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German Pages 629 [630] Year 2019
Mechthild von Magdeburg ›Lux divinitatis‹ – ›Das liecht der gotheit‹
Mechthild von Magdeburg
›Lux divinitatis‹ – ›Das liecht der gotheit‹
Der lateinisch-frühneuhochdeutsche Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹. Synoptische Ausgabe Herausgegeben von Balázs J. Nemes und Elke Senne unter Leitung von Ernst Hellgardt
Publiziert mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Kulturstiftung Kaiser Otto Magdeburg, des Bischöflichen Ordinariats Magdeburg sowie der Kommission für Deutsche Literatur des Mittelalters der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
ISBN 978-3-11-017602-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-029484-2 Library of Congress Control Number: 2019946670 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck Umschlagabbildung: Erfurt, Bibliothek des Bistumsarchivs, Hs. Hist. 6, fol. 118r (Bibliothekskatalog der Kartause St. Salvatorberg in Erfurt) www.degruyter.com
Vorwort Mir fällt an dieser Stelle die Aufgabe zu, etwas über die Geschichte der Entstehung unserer synoptischen Ausgabe von Mechthilds lateinischer ›Lux divinitatis‹ und deren frühneuhochdeutscher Übersetzung, ›Liecht der gotheit‹, zu erzählen. Wenn ich mich darauf einlasse, so muss daraus ein kleiner Ausschnitt meiner Biographie seit dem Sommersemester 1978 werden. Nach den damals überstandenen Prozeduren der Habilitation versuchte ich, mir ein neues Forschungsprojekt zurecht zu legen und kam auf den Gedanken einer Neuausgabe der ›Lux divinitatis‹ – ohne im Geringsten zu gewärtigen, worauf ich mich dabei einlassen würde. Ich hatte zuvor auf studentische Wünsche hin einige Seminare zu Mechthild gehalten und zusammen mit den Studierenden wahrhaft Feuer gefangen an dieser Autorin, die mir damals ganz neu war und auch in der Forschung bei weitem noch nicht so beachtet wie in den Jahren danach. In der geistigen Intensität und Urwüchsigkeit ihrer Äußerungsweisen, mit der ich sie ohne Weiteres an die Seite Wolframs von Eschenbach stelle, halte ich sie nach wie vor und bei jeder neuen Begegnung mit ihrem Buch mehr und mehr für eine der Größten in der mittelalterlichen deutschen Literatur. Wir lasen damals den Text des ›Fließenden Lichtes‹ notgedrungen in der völlig unzureichenden Ausgabe von Gall Morell (1869), die wenigstens in einem Nachdruck (1963 und wieder 1980) vorlag. Mühsam behalf man sich über die Mängel dieses Textes hinweg mit den Dissertationen von Hubert Stierling (1907) und der nur maschinenschriftlich vorliegenden von Ernst Becker (1951). Die Arbeiten von Hans Neumann spielten für den Zweck der Lektüre und eine Eröffnung der geistigen Dimensionen des Textes damals noch nur eine relativ geringe Rolle. Mit Stierlings und Beckers Arbeiten, sofern man sie bibliothekarisch ergattern konnte, wurde vor allem die Unverzichtbarkeit der wenig glücklich so benannten ›Revelationes sororis Mechthildis‹ als lateinischer Version von Mechthilds deutschem Buch sehr bald klar, auch wenn diese besser als ›Lux divinitatis‹ zu benennende Version damals kaum um ihrer selbst willen beachtet und eigentlich bloß für textkritische Zwecke ausgewertet wurde. Stierling und Becker halfen hier, die Mängel der Ausgabe durch die Mönche von Solesmes unter Dom Louis Paquelin (1877) zu kompensieren, einer Edition, die philologisch ganz unzureichend ist und wiederum bibliothekarisch schwer erreichbar war. Im Blick auf ihr Selbstverständnis würde man ihr eher als Leistung für die Kontemplation von frommen Klosterleuten gerecht. Von der Rückübersetzung der ›Lux divinitatis‹ unter dem Titel ›Liecht der gotheit‹ in der einzigen, ehemals Wolhuser, später Immenseer, heute Luzerner Handschrift war damals außer kleinen, von Wilhelm Oehl (1927) und Emil Spiess (1935) gedruckten Stücken so gut wie nichts bekannt. Es lag also auf der Hand, dass hier große editorische Aufgaben dringlich ihrer Lösung harrten. Bekannt war, dass Hans Neumann längst an einer Neuausgabe der deutschen Grundversion, eben der des ›Fließenden Lichtes‹, arbeitete, die vollständig ja nur in der sprachlich alemannischen Bearbeitung einer Einsiedler Handschrift überlie-
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Vorwort
fert ist und den Sprachstand des Originals allenfalls erahnen lässt. Neumanns mit seiner Habilitation im Jahre 1947 in Göttingen begonnene Arbeit an der Edition zog sich aber über lange Zeit hin und sein im Entstehen begriffener Editionstext war nur Insidern zugänglich, denen Neumann gelegentlich und großzügig Einblick in seine Arbeit gewährte. Er zögerte mit dem Abschluss, besonders weil nach und nach immer neue, größere oder kleinere Textzeugen der deutschen Exzerpt- und Streuüberlieferung bekannt wurden und weil bei der zunehmenden Expansion und methodischen Verbesserung der germanistischen Handschriftenforschung seit der Nachkriegszeit weitere Entdeckungen nicht auszuschließen und sogar wahrscheinlich waren. Es ist geradezu eine Ironie des Schicksals, dass die ehemals in der Bibliothek des Domgymnasiums von Halberstadt aufbewahrten Fragmente aus Mechthilds ›Fließendem Licht‹, die sich nun in der Bibliothek der Moskauer Lomonossow-Universität befinden, erst durch Ekaterina Skvairs und Natalija Ganina bekannt und seither viel beachtet wurden. Gerade sie hätten für Neumanns Edition von herausragender Bedeutung sein müssen. Denn er hatte sich eine möglichste Annäherung des auf Oberdeutsch (Hochalemannisch) geschriebenen Einsiedler Textes an den originalen Sprachstand von Mechthilds Buch zum Ziel gesetzt. Er zögerte also mit dem Abschluss der Ausgabe und man darf vermuten, dass er sie nie zu Ende geführt hätte, wäre ihm nicht die Bayerische Akademie der Wissenschaften auf Betreiben von Walter Haug mit ihren Forschungsmitteln und durch die Mitarbeit von Gisela Kornrumpf und Gisela Vollmann-Profe zu Hilfe gekommen. So erschien Neumanns Ausgabe, von diesen beiden betreut, endlich doch in zwei Bänden 1990 und 1993. Wir beobachteten die Entwicklung mit Spannung. Wieder verwies Neumanns endlich erschienene Ausgabe mit ihrem Variantenapparat und den reichen Anmerkungen zu ihm laufend auch auf die ›Lux divinitatis‹ und auf das ›Liecht der gotheit‹. Für Gisela Vollmann-Profe hatte sich die Betreuung von Neumanns Edition zugleich als Herausforderung erwiesen, selbst eine neue Ausgabe nach ganz anderen Grundsätzen der Handschriftennähe zu veranstalten, die dann 2003 mit Übersetzung und Kommentar erschien. Zu einer Neuausgabe der ›Lux divinitatis‹ war es aber immer noch nicht gekommen. In der Zwischenzeit vor und nach dem Erscheinen der Neumannschen Edition hatte ich vergeblich versucht, für das Projekt einer Neuausgabe der ›Lux divinitatis‹ Mitarbeiter zu gewinnen. Unter meinen eigenen Schülern gab es damals noch niemanden, der für diese Aufgabe geeignet gewesen wäre. Von kompetenten Kollegen meiner Generation, die ich gern als Mitarbeiter gewonnen hätte, bekam ich nur Absagen. Eine geplante Projektbeantragung bei der DFG musste deshalb unterbleiben. Dass ich eine Neuedition plante, hatte ich aber in Fachkreisen bekannt gemacht. Inzwischen nahm ich mir in Zusammenarbeit mit meinem Münchener Kollegen Hans Unterreitmeier so etwas wie ein Pilotprojekt vor: ein dreispaltiges Auswahl-Lesebuch, das den Einsiedler Text, die lateinische und die frühneuhochdeutsche Übersetzung in drei Spalten präsentieren sollte. Ein Verlag interessierte sich bereits dafür. Aber wir beide, Hans Unterreitmeier und ich, brachten bei unseren inzwischen mehr und mehr
Vorwort
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angewachsenen beruflichen Belastungen die nötige Zeit für das Vorhaben nicht auf. So blieb es liegen. Die entscheidende Wendung ergab sich Mitte der neunziger Jahre. Elke Senne, damals Studentin der Mittellateinischen Philologie und der Germanistischen Mediävistik in Bonn, fragte an, ob ich ihr die Edition der ›Lux divinitatis‹ als Dissertationsprojekt überlassen wolle. Dazu konnte ich mich damals nicht entschließen. Ich schlug ihr aber vor, stattdessen das ›Liecht der gotheit‹ zu edieren, und darauf ging sie ein. Noch ein Glücksfall kam hinzu: Frau Senne bewarb sich mit ihrem Projekt um eine Stelle beim Münchener DFG-geförderten Graduiertenkolleg »Textkritik als Grundlagenwissenschaft geisteswissenschaftlicher Disziplinen«. Dieses interdisziplinäre Kolleg unter der Leitung des Anglisten Hans-Walter Gabler arbeitete höchst effektiv von 1996 bis 2002. Von 1999 bis 2002 war ich dessen stellvertretender Sprecher. Frau Senne bewarb sich hier mit ihrem Editionsprojekt und bekam eine Doktorandenstelle als Kollegiatin. Es folgte eine Zeit sehr fruchtbarer Zusammenarbeit zwischen den Kollegiaten, Frau Senne und mir. 2000 konnte Frau Senne ihre Arbeit als Münchener Dissertation abschließen und das ›Liecht der gotheit‹ in Form einer Mikrofiche-Ausgabe 2002 erscheinen lassen. In dieser Gestalt ist der hier noch sehr handschriftennah gestaltete Text nach wie vor greifbar. Aber damit nicht genug. Frau Senne veranlasste mich, ein DFG-Projekt einzuwerben, das neben ihrem Text des ›Liehtes der gotheit‹ auch die ›Lux divinitatis‹ in einer synoptischen Ausgabe herausbringen sollte. Als Fernziel hatten wir das schon immer ins Auge gefasst. Frau Senne selbst sollte nun auch die Arbeit an der langersehnten Edition der ›Lux divinitatis‹ übernehmen. Unser Antrag wurde bewilligt und eine erste, handschriftennahe Fassung des gesamten Textes der ›Lux divinitatis‹ erstellt. Damit war es aber noch lange nicht getan. Für das ganze »drum herum« einer zünftigen Ausgabe gab es noch viel zu tun. Die bewilligten DFG-Mittel waren jedoch aufgebraucht und an eine Verlängerung der Projektförderung war aus verschiedenen Gründen nicht zu denken. Frau Senne musste sich nach einer neuen Berufstätigkeit umsehen. Damit verlor das Vorhaben vorerst seine wichtigste Mitarbeiterin. Die Arbeiten an der Edition stockten für Jahre. Zum Glück war es aber in der letzten durch die DFG geförderten Phase des Projekts gelungen, Herrn Balázs J. Nemes als studentische Hilfskraft zu gewinnen, zunächst für die Zusammenstellung der biblischen Quellen und Similien des lateinischen Textes. Herr Nemes war damals Student der Germanistischen Mediävistik und der Katholischen Theologie an der Berliner Freien Universität und mit einer Magisterarbeit über die Budapester Teilüberlieferung des ›Fließenden Lichtes‹ beschäftigt, aus der seine Freiburger Dissertation hervorging, selbstverständlich unter Einschluss der ›Lux divinitatis‹ und des ›Liechtes der gotheit‹. Mit seiner großen, 2010 erschienenen Arbeit zu diesem Thema war er 2009 in Freiburg promoviert worden. Seit seiner Tätigkeit als Hilfskraft an unserer Edition blieben wir mit ihm auch nach dem Ende der DFG-Förderung unseres Projekts in ständigem Kontakt. Er stellte neben der Förderung seiner Dissertation Text und Apparate der ›Lux divinitatis‹ nach traditionellen
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Vorwort
editionsphilologischen Gesichtspunkten um. Die Ausgabe hatte sich bis dahin noch ganz an den zur Zeit des Graduiertenkollegs aktuellen Vorstellungen der sog. New Philology orientiert. Auch an einer umfangreichen Einleitung zu der Edition arbeitete Herr Nemes bis in die letzten Phasen des Projekts auf der Grundlage seiner reichen überlieferungsgeschichtlichen Forschungen zu Mechthilds Buch. Ferner erarbeitete er sämtliche Materialien des Anhangs mit Ausnahme der Transkription des Registers von Ra bzw. der Blannbekin-Exzerpte. Die Umgestaltung von Text und Apparat empfahlen sich – anders als für die Textherstellung des ›Liechtes der gotheit‹ – für die ›Lux divinitatis‹ nicht zuletzt deshalb zwingend, weil es Herrn Nemes gelang, immer neue, sekundäre und primäre Textzeugen aufzuspüren. Wo man früher von praktisch unikaler Überlieferung der ›Lux divinitatis‹ ausgegangen war, gestaltete sich nun eine ganz neue Landschaft. Es kristallisierte sich eine Text- und Überlieferungsgeschichte des Werkes vom 13. bis ins 16. Jahrhundert heraus, die viele Regionen, Epochen und Institutionen Deutschlands umfasste. Vor allem der mitteldeutsche Raum zeichnete sich als Schwerpunktgebiet ab, in dem die ›Lux divinitatis‹ und auch das ›Fließende Licht‹ rezipiert worden sind. Herausragende Bedeutung kommt dabei der Kartause Erfurt zu. So wurde ein zuvor nie geahnter Bekanntheitsgrad von Mechthilds Buch in deutscher und besonders auch in lateinischer Sprache offenkundig. Das musste auch editorisch Konsequenzen für die Gestaltung von Text und Apparat unserer Ausgabe haben. Und außerdem: durch die technische Entwicklung der Jahre nach 2000 fiel der Hauptgrund weg, mit dem die Vertreter der New Philology argumentiert hatten, man müsse mittelalterliche Texte streng handschriftennah Manuskript für Manuskript edieren, weil sonst eine unverantwortbare Verfälschung der Überlieferungsbefunde nicht zu vermeiden sei. Dem ist nun entgegenzuhalten, dass inzwischen aufgrund der im Netz zugänglich gewordenen Digitalisate mittelalterlicher Handschriften diese quasi im Original jedem Interessierten zur Verfügung stehen, authentischer als jede noch so handschriftennahe Edition es leisten könnte. Das trifft im Besonderen auch für die Basler Handschriften der ›Lux divinitatis‹ und für die Luzerner Handschrift des ›Liechtes der gotheit‹ zu. Und es ist Herrn Nemes’ Kooperation mit der Virtuellen Handschriftenbibliothek der Schweiz (e-codices.ch) zu danken, dass Digitalisate auch dieser Handschriften nun dort zugänglich sind. So ließ sich ein philologisch verantwortetes Verfahren der Textherstellung auch und nicht zuletzt im Sinne einer besseren Lesbarkeit neu rechtfertigen. Meine Aufgabe wurde es, sowohl für die ›Lux divinitatis‹ als auch für das ›Liecht der gotheit‹ eine Absatzeinrichtung und eine moderne Interpunktion durchzuführen. Dabei galt es, zwischen der Sinngliederung der Texte und den Erfordernissen der geplanten lateinisch-deutschen Textsynopse eine möglichst weitgehende Balance zu erzielen. Aber trotz aller Fortschritte war unsere Ausgabe damit noch nicht fertig. Neben der ständig zu aktualisierenden Einleitung durch Herrn Nemes fehlte im Besonderen noch die Zusammenführung der Editionstexte von ›Lux divinitatis‹ und ›Liecht der gotheit‹ zur Synopse, eine viel Zeit, Konzentration und technisches know how erfor-
Vorwort
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dernde Aufgabe. Dafür stand nun keiner von uns mehr zur Verfügung. Hier kam uns der Verlag de Gruyter in überaus dankenswerter Weise mit der Zusage entgegen, diese Arbeit durch seine Mitarbeiterin Frau Maria Zucker und Herrn Florian Ruppenstein im eigenen Hause zu übernehmen; seit dem Frühjahr 2019 trat dort Frau Laura Burlon an die Stelle von Frau Zucker. Für die dabei erwünschte, fachliche und technische Begleitung gelang es überdies, Ulla Bucarey zu gewinnen, die als Kennerin mittelalterlicher Frauenspiritualität international bekannt sowie editions- wie computertechnisch hochkompetent ist. Ullrich Bruchhold, der ursprünglich als Mitherausgeber vorgesehen war, hatte das Projekt verlassen müssen, als die Förderungsmittel versiegten. Bis dahin und darüber hinaus waren seine Mitarbeit, sein Engagement und sein Rat von hochgeschätztem Wert für uns. Alles in Allem: eine lange Wanderung kommt nun endlich an ihr Ziel, für mich selbst zugleich eine mittlerweile über 40jährige Strecke meines Lebensweges. Dank dafür, dass es jetzt endlich soweit ist, gebührt zunächst der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ihre Förderung unserer Arbeiten im Rahmen des erwähnten Graduiertenkollegs und der daran anschließenden, vom Mai 2000 bis zum Oktober 2003 andauernden Förderung des Doppelprojektes ›Lux divinitatis‹ und ›Liecht der gotheit‹, wie es zunächst Frau Senne in Angriff nahm. Hilfe während in der Zeit seit 2003, als die Förderungsmittel der DFG erschöpft waren, erhielten wir von verschiedenen Seiten. Das ermöglichte es, der Edition wenigstens in kleinem Umfang die weitere Mitarbeit von Herrn Nemes zu sichern und bewahrte das Projekt vor dem Untergang. So wurde uns eine großzügige Förderung vom Juli 2006 bis zum April 2007 durch das Erzbischöfliche Ordinariat Magdeburg und die »Kulturstiftung Kaiser Otto Magdeburg« über das Institut für Germanistik der Otto-Guericke-Universität Magdeburg durch Vermittlung von Prof. Dr. Michael Schilling zuteil. Die Kommission für Deutsche Literatur des Mittelalters an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewährte uns über das Institut für Deutsche Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität München durch Vermittlung von Prof. Dr. Jan-Dirk Müller Hilfskraftmittel für die Zeit vom April bis zum August 2008 und noch einmal vom November 2008 bis zum März 2009. Entscheidend für die Abschlussarbeiten an der ›Lux divinitatis‹ war vom September 2009 bis zum Februar 2010 das Postdoktoranden-Stipendium, das Herr Nemes von der Alexander-von-HumboldtStiftung (Feodor-Lynen-Stipendium) an der University of Oxford erhielt (Gastgeber: Prof. Dr. Nigel Palmer). Allen Institutionen und Personen, die hier zu nennen waren, und noch manchen Ungenannten, die uns im langen Lauf der Entstehungsgeschichte unserer Edition – oft auch unentgeltlich – mit Rat und Tat zur Seite standen, gilt mein und unser aufrichtiger Dank. München, im Mai 2019
Ernst Hellgardt
Inhalt Vorwort
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Einleitung 1
Die Überlieferungslage: ›Das fließende Licht der Gottheit‹ und ›Lux divinitatis‹ XVII
2
Die Editionslage: ›Lux divinitatis‹ und ›Liecht der gotheit‹
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Der lateinische Überlieferungszeig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹: Textzeugen und Textgeschichte XXXI 3.1 Textzeugen XXXII 3.1.1 Corpusüberlieferung XXXII (1) Basel, Universitätsbibliothek, Cod. B IX 11 (Rb) XXXII (2) Luzern, Zentralbibliothek, Cod. N. 175, Depositum der Bibliothek des Romero-Hauses Luzern (die sog. Wolhusener Handschrift) (Rw) XXXVI 3.1.2 Teilüberlieferung XLI (1) Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, Oct. Cod. 17 (Au) XLI (2) Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VIII 6 (Ra) XLIII (3) Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VII 68 (Ba) XLIV (4) Berlin, Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. qu. 324/4 (Be1) XLV (5) Berlin, Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. oct. 89 (Be2) XLVII (6) Bern, Burgerbibliothek, Cod. A 82 (Br) XLIX (7) Prag, Bibliothek des Strahov-Klosters, DB IV 2 (Pr) XLIX (8) Växjö/Schweden, Stadsbiblioteket, Ms. qu. 401 (Vä) L (9) Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 54 (We1) LI (10) Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 58 (We2) LII (11) Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Q 51 (We3) LIII 3.1.3 Rezeptionszeugen von textgeschichtlicher Relevanz LIV (1) Dietrich von Apolda OP ›Vita S. Dominici‹ lat./dt. (VD) LIV (2) Johannes Meyer OP ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹ (LibV) LIX 3.2 Textgeschichte LX 3
4 Prinzipien und Anlage der Edition 4.1 Text LXXVIII 4.2 Linker Rand LXXVIII
LXXVII
XII
Inhalt
4.3 Rechter Rand LXXVIII 4.4 Apparate LXXIX 4.5 Anhang LXXX 4.6 Siglen LXXXII
Neuedition ›Lux divinitatis‹ und Erstedition ›Liecht der gotheit‹ Register Prolog Liber 1 Liber 2 Liber 3 Liber 4 Liber 5 Liber 6
2/3 14/15 36/37 106/107 180/181 218/219 324/325 388/389
Anhang 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Das Register zu den ›Lux divinitatis‹-Exzerpten in der Basler Handschrift Cod. A VIII 6 (Ra) 447 Kapitelfolge der ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Basler Handschrift Cod. A VIII 6 (Ra) 450 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Berliner Handschrift Ms. theol. lat. qu. 324/4 (Be1) 456 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Berliner Handschrift Ms. theol. lat. oct. 89 (Be2) 461 Das ›Lux divinitatis‹-Exzerpt in der Växjöer Handschrift Ms. qu. 401 (Vä) 463 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Weimarer Handschrift Q 51 (We3) 464 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in den Handschriften Bern Cod. A 82 (Br) und Basel Cod. A VII 68 (Ba) 467 Synoptischer Abdruck der x- (Br, Ba) und y-Version (Au, Pr, We1, We2) von ›Lux divinitatis‹ VI, 17, 61–119 468/469 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der ›Vita S. Dominici‹ Dietrichs von Apolda (VD) 474 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in den deutschen Übersetzungen der ›Vita S. Dominici‹ Dietrichs von Apolda 483 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte im ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹ des Johannes Meyer (LibV) 489
Inhalt
12 13 14 15
XIII
Reflexe auf die ›Lux divinitatis‹ in mittelalterlichen und neuzeitlichen Bibliothekskatalogen und in sonstigen Rezeptionszeugen 490 Auszüge aus der ›Vita et revelationes‹ der Agnes Blannbekin in der Basler Handschrift Cod. A VIII 6 (Ra) 503 Tabellarische Übersicht über die Text- und Rezeptionszeugen der ›Lux divinitatis‹ 509 Kapitelkonkordanz: ›Fließendes Licht‹ / ›Lux divinitatis‹ / ›Liecht der gotheit‹ 512
Literaturverzeichnis
518
Register 1 Handschriften 535 2 Personen, Orte und Werke 3 Bibelstellen 543
537
Einleitung
1 Die Überlieferungslage: ›Das fließende Licht der Gottheit‹ und ›Lux divinitatis‹ Sieht man vom Traktat ›Van seven manieren van heileger minnen‹ einmal ab, dessen Verhältnis zum Kapitel III,14 der lateinischen Vita der Beatrix von Nazareth in der Forschung kontrovers diskutiert wird,1 so markiert das ›Fließende Licht der Gottheit‹ zusammen mit den Werken der zeitgenössischen Hadewijch den Beginn mystischer Literatur in der Volkssprache und stellt zugleich einen poetischen Höhepunkt dieses Genre dar.2 Es wird einer Autorin namens Mechthild zugeschrieben, die zunächst wohl als Begine3 (in Magdeburg?4), später vielleicht als Laienschwester5 im Zisterzienserinnenkloster Helfta lebte.6 Entstehungsgeschichtlich datiert das ›Fließende Licht‹ in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Es präsentiert sich als eine Sammlung von inhaltlich und formal stellenweise stark differierenden Einzeltexten, die ihre werkhafte Einheit erst im Zuge eines mehrstufigen Redaktionsprozesses erhielt. In seiner heutigen Form umfasst das ›Fließende Licht‹ sieben Bücher, die aller Wahrscheinlichkeit nach Stadien von einzelnen Arbeitsabschnitten markieren. Als Teilpublikationen, die zumindest „einem interessierten Publikum zugänglich gemacht“7 wurden, sind diese erst ab dem fünften Buch mit Sicherheit zu fassen. Die Einheit der Bücher I–V diente nachweislich als Grundlage für einen Index rerum, der dem Leser des Textes in der heute einzigen vollständig erhaltenen Handschrift (Einsiedeln, Bibliothek des Benediktinerstiftes, Cod. 277, kaum sehr lang nach der Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden8) einen ersten Überblick über einige der Themen verschafft, die hier (wohlgemerkt in den ersten fünf Büchern) verhandelt werden.9 Die Existenz einer um ein weiteres Buch vermehrten Publikationseinheit bekundet die ›Lux divinitatis‹, die lateinische Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹. Sie ist im dominikanischen
1 Vgl. Hollywood (1999) und Scheepsma (2008), S. 182–189. 2 Textausgaben: Neumann (1990) und Vollmann-Profe (2003). 3 Vgl. Nemes (2010), S. 323–326 und (2015a), S. 340–346. 4 In letzter Zeit wird die Lokalisierung Mechthilds in Magdeburg zunehmend kritisch gesehen, vgl. Dinzelbacher (2004), S. 157f., Voigt (2007), S. 384, Nemes (2010), S. 3f., Hellgardt (2012), S. 106– 108 und Emmelius/Nemes (2019b), S. 11–15. 5 Siehe dazu die Überlegungen bei Nemes (2019a), S. 102 und 111–114. 6 Zum Literaturbetrieb in Helfta siehe zuletzt Hellgardt (2014), Nemes (2014), Märker/Nemes (2015), Newman (2016), Nemes (2018a) und (2019b) sowie die Beiträge von Emmelius, Linden, Nemes und ferner Voigt in: Emmelius/Nemes (2019a). 7 Vollmann-Profe (1994), S. 147 Anm. 5. 8 Zur Datierung der Handschrift vgl. Schneider (2009), Bd. 2, S. 150. Die bisherige Forschung ging von einer Datierung auf das dritte Viertel des 14. Jahrhunderts aus, vgl. Vollmann-Profe (1990), S. 42; Webster (2005), S. 28–41 und Scheepsma (2007), S. 263 (mit Berufung auf ein Gutachten von Karin Schneider). 9 Siehe dazu die Nachweise bei Becker (1951), S. 138–145 und Neumann (1954), S. 33f.
XVIII
Einleitung
Milieu, vielleicht in Erfurt entstanden10 und basiert auf einer Veröffentlichungsstufe, die die Bücher I–VI enthielt, und zwar in einer Textform, die von der heute bekannten deutschen Version abweicht und zeigt, dass der Text schon in Autornähe ähnlich „fieberhaft“ (Paul Gerhard Völker) abgeschrieben worden sein muss wie die 1343/45 entstandene alemannische Übertragung des ›Fließenden Lichts‹.11 Weil Dietrich von Apolda in seiner ›Vita S. Dominici‹ (im Folgenden: VD),12 die größtenteils schon in der zweiten Hälfte der 80er des 13. Jahrhunderts vorgelegen haben dürfte, jedoch erst zwischen 1296 und 1298 vollendet wurde, Teile der ›Lux divinitatis‹ benutzte, muss die lateinische Übersetzung spätestens zu dieser Zeit existiert haben. Wie das Fehlen des aller Wahrscheinlichkeit nach in den 1280er/90er Jahren13 entstandenen siebten Buches des deutschen Textes in der ›Lux divinitatis‹ zu erklären ist, bleibt unklar. Buch VII kann während oder, wie verschiedentlich angenommen, erst nach der Übertragung des ›Fließenden Lichts‹ ins Lateinische entstanden sein. Denkbar ist aber auch, dass das siebte Buch in jener Version des deutschen Textes nicht enthalten war, die zum Ausgangspunkt des lateinischen Überlieferungszweiges wurde. Mit anderen Worten: Das letzte Buch des ›Fließenden Lichts‹ kann zu dem Zeitpunkt, als die lateinische Übersetzung angefertigt wurde, sehr wohl schon vorgelegen haben, allerdings nicht in jener Handschrift, die die Übersetzungsvorlage der ›Lux divinitatis‹ bildete. Abgesehen von einem kürzlich in Moskau entdeckten Fragment, das zeitlich (um 1300) und räumlich („Grenzraum des südlichen Ostfälisch und des angrenzenden nordöstl. Md.“14) dem angenommenen Ort und Zeitpunkt der Entstehung des ›Fließenden Lichts‹ am nächsten steht,15 und der Berliner Handschrift Ms. theol. lat. oct. 89 (siehe dazu weiter unten) liegt der Text nach dem aktuellen Stand der Forschung16
10 Für Überlegungen zur Neubestimmung des Entstehungsorts der ›Lux divinitatis‹ siehe Nemes (2010), S. 208–237 und ergänzend dazu Nemes (2013a), S. 164 Anm. 8. 11 Zur frühen Textgeschichte siehe Nemes (2008a) und vor allem (2010), S. 246–307; zur Neukontextualisierung der in Basel erfolgten Umsetzung des ›Fließenden Lichts‹ ins Alemannische siehe Anm. 17 weiter unten. 12 Vgl. Acta Sanctorum, S. 604, Nr. 251–254 und S. 627–629, Nr. 383–397. Weil die von Simon Tugwell OP (Rom/Oxford) vorbereitete Neuedition der Dominikusvita noch nicht erschienen ist, werden die der ›Lux divinitatis‹ entnommenen Teile der Vita in Anhang Kap. 9 in einer Edition geboten, die auf den aus dem mitteldeutschen Raum überlieferten ältesten Handschriften basiert. 13 Ansätze zu einer Neudatierung von Mechthilds Helftaer Aufenthalt finden sich bei Barratt (2019) und daran anschließend Nemes (2019a), S. 111. 14 Squires (2010), S. 33. Vgl. hierzu auch Squires (2019). 15 Es handelt sich um die Handschrift Moskau, Bibliothek der Lomonossow-Universität, Dokumentensammlung Gustav Schmidt, Fonds 40/1, Nr. 47 [früher Halberstadt, Bibliothek des Domgymnasiums, ohne Sign. (3)], für die die mittelalterliche Provenienz aus Halberstadt diskutiert wird, vgl. Ganina/Squires (2009) und (2010), Squires (2010), (2011), (2017) und (2019), Nemes (2013a), S. 177f. und die einschlägigen Beiträge in Ganina/Klein/Squires/Wolf (2014). Kritisch dazu Beck (2019). 16 Neue Erkenntnisse sind von weiteren Forschungen zur Text- und Überlieferungsgeschichte der Würzburger Mechthild-Handschrift Hs. I 110 (Sigle: W) und der deutschsprachigen Mechthild-Überlieferung im Kontext der Erfurter Kartause zu erwarten, vgl. dazu demnächst die in Anm. 14 und 15 ge-
Die Überlieferungslage: ›Das fließende Licht der Gottheit‹ und ›Lux divinitatis‹
XIX
nur in Handschriften vor, die auf die alemannische Übertragung des ›Fließenden Lichts‹ zurückgehen, welche in Basler Dominikanerkreisen um den Weltpriester Heinrich von Nördlingen zwischen 1343–1345 entstanden sein dürften.17 Der nach wie vor einzig vollständige Überlieferungsträger ist der oben genannte Einsiedler Kodex Nr. 277.18 Sonst ist das ›Fließende Licht‹ in Handschriften bezeugt, die nur mehr oder weniger umfangreiche Textauszüge bieten.19 Die umfangreichsten sind dabei die Handschriften Colmar, Bibliothèque de la Ville (früher: Consistoriale Protestante de Colmar), Ms. 2137 mit einem Drittel,20 Würzburg, Franziskanerkloster, Hs I 110 mit einem Fünftel,21 Budapest, Országos Széchényi Könyvtár, Cod. Germ. 38 mit einem Zehntel des Gesamttextes22 und der erst vor kurzem entdeckte Kodex Berlin, Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. oct. 89 mit einer Reihe von Exzerpten aus dem ›Fließenden Licht‹ in ostmitteldeutscher Schreibsprache und einigen Kapiteln aus der ›Lux divinitatis‹.23 Insgesamt konzentriert sich die hochdeutsche Überlieferung auf den oberdeutschen Sprachraum und auf die Zeit von der Mitte des 14. bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts. Sie weist also – abgesehen vom neu aufgefundenen Moskauer Fragment und der neu entdeckten Berliner Handschrift – einen beträchtlichen zeitlichen und räumlichen Abstand von Ort und Zeit der Textgenese auf.
nannten Beiträge von Squires und Beck sowie Beate Braun-Niehr/Caroline Emmelius/Balázs J. Nemes/Catherine Squires: synt szere tyff vnde dynen nicht vor anhabende lute. Mechthild-Rezeption in der Kartause Erfurt im Spiegel einer neu entdeckten Handschrift des ›Fließenden Lichts‹ und seiner lateinischen Übersetzung. Edition und Untersuchungen (in Vorbereitung). 17 Zur Frage nach der institutionellen Einbindung der Übersetzungsarbeit vgl. Nemes (2010), S. 237– 245 und (2018b). Zu der von Heinrich von Nördlingen anvisierten Rezeption des Textes vgl. Federer (2011), Nemes (2012a) und (2013b). 18 Zur Handschrift vgl. Webster (2005). Ein vollständiges Digitalisat findet man bei e-codices, vgl. http://www.e-codices.unifr.ch/de/sbe/0277. 19 Eine vollständige Liste der bislang bekannt gewordenen Überlieferungsträger, die mit der oben genannten Berliner Handschrift zu ergänzen ist, findet man bei Nemes (2010), S. 487f. Zu den Exzerpten, die in das so genannte ›Buch der Vollkommenheit‹ des Pseudo-Engelhart von Ebrach eingegangen sind, vgl. Neumann (1963), S. 318 Anm. 5, Kornrumpf/Vizkelety (1968), S. 305 Anm. 1, Schneider (2006), Poor (2014), S. 90–94 und den Abdruck einer bislang übersehenen und offenbar verschollenen Handschrift mit dem bei Schneider (2006) unter Nr. 32 abgedruckten Textstück in: Diözesan-Archiv von Schwaben 1 (1884), S. 20–22, hier S. 22 (siehe dazu auch https://archivalia.hypotheses.org/4998 [mit meinem Kommentar von 27.02.2014]). Diese Exzerptüberlieferung des ›Fließenden Lichts‹ wurde bei der Konstitution des kritischen Textes durch Neumann (1990) nicht beachtet, ja nicht einmal in der Liste der Überlieferungsträger aufgenommen, vgl. ebd., S. XIV–XIX. 20 Zur Handschrift vgl. zuletzt Nemes (2009) und Nemes (2010), S. 242, 326f. und 331–334. 21 Siehe dazu Poor (2004), S. 98–113 und Beck (2019). 22 Siehe dazu zuletzt Nemes (2003) und (2005). 23 Zur Handschrift vgl. Braun-Niehr (2007), S. 138–157, Nemes (2013a), S. 185, Squires (2019) und demnächst die in Anm. 16 genannte Monographie von Braun-Niehr/Emmelius/Nemes/Squires. Für Textabdruck siehe Anhang Kap. 4.
XX
Einleitung
Wie beim deutschen Überlieferungszweig ist der vollständige Text auch im lateinischen nur in einer Handschrift aus der Mitte des 14. Jahrhunderts erhalten: Basel, Universitätsbibliothek, Cod. B IX 11, fol. 51r–91va (Rb). Zu dieser steht eine umfangreiche Exzerpthandschrift aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts (mit ca. 7/8 des in Rb überlieferten Textmaterials) höchstwahrscheinlich in direkter Beziehung: Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VIII 6, fol. 101v–154v, 159r–195v und 209v (Ra). Lange Zeit galten diese beiden von Wilhelm Preger entdeckten Handschriften als die einzig bekannten Überlieferungszeugen der ›Lux divinitatis‹24 und dies, obwohl Preger selbst auf eine sekundäre Überlieferung in dem vom Dominikaner Johannes Meyer 1466 zusammengestellten ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹ (im Folgenden: LibV) hingewiesen hat.25 Eine weitere (textgeschichtlich wiederum relevante) sekundäre Überlieferung identifizierte Hubert Stierling einige Jahrzehnte später:26 die bereits erwähnte bei Dietrich von Apolda (vgl. Anm. 12 mit Text). Zudem machte er auf das 1515 angelegte ›Repertorium universale veteris ac nove Librarie Carthusiensium minoris Basilee‹ des Basler Kartäusers Urban Moser aufmerksam,27 in dem unter der Rubrik Opera Mechtildis virginis auf fol. 208v (und noch einmal auf fol. 202r) neben Auszügen und Vollhandschriften des ›Liber specialis gratiae‹ Mechthilds von Hackeborn auf zwei Textzeugen der ›Lux divinitatis‹ (eine Exzerpthandschrift mit LD V,4 und den oben erwähnten Kodex Ra) hingewiesen wird.28 1927 wurde nicht nur die handschriftliche Basis, sondern auch die Textgeschichte der ›Lux divinitatis‹ durch eine Entdeckung bereichert, die Emil Spiess geglückt ist: In einer 1517 entstandenen, damals in Wolhusen, heute in der Zentralbibliothek Luzern aufbewahrten Handschrift (Cod. N. 175, Depositum der Bibliothek des Romero-Hauses Luzern, fol.
24 Vgl. Preger (1869), S. 158 und (1873), S. 203 Anm. 1. Unabhängig von Preger hat Winter (1870), S. 432f. auf Rb aufmerksam gemacht. Vollständige Digitalisate findet man bei e-codices, vgl. http://www.e-codices.ch/en/searchresult/list/one/ubb/B-IX-0011 und http://www.e-codices.ch/en/ searchresult/list/one/ubb/A-VIII-0006. 25 Vgl. Preger (1869), S. 159 Anm. 2 bzw. Loë (1918), S. 27f. Anhand des Autographs von Meyer wieder abgedruckt in Anhang Kap. 11. 26 Vgl. Stierling (1907), S. 5–15. 27 Ebd., S. 15f. Mosers ›Repertorium‹ ist nicht abhandengekommen wie von Früh (1994), S. 172 behauptet und noch von Senne (2003), S. 159 Anm. 55 vertreten, sondern wird nach wie vor in der Universitätsbibliothek Basel aufbewahrt und zwar unter der Signatur AR I 4a. Ein vollständiges Digitalisat findet man bei e-codices, vgl. http://www.e-codices.ch/en/searchresult/list/one/ubb/AR-I-0004a. 28 Für Textabdruck siehe Anhang Kap. 12 (Nr. 1).
Die Überlieferungslage: ›Das fließende Licht der Gottheit‹ und ›Lux divinitatis‹
XXI
II–VI und 1r–220r [Rw]29) entdeckte Spiess das ›Liecht der gotheit‹, die nach wie vor unikal überlieferte Übersetzung der ›Lux divinitatis‹ ins Alemannische.30 Diese „schmale Überlieferung“31 ließ auf eine im Vergleich zum ›Fließenden Licht‹ nur geringe Resonanz der lateinischen Übersetzung im Spätmittelalter schließen. Erst im Zuge der Vorarbeiten zur vorliegenden Neuausgabe der ›Lux divinitatis‹ sind neue Text- und Rezeptionszeugen zum Vorschein gekommen.32 So konnten ›Lux divinitatis‹-Auszüge in der Berliner Handschrift Ms. theol. lat. qu. 324.4, fol. 111v–113v (Be1)33 des ›Liber meditationum et orationum‹ Heinrich Arnoldis von Alfeld († 1487), eines Basler Kartäusers, für die Mechthild-Forschung gesichert werden.34 Wieder aufgefunden wurde auch eine nach Schweden verschlagene Handschrift, die Paul Lehmann schon im Jahre 1935 entdeckt und beschrieben hatte: Växjö, Stadsbiblioteket (olim: Stifts- och läroverksbiblioteket), Ms. qu. 401, fol. 219r (Vä).35 Neu sind dagegen folgende Handschriften:36
29 Der im ersten Band der Neuauflage des ›Deutschen Literatur-Lexikons. Das Mittelalter. Autoren und Werke nach Themenkreisen und Gattungen‹ (hg. von Wolgfang Achnitz, Berlin/New York 2011, Sp. 825–837) anzutreffende Hinweis auf Immensee als aktuellen Aufbewahrungsort trifft seit geraumer Zeit nicht mehr zu. Ein vollständiges Digitalisat findet man bei e-codices, vgl. http://www.e-codices.ch/en/searchresult/list/one/zhl/N0175. 30 Der erste Teil der Handschrift enthält eine sonst unbekannte alemannische Übersetzung diverser Exzerpte aus den Schriften der Elisabeth von Schönau, vgl. Kap. 3.1.1 (Nr. 2). Nach Köster (1952), S. 102 ist außer der ehemals Wolhusener Handschrift überhaupt keine mittelalterliche Übersetzung einer der zahlreichen Schriftens a m m l u n g e n der Elisabeth-Werke in irgendeine Volkssprache bekannt. 31 Ruh (1985), S. 249. Vgl. auch Ruh (1993), S. 253. 32 Eine vollständige Liste der bislang bekannt gewordenen Überlieferungsträger, die mit der Berliner Handschrift Ms. theol. lat. oct. 89 und der Prager Handschrift DB IV 2 (dazu weiter unten) zu ergänzen ist, findet man bei Nemes (2010), S. 488f. Wegen der erst in jüngster Zeit in Gang gekommenen Erschließung von Handschriften, die in den Bibliotheken und Archiven der neuen Bundesländer aufbewahrt werden, ist mit weiteren Entdeckungen zu rechnen. Dies zeigt etwa die Überlieferung des ›Legatus divinae pietatis‹ von Gertrud von Helfta, die mit einer Reihe von Neufunden aus dem als Verbreitungsgebiet bislang nicht in Erscheinung getretenen mitteldeutschen Raum bereichert werden konnte, vgl. Nemes (2014), S. 106–110 und ergänzend dazu Märker/Nemes (2015), S. 275 Anm. 87, Nemes (2018a), S. 48 Anm. 47 und Oefelein (2019), S. 55f. (mit Anm.). Hinzuweisen wäre auch auf die Wiederentdeckung einer kurz nach der Verurteilung Meister Eckharts entstandenen Handschrift mit (von Eckhart selbst stammenden?) bearbeitenden Übersetzungen aus seinem exegetischen Werk, vgl. Nemes (2015b) und Vinzent (2017). 33 In der bisherigen Forschungsliteratur wurde das Sigle Be für diese Handschrift benutzt. Nach der Entdeckung eines weiteren Überlieferungsträgers der ›Lux divinitatis‹ in den Beständen der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (Ms. theol. lat. oct. 89 (= Be2), siehe dazu weiter unten), haben wir uns dafür entschieden, das Sigle Be in Be1 umzuwandeln. 34 Vgl. Achten (1983) und (1984), S. 127. Zu Heinrich Arnoldi von Alfeld siehe Palmer: (2019). Für Textabdruck siehe Anhang Kap. 3. 35 Vgl. Lehmann (1935), S. 20f. und Nemes (2008b). Für Textabdruck siehe Anhang Kap. 5. 36 Für Textabdrucke siehe Anhang.
XXII
Einleitung
–– Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, Oct. Cod 17, fol. 242r–243v (Au) –– Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VII 68 (olim: B XI 4), fol. 272r–274r (Ba) –– Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. oct. 89, fol. 63v–64v und 72v (Be2)37 –– Bern, Burgerbibliothek, Cod. A 82, fol. 71r–76v und fol. 78v (Br)38 –– Prag, Bibliothek des Strahov-Klosters, DB IV 2, fol. 3r–5r (Pr)39 –– Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 54, fol. 107v–109v (We1) –– Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 58, fol. 6v–8r (We2) –– Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Q 51, fol. 104v, 109r, 113r, 115v (We3)40 Hinzu kommen die erst vor Kurzem bekannt gewordenen Auszüge aus der ›Lux divinitatis‹ (LD III,10,1–14,36) in der um 1389 entstandenen und unikal in Paderborn, Erzbischöfliche Akademische Bibliothek, MS Ba. 5, item 6 (2. Hälfte 15. Jahrhundert, Kreuzbrüderkloster Falkenhagen bei Detmold) überlieferten Streitschrift ›Silencium contra prophecias prophetarum Saxonie‹ des wohl Hildesheimer Franziskaners Dietrich von Arneveld (Sigle: Pa).41 In diesem Werk setzt sich Dietrich mit den apokalyptischen Vorstellungen seines Ordensbruders Friedrich von Braunschweig in apologetischer Manier auseinander, indem er sich neben theologischen Autoritäten auf die revela ciones sancte Mechildis beruft. Auch wenn angesichts der im Spätmittelalter häufigen Verwechslung von Visionärinnen mit dem Namen Mechthild42 offen bleiben muss, ob Dietrich mit sancta Mechildis die uns als Mechthild von Magdeburg bekannte Visionärin meint, wird er mit Sicherheit ein Exemplar der uns bekannten Version der ›Lux divinitatis‹ benutzt haben. Die in sein Werk eingegangenen Exzerpte wie auch die oben gelisteten Neufunde lassen auf eine wesentlich breitere Überlieferung der ›Lux divinitatis‹ schließen als bislang angenommen. Bestätigt wird dieser Eindruck durch eine Reihe von bezeugten, aber nicht überlieferten Handschriften. Auf die im Bibliothekskatalog des Urban Moser verzeichnete Exzerpthandschrift mit LD V,4 wurde bereits hingewiesen (vgl. Anm. 28 mit Text). Auch in dem in den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts angelegten ›Registrum librarie fratrum Carthusiensium apud Erffordiam‹ des Erfurter Kartäuserbibliothekars Jakob Volradi findet sich neben einem seit langem bekannten und beachteten Exzerpt (Signatur: I 6) ein bislang weitgehend übersehener Textzeuge der ›Lux divinitatis‹ (Signatur: I 2primo).43 Für die Bekanntheit dieses Textes in der Erfurter Kartause sprechen
37 Zu den Entdeckungsumständen der Handschrift vgl. Anm. 23 mit Text. 38 Den Hinweis auf diese Handschrift verdanke ich Nigel F. Palmer/Oxford. 39 Den Hinweis auf diese Handschrift verdanke ich Matthias Eifler/Leipzig. 40 Für den Hinweis auf die Weimarer Handschriften bin ich wieder einmal Matthias Eifler/Leipzig zum Dank verpflichtet. 41 Vgl. Lerner (2019). 42 Beispiele bei Nemes (2015a). 43 Vgl. Lehmann (1928), S. 432,25–30 und S. 431,5f. sowie den Textabdruck in Anhang Kap. 12 (Nr. 3).
Die Überlieferungslage: ›Das fließende Licht der Gottheit‹ und ›Lux divinitatis‹
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zudem Randvermerke aus dem zweiten bzw. dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts in zwei weiteren, in der Mechthild-Forschung bislang unbeachteten Handschriften:44 –– Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 64, fol. 77v –– Eisleben, Stiftung Luthergedenkstätten/Luthers Geburtshaus, H 546, fol. 68r sowie im Traktat eines Erfurter Kartäusers, mit dem sich dieser in die Gerson/Schoonhoven-Kontroverse über die mystische Theologie des Jan van Ruusbroec einschaltet: Durch Schriftvergleich ist er als ein an den Werken der theologia mystica und der revelationes-Literatur besonders interessierter Mitarbeiter des Bibliothekars Jakob Volradi zu identifizieren.45 Mit neuen, bislang unbekannten Rezeptionszeugen wartet auch der ›Catalogus codicum manuscriptorum in bibliotheca sacri ordinis Hierosolymitani Argentorati asservatorum‹ des Johann Jacob Witter (Professor der Logik und Metaphysik an der Universität Straßburg und Kanoniker am dortigen Thomas-Stift) aus dem Jahre 1746 auf.46 Er enthält nicht nur das Exzerpt (Signatur: D 73), das im Untersuchungsband der von Neumann besorgten textkritischen Ausgabe verzeichnet ist,47 sondern auch weitere Rezeptionszeugen (auch Vollhandschriften?) der ›Lux divinitatis‹.48 Unbekannt, weil bislang weitgehend unbeachtet,49 geblieben ist bislang auch ein mit Mechtildis prophetia überschriebener Eintrag im 1556 erschienenen ›Catalogus testium veritatis‹ des Matthias Flacius Illyricus.50 Dieser ›Catalogus‹Eintrag diente als Vorlage für jene Notiz über S. Mechtildis Eine heilige Jungfraw, die Eingang gefunden hat in die unter dem Pseudonym Johann Frauenlob laufende Schrift ›Die lobwürdige Gesellschafft der gelehrten Weiber‹ (o.O. 1631),51 eine Notiz, auf welche die Mechthild-Forschung erst 1986 durch Margot Schmidt aufmerksam
In der Mechthild-Forschung scheint nur Poor (2004), S. 178 den unter der Signatur I 2primo genannten Textzeugen der ›Lux divinitatis‹ registriert zu haben. Zu Signaturengruppe I des Bibliothekskatalogs der Erfurter Kartause, die u.a. von Frauen verantwortete Offenbarungsschriften (revelationes) versammelt, vgl. Mangei (2002), Martin (2008) und demnächst Abram/Fournier/Nemes (2020) sowie die Forschungsergebnisse des Freiburger DFG-Projektes „Making Mysticism. Mystische Bücher in der Bibliothek der Kartause Erfurt“ (https://making-mysticism.org/). 44 Für Textabdrucke siehe Anhang Kap. 12 (Nr. 4 und 5). 45 Für weiterführende Angaben siehe Anhang Kap. 12 (Nr. 6). Zum Schreiber Eifler (2012a), (2016) und (2019) und demnächst die in Anm. 16 genannte Monographie von Braun-Niehr/Emmelius/ Nemes/Squires. 46 Den Hinweis verdanke ich Richard F. Fasching/Winterthur. 47 Vgl. Neumann (1993), S. 174 Nr. 9. Siehe dazu D. Roth (2004), S. 97. 48 Vgl. Witter (1746), S. 21, 25 und 35. Wieder abgedruckt in Anhang Kap. 12 (Nr. 2). 49 Vgl. den Hinweis bei B. Frank (1990), S. 183 (die Stellenangaben sind zu korrigieren). 50 Vgl. Flacius Illyricus (1556), S. 936 bzw. (1562), S. 541. Wieder abgedruckt in Anhang Kap. 12 (Nr. 9). Zur Mechthild-Rezeption bei Flacius vgl. Boehmer (1871), S. 120 Anm. 52, Nemes (2010), S. 229 und 338–340 bzw. Nemes (2015a), S. 349f. 51 Textabdruck bei Gössmann (1985), S. 74f. Wieder abgedruckt in Anhang Kap. 12 (Nr. 11).
XXIV
Einleitung
gemacht wurde.52 Von der weiteren Verbreitung der lateinischen Version des ›Fließenden Lichts‹ im Spätmittelalter zeugt unter Umständen die Nachricht des Pirnaer Dominikaners Johannes Lindner von etwa 1530 über Heinrich von Halle, den angeblichen Beichtvater und Redaktor der Schriften Mechthilds.53 In den mitteldeutschen Raum weisen auch zwei Marginalien in der Göttinger Handschrift der ›Vita S. Dominici‹ Dietrichs von Apolda (Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 8° Cod. Ms. theol. 109b, fol. 18vb und 31rb): Die Marginalien stammen von einem Dominikaner und schreiben die in die Dominikus-Vita eingegangenen Exzerpte Mechthild ausdrücklich zu.54 Ohne Aussagewert im Hinblick auf die handschriftliche Verbreitung der ›Lux divinitatis‹ sind die Mechthild betreffenden Nachrichten in der 1487 fertiggestellten Albertus-Vita des Kölner Dominikaners Petrus de Prussia55 und der biographische Vermerk bei Jacques Quétif und Jacques Echard über Heinrich von Halle,56 weil sie mittelbar oder unmittelbar dem oben genannten ›Liber de Viris Illustribus‹ des Johannes Meyer verpflichtet sind.57 Entgegen der Behauptung der bisherigen Mechthild-Forschung ist jener Hinweis auf Santa Mechthildis nicht auf Mechthild von Magdeburg zu beziehen, dessen sich Jerónimo Grácián, der Beichtvater Teresas von Avila und der Herausgeber ihrer Hohelied-Meditationen bedient, um diese in eine Reihe von mystisch begnadeten Frauen zu stellen.58 Abgesehen von drei benediktinischen Textzeugen (aus St. Ulrich und Afra in Augsburg [Au] und dem Erfurter Peterskloster [Pr und We1]), die ein bestimmtes Gebet (LD VI,17,61–119) enthalten, und von den Mechthild-Exzerpten im Werk des
52 Vgl. M. Schmidt (1986), S. 82 Anm. 34. Identifiziert von Gössmann (1985), S. 49. 53 Textabdruck bei Mencke (1728), S. 1480. Wieder abgedruckt in Anhang Kap. 12 (Nr. 8). Hier sei darauf hingewiesen, dass sich der überhaupt älteste, noch in die Lebzeiten des Autors zurückreichende Textzeuge der Dominikus-Vita Dietrichs von Apolda im 14. Jahrhundert im Besitz des Dominikanerklosters Pirna befand (Dietrichs Vita enthält, wie oben angedeutet, eine Reihe von Exzerpten aus der ›Lux divinitatis‹). Es handelt sich bei diesem ältesten Textzeugen der Dominikus-Vita um die Handschrift Leipzig, Universitätsbibliothek, Ms. 846, fol. 1ra–83ra. Zur Handschrift siehe Tugwell (2007), S. 51–55 und Märker (2019), S. 126–136. 54 Siehe dazu Nemes (2013a), S. 169f. Für Textabdruck siehe Anhang Kap. 12 (Nr. 7). 55 Vgl. Petrus de Prussia (1487/1621), S. 327f. Kap. LVI. Wieder abgedruckt in Anhang Kap. 12 (Nr. 12). Auf Petrus de Prussia hat Preger (1869), S. 160 die Mechthild-Forschung aufmerksam gemacht. 56 Vgl. Quétif/Echard (1719), S. 384a. Wieder abgedruckt in Anhang Kap. 12 (Nr. 13). Auf diese Notiz über Heinrich von Halle hat Preger (1869), S. 160 die Mechthild-Forschung aufmerksam gemacht. 57 Siehe dazu Nemes (2010), S. 112f. Hinweise auf Heinrich von Halle wird man wohl auch in anderen Werken der dominikanischen Ordenshistoriographie finden. Zu vergleichen wäre etwa Georg Epp, ›De illustribus viris ac sanctimonialibus sacri ordinis praedicatorum‹, Basel 1506; Konrad Sittard (= Conradus Zittardus), ›Kurtze Chronica das ist Historische beschreibung neben andern mercklichen Puncter der General Maister Prediger Ordens, und was zu eines jeden zeit fuer Fuernehme, Hochgelehrte auch Heylige Brueder und Schwestern im Prediger Orden Gelebt Haben‹, Dillingen 1596 und Friedrich Steill, ›Geistlicher Lustgarten des Prediger-Ordens‹, Coeln 1676. 58 Vgl. Nemes (2010), S. 389 (Nr. 1). Hier finden sich Richtigstellungen zu weiteren vermeintlichen Rezeptionszeugen des ›Fließenden Lichts‹ bzw. der ›Lux divinitatis‹.
Die Überlieferungslage: ›Das fließende Licht der Gottheit‹ und ›Lux divinitatis‹
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oben genannten Franziskaners Dietrich von Arneveld, konzentriert sich die Überlieferung der ›Lux divinitatis‹ auf den Orden der Dominikaner und der Kartäuser. Aus dem Basler Predigerkonvent kommt Rb, die Haupthandschrift der vorliegenden Edition. Auf dominikanische Provenienz schließen lässt zudem die Rezeption der ›Lux divinitatis‹ bei Dietrich von Apolda und bei einem seiner spätmittelalterlichen Leser aus dem mitteldeutschen Raum (vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 7), bei Johannes Meyer und vielleicht auch beim Pirnaer Mönch Johannes Lindner. Die Präsenz der ›Lux divinitatis‹ bei den Kartäusern ist mit einer Reihe von Handschriften und Rezeptionszeugen zu belegen. Für die Kenntnis der ›Lux divinitatis‹ in der Basler Kartause St. Margarethental sprechen nicht nur die Einträge im Katalog des Urban Moser, sondern auch die daselbst entstandenen Handschriften Ba, Br und Ra (zu ihrer Filiation vgl. Kap. 3.2). Womöglich war Basel, genauer: die dortige Kartause, sogar der Ort, wo die Übersetzung der ›Lux divinitatis‹ ins Alemannische wenige Zeit vor der Erstellung von Rw, dem einzigen Überlieferungsträger des ›Liecht der gotheit‹, erfolgte.59 Mit der Kartause Maria Saal in Buxheim lässt sich Be1 in Verbindung bringen. Die Vermittlung dieser Handschrift (bzw. ihrer Vorlage) nach Buxheim könnte auf den Kartäuser Jakob Louber zurückgehen, den früheren Prior und Bibliothekar der Basler Kartause bzw. späteren Prior von Buxheim. Nach Erfurt, in die Kartause St. Salvatorberg führen schließlich Vä, We2, We3 und Be2 sowie weitere Rezeptionsdokumente (vgl. Anm. 44 und 45, jeweils mit Text) und der Bibliothekskatalog von Jakob Volradi (Anm. 43 mit Text). Unklar sind die Überlieferungswege der bei Witter verzeichneten Handschriften der lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ und jenes Textzeugen, dem Flacius Illyricus die Nachricht über die uns als Mechthild von Magdeburg bekannte
59 Vgl. Senne (2002), S. 34–37 und 74 bzw. (2003), S. 158–160. Anders als die Übersetzung der ›Lux divinitatis‹ ins Alemannische lässt sich die Übertragung der Elisabeth-Texte, der Mitüberlieferung des ›Liecht der gotheit‹ in der Luzerner Handschrift, recht genau auf die Zeit zwischen 1513 und 1516 eingrenzen. Schon Spiess (1935), S. 56 (vgl. dazu auch seine Schemata auf S. 54 und 296) hat darauf hingewiesen, dass als Übersetzungsvorlage nur ein Pariser Druck von 1513 (Jacobus Faber Stapulensis ›Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‹) in Frage kommt, der im Gegensatz zu anderen Überlieferungsträgern ein lateinisches Exzerptcorpus mit Elisabeth-Texten in exakt demselben Umfang und in derselben Reihenfolge enthält wie das volkssprachliche der ehemals Wolhusener, heute Luzerner Handschrift (siehe dazu auch Köster 1951, S. 270 Nr. 33). Spiess hatte aber aufgrund der damaligen Forschungslage noch geglaubt, der Druck hänge einzig und allein von einer Handschrift des 12. Jahrhunderts (Paris, Bibliothèque Nationale, Ms 2873 = Köster 1951, S. 257 Nr. 14) ab. Köster (1952), S. 89 konnte jedoch nachweisen, dass diese Handschrift auf gar keinen Fall Grundlage für Fabers Druck gewesen sein kann, sondern dass die Elisabethtexte dort aus mehreren Handschriften dreier verschiedener Werk-Redaktionen müssen zusammengestellt worden sein. Eine Handschrift mit der bei Faber vorliegenden Kompilation ist aber bis heute nicht bekannt. Angesichts von Fabers Interesse an mittelalterlichen Mystikern und seines sonst beobachtbaren Umgangs mit den von ihm edierten Texten ist nicht auszuschließen, dass die im Druck vorgelegte Fassung von Elisabeths Schriften auf seine Überarbeitung zurückgeht. Zur Editionstätigkeit von Faber vgl. Rice (1971), Carlevaris/ Führkötter (1978), S. LVI–LIX und Walter (1995).
XXVI
Einleitung
Visionärin verdankt.60 Desgleichen wissen wir nicht, wo und wann der wohl Hildesheimer Franziskaner Dietrich von Arneveld mit einem Exemplar der ›Lux divinitatis‹ in Berührung kam. Bemerkenswert an der Überlieferung der ›Lux divinitatis‹ ist die immer wieder beobachtbare synchrone Rezeption beider Versionen des ›Fließenden Lichts‹. So kann die Kenntnis des deutschen Textes nicht nur durch textgeschichtliche Untersuchungen belegt,61 sondern auch am Erscheinungsbild von einzelnen Handschriften der lateinischen Übersetzung abgelesen werden. Entsprechend lässt ein Großteil der Randeinträge in Rb erkennen, dass im Basler Predigerkonvent die Möglichkeit bestand, den lateinischen Text mit einem deutschen zu vergleichen und ihn dabei zu ergänzen bzw. zu korrigieren. Erfolgt die Annäherung an das ›Fließende Licht‹ im Falle von Rb nur punktuell, mittels Glossen, so wird sie in dem durch Au, Pr, We1 und We2 bezeugten Gebet aus LD VI,17 sowie in Vä und teilweise in Be2 (ansatzweise auch in We3) zum Gestaltungsprinzip, denn diese in der Erfurter Kartause entstandenen lateinischen Exzerpte bieten eine Übersetzung, die dem Wortlaut des deutschen Textes näher steht als die sonst bekannten Textzeugen der ›Lux divinitatis‹ (zur Frage, ob sie Ergebnis von Kontamination ist oder eine frühere Version der lateinischen Übersetzung repräsentiert vgl. Kap. 3.2). Diese Belege zeigen, dass das ›Fließende Licht‹ selbst Jahrhunderte nach seiner Übertragung in die internationale Sprache der Kirche „ein Werk im deutsch-lateinischen Grenzland“62 geblieben ist. Ähnliches lässt sich auch bei der alemannischen Rückübersetzung konstatieren: Vokabelnotizen in der Handschrift sprechen dafür, dass dem Schreiber von Rw die lateinische Version des ›Fließenden Lichts‹ bekannt war. Hier ist jedoch davon auszugehen, dass der lateinische Text als der eigentliche Mechthild-Text galt63 und Rw
60 Flacius Illyricus vermerkt zu seiner Quelle: Inter alias prophetias iam olim rhythmis scriptas, edita est etiam cuiusdam sanctae mulieris nomine Mechtildis prophetia. Frauenlob übersetzt diese Quellenangabe wie folgt: unter andern eine Prophecey hinder jhr verlassen (welche sampt andern Reymen gedruckt ist). Der Hinweis von Frauenlob auf einen Druck der mechthildischen Prophetien hat die Forschung – uns mit eingeschlossen, vgl. Senne (2004), S. 141f. Anm. 8 und Nemes (2008b), S. 357 Anm. 15 – zu Spekulationen veranlasst, ob hier ein Druck der oberdeutschen oder der lateinischen Fassung oder gar, wie von Neumann angenommen, einer Rückübersetzung der ›Lux divinitatis‹ gemeint ist (vgl. die von M. Schmidt 1986, S. 82 Anm. 34 referierte schriftliche Mitteilung von Hans Neumann an sie). Senne (2004), S. 142 Anm. 8 zufolge kann diese Frage nicht eindeutig beantwortet werden. Vorsicht ist in der Tat geboten, denn man fragt sich, ob es berechtigt ist, das von Flacius Illyricus gebrauchte Verb edire in einem so engen Sinn zu übersetzen, wie es Frauenlob tut. Vgl. in diesem Zusammenhang Ra fol. 99r: Incipiunt capitula in librum qui dicitur lux divinitatis editus a qua dam sancta puella virgine Mechtildis nomine per diuinam graciam inspiratam sed per fratrem heinricum collectus est. 61 Siehe dazu die entsprechenden Ausführungen in Kap. 3.2 sowie bei Nemes (2010), S. 362–370. 62 Ortmann (1992), S. 159. 63 Vgl. Senne (2002), S. 18.
Die Editionslage: ›Lux divinitatis‹ und ›Liecht der gotheit‹
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nur als Übersetzungshilfe oder anstatt des lateinischen Textes benötigt wurde,64 eine Funktionsbestimmung, die in den Jahrhunderten davor der lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ zukam.65 Diesem Umstand will die Neuausgabe der ›Lux divinitatis‹ Rechnung tragen, wenn sie den lateinischen Text und dessen alemannische Übersetzung in Form einer synoptischen Edition präsentiert. Sie will zugleich an die historisch vorgegebene Parallellektüre des deutschen und lateinischen Traditionszweiges des ›Fließenden Lichts‹ anknüpfen und der in letzter Zeit intensivierten Beschäftigung mit der ›Lux divinitatis‹ neue Impulse geben.66 Dazu müssen der lateinische Text und die alemannische Übersetzung aber zunächst in einer Edition zugänglich gemacht werden und dies nicht so sehr wegen der neuen Handschriftenfunde – sie spielen bei der Textkonstitution wegen des gewählten Editionstyps (dazu mehr unter Kap. 4) eine eher untergeordnete Rolle –, sondern weil die lateinische Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ und ihre Übersetzung ins Alemannische bislang nicht oder nur unzuverlässig ediert waren.
2 Die Editionslage: ›Lux divinitatis‹ und ›Liecht der gotheit‹ Schon wenige Jahre nach der Entdeckung von Rb und Ra durch Preger (vgl. Anm. 24 mit Text) sind die ersten Textproben erschienen.67 Die bisher einzige Volledition der ›Lux divinitatis‹ haben die Solesmenser Mönche unter Leitung von Dom Louis Paquelin 1877 besorgt (im Folgenden: Ed.).68 Der von ihnen konstituierte Text hinter-
64 Vgl. Senne ebd., S. 35 und 74. 65 Senne (2004), S. 149 spricht von der „Hilfsfunktion“ der lateinischen Übersetzung „innerhalb eines lateinisch geprägten Kultur- und Wissenschaftsdiskurses.“ Dies betont auch Webster (2005), S. 123, wenn sie darauf hinweist, dass dem ›Fließenden Licht‹ ein den Kapitelverweisungen der lateinischen Übersetzung vergleichbares Referenzwerk (siehe dazu Nemes 2010, S. 114–125) nicht beigegeben wurde: „This suggests that the Latin text was considered secondary and supplementary to the German, as it was felt necessary to offer a means by which the reader of the Latin could refer to the original vernacular.“ Vgl. in diesem Zusammenhang auch Palmer (1983), S. 86. 66 Zu dem seit Anfang der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts neu erwachten (germanistischen) Interesse an der ›Lux divinitatis‹ vgl. Palmer (1992), Ortmann (1992), Gsell/Stockmar (1992), Köbele (1993) und (2007), Michel (1995), Vollmann-Profe (2000), Senne (2004), Suerbaum (2012), Hellgardt (2014) und die Arbeiten von Senne und Nemes sowie die einschlägigen Beiträge in Emmelius/ Nemes (2019). Aus der älteren Forschung ist außer auf die Publikationen von Neumann auf Stierling (1907), Becker (1951) und Margetts (1977) hinzuweisen. 67 Vgl. Preger (1873), S. 231–240 und Boehmer (1874), S. 5–8. 68 Zur Identität des Herausgebers siehe den Hinweis bei Rottmanner (1884/1908), S. 243 und Ancelet-Hustache (1926), S. 8. Eine als Übersetzung der Solesmenser Ausgabe präsentierte Publikation stellt J. Müller (1881) dar. Tatsächlich handelt es sich um die neuhochdeutsche Übersetzung der von
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Einleitung
lässt einen zwiespältigen Eindruck. Zwar wollten die Benediktinermönche aus Solesmes lediglich einen als wertvoll empfundenen erbaulichen Text einem geistlichen Publikum zur Verfügung stellen,69 ihre editorische Vorgehensweise lässt trotzdem einen gewissen kritischen Umgang mit der vorgefundenen Überlieferung erkennen. So werden im Druckbild Abweichungen gegenüber dem (ober)deutschen Text angezeigt: Kursivdruck verweist dabei auf Textpartien, die die ›Lux divinitatis‹ dem ›Fließenden Licht‹ gegenüber zusätzlich enthält; eckige Klammern markieren ‚Lücken‘ in der lateinischen Übersetzung, die nach dem deutschen Text aufgefüllt werden.70 Auch entscheiden sich die Herausgeber nicht dafür, eine einzige Handschrift diplomatisch abzudrucken, sondern geben den Text „juxta codices latinos, e Basiliensi libraria transcriptos“ (S. 433) wieder. Zur Textkonstitution werden also beide Basler Handschriften (Rb und Ra) herangezogen. Dabei wird dem Leser leider nicht ersichtlich, welcher der Handschriften im Einzelfall der Vorzug eingeräumt wird, denn die Ausgabe kennt keinen Apparat. Und damit fangen die Probleme an, die die Brauchbarkeit der Solesmenser Edition für wissenschaftliche Zwecke beeinträchtigen.71 Ihr wissenschaftlicher Gebrauchswert wird nicht nur durch den (stillschweigenden) Wechsel zwischen den Handschriften gemindert, der in vielen Fällen aus nicht recht ersichtlichen Gründen erfolgt, sondern auch durch die zahlreichen konjekturalen Eingriffe der Herausgeber in den von ihnen konstituierten Text. Hier geht es nicht um die (notwendigen) Korrekturen eines nachweislich verderbten, weil grammatikalisch fehlerhaft und daher unverständlich gewordenen, Textes, sondern um die graphisch nicht als solche gekennzeichneten Änderungen, die – in dieser Vorgehensweise manchen der spätmittelalterlichen Rezipienten von Rb nicht unähnlich – entweder in Anlehnung an den Wortlaut der oberdeutschen Version des ›Fließenden Lichts‹ vorgenommen oder auf eigene Verantwortung (und durchaus arbiträr) durchgeführt wurden. Beeinträchtigt ist die Zuverlässigkeit der Erstedition zudem durch eine Reihe von Druck- und Lesefehlern. Außer dem nicht kontrollierbaren Text fällt der selektive Umgang der Solesmenser Editoren mit den Marginalien dem textkritisch denkenden Leser auf. Den vorhandenen Randbemerkungen wird wenig Beachtung geschenkt und dies, obwohl die
Morel (1869) besorgten Ausgabe des Einsiedler Textes des ›Fließenden Lichts‹, dessen Kapitelfolge entsprechend jener der Solesmenser Ausgabe der ›Lux divinitatis‹ geändert wurde. 69 Zur Zielsetzung des ‚Helfta-Projektes‘ der Solesmenser Mönche – sie haben außer der ›Lux divinitatis‹ die Werke der Mechthild von Hackeborn und Gertrud von Helfta herausgegeben – vgl. Ringler (2001), S. 9. Zu den Solesmenser Mönchen als Editoren der Helftaer Mystik siehe auch Barbeau (2018). 70 So kommt es, dass man in der Solesmenser Textausgabe Übersetzungen auch von jenen Teilen des deutschen Textes (so auch vom gesamten siebten Buch) findet, die in den Basler Handschriften der ›Lux divinitatis‹ nicht enthalten sind: Sie wurden von den Benediktinern nachträglich für ihre Edition ins Lateinische übersetzt. 71 Auf die philologischen Mängel der Erstausgabe wurde in der Mechthild-Forschung schon mehrfach hingewiesen, vgl. vor allem Stierling (1907), Becker (1951) und Neumann (1990, 1993).
Die Editionslage: ›Lux divinitatis‹ und ›Liecht der gotheit‹
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in Rb enthaltenen zahlreichen Glossen ein wichtiges Rezeptionszeugnis von hohem Alter darstellen. So lässt sich die durch textgeschichtliche Untersuchungen eruierbare älteste Schicht der Randeinträge bis zur deutschen Übersetzungsvorlage der ›Lux divinitatis‹ zurückverfolgen, während der verbleibende Rest an Randvermerken einen (textkritisch motivierten) Vergleich der lateinischen Übersetzung mit einer (nicht der Einsiedler!) Handschrift des (ober?)deutschen Textes dokumentiert, einen Vergleich, dem Rb kurz nach seiner Entstehung Mitte des 14. Jahrhunderts offenbar im Basler Predigerkloster selbst unterzogen wurde.72 Der Umgang mit diesen Marginalien durch die Solesmenser Herausgeber ist inkonsequent: Zwar werden sie teilweise in den Fußnoten vermerkt, aber weder vollständig noch fehlerfrei wiedergegeben.73 Lediglich die Verweise von Rb auf die Buch- und Kapitelzählung des deutschen Textes finden sich in der Edition wieder, allerdings korrigiert und am Seitenrand platziert, wodurch sie nicht als Teil der Handschrift kenntlich gemacht werden. Dies ist insofern bedauerlich, als die in den Tituli des lateinischen Textes anzutreffenden Stellenverweise auf eine von der Einsiedler Handschrift stellenweise abweichende Zählung schließen lassen, die wie der Großteil der Marginalien bis zur Übersetzungsvorlage zurückreicht.74 Im Hinblick auf die oben angedeutete bilinguale Rezeption der ›Lux divinitatis‹ ist diese Beobachtung insofern wichtig, als die Kapitelverweisungen die Ausrichtung der lateinischen an die deutsche Version des ›Fließenden Lichts‹ dokumentieren, die dem lateinischen Überlieferungszweig offenbar von Anfang an eingeschrieben war (vgl. dazu Anm. 65 mit Text). Keinen wesentlich besseren Text als die Solesmenser Mönche bietet Mark Emanuel Amtstätter (2003). Die im Anhang seiner Arbeit (S. 112–119) gebotene „Leseversion der lateinischen (im Zusammenhang überlieferten) Mechthild-Kapitel der ersten Buches [des ›Fließenden Lichts‹]“ (so die Überschrift) folgt nicht, wie angegeben, der von Amtstätter selbst in vielerlei Hinsicht als unzuverlässig empfundenen Revelationes-Ausgabe, sondern bietet eine vom Autor selbst angefertigte Transkription nach dem einzig vollständigen Textzeugen der ›Lux divinitatis‹, der
72 Siehe dazu ausführlich Nemes (2010), S. 257–262 und 362–365. 73 Einen Teil der Marginalien findet man bei Neumann (1993), S. 209–232 abgedruckt. Anlass für den Abdruck sind die zahlreichen Randeinträge, die nicht nur den lateinischen, sondern auch den deutschen Text in den Handschriften der oberdeutschen Überlieferung begleiten und sich z.T. überschneiden. Bedauerlicherweise werden diese Glossen, so Ruh (1995), S. 102 und Senne (2002), S. 22, nicht an den von der Handschrift vorgesehenen Stellen des deutschen Textes platziert, sondern in den Untersuchungsband ‚abgeschoben‘ (dies hängt damit zusammen, dass die vollständige Verzeichnung der Marginalglossen vom Neumanns Editionskonzept nicht vorgesehen war: Sie sind Vollmann-Profe zu verdanken). In der überlieferungskritischen Edition von Vollmann-Profe (2003) werden sie (aus typographischen Gründen) gänzlich übergangen und dies, obwohl die Ausgabe mit dem Anspruch auftritt, die Einsiedler Handschrift, „diesen späten Textzeugen, dem die Spuren eines langen Weges der ›Buchwerdung‹ und einer schwer durchschaubaren Überlieferungsgeschichte irreversibel eingeprägt sind, in seiner vorliegenden Gestalt zu dokumentieren“ (S. 682). 74 Auch dazu vgl. Nemes (2010), S. 114–125.
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Handschrift Rb, wobei Ra „beratend“ (S. 111) hinzugezogen wird. Auf einen Variantenapparat wird verzichtet. Deshalb ist wie schon bei den Solesmensern im Einzelnen nicht zu entscheiden, wann der konstituierte Text Rb entspricht und wo auf die Handschrift Ra ausgewichen wird. Darüber hinaus sind es kleine Druckfehler und infolge von Zeilensprung aufgetretene Auslassungen, die die Lektüre erschweren und an der Zuverlässigkeit des vorgelegten Textabdrucks zweifeln lassen.75 Vor diesem Hintergrund wird es verständlich, warum die „wissenschaftliche Veröffentlichung“ der ›Lux divinitatis‹ bereits vor mehr als 100 Jahren (und seitdem immer wieder) als ein „Desideratum“ eingeklagt wurde.76 In der Tat bedarf es angesichts der vielen Unzuverlässigkeiten, mit denen die Solesmenser Edition belastet ist, dringend einer Neuausgabe, die Aufschluss über die momentan eruierbare Textgeschichte der ›Lux divinitatis‹ im Spiegel der in der Zwischenzeit bekannt gewordenen handschriftlichen Überlieferung gibt und den tatsächlichen kodikologischen Gegebenheiten der Haupthandschrift (Rb) Rechnung trägt (siehe dazu Kap. 4). Die Herausgabe des vollständigen ›Liechts der gotheit‹ nach der sog. Wolhusener Handschrift ist mit der Münchener Dissertation von Elke Senne (2002) zum ersten Mal unternommen worden und wird hier in redigierter Form neu aufgelegt. Die alemannische Rückübersetzung wurde von Neumann für seine 1990 erschienene Ausgabe des ›Fließenden Lichts‹ gelegentlich herangezogen und auch Becker, der 1951 die deutschen Bücher IV–VI im Vergleich mit der lateinischen Überlieferung textkritisch beleuchtete, hat Rw als Teil des lateinischen Überlieferungszweiges des ›Fließenden Lichts‹ berücksichtigt. Stierling, der dies 1907 für die deutschen Bücher I–III unternommen hatte, kannte den erst 1926 aufgefundenen Kodex noch nicht. Der Entdecker der Handschrift, Emil Spiess, hat 1935 in seiner Monographie über Rw einige wenige kurze Abschnitte aus dem ›Liecht der gotheit‹ im Paralleldruck mit den entsprechenden oberdeutschen und lateinischen Passagen wiedergegeben,77 dies jedoch leider sehr fehlerhaft.78 Zwei winzige Mechthild-Textproben, ebenfalls im Vergleich mit oberdeutschen und lateinischen Parallelstellen, bietet Wilhelm Oehl.79 Oehl brachte bereits eine kurze, aber sachlich-detaillierte Handschriftenbeschreibung, die von Spiess nicht wesentlich ergänzt wurde, im Gegenteil: Eine Reihe von Angaben widersprechen stillschweigend denen von Oehl. Es scheint daher geboten, dem in diesem Band präsentierten Editionstext eine auf Autopsie basierende ausführliche und – nach zwischenzeitlich mehrfach erfolgtem Besitzerwechsel – aktualisierte Beschreibung des Kodex voranzustellen. Das Gleiche gilt für Rb, die Haupthand-
75 Siehe dazu im Einzelnen die Rezension von Nemes (2004). 76 Vgl. Oehl (1911), S. 19. Ähnlich Ruh (1993), S. 246 und Vollmann-Profe (2000), S. 134 Anm. 9. 77 Vgl. Spiess (1935), S. 338–355. 78 Siehe dazu im Einzelnen die Rezension von Planzer (1937). 79 Vgl. Oehl (1927), S. 280f.
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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schrift der lateinischen Übersetzung. Die Exzerpthandschriften dagegen werden in standardisierten Kurzbeschreibungen erfasst.
3 Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹: Textzeugen und Textgeschichte Bevor über Anlage und Prinzipien der vorliegenden Edition Rechenschaft abgelegt wird (Kap. 4), sollen die beiden Handschriften ausführlich beschrieben werden, die die Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ ins Lateinische bzw. deren Rückübersetzung ins Deutsche einzig vollständig überliefern (Kap. 3.1.1). Auf die ausführliche Beschreibung der Haupthandschriften folgen schematisierte Kurzbeschreibungen der Exzerptüberlieferung, die außer den wichtigsten kodikologischen Details Informationen über Inhalt (etwa Angaben zur Mitüberlieferung oder zum Vorhandensein einer expliziten Zuschreibung der Auszüge an Mechthild), Schreiber, Provenienz und Datierung, Abbildungen und Literatur enthalten (Kap. 3.1.2). Eine eigene Untergruppe bei den Textzeugen bilden solche textgeschichtlich relevanten Exzerpte, die in andere Werke eingegangen sind (Kap. 3.1.3).80 Die entsprechende Rubrik informiert über die Überlieferung und die vorliegenden Editionen des jeweiligen Werkes sowie über die Erforschung der darin enthaltenen Exzerpte aus der ›Lux divinitatis‹. Anschließend sollen die textgeschichtlichen Zusammenhänge unter Beachtung der in den Handschriftenbeschreibungen gebotenen überlieferungs- und rezeptionsgeschichtlichen Details erschlossen werden (Kap. 3.2). Als Letztes folgt der bereits angedeutete Rechenschaftsbericht über die Anlage und Prinzipien der vorliegenden synoptischen Edition (Kap. 4).
80 Das als Rezeptionszeuge der ›Lux divinitatis‹ erst vor Kurzem bekannt gewordene ›Silencium contra prophecias prophetarum Saxonie‹ des Dietrich von Arneveld konnte nicht mehr berücksichtigt werden. Dieser auch überlieferungsgeschichtlich wichtige Textzeuge der lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ soll in einer von Balázs J. Nemes geplanten Publikation behandelt werden.
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3.1 Textzeugen 3.1.1 Corpusüberlieferung (1) Basel, Universitätsbibliothek, Cod. B IX 11 (Rb) Pergament • I + 163 + I Blätter • 19 × 13,5 cm • Dominikanerkloster Basel • Fasz. I: Anfang 14. Jh.; II: um bzw. kurz vor 1350; III: 14. Jh.; IV: Ende 14. Jh.; V: 14. Jh. bzw. um 1400 Anlage: Die Handschrift besteht aus fünf, ursprünglich selbständigen Faszikeln, die frühestens um 1400 zu einem Band vereinigt wurden. Heute trägt die Handschrift einen braunen Halbledereinband des 19. Jahrhunderts. Vorsatzblatt vorne und hinten modernes Papier. Durchgehend moderne Bleistiftfoliierung. Auf dem Buchrücken aktuelle Signatur und Titelschild des 19. Jahrhunderts: Varii tractatus theologici. Provenienz: Die Handschrift gehörte dem Dominikanerkloster in Basel. Inhaltsverzeichnis und Besitzvermerk sind infolge der herausgeschnittenen Initiale auf fol. 1v beschädigt. Der Possessorvermerk über dem Conspectus ist analog zu anderen Handschriften aus dem Basler Predigerkonvent (vgl. etwa Cod. B VII 30 oder Cod. B VIII 11) wie folgt zu komplettieren: iste l[iber est fratrum ordinis predicato]rum domus basi liensis. Dass sich die Handschrift Ende des 15. Jahrhunderts in der Basler Kartause befand, wie von Stierling (1907), S. 15 und Becker (1951), S. 4 behauptet, lässt sich durch nichts belegen. Wohl diente Rb als Vorlage für eine dort entstandene Abschrift (Ra), doch gibt es keine Indizien, die darauf hindeuten würden, dass die Handschrift in den Besitz der Kartäuser überging (Becker verweist auf das Inhaltsverzeichnis, das er dem Prior und Bibliothekar der Basler Kartause, Jakob Louber, zuschreibt, was jedoch nicht zutrifft, denn die Schreiberhand ist eine andere). Ihre Existenz bei den Basler Kartäusern ist nicht einmal mit jenem Exemplar der Lux divinitatis zu belegen, von dem im Katalog des Urban Moser die Rede ist und das Stierling (1907), S. 15 (unter Missachtung der von Moser mitgeteilten Signatur) mit Rb identifizieren wollte: Hingewiesen wird hier nicht auf Rb, sondern auf Ra (vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 1). Ob Cod. B IX 11 in Basel entstanden ist, lässt sich nicht feststellen. Die wenigen deutschen Glossen, die Eingang in die Handschrift gefunden haben, könnten darauf hindeuten, dass diese aus dem Norden nach Basel gekommen ist, zeigen doch manche der Glossen laut Völker (1967), S. 56 „deutlichere Spuren ihrer niederdeutschen Herkunft als die entsprechenden Textteile der oberdeutschen Übertragung“ (ähnlich Neumann 1993, S. 97 Anm. zu V.23,117f.; kritisch dazu Beck 2019, S. 387: die Einsprengsel können „ebenso als ostmitteldeutsch angesehen werden“). Dies soll laut Völker ebd. auch auf den Lautstand von FL I,30 zutreffen, das als einziges deutsches Kapitel Eingang in die lateinische Übersetzung gefunden hat, vgl. LD IV,53. Doch gehen hier die Meinungen auseinander, vgl. Nemes (2010), S. 190 Anm. 380.
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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Abbildungen: Vollständiges Farbdigitalisat online verfügbar, siehe http://www.ecodices.unifr.ch/de/ubb/B-IX-0011. Literatur: P. Schmidt (1919), S. 227 Nr. 338 — Becker (1951), S. 3–10 — Meyer/Burckhardt (1966), S. 169–182 — Eisermann (2001), S. 78 — Nemes (2010), S. 535f. (Register). I Anlage: Lagenstruktur: 4 VI48 + II50. Zählung der ersten vier Lagen auf der letzten Verso-Seite mit römischer Zahl. Schriftraum: 13,7 × 9,5 cm. 28 Zeilen. Liniiert. Rubriziert. Abwechselnd rote und blaue Initialen am Beginn des jeweiligen Textabschnittes. Schemata und figürliche Darstellungen als Federzeichnungen in schwarz, blau, gelb, grau, rot, mattviolett vor jedem der 60 Textabschnitte sowie am Anfang und am Schluss (insgesamt 62); diejenigen auf fol. 1v, 28r und 50r ausgeschnitten. Unbeschrieben: fol. 50v. Schreiber: Text durchgehend von einer Hand mit gotisierender Buchminuskel. Ergänzende und korrigierende Randeinträge von einer zweiten Hand. Inhaltsverzeichnis auf fol. 1r von einer Hand des 15. Jahrhunderts (Becker 1951, S. 9 identifiziert sie mit der Hand des Jakob Louber, was jedoch nicht zutrifft). Ergänzungen zum Inhaltsverzeichnis von zwei weiteren zeitgenössischen Händen (zu ihren Einträgen vgl. Fasz. II und III) und von einer dritten des 17. Jahrhunderts. 1r
Inhaltsverzeichnis (fragmentarisch) Abgedruckt bei Becker (1951), S. 5.
1v–50r
Berthold von Nürnberg (Lektor) OP ›Liber de mysteriis et laudibus intemerate Virginis Mariae‹ (mit Vorwort und Inhaltsverzeichnis) Die Autorangabe Hunc librum […] conscripsit ordinauit et edidit frater Bertoldus de ordine fratrum predicatorum quondam lector Nurembergensis anno dei M°CC°XCIIII° findet sich auf fol. 50r. Allerdings wurde Nurembergensis durch Unterpungierung getilgt und am Rande von einer anderen Hand des 15. Jahrhunderts (mit keiner der in der Handschrift bezeugten Nachtragshände identisch) durch Herbipolensis ersetzt. Diese Korrektur dürfte den Anlass zur Ergänzung [le]ctore herbipolensis ordinis prae dicatorum im Inhaltsverzeichnis geliefert haben (die Ergänzung stammt von einer anderen Hand als jene des Conspectus-Schreibers; auch ist sie mit der auf fol. 50r bezeugten Hand des Korrektors nicht identisch). Zum Verfasser der vorliegenden Kompilation vgl. Jacobs/Ukert (1835), Bd. 1, S. 97f. und (1838), Bd. 3, S. 37f. sowie Kaeppeli (1970), Bd. 1, S. 240f. (Nr. 668–669). Überlieferung: Gotha, Universitäts- und Forschungsbibliothek, Cod. Memb. I 80, fol. 41r–67r (dazu Hopf 1994, S. 57f.). Literatur: Palazzo (2012).
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Einleitung
II Anlage: Lagenstruktur: 3 VI86 + (III + 1)93. Wortreklamanten in der rechten unteren Ecke der letzten Verso-Seite. Schriftraum: 14,8 × 10,3 cm. Zweispaltig. Kolumnenzwischenraum: 1 cm. 48 Zeilen. Punktiert und liniiert. Rubriziert. Initialen nicht ausgeführt. Unbeschrieben: fol. 91vb. Schreiber: Durchgehend von einer Hand in regelmäßiger Buchschrift, die Karin Schneider zufolge (briefliche Mitteilung an Ernst Hellgardt) auf die Zeit um bzw. kurz vor 1350 zu setzen ist. Im Mechthild-Teil findet man zahlreiche Marginalien. Bis auf einige Einträge von einer Hand des 15. Jahrhunderts stammt der Großteil dieser Randvermerke von mehreren, nicht immer und überall eindeutig identifizierbaren Händen, die nach Karin Schneider (briefliche Mitteilung an Ernst Hellgardt) auf das 3. Viertel des 14. Jahrhunderts zu datieren sind. Eine weitere Hand des 15. Jahrhunderts (Becker 1951, S. 8 identifiziert sie fälschlicherweise mit Jakob Louber) notiert am Beginn des Mechthild-Textes: Reuelaciones Mechtildis (fol. 52rb). Am Beginn der Christina-Vita liest man offenbar von derselben Hand (auch hier spricht sich Becker 1951, S. 9 irrtümlicherweise für Jakob Louber aus) den Vermerk: quam composuit frater Thomas de cantiprato nacione brabantinus. Die Hand erscheint auch im Fasz. IV. Im Inhaltsverzeichnis findet sich ein vergleichbarer Vermerk (fratris Thome Brabantini ordinis predicatorum), hier allerdings von jener Hand, die auch für den oben zitierten Nachtrag [le]ctore herbipolensis ordinis praedicatorum verantwortlich zeichnet (vgl. Fasz. I). 51ra–91va
Mechthild von Magdeburg ›Lux divinitatis‹ Überlieferung: Ra 101v–154v, 159r–195v und 209v (wohl eine direkte Abschrift von Rb). Edition: Ed. 435–643. Weitere Textabdrucke bei Preger (1873), S. 231–240; Boehmer (1874), S. 5–8; Oehl (1927), S. 280f. und Amtstätter (2003), S. 112–119.
92ra–93vb
Thomas von Cantimpré ›De S. Christina Mirabili Virgine vita‹ Überlieferung: Ra 210r–215r (wohl eine direkte Abschrift von Rb). Zur weiteren handschriftlichen Überlieferung der Christina-Vita vgl. Kaeppeli (1993), Bd. 4, S. 346f. (ohne Ra) und Folkerts (2010), S. 86 Anm. 5 und S. 241. Edition: Acta Sanctorum Jul. V (1868), S. 650–656.
III Anlage: Lagenstruktur: VI105 + (1+VII)120. Wortreklamanten in der rechten unteren Ecke der letzten Verso-Seite. Schriftraum: 14,8 × 10,3 cm. Zweispaltig. Kolumnenzwischenraum: 1 cm. 33 Zeilen. Liniiert. Rubriziert. Unbeschrieben: fol. 120vb. Schreiber: Durchgehend von einer Hand in regelmäßiger Buchminuskel.
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
94ra–120va
XXXV
›Claustrum animae‹ Im Inhaltsverzeichnis firmiert Hugo (hugonis) als Verfasser (die Hand des 15. Jahrhunderts ist eine andere als jene, welche im Inhaltsverzeichnis Autorenangaben nachgetragen hat, vgl. Fasz. I und II). Literatur: Bauer (1973).
IV Anlage: Lagenstruktur: VI132. Schriftraum: 14,2 × 10,5 cm. Zweispaltig. Kolumnenzwischenraum: 1 cm. 28–29 Zeilen. Rubriziert. Unbeschrieben: fol. 132rb–vb. Schreiber: Durchgehend von einer Hand in regelmäßiger Buchschrift. Die Autorangabe am Beginn des Exzerptes aus dem ›Stimulus amoris‹ (Venerabilis patris Bona venture Cardinalis) offenbar von derselben Hand des 15. Jahrhunderts, die ihre Spuren auch am Beginn der im Fasz. II enthaltenen Texte hinterlassen hat (Becker 1951, S. 10 identifiziert sie fälschlicherweise mit Jakob Louber). Die Autorenangabe erfolgt in Anlehnung an das Inhaltsverzeichnis: Item excerptum de stimulo amoris Sancti Bona venture (fol. 1r). 121ra–132ra
›Stimulus amoris‹ (Ba16) Überlieferung: Ra 196r–209v (wohl eine direkte Abschrift von Rb). Literatur: Eisermann (2001), S. 78 (mit Aufschlüsselung des Inhalts des Exzerptes).
V Anlage: Lagenstruktur: 2 VI156 + (II-1)159 + II163. Die letzte Lage nur Anhängsel. Schriftraum: 14,7 × 10,2 cm (fol. 160r–162v: unregelmäßiger Schriftsspiegel). Zweispaltig (fol. 160r–162v: ungespalten). Kolumnenzwischenraum: 1 cm. 47 Zeilen (fol. 160r–162v: 28–29 Zeilen). Liniiert. Rubriziert. Unbeschrieben: fol. 159rb–vb und 163. Schreiber: Hand 1: fol. 133ra–159ra, feine Buchminuskel (Becker 1951, S. 10 identifiziert diese Hand fälschlicherweise mit dem Schreiber von Fasz. II); Hand 2: fol. 160r–162v, kursive Buchschrift von ca. 1400. Von Hand 2 rühren auch die Seitentitel (Zahl des Sermo) und die Abschnittszahlen am Rand von fol. 133ra–159ra her. 133ra–158ra
Isaac von Syrien (von Ninive) ›De contemptu mundi‹ (›De accessu animae ad Deum‹) Edition: PL 86, S. 811–886. Zu den Abweichungen gegenüber der Edition vgl. Tabelle zur P a r a l l e l ü b e r l i e f e r u n g in der Handschrift Basel, Universitätsbibliothek, Cod. B IX 7 bei Meyer/Burckhardt (1966), S. 151–153. Literatur: Alfeev (2015).
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158ra–159ra
Einleitung
Gregor der Große ›Dialogi‹ III,14 Der Text schließt sich an die zwölf Predigten des Isaac von Syrien mit der Überschrift Narracio sancti gregorii pape in libro qui dyalogorum dicitur de supradicto ysaae qui hunc libellum edidit unmittelbar an. Edition: Moricca (1924), S. 163,18–168,7.
160r–162v
Register zu Isaac von Syrien (von Ninive) ›De contemptu mundi‹ (›De accessu animae ad Deum‹)
(2) Luzern, Zentralbibliothek, Cod. N. 175, Depositum der Bibliothek des RomeroHauses Luzern (die sog. Wolhusener Handschrift) (Rw) Pap. • 379 Blätter • 21 × 15,5 cm • Teil I: 25. November 1516, Teil II: 5. März 1517 • Teil I: alemannisch, Teil II: niederalemannisch mit Elementen der Basler Schreibsprache Anlage: Die Handschrift besteht aus zwei getrennt foliierten Teilen. Die Foliierung mit römischen Ziffern in roter Minuskelschrift auf den recto-Seiten ist überwiegend fehlerfrei und stammt von der Hand des Haupt-Rubrikators. Die einzigen Unregelmäßigkeiten finden sich alle im II. Teil: fol. 139 (sic!) wurde ebenso wie das C von fol. CXII und CLXXXX von späterer Hand mit dunklerer Tinte nachgetragen, fol. CXLIII und CXLIIII werden beide als fol. CXLIIII gezählt. Reste einer Foliierung sind von der 13. Lage des I. Teils erhalten: jeweils in der rechten oberen Ecke der recto-Seiten stehen fol. 146r–151r die Ziffern 2 bis 7 mit dunkler Tinte geschrieben. Arabisch-römische Mischziffern finden sich auf den Blättern XXX2 und XXX4 des I. Teils sowie auf den Blättern XX7 und XL8 des II. Teils; ausschließlich arabisch beziffert sind – außer den ursprünglich 6 Blättern des Kapitelregisters – fol. 85 und 139 (alle II. Teil). In Teil II wurden auch die leeren Blätter bis Buchende nummeriert, wobei das letzte erhaltene Blatt, laut Lagenbefund fol. 225, die Seitenzahl 224 trägt, d.h. Blatt 224 muss schon vor der Nummerierung der Handschriftenseiten des Mechthild-Teils verloren gegangen oder ausgerissen worden sein. Die bei Spiess (1935), S. 33 beschriebenen Wasserzeichen fanden sich bei der Autopsie der Handschrift bestätigt und erwiesen sich als sehr detailgenaue Wiedergaben. Erkennbar sind vier verschiedene Wasserzeichen, alle in der Buchmitte in der Falz (die Existenz des bei Oehl 1927, S. 278 erwähnten fünften Wasserzeichens auf fol. 33 des I. Teils der Handschrift – „eine kleine krone“ – konnte bei der Autopsie der Handschrift nicht bestätigt werden): 1. Gleichschenkeliges Kreuz im Schild mit einkonturiger Krone (verwendet im I. Teil fol. 39–46), sehr ähnlich Piccard (1981), Abt. II, Nr. 701–702, bezeugt für Freiburg i. Br. 1513, und Nr. 705, bezeugt für Zürich 1515, Herkunft aller drei Wasserzeichen: Freiburg i. Br. Vgl. auch Piccard, Wasserzeichenkartei Nr. 125686 (1514). — 2. Adlerkopf mit Federn unten, im Schild, nach links oder rechts gerichtet, in verschiedenen Zwischenformen (verwendet im gesamten I Teil passim und bis fol. 31 im II. Teil. Vgl. auch Piccard, Wasserzeichenkartei
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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Nr. 41764 (1516). Die Wasserzeichenhälften im I. Teil fol. 75r und 91r sind mit Bleistift nachgezeichnet), ähnlich Briquet (1923), Bd. 1, Nr. 2208–2210, früheste Bezeugungen für Überlingen 1519 und Hochstätt 1523, später mehrfach; am ähnlichsten ist das Zeichen allerdings dem unteren Teil von Briquet (1923), Bd. 1, Nr. 2207, bezeugt für Görlitz 1516 und Hochstätt 1517 (allerdings hat dieses Wasserzeichen noch eine Krone über dem Schild); Herkunft aller vier Wasserzeichen: Freiburg i. Br. — 3. Krone mit einkonturigem Hochbügel und darüber Kreuz als Beigabe (verwendet im Register des II. Teils: fol. III, IV und VI), ähnlich Briquet (1923), Bd. 2, Nr. 5065–5067, bezeugt für Görlitz 1515, Dresden 1516 (Nr. 5065), Freiburg i. Br. 1516 (Nr. 5066, am wenigsten ähnlich), Babenhausen 1525 (Nr. 5067), Herkunft vielleicht italienisch; ähnlich auch Piccard (1961), Abt. III, S. 78, Nr. 24, dort mit gleichschenkeligem Kreuz als Beigabe nachgewiesen für Freiburg i. Br. 1516, Herkunft süddeutsch (Rottenburg a. N.?). Vgl. auch Piccard, Wasserzeichenkartei Nr. 51851, 51852 (1519). — 4. Ochsenkopf mit Nasenlöchern, Augen mit Pupille, gezackter Stirndoppellinie und hohem Stab mit Stern zwischen den Hörnern (verwendet im II. Teil von fol. 34 bis zum Schluss), ähnlich Briquet (1923), Bd. 4, Nr. 15113, Lowis 1515, Ferrara 1506–61 und Nr. 14909 (rechte Hälfte verunstaltet, linke Hälfte ähnlicher als Briquet 1923, Bd. 4, Nr. 15113), bezeugt für Chur 1521, Herkunft Piemont; entferntere auch mit Piccard (1966), Abt. I, S. 278, Nr. 638, nachgewiesen für Tirol 1515, Herkunft Oberitalien (?). Vom Einband ist nur der hintere Holzdeckel der Handschrift (22 × 16 cm, 6 mm dick) erhalten, dessen der Bindung gegenüberliegender Rand im oberen und unteren Drittel zu ca. 1–2 cm herausgebrochen ist. Seine gleichmäßige Verfärbung lässt auf einen ursprünglichen Ganz(leder?)überzug schließen. Deutlich erkennbar sind Spuren von zwei Schließen, es finden sich jedoch keinerlei Hinweise auf Metallbeschläge. Erhalten sind alle drei von außen nach innen geführten, von innen mit Hanffaden verpflockten Hanfdoppelbünde, die verlorenen Kapitale oben und unten waren nochmal geheftet und vermutlich umwickelt; je ein Fitzbund oben und unten. Die Rückseite des letzten erhaltenen Blattes 224 weist Klebespuren auf, wurde also offensichtlich als Spiegelblatt verwendet (zudem finden sich hier mehrere verstreute unleserliche Schriftreste, vermutlich Federproben). Dafür, dass der Band mindestens einmal neu gebunden wurde, sprechen auch die teilweise beschnittenen randständigen Marginalien (v. a. im II. Teil, besonders deutlich z. B. fol. 33r und 220r). Am linken Rand des Buchrückens sind noch zusammengerollte Reste von ca. 3–4 cm breiten Flügelfälzen vorhanden: je ein kurzer unbeschrifteter Pergamentstreifen oben und unten von 1–2 cm Länge, in der Mitte oben und unten zwei weitere 3–4 cm lange Pergamentstreifen mit kaum leserlichen Resten eines lateinischen Textes auf Rückund Vorderseite, deren Spiegel auf den Lagenrücken noch erkennbar ist (die Abweichungen bei Oehl 1927, S. 277 bezüglich der Maße der Pergamentstreifen lassen sich dadurch erklären, dass offensichtlich den beiden Pergamentstreifen oben und unten seit 1927 noch einmal Stücke abhanden gekommen sind, was bei dem mehrfachen Besitzerwechsel seit der Auffindung der Handschrift nicht verwundert). Schnitt ohne
XXXVIII
Einleitung
erkennbare Färbung, Beschriftung oder Verzierung, allerdings sind sämtliche Blätter an den Rändern stark abgenutzt. Weitere Merkmale: drei Stempel „Missionsseminar Wolhusen“: fol. 159v (Teil I), sowie fol. 12r und 220v (Teil II); ein Einlageblatt des Bibliothekars Emil Spieß mit Lagenbefund der Gesamthandschrift; mutmaßlich ebenfalls von Spieß stammen die Bleistiftvermerke in Teil I: 1XO (41v), 2OX (98v), 3XO (99r), 4XO (115v), 5 XO (116r), 6XO (130v), 7XO (159r) und in Teil II: 8XO (13r), 9XO (49v), 10XO (96v), 11XO (105v), 12OX (106r), 13XO (108v), 14XO (109r), 15XO (160v), OX16 (220r), die auf recto-Seiten oben rechts, auf verso-Seiten oben links stehen; im II. Teil vereinzelte Bleistiftmarkierungen im Text und am Rand auf fol. 16v–22v; die Bleistiftzählung in arabischen Ziffern auf jeder 5. Recto-Seite (in beiden Teilen der Handschrift, der Zählung der Handschrift folgend) stammt von Peter Kamber, Zentralbibliothek Luzern. Provenienz: Hinweise auf Provenienz und Geschichte der Handschrift vor ihrer Entdeckung Anfang 1926 gibt es nicht. Damals wurde der extrem verschmutzte Codex zufällig im Schenkungsbestand des Missionsseminars St. Joseph zu Wolhusen in der Schweiz aufgefunden. Über die Umstände der Entdeckung und der angeblich mehr oder weniger dramatischen Rettung der Handschrift, die sogar zeitweilig die Frankfurter Zeitung beschäftigten (jeweils I. Morgenblatt vom 19. Februar und 27. April 1928, jeweils S. 2) machen Oehl (1927), S. 277 und Spiess (1935), S. 31 unterschiedliche Angaben, vgl. dazu auch die Korrekturen von Oehl (1928). Bereits 1935 befand sich die Handschrift zunächst im Besitz des Bruder-Klausen-Seminars zu Schöneck bei Beckenried, Kanton Nidwalden (vgl. Spiess 1935, S. 34), von wo aus sie in den Besitz der Bethlehem Mission Immensee gelangt ist (vgl. Neumann 1990, S. XIX und XXVII). Inzwischen ist sie mit neuer Signatur der Bibliothek des Romero-Hauses Luzern der Missionsgesellschaft Bethlehem, Immensee, mit der Signatur Cod. Nc/340 eingegliedert worden, als deren Depositum sie in der Zentralbibliothek Luzern verwahrt wird (die Angaben im ersten Band der Neuauflage des ›Deutschen Literatur-Lexikons‹ sind entsprechend zu korrigieren, vgl. Anm. 29). Schreibsprache: Baslerisch (eine detaillierte Dialektuntersuchung des II. Teils der Handschrift findet sich bei Senne 2002, S. 44–48). Abbildungen: Spiess (1935), Abb. I–XVII und Senne (2002), S. 38 (= Einband), 39 (= Wasserzeichen, wie Spiess 1935, Abb. I) und 87 (= fol. 1r, Teil II). Vollständiges Farbdigitalisat online verfügbar, siehe http://www.e-codices.unifr.ch/de/zhl/N0175. Literatur: Oehl (1927) — Spiess (1935) — Planzer (1935) — Köster (1951), S. 270 Nr. 33 — Senne (2002) und (2003) und http://www.e-codices.unifr.ch/de/description/ zhl/N0175 (Beschreibung für e-codices von Elke Senne, Berlin, mit Ergänzungen von Peter Kamber, ZHB Luzern, Sondersammlung, 2010).
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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I Anlage: Der erste Teil der Handschrift enthielt ursprünglich mindestens 160 Blätter in mindestens 14 Lagen: (VI-8)10 + 12 VI156 + (II-1)159. Die Blätter 1–2, 6–9, 11–12 (Textverlust) sowie 160 (kein Textverlust) fehlen; die Blätter 48, 65–82 und 146 sind größtenteils herausgerissen (Textverlust). Die Blätter 3–5, 10, 13–14, 23 und 24 sind lose. Blätter 60–86 mit Feuchtigkeitsschaden, fol. 63r–64v stark verschmutzt. Einspaltig. Bis Blatt 17 nur 18 Zeilen, danach (bei Steigerung der Zeilenzahl um 1–2 je Blatt) mit durchschnittlich 26–28 Zeilen. Schriftspiegel: 17 × 10,5 cm. Nur ganz wenige Rubrizierungen (betreffen nur einige Majuskeln). Die Kapitelinitialen sind nur etwa zur Hälfte mit etwas Fleuronnée verziert, allerdings überwiegend etwas größer als die sonstigen Majuskeln. Ansonsten findet sich Fleuronnéeschmuck noch bei den Buchinitialen, in der rechten unteren Ecke von fol. 151r und fol. 159r. Hin und wieder werden auch einfache Rankenornamente am Kapitelende bis Zeilenschluss eingefügt. Im Vergleich scheint der Fleuronnéeschmuck des I. Teils zwar seltener, aber dafür reichhaltiger als der des II. Teils. Im ersten Teil finden sich nur ganz vereinzelt Randnotizen, ausnahmslos Nota-Hinweise und bzw. oder Zeigehände. Letztere zumeist am äußersten Blattrand und häufig beschnitten. Zudem sind hin und wieder Nachträge zum Text – ausnahmslos mit Einweisungszeichen – am Rand notiert. Bemerkenswert ist, dass die umfangreichen Elisabeth-Exzerpte eine formale Annäherung an die im zweiten Teil der Handschrift folgende Übersetzung der ›Lux divinitatis‹ erfahren: Sie werden in sechs Bücher aufgeteilt und mit Kapitel- (Buch I–IV und VI) bzw. Epistelzählung (Buch V) sowie Überschriften versehen. Schreiber: Text von einer Hand in einer gleichmäßigen, überwiegend sehr säuberlichen Kurrentschrift, einer aus der Kanzleibastarda entwickelten rechtsschrägen Kursivschrift des frühen 16. Jahrhunderts. Zur Charakterisierung der Schrift vgl. Senne (2002), S. 30. Die Überschriften sind überwiegend von einer Hand mit Rot in einer überwiegend schleifenlosen Bastarda geschrieben; von derselben Hand, in derselben Auszeichnungsschrift, allerdings mit der Tinte des Haupttextes, stammen auch die meisten Anfangszeilen einzelner Kapitel und einzelne Worte im Text (zumeist die Namen der Trinität und Mariens, vereinzelt auch von Heiligen). Eine zweite Hand mit insgesamt runderem Schriftduktus (Schaftbiegung statt -brechung) hat hin und wieder im Elisabeth-Text (und im letzten Viertel des Mechthild-Textes, d.i. Teil II) einige Überschriften ergänzt und scheint auch die Überschriften sowie die ExplicitZeilen am Ende des Registers im Teil II (fol. VI) geschrieben zu haben. [1]3r–27r
Buch I: Elisabeth von Schönau ›Liber visionum‹ I, 1–25 (in [Prolog und] 16 Kapiteln) Edition: F. W. E. Roth (1884).
XL
Einleitung
27r–62r
Buch II: Elisabeth von Schönau ›Liber visionum‹ I, 26–77 und ›Prophetia Elisabethae‹ (in 22 Kapiteln) Edition: F. W. E. Roth (1884) und (1911).
62r–112v
Buch III: Elisabeth von Schönau ›Liber viarum Dei‹ 1–19 und ›Adiuratio conscriptoris‹ (in 18 Kapiteln) Edition: F. W. E. Roth (1884).
113r–130v
Buch IV: Elisabeth von Schönau ›Liber visionum‹ II, 31; ›Liber viarum Dei‹ 20; ›Liber revelationum Elisabeth de sacro exercitu virginum Coloniensum‹ 1–21; ›Epistolae‹ 5, 6, 11 und ›Visio Egberti de Ursula‹ (in 6 Kapiteln) Edition: F. W. E. Roth (1884) und Spiess (1935), S. 120–207 (Paralleldruck des ›Liber revelationum Elisabeth de sacro exercitu virginum Coloniensum‹ mit St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 591, einer anderen Übersetzung dieses Textes, vgl. Köster 1951, S. 301f. Nr. 106).
130v–142v
Buch V: Elisabeth von Schönau ›Epistolae‹ 1–4 und 7–17 (in 14 Kapiteln) Edition: F. W. E. Roth (1884).
142v–159r
Buch VI: Elisabeth von Schönau ›Epistola Eckeberti ad cognatas suas de obitu domine Elisabeth‹ 1–2 (in 12 Kapiteln) Zur detaillierten Abfolge der einzelnen Auszüge aus Elisabeths Schriften vgl. Spiess (1935), S. 57–60 und Köster (1951), S. 270 Nr. 33. Edition: F. W. E. Roth (1884).
II Anlage: Der zweite Teil der Handschrift enthielt ursprünglich 232 Blätter in 19 Lagen: IIIVI + 2 VIII32 + 15 VI212 + (VII-4)224; Blatt 1 ist lose, vollständig herausgerissen sind die Blätter I, 218, 223, 224 und 226, die Blätter 122 und 123 fehlen zu vier Fünftel (mit Textverlust). Teilweise ist Lagenfoliierung jeweils rechts unten auf den recto-Seiten erkennbar: in der 17. Lage, fol. 28r–32r stehen die arabischen Ziffern 8–12 in Rot; in der 19. Lage, fol. 51r steht li 51, fol. 53r und 55r haben 53 und 55 (jeweils rot); die 27. Lage hat auf fol. 141r eine arabische 41, auf fol. 47r–51r die arabischen Ziffern 47–51 (in schwarzbrauner Tinte). Einspaltig. 23–25 Zeilen; Abweichungen nach oben (bis maximal 28 Zeilen: fol. 211v) vor allem im Kapitelregister, fol. 1–11 und fol. 205–217; auf vollständig beschriebenen Seiten nie weniger als 21 Zeilen. Schriftspiegel: 16 × 10,5–11 cm. Rubriziert. Die Kapitelinitialen sind häufiger, dafür weniger reichhaltig als die Initialen im I. Teil mit Fleuronnée verziert. Fleuronnéeschmuck findet sich auch bei den Buchinitialen (außer für Buch II) sowie jeweils auf der Mitte des unteren Blattrandes von fol. 1r und 220r; ganz selten kleine Fleuronnée-Elemente als Zeilenfüllsel oder gelegent-
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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lich am Ende eines Absatzes. Unterstreichungen betreffen ganz überwiegend Nomina sacra, die Ordnungszahlen bei Aufzählungen, aber auch einige wenige aphoristische Sätze (z.B. auf fol. 174r) und sind – mit Ausnahme der Bleistiftunterstreichungen späterer Benutzer – rot. Auf fol. 26r sind Z. 11–25 (= LG I,13,38–46) vereinzelte Wörter unregelmäßig mit kurzen, akzentähnlichen schrägen Tintenstrichen markiert, deren Funktion auch durch den Vergleich mit der lateinischen Fassung nicht ganz deutlich wird: eventuell wurden sie als Vorlesehilfe eingefügt (?). Marginalien unterschiedlicher Art finden sich im Vergleich zum I. Teil der Handschrift ungleich häufiger (vgl. den folgenden Textabdruck). Schreiber: Identisch mit der Text-Hand von Teil I. Auch die beiden Hände, die die Überschriften besorgt bzw. korrigiert sowie die Anfangszeilen der jeweiligen Kapitel eingetragen haben, finden sich in Teil I. Die Schreibersignaturen H. v. S. bzw. H. v. Sch. (beide am Ende des Registers auf fol. VIv) einer dieser Hände – sie scheint die Überschriften im letzten Viertel des Mechthild-Textes ergänzt sowie die Explicit-Zeilen am Ende des Registers geschrieben zu haben – und die Ligatur MK am Ende des Mechthild-Textes (fol. 220r, von der Text-Hand eingetragen?) ließen sich mit den gängigen Hilfsmitteln (Scarpatetti 1977–1991, Bruckner 1935–1978, Colophons I–VI und G. Burger 1960) nicht identifizieren. [°I]IIr–VIv Register 1r–220r
Mechthild von Magdeburg ›Das liecht der gotheit‹ Edition: Senne (2002). Teilabdrucke bei Oehl (1927), S. 280f. und Spiess (1935), S. 338–355.
3.1.2 Teilüberlieferung (1) Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, Oct. Cod 17 (Au) Papier • 246 Blätter • 14 × 10,5 cm • Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra Augsburg • 2. Viertel/Mitte des 15. Jahrhunderts Inhalt: Der erste Teil der Handschrift (fol. 2–216) enthält überwiegend Texte, die mit dem ersten Versuch der Einführung der Melker Observanz in St. Ulrich und Afra 1441 unter Abt Johannes IV. von Hohenstein (1439–1458) im Zusammenhang stehen könnten (vgl. fol. 75r und 102r). Der zweite Teil (fol. 217–246) überliefert thematisch auf die Passion Christi fokussierte Gebete und Meditationen, die wie das als Gebet ausgewiesene und Mechthild ausdrücklich zugeschriebene Exzerpt LD VI,17,61–119 (fol. 242r–243v, Oracio generalis sororis Mechthildis ora libenter) auch in den Handschriften Prag DB IV 2 (Pr), Weimar Oct 54 (We1) und Weimar Oct 58 (We2) überliefert sind: Sie dürften nicht nur in Bezug auf das Mechthild-Exzerpt textgeschichtlich eng mitein-
XLII
Einleitung
ander verwandt sein, wie es der folgenden Tabelle entnommen werden kann (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Beschreibung von Pr weiter unten): Initien
Au
Pr
We1
Salve infans imperialis magnificencie splendor …
218r (1)
Ave pater qui unigenitum incarnari per sanctum spiritum voluisti in ventre virginis …
218v (2)
O Jhesu dulcissime domine, o virginalis parvule amabilis …
218v (3)
Gracias ago tibi piissime domine Jhesu Christe fili dei vivi pro omnibus beneficiis …
219v (4)
O benignissime Ihesu Christe dominus meus et deus meus qui in caritate perpetua me dilexisti …
227v (5)
Dulcis Ihesu fili dei vivi per illam magnam misericor diam quam tu fons misericordie …
230r (6)
Psalterium de passione Domini dictum Granum passionis …
230v (7)
Grates tue caritati …
238r (8)
115r–v
In manus inextinguibilis tue misericordie pater sancte …
238r (9)
160r–v
Crucifixe amor meus tibi laus tibi gloria eterna …
238r (10)
160v
Eya redemptor piissime Ihesu benignissime per illam lacrimabilem vocem …
238v (11)
116v
O secura mansio …
238v (12)
160v– 161r
O ardentissime amator nostre salutis …
238v (13)
161v– 162r
Domine Jhesu Christe qui septem verba die ultimo vite tue in cruce pendens dixisti …
239r (14)
De tue uberrime et inexhauste pietatis ineffabili dulcedine …
239v (15)
Domine Ihesu Christe per illam amaritudinem …
239v (16)
O inestimabilis dulcedo pietatis tue …
239v (17)
Gracias tibi o bone Ihesu qui incarnatus es de spiritu …
240v (18)
›Stabat mater‹ [mit 7-Jahre-Ablaß von Bonifaz VIII.]
242r (20)
Benedictus sis amantissime domine Jhesu Christe fili dei vivi …
242r (21)
We2
3v–4r (2) 195r– 214r (37)
217v– 219r (42)
95v–96v 114v
1v (3) 190v (36)
3r (5)
4r–6r (3)
107v– 109v
6v–8r (4)
Schreiber: Teil I: Eine Haupt- und zwei Nachtragshände, eine davon der 1459 gestorbene Wiblinger Konventuale Martinus (Ymler) de Gyslingen/Gyslinger OSB (fol. 208r–214r), der als Schreiber von Handschriften auch sonst bezeugt ist, vgl. Spilling (1984), S. 244 und Krämer (2006). Teil II: wahrscheinlich eine Hand.
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
XLIII
Provenienz: Oct. Cod 17 stammt aus dem Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra in Augsburg, das nicht zwingend auch der Entstehungsort der Handschrift gewesen sein muss. Während der zweite Teil der Handschrift die Teilabschrift eines umfangreicheren Gebetbuches darstellt, das womöglich über den Kartäuserorden Verbreitung fand (vgl. Kap. 3.2), könnten einige der im ersten Teil enthaltenen Texte anlässlich der Reformversuche von 1441 aus dem (mittel-)bairischen Raum nach Wiblingen bzw. Augsburg gelangt sein, wie es dem mittelbairischen Einschlag eines der beiden hier enthaltenen volkssprachlichen (genauer: ostschwäbischen) Stücke entnommen werden kann. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts wurden beide Teile der Handschrift in der Augsburger Werkstatt ‚Lilien-Quadrat vierfach II‘ zu einem Sammelband vereinigt. Es gibt unter den Augsburger Oktavhandschriften noch einen zweiten Band aus dieser Werkstatt, die ebenfalls Melker Reformtexte enthält und wie unsere Handschrift auf das 2. Viertel des 15. Jahrhunderts datiert: Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, Oct. Cod 114. Denselben Einband weisen im Übrigen auch die ebenfalls Augsburger Handschriften Fol. Cod 184 und 186 (beide vor 1457 entstanden) und Oct. Cod 116 (vom 2. Viertel des 15. Jahrhunderts) auf, die wie unsere Handschrift aus dem Besitz von St. Ulrich und Afra stammen (freundliche Auskunft von Juliane Trede). Literatur: Nemes (2010), S. 535 (Register) — Gehrt/Trede (2011), S. 66–69. (2) Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VIII 6 (Ra) Papier • 219 Blätter (eingehefteter Zettel: fol. 158a) • 22 × 15 cm • Kartause St. Margarethental in Basel • 3. Viertel des 15. Jahrhunderts Inhalt: Im ersten Teil der Handschrift (Bl. 2–97) Texte über das Leben und Sterben des Hl. Hieronymus (von Ps-Eusebius Cremonensis, Ps-Augustinus, Ps-Cyrillus epis copus Hierosolymitanus, Ps-Gennadius). Der zweite Teil (Bl. 98–219) enthält außer den umfangreichen Mechthild-Exzerpten (fol. 101v–154v, 159r–195v und 209v, für eine inhaltliche Aufschlüsselung siehe Anhang Kap. 2), die der sancta puella virgine Mech tildis als Vermittlerin göttlicher Offenbarungen auch ausdrücklich zugeschrieben sind (die literarische Tätigkeit des Sammelns des Buches wird an frater heinricus delegiert, vgl. Buchüberschrift auf fol. 99r), die Kap. 1–23 der Agnes Blannbekin-Vita (fol. 154v–158r, fehlt bei Dinzelbacher/Vogeler 1994, vgl. jedoch: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon 10, 21999, Sp. 448f. und 11, 22004, Sp. 261 sowie Lackner 2010, S. 69; abgedruckt in Anhang Kap. 13), die auch in Rb überlieferten Auszüge aus dem ›Stimulus amoris‹ und die Christina-Vita (fol. 196r–209v und fol. 210r–215r) sowie einen Traktat über die Sünden (fol. 215r–219r). Schreiber: Hand 1: fol. 2r–97r, Hand 2: fol. 99r–219r
XLIV
Einleitung
Datierung: Becker (1951), S. 11 und 27 datiert die Handschrift anhand der Schrift auf die Zeit um 1470, Meyer/Burckhardt (1966), S. 179 (und daran anschließend Neumann 1990, S. XIX und Poor 2004, S. 205) auf das frühe 15. Jahrhundert (Eisermann 2001, S. 72 gibt 15. Jahrhundert an). Meine Datierung basiert auf den Wasserzeichen. Teil II weist den Buchstaben P mit Querstrich durch den unteren Schaft auf, vgl. Piccard (1977), Abt. IV, Nr. 285 und 286 (Oberrhein, 1471/1472). Das dem ersten Teil eigene Wasserzeichen ist vergleichbar mit Piccard ebd., Abt. IX, Nr. 1046 und 1047 (Basel, 1465, 1466). Wenn auch die Identifizierung wegen der Nähe der Wasserzeichen zur Bindung mit Unsicherheiten belastet ist, datieren alle Varianten dieses Wasserzeichentyps auf das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts und widerlegen damit die von Meyer/Burckhardt vorgeschlagene Frühdatierung. Provenienz: Kartause Basel, vgl. Signatur C lxviij und Possessorvermerk auf fol. 1r (von Jakob Louber?): Liber domus vallis beate Margarete ordinis Carthusiensis in Basilea minori proueniens a confratre nostro domino Leonardo Wettinger de Rinfelden (vgl. auch fol. 2r Carthusienses Basilienses und fol. 219r Cartusienses Basilienses pertinet istum). In den mit Rb gemeinsamen Teilen (s.o.) dürfte Ra unmittelbar von Rb, einer von den Basler Dominikanern ausgeliehenen Handschrift (vgl. Kap. 3.1.1 Nr. 1), abhängig sein (vgl. Kap. 3.2), so dass die Kartause Basel nicht nur mittelalterliche Bibliotheksheimat, sondern auch Entstehungsort der Handschrift ist. Abbildungen: Vollständiges Farbdigitalisat online verfügbar, siehe https://www.ecodices.ch/de/searchresult/list/one/ubb/A-VIII-0006. Literatur: Becker (1951), S. 10–14 — Meyer/Burckhardt (1966), S. 179f. — Binz/ Roth (o. J., vier handschriftliche Seiten) — Neumann (1990), S. XIX — Eisermann (2001), S. 72 — Nemes (2010), S. 535 (Register). (3) Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VII 68 (Ba) Papier und Pergament • 324 Blätter • 12,9 × 10,2 cm • Kartause St. Margarethental in Basel • 4. Viertel des 15. Jahrhunderts Inhalt: Die Handschrift wird mit einem Cursus Beatissime ac gloriosissime virginis marie secundum ordinem Carthusiensem eröffnet, gefolgt von einer Reihe von Gebeten an Maria, Jesus, die Heiligen, Apostel und Evangelisten (manche davon mit Zuschreibungen, so etwa die fünf ›Ave Maria‹ aus dem ›Liber specialis gratiae‹ (= Buch I, Kap. 43) an virgo mechildis [Mechthild von Hackeborn], vgl. fol. 254v–255r). Die Handschrift schließt mit einem Suffragium aliud de apostolis ewangelistis 4or doctoribus eccle sie simul ad oracionem que prescribitur per antiquum p[atrem?] nostrum H[enricum] [Arnoldi] de alueldia compositum (zu Heinrich Arnoldi von Alfeld, vgl. die Beschreibung von Be1 weiter unten) und den sieben Bußpsalmen mit Litanei. Die Auszüge aus
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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der ›Lux divinitatis‹ (LD VI,17,61–119, III,1,30–37 und VI,21) finden sich auf fol. 272r–274r und werden Mechthild (sancta/beata mechtildis) zugeschrieben. Bemerkenswert ist die Parallelüberlieferung einer Reihe von Gebeten (u.a. auch der genannten Exzerpte aus den Werken der beiden Mechthilden) in einer anderen Gebetbuchhandschrift aus der Basler Kartause: Br (siehe weiter unten). Schreiber: Hand 1: fol. 5r–129r; Hand 2: fol. 129r–316r; Hand 3: fol. 317r–325r. Außerdem mindestens zwei Nachtragshände: eine davon die ‚Mechthild-Hand‘ auf fol. 272r. Die Spuren dieser Hand lassen sich auch an anderen Stellen der Handschrift nachweisen. Weil sie nachweislich dieselbe Vorlage benutzte wie Hand 2 (vgl. Kap. 3.2), wird man nicht nur den Hauptschreiber, sondern auch diesen Benutzer der Handschrift in der Basler Kartause suchen. Provenienz: Die Handschrift trägt keine Signatur und keinen Besitzervermerk. Auf die Provenienz aus der Kartause St. Margarethental in Basel, die mit Sicherheit auch der Entstehungsort der Handschrift war, lassen jedoch der Inhalt und die Parallelüberlieferung (siehe oben), ein auf fol. 4v aufgeklebter Holzschnitt (gekrönte Maria in der Mandorla mit dem Christuskind auf dem Arm, daneben ein knieender Kartäusermönch, vgl. Baumeister 2007, S. 134 mit Abb. 10) sowie die textgeschichtlichen Zusammenhänge zwischen den hier enthaltenen Exzerpten aus der ›Lux divinitatis‹ und den nachweislich aus der Basler Kartause stammenden bzw. dort entstandenen Handschriften Br (aus den 1470er Jahren) und Ra (aus dem 3. Viertel des 15. Jahrhunderts) schließen, vgl. Kap. 3.2. Abbildungen: Vollständiges Farbdigitalisat online verfügbar, siehe https://www.ecodices.ch/en/list/one/ubb/A-VII-0068. Literatur: Handschriftliche Beschreibung von Gustav Binz vom 6. Aug. 1945, in: Binz/ Roth (o. J.) — Nemes (2010), S. 535 (Register) — ‚Handschriftencensus‘ http://www. handschriftencensus.de/24781. (4) Berlin, Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. qu. 324/4 (Be1) Papier • 220 + 173 + 132 Blätter • 21,5 × 15,5 cm • Kartause Maria Saal in Buxheim • 1505 (Bd. 1, fol. 13r) Inhalt: Die Handschrift bildet den letzten Band des ›Liber meditationum et orationum‹, der Gesamtausgabe der Schriften des zwischen 1449 und 1480 als Prior der Basler Kartause amtierenden und 1487 verstorbenen Heinrich Arnoldi von Alfeld, dessen Œuvre bis zur Auffindung der ursprünglich vier, heute nur noch dreibändigen Berliner Handschrift Ms. theol. lat. qu. 324 (1.2.4) nur durch ein Register (überliefert
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Einleitung
in Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A IX 6, Textbadruck bei Emery 1983, S. 208–219) und durch Auszüge in Handschriften der Basler Kartause (etwa in der oben genannten Handschrift Cod. A VII 68) bekannt war (zu Arnoldi s. Hamburger/Palmer 2015, S. 483–486 und Palmer 2019). Das auf fol. 111v–113v überlieferte Mechthild-Exzerpt – in der bisherigen Mechthild-Forschung unter dem Sigle Be bekannt (vgl. Anm. 33) – wurde im Anschluss an die Dialoge ›De Dei beneficiis‹ und ›De exercitiis‹ in den fünften und damit letzten Teil der Textsammlung eingegliedert und erscheint hier unter der Überschrift Amor dei loquitur ad animam deuotam. Es ist Teil des ›Liber meditationum et orationum‹, gleichzeitig aber auch als Auszug ex revelacione sancte virginis puto Mechtildis (fol. 113v) ausgewiesen (von Achten 1983, S. 18 noch irrtümlich Mechthild von Hackeborn zugeschrieben). Bei den Exzerpten handelt es sich vor allem um Paraphrasen, die den Inhalt ausgewählter Teile der ›Lux divinitatis‹ sentenzartig zusammenfassen, gelegentlich auch kommentieren. Thematisch interessieren Arnoldi vor allem die Dialoge zwischen Gott und der menschlichen Seele. Daher spielt das vierte Buch der ›Lux divinitatis‹ eine besondere Rolle, das Arnoldi auf die ihn interessierenden Themen (zwecks Orientierungshilfe für eine spätere eingehendere Beschäftigung mit dem Text?) kontinuierlich ausschreibt, vgl. Textabdruck in Anhang Kap. 3. Gegen Ende der Exzerptenreihe rücken jene Kapitel aus dem sechsten Buch in den Mittelpunkt seines Interesses, die vom Schicksal einzelner Religiosen im Fegefeuer handeln und ‚Jenseits-Interviews‘ darstellen. Schreiber: Durchgehend von einer Hand. Notizen und Überschriften zur Einteilung des Werkes wie auch Besitzereinträge von anderen Händen des 16. Jahrhunderts. Provenienz: Die drei Kodizes, die heute Ms. theol. lat. qu. 324 bilden, befanden sich Anfang des 16. Jahrhunderts im Besitz der Kartause Buxheim, vgl. Cart[usi]ae in Buxheim auf der ersten Recto-Seite des jeweiligen Bandes. Dort sind sie zu Beginn des 16. Jahrhunderts wahrscheinlich auch entstanden, vgl. Bd. 1, fol. 13r (von der Hand des Schreibers): Inceptum est hoc opus deo inspirante profesto s. Bartholomei Anno domini 1505 (von späterer Hand rot durchgestrichen). Die Vermittlung der Vorlage dürfte auf den Kartäuser Jakob Louber, früheren Prior und Bibliothekar der Basler Kartause bzw. späteren Prior von Buxheim (1502–1507), zurückgehen (vgl. Achten 1983, S. 15 und Jaricot 1988, S. 121). Für den Basler ‚Export‘ spricht nicht nur der textgeschichtliche Befund, der darauf schließen lässt, dass Arnoldi Rb, also das Mechthild-Exemplar der Basler Dominikaner exzerpierte (vgl. Kap. 3.2), sondern auch die Tatsache, dass es Louber selbst war, der die Schriften seines Vorgängers im Amt des Priors 1492, also noch zu seiner Basler Zeit, in einer Gesamtausgabe zusammenstellte. Davon ist heute nur noch das von Louber selbst geschriebene Register in der oben genannten Basler Handschrift Cod. A IX 6 erhalten, das mit jenem von Ms. theol. lat. qu. 324 übereinstimmt. Für eine unmittelbare Abhängigkeit sprechen auch die Mechthild-Exzerpte, denn sie erscheinen im Basler Register (vgl. Textabdruck bei Emery 1983, S. 218) und in der ehemals Buxheimer Handschrift Ms. theol. lat. qu. 324 unter derselben Über-
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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schrift: Amor dei loquitur ad animam deuotam (vgl. Textabdruck in Anhang Kap. 3). Beim verschollenen Basler Exemplar handelt es sich um den Band mit der LouberSignatur E 10, dessen Inhalt nicht nur im handschrifteneigenen Register, sondern auch im 1515 angelegten ›Repertorium‹ des Basler Kartäusers Urban Moser verzeichnet ist, vgl. Basel, Universitätsbibliothek, Cod. AR I 4a, fol. 150r–154r (URL: https:// www.e-codices.ch/de/searchresult/list/one/ubb/AR-I-0004a). Die uns interessierenden Mechthild-Exzerpte von E 10 sind im ›Repertorium‹ auf fol. 208v genannt: Aliqua excerpta ex reuelationibus Mechtildis (vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 1). Auch diese Quellenangabe spricht dafür, dass E 10 die Vorlage von Ms. theol. lat. qu. 324 war, denn auch in der heute Berliner Handschrift heißt es am Ende der Exzerptreihe: ex revelacione sancte virginis puto Mechtildis (fol. 113v). Literatur: Achten (1983) und (1984), S. 121–128 — Schiller (2009), S. 98 — Nemes (2010), S. 536 (Register). (5) Berlin, Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. oct. 89 (Be2) Pergament und Papier • 262 Blätter • 12,5 – 13 × 9,5 – 10 cm • Kartause St. Salvatorberg Erfurt • 4. Viertel des 15. Jahrhunderts (wohl 1481–1486) Inhalt: Es handelt sich um ein typisches Kartäuser-Rapiarium mit einer Fülle an häufig kleinteiligen, deutschen und lateinischen Texten für das private Gebet und die Meditation. Thematisch gebündelte Exzerpte aus dem ›Fließenden Licht‹ und seiner lateinischen Übersetzung wurden an vier Stellen der Handschrift eingefügt – bemerkenswerterweise immer unter expliziter Zuweisung an Sancta bzw. Beata Mechtildis. Um welche Stellen es sich handelt und wie das Überlieferungsumfeld der MechthildExzerpte ist, sollen die folgenden Ausführungen deutlich machen: [1] Der zweite, 19 Blätter umfassende Faszikel (fol. 38r–56v) enthält unter der Überschrift Der lyhabenden szele eine aszetisch-mystische Betrachtung mit Anweisungen für ein gottgefälliges Leben als Mönch. Der überwiegend deutsche Text zitiert Bernhard von Clairvaux, Johannes Tauler, den ›Kuttenmann‹ und in den Anfangspartien das ›Fließende Licht‹. Die hier vorgenommenen Exzerpte aus dem ›Fließenden Licht‹ lassen die Präferenz des Schreiber-Kompilators für Kapitel erkennen, die religiösethische Anweisungen und Verhaltensregeln beinhalten. [2] Themen des monastischen Lebens wie Gehorsam, Demut, Gelassenheit (resig natio), Leiden bzw. Mitleiden mit Christus bestimmen auch die vornehmlich der ›Lux divinitatis‹ entnommenen Auszüge, die in den nächsten Faszikel (fol. 57r–73v) eingegangen sind, der mit Recole continue quare ad ordinem venisti überschrieben ist. Es handelt sich um eine Sammlung kurzer Notate, Schemata, Merkverse und geistlicher Betrachtungen. Neben Exzerpten aus Kirchenväter-Texten, Tauler-Predigten, dem
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Einleitung
›Kuttenmann‹ finden sich ein dem heiligen Benedikt in den Mund gelegtes ›Alphabetum divini amoris‹ und lateinische Zitate ex revelationibus beate Mechtildis. [3] Eher um die Voraussetzungen des richtigen Betens und um seine Wirkung geht es in jenem Handschriftenteil (fol. 263r–269r), der die Überschrift De oracione mentali ex Malogranato trägt und neben Exzerpten aus dem ›Malogranatum‹ eine Reihe von dazwischengeschobenen Auszügen aus dem ›Fließenden Licht‹ aufweist. [4] Ganz dem Thema Gebet ist der unmittelbar folgende Textblock gewidmet (fol. r 269 –278r), der bis auf einige bislang nicht identifizierte Textstücke ausschließlich Exzerpte aus dem ›Fließenden Licht‹ in blockhafter Überlieferung bietet, wie dies auch aus der Überschrift hervorgeht: Dyssze noch geschreben gebete staen jn der offen barunge sancte Mechtilde vnde synt szere tyff vnde dynen nicht vor anhabende lute. Schreiber: Es handelt sich um jenen Erfurter Kartäuser, der sich für weite Teile des von Jakob Volradi OCarth 1475 angelegten Bibliothekskatalogs der Kartause verantwortlich ist (zum Anteil dieses Schreibers am Katalog vgl. Lehmann 1928, S. 235, Märker 2008, S. 344, 362 und Eifler 2012a, S. 129f.). Von seiner Hand stammen unter anderem die wie in Be2 teilweise auf der Kontamination der lateinischen und deutschen Überlieferung des ›Fließenden Lichts‹ beruhenden Mechthild-Exzerpte in der Weimarer Handschrift Q 51 (We3, siehe weiter unten) und der literaturhistorisch überaus interessante Vermerk in der Handschrift Eisleben, Stiftung Luthergedenkstätten/Luthers Geburtshaus, H 546, fol. 68r über zwei Visionärinnen mit dem gleichen Namen ‚Mechthild‘ (vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 4). Zum geistlichen Profil dieses Kartäusers, der sich in der Handschrift Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Q 51, fol. 54r und 124r als frater N vorstellt und möglicherweise mit dem auch das Amt des magister novitiorum innehabenden Vikar der Kartause identisch ist, vgl. Märker (2008), S. 367f., Eifler (2012a) und (2019), S. 312–320. Provenienz: Inhaltliche Gründe, Parallelen in der Überlieferung, Analogien in der Einbandfaktur und kodikologische Merkmale legen die Zuweisung an die Erfurter Kartause Salvatorberg nahe, die sowohl Entstehungsort als auch mittelalterliche Bibliotheksheimat der Handschrift war. Ob die Handschrift dort unter der mit Mühe zu lesenden Signatur P 121 katalogisiert wurde, ist offen (die Signaturgruppe ist im berühmten Bibliothekskatalog der Erfurter Kartause nicht zu ermitteln ist, weil dessen Standortregister beim Buchstaben „O“ abbricht, vgl. Lehmann 1928, S. 235). Literatur: Braun-Niehr (2007), S. 138–157 — Schiller (2009), S. 107f. — Nemes (2013a), S. 174f. — Squires (2019), S. 341–343 — Abram/Fournier/Nemes (2020) (im Druck) — ‚Handschriftencensus‘ http://www.handschriftencensus.de/23127.
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(6) Bern, Burgerbibliothek, Cod. A 82 (Br) Papier • V + 216 Blätter • 10,5 × 7,5 cm • Kartause St. Margarethental in Basel • 3. Viertel des 15. Jahrhunderts (1472 [vgl. fol. 181v], 1475 [vgl. fol. 86v], 1477 [vgl. fol. 69v]) Inhalt: Der Handschrift wurde auf fol. 25–32 ein Druck beigebunden: Psalterium beatissime virginis Marie: In tria distinctum Rosaria … (Basel: Adam Petri, um 1511). Ansonsten findet man hier vor allem Gebete. Eine große Zahl von diesen Gebeten ist auch in Ba enthalten (siehe oben), so auch die Mechthild-Exzerpte LD VI,17,61–119 und III,1,30–37 auf fol. 71r–77r (ausgewiesen als Oratio beate Mechtdildis [sic] virginis bzw. in reuelationibus sancte Mechtildis virginis). Der Nachtrag von Ba auf fol. 272r fehlt Br. Dafür überliefert die Berner Handschrift ein in Ba nicht enthaltenes Zitat aus der ›Lux divinitatis‹ auf fol. 78v (mit dem Vermerk: ex libro qui dicitur lux divinitatis sancte Mechtildis virginis), das in Anlehnung an LD Prol 5,29f. formuliert ist. Schreiber: Geschrieben wurde die Handschrift von drei Händen. Zwei davon lassen sich durch Schriftvergleich als Angehörige der Basler Kartause identifizieren: Hand 1: fol. 1r–24v; Hand 2: Martin Ströwlin OCarth, fol. 34r–181v; Hand 3: Urban Moser OCarth, fol. 184r–208v (zu den beiden namentlich identifizierbaren Basler Kartäusern vgl. Scarpatetti 1977, Bd. 1/1, S. 269 und S. 273 bzw. Krämer 2006). Provenienz: Die Kartause St. Margarethental in Basel ist nicht nur Herkunftsort (vgl. alte Signatur Cxxx [?[ und Provenienzvermerk Liber Carthusiensium Basilee minoris continens nonnullas doctrinas S. Bonauenture ad profectum auf fol. Ir), sondern auch Entstehungsort der Handschrift, wie dies die in Kap. 3.2 erschlossenen textgeschichtlichen Zusammenhänge zwischen Br, Ba und Ra nahelegen. Zusammen mit vier weiteren Handschriften (Cod. A 76, A 77 und A 83) ist A 82 aus der Basler Kartause in jene von Thorberg bei Bern und von dort in die Burgerbibliothek gekommen. Abbildungen: Scarpatetti (1983), Bd. 2/2, S. 222 Abb. 520 (fol. 84v/85r) und http:// katalog.burgerbib.ch/detail.aspx?ID=130000 (fol. 1r). Literatur: Hagen (1875/1974), S. 100f. — Scarpatetti (1983), Bd. 2/1, S. 13, Nr. 26 — Bibliotheksinterne Handschriftenbeschreibung von Martin German (Stand: 04. Dez. 2008) — Nemes (2010), S. 536 (Register) — Hamburger/Palmer (2015), S. 456f. (7) Prag, Bibliothek des Strahov-Klosters, DB IV 2 (Pr) Pergament und Papier • 221 Blätter • 15,5 × 10,5 cm • Benediktinerabtei St. Peter und Paul in Erfurt • 3. Drittel des 15. Jahrhunderts (um 1475)
L
Einleitung
Inhalt: Brevier/Orationale. Eine Reihe von Gebeten und Meditationen (vor allem zur Passion Christi) ist auch in den Mechthild-Handschriften Augsburg Oct. Cod 17 (Au), Weimar Oct 54 (We1) und Weimar Oct 58 (We2) überliefert. Außer dem als Gebet ausgewiesenen und Mechthild zugeschriebenen Exzerpt LD VI,17,61–119 (fol. 3r–5r, Oracio sororis Mechtildis) und den im Zusammenhang der Beschreibung von Au genannten Parallelen (vgl. Nr. 1 weiter oben) handelt es sich um folgende Texte: Initien
Pr
We1
We2
Domine deus omnipotens qui es trinus et unus qui es semper in omnibus … [Ps.-Augustinus: ›Meditationes‹, Auszug: ›De quinque sensibus‹]
19v (21)
112r–113r / 143r–v
8v–9v (5)
Commendo tibi sancta maria extremum diem et horam exitus mei …
20v (26)
105r–v
9v–11r (6)
Domine Jhesu Christe fili dei vivi qui voluisti pro redempcione mundi a iudeis
214r (38)
3r–v (1)
Schreiber: Zwei Hände, eine davon Gallus Oswalt OSB (gest. 1520), seit 1469 Mitglied des Petersklosters, 1495 als Bibliothekar erwähnt, zu seiner Bibliographie siehe Frank (1973), S. 232, 269, Eifler (2016) und (2017), Bd. 1, S. 695f. (Register). Provenienz: Das Benediktinerkloster in Erfurt ist sowohl Herkunfts- als auch Entstehungsort. Abbildungen: Eifler (2017), Bd. 2, Farbtafel 62 (hinterer Innenspiegel) und Abb. 97 (fol. 3r, Ausschnitt). Vollständiges Farbdigitalisat online verfügbar, siehe http:// v2.manuscriptorium.com/apps/main/en/index.php?request=request_document&do cId=rec1341811972_31. Literatur: Tosnerová (2004), S. 219, Nr. 29 — Eifler (2017), Bd. 2, S. 902f. — Manuscriptorium-Datenbank (siehe oben). (8) Växjö/Schweden, Stadsbiblioteket, Ms. qu. 401 (Vä) Papier • 267 Blätter • 21,5 × 15,8 cm • Kartause St. Salvatorberg in Erfurt • 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts (25. August 1460, fol. 219r) Inhalt: Außer dem ›Quadragesimale: De casibus conscientiae‹ des Bartholomaeus de Rinonico Pisanus OFM und dem unvollständigen ›De gradibus humilitatis‹ des Johannes de Indagine (Johannes Hagen) OCarth enthält die Handschrift eine Reihe von Exempla, so auch das zu einem Exemplum umfunktionalisierte Exzerpt ex libro dicto lux divinitatis beate Mechilde auf fol. 219r (= LD VI,12).
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
LI
Schreiber: Neben der Haupthand, die das ›Quadragesimale: De casibus conscientiae‹ schrieb (fol. 1r–219r), lassen sich in der Handschrift mindestens drei weitere Schreiberhände identifizieren. Die Hand, die das Mechthild-Exzerpt eingetragen hat, taucht nicht noch einmal auf (da ich Digitalisate nur von einigen Seiten zur Verfügung hatte und die Handschrift selber nicht einsehen konnte, sind meine Angaben zur Zahl der Schreiberhände provisorisch). Provenienz: Einband (alter Holzdeckelband mit braunem gestempelten Lederüberzug mit Lilien- und Lamm-Christi-Motiven u. a.) und vor allem die Signatur H 103 (verbessert aus 142) sprechen für die Erfurter Kartause St. Salvatorberg als mittelalterliche Bibliotheksheimat. In der Tat findet man unsere Handschrift unter der Signatur H 103 im Bibliothekskatalog des Erfurter Kartäusers Jakob Volradi verzeichnet, vgl. Lehmann (1928), S. 419,14–18 (diesem Eintrag ist zugleich zu entnehmen, dass der in unserer Handschrift enthaltene Traktat ›De gradibus humilitatis‹ des Johannes Hagen schon zum Zeitpunkt der Erstellung des Bibliothekskatalogs unvollständig war). Die Erfurter Kartause ist indes nicht nur mittelalterliche Bibliotheksheimat, sondern auch Entstehungsort der Handschrift. Dafür spricht der in Kap. 3.2 dargelegte textgeschichtliche Befund über das Mechthild-Exzerpt. Abbildungen: Hedlund (1980), Bd. 2/2, Abb. 72 (fol. 219r). Literatur: Lehmann (1935), S. 20f. — Hedlund (1980), Bd. 2/1, S. 29 — Krämer (1989), T. 1, S. 222 und (1990), T. 3, S. 550 (jeweils mit falscher Signatur) — Metzger (2008), S. 233, Nr. 99 — Nemes (2008b) — Nemes (2010), S. 539 (Register). (9) Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 54 (We1) Papier und Pergament • 202 Blätter • 15 × 10 cm • Benediktinerabtei St. Peter und Paul in Erfurt • 1443 (fol. 20v und fol. 52v) Inhalt: Der erste Teil der Handschrift enthält das Psalterium defunctorum und Gebete für die Verstorbenen. Der zweite Teil mit LD VI,17,61–119 auf fol. 107v–109v (Oracio beate Mechildis monialis viriginis, von Bushey 2004, S. 295 nicht identifiziert) besteht aus einer umfangreichen Sammlung von Gebeten. Einige davon (darunter das Mechthild-Exzerpt) findet man auch in den Handschriften Augsburg Oct. Cod 17 (Au), Prag DB IV 2 (Pr) und Weimar Oct 58 (We2), die wohl nicht nur in Bezug auf das Mechthild-Exzerpt textgenetisch nahestehen (zu den Textparallelen siehe Nr. 1 und 7 weiter oben). Weimar Oct 54 und Weimar Oct 58 gehen dabei mit Sicherheit auf eine gemeinsame Vorlage zurück, wofür nicht nur die Textgeschichte des Mechthild-Exzerptes (vgl. Kap. 3.2), sondern auch die nur hier belegte Parallelüberlieferung folgender Texte spricht:
LII
Einleitung
Initien
We1
We2
LXXII Nomina Mariae
87v
45v–46r
Aue maria dulcis mater christi que dolebas corde tristi …
103v–104r
14v
In presentia corporis et sanguinis tui domine Ihesu Criste fili die vivi com mendo tibi me …
124v–125v
126v
Schreiber: Heinrich Wunne de Salza, von 1423/24 bis zu seinem Tod im Jahr 1444 Mönch des Benediktinerklosters St. Peter und Paul in Erfurt, vgl. Schreiberkolophone auf fol. 20v und fol. 52v bzw. die personalisierten Gebete auf fol. 109r und fol. 124v. Seine Hand ist auch in der für das Erfurter Zisterzienserinnenkloster St. Martin geschriebenen Handschrift Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, St. Peter perg. 18a (vgl. Heinzer/Stamm 1987, S. 45–47) bezeugt. Zum Schreiber vgl. Bushey (2004), S. 290, Fasbender (2013), S. 143 und Eifler (2017), Bd. 1, S. 215 Anm. 1042 und S. 216. Provenienz: Die Benediktinerabtei St. Peter und Paul in Erfurt ist sowohl Herkunftsals auch Entstehungsort, vgl. Schreiber und Besitzervermerk Liber sanctorum apos tolorum Petri et Paulj in Erffordia auf fol. 1r. Es wird vermutet, die Handschrift könnte im Katalog von 1783 unter der Signatur Oct 48 (Psalterium cum Canticis et hymnis) verzeichnet sein, vgl. Bushey (2004), S. 290. Abbildungen: Eifler (2017), Bd. 2, Farbtafel 10 (fol. 20v, Ausschnitt); Eifler (2019), S. 333 Abb. 9 (fol. 107v, Ausschnitt). Literatur: Bushey (2004), S. 289–308 — Nemes (2010), S. 539 (Register) — Eifler (2017), Bd. 2, S. 933f. (10) Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 58 (We2) Papier • 131 Blätter • 15 × 10,5 cm • Kartause St. Salvatorberg in Erfurt • 1. Drittel des 15. Jahrhunderts Inhalt: Es handelt sich um eine aus sechs Teilen zusammengesetzte theologische Sammelhandschrift. Die Faszikel I, V und VI enthalten eine Reihe von Texten, die auch in anderen aus der Erfurter Kartause stammenden Handschriften auftauchen (siehe dazu im Einzelnen die Beschreibungen von Au und Pr unter Nr. 1 und 7). Das Mechthild nicht zugeschriebene Exzerpt LD VI,17,61–119 (fol. 6v–8r, Oratio generalis efficax et deuota) findet sich in dem in der Kartause selbst geschriebenen ersten Faszikel (von Bushey 2004, S. 328 nicht identifiziert), das vor allem Gebete umfasst. Es ist auch in Oct 54 (We1) überliefert, einer Handschrift, die weitere Texte mit Oct 58 gemeinsam hat (vgl. Nr. 9 weiter oben). Wohl nicht nur in Bezug auf das Mechthild-
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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Exzerpt stehen We2 und We1 textgenetisch nahe und gehen auf eine gemeinsame Vorlage zurück (vgl. Kap. 3.2). Schreiber: Die einzelnen Faszikel von mehreren, namentlich nicht bekannten Schreibern geschrieben. Provenienz: Die Kartause Salvatorberg in Erfurt dürfte nicht nur Herkunfts-, sondern auch Entstehungsort von weiten Teilen der Handschrift sein. Das auf dem vorderen Spiegel eingetragene Inhaltsverzeichnis ist mit dem Eintrag im mittelalterlichen Bibliothekskatalog der Kartause identisch, vgl. Lehmann (1928), S. 350 (Signatur: F 33). Literatur: Bushey (2004), S. 327–338 — Nemes (2010), S. 539 (Register) — Henkel (2010), S. 198. (11) Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Q 51 (We3) Papier • V + 286 + III Blätter • 22,5 × 16,5 cm • Kartause St. Salvatorberg in Erfurt • 3. und 4. Viertel des 15. Jahrhunderts (um 1485 [Fasz. I], um 1485–1491 [Fasz. II], um 1483–1485 [Fasz. III], um 1454 [Fasz. IV und V], 1460er Jahre [Fasz. VI, VII], Nachträge: um 1454–74 [?]) Inhalt: Der Band besteht aus zwei ursprünglich selbständigen Handschriften, die erstmals wohl im 1. Drittel des 19. Jahrhunderts zusammengebunden worden sind: Erfurt, Kartause Salvatorberg, D 51 (= Fasz. I–III) und G 321 (= Fasz. IV–VII). G 321 stellt eine historische Sammelhandschrift (lat.) dar. D 51 dagegen ist eine theologisch- astronomisch-geographische Sammelhandschrift (lat./dt.), deren erster Teil von ca. 206 Blättern heute nicht mehr nachweisbar ist. Es handelt sich dabei um eine im Zuge des persönlichen Studiums von einem Schreiber in Form eines Rapiariums angefertigte, über einen Zeitraum von einem Jahrzehnt (um 1483–85 bis um 1486–91) kontinuierlich gewachsene Zusammenstellung von Exzerpten. Die (wie in Kap. 3.2 gezeigt) teilweise auf Kontamination der lateinischen und deutschen Überlieferung des ›Fließenden Lichts‹ beruhenden Exzerpte aus den revelationes sancte mechtildis/mech tilde finden sich im II. Fasz. (Bl. 12–150) auf fol. 104v (Auszüge aus LD VI,8 und 14), fol. 109r und 113r (Auszüge aus LD VI,1–6) sowie auf fol. 115v (Auszüge aus LD II,28). Den Überlieferungskontext der Mechthild-Exzerpte bilden plura, que ad cosmographiam et astronomiam deserviunt, item que ad astrologicam scienciam (zitiert nach dem vom Schreiber dieser Handschrift angefertigten Eintrag im Bibliothekskatalog, vgl. Lehmann 1928, S. 309). Damit charakterisiert der Schreiber den Inhalt des zweiten Teils von Fasz. II; er enthält außer einer Exzerptsammlung zu den sagenhaften Völkern Gog et Magog und verwandten Themen (Bl. 53–77) geographisch-kosmographische Exzerpte, Übersichten, Schemata und Karten (Bl. 77–147). Innerhalb dieses zweiten Teils sind die Mechthild-Exzerpte in jenen Abschnitten untergebracht, die von der
LIV
Einleitung
Lage des Paradieses, des Purgatoriums und der Hölle handeln (Bl. 98–116). Anders als der zweite konzentriert sich der erste Teil des Faszikels (wie auch Fasz. I und III) auf Themen der mystischen Theologie (u.a. mit Zitaten in der Volkssprache von Ruusbroec, Marquard von Lindau, Johannes Tauler, Hartwig von Erfurt, dem ›Kuttenmann‹ sowie aus dem ›Geistbuch‹). Schreiber: Es handelt sich um jenen Mitbruder des Erfurter Kartäusers Jakob Volradi aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts, der sich auf fol. 54r und 124r als frater N. vorstellt und möglicherweise mit dem auch das Amt des magister novitiorum innehabenden Vikar der Kartause identisch ist, vgl. Märker (2008), S. 367f., Eifler (2012a) und (2019), S. 316f. Außerdem ist er für weite Teile des vom Bibliothekar Volradi angelegten Bibliothekskatalogs der Kartause verantwortlich, vgl. Lehmann (1928), S. 235, Märker (2008), S. 344, 362 und Eifler (2012a), S. 129f. Gemäß der Selbstaussage auf fol. 41r war Bruder N. Verfasser von Sermones in vulgari mit dem Titel De quinque [h]ortulis (diese konnten im Bibliothekskatalog bislang nicht identifiziert werden). Von seiner Hand stammen unter anderem die Mechthild-Exzerpte in Be2 und der literaturhistorisch überaus interessante Vermerk in der Handschrift Eisleben, Stiftung Luthergedenkstätten/Luthers Geburtshaus, H 546, fol. 68r über zwei Visionärinnen mit dem gleichen Namen ‚Mechthild‘ (vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 4). Zum geistlichen Profil des Schreibers auf der Grundlage der von ihm geschriebenen Handschriften vgl. Eifler (2012a) und (2019), S. 310–320. Provenienz: Alle Faszikel durchgängig in der Erfurter Kartause angefertigt und dort aufbewahrt. Dafür sprechen nicht nur die oben mitgeteilten Fakten, sondern auch die zahlreichen Verweise auf Handschriften der Klosterbibliothek, auf den Prior des Klosters Hermann Reinboth (Prior 1456/57) und auf den Erfurter Kartäuser Andreas Syfridi de Czerwist. Abbildungen: Eifler (2012a), S. 111 Abb. 4 (fol. 151r, Ausschnitt), S. 118 Abb. 5 (fol. 57r), S. 122 Abb. 6 (fol. 121v, Ausschnitt), S. 124 Abb. 7 (fol. 54r, Ausschnitt); Eifler (2018), S. 311 Abb. 10 (fol. 238r, Ausschnitt); Eifler (2019), S. 314 Abb. 4 (fol. 100v, Ausschnitt). Literatur: Nemes (2010), S. 539 (Register) — Eifler (2012a) und (2012b), S. 280–331 — ‚Handschriftencensus‘ http://www.handschriftencensus.de/24227. 3.1.3 Rezeptionszeugen von textgeschichtlicher Relevanz (1) Dietrich von Apolda OP ›Vita S. Dominici‹ lat./dt. (VD) Die vom Ordensgeneral Munio von Zamora in Auftrag gegebene, schon in der zweiten Hälfte der 80er Jahre des 13. Jahrhunderts größtenteils vorliegende, aber erst zwischen 1296 und 1298 vollendete ›Vita S. Dominici‹ des Erfurter Dominikaners Dietrich
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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von Apolda ist die bei weitem umfangreichste Dominikus-Vita des 13. Jahrhunderts.81 Dietrich verfasste seine ›Vita S. Dominici‹ auf der Grundlage eines überaus reichen Quellenmaterials, das unter anderem auch revelationes sanctorum wie die lateinische Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ umfasste.82 Aus dieser hat Dietrich ausschließlich Passagen übernommen, die vom Ordensgründer handeln, vgl. AS, S. 604, Nr. 251–254 und S. 627–629, Nr. 383–397. Diese Teile der Dominikus-Vita wurden von Stierling (1907), S. 5–15 (bestätigt von Becker 1951, S. 14f.) als Exzerpte aus der ›Lux divinitatis‹ identifiziert.83 Dies ist Altaner, dem Verfasser der nach wie vor wichtigsten Monographie über die Dominikus-Vita Dietrichs von Apolda, entgangen, vgl. Altaner (1922), S. 175–181. Zwar hat Altaner die Zusammengehörigkeit der aus der ›Lux divinitatis‹ herausgezogenen Kapitel erkannt, die Quelle konnte er jedoch nicht benennen, vgl. ebd., S. 184. Dasselbe gilt auch für Rener (1994), S. 214 und S. 217f. Dies überrascht insofern, als die Dietrich-Forschung mit den Untersuchungsergebnissen von Stierling schon 1912 bekannt gemacht wurde, vgl. P. Braun (1912), S. 122f. (auf die „gelegentlichen Zitate aus der lat. Mechthild-Überlieferung“ weist auch Lomnitzer 1980, Sp. 109 hin). Eine ausführliche Behandlung erfahren die MechthildExzerpte im Kontext der Dominikusvita bei Jones (2019). — Wann Dietrich mit der lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ in Berührung kam, ist unbekannt. Vielleicht wird er von dieser erst nach dem Abschluss seiner Vita der Heiligen Elisabeth von Thüringen erfahren haben, denn angesichts seines Bestrebens nach integ ritas, der Vollständigkeit der zu berichtenden Ereignisse (siehe dazu Werner 1987, S. 528–532), ist es kaum denkbar, dass Dietrich die Ausführungen über Elisabeth in LD II,16 bei der Kenntnis der ›Fließenden Lichts‹ bzw. seiner lateinischen Übersetzung übergangen hätte. Sollte dies zutreffen und gesetzt den Fall, dass die ›Lux divinitatis‹ im Erfurter Dominikanerkloster entstanden ist (vgl. Anm. 10), ließen sich die Jahre 1289–92 als Terminus post quem für die Entstehung der lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ anführen. Handschriftlich bezeugt ist sie durch die Exzerpte, die in die Dominikusvita eingegangen sind, schon um/vor 1300 mit der weiter unten genannten Leipziger Handschrift Ms 846 aus dem Dominikanerkloster Pirna (zur Datierung der Handschrift siehe Märker 2019, S. 126–131).
81 Zum Entstehungsprozess der ›Vita S. Dominici‹ vgl. die komprimierte Darstellung von Tugwell (2007), S. 38–40. 82 Vgl. AS, S. 563 nr. 4: Accedunt ad haec revelationes sanctorum, quae spernendae non sunt, relatio nesque veterum fidelissimae et omni credulitate dignissimae, per quas Praedicatorum Ordinis auctori tas, ac Fundatoris ejusdem inclyta merita declarantur. 83 Die von Tugwell (1985), S. 19f. erwogene Möglichkeit, die beiden weiter unten genannten Handschriften aus Leipzig und jene von Göttingen könnten zusätzliches Material bereitstellen, trifft nicht zu, denn diese bieten, wie oben ausgeführt, dieselben Auszüge aus der ›Lux divinitatis‹ wie der Abdruck der Bollandisten.
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Überlieferung: Der Text der Bollandisten (siehe dazu weiter unten) beruht auf einer Frankfurter und einer Utrechter Handschrift. Während der aktuelle Aufbewahrungsort der Utrechter Handschrift unbekannt ist, dürfte der von den Bollandisten benutzte Frankfurter Kodex des 14. Jahrhunderts (vgl. Acta Sanctorum ebd., S. 371 n. 75, dazu Powitz 1968, S. 28f.) mit Brussel, Bibliothèque Royale, Ms. 7825–26 (Kat.-Nr. 3187), fol. 5r–36v (Dominikanerkloster Frankfurt) identisch sein, vgl. Dolbeau (1981), S. 517. Neben der Brusseler sind folgende Handschriften bislang bekannt geworden:84 –– Basel, Universitätsbibliothek, Cod. B III 25, vorderes Schmutzblatt Ara–rb (14. Jahrhundert, Dominikanerkloster Basel) –– ebd., Cod. B IV 8, vorderes Schmutzblatt Ar–v (14. Jahrhundert, Dominikanerkloster Basel) –– ebd., Cod. B IX 12, fol. 149va–vb, 257rb, 258ra–va, 262rb–vb, 276ra–rb, 285vb, 289va, 296va (1360, Dominikanerkloster Basel) –– ebd., Cod. B IX 19, fol. 109vb (2. Hälfte des 14. Jahrhunderts, aus der 1402 gegründeten Kartause Basel) –– ebd., Cod. B X 25, fol. 26rb (14. Jahrhundert, aus der 1402 gegründeten Kartause Basel) –– Frankfurt, Stadt- und Universitätsbibliothek, Ms. Praed. 15, fol. 1ra–39va (15. Jahrhundert, Provenienz unbekannt) –– Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 8° Cod. Ms. theol. 109b, fol. 1ra–32rb (Anfang des 14. Jahrhunderts, Provenienz unbekannt) –– Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Nr. 379, fol. 50ra–97vb (1468, Provenienz unbekannt) –– Köln, Historisches Archiv der Stadt Köln, GB oct. 131 (2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, Provenienz unbekannt) –– Leipzig, Universitätsbibliothek, Ms. 833, fol. 61ra–127ra (1465, Zisterzienserkloster Altzelle) –– ebd., Ms. 846, fol. 1ra–83ra (1286–1300, Dominikanerkloster Pirna) –– Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3604, fol. 35v–81r (1454, Benediktinerkloster Mondsee) –– Würzburg, Universitätsbibliothek, M. p. th. q. 55 (14. Jahrhundert, Dominikanerkloster Würzburg). Neben der lateinischen gibt es eine deutschsprachige Überlieferung der Dominikusvita. Williams-Krapp (1998/2012), S. 266–271 zufolge besteht sie aus drei unterschiedlich weit verbreiteten Übersetzungen. Während die sog. zweite und dritte Übersetzung jeweils durch eine Handschrift vertreten ist, ist die sog. erste Übersetzung in zwei Handschriften überliefert. Hinzu kommen Handschriften, die eine redaktionelle
84 Ergänzend kommen die Handschriften der italienischen Bearbeitung der Dominikus-Vita hinzu, vgl. Tugwell (1985), S. 3f.
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Bearbeitung der sog. ersten Übersetzung dokumentieren (zur folgenden Auflistung vgl. http://www.handschriftencensus.de/werke/609): –– die sog. erste Übersetzung: München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 186, fol. 1r–161v (3. Viertel des 14. Jahrhunderts, Westschweiz) und Überlingen, LeopoldSophien-Bibliothek, Ms. 4, fol. 1r–179r (1385, Dominikanerinnenkloster Hedingen bei Sigmaringen, westschwäbisch) –– Redaktion der sog. ersten Übersetzung: Augsburg, Universitätsbibliothek, Cod. III.1.2° 7, fol. 1ra–170rb (1436, Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Nürnberg, nürnbergisch); Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. qu. 1985, fol. 2ra–128vb (um 1470, nordbairisch); Colmar, Bibliothèque de la ville, Ms. 264 (15. Jahrhundert, niederalemannisch); Fulda, Landesbibliothek, Cod. B 10, fol. 1ra–169vb (1431, Dominikanerinnenkloster Himmelskron in Worms, niederalemannisch); München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 244, fol. 173r–321v (2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, Dominikanerinnenkloster Altenhohenau, mittelbairisch); Scheyern, Bibliothek des Benediktinerstifts, Mscr. 4 (1486, Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Nürnberg, dann Dominikanerinnenkloster Maria Medingen [?], nürnbergisch [?]) –– die sog. zweite Übersetzung: Überlingen, Leopold-Sophien-Bibliothek, Ms. 5, fol. 2ra–111vb (2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, Ostschweiz) –– die sog. dritte Übersetzung: Einsiedeln, Stiftsbibliothek, Cod. 671 (655), fol. 1r–106v (1449, nicht inkorporiertes Domininikanerinnenkloster St. Verena in Zürich, hochalemannisch) Der These, dass es sich um drei unabhängig voneinander entstandene Übersetzungen handelt, gälte es auf einer breiteren Textbasis nachzugehen, denn zumindest die Mechthild-Exzerpte deuten auf eine einzige Übersetzung als Ausgangspunkt der Überlieferung hin, die verschiedene Bearbeitungen erfahren haben muss (vgl. Textabdrucke in Anhang Kap. 10). Dabei stehen die Textzeugen der von Williams-Krapp so genannten 1. und 2. Übersetzung einander recht nahe, während die Einsiedler Handschrift Cod. 671 eine gekürzte Textversion bietet. Aus diesem Grund wird im Folgenden von der ersten, zweiten und dritten Version der hochalemannischen Übersetzung der Dominikus-Vita gesprochen. Edition: Acta Sanctorum, Augusti, Tomus I, Antwerpen 1733, S. 370–373 und S. 562–632 (im Folgenden AS). Die von Hilarius Barth OP († 31.10.1998) geplante Neuedition (vgl. Tugwell 1985, S. 3 Anm. 9) ist nicht erschienen. Eine solche, auf der Grundlage der gesamten bislang bekannt gewordenen Überlieferung hergestellte Ausgabe wird von Simon Tugwell OP (Oxford) vorbereitet. Weil es eine kritische Edition der ›Vita‹ noch nicht gibt, erfolgt der Textabdruck in Anhang Kap. 9 nach der oben genannten Göttinger Handschrift 8° Cod. Ms. theol. 109b (Sigle: G) unter Berücksichtigung der Leipziger Handschriften Ms. 846 (Sigle: L) und 833 (Sigle: N). Der Grund dafür, dass gerade diese Textzeugen zur Textkonstitution herangezogen wurden, ist nicht etwa darin
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zu sehen, dass sie Tugwell (1985), S. 19f. zufolge bislang unbekannte Auszüge aus der ›Lux divinitatis‹ enthalten, denn diese Vermutung hat sich nicht bewahrheitet. Vielmehr hat sich gezeigt, dass G in Bezug auf die Verteilung der Mechthild-Exzerpte auf die acht Bücher der Dominikusvita die ‚Vulgatfassung‘ repräsentiert, weshalb sie (trotz einer Reihe von Sekundärlesarten) als Leithandschrift gewählt wurde (mehr dazu in Anhang Kap. 9). Die beiden Leipziger Handschriften dagegen scheinen eine in Bezug auf die Kapitelanordnung ältere Fassung der ›Vita‹ zu konservieren, vgl. Tugwell (1985), S. 14–22. Was diese Handschriften von G bzw. von AS (zur Textgrundlage der Bollandisten siehe weiter oben) unterscheidet, ist die Positionierung der Auszüge aus der ›Lux divinitatis‹ (wobei N aller Wahrscheinlichkeit nach mittelbar oder unmittelbar von L abstammt85): –– in L 45va–47va bzw. N 100vb–102va bilden VD 251–254 zusammen mit VD 392–397 die letzten Kapitel von Buch 5 der Dominikusvita, während die Vulgatfassung die Abschnitte 392–397 am Schluss von Buch 8 positioniert: in der Ausgabe der Bollandisten (AS), die die Vulgatfassung repräsentiert, erscheinen sie auf die Kapitel XXII (392–394) und XXIII (395–397) des 8. Buches verteilt; –– desgleichen tauchen die bei den Bollandisten in Buch 8 Kapitel XX und XXI der ›Vita S. Dominici‹ untergebrachten Abschnitte 389 und 390–391 in L 53ra–vb bzw. N 106va–107ra an anderer Stelle auf: am Ende des 6. Buches als Kapitel VIII (VD 389) und IX (VD 390–391). Überraschenderweise werden sie auch im Register von G (vgl. fol. 19rb) als die beiden letzten Kapitel von Buch 6 angekündigt; –– die von den Bollandisten unter Kapitel XIX von Buch 8 zusammengefassten VD 383–388 stehen auch in L 80ra–81rb bzw. N 125ra–126ra im 8. Buch, doch weisen sie dort keine Kapitelzählung auf.86 Die bislang unedierte erste Version der deutschen Übersetzung der Dominikusvita wie auch deren Redaktion dürften auf der Vulgatfassung basieren, auch wenn (wie schon in G) die Abschnitte VD 389 und 390–391 im Register als Schlusskapitel von Buch 6 ankündigt werden: Daz achtunt ist genumen von den offnungen dez anfan ges dez ordens Daz niunde capitel ist von den selben offnungen (zitiert nach Überlingen Ms. 4, fol. 118v, ähnlich München Cgm 186, fol. 108r). Das stärkste Indiz für die Benutzung der Vulgatfassung ist indes die Tatsache, dass diese Textversion die der ›Lux divinitatis‹ entnommenen Abschnitte VD 251–254 als Schlusskapitel von Buch 5 bietet (vgl. Überlingen Ms. 4, fol. 116r–118r bzw. München Cgm 186, fol. 106r–108r, Textabdruck in Anhang Kap. 10), ohne dass VD 392–397 folgen würden. Exzerpte aus der ›Lux divinitatis‹ finden sich in der Vulgatversion der Dominikusvita sonst nur noch am Schluss des 8. Buches. Allerdings endet die erste Version der Übersetzung
85 Siehe dazu auch Märker (2019), S. 131–136 (mit Abb.). 86 Der unmittelbar auf VD 388 folgende Text, der von einem Mirakel aus der Theutonia provincia dyo cesi magdeburgensi berichtet, fehlt im Corpus der Bollandisten, vgl. Scheeben (1926), S. 13 Anm. 4.
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der Vita wie auch deren Redaktion bereits vor diesen Textpartien mit dem Mirakelbericht über den Zisterzienserabt Ditmar. An derselben Stelle endet auch die allein in der Überlinger Handschrift Ms. 5 überlieferte zweite Version der Übersetzung der Dominikusvita. Die Mechthild-Exzerpte VD 251–254 finden sich hier auf fol. 88ra–89rb (vgl. Textabdruck in Anhang Kap. 10). Etwa an der gleichen Stelle wie die erste und zweite Version endet auch die dritte Version der Übersetzung. Allerdings bietet sie im Anschluss am Bericht über Zisterzienserabt Ditmar einige zusätzliche Mirakel. Auch hier bilden die Abschnitte VD 251–254 das Schlusskapitel von Buch 5 (vgl. Einsiedeln, Cod. 671, fol. 80v–82r, Textabdruck in Anhang Kap. 10). Auch wenn sie in dem Mechthild-Teil stark gekürzt erscheinen, könnte die dritte Version die älteste unter den drei bezeugten Versionen der alemannischen Übersetzung der Dominikus-Vita sein und zusammen mit den in Cod. 671 mitüberlieferten, ebenfalls unikal erhaltenen Legendenübertragungen – sie gelten dem hl. Benedikt und dem Dominikaner Petrus Martyr – auf die Zeit um 1300 datieren.87 Sollte dies zutreffen, so wäre die in Cod. 671 und in anderen hochalemannischen Handschriften in verschiedenen Versionen vorliegende Übersetzung der Dominikus-Vita das früheste Zeugnis für die Präsenz der Offenbarungen Mechthilds im deutschen Südwesten und könnte jenem (Züricher? Konstanzer?) Kreis von Reformdominikanern entstammen, dessen literarische Produktion erst in den letzten Jahren an Kontur und Profil gewonnen hat.88 Dieser Kreis stünde damit für eine besonders früh anzusetzende Rezeption der erst zwischen 1296 unf 1298 fertig gewordenen Vulgatfassung der Dominikus-Vita, deren älteste (leider fragmentarische) Abschriften im deutschen Südwesten bemerkenswerterweise mit Basel und den dortigen Klöstern der Dominikaner und Kartäuser in Verbindung stehen (siehe oben).89 (2) Johannes Meyer OP ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹ (LibV) Es handelt sich um eine im elsässischen Dominikanerkonvent Gebweiler fertiggestellte, auf 1466 datierte und dem Dominikaner und Basler Theologieprofessor Johannes Kreutzer gewidmete Sammlung von 229 Elogien auf durch Heiligkeit, Gelehrsamkeit oder kirchliche Würden ausgezeichnete (männliche und weibliche) Mitglieder des Predigerordens. Der Sammler und Verfasser dieses in der oben genannten Basler Handschrift unikal und als Autograph (vgl. Fechter 1987, Sp. 479) überlieferten Werkes ist der Basler Dominikaner Johannes Meyer (1422–1482), ein schriftstellerisch überaus produktiver Verfechter der dominikanischen Observanz (vgl. Huijbers 2013,
87 Vgl. R. D. Schiewer (2013), S. 296f. 88 Vgl. H.-J. Schiewer (1993), (2000) und (2004), R. D. Schiewer (1998), Palmer/Schiewer (2003), Nemes (2009), S. 174–182 und Conzelmann (2013). 89 Beachte in diesem Zusammenhang auch das als Rezeptionszeugnis der Dominikusvita bislang unbekannte ›Unterlindener Schwesternbuch‹, siehe dazu Palmer (2020).
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Seebald 2011 und 2014). Auf die in Meyers ›Liber‹ eingegangenen Exzerpte aus der ›Lux divinitatis‹ wurde die Mechthild-Forschung durch Preger (1869), S. 159 Anm. 2 aufmerksam gemacht. Sie betreffen anders als bei Dietrich von Apolda nicht den Ordensgründer, sondern drei namentlich genannte Angehörige des Dominikanerordens, die an verschiedenen Stellen der ›Lux divinitatis‹ erwähnt werden (vgl. fol. 15v–16r = Loë 1918, S. 27f. Nr. 25–27). Der Hinweis von Preger auf die ›Lux divinitatis‹ als Quelle ist Loë, dem Herausgeber des ›Liber‹, entgangen, denn er weist sowohl in der Einleitung (S. 7) als auch in den Fußnoten (vgl. S. 27 und 28) seiner Textausgabe nur auf den Morelschen Druck von 1869 hin und erweckt den Eindruck, als hätte Meyer das ›Fließende Licht‹ gekannt und benutzt. Zu korrigieren ist in diesem Zusammenhang auch die Ansicht von Ancelet-Hustache (1926), S. 32, Meyer verdanke seine Kenntnisse über Heinrich von Halle, Balduin und Albert von Minda einer früheren Ordens- bzw. Klosterchronik oder einem Obituar, denn eine solche, von der ›Lux divinitatis‹ unabhängige Überlieferung ist nicht bekannt. Meyers ›Liber‹ ist über das 1506 in Basel gedruckte ›De illustribus viris ac sanctimonialibus sacri ordinis praedicatorum‹ des Georg Epp OP († 1510) in die spätere dominikanische Ordenshistoriographie eingegangen (zur Weiterarbeit am ›Liber‹ werden die Leser im Vorwort von Meyer selbst eingeladen!). Daher ist nicht auszuschließen, dass die Elogien über die oben genannten drei Dominikaner auch in den Ordenschroniken der späteren Jahrhunderte anzutreffen sind, allen voran bei Konrad Sittard und Friedrich Steill (siehe Anm. 57). Überlieferung: Basel, Universitätsbibliothek, Cod. E III 12 (olim: D IV 9), fol. 1r–46v. Edition: Loë (1918).
3.2 Textgeschichte Die Neufunde der letzten Jahre erlauben einen vertieften Einblick in die text- und überlieferungsgeschichtlichen Zusammenhänge des lateinischen Überlieferungszweigs des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹, die im Folgenden nachgezeichnet werden sollen. Die erst vor Kurzem bekannt gewordenen Auszüge aus der ›Lux divinitatis‹, die der Franziskaner Dietrich von Arneveld in sein ›Silencium contra prophecias prophetarum Saxonie‹ einfließen ließ, bleiben dabei unberücksichtigt.90
90 Die von Lerner (2019) gebotenen Textbeispiele lassen die Zugehörigkeit der von Dietrich getätigten Exzerpte zum lateinischen Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts‹ zweifelsfrei erkennen (Lerner selbst sieht dagegen in ihnen die Reste einer bislang unbekannten Version des deutschen Textes!). Die Bestimmung ihrer Stellung in der Text- und Überlieferungsgeschichte der ›Lux divinitatis‹ erfolgt in einer von Balázs J. Nemes geplanten Publikation.
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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Der textgeschichtlich älteste Rezeptionszeuge der wohl in den 1280er/90er Jahren entstandenen lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ ist die ›Vita S. Dominici‹ (VD), deren älteste erhaltene Abschrift, die Leipziger Handschrift Ms. 846, in die unmittelbare zeitliche und räumliche Nähe der Textgenese weist und mit dem erst vor wenigen Jahren aufgetauchten Moskauer Fragment (vgl. Anm. 15) zu den ältesten auf uns gekommenen Überlieferungszeugen des ›Fließenden Lichts‹ gehört. Wie oben (Kap. 3.1.3, Nr. 1) dargelegt enthält VD eine Reihe von anonym überlieferten revela tiones – einzig aus dem Relativum que am Beginn der Exzerptenreihe läßt sich unter Umständen auf das Geschlecht der Trägerin der Offenbarungen schließen91 –, die den Ordensgründer betreffen (vgl. Textabdruck in Anhang Kap. 9). Entnommen wurden sie ausschließlich der ›Lux divinitatis‹. Freilich gibt es mehrere Textpartien, die sich vom Wortlaut der lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ weit entfernen, weil sie diesen aufschwellend bzw. paraphrasierend referieren. Die Annahme, dass diese von der lateinischen Übersetzung abweichenden Textstellen auf das ›Fließende Licht‹ als Vorlage zurückgehen,92 lässt sich nicht belegen,93 auch wenn die Kenntnis des deutschen Textes durch Dietrich durchaus denkbar ist. Dies erkennt man an der die Kapitelzählung des deutschen Textes referierenden Marginalie zu LD II,30 in der die ›Lux divinitatis‹ einzig vollständig überliefernden Basler Handschrift Rb: Dieser Randeintrag muss schon in dem von Dietrich benutzten Exemplar der ›Lux divinitatis‹ vorhanden gewesen sein und die Folge der von Dietrich exzerpierten Textteile bestimmt haben, denn Dietrich lässt auf LD II,30 das lateinische Pendant ausgerechnet jenes Kapitels des deutschen Textes folgen, das in der Marginalie indiziert ist.94 Es ist schwer vorstellbar, dass eine solche Reihung in Unkenntnis des ›Fließenden Lichts‹ erfolgt sein könnte. Aufschlussreich für die textgeschichtliche Stellung der in VD eingegangenen Auszüge aus der ›Lux divinitatis‹ ist vor allem eine Stelle wie LD II,35,36f., die – weil sie dem Wortlaut des deutschen Textes entspricht – eine Auslassung in dem von Rb und Rw vertretenen Überlieferungszweig erkennen lässt.95 Offenbar gehört VD zu
91 Es ist von einer Person die Rede, „die Schriften hinterlassen hat“ (cuidam … quae scripta reliquit): Dass Relativum quae lässt darauf schließen, dass es sich um eine Frau handelt, eine Lesart, die die alemannische Übersetzung der Dominikusvita allerdings nicht teilt (vgl. Edition der einschlägigen Teile von VD in Anhang Kap. 10). Bemerkenswerterweise gibt es eine Handschrift, in der die Exzerpte durch einen späteren Benutzer Mechthild ausdrücklich zugeschrieben werden: Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 8° Cod. Ms. theol. 109b, fol. 18vb und 31rb, vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 7. Zum Rätsel um die fehlende Zuschreibung der Exzerpte an Mechthild und zu ihrer Funktion im historisch-genetischen Kontext der Dominikusvita siehe Jones (2019), S. 254–256. 92 Das behauptet Tugwell (1985), S. 15 und meint, „that he [Dietrich] first encountered Mechthild’s writings in German and began to make his own translation of the passages he wanted to use, before he had finished, he received notice of the existence of a complete Latin version.“ 93 Vgl. Stierling (1907), S. 5–15 und Becker (1951), S. 14f. sowie zuletzt Jones (2019), S. 266f. 94 Vgl. Nemes (2010), S. 224 und 264f. 95 Siehe dazu Stierling (1907), S. 10f. und Becker (1951), S. 14f.
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einer von Rb/Rw unabhängig verlaufenden Tradition der ›Lux divinitatis‹.96 Daher überrascht es auch nicht, wenn VD den Text von Rb auch sonst zu korrigieren vermag, vgl. etwa LD II,14,11 und II,35,46.97 Allerdings finden sich Entsprechungen zu diesen korrigierenden Lesarten auch in Rw (vgl. LG II,14,11 und II,35,50). Das lässt darauf schließen, dass die alemannische Rückübersetzung auf eine andere Handschrift der ›Lux divinitatis‹ zurückgeht als Rb.98 In der Tat ist in der Zusammenschau von Rb und Rw wiederholt zu beobachten, dass die heute Luzerner Handschrift einen (gemessen am überlieferten Wortlaut des ›Fließenden Lichts‹) stellenweise ursprünglicheren Übersetzungstext bietet als die Basler Handschrift.99 Trotzdem muss man davon ausgehen, dass Rb und Rw (über wie viele Zwischenstufen auch immer) aus einer gemeinsamen Vorlage geflossen sind. Dafür sprechen typische Abschreibfehler dieser Vorlage,100 die ihrerseits Ergebnis einer (womöglich längeren) kopialen Überlieferung sind. Das heißt, die gemeinsame Vorstufe von Rb/Rw kann nicht das Übersetzungsoriginal gewesen sein. Ob dies für die Vorlage von VD behauptet werden kann, lässt sich nicht feststellen. Freilich legt die zeitliche und räumliche Nähe von VD zum Übersetzungsoriginal eine nur geringe Zahl von Zwischenabschriften nahe, zumal wenn die Übertragung des ›Fließenden Lichts‹ ins Lateinische im Erfurter Dominikanerkloster selbst erfolgt sein sollte (vgl. Anm. 10). Ähnlich dürfte es um das ›Liecht der gotheit‹ bestellt sein: Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass der in Rw unikal überlieferte Text nur ganz wenige Zwischenabschriften vom alemannischen Übersetzungsoriginal entfernt ist.101 Eine Besonderheit der von Rb gebotenen Überlieferung der ›Lux divinitatis‹ ist, dass sie Spuren eines im Basler Dominikanerkonvent im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts stattgefundenen Rückvergleichs mit der deutschen Überlieferung erkennen lässt, der gleichzeitig mit der korrigierenden Durchsicht von Rb erfolgt zu sein scheint.102 Das zeigt sich in den zahlreichen textkritisch motivierten Glossen, die ein
96 Vgl. Stemma bei Becker (1951), S. 34 und Senne (2002), Abb. 1. 97 Bei der Alternanz et/ut in LD II,14,4 muss offenbleiben, welche der Varianten primär und welche sekundär ist. 98 Vgl. Stemma bei Becker (1951), S. 34 und Senne (2002), Abb. 1. 99 Ergänzend zu den beiden oben genannten Belegen vgl. Becker (1951), S. 27–29 und Senne (2004), S. 144–146. 100 Vgl. etwa surgere (LD V,14,28) bzw. vffston (LG V,10,29), die auf verlesenes sugere (ze sugende, FL VI,1,143f. [428,22]) hindeuten. Für weitere Beispiele siehe Becker (1951), S. 30–33. 101 Vgl. Becker (1951), S. 33f. und Senne (2002), S. 54f. 102 Diese nicht nach einem deutschen Exemplar des ›Fließenden Lichts‹, sondern wohl nach der lateinischen Kopiervorlage selbst vorgenommenen Ergänzungen in Rb sind im Apparat der vorliegenden Edition dokumentiert. In Rw stehen diese Nachträge im Haupttext. Daher müssen sie zum ursprünglichen Textbestand der lateinischen Übersetzung gehört haben, vgl. Nemes (2010), S. 257–262. Sie stammen von denselben etwas jüngeren Nachtragshänden, von denen auch die im Rückgriff auf den deutschen Text entstandenen Glossen in Rb herrühren. Nur vereinzelt ist zu beobachten, dass eigenständige Ergänzungen von den Nachtragshänden eingefügt worden sind (in einem Fall sogar
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sichtbares Unbehagen an der (gemessen am überlieferten Wortlaut des ›Fließenden Lichts‹) mangelnden Zuverlässigkeit der lateinischen Übersetzung erkennen lassen und den lateinischen Text (ohne erkennbare Systematik und Konsequenz) an den Wortlaut des deutschen Textes anzunähern versuchen. Für dieses Interesse am originalen Wortlaut scheinen Formulierungen wie In originali dicitur/ponitur/sic habetur (vgl. etwa Glossen zu LD I,16, II,7, V,1 und 30 sowie VI,13) zu sprechen. Angesichts der räumlichen und zeitlichen Nähe von Rb zur Einsiedler Handschrift Cod. 277, die das ›Fließende Licht‹ nach wie vor allein vollständig überliefert, wäre man geneigt anzunehmen, dass der Einsiedler Kodex selbst das Korrekturexemplar war. Das trifft jedoch nicht zu, denn einzelne Glossen von Rb zeigen, dass der deutsche Text in einer Handschrift vorgelegen haben muss, die eine andere, stellenweise bessere Abschrift des ›Fließenden Lichts‹ geboten hat als das aus dem Besitz der Basler deo devota Margareta zum Goldenen Ring überlieferte Exemplar.103 Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde die in der Kartause St. Margarethental in Basel im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts entstandene umfangreiche Exzerpthandschrift Ra von Rb oder einer von Rb unmittelbar abhängigen Handschrift abgeschrieben.104 So haben Ra und Rb außer der ›Lux divinitatis‹ den Auszug aus dem ›Stimulus amoris‹ und die Vita der Christina Mirabilis (von St. Trond) gemeinsam. In welchem Verhältnis die Christina-Viten in den beiden Basler Handschriften zueinanderstehen, lässt sich mangels textgeschichtlicher Untersuchungen zu diesem Vitencorpus zwar nicht sagen, doch dürfte zumindest das ›Stimulus amoris‹-Exzerpt „wohl“105 eine Abschrift von Rb darstellen. Eine „echte Filiation“106 zwischen Rb und Ra wird auch für den Mechthild-Teil attestiert. Dafür spricht eine Reihe von aussagekräftigen Varianten, die Rb und Ra miteinander verbinden und von Rw abgrenzen,107 und der Umgang von Ra mit jenen Marginalien von Rb, die dem Wortlaut des ‚Originals‘ (dazu weiter oben) verpflichtet sind und diesen immer wieder herstellen: In Ra werden sie größtenteils übernommen, sei es als Teil des Textes oder am Rande notiert.108 Für eine unmittelbare Dependenz zwischen Rb und Ra spricht außerdem eine Textstelle wie LD V,23,17: Rb liest mit Rw (LG V,18,18) und dem deutschen Text (FL I,35,5 [52,20]) sta,
in der ersten Person Singular und mit dem Anspruch, den Reim herzustellen!), vgl. etwa LD V,14,8, V,24,4, VI,22,4 und 15. 103 Vgl. dazu Neumann (1993), S. 97 Anm. zu V,23,117f., S. 112 Anm. zu VI,2,33 und ebd., S. 118 Anm. zu VI,10,1f. usw. Damit korrigiert Neumann die von ihm früher vertretene Position, Rb wäre direkt mit der heute Einsiedler Handschrift des ›Fließenden Lichts‹ verglichen worden, vgl. Neumann (1954), S. 52 und daran anschließend Senne (2002), S. 23 Anm. 88. 104 Der Hinweis bei Nemes (2008b), S. 364 Anm. 36, Ra könne außer auf Rb auf eine weitere lateinische Handschrift zurückgehen, ist zu korrigieren. 105 Eisermann (2001), S. 72 und 78. 106 Becker (1951), S. 26. 107 Für einige Beispiele vgl. Becker ebd., S. 27–29. 108 Siehe dazu den Apparat der vorliegenden Edition und Becker ebd., S. 25f.
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Ra dagegen bietet sancta in abbreviierter Form (sta mit Querstrich). Diese Lesart in Ra lässt sich dadurch erklären, dass der in Rb lang ausgezogene Schaft des ersten Buchstaben von Anima – das Wort Anima steht in Rb unmittelbar über sta! – irrtümlich als Abkürzungszeichen für sancta aufgefasst wurde. Durch flüchtige Lektüre und hastige Abschrift sind auch folgende, von Rb abweichende Varianten entstanden: trinitatis Ra statt eternitatis Rb (vgl. Apparat zu LD I,24,18) interne Ra statt [et]terne Rb (vgl. Apparat zu LD IV,15,6) et me Ra statt i (gestrichen) me Rb (vgl. Apparat zu LD IV,20,8) aus capiuntur korrigiertes capiunt Ra entsprechend capiunt Rb (vgl. Apparat zu LD IV,51,8)109 in scan korrigiertes sancta Ra entsprechend sc[an]–dere Rb (vgl. Apparat zu LD V,13,26)
Neben diesen Lesarten gibt es eine Reihe von signifikanten Abweichungen zwischen Rb und Ra, die auf kodikologischer Basis nicht zu erklären sind.110 Diese Varianten haben Becker dazu veranlasst, zwischen Rb und Ra eine Kopie A’ anzusetzen,111 wiewohl er nicht ganz ausschließen will, dass „sich die kleineren Abweichungen auch durch das kritische Verfahren des Abschreibers erklären lassen.“112 Das Modell des ‚denkenden Schreibers‘113 scheint in der Tat eine plausible Erklärung für die Differenzen zwischen dem Text von Rb und Ra zu sein. Allerdings gilt diese Beobachtung nur für den ersten Teil der Exzerptenreihe von Ra, während der zweite Teil eher für ein ‚sklavisches‘ Schreibverhalten spricht: Der Schreiber ist hier bestrebt, alles nachzutragen, was im ersten Teil übergangen wurde,114 wobei er sich strikt an den Wortlaut seiner Vorlage hält. Exzerpiert wurde in der Basler Kartause nicht nur Rb, sondern auch Ra selbst. Diese Exzerptüberlieferung ist durch die kleinformatigen, im Dienst einer aneignenden Textlektüre stehenden Oktavhandschriften Ba und Br vertreten,115 die gemeinsam den Traditionszweig x bilden (zur Profilierung der Textstufe x siehe weiter unten). Die Zusammengehörigkeit von Ra, Ba und Br gegenüber Rb belegen folgende Lesarten:
109 Ergänzend dazu aus dem Bereich der Überschriften siehe Becker ebd., S. 18f. 110 Vgl. Becker ebd., S. 21f. 111 Vgl. Becker ebd., S. 26f. und S. 34. 112 Becker ebd., S. 27. 113 Zu diesem Schreibertyp vgl. Schubert (2000) und (2003) sowie Wolf (2003). 114 Den reinen Dokumentationscharakter des zweiten Teils unterstreicht auch die Tatsache, dass sich rote und blaue Kapitelinitialen hier nicht mehr abwechseln wie im ersten Teil. Für einen geringeren Repräsentationswert sprechen im Übrigen auch die zweizeiligen Initialen: Im ersten Teil waren sie überwiegend dreizeilig. 115 Auch im Augustinerchorherrenkloster Rebdorf (bei Eichstätt) ist das Phänomen zu beobachten, dass Folio- und Quarthandschriften als Vorlage für die Oktavbände dienten, die anders als die größeren Formate für den privaten Gebrauch (hier: der Laienbrüder) bestimmt waren, vgl. Mayer (1989), S. 375 und 380f. bzw. Nemes (2017).
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
LD III,1,31 LD ebd. LD VI,17,98s LD VI,17,102
LXV
sempiterne deus (s. d. Ba) Ra/Ba/Br] eterne deus Rb ego peccator Ra/Ba/Br] ego Rb christi fidelibus Ra/Ba/Br] populis christianis Rb omnes principes Ra/Ba/Br] principes Rb
Auch der Nachtrag am unteren Rand von Ba 272r (fehlt Br) beweist die enge Zusammengehörigkeit von Ba und Ra gegenüber Rb: LD VI,21,4 LD ebd. LD VI,21,7
emendasti Ra/Ba] emundasti Rb indiuidua Ra/Ba] indiuisa Rb domine Ra/Ba] fehlt Rb
Für die Tatsache, dass Ba und Br (über wie viele Zwischenstufen auch immer) auf Ra zurückgehen, spricht auch die Überschrift Sequentem oracionem iussit dominus cottidie dicere quemdam venerabilem decanum Magdeburgensem prostrato corpore prout in revelacionibus sancte Mechtildis virginis habetur Cap. (Capitulo Br) 50 (l Br) Oracio. Die Ordnungszahl 50 findet sich nur in Ra (vgl. Apparat zu LD III,1,2: Capi tulum quinquagesimum),116 während Rb Incipit liber tercius capitulum primum. De decano Magdeburgensi bietet und auf die Buch- und Kapitelzählung des entsprechenden Kapitels im ›Fließenden Licht‹ hinweist. Auch für Oracio in der Überschrift des Basler und Berner Exzerptes bietet nur Ra eine Entsprechung (vgl. Apparat zu LD III,1,31); so auch für den davon abhängigen, von einer anderen Hand herrührenden Vermerk Oracio cotidie am rechten Rand von Ba 274r. Der Randnachtrag in Ba stammt übrigens von derselben späteren Hand, die auch LD VI,21 auf dem unteren Blattrand von Ba 272r eingefügt hat. Dass auch dieses Textstück in der Tradition von Ra steht, kann nicht nur einzelnen Lesarten (siehe oben), sondern auch der Überschrift entnommen werden: Graciarum actio beate mechtildis ad sanctam trinitatem entspricht dem Titulus Sequitur graciarum accio sancte virginis mechtildis von Ra (vgl. Apparat zu LD VI,21,1), während Rb an der gleichen Stelle lediglich auf die Buch- und Kapitelzahl des deutschen Pendants hinweist. Dieser wiederholte Rückgriff auf die von Ra gebotene Textversion deutet darauf hin, dass nicht nur der Schreiber von Ba, sondern auch der spätere Benutzer der Handschrift in der Basler Kartause zu suchen ist. Dass seine Vorlage nicht Ra selbst, sondern eine aus Ra gezogene Exzerpthandschrift war, lässt sich an Aufschwellungen gegenüber dem Wortlaut von Ra erkennen, die Ba mit Br teilt: Sie sprechen für die Existenz einer von Ra direkt oder indirekt abhängigen Vorlage x, auf welche Ba und Br unabhängig voneinander zurückgehen: LD III,1,35 LD VI,17,81 LD VI,17,82
meam miseram x] zusätzlich zu animam Ra/Rb nec non extreme vnctionis x] zusätzlich zu tui Ra/Rb et perducant ad gaudium sempiternum x] zusätzlich zu alimentum Ra/Rb
116 Im Unterschied zu Rb und Rw, die eine Gliederung in Bücher und Kapitel aufweisen, reiht Ra die exzerpierten Texte aneinander und zählt sie, zumindest in der ersten Exzerptenreihe, durch.
LXVI
Einleitung
LD VI,17,110 LD VI,17,111 LD ebd. LD VI,17,113
et iam hoc seculum reliquerunt pro quibus exorandus es x] zusätzlich zu separa bantur Ra/Rb piissime domine deus meus x] statt pie deus Ra/Rb fratrum et sororum ac propinquorum meorum x] zusätzlich zu omnium Ra/Rb et fac ut x] zusätzlich zu requiescant Ra/Rb
Dazu kommen einige weitere Varianten: LD III,1,35 LD VI,17,104 LD VI,17,108 LD VI,17,110
et x] ac Ra/Rb congressiones x] congregaciones Ra/Rb retrahantur x] trahenturRb, retrahentur Ra separabuntur x] separabantur Ra/Rb
Dass Br und Ba nicht voneinander abgeschrieben worden sein können, sondern unabhängig voneinander (über wie viele Zwischenstufen auch immer) auf dieselbe Vorlage x zurückgehen, ist auch daran zu erkennen, dass jede dieser Handschriften zusätzliches Textmaterial aus der ›Lux divinitatis‹ enthält. Es muss also einen umfangreicheren Auszug aus Ra, der Mutterkopie des Traditionszweiges x, in der Basler Kartause gegeben haben, der das Ba und Br jeweils eigene Sondergut an ›Lux divinitatis‹Zitaten enthielt – vorausgesetzt, das jeweilige Sondergut in Ba und Br wurde nicht direkt Ra entnommen. Dies ist jedoch wenig wahrscheinlich, denn der in Br nicht überlieferte Nachtrag von Ba 272r zeigt ähnliche kleine Aufschwellungen, die auch in dem den beiden Handschriften gemeinsamen Textbestand zu beobachten sind: LD VI,21,2 LD VI,21,6 LD ebd. LD VI,21,6
omnipotens eterne deus Ba] zusätzlich zu pater Ra/Rb ex speciali gratia Ba] zusätzlich zu misericorditer Ra/Rb febrem Ba] zusätzlich zu mortem Ra/Rb et transferat ad gaudia sempiterna Ba] zusätzlich zu liberet Ra/Rb
Auf den ersten Blick nicht gerade als einfach erweist sich die Bestimmung der Stellung von Be1 in der Textgeschichte der ›Lux divinitatis‹. Der Grund dafür ist, dass sich diese Handschrift in den wenigsten Fällen an den Wortlaut der Vorlage hält. Vielmehr bietet sie mit Kommentaren angereicherte Paraphrasen (vgl. Anhang Kap. 3). Trotz dieser Schwierigkeiten gibt es gewichtige Indizien, die darauf hindeuten, dass Be1 bzw. *Be1 von Rb abgeschrieben wurde (Be1 ist eine Kopie von *Be1, dem verlorenen Basler Exemplar von Heinrichs Arnoldi ›Liber meditationum‹, vgl. Kap. 3.1.2, Nr. 4). So rückt das in Rw fehlende, in Rb dagegen von einer anderen Hand im Rückgriff auf den deutschen Text (FL II,25,78 [130,29]) am Rand nachgetragene gratis (vgl. LD IV,6,9 und Anhang Kap. 3, Z. 9) Be1 bzw. *Be1 in die Nähe von Rb. Auf eine andere Glosse, die wie gratis durch den Rückvergleich des in Rb überlieferten lateinischen Textes mit einem Exemplar des ›Fließenden Lichts‹ zustande kam, geht eciam infernali (LD IV,8,8f. und Anhang Kap. 3, Z. 15f.) zurück (auch hier bietet Rw keine Entsprechung). Es ließe sich einwenden, diese Belege würden keine Aussage über die Vorlage von Be1 bzw. *Be1
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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erlauben, sind doch beide Lesarten auch in der von Rb abhängigen Handschrift Ra belegt. Gegen Ra als Vorlage spricht jedoch die Angabe Caput xxvij parte iiij (Anhang Kap. 3, Z. 97). Es handelt sich um einen in Be1 geratenen Verweis auf die Kapitelzählung des deutschen Textes (FL IV,27), den der *Be1-Exzerptor Heinrich Arnoldi Rb, genauer der Kapitelüberschrift von LD III,10 entnommen haben muss, während Ra und die sonstige bekannte Überlieferung der ›Lux divinitatis‹ nichts Vergleichbares bieten. Ähnlich verhält es sich mit der Angabe Circa annum domini M d lx (Anhang Kap. 3, Z. 93). Auch hier handelt es sich um eine im lateinischen Überlieferungszweig nur in Rb bezeugte Glosse, vgl. LD III,11. Die hier vermutete textgeschichtliche Nähe von Be1 zu Rb lässt sich auch durch überlieferungsgeschichtliche Indizien stützen. So wird die Vermittlung des ›Liber meditationum et orationum‹ Heinrichs Arnoldi von Alfeld (1407–1487, seit 1449 Prior in Basel) mit den zum ›Liber meditationum‹ gehörenden Mechthild-Exzerpten nach Buxheim Jakob Louber zu verdanken sein, dem Bibliothekar der Basler Kartause und seit 1480 Nachfolger Arnoldis im Amt des Priors in Basel, der von hier nach Buxheim hinüberwechselte und 1502 dort zum Prior gewählt wurde. Be1 selbst dürfte eine am Anfang des 16. Jahrhunderts entstandene Abschrift jener Handschrift mit den Werken Arnoldis (= *Be1) sein, deren Sammlung Jakob Louber höchstwahrscheinlich noch als Prior in Basel veranlasst hat (vgl. dazu Handschriftenbeschreibung in Kap. 3.1.2, Nr. 4). Dass zu Arnoldis Zeiten in der Basler Kartause die Möglichkeit bestand, Rb, die unmittelbare Vorlage von *Be1, zu benutzen, bezeugt die im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts entstandene Handschrift Ra, die ebenfalls auf jenes Exemplar der ›Lux divinitatis‹ zurückgeht, das sich allem Anschein nach auch noch im 15. Jahrhundert im Besitz der Basler Dominikaner befand (siehe dazu weiter oben). Auch die Provenienz des nur in Meyers Autograph vorliegenden ›Liber de viris illustribus‹ (LibV) aus der Bibliothek der Basler Dominikaner legt eine unmittelbare Abhängigkeit der in LibV eingegangenen Mechthild-Exzerpte von Rb nahe.117 Dies zu erhärten, ist freilich insofern schwierig, als das geringe Textmaterial eine sichere Aussage über die textgeschichtliche Stellung von LibV erschwert. Für die Nähe der von Meyer benutzten Vorlage zu Rb scheinen auf den ersten Blick zwei Stellen zu sprechen, die ohne Entsprechung in Rw sind, vgl. LD II,36,11 (celitus) mit LG II,33,12 und LD II,39,8 (et fortis) mit LG II,36,9. Freilich ist der Vergleich mit Rw insofern wenig aussagekräftig, als das Fehlen der beiden Wörter dem Versehen des Kopisten von Rw bzw. überlieferungsbedingtem Textausfall verschuldet sein kann. Es ist auch denkbar, dass celitus und et fortis bei der Übertragung des lateinischen Textes ins Alemannische übergangen worden sind. Mit anderen Worten: Das Original der alemannischen Rückübersetzung kann das in Rw Fehlende durchaus enthalten haben, so dass die beiden genannten Stellen kein absoluter Beweis für die textgeschichtliche Nähe von LibV zu Rb sind. Aussagekräftiger scheint dagegen LD II,39,14 zu sein. In Rb findet
117 Vgl. Bürkle (1999), S. 29 Anm. 76.
LXVIII
Einleitung
sich hier eine doppelte Abbreviatur im Wort parabit: p[ar][ra].118 Bemerkenswerterweise liest auch LibV parabit, während Ra und Rw in Übereinstimmung mit FL IV,26,7 (298,10) personabit bzw. thoenen bieten.119 Für die Vorlagenfrage könnte außerdem die Schreibung Albernus für Albertus von Bedeutung sein, denn auch Rb schreibt: De fratre alberno (vgl. LD II,36,1). Ob diese Belege ausreichen, um eine unmittelbare Deszendenz zwischen LibV und Rb zu erweisen, bleibt offen, zumal sich Meyer bis kurz vor der Fertigstellung seines ›Liber‹ im Jahre 1466 nicht in Basel, sondern als Beichtvater im reformierten Dominikanerinnenkloster Schönensteinbach aufhielt. Daher ist nicht auszuschließen, dass er hier im Elsass mit einer Handschrift der ›Lux divinitatis‹ in Berührung kommen konnte. In der Tat stößt man auf Vertreter dieser, im Vergleich zu Basel eher spärlichen elsässischen Tradition in jenen Handschriften, die durch den ›Catalogus codicum manuscriptorum in bibliotheca sacri ordinis Hierosolymitani Argentorati asservatorum‹ des Johann Jacob Witter bezeugt sind und einer Straßburger Bibliothek (des Johanniterklosters?120) gehört haben dürften (vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 2). Wie die oben besprochene Handschrift Rb stellen Vä, Be2 und We3 Sonderfälle in der Textgeschichte der ›Lux divinitatis‹ dar, denn alle vier Handschriften weisen in unterschiedlichem Maß – so meine im Folgenden zu begründende These – Spuren von Kontamination auf und lassen zugleich die Tendenz zur mischsprachigen Überlieferung erkennen.121 Hier wie dort geht es darum, die offenbar als unzuverlässig empfundene Übersetzung an den als original angesehenen Wortlaut des deutschen Textes anzunähern.122 Während dies im Falle von Rb punktuell (mittels Glossen) erfolgt, wird dasselbe Verfahren in Vä (vgl. Apparat zu LD VI,12) und teilweise auch in Be2 (vgl. Apparat zu LD I,23, VI,12 und ferner V,29) zum Gestaltungsprinzip; in We3 ist es dagegen nur ansatzweise realisiert (vgl. Apparat zu LD VI,3,26–28, VI,5,6–13, VI,6,2, VI,8,39, VI,14,17–25 und ferner LD II,28,13–15). Damit hängt zusammen, dass Aussagen über die textgeschichtliche Stellung von Vä, Be2 und We3 bzw. über die textgeschichtliche Stellung ihrer lateinischen Vorlagen nur bedingt möglich sind.123 Erschwerend
118 Die Solesmenser Mönche konjizieren in praeibit (Ed. 516,5), was von Neumann (1990), S. 142 App. zu FL IV,26,7 übernommen wurde. 119 Bei der Ra-Lesart dürfte es sich um eine eigenständige Korrektur des Kopisten handeln, der sich auch sonst nicht scheut, in seine Vorlage einzugreifen, siehe dazu S. LXIV. 120 Eine solche Provenienz ließ sich für die bei Witter verzeichneten Handschriften A 89 und A 91 mit Predigten von Johannes Tauler sicherstellen, vgl. Nemes (2012b), S. 66f. 121 Zu diesem in der Forschung als „macaronisation“ bekannten Phänomen siehe Palmer (1983), S. 94–99, Wenzel (1994) und Louis (2011). 122 Zu dem bei Texten aus dem Bereich der Visions- und Offenbarungsliteratur immer wieder beobachtbaren Phänomen des rezipientenseitigen Interesses am Original vgl. Nemes (2007) und (2010), S. 361–379. 123 Beispiel: Zu einer der Passionsstationen, die die Seele auf ihrem Weg zur Christusförmigkeit durchlaufen, genauer: durchleben, soll, heißt es im deutschen Text: ze Herode gesant mit dem spote (FL I,29,9 [50,2f.]). Die bislang bekannten Handschriften der lateinischen Übersetzung (Rb/Ra, Rw)
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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kommt hinzu, dass alle drei Handschriften Varianten aufweisen, die in der von Rb und Rw vertretenen Texttradition nicht auftreten und von denen man daher nicht sagen kann, ob sie den ursprünglichen Text der lateinischen Übersetzung konservieren oder ob es sich um Individualvarianten handelt.124 Genau genommen lässt sich nicht einmal die Nähe des Wortlauts von Vä, Be2 und We3 zum deutschen Text allein mit Komtamination, also einer Vorlagenvermischung auf der horizontalen Ebene der Textüberlieferung erklären. Denkbar erscheint auch die Möglichkeit, dass die Differenzen, die zwischen den genannten Handschriften und dem Rest der Überlieferung bestehen, auf eine ausschließlich vertikal verlaufende Überlieferung des lateinischen Textes zurückgehen, zumal Vä, Be2 und We3 in Erfurt entstanden sind und damit an einem Ort, wo die Übertragung des ›Fließenden Lichts‹ ins Lateinische erfolgt sein könnte (vgl. Anm. 10). Unter dieser Prämisse würde die jenseits von Vä, Be2 und We3 bezeugte Überlieferung eine Bearbeitung der von den genannten Erfurter Handschriften nur bruchstückhaft repräsentierten lateinischen Version darstellen, eine Bearbeitung, die sich vom deutschen ‚Ausgangstext‘ weiter entfernt hat, wie es auch den korrigierenden und ergänzenden Nachträgen in Rb entnommen werden kann.125 Wenn das zuträfe, würde die vorliegende Edition nicht die lateinische Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ dokumentieren, sondern eine Redaktion dieser Übersetzung. Ob Indizien wie Wortlaut und Provenienz allein genügen, um Vä, Be2 und We3 zu Zeugen für die Existenz einer präredaktionellen Version der lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ zu erklären, erscheint mir zweifelhaft.126 Der Grund dafür ist, dass alle drei Handschriften die Kenntnis des deutschen Textes erkennen lassen und diesen auch zitieren: In Vä und We3 sind es nur einige wenige Wörter, in Be2 dagegen umfangreiche Auszüge aus dem ›Fließenden Licht‹, die in die Handschriften Eingang gefunden haben. Während es im Falle von Vä nur wenig Anhaltspunkte gibt, das vom Exzerptor zur Textkonstitution herangezogene Exemplar des ›Fließenden Licht‹ textund überlieferungsgeschichtlich zu situieren,127 scheint es bei We3 keinen besonde-
bieten keine Entsprechung, vgl. LD I,23,15 bzw. LG I,23,15. In Be2 dagegen lesen wir: Ad herodem mit teris per irrisionem. Man fragt sich, ob es sich um eine nachträgliche Übersetzung aus dem deutschen Text durch den Schreiber/Kompilator von Be2 oder um eine Übernahme aus der lateinischen Vorlage handelt. Sollte Letzteres der Fall sein, so wäre die Vorlage von Be2 eine von der *Rb/*Rw-Tradition unabhängige Handschrift der ›Lux divinitatis‹. 124 Für Beispiele verweise ich auf den Apparat zu jenen Auszügen aus der ›Lux divinitatis‹, die in den genannten Handschriften überliefert sind, vgl. dazu die in Anhang Kap. 15 gebotene Übersicht über die Überlieferung der einzelnen Kapitel der ›Lux divinitatis‹. 125 Hier sei betont, dass Rb (anders als Rw) nicht zwingend in Basel entstanden sein muss. Es kann sich auch um eine Handschrift handeln, die Importgut darstellt und aus dem mitteldeutschen Raum (wohl auf dominikanischer Schiene) nach Basel gelangt ist, vgl. Kap. 3.1.1, Nr. 1. 126 Vgl. auch Nemes (2008b), S. 366–369. 127 Zur Schreibsprache (Hochdeutsch) der in Vä eingestreuten deutschen Zitate vgl. Nemes (2008b), S. 363 Anm. 29. Zur möglichen stemmatologischen Stellung der von Vä-Exzerptor benutzten Handschrift des ›Fließenden Lichts‹ (älter als *EC) vgl. ebd., S. 361f.
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Einleitung
ren Grund dafür zu geben, eine Abhängigkeit von der alemannischen Übertragung anzunehmen bzw. diese Möglichkeit als die wahrscheinlichere zu postulieren, zumal die anhand des wenigen Textmaterials eruierbare Schreibsprache das Ostmitteldeutsche ist.128 Freilich könnte es sich hierbei auch um eine Eindeutschung ‚au fil de la plume‘ des Kopisten handeln, zumal sowohl Vä (Schreiber unbekannt) als auch We3 (Schreiber: Bruder N. OCarth) am gleichen Ort (in der Erfurter Kartause) und etwa zu gleicher Zeit (im dritten bzw. vierten Viertel des 15. Jahrhunderts) entstanden sind.129 Aufschluss über die Vorlagenfrage wird wohl erst eine sprachgeschichtliche Untersuchung von Be2 liefern,130 einer Handschrift wohlgemerkt, die (1) nach den in Colmar (C), Würzburg (W) und Budapest (B) aufbewahrten Textzeugen die umfangreichste Teilüberlieferung des ›Fließenden Lichts‹ bietet, (2) von der Schreibsprache her ostmitteldeutsch ist und (3) aller Wahrscheinlichkeit nach auf jenes vollständige (heute verschollene) Exemplar des ›Fließenden Lichts‹ zurückgeht, das im Katalog der Erfurter Kartause unter der Signatur J 5secundo verzeichnet ist (vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 3) und von dem man bislang nicht sagen konnte, ob es ein Zeuge der von Basel ausgehenden oberdeutschen oder der von der Forschung postulierten ursprünglich mittelniederdeutschen Mechthild-Überlieferung ist. Dass auch Vä und We3 in Kenntnis dieser Handschrift des deutschen Textes erstellt wurden, wird man mit einigem Recht annehmen dürfen. Eine weitere Stütze für das Vorliegen von Kontamination bietet die Kodikologie, stellt doch sowohl Be2 als auch We3 ein Rapiarium dar. Beide wurden in den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts in der Erfurter Kartause angelegt und gehen auf die Hand ein und desselben Schreibers/Kompilators zurück, der sich durch Schriftvergleich als jener Mitarbeiter des literarhistorisch überaus versierten und über die Identität zweier Visionärinnen namens Mechthild bestens unterrichteten Bibliothekars Jakob Volradi (vgl. Textabdruck in Anhang Kap. 12, Nr. 3) identifizieren ließ, auf den weite Teile des von Volradi um 1470 angelegten Bibliothekskatalogs zurückgehen: Bruder N. Seine Hand lässt sich auch in jener literaturgeschichtlichen Notiz in der Eislebener Hand-
128 Die Form enelende (We3, Z. 73 und 82, vgl. Textabdruck in Anhang Kap. 6) für mhd. elende ist für Thüringen gut belegt, vgl. Lexer (1992), Bd. 1, Sp. 539. 129 Dass die Möglichkeit einer ad-hoc-Übertragung aus dem einen (dem Schreiber fremden) in den anderen (dem Schreiber vertrauten) Dialekt durchaus denkbar ist, zeigen die Auszüge von Bruder N. aus Ruusbroecs ›Een spieghel der eeuwigher salicheit‹ in der Weimarer Handschrift Q 51, vgl. Bl. 9v (Notiz des Schreibers zur vorangegangenen und folgenden Textpassage:) Dye materia, dye in dem nehesten blate stehet, hort hyr czu, wan es hat eyn autor gemacht das exemplar, dar ich dissen tractat vnd das das in deme nehesten blate stehet, us geschreben habe, habetur sub littera D 11 [= Handschrift D 112 in dem von Lehmann 1928 herausgegebenen mittelalterlichen Bibliothekskatalog der Kartause Erfurt, Verbleib unbekannt] in libro, qui intitulatur ‚Speculum perfeccionis‘, aber daß selbige ist vnleselich bose schrift vnd nedderlendsche sprache. Etlyche meynen, es sye brabandysche sprache, vnde darumme kunde ich es nicht wol lesen noch vorsteen etc. Zitiert nach Eifler (2012a), S. 113 Anm. 46. 130 Siehe dazu Squires (2019) und demnächst die Monographie von Braun-Niehr/Emmelius/ Nemes/Squires (Anm. 16).
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schrift H 546 (Stiftung Luthergedenkstätten/Luthers Geburtshaus) des ›Liber specialis gratiae‹ Mechthilds von Hackeborn nachweisen, die das Wissen dieses Schreibers um die Identität zweier Mechthilden im Kloster Helfta bezeugt (vgl. Textabdruck in Anhang Kap. 12, Nr. 4).131 Wichtig ist in unserem Zusammenhang, dass auch das Eislebener Exemplar des ›Liber specialis gratiae‹ Spuren der vergleichenden Benutzung einer anderen Handschrift dieses Textes (höchstwahrscheinlich von Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek, Cod. Guelf. 1003 Helmst.) aufweist und wie die MechthildExzerpte in Be2 und We3 ein philologisch anmutendes Interesse an der Wiederherstellung des originalen Wortlauts dokumentiert.132 Unser unbekannter Kartäuser steht damit für jene sprichwörtlich gewordene „Bücherliebe und Bücherpflege“, die Paul Lehmann den Kartäusern attestierte und die sich auch und vor allem in der pfleglichen Tradierung des festen Buchstabens manifestiert.133 Mit einer solchen Vorgehensweise steht der Schreiber von Be2 und We3 in der Erfurter Kartause nicht allein, denn das Verfahren der vergleichenden Benutzung der deutschen und lateinischen Textversion des ›Fließenden Lichts‹ lässt sich auch durch das Växjöer Exzerpt belegen, das von der Hand eines anderen Erfurter Kartäusers geschrieben wurde. Allerdings ist hier nicht zwingend davon auszugehen, dass Exzerptor und Schreiber identisch sind.134 Mit anderen Worten: Der Schreiber der Handschrift aus Växjö kann auf eine bereits kontaminierte Fassung von LD VI,12 zurückgegriffen haben. Interessanterweise taucht ein mit dem deutschen Text rückverglichener Auszug aus dem in die Handschrift aus Växjö eingegangenen Kapitel auch in Be2 auf. Doch gibt es keinen Anlass für die Annahme, dass beide Texte auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen (vgl. Apparat zu LD VI,12). Eher wird man beide als Beleg für eine in der Erfurter Kartause in den 1470er/80er Jahren gängige und offenbar nicht auf eine bestimmte Person bezogene Synchronlektüre der deutschen und lateinischen Mechthild anführen, eine Lektürepraxis, die sich in Erfurt auch schon im späten 13. Jahrhundert belegen lässt. Dafür steht die ›Vita S. Dominici‹ des Dominikaners Dietrich von Apolda.135 Um dies zu verdeutlichen, sei auf FL III,1 hingewiesen. Ein längerer Abschnitt (FL III,1,99–115 [152,19–38]) handelt von der Ehre, die den Predigern, Märtyrern und den heiligen Jungfrauen im Himmel zuteil wird. Auf die Beschreibung der Kleidung und Kopfbedeckung dieser drei Stände folgt eine fest-
131 Zum Profil dieses anonymen, an Mystica sehr interessierten und literaturhistorisch überaus versierten Kartäusers vgl. Eifler (2012a). 132 Siehe dazu Nemes (2010), S. 226–234 und 371f. 133 Vgl. Lehmann (1926/1960). Bemerkenswert ist in unserem Zusammenhang die Tatsache, dass sich die überhaupt älteste Abschrift des ›Opus pacis‹, einer Abhandlung über das Emendieren von Texten (vgl. dazu Rouse/Rouse 1988), die Oswald de Corda OCarth († 1434) wahrscheinlich im Jahre 1417 verfasste, ausgerechnet in einer Handschrift der Erfurter Kartause erhalten ist, vgl. Eifler (2009), S. 71. 134 Vgl. Nemes (2008b), S. 360 Anm. 18. 135 Zu den folgenden Ausführungen vgl. Nemes (2010), S. 224, 264f. und 366.
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liche Tanzszene. drierlei spilunde vluot kommt Predigern, Märtyrern und Jungfrauen von Gott entgegen, die ihren muot so sehr erfüllt, dass sie anfangen, zu singen. Ausgeführt wird nur der Lobgesang der Prediger und Märtyrer, wohingegen derjenige der Jungfrauen fehlt. Er muss auf einer frühen Textstufe ausgefallen sein,136 denn auch LD II,30 bzw. LG II,27 bieten nichts Entsprechendes. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das Fehlen des Gesangs der Jungfrauen auch von den Rezipienten der ›Lux divinitatis‹ registriert wurde. So findet man auf dem oberen Blattrand von Rb 65vb den Hinweis: Triplex alludens gaudium Canticum virginum in secundo libro capitulo 25 puerorum [recte predicatorum] hic Cantus trinitatis in quinto libro 26 capitulo. Wider Erwarten gilt die Referenz nicht etwa der Buch- und Kapitelzählung des lateinischen, sondern jener des deutschen Textes und meint FL II,25,134f. (134,15f.) und FL V,26. Einen vergleichbaren Vermerk könnte auch Dietrich von Apolda in jenem Exemplar vorgefunden haben, dem er die Dominikus betreffenden Abschnitte der ›Lux divinitatis‹ entnommen hatte. So wurde am Ende von Buch 8 der ›Vita S. Dominici‹ ausgerechnet jener Abschnitt aus FL III,1 exzerpiert, der von den genannten drei Gruppen von Heiligen handelt. Unmittelbar darauf folgt das in Anlehnung an LD IV,7,23–31 (= FL II,25,134f. [134,15f.]) formulierte canticum virginum, vgl. VD 218–224 (Textabdruck in Anhang Kap. 9). Offenbar konnte Dietrich ein in Erfurt vorhandenes Exemplar des deutschen Textes benutzen, dessen Existenz aus textgeschichtlichen Gründen schon Hans Neumann vermutete.137 Bei der vergleichenden Benutzung der deutschen und lateinischen Textversion des ›Fließenden Lichts‹ handelt es sich um eine Praxis, die durch die Verweisungen auf die Buch- und Kapitelzählung des deutschen Textes in den Überschriften der ›Lux divinitatis‹ von den Übersetzern selbst in den lateinischen Text eingeschrieben wurde.138 Allem Anschein nach wurde die lateinische Übersetzung dem deutschen Text vom Anfang an funktional zu- bzw. untergeordnet, was insofern verwundert, als die ›Lux divinitatis‹ die Tendenz erkennen lässt, theologisch heterodox anmutende Aussagen des volkssprachigen Textes zurückzunehmen.139 Die Möglichkeit der zweisprachigen Rezeption des ›Fließenden Lichts‹ bestand in Erfurt nicht nur in den 1280/90er und in den 1470er/80er Jahren, sondern auch im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts. Dies lässt sich der Überlieferung des weiter oben behandelten Gebets LD VI,17,61–119 entnehmen, denn es wurde nicht nur innerhalb der Basler Kartause tradiert, sondern findet sich auch in Handschriften, die gegenüber Ra und den Handschriften Ba und Br eine eigene Gruppe, die Textversion y, bilden: Pr, Au, We1 und We2 (auf die Dokumentation der Differenzen zwischen
136 Vgl. Neumann (1993), S. 49 Anm. zu III,1,115. 137 Vgl. Neumann (1987), Sp. 262. 138 Vgl. Nemes (2010), S. 114–125. Das Mitführen der Buch- und Kapitelzahlen des deutschen Textes im lateinischen hat man daher zu Recht als Hinweis auf die Hochschätzung der Vorlage verstanden, vgl. Ortmann (1992), S. 181, Vollmann-Profe (2000), S. 155 (Diskussionsbericht) und Webster (2005), S. 123. 139 Vgl. Nemes (2010), S. 192–208.
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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der x- und y-Version wird hier verzichtet, vgl. dazu Apparat zu LD VI,17,61–119 und Anhang Kap. 8). Bevor ich auf die Spuren hinweise, die die Lektüre eines Exemplars des ›Fließenden Lichts‹ in der y-Version des Gebets hinterlassen hat, soll die Filiation der überlieferten Handschriften ermittelt werden. Innerhalb der Textstufe y gehören We1 und We2 näher zusammen und konstituieren die Untergruppe y2. Diese lässt sich an jenen Stellen mit Sicherheit fassen, an denen Pr und/oder Au eine mit Rb/Rw übereinstimmende Lesart aufweisen, während We1 und We2 als Gruppe eigene Wege gehen, vgl. etwa beneficiis (= Rb) Pr/Au] beneficiis tuis y2 (Anhang Kap. 8, Z. 13 mit App. und LD VI,17,73) dulcissime (= Rb) Pr/Au] dilectissime y2 (Anhang Kap. 8, Z. 47 mit App. und App. zu LD VI,17,106– 108) misericordiam tuam (tuam misericordiam Rb) Pr/Au] magnam misericordiam tuam We1, miseri cordiam tuam magnam We2 (Anhang Kap. 8, Z. 62 und LD VI,17,118)
We1 und We2 können nicht voneinander abgeschrieben worden sein, sondern gehen auf eine gemeinsame Vorlage zurück. Gegen eine unmittelbare Abhängigkeit der jüngeren Abschrift We1 (aus dem Jahr 1443) von der älteren We2 (1. Drittel 15. Jahrhundert) spricht außer der in der Überschrift von We2 fehlenden, in derjenigen von We1 jedoch vorhandenen Zuschreibung des Gebets an Mechthild vor allem die Beobachtung, dass We2 eine Reihe von Sonderlesarten aufweist, die We1 nicht hat (Zeilenangaben nach dem Textabdruck in Anhang Kap. 8): 3 4 26 27 28 30 41 51 60 61
dignaris We1 (= y)] dignatus We2 meum We1 (= y)] meum et We2 ut tunc We1 (= y)] ut We2 ab omnibus hostibus (= y/Rb) We1] ab hominibus omnibus We2 manibus tuis We1 (= y)] manibus We2 oro (= y) We1] rogo We2 felicitatem (= y) We1] fidelitatem We2 crimine (= y) We1] crvce We2 munda We1 (= y)] munda nos We2 suscipe We1 (= y)] suscipe in me We2
Auch wenn We1 den y-Text insgesamt besser widerspiegelt als We2, ist We1 von einem deutlich individuelleren Gepräge als der andere Textzeuge des Gebets. Dies kommt in einer Reihe von Varianten zum Ausdruck (vgl. etwa 17, 27, 28, 50 und 55), die zuweilen der Personalisierung des Gebets, der Anpassung des Inhalts an die Person des Schreibers (und offenbar des Betenden) Heinrich Wunne de Salza, eines Angehörigen des Erfurter Benediktinerklosters St. Peter und Paul, dienen.140
140 Zum Phänomen der Personalisierung von Gebetstexten vgl. Ochsenbein (1987), Aris (1999), S. 22–29 und Hamburger/Palmer (2015), S. 378–392.
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Einleitung
Ob Pr oder Au die Textstufe y repräsentieren, lässt sich nicht mit Sicherheit ermitteln. Die im Vergleich zu Pr deutlich größere Zahl an Individualvarianten und Fehlern in Au verleitet zu der Annahme, dass Au eine eher nachgeordnete Textstufe (y1) vertritt (Zeilenangaben nach dem Textabdruck in Anhang Kap. 8): 12 15 16 17 21 27 36 38 39 42 56 58
irreuerenter (= Rb) Pr y2] irreuerenti Au ut (= Rb) Pr y2] et Au me (= Rb) Pr y2] fehlt Au animam meam Pr y2] animam Au ut (= Rb) Pr y2] et Au digneris consolari Pr y2] consolari digneris Au aeris (= Rb) Pr y2] aueris Au principes (= Rb) Pr y2] ciues nostros et principes Au adunare (= Rb) Pr y2] adiuuare Au caritatis Pr y2] caritas Au meam Pr y2] nostram Au gloriam (= Rb) Pr y2] fehlt Au
Der zuverlässigste Repräsentant der y-Version unter den erhaltenen Handschriften ist Pr. Freilich enthält auch dieser Textzeuge einige, mehr oder weniger sicher identifizierbare Individualvarianten (Zeilenangaben auch hier nach dem Textabdruck in Anhang Kap. 8): 3 8 10 14 21 35 36 45 45
hic nobis Au y2] nobis hic (= Rb) Pr hodie Au y2] michi hodie Pr terreno amore (= Rb) Au, amore terreno y2] amore terreno Pr accepturi (= Rb) y] a te accepturi Pr sustinuit (= Rb) Au We2, pro me sustinuit We1] pro me sustinuit Pr tibi ibi laus Au y2] ibi (mit EZ am rR) laus tibi (= Rb) Pr clementissime deus Au y2] deus clementissime Pr perturbacione Au y2] turbacione (turbacionum Rb) Pr ponitis Au We2, positis We1] positis Pr
Wichtig im Hinblick auf die Text- und Überlieferungsgeschichte ist die Beobachtung, dass die y-Version möglicherweise auf einen von Rb unabhängigen Traditionszweig der ›Lux divinitatis‹ zurückgeht. Das erkennt man an einer Stelle wie LD VI,17,106, die y in die Nähe der lateinischen Vorlage von Rw rückt: in aquarum Rb] in qualicumque (in was Rw) y. Die Tatsache, dass sowohl die textgeschichtlich älteste, aber überlieferungsgeschichtlich jüngste (Pr) als auch die überlieferungsgeschichtlich älteste, aber textgeschichtlich jüngste Handschrift (We2) der Textversion y des Gebets LD VI,17,61–119 aus Erfurt kommt und auch dort (im Benediktinerkloster bzw. in der Kartause) entstanden ist, erlaubt darauf zu schließen, dass Erfurt der Ausgangspunkt der bis ins Augsburger Benediktinerkloster (Au) ausgreifenden Überlieferung der Textform y unseres Gebetes ist. Diese Annahme kann durch die im Apparat von LD VI,17,61–119 dokumen-
Der lateinische Überlieferungszweig des ›Fließenden Lichts der Gottheit‹
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tierten Spuren von Kontamination erhärtet werden, lässt sich doch die vergleichende Benutzung eines Exemplars des ›Fließenden Lichts‹ in Erfurt sowohl Ende des 13. (im dominikanischen Kontext), als auch Ende des 15. Jahrhuderts (im Kontext der Kartause) beobachten. Mit der y-Version von LD VI,17,61–119 befinden wir uns zwischen diesen beiden zeitlichen Eckpunkten, denn die überlieferungsgeschichtlich älteste, aber textgeschichtlich jüngste Handschrift We2 spricht dafür, dass das Original der kontaminierten Version des besagten Gebets spätestens im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts vorgelegen haben muss. Selbst wenn der Ausgangspunkt der Überlieferung das Benediktinerkloster in Erfurt gewesen sein sollte – die überwiegend benediktinische Rezeption des Gebets lässt sich für diese Annahme ins Feld führen –, die Kopiervorlage für das auf Kontamination beruhende Mechthild-Gebet werden indes wohl die Kartäuser gestellt haben, verfügten sie doch (anders als die Benediktiner in Erfurt) sowohl über ein Exemplar des ›Fließenden Lichts‹ als auch der ›Lux divinitatis‹ (siehe oben S. XXIIf.).141 Dass wir es hier tatsächlich mit Kontamination und nicht mit den Resten einer (weiter oben als Möglichkeit postulierten) lateinischen Übersetzung zu tun haben, die dem Wortlaut des ›Fließenden Lichts‹ näher stand als die uns von Rb her vertraute Textversion, erkennt man zum Einen an einzelnen Formulierungen des lateinischen Textes, für die das ›Fließende Licht‹ keine Entsprechung bietet,142 zum Anderen an den zahlreichen Ergänzungen, die den Textbestand der y-Version erweitern (vgl. App. zu LD VI,17,61–119). Vor allem letztere sprechen dafür, dass der y-Version von LD VI,17,61–119 eine von ihrer Anlage her Rb vergleichbare Handschrift der ›Lux divinitatis‹ vorgelegen haben muss, denn die zusätzlichen Textpassagen entstammen dem ersten Teil des Großkapitels LD VI,17, das durch den Zusammenschluss von zwei thematisch und strukturell ähnlichen Kapiteln des deutschen Textes entstanden ist: FL V,35 und VI,37. Anders als die Übersetzung von FL VI,37, die im Überlieferungszweig y dieses Gebets mit dem deutschen Text rückverglichen wurde, zeigen die in die y-Version der Übersetzung von FL VI,37 eingeschobenen Textpassagen kein Anzeichen von Kontamination, sondern entsprechen dem Wortlaut der Basler Handschrift Rb. Allem Anschein nach wurde nur LD VI,17,61–119 dem philologisch anmutenden Rück-
141 Die Frage nach der Provenienz ließe sich ggf. durch eine Untersuchung zur Mitüberlieferung in den oben genannten Handschriften erhellen, deutet doch diese darauf hin, dass das Mechthild-Gebet ursprünglich Teil einer in ihrem Bestand und ihrer Reihenfolge teilweise rekonstruierbaren Sammlung von Passionsgebeten war, vgl. Kap. 3.1.2, Nr. 1, 7 und 9. 142 Man denke etwa an die zahlreichen Allusionen an die Bibel (vgl. Register Kap. 3), die für die ›Lux divinitatis‹ insgesamt charakteristisch sind: Sie nähern den Wortlaut des ›Fließenden Lichts‹ jenem der Bibel an (siehe dazu Vollmann-Profe 2000 und Senne 2003). Solche biblisch angehauchten Formulierungen finden sich auch in LD VI,17,61–119. Bezeichnenderweise werden sie von der y-Version des Gebets übernommen, vgl. Anhang Kap. 8, Z. 6 und 11 mit Apparat zu LD VI,17,66 und 71. Dies spricht dafür, dass die y-Version von LD VI,17,61–119 auf der Basis des bekannten und in der vorliegenden Edition dokumentierten lateinischen Textes entstanden ist.
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Einleitung
vergleich der lateinischen Übersetzung mit einem Exemplar des deutschen Textes unterzogen. Sollte diese vergleichende Benutzung zweier Handschriften der Mechthild-Überlieferung in der Erfurter Kartause im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts stattgefunden haben, so wäre dies ein Indiz dafür, dass die im Erfurter Bibliothekskatalog von 1475 verzeichneten, heute leider verschollenen Textzeugen des ›Fließenden Lichts‹ bzw. der ›Lux divinitatis‹ dem 14. Jahrhundert angehört haben. Die hier dargebotenen Beobachtungen zur Textgeschichte des lateinischen Überlieferungszweiges des ›Fließenden Lichts‹ lassen sich schematisch wie folgt zusammenfassen und visualisieren: Deutscher Text
Lateinische Übersetzung
*Rb/*Rw
Rb
*Rw/*y
Ra
*y
*y1
*x
Vä We3
Be2
VD
Br
*Be1
Ba
LibV
Be1
*y2
Rw
Pr
Legende: * = erschlossene Textstufen = direkter Überlieferungszusammenhang (Zwischenstufen denkbar) ------ = alternative Vorlage = Kontamination
Au
We1 We2
Prinzipien und Anlage der Edition
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4 Prinzipien und Anlage der Edition Aufgrund der überlieferungs- und rezeptionsgeschichtlichen Zusammenhänge, die zwischen den beiden Textgestalten des ›Fließenden Lichts‹ im lateinischen Überlieferungszweig am Anfang des 16. Jahrhunderts bestanden haben müssen, ist ein synoptischer Abdruck mit Rb auf der einen und Rw auf der anderen Seite nicht nur sinnvoll, sondern sogar geboten. Angestrebt wird die Wiedergabe beider Texte in ihrer tatsächlich rezipierten Form. Einen rein diplomatischen Abdruck im engeren Wortsinn, d. h. unter Wiedergabe aller Abkürzungen, Streichungen sowie des Zeilen- und Seitenumbruchs innerhalb des Editionstextes, sieht dieses Verfahren zwar nicht vor, dennoch gilt der Grundsatz einer buchstabengetreuen Wiedergabe jener Handschrift, die der jeweiligen Edition zugrunde liegt. Die diakritischen Zeichen der handschriftlichen Vorlage werden dabei nur im Falle von Rw übernommen. Unbeachtet bleibt dagegen die für die jeweilige Handschrift eigene mikro- und makrostrukturelle Zeichensystematik mit Gliederungsfunktion, also die mittelalterliche Interpunktion, zu der nicht nur die Interpunktions- und Trennungszeichen, sondern auch die Majuskelverwendung, Rubrizierung, Absatztechnik und die Kapitelinitialen gehören. Stattdessen wird eine moderne Interpunktion eingeführt. Von den Gliederungselementen werden lediglich die rezeptionsgeschichtlich bedeutenden Marginalien von Rb bzw. die NotaHinweise und Zeigehände von Rw übernommen und entsprechend ihrer funktionalen Positionierung rechts außerhalb des Schriftspiegels wiedergegeben. Nachträge über der Zeile oder am Rand von Rb werden in den konstituierten Text integriert. Dies gilt nicht nur für die Ergänzungen, die vom Kopisten herrühren und während bzw. nach der Abschrift des Textes vorgenommen worden sind, sondern auch für jene Glossen, die auf den Vergleich des lateinischen Textes mit einem Exemplar des ›Fließenden Lichts‹ zurückgehen (siehe dazu weiter unten). Trotz der buchstabengetreuen Wiedergabe von Rb und Rw wird nicht darauf verzichtet, die Textabdrucke beim Vorliegen von Fehlern zu bereinigen. Dabei wird in die Haupthandschriften der Edition nur dann berichtigend eingegriffen, wenn diese einen logisch oder grammatikalisch fehlerhaften Text bieten. Der Texteingriff erfolgt, soweit möglich, nach der Parallelüberlieferung. Beim Vorliegen von an sich sinnvollen Sekundärvarianten bleibt der überlieferte Text dagegen unangetastet. So wird z.B. eingebornen in LG VI,17,35 beibehalten und dies, obwohl egenum (LD VI,17,32) bzw. armen (FL V,35,34 [410,8]) auf die Verlesung/Abwandlung von egenum zu unigenitum in der lateinischen Vorlage der alemannischen Übersetzung oder durch den alemannischen Übersetzer schließen lassen. Aus diesen Prämissen ergeben sich im Einzelnen folgende Gestaltungsprinzipien:
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Einleitung
4.1 Text Der handschrifteneigene Seiten- und Zeilenumbruch wird aufgehoben, Seitenwechsel im Fließtext von Rb durch die Einfügung von Folioangaben in Klammern angezeigt. Bei Rw stehen diese Angaben am Rand (siehe dazu weiter unten). Der Text wird, wie oben angedeutet, grundsätzlich buchstabengetreu wiedergegeben. Damit hängt zusammen, dass orthographische Eigenheiten von Rb wie michi, graui, egritudine, karitas, inminia, decurentes, celi, ypocritis, temptati, exstiterunt, ammirabilis etc. beibehalten und Varianten wie altior/alcior oder paradyso/paradiso, verumtamen/verun tamen etc. nicht vereinheitlicht werden. Dieser Grundsatz gilt auch für Rw. Lediglich die Getrennt- und Zusammenschreibung erfolgt nach modernem Gebrauch. Die Kapitelüberschriften sind in beiden Teilen der Edition fett gedruckt, rubrizierte Textteile im Apparat als solche ausgewiesen. Aus Gründen der besseren Referenzierbarkeit werden sämtlichen Überschriften Kapitelzahlen in beiden Editionstexten in eckigen Klammern ergänzend zugeordnet, obwohl weder die lateinischen Handschriften außerhalb des Registers von Rb noch Rw eine Kapitelzählung kennen. Diese Ergänzungen wie Herausgebereingriffe überhaupt sind kursiv gesetzt.
4.2 Linker Rand In diesem Bereich der ›Lux divinitatis‹-Edition werden alle eigenständigen Marginaltexte von Rb, die sich abwechselnd rechts oder links (recto-/verso-Seiten) am Blattrand befinden, funktionsäquivalent positioniert und einheitlich links von der oder den Zeilen wiedergegeben, neben denen sie auch in der Handschrift stehen. Jene Marginalien von Rb dagegen, die den Text komplettieren, werden in den Fließtext integriert. Auf ihre ursprüngliche Position am Rande der Handschrift wird im Apparat hingewiesen. Im Falle von Rw ist der linke Rand für die kapitelgebundene Zeilenzählung reserviert. Außerdem wird der Seitenwechsel von Recto auf Verso in diesem Bereich angezeigt: Die Seitenangaben mit römischen Zahlen erscheinen in eckigen Klammern und sind kursiv gesetzt. Im Text selbst markiert ein senkrechter Langstrich (|) die Stelle, an der Seitenwechsel auftritt.
4.3 Rechter Rand Hier befinden sich im Falle von Rb ausschließlich Finde- bzw. Zitationshilfen, die als Zusätze von den Herausgebern eingeführt und daher ausnahmslos in Kursivdruck wiedergegeben werden. Dazu gehören neben einer kapitelgebundenen Zeilenzählung die Hinweise auf die Seitenzählung der Solesmenser Ausgabe (Ed.). Seitenwechsel in der Ausgabe der Solesmenser Mönche wird im Fließtext mit senkrechtem Langstrich (|) angezeigt. Am rechten Rand der ›Lux divinitatis‹-Edition erscheinen auch
Prinzipien und Anlage der Edition
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die Textstellen der oberdeutschen Fassung des ›Fließenden Lichts‹ (FL) mit Buch-, Kapitel- und Zeilennummern nach der Edition von Neumann bzw. (in Klammern gesetzt) mit Seiten- und Zeilenzahlen nach jener von Vollmann-Profe. Die wenigen in der lateinischen Texttradition doppelt verwendeten Textteile werden mit einem senkrechten Doppelstrich (‖) angezeigt. Im Falle von Rw ist der rechte Rand für die Marginalien (einschließlich der Zeigehände) und für die handschrifteneigene Paginierung mittels römischer Zahlen reserviert. Auch hier wird Seitenwechsel im Fließtext mit senkrechtem Langstrich (|) angezeigt.
4.4 Apparate In Anbindung an den lateinischen Text sind drei Apparate vorgesehen. Im Apparat 1 findet man Angaben zur Parallelüberlieferung des jeweiligen Kapitels. Im Apparat 2 werden neben den textkritisch und textgeschichtlich relevanten Lesarten der lateinischen Parallelüberlieferung (ohne Rw) auch die kodikologischen Besonderheiten (Streichungen, Tilgungen, unklare Nachträge etc.) der Haupthandschriften vermerkt (diese Merkmale werden auch im Apparat der im Anhang mitgeteilten Textabdrucke angezeigt). Für den Fall einer Emendation oder gar einer Konjektur wird in Apparat 2 auch die Lesart von Rb vermerkt. Auf den möglicherweise sekundären Charakter einer an sich sinnvollen Lesart wird nicht hingewiesen (dieser muss unter Heranziehung der Neumannschen Ausgabe des ›Fließenden Lichts‹ und der synoptisch gebotenen alemannischen Rückübersetzung der ›Lux divinitatis‹ vom einschlägig interessierten Leser selbst erschlossen werden). Bei den Marginalien, die im Rückgriff auf eine Handschrift des deutschen Textes zustande gekommen sind (zu diesem Typ von Glossen siehe Nemes 2010, S. 257f.), gibt der Apparat die genaue Textstelle des ›Fließenden Lichts‹ nach den Textausgaben von Neumann bzw. Vollmann-Profe an. Bei allen anderen Glossen wird mitgeteilt, wenn sie auch in einer der Handschriften des deutschen Überlieferungszweigs anzutreffen sind (siehe dazu weiterführend Nemes 2010, S. 258f.). All diese Glossen rühren von mindestens zwei etwas jüngeren Händen her, die nicht immer mit Sicherheit voneinander unterschieden werden können. Daher wurde im Apparat darauf verzichtet, die Glossen einer der beiden Hände zuzuordnen. Die Angabe ‚von anderer Hand‘ (vaH) markiert lediglich, dass sie nicht von der Texthand stammen. Im Apparat 3 findet man wörtliche Bibelzitate bzw. Anklänge an die Bibel (verwendet werden die nach der Vulgata-Edition von Weber 1994 üblichen Abkürzungen). Die oberdeutsche Version kennt zwar eine Fülle von Anspielungen auf biblische Passagen, trotzdem sind wörtliche Bibelzitate deutlich seltener als in der lateinischen Übersetzung. Letztere ist bestrebt, die vagen Allusionen des deutschen Textes auf die Bibel in den Wortlaut der Vulgata zurückzuführen (vgl. Oehl 1911, S. 19, VollmannProfe 2000, Senne 2003). Neben Bibelstellen sind wörtliche Zitate auch aus einigen anderen Quellen (Kirchenväter, Liturgie) angegeben, soweit sie identifiziert werden konnten.
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Einleitung
Ein vierter Apparat, gebunden an den Editionstext des ›Liecht der gotheit‹, wird schließlich die kodikologischen Besonderheiten von Rw sowie die nach dem lateinischen Text vorgenommenen Konjekturen von offensichtlich mechanischen Schreibfehlern dokumentieren. Wie beim lateinischen Text wird auf das Vorliegen von Sekundärvarianten auch hier nicht hingewiesen. In den Apparaten 2 und 4 finden folgende Kürzel und Zeichen Verwendung: EZ Einweisungszeichen FZ Fragezeichen gestr. gestrichen Hs. Handschrift korr. korrigiert lR linker Rand MZ Markierungszeichen n. Abs. neuer Absatz oR oberer Rand PZ Paragraphenzeichen Reg Register rR rechter Rand VZ Vertauschungszeichen uR unterer Rand udZ unter der Zeile üdZ über der Zeile vaH von anderer Hand = Trennungsstrich am Ende der Zeile ¦ Zeilenwechsel xy|ab Worttrennungszeichen xy_ab Wortverbindungszeichen
4.5 Anhang Der Anhang enthält Textabdrucke, informiert über Rezeptionszeugnisse, die die Kenntnis Mechthilds und der ›Lux divinitatis‹ erkennen lassen, und bietet verschiedene Konkordanzen. In den Textabdrucken soll die bislang bekannt gewordene Exzerptüberlieferung dokumentiert werden. Beschränkte sich Apparat 2 der Hauptedition auf die Mitteilung von textgeschichtlich wichtigen Varianten der Exzerpthandschriften, so sollen diese durch die im Anhang mitgeteilten buchstabengetreuen Abdrucke auch als zusammenhängende Texte wahrnehmbar gemacht werden. Davon ausgenommen ist allein Ra, denn der Abdruck eines vom Umfang und Wortlaut her mit Rb weitgehend identischen Textes – Ra ist ein Codex descriptus (vgl. Kap. 3.1.2, Nr. 2) – wäre ohne Erkenntnisgewinn gewesen und hätte die Rahmen des vorliegenden Buches auch gesprengt. Freilich lässt sich ein Exzerpt nicht allein an Parametern wie Textbestand
Prinzipien und Anlage der Edition
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und Wortlaut messen: Die Textfolge, die zuweilen ganz neue Kohärenzstrukturen schafft, kommt als weiteres sinnkonstitutives Element dazu. Um Aufschluss über die Anordnung der Kapitel in der Exzerpthandschrift Ra zu geben, wird der Inhalt derselben aufgeschlüsselt (Kap. 2). Ergänzend dazu wird das Register von Ra mitgeteilt (Kap. 1), denn es bietet eine Reihe von Rb abweichender Kapitelüberschriften, die aufschlussreich für das Verständnis des Exzerptes als Ganzes sein können. Von Bedeutung dürften in diesem Zusammenhang auch die in die Mechthild-Exzerpte eingeschobenen Auszüge aus der Vita der Agnes Blannbekin sein (Kap. 13), die Dinzelbacher/Vogeler (1994) in ihrer Edition nicht berücksichtigt haben und hier zum ersten Mal abgedruckt werden. Auf der Grundlage dieser hier mitgeteilten Materialien wird es möglich, Charakter und Auswahlprinzipien der Exzerpte in Ra zu untersuchen. Erleichtert wird eine solche Untersuchung auch durch jenes vollständige Digitalisat von Ra, das über www.e-codices.ch abgerufen werden kann. Einen Sonderfall unter den Textabdrucken stellt Kap. 8 dar. Es enthält das in zwei Versionen (x und y) vorliegende Gebet LD VI,17,61–119, das in sechs Handschriften (Ba und Br sowie Au, Pr, We1 und We2) überliefert ist. Statt das Gebet sechsmal hintereinander abzudrucken, werden auf der Basis der jeweils besten Handschrift der Gruppe kritische Fassungstexte hergestellt, in deren Apparate die Individualvarianten, Leseund Schreibfehler sowie die paläographischen Besonderheiten der jeweiligen Handschrift der Gruppe x bzw. y mitgeteilt werden. Der Tatsache, dass Ba und Br neben LD VI,17,61–119 weitere Exzerpte aus der ›Lux divinitatis‹ enthalten, die in den anderen Handschriften nicht überliefert sind, wird durch den separaten Abdruck des Sonderguts der beiden Handschriften in Kap. 7 Rechnung getragen. Alle anderen Textabdrucke erfolgen buchstabengetreu. Das gilt auch für die in Kap. 12 mitgeteilten Reflexe auf die ›Lux divinitatis‹ in mittelalterlichen und neuzeitlichen Bibliothekskatalogen sowie in sonstigen historischen Rezeptionszeugnissen. Abgerundet wird die Ausgabe durch eine tabellarische Übersicht über die Textund Rezeptionszeugen der ›Lux divinitatis‹ (Kap. 14) sowie eine Kapitelkonkordanz, die das Auffinden von einzelnen Kapiteln des deutschen Textes in der vorliegenden Edition ermöglicht (Kap. 15).
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4.6 Siglen A. Handschriften Au Rb Ra Ba Be1 Be2 Br Rw Pr Vä We1 We2 We3
Augsburg, Staats- und Stadtbibliothek, Oct. Cod 17, fol. 242r–243v Basel, Universitätsbibliothek, Cod. B IX 11, fol. 51r–91va Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VIII 6, fol. 101v–154v und fol. 159r–195v Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VII 68 (olim: B XI 4), fol. 272r–274r Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. qu. 324.4, fol. 111v–113v Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. oct. 89, fol. 63v–64v und 72v Bern, Burgerbibliothek, Cod. A 82, fol. 71r–77r und fol. 78v Luzern, Zentralbibliothek, Cod. N. 175, Depositum der Bibliothek des Romero-Hauses Luzern (die sog. Wolhusener Handschrift), fol. *2–*6 und fol. 1r–220r Prag, Bibliothek des Strahov-Klosters, DB IV 2, fol. 3r–5r Växjö, Stadsbiblioteket (olim: Stifts- och läroverksbiblioteket), Ms. qu. 401, fol. 219r Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 54, fol. 107v–109v Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 58, fol. 6v–8r Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Q 51, fol. 104v, 109r, 113r und 115v
B. Rezeptionszeugen CTV LibV LobG VD
Matthias Flacius Illyricus ›Catalogus testium veritatis‹, siehe Flacius Illyricus (1556) Johannes Meyer ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹, siehe Loë (1918) Johann Frauenlob ›Die lobwürdige Gesellschaft der Gelehrten Weiber‹, siehe Gössmann (1985) Dietrich von Apolda ›Vita S. Dominici‹, siehe Acta Sanctorum (1733)
C. Sonstige Siglen Ed. FL LD LG VR
›Revelationes Gertrudianæ ac Mechthildianæ‹, siehe Paquelin (1877) ›Fließendes Licht‹, siehe Neumann (1990) bzw. Vollmann-Profe (2003) ›Lux divinitatis‹, siehe vorliegende Edition ›Liecht der gotheit‹, siehe vorliegende Edition ›Agnetis Blanbekin vita et revelationes‹, siehe Dinzelbacher/Vogeler (1994)
Neuedition ›Lux divinitatis‹ und Erstedition ›Liecht der gotheit‹
1 2 3 4
(51ra) Incipiunt capitula libri, qui intitulatur ‘Lux diuinitatis fluens iugiter in corda veritatis’ Ed. 742 | De instructione persone ad inchoandum librum. De castigacione et afflictione corporali, quam femina sancta attribuit corpus suum. 5 De sanctis, per quos illustratur liber iste. De continencia huius libri triplici et humiliacione et recusacione huius operis.
5 De nomine et perpetuitate huius libri.
6 Incipit liber primus, in quo de omnium principio et hominis creacione et
eiusdem redempcione mirabiliter et misericorditer tractatur. 7 De iubilo et concentu summe trinitatis. 8 De ignis diuini ineffabili uirtute et mirabili effectu. 9 De altitudine maiestatis diuine et quibus modis homo conscendat ad eandem.
10
10 De consilio diuinarum personarum et de creacione omnium rerum a Spiritu
Sancto inchoata.
11 | De gloria trium personarum ante incarnacionem.
12
15
Ed. 743
De desiderio uirginis et incarnacione uerbi dei.
13 De partu et lacte uirginali et inuolumentis uilibus Christi nati. 14 De oblacione magnifica trium magorum et insidijs Sathane. 15 De liberalitate virginis. 16 De uelo templi quod uirgo de oblato auro conparauit. 17 De insidijs et uersucia Sathane incitantis phariseos contra Christum. 18 De ueritate sanguinis Christi, qui de latere eius post mortem fluxit. 19 De sanctis, qui cum Christo resurgente surrexerunt.
1 Incipiunt … veritatis] vaH Rb 4 quam] qua Rb 11 trinitatis] tis vaH (?) üdZ Rb 14 et] üdZ Rb 15 inchoata] inchoato Rb 17 dei] mit EZ udZ Rb 22 Christum] xpm, xp auf Rasur Rb
20
[Das Register der vorred] Die vorred heinrici ruppinensis [Ir] Von der vnderwisung der person anzufahen disses Buchlinn [IIIv] Von der leipliche pinigung mit welcher disse selige frow iren leip straffet [VIIv] 5 Von den heiligen durch welchi dis buch gebrist wurt [IXr]
Von trierlei begriff dises buch vnd von der demutigung vnd beschirmung dises wercks [Xr] Von dem namen vnd von der ewigkeit dises buchs [XIv] [Das Register des ersten bu͗chs] 10 Von dem anfang aller ding von des mensches erlosung vnnd schoͤpffüng [XIIIr]
15
20
25
30
Von dem iubel gesang vnd mitsingen der heiligen tryfaltigkeitt [XIIIv] Von des gotlichen fures vnvssprechlicher krafft vnd wirckung [XIVv] Von der hohin gotlicher stercki maiestat vnd durch was der mensch mag zü yer vffstigenn et cetera [XVIr] Von dem rat der gotlichen personen vmb der schopffung aller dingen von dem heiligen geist angefangenn [XVIIr] Von der vorwilligung des Su͗ns gottes mit dem vatter vnd heiligem geist in den Ratt vorgehaltenn [XVIIv] Von der schopffung der menschen zu der biltnüs gottes [XVIIIr] Von der hohe eer die gott gabe der Seel in irer erschopffung [XIXr] Von dem geschrei der altvetter vmb erlosung des menschlichen geschlechts [XIXv] Von der glori der tryer person vor der menschwerdung christi vnd von der anschauwng der engel [XXIr] Von der geschicklickeyt der menschwerdung des Sun gots [XXIIr] Von der begird der iungfrowen vnd menschwerdung des worts gottes [XXIIIv] Von der iüngfrowliche geburt vnd milch vnd tüechlin christi gebornen [XXVr] Von dem erenrichen opffer der heiligen dry künning [XXVIIr] Von der frimiltigkeyt marie das sy die gaben der künig den armen gab [XXVIIIv] Von dem vmhang des tempels welchen die iüngfraw vmb das geopffert gold hat erkaüfft [XXIXv] Von heimlicher fintschafft Sathane so bewegt die glißner wider christum [XXXIr] Von der warheit des blüts christi welches nach sinem tode vß siner sitten ist geflossenn [XXXIIv] Von den heiligen ßo mit christo vfferstanden seint [XXXIIIv]
1 Das … vorred] Das Blatt Rw *1 ist durch Ausriß verloren; die Überschriften der Kapitel bis einschließlich Rw 34v sind nach dem Wortlaut der Wolhusener Handschrift ergänzt und mit Folioangaben in eckigen Klammern versehen worden; die Darstellungsweise orientiert sich am Register Rw *2ff. 4 straffet] am lR teilweise lesbar 5 Von] am lR teilweise lesbar | wurt] am lR teilweise lesbar 6 Von] am lR teilweise lesbar 26 milch] am rR teilweise lesbar | gebornen] am rR teilweise lesbar
4 | Lux divinitatis – Kapitelregister
20 De gloriosa Filij suscepcione dum ascenderet ad Patrem.
25
21 De octo diebus humanitatis Christi. 22 (51rb) De spirituali anime passione, qua Christo conformatur et compatitur
ut conregnare mereatur. 23 De excellencia anime domini nostri Ihesu Christi saluatoris nostri. 24 De interpellacione Christi.
30
25 De desiderio amantis anime.
26 Incipit commendacio et laus virginis matris et de predestinacione glorie
eius, antequam nasceretur in mundo. 27 | Quod uirgo beata immunis ab omni peccato fuit et hac per graciam non per
Ed. 744
naturam. 35 28 De incomparabilibus reuelacionibus. 29 De multiplici uirginis gracia et ineffabili gloria et fideli patrocinio miserorum.
1
Expliciunt capitula libri primi. Incipiunt capitula secundi libri De angelis, de laude creatoris pro collatis sibi a deo donis.
2
De excellencia angeli et hominis ad inuicem comparata.
40
3 De ministerio angelorum.
De officio angelorum et expugnacione demonum. 4 Incipit tractatus de sanctis; de missa sancti Iohannis Baptiste. 5 De loco mirabili, in quo requiescit corpus sancti Iohannis Ewangeliste.
45
6 De sancta Maria Magdalena et festo eius. 7 De uirtutibus sancti Dominici a domino commendatis. 8 De sanctitate ordinis predicatorum. 9 De unigenito et alijs filijs adoptionis vel adoptiuis dei. 10 De sancta Elysabeth et de sanctis Dominico et Francisco confessoribus.
50
32 de] mit EZ üdZ Rb 33 eius antequam] ante eius quam mit VZ über ante und eius Rb 34 graciam] anschließend Rasur von einem Buchstaben Rb 41 ad] ergänzt nach Rb 60va 43 De … demonum] sic: ohne Kapitelzahl Rb 44 4] Zählung sic! 48 De] auf Rasur von deus (?) Rb
Das liecht der gotheit – Kapitelregister | 5
35 Von der eerliche empfaung des Suns von Gott dem vatter in siner vffart in
himmel [XXXIVv] | Von achttagen der menscheit christj am xxxv blat 2 Von geistlichem mitliden mit welchem die seel christo glich gemacht wirt vnd mit ym lidet vff das sie mit ym verdiene zu͗ regniren am xxxvj blat · 40 Wie die seel wirt christo gleichgemacht am 38 Von der vbertrefflickeit der seel christi am xxxviiij blat · Von dem fu͗rbit christi am xlj Von der begird einer liebhabenden seel am xlj blat Vom vatter / Su͗n / vnd heiligen geist vnd von den engeln am xlij blat 45 Von den bruͦ sten marie vnd von den wu͗nden christi am xliij blat Von dem lob marie vnd von der fursehung yrer glorj ee dan sie was geborn in die welt am xliiij blat Das maria ist ledig gesin von allen su͗nden durch gnad nit durch natu͗r am xlvij blat 50 Von der vbertreffenlichen offenbaru͗ng · 48 · Von mangfaltiger gnad der iu͗ngfrouwen vnd von ir vnu͗ßsprechlicher glorj vnd von yrem tru͗wen furbitten · am xlix blat
55 [2v]
60
65
¶ Das Register des andern bu͗chs Von den engeln vnd von yrem lob so sie erent den schopffer vmb / von ym / gegebne gutheit · xlix | Von der zu͗sammen verglichnete vbertreffenheit des engels vnd des menschens am l · blat Vom dienst der Engel am l · blat Vom ampt der engel vnd von vertreibung der boͤ sen geist · am lj blat Von den heiligen · vnd von der mesß sant Johannis des tauffers · am lij blat · Von der wunderbarlichen stat an welcher ru͗wet der leip sant Johanns des ewangelister am lvj blat Von Sant maria magdalena vnd von irem fest am lviij blat Von den tu͗genden sancti dominici von dem herren gebrysen am lviiij blat Von heiligkeyt des prediger ordens am lx blat Von dem eingebornen su͗n gottes vnd von andern vß gnaden sŭne gottes am lxj blat Von Sant Elizabet · Dominico vnd Francisco am lxiij blat
42 Von] Vom | xlj] Überschrift bereits auf Rw 40v, Kapiteltext aber tatsächlich erst auf Rw 41r 46 der] korr. aus irer, i durchgestr. 47 am] Dittographie 48 gesin] sesin, vgl. z. B. auch Vorrede 2, 19, gewesen Rw 46v 49 xlvij] Überschrift bereits auf Rw 46v, Kapiteltext aber tatsächlich erst auf Rw 47r 52 xlix] Überschrift und die ersten beiden Zeilen des Kapitels bereits auf Rw 48v 53 Das … bu͗chs] rot unterstrichen 55 xlix] steht außerhalb des Schriftspiegels rechts neben der Zeile am Rand 56 Von] das Anfangswort dieser und der folgenden Kapitelüberschriften auf Rw *2v rot unterstrichen 58 l blat] Blattangabe aus vorhergehender Zeile ist wg. Verweisstrich zu ergänzen 65 blat] bl:
6 | Lux divinitatis – Kapitelregister
11 De penis, quas spiritualiter cum Christo et alijs sanctis pertulit soror
Mechtildis. 12
De statu sancte ecclesie pulchre et mira(51va)biliter demonstrato.
13 De regno celorum et throno dei. 14 De multiplicibus portis celi.
55
15 | Incipit tractatus de sanctis nondum canonizatis. De fratre H. De fratre
Ed. 745
Alberno. 16 De scolare beato amente facto. 17 De sorore Hildegvnde paupere et virgine. 18 De fratre Baldewino.
60
19 De fratre Heinrico lectore, qui hunc librum compilauit.
Capitula libri tertij De decano Magdebvrgensi. 2 De oblacionibus laycorum et de Iudeis. 3 De uirtutibus sacerdotum. 4 De communione infirmorum. 1
65
5 De miserabili statu et de uita detestabili eorum, qui regunt ecclesiam. 6 De utilitate temptacionis. 7 Deus pie dimittit peccata. 8 De begina distorta moribus et conuersacione tandem correpta.
70
9 De begina in apparencia et non existencia. 10 De impugnacione ordinis fratrum predicatorum. 11 Prophecia de fratribus noue religionis in extremo uenturis.
De aduentu Enoch et Helye. 13 De morte Enoch. 14 De statera in manu domini. 12
75
56 De1 … H] auf Rasur Rb 59 virgine] gine mit EZ udZ Rb 64 De] davor Einrückungszeichen in Rot Rb | De … Iudeis] entsprechendes Kapitel steht im Text Rb 68rb nach den Kapiteln, auf die die beiden folgenden Registereinträge 4 und 5 verweisen | Iudeis] deis mit EZ udZ Rb 69 dimittit] korr. aus dimittu[n]t Rb 71 existencia] stencia mit EZ üdZ Rb
Das liecht der gotheit – Kapitelregister | 7
Von den pinen die geistlich mit christo getragen hat Sant Mechtildt vnd 70 anderen heiligen am lxvj blat
Von Sant Peter vnd von der vngestaltigen kilchen am lxiiij blat Von dem stand der kilche der do hu͗psch vnd wu͗nderbarlich ward anzeigt sant mechtilden am lxviiij blat · 3 | Von dem rich vnd thron gottes am lxxij blat 75 Von den mangfaltigen throͤ nen des himmels vnd vom fall Lucifferi am lxxiij blat Vom stant deren so nit getaufft sind am lxxviij blat Von den heiligen welche noch nit erhept sind vnd von Bruder Heinrich am · lxxx blat Von Bruder Alberno am lxxxij blat 80 Von einem guten schuler der do vnsinnig ward am lxxxiij blat Von schwester Hildegundis am lxxxiiij blat Von Bru͗der Baldewino · lxxxv blat Von bruder heinrich Leßmeister welcher dises bu͗ch zu͗sammen gelesen hat am lxxxvj blat : 85
90 [3v]
95
100
¶ Das register des dritten bu͗chs Vom dechen von Magdebu͗rg am lxxxvij · Von du͗genden der priester am lxxxviiij Von der bewarung der krancken mit dem Sacrament vnd von dem opffer der priester vnd von iu͗den am lxxxx blat Von dem ergerlichen stand deren so regirent die kilche am lxxxxj blat · Von nu͗tzparkeyt der anfechtu͗ng am lxxxxij blat · ) | Wie gott gŭtiglich nachlast die sund am xciij Von einer boshafftigen Begina die sich doch zum letsten bekert do sie gestrafft ward am xciij blat Von einer Begina ym schin aber nit in der warheit · am · xcv · blat Von verfolgu͗ng Prediger ordens am xcvj blat Von einer prophetzey von brudern eines neu͗wen ordens in den letsten zytten zu͗ku͗nfftig · am xcvij blat · Von Zu͗kommen Enoch vnd Helie · hu͗ndert vnd j blat · Vom tod Enoch am · C · iiij · blat Von der wag in der hand Jesu͗ christi
71 lxiiij blat] sic: Reihenfolge dieses und des vorhergehenden Registereintrags vertauscht, Blattangaben aber jeweils korrekt 73 mechtilden] Mechtildj Rw 69r 74 thron] thon, korr. nach Rw 72v 75 vom] von (darüber Tintenpunkt), korr. nach Rw 73v 77 vnd] vn korr. aus am 85 Das … bu͗chs] rot unterstrichen 88 Von der] der Anfang dieser und der folgenden drei Kapitelüberschriften auf Rw *3r rot unterstrichen 89 lxxxx] lxxxxj, j durchgestr. 92 Wie] das Anfangswort dieser und der folgenden Kapitelüberschriften auf Rw *3v rot unterstrichen 101 Von … christi] Überschrift und Kapitel finden sich auf Rw 105r
8 | Lux divinitatis – Kapitelregister
15
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Alloquitur anima corpus suum resurgendo. Capitula libri iiija Excitat amor animam pigram. De colloquio anime et caritatis. De studiosa anima ad deum suum. De collacione anime et corporis. Collocuntur simul deus et anima. De uia anime amantis. | Oracio et graciarum actio. Oracio ad Patrem et Filium et Spiritum Sanctum. (51vb) De ungento spirituali. Misera consolatorem alloquitur. De precipuo ascensionis gradu. De susceptione amantis anime in celestibus. Oracio ad caritatem, que deus est. De excellencia caritatis.
80
Ed. 746
90
15 De affectibus et effectibus caritatis. 16 De duabus sponsis Christi et dyaboli. 17 De ascensu et descensu montis dei.
95
18 De multiplici amore. 19 De tribus locis allocucionis diuine. 20 De respectu speculi diuini et candelabro. 21 Laudat sponsus et humiliatur anima. 22
Inuitacio ad amorem.
23 De pulcritudine amantis anime. 24 De familia anime et ministris eius.
100
Das liecht der gotheit – Kapitelregister | 9
Wie die sele anredet yeren leip in der Vrstende am · c · v blat ¶ Das register des vierden bu͗chs Wie die liebin vfferweckt die trege seel am c v blat 105 Von dem mitreden der seel vnd der liebin am c viij blat Von der gelirnige Seel zu͗ irem gott c ix blat Von dem mitreden des leibs vnd der seel · am c xiij blat Wie zesammen redent gott vnd die seel am c xiiij blat · | Vom weg der liebhabende seel · c xvij blat 110 Ein bett vnd dancksagu͗ng am · c xxj blat · Von der fu͗rnemsten staffel des vffgangs am c xxij blat Von der geistlichen salben am c xxiij blat Wie die arme anredet den troͤ ster am c xxiij blat
4
Von der empfau͗ng der liebhabenden seel in die himmel am c xx viiij blat 115 Ein gebet zu͗ der liebin die gott ist am · c · xxxj blat ·
Von der vbertrefflickeyt der liebin am · c · xxxij blat Von dem ampt der liebin am · c · xxxiij blat Von der vnheilmachigen wunden der liebin am c xxxiiij blat Von der begird vnd wircku͗ng der liebin am C xxxiiij blat vel 35 120 Von zweien gesponsen christj vnd des teu͗fels am · c · xxxvj blat Von dem vffgang vnd abgang des bergs gottes am c xxx vij blat Von mangfaltiger liebin · c xxx viiij Von manigfaltiger demu͗tigkeyt c xl Von dryen stetten der gotlichen anredung am c xlj blat · v [4 ] | Von dem anplick des gotlichen spiegels vnd vom liechtstock am · c · xliij blat · Der gespons lobet vnd die sele wird gedemu͗tiget am c xliij blat Ain anreitzu͗ng zu͗ liebhon Von der schoͤ ni einer liebhabenden seel am C xlvj blat Von dem gesind der selen vnd von yren dienern am · C · xlviiij blat ·
103 Das … bu͗chs] rot unterstrichen | des] der 106 Seel] ergänzt nach Rw 109v 109 Vom] der Anfang dieser und der folgenden Kapitelüberschriften auf Rw *4r rot unterstrichen 110 c xxj] Überschrift und erste Zeile des Kapitels bereits auf Rw 120v 111 Von … vffgangs] Blatt 122 zu 4/5 verloren; eine entsprechende Kapitelüberschrift findet sich auch auf Rw 127r (als Entsprechung zu FL I, 2): es handelt sich aber weder um ein Versehen noch um eine Kapiteldoublette, sondern um die Entsprechung zu FL V, 6 112 c xxiij] die entsprechende Überschrift steht nicht auf Rw 123, sondern höchstwahrscheinlich auf der verlorenen Seite Rw 122v | blat] bl 113 c … blat] Blattangabe aus vorhergehender Zeile ist wg. Verweisstrich zu ergänzen 119 am … 35] Registereintrag entspricht Überschrift auf Rw 134v 121 Von] Vom 122 Von] Vom | c … viiij] c üdZ nachgetragen, tatsächlich steht das Kapitel erst auf Rw 140r 123 c xl] c üdZ nachgetragen, tatsächlich steht das Kapitel bereits auf Rw 139r 125 Von] das Anfangswort dieser und der meisten folgenden Kapitelüberschriften auf Rw *4v rot unterstrichen | liechtstock] liechstock | c xliij] Überschrift und die ersten 15 Zeilen bereits auf Rw 142v
10 | Lux divinitatis – Kapitelregister
25 Explicacio quorundam verborum. 26 De septem horis canonicis, quas infirma dicebat. 27 Fastidit anima amans omnem creaturam.
105
28 De capitulo spirituali et peregrino, qui apparuit ei. 29 De peccato et regno.
Capitula quinti libri De animali, quo moraliter anima designatur. 2 De bonitate religionis et quorundam religiosorum prauitate. 1
110
3 De uirtute oracionis. 4 De bono labore et vij uirtutibus. 5 De spirituali paupertate utili. 6 De insidijs inimici. 7 | De periculo prelatorum.
Ed. 747
8 De oracione. 9 De uia mirabili electorum. 10 Qualiter se homo habere debeat in agendis. 11 De carnali sapiencia religiosorum. 12 Qualiter homo Christo et sanctis eius se conformat.
120
13 (52ra) De utilitate tribulacionis. 14 Qualiter deus consolatur in tribulacione. 15 De irreuerencia communionis corporis Christi. 16 De fortitudine dei et infirmitate. 17 De utilitate bone uoluntatis hominis. 18 De ueritate et falsitate uirtutum et uiciorum. 19 De duplici paupertate et falsitate. 20 De ypocrisi fallente. 21 De malicia et peccato.
125
Das liecht der gotheit – Kapitelregister | 11
130 Ein Ercleru͗ng etlicher wort am c lj blat
Von der vnerkantlickeyt gottes · von der creatu͗r · am · C · lij blat Von den syben zyten die sie sprach wan sie kranck was · am C lij blat · Ein liebhabende Seel hat ein verdru͗ß in allen creatu͗ren am · C · liij blat Von dem geistlichen Capittel vnd von dem Bilger so yr erschin am · c · lviij blat 135 Von der sund vnd vom rich gottes am c lx blat
140
145
150
155 [5v]
160
Das register des funfften bu͗chs Von einem thier welches sitlich die seel bedeu͗tet am c lx blat Von gu͗theyt der geistlicheyt vnd von der bosheit etlicher geistlichen am · C · lxiiij Von flihen sinlicher wollu͗st · c · lxj Von der krafft des gebets · am · C · lxvj · | Von gu͗ter ñbung vnd von den vij tugenden am C lx vïij blat 5 Von der geistlichen vnd nu͗tzen armu͗t am C · lxx blat Von der arglistige findtschafft des viends am · C · lxx j blat Von ferlickeyt der Prelaten am · c · lxx ij Von dem betten · am C · lxx vj blat Von dem wu͗nderlichen weg der vserwelten am C · lxx vij blat Wie sich der mensch halten soll in seinen geschefften am C lxx viij blat Von der fleischlichen wysheit der geistlichen am C lxx ix blat · Wie sich der mensch glichmach christo vnd sinen heiligen am c lxxx j blat Von dem nu͗tz der tru͗bsaligkeyt am c lxxx ij Wie gott trost gibt in der triebsaͤ ligkeyt am C · lxxx iiij blat Von der vneer der empfau͗ng des leibs christj am · c · lxxx v blat · Von der sterckin gotz vnd von der bloͤ digkeit des menschen am · c · lxxx vj blat Von nutzparkeyt eins gu͗tten willens am · C · lxxx viij blat · | Von der warheyt vnd falscheyt der tu͗genden vnd der laster am · C · lxxxviij blat Von zweyerley armu͗t vnd falscheit · c · xc Von triegender glisnery am · c · xc Von der bosheyt vnd sund am C xcij Wie ein mensch versumlich gat von einem laster in das ander · am · c · xciij blat
132 C lij] Überschrift und Kapitelbeginn tatsächlich erst auf Rw 153r 133 Seel] ergänzt nach Rw 153v 135 am] an 136 Das … bu͗chs] rot unterstrichen 140 c lxj] Reihenfolge dieses und des vorhergehenden Registereintrags vertauscht, Blattangaben aber jeweils korrekt 141 der] des 142 Von] der Anfang dieser und der folgenden Kapitelüberschriften auf Rw *5r rot unterstrichen 146 C … vj] Überschrift und die ersten drei Zeilen des Kapitels bereits auf Rw 175v 155 C … viij] Überschrift und die ersten vier Zeilen des Kapitels bereits auf Rw 187v 156 Von] der Anfang dieser und der folgenden Kapitelüberschriften auf Rw *5v rot unterstrichen 159 c xc] Blattangabe aus vorhergehender Zeile ist wg. Verweisstrich zu ergänzen
12 | Lux divinitatis – Kapitelregister
1 2 3 4 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Capitula sexti libri De infernali ciuitate et fundamento et constructoribus eius. De cruciatibus singulorum uiciorum. Status dampnatorum post iudicium. Incipit tractatus de purgatorio. De compassione purgandorum. De multis animabus liberatis a pena. De purgatorio et penis clericorum. De leni statu anime boni sacerdotis. De ualde graui purgatorio cuiusdam religiosi. De purgatorio cuiusdam begine, que erat proprij sensus. De purgatorio cuiusdam scolaris interfecti. De statu sanctorum dampnatorum. Qualiter electi et reprobi in celo, in purgatorio et inferno comparentur.
130
135
140
15 De inmensa et ineffabili misericordia dei. 16 Item oracio generali.
145
17 Oracio deuota et graciarum actio. 18 De querela inpotencie uirium. 19 Qualis debeat esse homo in extremis. 20 | Qualiter exultat de morte soror M.
Ed. 748
Valedicit omnibus creaturis. 22 De turmis occurrentibus anime egredienti.
150
21
23 Qualiter prescriptus liber innotuit. 24 De concordia finis cum principio huius libri.
143 in purgatorio] inpurgato=¦ Rb 151 egredienti] ti mit EZ udZ Rb
Das liecht der gotheit – Kapitelregister | 13
Das register des vj bu͗ch Von der hellischen stat irem filment vnd bwlu͗ten am · c · xciiij Von der pinigu͗ng aller laster in sonders am C xcv blat 165 Von dem stand der verdampten nach dem gericht xcvij vnd hu͗nderten blat Vom fegfeu͗r am · C · xcviij blat · Von dem mitleiden deren so im fegfu͗ir sind am · C · xcviiij Von vilen erlosten selen am · CC j Vom fegfu͗ir vnd pinen der gewichten am CC iij blat · 170 Von einem lichten standt einer selen eines gu͗ten priesters am CC iij blat · Von einem fast schweren fegfeu͗r eines geistlichen am CC iiij blat · | Von dem fegfeur einer Beginen die do was eigen sinnig am CC v · blat 6 Von dem fegfeu͗r eines zu͗todgeschlagen weltlichen am CC vj blat Von dem stand der heiligen vnd der vordampten am CC vij blat 175 Wie die vserwelten im himmel · vnd die im fegfu͗ir · vnd die ferdampten in der hell verglichnet werden · zu͗sammen am CC · viiij blat Von der vngemessene Barmherzigkeyt gottes am CC · x Ein andechtigs gebet vnd dancksagu͗ng am CC xj blat Von der klag der bloͤ den krefft am CC xiiij blat · 180 Wie ein mensch sein soll in sinen letsten zitten am CC xv blat · Wie sich erfrou͗wet schwester mechtildt von irem tode · am CC xvj blat Wie sie gnadet allen creatu͗ren · am CC xvij blat Von den scharen so entgegen kommen der seel in yrem abscheiden am cc x viij blat / [6v] | Wie dises buch kunth thon sey worden · am CC xviiij blat Von einhelligkeyt des ends mit dem anfang am zweyhu͗nderten vnd zweinzigsten blat · H · v · Sch · Nun volgt hiernach ein vorred des geistlichen vatters henrici Ruppinensis 190 leszmeisters in das buch so genant ist das liecht der gotheit welches von
christo ist geoffenbart worden der heiligen frawen Mechtildi von Helpede H·v·S·
162 Das … bu͗ch] rot unterstrichen 172 Von] der Anfang dieser und der folgenden Kapitelüberschriften auf Rw *6r rot unterstrichen | CC v ] CCvi, i durchgestr. 177 CC x] Überschrift und die ersten 11 Zeilen des Kapitels bereits auf Rw 209v 178 CC xj] Überschrift und die ersten 12 Zeilen des Kapitels bereits auf Rw 210v 183 Von … blat ] Blatt Rw 218 ist vollständig ausgerissen 184 blat ] steht mit EZ außerhalb des Schriftspiegels unterhalb der Zeile 185 Wie] der Anfang dieser und der folgenden Kapitelüberschrift auf Rw *6v rot unterstrichen 186 zweyhu͗nderten] h zweyhùnderten zweyhu͗nderten … zweinzigsten blat] Überschrift und die ersten 6 Zeilen des Kapitels bereits auf Rw 219v 189 – 191 Nun … Helpede] rot unterstrichen
[1.] Prologus fratris Henricus lectoris de ordine fratrum predicatorum de instrvctione persone ad inchoandum librum (52rb) Reuelaciones Mechtildis Primum capitulum Legimus in libro Iudicum, quod Debbora mulier sancta uxor Lapidoth, spiritu prophecie plena, in monte Effraym collocato sub arbore palme tentorio, ut soli deo uacaret, solitaria residebat. Ad quam populus dei Israel ad querendum omne iudicium ascendebat. Sed et liber regum quartus narrat, quod Olda prophetissa in Ierusalem habitans regem sanctum Iosiam, de archano dei iudicio edocta a Spiritu Sancto, de futuris instruxit flagellis que populo imminebant. Miserat enim ad eam rex iustus et pius sacerdotes et leuitas, ut pro malis imminentibus pro ipso dominum femina sancta consuleret et oraret. Erant certe tunc pontifices de semine Aaron sacerdotesque et alij leuitici generis in lege eruditi et uita probati, quibus tamen Spiritus Sanctus consiliorum suorum secreta non aperuit, que hijs | sacris infirmi sexus mulieribus pro illis temporibus, sicut ei complacuit, reuelauit.
Ed. 435
5
10
Ed. 436 15
Elegit namque persepe infirma mundi omnipotens, ut forciora salubriter erubescant. Non miretur igitur quisquam nec discredat infideliter, si deus tempore gracie mirabilia innouat, sexui fragili sua reuelans misteria, qui tempore legis moysaice dignatus est similia misericorditer operari. Et quia 20 populus Israel Debbore uaticinio credidit, liberacionem ab oppressione et de hostibus uictoriam est adeptus. Rex quoque cultor dei per oracionem et consilium Olde prophetisse consolacionem et misericordiam per fidem meruit inuenire. Sic eciam omnes, qui hunc librum scripturi uel lecturi
Kap. 1: auch Ra — ohne Entsprechung in FL 1,1 Prologus … librum] vaH in Rot am uR Rb, De prohemio huius libri Capitulum quintum Ra 3 Reuelaciones Mechtildis] von einer Hand des 15. Jh., die ihre Spuren auch an anderen Stellen der Hs. hinterlassen hat (vgl. Kap. 3.1.1 der Einleitung), am oR Rb 4 Debbora] der erste b in bb ist hier wie in Z. 18 in gotischer Manier mit dem zweiten b verbunden Rb (Ed. liest fälschlich delbora) 5 Effraym] effraym c (c unterpungiert) Rb | collocato] collocata Ra | palme] fehlt Ra 8 Olda] am lR Rest einer Verweishand Ra 12 certe tunc] tunc certe Ra 14 Sanctus] mit EZ am rR Rb | que] fehlt Ra 15 complacuit] [com] mit EZ üdZ Ra 17 persepe] pe mit EZ üdZ Ra | omnipotens] omnipotens deus Ra | forciora] forcia Ra 19 mirabilia] mit EZ am rR Ra 20 misericorditer operari] operari misericorditer Ra 23 per fidem] mit EZ am rR Ra 1,4 – 7 Legimus … ascendebat] vgl. Idc 4,4–5 7 – 12 Sed … oraret] vgl. IV Rg 22,13–20 17 Elegit … erubescant] vgl. I Cor 1,27 21 Debbore … adeptus] vgl. v.a. Idc 4,9–23 22 – 24 Rex … inuenire] vgl. v.a. IV Rg 22,18–20
[1.] Die vorred Heinrici Ruppinensis
5
10
[Iv]
20
25
das erst blatt
In dem buch der richter liset man, das die heilig frow Delbora, ein hwsfraw Lapidoth, vol des prophetischen geists, vff dem berg Effraim allein saß in einem vffgesteltem zeltten vnder einem palmen bou͗m, vff das sy gotte alleine mochte dienen. Zu͗ welcher alles volck Israel vffging, zu͗ suchen bey ir alles vrteil. Ouch sagt das fierd buch der ku͗nig, dass Olda, die prophetin, olda wonende zu͗ Hieru͗salem, den heiligen ku͗nig Josiam vnderwisen hatt von den heimlichen vrteilen gottes, geleret von dem heiligen geist, von den zu͗kunfftigen gaisseln, so kommen solten vber das volck. Wan der gerecht vnd gu͗tig künig hatt zu͗ ir gesent priester vnd leüiten, vff das die selbige heilige fraw fu͗r yn vnd fur die zukommende vbel fraget vnd bettet. Warlich dozu͗mol waren die bischoff vom geschlecht Aaron, vnd die priester vnd leüiten in dem gesatz wolgelert, vnd im leben bewert, welchen dennocht der heilig geist die heimlickeyt siner rett nit hett geoffenbart, welche er doch dissen heiligen frawen, | zu den selbigen zitten hett geoffenbart, nach dem es ym wolgefiel. Wan offt hat der almechtig vserwelt die krancken ding der welt, vff das die sterckere heimlich sich beschament. Darumb sol sich keiner verwu͗ndern noch vngloͤ blich mißgloŭben, ob gott in der zit der genoden ernüwere sine wünderbarliche ding, vnd offenbar dem bloden geschlecht sine heimliche ding, welcher ou͗ch in der zitt des gesatzes Moisi hat wellen derglichen barmherziglich wurcken. Vnd darumb, das das volck Israel glou͗ben gab der wissagung Delbore, hat es erlangt erloͤ su͗ng von der nidertru͗cküng vnd syg vber die findt. Auch der ku͗nig, durch das bett vnd rott Olde der prophetin, hat durch den glouben vordient, zu͗ finden trost vnd barmherzigkeit. Also
1 das … blatt] am oR rechts 1,1 Ruppinensis] rup:; s. o. Reg.; vgl. auch unten LG II, 37, 3 5 welcher] welches 6 dass] erstes s aus b in rundes s korr. 10 zu͗] am lR für in der Zeile mit Rot auf Rasur (vaH bzw. Rubrikatorhand) nachgetragenes zú 21 Moisi] rot unterstrichen 24 Olde] davor Delbore gestr., Olde rot überschrieben
16 | Lux divinitatis – Prolog, 1,25 – 47
sunt, si tamen pia mente intenderint incrementum consolacionis et gracie 25 spiritus, sicut in ipso promissum est a domino, consequentur. Legenda est autem hec scriptura pie et religiose intelligenda et secundum morem aliarum sanctarum scripturarum sane et fideliter. Sic nullum in ea lector scandalum habebit uel offendiculum, ipsaque scriptura (52va) nullam calumpniam perfidie sustinebit. Auctor quippe eius Pater et Filius et Spiritus Sanctus est, materia eius Christus et ecclesia est et Sathanas cum corpore suo; modus agendi hystoricus et misticus, finis vero presentis uite ordinatio et preteritorum utilis recordacio et prophetica insinuacio futurorum. Sufficere debet omnino pro testimonio ueritatis piorum credulitati fidelium eius, per quam hec scriptura innotuit sincera deuocio et simplicitas columbina. Que a puericia innocentem et immaculatam ducens uitam et in iuuentute a domino premonita, omnia que habere potuit, reliquit, exul in terra aliena degens in uoluntaria paupertate. Tandem post multas tribulaciones in senectute uita sanctimonialium in Helpede assumpta et per annos xii commorata omnium uirtutum perfeccione floruit, ut earundem testimonio conprobatur maximeque caritatis, humilitatis, paciencie et mansuetudinis cultrix fuit. Super omnia autem contemplacione suspensa et diuinarum illuminacionum ac reuelacionum particeps effecta, plurima secretorum dei misteria de preteritis, presentibus et futuris prophetico spiritu digna fuit a domino percipere. Nunc a sponso uirginum assumpta uirgo sancta ipso | perfruitur quem amauit, cuius caritas mirabilis suam multis decorauit miraculis dilectricem.
30
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45 Ed. 437
26 spiritus] mit EZ am rR Ra | a domino] mit EZ am Ende der Zeile Ra 27 Legenda] n. Abs. Ra | hec scriptura] mit EZ am rR Ra | et1] mit EZ üdZ Ra 29 ipsaque] Ipsa Ra 30 Pater … est] est pater et filius et spiritus sanctus Ra 31 Christus … est] est christus et ecclesia Ra 34 ueritatis] am rR Ra 36 Que] am lR Rest einer Verweishand Ra 37 uitam] mit EZ am lR Ra | a … premonita] premonita a domino Ra 38 in terra] Dittographie Ra 39 uita] uice korr. aus uice[m] Rb | sanctimonialium] sanctemonialium Ra | in Helpede] mit EZ am lR Ra 40 et] mit EZ am lR Ra 42 et] mit EZ üdZ Ra 43 suspensa et] korr. aus suspensaret Rb 46 ipso] ipsa Ra | perfruitur] perfinitur Rb | quem] quod Ra
Das liecht der gotheit – Vorrede, 1,26 – 54 | 17
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ou͗ch alle, die so disses bu͗ch schriben oder lesen werden, wo sy mit gu͗tigem gemu͗et vffmercken, werden erlangen von dem herren, als vor vorheissen ist, grossi des trosts vnd genod des geists. Aber disse schrifft sol gutiglich gelesen werden vnd geistlich vorstanden werden, vnd nach gewonheit anderer heiliger geschrifften, vnd glau͗blich. Also wirt der leser in ir kein ergernu͗s oder irrŭng hon | vnd wirt ou͗ch kein ij schmoch der mißglau͗bung liden. Wan der lerer disser geschrifft ist der vatter, su͗n vnd der heilig geist. Aber die materi disses bu͗ch ist Christus vnd die kirch vnd Sathanas mit sinem leip. Die wise zuhandeln in dissem buch ist historisch vnd geistlich. Aber die entliche meinu͗ng ist ordenung des heiligen lebens vnd die nu͗tzlich hinderdencku͗ng der vorgangen dingen vnd die prophetische anzeigu͗ng der züku͗nfftigen dinger. Es sol gar gnu͗g sin zu͗ einer zu͗gnu͗s der worheit, der gloͤ blickeit der gŭtigen glou͗bigen disser heiligen frowen, durch welche vns disse geschrifft ku͗nt ist gemacht, reine andacht vnd du͗bische einfaltigkeyt. Welche von ir kintheit gefüret hatt ein vnschuldiges, vnbemasetz leben, vnd, ermanet von dem herren, in ir iu͗gent vorlies alles, so sy hon mocht, vnd wonet in einem fromden lande in williger armu͗t. Zum letsten, nach vil tru͗bseligkeyt, in yrem alter ward sy angenommen in ein samlung der closterfrawen zu͗ Helpede vnd wonet do xij jar vnd blu͗wet mit volkom|menheit aller tu͗gent, als dan bewert wu͗rt vß der selbigen closterfrawen zügnu͗s, vnd zum grosten was sy sonderer grosser liebe, demu͗tigkeit, gedult vnd senffmu͗tigkeit. Aber vber das alles was sy in der beschou͗nge vffzogen, vnd was tailhafftig der gotlichen erlu͗chtu͗ng vnd offenbaru͗ng, vnd was wu͗rdig zu empfaen von dem herren vil heimlickeyt der heimlicher ding gottes von den vorgangen, von den gegenwertigen vnd von zukunfftigen dingen mit dem prophetischen geist. Nu͗n ist disse heilige iungfrow von dem gespons der iungfrowen im himmel entpfangen vnd durchnu͗ist den, den sy liebhat, welches wu͗nderbarliche liebin sin liephaberin geziret hat mit vil mirackel.
31 in ir] mir, korr. nach LD Prol, 1, 28 44 Helpede] rot unterstrichen 45 blu͗wet] blu͗bet korr. aus oder in blu͗vet | mit] nnit 51 mit] nnit
18 | Lux divinitatis – Prolog, 2,1 – 3,9
[2.] [ohne Überschrift] Reuelationes et uisiones, quas omnipotens deus electis suis manifestare dignatur, fidei simplicitas in ipsis fundat et inchoat, mentis puritas requirit et expectat, uiteque sanctitas autenticat et confirmat. Talibus namque patent secreta celestia, suntque in cordibus audiencium eorum testimonia 5 credibilia. Interpretaturus igitur barbara lingua conscriptum librum istum, in quo mira quedam (52vb) et inaudita continentur mysteria, aliqua de sanctitate persone, cui hec demonstrata sunt celitus, premittere dignum duxi, ut mirabilia dicta factis mirabilioribus fulciantur. Et quis nobis expressius 10 electorum enarrabit perfectionem quam ipsi, in quibus et per quos deus sua perfecit opera? Et quis utilius uel melius perfectionem Pauli quam Paulus ecclesie intimasset? Sic hec sancta persona, quid in ea et cum ea spiritus diuinus gesserit, ad laudem ipsius et gloriam eloquens profert dicens:
[3.] De instrvctione persone ad inchoandum librum – Sexta parte v capitulum Prima cognicio, quam post contactum amoris et affluenciam sermonis FL VI, 5 accepi a domino, uenit cum merore. Nam cum pulcra et michi placencia respicerem, suspiraui et lacrimas fudi et cogitaui et querulans dixi: ‘Custodi 5 Die gnade gruezzet te, hec non sunt dilectus tuus, qui animam tuam alloquens salutauit, erluhtet vnde bindet sensus perlustrauit, cor tam dulciter uinculauit, ut hec multiplex terrena suauitas te ab ipso non abstrahat: sed nobilitate, pulcritudine, utilitate creature utar, ut in ipsis deum diligam, non meipsam.’
Kap. 2: auch Ra 106v (Z. 2–6) und 101v (Z. 7–14) — ohne Entsprechung in FL Kap. 3: auch Ra 2,1 ohne Überschrift] Platz für Überschrift vorhanden Rb, De nomine et perpetuitate huius libri Capitulum 6m Ra 4 autenticat] attenticat Ra 5 testimonia] testimoia Rb 7 Interpretaturus] De sanctitate persone scribentis istum librum capitulum primum ¦ Interpretaturus Ra | igitur … in] librum istum barbara lingua conscriptum Ra 9 premittere dignum] Pretermittere dignum, erstes ter und dignum gestr. Ra | dignum] korr. aus dig[n]i[us], zweites i unterpungiert Rb 10 Et quis] Quis enim Ra 13 persona] mit EZ am lR Ra 3,1 De … capitulum] fehlt Ra | Sexta] darüber eine . 2 . Rb parte … capitulum] darüber eine . 2 . Rb 3 Prima] Prima, davor PZ, jedoch kein n. Abs. Ra 5 suspiraui] danach [et] radiert Rb | Custodi] am lR Rest einer Verweishand Ra 6 hec non] auf Rasur geschrieben Rb | Die … bindet] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL VI, 5, 7f. (440,17f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 230 9 ut] mit EZ üdZ Ra
Das liecht der gotheit – Vorrede, 1,55 – 2,10 | 19
55 Die offenbarung vnd gesichte, welche der almechtig gott gnediglich
offenbaret sinen vserwelten, gru͗nt vnd facht an in ynen die einfaltigkeyt des glou͗bens, die reinigkeyt des gemu͗ets erheischetzs vnd wartet, vnd | die iij heiligkeit des lebens beweretz vnd machts fest. Wan sollichen ston vffen die himlische heimlickeiten, vnd yre zu͗gnu͗s sint glou͗blich in deren hertzen, 60 deren, so sy horent. Darumb, so ich mit vngeordnetter züngen wu͗rd vßlegen disses geschriben bu͗ch, in welchem etliche vngehoͤ rti vnd wunderbarliche heimlickeiten begriffen sint, so wil ich, als ich billich schetz, vor an etwas sagen von der heiligkeyt disser person, welcher sollichs ist vom himmel angezeigt, vff das 65 die wunderbarliche spru͗ch gegru͗nt werden mit wu͗nderbarlichen geschichten. Vnd wer mag vns claͤ rlicher vorku͗nden die volkommenheit der vßerwelten dan sy selbst, in welchen vnd dürch welchi gott volbringt sine wergk, vnd wer mocht nu͗tzlicher vnd bas anzeigen die volkommenheit Pau͗li dan Pau͗lu͗s selber? Also dise heilige person, was in yr vnd mit yr der paulus [IIIv] gotliche geist geschaffet hat, spricht | sy vß zu͗ sinem lob vnd eer sprechende: [2.] Von der vnderwisung der person anzufahen disses buchlinn Die erst erkantnu͗s, die ich empfing von dem herren, nach dem anru͗ren der liebin vnd nach dem zu͗flu͗iß der rede, kam mit trürigkeit. Wan, do ich ansach hubschi vnd mir wolgefallende ding, do ersu͗ffetz ich vnd goß vß 5 trehern, vnd ich gedacht vnd sprach mit klagen: ‘Behiet dich, disse ding sint nit din liebgehabter, der diner seel zu͗gesprochen hatt vnd gegru͗sset hatt, din sinn durchluchtet hat, din hertz so sussiglich gebunden hatt, vff das dich die manigfaltige irdischer sussigkeyt von ym nit abzihe: sonder ich bru͗chte den adel vnd schoͤ ni vnd den nu͗tz der creatu͗ren, das ich in ynen 10 gott liebhetti, vnd nit mich selbs.’
55 Die ... ge-] mit Auszeichnungsschrift in Rot, n. Abs. 66 vorku͗nden] k teilweise in Rot über verwischter Tintenkorrektur nachgetragen 67 gott] rot unterstrichen 69 Pau͗lu͗s] rot unterstrichen 2,2 erkantnu͗s] roter Fleck oder Punkt über dem s 6 zu͗gesprochen] im Anschluß an das n dicker Fleck, rot durchgestr. 9 vnd1] vns
20 | Lux divinitatis – Prolog, 3,10 – 38
Que priusquam huius libri opus aggrederer, et anima mea de hiis quippiam attigisset, eram puella simplicis|sima, omnis dyabolice singularisque malicie et ypocrisis penitus ignara. Duodecimo etatis mee anno tam affluenter sum Sancti Spiritus dulcibus labijs salutata, quod deinceps ad quodcumque leue eciam ueniale peccatum non poteram inclinari. Hec amica salutacio cottidie affuit et creuit; amaricans tam amabiliter seculi blandimenta. Hec per annos xxx et unum acciderunt. De deo nichil nisi articulos noueram simplicis fidei christiane. Cui adhesi firmissime toto (53ra) corde, studens semper cordis mundiciam retinere. Testis michi est deus, quod nunquam uoluntate uel desiderio concupiui a domino, ut horum, que in hoc libro scripta sunt, michi cognicio prestaretur; immo nec credidi, quod cuiquam mortalium concedi potuisset. Inter cognatos et necessarios amicos degens nichil horum sapui. Prehabui vero diu ante desiderium, ut preter culpam meam in oculis hominum abiecta et contemptibilis reputarer.
FL IV, 2, 4–98 (228,14–234,31);
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Perrexi ergo ad quamdam ciuitatem, in qua nullus, qui me curaret, erat, 25 preter unum, per quem tamen ab amore dei et desiderata despectione timui retardari. Tunc me solam dominus non reliquit, transferens me amica dulcedine in tam ammirabile sapiencie sue lumen, quod michi terrestria minime sapiebant. Tunc primum raptus est spiritus meus inter celum summum et infimum, vbi 30 in maiestate conspexi humanitatem domini nostri Ihesu Christi, in cuius facie Patris eternitatem, Filij laborem, Spiritus Sancti dulcedinem recognoui. Ibique uidi angelum mee salutis consultorem et Sathanam omnis turpitudinis persuasorem. Et dixit dominus ad me: “Hunc angelum tollo a te, aliosque duos tribuo, qui in hijs mirabilibus te foueant et 35 conseruent.” Quos uidens humili ualde gratitudine stupui, postrataque pedibus domini gracias egi, plangens me indignam, cui tales principes deseruirent. Erat unus Seraph, diuini amoris incentor et delicate anime
10 Que] für Majuskel Platz vorhanden Rb 12 penitus ignara] ignara penitus Ra | Duodecimo] Duodecimo igitur, davor PZ Ra 13 ad quodcumque] adquodcumcumque Rb 18 michi est] est michi Ra 20 prestaretur] preraretur Rb 22 diu] über u Nasalkürze radiert Rb 23 hominum] omnium hominum Ra 27 solam dominus] dominus solam Ra | reliquit] dereliquit Ra 28 ammirabile … sapiebant] am lR MZ Rb | quod] darüber Nasalkürze radiert Rb 30 Tunc] De primo raptu eius et de visione sibi tunc ostensa capitulum secundum ¦ Tunc Ra | primum] p[ri]mum, über p Rasur von o Rb 35 tribuo] tibi tribuo Ra 36 conseruent] conseruant Ra 37 plangens] planges Rb 38 incentor] lies in Anlehnung an LG Prol, 2, 45 incensor?
Das liecht der gotheit – Vorrede, 2,11 – 45 | 21
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Ee dan ich antratt das werck disses bu͗chs, | vnd ee dan min seel etwas von iiij dissen dingen hett angeru͗rt, do was ich ein einfaltigs doͤ chterlin, gantz vnwissend aller diefellischer vnd sonderlicher vnd glißnerischer boßheyt. Im zwelfften jar mines alters bin ich zu͗flissig mit den su͗ssen lefftzen des heiligen geists gegru͗st worden, das ich darnach nit mocht geneigt werden zu͗ einer lichten daͤ glichen sünd. Disser fruntlicher gru͗es ist by mir gesin alle täg vnd hatt gewachssen, vnd machet mir anmu͗tiglich bitter die schmeichlüng der welt. Sollich ding sind mir bescheen xxx vnd jar. Ich kennet nu͗tt von gott dan die artickel des einfëltigen christlichen glou͗bens, welchen ich bin angehangen festiglichen mit gantzem hertzen; vnd ich flis mich alweg, zubehalten die reinigkeyt des hertzens. Gott ist min zu͗ig, das ich nie mit willen oder mit begird von dem herren begeret han, das mir wu͗rd gegeben erkantnu͗s | deren dingen, so in dissem bu͗ch geschriben sint; do ich han ou͗ch nit gloubet, das sollichs moͤ cht yemans vß den sterblichen menschen verlu͗hen werden. Diewil ich wonet vnder den fru͗nden vnd denen bekanten, han ich deren kein anmüt gehept. Aber voran hett ich ein begird, das ich on min schu͗lt in aller menschen ou͗gen vorworffen were vnd vorachtlich geachtet wurd. Darumb ging ich in ein statt, in welcher keiner wer, der min achtet, vßgenommen einer, du͗rch welchen doch ich forcht gehinderet werden von der liebin gottes vnd von der begerten vorachtu͗ng. Dan ließ mich der herr nit allein; er vorenderet mich mit der fruntlichen sussigkeit in das wu͗nderbarlich liecht siner wysheit, das mir die irdischen ding in keinen weg wol ru͗chenten oder schmackten. Dan zu͗m ersten wart vorzuckt min geist zwu͗schen dem obersten himmel vnd dem | vndersten; do sach ich an in der maiestat die menscheit vnsers v herren Jesu͗ Christi, in welches angesicht ich erkennet des vatters ewigkeyt, des su͗ns arbeyt, des heiligen geists gŭtigkeyt. Vnd do sach ich den engel, ein rattgeber mines heils, vnd Sathanam, ein anreitzer aller schentlickeit. Vnd der herr sprach zu͗ mir: “Dissen engel nim ich von dir, vnd gib disse zwen ander, welche sollent diner seel pflegen vnd behalten in solchen wunderbarlichen dingen.” Do ich sy sach, erschrack ich mit fast demu͗tiger danckbarkeyt, vnd ich legt mich fu͗r die fu͗eß des herrens vnd saget im danck vnd beweinet mich vnwirdig sin, das mir dienen solten solliche fürsten. Der eine was Seraph, ein anzu͗nder gotlicher liebj vnd ein erlüchter
20 angehangen] davor kleiner Fleck oder ein bis zwei Buchstaben, Nachtrag gestr. 21 ist] korr. aus istit, it rot durchgestr. 22 mit1] nnit 29 Darumb] Darou͗nb 37 Jesu͗ Christi] rot unterstrichen | vatters] rot unterstrichen 38 des su͗ns] rot unterstrichen | des2 … geists] rot unterstrichen 45 Seraph] rot unterstrichen | gotlicher] gotliche[r] korr. aus gotlichen
22 | Lux divinitatis – Prolog, 3,39 – 68
illustrator; alter Cherub, donorum conseruator et in amantem animam 40 sapiencie ordinator. Aderant tunc permissione dei bini spiritus maligni de scolis assumpti Luciferi, qui raro egressi acuti erant nimis et terribiles, precipuique ad decipiendum magistri. Quos intuens expaui paululum et | in domino confisa Ed. 439 eos (53rb) gratanter admisi. Quorum unus falsarius et deceptor uestitu angelico pulcherrime amicitur. O, quantas michi in principio pretendit 45 insidias! Venit enim tempore quodam quasi de excelso dicens: “Intuere pulcritudinem meam et adora me.” Et respondi: “In omnibus prosperis et aduersis solus adorandus est deus.” At ille: “O, si uelles saltem” inquit “aspicere quis sum?” Tunc ostendit sub 50 aere quandam fallacem claritatem, que multos seduxit hereticos et dampnauit. Dixitque: “In hoc throno tu sola eris uirgo precelsa, egoque iuuenis pulcherrimus tibi iunctus.” At ego: “Non esset” inquam “sapiens, qui acceptaret deterius, preualens 55 attingere bonum maius.” At ille: “Sancta es et ego humilis. Vnde licet acquiescere nolis; te tamen adorabo meis uotis.” Respondi: “Nil hinc reportabis, si stercus fetidum adorabis.” Ostendit ergo pedes et manus vvlnerum stigmatibus picturatas et ait: “Nunc recognoscis quis sum. Si michi acquieueris, a me ualde sublimaberis, si hoc 60 hominibus reuelaueris, multa bona consequeris.” Propter cautelam autem in futurum et custodiam licet inuita et multo tedio hec inutilia sustinui dicta et blasphemias. Et dixi ad eum: “Tu dicis ‘deus ego sum’. Dic ergo, quis ille sit, qui iam in manibus sacerdotis presens est 65 Filius dei?” Tunc uolentem recedere tenui dicens: “Per omnipotentem dico tibi ut me audias. Scio insidias tuas. Nam si, ut suades, archana cordis panderem, post breuem fauoris auram, illusionibus totis uiribus me repleres. Vnde in 41 Aderant] A vaH ausgeführt, darunter radierter Rubrikationshinweis erkennbar Rb 42 precipuique] p[ri]cipuique Rb, precipuitque Ra 43 Quos] Quo Ra 44 eos … admisi] admisi eos gratanter Ra 45 angelico] angelo Ra | pulcherrime] l mit EZ üdZ Ra | amicitur] amiciebatur Ra 49 adorandus … deus] deus adorandus est Ra 50 O] O korr. aus A Rb, fehlt Ra | inquit aspicere] inspicere Ra 54 preualens] preualeres Rb 57 meis uotis] votis meis Ra 58 Respondi] Et respondi Ra 59 ergo] autem Ra 60 quis] qui Rb | sublimaberis] sublimaueris Ra 61 multa … consequeris] Dittographie Rb 62 licet] mit EZ am rR Ra 64 sacerdotis] danach Punkt radiert Rb 66 omnipotentem] omnipotentem deum Ra 67 cordis] cordis mei Ra
Das liecht der gotheit – Vorrede, 2,46 – 80 | 23
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der zarten seel. Der ander was Cheru͗b, ein behalter der goben vnd ein ordner der wisheyt in die liebhabende seel. Dozu͗mal waren au͗ch by mir vß vorheng|nu͗s gottes zwen boͤ ser geist, genommen von der schu͗l Lu͗cifferj, welche selten waren vßgegangen; sy warent fast scharpff vnd erschrockenlich vnd fürnembst, meister zübetriegen. Do ich sy ansahe, do erschrack ich ein wenig; aber ich hett ein vertruwen in den herren vnd lies sy danckparlich zu͗. Vnder welchen ein falscher vnd betrieger was becleidet hu͗bsch mit engelischem gewant. O, wie grosse heimliche findtschafft hat er mir im anfang vorgestalt! Wan er kam eins mols als von himmel sprechend: “Sich an mine hu͗bschi vnd bett mich an!” Vnd ich antwu͗rt ym: “In allem glu͗ck vnd widerfall sol allein gott Nota angebetten werden.” Sprach er: “O woͤ ltest doch mich ansehen, wer ich bin?” Do erzeigt er vnder dem lu͗fft ein gru͗liche clarheit, welche vil ketzer verfu͗rt hat vnd vordammet; vnd er sprach: “In dissem thron wirst du͗ al|lein sin, ein hoͤ hi jungfraw, vnd vj ich aller schoͤ nster iu͗ngling, dir zu͗gefu͗gt.” Do sprach ich: “Der wer nit wyse, der do annhem das boͤ ser, so er moͤ cht erlangen das besser.” Sprach er: “Du͗ bist heilig, vnd ich bin demu͗tig. Daru͗mb, ob du͗ schon nit woltest zu͗ lon, so wird ich dich anbetten nach miner begirlickeyt.” Ich antwu͗rt ym: “Du͗ wirst nichtz erlangen, so du͗ anbetten wurst das stinckend kaͤ tt.” Daru͗mb zeigt er hend vnd fu͗es gemolet mit den wu͗nden zeichen vnd sprach: “Nu͗n erkennestu͗ wer ich bin. Wurst du͗ mir wilfaren, so wurstu͗ von mir fast erhoͤ cht werden. Wūrst du͗ disse ding offenbaren den menschen, so wirdestu͗ vil gu͗ts erlangen.” Vmb fiersorg vnd behu͗etu͗ng in zuku͗nfft, wiewol mit vnwillen vnd grossen vordru͗s, han ich gelitten solche vnnu͗tzliche wort vnd gotzlesterung, Vnd ich sprach zu͗ ym: “Du͗ spricht von dir ‘Ich bin gott.’ Daru͗mb sag mir: Wer ist der, der ietzt | in den henden gegenwurtig ist des priesters, der su͗n gottes?” Do behielt ich yn, der do wolt hinweg wichen, sprechende: “Ich gebu͗it dir durch den almechtigen, das du͗ mich hoͤ rest. Ich weis din argelist. Wan offenbarte ich die heimlickeit mines hertzen, als du͗ ratest, so wu͗rdest du͗ mich in einer kurtzen zitt gantz vß allen dinen krefften mit gespenst
46 Cheru͗b] rot unterstrichen 52 Vnder] davor wider gestr., vnder rot überschrieben 66 wird] ergänzt nach LD Prol, 3, 57 72 erlangen] erlangem 78 almechtigen] alnnechtigen
24 | Lux divinitatis – Prolog, 3,69 – 96
desperacionem et tristiciam, in infidelitatem et libidinem malam, et postremo in cordis molestiam perpetuam me iactares, si michi sanctitatem, 70 quam non habeo, falso et inaniter usurparem. (53va) O deceptor antique et ypocrita pessime, quousque deus adiuuat me, malicia tua non preualebit in me.” Tunc eiulans ille “heu” inquit “hee sunt incantaciones maleficiorum 75 tuorum; permitte nunc” ait “ut abeam, et ego te deinceps non temptabo.” Alter ad exercicium adiunctus michi Sathanas dissipator pacis et incentor occulte libidinis appellatur. Huic inhibuit deus, ne ad me per se ueniat. Ideoque peruersi spiritus homines aduersum me concitat, ut bene facta mea inuertendo obnubilent, et quantum possunt infamando perturbent. | Inter Ed. 440 bonos quoque, si carnalis forsitan sermo interuenerit persuasione eius 80 memorata, inperturbata non sinor, usque ad hoc tempus talis iniurie consueta. Tempore quodam in principio noctis dum orarem, uenit idem Sathanas in aere insidians ualde actibus terrenorum. In morem inmanis gygantis apparuit curtam habens caudam, nasum curuum, caput grande et horribile; 85 de cuius ore scintille uolitabant ignee, flamma nigerrima superducte, cachinnans fallaciter crudelissima nimis uoce. Interrogaui tunc, cur cachinnaret, quid quereret uel quid ageret. Respondit: “Exulto cum michi te punire non liceat, quod multos angelos lucis similes inuenio, qui pro me crvciant te et uexant.” Et addidit: “Ego 90 spiritualium cubicularius sum, duobus modis ipsos facillime a deo suo segregans: secreta uidelicet turpitudine, et abscondito rancore cum discordia manifesta. Que, vbi sine cordis penitudine fuerint, longeui criminis fundamenta sunt et tocius perdicio sanctitatis.” Et dixi: “Tu cum sis nequam, quomodo hec utilia michi pandere poteris, 95 vnde caucior fiam?”
70 postremo] postrmo korr. aus postrano Rb 71 usurparem] usurparem · O (O gestr.) Rb | antique] inique et antique Ra 75 ait] fehlt Ra 76 Alter] Majuskel nicht ausgeführt Rb 78 peruersi] si mi EZ üdZ Ra 80 forsitan] mit EZ am rR Ra 81 inperturbata] mit EZ am rR Ra 83 principio] auf Rasur geschrieben Rb 84 inmanis] in=¦manis, in auf Rasur geschrieben Rb 85 apparuit] in Fortführung der Zeile am rR Ra | curtam] tricatam Ra 88 quereret] q[ui]reret Rb | uel] aut Ra 89 te punire] punire te Ra | angelos] angel[is] Rb 90 crvciant te] te cruciant Ra 91 spiritualium cubicularius] cubicularius spiritualium, r von cubicularius mit EZ üdZ Ra 92 uidelicet] scilicet, mit EZ am lR Ra 93 penitudine] plenitudine, l unterpungiert Rb 95 nequam] nequam sis, sis unterpungiert Rb
Das liecht der gotheit – Vorrede, 2,81 – 112 | 25
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erfüllen. Von des wegen du͗ vnderstu͗ndest, mich zu͗werffen in ein Nota vorzwyfelung vnd trurigkeyt, in vnglou͗ben vnd in boͤ ße begird, vnd zu͗m letsten in einen ewigen kommer des hertzens, wo ich die heiligkeyt, die ich nit han, mir falschlich vnd vnnu͗tzlich zu͗legen wu͗rde. O alter betrieger, o aller boester glißner, als lang mir got hilfft, so wirt din boßheyt nichtz vermogen widermich.” Do hÿlet er sprechende: “Hey, das sint die beschwerung diner zau͗berij; loß mir nu͗n zu͗ das ich hinweg gang, vnd | ich wirt dich fürbas nit mer vij vorsuchen.” Der ander Sathanas, der mir zu͗geordnet was zu͗ der vbu͗ng, wirt genent ein zerstorer des fridens vnd ein anzünder der heimlichen vnlütterheyt. Dissem verbott gott, das er du͗rch sich selbs zu͗ mir nit kem. Darumb erwecket er menschen eins verkerten geistes wider mich, vff das sy mine güte werck mit forkoͤ ren vorfinstertet, vnd, so vil sy moͤ chten, mit schelten betru͗bten. Vnd wo vnder den gu͗tten vß sinem vorgesprochen ratt ein fleischlich rede sich embu͗it, so blib ich nit vnbetru͗bt; sollicher schmach bin ich gewon bis zu͗ disser zytt. Eins mals, am anfang der nacht, do ich bettet, kam der selbig Sathanas im lu͗fft, der do fast neydet den wercken der Irdischen. Er erschin in gestalt eins grossen risens vnd hett ein ku͗rtzen schwantz, ein kru͗mme nasen, ein groͤ s vnd erschrockenlichs hau͗bt, vß welches mu͗ndt flogend fu͗rinne fu͗ncken, vberzogen mit schwartzen flammen, vnd lachet fast mit grisenlicher stim. Do frogt ich yn, worumb er lachet, was er su͗chet, oder | was er wircket. Antwort er: “Ich erfrow mich des, so mir nit zimpt, dich zu͗ pinigen, das ich vil findt glich den engeln des lichts, welche dürch mich dich pinigen vnd vmbtribent.” Vnd sprach darzu͗: “Ich bin der kemerling aller geistlichen, vnd in zwen weg tren ich sy lichtlich von irem gott: das ist mit heimlicher schamparkeyt, vnd mit vorborgnem zanck vnd mit offenlicher vneinigkeyt, welchi ding, wo sy sint on rw des hertzens, so sint sy ein filment der langwerenden su͗nden vnd ein ferliru͗ng der gantzen heiligkeyt.” Vnd ich sprach: “So du͗ ein schalck bist, wie magstu͗ mir solche nu͗tze ding offenbaren, do heer ich fu͗rsichtiger werd?”
83 ewigen] ewigem 91 zerstorer] zerstorer[(e)r]
26 | Lux divinitatis – Prolog, 3,97 – 4,25
Respondit demon: “Quantumcumque uersucias meas exerceam, diuina tamen manus sic me choartat, quod nil preualeo, nisi quod relaxat.” [4.] De castigacione et afflictione corporali quam femina sancta attribuit corpus suum Ego infelix et misera sic erraueram in puericia, quod decennij purgatorij puniri merui pena, si non hoc perfecta confessio diluisset. Abrenuncians autem seculo uidi carnem meam armatam aduersus animam meam ex habundancia temporali et fortitudine naturali. Quod si mortem eternam uolui euadere, oportuit tanquam hostem domesticum expugnare. Assumpsi ergo armaturam anime mee, que me protexit in omnibus, passionem domini nostri | Ihesu Christi, stetique constanter in timore dei magno subiciens corpus meum in iuuentute plagis pungilibus uidelicet, gemitibus, fletibus, confessionibus, (53vb) ieiuniis, uigilijs, uirgarum plagis, oracionibus assiduis. Hec sunt arma anime mee, quibus uici corpus meum. Nam infra viginti annos nunquam fuit hora, in qua requiem haberet caro mea lassata principaliter per penitenciam et dolorem, per desiderium sanctumque laborem necnon per multiplicem nature debilitatem et languorem. Accessit ad hec fortis amor, qui me per hec mirabilia, que apud me retinere non licuit, et me totis uiribus spoliauit.
FL IV, 2, 99–134 (234,32–238,3)
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Ed. 441 10
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In simplicitate ergo mea contristata uehementer dixi deo meo: “Eya pie deus, quid in me respexisti? Tu scis, quia fatua et peccatrix ego sum infirma corpore et spiritu. Hec tam sublimia sanctis forent et perfectis reuelanda, 20 per quos tui nominis possit potencia ampliari.” Tunc iratus dominus ualde dixit: “Responde michi iudicium! Numquid non mea es?” Et dixi: “Hoc opto domine.” 25 Et dominus: “Non licet” inquit “michi de te facere quod uolo?”
Kap. 4: auch Ra 97 exerceam] ex¦eram Rb 98 quod2] quo Rb 4,1 corporali … suum] quam hec sancta virgo attriuit corpus suum Capitulum 3m Ra | femina] fe[m]ia Rb, Entsprechung fehlt Ra 3 – 12 Ego … assiduis] am Rand senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 3 puericia] iuuentute mea Ra 5 ex] et Rb 6 Quod] Que Rb 7 uolui euadere] euadere volui Ra 8 domini] videlicet domini Ra 10 pungilibus] pugilibus Rb 13 hora] fehlt Ra 14 per2] fehlt Ra 17 et me] eciam Ra 18 In] De timore quem habuit pro scriptura huius libri et de consolacione ipsius capitulum 4m ¦ In Ra 20 Hec tam] hec Ra 20 – 37 Hec … intellectu] am lR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 20 sublimia] zweites i mit roten EZ üdZ Rb 21 possit potencia] potencia posset Ra 25 inquit michi] michi inquit mit VZ Ra | de … facere] facere de te Ra
Das liecht der gotheit – Vorrede, 2,113 – 3,27 | 27
Antwu͗rt der tu͗fel: “Wie fast ich offenbar min arglistigkeyt, so zwingt mich doch also die gotlich hand, das ich nichtzs meher vormag, dan sy mir 115 nachlasset.”
5
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[VIIIv]
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[3.] Von der leipliche pinigung, mit welcher disse selige frow iren leip straffet | Ich vnselige vnd arme hett also geirret in miner kintheit, das ich vor schult viij het, gepiniget zewerden x jar im fegfeu͗r, wo dasselbig nit abgewaschen hett die volkomne bichte. Aber, do ich abesagte der welt, sahe ich, das min fleisch gewapnet was wider min seel mit zitlichem vberflüß vnd mit natu͗rlicher stercki, welche ich mu͗st als einen hwßfind vertreiben, wolt ich dem ewigen tod entpflien. Darumb nam ich die bewapnüng miner selen, welche mich beschirmt hatt in allen dingen, das liden vnsers herren Jesu Christi, vnd ich stu͗nd bestendig in grosser forcht gottes vnd vnderwarff minen leip in der iügent den fu͗stschlegen, nemlich dem ersuffzen, dem weinen, bichten, fasten, wachen, den ru͗ttenstreichen vnd stetem betten. Nota von wappen Das sint die wappen der sell, mit welchen ich vberwant minen leip. Wan der Seel vnder xx jaren was nie kein stu͗nd, in welcher min fleisch rw hett. Es wart fürnemlich mied gemacht du͗rch bws vnd schmertzen, durch be|gird vnd heilige arbeit, au͗ch durch manigfaltige bloͤ digkeit vnd krancheit der natu͗r. Darzu͗ kam die starcke libin, welche mich dürch disse wünder, dy mir nit zimten, by mir zuhalten, vnd mich aller krefften berou͗bet. Darumb wart ich fast betrubt in miner einfaltigkeyt vnd sprach zu͗ minem herren: “Eya, gutiger gott, was hastu͗ in mir angesehen? Du͗ weist, das ich bin ein nerrin vnd ein sunderin, kranck an lib vnd seel. Solche hohi dinck weren zu͗ offenbaren den heiligen vnd volkomnen, durch welchi der gewalt dines namens mag wyt vßgebreit werden.” Do wart fast zornig der herr vnd sprach: “Antwu͗rte mir ein vrteil: Bist du͗ nit min?” Vnd ich sprich: “Herr, das beger ich.” Vnd der herr sprach: “Zimpt es mir nit, mit dir zuhandeln wie ich wil?”
3,3 kintheit] davor kranckheit rot durchgestr. 9 Jesu Christi] rot unterstrichen 24 herr] her
28 | Lux divinitatis – Prolog, 4,26 – 5,13
Et aio: “Operare domine, eciam si ad nichilum redigar.” Tunc iterum dixit dominus: “In hijs uoluntatem meam sequeris et confidens et fidelis eris. Diu infirmaberis, egoque te procurabo et omnia corpori tuo et spiritui necessaria ministrabo.” Sic instructa abij misera tremens in humili verecundia ad confessorem 30 meum narrans ei hec omnia per eum desiderans consolari et utiliter erudiri. Qui dixit michi, quod confidenter procederem. Dominus enim, qui me traxerat, ipse et in omnibus me custodiret. Iussitque me, vnde frequenter erubesco, quia mea magna indignitas ante oculos meos est in hec, quod uili uermiculo imperauit, ex corde et ore diuino conscribere librum istum. 35
Per hanc uiam in caritate prodijt ex deo liber iste nec humano sensv editus est uel intellectu. Ed. 442 | [5.] De sanctis per quos illustratur liber iste Dominus locutus est michi pollicens, quod hunc librum quinque FL III, 20 luminaribus illustraret. 1 Moysi singularis familiaritas grandisque sanctitas; immerita despectio, quam sine culpa pertulit; gloriosa prodigia, quibus effulsit; dulcis doctrina, 5 quam effudit; amabilis et electa collacio, qua cum altissimo resplenduit; elucidant librum istum. Dabitque et uult, ut per omnes hostium meorum falsas insidias sua protectione sine culpabili uerecundia pertranseam, sicut Moyses cum populo dei pertransijt mare rubrum.
Dauid rex et psalmista egregius secundum huius libri iubar. Sua docet 10 cithara, plangit, orat, dominumque collaudat. 3 Salomonis uerba lucent, opera non; refulgent in canticis sponse dicta amabilia, sponsique eloquia dulciter casta. 2
Kap. 5: auch Ra 159r und 104v (hier Z. 19–30) sowie Br (in Anlehnung an Z. 29f.) 28 procurabo] curabo Ra | et3 … necessaria] necessaria et spiritui Ra 31 per eum] per ordinem per eum Ra | erudiri] consolari erudiri, consolari gestr. Ra 33 et … me] eciam me in omnibus Ra | vnde] quod ut Ra 34 hec] hoc Ra 35 diuino conscribere] conscribere diuino Ra 5,1 liber iste] iste liber, iste üdZ Ra | iste] korr. aus isto Rb 34 uili uermiculo] vgl. II Sm 23,8 (dazu Neumann 1993, S. 66, Anm. zu FL IV, 2, 132) 5,12 in canticis] in FL III, 20, 16f. (206,1f.) folgt die wörtliche Wiedergabe von Ct 4,7
Das liecht der gotheit – Vorrede, 3,28 – 4,14 | 29
Vnd ich sprach: “Her, schaff mit mir, wie du͗ wilt, ob du͗ mich schon zu͗ nichten machest!” 30 Do sprach widervmb der herr: “In disen dingen wirstu͗ volgen minem willen vnd wirdest ein fertru͗wen han vnd trw sin. Du͗ wirst lang kranck werden, vnd wu͗rt dich vorsorgen vnd dir reïchen alles, das so nott wirt sein deinem lip vnd geist.” Also vnderwisen, ging ich | arme mit zittern vnd in demu͗tiger scham zu͗ ix 35 minem bichtvatter, vnd sagt ym alle dise ding, vnd begert von ym getrost werden vnd nu͗tzlich vnderwisen werden. Welcher sagt mir, vnd ich solt kecklich fu͗rgon. Wan der herr, der mich gezogen hett, wurd mich in allen dingen behu͗eten; vnd hies mich, vß gotlichem hertzen vnnd mu͗nd dises bu͗ch zesemen schriben. Do haͤ r ich doch mich fast bescheem, wan min 40 grossi vnwu͗rdigkeyt ist vor minen ou͗gen, vnd das er mir schnoͤ den wu͗rmlin sollichs gebott. Durch solchen weg in der liebin ist von gott herfu͗r gegangen dises bu͗ch, vnd ist nit gemacht vß menschlichem sin oder vorstantnu͗s. [4.] Von den heiligen, durch welchi dis buch gebrist wurt Der herr hat geredet zu͗ mir vnd vorheissen, das er wolt erleu͗chten dises bu͗ch mit fu͗nff liechtern. Die su͗nderliche fru͗ntschafft Moysi vnd sin grossi heiligkeyt vnd sin 5 vnbeschu͗lte ferachtu͗ng, die er on schu͗lt erlitt; die eerliche wünderwerck, [IXv] die siesse leer, die er vßgoeß; die liblich vnd vserwelte ansprechu͗ng | mit dem allerhoͤ chsten; erklerent dises bu͗ch. Vnd er wirt ym geben vnd er wil, das ich du͗rch alle falsche argelistigkeyt miner finde on scheltliche schamroͤ ti vß siner beschirmung du͗rchgang als Moyses mit dem volck 10 gottes durging das roͤ tt meer. Der ku͗nig Dau͗id, ein erlich psalmist, nach dem glantz dises bu͗chs leret vff siner harpffen vnd beweinet, bitt den herren vnd lobet yn. Die wort Salomonis lu͗chtend, aber die werck erschinen nit; in dem gesang der gespons lieblich spru͗ch vnd sŭsse keu͗sche wort des gesponsen.
35 bichtvatter] t von bicht im Wort nachgetragen 4,6 ansprechu͗ng] ansp=¦=rechu͗[n]g; =rechu͗[n]g udZ am uR 10 meer] nneer 11 Der] davor nach rot durchgestr.
30 | Lux divinitatis – Prolog, 5,14 – 6,10
4 Ieremias (54ra) quoque hic effulget, loquens de matre uirgine uirum
circumdante. Erat enim purissimus castitate, altissimus caritate, martyr in 15 Christi fide. 5 Adest eciam Daniel preclara fulgens sapiencia, quem dominus inter hostes corporis et spiritus cibo pauit. Ita me indignam pascit deus ideoque hostes multipliciter me affligunt. In hac huius libri dignitate nichil scio neque FL IV, 13 possum scribere nisi intellectualibus oculis perspexerim et auribus 20 insonuerit cordi meo, et nisi uirtutem Sancti Spiritus presenserim in uniuersis corporis mei membris. Omnia etenim dei dona, que in hoc uolumine continentur scripta, tribus uijs in meam noticiam peruenerunt. Primo quidem per delicatam suauitatem, postea per excelsam familiaritatem, nunc autem per penarum grauium acerbitatem, in qua desiderabilius manere eligo quam in precedentibus; licet enim in seipsis bone et pretiose existant, tamen in hac uita rare sunt, quique eas ueraciter | agnoscunt, nequaquam de eis eloqui permittuntur. Voluptatem eciam precipue pertimesco pro eo, quod Christus tam multas acutas penas et tribulaciones pertulit in hoc mundo.
‖ LD VI, 24; FL VI, 20, 4–11 (476,4–12)
Ed. 443 30
[6.] De continencia huius libri triplici et humiliacione et recusacione FL II, 26 huius operis – Secunda parte xvi Timorem et turbacionem humana ammonicio cordi meo intulit de hoc libro, quem nisi caute custodirem, ignis incendio cremaretur. Mox secundum consuetudinem meam ad oracionem confugi. Nam quando conturbor, orare 5 me oportet. Et inclinata ad dominum dixi: “Turbata sum pro te domine, nisi consoleris me. Seduxisti me, nam scribere me iussisti.” Mox apparens deus anime mee tristi, tenens hunc librum in dextera sua dixit: “Non turberis usquequaque. Veritas namque nec exuri poterit 10
Kap. 6: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangaben in Z. 19, 23, 31, 39 19 me affligunt] affligunt me Ra | huius] ergo huiusmodi Ra 104v 20 scribere] mit EZ am lR Ra 104v perspexerim] prospexerim Ra 104v 23 Omnia] Omnia [et], [et] gestr. Rb | Omnia … scripta] am lR MZ Rb 24 per] fehlt Ra 104v 25 nunc] In qua ¦ desiderabilius manere eligo Nunc, In bis eligo gestr. Ra 104v 28 rare] tam rare Ra 104v | quique eas] quod qui eas eciam Ra 104v 29 pro eo] propterea Br Christus] christus dominus et saluator noster Br 30 pertulit … mundo] in hoc mundo pertulit Ra 159r, in hoc mundo pro nobis pertulit Br | hoc] hec Rb 6,1 triplici] fehlt Ra 2 Secunda … xvi] caput Ra 7 – 11 Turbata … consumi] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 9 mee] fehlt Ra | tristi] triste Ra 14 loquens … circumdante] vgl. Ier 31,22
Das liecht der gotheit – Vorrede, 4,15 – 5,11 | 31
Jeremias scheint ou͗ch do hÿe, der do redet von der mu͗tter jungfraw, die ein man vmbgab. Wan er was der pu͗rest in der kwschheit, der hochst in der liebin, ein marterer in dem globen Christi. Hie ist ou͗ch Daniel. Der schint mit fast clarer wyßheyt. Welchen der herr vnder den finden siner seel vnd leibs spiset. Also mich vnwurdige spiset 20 gott, darumb min findt pinigent mich in vil weg. In diser wu͗rdigkeyt disses buch weis ich vnd mag nichts schreiben, ich hab es dan du͗rchsehen mit den vorstentlichen ou͗gen, vnd es hab dan eingedoͤ net den ou͗gen mines hertzens, vnd ich hab dan voran entpfu͗nden die gnod des heiligen | geistes x in allen minen gelidern mines leibs. 25 Wan alle gots gaben, so in disem bu͗ch beschriben sint, mit trÿen wegen sint kommen in min erkantnu͗s. Zum ersten durch ein wolustige sussigkeyt, darnach du͗rch ein hohi fru͗ntschafft, aber nu͗n durch bitterkeyt schwerer pinen, in welcher ich begirlicher vßerwel zu͗ bliben, dan in den vorigen; wan wiewol sy in yn selber gu͗tt vnd lustig seyent, so sint sy doch seltzam in 30 disem leben; vnnd welchi sy warlich erkennent, den wirt in keinen weg nachgelassen von ynen zu͗reden. Ich erschrick au͗ch fu͗rnemlich von der wu͗lu͗st, darumb das Christu͗s so vil scharpffer pin vnd tru͗bnu͗s erlitten hatt in diser welt. 15
[5.] Von trierlei begriff dises buch, vnd von der demutigung vnd beschirmung dises wercks Die menschlich warnung hat forcht vnd betru͗bnu͗s minem hertzen ingebracht von disem bu͗ch: wo ich es nit sicher behielt, so wu͗rd es mit dem 5 fewr vorbrennet werden. Vnd baldt, nach miner gewonheit, floch ich zum gebett, wan so ich betru͗bt bin, so mu͗ß ich betten. Vnd ich neigt mich zu dem herren vnd sprach: “Herr, ich bin vmb dich [Xv] betru͗bt; wirdestu͗ | mich nit troͤ sten, so hastu͗ mich vorfu͗rt, wan du͗ hast mich heissen schreiben.” 10 Glich erschin gott der betrubten seel vnd hett in siner gerechten hand dises bu͗ch vnd sprach: “Du͗ solt nit betru͗bt sin. Wan die warheit mag nit Verba christi hec sunt
23 voran] vo wg. Fleck in Rw nicht lesbar 32 Christu͗s] rot unterstrichen
32 | Lux divinitatis – Prolog, 6,11 – 40
aliquatenus nec consumi. Quicumque hunc librum de manu mea conabitur rapere me forcior debet esse. Liber hic triplex est significatque me solum. Membrana hic ambiens designat meam mundam, pulchram iustamque humanitatem, que pro te diram pertulit mortem. Verba inscripta notant mirabilem deitatem, que uerba fluunt de die in diem in te ex ore meo. Vox 15 uerborum declarat uiuificantem Spiritum meum perficientem in seipso omnem ueritatem. Aspice nunc in omnia uerba ista, quam gloriose occulta sapiencie mee promunt, et noli diffidere in te ipsa.”
Et dixi: “O domine, si ualens et docta forem persona, laus tue maiestatis excresceret. Nunc autem, quis credet, quod in luto auream domum 20 extruxeris, vbi quiescas cum matre tua omnique celesti familia ac uniuersa creatura. Hic terrena sapiencia non inuenit te domine.” Et respondit: “Multi sapientes preciosum (54rb) aurum ex negligencia Nota perdunt, vnde promoueri poterant; quod necesse est aliquem inuenire. Ego semper in donis spiritualibus collocandis infimos mini|mos, familiarissimos requisiui. Altitudo terrestris appariciones meas non capit, Spiritus enim meus Sanctus fluens humiles ualles querit. Multi in scripturis approbati in conspectu meo sunt fatui reputati, et hec est gloria mea apud ipsos. Fidemque confirmat catholicam, quod indoctum os Spiritu meo plenum linguam edocet eruditam.” Et dixi ad dominum: “O domine, cum gemitu, cum desiderio peto pro scriptoribus, qui hunc librum post me conscripserint, ut graciam tuam eis in mercede conferas, qualem ad huc alius non accepit. In infinitum namque excedit donacio tua ualentem eam accipere.” Et respondit dominus: “Aureis hec conscripsere litteris; ideo cuncta uerba in meo regno eorum amictum super omnem gloriam eorum ascripta perpetuo decorabunt.” Dum hec dominus loqueretur, uidi honorabilem ueritatem in eternitatis presencia. Et dixi: “O domine, conserua librum istum a falsitatis obseruacione, que ab inferis orta non de celis uenit; in corde Luciferi
Ed. 444
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12 solum] stilum Rb Ra, korr. nach FL II, 26, 11 (136,15) 14 diram] diram oder duram Ra 20 Nunc … extruxeris] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb | credet] crederet Ra 21 extruxeris] extrueris Ra 22 Hic] Hec Ra 24 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 24 – 30 Ego … eruditam] am rR senkrechter Markierungsstrich Rb 25 familiarissimos] erstes s ist ein rundes s (d.h. zunächst nur familiaris beabsichtigt) Rb 26 – 30 Altitudo … eruditam] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 31 – 39 cum1 … domine] fehlt (wohl wegen Homoöteleuton) Ra 33 In … accipere] am rR MZ Rb 36 ascripta] asscripta Rb 40 in] am lR Rest einer Zeigehand Ra 17 occulta … mee] vgl. Ps 50,8
Das liecht der gotheit – Vorrede, 5,12 – 44 | 33
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[XIv]
vorbrennet werden au͗ch in keinen weg vorseret werden. Welcher sich vnderstott, dises bu͗ch von minen henden rou͗ben, der mu͗ß stercker sin dan ich. Dis bu͗ch ist tryfaltig vnd bedu͗tet mich. Das perment, mit dem es vmbgeben ist, antzeigt min reyne schoͤ ni vnd gerechte menscheyt, welche vmb dich erlitten hatt den schweren toͤ dt. Die ingeschribne wort geben zu͗erkennen min wünderbarliche gottheyt, vß welcher von tag zu͗ tag in dich flissent myne wort vß minem mu͗nd. Die stim der wort erkleret mynenn lebmachenden geist, der do in ym selb volkommen macht alle warheit. Nu͗n sich an alle dise wort, wie eerlich sy erkleren die heimlickeyt myner wyßheyt, vnd solt in dir selber nit mistru͗wen.” Vnd ich sprach: “O herr, wer ich ein mechtige vnd gelerte person, so miest vffwachssen das lobb diner maiestat. Aber wer wu͗rt nu͗n glou͗ben, das du͗ din guldin hws gebu͗wen hast in das koͤ tt, do du͗ ru͗west mit diner mu͗tter | vnd mit allem himlischen heer vnd mit aller creatu͗r. Hie findt dich nit die xj irdische wisheit ê.” Vnd er antwu͗rt: “Vil vorliren das kestlich gold vß vorsu͗mu͗ng, do haͤ r sy moͤ chten gefu͗rderet werden; welches vß noͤ t etwar findet. Ich hab alweg in der gebu͗ng sonderlicher gaben ersucht die nidersten, minsten, Innerlichsten. Die irdische hoͤ hin entpfacht nit min erschinu͗ng, wan min heiliger flissender geist su͗cht diemu͗tige taͤ ler. Vil, die do bewert sint in den geschrifften, sint narren vor meinem angesicht geachtet, vnd min eer ist by ynen. Vnd das bestetiget den christenglou͗ben, das ein vngelerter mu͗nd, voll mit mynem geist, leret ein gelerte zu͗ngen.” Vnd ich sprach zum herren: “O herr, mit su͗ffzen, mit begirden bit ich fu͗r die, so schriben werden nach mir dises bu͗ch, das du͗ inen fu͗r einen loͤ n din genade gebest, der gliche kein ander empfangen hatt. Wan din begabu͗ng vbertrifft vnentlich den, so sy empfaen will.” Vnd der herr antwu͗rt: “Sy hand dise ding beschriben mit gu͗ldinen bu͗chstaben Darumb in mynem rich werdent ewiglich zieren yre kleidu͗ng alle angeschribene wort vber alle yr glori.” Do der herr solchs redet, do sahe ich die erwu͗rdige warheit in dem bywesen der ewigkeyt vnd ich sprach: | “O herr, behu͗et disses bu͗ch vor der vffmerckung der falscheit, welchi kommet von der hell, nit vom himmel;
5,27 antwu͗rt] antwu͗r | kestlich] oder kostlich? 32 vor … angesicht] am rR
34 | Lux divinitatis – Prolog, 6,41 – 7,16
concepta, in spiritus superbia nata, in odio educata, creuit in inmani iracundia, adeo ut nullam uirtutem sibi estimet coequari.” Oportet ergo filios dei abici et in despectionem calcari, ut possint in altissimis cum Ihesu gloriari. Nos ipsos semper obseruare studeamus in gracia, ne qua nobis adhereat corruptela. Obseruemus et pie proximum, ut 45 sequamur bona, que approbamus, et mala, que displicent, humiliter caueamus.
[7.] De nomine et perpetuitate huius libri Deuote suscipiendus est liber iste, de quo sic loquitur deus: “Hunc librum omnibus religiosis, qui columpne sunt ecclesie, tanquam nuncium et legatum dirigo. Nam cum columpne nutant et corruunt, non ualet subsistere supereminens hijs structura. Solum me notificat hec scriptura, | proditque secreta mea abdita et obscura.” Et dixi: “Eya domine deus, quis edidit librum istum?” Et respondit dominus: “Ego ipsum in mea omnipotencia edidi, que me in meis donis non preualeo continere.” Et dixi: “Eya domine, quod erit huius libelli uocabulum ad laudem tuam?” Et dixit dominus: “‘Lux diuinitatis fluens semper in corda ueritatis’ appellabitur liber iste. In hoc libro omnes desolati, turbati consolacionem inuenient. Vniuersi qui alienam admittent consolacionem hijs dictis amplius turbabuntur. Et erit liber iste in perpetuum inconcussus” dicit dominus “quia uniuersorum acceptacio gratum et dilectio firmum eiusque perfectio stabilem constituent, ut nulla contradictio ua(54va)leat obuiare.”
FL Prooemium
Ed. 445
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Kap. 7: auch Ra 106v–107r und 159r (hier nur Z. 2), CTV (Anspielung auf Z. 2f.) und LobG (Anspielung auf Z. 2f.) — ohne Entsprechung in FL: Z. 12–16 (In – obuiare) und Sprecherangaben in Z. 7–11 41 in2 … educata] am lR Rest einer Verweishand Ra 42 iracundia] iracundiam Ra 43 despectionem] despeccione Ra 44 altissimis] korr. aus altissimi, Schluss-s üdZ vaH (?) Rb | Nos] Igitur nos Ra 46 bona] et bona Ra | que2] fehlt Ra 7,2 Deuote] Deuote igitur Ra 106v | deus] folgt vt supra notata, danach Abbruch Ra 159r 2 – 13 Hunc … inuenient] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 8 mea omnipotencia] omnipotencia mea Ra | que] quo Rb | me] fehlt Ra 10 huius libelli] illius libri Ra 12 In hoc] In hoc enim Ra | turbati] turbatique Ra 13 inuenient] inueniunt Ra | Vniuersi] vniuersi quoque Ra | dictis] dictis desolati Rb 15 firmum] firmumque, que gestr. Ra
Das liecht der gotheit – Vorrede, 5,45 – 6,19 | 35
45 empfangen in dem hertz Lu͗ciferj, geborn in der hoffart des geistes, ertzogen
in dem haß in grimmer zornmu͗tigkeyt, also das sy vormeint, yr soll kein tugent glich geachtet werden.” Darumb, so miessent die kinder gottes verworffen werden vnd in vorachtung getretten werden, vff das sy mogent in der hoͤ hi mit Christo 50 glorificirt werden. Wir sollen alweg vns selber flissiglich behalten in der ¶ genod, vnd das vns kein zerstoͤ rlickeyt anhang. Wir sollen au͗ch gutiglich ein vffmercken han vff vnsern nehesten, vff das wir nachvolgen den gu͗ten dingen, die wir beweren, vnd die vbel, so vns mißfallent, demu͗tiglich mident. [6.] Von dem namen vnd von der ewigkeit dises buchs Dis buch ist anzunemmen andechtiglich, von welchem got also spricht: “Dises Bu͗ch schick ich als einen boten, als ein legaten allen geistlichen, welche sint seu͗l der kirche. Wan so die su͗il wacklent vnd fallent, so mag nit 5 bestendig bliben das darvff gestelt zimmer. Dise geschrifft offenbart mich allein vnd bringt an tag min vorborgene vnd beschlossene heim|lickeyt.” xij Vnd ich sprach: “Eya herr gott, wer hatt gemacht dises bu͗ch?” Vnd der herr sprach “Ich hon es gemacht in miner almechtigkeyt, welcher ich mich nit enthalten kan in minen gaben.” 10 Vnd ich sprach: “Was namen wird aber dises bu͗ch haben zu͗ dinem lob?” Vnd der herr sprach: “Dis buch wirt genent werden ‘Das licht der gotheitt, das do alwegen flu͗ist in die hertzen der warheit’. In disem buch werden alle betru͗bten vnd trostlosen trost finden. Vnd alle dye, die einen fromden trost zu͗lassen, werden meer trostloß vß disen spruchen. Vnd dis bu͗ch wirt sin 15 ewiglich vnbeweglich” spricht der herr, “wan aller annemu͗ng vnd liebin vnd volkommenheyt werden es machen angenem fest vnd bestendig, das ym kein widersprecher mag entgegen gan.” Also enndet sich die vorrede in dises bŭch. Laus astripotentj!
6,4 die] davor ein kleiner Buchstabe (i?) rot durchgestr. 9 gaben] dritter Bogen des m rot durchgestr. 10 wird] wir 11 Dis … gotheitt] rot unterstrichen 13 betru͗bten] betru͗bte
De octo laudat [1.] Incipit liber primus, in quo de omnium principio et hominis anima dilectum creacione et eiusdem redempcione mirabiliter et misericorditer facta
Ed. 447; FL V, 20
tractatur – Quinta parte xx O summa et ineffabilis diuinitas, melliflui roris distillacio! O delicate flos virginis, matris exultacio! O fertilis vernantis pulcherrimique floris 5 fructificacio! O sacrosancta eterni Patris acceptissima oblacio! O fidelis et copiosissima tocius uniuersitatis redempcio! Tu es, domine, anime mee dulcissima refeccio, et in te latet mee ariditatis refloricio. Tu es michi modicus tue dignacionis paruitate, et ego tibi grandis miseriarum mearum innumerabili prauitate. Offero oculis tue maiestatis cottidie meam, qua 10 plena sum, iniquitatem. Tu superfunde propicius tuam, qua exuberas dulcifluam caritatem, ut in tua laude inchoata secundum tuum placitum proficiamus et tue eternitatis gloriam consequamur.
[2.] De iubilo et concentu summe trinitatis – Quinta parte xxiiij Principium et princeps omnium, deus Pater et Filius et Spiritus Sanctus, sibi ipse sufficiens et nullius indigens, in seipso delicijs affluens et redundans delectabatur, antequam quicquam faceret, cui sue dulcedinis 5 habundanciam comunicaret, qua feliciter frueretur. | Audi nunc sanctam trinitatem gloriantem in sua increata sapiencia, Ed. 448; infinita clemencia, eterna ueritate et interminabili eternitate. Audi nunc FL V, 26 dulcissimum, iocundissimum trinitatis iubilum, qua in seipsa concinit plena uoce, de qua eciam uniuersa suauitas sacrorum insonuit eloquiorum.
Descriptio, quod est deus Pater
Intonat itaque auctor omnium deus Pater: “Ego sum fons effluens, cuius 10 nunquam emanacio obturatur. Infelix tamen homo culpas suas obicit, ne sine labore laborans inquieta diuinitas influat et fecundet.”
Kap. 1: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 12f. (ut – consequamur) Entsprechung in FL: Z. 2–5 (Principium – frueretur)
Kap. 2: auch Ra — ohne
1,1 De … dilectum] vaH in Entsprechung zur Überschrift von FL V, 20 Rb, fehlt Ra 1 – 3 Incipit … xx] De inuocacione diuini auxilij super perfeccionem operis caput 7m Ra 4 – 13 O1 … consequamur] am lR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 2,1 Quinta … xxiiij] Capitulum 8m Ra 2 – 21 Principium … integritas] am lR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 8 dulcissimum] dulcissimum altissimum Ra | qua] quo Ra 9 qua] quo Ra 10 Intonat itaque] Intonaque (que durchgestr.) namque Ra | Descriptio … Pater] vaH Rb, fehlt Ra | fons] vaH (?) Rb, fehlt Ra 12 influat] influet Ra 1,4 roris distillacio] vgl. Gn 27,28; Ps 67,9
5
10 [XIIIv]
15
[1.] Hie fahet an das erst buch der offenbarung der heilige Mechtildis, xiij in welchem wurt gesagt von dem anfang aller ding, von des mensches erlosung vnnd schoͤ pffüng - das erst capittel O hochste vnd vnvßsprechliche gotheyt, ein tropffgiessüng des honigflissenden towes! O lüstige blüm der jungfrow, mu͗tter frolocku͗nge! O geberende fru͗chtbringu͗ng der gru͗nenden vnd schonsten rosen! O allerheiligstes, des ewigen vatters allerangenemstes opffer! O trüwe vnd vberflu͗ssige, der gantzen welt erlosu͗ng! O herr, du͗ bist miner seel allersüssiste spisu͗ng, vnd in dir leit vorborgen die widergru͗nu͗ng miner dryheit. Du͗ bist mir leicht vmb lichtigkeyt deiner begnadu͗ng, vnd ich bin dir lestig vmb vnzal|berliche schwere meiner sinden. Ich vffopffer taͤ glich den ougen diner maiestat mich, der ich vol bin der boßheyt. Vbergu͗is du͗ dine, der du͗ vol bist, siesfliessende liebi, das wir in dinem angefangenem lob nach dinem willen zu͗nemmen vnd glori deiner ewigkeyt erlangend. Amen
[2.] Von dem iubel gesang vnd mitsingen der heiligen tryfaltigkeitt ʾᵉn vnd heiliger geist, ym selbs Der anfang vnd furst aller ding, gott vatter, su gnu͗gsam vnd keines dorfftig, in ym selber in frou͗den zu͗fliessig vnd vßgiessig, was in grosser lüstbarkeyt, ee dan eer etwas erschu͗ff, dem er 5 mitdeilt die vberflussigkeyt seiner su͗issi, welche das selb solt seliglich niessen. Hoͤ r nu͗n die heilige tryfaltikeyt eerlichen glorieren in siner vnerschaffner wyßheyt, in siner vnentlichen gu͗tigkeyt, in seiner ewigen worheit, in siner vnvffhoͤ render ewigkeytt. | Hoͤ r nu͗n das allersussiste, allerhohist, aller xiiij 10 frolichest jubel gesang der heiligsten trÿeinigkeyt, als sy in ir selbs singt mit vollerstim, von welcher auch die gantzi sussigkeyt der heiligen schrifft lu͗tet. Also thu͗t singen der schoͤ pffer aller dinge, Gott der vatter: “Ich bin der ¶ vßflissende bru͗n, welches vßfliessen niemant mag vorstellen. Doch der 15 vnselig mensch der widerwu͗rfft sine schu͗lt, das die, die do on arbeit schafft, die stilrierige gotheit nit syg infliessen vnd fru͗chtgeberen.”
1,10 dryheit] dry mit Bleistift unterstrichen, MZ am rR 11 schwere] schwe¦re steht am lR 2,2 Der] DDer, erstes D rot geschrieben 7 siner] mit Bleistift unterstrichen, MZ am lR 13 Gott … vatter] rot unterstrichen 15 das … fru͗chtgeberen] syg? vgl. LD I, 2, 11f.
38 | Lux divinitatis – Liber I, 2,13 – 3,19
Quod Filius Filius sic succinit modulando: “Ego sum thesaurus regrediens, quem nulla
creatura a suo regressu preualet cohibere. Omnis enim liberalis donacio in cuncta procedens a domino in idipsum reuertitur in Filio.” 15 Quod Spiritus Spiritus quoque Sanctus continuit dulci uoce: “Ego sum virtus ueritatis Sanctus inuicta; que manifestatur in homine laudabiliter cum deo perseuerante,
tribulacione qualicumque irruente.” Tota autem trinitas hunc personuit iubilum: “Ego sum in mea sic indiuisa firmus unitate, cuius diuidi nequit soliditas nec frangi valet eternitatis 20 integritas.” [3.] De ignis diuini ineffabili virtute et mirabili effectu Deus noster ignis consumens est sursum tendens super omnem creaturam ineffabiliter, sine fine dul(54vb)citer semper ardens. Hic tanquam uitalis calor eternam in se continens uitam ex se protulit uniuersa. Huius ardentissimi ignis scintille uolantes sunt supernorum lucidissime spirituum claritates. Radij vero sunt sanctorum omnium deifici splendores, quibus sanctam ecclesiam, dum uiuerent, mirifice perlustrarunt. Huius ignis carbones viui sunt omnes iusti, qui in hac uita adhuc positi amore diuino ardent et conuersacione proximis lucent, per quos hij, quorum refriguit caritas, si uoluerint, denuo accenduntur et filij lucis efficiuntur. Huius ignis cineres sunt corpora sanctorum, qui ex seculo transierunt, qui adhuc in puluere dormiunt expectantes beatam spem et aduentum glorie magni dei | et saluatoris nostri Ihesu Christi, qui est redempcio nostra, cui Pater iudicium omne dedit. Ipse in nouissimo renouabit cineres corporum humilitatis nostre in uasa glorie, de quibus Pater in die sollempnitatis sue bibet cum Filio et saciabitur de omni sanctitatis gracia, quam sanctorum mentibus et corporeis sensibus infuderunt. Ego ex te et tu ex me uicissim bibemus, et saciabimur ex omnibus bonis, que contulit in nos deus. Beatus, qui nunc firmiter stat et non effundit hic tanquam fatuus a deo graciam sibi
FL VI, 29
5
10 Ed. 449
15
Kap. 3: auch Ra 13 Quod Filius] vaH Rb, fehlt Ra 15 reuertitur] revertititur, erstes ti unterpungiert und durchgestr. Rb 16 Quod … Sanctus] vaH Rb, fehlt Ra | continuit … uoce] dulci concinit voce Ra 18 qualicumque] li mit EZ am rR Ra 3,1 effectu] effectu Capitulum nonum Ra 2 – 36 Deus … deus] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 2 consumens est] est consumens mit VZ Ra 5 lucidissime] fehlt Ra 8 positi] positi sunt ardore, sunt ardore durchgestr. Ra 11 qui1] que Ra | seculo] hoc seculo Ra 14 iudicium omne] omne iudicium mit VZ Ra 15 sue] mit EZ am rR Ra 17 corporeis sensibus] corporibus Ra | infuderunt] infunderunt Rb 19 hic … fatuus] tamquam fatuus hic mit Rb entsprechenden VZ Ra 3,2 Deus … est] Hbr 12,29; vgl. ferner Dt 4,24 und 9,3 10 filij lucis] Lc 16,8; Io 12,36; I Th 5,5 und Eph 5,8 12 expectantes … Christi] vgl. Schlusssatz des Embolismus zum Vater unser in der Messe
Das liecht der gotheit – Buch I, 2,17 – 3,22 | 39
Der sun darnach also thu͗t singen: “Ich bin der widerkerende schatz, welchen kein geschopfft mag hindern an sinem widerkeren. Wan alle frygebende gaben in alle ding gat vß von dem herren vnnd wendet sich ʾᵉn.” 20 wider in yn, in den su Auch der heilig geist singt mit siesser stim: “Ich bin die vnvberwintlich krafft der warheit, welche geoffenbart wirt in einem menschen, der do loblich mit gott beharret in zu͗fallen yetlicher tru͗bsellickeyt.” Aber die gantze tryfaltigkeyt singt dis froͤ d gesang: “Ich bin also vest in [XIVv] myner | vngedeilte einigkeyt, das nit mag getrent werden min vestigkeyt noch zerbrochen werden die gantze miner ewigkeyt.”
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[3.] Von des gotlichen fures vnvssprechlicher krafft vnd wirckung Vnser gott ist das vorzerent füir, das do vbersich lendt vber alle creatu͗ren vnvßsprechlichen, vnd on end altzit su͗ssiglich thu͗t brinnnen. Diser, als ein lebendige werme, behalt in ym das ewig leben vnd hat alle ding herfu͗r gebracht vß ym selber. Die fligende füncken dises aller inbrünstigen fu͗wrs sint die liechtesten clorheiten der obersten geistern. Die glest dises fu͗ers sint die gotlichen schin aller heiligen, mit welchen, do sie lebten, die heilige kirchen wunderbarlichen erlüchtet haben. Die lebendige glu͗et dises feu͗rs sint alle gerechten, welche, alweil sy leben in disser zytt, brinnent in gotlicher liebin, vnd leu͗chtent irem nechsten mit irem wandel; du͗rch welchi die, in welchen erkaltet ist die liebin, so sy wollen, wider entzünt werden | vnd kinder des liechts gemacht werden. Die aͤ sch dises feürs sind xv die corpel der heiligen, die vß disser zyt sind gegangen, welchi noch rüwent in dem kütter vnd wartent der heiligen hoffnu͗ng vnd der zuku͗nfft der glori des grossen gottes, vnsers heilmachers Jesu Christi, welcher ist vnser erlosung, dem der vatter alles vrteil vbergeben hatt. Er wu͗rt am letzten ernu͗wern die aͤ sche der leib vnserer demu͗tigkeyt zu͗ vassen der glori, vß welchen der vatter in dem tag siner hochzit wu͗rt trincken mit dem su͗n, vnd wirt ersettiget von aller genad der heiligkeyt, die sy hond ingegossen den gemietern vnd leiblichen sinnen. Ich wirt vß dir vnd du͗ vß mir trincken, vnd wir werden ersettiget vß allen gutern, die gott in vns hatt geben. Selig ist der, der hie vest statt vnd nit vßgu͗ist als ein nar die gnod von gott gegeben.
17 Der … darnach] rot unterstrichen 21 Auch … geist] rot unterstrichen | mit] nnit 3,6 geistern] geistesrn | Die … dises] rot unterstrichen 8 Die lebendige] rot unterstrichen | lebendige] le¦bendige, le mit Rot ergänzt 10 du͗rch] MZ am lR 11 wollen] mit Bleistift unterstrichen, MZ am lR 15 Jesu Christi] rot unterstrichen 19 ersettiget] settig mit Bleistift unterstrichen, MZ am rR
40 | Lux divinitatis – Liber I, 3,20 – 4,10
datam. Huius ignis fumus omnia temporalia sunt et terrena, que licet 20 pulchra et delectabilia sensibus carnalium et cordibus appareant, multa tamen amaritudine sunt respersa. Eleuata enim sicut fumus disparent et excecant sublimes generantque lippitudinem sanctitati. Huius ignis quieta commoditas iocunda uoluptas est, qua intus diuino amore accendimur, ut in caritate uicaria in domino maneamus subicientes iugiter ligna uirtutum, 25 quibus ille caritatis igniculus foueatur. Huius ignis adustio est uerbum asperum, quod dicetur reprobis: ‘Discedite a me maledicti in ignem eternum!’ Splendor huius gloriosissimi ignis limpida contemplacio serenissime trinitatis est, que cor animasque nostras perlustrans capaces reddit illius amirande amandeque beatitudinis, cuius celsitudinem in hac 30 uita nec cogitare nec edicere preualemus. Hec de hoc igne prodeunt secundum diuinum iudicium ad eius gloriam sempiternam. Quicumque uoluerit hijs aliquid adicere, iactet se in ignem, uideatque et gustet, quamadmodum fluit diuinitas, fundit humanitas, luctatur sanctis cordaque cogit Spiritus, satagens, ut super omnia diligatur 35 deus. [4.] De altitudine maiestatis diuine et quibus modis homo conscendat ad eandem – Secunda parte xxi (55ra) In raptu subito uidi montem. Corpus namque non sustinet nisi momentaneam uisionem. Erat autem radix montis sicut nubes lucida, vertex eius ignea ut sol clara; finis eius et inicium non sunt uisa. Intra semetipsum iubilans in | modum fulgoris aurei in delicijs innumeris effluebat. Et dixi: “Domine, beati oculi, qui hanc supernam ac tanti amoris affluenciam et hec mirabilia perpetuo contemplantur, que ego non possum uerbis alijs nominare.”
FL II, 21
5 Ed. 450
10
Kap. 4: auch Ra und Be1 (Z. 16–22) — ohne Entsprechung in FL: Z. 16–22 (Dicam – tuo) 20 omnia … terrena] sunt omnia terrena et temporalia Ra 22 respersa] aspersa re¦spersa, aspersa durchgestr. Ra 23 sanctitati] sanctitatis Ra 25 ligna] lingua Rb 26 caritatis igniculus] igniculus caritatis Ra 32 diuinum] dei Ra 33 se] sese Ra 34 quamadmodum] quemadmodum Ra 35 sanctis] fehlt Ra | Spiritus] spiritus sanctus Ra 4,2 Secunda … xxi] capitulum 10m Ra 3 In … montem] am lR MZ Rb | nisi] non ni¦si subito ream (?), subito ream (?) durchgestr. Ra 4 momentaneam uisionem] visionem momentaneam mit VZ Ra 5 finis … uisa] mit EZ am uR Ra 9 affluenciam] effluenciam Ra hec] mit EZ am rR Ra | contemplantur] contemplentur Ra 23 generantque … sanctitati] vgl. Gn 29,17 27 Discedite … eternum] Mt 25,41 (FL VI, 29, 32 [490,19f.] bietet eine wörtliche Übersetzung) 34 uideatque … gustet] vgl. Ps 33,9 4,4 Erat … montis] vgl. Ex 19,17s und 24,17s; Dt 4,11 | nubes lucida] Mt 17,5 5 vertex … clara] vgl. Ex 24,17
Das liecht der gotheit – Buch I, 3,23 – 4,10 | 41
[XVv] 25
30
35
40
Der rau͗ch dises fewrs sind alle irdische vnd zitliche ding, wie wol sie erschinen hu͗bsch vnd lu͗stig den | sinnen vnd fleischlichen hertzen, sind sy doch begossen mit vil bitterkeiten. Wan, so sy sint vfferhebt, vorgond sy als der rau͗ch vnd blendent die hohen, vnd machen trieffend ou͗gen der heilligkeyt. Dises feu͗rs ru͗wig vnd froͤ licher lu͗st ist, das wir von innen entzundt werden in goͤ tlicher liebin, vff das wir in der liebin in gott syen bliben, vnd stetz vnderwerffend holtz der tu͗genden, mit welchen dises fu͗rlin behalten werde. Das brennen dises feu͗rs ist das scharpff wort, das gesagt wu͗rt den vorworffnen: ‘Weïchent ab von mir, ir vorflu͗echten in das ewig feu͗r!’ Der glast dises allererlüchsten fwrs ist die helle anschou͗ng der großlu͗ttern tryfaltigkeyt, welche du͗rrtringt die hertzen vnd selen vnd macht sy empfenglich diser wu͗nderbarer vnd liblicher seligkeyt. welcher hoͤ hin in disem leben wir nit mogen vßgedencken noch vßsagen. Dise ding kommen haͤ r von disem feu͗r nach dem vrteil gottes zu͗ siner ewigen glorj. Welcher aber wolt disen etwas zu͗legen, | der werffe sich in das xvj feu͗r, vnd sehe vnd vorsu͗che, wie die gotheit flu͗ist, die menscheyt gūist, der geist ringt, vnd der geist bezwingt die hertzen. Bru͗cht fliß, das gott vber alle ding werde liebgehabt.
[4.] Von der hohin gotlicher stercki maiestat, vnd durch was der mensch mag zü yer vffstigenn et cetera Do ich ward vorzuckt, glich sahe ich einen berg. Wan der lip last nit zu͗, dan ein ou͗genplickliche gesicht. Die wu͗rtzel dises bergs was als ein liechter 5 wolk, sin hoͤ hi was fu͗rin vnd hell als die sonn. sin anfang vnd end wu͗rden nit gesehen. In ym selbs was er ju͗bel froͤ lich in gestalt eins gu͗ldins blitzes vnd floß vß in vnzalbarer lüstigkeyt. Do sprach ich: “Herr, selig sind die ou͗gen, die der hohin liebin zu͗flu͗ß vnd [XVIv] wu͗nder ewiglich anschowend, welche ich nit kan mit andern | wortten 10 nennen.”
23 irdische] korr. aus oder zu irdischi 4,3 Do ich] rot unterstrichen 5 sonn] rot unterstrichen
42 | Lux divinitatis – Liber I, 4,11 – 5,12
Et dixit mons: “Oculos, qui me intueri desiderant, oportet radio septemplici clarescere, sine quibus nullus oculus me uidebit. Hoc est: nolle mutuare, libenter soluere, nichil in se retinere, fidus odientibus, benignus et amicus crudelibus, purus a culpis, paratus et gratus in aduersis et prosperis 15 acceptandis.” Dicam hoc expressius, ut intelligas luculenter. Accedens ad contemplandum deum emunda prius oculos mentis, intellectum uidelicet et affectum. Si peccandi libidinem, inuidie odijque rubiginem ac iracundie insaniam a uoluntate tua absterseris, affeccionis oculus est purgatus. Age penitenciam, emunda conscienciam, expelle desidiam. Apprehende 20 pacienciam et sic illustrata intelligencia in montem istum leua oculos tuos et ueniet tibi auxilium a deo tuo. [5.] De consilio diuinarum personarum et de creacione omnium rerum FL III, 9, 1–21 (174,11–176,4) a Spiritu Sancto inchoata – Tercia parte 9 capitulum Pater misericordiarum deus, ego indigna gracias ago fidelitati tue, qua me eduxisti extra me in mirabilia tua, quod in tua perfecta trinitate ueritate uidi et audiui consilium et factum ante secula preordinatum. Cum enim esses 5 solus in tuis delicijs, nulli communis in Filio et Spiritu Sancto resplenduisti et hij uicissim in te; eratque trinitatis huius vnitas indiuisa. In Patre omnipotencia, in Filio sapiencia, in Spiritu Sancto clemencia; et hec in tribus equaliter adorantur. Spiritus Sancti liberalitas in hijs trinitatis delicijs ludens dixit ad Patrem: 10 “Caritatis consilium ex teipso tibi, Pater, offero uenerande. Infecunditas nos non decet, regnum habere uolumus creatum. Naturam angelicorum Kap. 5: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 17–19 (Zeilentausch, vgl. FL III, 9, 19–21 [176,1–4]) 11 Et … uidebit] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb | Oculos] Oculi Ra 12 Hoc est] Hoc Ra 13 nichil] mutu¦are . libenter sol vere nichil, mutuare bis vere durchgestr. Rb 16 – 22 Dicam … tuo] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 16 – 22 Accedens … tuo] in Be1 wird dieser Passus Gott in den Mund gelegt: Dixit dominus ancille de monte contemplacionis 17 intellectum] intellectem Be1 18 Si] Si enim Be1 19 affeccionis] tunc affeccionis Be1 | Age] Agendo Be1 20 emunda] emendando Be1 | expelle] expellendo Be1 | Apprehende pacienciam] apprehendendo pacienciam Be1 21 et … intelligencia] intelligencia tua erit illustrata Be1 | in] Tunc in Be1 | istum] domini Be1 22 ueniet] inueniet, in unterpungiert und durchgestr. Rb, sic veniet Be1 5,1 et] (vaH?) mit schwarzer Tinte üdZ Rb Ra | de] dei, i durchgestr. Ra 2 inchoata] korr. (vaH?) mit schwarzer Tinte aus inchoato Rb | Tercia … capitulum] Caput 11m Ra | 9 capitulum] vaH mit blasser Tinte Rb 4 quod] quia Ra | perfecta trinitate] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL III, 9, 4 (174,13) Rb, fehlt Ra 7 In … clemencia] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 11 nos] mit EZ am lR Rb 12 habere uolumus] volumus ¦ habere Ra angelicorum] angelorum Ra 21 in … tuo] vgl. Ps 120,1
Das liecht der gotheit – Buch I, 4,11 – 5,13 | 43
Da antwu͗rt der berg: “Die ou͗gen, so mich begerent ansehen, mu͗ssen erklert sin mit sybenderley glantz, on welchi kein ou͗g mich mag sehen. Das ist: Nit wollen zu͗borg lihen; gern bezalen; nit in ym behalten; trvw sin den hassern; gu͗tig vnd fru͗nd sin den grimmigen; lu͗tter von su͗nden; bereit vnd 15 danckbar in widerwertigkeyt vnd glu͗ck anzunemmen.” Ich sag dir das clarlicher, das du͗ es bas vorstandest. So du͗ wilt gon, gott zu͗beschawen, vor an reinige die ou͗gen dines gemu͗ets, dein vornu͗nfft vnnd begird! So du͗ den lu͗st zu͗ su͗nden, den roßt vnd vnflot des haß vnd nides, vnd des zorns vnsinnigkeyt abtru͗cknest von dinem willen, so ist gereinigt ʾᵉß, reinige dein gewißne, vßtrib die fu͗ligkeyt, 20 das ou͗g der begirden. Wirck bu hergreiff die gedu͗lt! Vnd also mit erleichteter vorstantnus heb vff din ou͗gen in disen berg, so wirt dir hu͗lff kommen von dinem gott!
| [5.] Von dem rat der gotlichen personen vmb der schopffung aller xvij dingen von dem heiligen geist angefangenn O gott vatter der barmherzigkeitt, ich vnwu͗rdige sage danck diner trüwe, in ʾᵉrt in deine wunderbarliche ding, das ich in welcher du͗ mich hast vß mir gefu 5 diner worheit hon gesehen vnd gehoͤ rt dein ratt vnd thatt, vor der welt angeschlagen. Wan, do du͗ allein warest in dinen gelu͗sten, keinem gemein, ʾᵉn vnd heiligen geist, vnd die glich widervmb in dir; do erschinestu͗ ym su vnd was dise tryfaltigkeyt ein vngetrente einigkeit im vatter die ʾᵉn die wyßheyt, im heiligen geist die gu͗tigkeyt; welche almechtigkeyt, im su 10 in disen trÿen personen werden glich angebettet. Die frymiltigkeyt des heiligen geistes, die do spilet in den lu͗sten der tryfaltigkeyt, sprach zu͗m vatter: “Erwu͗rdiger vatter, ich vffoͤ pffer dir den v [XVII ] ratt der liebin vß dir selber. Die vnfru͗chtbarkeyt | zimet vns nicht, wir
13 trvw] v üdZ zwischen r und w 22 hu͗lff] MZ am lR udZ | gott] davor geist rot durchgestr. 5,5 diner worheit] mit Bleistift unterstrichen, MZ am rR 9 gu͗tigkeyt … angebettet] am rR zweizeiliges MZ
44 | Lux divinitatis – Liber I, 5,13 – 6,17
spirituum michi conforma|bis, ut spiritus sint creati. Hominem quoque Ed. 451 facies. Multitudinis enim numerositas verum gaudium appellatur.” Respondit Pater: “Tu unus mecum Spiritus es, uoluntas tua et consilium 15 complacet ergo michi.” Dedit itaque Spiritus Sanctus increatus spiritibus creatis benignitatem, ut hominibus ministrarent et eorum saluti congauderent. Qui si in sua felici(55rb)tate perstitissent, homo tamen nichilominus factus esset.
Ysayas: Numquid, qui generacionem alijs tribuo, sterilis ero
[6.] De consensu Filij cum Patre et Spiritu Sancto super proposito FL III, 9, 21–33 (176,5–19) consilio – In eodem Coeternus Patri et Spiritui Sancto Filius cum disciplina sic locutus est: “O Pater, fecunditatis generose expers esse nolo. Ex quo mira inchoare disponimus, hominem ad imaginem et similitudinem nostram faciamus. Et 5 licet magnas miserias preconspiciam, oportet me tamen hominem perpetua diligere caritate.” Respondit Pater: “Tangit me, o Fili, dulcor caritatis intrinsecus, nec se uiscera mea continent pre amore. Igitur creando fecundi erimus: ut reamemur, et ut inmensitas maiestatis nostre aliqualiter agnoscatur, 10 preparabo michi sponsam, que me ore suo salutet et aspectu suo vincat. Et hec inicia sint amoris.” Et ait Spiritus Sanctus: “Et ego tibi, Pater, sponsam hanc ad thalami tui lectulum presentabo.” Et intulit Filius dicens: “Tu nosci, Pater, quod tandem pro caritate 15 moriturus sum; tamen in sanctitate magna cum gaudio producere uolumus creaturam.”
Kap. 6: auch Ra 13 spirituum] mit EZ udZ am uR Ra | sint] sanctus sint, sanctus durchgestr. Ra | Hominem … facies] vaH mit EZ unter der Spalte in Entsprechung zu FL III, 9, 15 (174,27f.) Rb, fehlt Ra 14 appellatur] mit EZ am lR für durchgestr. vt operatur Ra 15 Pater] mit EZ am oR Ra 15 – 18 Tu … congauderent] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 16 complacet ergo] placet Ra 18 Qui] quod Ra 19 perstitissent] perstitisset Rb | factus] korr. aus sanctus (n durchgestr.) Ra 6,1 De … consilio] mit EZ am oR für durchgestr. De consilio diuinarum personarum de creacione omnium rerum et spiritu sancto inchoata caput 11m Ra 2 In eodem] 12m Ra 3 – 17 Coeternus … creaturam] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 9 Ysayas … ero] vaH Rb, fehlt Ra, dieselbe Glosse zu FL III, 9, 25f. (176,9f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 221 | ut] fehlt Rb 11 me] mit EZ üdZ Ra 13 thalami] talamum Ra 16 producere] perducere Ra 6,5 hominem … faciamus] Gn 1,26 9 Ysayas … ero] Is 69,9 15 pro … sum] vgl. Ps 43,22; Apc 14,13
Das liecht der gotheit – Buch I, 5,14 – 6,18 | 45
wollen hon ein geschoͤ pffst reich. Die natu͗r der engelischen geist wūrstu͗ 15 mir glichmachen, das sy geist sind als ich, wan die zall der vili wu͗rt
genembt ein ware freu͗d.” Gab antwu͗rt der vatter: “Du͗ bist mit mir ein geist, dein wil vnd ratt gefalt mir.” Also gab der heilig, vngeschoͤ pffter geist, die gu͗twilligkeit den geschopfften 20 geisten, das sy solten dienen den menschen vnd sich mit frowen in yr selligkeyt vnd heil. Welche, so sy weren in yrer seligkeyt bestanden, wer au͗ch der mensch nu͗tt desterminder gemacht wordenn. [6.] Von der vorwilligung des su͗ns gottes mit dem vatter vnd heiligem geist in den ratt vorgehaltenn Gott der sun, glich ewig dem vatter vnd dem heiligen geist, sprach also mit zücht: “O vatter, der adeliche fru͗chtberkeyt wil ich nit ledig sin. So wir 5 furgenommen hond wünderbarliche ding, so wollen wir machen den menschen | zu͗ vnser bildnu͗s vnd gliche. Vnd, wïewol ich vorsich groß xviij arbeitseligkeyt, so mu͗ß ich doch den menschen liebhon in ewiger liebin.” ʾᵉn, mich tribt einwenig die siessi der liebin, vnd Antwu͗rt der vatter: “O su mine innern gelidern mogen sich nit enthalten vor liebin. Darumb in der 10 schoͤ pffu͗ng werden wir fru͗chtbar sin vnd widervmb liebgehabt; vnd das die grosse macht vnser maiestat etwas erkent werde, so würd ich mir bereiten ein gespons, die wirt mich griessen mit irem mu͗nd vnd mit irem amplick vberwinden. Vnd das sind anfeng der liebin.” Do sprach der heilig geist: “O vatter, ich wil dir dise gespons bringen zu͗ 15 dem betlin dines schloffkemmerlins.” Sprach darzu͗ der su͗n: “Vatter, du͗ weist, das ich sterben wirt vmb der liebin; dennocht in grosser heiligkeyt mit froͤ den wollen wir erschaffen die creatu͗ren.”
6,6 groß] mit EZ am lR 11 macht] in Rot mit EZ am lR für rot durchgestr. maiestat | etwas] in Rot mit EZ am rR 14 dir] mit EZ am lR
46 | Lux divinitatis – Liber I, 7,1 – 8,12
[7.] De creacione hominis ad ymaginem dei – In eodem Hoc prehabito consilio decreuit tota trinitas uniuersam condere creaturam faciens hominem ex anima racio|nali et corpore compositum in precipua caritate. Filius dei imago Patris est, qua Adam et Eua insignes creati sunt, sapiencia et potestate prediti per ipsum, ut eum perfecte diligerent et amarent, et in sanctitate firmi rebus creatis omnibus imperarent. Accepit ergo Adam a deo uxorem omni uirtute conspicuam et corporis pulchritudine decoratam. Erat enim amabilis et disciplinata conformata in hijs dei Filio. Corpora eorum sine fomite creata uestita angelico uestimento. Paruuli eorum in amore sancto generandi fuerant, sicut sol fulgens aquam penetrat incorruptam. Gustato vero cibo uetito deformata sunt corpora, sicut nunc, proch dolor, experimur. Quod si in tali deformitate deus trinitarius nos creasset, ex ui creatoris homo erubescere non ualeret.
FL III, 9, 33–49 (176,20–178,2)
Ed. 452 5
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[8.] De sublimacione anime, quam deus eidem in creacione contulit – FL III, 9, 50–66 (178,3–24) In eodem Pater deus deorum dedit anime diuinum amorem dicens: “Ego sum deus deorum et tu dea creature. Et ecce agam pactum tecum in eo, quod nunquam te desero, nisi tu negligens perdideris temetipsam. Angeli mei 5 seruient tibi, Spiritumque Sanctum meum tribuam tibi pro pedissequo, ut non labaris in crimen dampnabile ignoranter, et liberum arbitrium concedo tibi. Nunc ergo, o predilecta, diligenter preuide futura, et precedant (55va) palpebre tue gressus tuos. Preceptum modicum seruabis, ut me recogites 10 deum tuum.” Cibus mundus ipsis in paradyso concessus et licitus in sanctitate magna et firmitate eorum corpora solidasset. Cum autem inobedienter de arbore
Kap. 7: auch Ra Kap. 8: auch Ra 7,1 In eodem] Capitulum 13m Ra 4 qua … ipsum] am rR MZ Rb 5 eum] ipsum, mit eu überschrieben Ra 6 creatis omnibus] omnibus creatis Ra | imperarent] im=¦et insanctit perarent, et insanctit durchgestr. Ra 7 a … uxorem] vxorem a deo Ra 9 dei Filio] filio dei Ra | creata] creata sunt Ra 10 Paruuli … incorruptam] am rR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 12 experimur] exprimitur Ra 13 trinitarius] trinitatis Rb, trinitas Ra 8,2 In eodem] Capitulum 14 Ra 4 tu] fehlt Rb, ergänzt nach Ra entsprechend FL III, 9, 51 (178,4) | agam pactum] pactum ego Ra | tecum] tecum inibo Ra 5 desero] deseram Ra 6 Spiritumque Sanctum] spiritum Ra 8 o] mit EZ am rR Ra | diligenter preuide] preuide diligenter Ra 9 tue] fehlt Ra 12 corpora] corda Ra 8,4 Et … eo] vgl. Gn 9,9 8 et … tuos] Prv 4,25
Das liecht der gotheit – Buch I, 7,1 – 8,12 | 47
[7.] Von der schopffung der menschen zu der biltnüs gottes [XVIIIv] | In disem ratt hatt beschlossen die heilig tryfaltigkeyt alle creatu͗ren
züerschaffen; auch den menschen zu͗machen, der do ist zu͗sammen gesetzt ʾᵉn gottes ist das bildt vß vornu͗nftiger seel vnd leib in firnemmer liebi. Der su 5 des vatters nach welchem bildt Adam vnd Eu͗a eerlich erschaffen sind, begabt mit wyßheit vnd gewalt du͗rch yn, das sy yn volkommen liebhetten, vnd vest weren in der heiligkeyt soltent gebieten allen geschoͤ pfften dingen. Darumb hatt Adam von gott genommen ein hwsfraw mit allen tu͗genden du͗rchprïsen vnd mit leiplicher schoͤ ni wol geziert. Wan sy war lieblich vnd ʾᵉn gottes. Yere leip sind geschaffen on 10 züchtig in dem glich gemacht dem su neigung zu͗ den su͗nden, bekleidet mit engelischer becleidu͗ng. Yre kinder Nota solten geboren werden in heiliger liebin glich als die scheinend sonn dürtringt das vnzerstoͤ rt wasser. Aber, do sy assent von der vorbottenen frücht, sind ire leip worden vngestaltig, | als wir nu͗n an vns leider erfarent. xix 15 Hett vns gott tryfaltig in solcher vngestalt erschaffen vß krafft des schoͤ pffers, moͤ cht sich der mensch nit schamen. [8.] Von der hohe eer, die gott gabe der seel in irer erschopffung Gott, der vatter, gab der seell die gottliche liebin sprechende: “Ich bin gott aller goͤ tter vnd ein goͤ ttin aller creatu͗ren. Nimwar, ich mach ein geding mit dir, das ich dich wil nymmer lan, es geschee dan, das du͗ dich selber 5 vorseu͗mest vnd verderbest. Mein engel werdent dir dienen, mein heiligen geist wïrd ich dir geben zu͗ einem wegfoͤ rker, das du͗ nit vnwissen fallest in ein ferdamliche sind, vnd gib dir den freyen willen. Darumb, o vil liebj, forsich mit vleis die zu͗ku͗nfftige dinck, vnd deine oügbrowen sollent leiten dine schritt. Ein klein gebott wirstu͗ halten, das du͗ gedenkest, mich dinen 10 herren sein.” [XIXv] Die reinen speis, ynen ym paradyß nachgelassen, hett yre leip in | grosser heiligkeyt vnd sterckin vestgemacht. So sy aber vngehorsamlich von dem
7,4 Der sʾuᵉn] rot unterstrichen 7 geschoͤ pfften] am lR MZ 14 als] links üdZ, abgebrochen: al 15 tryfaltig] mit Bleistift unterstrichen 8,3 creatu͗ren] am rR MZ
48 | Lux divinitatis – Liber I, 8,13 – 9,16
Venenum est peccatum
prohibita comederunt, diffusum est venenum in membris eorum mortiferum tollens ab ipsis angelicam mundiciam et pudiciciam virginalem. Tunc anxiata est anima et magnis tenebris obscurata. Clamabat de exilio 15 lacrimabili uoce dicens: “O precordialis dilecte, quo euanuit predulcis amor tuus! Valde abiecisti reginam legittime tibi iunctam. O magne deus, quousque sustines has longas miserias et non transfers iniquitates nostras! | Ed. 453 Scio, quot nasciturus es pro nobis in terris. Perfecta sunt omnia opera tua, 20 perficiatur ira tua, quousque ut finiatur.” [9.] De desiderio sanctorum patrum pro liberacione humani generis – FL III, 9, 67–89 (178,25–180,17) In eodem Clamor iste nubes penetrauit, et in aures domini Sabaoth introiuit. Et dixit Pater eternus: “Penitet me laboris. Feceram ego sponsam tam laudabilem, quam summe designaueram maiestati. Eius obsequio omnes 5 supremas deputaueram potestates, cui et Lucifer, si in sua perstitisset gloria, seruus esset. Ipsi enim soli erat lectus in sponsi thalamo preparatus, at ipsa dei formitatem retinere respuens deformis effecta est et uilis nimis iterans uias suas. Et quis dignaretur talem sibi spurciciam assumere?” Vnigenitus autem dei imaginem suam in homine recognoscens maiestatem 10 suam coram Patre dignanter inclinans ait: “Pater, cum tua benediccione libens humanam naturam, licet cruentam, assumam, et per sanguinis mei innocenciam perungam uulnera, et sanabo omnes confracciones eius lintheolis despeccionis exilij mei usque ad mortem. Ego pro peccato eius animam meam ponam et per mortem, quam non merui, que non rapui, tunc 15 exsoluam. Revertar autem ad te uita comite regno accepto cum duabus
Kap. 9: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 3 (Clamor – introiuit), 16–18 (Revertar – uniuersum) 27f. (et1 – moyse), 28–30 (Tenebo – sempiterna) und 32f. (et2 – exaltare) 13 venenum … peccatum] vaH Rb, fehlt Ra, zur Glosse s. Querverweis zu FL III, 9, 57f. (178,12f.) auf FL IV, 27, 133f. (308,10f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 221 16 quo] quomodo Ra predulcis … tuus] amor tuus dulcis Ra 19 quot] quod Ra 20 quousque] quos Rb Ra 9,1 humani] korr. (vaH?) mit schwarzer Tinte aus humana Rb 2 In eodem] Caput 15m Ra 3 penetrauit] penetravit, v korr. aus t Ra | introiuit] intonuit Ra 5 Eius] Cuius Ra 6 perstitisset] perstetisset Ra 8 effecta] erstes e mit EZ üdZ Ra 13 uulnera] vvlnera|sua Ra 14 Ego] Et Ra 18 et … nostras] vgl. II Sm 24,10 9,3 Clamor … introiuit] vgl. Ps 17,7 8 deformis … suas] Ier 2,36 13 sanabo … eius] vgl. Ps 102,3 und 146,3 16 Revertar … comite] Gn 18,14 | cum … turmis] Gn 32,10
Das liecht der gotheit – Buch I, 8,13 – 9,19 | 49
verbotten bau͗m hand geessen, ist vßgegossen das toͤ tlich gifft in yere gelider; das hat von ynen genommen die engelisch reinigkeyt vnd 15 jungfrowliche scham. Dan ward die seel geengstiget; vnd vberzogen mit grosser funsternu͗s; ru͗efft Nota vß dem elende mit weinender stim sprechende: “O hertzlieber, wo hin ist vorschwu͗nden dein su͗esse liebin? Du͗ hast fast vorworffen die ku͗nigin, dir feer voreiniget. O grosser gott, wie lang lidestu͗ solche lang 20 arbeitseligkeyten vnd nimst nït hinweg vnser su͗nde? Ich weis, das du͗ wirst vff erden fu͗r vns geboren. Alle deine werck sind volkommen, dein zorn werde au͗ch volkommen, das er vff hoͤ re.” [9.] Von dem geschrei der altvetter vmb erlosung des menschlichen geschlechts Dises geschrei hat durchtrungen | die wolcken vnd ist kommen in die oren xx des herren. 5 Do sprach der ewig vatter: “Mich ru͗wet die arbeyt. Ich hab gemacht ein loͤ bliche gespons, welche ich hett zu͗zeichnet der hoͤ chste maiestat; welcher ich hett zu͗m dienst geordnet alle hoͤ chste gewallt, welcher au͗ch Lu͗cifer, so er wer bestanden in siner glori, ein diener wer, Wan yr allein was bereit das bettlin in dem kemmerlin des bru͗tgams; so aber sy nit achtet, zu͗behalten 10 die gottformickeyt, ist sy worden vngestaltig vnd fast schnoͤ d mit widergoͤ n irer weg. Vnd wer wolt ein solliche vngestaltigkeÿt ansich nemen?” ʾᵉn gottes, der sein gebiltnu͗s erkent im menschen, hatt sin Aber der su maiestat williglich vor dem vatter geneigt vnd gesprochen: “Vatter, mit dinem segen wil ich gern die menschlich natu͗r, wie woll blu͗ttfarbig, an [XXv] mich nemmen, vnd du͗rch die vnschu͗ld mines blu͗ts wil ich | du͗rchsalben die wu͗nden vnd wil gesund machen alle ire ryß mit den tu͗chlin der vorachtu͗ng mines elendes biß in den toͤ d. Ich wird min seel stellen vor yr su͗nd, vnd durch den vnschu͗ldigen todt wil ich bezalen, das ich nit hon gerou͗bt. Vnd soll ich leben, ich wird wider zu͗ dir kommen, so ich das reich
19 feer] sic! vgl. LD I, 8, 17 9,9 so] am rR MZ
50 | Lux divinitatis – Liber I, 9,17 – 10,7
turmis Iudeorum et gentilium reducens ad te cum uictoria Israel uniuersum.” Hijs auditis dulcis amborum Spiritus dixit Patri: “Omnipotens deus, pulchra erit in mundum processio nostra et mirabilis nimis ualde. Procedemus hinc 20 cum multa gloria nec tamen ab hac maiestate recedemus altitudinem nostram hic existentibus presenciam subtrahendo. Ego usque nunc Marie uirginis fidelis custos et pedissequus extiti in idipsum.” Igitur utriusque uotis (55vb) flexus in amorem Pater Spiritui Sancto dixit: “Tu eris luminis mei ante filium meum portitor in omnium corda, que pie 25 mouebuntur ad eius ignitum eloquium uehementer. Et tu, Fili, | tolle crvcem Ed. 454 tuam et perge in Egyptum et libera populum meum! Ego ero tecum plusquam cum Moyse et ambulabo tecum in omnibus uijs tuis. Tenebo manum dexteram tuam voluntate mea, deducam te et reducam ad me cum gloria sempiterna. Ego intemerate uirginitatis matrem inmaculatam et 30 intactam preparaui tibi, quo ignobilis vvlgi naturam pestiferam honorabilius omnibus et purius assumere ualeas, et tibi unitam ineffabiliter exaltare.” Tunc facta est a summo celo cum gaudio processionis egressio usque ad templum Salomonis mysticum in quo per ix menses omnipotens unigenitus 35 dei manere et adorari dignatus est, donec inplerentur dies matris Marie virginis pariendi. [10.] De gloria trium personarum ante incarnacionem Christi et FL IV, 14, 3–14 (266,10–24) contemplacione angelorum – Quarta parte xiiij Vidi et uideo tres personas in celsitudine sempiterna, priusquam dei Filium uirgo conciperet. Beati angeli cum distinccione has personas in unitate contemplati sunt ipsarumque nomina, et quod hee tres persone vnus deus 5 uerus sunt. Quantumcumque tamen perspicaces sunt, non tamen omnia incarnacionis future misteria peruiderunt, quia nec carnem nec sanguinem
Kap. 10: auch Ra 20 processio nostra] nostra processio Ra 22 nostram] mit EZ am rR Ra | hic] hinc Ra | presenciam] et presenciam Ra 24 flexus] flex Ra 25 meum] fehlt Ra | portitor] zweites t mit EZ üdZ Rb 34 cum … egressio] egressio eius cum gaudio processionis Ra 10,2 Quarta … xiiij] Capitulum xvjm Ra 3 et uideo] et video mit EZ am lR Ra 5 deus uerus] verus deus Ra 6 sunt2] sint Ra 7 incarnacionis] incanacionis Ra | peruiderunt] previderunt Ra | quia … uiderunt] vaH mit EZ am oR in Entsprechung zu FL IV, 14, 6f. (266,14f.) Rb, mit EZ am uR Ra 17 reducens … uniuersum] II Sm 3,12 26 tolle … tuam] vgl. Mt 16,24 und 27,32; Mc 8,34 und 15,21; Lc 9,23 27 et2 … meum] Ez 13,21 28 ambulabo … tuis] vgl. Dt 28,9; I Sm 8,5; Ps 118,3 und 127,1; Is 42,24 28 – 30 Tenebo … sempiterna] Ps 72,24 36 donec … pariendi] vgl. Lc 2,6
Das liecht der gotheit – Buch I, 9,20 – 10,7 | 51
20 hon angenommen mit zweien scharen, der Juden vnd der heiden, vnd wil
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zu͗ dir wider fu͗ren mit sig alles Israel.” Nach dissen gehorten reden sprach der heilig geist zum vatter: “Almechtiger gott, vnser vßgon in die welt wirt hu͗bsch sin vnd fast wunderbarlich. Wir wollen von hinnen gon mit vil gloria vnd doch nit weichen von vnser herligkeyt, vnd vnser hoͤ hi wollen wir nit entziehen dyenen, den hye sindt. Bisher bin ich gesin ein tru͗wer hu͗eter der iu͗ngfrow Marie vnd ir wegfertiger in yr selber.” Also vß beider bitt ward bewegt der vatter vnd sprach zum heiligen geist: ʾᵉn in die hertzer aller deren, xxj “Du͗ wirst werden der liechtrager vor | mÿnem su die gietiglich bewegt werden von sinenn brinnnenden predigen. Vnd du͗ ʾᵉn, nym vff dich dein krütz vnd farhin in Egiptum vnd erloeß min volck! su Ich wird mit dir sein meher dan mit Moysi, vnd wirt wandeln mit dir in allen dinen wegen. Ich will vffhalten dine gerechte hand, vnd in mynem willen wil ich dich hinfu͗ren, vnd wird dich mit ewiger glori wider zu͗ mir fu͗ren. Ich han dir bereyt ein vnschuldige vnd vnu͗orserte mu͗tter der iu͗ngfrowschafft, vnd vß welcher die vorgiffte natu͗r des vnadelichen volcks eerlicher vnd reiner an dich moͤ gest nemen vnd sy, also dir voreiniget, vnvßsprechlichen erhoͤ hen.” Do ist bescheen der vßgang mit froͤ den vom allerhoͤ chsten himmel bis in den ʾᵉn geistlichen tempel Salomonis, in welchem ix monat der ewig eingeborn su gottes wolt bliben vnd angeben werden, so lang bis erfu͗llt wu͗rden die tag Marie zugeberenn.
[10.] Von der glori der tryer person vor der menschwerdung Christi vnd von der anschauwng der engel [XXIv] | Ich sach vnd sich drÿ person in ewiger hoͤ hin. Ee dan die iungfrow den ʾᵉnn gottes empfing, hand die heiligen engell die dry person mit su 5 vnderscheidt angeschowet in einigkeyt vnd yer namen, vnd das die dry personen seind ein warer gott. Wiewol sy einer claren erkantnu͗s sind, so hand sy doch nit alle heimlickeiten der zukunfftige menschwerdu͗ng
23 vßgon] gon mit Bleistift unterstrichen, MZ am lR 24 gon] mit Bleistift unterstrichen, MZ am lR 26 gesin] mit Bleistift unterstrichen, MZ am lR 29 mÿnem] mÿ korr. aus im | hertzer] r mit Bleistift durchgestr. 30 gietiglich] ie mit Bleistift unterstrichen | sinenn] korr. aus sinem 41 angeben] ben mit Bleistift unterstrichen, MZ am rR
52 | Lux divinitatis – Liber I, 10,8 – 11,16
nec victum nec gloriosum nomen Ihesu uiderunt. Abscondita erant hec mirabiliter ab oculis eorum in pectore Patris eterni. Patrem nominauerunt deum eternum increatum, Filium sapienciam inprincipiatam, vtriusque Spiritum rectam ueritatis scienciam uocauerunt. Ardentes angeli de supremo consilio ad conspectum amantis deitatis attracti ipsius Spiritu dependentes seruierunt uideruntque illud deliciosum consilium: deum futurum fieri incarnatum. Gabriel solus cum salutacione diuina adduxit nobis de celestibus nomen Ihesus, neque datum est ei ut ossa uel carnem uel sanguinem secum deferet ad uirginem perpetuo incorruptam. Secunda in trinitate persona semper fuit Filius, licet necdum hominem assumpsisset. Noster semper erat, licet per Gabrielis nuncciacionem nondum nobis insinuatus esset. Quod si hec persona | secunda ante nunciacionem hanc propter nos redimendos caro extitisset, principium esset caro, quod nunquam fuit.
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FL IV, 14, 14–48 [11.] De oportunitate incarnacionis Filij dei – In eodem Hec eadem secunda persona unita fuit in predestinacione humanitati Ade, (266,24–270,6) priusquam per culpam deprauata sua naturali gloria priuaretur. Cum igitur natura eius corrupta et mutata perpetuoque fuit dampnata, non hanc elegit deus. Ideo reparari po(56ra)tuimus et in pristinam restitui dignitatem. Deus 5 suam nobilem amantem naturam integram retinuit, idcirco se a nobis continere non potuit. Deus extimplo abiecit Luciferum eterno carcere condempnatum. Adam uero pie sequitur interrogans, vbi sit, ipsumque ad uiam reduxit. Lucifer non habuit nisi simplicem in deo naturam. Qua 10 perdita nequaquam potuit reparari.
Homo plenam in sancta trinitate habet naturam, quam deus eciam propriis manibus creando formare dignatus est. Qui sue sancte creacionis diligencia frustratus coactus in seipso delectacione eterna uoluit nos recolligere suis manibus et pedibus propter magnam nature conformitatem. Si homo in paradyso mansisset, deus cum ipso singulariter affuisset animam ipsius 15 alloquens et salutans, corpus letificans et confirmans.
Kap. 11: auch Ra 8 victum] zur Deutung dieser Lesart vgl. Becker 1951, S. 26 | uiderunt] viderant Ra 20 principium] principuum Rb 11,1 In eodem] capitulum 17m Ra 5 restitui dignitatem] restringeri (?) dignitatem restitui, restringeri (?) durchgestr. Ra 8 condempnatum] dampnatum Ra 9 Lucifer] mit EZ am rR Ra 11 deus] fehlt Rb Ra, Konjektur nach Ed. (455,15) und Neumann 1993, S. 73, Anm. zu FL IV, 14, 27 13 delectacione] dileccione Ra 14 magnam] magne Ra 16 confirmans] conformans Ra
Das liecht der gotheit – Buch I, 10,8 – 11,19 | 53
du͗rchsehen. Das war wunderbarlich in dem hertzen des ewigen vatters verborgen vor yeren ou͗gen. Den ewigen vnerschoͤ pfften gott nembten sy ʾᵉnn, die rechte erkantnu͗s der 10 den vatter, die vnangefengt wysheyt den su warheit nembten sye beyder heiligen geist. Die brinnenden geist, vom hoͤ chsten ratt gezogen zu͗ dem amplick der liebhabenden gottheit, die do hangent an sinem geist, hand gedienet vnd hand gesehen disen wollustigen ratt, das gott solt mensch werden. Gabriell allein, mit gotlichem gru͗eß, hatt 15 vns vom himmel zugebracht den namen Jesu͗s. Im ist nit zu͗gelossen, das er bein, | fleisch oder blu͗tt zu͗ der ewiglich vnzerstoͤ rte iu͗ngfraw mit ym brecht. xxij ʾᵉn gesin, au͗ch ee dan sy die Die ander person in der gotheyt ist alweg su menscheit an sich nam. Er was alweg vnser, au͗ch ee dan er vns durch vorku͗ndu͗ng Gabrielis erbotten ward. Wer disse andere person vor der 20 vorkundu͗ng, vmb vns zu͗ erloͤ sen, fleisch gesin, so were das fleisch der anfang; des doch nie ist gewesen.
5 [XXIIv]
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[11.] Von der geschicklickeyt der menschwerdung des sun gots Der sun gottes in dem ewigen fürsehen ist voreiniget gesin der menscheit Ade, ee das sy, boßhafftig gemacht du͗rch die schuld, berau͗pt was yerer natu͗rlicher glorj. Darumb, do sein natu͗r zerstoͤ rt, gewandlet vnd ewiglich vordammet was, hatt gott die selb nit vßerwelt. Darumb mochten wir widergebracht werden in die vorige wu͗rdigkeyt. Gott behielt sin adeliche vnd gantz lieblich natu͗r; doru͗mb | mocht er sich von vns nit enthalten. Gott, von der hohi herab, verwarff zu͗hant Lu͗ciferu͗m, der vordammet was, in dem ewigen kercken. Aber dem Adam volgt er goͤ ttlich nach, vnd fraget yn, wo er were, vnd furet yn vff den vff weg. Lucifer hett in gott ein einfaltig vntailbarliche natu͗r. So er die vorlor, so hatt nit mogen widerbracht werden. Der mensch hatt ein volkomne natu͗r in der heiligen tryfaltigkeyt, welche au͗ch mit eigen henden den menschen erschaffen hatt. Do aber er seiner heiligen erschaffnu͗s fru͗chtloͤ ß was, ward er zwu͗ngen in siner innern liebin in ym selbs, vnd wolt vns mit seinen henden vnd fu͗essen zu͗sammen lesen vmb grosse glichi der natu͗r. Wer der mensch im paradis bliben, so wer gott sonderlich bey ym gewesen, hett seiner selen zu͗gerett vnd erbotten, vnd seinen leib frolich vnd starck gemachet.
10,8 du͗rchsehen] links von dieser Zeile MZ 9 nembten] mb mit Bleistift unterstrichen, MZ am lR 11 nembten] mb mit Bleistift unterstrichen, MZ am lR 14 gru͗eß] eß mit Bleistift unterstrichen, MZ am lR 11,8 herab … zu͗hant] heraber warff zu, korr. nach LD I, 11, 7 17 natu͗r] MZ am lR
54 | Lux divinitatis – Liber I, 11,17 – 12,15
Vidi dominum de celo in paradyso uenientem similem angelo glorioso. Hec eadem natura cogit ipsum, ut cognicione in presenti et deuocione intima nos salutet, prout uirtutibus et innocencia inuenerit preparatos. Cum mente reuoluo, quod diuina natura nunc carnem et ossa, corpus habet et animam, 20 eleuor cum gaudio longe super propriam dignitatem. Angelus est dei signaculum, simplex tamen spiritus. Anima vero cum carne sua celorum est domina ad dexteram dei residens in gloria maiestatis. Ibi oculus in oculo, spiritus in spiritu affluit delicijs; ibi manus manu contingitur, os ori colloquitur. | Hec est ineffabilis gloria, qua dominus dominam in sua Ed. 456 sublimat et magnificat dignitate. Verumtamen principes et ministri, sancti Omnes sunt angeli, diuino semper assunt conspectui, quorum famulatus, omnisque amministratorij laus humanitati Christi, que celorum est domina, tribuitur et asscribitur per Spiritus graciam unionis. Iuxta quod hic gracia et sanctis uirtutibus refulgemus, 30 ministrorum nostrorum nobilitas estimatur. Nota
[12.] De desiderio virginis et incarnacione uerbi dei – Quinta parte xxiij
FL V, 23, 4–38 (362,7–364,25)
Modus orandi Vidi speciosam virginem in suis oracionibus constitutam. Corpus quidem virginem eius ad terram inclinatum erat, diuinitati vero spiritus eleuatus intendebat.
Nam antequam Christus celum sue crvcis claue reseraret, non est tam sanctus inuentus quisquam, qui posset uel presumeret laboribus 5 conscendere uel desiderijs attingere uel amore complecti celsitudinem trinitatis. Ipsa eciam virgo mundissima Ade obstante peccato capere nequiuit, quam postmodum attingit spiritu, excellenciam maiestatis. Verum inclinauit se interdum maiestas consolans amicos suos, ut eius intelligerent uoluntatem. Clamabant prophete ipsum inuitantes; precipue tamen virgo 10 (56rb) hec altitudinem illam ad hec infima uoce sua melliflua inclinauit, dicens in oracionibus suis: “Domine sancte Pater, gaudens gaudeo in te gracias agens, quod unigenitum tuum ex utero uirginis carnem sumere pro salute hominis constituisti, sicut per prophetarum oracula spopondisti. Quam tante dignacionis et salutis graciam, ut humana consequatur 15
Kap. 12: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 14 (sicut – spopondisti) 17 paradyso] paradysum Ra | Nota] vaH Rb, fehlt Ra 23 in1] et Ra 24 contingitur] stringitur Ra 27 Omnes … Spiritus] vaH Rb, fehlt Ra 28 humanitati] humanitatis Ra 12,1 De desiderio] Desiderio Rb | Quinta … xxiij] Caput 18m Ra 2 Modus … virginem] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL V, 23, 4 (362,7) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 227 4 claue] mit EZ am lR Ra 7 obstante] stante mit EZ am rR Ra 8 postmodum] postea Ra | attingit] attigit Rb 9 interdum] interram Ra | maiestas] korr. aus maiestatis, ta radiert Rb | intelligerent] intellierent Rb 11 sua] sua n (n durchgestr.) Rb 12 dicens] dominus Ra | gaudeo] gavdio Ra 13 quod] quia Ra
Das liecht der gotheit – Buch I, 11,20 – 12,18 | 55
20 Ich sach gott von himmel in das paradis kommen gleich einem glorificirten
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[XXIIIv] 35
engel. Die selbig natu͗r | zwingt yn, das er vns in disem leben mit der xxiij erkantnu͗s vnd inneren andacht thu͗t grŭessen, nach dem er vns in vnschult vnd tugent findt bereit. So ich in gemúett betracht, das gott yetzu͗ndt hatt fleisch, bein, leip vnd seel, so wird ich erhebt hoch in freu͗den vber myne eigne wurdigkeyt. Der engel ist das zeichen gottes vnd ein vntoͤ tlicher geist. Aber die seell mit yrem leip ist die fraw der himmel, die sitzt zu͗ der gerechte gottes in glorj der maiestat; do das oüg in oŭg, der geist in geist zu͗flūist in wollu͗st, vnd die hand mit der hand wurt angegriffen, vnd mit mu͗nd zu͗ mu͗nd wirt gerett. Das ist die vnawssprechlich glori, mit welcher der herr dise frow erhoͤ cht vnd grosmachet in siner wu͗rdigkeyt. Abber doch, die fursten vnd diener, die heiligen engel, sint alweg by dem gottlichen amplick; welcher dienst vnd alles lob zu͗gelegt vnd zugeschriben wirt der menscheit Christi oder du͗rch genod der voreinigu͗ng. Welche ist die fraw der himmel vnd nach dem, das wir hie scheinent | mit genad vnd mit heiligen tu͗genden, dar vß wu͗rt der adell vnsers diensts gebrysen.
[12.] Von der begird der iungfrowen vnd menschwerdung des worts gottes Ich sach ein schoni iungfrow in irem gebett gestelt. Yer leip was zum ertrich geneigt, aber der geist, vfferhebt, merckt in die gottheyt. Wan ee dan 5 Christus den himmel vffschloß mit dem schlussel sines cru͗tzes, ward keiner so heilig gefu͗nden, der do mocht oder vormeint, mit eigner arbeyt vffzu͗stigen, oder mit begirden anreichen, oder mit liebi vmbfassen die hoͤ hi der tryfaltigkeyt. Auch die aller reinste jungfrow mocht nit begriffen, vmb widerstand der su͗nd Ade, welchi sy darnach anru͗ret im geist, die hoͤ hi der 10 maiestat. Dennocht, ettman neigt sich die maiestat, vnd gab trost sinen fru͗nden, das sy erkennetten sinen willen. Die propheten schrigent vnd theten yn laden. Sunderlich | dise iüngfrow, mit siesser stim, neigt die xxiiij hoͤ hin zu͗ dissen vndern dingen mit yerem gebett sprechende: “O herr, heiliger vatter, mit froͤ den frew ich mich in dir vnd sag danck, das dein ʾᵉn vß iungfrowlichem leib vmb heil des menschen hast wollen 15 eingeboren su fleisch werden, als du͗ ou͗ch durch die wyssagüng der propheten ferheissen hast. Solliche genad solcher gu͗twilligkeyt vnd hails begere ich mit myner demu͗tigen iu͗ngfrowschafft vnd mit allen goben, mir von dir vorlu͗hen, au͗ch
23 gemúett] korr. aus gemúettem 28 zu͗] anschließend z durchgestr. 30 grosmachet] mit rundem s in der Mitte - zunächst zwei Worte vorgesehen(?) 35 dar] korr. aus das
56 | Lux divinitatis – Liber I, 12,16 – 43
indigencia, uirginitate mea humili omnibusque donis michi collatis a te totis uisceribus desidero impetrare.” Missus ergo angelus Gabriel a deo ad eam astitit fulgens celesti lumine et uestimento, cui in terris simile non uidetur. Circumfulsit et uirginem lux diuina, uidensque angelum expauescens cum reuerencia assurrexit. Intuens autem uultum coram se stantis angeli pudicicie sue et uirginitatis in eo similitudinem recognouit stans cum disciplina erectis ad deum sensibus aure sua ad obedienciam | inclinata. Tunc eam salutans angelus mittentis se ei exposuit uoluntatem. Erant eloquia angelica cordi eius super mel dulcia, replebanturque sensus eius delectacione diuina, animaque eius facta est calore Spiritus Sancti ignea. Virginali tamen uerecundia karitateque dei plena querens prudenter ab angelo delegacionis sue concupiuit edoceri oraculo. Qui cum, que per Spiritum Sanctum, quod nunciabat, complendum assereret, apertum est cor uirginis ad pie uoluntatis affectum et ad plenum diuinissime concepcionis consensum.
20
Ed. 457 25
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Ich gibe mich gote Et humiliato corde et deuoto spiritu flexis genibus inclinata dixit: “Ecce nah dinen worten . ancilla domini, fiat michi secundum uerbum tuum.” Ad hanc uocem
deprimentis se humillime virginitatis et desiderantis ardentissime caritatis sancte trinitatis infinita maiestas et inmensa benignitas exultauit. Stabat enim caritas capite rore pleno ad ostium uirginis et pulsabat. Moxque ut 35 dilatati cordis per fidem pessulum apperuit, Spiritu Sancto superueniente uirtuteque altissimi obumbrante ex purissimis uirginis sanguinibus conceptus est desideratus cunctis gentibus, electus ex milibus, sempiterni Patris Filius, perfectus in anima et corpore homo deus, integritate salua, 40 virginitate fecunda. Esurgens igitur uirgo inpregnata diuinitus gracias agens dixit: “Laudo te, Pater adorande, magnificasti enim me eritque celi et terre mea progenies ueneranda.”
18 angelus] fehlt Ra | ad eam] mit EZ am lR Ra 19 et] eciam Ra 22 sensibus] occulis sensibus, occulis durchgestr. Ra 30 consensum] [con]ssensum, erstes s durchgestr. Ra 31 inclinata] mit EZ am rR Ra | Ich … worten] vaH in Entsprechung zu FL V, 23, 27f. (364,11f.) Rb, fehlt Ra 42 adorande] adorando Rb, adorand' Ra 18 Missus … eam] vgl. Lc 1,26s 24 Erant … dulcia] vgl. Ps 18,11 und 118,103 31 humiliato corde] vgl. Ps 106,12; Dn 5,22 | Ecce … tuum] Lc 1,38 41 – 43 Laudo … ueneranda] vgl. Lc 1,46s
Das liecht der gotheit – Buch I, 12,19 – 51 | 57
mit allen minen innern gelidern - das die menschlich notdürfftigkeyt 20 erlange, beger ich zu͗ erwerben.”
25 [XXIVv]
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Darumb ward zu͗ ïr geschickt der engel Gabriel; stu͗nd by yr scheinend mit himmelischen licht vnd kleid, des glich vff erd nye ward gesehen. Vnd das gotlich liecht vmbschin au͗ch die iüngfrow; vnd do sy sach den engel, erschrack sy. Mit eren stu͗nd sy gegen ym vff. Do sy ansach das antzlu͗t des engels, so bey yr stu͗nd, erkant sy in ym die gleichj yrer scham vnd iu͗ngfrowschafft, vnd stu͗nd mit zu͗cht, mit vfferhebten sinnen zu͗ gott, | mit geneigten oren zu͗ der gehorsami. Do gru͗sset sy der engel vnd erkleret yr den willen des, der yn gesent hatt. Die engelisch rede waren yerem hertzen su͗eß vber hoͤ nigk vel hu͗ng, vnd yere sin warden erfu͗lt mit gottlicher wollu͗st, vnd yr seel ist worden fu͗rin von hitz des heiligen geistes. Aber sy was vol der iüngfrowliche scham vnd liebi gottes; fraget klaͤ glich von dem engel, wolt vnderwysen werden von dem wort siner bottschafft. Do er in der worheit bekant, das durch den heiligen geist solt volbracht werden, das, das er verkündet: do ist vffthon wurden das hertz der iu͗ngfrowen zu͗ der begïrd eines gũtigen willens vnd zu͗ volkomner verwilligung in die goͤ ttliche empfengnu͗s. Vnd mit gedemu͗tïgem hertzen vnd andechtigem geist, geneigt mit gebognen knu͗wen, sprach sy: “Nimwar, ein dienerin des herrens; mir geschech nach dynem wortt.” Zu͗ disem wort der demu͗tige iu͗ngfrowschafft begirlicher vnd aller inbru͗nstigen liebin hett sich erfrowet die vnentliche herschafft vnd vngemessene | gu͗tigkeyt der heilige tryfaltigkeyt. Wan die liebin stond vor der thu͗r der iu͗ngfrow mit dem vollen hau͗bt vom thow vnd thet anklopffen. Bald sy den rigel des vßgespreiten hertzen durch den glou͗ben vffthett, do ist vom oben herab kommenden heiligen geist vnd vß vmbschattender krafft des allerhoͤ chstens vß dem reinsten blutt der iu͗ngfrow empfangen der, der do was begert von allen volkern, vßerwelt vß ʾᵉn, volkommen in seel vnd leip mensch gott, tu͗senten: des ewigen vatters su mit vnzerstoͤ rten vnd fruchtbarer iu͗ngfrowschafft. Darumb stund vff die von gott schwanger gemacht iüngfrow, seyt gott danck, sprechend: “O vatter, den alle ding sollen anbetten, ich lob dich, wan du͗ hast mich gros gemacht, vnd min geschlecht wirt erwu͗rdig den himmeln vnd der erden.”
Nota vom engelischen gru͗es · )
Aue Maria
xxv
12,29 hoͤ nigk … hu͗ng] hoͤ nigk v[e]l hu͗ng; sonst in Rw immer hu͗ng für "Honig" 44 heiligen] mit EZ in Rot am rR
58 | Lux divinitatis – Liber I, 13,1 – 22
[13.] De partu et lacte virginali et inuolumentis uilibus Christi nati – In eodem Appropinquante partus tempore, cum solent grauari et tristari puerpere Eue preuaricatricis emule, leuigata est et exultauit noua nostre salu(56va)tis puerpera. Quamvis enim uterus pregnantis tumesceret uirginis matris, non grauabatur tamen carne concepta de Spiritu Sancto Filij dei Patris. Portabat enim uerbum, quod uirtute sua portat et condidit uniuersa. Processit itaque natus in Bethleem diuersorio, mundi conditor carens hospicio, ut nos in celesti collocaret palacio. In uia nascitur | uia, ne erremus per deuia, dum in hac tenebrosa peregrinamur uia lucente stella maris preuia.
FL V, 23, 38–81 (364,25–368,9)
5
Ed. 458 10
Aspiciens autem iam natum virgo filium, inclinans ad faciem speciosi infantuli caput suum dixit: “Aduenisti innocens et desiderabilis Fili omnipotens mi domine. Tua est uniuersitas creature.” Sumpsit itaque uirgo pannum asperum, qui sub Ioseph sellula aselli tergo adheserat, superioremque proprie uestis partem, qua adhuc in utero 15 latentem deum contexerat, hijsque inuolumentis uilibus ac duris regalis mater et delicata virgo protexit debilia membra recenter ex se geniti dei sui, eumque in presepio reclinauit. Tunc uocem primam similem omnibus emisit plorans. Dicitur, quousque paruuli sunt infantes, non plorant nisi legitimi doloris anxietate coacti. Sic 20 paruulus puer iste nobilis, qui natus est nobis, dum in uili stabulo pro peccato sordido super iumentorum duras stipulas locaretur, humani
Kap. 13: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Textumstellung nach Z. 13 (vgl. FL V, 23, 50–55 [366,5–12] und LD I, 14, 9–16), 28f. (Erantque – nutrimento) sowie Textumstellung und Texterweiterung nach Z. 31f. (vgl. FL V, 23, 68f. [366,29f.] und FL V, 23, 75f. [366,38f.]) 13,1 lacte] lacta Ra | nati] nati[uita]te Ra | In eodem] Capitulum 19 Ra 3 tempore] tempus (tpz mit Kompendienstrich) Rb, ip[s]e Ra 5 pregnantis] korr. aus pugnantis Rb 6 grauabatur] grauabantur Rb 10 peregrinamur] pergrinius Rb, peregrimus Ra | stella maris] maris stella Ra 11 speciosi] speciosi sponsi Ra 13 uniuersitas creature] mit EZ am lR für durchgestr. immensa natura Ra 16 regalis] regia Ra 13,7 quod … uniuersa] vgl. Col 1,16 9 In … preuia] Der lateinische Text operiert mit Vokabeln, die auch in Marienhymnen auftauchen, vgl. etwa Stella maris praevia, / Salvos nos duc per devia (›De beata Marie V.‹, in: Blume/Dreves 1899, S. 159, Nr. 114, Str. 17), Errantes per devia; / Salva servos, stella maris (›De incarnatione D. N.‹, in: Dreves 1888, S. 162, Nr. 27, Str. 3) und Et stella nostra praevia / Praecedens, per te devia / Incerti ambulamus (›Aureum Alma B. M. V.‹, in: Blume/Dreves 1898, S. 286, Nr. 161, Str. 9). 18 eumque … reclinauit] Lc 2,7
Das liecht der gotheit – Buch I, 13,1 – 28 | 59
[XXVv] 5
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15
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[13.] Von der iüngfrowliche geburt vnd milch vnd tüechlin Christi gebornenn Do sich zünahet die zitt der geburt, wiewol ander kindgebererin gewon schwer | vnd tru͗rig sein in dem nachvolgerin der vbertretterin Eu͗e, ist die iu͗ngfraw leicht worden vnd froͤ lich als ein newe gebererin vnsers heils. Wie wol der leip der schwangere iu͗ngfrow mu͗tter vffging, leid sy doch kein ʾᵉns schweri vom fleisch des, der empfangen was vom heiligen geist, des su gottes. Wan sy trug das wort, welches in siner macht tragt vnd hett erschopfft alle ding. Also ist durch gebu͗rt in die welt gangen der erschoͤ pffer der welt in einer hu͗tten zu͗ Betlehem. Wan er manglete einer herberg, das er vns wer setzen in den himlischen pallast. Der weg wirt geborn im weg, das wir nit irren du͗rch die vnwegsame steett. Die wil wir wandlent in disem finstern weg, so vns thut leüchten der vorgendig morgenstern. ʾᵉn; neigt yer haübt zu͗ dem antzlu͗t Die iu͗ngfraw sach an den ietztgebornen su ʾᵉns sprechend: “Almechtigs vnschuldigs vnd begirlichs kind, des schonen su min herr: dein ist alle creatu͗r.” Also nam die ju͗ngfrow ein ru͗ch tu͗ch, das do was gehangen vnder dem sattel vff dem eselin Joseph, | vnd den oͤ bern teil ires eignen kleides, mit xxvj welchem sy bedeckt hatt den herren, allwil er noch vorborgen lag in yrem leib. In solliche schnode tu͗chlin vnd ru͗he hatt die ku͗nigliche mu͗tter vnd iu͗ngfrow ingewicklet die schwache gelider des vß ir new gebornen, ires gottes, vnd hatt yn in ein kripffe gelegt. Do hatt er sin erste stimme glich allen andern vßgelassen mit weinen. Man spricht, das die kleine kindlein nit weinen, so lang sy vnredent seyen, es sey dan, das sy gezwüngen werdent mit angstigen schmertzen. Also dises klein edel kindlein, das vns geboren ist: Do es im schnoͤ den stall vmb der stinckenden su͗nd wegen ward gelegt vff die herten stu͗pfflen der vnu͗ornünfftiger thierer, hatt beweinet die arbeitseligkeyt des menschlichen
60 | Lux divinitatis – Liber I, 13,23 – 48
generis miseriam deplorabat. Ibi abscondite sunt divicie, delicie et potencia maiestatis. Tunc, qui dat escam omni carni, esurit; et refriguit, qui uenit mittere ignem 25 in terram, quo omnis fidelis anima accendatur. Blandiens ergo materna compassione uirgo paruulo puellari obsequio inclinata dulcia vbera prebet nato. Erantque de celi rore redundancia, talis infantis alimento congrua | et Ed. 459 diuinissimi corporis aptissima nutrimento. Delectabatur tunc infans ab 30 ubere, materque de Filij misericordia et amore.
Concinebant angeli gloriam et laudem in excelsis, quippe paruulus in humanitate, virgo mater in dignitate, partus in inaudita nouitate. Audite nunc noua, mira, inaudita: lucens pudicissimi serenissimi visus floricio; et spiritualis uirginalis vvltus pulcritudo; affluensque ac redundans mundissimi cordis dulcedo; deliciosa quoque nobilis anime iubilacio Dei 35 Patris, uoluntate ac Sancti Spiritus suauitate pro incarnati Filij necessitate in pudici pectoris vbera sunt collecte: fluxitque lac de uirginis corde sine affliccione et dolore. Suxit(56vb)que tunc magnus deus ut paruulus homo, et letabatur mater, quia post partum lactabat uirgo.
Venerunt et pastores festinantes et inuenerunt Mariam et Ioseph et 40 infantem positum in presepio. Et dixi ad Mariam: “Quo abijt dilectus sponsus tuus Ioseph, o pulcherrima mulierum?” “Civitatem” ait uirgo “ingressus est, ut panem pauperem paruosque pisciculos nobis emat, quibus cum aque poculo refecti deo gracias 45 referamus.” Et aio ad uirginem: “O domina, tu pane pulcherrimo uinoque delicatissimo refici super omnes huius mundi reges et principes meruisti.”
26 in … omnis] quo omnis in terram mit Rb entsprechenden VZ Ra 32 in2] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG I, 13, 40 37 in pudici] Impudici Ra 47 pulcherrimo] pulcherrima Ra 25 qui1 … carni] Ps 135,25 28 Erantque … redundancia] vgl. Gn 27,28 40 Venerunt … presepio] Lc 2,16 48 super … principes] vgl. Ps 2,2
Das liecht der gotheit – Buch I, 13,29 – 58 | 61
ʾᵉste, gewalt vnd geschlechts. Do sind vorborgen worden die reichthu͗mb, lu 30 hoͤ rlickeyt der maiestat. [XXVIv]
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Do hott der hu͗nger gelitten, der do gibt speis allen hu͗ngerigen; do erkaltet der, der do kan das fewr senden vff erden, | mit welchem ein igliche glou͗bige seel soll angezu͗nt werdenn; do liebit die ju͗ngfrow mit mietterlicher mitlidu͗ng dem kleinen kindelein, geborn vnd geneigt mit ʾᵉn yre su͗essi bru͗st, welchi vol waren vom megtlichem dienst, embott dem su himmelischen thow, vnd gemesß der speis eines solchen kindes, vnd alles geschicktest zu͗ naru͗ng des goͤ ttlichen leibs. Do hett froͤ d dises kind von der ʾᵉnß. bru͗st, vnd die mutter von der erbermd vnd liebi yres su Do su͗ngent die engel: “Glori vnd lob in der hoͤ hin” et cetera. Wan das kind in der menscheit, die iunngfraw mu͗tter in der wïrdigkeyt, vnd gebu͗rt in vngehoͤ rter nuwigkeyt. Horen nun nu͗we wu͗nderbarliche vnd vngehoͤ rti ʾᵉhu͗ng der aller kwschesten vnd dapffersten ansehu͗ng; ding: Die liechte blu vnd die geistlich schoͤ ni des iu͗ngfrowlichen angesichts; die zu͗flissend vnd vßgiessend siesse des reinsten hertzens; die wollu͗stige vnd adelliche jubiliru͗ng der seel vß dem willen gottes des vatters vnd vß siessigkeyt des ʾᵉns, der do mensch worden was, seind heiligen geistes vmb nott des su gesamlet worden in die bru͗ste des | kwschen hertzens: Die milch floß vom xx7 hertzen der iu͗ngfraw on schmertzen. Do sog der gros gott als ein klein kind, vnd sin mu͗tter was froͤ lich, wan sy seu͗get nach der gebu͗rt als ein iu͗ngfraw. Es kament au͗ch die hirten eilende vnd funden Mariam vnd Joseph vnd das kint gelegt in die kripffen. Vnd ich sprach zu͗ Maria: “Wo ist hingangen din gespons Joseph, o aller schoͤ nste vnder den wyben?” Sprach die iu͗ngfrow: “Er ist gangen in die statt, brott zukau͗ffen der armen vnd klein fischlein, mit welchen, vnd mit dem wassertru͗nck, so wir gesettiget wu͗rden, gott dancksagtten.” Do sprach ich zu͗ der iu͗ngfraw: “O fraw, du͗ hast vordient gesettiget zu͗werden mit dem aller schoͤ nsten brott vnd lustlichen wein.”
13,38 – 46 erbermd … seind] einzelne Wörter dieser Passage sind mit einfachen oder doppelten akzentähnlichen kurzen Schrägstrichen (Tinte) überschrieben (siehe Einzellemmata), deren Funktion unklar bleibt: vielleicht eine Vorlesehilfe (?) 38 yres] einfacher Strich über dem y 39 su͗ngent] einfacher Strich über ge | kind] einfacher Strich über dem n 40 iunngfraw] einfacher Strich über dem n(?) | in2] einfacher Strich über dem n | wïrdigkeyt] einfacher Strich über dem y 41 nuwigkeyt] doppelter Strich über dem u, einfacher Strich über dem y | Horen] doppelter Strich über re | nun] einfacher Strich über dem u 42 kwschesten] doppelter Strich über dem w 43 iu͗ngfrowlichen] doppelter Strich über dem o, einfacher Strich über dem c 44 siesse] einfacher Strich über dem e wollu͗stige] einfacher Strich über dem g 45 jubiliru͗ng] einfacher Stich über dem r | siessigkeyt] doppelter Strich über dem ie, je ein einfacher Strich über g und y 46 seind] einfacher Strich über dem n 47 worden] einfacher Strich über dem n 50 funden] fundem
62 | Lux divinitatis – Liber I, 13,49 – 14,27
“Nequaquam” ait humilis virgo “diuitum sunt hec nec potest nostra 50 paupertas huiusmodi conparare.” [14.] De oblacione magnifica trium magorum et insidijs Sathane – In FL V, 23, 81-104 (368,10–370,2) eodem Cvm natus esset Ihesus in Bethleem Iude in oriente, stella noue claritatis apparuit, per quam magorum intuencium corda noua gracia illustrantur. Dispositisque regijs muneribus in Iudeam proficiscuntur adoraturi 5 paruulum, quem radiante stella in mundo didicerant regnaturum. Quos insidians uersute insecutus est Sathanas in Bethleem, crudelique intuitu respexit paruulum uagientem. O iocundum iudicium et stupendum miraculum! Dum conciperetur et in utero uirginis gestaretur; dum nasceretur et in gremio matris, priusquam in presepio poneretur, dulciter foueretur: puer iste trinitatis lux inaccessibilis tam potenter affuit, ignisque caritatis tam uehementer in corde virginis matris ardens ferbuit, quod infernalis spiritus, qui ubique insidiando circumuolat et circuit, nunquam terre aut loco, vbi Maria mansit, sic appropinquare potuit, quod hoc inusitatum experiretur miraculum, quemadmodum infans iste uenerit in hunc mundum. Quem dum tam magnificis muneribus a regibus conspiceret honorari, anxia cogitacione dixit intra se: “Heu me infelicem! Quid nunc accidit? Forsitan hic puer est, de quo prophete predixerunt ad eius concep|cionem maculandam me uenire Lucifer, rex meus, tam crebro mandauit, ut eius durissimo uniuersitas humani generis subiceretur dominio, ac gehennali dampnata periret supplicio. Nisi sine peccato conceptus foret et natus, a me non esset vtique occultatus. Delusa est ars mea et omnis uersucia. Reuertar ergo ad Luciferum inminentem nobis calamitatem significans, quoniam super (57ra) nos confortabitur puer iste, et quomodo nostra sustinebit proterua calliditas, ut sibi talis donetur infirmitas? A seculo non est infans natus, cui honor tam magnificus sit oblatus.”
10
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Ed. 460 20
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Kap. 14: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 9–16 (Textumstellung, vgl. FL V, 23, 50–55 [366,5–12] und LD I, 13, 13f.) 49 Nequaquam] Nec quaquam Ra | ait] diuitu ait, diuitu durchgestr. Ra 14,1 magorum] regum Ra Sathane] dÿaboli id est sathane Ra | In eodem] Capitulum 20m Ra 9 iudicium] mit EZ am rR Ra | et1] videre et Ra 15 experiretur miraculum] miraculum cognosceret Ra 17 tam] fehlt Ra | magnificis] magnificis¦cis, cis durchgestr. Rb 18 intra] infra Ra 19 prophete] vaH mit EZ am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb | predixerunt] pre mit EZ am rR Ra | eius] cuius Ra 20 maculandam] am vaH Rb 23 occultatus] occultus Ra | omnis] is vaH Rb 24 ergo] mit EZ üdZ Ra 26 talis donetur] d[omi]netur talis Ra 14,3 Cvm … oriente] Mt 2,1
Das liecht der gotheit – Buch I, 13,59 – 14,29 | 63
Antwu͗rt Maria: “Mit nichten, nicht! Das gehoͤ rt zu͗ dein reichen; vnser armu͗t 60 mag disse ding nit erkau͗ffen.”
[14.] Von dem erenrichen opffer der heiligen dry künning [XXVIIv]
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[XXVIIIv]
Do geborn was Jesus zu Betleem, | Ju͗de, erschin ym vffgang ein stern einer nu͗wen clarheit, durch welchen die anschawenden hertzer der ku͗ning wardent mit nu͗wer genad erlüchtet. Vnd do sy hetten die ku͗nigliche gabe zu͗bereit, kommen sy in Ju͗dische landt, anzübetten das kind, so durch den schinenden stern sy gemerckt hetten in der welt regniren werden. Disen hatt gen Bettleem listig nachgeu͗olget Sathanas, vnd mit gru͗samlichen anplick sach er das kind in kintlichem gefert. O froͤ lichs vrteil vnd erschrockenlichs wu͗nderzaichen! Do empfangen vnd in ju͗ngfrowlichem leipp getragen ward, do geboren vnd in der schoͤ s der mu͗tter, ee dan in die kripffe geleget, siessiglich gehandlet wart dises kind: ist ym by gesin das vnzu͗rgenglich liecht der tryfaltigkeyt so mechtig, vnd das feu͗r der liebin brann so hitzig in dem hertz der iu͗ngfrow mu͗tter, das der hellisch geist, der do allenthalb vmbgatt vnd vmbflu͗igt, hatt nie gedoͤ ren zu͗ nachen dem land oder statt, do Maria wonet, das | er erfu͗re das vngebru͗cht xxviij mirackel, in was gestalt dises kind wer kommen in dise welt. Welchen, do er sach mit so eerlichen gaben von den ku͗nigen geeret werden, sprach er in ym: “Wee wir armen vnseligen, was ist nu͗n bescheen? Villeicht der ist das kind, von welchem die propheten hand wysgesagt, zu͗ welches empfengnu͗s zu͗beflecken so flissig mir gebotten hatt Lu͗cifer, min ku͗nig, zu͗kommen, das siner aller schweresten herschafft die gantze mengi des menschlichen geschlechts blib vnderworffen vnd vorderbet, vordammet mit hellischer pein. Er were dan on su͗nd empfangen vnd geboren, so were er vor mir nit vorborgen. Vorspott ist min ku͗nst vnd alle mine listigkeyt. Darumb ich koͤ r widervmb zu͗ Lu͗ciffero vnd wil ym sagen alle vnser ku͗nfftigs leiden; wan dis kind wirt gesterckt vber vns, vnd wie vnser hoffertige listigkeyt mu͗ß liden, das vber sy hersche ein solliche blodigkeyt? Von der welt haͤ r ist nie geboren ein kind, dem | so herliche eer sey erbotten wu͗rden.”
14,8 in] korr. aus mit, it durchgestr.
64 | Lux divinitatis – Liber I, 14,28 – 15,18
Hijs auditis inimicus dentibus infremuit totaque infernalis officina tremuit et dixit: “Si homo iudex noster constitutus fuerit, formidabit et contremiscet fortitudo nostra coram omni homine, qui secundum eius uixerit 30 uoluntatem. Egredere igitur” ait Lucifer ad Sathanam “et accipe principes terre in adiutorium cum magistratibus Iudeorum, ipsosque instigando commone, ne uiuendo diucius quicquam aduersus nostram fortitudinem moliatur.” Veniens autem ad Herodem Sathanas in dampnato homine similitudinem 35 Luciferi, uidelicet inuidiam, superbiam et auariciam, reperit et conspexit. In hac similitudine possedit dyabolus cor eius, et diffundens se in omnibus sensibus eius, sitim ualidam sanguis innocentis inmisit ei, quorum milia furibundus interfecit. [15.] De liberalitate virginis, qua dona regum pauperibus erogauit – In eodem Accepta in caritate fiducia a uirgine Maria sciscitabar, quemadmodum solempnis illa trium regum oblacio adeo defecerit, quod nec agnum, quem offeret pro filio, habuit, cum eum secundum legem Moysi in templo domini presentauit. Respondit pia: “Effluens liberalitatis gracia egenciumque compassionis misericordia sancteque intencionis paupertas uoluntaria illa me terrena substancia spoliauerunt. Agnus meus, quem in templo optuli, est Ihesus Christus, omnipotentis dei Filius, quem de meis genui uisceribus, quem omnis in lege agnorum et animalium immolacio prefigurat. Aliam igitur agni hostiam offerre | non decuit, nec debui oblata uictima, per quam omne sacrificium consumatur. Cum thesauro, quem reges deo Filioque meo optulerunt, subueni omnibus, quos inueni ueraciter indigentes: pupillis, pauperibus virginibusque desolatis, ut matrimoniis iungentur, ne secundum legem tanquam adultere lapidarentur; postea alienigenis et aduenis, infirmis et longeuis senectute confectis de hoc thesauro largiter et misericorditer ministraui.”
FL V, 23, 104-116 (370,3–17)
5
10 Ed. 461
15
Kap. 15: auch Ra 33 fortitudinem] nem vaH Rb 36 et auariciam] Dittographie Rb 38 sanguis] sangui¦nis Ra | milia] multa milia Ra 15,1 liberalitate] ali (vaH?) mit schwarzer Tinte und EZ üdZ Rb, liberalite Ra | regum] magorum Ra | In eodem] capitulum 2j Ra 2 eodem] dem am Ende der folgenden Zeile Rb 4 solempnis illa] illa sollempnis Ra | quod] quid Rb 5 domini] deo Ra 11 immolacio] oblacio Ra 12 offerre] offeri Ra 15 matrimoniis] matrimonio Ra | iungentur] iungerentur Ra 16 postea] Posterea Ra
Das liecht der gotheit – Buch I, 14,30 – 15,19 | 65
30 Do das gehoͤ rt hett Lu͗cifer, hat der findt mit den zenen zittert, vnd die gantz
hellische kammer ist erschrocken, vnd sprach: “Wu͗rt ein mensch vber vns vnser richter gestellet, so wird sich vnser sterckin foͤ rchten vnd erschrecken vor einem iglichem menschen der nach sinem willen lebet.” Darumb sprach Lu͗cifer zu͗ Sathanam: “Gang vß, vnd nim zu͗hu͗lff die fūrsten der erden mit 35 der herschafft der Iu͗den, vnd beweg sy mit dynem eingeben, das sy yn nit lont lenger leben, das er nit vnderstand etwas wider vnser sterckin.” Do kam Sathanas züm Herodes vnd sach in dem selben menschen die glichi Lu͗ciferj neid, hoffart vnd geytigkeyt. In disser gleichni besaß der Sathanas sin hertz vnd goͤ ß sich vß in alle sine sinn, vnnd sendet ym in einen du͗rst 40 nach dem vnschu͗ldigen blu͗tt, deren er vil tau͗sent hatt lassen zornig toͤ tten.
5
10
15 [XXIXv]
[15.] Von der frimiltigkeyt Marie, das sy die gaben der künig den armen gab | Do ich het genommen von der jungfraw in der liebin ein vortrüwen, do xxix frogt ich, wie die herlich begabu͗ng der heiligen tryer ku͗nigk also abgenommen hett, das sy nitt hett ein lemlin, welches sy opffret fu͗r den ʾᵉn, do sy yn nach dem gesatz Moisi in tempel stellet. su Antwu͗rt die iu͗ngfrow: “Die zu͗flissend genad der freymiltigkeyt, vnd die erbermd der armen dorfftigen, vnd das mitleiden, vnd die willig armu͗t einer heiligen meinu͗ng hand mich der irdische substanz berou͗bt. Min lemlin, das ʾᵉn, welchen ich hon in tempel geopffert, ist Jesus, des almechtigen gottes su ich geboren han vß minen gelidern, welchen ou͗ch alle opffer der lemlin vnd der thier im gesatz hand gefigu͗rirt. Darumb solt ich nit ein ander opffer opffern, so ich geopffert hon das lebendig opffer, durch welches alle andere ʾᵉn opffer volbracht werden. Mit dem schatz, den die ku͗nig gott vnd minem su hand geopffert, kam ich zu͗hulff allen denen, welche ich in der warheit fand notdu͗rftig: | weisen vnd armen, vnd den trostlosen iu͗ngfrawen, das sy sich in eelichem standt vorbendent, das sy nit als eebrecherin nach dem gesetz vorsteiniget wu͗rden. Au͗ch den lantfremden krancken vnd den fast alten han ich von disem schatz fast richlich vnd barmherziglich mitgeteilt.”
36 lont] oder lant
66 | Lux divinitatis – Liber I, 16,1 – 24
[16.] De uelo templi, quod uirgo de oblato auro comparauit – In eodem
FL V, 23, 116-155 (370,17–372,30)
Post hanc erogatam elemosinam et exhibitam in miseros pietatem, auri xxx en hungertuoch marce meis oportunis necessitatibus remanserunt. De quorum precio uelum templi sacris misteriis plenum constitui diuinitus inspirata. Erat autem medietas eius coloris nigri et medietas altera can(57rb)dida 5 albedine superfusa. Ad sinistram templi erat nigredo ueli significans tenebras et umbras legis ueteris diuturnas, et erat depictum ymaginibus coloris uirentis acu pictum. Quamuis enim lex ad perfectum nichil perduxerit, erant, cum sub lege a peccati ariditate inmunes, legalibus tum obseruancijs obscurati. Expressit pictura hec abhominaciones, que domini 10 irritabant furorem per culpas, ut omnem diluuio carnem perderet, Noe iusto cum sua familia conseruato. Ad dexteram templi erat uelum micantis albedinis uenustate nitidum significans illustrem Marie virginitatem, que potens est ab omni nos anxietate et cordis molestia liberare. Erantque acu sute auro uolatilium 15 ymagines figurantes eos, qui uirtutum alis gracia contemplacionis semper ad sublimia sustolluntur. Inerat eciam specialiter pictura columbe ramum olyue in ore suo uirentibus folijs deferentis, cuius os innoxium cadauer Ed. 462 horrendum non contigerat et immundum. | en liste Per medium ueli, vbi albedo nigredini iungebatur, limbus in medio aureus a
20
summo usque deorsum descendebat. Per medium latitudinis ueli coloris en borte viridis opus textile tendebatur pulcherrimum gemmis preciosissimis insignitum. Hic ueli huius ornatus precipuus mysterium est ligni preciosissimi, quod corpus portauit dominicum, quo celi ianua reseratur,
Kap. 16: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 16f. (FL V, 23, 134–136 [372,3–5] anstelle von FL V, 23, 131f. [370,36f.]) 16,1 In eodem] Capud 22 Ra | eodem] dem am rR neben der nächsten Zeile Rb 3 en hungertuoch] vaH in Entsprechung zu FL V, 23, 117 (370,19) Rb, fehlt Ra 5 eius … medietas] vna nigra Ra 8 Quamuis] Quam Ra | Quamuis … perfectum] am rR in Fortführung der Zeile Rb 9 cum] tamen perfecti Ra | inmunes] vel immunes Ra | tum] fehlt Ra 10 domini] dei Ra 11 per] mit EZ üdZ Rb 14 ab … nos] nos ab omni Ra 16 figurantes] significantes Ra | contemplacionis] virtutum contemplacionis, virtutum durchgestr. Ra 17 Inerat] Inerant, zweites n durchgestr. Ra 20 en liste] vaH in Entsprechung zu FL V, 23, 137 (372,6) Rb, fehlt Ra 22 en borte] vaH in Entsprechung zu FL V, 23, 137 (372,6) Rb, fehlt Ra 23 insignitum] insignitus Rb | huius] huiusmodi Ra | ligni preciosissimi] preciosissimi ligni Ra 16,17 pictura … deferentis] vgl. Gn 8,11
Das liecht der gotheit – Buch I, 16,1 – 29 | 67
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[XXXv] 25
[16.] Von dem vmhang des tempels, welchen die iüngfraw vmb das geopffert gold hatt erkaüfft Nach also vßgeteiltem allmusen vnd den armen erbotten gu͗tigkeyt sind vber bliben xxx marg goldes zu͗ minem noͤ tigen bru͗ch. Von welchem ich ließ machen den vmbhang des tempels, der do fol ist der heiligen heimlickeyten; darzu͗ ich was von gott getrieben. Der ein halb teil was schwartzer farb, der ander teil schnee wyß. Die Von bedutung des schwartze farb des vmbhangs was zu͗ der lincke des tempels; bedu͗ttet die vmbhangs lange fu͗nsternu͗s vnd schatten der alten gesetz. Das war ge|malet mit xxx bildern von gru͗ener farb. Wan, wiewol die alt gesatz nichtzs bracht zu͗ der volkommenheyt, so waren dennocht die, dy do vnder dem gesatz, frey von der dirrj der su͗nd, wiwol sy waren vmbhenckt mit gesatzlichen obseru͗antzen. Das gemeld erkleret die scheūßlichen su͗nd, welche den zorn gottes bewegeten, das er alles fleisch mit der sind flu͗ß vorderbet, allein den gerecht Noe mit sinem gesind heil behalten. Zu͗ der gerechte des tempels was der vmbhang einer scheinenden weissj; das bedu͗tet die durchleüchste iu͗ngfrowschafft Marie, welchi mag vns erloͤ sen von aller angst vnd kommer des hertzens. Dor inne warent geneitt mit gold bilder der vogell; die bedu͗tent die, so mit den flugeln der tu͗genden durch genad der anschou͗ng altzit vffgezogen werden zu͗ den obern. Do was au͗ch besunder gemalet ein taübe, die tru͗g im schnabel ein nast eins ʾᵉnen blettern, welcher mu͗nd nit het gebickt in gru͗nenden oellbau͗ms mit gru einen schadelichen vnreinen oder erschrecklichen keben. | Im mittel des vmbhangs, do das weis vnd schwartzen zu͗semen kommen, von oben bis gar hinab was gezogen ein güldin engel natt. Durch das mittel der breyti des vmbhangs ging ein gewebt, fast schon von gru͗ner farb geziert mit edlem gestein. Die fu͗rnemste zierd des vmbhangs was ein heimlickeyt des allerkostlichen holtzes, welches tragen hatt den leip des herrens, mit welchem die thu͗r des himmels vffgeschlossen solt werden; vnd mit den
16,13 scheūßlichen] davor men durchgestr. 15 gerecht] in Rot mit EZ am lR 19 so] mit EZ üdZ zwischen die und mit
68 | Lux divinitatis – Liber I, 16,25 – 17,9
vvlnerum Christi malleis obex, quem Ade peccatum obiecerat, dissipatur. 25 Bina hec huius ueli preciosa ornamenta, licet ab oculis multorum abscondita, erant tamen sancte crvcis expressio manifesta. Super hanc en opherlamb crvcem acu picta lucebat species agni albi insignis preciosis lapidibus et alsez rehte auro ualde rutilanti. Hec figura tunc impleta est, cum agnus dei in caritate verburnen solte . mortem in corpore suo pertulit super lignum. Vnde eciam uelum figurale 30 tunc scissum est, ut umbris cessantibus manifesta ueritas adoretur.
Virgo nato parvvlo tunicam tam subtili confecit suture artificio, ut eadem ampliandi facultatem retineret et pro tempore dilatandi. Eratque coloris subnigri filis bistortis confecta. Joseph uir iustus faber erat lignarius, pauperum operarius, pro uite necessitatibus suis laborans manibus. Autem 35 Maria apprehendens acum et fusum consilio manuum suarum filio et uiro In originali dicitur, sibique prouidit et prebuit uestimentum. Qui dum in Egyptum fugerent, quod hec ocultacio ipsos angelus domini sic celesti circumfulsit lumine, ut lateret Sathanam, durauerit usque ad qua maneret dei Filius regione.
De tunica inconsuta
temptacionem deserti
[17.] De insidijs et uersucia Sathane incitantis phariseos contra FL V, 23, 154180 (372,30–374,26) Christum – In eodem va 17 (57 ) Cvm autem dominus Ihesus annos xxx implesset secundum humanam naturam, recognouit eum | Sathanas in deserto et deinceps in Ed. 463 multis miraculis gloriosis. Conuersus ergo ad principes et pontifices 5 magistratusque Iudeorum, qui intus lupi rapaces existentes, foris ouinam innocenciam pretendebant, callidis suggestionibus persuasit, ut peruersis sermonibus ueritati Ihesu resisterent eiusque doctrinam non susciperent, ut in gloria lex Moysi perseueraret.
Kap. 17: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 27–29 (Zeilentausch, vgl. FL V, 23, 173–175 [374,17–20]) 26 huius] huiusmodi Ra 27 tamen] tamen in eis Ra | manifesta] fuit manifesta Ra 28 en opherlamb] vaH in Entsprechung zu FL V, 23, 142 (372,13) Rb, fehlt Ra | alsez … solte] vaH mit EZ nach rutilanti in Entsprechung zu FL V, 23, 143 (372,14) (s. dazu Neumann 1993, S. 98) Rb, fehlt Ra 32 De … inconsuta] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL V, 23, 148 (372,21) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 227 33 ampliandi] a[m]npliandi (n unterpungiert) Rb 35 operarius] o mit EZ üdZ, p korr. aus q Ra | Autem Maria] Maria autem Ra 37 In … deserti] vaH am uR in Entsprechung zu FL V, 23, 154f. (372,29f.) Rb, fehlt Ra 39 dei … regione] regione filius dei Ra 17,1 uersucia] versucijs Ra 2 In eodem] capitulum 23m Ra 3 annos … implesset] compleuisset annos triginta Ra 5 Conuersus ergo] Conuersusque Ra 9 perseueraret] permaneret Ra 34 uir iustus] Mt 1,19; Lc 23,50 35 Autem … suarum] vgl. Prv 31,13b und 19b 38 celesti … lumine] vgl. Act 9,3 17,6 lupi rapaces] Mt 7,15
Das liecht der gotheit – Buch I, 16,30 – 17,9 | 69
30 hammern der wunden Christi der rigel, den Adam fu͗rgestellet hett, solt
zerbrochen werden. Beide zierd dises vmbhangs, wiewol vor viler ou͗gen sy vorborgen, warend des heiligen cru͗tz ein offenliche vßtrücku͗ng. Vff dem cru͗tz, mit nadeln gestickt, scheint die gestalt eines wissen lemlins, loblich oder gezirt mit kostparlichen steinen vnd mit fast schinendem gold. Disse 35 figu͗r ist do zu͗mall erfu͗llt worden, do das lemlin gottes in der liebin gottes hatt gelitten den todt an dem holtz. Darumb au͗ch der figu͗rlich vmbhang dozu͗mal ward zu͗rissen, das offenbar angebettet wu͗rd die | warheit so do xxxj vffhoͤ rtent die figuren. ʾᵉn machet einen rock mit subtiler ku͗nst Die iungfrow dem eingebornen su 40 zu͗neigen, das der rock behielt, mocht weytgemacht werden oder breitt. Der rock was brunfarb gemacht vß zwirend gewunden faden. Joseph, ein gerechter man, was ein zimmerman, ein wercker der armen lu͗tt; wercket mit henden vmb notdorfft der naru͗ng. Auch Maria mit nadel vnd mit ʾᵉn kleidu͗ng vnd spinneln mit ratt yrer hende hatt vorsehen vnd geben dem su 45 yrem hwßwirt vnd yeri. Welchi, do sy flohent in Egiptu͗m, hatt sy der engel also mit himlischem liecht vmbschinen, das dem Sathanas vorborgen bleib, ʾᵉn gottes wonet. in was landt der su [17.] Von heimlicher fintschafft Sathane, so bewegt die glißner wider Christum [XXXIv] Do Jesus hett erfult xxx jar | nach der menscheit, erkant yn Sathanas in der wu͗sti, vnd darnach in vil eerlichen mirakeln. Do wendet er sich zu͗ den 5 fu͗rsten vnd bischoffen vnd zu͗ der herschafft der Iu͗den, welchi von innen warend rissend woͤ lff, wiewol sy von vssen ein schaffliche vnschu͗ld erzeigten, vnd thet inen ratten mit listigem ingeben, das sy, mit verkoͤ rten reden, der warheit Jesu͗ widderstu͗ndent vnd sine leer nit annemend, das die gesatz Moysi bliben in irer glorj.
34 schinendem] schinemdem
70 | Lux divinitatis – Liber I, 17,10 – 35
Reuersus iterum Sathanas ad Luciferum dixit: “Heu magister, necesse est, ut intereat honor noster. Inueni nunc inter peccatores uirum, cuius uirtus et sapiencia nostram eciam, id est, quam in celo habuimus ante casum nostrum, celestem superat. Nullam enim totis uiribus meis vel minimam ei possum ingerere maculam eciam leuissimi cogitatus.” Tunc frendens et ut canis latrans Lucifer infernalia urgens labia dixit ad Sathanam: “Omnem contra ipsum concitabis hominem, qui, si super omnes est, omnem potest culpam euadere.” Sathanas autem: “Magister” inquit “nos faciliter hunc timorem declinare possumus. Multos enim uideo inter filios hominum, qui siciunt mortem eius.” “Non sic” ait Lucifer “non sic! In hoc metuo periculum. Nam qui uirtute altissimi a corporalibus infirmitatibus et morte homines tam facile liberat, si post mortem anima eius ad nos descendere uoluerit, liberabit suos qui hic originalis peccati uinculis detinentur. Valde supra nostram uirtutem eminet, qui sic potenter contra naturam ab omnibus doloribus et morte eripit solo uerbo. Veruntamen propter Ade culpam ad inferni tenebras deuoluetur. Nullus enim angelus uel homo dampnatus sine crimine unquam fuit. Si autem sine macula inuentus innocenter occisus fuerit, ab inferno anima eius non detinebitur nec a morte corpus. Est namque solus nobilis et inter mortuos liber. Et quecumque uoluerit, perficiet. Nec est, qui resistere possit ei. Tu uero, Sathana, facili uersucia optinebis, quod nobis multitudo populi maxima societur. Hoc autem totis uiribus tyrannidis tue ages, ut ab omnibus despeccionis pedibus conculcetur maximisque et acutissimis crvciatibus torqueatur; quod si purus homo est, in desperacionem potest labi et sic a nobis perpetuo detineri.”
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12 eciam] et eciam Ra | id … nostrum] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL V, 23, 162 (374,3) Rb, mit EZ am uR quam in celo habuimus ante casum nostrum Ra 15 et … Lucifer] lucifer et vt canis latrans Ra 22 facile] faciliter Ra 25 qui] quia Rb 27 deuoluetur] deuoluere Ra | angelus] angelis Rb angelus … homo] homo vel angelus Ra 30 perficiet] proficiet Rb 31 possit ei] ei possit Ra 32 populi … societur] maxima societur populi Ra 15 ut … latrans] Ps 58,7 und 15 30 inter … liber] Ps 87,6
Das liecht der gotheit – Buch I, 17,10 – 36 | 71
10 Do koͤ ret Sathanas widervmb zu͗ Lu͗ciffero vnd sprach: “We, o meister, von
noͤ tt mu͗ß vnser eer zu͗rgon. Ich hon ietzt vnder den su͗ndern einen man gefu͗nden, welches wyßheyt dye vnser vnd die himmelisch vbertritt. Wan vß allen mynen krefften mag ich ym kein su͗ntliche mackel intrechen au͗ch eines allerliechtesten gedancks.” 15 Do zitteret mit den zenen als ein bellender hu͗nd Lu͗ciffer, sprach zu͗ Sathanam: “Do solt du͗ alle menschen wider yn vfferwecken; ist er vber sy xxxij alle, so mag er allen schu͗lden | entrinnen.” Sprach Sathanas: “Meister, wir mogen leichte disem schrecken entgon. Wan ich sich vil vnder den kindern der menschen, so begerend sinen tod.” 20 Sprach Lu͗ciffer: “Nit also! In dem forcht ich vnser vbell. Wan, welcher in
krafft der allerhoͤ chsten so leicht gesūnd macht von leiblichen kranckheiten vnd todt die menschen, wil sein seel nach sinem tode zu͗ vns abher kommen, so wirt er erloͤ sen die seinen, so hie gebu͗nden sint vmb der erloͤ sung wegen. Er vbertritt hoch vnsern gewalt, so er mit einem wort, so 25 gewaltig wider die natu͗r, von allen schmertzen vnd tod erloͤ st. Aber dennocht, vmb die schüld Ade mu͗ß er ou͗ch zu͗ hell kommen. Wan kein engel oder mensch ist on schuld nye vordammet wu͗rden. Wirt aber er gefunden on mackel vnd vnschuldiglich ertoͤ det, so mag sin seell nit behalten werden von der helle, au͗ch der leip nit vom tod. Wan er ist allein [XXXIIv] edell vnnd frey vnder den toͤ tten. | Vnd was er will, das wu͗rt er volbringen. Vnd ist keiner, der im mog widerstan. Aber du͗, Sathanas, mit leichter boßheyt wu͗rstu͗ vberkommen, das vns ein grossi menning des volcks wu͗rt zu͗gesellet. Das wirstu͗ mit allen krefften diner wu͗terey schaffen, das er von allen voracht werd vnd gepiniget mit allen groͤ sten peinen. Ist er ein lutter 35 mensch, so mag er in vorzwïfel gefu͗rt werden, vnd also ewig von vns behalten werden.”
17,29 von … helle] mit EZ am rR
72 | Lux divinitatis – Liber I, 17,1 – 18,24
| [18.] De ueritate sanguinis Christi, qui de latere eius post mortem Ed. 464; FL VI, 24 fluxit – Sexta parte xviij 18 Michi in graui egritudine laboranti manifestauit se infirmitatis humane singulare presidium, Ihesus Christus, ostenditque michi uulnus lateris sui 5 dicens: “Aspice et attende, quam diris me doloribus affecerunt.” Et dixi ad eum: “Cur, o domine, tam inmania tormenta pati uoluisti, cum preciose (57vb) gutte decurentes in terram ad reparacionem tocius orbis suffecissent?” Et respondit michi dominus: “Omnis paupertas, labor, passio, despeccio portam celi tangendo pulsauerunt, quousque sanguis cordis mei effusus per 10 lanceam militis terram irrorauit. Tunc reserata est ianua regni et patet ostium omnibus uiatoribus desiderantibus introire.” Et dixi ad dominum: “O domine, cum hic de tuo latere sanguis cum aqua flueret, mortuus extitisti. Quomodo ergo de mortuorum cordibus sanguis 15 effluit?” Respondit michi dominus: “Corpus quidem meum tunc humanitus morti succubuerat, cum sanguis mei cordis de latere exanimis corporis effluebat. Sanguis quippe ille uirtute diuina sic emanando fluxit, quemadmodum lac, quod de uirginalibus uberibus matris suxi. Inmutabilis diuinitatis maiestas omnibus membris corporis mei unita sic in morte perstitit et post 20 resurreccionem resumpsit. Anima autem mea post diutinam tristiciam humanitatis merorem in diuinitatis splendoribus requieuit. Spiritualis uero mee humanitatis ymago dulcis in ydea maiestatis suauiter omnibus supernatans eternaliter eminabat.”
Kap. 18: auch Ra (Z. 3–12) 18,1 De] De immanitate passionis christi scilicet de Ra 2 Sexta … xviij] Capitulum 24m Ra 3 laboranti] or (vaH?) üdZ Rb | manifestauit se] se manifestauit Ra 4 michi] fehlt Ra 6 pati] paci Rb 8 suffecissent] suffecissentur Rb 9 Et] fehlt Ra 10 cordis] cordis n (n unterpungiert und durchgestr.) Rb 13 – 24 Et … eminabat] fehlt Ra 21 diutinam tristiciam] diutinum Rb Ra, korr. nach LG I, 18, 22 18,7 gutte … terram] vgl. Lc 22,44 10 per … militis] vgl. Io 19,34 11 et … introire] vgl. Io 10,9; II Cor 2,12; Apc 4,1
Das liecht der gotheit – Buch I, 18,1 – 25 | 73
[18.] Von der warheit des blüts Christi, welches nach sinem tode vß siner sitten ist geflossenn Do ich was in grosser krnckheyt, offenbaret sich mir der, der do ist ein sunderliche zu͗flu͗cht der menschlichen kranckheyt, Jesus Christu͗s, vnd 5 zeigt mir die wu͗nden siner syetten, sprechend: “Sich an vnd merck, wy so mit schwerem schmertzen sÿ mïch hand gepinigt!” | Do sprach ich zu ym: “O herr, warumb hastu͗ wollen leiden so xxxiij vnmenschliche pein, so doch die kostlichen abflissenden blu͗tztropffen vff das ertrich weren genu͗g gesin zu͗ erloͤ sung der gantzen welt?” 10 Do gab antwu͗rt Christu͗s: “Alle min armu͗t, arbeyt, leiden, vorachtung hand ʾᵉr des himmels, so lang, bis das blu͗t mines hertzens, du͗rch klopfft an die thu das speer des ritters vßgegossen, hat das ertrich vbertowet. Dan ist vffgeschlossen die dier des himmels vnd stott vffen allen in diser zitt lebenden, so begerent do inzu͗gon.” 15 Do sprach ich zum herren: “Do das blu͗t vß diner seytten flos mit wasser, warestu͗ toͤ dt. Wie kan vß dem toten korpel blu͗tt fliessen?” Antwurt der herre: “Mein leipp dozu͗mal was dem tode vnderlegenn, do das blu͗tt mines hertzens vßfloß von der seytten des toten corpels. Dises blūtt, vß krafft der gottheyt, ist also vßgeflossen, als ich die milch vß den 20 iu͗ngfrowlichen bryßten hon gesogen. Die vnu͗erwandeliche maiestat der gotheit, voreiniget mit allen gelidern mines lips, ist also bliben im tod vnd [XXXIIIv] hatt sy angenommen in der | vrstend. Aber min seel, nach langer tru͗rigkeyt der menscheit, hat geru͗het in den glantzen der gotheit. Aber die sunderliche biltnu͗s meyner menscheit su͗eß - ewiglich geschinen in der 25 erkantnu͗s myner maiestat - vnd alle ding senfftiglichen vbertrettent.”
18,7 sprach ich] darüber, am äußersten oR, zur Hälfte abgeschnitten, ein Wort in Auszeichnungsschrift: Jesus(?) 23 gotheit Aber] gotheit Aber die sunderliche ¦ bildnu͗s . aber, Aber bis bildnu͗s rot durchgestr.
74 | Lux divinitatis – Liber I, 19,1 – 31
19 [19.] De sanctis, qui cum Christo resurgente surrexerunt – Quinta parte
FL V, 9
ix In die qua dominus noster Ihesus Christus, triumphator mortis, gloriose ab infernis resurrexit resumptoque corpore clausoque sepulchro mirabiliter egressus est, Iudei et gentiles confusione operti sunt et ignominia 5 contabuerunt. | Omnesque vere fideles eterni Patris complacito, Filij dei Ed. 465 potencia, benedicti Sancti Spiritus doctrina illustrati amplius claruerunt. Surrexerunt tunc cum domino septuaginta uiri. Isti precepto diuino ualde se subiecerant; hij dum in prelio cum deo perstitissent inuicti, fideles et iusti sunt inuenti, dum temptati in siti grauissima aquam ad os manibus 10 proiecerunt. Horum anime adeo sic sunt corporibus restitute, ut eos mortales fuisse homines non lateret. Sapor vero inmundi fomitis, quem Adam ex pomo uetito momordit, qui posteritatis omnia membra penetrat, sanguisque maledictus, qui per Euam omne mvlierum genus infecit, illis corporibus non adhesit. Debebant enim 15 diuinitus cum ipso testes fieri, quod mors eterna mortua suum perdiderat tyrannicum dominatum. Ideoque deinceps mortui non sunt, quia expertes fomitis exstiterunt, verumtamen ipsorum anime a corporibus sine mortis crvciatibus sunt divise. Reseruantur autem cum decore super aerem et super sydera collocata, et quoniam more humano denuo mortui non sunt, 20 ideo eorum corpora postmodum in terra recondi uel sepeliri (58ra) non debuerunt. Adam omnesque filij eius fomitem hunc retinuerunt, sed et Eua cum filiabus uerecundiam sanguinis maledicti. Hoc est solummodo, quod exorbitare facit carnem nostram, sensusque nostros inclinat obscurando, 25 tandemque nobis commanens, amare morti subicit et prosternit. Ihesus Christus dominus ab eterna morte nos eripuit et eternitatis nobis aditum per penitenciam preparauit. Alias tamen penalitates per peccatum non abstulit, sed propter exercicium uirtutis reliquit tribuens consolaciones, consilia, doctrinam, per que infirmitatis huius molesciam 30 euadere et ad sanitatem conualescere ualeamus.
Kap. 19: auch Ra 19,1 Quinta … ix] Caput 25m Ra 3 die] die illa Ra 4 infernis] inferis Ra 5 egressus est] est egressus Ra 8 diuino] domini Ra 9 cum] fehlt Rb | perstitissent] perstetissent Ra 11 sunt] s- Rb 15 infecit] interfecit Ra 20 denuo mortui] mit EZ üdZ Ra 21 eorum] mit EZ üdZ Ra 23 Adam … retinuerunt] am lR MZ Rb 24 filiabus] filiabus suis Ra | est] mit EZ üdZ Ra 28 peccatum] peccatum preparauit (?), preparauit (?) durchgestr. Ra 29 tribuens] tribuit Ra 19,8 Surrexerunt … uiri] vgl. Mt 27,52s 10 aquam … proiecerunt] vgl. Idc 7,6
Das liecht der gotheit – Buch I, 19,1 – 32 | 75
[19.] Von den heiligen, ßo mit Christo vfferstanden seint
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[XXXIVv] 25
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In dem tag, do vnser herr Jesus Christu͗s, ein syger des todes, vffstond von der helle vnd in widerangenommenem leip durch beschlossenes grab erru͗ß gangen ist, do sind die heiden vnd Ju͗den bedeckt worden mit schand vnd spott. Aber alle glou͗bigen vß dem wolgefallen des vatters, vß macht des ʾᵉns, gesegnent mit leer des heiligen geistes hond durchluchtiglich su geschinnen. Dan stundent vff mit Christo lxx menner, welche sich dem gebott gottes hettent fast vnderthenig gemacht. Die selbigen, do sy im streyt gottes bestendig vnvberwu͗nden vnd trew gefu͗nden | wu͗rden vnd gerecht, xxxiiij do sy im schweresten du͗rst vorsu͗cht worden, hand das wasser mit den henden zu͗m mu͗nd geworffen. Diser seelen sind von gott also yrem leipp widergegeben, das den menschen nit vorborgen was, das sye sterplich warent. Aber der geschmack der vnreine neigu͗ng, den Adam vß dem vorbotten apffel gebissen hett, welcher der gantzen nachkommenden natu͗r alle gelider dürchtringt, vnd das verflu͗cht blu͗tt, welches du͗rch Eu͗am alle wiplich geschlecht vorgifft hatt, ist disen leiben nit angehangen. Wan sy solten mit ym gotlich zu͗igen sein, das der ewig tod tod were, vnd vorloren hett seine wu͗eterische herschafft. Darumb sy seint darnach nit meher gestorben, wan sy stonden ledig von der boͤ sen neigu͗ng der erbsu͗nde; aber yre seelen sint vßgangen vß yren leiben on schmertzen des todes, vnd werden behalten ob dem lu͗fft vff dem gestirn mit zierde. Vnd, so sy nach menschlichen sitten nit seint gestorben, darumb yere leib nit haben sollen begraben werden in der erde. Adam vnd alle seine | sũn hand behalten die boeß neigu͗ng, aber Eu͗a mit iren tochtern die scham des vorflüchten blüts. Das ist, das do allein geil macht vnser fleisch vnd neiget vnser sin mit verblendung vnd züm letsten, so sy bey vns bleibt, vnderwirfft vns dem bittern tode. Jesus Christus hat vns erloset von dem ewigen tode vnd hat vns den zu͗gang zu͗m leben du͗rch die bu͗ß vorbereit. Aber die ander peinlickeyt durch die sunde hatt er nit hinweggenommen, sunder vns gelassen vmb yebung der tugenden; vnd gibt trost, ratt, leer, durch welche wir mogen dem last diser kranckheit entpflien vnd sterckin, das wir gesu͗ntheit mogen erlangen.
19,11 sind] davor leipp rot durchgestr.
76 | Lux divinitatis – Liber I, 20,1 – 21,12
[20.] De gloriosa Filij suscepcione, dum ascenderet ad Patrem – Quinta FL V, 27 20 parte xxv .
Reuertentem ab exilio Pater eternus post triumphum Filium coeternum sic Nota 12 puncta excepit congaudendo, prorumpens in iubilum: “Advenisti uenerabilis, consubstancialis | michi et Spiritui meo Fili! Dextera maiestatis mee in tuis Ed. 466 operibus, gloria mea in tua fulget ineffabili potestate, virtus mea in tue congressionis miro certamine, laus mea in glorioso tropheo tue uictorie; in tuo aduentu desideriorum meorum voluptas, in tuo ascensu mirabilium meorum nouitas, in tuo iudicio consiliorum meorum profunditas adinpletur. Inmaculata, quam conspectui meo offers sponsa, michi tibique 10 perpetuo conregnabit. Mea diuinitas corona glorie tibi est. Tu in assumpta humanitate Filius meus es, vtriusque Spiritus una uoluntas, vna operacio, vna uirtus in omnibus. Sine fine ex principio est anima tua huius trinitatis proxima sponsa.” O, quam deliciose Christi anima in hac indiuidua ludens iocundatur 15 trinitate, quemadmodum ammirabilis scintillacio in solis discurrens claritate, quam nemo nisi purgatissimis oculis intuetur. 21
[21.] De octo diebus humanitatis Christi – Prima parte xlv capitulum Diligenter considera et deuote octo redempcionis nostre clarissimos dies! Primus annunciacionis dominice uerbique incarnati, qui est desiderij et FL I, 45 felicitatis perpetue. Secundus nativitatis Christi incorrupte, qui requiei beate amabilitatisque delicatissime merito nominatur. Tercius 5 consecracionis corporis Christi in cena, qui est fidelitatis et unionis. Quartus passionis, qui liberalitatis et caritatis maxime appellatur. Quintus resurreccionis, qui maiestatis et leticie. Sextus ascensionis, qui fidei et exilij terminus et gemitus in capite et membris sibi coherentibus nuncupatur. Septimus dies Spiritus Sancti pentecostes, qui est ueritatis et ardentis 10 consolacionis. Octauus extremi iudicij et examinis, qui (58rb) iusticie et ueritatis confirmacio comprobatur.
Kap. 20: auch Ra Kap. 21: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 2 (Diligenter – dies) und 13–17 (Huius – seculorum) 20,1 Quinta … xxv] 26 caput Ra 3 Filium] mit EZ am rR Ra 4 Nota … puncta] vaH in Entsprechung zur Überschrift von FL V, 27 Rb, fehlt Ra 5 Fili] mit EZ am rR Ra 6 in1 … fulget] refulget in tua Ra 7 in1] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG I, 20, 8 | tue] in glorioso Ra | uictorie] uictore Rb 10 quam] am lR für durchgestr. inquam sponsa (?) Ra | offers … tibique] mit EZ am uR für durchgestr. sponsa in ecclesia michi tibimet offers (?) Ra 16 solis] sole Ra 21,1 Prima … capitulum] Capitulum 27m Ra 3 uerbique] que mit EZ am lR Ra 4 Secundus] Secunda Rb 6 est fidelitatis] et fidelitatis est et Ra 8 qui1] qui est Ra 10 pentecostes] missio Ra 11 et examinis] mit EZ am lR Ra 21,8 exilij … coherentibus] vgl. Iob 41,14; Lv 9,13
Das liecht der gotheit – Buch I, 20,1 – 21,15 | 77
[20.] Von der eerliche empfaung des suns von gott dem vatter in siner vffart in himmel ʾᵉn vom elend mit sig empfing mit Der ewig vatter seinen widerfarenden su froͤ den vnd sprach in frolockunng: “Bis gottwilkommen, du͗ erwu͗rdiger vnd ʾᵉn mir vnd dem heiligen geist! | Die gerechte miner xxxv 5 mit wesenlicher su maiestat in dinen wercken, mein glorj scheinet in deinem vnvsprechlichem gewalt, mein macht in wunderbarlichem streit deines angesichts, mein lob ist erfu͗lt in deinem eerlichen sig; in dinem zukommen ist erfult der lust meyner begirden, in deiner himmelfart ist erfult die newe miner 10 wu͗nderbarlichen dinge, vnd die tieffe myner red wirt volbracht in dinem vrteil. Die vnbefleckte gespons, die du͗ mir vffopfferst, wirt ewiglich mit dir vnd mir regiren. Mein gotheyt ist dir ein kron der glorj. Du͗, in der ʾᵉn, beyder geist, ein wille, ein angenommener menscheit, bist min su wirckung, ein macht in allen ist on end vß dem anfang. Dein seel ist die 15 nechst gespons diser dryfaltigkeyt.” O, wie wollustig spilet die seel Christi in diser vnzertrentten dryfaltigkeyt, gleich als ein wunderbarliche fu͗ncken fliegen in der clarheit der sonnen, welche nyemant mag ansehen, er hab dan die allervßgereinigsten ou͗gen. [21.] Von den achtagen der menscheit Christi Mit fleiß bedenck dye cloresten | achtage vnser erloͤ sung! Der erst tag ist der vorkundung des wortes, das do fleisch was worden, welcher ist der tag der begirde vnd ewiger seligkeyt. Der ander tag ist der vnzerstoͤ rten geburt 5 Christi, welcher wirt billich genembt der tag der selige vnd zu͗ der lustigste lieblickeyt, holtseligkeyt. Der dritt ist der wihung des libs Christi in dem nachtmall, welcher ist der tag tru͗we vnd der voreinigu͗ng. Der vierd ist des lidens, welcher wirt wolgesprochen der tag der freymiltigkeyt vnd aller grossester liebin. Der fu͗nfft ist der vrstende, welcher ist der tag der freu͗d 10 vnd grosser maiestat. Der sechst ist die vffart, welcher wirt genembt ein end des glou͗bens vnd elends vnd des seu͗ffzens im haubt vnd gelidern, so ym anhangen. Der sybent ist die pfingsten des heiligen geists, welcher ist der tag der warheit vnd des brinnendes trosts. Der achtet tag des letzsten gerichtes vnd vorherung, welcher wirt sein ein tag der warheit vnd 15 bestetigung der gerechtigkeyt.
[XXXVv]
20,11 vffopfferst] vffopffert 21,2 dye] dey 12 anhangen] korr. aus angehangen
78 | Lux divinitatis – Liber I, 21,13 – 22,22
Huius ebdomade septem dies cum deuocione semper decet nos recolere, ut ad octauam ualeamus securi pertingere, qui magnus erit et terribilis, in quo creatura mouebitur uniuersa. Accipietque finem, peccatum et preuaricacio. 15 Iusti quoque accipient regnum decoris et dyadema speciei de manu domini et regnabunt cum ipso in secula seculorum. 22 | [22.] De spirituali anime passione, qua Christo conformatur et
compatitur, ut conregnare mereatur Amans et colens deum anima trahitur ad eum suspirando, venditur merore sui amoris, queritur lacrimis pro ipso fusis, capitur in prima cognicione, cum osculum dulce suscipit unionis. Comprehenditur sacris meditacionibus, ut carnem mortificet, ne rebellet. Ligatur Sancti Spiritus potencia fitque felix ex eius presencia. Colaphizatur in salutari deficiens, eterne lucis adhuc expers iudicatur tremens et erubescens peccatorum maculas, propter quas secretorum dei patitur ignorancias. Benigne ad omnia respondet cum paciencia, nec cuiquam, nisi dulcia loquitur tanta clemencia. Alapis in iudicio ceditur, cum a dyabolo spiritualiter temptatur. Ad Herodem mittitur, cum inplicari terrestribus compellitur. Dura flagella sustinet, dum corpori suo necessaria prouidet. Vestibus tunc plane spoliatur, cum caritatis purpura celitus decoratur. Regio dyademate insignis fit, cum remuneracionem pro meritis non requirit. Irrisione sacre leuitatis despicitur, cum in deum absorta humane prvdencie expers efficitur. Genibus coram se positis illuditur, cum omni creature humiliter subicitur. Arundine caput eius tunditur, cum ipsius sanctitas fatuitas reputatur. Crucem pie portat, cum in affliccione domino se commendat. Clauis cruci clauo fortis amoris affigitur, a quo nullius creature affeccione retrahitur. Sitit in crvce amoris deficiens, uinum merum salutis omnium cupiens. Sed, proch dolor, malicia infinite multitudinis offert ori eius fel
Ed. 467; FL III, 10
5
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Kap. 22: auch Ra und Be2 (mit Anspielung auf dieses Kapitel ?)— ohne Entsprechung in FL: Z. 18f. (Zeilentausch, vgl. FL III, 10, 26–28 [184,5–8]), 30–32 (Zeilentausch, vgl. FL III, 10, 40–42 [184,27–29]) und 48f. (anders FL III, 10, 59f. [186,17f.]) 17 in] in sempiternum in, in sempiternum durchgestr. Ra 22,17 positis] ponitis Ra 20 Clauis] Rubrikationshinweis für C vorhanden Rb | affeccione] affc[ci]o[n]e Rb 21 uinum … cupiens] eine aus der deutschen Übersetzungsvorlage in den lateinischen Text übernommene Glosse, vgl. Radowitz-Hs. Z. 22f., dazu Nemes 2010, S. 169f. 22 fel] fiel, i unterpungiert Rb 14 qui … terribilis] vgl. Dt 7,21 und 10,17; Ps 46,3; Ioel 2,11 15 creatura … uniuersa] vgl. Is 13,13 Accipietque … preuaricacio] Dn 9,24 17 et … seculorum] Apc 22,5 22,7 in … deficiens] vgl. Ps 118,81 11 Alapis … ceditur] vgl. Io 18,22s
Das liecht der gotheit – Buch I, 21,16 – 22,27 | 79
Dise syben tag der wochen | sollen wir altzit bedencken mit andacht, vff das xxxvj wir mogen sicher zu͗ dem achtenden kommen, welcher wirt gros vnd erschrockenlich sein. In welchem au͗ch alle geschopfft werden bewegt. Vnd do wirt sich enden die su͗nde vnd vbertrettu͗ng, vnd die gerechten werden 20 annemmen das reich der zierde vnd den krantz der gestalt der schoͤ nheyt von der hand des herren, vnd werden mit ym regniren in ewigkeyt.
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[XXXVIv] 10
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25
[22.] Von geistlichem mitleiden, mit welchen ein mensch Christo wurt glich gemacht vnd mitleidet, das er vordiene mit ym regniren, et cetera Ein seel, die gottliebhatt vnd eeret, wirt zu͗ ym gezogen mit su͗ffzigem; wirt vorkofft mit jomer irer liebin; wirt gesucht mit zehern vmb yn awsgegossen; wirt gefangen in der erste erkantnu͗s, so sy empfacht den su͗essen ku͗ß der voreinigu͗ng; wirt begriffen mit heiligen betrachtu͗ng, das sy das fleisch toͤ det, das es nit widerstrebt; wu͗rt gebu͗nden mit macht des heiligen geistes; vnd wirt selig vß siner | gegenwu͗rtigkeyt. Sie wirt halsgeschlagen, so sy mangelt des heils, vnd, berou͗bt des ewigen liechts, erzittert vnd schamet sich der massen yerer su͗nd, vmb welcher wegen sy leidet die vngewissenheit der heimlickeyt gottes. Sy antwu͗rt gu͗tigk zu͗ allen dingen mit gedu͗lt, vnd redet mit nieman dan su͗esse wort; vnd wirt zum hau͗bt in dem gericht geschlagen, so sy geistlichen vom tufel wirt angefochten; sie wirt zu͗ Herodes gesant, so sy wirt gezwu͗ngen, by irdischen dingen sïch zu͗verwickeln; sy lidet hertt geisseln, so sy dem leib notdorfft fu͗rsicht; sy wirt berou͗pt irer kleider geistlich, so sy wirt mit pu͗rpu͗r der liebin von himmel gezieret; mit ku͗niglichem diadem wirt sy herrlich gezierit, so sy nit erforderet belonu͗ng vmb iren vordinst; sy wirt vorspottet mit verlachu͗ng der heilige lindigkeyt oder senfftigkeyt, so sy vorsu͗net wirt in gott der menschliche wysheyt; sy wirt vorspott mit gebognen knu͗en gegen yr, so sy aller creatur wirt | demu͗tiglichen vnderworffen; ir hau͗bt wirt mit dem ror xxxvij geschlagen, so ir heïligkeyt wu͗rt geachtet ein torheyt; sy tregt das creu͗tz, so sy sich im leiden gott, dem herren, empfilcht; sy wirt mit nageln der starcken liebin gehefft an das cru͗tz, von dem sy durch keiner creatu͗r lieb gezogen wirt; sy du͗rstet vnd nimbt an, wirt kranck am kreu͗tz der liebin, so sy den su͗essen wein des heils aller menschen begert. Aber die bosheit der
18 geschopfft] gespopfft, sp mit sch überschrieben (evtl. abgebrochenes gespons?) 21 regniren] re[n]giren, vgl. auch die folgende Überschrift 22,4 wirt vorkofft] mit EZ am rR 5 wirt gesucht] mit EZ am rR 6 wirt gefangen] mit EZ am rR 7 wirt begriffen] mit EZ am rR 8 wu͗rt gebu͗nden] mit EZ am uR 9 halsgeschlagen] halsgeschlage[r] 17 irer] ires 24 empfilcht] korr. aus empflilcht
80 | Lux divinitatis – Liber I, 22,23 – 49
amaritudinis. Corpus eius in amore uitali moritur, cum supra humanos sensus spiritus eius erigitur. Post hanc mortem cum potencia descendit ad inferos, desolatas animas 25 consolans suis oracionibus, ignaris corporis uiribus. | Transfigitur in latere ceci amoris lancea, de cuius corde profluit sacre Ed. 468 doctrine sciencia. Jn altum ad veri solis calorem in crvce superni amoris leni Sancti Spiritus aura suspenditur, ut arescat perfecte uelut testa a terrenis omnibus uirtus eius. Dicens ergo: “Pater in manus tuas commendo spiritum 30 meum, quia iam consummata et perfecta sunt omnia.” Beato fine de crvce sua (58va) soluitur et in sepulchro profunde humilitatis ponitur, indigniorem se reputans omnibus creaturis.
Cumque in delicato sponsi thalamo amoris dulcia miscuerit eulogia, die sollempni resurgit letabunda. Deinde mane per Mariam consolatur alios, 35 cum plenam a deo sanctitatem percipit et in amoris penitencia eius peccata diluerit sua clemencia. Ad discipulos clausis ianuis ingreditur, cum sensibus exterioribus diuinum dogma frequenter ab ipsa proponitur.
Ascensura in celum, id est de ecclesia, cum uirtutum turmis egreditur, corpusque sensibile turbatum confunditur cupiens secundum suam 40 naturam suam uoluntatem perficere. Dicit ergo ei: “Ego tibi presideo; michi teneris in omnibus obedire. Nisi ego abiero, tibi a Spiritu Sancto non ueniet consolacio.” Ascendit ad celestia, cum eidem ex dei gracia uilescunt hec terrestria. Suscipitur in nube candida proteccionis dominice, dum amabiliter progreditur et cum iocunditate in excelsis suscipitur. Angeli 45 consolantur discipulos, cum electorum gesta recordamur et exempla ueneramur. Hec est mystica et felix compassio et crvx, in qua cum apostolo configimur Christo et compatimur, ut cum ipso postmodum conregnemus.
28 leni] leui Ra 36 et] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG I, 22, 44 37 clausis] venit clausis Ra, clauis Rb ianuis] is mit EZ üdZ Ra 41 Ego] Ergo mit Tilgungspunkt unter r Rb, mit EZ am rR Ra 42 ego] e mit EZ üdZ Ra 45 excelsis] l mit EZ üdZ Ra 48 mystica … felix] felix et mÿstica mit Rb entsprechenden VZ Ra 23 in … moritur] vgl. Ps 43,22; Apc 14,13 29 ut … eius] vgl. Ps 21,16 30 Pater … meum] Ps 30,6; Lc 23,46 31 consummata … omnia] vgl. Io 19,28 und 30 42 Nisi … consolacio] vgl. Io 16,7
Das liecht der gotheit – Buch I, 22,28 – 60 | 81
30
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vngleiche vnzaliche vile raicht irem mu͗nde die gall der bitterkeyt. Irer leibb stirbt vnd liblicher liebin, so ir geist vber alle menschlich sin wirt vfferhebt. Nach disem tod steigt sy ab in die helle mit macht, troͤ stet die trostlosen selen mit irem betten, so das nit wissen die krefft des leibs. Sy wirt durchstochen in der seiten mit der lantzen der liebin, von welcher hertz herfu͗r fleu͗st die leer der heiligen kunst; sy wu͗rt vffgehenckt in die hoͤ hin zu͗ der bru͗nst der waren sonnen im creu͗tz der himmelischen liebin mit leichtem blast des heiligen geists, das do dÿrr werd alle yr | krafft volkommenlich als ein schal von allen irdischen dingen. Vnd so sy spricht: “Vatter in dine hend empfilch ich minen geist, wan ietzt sind alle ding geendet vnd volbracht”, wirt sy mit einem seligen ennd vffgeloͤ set von yrem cru͗tz, vnd wirt gelegt in das grab einer tieffenn demu͗tïgkeyt, vnd schetzet sich vnwu͗rdig allen creatu͗ren. Vnd so sy in dem lu͗stigen kemmerlin ires gespons siesses gesprech der liebin thu͗t vornemmen vnd widervmb geben, so vfferstatt sy in dem hochzitlichen tag froͤ lich. Darnach am morgen trost sy die andern du͗rch Mariam, so sy volkommen heiligkeyt empfocht von gott, vnd in bu͗ßwertigkeyt seiner liebin vß siner genad ir su͗nde abthu͗t weschen. Sye gatt yn zu͗ den iu͗ngern du͗rch beschlossen thu͗r, so offt von ir die gottlich leer den vssern sinnen wirt fu͗rgehalten. So sy vff faren wil gen himmel, gatt sy vß der kïrchen mit scharen der tu͗genden, vnd do wirt betru͗bt der empfintlich leib, welcher nach siner natu͗r begert sinen willen zu͗uolbringen. Darumb spricht sy zu͗ ym: “Ich bin | dir vorgesetzt; du͗ bist schuldig in allen dingen mir gehorsam zu͗sin. Es sey xxxviij dan, das ich von dir gang, mag dir nit trost bescheen von dem heiligen geist.” Sy steigt gen himmel, so ir vß gnaden gottes schned gesehen werden die irdischen. Sy wirt entpfangen in dem schinbaren wolken der gotliche beschirmu͗ng, so sy liblich fu͗rsich gatt vnd mit froͤ den in der hohin empfangen wirt. Die engel trostent die iu͗nger, so wir die geschicht der heiligen hinderdenckent vnd ir exempel erent. Das ist das selig vnd geistlich mitliden vnd cru͗tz, an welches wir mit Pau͗lo in Christo angehefft sollent werden vnd mitleiden, vff das wir darnach mit ym mit regnirent.
37 empfilch] empflich 44 volkommen] korr. aus volkommenheyt
82 | Lux divinitatis – Liber I, 23,1 – 18
Sponsus ostendit in se amabilia sponse
Nota 23, in quibus crucifigi debet cum Christo
[23.] Item qualiter fidelis anima Christo conformatur – Prima parte xxix capitulum Die quadam dum sorores omnes ad audiendum verbum dei properarent, remansit soror Mehtildis sola in quodam cubiculo clausa. Cepit ergo contristari et mesta esse dicens in corde suo: “Hev me, domine, quod uerbo tuo auscultando propter infirmitatem non ualeo misera interesse!” Mox apparuit ei consolator merencium in habitu predicatorum et dixit ei: “Vide me, sponsa, et aspice | oculorum meorum claritatem, oris mei ueritatem, cordis igneam caritatem, brachiorum strenuitatem, pedum uelocitatem et sequere me! Oportet te conplantari similitudini mortis mee. Tradent enim te per inuidiam, querent per insidias, capient per odium, uelabunt faciem tuam per mendacium, colaphizabunt per amaram despeccionem et irrisionem. Portabis hic pacienter uincula per obedienciam, iudicium per confessionem, alapas per satisfaccionem, flagella per paupertatem, spinis coronari per temptacionem, conspui per abieccionem, uestibus exui et reindui per exilij elongacionem. Baiulabis crvcem peccatum odiendo, crvcifigeris uotorum tuorum protractione, figeris in crvce uirtutum operacione, vvlneraberis amando, morieris in crvce
5
FL I, 29; Ed. 469 10
15
Kap. 23: auch Ra und Be2 (Z. 11–22). Be2 ist durch Rückvergleich mit dem deutschen Text entstanden. Der Apparat verdeutlicht diesen Sachverhalt und teilt auch sonstige abweichende Lesarten von Be2 mit. — Ohne Entsprechung in FL: Z. 3–7 (Die – ei) und 8–22 (Abweichungen bezüglich der Reihenfolge und Zahl der Passionsstationen gegenüber FL I, 29). 23,1 Item qualiter] Qualiter Ra | Prima … capitulum] fehlt Ra 5 Sponsus … sponse] vaH Rb, fehlt Ra 7 ei1] mit EZ üdZ Rb 8 Nota] vaH Rb, fehlt Ra | 23 … Christo] vaH in Entsprechung zur Überschrift von FL I, 29 im Register (!) der Einsiedler Hs. Rb, fehlt Ra 9 cordis] cordis mei Ra 10 mortis] passionis in Entsprechung zu FL I, 29 5 (48,28f.) Be2 11 Tradent] Traderis Be2 | querent] Quereris Be2 | capient] Capiaris Be2 | capient … odium] per odium capient Ra 12 uelabunt] velaberis Be2 | tuam] fehlt Be2 colaphizabunt] Colaphizaberis Be2 | amaram] crudelem Be2 13 despeccionem] disposicionem Be2 Portabis … uincula] Ligaberis in Entsprechung zu FL I, 29 6 (48,30) Be2 14 iudicium] ad iudicium traheris in Entsprechung zu FL I, 29 8 (50,1f.) Be2 | alapas] Alapas sustinebis Be2 15 spinis] Ad herodem mitteris per jrrisionem Spinis Be2, in Entsprechung zu FL I, 29 9 (50,2f.) ? | coronari] coronaberis Be2 | conspui] Conspueris Be2 16 exui … reindui] exueris in Entsprechung zu FL I, 29 9 (50,3) Be2 | Baiulabis] Baiuolabis, o unterpungiert Rb, Baiolabis Ra | Baiulabis crvcem] Crucem portabis Be2 17 peccatum odiendo] per peccati execracionem Be2 | uotorum] per rerum omnium abrenunciacionem et eciam per votorum in Entsprechung zu FL I, 29 11f. (50,5f.) Be2 | protractione] protractionem, über dem Kürzel für pro steht or mit EZ Be2 | figeris] Clauis configeris in Entsprechung zu FL I, 29 12 (50,6) Be2 18 uirtutum operacione] per virtutum operacionem Be2 | amando] per amorem Be2 23,8 Vide … sponsa] vgl. Ct 4,9 und 10; Ct 5,1 10 et … me] vgl. Mt 8,22 u.ö.; Mc 2,14 u.ö.; Lc 5,27 u.ö.; Io 1,42 u.ö.; Act 12,8 | Oportet … mee] vgl. Rm 6,5 16 Baiulabis crvcem] vgl. Lc 14,27; Io 19,17
Das liecht der gotheit – Buch I, 23,1 – 20 | 83
[23.] Wie die globig seell wirt Christo gleichgemachett
[XXXVIIIv]
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Eins tags, do alle schwestern gingen zu͗horen das wort gottes, blib schwester Mechtildis allein in einem kemmerlin beschlossen. Do fing sy an tru͗rig sein, sprechent in yrem hertzen: “Hew wee mir o herr, das ich vmb kranckheit wegen nit kan dinem | wort vffhoͤ ren!” Glich erschin ir der troster der tru͗rigen in dem kleid prediger ordens vnd sprach zu͗ ir: “O sponsa, sich mich an vnd sich an die klarheit myner ou͗gen, die warheit mines mu͗ndes, die fu͗rin liebin mines hertzens, die strengi miner arm, die schnelligkeyt myner fu͗eß vnd folg mir nach! Du͗ mu͗st mitgepflantzt werden der glichnus mines todes. Sie werden dich verraten du͗rch hassen, suchen durch heimliche fintschafft, fahen du͗rch nidt, dein angesicht vorhencken du͗rch ligen, an hals schlahen durch bittere verachtu͗ng vnd verspottu͗nge. Du͗ wirst du͗ltïglich tragen die bant durch gehorsame, das vrteil du͗rch beïcht, hau͗btschleg du͗rch genu͗gthu͗u͗nge, die geissel du͗rch armu͗t, mit dornen gekronet du͗rch anfechtu͗ng, verspu͗it durch verwerffung, vßgezogen vnd anthon werden du͗rch verlengeru͗ng des elendes. Du͗ wirst das kreu͗tz tragen mit hassen die su͗nd, du͗ wirst gecru͗tziget werden durch vffzu͗g diner begirde, du͗ wirst an das kru͗tz gehefft mit wirckung der tu͗genden, | du wirst vorwundet mit liebin, sterben am xxxix kru͗tz mit vnbeweglichem vorharren; dein hertz wu͗rt vffgethon werden
23,1 gleichgemachett] ge steht mit EZ udZ
84 | Lux divinitatis – Liber I, 23,19 – 24,20
inmobiliter perseuerando. Aperietur cor tuum lancea per amorem, solueris a crvce per hostium deuictionem, (58vb) sepelieris per humiliacionem, 20 resurges a morte per deuotam expiracionem, ad celos duceris per Spiritus dei attraccionem.” [24.] De excellentiis anime domini nostri Ihesv Christi saluatoris nostri – Sexta parte xvi Noctibus cum a sompno euigilo, nitor prvdenter et attempto, si ego misera pro infideli christianorum multitudine, per quam dilectus meus tam incessanter offenditur, ualeam deprecari. Interdum in aliam uiam deducit me sequorque eum nudis pedibus et corpore, a terrenis scilicet separata. Quis tam facile hominem cohiberet et animam sursum erigeret, sensus tam excellenter illustraret, sicut deus, qui nos creauit et in nobis mirabilia facit? Sic cogitaui nocte cum corde meo in dulci affeccione anime mee absque omni labore de sanctissima trinitate. Et ecce, uidi in excelso perfecte et sancte trinitatis sine desiderio animam domini nostri Ihesu Christi. Ipsa incessanter super omnem exaltata dignitatem in sancta permanet trinitate. Ibi circumdata mirabiliter et ornata et super omnem creaturarum pulcritudinem irradiata transparet in trium excellencia | personarum.
FL VI, 16, 4–47 (468,4–470,23)
5
10
Ed. 470
Concupiui ergo cum maxima, sicut oportet, disciplina, ut ad ipsius gloriam 15 loqui liceret cum illa anima benedicta. Intellexi enim, quod singularia per ipsam fierent mirabilia. Et ecce, rapta sum ad ipsam et eam salutaui dicens: “Benedicta sis tu predilecta! Que mira operaris in hoc eternitatis speculo, in quo se omnes electi mirabiliter intuentur? Tu dulci exerceris labore in 20 deliciosa iocunditate.”
Kap. 24: auch Ra 19 inmobiliter perseuerando] in perseuerancie sanctitatem in Entsprechung zu FL I, 29 13f. (50,8) Be2 per amorem] per stabilem vnionem in Entsprechung zu FL I, 29 14 (50,9), am rR mit steter (Rest fehlt oder abgeschnitten) Be2 20 hostium] hostium tuorum in Entsprechung zu FL I, 29 15 (50,10) Be2 sepelieris] sepulieris Ra | humiliacionem] humiliacionem et abiectionem in Entsprechung zu FL I, 29 15 (50,10f.) Be2 21 ad … duceris] Ascendes in celum in Entsprechung zu FL I, 29 16 (50,11f.) Be2 24,1 excellentiis] excellentibus Rb 2 Sexta … xvi] Capitulum 28 Ra 6 scilicet] fehlt Ra 7 tam1] enim tam Ra 10 omni] vaH mit EZ am lR Rb, fehlt Ra | excelso] anschließend unterpungiertes eius Rb, excelso eius Ra | perfecte … trinitatis] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL VI, 16, 12 (468,14) für unterpungiertes eius Rb 12 exaltata] creaturarum pulchritudinem exaltata, creaturarum pulchritudinem durchgestr. Ra | permanet] permanens Ra 13 Ibi circumdata] am rR MZ Rb 14 excellencia … personarum] personarum excellenciam mit VZ Ra 18 eternitatis] trinitatis Ra 19 Aperietur … lancea] vgl. Io 19,34 24,6 nudis … corpore] vgl. II Sm 15,30
Das liecht der gotheit – Buch I, 23,21 – 24,22 | 85
du͗rch die lantzen der liebin, du͗ wirst vffgelost vom kru͗tz du͗rch vberwindung diner find, du͗ wirst vorgraben dürch demu͗tigu͗ng, vfferston vom tode du͗rch ein andechtiges vorschaiden der seel vom leipp, in himmel gefu͗ret durch das zihenn des heiligen geistes. Amen.”
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[XXXIXv] 10
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[24.] Von den vbertrefflickeiten der seel vnsers liben herren Jesu Christj In den nechten, so ich vom Schloff erwach, vorsuch ich klu͗glich, ob ich arme moͤ g bitten vor die filin der vntruwen christen, du͗rch welchi mein gelibter so vnvffhoͤ rlich wu͗rt erzu͗rnet. Ettman fūrt er mich vff ein andern weg, vnd ich volg im nach mit blossen fu͗essen vnd leip, das ist entblost von den irdischenn dingen. Wer mocht so leicht den menschen heben vnd die seel vbersich richten vnd die sinn so tieff erleu͗chten als gott, der vns hatt er|schaffen vnd wirckt wu͗nderbarliche ding in vns? Also gedacht ich in einer nacht in mynem hertzen in siesser begird myner seel on arbeit von der heiligen tryfaltigkeyt. Vnd, nembtwar, ich sach in der hohi mit hochster begird die seel Jesu͗ Christi vnsers herrens. Sy, on vffhoren erhocht vber alle wirdigkeyt, belibt in der heilige tryfaltigkeyt. Do durchschinet sye, vmbgeben wünderbarlich vnnd gezïert, vnd ist vber alle creatu͗r schoͤ ni, du͗rchscheinbar in der hoͤ hi der trier personen. Darumb begert ich, als sich zimbt mit grosser zu͗cht, das ich mocht reden zu͗ irer glorj zu͗ diser gesegneten seel. Wan ich vornam, das du͗rch sye sunderliche mirackel bescheen. Do ward ich zu͗ yr gezuckt, vnd grüst sy sprechend: “Gesegnet seistu͗ allerlibste! Was wu͗nders wirckstu͗ in disem spigel der ewigkeyt, in welchem sich selbst alle vßerwelten wunderbarlich vnd lu͗stbarlich schowent? Du͗ vbest dich in siesser arbeyt, in lu͗stiger froͤ lickeyt.”
24,3 In] davor eine Leerzeile
86 | Lux divinitatis – Liber I, 24,21 – 48
Respondit gloriosa anima miserabili: “Bene venisti, similitudo mea, nam et ego sicut et tu anima sum. Ego onus omnium portaui et sustvli animarum in meo corpore innocenti. Hoc est officium meum: ego sine intermissione contingo profundissimam diuinitatem moneoque celestem Patrem et ad mentem reuoco sibi eam, qua animas diligit, interminabilem karitatem. Saluto quoque meam diuinissimam humanitatem gracias agens de mea sinedoche felicitate. Reuoco memorie ipsius suam societatem, quoniam et ipse homo terrestris fuit, memineritque, vnde uenerit magnificans ac nobilitans consanguinitatem nostram in seipso, et perire non sinat hominem, quia nullus sue nativitatis exordium fuit, nisi tu deus, dei Filius solus. Tu enim tuam nativitatem ordinasti, quam sine peccato de spiritu sancto procreasti. Sic diuinam flagito humanitatem et inclino ad misericordiam singularem, ut recogitet hominis fragilitatem, hostiumque ipsius crvdelitatem et contra ipsos pugnandi obseruo corde continuam necessitatem, cum nondum sit liber ab hostibus et quod oportet, vt homo sit vsque ad mortem in continua pugna velud vir bene armatus, cuius tamen velati sunt oculi, tenebris Sinedoche videlicet humane fragilitatis. Memento Fili dei nobilissime, quam misere in terris contur(59ra)bata sum in te, et cunctis mortalibus paterna pietate assiste, qui meam, que tua sum anima, similitudinem gerunt in se. Spiritum quoque Sanctum inuoco, cuius gracia replet orbem terrarum, per quam donorum omnium influit plenitudo.” “Quod si tu, Pater eterne, obice iusticie tue regni celestis aditum, ne peccator ingrediatur, obstruxeris, hoc ad Ihesum Filium tuum querulosa refero, qui clauem regni tui cum potestate omnipotencie tue in humanitatis sue dextera tenet.”
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| Iudaici populi manibus fabricatam in terra, in qua obses et captiuus Ed. 471 populus tuus detinetur. Quem, cum Ihesus ad aperiendum comouerit, venia abiecto non negabitur peccatori.
21 nam et] mit EZ am lR Ra 22 sustvli] korr. aus sustili Rb 23 meo corpore] corpore meo Ra 26 Saluto quoque] Salutoque Ra | diuinissimam] diuinissinam Rb 27 sinedoche] von späterer Hand (des 15. Jh.?) Rb, fehlt Ra, dieselbe Glosse zu FL VI, 16, 26 (468,33) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 231 29 consanguinitatem] con mit EZ üdZ Rb 34 – 37 cum … fragilitatis] vaH mit EZ am uR in Entsprechung zu FL VI, 16, 34f. (470,6f.) Rb, mit EZ (in Rot) am uR Ra 37 videlicet] dico videlicet, dico unterpungiert Rb | Sinedoche] von späterer Hand (des 15. Jh.?) Rb, fehlt Ra, dieselbe Glosse zu FL VI, 16, 36 (470,10) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 231 38 cunctis] in cunctis Ra 42 obice] obite Ra 43 hoc] Hic Ra 48 abiecto] obiecto Rb
Das liecht der gotheit – Buch I, 24,23 – 51 | 87
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Gab antwu͗rt die eerlich seel Christj der armen: “Du͗ bist wilkommen min glichnus, wan ich als du͗ bin ein seell. Ich tru͗g die | bu͗rdin aller seelen in xl meynem vnschu͗ldigen leib. Das ist min ampt: Ich on vnderloß herraich die allerdieffeste gotheit, vnd erman den hymmelischen vatter, vnd beruff ym in sin gedechtnu͗s die vnentliche liebin mit welcher er die seelen liebhatt; vnd ich gru͗eß min goͤ tliche menscheit vnd sag danck von myner seligkeyt vnd bring ir in gedechtnu͗s sein geselschafft, wan er ist au͗ch ein irdischer mensch gesin; vnd das er gedenck: wo haͤ r er kommen sey, das er grosmache vnd adelich vnser früntschafft in im selbs vnd nit lasse vorderben den menschen. Wan kein ander ist gewesen ein anfang siner ʾᵉn gottes. Wan du͗ hast din gebu͗rt geordinirt, gebu͗rt dan du͗ gott allein der su welche du͗ zu͗ wegen hast gebracht durch den heiligen geist on su͗nde. Also bit ich die gottliche menscheit vnd neig sy zu͗ sunderer barmherzigkeyt, das sy gedenck die bloͤ digkeyt des menschens, vnd siner find grymmickeyt, vnd ʾᵉn gottes, du aller stette nott mit finsteren hertzen wider sy zu͗fechten. O, su edlester, gedenck wÿ | jemerlich vff erden ich in dir betru͗bt ward, vnd thu͗ bystand allen sterplichen mit vetterlicher genod, dy do mein gleichnu͗s in ynen selbs tragend, die ich do dein selb bin. Ich ru͗ff au͗ch an den heiligen geist, welches gnad erfullet das ertrich, durch welchen au͗ch zu͗flu͗ist die volkommenheit aller gaben.”
“Darumb, ob schon, du͗ ewiger vatter, woltest züschliessen mit dem rigel diner gerechtigkeyt den zugang des himmelischen richs, das der sunder nit ʾᵉn Jesu͗m, welcher hat, in der 45 do ingang: das bring ich kleglich fu͗r dinen su gerechte siner menscheit, den schlu͗sser dines richs mit allem gewalt diner almechtigkeyt.” Welcher schlussel ist geschmidet worden vff erden mit den henden des Ju͗dischen volcks, vff welcher erde dein volck gefangen vnd vmblegert 50 gehalten wirtt. So Jesus gott, den vatter, bewegen wirt, vffzu͗schliessen, so wirt nit vorsagt gnade dem vorworffenen sünder.
45 Jesu͗m] rot unterstrichen 50 So Jesus] rot unterstrichen
88 | Lux divinitatis – Liber I, 25,1 – 26,15
FL VI, 16, 48–61 [25.] De interpellacione Filij ad Patrem pro peccatoribus Hec est responsio dei Patris: “Cor meum non sustinet, ut a se peccatorem (470,24–472,3) repellat. Sequor ergo tamdiu plurimos, quousque apprehendam eos. Quos in tam angusto conseruo loco, quo me nullus consequi poterit intellectus.”
Ad hec anima Christi: “Hec est mea dignitas et sic ornata decore diuinitas 5 corona mea est, humanitas premium meum. Spiritus Sanctus circumdedit meet sic deliciose transfluxit, ut nulla michi similari vel attingere ualeat creatura. Hoc modo sine intermissione sancte trinitati omnes offero peccatores, ne in profundum abyssi perpetuo dimergantur. Illa vero iuuencula, cuius uterus dum de sinu Patris egrederer, meum fuit 10 hospicium, est pudicicie defensatrix, temptatorum aduocata, qui fideli timore sanctam reuerentur trinitatem. Iudicium enim adhuc pendet in huius virginis bonitate.” FL II, 2, 17–44 [26.] De desiderio amantis anime – Secunda parte iij capitulum “O nobilis aquila, o mansuetus agnus, o ardor igneus, succende intima (76,29–78,29) cordis mei! Usquequo tam arida permanebo? Vna morula grauis michi est, vna dies mille anni ante oculos meos sunt. Octo dierum spacium, quibus alienus michi fueris, pro inferno computo. Amanti enim tollerabilior est 5 mors corporis quam eius alienacio ab aspectu creatoris. Phylomena iubilat, ad quod eam amor incitat; a quo eam qui inpedit, mortem eidem ingerit. Igitur deus omnipotens intuere angustias cordis mei!”
Cui respondit Spiritus Sanctus: “Prepara te, o nobilis iuuencula! Dilectus Ed. 472 tuus ad te uenit | cum gloria.” Expauit ergo letificata et ex intimo dixit: “Eya fidelis legate, utinam, ut loqueris, properaret ad me! Ego tam uilis, tamque sum infideli, ut sine eius presencia (59rb) requiem non inueniat mens mea. Cum ipsum adesse Refrigeratur sensero et ex eius amore refrigerium capio, ex omni parte dolorem sustineo. anima sponsi Tamen in hoc gaudeo, quod post ipsum merens curro.” 15 presencia
Kap. 25: auch Ra Kap. 26: auch Ra 25,1 interpellacione] responsione patris super interpellacione Ra | peccatoribus] peccatoribus Caput 29m Ra 5 hec] hoc Ra 6 meum] mit EZ am rR Ra 7 ualeat] poterat Ra 9 dimergantur] demergantur Ra 10 dum] cum Ra 26,1 Secunda … capitulum] fehlt Ra 2 O] fehlt Ra 5 alienus michi] michi alienus Ra 7 incitat] insceitat, s und e unterpungiert Rb | eidem] ei Ra 13 mea] mit EZ udZ Ra 14 Refrigeratur … presencia] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL II, 2, 35f. (78,18f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 210 26,4 vna … sunt] vgl. Ps 89,4; II Pt 3,8
Das liecht der gotheit – Buch I, 25,1 – 26,16 | 89
[25.] Von dem furbit des suns gottes zum vatter vor die sünder | Das ist die antwurt des vatters: “Mein hertz leidetz nit, das ich einen xlj sunder von ym vorwerff. Darumb so lau͗ff ich nach manchen su͗nderen also lang, bis ich sy hergreiff. Welchi ich behalt so in einer engen statt, do hin 5 mir kein vorstantnu͗s folgen oder erraichen mag.” Darzu͗ sprach die seel Christi: “Das ist mein wirdj, vnd die schoͤ n gezirt gotheit ist mein kron, die menscheit mein loͤ n. Der heilig geist hatt mich vmgeben vnd also lustiglich du͗rchflossen, das mir kein creatu͗r mag glich sin oder erraichen. In diser weiß on vnderloß opffer ich vff der heilige 10 dryfaltigkeyt alle sunder, das sy nit vorsenckt werden ewiglich in die tieffe des abgru͗nts. Aber dise magt, deren leip, do ich vßging vom vatter, mein herberg ward, ist ein beschirmerin der schamhafftigkeyt, ein fu͗rspreche der angefochten, die do mit trwlicher forcht erend die heilige trÿfaltigkeyt. Wan das vrteil hanget noch in der gu͗te disser iu͗ngfrowen.” [26.] Von der begirde einer libhabenden seell [XLIv] | “O adellicher adell, o senffmütigs lam, o feu͗rine bru͗nst enzund die innern
mynes hertzens! Wie lang wird ich so dirr bleiben? Ein kleine weil ist mir schwer, ein tag sind taüsent iar vor minen ou͗gen. Ein zytt achttag lang acht 5 ich vor die helle, in welchen du͗ mir fromd bist. Einem libhaber ist lidlicher der tod des leibs dan sein befromdung vom amplick des schoͤ pffers. Ein nachtgall singt froͤ lich, darzu halt sy die liebin; welcher sy hinderet am singen, der fu͗rderet sy zu͗m tode. Darumb, almechtiger gott, sich an die engst mines hertzens!” 10 Do gab antwurt der heilig geist: “Bereit dich, o edle magt! Dein liebhaber komt zu dir mit glori.” Do erschrack sy in froͤ den vnd sprach von innen: “Eya du͗ trewer legat, wolt gott, das er zu͗ mir kem, als du redest! Ich bin also schnoͤ d vnd vntrw, das mein gemu͗et kein rw find on sin bywesen. So ich aber yn empfind by mir 15 vnd siner liebin erku͗lu͗ng empfach, so leid ich on allen ortern schmertzen. | xlij Dennocht, in dem frew ich mich, das ich nach ym lou͗ff mit trau͗ren.”
25,3 ich] am lR
90 | Lux divinitatis – Liber I, 26,16 – 27,22
Quatuor indicuntur Dicit ei nuncius: “Oportet te purgare puluerem, aqua respergere, lectum anime preparare et flores in cubili spargere.”
Respondit exul anima: “Cum purgo, erubesco; cum perfundo, ploro; cum lectum sterno, spero; cum flores colligo, amo; cum dominus meus aduenerit, spontanea occurro. Venit enim cum ipso dulcis symphonia, per 20 quam moritur in me omnis carnis concupiscencia eiusque melodia elongat a me omnem cordis molestiam.” FL II, 3, 4–25 [27.] De Patre et Filio et Spiritu Sancto et angelis – In eodem (80,4–30) Lingua diuinitatis ueridica locuta est in me uerba uirtutis magnifica, que suscepit paruula humilitatis mee auricula. Lux quoque splendidissima Lvx veritatis se in oculis mentis mee illuxit, in qua prospexi ineffabilem ordinacionem, octo partes diffundit innumerabilem gloriam, incomprehensibilia mirabilia. Vidi eciam 5 singulares et amabiles contactus cum distinccione et sufficienciam delectabilem in summo, magnam in cognicione disciplinam, fruicionem cum distribucione secundum uirtutem capacitatis anime diligentis. Conspexi eciam inpermixtum gaudium in societate unitatis, viuentemque uitam eternitatis, sicut nunc est in secula seculorum. 10 De quatuor sagittis Vidi preterea iiijor sagittas de nobilissimo ac fortissimo sancte trinitatis arcu directis in 9 choros simul directas per ix ordines angelorum, quibus nec diues nec pauper angelorum
intactus remanet, sed omnes amabiliter vvlnerantur. Sagitta diuinitatis penetrat eos incomprehenso lumine, amans Christi humanitas fraterna societate, Spiritus Sanctus tangit eos effluenti et eterna deliciositate, 15 indiuisus deus splendoribus eos saciat sue melliflue speciei replens eos affluencia | dulcedinis spiritus oris sui. Aspexi eciam quomodo ambulant Ed. 473 sine labore sicut auis pennam non mouens in aere, et quomodo pergunt, quo libet cum anima et corpore, manentque in suo sine fine ordine. Vidi quomodo diuinitas clangit, humanitas cantat, Spiritus Sanctus citarizat, 20 quibus concinit omnis electorum chorus cum clangore, quorum mentes extenduntur in amore.
Kap. 27: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: conspexi (Z. 9), aspexi (Z. 17), vidi (Z. 19) 16 Quatuor … anime] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL II, 2, 37f. (78,21f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 211 18 Respondit] Respondit ei Ra 20 aduenerit] aduenerit s (s durchgestr.) Rb 21 omnis] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL II, 2, 42 (78,27) Rb 27,1 angelis … eodem] -lis In eodem am Ende der folgenden Zeile Rb | In eodem] fehlt Ra 2 uirtutis] uirtutis m (m durchgestr.) Rb 4 Lvx … diffundit] vaH Rb, fehlt Ra, dieselbe Glosse zu FL II, 3, 5f. (80,6f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 211 6 singulares] singularem Rb, korr. aus singularem Ra 11 De … angelorum] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL II, 3, 13 (80,15) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 211 16 sue] sue n (n durchgestr.) Rb 19 et corpore] et ¦ corpore am rR und lR in Fortführung bzw. vor der Zeile Ra | manentque] manetque Rb 21 clangore] korr. aus clamore Rb | mentes] mit EZ am Ende der Zeile Ra
Das liecht der gotheit – Buch I, 26,17 – 27,25 | 91
Sprach zu͗ ir der bott: “Du͗ mu͗st vßfegen das kütter, wasser sprentzen, das betlin bereiten vnd blumen in diner kammer streu͗gen.” Antwu͗rt die ellend seel: “So ich feeg, so scham ich mich; so ich du͗rch gu͗iß, 20 so wein ich; so ich das betlin bereit, so hoff ich; so ich blümen strew, so hon ich lieb; so der herr züher kompt, loüff ich im willig entgegen. Wan mit ym kompt ein su͗es gesang, durch welches stirbt in mir die begird des fleisches, vnd sein gedoͤ n macht wyt von mir alle tribnu͗s des hertzens.” et cetera
5 [XLIIv]
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[27.] Vom vatter, su͗n, heiligen geist vnd vonn den engelnn Die worhafftige zu͗nge der gotheit hatt in mir geredet grosse krefftige wort der tu͗gent, welche angenommen hand die oren myner demu͗tigkeyt. Vnd ein schinbares licht hat ingeleüchtet den ou͗gen mines gemietz, in welchen ich sach die vnvsprechlich ordnu͗ng vnd vnzalliche glorj, vnd vnbegriffliche wu͗nder. Ich sach au͗ch sonderliche vnd | liebliche anru͗ru͗ng mit vnderscheid vnd ein lustige gnu͗gsamkeyt im hoͤ chsten, ein grosse zucht in der erkantnu͗s, ein niessung mit vßteilu͗ng nach empfenglickeyt der liebhabenden seel. Ich sach ou͗ch ein vnfermischte froͤ d in der geselschafft der einigkeyt vnd das lebendig leben der ewigkeyt, als es nu͗n ist vnd on end. Ich sach ou͗ch iiij pfeil zu͗mal gesent von dem alleredlesten vnd sterckisten bogen der dryfaltigkeyt du͗rch ix choͤ r der engel, mit welchen wider arm noch rich vnanberirt belib, sunder sy worden allesamment wu͗nderbarlichen vorwundet. Der pfeil der gotheit durchtringt sy mit vnbegriffiligkeyt, die gelibte menscheit Christi mit bru͗derlicher gesellenschafftt, der heilig geist ruret sy an mit vßflissender vnd ewiger wollustigkeyt, der vnzertrent gott setiget sy mit den glasten siner honigflissende gestalt vnd erfullet sy mit zu͗flu͗ß der siessi des geistes sines mu͗ndes. Ich sach au͗ch, wie sy wandlent als ein fogel, der do nit bewegt sine flu͗gel im lu͗fft on arbeit, vnd wy sy gond, wohin sy wollent, mit der seel | im leib, vnd bliben on end in irer ordnu͗ng. Ich sach, wie die gotheit klang, xliij die menscheyt sang, der heilig geist harpffet, mit welchem mitsingt alle choͤ r der vßerwelten mit geschrey, deren gemieter sich vßdenent in der liebe.
27,4 gemietz] gemietzt 12 zu͗mal] zmal, korr. nach LD I, 27, 11
92 | Lux divinitatis – Liber I, 28,1 – 24
[28.] De vberibus virginis matris et vvlneribus Ihesu Christi
FL II, 3, 26–50 (80,31–82,27)
Vidi post hoc illud uas honorabile balsami, in quo Christus ix mensibus requieuit vel resedit cum corpore et anima, sicut permansurum est in secula. Cuius in nouissimo magnificencior erit gloria, cum electi omnes 5 conueniunt in patria. Vidi eciam qualiter regina celi stat in throno in Patris gloria manifesta in omni virginalis (59va) disposicionis natura corpusque eius contemperatum et formatum in lucernam nobilem ipsius anime preelecte. Vidique eius vbera incorrupta plena lacte mellifluo stillancia in honorem dei Patris pro dileccione hominis, qui omni quodammodo perfeccior creatura est. Nempe 10 mirantur angelice potestates, quod humanos super se intuentur principes exaltatos. Ad dexteram dei Patris stat Ihesus redemptor noster patentibus vvlneribus non alligatis, sanguine perfusis: vt Patris placet iusticiam, que peccatoribus minatur uindictam. Nam quousque finem non habet preuaricacio super 15 terram, tamdiu uulnera Christi patebunt hyhancia sanguinea sine pena. Post diem uero iudicij induetur Christus alio uestimento quod nemo nisi per reuelacionem uiderit. Tunc illa dulcia vvlnera sanabuntur eruntque ac si rosarum folijs sint contecta ibique uidebuntur cycatrices amoris delectabiles, que in perpetuum non delentur. Tunc creator omnem 20 renouabit creaturam, ut non deficiat in eternum. Lingua michi deficit et latinum non cognosco. Quicquid hic boni sonuit, a me non prodijt nec in me fuit. Verum canis quantumcumque | uilis et Ed. 474 stolidus festinat ad dominum panis bucella modica aduocatus.
Kap. 28: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: vidi (Z. 2 und 6) 28,1 De vberibus] Vberibus Rb | Christi] christi caput 30 Ra 2 balsami in] vaH (ohne EZ) in Fortführung der Überschrift (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb, fehlt Ra 3 vel resedit] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL II, 3, 26 (80,32) Rb, fehlt Ra 8 Vidique … mellifluo] am lR MZ Rb 10 creatura est] est creatura Ra 14 perfusis] perfusus Rb 17 quod … uiderit] quod nisi per reuelcionem nescio an quis uiderit (nescio an vaH mit EZ am lR, ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb, nescio an quis uiderit mit EZ udZ Ra; zur Konjektur s. Neumann 1993, S. 30, Anm. zu FL II, 3, 43f. 18 reuelacionem] reuelacionem quis videre potest Ra | eruntque] Dittographie, erstes eruntque durchgestr. Ra 22 Lingua michi] michi lingua Ra | hic boni] boni hic Ra 24 bucella] bucellam, m durchgestr. Ra 28,2 uas honorabile] vgl. Rm 9,21; II Tim 2,21 22 et … cognosco] vgl. Ps 70,16
Das liecht der gotheit – Buch I, 28,1 – 28 | 93
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[XLIIIv] 15
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[28.] Von den bruesten der iungfrow mutter vnd von den wunden Christi Darnach sach ich das eerlich vaß, in welchem Christüs ix monat hat gerüwet mit leib vnd seel, als es bleiben sol in ewigkeyt. Des glori vnd eer am letsten großmachtiger wirt werden, so alle vserwelten werden zu͗sammen kommen in der glorj. Ich sach au͗ch, wie die ku͗nigin der himmel statt im thron in der glorj des vatters, offenbarlich in aller natu͗r der iüngfrowlichen geschicklickeyt, vnd iren leip gemeß vnd gestaltig gemacht zu͗ einer adellichen latern yerer vserwelten seel. Ich sach ou͗ch yere vnzerstoͤ rte bru͗st, voll der honigflissenden milch, tropffen giessen zu͗ eer gott, des vatters, vmb liebin des menschens, welcher ist etwas vnder allen creaturen die volkommest. | Wan die engelische gewalt vorwu͗ndernt sich, das sy sehen vbersich erhoͤ cht die menschlichen fursten. An der gerechte gott, des vatters, statt Jesus, vnser erloser, mit offnen wünden, nit vorbu͗nden, mit blu͗t durchgossen: das er fersoͤ ne des vatters gerechtigkeyt, die do trawet dem su͗nder rach. Wan, alweill die vbertrettu͗ng vff erde nit ein end hatt, so stond offen die wünden Christi ginent, Nota bluttfarbig on pein. Aber am iu͗ngsten tag wirt Christu͗s anthu͗n ein ander cleidt, welches niemant gesehen hatt, es sey dan durch offenbaru͗ng. Dan so werden disse su͗esse wunden gesund oder heil gemacht, vnd werden, als ob sy seint mit rosenblettern bedeckt, vnd werdent gesehen die zeichen der liebin lu͗stenglich, welchi in ewigkeyt nit werden abgetilget. Dan wu͗rt der schopffer alle creatur, das sy nit abgangen ewiglich, ernewern. Zu͗ng gebrist mir, vnd kan das latin nit. Was hie gu͗ts hat gelu͗ttet, ist vß mir nit herfu͗r gangen, ist au͗ch in mir nit gewesen. Aber ein hünd, wie schnoͤ d vnd durchechtig er ist, eilt er doch zu sinem herren, so ym ein bis brott geraicht oder gezaigt wirtt.
28,2 christi] danach eine Leerzeile 24 alle] korr. aus aller
94 | Lux divinitatis – Liber I, 29,1 – 25
[29.] Incipit commendacio et laus virginis matris et de predestinacione FL I, 22, 4–34 (38,16–40,19) glorie eius, antequam nasceretur in mundo Dvlcis stilla rorans incomprehensibilis trinitatis de fonte nature diuinitatis respersa est super florem electe virginitatis, cuius fructus est deus inmortalis factus homo mortalis, qui est consolacio uiua future 5 inmortalitatis. Et ecce, redemptor noster factus est sponsus, et sponsa arsit ex aspectu uultus eius. Ex summa uirtute deficit a seipsa, in preclara pulchritudine cecatur in seipsa, et in cecitate clarissime intuetur, in qua claritate uiuens et mortua demoratur. Cuius mors, quanto diuturnior uita et quanto iocundius uiuit, tanto amplius experitur. Hic quanto minoratur, tanto magis effluit; et quanto plus timet, tanto dicior efficitur. Quanto pauperior est, tanto manet profundius; et quo patiencior est, eo longanimior est; et quo profundiora eius vvlnera sunt, eo ad pugnandum audacior inuenitur. Quanto amabilior ei deus presens est, tanto alcius nititur; et quanto clarius lucet ex refulgencia diuina, tanto eidem lumini apropinquat. Mira res! Ista quanto plus laborat, tanto tranquillius quiescit; et quo plus conprehendit, eo facilius conticescit; quanto alcius clamat, tanto uirtute dei, plus quod ualet, operatur; quanto delecta(59vb)cio sponsi crescit, tanto sollempniores nupcie celebrantur; et quo osculum oris sapit dulcius, tanto se mutuo amicicius speculantur; et quo difficilius separantur, eo sponsi donis cumulatur; et quo magis expenderit, eo plus habet; hec quanto humilius sponsum discedendo relinquit, tanto cicius redit; et quo callidior manet, eo facilius scintillat; et quo magis ardet, eo clarius lucet; et quanto laus dei dilatatur, tanto ista auarior reperitur.
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Kap. 29: auch Ra 29,1 Incipit] fehlt Ra | predestinacione] de mit EZ am lR Ra 2 antequam] anquam, korr. nach Reg 33, mit Kompendienstrich Ra 3 – 25 Dvlcis … reperitur] am lR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 3 diuinitatis] deitatis Ra 13 patiencior] patiencior, enci (vaH?) mit EZ üdZ Rb, s. dazu Neumann 1993, S. 15, Anm. zu FL I, 22, 17 | est2] fehlt Ra 15 nititur] nititür (?) Ra 19 sollempniores] sollempniores n (n durchgestr.) Rb 20 oris] amoris Ra | mutuo amicicius] amicicius mutuo Ra 29,20 osculum oris] vgl. Ct 1,1
Das liecht der gotheit – Buch I, 28,1 – 29,29 | 95
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| [29.] Von dem bryß vnd lob der iungfrow mutter Marie vnd von der xliiij vorsehung yerer glori, ee dan sy in die welt geborn wardt Der sies tow tropff der vnbegriflïchen tryfaltigkeyt ist gesprentzt vber die blüme der vßerwelte iungfrowschafft von dem brünnen der goͤ tlichen natu͗r; welcher iu͗ngfrowschafft fru͗cht ist der vnsterplich gott, der ist worden ein sterplicher mensch, der do ist ein lebender trost der ku͗nfftigen vnsterplickeyt. Vnd, nemtwar, vnser erloser ist worden ein brÿtgamer, vnd die gespons hat bru͗nnen in sinem angesicht. Vß hoͤ chster krafft gebrist sy von ir selb, in der fast claren schoͤ ni erblindet sy von ir selbs, vnd in der blintheit wirt sy volkommenlich schowend, in welcher clarheit sy ru͗wet lebendig vnd tod. Welcher toͤ dt, wie vil lenger, so vil frolicher ist das leben, wie vil froͤ licher sy lebt, so vil meher sy erfart. Disse, wie mer sy gemindert wirt, so vil meher sy vßflu͗ißt; vnd wie mer sy sich forcht, so vil mer reicher sy wirt; | wie armer sy ist, so vil dieffer sy bleibt; vnd wie fridlicher sy ist, sou͗il langwiriger; vnd wie tieffer yere wu͗nden seint, so vil kecker wirt sy gefünden zum streit; wie liblicher gott ir bey ist, so vil hohere ding sy vnderstatt; vnd wie mer sy scheinet vß gotlichem glast, so vil mer sye dem selbigen licht zünahet. Ein wunderbarlich ding: wie mer sy arbeit, so vil stiller sy zu͗hett; vnd wievil sy begreifft, so vil mer sye in yr selbst stillschweigt; wie hoͤ her sy schreigt, so vil mer vß krafft gottes sye mer wirckt; wie mer die wollust des gemahels wachst, so vil eerlicher hochzytt werden gehalten; vnd wie siesser ïnen gefalt der mu͗nd kūß, so vil früntlicher sye einander ansehend; vnd wie schwerlicher sye getrent werden, so vil mer wirt sye mit gaben des gesponsen vberschu͗ttet; vnd wie mer sye vßgibt, so vil mer sy hatt. Dise, wie demu͗tigster sy yren gemahel mit abgon ferlasset, so vil balder widerkoͤ ret sy; vnd wie hitziger sy bleibt, so vil lïechter zwitlert sy; vnd wie mer sye brint, so vil clarer schinet sye; vnd wie mer das lob gottes wirt geweytert, so vil giriger wïrt sy gefu͗nden.
96 | Lux divinitatis – Liber I, 29,1 – 31,20
Ed. 475; | [30.] De speciali nobilitate humane anime – In eodem FL I, 22, 35–42 “Eya, vbi redemptor noster factus est sponsus?” “Vtique in iubilo beatissime trinitatis! Cum enim deus se in seipso continere (40,20–30) non uoluit, animam condidit, et seipsum illi proprie tradidit nimio pre 5 amore.” “Vnde creata es, o anima, que sic precellis omnem creaturam et prestantissime trinitati iungeris manens integra in teipsa.”
Respondit anima: “Tu de meo principio enunciasti, et ego vere dico tibi, quod ego ibi creata sum in amore. Ideo nihil meam nobilitatem consolari 10 uel liberare potest nisi solus amor.” [31.] Qualiter de plenitudine matris misericordie sancti et peccatores FL I, 22, 42–62 (40,30–42,21) restaurantur vniversi – In eodem “Domina mea, sancta Maria, quorum mirabilium tu es mater! Quando tanta gloria collata est tibi?” Respondit virgo: “Cum dei Patris iubilus, per casum Ade turbatus, iuste irasceretur, hunc furorem omnipotentem mecum ei 5 coequalis sapiencia intercepit. Tunc Pater pius, ut haberet, quod diligeret, in sponsam me elegit. Mortua enim erat anima, quam formauerat sibi sponsam. Elegit quoque me Filius dei in matrem et Spiritus Sanctus in dilectam. Eramque sola sponsa trinitatis et mater piorum orphanorum protegens eos 10 coram oculis eius, ne omnes sicut plurimi interirent. Cumque sic exulum mater essem, repleta sunt ubera mea inpolluto lacte largissime miseracionis, ut lactarem prophetas et uates, antequam nascerer corporaliter huic mundo. Dehinc in puericia lactaui meum et omnium dominum Ihesum Christum.
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Ex hoc in iuuentute lac prebui ecclesie, sponse dei, stans sub crvce, vbi arens et misera facta pertuli gladium pene filij mei Ihesu animam meam spiritaliter penetrantem.” “Tunc Filij dei vvlnera et matris eius ubera patuerunt. Vvlnera fuderunt et 20 fluxerunt, et reuixit anima et sanata est tam salubri poculo debriata.”
Kap. 30: auch Ra Kap. 31: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 4 30,1 anime] hanime, h durchgestr. Ra | In eodem] Capitulum 31 Ra 2 – 10 Eya … amor] am lR senkrechter, leicht verzierter Markierungsstrich Rb 2 redemptor] refemptor Ra 3 se … seipso] in seipso se Ra 4 non uoluit] noluit Ra | nimio] nimis Ra 31,2 In eodem] Capitulum 32 Ra 5 omnipotentem] omnipotens Ra 15 dominum] dominum nostrum Ra
Das liecht der gotheit – Buch I, 29,1 – 31,25 | 97
xlv | [30.] Von sonderliche adel der menschen seell “Eya, wo ist vnser erloͤ ser ein gemahel worden?” “Firwar im iu͗bel froͤ d der heilige trifaltigkeyt. Wan, do gott sich in ym selb nit mocht enthalten, erschüff er die seel vnd gab sich selber yr eigen vß 5 grosser liebin.” “Wo haͤ r bistu͗ erschaffen, o seel, die du͗ also vbertriffst alle creatüren, vnd wirst hochbrislich voreinigt der wirdigsten dryfaltigkeyt, vnd blibst doch gantz in dir selbst?” Antwu͗rt die seel: “Du hast gesagt von minem anfang. Ich sag dir fu͗rwar, 10 das ich dir bin erschaffen in der liebin. Darumb mag nit trosten oder freyen mein adel, dan allein die liebin.”
5 [XLVv]
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[31.] Wie von der volkommenheit der mutter der barmherzickait alle heiligen vnd sunder widergebracht werden “Mein frow, Sancta Maria, welcher wu͗nderlicher dinger bistu͗ ein mu͗tter, so dir ist ein solliche glori vorlühen?” Antwu͗rt die iüngfrow: “Do das froͤ d gesang gott, des vatters, du͗rch Adams fall betriebt, gerechtiglich erzu͗rnet: | den selbigen almechtigen zorn, hatt die ym mitgleich weißheit mit mir vffgehebt. Do hatt der gu͗tig vatter mich in ein gespons - do mit er das hett, das er libet - erwelet. Wan tod war die seel, die er ym selbs ain gespons gemacht hett. ʾᵉn gottes erwelet mich zu͗ siner mütter, vnd der heilig geist zu͗ Au͗ch der su einer gelibten. Vnd ich was allein ein gespons der tryfaltigkeyt vnd ein mu͗tter der gūtïgen vnd der weysen, sy zu͗beschirmen vor sinen ou͗gen, vff das nit alle als doch vil vordu͗rbent. Vnd do ich also ein mutter der elenden was, seind gefult worden min bru͗st mit der vnbefleckten milch der milten erbermd, das ich sou͗gte die propheten vnd weissager, ee dan ich leiblich ward in die welt empfangen geboren. Darnach hon ich geseu͗gt in der kintheyt mein vnd aller herren, Jesu͗m Christu͗m. Vß dem, in der iu͗gend, gab ich milch der kirche, die do ist ein gespons gottes, so ich stu͗nd vnder dem cru͗tz, do ich dirr vnd ellend ward vnd düldet das schwert der pein mines su͗ns Jesu͗, das mein seel geistlich du͗rchtrang.” ʾᵉns | gottes vnd die brÿst seiner xlvj “Do seint geoffnet worden die wünden des su mu͗tter. Die wu͗nden hand vßgossen vnd geflossen, vnd do hatt wider gelebt mein seel, vnd ist hailsam worden von solchem getranck.”
30,2 Eya] davor eine Leerzeile 31,7 vffgehebt] korr. aus vffgeopffert, opffert ohne erkennbare Streichung, darüber steht hebt mit EZ 14 worden] wordem
98 | Lux divinitatis – Liber I, 31,21 – 33,4
| Cum sic de patentibus vvlneribus nata et uiuificata fuit, infans erat et Ed. 476 infirma. Que, si incrementum (60ra) uite acceptura erat, necesse fuit, ut mater dei mater eius et nutrix esset. Nec inmerito! Nam deus legittimus Pater eius simul et uirgo sponsa eius simillima ei in omnibus membris eius. [32.] Quod eius beneficio omnes status ecclesie renouentur Domina, in senectute tua sanctis apostolis doctrine et oracionis ubera prebuisti, ut in eis deus suam gloriam et tuam perficeret uoluntatem. Martyres quoque fidei fortitudine, confessores ecclesie defensione, virgines tua integritate, uiduas constancie stabilitate, coniugatos pietate, peccatores lactas et foues benigna longanimitate. Domina mater, necesse est, ut adhuc nos lactes et nutrias, nam ubera tua adhuc adeo sunt plena, quod non deficiunt nec arescunt. Que si recusares, prebere sicientibus lac miseracionis, et sitis nostre ariditas te urgeret. Ego namque uidi ubera tua lactis plenitudine sic tumencia, quod septem uene tanquam sagitte ex uno ubere redundantes simul corpus infunderent et animam humectarent. In illa hora sustvlisti a me laborem, quem nullus dei amicus sine cordis molestia poterit tollerare. Sic, o domina, et usque ad diem nouissimum tuis uberibus nos lactabis. Tunc enim omnes filij dei ad incrementum perducti ablactati auellentur ab ubere cibo solido refouendi. Tunc cum ineffabili delectacione uidebimus lac et ubera, que in terris osculatus est sepius dominus noster dei filius Ihesus Christus.
FL I, 22, 62–77 (42,22–44,3)
5
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| [33.] Quod uirgo beata immunis ab omni peccato fuit in hac vita per Ed. 477; FL III, 4 graciam, non per naturam – Tercia parte iiij capitulum O Maria, imperatrix et domina mea, interrogata sum, si in carne uiuens, peccare potueris super terram. Spiritus Sanctus sanctificator et inhabitator
Kap. 32: auch Ra Kap. 33: auch Ra 21 fuit] fuerat Ra 23 nutrix] nutrix eius Ra 24 sponsa] mater Ra 32,1 ecclesie renouentur] am Ende der folgenden Zeile Rb, ecclesie renouentur Capitulum 33m Ra 4 fortitudine] fortitudinem Ra 6 lactas … foues] foues et lactas Ra 12 sustvlisti] sustilisti, erstes i unterpungiert und üdZ mit v ersetzt Rb, isti mit EZ udZ Ra 13 et] fehlt Ra | diem nouissimum] nouissimum diem Ra 15 Tunc] Tuc Ra 33,1 ab … fuit] fuit ab omni peccato Ra 2 graciam … capitulum] am Ende der folgenden Zeile Rb Tercia … capitulum] Capitulum 34 Ra 4 peccare potueris] potueris peccare mit VZ Ra sanctificator … inhabitator] et inhabitator et sanctificator Ra 32,15 cibo solido] vgl. Hbr 5,13
Das liecht der gotheit – Buch I, 31,26 – 33,4 | 99
Do sy nu͗n ist geboren von den offenstandenen wu͗nden vnd lebendig gemacht, war sye ein kind vnredbar vnd kranck. Solt sy werden empfenglich des lebens, war nott, das die mu͗tter gottes wer yer mu͗tter vnd nererin. Vnd nit vnbillich! Wan gott ist yr rechter vatter, vnd sein gespons, 30 die ein iu͗ngfrow ist, die gleicht ym in allen sinen gelidern.
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[XLVIv] 10
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[32.] Das vß gut that Marie alle stend der kirche werden ernüwert O frow, in dinem alter hastu͗ den heiligen aposteln gebotten dye brÿst der leer vnd des gebettes, das gott in ynen sein glori vnd deÿnen willen volbrecht, vnd hast geseu͗gt die marterer mit sterckin des glou͗bens, die beichtiger mit beschirmu͗ng der kirche, die iu͗ngfrowen mit diner vnu͗orserten iu͗ngfrowschafft, die wytwen mit festi der bestendigkeyt, die ʾᵉtigkeyt; die su͗nder seu͗gest vnd nerest mit gnediger eeleu͗t mit gu langmietigkeyt. | Frow mu͗tter, es ist not, das du͗ vns noch seu͗gest vnd nerest, wan dein brÿst seint noch als vol, das sy nit abnemend oder dirr werdent. Ob du͗ schon nit gern boͤ test den dürstigen milch der erbermd, so zwu͗ng dich doch die dirri vnsers du͗rsts, wan ich hon gesehen dein brïesst also geschwollen von voͤ lli der milch, daß vij adern vß einer bru͗st glich als pfeil entspru͗ngen zumol vbergossend den leip vnnd feüchtmachten die seel. In der selbige stu͗nde hastu͗ von mir hinweg genommen die arbeit, welche kein fru͗nd gottes mag leiden on beku͗mmernu͗s sines hertzens. Also, o fraw, wirst du͗ vns seügen bis an den letsten tag. Dan alle kinder gottes, zu͗ der volkommenheyt bracht, abgeseu͗gt, werden abgenommen von der bru͗st vnd werden mit fester speis generet werden. Do werdent wir sehen mit vnvßsprechlicher frou͗d die milch vnd brÿst, welche offt geku͗sset hat vff erden vnser herr, der su͗n gottes, Jesus Christu͗s. [33.] Wie die selige iungfrow ist ledig gewesen hie vff erden von aller sünd durch gnod, nit durch natur | O Maria, kayserin vnd mein frow, ich bin gefragt worden, ob du͗ vff erden xlvij habest mogen su͗nden, all weil du͗ lebtest im fleisch. Der heilig geist, dein
32,11 brïesst] korr. aus brïefft
100 | Lux divinitatis – Liber I, 33,5 – 33
tuus me instruxit, quod culpas committere humanitus non potuisti, 5 quoniam in uera humanitatis femineaque natura nulloque eiusdem nature defectu omnipotentis dei dextera te creauit, qui et castitatem tuam nobilem preciosamque reddidit coram ipso. Attamen insuper super omnes homines deificata per graciam inmunis ab omni peccato extitisti. In tota uita tua similis angelice puritati permansisti. 10 Omnipotens quippe Pater tuam benigne protexit infantilem puericiam per predestinacionis eleccionisque prouidenciam sempiternam. Spiritus eciam Sanctus tue gratissime iuuentutis gubernauit florem per suauissimam sue dileccionis presenciam delectacionisque diuinissime internam experienciam. Ipse quoque dei uirtus et dei sapiencia Ihesus Christus sicut 15 florem roris stilla vniuersa tui corporis perlustrauit mem(60rb)bra, inhabitandoque penetrauit uiscera, quod tibi permanet perpetuo virginitas incorrupta. Naturam tuam occupauit, quod in ea nunquam nec minimus motus illicitus pullulauit. Eterna sapiencia omnipotentis diuinitatis te sic, o domina, obumbrauit, ut naturaliter secundum hominem uiueres, 20 penalitatesque communes omnibus sine culpa sustineres, tuaque florens essencia et, ne in nichilum in tam potenti redigeretur, potencia firmaretur.
In hac umbra refrigerij mirabilis gratissima concipiens Ihesum portasti sine pondere et educasti, uirgo, materna dulcedine. Vere, domina, angelica legacio a summo Patre porrecta, immaculata nativitas Filij dei ex te 25 perfecta, sic te igne diuino succenderunt et lumine gracie perfuderunt, ut merito rubus incombustus ardens et lucens, uisione presignatus Moysi, nomineris. Deinceps, o domina, refrigerauit te pauperies indiga, inquietudo euentuum uaria, exilij protraccio longissima cordisque | molestia Ed. 478 grauissima. Veruntamen igne, qui sine inicio fomentoque lucet et ardet 30 extraneo, qui tue mentis templum illustrauit intus in corde ardens inextinguibiliter, permansisti, cuius lucis claritas omnes a te tenebras expulit et fugauit.
5 me instruxit] instruxit me Ra | non] fehlt Rb/Ra, ergänzt nach LG I, 33, 5 10 extitisti] das zweite ti mit EZ üdZ Ra 12 sempiternam] sempiterna Rb 15 experienciam] expergenciam Ra 17 perpetuo] perpetua Ra 22 et] fehlt Ra 28 Deinceps … indiga] am rR MZ Rb | inquietudo] do vaH üdZ Rb 32 inextinguibiliter] in inextinguibiliter, erstes in unterpungiert Rb 27 rubus … ardens] vgl. Ex 3,2
Das liecht der gotheit – Buch I, 33,5 – 38 | 101
5 heiligmacher vnd einwoner, hatt mich vnderwisen, das du͗ nit hast mogen
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[XLVIIv] 20
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volbringen menschlich schuld. Wan die gerechte des almechtigen gottes hatt dich erschaffen in warer menschlicher vnd froͤ licher natu͗r on allen gepresten der selbigen natu͗r. Er hatt ou͗ch dein kwscheit edell vnd kostlich gemacht vor ym. Darzu͗, du͗ vberr alle menschen gottformig, durch genad gemacht bist ledig gewesen von allen su͗nden vnd in deinem gantzem leben gleich der engellischen reinigkeyt bliben. Wan der allmechtig vatter hat gnediglich beschirmet dein vnredbare kintheyt du͗rch die ewige fu͗rsichtigkeyt deiner vßerwelung vnd vorsehu͗ng zu der seligkeyt. Au͗ch der heilig geist hatt gnadenrichlich regiert die blu͗m deiner iu͗gend du͗rch gegenwürtigkeyt sinerr su͗essesten liebin vnd durch innere erfarnu͗s der aller goͤ tlichsten wollüstigkeyt. Au͗ch die gotz krafft vnd weysheit, Jesus Christu͗s, hat du͗rsu͗cht alle gelider deines leibs vnd mit inwonen | dürchtru͗ngen, glich als die tawtropffen die blu͗men durchsuchen, das dir bleibt ewiglich die iu͗ngfrowschafft vnzerstoͤ rt; hatt dein natu͗r also gefestiget, das in yr kein vnzimliche bewegüng nie hat mogen brosslen. Die ewige weisheyt der almechtigen gotheit, o fraw, hat dich also vmbschattet, das du͗ natu͗rlich nach dem menschen lebtest vnd die gemeine pen lidest on schu͗ld vnd dein blu͗endes wesen mit so gewaltiger macht wu͗rde gefestiget, das es nit zu͗ nicht bekert wu͗rde. In disem schatten der wunderbarlichen erkielu͗ng empfingestu͗ danckparlich Ihesu͗m vnd tru͗gest yn on schweri vnd erzogest yn in mütterlicher süssigkeyt. Warlich, o frow, dye engelische botschafft, vom ʾᵉns gottes, hoͤ chsten vatter dir embotten, vnd die vnbefleckte gebu͗rt des su vß dir volbracht, hand dich also entzu͗nt mit goͤ tlichem fewr vnd mit dem liecht der gnaden du͗rchgossen, das du͗ billich genempt wirst die onverbrent brinnend vnd scheinend stu͗de, in der gesicht Moysi vor angezeigt. Darnach hatt dich erkielet, o fraw, die du͗rfftig armu͗t, menge vnrw der zu͗fellen, die lengste vorzihu͗ng des ellendes, | die schwereste trübnu͗s dines hertzens. xl8 Aber dennocht blibest du͗ vnvßloͤ schlich inwendig im hertzen brinnen mit dem feu͗r, das do on anfang vnd vßwendiger naru͗ng scheint vnd brint, welches den tempel deines gemietzs hat du͗rchlu͗icht, welches liechts clarheit hatt vß dir vßtrïben vnd vorieicht alle fünsternu͗s
33,26 erkielu͗ng] davor bekeru͗ng durchgestr. 27 Ihesu͗m] hie su͗nn, korr. nach LD I, 33, 23 29 embotten] embottem 36 vßwendiger] vßweniger, korr. nach LD I, 33, 31 38 vß] vßn
102 | Lux divinitatis – Liber I, 34,1 – 35,8
[34.] De incomparabilibus reuelacionibus – Quinta parte xxiij Cvm adhuc in hac peregrinacione terrena regina celi exularet, uirgo gloriosa alloquebatur pijs mentis affectibus dulcem filium, cum voluit; filiusque matrem honorans venerabilem, ut oportuit, diuinarum illuminacionum responsionibus desideriorum suorum uoces exaudiuit, ut decuit. Vnde confortata cordis molestias cum paciencia sustinuit et libenter. Hec autem talis et tanta familiarium reuelacionum celsitudo nulli sanctorum est communicabilis, quorum eciam nullus fuit uel erit matris virginis dignitati similis. Nam et illa specialissima Christi amatrix, cui dimissa sunt peccata multa, que ipso teste dilexit multum, a tam precelsis illuminacionibus longe fuit. Cum enim dominum Ihesum corporalibus oculis non uidebat, uehementissime tristabatur, et cor eius amore languens dolore inconsolabili uexabatur. Ardebat quidem caritate magna sed simplici, carens illuminacionum plenitudine diuinarum, donec adueniente Spiritu Sancto diuinitatis amore est magnificencius uulnerata. Nostra autem inperatrix, dei genitrix Maria, cuius anima pre omnibus creaturis ardentissima flagrabat diuinitatis caritate, ac limpidissima sancte trinitatis fulgebat cognicionis claritate, in omnibus Filij accionibus, passionibus, mira(60va)culis glorificacionibus pacienter et quiete disciplinam Patris sustinuit et cum humili molestia in bonis et gloria Filij gaudens, et gracias agens in domino exultauit. | [35.] De fideli patrocinio miserorum – Sexta parte xxxviij
FL V, 23, 181190 (374,27–376,2)
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Ed. 479; FL VI, 39
Patris et Filij et Spiritus Sancti personalis trinitatis et essencialis maiestatis unitas indiuiso et ineffabili fluentis inpetu, inenarrabilibus bonis, claritate eximia, celesti gloria Marie uultui se offerunt et influunt beatitudine consummata. Cuius magnificis irradiata fulgoribus resplendet ex intuitu 5 presencie maiestatis. Replet nichilominus humilia karitatis uascula pre ceteris gloria et splendore. In hac lucis fulguranti resplendencia imperat cum potencia mater luminis uirgo Maria ac postulat humilitatis, qua deum
Kap. 34: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 6–9 (Hec – similis) und 15–21 stark abweichend gegenüber FL V, 23, 188–190 (374,36–376,2] Kap. 35: auch Ra 34,1 incomparabilibus] incom (vaH?) mit schwarzer Tinte üdZ Rb | reuelacionibus … xxiij] reuelacionibus sibi factis Capitulum Ra 2 exularet] exultaret Ra 3 filiusque] que mit EZ üdZ Ra 5 suorum] eorum Rb 12 amore] amorte, t unterpungiert Rb 15 est magnificencius] magnificencius est Ra | inperatrix] inperatrix dei geni, dei geni durchgestr. Rb 16 ardentissima] ardentissime Ra 20 et1] fehlt Ra 35,1 Sexta … xxxviij] Capitulum 35m Ra 2 et3] mit EZ üdZ Ra 34,12 amore languens] vgl. Ct 2,5 und 5,8
Das liecht der gotheit – Buch I, 34,1 – 35,11 | 103
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10 [XLVIIIv]
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[34.] Von der vbertrefflichen offenbargen Do noch in diser irdische bilgerfart die himmel ku͗nigin im ellend was, die ʾᵉn, so sye wolt vß eerliche jüngfrow, do sprach sy an yeren su͗essen su ʾ ᵉ gietigenn begirden des gemietz; vnd der sun eeret sein erwu͗rdige mu͗tter, als sich zimpt, mit antwu͗rt der gotliche erleu͗chtu͗ng, vnd erhoͤ ret die stim yerer begirden, als es sich zimpt. Do haͤ r ward sy getrostet, du͗ltiglich vnd gern zu͗tragen, tru͗rigkeyt des hertzens. Aber ein sollich vnd so grosse hoͤ hin sollicher fru͗ntlicher offenbaru͗ng mag keinem heiligen mitgeteilt werden, wan keiner vß inen ist gesin oder wirt gleich der wirdigkeyt der mu͗tter iu͗ngfrow. Wan au͗ch die aller sonderlichste liebhaberin Christi, der do nachgelassen sind vil su͗nde, welche vß siner zu͗ignu͗s vil liebhett, ist ferr gewest von solchen offen|baru͗ngen. So sy den herren Jesu͗m nit sach mit leiplichen ou͗gen, ward sy fast tru͗rig vnd yer herz, schwach von liebin, ward beku͗mmert mit vntrostlichem schmertzen. Sie bran mit groesser liebin, aber mit schlechter, vnd mangelt der volkommenheit der offenbarüngen also lang, bis sy vß zu͗kunfft des heiligen geistes ward großmechtiger verwu͗ndet mit der liebi der gotheit. Aber vnser kayserin, gottes mu͗tter, Maria, welcher seel vber all creatu͗ren brann mit inbrinstiger liebin der gotheit vnd schin mit dürchleuchtigster clarheit der erkantnu͗s der dryfaltigkeyt: in allen yeres su͗ns wercken, leiden, mirackeln, herlickeyten leyt sy du͗ltiglich vnd rylich die zu͗cht des vatters, vnd mit demu͗tiger tru͗rigkeyt erfrewet sich im gu͗ten ʾᵉns, vnd sagt danck dem herren. vnd glori yeres su
[35.] Von der manigfaltige gnad der iungfrowen vnd vnvszsprechlicher glori Marie vnd von irem truwen furbitten Des vatters vnd su͗ns vnd heiligen geists personliche tryfaltigkeyt vnd einigkeyt, | wesenliche maiestat erbittent sich dem angesicht Marie, vnd xlix 5 infliessent mit der volkomne seligkeyt, mit vngeteiltem vnd vnvßsprechlichem gewalt, mit hoher liebin, mit himmelischer glorj. Sye vberglastet mit yeren grosmechtigen scheinen, widerscheint von dem amplick der gegenwu͗rtige maiestat. Dennocht erfu͗lt sy die demütige feßlin der liebin for die andern mit glori vnd clarheit. In disem widerschein des 10 glastenden liechts gebu͗it mit gewalt die mu͗tter des lichts, die iu͗ngfrow Maria, vnd bitt demu͗tig, ingedenck der demu͗tigkeyt, in welcher sye gott
34,1 der] korr. aus den 35,8 demütige] mit EZ am rR
104 | Lux divinitatis – Liber I, 35,9 – 20
conceperat reminiscens. Nunquam in regno necessaria est regine humilitas? Reueretur honorans mater filium cum omnibus humilibus cordibus super 10 omnia presidentem. In omnibus, que accepit uirgo beneficia, clarificata est in dei presencia, nam ea conseruauerat incorrupta. Preterea decoratur omnium perfeccione uirtutum, coronatur uniuersarum prerogatiua dignitatum, sicque refluit gratissima gaudens et laudans in deum, qui est fons et largitor omnium graciarum. Porro eius fruicio et cum deo unio super 15 omnes creaturas inenarrabilis est, que quanto hic humilior exstitit et deiformior, tanto illic excellencior cunctisque incredibili pulchritudine speciosior inuenitur. Grandis est eius uirtus et ad repellendos ab hominibus demones. Ideoque cum dulci memoria eius attollimus preconia, ut eius mereamur percipere suffragia in secula seculorum amen. 20
9 in … necessaria] necessaria in regno Ra | humilitas] humilitas mit FZ Ra 10 Reueretur … cordibus] am lR leicht verzierter Markierungsstrich Rb | cordibus] corde Rb Ra 15 largitor] largitas Ra | unio] viuo Ra 18 speciosior] von späterer Hand (des 15. Jh.?) am lR wiederholt ausgeschrieben Rb 19 attollimus] attollamus Ra
Das liecht der gotheit – Buch I, 35,12 – 24 | 105
empfangen hatt. Ist nit not im reich die demu͗tigkeyt der ku͗nigin? Die ʾᵉn, der do ist mu͗tter mit allen demu͗tigen hertzen eeret reu͗erentzlich yeren su allen fu͗rgesetzt. In allen gu͗ttaten, die dy iu͗ngfraw genommen hatt, ist sy 15 clar gemacht in beywesen gottes, wan sy hett die selbige behalten vnzu͗rstoͤ rlich. Au͗ch ist sy geziret mit volkommenheit aller tu͗genden, ist gekronet mit wirdigkeyt aller freiheiten, vnd also widerflu͗ist sy gnadenrich [XLIXv] mit frewen vnd spilen in gott, | welcher ist der bru͗n vnd geber aller gnaden. Fu͗rwar, yr niessu͗ng vnd mit gott voreïnigu͗ng vber alle creatu͗r ist 20 vnvßsprechlich, welchi, wie demütiger sy hie was vnd gottformiger, so vil sy dort vbertrefflicher vnd vber alle mit vngloͤ blicher schoeni hu͗bscher wirt gefu͗nden. Ir krafft ist gros au͗ch zu͗u͗ortreiben die boͤ sen geist von den menschen. Darumb mit siesser gedechtnu͗s erhebent wir yr lobb, vff das wir vordynen zu͗empfaen yr hu͗lff in secula seclorum.
[1.] Incipit liber secundus de angelis de laude creatoris pro collatis sibi Ed. 481; FL I, 6 a deo donis – Prima parte vi capitulum 1 Avdi nunc aure cordis concentum laudis supernorum spirituum in excelsis! Gloria tibi trinitas, domine deus, qui nos creasti tua omnipotencia, ordinasti tua sapiencia, conseruasti tue pietatis clemencia! Benedicimus te, qui nos 5 honoras tuis misterijs, foues bonis, reples donis, contines imperio maiestatis. Adoramus te domine, qui nos sanctificas tua benignitate, illustras familiaritate, exaltas karitate et perpetua claritate.
[2.] De excellencia angeli et hominis ad inuicem comparata – Secunda FL II, 22 parte xxij 2 “O anima, unum de duobus dicito, quod magis cupias et preoptes: Vellesne unus esse Seraphin uel homo in infimo ordine angelorum?” (60vb) Respondit anima: “Tu nosti, quod beati Seraphin vnus cum deo spiritus 5 dileccionis ardore igneo et lumine sunt preexcelsi.” “O anima, non te latet, quod angeli persone simplices sunt, qui nec laudare nec amare nec agnoscere amplius possunt, quam eis per graciam est Nota hec quatuor donatum. Hec infimus homo per fidem, per contri|cionem, per desiderium, Ed. 482 per bonam uoluntatem recompensat. Licet eius anima non tam fortiter in 10 amore ferueat creatoris.” Item quatuor “O contemplator, tu peruidisti, quod spiritus Seraphin et filij sunt, et famuli dei sunt. Anima autem christiana filia Patris, soror Filij et Spiritus Sancti est amica et uere sancte trinitatis sponsa. Hijs in statera appensis, quid
Kap. 1: auch Ra Kap. 2: auch Ra 1,1 Incipit … secundus] fehlt Ra | de1 … creatoris] De laude angelorum Ra | sibi … deo] a deo sibi Ra 2 Prima … capitulum] Capitulum 36m Ra 4 Gloria] anschließend 1 üdZ mit Rubrum Rb omnipotencia] anschließend 2 üdZ mit Rubrum Rb 5 sapiencia] anschließend 3 üdZ mit Rubrum Rb clemencia] anschließend 4 üdZ mit Rubrum Rb | Benedicimus] am lR Verweishand Ra 6 honoras] honeras Ra | misterijs] anschließend 5 üdZ mit Rubrum Rb | bonis] anschließend 6 üdZ mit Rubrum Rb | donis] anschließend 7 üdZ mit Rubrum Rb 7 maiestatis] anschließend 8 üdZ mit Rubrum Rb benignitate] anschließend 9 üdZ mit Rubrum Rb 8 familiaritate] anschließend 10 üdZ mit Rubrum Rb claritate] c korr. aus k Rb 2,1 Secunda … xxij] Caput 37m Ra 3 anima unum] Anima Ra | de] e Ra 4 in] mit EZ udZ Rb 5 beati] beata Rb Ra 6 et] fehlt Ra | preexcelsi] precelsi Ra 7 sunt] fehlt Ra 9 Hec] Hic Rb Ra, Konjektur nach Stierling 1907, S. 83 | Nota … quatuor] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL II, 22, 8f. (114,2f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 214 12 sunt] fehlt Ra | Item quatuor] vaH Rb, fehlt Ra 13 est amica] amica est Ra 14 et … sponsa] vaH mit EZ am oR in Entsprechung zu FL II, 22, 15 (114,11f.) Rb | appensis] a mit EZ üdZ Ra 2,14 Hijs … appensis] vgl. Iob 31,6
[1.] Das ander buch von den engeln vnd von irem lob, so sye eerent den schopffer vmb von ym gegebene gutheit Hoͤ re nün mit den oren des hertzens das lobgesang der hoͤ hin geist in der hoͤ hi! Gloria sey dir, tryfaltigkeyt, herre gott, welcher vns erschaffen hast 5 mit deiner almechtigkeyt, geordenet hast in deiner wyßeit, behalten hast ʾᵉte! Wir benedeyent dich, welcher vns eerest mit deinen l | in gnaden deiner gu diensten, ernerest mit gu͗ettern, erfüllest mit gaben, behaltest in gewalt diner maiestat. Wir anbetten dich, o herr, welcher vns heilig machst mit deiner gnaden, erleuchtest mit fru͗ntschafft, erhoͤ hest mit liebin vnd ewiger 10 clarheyt. [2.] Von der vbertrefflickeytt des engels vnd menschens zu einander glichett “O seel, sag eins vß zweien, welches du͗ meer begertest vnd wu͗nschest: Weltestu͗ nit einer sein vß Seraphin oder ein mensch ym nidersten chor der 5 engel.” Antwu͗rt die seel: “Du͗ weist, das die sellige Seraphin ein geist mit gott seind, fast hoch mit dem fu͗rin inbru͗nst vnd liecht der liebin. O seell dir, ist nit vorborgen, das die engel simpel person seind, welchi nit mogen, meher loben, liebhaben, erkennen, dan ynen du͗rch gnad zu͗gelassen ist. Dises [Lv] vergleicht der niderst mensch du͗rch den glowben, rw, begird, du͗rch | gu͗tten willen, wie woll sein seel nit also starck glÿet in der liebi des schopffers.” ʾᵉn vnd “O schower, du͗ hast durchgesehen, das die geist Seraphin seind su auch diener gottes. Aber die christliche seell ist ein tochter des vatters, ein 15 schwester des su͗ns vnd ein freu͗ndin des heiligen geistes. So dise ding an
1,1 buch] mit EZ am lR 2 ym] korr. aus yn 8 machst] s korr. aus t
108 | Lux divinitatis – Liber II, 2,15 – 4,9
preponderet uideamus! Angelum magni consilij, Ihesum Christum, qui 15 unus cum Patre super omnes angelos est, ego minimis meis complector brachijs, eiusque carnem manduco et sanguinem bibo pro modulo meo; quod non possunt angeli eo modo. Diuinitatis quoque participacione anima mea et omnes corporis mei sensus saciabuntur. Ideo nequaquam 20 angelicorum spirituum beatitudini inuidebo.”
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Triplex penitencia vera penitencia debet habere tria
FL VI, 41 [3.] De ministerio angelorum – Sexta parte xl capitulum Cogitis me ulterius scribere, sed non possum. Nam delicie, honor, claritas, amicabilitas, ueritas sic meam intelligenciam excedunt, quod prorsus obmutesco vel obstupesco nec eloqui valeo, quod cognosco. Veruntamen est in celis in uniuscuiusque hominis pectore speculum 5 summe trinitatis, cuius splendores penetrant adeo, ut cognoscantur corporis opera gratuita, animeque dona spiritalia, que accepit. In hoc splendore fulgido. Refulget Filius in Patre et Sanctus Spiritus in utroque. Fulgor autem angelicus amoris micat lumine. Amant enim nos, nostramque promouent salutem. Absque labore seruiunt, crescitque eorum premium, 10 quousque stat hoc seculum.
| [4.] De officio angelorum et expugnacione demonum – Quinta parte i Ed. 483; FL V, 1 capitulum Peccator compunctus per graciam tribus modis per penitenciam restauratur, ut sigillo, quod in carne Christi in crvce clauis et lancea 5 effossum est, inprimeatur. Primo: pro culpa commissa tam acriter doleat ut in corde, quod malum concepit, sit salubris tristicia; in sensu, qui delectatus est, uerecundia; in actione, que scandalizauit, exemplaris uita. Hec conpunctio Patri celesti reconciliat et a penis infernalibus liberat penitentem.
Kap. 3: auch Ra Kap. 4: auch Ra 16 minimis] intimis Ra 20 angelicorum] angelorum Ra | spirituum] fehlt Ra | inuidebo] inuideo Ra 3,1 Sexta … capitulum] Capitulum Tricesimum octauum Ra 4 obmutesco … obstupesco] mutesco vel ¦ ob vaH am rR und lR in Entsprechung zu FL VI, 41, 4f. (514,11) Rb, fehlt Ra 5 hominis pectore] pectore hominis Ra 6 cuius] vaH mit EZ am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 8 Sanctus Spiritus] spiritus sanctus Ra 4,1 Quinta … capitulum] Capitulum 39m Ra 6 Triplex … tria] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL V, 1, 4f. (318,5f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 225 8 conpunctio] [com]punccio potestati, potestati gestr. Ra 9 infernalibus] [et] o (?) infernalibus, [et] o (?) gestr. Ra | liberat] fehlt Rb 15 magni consilij] Der Christus-Titel ‘Engel des Großen Rates’ lässt sich auf Is 9,6 und die daran anknüpfenden liturgischen Texte zurückführen, vgl. Juncker 1994
Das liecht der gotheit – Buch II, 2,16 – 4,10 | 109
ein wage werdent gehenckt, welches vberschlahe, das wellen wir sehen! Den engel des grossen rats Jesum Christu͗m, welcher einer mit dem vatter vber alle engel ist, vmbfach ich minste mit meinen armen vnd ÿß sein fleisch vnd trinck sein blu͗tt nach meyner wyß; in welcher wyß das die engel 20 nit mogen thu͗n. Vnd vß teilnemüng der gottheyt wirt mein seell vnd alle sinn mynes leibs ersettiget. Darumb doch in kein weg wird ich mißgu͗nstig sein der selligkeyt der engellischen geist.” [3.] Von dem dienst der engell Ir zwingt mich, mer zu͗schreiben, ich vormag es aber nit. Wan wollu͗st, froͤ d, eer, clarheyt, früntschafft, warheyt vbertreffend also mein vorstand, das ich gantz mich vorwu͗nder vnd nit mag vßreden das ich erken. 5 | Warlich, in dem himmel ist in eins iglichen menschen hertzen ein spiegel, lj welchen du͗rchtringt die schein der hoͤ chsten drÿfaltigkeyt, also das do erkennet werden alle gnadenreiche wergk des leibs vnd geistliche gaben der seell, dye sye genommen hatt. In disem glastenden schein erscheint der su͗n im vatter vnd der heilig geist in yn beiden. Aber der engellisch glast 10 scheint mit dem liecht der liebin, wan sye hond vns lieb, vnd forderent vnser heill vnd dienent vns on arbeit. Vnd yr lon wachst, allweill die welt stott. [4.] Vom ampt der engel vnd von vortribung der bosen geist Ein su͗nder du͗rch die gnad ein ru͗wer, wirt widergebracht in drÿerley weyß du͗rch die bu͗ß, das er vordien eingedru͗ckt werden mit dem insigel, welcher im fleisch Christi am kru͗tz vßgegraben ist mit nagel vnd lantze. 5 Das er zum ersten vmb die begangene schu͗ld so starcken schmertzen hab, vff das ym hertzen, welches das vbel empfing, sey ein heilsame tru͗rigkeyt; v [LI ] im sinn, der do lu͗st | hatt gehabt, sey schamhafftigkeyt; in der wirkung, welche geergert hatt, sey ein besserlichs leben. Ein sollicher rw forsu͗net gott, dem himlischen vatter, vnd erloͤ st den bu͗esser von den hellischen 10 penen.
110 | Lux divinitatis – Liber II, 4,10 – 37
Secundo: peccator satisfaciat studiosa operacione, perseueranti securitate 10 et temptacionum omnium uictoriosa conculcacione. Sequitur tercio: efficatissima compunctio, uidelicet amantis anime caritas, que magis eternas penas eligeret, (61ra) quam dilectum suum mortali crimine offenderet. Penitencialis amor hominem in hac uita sanctificat et exaltando glorificat in eterna. Cum ad hunc statum felix anima peruenerit, 15 tunc plusquam se deum diligit et culpam super omnia detestatur. Nota gloriosum Qui hac triplici penitencia dotatus fuerit, hunc spiritus diuinus sine fructum penitencie intermissione irradiat, fitque ex mutua resplendencia candens sicut in
clippeos aureos sol refulgens. Estque hec refulgencia uirtuosa, et apparens id est demonibus magnifice coram beatis et purgandis et dampnatis. 20 Huic anime superiores angeli familiaritate iunguntur speciali in hoc ipso splendore flammeo et ignito. Illi enim angelici spiritus et hominum connaturali conformitate castitatis sociantur. Verum corporalis uoluntaria castitas ex caritate assumpta animam decorat et mirabiliter superornat. Angeli inferiores in nostrum ministerium deputati, fideli nos custodia promouentes, noxia cuncta remouent, et salutaria in nobis consilijs et oracionibus suis fouent. Attamen igneus et magnificus splendor a patre luminum in amantem animam descendens demones terret, ne audeant illum diuinitatis radium pertransire. Erubescunt igitur et uehementer confunduntur, quod uias in aere a deo concessas sic precludit terrestris hominis | caritas. Vias peccatorum, qui eos admittunt, pertranseunt. Sed vbi animam amantem in corpore conspiciunt, procul territi illico fugiunt nec licet eis aerem inficere, in quo constat amantes animas habitare. Temptationes, quas ingerunt, a terrenis semper incipiunt. Quas nos, angelico suffulti suffragio fideque confortati, uincamus et erigamur ad dominum oracionibus feruencius insistentes. Tunc infirmati, sicut cera liquescent et cadent a facie dei dissipati.
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12 Sequitur tercio] 3o sequitur Ra 16 plusquam … deum] plus deum quam se Ra 17 Nota … penitencie] vaH Rb, fehlt Ra, vgl. dagegen Glosse zu FL V, 1, 19f. (318,24f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 225 20 id … demonibus] vaH am lR mit EZ (bezogen auf dampnatis) Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL V, 1, 24 (318,30) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 225 25 inferiores] inferiores superiores; inferiores mit EZ am lR Ra 28 audeant] korr. aus audiant Rb 33 eis] eos Ra 35 suffulti] fulti mit EZ am lR Rb | suffragio] i mit EZ üdZ Rb, cum suffragio Ra | uincamus] vincimus Ra | erigamur] erigimur Ra 19 sol refulgens] Sir 50,7 36 Tunc … dissipati] vgl. Ps 67,3
Das liecht der gotheit – Buch II, 4,11 – 43 | 111
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Zum andern, das der su͗nder gnu͗gthu͗e mit flissiger wu͗rcku͗ng, mit vorharrender sicherheyt vnd mit sighafftiger nidertrettung aller anfechtu͗ng. Zum dritten volgt hernach die allerkrefftigste rw, das ist die liebin einer liebhabender seell, welche ee vßerwelt die ewigen pein, dan das sy yren lieben erzirnett mit toͤ dsu͗nden. Dye bu͗ßwirkung liebi macht heilig den menschen in disem leben vnd macht eerlich mit erhohen in dem ewigen. So die sellig seel kompt zu͗ disem stand, so hatt sye gott mer lieb dan sich selbs vnd hasset die su͗nd vber alle ding. Welcher mit diser trÿfaltiger bwß begabet wirt, den on vnderloß vberscheinet der heilig geist, vnd wirt vß widerglast als die su͗nn, so sy scheint in einen guldin schilt. Vnd dise schinu͗ng ist tu͗gentrich vnd embu͗it sich großmechtig vor den selligen, vor denen im fegfewr vnd vor den vordampten. Eyner solchen seell werdent zu͗gesellet die | obern engel mit sonderer lij fruntschafft in dem selbigen flammenden vnd fu͗rin schein. Wan die engellischen geist vnd der menschen seell werden zusammen geselt mit glichformigkeyt der kwscheyt. Aber die leiplich willig kwscheyt, angenommen vß liebin, zieret wünderbarlich die seell. Die vnderen engell, zu͗ vnserm dienst vorordnet, firderent vns mit trüwer hu͗t, thund hinweg alle schadliche ding, vnd die heilsamen ding in vns merent sye mit yeren raͤ ten vnd fu͗rbitten. Aber der feu͗rin vnd grosmechtig schein, der do vom vatter aber kompt in die libhabende seell, erschreckt die boͤ sen geist, das sy nit doͤ ren du͗rchgon disen gotlichen schein. Darumb schement sy sich vnd Nota werden fast beschemt, das die liebin eines irdischen menschens also ynen beschlu͗ist den weg im lu͗fft, inen von gott nachgelassen. Die weg der su͗nder, welchi sy zulossent, du͗rchgand sye. Aber, wo sy sehen ein liebhabende seell im leib, so flihen sy fast erschreckt. Au͗ch zimpt ynen nitt, den lu͗fft vorgifften, in welchem sy wyssend die liebhabenden seelen wonen. Die anfechtu͗ng, so sy ingebent, fahend alweg an von den irdischen, welche | wir, gestu͗irt mit engellischer hu͗lff vnd mit dem glou͗ben gesterckt, vberwindent vnd werden vffgericht zu͗m herren mit dem, so wir vns geben vff hitzigs gebett. Dan werden sy bloͤ d vnd werden weich als das wachs vnd fallent zerstoͤ rt von dem angesicht gottes.
4,21 embu͗it] korr. aus vmbu͗it 32 boͤ sen] wg. Durchschimmern der rückseitigen Überschrift schlecht lesbar 34 beschemt] beschent
112 | Lux divinitatis – Liber II, 5,1 – 30
[5.] Incipit tractatus de sanctis, de missa sancti Iohannis Baptiste – FL II, 4, 4–44 (84,5–86,20) Quarta secunda parte iiij capitulo Nichil offertur deo dicius bona uoluntate. Velle enim sepe adiacet nobis, sed perficere non inuenimus. Deus vero operatur in nobis uelle et perficere 5 pro bona uoluntate. Et dixi ad dominum: “O domine, numquid hodie missa carebo?” Mox rapta in spiritu inuenit se in templo glorioso, in quo prorsus nullus erat. Cogitabat ergo intra se dicens: “O misera et pigra, cum nimis tarde ueneris, quid tibi proficit huc uenisse?” Et ecce uenit iuuenis portans florum manipulum candidorum, quos in turri 10 dispergens ecclesie abijt. Aderat alter ferens pondus uiolarum, quas in (61rb) medio templi spargit. Venit tercius rosarum deferens manipulum, quas decenter sparsit ante altare Marie virginis gloriose. Affuit quartus onustus lilijs, que in choro dispergendo adaptauit. Quibus paratis inclinantes reuerenter discesserunt. Erant hij nobiles et tam ad intuendum 15 speciosi, ut quantumcumque homo graui torqueretur corporis egritudine, ipsos aspiciens sanaretur. Aduenerunt autem duo albis induti portantes lumina bina, quibus super altare locatis inclinantes cum disciplina in choro stantes remanserunt. Et ecce, venit uir mediocriter longus valde macie confectus, non tamen 20 antiquus. Vestes eius uiles et adeo pauperes, ut nuda eius crura et brachia apparerent. Erat autem lucens in | pectore eius agnus candidus. Duas Ed. 485 ampullas in digitis suis gessit. Qui ad altare accedens agnum superposuit et deuotissime inclinauit. Hic est Iohannes Baptista, qui celebraturus erat 25 missam. Venit quoque iuuenis delicatissimus in suis gestibus preferens in pectore suo aquilam, auem regiam. Et hic est Iohannes Ewangelista. Accessit eciam quidam homo simplex, uidelicet apostolus sanctus Petrus. Superuenit eciam magnus iuuenis preparamenta deferens, quibus predicti tres induti sollempniter ornabantur. 30
Kap. 5: auch Ra 5,1 Incipit] fehlt Ra | sancti] sanctis Rb 2 Quarta … capitulo] fehlt Ra 3 adiacet] zweites a üdZ für adiecet, erstes e unterpungiert und gestr. Rb 4 vero] enim Ra | operatur … nobis] in nobis operatur Ra 6 carebo] ohne FZ Ra 12 medio] o mit EZ üdZ Rb 13 Marie virginis] virginis marie Ra 19 inclinantes] inclinates Rb 28 quidam] quidem Ra 29 Superuenit … ornabantur] am rR MZ Rb 5,3 Nichil … uoluntate] vgl. Gregorius I, Homeliae in evangelia, Homelia 5: Nihil quippe offertur Deo ditius voluntate bona (PL 76, 1094B) | Velle … inuenimus] vgl. Rm 7,18 4 Deus … uoluntate] Phil 2,13
Das liecht der gotheit – Buch II, 5,1 – 33 | 113
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[5.] Hie facht an das búchlin von den heiligen, von der meß Sanct Joannis des taüffers Nichts wirt gott angenemer vffgeopffert dan der eigne gu͗tt will. Wan offt ist bey vns wellen, aber volbringen finden wir nit. Aber gott wirckt in vns das woͤ llen vnd volbringen vmb den gu͗ten willen. Vnd ich sprach zu͗m herren: “O herr, wird ich heu͗t mangeln einer meß?” Bald ward sy vorzu͗ckt im geist vnd fu͗nd sich gar in einem eerlichen tempel, in welchem gar nÿmant was. Do gedacht sy in yr selbs sprechend: “O arme vnd trege, so du͗ züspatt kommen bist, was hilffts | dich, das du͗ haͤ r liij kommen bist?” Vnd, nementwar, do kam ein iu͗ngling, der bracht ein handfoll weisser blu͗men vnd streu͗t sy in den tempel vnd ging hinweg. Es kam au͗ch ein ander, der bracht einen buschel veÿlin, die streu͗t er mitten in den tempel. Der dryt kam, bracht ein hand vol rosen, welche er zierlich streu͗t vor den altar der iu͗ngfrow Mariæ. Do war au͗ch der fierd geladen mit lilien, welchi er streu͗t in den chor. Do sy dis volbracht hettent, neigten sy sich mit reu͗erentz vnd gingent hinweg. Dise iu͗ngling warent edel vnd anzu͗sehen schoͤ ngestaltig, also wie ein mensch mit grosser kranckheit beladen wer, so er sye ansech, wirdt gesu͗nt. Kamend ou͗ch zwen, angethon mit alben, tru͗gent zwey liechter, welchi sye stelleten vff den altar vnd neigten sich reu͗erentzlich vnd bliben still ston. Vnd, nembtwar, do kam ein man in mittleder lengi, vast mager, nit alt. Seine kleider also schnoͤ d vnd arm, das do gesehen wu͗rden sine schinbain vnd arme. Aber an seinem hertzen erschin ein scheinbares lemlin. Vnd tru͗g zwu͗ ampeln in sinen henden. Disser ging zu͗m altar vnd leget darvff das lemlin | vnd neigt sich andechtig. Diser was sant Joannes der tou͗ffer, welcher wolt meßlesen. Es kam au͗ch ein iu͗ngling, fast lieblich in seinen sitten, der tru͗g an seiner bru͗st ein adler, den ku͗niglichen vogell. Diser was sant Joannes der ewangelist. Es kam au͗ch ein schlechter mensch, der was sant Petru͗s der apostolu͗s. Es kam au͗ch ein grosser iu͗ngling, der bracht die ornat, welchi anthu͗n solten dye drey yetzt gemelten hochzittlich.
5,3 angenemer] ne mit EZ üdZ 14 welche] korr. aus welcher 23 arm] davor alt gestr. 26 vnd] vnd lemlin vnd
114 | Lux divinitatis – Liber II, 5,31 – 6,19
Tunc multitudo celestis familie superueniens templum repleuit, adeo quod paupercula ancilla in eo locum, vbi requiesceret, non inuenit. Abijt ergo ad inferiorem partem ecclesie, vbi uidit homines in uestibus albis non habentes capillos, sed coronas simplices in capitibus suis. Hij sunt, qui rite secundum legem matrimonij non uixerunt, sed decore capillorum, hoc est 35 bonorum operum, caruerunt, quia per finalem penitenciam et bone uoluntatis propositum sunt saluati. Procedens ulterius conspexit homines pulchriores uestibus coloris aerei pulchraque cesarie insignes lege domini coronatos, qui sunt uiri et femine in matrimonio legittime commanentes. Adhuc amplioris speciei aspexit 40 homines habentes uestes coloris purpurei cum signo vidualis castimonie, et coronam assumpte continencie propter Christum. Ancilla vero paupercula corpore debilis uilibus utens indumentis cum tribus consistere non poterat turmis istis. [6.] De officio misse et ministris – In eodem Apropinquans autem choro predicta paupercula introspiciens uidit supremo in loco reginam celi matrem virginem consistentem, sanctamque Katherinam, Ceciliam, episcopos, martires, angelos et virgines ualde mul(61va)tos. Hec uidens paupercula considerauit semetipsam, si posset pre sua tenuitate in tanta gloria locum optinere. Tunc uidit se coloris fului pallio circumamictam, cuius texturam caritas. Et auxilium dei omnisque desiderij boni erat ornatus eius, et dulciter sic resonat cantilena: “Ego libens morerer pre amore.” Viditque nobili se similem virgini | portans coronam auream, in qua huius verbi scriptura: “Oculi eius in meis quiescunt, anima eius in meam flectitur indefesse.” Vvltum quoque proprium angelis similem recognouit et dixit: “Heu me infelicem, quia me talem non inuenio, qualem me esse debere hic aspiciens recognosco!” Vniuersi in choro assistentes suaui risu eam dulciter aspexerunt. Innuit ei regina, ut supra Katherinam iuxta se assisteret, quod et gratanter fecit. Raro enim licuit sibi uidere uel alloqui matrem dei: O, reginam nobilem, que iuxta se statuere non dedignatur ignobilem: turtur corniculam, pauperem imperatrix, ancillam domina.
FL II, 4, 44–80 (86,20–88,30)
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Ed. 486
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Kap. 6: auch Ra und Be2 (Z. 37f.) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 13 31 superueniens] superuenies Rb 6,8 circumamictam] circum mit EZ am rR Ra 9 sic resonat] resonabat sic mit VZ Ra 11 scriptura] scriptam Rb Ra | Oculi … indefesse] am lR MZ Rb | meis] s üdZ Rb 12 flectitur] deflectitur Ra 13 me talem] talem me Ra 15 assistentes] existentes Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 5,34 – 6,19 | 115
Do kam ein mengj des himmelischen heres vnd erfu͗llt den tempel, also das 35 die arm dyenerin nit fand ein ort, do sy mocht ru͗wen. Do ging sy vnden in
den tempell. Do sahe sy menschen in weissen kleidern, welchi kein har vff dem hau͗bt hetten, su͗nder allein schlecht kron. Dise waren die, so nit recht gelebt hetten nach der inhaltu͗ng der ee, vnd der zierde gutter wircku͗ng hond gemangelt; dennocht du͗rch entliche bu͗ß vnd fu͗rsatz eines gu͗ten 40 willens waren sye behalten. Do sye fu͗rbas ging, do sach sye noch hubscher menschen in kleidern von himmell farb vnd zierlich mit schoͤ nem hau͗r gekront | mit dem gesatz liiij gottes, welchi warent man vnd frowen, die do eelichen gelebt hettent in der ee. Nach sach sy schoͤ ner menschen in kleidern von pu͗rpu͗rfarb mit eim 45 zeichen der wytliche kwscheyt, gekroͤ nt mit dem krantz der angenommenen kwscheyt vmb Christu͗s willen. Aber die arm dienerin, am leib schwach becleidet mit schnoͤ den cleidern, mocht nit stan bey disen tryen scharen. [6.] Vom ampt der meß vnd von den dienern Die vorgemelt arm dienerin kam züm chor vnd sach do yn. Do sach sye an der hoͤ chsten statt die himmel ku͗nigin mu͗tter, jungfrow, vnd Sant Chaterinam, Ceciliam, bischoff, marterer, engel vnd iu͗ngfrawen fast vil. 5 Do dy arme das sach, beschawet sy sich selbs, ob sy moͤ cht ein statt in
solcher glorj erlangen. Do sach sy sich becleidet mit einem mantel von gold farb, welches gewipt die liebin. Vnd die hilff gottes vnd begird alles gu͗ttes was sein zierd, vnd also su͗es lau͗tet das gesang: “Ich stoͤ rb gern vor liebin.” v [LIV ] Vnd sach sich | glich einer edlen iu͗ngfrowen, die do tru͗g ein gu͗ldin kron, in 10 welcher also geschriben was: “Yere ou͗gen ru͗gent in mir vnd yer seel widerneigt sich in die meyn seel on miede.” Vnd betrachtet ir eïgen antzlu͗tt gleich eim engel vnd sprach: “We mir armen vnseligen, wand ich findt nit mich ein solche als ich mich erkenn sollen sein.” Aber alle, die do beystundent im chor, mit siessem lachen sahend yr zu͗. Do 15 winckt yr die kunigen, das sy vber Chaterinam zu͗ yr stu͗nden, das sy gutwillig than hatt. Wan selten ward yr zu͗gelassen, zu͗ sehen die ku͗nigin oder anzüsprechen die mutter gottes. O, ein adelliche ku͗nigin, die nit vorschmecht, die vnedlen bey yr ston lassen: ein tu͗len bey einer tu͗rtu͗rtau͗ben, ein arme bey einer kayserin, ein dienerin bey der frow.
42 liiij] korr. aus lxiij
116 | Lux divinitatis – Liber II, 6,20 – 7,11
Omnis illa familia uestibus aureis fulgida circumfusa delicijs luce solis 20 clarior sic Intonuit dulci uoce concinens: “Gaudeamus omnes in domino!” Omnis illa concio audiens nomen matris uirginis, humiliter inclinauit. Ipsa vero flexis genibus adorauit, quoniam pre omnibus maiora dona promeruit et accepit. Dixit autem paupercula ad eam: “O si liceret michi, domina, communicare, 25 quoniam hic malignos non uideo obseruatores.” Et ait domina: “Licet, sed prius confitere.” Innuitque regina Iohanni Ewangeliste. Rogauit autem eum, ut sibi dierum suorum numerum intimaret. Et ait Iohannes: “Deus uult, ut lateat te hoc, quia uite longiturnitas tibi 30 propter multas angustias, quas pateris, desidiam, aut certe temporis breuitas, cordis molestiam et prolixioris uite desiderium generaret.” Post hec Iohannes legit ewangelium ‘Liber generacionis’. Dicit iterum ad reginam paupercula: “Numquid debeo offerre, o domina?” Et ait: “Si non uis oblata resumere, offer!” 35 “O domina,” ait paupercula “hoc tu michi a domino inpetrabis.” Et regina: “Accipe,” inquit “hunc aureum nummum, id est tuam propriam uoluntatem, et offer filio meo in prosperis, que eueniunt, et aduersis.”
In originali sic habetur: In regno dei 9 chori et desuper tres throni
Ed. 487; | [7.] De oblacione paupercule et comunione eius – In eodem Cvm disciplinata gratitudine suscepit paupercula de manu regine FL II, 4, 80-103 inpreciabilem nummum. Eratque ymago Ioseph, Christum de crvce (88,30–90,23) soluentis, insculp(61vb)ta denario una parte, et in reliqua regnum dei cum 5 throno cum ix ordinibus angelorum. Et dixit ei uox diuina: “Si istum michi denarium obtuleris et non reacceperis, liberabo te de crvce tua mecum, et deducam te ad me in regnum meum.” Accessit ergo ad altare et sacrificauit uoluntarie, ut edocta fuerat deo suo.
Deinde sacerdos in utero matris sue sanctificatus et a Sancto Spiritu 10 consecratus, dum oblatum in manus acciperet, agnus, quem in altari
Kap. 7: auch Ra und Be2 (in Anlehnung an Z. 2f. und Zitat von Z. 6f.) 25 ad eam] eam mit EZ am lR für est Ra 33 hec] hoc Ra 34 o] mit EZ üdZ Ra 36 tu] tu domina Ra 38 aduersis] in adversis etc. Be2 7,1 In eodem] fehlt Ra 2 Cvm … nummum] am lR MZ Rb 4 In … throni] vaH mit EZ am oR (bezogen auf dei) in Entsprechung zu FL II, 4, 83f. (88,34f.) Rb, bis auf fehlendes In originali sic habetur im Text Ra 6 uox diuina] vox dei Be2 | istum michi] michi istum Be2 7 reacceperis] e conuerso receperis Be2 | tua] fehlt Be2 | ad me] fehlt Be2 8 meum] fehlt Be2 10 Sancto Spiritu] spiritu sancto Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 6,20 – 7,12 | 117
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Alles dises gesinde scheint mit gulden kleidern vmbgeben mit lieht, clarer dan die sonne. vnd sangen also miteinander “Gaudeamus omnes” et cetera. “Wir sollen vns frowen alle in dem herren.” Vnd alle dise schar, do sy hoͤ reten den namen Marie, der mu͗tter iu͗ngfrow, neigt sich demu͗tiglich. Aber sye bettet an mit gebognen knu͗wen, das sy vir alle vordient hetti | lv grosser gab vnd die empfangen hett. Do sprach die arme zu͗ yr: “O frow, wer es zimlich, so wolt ich gern das sacrament niessen, wan ich sich hie nit boshafftige hindersteller.” Sprach die frow: “Es zimpt sich woll, aber beicht vor!” Vnd die ku͗nigin winckt sant Joannis ewangelisten. Do batt sy yn, das er yr wolt sagen die tag yres lebens. Do sprach sant Joannes: “Gott will, das dier dyß vorborgen sey. Wan eintweders die lengi dines lebens, vmb vil angst so du͗ lidest, brechte dir vordru͗ß. Oder die ku͗rtzi der zeytt deines hertzens tru͗rigkeyt vnd begird lengers lebens.” Darnach laß sant Joannes das ewangelium ‘Liber generacionis’. Sprach wider die arm zu͗ der ku͗nigin: “O fraw, soll ich nit opffer?” Antwu͗rt sye: “Wilt du͗ nit das opffer wider nemen, so opffer!” Do sprach die arme: “O fraw, das wirstu͗ mir erwerben von dem herren?” Sprach die ku͗nigin: “Nim disen gu͗ldin pfenning, das ist deïn eigner will, ʾᵉn ym glück vnd in widerfall, so sye sich begeben.” vnd opffer yn meynem su
[LVv] | [7.] Von dem opffer der arme vnd von yer empfaung des sacraments
Mit zichtiger grosser danckparkeyt nam die arm von der hand der ku͗nigin den vnbezalichen pfenning. Dorjnne war gegraben die bildnu͗s Joseph, als er Christum vffloͤ set vom creu͗tz zu͗ eim teil; Im andern tail das reich gottes 5 mit dem thron vnd ix choren der engel. Vnd sprach zu yer die gotlich stim: “Wirstu͗ mir disen pfenning opffer vnd nit wider nemmen, so wirt ich dich mit mir von dem creu͗tz erloͤ sen, vnd wirt dich fieren zu͗ mir in mein reich.” Do ging sy zum altar vnd gab willig das opffer, als sye geweiset was von 10 yerem gott. Darnach der priester im leib seiner mu͗tter, geheiliget vom heiligen geist vnd geweicht, do er das opffer in die hand nam, das lamb, welches er vff den
6,20 lieht] lu͗ft, korr. nach LD II, 6, 20 25 grosser] davor vnd rot durchgestr. 7,8 dich] korr. aus du(?)
118 | Lux divinitatis – Liber II, 7,12 – 8,12
locauerat, inter uerba consecracionis pani se iungens, et agno panis ita transsubstanciatus est, ut panis speciem non uiderem, sed crventum agnum in crvce purpurata suspensum. Qui tam benignissimo aspectu luminum dulcium in nos miseros respexit, quod eius a me memoria non recedet, sed 15 mentem meam reficiet in eternum. Orauit ergo paupercula dominam suam dicens: “Eya mater electa, roga filium tuum, ut ipse per se michi se comunicare dignetur!” Et lucens sagitta fulgurans, ecce, ex ore regine super altare uoto precis sue agnum tetigit. Et uox ei ex agno sonuit dicens: “Mater, ego libens me transfero in desiderio 20 tui locum.” Accessit ergo ad altare cum multa caritate, et anima per spiritum caritate gracie dilatata. Tunc sanctus Baptista sumens agnum candidum sanguineis uulneribus crventum in ara reposuit oris eius. Ipse vero agnus immaculatus super 25 suam ymaginem se reclinans in corporis stabulo suxit ore suauissimo vbera cordis eius. Qui quanto magis suxit, tanto illa suggenti fauens, sugi amplius concupiuit. Nunc ea, que hec misteria pros|pexit, ex hoc mundo transijt; quam nos Ed. 488 uidere faciat rex sanctorum in consorcijs angelorum. 30 FL VI, 36 [8.] De dignitate sancti Iohannis Baptiste – Sexta parte xxxv Dona dei nequaquam capi possunt corporalibus sensibus uel attingi. Errant proinde frequentius in rebus spiritalibus non habentes intellectum inuisibilis ueritatis. Nam, quod exteriori sensu percipitur, ipsi ueritati comparatum sicut lux candele ad clarissimum solis radium estimatur. Quod 5 enim sanctus Iohannes Baptista paupercule missam celebrasse uisus est, non exterius sensibiliter sed in interiori cognicione illius spiritus agebatur. Nichil corpori cum hijs, licet verbis materialibus, exprimatur.
Querunt quidam, quemadmodum Baptista sanctus missam celebrauit, cum ipse inter indoctos et (62ra) laicos computatus fuerit. Filium dei baptista 10 humilis stupens ac tremens baptizando tetigit, sanctitatisque specialis merito uocem Patris audiens intellexit. Spiritum Sanctum in columba uidit Kap. 8: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 13–15 (Hic – adoramus), 17–23 (Hec – concedebatur) 13 crventum] crventem Rb Ra 18 se2] fehlt Ra 20 libens] korr. aus bibens Rb, libens Ra 8,1 Sexta … xxxv] fehlt Ra 5 comparatum] lies: non comparatum ? vgl. Neumann 1993, S. 138, Anm. zu FL I, 36, 6 9 quidam] quidem Ra 10 indoctos] in mit EZ udZ Rb
Das liecht der gotheit – Buch II, 7,13 – 8,15 | 119
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[LVIv]
altar hett gelegt, vnder den worten der wyhung des brotes hatt sich das brott also voreiniget mit dem lamb vnd ist vorwandlet worden, das ich die gestalt des | brotes nit sach, sunder ein blu͗etigs lemlin am cru͗tz im lvj purpu͗rfarb gewant au͗ffgehenckt. Welches also mit gnedigem amplick seiner su͗essen au͗gen vns angesehen hatt, das sein gedechtnu͗s von mir nit wychen wu͗rt, sunder wirt ewiglich mein gemiet erkicken. Darumb batt die arme yere frawe sprechend: “Eya du vßerwelte mu͗tter, bitt ʾᵉn, das er selber wolle mich mit ym sacramentlich speysen.” Vnd, dein su nembtwar, ein scheinbares liecht ging vß dem mu͗nd der kuning vff den altar. Mit stim yeres betts ru͗ret sy an das lemlin. Vnd vß dem lemlin kam ein stim sprechend: “Mu͗tter, gu͗twillig vorendere ich mich in ein statt der begirden.” Do ging sy zum altar mit grosser liebi, vnd yer seel war weyt vßgespannen du͗rch den geist yn liebin du͗rch gnad. Do nam Sant Joannes das weiß lemlin mit blu͗tenden wu͗nden rottfarbig vnd legt das in yren mu͗nd. Aber das vnbefleckt lam neigt sich vff sein bildnu͗s in die stille des hertzens vnd soͤ g mit aller su͗estesten mu͗nd die briist yeres hertzens, | welchem wie mer er sog, ye mee statgab vnd begert meer gesogen werden. Nu͗n dise, welchi solliche heimlickeyt gesehen hatt, ist gangen vß diser zeyt, welchi vns macht sehen der ku͗nig aller heiligen in der geselschafft der engel. Amen.
[8.] Von der wurdigkayt sant Joannis des toüffers Die gaben gottes mu͗gent in keinen weg erraicht oder begriffen werden mit leiplichen sinnen. Wan die irrend vfft in geistlichen dingen, die do nit hand den vorstand der vnsichtbarliche warheit. Wan, das so begriffen wirt durch 5 die vssere sinnen, zu͗gegleicht der warheit würt geachtet als ein liecht einer kertzen zu͗ dem hellischen schein der sonnen. Das Joannes, der tau͗ffer, gesehen ist wu͗rden, das er hatt meßgelesen diser armen, ist nit bescheen von vßwendig empfinglich, sundern in der innere erkantnu͗s yeres geistes. Der leib hatt nit gemeines mit den dingen, wiewol mit wortten sy 10 vßgesprochen werden. Es fragen etlich, wie sant Joannes, der tauffer, hab meßgelesen, so do er geachtet | sey vnder den leigen vnd vngelert. Diser tauffer, mit demu͗tigem lvij ʾᵉn gottes im tau͗ffen vorwu͗nderen erschrocken vnd zittern, ru͗ret an den su vnd vß vordienst einer su͗nderlichen heiligkeyt, als er hoͤ ret die stim des 15 vatters, verstund vnd erkant er. Den heiligen geïst sach er in der gestalt
14 voreiniget] korr. aus voreimget 17 sein] davor g, nicht durchgestr. 19 yere] korr. aus yerer 22 ru͗ret] mit EZ am lR für durchgestr. ru͗ffet 26 yn] korr. aus ym | liebin] davor thet gestr. 8,3 vfft in] korr. aus vfft|ein | die2] davor so sye gestr. 12 geachtet] Dittographie
120 | Lux divinitatis – Liber II, 8,13 – 9,17
et in utroque manentem, quem baptizabat, Filium recognouit. Hic est, quem tota uisibilium sacramentorum representat solempnitas, cuius corpus et sanguinem in ueritate sumimus, et in maiestate inuisibilem adoramus. 15 Iohannes Baptista predicans populis venientem ad se, dei filium digito demonstrauit dicens: “Ecce, agnus dei, ecce, qui tollit peccata mundi.” Hec tam ineffabilis prerogatiua sanctitatis excedit iustorum omnium dignitatem.
Vide nunc, quod ea, que misterialiter gerimus et tractamus, solaque fide capimus, beatissimus Iohannes non solum fide sincerissima attigit, verum 20 eciam corporeis manibus contrectauit. Nunc vero sancta sanctorum ingresso et vvltui dei assistenti, quomodo negabitur, quod adhuc mortali concedebatur? | [9.] De uoluntate et amore et lumine sanctorum – In eodem Sancti Iohannis Ewangeliste corpus spiritualibus mentis mee oculis, licet indigna, ueraciter ego uidi. Iacet deliciose illud corpus sacratissimum insepultum in loco, qui est super omnem corruptibilem creaturam, veruntamen infra eterni regni, id est celi empirei, mansionem, lucens tanquam cristallus ignea eam, que post resurrectionem habebitur, possidens claritatem. Quiescit humani aspectus graciosa dulcedine tam amabiliter illustris, ac si in familiari suspensus iubilo dormiat spiritaliter soporatus. Cuius supercilia fuluo sunt similia colori. Supra et infra ipsum ac in circuitu eius est claritas et lux magna. Istud illustre ac sacratissimum corpus aduolantes angeli sancti uisitant vij horis, et in uoce exultacionis et laudis iubilantes sic concinunt Ewangeliste gloriam et decantant: “Sanctus, purus, simplex, sapiens deo predilectus!” Huius dulcisoni melodia cantici extendens supergreditur omnem terrestrium uocum resonanciam totamque musicorum industriam clangencium organorum. Hoc preclarum corpus a celo empyreo solus separat paries ad modum membrane, que ouo circumiacet tenuis, adeo tamen impenetrabilis, quod eum nullum corpus
Ed. 489; FL IV, 23
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Kap. 9: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 18f. (Hec – uidentur) 17 ecce] mit EZ am lR Rb 18 dignitatem] sanctitatem dignitatem, sanctitatem gestr. Ra 9,1 De … eodem] der zu LD II, 31 gehörende Titel steht fälschlich an dieser Stelle; die richtige Überschrift lautet nach Reg 45: De loco mirabili in quo requiescit corpus sancti iohannis ewangeliste | In eodem] fehlt Ra 2 Ewangeliste] ewangeliste c (c gestr.) Rb 10 et] et i (i gestr.) Rb 17 quod … penetrare] am lR MZ Rb 17 Ecce … mundi] Io 1,29 9,11 in … iubilantes] vgl. Ps 46,1
Das liecht der gotheit – Buch II, 8,16 – 9,17 | 121
ʾᵉn, welcher in den beiden bleibt, do er einer tau͗ben. Er erkennet au͗ch den su yn tou͗ffet. Diser ist der, den die sichtbarlichen hochzyt der gantzen sacrament bedeu͗tet, welches leib vnnd blu͗tt wir in der warheit niessend vnd in der maiestat vnsichtbarlichen anbetten. Joannes, der tou͗ffer, do er ʾᵉn gottes, do er zu͗ ym kam 20 prediget dem volck anzeiget mit dem finger den su sprechend: “Nembwar, das lamb gottes, das hinweg nimbt die su͗nd der welt.” Dise also vnvsprechliche freiheit der heiligkeyt vbertrifft die wurdigkeyt aller gerechten. Nu͗n sich, das die ding, so wir thu͗n vnd handlend dinstparlich, vnd allein 25 mit dem gloüben begrieffend, der heiligst Joannes nit allein mit rainistem [LVIIv] globen angerieret hatt, sünder ou͗ch mit leiplichen henden angegriffen. | So er nu͗n ist ingangen in die allerheiligste statt vnd stott bey dem angesicht gottes, wie moͤ cht im abgeschlagen werden ein sollichs, so ym nach toͤ tlich nachgelassen ward?
[9.] Von dem willen vnd liebi vnd liecht der heiligen Den leip sant Joannis ewangelisten hon ich, wie woll vnwu͗rdig, mit den geistlichen ou͗gen meynes gemietz gesehen warlich. Diser leip leidt vnbegraben lüstlich in einer statt, die do ist vber alle zerstoͤ rliche 5 geschoͤ pfft, dennocht vnder der wonu͗ng des ewigen reichs, das ist vnder dem fu͗rinen himmell, do die seligen sint; vnd scheint als ein feu͗riner cristall vnd besitzet die clarheit, so er haben wu͗rt nach der vrstend. Er ru͗wet mit gnadenreicher su͗esse eines menschlichen angesichts so lieblich du͗rchleu͗cht, als ob er in früntlichem iu͗bel vfferhebt schlaff, geistlichen 10 entschlafft. Welches oberen ou͗gbrowen sind gleich einer gelen farb. Ob ym vnd vnder ym ist clarheyt vnd gros liecht. Die heiligen engel heimsu͗chent zu͗ syben molen disen heiligen leibb, vnd ju͗|bilirend mit stim der frolocku͗ng lviij vnd des lobs also singent sy dem Ewangelisten eer: “Heilig, rein, ainfaltig, weyß gott fast lieb!” Dises gesangs allersu͗ester gedoͤ n vbertrifft das gedoͤ n 15 aller irdischen stim, auch die kleng aller woldoͤ nenden orgeln. Disen eerlichen leib scheidet vom fu͗rin himmel allein ein wandt gleich als ein dŭnnes heütlin, da mit das ey vmbleit ist; dennocht also vndurchtringlich,
122 | Lux divinitatis – Liber II, 9,18 – 10,25
ante resurrectionem ultimam preualet penetrare. Hec, que de pariete hic dicuntur, michi allegorice intelligenda uidentur. [10.] De sancta Maria Magdalene et festo eius – Sexta parte ix FL VI, 9 capitulum (62rb) Natalicia sanctorum festa pia deuocione et insigni sollempnitate cum multitudine populi, que haberi potest, celebrare ipsorum benignitas gratanter suscipit et acceptat, eo quod hijs diebus diuina clemencia beato 5 fine honorans ipsos de hoc exilio ad patriam transtulit paradysi. Adeo autem in eorum | festiuitate exultantibus congaudent fidelibus, quod eis Ed. 490 tunc suam beatissimam exhibent presenciam cum omni sibi a deo collata gloria occurentes. Vidi ego incunctanter illam Ihesu Christi specialissimam dilectam Mariam 10 Magdalenam, cum in die deposicionis sue festiuis honoraretur laudibus, psallentibus congratulantem iocundissime colletari. Transibat in choro ad melodiam tripudians cantancium singulos psallencium dilecti uultu intuens, manibus plaudens, corpore gesticulans, pede terens per ineffabile mentis gaudium dicebat: “Omnes meum felicem laudantes ad celum 15 transitum in sue mortis uisitans consolabor articulo eisque uicem tribuens honorabo. Preterea in omnibus, que pro meritis oportet recipere, astabo fideliter nec deero ferens auxilium tempore opportuno.”
Quatuor archangeli ipsam inter se ducebant mediam. Commitabatur minorum angelorum innumerabilis multitudo. Interrogauique venerabilem 20 illam feminam, ut michi iiijor principum nomina indicaret. Et dixit: “Primus dicitur fortitudo, secundus sancta cupido, tercius bona uoluntas, quartus perseuerans stabilitas. Hijs ego virtutibus omnes cordis mei uici molestias idcirco data est michi in obsequium horum principum dignitas, et coronat me summa maiestas.” Quemadmodum hec sancta suos acceptat et 25
Kap. 10: auch Ra 153v–154v und 161v–162r — ohne Entsprechung in FL: Z. 25–27 (anders FL VI, 9, 17 [450,22f.]) 18 Hec] Hic korr. zu Hec Ra | que … hic] que hic de pariete Ra | de] mit EZ üdZ Rb | de … hic] hic de pariete Ra 10,1 De … capitulum] De premio venerancium festa sanctorum Capitulum 86m Ra 153v Sexta … capitulum] fehlt Ra 8 beatissimam exhibent] exhibent beatissimam Ra 161v 10 incunctanter] korr. aus incunctarum Rb, incunctarum Ra 161v 13 dilecti] dulci Ra 154r 161v 14 pede] pedem Ra 154r 15 laudantes … transitum] transitum ad celum laudantes Ra 161v 20 Interrogauique] Interrogauitque Ra 162r 22 dicitur] dei Ra 154r 23 ego] davor ergo unterpungiert und gestr. Rb 24 in] mit EZ üdZ Ra 162r
Das liecht der gotheit – Buch II, 9,18 – 10,27 | 123
das yn kein leipp vor der letste vrstend mag du͗rchtringen. Dise ding do gesprochen von der wand soll man vff ein andern sin, als mich bedunckt, 20 verstonn. [10.] Von sant Maria Magdalena vnd irem fest
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ʾᵉtiger andacht vnd mit fyrbarlicher Die gebu͗rtliche fest der heiligen mit gu hochzyt von vili des volcks, so es mag gehabt werden, fÿren, nimpt an danckparlich yere gutwilligkeyt, darumb, das in den selbigen tagen, die goͤ tlich sye geeret hatt mit selligen end, vnd gefu͗ret vß disem elend in das vatterland des paradyß. Aber also mitfrewet sy sich den glou͗bigen, so sye sich in yren hochziten frowent vnd lobend, das sy ynen entbitten yere allerseligsten | gegenwu͗rtigkeyt, vnd kommend inen entgegen mit aller glorj, so inen von gott gegeben ist. Ich sach vngezweyfelt dise Jesu Christo sunderliche liebe Mariam Magdalenam, do sye in dem tag yres sterbens mit firbarlichen loben ward geeret, das sye sich mit den psallirenden det frowen. Sye ging in chor vnd sprang in frouden zu͗ dem gedoͤ n der singer, vnd sach an mit su͗essem amplick all psallirer, schlu͗g die hend in frou͗den züsammen, bewiß froͤ liche geberde mit dem leib, scherret mit den fu͗essen vnd sprach durch ein vnvssprechliche freu͗d des gemiets: “All die, so meynen seligen vßgang in den himmel von diser welt feiren, die wil ich troͤ sten in yrem tode, sye heimsüchen, vnd mit vorgelten wil ich sye eren. Vnd wil ynen byston in allen dingen, so sye vmb das vordient mu͗essend einnemen, vnd wirt yn hulff thu͗n zu͗ bequ͗emer noͤ tiger zytt.” Vier ertzengel fu͗rent sy do mitlen vnder inen, vnd mit inen volgett ein vnzalliche vili der vnderer engel. Vnd ich froget dise erwu͗rdige fraw, das ʾᵉrsten. | Do sprach sye: “Der erst heist lix sye mir angeb die namen diser iiij fu die sterckin, der ander die begirlickeyt, der tritt gu͗tter will, der vierd beharliche bestendigkeyt. Mit disen tügenden vberwant ich alle beku͗mmernu͗s mynes hertzens. Darumb seint sye mir geben zu͗m dienst diser fursten wurdigkayt, vnd hohe maiestat gekronet mich.” Vnd in was
9,20 verstonn] korr. aus verstolm 10,22 der] er wg. Fleck nicht lesbar
124 | Lux divinitatis – Liber II, 10,26 – 11,20
remunerat laudatores, sic quilibet sibi famulantibus adest et subuenit secundum suam uirtutem dicit dominus, et inpetrant beneficia premiorum. Nam sicut minima scintilla aere aflata incalescit et lucescit, sic in igne celesti sanctis attacti desiderijs, scilicet carbones uiui, inardescunt in nos 30 flamma dileccionis et effulgent adiutorio consolacionis. [11.] De uirtutibus sancti Dominici a domino commendatis – Quarta parte xx In die sancti Dominici, dum pro predicatorum ordine generaliter exorarem, dignans affuit michi dominus cum eodem, quem pre omnibus sanctis amplector, quantum audeo, dignissimo confessore. Et dixit ad me: “Dominicus filius meus in hac uita quatuor pollebat uirtutibus, que pre|latis congruunt uniuersis. Fratres sibi subditos tam precordialiter dilexit, quod nunquam (62va) aliquem ex ipsis motu proprio Daz andere perturbauit. Secundoque omnium necessitati temperante prouidit, ne iuuentus ad ea, que reliquerat, incauta mente recurreret uel senectus Daz drite propter inediam nimiam deficeret. Eximio prvdentique instrvxit exemplo in moribus, in necessitatibus et in omni suo statu modestiam omnis uirtutis et Daz vierde pulcritudinis obseruarent. Erat insuper tam misericors, quod nunquam subditos preter ordinis et culparum exigenciam pregrauauit.” Et adiecit dominus: “Duo” inquiens “tibi adhuc de meo dilecto famulo mirabilia enarrabo. Risus in ore eius nunquam apparuit, nisi de vera Sancti Spiritus suauitate. Lacrimas autem tanta fidelitate fundebat, ut fratrum suorum principaliter ac deinde generaliter tocius ecclesie necessitates presentans ardentissimo desiderio domino commendaret.” Risus sine peccato fieri, nisi in hac reuelacione, antea non cognoui.
FL IV, 20
5 Ed. 491
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Kap. 11: VD 251–253 (in Anlehnung an Z. 3–7, 7–11 und 15–19) 26 quilibet] quibuslibet Rb 30 consolacionis] consolacionis. Expliciunt capitula preallegata, es folgen die Kapitel aus den Offenbarungen der Agnes Blannbekin Ra 154r 11,9 Daz andere] vaH in Entsprechung zu FL IV, 20, 8 (286,13) Rb, fehlt Ra | necessitati] vaH mit EZ am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 11 Daz drite] vaH in Entsprechung zu FL IV, 20, 10 (286,16) Rb, fehlt Ra instrvxit exemplo] mit EZ nochmals am lR, in der Zeile eos und davor ut (üdZ?) ausradiert Rb 13 Daz vierde] vaH in Entsprechung zu FL IV, 20, 12 (286,19) Rb, fehlt Ra 29 scilicet … uiui] vgl. Tb 8,2
Das liecht der gotheit – Buch II, 10,28 – 11,19 | 125
weis dise heilige frow begabet vnd annembt yer lober, also iglicher yerem diener ist bey vnd kompt ynen zu͗hulff nach yerem vormogen, vnd erwerben 30 gu͗ttat des lon. Wan gleich als die minste funck, vßgeblosen ym lu͗fft, erwarmet vnd glastet: im himlischen fwir, beziert mit heiligen begirden, also die lebendigen kolen, entzu͗ndt werden in vns mit den flammen der liebin vnd scheinen mit der hulff des trosts. [11.] Von den tugenden sancti Dominici von dem herren gebrijß Do ich an sant Dominicus tag batt vor den prediger orden in gemein, stu͗nd bey mir der herr mit den selbigen, den ich fu͗r all | mit lieb vmbfach allerwurdigsten beichter, vnd sprach zu͗ mir: ʾᵉn, hatt geleu͗chtet in disem leben mit iiij tügenden, so 5 “Dominicu͗s mein su allen prelatenn zimpt. Also hertziglich hett er lieb seine bru͗der, das er nie keinen vß Inen betrubt mit eigner bewegu͗ng. Vnd also messiglich hatt er ier notdurfft vorsehen, das die iu͗gend nit mit vnsicherem gemiet widervmb lieff zu͗ dem, das sye vorlassen hett; oder das alter vmbzu͗u͗il gebru͗st erlitte. 10 Vnd mit hohen vnd weysen exempeln leret er, das sye vmb gottes willen in yren sitten in notdurfft vnd in allem irem stand bescheidenheit behieltes. Er was au͗ch also barmhertzig, das er seinen vnderthonen nymmer on erforderung des ordens oder schulden beschwert.” Vnd sprach ou͗ch der herr: “Nu͗n wil ich dir sagen zweÿ wunder von meynen 15 liben diener. In sinem mu͗nd ist lachen nie erschinen dan allein von warer su͗essigkeyt des heiligen geists. Aber die treher goͤ ß er mit sollicher trw, das er firnemlich seiner bru͗der, darnach der gantzen kirchen notdurfftigkeyt mit imbru͗nstigen hertzen gotte fÿrbracht vnd empfalch.” Das das | lachen lx moͤ g on su͗nd beschen, hon ich nie erkent dan in diser offenbaru͗ngen.
[LIXv]
31 beziert] entzu͗ndt mit vßgeblosen im lufft gestr. und beziert rot überschrieben 11,17 der] üdZ
126 | Lux divinitatis – Liber II, 12,1 – 13,9
[12.] De sanctitate ordinis predicatorum – Quarta parte xxi Exordium huius ordinis primitiuum ardenti caritatis deifice feruebat calore eximieque puritatis mundicia candens uelud lilium fragrabat odore, Nota 6, que deo in fictionis ypocrisisque nescius uestitus vere simplicitatis effulsit decore. ordine placent
Itaque dominus dixit ad me: “In hoc predicatorium ordine duo, id est, FL IV, 21 penitencie sanctitas statum cultum et fructum multum adeo complectens amo, quod eisdem vite et fructus coniocundans semper arrideo ex mei beneplacito cordis multo. Ipsi namque
totis utriusque hominis sui uiribus studiose predicant mee gloriam maiestatis. Prodit enim ex eorum intimis uehemens gemitus, precordialis fletus, desiderium uiuidum, sollicita cogitacionum restrictio, humilitas fida, 10 caritas iocunda, frequens mutacio peregrina. Porro exterius resultat ministerij sacri deuota sollempnitas, predicacionis utilitas, absoluendi peccatores auctoritas, afflictorum pia et dulcis consolacio, nutancium confortacio, catholice (62vb) unitatis salutaris connexio.” Hoc quoque dixit dominus: “Elemosina, quam | pro nomine meo larga Ed. 492 ipsorum tribuit inopia paupertasque largitur prodiga, accipiencium culpas diluit ac minui, dyabolum elidens expellit per uirtutem ewangelice paupertatis.” Laudo te eternaliter ardens deitas, vnde ego et omnia profluxerunt, et benedico te cum omnibus, que sub te sunt, quia me sic dignatus es domine 20 consolari. [13.] De unigenito et alijs filijs adoptiuis dei
FL V, 24, 3–24 (378,4–32)
Princeps magnus, habens sibi dilectum et populo suo utilem filium, tam laudabilis et tam carissimus est, quod eius memoria et opera in omni loco Patris gloriam predicant et extollunt. Excelsus hic princeps deus Pater est, qui septem filios utiles et unam sponsam filiam de matre nostra, uidelicet 5 ecclesia, generauit. Primogenitus est frater noster carissimus dominus noster Ihesus Christus, qui est gloria Patris et consolacio gentis, qui unus cum Patre sedet ad dexteram eius, cui honorem inmensum et potenciam contulit maiestatis.
Kap. 12: auch Ra und VD 389 (Z. 2–18) — ohne Entsprechung in FL: Z. 2–4 (Exordium – decore) Kap. 13: auch Ra 12,1 Quarta … xxi] fehlt Ra 2 huius] fehlt Ra | ordinis] ordinis predicatorum Ra 3 mundicia] mit EZ am lR Ra | fragrabat] fragabat Rb Ra 4 uestitus] fehlt VD | Nota … placent] vaH entsprechend der Überschrift von FL IV, 21 (hier sehtzehen !) Rb, fehlt Ra 6 penitencie … fructus] vaH Rb, fehlt Ra 13 nutancium] n korr. aus m Rb 15 Hoc] Haec VD | larga] r üdZ Rb 20 que] qui Ra 13,5 sponsam] speciosam Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 12,1 – 13,10 | 127
5
10
[LXv] 15
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[12.] Von der heilickeyt prediger ordens Der erst au͗ffgang dises ordens glu͗et mit brinnender hitz der goͤ tliche liebin mit reinigkeyt einer hohen pu͗rheyt, glitzet als ein lilie, gab ein wolrichenden geschmack on stifftung der gleißnerÿ vnd der erdichtu͗ng vnd scheint becleidt mit zierde der waren einfaltigkayt. Also sprach der herr zu͗ mir: “In disem prediger orden seint drw ding. Das ist der standt gotzdienst vnd frucht, welchi ich also vmbfach mit liebin, das ich mich ynen mitfrow vnd vß vil wolgefallen mynes hertzens anlach. Wan sy mit allen krefften beiderteil des mensches flissiglich thu͗n predigen dise glori meyner maiestat. Wan vß irer inneren kompt harfÿr starcker su͗ffz, hertzlich weinen, lebendig begird, flissig zesemen der gedenck, tru͗we demutigkeyt, froͤ liche liebi vnd offt fremde vorwandelung. Fu͗rwar, von vssen widerscheinet | ein andechtig feir des heiligen diensts, der nu͗tz der predig, gewalt zu͗ absolu͗iren die su͗nder, gu͗etig vnd su͗esse trostu͗ng der beku͗mmerten, starckmachung der zwifelhafftigen vnd zu͗samen vorbindung der christlichen einigkeyt.” Diß redet au͗ch der herr: “Das almu͗sen, das in meynem namen gibt ir milter mangel vnd freigebende armu͗t, thu͗t ab vnd mindert die schu͗ld deren, so es empfaent, treibt aws den boͤ sen geist durch krafft der ewangelischen armu͗t. Darumb, o brinnende gotheyt, ich lob dich ewig; wan von dir sint vßgeflossen ich vnd alle ding; vnd benedeie dich mit allen, die vnder dir sint, das du͗ mich hast wollen also troͤ sten.”
[13.] Von dem eingebornen sun vnd von andern vß gnaden sunen gottes ʾᵉn, Ein grosser fu͗rst, der do hatt ym ein liebin, vnd dem volck ein nu͗tzen su ist so loblich vnd allerliebst, das sein gedechtnu͗s vnd werck an allen orten 5 predigen vnd erheben | die glorj seines vatters. Diser hoher fu͗rst ist got, der lxi ʾᵉn vnd ein schone tochter von vnser mu͗tter, vatter, der do syben nu͗tzer su das ist von der kilchen, geboren hatt. ʾᵉn ist vnser bru͗der, der allerliebst her Jesus Christu͗s, Der erst geboren su welcher ist die glori des vatters vnd ein trost des volckes, welcher einer mit 10 dem vatter sitzt zu͗ seiner gerechte, dem er gegeben hat vnmessiglich glori
12,6 orden] davor st gestr. 9 beiderteil] korr. aus beiderleil 10 starcker] korr. aus starken 18 thu͗t] erstes t korr. aus v 13,8 Jesus Christu͗s] rot unterstrichen
128 | Lux divinitatis – Liber II, 13,10 – 14,18
Secundus filius sancti apostoli sunt, qui preciosum thesaurum de monte 10 alto effossum conseruarunt de arbore primitus procreatum. Quem hostes nostri de quinque partibus raptum abstulerunt et cum thesauro celestes a nobis diuicias excusserunt. Tercius filius sancti martyres sunt, qui celi uiam suo sanguine resperserunt. Quartus filius sancti doctores sunt, qui nos sua doctrina et sapiencia munierunt. Succedunt sacre uirgines diuinam in se 15 similitudinem preferentes cum aureolis, quarum pudica non teguntur capita, utpote sponsarum in hoc seculo corruptarum.
[14.] De negligencia prelatorum et peccatis subditorum et obliuione dei – In eodem Cvm dominus noster Ihesus, sicut promiserat, discipulos, electos apostolos, accepisset ad semetipsum, | ut essent, vbi ipse (63ra) est, uiuentes, sicut et ipse uiuit, in gloria, ceperunt lapsu temporis magistri ecclesie negligencius agere populusque inmemor multitudinis misericordie dei a mandatorum eius oberrando rectitudine deuiare. At deus, misericors Pater omnium nostrum, electorum suorum curam gerens vno tempore duos quasi gemellos de sponsa sua, scilicet ecclesia, per graciam progenuit filios, fratrum suorum fidelium in salutem. Quos genitrix ecclesia vberibus de celo tam copiosa dulcedine, que exhauriri non potest, plenis fideliter enutriuit. Hec sunt duo testamenta, quibus omnes dei filij per matrem ecclesiam educantur.
Nota
FL V, 24, 25–42 (378,33–380,19)
Ed. 493 5
10
Huius matris gemini fratrum minorum et predicatorum ordines sunt, quorum radices et origines beatissimi Franciscus et Dominicus exstiterunt. | 15 Heu, que et quanta defecerunt, que isti patres fideliter seruauerunt! Que quanto magis deficiunt, tanto infirmatur ordo et cicius deficiet. Tamen prius a patre fideli alter nascetur filius, qui suum populum non relinquet.
Kap. 14: auch Ra, VD 383 (Z. 3–15), 387 (in Anlehnung an Z. 16f.) und 388 (in Anlehnung an Z. 16–18) 11 conseruarunt] con mit EZ am lR Ra 14,1 obliuione] de obliuione Ra 2 In eodem] fehlt Ra 3 Ihesus] Jesus Christus VD 383 4 ut] et VD 383 | ipse] ganz unten rechts auf der Seite Rb | et] mit EZ am rR Ra 7 oberrando] aberrando VD 383 8 nostrum] nostrorum VD 383 11 exhauriri] exhauri Rb, exhauviri (vi gestr.) Ra | plenis] plenius Rb Ra, korr. nach VD 383 14 sunt] duo sunt VD 383 15 Nota] vaH Rb, fehlt Ra | exstiterunt] extisterunt, s gestr. Ra 16 que1 … quanta] quanta et que Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 13,11 – 14,21 | 129
vnd maiestat. Der ander su͗n sint die heiligen aposteln, welchi den edlen schatz, von einem hohen berg awßgegraben, behalten hon, der do züm ersten vom bou͗m gewachssen was. Welchen bou͗m vnsere find, von fünffteilen gerou͗pt, hinweg genommen hand vnd mit dem schatz, von vns 15 vßgeschlagen, hand die himmelischen reichthu͗mb. Der dryt su͗n sind die heiligen marterer, welchi den weg zu͗m himmel mit blu͗t vbersprentzt hon. Der vierd sind die heiligen lerer, welchi vns mit yrer leer vnd wyßheit [LXIv] bewarent hon. Disen kommen nach die | heiligen iu͗ngfrowen, die do die gotliche gleichi vortragen mit den guldinen kreutzlin, welcher zu͗chtige 20 hau͗bter nit sind bedeckt, also sint gedeckt derer, so do sint in diser welt zerstoͤ rter gesponsen.
5
10
15
20
[14.] Von der fersumnus der prelaten vnd von sunden der vnderthonen vnd von vorgessung gottes Do vnnser her Jesu͗s, als er ferheissen hett, seine vßerwelt apostel zu͗ ym selbs genommen hett, das sy do solten leben, do er lebt in der glorj: hond angefangen die regierer der kilche nach vorgangener zyt seu͗mlichen wircken, vnd das volck, nit ingedenck der vilj der erbermd gottes, fing an abweichen mit irfall von der gerechtigkayt syner gebott. Aber der barmhertzig gott,, aller vnser vatter, hett acht vber seine vßserwelten, vnd ʾᵉn, glich als in einer zyt gebar vß siner gesponsen, das ist die kilche, zwen su zwilling, zum heill yerer gloübigen bru͗der. Welchi die mu͗tter kilch volkommenlich vnd trwlich vffgezogen vnd genert hatt mit den bristen von himmel, also mit vberflissender siesse | erfu͗lt, das sye nit mogen lxij ʾᵉn herschopfft werden. Diß sind zwei testament, mit welchen alle gottes su durch die mutter der kilche vffgezogen werden. Diser mu͗tter zwilling seind die orden der prediger vnd barfu͗esser bru͗der, welcher wu͗rtzel vnd vrspru͗ng die zwen heiligsten Franciscu͗s vnd Dominicu͗s sind gewesen. Hew, wie vil ding vnd grosse sint abgegangen, welchi doch dise vetter hond trwlichen gehalten! Welchi, wie meer sye abgon, so vil meer abnimpt der orden, vnd dester ee wu͗rt er zergon. Aber ʾᵉn, welcher nit wu͗rt sein vom trüwen vatter wirt vor geboren ein ander su volck ferlon.
11 Der ander] rot unterstrichen 13 vom] davor vnsere gestr. | gewachssen] g korr. aus v 15 Der dryt] rot unterstrichen 17 Der vierd] rot unterstrichen 14,3 Jesu͗s] rot unterstrichen 4 das … glorj] erstes do korr. aus so
130 | Lux divinitatis – Liber II, 15,1 – 30
[15.] De benignitate sancti Dominici ad subditos – In eodem Sanctus Dominicus pia deuocione et fideli respectu considerauit fratres suos. Sapienter sine perversa obseruacione et absque crvdeli prvdencia doctiores instrvxit, ut diuina simplicitate suam prvdenciam temperarent; simpliciores vero, ut ad ueram sapienciam anhelarent. Temptatorum portabat molestias, et pericula oracionibus et consilijs amouebat. Iuuenibus persuadebat silencium, ut extra disciplinati ex hoc, et intus fierent sapientes. Debiles et infirmos pijssimo consolabatur affectu, et eis remedia et necessaria diligentissime procurabat. Hinc omnes de eius diutina gaudebant presentia et eius dulcis societas omnem eis laboris molestiam leuigabat. Hic ordo primis temporibus mundus fuit, simplex, et uigebat in eo caritas, | simplicitas sancta et iusta, in qua dei sapiencia reperitur. Sed quandoque a quibusdam despicitur et proditur, et eciam caritas extinguitur, que ardebat. Qui in hoc ordine prelacionem tamquam temptacionem suscipit, hic in spiritu dei et humilitate oblatam gloriam cum timorata uerecundia et fideli diligencia, misericordia, adiutorio et benigno gaudio portat; uel cum omni prvdencia instat, ut ab hoc onere se absoluat. Quia spiritale cor quietam pacem desiderat, ut parens et florens rursus in domino requiescat.
FL V, 24, 43–73 (380,20–382,23)
5
10 Ed. 494
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Hos duos filios dominus singulariter honorauit, ut de se solliciti ab hoc 20 seculo inmaculati per(63rb)maneant, omnisque labor eorum et sollicitudo ad hoc intendat, dicit dominus, ut populus meus in sanctitate et iusticia michi seruiat omnibus diebus uite sue. Primus honor est, quod suscipiuntur ab hominibus uenerabiliter et deuote. Secundus est adiutorium fidele dei, quod in choro magnifice sustentantur. 25 Tercius est sanctissima sapiencia ex diuina effluens ueritate, qua uberius irrigantur. Quartus est auctoritas utilissima, qua in uniuersali ecclesia fulciuntur. Fouendi sunt igitur pie a maioribus suis fratres, quia durum imperium et crvdele, multique labores sine pietate inpositi multa suscitare discrimina consueuerunt. 30
Kap. 15: auch Ra und VD 253–254 (in Anlehnung an Z. 2–5 und 5–11), 385–386 (in Anlehnung an Z. 20–30) und 388 (in Anlehnung an Z. 28–30) — ohne Entsprechung in FL: Z. 6f. (et – amouebat) 15,1 In eodem] fehlt Ra 4 doctiores] i mit EZ üdZ Rb 7 persuadebat] persuadebant, n gestr. Rb 10 laboris … leuigabat] molestiam leuigabat laboris Ra 28 a maioribus] amoribus Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 15,1 – 34 | 131
[LXIIv]
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[15.] Von der gutmietigkeyt sancti Dominici zu seinen brudern Der hailig Dominicu͗s betrachtet sine bru͗der mit gu͗tiger andacht vnd mit tru͗wen ansehen, weislich on su͗ndliche vffmerckung vnd on grimme klu͗gheit, vnderwyß die mer gelerten, das sy yr weysheit solten masgen mit gotlicher ainfaltigkeyt; aber | er leret die schlechten, das sy sich zu der ware wysheit sich geben. Er tru͗g die bekummernu͗s der angefochtenen vnd det hinweg die gefarlickeyt mit sinen betten vnd raͤ ten. Den iu͗ngen rytt er stillschwigen, vff das, so sye von vssen weren züchtig, wurdent au͗ch darvß von innen weyß. Die bloͤ den vnd krancken trostet er mit gietigstem gu͗nst vnd vorsorget sye in irer nott mit hochstem fleiß. Darumb frowten sy sich alle vmb siner langwirigen gegenwu͗rtigkeyt, vnd seiner su͗essen geselschafft macht ynen leicht alle arbeit. Diser orden zun ersten zyten was schlecht rein vnd gru͗net in ym die liebi. Die heilige vnd gerechte ainfaltigkeyt, in welcher gotliche weisheit gefu͗nden wirt, wirt vnder weilen voracht vnd ferlorn, au͗ch die do bran, wirt vßgelescht. Welcher in disem orden die ampt der fu͗rwesu͗ng als ein anfechtung annimpt, diser tregt im geist gottes vnd in demutigkeyt die vff gelegt glori mit forchtsamer scham ʾᵉtiger froed; oder wirbt mit vnnd truwen fliß, mit barmherzigkayt, hilff vnd gu aller klugheyt, | das er sich entledige von diser bu͗rdj. Wan das geistlich lxiij hertz begert einen ruwigen fried, das es fruchtbar vnd bluend werd widervmb ru͗we in dem herren. Dise zwen su͗n hatt gott sonderlich geeret, das sy syent vmb sich selbs sorgehafftig, blibent vnbefleckt von diser welt, vnd alle yr arbeyt vnd sorg, spricht der herr, soll dahin lenden, das mir mein volck diene in der heiligkeyt vnd gerechtigkayt all tag yres lebens. Die erst eer ist, das sy werden von den menschen erwürdiglich vnd andechtig empfaengen. Die ander eer ist getraw hu͗lff gottes, das sy großmechtiglichen von nichten vffenthalten werden. Die dryt ist die heiligste weisheyt, die do fluist vß der gotliche warheit, mit welcher sye treffenlich vbergossen werden. Die fierd ist der aller nu͗tzparlichst gewalt, mit welchem sye gegru͗nt seint in der gemeine kilche. Doru͗m so sollen die bru͗der gu͗etiglich gehandlet werden von yeren oͤ bern, wan ein herte ʾᵉtigkeyt, sind herschafft vnd ein grimme vnd vil arbeit, vffgelegt on gu gewon, vfferwecken vil irru͗ngen.
15,9 weyß] davor zichtig gestr. 13 die] mit EZ üdZ 26 Die erst] rot unterstrichen 27 Die ander] rot unterstrichen 28 Die dryt] rot unterstrichen 30 Die fierd] rot unterstrichen
132 | Lux divinitatis – Liber II, 16,1 – 17,10
[16.] De sancta Elyzabeth et de sanctis Dominico et Francisco confessoribus Considerans excellenciam sanctitatis et magnitudinem humane fragilitatis ammiracione multa suspensa stupui cogitans, quomodo beata Elyzabeth tante uirtutis meritum et dignitatis premium consecuta sit, cum productior etas eius non fuerit in hac uita. Et dixit michi dominus: “Nunciorum est expedita agilitas, qua cursim leui celeritate explicent uias suas. Elyzabeth direxi nunciam ad miseras incontinencia fluidas, superbia erectas, uanitate dissolucionis dissipatas, in castris et alibi constitutas; quarum infamis et abhominanda conuersacio tristi eternoque supplicio fuerat deputanda. | Quarum nonnulle transeuntem celeriter a me missam Elyzabeth intuentes uerbis eius et monitis crediderunt, ex isque prouocate mores correxerunt et per penitenciam graciam meruerunt. Erat enim exemplum uirtutum et bonorum operum exhortatrix. Sanctum Dominicum, a latere meo uenerabilem et pium, destinaui legatum ad gentes incredulas conuertendas, ad insipientes et stolidos instruendos, et ut turbacione oppressos et tristicia consoletur. Franciscum quoque, dilectum famulum, humilitatis et paupertatis speculum, crvcis preferentem stigmata, direxi in mundum ad clericorum auariciam confutandam et laycorum superbiam deprimendam.”
FL V, 34, 3–14 (402,27–404,12)
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10 Ed. 495
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[17.] De sancto Petro martire et deformitate ecclesie FL V, 34, 14–38 (404,13–406,6) “Sanctus Petrus de ordine predicatorum nouus martyr nuncius meus, detestator sanguinis, quo nunc falsa christianitas est perfusa. Dicunt enim se castos esse et fideles et meos amatores, cum sint inpudici, infideles et sue carnis dilectores. At, qui ad me uenire desiderat cum sancto Petro, omnibus 5 hijs renuncians contradicat. Abscondi(63va)ta enim crimina pariunt in nouissimo supplicia manifesta.” Ego paupercula in oracione sumpta in domino fiducia ecclesiam malignancium portandam vlnis anime sumpsi, grauiterque portaui. Et dixit michi dominus: “Desiste! Ultra uires tuas est, quod attemptas.”
10
Kap. 16: auch Ra und VD 384 (in Anlehnung an Z. 15–20) Kap. 17: auch Ra 16,1 De … confessoribus] ergänzt nach Reg 50, im fortlaufenden Text zwei freie Zeilen, Überschrift von Rubrikator nicht ausgeführt Rb, In eodem Ra 10 abhominanda] abho[min]ianda Rb 13 isque] is ohne EZ üdZ Rb 14 meruerunt] promeruerunt Ra 15 exhortatrix] h mit EZ udZ Ra | Sanctum] 2m Ra 16 conuertendas] a korr. aus o Rb 17,1 ecclesie] Nachtrag am rR Rb 6 enim] mit EZ üdZ Rb
Das liecht der gotheit – Buch II, 16,1 – 17,12 | 133
[LXIIIv] | [16.] Von sant Elizabet vnd von sant Dominico vnd Francisco
5
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So ich bedenck die hoͤ hi der heiligkeyt vnd die groͤ ssi der menschlichen blodigkeyt, ward ich vffgehebt in vil wu͗nder vnd gedacht, wie die heilige Elizabet ein sollichs vordienen der tu͗gent vnd lon der wurdigkayt erlangt hatt, so doch yer alter in disem leben ist nït fast vorzogen gewesen. Do sprach der herr zu͗ mir: “Der botten behendigkeyt ist nit vberladen, das sye ylend vnd mit leichter schnelligkeyt vßrichten yere weg. Ich send Elizabet einen botten zu͗ den armen frowen, die do waren in der kwscheit schlipfferig, in der hoffart vffgehoept, mit yttelheit der vnzucht zerstoͤ rtt in den schloͤ ssern oder an andern oͤ rtern gesatzt. Welcher vorleu͗mbte vnd vnmenschlich wandelu͗ng solt gestrafft werden mit tru͗riger vnd ewiger pein. Vß welchen vil ansahent min boͤ tlin Elizabet, von mir schnel gesant, gloúbten iren wortten vnd manu͗ng, vnd, darvß bewegt, besserten yere sitten, vnd vordienten du͗rch büeß die gnad. Wan sye was ein exempel der tu͗gend vnd ein manerin | zu͗ gu͗tten wercken. Den heiligen Dominicu͗m, lxiiij erwürdigen vnd gu͗etigen, sendet ich von meiner seiten ein legaten zu͗ den vnglou͗bigen volckern, sye zubekeren; zu͗ vnderweysen die vnwissen vnd dorechtigen; vnd das er trost gebe denen, so mit tru͗bnu͗s vnd tru͗rigkeyt wassent beladen. Au͗ch den lieben diener Franciscum, ein spiegel der demu͗tigkayt vnd armu͗t, der do vortru͗g die zeichen des cru͗tzes, hab ich in die welt geschickt, zu͗ beschenden die geitigkeyt der gaistlichen oder geweichten vnd zu͗verwerffen die hoffart der vngelartten leyen.”
[17.] Von sant Peter marterer vnd von der vngestaltige kilche “Sanct Peter von prediger orden, ein nu͗wer martir, mein bott, ein fu͗rweser des blu͗ts, mit welchem nu͗n die falsche christenhait ist du͗rchgossen. Wan sye sagen, sy seyen keu͗sch globig vnd mein libhaber. Aber sye sind 5 vnschampar, vntrw vnd liebhaber yres leibs. Aber welcher mit Petro begert, zu͗ mir kommen, soll disen allen widersprechen. Die vorborgene sund [LXIVv] geberend zum letsten | offenlich straff.” Ich arme im gebett, do ich hett genommen vertrüwen in gott, nam an, zu͗tragen die kilche der boshafftigen mit den armen meiner seell vnd hon 10 schwer getragen. Vnd der her sprach zu͗ mir: “Stand ab! Vber dein macht ist das, so du͗ vnderstast.”
16,19 Franciscum] rot unterstrichen
134 | Lux divinitatis – Liber II, 17,11 – 18,17
Et aio ad eum: “Eya dulcis domine, ego tollam eos, et tuis brachijs eos portans coram pedibus tuis ponam.” Et permisit dominus, ut me quietaret. Sic ergo oblata domino ecclesia, similis erat virgini. Quam cum aspexissem, eciam dominus intuitus est eam. Et erubui uehementer. Et dixit dominus ad me: “Aspice nunc! Decetne, ut hanc cecam 15 ignoranciam, claudam gressibus bonorum affectuum, et debilem manibus in bonis exercendis operibus, et immundam incessibus assumam michi in sponsam in eternitatis lectulo amandam, intuendam et amplexandam?” Et dixi: “Quid fiet de hac misera, et quod dabitur ei consilium?” Et respondit dominus: “Ego lauabo eam in sanguine. Omnes qui ueraciter | Ed. 496 sine crimine sunt, protegam et ad me eos in abscondito suscipiam et occulte, morte beata feliciter consummatos.” [18.] De sorore Iutta sancta et triplici sanguine – In eodem Eo tempore, quo gens trachtarorum per mundum crassabatur et multos occideret, dixit dominus ad me: “Sororem Iuttam de Sancherhusen, viduam piam et deuotam, misi in exilium ad gentiles, ut suis oracionibus eos adiuuet et conuertat et exemplis bonis prouocet et annunciet nomen meum.” Et intulit dicens: “Librum istum tanquam nuncium dirigo omnibus spiritualibus religiosis bene uiuentibus uel male agentibus, quia cum columpne nutant, tunc structura supereminens non subsistet.” Columpne ecclesie spirituales homines et uiri religiosi sunt. “Vere dico tibi” ait dominus “in hoc libro scriptus est sanguis cordis mei, quem in nouissimis temporibus denuo fusurus sum.” Et dixit michi dominus de tripartito sanguine hoc modo: “Primus sanguis est Abel iusti ac innocentum infancium, qui ab Herode interfecti sunt. Sanctique Iohannis Baptiste, qui ab alio Herode decollatus occubuit. Aliorum sanguis innocens effusus est ante passionem meam. Et hic sanguis uocatur, quia pro amore et iusticia et nomine meo fundebatur.
FL V, 34, 38–54 (406,7–28)
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Kap. 18: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 2f. (Eo – me), Z. 10f. (Columpne – sunt) 13 oblata] oblato Rb Ra 18 et] mit EZ üdZ Ra 19 ei] mit EZ udZ Ra 18,1 De … eodem] am lR MZ Rb In eodem] fehlt Ra 3 occideret] occiderent Rb Ra | Iuttam] iuctam Rb 10 – 12 Vere … sum] am lR MZ Rb 14 Primus] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG II, 18, 14 20 Ego … sanguine] vgl. Apc 1,5
Das liecht der gotheit – Buch II, 17,13 – 18,19 | 135
Do sprach ich zu͗ ym: “Eya su͗esser herr, ich nim sye vff mich vnd trag sye vff deinen armen vnd stell sye vnder dein fu͗eß.” Vnd das ließ der her zu͗, das er 15 mich ru͗egig macht. So ich nu͗n dise kilche also dem herren vffgeopffert hon, ist dise kilche glich worden einer iu͗ngfrowen. Do ich die selbige anschowet, hatt sye der herr au͗ch angesehen. Vnd ich schampt mich fast. Vnd der herr sprach zu͗ mir: “Sich nu͗n zu͗! Ist es au͗ch billich, das ich dise 20 blinde mit vnwissenheit, lame zu güten begirden, schwache zu͗ vben gu͗te werck vnd vnreine in yrem wandel an mich nem zu͗ einer gespons, die do soll gelibt, angeschowet vnd vmbfangen werden in dem bettlin der ewigkeyt?” Do sprach ich: “Was wirt bescheen mit diser arme, vnd was ratt sol ir 25 gegeben werden?” Antwu͗rt der herr: “Ich wu͗rd sye weschen in meynem blu͗tt. Alle, die so warlich on sund sind, wil | ich behu͗eten vnd wirt sy zu͗ mir empfaen lxv vorborgenlich, so sye abgond mit solchem tod.” [18.] Von der heiligen schwester Lucta vnd vom tryfaltigem blutt In der selbigen zeytt, do das volck tractatorum, also genant, durch die welt lieff vnd vil todet, sprach der herr zu͗ mir: “Sye schwester Lu͗cta von ʾᵉtig vnd andechtig, hab ich gesendet in das Sangerhusen, ein witwe, gu 5 ellend zu den heiden, das sy mit yrem gebett ynen hu͗lff, vnd bekere vnd beru͗efft mit gu͗etem exempell, vnd verku͗ndet meinen namen.” Vnd sprach fu͗rbas: “Dises bu͗ch als ein botten schick ich allen geistlichen, die do wol leben oder vbel thu͗nt, wan so die pfeiler wacklent mag, nit beston der gebaw darvff gestelt.” 10 Die seu͗l der kirchen seint die geistlichen menner. “Warlich”, spricht der herr, “in disem bu͗ch ist geschriben das blu͗t mynes hertzens, welches in den letsten zeyten ich wider vß giessen wirt.” Vnd sagt der herr von dreyerlei blu͗ts in solcher gestalt. “Das erst blu͗t ist das blut des gerechten Abels vnd der vnschuldigen kinder, [LXVv] welche von Herodes toͤ det sint worden. Vnd des heiligen | Joannis, des tou͗ffers, welcher von einem andern Herodes ward enthau͗ptet. Vnd der anderer, welcher vnschuldigs blu͗t vßgossen ward vor meinem leiden. Vnd dises blūt heist mein blu͗tt, wan vmb der gerechtigkeyt vnd liebi wegen vnd in meynem namen ward es vßgegossen.
17,24 diser] korr. aus disem 18,5 vnd2] vnb 14 Das] rot unterstrichen 15 Vnd] korr. aus vmb
136 | Lux divinitatis – Liber II, 18,18 – 19,10
Secundus sanguis Christi est, quem de proprio suo corpore fudit, qui de manibus et pedibus et de latere eius pro redempcione humani generis in crvce (63vb) fluxit et copiosissime emanauit. Qui ideo sanguis patris dicitur, quia propter uoluntatem et mandatum patris humiliauit semetipsum usque ad mortem crvcis. Ibique sanguinem fundens occubuit in obedienciam caritatis. Tercius sanguis est, qui in nouissimis diebus pro christiana fide effundendus est crudelitate et seuicia Antichristi. Et hic Spiritui Sancto ascribitur, sine cuius gracia et adiutorio nullum bonum perficitur; nec quisquam umquam pro Christo mortem et supplicia mortis potuit sufferre, nisi Spiritu Sancto inhabi|tante fuerit confortatus. Sanguis martirum pro Christo effusus ipsos socios passionum eius constituit et confert aureolam rutilantem.
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Ed. 497 30
Sanguis Filij dei in crvce pro reuerencia Patris effusus, cuius et dicitur. Redempcionem captiuis attulit et fidem per mundi climata dilatauit. Extremus sanguis, qui Spiritu Sancto confortante in fine mundi effundetur, gloriam sanctorum cumulat et honorem.” [19.] De penis, quas spiritualiter cum Christo et alijs sanctis pertulit FL II, 24, 4–34 (120,4–122,12) soror Mehtildis Domine Ihesu Christe, penas, quas pacior, iusto iudicio sustineo. Verum me in ipsis tormenta tue innocencie consolantur. Tue salutifere mortis recordacio meam sustentans memoriam viuificat et conseruat in te. Tuus 5 immaculatus sanguis animam meam penetrat et fecundat. Maria, tibi asisto cum fide iuxta crvcem tueque passionis gladius perfodit mentem meam, eo quod tanta in spiritalibus iniquitas tam uaria dominatur. Johannes Baptista, tecum in carcere teneor. Falsitas enim tanquam lasciua 10 saltatrix verbum ueritatis occidit, et lingua mea obmutuit.
Kap. 19: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 31f. (Hoc – derelinquet) 18 fudit] fundit, n unterpungiert und gestr. Rb 21 et … patris] patris et mandatum eius Ra humiliauit] humiliaut Rb 26 cuius] eius Ra 27 pro … confortatus] zwischen den Kolumnen MZ Rb 31 cuius] eius Rb Ra 19,1 Christo] ipso Rb Ra, ersetzt nach Reg 51 und entsprechend einem Vorschlag von Stierling 1907, S. 83 2 Mehtildis] am rR Rb, Mechtildis Ra 5 in] Dittographie, erstes i[n] gestr. Rb 19,7 Maria … crvcem] vgl. Io 19,25 9 Johannes … teneor] vgl. Mt 14,3s
Das liecht der gotheit – Buch II, 18,20 – 19,13 | 137
20 Das ander, das ist das blu͗t Christi, welches er goß vß seinem eignem leib,
welches ou͗ch floß von sinen henden, fiessen vnd seiten am cru͗tz vmb erloͤ sung des menschlichen geschlechts; vnd das floß vberflu͗issig do. Welches darumb wurt gesprochen des vatters blu͗tt, wan vmb den willen vnd gebott des vatters hatt er sich gedemu͗tigt bis in den toͤ dt des crützes. An 25 dem goß er vß sein blu͗tt in gehorsamkeyt der liebin. Das dryt blu͗tt ist das, des do wird in letsten zyten wu͗rt vßgegossen in dem christengloüben vß grimme vnd wu͗eterich des Endenchrists. Vnd dis blu͗t wu͗rt zugeschriben dem heiligen geist, on welches hu͗lff vnd genad kein gu͗t wirt volbracht; wan nie keiner hatt mogen liden den toͤ dt vmb Christo, er 30 were dan gesterckt mit dem inwonenden heiligen geist. Das blu͗t der marterer, vmb Christo vßgegossen, macht | sye gesellen seiner lxvi leiden vnd gibt ein gu͗ldins kreutzlein, das do scheinet mit rosenfarbem schein. Das blut des su͗ns am creu͗tz vmb eer des vatters vßgegossen bracht erloͤ sung 35 den gefangenen vnd hatt vßgespreit den glou͗ben du͗rch alle ort der welt. Das letst blu͗tt, welches vß starckmachung des heiligen geists am end der welt wírt vßgegossen, macht huffig die glorj vnd eer der heiligen.” [19.] Von den pinen, die do geistlich mit Christo vnd andern heiligen getragen hatt die schwester Mechtildis Herr Jesu Christe, die pein, so ich leide, leid ich vff gerechtem vrteil. Warlich, in meinem leiden trostend mich die vnschult deiner schmertzen. 5 Die gedechtnu͗s deines heilsamen todes vffenthalt myn gedechtnu͗s, macht mich leben vnd behalt mich in dir. Dein vnbemaset blu͗tt durchtringt vnd macht fruchtbar meine seell. O Maria, ich stand by dir mit dem globen bey dem cru͗tz, vnd das schwert deines lidens durchgrabt mein gemiet daru͗mb, das so grosse vnd manche [LXVIv] | boßheyt herschatt in den geistlichen. O Johannes dou͗ffer, ich wirt mit dir behalten in dem kercker. Wan die falscheit als ein geili springerin ertoͤ det das wort der warheit, das mein zung vorstümmet.
20 Das ander] rot unterstrichen 26 Das dryt] rot unterstrichen 30 inwonenden] davor he gestr. 34 Das blut] rot unterstrichen 36 Das letst] rot unterstrichen 19,9 daru͗mb] daru͗n[m]b
138 | Lux divinitatis – Liber II, 19,11 – 20,4
Johannes Ewangelista, ego tecum in Ihesu Christi dulciter obdormiam pectore, vbi tot miranda hausi mysteria, vnde exterioris mei hominis succumbit misera substancia. Petre, tecum crvcifigor cottidie, nam sagitte domini semper militant in me nec quiescit spiritus meus pre desiderio laudis sue. Paule, tecum rapta sursum conspexi habitaculum ammirandum nimisque mirando; stupeo, quod uiuens in hac mortalitate subsisto. Sitit enim anima mea et concupiscit in atria, vbi summus Pater, pincerna largissimus, calix preclarus et inebrians filius; poculum uini dulcedo Sancti Spiritus, plenitudo uasis, sancte trinitatis inmensitas, celleraria potentissima caritas. O, si me de tot bonis reficiat et nutriat summa liberalitas, donec (64ra) inaniet esuriens mendicitas nec apparet affluens sacietas, in qua consistat uera felicitas. Nunc | interim bibam bibens de calice furoris domini, quo me replent et inebriant crudelissimi inimici. Retribue eis, domine Ihesu, mel tue dulcedinis, qui me potant felle amaritudinis. Oblatus est michi calix pocionis durissime, interiora et exteriora omnia penetrantis.
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Ed. 498 25
Oraui ergo dominum, ut impleret sua gracia eum, qui michi propinauit hec pocula uenenosa. Exaudiuit me dominus et dixit ad me: “Fortis esto! In te mea mirabilia apparebunt. Leones te timebunt, ursi supplicabunt, lupi fugient et morabitur agnus tecum. 30 Hoc est: superborum elacio et inuidorum delacio, auarorum ambicio deficiet et persequi deseret. Christus autem te numquam derelinquet.” Scio et certa sum, quod adhuc plura ueneni pocula michi restant. Habet enim dyabolus multos sub ouina pelle ueneno plenos ypocritas, quo replent 35 nequiter innocuos dei seruos. [20.] In eodem FL II, 24, 35–62 Stephane, ego tecum sto inter inuidos, qui iactant lapides in me ualide (122,13–124,10) irruentes, a tergo me lapidant ypocrite putantes, quod me lateat, cum tamen sciat omnipotens, qui corda probat.
Kap. 20: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 22 12 exterioris] exteriores Rb 17 in hac] in hac n (n gestr.)Rb 23 furoris] is mit EZ üdZ Rb 29 mea mirabilia] mirabilia mea Ra 35 innocuos … seruos] dei seruos innocuos Ra 14 militant … nec] Iob 10,17 17 Sitit … atria] vgl. Ps 83,3 18 calix … inebrians] vgl. Ps 22,5 23 de … furoris] vgl. Ier 25,15 25 felle amaritudinis] Act 8,23 32 Christus … derelinquet] vgl. Dt 31,6 und 8
Das liecht der gotheit – Buch II, 19,14 – 47 | 139
O Johannes ewangelist, ich wil mit dyr süssiglich entschlaffen vff der bru͗st 15 des herrens, do haͤ r ich so vil heimlickeyt gesogen hon, daru͗on erligt min
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armes wesen meines vsseren menschens. O Petre, ich wirt taͤ glich mit dir gecreützigt, wan die geschoß gottes vbent sich in mir vor begird seines lobs. O Pau͗le, ich bin verzu͗gt mit dir vbersich vnd hab gesehen ein wonu͗ng fast wu͗nderbarlich; vnd verwu͗ndert mich, das ich lebendig bestu͗nd in diser sterplickeyt. Wan mein seel du͗rstet vnd begert in in dise vorhoͤ ff, do der vatter ist der miltester winschenck, der schoͤ n vnd tru͗nckenmachender ʾᵉn, der wintru͗nck ist die suessi des heiligen geists, die voͤ llj kelch ist der su des faß die vnmessenlickeyt der heiligen dryfaltigkeyt, die kellerin die allergewaltiste liebin. O, das mich speiß vnd ernere die hoͤ chste frymiltigkeyt mit solchen guter, so lang doch blibt die hüngerige armüt vnd nit erscheint | die zuflissende settigu͗ng, in welcher statt die ware seligkeyt. lxvij Nu͗n bis zu der selbigen zytt wil ich gern trincken vß dem kelch des zorns gottes, des herrens, mitt welchem mich erfüllent vnd trüncken machen die allergrimmeste find. O, herr Jesu͗, gib denen das hu͗ng deiner su͗esse, die mich trenckent mit der galle der bitterheyt. Mir ist furgebracht ein kelch des hertestents trancks, welcher du͗rchtringt meyne vsseren vnd innern. Darumb batt ich den herren, das er erfult mit seiner gnaden disen, der do mir eingeschenckt sollich vorgiffte tranck. Do erhoret mich der herr vnd sprach zu͗ mir: “Bis starck! In dir werden erscheinen myne wünder. Die lowen werden dich forchten, die beren werden dich bitten, die wolff flihen vnd das lemlin wirt bey dir wonen. Das ist: der hoffertigen erhebu͗ng vnd der nideschen vorklagu͗ng vnd der geitigen ytell eer wirt abgon vnd wirt vffhoren züüerfolgen. Aber Christu͗s wirt dich nymmer verlassen.” Ich weis vnd bin gewis, das mir noch vil gifftiger tranck vorseind. Wan der boeß geist hatt vil glisner vnder der | schaffhu͗tt vol des giffts, mit welchen sy fu͗llend die vnschuldigen knecht gottes boshafftiglich.
Steffane, ich stand bey dir vnder den nydischen, die do fast krefftig stein in 45 mich werffen. Die glisner vorsteinigen mich zu͗ru͗ck hinden; sy wenen, es sey mir vorborgen, so doch der almechtig das alles weis vnd bewert die hertzen.
39 ytell eer] davor F rot durchgestr. 40 verlassen] korr. aus verfolgen¦lassen, folgen gestr.
140 | Lux divinitatis – Liber II, 20,5 – 21,10
Laurenti, ego annis uiginti et amplius tibi in craticula crvdeliter colligata 5 deo protegente permansi; inuicta et erepta per septem annos sum libera ab hac pena. Martine, tecum sum in despectione, meque caritas fecit martirem perenni persecucione. Dominice, dilecte Pater mi, tecum communico desiderium passionis optans, 10 quod sanguis meus flueret sub calcibus impiorum. Katherina, ad pugnam tecum propero, quia infernales sophiste falsa contra me argumenta proponunt et concludere michi uolunt. Quorum unus splendidus apparuit, librum ferens sic michi proposuit 15 dicens: “Pacem suscipe, quia ad missam non uales accedere.” Et respondi: “Pacem non potest tribuere, qui pacem dinoscitur non habere.” Confusus ergo abijt. Reuersusque in forma pauperis dixit michi: “Eya, sana me, sancta femina, et sanabor!” Et dixi: “Qui infirmus est, quem sanabit? Contra dominum nulli prestabo 20 auxilium.” Ait ille: “Bonum” inquit, “opus facere non est contra deum.” Et respondi: “Vbi bonum non est, quid | potest boni fieri? Insanabilis est Ed. 499 plaga tua. Si uis saluus fieri, pergens hinc ostende te sacerdotibus! Illi potentes sunt, ego nil possum, nisi peccare.” Tunc ille in ira: “Hoc est” ait, “quod numquam faciam.” Et disparuit (64rb) 25 simul cum tetro fumo. FL II, 24, 63–87 [21.] De captiuate karitate – De eodem (124,11–126,4) Maria Magdalena, ego tecum in deserto habito. Omnis enim creatura a me deserta exilium michi est, patria solus deus. Omnipotens Pater, incomprehensibilis spiritus a te procedens animam meam indesinenter uisitat, in quo multa incomprehensibilia intueor et 5 cognosco. Proch dolor, tamen ex eo parum capio. Sum enim uas contumelie et fragile, quod nec minimam stillam tui preualet continere. Caritas adhuc instabilis inheret sensibus corporis tamquam permixta rebus terrenis, ut exclamare cogatur homo et dicere: ‘In gracia est caritas, in sensibus absorta humanis; nec adhuc, proch dolor, euagantem animam subiugauit.’ 10
Kap. 21: auch Ra 20,16 dinoscitur] des dinoscitur, des gestr. Ra 25 quod] mit EZ udZ Rb 21,1 captiuate] captiuata Ra De eodem] fehlt Ra 3 est] de est, de unterpungiert Rb 8 permixta] promixta Rb 17 Eya … sanabor] vgl. Ier 17,14 22 Insanabilis … tua] vgl. Ier 30,12 23 ostende … sacerdotibus] vgl. Mt 8,4; Lc 5,14 und 17,14 21,6 uas contumelie] vgl. II Tim 2,20; Rm 9,21
Das liecht der gotheit – Buch II, 19,48 – 81 | 141
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Lau͗renti, ich bin meer dan xx jar mit dir gru͗senlich vff den roͤ ßt gebunden craticu͗la vnd blib vß dem schirm gottes vnvberwu͗nden; vnd bin vij jar frey vnd erloͤ st von diser pein. Martine, ich bin mit dir in der vorachtu͗nge, vnd die liebin macht mich ein marterer mit ewiger vorfolgu͗ng. Dominice, du͗ lieber min vatter, mit dir hab ich ein gemein begird zu͗leiden; ich wunsch, das min blu͗tt solt flissen vnder den füessen der sunder Chaterina, ich eil mit dir züm streyt, wan die hellischen sophisten hebent mir fu͗r falsche argüment vnd wollen mich fohen. Vß welchen einer mir schinbar erschin vnd leget mir fu͗r ein bu͗ch, so er tru͗g, vnd sprach: “Nym das pacem, wan du͗ magest nit zu der meß gon.” Vnd ich antwu͗rt: “Der mag das pacem nit geben der do keinen frid hatt.” Do lxviij ward | der boeß geschent vnd ging hinweg. Bald kam er wider in gestalt eins armens vnd sprach: “Eya heilige fraw, mach mich gesund, so wird ich gesunt.” Vnd ich antwu͗rt: “Wen mag gesund machen der, der do selbs kranck ist? Ich wu͗rd kein hulff thun wider gott den herren.” Sprach er: “Ein gu͗t werck thu͗n ist nit wider gott.” Antwu͗rt ich: “Wo nichts gu͗t ist, was mag do gutzs bescheen? Dein wu͗nde mag nit gesuntheyt empfaen. Wiltu͗ heil werden, so gang hin vnd erzeig doch den priestern, die hant gewalt; ich vormag nichtzs dan su͗nden.” Do sprach er ym zorn: “Ich wil das nymmer thu͗n.” Vnd vorschwand gleich als ein schwartzer rou͗ch.
Maria Magdalemna, ich wone bey dir in der wu͗ste. Wan alle creatu͗r, von mir vorlassen, ist mir ein elend, allein gott ist mein vatterlandt. Allmechtiger vatter, der vnbegrifflich geist, so von dir vßgatt, heimsucht on vnderlaß min seell; in welchem ich erkenne vnd anschaw vil 75 vnbegriffeliche ding. Dennocht, leider, vß dem empfach ich nit vil. Wan ich [LXVIIIv] bin ein bloͤ d vnd scheltlichs | vaß, welches nit mag au͗ch den minsten tropffen dein behalten. Die liebi, noch vnstett, hangt an den leiblichen sinnen als vormischt mit irdischen dingen, also das ein mensch mu͗ß schreien vnd sprechen: ‘Mit angenem oder vorvnreit ist die liebj, die do 80 vorsengt in menschlichen sinnen; hatt au͗ch leider die weytschweyfende seell noch nit vnder das ioch gebracht.’
48 Lau͗renti] rot unterstrichen | craticu͗la] am rR mit Verweiszeichen (+) auf roͤ ßt 51 Martine] rot unterstrichen 53 Dominice] rot unterstrichen 55 Chaterina] rot unterstrichen
142 | Lux divinitatis – Liber II, 21,11 – 22,13
Captiuans autem caritas, habitans in spiritu, omnis sensualitatis transcendit illecebras, nec sinit corpus ad uoluptuaria inclinari. Disciplinam tenet, ualdeque silencio intenta; alasque suas submittens auscultat uocem sine strepitu; intuensque lucem inaccessibilem laborat cum desiderio perficere uoluntatem domini. Quamdiu alis reuerberat caro, 15 nequaquam potest spiritus altissimam contingere, que in hac uita a perfectissimis attingitur summitatem. Hec captiuans caritas ditans animas exterioribus sensibus depauperando spoliat. Que, quanto ditatur amplius, tanto ex nobilitate propria humiliatur profundius. Qui hoc | abyssali uirtuose caritatis vinculatus fuerit atactu, huic ad Ed. 500 peccandum deinceps licencia non patebit. Ligatus enim est et cogitur ad amandum. [22.] De statu sancte ecclesie pulchre et mirabiliter demonstrato
FL IV, 3, 3–33 (238,7–240,30)
Cvm Pater dilectum uoluerit Filium consolari, tunc odiosum precipit flagellare. Sic agit omnipotens, hominibus ita loquens: “Qui in presenti caret gracia, mecum non regnabit in gloria, et qui non potest rerum temporalium voluptatibus saciari, necesse est eum fami perpetue deputari. 5 Ve ei, qui sic temporalia possidet, quod eis mente pariter ocupatur et heret. Qui se super alios per elacionem extollit, a me cadit et ad infima descendit.”
Ad hoc respondit sancta cognitio, quod deus triplicem nobis sapienciam indidit, qua dilatari et nociua possumus precauere. Primum est clericalis sapiencia et christiana doctrina, sicut ostendit michi 10 dominus. Vidi enim veris intellectus mei oculis sine labore in delicijs lapidem similem monti non pergrandi, qui ex seipso susceperat incrementum, habens in se
Kap. 22: auch Ra 130r–v (Z. 2–11) und 169v (Z. 12–36) 16 altissimam] altissiam Rb, altissima Ra 20 hoc] hac Rb Ra 21 patebit] patabit Ra 22,1 De … demonstrato] De triplici sapiencia homini a deo collata Capitulum 47m Ra 130r 2 uoluerit Filium] filium voluerit Ra 3 flagellare] flagellari Rb Ra | agit] ait Rb Ra, korr. nach LG II, 20, 4 | omnipotens] omnipotens i (i gestr.) Rb | hominibus] et hominibus, et mit EZ üdZ Ra 5 fami] fame Rb | fami perpetue] perpetue fami Ra 8 nobis sapienciam] sapienciam nobis Ra 10 Primum] P[ri]mu[m] s (s radiert) Rb, Prima Ra | christiana doctrina] doctrina christiana Ra | sicut … dominus] fehlt Ra 12 Vidi] De statu sancte Ecclesie pulchre et mirabiliter demonstrato ¦ UIdi Ra 14 lucem inaccessibilem] I Tim 6,16 20 caritatis … fuerit] vgl. Os 11,4
Das liecht der gotheit – Buch II, 19,82 – 20,17 | 143
Aber die fahende seel, so sy wonet im geist, vber gatt alle vnzimliche vbüng der sinlickeyt vnd last den leip nit geneigt werden zu͗ sinen wollüsten. Sy halt die zu͗cht; vnd in stetem stilschwigen merckt vff die stim on vnrw, vnd 85 sicht an das vnzu͗rgenglich liecht, vnd thu͗t fleiss mit begird züüolbringen den willen des herrens. Alweil das fleisch mit den fliegeln widerschlecht, so mag nymmer der geist anru͗eren die hoͤ chsti ding, welchi in disem leben von den allervolkommesten werden angeru͗rt. Dise fohende liebin macht reich die gefangen seelen, beraubt mit armmachen an vßwendigen sinnen. 90 Welche wievil reicher sy wirt, so vil vß eigner adellickeyt wu͗rt sy meer gedemu͗tiget. Welcher mit diser tieffen tu͗gent der liebi gefangen oder gebu͗nden würt, dem selbigen statt nit offen der gewalt, fu͗rbaß | zu͗ su͗nden. Wan er ist lxix gebu͗nden vnd wu͗rt zwu͗ngen liebzuhaben.
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[20.] Von dem standt der kilche, der do hubsch vnd wunderbarlich ward anzeigt Sancte Mechtildj ʾᵉn, so last er die geisseln, die so ym So ein vatter will trosten sinen lieben su findt ist. Also thut der almechtig, der do also spricht zu den menschen: “Welcher hie mangelt der gnad, wirt nit bey mir regniren in der glori, vnd welcher nit mag ersettiget werden mit wollust zytlicher dinger, ist not, das er dem ewigen hünger zugeben würt. Wee dem, der also die zytlichen ding besitzet, das er ynen au͗ch mit dem gemu͗et anhangt. Welcher sich du͗rch hochmu͗t vber ander thu͗t erheben, falt ab von mir vnd stigt abe der tieffe zu͗.” Darzu͗ gab antwu͗rt die heilige erkantnu͗s, das vns gott trÿerley weisheyt ingegeben hatt, in welcher wir vns erlustigen mogen vnd das do schaͤ dlich ist vormeiden. Die erst die weysheyt der gelerten vnd die christenlich loͤ r, als mir der herr geoffnet hatt. Wan ich sach mit meynen waren ou͗gen der verstants on arbeyt in wollu͗st einen | stein glich einem kleinem berg, welcher vß ym selbs was
93 lxix] korr. aus lixix 20,3 ein] zunächst mit roter, dann mit schwarzer Tinte ge- bzw. überschrieben ʾᵉn gestr. | die2] den, n gestr. 17 stein] üdZ von derselben Hand: stain lieben] davor su
144 | Lux divinitatis – Liber II, 22,14 – 23,7
omnem pulchritudinem omnium colorum et odorem omnium celestium 15 aromatum. Interrogaui igitur, que esset hec suauissima petra. Et dixit michi: “Ego sum Ihesus.” Veni ergo in excessum mentis, et ad (64va) ipsum reclinaui caput meum. Et uidi omnes tenebras ab eo exclusas, et in eo tenebre non sunt ulle. 20 Intrinsecus autem repletus erat eternitatis lumine et splendore. Stabat super hunc lapidem supra modum speciosa uirgo, cui similis non est uisa excepta domina nostra, uirgine matre dei sancta Maria, que tamen socia et coniugalis eius fuit. Pedes eius iaspide decorantur. Lapis hic tante virtutis est, ut repellat malam auariciam a pedibus affectuum irruentem. Profert eciam odorem mundissimum sacra desideria prouocantem. 25 Abstergit eciam ab oculis caliginem tenebrosam. | Lapis preciosus fides Ed. 501 catholica est. Duo pedes, quibus virgo stans innititur, potestas ligandi et sciencia absoluendi sunt, que duo omnibus christianis sacerdotibus conceduntur. In manu dextera calicem tenet rubro uue sanguine plenum, de quo sola 30 bibens ineffabili dulcedine saciatur. Huius potus participio angeli non fruuntur in misterio. Hic sanguis vnigeniti sic mentes inebriat sacerdotum fidelium, quod nobis doctrinam ewangelicam ministrant ad uotum. In sinistra virginis igneus est gladius, aureis cymbalis dependentibus plenus, resonans tam dulciter, ut omnes audientes sancte trinitatis 35 desiderio repleantur. FL IV, 3, 33–54 [23.] Hec est ecclesia – In eodem Interrogaui virginem, cur in sinistra gladium et calicem preferret in dextera. (240,31–242,21) Respondit: “Ego usque ad mortem uniuscuiusque hominis peccata comminans increpabo. Tunc deus inferet plagas suas, ego eciam ipsius 5 sanguinem manu dextera propino, sicut Christus ad gloriam Patris sui.” Habet eciam uirtutem in manibus suis, quibus, quos deus eligit, attrahit omnes sibi, omnesque abicit, qui se dyabolice subiciunt seruituti.
Kap. 23: auch Ra 26 fides … est] est fides katholica Ra 29 christianis sacerdotibus] sacerdotibus christianis Ra 30 uue] vue Ra 23,1 In eodem] fehlt Ra 4 inferet] infert Ra 5 ad] ad g (g gestr.) Rb 6 quibus] Dittographie, zweites quibus gestr. Rb 14 odorem … aromatum] vgl. Sir 24,20; Ct 1,3 und 4,10 16 suauissima … Ihesus] vgl. I Cor 10,4 19 et … ulle] I Io 1,5; vgl. ferner Iob 34,22 26 Abstergit … tenebrosam] vgl. Apc 7,17 und 21,4
Das liecht der gotheit – Buch II, 20,18 – 51 | 145
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gewachssen vnd hett in ym alle schoͤ ni aller farben vnd ein geruch aller himlischer wolrichender dinger. Do fragt ich, wer do weer diser aller siessester vels. Vnd er antwu͗rt: “Ich bin Jesus.” Darümb kom in vbertrettung dines gemietz, vnd ich neigt das hau͗bt gegen ym vnd sach alle funsternüs von ym vßgeschlossen, vnd das kein fÿnsternu͗s in ym ist. Aber von innen was er durchfult mit liecht vnd schein der ewigkeyt Vff disem felsen stu͗nd fast ein schoͤ ni iu͗ngfraw, derglich keine wart gesehen, vßgenommen vnser frow, iu͗ngfrow vnd mütter Maria, welchi doch was yer gesellin. Yere füeß warent zyret mit jaspis, welcher stein solcher krafft ist, das er vßtribt die boͤ se gÿtigkeyt von den fu͗essen der begirden. Er gibt au͗ch ein reinsten geschmack, der do reytzet die heilige begirde vnd trücknet ab von den oügen die finstere dunckelheyt. Der kostlich stein ist der christenlich gloüb. Die zwen fu͗eß, vff welchen die iu͗ngfrow stott, seind gewalt zübinden vnd künst zu͗ absolüiren, welchi zwey allen christenlichen priestern werdent vorlu͗hen. | In der gerechte hand halt sye ein kelch voll mit blüt eines roten winberes, lxx vß welchem sy allein trinckt vnd wirt erfu͗lt mit vnvssprechlicher su͗essi. Die engel niessent nit in der heimlickeyt in teilnemu͗ng dises trancks. Das blu͗tt des eingebornen süns trenckt also die gemieter der glou͗bigen priester, das sy vns darthunt die ewangelischen leer nach wunsch. In der lincke hand diser iungfrow ist ein schwert, vmbhenckt mit guldinen zimbaln, thoͤ net also su͗es, das alle, die es hoͤ rend, werden erfu͗lt mit begird der heiligen tryfaltigkeyt. Dise ist die kirche. Daru͗mb ich fraget dise iu͗ngfrow, warumb sy in der
45 lincken hand ein schwert vnd ein kelch in der gerechte tru͗g. Antwu͗rt sye:
“Ich wu͗rt schelten mit trowen die su͗nd eines itzlichen menschens bis in sein dodt. Dan, so wu͗rt gott zu͗fu͗ren seine straff; au͗ch ich schenck sein blutt mit der gerechte hand als Christu͗s zu͗ eer sines vatters.” Die kirch hatt auch krafft in yren henden, mit welchen sy zu͗ yr zeücht die, 50 dy gott ym vßerwelt, vnd vorwirfft alle die, so sych vnderwerffen den teu͗fellischen dienstparkeyten.
21 Jesus] rot unterstrichen 27 Maria] rot unterstrichen 33 Die] rot unterstrichen
146 | Lux divinitatis – Liber II, 23,8 – 24,11
Ex affectu pulchritudinis vvltus eius in perpetuum beatam me reputabo. De gutture eius riuus fluit olei, hoc est ungentum misericordie salutaris. In ore enim eius sunt dentes aurei, quibus celestia mandit aromata, hoc est 10 prophetarum oracula. Mel distillant eius labia, quod uolucres apes sancti, scilicet apostoli, de campi flore dulcissimo detulerunt. In labijs eius fulgent florentes rose, nares eius redundant uiolarum odore. Frons eius resplendet lilijs uirentibus. Est enim mater uiduarum, amica coniugatarum, et virginum gloria. Oculi eius pleni sunt delicijs sicut aurora rutilans, solis luculenciam antecedens. Corporales oculi sicut natura triplici distinguuntur, sed in unitate subsistunt sic: Primus quidam color aurore Patris eternitatem, secundus Filij (64vb) equalitatem, sol vero utriusque connexionem in Spiritu Sancto significat et ostentat. Harum transicio et respectus ad inuicem perso|narum gaudium et pax est, que et exsuperat omnem sensum. Virgo hec coronam habet in capite suo auro rubro contextam. Hoc consilium sanissimum et exemplum sanctissimum doctorum.
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20 Ed. 502
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[24.] De hijs, que muniunt et impugnant ecclesiam FL IV, 3, 54–74 Corona hec similis est urbi, que multis menijs est exstructa. Quam inualidus (242,21–244,9) circumdedit exercitus principem habens infidelem, qui est dyabolus cum suis complicibus, qui sunt pauperes et infideles. In hac corona exercitus consistit laudabilis, potens, et armis opulenter instructus, habens fidelem 5 super se principem redemptorem dominum nostrum Ihesum Christum, qui temptatos consolatur et confortat in prelio, et deficientes consolacionis sue reficit uino. Turris est in hac corona tria habens cornua, in qua sagittarij et speculatores sunt in claritate firmissimi, ut maneant inferiores securi. Est turris et alia in hac corona, in qua habitantes rara pugnandi infestantur 10 molestia. Quam nullus valet conscendere, nisi per caritatem suam studuerit
Kap. 24: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 12 (Beati – habitare), 23 (quibus – custodiunt) 13 florentes] korr. aus flore[anschließend Rasur] Rb 15 Frons] fons Rb 18 antecedens Corporales] an[te]cede[n]s|corp[orale?]s Rb | Corporales] corpus Ra 19 quidam color] color quidam mit VZ Ra 23 et] fehlt Ra 24 Hoc] hec Ra 24,1 impugnant] i[m]_pu[n]gna[n]t Rb | ecclesiam] am rR Rb 2 Corona … exercitus] zwischen den Kolumnen MZ Rb 3 qui … infideles] am rR MZ Rb 5 consistit] danach [us]-Kürze radiert Rb 8 uino] viuo (?) Ra 12 Mel … labia] vgl. Ct 4,11 24 hec … rubro] vgl. Apc 14,14
Das liecht der gotheit – Buch II, 20,52 – 21,13 | 147
[LXXv]
55
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65
70
Vß der begird der schoͤ ni sines angesichts wird ich mich sellig | achten ewiglich. Vß yrer kelen flu͗ist ein oͤ li bechlin, das ist die salbe der heilsame barmherzigkeyt. In yrem mu͗nd sind guldin zen, mit welchen sy isset himmelische wolrichende speis; das ist der propheten weissagu͗ng Das hu͗ngtropffen in yr lefftzen, welches die heiligen binlin, das sint die apostel; von suessesten feldtblu͗mlin bracht haben mit wolschmeckenden versuchen. In yren lefftzen scheinent rosen blu͗men, ire naßlocher gebend von ynen ein vil gu͗ten geschmack. Ier stirne glastet von grünen lilien, wan sy ist ein mutter der witwen, ein frūndin der eefrowen, ein glori der iu͗ngfrowen. Yere ou͗gen sint vol der wollu͗st als ein schinende morgenroͤ ti, die do vor gatt der sonnen hellen schein. Yere ou͗gen, als sy geteilt seint in trÿ natu͗r, vnd beston doch in der einigkeyt also: Dye erst farb der morgenroͤ ti bewyset des vatters ewigkeyt: die ander dïe glichi des su͗ns; die son bedutet yr beider voreinigu͗ng in dem heiligen geist. Diser personen zu͗sammen voreinigu͗ng vnd ansehung ist froͤ d vnd fride, welcher vbertrifft allen sin. Dise iungfraw hatt ein krantz vff yrem hau͗bt, gemacht vß rotem gold; das ist der gesündeste ratt vnd exempel der heiligsten doctor vnd lerer.
lxxj | [21.] Von denen so bewarend vnd anfechtend die kirche Diser krantz ist gleich einer statt, die do vil zinnen hatt vnd ist vmblegert von einem grossem heer vnd hatt einen vntru͗wen fu͗rsten. Diser ist der tu͗fel mit siner gesellenschafft, welche do sint die arme vnd vnglobige. An disem 5 krantz statt ein loblichs heer, mechtig vnd geu͗bet mit den waffen, vnd hatt ob ym ein trewen fu͗rsten, den erloͤ ser, vnsern herren, Jesum Christum, welcher trostet die angefochtnen vnd stercket sy ym kryg vnd erkicket die schwachen mit dem wein seiner troͤ stu͗ng. An diser kron ist ein thu͗rn, welcher hatt dry eck, in welchen sint wechter vnd schiesser, aller 10 festgemacht in der clarheyt, vff das die vndern blibent sicher. Es ist au͗ch ein ander thu͗rn an disem crantz oder kron, in welchem die einwoner solten werden bewegt zu͗m streyt. Vff welchen thürn keiner mag steigen, er lerne dan brechen seinen willen du͗rch die liebin. Sellig sind alle die, dy do
60 scheinent] am lR für rot durchgestr. seient 64 morgenroͤ ti] davor roͤ ti rot durchgestr. 65 in] n wg. Fleck nicht lesbar 21,4 vnd] davor vnd rot durchgestr.
148 | Lux divinitatis – Liber II, 24,12 – 25,14
uoluntatem frangere. Beati omnes, qui in hac turri meruerunt habitare! Huius turris menia preciosis decorantur lapidibus, qui sunt sanctorum anime uiuentes in celestibus. In corde huius virginis uidi erumpere fontem uiuentis fluminis, ad quem 15 deferebantur ceci et lepra respersi, infantes gentilium. Super hunc fontem stabat uir perfectissimus spiritu dei plenus, sanctus scilicet Baptista Johannes. Hic lauabat in fonte infantulos, cecos illuminans et leprosos mundans. Interrogaui virginem, que esset. Et respondit: “Ego sum, quam tu tam 20 diligis, tua consodalis, sancta ecclesia, quarum unus est sponsus.” Hec est inmaculatorum sponsa sacerdotum, quam frequenter amanter aspiciunt; quibus legittime desponsatur. Beati, qui eam in sincera caritate custodiunt! | [25.] De secunda et tercia sapiencia – In eodem Secunda, de qua prediximus sapiencia, naturalium potenciarum anime est, per quam operando uicia perdicionem incurrimus, uel uirtutes operantes uitam eternam acquirimus. In hac carnis sapiencia morantur peruersi layci, falsi clerici, et astuti religiosi. Non inuenitur tam perfectus, qui se ad plenum a talibus ualeat custodire. Sic enim eorum peruersa mens est, ut queque bona sinistra interpretacione maculent et confundant. (65ra) Nemo ex hijs naturalibus bonis spiritualis efficitur, nisi ex caritate stultum se reputet. Quia uera simplicitas mater est sapiencie desursum uenientis. Quid enim prodest homini astuto thesaurus innumerabilis, qui nonnisi famem et sitim, despectionemque et eternam sibi operatur cordis molestiam?
Ed. 503; FL IV, 3, 75–88 (244,10–26)
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Tercia demum sapiencia de diuina manat gracia, dirigens hominem utiliter in omnibus donis dei. Quantumcumque diues efficiatur homo, in omni gracia numquam tamen presumit infimis se preponere creaturis. In
Kap. 25: auch Ra 12 uoluntatem] uoluntatem suam, suam gestr. Ra 20 que] qui Ra 23 custodiunt] custodiunt Sequitur de 2a et 3a sapiencia quere supra Ra 25,2 de … est] est naturalium potenciarum anime Ra 3 quam] quas Ra 4 uitam] virtutem Ra 7 confundant] confundent Ra 11 despectionemque] despectionem Ra 12 Tercia] 3m vero Ra | demum sapiencia] fehlt Ra | gracia] graciam Ra 14 infimis] in infimis Ra | infimis … turbatur] am lR MZ Rb 15 fontem … fluminis] vgl. Ier 2,13; vgl. ferner Ps 35,9 und 41,3; Ier 17,13; Io 4,10 und 14 17 spiritu … plenus] vgl. Gn 41,38; Act 7,55 23 Beati … custodiunt] vgl. Ps 105,3 25,9 Quid … homini] Mt 16,26
Das liecht der gotheit – Buch II, 21,14 – 22,18 | 149
[LXXIv]
vordienent han zuwonen in | disem thu͗rn. Die zynnen dises thu͗rns sint
15 geziert mit edelgestein. Das seint dise seelen der heiligen, die do leben in
dem himmel. Im hertzen diser iu͗ngfrowen sach ich entspringen ein bru͗nnen eines lebendigen flu͗ß, zu͗ welchem worden bracht die blinden vnd vssetztzigen kindlein der heiden. Ob disem brünnen stu͗nd ein volkomnester man vol des 20 geists gottes, sant Johannes, der tou͗ffer, welcher thet waschen die kindlein in dem bru͗nnen, erleu͗chtet die blinden vnd reiniget die vssetzigen. Ich froget au͗ch die iu͗ngfrow, wer sy wer. Antwu͗rt sye: “Ich bin die, dy du͗ so liebhast, dein mitgesellin, die heilig kilche; welcher beider ist ein gemahel.” Dise ist ein gespons der vnu͗ermaligten priester, welche sy offt liblich 25 angesehen, welchen sy eelich wurt vormahelt. Selig sind die die behutend in rayner liebin! [22.] Von der ander vnd tritten weisheit Die ander weysheyt, von welcher wir vor geredet hand, ist der natu͗rlichen krefften der seell, durch welche, so wir wirckent laster, loúffen in vordamnu͗s oder, so wir wirckent | tu͗gent, vberkommen wir das ewig leben. lxxij 5 In diser fleischlicher wysheyt leben die vorkoͤ rten laÿen, die falschen priester vnd die arglistigen gaistlichen. Keiner wirt so volkommen gefünden, der sich gantz moͤ g von sollichen bewaren. Wan also vorkoͤ rt ist yr gemu͗et, das sy alles gu͗ts bemacklent vnd schendent mit letzer vßlegu͗ng. Keiner vß disen natu͗rlichen giettern hat lu͗st zu͗ den gaistlichen, es sey dan, 10 das vß liebin er sich acht ein toren. Wan die ware einfaltigkeyt ist ein mu͗tter der wysheyt, so von oben aber kompt. Wan, was nu͗tz bringt einem argelisten menschen ein vnzallicher schatz, der do nïchtz anders dan den hu͗nger vortribt vnd den du͗rst vßloͤ scht, vnd schafft ym vorachtung vnd ewige ku͗mmernu͗s? 15 Die dryt weisheyt flu͗ist von der gotliche genad vnd ordenet einen menschen nu͗tzlich in allen gaben gottes. Wie fast reich werde ein mensch in aller genad, dennocht vormist er sich nitt fu͗rzüstellen den vndersten creatu͗ren. In widerwertigkeyten ist er nit betru͗bt, su͗nder mitfrowet sich dem
16 himmel] korr. aus himmeln 20 Johannes] e aus i korr. | der] korr. aus des, r rot überschrieben
150 | Lux divinitatis – Liber II, 25,15 – 27,9
aduersitatibus non turbatur, sed diuine congratulatur uoluntati, nec 15 sustinet, quod aliqua uirtus de cordis eius hospicio excludatur. [26.] De regno celorum – Tercia parte i capitulum Anima sancta sic est suum desiderium allocuta: “Eya, perge hinc et uide, ubi sit dilectus meus, et dic ei, quia cupio amare!” Perrexit ergo subito. Velocis enim est nature, et veniens in excelsum clamauit: “Magne domine, aperi te et intromitte me!” Et respondit hospes: “Quid tibi uis, quod tanto clamore fremis?” Dixit desiderium: “Domine, significo tibi: domina mea diu sic non potest uiuere. Si uelles fluere, ipsa superflueret. Piscis enim vita non diu durat in arido.” Respondit dominus: “Reuertere nunc! Non intromittam te, nisi adduxeris famelicam, que pre cunctis amat me.” Quo audito per nuncium anima aman|ter expauit et surgens in mansueto spiritu et delectabili uolatu uenit. Et ecce occurrunt ei duo angeli, quos misit deus ex amore precordiali. Qui dicunt ei: “Vtquid, domina, tam longe processistis, cum sitis adhuc uestita terrena substancia?”
FL III, 1, 5–20 (146,6–25)
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10 Ed. 504
15
Et dixi: “Tacete, et me dulcius salutate! Ego pergo ad amare. Quanto quis ad terrena inclinatur, tanto ad superiora tenebratur. Et ego, quanto alcius conscendo, clarius luceo.” FL III, 1, 20–34 [27.] Introductio ad sponsum celestem Tvnc assumentes eam angeli cum leticia deduxerunt. Videns autem (146,26–148,8) angelorum patriam, cuius habebat noticiam, apertum est ei celum.
Stabat autem ibi et liquescebat cor eius. Intuensque dilectum ait: “O domine, cum te uideo, compellor laudare te in sapiencia ammiranda. Quo 5 deueni? Numquid nunc perdita sum in te? Non possum terrenum quicquam nec cordis mei molestiam memorari. Proposueram, cum te uiderem, multa tibi de terrestribus querulari. Verum tuus intuitus me repercussit, quoniam me super nobilitatem meam ualde et nimis eleuasti.”
Kap. 26: auch Ra Kap. 27: auch Ra 26,1 De regno] Regno Rb | Tercia … capitulum] fehlt Ra 2 et] mit EZ üdZ Ra 4 ergo] erga Rb 5 aperi te] aperite michi, michi gestr. Ra 8 superflueret] flueret Ra | diu] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL III, 1, 10 (146,13) Rb 10 te] fehlt Ra 15 sitis] sistis, zweites s unterpungiert Rb 16 salutate] salutare Rb 17 tenebratur] obtenebratur Ra 18 clarius] tanto clarius Ra 27,1 celestem] celeste Rb 9 nobilitatem] nobilitatem n (n gestr.) Rb 27,4 liquescebat … eius] vgl. Ct 5,6; Ps 21,15
Das liecht der gotheit – Buch II, 22,19 – 24,11 | 151
[LXXIIv] gottlichen willen vnnd | leid nit, das eine vß den tu͗genden vßgeschlossen 20
5
10
15
20
werd von der herberg des hertzens. [23.] Von dem rich gottes vnd vom thron gottes Die heilige seell hat also angeret yer begird: “Eya, gang von hinnen vnd sich wo do sey mein gelibter, vnd sag ym, das ich yn begere liebzuhaben!” Do ging sy bald hin. Wan die begird ist einer schnellen krafft, vnd do sye kam in die hoͤ hin, do schrey sye: “O grosser herr, thu͗ vff vnd loß mich ein!” Do sprach der wirt: “Was wiltu͗ mit solchem grossem geschrei?” Antwu͗rt die begird: “Herr, ich vorku͗nt dir, das mein frow mag nit lang also leben. Woltest du͗ flissen, so würd sy vberflissen. Wan der fisch bleibt nit lebendig vff du͗rrem landt.” Antwu͗rt der herr: “Koͤ r widervmb! Ich wirt dich nit einlossen, bis du͗ mit dir zu͗bringst die hu͗ngerige, die do mich vber alle ding liebhatt.” Do das durch den botten gehoͤ rt hatt die seell, erschrocket sy lieblich vnd stu͗nd vff in sanfftmietigem vnd lu͗stparlichem geist vnd flog hin. Vnd, nement war, yr loffent entgegen zwen engel, welchi | gott hatte gesendet vß lxxiij hertzlicher liebj. Die sprochen zu͗ yr: “O fraw, worumb sint yr so ferr furgegangen, so ir noch seint angethon mit der irdischen substanz.” Do sprach ich: “Schweigent still oder gru͗essent mich su͗esser! Ich gang liebzuhaben. Wie vil etwan einer zu den irdischen geneigt ist, so vil blibt er vorfinsteret zu den obern; vnd wie hoher ich vffsteig, so schoͤ ner ich leu͗cht.”
[24.] Yre einfurung zu dem gespons Dan næment sye die heiligen engel vnd fu͗rten sye mit froͤ den. Vnd do sy sach die gegenwu͗rtigen engel vnd yer vatterlandt, des sy erkantnu͗s hett. Do ward yr der himmel vffthon. 5 Do stu͗nd sy, vnd yer hertz fing an weichzüwerden. Vnd sach an yeren lieben sprechende: “O herr, so ich dich sich, wirt ich bezwu͗ngen, dich loben in deiner wünderbarlicher weysheyt. Wo bin ich hinkommen? Bin ich nit vorloren in dir? Ich mag yetzt nit gedencken etwas irdisch nach betru͗bnu͗s meynes hertzens. Ich hon fu͗r mich genommen, vil dir zuklagen [LXXIIIv] von den irdischen, so ich dich sach. | Aber dein anplick hatt mich vorhindert, wan du͗ hast mich fast erhoͤ het vber meinen adell.”
23,12 erschrocket] erscocket, korr. nach LD II, 26, 12
152 | Lux divinitatis – Liber II, 27,10 – 28,18
Inclina(65rb)ta igitur gracias egit. Tollensque de capite suo coronam, 10 ponensque super rosam pedum ipsius cicatrices desiderabat, ut eidem intimius iungeretur. Assumpta igitur inter diuinitatis brachia, manuque eius super pectus eius posita, faciemque eius contemplatus est. Perpendite nunc, si tunc ab ipso fuerit osculata! In hoc amoris osculo super omnes 15 choros rapta est angelorum. [28.] De celo et casu Luciferi – In eodem Minor, quam ibi uidi, audiui, cognoui ueritas excellit supremam terrene sapiencie dignitatem. Ibi inaudi|tas res uidi confessoris mei iudicio; quia sacras scripturas non cognoui. Timui, si tacerem, timui propter imperitos, si scriberem. Quid dicam, uel quid faciam karissimi, quod deus hic operatur in me et frequenter operatur? Et in humili simplicitate et in exili paupertate, depressaque despectione – quo ad deum, quo ad creaturas, quo ad proximum – ostendit michi deus mira sua. Ibi uidi creaturas ordinacionemque domus, quam deus constituit. Ibi reposuit amantissima, que fecerunt manus eius. Domus hec uocatur celum. Nota de regno Chori, qui intus sunt, dicuntur regnum. Ideo coniunctim dicitur celorum celorum quare sic regnum. Regnum finem in sua posicione habet inicialem, sed in sua nominatur essencia non sortitur finalem. Celum ambit choros, et inter celum et choros ordinati sunt peccatores seculares, altitudine choris similes, iuxta quod hic emendantur et conuertuntur. Chori sic sunt subtiles, sancti et mirabiles, quod preter castitatem et amorem et omnium rerum abrenunciacionem nullus illuc intrat. Quia omnes, qui inde corruerunt, sancti extiterunt; ideoque necesse est, ut sancti sint, qui illuc sunt intraturi.
FL III, 1, 34–64 (148,9–150,9)
Ed. 505 5
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Kap. 28: auch Ra, Be2 (Z. 15–17) und We3 (Z. 9–15, 24f. und 31f.) 12 iungeretur] ingeretur, davor Rasur von einem Buchstaben Rb 13 Perpendite … osculata] am rR MZ Rb 28,1 In eodem] Capitulum Quadragesimum : Ra 2 uidi] lo vidi, lo gestr. Ra 4 scripturas] vaH mit EZ am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb | timui] fehlt Ra 5 quod] Quid (ausgeschrieben) Ra 6 operatur] fehlt Ra 7 quo1 … proximum] vaH mit EZ am rR Rb, mit EZ am uR Ra, ähnliche Glosse zu FL III, 1, 39–42 (148,15–17) in der Einsiedler und Würzburger Hs., vgl. Neumann 1993, S. 220 9 creaturas] fehlt We3 | ordinacionemque] ordinacionem disposicionemque Ra, disposicionem et ordinacionem We3 | deus constituit] constituit ipse deus We3 | Ibi2 … eius] fehlt We3 10 reposuit] reposu (u mit Punkt) Rb 11 Nota … nominatur] vaH Rb, fehlt Ra | intus sunt] sunt intus We3 | regnum] throni Ra 12 Regnum] Regnum hoc We3 | celorum regnum] regnum celorum Ra We3 | in1 … inicialem] habet inicialem in sua posicione, in sua mit EZ am lR Ra 13 essencia] in essencia Ra | finalem] finem We3 | Celum … choros] am lR: Czwischen deme hymele (= FL III, 1, 47f. [148,25]) We3 14 hic] in hac vita We3 15 emendantur et] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL III, 1, 49 (148,27) Rb, fehlt We3 | emendantur … conuertuntur] conuertuntur et emendantur Ra Chori] chori angelorum Be2 | sunt subtiles] subtiles sunt Ra 16 amorem] caritatem obedienciam et humilitatem Be2 | et2] et eciam Be2 17 illuc] fehlt Be2 14 fuerit … osculo] vgl. Ct 1,1
Das liecht der gotheit – Buch II, 24,12 – 25,19 | 153
Do neigt sye sich vnd saget danck vnd nam die kron von yrem hau͗bt vnd leget yn vff die rosenfarben wu͗ndenzeichen seines fu͗eß vnd begeret, das sye ym inniglicher wu͗rd voreiniget. Do ward sy empfangen zwu͗schen die 15 arm der gotheyt, vnd yer gespons leget sein hand vff yr bru͗st vnd schawet an yr angesicht. Achtent nu͗n, ob sy nit sey von ym gekusset worden. In disem ku͗ß der liebin ward sy entzu͗ckt vber alle chor der engell. [25.] Von dem himmel vnd vom fall Lüciferi Die kleinste warheit, so ich do sach, hoͤ ret erkennet, vbertrifft die hochste wirdigkeyt der irdische weysheyt. Do sach ich vngehoͤ rti ding nach dem vrteil meynes beichtvatters; wan ich erkant nit die heilige geschrifft. Ich 5 forcht mich, solt ich schweigen, forcht mich vmb die vngelerten, solt ich schreiben. Was soll ich thu͗n oder sagen, | o allerlibsten? Gott wirckt sollichs lxxiiij in mir offt vnd dick. Vnd in meiner einfaltigen demu͗tigkeyt vnd ellende armu͗t vnd nider getru͗ckt ferachtu͗ng macht mir gott offenbar seine wu͗nder. Do sach ich die ordenu͗ng der geschopfft vnd das haws, welches got 10 gemacht hatt; darinne er behalt die allerlibste ding, so sein hand gemacht hatt. Dises hws ist der himmel. Die choͤ r, so do innen sint, werden genent das reich. Vnd der himmel vnd die choͤ r miteinander sint gesprochen das himmelreich. Dises reich hat in seiner machung ein anfang, aber in seinem wesen kein ende. Der himmel vmbfacht die choͤ r, vnd zwu͗schen dem 15 himmel vnd choͤ ren sint geordnet die weltlichen su͗nder in der hoͤ hi, gleich den koͤ ren, nach dem sye hie bekert werden. Die choͤ r sint also su͗btil, heilig vnd wu͗nderbarlich, das keiner on kwscheyt vnd liebin, vnd on abladu͗ng aller dinger doryn gatt. Wan alle, die von disen choͤ ren gefallen sint, waren heilig. Dorumb ist not, das die heilig seyend, so do hinein wolten gan.
25,13 ein] davor hat gestr.
154 | Lux divinitatis – Liber II, 28,19 – 29,9
Omnes baptizati infantes, puerique sex annorum, illius casus dirupcionem non implebunt amplius quam ad sextum chorum. At usque in Seraphin 20 virgines puerilibus peccatis pollute, uoluntarie nec tamen actum perfecerunt, confessione purificate defectum corruencium supplebunt. Veruntamen ad pristinum statum non redeunt, quia puritatem perdiderunt. Post diem iudicij religiose virgines purissime defectum super Seraphin inplebunt, vnde Lucifer eique proximi per uirtutem altissimi sunt eiecti. 25 Lucifer peccauit tripliciter: inuidia, superbia, auaricia. Hec peccata Videbam Sathanam mortifera ipsorum multitudinem tanta uelocitate proiecerunt in abyssum, quasi fulgur de celo sicut subito dicitur ‘alleluia’. Tunc obstupuit totum regnum, et cadentem contremuerunt omnes columpne regni celorum. Alijque tunc horribiliter 30 corruerunt. Hoc exilium adhuc est uacuum et inane, nullus ibi habitat. Et est in se pulcherrimum, luditque totum delicijs ad gloriam dei omnipotentis. ibidem | [29.] De throno dei
(65va)
Ed. 506; FL III, 1, 64-102
Svper hoc exilium thronus dei est, in modum testudinis uirtute domini fabricatus, in florenti, lucenti et ignea claritate attingens inferius ad (150,10–152,23) celum contra Cherubin. Fitque tronus dei et celum inclita domus ualde. Ibique est exilium, et ix chori angelorum intus iubilantes. Supra thronum 5 dei nichil est nisi deus, deus, deus inmensus, magnus deus. Supra in throno uidetur speculum deitatis, ymago humanitatis, lumenque Spiritus Sancti. Cognosciturque, quomodo tres persone unus deus sunt, et quomodo in unum coniunguntur. De hac ineffabili re michi loqui amplius nichil licet.
Kap. 29: auch Ra, We3 (Z. 2–7, 10–12, 13–15 und 18–24), VD 390 (in Anlehnung an Z. 25–39) und 395 (in Anlehnung an Z. 39–41) — ohne Entsprechung in FL: Z. 16f. (quia – sequentem) 19 puerique] p[er]u[er]ique, erstes [er] gestr. Rb 22 purificate] purificati Ra 23 redeunt] redibant Ra 25 inplebunt] subplebunt Ra | per … altissimi] fehlt We3, vgl. FL III, 1, 59 (150,2) | eiecti] proiecti We3 26 inuidia superbia] superbia inuidia Ra | auaricia] et auaricia Ra | Hec] et hec, et gestr. Ra 27 multitudinem] multitudine Rb | Videbam … cadentem] vaH Rb, fehlt Ra 31 nullus] nullusque We3 29,1 dei] dei Capitulum 41m Ra | ibidem] vaH Rb, fehlt Ra 3 domini] dei Ra, diuina We3 | florenti] permansibili florenti We3 | lucenti] fehlt We3 | ignea] igneaque Ra | inferius] inferuis Rb 4 contra … celum] mit EZ am uR (Augensprung!) Ra | Fitque] jta que We3 | inclita] sunt vna inclita We3 | ualde] fehlt We3 5 Ibique … intus] vnd da ist disi enelende vnd dye ix chore jnne befangen (= FL III, 1, 67f. [150,13f.]) We3 7 lumenque] et lumen We3 8 tres] quo tres, quo gestr. Ra | unus … sunt] sunt vnus deus Ra 9 loqui amplius] amplius loqui Ra | nichil] mit EZ üdZ für gestr. non Ra 25 per … altissimi] vgl. Lc 1,35 27 Videbam … cadentem] Lc 10,18 31 Hoc … inane] vgl. Gn 1,2
Das liecht der gotheit – Buch II, 25,20 – 26,11 | 155
Alle getau͗fft kindlein | vnd kinder vmb sechs jar werden den bru͗ch dises falles nit weiter erfu͗llen dan bis in den sechsten chor. Aber die iu͗ngfrowen, mit kintlichen su͗nden willig befleckt, die doch das su͗ntlich werck nit haben volbracht, gereiniget durch die beicht, worden erfu͗llen den fall der, so gefallen sein, bis in den chor Seraphin, wiewol sye zum vorigen stant nit 25 widerkommen, wan sy hant vorloren die reinigkeyt. Nach dem iu͗ngsten: tag die geistlichen alle reinisten iu͗ngfrowen werden erfullen den mangel in Seraphim, do haͤ r vßgetriben wart Lu͗cifer vnd seine mitgeisten du͗rch die krafft des allerhoͤ chsten. Lu͗cifer su͗ndet in drÿ weg mit neid, hoffart, geytigkeyt. Die gifftige su͗nd warff yr fili mit solcher 30 schnelligkeyt in den abgru͗nd als schnel gesprochen wu͗rt ‘alleluia’. Dozu͗mal entsaß das gantz regiment, vnd erzitterent alle seu͗l des reichs der himmel. Vnd die andern vilent erschrockenlich. Das selbig ellend ist noch leer vnd vnersetzt, keiner wonet do. | Vnd ist in lxxv ym selbs lu͗stig vnd spilet gantz in frou͗den zu͗ eer des almechtigen gottes.
[LXXIVv]
[26.] Von dem thron gottes Ob disem ellend ist der thron gottes gemacht von der macht gottes in eines gewelbs weiß in blu͗ender scheinender vnd fu͗riner clarheyt. Rierent an von vnden an den himmel gegen Cheru͗bin. Vnd der thron gottes vnd der 5 himmel wirt ein lieblichs hwß gottes. Vnd do ist das ellend vnd die ix choͤ r der engel, die do iu͗bilirent. Ob dem thron gottes ist nichtzs dan allein gott der vngemessen vnd groß gott. Oben ym thron wu͗rt gesehen der spigel der gotheyt, die bildnu͗s der menscheyt, vnd das liecht des heiligen geists. Vnd wirt erkant, wie drey person seient ein gott, vnd wie sye in einigkeyt 10 vereinigt seyen. Von solchen vnvssprechlichen dingen zimpt mir nit meer züreden.
33 wonet] mit EZ udZ für durchgestr. wu͗rt 26,10 vnvssprechlichen] vnvssprechlingen
156 | Lux divinitatis – Liber II, 29,10 – 34
Casum Luciferi Iohannes Baptista supplebit, eiusque gloriam in illa dulci 10 uastitate supra Seraphin possidebit. Omnesque purissime virgines et religiose cum illo erunt, que adhuc sunt ad illam solitudinem reseruate. In throno est domina nostra, que nullum defectum suplet, quia ipsa cum Filio tocius humani generis vvlnera sanauit, qui graciam querunt, eamque conseruare uoluerunt uel nouerunt. Filius eius deus est, ipsaque dea. 15 Nullus ei potest in gloria similari, quia nec primam similem uisa est nec habere sequentem. Sancti apostoli post dominum sunt in throno, habentque illam solitudinem cum Seraphin in premio secundum suam puritatem. Iohannes Baptista princeps eciam est in throno. Angeli ultra celsitudinem 20 Seraphin non morantur; supra quos homines tantummodo collocantur: martires sancti, et predicatores dei amatoresque spirituales ad choros conueniunt. Licet virgines non permanserunt, immo quidem eciam in Cherubin contendunt.
Nota de gloria predicatorum
Inter quos eciam preter desiderium predicatorum perspexi premium, sicut 25 in seculum est futurum. Sedes eorum sunt mirabiles, premium singulare. Anteriora sedis sustentacula duo sunt luminaria ardencia, quibus caritas vera, exemplum sanctum, fidelisque intencio inuuntur. Interius reclinatorium est commode liberum et mirabili requie dulcius, quam liceat 30 enarrare, pro obediencia, cui se humiliter subdiderunt. Pedes eorum ornati | sunt uarijs lapidibus preciosis, adeo, quod opto caput Ed. 507 meum tali corona decorari. Hunc ornatum accipiunt pro labore, quem uiando suis pedibus pertulerunt. O predicatores, cur tam difficulter labia aperitis, et cur tam inuiti aures declinatis ad ora peccatorum?
11 possidebit] fehlt Rb Ra, ergänzt nach FL III, 1, 72 (150,21) | purissime virgines] virgines purissime Ra 13 throno] no mit EZ üdZ Ra | nostra] nostra mater christi We3 14 humani generis] generis humani Ra 15 Filius] filius enim We3 | deus est] est deus We3 | ipsaque] ipsa We3 16 Nullus ei] nullus eni[m] Ra | ei potest] potest ei Ra | primam … est] similem visa est primam Ra 18 dominum] deum Ra We3 19 cum … puritatem] vnd werden haben das enelende vnd seraphyn zu lone (= FL III, 1, 79 [150,29f.]) We3 20 Iohannes] Et iohannes We3 | princeps … throno] ist en vorste in deme throne (= FL III, 1, 80 [150,31]) We3 22 dei] deique We3 | amatoresque] amatores We3 | ad] in We3 | choros] choros angelorum We3 23 conueniunt] perveniunt We3 | quidem] quidam Rb | quidem eciam] eciam quidem We3 24 contendunt] conscendunt We3 25 – 34 Inter … peccatorum] fehlt Ra 26 Nota … predicatorum] vaH Rb, fehlt Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 26,12 – 40 | 157
[LXXVv] 15
20
25
30
35
40
Den fall Lu͗ciffer wirt Johannes, der tau͗ffer, ersetzen in diser su͗esse wildnu͗s vber Seraphim. Vnd alle reiniste iu͗ngfrowen, vnd gaistlichen, | welche zu͗ disser wiltnu͗s geordnet sint, werden bey ym sein. solitudo Ym thron ist vnser frow, welche keinen mangen ersetzet, wan sye mit dem ʾᵉn hat gesunt gemacht die wu͗nden des gantzen menschlichen geschlechts, su ʾᵉn derer, die do suchent die gnad, vnd sye hand behalten oder erkennet. Ir su ist gott, vnd sye ist ein getrw. Keiner mag ir gleichen in der glorj, wan keine vor yr ist yer gleich gefu͗nden worden vnd mag ir kein nachkommerin gleich werden. Nach gott sint ym thron die aposteln vnd hand dïse wiltnu͗s mit Seraphin zu͗m lon nach irer reinigkeyt. Johannes, der tou͗ffer, ist der furst in dem thron, vnd die engel wonent nit ob der hoͤ hin Seraphin; vber welchi engell allein die menschen gestelt werden: die heiligen marterer vnd gottes verku͗nder vnd die geistlichen liebhaber komment zu͗sammen in die choͤ r. Ob sy schon nit iu͗ngfrawen sein bliben, worlich au͗ch etlich vß ynen kommen in chor Seraphin oder lxxvj Cheru͗bin. | Vnder welchen ich au͗ch sach den lon der prediger, als do in zukunfftig zeyt bescheen soll. Yere stu͗ell sind wunderbarlich, yer lon ist sonderbar. Die fordere pfosten, die den stũll vffenthaltent, sind zwey brinnende liecht, vß welchen die ware liebin, das heilig exempel vnd tru͗we meinu͗ng angezeigt werden. Der innere sitzbanck dises throns ist geschicklich frey vnd einer wünderlichen ru͗ikeyt, siesser dan vßgeredt werden mag, vmb die gehorsame, welcher sye sich demu͗tiglich hand vndergelassen. Yere fu͗eß sind geziret mit mancherlei edelgesteinen, also, das ich begere, mein hau͗pt also gekront werden. Dise zierd empfaent sye vmb die arbeyt, die sye mit gon yerer fūeß volbracht hand. O ir prediger, warumb thant ir ewern mu͗nd so schwerlich vff, vnd warumb neigent yr so vnwillig ewere oren zu͗ dem mu͗ndt des sunders?
14 solitudo] üdZ am oR über wiltnu͗s 23 der1] korr. aus des(?) 24 ob] davor ob den gestr. 26 choͤ r] davor glori gestr. 37 empfaent] korr. aus empfantt | vmb] davor die sye rot durchgestr. 38 hand] davor hett rot durchgestr. | thant] sic!
158 | Lux divinitatis – Liber II, 29,35 – 31,4
Ego uidi coram deo, quod futurum est in celo: quod spiritus oris uestri, 35 lucens de choris, ascendat ante thronum, glorificans deum Patrem, qui sapienciam labijs uestris dedit; laudans Filium, qui predicatorum et princeps et socius fuit; gracias agens Spiritui Sancto, qui donorum largitor existit (65vb) et magister indoctorum. Tunc predicatores dei et martyres sancti et amantes virgines subleuabunt se, quoniam ipsis in speciali 40 uestitu, in suaui cantu, in serto mirabili, quod deferunt, in honorem dei precipua gloria est collata.
en reige
Triplex alludens gaudium Canticum virginum in secundo libro capitulo 25 puerorum hic cantus trinitatis in quinto libro 26 capitulo
FL III, 1, 102 – [30.] De indumentis sanctorum – In eodem Indumentum virgineum candore resplendet lilij niueo, predicatorum uestis 115 (152,23–38) vt sol splendore aureo. Martyrum uestitus colore nitet roseo, quia cum Ihesu perfusi sunt crvore sanguineo. Corona uirginum multicolor est et uaria, martyrum manifesta et magnifica. Predicatorum corona est florea, qui sunt 5 dei uerba, per que gloriosi sunt in patria. Sic triplex hoc collegium egreditur in conspectu domini cum dulci tripudio. Quibus occurrit obuiam ex domino fluens in eorum mentes, ut iubilent in ueritate psallentes secundum dona a domino sibi data. Sic concinunt predicatores: “O preelecte domine, tua secuti sumus uestigia 10 in paupertate voluntaria ouesque tuas errantes, quas pastores conducticij deuiantes neglexerunt, reduximus ad ouile.” Martyres vero sic decantant: “Domine, tuus innocens sanguis consecrauit mortem nostram fecitque nos consortes tue beatifice passionis.”
| [31.] De uoluntate et amore et lumine sanctorum – In eodem Ed. 508; Sancti, qui nunc regnant cum domino, circumdati sunt uno lumine, unoque FL III, 1, 116 – perfusi amore, et vniti vna uoluntate. Veruntamen illarum excellencium 136 (154,1–25) sedium dignitate carent. Sed sedent et quiescunt in diuina maiestate, eius
Kap. 30: auch Ra und VD 395–396 (in Anlehnung an dieses Kapitel) Kap. 31: auch Ra 35 uestri lucens] predicatorum Ra 36 lucens] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL III, 1, 95 (152,12) Rb | choris] h üdZ, s korr. Rb | ascendat] ascendet Ra | ante] auf Rasur von nostro Rb, ad Ra thronum] korr. aus throno, zweites o unterpungiert Rb | glorificans] glorificantes Ra | Patrem] patrem omnipotentem Ra 37 uestris] suis Ra | laudans] laudantes Ra 38 et … fuit] fuit et socius Ra | agens] agentes Ra 41 honorem] honore Ra 30,1 In eodem] Capitulum 42m Ra 7 en reige] vaH mit EZ in Entsprechung zu FL III, 1, 108 (152,30) Rb, fehlt Ra | obuiam] obuiam quos gestr. Ra 8 fluens] fluunt Ra | in1] mit EZ üdZ Ra | in1 … mentes] Dittographie Rb 10 Triplex … capitulo2] vaH mit EZ (nur am Rand) am oR (mit Bezug auf FL II,25,125 und FL V,26) Rb, fehlt Ra 11 conducticij] conducti Ra 13 decantant] decantent Ra | consecrauit] consecrauit nobis Ra 31,1 De … eodem] De dignitate sanctorum quam habent et post iudicium habituri sunt Capitulum 43m Ra 3 vna uoluntate] korr. aus vna[m] uoluntate[m] Rb 4 eius] eiusque Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 26,41 – 28,5 | 159
Ich sach vor gott, was zukunfftig ist in dem himmel: das der geist ewers mu͗ndes steigt zierlich vff vor dem thron vnd gibt glori dem vatter, der do ʾᵉn, der do ist gesin [LXXVIv] geben hatt | die weysheyt ewern lefftzen; vnd lobt den su der prediger furst vnd gesell; vnd sagt danck dem heiligen geist, der do ist 45 ein vßgeber der gaben vnd ein lerer der vngelerten. Dan werdent sich vfferheben die prediger gottes vnd heilige marterer vnd liebhabende iungfrowen, wan ynen in besonderer kleidu͗ng, in su͗essem gesang, in wunderlichem krantz, den sy tragent zu ere gottes, ist gegeben ein fu͗rnemme glorj. [27.] Von der heiligen kleidern Das iungfrowlich kleidt schinet mit schnewissem lilien schein. Der prediger kleidt scheinet als die sonn mit gu͗ldinem glast. Der marterer kleid scheinet mit roter rosenfarb, wan sy seint mit Jesu dürchgossen mit blu͗tigem 5 schweiß. Der krantz der iu͗ngfrowen ist viler farben vnd manigfaltig. Der marterer krantz ist offenbar vnd groß herrlich. Der prediger krantz ist blu͗mig, welchi blu͗men sint die wort gottes, du͗rch welchi sy sint eerlich in dem vatterlandt. | Dise dryfaltige vorsamlu͗ng gatt vß von dem angesicht lxxvij gottes mit su͗essem frolocken vnd psallirend nach den gaben, ynen von gott 10 gegeben. Vnd also mitsingent die prediger: “O fu͗r alle vserwelter herr, wir hand nachgeu͗olget deinen fu͗eßstapffen in williger armu͗t, vnd deine irrende schaͤ fflin, die do vorsu͗met hand deinen gedingten hirten, hand wir wider in schaffstal gefu͗ret.” Aber die marterer sangent also: “O herr, dein vnschu͗ldigs blu͗t hatt geheiliget vnsern todt vnd hatt vns gemacht gesellen 15 deines leidens.” [28.] Von dem willen vnd liebj vnd liecht der heiligenn Die heiligen, so nu͗n regnirent mit dem herren, seint vmbgeben mit einem liecht vnd durchgossen mit einer liebi vnd sind voreiniget mit einem willen. Dem noch, warlich, mangelnt sy der wurdigkeyt derer vbertreffenlichen 5 stu͗elen. Aber sye sitzent vnd ru͗went in der gotlichen maiestat in
27,1 der] davor den gestr. 4 Jesu] rot unterstrichen 6 prediger] rot unterstrichen
160 | Lux divinitatis – Liber II, 31,5 – 32,11
delicijs affluentes; tenenturque superius attractionibus, quemadmodum aer 5 calore solis. Post diem vero iudicij, cum hora cene nupciarum agni fuerit, ponentur sedilia: sponsa contra faciem sponsi. Conuenientque corpus et anima, possidebuntque plenam in eterna gloria dignitatem. O agne delectabilis, o sponse amabilis Ihesu, Fili Patris celestis, cum a cena surrexeris, omnesque choros transieris, a uirginibus amanter intueris. 10 Sequentur te cum laude ad locum delectabilem meis labijs inenarrabilem! Quomodo tibi tunc alludentes, amoris tui uoluptate se sacient! Latens est dulcedo et tam familiares delicie, quibus equales nescio.
Sequuntur quoque uidue in cordis sui leticia, sufficitque eis dulcis illa uisio, 15 qua agnus virginibus coniungitur ammirandis amplexibus. Coniugati (66ra) et aspicient, prout eorum nobilitas meretur, quia, quanto hic quisque terrenis delectatur, tanto illic a iocunditate celestium separatur. FL III, 1, 137 – [32.] De choris sanctorum angelorum Omnes chori in splendore suo illuminacionem continent specialem. Et 153 (154,26–156,9) insuper celum suam sic est autem illa illustracio, quod non licet eam nec ualeo describere explicando. Choris et celis hijs tam preclara a deo dignitas est collata, quod de singulis eloqui uix sufficio breue verbum, 5 quemadmodum de pleno alueo stillam faui mellis apis effert modicam pede suo: In primo choro delectabilitas supremum est, inter omnia dona sua, in secundo requies, in tercio amabilitas, in quarto dulcedo, in quinto gaudiositas, in sexto odoris nobilitas, in vijo diuicie, in viijo dignitas, In ixo | Ed. 509 ardens amor. In illo dulci exilio summitatem tenet purissima sanctitas.
Kap. 32: auch Ra 5 aer] fehlt Ra 9 amabilis] delectabilis amabilis, delectabilis gestr. Ra | Ihesu] ihesu christe Ra 10 intueris] intueberis Ra 14 Sequuntur] Sequentur Ra 15 qua] quam Ra 16 et] eciam Ra aspicient] aspiciunt Ra 32,1 angelorum] angelorum Capitulum 44m Ra 3 illustracio] illuminacio sine illustracio Ra 9 secundo] secunda Rb 11 ardens amor] ardens caritas Ra | amor] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL III, 1, 146 (154,37) Rb | dulci … In] dulci exilij Ra | summitatem … sanctitas] vaH mit EZ am oR in Entsprechung zu FL III, 1, 146 (156,1) Rb, fehlt Ra 6 Post … fuerit] vgl. Apc 19,9
Das liecht der gotheit – Buch II, 28,6 – 29,13 | 161
zu͗fliessenden lu͗sten vnd werdent oben behalten mit vffzihen als der lu͗fft vß hitz | der sonnen. Aber nach dem iu͗ngsten tag, so do sein wu͗rt das nachtmal der hochzyt des lemlins, so werden stillgesetzt die gespons gegen dem angesicht des gemahels, vnd seell vnd leib kommen zu͗sammen vnd 10 werdent besitzen volkommene wu͗rdigkayt in der glorj. ʾᵉn des himmelischen O lu͗stigs lemlin, o lieblicher gemahel Jesu͗, ein su vatters, so du͗ wurst vffston von dem nachtmol vnd durchgangen bist alle chor, so wu͗rst du͗ lieblich angesehen von den iu͗ngfrowen. Sy werden dir nachgon mit lob zu͗ der lu͗stigen statt, die do nit vssprechlich ist meinen 15 lefftzen! Wie werden sye mitspilen mit dir vnd sich ersettigen mit dem wollust deiner liebin! Solche suesse ist vns ferborgen vnd solliche fru͗ntliche wollustigkeyt, wem es gleich sey, kan ich nit wissen. Die wytfrowen werden her nach folgen in freu͗den yeres hertzens vnd gniegend sich an diser gesicht, mit welcher das lamb den iu͗ngfrowen 20 zu͗gesellet ist mit wu͗nderbarlichem vmbfahen. Auch dïe eeleu͗t werdent zu͗sehen, nach dem yr adell vordient; wan, wie mer hie ettmar lu͗stsu͗cht in den irdischen, so weit wu͗rt er dort abgetrent von frolocku͗ng der himmelischen.
[LXXVIIv]
lxxviij | [29.] Von den choren der heiligen engeln Alle choͤ r behalten sonderliche erleu͗chtu͗ng in yren scheinen vnd in yren himmeln. Aber also gros ist die erleüchtu͗ng, das mir nit zimpt nach mag, vßreden mit beschreibu͗ng. Disen choͤ ren vnd himmeln ist von gott also ein ʾᵉm 5 beriembte wurdigkeyt gegeben, das ich von allen sonderlich züreden ku gnu͗g bin. Ein ku͗rtz wort wil ich reden, glich als ein bïnlin mit seinen fu͗eßlin vßtragt vß vollem binkorp ein kleines tropfflin hüngs: In dem ersten chor ist die lu͗stparlikeyt das hoͤ chst vnder allen gobe, in dem andern die rw, im trytten die liebgehabenheyt, im fierden die sūessi, im 10 funfften die froligkeyt, im sechsten die adellickeyt des gerüchs, im sybenden die reichtu͗mb, im achten die wu͗rdigkeyt, im neu͗nden thron dises su͗essen elends ist imbru͗nstiger gewalt der maiestat vnd mechtige herschafft.
29,2 Alle] A: Platz für Kapitelinitiale
162 | Lux divinitatis – Liber II, 32,12 – 33,20
In throno est potencia maiestatis et uirtuosa dominacio. Supremum super omne, quod in celo umquam fuit, factum est ammiracio, hoc est, quod licet contemplari, quod nunc est, et in futuro erit. Eya, gloriosa spaciositas et dulcis eternitas angustia, honorabilis omnium rerum contemplacio et 15 singularis familiaritas, que inter deum et vnamquamque animam semper interuolat! Hec consistit in tam mirabili deliciositate, quod, si omnium hominum haberem sapienciam et angelicam eloquenciam, verbis euoluere numquam possem. [33.] De statu et loco non baptizatorum Infantes non baptizati infra quinquennium de hoc seculo decedentes in quadam speciali morantur dignitate, quam eis deus extra regnum suum per misericordiam preparauit. Hij in suam staturam xxx annorum non excreuerunt, quia christiani cum Christo non exstiterunt. Nullam habent coronam, nam deus non habet nec invenit, quod in eis remuneret. Veruntamen pro sua bonitate tribuit eis, ut in magno commodo maneant et quiete. Suprema, qua pociuntur possessio, est gracie plenitudo. Concinunt ergo sic: “Benedicimus dominum, qui creauit nos, quamuis decorem ipsius non uiderimus faciei. Si afflictio nos crvciare posset, dolor et querela propter hoc perpetua nobis esset. Nunc autem bono animo esse debemus.” Dicit nunc aliquis, quomodo hec, misera et peccatrix, audeam describere uel presumam. Dico veraciter, quod, nisi gracia dei cor meum ante annos vij speciali gracia instigasset, adhuc tacens superposuissem digitum ori meo. Adhuc ex hijs dictis dispendium nullius periculi cerno. Speculor enim manifeste meam prauitatem ac nobilissimam diuine gracie ueritatem. Verumtamen: quanto alcius anima profecer(66rb)it, tanto minus honoris commodi corpus ab extrinsecus obtinebit. De eius | miserijs querulari ipso sciente nullus debet. Naturaliter est enim pauidum et infirmum. Pascendum est tanquam seruus, qui posset curie deseruire, et pascitur elemosinis
FL III, 1, 154 – 178 (156,10–158,3)
5
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Ed. 510 20
Kap. 33: auch Ra 12 In] mit EZ vdtH am lR Rb | potencia] korr. aus paciencia (?) Rb 14 spaciositas] speciositas Ra 15 eternitas] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL III, 1, 150 (156,5) Rb, fehlt Ra 17 Hec] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL III, 1, 152 (156,7) Rb 33,1 loco] loco infancium Ra | baptizatorum] baptizatorum Caput 45m Ra 2 quinquennium] quinennium Rb | hoc] korr. aus h[u]i[us] Rb decedentes] korr. aus detedentes Rb 8 gracie plenitudo] plenitudo gracie Ra 10 nos crvciare] cruciare nos Ra 11 esset] korr. aus essent (?) Rb | Nunc … debemus] vaH mit EZ am uR in Entsprechung zu FL III, 1, 161 (156,18f.) Rb 14 speciali gracia] außer sp auf Rasur geschrieben Rb instigasset] instigtasset, zweites t unterpungiert Rb 15 cerno] korr. aus cerni Rb 16 nobilissimam] korr. aus nobilissimo Rb, nobilissime Ra 18 obtinebit] habebit Ra 19 pauidum] pariendum pauidum, pariendum gestr. Ra 17 – 19 si … possem] vgl. I Cor 13,1
Das liecht der gotheit – Buch II, 29,14 – 30,21 | 163
Das hoͤ chst vber alles, das ye in dem himmel beschach, ist verwündernu͗s, 15 das ist, das do zimpt betrachtet werden yetzu͗nd ist vnd zu͗ku͗nfftig wirt. [LXXVIIIv] | Eya, wol ein eerliche wÿtte, vnd woll ein su͗essi engi, die erwu͗rdige vnd
allen dingen anschowende vnd sonderliche fru͗ntschafft, welchi alwegen ist flihende zwuschen gott vnd einer iglichen seell statt in solcher wunderbarlichen lüstigkeyt, das, ob ich schon hett aller menschen wysheyt 20 vnd engels vßsprechen, so mocht ich doch das mit wortten nit erkleren.
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[30.] Von dem stant vnd stat deren so nit getaufft seint Die vngetau͗fften kind, so vß diser welt scheident vnder funff Jaren, wonen in etlicher sonderer würdikeyt, welchi inen gott du͗rch erbermd bereyt hatt vsserthalb seines richs. Dise hand nit gewachssen in yr alter xxx jar, wan sy sint nit gesin christen mit Christo vnd hant keinen krantz, wan gott hatt nichtz vnd findet nichtz in ynen, das er belone. Dennocht, vmb seiner gu͗theyt wegen gibt er ynen, das sy bliben in grosser eer vnd rw. Die hoͤ chst besitzung, die sye niessent, ist voͤ lli der genad. Darumb singent sy also: “Wir benedeient gott, der vns hatt erschaffen, | wiewol wir nit sehend die gezierd seines angesichts. Moͤ cht vns pinigen ein kommer, so were vns lxxix darumb ewige klag vnd schmertzen.” Sprech nu͗n ettmar, wie ich arme vnd su͗nderin keck sey, sollichs beschreiben, so sag ich warlich, hett die genad gottes vor vij jaren mein hertz nit beru͗ert vnd darzu͗ vff enthalten, so hett ich meinen finger vff meynen mu͗ndt gelegt vnd stilgeschwigen Vß disen reden sich ich kein geferlickayt oder sorg, wan ich schow an offenlich meyne boßheyt vnd die adellichste warheyt der gottliche genade. Aber doch: wie hoͤ her die seell zu͗nimpt, so minder der leip von vssen wirt eersúchen. Von des leibs arbeit seligkayten soll keiner klagen, das er es wiß. Wan von natu͗r ist er forchtsam vnd bloͤ d. Man soll in spisen als einen knecht, das er moge dem hoff dienen, vnd wirt vmb gotz willen gespiset mit almu͗sen. Also gebirt es sich in der
164 | Lux divinitatis – Liber II, 33,21 – 34,23
propter deum. Sic in ueritate congruit, quia: quo canis crvdelior, eo forcius vinculum eius colli esse debet. Nunc, o domine, hec uerba tue pietati committo, deprecans suspiranti lacrimantibus oculis exuli mente, ut ea nullus phariseus infidelis, scilicet lector, aspiciat, sed pueri tui audientes sic intelligant, quemadmodum tu, 25 domine, ea in tua ueritate edidisti. FL IV, 24 [34.] De multiplicibus portis celi – Quarta parte xxij Regnum celorum multas habet portas. Portarum multiplicitas est premiorum diuersitas, quibus singulorum fidelium animas suscipit, celumque se totum aperit in occursum amabilis dei sponse. Transit per omnes choros descendens altissimus, occurrens fideli anime, quem celestis 5 sequitur exercitus secundum dei graciam gloriosus. Egreditur autem anima uel de purgatorio uel de hoc exilio, quam comitatur eciam angelica multitudo. In porta celi conueniunt deus et anima, dilectus cum dilecta. Aspectus nobilis, quo anima suscipitur, et a deo gratanter intuita resplendet et ornatur. Tante uirtutis est aspectus iste, ut a corde eius omnem preteriti 10 supplicij merorem, molestiam auferat et dolorem.
Corona regni in hac porta capiti eius inponitur, cum qua ad regnum gloriose introducitur. Corona hec regni dei uoluntas nuncupatur. Vsque ad mortem peccanti, quam deus per finalem penitenciam uisitat, merces illa dignitatis 15 non indulgetur. Tria sunt genera hominum, quos dominus dignatur suis paternis manibus coronare. Videlicet virgines, viduas, et matrimonio copulatos. Quos cum sollempniter susceperit, postea eis coronas inponit. Viduas et de legittimo choro coronat sedens in sede maiestatis sue. Virginibus autem assurgens coronas stans inponit, tamquam imperatoris filius gloriosus. Salutat eas 20 interius sua diuinitate, honorat exterius omnipotenti humani|tate, decorat Ed. 511 Sancti Spiritus largitate. Remuneratque omnia ipsorum merita trinitatis eternitate, gracias agens singulis, quod ad suas nupcias conuenerunt.
Kap. 34: auch Ra 22 vinculum … colli] eius colli vinculum Ra 34,1 De … xxij] am rR MZ Rb | Quarta … xxij] Capitulum 46m Ra 2 Regnum … portas] am rR MZ Rb | portas] hinter po eine Lücke von etwa 11 Buchstaben, tas steht hinter dieser Lücke auf der nächsten Zeile, doch ist das s von späterer Hand hinzugefügt worden Rb 6 Egreditur … exilio] am rR MZ Rb 10 aspectus iste] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL IV, 24, 10f. (294,13f.) Rb | iste] ille Ra 11 auferat] aufert Ra 14 quam] quem Ra | quam … uisitat] am rR MZ Rb 17 copulatos] copulatas Ra 22 Sancti Spiritus] spiritus sancti Ra 23 conuenerunt] con mit EZ üdZ Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 30,22 – 31,26 | 165
warheyt. Wan, wie grimmiger der hu͗nd ist, so ein starckers halßband ym soll angelegt werden. Nu͗n, o herr, dise wort empfilch ich deiner gu͗te vnd bitt mit siffzigem vnd v [LXXIX ] mit weinenden ou͗gen, | mit ellendem gemu͗et, das sy kein glißner, das ist vntru͗wer leßer, ansehe, sunder deine kinder, so sye sy horent, vorstandent, als du͗, o her, sye in der warheit hast vßgesprochen.
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[LXXXv]
[31.] Von denn manigfaltigen porten des himmels Das reich der himmel hatt vil porten. Aber die vili der porten ist die manigfaltigkeyt der loͤ nen, in welches es annimpt die seelen iglicher menschen, die do gloubig sind. Vnd der himmel thut sich gar vff im gegenlou͗ff der lieblichen gespons gottes. Der allerhoͤ chst durchgatt alle chor vnd stigt ab entgegen der gloubigen seell vnd ym volgt nach des himmels heer nach der gnad gottes heerlich. Aber die sell gat vß vom fegfeu͗r oder vß disem ellend, welcher au͗ch mit gat ein engelische vili. Vnder dem himmel thor komment zusammen gott vnd die seell, der lieb vnd die liebin. Der adellich amplick, mit welchem die seel empfangen wirt, vnd von gott gnedig angesehen erglastet vnd geziert wu͗rt, ist einer solchen krafft, | das er alle bitterkayt vnd trübnu͗s der vorgangenen pein vnd lxxx schmertzen vom hertzen hinwegnimpt. Die kron des reichs wirt vff yr hau͗pt gesetzt vnder disem thor, mit welcher kron sy wu͗rt eerlich in das reich eingefu͗rt. Dises reichs kron ist genent der will gottes. Einem sünder, den gott durch entliche bwß heimsucht, wirt nit geben solcher lon der wurdigkeyt bis in den tod. Es sind dryerley geschlecht der menschen, die do gott mit seynen henden kroͤ net. Das sint die iu͗ngfrowen, die wytwen oder wytfrowen vnd die eelichen. Welche, so er sy eerlich empfacht, ynen vffsetzet die kroͤ nen. Er sitzet ym stu͗l seiner maiestat, so er vffsetzet die kron den eeleu͗ten vnd wytfrowen. Aber er statt vff gegen den iu͗ngfrowen, vnd staͤ t, so er sy kroͤ net als der su͗n eines herrlichen kaysers. Er gru͗sset sy von innen mit seiner gotheyt. Er eeret sye von vssen mit der gewaltige menscheit. ziret sy mit miltigkeyt des heiligen geists | vnd bezalet alles yr vordienen mit ewigkayt der tryfaltigkeyt, vnd saget danck itlichem in sonders, das sy kommen sint
30,24 empfilch] empflilch 31,16 sünder] ü-Trema rot
166 | Lux divinitatis – Liber II, 34,24 – 35,28
Illique deo reddunt gloriam, quod per eius graciam mortem perpetuam 25 euaserunt. [35.] Incipit tractatus de sanctis nondum canonizatis. De fratre FL IV, 22 4 Heinrico – Quinta parte xxij
(66va) Consuetudo michi erat ad sepulchra piorum accedere defunctorum, ipsosque tamquam dei domesticos salutare. Accidit autem, ut frater Heinricus sacerdos, de ordine fratrum 5 predicatorum, in die dominice resurrectionis, postquam predicauit, et missam celebrauit, populumque sacramento dominico comunicauit, et omnia rite officia compleuit: sacramentum unctionis peteret et more acciperet christiano. Quo facto instante crepusculo transijt de hoc mundo. Qui cum a me more solito salutaretur in tumulo, facta est in anima 10 sollempnitas eximia, et ostensa est michi anima illius in dei amplexibus delicata. Vidique, quod eius adhuc esset gloria inperfecta. Et interrogaui dominum, quamdiu sic deberet subsistere, et si, quas penas purgatorij pertulerit. Respondit dominus: “Per horas quatuordecim sic manebit. Hoc est septem diebus et septem noctibus.” 15 Reclinatus erat super pectus Ihesu ineffabili uoluptate pro deuocione intima, qualem expertus non fuerat in hac uita. Sic autem subito illuc sine crvciatu peruenerat, sicut mater subito dilectum filium ad suum gremium suscipit in cinere uolutatum. Et dixit frater Heinricus ad me: “Dic sorori mee 20 Ode, quod eam infra quindenam volo in domino consolari.” Quod et factum est. Nam infra quindenam debitum carnis soluit. Tunc frater Heinricus me ad sue celestis suscepcionis sollempnia inuitauit. Et ecce, illa uniuersa supernorum ciuium multitudo in occursum se illius felicis anime per suas choortes et | turmas ordinabat cum gaudio processura. Venit itaque Ed. 512 Qualiter sanctus dux et princeps exercitus sacri ordinis predicatorum gloriosus. Dominicus 25 Dominicus suscipit cum filiorum suorum multitudine copiosa, qui singuli serta ferebant aurea, fratres suos ineffabiliter micancia, prout in carne positis promereri contulit misericors dei clemencia. Occurrens vero pater de exilio reuertenti filio, dux
Kap. 35: VD 252 (in Anlehnung an Z. 32–35), 392–394 (Z. 3–11, 22–49) und 396 (in Anlehnung an Z. 36f.) — ohne Entsprechung in FL: Z. 3f. (Consuetudo – salutare), 35–37 (Zeilentausch, vgl. FL IV, 22, 31–33 [290,32–35]), 46–49 (Tunc – delectatur) 24 deo reddunt] reddunt deo Ra 35,5 Accidit] erstes i korr. aus e Rb | frater Heinricus] quidem VD 392 | fratrum] fehlt VD 392 10 salutaretur] salutatus VD 392 16 pro deuocione] korr. aus p[er]|deuocione, [er] gestr. Rb 22 me … sue] ad suae me VD 392 | inuitauit] invitaret VD 392 | illa uniuersa] universa illa VD 392 25 Qualiter … suos] vaH Rb, fehlt Ra | ordinis predicatorum] Praedicatorum ordinis VD 392 26 ferebant] deferebant VD 392
Das liecht der gotheit – Buch II, 31,27 – 32,31 | 167
zu͗ siner hochzyt. Vnd sy gebent gott glori, das sye durch sein gnad dem ewigen todt enttrünnen sint.
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[32.] Hie fahet an der tractat von den heiligen, welchi noch nit sind erhebt: Von bru͗der Hainrich Ich hett ein gewonheyt, heimzu͗suchen die greber der gestorbenen glau͗bigen, sy zu͗ gru͗ssen als die hoffleu͗t gottes. Es beschach das bru͗der Heinricu͗s, ein priester prediger ordens, nach dem er an dem ostertag hett geprediget vnd meßgelesen, vnd das volck mit dem sacrament bewaret, vnd alle seine empter ordenlich hett vßgericht: das er das sacrament der heiligen oelu͗ng begert, vnd es empfing nach christenlichen sitten. Do das beschach, glich am abent schid er vß diser welt. Do ich yn nach meiner gewonheyt grusset in dem grab, ist worden | ein lxxxi grosse freu͗d in meyner seel, vnd wart mir zaiget sein seel fast lu͗stig in gotlichen vmbfahu͗ngen. Vnd sach, das sein glori nach vnu͗olkommen was. Vnd ich fragt den herren, wie lang sy also solt bleiben, vnd was pein im ʾᵉst leiden. Antwu͗rt der herr: “xiiij stu͗nd wu͗rt er also bleiben, fegfeu͗r sye mu das ist vij tag vnd vij nacht.” Er was geneigt vff die bru͗st Jesu mit vnvßsprechlicher wollu͗st vmb die innere andacht, derglichen er in disem leben nit hett erfaren. Aber also ʾᵉn schnel in yren schnel kam er dohin on schmertzen, als ein mu͗tter yren su schoß nimpt, so er ist in der aschen geweltzet. Vnd bru͗der Heinrich sprach zu͗ mir: “Sag meyner schwester Ode, das ich sy wil in funffzehen tagen in gott getroͤ sten.” Vnd es beschach. Wan in disen funffzehen tagen starb sye. Do lu͗de mich bru͗der Hainrich zu͗ dem fest seiner himmelischen empfengnu͗s. Vnd, nementwar, diser aller himmelischen burger file ordinirt sich | durch yer schar vnd hu͗ffen, zu͗ entgegen gon seiner seligen seell mit freu͗d. Do kam der furst vnd fu͗rer prediger ordens, der eerliche Dominicu͗s, mit grosser zale seiner su͗ne, welche alle tru͗gen gu͗ldin krentz, die do vnvssprechlich leu͗chtend, nach dem gott nachgelassen hatt zuuordienen, dieweil sy vff ʾᵉn, der do wider kompt vom ellend, kam erden lebten. Der vatter dem su entgegen, der hertzog einem sigenden ritter, vnd hat herfu͗rgebracht ein
32,12 meyner] korr. aus meynen 18 er] ohne EZ in Fortführung der Zeile am rR 27 eerliche] korr. aus eerlichen | Dominicu͗s] rot unterstrichen 29 gott] davor yn gestr., gott rot überschrieben
168 | Lux divinitatis – Liber II, 35,29 – 36,3
triumphanti militi de prelio coronam protulit in morem solis mirifice radiantem, propter quod exemplorum ipsius uestigia fuerat imitatus. Excellebat tamen incomparabiliter omnes filios suos Pater excelsus in gloria. Vniuersorum enim merita eius sunt beatitudinis incrementa. Byssus namque et purpura, uiridisque coloris iocunditas ipsius indumentum ornabat, ueritatis doctrinam cum paciendi desiderio exprimens ac innocenciam virginalem. Sequebantur autem omnes predicatores ac eorum consilijs adherentes, insigneque preferebatur uexillum quod nulli nisi ipsorum erat congruum dignitati. Sic illa (66vb) beata fratris anima sedenti in throno oblata, pro obediencia grata, pro paupertate uoluntaria, pro abiectione accepta. De manu ipsius diuicias accepit et gloriam atque perpetuam libertatem. Gracias igitur agens dixit: “Gloria tibi, domine, pro talentis michi traditis, pro hijs quoque per tuam graciam conseruatis, quod tua maiestas michi misericorditer condescendit.” Et inclinans maiestati conuersus ad fratres cum exultacione multa Hic erat septimus excipitur. Dixitque illi pater Dominicus: “Bene venisti, dilecte fili! Intra in chorus, hoc non gaudium domini dei tui, alleluia!”
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habebit finem
Tunc in iubilo michi influente diuinitus uidi felicem illam animam summe trinitatis beatis amplexibus dulciter et inseparabiliter inherentem. Vere, non est acceptio personarum apud deum. Ecce enim, mendicus cum gloria susceptus sicut signaculum positus inter brachia altissimi delectatur. Quod hec merui sublimia intueri, hoc michi exilium dedit et despectio 50 amicorum dei, qua me contempnunt, utique contulerunt. Ed. 513; | [36.] De fratre Alberno – Quinta parte xxvij Vbi sciencia cum caritate et sapiencia conueniunt, electionis fructum FL V, 28 efficiunt. Et nemo scit, quid in se boni lateat, nisi prauitas hunc exerceat.
Kap. 36: auch Ra 153 r–v und 164r (hier nur Z. 2f.) bzw. LibV (Z. 4–15) 29 morem] amorem, a unterpungiert Rb | solis] is vaH Rb 30 exemplorum ipsius] ipsius exemplorum VD 392 36 insigneque] insigne quoddam quod VD 393 | quod … congruum] ergänzt nach VD 393 entsprechend einem Vorschlag von Becker 1951, S. 15. Vgl. dazu FL IV, 22, 32 (290,33) 40 igitur] vaH in Fortführung der Zeile am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb | agens] [i]gi[tur] agens, [i]gi[tur] gestr. Rb 41 quod] quodque VD 393 44 Dominicus] Dominicus gloriosus VD 393 | Hic … finem] vaH mit EZ am rR (bezogen auf gaudium) Rb, ähnliche Glosse zu FL IV, 22, 39 (292,5f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 224 45 dei] fehlt VD 393 46 uidi felicem] uilicem Rb, korr. nach VD 394 48 acceptio personarum] personarum acceptio VD 50 dedit] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG II, 32, 54 36,1 Quinta … xxvij] Capitulum 85m Ra 153r, fehlt Ra 164r 44 Intra … alleluia] vgl. Mt 25,21 und 23 48 non … deum] vgl. Act 10,34 49 sicut … delectatur] vgl. Ct 8,6
Das liecht der gotheit – Buch II, 32,32 – 33,4 | 169
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krantz zu͗ lieben, der do wunderbarlich glastet, daru͗mb, das er hett nachgeu͗olget den fu͗eßstapffen seiner exempel. Aber der vatter vbertraff vnzu͗glichlich alle seine su͗ne in der hoͤ hi der glorj. Wan alle seiner su͗ne vordienen sint meru͗ng seiner seligkayt, wan schnewyß linwat vnd pu͗rpu͗ra, ʾᵉner farb zieret seine kleidu͗ng, gab zu͗u͗orstan, die leer vnd die lustigkeyt gru der warheit mit begird zu͗leiden, vnd die iu͗ngfrowliche vnschu͗lt. Do volgent hernach | alle prediger vnd die, so yren raͤ ten haben angehangen. Vnd lxxxij solcher wurdigkayt ward vorgetragen ein heerlichs fenlin. Also ist die selige seel dises bru͗ders fu͗rgebracht worden dem, der do sitzet vff dem thron, vnd ist ym angenem durch die gehorsame, vmb die willigen armu͗t, vmb die angenommene vorachtu͗ng. Vnd nam von seiner hand reichthu͗mb vnd glori vnd ewige freyheit. Vnd sagt danck gott sprechend: “Glori vnd eer sey dir, o herr, vmb die pfu͗nt, so du͗ mir gegeben hast vnd durch dein gnad behalten: das dein maiestat also barmherziglich sich gegen mir neigt.” Vnd er genig der maiestat vnd koͤ ret sich zu͗ den brŭdern vnd ward mit grosser freu͗d von ynen empfangen. Vnd do sprach der vatter Dominicu͗s zu͗ ʾᵉn! Gang in die freu͗d deines gottes, ym: “Bis gottwelkommen, mein libster su alleluia!” Do war mein seel in ju͗bel vnd sach dise selige seell anhangenn dem vmfahen der hoͤ chste trÿfaltigkayt. Warlich, bey gott ist nit vffnemu͗ng | der person. Wan diser bettler ist mit eer empfangen vnd frewet sich zwuschen den armen des allerhochsten als ein wu͗nderzeichen. Das ich solche hohe dinck hon vordient zu͗sehen, hatt mir gegeben das ellendt vnd vorachtung der fru͗nd gottes, mit welcher sye mich vorachten. [33.] Von bruder Alberno Wo ku͗nst mit der liebi vnd weisheit beyeinander seind, so wu͗rckent sye fru͗cht der erwelu͗ng. Vnd keiner weist, was gu͗ts in ynen vorborgen lig, es sey dan, das die boßheyt den selbigen vbe.
46 er] davor d | genig] genige, zweites e vaH ergänzt 47 von] steht üdZ für rot durchgestr. vat Dominicu͗s] rot unterstrichen 51 vffnemu͗ng] nemu͗ng am rR 54 ich] davor zwei Buchstaben: vß(?), radiert(?) 33,2 mit] davor der gestr.
170 | Lux divinitatis – Liber II, 36,4 – 37,7
Ego pro fratre Alberno de Minda oraui dominum, et dominus dignatus est michi ostendere illius dignitatem. Et ecce, uidi super caput eius coronas septem virginum dependentes. Mirabar ualde, quid hoc esset, quoniam penitens fuerat ipse. Et dixit dominus: “Has coronas promeruit, quia vij puellas iuuenculas pro amore meo multis laboribus in castitatis pudicicia custodiuit. Igitur dignitatem ipsius coronabunt perpetuo, numquam tamen contingent eius animam neque corpus.” Intellexi celitus aliud esse coronam, et aliud dignitatem. Premium consistit in operibus, dignitas in uirtutibus, corona in caritate. Premium dilatatur et crescit iuxta multitudinem operum, dignitas dilatatur secundum mensuram uirtutum, corona fulget in alto secundum diligenciam misericordie et studium in caritate. Frater N nunciauit michi tunc fratrem quemdam post sex annos moriturum, quod tamen factum non est. Anno septimo quesiui a domino, quomodo factum esset istud. Et dixit michi dominus: “Iste disposicionem meam uidit, electionem autem meam non uidit. Amicos meos speciales in despectione magna eligo uiuere sine culpa, et in sanctis desiderijs dies eorum differo et (67ra) prolongo.” Cum homo in lumine karitatis in ueritate cor suum perspexerit, inuenit se contemptibilem et pre omnibus contempnendum. Et exinde sitis sancti desiderij insaciabilis nascitur, deducens hominem extra semetipsum in dominicam uoluntatem, adeo, ut deus dignetur hominis illius tempora protelare, conferens ei tunc noue gracie dona, si ea cum disciplina diligenti studuerit custodire.
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Ed. 514 | [37.] De scolare bono amente facto – Sexta parte xi Scolaris quidam bone conuersacionis et deo deuotus, michi carnem secundum consanguineus, permissione dei et disposicione eius occulta, amens et expers racionis effectus est. Et sic sine sensibus et intellectu usque ad extrema uite sue tempora perdurauit. Cogitaueram ipsum religioni et 5 diuino famulatui coaptare. Ideo super hoc euentu fui intime perturbata. Oraui dominum pro ipso et respondit michi dominus: “Dico tibi ego, deus FL VI, 11
Kap. 37: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 2–7 (Scolaris – et) 4 Alberno] alberino vt supra notatum querere Ra 164r 6 ualde] autem valde LibV 7 fuerat] feruat Rb Ra, korr. nach LG II, 33, 8 | ipse] dictus frater LibV | quia] am Ende der Zeile vaH Rb 10 contingent] continget Ra 11 celitus] igitur celitus LibV | coronam … dignitatem] premium aliud dignitatem et aliud coronam, et mit EZ üdZ Ra | Premium] Premium enim LibV 12 operibus] laboribus Ra | dignitas] s auf Rasur geschrieben Rb 13 dilatatur] erstes at vaH mit EZ üdZ Rb 18 uidit] uidit electionem meam uidit Rb Ra 37,1 amente] amante Rb Ra, korr. nach Reg 58 | Sexta … Scolaris] fehlt Ra 2 carnem secundum] secundum carnem Ra 3 et … est] am lR MZ Rb 5 ad extrema] adextrema perueniens, perueniens gestr. Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 33,5 – 34,7 | 171
5 Ich batt gott fu͗r bru͗der Albernu͗s von Minda, vnd der herr hatt mir
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geoffenbart sein glorj vnd wu͗rdigkeyt. Ich sach vij iüngfrowen krentz hangen vff seinem haüpt. Ich verwu͗nderet mich fast, was das were, wan er was ein bu͗esser. Do sprach der herr: “Die krentz hatt er vordient, wan vij iu͗nger doͤ chter hatt er vmb meiner liebi mit vil arbeit behalten in scham der kwscheit. Darumb so werden sye ewig kroͤ nen sein | wu͗rdigkayt vnd werden lxxxiij doch nymmer anru͗ren seine seel oder leip.” Do vorstu͗nd ich, das vnderscheid ist vnder dem krantz vnd wu͗rdigkaytt. Der lon stat in den wercken, der krantz in liebi, die wu͗rdigkayt in den tu͗genden. Der lon wu͗rt groß vnd nimpt zu͗ nach der fili der werck, die wurdigkayt spreit sich vß nach der maß der tugenden, der krantz schinet in der hoͤ hi nach dem fleiß der erbermd vnd nach der vbu͗ng in der liebi. Dozu͗mal offenbaret mir bru͗der · H · N ·, das ein ander bru͗der solt sterben nach vj jaren, des doch nit beschach. Im vij jar fraget ich den herren, wie das züging, vnd der herr sprach: “Er sach meine schickung, aber nit mein vßerwelüng. Mein sünderliche fru͗nt erwel ich vß, zu͗leben an schu͗ld in grosser vorachtung, zu͗ich vff vnd erlenger yre tag in den heiligen begirden.” So ein mensch im liecht der liebi in der warheit sein hertz dürchsicht, so befind er sich vorachtlich vnd vor allen verachtlich. Vnd do haͤ r wu͗rt geboren ein dürst der heiligen begirden, die do den menschen fu͗ret vß ym selbs in den gotlichen willen also, das gott vß genad wil erlengern | die zeytt eines solchen menschens vnd gibt ym dan nu͗we gaben der genad, so er sye mit flislicher zu͗cht lernet flissiglichen behalten.
[34.] Von einem guten schuler, der do vnsinnig wart Ein schu͗ler gu͗ttes wandels vnd gott andechtig, mein fru͗nd nach dem blüet, vß vorhengnu͗s gottes vnd vß siner heimlichen geschicklickeyt kam von sinnen vnd vernu͗nfft. Vnd also on sinne vnd vornu͗nfft blib er bis in seyne 5 letzste zyt. Ich hett fu͗r mich genommen, yn zu͗ der gaistlickeyt vnd zu͗m gotzsdienst vorordinen. Darumb ward ich vmb dise geschicht innerlich betrübt. Ich batt vmb yn den herren. Do sprach er: “Ich sag dir, ich
17 bru͗der1] Dittographie
172 | Lux divinitatis – Liber II, 37,8 – 38,22
ardens et homo uiuens, quod ipsius natura sanctorum morte defuncta est, ita, quod nunquam amodo peccabit mortaliter in hac uita.” Tunc ipse uisus est michi similis predicatori. Stabatque supra columpnam marmoream 10 rubeam et populo predicabat, dicens: “Venite benedicti Patris mei, et Beatus Franciscus discedite a me maledicti!” Et intellexi ex hoc, quod ex hijs verbis idem dicit predicatores omnes predicant atque docent. FL II, 20 [38.] De sorore Hildegunde – Secunda parte xx capitulum In die sancte Barbare virginis, cum orarem, nescio, an celum fuerit ad me inclinatum, uel ego rapta sum in ammirabilem dei domum. Et ecce, ante thronum dei Patris stabat soror Hildegundis ornata tamquam sponsa noua, quam rex adduxit ad regni sui palacia. Tribus erat amicta 5 pallijs, septem dyademata habens in capite. Laudabatur specialiter a choris omnibus angelorum. Videns, eam cognoui in omnibus donis, que de diuina susceperat largitate.
Veruntamen, delectabar eam alloqui et interrogare, ut in illa fruicione cum 10 ea diutius possem esse. Et dixi: “Eya dilecta, vnde habes hoc roseum mantellum?” Et Respondit: “Martir fui igneo cremata amore, quod frequenter cor meum respersit sanguine caput meum.” Et dixi iterum ad eam: “Et vnde habes aureum | amictum, qui tam pulcre Ed. 515 lucet?” 15 Respondit: “Propter exempla sanctitatis bonorum operum.” Et dixi: “Vnde habes tam candidum et floridum pallium?” Respondit: “Propter ammirabilem (67rb) amorem, quo familiariter in corde meo et in sensibus meis arsi.” Propter septem autem uirtutes – videlicet constanciam, fidem catholicam, 20 fidelitatem ueram, largam misericordiam, sacram intelligenciam, caritatem eximiam, virginitatis mundiciam – septem dyademata deferebat.
Kap. 38: auch Ra 8 uiuens] uiues Rb, niues Ra, korr. nach LG II, 34, 8 12 Beatus … dicit] vaH am lR Rb, fehlt Ra, dieselbe Glosse zu FL VI, 11, 7 (454,9) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 230 38,1 Secunda … capitulum] fehlt Ra 2 Barbare] Barbare sancte B, sancte B gestr. Ra 3 dei domum] domum dei Ra 8 susceperat] acceperat Ra 9 ut … fruicione] in illa fruicione ut mit VZ Rb 10 diutius] diutuis Rb 11 habes] h[abe]ns, n unterpungiert Rb 21 fidelitatem] fidelitate Rb Ra 11 Venite … mei] Mt 25,34 12 discedite … maledicti] Mt 25,41 38,2 nescio … domum] vgl. II Cor 12,2
Das liecht der gotheit – Buch II, 34,8 – 35,25 | 173
brinnender gott vnd lebender mensch, das sein natu͗r ist gestorben mit dem tode der heiligen, also das er fu͗rbas in disem leben nit wu͗rt totlich sünden.“ 10 Do ward er mir gesehen gleich einem prediger, vnd stu͗nt vff einer roten marmelstainen seu͗len vnd prediget dem volck sprechend: “Komment yr gebenedeiten meines vatters, vnd weichend von mir yr | vorflu͗chten!” lxxxiiij Darvß erkent ich, das vß disen zweien wortten predigent vnd lerent alle prediger.
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[35.] Von der schwester Hildegundis An sanct Barbara tag, do ich bettet, ich weyß nit, ob der himmel was zu͗ mir geneigt, oder ob ich wer verzuckt in das wunderbarlich hwß gottes. Vnd, nementwar, vor dem thron gottes stu͗ndt die schwester Hildegundis, geziret als ein newe gespons, die der ku͗nig hat gefu͗ret in pallast seines reichs. Sy war becleidt mit dreyen manteln vnd het vij diadema vff yrem hau͗bt, vnd wart sonderlich gelobt von allen choren der engel. Do ich sye sach, do erkant ich, das alle dise goben sye empfangen hett von der gotlichen miltigkayt. Warlich, ich begeret mit lu͗st sye anzu͗sprechen vnd zu͗ frogen, vnd das ich mocht bey yr lenger bleiben in diser niessu͗ng. Vnd ich sprach: “Ja mein liebe, wo haͤ r hastu͗ disen roten rosenfarben mantel?” Antwu͗rt sye: “Ich was ein marterin, entzu͗nt mit fu͗riner liebi also, das offt | mein hertz hatt mit blu͗tt besprentzt mein hau͗pt.” Vnd ich sprach wider zu͗ yr: “Vnnd wo haͤ r hastu͗ den gulden mantel, der do also schoͤ n scheinet?” Antwu͗rt sye: “Vmb die exempel der heiligkayt gutter werck.” Ich sprach widder: “Wo haͤ r hastu͗ also ein scheinenden vnd bluenden mantel?” Antwu͗rt sye: “Vmb die wu͗nderbarlichen liebin, mit welcher ich su͗nderlich bru͗nnen han in mynem hertzen vnd sinnen.” Aber vmb die syben tu͗gende, die do sint bestendigkayt, christenlicher glau͗b, warhafftige trew, miltige barmherzigkayt, hohi liebi, heilige erkantnu͗s, jungfrowschafft, trag ich vij diadem.
34,11 Komment] davor Wer rot durchgestr. 13 ich] davor ist gestr. 35,3 ich] mit EZ üdZ 19 Ich] davor ist gestr.
174 | Lux divinitatis – Liber II, 38,23 – 39,13
Et interrogaui eam dicens: “Dic dilecta, vbi est corona humilitatis, que competit omnibus sanctis?” Respondit: “Hanc singularem nec habui nec habeo, nisi quantum deus 25 eripuit me ab elacionis uicio.” Hec vij dyademata ornant singulariter pernobilem et puram gloriosam virginitatis aureolam. Sic autem collaudatur a choris: “Glorificamus te propter tuam penitenciam, bonam voluntariam paupertatem, constantem fortitudinem, veram 30 rectitudinem, sapienciam et ueritatem.” Sic autem a Seraphin suis consortibus laudatur: “Laus tibi sit in caritate diuina, o regina!” Throni sic: “Laudamus sponsum in pulchritudine huius sponse.” Multa quesiui alia, que nunc mea reticent labia, quia licet celum uniforme sit colore, terra tamen uariabilis est uicijs et dolore. 35 [39.] De fratre Baldewino – Quarta parte xxvi Frater Baldewinus, germanus sororis Mechtildis, ab ipsa puericia nutritus bonis moribus et omni uirtute instructus est, et nichilominus per ipsius industriam litteris appositus sufficienter disciplinis scolasticis est inbutus. Tandem meritis sororis ad predicatorum ordinem est receptus. In quo in 5 virtutibus et sciencia sic profecit, quod ipsum, licet inuitum, fratres ad supprioratus officium promouerunt. Per quod adeo grauabatur, quod FL IV, 26 uiribus corporis, licet iuuenis esset et fortis, cepit destitui. Exequebatur tamen iniunctum officium propter obedienciam beniuola uoluntate. Quod cum | sorori innotuisset, orauit pro eo dominum, ut eum sua Ed. 516 misericordia uisitaret. Scripsit enim manu Et respondit michi dominus et dixit: “Omnis labor, quod sustinet, et omnis sua bibliam in qua scriptura et leccio, quibus desudat, in conspectu meo amoris canticum legitur ad mensam in conuentu Hallensium Kap. 39: auch Ra und LibV (Z. 2–16) — ohne Entsprechung in FL: Z. 2–7 (Frater – promouerunt) und 17 (Scripsi – dicens) 27 puram] preciosam puramque Ra 29 bonam … paupertatem] Stierling 1907, S. 82 zufolge kontaminiert aus bonam voluntatem (an dinem guoten willen, FL II, 20, 26 [110,21]) und voluntariam paupertatem (an dinem willigen armuete, FL II, 20, 27f. [110,22f.]) | voluntariam] vo|sanctitatis voluntatem tariam, sanctitatis voluntatem gestr. Ra 39,1 Quarta … xxvi] fehlt Ra 2 Frater] fehlt LibV | Baldewinus] Baldowinus Theutonicus LibV | sororis] predicte sororis LibV 3 bonis] mit EZ am rR Ra 5 receptus] susceptus Ra | in] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG II, 36, 6 6 sic] in tantum LibV profecit] claruit LibV | quod … promouerunt] am rR MZ Rb 7 supprioratus officium] officium supprioratus LibV | promouerunt] assumerent LibV | grauabatur] grauabantur, n unterpungiert Rb 8 esset] fehlt LibV | Exequebatur … uoluntate] fehlt LibV 10 sorori] sorori sue sancte LibV 12 Scripsit … Hallensium] vaH Rb, fehlt Ra | quod] quem Ra LibV
Das liecht der gotheit – Buch II, 35,26 – 36,14 | 175
Vnd ich fraget sy sprechend: “Sag, o liebe, wo ist die kron der demu͗tigkayt, die do zu͗gehoret allen heiligen?” Antwu͗rt sye: “Dise sonderliche kron hab ich nit gehabt vnd hon sye nit. Dan allein, als vil mich gott erhebt hatt von der su͗nd des vbermu͗ts, dise syben 30 diadem werdent sunderlich geziret du͗rch das edell vnd lu͗tter vnd hoͤ rlich kreutzlin der iu͗ngfrowschafft.” Vnd sy wu͗rt also gelobt von den choren: “Wir sagen dich | eerlich vmb dein 85 bu͗ß, vmb dein willige armu͗t vnd bestendige sterckin, vmb ware rechtigkeyt, wysheyt vnd warheyt.” 35 Aber also wu͗rt sy gelopt von yren mitgesellen Seraphim: “Lob sey dir, o ʾᵉl engel lobent also: “Wir loben den ku͗nigin, in der gotlichen liebe!” Die stu gemahel in der schoͤ ni seiner gespons.” Noch vil andere ding fraget ich, welchi yetzt schwigent mine lefftzen. Wan wiewol der himmel ist einformiger farb, ist doch das ertrich vorwandlich 40 mit laster vnd schmertzen. [36.] Von bruder Baldewino Brüder Baldewinu͗s, ein leiplicher bru͗eder Mechtildis, von iu͗gent haͤ r vffgezogen in gu͗ten sitten vnd in aller tu͗gent vnderwisen, durch yere fursichtigkayt zu͗ der loͤ r verordnet, hat gnu͗gsam in schu͗licher lerkunst 5 vberkommen. Darnach vß dem verdienen seiner schwester ward er vffgenommen in prediger orden. Do hatt er in ku͗nst vnd tu͗genden also zu͗genommen, das die bru͗der yn zu͗ einem süpprior wider seinen willen [LXXXVv] | erwelt hond. Du͗rch welches ampt er also beschwert was, das er an krafft seines leips, wie wol er iu͗ng was, fast abnam. Dennocht richtet er vß das 10 ampt von der gehorsame wegen mit gu͗tem willen. Do das ward kündt siner schwester, batt sye gott den herren fu͗r yn, das er yn mit seiner barmherzigkayt heimsu͗chet. Do antwurt yr der herr: “Alle arbeit, die er leidet, vnd alle geschrifft vnd lection, bey den er sich vbet, werden fu͗r meinem angesicht vnd meynes
176 | Lux divinitatis – Liber II, 39,14 – 40,15
coram mea celesti familia parabit, dicens: ‘Magne deus eterne, fortis mirabilis, alleluia!’ Ego exaltabo capud eius et omnes vires eius, sicut tuas 15 roborabo non solum naturaliter, sed magis per graciam, quam infundam.” Scripsi eciam eidem fratri meo, dicens: “Summum gaudium in celo FL VI, 42 uoluntas dei est. Quod uoluntati contraria libenti uoluntate conplectimur, hinc diuinum gaudium contribulato spiritui generatur. Religiosa mens per confessionem debet diluere, quod dona dei paruipendens non suscipit grato 20 corde. Proinde dona (67va) dei, que cum tribulacione ueniunt, suscipienda sunt cum gaudio et amore. Que vero cum consolacione conferuntur, amplectanda sunt cum fiducia et timore; vtraque tamen cum condigna graciarum actione, sic omnia cooperabuntur in bonum meriti et premiorum. Frater mi karissime, esto consenciens deo et gratulare de sua benignissima 25 uoluntate!” [40.] De fratre Heinrico lectore, qui compilauit librum istum – Quinta 12 . capitulum parte Frater Heinricus, dictus de Hallis, lector Rupinensis, ammiratus de dictis et scriptis sororis Mehthildis. Tale ab ipsa recepit responsum: “Magister, uos miramini de scriptis meis, FL V, 12 sed de vestra amiracione amplius ego miror. Ex corde tamen uehementer doleo, cum ego indigna femina compellor scribere, quod uerissimam cognicionem et limpidissimam contemplacionem, nisi hijs verbis exprimere nequeo, que michi uidentur eterne ualde improporcionabilia ueritati.” Interrogaui super hijs veritatis magistrum, et dixit michi: “Interroga eum, 10 quomodo apostoli post tantam formidinem tam grandem acceperunt fortitudinem post acceptum Spiri|tum Sanctum. Iterum interroga, vbi Ed. 517 Moyses tunc fuerit, cum nil preter deum uideret. Interroga eciam, quomodo Daniel puer senes iniquos presbiteros de mendacio conuicit et Susannam liberauit.” 15
Kap. 40: auch Ra und LibV (Z. 3f. und 17–23) — ohne Entsprechung in FL: Z. 3f. (Frater – Responsum) und 17–23 (Hic – gloriosus) 14 coram] et coram LibV | parabit] p[ar][ra]bit (Doppelabbreviatur!) Rb, personabit Ra 15 sicut … roborabo] fehlt LibV 21 dona] Dittographie Rb 25 benignissima] gratissima benignissima, gratissima gestr. Ra 26 uoluntate] uoluntare Rb 40,1 De … parte] am lR MZ Rb | lectore] fehlt Ra compilauit … istum] hunc librum compilauit Ra | Quinta parte] Capitulum 84m Ra 2 12 capitulum] vaH am rR zwischen den Kolumnen Rb 3 dictus … Hallis] fehlt Ra 6 miror] ammiror Ra 7 quod] quo Ra 10 veritatis magistrum] magistrum veritatis Ra 12 fortitudinem] in Fortführung der Zeile am rR Ra | Iterum] Et iterum Ra
Das liecht der gotheit – Buch II, 36,15 – 37,16 | 177
15 himlischen gesindes thoͤ nen ein gesang der liebj sprechend: ‘Grosser gott,
ewiger, starcker, wu͗nderbarlicher, allelu͗ia!’ Ich wirt erhoͤ hen sein hau͗pt vnd alle seine krefft glich als die deinen starckmachen, nit allein natu͗rlich, su͗nder mer durch gnad, die ich wird ingiessen.” Ich schrib au͗ch meinem bru͗der sprechend: “Die hoͤ chst froͤ d im himmel ist 20 der will gottes. Das wir vmbfahend mit gu͗ttem willen, das do widerwertig ist dem willen, do haͤ r kompt dem betru͗btem geist gottliche froͤ d. Ein geistlich gemu͗et soll durch beicht abtru͗cknen, | das es die gottes gaben lxxxvj klein achtet vnd nit empfacht mit danckparem hertzen. Daru͗m, die gaben gottes, die do komment mit triebsal, soll man empfoen mit freuden vnd 25 liebin. Aber welchi komment mit trost, soll man vmbfahen mit vertru͗wen vnd forcht, aber doch sye beide mit billicher danckparkeyt sollent angenommen werden. Vnd also werdent alle ding mit wu͗rcken zu͗m gu͗ten des vordienens vnd belonu͗ng. Mein libster bru͗der, bis einhellig mit gott vnd frow dich von seinem allergu͗tigstem willen!”
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[LXXXVIv] 10
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[37.] Von bruder Heinrich lesemeister, welcher dises buch zusammen hat gelesen Bru͗der Hainrich von Hallis, ein lesemeister Ru͗ppinensis, verwundert sich von den sagen vnd geschrifften Mechtildis. Nam von yr ein solche antwu͗rt: “Meister, yr verwündern eu͗ch von meinen geschrifften, aber ich wu͗nder mich noch meher von ewerm verwu͗ndern, vnd hon fast schmertzen in mÿnem hertzen, so ich vnwu͗rdige frow wirt | bezwu͗ngen, zeschriben, das ich nit anders mag, sollich allerwarest erkantnu͗s vnd klaresten anschou͗ng, die ich nit mag dan mit disen worten vßreden, welche, als mich du͗nckt, vast vnglich sind der ewigen warheyt.” Vmb diser sach wegen froget ich den meister der warheyt, vnd er sprach zu͗ mir: “Frog yn, wie die apostell nach solchem schrecken also ein grosse sterckin habend empfangen nach dem empfangenen heiligen geist. Auch frog yn, wo Moÿses was, do er nichtzs sach dan gott. Frog au͗ch, wie Daniel die boßhafftigen alten priester vberwandt von der lu͗gin vnd erloͤ set Su͗sannam.”
36,25 trost] davor tru͗bsal gestr., trost rot überschrieben 27 mit] davor z gestr. 37,1 zusammen] zusamnen
178 | Lux divinitatis – Liber II, 40,16 – 22
Hic litteratus et bonus vir, lector predictus, dicta huius Mehtildis omnia collegit, et in unum uolumen redegit ac in sex partes illud distinxit, sicut legentibus nunc apparet. Huius animam soror Mechtildis, que postmodum superuixit, uidit in aspectu domini in celo, librum hunc in manu tenentem et de ipso risu iocundissimo gloriantem. Per scripturam namque huius 20 uoluminis multa sibi premia comparauerat, quibus in conspectu sanctorum apparuit gloriosus.
16 Mehtildis] Mechtildis de monasterio Helpede digne memorie LibV | omnia] fehlt LibV 17 ac] et LibV 17 – 20 sicut … gloriantem] fehlt LibV 18 Mechtildis] mechtildis predicta Ra 19 aspectu] conspectu Ra | domini] d[eu]m Ra 20 Per] et sic per LibV | namque] fehlt LibV | huius] eiusdem LibV 21 comparauerat] comparavit LibV
Das liecht der gotheit – Buch II, 37,17 – 23 | 179
Diser gelerter man vnd lesemeister hatt alle gedicht diser Mechtildis zu͗sammen gesamlet vnd gebracht in ein bu͗ch, vnd hatt es geteilt in sechs teil, als nu͗n befindent, die das lesent. Dises bru͗der Heinrichs seell, den 20 Mechtildis vberlebet hatt, hat sye gesehen im himmel vor dem angesicht gottes, diß bu͗ch in seiner hand haltende, von ym mit frolichstem lachen glorierin. Wan durch das schriben dises buchs hatt er ym vil lon gewünnen, lxxxvij mit welchem | er scheinet eerlich in dem angesicht der heiligen.
[1.] Incipit liber tercius capitulum primum. De decano Magdeburgensi – Sexta parte ij capitulum Exorata a domino Th, venerabili Magdeburgensis ecclesie decano, propter suum desiderium deprecabar dominum pro eo. Et respondit michi dicens de eo: “Desiderium eius descendit humiliter, ut abiectionis seruet uitam. Donum, quod sibi confero, magnum est. Voluntas, qua me respicit, sancta est. Verumtamen uolo eum permanere in statu, in quo est.” Hanc regulam hic conscriptam transmisit ei de celis Ihesus Christus, summus pontifex, obseruandam: “Orare debet secundum clericalem ordinem sine intermissione. Quod, ut implere sufficiat, internam ei dulcedinem ministrabo, qua in secreto cordis sui familiarius perfruatur. Si eum temptacio irruerit, (67vb) clamabit ad me in fortitudine pugnando viriliter, et ego exaudiam eum succurrendo uelociter. Debet eciam debita obligacionis sue integraliter persoluere, expensasque suas moderari nec superfluis effluere nec intendere uanitati. Nullum in suam familiam uel procuracionem propter fastum uel lucrum assumat, verum famulos pudicos et boni testimonij homines pro sua necessitate requirat. Nec debet | cum suis nepotulis et proximis occupari, sed, si quis ex eis sua vestigia uellet imitari, illi non deneget consilium et auxilium oportunum. Vestes, sicut nunc honestati clericali congruit, deferet. Ad carnem tamen uti debet asperiori indumento, contra uarias, quas expertus est, noxias uoluptates. Super stramenta dormiat inter duos pannos lineos, duoque ceruicalia, in quibus reclinatum caput suum, habeat pro quiete. Diebus vero lectus decenti operimento contegatur, locatusque sit, ut nunc, in loco, qui appareat euidenter. Matta sternatur in thalamo, et locus fiat congruus ad orandum. Sic per conuersacionem humilem et deuotam peruersos ad
Ed. 519; FL VI, 2, 9–47 (432,10–434,22)
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Ed. 520 20
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Kap. 1: auch Ra, Ba (Z. 30–37) und Br (Z. 30–37) — ohne Entsprechung in FL: Z. 15f. (nec – uanitati), 41 (mente – ulcionem, anders FL VI, 2, 39f. [434,12f.]) 1,1 Incipit … primum] fehlt Ra 2 parte … capitulum] Capitulum quinquagesimum Ra 3 Magdeburgensis] Magdeburgens[is], s[is] korr. aus si Ra 5 dicens] dominus Ra 6 Donum] korr. aus Doma Ra 7 sancta] korr. aus f[a]c[t]a Rb 9 conscriptam] con mit EZ üdZ Ra 10 Orare] vaH mit EZ am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb, in Ra am Ende des Satzes (s.u.) | debet] davor Rasur von EZ für orare (s.o.) Rb | clericalem ordinem] ordinem clericalem Ra 11 intermissione] intermissione semper orare Ra 12 qua] korr. aus q[u]i Rb 13 eum] in eum Ra | irruerit] irruerit c (c unterpungiert und gestr.) Rb 16 uanitati] uaniati Rb, uaniti Ra 19 nepotulis] nepoculis Rb | si] mit EZ üdZ Ra 20 illi non] non illi Ra | deneget] ne vaH mit EZ üdZ Rb | Vestes] Vestes suas Ra 21 congruit] congrua Rb, fehlt Ra, korr. nach LG III, 1, 21 23 lineos] laneos Ra 24 caput … habeat] habeat caput suum Ra 25 operimento contegatur] con mit EZ üdZ Ra 26 Matta … orandum] am rR MZ Rb 1,10 Orare … intermissione] vgl. Lc 18,1; I Th 5,17 13 clamabit … eum] vgl. Ps 16,6 und 90,15; Ier 33,3
[1.] Hie fahet an das dritt buch. Vom dechen von Madenburg
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[LXXXVIIv] 15
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25
Ich, gebetten von dem würdigen herren der kilche zu͗ Magdebűrg dechent vnd vmb sin begird, batt ich den herren vor yn. Do antwu͗rt mir der herr von ym: “Sein begird ist demu͗tiglich absteigen, das er behalt das leben der ferachtűng. Die gob, so ich ym gib, die ist groß. Der will, mit welchem er mich anficht, ist heilig. Aber doch wil ich, das er bleib in dem standt, do er ist.” Dise fu͗rgeschribne regel hatt ym Jesu͗s Christu͗s, der oberst priester, vom himmel gesandt, das er sye halt, das “er soll nach priesterlicher ordenu͗ng on vffhoͤ rlich betten. Das er also mu͗g thu͗n, wird ich ym geben innere sussigkayt, welchi er innerlich niesse in heimlickayt seines hertzens. Wan, ob in fallen wirt ein anfechtung, so wirt er ru͗ffen zu͗ mir in sterckin vnd ritterlich streiten, vnd ich wirt yn erhoren vnd im schnel engegen lou͗ffen. Er soll au͗ch | die schu͗ld seiner vorbindu͗ng gantz bezalen vnd sinen kosten messigen vnd nit vberflu͗ssig vßfliessen vnd abstellen die vppigkeyt. Er sol keinen annemmen in sein geschefft oder hwßgesinde vmb hoffart wegen oder gewin, sunder schamhafftig diener vnnd menschen einer gu͗ten zu͗gnu͗s hab er zu͗ seiner notdűrfft. Vnd soll sich nit beku͗mmern mit seines bru͗der kinder oder sust mit nachen fru͗nden. Wellte aber ettmar vß ynen seinen fu͗ßtritten nachu͗olgen, dem selbigen soll er nit abschlahen geschickte rett vnd hu͗lff. Kleider, als er itzt tregt, die do ziment dem priesterlichen stand, soll er tragen. Aber am leib soll er bruchen ein ru͗hers kleid, wider vil, wie er erfarn hatt, schedliche wollu͗st. Vff stro sall er schlaffen zwu͗schen zweien linen tuͦ cher vnd hab zwey haűpt ku͗ssen, vff welche er neig sein haupt zu͗ ru͗wen. Aber im tag sol sìn beth bedeckt sin mit zimlicher deckin, vnd das beth sol ston als ietzt in einer offene statt. Ein matze soll gelegt werden in das kemmerlin, vnd werde au͗ch zűbereit ein zimliche statt zűbetten. Vnnd | also durch deműtigen wandell vnd lxxxviij andechtige bewysung beker er die boͤ sen zum guten durch ein exempels
1,1 Madenburg] Magdebu͗rg im entsprechenden Registereintrag 23 schedliche wollu͗st] wollu͗st schedliche, mit VZ b und a
182 | Lux divinitatis – Liber III, 1,28 – 2,3
bonitatem per uitam prouocet exemplarem. Duas in thalamo occulte uirgas habeat, quibus cum euigilauerit, castiget et crvciet carnem suam. Cottidie prostratus in longum clamans ad dominum dicat oracionem istam. ‘Domine, sancte Pater omnipotens, eterne deus, ego indignus sum, ut tuam potentem misericordiam ad me digneris inclinare. Nunc igitur te, clementissime Pater, supplex rogo, et tuam deprecor maiestatem cum omnibus amicis tuis, ut tua dulcedo descendens, quam iugiter infundis de fonte uiuo et inexhausto sancte ac indiuidue trinitatis, animam irriget sine intermissione et mundet ab omni macula peccatorum per dominum nostrum Ihesum Christum.’” Et dixi ad dominum: “Quomodo custodietur, domine, a culpa uiuens inter peccatores in seculari pompa?” Et respondit dominus: “Debet in continuo timore dei persistere, incertam mortem semper mente reuoluens et districtam extremi iudicij ulcionem.” Notabile Hoc dicit dominus: “Si quis diuinam gustare querit dulcedinem, debet omni tempore in omni re sue carnis illusoriam dulcedinem, que cor occulte allicit, detestari, et abhominando fugere uoluptatem. Ideoque, dum corporaliter reficitur, sit contentus et continens, misericors et largus. Dormiens vero disciplinatus iaceat et pudicus et michi soli iunctus. Cum conuersatur in mundo, timeat periculum, (68ra) et cum timore ad diuinum | confugiat presidium. Confitens uerax sit, sacerdotique consenciens, cunctaque disponens et faciens discreto consilio confessoris.”
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45 Ed. 521
FL VI, 3 [2.] Item de uenerabili decano Iste, de quo loquor, uenerabilis uir secundum uoluntatem dei electus est a concanonicis in decanum.
Kap. 2: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 8f. (Sic – separantur, anders FL VI, 3, 7f. [436,9f.]) 29 crvciet] cruciat Ra | carnem] carne Rb | carnem suam] suam carnem Ra 31 Domine] am lR: or[ati]o, darunter Rest einer Verweishand Ra, oracio Br Ba, vaH am rR von Ba : oracio cottidie eterne] sempiterne Ra Br Ba | ego] Ego peccator Ra Br Ba 33 cum … tuis] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL VI, 2, 33 (434,5) (s. dazu Neumann 1993, S. 112) Rb, mit EZ am lR Ra 34 infundis] korr. aus infundit Rb 35 ac] et Br Ba | animam] animam meam miseram Br Ba 37 Christum] cristum filium tuum etc. Amen Br, cristum Ba 41 reuoluens] reuolu[er]e Ra 42 Notabile] vaH Rb, fehlt Ra 43 dulcedinem] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG III, 1, 45, s. dazu Neumann 1990, S. 208, App. zu VI, 2, 42f. 44 abhominando] abhominandam Ra 45 misericors] minoris misericors, minoris gestr. Ra 49 discreto] discreti Rb Ra 2,1 de] mit EZ udZ Ra | decano] decano supra capitulo lmo allegato Ra 2 loquor] supra notatum est Ra 34 de … uiuo] vgl. Ps 35,9 und 41,3; Ier 2,13 und 17,13
Das liecht der gotheit – Buch III, 1,30 – 2,3 | 183
30 leben. Er soll haben in seiner kammer heimlich zwu͗ ru͗ten, mit welchen er,
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[LXXXVIIIv] 45
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so er erwachet, geisle vnd pinige sein fleisch. Vnd sol sich taglich vff sin angesicht legen in die lengi, vnd mit schryen soll er dises gebett sprechen zu dem herren: ‘Heiliger herr, almechtiger vatter, Oratio ewiger gott, ich bin nit wu͗rdig, das du͗ sollest gegen mir erzeigen dein barmherzigkayt. Darumb, o nu͗n allergnedigster vatter, ich bitt andechtig dein maiestat, das dein siesse, die do abstigt von dem lebendigen vnd vnerschopfflichem bru͗nnen der heilige vnd vnzerteilten dryfaltigkayt, mein seel vbergiesse on vffhoͤ ren vnd mach rein von allen mackeln der sűnden durch Jesu͗m Christum, vnsern herren.’” Vnd ich sprach zum herren: “Herr, wie wird er behiet von su͗nden, alweil er lebt vnder den sűndern in weltlichem bracht?” Antwort der herr: “Er soll stetz bliben in der forcht gottes, den vngewissen doͤ d alweg in seinem gemiet trachten vnd den | rach des letsten vrteils nit vergessen.” Sprach der herr: “Wil etmar suchen die goͤ tliche su͗essi zuu͗ersűchen, der sol altzit entzihen in allen sinen handeln die tru͗geliche siesse seines fleisch, welchi heimlich anreitzet das hertz, vnd soll als ein schu͗lich ding flihen die wollu͗st. Vnd also, wen er leiplich gespeist wu͗rt, so soll er sich lassen benu͗gen vnd ku͗sch sein, barmhertzig vnd milt. So er aber schlafft, soll er ligen zűchtig vnd schamhafftig vnd mïr allein voreiniget. So er wandlet in der welt, sol er forchten geferlickayt, vnd mit forcht soll er flihen zu der gotlichen hu͗lff. So er beichtet, sey er warhafftig vnd sei einhellig mit dem priester vnd schick an vnd thu͗ alle ding nach rat eines bescheidenes beichtvatters.” [2.] Weiter von disem dechent Diser, von dem ich rede, erwurdiger man, nach gottes willen wart erwelet von den chorherren zu͗ einem dechen.
30 leben] beywesen gestr. und leben rot überschrieben 35 barmherzigkayt] barmhezigkayt 36 siesse] am rR über zwei Zeilen hinweg mehrere Buchstaben (ff Aab) in blasserer Tinte: probatio pennae? | lebendigen] lebendingen 37 vnzerteilten] davor vnd gestr. 39 Jesu͗m Christum] rot unterstrichen 44 vergessen] darüber schwarze Tintenkleckse, mit Rot versuchsweise zur Verzierung umgearbeitet 51 sei] seig 53 beichtvatters] beichtwatters
184 | Lux divinitatis – Liber III, 2,4 – 3,13
Et dixit michi dominus: “Idcirco eum de sede sua ad iurisdictionis sedem 5 transtuli, ut hyrcorum sit cibus et refectio immundorum.” Quod omnipotens hyrcos appellat canonicos, ideo fit, quia luxuria sordida et abhominabili fetentem libidine carnem habent. Pellis hyrci abstracta a carne fortis est et utilis. Sic clericorum thesaurus et auctoritas fructus et honor est ecclesie dei. Diuina a carnalibus desiderijs separantur. Verum, qui hijs delectando carnaliter abutuntur, pelle deposita per mortem esca 10 vermibus efficiuntur. Requisitus ergo dominus, quemadmodum ex hyrcis agni formarentur. Respondit: “Si pabula, que famulus meus Th in presepio posuerit, edere, eisque pasci voluerint”, id est, si confessorum salubre consilium secuti Cornua sunt penitenciam seruauerint, “efficientur arietes ouium, quibus tueantur et 15 potestas spiritualis ornantur cornibus decorati.” Confortari debent et in deum spem suam ponere. Dicit enim dominus, quod, ipso adiuuante, huius uiri debita utiliter persoluentur. [3.] De uirtutibus sacerdotum – Tercia parte viij capitulum Deus Pater omnipotens quasdam michi uirtutes, quibus sacerdotes ornari debeant, reuelauit. “Debent in semetipsis veram innocenciam perfectumque testimonium consciencie cum apparatu debito misse, qui requiritur, habere. De quo, si nascatur dubium, differatur, quod iminet faciendum. Figuras a mente sua legales iudaicasque umbras ammo|ueant. Sicque agni mei uiui carnem comedant memorantes eius, quam pertulit pro peccatoribus passionem. Quodsi sacerdos reus in seque peccator fuerit, filij mei panem celestem manducantes salui sunt. Iudas autem dampnabitur suspendio interemptus.” Quodsi quidquam eorum, que ad necessarium misse apparatum pertinent, defuerit, mensa domini manet uacua, alimentoque suo filij eius et pueri
Kap. 3: auch Ra 15 Cornua … spiritualis] vaH in Entsprechung zu FL VI, 3, 12f. (436,16) Rb, fehlt Ra 16 Confortari] zweites r üdZ für confortati Ra | deum] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL VI, 3, 14 (436,18) Rb 17 ponere] ponere debet Ra 3,1 Tercia … capitulum] fehlt Ra 10 manducantes] manducantes s (s gestr.) Rb 9 a … separantur] vgl. I Pt 2,11; Rm 13,14
FL III, 8
5 Ed. 522
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Das liecht der gotheit – Buch III, 2,4 – 3,14 | 185
Vnd der herr sprach zu͗ mir: “Darumb hon ich yn von seinem stu͗ll gesetzet vff den stu͗ll des gewalts, | das er sey ein speis der boͤ ck vnd ein aͤ ß der lxxxix vnreinen.” Das gott, der herr, nennet die chorherren boͤ ck, geschicht daru͗mb, wan die stinckende vnlu͗tterheyt vnd vnmenschlich vnku͗scheyt macht stincken den leip. Die bocks hu͗t, ym abgezogen vom fleisch, ist starck vnd nu͗tzlich. Also 10 der gewichten schatz vnd gewalt ist fru͗cht vnd eer der kïrche gottes, durch welche sye werden abgesu͗ndert von fleischlichen begirden. Aber welche dise misbru͗chten vnd geben sich vff fleischliche wollust, so sye die hu͗t hinweg thund durch den todt, so werden sye ein speyß der wu͗rme. Do ward gefraget der herr, wie vß den boͤ cken mochtent lemlin gemacht 15 werden. Antwu͗rt er: “Wollent sy essen vnd gespiset werden mit dem fu͗tter, das do mein diener Christo in die kripffe geleget hatt,” das ist, wollent sye volgen dem heilsamen ratt der beichtvetter vnd bu͗ß wircken, “so werden sye schaffboͤ ck, von welchen sye bewaret werden vnd gezieret - mit hornern 20 gezieret.” Sy sollen gesterckt werden vnd nit in yr hoffnu͗ng setzen das, das der herr spricht, das vß siner hulff dises manß schu͗ldt nu͗tzlichen bezalt werdent. 5
[LXXXIXv] | [3.] Von den tugenden der priester wirt hie gesagt
Gott, der almechtig vatter, hat mir etliche tu͗gend anzeigt, mit welchen die priester sollen geziret werden. “Wan sy sollent in ynen selber die warlich vnschu͗ld vnd ein volkomne 5 zu͗ignu͗s der conscientz haben mit billicher beraitschafft der meß, als sich gehoͤ rt. Daru͗on, ob sich erhebt ein zweyfel, so soll vffgezogen werden, das do zu͗thu͗n were. Die figuren des alten gesatz sollen sye von yrem gemu͗et tribenn, au͗ch die iu͗dischen schatten. Vnd also werdent sye niessen das fleisch meines lebenden lemlins vnd eingedenck sin des lidens, so er fu͗r die 10 sunder hatt getragen. Ob aber ein priester schuldig vnd in ym selbs ein su͗nder were, so seint doch meine suͦ n, die do essen das himmel brott, hailwertig. Aber Judas, mit dem hancken erhaͤ ngt, wirt vordammet.” Ob aber ettmas deren dinger, so vß not gehorent zu͗m beraitschafft der meß, nit do werent, so blibt der tisch gottes leer, vnd sine kind vnd suͦ n werdent
186 | Lux divinitatis – Liber III, 3,14 – 4,28
spoliantur. Quodsi sacerdoti celebranti periculum mortis ingruerit, expedit 15 eis magis proprium sanguinem quam sanguinem fundere redemptoris. [4.] De comunione infirmorum, de oblacionibus laycorum et de Iudeis – Quarta parte viij Mirabatur, cur infirmo uomenti sacramentum eucharistie negaretur, FL IV, 8 eramque tam rudis, ut nec intellectu nec fide hanc comprehenderem racionem, maxime, cum deus, nonnisi per solum peccatum, (68rb) ab 5 homine separatur. Interrogaui igitur a domino in amore mutuo racionem. Et respondit michi: “Verum quidem est, quod homo non, nisi per peccatum, a me disiungitur. Verumtamen corpus eius pre debilitate corpus meum potest euomere.” Ex hijs verbis didici in aspectu sancte trinitatis, quod in percepcione huius 10 sacramenti diuinitas unitur anime innocenti, humanitasque Christi, corpus nostrum sanctificans, eidem coniungitur; sicque Spiritus Sanctus per fidem inhabitat corda nostra. Hanc diuinissimam unionem debemus in nobis omni custodia conseruare. Post hec dixit michi dominus, quod sacerdotes sacrificium in quatuor locis debent accipere, alias vero nusquam: de altari, de loculo eucharistie pro infirmo; infirmus uero pro reuerencia unctionis offerre debet pro sue beneplacito uoluntatis. In campis autem, quod uoluntarie offertur gratanter accipiat et deuote. Sacerdos non debet eligere nec expetere, sed, quod de infirmis offertur, pro gracia suscipiat non de iure. |x Laici offerentes sic se conseruent a malicia parcitatis, sicut presbiteri cauere debent ab astucia auiditatis. Hec custodia est necessaria utrobique. Debet enim laycus cum multa offerre caritate, cum iocunditate et largitate. Presbiter uero eam suscipere cum humili timore tremuli cordis tanquam oblatum dei manibus munus, et rependere deo laudabiliter in omnibus factis suis. Terrena namque substancia iniqua et seruilis est, dum accipitur, ualde autem libera, dum pie effunditur.
FL IV, 9
20 Ed. 523; FL IV, 10
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Kap. 4: auch Ra 14 ingruerit] korr. aus ingruent Rb, ingru[er]it Ra 15 quam … fundere] vaH mit EZ am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 4,2 Quarta … viij] fehlt Ra 3 negaretur] denegaretur Ra 9 Verumtamen] verum Rb Ra, korr. nach LG III, 4, 10 14 conseruare] con mit EZ üdZ Ra 15 hec] hoc Ra 21 x] de eodem Ra 22 cauere] caruere Rb 4,12 Spiritus … nostra] vgl. Eph 3,17; Rm 8,9
Das liecht der gotheit – Buch III, 3,15 – 4,31 | 187
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[XCv] 20
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yres brots berau͗pt. Ob aber eim priester geferlickeyt des todes zu͗stu͗nde, so ist ym doch besser sein eigen blu͗t vergiessen dan das blu͗t des erloͤ sers. | [4.] Von der bewarung mit dem sacrament vnd von dem opffer der xc leyen Ich vorwunderette mich, worumb einem krancken, so er die speiß nit behalten mag, das heilig sacrament nit wu͗rd gegeben, vnd ich was so grob, das ich weder mit vernu͗nfft noch mit dem glou͗ben mocht begriffen des ein vrsach, su͗nderlich, so sich gott nit abscheidet von dem menschen dan allein durch die su͗nd. Dorumb fragt ich von dem herren in der liebi ein vrsach. Antwu͗rt der herr: “Es ist war, das ein mensch nit dan durch die su͗nd von mir abgetrent wirt. Aber sein leip von kranckheyt mag meinen leip widergeben.” Vß disen wortten vnd ewen lernet ich in der anschoűnge der heiligen tryfaltigkayt, das in der empfau͗nge dises sacramentz wirt die gotheyt voreiniget der vnschu͗ldigen seel, vnd die menscheit Christi heiliget vnsern leip vnd wirt ym voreiniget; vnd also wonet der heilig geist durch den globen in vnsern hertzen. Dise aller gotlichste voreinigu͗ng sollen wir in vns behalten mit aller hu͗t. Darnach sprach der herr zu͗ mir, das die priester sollent an vier orttern das opffer nemen vnd su͗nst nienen, | das ist: vom altar, von sacrament bißlein zu͗ dem krancken; aber der kranck, vmb oͤ r des opffers, sol opffern nach wolgefallen seines willens. Aber in dem feld, was do willig geopffert wu͗rt, soll er andechtig vnd mit danck annemmen. Der priester soll nit heischen oder erwelen, su͗nder, was do geopffert wirt, von dem krancken soll er vß genad empfaen, nit vß recht. Die leyen, so sye opffern, sollen sich also hu͗eten von der su͗nd der Nota karckheyt als sich die priester sollent hu͗eten vor vntrw der geitigkeyt. Dise behu͗tsamkeyt ist nott an beiden teilen. Der lay soll opffern mït vil liebin, mit froͤ den vnd miltigkayt. Aber der priester nem das opffer mit demu͗tiger forcht eines zitternden hertzens als ein gabe, geopffert von den henden gottes, vnd gegen gott vergelten loblich in allen seinen wercken. Wan die irdische gab oder gu͗t ist boßhafftig vnd dienstparlich, so sye angenommen wirt; aber sye ist fast frey gu͗t, so sye guͦ tiglich wu͗rt vßgeben.
4,3 krancken] r mit EZ üdZ 11 vnd ewen] vndewen am rR 18 nienen] am rR 20 willens] davor opffers gestr.
188 | Lux divinitatis – Liber III, 4,29 – 5,22
FL IV, 11 xi Deinde docuit me dominus, quemadmodum christiani conuersari debeant 30 cum Iudeis: “Legem et consuetudines eorum tenere nullus fidelium debet. Chohabitacionem eorum uitabit omnis christianus, nec cum eis per noctem aliqualiter remanebit. Empcionis et uendicionis commercium cum eis habere licebit absque fraudulencia societatis et auaricia falsitatis.”
[5.] De miserabili statu et detestabili uita eorum, qui regunt ecclesiam – Sexta parte xxi Dyadema sancte ecclesie splendidum, quomodo obscuratum est tetra, fulgine fulgor tuus! Lapides tui preciosi – rectores doctoresque sanctissimi – ceciderunt. Idcirco tuis peruersis moribus infirmatur et scandalizatur plebs dei. Aurum tuum computruit in stercore uiciorum. Pauper effecta est nimis non habens thesaurum preciosissimum caritatis. Exusta est et denigrata est super carbones in igne teterime libidinis speciosa tua facies integerrime | castitatis. Structura domus tue corruit subuerso per superbiam fundamento profunde humilitatis. (68va) Ad nichilum redacta est et disparuit rectitudo ueritatis tue, et inuenitur in labijs tuis mendacium et iniquitas falsitatis. Flores uirtutum et honestatis cadentes emarcuerunt in te, et fructus tuus perijt et perditus est de terra.
FL VI, 21
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Ed. 524 10
O corona sortis dei, quomodo inclinata es, et decor uultus tui deperijt! Iam non est in te facies neque decor, neque remansit in te quicquam uirium 15 preterquam ruine tue occasio, clericalis uidelicet iurisdiccio, qua deum et electos eius inpugnas, iustificans inpium pro muneribus, et iusticiam iusti auferens ab eo. Propterea deus humiliare te disposuit uenietque super te ulcio die, qua nescis, et tempore, quo ignoras, quia hoc dicit dominus: “Ego summi pontificis auriculam reuelabo, et tangam cor eius dolore zeli mei 20 intrinsecus, eo quod ouium mearum pastores de Ierusalem latrones et lupi effecti sunt coram oculis meis. Mortificant crudeliter et deuorant agnos
Kap. 5: auch Ra, CTV und LobG (bis auf Ra nur Anspielung auf dieses Kapitel) — ohne Entsprechung in FL: Z. 17f. (iustificans – eo), 32f. (quibus – antichristi, anders FL VI, 21, 24f. [478,29f.]) 29 xi] In eodem, danach n. Abs. mit Kapitelinitiale Ra 5,1 regunt ecclesiam] regunt ecclesia Rb, ecclesiam regunt Ra 2 Sexta … xxi] Capitulum 48m Ra 3 tetra] t[er]ra Rb Ra, korr. nach LG III, 5, 3f. und entsprechend einem Vorschlag von Becker 1951, S. 121 4 fulgine] fuligine Ra | tui] korr. aus tur Rb 6 est] fehlt Ra 7 caritatis] caritatem Rb 8 est] fehlt Ra | tua facies] facies facies (sic!) tua Ra 11 mendacium] et mendacium Ra 12 cadentes] candentes Ra | emarcuerunt] erstes r üdZ Rb 14 inclinata] letztes a mit EZ üdZ Rb 15 facies] mit EZ am lR Ra | neque2] nec Ra 16 clericalis … iurisdiccio] videlicet iurisdiccio clericalis Ra 18 humiliare] humilitare Rb 19 Ego … reuelabo] am rR MZ Rb 20 et … intrinsecus] am rR MZ Rb 5,3 quomodo … tetra] vgl. Lam 4,1 8 denigrata … carbones] Lam 4,8
Das liecht der gotheit – Buch III, 4,32 – 5,24 | 189
Darnach leret mich der herr, wie die christen sollent wandeln mit den Iu͗den: “Das yere gesatz vnnd gewonheiten sol kein glou͗biger halten. Yr beÿwonu͗ng soll miden ein iglicher christ, au͗ch | soll keiner bey ynen xcj 35 vbernacht bliben. Koffen vnd verkou͗ffen mogent sye mit ynen on vntrw der geselschafft vnd on geitigkeyt der falscheyt.”
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[5.] Von dem ergerlichen stant vnd verkörtem deren, so die kirche regirent Das scheinbar diadem der heilige kilche, wie ist es ferfinstert mit schwartzer farbe! Deine edele gestein - die regirer vnd lerer - sind gefallen. Darumb, vmb deine verkerte sitten wu͗rt krenckt vnd geergert dein volck. Dein gold ist erfulet in dem mïst der laster. Sye ist fast arm worden vnd hatt nit den edlen schatz der liebi. Dein wolgestalt angesicht der gantze kwscheit ist verbrent vnd schwartz worden vber die koͤ len mit dem feu͗r der fu͗nstere vnlu͗terheyt. Das gebw deines hwses das ist nidergefallen, wan du͗rch die hoffart ist vmgekoͤ rt das fu͗lment der demu͗tigkayt. Zu͗ nicht ist gebracht worden vnd ist verschwűnden die vffrechtigkayt deiner warheyt, vnd in deinen lefftzen wirt die lu͗gin gefűnden vnd die boshayt der falscheit. | Die blu͗men der tugent vnd der erbarkeyt sind von dir abgefallen vnd hond vßgedorren, vnd dein fru͗cht ist vordorben vnd vorloren von der erde. O kron des teils gottes, wie hastu͗ dich geneigt, vnd ist zergangen die zierde deines angesichts! Yetzt ist in dir kein gestalt, kein zierde, vnd ist kein krafft in dir beliben dan allein ein vrsach dynes fales, das ist der priesterlich gewalt, mit welchem du͗ streitest wider gott vnd die menschen vnd gerechtmachest den sunder vmb die gab, vnd nimst die gerechtigkayt des gerechten von ym. Daru͗mb hatt ym gott fu͗rgenommen, dich zu͗demu͗tigen, vnd vber dich wu͗rt kommen ein rach, der zeyt du͗ nit weist, wan das spricht gott, der herr: “Ich wirt widerru͗ffen das oͤ r des babsts vnd wirt anru͗ren sein hertz mit schmertzen meiner liebi von innen, darumb das meine hirten von Hieru͗salem meyner schefflin sind worden morder vnd woͤ lff, vnd totent
5,1 verkörtem] mit EZ üdZ
190 | Lux divinitatis – Liber III, 5,23 – 6,11
meos. Oues maiores morbide sunt et languide, eo quod eas a pascuis utilibus reuocatis, et pasci in excelsis montibus et herbis uirentibus inpie prohibetis, cauentes minis et monitis, ne sana doctrina et salutaribus 25 Idem dicit consilijs uirorum fide et sciencia illustrium foueantur. Si quis uiam ad Bernhardus inferos ignorans scire desiderat, turpium et deprauatorum clericorum uitam et mores aspiciat, qui luxuria alijsque uicijs dediti consuetudine nefaria sine obstaculo properant ad inferna. Quando uestimentum antiquum senescit, tunc utique deficit et frigescit. Oportet ergo, ut nouo pallio 30 operiam et muniam ecclesiam, sponsam meam.” Hij sunt predicatores nouissimi, quibus eam amiciens protegam aduersus fallacias et malicias Antichristi. “Tu ergo filium, Pater Patrum, summe pontifex, in terris uices meas gerens hijs proficiendis studiose intendito, vt protelentur dies uite tue et gracia 35 augeatur. Antecessores tui breuiter transierunt, quia uoluntatis mee secretum consilium non impleuerunt.” Sic uidi papam in suis oracionibus existentem, ibique audiui sibi ista dominum colloquentem. | [6.] De utilitate temptacionis xiiij Rogata oraui dominum pro quodam homine, ut liberaret eum auferens attactus et motus corporis, qui eciam sine peccato quandoque incidunt ad quos se liberum arbitrium non inclinat. Et dixit michi dominus: “Tace! Placeretne tibi, quod miles omni genere (68vb) armorum munitus et in milicia doctissimus, ad bellaque fortissimus, brachijsque expeditus torperet ignauia, negligeret domini sui gloriam, et donatiuum perderet, laudisque iactanciam, quam dominus suus et ipse habiturus esset in terra, pigritando contempneret? Quod, si inexpertus et inparatus ad pugnam, ad principum presumeret torneamenta procedere, subito in tali ludo deiectus interiret. Ideoque infirmis oportet parcere, qui
Ed. 525; FL III, 18
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Kap. 6: auch Ra 24 herbis uirentibus] h[er]bis korr. aus h[er]bes Rb 25 minis] davor eine Haste radiert Rb | sana] sana, korr. aus sacra Ra 26 Idem … Bernhardus] vaH Rb, fehlt Ra 27 inferos] inf[er]nos, n unterpungiert Rb | desiderat] desideret Ra 28 aspiciat] aspiciant Rb Ra | qui … dediti] am rR MZ Rb 29 antiquum] antiquarum Rb Ra, korr. nach LG III, 5, 33 31 ecclesiam … meam] sponsam meam sanctam ecclesiam Ra | sunt … nouissimi] predicatores nouissimi sunt, sunt mit EZ am lR Ra 34 ergo] vero Ra | filium] filij Rb Ra 35 proficiendis] perficiendis Ra 36 augeatur] augeatur tibi Ra 6,1 xiiij] fehlt Ra 3 attactus] atractus Rb Ra 4 quos] que Rb Ra, zur Konjektur s. Stierling 1907, S. 100. 8 donatiuum] am lR Rest einer Verweishand Ra 9 inexpertus] expertus Rb Ra, korr, nach LG III, 6, 9 10 procedere] p[ro] mit EZ üdZ für accedere (ac gestr.) Ra 11 interiret] int[er]ieret Rb
Das liecht der gotheit – Buch III, 5,25 – 6,11 | 191
25 gru͗samlich vnd fressent myne lemlin. Die grosserer schaff sind kranck vnd
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[XCIIv] 40
erbsiech, darumb das yr sye von den | nu͗tzlichen weiden abzihent vnd inen xcij verbittent, geweidet zuwerden vff den hohen bergen vnd mit gru͗nen kru͗tern, vnd vorhutent vnd warnent, das sye nit gespeist werden mit warer leer vnd heilsamen ratt der menschen, die do sind du͗rchleu͗cht im glou͗ben vnd ku͗nst. Will ettmar wissen den weg in die helle, der sehe an das leben vnd sitten der schantlichen vnd boshafftigen priester, welche mit vnlutterheyt vnd mit andern su͗nden in boͤ ser gewonheyt on allen widerstandt ylent zu͗ der hell. Wie alter wirt ein altz kleidt, ye balder es zergoͤ tt. Doru͗mb so mu͗ß ich meine kilche bewaren vnd kleiden mit einem newen mantell.” Dise werdent sein die letsten prediger, mit welchen ich sye cleiden wirt vnd beschirmen wider die falscheyt vnd bosheyt des Endtechrists. “Dorumb du͗ suͦ n, ein vatter der vaͤ ter, hoͤ chster fu͗rst, der du͗ inhaltest vff erden mein statt, du͗ solt flissiglich vffmercken dienen dingen, so do bescheen sollen, vff das do erlengert | werden die tag deines lebens, vnd gnad dyr gemert werde. Dyne vorfaren sind ku͗rtz hinweg gangen, wan sye hand nit erfult die heimlickeyt meines willens.” Also sach ich den bapst stan in seinem bet vnd hoͤ rt da, das der herr dise wort zu͗ ym redet.
[6.] Von der nutzparkeyt der anfechtung Ich batt den herren vmb einen menschen, das er yn erloͤ set vnd von ym nem die krenckliche beru͗ru͗ng vnd bewegung seines leips, welchi au͗ch ettman on su͗nd infallent, zu͗ welchen auch der frey will sich nit neigt. 5 Vnd der herr sprach zu͗ mir: “Schweig still! Gefiell es dier, das ein ritter, so er wer bewaret mit allen wappen vnd gelert in der ritterschafft vnd starck zum krieg, das er treg wer vnd versu͗mt die eer vnd gab seines herrens, vnd verachtet in fűlkeyt das lob, das der herr vnd er solt haben vff erden? Wolt aber er vnerfarn vnd vnbereit kommen zu͗m thu͗rniren der fursten, so wird er 10 bald im selbigen spil verdorben. Darumb sol man den krancken vbersehen, die do gewon sein vnderligen, so sye von leichter anfechtu͗ng sind | geeng- xciij
31 der] korr. aus den 42 herr] davor her gestr. 6,2 Ich] Iich 11 sind] anschließend Zeilenfüllsel geengstiget] geenstiget
192 | Lux divinitatis – Liber III, 6,12 – 8,8
leui a temptacione artati solent occumbere; quos permitto cum pueris contendere, ut saltem coronam de floribus ualeant obtinere.” FL IV, 6 [7.] Deus pie dimittit peccata – Quarta parte v capitulum Rogauit me quidam homo turbatus, ut pro ipso dominum deprecarer. Oraui ergo dominum cum timore, et audiuit me in ueritate uocis sue, dicens uerba hec: “Non inuenitur tam speciosus et innocens agnus, qui non luporum feritate et timore constringatur. Predestinacionis mee eleccio a nullo 5 penitus poterit irritari. Hec ego ei, pro quo supplicas, in tribus declaraui. Primo, quia culpis eius misericors fui; secundo, quia graciam meam ipsi tribui; tercio, quia ab infidelibus hominibus eum numquam infestari permisi.”
Tunc querulosa pro eo ad dominum dixi: “Eya benigne domine, adhuc timet 10 homo iste, quod sibi peccata sua plene non indulseris.” Et respondit michi dominus: “Hoc est inpossibile. Qui pro peccatis suis dolet, relaxo ea sibi. Qui vero cum dolore afflicti cordis gemit, graciam indulgencie percipit. Qui autem tanto feruore compungitur, ut plus uitam mortalem perdere quam peccatum | admittere eligeret, et in hoc perseueranter permanserit, hic post Ed. 526 hanc uitam nullis supplicijs deputabitur, nisi aliquibus ponderosis inuolutus postmodum fuerit uenialibus peccatis, et in hijs repertus sine condigna penitencia negligens.” [8.] De begina distorta moribus et conuersacione tandem correpta – FL VI, 7 Sexta parte vij In mea societate quedam est femina religiosa, de qua multa pacior incommoda. Distorta enim et pertinax ad benefaciendum nequaquam meis exhortacionibus acquiescit. Pronuntians ergo tribulacionem meam cum 5 desiderio coram domino mirabar, vnde in homine talis malicia permaneret. Et dixit michi dominus: “Aspice uicium, quo laborat!” Et uidi. Et ecce, appendebat ei demon abstrahens eam ab omni bono.
Kap. 7: auch Ra Kap. 8: auch Ra 12 pueris] Dittographie, zweites cum pueris gestr. Ra 7,1 Deus] Quod deus Ra | Quarta … capitulum] Capitulum 49m Ra 2 quidam homo] homo quidam Ra 3 uocis] uocis i (i gestr.) Rb 6 Hec] Hoc Ra ego] fehlt Ra 11 plene … indulseris] non plene dimiseris Ra | Et] fehlt Ra 12 Qui] Quia qui Ra 14 uitam … quam] mortalem perdere quam vitam Ra 15 admittere] com=¦mittere Ra | hoc] hac Ra 17 inuolutus … peccatis] venialibus peccatis inuolutus fuerit Postmodum Ra 8,1 tandem] tande Rb 2 Sexta … vij] fehlt Ra 3 In … societate] am rR MZ Rb
Das liecht der gotheit – Buch III, 6,12 – 8,9 | 193
stiget; die solchen laß ich mit den kindern streitten oder kriegen, das sy doch ein krantz von den blűmen mogent erlangen.”
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[XCIIIv] 15
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[7.] Got last guetiglichenn nach die sund Ein betru͗bter mensch batt mich, das ich den herren fu͗r yn bette. Darumb bat ich den herren mit forcht, vnd er erhoͤ ret mich in der warheit seiner stïm vnd sprach solche wort: “Es wirt nit gefűnden also ein schoͤ nes vnd vnschuldïgs lemlin, des do nit werd geengstiget vß grimmigkeyt vnd forcht der wolff. Die vserwelung meiner vorsehu͗ng zu͗ der seligkeyt mag von keinem zu͗nicht gemacht werden. Dises hon ich dem, fur welchen du͗ bittest, in tryen stűcken erkleret. Zum ersten, wan ich bin ym vber seine schuld barmherzig gesin; zu͗m andern, wen ich hon ym meyne gnad gegeben; zum tritten, wan ich han yn nit gelassen betru͗bt werden von den vntru͗wen menschen.” Do sprach ich kleglich fu͗r yn zu͗ dem herren: “Eya, o gu͗tiger herr, diser mensch foͤ rcht sich noch, das du͗ ym seine su͗nd nit volkommenlich nach gelassen habest.” Vnnd | der herr antwu͗rt mir: “Das ist vnmu͗glich. Welcher vmb sein sűnd ru͗wet, dem laß ich ym sye nach. Aber welcher mit schmertzen eines betrűbten hertzens ersiffzet, der empfacht die gnad der nachlassűng. Aber welcher mit solchem inbru͗nst rűwet, das er ee wolt das sterplich leben vorliren, dan zu͗lassen ein su͗nd, vnd in dem beharlichen bleibt, diser nach disem leben wu͗rt in kein pein vorordnet, er hett sich dan darnach ingefelt in etlich taͤ glich sűnden vnd in denen wirt gefu͗nden versu͗mig on billich bu͗ß.”
[8.] Von einer begina, die do vngeschickter sitten war, die doch am hindersten gestrafft ward vnd bessert iren wandelnn In meiner gesellenschafft ist ein geistliche frow, von welcher ich leidt vil kommers. Wan sye ist vnbertig vnd halstarck gu͗ts zu͗thu͗n, vnd gibt nit statt 5 meinen vormanűngen. Darumb ich in ferwu͗nderu͗ng sagt mit begirde mein tru͗bsal vor dem herren, wo haͤ r im menschen ein solliche boshait belibe. xciiij Vnd der herr antwu͗rt mir: | “Sich an das laster, dar inne sye arbeyt!” Vnd ich sach. Vnd, nement war, ein boser geist hing bey yr, der zoch sy ab von allem gu͗ten.
7,7 bittest] ergänzt nach LD III, 7, 6 8 tryen] r verwischt 14 der] wg. Fleck schlecht lesbar 17 welcher] korr. aus welchem 18 beharlichen] beharlichem 8,5 mit] üdZ mit EZ am lR für gestr. mjtri 8 Vnd1] wg. Fleck schlecht lesbar
194 | Lux divinitatis – Liber III, 8,9 – 35
Nota Sola propria voluntas alligat dyabolo et soluit
Et dixi demoni: (69ra) “Quis tibi hanc tribuit potestatem, ut deum in hoc 10 homine sic inhonores?” Respondit demon: “Nemo michi hanc dare potuit potestatem, nisi eius uoluntas propria accessisset.” Et uidi demonem religiosos quam plurimos irrisorie comitantem, qui ei mendaci pietatis specie consenciunt, hanc ei in semetipsos audaciam tribuentes. Vnde excusauit se demon et creatorem 15 cum omni creatura. Et dixi demoni: “Cuius auxilio miser hic a te liberabitur?” Et demon coactus respondit: “Nullus eam eripiet, nisi propria uoluntas sua. Deus enim eam liberam constituit, valetque, si uoluerit, conuertere sensus suos. Quod, cum fecerit, ab ea me discedere oportet.” 20 Tunc aio demoni: “Nunc in ueritate domini quero, quod tibi nomen est.”
Terribile Respondit demon: “Ego ‘Vncus Recuruatus’ dicor,” quod interpretatum
‘Widerhake’ dicitur. “Omnis turba, quam a tergo meo conspicis, eiusdem officij sunt et sodales mei. Qui tot sumus numero, quot reperiuntur homines, qui maiorum suorum fideli magisterio contradicunt.” Hinc spiritus meus alacer et anima mea in deum erecta inuoluit se in ipso, 25 sicut infans inuoluitur pallio matris sue in ipsius uberibus requiescens. Tunc uoce et uirtute sua | dixit anima mea deo: “Eya domine, memento Ed. 527 tribulacionis mee in homine hoc et conuerte mentem eius dulcedine tue suauitatis.” “Non sic” ait dominus, “non sic. Experiri mee dulcedinis suauitatem non est 30 enim digna. Verumtamen sic infirmabo corpus eius, ut clauda uagos excursus euitet, muta a uaniloquis obmutescat, ceca, ut ab illicito uisu oculos cohibeat et conpescat. Et reuera, quicquid ei quisquam intulerit michi fecit.” 35 Hec postea infra dies quinque euenerunt.
9 tibi … tribuit] tribuit tibi hanc Ra 11 Nota … soluit] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL VI, 7, 10f. (444,13f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 230 13 pietatis specie] specie pietatis Ra 14 Vnde … creatura] alter Fehler in der LD und FL gemeinsamen deutschen Vorlage, s. Neumann 1993, S. 115, Anm. zu FL VI, 7, 12f. 19 suos] suos conuertere, conuertere gestr. Ra | fecerit ab] fecerit [lacuna] ab Rb | ab ea] unterpungiert Ra 20 demoni] de_[lacuna]moni Rb 21 Terribile] vaH Rb, fehlt Ra 24 magisterio] r üdZ Ra 25 erecta] c[re]ata Ra 30 Experiri] Exp[er]ier[tur]i, E auf Rasur geschrieben, letztes i unterpungiert Rb, experietur Ra, korr. entsprechend einem Vorschlag von Ed. (527,3) und Becker 1951, S. 110 | suauitatem] auf Rasur geschrieben Rb 31 Verumtamen] verum Rb Ra, korr. nach LG III, 8, 36 | corpus] cor Rb Ra, korr. nach LG III, 8, 36 35 Hec … euenerunt] am rR MZ Rb 28 dulcedine … suauitatis] vgl. Ps 30,20; Ps 33,9; Ps 67,11; Ps 85,5; Ps 99,5 und 144,7
Das liecht der gotheit – Buch III, 8,10 – 40 | 195
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Vnd ich sprach zu͗ dem dieffel “Wer hatt dir den gewalt geben, das du͗ gott also vnerest in disem menschen?” Antwu͗rt der teu͗fell: “Keiner hett mir mogen geben den gewalt, wo yr eigner wil nit wer herzu͗kommen.” Vnd sach, das der dieffel vilen gaistlichen Nota bene E spotlichen nachging, welche ym in falscher gestalt der gietigkayt de arbitrio proprio ferwilligent vnd gebent inen in yn selbs ein solche kekheyt. Darumb entschuldiget sich der dieffel vnd den schoͤ pffer mit aller creatu͗r. Vnd ich sprach zűm dieffell: “Vß weß hu͗lff mag dise arme entlediget werden von dir?” Antwu͗rt der dieffel gezwűngen: “Keiner wu͗rt sye erlosen dan ir eigner will. Wan gott hatt sye eines freyen willens gemacht, vnd sye mag, ob sye wil, bekeren yre sinn. Vnd so sye das thu͗t, so mu͗ß ich von yr abweichen.” Do sprach ich zűm dieffel: “Nu͗n, in der warheit des herrens, frag ich dich, was namen du͗ habest.” Antwu͗rt der teu͗ffel: “Ich heiß der ‘Gekrimt Hack’” | das ist gesprochen ‘Wïderhack’. “Alle schar, so du͗ sichst hinder mir, sint eines glichens ampts mit mir vnd mein gesellen. Vnd vnser ist so vil, als vil der menschen sind, die do widersagent oder widersprechent der truwe meisterschafft yres oberer.” Do wart mein geist froͤ lich vnd mein seel, vffgericht in gott, wicklet sych in ym also ein klein kindelin sich einwicklet in den mantel seiner mu͗tter vnd ruwet an yren brusten. Do sprach mein seel vß irer krafft vnd stim zum herren: “Eya herr, bis eingedenck meines tru͗bsals in disem menschen vnd bekoͤ r sein gemu͗et mit der su͗esse deiner senffmu͗tigkayt!” Antwu͗rt der herr: “Nit also, nit also! Sy ist nit wu͗rdig zűerfaren die su͗essi meiner senffmu͗tigkeyt. Aber doch, ich wurd also krencken yren leip, das sye lam sey, vnd miede die au͗sschweiffende, das sye stu͗m sey vnd nit rede vnnu͗tze mu͗ssige wort; das sy blint sey vnd verhuet yre ou͗gen vor vnzűchtigem gesicht. Vnd zwar, was ymants yr zűfu͗gt, das thut er mïr.” Vnd die dise ding, nach fu͗nfftagen, sind also bescheen.
22 ich1] üdZ mit EZ am rR 24 gekrimt hack] rot unterstrichen | das] wg. Fleck schlecht lesbar
196 | Lux divinitatis – Liber III, 9,1 – 32
FL IV, 17 [9.] De begina in apparencia et non existencia Femina quedam habitum religionis beginarum induerat, sed tamen curijs dominorum secularium seruiebat. Pro qua diebus ac noctibus dominum tota virtute deprecabar, sciens, quod, si in eo statu persisteret, demonum consors fieret in futuro. Diligebat quippe nimis dominos suos nec dei 5 quesiuit gloriam, sed honestatem curie uanam ac disciplinam inutilem cum studio procurabat, nobilitatemque eorum, quibus seruiebat, semper pre oculis habebat. Venit ergo demon valde inmanis flammeus crventus, niger cum vngulis, cornutus, oculis nigerrimis et perspicuis astans coram me. Non extimui, 10 tamen signo crvcis me signaui. Obdormiui itaque. Et uoluebatur ultra corpus meum sicut uter aqua plenus (69rb) affligens me tam grauiter, ut graciam domini inplorarem. Et ecce, affuit michi adiutor angelus de quarto ordine spirituum beatorum, qui custos fuit eius, pro qua orabam.
Interrogaui autem ipsum, quis iste hostis esset, et cur me sic torqueret. Tunc ille lucis angelus celica uoce respondit: “Hic est unus de teterris demonibus, cuius est officij eos, qui se iustos estimant et apparent, dileccione dampnabili rebus et personis secularibus alligare. Idcirco autem nunc penis te exagitat, quia tuis precibus conaris eum de sua potestate et possessione eicere.” Et ait illa: “Numquid aliquamdiu durabit hec afflictio?” Et respondit | angelus: “Nequaquam! Hoc modo dignatus est dominus suam clemenciam declarare.” Post hec idem inimicus ueniens igneas super me sagittas fulminauit, que michi infernales penas in mente et corpore intulerunt. Et dixi: “Omne quod tibi a deo permissum est, infer michi!” Tunc infirmatus demon dixit: “Ex quo te humiliter ad flagella exhibes, omnibus sic uerberibus sum destinatus.” Et dixi: “Per uiuentem dominum tibi precipio, ut michi edicas nomen tuum et officium, quod in hac femina exerces.” Respondit demon: “Nomen meum tibi non enarrabo, quia michi magnum forsitan dispendium generaret.”
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Kap. 9: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangaben in Z. 33 und 34 9,11 uoluebatur] auf Rasur geschrieben Rb 16 Hic … demonibus] am rR MZ Rb | de teterris] det[er]ris Rb, det[er]ri[mi]s (?) Ra, korr. nach LG III, 9, 19 17 cuius … estimant] am rR MZ Rb | et] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG III, 9, 20 19 conaris] coronaris, ro unterpungiert Rb 25 penas] mit EZ am rR Ra intulerunt] intuler[it] Rb 28 sic] ut te affligam sine Rb Ra, korr. nach LG III, 9, 30 und entsprechend einem Vorschlag von Becker 1951, S. 63 29 dominum] deum Ra
Das liecht der gotheit – Buch III, 8,1 – 9,34 | 197
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xcv | [9.] Von einer begina in dem schin aber nit in der warheit Ein fraw hett angelegt das beginen cleidt, vnd dennocht dienet sy in den hoͤ ffen der weltlichen herren. Fur welche ich tag vnd nacht bettet mit gantzer krafft zum herren, wan ich wist, wo sy in solchem stand belibe, das sy wu͗rde in zu͗kunfft ein gesellin der dieffel. Wan sye hett fast zu͗ lieb yere herren vnd suchet nit die eere gottes, sunder die vppig eere des hoffs, vnd ytele zu͗cht schűff sye mit fleiß vnd hett altzit den adel, denen sy diente, vor ou͗gen. Darumb kam ein dieffel in fast grossen flammen, blu͗tigschwartz mit clawen, mit hornen, mit schwartzen ogen vnd stond by mir. Ich erschrack nit, aber mit dem zeichen des creu͗tzes bewaret ich mich. Also entschlafft ich. Vnd der boͤ se weltzet sich vber meinen leip als ein schlu͗ch voller wassers vnd piniget mich so schwerlich, das ich die genod des herrens anru͗fft. Vnd, nementwar, der engel gottes was bey mir als ein helffer; der was vß dem iiij orden der heiligen geister, welcher was der behu͗eter diser, fu͗r welche ich bettet. | Aber ich fraget yn, wer diser find were, vnd warumb er mich also piniget. Do antwu͗rt diser engell des liechts mit himlischer stim: “Diser ist einer von den schwartzen dieffeln, vnd sein ampt ist, das er die, so sich gerecht schetzent vnd scheinen, mit vordamlicher liebj anbint den weltlichen personen vnd dingen. Aber daru͗mb peiniget er dich, wan du͗ vnderstaest, sye mit deinem bet vß seinem gewalt vnd sitzung zu͗ nemen.” Do sprach ich: “Wu͗rt nit dise pein etzman lang weren?” Antwu͗rt der engell: “In keinen weg! In solcher gestalt hatt gott wollen seine genad bewysen.” Darnach kam der selbige find, schoß vß vber mich fu͗rine pfeil, welche mir an seel vnd leip bracht hond hellische pein. Vnd ich sprach: “Alles, das dier von gott zugelossen ist, das thu͗ mir!” Do ward schwach der find vnd sprach: “So du͗ dich demu͗tiglichen entbu͗itest zu͗ allen geislen, so bin ich geben zu͗ allen streichen.” Vnd ich ich sprach: “Durch den lebendigen gott gebu͗it ich dir, das du͗ mir sagest deinen namen, dein ampt, das du͗ vbest in dieser frawen.” | Antwurt der dieffel: “Mein namen wirt ich dir nit sagen; es mocht villeicht xcvj mir ein grossen nachteil bringen.”
9,5 yere] davor die ere gottes gestr. 16 bettet] am rR 22 zu͗ nemen] nemen
198 | Lux divinitatis – Liber III, 9,33 – 11,9
Et dixi: “Oportet te hec facere per extremum iudicium coniuratum.” Tunc demon inquit: “Ego huic persone crudelem ingero superbiam et secularem astuciam, auariciamque grandem, elongans ab ea omnem 35 pietatem et miseracionem. Nomen meum est ‘Grelheit’,” hoc est ‘iracundia spiritualia dissipans corda’. [10.] De inpugnacione ordinis fratrum predicatorum – Quarta parte FL IV, 27, 3–8 (298,17–24) xxvii Anno domini Mo cco Orta est aliquando grauis persecutio quorumdam fallacium doctorum lvi aliorumque, qui auaricie student peccatorum aduersus ordinem ueritatis lucide predicatorum. Quibus ex intimis anime mee uisceribus compaciens 5 oraui dominum, ut in ordine tam necessario statui ecclesie suam gloriam conseruaret. Et dixit dominus ad me: “Quamdiu eos tenere mee placuerit voluntati, inpossibile est eos per hominis cuiuspiam quantamcumque maliciam aboleri.” 10 Et dixi ad dominum: “Numquid, mi domine, usque ad consummacionem seculi manebit ordo iste?” Et respondit michi dominus: “Vsque ad extrema tempora permanebit.” ibidem | [11.] Prophecia de fratribus noue religionis in extremo venturis
Nota quatuor in quibus excellent Isti uenient anno domini Mo do lo vel lxo et xxxa annis in pace predicabunt uerbum dei, postea ueniet Antichristus
Ed. 529; FL IV, 27, 8–57
Tvnc exurgent homines noue religionis, qui istos predicatores sapiencia, (298,24–302,23) potencia, pauperie et feruore spiritus superabunt propter ultimam tribulacionem, que tunc ecclesiam perturbabit. Vidi eorum vi(69va)tam, uestes et numerum copiosum. Duplici tantum utuntur indumento, quorum 5 interior albi, superior rubei coloris est, humanitatis Christi mundiciam et passionis eius similitudinem representans. Comam capitis et barbam prolixam, prout creuerit, non attondent. Cingulo de oleo oliue confecto, hoc est de subere uel cortice oliue, precingentur in signum, quod miserentur
Kap. 10: auch Ra, VD 391 und Be1 (Anspielung auf dieses Kapitel) Kap. 11: auch Ra und Be1 (Anspielung auf dieses Kapitel und auf die Marginalie zu Z. 2f.) 33 hec] hoc Ra 36 Grelheit] gresheit Ra 10,1 Quarta … xxvii] Capitulum 64 Ra 3 persecutio] am Ende des Satzes (s.u.) VD | Anno … lvi] vaH Rb, fehlt Ra, dieselbe Glosse zu FL IV, 27, 3 (298,17) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 224 4 ordinem] ordinem electorum VD 5 lucide] lucidem Ra 6 statui] fehlt VD 13 dominus] deus Ra 11,1 ibidem] vaH Rb, fehlt Ra | venturis] Nasalkürze andere Tinte Rb, venturis Caput 65m Ra 3 Nota … excellent] vaH Rb, fehlt Ra | et] fehlt Ra 4 Isti … Antichristus] vaH Rb, fehlt Ra, fast identische Glosse zu FL IV, 27, 20–22 (300,12–15) in der Einsiedler Hs. (vgl. Neumann 1993, S. 224) und in Be1 8 creuerit] creuerunt Ra | non] neo[n], e unterpungiert Rb attondent] attondunt Ra | oleo] oleo olice (?), olice (?) gestr. Ra 9 subere] subare Rb Ra | cortice] de cortice Ra | oliue] oliue confecto Ra | quod miserentur] fehlt Ra
Das liecht der gotheit – Buch III, 9,35 – 11,12 | 199
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Vnd ich sprach: “Ich wu͗rt dich darzu͗ zwingen durch das letst gericht.” Do sprach der teu͗ffel: “Ich gib diser frawen ein ein gru͗samme hoffart vnd weltliche listigkeyt vnd grosse geitigkeyt, vnd mach ferr von yr alle guͦ tigkayt vnd barmherzigkayt. Mein nam heist ‘Gralheyt’” das ist ‘zorn, der do zerstoͤ rt die geistlichen hertzen’. [10.] Von der veruolgung prediger ordens
Einsmals beschach ein schwere verfolgung etlicher triegender lerer vnd anderer, die do yren fleiß legend vff geitigkayt wider den orden der prediger der helle warheyt. Mit welchen ich hett ein mitleiden vß den innern gelidern 5 meiner seell vnd batt den herren, das er dem orden, der so not ist dem stand der kilche, sein oͤ r wolt behalten. Vnd der herr sprach zu͗ mir: “Wie lang es gefalt meinem willen sye [XCVIv] zu͗behalten, so ist es nit mu͗glich, das sy mogent abthon werden | du͗rch wie grosse bosheit eines, wer er ye sey, menschens.” 10 Vnd ich sprach zum herren: “Herr, wirt diser orden nit bliben bis in das end der welt ê?” Antwu͗rt der herr: “Er wu͗rt bliben bis in die letsten zeyt.” [11.] Ein prophetzei von bru͗dern eines newen ordens in den letsten zeiten zűkűnfftig Dan so werden vffston eïnes nu͗wen ordens, welche dise prediger mit wysheyt gewalt, armu͗t vnd inbru͗nst des geistes werden vbertreffen vmb die 5 letste triebnu͗s, die do zu͗mol wird die kilche betriben. Ich sach yr leben, kleider vnd grosse zall. Sy bruchent allein zwey kleidt, vnder welchen das vnder kleidt ist wisserfarb, aber das ober ist roterfarb; mit welchem sye bedu͗tent die reinigkeyt vnd glichin des lidens Christi nach seiner menscheit. Sye hand ein langes haͤ r vnd bart, als es inen wechst, vnd scherent es nit. 10 Mit einem gu͗rtel gemacht von der rinde eines oͤ lbau͗ms werden sye vmbgirt zu͗ einem zeichen, das sye erbermdt hond mit der trostlose kirche. | Sie xcvij werdent barfuß gon, vßgenommen in den stetten, do das ertrich ist mit yß
36 diser] korr. aus disen 10,1 ordens] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile 3 prediger] korr. aus predigen 9 grosse] korr. aus grosser 11,1 newen ordens] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile 5 betriben] davor v gestr., betriben rot überschrieben 12 den] wg. Fleck schlecht lesbar | ist] davor nit gestr.
200 | Lux divinitatis – Liber III, 11,10 – 39
ecclesie desolate. Nudis incedent pedibus, preterquam in locis, vbi terra 10 gelu constringitur; in quibus rufos portant calceos albis corrigijs ligatos, caligas non habentes. Capita lauabunt estate in siluis cum aqua, in hyeme non, quia carent domicilijs. In omni loco sunt aduene et hospites non habentes domicilia. Argentum et aurum non habent absconditum, multa paupertatis incommoda 15 sustinentes. Quiuis eorum defert baculum album rufo coloratum habentem desuper in modum crucis thav eburneam ad longitudinem palmi. Ebur indicit eis castitatem et omnem mundiciam, baculus rubricatus memoriam passionis. Intus, parte una, sculpta est ymago pacientis Christi, in altera ascendentis. 20 Hunc in omni loco coram se tenebunt commedentes, bibentes, dormientes, orantes, per diem predicantes, missas celebrantes, confessiones audientes. Cum vero de manu deponunt, ipsum terre infigent, ut supra Christi passionem aspiciant.
Cum propter utilitatem uel necessitatem uia eorum protenditur, debent 25 unum asinum secum ducere, ut aliquando in eo equitando requiescant. Nec tunc baculum iuxta latera reclina|bunt, sed coram se erectum tanquam Ed. 530 crvcem domini deferent reuerenter. Asino sedent equitando humilitatem Christi imitando. Pedes eciam ipsorum tam grauiter itinerando leduntur, quod nequeunt sustinere. Calceos a festo 30 omnium sanctorum usque ad cathedram Petri tantum ferre licet. Nec pro libris nec pro alijs necessitatibus ab aliquo quicquam petent. Panem tantum humiliter petere possunt, cum non ultra exhibetur. Cum simplicibus et popularibus comedent, quecumque apponuntur, preter 35 carnes. Non ieiunabunt, nisi ieiunia ab ecclesia instituta. Talia sibi prouidebunt hospicia, in quibus dormire et orare possint ab aliis sequestrati. Videntes fideles tantam sanctitatem, edificati dabunt eis necessaria cum gaudio habundanter. Cum uiduis non hospitabunt.
11 portant] portabunt Ra 13 non] vero non Ra 17 coloratum] colore coloratum Ra 18 crucis] fehlt Rb Ra, zur Ergänzung vgl. LG III, 11, 20 | thav] korr. aus thay Rb | eburneam] erburneam Rb, eburneam crucem Ra | palmi] vnius palmi Ra 19 passionis] passionis christi Ra 20 Intus] In cuius Ra 24 passionem] passionem christi Ra 26 requiescant] n[on] quiescant Ra 29 Asino] In azino Ra 32 petent] peteant, a unterpungiert Rb 33 exhibetur] exhibetur eis mit VZ Ra 34 apponuntur] apponuntur eis Ra 35 carnes] cra¦nes Rb, ca[r]nes, r üdZ Ra 37 possint] possunt Ra 39 Cum … hospitabunt] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL IV, 27, 44 (302,5f.) Rb | non] vero Ra 10 Nudis … pedibus] II Sm 15,30
Das liecht der gotheit – Buch III, 11,13 – 42 | 201
gefru͗rt; in den selbigen landen werdent sye rott schuch mit weissen rimen tragen, aber kein hosen. Yre haubt werdent sye weschen ym su͗mmer mit 15 wasser in den walden, aber ym winter nit, wan sy hant kein hws. An allen orten sind sye gest vnd zu͗kommer vnd hand kein hwß. Gold vnd silber hand sye nit vorborgen vnd lident vïl anstoͤ ß der armu͗t.
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Ȉtlicher vß ynen wurt tragen einen wÿssen stecken mit roterfarb geferbt, der do oben wu͗rt haben ein gleichi des creu͗tzes oder thaw von helffenbain in der lengi einer spannen. Das helffenbein zeiget an yre keuscheyt vnd alle reinigkeyt, der rott geferbt steck anzeigt die gedechtnu͗s des leidens Christi. An einem teil dises steckens ist graben die bildnu͗s Christi als er lidet, am andern teil die bildnu͗s seiner himmelfart. Disen stecken werdent sye an allen orten bey ynen tragen, sy essent, trinckent, schlaffend oder bettent, au͗ch so sye ym tag meslesen, predigent oder beichthorent. Vnd wan sy yn vß der handt, | thu͗nd, so steckent sye yn in das ertrich, das sye, wie oben statt, ansehen das liden Christi. Vnd so sye vmb nott oder nu͗tz mu͗ssent ferr hinweg gon, sollend sye einen esel mit ynen fu͗ren, das sy vmb ru͗we wegen vff ym reitent. Vnd so sy reiten, werden nit den stecken an yr seiten neigen, sunder vor ynen vffricht als das cru͗tz Christi eerlich fu͗ren. So sy ritent vff dem esel, anzeigent sich nachuolger der demutigkayt Christi. Au͗ch yere fu͗eß werdent also schwer vom gon geletzet, das sye es nit mogen leiden. Ÿnen zimpt schűchtragen allein von allerheiligen tag bis an die stu͗lfeir sant Peters. Vnd werdent von nïemants etwas begeren vmb bucher vnd andere nott. Brott mogent sye allein demu͗tig bittent. Vnd vom gemeinem volck werden sye essen, was ynen furgesetzet wu͗rt, an das fleisch. Sie werdent nit fasten, dan allein die langen fastag.
40 Solch herberg werdent sye ynen erwelen, in welche sye mogen schloffen,
betten vnd von andern menschen abgescheiden sein. | Vnd so die gloubigen xcviij sehend ein solche heiligkeyt, werden gebessert vnd werdent ynen geben
34 schűchtragen] Trema rot
202 | Lux divinitatis – Liber III, 11,40 – 12,13
Lauabunt fideles cum deuocione eorum pedes exasperatos, gracias agentes 40 deo, quia fouent ecclesiam. Et ungunt (69vb) pedes eorum uiri, quia dij non sunt; quia permissum est Marie Magdalene vngere dei Filium, verum deum. Cum attrita uiderint uestimenta eorum, noua eis homines ministrabunt. Offerentur eis plurima, que refutabunt, suadentes ea in pias causas 45 misericorditer elargiri.
Bis in anno capitula celebrabunt: in estate in nemore, in hyme in ciuitate in domo ciuium consulari. Si quis hunc statum aggredi uoluerit, duo librorum genera debet habere. De maiori libro predicabit. Libri principium est: ‘Credo in deum’; deinde alij sermones sequntur docte, ordinati iuxta catholicam veritatem. De minori 50 libro horas canonicas decantabunt. [12.] De filio imperatoris primo magistro huius ordinis – In eodem
FL IV, 27, 57-87 (302,24–304,24)
Primus ordinis huius auctor erit filius regis Romanorum. Nomen eius interpretatur coram deo ‘Alleluia’. Huic papa proximam tribuet potestatem, deinde uoluntarie eliget, et a papa suscipiet statum istum, cum quo magni magistri uestientur imitantes ipsum. Nec erunt etate minores viginti 5 quatuor annorum. Non assumunt aliquos, | nisi sanos et ualde doctos. Ed. 531 Oportet enim omnes sacerdotes, confessores et electos esse doctores.
Primus magister uocabitur ‘Princeps’. Qui quartus fratrum procedet, quia fides in ipso precipue inpugnabitur. Tredecim ex se vnum prelatum habebunt, qui ‘Custos’ appellabitur; et semper tercius procedet. Est autem 10 magna eorum auctoritas, quibus nullus pontificum comparatur. In omni loco predicare, confessiones audire, missas celebrare eis interdicere nullus potest.
Kap. 12: auch Ra, VD 388 und Be1 (bis auf Ra nur Anspielungen auf dieses Kapitel) 40 eorum pedes] pedes eorum Ra 41 Et ungunt] Et korr. aus Ex Rb 42 verum deum] deum verum Ra 44 plurima] m mit EZ üdZ Rb | ea] eas, s unterpungiert Rb, eas Ra 46 Bis … nemore] am rR MZ Rb 50 docte] docti Ra | catholicam veritatem] catholicam [lacuna] veritatem Rb 51 canonicas] ca[lacuna]nonicas, s üdZ Rb 12,1 De] Capitulum 66m De Ra | In eodem] fehlt Ra 2 ordinis huius] huius ordinis Ra 3 interpretatur] mit EZ udZ Ra | proximam tribuet] tribuet proximam Ra 5 etate] fehlt Ra 40 Lauabunt … pedes] vgl. Io 13,5
Das liecht der gotheit – Buch III, 11,43 – 12,17 | 203
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55 [XCVIIIv]
mit freu͗den vberflussig, was ynen nott ist. Vnd die gloubigen werden weschen yren geletzten fu͗eß vnd dancksagen gott, der do also neret die kirchen. Vnd die mannen werden salben yere fu͗eß, wan sye sind nit gotter; wan es was nachgelassen Marie Magdalene, zu͗ salben den suͦ n gottes, waren gott. Vnd so sye sehent yere kleider zergon, werdent die menschen ynen geben newe kleider. Sye werdent ynen zutragen vil gu͗ts; die werden sye nit annemmen, sunder ynen raten, das sie das barmhertziglichen vßgeben an gu͗etig sach. Zwiret ym jar werdent sye capittel halten: ym sommer in einem walt, im winter in einer statt im rathwß der bűrger. Wil ettmar disen stand annemen, der soll haben zwey bu͗cher. Vß dem grossern bu͗ch wu͗rt er predigen. Dises buchs anfang ist ‘Credo in deu͗m’ et cetera. Darnach volgent andere predig, gelertlich geordnet nach der christenlich | warheit. Vß dem kleinen bu͗ch werdent sye singen die su͗ben vij zeyt etc.
[12.] Von eines keisers sun, der do wurt sin der erst meister dises ordens Der erst meister dises ordens wirt sein ein suͦ nn eines romischen ku͗nigs. Sein nam vor gott wu͗rt au͗ßgelegt ‘Allelu͗ia’. Disem wurt der bapst geben 5 den ersten gewalt. Darnach wurt er willig vserwelen vnd wirt von dem bapst disen standt empfaen, mit welchem vil grosser meister werden becleidet, die do Christo nachuolgen wollen. Vnd werdent sein nit minder alt dan xxiiij jar. Sy werdent keinen annemmen dan die gesunden vnd gelerten. Wan sy schir alle mu͗essend sein priester, beichtvatter vnd vserwelt 10 doctores. Der erst meister wu͗rt genent ein ‘Furst’. Welcher wirt herfu͗r gan der iiij vnder den bru͗dern, wan der glou͗b wirt fu͗rnemlich in ym anfechten werdent. Dreyzehen bru͗der werdent vß ynen einen prelaten haben, der | do xcix genembt wurt ‘Custos’, ein hu͗eter. Vnd der dryt vß ynen wirt alweg vß ynen 15 herfur gan. Aber gros ist yr gewalt, welchen keiner vß den geistlichen fursten mag glich sein. An allen ortern meßlesen, predigen, beichthoͤ ren getar ynen keiner vorbitten.
43 ist] mit EZ üdZ 51 jar] mit EZ am lR 12,4 gott] korr. aus goth 8 jar] üdZ 14 Vnd] wg. Fleck schlecht lesbar 16 ortern] korr. aus obtern
204 | Lux divinitatis – Liber III, 12,14 – 13,12
In quolibet episcopatu septem erunt ex ipsis secundum septem Spiritus Sancti dona. In archiepiscopatu tredecim erunt iuxta formam conuentus 15 Christi. Rome xxxta erunt propter felix commercium uendicionis Christi. Ierusalem plures erunt, quia occisus est ibi Christus. Minus capitulum post tres ebdomadas propter misterium trinitatis in ciuitate cum v fratribus propter quinque vvlnera Christi, uel cum septem propter septem dona 20 Spiritus Sancti, uel cum pluribus, secundum quod poterunt conuenire. Infra refeccionem maior in ordine loqui debet de uita et exemplis Christi, et ceteri taceant. Super stramina dormiant, laneum pannum album habentes super stratum et alium eiusdem coloris super se positum, ceruical ad capud inferiore panno tectum. Renes eorum sedendo nec iacendo molliter accubabunt, quia 25 sani erunt usque (70ra) ad martirium sicut Christus. Verum quidam, qui utiles fuerunt, et pre senio finem ordinis nequeunt prestolari, debilitabuntur et infirmabuntur: hij molli stratu et delicato pastu refouendi sunt benigne propter eorum consilium utile et salubre. [13.] De pacifico statu et tempore horum fratrum – In eodem Hic status sanctus stabit in pace bona per annos xxx, infra quos sic docebunt et illuminabunt ecclesiam, quod propter simplicitatem ignorancie a fide diuertere non oportet. Heu, heu, post hec consurget tribulacio! Veniens enim tunc Antichristus principes sibi agglutinabit seculares per aurum et lapides preciosos et per maximam falsitatem, quam | diligunt et secuntur. Adherent ergo libenter excolentes eum tamquam deum et suum dominum, parantes ei ducatum et sigilla sua cum litteris. Heu! Tunc ueniens ad clerum, inueniet per auariciam et per ingentem astuciam; et vincet eos facillime. Et prosperabitur in tantum, quod episcopi et prelati alij pauci in ecclesia permanebunt.
FL IV, 27, 87-127 (304,24–308,1)
5 Ed. 532
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Kap. 13: auch Ra, VD 388, CTV, LobG und Be1 (bis auf Ra nur Anspielungen auf dieses Kapitel) 14 Spiritus] sp¦ Ra 16 propter] triginta Ra 17 Minus … ciuitate] am rR MZ Rb 18 trinitatis] korr. aus tinitatis Rb | in] erit in Ra 21 refeccionem] refco[ne]m Rb 25 accubabunt] accubabant Rb 28 debilitabuntur … infirmabuntur] si debilitantur vel infirmantur Ra | et1] vel Ra 13,1 In eodem] et de antechristi aduentu Capitulum 67m, antechristi üdZ Ra 4 non oportet] in Fortführung der Zeile am rR Ra 5 hec] hoc Ra 6 agglutinabit] [con]glutinabit Ra 7 libenter] sibi libenter Ra 8 suum dominum] dominum suum Ra | parantes] prestarens Ra | ei] sibi Ra 10 inueniet] veniet Ra
Das liecht der gotheit – Buch III, 12,18 – 13,13 | 205
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[XCIXv] 30
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In iglichem bistűmb werdent sein vij vß ynen nach den syben gaben des heiligen geists. In itlichem ertzbistumb werdent sein xiij nach der form des conu͗ents Christi. Zu͗ Rom werdent yren xxx sein vmb dem seligen gewerb der verkouffu͗ng Christi. Zu͗ Hieru͗salem werdent yren vil sein, wan Christus ist do getoͤ det worden. Das klein capittel werdent sye halten nach iij wochen vm die heiligkeyt der einigkeyt in der trinitet mit · v · bruder vmb die · v · wunden Christi oder mit vij vm die vij gaben des heiligen geists, oder mit filen, nach dem sy mogent zu͗sammen kommen. Vnder dem essen soll der grossester reden von dem leben vnd exempel Christi vnd die andern stillschweigen. Sy werdent schloffen vff dem stro vnd werden haben weyß wu͗llin tu͗ch vff yren stretten. Vnd ein anders | gleicher farb, das sye vber sich legent. Ein haűptkűssen zu͗n hau͗pten, das do bedeckt sey mit dem vndern tu͗ch. Ire nieren sollen sy weder mit sitzen noch mit ligen sanfftiglich legen, wan sye werden gesu͗nt sein bis zu͗ der marter als Christus. Aber doch etlich, die do nu͗tz gewesen sind vnd vor alter das end dises ordens nit mogen erlangen, die werden schwach vnd kranck. Die soll man mit einem weichem stratt vnd gu͗etig ergetzen mit lustiger speiß vmb yr nutzparliche vnd heilsame rett.
[13.] Von dem fridsamen standt vnd zitt diser brűder Diser heiliger stand wu͗rt ston in gu͗ttem frid xxx jar; vnder der selbige zytt werden sye also leren vnd erleuchten die kirche, das vm einfaltigkayt der vnwissenhayt nit not wu͗rt, vom globen sich abzűwenden. 5 Heu͗, heu͗, nach disen dingen wirt vffstan triebsal! Wan dan wirt kommen der Endchrist, ein fúrst, vnd wirt zu͗ ym zihen die weltlichen du͗rch gold vnd edelgestein vnd du͗rch die groste | falscheyt, welche sye libhond vnd nach- C űolgent. Wan sy werden ïm gern anhangen vnd yn eeren als iren herren vnd gott vnd werden ym geben das geleit vnd yere sigel mit den brieffen. 10 Hew, dan wirt er kommen zu͗ den gelerten vnd wirt sye finden durch die geitigkeyt vnd wirt sye vberwinden mit grosser listigkeyt vnd wirt leichtlich gluckhaben, also fast das die bischoff vnd prelaten werdent wenig bliben in der kirche.
20 Zu͗ Rom] rot unterstrichen 21 Zu͗ Hieru͗salem] rot unterstrichen 23 in] mit EZ üdZ | · v ·]mit EZ üdZ 26 essen] gressen 29 gleicher] erste Hälfte des Wortes wg. Fleck schlecht lesbar 13,7 nachűolgent] nachűol=¦gent; nachűol= wg. Fleck schlecht lesbar 12 fast] mit EZ am lR
206 | Lux divinitatis – Liber III, 13,13 – 36
Tunc hij fratres sub periculo uite sue fidem catholicam predicabunt, promittentes et dantes indulgenciam omnium peccatorum vere penitentibus, uitamque eternam sine purgatorio perseuerantibus in fide. 15 Quia hij fratres sancte uixerunt in populo, multi cum eis martirium sorcientur. Multi Iudei et gentiles sensati fidem katholicam et baptismum suscipient ab eisdem. Hinc indignatus Antichristus graues angarias et minas ingerens hijs, qui ad eorum sermonem accedunt. Beati, qui tunc eos audiunt et assistunt! Tunc 20 diuidentur boni a malis se et sua periculo exponentes. Tunc nuncij Antichristi uenientes predicatorem sanctum transfigent ferrea phalanga propter doctrinam christianam, in qua oportet pendentem affligi ad terrorem et miseriam aliorum. Deferunt autem inter se sic transfixum ad spectaculum. Dolent et flent pij, irrident et gaudent impij. 25
Tunc in spiritu dei cantat: “Credo in deum” et consolans fideles. Christiani filij dei omnes tunc sequentes eum capti, tectis oculis, flagellati ducentur sicut oues occisionis ad magnam aquam, vbi decollati mergentur in flumine. Vbi vero aqua non fuerit, in campis occidentur. Ordinat autem deus, ut tegantur sanctorum oculi, ne uanissimam malorum gloriam, quam 30 habent, cum bestia intuentes moueantur ex humana fragilitate.
Ipsum autem sanctum predicatorem sic mortuum statuunt in excelso (70rb) in eo loco, quo predicauerat et passus fuerat. Post hec, qui fidem Christi uoluerint imitari, erunt uiui martires et gloriosi sancti. Tanta est Antichristi inmanis potestas, quod nullus ei poterit coequari. Cum papa plus non 35 preualet contra eum, ad fratres conuertitur, sustinens quod et illi.
14 indulgenciam] omnem indulgenciam Ra | omnium] scilicet omnium Ra 21 sua] suo Ra 22 transfigent] transfigentes Ra 24 autem] autem eum Ra 26 cantat] cantabit Ra | Christiani … tunc] Tunc filij dei omnes Ra 30 malorum gloriam] gloriam vanorum Ra 33 hec] hoc Ra | Christi] cristianam Ra 34 uoluerint imitari] ÿmitari voluerint Ra | est] autem erit Ra 35 potestas] mit EZ am rR Ra | coequari] adequari Ra 36 sustinens] vaH mit EZ am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 28 sicut … occisionis] Ps 43,22; Rm 8,36
Das liecht der gotheit – Buch III, 13,14 – 45 | 207
Dozu͗mol werdent die bru͗der mit geferlickayt yres lebens predigen den 15 christenlichen glou͗ben vnd werden vorheissen vnd geben ablas aller su͗nde
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den warhafftigen bu͗essern, vnd das ewig leben on das fegfeu͗r denen, so beharrent im glou͗ben. Wan dise bruder hand seliglich gelebt vnder dem volck, darumb vil mit inen werdent ein teil haben in der marterschafft. Vil Iu͗den vnd vornu͗nfftige heiden werden von ynen empfaen den christenlichen glou͗ben vnd den tau͗ff. Do haͤ r wu͗rt zornig der Endechrist, wirt denen, so an yren | predigen gond, schwere zwang zu͗fiegen. Selig werden die sein, so sye in der selbigen zytt horen werdent vnd bey ynen ston. Dan so werden die gutten abgesundert von den boͤ sen, vnd sich, vnd das do yr ist, in geferlickeyt geben. Dan so werden kommen die botten des Endechrists vnd werden mit einer ysene lantze durchstechen den heiligen prediger vmb der christenlichen leer wegen. An welcher lantzen er mu͗ß hangen gehefft zu͗ einem schrecken vnd ellend der andern. Vnd sye werdent vnder ynen tragen einen solchen du͗rchstochenen zu͗ einem gespott. Do werdent die gu͗etigen schmertzen haben vnd weinen, aber die boͤ sen werden vorspotten vnd froͤ d haben. Dan wirt er singen im geist gottes: “Ich glou͗b in gott” vnd wirt troͤ sten die globigen. Vnd die christen, die gottes kinder all, so ym dan nachgond, werdent gefangen, mit verbűndenen au͗gen geislet, vnd gefiert als die schefflin, die do zu todt geschlagen sollent werden, zu͗ einem grossen wasser, darein, nach dem sye getodet oder enthau͗ptet | sind, fersenckt werden. Wo aber cj kein wasser ist, so werden sye im feld ertodet. Aber gott ordnet, das die au͗gen der heiligen bedeckt werden, das sy nit ansehen die vppige glori der boͤ sen, die sy hond mit dem thyer, vnnd darumb bewegt werden vß menschlicher blodigkeyt. Aber den heiligen prediger, also ertodet, werden sye stellen an ein hohe stat, do er geprediget hatt vnd gelitten. Darnach, die do wollen nachuolgen dem glauben Christi, werdent lebendig marter vnd eerlich heiligen. Also vnmenschlich wu͗rt sein der gewalt des Endechrists, das keiner ym mag glichen. So der babst nit mer mag wider yn, so bekert er sich zu den brűdern vnd sye zu͗ ym vnd thut als yer einer.
15 glou͗ben] korr. aus glou͗bens, glou͗ben rot überschrieben | aller] korr. aus allen | su͗nde] korr. aus su͗nden 21 predigen] wg. Fleck kaum lesbar 23 horen] choren
208 | Lux divinitatis – Liber III, 13,1 – 14,27
Ed. 533; | [14.] De aduentu Enoch et Elye – In eodem Tvnc in adiutorium illorum Enoch uenient et Helyas, qui nunc in paradyso FL IV, 27, 127nutriti cibo, quo Adam uesci debuit, si ibi permansisset. Vitant autem 170 (308,1–310,19) propter obedienciam dei fructum arboris interdicte. Hanc arborem ego uidi. Magna non est, fructus pulcher ualde ut rosa, aspectu delectabilis, sed 5 naturaliter acerbi saporis peccati amaritudinem significans. Quam deus noluit hominem acceptasse, quia hic fructus sic homini inconueniens extat, quod adhuc toxicus est. Idcirco hoc lignum uetuit deus homini, cui non malum creauit.
In illa extrema tribulacione, cum hij fratres confortantes populum electum omnem ad passionem perduxerint, ipsi plerique ad hoc uiuentes restant. Quorum innocens tanta est tribulacio, quod eorum sancta promeretur oracio, ut ad eos tunc primum deus mittat Enoch et Elyam, ut eos consolentur et educant de nemore, ut predicent et ad mortem preparent. Hij duo de paradyso egressi, diuine ueritatis sapiencia pleni, potenter Antichristum resistendo refellent. Ipsi plane ostendent ei, unde sit; et cuius uirtute signa faciat, enarrabunt; et vnde uenerit et quo fine sit consummandus. Videntes autem, qui ipsum coluerunt, quia in reprobum sensum dati sunt, ut ipsum propter auariciam et concupiscenciam suam pro deo colerent: conuertentur uiri nobiles et speciose mulieres, qui a fide recesserant. Tunc iusti occidentur, quia tunc Antichristus maxime dominabitur. Congregabit omnes christianos, qui reperiri possunt. Et in plateis bullientes sartagines preparabit. Et conuocatis uxoribus et liberis eorum, cogentur eligere a fide recedere, aut hijs supplicijs interire.
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Respondebunt uiri: “Eya uxores, et non de nobis sed eterna gaudia cogitate, offerteque uos hostiam! Et sic non separabimur, sed pariter regnabimus.”
Kap. 14: auch CTV, LobG, Ra und Be1 (bis auf Ra nur Anspielungen auf dieses Kapitel) — ohne Entsprechung in FL: Z. 36 (Anima – saciatur) 14,1 aduentu] statu Ra | In eodem] Capitulum 68m Ra 2 Tvnc] Nvnc, Rubrikatorhinweis für ersten Buchstaben, aber T Ra | uenient] ent in Fortführung der Zeile am rR Rb, veniet Ra 3 nutriti] nutriuntur Ra | uesci] vesti Ra | debuit] t vaH üdZ Rb 5 ut rosa] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL IV, 27, 132f. (308,9) Rb, mit EZ am lR Ra 7 hominem acceptasse] acceptasse hominem Ra | quia … est] am rR MZ Rb 8 cui] mit EZ am lR Ra 12 quod … oracio] mit EZ am rR Ra 13 deus mittat] mittat deus Ra 15 diuine] korr. aus d[omi]ne Rb, dei Ra 17 faciat] faciant, n unterpungiert Rb 18 coluerunt] korr. aus coluer[e]nt Rb 20 qui] que Ra 22 Antichristus] x anticristus, x gestr. Ra 23 Congregabit] Congregabit autem Ra 24 sartagines] r üdZ Rb 27 uos] nos Ra
Das liecht der gotheit – Buch III, 14,1 – 31 | 209
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[14.] Von dem zukommen Enoch vnd Helie Dan wirt ynen zu͗hu͗lff kommen Enoch vnd Helias, welche itzt im paradiß gespist werden mit der spiß, die do Adam solt geessen hon, wer er do bliben. Aber sye vormident vmb gehorsam wegen gottes die fru͗cht des vorbottenen boűms. Disen bou͗m sach | ich. Er ist nit gros, sein frucht seind fast hubsch vnd lustig der gesicht, aber von natu͗r sind sy eines bittern schmacks, der do anzeigt die bitterkeyt der su͗nd. Welchi frűcht gott nit wolt, das sy der mensch anneme, wan dise fru͗cht ist also vngebu͗rlich dem menschen, das er noch gifftig ist. Darumb vorbott got dem menschen dises holtz, wan er hett ym nichts boͤ ß erschaffen. In dieser letsten trűbsal, so die bruder alles vßerwelts volcks, so sye es trosten vnd bringent zu dem leiden, werdent yr etlich lebendig bliben. Welcher also vnschuldig so gros ist triebsal, das yr heilig gebet verdient, das gott dan erst schickt Enoch vnd Heliam, das sye trostent vnd vß den walden furent, das sy predigent vnd zum tod bereitent. Diese zwen, vß dem paradiß herkommen, vol der weïßheyt der gottliche warheit, werden gewaltig den Endechrist vorwerffen. Sy werden offenlich antzeigen, wo haͤ r er sey, vnd in welches krafft er mirackel thu͗, vnd wo haͤ r er kom, vnd wie er ein endt | haben werde. So aber sehen werden, die so in angebetten hand, cij das sy geben sint in ein vorworffen sinn, das sye yn als gott ereten vmb yr geitigkeyt vnd begirden: so werden bekert werden vil edler menner vnd schoͤ ner frawen, welche abgewichen waren vom glau͗ben. Dan werden die gerechten ertodet, wan dan wirt der Endechrist groslich herschen. Er wirt vorsamlen alle christen, so mogen gefunden werden, vnd wu͗rt bereiten in der gassen sydennige bleypfannen. Vnd so er zusammen berufft hatt die wyber vnd ire kinder, werdent sy gezwu͗ngen vßerwelen: oder vom glouben abweichen, oder ïn disen peinen vorderben. Do werden antwurt geben die man: “Eya, yr wyber vnd kinder, gedenckent nit an vns, sunder an das ewig leben, vnd vffopffert eu͗ch ein opffer! Vnd also werdent wir nit voneinander getrent, sunder wir werden miteinander regniren.”
14,1 Helie] lie mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile 2 Enoch] rot unterstrichen | Helias] rot unterstrichen 14 Enoch] rot unterstrichen | Heliam] rot unterstreichen
210 | Lux divinitatis – Liber III, 14,28 – 51
Tunc uxores dicent et liberi: “Domine, Ihesu Fili virginis, | pro te uolumus Ed. 534 libenter martirium sustinere.” Tunc martyres cum liberis mittentur in foueam igne plenam, et super eos ignem, ligna, straminaque proicient et 30 cremabuntur. Angelus autem educet Enoch et Elyam de paradyso, quorum claritas et iocunditas non descendet cum eis. Aspicientes autem terram, (70va) terrebuntur, sicut uidentes mare, metuentes, quomodo transeant. Tunc suscipientes terrenam imaginem mortales erunt. Cibus eorum mel et ficus, 35 Alia lectura: Aquam potus uinum mixtum aqua. Anima vero eorum pinguedine dei saciatur. mixtam vino
Iter eorum ab India usque ad mare. Quemlibet eorum magna multitudo FL VI, 15, 29-66 fidelium sequitur, fugiencium Antichristum; qui omnes tanquam canes (462,23–464,32) rabidi occidentur, quorum uita toxica estimatur. Tunc occulti christiani, scientes se periculum persecucionis aliter non posse effugere, adherebunt 40 eis. Helyas primo altissime crvci alligatus clauis affigitur manibus pro eo, quod frequenter crvcis gloriam predicabit et que in crvce pertulit Ihesus Christus. Vt diutino tormento attritus, a doctrina cessans, Antichristo adhereat, non inferent ei mortem. At ille sine uoce obmutescens pendebit in crvce tribus 45 diebus et noctibus, confortans populum donec emittat spiritum. Et uidi dominum Patrem manibus Filij eius animam suscipere, sic dicentem: “Veni, dilecte meus, iam enim tempus tuum et meum uenit.” Et in splendore celesti deduxit eum deus.
Non sinetur sepeliri ad terrorem christianorum. Veruntamen aspicientes 50 sacrum corpus, ad fidem magis moti et deuocionem, uenerabiliter
28 dicent] korr. aus dicens Rb, dicunt Ra | Ihesu] ihesu criste Ra 29 martirium] martirum Rb 32 autem] autem domini Ra | Enoch] eos Enoch, eos gestr. Ra 36 Alia … vino] vaH in Entsprechung zu FL IV, 27, 169 (310,18f.) Rb, fehlt Ra | Anima] n. Abs., Platz für Kapitelinitiale; davor Platz für Überschrift Rb, kein n. Abs. Ra 38 fidelium sequitur] sequitur fidelium Ra | fugiencium] fugientes Ra 39 toxica] toxita Ra | Tunc] De morte helye Capitulum 69m ¦ TVnc Ra 42 crvci] Dittographie, zweites crvci unterpungiert Rb 43 crvcis gloriam] gloriam crucis Ra 44 Vt] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG III, 14, 51 | cessans] non cessans Ra | Antichristo] vt anticristo Ra 48 enim] fehlt Ra 50 sinetur] sinetur autem Ra | aspicientes] videntes et aspicientes Ra 51 uenerabiliter] Korrektur vaH aus uenerabuntur im Hinblick auf die folgende Ergänzung nach FL (s.u.) Rb, venerabiliter Ra 36 uinum … aqua] vgl. Is 1,22 46 emittat spiritum] vgl. Mt 27,50; Mc 15,37; Lc 23,46; Io 19,30
Das liecht der gotheit – Buch III, 14,32 – 59 | 211
[CIIv] | Dan werdent sprechen die wyber vnd kind: “Herr Jesu͗, ein suͦ nn der
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[CIIIv]
iu͗ngfrowen, vmb dich wollent wir gern marter leiden.” Dan so werden die martlerin mit den kinden geworffen in ein grűben foller feu͗rs, vnd sye werdent vff sye werffen feu͗r, holtz, stro vnd werden sy vorbrennen. Aber der engel wu͗rt vßfuren Enoch vnd Heliam vß dem paradiß, welcher clarheit vnd frolickeyt wu͗rt nit mit ynen herab kommen. Vnd so sye werdent ansehen die erden, werden sye erschrecken; so sye das moͤ r sehen werden, sye sich forchten, wie sy do vber gon sollent. Dan empfoen sye ein irdische bildu͗ng vnd werden sterplich. Ire speis wu͗rt sein feigen vnd hu͗ng, ir tranck wirt sein wein gemischet mit wasser. Aber Ir seel wirt ersettiget von der feisti gottes. Ir wanderu͗ng wirt sein von India bis zu͗m meer. Irem itlichem wirt nachu͗olgen ein grosse fili der glou͗bigen, die do flihent den Endechrist; welche alle zu͗tod werden geschlagen als die wu͗etende hu͗nd, welcher | leben gifftig ciij geachtet wu͗rt. Dan so werdent die heimlichen christen yn anhangen, wan sy wissen, das sy nit mogen empflien der geferlickeyt der veruolgu͗ng. Helias wu͗rt der erst vnd gebunden an ein fast hoch cru͗tz, vnd wirt mit nageln an das creu͗tz gehefft, darumb das er offt die glori des creutzes geprediget hatt, vnd was Christus am cru͗tz gelitten hat. Das er mit solcher pein abstand von solcher lere, vnd anhang dem Endechrist, vnd nit darumb, das sye yn wollen toten. Aber Helias wirt on stim am creu͗tz erstu͗mmen, vnd wirt do hangen dry tag vnd dry nacht, vnd stercken das volck als lang, bis er seinen geist vffgibt. Vnd ich sach gott, den vatter, mit den henden seines sűns sein seel empfoen vnd also sprechen: “Kom haͤ r mein lieber, wan ietzt ist kommen dein vnd mein zytt.” Vnd gott hatt yn eingefu͗rt in den himmelischen schin. Man wirt seinen leip nit lassen begraben werden zu͗ einem erschrecken der cristen. Aber: zwar die, die do ansehen werden disen heiligen | leip,
32 Jesu͗] rot unterstrichen 52 Helias] rot unterstrichen
212 | Lux divinitatis – Liber III, 14,52 – 15,10
Adorant dulia non adorabunt. Tanta ad hoc replebuntur dulcedine ex presencia sacri corporis, latria ut mortem et terrena omnia paruipendant.
Enoch superuiuere permittet Antichristus. Delectatur enim audire omnem sapienciam, quam scit Enoch de deo, ut subuertere possit eam; et ut ipsum 55 Enoch sibi possit attrahere, ut sic toti mundo dominaretur. Interim tot ab Antichristo discedent, ut ideo durius contra Enoch agere incipiat. Tunc primum eciam Enoch aggredietur ipsum in hunc modum: “Tu tocius orbis flagellum a deo missus es propter peccatum malorum et probacionem electorum. Tu habens scienciam utriusque testamenti nunc 60 uide, quem tua facta exitum prestolantur, sicut uis et placuit tibi. Secundum scripturam filius es perdicionis, sicut ipse legis. Tu celum | et Ed. 535 terram non creasti nec angelis uitam donasti. Tu hominem non fecisti nec aliquam creaturam. Quomodo poteris ergo esse deus? Opera tua falsa sunt, 65 ueritas Ihesus Christus est, qui cum Patre uiuit deus.” [15.] De morte Enoch FL VI, 15, 67-88 Iratus filius perdicionis respondit: “Qua fronte me presente hostem meum (464,32–466,22) nominas, cui gloriam meam ascribere non formidas? Ego me consolabor et de te mundum liberabo. Accipite” inquit “eum et in os eius picem fundite bulligentem! Stringite duris loris collum eius, et obmutescat continuo hostis 5 meus! Si sermones eius pati (70vb) possem, libenter diucius eum torquerem. Suspendite eum mortuum alcius omnibus maleficis, ut omnes eum intuentes in Christum credere pertimescant. Blasphemauit, reus est lese maiestatis. Doctrinam habuit uanitatis. Ego autem per multa tempora sum 10 preuisus, secundum doctrinam meam prosperabitur uita mea.”
Kap. 15: auch Ra 52 adorabunt] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL VI, 15, 48 (464,9f.) Rb, fehlt Ra | Adorant … latria] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL VI, 15, 48f. (464,10) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 231 54 permittet] permittit Ra 56 sibi … attrahere] attrahet sibi Ra | possit] posset mit EZ am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?), e und Streichung andere Tinte Rb | attrahere] attrah[er]et, et unterpungiert Rb | dominaretur] dominetur Ra 57 discedent] korr. mittels i-Strich aus descedent Rb | Enoch] eum scilicet enoch Ra 60 electorum] malorum electorum, malorum gestr. Ra 61 prestolantur] presto=¦lant[ur] Rb, prestolentur Ra 15,1 Enoch] Enoch Capitulum 70m Ra 2 respondit] respond[et] Ra 9 tempora] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL VI, 15, 74 (466,5) Rb tempora … preuisus] sum preuisus tempora mit Rb entsprechenden VZ Ra 10 doctrinam] vaH mit EZ am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb | doctrinam meam] meam|doctrinam Ra
Das liecht der gotheit – Buch III, 14,60 – 15,12 | 213
werdent mer zum glou͗ben bewegt vnd zu͗ andacht, vnd mit solcher siessigkeyt erfu͗lt vß gegenwurtigkeyt dises heiligen leibs, das sy den todt vnd alle irdische ding klein achten werden. Aber der Endechrist wirt lenger leben lossen den heiligen Enoch. Wan er hatt lust, zuhoren alle wysheit, die do Enoch weist von gott; das er sye moͤ g 65 vorkeren, vnd das er Enoch mog zu͗ ym zihen, das er also herschet vber die gantze welt. In des werden so vil abwichen vom Endechrist, das er wu͗rt anfahen herter handeln wider Enoch. Vnd dan wu͗rt Enoch an gan den Endechrist in solcher wyse: “Du͗ bist von gott gesendet ein geisel der gantzen welt vmb 70 die su͗nde der boͤ sen vnd vmb erfarn vnd prob der gerechten. Du͗ hast die kunst beider testament. Nu͗n sich an, was end deine werck erheischen, als du͗ wilt vnd dir wolgefelt, also thu͗st du͗. Nach der geschrifft bistu͗ ein suͦ n der vordamnu͗s, als dű selber listest. Du͗ hast nit geschaffen | himmel vnd erden ciiij vnd hast nit geben das leben den engeln. Du͗ hast den menßschen nit 75 gemacht, au͗ch kein creatu͗r. Wie magst du͗ dan gott sin? Deine werck sind falsch, die warheit ist Jesus Christus, der do mit dem vatter lebet gott.”
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[15.] Von dem tode Enoch Do wirt zornig der suͦ n der vordamnu͗s, wirt antwu͗rt geben: “Mit was kekheyt darstu͗ nennen meinen find in meiner gegni vnd forcht dich nit, ym zu͗legen mein glori? Ich wil mich trosten vnd die welt von dir entledigen.” 5 Vnd wirt sprechen: “Nement yn hin vnd giessent in seinen mu͗nd sidenïg bech! Knu͗pffet mit harten banden seinen hals, das do glich erstu͗mme mein findt! Mocht ich sein leer oder red hoͤ ren, so wolt ich yn gern lenger peinigen, vffhenckend yn als todt hoher dan alle ander vbeltetter; das alle, so yn ansehent, erschreckent zu͗ glou͗ben an Christu͗m. Er hatt gott gelestert. [CIVv] Er ist schuldig an der geletzte maïestat. | Er hett ein leer der itelheyt. Ich bin du͗rch vil ding vorsehen, vnd nach meiner vorordenu͗ng wirt mein leben gluckhafftig sein.”
64 Enoch] rot unterstrichen 65 Enoch] rot unterstrichen 68 Enoch1] rot unterstrichen | Enoch2] rot unterstrichen 75 gott] g korr. aus d (?) 76 Jesus Christus] rot unterstrichen
214 | Lux divinitatis – Liber III, 15,11 – 17,6
Tunc Enoch intra se orans dicet: “Sancte Pater et Fili et Spiritus Sancte, eterne et indiuisus deus, gracias ago tibi, quia me dudum elegisti et tunc pro me pati uoluisti. Oro te, propicius Deus, pro meis ouibus, iam sine pastore derelictis, conserua eas singulariter et consolare familiariter! 15 Suscipe animam meam! De corpore meo curam non gero.” Responsum diuinum, quod tunc ei dabitur, et graciarum actionem et oracionem eius uidi; et legi scriptam in libro eternitatis sic: “Dilecte fili, festina valde nunc venire ad me, quoniam sum veraciter in te! Hij, pro quibus oras, paruulos occulte per se baptizabunt. Ego uelociter eos de filio perdicionis eripiam. In corde suo fideles permanebunt, et eos de laqueo 20 desperacionis custodiam. Veni, care mi! Expecto te, tibique alludit anima mea.” | [16.] De statera in manu Christi Erit in die nouissimo coram summo Patre in manu Ihesu Christi gloriosa statera, in qua reponentur sanctissimi Christi labores et penarum, quam in mundo pertulit innocens multitudo. Erit in hac statera innocens pena, despectio cordiumque, molestia omnium, qui pro Christi amore sustinere hic supplicia meruerunt. Tunc erit equa ponderacio meritorum. Gaudebuntque, qui ibi preciosi thesauri pondera contulerunt. Virginalem sanguinem martyrumque propter Christum, illatorumque occisorum innocentum sanguine ponderabit propter innocenciam, qua in morte claruerunt.
Ed. 536; FL V, 3
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Ed. 537; | [17.] Alloquitur anima corpus suum resurgendo “Svrge, dilecte mi, et consolare recuperans omnes penas infirmitatis tue, FL VI, 35 despectionis, tristicie, exilij, lesionis et laboris! Ortus est lucifer, uidelicet natiuitas Marie virginis et conuersacio gloriosa. Refulsit sol: Christus homo factus, opera eius et glorificata ascensio. Luna in eternum stabit, hoc est: 5 nos resurgentes in eterna uita erimus inmortales.
Kap. 16: auch Ra Kap. 17: auch Ra 11 Fili] filij Rb Ra 13 pro1 … pati] pati pro me Ra | Deus] fehlt Rb Ra 17 scriptam] korr. aus script[ur]am Rb 18 sum] fehlt Rb Ra, ergänzt nach FL VI, 15, 84, vgl. Neumann 1993, S. 122 | te] te glorificabor gloriabor, glorificabor gestrichen Ra 19 eos] fehlt Ra 16,2 nouissimo] innouissimo Rb 5 qui] que Ra 17,1 resurgendo] resurgendo sequitur Surge dilecte in der letzten Zeile von Ra 170r 2 Svrge] Quomodo anima alloquitur corpus suum ¦ SVrge in der ersten Zeile von Ra 170v 4 gloriosa] r üdZ Ra 17 legi … eternitatis] vgl. Apc 17,8 17,2 Svrge … et] vgl. Ct 2,10 und 13; Ct 4,16
Das liecht der gotheit – Buch III, 15,13 – 17,7 | 215
Dan wirt betten Enoch in ym selbs sprechen: “O heiliger vatter, suͦ n vnd heiliger geist, ewiger vnd vnteillicher gott, ich sag dir danck, das du͗ mich 15 vorlangst vserwelt hast, vnd das du͗ fur mich hast wollen leiden. Ich bitt dich vmb meine schefflin, yetzt vorlassen on einen hirten, behalt sye sunderlich vnd trost sye frűntlicher! Nim an mein seell! Von meinem leip han ich kein acht.” Ich sach ou͗ch die gottliche antwu͗rt, das do ym dan wurt gegeben, vnd sach 20 auch sein dancksagu͗ng vnd bett, vnd laͤ ß sye geschriben im buch der ewigkayt also: “Lieber suͦ n, eyl fast, kum yetzt zu͗ mir, ich hon warlich ein lu͗st in dir! Dise kindelin, fur welche du bittest, werden sye selber durch sich selbs doűffen. Vnd ich wu͗rt sy schnel erloͤ sen von dem suͦ n der vordamnűs. In yren hertzen werden sye gloubig bliben, vnd wirt sy behu͗ten vom strit 25 der verzwifelu͗ng. Kum haͤ r, mein lieber! Ich wart dein, vnd mein seel spilet mit dir.” cv | [16.] Von der wag in der hand Jesu Christi In dem letsten tage wu͗rt sein vor dem hochsten vatter in der hand Jesu Christ ein eerliche wag, vff welchi werden gestelt die heiligste arbeit Christi vnd die vnbeschu͗lt vili seiner pein, die er lidet in der welt. In diser wag wu͗rt 5 sein die vnschu͗ldig pein, verachtung der hertzen vnd tru͗bnu͗s aller derer, so vmb liebi Christi hie hon vordient pein leiden. Dan wu͗rt sein ein gleiche wegung der vordienen. Vnd die werdent sich frowen, die do hingelegt haben die bu͗rde eines edlen schatz. Er wu͗rt wegen das iűngfrowlich blűtt vnd der marterer, das do sye vßgegossen hand vmb Christo, vnd vnschuldig 10 getodet vmb der vnschu͗ld wegen, mit der sye im tod durchleu͗cht sind gewesen.
[17.] Also redet an die seel yren leip in seiner vrstende “Stand vff, min gelipter, vnd troͤ ste, hersetz alle pein deiner blodigkeyt, der verschmaűng, der tru͗rigkeyt, des elends, der letzu͗ng vnd der arbeit! Lu͗ci[CVv] fer, der liechttrager, ist vffgangen, | das ist die geburt Marie der iűngfrowen 5 vnd yr eerlicher wandel. Die sonn hatt geschinen: Christus mensch worden, seine werck vnd eerliche himmelfart. Der mon wu͗rt ston in ewigkeyt, das ist: Wir, so wir vffston, werden vnsterplich in dem ewigen leben.
15,22 werden] davor werden gestr. 25 Kum] Kunn 26 mit dir] am rR 16,2 tage] korr. aus tagen Jesu … ein] rot unterstrichen 5 hertzen] davor letzten zyt rot durchgestr. 9 Christo] rot unterstrichen 11 gewesen] am rR 17,5 Christus … worden] rot unterstrichen
216 | Lux divinitatis – Liber III, 17,7 – 10
Olim omnis salus mea fuit in te, nunc omnis consolacio tua manet in me. Nisi enim redijssem ad te puluerem, nullus erexisset te. Eternus dies illuxit, in quo nobis merces pro laboribus tribuetur.” Hec sunt uerba anime ad corpus suum in die resurrectionis nouissime.
10
8 dies] dies il, il gestr. Rb | illuxit] tibi illuxit Ra 10 Hec … nouissime] vgl. Überschrift von FL VI, 35
Das liecht der gotheit – Buch III, 17,8 – 13 | 217
Ettman war alle mein heil in dir, yetzt blibt aller deiner trost in mir. Wan, wer ich nit widerkommen zu͗ stau͗b oder pu͗lu͗er, so hett dich niemant 10 vffgehept. Der ewig tag schinet yn, in welchem vns der lon wu͗rt gegeben vm die arbeit.” Das sind die wort der seel zu͗ irem leip in dem tag der letste vrstend. Ein end des dritten bűchs
Pulchre disceptacio [1.] Incipit liber quartus (71ra) Excitat amor animam pigram – Secunda excitantis et parte xxiij excusantis
Ed. 539; FL II, 23, 4–33
Amor sic alloquitur animam: “O stulta et insipiens anima, vbi nunc es et vbi (114,25–116,37) est habitacio tua? Ad quid uiuis et vbi requiescere poteris? Ex quo non diligis delectabilem deum supra uoluntatem tuam et super omnem virtutem 5 tuam?” Respondit stulta dicens: “Noli me inquietare excitando! Nescio quid loqueris michi.” Amor dixit: “Reginam excitare licet, cum aduentus appropinquat regis.”
Anima dixit: “Ego ordinem sanctum porto. Ieiunio, sine crimine uiuo, satis 10 ligata sum regulis et conclusa.” Amor dixit: “Quid prodest, quod uas uacuum multo ligamine constringitur, cum tamen uinum effluere videatur? Impleatur ergo lapidibus, exteriorum scilicet laborum, et transitorijs rerum temporalium cineribus.” Anima dixit: “Ego uoluptate carnalium cognatorum et spiritalium amicicia perfruor dilectorum. Et quomodo possum uoluptuose diligere, cuius speciem non ualeo uidere?” Amor dixit: “O quod non cognoscis eum, cuius nomen dulce tam frequenter audis! Plus uersatur occupacio tua circa tuum caninum corpus, quam erga eum, cuius nomen est Ihesus Christus. Cuius propterea gloria priuabitur spiritus tuus.” Anima dixit: “Ego uiuo secundum propriam uoluntatem, quam libenter expleo iuxta meam possibilitatem.” | Amor dixit: “Si deo uis adherere fideliter, oportet te karitatem eius sequi spiritaliter.” Anima dixit: “In potestate et libidine mei corporis requiesco.” Amor dixit: “Erubesce, obsecro, quod nomine gloriaris religioso, et occuparis per omnia corpore tuo!” Anima dixit: “Quomodo sustentarem et uiuerem, si tuis consiliis obtemperarem?”
15
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Ed. 540 25
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Kap. 1: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: sämtliche Sprecherangaben und Z. 38 (Cum – ero) 1,1 Incipit … quartus] fehlt Ra | Excitat] vaH am äußersten linken oR: liber 4to, zwischen den beiden Spalten auf der Seite: 3[us], halb darüber (mit Bleistift) vaH eine 4 Rb | Pulchre … excusantis] vaH über der Mitte der linken Spalte am oR, Lesung von p[u]lc[hr]e unklar Rb, fehlt Ra | Secunda … xxiij] fehlt Ra 4 quo] qua Rb 5 deum] d'm, korr. aus d[omi]ni Rb 9 Reginam] Regina[m], Nasalstrich radiert Rb 10 Ieiunio] ieiuno Ra 16 uoluptuose] uose auf Rasur geschrieben Rb 17 uidere] mit FZ Ra 19 erga] ga Ra 29 sustentarem] sutentarer Ra | si tuis] auf Rasur geschrieben Rb 30 obtemperarem] über dem letzten m Nasalstrich radiert Rb
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20 [CVIv]
[1.] Hie fahet an das vierd bűch. Die liebin vfferweckt die trege seel also Die liebin redet also zu der Seel: “O dorechte seel vnd vnwise seell, wo bistu͗ nu͗n vnd, wo ist dein wonu͗ng? Warzu͗ lebestu͗ vnd wo wirstu͗ mogen ru͗wen, so | du͗ nit libhast den lustigen gott vber deinen willen vnd vber alle deine cvj krefft?” Antwort die vnwise seel sprechend: “Mach mich nit vnru͗wig vnd vffweckend! Ich wais nit was du͗ redest.” Sprach die liebin: “Es ist zimlich, das die ku͗nigin vffgeweckt wu͗rt, so der konnig zu͗nachet zu͗kommen.” Anttwurt die seel: “Ich trag ein heilligen orden. Ich fast, ich wach, ich leb on su͗nd, ich bin genu͗g bu͗nden vnd beschlossen mit regeln vnd gesetzen.” Sprach die liebin: “Was ist es nu͗tz, das ein leer vaß gebunden wu͗rt mit vil reiffen, so doch der win dennocht vßherflu͗ist? Darumb sol es gefűlt werden mit steinen der vßwendigen arbeyt vnd mit aͤ schen der zergenglichen zïtlichen gu͗eter.” Antwurt die seel: “Ich nűïß dem wollu͗st der leiplichen freu͗den vnd nűïß die fru͗ntschafft der geistlichen gelibten. Vnd wie mag ich wollustig liebhaben den, des gestalt ich nit mag sehen?” Sprach die liebin: “O we, das du͗ nit kennest yn, des su͗essen namen du͗ so offt hoͤ rest! | Du achtest mer deinen hűndischen leib dan den, des namen ist Jesus Christus. Darumb so wirt dein geist berau͗pt seiner glori.”
Antwurt die seel: “Ich leb nach eignem willen, welchen ich gern erfull nach meinem vormogen.” 25 Do sprach die liebin: “Wiltu͗ gott trulich nachkommen, so mu͗stu͗ geistlich nachkommen seiner liebin.” Antwu͗rt die seel: “Ich ru͗we in dem gewalt vnd lu͗st meines leibs.” Sprach die liebin: “Ich bitt dich, beschem dich, das du͗ dich beru͗mest eines geistlichen namens vnd wandlest gar vff deinen leip!” 30 Antwort die seel: “Wie mocht ich leben vnd mich vfferhalten, solt ich volgen deinen retten?”
1,22 Jesus Christus] rot unterstrichen
220 | Lux divinitatis – Liber IV, 1,31 – 2,10
Amor dixit: “O infidelis! Qui animam adeo nobilitauit, quod cibum eius sit deus eternus, numquam inpastum relinquet de terra plasmatum mortale corpus.” Anima dixit: “Tu dure increpas me. Si scirem, quis et vbi esset, ad eum 35 adhuc conuerti sensus meus posset.” Amor dixit: “Si uis cum ipso in libertate iocunda et nobili habitare, oportet te primum habitacionem praue consuetudinis abnegare.” Anima dixit: “Cum quod melius est cognouero, hoc eligere parata ero.” Amor dixit: “O quam multi hoc non faciunt, qui iuxta doctrinam plura sapiunt: ut se tradant potestati nudi ac simplicis amoris fiduciam habentes 40 in eo, cui cura est de nobis. At mera simplicitas, que sinceritate pura deum intendit: huic se ipse dignanter inclinat et proinde attendit.” Anima dixit: (71rb) “Putabam ego, cum religiosam uestem induissem, quod ualde ardua conscendissem.” Amor dixit: “Quid prodest, quod dormienti clara uestis induitur, eique 45 ciborum apparatus deliciosus apponitur, cum hijs soporatus et dormiens non utatur? Eya dilecta, permittas te excitari et euigila!” [2.] In eodem Anima dixit: “Eya, nunc dicito michi, vbi sit habitacio eius?” Amor dixit: “Nullus dominorum inuenitur, qui in omnibus domicilijs suis simul habitare ualeat preter ipsum solum, qui in pace sancte karitatis habitat. Ibi cum dilecta secrete colloquitur in angusta mentis solitudine, eamque complectitur in amoris sibi complacens plenitudine. Intuentem se amanti salutat oculo, deosculatur speciosam oris sui osculo, contingit virginem tactu mundissimo in flo|rido castitatis lectulo. Ibi prouehitur ad summum bonum et experitur amantissimum verum, cum coniuncta fuerit ei vere. Ibi ei erit bene super bene et pax super pacem exsuperans sensum
FL II, 23, 33–56 (118,1–32)
5
Ed. 541 10
Kap. 2: auch Ra und Be1 (Z. 32f.) — ohne Entsprechung in FL: sämtliche Sprecherangaben, Z. 18–20 (circumspice – maneas), 28 (ut1 – sublimia), 28f. (ut2 – quiescere), 30 (Ego – suscipio), 30f. (enim – se), 31f. (Intellige – ponderacio) 31 infidelis] infelix et infidelis Ra | cibum] cibus Ra 32 relinquet] relinq[ui]t Rb 36 Si … abnegare] am lR MZ Rb 41 pura] ptaur (?) pura, ptaur (?) gestr. Ra 42 attendit] intendit Ra 2,1 In eodem] keine Überschrift, aber n. Abs. und Kapitelinitiale Ra 8 castitatis] castitas Rb Ra 9 fuerit ei] ei fuerit Ra 10 bene2] bone (?) Ra 40 fiduciam … nobis] vgl. Is 30,2; I Pt 5,7 2,7 deosculatur … osculo] vgl. Ct 1,1 8 in … lectulo] vgl. Ct 1,15
Das liecht der gotheit – Buch IV, 1,32 – 62 | 221
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Sprach die liebin: “O vntru͗we! Der, der do also geeret hatt die seell, das er yr speiß sey ewiger gott, wirt nymmer vngespeiset lassen den sterplichen leip, den er von der erden gemacht hatt.” Antwort die seel: “Du͗ farst mich hoͤ rt an. Wisset ich, wo vnd wer er were, so mocht zu͗ ym mein sin bekert werden.” Sprach die liebin “Wiltu͗ mit ym wonen in frolicher vnd adellicher freyheit, cvij so mu͗stu͗ vor abstellen | die boͤ se gewonheit.” Antwurt die seel: “So ich wu͗rt erkennen, was das best ist, dasselbig bin ich bereit, mir vßerwelen.” Sprach die liebin: “O wie vil thu͗nt das nit, welche neben der kunst vil erkennen: das sye sich geben dem gewalt der blosse vnd der einfaltigen liebin vnd hond ein hoffnu͗ng in den, der do sorg hatt vber vns. Aber die lau͗ter einfaltigkeyt, die in lu͗tterer reinigkeyt in gott lendet: der selbige neigt er sich selbs gu͗twillig vnd merckt yr auff fleissiglich.” Antwort die seel: “Do ich ein geistlichs kleidt hett angethon, do vormeint ich, ich wer zu͗ grossen dingen vffgestigen.” Sprach die liebin: “Warzu͗ ist es nu͗tz, das man einem schlaffenden ein klares kleidt anthu͗t vnd das ym furgesetzet wirt ein wolbereite speiß, so er dises nit mag bru͗chen, alweil er schlafft? Eya du͗ liebe, laß dich vffwecken vnd erwach!”
Sprach die seel: “Eya, nu͗n sag mir, wo ist sein wonűng?” Antwu͗rt die liebin: “Keiner vnder den herren wurt gefűnden, der do zu͗mal v [CVII ] wone in allen seinen heu͗sern, dan | allein der, der do wonet im fride der heiligen liebin. Do redet er mit der liebin heimlich in der enge einigkeyt des gemu͗ets vnd vmfacht sye in der volli der liebin, dar Inne er hatt einen wolgefallen. Er gru͗sset mit leiplichem au͗g, die do yn ansicht, er ku͗sset die schoͤ ni mit dem ku͗ß seines mu͗ndes, er rieret an die iungfrowen mit 60 allerreinistem angreiffen in dem gru͗nenden bette der kwscheit. Do gat sye zu͗ dem hochsten gutt vnd erfart den warlichen allerlibsten, so sy ym warlichen voreiniget ist. Do wirt ir wol vber wol sin, vnd der frid vber frid,
42 der blosse] korr. aus vnde[r]|blosse, vn gestr. 57 vnd] vmd, d korr. aus b
222 | Lux divinitatis – Liber IV, 2,11 – 3,6
omnem. Eya nunc, dilecta, non resistas sed permittas te amari, nec prohibeas id amare cum amaritudine!” Anima dixit: “Qui sunt, qui cum amaritudine hoc prohibent?” Amor respondit: “Hij sunt, qui se et alios suis iniquitatibus onerant et inpugnant. Nunc quoque narrabo tibi, quis sit, de quo tibi persuadeo. Ipse 15 est celsitudo altissima, que se inclinauit in huius uallis profundissima; et hec uallis infima eleuauit se et transcendit omnia celorum fastigia. O anima insipiens et stolida, circumspice hic infima et leua oculos tuos ad illa tam sublima! Vnge oculos tuos collirio, ut uideas eum, cum quo semper 20 maneas!” Anima dixit: “Ex quo propter me summus descendit ad infima, tribuitque se michi cum omni creatura alia: perpetua michi foret verecundia, quod mea turpia et uilia non dedi precia, ut acciperem aurea et preciosa premia. Ve michi, vbi fui infelix et ceca, quod tamdiu uixi carens caritate diuina, per quam procul dubio omnes uicissem miserias et contrarias inimicorum 25 insidias. Nunc ego paupercula, quamuis innumera neglexerim premiorum merita, opto adhuc relictis omnibus mundanis amplexibus ire extra omnia, ut uadam ad amoris sublimia. Eya amor, dignare me adhuc suscipere, ut ualeam in te quiescere!”
Respondit amor: “Ego te suscipio. Deus enim omnibus communicat se, et 30 nulli se denegat. Intellige que dico: Hoc est iustum commercium et equa ponderacio: qui vvlt habere, quod cupit, relinquat, quod diligit. Et qui querit, quod amat: abneget, quod affectat!” FL I, 1 (71va) [3.] De colloquio anime et caritatis – Prima parte i Occurrens anima karitati salutauit eam reuerenter dicens: “Ave, mi sancta caritas!” Respondit: “Saluet te deus, regalis anima.” 5 Anima dixit: “O caritas, tu es ualde perfecta.” | Respondit: “Propterea sum super omnia preelecta.” Ed. 542
Kap. 3: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: sämtliche Sprecherangaben 12 cum amaritudine] id est cum amaritudine vaH in Fortführung der Zeile am rR in Entsprechung zu FL II, 23, 41f. (118,11f.) Rb 15 tibi2] mit rot überschriebenem EZ am lR Ra 19 sublima] sublimia Ra 30 communicat] co[ni]cat Rb 33 querit] vvlt querit, vvlt gestr. Rb | affectat] korr. aus effectat, erstes e mit blasserer Tinte, at noch einmal mit Rot (a nicht doppelstöckig) überschrieben Rb 3,1 Prima … i] fehlt Ra 18 leua … tuos] vgl. Gn 13,14 und 31,10; Is 49,18 und 60,4; Ier 3,2 u.ö. 19 Vnge … uideas] Apc 3,18
Das liecht der gotheit – Buch IV, 1,63 – 2,6 | 223
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der do vbergatt allen sin. Eya du͗ liebe, stell dich nit darwider, sunder laß zu͗, das du libgehabt werdest vnd were nit das lieben!” Antwu͗rt die seel: “Welche sind die, die do mit bitterkeyt das vorbitten?” Sprach die liebin: “Die sind es, welche sich vnd die andern mit su͗nden beladen vnd bestritend. Nu͗n wil ich au͗ch dir sagen, wer der sey, von welchem ich dir ratt. Er ist die hoͤ chste hohin, welche sich geneigt hatt in die dieffeste dieffe dises dales; vnd dises dieffetz tall hatt sich vff|gehopt cviij vnd hatt vberstigen alle hoͤ hi der himmeln. O dorechtige vnd vnwise seell, vmbsich die vndersten ding vnd heb vff deine ougen zu den hohesten! Salb deine au͗gen mit aűgen salben, das du͗ ansihest den, bey dem du͗ allwegen blibest!” Antwurt die seell: “So vmb meinetwegen der hochst ist abgestigen zu͗ den nidersten vnd hott sich mir gegeben mit allen andern creatu͗ren, so wer es mir ein ewige schand, das ich nit gebe mein schantliche vnd schnode kron, das ich empfing gulden vnd kostlichen lon. We mir, wo bin ich blinde vnd vnselige gesin, das ich so lange gelept hon vnd gemangelt der gotlichen liebin, durch welche ich on zwyfel vberwu͗nden hett alle arbeitseligkeyt vnd die widerwertige findtschafft der finde. Darumb ich vnsellige arme, wiewol ich hon vorsu͗met vnzalliche verdienen der lon, so beger ich noch zu͗gon vß allen, so ich vorlassen hon, weltlichen froͤ den, das ich ku͗m zu͗ den hohen dingen der liebin. Eya du͗ liebin, | laß mich noch empfaen, das ich mog in dir ru͗wen!” Sprach die liebin: “Ich empfach dich. Wan gott mitteilt sich allen vnd schlacht sich niemants abe. Erken was ich sag: Das ist der gerechte kou͗ff vnd gliche wegu͗ng: Welcher wil hon, das er begert, der verlaß, das so er liebhatt. Vnd der do su͗cht, das er libhatt, stell ab, das er begert!”
[2.] Von dem mitredenn der seel vnd der liebin Die sell kam entgegen der liebin vnd gru͗st sy sprechende: “Eya, du͗ mein fraw heilige liebin!” Antwu͗rt die liebin: “Got gru͗ß dich, o ku͗nigliche seel!” 5 Sprach die seel: “O liebin du͗ bist fast volkommen.” Antwu͗rt die liebin: “Darumb bin ich vber alle ding erwelet.”
69 cviij] cvilj 83 laß] l wg. Fleck schlecht lesbar 2,1 liebin] am Ende der vorhergehenden Zeile 2 sprechende] sprechen
224 | Lux divinitatis – Liber IV, 3,7 – 34
Anima dixit: “Hoc opus tuum extitit ab eterno, ut celsitudinem sancte trinitatis compelleres, ut se totam transfunderet in humilem Marie virginitatem.” 10 Respondit karitas: “O anima, hec est tua gloria et gloriacio sempiterna.” Et dixit anima: “O caritas, tu uenisti nunc ad me, et omnibus, que in hoc mundo habui et possedi, expoliasti me.” Et dixit karitas: “O anima, fidele est hoc commercium et utilis commutacio.” Et anima: “Caritas, tu meam puericiam adnichilasti.” Respondit caritas: “O anima, pro hac libertatem tibi celestem concessi.”
15
Et dixit anima: “Karitas, tu michi florem iuuentutis abstulisti.” Respondit: “Pro hac multas sanctas uirtutes retribui tibi.” Et dixit anima: “Tu michi parentes et amicos et bona temporalia rapuisti.” Respondit caritas: “Eya regalis anima, hec est uilis querimonia.” Et ait anima: “Tu tulisti a me seculum et honores eius et diuicias eius 20 omnes.” Respondit karitas: “Hec ego tibi omnia in una hora per spiritum meum pro uoluntate tua restituam in hoc mundo.” Et dixit anima: “Tu me sic fortiter constrinxisti, quod corpus meum 25 doloribus fere in nichilum redegisti.” Respondit karitas: “Pro hoc multa te cognicione ditaui.” Et anima: “Tu carnem meam et sanguinem meum expendisti.” Respondit karitas: “Ex hoc purificata es et in deum eleuata.” Et ait anima: “Karitas, tu es raptrix uiolentissima! Adhuc in multis es michi 30 debitis obligata.” Respondit karitas: “O anima, pro hijs accipe memetipsam!” Et dixit anima: “Nunc satisfactum est michi centuplum in hac uita.” Et dixit karitas: “O anima, adhuc preter deum, quem prehendes, possidebis regnum dei.”
15 tibi celestem] celestem tibi Ra 22 omnia … hora] in vna hora omnia Ra 23 restituam] restituam tibi, tibi gestr. Ra 26 Pro] per Ra 33 prehendes] p[re]hens Rb Ra, Konjektur nach Neumann 1993, S. 4, Anm. zu FL I, 1, 24
Das liecht der gotheit – Buch IV, 2,7 – 39 | 225
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Sprach die seell: “Das ist dein werck gesin von ewigkeit, das du͗ zwingest die hohi der heiligen dryfaltigkeyt, das sy sich gantz ingoß in die demu͗tige iungfrowschafft Marie.” Antwu͗rt die liebin: “O seel, do stat dein glorj vnd ewig herschu͗ngs.” Do sprach die seel: “O liebin, du͗ bist nu͗n zu͗ mir kommen vnd hast mich cix berau͗pt aller der dingen, so ich | hett vnd besaß in der welt.” Antwu͗rt die liebin: “O seel, das ist ein sellige kromschafft vnd ein nu͗tze vorwandelung.” Sprach die seel: “O liebi, du͗ hast mein kinthayt zu͗ nichtz gemacht.” Antwurt die liebin: “O seel, vmb sye hon ich dir geben die himmelische freyheyt.” Sprach die seel: “O liebin, du͗ hast mir hinweg genommen den blom meiner iu͗gent.” Antwurt die liebin: “Vm sye hon ich dir geben vil heiliger tu͗gent.” Sprach die seell: “Du͗ hast mir genommen mein elter, freu͗nd vnd zitlich gu͗tt.” Antwurt die liebin: “Eya, du͗ ku͗nigliche seell, das ist dein schnode klag.” Sprach die sell: “Dű hast von mir tragen die welt, yr eer vnd alle ir reichtu͗mb.” Antwűrt die liebin: “Dise alle ding wirt ich dir in einer stu͗nd durch mein geist nach deinem willen widergeben in diser welt.” Sprach die seel: “Du͗ hast mich also stack zűsammen zwungen, das du͗ garnach meinenn leib zu͗nicht gemacht hast.” Antwurt die liebin: “Vmb das hon ich dich reichgemachet mit vil erkantnu͗s.” | Sprach die seel: “Du͗ hast mein fleisch vnnd blutt vorzeret.” Antwu͗rt die liebin: “Au͗ß dem bistu͗ gereiniget vnd in gott vfferhept.” Vnd sprach die seel: “Liebin, du bist die gewaltigste rau͗berin. Du bist mir noch ein schuldnerin in vil dingen.” Antwu͗rt die liebin: “O seel, vmb dise ding nim mich selbs.” Sprach die seel: “Nu͗n ist mir genu͗g bescheen hunderfaltig in disem leben.” Antwűrt die liebin: “Seel, noch on gott, den du͗ liebhast, wurst du͗ besitzen das reich der himmel.”
13 die] wg. Fleck schlecht lesbar | kromschafft] r üdZ 29 meinenn] m mit Rot auf schwarz verwischter Korrektur geschrieben
226 | Lux divinitatis – Liber IV, 3,1 – 5,6
Ed. 543; | [4.] De studiosa anima ad deum suum – Secunda parte xxv innumerabilis thesaurus in diuicijs, incomprehensibilis in FL II, 25, 5–38 mirabilibus multis, maiestas interminabilis in potencia tue nobilitatis! Quis (126,9–128,23) michi dolor sit, cum michi parcis, omnis creatura narrare non sufficit, quia meror est inuisibilis. Mors esset michi dulcior quam pena hec intollerabilis. 5
Triplex laus dei “Deus
6 neccessaria Quero te meditacionibus, sicut dilectum iuuencula modis occulcioribus. volenti amatum Fioque multum fragilis ligata tuis uinculis. Forcius me est hoc (71vb) apprehendere
uinculum, vnde non habeo cor amore liberum. Clamo ad te cum desiderio in uoce exuli. Expecto te cum cordis merore nescia requiei. Ardeo 10 inextinguibiliter in tui amoris calore.
Sequor te festina currens in vngenti odore. Si gygantis uires haberem fortissimi, illas vere consumerem currens et querens uestigia sponsi velocissimi. Eya dilectissime, noli me diu precurrere! Requiesce suauiter, ut te comprehendam veraciter! Eya domine, cum michi omne, quod a te habeo, abstuleris, presta michi per 15 graciam, quod canis habet per naturam, ut tibi fidelis sim in mea tribulacione sine tedio! Hoc magis procul dubio quam celi gaudia cupio.” Commendat [5.] Dolet anima quot parcit ei deus – In eodem animam sponsus in 6 “Columba mea, audi me! Sapiencia mea sic excellit te, quod ordino dona
FL II, 25, 39–67 (128,24–130,18)
mea in te, ut corpus tuum fragile ualeat sustinere. Occulta tua infirmitas me preualet inuenire, cordis tui molescia cogit me, cursus tuus uelox post me lassat et sistit me. Nam quero refrigerum in tui cordis mundicia, in quo 5 constrictus sum per uincula cordis tui.
Kap. 4: auch Ra Kap. 5: auch Ra und Be1 (Z. 11f.) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 14 4,1 Secunda … xxv] fehlt Ra 2 Triplex … dei] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL II, 25, 3f. (126,7f.) in der Einsiedler und Colmarer Hs., vgl. Neumann 1993, S. 219 | innumerabilis] in mit EZ üdZ Rb 6 Quero] korr. aus Quod Rb, Quod Ra | 6 … apprehendere] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL II, 25, 13f. (126,17f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 219 15 presta] p[re]ra Rb 5,1 Commendat … 6] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL II, 25, 33f. (128,18f.) in der Einsiedler und Colmarer Hs., vgl. Neumann 1993, S. 219 | In eodem] fehlt Ra 3 fragile] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL II, 25, 42 (128,27) Rb 4 preualet] preualeat, zweites a unterpungiert Rb 4,11 Sequor … odore] vgl. Ct 1,3 und 4,10 11 – 13 Si … velocissimi] vgl. Ps 18,6 5,2 Columba mea] vgl. Ct 2,10 und 14; Ct 5,2 und 6,8
Das liecht der gotheit – Buch IV, 3,1 – 4,7 | 227
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[3.] Von der gelirnige seel zu irem gott “O gott, der du bist ein vnzallicher schatz in den richtu͗mben, vnbegreifflich in vil wunderbarlichen wercken, ein vnentliche maiestat im gewalt deines adels! Was schmertzen ich hab, so du͗ mir vbersichts, mocht all creatu͗r nit gnu͗gsam sagen, wan es ist ein vnsichtbarlicher schmertz. Der todt wer mir su͗esser dan dise vnleidliche pein. Ich su͗ch dich als eine tochter yren lieben | ietzt mit heimlicher cx betrachtungen. Vnd ich wirt fast schwach gebunden mit deinen banden. Dis band ist starcker den ich, do haͤ r hon ich nit ein frey hertz mit der liebin. Ich schrey zu dir in begird mit ellender stim. Ich wardt dein mit schmertzen meines hertzens. Ich weis kein rw. Ich brenn vnvßleschlich in der hitz deiner liebin. Ich volg dir nach yllends vnd lauff in dem geschmack der wolrichender salbe. Hett ich die krefft eines starckesten risen, die wolt ich warlich vorzeren mit lau͗ffen vnd mit su͗chen die fueßstapffen des aller schnellesten gespons. Eya du allerlibster, lau͗ff mir nit lang vor! Ruwe sussiglich, das ich dich warlich hergreiff! Eya du͗ herr, so du͗ von mir hinweg nimst alles, so ich von dir hon, gib mich du͗rch gnad, das do ein hund hat durch natu͗r, vff das ich dir trew sey in meinem trubsal on verdru͗s! Das on zweyfel beger ich meer dan die freud des himmels.”
[CXv] | [4.] Die seel lidet schmertzen, das ir gott vbersicht
“Mein daub, hoͤ r mich! Mein weisheit vbertrifft dich also, das ich ordnen mein gab in dir, das dein leip mogs erleiden. Dem heimliche kranckheit vormoge mich zu͗ finden, die kommernu͗s meines hertzens zwingt mich, 5 dein schneller lauff nach mir machet mich mu͗ede vnd macht mich stillston. Wan ich su͗ch erku͗elung in der reinigkeyt deines hertzens, in welchem ich gefasset bin mit den banden deines hertzens.
3,9 starcker] üdZ für gestr. der corper 18 du͗1] über dem u͗ etwas mit Rot gestr. 4,6 welchem] welchenn
228 | Lux divinitatis – Liber IV, 5,7 – 6,11
Suspirium tuum abstulit a te iusticie mee iudicium. Concordat nostra affeccio: nam quacumque diuidamur, nolo esse sine te; et tu langues nec quicquam preuales preter me. Quantumcumque leuiter contingam te, valde tamen affligo te in fragili tuo corpore. Si tuis uotis annuens tibi semper 10 offerrem me in terris, ipse | priuarem me hospicio grato tuo pectore. Mille Ed. 544 corpora nequaquam possent amanti anime plene exsoluere uota sua. Ideo: tanto martir gloriosior, quanto amor fuerit sublimior.”
Dicit anima: “O domine, nimis parcis putrido carceri, in quo bibo aquam mundi et manduco cum miseria bucellam panis subcinericij, vvlnerataque 15 sum ad mortem telo amoris tui igneo. Nec vngentum adhibes, ut a dolore me liberes.” FL II, 25, 68–96 [6.] Consolacio sponsi ad animam – In eodem “O predilecta domina, quamdiu crvciaberis hac impaciencia? Cum te (130,19–132,10) vvlneribus grauissime saucio, tunc tibi mox vngenta salutaria amanter adhibeo. Diuiciarum mearum magnitudinem sola possidebis, et super meipsum potestatem habebis. Ego ex intimis meis amo te. Si stateram 5 habueris, aurum a me quamplurimum reportabis! Omne, quod propter me gessisti, obmisisti et pertulisti: equo pondere et (72ra) mensura bona tibi restituam, teque super meipsum liberaliter secundum uoluntatem tuam in eternum gratis constituam.” Anima dixit: “Duo quero a te, domine; responde michi secundum graciam 10 tuam! Cum oculi mei tristantur exuliter, et os meum tacet simpliciter, et
Kap. 6: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 6–9) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 10 7 tuum] vaH in Fortführung der Zeile am rR in Entsprechung zu FL II, 25, 49 (128,34) Rb 8 quacumque] quantumcumque Ra | langues] darüber Nasalstrich radiert Rb, languens Ra 9 quicquam] quidque Ra | contingam] tangam Ra 11 me1] mit EZ am rR Ra 12 exsoluere … sua] vota sua exoluere Be1 Ideo] Hinc Be1 13 tanto … gloriosior] martir fit tanto gloriosor Be1 | martir] vaH mit EZ am rR für gestr. m[ate]r (korr. nach der lateinischen Vorlage?) Rb | amor] in amore Be1 | sublimior] perfectior Be1 6,1 In eodem] fehlt Ra 3 vvlneribus … saucio] grauissime saucio vvlneribus Ra | tibi] michi Rb 5 meipsum] me ipsam Rb, me mit EZ am rR Ra 7 obmisisti … pertulisti] pertulisti vel omisisti Be1 equo … restituam] mensura equa tibi refundam Be1 | mensura bona] mensuram bonam Ra 8 meipsum] ipsum fehlt Be1 | secundum uoluntatem] ad nutum Be1 | tuam] tuum Be1 | in … gratis] gratis in eternum Be1 9 gratis] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL II, 25, 78 (130,29) Rb, s. dazu Neumann 1993, S. 44 | constituam] constituam ad faciendum diuine quicquid volueris Be1 15 bucellam panis] Gn 18,5 | panis subcinericij] vgl. Gn 18,6; Idc 7,13
Das liecht der gotheit – Buch IV, 4,8 – 5,11 | 229
Das ersufftzen hat von dir hinweg genommen das vrteil meiner gerechtigkayt. Vnser begird ist gleichhellig: wan in was weg wir getrent 10 werdent, so wil ich nit on dich sein; vnd du͗ sieche vormagst dich nichts mit ettmar on mich. Wie fast leicht ich dich wirt anru͗ren, so wirt ich dich doch fast peinigen in deinem schwachen leip. Wolt ich deinen begirden genu͗g sin vnd entbott mich dir alltzit vff erden, so beraupt ich mich der angeneme herberg deines hertzens. Du͗sent leip mochten nit einer liebhabende seel 15 vßrichten yre begird volkommiglichen. | Darumb so eerlicher ist dein cxi marter, wie hoher wirt sein dein liebin.” Spricht die seel: “Du͗ schonest zu͗ vil dem stinckenden kerker, in welchem ich drinck das wasser der welt vnd isß mit arbeitseligkeyt das bißlin eines eschen brottlins, vnd ich bin vorwundet bis zum tode mit den fu͗rin pfeilen 20 der liebin, vnd du͗ hebst nit herzu͗ wolrichende salben, das du͗ mich von dem schmertzen entledigest.” [5.] Ein trost der gespons zu der seel “O du liebste fraw, wie lang wu͗rstu͗ gepiniget mit diser vngult? So ich dich mit wűnden schwerlichen verwűnde, dan so gib ich harzu͗ lieblich heilsame salben. Du͗ wurst allein besitzen die grosse meiner reichtu͗mb vnd wurst 5 gewalt haben vber mich selbs. Ich hon dich lieb vß meinem Innerlichen hertzen. Hastu͗ ein pfenning, so wurstu͗ vil goldes von mir tragen! Alles, das du͗ vmb meinen willen hast gethon, vnderwegen gelon vnd gelitten, wird ich dir widerkeren mit glicher wag vnd mit guter maͤ ß, vnd wirt dich [CXIv] freiwilliglich | nach deinem willen ewiglich vber mich selbs stellen.” 10 Sprach die seell: “Zway ding frag ich von dir, o herr; gib mir antwu͗rt nach deiner gnad! So mein ou͗gen ellendiglich tru͗rent vnd mein mu͗nd
230 | Lux divinitatis – Liber IV, 6,12 – 7,22
lingua ligatur misere, sensusque mei querunt, quid michi sit: tunc totum, domine, michi est pro te. Cum caro mea deficit, sanguis exsiccatur, ossa frigescunt, nerui contrahuntur, cor liquescit pre tuo amore, anima fremuit famelici leonis more: quomodo michi tunc sit, et vbi tu sis, indica michi, 15 domine predilecte!” FL II, 25, 97-142 [7.] Confabulacio sponsi et sponse ualde dulcis – In eodem Respondit dominus: “Tu es velud sponsa recenter nupta, a qua dormiente (132,11-134,21) dilectus latenter recessit, super quem cor suum inclinauerat plena fide, cuius absenciam nec horam poterit sustinere. Que, cum euigilans eum habere non poterit, | ymaginem eius sensv reuoluit. Vnde dolor inchoat et Ed. 545 querela plangit. Antequam sponsus sponsam traducat ad propria, frequenter tristatur sponsa carens eius presencia. Ego ad te uenio pro meo desiderio, cum uolueris. Interim disciplinata esto et quieta, et tuam tristiciam occulta! Ex hoc enim incrementum suscipit amoris tui virtus et potencia. 10
Nunc dicam tibi, vbi tunc sum: in memetipso sum in omni loco et in omni creatura, sicut fui ab inicio. Expecto te in deliciarum orto, et flores unionis dulcissime tibi carpo. Lectumque cognicionis de gramine odorifero tibi sterno. Sol splendidus mee deitatis fulget super te de mirabilibus absconditis delectabilitatis mee, de quibus modicum familiariter 15 descripsisti. Ibi inclinabo ad te arborem trinitatis altissimam, decerpesque inde viridia alba, et rubea sapidissime humanitatis mee poma. Et obumbrabit te Sancti Spiritus umbra ab omni terrena tristicia, et fugiet a te cordis molestia.
Cumque arborem circumplexa fueris, docebo te virginum canticum: 20 melodiam, verba, dulcem resonanciam, quam nequaquam capiunt, qui carnis uoluntati seruiunt. Canta nunc, dilecta mi, ut audiam, si tu nosti!”
Kap. 7: auch Ra, VD 397 (in Anlehnung an Z. 23–31) und Be1 (in Anlehnung an Z. 2f.) — ohne Entsprechung in FL: Z. 28f. (Pectus – solum) und Sprecherangaben in Z. 2 und 23 12 querunt] korr. aus q[ue]rintt Rb 14 cor] cor i (i gestr.) Rb 15 more] über dem ersten Bogen des m i-Strich radiert Rb 7,1 In eodem] In eodem libro Ra 2 Tu] O anima tu Be1 | es] es post visitacionem meam Be1 | velud] sicut Be1 | recenter] t[er] auf Rasur geschrieben Rb, nouiter Be1 3 dilectus] sponsus Be1 | latenter] fehlt Be1 12 ab inicio] abuncio Ra 14 Sol] Sol s, s gestr. Rb 17 viridia] v (vaH?) mit EZ üdZ Rb 19 cordis] omnis cordis, omnis gestr. Ra 14 cor liquescit] vgl. Ps 21,15
Das liecht der gotheit – Buch IV, 5,12 – 6,26 | 231
einfaltiglich schweigt vnd die zung armzelliglich wirt gebunden, vnd mein sinn frogent, was mir sey: Dan, o herr, so ist es alles vmb dich, so mein fleisch abnimpt, mein blutt awßdorret, mein bein kaltwerden, meine adern 15 eingant zu͗sammen stropffen vnd das hertz weich wirt von deiner liebin, die seel zanklapfft wie ein hungeriger law: wie mir dan sey, vnd wo du͗ seyest wollest, O herr, mir antzeigen!”
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[6.] Ein fast siesse ansprechung des gemahels vnnd der gesponsenn Antwurt der herr: “Du͗ bist als ein gespons neu͗lich vormehelt, von welcher, so sye schlafft, heimlich hinweg gat ir breu͗tgam oder gelibter, vff welchen sy hett geneigt ir hertz mit voller trew, welches abwesen sye nit mag leiden au͗ch ein kleine stu͗nd. Vnd so sy erwachet vnd mag yn nit haben, so spilet sye mit seiner bildnu͗s in yrem sinn. Do haͤ r | fahet an der schmertz vnd Cxij weinet mit klag. Ee dan der gespons fu͗ret sein gespons in sein eigenthumb, so wirt offt die gespons betru͗bt, so sye mangelt seines beywesens. Ich ku͗m zu͗ dir nach meinen begirden, so ich will. Bis du͗ diewil zu͗chtig vnd ru͗wig vnd vorbirg dein trurigkeyt! Wan vß dem nimpt zu͗ die krafft vnd macht deiner liebin. Nu͗n sag ich dir, wo ich dozu͗mol bin: Ich bin in mir selber an allen ortern vnd in allen creatu͗ren, als von anfang haͤ r ich gesin bin. Ich wart dein in dem garten der wollu͗sten vnd brich dir ab blumen der su͗essesten voreinigu͗ng vnd bett dir das bettlin der erkantnu͗s vom wolrichenden graß. Die schinet sonn meiner gotheit scheinet vber dich von den wunderbaren Sol verborgenheiten meiner wollu͗stigkayt, von welchen du͗ hast ein wenig fru͗ntlichen geschriben. Do wird ich zu͗ dir neigen den hochsten bou͗m der tryfaltigkeyt, von welchem du͗ wu͗rst prechen gru͗n, weyß vnd rott opffel meiner wolschmackender menscheit. Vnd dich wirt vmbschatten der | schatt des heiligen geistes von aller irdischer tru͗rigkayt vnd von dir wu͗rt flihen der kommer deines hertzens. Vnd so du͗ disen bou͗m vmbfasset has, so wird ich dich leren das gesang der iűngfrowen: melodj, ein su͗esses widerthoͤ n der wort, welchi in keinen weg mogen begriffen, die so dienent der wollust des leibs. O liebe. nu͗n sing an, das ich hoͤ r ob du es ku͗ndest!”
6,6 Cxij] c mit blauschwarzer Tinte später nachgetragen 16 Sol] am rR rechts oberhalb von sonn
232 | Lux divinitatis – Liber IV, 7,23 – 8,16
Anima dixit: “O domine, rauca sum in castitatis gutture. Attamen tue dulcedinis cithara resonanciam michi contulit, ut possim cantare hoc modo: ‘Domine, sanguis tuus et meus est unus; impollutus amor tuus et 25 meus est vnus indiuisus; indumentum tuum et meum est vnum immaculatum; os tuum et meum est vnum (72rb) osculis carnis intactum; pectus tuum et meum est unum incompressum ab omnibus uiris preter te solum.’” Hec sunt verba cantici virginalis. Vocem vero amoris et sonum cordis non 30 exprimo, quia calamo scribe non pingitur, quod lingua non exprimitur. | [8.] De collacione anime et corporis – Prima parte v capitulum Ed. 546 Corpus meum longo languore torquetur et amenitate fouetur. Vidi enim FL I, 5 dominum meum, et ulnis meis circumplexa sum eum. Ex hoc enim patitur paupercula nec quiescit. Trahit et fluit, nec intra se capitur moram non sustinens, qua eam plenius amplexetur. Loqueretur libens, sed non potest. 5 Victa namque est mirabili maiestatis vnione. Paulisper derelinquitur, ut desiderio placeat. Queritque mox laudem eius, quam ad uotum nequit invenire; cunctis exponi penis cupiens etiam infernali, ut creatoris laus ab omni creatura fieret infinita. 10 Intuetur dilectum dicens ei: “Domine, benedic michi, obsecro!” Ille eam respiciens retrahit salutans verbo mellifluo, quod eloqui non preualet humanus sermo. Tunc corpus eam sic alloquitur: “Dic nunc, vbi fueris! Iam enim virtus deficit membris meis.” “Tace stultum!” ait illa, “ego dilecto meo adherebo, tueque mortis penas 15 non curabo. Ille super me gaudet, ego pro eo torqueor.”
Kap. 8: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 8f.) — ohne Entsprechung in FL: Z. 19 (Sic – dicens), 23 (Respondet – laudans) 30 et … cordis] mit EZ am lR Ra 8,1 De] Sequitur de Ra | Prima … capitulum] fehlt Ra 2 amenitate] amenite Ra 6 namque est] est namque Ra 8 etiam infernali] etiam infernali vaH mit EZ am rR in Anlehnung an FL I, 5, 8 (28,14) Rb, im Text Be1, et infernali Ra 13 corpus … alloquitur] eam sic alloquitur corpus Ra | vbi] v üdZ für ibi (erstes i unterpungiert) Rb 15 stultum] stulta Rb Ra 16 curabo] mit EZ am lR für nicht gestr. timebo Ra 23 rauca … gutture] vgl. Ps 68,4
Das liecht der gotheit – Buch IV, 6,27 – 7,19 | 233
Sprach die seel: “O herr, ich bin heisser in der kelen der kwscheyt. Dennocht der zucker deines su͗essi hat mir geben das gethoͤ n, das ich mog singen in diser weis: ‘Herr dein vnd mein blu͗tt ist ein vnbefleckts blu͗tt, dein 30 vnnd mein liebin ist ein vnzertrente liebin, dein vnd mein kleid ist ein vnu͗ermaßget kleid, deyn mu͗nd vnd der mein ist ein vnangerirt mit kyssen des fleisch, dein bru͗st vnd die mein ist ein vnangerirte brust von keinem man dan allein von dir.’” Diß sint die wort des iu͗ngfrowlichen gesangs. Aber die stim der liebin vnd 35 das gethon des hertzens erkler ich nit, wan das mag nit gemalet werden mit der feder des schribers, das do nit mag mit der zungen vßgeredet werden.
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cxiij | [7.] Von der ansprechung des leibs vnd der seel Mein lip wurt gepeiniget mit langem sichtagen, aber er wu͗rt vffenthalten in der lustigkayt. Wan ich sach mein herren vnd vmbfing yn mit meinen armen. Wan vß den leidt die arme vnd hett kein rw. Sy zu͗icht vnd flu͗ist vnd wu͗rt nit gefangen in yr selbs, leidet kein vorzu͗g, in welchem sye volkommenlicher vmbfahe. Sye redete gern, aber sye mags nit. Wan sye ist vberwu͗nden von der wu͗nderbarliche der maiestat voreinigu͗ng. Ein kleine weil wu͗rt sye vorlassen, das sy von begirden wolgefall. Vnd bald sucht sye das lob des, den sye nit mag finden nach iren begirden; vnd begert darzugeben werden in all pein, vff das das lob des schopffers werd vnentlich gemacht von aller creatu͗r. Sicht an die liebin vnd spricht: “O herr, ich bitt dich, gib mir dein segen!” Vnd so er sye ansicht, so widerzu͗icht er sye an yn vnd gru͗st sye mit honigsiessen worten, welche die menschlich red nit mag | vßsprechen. Dan so redt der leip sye an sprechen: “Sag yetzt, wo du͗ seist gesin! Wan itzt nimpt ab die krafft meiner gelider.” Antwu͗rt die seel: “Schweig stil, du͗ dorechter leib! Ich wurd anhangen meinem lieben vnd wirt nit achten die pein des todes. Diser frewet sich vber mich, aber ich leid pein vmb yn.”
7,16 meiner] korr. aus meines
234 | Lux divinitatis – Liber IV, 8,17 – 9,7
Hoc est eius tormentum. Vtinam ab hoc numquam liberer! Hoc te tormentum arripiat, et nunquam id effugias. Amen. Inprecacio Sic maledixit michi dominus dicens: “Corpus tuum moriatur, sermo FL I, 7 continens 8 sponsi obmutescat, oculi tenebrescant, cor tuum effluat, anima ascendat, corpus 20 ad sponsam tuum adhuc in terra maneat, sensus corporeus euanescat, spiritus tuus sancte trinitati assistat.”
Nota
Respondet anima laudans: “O ardens mons, sol electe, luna plena, FL I, 8 inexhauste fons; o altitudo inattingibilis, claritas inaccessibilis, misericordia inexoptabilis, fortitudo inuincibilis, corona uenerabilis: te 25 laudat homo miser et humilis, habitans in summitate vere caritatis, FL I, 9 edificans supra petram immutabilis veritatis, fructificans perseueranciam in perfeccione operum pietatis.”
Hij in excelsis habitant: mundi triumphans uanitatem, carnisque FL I, 10 illecebrosam uoluntatem ac dyabolicam peruersitatem dominum vere 30 diligit, quem nec mundi aduersitas, nec carnis infirmitas, nec dyaboli frangit crvdelitas. Amat enim, amorque vincet, uincit omnia. Copiose describit | [9.] Collocuntur simul deus et anima anima dilectum “Ero quasi ros ueniens ad dilectam, ipsaque sicut lylium germinabit.” suum
Ed. 547 FL I, 13
“O rex eterne (72va) glorie, corona principum, sapiencia magistrorum, FL I, 12 largitor omnium bonorum, redempcio captiuorum! Tu aspectu FL I, 14 desiderabilis, eloquio dulcis, amplexu delectabilis: tuum me uincit 5 miraculum, gracia me oppressit. O petra altissima, excellenter excisa! In te nemo nidificat nisi columba et phylomena.”
Kap. 9: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangaben in Z. 11, 14, 17, 20 17 te] korr. aus e[ss]e Rb | te tormentum] tormentum te Ra 19 Inprecacio … sponsam] vaH in Anlehnung an die Überschrift von FL I, 7 Rb, fehlt Ra 24 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 30 dominum] Deum Ra 9,1 Copiose … suum] vaH Rb, fehlt Ra 2 ipsaque] ipsa¦que, nach a ein m radiert Rb 7 nemo] non Rb, vgl. auch LG IV, 8, 8 23 O … mons] vgl. Dt 4,11 | sol electe] vgl. Ct 6,9 32 amorque … omnia] Vergil ›Aeneid‹ 10,691 (Harrison 1991) 9,2 Ero … germinabit] vgl. Os 14,6 6 O … phylomena] vgl. Ct 2,14; I Cor 10,4
Das liecht der gotheit – Buch IV, 7,20 – 8,8 | 235
20 Das ist sein pein. Wolt gott, das ich nymmer entlediget wurd von diser pein!
Dise pein sol dich ergreiffen, vnd das du͗ ir nymmer entrinnest. Amen. Also vorflucht mich gott sprechend: “Dein leib soll sterben, dein red soll erstu͗mmen, dein hertz soll vßflissen, dein ou͗gen sollen fu͗nsternu͗s werden, dein seel soll vfffaren, dein leib soll noch lenger vff erden bleiben, der 25 leiplich sinn soll vorschwinden, dein geist sol beyston der heiligen dryfaltigkayt.” So wűrt antwu͗rt geben die seell mit loben: “O brinnender berg, vßerwelte sonne, voller monde, vnvsschopfflicher bru͗n, o vnangreiffliche hoͤ hi, vnzu͗gangliche helle vnd vndurchgrűntliche weisheyt, vnvßbegirliche 30 barmherzigkayt, vnvberwintliche sterckin, erwurdige kron: | dich lobet ein Cxiiij armer vnd demu͗tiger mensch, der do wonet in der hohin der warhafftigen liebin, der do buwet vff den velsen der vnferwandelichen warheit, der do fru͗cht bringt durch verharru͗ng in der volkommenheit der werck der gu͗etigkayt.” 35 Dise wonent in der hoͤ hi: der do sigt vber die ytelheyt der welt vnd vber den suntlichen willen des fleischs vnd vber die falsche boßheyt, der hatt gott warlich lieb, welchen nit bricht die widerwertigkayt der welt noch die blodigkayt des fleisch noch die grimmickeyt des boͤ sen geistes. Wan er hatt lieb vnd die liebe brentt vnd vberwint alle ding. [8.] Do redent zusammen gott vnd die seel “Ich wirt kommen als ein taw zu͗ meyner liebin vnd sy wurt gru͗nen als ein lili.” “O ku͗nig der glori, ein kron der fu͗rsten, weisheit der meister, geber aller 5 gu͗tter, ein erloͤ ser der gefangenen! Du͗ begirlicher von angesicht, su͗eß in deinenn worten, lustlicher in dem vmfahen: Dein mirackel vberwint mich, [CXIVv] dein genad trűckt mich. O allerhohester vels vbertreffenlich | vßgehawen! In dir nistet niemant dan ein tau͗b vnd ein nachtgall.”
36 hatt] davor do rot durchgestr.
236 | Lux divinitatis – Liber IV, 9,8 – 10,6
“Bene venisti, columba mea dilecta! Volando supergressa es terrestria, FL I, 15 penne attigerunt celestia. Sapor tuus ut botri, odor tuus ut balsami, lux tua FL I, 16 lux solis, communicacio summi amoris.” 10 Respondet sponsa: “O fundens largiter dona deus, fluens in amorem, FL I, 17 ardens in concupiscencia, liquescens inuicem cum dilecta! Tu requiescis inter ubera mea. Langueo et deficio in abscencia tua.” Ad hec sponsus: “Tu rosa in spineto sponsa, apis in mella operosa, FL I, 18 immaculata columba in conuersacione, rutilans sol in splendore, luna 15 perfecta in tua stacione: a tuo conspectu oculos meos nequeo auertere.” Blanditur sponsus sponse: “Tu es meum ceruical molle, lectus delicatus, FL I, 19 requies occultissima, concupiscencia profundissima, gloria excellentissima. Tu es uoluptas mee deitatis, tronus humanitatis, riuulus mei caloris.” Ad hec anima: “Tu es Syon mee contemplacionis, meorum pastus et FL I, 20 refeccio oculorum, perdicio mei, obliuio temporis, status cordis mei, et strepitus casus, et abstraccio omnium uirium mearum, summa et infallibilis securitas.” Amor sine cognicione anime sapienti videtur obscuritas; cognicio sine FL I, 21 fruicione videtur ei infernalis penalitas. Et nisi fruendo moriatur, nulla 25 consolacionis gracia subleuatur. [10.] Item de eodem prima parte “O sponsa, tu es columba sine felle, virgo sine corrupcione, miles sine FL I, 11 vvlnere, seruus inuictus.” Respondet: “Eya domine, ama me eternaliter! Amor tuus, | quanto fuerit FL I, 23; frequencior, tanto sum mundior; quanto forcior, efficior, pulchrior. Quanto Ed. 548 vero fuerit diuturnior, tanto fio in hac uita sanccior.”
Kap. 10: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 13f.) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangaben in Z. 4, 7, 11, 17 9 attigerunt] zwischen i und g Rasur von einem Buchstaben Ra 19 humanitatis] humani[ta]tis, tis vaH (?) üdZ Rb 24 videtur] videntur Rb 10,1 Item … parte] De eodem Ra 2 O] Rubrikationshinweis für o Rb, SPonsa Ra | columba] columba mea, mea gestr. Ra 5 sum] danach ein Buchstabe radiert Rb 8 Bene … dilecta] vgl. Ct 2,14 und 4,8 | supergressa … terrestria] vgl. Prv 31,29 9 Sapor … balsami] vgl. Ct 1,13 und 7,8 12 liquescens … dilecta] vgl. Ct 5,6 | Tu … mea] vgl. Ct 1,12 14 Tu … spineto] vgl. Ct 2,2 15 immaculata columba] vgl. Ct 5,2 | sol … perfecta] vgl. Ct 6,9
Das liecht der gotheit – Buch IV, 8,9 – 9,6 | 237
“Du͗ bist wolkommen, mein gelibte tau͗b! Mit fligen hastu͗ vbergangen die 10 irdischen, deine feddern hant angerurt die himmelischen. Dein geschmack
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ist als die trubell, dein nack als der balsam, dein liecht als der sonnen liecht, ein gemeinschafft der hochsten liebin.” Antwu͗rt die gespons: “O gott, der du͗ miltiglichen vßgibst die gaben, flu͗ist in die liebin, brinnest in der begird vnd wirst weich gegen deiner gespons! Du͗ ru͗west zwuschen meinen bru͗sten. Ich bin kranck vnd nim ab in deinem abwesen.” Antwort der gesponß: “Du͗ schone roß in der dornstu͗de, du͗ werckhafftigs binlin in dem hoͤ nig, du͗ vnu͗ermassete dau͗b in deinem wandel, du͗ schinende sonn in dem glasten, du͗ volkomner mon in deinem stillston: ich mag nit meine au͗gen abwenden von deinem amplick.” Der gespons embu͗it sich fruntlich seiner gesponsen: “Du͗ bist mein weichs halßkűssen, wollustiges bett, die allerheimlichste rw, allerdieffeste | begird, cxv aller vbertreffenlichste glori. Du͗ bist der wollu͗st meiner gotheit ein thron der menscheit, ein bechlin meiner hitz.” Darzu sprach die seell: “Du͗ bist der bergk Syon meiner beschawu͗nge, ein spÿß vnd narűng myner au͗gen, ein vorliru͗ng mein selbs, ein vergessung der zyt, ein standt vnd vnrwe meines hertzens, ein fall vnd abzihu͗ng aller meiner krefften, die hochste vnd vnvßsprechliche sicherheyt.” Ein liebe on erkantnűs wu͗rt gesehen einer wysen seel ein fu͗nsternu͗s; erkantnu͗s on niessűng wu͗rt yr gesehen ein hellische pein. Vnd es geschee dan, das sye mit niessen sterb, so wu͗rt sye mit keyner gnad des trosts vfferhept.
[9.] Auch zu dem “Gespons, du͗ bist ein tau͗b on gallen, ein iűngfrow on zerstoru͗ng, ein ritterin on wunden, ein vnvberwűndene dienerin.” Antwu͗rt sye: “Eya herr, hab mich ewig lieb! Dein liebi, wie emsiger sye wűrt 5 sein, so reiner wirt ich sein; wie stercker sye ist, so hubscher ich bin. Wie [CXVv] langwirigerer | sy ist, so vil heiliger ich sein wirt in disem leben.”
9,1 Auch … dem] am Ende der vorhergehenden Zeile
238 | Lux divinitatis – Liber IV, 10,7 – 11,9
Dicit ei dominus: “Quod amore frequenti te uisito, nature mee est, amor FL I, 24 enim sum. Quod amore forti te prosequor, concupiscencie tue est. Cupio enim et ego fortiter amari. Quod indesinenter te amo, eternitatis mee est, 10 qui nec principium habeo neque finem.” Dicit sponsa: “Gaudeo, quod amare debeo eum, qui me amat; quod, utinam FL I, 28 sic diligam, ut in amore moriar sine mensura, sine termino; quia fortis est ut mors dileccio. Letare anima mea, quoniam uita tu(72vb)a mortua est pro te in amore! Quem reamato tam fortiter, ut pro eo delecteris mori uiriliter! Sic ardebit inextinguibiliter sicut carbo in igne grandi summi ardoris, erisque 15 plena amoris, quo nunc tam suauiter perfunderis.”
Anima ad intellectum: “Non necesse habes amplius me instruere, quia auerti non ualeo ab amore. Eius semper volo esse captiua, sine quo subsistere non potero salua uita. Vbi manet, ibi ero, cum mortua fuero et 20 dum viuo.” Hec stultorum stulticia, qui carent cordis molestia. [11.] Item de eodem capitulo xxxvi “Hostium tuorum malicia decorabit te, virtutes cordis tui honorem tibi FL I, 36 conferent, opera tua bona corona capitis tui erunt, amor inter me et te mutuus exaltabit te, miraculum meum delectabile sanctificabit te.” Respondet anima: “O predilecte, despeccionem inmeritam delectabiliter FL I, 37 accepto. Virtutes cordis desideranter accepto. Bonis operibus, prochdolor, uacua sum et careo. Amorem nostrum mutuum, heu, destruo non modicum et infirmo. Tuum gloriosum miraculum expauesco, quia me indignam penitus recognosco.”
Kap. 11: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 22–24) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangaben in Z. 5, 17, 22, 26 11 quod1] quot Rb Ra, korr. nach LG IV, 9, 12 | debeo] gaudeo Rb Ra, korr. nach LG IV, 9, 12 und entsprechend einem Vorschlag von Ed. (548,9) 13 Letare] Gaude Be1 | mea] fehlt Be1 | mortua … te] pro te mortua est Be1 14 in amore] pre nimio amore tui Be1 17 me] darüber Strich des vergrößerten A in Zeile davor Rb, mit EZ am lR Ra 19 potero] valeo potero, valeo gestr. Ra 11,1 Item … xxxvi] De eodem Ra 2 honorem tibi] vaH mit EZ am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 4 miraculum … te] am rR MZ Rb 12 ut1 … moriar] vgl. Apc 14,13 | quia … dileccio] Ct 8,6
Das liecht der gotheit – Buch IV, 9,7 – 10,10 | 239
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Sprach der herr zu͗ yr: “Das ich dich mit emsiger liebin heimsu͗ch, gehort zű meiner natu͗r, wan ich bin die liebin. Das ich dir in starcker lieb nachgang, ist deiner begirde. Wan ich beger auch, starck libgehapt werden. Das ich dich vnvffhoͤ rlich liebhon, ist meiner ewigkeyt, wan ich hon kein anfang noch end.” Spricht die gespons: “Ich fraw mich, das ich darff liebhon den der mich liebhatt; welchen ich beger also liebhon, das ich in der liebin sterb on maß on end. Wan die lioebin ist starck als der todt. Frow dich, o seel, wan dein leben ist fur dich gestorben in der liebin! Welchen du͗ solt widervmb also starck liebhon, das du͗ fu͗r yn zu͗ sterben ein manlichen lust habest, also vnvßloͤ schlich wu͗rt sye brennen als ein coln in einem grossen feu͗r des hochsten inbru͗nst, vnd du͗ wu͗rst vol sein der liebin, mit welcher du͗ nu͗n so sissiglichen durgossen wirst.” Spricht die seel zu͗ der vorstantnu͗s: “Es ist nit nott, das du͗ mich fŭrbas lerest, wan ich mag nit meher | abgewendet werden von der liebin. Ich will cxvj altzit yr gefangene sein, on welche ich nit mag beston im leben. Wo sie ist, do wirt ich sein, so ich dod bin vnd so ich lebe.” Das ist die dorheit der dorechtigen welche mangelnt des kommers des hertzens.
[10. ohne Überschrift] “Deiner findt bosheyt wirt dich ziren, die du͗gende deines hertzens werden dir eer geben, deine gu͗tte werck werden sein die kron deines hau͗pts, die liebin zwu͗schen mir vnd dir wirt dich erhoͤ hen, mein lu͗stigs mirackel wu͗rt 5 dich heilig machen.” Antwort die seel: “O du͗ gelibter vor allen, die vnu͗erdiente vorachtu͗ng nim ich begirlich an. Die du͗gent des hertzens empfach ich begirlich. Ich bin leider laͤ r der gűten wercken vnd mangel yr. Vnsere liebin gegeneinander zerbrich ich nit ein wenig vnd mach sye schwach. Dein eerlichs mirackel 10 verwu͗nder ich mich mit erschrecken, wan ich erkenne mich gar vnwu͗rdig.”
14 Wan … todt] rot unterstrichen 16 liebhon] davor hon rot durchgestr. 19 sissiglichen] s korr. aus f 21 liebin] auf durchgestr. Wo rot überschrieben 10,1 ohne Überschrift] nicht ausgeführt, am Ende der vorhergehenden Zeile aber entsprechende Lücke 2 ziren] davor zy gestr.
240 | Lux divinitatis – Liber IV, 11,10 – 12,8
Christus in regni solio gloriatur de amantis anime desiderio dicens: “Ecce, FL I, 38 uenit conscendens, que me vvlnerauit. Hec est, que huius mundi symeam abiecit, hec ursum inpudicicie crudelem deuicit, hec leenam inmitem elacionis subpeditauit et auaricie lupinam ingluuiem discerpsit. Et ecce, festinans uenit exagitata tanquam ceruus desiderans ad me fontem viuum, et tamquam aquila de profundo uolitans in excelsum. | Tu ualde festinas in Ed. 549; FL I, 39 amore, o regina, indica michi, quid attuleris in tuo decore!”
Respondet: “Domine, munusculum afferro montes excedens magnitudine, FL I, 40 mundum latitudine, nubes altitudine. Mari est profundius, sole clarius, stellis multiplicius, terra ponderosius.” “O regina, ymago mee maiestatis, glorificata assumpcione mee FL I, 41 humanitatis, insignita spiritu mee suauitatis: narra nomen oblati muneris!” Respondet: “Domine, hoc est oblati muneris nomen mirabile: cordis mei FL I, 42 delectacionem mundo abstuli et denegaui ac in meipsa continui, omnique creature abrenunciaui. Nunc ultra portare nequeo. Ostende, vbi eam 25 reponam, queso.” Respondet: “Cordis tui delectacionem nonnisi in corde meo deifico, et in FL I, 43 pectore meo collocabis humano. Ibi solum tibi erit consolacio spiritusque mei de(73ra)osculacio.” FL I, 44, 3–13 [12.] De uia amantis anime – Prima parte xliiij capitulum (58,3–16) “O languens amore anima, vis noscere uias tuas?” Respondit: “Sancte spiritus, doce me!” “Cum dolorem contricionis, ruborem confessionis, satisfaccionisque laborem transieris, post despectum seculi et temptaciones dyaboli et carnis 5 illecebras, deinde propriam uoluntatem, que a recto multos, ne in uia caritatis ambulent, retrahit, cum Sathanam cum suis complicibus sub pedibus tuis pugnando conculcaueris: tunc lassata respirando dices: ‘O
Kap. 12: auch Ra 11 huius … abiecit] mundi symeam abiecit huius mit VZ, lies: mundi huius symeam abiecit Ra 17 afferro] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG IV, 10, 20 und entsprechend einem Vorschlag von Ed. (549,3) 21 muneris] nu[mer]is Rb 23 omnique] korr. aus omnisque (?) Ra 24 eam] ea Rb Ra 12,1 Prima … capitulum] fehlt Ra 6 a recto] arco, mit Kompendienstrich über co Rb, a rto oder rco, mit Kompendienstrich über o Ra, Kürzel aufgelöst entsprechend LG IV, 11, 7 10 in … solio] vgl. Dt 17,18 14 festinans uenit] vgl. II Mcc 9,14 | uenit … viuum] vgl. Ps 41,2 und 3 15 tamquam … uolitans] vgl. Dt 28,49; Ier 48,40 und 49,22; Hab 1,8 16 in … decore] Ez 28,17 12,2 languens amore] vgl. Ct 2,5 und 5,8 6 ne … retrahit] vgl. Rm 14,15; Dt 28,9; I Sm 8,5; Ps 118,3 und 127,1; Is 42,24 7 cum1 … conculcaueris] vgl. Ps 90,13b; Is 28,3 8 O … inueniam] vgl. Ct 1,6
Das liecht der gotheit – Buch IV, 10,11 – 11,8 | 241
[CXVIv] Christus | im stull des reichs glorieret von der begird einer liebhabenden
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seell sprechent: “Nimwar, die mich verwu͗ndt hatt kompt haͤ r vffstigende. Sy ist die, dy do hat von ir geworffen die affen diser welt, dise hatt vberwunden den grewlichen beren der vnreinigkeyt, die hatt die vngu͗etigen lawen der hoffart vnder yre fu͗eß geworffen vnd hat zerrissen den wolffschlu͗ck der geitigkeyt. Vnd, nim war, sye kompt mit ylen als ein hjrtz, der do begeret zu͗ mir lebendigen bru͗nnen, vnd als ein adler, der do flu͗igt von der dieffe in die hoͤ hin. O ku͗nigin, du͗ ilest fast in der liebin, tzeig mir, was du͗ mit dir gebracht hast in deiner zierd!” Antwu͗rt sye: “Herr, ich bring ein kleinhet, das vbertrifft die berg in der groͤ ssi, die welt in der breiti, die wolcken in der hoͤ hin. Es ist dieffer dan das meer, clarer dan die sonn, meer dan der stern, schwerer dan das ertrich.” “O kunigin, ein glorificirte bildnu͗s meyner maiestat gezeichnet mit der annemmu͗ng | meiner menscheyt, brÿßlich gemacht mit der su͗esse meines cxvij geistes: sag den namen deiner geopfferten gab!” “Ich hon abzogen den lust meines hertzens von der welt vnd hon im abku͗ndet vnd mich in mir selbs enthalten vnd hon abgesagt aller geschopfft. Nu͗n fu͗rbas mag ichs nit mer tragen. Ich bitt dich, anzeig mir, wo ich sye hin stellen soll!” Antwort er: “Den lust deïnes hertzens mach ich nienen dan in meinem gottlichen hertzen, vnd du͗ wirst yn allein setzen in mein menschlichs hertz. Do allein dir wűrt trost sein vnd anku͗ssu͗ng meines geists.”
[11.] Von dem wege der libhabende seell “O sieche sell in der liebin, wiltu͗ erkennen deine weg?” Antwu͗rt sye: “Heiliger geist, lere mich!” “Wan du͗ vbergangen hast den schmertzen der rw, die scham der beicht vnd 5 die arbeit des gnu͗gthu͗ns nach der ferachtűng der welt, vnd anfechtu͗ng des boͤ sen geists, vnd vnzimliche neigu͗ng des fleischs, darnach den eigen v [CXVII ] willen, welcher vil hinderet vnd abzu͗icht | von den rechten, das sye nit wandeln in dem weg der warheit, so du͗ Sathanam mit seinen mitgesellen
11 Christus] rot unterstrichen | im] wg. Fleck schlecht lesbar 16 hjrtz] korr. aus hertz 25 deiner] durch Überschreiben korr. aus deines 11,1 Von … seell] steht innerhalb des Schriftspiegels, z. T. mit EZ, jeweils am Ende der vorhergehenden und der folgenden drei Zeilen: Von dem ¦ wege der ¦ libhaben=¦ Seell =de=
242 | Lux divinitatis – Liber IV, 12,9 – 13,21
decore iuuenis, delectat me presencia tua. Vbi te inueniam?’ At ille: ‘Audio’ inquit ‘uocem, que de amoris procedit ualitudine. Iam dudum hanc 10 concupiui; nec hanc, nisi nunc, vocem audiui. Motus hinc ibo ei obuiam. Hec est enim, que dolorem sustinet et amorem portat.’”
FL I, 44, 13–95 [13.] Qualiter sensus excitant animam – In eodem (58,17–64,26) Mane luciflui roris tempore – hoc est deuocionis intime, qua primum intus tangitur – dicunt ei famuli – hoc est sensus corporei: “Vestiri debes, o domina, et ornari.” Ed. 550 | Respondit: “Quo duci debeo, et quo oportet procedere?” At illi: “Auribus” inquiunt “audiuimus et susurrium intelleximus. In occursum tuum princeps preparat, cum dulcis ros lucis effluerit, et auium concentus sonuerit. Eya igitur, o regina, ne tardaueris sed festina!” Nota ornatum Hijs attonita sermonibus humilitatis se induit camisia, qua inferiorem se sponse nullum patitur estimari. Post alba ueste sincere castitatis uestitur, ut nullam 10
in se sinat maculam reperiri. Mantello deinde claro fame circumdatur, quod uarijs uirtutibus deauratur.
Procedit itaque ad nemora societatis sanctorum, vbi sonat phylomena dulcius, uox concordie perfectorum et cognicionis melodia beatorum. Sed nondum adhuc comparet desideratus iuuenis, quem querebat. Conuocat 15 ergo per nuncios fidem Abrahe, prophetarum desiderium, virginis matris humilem castitatem, Ihesu Christi, domini nostri, ueritatis et gracie plenitudinem, electorum omnium sanctitatem: fitque choros ducencium iubilus spectabilis. Tunc adueniens iuuenis dicit ei: “Sic, dilecta mea, sic oportet te choros 20 ducere, sicut hij, qui te exemplis precesserunt et tempore.”
Kap. 13: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 9–12 und 20–26) — ohne Entsprechung in FL: Z. 44–51 (omnis – vniuersa), 68f. (Nullum – apprehendi) und Sprecherangaben in Z. 5, 6, 52 13,1 sensus] spensus Rb, sponsus Ra | excitant] excitat Ra | In eodem] fehlt Ra 3 hoc] hic Ra 6 inquiunt] inquit Rb Ra 7 preparat] properat Ra | lucis effluerit] effluerit lucis mit VZ Ra 9 Nota … sponse] vaH Rb, fehlt Ra 10 estimari] inferiorem estimari, inferiorem gestr. Ra | castitatis] st mit EZ üdZ für caritatis (r gestr.) Ra 11 claro] korr. aus clare Rb 17 gracie] gracie p (p gestr.) Rb 13,9 Hijs … sermonibus] vgl. Lc 1,29
Das liecht der gotheit – Buch IV, 11,9 – 12,26 | 243
vnder deine fu͗eß mit widervmb fechten vnderwerffen wu͗rst: dan du͗, also 10 mu͗ed gemacht, wirst dich wider erholen vnd sprechen: ‘O schoͤ ner iu͗ngling.
mich macht lustig dein beywesen. Wo wirt ich dich finden?’ Antwort er: ‘Ich hoͤ r die stimme, die gat von der sterckin der liebin. Vorlang hon ich sye begert vnd hon sye nÿe dan ietzt gehort. Von yr bin ich bewegt vnd wirt ir entgegen gon. Wan sye ist die, welchi schmertzen leidet vnd die liebin 15 tragt.’”
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[12.] Wie die sin vfferweckent die seel Die leiplichen sinn als diener der seel am morgen in der zyt des hellen tawes - das ist in der inneren andacht, da mit zum ersten angeru͗rt wirt, - sprechen zu͗ der seel: “O seel, du͗ solt becleidet vnd gezirt werden.” Antwűrt sye: “Wo hin sol ich gefu͗rt werden vnd wo soll ich hingon?” Sprechent sye: “Wir hond mit den eren gehort vnd hond erkent einen | bru͗nnen. Der fu͗rst kompt dir entgegen, so der sieß tow des lichts vßflu͗ist cxviij vnd das gesang der vogel anfacht zu͗doͤ nen. Darumb, o ku͗nigin, verspet dich nit, su͗nder yll fast!” Vß disen reden wart sye ermant vnd becleidet sich mit dem hemd der demu͗tigkayt, vß welcher sy vornemt kein andere niderer sein oder vnder yr sein. Darnach kleidet sy sich mit einem weissen kleidt der reinen kwscheyt, das sy kein mackel ließ gefűnden werden in yr. Darnach vmblegt sye ein mantel eines weissen claren hemdes, welcher mit mancherlei tu͗gent ist vbergu͗ldet Vnd sye gat zu͗ den welden der gesellenschafft der heiligen, do vil siesser doͤ net die stim der einheilligkeyt der volkomner vnd die melodi der erkantnūs der selligen dan die stim der nachtgall. Aber noch erschinet nit der begert iu͗ngling, den sye sűcht. Darumb so beru͗fft sye zu͗sammen den globen Abrahe, die begird der propheten, die demu͗tige kwscheit der iu͗ngfraw mu͗tter, | die volkommenheit der warheit vnd gnad Jesu Christi, vnsers herren, die heilligkeyt aller heiligen: vnd es wirt durch die koͤ r deren, so sye fu͗rent, ein loblichs froͤ dige sang. Dan so kompt der iu͗ngling vnd spricht zu͗ yr: “Also, mein liebe, also mu͗st du͗ fieren die choͤ r oder den tantz, als die, die dir vorgangen sind in der zyt vnd mit exempel.”
12,1 seel] sin, korr. nach LD IV, 13, 1 11 sy] mit EZ üdZ 21 Jesu Christi] rot unterstrichen
244 | Lux divinitatis – Liber IV, 13,22 – 48
At illa: “Non possum” ait “hoc facere, nisi digneris manu me tenens precedere. Si uis, ut multum saliam, oportet me precingere. Sic in amorem saliam, hinc in cognicionem, indeque in fruicionem, de qua super omnem humanam estimacionem ibi ma(73rb)nere desidero, attamen ultra procedere 25 contendo.” Canit ergo iuuenis sic: “Propter me festino ad te. Tu vero propter te discede a me! Tecum meum gaudium, et preter te non iocundum.” Et intulit: “O pulcra spectabilis, hec chorea ad bonum tuum peracta est. Delectaberis enim ad uotum super uirginis filio amabiliter. Lassata es in hoc 30 choro. Veni in meridie ad umbras foncium! Ibi mecum refrigerium habebis in thalamo amoris.” Respondet ei: “O domine, omne excedit meritum, ut tui amoris habeat consorcium, que in se amore non calet, nisi tuo munere moueatur.” At illa famulis suis, id est sensibus: “Cogitacionum circuitu lassata nunc 35 sum. Cedite pro tempore, ut refrigerer in mea tranquillitate!” | At illi: “Sufficiet tibi” inquiunt “Magdalene refrigerium in dulcedine Ed. 551 amoris lacrimarum.” “Tacete!” ait illa “nec faciatis inpedimenta, quoniam non capitis uerba mea. Bibam enim ad tempus, et inebriabor vino inpermixto. Nec in pudicia 40 virginum uel paciencia martyrum aut consilio confessorum, non in sapiencia apostolorum nec in puritate angelorum aut Baptiste austeritate aut infantuli Christi dulcedine, que paruulorum potus est, sacietatem meam constituam. Omnis enim, qui lactis est particeps, expers est sermonis iusticie. Perfectorum autem, de quorum numero sum, solidus est cibus, 45 quem parauit pauperi in dulcedine sua deus. Illuc, quia perfecte etatis sum, uelud aquila conuolabo. Ibique in arduis nidum meum in dilecti gremio collocabo.”
25 attamen] At inde Ra 27 te2] me te, me gestr. Ra 30 Delectaberis] Delectabilis Ra | super uirginis] virginis super mit VZ Ra 40 ad … et] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL I, 44, 48 (60,30) Rb | et] fehlt Ra | in pudicia] in pudicicia, zweites ci unterpungiert Rb, impudicia Ra 23 oportet … precingere] vgl. Ps 17,33 40 Bibam … inpermixto] vgl. Ct 5,1 44 Omnis … cibus] Hbr 5,13s 46 quem … deus] vgl. Ps 67,11 47 uelud … conuolabo] vgl. Dt 28,49; Ier 48,40 und 49,22; Hab 1,8 | in1 … meum] Iob 39,27 | in2 … gremio] vgl. Gn 48,12
Das liecht der gotheit – Buch IV, 12,27 – 59 | 245
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Sprach sye: “Ich mag das nit thun, du͗ wollest mich dan bey deiner hand halten vnd mir forgen. Wiltu͗ das, ich vil spring, so mu͗s ich mich schu͗rtzen. Also wirt ich springen in die liebin, darnach in die erkantnu͗s, dau͗on in die niessu͗ng, vmb welcher wegen ich beger vber alle menschliche schetzu͗ng do zűbliben, dennocht vnderstand ich weiter zu͗kommen.” Darumb sang also der iűngling: “Vmb meinen wegen eyl ich zu͗ dir. Aber du͗ vmb deinen wegen weich von mir! Bey dir ist mein froͤ d vnd on dich ist es nit froͤ dsam.” Vnd sprach weitter: “O lobliche vnd schoͤ ne, diser dantz ist gescheen dir zu͗ gu͗tt. Du͗ wirst dich liblichen erlu͗stigen vber den suͦ n der iu͗ngfrowen. Du͗ bist | mied worden in disem dantz. Ku͗m zu͗ mittentag zu dem schatten der cxix bru͗nnen! Do wurst du͗ haben mit mir erkielu͗ng in dem kemmerlin der liebin.” Antwu͗rt sye ym: “O herr, das vbertrifft alles vordienen, das dise hab ein gemeinschafft deiner liebin, die do in yr selbs nit brint in der liebin, sy werde dan vß deiner gabe bewegt.” Do sprach sye zu͗ iren dienern, das sind die leipliche sinnen: “Ich bin mied worden von dem vmblouff der gedancken. Weichet ein zeyt, das ich erku͗let werd in rwstilligkeyt meines gemu͗ts!” Sprachent sye” “Dir wu͗rt genu͗g sein die erku͗elu͗ng Marie Magdalene in der siessi der su͗essen treher.” Antwu͗rt sy: “Schweigent vnd gebent kein hindernu͗s, wan ir begriffent nit meine wort! Ich wirt trincken vnd tru͗ncken werden mit dem vnu͗ermischten wein. Nit in der schamhafftigkeyt der iu͗ngfrawen oder in der gedu͗lt der marterer oder ym ratt der beichtiger, nit in der wysheit der apostell, | auch nit in der reinigkeyt der engel oder in der strengkeyt Joannis des tou͗ffers. Sunder ich wirt mein ersettigűng setzen in die siessi des kindeleins Chrissti, welcher ist das tranck der kleinen kindelin. Wan ein iglicher, der do der milch teilhafftig ist, hatt nit erfarnu͗s der rede der gerechtïgkayt. Aber die spiß der volkommenen, vß welcher zall ich bin, ist fest beliben, welche gott bereit hatt dem armen in seiner sussigkeyt. Dohin, wan ich bin eins volkomnens alters, wird ich als ein adler flihen vnd wirt do mein nest stellen in die schoͤ ß meines liebens.”
27 Ich] davor sprach sye gestr. 28 forgen] mit Rot aus forger korr. 30 wegen] korr. aus begen 36 liblichen] korr. aus loblichen 52 Joannis] rot unterstrichen 53 Chrissti] rot unterstrichen 54 do] mit EZ üdZ für gestr. erfarnu͗s hatt, do rot überschrieben
246 | Lux divinitatis – Liber IV, 13,49 – 79
“Quo, si perueneris” aiunt “domina, omnes excecabimur. Lux enim inaccessibilis est diuinitas, et ignea illuminans, que in celis et in terra sunt vniuersa.” Quibus illa: “Piscis” inquit “in aqua non submergitur, nec auis aere suffocatur, nec aurum igne exuritur, sed claritatem induit et decorem. Omni creature creator contulit, ut secundum suam naturam naturaliter operetur. Et quomodo ego in deum meum non festinabo, qui michi pater uenerabilis, frater desiderabilis et sponsus amabilis est? Quamuis non sapiatis: uirtus eius adurit uehementer et refrigerat suauiter, ne turbemini! Vestra adhuc doctrina egeo, postquam ab hiis ad uos rediero. Mundus enim hic laqueis est repletus.” Procedit ergo predilecta ad speciosum forma, ad cubiculum secretissimum inuisibilis maiestatis, vbi lectulum amoris et amplexus inuenit deifice suauitatis. Dicit ergo sponsus: “Sta dilecta!” Et illa: “Quid” inquit “precipis, dilecte mi?” Respondens ille: “Exuere!” ait. “Et de me, quid futurum est” inquid “domine, deus?” Et ille: “Sic” inquid “per unionem naturarum ineffabilis gracia nos coniunxit, quod diuorcium nullum poterit (73va) interuenire. Nullum angelorum, sed semen Abrahe apprehendi. Ideoque omnem timorem, verecundiamque et ab extrinseco uenientem depone virtutem; solamque, quam ab intrinsecus geris naturaliter, elige – hoc nobile desiderium, fundoque carentem, recte uoluntatis concupiscenciam, quam mea adinplebo interminabili eternaliter largitate.” | Et ait: “Nunc domine, simplex et nuda sum mens. Tu sponsus, decorus gloria, interminabilis uita. Communicacio nostra fit nunc intollerabilis.”
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Ed. 552 75
Inquieti ardoris et amoris quietissimum silencium iuxta desideratam uoluntatis vtriusque uoluptatem. Ipse se sponse et sponsa se sponso communicat. Quid sibi tunc eueniat, non ignorat. Et hec est consolacio, quam exoptat.
53 nec] ne Rb 54 operetur] mit EZ am rR Ra 58 postquam … rediero] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL I, 44, 76f. (62,35f.) Rb | hic] hec Ra 60 speciosum] sponsum Ra 68 quod] vaH mit EZ udZ Rb | nullum … interuenire] nullum poterit inter vaH in Fortführung der Zeile am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 72 mea] mea[m], Nasalkürzel radiert Rb 49 Lux … inaccessibilis] vgl. I Tim 6,16 50 in1 … vniuersa] vgl. Col 1,16 55 in … festinabo] vgl. Ps 39,14 und 69,2 60 ad1 … forma] vgl. Ps 44,3 65 Exuere ait] vgl. Bar 5,1 68 Nullum … apprehendi] Hbr 2,16 74 Tu … decorus] vgl. Ps 92,1 und 103,1
Das liecht der gotheit – Buch IV, 12,60 – 90 | 247
60 Sprachent sye: “Frow, wirst du͗ do hin kommen, so werden wir alle vorblent.
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80 [CXXv]
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Wan die gotheit ist ein vnzugenglich licht vnd ein feu͗r des, der do erleuchtet alle ding, die im himmel sint vff ertrich.” Sprach sy zu͗ ynen: “Der fisch ertrinckt nit in dem wasser, auch der fogel erstickt nit in dem lufft, das gold wirt nit vorbrent in dem fewr, sunder es nimpt an klarheyt vnd | schoͤ ni. Der schopffer hatt geben aller creatu͗r, das cxx sy nach yr natur natu͗rlich sey wircken, Vnd wie sol ich nit eilen in mein gott, der do mir ist ein erwu͗rdiger vatter, ein begirlicher bru͗der vnd ein lieblicher gespons? Wiewol yr das nit erkennent, das sein krafft brent fast vnd siessiglich erkuͦ let, ir sollent nit betru͗bt sein! Ich darff noch ewer leer. Dise welt ist voller strick.” Darumb so gatt die liebi zu dem schonen gespons in das heimliche kemmerlin der vnsichtbarliche maiestat, do sye fint das bettlin der liebin vnd die vmbfeng der gotlichen sussigkeyt. Dan spricht der gespons: “O gelibte, stand!” Antwu͗rt sye: “Was gebeu͗ts du͗ mein lieber?” Spricht er: “Du͗ solt dich vßthu͗n!” Antwort sye: “O mein gott, was wu͗rt bescheen?” Spricht er: “Also durch voreinigu͗ng der natu͗r hatt vns ein vnvssprechliche gnad zu͗sammen bu͗nden, das do zwu͗schen vns nit mag bescheen ein abgescheidu͗ng. Keiner vnder den engel, aber den samen Abrahe hon ich angenommen. | Dorumb thu͗ hin weg alle forcht vnd scham, die do von vssen kompt; vnd vserwel die tu͗gent, vnd die, die von innen hast vserwelt natu͗rlich begert, vnd die do mangeln eines gru͗nds des gerechten willen begirlickeyt, die ich wird erfullen mit meiner ewigen miltigkeyt.” Vnd sprach die seel: “Herz, nu͗n bin ich bloͤ ß vnd schlecht. Aber du͗ bist mein gespons geziret mit glori. Das vnentlich leben vnser gemainschafft ist yetzt zu͗ mall vntreglich der vnru͗wigen inbru͗nst vnd liebe.” Er mitdeilt sich seiner gesponsen, vnd die gespons mitdeilt sich dem gespons. Was ir dan beschee, das weist sye woll, vnd das ist der trost, den sye begert.
71 liebi] korr. aus gliebie 87 liebe] über dem i ein Fleck: Streichung?
248 | Lux divinitatis – Liber IV, 13,80 – 15,13
Breuis est hec morula. Vbi dilectus cum dilecta occulte conuenit, oportet, ut 80 inseparabilis separacio frequenter interueniat et indiuisos disiungat. O amica dei, hanc tibi amoris uiam descripsi, quam deus dignetur inscribere cordi tuo. FL V, 17 [14.] Oracio et graciarum accio – Parte quinta 17 “Ave deus uiuens! Tu es pre omnibus rebus meus. Hoc est michi ineffabile gaudium, quod sine calumpnia valeo loqui tecum. Cum insequentes hostes me exagitant, inter brachia tua confugio, vbi omnes molestias effugio. Cum te inclinas meo desiderio, tu scis, quomodo anime mee cordas soles 5 tangere. Eya, confestim hoc incipe, rex et sponse meus karissime! Sponsa sum ignobilis, tamen tu sponsus meus legittimus et amabilis. Vnde exultat mens mea mirabilis. Memento, quomodo mundam animam in tuo foues gremio, et perfice hoc in me continuo, licet indigna sim omnino! Eya, trahe me sursum ad te, domine, et ero munda et clara in tuo lumine. Si dimiseris 10 me in meipsa, remanebo grauis et tenebrosa.”
[15.] De intollerabili uerbo salutacionis – 18 capitulum Ad hec respondit dominus: “Mea resalutacio sic est magnifica, quam, si secundum meam effunderem in te potenciam, nequaquam mortalem retineres uitam. Tu uides, quia est necessarium, quod meam continuam potestatem, et abscondam claritatem, vt in hac uita tuam detineam morta|litatem. Nam ad hoc tendit tua dulcedo eterne dignitatis excessu. Et cordarum mearum armonia tibi resonabit, prout amoris tui fidelis longanimitas promeruit. Interim animam tuam celestium cordarum symphonia temperabo, vt possis equanimius expectacionis diutine tedia tolerare. Oportet namque illustres sponsas (73vb) ac nobiles milites cum precioso apparatu diucius ac sollempnius preparari.” Anima veritatem experta sic locuta est: “Domine, corpus meum mortuum est, amota anima et elongata a me omni sensibili prauitate propter quod inimici tui a facie sua me tamquam cadauer fetidum proiecerunt. Et anima
FL V, 18
Ed. 553
10 FL V, 21
Kap. 14: auch Ra Kap. 15: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 11–17) 80 hec] mit EZ udZ Ra 14,1 Parte … 17] fehlt Ra | quinta] üdZ Rb 3 sine] sancti Rb 6 hoc] hic Ra rex] o rex Ra 15,1 18 capitulum] fehlt Ra 2 Ad] Dittographie Ra | hec] hoc Ra 3 mortalem … uitam] retineres vitam mortalem Ra 6 eterne] [et]terne Rb, interne (das et-Kürzel wurde als i mit Nasalstrich gedeutet) Ra 8 symphonia] symphona Rb Ra 10 sollempnius] sollepnius Ra 12 anima] fehlt Rb Ra 14,9 Eya … domine] vgl. Ct 1,3
Das liecht der gotheit – Buch IV, 12,91 – 13,25 | 249
Ku͗rtz ist dises stu͗ndlein. Wo der lieber zu͗ der liebe heimlich kompt, so mu͗ß offt darzwu͗schen kommen ein vnabscheidliche trennu͗ng vnd die vngetrenten zertrennen. O fru͗ndin gotz, disen weg der liebin hon ich dir beschriben, welchen gott 95 wolle schriben in dein hertz. Amen. [13.] Ein bett vnd dancksagung [CXXIr] “Bis gegru͗sset, mein lebendiger gott, du͗ | bist mein fu͗r alle din
sprechliche froͤ d das dir reden · Wan 5 vbent / so flu͗ic empfluïch ic neigest n du gewo hertzen 10 vnd g vna me erz Rest fehlt ¦lt ich dich in meinen sichst das do nott ist ewalt · vnd das vff das ich in plickayt · vbertreffen uͦ n meiner em dein dient oni s gen
[CXXIv] 15
20
25
Rest fehlt
92 vngetrenten] g korr. aus z 13,2 din] ab hier fehlender Text wg. Ausrißverlust
250 | Lux divinitatis – Liber IV, 15,14 – 17,4
mea uiuit in te. Vnde diligentes te diligunt me. Eya precordialis sponse mi, dulcis Ihesu Christe, ego sine intermissione in medio cordis mei pono 15 signaculum crvcis tue, vt contra omnia terrena sit michi obstaculum et munimen. Rogoque te, ut extra hec omnia me custodias inpermixtam. Nam quantumcumque sancta, me tamen ualde extra te mouent. Quod, quia sustinere non ualeo, toto conamine ab ipsis discedo.”
[16.] De precipuo ascensionis gradu – Prima parte 2 capitulum “Domine Ihesu Christe, qui es fons affluens de corde Patris tui sine inicio, natus de purissima Maria virgine tempore prefinito, qui cum Patre et Spiritu Sancto vna es uoluntas, vna sapiencia, vna potestas, vna summa, virtus omnibus predominans sine fine; domine deus eterne Pater, quia ego omnium indignissima de corde tuo per creacionem processi et, o domine Ihesu, quia de latere tuo per redempcionem sum genita et de utriusque Spiritu purificata, inuoco te in tribulacione dicens: ‘domine, Pater celestis, tu es deus cordis mei; domine, Ihesu Christe, tu es redemptor uite mee; domine, Sancte Spiritus, tu es sanctificator anime mee. Et tu, o beata trinitas, es vnicum refugium meum et mea requies eterna.’” Deus conuersus ad animam dicit: “Tu es fundamentum gracie effluentis; tu es gloria virginee castitatis, flos excelse | iocunditatis, speculum interne contemplacionis, domina et magistra dyabolice cohortis.”
FL V, 6
5
10 FL V, 7 Ed. 554
FL III, 2 [17.] De ungento spirituali – Tercia parte 2 “Dvlcis Ihesu, pulcherrima forma manifestata exuli anime mee in dolore pariter et amore, laudo te in teipso in amore, in dolore, et in dileccione cum uniuersitate creature. Hoc enim delectat me pre omni re. Domine, tu es lux
Kap. 16: auch Ra 175v–176r und 209v — ohne Entsprechung in FL: Z. 13 (Zeilentausch, vgl. FL V, 7, 3f. [334,21f.]) und Sprecherangabe in Z. 12 Kap. 17: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: sämtliche Sprecherangaben 16 tue] me Rb 17 Nam] naturam Rb Ra, korr. nach FL V, 21, 9 (358,5) und Ed. (553,16) 18 mouent] moueret Rb Ra 16,1 Prima … capitulum] fehlt Ra 2 Domine] DNe mit Kompendienstrich Rb 6 indignissima] indignissimus Ra 209v 7 genita] genitus Ra 209v 8 purificata] purificatus Ra 209v 13 interne] interne iocunditatis, iocunditatis gestr. Ra 176r 17,1 Tercia … 2] fehlt Ra 2 manifestata] manifeste Rb 15 in … tue] vgl. Ct 8.6; Ps 35,2; Ps 39,9 und 11; Prv 4,21 16,8 inuoco … tribulacione] vgl. Ps 4,2; Ps 17,6, 80,8 und 117,5 17,2 pulcherrima forma] vgl. Ps 44,3
Das liecht der gotheit – Buch IV, 13,26 – 15,14 | 251
[CXXIIr] | Eya du͗ mein hertzli
Jesu ich on vnder hertzens stell da creűtzs · das es 30 bewaru͗ng · bitt dich d allein be gros he nocht 35 selb ine [15.] V Rest fehlt ¦eß deiner seiten durch r beider geist ge= h an in meinem himlischer ines hertzens meines u͗ bist der O sellige flucht ch n= ?
[CXXIIv] 5
10
Rest fehlt
27 Jesu] rot unterstrichen 15,1 V] lies vermutlich: Von der fu͗rnemsten staffel des vffgangs; vgl. LG Reg 111 8 meines] davor gott gestr., über der Streichung steht ein EZ in Rot
252 | Lux divinitatis – Liber IV, 17,5 – 18,9
omnium oculorum, delectacio aurium, vox uerborum meorum, intencio 5 sanctitatis mee, honor sapiencie mee, uita in mea uita, laus et ordinacio in essencia mea.” Dicit anima: “Domine, tu omni tempore amore langues post me, sicut satis ostendisti in te. In libro diuinitatis tue descripsisti me, in humanitate tua depinxisti me, tu in latere tuo, in manibus et pedibus sculpsisti me. 10 E(74ra)ya, indulge michi domine, ut ungento perungam te.” Respondit dominus: “Et vbi comparabis hoc ungentum?” Respondit anima: “Domine, cupio scindere cor meum et te reponere intra ipsum.” Dixit dominus: “Numquam vales suauius et dulcius michi vngentum 15 adhibere, quam ut locum des michi in anima tua sine intermissione manendi.” Dicit anima: “Domine, si dignaueris me in domum tuum suscipere, semper uolo medicina vvlnerum tuorum existere.” Respondit dominus: “Ego te suscipiam. Verumtamen: fidelitas mea iubet te 20 expectare; amor meus laborare; paciencia mea tacere, pauperiem sustinere; despeccio mea subportare. Delectacio mee sufficiencie non querulosam esse iubet; uictoria mea in omni uirtute proficere et perficere; finis meus precipit te multa portando tollerare. Hinc erit tibi gloria, cum alleuiauero 25 onera tua grauia.” | [18.] Misera consolatorem alloquitur – Tercia parte 5 capitulum Ed. 555; Anima exul, quam deus a dulci amore elongauerat et crvciatibus amando FL III, 5 augebat, sic querulando exclamat: “O quam grauiter diues quandoque tollerat, quod post honorabiles diuicias paupertatis obprobria magna portat.” Dicit ergo: “Eya domine mi, pauper sum ualde in corpore debili, 5 exul nimis in spiritu flebili. Nullus enim in spiritali ordine constitutus coram me legit tuas horas canonicas, uel officium misse dicit.” Tunc amabile os, quod mentem meam vvlnerauit, verba magnifica, que nunquam digne audiuit auris mea: “Tu es desiderij mei amoris sensus,
Kap. 18: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 27 (sic – consistant) und Sprecherangabe in Z. 15 6 mea] me Rb Ra | et ordinacio] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL III, 2, 8 (160,14) Rb 15 Numquam] numquid Ra 18 tuum] tuam Rb Ra 21 meus] mens Rb 22 mee] mee s (s gestr.) Rb 23 perficere] korr. aus proficere Rb 18,1 Tercia … capitulum] fehlt Ra 2 crvciatibus] cruciantibus Rb 8 amore … me] vgl. Ct 2,5 und 5,8 13 cupio … meum] vgl. Ioel 2,13 18,8 mentem … vvlnerauit] vgl. Ct 4,9
Das liecht der gotheit – Buch IV, 15,1 – 17,9 | 253
| alle ding. Herr, du bist das licht aller ou͗gen vnd ein wollust der oren, die cxxiij stim meiner wort, die volkommenheit meiner heiligkeyt, die eer meiner weisheit, das leben in mir lebt, lob ist in meinem wesen.” Spricht die seel: “Herr, du͗ bist kranck in der liebin nach mir zu aller zyt, als 5 du͗ mir genu͗gsam offenbaret hast in mir. Im bu͗ch deiner gotheit hast du͗ mich beschriben, du͗ hast mich in deinen, sitten, henden vnd fu͗essen ingraben, in deiner menscheit hastu͗ mich gemalet. Eya herr, laß mir zu͗, das ich dich salb mit wolrichender salbe!” Antwort der herr: “Wo haͤ r wiltu͗ kau͗ffen solche salben?” 10 Sprach die seell: “Herr, ich beger zerschniden mein hertz vnd dich do hinstellen.” Antwu͗rt der herr: “Nymmer magstu͗ mir erbietten su͗essere salben, dan das du͗ mir gebest ein statt in deiner seell, do zu͗bliben on vnderlaß.” Spricht die seel: “Herr, woltest du͗ vß gnad | mich annemmen zu dinem 15 hwß, so wil ich altzit sein ein artznei deiner wunden.” Antwort der herr: “Ich wil dich also annemmen. Aber mein trew heist dich warten, mein liebin heist dich arbeiten, mein gedult heist dich stilschweigen, mein armu͗t heist dich armu͗t leiden, mein vorachtung heist dich vbertragen. Die wollust meiner gnu͗gsamkeyt heist dich nit klagbar 20 sein, mein sig heist dich zu͗nemmen in aller tu͗gent, mein end heist dich vil tragen vnd liden. Do haͤ r wu͗rt dir sein ein glori, so ich wu͗rdt leichtmachen dein schwere bu͗rde.”
[CXXIIIv]
[17.] Die arme anredet den troster Die ellende seel, die gott fern gemachet hatt von der siesse liebin, rufft also mit klagen: “O wie schwer ettman ein richer leidt, das er noch eerlichen reichtu͗mb der armu͗t gros schmach mu͗ß tragen.” Darumb spricht sye: “Eya 5 mein herr, ich bin fast arm im schwachen corper, fast ellend im weinende geist. | Wan keiner, der do gestelt ist in einem geistlichen orden, list vor mir cxxiiij dein vij zeyt oder das ampt der meß.” Dan so redet der liͤblich mu͗ndt grosse wort, welche nie zuhoren wart wu͗rdig mein oͤ r. “Du͗ bist der sinn meiner begerten liebj, ein starcker ku͗ß miner
16,3 ist] mit EZ am rR; an der entsprechenden Stelle steht üdZ durchgestr. ist 18 stilschweigen] stilschweigein 17,8 grosse] davor di gestr., grosse rot überschrieben
254 | Lux divinitatis – Liber IV, 18,10 – 19,6
pectoris mei fortissimum osculum, mirabilium meorum deliciosum 10 gaudium.” “Ego in te, et tu es in me nec propius possimus conuenire, quoniam in unum confluximus et in unam formam figurati sumus et sic iugiter permanebimus.” Et anima ait: “Eya predilecte, quomodo sic intime loqueris ad me? Non 15 audeo hec uerba cum leticia cogitare. Quia canis mortuus – scilicet corpus meum – misere semper ac fede in naribus meis olet. Audio, quod hostes mei contra me fremunt assidue, nec sensvm capio, quid michi inmineat in extremo. In conspectu tuo tantummodo meas miserias recognosco. Sicut, domine, abstulisti michi et promisisti, obsecro, ut eueniat tibi. Promisisti 20 enim, quod ex hoc laus tua proueniat.” Sic respondit dominus: “Mea profunda proteccio et lata deambulacio, excelsum de(74rb)siderium et diutina longanimisque expectacio: rursus oportet tibi doctrinam adhibere. Disciplinam suam sine grauamine non possunt nobiles iuuencule exercere. Oportet namque, ut omnia membra sua 25 artando cohibeant, frequenterque coram magistra discipline tremule consistant, sic ut coram sponsis non tremule consistant. Sic sponsis meis in terris corpus suum pro disciplina compede est alligatum. Ego in terris pro tuo amore fui circumdatus angustijs. Inimici mei coram oculis meis portauerunt mortem meam crvdeliter in manibus suis, sustinuique in 30 despeccionibus superborum quamplurimam egestatem. Et in hijs omnibus fidu|ciam habens in Patre supersperaui ad inestimabilem bonitatem. Ed. 556 Secundum hec uerba dirige mentem tuam!” [19.] Consolata gracias ait – Secunda parte ij “Tv, deus, illustras animum meum sicut sol aurum. Cum conceditur michi FL II, 5 quiescere in te magne sunt delicie mee. Tu anima mea induis te, et tu es uestis proxima, qua anima mea uestit se; qua dum spoliatur, cordi molestia generatur. Si amor tuus conualesceret ad me, cito eriperet de hoc corpore, 5 vbi te sine intermissione possem diligere.
Kap. 19: auch Ra 10 pectoris] pctoris, t mit Kompendienstrich, lies: peccatoris (?) Rb 18 fremunt] femunt Ra | sensvm] sensu Ra 21 quod] quia Ra 23 longanimisque] longanimis s que, zweites s gestr. Ra 27 ut coram] gestr. vt coram mit EZ am lR Ra | ut … Sic] mit EZ am uR, sponsis bis sic fehlt (wg. Homoöteleuton) im Text Ra 28 terris1] terris meis Rb Ra 30 meam] mea Rb 33 Secundum] secundum in Ra 19,1 Secunda … ij] fehlt Ra 12 Ego … me] vgl. Ct 2,16; Io 6,57 19,3 Tu … te] vgl. Ps 92,1 und 103,1
Das liecht der gotheit – Buch IV, 17,10 – 18,7 | 255
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[CXXIVv] 20
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brust, ein lustige freu͗d meiner wu͗nderbarlichen dinger.” Antwu͗rt der herr: “Ich in dir vnd du bist in mir, vnd wir mochten nit naher zu͗sammen kommen. Vnd wir sint in ein form gefingirt, vnd also werden wir stetz bliben.” Sprach die seell: “Eya fast lieber, wie redestu͗ so innerlichen zu͗ mir. Ich dar dise wort nit mit freu͗den hinder dencken. Wan der todt hu͗nd - mein leip stinckt alweg erbermglich in meinen naßloͤ cher. Ich hoͤ r, das mein findt stetz wider mich zenklappern vnd erkenn mit meinem sin nit, was mir zŭletst vorstande. Vor deinem angesicht allein erkenne ich mein ar|bentzelligkeit. Ich bitt dich, o herr, es beschee mir, als du͗ mir genommen hast vnd als du͗ vorheissen hast. Wan du͗ hast vorheissen, das vß dem dir soll lob entston.” Also antwurt der herr: “Mein ist die beschirmu͗ng vnd weite spatzirűng, die hoch begird vnd die langwirige wartűng: widervmb mu͗ß dir ein ler enbotten werden. Die edlen iu͗ngfrowlein mogent nit on beschwere yre zu͗cht vben. Wan es ist not, das sy alle yr gelider in zwangnu͗s inhalten vnd das sye offt vor der zűchtmeisterin mit zittern beyeinander standent, also das sy vor yren gesponsen nit standent mit zittern. Also meinen gesponsen vff der erden ist yr leip angebu͗nden vmb zucht wegen als mit einem fu͗eßband. Ich wart vff erden vmb dein liebin vmbgeben mit engsten. Meine find vor meinen au͗gen tru͗gent grwlich den todt in iren henden, vnd ich lidt in | der verachtu͗ng der hoffertigen fast vil mangel. Aber in allen disen cxxv dingen hett ich ein vertrawen in den vatter vnd hett ein vberhoͤ hi hoffnung zu͗ der vnvsschetzlichen gu͗theit. Nach disen worten ordne dein gemu͗et!”
[18.] Die getroste seel saget danck “Du gott, erleuchtest mein gemu͗et als die sonn das gold. So mir wu͗rd nach gelassen zu͗ rwen in dir, sint gros mein wollu͗st. Du͗ thu͗st dich an mit meiner seell, vnd du͗ bist das nehest kleidt, do mit mein seel sich kleidet. Wan so 5 sye dein berau͗pt wu͗rt, so wirt geborn tru͗rigkeyt dem hertzen. Wan dein liebin starckgemacht wirt zu͗ mir, so wirt ich bald erloset von disem leip vnd kom do hin, do ich on vnderloß moͤ cht libhaben dich.
17 zenklappern] zen mit EZ üdZ für rot durchgestr. zehen 23 mu͗ß] üdZ für rot durchgestr vß.
256 | Lux divinitatis – Liber IV, 19,7 – 20,3
Carmen tibi cecini, nec adhuc habeo quod volui. Si tu michi velles canere, perciperem, quod merui concupiscere.” “Cvm splendeo, tu radias; cum fluo humectaris; cum suspiras, trahis cor FL II, 6 meum in te; cum ploras pro me, inter brachia mea sumo te; cum amas me, 10 simul unimur. Et sic vniti numquam diuidimur. Verum deliciosa expectacio duorum est in amoris vinculo.” “Tvnc expecto famelica, et scribens festinans, et delectans horam iocundissimam, qua de ore tuo deifico fluunt verba melliflua, que auris non audiuit, sed solus spiritus percipit; et qui mundi prospera despicit, et qui 15 inclinant aurem suam ad uerba oris tui: sentit suauem odorem Spiritus tui.”
Ego peccatrix et pigra olim orare uolui. Deus vero uidebatur auerti, et quod FL II, 7 nullam michi uellet graciam inpertiri. Cum ergo pro infirmitate corporis miserabilis, que obstaculum uidebatur esse, spiritu uellem contristari, “eya”, inquit anima mea “memorare omnis 20 fidei, laudaque dilectum tuum et dic: ‘Gloria in excelsis deo!’” In hac laude resplenduit lux anime, in qua vidi dominum in sua maiestate et inmensa cla(74va)ritate. Habebatque duos aureos calices in manibus suis plenos vino viuo. In sinistre manus calice vinum erat rubeum affliccionis et 25 pene, in dextera calix plenus consolacionis eximie. Et dixit dominus: “Felices, qui hic rubeum bibunt uinum. Licet utriusque vini ex equali caritate propinem poculum meum, tamen uinum limpidum est | nobilius in seipso, et beatissimi sunt, qui et mero et rubeo inebriantur Ed. 557 vino.” FL III, 16 [20.] Affliccio similem facit deo – Tercia parte 18 capitulum Familiaris anima, rememorans deo dicta sua, ait ad ipsum: “Domine, tu dixisti: ‘Nullum donum hominis super terram, quod non habeat flagelli
Kap. 20: auch Ra 9 Cvm] vm, Platzhalter für C vorhanden Rb | cum2 … te2] am rR MZ Rb 10 cum2 … diuidimur] am rR MZ Rb 13 Tvnc] vnc, Platzhalter für T vorhanden Rb 17 Ego] go, Platzhalter für E vorhanden Rb pigra] korr. aus pigria Rb 19 miserabilis] miserabili Rb 20 contristari] c[on]tstari Ra 27 limpidum] [et] limpidum, [et] gestr. Rb 28 et1 … vino] am lR MZ Rb 20,1 Affliccio … capitulum] am lR MZ Rb Tercia … capitulum] fehlt Ra 14 que … audiuit] vgl. I Cor 2,9 16 suauem odorem] vgl. Sir 24,20 und 35,8; Eph 5,2 21 gloria … deo] vgl. Lc 2,14 23 duos … viuo] vgl. Ps 74,9; Ez 23,31 28 inebriantur vino] vgl. Ct 5,1
Das liecht der gotheit – Buch IV, 18,8 – 19,3 | 257
[CXXVv] 10
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Ich han dir gesu͗ngen ein gedicht, aber ich hab noch nit das ich wolt. Woltest du͗ mir singen, so erfu͗r ich das, so ich hon | verdient zu begeren.” Antwu͗rt der herr: “So ich schin, so glastest du͗; so ich flu͗iß, so wu͗rstu͗ feu͗cht; so du͗ vber sich ersu͗fftzest, zu͗chst du͗ mein hertz in dich; so du͗ vmb mich weinest, so nim ich dich zwuschen mein arm; so du͗ mich libhast, so werden wir voreiniget vnd werden nymmer getrent, so wir also werden voreiniget. Zwar, zweiger wollustige wortung stat im band der liebin.” Sprach die seel: “Dan wart ich hungerige vnd schrib ylende vnd hab gottliche lu͗st zu der freu͗dsamen stu͗nd, in welcher vß dinem goͤ tlichem mu͗nd flissen die honigsu͗essen wort, welche kein or gehoͤ rt hatt, dan allein der geist, der do vorachtet glucksall diser welt vnd die, die do neigen die oren zu͗ den worten deines mu͗ndes empfinden den su͗essen nack deines geistes.” Ich sunderin vnd trege wolt ein mal betten. Aber gott ward gesehen, als ob er sich wolt abwenden, vnd das | er mir kein gnad wolt mitteilen. cxxvj Darumb, do ich vmb der leiplichen kranckheit wegen, die mich du͗ncket sein ein hindernu͗s, wolt im geist tru͗rig sein, sprach die seell: “Eya mein seel, bis ingedenck alles gloubens vnd trw vnd lob deinen gelibten vnd sprich: ‘Glori sey gott in der hohi!’” In disem lob gab das licht ein schein der seelen, in welchem ich sach den herren in seiner maiestat vnd in seiner vnmeslichen clarheit. Vnd er hett in seinen henden zwen guldin kelch vol mit lebendigem wein. In dem kelch der lincken hand was der rott win der pein vnd des lidens, in der gerechte hand was der kelch vol des hohen trosts. Vnd der herr sprach: “Selig sind die, die do hie trincken den roten wein. Wiewol ich beiderlei wein tranck, schenck vß glicher liebin, so ist doch der schoͤ n win edler in ym selbs, vnd die seligsten sind die do vom lu͗tern vnd vom roten wein truncken werdent.”
[CXXVIv] | [19.] Dein leiden machet got gleich
Ein fru͗ntliche seel wendet gott fu͗r sein eigne wort sprechen sprechende: “Herr, du hast gesprochen: ‘Kein gab hatt der mensch vff erden, das do nit
18,9 verdient] hon verdient 16 goͤ tlichem] mit EZ am LR 29 vol] davor d
258 | Lux divinitatis – Liber IV, 20,4 – 21,22
disciplinam’. Hoc michi prophetasti ore tuo et adimplesti in me frequenti uerbere diro. Ante sex annos prenunciasti michi, quod religiosi ualde essent 5 me persecuturi et despecturi. Quod et nunc faciunt et fecerunt actenus maliciose duri michi. Numquid, domine, hoc est miraculum, quod iussisti me desiderare?” Respondit michi dominus et dixit: “Pater meus dedit michi potenciam sue uirtutis, et noticiam sue sanctitatis, addiditque michi multitudinem 10 despeccionis. Post autem contulit michi gloriam ineffabilem et interminabilem dignitatem. Hoc modo assimilabo te prestantissime trinitati.” FL I, 2, 2–21 [21.] De precipuo ascensionis gradu – Prima parte ija capitulum Diuine allocucionis salutacio ex ardore fluens deitatis feruido sua uirtute (20,25–22,18) corpori uirtutes adimens animam clarificat, ut se similem sanctis aspiciat, splendoremque celestem in se recipiat. Separatur itaque, quantum potest, a corpore cum omnibus viribus, sensibus, amoribus, voluptatibus 5 exterioribus, remanente solo tamquam in suaui sompno spiritu uegetante. Tunc plenum deum in tribus personis, et tres personas in uno deo inseparabiles ineffabiliter contemplatur.
Quodamque modo inscrutabili eam salutando alloquens regali indumento circumdata eius se subdit delectabiliter voluntati. Petit ergo et querit omne, 10 quod concupiscit. Daturque, quod vvlt, et de omnibus, que quesierit respondetur. Quod, si donum non tribuitur, uel responsio subtrahitur, ibi eidem protinus innotescit. Hic est primus ascensionis gradus. Pro|cedens ergo in familiari loco statuitur, in quo nec orare nec investigare Ed. 558 quicquam licet. Ibi enim solus cum sola delicijs fruitur, que corpus nescit. 15 Illuc nec rusticus cum aratro nec miles cum clipeo appropinquat. Maria quoque virgo mater huic (74vb) se per disciplina absentat consorcio. Progrediuntur itaque ad locum plenum delicijs, de cuius gloria eloqui nec audeo nec ualeo; et, quia indigna ualde et peccatrix sum, obmutesco. Verum, cum fine carens fundo carentem animam ad hoc sublime prouexerit 20 deus, mente obliuiscitur stupefacta hec infima, nec meminit, si quando fuerit in terra.
Kap. 21: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an dieses Kapitel?) 8 me] i me, i gestr. Rb, et me Ra (gestr. i offenbar als et-Kürzel gelesen) 21,1 Prima … capitulum] fehlt Ra 7 deum] deinde Ra 15 que] quem Rb, quo Ra 17 per disciplina] p[er]|disciplina, p[er] korr. aus p[ro] Rb, pro disciplina Ra 20 animam] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL I, 2, 19 (22,16) Rb, s. dazu Neumann 1993, S. 6
Das liecht der gotheit – Buch IV, 19,4 – 20,26 | 259
hab ein zucht der geissel.’ Das hastu͗ mir bewert mit deinem mu͗nde vnd 5 hast es in mir erfu͗lt offt mit deinem harten streich. Vor vj Jaren hast du͗ mir
verkundet, das mich die geistlichen wurdent fast verűolgen vnd verachten. Vnd sy thu͗nd mirs yetzt vnd hontz gethan vnd sind mir ietzt boshafftig hert gesin. Her, ist das dises mirackel, das du͗ mich hast heissen begeren?” Antwu͗rt der herr vnd sprach zu͗ mir: “Mein vatter hatt mir geben den gewalt 10 seiner krafft vnd die erkantnu͗s seiner heiligkeyt, vnd gab mir au͗ch die vili der vorachtung. Aber darnach gab er mir vnvßsprechliche glorj vnd ein vnendliche wűrdigkayt. In solcher gestalt wird ich dich glichmachen der hohesten tryfaltigkeyt.”
5
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[CXXVIIv] 15
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cxxvij | [20.] Von der firnemste staffel des vffstigens Der gru͗ß der gottlichen ansprechung, der do flu͗ist vß der inbrunstigen hitz der gotheit, nimpt hinweg mit siesser krafft die macht dem leib vnd macht clar die seell, das sye sich glich den engeln ansehe vnd in sich empfae den himmelischen schin. Also wirt sy abgescheiden von dem leib mit allen krefften, sinnen, liebin vnd vßwendigen wollu͗stigen, vnd blibt allein als in einem su͗essen schlaff in einem lebendigem geist. Dan so anschawet sye den volkommen gott in tryen personen, vnd try personen in einem gott vnvßsprechlich, vnschaidbarlich. Vnd er redet yr zu͗ mit gru͗ssen in einer vndu͗rchgru͗ntlicher weiß; vnd sye, becleidet mit ku͗nglichem kleid, vnderwurfft sich seinem willen. Vnd do begert sye vnd froget alles, das sye begert. Vnd yr wu͗rt gegeben, was sye will, vnd ir wirt antwu͗rt geben von allen dingen, von den sye frogen wirt. Ob ir aber do | kein gab gegeben wirt oder die antwu͗rt vnderzogen wurt, so wu͗rt es ir bald ku͗nth thon. Das ist der erst staffel des vffstigens. So aber sye fu͗rbas gat, so wu͗rt sye gestelt in ein fru͗ntliche statt, do ir nicht zimpt betten au͗ch nit fragen. Wan do er allein mit yr nu͗ist die wollu͗st, die der leib nit weist. Do hin mag nit nahein ein bau͗r mit einem pflu͗g, auch kein ritter mit dem schilt. Auch die iungfrow Maria entzu͗icht sich solcher gesellenschafft mit zu͗cht. Firbaß gond sye zu͗ einem ort vol der wollusten, von welcher stat glori mir nit zimpt zu͗reden oder mag. Vnd daru͗mb erstu͗m ich da, wan ich bin fast vnwu͗rdig vnd ein sűnderin. Aber doch, so gott, der, der do keïn end hatt, wirt fyren die, die do keinen gru͗nt oder boden hatt, das ist das gemiet, so wirt sye vergessen diser vnderster dinger vnd gedenckt nit, ob sye sey ettman vff erden gesin.
19,5 hast2] das, korr. nach LD IV, 20, 5 20,6 liebin] mit EZ am rR 19 Maria] rot unterstrichen
260 | Lux divinitatis – Liber IV, 22,1 – 23,12
FL I, 2, 21–34 [22.] De gressu anime ad inferiora – In eodem Ivxta vvlgi prouerbium tunc cessandum est a gaudio, cum prospera est (22,18–34) ludenti successio. Dicit ergo florens sponsus: “O dilecta, necessarium est te iam inclinari.” Stupefacta illa suumque recognoscens exilium dicit: “Domine, me hic tua 5 dulcedine sic inebriasti, quod nullo te in corpore meo laudis prosequi possum ordine, nisi exilium sustinendo pacienter, et carni repugnando ualenter.” Et sponsus: “Eya,” inquit “columba mea, vox tua est auribus meis dulce organum, verba tua oris mei electuarium, desideria tua sunt pietatis mee 10 donum.” At illa: “Sponsa sum” ait “et sponsi voto pareo et preceptis.”
Tunc suspirans ex intimis, ut moueatur corpus, et dicat: “Vbi eras domina? En reuerteris amabilis, pulchra, fortis ignea, sensibus plena? Tua 15 deambulacio sustulit meum colorem, omnem depulit et valorem.” “Tace miser!” refert illa “noli querulari! Tibi uolo semper aduersari. Hostis mei uictoria profectus meus est et iugis leticia.” [23.] De effectibus salutacionis diuine – In eodem Hec dulcis salutacio, de qua dictum est, ex indeficienti deo in aridam profluens animam, uenas habet continue emanantes noue cognicionis, contemplacionis, fruicionis ex | superingenti nouitate presencie conditoris. O dulcis, ignite, florens, interior et exterior deus meus, qui hec minimis contulisti, experiar, obsecro, que tuis maioribus reseruasti et te timentibus abscondisti! Et tollerabilis michi erit omnis pena, quam peccatoribus delegasti. Hanc, qui consequi desiderat, graciam, super se eleuetur. Et in oculis suis, ut paruulus sit, necesse est, et ad nichilum redigatur. In hac libenter uiuens moriar. Nec ab hoc uoto ignorancium me deterrebit simplicitas, qui diligunt nec agnoscunt. Horum cecitas reprehensibilis non est. Cognoscunt enim ex parte et non sicut uidentes per speculum et in
FL I, 2, 35–43 (22,35–24,9)
Ed. 559 5
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Kap. 22: auch Ra Kap. 23: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 11–14 (Horum – inquirentes) 22,1 De gressu] Gressu Rb | In eodem] fehlt Ra 6 nullo] Domine si Rb Domine sic Ra | hic] hac Ra sic … ordine] am rR MZ Rb 12 et2] korr. aus eciam Rb 13 Tunc … dicat] am rR MZ Rb 14 fortis] forcia Rb Ra 16 Hostis] korr. aus hostes Rb | Hostis mei] hosti s mei Ra 23,1 In eodem] fehlt Ra 3 emanantes] emanentes Rb, emanentes korr. zu emanantes Ra 22,2 Ivxta … successio] Vgl. Liver/Singer 2001, S. 53 (Kap. I.5.3) 9 vox … dulce] Ct 2,14 23,8 in … sit] vgl. I Sm 15,17 12 Cognoscunt … faciem] vgl. I Cor 13,12
Das liecht der gotheit – Buch IV, 21,1 – 22,14 | 261
5
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15 [CXXVIIIv]
[21.] Von dem firgang der seel zu den nidersten dingenn Nach dem gemeinem sprich wort soll man | vffhoren von der freu͗d, so es cxxviij glucklich gat dem spiler. Darumb spricht der bluende gespons: “O liebe, es ist not, das du͗ yetzt geneigt werdest.” Do verwu͗ndert sye sich vnd erkant yr ellende sprechende: “Herr, hastu͗ mich hie mit deiner sūesse ersettiget, das ich mit meinem leib mit keiner ordenu͗ng des lobs mag dir nochgon, wo wirt ich das mogen thu͗n, so ich mu͗ß das ellend leiden vnd dem fleisch widerston.” Anwu͗rt der gespons: “Eya mein dau͗b, deine stim ist meinen oren ein su͗esse orgel, deine wort seint ein latwerg, ein geseltz meinem mu͗nde, dine begird sind meiner gu͗etigkayt ein gabe.” Sprach sye: “Ich bin ein gespons vnd bin gehorsam den gebotten meines gemahels.” Dan so ersifftzet sye von innen, das der leip sich bewegt, vnnd spricht: “O fraw, wo warestu͗? Kompst du͗ haͤ rwider, du͗ schone, liͤbliche, du͗ starcke, du͗ fu͗rine foll mit sinnen? Dein spatziren hatt hin weg genommen | mein farb, hatt vertriben alle meine macht.” Antwort sye: “Schweig du͗ armer! Du͗ solt nit klagen. Ich wil altzit wider dich sein. Der syg vber meine find ist mein nu͗tz vnd stete froͤ d.”
[22.] Von den wurckungen des gotlichen grues Dise su͗esse gru͗essu͗ng, von welcher geredet, ist die do flu͗ist vß dem vnu͗ersiglichen ewigen gott in die dirre seel, hatt stetz vsfliessend adern einer nu͗wen erkantnu͗ß, beschowlickeyt, niessu͗ng, vß der hohe nu͗wigkeyt 5 der gegenwūrtigkeyt des schopffers. O su͗esser mein gott, der du͗ von vssen vnd innen feu͗rig blu͗est, der du͗ dise ding den allerminsten hast gegeben: Ich bitt dich, laß mich erfaren die ding, die du͗ hast den grossern behalten, vnd die du͗ hast vorborgen denen, so dich forchtend. So wirt mir lidlich die pein, so du͗ den su͗ndern hast verordnet. Welcher dise gnad begert 10 zu͗erlangen, sol sich vber sich erheben. Vnd ist not, das er in seinen ou͗gen klein sey, vnd als ob er zu͗ nichts sey gebracht. In diser | wil ich gern cxxix lebendig sterben. Vnd von disem willen wu͗rt mich nït erschrecken die einfaltigkayt der vnwissenden, die do libhon vnd nït erkennen. Diser blinthait ist nit strafflich, wan sye erkennent zűm tail vnd nit als die, do
21,1 Von … firgang] am Ende der vorhergehenden Zeile 2 wort] wot 22,1 grues] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile
262 | Lux divinitatis – Liber IV, 23,13 – 25,13
enigmate, necdum facie ad faciem. Ambulant enim per fidem speciem (75ra) inquirentes. [24.] De suscepcione amantis anime in celestibus – Prima parte 4 caput FL I, 4 Cvm amans deum anima celi intrat regna, disciplina fulget et sapiencie claritate. Intuetur deum letissime, et ab ipso suscipitur gratissime. Laudem eius tacens et ardens desiderat. Tunc deifici cordis ardor, similis auro rubeo, fulgenti in camino carbonum ignis, patens ei in siti ardoris, in 5 incendium trahit ipsam. Cumque sic magnus utcumque paruulam complectitur, et modicum aque uino iungitur: hec a sua uirtute deficit et ad nichilum redigitur, et nescit. Cumque sic in salutarj defecerit, tunc et ipse amore languet ad eam in se permanens semper idem.
Tunc illa dicit: “Tu es dilectus meus, tu meum desiderium, tu fons 10 indeficiens et sol numquam occidens; et ego speculum, in quo fulges.” FL I, 3 [25.] De crvciatu anime ab amore – Prima parte 3 capitulum Omnis uirtus fideli anime famulatur. Voce querulosa amori dolorem suum profert anima, et clamosa dicens: “Eya dilecta, tu michi iamdudum familiaris. Indica michi, quis sit adhuc status meus! Tu me agitasti, captiuasti, uin|culasti, profunde et irremediabiliter vvlnerasti, multasque Ed. 560 cum claua plagas terribiles inflixisti. Indica ergo michi, obsecro, si tuam seuiciam euadere ualeo! Mallem enim te non nouisse, quam mortem de tuis manibus euasisse.”
Respondit amor: “Ego te agitaui delectando, captiuaui concupiscendo, ligaui gaudendo, vvlneraui uniendo, plagaui dominando; ego altissimi 10 Nota Filium de celo expuli, ego humanam uitam sibi abstuli, ego ipsum Patri cum gloria retuli: et tu, uilis vermicule, manus meas estimas te posse euadere?”
Kap. 24: auch Ra Kap. 25: auch Ra 24,1 Prima … caput] fehlt Ra 7 sua uirtute] virtute sua Ra 25,1 Prima … capitulum] fehlt Ra 6 claua] claiua, i unterpungiert Rb, clauia Ra 10 uniendo] iendo vaH (?) am Zeilenende auf Rasur Rb 11 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 12 tu] tu i (i gestr.) Rb 13 euadere] korr. aus suadere Rb 24,8 Cumque … defecerit] vgl. Ps 118,81 und 123
Das liecht der gotheit – Buch IV, 22,15 – 24,15 | 263
15 sehent durch einen spigel vnd in der du͗nckelhayt, au͗ch nit sein angesicht
zu͗ angesicht. Wan sye wandlent durch den gloűben zu͗erforschen die gestallt. [23.] Von der empfaunge einer liebhabende seel in himmel So ein liͤbhabende seel ingat die himmelische reich, so schïnet sye mit zu͗cht vnd mit clarheit der wysheit. Sicht an gott vffs aller froͤ lichst vnd wirt gnediglich von ym empfangen, begeret sein lob schwigend vnd ïnbru͗nstig. 5 Dan der inbru͗nst des gotlichen hertzens glich einem schinendem roten gold in dem camin des feūrs oder der fu͗riner kolen ist ir offen, vnd zu͗icht sy in das feu͗r in dem du͗rst des inbru͗nsts, vnnd so der groß vmbfacht die fast [CXXIXv] kleine, | vnd ein wenig wasser dem wein zugeben wu͗rt, so manglet sye an ÿr krafft vnd wirt zu͗ nichts gebracht, vnd weist doch das nit. Vnd wan sye also 10 abnimpt in das heil, so krenckt er sich au͗ch zu͗ yr in der liebin, vnd blibt doch in ym selbs alwegen der er ist. Dan spricht sye: “Du bist mein gelipter, du͗ bist mein begird, du͗ bist der vnabnemender bru͗nn, du͗ bist die sonn, die do nymmer nidergath; vnd ich bin ein spigel, in welchem du͗ schinest.” [24.] Von pinigung der seel von der liebin Ein ytliche tu͗gent dienet einer tru͗wen glou͗bigen seell. Die seel virhalt der liebin mit schriender vnd clagender stim yren schmertzen vnd spricht: “Eya du͗ gelïpte, du͗ dienst mir yetzt lang. Antzeig mir, was do noch sey mein 5 stand! Du hast mich geu͗bet, gefangen, gebu͗nden, dieff vnd vnheillich hastu͗ mich verwu͗ndet, vnd hast mir mit den kolben vil erschrockenlich streich gegeben. | Darumb antzeig mir, ich bit dich, ob ich moͤ g deinem grimmen cxxx entrinnen! Wan ich wolt mer, das ich dich nit hett erkennet, dan das ich dem tod entru͗nner wer von deinen henden.” 10 Antwu͗rt die liebin: “Ich hon dich geu͗bet mit erlu͗stigen, ich hon dich gefangen mit begirden, ich hon dich gebu͗nden mit freűden, ich hon dich verwu͗ndet mit sehen, ich hon dich geschlagen mit herschen, ich hon vß dem himmel triben den suͦ n des allerhochsten, ich hon im genommen sein menschlich leben, ich hon in dem vatter mit glori widergebracht: vnd du͗ 15 schnodes wu͗rmlein meinst, du͗ weltest meinen henden entrinnen?”
264 | Lux divinitatis – Liber IV, 25,14 – 26,10
“Loquere” inquit anima “o regina! Ego enim dilacionem mortis timui. Vnde 15 manus tuas euadere formidaui.” Ad hec amor ait: “Cum captiuis uita conceditur, panis eis artus et aqua breuis inpenditur. Hec est dilacio, qua electi ab eternis epulis suspenduntur. Cum autem mors uitalis aduenerit, diesque sanctificatus illuxerit, brachijs te circumdabo, tuaque intima penetrabo, animamque a 20 carne liberans te amantissimo presentabo.” “O amator,” inquit anima “hanc scripturam ex ore tuo depinxi editam. Non deneges, obsecro, sigilli tui inpressionem debitam.” Amor respondit: “Qui norunt plus(75rb)quam se deum diligere, huius sigilli locum possunt inuenire. Latet enim inter me et te.” Anima: “Tace!” inquit, “dilecta, nec loqueris ultra. Ego cum omni creatura 25 tue maiestati me prosterno gracias agens. O regina, nuncia dilecto, quod lectus meus insignis est, et ego eius amore langueo!” Si hac in carta reprehensibilis est prolixtas, prati florigeri hoc efficit amenitas. Cum gaudio deplangitur, quod anima in amore moritur, et uita eius cum 30 Christo in deo absconditur. [26.] Oracio ad caritatem, que deus est – Quinta parte 30 capitulum Eya cara dei karitas, animam meam amplectere, quia uincit mortis ve, si forem libera a te! Eya amor, non sinas me refrigescere! Opera mea mortua sunt, cum non sencio te. O amor, tu dulcoras penas et angustias, tu doctrinam et solacium filijs dei prestas. O amoris uinculum, tua suauis dextra potenter ligat omnia noua simul et | uetera. O amor, tu facis luminaria magnifice ardencia et leues culpas aggrauas. Tu seruiens non queris premia cunctis creaturis pro Christo subdita. Eya dulcis amor dei, cum nimis diu dormio et negligenter actito, fac mecum clementer et excita me frequenter! Canta michi tuum canticum, quo tangis cordis organum,
FL V, 30
5 Ed. 561
10
Kap. 26: auch Ra 16 hec] hoc Ra 18 autem] aut korr. aus autem, e radiert, m gestr. Ra 28 prolixtas] prolixitas Ra 26,1 Quinta … capitulum] fehlt Ra 4 tu1] tunc, nc gestr. Ra 5 tua … uetera] am rR MZ Rb 10 tangis] tangis c (c gestr.) Rb 26 nuncia … langueo] vgl. Ct 3,1 und 5,8 30 Cum … absconditur] vgl. Col 3,3 26,1 ad … est] vgl. I Io 4,8 und 4,16 5 filijs … prestas] vgl. Gn 6,2 und 4; Rm 8,14
Das liecht der gotheit – Buch IV, 24,16 – 25,12 | 265
[CXXXv] 20
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Sprach die seel: “O ku͗nigin, rede! Ich forcht den vffzu͗g des todes. Do haͤ r so besorget ich mich, zu͗entrinnen deyn henden.” Darzu͗ sprach die liebin: “So den gefangenen zu͗gesagt wu͗rt das leben, so gibt man yn hert brott vnd lu͗tzel wassers. Das ist der vffzu͗g, mit welchem | die vßerwelten vffzogen werden von den ewigen spisen. Aber so der lebendig tod zu͗kompt, vnd der heilig tag inleu͗chtet, so wirt ich dich mit den armen vmbfahe, vnd wirt durchtrïngen deine innersten, vnd wirt vffloͤ sen dein seell vom fleisch vnd dich zu͗bringen deinem allerlibsten.” Spricht die seel: “O libhaber, ich hon dise geschrifft abgemalet vß dinem mu͗nd, vnd ich bitt dich, du͗ wollest nit abschlahen die versprochene billiche indrűcku͗ng deines sigels.” Antwu͗rt die liebin: “Welche wissent vnd kűndent gott mer dan sich selbs libhon, mogent finden die statt dises sigels. Wan er ligt verborgen zwuschen mir vnd dir.” Spricht die seel: “O lieber, schweig vnd rede nichts mer! Ich leg mich nider mit aller geschopfft fur dein maiestat vnd sagend danck. O ku͗nigin, verku͗nd dem liebin, das mein beth wolgezirt sey, vnd ich bin kranck in seiner liebin!” Ob schon die lenge in disem brieff ist | strafflich, so schafft das die cxxxi lustigkeyt der blu͗menrichen matten. Mit freu͗den wu͗rt beweinet, das die sell sterb in der liebin vnd das ir leben mit Christo verborgen werd in gott.
[25.] Ein gebett zu der liebin, die got ist Eya du͗ werde gottes liebin, vmbfach meyn seell, wan ich hett vberwu͗nden das wee des todes, wer ich frey von dir! Eya du͗ liebin, laß mich nit wider kranck werden! Meine werck sind dod, so ich dein nit empfinde. O liebin, 5 du͗ machst sueß die pein vnd angst, du͗ gibst leer vnd trost den su͗nen gottes. O band der liebin, dein su͗esse gerechte hand bind gewaltig zu͗sammen alle nu͗we vnd alte ding. O liebin, du͗ machst heerlich oder groß die brinnende liechter vnd beschwerst die leichte schu͗ld. So du͗ dienst, suchst du͗ keinen lon vmb Christu͗s willen aller creatu͗r vnderworffen. Eya du͗ su͗esse liebin 10 gottes, wan ich zu͗u͗il lang schlaff vnd versu͗mig wu͗rck, schaff mit mir gnediglich vnd weck mich offt vff! Sing mir dein gesang, mit welchem du͗ [CXXXIv] anru͗rest die orgeln des hertzens, vnd ich wirt hoͤ ren | dein geschrei. Eya o
24,17 deyn] deyn korr. aus den | deyn henden] anschließend deines todes gestr. 34 Ob] O, korr. nach LD IV, 25, 28 36 vnd … leben] mit EZ am rR 37 Christo] rot unterstrichen 25,6 gewaltig] über a ein gestr. e 9 Christu͗s] rot unterstrichen
266 | Lux divinitatis – Liber IV, 26,11 – 27,5
audiamque tuum clamorem. Eya amor, tu me tibi subice! Libens succumbo tue uictorie et, ut uitam meam interimas, summas estimo delicias. O amor liberalis, cum multum nimis michi parcis, hoc toto corde doleo, et hinc querelas moueo. Amor, tua nobilis salutacio sancte affectionis est occasio. Amor, tua munda infestacio facit peccatorem uiuere sine peccato. Amor, tua 15 frequens meditacio statuit me in suaui dispendio. O amor deus, quomodo tui inpacienter careo, cum tanquam aliena reputata fuero. Amor, quod tua me delectat absencia, iocunda est et celestis demencia. O amor mirabilis, quam beatus est, quem tu erudieris. Deliciosa est humilitas, cum supplicat 20 tibi, quod ab eo discedas. Eya amor, quam paucos reperis, qui te totis uiribus querant in rebus, qui te continuo fruantur studio, et feruenti desiderio affectentur ab eis tua discessio. Multi sunt, qui labijs te inuocant, et moribus, ut discedas, prouocant. Amor, aduentus tuus et recessus gratus est equaliter ordinate anime et 25 acceptus. Amor, tu operatus es omnia, que (75va) facta sunt in nobis dileccionis mirabilia. Amor, tua nobilis puritas, que tamquam clarum speculum in casta fulget anima, affectum facit calidum in pectore virgineo Ihesu Christo domino. Qui amant in precordijs et nitent corporibus, virgines iuuencule sunt in choreis seraphicis. Amor, tua sancta miseracio est 30 Nota 5 demonum lesio et sempiterna confusio. Amor, tua pax suauissima mentis est tranquillitas et morum munda benignitas. Amor, tua sufficiencia letificat et liberat in paupertate uoluntaria. Amor, tua perfeccio non aduersatur in aduersitatibus, nec querulatur cum fatigatur laboribus.
Ed. 562; | [27.] De excellencia karitatis – Quinta parte 29 capitulum O karitas, quam spaciosum est lumen, quam igneus splendor, quam incom- FL V, 31 prehensibile mirum, quam multiplex sapiencia, quam citatum donum, quam forte uinculum, quam perfecta essencia, quam dulcis emanacio, quam 5 magna diuiciarum substancia, quam fidelis labor, quam sancta distinctio!
Kap. 27: auch Ra 22 affectentur] affectetur Ra 27 nobilis] nobis Rb Ra, korr. nach FL V, 30, 28 und entsprechend einem Vorschlag von Ed. (561,27) 31 Nota 5] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL V, 30, 32f. (396,16f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 228 27,1 De … capitulum] am lR MZ Rb | Quinta … capitulum] fehlt Ra 11 audiamque … clamorem] vgl. Ex 3,7 und 22,23; Iob 27,9; Ps 33,16; Ps 38,13 u.ö.
Das liecht der gotheit – Buch IV, 25,13 – 26,7 | 267
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liebin, vnderwirff mich dir! Ich wil gern vnderligen deinem sig, vnd das du͗ mein leben vorderbest, acht ich die hochste wollu͗st. O freimiltige liebin, so du͗ mir fast zu͗u͗il verschonest, hon ich des ein schmertzen vß gantzem hertzen, vnd do har fu͗r ich klag. O liebin, dein adellicher gru͗ß ist ein vrsach der heiligen begirden. O liebin, deiner reiner anstoͤ ß macht den su͗nder on su͗nd leben. O liebin, dein offte betrachtu͗ng stellet mich in einen su͗essen schaden. O liebin gottes, wie mangel ich dein mit vngedult, so ich als ein fremde geachtet wirt. O liebin, das mich gelu͗stet dein abwesen, das ist ein himmelische vnd froliche vnsinnigkeyt. O wu͗nderbarliche liebin, wie selig ist der, den du͗ vnderwisest. Das ist ein wollustige demu͗tïgkeyt, so sye dich bitt, das du͗ von yr abweichest. Eya du͗ liebin, wie lu͗tzel du͗ findest, die dich vß allen krefften suchent in allen dingen, die dich mit stetem fliß niessent vnd do inbru͗nstig begeren, das du͗ von ynen weichest. Vil sind, die dich mit den leffzen anrieffend, vnd mit yren sitten | dich reitzent, das du͗ hinweg gangest. cxxxij O liebin, dein zukommen vnd dein weggon ist angenem einer gleich geordeneter seell. O liebin, du͗ hast geschaffen alle, die in vns bescheen sind mirackel. O liebe, dein reinigkeyt, welche scheinet als ein lichter spigel in der kwsche seel, macht des begird hitzig im iu͗ngfrowlichen hertz Jesu Christi dem herren. Welche libhond in dem hertzen vnd schinent in den leiben, die sind iűngfrowlin in den engelischenn seraphischen taͤ ntzen. O liebin, dein heilige erbermd ist ein letzung der boͤ sen find vnd ein ewige schand. O liebin, dein allersu͗ster frid ist ein stilru͗igkeyt des gemu͗ts vnd ein reine gutwilligkeyt der sitten. O liebin, dein gnu͗gsamkeyt macht frolich vnd macht frey in der willige armu͗t. O liebin, dein volkommenheyt widert sich nit in den widerwertigkayten vnd klagt au͗ch nit, so sye gemiet wu͗rt mit arbeiten.
[26.] Von den vbertrefflickeiten der liebin O liebin, was breiten liecht bistu͗, was fu͗riner schein, was vnbegrifflichs [CXXXIIv] wu͗nder, wie vilerlai weisheit, was erholete gabe, | was starckes land, was volkommen wesen, was siesse vßfliessu͗ng, was grosse substantz der 5 richtu͗mb, was trűwe arbeit, was heilige zerteilu͗ng! Machent frolich die seell vnd erleu͗chtent, so du͗ sye mit allen disen dingen wirst seligmachen vnd erfullen mit deiner gotheit. Dan so sye ist vfferhebt
28 angenem] angemen, korr. nach LD IV, 26, 25 31 Jesu Christi] rot unterstrichen
268 | Lux divinitatis – Liber IV, 27,6 – 28,6
Letificant animam et illustrant, cum hijs omnibus eam beneficaueris, et tua inpleueris deitate. Tunc eleuata sursum pennis columbe – hoc est uirtutibus – uolare incipit, et assumptis pennis aquile feruenti desiderio sequitur calorem solis ad sublimia, estimans cuncta transitoria frigida et insulsa. Tunc loquor ex ore ueritatis dicens: “Domine, votum, quod ad te in tua 10 tractione habeo; sapiencia, quam in uolatu concipio; unio, quam in tua uoluntate comprehendo; stabilitas, quam tunc in dono tuo arripio; dulcis memoria, que afficit me, dum te diligo: sic est in seipso diues, et coram oculis tuis magnus, quod, si tu nescires, - non possent maris harene, aquarum stille, gramina et folia, lapides et ligna, omnes essenciales 15 creature, insuper et uegetabiles, pisces, volucres animalia, vermes uolantes et repentes, demones, gentiles et Iudei, et omnes hostes tui, insuper et amici (homines, angeli, sancti), si loqui scirent et uellent et clamarent, sine intermissione usque in diem nouissimum (vere, domine, tu nosti) nequirent tibi denuntiare medium intencionis desiderij mei et angustie, agitationisque 20 cordis mei, et clamoris anime mee pro odore vngentorum tuorum, et sine intermissione appendenciam indiuisam!
Col. 1 Super omnia charitatem habentes quod est vinculum perfectionis Glossa Charitas omnis ligat ne abeant
O Maria domina, (75vb) dei mater, quid fieret, si tu cum Filio euoluere inciperes eterne deitatis amorem, quem unica anima sine fallacia in hac uita in deum portat, et contactum, quo eam delectat? Lassaris, et filius tuus 25 amens fieret, quia diuini amoris ignara virtus omnis creature fortitudinem antecedit.”
quarta . parte . 19 | [28.] De officio karitatis – Secunda parte ij capitulum
Ed. 563;
Ab inicio et ante secula deum homini et hominem deo coniungere, et nunc FL IV, 19 et in perpetuum, tui existit et erit officij beneficium, o karitas benedicta. Te saluto, dominatrix creatoris et omnium creatorum! Custodi, domina, ne querelas de te moueam coram domino meo pulchro! Qui, si tardauerit et 5 moram fecerit, frigus me opprimet et gelida nimis ero. Quod ne fiat, caueas,
Kap. 28: auch Ra und Be1 (mit Anlehnung an Z. 18–20) 10 loquor] loquitur Ra 11 tractione] tractione i (i gestr.) Rb | sapiencia] sapienciam Rb Ra | unio] fehlt Rb Ra, ergänzt nach FL V, 31, 14 (398,3) 14 harene] maris harene, maris gestr. Ra 15 et2] Dittographie Ra 16 volucres] et volucres Ra 20 denuntiare] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG IV, 26, 25 und entsprechend einem Vorschlag von Ed. (562,25) | mei] in Fortführung der Zeile am rR Ra 23 Col … abeant] vaH am oR Rb, fehlt Ra 26 ignara] ignora Rb 28,1 quarta … 19] vaH Rb, fehlt Ra | Secunda … capitulum] fehlt Ra 2 deum homini] d[eu]m korr. aus d[omi]ni, homini vaH mit EZ am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 7 Tunc … incipit] vgl. Ps 54,7 21 odore … tuorum] vgl. Ct 1,3 und 4,10 23 Col … abeant] Col 3,14
Das liecht der gotheit – Buch IV, 26,8 – 27,7 | 269
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vbersich mit den dauben feddern - das ist mit tu͗genden - facht sy anzu͗fligen, vnd so sye ansich hatt genommen adler feddern, folgt sye nach mit imbru͗nstiger begird der hitz der sonnen zu der hoͤ hin vnd achtet alle andere ding zu͗rgenglich, kalt vnd vngeschmack. Dan so redet sy vß dem mu͗ndt der warheit sprechent: “Herr, das gelu͗pt, das ich zu͗ dir hon in deinem anzu͗g; die weisheit, so ich empfach in dem flu͗g; die bestendigkayt, so ich ergreiff in deinem willen, welche ich au͗ch dan an mich zu͗ich in deiner gab; die suesse gedechtnus, welche mich girig macht, so ich dich beru͗r: entzundt liebhon ist in yr selbs also reich vnd vor deinen au͗gen groß, ob schon du͗ nit wissest, - so mochte doch nit der sand des mers, die wasser tropffen, groß vnd bletter, stein vnd holtz, vnd alle wesenliche creatur, | auch lebende fisch, vogel, thier, fligend vnd krichent cxxxiij wu͗rm, dieffel, heiden vnd iu͗den, vnd alle deine feindt au͗ch freu͗ndt (menschen, engel, heilige), ku͗nden sye reden vnd wolten vnd schrien on vnderloß bis an den letsten tag, warlich herr, du͗ waist, das sy nit mochten den halben teil der meiner begirde, angst vnd der vbu͗ng meines hertzens, vnd das geschrei meiner seel vmb den wolrichenden smack deiner salbe vnd den on vnderlaß vnzertrenten anhangen, vßsprechen vnd gnūgsam erkleren. O Maria, ein mutter gottes, was beschech, so du͗ anfingest mit deinem su͗n erkleren die liebin der ewigen gotheit, die do ein einige seel in diser zeyt tregt in gott on tru͗g, mit welcher er sye erlustiget: du͗ wu͗rdest mied, vnd dein su͗n kem vom gemu͗et, wan die vnbekante krafft der gotlichen liebin gatt vor der stercki aller creatur.”
[27.] Von dem ampt der liebin O gebenedeite liebin, das gehort dir zu͗ vnd ist die gutheit deines ampts, vnd [CXXXIIIv] ist ietz vnd ewig von anfang, vnd vor der welt vorei|nigen gott mit dem menschen vnd die menschen gott. Ich gru͗ß dich, o herscherin des 5 schopffers vnd der geschopfft! Behu͗et mich, das ich nit klag fur von dir vor meinem gott! Welcher, so er wirt vorspeten vnd langweilzihen, so wirt mich die keltin nidertru͗cken, vnd ich wirt fast frűstig sein. Bis dar vor, o ku͗nigin,
26,23 der1] korr. aus deiner 24 smack] nack, korr. nach LD IV, 27, 21 29 mied] korr. aus mit 30 dein] korr. aus dem
270 | Lux divinitatis – Liber IV, 28,7 – 29,16
o regina! O regina, tu me in deum transtulisti, cuius amore feliciter sum constricta. O amor, adiuua me, ut in eius brachijs moriar, que amabiliter me captiuant! 10 Verumtamen in hoc fragili corpore penas mortis exsoluere non recuso. Vide Cor. 13 c. Major O amor, omnium uirtutum excellit tua potencia fortitudinem. Tu aufers a autem horum est me multiplicem cordis molestiam. Vnde dominum benedico semper. Ego caritas
certe uirtutes non habeo, verum suis virtutibus dominus michi seruit. Essetque cordi meo supra mortem grauis turbacio, si quicquam possem sine ipsius adiutorio. Quecumque de amore ore meo pronuncio, michi asscribere 15 non presumo. Omnium enim electorum edificacio in hijs verbis dei bonitatis est intencio. Ad quos pertinent hec, intelligunt. Amor corda uacua replet ad se suspirancia. Quod, si rancore et amaritudine pleni fuerimus, dulcedinis eius capaces non erimus, sed tanquam uasa inutilia reputabimur et inmunda. 20 Bonam presta, o amor suauis, noctem; in pace dormiam et requiescam!
[29.] De insanabili vvlnere karitatis – Secunda parte ij capitulum Amor diuinus septemplici principio insignitur: - Letabunda caritas vias et semitas dei aggreditur; - timorata, labori sacro substernitur, - fortis manum mittit ad forcia, - amatrix non inficitur vana gloria, - sapiens fulget cognicionis prvdencia; - libera uiuit sine cordis molescia, - potens semper manet in leticia. | Amaritudo cordis prouenit ex infirmitate humanitatis, grauitas corporis ex sola corrupcione carnis, subtilitas ingenij ex nobilitate (76ra) mentis, horror pene ex magnitudine criminis, ualitudo corporis ex maledicto creatoris, exactum et inuitum exilium ex corruptela peruerse voluntatis, rarum solacium causatur ex inquietudine cordis.
FL II, 11
5
Ed. 564; FL II, 14
15
Kap. 29: auch Ra 11 Vide … caritas] vaH Rb, fehlt Ra 17 hec] hoc Ra 29,1 insanabili] insaciabili Ra | Secunda … capitulum] fehlt Ra 8 cordis] cordis n (n gestr.) Rb 11 Vide … caritas] I Cor 13,13 19 sed … inmunda] vgl. Bar 6,15; Ier 48,38 21 in … requiescam] Ps 4,9
Das liecht der gotheit – Buch IV, 27,8 – 28,16 | 271
das es nit beschee! O ku͗nigin, du hast mich in got verfu͗ret, mit welches liebin ich bin selliglich vmbbu͗nden. 10 O liebin, hilff mir, das ich in seinen armen sterb, welche mich liblich gefangen hand! Aber zwar in disem schwachen leib wider ich mich nit, zubezalen die pein des todes. Vnd, liebin, dein gewalt vbertrifft die sterckin aller krefften. Du͗ nimst von mir alle truͦ bnu͗s des hertzens. Darumb lob ich altzit den herren. Ich hon 15 warlich nit die tu͗gent, doch es wer dan, das der herre mit seinen tu͗gend bey mit wolt sein, so beschee meinem hertzen ein schwere betru͗bnu͗s. Wan ich vormag nichts on sein hulff. Alle ding, die ich von der liebin rede, schreib ich mir nit zu͗. Wan die meinu͗ng der gutheit gottes in disen worten ist ein besseru͗ng aller vßer|welten, welchen zu͗statt, das sye dise ding erkennen. cxxxiiij 20 Die liebin erfult die leren hertz, so zu͗ yr erseu͗ffzigen. Wolten aber wir vol sein zanck vnd bitterkeyt, so sind wir nit empfenglich seiner su͗esse, sunder wir werdend geachtet als lere vnd vnnu͗tzliche fesser. O su͗esse liebin, verleich mir ein gu͗te nacht, so ich wu͗rt im frid schlaffen vnd ru͗wen!
5
10
[CXXXIVv] 15
[28.] Von der vnheilmachigen wunden der liebin Die gotlich liebin wirt gezirt mit sybenlay freyheit: - Die frolich lieben gat an die weg vnd fußstapffen gottes, - sy wu͗rt vnderworffen mit forchtsamkeyt der heiligen arbeit, - sy legt an yr hend zu͗ starcken dingen, - ein liebhaberin wirt nit vergifft mit eiteler eer, - ein weisse scheinet mit der klu͗gheit der erkantnu͗s, - ein freyhe lebt stercklich on kommer des hertzens, - gewaltig bleibt altzit in freu͗den. Die bitterkeyt des hertzens kompt vß blodigkayt der menschen, die schwere des leibs aws zerstorung des fleisch, die su͗btiligkeyt des hirns vß adelligkeyt des gemu͗ets, der erschreck der pein vß der grossi der su͗nd, die gesuntheit des leib aws dem vorflu͗chen | gottes, das zwingen vnd vnwillig ellend vß zerstorlickeyt des vorkerten willens, seltzamer trost kompt haͤ r vß der vnrw des hertzens.
27,15 das] korr. aus den 18 gutheit] gotheit, korr. nach LD IV, 28, 16 28,1 Von … wunden] am Ende der vorhergehenden Zeile 2 sybenlay] davor vi gestr.
272 | Lux divinitatis – Liber IV, 29,17 – 31,10
Nota
Anima, que semel perfecto dei amore vvlneratur, nunquam deinceps a tam FL II, 15 salubri vvlnere medicatur, nisi eius oris osculo perfruatur, per quod huius vvlneris infliccio generatur. [30.] De affectibus et effectibus karitatis – Quarta parte 22
FL IV, 15
Notabile valde etc Vera dei dileccio quatuor affeccionibus purgetur.
Prima est crescens desiderium, secunda affluens incomodum, tercia mentis et corporis dulce incendium, quarta cum multa custodia perfecte unionis 5 uinculum. Ad hec homo non peruenit, nisi commercium cum deo ingerat, offerens ei omne, quod suum est intus et exterius. Tunc ipse procul dubio largitur homini omne, quod suum est intus et exterius. Cum felix illa hora, qua deus amantem animam sua excellenti consolacione uisitare dignatur, illuxerit atque transierit: miro mentis 10 gaudio fruitur. Fiuntque ei cuncta dulcia, que uanis hominibus sunt amara. Quod, si tunc inuenitur aspera, timeat, quod ungento dyabolico sit peruncta. [31.] Quarta parte 18 FL IV, 16 Habet magnus amor hoc quodammodo naturale: Multis non effluit lacrimis, sed ardet magno igne celestis adustionis. In quo fruendo longe ducitur extra se, manet tamen requiescens in se. Ascendit fitque deo proximus, manens tamen in semetipso infimus; comprehendit pre omnibus, nichilque retinet 5 ex omnibus. “O amor felicissime, vbi sunt, qui te cognoscunt intime?” “Ipsi certe non sunt in se, immo succensi sunt feruentissime caritatis igne. Nec umquam possunt ab eius amore cadere.” 10 “Quare?”
Kap. 30: auch Ra Kap. 31: auch Ra 133r und 180r 17 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 18 nisi] ut Rb Ra, korr. nach FL II, 15, 5 und entsprechend einem Vorschlag von Stierling 1907, S. 78 | nisi … generatur] am lR MZ Rb 30,1 De … 22] am lR MZ Rb | affectibus … effectibus] effectibus et affectibus Ra | Quarta … 22] fehlt Ra 2 purgetur] p[er]urgetur, [er] gestr. Rb, p[er]urgetur Ra | Notabile … etc] vaH Rb, fehlt Ra 6 hec] hoc Ra 9 sua] suam Rb Ra, korr. nach LG IV, 29, 9 und entsprechend einem Vorschlag von Ed. (564,18) 10 uisitare] si vaH üdZ Rb 31,1 Quarta … 18] am lR MZ Rb, De fratre Alberno ¦ De Amore intensissimo in deum Capitulum 51m Ra 133r, keine Überschrift, aber n. Abs. und Kapitelinitiale Ra 180r 2 hoc] hic Ra 133r 4 requiescens … se] in se requiescens Ra 133r 5 in semetipso] inse ipso Ra 133r 17 amore vvlneratur] vgl. Ct 4,9 18 eius … perfruatur] vgl. Ct 1,1
Das liecht der gotheit – Buch IV, 28,17 – 29,23 | 273
Ein seel, welche ein mal verwu͗ndet wirt mit volkomner liebe gottes, wirt fűrbaß nit meher hail gemacht von diser wűnden, vff das sye nieß den ku͗ß seines mu͗ndes, durch welchen ku͗ß der hafft diser wunden wu͗rt gehort 20 geborn. [29.] Von den begirden vnd wirckung der liebin Die ware gottes liebin wu͗rt durchvbt mit vierlay begirden. Die erst heist ein wachsende begir, die ander ein zu͗flissendes vngemacht vbel, die dritt ein su͗esses anbru͗nst der seel vnd des leib, die vierdt ein band 5 volkomner voreinigu͗ng. Zu͗ disem kompt nit der mensch, er gang dan mit gott in ein tau͗sch, vnd opffer ym alles, das sein ist, von vssen vnd von innen. Dan on zweifel, so gibt er dem menschen alles das sein von innen vnd von vssen. So dan einleu͗chtet vnd vergat die selig stu͗nd, in welcher gott wil 10 heimsu͗chen mit seinem vbertreffenlichem trost die liebhabende seel: so nu͗ist sy in wu͗nderbarlicher freu͗d | ires gemu͗ets. Vnd ir werden alle ding cxxxv sueß, die do den vppigen menschen seind bitter. Aber ist es, das sy gefűnden wu͗rt rau͗ch vnd scharff, so sol sye sich forchten, das sye du͗rch salbet sey mit dieffelischer salb. 15 Ein grosse liebe hat das glich als von natu͗r: Sie flūist nit vß mit vil treher,
su͗nder sy brint mit grossem feu͗r der himmelische brinnu͗ng. In welchem fűir wirt sye mit niessen lang vß yr selbs gefu͗ret vnd blibt doch ru͗went in ir selbs. Sy stigt vff vnd wirt gott fast nach, vnd blibt doch der niderst in yr selbs; ergreifft fu͗r alle, vnd behalt doch nichtzs vß allen dingen. 20 “O allerseligste liebin, wo sind die, die dich von innen erkennend?” “Warlich, sy sint nicht in yn selbs, sunder sy sint entzūnt mit dem feu͗r der inbru͗nstigen liebin also, das sy nymmer mogen fallen von seiner liebin.” “Warumb ê?”
18 hail] korr. aus hailig 29,1 liebin] am Ende der vorhergehenden Zeile 3 wachsende] waschende, korr. nach LD IV, 30, 3 | die ander] rot unterstrichen 4 die dritt] rot unterstrichen | die vierdt] rot unterstrichen 8 menschen] menschem
274 | Lux divinitatis – Liber IV, 31,11 – 32,17
“Quia sic diuinitate perfunduntur et circumdantur, quod, quanto magis Ed. 565 temptantur, | tanto forciores redduntur.” “Quare?” “Quanto diucius in pugna morantur et amant, tanto eis deus nobilior 15 apparet, ipsique se infeliciores reputant et estimant uiliores.” “Quare?” “Quanto enim sanccior amor, tanto anxietas grauior. Quantoque consolacio multiplicior, tanto timor constancior. Verumtamen amans anima nequaquam timet crudeliter, sed reueretur metuendo nobiliter.” Nota Duo sunt, que plangere non sufficio miserabiliter querulando. Vnum est 20 diuine bonitatis in hoc mundo obliuio, et spiritualium inperfeccio. Hinc multiplex casus necesse est, ut ueniat. Quia perfecti homines nun(76rb)quam a dei gracia corruerunt. [32.] De insanabili vvlnere karitatis – Secunda parte ij capitulum Amor dei purus hec continet in se bona: Pacem et concordiam cum deo conseruare, vt, quicquid preter peccatum euenerit cum deuocione, gracias referamus. Secundum est, ut donis, que a deo percepimus mentis et corporis, bene ordinare studeamus. Tercium est, ut in sincera deuocione sine crimine cum bonis moribus coram domino ambulemus. Quartum est, ut omnium uirtutum copiam in nobis instituere totis uiribus studeamus. O utinam has haberem et in omnibus actibus et euentibus ueraciter exercerem! Hoc ego omni contemplacioni preponerem, que haberi poterit in hac uita. Quid enim prosunt sermones magnifici sine misericordie operibus et mansuetudine cordis pacifici? Quid ualet amor ad deum cum persecucione bonorum et innocencium proximorum?
FL VI, 30
5
10
15
Dicit forsitan quis: “Si deus michi hoc donaret, facerem utique quod deberem.”
Kap. 32: auch Ra 133r–v und 180r (hier nur Überschrift und Incipit) sowie Be1 (in Anlehnung an Z. 2–10, 12f., 18–20) 11 diuinitate] d’itate Rb, deitate Ra 133r 180r 14 Quanto] quia quanto Ra 133r 17 Quanto] quia quanto Ra 133r | enim] fehlt Ra 133r 18 Verumtamen] Verum (V korr. aus v Rb) Rb Ra 20 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 22 ueniat] eveniat Ra 133r 23 dei gracia] gracia dei Ra 133r 32,1 De] Sequitur de Ra 180r | De … capitulum] am rR MZ Rb, De properitate veri et magni amoris Capitulum 52 Ra 133r karitatis] caritatis quere supra ¦ Incipiens taliter Amor dei purus Ra 180r 2 Pacem] Primum pacem Ra 4 referamus] agamus Ra 5 donis] de donis Ra | percepimus] accepimus Ra 7 ut] fehlt Rb 14 pacifici] pacifici mit FZ Ra 15 proximorum] proximorum mit FZ Ra 16 deus michi] dominus Ra
Das liecht der gotheit – Buch IV, 29,24 – 30,17 | 275
“Wan sy werden also vmbgeben vnd durchgossen mit der gotheit, das, wie 25 mer sy angefochten werden, so vil mer sy stercker gemacht werden.”
“Warumb ê ?” “Wie lenger sy verharrent in | dem streit vnd libhond, also vil adellicher erscheinet inen gott, vnd so vil vnseliger achtent sye sich vnd schnoͤ der.” “Warumb ê?” 30 “Wie heiliger die lieb ist, so vil schnoder ist die angst. Vnd wie vilfachiger ist die trostu͗ng, so bestendiger ist die forcht. Aber doch ein libhabende seel forcht sich nit grimlich, sunder embu͗it reu͗erentz mit adellichem forchten.” Zwei ding sint, die ich mit klagen nit gnu͗g mag beweine. Eins ist die vergessung der gotlichen gu͗te in diser welt, vnd die vnu͗olkommenheit der 35 geistlichen. Do haͤ r ist not, das mangerlei fall beschee. Wan die volkommen menschen sind nye gefallen von der gnad gottes.
[CXXXVv]
[30.] Von der vnheilmachigen wűnde der liebin Die lutter liebin gottes behalt in yr dise gu͗ter: Das erst: Sy will frid vnd einhelligkeyt behalten mit gott also: was do ymmer beschech on su͗nd, darumb sagt sy gott danck. 5 Das ander ist, das wir die gaben, so wir von gott empfangen haben der seel vnd des leibs lernent wider in yn ordnen. Das drit ist, das wir in rayner andacht | on su͗nd mit gu͗tten sitten vor gott cxxxvi wandlent. Das vierd ist, das wir die menge aller tu͗gent in vns vffrichten vß allen 10 krefften lernent. O hett ich dise gu͗tter, vnd das ich sye in allen wercken vnd faͤ llen vbte! Das wolt ich fu͗rstellen aller beschowlickeyt, die do in disem leben mag gehabt werden. Wan warzu͗ sind nu͗tz die grossen rede on die werck der barmherzigkayt vnd on die senffmu͗tigkeyt eines fridsamen hertzens? Was 15 sol die liebin bey gott, bÿ welcher ist veru͗olgu͗ng der gu͗ten vnd der vnschuldigen nechsten? Spricht villeicht ettmar: “Geb mir das gott, so wolt ich tu͗n als ich sol.”
24 werden] davor sint gestr. 27 dem] in dem 32 adellichem] korr. aus adellichen 30,1 der liebin] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile 9 Das vierd] rot unterstrichen
276 | Lux divinitatis – Liber IV, 32,18 – 34,5
Audi nunc: Virtus partim ex dei dono, partimque ex nostro dependet arbitrio. Cum deus mentes nostras ad ueritatem illuminet, exequantur in 20 opere, quod lux demonstrat. [33.] De duabus sponsis Christi et dyaboli – Tercia parte 24 capitulum Avdite nunc, que scribo de spiritali sponsa et de seculari femina! Sponsa spiritualis loquitur ex luminosa Spiritus Sancti gracia absque sui cordis molestia. Contra secularis | femina de Luciferi malicia crudeli labore profert sua verba ex sue carnis spurcicia. Duo spiritualium super terram sunt genera, quibus duplex exhibetur spiritus. Mundis corde, qui sancta intencione hic fideliter in omnibus conuersantur, infundit omnipotens spiritum suum. Conueniuntque due nature limpide, scilicet feruens ignis deitatis et anima fluens uelud cera amore karitatis. Vbi si fuerit operculum, vere humilitatis lucebit procul dubio ibi lux a longe contemplantis ueritatis, quo multi illuminentur. O amans anima, nunc ditaberis diuicijs, que non auferuntur, et tamen paupertas remanebit. Ex humilitate homo diues efficitur et in disciplinatis moribus decoratur. Disciplina morum exornat et nobilitat natales genitorum; karitas confert pulchritudinem et reddit laudabilem; despeccio superborum eleuat coram deo animas beatorum. Hec meditare, spiritualis sponsa, et in bonis operibus perseuera, ut sic permaneas sancta!
FL III, 24, 3–21 (220,16–222,9)
Ed. 566 5
10
15
Hostis antiquus inuidis, superbis, et amaris suum ingerit spiritum, qui mala De septemplici inclinati sunt et karitatis (76va) bona nesciunt. Hij de crvdelitate dyaboli et amore – in eodem ex inuidia mali zeli in pauperes nimis fiunt adeo crvdeles, quod amoris 20
dulcedinem nunquam percipiunt. [34.] De ignobilitate mentis – In eodem FL III, 24, 22-33 Fidelis amor laude dei semper repletur. Amor desiderans affecciones (222,9–24) dulcissimas generat mundo cordi. Amor querens sui solius est. Amor agnoscens omnibus se communicat creaturis. Amor resonans permixtus est tristicia et sensv huius mundi. Amor tacens sine labore fruitur, quietusque 5
Kap. 33: auch Ra Kap. 34: auch Ra 18 partimque] est partimque Ra 19 illuminet] illu[m]iet Rb Ra 33,1 Tercia … capitulum] fehlt Ra 2 – 4 Sponsa … molestia] am rR MZ Rb 4 Contra] C auf Rasur Rb, Econtra Ra 7 sancta] sanctam Rb Ra 10 procul dubio] p[ro]culdulo Rb 11 quo … illuminentur] vaH am rR (Entsprechung fehlt FL III, 24 und LG IV, 31) Rb 13 remanebit] tam remanebit Rb, iam remanebit Ra | in disciplinatis] korr. aus indisciplina[n]t (?) Rb 17 perseuera] pseu[er]a Rb 18 mala] admala, ad unterpungiert Rb, ad mala Ra 19 De … eodem] vaH am oR Rb, fehlt Ra 34,1 De … eodem] am lR MZ Rb | In eodem] fehlt Ra 4 creaturis] coraturis Rb
Das liecht der gotheit – Buch IV, 30,18 – 32,5 | 277
Hoͤ r nu͗n: Die dugent hangt zu͗ einem teil vß der gab gottes vnd zu͗m andern teil an vnserm freien willen. So gott vnsere gemu͗eter erleu͗chtet zu der 20 warheit, so sollen wir mit wercken volbringen das, des vns das licht anzeigt.
[CXXXVIv] 5
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[31.] Von zweien gesponsen Christi vnd des bosen geists Hoͤ rent nu͗n, was ich beschriben wil von der geistlichen gespons vnd von den weltlichen frawen! Die geistliche gespons redet vß der liecht schinende gnad des heiligen geistes. | Darwider redet die weltliche fraw von der bosheit Lu͗cifferj mit gru͗licher arbeit vß der schand yres fleischs. Es sint zweierlei geschlecht der geistlichen vff erden, denen zweierlei geist embotten werden. Die, die do sind eines reinen hertzens, welche in heiliger meinung hie treu͗lich in allen dingen wandeln; denen gu͗ist in der almechtig seinen geist, vnd komment zu͗sammen zwu͗ heller natu͗r: das inbru͗nstig fu͗ir der gotheit; vnd die seel, die do flu͗ist als ein wachs in der liebin der liebin. Vnd wo do wu͗rt sein der deckel der demu͗tigkeyt, so wu͗rt on zwyfel luchten das liecht der von fern anschowender warheit. O libhabende seel, nu͗n wu͗rstu͗ reichgemachet mit den richtu͗mben, so nit hinweg genommen werdent, vnd blibst dennocht arm. Vß demu͗tigkeyt wirt ein mensch reich vnd wirt gezirt in den zu͗chtigen sitten. Die zucht ziret vnd macht adellich die gebu͗rt der kinder; die liebin bringt schoni vnd macht loblich; die ferachtung der hoffertigen hebt vff vor gott die selen der selligen. Dise ding betracht, du͗ geistliche gespons, vnd verhart in guten wercken, das du͗ also cxxxvij | heilig bleibest! Der alt find gibt eyn seinem geist den neydischen, hoffertïgen vnd den bitteren, welchi geneigt sind zum boͤ sen, vnd nit erkennent die gu͗eter der liebin. Dise, von der dieffellische grimmigkayt vnd vß dem neyd einer boͤ sen liebin, werdent zu͗ vil grimmig in die armen, also das sy die su͗essi der liebin nymmer empfaend.
[32.] Von der adellickait des gemietzs Die truwe liebin wurt altzit erfult mit dem lob gottes. Die begirliche liebin gebirt su͗esse begerung den reinen hertzen. Die su͗chende liebin ist yr selbs. Die erkennende lïebin mitdeilt sich allen creatu͗ren. Die widertoͤ nende liebin 5 ist vormischt mit trűbnu͗s vnd sin diser welt. Die schwigende liebin nu͗ist on
20 anzeigt] an auf Rasur geschrieben
278 | Lux divinitatis – Liber IV, 34,6 – 35,18
longe graditur, et a corpore non cognoscitur. Amor purus est in solo deo tranquillus: vna enim conueniunt voluntate, nec licet hic cuiquam interesse creature. Hec per cognicionem de libro uite eterne sunt conscripta. Aurum persepe cupro | falsificatur et confunditur, sic, ut per inanem gloriam et mentis Ed. 567 extollenciam uirtus a corde hominum deletur. Ignobilis mens, que temporalia inherendo sic diligit, ut nunquam eius amorem experta sit, et in qua uox diuina loquendo suaue nunquam insonuit: proch dolor, in noctis tenebris semper fuit. [35.] De ascensu et descensu montis dei – Quinta parte 8 capitulum FL V, 4, 3-41 Admirabilis karitas dei, magna et sancta est virtus tua! Tu illustras animam, (324,21–328,9) tu doces sensus, tu es virtus omnium uirtutum. Bene michi misere, quoniam merui te uidere! Eya caritas, tu es deliciosa et in omnibus actibus operosa. Sentit enim anima mea, quod omnis uirtus est tibi subdita. Veruntamen 5 profunda humilitas, elacione carens in religione spiritali, et innata assumptaque castitas, que equali puritate constant, karitatem utrinque circumstant et tamen ei substant. Karitas sensus perambulat et inpinguat plenis uirtutibus animam. Que, cum augmentatur in anima, conscendit ad deum auida, dilatans se fluida ad 10 mirabilia, que occurrunt obuia, liquefit per animam. Ad sensus egrediens corpusque huic participans seruat in omnibus disciplinam.
Nota
Nam uera dei karitas prauos mores non admittit, quos eciam odit et excludit. Attamen numquam anima sic caritate perfunditur, nisi quandoque temptacionibus inquietetur. Quod animalis homo non percipit, qui ypocrisi 15 fallitur et succumbit. Cum caritas ad perfectum uenerit, tunc iuxta uires hominis ad summa conscendit. Quia, si modum non seruaret, multa sanctorum corda purissima infirmata deli(76vb)cijs expirarent.
Kap. 35: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 2f., 5–8) 9 uite] inte, i mit Strich Rb 35,1 De … capitulum] am lR MZ Rb | montis dei] mentis Ra | Quinta] q[ua]nta Rb | Quinta … capitulum] fehlt Ra 6 profunda … assumptaque] am lR MZ Rb | spiritali] sp[iri]tali, t üdZ Rb 7 utrinque] ut[r]iu[n]que, zweites u unterpungiert Rb 10 dilatans … animam] am lR MZ Rb 14 numquam anima] anima numquam Ra | Nota] vaH Rb, fehlt Ra | perfunditur] profunditur Rb 16 uenerit] peruenerit Ra 9 libro … eterne] vgl. Apc 13,8
Das liecht der gotheit – Buch IV, 32,6 – 33,23 | 279
arbeit vnnd gatt still wyt vnd wirt nit erkennet von leib. Die lu͗ttere liebin ist allein in gott stilmietig, wan sy kommen zu͗sammen mit einem willen, vnd zimpt keiner creatur do bey sein. Dise ding sind abgeschriben vom bu͗ch des ewigen lebens durch erkantnu͗s. 10 Das gold wurt offt gefelscht mit dem kupper vnd gemischt. Also durch die [CXXXVIIv] eitel eer vnd du͗rch | hoffart des gemu͗ets die tugent zertilget wirt vß des menschen hertz. Das vnadellich gemiet, das do mit liebhaben dem zitlichen also anhangt, das es nymmer seiner liebin erfarnűs hatt, vnd in welchem die gotlich stim mit su͗essem einreden nymmer gedoͤ net hatt: ach, das ist 15 altzit in den finstern der nacht gesin.
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[33.] Von dem vffgang vnd abgang des bergs gottes O wunderbarliche liebin gottes, gros vnd heilig ist dein krafft! Du erleuchtest die seel, du͗ lerest die sinn, du͗ bist ein tu͗gent aller tűgent. Wo haͤ r han ich arme verdient, dich zusehen? Eya liebin, du bist wollu͗stig vnd in allen deinen wercken wűrcklich. Wan mein seel empfindt, das alle tugent dir vnderworffen sind. Warlich dennocht, die dieffe demu͗tigkayt, die do mangelt der hoffart, die do angeborn vnd angenommen ist in geistlicher geistlickeyt, vnd die kwscheit, welchi zwu͗ stand in glicher reinigkeyt, vmbstond die liebin vnd sind dennocht vnder yr. Die liebin dűrchgat die sinn vnd macht feist mit volkommen tu͗genden die seell. Welche, so sy zu͗nimpt in der seel, so stigt sy vff zu gott girig vnd, | vßspant sych mit fliessen zu den wunderbarlichen dingen, so yr entgegen cxxxviij loffent vnd im entgegen gon, wirt sye weich. Durch die seel gat sy vß zu den sinnen des leibs, vnd der leib empfacht ein teil von yr, vnd behalt in allen dingen zu͗cht. Wan die ware gottes lïebin last nit zu͗ boͤ ß sitten, welche sye auch hasset vnd vßtribt. Aber doch, die seel wirt nymmer also durchgossen mit liebin, das sy nit ettman vnru͗wig werde durch die anfechtu͗ng. Welches der dierlich mensch nit vernimpt, welcher vnderligt der glißnerj vnd dem tru͗g. So aber die liebin zu͗ der volkommenheit kompt, dan so vffstigt sye nach den krefften des menschens zu den hochsten dingen. Wan, wo sye kein weyß hielt, so wűrdent viler heiligen hertzen allerreinste gekrenkt vnd sterben.
32,15 der] noch innerhalb der Zeile mit EZ nach dem Schlußzeichen 33,1 bergs gottes] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile 12 vßspant] davor ein Buchstabe(?) mit Rot gestr.
280 | Lux divinitatis – Liber IV, 35,19 – 36,11
Cum anima amoris attractu et mira cordis auiditate ad domini montem potentis ascenderit dileccionis et limpide cognicionis, tunc uelud 20 peregrinus alteram partem montis cum timore casus descendit. Nam | Ed. 568 diuturni caloris splendoribus inflammata, diuinis amplexibus circumdata humiliari incipit et refrigerari, quemadmodum sol de altissimis descendens sub terram mergitur et frigescit. Vere sic in corpore fit deuoti hominis et in mente. Homo karitate diues 25 attractu humilitatis mergitur, et cedit donis dei, que menti eius utilia sunt. Quia nobilitate intencionis deus et mens conueniunt. Auertitque ab omni uoluptate rerum mentis oculum, vt deus glorificetur ex hoc nunc et usque in seculum. Corpus quoque humiliatur non modicum, dum hostes sustinens ipsis tacens obsequitur, et ab amicis ob honorem domini segregatur. At 30 anima, que tunc preualet, amplius se humiliat ad locumque nouissimum cum diligencia declinat. Et quomodo hunc locum nominare audeo, hijs qui profundissimam humilitatem non cognoscunt?
FL V, 4, 42–72 [36.] De multiplici humilitate et karitate – In eodem Prima humilitas in exterioribus constat; videlicet, ut habitus modestus et (328,10–330,13) religiose formatus et compositus sit, et mundus in habitacione sancta.
Secunda humilitas est in moribus et societate, ut sint concordes et pacifici 5 in omni necessitate et operacione; hinc karitas augmentatur. Tercia humilitas consistit in sensibus, ut homo omni creatura rite utatur et frugaliter et diligat ordinate. Quarta humilitas animam inhabitat. Hec est profunda et descendens, que dulcia in ipsa et mirabilia operatur. Hec sursum compellit et eleuat, et in abyssum rursus retrahit et deorsum. Hec ad omnem deducit creaturam 10 singulariter et dicit: “Nunc hec te sua bonitate superat creatura.” Deinde
Kap. 36: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 8–14 und 19–22) — ohne Entsprechung in FL: Z. 17 (Textumstellung, vgl. FL V, 4, 60 [328,34]) 19 domini] domini n (n gestr.) Rb 21 alteram … descendit] am rR MZ Rb | montis] mo[n]rtis, r unterpungiert Rb 26 humilitatis] humilttatis Rb | eius … sunt] eius sunt vtilia, eius vor der Zeile am lR Ra 27 mens] meus Rb Ra, korr. nach LG IV, 33, 34 36,1 multiplici] simplici Ra | In eodem] fehlt Ra 4 sint] vaH mit EZ am rR für unterpungiertes s[unt] (korr. nach der lateinischen Vorlage?) Rb 11 hec] hic Ra 19 ad … ascenderit] vgl. Ps 23,3
Das liecht der gotheit – Buch IV, 33,24 – 34,14 | 281
So die seel mit dem antzu͗g der liebin vnd mit wűnderbarlicher girigkeyt des 25 hertzens vffstigt zu͗ gott in den berg der gewaltigen liebin vnd der hellen
erkantnu͗s, dan als ein bilger abgat sye den andern teil dises berges | vß forcht des fals. Wan, so sye ist erflammet mit den glantzen der langwirigen hitz vnd vmbfangen mit gotlichem vmbfahen, so facht sye an, demu͗tig werden vnd erkielen gleich als die sonn, so sye abstigt von der hoͤ hin, wu͗rt 30 vnder die erden vorsenckt vnd erkaltet. Warlich, also geschicht es in eins andechtigen menschens leip vnd gemiet. Ein mensch, der do ist rich in der liebin, vß dem antzu͗g der demu͗tigkeyt vndersenckt sich vnd wicht den gaben gottes, welche sinem gemiet nu͗tz seind. Wan im adel der meinu͗ng kompt zusammen gott vnd das gemiet, vnd 35 er abwendt das ou͗g des gemiets von aller wollustigkeyt der dinger, vff das got voreret werde vß dem nu͗n bis in die ewigkeyt. Vnd der leip wirt nit ein klein gedemu͗tigt, so er die findt leidet vnd inen mit schweigen volget, vnd so er abgesűndert wirt von den fru͗inden. Aber die seel, welche dan mechtiger ist, demu͗tiget sich mer vnd neigt sich mit fleis in die hinderste 40 statt. Vnd wie darff ich dise statt nennen denen, | die doch die dieffeste 139 demu͗tigkeyt nit erkennen?
[CXXXVIIIv]
[34.] Von vilerlai demutigkeyt Die erste demu͗tigkeyt stat in den vssern dingen; vff das das kleid sey bescheiden vnd nach geistlicher form gemacht vnd zusammen gesetzt vnd rein in der heilige wonu͗ng. 5 Die ander demu͗tigkeyt ist in den sitten vnd in der gesellenschafft, das sye seyen einhellig vnd fridsam in aller not vnd wűrcku͗ng; do haͤ r die liebin zu͗nimpt. Die dritte demu͗tigkeyt stat in den sinnen, das ein mensch sich aller creatur bru͗che ordenlich vnd sye ordenlich liebhab. 10 Die vierd demutigkeyt wonet in der seel. Dise ist dieff vnd abstigig, welche siesse vnd wu͗nderbarliche ding wirckt in yr. Dise erhebt vnd zwingt vbersich vnd zu͗icht widervmb aber in den abgru͗nd vnd vndersich. Diese fu͗ret sunderlich zu allen creatu͗ren vnd spricht: “Hier inne mit yr gu͗ete vberwindet dich alle creatu͗r.” Darnach fu͗ret sye zu dem hindersten der hell
39 fleis] korr. aus fleisch 40 139] mit blauschwarzer Tinte nachgetragen 34,2 Die] Dieie 5 Die ander] rot unterstrichen 8 Die dritte] rot unterstrichen 10 Die vierd] rot unterstrichen
282 | Lux divinitatis – Liber IV, 36,12 – 37,8
ducit ad inferni nouissima et sub Lvcifero collocat, quo non potest deterior locus esse. Vbi, si secundum sue uoluntatis desiderium ad dei gloriam liceret persistere, hoc gaudijs omnibus preoptaret. Sic anima amans predicta humilitate constringitur, quod nec timore terretur nec pudore 15 confunditur, sed in hijs celi ciuibus conforma(77ra)tur. Verum corpus miserum propter cordis | tenebras et sensuum concipit et timorem pariter et Ed. 569 pudorem, quoniam adhuc mortalitate circumdatur et grauatur. Anima vero sic est in corpore pulchra sicut in celo, sed non sic secura; sic est potens, sed non tam constans; sic est amabilis, sed non tam leta; sic est 20 audax, sed non tam fortis; sic est larga, sed non tam diues; sic est sancta, sed non ita sine culpa; sic est sibi sufficiens, sed non tam plena. Hec anima est, que hic hac respersa est humili caritate. Diuina, que attingere potest, conscendit, quamdiu alligatur corpori, et descenderit in profundissimum, quod inuenire poterit. 25 Tunc est perfecta in uirtutibus et sanctitate. Tunc ornari eam oportet penis in expectacione longanimi. Tunc conscendit fideliter ad sublimia, contemplans cuncta in sapiencia, nec latet eam res aliqua, ne detur deo ab ea laus et gloria. FL III, 13 [37.] De multiplici amore – Tercia parte ij capitulum Amor liberalis ex miseracione sancta proueniens expellit uanam gloriam et maliciam.
Humilis amor sancte simplicitatis uincit solus superbiam, deducens 5 potenter animam in sanctam cognicionem. Stabilis amor ex bonis moribus elongat a se falsitatem. Amor audax in actibus sacris nititur consilijs in omnibus.
Kap. 37: auch Ra 15 timore terretur] terretur timore Ra 17 et1 … pariter] am lR MZ Rb | concipit] conpians Rb Ra, zur Korrektur vgl. FL V, 4, 56–58 (328,28–31) und LG IV, 34, 20f. 19 pulchra] pulchra n (n gestr.) Rb | sed … potens] am lR MZ Rb | secura] felix et secura Be1 21 fortis] potens Be1 22 sine culpa] absque macula Be1 26 penis] pennis Rb Ra, korr. nach FL V, 4, 68 (330,9) und entsprechend einem Vorschlag von Becker 1951, S. 32 und S. 76 27 fideliter] fidelitas Rb Ra, korr. nach LG IV, 34, 33 und Neumann 1993, S. 86, Anm. zu FL V, 4, 69 | ad sublimia] sublimia Rb, sublimii Ra 28 ne] nec, danach Rasur Ra | deo … ea] ab ea deo Ra 37,1 Tercia … capitulum] fehlt Ra 5 solus] solam Rb Ra, korr. nach LG IV, 35, 6 und entsprechend einem Vorschlag von Ed. (569,19)
Das liecht der gotheit – Buch IV, 34,15 – 35,11 | 283
15 [CXXXIXv]
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vnd stelt sich vnder den Lu͗cifer, wo doch nit sein mag boͤ sere statt. Solt sy nach der begird yres willens do bliben zu͗ der eer | gottes, das vßerwelt sye mit allen freu͗den. Also wu͗rt ein libhabende seel mit der deműtigkayt gebu͗nden, das sy nit mit forcht erschreckt wirt, au͗ch nit mit scham bescheint wirt, sunder in disen wu͗rt sye gleich den himmelischen bu͗rgern. Aber doch der arm leib vmb fűnsternu͗s wegen des hertzens vnd der sinn, vmb forcht, au͗ch vmb scham ist vnbestendig, wan er wirt noch vmbgeben vnd beschwert mit sterplickeyt. Aber die seel ist also hubsch in dem leib als im himmel, aber nit so sicher; sye ist also mechtig, aber nit so bestendig; sye ist also lieblich aber nit also froͤ lich; sye ist also keck, aber nit als starck; sie ist so milt, aber nit als rich; sie ist also heilig, aber nit also onschu͗ld; sie ist yr selber gnu͗g, aber nit also volkommen. Ein solche seel, die do hie ist begossen mit solcher demu͗tiger liebin, stigt vff zu͗ den gotlichen dingen, welche sye anrieren mag, als lang sye dem leip angebu͗nden ist, vnd stigt au͗ch ab in das dieffest so sye finden wirt. Vnd dan, so ist sye volkommen in tu͗genden vnd | in der heilligkeyt. Dan, so cxl mu͗ß sye geziret werden mit feddern in der langwirige wartu͗ng. Dan, so stigt sye vff trwlich zu͗ den hohen dingen vnd anbeschowet alle ding in der warheit vnd yr ist kein ding vorborgen, in welchem von yr nit gegebenn werde gott lob vnd glorj.
[35.] Von manigfaltiger liebin Die freimiltige liebin, die do kompt vß der heiligen erbermd, treibt vß die eitele eer vnd die bosheit der karckheit. Die ware lïebïn vß der gottliche weisheit bringt lust vnd gnu͗gsamkeyt vnd 5 vertribt die lasterliche geitigkeyt. Die demu͗tige liebin der heiligen einfaltigkeit vberwindt allein die hoffart vnd einfu͗rt gewaltig die seel in die heilige erkantnu͗s. Die bestendige liebin vß guten sitten macht wyt von ym alle ding der falscheit. 10 Ein grosse liebin, die do keck ist in heiligen wercken, gru͗nt sich in allen dingen in die rett.
23 seel] ergänzt nach LD IV, 36, 19 35,6 heiligen] mit EZ am lR
284 | Lux divinitatis – Liber IV, 37,9 – 39,5
Amor contingens ex dei familiaritate excecat mundum absque labore. Amor ingrediens ex affluencia quiescit amara reputans omnia preter deum. 10 Amor clamans ex nobili inpaciencia nunquam tacet oblitus omnium peccatorum. Amor doctus ex dei doctrina inclinatur ut puer. Amor pulcher ex magna potestate iuuenem reddit animam et corpus 15 antiquum. Amor amabilis ex donis dei querulantem animam consolatur. Potens amor ex magnis diuicijs in dei dulcedine delectatur. Amor occultus portat thesaurum preciosum ex bona et sancta cordis puritate. 20 Amor clarus ex amica influencia sine pena punit et sine morte mortificat. Amor sclauicus supra posse nullus eum potest nosse. Ed. 570; | [38.] De labore corporali – Secunda parte i capitulum Altitudo anime est caritas de corporis castitate sacramentalis. Nichil enim FL II, 1 caritate sublimius, nilque sacramentis ornacius. Errant ergo non mediocriter, qui crudelibus et inhumanis laboribus altitudinem veram se putant at(77rb)tingere, habentes incompositum et crvdelem animum. Nam 5 qui carent sancte humilitatis mansuetudine, que mentem in deum ducit, rectissime in alta nequeunt conscendere. In crudeli etenim corde semper latet ypocrisis, in quo sub bonis operibus uoluntas propria damnatur.
FL II, 2, 2–16 [39.] 2 capitulum Cupio dissolui et in amore mori, si hoc digna essem promereri. Eum (76,14–28) namque, quem diligit anima mea, illuminatis uidi oculis.
Quecumque sponsa dilectum suum tenet hospicio, necessarium non est, ut euagando eundem in extraneo perquirat domicilio. Amor enim sequentem 5
Kap. 38: auch Ra 133v und 182r sowie Be1 (in Anlehnung an Z. 2f.) Kap. 39: auch Ra 10 preter] pt[er] Rb 13 ut puer] als ein kind LG; lies: ad puerum ?, in Anlehnung an FL III, 13, 18 (190,12) und entsprechend einem Vorschlag von Stierling 1907, S. 98 14 animam] animam iuuenem, iuuenem gestr. Ra 21 eum potest] potest eum Ra 38,1 labore] inordinato labore Ra 133v | Secunda … capitulum] Capitulum 53m, 53m korr. aus 54m (die Reihenfolge dieses und des folgenden Kapitels ist gegenüber dem Register vertauscht!) Ra 133v, fehlt Ra 182r 2 corporis castitate] castitate corporis Ra 133v 3 nilque] nichilque Ra 133v 182r 39,1 2 capitulum] De bonis puni amoris dei Capitulum 54m Ra 2 Eum … oculis] am rR MZ Rb 39,2 Cupio dissolui] vgl. Phil 1,23 3 quem … mea] Ct 3,1
Das liecht der gotheit – Buch IV, 35,12 – 36,16 | 285
Die anru͗rende liebin vß der fruntschafft gottes ferblent die welt on arbeit. Die ingendig liebin ru͗et vß zu͗flissigkeyt, achtet | alle ding on gott bitter. Die schriende liebin vß adellicher vngedu͗lt schwigt nymmer, als ob sy 15 vergessen hab aller su͗nden. Ein gelerte liebin vß der lere gottes wirt gebogen als ein kind. Die schoͤ n liebin vß grossem gewalt machet iu͗ng die seel vnd den leip alt.
[CXLv]
Die liͤbliche liebin vß den gaben gottes trostet die klagende seel. Die gewaltig liebin vß den grossen richtu͗mben hat wollust in der suͦ sse 20 gottes. Die heimliche liebin tregt ein kostlichen schatz vß der gu͗te vnd heilige reinigkeyt des hertzens. Ein clare liebin vß fru͗ntlichem einfliessen piniget on pein vnd todet an tod Die bu͗rische liebin vber das mogen mag sye keiner erkennen. [36.] Von der leiplichen arbeit Die hohin der seel ist die liebin von der kwscheit des sacramentlichen leibs. Wan nicht ist hoͤ her dan die liebin, vnd nichts ist zirlichen dan die sacrament. Darumb so irrent die nit lu͗tzel, die do mit gru͗senlicher vnd 5 vnmenschlicher arbeit vnderstond, anzu͗riren die ware hoͤ hin, vnd | hond cxlj ein grims vnd vnzu͗chtigs gemu͗et. Wan die, so mangeln der senfftmu͗tigkeyt der heilige demu͗tigkeyt, welche allerrechtest das gemu͗et in gott fu͗ret, mogen nit vffstigen in die hohe ding. Wan in einem grimmigen hertzen ligt altzit vorborgen die glißnerj, in welchem vnder den guten wercken herschet 10 der eigen will. Ich beger, vffgelost werden vnd in der liebin sterben, wer ich wu͗rdig, dises zűu͗ordienen. Wan disen, den mein seel liebhatt, hon ich gesehen mit erleuchten au͗gen. 15 Welche gespons ir lieben behalt in der herberg, der ist nit not, das sy yn mit vßschweiffen su͗che in ein vßwendigen hwß. Wan die liebin hat nit
36,15 nit] ergänzt nach LD IV, 39, 4
286 | Lux divinitatis – Liber IV, 39,6 – 41,17
se uel querentem fugere non consueuit. Cum fidelis anima amans et deum siciens ad eum aspiciens oculos mentis frequenter dirigit: naturali motus nobilitate libens et gaudens eum suscipit, et super cor suum sicut signaculum dignanter ponit. Hoc insipientibus non prestat virginibus, nec datur sponsis, que affeccione 10 non calent nec amore languent. [40.] Secunda parte 9 capitulum Christus sponsam suam laudat dicens: “Tu es lux mundi, corona virginum, FL II, 9 vngentum lesorum, fidelitas falsorum, sponsa sancte trinitatis.” Laudat uicissim sponsa Christum et dicit: “Tu es lux in omni lumine, flos FL II, 10 super omnem coronam, vngentum super omnem languorem. Tu es 5 inmutabilis fidelitas sine fallacia in omni hospicio dominandus, hylaris et iocundus.” | [41.] De tribus locis allocucionis diuine Tria sunt loca, in quibus deus animam alloquitur: Primus est sensualitas, qui deo, dyabolo, omnique creature peruius est iuxta hominis liberam uoluntatem. Secundus locus, quo deus cum animam alloquitur, intra animam est, quo nullus ingreditur nisi solus deus. Vbi, cum deus loquitur, magnum uirtuosum, uelox ac vnitiuum verbum sensus exterior omnino non percipit neque nouit, vbi adeo humiliatur, quod nullam creaturam infra se ualeat sustinere. Numquid ergo sub dyabolo humiliare se debet homo? Vtique memorando, quot similitudinem demonis frequenter peccando induit; et quandoque criminaliter assumpsit, diuinam a se contempnendo remouit, sibi mortalia vvlnera infligendo. Anima Spiritu Sancto plena omnem terrenam declinat consolacionem et refugit uoluptatem. Que vero proprium sequitur arbitrium, ad terrena flectitur uarijs uoluptatibus irretita.
Ed. 571; FL VI, 23
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Tercius alloquendi locus est regnum celorum, cum deus animam sursum 15 eleuat cum delicijs sui amoris suspendens eam ut (77va) suis mirabilibus delectetur.
Kap. 40: – Kap. 41: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 12f.) 40,2 Christus … dicens] vgl. Überschrift von FL II, 9 4 Laudat … dicit] vgl. Überschrift von FL II, 10 41,16 suspendens … suis] Dittographie Rb 8 super … ponit] Ct 8,6 11 amore languent] vgl. Ct 2,4 und 5,8 40,2 Tu … mundi] vgl. Mt 5,14; Io 8,12
Das liecht der gotheit – Buch IV, 36,17 – 37,19 | 287
gewonet, zuflihen den, der yr nachu͗olgt oder su͗cht. So die gloͤ big seel gott liebet, vnd einen du͗rst hatt zu͗ ym, vnd offt mit ansehen yre au͗gen zu͗ ym wendet: so empfacht sye ïn froͤ lich vnd willig vß natu͗rlicher bewegu͗ng vnd 20 stelt yn vff sein hertz wurdiglichen als ein zeichen. [CXLIv] Aber das wirt nit nachgelassen den vnweisen iu͗ngfrowen. Es wirt au͗ch | nit gegeben den gesponsen, die do nit hitzig sind in der begird oder nit kranck sind in der liebin. 25 Christus lobet sein gespons sprechende: “Du͗ bist das liecht der welt, ein
kron der iu͗ngfrowen, ein salbe der geletzten, ein trw der falschenn, ein gespons der heiligen tryfaltigkeyt.” Dargegen lobet die den gesponsen Christum vnd spricht: “Du bist das licht in allen liechten, ein blu͗m ob allen krentzen, ein salb vber alle sichtagen; 30 du bist die vnferwandeliche trw on alle falscheit; in allen herbergen herschest du͗ dapffer vnd froͤ lich.” [37.] Von trien stetten des gotlichen anredens Dry stett sind, in welchen gott zu͗spricht der seel. Die erst statt ist die sinlickeyt, welche ist gott vnd dem boͤ sen geist vnd aller creatur du͗rchgenglich nach des mensches freyen willen. 5 Die ander statt, an welcher gott zu der seel redet, ist in der seel, dohin keiner eingatt dan allein gott. An disem ort redet gott zu der seel ein groß, krefftigs, ein schnelles vnd ein vereinigens wort. Der vsser sinn in kein weg | vornimpt vnd erkent, wo die seel also gedemu͗tiget wűrt, das sy kein cxlij creatu͗r mag vnder yr leiden. Sol sich aber nit ein mensch demu͗tigen vnder 10 den dieffel? Do er soll, so er ingedenckt, das er offt anthon hatt die glichnu͗s des dieffels in taͤ glichen su͗nden, vnd sye dick an sich genommen hatt in totlichen su͗nden, vnd mit vorachten von im geworffen hatt die gotliche glichin, vnd im hatt geschlagen totlich wu͗nden. Ein seel, die do voll ist des heiligen geists, wicht ab von aller irdischer wollu͗st vnd flu͗icht allen 15 zitlichen trost. Aber welche seel nachu͗olget yrem eigen willen, neigt sich zu den irdischen vnd wirt ingewicklet mit mancherlei wollu͗sten. Die dritt statt des zu͗redens ist das rich der himmel, so gott die seel vber sich erhebt vnd sye vffhenckt mit dem lu͗st seiner liebin, vff das sye erlu͗stiget werd in seinen wu͗nderwercken.
21 Aber] vber, korr. nach LD IV, 39, 10 25 Christus] rot unterstrichen 37,3 Die erst] rot unterstrichen 5 Die ander] rot unterstrichen
288 | Lux divinitatis – Liber IV, 42,1 – 43,25
FL VI, 25 [42.] Sexta parte 24 capitulum “Eya domine deus, miserere eis, qui hic in tui amoris ignibus sunt exusti, et hijs, qui in humilitate ad nichilum sunt redacti!”
Respondit dominus: “Mea diuinitas te excussit, mea humanitas te cognoscit, meus Spiritus in tua paupertate te sanctificauit. Qui multum 5 amant, libenter tacent; qui non amant, obseruare amantes solent.” [43.] De respectu speculi diuini et candelabro – Tercia parte ij capitulum Amans anima eternum respiciens speculum dicit: “Inter me et te, domine, pulchra sunt omnia; et inter dampnatas animas et earum sponsum, maledictum dyabolum, cuncta | sunt horribilia et crvdelia. Et cum in mentem uenerit amabilis Ihesus, contremiscunt, et renouatur in ipsis crvciacio infernalis.” Pauper eram, domine, cum nec meditari nec orare nec amare poteram. Conabar tamen ad te sensibus exulibus et dixi: “Eya domine, quomodo nunc honorificabo te et laudem tribuam nomini tuo?”
FL III, 11 Ed. 572
FL III, 12 10
Tunc dixisti indignissimo homini, quem creasti: “Laudem nomini meo pro defensione fidelissima decantabis. Graciarum actiones michi refundes pro largissimis donis meis. Desiderium tuum et mirabilium tuorum magnificenciam dilatabis. Finem perfectum et exitum huius uite beatum 15 precibus inpetrabis.” Interrogauit ergo anima cum timore nobili reuerenter: “Que sunt mirabilia, que desiderare iubes, domine?” Que deinceps scripta sunt, scribo cum lacrimis. Adiuuet me deus, ut cum Ihesu permaneam! Et dixit dilectus ad me: “Ponam lumen super candelabrum et omnes oculi, 20 qui hoc intuentur, ex hoc lumine radium splendoris in sue cognicionis oculis percipient specialem.” Interrogaui iterum cum humilitate magna absque timore: “O dilecte, quale erit candelabrum?” Et dixit dominus ad me: “Ego sum lumen, et candelabrum est pectus tuum.” 25
Kap. 42: – Kap. 43: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 10 (et – tuo) 43,1 Tercia … capitulum] fehlt Ra 20 super] supra Ra 43,20 Ponam … candelabrum] vgl. Mt 5,15; Mc 4,21; Lc 11,33
Das liecht der gotheit – Buch IV, 37,20 – 38,27 | 289
20 “Eya herr gott, erbarme dich vber diese, die do hie mit dem fu͗ir deiner
liebin sind angezu͗nt, vnd denen, so in demu͗tigkeyt zu͗ nichtzs gebracht sind!” | Antwu͗rt der herr: “Min gotheit hatt dich ferbrent, mein menscheit erkant dich, mein geist hat dich heilig gemacht in deiner armu͗t. Welche vil 25 libhond, die schweigent gern; aber welche nit libhond, die vffmercken mit vffsatz vff die, die do liebhond.”
[CXLIIv]
[38.] Von dem anplick des gotlichen spigels vnd von lichtstock
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Die libhabende seel, die do ansicht den ewigen spigel spricht: “O herr, alle ding zwu͗schen mir vnd dir seind hubsch; aber die ding zwuschen den vordampten selen vnd dem ferflu͗chten geist sind erschrockenlich vnd gru͗samlich. Vnd so der su͗eß liblich Jesus in yr gemu͗et kompt, so erzitterent sye, vnd in inen wurt ernűwert die hellische pein.” Herr, ich was dozu͗mal arm, do ich nit mocht betten, betrachten oder liebhon. Dennochten so keret ich fliß an zu͗ dir mit den ellenden sinnen vnnd sprach: “Eya o herr, wie wirt ich dich nu͗n oͤ ren vnd wie wird ich das lob geben deinem namen?” Do sprachest du͗ zu dem | vnwu͗rdigstem menschen, den dū erschaffen hast: cxliij “Du͗ wirdest mïr singen lob mÿnem namen vmb der trwlichste beschirmu͗ng wegen. Dancksagung wu͗rstu͗ mir geben vmb die allerfreimilitgste meine gaben. Du͗ wu͗rst vßpreiten din begird vnd die großmechtigkayt deiner wunderbarlicher dinger. Du͗ wirst erwerben ein volkommen end vnd ein selligen vßgang vß disem leben.” Darumb fragt die seel mit adellicher forcht reu͗erentzlich: “Herr, was sind die wu͗nderbarliche ding, so du͗ heist begeren?” Ê, was hie hernach geschriben ist, das schrib ich mit traͤ hern. Gott wolle mir helffen, das ich bleib bey Jesu͗! Vnd der lieb sprach zu͗ mir: “Ich wirt stellen ein liecht vff den lichtstock, vnd alle ou͗gen, so dasselbig licht ansehent, werden empfaen vß dem selbigen licht ein geistlichen schinenden glast in yren ogen.” Widervmb fragt ich mit grosser demu͗tigkeyt on forcht: “O lieber, was wűrt das sin fu͗r ein lichtstock?” Vnd der herr sprach zu͗ mir: “Ich bin das liecht, aber dein bru͗st ist der liechtstock.”
38,1 Von … anplick] am Ende der vorhergehenden Zeile 5 Jesus] rot unterstrichen 10 namen] namem 11 cxliij] cxliiij 20 Jesu͗] rot unterstrichen
290 | Lux divinitatis – Liber IV, 44,1 – 45,5
[44.] Laudat sponsus et humiliatur anima – Secunda parte ij capitulum Anima deum siciens munda libens caret gloria, non affectat ab hominibus reuerenciam, solitudinem amplectitur, quietem querit, in imo permanet per humiliacionem, in supremo per amorem, dilatatur vbique per comunicacionem. Inter te et deum, o anima, maneat continua caritas; inter te et creaturam cum timore admiracio; inter te et peccatum pugna et detestacio; inter te et celum suspirans affeccio. Abyssus es per (77vb) desideria, ardens per amoris incendia, amabilis in tua presencia, speculum mundi pre magnitudine, fidelis adiutorio, collecta in deo. | Dicit tibi dilectus tuus inuitans ad amorem suum et instruens te: “Columba mea, pedes tui rubicundi, penne tue equales et collecte, os tuum rectum, oculi tui pulchri, caput tuum simplex et compositum, incessus tuus delectabilis, volatus tuus agilis ualde declinans ad terrena.”
FL II, 12
5 FL II, 13
FL II, 16 10 Ed. 573; FL II, 17
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Responsio sponse ad dilectum: “Pedes mei, domine, cito sanguine rubricati FL II, 18 sunt; penne eleccione tua collecte sunt; os meum tuo spiritu rectificatum est; oculi tuo lumine clarificati sunt; caput meum tua fideli proteccione complanatum et compositum est; gressus mei de tuo munere tibi acceptabiles et delectabiles sunt effecti; volatum meum agilem perfecerunt 20 delectaciones in dextra tua usque in finem. Ad terrena declinabilem casum pacior e grauis corporis unione. Quo ampliorem liberacionem dederis, eo in te diucius uolitans exaltabor.” FL III, 3 [45.] Tercia parte 3 capitulum “Domine, quam mirabiliter inops exul paupercula anima, que in hoc mundo sterilis in amore tuo permanet virgo! O quis clamabit mecum querulans miseriam, quam patitur? Nescit enim ipsamet, quante sit glorie 5 delectamentum, quo caret.”
Kap. 44: auch Ra 134r und 182v (hier nur Überschrift und Incipit) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 16 Kap. 45: auch Be1 (in Anlehnung an Z. 7–9) — ohne Entsprechung in FL: Z. 35 (hospes – siciunt) und Sprecherangaben in Z. 13, 30, 42, 46 44,1 Laudat … capitulum] Que sint virgines vere amantes et que non Capitulum 55m Ra 134r, Sequitur quomodo laudat sponsus et humiliatur anima quere supra scilicet anima deum siciens munda Ra 182v 4 per comunicacionem] in Fortführung der Zeile am rR Ra 6 Inter] Per per caritatem Inter, Per per caritatem gestr. Ra 8 affeccio] affectus Ra 12 inuitans] inuitans te Ra 16 Pedes] pedes n (n gestr.) Rb | cito] tuo Ra 17 sunt1] üdZ Ra 18 oculi] Oculi mei Ra 20 effecti] mit EZ am rR Ra 21 Ad terrena] Adterr[er]a, d gestr. Ra 22 e grauis] egrauis Rb Ra 44,12 Columba mea] Ct 2,10 und 14; Ct 5,2 und 6,8 45,3 in … virgo] vgl. Io 15,9
Das liecht der gotheit – Buch IV, 39,1 – 30 | 291
[CXLIIIv] | [39.] Der gespons lobet, vnd die seel wurt gedeműtiget
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Ein reine seel, die do dűrstet nach gott, mangelt gern der glori, begert nit reuerentz von den menschen, vmbfacht die einigkeyt, su͗cht rw, blibt in der dieffen durch die deműtigung, in der hoͤ hin durch die liebin, vßspreit sich allenthalben durch mitdeilu͗ng oder gemainsamkeyt. Zwuschen gott vnd dir, o seel, sol bliben ein stete liebin; zwuschen dir vnd der creatu͗r ein verwundern mit forcht; zwu͗schen dir vnd dem himmel ein ersiffzende begird, zwu͗schen dir vnd der su͗nd ein kampff vnd verwerffu͗ng. Du bist ein abgru͗nd du͗rch die begirden; du͗ brinst du͗rch die antzu͗ndung der liebin lieblich in deinem beywesen, ein spigel der welt vmb der grosse willen; du bist trew, so du dich vorsamlest in gott mit seiner hu͗lff. Dein lieber spricht zu dir vnd ladet dich zu͗ seïner liebin vnd lert dich: “O mein daub, dein fu͗eß sind rottfarb, dein feddern sind glich vnd zusammen gesamlet, dein mu͗nd ist gerecht, dein ogen sind schoͤ n, dein hau͗pt ist einfaltig vnd geschickt, dein | gang ist lu͗stig, dein flug ist schnel fast cxliiij senckende zu den irdischen dingen.” Antwurt die gespons zu͗ dem gelibten: “Herr, meine fieß sind bald rotfarb worden von deinem blu͗tt; mine feddern vß deiner erwelu͗ng sind zusammen gesamlet; mein mu͗nd ist gerecht gemacht von deinem geist; mein ogen sind erkleret von deinem licht; mein hau͗pt ist geebnet vnd gezirt vß diner beschirmu͗ng; meine geng sind vß diner gabe dïr angeneme vnd lustig worden; minen flu͗g hand schnel gemacht die wollu͗st in diner gerechten hand bis in das end. Ich lidt ein schwere neigűng zu den irdischen vß der voreinigung des schweren leibs. Vnd wie ein wittere freiheit du͗ mir wirst geben, do haͤ r, so vil lenger ich mit flihen in dich mich erfrowen wird.”
“O herr, wie arbeitsellig die arm, ellend vnd du͗rfftige seel, dye do in diser welt vnfruchtbar ist in deiner liebin, blibt ein iűngfrow! O, wer wirt mit mir schryen vnd klagen die armu͗t, so sy leidet. Wan sye selbst weist nit, was [CXLIVv] glori sey der lust, des sye | mangelt.”
39,12 seïner] korr. aus seinen
292 | Lux divinitatis – Liber IV, 45,6 – 35
“O sponsa, tu loqueris in canticorum cantico, ut a te fugiat dilectus tuus. Dic, mirabilis domina, quid te mouit, cum hoc diceres? Ego enim mori preeligo in amore splendido, quam a me sponsum amouere in sapiencie sensv tenebroso. Cum michi licuerit cum dilecto ludere, non egeo nec uolo tunc sapienciam nec discrecionem docere. Cum autem in alijs extra 10 laborauero et sensibus corporis me exerceo, opto – eciam libens accipio! – quod modicum eius sorciar consilio.” Dicit sponsa: “Audi me, precordialis socia! Ego ferme amore repleta fere fui ebria. Vnde deliciose eloquar de sensibus prouerbia. Cum autem plene supraebria fuero, tunc corporis mei recedit a me recordacio. Amor enim 15 dominatur in me, et precipit michi. Et, quod uoluerit, necesse est fieri. Et, quod diuina prouidencia esse vvlt in pendulo, in hac constanter agens sibi me com|mitto. Quia, si michi mortem intulerit, animam procul dubio Ed. 574 retinebit.
Si mecum in cellam uinariam uolueris procedere, oportebit te plurima 20 expendere. Si habueris marcarum milia, in una hora (78ra) expendes, et contempnes ut uilia. Si uinum bibere uolueris inpermixtum, expendes plusquam habeas. Nec ad plenum, quod desideras, hospes tue sufficencie propinabit. Tunc eris pauper et nuda, ab omnibus contempta, qui plus gaudent in fecibus preciosum thesaurum expendere, quam in cella uinaria 25 clarum et dulce vinum bibere. Oportet te eciam inuidiam tollerare ab hijs, qui tecum cellam uinariam contendunt intrare. O quantum te persepe despiciunt, quia tot et tanta expendere nequeunt neque uolunt! Qui uinum aqua mixtum siciunt.” Ad hec dixit anima: “Predilecta sponsa, in hac taberna omnia, que 30 possideo, cupio dimittere, et per amoris carbones attracta corpus meum exuere, et despeccionis tortoribus concuti permittere, vt frequenter liceat cellam uinariam feliciter introire. Hoc libens exopto et eligo, quia in amore non preualet perdicio. Qui me affligunt et despiciunt, vinum michi offerunt, de quo ipse bibit hospes cum suis karissimis et saciantur ex hoc et siciunt. 35
45,6 in canticorum] canticorum korr. aus cantatorum Rb | tuus] korr. aus tuis (?) Rb 13 Ego … ebria] am rR MZ b 14 ebria] ebrea Rb 21 marcarum] vaH mit EZ udZ in Entsprechung zu FL III, 3, 17 (162,32) Rb | expendes] expedes Rb Ra 24 Tunc … contempta] am lR MZ Rb 30 omnia … dimittere] am lR MZ Rb 6 a … tuus] vgl. Ct 8,14 20 in … uinariam] vgl. Ct 2,4 27 cellam uinariam] vgl. Ct 2,4 28 uinum … mixtum] vgl. Is 1,22 33 cellam uinariam] vgl. Ct 2,4 35 bibit … inebrior] vgl. Ct 5,1
Das liecht der gotheit – Buch IV, 39,31 – 65 | 293
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[CXLVv]
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“O gespons, du redest in dem bu͗chlin der gesang, vff das von dir flihe dein liebin. Sag an, du͗ wu͗nderhafftige fraw, was bewegt dich, das du͗ also redest? Wan ich vßerwel zusterben in der waren liebe mer, dan von mir den lieben triben in dem finstern sin der weisheit. So mir zimpt spilen mit dem lieben, so darff ich nit vnd wil au͗ch nit leren die weisheit oder bescheidenheit. Aber, so ich mich in andern vßwendigen dingen wu͗rt vben, vnd so ich wirt arbeiten mit den sinnen mines leibs, so beger ich vnd nims gern an, das ich doch einwenig empfach seines rats.” Spricht die gespons: “Hoͤ r mich, du͗ hertzliebin gesellin! Ich bin darnach getru͗ncken gesin als eine, die mit liebin erfu͗lt ist. Do haͤ r vssprich ich lustiglich heimlich spruch von den sinnen. Aber so ich gantz vbervol tru͗ncken wirt, dan so abweicht von mir die gedechtnu͗s meines leibs. Wan die liebin herschet in mir vnd gebu͗it mir. Vnd ist not, das do beschee, was sye wil, vnd, das die gotliche vorsichtigkeyt wil lassen, bliben hangen. In der selbige wirck ich bestendiglich vnd | empfilch mich ym. Wan, ob er cxlv schon mir den todt wu͗rd anthon, so wu͗rt er doch on zwyfel behalten min seell. Woltest du͗ mit mir ingon in die winkammer, so mu͗stu͗ vil vßgeben. Hastu͗ schon tau͗sende, so wu͗rst du͗s alles in einer stund vßgeben, vnd wirsts vorachten als schnode ding. Woltest du͗ trincken vnu͗ermischten wein, so wurstu͗ vßgeben mer dan du͗ hast. Vnd dennocht, so wu͗rt der wirt von seiner gnu͗gsamkeyt nit also volkommenlich schencken, als du͗ begerest. Dan so wurstu͗ sin arm vnd nackend, von allen verachtet, dye do mer sich frawen, vßzűgeben den kostlichen schatz in den tru͗sen, dan den claren vnd su͗essen win trincken in der winkammer. Du͗ mu͗st au͗ch haß liden von denen, so mit dir vnderstond, inzugon in die winkammer. O, wie offt verachtent sye dich! Wan die, die do du͗rstet nach dem win, der mit wasser vormischt ist, mogent nit vnd wollen nit so vil vnd so grosse ding vßgeben.” Darzu͗ sprach die seel: “Fast liebe gespons, in disem wirtzhu͗ß beger ich zu͗u͗erlassen alle ding, so ich besitz, | vnd beger auch, vßzuthun minen leip, gezogen von den kolen der liebin, vnd beger au͗ch, mich zuempfelen den pinigern der vorachtu͗ng, vff das mir zimt, inzu͗gon offt in dise winkammer selliglich. Dise ding wu͗nsch ich, vnd vßerwel sye gern, wan in der liebin schafft nitz die ferdamnu͗s. Welchi mich pinigent vnd ferachtent, stellent mir den win fu͗r, von welchem trinckt selbst der wu͗rt mit seinen allerlibsten;
39 darnach] garnach 41 ich] sic, ganz in Rot, auf Rasur geschrieben 56 winkammer] mer mit Rot üdZ
294 | Lux divinitatis – Liber IV, 45,36 – 46,9
Ex hoc uino sic inebrior poculo, quod omni creature ueraciter me subdo. Estimoque secundum meam humanam condicionem et meam, quam admisi uoluntarie, prauitatem, ut quantumcumque quicumque homo me offendendo turbauerit, in me misera et infelice peccatum non commiserit. Quapropter uindictam de inimicis meis mihi dictam non expecto. Scio 40 tamen, quod mandata dei in me uiolant non sine flagello condigno.” Dicit sponsa: “O fidelis socia, cum clauditur cella uinaria, sola stabis extra famelica, paupercula, nuda et sic despecta, ut omnis christiane uite solacio sis extranea, excepta katholica fide sola. Et si tunc amare ualueris, nec 45 destiteris: in perpetuum non peribis.” Respondit anima: “O sponsa, ego Patris eterni insaciabili fame esurio maiestatem, in quo obliuiscor omnis miserie grauitatem. Ego Vnigeniti eius sic sicio uenustatem, quod omnem terrenam michi eripit uoluptatem. Ego ab utriusque Spiritu talem sencio karitatem, quod transcendit Patris | Ed. 575 sapienciam, quam capere non sufficio; Filijque laborem, quem ferre 50 nequeo; eiusdemque Sancti Spiritus consolacionem, quam inuenire desidero.” Nota Quicumque anguscijs huius vinculi constrictus fuerit, indissolubiliter ad deum in perpetuum suspensus permanebit. FL II, 19, 3–18 [46.] De pulchritudine amantis anime – Secunda parte 19 capitulum (78rb) Cognicio sic alloquitur animam: “Intueor te nunc, o amans anima: Tu (104,4–23) mirabiliter es amabilis et decora. Prestitum est michi lumen gracie, sine quo Commendatur nequirem contemplari te. Trinitatem quamdam considero in te. Tu dei tui, anima de tribus Nota ut suspicor, es imago; tu es fortis uirago in conflictu; tu es bene ornata 5 iuuencula in palacio regis tui; tu es delicata sponsa in amore dei tui. In Armatura anime 1 conflictu armaris inuincibili potencia, adunate mentis constancia, ut nec mundi nec carnis nec demonum caterua a caritate Christi te ualeant separare. Tu hostes tuos expugnare floribus consueuisti. Ensis tuus est
Kap. 46: auch Ra 37 meam quam] aquam Rb Ra, korr. nach LG IV, 39, 68f. und entsprechend einem Vorschlag von Ed. (574,23) 39 non] vaH mit EZ üdZ Rb 40 dictam non] ui[n]¦dictam n[on]; ui[n] korr. aus n[on], dictam non mit EZ vor die folgende Zeile gesetzt (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 51 nequeo] ualeo Rb Ra, korr. nach LG IV, 39, 83 und entsprechend einem Vorschlag von Stierling 1907, S. 93 53 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 46,1 Secunda … capitulum] fehlt Ra 4 Commendatur … Nota] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL II, 19, 5f. (104,7f.) in der Einsiedler und Colmarer Hs., vgl. Neumann 1993, S. 212 5 tu1 … tui] am rR MZ Rb 6 sponsa] sponsata, ta unterpungiert Rb 7 Armatura … 1] vaH Rb, fehlt Ra, vgl. Glosse zur selben Stelle (FL II, 19, 8f. [104,11f.]) in der Einsiedler und Colmarer Hs., vgl. Neumann 1993, S. 212 7 – 9 ut … separare] am rR MZ Rb 8 ualeant] valeat Ra
Das liecht der gotheit – Buch IV, 39,66 – 40,12 | 295
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vnd von ym werdent sye ersettiget vnd du͗rstig. Von disem wintranck wirt ich also tru͗ncken gemacht, das ich mich warlich vnderwirff aller creatu͗r. Vnd ich schetz nach miner menschlichen eigenschafft vnd nach miner bosheit, die ich willig hon zugelassen, das, wie groß mich ein mensch mit zu͗rnen betru͗bt, an mir arme vnd vnsellige kein su͗nd hab begangen. Darumb erforsch ich nit rach vber meine find. Vnd ich weis doch, das sye letzent in mir die gebott gottes nit on beschulte geissel.” Spricht die gespons: “O trűwe gesellin, wan beschlossen wurt die | weinkammer, so wu͗rstu͗ allein von vssen stan, hu͗ngerig, arm, nackent vnd cxlvj also verachtet, das du͗ seiest fremd von trost alles christenliches lebens, vßgeschlossen den christenlichen glau͗ben. Vnd so du͗ dan wirst mogen libhon vnd nit daru͗on abstahest, so wu͗rstu͗ ewiglich nit vorderben.” Antwu͗rt die seel: “O gespons, mich hungert mit vnersetlichem hu͗nger nach der maiestat des ewigen vatters, in welchem ich vergiß der schwerin alles kommers. Mich durstet also nach der weisheit seines eingebornen su͗ns, das von mir hinweg thu͗t alle irdische wollu͗st. Von yren beider geist empfind ich ein solche liebin, das sy vbertritt die weisheit des vatters, welche ich nit mag begreiffen; vnd die arbeit des su͗ns, welche ich nit mag tragen; vnd den trost des selbigen heiligen geists, welchen ich beger zu͗finden.” Welcher mit den engsten dises bandes wirt zu͗sammen bu͗nden, diser blibt vnvffloͤ ßlich ewiglich zu gott vfferhept. [40.] Von der schoͤ ni einer libhabende seell
[CXLVIv] | Die erkantnu͗s zu͗spricht der sell also: “O liebhabende seel, ich sich dich
ietzt an: Du͗ bist wunderbarlich lieblich vnd schoͤ n. Mir ist gegeben das liecht der gnad, on welches ich nit mocht dich anschawen. Etlich 5 tryfaltigkeyt betrachtet ich in dir. So du͗ bist, als ich mein, ein bildnu͗s dines gottes; du bist ein starcke manßmietige in dem strit; du͗ bist ein wolgeziertes iu͗ngfrowlin in dem pallast deines ku͗nings; du͗ bist ein lu͗stige gespons in der liebin dïnes gotzs. In dinem strit wu͗rstu͗ gewapnet mit dem vnu͗berwintlichem gewalt, mit der bestendigkayt eines voreinigten gemu͗ets, 10 vff das wider die schar der welt oder des fleisch oder des bosen geists dich nit mag abtrennen von der liebin Christi. Du͗ hast gewonet, deine find mit den blu͗men zu͗u͗ertriben. Din schwert ist die edelle roß Jesus Christus. Dein
40,1 seell] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile 12 blu͗men] blu͗=¦nen | Jesus Christus] rot unterstrichen
296 | Lux divinitatis – Liber IV, 46,10 – 47,22
nobilis illa rosa Ihesus Christus, clipeus tuus candens lylium est Maria, 10 quibus te protegis et defendis. Inpugnantes te ornant te, et futuram dei gloriam amplificant in te. Omnes quippe, qui in hoc prelio prestiterint 2 magnificum, ab imperatore percipient donatiuum. Indica nobis, electa et mirabilis sponsa, que, quanta et qualis est gloria in palacio trinitatis, cui 15 feliciter assistis.” FL II, 19, 19-43 [47.] De eodem Respondet anima: “Tu me sapiencior es, o cognicio. Quare quicquam a me (104,24–106,17) queris?” Dicit: “O anima, deus te elegit super omnia, tu michi domina es et regina.”
“O cognicio, ego certe ortu nobilis sum et libera. Non debeo disposita 5 priuari et carere gloria. Amando tantummodo deum meum digna efficior amari, amplecti et honorari a summa trinitate. Omneque, quod celi ambitu continetur, meis pedibus substinetur. Si amori super me potestatem concessero, eique locum dedero, ut me compedibus salutaris paciencie vinciat, ne peccatum in me pullulet uel accrescat: deducet me in 10 mansuetudine, ut ad omne opus bonum sim | habilis et apta; ligans me per Ed. 576 fortem obedienciam, ut deo propter deum et omni creature subiciar propter eum.”
cognitio 3 “O sponsa, digneris michi edicere, que sit illa inenarrabilis familiaritas, qua
deus tibi et tu deo iungeris!”
15
“O cognicio, hoc ego nequaquam facio. Sponsarum uerecundiam enarrare non condecet omnia, que contingerit experiri. Sanctam speculacionem per me consequeris, beatamque fruicionem. Illa vero precelsa diuinitatis experiencia michi singulariter infusa tibi et omni creature semper erit 20 penitus ignota.” “O anima, cum tue mentis acumina et altisona eloquia vtrumque parumper edixero, in obscuro putrescentis stabuli regium lumen colloco.”
Kap. 47: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangaben in Z. 2 und 4 12 prestiterint] perstiterint Ra 13 2] vaH Rb, fehlt Ra, vgl. Glosse zur selben Stelle (FL II, 19, 16f. [104,21f.]) in der Einsiedler und Colmarer Hs., vgl. Neumann 1993, S. 213 47,2 me1 … es] es sapiencior me Ra 5 ortu] fehlt Ra | libera Non] korr. aus liberamo (?) Rb | disposita … meum] am rR MZ Rb 8 substinetur] substernetur Ra 14 cognitio 3] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL II, 19, 31 (106,3) in der Einsiedler und Colmarer Hs. (s. auch LG IV, 40, 35), vgl. Neumann 1993, S. 213 | qua deus] deus qua mit VZ Rb 19 michi … ignota] am rR MZ Rb
Das liecht der gotheit – Buch IV, 40,13 – 45 | 297
schild ist die schinende gilg Maria, mit welchen du dich bewarest vnd beschirmest. Die dich anfechtent, die zierend dich vnd machen grosser die 15 zuku͗nfftige glori gottes in dir. Wan alle die, so in disem streit siger bleibent, werden empfaen ein | grosse schenckin von dem keyser. O du͗ vserwelte vnd cxlvij wunderhafftige gespons, antzeig vns was, vnd wie grosse glori sey in dem pallast der tryfaltigkeyt, welcher du͗ seliglich beystost.”
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25
30 [CXLVIIv]
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Antwu͗rt die seel: “O erkantnu͗s, du bist weiser dan ich. Woru͗mb fragstu͗ ettmas von mir?” Spricht die erkantnu͗s: “O seel, gott hatt dich vßerwelt vber alle ding. Du bist mir ein fraw vnd ein ku͗nigin.” Antwurt die seel: “O erkantnu͗s, ich bin nach meinem vffgang edel vnd frey, als ich sol sein mu͗glich, zu͗berou͗bet werden vnd mangeln der glorj. Allein wirt ich wu͗rdig liebgehapt zűwerden, so ich liebhon mynen herren; vnd so bin ich au͗ch wu͗rdig, vmbgefangen werden vnd geeret von dir hoͤ chsten tryfaltigkeyt. Vnd alles, das do behalten wu͗rt im begriff des himmels, wirt minen fu͗essen vnderworffen sein. Wirt ich der liebin vber mich gewalt geben vnd statt, vff das sye mich binde mit dem fu͗eßbande der heilsame gedu͗lt, das kein su͗nd in mir blibe oder wachs: so wirt sye mich in der senfftmu͗tigkayt | fieren, das ich sey geschickt vnd bereit zu allen guten wercken, vnd bint mich du͗rch ein starcke gehorsam, das ich gott vmb gotz willen, vnd aller creatu͗r vmb sinet willen sey vnderworffen.” Spricht die erkantnűs: “O gespons, du͗ wellest mir sagen, welches do sey die vnvßsprechliche fru͗ntschafft, in welcher gott dir vnd du͗ gott bist voreiniget.” Sprach die seel: “O erkantnu͗s, dises wirt ich in keinen weg thu͗n. Es zimpt sich nit, vßzu͗reden die schamhafftigkeyt der gesponsen noch alle ding, so sye erfarent. Durch mich wurstu͗ erlangen die heilige betrachtung vnd die sellige niessu͗ng. Aber dise hohe erfarnu͗s der gotheit, welchi mir ist su͗nderlich ingegossen, wirt dir vnd aller creatu͗r alltzit vnerkant.” Spricht die erkantnu͗s: “O seel, wan ich wird die hoͤ hin deines gemietzs vnd dein hochdoͤ nende rede doch ein wenig vßreden, so stell ich das ku͗nglich liecht in ein fu͗nsternu͗s eines fulendens stals.”
13 Maria] rot unterstrichen 32 senfftmu͗tigkayt] mu͗tigkayt am rR | fieren] senfftmu͗tigkayt fieren sey] üdZ für gestr. sye 40 betrachtung] davor rot durchgestr. erfarnu͗s
298 | Lux divinitatis – Liber IV, 47,23 – 48,22
Nota “Verun(78va)tamen iumenta suo stramineo uili pascuntur pabulo. Quidam
nempe sub sanctitatis specie inpingunt cornibus pecorino more in stabulo ignorancie, reputantes deliramenta secreta dei, dicentes ea esse humane 25 uoluntatis figmenta et false sanctitatis documenta.” FL II, 19, 44–69 [48.] De eodem Cognicio: “Scriptum est, quod Paulus in tercium celum raptus sit. Qui falsus (106,18–108,10) Responsio anime permansisset, si tam sublimia non attigisset. Si eciam in primo uel secundo Nota de triplici celo celo ueritatem reperisset, tercium conscendere necessarium non fuisset.”
“Est quoddam celum fantasticum, quod dyabolice pulchritudinis falsitas 5 fabricauit. Ibi cogitacio sensibus turbulentis uersatur et quiescit; quia racio, que ibi, quod naturaliter diligat, non inuenit. Ibi sine solacio moratur anima, sensusque falluntur animales. Hic Sathanas in angelum lucis se transfigurat persepe eciam in quinque vvlneribus saluatoris. O simplex 10 anima, in hijs sollicita sis et cauta! Secundum celum ex sanctis desideriis construitur et ex principijs caritatis. In hoc celo lux non est. Nam anima hic deum non uidet, sed tamen incomprehensibilem quandam prelibat dulcedinem interiora eius omnia penetrantem. Audit uocem, quam desiderat, mixtam cum sensuum fantasijs. Vbi, si uera defuerit humilitas, falsa luce illudit Sathanas; nec ibi 15 tunc operatur dei ueritas. Si vero uera humilitas comita|tur anima, in celum tercium subleuatur, in Ed. 577 quo diuino lumine illustratur.” Tunc sensus aiunt corporales: “Domina nostra, ideo hucusque dormitauit cognicio nostra. Nunc uigilans amoris superni radios intuetur.” In hac luce 20 circumspicit, quis sit, qui se sibi manifestat, et quid sit, quod sibi loquens mandat, cognoscens ueraciter, quod deus est omnia in omnibus.
Kap. 48: auch Ra 23 Nota] vaH Rb, fehlt Ra, vgl. Glosse zur selben Stelle (FL II, 19, 41 [106,15]) in der Colmarer Hs., vgl. Neumann 1993, S. 213 26 uoluntatis] uoluntatis f (f gestr.) Rb 48,2 Qui … attigisset] am lR MZ Rb 3 Responsio anime] vaH Rb, fehlt Ra, vgl. Glosse zur selben Stelle (FL II, 19, 44 [106,18]) in der Colmarer Hs., vgl. Neumann 1993, S. 213 | Nota … celo] vaH Rb, fehlt Ra, vgl. die Zwischenüberschrift in der Würzburger Hs. (Schleussner 1929, S. 175,10) 6 et] vaH mit EZ am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 12 tamen] t[antu]m Ra 17 celum tercium] tercium celum Ra 19 ideo] io mit Kompendienstrich Rb 21 manifestat] in Fortführung der Zeile am rR Ra 48,2 Paulus … sit] vgl. II Cor 12,2 22 deus … omnibus] vgl. I Cor 14,28
Das liecht der gotheit – Buch IV, 40,46 – 76 | 299
| “Aber doch, die joch thier werden gefu͗tteret mit yrem schnoͤ din stro aͤ ß. cxlviij Wan etlich, vnder der gestalt der heiligkeyt, stossent mit den hornern als die ochssen in dem stall der vnwissenheyt, die do achtent als ein gespott die heimlickeyt gottes vnd sprechend, sy sind gedicht des menschlichen 50 willens vnd leer der falsche heiligkeyt.”
55
[CXLVIIIv]
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Antwu͗rt die erkantnu͗s: “Es ist geschriben, das Paulus sey verzuckt gesin in den dritten himmel. Diser wer falsch gebliben, hett er nit so hohe ding angerirt. Hett er au͗ch im andern himmel oder in dem ersten die warheit gefu͗nden, so wer es nit not gesin, vffzu͗stigen in den dritten.” “Es ist ein gedichter himmel, welchen gebu͗wen hatt die falscheit der dieffelische schoͤ ni. Do vbet sich die gedechtnu͗s mit betru͗bten sinnen vnd ru͗wet nit; wan die vernu͗nfft findet do nit das, so sye natu͗rlich libhatt. Do wonet die seel on trost, vnd die thirlichen sinn werdent betrogen. Do verwandlet sich Sathanas | in ein engel des liechts. Au͗ch ettman erschinet er mit den funffwu͗nden vnsers seligmachers. O einfaltige seel, in disen dingen soltu͗ sein sorgfaltig vnd solt dich hu͗eten! Der ander himmel ist gebu͗wen vß den heiligen begirden vnd vß den anfengen der liebin. In disem himmel ist das licht nit. Wan die seel sicht hie gott nit, sunder allein sy vor versucht etliche vnbegreiffliche su͗esse, die do durchtringt alle yre innern. Sye hoͤ rt ein stim, die sye begert, gemischt doch mit den fantaseïen der sinn. Wirdt aber nit do sein die ware demu͗tigkayt, so tru͗gt der Sathanas mit falschem liecht; vnd do wu͗rckt au͗ch nit die gotliche warheit. Gat aber do mit die ware demu͗tigkayt, so wirt die seel vfferhept in den dritten himmel, in welchem sye erleūcht wu͗rt mit dem gotlichen liecht.” Dan so sprechen die leiplichen sinn: “Vnser frow, die erkantnu͗s, hatt bis hie haͤ r geschloffen. Aber ytzu͗nd wachet sye vnd sicht an die glaͤ ntz der hohe liebin.” In disem | licht vmbsicht sye, wer der sey, der sich yr cxlix offenbaret, vnd was das sey, das er yr mit reden gebeu͗t, vnd erkennet warlich, das gott ist alles in allen dingen.
300 | Lux divinitatis – Liber IV, 48,23 – 49,21
“Nunc omni cura seposita tercij celi cum Paulo conscendo fastigia, cum deus animam meam a uisibili liberauit creatura.” Istud celum tercium circulatur. Testitudine ordinatur, pulcherrima trium personarum ineffabili maiestate.
illustratur 25
FL I, 46, 3–24 [49.] De familia anime et ministris eius Sponsa sole amicitur, lunaque sub pedibus eius substernitur ac unione (66,25–68,23) beatissima coronatur. capellanus Eius minister timor est, manu uirgam gerens auream; hec est prudencia. capellanus Minister uestitur agni sanguine, coronatus honore. 5 Sapiencia induitur sua debilitate, coronatur eternitate. (78vb) Sponsam quatuor pedisseque consequntur: 1 Amor ipsam conducit: vestitus castitate, coronatus dignitate. parte . 46
2
Humilitas: vestita despeccione, coronata exaltacione sustentat eamdem. Contricio uel penitencia: uestita botris – hoc est compunccionis lacrimis –, 10 coronata internis gaudijs dominam comitatur. Sequitur quarta pedissequa nomen habens misericordia: que uestitur vngentis, coronatur delicijs. Suauitas enim et deliciositas mantellum sponse sufferunt et sustollunt. Adest regine pontifex: uestitus gemmis preciosis, coronatus spiritu gemine 15 dileccionis, qui sponsam sponso representat. Hunc duo secuntur milites: fortitudo, scilicet circumdata tribulacionibus, coronata uictorijs; alterque, qui prvdenter ‘Audax’ dicitur: vestitus uelocitate, coronatus omni felicitate. Accedit cubicularius, cus|todia uidelicet: uestitus constancia, coronatus Ed. 578 perseuerancia. Hic coram sponsa prefert lumen simul et tapecia portans.
Kap. 49: auch Ra 25 Testitudine] vaH mit EZ am lR (Entsprechung fehlt FL II, 19 und LG IV, 40) Rb, testitudina Ra 49,1 parte 46] vaH Rb, fehlt Ra 4 capellanus] vaH am lR in Entsprechung zu FL I, 46, 4 (66,27) Rb, fehlt Ra | hec] Hoc Rb, Hic Ra | prudencia] prudenciam Rb Ra 5 capellanus] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL I, 46, 6 (66,28) Rb 6 Sapiencia] sapienciam Rb Ra 7 Sponsam … conducit] am rR MZ Rb 10 uel penitencia] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL I, 46, 11 (68,5) Rb 14 sufferunt] deferunt sufferunt, deferunt gestr. Ra 19 omni] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL I, 46, 19 (68,16) Rb 21 simul … est] vaH (ohne EZ) am oR in Entsprechung zu FL I, 46, 21f. (68,19f.) Rb, fehlt Ra, s. dazu Stierling 1907, S. 71 und Neumann 1993, S. 28 49,2 sole … coronatur] vgl. Apc 12,1
Das liecht der gotheit – Buch IV, 40,77 – 41,24 | 301
“Jetzu͗nt so stell ich hindan alle sorg vnnd stig vff in die hoͤ hin des tritten himmels mit Pau͗lo, so gott erloͤ set hatt mein seell von der sichtbarliche creatur.” 80 Diser dritter himmel wirt vmbzircu͗lirt, du͗rchleu͗chtet vnd geordnet mit der vnvssprechliche vnd aller schoͤ nste maiestat der drÿer personen.
5
[CXLIXv] 10
15
20
[41.] Von dem gesind der seel vnd von iren dienern Die gespons wurt bekleidet mit der sonnen, vnd der mon wirt vndergestreu͗t yren fu͗essen, vnd sy wirt gekroͤ nt mit der seligsten voreinigu͗ng. Ir diener ist die forcht; der tregt in seiner hand ein gu͗ldine ru͗ten, das ist die klu͗gkeit. Diser diener ist becleidet mit dem blut des lemlins, gekroͤ net mit eer; er thut an die weisheit in yrem lust vnd ist gekroͤ nt mit der ewigkeyt. Vier nachgengerin volgent der gespons: Die liebin geleitet sye; die ist | gecleidet mit kwscheit, gekronet mit wu͗rdigkayt. Die demutigkayt ist becleidet mit vorachtu͗ng, gekronet mit erhoͤ hu͗ng. Die rw vffenthalt sye; vnd die ist gecleidet mit dem tribel der trűrigkeyt vber yre sűnd, gekronet mit den trehern; vnd mit innern freu͗den mit gat sye mit yrer frowen Die fierd nachgengerin volgt hernach; der nam ist barmhertigkeyt. Dise wirt gecleidet mit wolrichenden salben, ist gekroͤ nt mit wollu͗st, wan die su͗ssigkeit vnd wollustigkeyt vffhebent den mantel der gespons. Bey der ku͗nigin ist ein bischoff, becleidet mit edelgesteinen, gekroͤ nt mit dem geist der zwyfachige liebin, welcher vorbringt die gespons dem bru͗tgam. Disem volgent nach zwen ritter, das ist die sterckin, welche ist vmbgeben mit trűbsal, gekroͤ nt mit sigen; vnd der ander ritter, der do genempt wirt klu͗glich ‘Keck’: gecleidet mit schnelligkeyt, gekroͤ nt mit selligkeyt. Darzu kompt der kemmerling, der ist die hu͗t; diser ist becleidet mit bestendigkeyt, gekroͤ net mit verharrűng. | Diser tregt vor der gespons das cl
302 | Lux divinitatis – Liber IV, 49,22 – 50,24
Lux illa est intelligencia: uestita discrecione, coronata pietate. Portauit preterea capite sanctam conscientiam, induta bona uoluntate, coronatur placendi deo caritate. FL I, 46, 24–54 [50.] De eodem (68,24–70,29) Habet eciam pincernam, desiderium scilicet: indutum pia auiditate, et coronatum pacis tranquillitate. Habet cytharedum, amabilitatem, cuius cythara est deuocio: hic uestitur 5 fauoris gaudio, et coronatur adiutorio.
Sunt ei quinque fortes, qui nunquam eam deserunt: Primus uisus dicitur, qui fundatur in lacrimis compunctionis et decoratur in restrictione euagacionis. Secundus est cogitacio, qui fundatur obstaculo et decoratur consilio. Tercius, uidelicet locucio, fundatur utilitate et insignitur fidelitate.
10
Sequitur auditus quartus, utique informatus diuinis sermonibus, et ornatus consolacionibus. Postremo accedit quintus, tactus uidelicet, qui stat in fortitudine, formosus in bona consuetudine. Hij quinque habent super se dominum, videlicet peccatum: qui vestitur 15 confessione, coronatur satisfaccione. Non caret sponsa iudice: qui uestitur disciplina, et coronatur paciencia.
scrinia
Habet quoque sponsa animal, corpus suum uidelicet: quod frenatur indignitate, pascitur contemptibilitate, stabulatur in confessione uasa. Quod defert necessaria, sunt sensuum mundicia et uite innocencia. 20 Defertur super sponsam uelum purpureum, hoc est spes: que ueritate et iubilo coronatur. Defert palmam in dextra, (79ra) hoc est peccati uictoria; et alabastrum in altera, amoris scilicet desiderium, quod dilecto profert in obsequium.
Kap. 50: auch Ra 22 uestita] vestitam Rb Ra | coronata] coronatam Rb Ra 23 capite] korr. aus tapete Rb, tapete Ra sanctam] sancte Rb Ra | conscientiam] consciencie Rb Ra | induta] indutam Rb Ra, korr. aus inducitur Rb, Induitur Ra 50,1 De eodem] keine Überschrift, aber n. Abs. und Kapitelinitiale Ra 17 caret] caret s (s unterpungiert und gestr.) Rb 19 indignitate] in dignitate Ra | scrinia] vaH in Entsprechung zu FL I, 46, 38 (70,7) und bezogen auf uasa Rb, fehlt Ra 21 sponsam] sponsum Ra 22 hoc] hec Ra
Das liecht der gotheit – Buch IV, 41,25 – 56 | 303
25 liecht, das ist die vorstantnu͗s, welches ist gecleidet mit bescheidenheyt,
gekroͤ net mit gu͗etigkeyt. Er tragt au͗ch mit dem hau͗pt der gu͗te gewissene, infiert sye mit gu͗tem willen vnd ist gekroͤ net mit der liebin, gott zu͗gefallen. Sye hat au͗ch einen winschencken; der ist die begird; welcher ist gecleidet 30 mit gu͗etiger girigkeyt vnd gekroͤ nt mit der stillmietigkayt des fridens.
35
[CLv] 40
45
50
55
Sy hatt au͗ch ein harpffenschlaer; der ist die lieblickeyt; welcher harpff ist die andacht. Diser ist becleidet mit froͤ d des gu͗nstzs vnd ist gekroͤ net mit hu͗lff. Sy hatt au͗ch funff starcken, welchi sy nÿmmer vorlont: Der erst starck wu͗rt genembt das gesicht; diser wirt gegru͗nt in den trehern des ru͗wens vnd wirt gezirt mit dem zwingnu͗s der vßschweiffigkeyt. Der ander ist der gedanck; diser wirt gegru͗nt mit dem widerstand vnd gezirt mit dem ratt. Der dritt ist das reden; diser wirt gegru͗nt | in der nu͗tzparkeyt vnd wu͗rt adellich gemacht in der trew. Darnach volgt der fierd; der ist das gehoͤ rd; der do ist vnderwisen mit gotlichen predigen vnd gezirt mit troͤ sten. Zum letsten kompt der fűnfft; der ist das anru͗rent. Diser stat in der sterckin vnd ist schoͤ n in der guͦ te gewonheit. Dise funff hond ob inen ein herren. Diser ist die sind; welcher wirt becleidet mit der bicht vnd ist gekroͤ nt mit gnu͗gthu͗n. Dise gespons mangelt au͗ch nit eins richters, welcher ist becleidet mit zu͗cht vnd gekroͤ net mit gedu͗lt. Dise gespons hat au͗ch ein thier, das ist yr leip; diser wirt gezemet mit vnwirscheit, wirt gefutteret mit vorachtung, wirt in stall gestelt mit der beicht. Die noͤ tige feßlin, die dises thier tragt, sind die reinigkeyt der sinn vnd vnschuld des lebens. Ob der gespons wurt tragen ein vmbhang von purpűr gewant; dises ist die hoffnu͗ng, welche mit warheit vnd iu͗belfroͤ d gekroͤ nt wu͗rt. Sye tragt in yrerr gerechten hand einen | palmen zwig; das ist der sïg vber die su͗nd; vnd tragt clj ein marmelsteinen bu͗chssen in der lincken hand, das ist die begird der
41,35 Der erst] rot unterstrichen 37 Der ander] rot unterstrichen 39 Der dritt] rot unterstrichen
304 | Lux divinitatis – Liber IV, 50,25 – 51,11
Gerens capite pilleum pauonis pennis splendidum, hic est odor fame dulcis 25 in terrestribus et honor grandis in celestibus. Procedit ergo uia mansuetudinis: que uestitur melle dulcedinis, et coronatur gloria securitatis. Tunc exultans iubilat et iubilans exclamat: “O precordialis dilecte, te desidero! Tu aufers prebesque michi multiplicem cordis molestiam et 30 dolorem. Per te sustineo inuisibilem angustiam. Cum tu, domine, dignaberis me a me misericorditer liberabis.” Respondet sponsus: “Amabilis dilecta, noli merere ulterius! Memento quod inuenies, quod excedit omne desi|derium! Et remoue a te huius uite tedium! Ed. 579 Super te manet iugiter mea fida protectio, et brachiorum meorum te amabit 35 circumdacio.” Et addit: “Veni, dilecta! Veni, coronaberis!” Inponitque capiti eius coronam ueritatis, quam nemo nisi homo suscipit spiritalis. In hoc dyademate quatuor virtutum radiant insignia. Ibi fulget decor sapiencie, paupertatis diuicie, desideriorum adinplecio, et 40 premiorum conseruacio. [51.] Explicacio quorumdam verborum – Sexta parte 30 capitulum Dixi quodam loco libri huius, quod deitas pater est meus naturaliter.
FL VI, 31, 3–25 (492,19–494,18)
Hoc non intelligis et dicis: “Omne, quod deus nobiscum operatur, est gracie non nature.” Verum dicis, sed et ego non erro. Audi nunc similitudinem: 5 Quantumcumque acutum uisum homo habeat, ultra spacium tamen unius miliaris non tenditur uisus eius. Et quantumcumque limpidi sensus, inuisibilia non capiunt, nisi per fidem et quasi palpando, sicut cecus in tenebris. Amans deum et omnia, que deus amat; et odiens ea, que odit: anima habet oculum a deo illuminatum, quo uidet eternam deitatem, et 10 quomodo comparata est sua natura, in anima inprimens ei suam imaginem.
Kap. 51: auch Ra 28 securitatis] mit EZ am lR für nicht getilgtes sanctitatis Ra 36 addit] additur Ra 39 adinplecio] ad mit EZ am rR Ra 51,1 quorumdam] dam vaH üdZ Rb | Sexta … capitulum] fehlt Ra 2 libri huius] huius libri Ra | pater est] est pater Ra 3 quod deus] mit EZ am rR Ra 8 capiunt] capiuntur, das EZ nach capiunt (s.u.) als ur-Kürzel missverstanden, dann gestr. Ra | nisi … tenebris] vaH mit EZ am uR in Entsprechung zu FL VI, 31, 8f. (492,25f.) Rb 9 deus] deus est, est gestr. Rb 36 Veni1 … coronaberis] vgl. Ct 4,8 51,8 quasi … tenebris] vgl. Dt 28,29 10 habet … illuminatum] vgl. Ps 12,1
Das liecht der gotheit – Buch IV, 41,57 – 42,12 | 305
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liebin, welche sye tragt zum dienst yrem lieben; vnd tragt vff irem hau͗pt einen hu͗tt, der do scheinet mit pfawen feddern, das ist der su͗es geschmack in den irdischen vnd die groß eer in den himmelischen. Darumb so gat sye im weg der senfftmietigkayt, die do ist becleidet mit dem hu͗ng der siessen vnd gekroͤ nt mit der glori der sicherhayt. Daͤ n, so frewet sye sich mit iubel gesang, vnd in froͤ d gesang schryet sye: “O hertzlibster, ich beger dein! Du͗ nimst von mir vnd gibst mir filerley schmertzen vnd kommer des hertzens. Durch dich leide ich ein vnsichtbarliche angst. So du͗, o herr, wirst woͤ llen, so wirstu͗ mich von mir barmherziglich erloͤ sen.” Antwu͗rt der gespons: “Du͗ liebe, solt nit mer tru͗rig sein! Bis ingedenck, das du͗ finden wirst, das do vbertreffen wirt alle deine begird, vnd thu ab von dir den verdrūß | dises lebens! Ob dir blibt stetz meine trewe beschirmu͗ng, vnd die vmbfahung meiner arm wu͗rt dich liebhon. Kom haͤ r, du͗ lieber, so wurstu͗ gekront werden!” Dan so setzt er vff yr hau͗pt ein kron der warheit, welchen nyemant empfacht dan ein geistlicher mensch. An diesem diadem schinent iiij tűgenden adelligkeyt. Do schinet die zierd der wysheit; der armu͗t der richtu͗mb; erfűllűng der begirden; vnd behaltu͗ng der loͤ n.
[42.] Ein erklerung etlicher worten Ich hon an einem ort dises bu͗chs gesprochen, das die gotheit sey mein natu͗rlicher vatter. Dises verstost du͗ nicht vnd sprichst: “Alles das gott mit vns wu͗rckt, ist der 5 gnad vnd nit der natu͗r.” Du sagst war, aber ich irre au͗ch nit. Hoͤ r ein solche glichnu͗s: Wie fast ein scharffes gesicht ein mensch hat, mag doch sein gesicht nit vßspreiten vber ein wÿtin einer mÿlwegs. Vnd wie fast starck sinn ein mensch hatt, so mogent doch sye nit begriffen die vnsichtbarliche | ding. Einer, der gott clij 10 liebhatt, hat au͗ch lieb alle ding, die gott liebhat, vnd hasset auch alles, das er hasset: Die seel hat ein ou͗g von gott also erleu͗chtet: mit welchem sy sicht die ewige gotheit. Vnd wie sein natu͗r gewu͗rckt hat in der seel, so er ir
42,2 Ich] Iich 8 mÿlwegs] davor l gestr.
306 | Lux divinitatis – Liber IV, 51,12 – 52,11
Ipse eam generat in seipso, uniens se cum illa pre omni et super omnem creaturam, et conclusit eam in seipso. Ipse eam sic sua diuinitate repleuit, quod aliter loqui nequit, quam: quod in perfecta unione plus quam pater 15 eius sit. Corpus dignitatem suam a Filio eterni Patris suscipit: in fraterna societate et in laborum communicacione. Ihesus Christus propter necessitatem nostram opera sua perfecit in caritate, in paupertate, in penalitate, in labore, in contemptu vsque ad mortem crvcis. Spiritus Sanctus operatus est in nobis 20 per graciam, ut loqueris, omnia, que accepimus, dona et bona. Hec omnia tripartita sunt, et tamen ab uno indiuiso deo perfecta. Duo in terris fi(79rb)unt uirtute diuina sine intermissione, purgatorio tamen digna. Quorum unum tantum in celo, alterum vero agit in inferno: uoluptas sine pena in celo, pena sine uoluptate in inferno. Ed. 580; | [52.] De incognoscibilitate dei et de creatura – In eodem Vbi erat, antequam quicquam faceret, deus noster? In seipso erat. Et omnis FL VI, 31, 26-39 (494,19–37) creatura presens et manifesta oculis eius erat, sicut hodie. Et que erat forma et similitudo eius? Similis erat circulo, et omnis res in eo claudebatur sine sera et hostio. Inferior pars circuli firmitas est omnia 5 sustentans; superior pars altitudo omnia excellens. Circulus est ambitus omnia complectens. Necdum adhuc deus creator dici poterat. Cum vero cuncta creauit, reseratus est circulus et apertus.
Numquid ergo scissio facta est? Non, integer est et semper erit. Cum deus quattuor causae qua creator dici uoluit, omnis creatura in se ipsa aparuit. Homo uidelicet ad 10 re deus hominem cognoscendum, diligendum, fruendumque deo, et obediendum; volucres et creavit
Kap. 52: auch Ra 136r–v und 184r (hier nur Z. 2–8) sowie Be1 (in Anlehnung an Z. 2–8 und 14) 14 nequit] nequid Rb Ra | in perfecta] in|perfecta Rb, imperfecta Ra 18 caritate] te vaH (?) üdZ Rb 20 que] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL VI, 31, 21 (494,12) Rb 52,1 De … eodem] am rR MZ Rb incognoscibilitate] incognoscibilita Rb | de] fehlt Ra 136r | In eodem] Capitulum 59m Ra 136r, fehlt Ra 184r 4 et2] in quo Be1 | in eo] fehlt Be1 5 sine] sine tamen Be1 | firmitas est] fehlt Be1 | omnia sustentans] sustentat omnia Be1 6 superior pars] pars superior Be1 | altitudo … excellens] excellit omnia Be1 | Circulus est] circulj Be1 7 complectens] complecturi Be1 | adhuc] adhoc Rb | adhuc deus] deus adhuc Ra 136r 9 integer] Integer ¦ (am uR:) quere supra, danach Abbruch des Kapitels Ra 184r 10 quattuor … creavit] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL VI, 31, 34 (494,30f.), vgl. Neumann 1993, S. 232
Das liecht der gotheit – Buch IV, 42,13 – 43,13 | 307
15
20 [CLIIv]
25
eintru͗ckt hatt seine bildu͗ng: also gebu͗rt sye in ym selbs vnd vereiniget sich mit yr fu͗r alle vnd vber alle creatu͗ren, vnd hatt sye in ym selber beschlossen. Er hatt sye also mit seiner gotheit erfult, das man anderst nit reden mag, dan: das - vmb der volkomne voreinigűng wegen - er mer dan yr vatter sey. Der leip nimpt sein wurdigkayt von dem suͦ n des ewigen vatters in der bru͗derliche gesellenschafft; vnd in der gemainschaft der arbeiten Jesus Christus vmb vnser notdurfft hat sine werck volbracht in der liebin, in der armu͗t, in der peinleidickayt, in der arbeit, in dem ferachten bis zűm tod des creu͗tzes. Der heilig geist hatt gewurckt in vns du͗rch | gnad - als du redest hond wir genommen alle gabe vnd gu͗ter. Dise alle sind in iij teil geteilt, vnd dennocht sind sy alle volkommen von einem vnzerteilten gott. Zwei ding on vnderloß bescheent vff erden vß goͤ ttlicher krafft, die doch wu͗rdig sind des fegfeu͗rs. Vß disen eins ist allein ïm himmel, das ander wu͗rckt in der helle: Wollu͗st on pein wűrckt im himmel, pein on wollust in der hell.
[43.] Von der vnerkantnűs gottes vnd von der creatur Wo was gott, ee dan er ettmas erschu͗ff? Er was in ym selbs. Vnd im was gegenwertig alle creatu͗r, vnd die was offenbar seinen ou͗gelin als hu͗it. Vnd was war sein glichnu͗s vnd gestalt? Er was glich einem circel, vnd alle 5 ding wassent in ym beschlossen on schloß vnd on diren. Der vnderteil dises cirkels ist die festin, die do alle ding vffenthalt. Der oͤ berteil dises cirkels ist die hoͤ hin, die alles vbertrifft. Der cirkel ist ein vmbkreiß, der alle ding vmfacht. Aber do zumal mocht gott nit | gesprochen werden ein schopffer. cliij Aber do er alle ding erschu͗ff, do ist vffthon wu͗rden vnd vffgeschlossen der 10 circkel. Ist aber nit do ein zerschniden bescheen? Nein, er ist vnd wirt altzit gantz. Do gott hat wollen gesprochen sein ein schopffer, do ist erschinen alle creatu͗r in yr selbs. Der mensch zuerkennen, zu libhaben, zu͗ nissen gott,
19 Jesus Christus] rot unterstrichen
308 | Lux divinitatis – Liber IV, 52,12 – 54,11
animalia ad utendum sua natura; alie creature, ut in sua essencia permaneant et subsistant. Nota Audi nunc! Omnis cognicio sine ordinato amore, quo deum in omnibus rebus amare debemus, uana est. Cuncta enim, ut ametur, ipse fecit. Et in 15 hijs amari se docuit et precepit.
Matutine prima tercia via Nona vesper complet
[53.] De septem horis canonicis quas infirma dicebat Minnen vol, ein sveze wol. Minnen gere, ein sveze swere. Minnen lvst, ein sveze dvrst. Minnen vuelen, ein sveze kvelen. Minnen tot, ein sveze not. Minnen fliessen, ein sveze giessen Minnen ruowen, ein sveze frovwen. [54.] Prima parte 30 capitulum Septem hore describuntur hic: Ad matutinas: plenitudo amoris suauitas est dulcoris.
FL I, 30
5
FL I, 30
Ad primam: Amoris desiderium doloris est incendium. Ad terciam: Voluptas amoris est dulcis sitis.
5
Ad sextam: Amoris sensus refrigerat sensus. | Ad nonam: Amoris mors est angustia concors.
Ed. 581
Ad uesperas: Amoris afflictio est deuocionis infusio. Ad completorium: Requies amoris est gaudium honoris. Hec septem uerba femina sancta corpore debilitato pro spiritus feruore uel 10 eciam per languorem amore decantata decantare domino consueuit.
Kap. 53: – Kap. 54: ohne Entsprechung in FL: Z. 10f. (Hec – consueuit) 12 essencia] essancia Rb 14 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 16 amari] amare Ra 53,3 Minnen] Mi[n]ne[n] hier und in den folgenden Zeilen Rb | sveze] vaH mit EZ am Ende der Zeile Rb 54,10 pro] per Ra feruore] feruorem Ra 11 amore decantata] amorem dcante (mit Kompendienstrich über c und e) Rb Ra, korr. nach LG IV, 44, 18 und entsprechend einem Vorschlag von Stierling 1907, S. 67 und Becker 1951, S. 132
Das liecht der gotheit – Buch IV, 43,14 – 44,18 | 309
vnd im zugehorsam sein; die vogel vnd thier, zubruchen yr natu͗r; die ander 15 creaturen, vff das sy blibent vnd bestendent in yrem wesen.
Hoͤ r nu͗n! Ein itliche erkantnu͗s on ein geordnete liebin - als wir gott in allen dingen sollent liebhon - ist vnnu͗tz. Wan er hatt alle ding gemacht, das er liebgehapt wer. Vnd in den selbigen dingen hatt er geleret vnd gebotten, das er liebgehapt werd.
[44.] Hie sind beschriben die vij zit, die sie in der kranckheit sprach Zu metti:
5 [CLIIIv]
10
15
Meinem vu͗l Plenitu͗do amoris ein siesse wol sűaűitas est dulcoris. Zu preim: Meinem gere Amoris desiderium ein schwere doloris est incendium. | Zu tertz: Meinem lust Volu͗ptas amoris ein siesse durst est dulcis sitis oris. Zu Sext: Meinem vűlen Amoris sensu͗s ein siesse kűlen refrigerat sensu͗s Zu non: Meinem todt Amoris mors ein su͗esse nott est angustia concors Zu vesper: Meinem flissen Amoris afflictio ein su͗es giessen deu͗otionis infu͗sio Zu complet: Meinem ru͗wen Requies amoris ein su͗esse frowen est gaudium doloris Dise vij wort hatt dise heilige fraw nach yr gewonheit gesongen gott dem herren du͗rch den inbrunst des geistes oder durch kranckheit auch im schwach gemachtem leip, darzu͗ gereitzet durch die liebin.
44,2 – 5 Meinem … schwere] Meinem gere ¦ ein schwere – Meinem vu͗l ¦ ein siesse wol; richtige Reihenfolge (entsprechend Rb) durch VZ markiert 10 Meinem] Mienem
310 | Lux divinitatis – Liber IV, 55,1 – 26
FL IV, 12, 3–33 [55.] Fastidit anima amans omnem creaturam – Parte 9 Sponsa Christi de quiete thalami sancte trinitatis (79va) egrediens sic omnes (258,4–260,12) alloquitur creaturas: “Eya, elongamini et discedite a me uniuerse creature! Vos affligitis me, nec valet uestra presencia me consolari.” 5 Dicunt ei: “Quare?” Respondet: “Dilectus meus, cum dormirem, dicessit a me, vbi inter brachia eius requieui.” Dicunt creature: “Non potest te hic pulcher mundus et omne, quod in eo est, consolari?” Nota Respondit: “Non. Video namque serpentem falsitatis vagantem in omni 10 huius seculi uoluptate. Video eciam angulum auaricie, cadauere ignobilis dulcedinis plurimos attrahentem.” Dicunt: “Potestne regni celestis sublimitas consolari te?” Respondet: “Non. Esset enim in seipso mors, si uiuus deus non appareret.”
Dicunt: “Possuntne te sancti consolari?” Respondet: “Non. Quia, si de effluente uite fonte separarentur, plus lugerent quam ego. Nam quanto me excellunt, tanto profundius in deo sunt.” Dicunt: “Valet Filius dei te quoquo modo consolari?” Respondet: “Ita. Ego interrogabo eum, quoniam velit deambulare ad flores sacre cognicionis; rogaboque eum, ut michi aperire dignetur iocundam Nota affluenciam magnifice trinitatis, vnde solummodo anima haurit uitam. Si secundum nobilitatem meam meruero consolari, oportet, ut diuinum spiramen absque labore me pertrahat in se. Splendor enim solis summe maiestatis transparet per aquam mundissime humanitatis, voluptasque Sancti Spiritus ab utroque procedentis omnia, | que sub deo sunt, et deus
15
20
25 Ed. 582
Kap. 55: auch Ra 134v–135r und 184v (hier nur Überschrift, Text fehlt) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangaben in Z. 8–20 55,1 Fastidit] Et fastidit Ra 184v | Fastidit … 9] De fastidio creaturarum quod habet anima deum amans Capitulum 57 Ra 134v | Parte 9] fehlt Ra 184v 2 trinitatis … egrediens] trinita| egrediens Rb 6 Respondet] Respondit anima Ra 8 te] mit EZ üdZ Ra 10 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 11 angulum] angelum Rb Ra, korr. nach FL IV, 12, 9 und entsprechend einem Vorschlag von Böhmer 1874, S. 6, Anm. 4 13 Dicunt] korr. aus Tunc Ra | te] mit EZ am rR Ra 14 Respondet] respondit Ra | Non … appareret] am lR MZ Rb | in … appareret] korr. nach LG IV, 45, 15f., s. dazu Neumann 1993, Anm. zu FL IV, 12, 11f. | appareret] quod non apparere Ra 16 Respondet] respondit Ra 19 Valet] valet ne Ra dei] Dittographie Rb | consolari] mit FZ Ra 20 Respondet] Respondit Ra 22 haurit] mit EZ am lR für nicht getilgtes habuerit Ra | Nota] vaH Rb, fehlt Ra 26 Sancti Spiritus] spiritus sancti Ra 55,16 de … fonte] vgl. Ps 35,2 und 41,3; Prv 14,27
Das liecht der gotheit – Buch IV, 45,1 – 29 | 311
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[CLIVv] 25
[45.] Ein libhabende seel hat einen verdrus an allen creaturen Die gespons Christi, so sye vßgat von der rw des schlaffkemmerlins der Nota heilige tryfaltigkeyt, redet also zu allen creatűren: “Eya ir all creatur, weichet ab fast fer von mir! Yr piniget mich, vnd ewer beywesen mag mich nit trosten.” Sprechent sye: “Warumb?” Antwu͗rt die gespons: “Mein lieber wich von mir, do ich schliff, do ich rűwet zwuschen seinen armen.” Sprechent die creatűr: | “Mag dich dise hubsche welt vnd alles, so in yr ist, cliiij nit trosten?” Antwu͗rt sye: “Nein. Wan ich sich die schlangen der falscheit vmblou͗ffen in aller wollust diser welt. Ich sich au͗ch, das der engel der gitzigkeyt, der do ist ein kib der vnadellichen su͗esse, vil ansich thu͗t zihen.” Sprechent sye: “Mag aber dich die hoͤ hin des himmelrichs troͤ sten?” Antwu͗rt sye: “Nein. Wan es wer in ym selbs der dod, wan in ym nit erschin der lebendig gott.” Sprechent die creatur: “Mogent aber dich trosten die heiligen?” Antwurt die gespons: “Nein. Wan wu͗rdent sye abgescheiden von dem vßfliessenden bron des lebens, so wurden sye mer hulen vnd weinen dan ich. Wan wie mer sy mich vbertreffen, so dieffer sind sye in gott.” Sprechent die creatur: “Mag aber der su͗n gottes dich in alweg troͤ sten?” Sprach die gespons: “Ja. Ich wil in fragen, wan er wil wandeln zu dem blűmen der heilige erkantnu͗s; vnd ich wirt yn bitten das, er mïr welle vffthűn die froͤ liche | zufliessigkeyt der hochmechtigen dryfaltigkeyt, do haͤ r allem die seel schopffet das leben. Sol ich verdinen nach minem adel getrost zewerden, so mu͗ß es bescheen, das mich der gotlich geist on arbeit zihe in sich. Wan der schin der sonnen der hochsten maiestat durchscheint das wasser der reinisten menscheit. Vnd der wollust des heiligen geistes, der do von ynen beiden entspringt, hat von mir fer gemacht alle ding, die do
45,8 seinen] davor mey gestrichen 27 durchscheint] erstes c aus s korr.
312 | Lux divinitatis – Liber IV, 55,27 – 56,17
non sunt, a meis affectibus elongauit. Mortua sum mirabiliter huic mundo, et nichil sapio preter dominum. Huius tamen suauissimi saporis dulcedine frequenter libens careo, ut eius magnificencia extollatur. Nam, cum ego indigna meis uiribus ipsum laudare non sufficio, ipsius oculis offero 30 omnem creaturam, ut omni sua sapiencia, amore, pulchritudine, desiderio, iubilo, sicut ex ipso acceperunt, pro me clarificent creatorem. Cum huius laudes meminero, nullum dolorem sencio. Sustinere nequaquam ualeo, quod me alicuius rei preter dilectum contingat consolacio. Amicos meos terrestres amo tamquam consortes celestes; inimicos vero in merore porto et 35 diligo deprecans, ut saluentur. Omnium bonorum sufficiencia deo affluit, ipseque sibi se amancium contingencia sufficit animarum.”
[56.] De eodem FL IV, 12, 34-57 Cvm per octo annos horum mirabilium ista consolacio perdurasset, (260,13–262,6) complacuit altissimo supra meritum nobilitatis sue ualde animam consolari. “Eya precordialis domine, in altum (79vb) nimis noli me sustollere!” dixit 5 anima reputans se indignam. “Bonum michi nimis est in loco nouissimo recumbere, vbi pro tua gloria cupio perpetuo detineri.” Cecidit ergo misera deorsum ad pendentes et proscriptas animas, ibique gratanter tanquam loco optimo requieuit. Sequebatur ergo eam altissimus Nota ea claritate, quam in infimis gaudijs positi poterant sustinere. Singulis 10 namque sic eius refulget claritas, prout eos uirtutum habitus nobilitauit et operacio, et sanctificauit karitas in presenti.
Sanctus Iohannes in epistola sua dicit: “Videbimus eum sicuti est.” Hoc quidem uerum est. Veruntamen secundum disposicionem aeris sol refulget. Multiplex est sub sole aeris mutacio in terris. Sic multe mansiones in domo 15 Patris sunt in celis. Attamen sicut perspicax fuerit oculis mentis, sic erit illa uisio claritatis.
Kap. 56: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 5–7 [?] und 10–14) 28 dominum] deum Ra 29 magnificencia] letztes a vaH mit EZ üdZ Rb 56,1 De eodem] Et fastidit anima amans omnem creaturam (gehört eigentlich zum vorangehenden, in Ra nicht ausgeführten Kapitel, s.o.) Ra 2 horum] hoc Rb, hic Ra 6 reputans se] se reputans Ra 8 proscriptas] prescriptas Ra 10 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 56,13 Videbimus … est] I Io 3,2 15 multe … celis] vgl. Io 14,2
Das liecht der gotheit – Buch IV, 45,30 – 62 | 313
vnder gott sind vnd nit gott sind. Ich bin wu͗nderbarlich todt diser welt, vnd mir schmacket nichts dan allein gott. Aber offt mangel ich gerne der su͗esse des allersuessesten nacks, vff das sein großmechtigkayt erhoͤ cht werde. Wan so ich vnwu͗rdige mit meinen krefften nit gnu͗gsam bin yn zuloben, so vffopffer ich seinen ou͗gen alle creaturen, vff das sye mit yerer aller 35 weisheit, liebin, schoͤ ni, begird, frou͗de, als sye von ym genommen hant, fur mich den schopffer glorificirent. Vnd wan ich ingedenck bin dises lobs, so empfind ich keinen schmertzen. Ich mag in kein weg leiden, | das mich eins clv anders dinges trost on meinen lieben anru͗re. Ich hon lieb meyne irdische fru͗ndt als himmelische gesellen; aber ich trage meine find mit kommer vnd 40 hon sye lieb vnd bitt, das sye sellig werden. Aller gutter gnu͗gsamkeyt zuflu͗ist gott, vnd er ist ou͗ch gnűgsam mit anrieren der selen, so yn liebhond.” 30
Do acht jar dises mirackel, dise troͤ stu͗ng hett geweret, do gefiel es dem 45 allerhoͤ chsten, fast zutroͤ sten die seel vber das verdienen yerer adellickeyt.
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[CLVv] 55
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“Eya hertzlieber herr, erheb mich nit alzu͗viel in die hoͤ hin!” sprach die seel, wan sye achtet sich fast vnwurdig. “Es ist mir fast gu͗t, zu͗ ru͗wen an der hindersten statt, an welcher statt ich beger, vmb glori deines namens behalten werden.” Darumb fiel aber die arme zu den hangenden vnd zu den verworffenen seelen. Vnd do ru͗wet sye mit danckparkeyt als an der allerbeste statt. Darumb volgt yr nach der hoͤ chst mit solcher clarheit, als do liden mocht, die so gesetzt sind in den | nidersten freuden. Wan iglichen besonder erschinet also sein clarheit, nach dem sye yr gewand der tűgenden vnd wu͗rcku͗ng adellich gemacht hond, vnd nach dem sye in disem leben die liebin hatt heilig gemacht. Der heilig Johannes spricht also in seiner epistel: “Wir werden yn sehen als er ist.” Das ist wor. Aber doch, so wider scheinet die sonn nach der geschicklicheit des lu͗ffts. Mengerlei verwandelung des lu͗ffts geschicht vnder der sonnen vff erden. Also sind vil wonung in dem hu͗ß meins vatters. Aber also durchsichtig wu͗rt sein das oug des gemiets: also wirt sein dise gesicht der clarheit.
40 Aller] Aber, korr. nach LD IV, 55, 36 41 vnd … gnűgsam] mit EZ am rR
314 | Lux divinitatis – Liber IV, 56,18 – 57,15
Et dixit dominus: “Quamdiu uis hic morari?” Et dixi: “Eya, concede michi, domine mi, et dimitte me adhuc amplius pro gloria tua mergi!” Post hec anima cum corpore tam profundas tenebras in|cidit, vt cognicione Ed. 583 carerem et luce. De familiaritate dei nichil noueram, sed ipsa beata karitas abijt et elongata est a me. Tunc dixi: “Vbi es nunc, domina fidelitas? Ego tibi modo officium karitatis committo, ut in me gloriam dei custodias et honorem.” Tunc assumpto officio caritatis, tam sancta paciencia et leta longanimitate 25 tuebatur me, ut sine miseria uiuerem et dolore. Et ecce, circumdedit me infidelitas magnis tenebris clamans ad me crvdeliter. Et expaui, valdeque exhorrui uocem eius. “Si gracia hec” inquit “a deo processisset, nequaquam tui oblitus te sic 30 dereliquisset.” Et dixi: “Vbi es nunc, o constancia? Reduc ad me, obsecro, catholicam fidem ueram!” FL IV, 12, 57 – [57.] De eodem Dixit ergo deus Pater celestis ad animam: “Memento, quid presenseris, et 107 (262,6–264,31) quid perspexeris, cum inter me et te medium nullum fuit!”
Et intulit unigenitus Patris: “Recordare, quantas corpus tuum penas 5 pertulerit ex amore!” Addidit quoque Spiritus Sanctus: “Memor esto scripture, quam scripsisti!” Tunc anima cum corpore cum uera fidei constancia respondit: “Sicut credidi et cognoui, dilexi et perfruita sum: sic ex hac uita inpermutabilis emigrabo.” Deinde alienacio dei ueniens circumdedit animam vndique. Et dixit: “Bene 10 nata sum, quod te pedissequam habere merui. Tu enim inconsuetum michi affers gaudium, et incomprehen(80ra)sibile miraculum, atque intollerabilem suauitatem.” “Tu autem, domine, hanc suauitatem longe fac a me, facque me tuam alienacionem retinere! Eya bene michi domine deus, quod hanc in uia 15
Kap. 57: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 14–17 [?], 47–52 und 58f.) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 47 23 tibi modo] tantummodo tibi, tantum gestr. Ra 31 constancia] f constancia, f gestr. Ra 57,11 pedissequam] pessidequam oder possidequam Ra 12 miraculum] gaudium miraculum, gaudium gestr. Ra 15 Eya … supportare] am lR MZ Rb | bene michi] michi bene Ra
Das liecht der gotheit – Buch IV, 45,63 – 97 | 315
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Do sprach der herr: “Wie lang wiltu͗ hie wonen?” Do sprach ich: “Eya mein herr, laß mir nach, vnd gib mir zu͗, das ich noch lenger vmb dein eer vndergang!” Darnach fiel ich in mit leib vnd seel in solche dieffe fu͗nsternu͗s, das ich mangelt der erkantnu͗s vnd des liechts. Ich erkant nichts von der fruntschafft gottes, sonder die sellige liebin ging hin weg vnd | erlengert clvj sich von mir. Do sprach ich: “O frow glob oder trw, wo bistu͗ yetzt? Ich empfilch dir yetzt das ampt der liebin, vff das du͗ mir behu͗etest die glori vnd eer gottes.” Do sye hett an sich genommen das ampt der liebin, do beschirmt sye mich mit solcher heiliger gedult vnd froͤ licher langmietigkeyt, das ich lebet on armu͗t on schmertzen. Vnd, nymwar, die vntrw vmbgab mich mit grosser fu͗nsternu͗s vnd schrei zu͗ mir gru͗senlich. Vnd ich entsaͤ ß daru͗on vnd erschrack fast von yrer stim. “Wer dise gnad von gott vßgegangen, so hett er in keinen weg dein also vergessen vnd verlassen.” Vnd ich sprach: “O bestendigkeyt, wo bistu͗ nu͗n? Ich bitt dich, fier widervmb zu͗ mir den waren christenlichen glou͗ben!”
Darumb sprach gott, der himmelisch vatter, zu der seel: “Bis ingedenck, was du͗ empfu͗nden hast vnd was du gesehen hast dozu͗mol, do zwu͗schen mir vnd dir kein mittel was!” [CLVIv] Darzu͗ sprach der eingeborn su͗n des | vatters: “Bis ingedenck, wie groß pein hatt der leip tragen vmb der liebe wegen!” Darzu redet auch der heilig geist: “Bis ingedenck der schrifft, die du geschriben hast!” Dan gab antwurt die seel mit dem leib, mit warhafftiger bestendigkayt des 90 glaubens: “Als ich hon gloubt vnd erkennet liebgehapt vnd genossen: also wird ich vnuerwandlich vßgon vß disem leben.” Darnach die abzihu͗ng gottes kam vnd vmbgab die seel allenthalb vnd sprach: “Ich bin wolgeborn, das ich dich verdient han zu͗haben fir mein nachuolgerin. Wan du͗ zubringst mir ein vngewonsame freu͗d vnd ein 95 vnbegrifflichs mirackel vnd ein vnlidliche siessigkeyt.” “Aber, o du herr, mach fer von mir dise su͗essigkeyt vnd verschaff, das ich behalt dein abzihu͗ng von mir! Eya, herr gott, mir ist wol, das ich vordient
70 empfilch] empflich 71 mir] Dittographie
316 | Lux divinitatis – Liber IV, 57,16 – 46
karitatis merui supportare! Quia qualiter conueniens id michi sit non audeo enarrare. Dico tamen, quod fel in mel in meis faucibus est mutatum.” Desideraui ergo, quod omnis creatura creatorem glorificans ymnum ‘Te deum laudamus’ iubilans decantaret. Renuit autem hec illa, et auertit a me 20 faciem indignanter. Letificata ergo ualde sum et dixi: “Quod me nunc contempnitis, et ad me tergum uertitis, laus inmensa dei est. Bene michi! Nunc procedit in me gloria dei. Quia nunc mirabiliter est deus mecum, cum me alienacio sui, plusquam ipse, reficiat delectando.” | Hoc satis innotuit. Nam, cum eam deus in alienacione consolari uellet, Ed. 584 dixit ei: “Memento, domine, que ego sum, et contine te a me!” Et ait illi dominus: “Faue michi, obsecro, ut feruorem mee maiestatis, affectumque humanitatis, ac uoluptatem mei Spiritus refrigerari liceat michi in te!” Ait illa: “Annuo, domine, hoc pacto, ut tui solius in me, et non mea 30 delectacio compleatur.” Post hec in tam magnas irruit tenebras, ut corpus eius in penis tremeret et deficeret incuruatum. Interim rogauit eam quidam, ut pro ipso dominum deprecaretur. Et dixit: “O pena, committo tibi, ut tu me liberes a me, quoniam tu nunc supprema es in 35 me.” Et ecce, pena corporis et anime vmbre similis tenebrose sustulit se a me. Et pergens ad dominum sapienter exclamauit uoce ualida uehementer: “Domine, tu nosti, et ante te est omne desiderium meum.” Et occurrens ei dominus ante ianuam regni dixit: “Bene uenisti, o pena! Tu 40 in terris fuisti mei corporis proximum indumentum, et omnis superborum despectio fuit mea superior circumdacio. Et, licet te illic diligam, nequaquam te hanc regni ianuam introducam. Veruntamen anima, que duo complere uoluerit, duplex premium reportabit. Sit constanter disciplinata et prudens! Et sic eris ei utilis, amplexaboque eam dulciter, et meo pectori 45 applicabo firmiter.”
16 conueniens … sit] ueniens id michi sic Rb Ra, korr. nach LG IV, 45, 98f. und entsprechend einem Vorschlag von Neumann 1990, S. 125, App. zu IV, 12, 70f. 17 fel … mutatum] vgl. Ps 118,103; Act 8,23
Das liecht der gotheit – Buch IV, 45,98 – 133 | 317
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hab dise im weg der liebin vberzutragen. Wan wie gebu͗rlich mir das syg, mag ich nit vßreden. Ich sag dennocht das die gall in meinem rachen ist verwandlet in hu͗ng.” Darumb begert ich, das alle creatur yren schopffer thet eeren vnd mit froͤ den das lobgesang ‘Te deum laudamus’ | wer singen. Aber sye hatt das nit clvij woͤ llen haben vnd wendet ab von mir mit vnwirscheit yr angesicht. Darumb ward ich fast froͤ lich gemacht vnd sprach: “Das yr mich nu͗n verachtent vnd zu mir ewern rűcken kerent, ist das vngemessen lob gottes. Mir ist wol. Ietzt kompt herfur in mich die glori gottes. Wan nu͗n ist wunderbarlich gott mit mir, so mich sein abzu͗g oder befremden mer dan er spiset mit wollu͗st.” Das hat sich gnu͗g antzeigt. Wan do gott sye wolt in der vorenderűng trosten, do sprach sye zu͗ ym: “Herr, bis ingedenck wer ich bin, vnd enthalt dich!” Vnd der herr sprach zu͗ yr: “Laß mir zu͗, ich bitt dich, das ich den inbrunst meiner maiestat, vnd die begird der menscheit, vnd die wollust mines geists mog erkielen in dir!” Antwu͗rt sye: “Herr, ich laß es zu͗ in solchem geding, das allein dein wollu͗st in mir vnd nit mein wollust erfult werde.” Darnach fiel sye in solche grosse fu͗nsternu͗s, das yr leip in den peinen zitteret vnd sich vor schweichi krimmet. Dor zwúschen batt sie einer, das sy gott fu͗r yn thet bitten | vnd sprach: “O pein, ich empfilch dir, das du͗ mich entlosest von mir, wan du͗ bist nu͗n am hoͤ chsten an mir.” Vnd, nim war, die pein des leibs vnd der seelen, glich einem finsteren schatten, hat sich von mir hinweg gemacht vnd ging zu dem herren wyslich, vnd schrei mit starcker stim: “Herr, du erkennest vnd vor dir ist alle mein begird.” Vnd der herr kam yr entgegen vor der dier des reichs vnd sprach: “O pein, du͗ bist wolkommen! Du bist gewesen meynes leibs vff erden ein nahes kleidt, vnd alle vorachtung der hoffertigen ist gesin mein hochste becleidu͗ng. Vnd, wiewol ich dich so liebhon, dennocht in keinen weg wirt ich dich infu͗ren durch dise thu͗ren des reichs. Aber zwar, ein seel, die do wil zwei ding erfűllen, wirt daru͗on tragen zwyfaltigen lon. Sy sey zuchtig, bestendig vnd klu͗g, so wurstu͗ yr nu͗tz sein, vnd ich wird sye vmbfahen siessiglich vnd wirt sye meiner brust senfftïglich antru͗cken.”
101 mit] davor losagu͗ng rot durchgestr. 102 Aber] korr. aus Abet 103 mit] mit EZ üdZ
318 | Lux divinitatis – Liber IV, 57,47 – 58,18
Et dixit pena deo: “Domine, ego multos beatos facio, nec inde sum beata; multa sancta corpora efficio, et sum mala; multos ad celeste regnum dirigo, nec tamen illuc non peruenio.” Cui dixit dominus: “Pena, tu non es celestis na(80rb)cione, quapropter illuc 50 non poteris peruenire. Tu de corde Luciferi es egressa, illuc reuerteris, secumque perpetuo permanebis.” Et dixit anima: “Eya felix dei alienacio, cui sum tam amicabiliter alligata! Tu meam in penis confirmas uoluntatem, tu dulcoras michi in hac uita diutinam expectacionem: quantoque tibi maiori societate copulor, tanto fit 55 in me maior deus et mirabilior. O domine, in profundo inpermixte humilitatis ab oculis tuis non absorbeor. Sed, ve michi, quod me in elacione mentis a te tam infeliciter auerto! Veruntamen: quanto profundius in humilitate me mergo, tanto suauius sitim anime mee reficio et exstinguo.”
| [58.] De capitulo spirituali et peregrino qui apparuit ei – Sexta parte 23 Solebam multo tempore cum districcione magna mei cordis ingredi capitulum, visitans dei contemptum et mei ipsius dispendium. Eieci ergo de corde meo omnem mee carnis culpabilem affectum. Statuens e contra tocius pene effectum uoluntarie sustinendum, amoui eciam cognatorum et amicorum carnalem amiciciam. Et institui persequencium iniurias pacienter sufferendas. Expuli insuper amorem diuiciarum et honorum, quibus mundus gloriatur. Et introduxi paupertatem ewangelicam de consilio obseruandam.
Ed. 585; FL VI, 33
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Et hoc capitulum ingressus est dominus Ihesus Christus similis peregrino. Ad cuius introitum illuminatus est Spiritus meus, vt adesse cognoscerem deum meum. Et dixi: “Eya dilecte peregrine, vnde venis?” Et respondit: “De Ierusalem uenio, vbi grauiter uulneratus sum. Ibi sustinui 15 magnam despeccionem, pauperiem et passionem, que attuli huc ad te.” Respondi: ”Gracias ago tibi, mi dilecte! Hoc enim iam multis experta sum diebus.”
Kap. 58: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 17 49 non] fehlt Ra 50 Pena] korr. aus plena (l unterpungiert) Rb 51 egressa] egressa es, es gestr. Ra 56 deus] dei Rb Ra 58 infeliciter] feliciter Rb Ra, Konjektur nach Neumann 1993, S. 72, Anm. zu FL IV, 12, 106f. 58,1 Sexta … 23] fehlt Ra 5 e contra] econtra Rb Ra
Das liecht der gotheit – Buch IV, 45,134 – 46,20 | 319
Do sprach die pein: “Herr, ich mach vil sellig, vnd bin doch do haͤ r nit sellig; 135 ich mach vil heiliger leib, vnd bin doch boͤ ß; ich | schick vil zu dem
clviij
himmelischen reïch, vnd ich kom doch nit do hin.” Antwort yr der hërr: “Du bist nit vol der himmelischen gebu͗rt, darumb kompst du͗ nit do hin. Du͗ bist vß dem hertz Lucifferi vßgegangen, dohïn soltu͗ widerkeren vnd wurst bey ym ewïglich bleiben.” 140 Vnd die seel sprach: “Eya, die sellige vorenderűng gottes, welcher ich bin so selliglich angebűnden! Du͗ bestetigst in den peinen meinen willen, du͗ machest mir su͗eß in disem leben meine wartu͗ng: Vnd mit wie grosser gesellenschafft ich dir wirt voreinigt, so vil grosser vnd wu͗nderbarlicher wirt gott in mir. O herr, in der tieffe der vnu͗ermischten demu͗tigkeyt wirt ich 145 nit von deinen ogen zerzerret. Sunder we mir, das ich mich mit erhebung meines gemietzs von dir so selliglich abwende! Aber doch: wie dieffer ich mich nider in der demutigkeyt, so vil siesser erku͗el ich, vnd lesch vß den durst meiner seell.”
[CLVIIIv] 5
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[46.] Von dem geistlichen capittel vnd von dem bilgerum, so yr erschinn Ich war gewon, vil zeyt in zugon mit vil strengkeyt meines hertzens in das ca|pittel, vnd visitirt die verachtung gottes vnd min selbs schaͤ digűng. Darumb trib ich vß von minem hertzen alle sindliche begird mines fleischs, vnd darwider nam ich mir fu͗r, williglich zu leiden alle wircku͗ng der pein. Ich hon au͗ch hindan thon die freu͗ntschafft meiner gesipten vnd anderer freűnden, vnd hon fu͗r mich genommen, dultiglich zu͗tragen die schmeung derer, so mich verűolgent. Ich hon au͗ch vßtriben die liebin der richtu͗mb vnd der eeren, in welchen die welt thu͗t glorieren, vnd hon mir ingefu͗rt, die armu͗t nach ewangelischem ratt zubehalten. Vnd in dises capittel ist kommen vnser herr Jesus Christus glich als ein bilgeru͗m. Zu welches ingang min geist ist erleu͗chtet worden, das er do erkennet, do sein minen herren. Vnd ich sprach: “Wo kumstu͗ haͤ r?” Er antwu͗rt: “Ich kom von Hieru͗salem, an welchem ort ich bin schwerlich verwu͗ndet worden. Do leid ich grosse verachtung armu͗t vnd leiden. Dise ding hon ich haͤ r zu dir gebracht.” Ich gab im antwort: “Ich sag dir, o mein lieber herr, danck. Wan dise | ding clix hon ich yetz durch vil tag erfaren.”
46,12 Jesus Christus] rot unterstrichen
320 | Lux divinitatis – Liber IV, 58,19 – 59,13
Tunc unam simplicem coronam inposuit dominus capiti meo dicens: “Hec est corona paupertatis, despeccionis et pene. Que adhuc est ymaginis mee 20 pulchritudine decoranda.” Hoc dicto peregrinus abijt, cum quo plura colloqui uoluissem. Et respiciens sursum vidi eum similem potenti domino circumdatum gloria et delicijs sempiternis. 25 Et dixit: “Benedico te et saluto te. Pax mea semper sit tecum, amen.” Audita est uox, in qua hec uerba dicta sunt: “Ecce, uenit, que mundum FL VI, 34 contempsit, mendacium effugit, ueritatem amauit et me laudans benedixit. Renumeracio Excipiatur ergo cum omni honore, stabiliatur in ciuitate, benedicatur sine continens 9 partes fine, induatur (80va) decore, coronetur dignitate, sedeat in eterna requie, salutetur omnium linguarum genere, seruiatur ei omni officiositate, 30 letificetur omnium donorum munere.” Laus quadruplex
Ed. 586; | [59.] De peccato et regno – Quarta parte ij capitulum “Peccatum meum, quo a te recessi, domine, tanquam mons inmensus stat FL IV, 5 contra me, umbrasque densas operatum est in me, et te meque eternaliter elongauit a te. Ve michi, et iterum ue! Eya dilectum bonum, electum pre 5 omnibus, reduc et retrahe me ad te ab omnibus!
Veruntamen future dampnacionis casus aparet oculis meis uelud ignei draconis os apertum, omni tempore me cupiens absorbere. Eya bonum meum eternum, adiuua me: nunc ut inmaculata ualeam refluere in te! Domine, mea terrena conuersacio est coram me sicut ager spinis plenus et fertilis et a bonis fructibus uacuus et sterilis. Eya domine Ihesu Christe, 10 effunde nunc suauem tue humanitatis pluuiam, et calentem tue diuinitatis solem, et predulcem Sancti Spiritus tui rorem, ut refrigescat molestia cordis mei, et compleantur consolacione accepta dies luctus mei!
Kap. 59: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 13 (et – mei) 26 Laus quadruplex] vaH Rb, fehlt Ra 28 Renumeracio … partes] vaH entsprechend der Überschrift von FL VI, 34 (hier aht statt nún) Rb, fehlt Ra 59,1 Quarta … capitulum] fehlt Ra 25 Pax … tecum] vgl. Lc 24,36; Io 20,19 und 21 u.ö. 26 Audita … uox] vgl. Iob 37,3; Is 15,4 29 induatur … decore] vgl. Ps 92,1 und 103,1 59,2 Peccatum … me] vgl. Ps 50,5 13 et … mei] vgl. Is 60,20
Das liecht der gotheit – Buch IV, 46,21 – 47,16 | 321
Do setzet der herr vff mein hau͗pt ein schlechte kron sprechent: “Dis ist die kron der armu͗t, der ferachtung vnd der pein, welche noch weitter sol geziret werden mit der schoͤ ni meiner bildu͗ng.” Do also der bilger geredet hatt, ist er hin weg gangen, mit welchem ich wolt 25 noch vil geredet han. Vnd ich sach vbersich, do sach ich yn gleich einem gewaltigen herren, der do vmbgeben was mit glori vnd ewigen wollústen. Vnd er sprach: “Ich gesegne dich vnd gru͗ß dich. Mein fride sey altzit mit dir! Amen.” Ich hon gehoͤ rt die stim, in welcher dise wort gesprochen sind, vnd: 30 “nymwar, dise kam, die do die welt ferachtet hett, die lu͗gin geflogen het, die warheit gelibet hett, vnd lobet mich vnd gab mir den segen. Darumb so sol sye empfangen werden mit aller eer, sye sol gefestiget werden in der statt vnd sol gesegnet werden on end. Sye sol anthon werden mit zierden, gekroͤ nt werden mit wu͗rdigkeyt, sy sol sitzen in der ewigen rw, gegrusset [CLIXv] werden | von allen zu͗ngen, ir soll gedienet werden mit aller hoͤ fflickeyt, sy sol froͤ lich gemacht werden mit den guttern aller gaben.” [47.] Von der sűnd vnd vom reich “Herr, mein su͗nd, du͗rch welche ich von dir bin abgewichen, statt wider mich als ein fast grosser berg vnd hatt in mir geschaffen dïck schatten, vnd hatt dich vnd mich ewiglich von dir wytgemacht. We mir vnd wee! Eya den 5 lieben den gu͗eten, den vßerwelten, fier widervmb hin vnd zu͗ich mich von allen zu dir! Aber der fall der zukunfftigen vordamnu͗s erschinet meinen ogen als ein mu͗nd eines feu͗renin trachens, der do altzit begert mich zűűerschlűcken. Eya du͗ mein ewiges gu͗tt, hilff mir nu͗n, das ich vnbefleckt moͤ g widervmb 10 fliessen zu dir! Herr, mein irdische wandelu͗ng ist vor mir als ein dorniger vnd vnfrűchtbarer acker vnd von gu͗ten frűchten leer. Eya herr Jesu Christe, gu͗iß vß nu͗n den su͗essen regen deiner menscheit vnd die hitzige sonn deiner gotheit vnd den vbersiessen daw des heiligen geistes, vff das erkielet werd 15 der | kommer meines hertzens vnd volendet werd mit dem empfangenen clx trost die tage meines weinens!
47,12 Jesu Christe] rot unterstrichen
322 | Lux divinitatis – Liber IV, 59,14 – 25
Regnum tuum oculis meis patet simile nupcijs nobilium, maximisque gaudijs iubilancium et eternis delicijs commitancium, vbi amantem 15 sponsam complecteris amoris auidam sine fine. Domine, omnia dona, que percepi a te, sunt in conspectu meo similia plagis peregrinis ad aures meas, quoniam humiliat me hic altissimum donum tuum.” Respondet cuncta tribuens deus: “Mons tuus liquefiet in amore. Inimici tui nullum participium habebunt in te. Agrum tuum calor solis splendoribus 20 suis penetrauit, frvctusque tuus illesus permanebit. In regno meo noua sponsa eris, ibique osculabor te dulcissimo oris mei osculo, ut plenitudo diuinitatis animam tuam pertranseat, et trinitatis oculi semper in tuo corde duplici delectentur. Vbi tunc remanebit tristicia tua? Si tunc me mille annis 25 rogaueris, vnum suspirium non obtinebis.”
14 meis] mei Rb 15 commitancium] sic Hs., convivantium Ed. 16 complecteris] complectis Ra 18 hic] hoc Ra 21 suis] mit EZ am lR für nicht getilgtes sensus Ra 22 osculabor … osculo] vgl. Ct 1,1
Das liecht der gotheit – Buch IV, 47,17 – 32 | 323
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Dein rich ist offenbar meinen ogen glich den hochziten der edelen vnd der grossesten freu͗den, der, die sich frawent, vnd deren, so sich verwűnderent von den ewigen wollűsten, do du͗ vmbfahest die libhabende gespons, die do girig ist der liebin on end. Herr, alle dine gaben, welche ich empfangen habe von dir, sind in meinem angesicht glich den froͤ mden streichen zu͗ meinen oren, wan also macht mich demu͗tig hie die hoͤ chste gab gottes.” Antwu͗rt, der do alle ding geit, gott: “Dein berg wirt weich werden in der liebin. Deine find werden keinen teil in dir hon. Dinen acker wirt der heilig geist mit den glasten der sonnen du͗rchtringen, vnd dein fru͗cht wirt bliben vnu͗ersert. Du wirst in meinem rich sin ein nu͗we gespons, vnd do wird ich dich kyssen mit dem siessesten ku͗ß mines mu͗ndes, vff das die volkommenheit der gotheit dem seel durchgang, vnd der | heilige tryfaltïgkeyt ou͗gen alltzit in deynem zwyfachen hertzen wollust haben. Wo wu͗rt dan bliben dein trurigkeyt? Ob schon du͗ mich dan wurdest bitten tau͗sent jar, so wurstu͗ dennocht kein ersufftzen erwerben.” Also endet sich das vierd buch.
[1.] Liber quintus de animali, quo moraliter anima designatur – Quarta 18 capitulum Anima desolata et exul sic allocuta est dilectum suum: “Duo sunt, que iamdudum concupiscit anima mea, que necdum sum, prochdolor, assecuta. Vnum quidem est spiritualis uite fida conuersacio, aliud sancta et finalis in morte dormicio ad quam tanto aspiro (80vb) gaudio, quod omnem tristabilem serij mei dolorem postpono.” Ostendit ergo michi dominus despectum uermiculum et dixit: “Huic paruulo similes es vermiculo, quem respice diligenter!” Et uidi animal illud in insula marina de limo maris generari, ita ut sol pater, mare mater esset Psalmi ego sum eius. Sic Adam dei potencia super terram de uili materia est productus.
Notabile In originali habetur ista rubrica: Homo spiritualis animali paruo est similis, quod ad multa est vtile, habet autem similitudo fere xxx partes – et hoc nomen eius
Ed. 587; FL IV, 18, 2–27 (276,8–278,10)
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vermis et non homo + R + Ipse quasi Hoc animal designat hominem ueraciter spiritalem. Qui, dum spiritum tenerrimus ligni ueritatis et perfeccionis concipit, calore diuinitatis editur. Et in Christi vermiculus
humanitate tamquam in matre concipitur. Fitque Spiritus Sanctus ueluti 15 materia, omnem peccatricis nature fomitem eradicans.
Crescit hoc animal ad calorem solis. Et perfectus quisque igne Sancti Spiritus succensus apperitur. Hoc enim tante nobilitatis semen est, quod germinat et crescit et usque in finem suscipit incrementum. Hoc animal cibo non nutritur. Habet autem caudam ualde grandem, semper melle repletam, quam sugens pascitur omnibus diebus uite sue. Habet 20 eciam barbam auream. | Dum sugit dulciter sonantem, ut uocis suauitas et Ed. 588 clangoris iocunditas cor eius letificet. Et dulcedo mellis corpus eius saciet et confirmet. Cauda hec mors sanctorum est, quam bonis operibus et sacris uirtutibus ornatam sapienter et gaudenter pre mentis oculis semper habent, fidem tamen suam libenter et longanimiter supportantes. Aurea barba dei 25 caritas est, que amantis cor penetrans dulcem in mente suscitat melodiam.
Kap. 1: auch Ra 1,1 Notabile] vaH Rb, fehlt Ra | In … eius] vaH am uR entsprechend der Überschrift von FL IV, 18 Rb, fehlt Ra | paruo] paruo animali Rb | Liber quintus] fehlt Ra | Quarta … capitulum] fehlt Ra 4 prochdolor] ch üdZ Ra 6 aspiro] aspiro g (g gestr.) Rb 8 ergo] am lR: Nota Ra 9 similes es] si[mi]les|es, korr. aus similis, erstes es vaH mit EZ am rR Rb 10 esset eius] eius esset Ra 11 Psalmi … vermiculus] vaH am oR Rb, fehlt Ra 14 in matre] inmare Rb Ra, korr. nach LG V, 1, 15f. | Fitque] et fitque, et üdZ Ra 17 Hoc … crescit] vaH mit EZ am oR in Entsprechung zu FL IV, 18, 18 (276,29f.) Rb 25 suam] suam fidem, fidem unterpungiert Rb, fehlt Ra | Aurea] korr. aus aerea (?) Rb 1,8 Huic … vermiculo] vgl. Ps 21,7; II Sm 23,8 11 Psalmi … vermiculus] Ps 21,7; II Sm 23,8
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[1.] Hie anfacht das funfft buch Mechtildis. Vnd zum ersten saget es von einem thier, durch welches sittlichen die seel bedutet wirt Die ellende vnd trostlose seel hatt also angeredt zu yrem lieben: “Zwei ding sind, die vorlengst mein seel begeret hatt, aber ich hon sye nach nye erlanget. Eins ist ein truwe wandelung im geistlichem leben, das ander ist ein selliger schloff in dem tod, welchen ich mit solcher freu͗d beger, das ich hindan stell allen trurigen schmertzen meines ernstes.” Darumb zeigt mir der herr ein vorachts wu͗rmlin vnd sprach: “Disem kleinem wu͗rmlin bistu͗ glich, vnd sich in flissig an!” Vnd ich sach, das dises thier ward geborn vß dem moͤ r schlim, in einer insell | des moͤ rs, also das die clxj sonn sein vatter vnd das moͤ r sein mu͗tter was. Also ist auch Adam vß dem gewalt gottes vff der erde vß schnoͤ der materj gemacht worden. Dises thier bedutet einen menschen, der do ist warhafftig geistlich. Welcher, so er denn geist der warheit vnd der volkommenheit empfacht, vß der hitz der gotheit wirt er geborn vnd in der menscheit Christi als in dem moͤ r wirt er empfangen. Vnd der heilig geist wirt als ein materj, die do vßroͤ fft alle neigu͗ng der su͗ndliche natu͗r. Dises thier wachst zu der hitz der sonnen. Vnd ein itlicher volkomner wirt vffthon, so er ïst anzu͗nt mit dem feu͗r des heiligen geistes vnd nimpt zu͗ bis in das end. Dises thir wirt nit mït speis gefu͗ttert. Aber es hatt fast ein grossen schwantz, der altzit ist erfult mit hu͗ng. Disen su͗get es, vnd wirt also generet alle seine tag. Es hatt au͗ch ein guldin bartt. So es su͗get, so thoͤ net es sieß, vff das die suessigkeyt der stim. Vnd die froͤ dsamkeyt des gedoͤ ns mach froͤ lich sein hertz, | vnd die suessigkeyt des hüngs sol ersettigen vnd starckmachen seinen leip. Diser schwantz ist der toͤ d der heiligen, welchen sye, so er gezirt ist mit guten wercken vnd mit heiligen tugenden, wysiglich vnd froͤ lich alle weg von den ogen yres gemietz hond, vnd tragend doch gern vnd langwirig yren trüwen glou͗ben. Der guldin bart ist die liebin gotz, welche durchtringt das hertz des, der do liebhatt vnd vfferweckt in seinem gemiet ein su͗esses gedoͤ n.
326 | Lux divinitatis – Liber V, 1,27 – 2,28
Beatus homo, qui hec in hac uita uel semel meruerit experiri! [2.] De fuga sensibilium deleccionum – In eodem FL IV, 18, 28-65 Hoc animal naturali quadam delectacione ductum undas maris bibens (278,11–280,20) reficit inutilem sitim suam. Propter quod mortis periculum non euaderet, nisi euomeret, quas sorbuit amarissimas maris guttas. Nos quoque, qui carnis illecebris illecti, suasione dyaboli feces mundi glutiuimus, et 5 nosmetipsos intoxicauimus, mortem incurremus, nisi nosmetipsos abnegantes seculo abrenunciemus. Aures habet animal istud grandes, sursum erectas et patentes et concentum auium auscultantes. Fugit feras terribiles et timet terrestres serpentes. Sic anima deum diligens fugit societatem peruersam, odit fallacem astuciam, 10 apertas habens aures ad sanctorum scienciam. Hoc animal animo nobile in mari non remanet, dum animalia ad ludendum conueniunt, et aque (81ra) redundant et intumescunt. Amat pudiciciam scandens super altissimum, quem reperit, montem, eligensque arborem pulcherrimam; ipsam gaudioso labore conscendit, 15 summumque illius complectens uerticem cum magna delectacione in libertatis altitudine requiescit. Sic amanti deum anime amara est uanitas, fugitque uehementer huius mundi tempora, que pretereunt uelud aqua. Cognoscens autem, quod per uirtutum studia, bonorumque laborum exercicia conscenduntur montana celestia, conatur per graciam sine 20 difficultate ad clarissimam summe diuinitatis leticiam, cuius, complexam Ed. 589 celsitudinem eius, mereretur vicissim amplexibus honorari. | Hoc animal duobus acutissimis se tam sapienter tuetur cornibus, ut ab omni animali liberum pertranseat et illesum. Intelligis hoc, ut reor, prudens et deum amans anima: Repellis enim a te per dei sapienciam temptamenta 25 dyabolica, viuisque in sancta puritate ab omni peccato libera. Habet hoc animal duos claros humanos oculos, qui semper fluunt lacrimis desiderantes, quem conspexerunt, montem pulchritudinis. O anima delicati
Kap. 2: auch Ra 27 hec] hoc Ra 2,1 deleccionum] delectacionum Ra | eodem] eodem libro Ra 2 Hoc] c mit EZ üdZ Ra | ductum] ductu Ra 5 glutiuimus] deglutiuimus Ra 8 sursum erectas] erectas sursum Ra 10 peruersam] korr. aus peruersas Ra 12 Hoc … remanet] am rR MZ Rb | ludendum] schlecht lesbar: Wasserschaden oder auf Rasur geschrieben, korr. aus bibendum Rb, s. dazu Becker 1951, S. 32 und S. 64 17 requiescit] requiesc[er]it (?) Ra 20 conscenduntur] s mit EZ üdZ Rb 24 hoc] hec Ra 25 amans] diligens Ra
Das liecht der gotheit – Buch V, 1,32 – 2,31 | 327
Sellig ist der mensch, der sollichs gedoͤ n ding in disem leben ein mal verdient züerfaren!
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[2.] Von dem flihen der sinlichen wollusten Dis thier, vß naturlicher wollust, tringt das moͤ rwasser vnd erku͗elet seinen vnnützen durst. Darumb moͤ cht es nit entrinnen dem tod, es widerbrech oder vßdowet dan die allërbittersten meertropffen. Auch wir, die do verfu͗rt sein mit fleischlicher wollust vß rat des teu͗ffels, hond verschluckt die tru͗sn diser welt vnd hond vns selbst vorgifft. Wir wurden in todt loüffen, wo wir nit vns selber vorleügneten vnd der welt wolten abku͗nden. Dises | thier hat grosse au͗ren, die sind vbersich gereckt vnd stond vffen vnd clxij merckend vff das gesang der vogel. Es fluicht die gru͗senliche thier vnd flu͗icht die erdschlangen. Also ein seel, die gott libhatt, flu͗icht die verkerte gesellenschafft vnd hasset die tru͗genliche list vnd hatt offen au͗ren zu der kunst der heiligen. Dises thier, vß adellichem gemiet, blibt nit in dem moͤ r, so die andern thier kommen zu͗trincken vnd so die wasser widderfliessent vnd geschwellen. Es hatt lieb die kwscheit vnd stigt vff den hoͤ chsten berg, so es find, vnd vßerwelt ym ein schoͤ nsten bom, vnd klimpt vff yn mit froͤ licher arbeit, vnd vmbfacht den hoͤ chsten dolden dises bou͗ms, vnd ru͗wet also do in der hoͤ hin in dem wollust der fryheyt. Also einer seel, die gott libhat, ist bitter die ytelheit, vnd sy flu͗cht fast die zyt diser welt, die do zergont als das wasser. Aber wan sye erkent, das durch die vbu͗ng gu͗tter werck vnd durch vbung gu͗ter du͗genden man vffstigt in das himmelisch gebirg, dan so keret sye fleiß, an zukommen | durch die gnad zu der allerclaresten freud der gotheit, mit welcher vmbfangen sy verdient geeret werden, nach dem sye vmbfangen hat seine hoͤ hin. Dis thier beschirmet fast weislich sich mit zweien hoͤ rnern, vff das es vngeletzt gang vnd frey von allen thiren. Ich mein, du͗ vorstandest die ding wol, o seel, die du͗ gott libhast. Wan du͗ tribest von dir die dieffelische anfechtung durch die weisheit gottes, vnd du lebest frey von allen sunden in aller heiligkeyt. Diß thier hatt zwey clar menschlich ou͗gen, vß welchen alwegen flu͗ist das wasser der treher, so sye begeren den berg der schoͤ ni, den sye haben
2,1 der] die, korr. nach LD V, 2, 1
328 | Lux divinitatis – Liber V, 2,29 – 3,20
amoris, pulchri sunt oculi tue cognicionis, quibus intuita es speculum sine macula sempiternum candoris. Lacrime tue sunt in maxillis tuis. Libens 30 tamen sustines amaritudines huius maris. Hoc animal suauem mundamque linguam possidet, dentibusque carens morsibus non nocet, nec terret murmuribus. Sic homo iustus ore mundo loquitur sapienciam, et docet scienciam, linguaque a noxijs restricta conseruat disciplinam. Detraccionis uel alterius malicie non mordet 35 qui et si non crebro dentibus. Sed in consolacione non deest, sed semper adest merentibus. tam factis dictis illud Non habet, nisi contemptus dei et peccati, odium, que super omnia [...]cce de anb[...] et detestatur. cetera
FL IV, 18, 65[3.] De eodem Habet hoc animal os grande superius, et inferius diminutum. Os nostrum 101 (280,20-282,28) inmensa dei laus dilatat, ut cum omni creatura in omnibus factis nostris omni tempore ipsum collaudemus. Oris nostri pars inferior ad loquendum, prochdolor, prona est de terrenis. Ve autem eis ypocritis, qui sub ymagine 5 sanctitatis de bonis fidelium miserum corpus nutriunt; seque sic loquentes ostentant, ac si omnia in dei cognouerint ueritate! A quibus fidelis deus, veritatis cognitor et amator, dignetur custodire se simpliciter diligentes.
Veloces habet hoc animal pedes, voce caret; et est in se quietum. Et hoc habet proprium anima disciplinata, (81rb) ut in amoris celsitudine uelox permaneat et quieta. Ignobilis est huius animalis color, et aspectus despicabilis. Pallens enim est et marcidus. Ideoque pro presentis pulchritudinis defectu persecucionem agitacionis non patitur. At post mortem, cum alia putrescunt animalia, pellis eius nobiliter decoratur, crinesque eius tam mira pulchritudine uariantur, ut omnes magnati, quibus huius pellis copia con|ceditur, pre omnibus ornatibus quarumcumque pellium decorare studeant hac pellicula uestes suas. Perfectorum pax et mores eximij, utilisque doctrina, dum uiuunt, pro nichilo estimantur. Post mortem vero illorum, cum miseri angustijs premimur, utique illorum sanctitatem et doctrine fidelem
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Kap. 3: auch Ra 33 murmuribus] murmurribus, zweites r gestr. Ra 36 qui … cetera] vaH (schwer leserlich) Rb, fehlt Ra 3,2 Os … dilatat] am lR MZ Rb 5 qui] quo Ra 9 animal] vaH mit EZ am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 15 nobiliter decoratur] mirabiliter decoratur et nobiliter Ra 17 ornatibus … pellium] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL IV, 18, 79f. (282,1), Doppel-l beschnitten Rb 20 fidelem] lem vaH mit EZ am rR (korr. nach der lateinischen Vorlage?) Rb 29 speculum … candoris] vgl. Sap 7,26 30 Lacrime … tuis] Lam 1,2 33 ore … scienciam] vgl. Prv 2,6
Das liecht der gotheit – Buch V, 2,32 – 62 | 329
gesehen. O seel, einer lustigen liebin schoͤ n seind die ogen deiner erkantnu͗s, mit welchen du hast angesehen den spigel on mackel des ewigen schines. Die trehern sind in deinen backen. Dennocht so lidest du͗ 35 gern die bitterkeyt dises moͤ rs. Dises thier hatt ein su͗esse vnd reine zu͗ngen, vnd hatt kein zann, vnd letzet nit mit byssen, vnd erschrecket nit mit bru͗mmen, also ein gerechter mensch mit reïnem mu͗nd redet die wysheit vnd leret die ku͗nst; vnd mit ingezogener zu͗ngen von schedlichen dingen | behalt er die zu͗cht. Er bysset nit mit den clxiij 40 zenen der nachred oder einer andern bosheit. Aber er ist do in den trostüngen, vnd statt alweg by den weinenden. Er hatt kein haß dan allein der vorachtu͗ng gottes vnd der su͗nd, welchi zwey er vber alle andere vorwu͗rfft. 45 Dises thier hatt einen grossen mu͗nd oben, vnd vnden klein. Vnsern mu͗nd
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machet wyt das vnermesselich lob gottes, vff das wir mit allen creatu͗ren in allen vnsern wercken zu aller zyt yn lobend. Der nider teil vnsers mu͗nds ist schnel zu͗reden von den irdischen. Aber we dissen glißnern, welchi vnder der gestalt der heilligkeyt von den guttern der gloͤ bigen yren leip speisent, vnd sich selbs also mit reden ertzeigend, als ob sy alles erkennet haben in der warheit gottes! Vor welchen der trw gott, ein erkenner der warheit vnd ein liebhaber, well behu͗eten, die so yn gerecht liebhond. Dises thier hatt behend fu͗eß, vnd hatt kein stim, vnd ist in ym selbs ru͗ig. Vnd das hatt eigen ein zichtige seel, das sye schnel vnd ru͗ig bleib | in der hoͤ hin der liebin. Dye farb dises thiers ist vnadellich, vnd vorachtlich ist sein angesicht. Wan es ist bleich vnd mager. Vnd vmb den mangel der gegenwurtigen schoͤ ni lidet es nit veru͗olgu͗ng der vbu͗ng. Aber noch sinem tode, wan ander thier fu͗lend, so wirt sein hau͗t adellich geziret vnd seine haͤ r werden also mit wunderbarer schoͤ nj vormengt, das alle groß herren, dennen disser hu͗t folli zu͗tail wirt, sich fleissent zu͗ zyren mit disem hu͗tlin yre kleider. Deren, die volkommen sint, frid vnd gu͗t sitten vnd nu͗tzlich leer, alweil sye leben,
41 by] korr. aus bey 51 Vor] korr. aus Von 61 yre] üdZ für rot durchgestr. dise
330 | Lux divinitatis – Liber V, 3,21 – 4,8
ammonicionem recolimus: intra nosmetipsos confusi erubescimus, quod Sapientiae 5: Hij ipsorum familiaritati tam fuimus alieni. Efficitur ergo uita eorum decor sunt, quos aliquando eximius, quem pre oculis mentis nostre delectabiliter gestamus. Qui, dum habuimus in derisu in uita degerent, ignobilitatem et grauitatem laboris tamquam cuprum et cetera
25 exhorruimus, adeo, quod preciositate auri contingere uerebamur. Huius animalis caro diebus ieiuniorum et quadragesime comeditur. Nec Nota moritur, nisi maris inundacionibus et fluctibus obruatur. Totum sanctorum uite tempus ieiunium est. Semper enim abstinent, nec cibos edunt uetitos, sed tantum lege diuina concessos. Inundacio et fluctus inpacientis karitatis mortificat eos ab amore mundane uanitatis, ut in sola maneant requie 30 ueritatis. Tunc primum omnia eis in dei communicantur amore. Habetque amor eorum uirtutem ualidam ad laudandum creatorem in omnibus creaturis.
Animalis huius ossa sunt cuiusdam nobilis piscis, ex quibus fiunt clenodia, de quibus magnati et nobiles gloriantur. Quanta nobilitate corpus sacrum 35 plenum caritate et carens iniquitate polleat, in suis karissimis ostentat deus omnipotens, cum eorum uerissimis miraculis illustramur. Deus in sanctis suis multa nobis dona et beneficia largitus est. Pro quibus, si condignas graciarum acciones non referimus, eorum consorcio digni non erimus. Nomen huius animalis est ‘Totum Utile’. Beatus homo, qui meretur in 40 conspectu domini hoc nomine gloriari! | [4.] De bonitate religionis et quorumdam religiosorum prauitate – Ed. 591; FL V, 11 Quinta parte ij capitulum Nomen religionis uenerabile super omne nomen secularis glorie! Ihesus Christus in omne uita et moribus sue conuersacionis tam fideliter glorificauit te, adeo quod omne nomen magnorum, qui sunt in terris, 5 ueterasscet a gloria sua. Nomen (81va) vero religionis exaltabitur iuxta quod hic spiritualiter uiuitur, et bonis moribus humiliter sanctificatur. Vere, mirabiliter glorietur, et in sanctitate excellenter exaltabitur fratri Ihesu, et
Kap. 4: auch Ra und in einer heute verschollenen Handschrift, vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 1. 22 Sapientiae … cetera] vaH Rb, fehlt Ra 27 maris] malis Rb Ra, korr. nach FL IV, 18, 88 (282,12) Nota] vaH Rb, fehlt Ra 31 omnia eis] ei omnia Ra | eis] ei Rb Ra 32 eorum] eius Rb Ra 34 ex] mit EZ vaH üdZ Rb | fiunt … quibus] auf Rasur und teilw. in Fortführung der Zeile vaH am rR in Entsprechung zu FL IV, 18, 98 (282,24) Rb 4,1 De … prauitate] am rR MZ Rb 2 Quinta … capitulum] Capitulum 58m Ra 3 uenerabile] venerabile est Ra 3 – 5 Ihesus … adeo] am rR MZ Rb 6 iuxta] et iuxta, et mit EZ üdZ Ra 8 glorietur] sui gloriari Rb, singulariter Ra | in … conformibatur] am rR MZ Rb 22 Sapientiae … cetera] Sap 5,3 4,3 Nomen … nomen] vgl. Phil 2,9
Das liecht der gotheit – Buch V, 2,63 – 3,9 | 331
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werdent alles nichtzs geachtet. Aber nach yrem tod, so wir armen mit engsten getru͗ckt werden, dan so hinderdenckent wir yere heiligkeyt vnd tru͗we leer vnd warnu͗ng vnd bescheinend vns in vnß selbs, das wir so fremd gewesen sind yerer fru͗ntschafft. Darumb so wirt yr leben gemacht ein eerliche zierd, welche wir lustiglich tragen vor den ogen vnsers gemietzs. Das fleisch dises thiers wirt geessen an den fastentagen. Vnd es stirbt nit, es werde dan vberfallen mit boͤ sen gissen vnd flissen. Das gantz | leben der clxiiij heiligen ist ein faste, wan sye brechent ynen altzit abe vnd essent nit vorbottene speiß, sunder allein die, so inen vß dem gesetz gottes nachgelassen sind. Die giessung vnd flissung der vnru͗wigen liebin macht sye doͤ d von der liebin der weltlichen ytelheit, vff das sye allein blibent in der rw der warheit. Dan erst so werdent ynen mitgedeilt alle ding in der liebin gottes. Vnd sein liebin hatt ein starcke krafft zu loben den schopffer in allen geschoͤ pfften dingen. Die bain dises thirs sind eines adellichenn fischs, von welchem die grossen herren vnd die edlen thu͗nt glorieren. In was adellickeyt ein heiliger leip, der do voll ïst der liebin vnd leer ist der bosheit, schine in seinen libsten, antzeigt gott der vatter, so sye erleucht werdent mit yren allen waresten mirackel. Gott hat vns in seinen heiligen geben vil gab vnd gutheit. Wo wir vmb sye nit billiche dancksagung erbittendt, so werden wir nit wurdig sein yerer geselschafft. Der nam dises thiers ist ‘Gantz Nu͗tz’. Selig ist | der mensch, der do verdient in dem angesicht gottes in disem namen glorieren. [3.] Von der geistlichen gutheit vnd von etlicher geistlichen bosheit
O erlicher nam der geistlickeyt vber alle Namen der weltlichen glori! Jesus Christus hatt dich in allem seinem leben vnd in den sitten seines wandels also glorificirt, das alle namen der grossen vff der erde alt werden von yr 5 glorj. Aber der nam der geistlickeyt wu͗rt erhoͤ cht werden nach dem hie geistlich gelebet wu͗rt, vnd er wirt au͗ch mit gutten wercken demutiglich heilig gemacht werden. Warlich, diser wirt wu͗nderbarlich glorieren vnd wirt hoch erhoͤ cht in der heiligkeyt. Er wurt auch dem bruder Jesu vnd der schwester Maria glichgemacht werden, welchi zum ersten den namen der
81 vns] vnd, korr. nach LD V, 3, 38 3,2 Jesus Christus] rot unterstrichen 8 Jesu] rot unterstrichen 9 Maria] rot unterstrichen
332 | Lux divinitatis – Liber V, 4,9 – 36
sorori Marie conformibatur, qui primo religionis nomen in multa despeccione extrinsecus, et in uerissima sanctitate intrinsecus fidelissime 10 extulerunt. Sunt autem quidam religiosi, qui tantum sancti incessu tam profunda incuruacione extrinsecus se perornant, ut ueraciter estimari oportet, quod per Spiritum Sanctum regentem intrinsecus ista fiant. Non est autem hoc aliquando, sed fraudulenta temptacio, in qua homo cupit esse sine labore famosus, cum non sit in ore eius Spiritus Sanctus, sed fallax et 15 dolosus. Huius rei experimentum sic accipe: Fit enim apud domesticos crudelis ursus et fremens leo, inter quos deberet esse agnus mansuetudinis, et columba virtutis et simplicitatis. Et est uita talium coram deo et hominibus fallax officium, et coram familiaribus nociuum et perniciosum mendacium. 20 Ve tibi infelix auaricia, ualde te odit anima mea! Nam tollis a karissimis meis internam dei dulcedinem et externam cum proximis societatem amabilem, que ipsos preparare, et in lectum sponsi debuerant introducere. Has sic induras intrinsecus, et impias reddis extrinsecus, quod religionis uerba, que audiunt, mox despiciunt et peruertunt, eisque sancti spiritualia 25 dicere non presumunt. Oportet te, soror dilecta, sensus habere compositos, ut bone uoluntatis efficiatur cor tuum et, ut capere ualeat influentem graciam. Si sine consilio Nota et necessitate sustentacionem corporis tui dilataueris, altitudine diuini | Ed. 592 sensus, profunditateque fluentis dei dulcedinis particeps nunquam eris. 30 Magna enim uerecundia et indisciplina reputatur, et est confusio, quod sponsa regia uoluntarie uolutatur in luto. Oracio preparatoria Eya soror, cum ex debito orare debueris, prebe cor tuum totaliter deo et dic: ad attentam “Domine Ihesu Christe, hec hora tui solius deputatur seruicio; et ecclesie oracionem
tue; et peccatorum, et in purgatorij detentorum instituta est consolacio. 35 Omnem cordis mei uirtutem offero tibi hodie, ut tu, domine, ad gloriam
9 sorori] sorore Rb Ra 11 tantum] tantam Rb, tam Ra, korr. nach LG V, 3, 11f. und entsprechend einem Vorschlag von Becker 1951, S. 80 | sancti] in oracione sine Ra 12 perornant] perorant Rb 14 aliquando] aliqua Ra | sed] vera sanctitas sed Ra | sed … temptacio] lies (in Anlehnung an FL V, 11, 15): fraudulenta temptacio oder (in Anlehnung an LG V, 3, 15): sed est aliquando fraudulenta temptacio, s. dazu Becker 1951, S. 80f. | in] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG V, 3, 15 18 et hominibus] fehlt Ra 25 que audiunt] mit EZ am lR Ra 27 Oportet] Platz für Majuskel vorhanden Rb, Oportet, davor PZ, aber kein n. Abs. Ra 29 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 32 regia] regis Ra 33 Eya] am lR: Nota Ra Oracio … oracionem] vaH am lR Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL V, 11, 34 (342,28) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 226 18 columba … simplicitatis] vgl. Mt 10,16
Das liecht der gotheit – Buch V, 3,10 – 41 | 333
10 geistlickeyt - von vssen in vil vorachtung, von innen in vil heiligkeyt -
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trwlich hond erhoͤ cht. Aber es sind etlich geistlich, welchi allein erschinent heilig in yrem gon; welche von vssen sich mit solcher dieffe biegu͗ng zierent, das man warlich mu͗ß | achten, das solchs von innen durch den clxv regirenden heiligen geist beschee. Aber es ist ettman nit also, sunder es ist ettman ein tru͗genliche anfechtu͗ng, in welcher ein mensch begeret ein ru͗m on die arbeyt, so doch in seinem mu͗nd nit ist der heilig geist, sunder der vntrw vnd trügenlich geist. Diser sach erfaru͗ng nym also: wan bey den eehalten wirt er ein greysenlicher beer vnd ein wu͗tender lew, vnder welchen er solt sein, ein lam der senffmutigkayt vnd ein tau͗b der tu͗gent vnd der einfaltigkeyt. Vnd das leben solcher ist vor gott vnd vor den menschen ein trüglichs ampt, vnd ist vor den freu͗nden schedlich vnd ein schantliche lu͗gen. We dir, o vnselige geitigkeyt, mein seel hasset dich fast! Wan du͗ nimst hin weg von meinen libsten freunden die innere su͗esse vnd die vssere libliche gesellenschaft mit den nechsten, welche sye solten bereiten vnd hinfu͗ren in das betlin des gespons. Dise machst du also vorhertet von innen vnd machest sye von vssen also boͤ ß, das sy verachtent die wort der geistlickeyt, | so bald sye sye hoͤ rent; vnd das die heiligen nit vnderstandent, zu͗ ynen geistliche ding zu͗reden. Liebe schwester, du͗ must haben zïchtig sinn, vff das dein hertz werd eines guten willens. Du͗ must au͗ch hon ein vßgespreite seel, vff das sy mog empfaen die einfliessende gnad. Wurstu͗ on not vnd ratt die vffenthaltung deines leibs vßspreiten, so wurstu͗ nymmer teilhafftig der hoͤ hin des gottlichen sinns vnd der tieffe der fliessende sussigkeyt gottes. Wan es ist ein grosse scham vnd vnzu͗cht vnd wu͗rt auch geachtet ein schand, das ein gespons des ku͗nigs williglich sich weltzet in dem katt. Eya schwester, so du͗ solt vß verphlichtung betten, beu͗t gott gantz din hertz vnd sprich: “Herr Jesu Christe, dise stund wirt alleïn zu deinem dienst geordnet vnd ist vffgesetzet zu͗ einem trost deiner kirchen den sundern vnd denen, so in dem kercker des fegfeu͗rs sind behalten. Alle krafft meines hertzens vffopffer ich dir hu͗it, vff das du͗, o herr, zu deiner glorj nach
18 vnder] ergänzt nach LD V, 4, 17 29 zu͗reden] zu͗leben, am lR steht ohne EZ vlatH: reden, vgl. LD V, 4, 26 38 Jesu Christe] rot unterstrichen
334 | Lux divinitatis – Liber V, 4,37 – 5,9
tuam secundum desiderium meum eis suffragari digneris. Et concede michi, ut te ueraciter cognoscam. Tunc primum pie utiliter anima mea conturbabitur ad meipsam.” Cum autem ad (81vb) opus accedere debueris, signa te signo crvcis et dic: 40 “Domine, hec hora tua est et mea. Auxiliare michi, Ihesu benigne, ut animam et sensus meos sic in te infigam et inuoluam, ne auaricie absorbeat me profundum!” Solet enim animas industrias inuadere et temptare. Quod, si sapienciam, que desursum est, inueneris: nulla te prauitas uel malicia decipiet uel subuertet. Nam in gracia, que a deo fluit in corda ad ipsam 45 suspirancia, inuenitur ueritas et discrecio agendorum. Facile coram hominibus imago bonitatis assumitur. Que, si defuerit, serpencium uirus mortalibus propinatur. Purifica cor tuum interius, et non te ostentes exterius! Tunc eris cum deo familiarius.
FL V, 13 [5.] De uirtute oracionis – Quinta parte lj capitulum Oracio, que ex tota uirtute cordis promitur, coram deo magni ponderis estimatur. Nempe cor amarum dulcificat, triste letificat, egenum ditat, stultum informat, pauidum confortat, fragilem fortificat, cecum illuminat, frigidum accendit. Deum altissimum trahit in cor parui summum. 5 Famelicam mentem eleuat ad deum, uiuum fontem. Coniungit duos karissimos, deum et animam, in loco amenissimo, vbi inter eos multa est de amore collacio. Ve michi infelici, | quod ibi non licet michi mori, vt mea ibi Ed. 593 iugiter anima remaneret, et corpus meum temporalem uitam hic finiret!
Kap. 5: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 8f. (vt – finiret) 41 Domine hec] Hec Ra 42 animam] animam meam Ra | inuoluam] inuoluam me Ra 45 subuertet] sabuertet Ra 46 Facile] Et facile Ra 47 serpencium] Serpenti, danach hochgestelltes m (für Serpentium?) oder in (s.u.), Ra | uirus] davor n[on] radiert Rb 48 Purifica] Purifica ergo Ra | et] danach ne radiert Rb 49 eris] fehlt Rb, eis Ra, ergänzt nach LG V, 3, 56 5,1 De … capitulum] am rR MZ Rb | Quinta … capitulum] fehlt Ra 5,6 uiuum fontem] vgl. Ps 35,9 und 41,3; Ier 2,13 8 mea … remaneret] vgl. I Sm 1,23
Das liecht der gotheit – Buch V, 3,42 – 4,11 | 335
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meiner begird | ynen lassest zuhulff kommen. Vnd verleich mir das, das ich clxvj dich warlich erkenne. Dan erst so wu͗rt gietiglich vnd nu͗tzlich mein seel zu͗ mir selber betru͗bt werden.” Aber so du solt gon zum werck, so zeichne dich mit dem zeichen des creu͗tzes vnd sprich: “Herr, dise stu͗nd ist deïn vnd mein. Hilff mir, du gu͗etigster Jesu das ich also meine sinn in dich moge hefften vnd in weltzen, vff das du͗ mich nit verschlu͗ck die dieffe der geitzigkeyt!” Wan sye gewon, an loffen die listigen seelen vnd sye zu͗versu͗chen. Wirstu͗ finden die weisheit, welchi von oben abherkompt, so wu͗rt dich keïn bosheit oder schalckheit betrigen oder vorkeren. Wan die meisterin, die do von gott flu͗ist in die hertzen deren, so yr begerent, wirt gefunden die warheit vnd die bescheidenheit deren ding, so man wu͗rcken soll. Leichtiglich wirt vor den menschen angenommen die gestalt der gu͗theit. Welche, ist sye nit da, so wurt den menschen geschenckt ein schlangen gifft. Darumb so reinige dein | hertz von innen vnd ertzeig dich nit von vssen! Dan so wurstu͗ gott fruntlicher voreinigt.
[4.] Von der krafft des betts Ein gebett, das do vßgatt von gantzer krafft des hertzens, wirt vor gott groß geachtet. Fu͗rwar, es machet sieß ein bitter hertz, machet froͤ lich das tru͗rig; den armen machet es rich. Es vnderwist den toren vnd sterckt den 5 forchtsamen. Es machet starck den bloͤ den, erleu͗cht den blinden, anzu͗nt den kalten. Den hoͤ chsten gott zu͗icht es in das kleinst hertz. Es vfferhept zu͗ gott den lebendigen bru͗nnen des hüngerigen gemietz. Es vereiniget zwen allerlibsten: gott vnd die seel in der allerlustigen statt, do zwu͗schen ynen ist vil gesprech von der liebin. We mir vnsellige, das mir nit zimpt do 10 sterben, vff das min seel alwegen do blibt vnd mein leip hie endet das zytlich leben!
47 Jesu] rot unterstrichen 57 voreinigt] r wg. Fleck nicht lesbar
336 | Lux divinitatis – Liber V, 6,1 – 29
[6.] Tres pueros debet habere amans deum, pro quibus orare debet assidue. Nota de Iob – Quinta parte 8 capitulum Nvllus scire potest, que uel quanta sit consolacionis dulcedo, pene amaritudo, desiderij delacio, nisi hoc experiatur in semetipso. Ego quero auxilium, quia sustineo merorem continuum. Tres habeo filios, quos, prochdolor, cum gemitu intueor languidos et miseros. Primus est peccatorum multitudo, qui iacent eterna morte soporati, spem uite non habentes, preterquam, quod corporaliter sunt uiuentes. Ve michi! Hunc filium respicio corde sanguineo et lacrimantibus oculis. In vlnis anime mee susceptum ad pedes patris sui, per quem ipsum genui, defero. Ipsumque supplex rogo, ut sicut Lazarum potenter excitauit de monumento, sic istum clementer suscitet a peccato. Ad hec respondit dominus: “Huius filij infirmitatem curabo. Si recidiuum mortis cauere studuerit, non consenciens peccato, erit michi semper similis in speciositate, in generositate, in diuiciarum quantitate, circumdatus et infusus uoluptate (82ra) in sempiterna eternitate. Surge, dilecte fili, quia de morte reuixisti! Liberum, quod tibi tribui, uoluntatis arbitrium tibi nunquam auferam. Quia secundum hoc ponderabitur in celis tue retribucionis premium.” Ve, adhuc iacet tacens mortuus proprie uoluntatis amicus et socius!
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Alter, quem defleo, anime sunt afflicte in purgatorio, quibus mei cordis in potum propino sanguinem, deprecacionem ad deum pro ipsis fundens supplicem. Cum uarias eorum angustias et sitim amarissimam, quas pro singulis paciuntur delictis, intueor, materna pietate moueor et in intimis meis crvcior. Veruntamen in hoc gaudeo, quod penas suas tollerant dantes 25 laudem deo. Cum multa ferunt paciencia, quia patet eis sua negligencia. Sustinent penas cum disciplina sapienter, inbibuntque angustias et sorbent molestias uehementer. Pro cura et salute huius filij optinenda materna fidelitas suffragari debet indefessa.
Kap. 6: auch Ra 6,1 Tres … Iob] vaH (ohne EZ) am uR entsprechend der Überschrift von FL V, 8 Rb, fehlt Ra 2 Quinta … capitulum] am rR MZ Rb, In eodem libro Ra 4 hoc] hic Ra 10 quem] quam Rb 11 rogo] o rogo, erstes o gestr. Ra 23 Cum] C korr. aus T Ra 24 intimis] erstes i korr. aus t Ra 6,11 sicut … peccato] vgl. Io 12,17 14 non … peccato] vgl. Tb 4,7
Das liecht der gotheit – Buch V, 4,12 – 42 | 337
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Keiner mag wissen, was vnd wie groß sey die sussigkeyt des trosts, die bitterkeyt der pein, der vffzu͗g der begirde, es erfare dan sollichs ettmar in clxvij ym selbs. Ich | su͗ch hulff, wan ich lide stete tru͗rigkeyt. Ich hab dry suͦ n, welche ich leider ansich mit ersu͗ffzen siech vnd arm. Der erst ist die fili der su͗nder, die do ligent entschlaffen mit dem ewigen tod, die do nit hond ein hoffnu͗ng des lebens, dan allein, das sye leiplich lebent. Wee mir! Disen suͦ n sich ich an mit blutigem hertzen vnd mit weinenden ogen. An den armen meiner seel trag ich yn fur die fu͗eß seines vatters, du͗rch welchen ich yn hon geboren. Vnd ich bitt yn andechtig, das er, glich als er hat gewaltiglich Lazarüm vom grab vfferweckt, also well er gnedïglich disen suͦ n vfferwecken von der su͗nd. Darzu gab antwu͗rt der herr: “Die kranckheit dises suͦ ns wil ich gesunt machen, so ferr er hab fleiß, sich zühu͗eten vom widerfall in den tod vnd verwillige sich nit inn die sünd. Vnd er wirt mir alweg glich sein in der schoͤ ni, in der adellickeyt, in der grossi der richthu͗mb, vmbgegeben vnd ingegossen mit wollu͗st in der ewige freu͗d. Stand vf, du͗ lieber suͦ n, wan du͗ bist wider | lebendig worden von dem dod. Ich wird von dir nymmer nemen deinen freyen willen, den ich dir hon gegeben. Wan nach ym wirt gewegen der loͤ n deiner vorgeltu͗ng in dem himmel.” Wee, er ligt noch stilschwigent toͤ d als ein freu͗nd vnd gesell seines eigen willens! Der ander suͦ n, den ich klag mit weinen, sind die seelen in dem fegfeu͗r, denen ich schenck zu͗ einem tranck, das blut meines hertzens, vnd thu͗ fu͗r sye ein demu͗tigs bett zu͗ gott. Wan ich ansich yr manigfaltigste angst vnd den bittersten du͗rst, welchen sye lident vmb alle yre su͗nden: so wu͗rd ich bewegt mit mutterlicher gu͗etigkeyt, vnd ich wirt gepiniget in meinen innern glidern. Aber doch, in dem erfraw ich mich, das sy lident yre pein vnd lobend darzu͗ gott. Sy lident sy mit vil gedu͗lt, wan ynen ist wissen yr vorsu͗mnu͗s. Sy lident die pein weislich mit zu͗cht vnd trinckent vnd su͗pfent in sich fast die engst vnd kommer. Aber zu erlangenn gesüntheit vnd heil disem suͦ n, sol hulffthu͗n die mu͗tterlich | vnd vnerlegne trw. clxviij
4,40 su͗pfent] su͗psent
338 | Lux divinitatis – Liber V, 6,30 – 8,6
Tercius filius est inperfecti religiosi. Cum omnes infirmos | meos filios Ed. 594 aspicio, pro nullo tantum crvcior, quantum pro hoc solo. Quia exterioribus sensibus deditus et temporalibus occupatus, sic a celestibus diuiditur et a generosa consuetudine elongatur, quod dulci familiaritate dei, qua specialiter dotatus fuerat, spoliatur. Deinde adeo peruersi fiunt, quod nullis sermonibus superantur. Reprehendunt deuocionem, diuinam 35 calumpniantur dulcedinem, et maliciose, que uiderunt et audierunt, obseruant et irrident. Apparent exterius sapientes, cum sint intrinsecus insipientes. Hic filius magis difficulter curatur et mortem euadit. Primo enim contenciosam pertinanciam incurrit, deinde accidiam, et uanam spem. Post hec in desperacionem labitur et tandem omnis gracie expers 40 efficitur. Tunc miser per omnem uitam suam conuersacione stat lamentabili, et ad extrema mortis fine uergit inutili. Sicque uenit in dubium, quale de ipso fiat iudicium. FL III, 6 [7.] De bono laborare – Tercia parte capitulum Qvi deum sequi desiderat, fideliter in labore stet non pigritando. Sed seipsum prouocet meditando. Recordetur, qualis fuerit in peccatis, qualis nunc sit in uirtutibus, et qualis futurus sit, nisi caueat in lapsibus. Laudet, 5 oret diebus ac noctibus.
Cum fidelis sponsa a sompno emerserit, cogitat de dilecto, quem, si habere nequiuerit, lacrimis se consolatur et perfundit. O quam frequenter sponsis spiritualibus et religiosis (82rb) mentibus hoc contingit! [8.] De septem uirtutibus spiritualiter in extremo mundi necessariis – FL V, 22 Quinta parte 22 capitulum Nobilissimum sensuum gaudium, et sanctissima pax cordium, et gratissimus incessus morum ex hoc prouenit: si homo uerax et non fictus in omnibus uiis suis inuenitur. Hinc locutus est dominus, et docuit me ea, que 5 omnes cum Christo iudicaturi in nouissimo debent habere. Qui hijs septem
Kap. 7: auch Ra Kap. 8: auch Ra 31 tantum] tamen Rb 36 calumpniantur] columpniantur Rb, calumpniatur Ra 38 magis difficulter] vaH im freigelassenen Raum nachgetragen Rb 41 suam] fehlt Ra 42 lamentabili] ludili (?) lamentabili, ludili (?) gestr. Ra 7,1 laborare] labore Ra | Tercia … capitulum] fehlt Ra 4 nisi] mit EZ am rR Ra 8,1 spiritualiter … necessariis] vaH (ohne EZ) am oR entsprechend der Überschrift von FL V, 22 oder in Anlehnung an FL V, 22, 6f. (358,15) Rb, fehlt Ra 2 Quinta … capitulum] fehlt Ra 4 prouenit] peruenit Rb
Das liecht der gotheit – Buch V, 4,43 – 6,5 | 339
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55 [CLXVIIIv]
Der dryt suͦ n seint die vnuolkomnen geistlichen. Wan ich alle mein krancken suͦ n ansich, so hon ich doch fu͗r kein also vil pein als vmb disen allein. Wan er gibt sich vff die vssern sinn vnd bekümmert sich bey den zytlichen dingen, mit welchen er also ferre wirt von der adelliche gewonheit abgescheiden, das er beraupt wu͗rt der su͗esse fruntschafft gottes, mit welcher er sunderlichen was geziert. Darnach werden sye also vorkert, das sy mit keinem reden vberwünden werden. Sye straffen die andacht, sye schelten die gotliche su͗essigkayt, vnd, was sy hoͤ ren oder sehen, das merckent sye boͤ ßlich vnd vorspottent es. Vnd von vssen erscheinen sye weis, wiewol sye von innen sind vnwyß. Diser suͦ n wirt ku͗m heilgemacht vnd entrinnet ku͗m dem tode. Wan zum ersten falt er in einen krygischen freu͗el, darnach falt er in die vorzwyfelung vnd zum letsten wïrt er gemacht leer aller gnaden. Dan, so statt diser armer du͗rch alle sein leben in ellender wandelu͗ng | vnd wendet sich zu den letsten zyten des todes mit vnnu͗tzem end. Vnd also kompt es in einen zweyfel, was vrteil vber yn werd kommen.
[5.] Vonn gutter vbüng Ein mensch, der do begert gott nachzüuolgen, der soll trwlich ston in der arbeit, nit mit verdru͗ß. Sunder er sol sich selbs reitzen mit betrachten. Er sey ingedenck, wer er gewesen sey in den sunden, vnd wer er nu͗n sey in 5 den tu͗genden, vnd wer er noch moͤ g werden. Er behu͗et sich dan vor den fallen. Er soll loben vnd betten tag vnd nacht. Wan die getrw gespons vom schlaff erwachet, so gedenckt sye an yren lieben, vnd mag sye yn nit han, so troͤ st sye sich mit trehern. O, wie offt beschicht solchs den geistlichen vnd andechtigen gesponsen! [6.] Von sijbenn tugendenn Die edeliste freu͗d der sinnen, der heiligst frid der hertzen vnd der angenemst gang der sitten kompt dau͗on: So ein mensch in allen seinen sachen warhafftig vnd nit falsch gefu͗nden wirt. Darnach redet | der herr vnd clxix 5 leret mich, was do haben mu͗ssen alle, die so mit Christo vrteilen werdent
340 | Lux divinitatis – Liber V, 8,7 – 35
caruerit tamquam | empticius in iudicio astabit, quia, qui se hic contra Ed. 595 ueritatem dei astuto mendacio erigunt, uirtutes istas uendunt. Primum est iusticia in presencia. Hoc sic est intelligendum, si uideo, quod amicus meus inimicis dei et meis iniurias infert, amicum meum debeo 10 fideliter corripere, et inimicum amanter adiuuare. Secundum est misericordia in necessitate. Glosa: ‘Si uideo amicum meum et inimicum meum in necessitate simili constitutos, consilium et auxilium inpendere debeo par utrique.’ Tercium est fidelitas in societate. Socium arguere non debeo, nisi pro 15 peccato, de quo non egit penitenciam coram deo. Quartum est adiutorium in familiaritate. Glosa: ‘Querat homo, vbi sint exules, infirmi et captiui; consolans eos verbis, interroget occulte de eorum periculis, ut eis ualeat subuenire.’ O, quod sine suspirijs et lacrimis et misericordia exul infirmus preteritur! Quod minime religiosis competit, 20 quoniam a deo elongat, quod mox eius familiaritate priuantur suam in hac parte sentenciam ignorantes. Quintum est, quod homo in tribulacionibus obmutescat. Glosa: ‘Homo uerba tumida, que ex superbia cordis consurgunt et iracundia, non proferat. Tunc enim apud domini ineffabilem graciam promeretur.’ 25 Sextum est, ut sit homo plenus ueritate. Qui tunc plenus ueritate dicitur, cum nulla mortalis criminis consciencia recordetur. Gaudetque, quod cordis eius inspector deus est, nec, si uideretur ab hominibus, uerecundiam sustineret. Septimum est mendacij detestacio. Glosa: ‘Mendacium debemus in omni 30 homine reprehendere, nec hec in nobismetipsis debemus aliquatenus occultare.’ In hijs septem debemus exerceri, et ea perficere contra carnalis sapiencie uoluptatem. Nisi enim carnalis sensualitas edometur, non possumus hec spiritualia adinplere. 35
7 tamquam] taquam Rb 9 est intelligendum] vaH in Fortführung der Zeile am rR in Entsprechung zu FL V, 22, 11 (358,20f.) Rb, zu der Stelle s. Neumann 1993, S. 93 14 inpendere debeo] debeo impendere Ra 15 Tercium … societate] am rR MZ Rb 18 et] fehlt Ra 25 Tunc] tu[n]c, c vaH üdZ Rb | domini] deum Ra 26 plenus2] plenius Rb 28 nec … sustineret] am rR MZ Rb 31 nobismetipsis] letztes i vaH nachgetragen Rb 33 perficere] korr. aus p[ro]ficere Ra 34 hec] hic Ra 24 ex … cordis] vgl. Ier 49,16; Abd 1,3
Das liecht der gotheit – Buch V, 6,6 – 37 | 341
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an dem letsten tag. Welcher mangeln wu͗rt diser suben stu͗ck, der wirt als ein erkou͗fften in dem vrteil byston; wann, welchi sich hie wider die warheit mit listïger lu͗gin vffrichtent, die verkou͗ffent dise tu͗gende. Das erst ist die gerechtigkayt in disem leben. Sich ich, das mein fru͗ind vnbillichs thu͗t den finden gottes vnd meinen, so soll ich meinen fründ trwlich straffen vnd dem find lieblich helffen. Das ander ist die barmherzigkayt in der nott. Sich ich mein fru͗nd vnd mein find gestelt in glicher nott, so soll ich yn beiden gliche hulff vnd ratt ertzeigen. Das dryt ist trw in der gesellenschafft. Ich sol meinen gesellen nit straffen dan vmb ein su͗nd, vber welche er vor gott nit hab bu͗ß gewu͗rckt. Das fierd die hu͗lff in der fruntschafft. Ein mensch soll frogen, wo do sint die ellende krancken vnd die gefangen, vnd soll sye troͤ sten mit | worten. Er soll auch heimlich fragen, in was geferlickeyt sy seint, vff das er moͤ g ynen helffen. O, das manger ellender vnd kranck wirt versau͗mpt on ersuffzen, on traͤ hern, on erbermd! Vnd das gehoͤ rt nit zu͗ den geistlichen, wan es macht wyt von gott also, das sye bald beraupt werden seiner fru͗ntschafft, so sye an disem ort nit wissen das vrteil gottes. Das funfft ist, das ein mensch vorstu͗mme in den tru͗bsaligkeyten. Ein mensch sol nit vssprechen stoltze wort, welche vffgond vß der hoffart des hertzens oder vß zornmietigkeyt. Wan da haͤ r vordient er ein vnvssprechliche gnad for gott. Das sechst ist, das der mensch vol sey der warheit. Welcher dan wirt gesprochen, das er vol sy der warheit, so er keiner doͤ tlichen sünd ist ingedenck in seiner gewißne, vnd er freu͗t sich, das gott ist ein anseher seines hertzens; vnd ob er schon wirt gesehen von den menschen: so lidet er doch kein schamroͤ ti. Das su͗bent ist haß der lu͗gin. Wir sollen straffen die lu͗gin in allen clxx menschen. Wir sollent au͗ch es in | vns selbs in keinen weg vorbergen.
35 In disen vij stucken sollent wir vns vben vnd sye volbringen wider die
wollust der fleischliche weisheyt. Wan, es sey dan das gezemet werde der fleischlich sinn, so mogen wir dise geistliche ding nit erfüllen.
6,9 Das erst] rot unterstrichen 12 Das ander] rot unterstrichen 15 Das dryt] rot unterstrichen 17 Das fierd] rot unterstrichen 24 Das funfft] rot unterstrichen 28 Das … sechst] rot unterstrichen | Welcher] korr. aus welchen 34 sollent] o wg. Fleck schlecht lesbar
342 | Lux divinitatis – Liber V, 8,36 – 9,17
Attamen anime nostre nobilitas salutaris nobis consilia suggerit. Licet carnis infirmitas negligat pietatis | opera, et remurmurans contradicat. Cum Ed. 596 recordati fuerimus, quam dulciter et sapienter et letanter ore suo benedicto creauit animam nostram spiritaliter, sensus prvdenter, corpus utiliter: merito erubescimus de prauis moribus foris, et intus de (82va) infidelitate 40 cordis. De sensibus nichilominus non inmerito confundimur, quod dona dei sic uane gerimus, quod tam modicum fructum ad fontem referimus, vnde omnia effluxerunt. Ad locum debitum uoluntas recta perducit omnia, licet mores corporis non permittant.
24 interius et exterius. Quod enim in his homo velit et possit et sciat ex corde laudare deum et cum gaudio gratiam age et desiderio se in altum erigere et opere inplere
[9.] De spirituali paupertate vtili – Quinta parte 9 capitulum FL V, 25 Vnum est in uirtutibus nobilissimum, et coram deo splendidissimum, et in hoc mundo cunctis, que homo possidet, acquirendum. Et huius rei in celestibus mencio non habetur. Hoc est, ut homo in paupertate, in contemptu, in exilio, in infirmitate velit, sciat, et possit ex corde benedicere, 5 cum gaudio gracias agere, desideria sursum erigere, et operibus collaudare. Superest, quod grauius est: ut in religiosa ac spirituali paupertate, in coactione obediencie, in multiplici mentis et corporis amaritudine deo laus, quemadmodum prediximus, exsoluatur. Hec in celesti patria hominem superexaltant, et honore dignum faciunt ampliore. Preeminent enim alijs in 10 laudacione, in dileccione, in claritate, in gaudio, in deliciis, in decore, in diuicijs, in fruicione beatitudinis vel trinitatis sempiterne.
Deus meus, interrogo te: “Quomodo sapit tibi laus et graciarum accio, quam tibi turbatus homo offert sine omni deuocionis dulcedine?” Item 7 natura Audi, quid nunc dicat: “Ascendit sursum cum potencia, cuius honor 15 magnus est; et multiplicatur, cui cedit omne, quod est, donec perueniat in locum sanctum dei, vbi mirabilia operatur. Transit enim speculando tres Nota
Kap. 9: auch Ra 36 nostre nobilitas] nobilitas nostre mit VZ Rb | salutaris] salutaris i (i gestr.) Rb 44 permittant] permittat Rb Ra 9,1 Quinta … capitulum] fehlt Ra 2 interius … inplere] vaH (ohne EZ) am oR in Entsprechung zu FL V, 25, 8–10 (384,9–12) Rb, fehlt Ra 4 ut] t vaH (?) üdZ, anschließend Rasur (?) Rb 7 quod … est] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL V, 25, 7 (384,8) Rb | in2] Dittographie, erstes in gestr. Rb 8 amaritudine] vaH mit EZ am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 10 Preeminent] preminent Rb Ra 12 vel trinitatis] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL V, 25 16 (384,19f.) Rb 13 Nota] vaH (bezogen auf Hec in celesti patria) Rb, fehlt Ra 14 offert … dulcedine] sine omni deuocionis dulcedine offert, offert mit EZ am rR Ra 15 Item … natura] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL V, 25, 10 (384,7f.) | quid] qui Rb 16 est1] vaH mit EZ am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb | in] üdZ für nicht getilgtes ad Ra | in locum] ad locum, in über ad Ra
Das liecht der gotheit – Buch V, 6,38 – 7,20 | 343
Aber dennocht: die adellickeyt vnser seel gibt vns in heilsam rett, wiewol die fleischlich bloͤ digkeyt fersümpt die werck der gu͗etigkayt vnd ynen mit 40 mu͗rmeln widerspricht. So wir hinderdenckent, wie su͗essiglich, wie weislich, wie froͤ lich er vns mit seinem gesegnetem mūnd erschaffen hatt vnser seel geistlich. vnser seel klu͗glich, vnsern leip nu͗tzglich: so beschement wir vns billich von vnsern vorkerten sitten von vssen vnd von innen von der vngloͤ blickeyt des hertzens. Vnd nit vnbillich werden wir 45 beschemt von den sinnen, das wir die gaben gottes so vnnu͗tzlich tragent, [CLXXv] das wir so wenig fru͗cht zu͗ dem bronnen | bringent, do haͤ r alle ding vßgeflossen sind. Der gerecht wille fuͦ rt alle ding zu͗ yren billichen stetten, wie wol das nit zu͗lassen die sitten des leibs.
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[7.] Von der geistliche vnd nütze armut Eins ist in den tu͗genden das aller adlest vnd vor gott das aller schinbarest vnd fir alle ding, so ein mensch in diser welt besitzt, vberzekomment. Aber dißes dings ist kein acht in den himmelischen. Das ist, das der mensch in armu͗t, in vorachtu͗ng, im ellend, in der kranckheit welle vnd wisse vnd moͤ g vß seinem hertzen gott gebenedeien vnd mit froͤ den dancksagen, seine begird vbersich erheben vnd mit wercken gott loben. Noch ist do, das do schwerer ist: das in der geistlickeyt vnd in der geistlichen armu͗t, in der gezwu͗ngene gehorsamkeyt, in vil tru͗bsal des leibs vnd des gemietzs gott werde lobgesagt, als wir vor geredet hond. Diese ding erhoͤ hent fast einen menschen in dem himmelischen vatterland vnd machent yn wurdig grosserer eer. Wan sye vbertreffend die andern | in der lobu͗ng, im iu͗bel clxxj gesang, in der liebin, in der clarheit, in froͤ d, in wollu͗sten, in der zierd, in der wollust, in richtu͗mb, in der niessu͗ng der ewigen saͤ ligkeyt. O mein gott, ich frage dich: “Wie gefalt dir das lob vnd dancksagu͗ng, welche dir vffopffert der betru͗bt mensch on alle sŭessigkait der andacht?” Hoͤ r was er nu͗n sprech: “Diser vffstigt mit gewalt; sein eer ist groß vnd wirt vil sein. Im wicht alles, das do ist, also lang, bis er ku͗m in die heilige statt gottes, do er wu͗rcket wu͗nder. Wan er gatt im specu͗liren der try personen, vnd mit anrieren reitzet er, vnd machet wollust haben in der liebin dye
344 | Lux divinitatis – Liber V, 9,18 – 10,16
personas et tangendo. Et concitat, facitque | in amore delectari Ed. 597 sanctissimam trinitatem. Eam vero, qua tunc fruor suauitate, anima seipsa percipit, cui plene familiaris esse, nequeo, nisi uelit uacans et nuda in meis 20 reponi brachijs, vbi eidem alludens diuinitus. Propter hoc quippe paruulus factus pauper, nudus et despectus; et postremo mortuus eius me tradidi uoluntati, ut uelit proxima et dilectissima compar et socia michi esse. Et erit sicut piscis in mari, et in aqua natans anima eius, et corpus in trinitate absorta, eiusque dulcedine ebria et copiosissime saciata. Vbi tunc dolor et 25 miseria, quam pro me et propter me est perpessa?” Hec est dulcis consolacio dextere excelsi.
2 Cor: fidelis deus qui non patietur vos etc. Iob: habet fiduciam quod iordanis influat
FL V, 29 [10.] De insidijs de inimicis – Quinta parte 28 capitulum Qvi rite se secundum attraccionem domini et cognicionem, quam habet, regeret, delicias maximas, que in cor hominis non ascendunt, et illustraciones, quas non uidet oculis, perciperet. Sic esset tamquam angelus in omni (82vb) uita sua, amabilis et unitus deo in omnibus uijs suis, 5 fieretque infernus dyaboli regnum dei. Cum autem homo iustus traccionem derelinquit, inmittit ei angelum malum dominus, ut temptetur durius, et excitetur a sompno peccati ociosus. Veruntamen vires hosti subtrahit et, ne cadat, protegit hominem et defendit. Inimicus autem concessam sibi potestatem reputans in hominem, nititur omni tempore, ut ipsum ualeat 10 seducere. Ve michi misere, quociens hijs insidijs in me studuit preualere! Ostenderat michi deus rem magnificam, quam implere promiserat. De qua reddenda propter meam indignitatem diffisa, gracias agere neglexi. Venit ergo dyabolus uolens michi infligere penas.
Et dixi ei: “Quid tibi uis? Vides, quod deus mecum hic est. Et quomodo 15 audes, ipso presente, me punire?”
Kap. 10: auch Ra 136v–137r und 189r–v (hier nur Z. 2–6) 18 et] fehlt Ra | in … delectari] delectari in amore Ra 21 diuinitus] dinitus Ra | hoc] hec Ra 26 quam] quem Ra 10,1 de] et Ra 136v | Quinta … capitulum] Capitulum Sexagesimum Ra 136v, fehlt Ra 189r | 28] 8 vaH mit anderer Tinte üdZ für eine radierte Zahl Rb 2 se] fehlt Ra 136v | quam] quem Rb 3 regeret] se regeret Ra 136v 4 oculis] ocul[us] Ra 136v 189v 6 dei] dei quere supra de illa materia, damit Abbruch des Kapitels auf Ra 189v 7 angelum … dominus] deus angelum malum Ra 8 2 Cor … influat] vaH Rb, fehlt Ra, dieselbe Glosse zu FL V, 29 9 und 11 (392,4 und 6f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 228 9 protegit hominem] hominem protegit Ra 15 Vides] Vides ne Ra 10,3 que … perciperet] vgl. I Cor 2,9 8 2 Cor … influat] I Cor 10,13 bzw. Iob 40,18
Das liecht der gotheit – Buch V, 7,21 – 8,19 | 345
heiligste dryfaltigkayt. Aber die su͗essigkayt, die ich dan nu͗iß, empfacht die seel von yr selbs. Welcher ich doch nit mag gantz fru͗ntlich sein, sy woͤ lle dan miessig vnd bloeß an myne arm gestelt werden, do ich mit yr spile vnd mich gottlichen erlu͗stige. Fu͗r war, darumb bin ich worden ein klein [CLXXIv] kindelin, arm, nacket | vnd ferachtet, vnd zum letsten gestorben. Vnd also gab ich mich yrem willen, vff das sie mir solt sein die nechst vnd die libst gespil vnnd gesellin. Vnd yr seel vnd leip wu͗rt sein als ein fisch im moͤ r schwimmen in der tryfaltigkeyt, vnd wirt tru͗ncken von seiner su͗ssigkeyt, vnd vberflussig ersettiget. Wo wirt dan sein der schmertz vnd tru͗bsal, den 30 sye du͗rch mich vnd vmb meinet willen hatt erlitten?” Das ist der sieß trost der gerechten gottes. [8.] Von der arglistige fintschafft des findes Welcher sich selb ordenlich nach dem antzu͗g gottes vnd nach der erkantnu͗s, so er hatt, regieret, der empfing gros wollust, die do in des menschen hertz nit vffstigent, vnd erleu͗chtu͗ng, welche die ogen nit sehent. 5 So wer er als ein engel in allem seinem leben, lieblich vnd gott voreiniget in allen seinen wegen; vnd er wu͗rd ein hell des dieffels, vnd ein rich gottes. Aber so ein gerechter mensch verlast den antzüg, so schickt ym gott einen Nota | boͤ sen geist, vff das er herter angefochten werd vnd also erweckt werde clxxij vom schlaff der su͗nde. Aber doch: er entzu͗icht dem find die krafft, vnd 10 bewaret vnd beschirmt den menschen, das er nit fall. Aber der find vormeint, er hab vorlu͗hen gewalt zu͗ dem menschen; thu͗t fliß zu͗ allen zeiten, das er ym moͤ g ferfu͗ren. Wee mir arme, wie offt hatt er vnderstanden, wider mich zu͗u͗ormoͤ gen mit solchen arglistigkayten! Gott hatt mir angezeigt ein großmechtig ding, welches er au͗ch vorhïeß 15 zu͗erfu͗llen. Vmb welches dinges wegen zu͗u͗or gelten, ich kein vertrawen hett vmb meyner vnwu͗rdigkayt wegen, vnd versu͗mpt dankzu͗sagen. Darumb kam der dieffel vnd wolt mich pinigen. Vnd ich sprach zu͗ ym: “Was wilt du͗ ê? Du͗ sichst, das gott hie bey mir ist. Vnd wie bistu͗ so keck, mich zu͗ pinigen in seinem beywesen ê?”
8,1 findes] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile 16 dankzu͗sagen] danzu͗sagen
346 | Lux divinitatis – Liber V, 10,17 – 11,16
Respondit demon: “Ego uolo nunc, sicut olim uolui, sedem suam; immo, ipsum de sede anime tue conabor depellere, et in te residere, quin eciam celum, paradysum, purgatorium, terram conuertere cupio in infernum.” Et dixi ei: “Vellesne, ut | hec omnia essent celeste regnum, ut et tu graciam Ed. 598 inuenires?” Respondit: “Non. Ad hoc nunquam potero inclinari.” Et dixi: “O, quomodo tam infelix es, quod coram deo non erubescis?” Respondit: “Qui boni aliquid habet in se, non est omnino malus. Qui vero peccat, perdit uerecundiam. Qui, si erubesceret, non peccaret. 25 Presumptuosus ego sum et audens, stulte sicut musca aduolans, et inquietans semper, et nulli parcens. Ceterum, qui se tuetur uirtutibus, permanet illesus, et qui in deo stat firmus, triumphat de omnibus molestijs inuictus.” [11.] De periculo prelatorum, et quomodo se tensant ad subditos – FL VI, 1, 3–28 (418,14–420,23) Sexta parte i capitulum Grandis timor consistit in ecclesiastica potestate. Cui enim nomen prelacionis inponitur, in eo temptacionis periculo locus datur. Age ergo, o homo, et cum multa humilitate prosternere, et ad oracionem confuge, et in 5 domino consolare! Renoua cor tuum in dei karitate, ut omnem tibi subditum ames et respicias in sua necessitate! Esto cum subditis amanter, iocundus et benigne, seriosus et misericors in omnibus laboribus super eos! Dulcibus verbis ad predicandum eos dirige, et ad confessiones utiliter audiendas hortare! Quia a deo ad hoc missi sunt in mundum, ut liberent et 10 adiuuent peccatores, sicut Christus mundum saluauit de celo ueniens, ut nos ad sublimia eleuaret. Hec loquere cum humilitate tibi subditis mundo corde dicens: “Eya dilecte, ego indignus seruus tuus sum, licet tibi presim. Et in karitate mitto te. Laboribus tuis quidem (83ra) compacior. Quam deus tibi preparauit, 15 congratulor dignitati.
Kap. 11: auch Ra 18 sede] sede sua Ra 19 conuertere cupio] cupio conuertere Ra 20 et] am rR Rb 24 aliquid] aliud Rb 27 inquietans] iniq[ui]etas, i unterpungiert, e mit EZ üdZ Rb 28 qui … deo] in deo qui, mit Rb entsprechenden VZ Ra 11,1 periculo] periculis Ra | et … subditos] vaH (ohne EZ) am rR entsprechend der Überschrift von FL VI, 1 Rb, fehlt Ra 2 Sexta … capitulum] fehlt Ra 5 humilitate] innerhalb der Zeile vaH auf Rasur Rb 6 tibi] mit EZ üdZ Ra 10 ad hoc] hoc ad mit VZ Ra 11 mundum] in mundum, in gestr. Ra 15 preparauit] pp[ar]auit Ra 11,11 ut … eleuaret] vgl. Is 52,13
Das liecht der gotheit – Buch V, 8,20 – 9,17 | 347
Antwu͗rt der dieffel: “Ich wil nu͗n, als ich vorlang wolt, seinen stu͗l; ja, au͗ch yn von dem stu͗l diner seel vortriben, | vnd in deiner seel sitzen. Au͗ch darzu͗, so beger ich den himmel vnd das fegfeu͗r vnd das ertrich zu͗bekoͤ ren in die hell.” Vnd ich sprach zu͗ ym: “Weltest du͗, das alle die ding werent das himmelsch 25 rich, vnd das du͗ au͗ch moͤ chtest gnad erwerben?” Antwu͗rt er: “Nein, darzu͗ mag ich nymmer mer geneigt werden.” Do sprach ich: “O, wie vnselig bistu͗, das du͗ dich vor gott nit schamest!” Antwurt er: “Welcher ettmas gu͗ts in ym hatt, der ist nit gantz boͤ ß. Aber der, der do su͗ndet, ferlu͗irt die scham. Welcher, so er sich schamende wer, so 30 sündete er nit. Ich bin fermessen vnd freu͗el, vnd zu͗flu͗ig thoͤ rlich als ein mu͗ck, vnd altzit bin ich vnrw machen, vnd vbersich keinem. Aber welcher sich bewaret mit tu͗genden, der blibt vngeletzt; vnd welcher fest statt in gott, der siget vber allen kommer vnu͗berwu͗nden.” 20
[CLXXIIv]
[9.] Von der gefarlickeyt der prelaten Ein grosse forcht ist bey dem gewalt der prelaten der kirchen. Wan, welchem | der nam der fu͗rwesu͗ng wirt vffgelegt, so wirt yn im gegeben ein clxxiij stat der anfechtu͗ng. Darumb, o mensch, schaff, vnd mit vil andacht leg dich 5 nider, vnd flu͗ich zu͗ dem gebet, vnd troͤ st dich in dem herren! Ernu͗wer din hertz in der liebin, vff das du alle vnderthonen liebhabest vnd vff sie merckest in yrer nott! Bis mit den vnderthonen lieblich, froͤ lich vnd gu͗etiglich, ernsthafft vnd barmherzig vber sie in allen arbeiten! Vnd schïck sie zu predigen mit siessen wortten, vnd mane sie nu͗tzlichen bichtzu͗hoͤ ren! 10 Wan darzu͗ von gott sind sye gesand in die welt, das sye erloͤ sen vnd hulff thu͗nt den sündern, als Christus die welt hatt heilgemacht vnd kam vom himmel, das er vns vfferhu͗pt zu͗ den hohen dingen. Dises soltu͗ reden mit demütigkeyt denen, so dir vnderthenig sind mit reinen hertzen, sprechende: “Eya lieber, ich bin dein vnwu͗rdiger knecht, wiewol [CLXXIIIv] ich dein oberer bin. In der liebe hon ich | ein mitleiden mit dir in deinen arbeiten, vnd ich mitfrow mich au͗ch in der wu͗rdigkayt, die gott dir berait hatt.
9,11 Christus] rot unterstrichen 12 den] mit EZ üdZ
348 | Lux divinitatis – Liber V, 11,17 – 13,4
Nunc ergo mitto te, ut cum Ihesu perditas requires oues, pro quibus in crvce pertulit passionem. Karitas dei conducat te in uijs et laboribus sanctis tuis. Desideria, oraciones cordis mei, et lacrimas mitto tecum, ut te deus Ed. 599 sanctum et plenum karitate reducat.” | FL VI, 1, 28–55 [12.] De hospitibus – In eodem Cvm de uia redierint, letificare stude eos! Et ordina discipulis Christi (420,23–422,22) necessaria et commoda, quantum preuales secundum dei largitatem! Pedes eorum laua, et humiliter subdere, licet eorum prelatus sis! Cum hospitibus non diu maneas, sed conuentum respicias ordinate! Hospices non diu 5 uigilent, sed ad oracionem se conferant et quietem. Ad infirmos cottidie ingredere, et eos dictis et factis pie foue et refice! Deus enim diues dabit, quod fuerit necesse. Stude semper circa infirmos mundiciam ordinare, et eis dulciter arridere! Secretas miserias debes ab eis tollere, et fideliter inquirere de eorum occulta infirmitate, eisque paterne assistere. Sic deus dulcedinem 10 suam effundet in te.
Coquinam intrabis, et cauebis, ne parcitas tua et coci desidia laudem domini furetur. Clericus enim famelicus iocunde non cantat, et homo esuriens studijs intendere non preualet. Et sic propter hec uilia deo 15 subtrahitur laus et gloria. In capitulo iusticiam dilige! In deo suaui animo, et secundum culpe meritum, penas inflige! Caue diligenter, ne contra uoluntatem conuentus tuam auctoritatem exerceas uel extendas! Elatas cogitaciones omnino euita, que religiosa corda frequenter temptant, dicentes: “Tu prelatus istorum es. Quod uolueris facere, tibi licet.” Non sic 20 loquaris in corde tuo! Hinc enim pax scinditur et turbatur. Cum mansuetudine morum et uerborum inuestiga placitum eorum, et secundum hoc dirige uias tuas! Ed. 600; | [13.] De oracione – In eodem Cvm tibi a subditis reuerencia exhibetur, custodi cor tuum interius et time, FL VI, 1, 56-113 et cum disciplina exterius erubesce! Omnem querelam misericorditer (422,23–426,20) suscipe, et salubre consilium fideliter inpertire!
Kap. 12: auch Ra Kap. 13: auch Ra 17 te] mit EZ am lR Ra 19 et … reducat] am lR MZ Rb 12,2 discipulis] s üdZ Rb 11 effundet] infundet Ra 22 inuestiga] g mit EZ üdZ Rb 13,1 De … eodem] am lR MZ Rb 12,3 Pedes … laua] vgl. Io 13,5 20 sic … tuo] vgl. etwa Ecl 1,16 und 2,15; Ier 5,24; Rm 10,6
Das liecht der gotheit – Buch V, 9,18 – 51 | 349
Darümb nu͗n schick ich dich, vff das du͗ mit Jesu su͗chest die ferloren schaͤ fflin, fu͗r welche am cru͗tz die liebin hatt schmertzen gelitten. Er gebe 20 dir das geleit in allen deinen wegen vnd arbeiten. Die begird vnd die gebett deines hertzens vnd die trehern send ich mit dier, das gott widervmb dich haͤ r fu͗re heillig vnd in volkomner liebin.”
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[CLXXIVv]
Wan sie widerkerent von dem wege, so mach sie froͤ lich vnd fersorg den iu͗ngern Christj die notdu͗rfft vnd, was fu͗g ist, als vil du͗ magst nach der gaben gottes! Waͤ sch yre fu͗eß vnd laß dich demu͗tiglich vnder sye, wiewol du͗ yr oberer bist! Du͗ solt nit lang bliben bey den gesten, sünder hab ordenliche acht vff den conu͗ent! Die gest sollen nit lang wachen, su͗nder sich geben zu dem gebett vnd zu der rüw. Alle tag gang in zu den krancken vnd troͤ st vnd speiß sye mit gu͗etigen worten vnnd sprüchen! Wan der rich gott wurt dir geben, | was dir nott wu͗rt sein. Lern alweg, bey den krancken clxxiiij die reinigkeyt züüorordnen, vnd lach sye suessiglich an! Die heimlichen presten soltu͗ von inen nemmen vnd trwlich frogen von yrer heimlichen kranckheit, vnd inen vetterlichen byston. Also wirt gott sein suessigkeyt in dich vßgiessen. Du͗ wirst ingon die ku͗chin vnd wirst fu͗rkommen, das dein karckheit vnd der vnfliß des kochs nit stele das lob des herrens. Wan ein hu͗ngeriger schu͗ler singt nit froͤ lich, vnd ein hungeriger mensch mag nit der leer obligen. Vnd also vmb dise schnoͤ de ding wu͗rt gott entzogen das lob vnd eer. Im capittel so hab lieb die gerechtigkayt! In gott vnd mit su͗essem gemu͗et vnd nach der verschuldung der schu͗ld leg pein vff! Vnd hu͗t dich flissig, das du͗ nit wider den willen des conu͗ents dein gewalt vbest vnd vßstreckest!” Mid die hoffertigen gedenck, welche ettman dick anfechtent die geistlichen hertzen sprechende: “Du͗ bist der ein oberer, vnd dir zimpt züthu͗n, was du͗ wilt.” Red | nit also in deinem hertzen! Wan do haͤ r wu͗rt der frid zertrent vnd betru͗bt. Mit sanfftmu͗etigkeyt der sitten vnd der worten erfare yr wolgefallen vnd demnach leit dine weg.
Wan dir von dinen vnderthanen eer erbotten wu͗rt, so vorhüet dein hertz 50 von innen vnd forcht dich, vnd mit zu͗cht scham dich! Von vssen alle klag nym barmherzig an vnd gib trwlichen ein heilsamen ratt!
18 Jesu] rot unterstrichen 29 den] dem 37 Wan … nit] rot unterstrichen 49 vnderthanen] oder vnderthonen 51 heilsamen] mit EZ am lR für rot durchgestr. barmherzigen
350 | Lux divinitatis – Liber V, 13,5 – 37
Edificaciones superfluas non admittas! Magis autem persuade, ut per 5 scripturas sanctas, uirtutesque sacras in cordibus templum sancte trinitati et habitacio construatur! Oculos aquile in mente tua constitue, quibus tibi subiectos pie et sine malicia intuere! Si quem occulte temptatum inueneris, eya, illi cum (83rb) omni studio et benignitate assiste! Sic poteris familiaritatis dei graciam 10 obtinere. Hijs, qui portant officia, dicam, quod in ueritate orando intellexi. Homo in fide catholica humiliter orans, et in deum exulis anime oculos amotis omnibus defigens, diuinus efficitur. Et se miserum recognoscit, ac solius 15 dei gloriam desiderat et requirit. Cum autem pijs et iustis insistit laboribus: ea karitate, qua contemplacioni uacauerit, efficitur membrum Christi. Quod vero inutiliter et curiose geritur, mortuum in conspectu domini reputatur. Qui autem indoc|tos docet, et peccatores conuertit; qui tribulatos Ed. 601 consolatur, et desperatos ad spem reuocat: hic Sancti Spiritus organum 20 computatur. Beatus homo, qui cuncta deo placita, sibique possibilia ad laudem dei simplici intencione in karitate perficit! Sancte trinitatis gloria perfruetur. Puluis autem peccatorum leuium, qui frequenter eciam preter uoluntatem affectibus illabitur, igne amoris cicius consumitur, cum acies mentis deum 25 attigerit, cui nullus resistere poterit. Que, cum sursum scandere ceperit, omnis peccati puluis decidit, fitque vna cum deo, ut, quod ipse uult, uelit. Nota Et hec est uera unio: conformitas uoluntatum. Stude semper unam tibi horam assumere nocte vel die, qua ualeas sine inpedimento orare, et deo libere uacare! Quia dona, quibus deus salutare et 30 docere electos suos consueuit, tante nobilitatis tanteque subtilitatis sunt, et tam dulciter ac familiariter fluunt, quod ei cuncta creata cedunt, cum in thalamo amanti anime deus dignatur copulari. Ipse namque sic amore eius uictus est, ut omnia carnis sue commoda per xxxta annos et amplius postponeret, ut eius osculis et amplexibus frueretur. Si hec cor tuum 35 tangerent: nequaquam tam inurbanum existeret, quin pro xxxta annorum spacia vnam ei morulam indulgeres.
9 eya] obuia Ra 13 exulis] korr. aus exilis Ra | oculos] oculis Ra | amotis] amoris Rb Ra, korr. nach FL VI, 1, 82 und entsprechend einem Vorschlag von Ed. (600,29), s. dazu Neumann 1993, S. 110, Anm. zu FL VI, 1, 81–83 26 scandere] sc[an]—dere Rb, scan mit EZ udZ für gestr. sancta Ra 29 nocte … die] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL VI, 1, 104 (426,8) Rb 30 dona] sine dona, sine gestr. Rb 32 familiariter] lia vaH in Fortführung der Zeile am rR Rb | in thalamo] in Fortführung der Zeile vaH in Entsprechung zu FL VI, 1, 108 (426,14) Rb
Das liecht der gotheit – Buch V, 9,52 – 86 | 351
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[CLXXVv]
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Lasß nit zu͗ vberflüssige gebw! Aber ratt mer, das do gebu͗wen werd durch die heilige geschrifft vnd du͗genden in den hertzen ein tempel vnd ein wonu͗ng der heiligen tryfaltigkeyt! Hab in dinem gemiet adler oügen, mit welchen du solt ansehen deine vnderthonen gu͗etig vnd on bosheit! Befindest du͗ vß ynen ettmar angefochten heimlich, dem selbigen stand bey mit allem fliß vnd gu͗etigkayt! Also magstu͗ die fru͗ntschafft gottes erlangen. Denen, so empter tragend, sag ich in der warheit, was ich im betten erkent hab. Ein mensch, der do in christlichen glouben tru͗lich bettet | vnd in gott clxxv hefftet die ogen der liebin, der ellende seel wirt gemacht gotlich vnd erkennet sich arbeitselig, vnd begert vnd ersu͗cht allein die glori gottes. Aber, wan er anligt gu͗etigen vnd gerechten wercken: mit solcher liebin, mit der er anligt der beschowlickeyt, wirt er ein gelit Christi. Aber was do vnnu͗tzlich oder firbitzig geschicht, wirt dod geachtet in dem angesichte gottes. Aber, welcher die vngelerten leret vnd die sunder bekert vnd troͤ stet die betru͗bten vnd berufft zu der hoffnu͗ng die vorzwifelten: diser wirt geachtet ein glied des heiligen geistes. Selig ist, der alle gottgefellige ding, vnd die ym mu͗glich sind, ferbringt in schlechter meinu͗ng zum lob gottes in der liebin! Diser wirt niessen die glori der heiligen dryfaltigkayt. Aber das kutter der leichten sünd, welches offt vnd on den willen infelt den begirden, wirt fast bald vorzeret im fu͗ir der liebin, so der hoͤ chst teil des gemu͗ets gott wirt anru͗ren, dem do niemant mag widerston. Das, do es | anfacht vbersich steigen, so felt hinweg aller ku͗tter der sünd, vnd sye wirt eins mit gott, das sy woͤ lle was gott will. Vnd das ist die ware fereinigu͗ng: einhelligkeyt der willen. Fliß dich alwegen, dir anzu͗nemmen ein stu͗nd, in welcher du͗ mogest on híndernu͗s betten vnd gott fry dienen! Wan die gaben, mit welchen gott gewon ist zu gru͗essen vnd leren seine vßerwelten, sint sollicher adellickeyt vnd subtiligkeyt, vnd fliessent also su͗essiglich vnd fru͗ntlich, das ynen weichent alle geschoͤ pfft, so gott sich wil gnediglichen zu͗gesellen der liebhabende seell. Wan er ist also vß yr liebin vberwu͗nden, das er alle nu͗tz seines leibs xxx jar hindan stellet, vff das sye thet niessen seiner ku͗ß vnd vmbfahu͗ngen. Wo dise ding werent anrieren dein hertz: so wer es in keinen weg so vnhoͤ fflich, das du͗ ym xxx jar zyt doch nit ein zitlein nachgebest.
61 wirt] korr. aus wint 76 woͤ lle] zweites l aus b (?) korr.
352 | Lux divinitatis – Liber V, 14,1 – 28
Owe leider
His quatuor deletur peccatum coram deo .
[14.] De uia mirabili electorum – Sexta parte primo capitulo Qualiter se ad oracionem preparare 6 necessaria Cvm ego omnium miserrima ad oracionem accedo, secundum ignobilitatis mee indigenciam me exorno. Induo me puluere, qui sum; calcio me tempore, quod perdidi; cingo me pena, quam merui. Deinde assumo mantellum prauitatis, qua plena sum. Inpono capiti meo coronam in uerecundie, quam contra dominum habui. Post hec assumo cognicionis speculum. in quo sim statu, perspicio. In quo, prochdolor, nil inuenio nisi lamentaciones et ve. Hec indumenta libencius defero, quam quelibet terrena ad libitum possidenda. (83va) Verumtamen sic michi sunt molesta cum miserabili inpaciencia, quod optarem pocius inferno uestiri, et sine culpa dyabolo coronari. O, ve nobis, quam sepe raptores instabilitatis hijs indumentis nos spoliant, cum propriam complacenciam persuadent! Et cum in peccatis positi excusaciones pretendimus, per inanem glo|riam depredamur. Et per elacionem degradati uel deiecti, nudis efficimur nudiores. O, quantum coram deo et omnibus amicis eius et omni deberemus erubescere creatura! Qui, si omnem uerecundiam cum magno honore cupimus euincere, oportet rursus illis indui uestimentis. Sic ornata quero dominum Ihesum Christum. Nec aliquo modo ipsum uelocius inuenire queo, licet grauia sint, et corpori minus apta. Oportet hec ualenter, cum forti desiderio et pudore culpabili, cum amore feruenti et timore humili omnia aggredi. Tunc labes peccati coram oculis domini euanescit, incipitque in anima relucere et ipsa referuere pre amore. Ibi omnis culpa et miseria anime dissipatur. Docetque eam suam uoluntatem, et pregustat eius dulcedinis suauitatem. In salutacione diuinitatis uirtus sancte trinitatis corpus et animam penetrat, qua veram sapienciam suscipit et reportat. Et sic contacta et amplexata infirmatur. Incipitque surgere, ut ille langueat et deficiat pre amore. Sed ille
FL VI, 1, 114-164 (426,21-430,12)
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Ed. 602 15
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Kap. 14: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 34–38 [?]) 14,1 electorum] danach Rasur (zur Fortsetzung s. unten) Rb | Sexta … necessaria] vaH am rR Rb, fehlt Ra, Qualiter bis necessaria entspricht der Glosse zu FL VI, 1, 114 (426,21) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 229 4 qui sum] quesum Ra 7 dominum] deum Ra 8 statu] vaH (?) mit EZ am rR (ohne Entsprechung in FL VI, 1 und LG V, 10) Rb 10 Verumtamen] Verum am lR Rb 12 Owe leider] vaH in Entsprechung zu FL VI, 1, 125 (426,36) Rb, fehlt Ra 15 uel deiecti] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL VI, 1, 128 (428,3) Rb 16 deo … et2] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL VI, 1, 129 (428,4f.) Rb 19 illis] illuc Rb 20 His … deo] vaH Rb, fehlt Ra, ähnliche Glosse zu FL VI, 1, 134f. (428,10f.) in der Einsiedler Hs., vgl. Neumann 1993, S. 229 21 et1] vaH am lR unmittelbar vor corpori Rb 24 referuere] korr. aus refluere Rb Ra | dissipatur] danach Rasur Rb 26 sancte trinitatis] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL VI, 1, 141 (428,19) Rb 27 et amplexata] vaH mit EZ am lR in Entsprechung zu FL VI, 1, 143 (428,21) Rb 14,25 pregustat … dulcedinis] vgl. Ps 33,9 und 99,5; I Pt 2,3
Das liecht der gotheit – Buch V, 10,1 – 29 | 353
[10.] Von dem betten
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[CLXXVIv] 20
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Wan ich aller armste gang zu͗betten, so zier ich mich nach notdurfft meyner vnadellickeyt. Ich kleide mich mit ku͗tter. | Ich beschu͗ch mich mit der zyt, clxxvj so ich verlorn hon. Ich gu͗rt mich mit der pein, so ich beschult hon. Darnach nim ich an mich den mantel der bosheit, der ich vol bin. Ich setz vff mein hau͗pt die kron der schamrotin, welcher ich hon gehapt wider meinen herren. Darnach so nim ich den spigel der erkantnu͗s: ich beschaw, wo innen ich sey. In welchem ich leider nichts find dan klagen vnd wee. Dise kleider trag ich lïeber dan alle irdische au͗ch, die ich nach minem willen moͤ cht besitzen. Aber doch, sy sind mir also kommerlich mit der arbeitselige vngedult, das ich mer begeret, zu͗ bekroͤ net zu werden in der helle, vnd on schuld vom dieffel gekroͤ net werden. We vns, wie offt berau͗bent vns diser kleider die rauber der vnbestendigkayt! Sye raten das eigen wolgefallen, vnd so wir in den su͗nden ligen, so zihen wir haͤ rfu͗r entschu͗ldigu͗ng. So betten wir in eittel eer vnd dan, du͗rch hochmu͗t verstossen, werden wir ye nackenter vnd bloͤ sser. Vnd so wir begerent alle schamroͤ ttin mit grosser eer vberwinden, so mu͗essent wir wider anthon werden mit disen kleidern. | Vnd so ich also geziert bin, so such ich den herren Jesum Christum, vnd ich mag yn au͗ch in anderer gestalt nit schneller finden, wiewol sye sind mynem leip schwer vnd vngeschickt. Man mu͗ß hie mit starcker begird vnd mit scheltlicher scham, vnd fliessender liebin, vnd mit demu͗tiger forcht alle ding angon. Dan, so vorschwint der vnflatt der su͗nd vor den ogen des herrens, vnd so facht er widervmb erschinen in der seel, vnd sye thu͗t wider fliessen in der liebin. Do wirt vornichtet alle schuld vnd arbentzelligkayt der seel, vnd er leret sye seinen willen, vnd sye vorversu͗cht die siessigkeyt seiner su͗essin. In dem gru͗ß, so du͗rchtringt die krafft der gotheit den leip vnd die seell, in welchem sye empfacht vnd daru͗on tragt die ware wysheit. Vnd sie wirt kranck, so sye ist also angeru͗ert, vnnd facht an vffston, vff das er siech
10,9 au͗ch … besitzen] au͗ch die ich ¦ nach minem ¦ willen moͤ cht ¦ besitzen mit EZ am rR 13 kleider] am rR 19 Jesum Christum] rot unterstrichen 20 anderer] d anderer
354 | Lux divinitatis – Liber V, 14,29 – 15,12
modum inponit et temperat, quem ille scit, et iste ignorat. Querit ergo fidelitatis uicem rependere, ipseque eius cognicionem augere. Deinde leta 30 in carne affligitur. Sed ille in eius anima firmat et stabilit sua dona. Tunc, si carnalem concupiscenciam et omnem terrenam uoluptatem abdicauerit, perfecti amoris graciam et dei gloriam in omnibus promouebit. Duo sunt tibi potissimum cauenda, de quibus boni nil prouenit. Scilicet: ut bene quis operetur, ut dignitatem aliquam assequatur. Qui, cum quod 35 concupierat, apprehenderit, sic in uirtute deficit, ut ab eo contristentur hij, qui eum desiderabiliter elegerunt. Vnde plerumque talis deponitur ab honore, incipitque simulata uirtus fallaciter apparere. Secundum est, si homo, rite promotus, a uirtute mutatus in ea temptacione nititur permanere, qui, licet forsitan condigne stet, humiliari tamen debet, 40 et cauere, ne cadat. Hunc libellum legat post mortem meam, qui desiderat mecum colloqui, sed non potest. Et sic aduersa | [15.] De uia mirabili electorum – Prima parte 25 Ed. 603; pacienter uersimeile Electos suos dominus in uia mirabili (83vb) deducens, edocet eos et dirigit, FL I, 25
ne offendant. Hec est uia mirabilis et sancta, ut crvcietur homo sine crimine, et sine piaculo puniatur. Ipsa est, in qua dei Filius innocens pertransiuit. In hac exultat deum siciens anima, gaudens in deo, qui 5 propter sua beneficia multa pertulit supplicia. Pater celestis unigenitum suum a gentilibus pati et a Iudeis crvcifigi constituit. Nunc uero quidam pietatis speciem habentes et religiositate gloriantes filios dei affligunt in corpore et crvciant in mente, ut complantati similitudini mortis eius conformes sint Filio eius, qui mentis et corporis sustinuit crvciatus. Hec est FL I, 26 mirabilis et excellencior uia, in qua fidelis currit anima, ducens post se sensus corporeos, quemadmodum uidens ducit cecos. In hac uia libertatur
Kap. 15: auch Ra 30 fidelitatis] ti mit EZ üdZ Ra 31 in carne] incarnatione Rb Ra, korr. nach LG V, 10, 32 | firmat] firmatur, ur gestr. Ra 36 deficit] Dittographie, erstes deficit gestr. Ra 42 qui] vaH mit EZ am lR Rb 15,1 Et … uersimeile] vaH (schwer leserlich) am lR Rb, fehlt Ra | Prima … 25] fehlt Ra 3 et sancta] mit EZ am rR Ra 10 Hec] Platz für Majuskel vorhanden Rb, Hec nur rotgestrichelte Majuskel, davor PZ, kein n. Abs. Ra 12 ducit] in Fortführung der Zeile vaH am rR Rb 32 carnalem concupiscenciam] vgl. I Io 2,16 15,2 Electos … deducens] vgl. Sap 10,17 5 exultat … deo] vgl. Is 61,10; Hab 3,18 9 complantati … eius] Rm 6,5
Das liecht der gotheit – Buch V, 10,30 – 11,15 | 355
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45 [CLXXVIIv]
werd vnd abnem for liebin. Aber er gibt ein maß vnd temperirt, als er weißt. Aber der ander weistz nit. Dorumb so sücht er zuuorgelten die trw, vnd ir erkantnu͗s | meren. Dan, so wirt sye mit froͤ den in dem fleisch gepeiniget. clxxvij Aber er macht fest vnd bestendig seine gaben in yerer seel. Vnd dan ist es, das sy allen fleischlichen begirden vnd lust, so wirt er fordern die gnade der volkomne liebin vnd die glori gottes in allen dingen. Zwey ding soltu͗ zum hoͤ chsten miden, vß welchen nichts gu͗ts kompt. Das ist, das ettmar gu͗tz wirckt, vff das er etlich wu͗rdigkayt erlang. Vnd so diser erlangt hatt die, so er bergert, so nympt er also ab in den tu͗genden, das von ym tru͗rig gemacht werden die, die yn begirlich erwelet hond. Darumb beschichts offt, das solliche abgesetzt werdent von der eer; vnd dan facht an zu͗erschinen tru͗glich die falsche tu͗gent. Das ander ist, so ein mensch, ordenlich gefürderet, wirt von der tugent gewandelet, vnd vnderstatt, zübliben in der selbige anfechtu͗ng, welcher, ob er villeicht wurdig statt, so soll er sich doch demu͗tigen vnd sich hu͗eten, das er nicht fall. Dises bu͗chlin solt lesen der, der do noch meinem tode | begert mit mir züreden, so erß doch nit mag.
[11.] Von dem wunderbarlichen weg der vserweltenn Der herr, der do fu͗ret seine vßerwelten in einen wunderbarlichen weg, leret sye vnd laytet sye, das sye nit sich letzend oder stossend. Aber das ist der wunderbarlich vnd heilig weg, das ein mensch werde gepeiniget on su͗nd, 5 vnd on schuld werde gestrafft. Diser ist der weg, in welchem gangen ist der vnschuldig su͗n gottes. In disem weg erfrowet sich ein seel, die durstet nach gott vnd froͤ d sich in yrem gott, welcher vmb seine gutteter hatt erlitten vil pein. Der himmelisch vatter hatt geordnet, das sein eingeborner suͦ n solt liden von den heiden, gecru͗tziget von den Iu͗den. Aber nu͗n etlich, die do 10 haben die gestalt der gu͗etigkayt, vnd die do glorierent in yr geistlickeyt, die peinigent die suͦ n gottes imm leip vnd crützigent sye in dem gemu͗et, vff das, so sye sind gleich mit gepflantz der glichin sines todes, das sye werdent glichgemachet | seinem suͦ n, welcher an leib vnd an seel hatt pein erlitten. clxxviij Das ist der wunderbarlich vnd hoͤ herer weg, in welchem die globig seel lofft, 15 vnd fieret nach yr die leiplichen sinn als ein gesehender die blinden. In
44 statt] korr. aus staltt 11,1 Von … wunderbarlichen] am Ende der vorhergehenden Zeile 12 sines] am lR für rot durchgestr. des
356 | Lux divinitatis – Liber V, 15,13 – 17,10
anima uiuens sine molestia nil cupiens preter id, quod ille vvlt, cuius uoluntas, bonitas et opus est benignitas. FL I, 27 [16.] 27 Tria sunt, que hominem habilitant, ut cognoscere, et in hac uia digne ualeat ambulare. Primo: se homo deo simpliciter et ex toto, absque omni humano magisterio, magisterio in dei luce et veritate contineat, graciamque eius in sanctitate 5 custodiat, et uoluntaria paciencia portet, abstrahens sensum ab omnibus creaturis. Secundum: in uia retinet, quod homo cuncta, que eueniunt, gratanter excipiat. Quia nihil fit sine causa et prouidencia dei super terram.
Tercio: hominem perficit in hac via, ut omnia a laude dei incipiantur et 10 terminentur. Ego minima, que in me reperio bona, coram deo sic estimo, ac si altissime contemplacioni insisterem, qua homo in hac uita poterit sublimari. Nam si equali karitate ad gloriam | dei id facio, equali merito et Ed. 604 premio exultabo. Cum vero peccando delinquo, in hac uia non consisto.
[17.] Qualiter se homo habere debeat in agendis – Sexta parte 22 FL VI, 12 Cvm oras, humiliare. Cum confiteris, ueritatem loquere. Cum satisfacis, diligens esto. Cum manducas, sobrius sis et frugalis. Cum dormis, disciplinatus sis. Cum solus fueris, esto fidelis. Cum cum alijs fueris, prvdenciam serua. Cum de bonis moribus instrueris, consenciens esto et 5 obedi. Cum de prauitate reprehenderis, pacienciam exhibe et desiste. Cum feceris, quod iu(84ra)stum et bonum est, inutilem te reputa. Cum a recto deuiaueris, ueniam pete. Cum leuis et dissolutus fueris, time. Cum turbaris, spem in deo pone. Cum laboras manibus, festina, ut cogitaciones inutiles 10 ualeas euitare.
Kap. 16: auch Ra Kap. 17: auch Ra 13 uiuens] uiuens si, si gestr. Rb 16,1 27] De tribus que hominem habilitant ad bene ambulandum Ra 4 ex toto] toto auf Rasur geschrieben Rb | absque … contineat] vaH ohne EZ am oR in Entsprechung zu FL I, 27, 3f. (46,25f.) Rb 5 in1] se in Rb Ra 17,1 Qualiter … agendis] am rR MZ Rb Sexta … 22] fehlt Ra 7 reputa] repata (?) Ra
Das liecht der gotheit – Buch V, 11,16 – 12,12 | 357
disem weg würt freygemacht die seel vnd lebet on kommer, vnd begert nichtzs, dan was er will, welches will ist die gutheit, vnd wirckung ist die demu͗tigkeyt. 20 Dru͗ ding sint, welche den menschen geschickt machen, das er erkenne vnd
das er in disem weg mag wu͗rdig wandeln. Zum ersten sol sich ein mensch schlechtlich gott vbergeben vnd lassen, vnd darnach sein gnad in der heiligkeyt behalten; vnd trags mit williger gedu͗lt, vnd abzich sein sinne von allen creatu͗ren. 25 Zum andern: Behalt den menschen im weg, das der mensch alle ding, so im
bescheent, mit danck vffnem. Wan nichtzs beschicht vff erden on vrsach vnd on die vorsichtigkeyt gottes. Zum dritten macht volkommen den menschen in disem weg, das alles angefangen werd im lob gottes vnd sich im selbigen lob endet. Ich acht also v [CLXXVIII ] die minsten | gutter, die ich in mir findt von gott, als ob ich der hoͤ chsten beschawu͗ng obleg, mit welchen ein mensch in disem leben mag erhoͤ cht werden. Wan thu͗ ich das in glicher liebin zu der glori gottes, so wird ich mich erfrawen mit glichem vordienst vnd lon. Aber wan ich vnrecht thu͗n vnd su͗nde, so blib ich nït beston in disem leben. [12.] Wie sich ein mensch haben sol in sinen wirkungen Wan du bettest, so demutige dich. Wan du͗ bichtest, so sag die warheit. Wan du͗ gnu͗gthu͗est, so biß fleissig. Wan du͗ wilt essen, so bis messig vnd bescheiden. Wan du͗ schlaffest, so bis zu͗chtig. Wan du͗ allein bist, so bis 5 getrew. Wan du͗ bey andern bist, so behalt die forsichtigkayt. Wan du͗ vnderwisen wirst von guten sitten, so bis mithellig vnd gehorsam. Wan du͗ gestrafft wirst von der bosheit, so bis gedu͗ltig vnd stand daru͗on abe. Wan du͗ thu͗st, das do gerecht vnd gu͗tt ist, so acht dich vnnu͗tz. Wan du͗ abwichst von dem | rechten, so beger gnad. Wan du͗ lichtfertig bist vnd vnperdick, so clxxix 10 forcht dich. Wan du͗ betru͗bt wirst, so stell dein hoffnu͗ng in gott. Wan du͗ mit den henden arbeitest, so yll, vff das du͗ moͤ gst die vnnu͗tzen gedenck fermiden.
22 Zum ersten] rot unterstrichen 25 Zum andern] rot unterstrichen 28 Zum dritten] rot unterstrichen 12,1 Wie … mensch] am Ende der vorhergehenden Zeile 11 die] davor s gestr.
358 | Lux divinitatis – Liber V, 18,1 – 19,12
[18.] De inpedimentis religionis – Quinta parte 30 capitulum Perfeccionem religiosorum ualde diminuit incuria et estimacio modica Nota uenialium peccatorum. Fateor, quod, cum uel leui risu alijs innocuo, uel rancore cordis modico licet occulto, aut proprii comodi aut proprii incomodi, inpaciencia leui inficior: obtunditur mox mens mea et obscuratur. et cor refrigescit, donec exul et misera amicabili prece et desiderio ualido cum humilitate meum uicium recognoscam. Tunc recuperata, gracia ualeo, in puluere dei clemencia respirare. Cumque uicium incognitum et incorrectum affuerit, infernalem maculam in anima mea pingit. Eiusque auctor in me ymaginem demon respicit. Michique horrorem ingerit, cum sola fuero, que huius expers miserie sum causa. Mox igitur ad pedes eius procido, et ante eum medullitus ploro dicens: | “Miserere mei deus!” Sicque mundata ad paradysum quietis redeo, vnde eiecta fueram maculata ceno.
FL V, 33
5
10 Ed. 605
[19.] De carnali sapiencia religiosorum – Sexta parte 23 capitulum FL VI, 13, 3–23 “A te, domine Ihesu, querere compellor, in quo quorumdam cecitatem (456,3–29) detestabilem recognosco: Cur spiritales homines interne deuocionis graciam reformident? Cum superna dignacio humane anime illucens frigidum aliquantulum accenderit, ut ardeat, cepitque liquefieri, ad 5 lacrimas effluere: tunc celestem in terrestrem conmutare vvlt, ut in eo veraciter ipse imitari, diligi ualeat, et agnosci. Humanus ad hec sensus dicit: ‘Ego in exterioribus utilis esse possum.’ Maximeque monastici, quanto prvdenciores sunt, talia dicere consueuerunt.” Ad hec respondit dominus: “Diuinitas mea ad terram uenit, vbi mea 10 humanitas laborat. Diuinitas crvcem ascendit, humanitas mortem pertulit. Diuinitas infernum confregit et a morte, cum corpore resurgens, in celum
Kap. 18: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 1–3) Kap. 19: auch Ra 18,1 De … religionis] am lR MZ Rb | Quinta … capitulum] fehlt Ra 2 estimacio modica] modica estimacio Ra 3 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 4 licet] sed Ra | proprii1] korr. aus p[ro]p[ri]u Rb | comodi] i[n]comodico sed occulto, i[n] radiert, co bis occulto unterpungiert Rb | proprii2] erstes i üdZ Rb 9 maculam] mecum Rb Ra, korr. nach FL V, 33, 13 und entsprechend einem Vorschlag von Neumann 1993, S. 107 11 expers miserie] miserie expers Ra 13 mundata] un vaH mit EZ üdZ Rb 19,1 De … religiosorum] am lR MZ Rb | Sexta … capitulum] fehlt Ra 2 A] danach D radiert Rb, AD Ra 4 reformident] re mit EZ üdZ Ra 8 possum] u üdZ für nicht korr. possem Ra 9 sunt] su[m] Ra 10 hec] hoc Ra 18,13 Miserere … deus] Ps 50,3; Ps 55,2 und 56,2
Das liecht der gotheit – Buch V, 13,1 – 14,13 | 359
5
10
[CLXXIXv] 15
[13.] Von der hindernüs der geistlickeÿt Die volkommenheit der geistlichen mindert fast die vnachtsamkeyt vnd die kleine achtu͗ng der daͤ glichen sünde. Ich bekenn das, wan ich mit leichtem vnd dem andern vnschedlichen lachen, oder vß kleiner bitterkeyt des hertzens aber doch heimlich, oder mit vngedult eigens vngemachs befleckt wirt: so wirt zuhand vberfinstert mein gemiet. Vnd das hertz wirt erkielet, so lang, bis ich ellende vnd arme mit lieblicher bitt vnd starcker begird vnd mït demutigkayt mein laster erkenne. Dan, so du͗ wider erlangt hast die gnade, so magstu͗ dich als eine, die do kru͗icht in dem ku͗tter, vß der gnad gottes wider erhoͤ len. Vnd wan in mir ist ein vnerkantes vnnd vngestraffts laster, so malet es doch mich in meiner seelen. Vnd sin macher, der dieffel, sicht an in mir sein bildu͗ng vnd bringt in mich ein schrecken, so ich allein bin. So | ich aber desselbigen ellends ledig vnd frey bin, bin ich frey vnd heilgemacht. Darumb so fal ich bald für seine fu͗eß vnd weine hertzlich vor ym sprechend: “O gott, erbarm dich mein!” Also wirt ich gereiniget vnd koͤ r widervmb zum paradiß der ru͗, do von ich geworffen wart, do ich bemaset was mit dem wust der laster.
[14.] Von der fleischliche wisheit der geistlichenn “O herr Jesu, ich wird bezwüngen, zu͗frogen von dir das, in dem ich erkenne etlicher vorwerffliche blinthait: Warumb die geistlichen menschen schu͗wend die genad der inneren andacht? Wan die hochste gnad inschinet 5 der menschlichen seel vnd ein wenig anzu͗nt, das do kalt ist, also das es brin vnd anfacht weichzu͗werden vnd vßgiessen treheren: dan so wil er die himlische verwandeln in die irdische, vff das er warlich moͤ g liebgehapt werden vnd erkent. Darzu͗ spricht der menschlich sinn: ‘Ich moͤ cht nu͗tz sein in vßwendigen dingen.’ Vorab die geistlichen, wie klu͗ger sye sint, so vil mer 10 hond sye gewonet sollichs zu͗sprechen.” Antwu͗rt der herr: “Mein gotheit kam | vff die erden, do mein menscheit thet clxxx arbeiten. Die gotheit stig vff das cru͗tz, die menscheit lide den todt. Die gotheit zerbrach die hell vnd stond vff mit dem leib vom tode vnd stig vff in
14,1 Von … fleischliche] am Ende der vorhergehenden Zeile 2 Jesu] rot unterstrichen
360 | Lux divinitatis – Liber V, 19,13 – 20,20
conscendit. Omnes, qui me repellunt a se, repellentur et ipsi a me. Sine me nichil potest homo facere. Nam et humanitas mea nichil unquam perfecit, 15 nisi quod mea diuinitas preordinauit.” rb “Ecce, domine, ipsi dicunt sapienciam esse, (84 ) parcere corpori, eo quod spiritus tuus bonus et suauis a te procedens, animamque sua dulcedine penetrans, corpori uires auferat, et infecundum ad opera bona reddat.” FL VI, 13, 24-47 [20.] De usu gracie – In eodem (456,30–458,25) Hec dicit dominus: “Cibus regius remoueri perfunctorie non debet, quousque necessitas hinc sit sumpta. Donum meum speciale dignitatem corporis et anime confert homini. Singularem dat insipienti doctrinam, solacium sapienti. Laudem et gloriam indeficienti profluuio tribuit, de quo 5 prodijt, cum fructuose reuertitur ad me, a quo fluxit. Gracia, que a deo potenter repente infunditur, tante in se uirtutis ac nobilitatis est a tam ineffabili dei procedens amicicia, quod non mediocriter | delinquit, qui hac Ed. 606 pro temporali quocumque ingratus abicit et relinquit.”
O ignobilis anima, qua mente eum a te repellis, antequam eo secundum 10 desiderium fruaris, cuius summa uoluntas in te est? Vis nosse, quemadmodum dei donis fruaris et utaris secundum ipsius uoluntatem? Ipsa te docebunt peroptime, si tibi gratus fuerit aduentus eius. Exteriori uirtute et interiori deuocione suscipienda sunt, humili timore seruanda sunt in omni necessitate discreta. Da eis tempus et locum in te, 15 quia aliud non querunt a te. Ipse te sic in deum conuertent profunde, ut eius cognoscas in omnibus uoluntatem, quamdiu, quo tempore eius dulcibus inhereas amplexibus; quo tempore et quemadmodum huius mundi peccatoribus, et in purgatorio constitutis, subuenias, et inspecta cuiuslibet 20 viui uel defuncti necessitate, succurras.
Kap. 20: auch Ra 16 quod … animamque] am rR MZ Rb 17 dulcedine] dulcedine pietatis, pietatis gestr. Rb 20,1 In eodem] fehlt Ra 2 perfunctorie] perfunccione Ra 3 Donum] Domum Rb Ra, korr. nach LG V, 15, 4 meum] meam Rb Ra 5 sapienti] sapienti doctrinam solacium sapienti Rb 12 – 16 Vis … profunde] Zur Fehlergenese in der lateinischen Übersetzung und zu den Konjekturen s. Neumann 1993, S. 119, Anm. zu FL VI, 13, 2 13 docebunt] docebit Rb Ra 14 sunt] est Rb Ra 15 sunt] est Rb Ra | eis] ei Rb Ra 16 querunt] querit Rb Ra | Ipse] ipsa Rb Ra | conuertent] conuertet Rb Ra
Das liecht der gotheit – Buch V, 14,14 – 15,24 | 361
himmel. Alle, die mich von ynen vortriben, werdent au͗ch von mir vortriben.
15 On mich mag der mensch nichtzs thu͗n, wan ou͗ch min menscheït hatt nie
ettmas volbracht anderst, dan mïn gotheit vor verordnet hatt.” “Nym war, herr, sye sagend, das das sey weisheit, dem leip schoͤ nen, daru͗mb das dein gutter vnd su͗esser geist, der do von dir vßgatt vnd durchtringt die seell, mit siner siessigkeyt dem leip nem die krefft vnd yn 20 vnfru͗chtbar macht zu guten wercken.”
5 [CLXXXv]
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[15.] Von dem bruch der gnaden Das spricht der herr: “Die ku͗nigliche speiß sol nït bald hinweg tragen werden, so lang bis die notdu͗rfft daru͗on genommen ist. Mein sunderlïche gab gibt der seel vnd dem leib sonderliche wurdigkayt. Sy gibt den vnwysen leer vnd trost den wysen. Sy gibt lob vnd glori mit einem vnvffhoͤ rigem | vßflu͗ß dem, von welchem sye vßflu͗ist, so sye fruchtbarlich widervmb koͤ ret zu͗ mir, von welchem sye ist vßgeflossen. Die gnad, die von gott also schnell gewalten glich ingegossen wirt, ist einer solchen tu͗gent vnd adellickayt, vnd kompt haͤ r von der vnvßsprechlichen fru͗intschafft gottes, das nit ein wenig su͗ndet der, der sie vmb zitlichs wegen vndanckbar von ym wirfft vnd ferlast.” O vnadelliche seel, mit was gemu͗etzs vßtribest du͗ den von dir, ee dan du͗ den nach deinen begirden nu͗ist, welches hochster wil in dir ist? Wiltu͗ wissen, in was gestalt du͗ niessest die gaben gottes, vnd wie du͗ sye bru͗chest nach seinem willen? Sÿe wirt dich das wol leren, wo dir angenem wu͗rt sein ÿr zuku͗nfft. Mit innere andacht vnd mit vsserer tu͗gent sol man sÿe empfaen. Man sol sÿe behalten in demu͗tiger forcht in aller bescheidenlicher notdurfft. Gib yr statt vnd zyt in dir, wan sÿe erheischet nichtzs anders von dir. Sÿe wirt dich also dieff bekoͤ ren in gott, das du͗ in allen dingen erkennest seinen willen, | wie lang, in was zyt du͗ moͤ gest clxxxj anhangen sinen siessenn vmbfahungen; in was zytt vnd in waß wise du͗ moͤ gest zuhulff kommen den sundern in diser welt, vnd denen so im fegfeu͗r sind, vnd zu͗hulff kommest einem iglichen lebendigen vnd todten, nach dem du͗ angesehen hast sein notdorfft.
362 | Lux divinitatis – Liber V, 20,21 – 21,19
Cumque interius secundum dei uoluntatem fruatur et secundum suam possibilitatem lassatur enim mortali iuncta corpori, dicit deo suo: “Fuge nunc interius, ut omnibus factis meis fulgeant tua dona!” [21.] Qualiter homo Christo, et deo, et beate virginibus, et omnibus FL VI, 32 sanctis eius se conformat – Sexta parte 31 capitulum Amor et misericordia et stabilitas, que proximis inpendimus, celesti Patri similes nos reddunt, qui hec sine intermissione circa nos operatur. Paupertas, contemptus, pena, abieccio nos similant dei Filio vero, domino 5 Ihesu Christo. Quantum effluimus cordis liberalitate ad dandum nostra pauperibus, et corpus seruiendum debilibus : tantum Sancto Spiritui assimilamur, qui est larga effluxio Patris et Filij. Quantum ueraces, modesti, et discreti, in sancta simplicitate fuerimus : 10 tantum cum simplici trinitate similitudinis habemus, qui uiuus et verus deus est, in sapiencia perficiens omnia opera sua. Quantum casti in omni puritate, humiles (84va) cum omni subieccione, seruiles cum omni sanctitate, innocentes ab omni prauitate fuerimus: tantum dei genitrici semper uirgini Marie conformamur, que hijs uirtutibus 15 super omnes emicuit. Que virgo mater facta, uirgo permansit, impera|trix et Ed. 607 miseratrix tocius creature. Si benigni, amabiles, pacifici studuerimus esse, sanctis angelis similes sumus.
Kap. 21: auch Ra 21 Cumque … uoluntatem] am rR MZ Rb | fruatur] vor possibilitatem Lücke von 6–8 Buchstaben Rb Ra, ergänzt nach LG V, 15, 25f. und entsprechend einem Vorschlag von Neumann 1990, S. 221, App. zu VI, 13, 43 | et … suam] ergänzt nach LG V, 15, 25f. und entsprechend einem Vorschlag von Neumann 1990, S. 221, App. zu VI, 13, 43 22 iuncta] mit EZ am rR für nicht getilgtes anima Ra | deo] de Rb Ra, ergänzt nach LG V, 15, 27 und entsprechend einem Vorschlag von Neumann 1990, S. 221, App. zu VI, 13, 45 21,1 Christo] christus Rb | et1 … omnibus] vaH (ohne EZ) am lR entsprechend der Überschrift von FL VI, 32 Rb, fehlt Ra 2 Sexta … capitulum] Capitulum 61m Ra 8 Sancto Spiritui] spiritui sancto Ra 9 effluxio] effluxio i (i gestr.) Rb 10 et] mit EZ üdZ Ra 11 cum] in Fortführung der Zeile vaH am rR Rb | uiuus] korr. aus uiuis am lR Rb, vn[vs] Ra | et] mit EZ am lR Rb, fehlt Ra 14 seruiles] seruiles cum omni subieccione seruiles Rb 16 Que … uirgo] Virgoque Ra
Das liecht der gotheit – Buch V, 15,25 – 16,21 | 363
25
Vnd wan sÿe sich also bru͗cht nach dem willen gottes vnd nach ÿrem fermogen, so wirt sÿe in ÿrem zugesellten leip mied gemacht vnd spricht zu͗ ÿrem gott: “Flu͗ich nu͗n hinein, vff das in allen meinen wercken erschinent deine gaben!” [16.] Wie sich der mensch glichmach Christo vnd sinen heiligen
5
[CLXXXIv] 10
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Die liebin vnd erbermd vnd bestendigkayt, so wir entbiettent vnserm nechsten, machent vns glich dem himmelischen vatter, welcher sÿe hie on vnderloß bey vns wircket. Armu͗t, pein, verachtu͗ng, ferwerffung machen vns gleich dem waren suͦ n gottes Jesu Christo. Wie fast wir vßfliessent mit freymiltigkeyt vnsers hertzens, zu͗geben das vnser den armen, vnd vnsern leip zu͗dienen den | schwachen : so vil werden wir zu͗gleicht dem heiligen geist, welcher ist die freye vßfliessüng des vatters vnd des su͗ns. Wie warhafftiger vnd bescheidner wir sind in der heilige einfaltigkayt : so vil hond wir die glichin der einfaltige tryfaltigkeyt, welche ist warlich ein gott, der do alle seine werck volbringt in seiner weisheit. Wie mer wir ku͗sch sind in aller reinigkeyt, demu͗tig mit aller vnderthenigkeyt, dienstpar mit allem fleiß vnd mit aller heiligkeyt, vnschuldig von aller bosheit : so wil werdent wir glich der mutter gottes Marie, der iu͗ngfrow, welche mit disen dugenden vber alle andere geschinet hatt. Welche iu͗ngfrow wart ein mu͗tter vnd blibt doch ein iu͗ngfrow, ein keyserin vnd ein erbermderin der gantzen creatu͗r. Fleÿssen wir vns zu͗sein lieblich, fridsam, gu͗etig, so werdent wir glich den heiligen engeln.
16,6 Jesu Christo] rot unterstrichen 16 Marie] rot unterstrichen
364 | Lux divinitatis – Liber V, 21,20 – 22,5
Si sanctam conuersacionem cum exilio et tribulacione sine solacio sufferimus, Sancto Iohanni baptiste, qui inter natos mulierum maior est, nos conformamus. Desiderium laudis diuine cognicio in donis, et fruicio dei uoluntatis ordinata patriarchis et prophetis nos similes reddit. Studium diuine sapiencie et conuersio peccatorum eciam in tribulacionibus perseuerancia sanctis apostolis nos assimilat, qui se reliquerunt usque ad mortem. Si pacienciam in omnibus euentibus et fidem katholicam inconcussam usque ad mortem seruauerimus, formam martirum induimus, qui uiam regni celestis suo sanguine resperserunt. Quando necessitates uiuorum et mortuorum fidelium in sancta ecclesia cum pietatis studio pertractamus, sanctis confessoribus, qui cum multis laboribus, uigilijs, et sanctis exercicijs similia fecerunt, utiliter conformamur. Pugna inuicta contra carnis concupiscencias, et uirginalis mundicia conseruata, electis virginibus conformitate sociat, que nunquam palmam uictorie amiserunt. Uera penitencia et satisfactio magna Sanctis uiduis nos assimilat, que post culpas tantam gloriam meruerunt. Quantum omni uirtutum studio et operibus atenti fuerimus in hoc seculo : tantum domino deo nostro et omnibus sanctis eius conformabimur in futuro, qui eum secuti sunt in hoc mortalitatis stadio uicijs repugnantes et uirtutibus adherentes.
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FL V, 2 [22.] De utilitate tribulacionis – Quinta parte 2 capitulum Gracias ago deo, quia benignitas est, et quamdiu uixero, meipsam iudicans defleo mala mea. Deus, ultionum deus, non superuacue ulciscitur in peccatis. Quamdiu uanitati et peccato creatura subiecta est, eciam non uolens, non tam uirtutibus indiget, quam pena. Quam dum sibimet 5
Kap. 22: auch Ra 23 laudis] korr. aus laudes, s Nachtrag vaH üdZ Rb | dei uoluntatis] voluntatis dei Ra | uoluntatis] tis von folgender Rasur beschädigt Rb 24 ordinata … et] schlecht lesbar, da Nachtrag vaH auf Rasur, patriarchis mit EZ am lR Rb 25 Studium … sapiencie] schlecht lesbar, da Nachtrag vaH auf Rasur, sapiencie mit EZ am lR Rb | eciam] et Ra | in … perseuerancia] perseuerancia in tribulationibus Ra 26 perseuerancia sanctis] schlecht lesbar, da durch Rasur in Zeile darüber beschädigt Rb 35 concupiscencias] concupinans Rb 40 atenti] oder contenti (?), Anfang wg. Rasur schlecht lesbar Rb, intenti Ra 41 domino deo] deo domino mit VZ Ra 22,1 Quinta … capitulum] fehlt Ra 21 inter … maior] vgl. Mt 11,11; Lc 7,28 35 carnis concupiscencias] vgl. I Io 2,16 22,3 Deus ultionum] Ps 93,1
Das liecht der gotheit – Buch V, 16,22 – 17,5 | 365
Lident wir vnsern heiligen wandeln mit ellend vnd triebsall on trost, so sind wir gleich dem heiligen Joanni, dem dau͗ffer, der do der groͤ st was | vnder clxxxij den suͦ nen der weiber. 25 Begird des gotlichen lobs, erkantnu͗s in den gaben vnd niessung des goͤ tlichen willens macht vns glich den patriarchen vnd propheten. Ler der wisheit vnd bekerung der su͗nder, au͗ch ferharrüng in dem tru͗bsal, macht vns glich den aposteln, welche sich selbs gelassen hond bis in den tod. 30 Behalten wir in allen faͤ llen gedult vnd ein vnbewegten christenlichen glou͗ben bis in den toͤ dt, so hond wir anthon die gestalt der marterer, welchi mit yrem blu͗tt gesprentzt hond den weg zum ewigen rich. Wan wir die nott der lebendigen vnd der todten in der heiligen kilche mit fleissiger gietigkeyt handlent, so sind wir glich den heiligen bichtvaͤ ttern, 35 welche mit vil arbeit, wachen vnd heilige vbu͗ng glichs hond gethon. Der vnu͗berwunden streit wider die anfechtu͗ng des fleischs vnnd die behalten iüngfrowliche reinigkeyt macht vns glich gesellig den iu͗ngfrowen, welche nie ferlorn hand den palm des sigs. [CLXXXIIv] Die warhafftige rew vnd das | groß gnu͗gthu͗n macht vns glich den heiligen 40 witlingen, welchi nach der schu͗ld solch glori erlanget hond. Wie mer wir gezieret werden in diser welt mit den du͗genden vnd mit yren wercken : so vil mer werden wir glich sin gott, vnserm herren, vnd allen seinen heiligen in zu͗kunfftigem leben, welche im nachgeuolget hond in disem sterplichen leben mit dem, das sye hand gestritten wider die laster 45 vnd sind angehangen den du͗genden. [17.] Von der nutzparkeit der tribsaligkeit Ich sag danck meinem gott, wan er ist die gutwilligkeyt, vnd als lang ich wird leben, so vrteil ich mich selbs vnd beweine mein vbell. Gott, der do ist ein herr der rach, wirt sich nit vmbsunst rechen in die su͗nder. Wie lang die 5 creatu͗r vnderworffen ist der su͗nd, au͗ch ob sÿe es nit wil, so ist sÿe
33 lebendigen] lebendingen 34 sind] davor we rot durchgestr. 40 erlanget] wg. Fleck schlecht lesbar 17,1 tribsaligkeit] ligkeit mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile
366 | Lux divinitatis – Liber V, 22,6 – 32
inflixerit homo consulte et discrete, vtilis est assumpta. Propter deum ea vero, quam deus per inimicos suos infert uel | amicos, tanto nobilior et Ed. 608 utilior consistit, quanto ipse melior et suauior est omnibus, per quos tormenta et supplicia inferuntur. Christus, dominus noster, non per penam, quam sibi intulit, nos redemit. Verum, quemadmodum sibi in penis 10 famularemur et laboribus, nos (84vb) instruxit. Passio autem, quam ab inimicis et perfidis pertulit sine culpa, mors miserabilis et despecta, in qua nullus cum eo amicus perstitit preter singularem uirginalem matrem intemeratam Mariam, nostre redemptionis causa precipua extiterunt. Quia uero mater uirgo filio ueraciter vnita fuit interius, cum ei inseparabiliter 15 adhesit exterius.
Dum ego misera anxiarer, et penarum mearum tedium me teneret, consolatus est me dominus dicens: “Aduersitatum doloribus, penarum crvciatibus carere semper saluti fragilitatis humane non conuenit. Purificat enim assidue a peccatis multiplicatibus hominem et tuetur.” Et ecce, uidi in 20 spiritu terribilem peccatorum exercitum, nos persequentem tanquam omnes montes et lapides, arbores et eorum folia, stille pluuarium et harene maris in unas personas uersa nos querentes opprimere, ne ualeamus in dei misericordia respirare. Igitur: contra peccata, que, quandoque verbis nequimus exprimere, datur nobis ab occulto dei iudicio penarum asperitas, 25 quas occulte in nostris membris miseris sustinemus. Preterea amaritudo aduersitatum a futuris lapsibus defendit, quos frequenter munda electorum corda, que spiritus dei repleuerit, pertimescunt. Huius eciam incomoditatis nobilitas ad suscepcionem dei gracie dignos reddit. Cum enim omne temporale commodum, et transitoriam necessitatem, terrenumque solacium 30 anxia cum timore et exuli corde suscipio: tunc procul dubio diuina illa ac delicata adest consolacio.
7 tanto] ta[m/n], to vaH üdZ Rb 11 ab] vaH üdZ Rb 13 uirginalem] matrem virginalem mit VZ Ra 14 nostre] nostri, mit EZ am rR Ra 17 ego misera] vaH mit EZ am rR in Anlehnung an FL V, 2, 14 (322,17) Rb | et] vaH üdZ Rb | penarum mearum] mearum penarum penarum, zweites penarum gestr. Ra | mearum] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL V, 2, 14 (322,17) Rb 21 peccatorum] dazu unleserliche Glosse vaH mit EZ am rR (eine Entsprechung zu manigfaltigen FL V, 2, 17 [322,21f.] wäre zu erwarten) Rb, fehlt Ra 24 misericordia] amore et misericordia Ra 29 nobilitas] über dem s ein Buchstabe/Zeichen gestr. Rb | gracie] korr. aus g[e]n[er]e Rb
Das liecht der gotheit – Buch V, 17,6 – 35 | 367
10
15
20 [CLXXXIIIv]
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notdurfftig der du͗genden vnd der pin. Wie lang ein mensch im selbst pein vfflegt vernu͗nfftlich vnd bescheidenlich, so ist sÿe ym nu͗tz, so sye vmb gott ist angenommen. Aber die pein, welchi gott durch seine find | oder durch clxxxiij fru͗ind einem menschen zu͗santt, ist so fiel nu͗tzer vnd adellicher, als vil er besser vnnd siesser ist vber alle, die durch welchi liden vnd pein angethon werden. Christus, vnser herr, hatt vns nit erloͤ st durch pein, so er ym selbs angethon hatt, sunder er hatt vns vnderwysen, in was gestalt wir ym solten dienen in den peinen vnd arbeiten. Aber das liden, so er getragen hat on schuld von seinen finden vnd vngloͤ bigen, der ellend vnd ferachtet tod, in welchem kein fru͗ind bleib bey im ston, vßgenommen sin su͗nderliche mutter Maria, sind gesin die fu͗rnemste vrsach vnnser erloͤ sung. Aber darumb, das die iungfrow mu͗tter warlich was vereiniget mit dem suͦ n von innen, do sÿe ym vnabtrentlich anhieng von vssen. Do ich in engsten was vnnd verdru͗ß, hott mich getroͤ st mein herr sprechend: “Alweg mangeln der schmertzen der widerwertigkayt vnd der cru͗tzigu͗ng der pin, zimpt nit menschlicher bloͤ digkaÿt. Wan es machet rein von manigfaltiger su͗nd vnd beschirmet | den menschen.” Vnd, nymwar, ich sach im geist ein erschrockenlichs hoͤ r der su͗nd vns feru͗olgen, als ob alle berg vnd stein, alle boͤ m vnd ÿere bletter, wasser tropffen vnd das sand am meer werent bekert in ein person, dye do vns suchtent vberall, vff das wir nit mochtent lufft empfaen in der erbermd gottes. Darumb: wider die su͗nd, die wir nit moͤ chten mit worten ettman vßreden, wirt vns gegeben von dem heimlichen vrteil gottes scharpffe pein, welche wir heimlich in vnsern armen gelidern lident. Auch die bitterkeyt der widerwertigkayt beschirmt vns von zu͗kunfftigen vellen, welchi offt die reinen hertzen der vßerwelten, die der heilig geist erfu͗lt hatt, besorgent. Vnd au͗ch die adellickeyt dises kommers machet sÿe wurdig zuempfau͗ng der gnad gottes. Wan, so ich empfach mit forcht vnd mit ellendem hertzen allen zytlichen nu͗tz vnd zergengliche notdurfft vnd irdischer trost: dan, on zwÿfel, so ist bey mir dise gottliche vnd zarte troͤ stu͗ng.
11 Christus] rot unterstrichen 16 Maria] rot unterstrichen 23 hoͤ r] davor gesicht gestr., hoͤ r rot überschrieben
368 | Lux divinitatis – Liber V, 22,1 – 23,21
| [23.] Quomodo deus consolatur in tribulacione – Prima parte 31 capitulum Facta sum aliquando obprobrium habundancium et despectio superborum. Et dixit michi dominus: “Noli mirari! Si uas eleccionis et glorie omnique precioso lapide ornatum factum est tanquam uas perditum audiens uituperacionem multorum secum commorancium: quid fiet de uase contumelie immundo, quod caret operculo, repleto felle amaritudinis? Igitur, cum honoraris, erubesce; cum affligeris, gaude; in beneficijs, time; cvm malefactis tuis me offendis, desolare ex corde! Quod, si turbari nequiueris, memento, quam acerbos, quamque diuturnos pro te labores sustinui et dolores!” Et dixi: “Domine, largitas tua est pastus corporis mei. Mirabilis et prebenda misericordia tua est anime mee consolacio singularis. Amor tuus est anime mee requiecio eternalis.” “Tu es michi agnus mansuetudinis in tribulacione, turtur simplicitatis in diui(85ra)na affectione, tu michi sponsus in expectacione.” dixit dominus: “Ama abiectionem, fuge ammiracionem, sola sta, Nota 12 vtilia Et coniungere nulli, esto non multum negociosa et ab omni re libera et ociosa; absolue captiuos a uinculis, alliga male liberos in compedibus, infirmos refice; tuque nichil posside, aquam tribulacionis bibe, ignemque amoris lignis uirtutum foue: Tunc habitabis veraciter in solitudine vera.”
Ed. 609 FL I, 31 5
FL I, 32 10
FL I, 33 FL I, 34 15 FL I, 35
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Kap. 23: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 17 23,1 Prima … capitulum] fehlt Ra 3 Facta] F[a]C[t]a Rb 4 dominus] fehlt Rb Ra, ergänzt entsprechend Z. 12 und in Anlehnung an LG V, 18, 3 5 precioso lapide] lapide precioso Ra 7 amaritudinis] amaritudinis mit FZ Ra 8 time] timee, zweites e gestr. Rb 9 cvm] mit EZ vaH üdZ Rb malefactis … offendis] [a]c[t]is tuis me ¦ offend steht als Ergänzung vaH, teilweise auf Rasur am rR bzw. am lR in Entsprechung zu FL I, 32, 3f. (52,5) Rb 17 Et … dominus] vgl. Glosse in der Einsiedler Hs. zu FL I, 35, 4 (abgedruckt bei Neumann 1993, S. 210) | Nota … vtilia] vaH in Anlehnung an die Überschrift von FL I, 35, fehlt Ra | sta] darüber das auslaufende untere Schaft von A (von Ama) in der Zeile davor Rb, s[an]c[t]a Ra 21 Tunc … vera] vaH mit EZ am oR in Entsprechung zu FL I, 35, 15 (54,3) Rb, habitabis veraciter in vera solitudine mit EZ am Ende der beiden folgenden Zeilen Ra 23,3 Facta sum] vgl. Ps 30,12 | obprobrium … superborum] Ps 122,4 4 uas eleccionis] Act 9,15 omnique … ornatum] vgl. Apc 18,12; Sir 50,10 5 factum … perditum] Ps 30,13 | audiens … commorancium] Ps 30,14 6 de … operculo] vgl. Nm 19,15; Os 8,8; Rm 9,21; II Tim 2,20 7 felle amaritudinis] Act 8,23 20 aquam tribulacionis] vgl. I Sm 22,27
Das liecht der gotheit – Buch V, 18,1 – 22 | 369
[18.] Wie got trost gibt in der trübsaͤ ligkeit
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[CLXXXIVv]
20
| Ich bin ettman gesin ein gespoͤ t der richen vnd ein vorachtung der clxxxiiij hoffertigen. Do sprach gott zu͗ mir: “Du͗ solt dich nit verwu͗ndern! Ist das faß der vserwelu͗ng vnd der glori, das do geziert ist mit allem edelen gestein, worden als ein verlorn vaß vnd hoͤ rt scheltwort filer, so bey im woneten: was wirt bescheen von einem vnreinen feßlin der schmach, ê das do mangelt des deckels vnd erfu͗lt ist mit der galle der bitterkaÿt? Darumb, so du͗ geeret wirst, so scham dich; wan du͗ gepiniget wu͗rst, so frew dich. Foͤ rcht dich in den güttaͤ tten, bis vß deinem hertzen troͤ stloß in den vbeltaͤ tten! Magst aber du͗ nit betrubt werden, so bis ingedenck, wie bittere vnd wie langwirige arbeit ich vmb dich erlitten hon vnd schmertzen.” Do sprach ich: “Her, dein miltigkaÿt ist die speiß meines leibs. Dein wünderbarliche erbermd ist ein sunderlicher trost meiner seel.” “Du bist mir das lemlin der senffmu͗etigkaÿt in der tru͗bnu͗s, ein turteltau͗b der einfaltigkeyt in der gottlichen | inbru͗nst. Du bist mein gespons in der wartu͗ng.” Vnd der herr sprach: “Hab lieb die verwerffung, flu͗ich die verwu͗ndernu͗ß, stand allein, fereinige dich mit keinen, bis nit zu͗u͗il geschefftig vnd bis freÿ vnd miessig von allem ding, loͤ sß vff die gefangenen von den banden, bind an die boͤ ßfreÿen mit fu͗eßÿsen, erkick die krancken vnd besitz nichts, trinck das wasser der trubsaͤ ligkoyt vnd neer das fu͗ir der liebin mit den hoͤ ltzern der du͗genden!”
18,14 der3] davor in gestr., der rot überschrieben
370 | Lux divinitatis – Liber V, 24,1 – 25,21
FL IV, 1 [24.] De raritate vere virginis Si virginitatem, quam unigenitus sic honorare dignatus est, ut pro tua dileccione filius virginis fieret, exornare uolueris: humiliter tace, amanter aduersa sustine, perseuera in omni bono omnibus diebus uite tue, virginalem pudiciciam custodi et retine! Sic poteris ex uirginitate celesti 5 sponso complacere. O virgo, quantam tibi dominus glorie magnificenciam pro hijs disposuit exhibere! Ipse tibi speciosus erit sponsus, tecumque celestia tripudia fre|quentabit. O ego misera, clauda canicula, prout potero, Ed. 610 claudicans ambulabo.
Jntende, que dico! “Castarum, prochpudor, virginum non est multitudo.” [25.] De reuerencia comunionis corporis Christi O jnsipientes uirgines, begine videlicet, quomodo sic estis temerarie, quod expauescendo coram omnipotente non tremitis iudice, cum ad sacrarium corporis eius ceca acceditis consuetudine! Ego, quidem inter uos sum minima, erubesco, paueo et contremisco. Jn quadam festiuitate sic pauida extiti, quod hoc sacramentum contingere non presumpsi, quia de meis precipuis meritis confundor coram oculis sue maiestatis. Rogaui ergo dominum, ut michi in hoc gloriam suam declararet. Et dixit michi: “Vere, si me precesseris cum humili merore, sanctoque timore, oportet me te subsequi, sicut fluctus altissimus infra se positam molam influit et impellit. Quod, si michi uirenti desiderio fluentis amoris occurreris, obuiam tibi ibo, tangamque te diuinitate tanquam reginam unitam et dilectam.” Vt glorificetur dei bonitas, necesse est, ut secreta mea proferam, que aliter dei laudes non ualeo enarrare. Quod profecto me non plus impedit quam, si ignita fornax panibus similaginis repleatur. Igitur ad mensam domini turma uallata nobili, que me tuebatur fideliter, et tamen obseruans me affligebat fortiter: veritas accusabat me, timor increpabat me, verecundia flagellabat me, contricio contempnabat me, (85rb) desiderium interfecit me, karitas deduxit me, fides defendit me,
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FL III, 15, 4–28 (192,31–194,28)
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Kap. 24: – Kap. 25: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 30f. (qui – continetur) 24,2 honorare] ra vaH mit EZ üdZ Rb 3 exornare] enorare Rb, korr. nach LG V, 19, 3 4 perseuera] vaH mit EZ am lR (ohne Entsprechung in FL IV, 1 und LG V, 19) Rb 25,1 De … Christi] mit EZ am uR Ra 2 begine] benigne Rb Ra, korr. nach LG V, 20, 2 16 plus] vaH mit EZ am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 20 verecundia] verecundia f (f gestr.) Rb
Das liecht der gotheit – Buch V, 19,1 – 20,22 | 371
[19.] Von der seltzamkeit der warhafftige iungfrowschafft Wiltu eeren die iungfrowschafft, welchi der eingeborn su͗n also hat woͤ llen eren, das er wolt werden ein su͗n der iu͗ngfrowen vmb deiner liebin wegen: so schweig demu͗tiglich vnd leid dultiglich die widerwertigkaÿt, in allem 5 gu͗tten alle deine tag behalt die iu͗ngfrowlich schamhafftigkeit! Also magstu͗ wolgefallen, vß der iu͗ngfrowschafft, deinem himlischen gespons. O iu͗ngfrow, wie grossi glorj hat der bereit, dir vmb diser dinger wegen zu͗embietten! Er wirt dir sein ein | schoͤ ner gespons, vnd er wirt mit dir die clxxxv himlische freu͗d vnd spil vnd tantzen fertreiben. O ich arme hinckens 10 hu͗ndlein, ich wirt, als vil ich mag, hinckent gon. Merck vff, was ich rede! “Leider, der schamhafftigen iu͗ngfrowen ist ein kleine zall.”
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[20.] Von der reuerentz der empfaung des leibs Christi im sacrament O ir vnwisen iu͗ngfrowen, ÿr beginen, wie sind ÿr so freu͗el, das ir nit mit erschrecken erzitterent vor dem almechtigen rïchter, so ÿr zu dem sacrament seÿnes leips vß blinder gewonheit gangent! Ich bin vnder eu͗ch die minste, ich scham mich, ich forcht mich vnd erzittere. An einem hochzitlichen tag was ich also forchtsam, das ich nit dorst anrieren dis sacrament, wan ich wirt beschemt von minem fu͗rnemsten vordienen vor den ogen seiner maiestat. Darumb batt ich den herren, das er mir sein glorj in disem erklert, vnd er sprach zu͗ mir: “Warlich, gaͤ stu͗ mir vor mit demu͗tigen tru͗ren vnd mit heiliger forcht, so mu͗ß ich dir nachu͗olgen | als ein hoͤ her flu͗ß tribt vnd fleßt einen schleiffstein, der do vor ÿm statt. Wirstu͗ mir entgegen lou͗ffen mit der gru͗nende begird der fliessenden liebin, so wirt ich dir au͗ch entgegen loffen vnd wirt dich anrieren mit der gotheit als ein liebin vnd fereinigte ku͗nigin.” Das do geeret werd die gutheit gottes, ist nott, das ich mein heimlickeyt sag, wan ich mag anderst nit vßreden dÿe lob gottes. Welches doch mich nit hindert mer, dan ob ein hitziger offen vol semmelbrott. Darumb, zum tisch gottes des herrens bin ich vmbgeben mit adellicher schar, welche mich beschirmt tru͗lich, vnd dennocht, mit dem bewaren, piniget sÿe mich starcklich: die warheit anklagt mich, die forcht strafft mich, die schamhafftigkeit geislet mich, die ruw verdammet mich, die begird schlu͗g mich zu͗tod, die liebin furet mich hin vnd haͤ r, der globe der
19,4 leid] üdZ für rot durchgestr. schwei 20,7 beschemt] beschennt 17 hindert] korr. aus hinderst
372 | Lux divinitatis – Liber V, 25,22 – 26,17
intencio pura preparabat me, omnia bona opera mea clamabant aduersum me, - omnipotens deus suscepit me, eius inmaculata humanitas uniuit sibi me, Spiritus eius Sanctus consolatus est me. Et dixi: “Nunc, deus meus es tu, domine, quia bis datus es michi hodie et ‖ LD VI, 8, 2–8 eciam in scriptura que dicit: ‘Puer natus est nobis, filius datus est nobis.’ Desidero, deus, honorem tuum, non commodum meum. Petoque, ut hodie sacramentum corporis et sanguinis tui consolacio sit animarum, que in purgatorio crvciantur. Tu uere meus es, esto igitur redempcio | captiuorum, Ed. 611 qui tuam in penis gloriam prestolantur!” 30 Exaudiuit dominus me, sicut in hoc libro continetur. [26.] De fortitudine dei et infirmitate bonis “Eya domine deus omnipotens, quamdiu subsistam in hac terra tanquam FL VI, 38 signum posita, ad quod currunt homines, iaculant et sagittant insidiantes cum multa astucia et malicia fame mee et anime saluti?” Audi hoc responsum dicit dominus: “Nullus tam felix in cursu, nullus tam 5 fortis in iaculo, nullus tam astutus in sagitta, nullus tam maliciosus in ira: qui celum irrumpere uel destruere, uel dispendio attingere valeat, in quo mea est habitacio sempiterna. Verum vbi hodie ad hospicium inuitor, et cras amoueor, similes sunt inferno. Cuius ego fundamentum fuero, illius 10 pinnaculum et sublimitas permanebo.” “Eya domine, quis michi dabit, ut sic omnes vias meas perambulem, quod, si mota fuero, sine casu permaneam?” Timor domini tenebit me, et uoluntas deducet me. Nullus scit, quam firmus in timore dei stet, nisi prius carnalibus FL VI, 40 temptacionibus attemptetur. Nec scit homo uirtutem suam, nisi prius 15 mundi malicia atteratur. Nec bonitatem suam quis nouit, donec uita presens felici termino finiatur.
Kap. 26: auch Ra 26 eciam … nobis] am rR MZ Rb | filius] et filius Ra 27 Desidero] Desiderio, zweites i unterpungiert Rb 31 continetur] continentur Rb 26,1 De … bonis] am rR MZ Rb | bonis] hominis Ra 3 sagittant] erstes t vaH üdZ Rb 4 malicia … mee] malicia|mee fame Ra 5 Audi] korr. aus audite, te unterpungiert Rb 7 attingere] se attingere, se gestr. Rb 11 perambulem] peramabilem Rb 12 permaneam] non permaneam, non unterpungiert Rb 14 quam] quasi Ra 22 omnia … me] vgl. Iob 31,38 26 Puer … nobis2] Is 9,6
Das liecht der gotheit – Buch V, 20,23 – 21,19 | 373
beschirmet mich, die reine meinu͗ng bereitet mich, alle mine gu͗te werck schrÿent wider mich, - der almechtig gott empfing mich, seine | vnbefleckte clxxxvj 25 menscheit hatt mich ym selber fereiniget, sein heiliger geist hatt mich getroͤ st. Vnd ich sprach: “Nu͗n, o herr, bist du͗ mein gott, wan du͗ bist mir hu͗it zwirent gegeben worden, auch in der geschrifft, die do spricht: ‘Vns ist geborn ein kind, ein su͗n ist vns gegeben.’ O got, ich beger dein eer, nit min 30 nu͗tz. Ich beger auch heu͗t das sacrament deines leips vnd blu͗ts. Dein trost sey den seelen, so im fegfeu͗r gepeiniget werdent. Aber du͗ bist mein. Darumb so bis ein erloͤ ser der gefangenen, welchi in yren pinen deiner glori wartent!” Vnd der herr hatt mich erhoͤ rt, als do in disem buch begriffen wirt.
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[21.] Von der sterckin gottes vnd von der blodigkeyt des menschens “Eya herr, almechtiger gott, wie lang mu͗ß ich bliben vff diser erde gestelt als ein zeichen, zu͗ welchem die menschen loffent, schiessent, werffent, welchi mir in heimlicher findtschafft stellent mit arglistigkeyt vnd bosheit nach meiner eer vnd miner seel selligkaÿt?” | Hoͤ rent, dise antwu͗rt gab der herr: “Keiner ist so sellig ym loff, keiner ist so starck im wurff, keiner ist so listig im schiessen, keiner ist so boshafftig im zorn: der do mag in den himmel ru͗effen, riessen oder inzebrechen oder schadenlich anrieren, in dem ist min wonu͗ng in ewïgkeÿt. Aber doch, wo ich hu͗it geladen wirt zu͗ herberg vnd morn wider vßgetrieben, die selbigen menschen sind glich der hell. Welches ich sin wirt ein filment, des selbigen vmbgang vnd hoͤ hi wirt ich bliben.” “Eÿa herr, wer wirt mir das geben, das ich also alle meine weg du͗rchgang, das, ob ich wu͗rt bewegt, das ich nit blib ym fall?” Die forcht gottes wirt mich behalten, vnd sein will wirt mich fieren. Keiner weist, wie starck er stand in der forcht gottes, er werde dan vor angefochten mit fleischlichen anfechtu͗ngen. Auch weist der mensch nit sein du͗gend, er wer dan u͗or getru͗ckt von der bosheit der welt. Auch kennet keiner sein gutheit also lang, bis das hihig leben geendet wirt.
374 | Lux divinitatis – Liber V, 27,1 – 29,3
FL IV, 7 [27.] Sexta parte vij capitulum Pro eo, quod omnibus me subieci et postposui creaturis, tu, domine, me super omnia exaltasti. Et quia omni terreno subsidio et peculio careo, terrenum non habeo. Et tu es solus bonum meum, et ego uariabilis et 5 instabilis in omnibus factis meis.
[28.] Sexta parte vij capitulum Dicit dominus: “Hoc est inscrutabile, quod deus peccatorem respicit tanquam iam ad se conuersum. Hec est vera uoluntas domino seruiendi, quod homo ualde festinet uenire ad me, nec retardetur respiciens retro uel post se. Ego omne onus porto, quod (85va) pro dilectione mea suscipit et tollit homo super se. Respice omni tempore cor tuum in Sancti Spiritus ueritate, et detestaberis omne mendacium in simplici puritate! | Nam falsitas karitatem excludit, et firmat in animo ypocrisim, odium et crvdelitatem. Qui in pena positus inpedimenta conqueritur, in cognicione est cecus, in paciencia non firmus, in amore frigidus; in uirtute tepidus, stultus in sensibus, in bonis sermonibus mutus.” Ideoque dixit dominus: “Hic homo nec infirmari vvlt, nec despici. Et super quo fundabo et edificabo gloriam eius?” “Domine, cum infirmatur uel despicitur, quo tunc edificatur gloria tua?”
FL VI, 17
5 FL VI, 18 Ed. 612 FL VI, 14 10
“Cum infirmatur, debet uenerari, seruire, amare me solum cum iocunda 15 paciencia. Cum despicitur, debet amare me et longanimis esse. Sic enim clerici ac religiosi. Quandoque per obedienciam restricti, a diuinis cum merito uacant. Sic infirmitas et despectio se humiliter sustinentibus gloriam acumulant, graciamque conseruant.” [29.] De utilitate bone uoluntatis FL VI, 19 Mvltas in corde meo sustinui miserias pro eo, quod bonam uoluntatem nunquam perducere potui ad effectum. Inpedit etenim me paupertas,
Kap. 27: – Kap. 28: auch Ra und Be2 (Z. 12–18) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangabe in Z. 2 Kap. 29: auch Ra und Be2 (Z. 15–19). Be2 ist durch Rückvergleich mit dem deutschen Text entstanden. Der Apparat verdeutlicht diesen Sachverhalt und teilt auch sonstige abweichende Lesarten von Be2 mit. 27,1 Sexta … capitulum] am rR MZ Rb 28,1 Sexta … capitulum] am rR MZ Rb, In eodem libro Ra 12 Ideoque] Semel Be2 13 eius] mit FZ Ra, meam Be2 14 Domine] Et dixit mechtildis Domine Be2 uel] quis vel Be2 | quo] jn quo Be2 | edificatur] edificat Be2 | gloria] gloriam Be2 | tua] mit FZ Ra, tuam Be2 15 Cum] Et ait dominus Cum Be2 | amare] et amare Be2 | solum] ohne EZ am rR Ra 16 Cum] Cumque Be2 16 – 19 Sic … conseruant] die beiden Sic-Sätze in vertauschter Reihenfolge Be2 16 enim] etiam Be2 17 clerici ac] fehlt Be2 | cum merito] fehlt Be2 18 Sic … conseruant] am lR MZ Rb sustinentibus] korr. aus sustenentibus Rb 29,1 De … uoluntatis] am lR MZ Rb 2 Mvltas] l mit EZ üdZ Ra 3 perducere] producere Ra | potui … effectum] ad effectum potui, potui mit EZ am rR Ra
Das liecht der gotheit – Buch V, 21,20 – 22,3 | 375
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| Darumb, das ich mich vnderworffen hon allen creaturen vnd mich ynen clxxxvij allen nachgestellet hon, so hast du͗ mich, o herr, erhoͤ cht. Vnd darumb, das ich aller irdische hulff mangel, vnd ich nichts irdisch hab, so bistu͗ allein mein gu͗tt, vnd ich bin ferwandelich vnd vnbestendig in allen meinen wercken. 25
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[CLXXXVIIv] 35
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Spricht der herr: “Das ist vnergru͗ntlich, das gott ansicht den su͗nder, als ob er ÿetzt sey zu͗ ym bekert. Das ist der warhafftig will, dem herren zu͗dienen, das der mensch fast ÿl zu͗ mir zu͗kommen, vnd das er sich nit verspate mit hïndersich sehen. Ich trag alle bu͗rden die ein mensch vmb meiner liebin willen vffsich nimpt. Sich an zu͗ allenzeitten dein hertz in der warheit des heiligen geistes, so wirstu͗ ferhassen alle lu͗gin in der einfaltige reinigkeÿt! Wan die falscheït tribt vß die liebin vnd machet fest im gemiet die glißnerj, den hasß vnd die grimmigkeit. Welcher in den pinen klagt die hindernu͗s, der ist blind in der erkantnu͗ß, nit fest in der gedu͗lt, | kalt in der liebin, law in der du͗gend, dorechtig in den sinnen, stu͗m in gu͗ten reden.” Darumb sprach der herr: “Diser mensch wil nit kranck sein noch ferachtet. Vnd worvff sol ich gru͗nden vnd bawen sein glorj ê?” “Herr, wan er kranck oder ferachtet ist, worvff wirt dan dein glori gebu͗wet?” “Wan er kranck ist, so soll er eren, dienen, libhon mich allein mit froͤ licher gedult. Wan er ferachtet wirt, so soll er mich liebhon vnd langmietig sein. Wan also die gewichten vnd geistlichen. Ettman, so sye durch gehorsame gezwu͗ngen werden, standen still von den goͤ tlichen emptern mit verdienst. Also machen hu͗ffig die glorj vnd behalten die gnad, die kranckheït vnd die ferachtu͗ng denen, so sÿe demu͗tiglich lident.” [22.] Von der nutzparkeit eines guten willens Ich hon vil kommer gelitten in minem hertzen darumb, das ich nÿe mocht den gutten willen bringen zum werck. Wan mich hinderte die armu͗t,
376 | Lux divinitatis – Liber V, 29,4 – 30,5
inpotencia, defectusque consilij, et, quod supra naturam agere non presumo. Postquam enim proprio arbitrio cecidi diuino iudicio a deliciosa 5 altitudine, qua mirabar ea, in que potens caritatis flamma me abstraxerat, quorum nec finem nec principium poteram reperire: hec miseria me inuenit. Nunc autem in tali profundo fluctuo, cuius fundum non inuenio. Nam omne, quod sustineo, penale non estimo, locum nouissimum desiderans, ut, tamquam canis rabidus, nullius hominis amica, in exilio cognita, 10 amiciciam inter pauperes retinerem.
Nolo autem extra obedienciam fieri, quia sancta humilis obediencia uirtutum est sigillum. Voluntas bona, qua homo preditus est, nec tamen opere sufficit, similis est pulchritudini florum nobilium, suaue redolencium sine fructu. Sic me consolatus est dominus, quod omnis pia uoluntas 15 perfecte conuersacionis et uite, flores sunt iocunditatis eterne, quibus rex omnipotens in die leticie festi|uitatis sue electis suis serta preparat, quibus Ed. 613 coronentur, qui hic bonarum conceptibus uoluntatum inpregnati ad partum sancte non perueniunt actionis. Eya nunc, pie deus, porrige michi dexteram tuam et deduc me in patriam caritatis! Quia, prochdolor, tempora multa 20 inutiliter perdidi, que per (85vb) te recuperare proposui, deus meus! Et quoniam corporis commoda, et sensuum exteriorum solacia cum timore humili suscipienda sunt ab hijs, qui in ueritate persistere querunt, tuum est auxilium inplorandum.
In originali: De duabus vijs dissimilibus, quarum vna descendit ad infernum. alia sursum scandit in celum et quia licet habet
[30.] De ueritate et falsitate uirtutum et uiciorum – Quarta parte iiij FL IV, 4 capitulum Temporales diuicie peregrinus et infidelis hospes sunt : Sancta paupertas magnarum diuiciarum coram deo pondus portat. Nobilitas dampnum proprium non recordatur, uilipendit. Stulticia sibi ipsi complacet : 5
Kap. 30: – 12 Nolo … fieri] am lR MZ Rb 13 preditus] propterpreditus Ra 15 dominus] dominus dixit mechtildis Be2 16 flores sunt] sunt flores nobilissimi Be2 | eterne] eterne suaue redolentes et pulcherrimi Be2 rex] deus wohl in Entsprechung zu FL VI, 19, 17 (474,19) Be2 17 leticie … sue] festiuitatis et leticie Be2 18 bonarum … sancte] bona voluntate prediti ad effectum tamen bone wohl in Entsprechung zu FL VI, 19, 19f. (474,21f.) Be2 22 solacia] solacio Rb Ra 30,1 In … habet] vaH am oR entsprechend der Überschrift von FL IV, 4, fehlt Ra 2 capitulum] vaH mit anderer Tinte üdZ Rb 4 Nobilitas] Nobilitas s[ibi], s[ibi] gestr. Rb 5 non recordatur] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL IV, 4, 5 (246,5) Rb 30,3 diuicie … infidelis] vgl. Hbr 11,13
Das liecht der gotheit – Buch V, 22,4 – 23,4 | 377
vn|mu͗glickeÿt vnd der mangel des ratts, vnd das ich nit mag wircken vber clxxxviij 5 mein natu͗r. Wan, do ich vß goͤ tlichem vrteil mit minem eigen willen
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gefallen was von der wollüstige hoͤ hin, in welcher mich ferwunderten die ding, in welchi mich der gewaltig flam der liebin abgezogen hett, welcher ich noch end noch anfang nicht finden mocht: hatt mich diser kommer erfu͗nden. Aber nu͗n schwim ich in einer solchen dieffe, der ich doch kein gru͗nd finde. Wan alles, so ich lid, acht ich nit pinlich; ich beger die hinderste statt, vff das ich, als ein wu͗tender hu͗nd, keines menschen fru͗indin sey erkant in disem ellend, das ich behielt die fru͗ntschafft vnder den armen. Aber ich wil nit werden gefu͗nden vßerhalb der gehorsamme, wan die heilige demu͗tige gehorsam ist ein sigel aller du͗gend. Der gu͗tt will, den ein mensch hatt, vnd vermag doch nit die werck, ist glich der schoͤ ni der adellichen blümen, die do geben | ein su͗essen rau͗ch on fru͗cht. Also hatt mich der herr troͤ stet, das ein ÿetlicher gu͗ttiger will des volkommen wandels vnd lebens sÿent blu͗men der ewigen freu͗d, von welchen der allmechtig ku͗nig in dem tag siner hochzÿt sinen vserwelten kreutz bereitet, mit welchen sÿe gekroͤ net werden, welche hie schwanger sind mit den empfengnu͗s gu͗ter willen vnd doch nit kommen zu͗ der volkommenheit der heilige wircku͗ng. Eÿa, o gu͗ter gott, bu͗it mir dein gerechte hand vnd fier mich in das vatterland der liebin! Wan leider, ich hon vil zeyt vnnu͗tzlich verlorn, welchi ich durch dich, o gott, fu͗r mich genommen hon, widerzu͗ersetzen! Vnd so die gemach des leibs angenommen werden von denen, so su͗chent zu͗bliben ston in der warheit, so sol man dein hulff, o gott, anru͗effen. [23.] Von der warheit vnd falscheit der tugenden vnd der laster Die zitlichen richtu͗mb sind ein | fremder vnd vntruwer gast : Die heilige clxxxix armu͗t tregt vor gott die bu͗rdi der richtu͗mb. Der adell achtet klein eigen schaden. Aber die dorheÿt gefalt ÿr selbs : Die wisheit vmbfacht vnd neret in
22,8 nicht] ich 14 der] mit EZ üdZ
378 | Lux divinitatis – Liber V, 30,6 – 31,4
Sapiencia doctrinam amplectitur et in se fouet. Iracundia menti tenebras ingerit : Mansuetudo sanctam graciam dei faciliter inuenit. Superbia reputari optima et suprema appetit : Humilitas despecta, nisi hominibus se subiciat, non quiescit. Inanis gloria coram deo surda est et ceca : Innocencia honorat in sanctis dei opera. Ypocrisis et falsitas pulcris habundant gestibus : Sancta perfeccio patet superborum contemptibus. Auaricia semper in mentis est duricia : Sed felix modestia suaui fundatur in gracia. Accidia multos thesauros negligit : Diligencia non ualide querit sua commoda. Fidelis autem non pretermittit opus bonum : | Vera religio uindictam non expetit. Inquietum cor semper pacem erumpere querit : Sancta deuocio malum non operatur. Peruersa uoluntas nulli subicitur. Naturaliter malicia a fundamento falsitatis nititur : Graciosa vero benignitas aspectu amabili et dulci eloquio fulcitur. Corda secularium affectant reuerenciam : spiritales anime despectam obedienciam. Occulta crudelitas planum habet eloquium : Mansueta uero pietas deo est sacrificium. Peruersa obseruacio uicina est odio : Suaui misericordie iungitur dilectio. Mendacium clarum est in superficie, sed nimis intus deforme sucipiturque iocundius a suis complicibus. Veritas despicitur propter incuriam, quam patitur : Ideoque, qui eam amplectuntur, necesse est, ut cum domino Ihesu multos contemptus sustineant. Sine intermissione fremit inuidia : sine dolore ardet amor dei, liber a tristicia. Peruersitas inuidie odit dei largitatem : Mundum cor plenum caritate congaudet super ueritatem : Detractio coram hominibus et non coram deo erubescit, qui tamen omnia nouit et inspicit. Grauis et crudelis casus est desperacio : Vera spes est bonorum omnium impetracio. Falsa spes nunquam vere letatur, nam per ueram culpam semper conturbatur. Postquam hec ostendit michi dominus, dixit ad me: “Qui semper, (86ra) quam bonus sum, cogitat: assidue michi adherens cor suum ad me eleuat.” Quod tu prestare digneris, domine, qui uiuis et regnas sine fine, amen.
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Ed. 614 15
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[31.] De duplici paupertate et falsitate FL III, 19 Dvo consideraui genera pauperum in hac uita. Primi propter caritatem dei pauperiem amplectuntur, metuuntque semper, quod de huius mundi rebus nimis accipiant | et usurpent. Alij sunt, qui preter uoluntatem diuicijs Ed. 615 Kap. 31: auch Ra 14 Fidelis] Infidelis Rb, korr. nach LG V, 23, 14 23 despicitur] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL IV, 4, 37 (248,20) Rb 24 necesse … sustineant] vaH mit EZ unter der Spalte in Entsprechung zu FL IV, 4, 38 (248,21f.) Rb 31,1 De … falsitate] am lR MZ Rb | et falsitate] fehlt Ra
Das liecht der gotheit – Buch V, 23,5 – 24,5 | 379
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[CLXXXIXv]
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ÿr selb die lere. Die zornmietigkeyt fiert in in das gemiet zanck : Aber die heilige senfftmietigkayt findet leichtlich die gnad gottes. Die hoffart begert, die aller best vnd die hoͤ chst geachtet werden : Aber die ferachte demu͗tigkaÿt hatt nit rw, sÿe vnderwerff sich dan den menschen. Eittel eer ist vor gott dob vnd blind : Die vnschuld eeret die werck gottes in den heiligen. Glißnerei vnd falscheit hat vil hubscher geberden : Die heilige volkommenheyt statt offen den verachtu͗ngen der hoffertigen. Die gitzigkeÿt ist altzit in der hertigkeit des gemietzs : Aber die sellige bescheidenheit ist gegru͗nt in der siessi gnad. Die tragkheit fersu͗mpt vil schetz : Die gu͗tfliessigkeyt su͗cht nit fast eigen nu͗tz. Der vntrw gibt falschen ratt : Der gloͤ big | last nit vnderwegen das gu͗twerck. Die ware geistlickeit erheischet nit rach. Ein vnruwig hertz vnderstott alweg, zerstoͤ ren den frid : Die heilige andacht würckt nichts boeß. Der verkoͤ rt will wirt keinen vnderworffen. Die natu͗rlich boßheit gru͗nt sich von dem filment der falscheit : Aber die gnadenriche gu͗etmietigkeit wirt vffenthalten in dem siessen vnd lieblichen ansehen vnd anreden. Die hertzer der weltlichen begerent reu͗erentz : Aber die geistlichen seelen begerent eine ferachte gehorsamkeÿt. Ein heimliche grimmigkeit hatt ein sanffte red : Aber ein sanffmietige gu͗etigkeÿt ist gott ein opffer. Ein ferkerte au͗fflau͗serüng ist ein nachbu͗rin des hasß : Der siesse barmherzigkeit wirt zu͗gesellet die liebin gottes. Die lu͗gin ist clar von obenhin, aber von innen ist sÿe fast vngestaltig. Die warheit wirt froͤ licher angenommen von yren gesellen. On vnderloß brint der nid : On arbeit brint die liebin gottes fry von der trw̃rigkeyt. Die bosheit des nids hasset die miltigkeit gottes : Ein rein hertz, das do fol ist der liebin, | froͤ dt sich vber dïe Clxxxx warheit : nachreden beschamt sich vor den menschen aber nit vor gott, welcher doch alle ding erkent vnd ansicht. Ferzwÿfeln ist ein schwerer vnd grÿsenlicher fall : die warhafftige hoffnu͗ng ist ein erwerbung aller gu͗eter. Die falsche hoffnung freu͗t sich nymmer warlichen, wan durch ein warhafftige schuld wirt sie warlich alweg betru͗bt. Do gott der herr solchs mir hett anzeigt, do sprach er zu͗ mir: “Welcher alweg gedenckt, wie gu͗tt ich bin: der hangt stetz mir an vnd vfferhept sein hertz zu͗ mir.” Welches, o herr, du͗ vns wollest vorlihen, der du͗ lebest on end. Amen
[24.] Von zweierlei armut vnd falscheit Ich hon wargenommen zweierlei geschlecht der armen in disem leben. Das erst ist deren, die do vmb der liebin wegen vmbfahent die armu͗t vnd foͤ rchtent alweg, das sÿe zu͗u͗il nemmen von den guttern diser welt. Die 5 andern sind die, die do on ÿren willen mangelnt der richtümb vnd pinlich
23,28 Clxxxx] c mit blau-schwarzer Tinte nachgetragen 36 Amen] am rR, darüber kleines Rankenornament 24,4 alweg] g wg. Fleck nicht lesbar | guttern] rn wg. Fleck nicht lesbar
380 | Lux divinitatis – Liber V, 31,5 – 32,18
carent, penaliter et coacti mendicant, ambiuntque multa cupiditate terrena, 5 insudantque multis laboribus uehementer, ut ea habeant et conquirant. Respondit dominus ad hec dicens: “Hij, qui inuiti onus portant paupertatis, meam iusticiam experiuntur. Quia, si terrenis habundarent, non me plus diligerent uel agnoscerent. Vnde oportet, ut eos per pene duriciam ad me traham. Karitatis autem pauperibus amplius tribuo, quam audeant ipsi 10 tribuere. Non tamen sustineo in ipsis puluerem, quo terrenis dediti grauarentur. Desidero, ut corda eorum semper pateant michi et aspirent ad me. Ac sine inpedimento iugiter in eis resplendeat luminis mei fulgor.”
[32.] De ypocrisi fallente Instructor meus Spiritus Sanctus est, docens me suauiter, prout vvlt; occulta tenens, que latere uult. Ait ergo: “Sapiencia sine Spiritus Sancti firmamento conuertitur in montem superbie in extremo. Pax sine eiusdem Spiritus uinculo in uanam leticiam redigitur continuo. Humilitas sine karitatis incendio manifesta falsitas fit in nouissimo. Iusticia sine fundo crvdelis efficitur ex odio. Paupertas cum frequenti auaricia est in se criminosa superhabundancia. Timor crvdelis in uera culpa inducit horribilem tristiciam in paciencia. Suauitas incessus cum animo lupino deprehenditur faciliter a prvdente uiro. Sanctum desiderium in ueritate raro prouenit sine labore. Virtus elata absque dei munere perit flagello superbie. Speciosa promissa sine fideli reddicione falsitas est ex dyaboli persuasione. Fiducia carens uera securitate efficitur mors anime in uite extremitate. Paciencia, que deo ex corde non subditur in peccatum reputabitur. Omnis enim, qui in factis suis ad deum hac mente non erigitur, tandem ab ipso Nota cadens uerecunde deicitur. Amor, cui non est mater vera humilitas et pater sancti timoris ueritas plusquam alia uirtutum falsitas abi(86rb)citur tamquam detestabilis uanitas.”
Kap. 32: – 32,1 De … fallente] am lR MZ Rb 16 Nota] vaH Rb, fehlt Ra
FL III, 14
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Das liecht der gotheit – Buch V, 24,6 – 25,21 | 381
vnd zwu͗ngenlich bettlent, vnd mit vil girlickeit | vmbgont sÿe die irdischen gu͗tter vnd kerent fliß an mit vil arbeiten, vff das sÿe solche gutter habent vnd vberkomment. Antwurt der herr darzu sprechend: “Dise, so mit vnwillen tragend die burde 10 der armüt, erfarent mein gerechtigkaÿt. Wan hetten sÿe vberflussig in zitlichen guttern, so erkenneten sÿe mich nit vnd hetten mich nit mer lieb. Darumb ist nott, das ich sye du͗rch die hertigkeit der pein zu͗ mir zihe. Aber ich gib mer den armen vß liebin, dan sÿe dorfftent geben. Nach lid ich in ÿnen nit den stau͗b, mit welchem, so sÿe sich gebent vff zitliche ding, 15 beschwert würden. Ich beger, das ÿr hertz zu allen zytten mir offenstand, vnd das sÿe zu͗ mir begerent, vnd das der glast mines liechts on hindernu͗s stetz in ynen schine.”
[CXCv]
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[CXCIv] 20
[25.] Von der glißnerÿ Mein lerer ist der heilig geist; der leret mich su͗essiglich als er wil, vnd er behalt verborgen, was er will heimlich sin. Darumb spricht er: “Die weisheit on das filment des heiligen geists wirt zum letsten bekert in den berg der hof|fart. Der frid on des selbigen geistes band wirt zuhand gebracht zu͗ cxcj yteler froͤ d. Die demutigkeit on das fu͗ir der liebin wirt ein offenliche falscheit züm letsten. Die gerechtigkaÿt on ein gru͗nd wirt grim gemacht vß dem haß. Armu͗t mit emsiger gitzigkeÿt ist in ÿr selbs ein lasterliche vberflüssigkeÿt. Ein grimme forcht in warer schüld infu͗ert ein erschrockenliche trurigkeÿt in der gedu͗lt. Die siessigkeit des gangs mit wolff gemiet wirt lichtlich begriffen von einem wÿsen man. Ein heilige begird in der warheit kompt selten on arbeit. Ein hochmietige dugent on die gab gottes zergatt von der geisel der hoffart. Schoͤ n ding verheissen on ein tru͗we gebung ist ein falscheÿt vß des dieffels ratt. Ein vertruwen, das do mangelt der ware sicherheit, wirt gemacht ein doͤ d der seel in dem end des lebens. Eïn gedu͗lt, die do gott vß dem hertzen nit vnderworffen ist, wirt gerechnet zu͗ einer su͗nd. Wan ein iglicher, der in seinen wercken zu gott in solchem gemiet nit wu͗rt vfferhept zum letsten, so er von ÿm | falt, wirt er schamlich von ÿm verworffen. Ein liebin, deren mu͗tter nit ist die ware demütïgkeit, vnd der vatter die warheit der heiligen forcht ê, die selbige wirt mer ferworffen dan die falscheit anderer tu͗gent als ein haͤ ßlich ÿtelheÿt.”
17 schine] mit EZ am Ende der darauffolgenden Zeile
382 | Lux divinitatis – Liber V, 33,1 – 35,6
| [33.] Quomodo uicia solent dissipare uirtutes – Tercia parte vij capitulum Magnum detrimentum nobis generat, quod sine utilitate bonorum operum pertransimus. Praua consuetudo confundit, et maculat et proximos ubique scandalizat. Terrenorum cupiditas sancte doctrine est abolicio uel delecio et iniqua cordis distractio. Dure mentis pertinacia pietatis diuine et societatis humane exterminacio et mors anime. Hostilem mentem fugit Spiritus Sanctus et rancorosum cor familiaritatem dei minuit et extinguit. Ypocrisis et falsa sanctitas non subsistit veraque dei karitas nunquam excidet.
Ed. 616; FL III, 7
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Si horum hostium malicijs cesserimus, non solum regno celorum nos spoliant, verum eciam donis Sancti Spiritus bonisque moribus et caritate 15 dei euacuant atque priuant, oculos cognicionis eruunt, et cecatos in septiformem peccatorum laqueum introducunt. Et quo tunc pergit homo, nisi ad inferni loca, ut mergatur in abysso?
[34.] De malicia et peccato – Quinta parte x capitulum FL V, 10 Omnipotentis dei magnitudini nulla adeo est comparabilis magnitudo, quam peccatricis mee iniqua et audax malicie amplitudo. FL V, 16 [35.] Quinta parte xiij capitulum Qvidam indurati homines et peruersi asserunt, quod peccare non sit dyabolicum sed humanum. Ego autem in omnibus corporis mei temptacionibus, et peruersi cordis motibus, sensuumque meorum apprehensionibus, necnon et mentis intellectibus aliud conuicere non 5 ualeo, nisi quod peccare dyabolici spiritus est, non humani. Omne enim
Kap. 33: auch Ra Kap. 34: – Kap. 35: auch Ra 33,1 dissipare] disparare Rb | Tercia … capitulum] Caput 62m Ra 5 ubique] vaH in Fortführung der Zeile am rR in Entsprechung zu FL III, 7, 3 (172,6) Rb, mit EZ am rR Ra 6 uel delecio] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL III, 7, 3 (172,7) Rb, fehlt Ra 8 et2 … anime] vaH mit EZ am rR in Entsprechung zu FL III, 7, 5 (172,9) Rb, fehlt Ra 15 eciam] fehlt Ra 16 eruunt] vaH mit EZ am rR als Korrektur für er[vn]t in Entsprechung zu Neumanns Konjektur in FL III, 7, 12 (172,18) Rb 17 Et] mit EZ üdZ für gestr. Ex Ra | tunc] fehlt Ra 18 inferni] inferna Ra 34,3 audax] korr. aus audax¦cias, cias unterpungiert, x vaH ergänzt Rb 35,1 Quinta … capitulum] am rR MZ Rb, De malicia et peccato Capitulum 63m (Überschrift des vorangehenden, in Rb vorhandenen, in Ra dagegen fehlenden Kapitels!) Ra 5 necnon … ualeo] am rR MZ Rb | mentis] mensibus Rb 6 non] et non Ra
Das liecht der gotheit – Buch V, 26,1 – 27,9 | 383
[26.] Wie die laster zerstorent die tügend Es bringt vns ein grossen schaden, das wir hingond on nu͗tz der gu͗tten wercken. Ein boͤ se gewonheit beschent vnd fermaset vnd ergert die naͤ chsten. 5 Die girigkeit irdischer gutter ist ein hinlegung der heiligen leer vnd ein boßhafftige zerstreu͗u͗ng des hertzens. Der freu͗el eines herten gemietzs ist ein vßreu͗tu͗ng der gotlichen gietigkeÿt vnd der menschliche gesellenschaft Der heilig geist flu͗icht das sundlich gemiet, vnd ein zanckisch hertz mindert 10 die fru͗ntschafft gottes vnd loͤ scht sÿe vß. Glißneri vnd falsche heiligkeÿt mag nit beston, vnd die ware liebin gottes hoͤ rt nÿmmer vff. Werdent wir nit wichen den bosheiten | diser finden, so werden sÿe vns nit cxcij allein berouben des richs der himmel, sunder au͗ch der gaben des heiligen 15 geists, au͗ch der gu͗tten sitten vnd der liebin gottes werdentz vns leermachen. Vnd sÿe grabent auch vß die au͗gen der erkantnu͗s. Vnd so die sye also geblendt hond, so fierent sÿe die in in sybenfachigen strick der su͗nd, vß welchen er dan nit anders hingatt, dan zu͗ den stetten der hell, vff das er fersenckt werd in den abgru͗ndt. [27.] Von der bosheit vnd von der sund Der groͤ ssi des almechtigen gottes mag kein andere groͤ ssi zu͗glicht werden als die keckheÿt vnd weite meiner sundigen vnd vngu͗etigen bosheit. 5 Etlich vorhertet vnd verkert menschen sagen, das su͗nden seÿ nit
dieffelischs sunder menschlich. Aber ich in allen meines leibs anfechtu͗ngen, vnd in der verkerten bewegung mines hertzens, vnd in der [CXCIIv] empfindung meiner sinn, au͗ch in dem verstandt | mines gemiets mag ich nichts anders erlernen, dan das su͗nden ist des dieffellischen geists vnd nit
26,1 tügend] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile 27,2 Der] D rot, er mit Tinte geschrieben, darüber in Rot: ie
384 | Lux divinitatis – Liber V, 35,7 – 36,16
grande uel leue peccatum similem facit dyabolo et consortem. Assumpta namque per liberum arbitrium dyabolica conformitas plus deformat et officit, quam innata et illata humanitati penalitas, id est fames et sitis similiaque, que Christus ipse homo factus pro nobis pertulit et nobiscum. 10 Quod, si peccatum homini naturale esse debuit, et ipse, cum uerus esset homo, | peccato non debuit carere. Erat autem homo iustus per sapienciam, Ed. 617 constans per uirtutem, perfectus per Spiritus Sancti plenitudinem; et super hec: deus omnia in ueritate eterna, in quem peccatum incidere nullum potest. Cui, si conformes fieri appetimus, oportet, ut eidem uita et moribus 15 conformemur.
[36.] Qualiter homo negligenter de uicio in uicium labitur – Quinta FL V, 19 parte ix capitulum Hec mala a deo hominem sic elongant, ut nunquam ad ipsum regredi preualeat, nisi potenti uirtute gracie retrahatur. Exordium (86va) huius elongacionis uanitas est exagitans et inpellens, cui, 5 nisi renunciauerimus carnis libidinem, incuremus. Sicque gradatim de luxuria ad auariciam, et de hac ad desidiam, hinc ad mendacia, et tandem ad periurium dilabimur. Sed nec hic stare permittimur. Adest enim ira, que ad detraccionem et delacionem, ad inuidenciam et libidinem incitat uindicandi. Sequitur descensus ad desperacionem, presumpcionem, 10 inuerecundiam, dyabolicam sapienciam et infidelitatem. Cumque in hoc profundum peccatorum dilapsus fuerit et absortus, tunc dicit: “Vana sunt, que audiuimus, nec euenient omnia.”
Que de benigna dei prouidencia prodeunt, cum tanta cordis malicia suscipiunt, ut uix piorum aliquis pro salute eorum audeat loqui eis. Ea uero, 15 que locuntur ex propriis, adeo peruersitate et mendacijs permixta sunt,
Kap. 36: auch Ra 8 per] mit EZ üdZ Ra 9 et illata] mit EZ am rR Ra | et sitis] sitis et Ra 10 similiaque … Christus] similia que christus Rb, et similia que Christus Ra 11 et] eciam Ra | uerus] uetus Rb Ra, korr. nach FL V, 16, 11 (350,19) 12 homo1 … sapienciam] am rR MZ Rb | peccato] debuit Ra | non] uero Rb | non debuit] fehlt Rb, zur Ergänzung s. auch LG V, 27, 16 14 deus omnia] omnia deus Ra | incidere nullum] nullum cadere Ra 15 si] vaH üdZ Rb | oportet … eidem] vt eidem oportet Ra 36,1 Qualiter … uicium] am rR MZ Rb | negligenter] fehlt Ra | uicium] inicium Rb | labitur] fehlt Rb | Quinta … capitulum] fehlt Ra 3 elongant ut] [n]t ut vaH in Fortführung der Zeile (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 4 preualeat] pre mit EZ am rR Ra 5 cui] vaH am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 10 presumpcionem] mit EZ am rR Ra 12 fuerit] fuerint Rb Ra
Das liecht der gotheit – Buch V, 27,10 – 28,17 | 385
10 des menschlichen geists. Wan all grosse oder lichte sünd macht glich dem
dieffel vnd sinen gesellen. Wan die angenommene dieffelische glichformigkeÿt durch den freÿen willen macht mer vngestaltig vnd bringt mer schaden dan die angeborne pinlickeit, das ist der hunger, durst vnd der glichen, welche Christus selbs, do er was mensch worden, gelitten hatt vmb 15 vns vnd mit vns. Wer die sünd in dem menschen natu͗rlich gesin, so solt er au͗ch, so er doch was der alt mensch, nit mangeln der su͗nd. Aber er was eïn gerechter mensch, durch die wÿsheit bestendig, durch die du͗gend volkommen durch die volkommenheit des heiligen geistes, vnd vber alles: gott in der ewige warheit, in welchen kein su͗nd mag gefallen. Welchem, so 20 wir begeren glichformig zu͗werden, so mu͗ssen wir vns ÿm glichmachen im leben vnnd sitten. | [28.] Wie ein mensch versümlich gatt von einem laster in das ander
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[CXCIIIv] 15
Die vbell machent den menschen also fern von gott, das er nymmer mag widerkeren zu͗ ÿm, er werde dan zogen mit gewaltiger krafft der gnad. Der vrsprung solcher fern machu͗ng von gott ist die bewegend vnd trÿbende vppigkaÿt, vnd, wo wÿr ÿr nit abku͗ndeten, so werdent wir inloffen in die geilheit des fleischs vnd also nacheinander von der vnlutterheyt zu der gitzigkeit. Von diser zu der dragkheit, darnach zu der lu͗gin; züm letsten fallent wir zu dem meyneidschweren. Aber au͗ch do blibent wir nit ston, wan do by ist der zorn, welcher reitzet zu͗ nachreden, zu͗m nid vnd zum lu͗st sich zürechen. Haͤ rnoch kompt abgon in die verzwifelüng, in die fermessenheit, in schamroͤ ttin, in die dieffelische wÿsheit vnd in vngloͤ bigkeit. Wan dan der mensch gefallen ist in diese dieffin der su͗nd, so spricht er: “Eittel sind die ding, so wir gehoͤ rt hond. | Sÿe werdent au͗ch nit bescheen.” Alle ding, die do gond von der gu͗ettige gottes forsichtigkeit, nement sye an mit solcher bosheÿt des hertzens, das ku͗m ettmar vß den gerechten darff mit ynen reden vm ÿr heil. Aber was sÿe redent vß inen selbs, das ist also
14 Christus] rot unterstrichen
cxciij
386 | Lux divinitatis – Liber V, 36,17 – 24
quod, prochdolor, in eorum dictis nullum ueritatis uel boni spiritus est. Licet aliquando se probos simulent, reprobi tamen sunt, prochdolor, et mendaces. Letare, o felix perfecta anima, que sola diuina similitudine illustraris! Nec 20 inmerito. Tu enim, dono dei, cum paciencia inebriaris multa amaritudine sine culpa. Tu ab aduersarijs frequencius conturbaris. Sicque prvina inferni decoquit florem celi. Floret certe indesinenti pulchritudine, cuius radix perseuerancie uiret iugiter de Spiritus Sancti rore.
17 in … dictis] in dictis eorum Ra | spiritus] iudicium (oder indicium ?) valeat reperiri Ra | est] fehlt Rb Ra, ergänzt nach LG V, 28, 19 und entsprechend einem Vorschlag von Becker 1951, S. 84 18 simulent] similent Ra 22 ab] mit EZ üdZ Ra | Sicque … celi] am rR MZ Rb
Das liecht der gotheit – Buch V, 28,18 – 27 | 387
fermischt mit lu͗gin vnd mit verkerter bosheit, das leider in yren sprichen kein gestalt der warheit oder des gutten ist. Wiewol sÿe sich fru͗m 20 erdichtent, so sind sÿe doch leider verworffen vnd lu͗gner. Frew dich, du͗ sellige vnd volkommenne seell, welche allein durchleu͗chtet bist mit der gottlichen glichin. Vnd nit vnbillich. Wan du͗, vß der gab gottes, mit gedu͗lt wirst trüncken gemacht mit vil bitterkeyt on schu͗ld, du͗ wurst offt betriebt von deinen widersachern. Vnd also kochet der riff der hell die blüm 25 des himmels. Vnd sÿe bliet mit vnvffhoͤ rlicher schoͤ ni, welcher wu͗rtzel der vorharrüng stetz gru͗net von dem taw des heiligen geists A · M · E · N Ein endt des funfften büchs
[1.] Liber de ciuitate infernali et fundamento et constrvctoribus
Ed. 619; FL III, 21, 3–14
Vidi ciuitatem horribilem et infelicem, cuius nomen est ‘Odium Eternum’. (206,16–29) Que in abysso profundissima constructa est ex lapidibus uarijs criminalium peccatorum. Lapis eius primarius superbia est, quem fundator eius primus ibi Lucifer collocauit. Inobedienciam, auariciam, gulam, luxuriam 5 superposuit primus homo Adam. Iram, fallaciam, homicidium adiecit Cayn. Mendacium, detractionem, desperacionem, tradicionem proprieque manus crudelem iniectionem superedificans, Iudas perditor strvcturam exaltauit. Crimen detestandum Sodome, humani generis destrvctiuum, fraudulentaque ypocrisis, ymaginem preferens sanctitatis, huius horrendi 10 edificij sunt lapides angulares. Ab inicio temporum fundata est hec maledicta ciuitas. Ve, omnibus construentibus eam! Nam quanto magis ad eius edificacionem hinc transmiserint, tanto, si secuti fuerint, illic infelicius punientur. [2.] De locis inferni et inhabitatoribus eius (86vb) Hvius ciuitatis tanta ac talis est peruersitas, ut superiores sedes obtineant inferiores. et ignobiliores habeant mansiones. Lucifer in profundissimo inferni loco residet | suo scelere alligatus. De cuius cordis spurcicia et horrendissimi oris cauea indesinenter peccata effluunt omnia pene dolores, scandala, per que infernus purgatorium mirabiliter crvciatur. In inferiori inferni loco est ignis, tenebre, fetor et horror, omniumque penarum genera. Ibique christianorum anime iuxta sua merita disposite puniuntur. In media vero parte omnis est pena micior, in qua Iudei secundum sua opera puniuntur. In suprema uero parte pena tollerabilior est, vbi gentiles malorum suorum recipiunt talionem. Hij in suis crvciatibus sic exclamant: “Ve nobis, quia, si legem nature seruassemus, penam hanc
Kap. 1: auch Ra und We3 (in Anlehnung an Z. 2f.) 7–11)
FL III, 21, 15-34 (206,30–208,24)
Ed. 620 5
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Kap. 2: auch Ra und We3 (in Anlehnung an Z.
1,1 Liber] fehlt Ra | et1] fehlt Ra | constrvctoribus] structoribus eius Capitulum 71m Ra 3 in … profundissima] danach: in dem neddersten abgrunde (= FL III, 21, 3f. [206,17]) We3 4 eius primarius] primarius eius Ra | quem] mit EZ am rR Ra 6 Iram] gulam Iram Ra 7 desperacionem tradicionem] tradicionem desperacionem Ra 8 crudelem iniectionem] inieccionem crudelem Ra Iudas] über a Nasalkürze radiert Rb | perditor] p[ro]ditor Ra 11 lapides] lapidem Rb 2,1 inhabitatoribus] habitatoribus Ra | eius] eius Capitulum 72m Ra 2 peruersitas] infelicitas et peruersitas Ra 3 obtineant] obtinebunt Ra | ignobiliores] ignobiliores superiores Ra 6 infernus] inferius Rb Ra 8 merita] demerita Ra 9 est pena] pena est Ra 10 pena] fehlt Ra 11 est] mit EZ am lR Ra 1,11 lapides angulares] vgl. I Pt 2,7
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[CXCIVv] 15
[1.] Das Sechste buch von der hellische statt, von ÿrenn buluten vnd clxxxxiiij filment Ich sach ein erschrocknliche vnd vnselige statt, welcher nam ist ‘Der ewig Haß’. Welchi ist gebu͗wen in dem dieffesten abgründ vß mengerlei steinen der tod sünden. Der erst stein diser statt ist die hoffart, welchen der erst büwer diser statt Lu͗ciffer gelegt hatt. Die vngehorsame, die gitzigkeit, fu͗llerÿ, vnkwscheit hatt darvff gelegt der erst mensch Adam. Den zorn, tru͗g, dottschlag hatt darzu͗ gelegt Caÿn. Das verzwÿfeln, verroten, ligen, nachreden vnd im selber den todt anthon hatt darvff gebu͗wen Ju͗das, der vorreter, vnd also disen bw erhoͤ cht. Die vnmenschlich su͗nd Sodome, die do ist ein zerstoͤ rung des menschlichen geschlechts, aüch die tru͗glich glißnerj, die do vor ÿr tragt die glichnu͗s der heiligkeÿt, sind diser statt eckstein dises erschrockenlichen gebws. | Von anfang der zijt ist dise statt gebu͗wen. We allen denen, so dise stat bu͗wend! Wan, wie mer sie von hinnen zu͗ yrem bw sendent, so u͗il mer, wo sie hernach volgent, werdent vnseliger an dem selben ort pin liden.
[2.] Von den ortern der hell vnd von iren inwonernn In diser statt ist also ein grosse verkerung, das die obersten inhaltent die nidersten stu͗el vnd die vnwürdigste wonu͗ng. Lu͗ciffer sitzt in der dieffeste statt der hell, angebunden mit seiner su͗nd. Vß welches hertzes wu͗st vnd vß 5 dem koffig seines erschrockenlichen mu͗ndts vnvffhoͤ rlich fliessent alle sind, pein vnd schmertzen vnd ergernüs, durch welchi die hell vnd das fegfeür wunderbarlich wirt gepeiniget. In der vnderste statt der hell ist das fu͗ir, fünsternu͗s, gestanck vnd erschreck vnd alle geschlecht der pin. Vnd da sint geordnet der cristen seel, vnd werden da gepeiniget nach ÿrem 10 verdienen. Aber im mittel teil ist alle peine lichter, in welchem die Iüden nach ÿren wercken werden gepeiniget. In der oberste statt | ist die pein nach cxcv lidlicher. Da selbest enpfaen die heiden ÿrer sinden vorgeltu͗ng. Die selben schrÿent also in ÿren pinen: “Wee vns, wan hettent wir gehalten die gesatz
1,5 Der … stein] rot unterstrichen 12 sind] mit EZ am rR
390 | Lux divinitatis – Liber VI, 2,13 – 3,20
horrendam non sustineremus!” Et exclamant Iudei dicentes: “Ve, ve, si dei uoluntati secundum doctrinam Moysi paruissemus, dampnacionem hanc perpetuam non incurrissemus!” Super omnes christiani uociferantes 15 ululant, quod collatam a Christi caritate sibi gloriam per uoluntariam sue peruersitatis amiserunt miseriam. Horridissimum Luciferi vvltum sine intermissione cum dolore maximo speculantur, et coram eo nudi in suis turpitudinibus uersantur. O, quam pudibunde suscepti, et horribiliter salutati, et amarissime allocuti audiunt dicentem: “Vos maledicti mecum, 20 quale hic gaudium nunquam narrari audiuistis, et vnde uobis complacuit, quod ad me uenire uoluistis?” [3.] De crvciatibus singulorum uiciorum Tvnc crvdelibus manibus superbos principaliter rapiens, sub suaque cauda deprimens dicit: “Non adeo in profundo dampnacionis sum mersus, quinimmo adhuc vestre uolo elacionis stulticie superferri.” Sodomitte per collum eius ingressi in uentris eius tenebris retinentur. Inde, cum expirat, exeunt, et cum respirat, denuo reuertuntur. Ypocritas in sinu suo collocat, et horrendo ore deosculans sic alloquitur: “Vos consortes mei estis. Nam et ego uane speciei colore superductus fui, per quem uos et omnes me sequentes sunt seducti.” Vsurarium semper rodit, improperans, quod miseri|cors nunquam fuit. Raptorem primus spoliat, et agitandum et percuciendum sine misericordia suis consortibus deputat. Fur ibi leuatis sursum pendet pedibus, (87ra) lucerna factus demonibus; nec tamen clarius uidetur. Qui hic fornicando coheserunt, illic coram Lucifero sic iacebunt. Quorum, si alter defuerit, eius uicem demon supplebit. Infideles philosophi coram pedibus residebunt Luciferi, ut, quem coluerunt, confusi aspiciant, coram quo disputante et de eisdem concludente obmutescant. Auarum diro morsu deuorat, quia semper habendi cupidus extiterat. Quem cum deglutiuit, per posteriora turpiter digerit. Viri sanguinum, occisores hominum, coram ipso perfusi sanguine astabunt, et ignitorum gladiorum ictus a demonibus sustinebunt. Qui hic dira mouentur inuidia, eius erunt
FL III, 21, 35-68 (208,25–210,29)
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Ed. 621
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Kap. 3: auch Ra, We3 109r (Z. 26–28) und 113r (in Anlehnung an Z. 29–32). We3 109r bietet einen Text, der FL III, 21 stellenweise näher steht als dem entsprechenden lateinischen Kapitel. 14 uoluntati] voluntatem Ra | secundum] s[ic] s[ecundum], s[ic] gestr. Rb 16 caritate] korr. aus trinitate (?) Ra 17 Horridissimum Luciferi] horre[n]dissimu[m]|luciferi Ra 20 salutati] suscepit salutati, suscepit gestr. Ra | amarissime] amarissime al, al gestr. Rb 21 audiuistis] audistis Rb 22 uenire] venistis venire, venistis gestr. Ra 3,1 uiciorum] vitiorum Capitulum 73m Ra 4 quinimmo] quinymmo, ymmo mit EZ am rR Ra 6 exeunt] mit EZ am rR Ra 8 superductus] s[upe]r_ductus Rb, seductus Ra 11 Fur] Et fur Ra 12 pendet pedibus] pedibus pendet Ra 15 pedibus] pedibus eius, eius gestr. Ra 18 deglutiuit] deglutiuerit Ra 19 ignitorum] erstes i mit EZ üdZ Ra
Das liecht der gotheit – Buch VI, 2,14 – 3,25 | 391
der natu͗r, so lidtent wir nit dise erschreckenliche pein.” Vnd die Iu͗den 15 schrÿent vnd sprechen: “We, we, hetten wir den willen gottes nach der leer
Moisi gehorsam erbotten, so weren wir nit in dise pein kommen.” Aber vber sÿe alle blerrent vnd schrÿgent die Cristen, das sye verlorn hand die gegebne glorj von der liebin Christi durch willige bosheit yres verkerten lebens. Sÿe ansechent das aller gru͗senlichst angesicht Lu͗cifferj on vnderlas 20 vnd werdent vor im nackent vmbgewent in ÿren schanden. O, wie schampar werdent sÿe empfangen, vnd wie gru͗lich gegru͗sset, wie bitterlich werden sÿe angeredet vnd hoͤ rent in sprechen: “Ir mit mir ferflu͗chten, hond yr nie gehoͤ rt sagen, was froͤ d hie sey ê, vnd wo haͤ r hat vch wolgefallen, das ir zu͗ mir hond woͤ llen kommen?” [CXCVv] | [3.] Von sunderlicher pinigung aller laster
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Dan so wu͗rt Lu͗ciffer mit grülichen henden zum ersten die hoffertigen hergreiffen vnd wirt sye trucken vnder seinen schwantz sprechent: “Ich bin noch nit also dieff versengkt in die verdamnu͗s, das ich nit woͤ ll noch der torheit ewer hoffart vbertragen werden.” Die sodomÿer, so in seinen büch du͗rch den halß ingegangen sind, werden in seiner fünsternu͗s behalten. So er den attem vß ym last, so gond sy vß ym, vnd wan er den attem wider ansich zu͗icht, so gond sÿe wider yn. Die glißner stelt er in sein schoͤ ß vnd kisset sÿe mit erschrockenlichem mu͗nd vnd spricht: “Ir sint mein mitgesellen. Wan ich bin au͗ch vberzogen gewesen mit der farb der vppigen gestalt, du͗rch welche yr vnd alle meine nachüolger sind ferfüret.” Die wücherer naget er zu͗ allen zytten vnd schilt sye das sye, nie barmherzig gesein sint. Den rou͗ber, zum ersten beroübet ÿn, vnd gïbt yn seinen mitgesellen zu͗ vben, vnd on | alle erbermd zu͗ schlaen. Ein dieb hangt do cxcvj mit vbersich koͤ rten fu͗essen, gemacht ein latern den dieffeln; vnd er wirt doch nit clarer gesehen. Welchi hie in vnlütterheit aneinander gehangen sind, wer also vor Luciffer ligen. Wirt aber einer vß ÿnen nit do sin, so wirt der dieffel sein statt ersetzen. Die vngloͤ bigen wÿsen werden sitzen beÿ den fu͗essen Lu͗cifferj, vff das sie beschent ansehen disen, vor welchem sÿe hond gedispu͗tirt vnd vor ÿm als vor eim beschliesser erstu͗mmet. Er frist einen gitzigen mit scharpffen biß, wan er was alweg girig zu͗haben. Welchen, so er ÿn ferschluckt hatt, so wu͗rfft er yn schantlich vß durch den hindern. Die blu͗tvorgiessenden menschen, die dodschlager, werden bey ym ston dürchgossen mit blu͗t, vnnd werdent liden von den dieffeln streich der fu͗riner schwerter. Welchi hie mit grossem nid bewegt worden, werden seÿ
3,23 die] korr. aus dir
392 | Lux divinitatis – Liber VI, 3,21 – 4,11
olfactoria ad nares pendencia. Qui crapule uacant et ebrietatibus sitis ac famis, arescant crvciatibus. Ignitos rodunt lapides, torrentesque bibent sulphuris, amara sumentes pro dulcibus. Piger cunctis doloribus onerabitur. Iracundus igneis flagellis atteritur. Ioculator, qui uanitates 25 prouocat, amaras fundet lacrimas, eternas sustinens tristicias.
Vidi fundum sub Lucifero inferni, saxum nigerrimum et durissimum, super quo ciuitatis huius consistit edificium in eternum. Et licet infernus inicium non habet uel fundum, ordine tamen diuino nec fundo caret, nec profundo. Qui, quomodo in se fremens sit et frendens, qualiter cum demonibus anime flagellentur, quis sit modus decoquendi uel assandi, quemadmodum 30 fluctuent uel transnatent in illo fetore, igne, vermibus et luto, qualiter in sulphure et pice demergantur: nec ipsi nec aliqua creatura poterit enarrare.
FL III, 21, 69-80 [4.] Nulla prosunt dampnatis remedia Cvm auxiliante deo has penarum diuersas miserias perspexissem, (210,30–212,7) infirmatum est miserum corpus meum ex fetore, et consueto calore adeo Iesum, quod nec ambulare ualui uel sedere. Et per triduum omnis humani sensus sic inpotens permansi, tanquam homo tonitruo fulminatus. | Ed. 622 Verumtamen nullum anima mea supplicium pertulit, quia mortalis morbi, quod peccatum est, ueneno caruit. Et si foret possibile, quod inmunis a culpa cum eis moraretur anima, grande eis esset solacium et lux perpetua. Talis enim inmaculata et felix anima lucet naturaliter et splendet eternaliter, utpote diuino lumine insignita. Que, si dyabolicam ymaginem 10 peccando assumpserit, luminis sui decorem perdit. Dampnatis itaque a
Kap. 4: auch Ra und We3 (mit Anspielung auf dieses Kapitel) 21 et] fehlt Ra | sitis] siti Ra | ac] et Ra 22 famis] fame Rb Ra 23 sulphuris] sulphureos Ra 24 onerabitur] cruciabitur et onerabitur Ra 25 fundet] fundat Ra 26 Vidi] Vidi inquit Sancta Mechtildis We3 109r | fundum … inferni] fundum inferni sub luciferi We3 109r | sub] vaH unmittelbar vor lucifero am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb | super … edificium] quod portabat huiusmodi edificium in Entsprechung zu FL III, 21, 62 (210,22) We3 109r 27 edificium] fundame[n]tu[m] edificium, fundame[n]tu[m] gestr. Ra | inicium] finem in Entsprechung zu FL III, 21, 63 (210,23) We3 109r 28 habet] habeat Rb Ra We3 | uel] nec We3 109r | fundo] fine in Entsprechung zu FL III, 21, 63 (210,24) We3 109r 29 Qui … frendens] am lR MZ Rb | frendens] frendes Rb | qualiter] qualiter ne Rb Ra | anime] angeli Rb Ra, korr. nach FL III, 21, 64 und entsprechend einem Vorschlag von Preger 1873, S. 240; vgl. auch Stierling 1907, S. 101 31 transnatent] korr. aus transnacent (?) Rb | in sulphure] in|sulphure i (i gestr. Rb 4,1 Nulla … remedia] Quod dampnatis nulla prosunt remedia Capitulum septuagesimum 4m Ra 3 consueto] inconsueto Ra 11 assumpserit] assumpsit Ra
Das liecht der gotheit – Buch VI, 3,26 – 4,11 | 393
die bÿsemaͤ pffel, die do hangent an sinen naßloͤ chern. Die | der füllerei obligent vnd der trünckenheit, werden vßdorren von pin des du͗rsts vnd des hüngers. Sie werdent nagen füirin stein vnd werden trincken fliessende bech des schwebels, vnd nemant das bitter fur das sieß. Ein treger wirt 30 beschwert mit allen arbeiten. Der zornig wirt geschlagen mit fu͗rinin geislen. Ein gockler, der do vppigkeit macht, wirt bitter treheren vßgiessen vnd wirt liden ewige trürigkeÿt. Ich sach vnder Lu͗ciffero den boden der hell, ein schwartzen vnd hartesten felsen, vff welchem der gebw diser statt blibt in die ewigkeit. Vnd wie wol 35 die hell keinen anfang oder boden hatt, nach vß der ordnu͗ng gottes mangelt sye nit des bodens noch der dieffi. Welchi hell, wie zenklapperig vnd wie zitterig sye in ÿr selber sÿg, vnd wie die engel von allen dingen gepiniget werden, was do sey die weis zukochen oder zübraten, vnd wie sÿe schwimmen in dem gestanck, fu͗ir, wirmen vnd schlim, vnd wie sÿe 40 ingesenckt werden in schwebel vnd | bech: das mu͗gent wider sÿe nach kein cxcvij creatu͗r vßsprechenn.
[CXCVIv]
[4.] Kein hulff mag nütz sin den vordampten Do ich vß der hulff gottes hett du͗rchsehen solch arbentzselligkeit diser pinen, ward kranck min armer leip von dem gestanck vnd an gewonlicher wermi also geletzet, das ich drÿ tag weder sitzen mocht noch wandeln, vnd 5 also vnkrefftig an allen menschlichen sinnen als ein mensch, der do vom donder geletzt ist. Aber doch, mein seel lidt kein pein, wan sye mangelt des giffts der doͤ dliche kranckheÿt der su͗nd. Vnd wer es mu͗glich, das ein vnschuldige seell von sinden mocht wonen bey ÿnen, das wer inen ein grosser trost vnd ein ewigs liecht. Wan ein solche vnbemaste vnd sellige 10 seel schinet natu͗rlich vnd glastet ewiglich, als die, welchi ist gezeichnet mit dem gotlichen licht. Welchi seel, wo sÿe annimpt die dieffelische bildu͗ng
4,1 vordampten] dampten mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile
394 | Lux divinitatis – Liber VI, 4,12 – 6,3
fidelium oracionibus et elemosinis nullum credo pro(87rb)uenire solacium, eo, quod in perpetua obstinate mentis malicia, consistentes omnis boni, gerunt odium et horrorem. FL III, 21, 81-92 [5.] Status dampnatorum post iudicium – In eodem Post extremum iudicium nouo uestietur Lucifer indumento, quod ex omni (212,8–22) angelorum et hominum sordibus criminibus est confectum. Ipse namque causa et princeps peccatorum omnium et malorum. Tunc solutus est adeo, ut omnis furor illius et crudelitas cunctis demonibus et animabus se 5 commisceat, ut eius presenciam nullus effugiat. Tunc interdum inmaniter se distendet, et dilatabit os suum et aperiet ualde, in quod demones, Iudeos, et gentiles vno spiritu attrahet. In cuius uentre plenam mercedem accipient et festa tristia celebrabunt. Ve tibi tunc, corpus et anima! Humana lingua eloqui non sufficit ineffabilem pene miseriam, que tunc erit. Vere 10 fateor deo, quod meditacio mea huic immorari non patitur, quousque ab homine salutacio angelica compleretur. O, quam crudelis dampnacio, et quam horrenda illic erit uexacio!
[6.] Incipit tractatus de purgatorio – In eodem FL III, 21, 93 Infernus capite inmanissimo horribilis et terribilis est, innumeris et 129 (212,23-214,31) crvdelibus oculis undique repletum, de quibus egrediuntur flamme
Kap. 5: auch Ra und We3 109r (in Anlehnung an Z. 6f.) und 113r (Z. 6–13). We3 113r bietet einen Text, der FL III, 21 stellenweise näher steht als dem entsprechenden lateinischen Kapitel. — ohne Entsprechung in FL: Z. 12f. (et – uexacio) Kap. 6: auch Ra und We3 (Z. 1–3 und 4f.). We3 bietet einen Text, der FL III, 21 stellenweise näher steht als dem entsprechenden lateinischen Kapitel. 12 solacium] am oR rechts Reste einer Beschriftung: [...] merre (der Rest weggeschnitten) Rb 13 obstinate] obstinate[n]s, [n]s gestr. Ra 5,1 Status] De statu Ra | iudicium … eodem] iudicium extremum Capitulum 75m Ra 2 uestietur] uestigetur Rb 3 criminibus] criminibusque Ra | est confectum] confectum est Ra 6 inmaniter] tam immaniter We3 113r 7 distendet] distendit We3 113r dilatabit … ualde] valde dilatabit horrendum sui oris vlans We3 113r | in quod] itaque We3 113r 8 spiritu] spiritu sui We3 113r | attrahet] attractu transgluciet in Entsprechung zu FL III, 21, 87 (212,15f.) We3 113r | In cuius] inti[us] Rb | uentre] venter We3 9 tristia] tristicia Ra, miserabilia We3 113r | Ve] Ve ve We3 113r | tunc] fehlt We3 113r | Humana … erit] Quisquid lingua hominis de hoc loqui poterit nichil est respectu illius ineffabilis pene et miserie que tunc ibi erit in Entsprechung zu FL III, 21, 89f. (212,18–20) We3 113r 11 deo] deo inquit mechtildis We3 113r | quod] quod suffere non possum quod in Entsprechung zu FL III, 21, 90f. (212,20f.) We3 113r | huic … patitur] tam diu his immoretur We3 113r 12 compleretur] completur Ra | O quam] tam We3 113r 13 quam] tam We3 113r 6,1 Incipit … eodem] De compassione purgatorum Capitulum 76m Ra 2 Infernus … innumeris] Infernus capud hj immanissimum innumeris in Entsprechung zu FL III, 21, 93 (212,23) We3 | et2 … flamme] am rR MZ Rb
Das liecht der gotheit – Buch VI, 4,12 – 6,3 | 395
mit sinden, so ferlu͗irt sÿe yre zierde. Also glob ich, das den vordampten | kein trost kompt von dem bett vnd von dem almu͗sen der glou͗bigen, darümb, wan sÿe blibent in ewiger bosheit eines ferstockten gemu͗ets vnd 15 tragent haß vnd ein gru͗en alles gu͗ts.
[CXCVIIv]
[5.] Von dem standt der vordampten nach dem gericht Nach dem letsten gericht, so wirt Lu͗ciffer becleidet mit einem nu͗wen cleidt, welches gemacht ist vß aller engel vnd menschen wu͗st vnd sinden. Wan er, als ein vrsecher vnd ein fu͗rst aller sünder vnd vbel, wirt dan vffgeloͤ st also, 5 das aller seiner zorn vnd grimmigkeÿt allen dieffeln vnd seelen sich vermischt, vff das keiner seinem bÿwesen mag entrinnen. Dan, so wirt er sich ettmar also griesenlich vßdoͤ nen vnd wirt wÿtmachen vnd vffthu͗n seinen mu͗nd, in welchem er mit einem attem wirt zihen die Iüden, die dieffel vnd heiden. Vnd in sinem bu͗ch werden sye empfaen follen lon, vnd 10 do werden sie fÿren trürige fest. Dan, we dir o leip vnd seel! Die menschlich zung mag nit vß|sprechen die vnvßsprechliche arbentzselligkeÿt der pein, cxcviij welchi dan wu͗rt sein. Warlich, ich bekenne gott, das mein betrachtu͗ng mag nit so lang do bliben, als lang bis von dem menschen gesprochen moͤ cht werden der engelisch gru͗ß. O, wie ein gru͗samme verdamnu͗ß vnd wie 15 erschroͤ ckenliche wirt do sein betriebu͗ng! [6.] Hie anfacht der tractat von dem fegfeür Die hell ist erschrockenlich vnd grisen von aller vnmenschlichen hoͤ pt, vnd ist an allen ortern erfult mit grisenlichen vnd mit vnzallichen ogen, vß
6,1 fegfeür] feür mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile
396 | Lux divinitatis – Liber VI, 6,4 – 31
nigerime, miseras animas exurendo. | Limbum, de quo Filius dei Adam aliosque sanctos eduxit, nunc purgatorium maius est, in quo peccatores saluandi, maximis tamen penis obnoxij crvciantur. Ibi uidi episcopos, aduocatos, et magnates in diutina angustia et doloribus infinitis. O, quam benigne, et quam uix ibi existentes dei clemencia de absorpcione tartari eripuit sempiterna! Nullum enim ibi reperi, qui uel in extremis compunctus, sincera confessione decessit. Quibus, dum uis mortis exteriores sensus eripuerat, cunctaque corporis membra inualida iacebant, adhuc tamen corpus et anima unam habebant uoluntatem, licet usus racionis porcio quieuerit, in hac extremitate misericordia diuina graciam compunctionis infundit. O, quam angusta est ibi uia ad regna celestia consequenda! In illa hora corporis et anime unitas indiuisa sic loquitur cum misericordia diuina: “Verus deus, miserere mei! Veraciter de peccatis meis doleo.” In hac hora breuissima inuenit occulta et inestimabilis dei misericordia, quos perditos et dampnatos estimant humana iudicia. Ego nullum hanc consecutum esse cognoui misericordiam, qui non pie(87va)tatis opus fecit ex sinceritate intime uoluntatis.
Ed. 623 5
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Animas peccati macula respersas demones ad penas rapiunt purgandas. Angeli enim sancti non contingunt eas, nisi purgate eisdem claritate aliqua similentur. Potest autem quis ab amicis christianis uiuentibus adiuuari: quod eius animam angeli Sathane contingere non audebunt. Que, si fuerit multum rea, penas alias exsoluet. Quas tamen luit leuius, quam 25 malignorum morsus demonum, et interminabiles irrisiones eorum.
Cum sancti patres ad infernum descenderent cum fide sincera, spe inconcussa, karitate diuina, cum humili uirtute multa: fidelibus quoque laboribus descenderunt. Qui licet ad inferos descenderunt, erant tamen ad celestia suscipienda parati. Vnde inimicus eis nocere non poterat, nec 30 eorum supplicia molestare. Que secum adduxerant, cremabilia non fuerunt.
4 miseras … exurendo] animas exurentes miserrime We3 | Limbum] limbus Ra, limbus patrum We3 de … eduxit] fehlt We3 6 obnoxij crvciantur] cruciantur obnoxij, mit VZ Ra 12 habebant] e mit EZ üdZ Ra 13 in … infundit] am rR MZ Rb 14 angusta] angustia Rb | regna celestia] celestia regna Ra 21 macula] maculas, s gestr. Ra 22 non] nam (?) non, nam (?) gestr. Ra | contingunt] contingant Ra aliqua similentur] similentur aliqua Ra 26 interminabiles] interminales Ra 27 Cum] nur Platzhalter für Majuskel vorhanden Rb 30 eis] eos Rb Ra 31 eorum] eius Rb Ra | supplicia molestare] molestare supplicia Ra
Das liecht der gotheit – Buch VI, 6,4 – 37 | 397
welchen vßgond die allerschwartzesten flammen, zu͗ brennen die armen 5 seelen. Die vorhell, vß welcher der su͗n gots Adam vnd die andern heiligen
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vßgefieret hat, ist nu͗n das groͤ sser fegfeu͗r, in welchem die sinder, die do sollen behalten werden, gepeiniget werden, verbu͗nden zu͗ den groͤ sten peinen. Do sach ich bischoff, fu͗rsprechen vnd groß herren in langwiriger angst vnd in vnzallichen pinen. O, wie gietig vnd wie ku͗m hatt | die gnad gottes sollich, so an disem ort sein, entlediget von dem ewigen ferschlu͗nd der schwartze hell! Wan ich fand keinen do, der doch geruwet hett in sinem dodbett, vnd gestorben wer in laüterer beicht. In welchen, do die krafft des todes hett genommen die vssere sinn vnd alle gelider des leips, lagent vnkrefftig, noch dennocht hetten leip vnd seel einen willen. Vnd, wie wol der teil der vornu͗nfft ru͗et in ÿr selbs in disem letsten leben, dennocht hett die gottliche barmherzigkait inen ingegossen die gnad der rw. O, wie eng ist da der weg, zu͗erlangen die himmelische rich! In diser stund die vnzertrente einigkeit des leibs vnd der seel redet also mit der barmherzigkeÿt gottes: “O warer gott, erbarme dich min! Ich hon ein waren schmertzen vber mine sünd.” In diser kurtzeste stu͗nd findet die heimlich vnd wunderbarlich erbermd gottes die, die das menschlich vrteil achten ferlorn vnd verdampt sin. Ich erkennet, das keiner solliche erbermdt erlangt hett, der do nit bewÿsen hett das werck der | barmherzigkeÿt vß raÿnigkaÿt des innern cxcix willens. Die seelen, die vbergesprentzt sind mit masen der su͗nd, die zihen die dieffel zu der pein, vff das sye do gereiniget werden. Wan die heiligen engel rierent sÿe nit an, sie sint dan gereiniget vnd inen glich sÿent in etlicher clarheit. Aber einer seel mag geholffen werden von ÿren lebendigen christen fru͗inden, das sie die engel Sathane nit dorffen anrieren. Ist aber sie fast schu͗ldig, so mu͗ß sie bezalen mit andern peinen. Welche sÿe doch leichtlichen duldet, dan die biß der boshafftigen dieffeln vnd ÿr vnentlichs verspotten. Do die heiligen vetter abstigent gen hell, do stigent sye ab mit lutterem globen, mit fester hoffnu͗ng, mit gotlicher liebin, mit vil demutiger du͗gend vnd mit tru͗er arbeit: welchi, wie wol sie abstigen gen hel, so warent sÿe doch bereit zuempfaen die himmelische stiel. Darumb so mocht inen der find nichts schaden thu͗n, au͗ch sie nit betrieben mit pinen. Was sie mit inen
21 achten] achtet, korr. nach LD VI, 6, 18 36 mocht] moch
398 | Lux divinitatis – Liber VI, 6,32 – 7,16
Maximeque in eis arsit karitas, que omnes electos dei filios inflammabit perpetuo, si eciam regna celestia non intrarent. Nam eterne sapiencie sic ordinauit iusticia, ut que seminauerit homo hic: hec illic metat, recipiens in spiritu, prout gessit in corpore, siue bonum fuerit siue | malum. Ed. 624 Veruntamen neglientes, qui sine satisfactione cum multis penis sibi debitis hinc discedunt, in illo loco grauissime crvciantur. Vbi alitus Luciferi egrediens eos pertransit, vrunturque flammis seuissimis tam crvdeliter, uelud beati patres in dulci cognicione dei karitatis ardebant.
Feminarum nullam ibi uidi, nisi principum uxores et filias, que, ipsis 40 consencientes, omnia eorum peccata imitabantur amando. | [7.] De compassione purgandorum, quod vnus homo redimit milia FL II, 8 animas suis precibus et lacrimis caritatis de purgatorio – Secunda parte viij capitulum Cvm in conspectu domini pro defunctis simplici corde, magnoque desiderio exorarem, ostendit michi dominus generaliter penas purgatorij multiplices, 5 sicut culpe inerant purgandis. Tunc compassionis igne succensa, brachijsque meis omnium crvciatus amplectens, sustuli grauiter optans in eorum karitate salutem. Et dixit michi dominus: “Cessa ab hoc opere, ne eius pondere, quod supra 10 uires tuas est, pregraueris!” Et dixi cum tremore: “Eya misericors domine, erue aliquas de hijs penis!” Et dominus: “Quot” inquit “uis ex istis?” Et dixi: “Domine, quot preualeo tua benignitate redimere.” Et iterum dominus ait: “Accipe nunc mille, et eas, quo tibi placuerit, perducas!” Et ecce, egre(87vb)diebantur de penis nigre, ignee, pollute, 15 ardentes, crvente, fetide.
Kap. 7: auch Ra, Be1 (in Anlehnung an Z. 14f. und 20) und in Weimar Oct 64 (in Anlehnung an Z. 14f., vgl. Anhang Kap. 12, Nr. 5) 34 metat] metet (?) Ra 37 alitus] i korr. aus t Rb 38 vrunturque] korr. aus vniunturque Rb, vraniturque (?) Ra 7,1 – 3 compassione … capitulum] multis animabus liberatis a pena Capitulum 77m Ra 1 purgandorum] purgatorum Rb, korr. nach Reg 135, vgl. Stierling 1907, S. 77 | quod … purgatorio] vaH am lR entsprechend der Überschrift von FL II, 8 Rb, fehlt Ra 5 multiplices] multiplicis Ra 6 purgandis] purgande Ra | succensa] successa Rb 8 salutem] salutatem Rb 11 Et] unmittelbar vor dixi am lR Ra 12 Quot] Quot korr. aus Et Ra 34 que … metat] vgl. Gal 6,8
Das liecht der gotheit – Buch VI, 6,38 – 7,16 | 399
brachten, das | mochte nit brinnen. Vnd vff das hoͤ chst bran in ÿn die liebin, die alle gottes kinder vnd vßerwelten wirt ewiglich machen flammen, ob sye 40 schon nit wu͗rdent ingon die himmelische reich. Wan die gerechtigkait der ewigen weisheit hatt es also geordnet: was ein mensch hie wirt seen, das sol er dort schneiden, das er empfach im geist, als er gethon hatt im leib, es seÿ boͤ s oder gu͗ts. Aber doch, welchi so fersu͗mig sind, welchi on gnu͗gthu͗n mit vil verschulten pinen von hinnen abgond, werdent an disem ort schwerlich 45 gepeiniget. Vnd sÿe werden vereiniget denn grimmesten flammen also grÿesenlich, als sieß die selligen vetter gebru͗nnen hond in der siessi erkantnu͗s der liebi gottes. An disem ort sach ich kein frawen dan allein die hwsfrowen vnd doͤ chteren der fu͗rsten, die do mit ynen einhellig wasen vnd alle yere sund liebhon.
[CXCIXv]
[7.] Von dem mitleiden deren, so im fegfuir sint
Do ich in dem angesicht gottes fir die dodten mit einfaltigem hertzen, vnd mit | grosser begird bettet, do anzeiget mir der her gemeinlich die pein des CC fegfeu͗rs, zu͗ reinigen die vilj der schu͗ld, nach dem sÿe in ynen was. Dan 5 wart ich entzu͗nd mit dem feu͗r des mitleidens, vnd ich vmbfing mit meinen armen all yr pin vnd tru͗g sÿe schwerlich, vnd ich winschet ÿn das heil in der liebin. Vnd der herr sprach: “Stand ab von disem werck, das du͗ nit von diser bu͗rdj, welchi vber dein krafft ist, beschwert werdest zu͗ fil.” 10 Vnd ich sprach mit zittern: “Eÿa, du͗ barmherziger herr, erloͤ ß etlich seelen von diser pein!” Vnd der herr sprach: “Wie u͗il begerestu͗ vß disen?” Vnd ich sprach: “Herr, als vil ich mag vß diner gu͗etigkait erloͤ sen.” Der herr sprach wider: “Nim ietzt hin du͗sent, vnd fier sÿe hin, wo es dir 15 wolgefellig ist!” Vnd, nymwar, vß den pinen gingent haͤ rfier schwartz, fu͗irini, bemasete, brinnige, blu͗tïg vnd stinckende seelen.
7,1 im … sint] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile
400 | Lux divinitatis – Liber VI, 7,17 – 8,12
Dixi ergo in spiritu ad dominum: “Eya dulcis domine mi, quid nunc fiet de hijs, quia sic deformiter turpate non possunt ingredi regnum tuum?” Tunc inclinauit se nimis infra se, dicens uerbum omnibus peccatoribus consolatorium, verbum bonum: “Tu eas mundabis tue karitatis lacrimis, 20 que fluunt ex oculis carnis tue.” Et ecce, facta est in similitudinem lacus rotundi aquarum congregacio ingens ualde. Vbi conuolantes simul anime in | inpetu ingresse sunt, Ed. 625 clarioresque sole effecte, lote in illo balneo caritatis. Ego autem, nimia iocunditate concepta, dixi: “Benedicant te, dulcis 25 domine, omnes creature tue in eternum! Nunc iste dealbate et splendide decent te, et congruunt regno tuo.” Tunc inclinatus ad eas, dominus de excelso coronam karitatis, que eas absoluerat, inposuit eis dicens: “Coronam hanc portabitis eternaliter, in signum sanctis mecum conregnandis, quod uos de penis karitatis lacrime 30 sustulerunt, cum adhuc torqueri per nouem annos merebamini mea iusticia exigente.” [8.] De multis animabus liberatis a pena Cvm in festo quodam corpus dominicum suscepissem, dixi domino: “Deus meus es tu, Ihesu Christe, hodie enim datus es michi, et cum propheta dixit: ‘Puer natus est nobis’ et ‘filius datus est nobis’. Nunc quero, domine, laudem tuam, non utilitatem meam petens, ut sacratissimum corpus tuum hodie miserarum consolacio sit et redempcio animarum. Tu uere meus es, ideoque rogo, domine, ut pignus saluacionis et liberacionis esse digneris hodie captiuorum.” Tunc, nimis confortata spiritu, deduxit eam in uirtute ipsius ad locum terribilem, in quo erat balneum confectum: igne, pice, luto, fumo, fetore. Nebula condensata, utpote pelle nigra, balneum tegebatur. Ibi anime misere, in ranarum similitudinem, luti uolutabro mergebantur. Erat humana eorum dispositio, specie tamen erant ymaginem dyaboli in se
FL III, 15, 24-67 (194,23–198,5)
‖ LD V, 25, 2530
5
10
Kap. 8: auch Ra, We3 (Z. 40–52) und Be1 (in Anlehnung an Z. 45–49). We3 bietet einen Text, der FL III, 15 stellenweise näher steht als dem entsprechenden lateinischen Kapitel. 27 congruunt] congruut Rb 28 ad … dominus] dominus ad eas Ra | coronam] cora[m], on mit EZ üdZ Rb 29 Coronam] Cora[m], on mit EZ üdZ Rb 8,1 pena] pena purgatorij Capitulum 77m Ra 3 et] Et cum propheta dixi Puer natus est nobis ¦ et filius datus est nobis es michi Et, Et bis michi gestr. Ra dixit] dixi, danach Rasur von einem Buchstaben (?) Ra 6 sit] fit (?) Ra 12 specie tamen] species vere (uere auf Rasur Rb) Rb Ra, korr. nach LG VI, 8, 14 8,4 Puer … nobis2] Is 9,6
Das liecht der gotheit – Buch VI, 7,17 – 8,14 | 401
[CCv] 20
25
30
35
Daru͗mb sprach ich zum herren im geist: “Eÿa siesser herre min, was wirt nu͗n bescheen | von disen, wan sie also schließlich mogen nit ingon in din rich?” Do neigt er sich fast vndersich vnd sprach ein troͤ stlichs wort allen sundern vnd ein gützs wort: “Du͗ wirst sie weschen mit den trehern deiner liebin, welchi fliessent vß den ogen deines leipbs.” Vnd, nement war, es wart gemacht ein grosse fersamlüng der wasser in der glichen eines ründen wihers. Do hin flohent mit einander alle seelen, vnd mit vngestimmigkeit gingen sie hinin; vnd sie wurdent clarer dan die sonn do sie gewaschen wardent in disem bad der liebin. Vnd ich empfing grosse freud vnd sprach: “O siesser herr, dich sollen benedeien all creatu͗r in ewigkeit. Nun dise wisgemachte vnd schinbare seelen zirent dich vnd sind geschickt zu dinem rich.” Do neigt sich zu͗ inen von der hoͤ hi der herr vnd setzet inen vff die kron der liebin, welche sie erloͤ set hett, sprechend: “Dise kron werdent ÿr ewiglich tragen zu͗ einem zeichen, das ir sollen zu͗gesellet werden minen heiligen, das euch von den pinen die treher der liebi | erhept hond, so yr beschult CCj hettent noch durch ix jar gepiniget werden nach meiner gerechtigkaÿt erforschung.”
[8.] Von vilen erlosten seelen Do ich an einem hochzitlichen tag hett empfangen den leip des herrens, do sprach ich zum herren: “Jesu Christe, du͗ bist min gott, wan hu͗it bistü mir gegeben, so nu͗n der prophet spricht: ‘Vns ist geboren ein kind’, vnd ‘ein 5 suͦ n ist vns geben’. Nu͗n such ich, o herr, dein lob nit meinen nu͗tz, vnd beger, das dein heiliger leip sey hu͗it ein trost vnd erloͤ sung der armen seelen. Du͗ bist warlich min, darumb so bit ich dich, o herr, das du͗ wellest hu͗it sin das pfandt der heilmachu͗ng vnd der erlosung der gefangener.” Do ward sÿe fast gesterckt im geist, vnd fieren ÿn in siner krafft zu͗ einer 10 erschrockenlichen statt, in welcher was ein badt zu͗sammen gemacht vß [CCIv] fu͗ir, schwebel, bech, kott, rou͗ch vnd gestanck. Ein dicker nebel als | ein schwartz du͗ch decket dises batt. An disem ort werdent die armen seelen in der glichni der froͤ sch in dem katt vmbgeweltzt. Ir geschicklicheit war menschlich, aber ÿre geist tru͗gent in inen das bild des dieffels. Sÿ wardent
18 schließlich] schießlich
402 | Lux divinitatis – Liber VI, 8,13 – 42
preferentes. Coquebantur et assabantur pariter. Clamabant in nimijs doloribus, lugentes carnis, que eos in profundam dimerserat, uoluptatem. Et dixi ad dominum: “O, domine, quis est numerus harum miserarum, quas hic intueor animarum? Tu es, domine, pignus vere redemptionis. Oportet te misereri.” Et ait dominus: “Innumerabilis est, nec potest earum multitudinis numerus (88ra) ab homine comprehendi. Hij omnes uasa confracta extiterunt. Nec carnis facta mortificare spiritu uoluerunt, ex omnibus nacionibus | et regionibus huc profecti.” Et dixi: “O, iuste iudex, vbi sunt solitarij, et reclusi? Quia hic non comparent.” Et ait dominus: “Occulta eorum fuerunt facinora. Idcirco in profundissimis, iuncti cum demonibus, crvciantur.” Tunc perturbata nimium ad pedes procidi creatoris, et uehementi desiderio estuans dixi ad dominum confidenter: “Domine, ante te est omne desiderium meum.” Et dixit dominus: “Tu me huc adduxisti. Sine misericordia eas non deseram intuitu pietatis.” Circumstabant autem eam multitudo demonum, qui eas de illo formidabili balneo affligebant confricantes, et pungentes, et flagellis igneis uerberantes. Et dixi ad demones: “Audite, deuoratores scelerum, perspicite hoc pignus redempcionis preciosissimum!” Mox territi, et confusi, et trementes dixerunt: “Nunc educito eas hinc! Licet dampnati simus et infelices, tamen recognoscimus ueritatem.”
15
Ed. 626
25
30
35
Tunc de dulcedine cordis Ihesu datum est desiderium illis miseris animabus. Moxque cum multa karitate de suis supplicijs prodiderunt. 40 Et dixi: “O, pie deus, ad quem modo locum conuertent se?” Et respondit: “Ego deducam eas ad montem floridum, vbi reperient inexplicabilem iocunditatem.”
13 preferentes] p[er]ferentes Ra 14 dimerserat] di mit EZ üdZ Ra 18 multitudinis numerus] numerus multitudinis Ra 22 Quia] quia dixi, dixi gestr. Rb 24 fuerunt] erant Ra 33 uerberantes] verbantes Rb 39 multa karitate] magno gaudio in Entsprechung zu FL III, 15, 57 (196,29f.) We3 prodiderunt] prodierunt We3 40 Et dixi] Et dixit Sancta mechtildis ad dominum jhesum We3 | deus] domine We3 | modo locum] locum modo We3 41 respondit] respondit dominus We3 | montem floridum] floridum montem We3 19 uasa confracta] Sir 21,17; Bar 6,15
Das liecht der gotheit – Buch VI, 8,15 – 46 | 403
15 gesotten vnd bratet vnd schrÿent miteinander in fast grossen schmertzen
20
25
30
35
40
[CCIIv] 45
vnd beweinten die wollust des fleischs, welchi sie hat versenckt in den abgründ. Vnd ich sprach zum herren: “O herr, was ist die zal diser, so ich hie an sich, armer selen? Du bist warlich das pfandt der erloͤ sung. Du͗ mu͗st dich erbarmen.” Vnd der her sprach: “Irer filj zal ist vnzallich, vnd sie mag von dem menschen nit begriffen werden. Dise alle sind gewesen zerbrochne feßlin vnd hond nit woͤ llen toͤ ten mit dem geist die werck des fleischs; vnd sient haͤ r kommen von allen geschlechten vnd ku͗ngrichen.” Vnd ich sprach: “O gerechter richter, wo seient die einsiedel vnd die beschlossen? Wan sie erschinent hie nit.” Vnd der herr sprach: “Yere su͗nd sind | heimlich gesin, darumb sichstu͗ sie ccij nit.” Do wart ich fast betrübt vnd fiel fur die fieß des schoͤ pffers; vnd ich gliet mit hitziger begird vnd sprach zu dem herren mit vertruwen: “O herr, vor dir ist als min begird.” Vnd der herr sprach: “Du͗ hast mich do haͤ r gefiert. On erbermd wil ich sie nit verlan vmb der gietigkeit wegen.” Aber es vmbstu͗nd sie ein vilj der dieffel, die welchi sÿe pinigenten von disem erschrockenlichen bad, vnd ribent sie, vnd stu͗pfften sie, vnd schlugent sie mit fu͗rjnin geislen. Vnd ich sprach zu den dieffeln: “Hoͤ rent, yr fresser der su͗nden, sehent an diß aller kostlichest pfand der erloͤ su͗ng!” Bald warent sie erschrocken vnd beschent vnd sprachen mit zittern: “Nu͗n fier sie vß von hinnen! Wie wol wir verdampt vnd vnselig seient, dennocht erkennen wir die warheit.” Do wart geben disen armen selen von der siessen des herren Jesu ein | begird. Vnd bald mit vil liebi giengent sie vß ÿren pinen. Vnd ich sprach: “O guetiger herr, zu͗ was statt werdent sie nu͗n sich keren?” Er antwu͗rt: “Ich wil sie fieren zu dem rosenberg, wo sie werden finden ein vnvssprechliche freu͗d.”
8,42 Jesu] rot unterstrichen
404 | Lux divinitatis – Liber VI, 8,43 – 10,3
Itaque commitatus cum eis, dominus caritatis obsequia prebuit societatis eis, amicabilis beneficium exhibendo. Dixitque michi dominus, quod septuaginta milia erant, quos tunc eripuit a 45 tormentis. Querentique michi, quam diu ipsorum pena durauerit, respondit: “Triginta anni sunt, quod sua corpora reliquerunt. Decemque adhvc annis purgari debuerunt, si non eis redempcionis pignus tam efficax succurisset, quod 50 expauentes demones fugierunt, illudque contingere non audebant.” Dixique ad dominum: “Quousque in hoc monte iste anime morabuntur?” Et respondit: “Sicut nostre fuerit beneplacitum uoluntati.” | [9.] De purgatorio et penis clericorum Olim, quondam uidi purgatorium fluuio igneo comparatum. Coquebatur uelud es fluidum bulliens, superductum nebula tenebrosa, in quo natabant pisces, humanam speciem preferentes. Hij sunt anime clericorum, qui diuitiarum delicijs dediti, carnisque exusti concupiscencia, et delectacionibus excecati, nullius bonitatis amo(88rb)re ducebantur. Erantque desuper hanc aquam piscatores, qui nec naui nec retibus utebantur, sed tantum ungulis igneis piscabantur. Spiritus enim dyabolici erant isti. Quoscumque captos ad litus pertrahebant, mox crvdeliter excoriatos, bullientique cacabo inmissos, fustibus igneis contundebant. Sicque pro libitu crvciatos, rostris laniatos crvdelibus deuorabant. Et super aquam regressi, eos iterum turpiter euomebant. Sicque rursus captis, coctis, deuoratis, ut prediximus, faciebant.
Ed. 627; FL V, 14
5
10
[10.] De leni statu anime boni sacerdotis FL V, 15 Pro quodam sacerdote iusto et deuoto, in sua parrochia defuncto, secundum consuetudinem ecclesie, dominum deprecabar. Et uidit anima
Kap. 9: auch Ra Kap. 10: auch Ra und Be1 (mit Anspielung auf dieses Kapitel) 43 commitatus] Stierling 1907, S. 99 konjiziert: comiter 45 quod … tormentis] am lR MZ Rb 48 sua] eorum Ra 49 tam] causa Ra 51 Dixique … dominum] Dixitque mechtildis ad dominum We3 | iste anime] anime iste We3 | morabuntur] mit FZ We3 52 respondit] respondit dominus We3 | fuerit beneplacitum] beneplacitum fuerit We3 9,1 clericorum] clericorum Capitulum 78m Ra 8 igneis] ferreis igneisque Ra 10 cacabo] cacobo Ra 11 deuorabant] laniabant (?) deuorabant, laniabant (?) gestr. Ra 12 eos] fehlt Ra 10,1 De … sacerdotis] De purgatorio cuiusdam boni sacerdotis Ra 9,3 nebula tenebrosa] vgl. Ex 14,20; Dt 4,11
Das liecht der gotheit – Buch VI, 8,47 – 10,3 | 405
Also der herr der liebin gab inen das kleidt vnd laistet inen die fruntliche gesellenschafft. Vnd Der herr sprach zu͗ mir, das deren warent lxx tu͗sent, welchi er dozümol 50 von den pinen entlediget. Vnd do ich fraget, wie lang ÿr pin geweret hett, antwu͗rt er: “XXX jar sÿent vorgangen, do sÿe ÿre leip vorlassen hond, vnd soltent noch zehen jar im fegfeu͗r liden, wo inen nit wer sollichs krefftig pfand zuhulff kommen, welches entsessen hond die dieffel vnd sient geflogen, vnd dorfftent 55 dasselbig nit anrieren.” Vnd ich sprach zu dem herren: “Wie lang werdent diese seelen wonen vff disem berg?” Vnd er sprach: “So lang als wolgefal|len wirt sin vnserm willen.” cciij
5
10
[CCIIIv] 15
[9.] Von dem fegfuir vnd von den pinen der gewichten Vor zitten sach ich ein fegfeur, das war glich einem fu͗irigen fliessenden wasser. Es su͗tt als ein sidendigs fliessendes ertz, vberzogen mit einem finsteren nebel, in welchem schwu͗mment fisch in menschlicher gestalt. Das warent die selen der gewichten, welchi sich hettent gegeben vff wolllust der richtu͗mb, vnd warent vorbrent mit den begirden des fleisch vnd mït andern wollusten ferblendt, wurden nit gefiert vß liebin etlicher gu͗theit. Vnd ob disem wasser warent fischer, welchi wider schiff noch netz bru͗chtent, sunder allein fischenten sie mit fu͗iriner klawen. Wan diese warent dieffelische geist. Welchi sie fingent, die zohent sie an das gestat, zohent inenn bald ab ÿre hu͗it vnd wu͗rffent sie in einen sidenden kessel vnd schlu͗gent sïe mit fu͗irinen kolben. Vnd do sie diese also gru͗elich hettent gepinigt, zerrissent sie die | selbigen mit den schnebeln grielichen zu͗fiessen, vnd giengent wider vff das wasser vnd speient sie schantlich wider vß inen. Vnd also theten sie wider vmb disen, do sie sÿ hetten gesotten vnd fressen, als vorgeret ist worden. [10.] Von einem lichten stand einer seel eines guten priesters Ich batt den herren fu͗r einen gerechten vnd andechtigen priester, der do gestorben was in siner pfarkilchen nach der gewonheit der kilche. Vnd min
58 er] verschmiert, daher schlecht lesbar 9,11 inenn] korr. aus in einenn | bald] korr. aus wald
406 | Lux divinitatis – Liber VI, 10,4 – 11,23
mea animam eius in laudabili dignitate, expectantem adhuc gloriam sempiternam. Quatuor angeli ducebant eum super omnem tempestatem, 5 psallentes sibi cordis celestibus. Sicque purgabant eum, eterne beatitudini coaptantes. Interrogaui eum, quo merito hanc dignitatem attigisset. Et respondit: “Ego dilexi solitudinem, et cum timore domino supplicaui.” 10 Et dixi: “O nimis felix, cur non continuo cum istis electis angelis euolasti?” Respondit: “Tanta est gloria, quam accepturus sum pro mundicia clericali, quod eam adhuc non mereor adipisci.” Ed. 628; | [11.] De ualde graui purgatorio cuiusdam religiosi Religiosum quendam, de quo michi bona fuit opinio, dum uiueret, penis FL III, 17 uidi deditum et afflictum. Oraui igitur pro ipso per tres menses cum graui cordis mei molestia. Nec tamen obtinui, ut eius dolores perspicerem, donec 5 in uespera ultime diei.
Sicut spiritum exalauerat, repente in oracionibus meis, quas pro ipso obtuli, ostensus est michi. Vidi eum solum. Nec concessum est ei, ut michi supplicia sua omnia demonstraret. Pallidi coloris erat, et in alba nebula uidebatur. 10 Et dixi: “O, cur non es in celo?” Respondit michi in uerbis ambiguis in miseria verecunda. Legit autem quendam librum lacrimando. Cuius uerba omnia aduersus eum cum omnibus libris, quos legerat, conclamabant. Et dixit: “Seculum, et res mundi in corde, in uerbis, in moribus nimis dilexi.” Duo dracones incunbebant pedibus eius, sugentes et extrahentes ab ipso omne solacium, 15 quod ab ecclesia katholica fuerat percepturus. Et propter inobedienciam, qua proprie uoluntatis amator non secundum prelatorum sentenciam procedebat, horror (88va) culpe, et ignis pene ipsum in draconum specie crvciabant, quod percipere non poterat suffragia, qua ecclesie karitas offerebat. 20 Nota Et sciscitabar ab eo dicens: “Vbi sunt inimici tui, qui te solent affligere?” Respondit: “Nobilitas ordinis mei non sinit, quod demones me contingant. Grande certamen in carne mea sustinui. Quedam mente tractaui quod, si
Kap. 11: auch Ra und Be1 (mit Anspielung auf dieses Kapitel) — ohne Entsprechung in FL: Z. 18–20 (horror – offerebat) 4 in … dignitate] in magna claritate Be1 9 et … dixi] am rR MZ Rb 11,2 fuit opinio] opinio fuit Ra 13 conclamabant] conclamabat Rb Ra 19 qua] quam (mit EZ am lR Rb) Rb Ra 21 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 22 Nobilitas] Sanctitas Be1 | mei] mei licet non eum bene seruauerim Be1 | quod] vt Be1 demones] dyaboli Be1
Das liecht der gotheit – Buch VI, 10,4 – 11,23 | 407
seel sach sein seel in loblicher wirdigkait wartend der ewigen seligkeÿt. iiij 5 engel fierten ÿn vber alles vngemachs vnd psallirten ym mit himmelischen
seiten. Vnd also pu͗rgirten sie ÿn vnd machtent ÿn geschickt zu der ewigen selligkaÿt. Ich fraget ÿn, mit was verdienen er dise wurdigkait het erlanget. Do sprach er: “Ich hett lieb die einodi vnd bat an gott mit forcht.” 10 Vnd ich sprach: “O du͗ fast selliger, warumb bistu͗ nit mit disen vßerwelten engeln vff | in die himmel geflogen?” cciiij Antwu͗rt er: “So groß ist die glori, so ich empfaen sol vmb die priesterliche reinigkeit, das ich noch nït verdient hab, sÿe zu͗besitzen.” [11.] Von fast schwerem fegfu͗ir eines geistlichenn Ein geistlichen man, von welchem ich het ein gu͗ten meinu͗ng, do er lept, den sach ich gegeben den pinen vnd gepinigt. Darumb batt ich vor ÿn iij monat mit schwerem kommer mins hertzens. Vnd ich verdient doch nit, das 5 ich sein schmertzen durch sech, so lang, biß er an dem abent des letsten tags, als er seinen geist hett vffgeben. Do ich gott fu͗r ÿn batt, ist er mir angezeigt worden. Ich sach yn allein. Vnd im war nit nachgelassen, das er mir offnet alle seine pin. Er war bleich vnd ward gesehen in einem wissen nebel. Vnd ich sprach: “O, worumb bistu͗ nit im himmel?” Er antwu͗rt mir mit zwÿfaltigen wortten in schamhafftiger arbentzselligkeit. | Aber er laß ein büch mit weinen, welches buchs wort alle wider yn schrÿent mit allen buchern, die er hett gelesen. Vnd sprach: “Ich hon zuu͗il liebgehapt die welt vnd der welt gu͗t im hertzen in worten, in sitten.” Zwen 15 trachen lagent vff sinen fiessen, welchi vß ÿm su͗gtent vnd vsserzogent allen trost, so er solt empfaen von der christenlichen kirchen. Vnd vmb der vngehorsame wegen, mït welcher er, ein liebhaber des eigen willens, thet vnd fierging, vnd nit nach dem sententz der oberen, der erschreck der schuld vnd die pin des fu͗irs pinigenten yn in der gestalt der trachen, das er 20 nit mocht empfaen die hulff der kirchen. die die liebin vffopffert. Vnd ich fragt ÿn sprechend: “Wo sÿent deine fïnd, die dich pinigent?” Antwürt er: “Der adel mines ordens last nit zu͗, das die dieffel mich anrieren. Ich lidt ein grossen stritt in minem fleisch. Ich schlu͗g an ettmas in 10
[CCIVv]
11,11 arbentzselligkeit] selligkeit am rR
408 | Lux divinitatis – Liber VI, 11,24 – 12,9
effectum habuisset, inutile ualde esset. Ideo uitam meam protelari, dei benignitas non permisit. Ardeo in meipso. Mea propria uoluntas crvciat 25 me.” Et dixi: “Eya, narra michi, quemadmodum possis adiuuari?” Respondit: “Si quis per annum centum uenias, duodecimque disciplinas, ac multas contriti cordis ex oculis suis lacrimas michi daret, peccatorum michi indulgenciam inpetraret. Misse eciam sunt legende. Eya, roga virgines et sacerdotes, ut 30 pro me dominum deprecentur! Finem purgatorij mei dicere nolo tibi, ne ex hoc fratres mei ordinis contristentur.” Et dixit: “Nunc fuge a me!” Tunc accepta dyabolica ymagine in se ardebat et obmutuit contra me. | [12.] De purgatorio cuiusdam begine, que erat proprij sensus Nota Ve tibi, peccatum infelix, quod tantum malum et dampnum ingeris et
Ed. 629; FL V, 5
infligis! Sancta destrvis opera, que preter sana consilia sunt peracta. Dicunt quidam: “Humanum transcendi consilium. Viuam secundum diuinum spiraculum!” Hec uerba semper horrui, quia non potest homo utilius subdi, 5 quam, ut corde humili obtemperet consilijs christiane fidei. Hoc experimento didici in quadam femina, que amore dei flagrabat mirabili, quo fruebatur inhumanis et indiscretis laboribus, ut natura aresceret et deficiens moreretur. Pro qua, dum secundum christianam
Kap. 12: auch Ra, Be2 (Z. 23–26), Vä und Be1 (mit Anspielung auf dieses Kapitel [?]). Vä und Be2 sind durch Rückvergleich mit dem deutschen Text entstanden. Der Apparat verdeutlicht diesen Sachverhalt und teilt auch sonstige abweichende Lesarten von Vä und Be2 mit 29 ex … lacrimas] lacrimas ex oculis suis Ra | peccatorum michi] fehlt Ra 31 pro] per Rb 12,1 erat] est Rb Ra, korr. nach Reg 140 | proprij] fehlt Rb Ra, ergänzt nach Reg 140 2 Ve] NE, am lR ein V Ra Ve … infelix] O peccatum in Entsprechung zu FL V, 5, 2 (330,16) Vä | tantum … dampnum] quam dampnosum in Entsprechung zu FL V, 5, 2 (330,16) Vä | Nota] vaH Rb, fehlt Ra | ingeris … infligis] existis in Entsprechung zu FL V, 5, 2 (330,16) Vä 3 preter … consilia] absque sano consilio in Entsprechung zu FL V, 5, 3 (330,17) Vä | Dicunt quidam] Hoc est quod quidam dicunt Vä 4 Viuam] viuere volo in Entsprechung zu FL V, 5, 4 (330,19) Vä 5 spiraculum] consilium in Entsprechung zu FL V, 5, 4 (330,19) Vä | Hec] Ad hec Vä | non] nunquam Vä | homo] homo subtilius, subtilius gestr. Ra | subdi] humiliari in Entsprechung zu FL V, 5, 6 (330,21) Vä 6 corde humili] subiecto corde in Entsprechung zu FL V, 5, 6 (330,21) Vä 7 experimento] experimentum Vä | amore … flagrabat] deum diligebat in Entsprechung zu FL V, 5, 7f. (332,1) Vä 8 quo … laboribus] Sed amore ipso indiscrete et inhumane sic abutebatur Vä | fruebatur] abutebatur in Entsprechung zu FL V, 5, 8 (332,1) Vä | natura] natura eius in Entsprechung zu FL V, 5, 8 (332,2) Vä 9 secundum … consuetudinem] fehlt Vä, obwohl Entsprechung in FL V, 5, 9f. (332,3) vorhanden 28 contriti cordis] vgl. Ps 146,3
Das liecht der gotheit – Buch VI, 11,24 – 12,10 | 409
meinem gemiet; hett ich das selbig zum werck gebracht, so wer es | fast ccv vnnu͗tz gesin. Darumb, die giettigkeit gottes wolt nit lenger vorzihen min leben. Ich brin in mir selbs, mein eigner will piniget mich.” Vnd ich sprach: “Eÿa, sag mir, wie dir mag geholffen werden?” Sprach er: “Wer ettmar, der ein jar lang hu͗ndert venias machet, vnd xij disciplin nem, vnd vil treher vß den ogen eines ru͗wïgen hertzens mir geb, der erwu͗rb mir 30 nachlassüng meiner su͗nd. Man solt au͗ch mir meßlesen. Eÿa, bitt die iu͗ngfrowen vnd die piester, das sie gott fu͗r mich bitten. Das end meines fegfeu͗rs wil ich dir nit sagen, vff das darvß die bruder mines ordens nit betru͗bt werden.” Vnd er sprach: “Nu͗n flu͗ich von mir!” Do er nu͗n angenommen hett die dieffelische bildnu͗s, bran er in ym selbs 35 vnd ferstu͗mmet wider mich. 25
[12.] Vom fegfuir einer beginen We dir vnsellige su͗nd, das du͗ sollichs vbel vnd schaden bringst vnd anlegest! Du͗ zerbrichst die heiligen werck, welchi on den gesunden ratt seien volbracht. Ettlich sagent: “Das leben nach gotlichem insprechen v [CCV ] vbergang den menschlichen | ratt.” Sollich wort hon ich alweg entsessen, wan ein mensch mag nit nützlicher vnderthenig sin, dan das er mit demutigem hertzen gehorsam seÿ den raͤ tten des christenlichen glou͗bens. Das hon ich gelert vß erfarnu͗s einer frawen, die do bran in wunderbarlicher liebin gottes, die so inbrunstig was in menschlichen vnd in 10 bescheidenlichen wercken, das yr natur erdorret vnd abnam vnd starb. Fir
34 bildnu͗s] davor bild gestr. 12,9 so] do, korr. nach LD VI, 12, 8
410 | Lux divinitatis – Liber VI, 12,10 – 30
consuetudinem exorarem, vidi spiritum eius in atractione spiritus mei. Erat 10 autem clarius in seipso sicut sol, propter mundiciam cordis eius, intencione fideli. Circumdabatur tamen magnis tenebris, et desiderabat uehementer fontem eterni luminis. Tendebatur sursum iugiter, sed tenebrosa nocte tenebatur semper. Hoc erat uoluntas propria sine consilio, que hanc 15 perfectam feminam tantum retardabat a domino.
Nota
Interrogaui ergo, quemadmodum posset a suis penis liberari. Et respondit: “Quia nullius hominis in terris, iuxta christianum ritum, curaui audire consilium: idcirco nullius possum iuuari oracionibus uel sentire auxilium.” Conuersa ergo ad dominum, quesiui, quid hoc esset, quod homo transit ad 20 purgatorium, qui in hac uita pro dileccione sua tot penis exposuit corpus suum. Et dixit michi dominus: “Nulla virtus meis complacet oculis, que (88vb) non fulcitur sanis consilijs. Ego ad terras descendi cum consilio. Ibique Patri ac humano generi seruiui cum omni humilitatis officio. Et ita celos conscendi 25 cum libertate et gaudio. Verum, quod vero ostendi exemplo, nullius unitas est operis merito, desiderijs, oracionibus, laboribus, que hic pro ea fiunt : hijs decorabitur, cum post penas ad celestia sublimatur.” “Quia, quod nobis in uia regni celestis pro adiutorio tribuitur : nostrum exigente iusticia - putatur. Cum ad regnum peruenerimus, uniuersitati 30
10 vidi … mei] in attractione spiritus mei in dem zueg myns geistes vidi spiritum eius in Entsprechung zu FL V, 5, 10 (332,4) Vä 11 clarius] clarus in Entsprechung zu FL V, 5, 10 (332,4) Vä intencione fideli] in fideli intencione id est in getruwer meynunge in Entsprechung zu FL V, 5, 11f. (332,5) Vä 13 fontem] ad fontem Vä | Tendebatur] nitebatur Vä | sed … semper] sed tenebre impediebant eam detinendo semper Vä | tenebrosa] tenebrosa n (n gestr.) Rb 14 Hoc] Hec Vä 16 Interrogaui ergo] Interrogata Be1 | quemadmodum] quomodo Vä Be1 | a … liberari] iuuari Vä Be1, in Entsprechung zu FL V, 5, 15 (332,10f.) Vä 17 Nota] vaH Rb, fehlt Ra | terris] terra Vä 18 nullius … iuuari] non poterit michi subuenire alicuius hominis in Entsprechung zu FL V, 5, 17 (332,12f.) Vä oracionibus … auxilium] oracio uel desiderium in Entsprechung zu FL V, 5, 17 (332,13) Vä 20 transit] transire posset in Entsprechung zu FL V, 5, 19 (332,15) Vä | ad purgatorium] ad penas in Entsprechung zu FL V, 5, 19 (332,15) Vä 21 exposuit … suum] suum corpus exposuisset Vä 23 complacet] placet Ra 24 descendi] veni in Entsprechung zu FL V, 5, 21 (332,18) Vä Be2 | Patri … seruiui] seruiui patri et (ac Be2) hominibus Vä Be2, hominibus in Entsprechung zu FL V, 5, 22f. (332,20) 25 humilitatis officio] subiectionis officio Vä, subieccione Be2, subieccione in Entsprechung zu FL V, 5, 22 (332,19) conscendi] ascendi in Entsprechung zu FL V, 5, 23 (332,20) Be2 26 cum] cum omni in Entsprechung zu FL V, 5, 23 (332,21) Be2 | Verum … merito] Verderbnis im lateinischen Text, vgl. Neumann 1993, S. 86 und Vollmann-Profe 2003, S. 794; Vä bietet in Anlehnung an FL V, 5, 23f. (332,21): Verum quod exemplum non ostendi in hoc nullus me visus est ymitari 27 hic] mit EZ udZ für getilgtes licet Ra 28 sublimatur] sublimabitur Vä 29 celestis] Quid quid Vä | pro adiutorio] fehlt Vä, obwohl Entsprechung in FL V, 5, 26 (332,24f.) vorhanden 30 exigente … putatur] iuste reputatur in Entsprechung zu FL V, 5, 27f. (332,25) Vä | Cum] Cum autem in Entsprechung zu FL V, 5, 27 (332,25) Vä
Das liecht der gotheit – Buch VI, 12,11 – 33 | 411
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[CCVIv]
welchi, da ich nach christenlicher gewonheit gott batt, do sach ich yren geist im anzu͗g mynes geistes. Aber er was clarer in ym selb dan die sonn, vm die reinigkeyt yres hertzens mit tru͗wer meinu͗ng. Aber doch, sy was vmbgeben mit grosser fu͗nsternu͗s vnd begert fast den bru͗nnen des ewigen liechtzs. Sÿe lengt stetz vbersich, aber sye was alweg behalten mit der fünstern nacht. Diß war der eigen wil on ratt, welcher dise volkomne frow ferhindert von gott. Darumb fragt ich sÿe, in was wiß sie mocht erloͤ st werden von ÿren pinen. Vnd sÿe antwu͗rt: “Darümb, das ich vff erden | keines menschens ratt nach ccvj christerlicher ordenu͗ng geachtet hon zu͗hoͤ ren, so mag ich vff keines bett hulff empfinden oder hulff nemen.” Do wendet ich mich zu͗ dem herren vnd froget, was das were, das ein mensch gat in das fegfu͗ir, der do in disem leben vmb siner liebe wegen hatt sinen leip so vil pinen dargesetzet. Vnd der herr sprach zu͗ mir: “Keine du͗gend ist gefellig minen ogen, die do nit gegru͗ndt ïst in den heilsamen raͤ tten. Ich stig ab vff die erden mit ratt. Vnd do dienet ich meinem vatter vnd dem menschlichen geschlecht mit allem dienst der demu͗tïgkaÿt. Vnd also stig ich vff in den himmel mit frÿheÿt vnd froͤ d. Aber das ich bewisen hon mit exempeln ïm ferdienen des wergks in begirden, in betten, in arbeiten: mit disen dingen wirt sie gezieret dan, so sie nach den pinen erhoͤ cht wirt zu den himmelischen richen.” “Wan, was vns in dem weg zu dem himmelischen rich gegeben wirt fir ein hulff: dasselbig wirt | vnser geachtet nach erforschüng der gerechtigkayt.
26 ab] mit EZ üdZ
412 | Lux divinitatis – Liber VI, 12,31 – 13,21
defunctorum fidelium | dominus pro amore nostro inpertitur, ut, liberati, Ed. 630 uelocius deum nobiscum collaudent in celestibus.”
Decem et septem annorum penas deputauerat huic femine iusticie sentencia, quam in septem menses commutauit misericordie elemosinaris 35 clemencia, quoniam ex caritate sincera perfecit hec munda consciencia. In originali ponitur titulus talis: Quod oraciones misse, audicio uerbi dei in predicacionibus, vita bonorum, jeiunium, carrene liberant animas de purgatorio
[13.] De purgatorio cuiusdam scolaris interfecti – Sexta parte x FL VI, 10 capitulum Rogaui dominum pro anima cuiusdam, qui in peccatis existens fuerat interfectus. Et dixit dominus ad me: “Septem anni penitenciales, et septem carene quasi una gutta pluuie esset in grandi igne. Infra triginta annos non 5 expeteretur a me. Quoniam per stultam superbiam triginta annorum spacium, quo uicturus erat, sibimet abstulit. Quos oportet eum, michi exsoluere in tormentis.” Et dixi: “O domine, licet tuam misericordiam exorare?” Et respondit: “Vtique.” Et addit: “Cum duo colluctantur, oportet, ut 10 succumbat infirmior forciori. Ego, licet sim omnipotens, infirmior esse uolo. Triginta milia missarum redemptio eius est, quia nunquam, nisi pro uerecundia, missam integram perstitit uel audiuit.” Et dixi: “Domine, quo merito saluus factus est?” Respondit dominus: “Sermones meos audiens, compunctus suspirauit. 15 Propter quod a me accepit in extremis internum suspirium pro peccatis.” Et dixi: “O misericors deus, frater matris sue, qui tibi a iuuentute sua usque ad caniciem in religione in erumpnis et laboribus deseruiuit, offeret ad te, placandum pro eo, omnia, que per eum operatus es tibi placita opera, ponens se in primo statu famulatus tui; numquid uelles propter hanc 20 oblacionem istam animam liberare?”
Kap. 13: auch Ra und Be1 (mit Anspielung auf dieses Kapitel) — ohne Entsprechung in FL: Sprecherangaben in Z. 9–17 und 24 31 defunctorum fidelium] animarum fidelium defunctorum in Entsprechung zu FL V, 5, 27 (332,26) Vä pro … inpertitur] impertitur Et hoc pro amore nostro Vä | liberati] liberate Vä 34 quam] quos Vä in … menses] in xvij menses in Entsprechung zu FL V, 5, 30 (332,30f.) Vä | misericordie … clemencia] dei misericordia in Entsprechung zu FL V, 5, 29f. (332,29f.) Vä | elemosinaris] el'aris Rb, elaris mit Kompendienstrich Ra 35 quoniam] quem Vä, obwohl Entsprechung in FL V, 5, 30 (332,31) vorhanden sincera] intima in Entsprechung zu FL V, 5, 31 (332,31) Vä | perfecit hec] hec fecit Vä 13,1 In … purgatorio] vaH am oR entsprechend der Überschrift von FL VI, 10 Rb, fehlt Ra, s. dazu Neumann 1993, S. 118 | Sexta … capitulum] Capitulum 79m Ra 5 pluuie esset] esset pluuie Ra 11 sim] sic Rb Ra, lies: sum ? 17 iuuentute] iuuentuta Ra
Das liecht der gotheit – Buch VI, 12,34 – 13,22 | 413
Darumb, so wir zu dem rich kommen sÿent, so gibt gott, der herr, in der 35 gemein den gestorben gloͤ bigen vm vnser liebin wegen, das sie schnel
entlediget werdent, vnd gott mit vns seient loben in dem himlischen choren.” Der sententz der gerechtigkaÿt hett vffgelegt diser frowen xvii jar, welche er gewandlet hatt in vij monat vß gnad der almu͗sische erbermdt, welchi sie 40 hie volbracht hett in der liebin vnd in reyner gewisne. [13.] Vom fegfüir eïnes weltlichen menschen
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Ich batt den herren fir ein seel eines menschens, welcher in sunden was vnd zutod geschlagen. Vnd der herr sprach zu͗ mir: “Sÿben bu͗ßlicher jar vnd vij caren werent als ein regen tropfflin in einem grossem fu͗ir. Vnder xxx jar wirt er mir nit aberworben. Wan du͗rch die dorechtige hoffart hatt er ym entzogen xxx jar lengi, die er solt gelept hon, welchi er mir mu͗ß bezalen in den pinen.” Vnd ich sprach: “O herr, zimpt es sich, dein barmherzigkeÿt bitten?” Do antwu͗rt | er: “Ja, es zimpt sich woll.” vnd sprach darzu͗: “Wan zwen ccvij miteinander ringent, so mu͗ß der schwecherer vnderligen. Wie wol ich bin almechtig, so wil ich doch der schwecherer sein. xxx tu͗sent meß ist sein erloͤ sung, wan er hat nie gehort oder ist nie bliben ston zuhoͤ ren ein meß dan allein vor scham.” Vnd ich sprach: “Herr, mit was verdienen ist er sellig worden?” Antwu͗rt der herr: “Do er hoͤ rt meine predig, do ru͗wet er vnd ersu͗ffzet. Darumb hat er von mir in seinen letsten zitten vmb sin sund ein jommers ersiffzen.” Vnd ich sprach: “O barmherziger gott, wan siner mu͗tter brüder, welcher dir von iu͗gent bis in sein alter in geistlickeit, in kommer vnd mit arbeit gedienat hat, vffopffert dich zuu͗orsu͗enen fir yn alle ding, so du͗ durch yn gewurckt hast dir wolgefellige werck, vnd er setzet sich in den ersten stand deines dienstzs; weltest du͗ nit vmb sollichs opffers wegen die seel erloͤ sen?”
38 xvii] zweites i nachträglich zwischen xvi und Jar eingefügt 13,1 menschen] mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile
414 | Lux divinitatis – Liber VI, 13,22 – 14,16
Respondit dominus: “Vtique. Si michi talis inferretur coactio, oporteret me tribuere, quicquid uellet hominis instancia postulare.” | Et dixi: “O domine deus, si ille famulus tuus omnia benefacta sua huic indigenti anime largiretur, quid tunc fieret circa eam?” (89ra) Extemplo indulsit michi dominus, quod illam felicem animam uidere digna fui, quam prius propter inpudicam penam, quam sustinuit, non poteram intueri, quia hoc anima mea non ualuit sustinere. Erat autem sole pulchrior eleuatus, ualde super omnem miseriam deliciosa, affluens claritate. Et dixit ad me gaudens et exultans: “Dic amicis meis: ‘Si terra aurea, perpetuo solis splendore illustrata, vernali florum ac fructuum aerisque tempore cum odoris efflueret dulcedine: una ibi hora nollem consistere, quia tanta amenitate et iocunditate perfruor in hac uita.’” Nondum tamen ad regnum peruenerat beatorum.
Ed. 631 25
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[14.] De statu sanctorum FL VI, 8 Dominus Ihesus Christus uirtutibus plenus ad dexteram Patris ascendit. Quem nullus sequi potest, nisi fulciatur uirtutibus. Sancta trinitas super celsitudinem exaltata resedit cum omnibus electis amicis. Quos honore, pulchritudine, gaudijsque ditauit, secundum quod laudabiliter piarum 5 uirtutum similitudinem in hoc seculo habuerunt. Quelibet, que in hoc mundo bone uoluntatis formam accipit, karitate ornata, et perficitur sine culpa, resonat in celestibus tanquam corda fidelis anime et corporis coram throno. Dicit pater grates filio, qui eam uirtutibus attraxit; Filiusque Patri, qui eam creauit; stringitque Patrem et Filium Spiritus Sanctus, ut eam cum 10 iubilo sic transfluant, ut in omnibus deum diligant et collaudent.
Dyabolus et Sathanas cum omnibus uiciosis sic in infima est dimersus, sicut deus cum sanctis super omnia exaltatur. Inter altitudinem diuinam et abyssum Sathane duplex purgatorium inuenitur, in quibus multiplex pena et angustia reperitur. Primum purgatorium est utilis miseria, quam in hoc 15 mundo in penis multiplicibus et penurijs ex|perimur. Secundum Ed. 632
Kap. 14: auch We3 (Z. 13–30). We3 bietet einen Text, der FL VI, 8 stellenweise näher steht als dem entsprechenden lateinischen Kapitel. 28 ualuit] potuit Ra 32 aerisque] aereisque Rb Ra 33 efflueret] effluere Rb Ra 35 ad … peruenerat] pervenerat ad regnum celorum siue, per mit EZ üdZ Ra 14,2 Dominus] D[omi]N[u]s Rb 10 ut] est Rb, korr. nach LG VI, 14, 13 und entsprechend einem Vorschlag von Stierling 1907, S. 74, s. dazu auch Neumann 1993, S. 116, Anm. zu FL VI, 8, 15f. 12 Dyabolus] Kapitelinitiale, n. Abs., am Ende der Zeile Platz für kurze Überschrift (z.B. in eodem o.ä.) Rb 15 quam … mundo] in hoc mundo quam We3
Das liecht der gotheit – Buch VI, 13,23 – 14,19 | 415
Antwu͗rt der herr: “Ja ich wolt. Wo mir solcher trang beschech, so must ich geben, was do doͤ rst des menschen anmu͗t begeren.” [CCVIIv] Vnd ich sprach: “O herr, wan diser | diner diener geb alle seine gütte werck diser arme seelen, was wu͗rd mit yr beschee?” Glich ließ mich der herr die sellige seel anschawen, welchi ich vor vmb wegen yrem schamhafftigen pin nit mocht sehen, wan min seel mocht dasselbig nit liden. Sye was vber die sonne schoͤ ner, erhoͤ cht vber allen 30 kommer, zu͗fliessent in wollustiger lïebin. Vnnd sie sprach zu͗ mïr: “Sag minen fru͗inden: ‘Wer das guldin ertrich erlüichtet mit ewigen schin der sonnen vnd vßfloͤ ß mit siessin der blu͗men vnd früchten zu der glentz zyt: so wolt ich do kein stünd bliben, wan ich bin dürchgossen mit solcher freüd vnd stilheit in disem leben.’” 35 Aber sÿe was noch nit ingangen in das rich der himmel.
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10
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[CCVIIIv]
[14.] Von dem stand der heiligen Der herr Jesus Christus, vol der tugenden, stig vff zu der gerecht seines vatters. Welchem keiner mag nachfolgen, er sÿ dan gegrundt in den tu͗genden. Die heilige drÿfaltigkeÿt erhoͤ cht vber alle hoͤ hin, sitzt mit allen vßerwelten fru͗indin, welche sie rich gemachet hat, in eren, in schoͤ ni vnd mit freu͗den, darumb das | sie in diser welt hon gehept loblich die glichnu͗ß ccviij der gietiger du͗genden. Ein yetliche tugend, so in diser welt nimpt die gestalt eines gutten willens, vnd ist geziert mit der liebin, vnd wirt volbracht on schu͗ld, die thoͤ net in den himmeln als ein seit der gloͤ bigen seelen vnd leips vor dem thron. Der vatter sagt danck dem suͦ n, der sie zu͗ ym gezogen hatt in dugenden; vnd der suͦ n sagt danck dem vatter, der sie erschaffen hatt; vnd der heilig geist zwingt also den vatter vnd den suͦ n, das sie also durchfliessent die seel, vff das sie in allen dingen gott liebent vnd lobent. Der dieffel vnd Sathanas mit allen boshafftigen ist also fersenckt in die dieffin, als gott vber alle ding ist erhoͤ cht mit den heiligen. Zwuschen der gotlichen hoͤ hin vnd der dieffelische dieffin werden gefunden zweÿ fu͗ir, in welchen mancherlei pin vnd angst gefunden wirt. Das erst fegfu͗ir ist die nutzliche arbentzselligkaÿt, so wir in diser welt in vil pin vnd mangeln empfinden. Das ander fegfu͗ir ist nach disem fast grisenlich, | welches
416 | Lux divinitatis – Liber VI, 14,17 – 15,11
purgatorium est post hanc uitam inmane nimis. Quod in faucibus inferni incipit, et in porta celi desinit et finitur. Demones autem potestatem non habent animas puniendi, nisi super terram, et in aere, et in omnibus locis, in quibus peccatis suis aerem maculauerunt. Hec sunt testimonia dyaboli in 20 verecundiam et penam ampliorem peccatorum, qui hic per penitenciam diluere neglexerunt. Cum autem manum dyabolicam euaserint, tunc in semetipsis ardore mirabili eciam pro culpis minoribus crvciantur. Deinde adiutorijs et compassionibus a penis (89rb) omnibus eleuantur, vbi celo proximi omnibus gaudijs perfruuntur. Attamen visione dei nondum digni 25 sunt; nec gloriam, quam accepturi sunt, adhuc habent; nec coronam de manu domini perceperunt. Hec est disposicio purgatorij in terra et aere, inter infernum et firmamentum. Anima autem, quia spiritus est, a corporalibus rebus crvciari non potest, cum fuerit a corpore separata. 30 [15.] Qualiter electi et reprobi in celo, in purgatorio et in inferno FL IV, 25 comparent – Quarta parte xxv capitulum Nostra presencia iam nunc resplendet in celestibus. Secundum quod hic decorati virtutibus et caritatis dei munere sumus, sic iam manifesta omnibus beatis. Laudantque deum et gaudent, ac si iam eorum consorcio 5 iungeremur. Nostrum autem profectum non cognoscunt. Veruntamen uirtutum incrementum, et claritatis augmentum, et ascensus ad profectum sanctis hic de die in diem conceditur. Vnde sanctorum meritum et angelorum iocunditas cumulatur. Cum vero in quecumque peccata labimur, pulchritudo in nobis celestis obumbratur, et desiderant angeli, orantque 10 pro nobis sancti, ut purificati per penitenciam reuertamur.
Kap. 15: auch Ra 17 uitam] mit EZ vaH am lR in Entsprechung zu FL VI, 8, 22 (448,14) Rb | inmane nimis] tam immane in Entsprechung zu FL VI, 8, 22 (448,14) We3 18 et finitur] fehlt We3 20 quibus] quibus peccauit homo Et in omni altitudine vbi in Entsprechung zu FL VI, 8, 25f. (448,17f.) We3 | maculauerunt] maculauit Rb | Hec] Et hec We3 | in2] ad We3 21 verecundiam] maiorem verecundiam We3 | penam ampliorem] ampliorem penam We3 | peccatorum] omnium peccatorum in Entsprechung zu FL VI, 8, 27 (448,20f.) We3 | hic] fehlt We3 22 diluere neglexerunt] conuertere noluerunt in Entsprechung zu FL VI, 8, 28 (448,21) We3 | autem] autem iam felices effecti in Entsprechung zu FL VI, 8, 28 (448,21f.) We3 dyabolicam] diaboli in Entsprechung zu FL VI, 8, 28f. (448,22) We3 | euaserint] euaserunt Rb 23 minoribus] minoris We3 24 adiutorijs] cum adiutorijs We3 | penis] miserijs in Entsprechung zu FL VI, 8, 30 (448,24) We3 25 gaudijs] gaudijs tribus exceptis in Entsprechung zu FL VI, 8, 31 (448,25f.) We3 | Attamen] Nam We3 25 – 27 nondum … perceperunt] am rR MZ Rb 25 digni sunt] sunt digni We3 26 gloriam … habent] gloriam habent quam sunt accepturi We3 | de … perceperunt] acceperunt de manu domini We3 28 et1] in We3 | inter] et inter We3 29 autem] fehlt We3 15,2 Quarta … capitulum] Caput 80m Ra 4 sic … gaudent] am rR MZ Rb 9 iocunditas] iocunditatis, ti unterpungiert Rb 10 obumbratur] obambratur Ra
Das liecht der gotheit – Buch VI, 14,20 – 15,13 | 417
20 anfacht in dem rachen der hell vnd endet sich an dem thor des himmels.
Aber die dieffel hond nit gewalt zu͗ pinigen die seelen dan vff erde vnd im lu͗fft vnd an allen ortern, in welchem sie mit yren sunden den lufft vorgifft hond. Das sind die zugnu͗s des dieffels zu͗ witterer scham vnd pin der sünder, die do hie versumt hon abzu͗weschen du͗rch die bu͗ß yre sünd. Aber 25 so sie der hand des dieffels entrinnent, dan so werden sye in yn selber gepiniget mit wunderbarlicher hitz au͗ch fir die minsten sünd. Darnach mit hulff vnd durch mitleiden werden sie erhept vß allen pinen; do werdent sie fast nach sin den himmeln vnd frowent sich mit allen froͤ den. Doch so sient sie noch nit wu͗rdig, gott anzu͗sehen; noch yr glorj, so sie empfangen sollen, 30 hon sie nit; vnd hond ou͗ch nit empfangen die kron von der hand gottes. Solliche geschicklicheit hat dises fegfu͗ir vff erden vnd im lu͗fft zwu͗schen dem himmel vnd der hell. Aber ein seel, so sie ist abgescheiden vom leib, ccix mag | nit gepiniget werden von leiplichen dingen, wan sie ist ein geist. [15.] Wie die vserwelten im himmel, im fegfüir vnd in der hell die verworffen erschinent Vnser gegenwurtigkoÿt in den himmeln schinet nu͗n. Nach dem wir hie geziret sind in den du͗genden vnd mit der gab der liebin, also ist sie offenbar 5 allen seligen. Vnd also lobent sye got vnd frowent sich, als werent wir zu͗gesellet yrer gesellenschafft. Aber vnser zu͗nemmen erkennent sie nit. Aber doch zu͗nemmen in dugenden vnd meru͗ng in der liebin, vnd das vffgon zu der volkommenheyt wirt hie von dag zu͗ tag vorluhen denn heiligen. Do haͤ r wirt gemert das verdienen der heiligen vnd die froͤ d der 10 engel. Aber wan wir in ein sund fallent, so wirt in vns verfinstert die himmelische schoͤ ni, vnd die engel begerent vnd die heiligent bittent fir vns, vff das wir reingemacht werden durch die bu͗ß vnd zu͗ ynen widerkoͤ rent.
14,29 sollen] mit EZ am lR für rot durchgestr. werden 15,2 verworffen erschinent] worffen ¦ erschine[n]t am rR
418 | Lux divinitatis – Liber VI, 15,12 – 16,17
In purgatorio quoque nostra apparet presencia; vnde ibi existentes contristantur. Nec tamen iuuare nos poterunt, suis crvciatibus miserabiliter occupati. Multe cum tam grauibus culpis ad purgatorium anime descenderunt, quod eis scire non conceditur, si unquam debent liberari. 15 Quare? Nolebant, dum uiuerent, suis carnalibus labiis confiteri. Quomodo Ed. 633 au|tem saluari ualeant, in loco alio est descriptum.
Nota
Peccatorum manifesta est presencia in inferno. Quos diuina sic prosequitur misericordia, ut, qui hodie sunt demonum, cras fiant socij angelorum. Sic uariatur nostra presencia de celo ad purgatorium et ad infernum, prout 20 nostre uoluntatis declinat arbitrium. [16.] De inmensa et ineffabili misericordia dei – Tercia parte xij capitulum Avdiens et perpendens immensam dei misericordiam dixi: “Domine, iusticia et misericordia tua vnum sunt, et secundum magnitudinem misericordie tue magna est iusticia tua. Quid igitur est, quod misericordia tua magis elucet in omnia opera tua?” Respondit michi dominus magne fidelitatis et clemencie verbum: “Per memetipsum iuraui, et vere dico tibi, quod plures in ecclesia mea reperiuntur, qui sine medio de morte transeunt ad uitam, quam qui eternis supplicijs deputantur. Iusticia tamen sue rectitudinis potestatem non deserit. Nam quidquid eius conspectui cum crimine oblatum fuerit, hoc de manibus eius a me nullatenus auferetur. (89va) Verum tanquam Pater desolatam animam primitus uisitabo, si quid boni in non desperante potuero inuenire. Cogit me adhoc paterne fidelitatis temptacio, qua circa filios meos moueor, quos creaui.”
FL III, 22
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Et dixi: “Eya domine, indica michi hanc tuam temptacionem, vt tua delectacio et meum desiderium conueniant et concordent.”
Kap. 16: auch Ra und Be1 (Z. 7–10) 14 Multe] Multe autem anime Ra | anime] fehlt Ra 15 descenderunt] descendunt Ra | debent] debeant Ra 16 Nolebant] Quia nolebant Ra 18 est] erit Ra 19 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 16,1 inmensa] in mit EZ vaH (?) üdZ Rb | misericordia dei] dei misericordia Ra | Tercia] tercia d[e]i, d[e]i vaH (?) gestr. Rb | Tercia … capitulum] Capitulum 81 Ra 5 quod] mit EZ am lR Ra 6 tua2] tua mit FZ Ra 8 iuraui] iuro Be1 | vere] pro vero Be1 | dico tibi] tibi dico Be1 | plures … reperiuntur] in ecclesia mea sunt plures Be1 9 medio] impedimento Be1 | transeunt … uitam] ad vitam transeunt Be1 10 supplicijs deputantur] deputentur supplicijs Quod tamen duris non facile est dicendum Be1 11 deserit] de_sit, Nasalkürze über i auf Rasur oder radiert Rb
Das liecht der gotheit – Buch VI, 15,14 – 16,17 | 419
Au͗ch im fegfu͗ir erschinet vnser gegenwu͗rtigkeyt. Darumb werden betriebt, die do seient, vnd mogent doch vns nit zuhulff kommen, wan sÿe | sÿent beladen mit yren pinen. Vil selen sient so mit vil schweren schulden abgestigenn zu dem fegfu͗ir, das inen nit wirt nachgelassen zu͗wissen, ob sye ettman sollen erloͤ st werden. Worumb? Wan, do sÿe lebten, do wolten sie nit beichten mit yren leiplichen leffzen. Aber wie dise mogen selig 20 werden, ist an einer andern statt beschriben. Der sunder gegenwurtigkeit ist offenbar in der hell. Welchi doch also die gotliche erbermd nachvolgt, das die, so hu͗it hie sind gesellen der dieffel, werden morgen gesellen der engel. Also wirt vormengt vnser gegenwurtigkeÿt vom himmel in das fegfu͗ir vnd in 25 die hell, nach dem sich neigt die frÿheit vnsers willens.
[CCIXv]
[16.] Von der vngemessene barmherzigkait gottes Do ich hoͤ rt vnd betrachtet die vngemessene erbermd gottes, sprach ich: “Herr, din gerechtigkayt vnd leben seient ein ding, vnd nach der groͤ ssi diner erbermd ist groß dein gerechtigkaÿt. Was ist das, das deine erbermd 5 mer schinet vß allen dinen wercken?” Antwu͗rt mir der herr ein wort der grossen trw vnd gnaden: “Ich hon durch mich selber geschworenn, | vnd ich sag dir, das vil sint in meiner kilchen ccx gefunden, die on mittels vom tod gond zum leben, dan die verordnet werden zu den ewigen pinen. Aber doch: die gerechtigkaÿt verlast nit den 10 gewalt yrer rechtigkaÿt. Wan, was yrem angesicht mit sünden wirt fu͗rgebracht, dasselbig wirt yr von ÿren henden von mir nit entzogen. Aber zwar: die ellende seel wirt ich vor an als ein vatter heimsüchen, ob ich etwas gu͗ts in der nit verzwÿfelte moge finden. Darzu͗ zwingt mich die straff der vaͤ tterlichen trw, vß welcher ich bewegt bin zu͗ minen su͗nen, die ich hon 15 erschaffen.” Vnd ich sprach: “Eÿa herr, antzeig mir solche dine anfechtu͗ng, vff das dÿn lu͗st vnd min begird eins sÿent vnd einhellig.”
16,1 barmherzigkait gottes] zig¦kait ¦ gottes am rR 7 ccx] korr. aus ccxj 12 heimsüchen] heimsüchüng, korr. nach LD VI, 16, 13
420 | Lux divinitatis – Liber VI, 16,18 – 17,18
Respondit dominus: “Audi, quomodo temptor: bonitas et largitas, fidelitas ac miseracio tam fortissime me compellunt, quod sino, ut per montes superbie et valles humilitatis, per rubos immundicie et per plana mundicie 20 transeant atque fluant. Plusque me cogit dulcedo benignitatis quam Nota hominem peruersum amaricacio sue mentis. Maiorque est mee pietatis clemencia quam omnium demonum maliciosa demencia.” Et dixi: “Domine, tua iusticia sic in tua resplendet et condecet ueritate, quod inestimabilem sine cordis molestia michi ingerit leticiam. Et 25 quocumque se conuertit, in hoc ueritas exultabit.” Ed. 634; | [17.] Oracio deuota et graciarum actio – Quarta parte xxxv Eya pie Pater, trahe animam meam sine inpedimento in te, et occurre illi in FL V, 35 omnibus bonis, que sunt in te! Tunc orare, imperare, et te plene laudare uellet, cum vnigenito tuo Ihesu Christo, super omni bonitate tua.
Eya, da michi, domine, sancte trinitatis tractum in dulcis amoris uolatu, ut 5 laudabiliter fruar omnibus donis largitatis tue, et nunquam a te petam, quod tu ad gloriam tuam nolueris exaudire. Amen. Eya Pater omnis bonitatis, ego peccatrix gracias ago tibi super omni fidelitate tua, cum corpore afflicto et languido, cum anima exule et corde culpabili, cum sensibus turbatis et despecta uita in hoc mundo. Domine 10 Pater, hec sunt in me et mea, et nichil aliud. Nunc laudo te et gracias ago tibi cum dilecto filio tuo Ihesu Christo, et cum uniuersa creatura tua et bonitate, qua eam creaueras, antequam peccaret et futura est in renouacione, qua eam dignaberis reformare. Eya dulcis Pater, cum omnibus rebus hijs laudo te hodie, quia animam 15 meam et corpus meum semper custodia fidelissima protexisti; et pro omnibus donis, que tu michi, magne deus, corporaliter et spiritualiter largissime contulisti. Cum hac uniuersitate creature desidero, domine,
Kap. 17: auch Ra, Z. 61–119 auch in Au, Ba, Br, Pr, We1, We2 (zur Apparatgestaltung s. weiter unten) 22 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 24 et … leticiam] am lR MZ Rb 17,1 Oracio … xxxv] Qualis debeat homo esse in extremis, Qualis korr. aus Qualiter, am rR: Oracio deuota et graciarum accio Ra 2 Eya … te2] vgl. App. zu Z. 77 weiter unten 3 sunt] s[u]nt, korr. aus sint (i unterpungiert) Rb | te1] te et occurre illi, et bis illi gestr. Ra | Tunc … Christo] am lR MZ Rb 6 tue] fehlt Ra 11 nichil] nichil tantum laudo aliud, tantum bis aliud gestr. Ra 13 peccaret] peccauerat Ra 17 donis] donis tuis Ra 17,2 trahe … te] vgl. Ct 1,3
Das liecht der gotheit – Buch VI, 16,18 – 17,20 | 421
Antwurt der herr: “Hoͤ r, wie ich angefochten werd: Die gutheit vnd miltigkeyt, trw vnd erbermd tribent mich also starck, das ich gescheen laß, 20 das sÿe gond vnd fliessent durch die berg der hoffart, vnd durch die taͤ ll der demu͗t, vnd durch die stu͗den der vnreinigkeit, vnd durch die eben weg der [CCXv] reinigkeÿt. | Vnd mich bezwingt mer dïe siessi der gu͗etigkayt dan ein ferkoͤ rten menschen die bitterkoyt sines hertzens. Vnd grosser ist die gnad miner gietigkayt dan aller dieffeln boshafftige arglistigkeyt.” 25 Vnd ich sprach: “Herr, also erschinet vnd wolstatt din gerechtigkeyt in diner warheyt, das es mir on kommer mÿnes hertzens vnvßsprechliche freu͗d anbringt. Vnd wo sie sich hinkoͤ rt, am selbigen ort erfrowet sich die warheyt.”
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[17.] Ein andechtigs bett vnd dancksagung Eya guetiger vatter, züich in dich on hindernu͗ß min seel vnd kom yr entgegen mit allen gütern, so in dir sint! Dan so wolt sie betten, gebieten vnd dich volkommen loben mit deinem eingebornen su͗n Jesu Christo vm alle dine gütheit. Eya herr, gib mir den zug der heiligen drÿfaltigkeit in dem flu͗g der süessi liebin, vff das ich loblich sey, niessen alle gaben deiner miltigkeit, vnd das ich nymmer von dir beger, das du͗ zu͗ diner glorj nit woͤ ltest erhoͤ ren. Eya vatter alles | guten, ich sunderin sag danck dir vmb alle dine trw mit ccxj blodem vnd gepinigtem leip, mit ellender seel vnd mit schuldigem hertzen, mit betriebten sinnen vnd mit ferachtetem leben in diser welt. Herr vatter, solche ding sint in mir vnd mine ding vnd nichts anders. Do haͤ r lob ich dich vnd sag dir danck mit deinem lieben su͗n Jesu Christo mit aller diner creatur vm die gu͗etin, mit welcher du͗ sie erschaffen hast, ee dan sie sündet, vnd das sie zukunfftig ist in der ernu͗werüng, mit der du͗ sie wirst wider reformiren. Eÿa su͗esser vatter, mit allen disen dingen lob ich dich hu͗it, wan du͗ hast alweg meinen leip vnd seel beschirmet mit fast trwlicher behietüng; vnd vmb alle gaben, so du͗, grosser gott, mir leiplich vnd geistlich hast miltiglichen gegeben. Mit solcher gemeinschafft diner geschoͤ pfft, o herr,
17,13 Jesu Christo] rot unterstrichen
422 | Lux divinitatis – Liber VI, 17,19 – 48
hodie laudem tuam in omnibus et pro omnibus rebus, que de corde tuo 20 dulcissimo immaculate, Pater mitissime, profluxerunt. O dilecte pre omni (89vb) dilecto, inuoco te hodie cum hijs omnibus ad laudem tuam pro conuersione plenaria omnium peccatorum, qui adhuc peccatis criminalibus pregrauantur. Oro te, uera karitas, pro incremento sanctarum uirtutum et christiane 25 religionis omnibus, qui in hac uita sine crimine conuersantur. Rogo te, domine, pro omnibus animabus in purgatorio afflictis, et pro hijs specialiter, qui per nostram negligenciam talibus crvciatibus sunt adicti. Supplico tibi domine, pro sancta sanctificacione et vera defensione, tuique spiritus infusione, nominatim pro omnibus, qui meum exilium, pro tua karitate, per suum | sustentant auxilium, corporis et anime prebentes Ed. 635 subsidium. Inploro te, deus, qui diues es in omnes, qui inuocant te per Ihesum egenum filium tuum, ut penas spiritalis paupertatis mee, et amaritudinis mee fel in faucibus mentis mee in mel vertas. Oro te, deus, uita viuens, pro nobilitate fidei christiane, ut tu, domine, eam 35 nobis defenses per tuam sapienciam contra falsos testes. Et confirma spiritum nostrum, ut in trinitate beatifica requiescat. Rogo te, dulcis domine, pro omnibus, qui me crvciant christiani, ut te hic adhuc cognoscere et diligere mereantur. Supplico tibi, omnipotens deus, pro repressione vera false dominacionis 40 cum discrecione, et pro misericordi compassione multitudinis innocentis. Rogo te, consolacio eterna deus, ut consolari digneris omnes desolatas animas, que hodie cum angustia et tremore de suis corporibus separantur, ut eas per tuam sentenciam ad uitam eternam deputes et misericorditer 45 salues. Oro te, domine, pro emendacione et spirituali perseuerancia ac laudabili custodia diuine ueritatis in omnibus, et specialiter hijs, qui religionis habitum et ecclesiasticam potestatem pro tuo amore deferunt et exercent.
19 omnibus et] omnibusque Ra 21 – 25 O … conuersantur] vgl. App. zu Z. 106—108 weiter unten 22 qui] que (?) Ra 26 afflictis … adicti] vgl. App. zu Z. 112 weiter unten 28 – 31 Supplico … subsidium] vgl. App. zu Z. 105 weiter unten 28 tuique … infusione] mit EZ vaH am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 29 pro1] mit EZ am lR Rb 33 et … mee] mit EZ am lR Ra 34 in … vertas] am rR vaH (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb, fehlt Ra 36 defenses] et defenses Rb 37 trinitate] meritate Rb, veritate Ra, korrigiert nach LG VI, 17, 40 38 christiani] christianis Ra 42 Rogo … separantur] vgl. App. zu Z. 109f. weiter unten 47 specialiter] spal[ite]r Rb 33 et … fel] vgl. Act 8,23
Das liecht der gotheit – Buch VI, 17,21 – 53 | 423
beger ich hu͗it din lob in allen vnd fir alle ding, welche vß dinem siessesten hertzen, o sanffmietigster vatter, aüßgeflossen sind. O lieber fir alle lieben, ich ruff dich hu͗it an mit allen disen zu͗ dinem lob v [CCXI ] vmb die bekoͤ rung aller sünder, | die do noch beladen sint mit todsünden. 25 Ich bitt dich, o warhafftige liebin, vmb merung der heiligen tugenden vnd
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christenlicher geistlickeyt allen denen, so in diser zitt on sünd lebent. Herr, ich bitt dich fir alle seelen, so im fegfu͗ir gepiniget werden, vnd su͗nderlich fu͗r die, so durch vnser fersu͗mnu͗s solchen pinen sind zügeu͗rtailt. Ich bit dich demu͗tig vmb die heilige heilmachu͗ng, vnd vmb die ware beschirmu͗ng, vnd vmb das ingiessen deines geists, namlichen allen denen, die min ellend durch yr hu͗lff, vmb diner liebin wegen, lident, die do gebent hulff dem leip vnd der seel. Ich bitt dich, o gott, der du͗ rich bist in alle die, so dich anru͗effen durch Jesum, deinen eingebornen suͦ n, das du͗ die pin miner geistlichen armüt vnd miner bitterkeit wollest machen zu͗ hu͗ng in dem rachen mines gemietzs. Ich bit dich, o gott, lebendigs leben, vm die adellickeit des christenlichen glou͗bens, das du͗ yn vns, o herr, beschirmest du͗rch din wisheit wider die falschen zu͗ngen. Vnd mach starck vnsern geist, vff das er ru͗we in der selligen dryfaltigkeyt. Ich bitt dich, o süsser herr, für alle, die mich pinigent, vff das sie verdienen, dich züerkennen vnd liebhon. Ich bitt dich au͗ch, o almechtigen gott, vmb | ware nidertrücku͗ng der ccxij falschen herschschafft mit bescheidenheit vnd vmb ein barmherziges mitliden der vnschüldige mengj. Ich bitt dich, o gott ewiger trost, das du͗ wollest troͤ sten all trostlosen selen, welche hu͗it mit angst mit zittern von irem leib sich scheident, vff das du͗ sie durch dein vrteil verordnest zu͗ dem ewigen leben vnd sie barmherzig selïg machest. Ich bitt dich, herr, vmb besseru͗ng wegen, vnd vmb ein geistliche verharrüng, vnd vmb ein lobliche behaltu͗ng der gotlichen warheit in allen, vnd sünderlich in denen, welchi das kleidt der geistlickeyt vnd den gewalt der kilche tragent, vnd vbent.
35 Jesum] rot unterstrichen 36 gemietzs] davor mu͗ndts rot durchgestr.
424 | Lux divinitatis – Liber VI, 17,49 – 67
Inploro te, pijssime deus, pro uera gratitudine omni tempore pro tuis 50 beneficijs cunctis, qui pro tuo nomine paupertatis et miserie onus portant. Suplico tibi, sancte deus, pro clementi respectu inutilis uite mee, et pro continua tecum mei spiritus unione, et pro fideli uiatico sacri corporis tui, quod in extremis meis cibus sit ultimus corporis et anime mee in eternum. Supplico tibi, summa et benedicta trinitas, pro extrema hora exitus de hoc exilio, cum anima mea misera a corpore diuiditur, ut tu, domine, tunc ad 55 me digneris te inclinare; ut omnes inimici mei tristes a me discedant; et iuxta tuam uoluntatem et meum diutinum desiderium te iugiter intuear; (90ra) ut oculi anime mee in tua deitate laudent, et dulcedo amoris tui. de tuo pio pectore prodiens, animam meam profluat et infundat. Per dominum nostrum, Ihesum Christum. Benedictus sis, domine Ihesu Christe, fili dei uiui! Credo, domine, et vere scio, quia tu es uerus deus et, verus homo. Dignaris nobis, hic tuam presentiam exhibere! Ideoque adoro | te, deum et dominum creatorem et redemptorem, regem regum, michi pre cunctis dilectum, in secula seculorum. Confiteor, sancta trinitas, cum gemitu et querela cordis mei, sine timore et uerecundia coram te grauiter me peccasse. Concede michi, queso, mitissime
60 FL VI, 37 Ed. 636 65
51 Suplico … unione] vgl. App. zu Z. 77 weiter unten | mee] fehlt Ra 54 Supplico] S supplico, S gestr. Rb 58 laudent] laudait Rb 61 Benedictus] n. Abs., Platz für Überschrift in Zeile davor Rb, Oracio deuotissima Ra, Oracio beate Mechtdildis virginis Br Ba, Oracio sororis mechtildis Pr, Oracio generalis sororis Machthildis ora libenter Au, Oracio beate mechildis monialis virginis We1, Oracio generalis efficax et deuota We2 61 – 119 Benedictus … Amen] Das in der Exzerptüberlieferung in zwei Versionen x (Ba und Br) und y (Pr, Au, We1 und We2) vorliegende Gebet ist synoptisch in Anhang Kap. 8 abgedruckt. Die y-Version bietet einen Text, der einzelne Textbausteine nicht nur dem in LD VI, 17 vorangehenden Gebet entlehnt, sondern sich auch FL VI, 37 bedient, weswegen ihr Wortlaut dem deutschen Text stellenweise deutlich näher steht als dem Wortlaut der lateinischen Übersetzung. Im Folgenden werden nur die mit Sicherheit identifizierbaren Gruppenvarianten von x (zitiert nach Br) und y (zitiert nach Pr) mitgeteilt. Für die Individuallesarten, Lese- und Schreibfehler sowie die paläographischen Besonderheiten der jeweiligen Handschrift der Gruppe x bzw. y sei auf den genannten synoptischen Abdruck hingewiesen. 61 domine1] amantissime domine in Entsprechung zu FL VI, 37, 2 (504,26) y | fili] filij Rb 63 presentiam] presentia Rb 64 redemptorem] redemptorem meum in Entsprechung zu FL VI, 37, 5 (504,30) y | regem regum] dominum omnium dominorum in Entsprechung zu FL VI, 37, 6 (504,31f.) y | dilectum] dilectissimum in Entsprechung zu FL VI, 37, 6 (504,31) y | in … seculorum] nunc et in eternum in Entsprechung zu FL VI, 37, 6f. (504,32) y 66 gemitu] i mit EZ üdZ Rb | sine] sive Ra 67 mitissime] benignissime y 66 cum … mei] vgl. Ps 37,9
Das liecht der gotheit – Buch VI, 17,54 – 75 | 425
Ich bitt dich, aller güetigster gott, vmb die ware danckparkeyt zu͗ allen 55 zitten vmb alle dine gu͗ttaten denen, so vmb dines namens wegen tragent
60 [CCXIIv]
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die burdin der armu͗t vnd der arbentzselligkeyt. Ich bitt dich demu͗tig, heiliger gott, vmb ein gnedigs ansehen mines vnnu͗tzen lebens, vnd vmb stette vereinigu͗ng mines geistes mit dir, vnd vmb die tru͗wen wegspiß dines heiligen libs, das er syg an minem letsten zytt die letste spiß miner selen vnd leips in ewigkeyt. Ich bitt ou͗ch dich, o hoͤ chste vnd gebenedeite | trÿfaltigkeyt, vmb die letste stu͗nd mines vßgangs vß disem ellend, so min arme seel sich trent von dem leib, das du͗ dan, o herr, dich woͤ llest zu͗ mir neigen, vff das alle mine find tru͗rig von mir abwichend, vnd das ich dich nach dinem willen vnd nach minem langen begeren anschawen; vff das min ogen in diner gotheit dich lobent, vnd das die sussi diner liebin, die do vßgatt von dinem gu͗etigen hertzen, min seel dürchfließ vnd vbergieß. Per dominum nostrum. Gesegnet seistu͗, min herr Jesu Criste, ein su͗n des lebendigen gottes! Herr, ich glob vnd weiß warlich, das du bist warer gott vnd mensch. Du͗ wellest vns hie dein beywesen erzaigen. Darumb, so bett ich dich an, ein gott vnd herren, ein erschoͤ pffer vnd erloͤ ser, ein ku͗nig aller ku͗ning, mir vber all ander liebin in ewigkeyt. O heilige tryfaltigkeyt, ich bekenn mit ersiffzen vnd mit klag mines hertzens, das ich on forcht vnd scham schwaͤ rlich gesündet hon vor dir. O
69 Gesegnet] G Kapitelinitiale, aber kein Platz für Überschrift in der Zeile davor | Jesu Criste] rot unterstrichen
426 | Lux divinitatis – Liber VI, 17,68 – 86
deus, plenam indulgenciam omnium peccatorum, et coram te graciam et amiciciam inuenire! Quoniam consuetudo peccandi menti mee tenebras superduxit. Munda, domine, hodie cor meum ab omni terreno amore! Et 70 fluentis celestis roris arentem infunde animam, ut digne defleam peccata, quibus et me perdidi, et te irreuerenter contempsi! Ago tibi gracias, domine deus, pro beneficijs, que omnibus diebus nostris a te accepimus et nunc accipimus et eternaliter accepturi sumus. Oro te, omnipotens Pater, in nomine domini nostri Ihesu Christi, ut purifices et 75 custodias me ab omnibus peccatis, et sanctifices me in omnibus operibus uirtuosis. Rogo te, domine Ihesu Christe, per angustias et horrores mortis, quos caro tua in crvce sustinuit, ut oculis tue miseracionis necessitates meas ad extremam horam uite mee clementer intueri digneris. Et concede michi, ut 80 sacramenta corporis et sanguinis tui ea fide et karitate tunc suscipiam, ut sint corporis et anime mee perpetuum alimentum! Rogo te, deus meus, ut me tunc digneris ab omnibus hostibus liberare, et spiritum meum tuis consolacionibus subleuare. Rogo te, fili dei, ut animam meam cum benedictis manibus tuis excipias, et 85 perducas me cum gaudio ad regnum patris tui, vbi te cum omnibus sanctis
68 plenam] hodie plenam in Entsprechung zu FL VI, 37, 9 (506,3) y 69 Quoniam] quoniam cor meum in Entsprechung zu FL VI, 37, 9 (506,4) y | consuetudo] consuetudine y | menti … superduxit] ualde est obtenebratum in Entsprechung zu FL VI, 37, 9 (506,4) y 71 infunde animam] animam meam infunde in Entsprechung zu FL VI, 37, 10 (506,5) y 72 perdidi] miserabiliter perdidi y 73 domine] pie domine in Entsprechung zu FL VI, 37, 13 (506,9) y | beneficijs] vniuersis beneficijs in Entsprechung zu FL VI, 37, 13 (506,9) y 76 me1] mit EZ vaH am lR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 77 uirtuosis] Danach Eya pie pater trahe animam meam sine impedimento in te et occurre illi in omnibus bonis que sunt in te [entspricht LD VI, 17, 1f.] Supplico tibi sancte deus pro clementi respectu inutilis vite mee et pro continua tecum mei spiritus vnione [entspricht LD VI, 17, 51f.] y 78 per] per sanctissimam mortem tuam et per in Entsprechung zu FL VI, 37, 18 (506,15) y | angustias] omnes angustias y | horrores] miserias in Entsprechung zu FL VI, 37, 19 (506,16) y | mortis] fehlt y | quos] quas y 79 sustinuit] pro me sustinuit y | miseracionis] diuine miseracionis in Entsprechung zu FL VI, 37, 20 (506,17f.) y | meas] meas et miserias y 80 horam … mee] vite mee horam y 81 tui] tui nec non extreme vnctionis x 82 perpetuum] ultimum et perpetuum in Entsprechung zu FL VI, 37, 25 (506,23) y | alimentum] alimentum et perducant ad gaudium sempiternum x 83 Rogo … subleuare] Rogo misericordissime domine ut tunc miseram animam meam per teipsum digneris consolari et ab omnibus hostibus pie liberare in Entsprechung zu FL VI, 37, 27f. (506,25—27) y | omnibus hostibus] hostibus omnibus mit VZ Ra 84 subleuare] subleuare . et spiritum meum, et bis meum gestr. Rb 85 meam] meam miseram in Entsprechung zu FL VI, 37, 29 (506,28) y | cum] fehlt y | excipias] tunc excipias in Entsprechung zu FL VI, 37, 29 (506,28) y 86 perducas] de hoc exilio perducas in Entsprechung zu FL VI, 37, 31 (506,30) y | sanctis] dilectoribus y 71 fluentis … roris] vgl. Gn 27,28; Ps 67,9
Das liecht der gotheit – Buch VI, 17,76 – 95 | 427
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[CCXIIIv] 95
gietigster gott, verleich mir volle nachlassüng aller miner sünde, vnd das ich vor dir genad finde vnd fru͗intschafft. Wan die gewonheit zu͗su͗nden hatt vber min gemiet | gefiert fünsternu͗s. Herr, mach hu͗it min hertz rein von ccxiij aller irdische liebin vnd vbergu͗iß die dirre seel mit dem daw des himmelischen flüß, vff das ich wu͗rdig beweine mine su͗nde, mit welchen ich mich verdampt hon vnd dich vneerlich ferachtet hon! Herr, ich danck dir vmb alle dine gu͗theyt, welche wir durch alle tag vnsers lebens ingenommen hond, vnd nu͗n empfaent, vnd ewiglich empfaen werden. Ich bitt dich almechtiger vatter, in dem namen Jesu Christi, das du͗ mich behu͗etest vnd reinmachest von allen sünden vnd das du͗ mich heilmachest in allen du͗gentrichen wercken. Ich bitt dich, o herr Jesu Christe, durch die angst vnd schrecken des todes, welche din fleisch erlitten hat am cru͗tz, das du͗ mit den ogen diner erbermdt mine nott gnedig ansehen woͤ llest an den letsten zitten mines lebens. Vnd ferlich mir, das ich dan die sacrament dines libs vnd blu͗tzs mit solcher liebin vnd globen empfae, das es sey ein ewige spiß miner seel vnd leip! Ich bitt dich, o min gott, das du͗ dan mich woͤ llest erloͤ sen von allen finden vnd minen geist mit dinen troͤ sten | erheben. Ich bitt dich, o su͗n gottes, das du͗ mine seel mit dinen gesegneten henden empfaest vnd mich furest mit freu͗den in das rich dines vatters, do ich dich
84 Jesu Christi] rot unterstrichen 87 Jesu Christe] rot unterstrichen
428 | Lux divinitatis – Liber VI, 17,87 – 108
tuis fruar eternaliter et collaudem. Presta michi hoc, domine Ihesu Christe; et omnibus mecum, qui pro amore tuo michi fauent et benefaciunt, me suis beneficijs sustentantes. Hijs quoque, qui me inpugnant contra uoluntatem 90 tuam, et omnibus christianis tuam misericordiam non deneges inpertiri. Supplico tibi, domine deus, ut propter gloriam tuam concedas ecclesie tue in perpetuum caput plenum uirtutibus catholicis: romanum scilicet pontificem, per quem ecclesia dilatetur, (90rb) a peccatis liberetur, et in omnibus operibus sanctificetur. Libera, deus, hodie Ierusalem, ciuitates et terras, quas iniqua potestas opprimit, ut ibi laus tibi a | fidelibus decantetur! Cum omnibus sanctis tuis supplico tibi, vt pacem et aeris temperiem cum frugibus necessariis donare digneris huic terre et omnibus populis christianis. Conserua, domine Ihesu Christe, amicos tuos in tua gracia, et hostes tuos conuerte, et eorum dilue prauitatem! Rex regum et corona omnium principum, rogo te, ut principes huius terre et tocius ecclesie spiritu sancto adunare digneris, ut nunquam iniqua bella et congregaciones peruersas exerceant contra tuam uoluntatem et propriam felicitatem. Consolare, domine, omnes fideles in aquarum infirmitatum, captiuitatum, temptacionum, turbacionum, paupertatum, angustijs constitutos: ut nvnquam a tua gracia decidant uel trahentur!
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87 fruar] fruer Rb 87 – 90 Presta … inpertiri] fehlt y 91 Supplico] Majuskel nicht ausgeschrieben, Platzhalter vorhanden Rb, Supplico (einfache Majuskel) Ra, Oro y | tibi] te y | concedas] concedes Ra 92 in perpetuum] imperpetuum Ra Ba 94 omnibus] bonis y (omnibus bonis We1) 95 Libera deus] Amantissime domine liberare dignare in Entsprechung zu FL VI, 37, 40f. (508,6f.) y | et] quod ac y 97 Cum] et cum, et üdZ Ra | supplico tibi] rogo te deus clementissime y | pacem] veram pacem in Entsprechung zu FL VI, 37, 44f. (508,10) y 98 frugibus] g mit EZ üdZ Rb | donare] concedere y populis christianis] christi fidelibus Ra x, cristianorum terris in Entsprechung zu FL VI, 37, 46 (508,11) y 100 Conserua … prauitatem] fehlt y 102 principes] omnes principes Ra x 103 et] aut y 104 congregaciones] congressiones x 105 felicitatem] Danach Supplico tibi domine pro omnibus qui pro tuo amore qualecumque caritatis michi prebent subsidium ut tu pijssime deus tui sancti spiritus eos infusione sanctifices et in omnibus semper protegas et conserues [in Anlehnung an LD VI, 17, 28—31] y 106 – 108 Consolare … trahentur] Rogo te ihesu benignissime pro omnibus cristianis in qualicumque tribulacione aut turbacione positis ut ipsi omnes sic a tua clementissima bonitate hodie consolentur ut ab eterna tua consolacione et gracia nunquam separentur [in Entsprechung zu FL VI, 37, 52f. (508,20f.) und FL VI, 37, 54—56 (508,22—25)] Inuoco te o dulcissime ihesu cum vniuersa creatura tua ad laudem tuam pro plenaria conuersione omnium peccatorum qui adhuc peccatis criminalibus pergrauantur Oro te uera caritas pro incremento sanctarum virtutum et cristiane religionis omnibus qui in hac vita sine crimine conuersantur [anfangs in Anlehnung an, dann wörtliches Zitat von LD VI, 17, 21—25] y 106 in aquarum] vgl. dagegen y (in qualicumque ... positis) bzw. LG VI, 17, 116f. (in was ... sye sient) 107 angustijs] in angustijs, in gestr. Ra 108 tua gracia] gracia tua Ba | trahentur] korr. aus trahantur Rb, retrahentur Ra, retrahantur x
Das liecht der gotheit – Buch VI, 17,96 – 118 | 429
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mit allen dinen heiligen ewiglich nieß vnd lob. Ferlich mir, o herr Jesu Christe, vnd allen denen, so vmb din liebin willen mir gu͗nnent vnd güts thu͗nt, vnd mich mit ýren gütheiten vffenthaltent, vnd denen, so mich wider dein willen verfolgent vnd allen christen nit abschlahest din barmherzigkeyt. Ich bitt dich, o herr gott, das du͗ vmb din glorj ferlihest diner kirchen zu͗ ewigen zitten ein haüpt, das do vol sey der christenlichen du͗genden: ich mein ein romischen bapst, dürch welchen die kilch vßgespreit werde, von finden erlediget werd vnd in allen wercken geheiliget werde. O gott, erloeß Hierüsalem vnd die stett vnd land, welchj der boshafftig gewalt vnderdrückt, vff das an den selbigen orttern dir lob gesu͗ngen werd! Ich bitt dich mit allen heiligen, das du͗ vns geben woͤ llest den fride vnd gu͗t wetter des lüffts mit dorfftigen früchten disem land vnd allem christenlichem volck. Herr Jesu Christe, behalt alle dine früint in diner gnad, vnd bekoͤ r dine find, vnd verzich ynen yre bosheit! O ku͗nig aller ku͗ning vnd | ein kron aller fürsten, ich bitt dich, das du͗ die ccxiiij fürstin dises landes vnd der gantze kilche woͤ llest vereinigen in dem heiligen geist, vff das sie nymmer wider deinen willen vnd wider yre seligkeyt boßhafftig krieg vnd verkerte fersamlu͗ng vbent. Herr, troͤ st alle gloübigen in was kranckheiten gefencknüs, anfechtung, betru͗bnu͗s, armút, vnd angst sÿe sient: vff das sie nÿmmer abfallent oder hindersich zogen werden von diner gnad!
96 Jesu Christe] rot unterstrichen 110 Herr Jesu] rot unterstrichen
430 | Lux divinitatis – Liber VI, 17,109 – 18,10
Miserere, benignissime deus, animabus, que hodie per mortem a suis 110 corporibus separabantur! Salua eas et dona eis requiem sempiternam! Eya pie deus, propiciare animabus parentum meorum et omnium, qui in purgatorio crvciantur! Libera eas, domine, in hac hora propter gloriam nominis tui sancti! Requiescant in pace! Amen. Oro te, domine, pro meis familiaribus et consortibus, ut repleas nos uirtutibus tuis sanctis. Munda uitam nostram et sanctifica ad laudem tuam! 115 Et ad utilitatem ecclesie nos dirige, deus noster! Suscipe hodie hanc oracionem querulosam, et fac nobiscum secundum tuam misericordiam! Amen. FL VI, 4 [18.] De querela inpotencie uirium – Sexta parte iiij capitulum Cvm senuisset soror M., dixit: “Ve michi misere! Querulor in conspectu tuo, deus, quod deterior nunc, quam ante triginta annos fuerim, sum inuenta. Tunc enim in exilio degens, utebar quibuscumque; nunc autem, ut subsistam, uti necesse est delicatioribus alimentis. 5 Proinde inter animam et carnem meam duos constitui custodes, ne plus michi sapiant, quam oportet. Preseruant eciam sensus meos, ne seducar in auariciam plus habendi uel hiis diucius immorandi.”
Primus custos est discretio, que omnia perfecte secundum dei uoluntatem ordinat ad | utendum ita, quod homo alienum cor semper retinet ad terrena; Ed. 638
Kap. 18: ohne Entsprechung in FL: Z. 2 (Cvm – dixit) 109 Miserere … separabantur] Rogo te consolacio eterna deus ut consolari digneris omnes desolatas animas qui hodie cum angustia et tremore a suis corporibus separantur [entspricht LD VI, 17, 42f.] y 110 separabantur] separabuntur et iam hoc seculum reliquerunt pro quibus exorandus es x | eas] eas per benignissimam misericordiam tuam in Entsprechung zu FL VI, 37, 58f. (508,28) y | sempiternam] eternam y 111 Eya … propiciare] Oro te pie deus y | pie deus] pijssime domine deus meus x propiciare] fehlt y | animabus] pro animabus y | parentum] omnium parentum y | omnium] omnium fratrum et sororum ac propinquorum meorum et omnium x 112 crvciantur] sunt afflicti et pro hijs specialiter qui per meam negligenciam talibus cruciatibus sunt addicti [in Anlehnung an LD VI, 17, 26f.] y | domine] fehlt y | hora] hora fili dei viui y 113 nominis … sancti] sancti nominis tui y Requiescant] et fac ut requiescant x | Requiescant … Amen] fehlt y 114 domine] clementissime deus in Entsprechung zu FL VI, 37, 63 (508,34) y | meis] omnibus meis y | et consortibus] cunctisque cristianis fidelibus y 115 uirtutibus … sanctis] tuis sanctis uirtutibus y | laudem tuam] tuam laudem y 116 ad … dirige] sancte ecclesie vtilitatem misericors in Entsprechung zu FL VI, 37, 64f. (508,36) y 117 Suscipe hodie] Suscipe nunc pie deus in Entsprechung zu FL VI, 37, 65 (508,37) y 118 tuam misericordiam] misericordiam tuam y | misericordiam] misericordiam magnam x 18,1 querela] korr. vaH (?) aus querala Rb 4 ut] mit EZ üdZ für unterpungiertes et Rb 113 Requiescant … pace] vgl. Ps 4,9
Das liecht der gotheit – Buch VI, 17,119 – 18,12 | 431
O aller güetigster gott, erbarm dich den seelen, welche hu͗it von irem leib 120 abgescheiden werden! Mach sÿe selig vnd gib ynen die ewigen ru͗w!
Eya, gietiger gott, bis gnedig den selen minen eltern vnd aller deren, so im fegfu͗ir gepiniget werden! Vnd erloͤ ß sie in diser stünd vmb glori deïnes heiligen namens! Ich wünsch yn die rw im frid. Amen. Ich bitt dich, o her, fu͗r meine haimschen vnd mitgespielen, das du͗ vns 125 erfullest mit dinen heiligen tu͗genden. Mach rein min leben, vnd mach vns heilig zu͗ dinem lob. Vnd zu͗ nu͗tz diner kilche mach vns geschickt, vnser gott! O herr, nim an hu͗it dises kleglich bett, vnd thu͗ mit vns nach diner erbermdt! 130 · A · M · E · N · . [CCXIVv] | [18.] Von der klag der bloͤ den krefften
Do schwester Mechtildis alt worden was, sprach sÿe: “We mir arme! O gott, ich klag vor dinem angesicht, das ich ietzt boͤ ser gefünden bin, dan ich vor drissig Jaren gesin bin. Wan dan, do ich im ellend wonet, do bru͗cht ich 5 allerlei spiß. Aber nu͗n, vff das ich leben moͤ g, sint mir not lu͗stiger spiß. Darümb hon ich gestelt zwen hieter zwuschen min seel vnd min fleisch, das sie mir nit meher schmackent, dan not ist. Sie sollen au͗ch verhu͗eten mine sinn, das ich nit ferfu͗ert werd in die geitzigkeyt mer zuhaben, oder lengerr vff inen verharre.” 10 Der erst hieter ist die bescheidenheyt, welcher ordnet, alle ding folkommenlich nach dem willen gottes zübrüchen, also das der mensch hab alweg ein fremd hertz zu͗ den irdischen; vff das das gemiet, so es solcher
432 | Lux divinitatis – Liber VI, 18,11 – 19,5
adeo ut, si hijs caruerit, animus consoletur, anima liberetur, sensus non sollicitetur; sicque in domino delectetur, ac, si ab amico optimo, de maximo Nota onere subleuetur. Quicumque enim hec terrena onus esse non reputat, spiritalem se in conspectu domini non cogitet estimari. (90va) Quapropter hec dicit dominus: “In necessitate omnibus uti licet, quia 15 uoluntaria paupertas semper egens est; ideo sancta est. Nec potest in ea superfluitas tenebras in anima generare.” Secundus custos meus timor sanctus, qui per supernam sapienciam cauet, ne anima mea donis terrenis michi oblatis arrideat, sed ea ut temptamenta suscipiat; ne auaricia, aut uana gloria surrepat, que multos laudatos 20 religiosos adeo cecauerunt, quod lumen discrecionis, caloremque amoris, ac gustum diuine dulcedinis, pacem ac miseracionem adeo perdiderunt, quod proprium non senciunt detrimentum. Hec dicit dominus: “Ecce, ipsi dicunt, quod ideo terrena cumulant, ut michi seruiant. Sed ipsi non michi, sed magis seruiunt uentri suo. Qui sibi 25 commodum et utilitatem procurat, suus est.” Verum omnis homo deberet esse Christi, ut non, que sua, sed quereret, que sunt Ihesu Christi. Vere: felix homo, qui totus uiuit deo! Hoc equo animo recipit, quod offertur. Quemadmodum deus Pater unigenitum de throno maiestatis deposuit in 30 stabulum paupertatis, sic hodie electos suos ab omni segregat uoluptate.
Vere, sanctus plus metuit, quam querit necessaria. In celo enim mente habitat, et hic estimat se captiuum. Hic dicit dominus: “Ei, qui libertatem meam cognoscit et diligit, non sufficit, ut me diligat propter me, sed et creaturam diligit in me; et sic me proximum retinebit in se.” FL VI, 6 [19.] Qualis debeat esse homo in extremis – Sexta parte vi capitulum Interrogaui dominum meum, quemadmodum, in extremo uite mee tempore, placens suis conspectibus apparerem. Et dixit michi: “Qualis eras tue conuersacionis inicio, talis esse stude in tempore uite tue extremo! Karitas, deside|rium, contricio, timor tue fuere Ed. 639
Kap. 19: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 4–7) 12 delectetur] d[e]l[e]c[t]et[ur], korr. aus dil[e]c[t]et[ur] (i unterpungiert) Rb | ab amico] abamico ip, ip gestr. Rb 13 Nota] vaH Rb 32 Ei … sufficit] am lR MZ Rb 19,1 debeat] debeat homo Ra | homo] ergänzt nach Reg 148 | Sexta … capitulum] Capitulum 82m Ra 2 dominum] deum Ra | in extremo] inextremis Ra | tempore] mit EZ am rR Ra 5 contricio timor] timor contricio Ra
Das liecht der gotheit – Buch VI, 18,13 – 19,5 | 433
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dinger mangelt, getroͤ st werd; die seel erloͤ st werd; vnd der sinn nit sorgfaltig sey vnd sich also in gott erlüstige, als ob er von dem besten fru͗indt vß der groͤ sten bu͗rdin enthept werde. Wan, welcher die irdischen ding nit achtet als ein bu͗rde, der sol sich nit gedencken, vor dem angesichte gottes fu͗r geistlich geachtet werden. Darumb das | spricht der herr: “In der nott ist zimlich, alle ding zübrüchen; ccxv wan die willig armüt ist allweg dürfftig, dorvmb so ist sie heilig. Vnd die vberflussigkeyt mag in yr kein fünsternu͗s der selen begeren geberen.” Der ander hieter ist min heilige forcht, welcher du͗rch die hoͤ chste wisheit verhu͗etet, das min seel nit freu͗d hab in irdischen gaben su͗nder sÿe annem als anfechtüngen, vff das sich da nit erheb die gitzigkeyt oder vppige eer, welchi vil beru͗mte geistlichen also verblent hond, das sie das liecht der bescheidenheit vnd die hitz der liebin, vnd den gu͗st der gu͗tlichen süssigkeyt, vnd fride vnd erbermde also verlorn hand, das sie yren eigen schaden nit empfindent. Das spricht der herr: “Nimwar, sie sprechent, das sye darumb hüffent die zitlichen gütter, das sie mir dienent. Aber sÿe dienent nit mir sünder, mer irem bau͗ch.” Welcher im selbs gewin oder nu͗tz schafft, der ist sein selbs. Aber zwar, ein iglicher mensch solt sin Christi, das er nit sücht, was sin ist, sünder was Jesü Christi ist. Warlich, ein selliger mensch ist der, der do gott gantz lebt. Diser mit glichem gemiet nimpt, was im geopffert wirt. Glich als gott der vatter sinen eingebornen su͗n hatt | abgesetzt vom thron der maiestat in der stall der armüt, also abtrent er sin vserwelten von aller wollüst. Warlich, ein heiliger mensch forcht mer dan er sucht die notdurfftige ding. Wan mit sinem gemiet wonet er im himmel, vnd fermeint sich hie gefangen sin. Das spricht der herr: “Dem, der do erkennet min frÿheÿt vnd sie liͤbhatt, dem ist nit gnu͗g, das er mich liebhatt vmb minetwegen, sünder er liebet au͗ch die creatu͗r in mir; vnd also behalt er mich zu͗m nechsten in ym selbs.”
[19.] Wie ein mensch geschickt sin soll in sinen letsten zitten Ich frogt den herren, minen gott, in was gestalt ich wu͗rd gefellig sinem angesicht erschinen in den letsten zitten mines lebens. Vnd er sprach zu͗ mir: “Lern ein solche sin in der letste zyt dines lebens, als 5 du͗ warest am anfang dines wandels! Die liebin, begird, ruw vnd forcht
18,32 Jesü Christi] rot unterstrichen 19,4 dines] d korr. aus m
434 | Lux divinitatis – Liber VI, 19,6 – 20,4
salutis primordia; necesse quoque est, ut in hijs consummacionem accipiat uita tua.” Et dixi: “O domine, vbi erunt fides et spes, que sunt christianitatis corona et principalia fundamenta?” Et respondit michi dominus: “Fides in cognicionem conuertitur, et spes in 10 realem certitudinem.” Hanc in uerbis eius glosam reperi, et mente mea intellexi. In tribus contricio mea exstat. De peccatis doleo precipue, penitens et contrita ex caritate. Penam autem contricionis abstulit amanti caritas in amore. De peccatis uniuersorum dolens, plango facta, tanquam infirmus 15 delicatam rem cupiens, (90vb) quam raro uel nunquam consequetur: idcirco cor meum herens, et anima mea desiderando persequens, utpote uenator feras inmanes et siluestres. Et dixit michi dominus: “Inmanes fere capi non poterunt, nisi ad aquas profundissimas agitentur. Sic peccator non conuertitur, nisi, iustorum 20 desiderijs in, profundas penitencie lacrimas inpellatur.” Doleo de obmissis bonis operibus, que propter carnis commodum, preter causam debitam, intermissi. Et dixit dominus: “Sicut sine locali spacio habitacio non construitur, sic 25 sine iustis operibus possessio in celestibus non habetur.” Quod idcirco dei karitas constituit, ut unaqueque anima quasi pro merito accipiat, quod per dei graciam est assecuta. Idcirco deus noster nostros labores, paupertates, infirmitates tam libenter amplectitur, ut, has miserias in karitate supportantes, remuneret, sue iusticie condescendat, prout sue 30 congruit equitati. Hec in cumulo diuine reperi largitatis. FL VI, 26 [20.] Qualiter exultat de morte soror M. Mvltum sum mirabilis mirorque in meis sensibus, quod anima mea sic est mirabilis. Cum de morte cogito, exultat ad exitum anima mea tam potenti gaudio, ut perfundantur dulcedine ossa mea. Anima enim mea quedam
Kap. 20: – 10 conuertitur] [con]vertitur, [con] mit EZ üdZ Ra 11 glosam] glo[r]iosam, [r]io gestr. Ra 13 In … exstat] am lR MZ Rb | precipue … contrita] penitens et contrita precipue Ra 14 caritas] caritatis, ti unterpungiert Rb 16 delicatam] korr. aus debilicate[m] (bi unterpungiert) Rb | consequetur] consequatur Ra 24 habitacio] mit EZ vaH am rR (ergänzt nach der lateinischen Vorlage?) Rb 29 sue1] Marginalie am rR vaH unleserlich Rb, sueque Ra 20,1 soror M] ergänzt nach Reg 149 2 meis] hijs Rb
Das liecht der gotheit – Buch VI, 19,6 – 20,4 | 435
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wasent anfeng dines heils; vnd es ist nott, das in disen dingen din leben sich endet.” Vnd ich sprach: “O herr, wo werdent bliben der glob vnd hoffnüng, welche sint der christenheit kron vnd firnemste fillment?” Vnd der herr antwu͗rt: | “Der glob wirt verwandlet in die erkantnu͗ß, vnd die ccxvj hoffnu͗ng in ein warhafftige sicherhait.” Dise eerliche antwu͗rt hon ich in sinen wortten angenommen vnd ferstandenn. In trÿen dingen statt min ru͗w. Ich hon ein schmertzen von den sünden, vnd forab, so bu͗eß ich vnd rw vß der liebin. Aber die pin des ru͗wen hatt der liebhaberin hinweg genommen die liebin in der liebin. Ich mit schmertzen beweine die sünd aller menschen; ich bin worden als ein krancker, der do ein lu͗stig ding begert, welches er doch selten oder nÿmmer erlangt. Darumb min hertz traüret, vnd min sel volget inen nach mit begirden als ein jager den gru͗senlichen vnd walt thieren. Vnd der her sprach zü mir: “Die gru͗senlicher thierer mogent nit gefangen werden, sye werden dan geiagt zu den dïeffesten wassern. Also wirt der sünder nit bekoͤ rt, er werde dan getriben durch die begierd der gerechten in die dieffe treher der bu͗ßwu͗rküng.” Mir ist leidt vmb die fersau͗mpten gütten werck, die ich vnderwegen hon gelassen vm gemach des leibs on redlich vrsach. Vnd der herr sprach: “Glich als ein hwß on ein witin nit gebu͗wen wirt, also on gerechte wergk wirt nit er|langet ein besitzung in dem himmelischen rich.” Welches darumb die liebin gottes geordnet hatt, vff das ein igliche seel als für ein ferdienen annem das, deß sie du͗rch die gnad gottes erlanget hatt. Darümb vnnser gott annimpt gern vnser arbeyt, armu͗t, kranckheit, vff das er die, so solch arbentzelligkeyt lident in der liebin, begabe vnd nachheng siner billigkeyt. Solliche ding hon ich gefünden in dem hüffen der gotliche frymiltigkeyt. [20.] Wie sich erfrowet Sant Mechtildis von irem sterben Ich bin fast wu͗nderbarlich, vnd ich ferwunder mich in disen sinnen, das min seel also wunderbarlich ist. Wan ich gedenck an den todt, so frewet sich min seel zu͗m vßgang mit solcher gewaltiger froͤ d, das alle mine gebein
9 vnd] vmd 22 der] korr. aus des 32 arbentzelligkeyt] korr. aus arbentzzelligkeyt 20,1 Wie … erfrowet] am Ende der vorhergehenden Zeile
436 | Lux divinitatis – Liber VI, 20,5 – 22,8
ineffabilia in exitu anime de corpore mirabilia contemplatur. Hoc respectu 5 amplector tempus mortis, quod deus michi | constituit et non poterit Ed. 640 preteriri. Extendit autem e contra se in extrema tempora amplitudo desiderij mei, ut cum sanctis, qui tunc erunt, fundatur sanguis meus in fide eius, quem diligo: domini Ihesu Christi. Cuius caritatem ex singulari dono me habere profiteri audeo, eo quod contemptus et tribulacio, exurgens in 10 amore dei, tam suauiter me accendit, ut corpus meum uoluptate delicata repleatur. Manet tamen apud me compassionis miseria, oroque pro persequentibus me, ut a peccatis liberentur.
[21.] Sexta parte xxvi FL VI, 27 Domine, sancte Pater, gracias ago tibi, quod me creasti. Domine Ihesu Christe, laudo te, quod me redemisti. Spiritus alme domine, glorifico te, quod me purificans emundasti. Benedico te, sancta et indiuisa trinitas, deus noster. Memento nunc queso, domine, omnis fidelitatis et gracie tue. Et 5 concede michi misericorditer mortem, que ab omni angustia me liberet. Amen. (91ra) In manus tuas commendo spiritum. [22.] Valedicit omnibus creaturis – Sexta parte xxvij Moritura omnibus, a quibus separor, ualedico.
FL VI, 28
Primum sancte ecclesie, gracias agens deo, quod christiana de christianis nata sum; cui, quousque uixero, exorans pro persecutoribus peccatoribus, 5 quos patitur, adherebo. Valedico crvciatis in purgatorio, gracias agens deo, quod uasa sunt misericordie, quibus exoptabo. Dampnatis iusticia dei in ipsis refulgens utitur; quibus, si semper uiuerem, indulgenciam non optarem.
Kap. 21: auch Ra und Ba Kap. 22: auch Ra und Be1 (mit Anspielung auf dieses Kapitel) 21,1 Sexta … xxvi] Sequitur graciarum accio sancte virginis mechtildis Ra 2 Domine1] D[omi]Ne Rb Pater] pater omnipotens eterne deus Ba 4 emundasti] emendasti Ra Ba | indiuisa] indiuidua Ra Ba 5 nunc queso] queso nunc Ba 6 misericorditer] misericorditer ex speciali gracia Ba | mortem] mortem febrem Ba | me] danach us... gestr. Ba | liberet] liberet et transferat ad gaudia sempiterna Ba 7 tuas … spiritum] tuas domine commendo Ba | commendo spiritum] domine Ra 22,1 Sexta … xxvij] fehlt Ra | xxvij] korr. aus xviij Rb 4 persecutoribus] mit EZ am lR vaH (ohne Entsprechung in FL VI, 28 und in LG VI, 22) Rb 21,7 In … spiritum] Ps 30,6; Lc 23,46
Das liecht der gotheit – Buch VI, 20,5 – 22,10 | 437
5 mit su͗ssigkeyt du͗rchgossen werden. Wan min seel jn ÿrem vßgang vom lib
anschowet etliche vnüßsprechliche. In solchem amplick vmbfach ich die zyt des todes, welche mir gott gestelt hatt vnd nit mag vbergangen werden. Aber die witin mines begirds streckt sich vß in min letste zytt, vff das ich mit den heiligen, so dan sin werdent, | min blut vergossen werd in dem globen ccxvij 10 des, so ich liebhon, herrens Jesu Christi. Welches liebin ich vß sünderlicher gab bekenn, mich zühaben, darumb, das die ferachtung vnd triebsal in gotlicher liebin so siessiglich mich anzündet, also, das mein leip mit lieblicher wollust erfu͗lt wirt. Doch so blibt bey mir der kommer des mitlidens, vnd ich bitt fu͗r die, so mich veru͗olgent, vff das erloͤ st werden von 15 iren su͗nden. [21.] Ein gebett Herr, heiliger vatter, ich danck dir, das du͗ mich erschaffen hast. Her Jesu Christe, ich lob dich, das du͗ mich erloͤ st hast. Heiliger geist, ich eere dich, das du͗ mich gereiniget vnd gebessert hast. Ich benedey dich, heilige vnd 5 vnzertrente dryfaltigkeyt, vnser gott. Bis ingedenck nu͗n, o herr, aller diner trüw vnd genad vnd ferleich mir einen todt, der mich erloͤ ß von aller angst. Amen. In din hend empfilch ich minen geist. [22.] Von dem das sie gnadet allen creatüren So ich ietzt stirb, gnad ich allen creatüren, von denen ich abgescheiden wirt. Zu͗m ersten sag ich danck der heiligen kilchen, darümb das ich ein christin, [CCXVIIv] von den christen geborn bin; welcher ich, als lang ich leb, anhangen wird | vnd wird bitten fu͗r die sünder, die sie gebiert. Ich gnad au͗ch denen, so gepiniget sind in dem fegfu͗ir, vnd ich sag danck gott, das sÿe sind feßlinn der erbermd. Den ferdampten, in welchen die gerechtigkeit gottes erschinet, lebet ich alweg, so wunschet doch ich ynen 10 nymmer nachlassüng irer sünde.
5 jn] korr. aus vn 10 Jesu Christi] rot unterstrichen 21,1 Ein gebett] am Ende der vorhergehenden Zeile 2 Jesu Christe] rot unterstrichen 22,1 creatüren] atüren mit EZ am Ende der vorhergehenden Zeile 8 feßlinn] erstes n aus r korr. | die] korr. aus din
438 | Lux divinitatis – Liber VI, 22,9 – 23,13
Valedico omnibus criminaliter in hoc mundo uiuentibus, gracias agens deo, quod eorum consors non sum; pro quibus, cum uixero, ut conuertantur, 10 exorabo. Valedico omnibus uere penitentibus, gracias agens deo, quod eorum consors sum; eorumque, quo aduixero, amatrix sum. Valedico hostibus meis, quorum dei gracia uictrix ego sum; quorum, si 15 uiuerem, semper salutem optarem. Valedico creaturis omnibus, confitens et dolens, quod eisdem peruerso ordine sum abusa. Valedico amicis meis carissimis, gracias agens | deo et ipsis, quod michi in Ed. 641 meis necessitatibus affuerunt, coram quibus, si uiuerem, semper 20 erubescerem, quia meos defectus et miserias cognouerunt. Ve tibi, fomes inmunde, per quem in me dona dei sunt obruta, et quodam modo in nichilum computata. Parce, Ihesu pijssime, quia peccaui nimis coram te! Valedico corpori meo misero, gracias agens deo, qui me a multis malis misericorditer custodiuit ab eo; cuius talis est insolencia, pro qua, si diu hic 25 morarer, ipsum perpetuo detestarer. FL V, 32 [23.] De turmis occurrentibus anime egredienti Coacta scribo, quod libencius uellem reticere. Timeo enim inanis glorie iaculo vvlnerari. Veruntamen, nisi deus pepercerit plus de silencio, uereor iudicari. Timorem et mesticiam continuam, cordisque molestiam ab infancia anima mea sustinuit, que de extremo huius uite termino sollicita semper 5 fuit. Nunc in ultimo uite mee tempore ostendit michi dominus angelorum ac uirginum processionali more de celo descendere turbas quatuor virginum; turme innuit uirtutes, quibus floruit homo Christus seruiens in hoc mundo; angelica uero mundicia puritatem meritorum, qua deum coluit, 10 representans. Has turmas filius cum virgine matre sequitur, ut egredientem de carne spiritum tueatur. Erat hec uia (91rb) pacifica, itemque sole clarior ex sanctorum illustrata splendoribus et eternis fulgoribus.
Kap. 23: auch Ra und Be1 (in Anlehnung an Z. 16–21) 13 aduixero] d korr. aus a Rb 14 Valedico] Valde dico, d in Valde gestr. Rb 15 semper … optarem] mit EZ am lR vaH (ohne Entsprechung in FL VI, 28 und in LG VI, 22) Rb 21 quodam modo] q[uo]da[m]mo Rb 23,1 egredienti] egredieti Rb 4 Timorem] Timor est Rb Ra | cordisque] que cordis Rb Ra, korr. nach FL V, 32, 5 (400,7) 8 quatuor] s. dazu den Konjekturvorschlag von Neumann 1993, S. 105f., Anm. zu FL V, 32, 7 9 turme] turba Ra 12 itemque] iterque Rb Ra 13 fulgoribus] ibus korr. aus is (?) Rb
Das liecht der gotheit – Buch VI, 22,11 – 25 | 439
Ich gnad aüch allen, die do su͗ntlich lebent in diser welt, vnd danck gott, das ich yr mitgenoß nicht bin; fu͗r welchi, so lang ich leb, ich bitten wird, vff das sie bekoͤ rt werden. Ich gnad au͗ch allen waren bu͗essern, vnd danck gott das, ich yr mitgenoß 15 bin; vnd alslang ich leb so wird ich yrer liebhaberin sein. Ich gnad au͗ch minen finden, vber welchi ich vß der gnaden gottes ein vberwinderin bin; vnder welcher fu͗eß ich mich vnderwerffen wolt, solt ich lenger leben. Ich gnad allen creatu͗ren; bekenn vnd ist mir laidt, das ich sie misbrücht 20 hon mit ferkoͤ rter ordnüng. Ich gnad au͗ch minen allerlibsten fru͗inden, vnd ich danck gott vnd inen, das sie bey mir gewesen sint in minen noͤ ten, vor welchen, solt ich leben, ich mich allweg wer beschamen; wan sie hond erkent min gebresten vnd arbeitselligkeyt. 25 ee
25 ee] ab hier fehlender Text wg. Ausreißverlust
440 | Lux divinitatis – Liber VI, 23,14 – 24,19
Et ait anima: “Hec uia mea excellens merito complacet michi, domine. Pauesco tamen intime, quomodo soluar a corpore.” Et ait michi dominus: “Traham spiritum tuum in me, tuque sicut adamas sequeris attrahentem te.” Harum processionum a latere altrinsecus multitudo erat demonum, quos nec oculis perspicere nec numero ualui estimare. Verberabant se mutuo crudeliter et corrodebant ungulis attrociter. Nec tamen ad eorum aspectum expaui. Sed exultaui uberius de presencia eius, qui aderat: Ihesus Christus. Hinc ammirata nimium quesiui a domino, quo gererentur ista prodigio. Et respondit dominus: “Ex ubertate securitatis schaturit hoc | gaudium, cognoscens enim tunc, quod nunquam per demones a mea karitate uales deinceps impediri.” [24.] Qualiter prescriptus liber innotuit – Sexta parte Ad cognoscendum ea, que in libro conscripta sunt, tribus modis dominus me instruxit. Primo multa dulcedine, postea intima familiaritate, extremo in nimia penarum asperitate. In quibus libencius quam in primis duobus perdurabo. Quamuis enim dulcedo et familiaritas dei perpetue in seipsis et nobiles sint, tamen in hoc mundo tam rare sunt, ut eas eciam ipsi, qui possident exprimere, non sinuntur.
15
20
Ed. 642 25 FL VI, 20 ‖ LD Prol 5, 23–30 5
Timeo eciam spirituales uoluptates, quoniam Christus multas acutas persecuciones pertulit in hac uita. Verum natura amoris est, ut primo quidem fluat dulcedine, deinde ditetur cognitione, postremo contemptum 10 appetat et letetur in abiectione. Attamen uerus dei amor interdum languet ex dulcedine inanis glorie et tumore superbie, ex frenesi iracundie, ex amplitudine terrene concupiscencie. Fitque paraliticus in omnibus membris suis ad inchoandum et perficiendum omne, quod natura eciam Nota subministrat. Porro nullus in corde suo celesti gaudio plene fruitur, qui non 15 omne solacium abnegauit. Huius enim mundi uoluptates a deo separant. Vnde ad ipsum redire cum amaritudine nos oportet. Tamen, quia sine ipso nichil possumus, nequaquam denegat graciam ad omne, quod agimus, et auxilium ad ea, que grauiter sustinemus.
Kap. 24: auch Ra 152v und 194v sowie Be1 (in Anlehnung an Z. 9f.) 16 tuque] fehlt Be1 | sicut] vt Be1 20 ad … Christus] am rR MZ Rb 21 uberius] danach q[uam] radiert Rb, vberius quam Ra 24,1 Sexta parte] Capitulum 83m Ra 152v, fehlt Ra 194v 2 libro] libro hoc Ra 3 in] fehlt Ra 152v 194v 5 familiaritas] familiaritatis Rb, Ra 152v 194v | perpetue] precipue Ra 152v 6 rare] korr. aus care Rb 10 cognitione] incognicione Ra 152v 11 et] vt Ra 152v 14 eciam subministrat] subministrat eciam, eciam mit EZ am rR Ra 152v 15 Nota] vaH Rb, fehlt Ra 17 quia] mit EZ am lR Ra 194v 19 ad ea] fehlt Rb, Ra 194v
Das liecht der gotheit – Buch VI, 22,1 – 24,22 | 441
| Antwu͗rt der herr: “Vß der groͤ ssin der sicherheyt entspringt dise freu͗d. ccxix Wan dan erkennestu͗, das du͗ nymmer mer magest gehindert werden du͗rch die dieffel an miner liebin.”
5
10
[CCXIXv] 15
20
[24.] Wie dises buch kunt sey ir worden Zu erkennen die ding, so in disem buch beschriben sind, hatt mich der herr in trÿerley wiß vnderwisen. Zu͗m ersten mit vil süssigkeyt, darnach mit innere fru͗intschafft, zum letsten mit vil scherpffin der pein, in welchem ich lieber verharren wird dan in den zweien ersten. Wan wiewol die sussigkeyt vnd fru͗intschafft gottes in yn selber ewig vnd edell sÿent, so sÿent sie doch in diser welt also werdt, das au͗ch denen, so sÿe besitzent, nit zu͗gelassen wirt, sie vßzesprechenn. Ich förcht au͗ch die geistliche wollu͗st, wan Christu͗s hatt vil scharpffer vervolgu͗ng erlitten in disem leben. Aber doch die art der liebin ist, das sie zu͗m ersten fließ mït süssigkeyt, darnach werd richgemacht mit der erkantnu͗s, zu͗m letsten begert verachtüng vnd sich erfraw in der verwerffüng. Aber doch, die ware | goͤ ttliche liebin, ist ettman siech, vß der siessigkeyt der ittel eer vnd vß der geschwülst der hoffart, vß der vnsinnigkeyt des zorns, vß der witte der irdische begird. Vnd wirt ein betryß in allen iren gelidern, anzu͗fahen vnd züüolbringen alles das, deß do au͗ch die natu͗r dar gibt. Fu͗rwar, keiner nu͗ist in sinem hertzen volkommenlich die himmelische freu͗d, der do nit allem lust widersagt hat. Wan die wollu͗st der welt abtrennet von gott. Darumb so mu͗ssent wir zu͗ ym widerkoͤ ren mit bitterkeyt. Aber, so wir on yn nichts vermogent, so schlecht er vns in kein weg ab sin gnad zu allem dem, so wir thünd, vnd gibt vns hu͗lff zü dem, so wir schwerlich lident.
24,1 worden] wg. Fleck größtenteils unlesbar 3 Zu͗m ersten] rot unterstrichen | darnach] rot unterstrichen 4 zum letsten] rot unterstrichen 13 ware] Tinte verwischt; unmittelbar darunter außerhalb des Schriftspiegels in Rot: ware
442 | Lux divinitatis – Liber VI, 25,1 – 11
[25.] De concordia finis cum principio huius libri – Quarta parte xviij Liber iste a karitate sumpsit inicium, vnde conueniens est, ut in karitate eciam concludatur. (91va) Quia nichil sapiencius est karitate, nichil sanctius, nichil pulchrius, nichil forcius; nec potest aliud perfeccius inueniri. Tunc dixit dominus | noster Ihesus Christus: “Loquere Pater! Ego nunc tacere uolo, sicut tu taces fremens et murmurans in ore vnigeniti tui, propter humani generis fragilitatem; et sicut humanitas mea locuta est, tremens propter mundi falsitatem. Respondit enim uoci mee per mortis acerbitatem, interficiens me ueritati testimonium perhibentem.”
FL IV, 28
5 Ed. 643
10
Finis adest operi mercedem posco laboris
Kap. 25: auch Ra — ohne Entsprechung in FL: Z. 10 (interficiens – perhibentem) 25,1 Quarta … xviij] fehlt Ra 4 aliud] aliquid Ra 5 inueniri] korr. aus inuenire Rb 11 Finis] Et finis Ra | mercedem … laboris] fehlt Ra
Das liecht der gotheit – Buch VI, 25,1 – 22 | 443
5
10
15
20
[25.] Von einhelligkeit des anfangs mit dem end dises buchs Dises buch hat von der liebin sin anfang genommen, darumb ist es geschickt, das es in der liebin geendet werd. Wan nichts ist weysers dan die liebin, nichts heiliger, nichts hübscher, nichts stercker, vnd nichtz ccxx volkommers | mag gefünden werden. Dan sprach der herr Jesus Christus: “Vatter red! Ich will nu͗n schwigen, als du͗ schwigest grißgramment, brünnen vnd mu͗rmeln in dem mu͗nd dines eingebornen süns vmb bloͤ digkeyt wegen des menschlichen geschlechts; vnd als min menscheit hat geredet mit zittern vmb der falscheyt wegen der welt, wan sie gab antwu͗rt miner stim dürch die bitterkeyt des todes, und schlu͗g zu͗ toͤ d mich, der do zu͗ignu͗s gab der warheyt.” Am · e · N · Τελωσ Deo gratia · MK · Vier ding sind fast kleglich Vnd allen menschen gar schaͤ dlich On nu͗tz verzeren des libes macht Vnd die zeyt verliesen tag vnd nacht Gottes gnad versu͗men on klag Vnd die su͗nd meren alle tag Finis instat anno a Natali Christiano Decimoseptimo supra millesimum ac quingentesimam iij Nonas Martij Anna mettercia Juua ab inertia
25,6 Jesus Christus] rot unterstrichen 12 MK ] Ligatur (des Rubrikators?) 19 a] korr. aus an
Anhang
1 Das Register zu den ›Lux divinitatis‹-Exzerpten in der Basler Handschrift Cod. A VIII 6 (Ra)
5
10
15
20
25
30
(99r) Incipiunt Capitula in librum qui dicitur lux diuinitatis editus a quadam sancta puella virgine Mechtildis nomine per diuinam graciam inspiratam sed per fratrem heinricum collectus et cetera Sequitur capitulum primum Capitulum primum De sanctitate persone scribentis istum librum Caput 2m De primo raptu eius et de visione sibi tunc ostensa Capitulum 3m De castigacione et affliccione qua hec sancta virgo attriuit corpus suum Capitulum 4 De timore quem habuit pro scriptura huius libri et de consolacione ipsius Capitulum 5 Prohemium libri Capitulum 6 De nomine et perpetuitate libri Caput 7 De inuocacione diuini auxilij super perfeccionem operis Caput 8 De iubo (!) et contentu (!) summe trinitatis Caput 9 De ignis diuini ineffabili virtute et mirabili effectu Caput 10 De altitudine magestatis diuine et quibus modis homo conscendat ad eandem Capitulum 11 De consilio diuinarum personarum dei creacione omnium rerum a spiritu sancto inchoata Caput 12 De consensu filij cum patre et spiritu sancto super proposito consilio Caput 13 De creacione hominis ad ÿmaginem dei Caput 14 De sublimacione anime quam deus eidem in creacione contulit Caput 15 De desiderio sanctorum patrum pro liberacione humani generis Capitulum 16 De gloria trium personarum ante incarnacionem christi et contemplacione angelorum (99v) Caput 17 De oportunitate incarnacionis filij dei Caput 18 De desiderio virginis et incarnacione verbi dei Caput 19 De partu et lactu (!) virginali et vilibus involumentis christi nati Caput 20 De oblacione magnifica trium magorum et insidijs sathane Caput 21 De liberalitate virginis qua dona magorum pauperibus erogauit Caput 22 De velo templi quod virgo de oblato auro comparauit Caput 23 De insidijs et versucijs sathane incitantis phariseos contra christum
4 Capitulum] am Ende der vorangehenden Zeile 5 tunc ostensa] ostensa tunc mit rot überschriebenen VZ 12 operis] mit rot überschriebenem EZ üdZ 13 iubo] lies: iubilo, vgl. Ra 107v (Kapitelüberschrift) 17 dei] lies: et de, vgl. Ra 109r contentu] lies: concentu, vgl. Ra 107v (Kapitelüberschrift) (Kapitelüberschrift) 27 dei] mit rot überschriebenem EZ üdZ 28 lactu] lies: lacte, vgl. Ra 113v (Kapitelüberschrift) | nati] lies: natiuitate, vgl. Ra 113v (Kapitelüberschrift) 31 comparauit] mit rot überschriebenem EZ üdZ
448 | Anhang
Caput 24 De immanitate passionis christi Caput 25 De sanctis qui cum christo resurgente surrexerunt Caput 26 De gloriosa filij dei suscepcione dum ascenderet ad patrem Caput 27 De octo diebus humanitatis christi Caput 28 De excellencijs anime domini nostri ihesu christi Caput 29 De responsione patris super interpellacione filij ad patrem pro peccatoribus Caput 30 De vberibus virginis matris et wlneribus ihesu christi Caput 31 De speciali nobilitate humane anime Qualiter de plenitudine matris misericordie sancti et peccatores restaurantur vniuersi Caput 32 Quod eius beneficio omnis status ecclesie renouantur Caput 33 Quod virgo beata immunis fuit ab omni peccato in hac vita per graciam non per naturam Caput 34 De incomparabilibus reuelacionibus sibi factis (100r) Caput 35 De fideli patrocinio miserorum Caput 36 De laude angelorum pro collatis sibi a deo donis Caput 37 De excellencia angeli et hominis inuicem comparata Caput 38 De mÿsterio angelorum Caput 39 De officio angelorum et expurgacione demonum Caput 40 De celo et casu luciferi Caput 41 De throno dei Caput 42 De indumentis sanctorum Caput 43 De dignitate sanctorum quam habent et post iudicium habituri sunt Capitulum 44 De choris sanctorum angelorum Caput 45 De statu et loco infancium non baptizatorum Caput 46 De multiplicibus portis celi Caput 47 De triplici sapiencia homini a deo collata Caput 48 De miserabili statu et de detestabili vita eorum qui ecclesiam regunt Caput 49 Quod deus pie dimittit peccata Capitulum 50 De decano magdeburgensi Caput 51 De fratre Alberno Caput 52 De proprietate veri et magni amoris Caput 53 De bonis puri amoris dei Caput 54 De inordinato labore corporali Caput 55 Que sint virgines vere amantes et que non
35
40
45
50
55
60
65
34 surrexerunt] runt mit rot überschriebenem EZ üdZ 42 Qualiter … vniuersi] sic, ohne Kapitelzählung 44 renouantur] tur mit rot überschriebenem EZ üdZ 47 De] korr. aus Q | factis] mit rot überschriebenem EZ üdZ (rote Zuweisung nach oben, aber sinnlos) 49 sibi] sibi donis donis, donis beidesmal durchgestr., zweites gestrichenes donis mit EZ üdZ 52 demonum] mit rot überschriebenem EZ üdZ 58 baptizatorum] zatorum mit rot überschriebenem EZ üdZ 64 Alberno] korr. aus alberna (?)
1 Register von Ra | 449
Capitulum 56 De anima deum sciente 70 Caput 57 De fastidio creaturarum quod habet anima deum amans
75
80
85
90
95
100
(100v) Caput 58 De bonitate religionis et quorundam religiosorum prauitate Caput 59 De incognoscibilitate dei et de creatura Caput 60 De insidijs et inimicis Caput 61 Qualiter homo se christo et sanctis eius conformat Caput 62 Quomodo vicia solent dissipare virtutes Caput 63 De malicia et peccato Caput 64 De impugnacione ordinis fratrum predicatorum Caput 65 Prophecia de fratribus noue religionis in extremis venturis Caput 66 De filio jmperatoris primo magistro huius ordinis Caput 67 De pacifico statu et tempore horum fratrum et de aduentu antichristi Caput 68 De statu enoch et helie Caput 69 De morte helye Caput 70 De morte enoch Caput 71 De ciuitate infernali fundamento et constructoribus eius Caput 72 De locis inferni et habitatoribus eius Caput 73 De cruciatibus singulorum viciorum Caput 74 Quod dampnatis nulla prosunt remedia Caput 75 De statu dampnatorum post iudicium Tractatus de purgatorio Caput 76 De compassione purgatorum Caput 77 De multis animabus liberatis a pena Caput 78 De purgatorio et penis clericorum (101r) Caput 79 De purgatorio cuiusdam scolaris interfecti Caput 80 Qualiter electi et reprobi in celo purgatorio et inferno apparent Caput 81 De immensa et ineffabili dei misericordia Caput 82 Qualis debeat esse homo in extremis Caput 83 Qualiter prescriptus liber innotuit Caput 84 De fratre heinrico qui hunc librum compilauit Caput 85 De fratre alberno Caput 86 De premio venerancium festa sanctorum Expliciunt Capitula
70 amans] mit rot überschriebenem EZ üdZ 77 fratrum] mit EZ üdZ 79 ordinis] dinis mit rot überschriebenem EZ üdZ 96 misericordia] dia mit rot überschriebenem EZ üdZ 97 homo … extremis] in extremis homo mit rot überschriebenen VZ
2
Kapitelfolge der ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Basler Handschrift Cod. A VIII 6 (Ra) Kapitelzählung in Ra
›Lux divinitatis‹
1
1
101v–102r
2
2
102r–103v
3
103v–104r
3 4
4
5 6
5
Prol, 2, 7–14 Prol, 3, 3–29
Prol, 3, 30–98 Prol, 4, 3–17
104r–v (vgl. auch 159r)
Prol, 4, 18–37 Prol, 5, 19–30
104v–105v
Prol, 6
105v–106v
Prol, 1
7
6
106v–107r (vgl. auch 159r)
8
Prol, 2, 2–6 Prol, 7
7
107r–v
I, 1
8
107v
I, 2
9
107v–108v
I, 3
10
108v–109r
I, 4
11
109r–v
I, 5
12
109v
I, 6
13
109v–110r
I, 7
14
110r–v
I, 8
15
110v–111r
I, 9
16
111r–v
I, 10
17
111v–112v
I, 11
18
112v–113v
I, 12
19
113v–114v
I, 13
20
114v–115r
I, 14
21
115r–v
I, 15
22
115v–116v
I, 16
23
116v–117r
I, 17
24
117r–v
I, 18, 3–12
9
10 11 12 13 14 15 16 17
18 19 20 21 22 23 24 25
26
27 28
25
117v–118r
26
118r–v
27
118v
I, 19 I, 20 I, 21
29
v
118 –119
I, 22
30
119v–120r
I, 23
28
120 –121
I, 24
29
121r
I, 25
31 32
v
r
r
33
121r–v
34
121 –122
I, 27
122r–v
I, 28
122v–123r
I, 29
35 36
v
30
I, 26 r
2 Kapitelfolge der Exzerpte in der Basler Handschrift Cod. A VIII 6 (Ra)
Kapitelzählung in Ra 37
38 39 40
›Lux divinitatis‹
31
123r
I, 30
32
123r–v
I, 31
33
123v–124r
I, 32
34
124r–v
I, 33
124v–125r
I, 34
35
125r–v
I, 35
36
125v
II, 1
37
125v–126r
II, 2
38
126r
II, 3
39
126r–127r
II, 4
40
127r–v
II, 28
41
127v–128r
II, 29
42
128r–v
II, 30
43
128v–129r
II, 31
44
129r
II, 32
45
129r–v
II, 33
46
129v–130r
II, 34
41 42 43
44 45 46 47
48 49 50 51 52 53 54
47
130r–v
55
II, 22, 2–11 II, 25
48
130v–131r
III, 5
56 57 58 59
60
61
62
63
64
65
131 49
131v–132r
50
132r–133r
III, 1
51
133r (vgl. auch 180r)
IV, 31
52
133r–v (vgl. auch 180r)
IV, 32
53
133v (vgl. auch 182r)
IV, 38
54
133v–134r
IV, 39
55
134r (vgl. auch 182v)
IV, 44
57
134v–135r (vgl. auch 184v)
IV, 55
58
135r–136r
V, 4
66 67
68
69
70 71
74 75 76 77
78
III, 7
136r 59
136
r–v
V, 5
(vgl. auch 184 ) r
IV, 52
60
136v–137r (vgl. auch 189r–v)
V, 10
61
137r–v
V, 21
62
137v–138r
V, 33
63
138r
V, 35
72 73
III, 6
r–v
138r–v
V, 36
64
138v
III, 10
65
138v–139v
III, 11
66
139v–140r
III, 12
67
140v–141r
III, 13
68
141r–v
69
141v–142r
III, 14, 2–39
III, 14, 39–65
451
452
Anhang
Kapitelzählung in Ra 79
›Lux divinitatis‹
70
142r–v
III, 15
142v
III, 16
71
142v–143r
VI, 1
72
143r–v
VI, 2
73
143v–144r
VI, 3
74
144r–v
VI, 4
75
144v
VI, 5
76
144v–145v
VI, 6
77
145v–146r
VI, 7
77
146r–147r
VI, 8
78
147r
VI, 9
147
VI, 10
80 81
82 83 84 85 86 87 88 89 90
91
147v–148r
92 93 94 95
r–v
148
VI, 11 VI, 12
r–v
79
148v–149r
VI, 13
80
149r–v
VI, 15
81
149v–150r
VI, 16
96
150 –151
VI, 17, 2–60
97
151r–152r
VI, 17, 61–119
98
99
100
101
102
r
r
82
152r–v
VI, 19
83
152 (vgl. auch 194v)
VI, 24
152v–153r
II, 40
v
84 85 86
153
r–v
(vgl. auch 164r)
II, 36
153v–154v (vgl. auch 161v–162r)
II, 10
154v–158ar
—
103
159 (vgl. auch 104 )
104
159 (vgl. auch 106 –107 )
Prol, 7, 2
105
159r–160r
II, 5
r
Prol, 5
r–v
r
v
r
106
160
107
160 –161
II, 7
108
161r
II, 8
109
161
II, 6
r–v
v
r
II, 9
r–v
110
161 –162 (vgl. auch 153 –154 )
II, 10
111
162r–v
II, 18
112
162 –163
II, 19
113
163
II, 20
114
163v
115
163 –164
II, 26
116
164
II, 27
v
r
v
v
r
r–v
v
II, 21 r
r
v
2 Kapitelfolge der Exzerpte in der Basler Handschrift Cod. A VIII 6 (Ra)
Kapitelzählung in Ra 117 118
453
›Lux divinitatis‹ 164r (vgl. auch 153r–v) 164
II, 36, 2f. II, 37
r–v
119
164v–165r
II, 38
120
r
165
II, 39
r–v
III, 2
121
165
122
165v
123
165 –166
III, 4, 3–20
124
r
166
III, 4, 22–28
125
166r
III, 4, 30–34
126
166
127
166 –167
III, 9
128
167r–v
IV, 51
129
167v–168r
II, 12
130
r
168
II, 13
131
168
r–v
II, 14
132
168v
133
168 –169
134
169
135
169v
II, 22, 12–36
136
169v–170r
II, 23
137
170
II, 24
138
170r–v
III, 17
139
170v–171r
IV, 1
III, 3
v
r
III, 8
r–v
v
r
II, 15
v
r
II, 16 II, 17
r–v
r
140
171
141
171v
142
171 –172
IV, 4
143
172
IV, 5
144
172r–v
IV, 6
145
172
146
172 –173
IV, 8
147
173r–v
IV, 9
148
173
149
173 –174
IV, 11
150
174r–v
IV, 12
151
174 –175
IV, 13
152
175
IV, 14
IV, 2
r–v
IV, 3
v
r
r
IV, 7
v
v
r
IV, 10
v
v
r
v
v
v
454
Anhang
Kapitelzählung in Ra
›Lux divinitatis‹
153
175v
IV, 15
154
175 –176 (vgl. auch 209 )
IV, 16
155
176r
IV, 17
156
176
157
176 –177
IV, 19
158
177r
IV, 20
159
177
IV, 21
160
177
161
177v–178r
IV, 23
162
r
178
IV, 24
163
178
r–v
IV, 25
v
r
v
v
164
IV, 18
r–v r
r–v
IV, 22
v
178v–179r
IV, 26
165
179
166
179
167
179 –180
168
180r
169
180 (vgl. auch 133 )
IV, 31
170
180 (vgl. auch 133 )
IV, 32, 1f.
171
180v
IV, 33
172
180
173
180 –181
IV, 35
174
181r–v
IV, 36
175
181 –182
176
182 (vgl. auch 133 )
IV, 38
177
182r
IV, 41
178
182r–v
179
182 (vgl. auch 134 )
IV, 44, 1f.
180
182v
IV, 46
181
182 –183
IV, 47
182
183
IV, 48
183
183v
184
183 –184
185
184 (vgl. auch 136 )
IV, 52, 2–8
186
184v (vgl. auch 134v–135r)
IV, 55, 1 IV, 56
187
184v–185v
IV, 57
IV, 27
r–v
IV, 28
v
v
IV, 29
r
IV, 30
r
r
r
r–v
IV, 34
v
v
r
v
IV, 37
r
r
v
IV, 43
v
r
v
v
r
r–v
IV, 49 IV, 50
r
r
r–v
2 Kapitelfolge der Exzerpte in der Basler Handschrift Cod. A VIII 6 (Ra)
Kapitelzählung in Ra
›Lux divinitatis‹
188
185v–186r
IV, 58
189
186
IV, 59
190
186r–v
191
186 –187
V, 2
192
187
V, 3
r
v
V, 1 r
r–v
193
187v–188v
V, 6
194
188
V, 7
195
188 –189
196
189r
197
v
v
189
r–v
V, 8
r
V, 9
(vgl. auch 136 –137 ) v
r
V, 10 2–6
198
189
V, 11
199
189v–190r
V, 12
v
200
190
V, 13
r–v
201
190v–191r
V, 14
202
191r
V, 15
203
191r–v
V, 16
204
191
v
V, 17
205
191
v
V, 18
206
191v–192r
V, 19
207
r
192
V, 20
208
192
r–v
V, 22
209
192v–193r
V, 23
210
193
211
193
212
193v
213
193 –194
214
194
V, 31
215
194r–v
VI, 21
216
194v (vgl. auch 152v)
VI, 24
217
194 –195
VI, 22
218
195
VI, 23
219
195r–v
220
209 (vgl. auch 175 –176 )
V, 25
r–v
V, 26
v
v
V, 28 V, 29
r
r
v
r
r
v
VI, 25 v
r
IV, 16
455
3 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Berliner Handschrift Ms. theol. lat. qu. 324/4 (Be1) (111v) Amor dei loquitur ad animam deuotam LD IV, 2, 32f. · Qui wlt habere quod cupit · relinquat quod diligit · Et qui querit · quod amat abneget quod affectat LD IV, 5, 11f. · Mille corpora nequaquam possent amanti anime plene vota sua exoluere Hinc martir fit tanto gloriosior quanto in amore fuerit perfectior Cum non magni tormentorum · sed magnus affectus patiendi pro dilectio martirij coronam augeat ~LD IV, 6, 6–9 · Omne quod propter me gessisti · pertulisti · vel omisisti · mensura equa tibi refundam · teque super me liberaliter ad nutum tuum gratis in eternum constituam ad faciendum diuine quicquid volueris ~LD IV, 7, 2f. · O anima tu es post visitacionem meam sicut sponsa nouiter nupta a qua dormiente sponsus recessit ego vt sponsus volens tuam probare fidem · Igitur esto disciplinata et longanimiter meum reditum expecta tunc magis in me proficies ~LD IV, 8, 8f. · Anima deum vere amans cunctis pro deo penis exponi cupit · eciam infernali vt laus dei in omni creatura sua perficiatur in infinitum ~LD IV, 10, 13f. · Gaude anima quoniam vita tua pre nimio amore tui pro te mortua est Ideo debes amatorem tuum viceuersa amare tam fortiter vt delectet te pro eo mori quoque gaudenter LD (?) · Quamdiu aliquid de propria voluntate sibi anima deuota retinet non poterit perfecti amoris in deum consequi donum ~LD IV, 11, 22–24 · Cum anima deuota sibi et mundo fuerit perfecte mortua tum primum perfecte incipit viuere deo nec derelinquitur ab eo ~LD IV, 13, 9–12 · Sponsa celestis in occursum properans sui sponsi · debet se induere camisia humilitatis · tunica albissime castitatis mantello rubentis caritatis et cetera ~LD IV, 13, 20–26 · Chorum ducendo oportet quod sponsus sponsam trahat sic que saliet de torpore sponso in amorem · de amore in cognicionem · de cognicione in fruicionem ~LD IV, 15, 11–17 · Signum diuine visitacionis in anima deuota est · cum ea que videntur mundi amatoribus dulcia redduntur anime valde onerosa et vilia ~LD IV, 28, 18–20 (112r)· Amaritudo mentis seu zelus eciam ex intencione bona indignabundus non potest simul stare cum diuino amore et celesti consolacione · ergo rancor et inuidia vitentur a deuotis
5
10
15
20
25
30
6 magni] magni[tu]do, [tu]do hochgestellt und unterpungiert 9 teque] Te te que, Te durchgestr. 10 volueris] mit EZ am Ende der folgenden Zeile 12 volens … fidem] volens probare tuam fidem mit überschriebenen arabischen Vertauschungsziffern in der Reihenfolge 1, 3, 2, 4
3 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Berliner Handschrift (Be1) | 457
35 · Pacem seruare ad deum et proximum · gracias deo agere in prosperis et ~LD IV, 32, 2–10 u. 12f.
40
45
50
55
60
65
aduersis · dei donis caute vti · et ad virtutum in se plantandum copiam intendere · In hijs que perseuerare cum spiritu humilitatis excedit omne meritum contemplacionis · Bonis operibus insudare et in diuino amore ceterisque virtutibus proficere non solum est ex dei dono sed eciam partim ex proprio nostro arbitrio · Humilitas thesaurum virtutum congregat · discrecio conseruat · sed caritas ipse appreciat et preciositatem valoris subministrat · Natura vera diuini amoris habet hoc proprium quod dulcedine primum affluit deinde in cognicionem eorum que sunt super se transit post vero abieccionem et contemptum cum gaudio appetit et parturit · Errant qui homines caritate habundantes estimant carere temptacionibus Similiter errant qui homines grauiter temptatos putant esse sine caritate Nam per aduersa probatur caritas · augetur et fit se ipsa semper preciosior Sed si in aduersis deficit aut tepescit non vera caritas extitit · Caritas habet in se omnem virtutem nec virtus aliqua dicenda est · si caritas in ea et cum ea non relucet · Ardor caritatis si in nonnullis · diuinitus non temperaretur · rumperet eorum corda et animam euolare compelleret propter humanam infirmitatem · In contemplatiuis hominibus necessarium est · vt humilitatem amor numquam deserat Alioquin presumpcio ad casum trahet et vertetur virtus in vicium et donum in damnum · Qui maxima recipit a domino · nisi nouiter se reputare veraciter minimum nondum vere humilitatis attigit gradum summum Ideoque est ei periculum · Quanto plus vera humilitas animam deuotam annichilat · tanto magis perfecta caritas eam coram deo magnificat et exaltat Anima deuota vere humilis et perfecta in caritate tantum seipsam deicit quod pro dei honore eciam in inferno sub lucifero mallet esse quam contra dei honorem fore in regno celorum Illa est vera humilitas et perfecta caritas non omnibus nota nec omnibus congrua (112v) Anima iusti in corpore est ita pulchra quantum ad sui naturam sicut in celo · sed non ita felix et secura / sic audax · sed non tam potens · sic sancta sed non omnimode absque macula Si non mortali saltem veniali Voluntas propria et nondum edomata in deuotorum cordibus non admittit degustare dulcedinem diuini amoris nisi valde raro ad alliciendum et cetera
~LD IV, 32, 18–20 ~LD IV, 35, 5–8 ~LD VI, 24, 9f.
~LD IV, 38, 2f.
~LD IV, 35, 2f. ~LD IV, 21 (?) LD (?)
~LD IV, 56, 5–7 (?) ~LD IV, 57, 58f. ~LD IV, 36, 8–14
~LD IV, 36, 19–22
LD (?)
42 subministrat] ministrat mit EZ am Ende der nächsten Zeile 49 tepescit] davor tabescit durchgestr. 51 relucet] reluceat, at durchgestr. und mit t üdZ ersetzt 52 temperaretur] davor rumperetur durchgestr. 60 et exaltat] mit EZ oberhalb der erste Zeile dieser Sentenz 65 ita] üdZ für gestrichenes eque 67 omnimode] anschließend sine durchgestr. | absque] mit EZ am Ende der Zeile
458 | Anhang
Anima que spiritus sancti instinctu agitur omnem terrenam declinat consolacionem et velut mundo mortua nichil nisi celestia concupiscit ~LD IV, 45, 7–9 Ait nam amore diuino ebria Volo magis mori in amore sponsi · omnium mei que nescia quam ludo amoris eius carere · et illustrari ad sublimia Tamen sensibus restituta non refuto illuminacionum eius dona ~LD IV, 52, 2–8 Deus antequam quicquam faceret erat a se ipso et omnis creatura erat presens oculis eius Non tamen poterat deus tunc dici creator antequam crearet Eratque deus tunc similis circulo in quo omnis res claudebatur sine tamen sera et hostio Inferior pars circuli sustentat omnia · pars superior excellit omnia · circulj ambitus omnia complecturi ~LD IV, 52, 14 Omnis cognicio quantumcumque alta que non ordinatur ad amandum deum in omnibus vana est Cuncta ideo deus fecit vt ipse ametur ab eis et in eis ~LD IV, 56, 10–14 Claritas sancte trinitatis sic sanctis in celo lucet vt virtutum operacio hic meruit et maxime prout caritas maior in eis extitit Sol namque non equatur vbique lucet propter nubium impedimentum · licet in se equaliter ~LD IV, 57, 14–17 (?) Perfectius illa anima deuota debet habere que ex humili amore ihesu · ihesum a se libenter patitur ad tempus alienare quam que eius presenciam cum importunitate semper querit habere et non wlt eo propter ipsius honorem carere · Exemplum ad propositum in petro Exi a me domine quia homo peccator sum ~LD IV, 57, 47–52 Pena in se mala facit multa bona de terrestribus facit celestes de peccatoribus iustos · Mala tamen ipsa ex natura est quia non a deo sed de corde luciferi prodijt Cum quo · et perpetue manebit ~LD III, 10–14 und Circa annum domini M . d lx surget ordo excellenter Sanctus per filium Marg. zu III, 11 imperatoris fundandus Cuius habitum fratres deferent subtus album . exterius rubeum Et predicabunt xxx annis in pace multum fructum faciendum Post apparebit Antichristus contra quem fortiter predicabunt Qui et eos ante aduentum Enoch et Helije occidet Caput xxvij . parte iiij ~LD V, 18, 1–3 (113r) Nichil sic profectum in religione impedit sicut leuitas mentis qua homo non curat vitare peccata venialia · videlicet vaniloquia risus · iracundiam suspicionem temeraria iudicia et cetera ~LD IV, 41, 12f.
70
75
80
85
90
95 deus nouit
100
72 magis … amore] magis in amore mori mit überschriebenen arabischen Vertauschungsziffern in der Reihenfolge 1, 3, 2 73 sublimia] davor sib durchgestr. 75 a] davor A ad durchgestr. | se] darüber EZ, am rR wiederholt, doch ohne sichtbaren Inhalt 79 complecturi] Lies: complectitur 85 humili] humili[ta]te, [ta]te hochgestellt und unterpungiert 92 manebit] nebit mit EZ udZ 93–96 Circa … faciendum] am lR MZ 97 Caput … iiij] ähnliche Kapitelverweisung auf FL IV, 27 in der Überschrift von LD III, 10 in Rb
88 Exi…sum] vgl. Lc 5,8
3 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Berliner Handschrift (Be1) | 459
105
110
115
120
125
130
135
Prudencia carnis eciam multos religiosos de bono statu precipitat quando videntur sapientes in oculis suis ambulantes in mirabilibus super se plus diligentes curiosas questiones quam deuotas oraciones et parum curando ad diuinum amorem trahentes leccionem Amor dei cui non est mater humilitas vera · et cui non est pater · timor domini sanctus non meretur dici virtus sed virtutis ymago fallix et vana plus habens presumpcionis quam veritatis Bene igitur examinent deuote persone amorem suum · necessarium est Lacrimis caritatis ex compassione fusis virgo sancta hec liberauit de purgatorio M · animas que adhuc ix annis fuissent purgande Alia vice liberauit lxx iam xxx annis purgatos Attamen adhuc x annis fuissent purgande nisi misericorditer adiute essent O iusticia dei cum misericordia quam parum mortales cogitant de te Vidit animam boni sacerdotis in magna claritate non in pena neque in gloria Quem interrogauit Cur non statim euolasset Respondit Tanta est gloria que debetur michi pro ea quod bene clericaliter vixi quod illam nondum intrare merui nisi purgatis per hanc suspensionem et ardens desiderium In penis grauissimis vidit Religiosum sibi notum bone oppinionis dum viueret / non tamen affligebatur a dyabolis · dyabolicam tamen habebat in se ymaginem · Super quo admiranti · ait Sanctitas ordinis mei · licet non eum bene seruauerim / non sinit vt dyaboli me contingant Sed audeo in me ipso intolerabiliter · ardetque in me incorporabitur mea propria voluntas cum inobediencia quia inobediens superioribus in eis fui dixitque se innumerari posse per disciplinas per venias per lacrimas deuotas multasque missas per annum vnum continuatas Vidit eciam quandam Begutam que fuerat mire deuocionis sed obstinata in suis indiscretis exercicijs vitam sibi abbreuiando fulgentem quidem sicut solem propter bonam intencionem sed nubibus densissimarum tenebrarum circumdatam propter cecitatem (113v) cordis et proprium sensum Conabatur quidem semper sursum ad fontem luminis sed retrahebatur densitate caliginis Interrogata quomodo posset iuuari respondit Quia nullius hominis sequi volui consilium eciam nullius hominis mihi suffragari potest subsidium sed sola dei misericordia quando wlt poterit mei miseri Dominus dixit quod meruisset ita purgari xvij annis commutant tamen placatus annos huiusmodi misericorditer in vij tantum menses O proprius sensus quam malus Quidam interfectus ex sua animositate quia abbreuiant xxx annis vitam suam . deputatus fuit ad purgatorium xxx annorum ad satisfaciendum sic
107 Bene … est] sic! 109–113 Lacrimis … te] am lR MZ 134 dixit] am lR gestrichenes dominus
118 oppinionis] sic!
LD ?
~LD V, 14, 34–38 (?)
~LD VI, 7, 20/14f. ~LD VI, 8, 45–49
~LD VI, 10
~LD VI, 11
~LD VI, 12 (?)
~LD VI, 13
126 Begutam] sic!
460 | Anhang
ibidem Sed placatus dominus indulsit vt quidem merita sua ei donando eidem succurreret sic que ereptus est a penis sed nondum ad gloriam translatus LD VI, 16, 7–10 Dominus dixit per memetipsum iuro et pro vero tibi dico quod in ecclesia mea sunt plures qui sine impedimento de morte ad vitam transeunt quam qui eternis deputentur supplicijs Quod tamen duris non facile est dicendum ~LD VI, 19, 4–7 Interrogatus per ancillam suam super hoc dominus respondit In hora tui transitus stude talis inueniri qualis eras in religionis ingressu in principio adminus si non potueris ascendere alcius ~LD VI, 22 Valedixit ante mortem omnibus creaturis cum benediccione domini propter earum vsum optans eis bonum dampnatis tamen nullam voluit optare remissionem ~LD VI, 23, 16–21 Sollicitanti sponse christi de modo sui transitus ait dominus Traham vt adamas spiritum tuum in me tamquam ferrum sequeris adamantem Eruntque processiones sanctorum angelorum et hominum in tui occursum et a latere videbis demonum multitudinem tibi appropinquare non audentem valde que de hoc dolentem de quorum dolore tu plus gaudebis quam de mea presencia LD I, 4, 16–22 Dixit dominus ancille de monte contemplacionis Accedens ad contemplandum deum emunda prius oculos mentis Intellectem videlicet et affectum Si enim peccandi libidinem inuidie odijque rubiginem ac iracundie insaniam a voluntate tua absterseris · tunc affeccionis oculus est purgatus Agendo penitenciam emendando conscienciam · expellendo desidiam · pacienciam apprehendendo intelligencia tua erit illustrata Tunc in montem domini leua oculos tuos · et sic veniet tibi auxilium a deo tuo ¶ Ex reuelacione cuiusdam Sancte virginis puto Mechtildis
145 suam] mit EZ am lR 158 Intellectem] sic!
140
145
150
155
160
147 ascendere alcius] dere alcius mit EZ am Ende der nächsten Zeile
4 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Berliner Handschrift Ms. theol. lat. oct. 89 (Be2)
5
10
15
20
25
30
35
Ex revelacionibus b mechtildis (63v) Et scitote quod chori angelorum sic sunt subtiles · sancti · et mirabiles quod preter castitatem et caritatem obedienciam · et humilitatem et eciam omnium rerum abrenunciacionem nullus intrat · Sed tamen est sciendum quod nulla virtus · meis complacet oculis que non fulcitur sanis consiliis ego inquit dominus ad supradictam virginem · ad terras veni cum consilio Jbique servivi patri ac hominibus cum omni subieccione et jta celos ascendi cum omni libertate et gaudio Item Scito quod nullus hominum in mundo potest venire ad me nisi pacienter studeat adversa tolerare propter me · Et per hoc vita tua sanctificatur quoniam flagellum meum nunquam a tua (!) corpore elongatur Oportet te complantari (!) similitudini passionis mee Traderis enim per invidiam Quereris per insidias · Capiaris per odium velaberis facie (!) per mendacium Colaphizaberis per crudelem disposicionem et irrisionem Ligaberis per obedienciam ad iudicium traheris per confessionem Alapas sustinebis per satisfaccionem Flagella per paupertatem Ad herodem mitteris per jrrisionem · Spinis coronaberis per temptacionem · Conspueris per abieccionem · Vestibus exueris (64r) per exilii elongacionem Crucem portabis per peccati execracionem · Crucifigeris per rerum omnium abrenunciacionem · et eciam per votorum tuorum protractionem Clauis configeris jn cruce per virtutum operacionem Vulnerabis per amorem Morieris in cruce jn perseuerancie sanctitatem Aperietur cor tuum lancea per stabilem vnionem Solueris a cruce per hostium tuorum deuiccionem Sepelieris per humiliacionem et abiectionem Resurges a morte per deuotam exspiracionem Ascendes in celum per spiritus dei attraccionem Item Adversitatum · doloribus · penarumque asperitatibus carere semper saluti fragilitatis humane non convenit Semel dixit dominus · Hic homo nec infirmari wlt · nec despici et super quo fundabo et edificabo gloriam meam ? Et dixit mechtildis · Domine cum infirmatur quis vel despicitur jn quo tunc edificat gloriam tuam? Et ait dominus · Cum jnfirmatur debet venerari Seruire et amare me solum cum iocunda paciencia · Cumque despicitur debet amare me et longanimis esse Sic infirmitas et despeccio se humiliter sustinentibus gloriam accumulant graciamque conseruant · Sic etiam religiosi (64v) quandoque per obedienciam restricti a diuinis vacant
LD II, 28, 15–17 ~LD VI, 12, 23–26 und FL V, 5, 20–23 (332,17–21)
~LD I, 22 (?) ~LD I, 23, 11–22 und FL I, 29, 5–17 (48,28–50,12)
LD — LD V, 28, 12–18
20 protractionem] über dem Kürzel für pro steht or mit EZ 22 per … vnionem] am rR: mit steter (Rest fehlt oder abgeschnitten)
462 | Anhang
(72v) ¶ De bona voluntate · ex revelacionibus mechtildis LD — ¶ Ad locum debitum voluntas recta perducit omnia · licet moles corporis non vgl. LD V, 29, 15–19 permittat Sic me consolatus est dominus dixit mechtildis · Quod omnis pia und FL VI, 19 voluntas perfecte conuersacionis et vite · sunt flores nobilissimi iocunditatis eterne · suaue redolentes et pulcherrimi · quibus deus omnipotens in die 40 festiuitatis et leticie electis suis serta preparat quibus coronentur qui hic LD — bona voluntate prediti ad effectum tamen bone non perveniunt accionis · nichil enim offertur deo dicius bona voluntate · velle quidem sepe adiacet nobis sed perficere non invenimus · deus enim operator jn nobis et velle et 45 perficere pro bona voluntate · vnde Exemplum LD II, 6, 37f. Semel dixit beata virgo ad vnam pauperculam mulierem cupiens offerre deo sub celebracione misse · Accipe jnquit hunc aureum nummum id est tuam propriam voluntatem · et offer filio meo in prosperis que eveniunt · et in LD II, 7, 2f./6f. adversis etc. Tunc jlla mulier cum gratitudine suscepit nummum et vox dei dixit Si michi istum denarium obtuleris et non e conuerso receperis liberabo 50 te de cruce mecum · et deducam te in regnum
36 revelacionibus] re
5 Das ›Lux divinitatis‹-Exzerpt in der Växjöer Handschrift Ms. qu. 401 (Vä)
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(219r) Exemplum contra proprium sensum volentes sequi et corpus suum ~LD VI, 12 und FL V, 5 sine discretione affligentes O peccatum quam dampnosum existis ex quo pia opera absque sano consilio peracta . adeo sunt periculosa Hoc est quod quidam dicunt Humanum transcendi consilium : viuere volo secundum divinum consilium Ad hec verba semper horrui Quia nunquam potest homo vtilius humiliari : quam vt subiecto corde /. obtemperet consilijs christiane fidei ¶ Hoc experimentum didici in quadam femina . que deum diligebat amore mirabili Sed amore ipso indiscrete et inhumane sic abutebatur / vt natura eius aresceret . et deficiens moreretur Pro qua dum exorarem . in attractione spiritus mei · in dem zueg myns geistes · vidi spiritum eius Erat autem clarus in seipso sicut sol ./ propter mundiciam cordis eius in fideli intencione . id est in getruwer meynunge . Circumdabatur tamen magnis tenebris Et desiderabat vehementer ad fontem eterni luminis Nitebatur sursum iugiter : sed tenebre impediebant eam detinendo semper Hec erat voluntas propria sine consilio . que hanc perfectam feminam tantum retardabat a domino Interrogaui ergo quomodo posset iuuari Et respondit Quia nullius hominis in terra iuxta christianum ritum curaui audire consilium / idcirco non poterit michi subuenire alicuius hominis oracio uel desiderium Conuersa . ergo ad dominum quesiui quid hoc esset ./ quod homo transire ad penas posset . qui in hac vita pro dileccione sua tot penis suum corpus exposuisset Et dixit michi dominus Nulla virtus meis complacet oculis : que non fulcitur sanis consilijs Ego ad terras veni cum consilio Jbique seruiui patri et hominibus cum omni subiectionis officio . et ita celos conscendi . cum libertate et gaudio / Verum quod exemplum non ostendi in hoc nullus me visus est ymitari desiderijs oracionibus laboribus que hic pro ea fiunt his decorabitur . cum post penas ad celestia sublimabitur Quia quid quid nobis in via regni celestis tribuitur . nostrum iuste reputatur Cum autem ad regnum peruenerimus . vniversitati animarum fidelium defunctorum dominus impertitur Et hoc pro amore nostro vt liberate velocius . deum nobiscum collaudent in celestibus Decem et septem annorum penas deputauerat huic femine iusticie sentencia : quos in xvij menses commutavit dei misericordia Quem ex caritate intima hec fecit munda consciencia Hec capta sunt ex libro dicto lux divinitatis beate Mechilde
10 in² … geistes] entspricht FL V, 5, 10 (332,4) 12 id … meynunge] entspricht FL V, 5, 11f. (332,5) 24–27 Verum … sublimabitur] am rR MZ 32 misericordia] dittographisch, abreviiertes misericordia am Ende der vorangehenden Zeile durchgestr. | intima] davor nimia durchgestr.
6 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Weimarer Handschrift Q 51 (We3) * ~LD VI, 8, 40–52 (104v) Jn reuelacionibus sancte mechtildis legitur quomodo illa sancta virgo
LD VI, 14, 13–30
~LD VI, 1, 2f. ~LD VI, 2, 7–11 LD VI, 3, 26–28
~LD VI, 6, 4f.
mechtildis liberauit septuaginta milia animas de purgatorio et habetur jbidem sic Mox cum magno gaudio de suis supplicijs prodierunt . Et dixit Sancta mechtildis ad dominum jhesum . O pie domine ad quem locum modo conuertent se Et respondit dominus . Ego deducam eas ad floridum montem vbi reperient inexplicabilem iocunditatem Dixitque mechtildis ad dominum Quousque in hoc monte anime iste morabuntur? Et respondit dominus Sicut nostre beneplacitum fuerit voluntati hoc ibi Item in reuelacionibus sancte mechtildis habetur de duplici purgatorio Inter altitudinem diuinam Et abissum sathane duplex purgatorium invenitur in quibus multiplex pena et angustia reperitur . Primum purgatorium est vtilis miseria in hoc mundo quam in penis multiplicibus et penurijs experimur Secundum purgatorium est post hanc vitam tam immane quod in faucibus inferni incipit et in porta celi desinit Demones autem potestatem non habent animas puniendi nisi super terram et in aere . et in omnibus locis in quibus peccauit homo . Et in omni altitudine vbi peccatis suis suis (!) aerem maculauit · Et hec sunt testimonia diaboli . ad maiorem verecundiam et ampliorem penam omnium peccatorum qui per penitenciam conuertere noluerunt . Cum autem iam felices effecti manum diaboli euaserunt tunc in semetipsis ardore mirabili eciam pro culpis minoris cruciantur . Deinde cum adiutorijs et compassionibus a miserijs omnibus eleuantur . vbi celo proximi omnibus gaudijs . tribus exceptis perfruuntur . Nam visione dei nondum sunt digni nec gloriam habent quam sunt accepturi . Nec coronam acceperunt de manu domini . Hec est disposicio purgatorii in terra jn aere et inter infernum et firmamentum Anima quia spiritus est a corporalibus rebus cruciari non potest cum fuerit a corpore separata Hec ibi 52. capitulo (109r) Item in revelationibus sancte mechtildis dicit esse ciuitatem infernalem in abisso profundissima in deme neddersten abgrunde · Jn inferiori loco christiani jn medio intersticio judei in suprema vero parte inferni sunt pagani Vidi inquit Sancta Mechtildis fundum inferni sub luciferi saxum nigerrimum et durissimum quod portabat huiusmodi edificium in eternum . Et licet infernus finem non habeat nec fundum · ordine tamen diuino nec fine caret nec profundo · Jbidem limbus patrum nunc purgatorium maius est /
*] Die Auszüge sind in der Hs. nicht abgesetzt FL III, 21, 3f. (206,17)
27 revelationibus] re
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28 in² … abgrunde] entspricht
6 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der Weimarer Handschrift We3 | 465
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Czwischen deme hymele 65
70
Item grauissimum purgatorium est ante os inferni / Infernus capud hj immanissimum innumeris et crudelibus oculis vndique repletum de quibus egrediuntur flamme nigerrime animas exurentes miserrime · Hec ex revelationibus Sancte mechtilde (113r) Item Sancta mechtildis in suis revelationibus · Concordat de dampnatorum ordinacione sicut capud de quo supra sancto machario retulit in heremo · Jbidem de multiplicibus penis secundum diversitatem peccatorum / postea · de profundo inferni item jbi concludit quod nec ipsi dampnati aut purgandi / nec omnes creature poterunt enarrare Penas etc. Jtem jbidem de pena ineffabilis visionis luciferi jtem de veste et crudelitate luciferi post judicium · Item jbidem Tunc interdum tam immaniter se distendit et valde dilatabit horrendum sui oris vlans · Jtaque demones judeos et gentiles vno spiritu sui attractu transgluciet in cuius venter plenam mercedem accipient / et festa miserabilia celebrabunt Ve ve tibi corpus et anima · Quisquid lingua hominis de hoc loqui poterit nichil est respectu illius ineffabilis pene . et miserie que tunc ibi erit . vere fateor deo · inquit mechtildis · quod suffere non possum quod meditacio mea tam diu his immoretur quousque ab homine salutacio angelica compleretur . tam crudelis dampnacio et tam horrenda illic erit vexacio (115v) Item jn reuelacionibus sancte mechtildis habetur quomodo ipsa sancta virgo fuit introducta in celum et vidit disposicionem et ordinacionem domus quam constituit ipse deus Domus hec vocatur celum / Chori qui sunt intus dicuntur regnum Jdeo coniunctim dicitur regnum celorum . Regnum hoc finem in sua posicione habet inicialem · sed in sua essencia non sortitur finem · Celum ambit choros · Et inter celum et choros ordinati sunt peccatores seculares altitudine choris similes · iuxta quod in hac vita conuertuntur · Chori sic sunt subtiles sancti et mirabiles Item Post diem judicii religiose virgines purissime defectum super seraphin implebunt vnde lucifer eique proximi sunt proiecti · Hoc exilium adhuc est vacuum et inane nullusque ibi habitat · et est in se pulcherrimum . luditque totum deliciis ad gloriam dei omnipotentis · Super hoc exilium thronus dei est in modum testudinis virtute diuina fabricatus in permansibili florenti et ignea claritate / attingens inferius ad celum contra cherubyn · Jta que thronus dei et celum sunt vna inclita domus vnd da ist
~LD VI, 5, 6f. LD VI, 6, 1–3
~LD VI, 3 ~LD VI, 3, 29–32 ~LD VI, 4 ~LD VI, 5 LD VI, 5, 6–13
LD II, 28, 9–15
LD II, 28, 24f. LD II, 28, 31f. und LD II, 29, 2–7
39 revelationibus] re 40–57 Item … vexacio] durch Einrahmung hervorgehoben 40 revelationibus] 72 vnd … befangen] entspricht re 63 Czwischen … hymele] entspricht FL III, 1, 47f. (148,25) FL III, 1, 67f. (150,13f.)
466 | Anhang
LD II, 29, 10–12
LD II, 29, 13–15 LD II, 29, 18–24
disi enelende vnd dye ix chore jnne befangen jubilantes · Supra thronum dei nichil est nisi deus deus deus immensus magnus deus · Supra in throno 75 videtur speculum deitatis · ymago humanitatis . et lumen spiritus sancti / Casum luciferi iohannes baptista supplebit / eiusque gloriam in illa dulci vastitate supra seraphin possidebit / omnesque purissime virgines et religiose cum illo erunt Jn throno est domina nostra mater christi que nullum defectum supplet filius enim eius est deus ipsa dea · 80 Sancti apostoli post deum sunt in throno habentque illam solitudinem vnd werden haben das enelende vnd seraphyn zu lone Et iohannes baptista ist en forste in deme throne Angeli vltra celsitudinem seraphyn non morantur supra quos homines tantummodo collocantur · Martires sancti et predicatores deique amatores · spirituales in choros angelorum perveniunt licet 85 virgines non permanserunt ymmo eciam quidem in cherubyn conscendunt Hec ex revelationibus Sancte mechtildis
81 vnd … lone] entspricht FL III, 1, 87 revelationibus] re
79
(150,29f.)
82 ist … throne] entspricht FL III, 1,
80
(150,31)
7 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in den Handschriften Bern Cod. A 82 (Br) und Basel Cod. A VII 68 (Ba)* LD III, 1, 30–37
Sequentem oracionem iussit dominus cottidie dicere quemdam venerabilem decanum Magdeburgensem prostrato corpore prout in revelacionibus sancte Mechtildis virginis habetur Capitulo · l · Oracio Domine sancte pater omnipotens sempiterne deus . Ego peccator indignus sum . ut tuam potentem misericordiam ad me digneris inclinare · Nunc igitur te clementissime 5 pater supplex rogo et tuam deprecor maiestatem cum omnibus amicis tuis · ut tua dulcedo descendens quam iugiter infundis de fonte viuo · et inexhausto sancte et individue trinitatis · animam meam miseram irriget sine intermissione et mundet ab omni macula peccatorum Per dominum 10 cristum
LD VI, 21 Graciarum actio beate mechtildis ad sanctam trinitatem Domine sancte
pater omnipotens eterne deus gratias ago tibi quod me creasti . Domine ihesu criste laudo te quod me redemisti . Spiritus alme domine glorifico te quod me purificans emendasti Benedico te sancta et indiuidua trinitas deus noster / Memento queso nunc domine omnis fidelitatis et gracie tue et 15 concede michi misericorditer ex speciali gratia mortem febrem que ab omni angustia me liberet et transferat ad gaudia sempiterna Amen / In manus tuas domine commendo LD Prol, 5, 29f. Voluptates valde debemus pertimescere propterea quod christus dominus et
saluator noster · tam multas acutas penas et tribulationes in hoc mundo pro 20 nobis pertulit ·/ Ex libro qui dicitur Lux divinitatis sancte Mechtildis virginis
* Br und Ba überliefern auch LD VI, 17, 61–119 (ein Gebet), vgl. Anhang Kap. 8. Auszug I: Br 76v–77r, Ba 274r. Abdruck nach Br 3 Domine … omnipotens] vaH am lR: Oracio cottidie Ba 10 cristum] anschließend vaH am lR: cristum Et ibidem nota p::l (?) Ba Auszug II: Ba 272r, Nachtrag vaH am uR 17 ad] davor conservat (?) durchgestr. Auszug III: Br 78v 19 Voluptates] am rR in Rubrum: nota 21 virginis] mit EZ udZ
8 Synoptischer Abdruck der x- (Br, Ba) und y-Version (Au, Pr, We1, We2) von ›Lux divinitatis‹ VI, 17, 61–119 Die x-Version (Br, Ba)* (71r) Oracio beate Mechtdildis virginis BEnedictus sis domine ihesu criste fili dei viui / Credo domine et vere scio quia tu es verus deus et verus homo . dignaris nobis hic tuam presenciam exhibere Jdeoque adoro te deum et dominum . creatorem et redemptorem regem regum . michi precunctis dilectum in secula seculorum · Confiteor sancta trinitas (71v) cum gemitu et 5 querela cordis mei sine timore et verecundia coram te grauiter me peccasse Concede michi queso mitissime deus plenam indulgenciam omnium peccatorum et coram te graciam et amiciciam inuenire · quoniam consuetudo peccandi mentis mee tenebras superduxit . Munda domine hodie cor meum ab omni terreno amore et fluentis celestis roris arentem 10 (72r) infunde animam ut digne defleam peccata quibus et me perdidi · et te irreuerenter contempsi · Ago tibi gracias / domine deus pro beneficiis que omnibus diebus nostris a te accepimus · et nunc accipimus et eternaliter accepturi sumus · Oro te omnipotens pater in nomine domini nostri ihesu cristi · ut purifices et custodias me ab omnibus peccatis et sanctifices me in 15 omnibus operibus virtuosis · Rogo (72v) te domine ihesu criste per angustias et horrores mortis quos caro tua in cruce sustinuit ut oculis tue miseracionis necessitates meas ad extremam horam vite mee · clementer intueri
* Textabdruck nach Br 1 Oracio … virginis] rot unterstrichen Br, rot geschrieben Ba domine] Munda|domine Br 15 custodias] a auf Rasur Br, a korr. aus e Ba
9 Munda
8 Synoptischer Abdruck der x- und y-Version von ›Lux divinitatis‹ VI, 17, 61–119 | 469
Die y-Version (Pr, Au, We1, We2)*
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(3r) Oracio sororis mechtildis BEnedictus sis amantissime domine ihesu criste fili dei viui Credo domine et vere scio quia tu verus deus et verus homo dignaris nobis hic tuam presenciam exhibere Jdeoque adoro te deum et dominum creatorem et redemptorem meum dominum omnium dominorum michi precunctis dilectissimum nunc et in eternum Confiteor sancta trinitas cum gemitu et querela cordis mei sine timore et uerecundia coram te grauiter me peccasse Concede michi queso benignissime deus hodie plenam indulgenciam omnium peccatorum et coram te graciam et amiciciam inuenire quoniam cor meum consuetudine peccandi ualde est obtenebratum Munda domine hodie cor meum ab omni amore terreno et fluentis celestis roris arentem animam meam infunde ut digne defle(3v)am peccata quibus et me miserabiliter perdidi et te irreuerenter contempsi Ago tibi gracias pie domine deus pro vniuersis beneficijs que omnibus diebus nostris a te accepimus et nunc accipimus et eternaliter accepturi sumus Oro te omnipotens pater in nomine domini nostri ihesu cristi ut purifices et custodias me ab omnibus peccatis et sanctifices me in omnibus operibus virtuosis Eya pie pater trahe animam meam sine impedimento in te et occurre illi in omnibus bonis que sunt in te Supplico tibi sancte deus pro clementi respectu inutilis vite mee et pro continua tecum mei spiritus vnione Rogo te domine ihesu criste per sanctissimam mortem tuam et per
* Textabdruck nach Pr. Wie bei der x-Version wird auch hier die Dokumentation bzw. Herstellung des anhand der vorhandenen Überlieferung rekonstruierbaren Ausgangstextes angestrebt (nach der Parallelüberlieferung vorgenommene Emendationen im Wort bzw. im Umfeld eines Wortes sind kursiv gesetzt). An jenen Stellen, an denen die Ermittlung der y-Version nicht möglich bzw. unsicher ist, bleibt der Text von Pr erhalten und die konkurrierende(n) Lesart(en) der Parallelüberlieferung findet man unter Heranziehung von Rb im Apparat dokumentiert (y1 steht für die Gruppenlesarten von Au, We1 und We2; y2 steht für die Gruppenlesarten von We1 und We2). 1 Oracio … mechtildis] Oracio generalis sororis Machthildis ora libenter Au, Oracio beate mechildis monialis virginis We1, Oracio generalis efficax et deuota We2 2 Credo] davor gestrichenes E We2 | tu] tu es (= Rb, ursprüngliche y-Lesart?) We1 3 dignaris] dignatus We2 | nobis hic] so auch Rb (ursprüngliche y-Lesart?), hic nobis y1 4 meum] meum et We2 5 dilectissimum] davor di durchgestr. Au | Confiteor] Confiteor tibi We1, 7 me Confiteor nunc (nunc durchgestr., ursprüngliche y-Lesart, vgl. FL VI, 37, 7 [506,1]) We2 peccasse] so auch We2 und Rb (ursprüngliche y-Lesart?), peccasse Au We1 | michi] Wortumstellung, vgl. App. zu hodie 8 hodie] michi hodie Pr 10 amore terreno] so auch y2, terreno amore (= Rb, ursprüngliche y-Lesart?) Au 11 roris] davor troris durchgestr. Au 12 irreuerenter] irreuerenti Au 13 vniuersis] universis donis et We1 | beneficijs] beneficijs tuis y2 | que] qui We2 14 accepturi] a te accepturi Pr 15 ut] et Au 16 me2] fehlt Au | in] üdZ, davor ab durchgestr. Au 17 animam meam] animam Au | meam] meam miseram We1 | in te] am lR mit EZ Pr 19 clementi] reclementi We2
470 | Anhang
digneris · et concede michi ut sacramenta corporis et sanguinis tui necnon extreme vnctionis ea fide et caritate tunc suspiciam (73r) vt sint corporis et 20 anime mee perpetuum alimentum et perducant ad gaudium sempiternum . Rogo te deus meus ut me tunc digneris ab omnibus hostibus liberare · et spiritum meum tuis consolacionibus subleuare · Rogo te fili dei ut animam meam cum benedictis manibus tuis excipias et perducas me cum gaudio ad regnum patris tui (73v) vbi te cum omnibus sanctis tuis fruar eternaliter et 25 collaudem · Presta michi hoc domine ihesu criste et omnibus mecum qui pro amore tuo michi fauent et benefaciunt me suis beneficijs sustentantes · Hijs quoque qui me impugnant contra voluntatem tuam et omnibus cristianis tuam misericordiam non deneges impertiri · Supplico (74r) tibi domine deus ut propter gloriam tuam concedas ecclesie tue · in perpetuum 30 caput plenum virtutibus catholicis · romanum scilicet pontificem · per quem ecclesia dilatetur · a peccatis liberetur · et in omnibus operibus sanctificetur / Libera deus hodie ierusalem · ciuitates et terras quas iniqua potestas opprimit . ut ibi laus tibi a fidelibus decantetur cum omnibus (74v) sanctis tuis · Supplico tibi ut pacem et aeris temperiem cum frugibus 35 necessarijs donare digneris huic terre et omnibus cristi fidelibus · Conserua domine ihesu criste amicos tuos in tua gracia et hostes tuos conuerte et eorum dilue prauitatem . Rex regum et corona omnium principum rogo te ut omnes principes huius terre et totius ecclesie spiritu sancto adunare (75r) digneris ut nunquam iniqua bella et congressiones peruersas exerceant 40 contra tuam voluntatem et propriam felicitatem · Consolare domine omnes fideles · Jn aquarum · infirmitatum · captiuitatum · temptacionum ·
23 animam] davor iam durchgestr. Br 30 ecclesie] davor michi durchgestr. Br 40 digneris] neris auf der vorangehenden Seite unter der letzten Zeile durchgestr. Br
8 Synoptischer Abdruck der x- und y-Version von ›Lux divinitatis‹ VI, 17, 61–119 | 471
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omnes angustias et miserias quas caro tua in cruce pro me sustinuit ut oculis tue diuine miseracionis necessitates meas et miserias ad extremam vite mee horam clementer intueri digneris et concede michi ut (4r) sacramenta corporis et sanguinis tui ea fide et caritate tunc suscipiam ut sint corporis et anime mee ultimum et perpetuum alimentum Rogo misericordissime domine ut tunc miseram animam meam per teipsum digneris consolari et ab omnibus hostibus pie liberare Rogo te fili dei ut animam meam miseram benedictis manibus tuis tunc excipias et de hoc exilio perducas me cum gaudio ad regnum patris tui ubi te cum omnibus dilectoribus tuis fruar eternaliter et collaudem Oro te domine deus ut propter gloriam tuam concedas ecclesie tue in perpetuum caput plenum virtutibus catholicis romanum scilicet pontificem per quem ecclesia dilatetur a peccatis liberetur et in bonis operibus sanctificetur Amantissime domine liberare dignare hodie iherusalem ciuitates quod ac terras quas iniqua potestas opprimit ut ibi laus tibi a fidelibus decantetur Cum omnibus sanctis tuis rogo te deus clementissime vt veram pacem et aeris temperiem (4v) cum frugibus necessarijs concedere digneris huic terre et omnibus cristianorum terris Rex regum et corona omnium principum rogo te ut principes huius terre et tocius ecclesie spiritu sancto adunare digneris ut nunquam iniqua bella aut congregaciones peruersas exerceant contra tuam uoluntatem et propriam felicitatem Supplico tibi domine pro omnibus qui pro tuo amore qualecumque caritatis michi prebent subsidium ut tu pijssime deus tui sancti spiritus eos infusione sanctifices et in omnibus semper protegas et conserues Rogo te ihesu benignissime pro omnibus cristianis in qualicumque tribulacione aut turbacione positis ut ipsi omnes sic a tua clementissima bonitate hodie consolentur ut ab eterna tua consolacione et gracia nunquam separentur Inuoco te o dulcissime ihesu cum vniuersa creatura tua ad laudem tuam pro plenaria conuersione
21 pro … sustinuit] so auch Pr We1, sustinuit (= Rb, ursprüngliche y-Lesart?) Au We2 | ut] et Au 22 necessitates] neccines, nes hochgestellt Au 25 sint] sicut oder sunt Au | corporis] Dittographie, zweites corporis durchgestr. We1 26 tunc] umgestellt We2, vgl. App. zu meam | meam] meam tunc We2 | teipsum] temetipsum Au 27 digneris consolari] consolari digneris Au | omnibus hostibus] hominibus omnibus We2 | fili] filij Au | dei] dei viui We1 28 tuis] fehlt We2 | excipias] davor gestrichenes a We2, accipias We1 29 cum gaudio] vaH mit EZ üdZ We1 30 Oro] Rogo We2 33 a] ad Au | bonis] omnibus bonis (bonis vaH mit EZ am rR), so auch Rb und FL VI, 37, 40 (508,5) (ursprüngliche y-Lesart?) We1 34 quod] sic! 35 ibi] am rR mit EZ Pr | ibi … tibi] so auch Rb (ursprüngliche y-Lesart?), tibi ibi laus y1 36 deus clementissime] clementissime deus y1 | aeris] aueris Au 38 ut] ut ciues nostros et Au 39 adunare] adiuuare Au 41 felicitatem] fidelitatem, davor voluntatem durchgestr. We2 42 qualecumque] queletcumque Au | caritatis] caritas Au 45 turbacione] wohl ursprüngliche y-Lesart, vgl. turbacionum Rb, perturbacione y1 | positis] ähnlich We1, ponitis Au We2 46 clementissima] davor clemens durchgestr. We2 47 dulcissime] dilectissime y2
472 | Anhang
turbacionum · paupertatum · angustijs constitutos · ut numquam a tua gracia decidant uel retrahantur / Miserere benignissime deus animabus que hodie per mortem a suis (75v) corporibus separabuntur et iam hoc seculum 45 reliquerunt pro quibus exorandus es · salua eas et dona eis requiem sempiternam / Eya pijssime domine deus meus propiciare animabus parentum meorum et omnium fratrum et sororum ac propinquorum meorum et omnium qui in purgatorio cruciantur Libera eas domine in hac hora propter gloriam nominis tui sancti . et (76r) fac ut requiescant in pace · 50 amen . Oro te domine pro meis familiaribus et consortibus ut repleas nos virtutibus tuis sanctis · munda vitam nostram et sanctifica ad laudem tuam et ad vtilitatem ecclesie nos dirige deus noster . Suscipe hodie hanc orationem querulosam et fac nobiscum secundum tuam misericordiam magnam · Amen ·
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43 tua gracia] gracia tua Ba 49 eas domine] domine eas Ba 50 et] Dittographie Ba 51 Oro] mit PZ und MZ am lR Ba 53 hodie] davor vaH mit EZ üdZ: ergo domine ihesu criste Ba 55 Amen] vaH üdZ: qui vivis et regnas Ba
8 Synoptischer Abdruck der x- und y-Version von ›Lux divinitatis‹ VI, 17, 61–119 | 473
omnium peccatorum qui adhuc peccatis criminalibus pergrauantur Oro (5r) 50 te uera caritas pro incremento sanctarum virtutum et cristiane religionis omnibus qui in hac vita sine crimine conuersantur Rogo te consolacio eterna deus ut consolari digneris omnes desolatas animas que hodie cum angustia et tremore a suis corporibus separantur Salua eas per benignissimam misericordiam tuam et dona eis requiem eternam Oro te pie 55 deus pro animabus omnium parentum meorum et omnium qui in purgatorio sunt afflicti et pro hijs specialiter qui per meam negligenciam talibus cruciatibus sunt addicti libera eas in hac hora fili dei viui propter gloriam sancti nominis tui Oro te clementissime deus pro omnibus meis familiaribus cunctisque cristianis fidelibus ut repleas nos tuis sanctis 60 uirtutibus Munda vitam nostram et sanctifica ad tuam laudem et sancte ecclesie vtilitatem misericors deus noster Suscipe nunc pie deus hanc oracionem querulosam et fac nobiscum secundum misericordiam tuam Amen
50 uera] o vera We1 51 crimine] crvce We2 55 animabus] anima parentis mei ditterici wuennen et animabus We1 | parentum] parentum confratrum · sororum et benefactorum (confratrum sororum vaH in Fortführung der Zeile am rR) We1 56 specialiter] davor qui durchgestr. We2 | meam] nostram Au 58 gloriam] fehlt Au | meis] fehlt We1 59 sanctis uirtutibus] mit VZ Pr 60 Munda] Munda nos We2 61 Suscipe] Suscipe in me We2 62 misericordiam tuam] magnam misericordiam tuam We1, misericordiam tuam magnam We2
9 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der ›Vita S. Dominici‹ Dietrichs von Apolda (VD)* (18vb) De merito et premio sancti dominici glorioso ex reuelacionibus VD 251 Cuidam beatum dominicum speciali caritate diligenti dominus multa de meritis ipsius et gloria, et eciam de ordine predicatorum reuelauit, que scripta reliquit; vbi inter alia sic loquitur: Peculiari dilectum meum affectu prosequor, artiorisque amoris, quantum fas est, amplexibus stringo pre 5 ~LD II, 11, 3–7 ceteris delicatum virum sanctum dominicum. Igitur in eius sollempnitate cum dominum pro predicatorum ordine deprecarer, dignatus est michi dominus suam exhibere presenciam, dilectum meum michi in gloria manifestans. Ecce, inquid dominus, que in omnibus fidelium meorum
* Weil es eine kritische Edition der ›Vita‹ noch nicht gibt, erfolgt der Textabdruck nach einer der ältesten Hss.: Göttingen, 8° Cod. Ms. theol. 109b (Sigle: G). Die handschrifteneigene Schreibweise wird beibehalten und eine moderne Interpunktion eingeführt. In den Text wird nur dann eingegriffen, wenn die Hs. einen sinnwidrigen Text aufweist. Dabei richten sich die kursiv gesetzten Korrekturen nach der zum Vergleich herangezogenen Parallelüberlieferung (Leipzig Ms 846 [Sigle: L] und Ms 833 [Sigle: N]) und/oder nach der vorliegenden Edition der ›Lux divinitatis‹. Beim Vorliegen einer sinnvollen Sekundärvariante wird der Text der Göttinger Hs. beibehalten und die in der Parallelüberlieferung konservierte Primärvariante im Apparat dokumentiert bzw. kenntlich gemacht. Der Apparat verzeichnet außerdem die kodikologischen Besonderheiten der Leithandschrift, die Varianten der Parallelüberlieferung sowie sämtliche Abweichungen gegenüber dem Abdruck der Bollandisten (Acta Sanctorum, Augusti, Tomus I, Antwerpen 1733, S. 604 Nr. 251-254 und S. 627-629 Nr. 383-397, im Folgenden: AS). Der Grund dafür, dass gerade die Göttinger und die beiden Leipziger Hss. zur Textkonstitution herangezogen wurden, ist darin zu sehen, dass sie Tugwell (1985), S. 19f. zufolge bislang unbekannte Auszüge aus der ›Lux divinitatis‹ enthalten. Diese Vermutung hat sich zwar nicht bewahrheitet, doch hat sich gezeigt, dass 8° Cod. Ms. theol. 109b in Bezug auf die Verteilung der Mechthild-Exzerpte auf die acht Bücher der Dominikus-Vita die ‚Vulgatfassung‘ repräsentiert, weshalb sie (trotz einer Reihe von Sekundärlesarten) als Leithandschrift gewählt wurde. Die beiden Leipziger Hss. dagegen scheinen eine in Bezug auf die Kapitelanordnung ältere Fassung der ›Vita‹ zu konservieren, vgl. Tugwell (1985), S. 14–22. Was diese Hss. von G bzw. dem Textabdruck der Bollandisten (AS) unterscheidet, ist eine andere Positionierung der Auszüge aus der ›Lux divinitatis‹, siehe dazu im Einzelnen Kap. 3.1.3 Nr. 1. 1 De … reuelacionibus] Vgl. AS Col. 565C (Reg.); VII am lR L; in G Kapitelzahl 67 im Reg. (fol. 1v) und ursprünglich wohl auch am oR der Seite von einem Benutzer des 15. Jh., der die einzelnen Kapitel durchnummeriert und auch sonst seine Spuren in der Hs. hinterlassen hat (s. u.); AS stellen VD 244–254 unter die Überschrift: Honorificæ Sancti exsequiæ, varia beneficia statim post obitum ejus nonnullis collata, & revelatio cuidam facta de magnis illius meritis ac virtutibus 2 Cuidam] Dazu mit EZ am uR von einem Benutzer des 15. Jh. (s. o.): Hec fuit soror mechtildis in claustro helpede que habuit germanum in ordine nostro nomine baldewinum bonum scriptorem qui in wartberch scripsit bibliam fratrum, darunter: nota 116 (bezieht sich auf die teilweise weggeschnittene Kapitelzahl am oR | Cuidam … dominus] Dazu am Rand von AS: Devotae cuidam personae von fol. 31rb) G 2–4 Cuidam … loquitur] Dazu AS (Fußnote d): Utinam Theodoricus nomen & professionem hujus anonymi indicasset, ut tutius judicare nobis liceret, quam fidem revelatio illa mereatur! 7 ordine] fehlt L N | deprecarer] deprecaret N
9 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in der ›Vita S. Dominici‹ (VD) Dietrichs von Apolda | 475
10 requiro rectoribus, (19ra) hiis servus meus fidelis et bonus pastor inter
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ceteros effulsit dominicus. Nimirum in carne degens, nullum vmquam subditorum sibi fratrum amaricauit corde, aut exasperauit uerbo uel opere: non enim poterat de scaturigine caritatis, quidquam amaritudinis emanare. | Inerat ei quoque tam larga benignitas ac suauis pietas erga omnes, ut corporalem necessitatem, non solum religiosam et frugalem, uerum eciam comodam pro tempore, sicut poterat, procuraret, ne uel adolescencior etas inedia tabescens, saturitatem egipciam appeteret, ne et ita ve senilis grauitas, ieiunio confecta, deficeret. Sic autem clementer omnibus condescendens, antecessit omnes et eleganti docens exemplo laudabilem esse modesciam et abstinenciam salutarem. Misericordiam insuper iudicio superexaltans, in corrigendis delinquencium commissis intra regulares limites se continuit iuste parcens huiusmodi clemencia, et pie seuiens disciplina. Hec dilectus dixit ad me de dilecto; et vidi, et ecce dilectus meus erat vestitus multis coloribus, et varietate ammirabili circumtectus: Nam amictu candoris niuei, decorisque purpurei ac uirentis coloris specie resplendebat: Tincta namque est illa immortalitatis, qua tegitur, tunica uirginalis mundicie candore pulcherrimo, super niuem nitido, ueritatisque prime uiriditate, que celestes oblectat et reficit mentes, splendore radiat, rutilo permixta caritatis gemine colore roseo, qua et per compassionem iungebatur proximo, et pro christo ponendi animam fragrabat desiderio. | Et adiecit dominus loqui ad me, de sancto suo dicens: Cum aliquando rideret hic electus meus, de suauitate spiritus mei prodiit risus eius. Uerax erat, talique risu ueracis debuit os impleri. Cum orans funderet lacrimas, tocius ecclesie causam et angustias, specialiter filiorum ordinis sui, et necessitates in thuribulo deuocionis sue cum grandi fide meo conspectui presentabat. Considerauit diligentissime pastor pius pecoris sui wltum aspectu benigno, deuocione sincera, discrecione prudenti: peruersi sensus impia inuersione seclusa presencia non crudeli. Docebat sapientes scienciam suam columbina simplicitate iuxta domini saluatoris ewangelium perornare, informans simpliciores eam, que desursum est, sapienciam pudicam et modestam querere pre
VD 252; ~LD II, 11, 7–11
~LD II, 35, 32–35
VD 253; ~LD II, 11, 15–19
~LD II, 15, 2–5
13 amaritudinis] amarititudinis G 14 Inerat … omnes] Dazu am Rand von AS: revelantur eximiae virtutes 17 ne … ita] am lR vaH teils außerhalb des Schriftspiegels, teils auf Rasur im Schriftspiegel G, ne ue N 20 iudicio] et judicium AS 22 huiusmodi] huius G L N | clemencia] demencia G 23 vidi] vide N 24 multis coloribus] multicoloribus L N 29 et¹] fehlt AS | iungebatur] vngebatur G 30 Et … dicens] Dazu am Rand von AS: quas sanctus Praedicatorum Fundator 33 Cum] Cum autem L N und AS 34 specialiter] specialiterque L, spiritualiterque N | ordinis sui] sui ordinis N | et] fehlt L N 35 meo conspectui] conspectui meo AS 37 sincera] sinceris N | discrecione] discretioni N | sensus] sensus homines AS | impia … crudeli] pia animadversione convertit AS, vgl. dagegen LD II 15, 3 38 suam] sua L N | columbina] a columbina N 40 eam] ea N
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VD 254; omnibus, et amare. | Temptatorum pericula et turbulentas molescias ~LD II, 15, 5–11 compassione paterna et miseracione anxia in secreto sacri portabat pectoris,
pie consolans, discrete consulens, et oracione sustentans. Suadebat iuuenibus iuge silencium propter assequendam prudenciam et obseruanciam discipline. Debiles et infirmos piissimo (19rb) fouebat affectu, necessi- 45 tatibus eorum sollicito prouidens cum effectu. Gaudebant igitur de eius diutina presencia vniversi, eiusque dulcissime conuersacionis desiderabilis societas tollerabilem eis reddidit omnem paupertatis inopiam, et tocius laboriose vite austeram duriciam leuigabat. Agamus gracias domino iesu christo, et gloriemur in laude eius, qui talem nobis huius peregrinacionis 50 ducem ac principem contulit, cuius magnificencia sanctitatis probata et laudata est ore ipsius dominice ueritatis. Gloriemur de ipso in domino, quia ex honore patris nostri gloria nostra est, nosque eius erimus gloria, si fuerimus sapientes. VD 383 (30vb) Ex secretissimis et verissimis reuelacionibus sumpta sunt, que 55 LD II, 14, 3–15
sequuntur Cvm dominus noster iesus christus, sicut promiserat, discipulos electos apostolos accepisset ad semetipsum, et essent, vbi ipse est, viuentes, sicut et ipse viuit, in gloria, ceperunt lapsu temporis magistri ecclesie negligencius agere, populusque inmemor multitudinis misericordie dei a mandatorum 60 eius oberrando rectitudine deuiare. At deus misericors pater omnium nostrum, electorum suorum curam gerens, vno tempore duos, quasi gemellos de sponsa sua, scilicet ecclesia, per graciam progenuit filios fratrum suorum fidelium in salutem; quos genitrix ecclesia vberibus de celo tam copiosa dulcedine, que exhauriri non potest, plenis fideliter enutrivit. Hec 65 sunt duo testamenta, quibus omnes dei filii per matrem ecclesiam educantur. Huius matris gemini fratrum minorum et predicatorum ordines duo sunt, quorum radices et origines, beatissimi franciscus et dominicus exstiterunt.
41 Temptatorum … paterna] Dazu am Rand von AS: in vita sua exercuerat | molescias] davor modestias durchgestr. N 44 iuuenibus] iuuenis G 46 igitur] enim L N 47 diutina] diuina (Sekundärlesart, vgl. LD II 15, 9) L N 48 eis] eius G 52 Gloriemur] Gloriemus N 55 Ex] De L N und AS Col. 565E (Reg.) | Ex … sequuntur] Vgl. AS Col. 565E (Reg.), trotzdem stellen AS VD 372–388 unter folgende Überschrift: Mystica quædam visio ac revelatio de S. Dominico & S. Francisco, eorumque Ordinibus; am Rand von AS: Alia revelatio explicat, — in G Kapitelzahl 115 am oR der Seite von einem Benutzer des 15. Jh. (s. o.). 57 discipulos electos] electos discipulos mit VZ b (über electos) a (über discipulos), vor electos gestrichenes di G | discipulos … apostolos] discipulos N 58 et¹] wohl sekundär gegenüber ut (LD II 14, 4) 59 ecclesie] fehlt AS, vgl. dagegen LD II 14, 5 | negligencius] negligencie N 60 inmemor] inmeror G 61 oberrando] aberrando AS | At] ac N 64 vberibus] vberius G
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Michi vero de diuina prouidencia ammiranti dixit dominus: Seruum meum electum franciscum ad hoc in mundum destinaui, ut clericorum auariciam malam, irracionabilem et detestabilem ostenderem, questumque inutilem et dampnabilem confutando (31ra) libertatem misericordie imitabilem, humilitatemque uirtutum omnium eximiam in eius conuersacione michi placitam declararem, paupertatemque ewangelicam cunctis venerabilem, meisque conspectibus acceptabilem comprobarem. Inani autem gloria, mundique fastu tumentibus ac superbis laycis ipsum crucis preferentem stigmata formam statui et speculum exhiberi recognoscendi infirmitatis proprie prauitatem. Et famulum meum dominicum verbi mei baiulum ac predicatorem inclitum ad incredulorum duriciam, hereticorumque perfidiam conterendam direxi, ecclesieque mee aream ab erroribus doctrine exempli ventilabro permundandam. Dedi eum in lucem mundi, ut sapiencibus et insipientibus debitor illuminet hiis, qui in tenebris et in vmbra mortis sedent, dans salutis scienciam plebi mee, fiantque oris eius verba sustentacio lassorum, consolacio afflictorum, et medicina saluberrima peccatorum. | Hii sunt duo filii nouissimi iacob patriarche senescentis, qui extremitate geniture, singularitate amoris, nominumque significacionibus duos ordines prefigurant: augmenti enim doloris et dextre filii nuncupantur; dextera enim domini faciens virtutem, a tribulacione malorum et dolore exaltans eos auget et multiplicat super numerum, in omni tribulacione consolacionibus suis letificans animas eorum. Hos igitur dileccionis sue filios pater eternus multitudinis sanctorum patres effectos honorauit in filiis, constituens eos super omnem terram. Generacio autem et gloria non derelinquetur a domino, et cum semine eorum bona perpetuo permanebunt. In presenti eciam vita quis enarrabit, quanta a patre misericordiarum hii precordiales filii beneuolencia foueantur? Abstulit a cordibus eorum sollicitudinis iugum grauissimum, volens eos tantummodo cum deo suo sollicitos ambulare, et omnium ecclesiarum sollicitudinem corde et opere exercere. Misit proinde spiritum suum in corda filiorum hominum, ut honorificent eos, suscipientes
VD 384; ~LD II, 16, 15–20
VD 385; ~LD II, 15, 20–30
70 De eodem] Nachtrag (wohl von der Schreiberhand) am rR G, fehlt L N und AS 71 Michi] n. Abs. mit zweizeiliger Lombarde L N | Michi … dominus] Dazu am Rand von AS: cur Deus S. Dominicum & S. Franciscum miserit in mundum, | vero … diuina] eine Zeile höher mit EZ G | ammiranti] amministranti G, ammiranti (Primärlesart, vgl. LD II 16, 4) L N und AS 74 libertatem] liberalitatem L N 76 cunctis] cuntis G 80 Et] n. Abs. mit zweizeiliger Lombarde L N 82 ab erroribus] fehlt L N 83 mundi] gentium AS 84 hiis] eos AS 87 Hii] n. Abs. mit zweizeiliger Lombarde L N | Hii … senescentis] Dazu am Rand von AS: & postquam laudavit eorum virtutes, 89 prefigurant] prefigurauit G | augmenti] augmentum AS, igmenti N | dextera] wiederholt am lR vaH G 91 in … tribulacione] Dittographie G 93 eos] eos principes L N, vgl. Ps 44,17 94 gloria] gloria eorum L N und AS 96 quis] quos N 97 Abstulit] n. Abs. mit zweizeiliger Lombarde L N 98 deo] domino AS
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VD 386 sicut angelos dei, ad se verbi dei gratia venientes | Antiquorum quoque
mirabilium suorum memoriam faciens altissimus, qui per quadraginta annos israhel manna pauit in heremo, ipse per omnia mundi climata hiis pueris suis largitur gratuito victui necessaria, et nichil deest eis. Et quod habundancius est, cibat eos pane vite et intellectus, verbi, quod procedit de ore dei, in quo solo viuit homo, quod est solidus perfectorum cibus, et panis cor hominis confirmans, quem de manu domini acceptum edunt, et saciati distribuunt populis tempore oportuno. Et ne quid desit glorie filiorum dei, gladii ancipites auctoritatis et sciencie in manibus eorum sunt: ligant enim reges et nobiles alligatura (31rb) penitencie salutari; faciunt autem vindictam in nacionibus, increpaciones in populis, peccata diiudicando, deique iusticiam intonando. Hec est hereditas seruorum dei, et gloria, qua filii sanctorum per vniversalem ecclesiam sublimantur, quam patrum humilitas, VD 387 deuocio, et karitas posteris poterit impetrare. | Hos viros gloriosos, duces et patres inclitos sequitur piorum filiorum et expeditorum militum innumera multitudo. Uerumtamen non sunt inuenti similes illis, qui ad tam eminentem puritatis prerogatiuam, sanctimoniam vite, discipline rigorem, religionis obseruanciam, abstinencie parsimoniam attingerent, feruoremque tam inestimabilis karitatis ac zelum proximorum salutis, deuocionis studium, ~LD II, 14, 16f. omniumque perfeccionem virtutum potuerint adequare. Heu, heu, heu! Quot sanctissime consuetudines, quot pietatis humilitatisque exercicia, quot spiritualis discipline studia, et regulares obseruancie saluberrime defecerunt; que omnia patres illi deuocione fidelissima seruauerunt, et seruanda posteris exemplo efficacissimo docuerunt, et auctoritate firmissima mandaVD 388 uerunt! | Quanto autem igniti feruoris deuocio, paupertatisque christi ~LD II, 14, 16–18 desiderabilis et affectuosa imitacio tepescere ceperit, et non capere incrementum, tanto periculosius imminet exterminium et non tardabit lamentabile detrimentum. Sicut enim imminente euersione babilonica, regem sanctum yosiam, zelatorem legalis iusticie synagoga moysi progenuit, ita imminente antichristi tyrannide, generabit ecclesia agni sponsa statum
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101 dei¹] fehlt AS | verbi] verbum L N | Antiquorum … altissimus] Dazu am Rand von AS: auctoritatem potestatem, 103 ipse] ipso N 104 quod] fehlt L N 106 homo] fehlt N | est] scilicet N 107 confirmans] corfirmans AS | quem] quomodo L 108 tempore] vaH am lR G | Et] Ut AS, n. Abs. mit zweizeiliger Lombarde L N 109 ligant] lligant N 111 increpaciones] et increpationes L N 113 quam] qui N 114 poterit] vaH am rR G, preualuit L N und AS | Hos] n. Abs. mit zweizeiliger Lombarde L N | Hos … filiorum] Dazu am Rand von AS: Ordinesque ab illis institutos 117 prerogatiuam] precognatam N 118 parsimoniam] parsimonia N 124 posteris] vaH am rR korr. aus gestrichenem poteris G | efficacissimo] vaH am rR korr. aus efficissimo G 125 Quanto … desiderabilis] Dazu am Rand von AS: nonnulla futura obscure praedicit. 126 ceperit] cepit AS 127 et … detrimentum] fehlt AS 128 Sicut] S groß geschrieben L, n. Abs. mit zweizeiliger Lombarde N | babilonica] babilonia N 129 yosiam] Yesiam L N | progenuit] pergenuit N 130 statum] statum duorum Ordinum AS
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perfeccionis altissime, qui fideles contra draconem virulentum confortabunt, et ab ipsa bestia pessima conterentur martirio coronati. Et erit romani ~LD III, 12, 2 dignitas imperii exordium eius, excelsaque et sancta religio eius annorum ~LD III, 13, 2 exigui temporis numero trium denariorum terminata. Cessent nunc interim ~LD II, 15, 28–30 135 presencium ordinum rectores cum austeritate imperare subditis: nam durum imperium contemptum prouocat, et scissionem inducit. De eximia sanctitate primorum patrum et fratrum ordinis predicatorum Exordium huius ordinis primitiuum ardenti caritatis deifice feruebat calore, VD 389; 140 eximieque puritatis mundicia candens, velud lilium, fragrabat odore, et LD II, 12, 2–18 ficcionis ypocrisisque nescius, vere simplicitatis effulsit decore. Itaque dominus dixit ad me: In hoc predicatorum ordine duo, id est statum cultum, et fructum multum, adeo complectens amo, quod eisdem conuotum dans, semper arrideo ex mei beneplacito cordis multo. Ipsi namque totis vtriusque 145 hominis sui uiribus studiose predicant mee gloriam maiestatis: Prodiit enim ex eorum intimis (31va) vehemens gemitus, precordialis fletus, desiderium viuidum, sollicita cogitationum restriccio, humilitas, caritas iocunda, frequens mutacio peregrina. Porro exterius resultat ministerii sacri deuota sollempnitas, predicacionis vtilitas, absoluendi peccatores auctoritas, 150 afflictorum pia et dulcis consolacio, nutancium confortacio, catholiceque vnitatis salutaris connexio. Hec quoque dixit dominus: Elemosina, quam pro nomine meo larga ipsorum tribuit inopia, paupertasque largitur prodiga, accipiencium culpas diluit ac minuit, dyabolum elidens expellit per uirtutem ewangelice paupertatis.
132 martirio] in atrio G, korr. nach L N (hier a über der Zeile) und AS 134 Cessent] cessant N 134–136 Cessent … inducit] Dazu AS (Fußnote d): Albertus Sarthianensis ex Ordine Minorum hoc apophthegma S. Dominico adscribit, ut supra post cap. 16 littera a diximus. 137 De … predicatorum] Vgl. AS Col. 565E (Reg.), Aliae mirabiles visiones de primitiva sanctitatae Praedicatorum, & magna eorum gloria in caelo Überschrift AS, De principio ordinis ex reuelacionibus hoc capitulum est assumptum Überschrift L N, Kapitelzahl VIII am lR L — in G Kapitelzahl 116 am oR der Seite von einem Benutzer des 15. Jh. (s. o.). 139 Exordium … calore] Dazu am Rand von AS: Quidam videt, primitivam Praedicatorum sanctitatem 139–154 Exordium … paupertatis] Dazu AS (Fußnote a): Nescio, an haec ad superiorem revelationem pertineant, & utrum haec atque sequentia eidem personae an diversis adscribenda sint. 140 et] fehlt L N und AS (Primärlesart, vgl. LD II 12, 4) 141 ypocrisisque] ypocrisique N | Itaque … me] Dazu Markierung am rR von G und Vermerk von einem Benutzer des 15. Jh. unter der Kolumne: nota quomodo dominus amabat ordinem – Hoc est mecht[Rest abgeschnitten]; darunter 67 (bezieht sich auf die Mechthild-Exzerpte ab fol. 18vb) 143 eisdem] eiusdem N | conuotum dans] coniocundans (Primärlesart, vgl. LD II 12, 7) L N und AS 145 Prodiit] Prodit L N 147 viuidum] mundum AS, vgl. dagegen LD II 12, 10 | humilitas] humilitas fida (Primärlesart, vgl. LD II 12, 10) L N und AS 150 catholiceque] catholice L N
480 | Anhang
Item de gloria, quam accepturi sunt in patria
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VD 390; Et ecce michi exuli non desideranti, futuram predicatorum gloriam dignan~LD II, 29, 25–39 ter omnipotens reuelauit, et vidi in choro cherubin sedes eorum admirabiles,
premiaque singularia meritorum. In anteriori parte sedium duo candelabra lucencia, que sunt ardens caritas et exempli claritas cum intencione sincera; in interiori vero sedis sella ac reclinatoris ineffabilis pausacio, admirabilisque requiecionis dulcedo. Pro labore cursus et itineris, speciosi facti sunt pedes eorum, decorati margaritis et lapidibus, de quibus optarem coronam meo capiti superponi. O predicatores, cur ad predicandum tam inuiti ora laxatis et aperitis labia? Quare sic graues estis audire culpas pauperum, et inclinare aurem vestram in ora peccatorum? Ego vidi spiritum oris vestri egredientem, tamquam fumum aromatum ad tronum maiestatis paterne, qui vobis sapienciam inspirauit, vestri consortem officii filium dei glorificantem VD 391 cum sancto spiritu, qui graciarum omnium est largissimus distributor. | Orta LD III, 10 est aliquando grauis quorumdam fallacium doctorum, aliorumque, qui auaricie student, peccatorum aduersus ordinem electorum veritatis lucide predicatorum persecucio; quibus ex intimis anime mee visceribus compaciens, oraui dominum, ut in ordine tam necessario ecclesie suam gloriam conseruaret. Et dixit dominus ad me: Quamdiu eos tenere mee placuerit voluntati, inpossibile est, eos per hominis cuiuspiam quantamcumque maliciam aboleri. Et dixi ad dominum: Numquid, mi domine, usque ad consummacionem seculi manebit ordo iste? Et respondit michi dominus: Usque ad extrema tempora permanebit.
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Qualiter beatus dominicus defunctos fratres suscipit et omnes excellit VD 392 Consuetudo michi erat ad sepulcra piorum accedere defunctorum, ipsosque LD II, 35, 3–11 tamquam dei domesticos salutare. Accidit autem, ut quidam sacerdos de 180 LD II, 35, 22–49 predicatorum ordine a me more solito salutatus in tumulo, ad sue me celestis (31vb) suscepcionis sollempnia inuitaret. Et ecce vniversa illa supernorum ciuium multitudo in occursum se illius felicis anime per suas cohortes et turmas ordinabat, cum gaudio processura. Uenit itaque dux et princeps exercitus sacri predicatorum ordinis gloriosus dominicus cum 185
155 Item … patria] Vgl. AS Col. 565E (Reg.), Ex eisdem reuelacionibus Überschrift L N, Kapitelzählung IX am rR L 156 Et] At AS | Et … reuelauit] Dazu am Rand von AS: in caelo copiose compensari, 160 reclinatoris] reclinatorio L N und AS 163 O predicatores] Dazu am lR vom Benutzer des 15. Jh.: 167 vobis] nobis N de predicatoribus G 166 paterne] aeterne AS, vgl. dagegen LD II 29, 36 168 Orta … doctorum] Dazu am Rand von AS: & eorum Ordinem usque ad extrema tempora persevera. 171 persecucio] fehlt L N 173 Et … me] Dazu am lR vaH: bene (?) G | placuerit] placuit N 175 aboleri] oboleri N 178 Qualiter … excellit] Vgl. AS Col. 565E (Reg.), Item de eodem ex reuelacionibus Überschrift L N 179 Consuetudo … defunctorum] Dazu am Rand von AS: Deinde narrat, quomodo sacerdos ejusdem Ordinis 180 salutare … sacerdos] fehlt L N | quidam] quidem AS 181 predicatorum ordine] Ordine Praedicatorum AS
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filiorum suorum multitudine copiosa, qui singuli serta deferebant aurea ineffabiliter micancia, prout in carne positis promereri contulit misericors dei clementia. Occurrens vero pater de exilio reuertenti filio, dux triumphanti militi de prelio coronam protulit in morem solis mirifice radiantem, propter quod ipsius exemplorum vestigia fuerat imitatus | Excellebat VD 393 tamen incomparabiliter omnes filios suos pater excelsus in gloria: vniuersorum enim merita, eius sunt beatitudinis incrementa. Byssus namque et purpura viridisque coloris iocunditas ipsius indumentum ornabat, veritatis doctrinam cum paciendi desiderio exprimens ac innocenciam uirginalem. Sequebantur autem predicatores, ac eorum consiliis adherentes, insigne quoddam, quod preferebatur, vexillum, quod nulli, nisi ipsorum, erat congruum dignitati. Sic sic (!) illa beata fratris anima sedenti in trono oblata, pro obediencia grata, pro paupertate voluntaria, pro abieccione accepta, de manu ipsius diuicias accepit et gloriam, atque perpetuam libertatem. | VD 394 Gracias igitur agens dixit: Gloria tibi, domine, pro talentis michi traditis, pro hiis quoque per tuam graciam conseruatis, quodque tua maiestas michi misericorditer condescendit. Et inclinans maiestati, conversus ad fratres cum exultacione multa excipitur. Dixitque illi pater dominicus gloriosus: Bene uenisti, dilecte fili; intra in gaudium domini tui alleluia. Tunc in iubilo influente michi diuinitus vidi felicem illam animam summe trinitatis beatis amplexibus dulciter et inseparabiliter inherentem. Uere non est personarum accepcio apud deum: ecce enim mendicus cum gloria susceptus, sicut signaculum positus inter brachia altissimi delectatur.
De triplici statu priuilegiorum 210 Vidi; et ecce triplex priuilegiatorum exercitus sanctorum, indumento VD 395; splendidus, cantu iocundus, serto redimitus, in conspectu domini apparuit ~LD II, 29, 39–41 gloriosus. Erat candoris lilii vestimentum uirgineum, predicatorum igneum ~LD II, 30 solis fulgorem preferens, martirum roseum valde rutilans. Uirginum serta fuerunt multiformia, martirum grandia et euidencia, predicatorum florida et 215 fragrancia, que sunt dei verba. Hec precellencia agmina simul iuncta cum ineffabili ducentes choros leticia coram trono suo depromebant modulamina. Et egrediens inde fluminis triplex impetus, mentes ipsorum debrians
190 Excellebat … gloria] Dazu am Rand von AS: a sancto Fundatore suo 191 incomparabiliter] incōrporabiliter, erstes r durchgestr. N | suos] fehlt AS, vgl. dagegen LD II 35, 31 | pater excelsus] preter excelsos N 192 et] fehlt N 195 predicatores] omnes predicatores (Primärlesart, vgl. LD II 35, 35) L N 197 Sic sic] Sic N AS | beata] beati N 198 accepta] acceptata L N 200 Gracias … dixit] Dazu am Rand von AS: in gloriam receptus fuerit, | traditis] korr. aus tradiditis G 203 Dixitque] dixit L N 209 De … 205 influente michi] michi influente (Primärlesart, vgl. LD II 35, 46) L N und AS priuilegiorum] Vgl. AS Col. 565E (Reg.), Item de eodem ex reuelacionibus Überschrift L N 210 Vidi … sanctorum] Dazu am Rand von AS: & quomodo simul videns | priuilegiatorum exercitus] torum exercitus üdZ mit EZ G 212 predicatorum igneum] fehlt N 216 suo] sua L N und AS
482 | Anhang
voluptate, ora compleuit iocunditate. | Tunc predicatorum cetus intonans voce altisona conclamabat dicens: Te magne laudamus domine, quia digni inuenti sumus tua sequi vestigia, pauperes effecti voluntarie et abiecti. Te adoramus, (32ra) pastor eterne et bone, quia oues, pro quibus animam tuam posuisti, derelictas a mercenariis, errantes congregare, reducere, pascere, in ~LD II, 35, 36f. tuoque ouili meruimus collocare. Preferebatur hiis miri decoris eximiique ornatus vexillum, ceteris omnibus incommutabile sanctis, quod aspicientes sequebantur cum gaudio, qui in carne positi predicatorum fide et dileccione consiliis adheserunt. Exclamabant autem et martires sancti dicentes: Benedictus es, domine iesu, fili dei, agnus immaculatus, cuius innocens sangwis nos purificans, sanctificauit mortem nostram, conformes nos et socios efficiens tue beatifice et diuinissime passionis. Tibi laus et gloria VD 397; alleluia. | Insonuit quoque vox dulcisona pudoris virginei, in eternis ~LD IV, 7, 23–31 tabernaculis mellifluam reboans armoniam dicens: Sanguis tuus impollutus, dulcis iesu, et meus vnum sunt ineffabili vnione. Amor tuus et meus vnum sunt inaccessibili caritate. Tuum os et meum inosculabile vnum sunt propter inscrutabilem veritatem. Tuum pectus et meum intactum vnum sunt propter incorrupcionis integerrime sanctitatem. Hec huius concentus verba capere potui; organici autem amoris suauitas et resonantis affeccionis dulcedo verbis non exprimitur, nec depingitur attramento. VD 396
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218 Tunc … dicens] Dazu am Rand von AS: triplex agmen priuilegiatorum, 219 conclamabat] conclamabant N 223 eximiique] eximieque L N 224 incommutabile] incommunicabile L N 226 sancti] fehlt L N 229 efficiens] fehlt AS | beatifice] beatificate L N 230 Insonuit … virginei] Dazu am Rand von AS: seu gloriosorum Praedicatorum. 230–237 pudoris … attramento] Dazu AS (Fußnote b): Hic iterum conqueri cogimur, quod Theodoricus auctores similium mysticarum visionum disctincte & nominatim non expresserit, ut de fide eorum cautius aut certius judicaremus. 231 reboans] Dazu AS: al. resonans, roboans N 234 intactum] korr. in iniunctum N 235 huius] cuius N
10 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in den deutschen Übersetzungen der ›Vita S. Dominici‹ Dietrichs von Apolda Überlingen, Leopold-Sophien-Bibliothek, Ms. 4 und München, Bayerische Staatsbibliothek, Cgm 186*
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(116r) vij Capitulum Quidam dominus S Dominicum Ain herr hett S . Dominicum liep in sunnderlicher minne vnd liebi . der VD 251 offnot vil von den diensten vnd lŏnen . vnd von der glori . S . Dominici vnd och von dem orden . der bredier . daz er och verschriben gab . Vnd da vnder anndren . dingen . redett er also . Ich folgen năch minem . geminnten . mit kostberer begirde . vnd begriff in . mit den . vmbfahvngen . ainer strenger liebi . als vil als ez muglich ist . vnd tůn daz fúr annder lút . dem zarten Dominico Vnd dar vmb . do ich got an sinem hohzitlichen tag batt . vmb den ~LD II, 11, 3–7 orden der bredier . do wart got gewirdigot . mir sin gegenwúrtikait ze erbietent (116v) vnd er zaigt mir minen . geminnten Dominicum in siner glori . Vnd nim war v́ nser herr sprach zu mir . dez ich an allen minen getrúwen vssrihtern hon begert . an den dingen . daz ist min getrúwer knecht . vnd min gůter hirt . der getriuwi Dominicus vnder den anndren erschinen . Vnd nim wunder . er was . arme des libes . vnd betrůbt doch nie kainen siner vndertenigen brůder . an dem herczen . noch hette iren kainen hert mit dem wort . noch mit dem werk . won ez enmoht . von siner vssfliessender minn nie bitters vss im fliessen . | an im was och ain als miltú VD 252; ~LD II, 11, 7–11 gůtsami . vnd ain als sůssiu milti gen allen sinen brůdernn . daz er siu niut allain . versorget an liplicher . vnd an gaistlicher notturft . Er versorget och siu als er moht . in irm gezit . gemach notturft daz iut daz mittel alder ir iugend . abneme . Vnd dar năch begertint der egipcien súntlichen setti vnd och daz ir alltlichú schwaͤ r v́ t wurd gebreschaft daz in út gebrăste an dem leben Aber er vertrůg in allen miltklich . vnd traff doch fúr siu alle . mit edelm exempel . ze lerend . daz măsskait waͤ r loblich vnd fasten hailsam
* Textabdruck nach der Überlinger Hs. (A); Varianten des Cgm 186 (B) im Apparat Überlingen,1 vij … Dominicum] Das vii. capitulum ist von dem hohegelobten lone sant dominicus von den offenvngen B 2 S Dominicum] sant dominicus B | minne vnd] fehlt B 3 den] dem B diensten vnd] fehlt B | lŏnen ] lone B | glori] ere B | S Dominici] sant dominicus B 4 verschriben] geschriben B 6 kostberer] grosser B | den ] dem B | vmbfahvngen ] vmbevahenne B | strenger] strengen B 8 Dominico] sancto dominico B 9 wart … vnd] fehlt B 10 er zaigt] erzeigt B | minen ] vnser herre min B 11 nim war] fehlt B | herr] steht am lR mit EZ B 12 daz] fehlt B 13 knecht ] diener B | vnder … anndren] fehlt B 15 siner vndertenigen] fehlt B | iren] fehlt B | kainen2] einhein B 16 mit1] weder mit B | dem1] fehlt B | wort ] worten B | dem2] fehlt B | werk ] werchen B 17 vssfliessender] vswallenden B | minn] liebi B 18 gůtsami ] gúti B | vnd … milti] fehlt B 19 an2] fehlt B | och siu] si och B 20 gemach] einer gemachen B 21 der egipcien] fehlt B | súntlichen] súntlicher B | setti] vólli B 22 gebreschaft] gebriestehafte B
484 | Anhang
~LD II, 35, 32–35
vnd liess erbărmde . da treffen (117r) v́ ber daz geriht . vnd die gerehtkait . 25 den . die er străffen solt vmb ir súnd . vnd behůb sich selber allwege in dem rehtem pfade . vnd măss gerehtenklich . Sin milti was vertragent vnd sin maisterschaft was miltklich streng Disiu ding sprach der geminnte zů mir sinenem geminnten . Vnd nim war min geminnter was beklaidet . in vil farwe . vnd was vmbgeben mit wunnderlicher wanndelbåri . won er schain . 30 in aim schnewissen klaid . vnd daz was purper farwer geziert vnd was an der gestalt grůner farwe . wan der vntoͤ tlich rok . mit dem er gedekt ist . ist gefaͤ rwet mit der schoͤ nosten wissi . maͤ gtlicher rainkait . die da schinot v́ ber die wissi dez schnewess . Vnd ist an der gruͤ ni . der ersten warhait . die die himelschen gemůt wol lustett . vnd widerbringet . vnd schint in rotem 35 schin . vnd ist vermúst mit rosfarwer farwe . daz ist die zwifalt liebi . mit der . S . Dominicus wart mit . mitlidend zůgefůgt . sinem eben menschen . vnd begerot mit begirde . sin sel ze gebent . vmb den sůssen ihesum cristum viii . Capitulum . Et dominus noster ihesus cristus
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VD 253; | Vnd vnser herr rett . me mit mir . von sinem hailigen . S . Dominico . vnd ~LD II, 11, 15–19 sprach . so dirr (177v) vsservelter . etwinn lachet . so gieng sin lachter . von
der suͤ ssi mines gaistes . wan er was wărhaft . Vnd der munt dez wărhafften . solt erfúlt werden . mit soͤ lichem lachen . so er aber bettet . vnd sin traͤ hen vergoss . so antwurt er . die sach . aller der kristenhait vnd 45 sunnderlich die arbait . vnd die notturft siner brůder . sines ordens . mit ~LD II, 15, 2–5 grosser trúwe . miner beschoͤ wede ¢ Dirr milter hirt Dominicus . betrahtet allerflissklichost . daz antlit siner vnnderton mit gůtiger angesiht . mit luterm andăht mit wiser beschaidenhait . die och vssbeschloss vngerecht . verkernúst . aines verkerten sinnes . er lert och die wisen sin . kunst . 50 zieren . in rehter ainfăltkait năch dem ewangelium sines behalters . vnd lert och die ainfăltigen . die himelschen wisshait . vnd die kúnschen măskait VD 254; sůchen vnd minnen vor allen dingen | ¢ Er trůg och in der hainlichi sines ~LD II, 15, 5–11 hailigen herczen . die v́ bel der versůchten menschen . vnd ir betruͤ bten laidsami . mit vatterlichem mitliden . vnd mit angspaͤ rer erbaͤ rmde . vnd 55 trost sin miltklich . vnd riet in beschaidenlich . vnd enthielt siu vff mit
25 da] fehlt B | vnd2] vnd erzeigt B 26 dem] der B 27 rehtem] rehten B | pfade vnd] fehlt B 29 sinenem geminnten ] fehlt B 30 vnd … wanndelbåri ] fehlt B 33 rainkait ] kúschekeit B | die … schnewess ] fehlt B 35 wol … vnd] fehlt B | vnd2 … schin ] fehlt B 36 vermúst] vermischet B | daz … die] fehlt B | zwifalt] zwivalter B 38 begirde ] grosser begire B 40 viii … cristus] Das viii. capitulum ist aber von der selben offenvnge B 41 S ] fehlt B 44 bettet ] betende B | vnd] fehlt B 46 vnd … notturft] fehlt B | sines ordens ] fehlt B 49 vssbeschloss] vsflosse B | vngerecht ] fehlt B 50 verkernúst ] alle verkernúste B | sin ] ir B 51 sines behalters ] fehlt B 52 kúnschen] fehlt B 53 sůchen vnd] fehlt B | der hainlichi] fehlt B | sines] sinem B 54 die] dc B | betruͤ bten] betrúbde B 55 laidsami ] fehlt B | angspaͤ rer] grosser B
10 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in den deutschen Übersetzungen der ›Vita S. Dominici‹ | 485
sinem gebette ¢ Er riet den iungen ewiges schwigen . daz (118r) si gewonetint . der wishait . vnd och behieltint die maisterschaft Die kranken vnd die siechen . die fůrt er mit dem mitlosten willen vnd versorget ir 60 noturft mit sorgsamer begirde . vnd dar vmb frowte sich meniglich . siner taͤ glichen gegenwúrtkait . wan sin allerbegirdeklichestú . geselleschaft . vnd sin allersuͤ zzester wandel macht sich meniglichem lidig er lihtrot och die grimmen hertkait . vnd allen gebresten der armůt . vnd allez diz zitlichen lebens Nun súllen wir danken v́ nserm herren cristo . vnd soͤ len 65 glorieren in sinem lob . der v́ ns ainen soͤ lichen fúrsten vnd wiser hăt geben . in disem ellend . dez hohwirdigú och ist bewaͤ rt . vnd gelopt . mit dem mund der wărhait . S Dominici . vnd dar vmb súllen wir v́ ns froͤ wen in got . dez hailigen herren . S . Dominici . wan von der er . v́ nsers vatters Dominici ist v́ nser ere . vnd wir waͤ rdent siner och . vnd lob . ob wir wise werdent
Überlingen, Leopold-Sophien-Bibliothek, Ms. 5 (88ra) Wie der her ihesus selb geczúgnus gab von der hailikait Sancti Dominici als er selbs redet mitt ainem andechtigen vatter (88rb) Es was ain andechtiger hailger vatter Der hatt Sanctum Dominicum in VD 251 sunderlicher liebe wan der offnett vil von dem verdienen vnd von dem lon 5 vnd von der glorÿ Sancti Dominici vnd och von dem orden der prediger das er och verschriben gab Vnd vnder andren dingen rett er also Ich volgten nach minem geminnten mitt kostberer begird vnd vmmgib in mitt der vmmfachung ainer strengen liebi vnd als vil es muglich ist So minnet ich fúr ander lút den zarten Sancto Dominico Vnd darum do ich an ainem ~LD II, 11, 3–7 10 hochczitlichen tag batt vmm den orden do bewirdiget gott sich mier ze erbieten sin gegenwúrtikait vnd er erczaigt mier och minen geminten Dominicum in siner glorÿ Vnd nement war der her ihesus sprach zů mier nim war nach allem minem begeren vnd nach allem minem willen in allen dingen ist min getrúwer knecht vnd min gůter hiert der getrúw Dominicus 15 vnder den andren erschinen Vnd nim war er was gancz armm dess gaistes (88va) vnd des libs vnd betrůbt och nie kainen sinen vnderton Er was demuͤ tig an dem herczen vnd hatt iren kainen hert weder mitt den worten
59 mitlosten] miltesten B | ir] in ir B 60 mit … begirde ] fehlt B | meniglich ] die lúte B 62 meniglichem] den lúten B | lidig] begirlich B | lihtrot] senftret B 64 cristo ] jhesu cristo B 65 glorieren] in eren B | in] an B | fúrsten … wiser] wiser vnd fúrsten B 67 S Dominici ] Sant dominicus B 68 S Dominici ] Sant dominicus B 69 siner … lob ] och sin lobe B | wise werdent] im nachvolgen B Überlingen,1 Wie … vatter] rot unterstrichen 3 Sanctum Dominicum] rot unterstrichen 5 Sancti Dominici] rot unterstrichen 9 Sancto Dominico] rot unterstrichen 12 Dominicum] rot unterstrichen | ihesus] rot unterstrichen 14 Dominicus] rot unterstrichen
486 | Anhang
noch mitt den wercken won es mocht vss sinem hunig fliessenden vnd vswallenden minnenden herczen nie núcz bitters vssgefliessen | An im was och ain suͤ sse milte gen allen sinen brůderen das er sÿ nit allain versorget an gaistlicher notturft Er versorget sÿ och als vil er mocht an ir liblichen notturft dz nit dz mittel vnd ir iugent abnem vnd dar nach begertind der spis der egipcieren Vnd das er vmm soͤ llichi schwaͤ ri icht wurd bestrafft so in v́ ncz gebraͤ st an dem leben sunder er trost sÿ all miltenklich vnd traff doch fúr sÿ all mitt edlem exempel ze lerent dz maͤ sikait v́ berloblich waͤ r vnd fasten hailsam Vnd liess erbermd treffen v́ ber das gericht vnd gerechtikait den die er straffen solt vmm ir súnd vnd behůt sich selb alweg in dem rechten pfad vnd masz gerechtenklich Sin milte was vertragsam vnd sin ~LD II, 35, 32–35 maÿstersch(88vb)afft was miltenklich streng Disse ding sprach der gemint zů mier von minem geminten Er was geklaidt in vil farben vnd was vmmgeben mit wunderbarer gecziert Vnd was sin klaid gruͤ ner farb vnd von purpur Vnd der vntoͤ dlich rock mitt dem er geteckt was was geferbt mit der schoͤ nsten wise maͤ tglicher rainikait die da schinet v́ ber die wisse des schness vnd lúcht mitt der gruͤ ne der ersten warhait die die hÿmelschen gemuͤ t wol lustiget vnd widerbringt Sanctus Dominicus ward in mittliden czůgefuͤ gt sinem eben menschen vnd begert mit begird sin sel czegeben VD 253; vmm den suͤ sen ihesum cristum | Vnd v́ nsser her redet mit mier von sinem ~LD II, 11, 15–19 hailgen Dominico So diez vsserwelter etwan lachet so gieng sin lachen von der suͤ ssi mines gaistes won er was warhafft vnd der mund der warhafftigen solt erfúlt werden mitt soͤ lichem lachen So er aber bettet vnd sin trechen vergos so antwurt er die sach aller der cristenhaitt vnd sunderlich die arbait vnd noturft siner brůder sins ordens mit (89ra) grossem getruwen miner ~LD II, 15, 2–5 beschoͤ wd Der allermiltest hirt mercket allerflissenklichest das antlit siner vndertanen mitt guͤ tiger angesicht mitt lutrem andacht mit wiser beschaidenhait Er lert och sin sun die wisen ir kunst czieren in rechter ainfaltiklich nach dem ewangelio sines behalters vnd lert och die ainfaltigen die hÿmelschen wishait vnd die kunst der messikait sůchen vnd VD 254 minnen | Vor allen dingen er trůg och in der hailikait sins hailgen herczen ~LD II, 15, 5–11 die v́ bel vnd angst der versůchten menschen vnd ir betruͤ pte laidsami mitt vaͤ tterlichem mitliden vnd mitt angstbarer erbaͤ rmd vnd trost sÿ minnenklich vnd riet in beschaidenlich vnd enthielt sÿ vff mitt sinem gebett Er riet den jungen emsenklich schwigen dz sÿ gewonetind der wisthait vnd och behieltind die maÿsterschafft Die krancken vnd die siechen die fůret er mitt miltem willen vnd versorget in ir notturfft mitt sorgsamer begierd Vnd
VD 252; ~LD II, 11, 7–11
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23 egipcieren] rot unterstrichen 25 exempel] rot unterstrichen 30 Er] fehlt in der Hs. 35 Sanctus Dominicus] rot unterstrichen 37 ihesum cristum] rot unterstrichen 38 Dominico] rot unterstrichen 41 cristenhaitt] rot unterstrichen
10 Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte in den deutschen Übersetzungen der ›Vita S. Dominici‹ | 487
55 darum so frowt sich manglich siner taͤ glichen gegenwúrtikait (89rb) von sin
aller minnsamesti geselschafft Vnd sin aller suͤ ssester wandel was allen menschen ain trost in irem liden vnd er lichtret och die grimen hertikait vnd allen gebresten der armůt vnd dess zittlichen lidens Nun soͤ llent wier dancken v́ nsserem heren ihesum cristum vnd soͤ llent glorÿeren in sinem lob 60 der v́ ns ainen soͤ llichen laiter vnd fúrsten hett geben in dissem ellent der so hochwirdig ist vnd also bewert vnd gelobt von dem mund der warhait Vnd darum soͤ llent wier v́ ns frowen in gott der glorÿ v́ nssers hailgen vatters Sancti Dominici won die er v́ nssers vatters ist v́ nsser er vnd wier werdent och sin lob vnd er ob wier im wislichen nachfolgent vnd werdent och mitt 65 im geeret von gott ewenklich
Einsiedeln, Stiftsbibliothek, Cod. 671
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(80v) Es wz ŏch ze bononÿ ein herr der hatt fil minn vnd heimlicheit ze Sant Dominicus do der einer zit an eim hochzitlichen tag bettet bi dem grab S Dominicus vnd bat sunderlich fúr den Orden der bredÿeren do ward er ferzukt vnd zeigt im vnser herr S Dominicum vnd sprach gott ze im des ich an allen minen vsrichteren han begert dz han ich gantz funden an mim getrúwen knecht Dominicus won er ist arm gesin mit gedultkeit er betrůpt nie keinen menschen vnd wz gůettig vnd minnsam gen sinen vndertanen vnd hatt keinen ze hert (81r) weder mit worten noch mit werken wan ez moht von siner v́ berfliessenden minn nút bitters von im komen | er hatt ŏch als grosse Minn vnd liebi ze sinen brůdren dz er si nút allein fersach vnd fersorget an geistlichen dingen mer ŏch an liplichen won er fersorget si so ferr er mocht mit einer gemessnen zimlichen notturft dz icht dz mittel alter ir jugent ze fil abneme vnd doch nút begertin sunderlicher oder lústlicher settung vnd doch in ir alter nút bresthaft wurdin vnd lert si emtzklich messikeit wer loblich vnd fasten heilsam er lies ŏch allwen erbermd treffen v́ ber dz recht dien die er stråffen solt vmb ir súnd vnd wz milttenklich streng vnd hielt sich selben allwent in dem rechten pfad vnd dar vmm ist er bekleidet mit fil fårwen vnd ist vmbgeben mit wunderlicher wandelbere won er schein in eim sne wissen kleid vnd dz wz purper varwer gezierd vnd wz ander gestalt grůener varwe won der vntoͤ tlich rok mit deḿ er bedeket ist der ist geverwet mit der allerschoͤ nsten wisse megtlicher kúschikeit die da ist v́ ber die wisse des snewes vnd ist an der grůeni der ersten warheit die die
VD 251 ~LD II, 11, 3–7
VD 252; ~LD II, 11, 7–11
~LD II, 35, 32–35
59 ihesum cristum] rot unterstrichen 63 Sancti Dominici] rot unterstrichen Einsiedeln,1 Sant Dominicus] rot unterstrichen 2 S Dominicus] rot unterstrichen 4 S Dominicum] rot unterstrichen 6 Dominicus] rot unterstrichen 8 ez] korr. aus er 19 gezierd] davor ein Buchstabe durchgestr.
488 | Anhang
himelschen gemůet wollustet vnd widerbringt vnd schint in rottem schin vnd ist (81v) fermischet mit rosenvarwer farwͮ zwifalter liebe mit der min geminter knecht dominicus alle zit ward mit grossem mitliden zůgefůegt sinem eben menschen vnd ŏch ze gott er wz ŏch v́ berflússig fol der gnaden VD 253; mines heilgen geistes | won so er etwen lachet so gieng sin gelechter von ~LD II, 11, 15–19 der sůesse mines geistes vnd wenn er weinet dz kam von der v́ berflússkeit miner gnaden wan in sim gebett weinet er emtzklich vnd batt in sim gebett fur alle die kristenheit mit grossem ernst vnd sunderlich batt er fúr die arbeit vnd die notturft aller der die in sim Orden jetz werent vnd jemer mer ~LD II, 15, 2–5 komen soͤ ltin er lert ŏch die wisen ir kunst zieren mit einvaltikeit vnd die einvaltigen die himelschen wisheit vnd die kúschen meskeit sůchen vnd VD 254 minnen | for allen dingen er trůg ŏch in der heimlichi sines hertzen die ~LD II, 15, 5–11 burdi der versůchten menschen mit vetterlichem mitliden vnd erbermd vnd trost si miltenklich vnd lert si ir fersůchnúss v́ berwinden mit gebett vnd half inen ŏch mit sim gebett er mant vnd lert die jungen dz si dz schwigen emtzklich hieltin dz si gewonetin der wisheit vnd ŏch behieltin dz gebott der schwigliche den kranken vnd den siechen fersorget (82r) er ir notturft als ferr er mocht er senftrot ŏch allen zorn vnd herttikeit vnd sin sůesser wandel machet sich menlichem gesellig vnd frŏwt sich jeder man siner gegenwúrtikeit vnd dise for geschribnen ding gab der wirdig man alle ferschriben vnd andre ding den brůdren bredÿer Ordens
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Die ›Lux divinitatis‹-Exzerpte im ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹ des Johannes Meyer (LibV)*
xxv (15v) Heinricus iterum fuit et alius theutonicus dictus de hallis lector doctus
5 xxvi
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xxvii 20
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LD II, 40, 3f./17–23
deuotus et graciosus qui inter alia sua opera dicta et scripta beate et venerabilis sororis Mechtildis de monasterio helpede digne memorie collegit et in vnum volumen redegit et in sex partes illud distinxit et sic per scripturam eiusdem voluminis multa sibi premia comparauit quibus in conspectu sanctorum apparuit gloriosus BAldowinus theutonicus germanus predicte Sororis Mechtildis qui totam a LD II, 39, 2–16 puericia vsque ad senium vitam bonam et inclitam duxit / qui virtutibus et sciencia in tantum claruit quod ipsum licet invitum fratres ad officium supprioratus assumerent / per quod adeo grauabatur quod viribus corporis licet iuuenis et fortis cepit destitui / Quod cum sorori sue sancte innotuisset orauit pro eo dominum ut eum sua misericordia visitaret / Et respondit ei dominus et dixit / Omnis labor quem sustinet / et omnis scriptura et lectio quibus desudat / in conspectu meo amoris canticum et coram mea celesti familia parabit dicens / Magne deus eterne fortis mirabilis · alleluia · Ego exaltabo caput eius et omnes vires eius non solum naturaliter sed magis per graciam quam infundam (16r) Albernus de Minda theutonicus cum diu in ordine predicatorum vitam LD II, 36, 4–15 religiosam et virtutibus plenam duxisset et pie in christo obdormisset dicta soror dominum orauit ut ei dignaretur esse misericors / Et ecce vidit super caput eius coronas septem virginum dependentes / Mirabatur autem valde quid hoc esset quoniam penitens fuerat dictus frater / Et dixit dominus / Has coronas promeruit quia septem puellas iuuenculas pro amore meo multis laboribus in castitatis pudicitia custodivit / Igitur dignitatem ipsius coronabunt perpetuo nunquam tamen contingent eius animam neque corpus / Intellexit igitur celitus aliud esse coronam et aliud dignitatem · Premium · enim consistit in operibus / dignitas in virtutibus / corona in caritate / Premium dilatatur et crescit iuxta multitudinem operum / Dignitas dilatatur secundum mensuram virtutum / Corona fulget in alto secundum diligenciam misericordie et studium in caritate
* Der Abdruck von LOË (1918) wurde mit dem Autograph von Johannes Meyer (Basel, Universitätsbibliothek, Cod. E III 12, olim: D IV 9) rückverglichen. 1 Heinricus] im Reg. (fol. 2r): Heinricus de hallis doctor 2 qui] davor gestrichenes Wort im Tintenfleck 3 digne] g üdZ 4 et sic] üdZ für gestrichenes qui 5 sanctorum] davor domini (?) durchgestr. 13 sustinet ] davor per durchgestr. 14 desudat] korr. aus desudet | et] üdZ 18 Albernus] Albertus LOË 22 quoniam] quum LOË 27 enim] üdZ 30 misericordie] anime LOË
12 Reflexe auf die ›Lux divinitatis‹ in mittelalterlichen und neuzeitlichen Bibliothekskatalogen und in sonstigen Rezeptionszeugen Im vorliegenden Kapitel werden Quellen abgedruckt, die die Kenntnis Mechthilds bzw. der ›Lux divinitatis‹ erkennen lassen. Unberücksichtigt bleibt hier der Hinweis auf Lucem divinitatis in einem der Briefe Heinrichs von Nördlingen an Margareta Ebner und den Dominikanerinnenkonvent von Medingen,1 obwohl der von Heinrich benutzte Werktitel sehr wohl für die lateinische Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ stehen kann.2 Ad acta gelegt werden kann die in der älteren Forschung intensiv geführte Debatte, ob die Matelda-Figur in Dantes ›Divina Commedia‹ der Kenntnis der ›Lux divinitatis‹ bzw. Mechthilds verpflichtet ist.3 Das Gleiche gilt für die in der neueren Forschung gelegentlich anzutreffende Ansicht, Mechthild von Magdeburg gehöre zu jener ‚Ahnengalerie’ von visionär begnadeten Frauen, in die Jerónimo Grácián, der Beichtvater von Teresa von Avila und der Herausgeber ihrer HoheliedMeditationen, auch seine Beichttochter eingereiht wissen will.4 (1) Das 1515 angelegte ›Repertorium universale veteris ac nove Librarie Carthusiensium minoris Basilee‹ des Basler Kartäusers Urban Moser (Basel, Universitätsbibliothek, AR I 4a) verzeichnet auf fol. 208v unter der Rubrik Opera Mechtildis virginis folgende Handschriften der ›Lux divinitatis‹ und (!) des ›Liber specialis gratiae‹ Mechthilds von Hackeborn:5 1. Reuelationes trium virorum scilicet herme, vguetini, roberti et trium virginum scilicet Hildegardis, Elisabeth et Mechtildis h 86
1 Vgl. Strauch (1882), S. 248,2f. (Brief XLIV). 2 Dafür sprechen sich aus Muschg (1935), S. 300; Becker (1951), S. 24; Palmer (2005), S. 255; Webster (2005), S. 124 und Nemes (2010), S. 367f. Dass es sich um den deutschen Text handelt, behauptet der Großteil der Mechthild-Forschung im Anschluss an Strauch (1882), S. 377 und Neumann (1948/50), S. 164f. 3 Siehe dazu zusammenfassend Tobin (1995), S. 56–59 und zuletzt Moran Cruz (2016). Zu einem neuen Textzeugen des ›Liber specialis gratiae‹ Mechthilds von Hackeborn in Italien vgl. Bertini Malgarini (2006). 4 Vgl. Nemes (2010), S. 389 Nr. 1. Hier und auf den folgenden Seiten der Dissertation von Nemes wird eine Reihe von weiteren vermeintlichen Rezeptionszeugnissen des ›Fließenden Lichts‹ bzw. der ›Lux divinitatis‹ vorgestellt. 5 Die uns interessierenden Einträge zur ›Lux divinitatis‹ finden sich auch auf fol. 202r, hier nach den Anfangsbuchstaben des Titels alphabetisch unter lu eingeordnet. Zum ›Repertorium‹ allgemein vgl. Sexauer (1978), S. 113f. und Honemann (1982), S. 14f. Speziell zur Mechthild-Rezeption in der Basler Kartause vgl. Nemes (2010), S. 105–110 und 336–338. 6 Gemeint ist der ›Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‹ des Jacobus Faber Stapulensis mit den Schriften Hildegards von Bingen, Elisabeths von Schönau und Mechthilds von Hackeborn, gedruckt bei Henri Estienne: Paris, 1513. Siehe dazu Rice (1971), S. 112–115.
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2. Lux divinitatis (Mechtildis virginis, fol. 202r) C lxviii (C [korrigiert aus Cx] lxviii, fol. 202r)7; De bonitate religionis ac prauitate quorumdam religiosorum ex libro qui dicitur lux diuinitatis E xv (ähnlich fol. 202r)8; Liber spiritualis gratie revelationum Mechtildis de quo etiam supra E 779 E 10310 3. Oratio Mechtildis quam semper dicebat post quinque pater noster [= ›Liber specialis gratiae‹ IV,56]11 E lxxx12 E li13 E 1314 E 3915 E 5116 4. Quinque gaudia divine resurrectionis [= ›Liber specialis gratiae‹ I,19] J xxxiiii 5. Quinque Salve ad Mariam virginem pro neglegentiis in eius horis [= ›Liber specialis gratiae‹ I,43] J xl E 37 6. Tria Ave Maria cum tribus orationibus pro bona morte [= ›Liber specialis gratiae‹ I,47]17 I xl E 116; Aliqua excerpta ex reuelationibus Mechtildis E 10.18
7 Anders als von Stierling (1907), S. 15 und der an ihn anschließenden Forschung (so noch von Senne 2003, S. 159) angenommen ist diese Handschrift nicht mit Rb, sondern mit Ra identisch, vgl. Kap. 3.1.2 Nr. 2. 8 Es handelt sich um LD V,4. Die Handschrift, die neben dem Mechthild-Exzerpt mindestens zwei weitere Texte enthielt (vgl. Nemes 2010, S. 109), konnte im Bestand der Basler Universitätsbibliothek bislang nicht identifiziert werden. Vgl. auch Neumann (1993), S. 173 Anm. 9. 9 Identisch mit Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A IX 3, fol. 4r–186r (fehlt bei Zieger 1974 und M. Schmidt 1987). 10 Identisch mit Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A IX 34, fol. 66r–275r (die Handschrift weist auch die Signatur E clx auf). 11 Für die Identifikation danke ich Linus Ubl (Oxford). Das Gebet ist auch in dem bei Moser nicht verzeichneten Band mit der alten Kartäusersignatur E clvi überliefert. Hierbei handelt es sich um Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A XI 62, fol. 91v–92r, siehe dazu Hamburger/Palmer (2015), S. 469, 515–517 und 593–595. 12 Identisch mit Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A X 94 (fehlt bei Zieger 1974 und M. Schmidt 1987). 13 Identisch mit Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A X 96. 14 Identisch mit Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A X 47 (freundlicher Hinweis von Monika Studer/ Basel). 15 Die Handschrift hat ihre Signatur im Laufe der Zeit mehrmals gewechselt (Monika Studer/Basel zufolge verschollen, die Identifikation mit Aleph C VI 12 bei Gerz-von Büren 1973, S. 39 ist fehlerhaft). 16 Diese Handschrift wurde im Laufe der Zeit nicht umsigniert (freundliche Auskunft von Monika Studer/Basel). 17 Dieses Kapitel findet man auch in den Handschriften Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A V 54e, fol. 3r und Cod. A VII 68, fol. 254v–255r. 18 Anders als von Stierling (1907), S. 15 angenommen handelt es sich nicht um Ra, sondern um die Vorlage von Be1 (vgl. Kap. 3.1.2 Nr. 4). Diese im Bestand der Basler Universitätsbibliothek leider nicht nachweisbare Handschrift enthielt zahlreiche Schriften des Basler Kartäusers Heinrich Arnoldi von Alfeld, vgl. ›Repertorium‹ fol. 150r–154r. — Exzerpte aus dem ›Liber‹ findet man zudem in den Handschriften Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A X 95, fol. 223r ff. und Cod. B X 36, fol. 140r–200v (Kartäusersignatur E xiiij 2m). Die Ansicht von Federer (2011), S. 326f. Anm. 185, Exzerpte aus dem ›Liber‹ seien in der Universitätsbibliothek Basel heute nur noch in einer Handschrift vorhanden, ist damit zu revidieren.
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(2) Im ›Catalogus codicum manuscriptorum in bibliotheca sacri ordinis Hierosolymitani Argentorati asservatorum‹ des Johann Jacob Witter (Straßburg 1746) finden sich außer dem bislang beachteten Exzerpt in D 73.419 mindestens zwei weitere ›Lux divinitatis‹-Handschriften. Der Inhalt der zugehörigen Signaturengruppe (?) wird hier nach Witter vollständig aufgeschlüsselt. Außerdem werden die einzelnen Texte (soweit möglich) identifiziert: B 165 (Witter 1746, S. 21) 1. Formula Spiritualium Exercitiorum. ch. 1220 2. Joh. Gerson Documenta pro simplicibus devotis [= ›Pro devotis simplicibus‹] 3. [Johannes Gerson] De Indulgentiis 4. Excerpta ex Revelationibus S. Mechtildis Virginis [= Mechthild von Magdeburg ›Lux divinitatis‹? Oder Mechthild von Hackeborn ›Liber specialis gratiae‹?] 5. [Johannes Gerson? Johannes Nider? Nicolaus Kempf?]21 Alphabetum Divini Amoris de Elevatione mentis in Deum 6. Occupatio Devotorum s. Contemplatio devotae Animae C 24 (Witter 1746, S. 25) 1. [Raimundus de Capua?] Legenda de B. Katherina de Senis. 1479. ch f. 2. Lux divinitatis fluens semper in Corda Veritatis [= Mechthild von Magdeburg ›Lux divinitatis‹] C 131 (Witter 1746, S. 35) 1. Tr. de Proprietate Monachorum, s. Compendium Religiosorum moderni Temporis 1412 [recte: 1415] in Concilio Constantiensi promulgatum. ch. 4 [= Anonymus Cis-
19 Vgl. Neumann (1993), S. 174 und D. Roth (2004), S. 97. 20 Der Text lässt sich schwer identifizieren. Eine Formula spiritualium exercitiorum‹ in der Handschrift Erfurt/Gotha, Universitäts- und Forschungsbibliothek, Cod. CE 8° 18, fol. 183r–202r wird im Bibliothekskatalog der Erfurter Kartause Ruodcheri Carthusiensis (vgl. Lehmann 1928, S. 358,11–13) zugeschrieben. Heyne (2005), S. 48 führt in ihrer Beschreibung der Handschrift als Verfassernamen Rodgerus de Herfordia ein und vermutet, es handle sich um einen Angehörigen der Erfurter Kartause. ― Eine Formula spiritualium exercitiorum seu meditationum pro novitiis in religione instruendis findet sich in der 1467 (?) geschriebenen Handschrift Fontaines, Bibliothèque des Jésuites, Ms. 8° 747 aus der Kartause Buxheim. Derville (1998), S. 135 Nr. 1434 identifiziert Nikolaus Vögelin als Autor. Dies ist jedoch unwahrscheinlich angesichts der Tatsache, dass ein Schreiber gleichen Namens in dem 1461 geschriebenen Gebetbuch Konstanz, Rosgartenmuseum, Hs. 1961/64 bezeugt ist, vgl. http:// www.handschriftencensus.de/15069. Zur Schreibtätigkeit von Nikolaus Vögelin, Notar der Konstanzer Kurie, siehe außerdem Krämer (2006) (ohne die Handschrift aus Fontaines). — Zwecks Textidentifikation wären zudem folgende Handschriften zu vergleichen: Basel, Universitätsbibliothek, Cod. A VIII 27, fol. 1r ff., Cod. A X 61, fol. 1r ff. (Cod. A X 61 enthält auf fol. 102r ff. auch [Ps.-Johannes Gerson] Alphabetum Divini Amoris [= Nr. 5 in B 165]!) und Cod. A X 89, fol. 1r ff. 21 Zur Frage nach der Verfasserschaft vgl. Paulus (1928).
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terciensis ›Compendium de statu religiosorum moderni temporis‹ (auch bekannt als: ›Tractatus contra proprietarios‹)] Sermo de Vanitate Seculi22 De insidiis Daemonum & Calliditatibus eorum [= Richalm von Schöntal/Richalmus Speciosae Vallis OCist ›Liber revelationum‹ (auch bekannt als: ›Revelationes de insidiis et versutiis Daemonum‹)]23 De Occultatione Vitiorum, sub specie Virtutum, & de Remediis & Curatione eorum [= Heinrich von Friemar, Senior OESA ›De occultatione vitiorum sub specie virtutum‹] Hugonis Soliloquium [= Hugo von St. Viktor OESA ›Soliloquium de arrha animae‹] Richardi, Hugonis discipuli, Soliloquium [= Richard von St. Viktor OESA ›Soliloquium de arrha animae‹] Liber de Amore Dei Tract. II. de Eucharistia [Mechthild von Magdeburg?] Lux Divinitatis B. Augustini Soliloquium [= Augustinus ›Soliloquia‹] B. Hieronymi Epistola ad filiam Mauritii de Virtutibus [= Hieronymus ›Epistola ad filiam Mauritii‹]
D 73 (Witter 1746, S. 46f.) 1. Sermones varii. ch. f. 2. Tr. de Turcis, tractans de origine ipsorum Turcorum, & eorum processu, usque ad praesentem afflictionem, collectus à quibusdam Fratribus Ord. Praedic. 1481 [= ›Tractatus de Turcis collectus a quibusdam fratribus Ordinis Praedicatorum‹, ed. Quétif/Echard (1719), S. 475ff.] 3. De origine, cremento potentiae & gestis Turcorum, & Christianitatis per eos afflictione. 1481 (Est idem Tractatus cum praecedente) 4. Excerpta ex Libello, cui titulus: Lux divinitatis, fluens semper in Corda veritatis [= Mechthild von Magdeburg ›Lux divinitatis‹] 5. Sermo super Verba, Genes. III. Vox Sanguinis Fratris tui clamat ad me. ch. f. 6. Methodii, Episc. Liber de novissimis temporibus [= Pseudo-Methodius (Eubulius) von Olympus ›Apokalypse‹]
22 Ob die gleichnamige Predigt von Augustinus gemeint ist oder ein Text, der in der handschriftlichen Überlieferung auch unter dem Titel ›Speculum amatorum mundi‹ bekannt ist (vgl. etwa Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. qu. 354, fol. 209r–215v), lässt sich nicht feststellen. 23 Hinweis auf diese Handschrift fehlt bei P. G. Schmidt (2009), S. LVIII–LX. Vgl. auch Graf, Klaus. Neues zu Richalm von Schöntal. Archivalia. 2009-05-03. URL: http://archiv.twoday.net/ stories/5680268/. Accessed: 2009-05-03. (Archived by WebCite® at http://www.webcitation. org/5gVVWEu0f).
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7. Pontiani, Romani Regis, Historia [= Lucius Tutilius Pontianus Gentianus ›Historia Augusta‹] 8. Landulphi de Columpna, Canonici Carnotensis, Compendium de statu & mutatione Romani Imperii [= Landulf von Colonna (auch bekannt als: Ludolphus de Columna) ›Tractatus de translatione imperii‹] 9. Tabula historiarum V. T. secundum ordinem Alphabeti 10. Excerptum ex Libro Heinerlini de Mobilitate, de Frider. I. Imp. 11. Palladii Libri de re Rustica, abbreviati per Gotfridum [= Rutilius Taurus Aemilianus Palladius ›De re rustica‹] 12. Determinatio Quodlibetis sacra. [recte: facta] Coloniae 1475. per Fratr. Michaëlem Francisci. Liber impr. sine Anni & Loci nota [= Michael Franciscus de Insulis ›Determinatio quodlibetalis facta colonie‹, Basel 1476] 13. Tr. de tribus Regibus [= Johannes von Hildesheim ›Liber de tribus regibus‹?] 14. Sacrae peregrinationes in montem Sinai &c. Impr. per Petrum Drach. Spirae 1490 [= Bernardus Breydenbach ›Sanctarum peregrinationum in montem Syon ad Christi sepulcrum in Hierusalem opus‹, Erstdruck: Mainz 1486] 15. Petri Hispani Tr. Logicus 1410 [= Petrus Hispanus ›Summulae Logicales‹] 16. Vita Judae. Rhythmicaè 17. B. Hieronymi de Vallibus, Civis Paduani, Doctoris Medicinae, Ihesuida. Carmen Heroicum de Passione JEsu Christi [= Hieronymus de Vallibus ›Jesuida seu de passione Christi‹] 18. Fridangi s. Frigedancki [= Freidank] Carmina. Latine 19. [Kaiser Maximilian I] Contra falsas Francorum Literas, pro defensione honoris Sereniss. Romanor. Regis, semper Augusti. Impress. 1492 [Verlag: Jacob Wolff] (3) Auch im ›Registrum librarie fratrum Carthusiensium apud Erffordiam‹ des Erfurter Kartäusers Jakob Volradi findet sich in der Signaturengruppe I neben einem seit langem bekannten und beachteten Exzerpt (I 6) ein bis auf Poor (2004), S. 178 bislang weitgehend übersehener Textzeuge (eine Vollhandschrift oder eine LemmataListe?)24 der ›Lux divinitatis‹ (I 2primo).25 Die Ausführungen von Volradi zu dem unter I 6 verzeichneten Exzerpt sind bemerkenswert wegen seines ausdrücklichen Hinweises darauf, dass diese Offenbarungen nicht mit jenen der unmittelbar davor aufgeführten der Mechthild von Hackeborn (I 5primo) identisch sind:
24 Dass es ein vollständiges Exemplar der ›Lux divinitatis‹ in Erfurt gab, ist angesichts der in der Kartause selbst entstandenen Exzerpte Be2, Vä und We3 mehr als wahrscheinlich. 25 Zum Bibliothekskatalog der Kartause siehe demnächst Abram/Fournier/Nemes (2020) und das Webportal des Freiburger DFG-Projektes „Making Mysticism. Mystische Bücher in der Bibliothek der Kartause Erfurt“ https://making-mysticism.org/. Zum Profil der Signaturengruppe I siehe Mangei (2002) und Martin (2008).
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Revelaciones b. Mechtildis, et nota, quod diverse fuerunt persone Mechildis [!] et Mechtildis, ut claret ex principiis et finibus librorum ambarum virginum, ubi invenitur diversitas vite earum et conscriptorum librorum, sunt autem hee revelaciones hic abbreviate. Liber eiusdem b. Mechtildis, qui appellatur Lux divinitatis fluens semper in corda veritatis, et habet 27 capitula et ponitur in principio libri.26
Der literarhistorisch versierte Volradi wusste demnach zwischen den beiden Mechthilden zu unterscheiden, was sich auch in der von ihm verwendeten Schreibweise der beiden Namen zeigt. Verzeichnet er in seinem Katalog den ›Liber specialis gratiae‹, so schreibt er ihn konsequent sanctae bzw. beatae Mechildis zu,27 die Namensform Mechtildis bleibt dagegen für die heute als Mechthild von Magdeburg bekannte Visionärin reserviert.28 Es gibt nur einen einzigen Fall, der diese von Volradi beanspruchte Deutlichkeit an Zuweisung vermissen lässt. Das oben genannte, unter I 2primo geführte Collectarium ex libris devotarum feminarum überliefert unter anderem (varia et multa ex libris sanctarum Brigitte, Mechildis, cuiusdam s. Margarete, Katharine de Senis et Hildegardis) ein Registrum in librum spiritualis gratie s. Mechildis virginis cum oracionibus devotis eiusdem libri. Während hier Buchtitel und Namensform eindeutig auf Mechthild von Hackeborn schließen lassen, steht man der unmittelbar darauffolgenden Inhaltsangabe irritiert gegenüber: Registrum in librum eiusdem [!], qui dicitur Lux divinitatis.29 Werden hier die beiden Mechthilden ausnahmsweise verwechselt? (4) Die laut Kolophon sub anno domini m° ccc° lxi° in vigilia palmarum (fol. 73v) vollendete und Ende des 15. Jahrhunderts in der Erfurter Kartause Salvatorberg befindliche Handschrift Eisleben, Stiftung Luthergedenkstätten/Luthers Geburtshaus, H 546 des ›Liber specialis gratiae‹ Mechthilds von Hackeborn30 enthält auf fol. 68r folgenden literarhistorisch überaus interessanten Vermerk: De hac sanctissima virgine [mechildis, i.e. Mechthild von Hackeborn] et sorore eius abbatissa gertrude [i.e. Gertrud von Hackeborn] multa habentur in memoriali habundancie suauitatis divine sanctissime virginis trute i.e. Gertrud von Helfta] videlicet in libro quinto eiusdem perlongum que in eodem monasterio [sc. Helfta] fuit Ibidem eciam fuit mechtildis altera [i.e. Mechthild von Magdeburg] ab hac eciam virgine sanctissima sicut habetur videlicet in prologo reuelacionum [sc. ›Lux divinitatis‹ eiusdem virginis.
26 Zitiert nach Lehmann (1928), S. 432,25–30. 27 Vgl. Lehmann (1928), S. 431,4f., S. 431,35 und S. 432,5f. Siehe dazu Neumann (1993), S. 173 Anm. 6. 28 Zum Umgang mit den unterschiedlichen Schreibweisen des Namens Mechthild und zur Rezeption der ›Lux divinitatis‹ in der Erfurter Kartause vgl. Nemes (2010), S. 108, 219, 228–233, 335f., 367, 369f. und 394f. bzw. Nemes (2013a). 29 Lehmann (1928), S. 431,5f. Dass es sich um eine Volradi unterlaufene Inkonsequenz und nicht um einen Fehler in der Transkription von Lehmann handelt, hat der Blick in die im Bistumsarchiv von Erfurt aufbewahrte Handschrift des Katalogs bestätigt. 30 Zur Handschrift vgl. Grössler (1887), S. 35–38; Hubrath (1998), S. 169 und (2002), S. 283 sowie Nemes (2010), S. 226–234.
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Dieser Vermerk lässt darauf schließen, dass der oben zitierte Hinweis in Volradis Katalog dem Urheber dieser Notiz bekannt war. In der Tat ist dies der Fall, denn die Notiz stammt von der Hand jenes Bibliothekars, der neben Jakob Volradi am Erfurter Kartäuserkatalog gearbeitet und diesen im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts verschiedentlich ergänzt hat: Bruder N.31 Seine Hand findet sich unter anderem in dem um 1480–90 entstandenen ersten Teil der Weimarer Handschrift Q 51 (We3, siehe dazu Kap. 3.1.2, Nr. 11) und auch in der Berliner Handschrift Ms. theol. lat. oct. 89 (Be2, siehe dazu Kap. 3.1.2, Nr. 5). (5) Ebenfalls aus der Erfurter Kartause kommt die Handschrift Weimar, Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek, Oct 64 aus dem zweiten Viertel des 15. Jahrhunderts.32 Es handelt sich um ein aus zwei Faszikeln bestehendes lateinisches Gebetbuch (mit eingestreuten volkssprachlichen Texten in Ostmitteldeutsch), das an unterschiedlichen Stellen Referenzen auf Texte einer s. mechtildis/mechildis enthält. Nur eine dieser Referenzen erwies sich als Hinweis auf die ›Lux divinitatis‹, und zwar jene auf fol. 77v: S. Mechildis . christus per totum S. mechtildis purgatorium . dedit mille animas ei et 1000 liberabantur. Dieser kurze, von Bushey nicht identifizierte Vermerk bezieht sich auf LD VI,7,14f. und scheint ohne erkennbaren Grund am untersten Rand der Seite eingetragen worden zu sein. (6) Für die Rezeption der lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ in der Kartause Erfurt gibt es einen weiteren Beleg. Dieser findet sich in einem weitgehend unbeachtet gebliebenen Traktat eines Erfurter Kartäusers, mit dem sich dieser in die Gerson/Schoonhoven-Kontroverse über die mystische Theologie des Jan van Ruusbroec einschaltet.33 Der Text, der vom Verfasser, dem oben (vgl. Nr. 4) genannten Mitarbeiter des Bibliothekars Jakob Volradi, geschrieben wurde, ist in der auch für die Mechthild-Überlieferung wichtigen Handschrift Weimarer, Herzogin-AnnaAmalia-Bibliothek, Q 51 (Sigle: We3) auf fol. 235v–237v und 238v–246v überliefert und aus unserer Sicht deshalb interessant, weil auf fol. 246r neben Hildegard von Bingen, Katharina von Siena, Dorothea von Montau und Mechildis (= Mechthild von Hackeborn) eine Mechtildis genannt wird, die mit Mechthild von Magdeburg zu identifizieren ist (zu den Gründen vgl. Nr. 3 und 4 oben).
31 Die Identifizierung der Hand verdanke ich Mathias Eifler/Leipzig. Zum geistlichen Profil des Schreibers im Spiegel der von ihm geschriebenen Handschriften vgl. Eifler (2012a). 32 Bushey (2004), S. 380 zufolge könnte sie mit jenem Band identisch sein, der im Volradis Katalog als Orationale devotissimum. Oraciones ante et post missam dicende unter der Signatur F 8 aufgeführt ist. 33 Kees Schepers (Antwerpen), der die Edition des Traktats vorbereitet, danke ich für die Überlassung der Transkription. Zum Traktat vgl. vorerst C. Burger (2007), S. 106–108 und Eifler (2012a), S. 111–115.
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(7) Dass das Wissen von Mechthild im Spätmittelalter an die Überlieferung der ›Lux divinitatis‹ gebunden war, zeigt auch eine am Anfang des 14. Jahrhunderts entstandene Handschrift der ›Vita S. Dominici‹ des Dominikaners Dietrich von Apolda: Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, 8° Cod. Ms. theol. 109b, fol. 1ra–32rb.34 Scheinbar als einzige in der bislang bekannt gewordenen Überlieferung des Textes (siehe dazu Kap. 3.1.3, Nr. 1) identifiziert diese leider nicht lokalisierbare Handschrift die Vermittlerin jener revelationes, die Dietrich in seine Dominikus-Vita am Ende des 5. und des 8 Buches aufgenommen hat. Die Identifizierung erfolgt nicht im Text sondern außerhalb dieses in Form einer Marginalie, die von einer späteren Hand (des 15. Jahrhunderts35) am unteren Rand jener Spalte eingetragen wurde, in der die Auszüge aus der ›Lux divinitatis‹ am Ende von Buch 5 einsetzen. Der Eintrag lautet: Hec fuit soror mechtildis in claustro helpede qui habuit germanum in ordine nostro nomine baldewinum bonum scriptorem qui in wartberch36 scripsit bibliam fratrum (fol. 18vb).
Was hier mitgeteilt wird, ist aus mehrerer Hinsicht bemerkenswert: (1) der Annotator, allem Anschein nach ein Dominikaner,37 ist in der Lage, ein von Dietrich von Apolda zwar als Exzerpt ausgewiesenes, aber ansonsten an keiner Stelle attribuiertes Textstück Mechthild zuzuweisen:38 so dass er Zugang zu einem Exemplar der ›Lux divinitatis‹ gehabt haben muss; (2) wie der Übersetzer Mechthilds ins Lateinische (vgl. LD II,39) weiß auch er vom verwandtschaftlichen Verhältnis zwischen Mechthild und Balduin: Hier wie dort wird Balduin als der leibliche Bruder von soror mechtildis vorgestellt; (3) wie dem Urheber jener Marginalie, die LD II,39 in Rb begegnet, ist auch ihm bekannt, dass Balduin der Schreiber einer Bibel war. Allerdings lässt der unbekannte Dominikaner diese Bibel nicht für die Brüder in Halle schreiben. Stattdessen liest man, Balduin habe die Bibel der Brüder (bibliam fratrum) in wartberch (wohl
34 Die Kenntnis dieser Handschrift verdanke ich einem Hinweis von Tugwell (1985), S. 15. Zu den folgenden Ausführungen vgl. Nemes (2013a), S. 169f. 35 Scheeben (1926), S. 6 datiert die Hand auf das 14. Jahrhundert. 36 Scheeben ebd. liest fälschlicherweise Warburch. 37 Dafür sprechen auch seine sonstigen Marginalien. So verweist er (1) immer wieder auf Textpartien, die vom Dominikanerorden handeln, (2) wiederholt die Namen einzelner Dominikaner, die in der Dominikusvita genannt werden (beispielsweise führt er die Namen von Angehörigen des Konvents von Bologna am unteren Rand von fol. 10v gesondert auf) und schließlich (3) identifiziert er einzelne dort anonym bleibende Mitbrüder (vgl. etwa nota de fratre mathia in halbstad [wohl Halberstadt] auf fol. 15r), wobei sein Interesse vor allem den Repräsentanten seines Ordens im mitteldeutschen Raum zu gelten scheint (außer Halberstadt wird der Dominikanerkonvent von Magdeburg besonders hervorgehoben, vgl. fol. 15v). 38 Auch bei den Auszügen am Ende des 8. Buches benennt er die Quelle der revelationes (Hoc est mecht[Rest fehlt], fol. 31r) und verweist mit der von ihm eingeführten Kapitelzahl 67 auf die Exzerpte am Ende von Buch 5.
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Dominikanerkloster Warburg39) geschrieben. Auch wenn sich seine hier vorgestellten Angaben nicht überprüfen lassen, eines steht fest: Wir haben es mit einem Kenner zu tun. Umso bedauerlicher ist es, dass wir über seine Identität bzw. über den Entstehungsort und die mittelalterliche Bibliotheksheimat der heute Göttinger Handschrift nichts wissen.40 (8) In der dem streng altgläubigen Herzog Georg von Sachsen gewidmeten und um 1530 entstandenen geographisch-historischen Chronik ›Onomasticon mundi generale‹ des Dominikaners Johannes Lindner, Lektor des Pirnaer Predigerkonvents,41 findet sich ein kurzer Hinweis auf Heinrich von Halle in Sachssen, berurten [prediger] ordens von closter Rupyn, von dem es heißt: hat etliche bücher wider di keczir geschryben, eines guten lebens.42 Obwohl nicht bekannt ist, woher Lindner die Kunde über Heinrich von Halle bezog,43 ist es vorstellbar, dass seine Quelle mittelbar oder unmittelbar LD II,40 verpflichtet ist.44 (9) Ein von der Mechthild-Forschung bislang übersehenes sekundäres Rezeptionszeugnis ist der ›Catalogus testium veritatis‹ des Matthias Flacius Illyricus (1520–1575).45
39 Zur Geschichte dieser 1281 gegründeten Niederlassung des Ordens vgl. Lohrum (1993) (mit weiterführender Literatur). 40 Die Handschrift befand sich im 18. Jahrhundert im Besitz des Hildesheimer Superintendanten und Verfassers der ersten deutschsprachigen Historia Literaria Jacob Friedrich Reimmann (1668–1743) und war damals mit Cod. Ms. theol. 108, Cod. Ms. theol. 109 und Cod. Ms. h. lit. 10 (alle dominikanischen Inhalts!) in einem Band vereinigt, vgl. W. Meyer (1893), S. 354. 41 Zur Person vgl. H. Müller (1903), S. 217–222 und Hofmann (1904). 42 Zitiert nach von Mencke (1728) edierten ›Excerpta Saxonica, Misnica et Thuringica‹, hier Sp. 1480. Das im 19. Jahrhundert in zwei Bänden aufgeteilte und zeitgenössisch gebundene Autograph der Chronik befand sich in der Leipziger Ratsbibliothek zu dem Zeitpunkt, als die heute maßgeblichen Publikationen von H. Müller (1903) und Hofmann (1904) über Lindner, den sogenannten Pirnischen Mönch, entstanden sind, vgl. Naumann (1838), S. 135f. (Nr. CCCCXXV). Zusammen mit anderen Handschriften und Inkunabeln der ehemaligen Ratsbibliothek, heute Stadtbibliothek, kam Lindners Manuskript in den 1960er Jahren als Depositum in die Universitätsbibliothek Leipzig. Die aktuelle Signatur lautet: Leipzig, Universitätsbibliothek, Rep. II 74 (Depositum Stadtbibliothek) (freundliche Auskunft von Dr. Almuth Märker/Leipzig). 43 Eine Aufschlüsselung der von Lindner benutzten Quellen bietet H. Müller (1903), S. 223–238. 44 Freilich ist nicht auszuschließen, dass der von Lindner genannte Heinrich in Wirklichkeit jenen frater Heinricus de Hallis ordinis predicatorum meint, der als Zeuge einer Schenkung an das Zisterzienserkloster Pforta in einer Urkunde von 1273 bezeugt ist. Hünicken (1934/35), S. 102 bzw. (1941), S. 210f. und daran anschließend Eisentraut (1990), S. 16 identifizieren ihn mit dem in LD II,40 genannten Dominikaner Heinrich von Halle und verorten ihn in einem „Kreis literarisch und mystisch gestimmter Männer“ (Hünicken 1941, S. 210), um zu zeigen, „daß das hallesche Dominikanerkloster in den Jahren nach seiner Gründung eine Blütezeit erlebte“ (Eisentraut ebd., S. 17). Zur Kritik dieser Überlegungen s. Nemes (2010), S. 211 und 216. 45 Zu den folgenden Ausführungen vgl. Nemes (2010), S. 338–340 und 229.
12 Reflexe auf die ›Lux divinitatis‹
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Es handelt sich um eine Sammlung von ca. 400 (in der Basler Ausgabe von 1556) bzw. 430 testes (in der erweiterten Straßburger Ausgabe von 1562), die dazu berufen sind, eine von der Urkirche bis zur Reformation reichende Kontinuität lutherisch-protestantischen Gedankengutes zu bezeugen.46 Zu den Wahrheitszeugen gehören auch die Prophetien Mechthilds von Magdeburg, von der es heißt (der Abdruck erfolgt nach der Basler Ausgabe, pag. 936): Mechtildis prophetia. Inter alias prophetias iam olim rhythmis scriptas, edita est etiam cuiusdam sanctae mulieris nomine Mechtildis prophetia: in qua illa ueluti quandam Christi epistolam ad spirituales & praelatos recitans, primum dicit columnas Ecclesiae (id est sacerdotes) fragiles, corruptas esse: ideoque uerendum, ne tota Ecclesia corruat. Deinde id explicans dicit, summos et infimos spirituales esse perditos auaricia, superbia, libidinibus, inscitia, non curare eos Christi mandata, negligere eos munus docendi, esse indoctos, defecisse a Christo: quin & factos esse lupos, iugulare et deuorare omnes, abducere oues Christi a sacris pascuis. Deinde praedicit, Deum exuscitaturum nouos pastores, qui sanam Christi doctrinam pijs proponant, eiusque iam ferme collapsam Ecclesiam sedulo reaedificent & instaurent: Christianamque religionem, quae multis erroribus esset contaminata, repurgent, ac contra Antichristum concionentur. Postremo hortatur omnes, ut illos audiant. Sed prius dixerat fore, ut pij sub finem, grauem persecutionem patiantur ob puram religionem, quam eis Antichristus auferre sit conaturus. Quando autem ea mulier uixerit, non est adscriptum: illud certe apparet, eam acu, quod aiunt, rem tetigisse. opinor hanc ab ea, cuius superius mentionem feci, diuersam esse.
Flacius spielt hier auf folgende Stellen der lateinischen Übersetzung des ›Fließenden Lichts‹ an:47 LD Prol 7,2f., LD III,5 und LD III,13–14. In der letzten Zeile wird auf pag. 921–923 mit Auszügen aus dem ›Liber specialis gratiae‹ Mechthilds von Hackeborn hingewiesen: (Überschrift:) Mechthildis (Inc.:) Inscriptis B. Mechthildis uirginis, Parisijs impreßis (quae ante 200 annos floruit) nihil inueni quod ad meum propositum faceret, imo & plane nullas de futuris prophetias. Summarium uero quoddam eius prophetiarum manuscriptum in ueteri codice uidi, a minorita quopiam (ut erat adscriptum) excerptum. Flacius bezieht sich hier auf den ›Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‹ des Jacobus Faber Stapulensis (Erstdruck: Paris 1513), ein Werk, das außer dem ›Liber specialis gratiae‹ den ›Liber scivias‹ Hildegards von Bingen und eine Sammlung von Schriften der Elisabeth von Schönau enthielt (vgl. oben Nr. 1). Diese Ausgabe wurde zur Grundlage jener Übersetzung der Schriften Elsbeths, die die Mitüberlieferung zum ›Liecht der gotheit‹ in der Wolhusener Handschrift Rw bildet (vgl. Einleitung, Anm. 59). Die andere Referenz kann nicht aufgelöst werden. Jeden-
46 Zum ›Catalogus‹ vgl. Haye (1992); Hartmann (2001), S. 141–145 und (2003) sowie Schmidt-Biggemann (2004). 47 Zu der Annahme, dass hier nicht auf das ›Fließende Licht‹, sondern auf dessen lateinische Übersetzung angespielt wird, veranlasst mich die Kenntnis des Namens Mechthild, der in der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rezeption – vor allem mit der ›Lux divinitatis‹ verbunden war, vgl. dazu Nemes (2010), S. 317–342.
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falls handelt es sich nicht um das einzig vollständige, heute in Wolfenbüttel aufbewahrte Exemplar des ›Liber‹ (Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek, Cod. Guelf. 1003 Helmst.), obwohl dieses zur flacianischen Bibliothek gehörte.48 (10) Wenige Jahre nach der zweiten Auflage ist Flacius’ Werk von Conrad Lautenbach übersetzt worden. Die Übersetzung erschien 1573 in Frankfurt am Main unter dem Titel: ›Catalogus Testium Veritatis Historia der zeugen, Bekenner und Märterer, so Christum und die Evangelische warheit biß hieher […] warhafftig erkennet, Christlich und auffrichtig bekennet […] haben Historia der zeugen, Bekenner und Märterer, so Christum und die Evangelische warheit biß hieher […] warhafftig erkennet, Christlich und auffrichtig bekennet […] haben.‹ Der uns interessierende Artikel findet sich auf fol. 347v–348r und lautet: Under andern weissagungen mit Reymen beschriben/ ist vor zeiten auch sonst einer heiligen Frawen/ mit namen Mechtildis weissagung auszgangen/ darinnen sie gleichsam einen Sendbrieff Christi an die Geistlichen vnnd Prelaten einfueret/ Und sagt erstlich [dazu Glosse am linken Rand: Die Seulen der Kirchen sindt faul] das die seulen der Kirchen (das sind die Priester) gar moerb/ faul/ vnd wormstichig seyen/ darumb zubersorgen/ es werde die gantz Kirche zu hauffen fallen/ Demnach leget sie das ausz/ vnd spricht: die Geistlichen desz hohen vnd nidern standts seyen durch Hoffart/ Geitz/ vnzucht/ vnwissenheit verderbet/ achten Gottes gebott nichts/ warten jhres Ampts nicht/ Lehren nicht/ seyen gantz vngelert vnd von Christo abtruennig vnnd zu Wolffen worden/ wuergen vnd fressen alles/ fueren die Schefflein Christi von der heiligen weid ab/ darnach weissaget sie/ Gott werde newe Hirten erwecken so die gesunde Lehr Christi den Gottsfoerchtigen fuertragen/ vnd seine Kirchen/ so gar nach zu grund gangen/ wider auffrichten vnd erbawen/ Die Christliche Religion so mit vielen jrrthumben beschmeisset/ wider zu recht bringen/ vnd wider den Antichrist Predigen werden/ Letzlich vermanet sie meniglich dise zu hoeren/ Aber zuuor hat sie gesaget/ das die Gottsfoerchtigen am endt/ vmb der waren Religion willen/ die jhnen der An|tichrist zunemmen vnderstehn werde/ ein schwere verfolgung werden leiden muossen/ Es stehet aber nicht darbey/ wann dises weib gelebt habe/ Das sihet man aber wol dasz sie es bey eim herlein/ wie man sagt/ troffen habe/ Ich halt es darfuer sie sey nicht die/ dauon droben ist meldung geschehen.
Der hier referierte, mit Mechtildis überschriebene Artikel über Mechthild von Hackeborn findet sich in dieser Ausgabe auf fol. 339v–340r. (11) Die lateinische Fassung des ›Catalogus‹-Eintrags von Flacius diente als Vorlage für eine Anthologie, die unter dem Pseudonym Johann Frauenlob ›Die lobwürdige Gesellschaft der Gelehrten Weiber‹ bekannt wurde:49
48 Vgl. Heimpel (1982), Bd. 2, S. 984 und Hartmann (2001), S. 64 und 89. Wie diese im 15. Jahrhundert wohl im Besitz der Erfurter Benediktiner befindliche Handschrift in die Hände von Flacius geriet, ist unbekannt, vgl. Nemes (2010), S. 229. 49 Der Abdruck folgt Gössmann (1985), S. 74f. Zu den folgenden Ausführungen vgl. Nemes (2010), S. 339f.
12 Reflexe auf die ›Lux divinitatis‹
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S. Mechtildis/) Eine heilige Jungfraw/ ist nicht allein trefflich gelehrt/ sondern auch mit einem Prophetischen Geist begabet gewesen/ Hat vnter andern eine Prophecey hinder ihr verlassen/ (welche sampt andern Reymen gedruckt ist) in welcher sie erzehlet eine Epistel vnsers HErrn JEsu Christi/ an die Geistlichen vnd Prelaten/ sagt erstlich/ daß die Seulen der Kirchen (die Priester) gebrechlich seyen/ sey derhalben wol auffzusehen/ daß nicht die gantze Kirch einfalle. Darnach so erklaeret sie solches/ vnd spricht: Daß die Geistlichen vom hoechsten biß zum vntersten/ verderbt seyn mit dem Geitz/ Hoffart/ Unzucht/ Unwissenheit/ vnd daß sie den Geboten Christi nichts nachfragen/ daß sie das Predigampt saumen/ engelehrt seyen/ von Christo abgefallen: Sie seyen Woelffe worden/ wuergen vnd fressen alle/ verfuehren die Schafe Christi von der heiligen Weyde. Darnach weissaget sie/ daß GDie [lies: Gott die] newe Hirten erwecken werde/ welche von Gottlosen die gesunde Lehr Christi fuertragen/ die zerfallene Kirch wieder auffrichten/ die Christliche Religion/ welche mit vielen Irrthumben befleckt/ wieder saeubern/ vnnd wider den Antichrist predigen werden. Vnd letzlich vermahnet sie jederman/ daß man diese newe Hirten hoeren solle. Sie sagt auch/ daß die Gottseligen vmb dieser reinen Lehre willen grosse Verfolgung leiden werden von dem Antichrist/ welcher ihnen solche Weyde werde entziehen wollen.
Hier sei darauf hingewiesen, dass auch die bio-bibliographischen Einträge über andere Visionärinnen wie Hildegard von Bingen, Elisabeth von Schönau, Birgitta von Schweden und Katharina von Siena dem ›Catalogus‹ verpflichtet zu sein scheinen (Mechthild von Hackeborn wurde dagegen übergangen, weil man offenbar davon ausging, dass diese mit der oben genannten S. Mechtildis eine heilige Jungfraw identisch ist). Unklar ist, ob Frauenlob ein lateinischer Druck des ›Catalogus‹ oder die deutsche Übersetzung von 1573 (Frankfurt am Main: Schmidt) als Vorlage hatte. (12) Die in Anhang Kap. 11 abgedruckten Exzerpte des dominikanischen Ordenshistoriographen Johannes Meyer dienten als Grundlage für das Kapitel LVI der 1487 fertig gestellten Albertus-Vita des Kölner Dominikaners Petrus de Prussia, dessen Inhalt laut Überschrift eine Reuelatio de gloria Venerabilis Alberti & beati Thomae eius quondam discipuli ist. Die Quelle, der diese Offenbarung entnommen wurde, wird wie folgt charakterisiert:50 Est etiam Libellus quidam continens reuelationes & visiones factas cuidam sanctae virgini, nomine Machtildis de Helpede, Ordinis Cisterciensis, quae ab infantia suam virginitatem Domino consecrauerat, tam immunis a peccatis, sicut duo Confessores eius testati sunt, vt tantam innocentiam de numquam reperisse dicerent. quae se etiam tam vilem ob humilitatis virtutem reputabat, quod ea quae per reuelationem a Domino Iesu acceperat, aliis enarrare non tentasset, nisi coacta a suis fuisset; quemadmodum Frater Henricus de Hallis, Teutonicus, Doctor deuotus & gratiosus, Ordinis Fratrum Praedicatorum, qui scribit Librum eumdem, affirmat dicens, non hunc Librum praesumptuosa audacia compilatum, sed sui Praelati consilio & praecepto. hic vero Liber ex reuelatione Saluatoris, Liber spiritualis gratiae vocatur, habens hunc Prologum: Benignitas & humanitas Saluatoris nostri Dei, &c. incipit autem sic: Fuit Virgo quaedam ab infantia a Deo in benedictionibus praeuenta, &c. In quo Libro inter alia & de venerabili Alberto, qui in illius Virginis tempore Paulo
50 Der Abdruck folgt Petrus de Prussia (1487/1621), S. 327f.
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ante obierant, hoc quod subiungo continetur, eidem Virgini reuelatum diuinitus. Ait autem istius Libri Auctor, in hunc modum prosequens sermonem usw.
Offenbar ist Petrus de Prussia einer Verwechslung der beiden Mechthilden zum Opfer gefallen. Auf diese falsche Fährte dürfte Petrus die Ansicht von Johannes Meyer geführt haben, Heinrich von Halle hätte die dicta et scripta der seligen und ehrwürdigen Schwester Mechthild de monasterio Helpede zu einem Buch zusammengestellt. (13) Auf der Albertus-Vita des Petrus de Prussia basiert der Vermerk bei Quétif/ Echard über Heinrich von Halle als einen bedeutenden dominikanischen Schriftsteller des 13. Jahrhunderts:51 F. Henricus de Hallis [am linken Rand: *1280] Saxo a patria ad Salam fluvium inter Torgam et Lipsiam et a professione sic nuncupatus, sacrae theologiae professor, vir pius et eruditus aetate Alberti Magni florebat, nec diu ei superstes fuit. Scripsit libellum quo continentur visiones et revelationes factae cuidam sanctae virgini Machtildi de Helpede dictae ordinis Cisterciensis. Titulus: Libellus spiritualis gratiae. Prologus: Benignitas et humanitas Salvatoris nostri Dei etc. Princ. Fuit virgo quaedam ab infantia a Deo in benedictionibus praeventa etc. Hanc opellam vidit Petrus de Prussia noster, et ex ea quaedam BB. Albertum Magnum et Thomam de Aquino attinentia excepit, et refert vitae Alberti cap. 56. Hanc virginem Mechtildem solo nomine notam Menologium Cisterciense ascribit ad xxv. febr. Bollandus et Henschenius in Actis SS. ad eamdem diem sibi penitus ignotam fatentur; nosse autem poterunt, qui eis succenturiant ex codice hujus nostri Henrici qui vel extat Coloniae apud nostros, vel in aliqua bibliothecarum Saxoniae praefertim olim nostrarum.
Wie schon Petrus de Prussia bieten die beiden Gelehrten des 18. Jahrhunderts weitere quasi-biographische Angaben zu Heinrichs Person, indem sie die in der Albertus-Vita enthaltenen und Heinrich betreffenden Angaben weiter ausgestalten. So ist Heinrich bei ihnen nicht mehr doctor,52 sondern Professor der Theologie, ein Schüler des Albertus Magnus. Auf die von Quétif und Echard gelieferten Daten gehen sowohl die Artikel ‘Henricus de Hallis’ und ‘Mechtildis’ bei Johann Heinrich Zedler ›Grosses vollständiges Universal-Lexikon‹ zurück,53 als auch die in der (Mechthild-)Forschung seit Wilhelm Preger – er hat als erster auf die Notiz bei Quétif/Echard hingewiesen54 – immer wieder anzutreffende Ansicht, Heinrich von Halle sei ein Schüler von Albertus Magnus gewesen.55
51 Der Abdruck folgt Quétif/Echard (1719), S. 384a. 52 Hier sei darauf hingewiesen, dass Heinrich von Halle auch im Register von Meyers ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹ doctor genannt wird, vgl. Basel, Universitätsbibliothek, E III 12 (olim: D IV 9), fol. 2r. 53 Vgl. Bd. 12, Halle/Leipzig 1735, Sp. 1560 und Bd. 20, Halle/Leipzig 1739, Sp. 38. 54 Vgl. Preger (1874), S. 94. 55 Vgl. etwa Oehl (1911), S. 17, Bihlmeyer (1933), S. 518, Spiess (1935), S. 324, Berg (1977), S. 103, Haas (1987), S. 246 und neulich wieder Finnegan (1991), S. 15.
13 Auszüge aus der ›Vita et Revelationes‹ der Agnes Blannbekin in der Basler Handschrift Cod. A VIII 6 (Ra)
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(154v) COnfiteor tibi domine pater celi et terre quia abscondisti hec a sapien- VR Prol tibus et prudentibus et reuelasti ea paruulis Ita pater quoniam sic fuit placitum ante te vere domine testimonia tua credibilia facta sunt nimis quod cum simplicibus sermocionacio tua est Et quod dixisti Ducam eam in solitudinem et ibi loquar ad cor eius Nam tu et humilibus tuis archana reuelare dignaris et cum simplicibus tuis ductis in solitudinem internam contemplacionis secreta mÿsterij tui loquens multifariam multisque modis sicut olim patribus in prophetis ad edificacionem et consolacionem credencium incerta et occulta sapiencie tue manifestas Igitur venerande adorande et amande magestati veritati et benignitati bonitatique tue gracias referens O beata trinitas ad laudem tuam gloriam et honorem et ad edificacionem fidei et ad nutrimentum deuocionis et ad diuini amoris incitamentum Ego pauperculus et indignus ea que a sanctis et a fide dignis personis te domine eis reuelante didici vel dicere vel conscribere cupio Te patrem luminum inuocans a quo omne datum optimum et omne perfectum est vt mihi dare velis sedium tuarum assistricem sapienciam vt mecum sit et mecum laboret mecum scribat vt scribam quod acceptum sit coram te et veritatis limites non excedam :/ FActa manu domini super vnam sanctam personam post missam publicam VR Cap. 1 in ecclesia cepit suauiter viribus deficere et intus rapta in lumen · (155r) inenarrabile Vidit in lumine diuino hominem speciosum pre filijs hominum et in homine illo illud lumen et in homine et in lumine diuino vidit elementa et creaturas et res ex ipsis factas tam paruas quam magnas distinctas in tanta claritate vt quelibet quantumcumque parua cencies sole clarior videretur prout sol modo lucet eciam minimum granum vel lapillus vt claritas que nunc est in comparacione illius claritatis obscura censeretur sicut luna cum nube obscura obtegitur Erant quoque res create sic distincte in claritate vt vnaqueque sua qualitate discerneretur videlicet gramen viride a rosa rubea et sic de ceteris Inter omnia elementa et res creatas terra erat preclarior Et hoc jdeo quia deus corpus de terra sumpserat Et quia corpora sanctorum sunt de terra et quia in passione domini terra infusa est sanguine saluatoris et sanctorum Hec omnia erant in homine illo id est in christo ¶ Item vidit ibi VR Cap. 2 homines qui adhuc viuunt super terram et sicut ipsa intellexit non vidit ibi nisi saluandos et omnes cognouit quos eciam nunquam viderat Vidit etiam
14 conscribere] con mit EZ üdZ 24 quantumcumque] cum mit EZ üdZ 26 cum … obscura] nube obscura cum, cum mit entsprechenden VZ 28 qualitate] davor claritate durchgestr. 30 sumpserat] korr. aus assumpserat (as durchgestr.)
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illorum hominum conuersionem ad deum et accessum et qualiter primo ad 35 VR Cap. 3 deum conuersi sunt et michi retulit modum mee conuersionis sicut fuit Vidit
VR Cap. 4
VR Cap. 5
VR Cap. 6
VR Cap. 7
VR Cap. 8
eciam cunctorum hominum profectum in gracia quod appellabat ascensum in deum Et isti ascensus per modum graduum mirabiliter in altum porrigebantur Vidit eciam nichilominus iuxta has ascensiones virtutum semper assistere noticiam peccatorum in quibus olim fuerant et in illis manifestabatur dei bonitas Vidit de ascendentibus quosdam (155v) ruituros in peccatum et casum ruine et modum et iterum resurrecturos et qualiter resurrecturi essent et licet omnes in christo et de deo essent tamen alios alijs plus familiares deo et viciniores vidit ¶ In predicta visione et lumine vidit mansiones et gloriam electorum in patria scilicet in deo omnes consistere et manere Et quamuis omnes in deo consisterent alij tamen plus alijs deo propinqui erant secundum intensionem amoris ¶ Vidit eciam christi wlnera benedicta inenarrabiliter gloriosa perlucida et clara luce fulgida ita vt omnes electi ad ipsorum presenciam essent lucis illius peruij et transparentes De wlneribus capitis dixit quod multe puncture erant Et quod a singula punctura inenarrabile lumen sanctis fluxit Ita quod electi pocius vellent omni gaudio patrie carerere (!) dei visione excepta quam carere intuitu wlnerum christi beatorum Dixit de ista luce quod lux wlnerum christi millesies id est inestimabiliter excederet lumen solis Dixitque in aspectu huius lucis quidquid desideratur quidquid queritur inuenitur et habetur DIxit quod wlnus manus dextre signat munera que largitur christus sanctis hic et in patria Wlnus sinistre manus tenet sanctos De wlnere laterali manat refeccio spiritualis desiderantissima et dulcissima omnibus sanctis in patria et adhuc existentibus in via Et quidem valde de prope ore eciam vsque ad latus posite bibunt de torrente illo voluptatis Dixitque aliqui viatores adhuc viciniores latere christi (156r) aliquibus in patria nectar illud salutare bibunt Wlnere pedis dextri signatur leuitas non ponderositas siue agilitas Wlnere pedis sinistri signatur habere gaudium et leticiam quod nos vocamus tripudium non quod sit ibi tripudium vel chorea sicut importat hoc nomen apud nos conuiuia sed aliam similitudinem dare non poterat :/ DIxit quod in patria fides katholica est lux et lucet sanctis id est quanto quis plus habet nunc hic de luce fidei tanto plus habebit in patria de luce diuinitatis Amor est premium UIdit multos in patria glorificatos in corpore de nouo testamento Beatam virginem matrem domini et eius paranÿmphum beatum Johannem ewangelistam Vidit in plena gloria corporum et animarum de veteri testamento sancti qui in resurreccione domini cum domino surrexerunt et sunt in
41 quosdam … ruituros] auf 155r/v weiße Ledersignakel, Vorderseite verloren udZ 64 non] davor quod durchgestr.
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corpore et eciam in anima glorificati et precipue illi famosi sancti in veteri lege sicut moÿses et Jeremias :/ UIrgo beata habet tres prerogatiuas pre omnibus electis Prima est quia feruentissime deum dilexit et diligit plus quam aliquis sanctorum et pre omnibus et super omnes in deum assumpta est et de plenitudine sui amoris omnes alij participant et perceperunt micium sue salutis et conuersionis et adhuc existentes in via Secunda est quod ipsa est speculum christi dei et ipse se in ipsa speculatur sicut in speculo cognoscens se carnem ab ea sumpsisse Et quamquam omnes sancti in patria suum gaudium habeant a deo christo Ipse tamen singulare gaudium habet (156v) a matre virgine ex eo quod se in ipsa speculatur vt dictum est Tercium est quod ipsa beata virgo est constituta mediatrix inter deum et peccatores ad placandum deum et reconsiliandum et ex hoc cottidie accrescit ei gloria ex hijs qui eius meritis et intercessione conuertuntur et in bono proficiunt :/ UIdit eciam sanctos coronatos quoad premium exterius diuersimode Confessores enim habebant coronas que circumdabant eos a pedibus et sursum ita vt ex omni parte viderentur coronati Et nichilominus eadem corona coronabat caput et erat sic distincta in quatuor angulis Ita vt in anteriori parte aurea videretur a tergo rubea a dextris viridis a sinistris celestis coloris qui colores merita confessorum significabant ¶ Corona martirum tota erat rubricata et in altum supra capita eorum suspensa nec contingebant capita sicut nec corona confessorum quamuis ex omni parte circumdaret eos nusquam tamen eos contingebant ¶ Corona virginum erat varietate distincta et incredibiliter pulchra et precipue quatuor florum generibus ornata scilicet rosis et lilijs violis et flore campi Et ista magis erat propinqua capiti nec tamen tangebat caput sicut nec priores Dixitque iste corone formabantur in quolibet ex diuinitatis aspectu et ex illorum mutuo respectu scilicet quod se videbunt a deo intueri Et ex isto intuitu diuinitatis in coronis eorum merita singulorum quasi scripta legebantur Iste corone significa(157r)bant merita exteriorum exerciciorum Vnde qui magis erant exercitati in statu suo exterius plus habuerunt decoris et pulchritudinis in coronis Merita autem interiora erant vt dicebat secundum intencionem caritatis Premia istorum meritorum erant maior propinquitas et amicabilis familiaritas ad deum Vnde dixit quod aliqui martyres mutuo se excedebant secundum ista merita et premia / Dixit enim quod aliqui plura et duriora passi alijs plus haberent fulgidas coronas alijs eciam plus familiaribus deo Et alios martires minus alijs passos tum cum maiore caritate plus interius familiares deo et propin-
75 UIrgo] Initiale nicht ausgeführt, Rubrikationshinweis vorhanden durchgestr. 100 intuitu] davor diuino durchgestr.
VR Cap. 9
VR Cap. 10
VR Cap. 11
VR Cap. 12
78 et²] davor et conuersio
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quos extrinsecus autem habentes coronas non in tantum fulgentes quantum fulgebant corone martirum plus passorum quamuis cum minore caritate ·/ VR Cap. 13 DE gloria virginis beate et matris dei dixit quod erat amicta sole et corona duodecim stellarum in capite eius et luna sub pedibus eius Hec sic digescit Dixit quod non erant stelle sicut firmamenti sed alio nomine vel similitudine non possunt exprimi Et illic in patria stelle nuncupantur Et erant sua claritate distincte ab inuicem et significacionibus Nam quelibet illarum significabat singulares dignitates merita et virtutes beate virginis que ex ipso intuitu ipsarum stellarum intellectu conspiciuntur Nam prima significabat quod ipsa est filia patris eterni et quod pater per ipsam haberet honorem propter multitudinem fidelium qui per ipsam facti sunt filij adoptiui gracia dei Secunda exprimebat quod ipsa est mater filij dei eterni et ipsius ad ipsam intimam dileccionem ·/ (157v) Tercia stella exprimebat quod ipsa est spiritus sancti sponsa et magnam ymmo maximam habet vnionem cum deo pre ceteris sanctis Quarta stella exprimebat quod ipsa est regina angelorum et maximam quam habent sancti angeli ad homines et quia per eam ex hominibus angelorum ruina restauratur Quinta stella exprimebat quia ipsa fuit sanctorum appostolorum regula et doctrina Sexta stella exprimebat quod per ipsam fortitudo et constancia sanctis martiribus a domino data est Septima exprimebat pietatem confessorum que proprie est virtus confessorum pro qua multum VR Cap. 14 premiantur que eius suffragijs datur Octaua exprimebat castitatem virginum eo quod ipsa institutrix prima fuerit virginitatis et copiosam habebat turbam se sequencium in virginitatis proposito Et dixit quod virgines proxime sunt deo Et dixit quod ceteri sancti qui fuerunt auctores et institutores nouarum sanctitatum sicut beatus benedictus beatus Bernhardus beatus franciscus beatus Augustinus et beatus Dominicus pre ceteris sunt gloriosi Nona stella exprimebat beneficenciam quam exhibet peccatoribus et hec stella circuibat in corona ceteris stellis fixis Decima stella exprimebat graciam et augmentum gracie quam per ipsam accipiunt iusti Vnde ipsa dixit Ipsa est sicut canale vel aqueductus qua mediante deus influit in electos eciam in patria Vndecima est auctoritas et potestas virginis marie matris dandi beneficia pre ceteris omnibus sanctis Duodecima exprimebat subuencionem qua subuenit hijs qui in purgatorio sunt nam quociens eius agitur memoria (158r) in missis et in cultu diuino ipsa aliquas eripit animas de penis Amictus solaris est claritas diuinitatis qua ipsa est circumdata velud amictu Ipsa est enim perlucida et peruia diuinitatis luci Hoc est deitate quam omnes sancti vnde luna est sub pedibus eius que lux lunaris signat quod quemadmodum luna est inferior sole sic omnis claritas sanctorum inferior est luce et claritate
123 exprimebat] korr. aus exprimis (s durchgestr.) 148 et] davor sole durchgestr.
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13 Die Auszüge aus der ›Vita et Revelationes‹ der Agnes von Blannbekin in Ra | 507
virginis gloriose De beatis angelis dixit quod sint immateriales et in deo VR Cap. 15 150 sicut rosa in speculo apparet apposita speculo Sic ipsi in speculo diuino
155
160
165
170
175
180
185
sunt verum esse et vitam habentes ardent in diuino amore et alij plus alijs et laudant deum et intuentur in hoc habent maximum gaudium Aliud gaudium habent ex eo quod circa nos solliciti nostram salutem procurant et quia ex hoc deo honor et nobis profectus salutis crescit de hoc ipsi gaudent Ipsi enim sunt amici generis humani quod omnes parati essent venire ad terram pro vna anima ne periret Et dixit quod quamuis sancti angeli intimi sint deo et audeant in caritate Tamen multorum sanctorum caritas precellit et est meo preciosior quia cum difficultate et pugna in caritate dei profecerunt / Dixit quod sancti apostoli ceteros sanctos omnes precellunt excepto beato Johanne Baptista et beato Moÿse et causam dixit Quia dominus eis in vita familiaris fuit et cum eis loquebatur et ex illa collocucione et conuictu ipsi sine intermissione ardebant in caritate De sancto paulo dixit quod sit maior inter apostolos exceptis tribus scilicet beato Petro beato Johanne ewangelista et beato Bartholomeo quia beatus Bartholomeus feruentissimo amore christi passus est tam diu et tam acerbe / Dixit de beato Francisco quod maior esset in conspectu dei exceptis apostolis et beato Johanne baptista et beato Moÿse Et dixit quod beatus Franciscus feruentissimo amore et seriose deum amauit et quod anima beati Francisci habeat illa sacra signacula quia fortissime ardebat in amore christi Vnde intus in anima eius apparent et inde in corpore resultabunt Et dixit quod sancti de hoc magnum gaudium habent quod aliquis inter eos inuentus est in quo relucent illa sacra wlnera christi Dixit quod lux ex wlneribus christi egrediens refulget in sacra stigmata beati Francisci et eisdem tantum splendorem ministrat sicut lux solis lune quod tota curia celestis ex hoc iocundatur / Dixit de beato Bernhardo (158v) et beato Nÿcolao quod comparantur beato iohanni ewangeliste in eo quod deum tenerrime et dulci amore dilexerunt et quod sunt excellentissimi sancti in celo Dixit de beato Augustino quod est maximum lumen in conspectu dei et quod actualiter capax sit beatissime trinitatis Et hoc ideo quia ingenium exercuit et excoluit intellectum suum tanta fide et amore in tractatibus de sancta trinitate Dixit de beato Gregorio quod sit dulcissimus sanctus et quod anima eius sicut sancti stephani in hac vita extitit vas plenum spiritu sancto et dileccione spiritus sancti et secundum hoc in patria habet influenciam et amoris insignia Dixit enim quod vnusquisque sanctorum sicut in via dispositus extitit in gracia Ita in patria preditus est gloria De sancto ambrosio dixit quod quia tanto zelo amauit iusticiam jdeo magnus est in gloria Et adiecit quod frater Berchtoldus de Ratispona non minor eo esset propter graciam doctrine quam docuit et quia
153 salutem] davor gaudium et durchgestr. 171 relucent] refult¦lucent, fult durchgestr.
VR Cap. 16
VR Cap. 17
VR Cap. 18
VR Cap. 19 VR Cap. 20
508 | Anhang
austerus in se extitit dixit enim quod austeritas vite magni meriti est apud deum De sancto Jeronimo dixit quod luce diuinitatis insignitur eo quod VR Cap. 21 tanto studio illuminauit sacram paginam Dixit quod esset in patria laus vocalis dulcissima Ita quod vnius angeli cantus totam curiam celestem letificaret eciam si alij tacerent Et hunc canebant omnes angeli et omnes electorum anime exceptis illis qui grauibus peccatis inuoluti distulerunt penitere vsque in finem vite et sic morientes tamen contriti in igne purgatorio grauiter sunt puniti Illi non habebant vocem laudis et pueri infantes qui nichil adhuc meruerunt eciam vocem laudis non habebant Pueri tamen qui multa passi sunt aliqui enim pueri duorum annorum vel trium vel similes graues aliquando tollerant infirmitates Isti habent vocem laudis Nam pati in VR Cap. 22 fide magni meriti est apud deum vt dixit Item dixit quod non omnes vna voce cantabant in patria sed diuersas voces et melodias intonabant et alij alijs dulcius resonabant et hoc secundum quod erant maioris meriti apud VR Cap. 23 (Z. 4-14) deum Erat autem vox laudancium et iubilancium non verbalis et tamen signatum et erat tam suauis et iocunda quod si solum vnius angeli vox in terris intonaret ex hoc totus mundus exultaret Dixit quod spiritus angelici et anime beate perfruuntur voluptate inenarrabili a deo in ipsos deriuata qua continue eorum desideria innouantur et nouam semper voluptatem percipiunt nulla facta nouitate (158av) vel mutacione circa deum Quesiui si anime beate mouerentur de loco in locum Respondit quod nullius sit ibi motus et dixit se nescire vtrum in hoc raptu fuerit in corpore an extra corpus : ·/ Finis adest Sequuntur plura alia capitula eiusdem libri intytulati lux diuinitatis non scripta in exemplari quod solum fuit excerptum tocius libri
205 deriuata] korr. aus derivatas (s durchgestr.)
190
195
200
205
210
14 Tabellarische Übersicht über die Text- und Rezeptionszeugen der ›Lux divinitatis‹ Die Angaben in der zweiten Spalte informieren nur über die Kenntnis eines bestimmten Kapitels in der Rezeptionsgeschichte der ›Lux divinitatis‹, geben jedoch keine Auskunft darüber, ob es sich um eine vollständige oder fragmentarische Abschrift oder gar um eine Anspielung auf das jeweilige Kapitel handelt. Neben den Handschriftensiglen wurden folgende Abkürzungen benutzt: CTV = Matthias Flacius Illyricus: ›Catalogus testium veritatis‹; LibV = Johannes Meyer: ›Liber de viris illustribus Ordinis Praedicatorum‹; LobG = Johann Frauenlob: ›Die lobwürdige Gesellschaft der Gelehrten Weiber‹; Rep = Urban Moser: ›Repertorium universale veteris ac nove Librarie Carthusiensium minoris Basilee‹; SilP= Dietrich von Arneveld: ›Silencium contra prophecias prophetarum Saxonie‹; VD = Dietrich von Apolda: ›Vita S. Dominici‹ ›Lux divinitatis‹
Teilüberlieferung und Rezeptionszeugen
›Lux divinitatis‹
Teilüberlieferung und Rezeptionszeugen
Prol, 1
Ra
I, 22
Ra, Be2
Prol, 2
Ra
I, 23
Ra, Be2
Prol, 3
Ra
I, 24
Ra
Prol, 4
Ra
I, 25
Ra
Prol, 5
Ra, Br
I, 26
Ra
Prol, 6
Ra
I, 27
Ra
Prol, 7
Ra, CTV, LobG
I, 28
Ra
I, 1
Ra
I, 29
Ra
I, 2
Ra
I, 30
Ra
I, 3
Ra
I, 31
Ra
I, 4
Ra, Be1
I, 32
Ra
I, 5
Ra
I, 33
Ra
I, 6
Ra
I, 34
Ra
I, 7
Ra
I, 35
Ra
I, 8
Ra
II, 1
Ra
I, 9
Ra
II, 2
Ra
I, 10
Ra
II, 3
Ra
I, 11
Ra
II, 4
Ra
I, 12
Ra
II, 5
Ra
I, 13
Ra
II, 6
Ra, Be2
I, 14
Ra
II, 7
Ra, Be2
I, 15
Ra
II, 8
Ra
I, 16
Ra
II, 9
Ra
I, 17
Ra
II, 10
Ra
I, 18
Ra
II, 11
VD
I, 19
Ra
II, 12
Ra, VD
I, 20
Ra
II, 13
Ra
I, 21
Ra
II, 14
Ra, VD
510
Anhang
›Lux divinitatis‹
Teilüberlieferung und Rezeptionszeugen
›Lux divinitatis‹
Teilüberlieferung und Rezeptionszeugen
II, 15
Ra, VD
IV, 1
Ra
II, 16
Ra, VD
IV, 2
Ra, Be1
II, 17
Ra
IV, 3
Ra
II, 18
Ra
IV, 4
Ra
II, 19
Ra
IV, 5
Ra, Be1
II, 20
Ra
IV, 6
Ra, Be1
II, 21
Ra
IV, 7
Ra, VD, Be1
II, 22
Ra
IV, 8
Ra, Be1
II, 23
Ra
IV, 9
Ra
II, 24
Ra
IV, 10
Ra, Be1
II, 25
Ra
IV, 11
Ra, Be1
II, 26
Ra
IV, 12
Ra
II, 27
Ra
IV, 13
Ra, Be1
II, 28
Ra, We3, Be2
IV, 14
Ra
II, 29
Ra, VD, We3
IV, 15
Ra, Be1
II, 30
Ra, VD
IV, 16
Ra
II, 31
Ra
IV, 17
Ra
II, 32
Ra
IV, 18
Ra
II, 33
Ra
IV, 19
Ra
II, 34
Ra
IV, 20
Ra
II, 35
VD
IV, 21
Ra, Be1
II, 36
Ra, LibV
IV, 22
Ra
II, 37
Ra
IV, 23
Ra
II, 38
Ra
IV, 24
Ra
II, 39
Ra, LibV
IV, 25
Ra
II, 40
Ra, LibV
IV, 26
Ra
III, 1
Ra, Ba, Br
IV, 27
Ra
III, 2
Ra
IV, 28
Ra, Be1
III, 3
Ra
IV, 29
Ra
III, 4
Ra
IV, 30
Ra
III, 5
Ra, CTV, LobG
IV, 31
Ra
III, 6
Ra
IV, 32
Ra, Be1
III, 7
Ra
IV, 33
Ra
III, 8
Ra
IV, 34
Ra
III, 9
Ra
IV, 35
Ra, Be1
III, 10
Ra, VD, Be1, SilP
IV, 36
Ra, Be1
III, 11
Ra, Be1, SilP
IV, 37
Ra
III, 12
Ra, VD, Be1, SilP
IV, 38
Ra, Be1
III, 13
Ra, VD, Be1, CTV, LobG, SilP
IV, 39
Ra
III, 14
Ra, Be1, CTV, LobG, SilP
IV, 41
Ra, Be1
III, 15
Ra
IV, 43
Ra
III, 16
Ra
IV, 44
Ra
III, 17
Ra
IV, 45
Be1
14 Tabellarische Übersicht über die Text- und Rezeptionszeugen der ›Lux divinitatis‹
511
›Lux divinitatis‹
Teilüberlieferung und Rezeptionszeugen
›Lux divinitatis‹
Teilüberlieferung und Rezeptionszeugen
IV, 46
Ra
V, 22
Ra
IV, 47
Ra
V, 23
Ra
IV, 48
Ra
V, 25
Ra
IV, 49
Ra
V, 26
Ra
IV, 50
Ra
V, 28
Ra, Be2
IV, 51
Ra
V, 29
Ra, Be2
IV, 52
Ra, Be1
V, 31
Ra
IV, 55
Ra
V, 33
Ra
IV, 56
Ra, Be1
V, 35
Ra
IV, 57
Ra, Be1
V, 36
Ra
IV, 58
Ra
VI, 1
Ra, We3
IV, 59
Ra
VI, 2
Ra, We3
V, 1
Ra
VI, 3
Ra, We3
V, 2
Ra
VI, 4
Ra, We3
V, 3
Ra
VI, 5
Ra, We3
V, 4
Ra, Rep
VI, 6
Ra, We3
V, 5
Ra
VI, 7
Ra, Be1, Weimar Oct 64
V, 6
Ra
VI, 8
Ra, We3, Be1
V, 7
Ra
VI, 9
Ra
V, 8
Ra
VI, 10
Ra, Be1
V, 9
Ra
VI, 11
Ra, Be1
V, 10
Ra
VI, 12
Ra, Vä, Be1, Be2
V, 11
Ra
VI, 13
Ra, Be1
V, 12
Ra
VI, 14
We3
V, 13
Ra
VI, 15
Ra
V, 14
Ra, Be1
VI, 16
Ra, Be1
V, 15
Ra
VI, 17
Ra, Au, Ba, Br, Pr, We1, We2
V, 16
Ra
VI, 19
Ra, Be1
V, 17
Ra
VI, 21
Ra, Ba
V, 18
Ra, Be1
VI, 22
Ra, Be1
V, 19
Ra
VI, 23
Ra, Be1
V, 20
Ra
VI, 24
Ra, Be1
V, 21
Ra
VI, 25
Ra
15 Kapitelkonkordanz: ›Fließendes Licht‹ / ›Lux divinitatis‹ / ›Liecht der gotheit‹ ›Fließendes Licht‹
›Lux divinitatis‹
›Liecht der gotheit‹
Prooemium
Prol, 7
Vorrede, 6
I, 1
IV, 3
IV, 2
I, 2
IV, 21–23
IV, 20–22
I, 3
IV, 25
IV, 24
I, 4
IV, 24
IV, 23
I, 5
IV, 8, 2–18
IV, 7, 2–21
I, 6
II, 1
II, 1
I, 7
IV, 8, 19–22
IV, 7, 22–26
I, 8
IV, 8, 23–26
IV, 7, 27–31
I, 9
IV, 8, 26–28
IV, 7, 31–34
I, 10
IV, 8, 29–32
IV, 7, 35–39
I, 11
IV, 10, 2f.
IV, 9, 2f.
I, 12
IV, 9, 3f.
IV, 8, 4f.
I, 13
IV, 9, 2
IV, 8, 2f.
I, 14
IV, 9, 4–7
IV, 8, 5–8
I, 15
IV, 9, 8f.
IV, 8, 9f.
I, 16
IV, 9, 9f.
IV, 8, 10–12
I, 17
IV, 9, 11–13
IV, 8, 13–16
I, 18
IV, 9, 14–16
IV, 8, 17–20
I, 19
IV, 9, 17–19
IV, 8, 21–24
I, 20
IV, 9, 20–23
IV, 8, 25–28
I, 21
IV, 9, 24–26
IV, 8, 29–32
I, 22
I, 29–32
I, 29–32
I, 23
IV, 10, 3–5
IV, 9, 4–6
I, 24
IV, 10, 7–10
IV, 9, 7–11
I, 25
V, 15, 2–10
V, 11, 2–13
I, 26
V, 15, 10–14
V, 11, 14–18
I, 27
V, 16
V, 11, 20–34
I, 28
IV, 10, 11–21
IV, 9, 12–25
I, 29
I, 23
I, 23
I, 30
IV, 53 (dt.)
IV, 44
I, 30
IV, 54 (lat.)
IV, 44
I, 31
V, 23, 3–7
V, 18, 2–7
I, 32
V, 23, 8–11
V, 18, 7–11
15 Kapitelkonkordanz: ›Fließendes Licht‹ / ›Lux divinitatis‹ / ›Liecht der gotheit‹
›Fließendes Licht‹
›Lux divinitatis‹
›Liecht der gotheit‹
I, 33
V, 23, 12–14
V, 18, 12f.
I, 34
V, 23, 14–16
V, 18, 13–16
I, 35
V, 23, 17–21
V, 18, 17–22
I, 36
IV, 11, 2–4
IV, 10, 2–5
I, 37
IV, 11, 5–9
IV, 10, 6–10
I, 38
IV, 11, 10–15
IV, 10, 11–18
I, 39
IV, 11, 15f.
IV, 10, 18f.
I, 40
IV, 11, 17–19
IV, 10, 20–22
I, 41
IV, 11, 20f.
IV, 10, 23–25
I, 42
IV, 11, 22–25
IV, 10, 26–29
I, 43
IV, 11, 26–28
IV, 10, 30–32
I, 44
IV, 12–13
IV, 11–12
I, 45
I, 21
I, 21
I, 46
IV, 49–50
IV, 41
II, 1
IV, 38
IV, 36, 2–10
II, 2, 2–16 (76,14–28) II, 2, 17–44 (76,29–78,29)
IV, 39 I, 26
IV, 36, 11–23 I, 26
II, 3
I, 27–28
I, 27–28
II, 4
II, 5–7
II, 5–7
II, 5
IV, 19, 2–8
IV, 18, 2–9
II, 6
IV, 19, 9–16
IV, 18, 10–20
II, 7
IV, 19, 17–29
IV, 18, 21–35
II, 8
VI, 7
VI, 7
II, 9
IV, 40, 2f.
IV, 36, 25–27
II, 10
IV, 40, 4–7
IV, 36, 28–31
II, 11
IV, 29, 2–9
IV, 28, 2–9
II, 12
IV, 44, 2–5
IV, 39, 2–5
II, 13
IV, 44, 6–8
IV, 39, 6–8
II, 14
IV, 29, 10–16
IV, 28, 10–16
II, 15
IV, 29, 17–19
IV, 28, 17–20
II, 16
IV, 44, 9–11
IV, 39, 9–11
II, 17
IV, 44, 12–15
IV, 39, 12–16
II, 18
IV, 44, 16–23
IV, 39, 17–25
II, 19
IV, 46–48
IV, 40
II, 20
II, 38
II, 35
II, 21
I, 4
I, 4
II, 22
II, 2
II, 2
II, 23
IV, 1–2
IV, 1
513
514
Anhang
›Fließendes Licht‹
›Lux divinitatis‹
›Liecht der gotheit‹
II, 24
II, 19–21
II, 19
II, 25
IV, 4–7
IV, 3–6
II, 26
Prol, 6
Vorrede, 5
III, 1
II, 26–33
II, 23–30
III, 2
IV, 17
IV, 16
III, 3
IV, 45
IV, 39, 26–86
III, 4
I, 33
I, 33
III, 5
IV, 18
IV, 17
III, 6
V, 7
V, 5
III, 7
V, 33
V, 26
III, 8
III, 3
III, 3
III, 9
I, 5–9
I, 5–9
III, 10
I, 22
I, 22
III, 11
IV, 43, 3–7
IV, 38, 2–6
III, 12
IV, 43, 8–25
IV, 38, 7–27
III, 13
IV, 37
IV, 35
III, 14
V, 32
V, 25
III, 15, 4–28 (192,31–194,28) III, 15, 24–67 (194,23–198,5)
V, 25 VI, 8
V, 20 VI, 8
III, 16
IV, 20
IV, 19
III, 17
VI, 11
VI, 11
III, 18
III, 6
III, 6
III, 19
V, 31
V, 24
III, 20
Prol, 5, 2–19
Vorrede, 4, 2–20
III, 21
VI, 1–6
VI, 1–6
III, 22
VI, 16
VI, 16
III, 23
—
—
III, 24
IV, 33–34
IV, 31–32
IV, 1
V, 24
V, 19
IV, 2
Prol, 3, 10–98 und 4
Vorrede, 2, 11–115 und 3
IV, 3
II, 22–25
II, 20–22
IV, 4
V, 30
V, 23
IV, 5
IV, 59
IV, 47
IV, 6
III, 7
III, 7
IV, 7
V, 27
V, 21, 21–25
IV, 8
III, 4, 3–14
III, 4, 3–16
IV, 9
III, 4, 15–20
III, 4, 17–23
IV, 10
III, 4, 22–28
III, 4, 24–31
15 Kapitelkonkordanz: ›Fließendes Licht‹ / ›Lux divinitatis‹ / ›Liecht der gotheit‹
›Fließendes Licht‹
›Lux divinitatis‹
›Liecht der gotheit‹
IV, 11
III, 4, 30–34
III, 4, 32–36
IV, 12
IV, 55–57
IV, 45
IV, 13
Prol, 5, 19–22
Vorrede, 4, 20–24
IV, 14
I, 10–11
I, 10–11
IV, 15
IV, 30
IV, 29, 2–14
IV, 16
IV, 31
IV, 29, 15–38
IV, 17
III, 9
III, 9
IV, 18
V, 1–3
V, 1–2
IV, 19
IV, 28
IV, 27
IV, 20
II, 11
II, 11
IV, 21
II, 12
II, 12
IV, 22
II, 35
II, 32
IV, 23
II, 9
II, 9
IV, 24
II, 34
II, 31
IV, 25
VI, 15
VI, 15
IV, 26
II, 39, 2–16
II, 36, 2–18
IV, 27
III, 10–14, 2–36
III, 10–14, 2–42
IV, 28
VI, 25
VI, 25
V, 1
II, 4
II, 4
V, 2
V, 22
V, 17
V, 3
III, 16
III, 16
V, 4
IV, 35–36
IV, 33–34
V, 5
VI, 12
VI, 12
V, 6
IV, 16, 2–11
IV, 15
V, 7
IV, 16, 12–14
IV, 16
V, 8
V, 6
V, 4, 13–57
V, 9
I, 19
I, 19
V, 10
V, 34
V, 27, 2f.
V, 11
V, 4
V, 3
V, 12
II, 40
II, 37
V, 13
V, 5
V, 4, 2–11
V, 14
VI, 9
VI, 9
V, 15
VI, 10
VI, 10
V, 16
V, 35
V, 27, 5–21
V, 17
IV, 14
IV, 13
V, 18
IV, 15, 2–10
IV, 14
V, 19
V, 36
V, 28
515
516
Anhang
›Fließendes Licht‹
›Lux divinitatis‹
›Liecht der gotheit‹
V, 20
I, 1
I, 1
V, 21
IV, 15, 11–19
IV, 14
V, 22
V, 8
V, 6
V, 23
I, 12–17 und 34
I, 12–17 und 34
V, 24
II, 13–15
II, 13–15
V, 25
V, 9
V, 7
V, 26
I, 2
I, 2
V, 27
I, 20
I, 20
V, 28
II, 36
II, 33
V, 29
V, 10
V, 8
V, 30
IV, 26
IV, 25
V, 31
IV, 27
IV, 26
V, 32
VI, 23
VI, 23
V, 33
V, 18
V, 13
V, 34
II, 16–18
II, 16–18
V, 35
VI, 17, 2-60
VI, 17, 2–68
VI, 1
V, 11–14
V, 9–10
VI, 2, 3–8 (433,3–10) VI, 2, 9–47 (432,10–434,22)
— III, 1
— III, 1
VI, 3
III, 2
III, 2
VI, 4
VI, 18
VI, 18
VI, 5
Prol, 3, 3–9
Vorrede, 2, 2–10
VI, 6
VI, 19
VI, 19
VI, 7
III, 8
III, 8
VI, 8
VI, 14
VI, 14
VI, 9
II, 10
II, 10
VI, 10
VI, 13
VI, 13
VI, 11
II, 37
II, 34
VI, 12
V, 17
V, 12
VI, 13
V, 19–20
V, 14–15
VI, 14
V, 28, 9–19
V, 21, 34–46
VI, 15, 3–29 (460,19–462,22) VI, 15, 29–88 (462,23–466,22)
— III, 14, 37–65 und 15
— III, 14, 43–77 und 15
VI, 16
I, 24–25
I, 24–25
VI, 17
V, 28, 2–6
V, 21, 26–31
VI, 18
V, 28, 6–9
V, 21, 31–34
VI, 19
V, 29
V, 22
15 Kapitelkonkordanz: ›Fließendes Licht‹ / ›Lux divinitatis‹ / ›Liecht der gotheit‹
›Fließendes Licht‹
›Lux divinitatis‹
›Liecht der gotheit‹
VI, 20 VI, 20, 4–11 (476,4–12)
VI, 24 Prol, 5, 23–30
VI, 24 Vorrede, 4, 25–33
VI, 21
III, 5
III, 5
VI, 22
—
—
VI, 23
IV, 41
IV, 37, 2–19
VI, 24
I, 18
I, 18
VI, 25
IV, 42
IV, 37, 20–26
VI, 26
VI, 20
VI, 20
VI, 27
VI, 21
VI, 21
VI, 28
VI, 22
VI, 22
VI, 29
I, 3
I, 3
VI, 30
IV, 32
IV, 30
VI, 31
IV, 51–52
IV, 42–43
VI, 32
V, 21
V, 16
VI, 33
IV, 58, 3–25
IV, 46, 3–28
VI, 34
IV, 58, 26–31
IV, 46, 29–36
VI, 35
III, 17
III, 17
VI, 36
II, 8
II, 8
VI, 37
VI, 17, 61–119
VI, 17, 69–130
VI, 38
V, 26, 2–13
V, 21, 2–15
VI, 39
I, 35
I, 35
VI, 40
V, 26, 14–17
V, 21, 16–19
VI, 41
II, 3
II, 3
VI, 42
II, 39, 17–26
II, 36, 19–29
VI, 43
—
—
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− − − − − − −
(Anm.), LXVII, LXVIII (Anm.), LXIX (Anm.), LXXII, LXXIII, LXXIV, LXXV, LXXVI, LXXVII, LXXVIII, LXXIX, LXXX, LXXXI, LXXXII, 4917, 497 B IX 12 LVI B IX 19 LVI B X 25 LVI B X 36 49118 E III 12 LX, 489, 50252 Aleph C VI 12 49115 AR I 4a XX27, XLVII, 490f. (Anm.)
Berlin, SBPK, Ms. germ. qu. 1985 LVII − Ms. theol. lat. qu. 324.4 (Sigle: Be1) XXI, XXV, XLIV, XLV–XLVII, LXVIf., LXXVI, LXXXII, 456–460, 49118, 509, 510, 511 − Ms. theol. lat. qu. 354 49320 − Ms. theol. lat. oct. 89 (Sigle: Be2) XVIII, XIX (Anm.), XXI32.33, XXII, XXV, XXVI, XLVIIf., LIV, LXVIII–LXXII (mit Anm.), LXXVI, LXXXII, 461f., 49424, 496, 509, 510, 511 Bern, Burgerbibl., Cod. A 76 XLIX − Cod. A 77 XLIX − Cod. A 82 (Sigle: Br) XXII, XXV, XLV, XLIX, LXIV–LXVI, LXXII, LXXVI, LXXXI, LXXXII, 468, 470, 472, 509, 510, 511 − Cod. A 83 XLIX Brussel, KB, Ms. 7825-26 (Kat.-Nr. 3187) LVI Budapest, NB, Cod. Germ. 38 XIX, LXX Colmar, StB, Ms. 264 LVII − Ms. 2137 XIX, LXX Einsiedeln, Stiftsbibl., Cod. 277 XVII, XIX, XXIX (Anm.), LXIII (Anm.) − Cod. 671 LVII, LIX, 487f.
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Eisleben, Stiftung Luthergedenkstätten/ Luthers Geburtshaus, H 546 XXIII, XLVIII, LIV, LXXf., 495f. Erfurt/Gotha, Universitäts- und Forschungsbibl., Cod. CE 8° 18 49220 Fontaines, Bibliothèque des Jésuites, Ms. 8° 747 49220 Frankfurt, Stadt- und UB, Ms. Praed. 15 LVI Fulda, LB, Cod. B 10 LVII Gotha, Universitäts- und Forschungsbibl., Memb. I 80 XXXIII Göttingen, SUB, 8° Cod. Ms. theol. 108 49840 − 8° Cod. Ms. theol. 109 49840 − 8° Cod. Ms. theol. 109b XXIV, LV83, LVI, LVIIf., LXI91, 474–482, 497f. (Anm.) − Cod. Ms. h. lit. 10 49840 Karlsruhe, LB, St. Peter perg. 18a LII − Cod. 379 LVI Konstanz, Rosgartenmuseum, Hs. 1961/64 49220 Köln, HA, GB oct. 131 LVI Leipzig, UB, Ms 833 LV83, LVI, LVIIf., 474–482 − Ms 846 XXIV53, LV (Anm.), LVI, LVIIf., LXI, 474–482 − Rep. II 74 (Depositum StB) 49842 Luzern, ZB, Cod. N. 175, Depositum der Bibl. des Romero-Hauses Luzern (Sigle: Rw) XXf. (Anm.), XXV (Anm.), XXVIf., XXX, XXXVI–XLI, LXIf. (mit Anm.), LXIII, LXV116, LXVI, LXVII, LXVIII (Anm.), LXIX (Anm.), LXXIII, LXXIV, LXXVI, LXXVII, LXXVIII, LXXIX, LXXX, LXXXII, 499 Moskau, Bibl. der Lomonossow-Universität, Dokumentensammlung Gustav Schmidt, Fonds 40/1, Nr. 47 XVIII (Anm.), XIX, LXI
München, SB, Cgm 186 LVII, LVIII, 483–485 − Cgm 244 LVII Paderborn, EAB, MS Ba. 5, item 6 (Sigle: Pa) XXII, 510 Paris, NB, Ms 2873 XXV59 Prag, Bibl. des Strahov-Klosters, DB IV 2 (Sigle: Pr) XXI32, XXII, XXIV, XXVI, XLI, XLII, XLIXf., LI, LII, LXXII–LXXV, LXXVI, LXXXI, LXXXII, 469, 471, 473, 511 St. Gallen, Stiftsbibl., Cod. 591 XL Scheyern, Stiftsbibl., Mscr. 4 LVII Straßburg, StB, A 89 (verbrannt) LXVIII120 − A 91 (verbrannt) LXVIII120 Überlingen, Leopold-Sophien-Bibl., Ms. 4 LVII, LVIII, 483–485 − Ms. 5 LVII, LIX, 485–487 Växjö, Stadsbiblioteket, Ms. qu. 401 (Sigle: Vä) XXI, XXV, XXVI, Lf., LXVIII–LXXII (mit Anm.), LXXVI, LXXXII, 463, 49424, 511 Weimar, HAAB, Q 51 (Sigle: We3) XXII, XXVI, XLVIII, LIIIf., LXVIII–LXXII (mit Anm.), LXXVI, LXXXII, 464–466, 49424, 496, 510, 511 − Oct 54 (Sigle: We1) XXII, XXIV, XXVI, XLI, XLII, L, LIf., LII, LIII, LXXII–LXXV, LXXVI, LXXXI, LXXXII, 469, 471, 473, 511 − Oct 58 (Sigle: We2) XXII, XXV, XXVI, XLI, XLII, L, LI, LIIf. LXXII–LXXV, LXXVI, LXXXI, LXXXII, 469, 471, 473, 511 − Oct 64 XXIII, 496, 511 Wien, NB, Cod. 3604 LVI Wolfenbüttel, HAB, Cod. Guelf. 1003 Helmst. LXXI, 500 Würzburg, UB, M. p. th. q. 55 LVI Würzburg, Bibl. des Franziskanerklosters, Hs I 110 XVIII16, XIX, LXX
Personen, Orte und Werke
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2 Personen, Orte und Werke Die Abbreviaturen Reg und Prol und die römischen Zahlen I bis VI beziehen sich auf Register, Prolog bzw. die einzelnen Bücher der hier vorliegenden Ausgabe der ›Lux divinitatis‹ (je nach Fall werden auch die Marginalien [Marg.] und die Apparate [App.] referiert). Wenn die alemannische Rückübersetzung über den lateinischen Text hinausgehende Referenzen (beispielsweise Nennungen des Namens Mechthild) aufweist, wird die entsprechende Stelle unter Verwendung des Kürzels LG nach der hier vorliegenden Edition des ›Liecht der gotheit‹ zitiert. Bei allen anderen Registereinträgen beziehen sich die Angaben auf die Seitenzählung der vorliegenden Textausgabe.
Aaron (AT) Prol, 1, 12 Abel (AT) II, 18, 14 Abraham (AT) IV, 13, 16.69 Adam (AT) I, 7, 4.7 | I, 11, 2.8 | I, 12, 7 | I, 16, 25 | I, 17, | I, 19, 13.23 | III, 14, 3 | V, 1, 11 | VI, 1, 6 | VI, 6, 4 26 Albrecht/Albert von Minden LX, LXVIII | Reg 56 | II, 36, 1.4.16 | IV, 31, 1(App.) | 448, 449, 489 Albertus Magnus 501, 502 ›Alphabetum divini amoris‹, s. Ps.-Gerson Altenhohenau, Dominikanerinnen LVII Altzelle, Zisterzienser LVI Ambrosius 507 Anonymus Cisterciensis ›Compendium de statu religiosorum moderni temporis‹ 492f. Antichrist II, 18, 25 | III, 5, 33 | III, 11, 4f.(Marg.) | III, 13, 1(App.).5.19.22.34 | III, 14, 16.22.38.44.54.57 | LG III, 14, 68 | 449, 458, 478, 499, 500, 501 Arnoldi, Heinrich von Alfeld XLIV, LXVIf., 49118 ›De Dei beneficiis‹ XLVI ›De exercitiis‹ XLVI ›Liber meditationum et orationum‹ XXI, XLV, XLVI Augsburg XLIII, 494 Benediktiner XXIV, XLI, XLIII, LXXIV Augustinus 506, 507 ›De vanitate saeculi‹ 49322 ›Soliloquia‹ 493 Ps.-Augustinus XLIII ›Meditationes‹ L ›Aureum Alma B. M. V.‹ I, 13, 9(App.) ›Ave Maria‹ XLIV, 491 ›Ave Maria dulcis mater christi‹ LII ›Ave pater qui unigenitum incarnari per sanctum spiritum voluisti‹ XLII Ägypten I, 9, 27 | I, 16, 37 | 475, 483, 486
Babenhausen XXXVII Balduin (Dominikaner) LX | Reg 60 | II, 39, 1.2 | 474 (App.), 489, 497 hl. Barbara II, 38, 2 Bartholomäus (NT) XLVI, 507 Bartholomaeus de Rinonico Pisanus ›Quadragesimale: De casibus conscientiae‹ L, LI Basel XVIII11, XXIV57, XXV, XXXII, XXXVI, XLIV, XLIX, LIX, LX, LXIII, LXIX, LXX, 494, 499 Dominikaner XIX, XXV, XXVI, XXIX, XXXII, XLIV, XLVI, XLVII, LVI, LIX, LXVII, LXVIII Kartause XX, XXI, XXV, XXXII, XLIII, XLIV, XLV, XLVI, XLVII, XLIX, LVI, LIX, LXIII, LXIV, LXV, LXVI, LXVII, LXVII, LXXII, 490, 49111.18 Beatrix von Nazareth XVII hl. Benedikt LIX Bernhard von Clairvaux XLVII | III, 5, 26f.(Marg.) | 506, 507 Berthold von Nürnberg ›Liber de mysteriis et laudibus intemerate Virginis Mariae‹ XXXIII Berthold von Regensburg 507 Bethlehem I, 13, 8 | I, 14, 3.7 Birgitta von Schweden 495, 501 Blannbekin, Agnes XLIII, LXXXI, LXXXII | II, 10, 30(App.) | 503–508 Bologna, Dominikaner 487, 497 Bonaventura XXXV, XLIX Bonifaz VIII. (Papst) XLII Breydenbach, Bernardus ›Sanctarum peregrinationum in montem Syon‹ 494 Buxheim, Kartäuser XXV, XLV, XLVI, LXVII, 49220 hl. Cäcilia II, 6, 4 Cherub Prol, 3, 39 | II, 29, 4.24 | 465, 466, 480 Chur XXXVII Christina Mirabilis, s. Thomas von Cantimpré Christus, s. Jesus Christus
538
Register
›Claustrum animae‹ XXXV ›Commendo tibi sancta maria extremum diem et horam exitus mei‹ L ›Crucifixe amor meus tibi laus tibi gloria eterna‹ XLII ›Cursus … virginis marie secundum ordinem Carthusiensem‹ XLIV Ps.-Cyrillus XLIII Daniel (AT) Prol, 5, 17 | II, 40, 14 Dante ›Divina Commedia‹ 490 David (AT) Prol, 5, 10 ›De beata Marie V.‹ I, 13, 9(App.) ›De incarnatione D. N.‹ I, 13, 9(App.) ›De tue uberrime et inexhauste pietatis ineffabili dulcedine‹ XLII Debora (AT) Prol, 1, 4.21 ›Der Kuttenmann‹ XLVII, XLVIII, LIV Dietrich von Apolda XX, XXV, LX ›Vita S. Dominici‹ (VD) XVIII (Anm.), XXIV (Anm.), LIV–LIX (mit Anm.), LXIf. (Anm.), LXXIf., LXXVI, LXXXII, 497 (Anm.), 509 ›Vita S. Elisabeth‹ LV Dietrich von Arneveld XXV, XXVI ›Silencium contra prophecias prophetarum Saxonie‹ XXII, XXXI80, LX (Anm.), 509 Dietrich von Dobin III, 1, 3 | III, 2, 13 Dillingen XXIV57 Ditmar (Zisterzienserabt) LIX ›Domine deus omnipotens qui es trinus et unus‹ L ›Domine Jhesu Christe fili dei vivi qui voluisti pro redempcione mundi‹ L ›Domine Ihesu Christe per illam amaritudinem‹ XLII ›Domine Jhesu Christe qui septem verba die ultimo vite tue‹ XLII hl. Dominikus Reg 47.50 | II, 11, 1.3.6 | II, 14, 15 | II, 15, 1.2 | II, 16, 1.15 | II, 20, 10 | II, 35, 25f.(Marg.).44 | 474, 475, 476, 477, 480, 481, 483, 484, 485, 486, 487, 488, 506 Dorothea von Montau 496 Dresden XXXVII ›Dulcis Ihesu fili dei vivi per illam magnam misericordiam‹ XLII Ebner, Margareta 490 Echard, Jacques ›Scriptores ordinis praedicatorum‹ XXIV, 502
Meister Eckhart XXI32 Efraim (AT) Prol, 1, 5 Ekbert von Schönau ›Epistola Eckeberti ad cognatas suas de obitu domine Elisabeth‹ Elias (AT) Reg 74 | III, 14, 1.2.13.32.39(App.).42 | LG III, 14, 52 | 449, 458, Elisabeth von Schönau XXI30, XXV59, XXXIX, 490, 499, 501 ›Adiuratio conscriptoris‹ XL ›Epistolae‹ XL ›Liber revelationum Elisabeth de sacro exercitu virginum Coloniensum‹ XL ›Liber viarum Dei‹ XL ›Liber visionum‹ XXXIX, XL ›Prophetia Elisabethae‹ XL ›Visio Egberti de Ursula‹ XL Elisabeth von Thüringen Reg 50 | II, 16, 1.4.8.12 Embolismus I, 3, 12(App.) Ps.-Engelhart von Ebrach ›Buch der Vollkommenheit‹ XIX19 Epp, Georg ›De illustribus viris ac sanctimonialibus sacri O. P.‹ XXIV57, LX Erfurt Dominikaner XVIII, LIV, LV, LXII, LXXII, LXXV Benediktiner XXIV, XLIX, L, LI, LII, LXXIII, LXXIV, 50048 Kartäuser XVIII16, XXIIf. (Anm.), XXV, XXVI, XLVII, XLVIII, L, LI, LII, LIII, LIV, LXIX, LXX (Anm.), LXXI (Anm.), LXXIV, LXXV, LXXVI,49220, 494–496 (mit Anm.) Zisterzienserinnen (St. Martin) LI Estienne, Henri 4906 ›Et stella nostra praevia‹ I, 13, 9(App.) Ps.-Eusebius Cremonensis XLIII Eva (AT) I, 7, 4 | I, 19, 23 ›Eya redemptor piissime Ihesu benignissime‹ XLII Faber Stapulensis, Jacobus ›Liber trium virorum et trium spiritualium virginum‹ XXV59, 4906, 499 Falkenhagen, Kreuzbrüder XXII Ferrara XXXVII Flacius Illyricus, Matthias XXVf. ›Catalogus testium veritatis‹ XXIII, XXVI60, LXXXII, 498–500 (mit Anm.), 501, 509 Frankfurt a. M. 500, 501 Dominikaner LVI
Personen, Orte und Werke
hl. Franziskus Reg 50 | II, 14, 15 | II, 16, 1.18 | II, 37, 12(Marg.) | 476, 477, 506, 507 Frauenlob, Johann ›Die lobwürdige Gesellschafft der gelehrten Weiber‹ XXIIIf., XXVI60, LXXXII, 500f., 509 Freiburg i. Br. XXXVI, XXXVII Freidank 494 Friedrich I. (Kaiser) 494 Friedrich von Braunschweig XXII Gabriel (NT) I, 10, 14.18 | I, 12, 18 Gebweiler, Dominikaner LIX ›Geistbuch‹ LIV Ps.-Gennadius XLIII Georg von Sachsen (Herzog) 498 Gerson, Johannes XXIII, 496 ›Pro devotis simplicibus‹ 492 ›De indulgentiis‹ 492 Ps.-Gerson ›Alphabetum divini amoris de elevatione mentis in Deum‹ XLVIII, 492 (mit Anm.) Gertrud von Hackeborn 495 Gertrud von Helfta XXVIII69, 495 ›Legatus divinae pietatis‹ XXI32 Görlitz XXXVII Grácián, Jerónimo XXIV, 490 ›Gracias ago tibi piissime domine Jhesu Christe fili dei vivi‹ XLII ›Gracias tibi o bone Ihesu qui incarnatus es de spiritu‹ XLII ›Grates tue caritati‹ XLII Gregor der Große 507 ›Dialogi‹ XXXVI ›Homeliae in evangelia‹ II, 5, 3(App.) Gyslinger, Martinus, s. Ymler, Martinus de Gyslingen Hadewijch XVII Hagen, Johannes ›De gradibus humilitatis‹ L, LI Halberstadt XVIII15 Dominikaner 497 Halle, Dominikaner II, 39, 12f.(Marg.) | II, 40, 3 | 489, 497 Hartwig von Erfurt LIV Hedingen, Dominikanerinnen LVII Heinrich (Dominikaner) XLIII | Reg 56 | II, 35, 2.5.19.22 Heinrich von Friemar ›De occultatione vitiorum sub specie virtutum‹ 493
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Heinrich von Halle XXIV (Anm.), LX | Reg 61, | LG Reg 2.189 | Prol, 1, 1 | LG II, 37, 19 | II, 40, 1.3 | 447, 449, 489 (mit App.), 498 (mit Anm.), 501, 502 (mit Anm.) Heinricus de Hallis (Dominikaner) 49844 Heinrich von Nördlingen XIX (Anm.), 490 Helfta, Zisterzienserinnen XVII (Anm.), XVIII13, XXVIII69, LXXI | Prol, 1, 39 | II, 40, 16(App.) | 474 (App.), 489, 495, 497, 501, 502 Henoch (AT) Reg 74.75 | III, 14, 1.2.13.32.54.55.56.57.58 | III, 15, 1.11 | 449, 458 Hermas Pastor 490 Herodes (NT) LXVIII123 | I, 14, 35 | I, 22, 12 | II, 18, 14.15 | 461 Hieronymus XLIII, 508 ›Epistola ad filiam Mauritii‹ 493 Hieronymus de Vallibus ›Jesuida seu de passione Christi‹ 494 Hildegard von Bingen 490, 495, 496, 501 ›Liber scivias‹ 499 Hildegund (Schwester) Reg 59 | II, 38, 1.4 Hildesheim 49840 Franziskaner XXII, XXVI Himmelskron (Worms), Dominikanerinnen LVII Hochstätt XXXVII Hohelied XXIV Hugo von St. Viktor XXXV ›Soliloquium de arrha animae‹ 493 Hulda (AT) Prol, 1, 8.23 ›In presentia corporis et sanguinis tui domie Ihesu‹ LII Indien III, 14, 37 ›In manus inextinguibilis tue misericordie pater sancte‹ XLII Isaac von Syrien/von Ninive ›De contemptu mundi‹ XXXV, XXXVI Jakob (AT) 477 Jan van Ruusbroec XXIII, LIV, 496 ›Een spieghel der eeuwigher salicheit‹ LXX129 Jan van Schoonhoven XXIII, 496 Jeremias (AT) Prol, 5, 14 | 505 Jerusalem (AT) Prol, 1, 8 | III, 5, 21 | III, 12, 17 | IV, 58, 15 | VI, 17, 95 | 470, 471 Jesaja (AT) I, 6, 9(Marg.)
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Register
Jesus Christus XLI, XLIV, XLV, XLVII, L, LI, LII, LXV | Reg 18.22.23.24.26.27.29.30.51.94.120.123, | LG Reg 22.101 | Prol, 1, 31 | Prol, 3, 31 | Prol, 4, 9 | Prol, 5, 16.29 | LG Prol, 5, 11(Marg.) | Prol, 6, 44 | I, 3, 13 | I, 10, | I, 11, 28 | I, 12, 4 | I, 13, 1 | I, 14, 3 | I, 15, 1.8.15 | I, 16, 25 | I, 17, 2.3.8 | I, 18, 1.4 | LG I, 18, 10 | 9f. I, 19, 1.3.27 | LG I, 19, 7 | I, 20, 15 | I, 21, 1.4.6 | I, 22, 1.49 | I, 23, 1.8f.(Marg.) | I, 24, 1.11.43.47 | LG I, 24, | I, 25, 5 | I, 27, 14 | I, 28, 1.2.13.16.17 | I, 31, 15.17 | 23 I, 32, 17 | I, 33, 15.23 | I, 34, 9.11 | II, 2, 15 | II, 4, 4 | II, 5, 42 | II, 7, 3 | II, 10, 10 | II, 13, 7 | II, 14, 3 | II, 18, 18.27.29 | II, 19, 1.3.11.24.32 | II, 22, 17 | II, 23, | II, 24, 6 | II, 29, 13(App.) | II, 30, 3 | II, 31, 9 | II, 5 33, 5 | II, 35, 16 | III, 1, 9.37 | LG III, 2, 17 | III, 4, | III, 11, 6.19(App.).20.24(App.).29 | LG III, 11, 21.31 | III, 11 12, 16.17.19.21.26 | LG III, 12, 7 | III, 13, 33 | III, 14, | III, 15, 8 | III, 16, 1.2.3.5.8 | III, 17, 4 | IV, 1, 28.43.65 | IV, 11, 10 | IV, 13, 17.43 | IV, 15, 15 | IV, 16, 2.7.9 20 | IV, 17, 2 | IV, 25, 31 | IV, 26, 8.29 | IV, 33, 1 | IV, 40, 2.4 | IV, 43, 6.19 | IV, 46, 8.10 | IV, 51, 17 | IV, 55, 2 | IV, 58, 11 | IV, 59, 10 | V, 1, 13 | V, 4, 3f.8.34.41 | V, 8, 6 | V, 11, 11.17 | V, 12, 2 | V, 13, 17 | V, 14, 19f. | V, 19, 2 | V, 21, 1.6 | V, 22, 9 | V, 25, 1 | V, 30, 24 | V, 35, 10 | VI, 2, 16 | VI, 8, 3.38.40(App.) | VI, 14, 2 | VI, 17, 4.12.32.60.61.75.78.87.100.106(App.) | VI, 18, 27 | VI, 20, 9 | VI, 21, 2f. | VI, 22, 22 | VI, 23, 9.21 | VI, 24, | VI, 25, 6 | 447, 448, 449, 458, 460, 464, 8 466, 467 (mit App.), 468, 469, 470, 471, 472 (App.), 475, 476, 478, 484, 485, 487, 489, 496, 499, 500, 501, 503, 504, 505, 506, 507 Job (AT) V, 6, 2 | V, 10, 8f.(Marg.) Johannes Baptista (NT) Reg 44 | II, 5, 1.24 | II, 7, 24 | II, 8, 1.6.9.16.20 | II, 18, 15 | II, 19, 9 | II, 24, 17f. | II, 29, 10.20 | IV, 13, 42 | V, 21, 21 | 466, 507 Johannes Evangelista (NT) Reg 45 | II, 5, 27 | II, 6, 28.30.33 | II, 9, 1(App.).2.12 | II, 19, 11 | IV, 56, 13 | 504, 507 Johannes von Hildesheim ›Liber de tribus regibus‹ 494 Johannes IV. von Hohenstein (Benediktinerabt) XLI Johannes de Indagine, s. Hagen, Johannes Josia (AT) Prol, 1, 9 | 478 Joseph (NT) I, 13, 14.40.42 | I, 16, 34 Joseph von Arimathea (NT) II, 7, 3 Judea I, 14, 3.5 Judas (NT) III, 3, 10 | VI, 1, 8 Jutta von Sangerhausen II, 18, 1.3
Kain (AT) VI, 1, 6 hl. Katharina II, 6, 4.16 | II, 20, 12 Katharina von Siena 495, 496, 501 Kempf, Nicolaus 492 Konstanz 492 (mit Anm.) Dominikaner LIX Köln XXIV57, 494 Dominikaner XXIV Kreutzer, Johannes LIX Lapidoth (AT) Prol, 1, 4 Landulf von Colonna ›Tractatus de translatione imperii‹ 494 hl. Laurentius II, 20, 5 Lautenbach, Conrad 500 Lazarus (NT) V, 6, 11 Lefèvre, Jacques d’Etaples, s. Faber Stapulensis, Jacobus Lindner, Johannes XXV ›Onomasticon mundi generale‹ XXIV, 498 (mit Anm.) Louber, Jakob XXV, XXXII, XXXIII, XXXIV, XXXV, XLIV, XLVI, XLVII, LXVII Lowis XXXVII Ludolphus de Columna, s. Landulf von Colonna Luzifer LG Reg 75 | Prol, 3, 42 | Prol, 6, 40 | I, 9, 6 | I, 11, 7.9 | I, 14, 20.24.31.36 | LG I, 14, 30 | I, 17, 10.15.21 | II, 28, 1.25.26 | II, 29, 10 | IV, 33, 4 | IV, 36, 12 | IV, 57, 51 | VI, 1, 5 | VI, 2, 3.17 | VI, 3, 13.15.26 | LG VI, 3, 2 | VI, 5, 2 | VI, 6, 37 | 448, 457, 458, 465, 466 Macharius 465 Magdeburg XVII (Anm.), LVIII86, LXV | Reg 63 | III, 1, 1.3 | 448, 467 Dominikaner 497 Mainz 494 ›Malogranatum‹ XLVIII Margareta zum Goldenen Ring LXIII Maria (Jungfrau) XXXIX, XLIV, XLIX, LII | LG Reg | I, 9, 22.36 | I, 13, 40.42 | I, 14, 14 | I, 15, 3 28.45.46.48 | LG I, 15, 1 | I, 16, 14.36 | I, 22, 35 | LG I, 29, 1 | I, 31, 3 | LG I, 32, 1 | I, 33, 3 | I, 34, 16 | I, 35, 4.8 | LG I, 35, 1 | II, 5, 13 | LG II, 6, 23 | II, 19, 7 | II, 22, 22 | III, 17, 4 | IV, 3, 8 | IV, 16, 3 | IV, 21, 16 | IV, 27, 23 | IV, 46, 10 | V, 4, 9 | V, 21, 15 | V, 22, 14 | 491 Maria Magdalena (NT) Reg 46 | II, 10, 1.10f. | II, 21, 2 | III, 11, 42 | IV, 13, 37
Personen, Orte und Werke
Maria Medingen, Dominikanerinnen LVII, 490 Marquard von Lindau LIV hl. Martin II, 20, 8 Matelda 490 Maximilian I. (Kaiser) ›Contra falsas Francorum Literas‹ 494 Mechthild von Hackeborn XXVIII69, XLVI | LG Reg | 494, 495, 496, 499, 500, 501, 502 190 ›Liber specialis gratiae‹ XX, XLIV, LXXI, 490 (mit Anm.), 491 (mit Anm.), 492, 495, 499, 500, 501, 502 Mechthild von Magdeburg lux divinitatis Reg 1 | Prol, 7, 11 | 447, 463, 467, 490, 491, 492, 493, 495, 508 mechtildis XX, XXII, XXIII, XXVI60, XXXIV, XLI, XLIII, XLV, XLVI, XLVII, XLVIII, XLIX, L, LI, LIII, LXV | Reg 52.149 | LG Reg 73 | Prol, 1, 3 | LG I, 1, 1 | I, 23, 4 | II, 19, 2 | LG II, 20, 2 | II, 39, 2 | II, 40, 4.16.18 | LG V, 1, 1 | V, 28, | V, 29, 15(App.) | VI, 3, 26(App.) | VI, 8, 14(App.) | VI, 17, 61(App.) | VI, 18, 2 | VI, 20, 40(App.).51(App.) | VI, 21, 1(App.) | 447, 460, 461, 462, 463, 1 464, 465, 466, 467, 468, 469 (mit App.), 474 (App.), 489, 490, 491, 492, 495, 496, 497, 499, 500, 501 Medingen, s. Maria Medingen Melk, Benediktiner XLI, XLIII Ps.-Methodius (Eubulius) von Olympus ›Apokalypse‹ 493 Meyer, Johannes XXV ›Liber de viris illustribus O. P.‹ (LibV) XX (Anm.), XXIV, LIXf., LXVIIf., LXXVI, LXXXII, 501, 502 (mit Anm.), 509 Michael Franciscus de Insulis ›Determinatio quodlibetalis facta colonie‹ 494 Mondsee, Benediktiner LVI Moser, Urban XXII, XXV, XXXII, XLIX ›Repertorium universale veteris ac nove Librarie‹ XX (Anm.), XLVII, 490f. (mit Anm.), 509 Moses (AT) Prol, 1, 20 | Prol, 5, 4.9 | I, 9, 28 | I, 15, | I, 17, 9 | I, 33, 27 | II, 40, 13 | VI, 2, 14 | 478, 5 505, 507 Munio von Zamora LIV Bruder N. (Erfurter Kartäuser) XLVIII, LIV, LXX (Anm.), LXXI, 496 Sermones LIV ›De quinque hortulis‹ LIV
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Neurupin LG Reg 189 | LG Prol, 1, 1 | II, 40, 3 | 498 Nider, Johannes 492 hl. Nikolaus 507 Noe (AT) I, 16, 11 Nürnberg Dominikaner XXXIII Dominikanerinnen LVII ›O ardentissime amator nostre salutis‹ XLII ›O benignissime Ihesu Christe dominus meus et deus meus‹ XLII ›O inestimabilis dulcedo pietatis tue‹ XLII ›O Jhesu dulcissime domine, o virginalis parvule amabilis‹ XLII ›O secura mansio‹ XLII Oda II, 35, 20 Oswald de Corda ›Opus pacis‹ LXXI133 Oswalt, Gallus L Palladius, Rutilius Taurus Aemilianus ›De re rustica‹ 494 Paris XXV59, 4906, 499 Paulus (NT) Prol, 2, 12 | LG I, 22, 58 | II, 19, 16 | IV, 48, 2.23 | 501, 507 Petri, Adam XLIX Petrus (NT) LG Reg 71 | Prol, 2, 12 | II, 5, 28 | II, 19, | III, 11, 31 | 507 14 Petrus Martyr LIX, | II, 17, 1.2.5 Petrus Hispanus ›Summulae Logicales‹ 494 Petrus de Prussia 502 ›Vita B. Alberti Doctoris Magni‹ XXIV (Anm.), 501f. Pforta, Zisterzienser 49844 Piemont XXXVII Pirna, Dominikaner XXIV (Anm.), XXV, LV, LVI, 498 Pirnischer Mönch, s. Lindner, Johannes Pontianus, Lucius Tutilius Gentianus ›Historia Augusta‹ 494 ›Psalterium B. V. M.‹ XLIX ›Psalterium de passione Domini dictum Granum passionis‹ XLII Quetif, Jacques ›Scriptores ordinis praedicatorum‹ XXIV, 502 Raimundus de Capua ›Legenda de B. Katherina de Senis‹ 492 Rebdorf, Augustinerchorherren LXIV115
542
Register
Reimmann, Jacob Friedrich 49840 Reinboth, Hermann LIV Richalm von Schöntal ›Liber revelationum‹ 493 Richard von St. Viktor ›Soliloquium de arrha animae‹ 493 Robert d’Uzés 490 Rodgerus de Herfordia ›Formula Spiritualium Exercitiorum‹ 49220 Rom III, 12, 16 | 470, 471, 479 Rottenburg a. N. XXXVII Ruusbroec, s. Jan van Ruusbroec Salomon (AT) Prol, 5, 12 | I, 9, 35 ›Salve infans imperialis magnificencie splendor‹ XLII Sathan Reg 19.22 | Prol, 1, 31 | Prol, 3, 33.74.83 | I, 14, | I, 16, 38 | I, 17, 1.4.10.16.18.31 | II, 28, 27(Marg.) 1.7.31.35 | IV, 12, 7 | IV, 48, 8.15 | VI, 6, 24 | VI, 14, 12.14 | 447, 464 Schönensteinbach, Dominikanerinnen LXVIII ›Septuaginta duo nomina Mariae‹ LII Seraph Prol, 3, 38 | II, 2, 4.5.12 | LG II, 26, 27 | II, 28, | II, 29, 11.19 | II, 38, 31 | 465, 466 20.24 Sittard, Konrad LX ›Kurtze Chronica … der General Maister Prediger Ordens‹ XXIV57 Sodoma VI, 1, 9 ›Speculum amatorum mundi‹, s. Augustinus ›De vanitate saeculi‹ ›Stabat Mater‹ XLII Steill, Friedrich LX ›Geistlicher Lustgarten des Prediger-Ordens‹ XXIV57 ›Stella maris praevia‹ I, 13, 9(App.) hl. Stephan II, 20, 2 | 507 ›Stimulus amoris‹ XXXV, XLIII Straßburg XXIII, 492, 499 Johanniter LXVIII Ströwlin, Martin XLIX Susanna (AT) II, 40, 14 Syfridi, Andreas de Czerwist LIV Sinai 494
Sion IV, 9, 20 Tauler, Johannes XLVII, LIV, LXVIII120 Teresa von Avila XXIV, 490 Thomas von Aquin 501, 502 Thomas von Cantimpré ›De S. Christina Mirabili Virgine vita‹ XXXIV, XLIII, LXIII Thorberg, Kartause XLIX ›Tractatus de Turcis collectus a quibusdam fratribus O. P.‹ 493 Uguetinus Monachus 490 ›Unterlindener Schwesternbuch‹ LIX89 Überlingen XXXVII ›Van seven manieren van heileger minnen‹ XVII ›Vaterunser‹ I, 3, 12(App.) | 491 Vergil ›Aeneas‹ IV, 8, 32(App.) Volradi, Jakob XXIII, XXV, XLVIII, LI, LIV, LXX, 495, 496 ›Registrum librarie‹ XXII, 494f. (mit Anm.), 496 (mit Anm.) Vögelin, Nikolaus 49220 Warburg, Dominikaner 474 (App.), 498 Wettinger, Leonard (von Rheinfelden) XLIV Wiblingen, Benediktiner XLII, XLIII Witter, Johann Jacob ›Catalogus codicum manuscriptorum‹ XXIII, XXV, LXVIII, 492–494 Wolff, Jacob 494 Wunne, Heinrich (de Salza) LII, 473 (App.), LXXIII Würzburg, Dominikaner XXXIII, LVI Ymler, Martinus de Gyslingen XLII Zedler, Johann Heinrich ›Grosses vollständiges Universal-Lexikon‹ 502 Zittardus, Conradus, s. Sittard, Konrad Zürich XXXVII Dominikaner LIX Dominikanerinnen LVII
Bibelstellen
543
3 Bibelstellen Gn 1,2 Gn 1,26 Gn 6,2 Gn 6,4 Gn 8,11 Gn 9,9 Gn 13,14 Gn 18,5 Gn 18,6 Gn 18,14 Gn 27,28 Gn 29,17 Gn 31,10 Gn 32,10 Gn 41,38
II, 28, 31 I, 6, 5 IV, 26, 5 IV, 26, 5 I, 16, 17 I, 8, 4 IV, 2, 18 IV, 5, 15 IV, 5, 15 I, 9, 16 I, 1, 4 | I, 13, 28 | VI, 17, 71 I, 3, 23 IV, 2, 18 I, 9, 16 II, 24, 17
Ex 3,2 Ex 3,7 Ex 14,20 Ex 19,17s Ex 22,3 Ex 24,17s
I, 33, 27 IV, 26, 11 VI, 9, 3 I, 3, 34 IV, 26, 11 I, 4, 5
Lv 9,13
I, 21, 8
Nm 19,15
V, 23, 6s
Dt 4,11 Dt 4,24 Dt 5,22 Dt 7,21 Dt 9,3 Dn 9,24 Dt 10,17 Dt 17,18 Dt 28,9 Dt 28,29 Dt 28,49 Dt 31,6 Dt 31,8
I, 4, 4 | IV, 8, 23 | VI, 9, 3 I, 3, 2 I, 12, 31 I, 21, 14 I, 3, 2 I, 21, 15 I, 21, 14 IV, 11, 10 I, 9, 28 | IV, 12, 6 IV, 51, 8 IV, 11, 15 II, 19, 32 II, 19, 32
Idc 4,4s Idc 4,9–23 Idc 7,6 Idc 7,13
Prol, 1, 4–7 Prol, I, 21 I, 19, 10 IV, 5, 15
I Sm 1,23 I Sm 8,5 I Sm 15,17 I Sm 22,27 II Sm 3,12 II Sm 15,30 II Sm 23,8 II Sm 24,10
V, 5, 8 I, 9, 28 | IV, 12, 6 IV, 28, 8 V, 23, 20 I, 19, 17s I, 24, 6 | III, 11, 10 Prol, 4, 34 | V, 1, 8 | V, 1, 11 I, 8, 18
IV Rg 22,13–20 IV Rg 22,18–20
Prol, 1, 7–12 Prol, 1, 22–24
Tb 4,7 Tb 8,2
V, 6, 14 II, 10, 29
Iob 10,17 Iob 27,9 Iob 31,6 Iob 31,38 Iob 34,22 Iob 37,3 Iob 40,18 Iob 41,14
II, 19, 14 IV, 26, 11 II, 2, 14 V, 25, 22 II, 22, 19 IV, 59, 26 V, 8, 2 | V, 10, 8 I, 21, 8
Ps 2,2 Ps 4,2 Ps 4,9 Ps 12,1 Ps 16,6 Ps 17,6 Ps 17,7 Ps 18,6 Ps 18,11 Ps 21,7 Ps 21,15 Ps 21,16 Ps 22,5 Ps 23,3 Ps 30,6 Ps 30,12 Ps 30,13 Ps 30,14 Ps 30,20 Ps 33,9 Ps 33,16 Ps 35,2 Ps 35,9
I, 13, 48 IV, 16, 8 IV, 28, 21 | VI, 17, 113 IV, 51, 10 III, 1, 13 IV, 16, 8 I, 9, 3 IV, 4, 11–13 I, 12, 24 V, 1, 8 | V, 1, 11 II, 27, 4 | IV, 6, 14 I, 22, 29 II, 19, 18 IV, 35, 19 I, 22, 30 | VI, 21, 7 V, 23, 3 V, 23, 5 V, 23, 5 III, 8, 28 I, 3, 34 | III, 8, 28 | V, 14, 25 IV, 26, 11 IV, 15, 16 | IV, 55, 16 II, 24, 15 | III, 1, 34
544
Register
Ps 37,9 Ps 38,13 Ps 39,9 Ps 39,11 Ps 41,2 Ps 41,3 Ps 43,22 Ps 44,3 Ps 46,1 Ps 46,3 Ps 50,3 Ps 50,5 Ps 50,8 Ps 54,7 Ps 55,2 Ps 56,2 Ps 58,7 Ps 58,15 Ps 67,3 Ps 67,9 Ps 67,11 Ps 68,4 Ps 70,16 Ps 72,24 Ps 74,9 Ps 80,8 Ps 83,3 Ps 85,5 Ps 87,6 Ps 89,4 Ps 90,13b Ps 90,15 Ps 92,1 Ps 93,1 Ps 99,5 Ps 101,3 Ps 102,3 Ps 103,1 Ps 105,3 Ps 106,12 Ps 117,5 Ps 118,3 Ps 118,81 Ps 118,103 Ps 118,123 Ps 120,1 Ps 122,4 Ps 127,1
VI, 17, 77 IV, 26, 11 IV, 15, 16 IV, 15, 16 IV, 11, 14 II, 24, 15 | III, 1, 34 | IV, 11, 14 | IV, 15, 16 | IV, 55, 16 I, 6, 15 | I, 22, 23 | III, 13, 28 IV, 17, 2 II, 9, 11 I, 21, 14 V, 18, 13 IV, 59, 2 Prol, 6, 17 IV, 27, 7 V, 18, 13 V, 18, 13 I, 17, 15 I, 17, 15 II, 4, 36 VI, 17, 71 III, 8, 28 IV, 7, 23 I, 28, 22 I, 9, 28–30 IV, 19, 23 IV,16, 8 II, 19, 14 III, 8, 28 I, 17, 30 I, 26, 4 IV, 12, 7 III, 1, 13 IV, 19, 3 | IV, 59, 29 V, 22, 3 V, 14, 25 | III, 8, 28 IV, 19, 3 I, 9, 13 | VI, 11, 28 IV, 59, 29 II, 24, 23 I, 12, 31 IV,16, 8 I, 9, 28 | IV, 12, 6 I, 22, 7 | IV, 24, 8 I, 12, 24 | IV, 55, 17 IV, 24, 8 I, 4, 5 V, 23, 3 I, 9, 28
Ps 135,25 Ps 144,7 Ps 146,3
I, 13, 25 III, 8, 28 I, 9, 13 | VI, 11, 28
Prv 2,6 Prv 4,21 Prv 4,25 Prv 14,27 Prv 31,13b Prv 31,19b Prv 31,29
V, 2, 33 IV, 15, 16 I, 8, 8 IV, 55, 16 I, 16, 35 I, 16, 35 IV, 9, 8
Ecl 1,16 Ecl 2,15
V, 12, 20 V, 12, 20
Ct 1,1
I, 29, 20 | II, 27, 14 | IV, 2, 7 | IV, 29, 18 | IV, 59, 23 II, 22, 14 | IV, 4, 11 | IV, 14, 9 | IV, 27, 21 | VI, 17, 2 IV, 12, 8 IV, 9, 12 IV, 9, 9 IV, 2, 8 IV, 9, 14 | IV, 45, 33 IV, 39, 11 | IV, 45, 20 | IV, 45, 27 I, 34, 12 | IV, 12, 2 | IV, 17, 8 III, 17, 2 | IV,5, 2 | IV, 44, 12 III, 17, 2 IV,5, 2 | IV, 9, 6.8 | IV, 22, 9 | IV, 44, 12 IV, 18, 12 IV, 39, 2 | IV, 25, 26 Prol, 5, 12 IV, 9, 8 | IV, 50, 36 IV, 18, 8 | I, 23, 8 | IV, 29, 17 I, 23, 8 | II, 22, 14 | IV, 4, 11 | IV, 27, 21 II, 23, 12 III, 17, 2 I, 23, 8 | IV, 19, 28 | IV, 45, 35 IV, 5, 2 | IV, 9, 15 | IV, 44, 12 II, 27, 4 | IV, 9, 12 I, 34, 12 | IV, 12, 2 | IV, 17, 8 | IV, 25, 26 | IV, 39, 11 IV, 5, 2 | IV, 44, 12 IV, 8, 23 | IV, 9, 15 IV, 9, 9 II, 35, 49 | IV, 10, 12 | IV, 15, | IV, 39, 8 16
Ct 1,3 Ct 1,6 Ct 1,12 Ct 1,13 Ct 1,15 Ct 2,2 Ct 2,4 Ct 2,5 Ct 2,10 Ct 2,13 Ct 2,14 Ct 2,16 Ct 3,1 Ct 4,7 Ct 4,8 Ct 4,9 Ct 4,10 Ct 4,11 Ct 4,16 Ct 5,1 Ct 5,2 Ct 5,6 Ct 5,8 Ct 6,8 Ct 6,9 Ct 7,8 Ct 8,6
Bibelstellen
Ct 8,14
IV, 45, 6
Sap 5,3 Sap 7,26 Sap 10,17
V, 3, 22 V, 2, 29 V, 15, 2
Sir 21,17 Sir 24,20 Sir 35,8 Sir 50,7 Sir 50,10
VI, 8, 19 II, 22, 14 | IV, 19, 16 IV, 19, 16 II, 4, 19 V, 23, 4
Is 1,22 Is 9,6 Is 13,13 Is 15,4 Is 28,3 Is 30,2 Is 42,24 Is 49,18 Is 52,13 Is 60,4 Is 60,20 Is 61,10 Is 69,9
III, 14, 36 | IV, 45, 28 II, 2, 15 | V, 25, 26 | VI, 8, 4 I, 21, 15 IV, 59, 25 IV, 12, 7 IV, 1, 40 I, 9, 28 | IV, 12, 6 IV, 2, 18 V, 11, 11 IV, 2, 18 IV, 59, 13 V, 15, 5 I, 6, 9
Ier 2,13 Ier 2,36 Ier 3,2 Ier 5,24 Ier 17,13 Ier 17,14 Ier 25,15 Ier 30,12 Ier 31,22 Ier 33,3 Ier 41,3 Ier 48,38 Ier 48,40 Ier 49,16 Ier 49,22
II, 24, 15 | III, 1, 34 | V, 5, 6 I, 9, 8 IV, 2, 18 V, 12, 20 II, 24, 15 | III, 1, 34 | V, 5, 6 II, 20, 17 II, 19, 18 II, 20, 22 Prol, 5, 14 III, 1, 34 III, 1, 34 IV, 28, 19 IV, 11, 15 V, 6, 14 | V, 8, 24 IV, 11, 15
Lam 1,2 Lam 4,1 Lam 4,8
V, 2, 30 III, 5, 3 III, 5, 8
Bar 6,15
IV, 28, 19 | VI, 8, 19
Ez 13,21 Ez 23,31
I, 9, 27 IV, 19, 23
Os 8,8 Os 11,4 Os 14,6
V, 23, 6 II, 21, 20 IV, 9, 2
Ioel 2,11 Ioel 2,13
I, 21, 14 IV, 17, 13
Abd 1,3
V, 8, 24
Hab 1,8 Hab 3,18
IV, 11, 15 V, 15, 5
II Mcc 9,14
IV, 11, 14
Mt 1,19 Mt 2,1 Mt 5,14 Mt 5,15 Mt 7,15 Mt 8,4 Mt 8,22 Mt 10,16 Mt 11,11 Mt 14,3s Mt 16,24 Mt 16,26 Mt 17,5 Mt 17,14 Mt 25,21 Mt 25,23 Mt 25,34 Mt 25,41 Mt 27,32 Mt 27,50 Mt 27,52s
I, 16, 34 I, 14, 3 IV, 40, 2 IV, 43, 20 I, 17, 6 II, 20, 23 I, 23, 10 V, 4, 18 V, 21, 21 II, 19, 9 I, 9, 26 II, 25, 9 I, 4, 5 II, 20, 23 II, 35, 44 II, 35, 44 II, 37, 11 I, 3, 27 I, 9, 26 III, 14, 46 I, 19, 8
Mc 2,14 Mc 4,21 Mc 8,34 Mc 15,21 Mc 15,37
I, 23, 10 IV, 43, 20 I, 9, 26 I, 9, 26 III, 14, 46
Lc 1,26s Lc 1,29 Lc 1,35 Lc 1,38
I, 12, 18 IV, 13, 9 II, 28, 25 I, 12, 31
545
546
Register
Lc 1,46s Lc 2,6 Lc 2,7 Lc 2,14 Lc 2,16 Lc 5,14 Lc 5,27 Lc 7,28 Lc 9,23 Lc 10,18 Lc 11,33 Lc 14,27 Lc 16,8 Lc 17,14 Lc 18,1 Lc 22,44 Lc 23,46 Lc 23,50 Lc 24,36
I, 11, 41–43 I, 9, 36 I, 13, 18 IV, 19, 21 I, 13, 40 II, 20, 23 I, 23, 10 V, 21, 21 I, 9, 26 II, 28, 27 IV, 43, 20 I, 23, 16 I, 3, 2 II, 20, 23 III, 1, 10 I, 18, 7 I, 22, 30 | III, 14, 46 | VI, 21, 7 I, 16, 34 IV, 59, 25
Io 1,29 Io 1,42 Io 4,10 Io 4,14 Io 6,57 Io 8,12 Io 10,9 Io 12,17 Io 12,36 Io 13,5 Io 14,2 Io 15,9 Io 16,7 Io 18,22s Io 19,17 Io 19,25 Io 19,28 Io 19,30 Io 20,19 Io 20,21 Io 19,34
II, 8, 17 I, 23, 10 II, 24, 15 II, 24, 15 IV, 18, 12 IV, 40, 2 I, 18, 11 V, 6, 11 I, 3, 10 III, 11, 40 | V, 12, 3 IV, 55, 15 IV, 45, 3 I, 22, 42 I, 22, 11 I, 23, 16 II, 19, 7 I, 22, 31 I, 22, 31 | III, 14, 46 IV, 59, 25 IV, 59, 25 I, 18, 10 | I, 23, 19
Act 7,55 Act 8,23
II, 24, 17 II, 19, 25 | IV, 57, 17 | V, 23, 7 | VI, 17, 33 I, 16, 38 V, 23, 4 II, 35, 48 I, 23, 10
Act 9,3 Act 9,15 Act 10,34 Act 12,8
Rm 6,5 Rm 7,18 Rm 8,9 Rm 8,14 Rm 8,36 Rm 9,21 Rm 10,6 Rm 13,14 Rm 14,15
I, 23, 10 | V, 15, 9 II, 5, 3 III, 4, 12 IV, 26, 5 III, 13, 28 I, 28, 2 | II, 21, 6 | V, 23, 6 V, 12, 20 III, 2, 9 IV, 12, 6
I Cor 1,27 I Cor 2,9 I Cor 10,4 I Cor 10,13 I Cor 13,1 I Cor 13,12 I Cor 13,13 I Cor 14,28 II Cor 2,12 II Cor 12,2
Prol, 1, 17 IV, 19, 14 | V, 10, 3 II, 22, 16 | IV, 9, 6 V, 10, 8 II, 32, 17–19 IV, 23, 12 IV 28, 11 IV, 48, 22 I, 18, 11 II, 38, 2 | IV, 48, 2
Gal 6,8
VI, 6, 34
Eph 3,17 Eph 5,2 Eph 5,8
III, 4, 12 IV, 19, 16 I, 3, 10
Phil 1,23 Phil 2,9 Phil 2,13
IV, 39, 2 V, 2, 9 II, 5, 4
Col 1,16 Col 3,3 Col 3,14
I, 13, 7 IV, 25, 30 IV, 27, 23
I Th 5,5 I Th 5,17
I, 3, 10 III, 1, 10
I Tim 6,16 II Tim 2,20 II Tim 2,21
II, 21, 14 II, 21, 6 | V, 23, 6 I, 28, 2
Hbr 5,13 Hbr 11,13 Hbr 12,29
I, 32, 15 V, 30, 3 I, 3, 12
I Pt 2,3 I Pt 2,7 I Pt 2,11
V, 14, 25 VI, 1, 11 III, 2, 9
Bibelstellen
I Pt 5,7 II Pt 3,8
IV, 1, 40 I, 26, 4
I Io 1,5 I Io 2,16 I Io 3,2 I Io 4,8 I Io 4,16
II, 22, 19 V, 14, 32 IV, 56, 13 IV, 21, 1 IV, 21, 1
Apc 1,5 Apc 3,18
II, 18, 21 IV, 2, 19
Apc 4,1 Apc 7,17 Apc 12,1 Apc 13,8 Apc 14,13 Apc 14,14 Apc 17,8 Apc 18,12 Apc 19,9 Apc 21,4 Apc 22,5
547
I, 18, 11 II, 22, 26 IV, 49, 2 IV, 34, 9 I, 6, 15 | I, 22, 23 | IV, 10, 12 II, 23, 24 III, 15, 17 V, 23, 4 II, 31, 6 II, 21, 4 | II, 22, 26 I, 21, 17