Licht und Farbe: Eine gemeinsatzliche Darstellung der Optik [2. Auflage. Reprint 2019] 9783486724714, 9783486724707


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German Pages 578 [584] Year 1876

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Table of contents :
Vorwort zur 1. und 2. Auflage
Inhalt
I. Theil. Optische Bilder
1. Licht
2. Licht- und Schattenbilder
3. Die Bilder des ebenen Spiegels
4. Die Bilder der Krummspiegel
5. Die Bilder durch Brechung und durch gänzliche Zurückwersung
6. Die Bilder durch Linsen
7. Die farbigen Bilder
8. Die Bilder in optischen Kästen
Das Sehen
1. Das unbewaffnete Auge
2. Die Brillen
3. Gesichtstäuschungen
II. Theil. Optische Instrumente
1. Das Stereoskop
2. Das Fernrohr
3 Das Mikroskop
Die Farbenlehre und ihre Anwendung
1. Die Wellenlehre und ihre Geltung in der Optik
2. Die Farbempfindung
3. Die Spektral-Analyse
4. Spectral - Analyse der Himmelskörper
5. Das Spectrum und die Lichtabsorption
6. Verschiedenheit der Spectra
7. Merkwürdigkeiten der verschiedenen Zonen des Spectrums
8. Die Photographie
9. Die Farben durch Zusammentreffen der Aetherwellen
10. Die Farbenlehre Göthe's
11. Die verschiedenen Schwingungsweisen des Lichtäthers
Stärke und Geschwindigkeit des Lichtes
1. Vergleichende Messung der Stärke des Lichtes
2. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes
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Licht und Farbe: Eine gemeinsatzliche Darstellung der Optik [2. Auflage. Reprint 2019]
 9783486724714, 9783486724707

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PROSPECTUS. Gerlag von Ht. Hldenbonrg in München.

Die Naturkräste. Eine

«n1ürwissensrh.istljche Zweite Uussage. Die Berlagshandtung hat sich die Aufgabe gestellt, in dein Unternehmen eine Reihe van Schriften hervorragender wissenschaftlicher Kräfte herauszugeben, welche in anregen­ der Weise und in verständlicher Sprache dem Gebildeten Sie Resultate der Naturforschung in ihrer Anwendung auf das Leben und auf die verschiedene menschliche Thätigkeit vorführen, und gleichzeitig die Kräfte der Natur in ihrem wechselseitigen, gesetzmäßigen Wirken, sowie die naturwissenschaftliche forschungsmethode zur allgemeinen Kenntniß bringen sollen. Die Bände sollen ihre Stärke darin suchen, dem ge­ reiften Verstände eine belehrende, hochinteressante Lectüre zu bieten, der Jugend aber als nicht ermüdende, durchaus zuverlässige und vollständige Lehrbücher zu dienen. Der Umfang eines Bandes ist auf 18—20 Bogen im Format dieses Prospectus berechnet. Die LieferungsAusgabe zerfällt in Lieferungen von je 6—7 Bogen. Zur Erläuterung des Textes werden z a hlreich e Abbild u n ' ge n in Holzschnitt, K a r ten, P l ä n e n nd F a r b e n tafeln beigegeben.

Zeder Mand kostet broschirt 3 Mark.







gestund. 4 Mark.

Zede Lieferung koket

1 Mark.

Als die Verlagshandlung vor einigen Jahren mit dem Unternehmen „Die Naturlräfte" vor die Oefsentlichkeit trat, geschah dies mit einigen! Zagen, da ihr die geringe sJui

o

ProspectuS.

gung bekannt war, welche noch heilte die Mehrzahl der Gebildeten hegt, sich mit den Aeußeruligen der um uns waltenden Naturkräfte und mit deren Erkenntniß ernstlich zu beschäftigen. Die sich dem Unternehmen schnell zuwendende Gunst des Publikums und der Kritik hat jedoch bald die Veranstaltung eines zweiten unveränderten Abdruckes dreier der erschienenen Bände (des 4.,'5. und G. Bandes) nothwendig gemacht, dem bald der Druck einer zweiten vielfach ver­ besserten Auflage zweier weitereil Bände (des 8. und 9.) folgen musste. Nachdem nun auch von den drei ersten Bänden des Unternehmens, welche in außergewöhnlich starker erster Auflage erschieneil waren, die Veranstaltung neuer Auflagen nöthig geworden, sieht sich die Berlagsbnchhandlung ver­ anlaßt, mit dem Erscheinen dieser neuen Auflagen eine zweite

Subscription auf das Unternehmen

Die Naturkräfte anzubahuen. Es leitete sie dabei auch hauptsächlich der durch viele an sie gelangte Wünsche begründete Gedanke, daß einer großen Anzahl minder Bemittelter, welche das ganze Werk zu besitzen wünschen, die Erwerbung desselben in regel­ mäßig vertheilten Ausgabe-Terminen der Bäude unb Lie ferungen am leichtesten fallen werde.

Von der zweiten Auflage des Unternehlllens erscheint j e d e n Monat 1 B a n d oder 3 Lieferungen. Bestellungen auf das Unternehmen werden von allen Buchhandlungen angenommen, auch direkt von der Verlagsbuchhandl ung R. Old en bourg in München.

ProspectuS.

3

Gerzeichxiß der erscheinende» Bände. I. Band. Jie Lehre vom Schalk. Gemeinsaßliche Dar­ stellung der Akustik von R. Radau. 20 Bogen Text und 108 Holz­ schnitten. Zweite Auflage. II. Band. .

VI

Vorwort.

folgt und dabei gesucht, das Interesse des Lesers so­ gleich bei dem Auftauchen einer optischen Erscheinung

für dieselbe so zu spannen, daß er sie gerne bis zu ihrem Stande in der Gegenwart in Hinsicht auf ihr

Gesetz, ihre Erklärung, ihre Variationen und Anwen­

dungen begleitet, ja mit Sehnsucht ihre weiteren Ent­

wicklungen in der Zukunft erwartet. Durch dieses

historische Vorgehen erhält unser

Leser einen Ueberblick, wie die Optik von einem un­

scheinbaren Keime nach und nach zu einem herrlichen Baume erwachsen ist; wie man zuerst nur bemüht war,

das Sehen zu verstehen, die optischen Bilder zu erklä­ ren, optische Wunder zu schaffen; wie dann nach und

nach sowol die auffallenden als die täglichen optischen

Erscheinungen erklärt wurden und zwar anfangs nach der Anologie des Riechens und endlich, in der 'Neuzeit,

nach der Aehnlichkeit mit dem Hören.

Bei dieser durchweg historischen Entfaltung des

Stoffes der gesammten Optik habe ich ein besonderes Gewicht darauf gelegt, die Forscher und Erfinder zu nennen und das Jahr der Veröffentlichung ihrer Ar­

beiten zu bezeichnen — das Volk soll jene Männer kennen, die ihr Leben im Suchen und Streben nach optischen Wahrheiten, nicht selten mit Aufopferung

von Gesundheit und mit Verzicht auf die Annehmlich-

feiten des Lebens, verbracht haben; das Volk soll diese Helden des Geistes mindestens ebenso kennen lernen, wie die Helden des Schwertes. Und dies umsomehr, als die letzteren nicht selten ihre Erfolge der optischen Wissenschaft zu danken haben; man denke sich einen Feldherrn von heute ohne Fernrohr, die Truppen ohne Distanzmesser u. s. w. Allein auch schon die ältere Zeit verknüpfte die Kriegswissenschaft, wenn auch nur zum Theil in sagenhafter Weise, mit den optischen Er­ fahrungen; man erinnere sich an die Brenn- und Leuchtspiegel, an die von Roger Baco (1214 bis 1294) verheißenen Vervielfältigungsspiegel, welche den Feind mit den vermehrten optischen Bildern der Trup­ pen schrecken sollten u. dgl. m.

Die Optik greift fast in alle Zweige des Lebens und der Technik und es wurde daher den älteren so­ wie den neueren und jüngsten Anwendungen der Licht­ lehre, nach möglichst vielen Seiten, Rechnung getragen. Zu diesem Behufe soivol, als auch bei der Aufstellung der Grundlehren, kehrte ich stets zu den ursprünglichen, ersten und besten Quellen zurück. Da mir der Herr Verleger eine größere Anzahl von schönen, zu meinem Zwecke passenden Holzschnitten mit dankenSwerther Güte zu Gebote stellte; so hatte ich selbst nur tbeihveiie für die ergänzenden Figuren

VIII

Vorwort.

zu sorgen und konnte mich mit um so größerer Kraft

der Bearbeitung des Textes hingeben. Ich wäre glück­ lich, wenn das Buch

dem Leser

so

viel Vergnügen

machen könnte, als mir dasselbe bei seiner Schaffung

bereitet hat.

Der Versalstr.

Worwort zur zwritcn Auflage. Die nothwendige Vermehrung des Stoffes in den

letzten Partien des Buches erforderte, daß dasselbe in

zwei Theile zerlegt werde, damit jeder Band, bezüg­ lich seiner äußeren Stärke, mit den anderen Bänden

der ganzen Sammlung

übereinstimme.

Im Uebrigen

behielt ich den im ersten Vorwort, besprochenen Plan.

Wien den 25. September 1875.

Der Verfasser.

Vorwort zur 1. und 2. Auflage

S. V—VIII

I. Theil. Optische Bilder. 1. Licht............................................................................... S. 1—9 Die Ursache des Lichtes. — Die Meinungen der alten Philosophen über das Licht. — Emissionshypothese. — Undulationötheorie. — Der Welt- und Lichtäther. — Farben­ theorien. — 2. Licht- und Schattenbilder S. 10—33 Port a'S Dunkelkammer, Fig. 1. — Ossene Dnnkelkammer, Fig. 2. — Dunketkästen. — DaS Sonnenbildchen. — Erklä­ rung für das Sonnenbildchen. — Schattenbilder. — Kernund Halbschatten, Fig. 3. — Die Zeichnung des Schattens, Fig. 4. — Selbstteuchtende Stosse. — Licht-Resonanz. — Undurchsichtige und durchsichtige Materien. — Bewegung des Schattens. — Stöcke und Petschaftöstiele als Objecte für Schattenrisse, Fig. 5 und 6. — Silhouetten. — Schattenspiel an der Wand, Fig. 7 und 8. — Vermehrung der Schatten, Fig. 9 und 10. — Der Schatten und die Dichter.

3. Die Bilder des ebenen

Spiegels

.

.

S. 34—66

Die Wunder des Spiegels. — Die alten Philosophen über die Spiegelbilder. — Die Reflexion des Lichtes, Fig. 11. — Symmetrie der Spiegelbilder, Fig. 12 und 13. — Der Was­ serspiegel, Fig. 14. — Die Metallspiegel der Alten. — Foliine

X

Inhalt. Glasspiegel. — Spiegel der Physiker. — Silberspiegel. —. Vollkommene Spiegel. — Prüfung der Spiegel. — Zimmer­ spiegel und Spiegelzimmer. — Die symmetrischen Bilder bei Winkelspiegeln, Fig. 15. — Das Kaleidoskop und dessen Ge­ schichte. — Gesichtsfeld des Kaleidoskops, Fig. 16. — Magi­ scher Operngucker, Fig. 17. — DaS Doppelwiukelrohr, Fig. 18 und 19. — Polemoskop, Fig. 20 — Zauberspiegel, Fig. 21. — Spiegel als Diebshehler, Fig. 22. — Die Planspiegel im Dienste der Wissenschaft.

4. D ie Bilder der Krumm spiegel

.

.

.

S. 67—99

Vielerlei Krummspiegel. — Kugeliger Hohlspiegel, Fig. 23. — Die Reflexion an sphärischen Hohlspiegeln. — Dwergeuz der Lichtstrahlen, Fig. 24. — Brennpunkt beim hohlen Nugelspiegel, Fig. 23. — Wirkliches Punktbild beim Sammelspiegel, Fig. 25. — Ideales Puuktbild am Sammelspiegel, Fig. 26. — Bewegung eineö Punktes und seines Bildes. — Gegenstandöbild beim Sammelspiegel, Fig. 27. — Aufsangen' der Sammelspiegelbilder, Fig. 28. — Darstellung landschaftlicher Bilder, Fig. 29. — Die sphärische Abweichung. — Parabo­ lische uno elliptische Hohlspiegel. — Die Wunder des Hohl­ spiegels, Fig. 30. — Der Brennspiegel, Fig. 23. — Der Brennspiegel im Alterthum. — Berühmte Breunspiegel. — Leistungsfähigkeit der Breunspiegel. — Schmelzversuche mittelst Breunspiegel. — Facetten-Brennspiegel, Fig. 31. — Beleuch­ tungsspiegel, Fig. 23. — Leuchtthürme mit Hohlspiegeln. — Vergrößerungsspiegel, Fig. 32 und 33. — Verkleinerungs­ spiegel, Fig. 34. — LandschaftSspiegel. — Gylinderspiegel, Fig. 35. — Zerrgemälde für Gylinderspiegel, Fig. 36. Zerrgemälde für Kegelspiegel, Fig. 37 und 38. 5. Die Bilder durch Brechung und durch gänzliche Zurückwersung ....... S. 100—124

Brechung des Lichtes, Fig. 39. — Die Brechung zum und vom Loth. — Optische Dichte. — Die gehobene Münze, Fig. 40. — Astronomische Strahlenbrechung, Fig. 41. — DaS Suchen nach dem Brechungsgesetz. — Das Brechungs­ gesetz. — Tabellen für die Brechung. — Geschichte des Bre­ chungsgesetzes. — Das BrechungSbild durch eine Glasscheibe, Fig. 42. — Strahlengang im optischen PriSma, Fig. 43. — Totale Licht - Reflexion. — Vollkommen spiegelnde Glasprismen, Fig. 44. — Optische Metamorphosen mittelst eines spiegelnden BrismaS, Fig. 45. — Die sogenannte helle Kammer Fig. 46. — Luftspiegelung in Riederegypten, Fig. 47. — Fata mortrana.

XI

Inhalt.

6- Die Bilder durch Linselr

.



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.

.

S. 125—150

Doppelt erhabene Linse, Fig. 48. — Tie sechs Arten der Linsen, Fig. 49. — Brennpunkt der convexen Kugellinsen, Fig. 50. — Bildweite der erhabenen Linse für einen Punkt, Fig. 51. — Bildweite der convexen Linse für einen Gegen­ stand, Fig 52. — Das Auffangen des Bildes hinter der Linse, Fig. 53. — BeleuchtungSkugeln und Beleuchtungölinsen. — Brennlinsen, Fig. 50, 54 und 55. — Mächtige gläserne Brennlinsen. — Sehr wirksame Flüssigkeitslinsen. — Gürtel Brennlinsen aus Glaö. — Blendlinsen und Blendlaternen. — Nochmals die Leuchtthürme. — Zonen - Leuchtlinsen, Fig. 56. — Gläserne Leuchttonnen, Fig. 57. — Elektro - PharuS. — Berühmte Leuchtthürme. — Der Pharus Eddystone. — Ideale Bilder einer Eonvexlinse, Fig. 58 und 59. — Die Bilder der Hohllinsen sind negativ, Fig. 60. 7. Die farbigen Bilder.................................. S. 151—172

Geschichte des prismatischen Farbenbildeö. — Erklärung der langen Form des FarbenbildeS, Fig. 61. — Newton variirt die prismatischen Experimente. — Vereinigung der farbigen Strahlen mittelst Sammellinse zu weißem Lichte, Fig. 62. — Lichtsynthese mittelst eine- Sammelspiegels, Fig. 63. — Lichtzusammensetzttng mittelst mehrerer Spiegelchen, Fig. 64. — Eomplemenräre Farben Wen? toii’5 Farbenlehre macht Epoche. — Anfeindungen der N e w t o n'schen Farbenhypothese. — Vertheidigung der Newton'schen Farbentheorie. — Die Spectralfarben und die Tonscala. — Malerei und Musik wirken verschieden. — Zehn prismatische Hauptfarben nach H e l m h o l tz. — Ein folgenschwerer Irrthum N e w t o n'S. — Die farbigen Ränder der Linsenbilder. — Achromatische Prisinen, Fig. 65. — Achromatische Linsen, Fig. 66. — Unvoll­ kommene Achromasie. — Geschichte deS Achromatismus. — T aS Flintglas und dessen Geschichte.— Achromatische Flüssigkeitölinsen. — Hall a!S Prätendent der Erfindung der Achromasie. 8. Die Bilder in optischen Kästen .

.

.

S. 173—211

Porta'ö Dunkelkammer mit Linsen. — Das Dunkel­ zelt. — Linsen und spiegelndes Prisma vereinigt für die Dunkelkammer mit horizontalen Bildern, Fig. 67 und 68. — Ter Dunkelkasten der Photographen, Fig. 69. — Die ältereil Dunkelkästen. — Die älteren Hellkammern. — Der Grimassen­ taften, Fig. 70. — Ter magische Kasten, Fig. 71. — Die Nürnberger Zauberlaternen. — Dptische Bilder mittelst der

Inhalt.

XII

Zauberlaterne, Fig. 72. — Phantasmagorien. — Roberts^on's Geistererscheinungen, Fig. 73. — Das Phantaskop, Fig. 74. — Veränderlichkeit der Phantaskoplinsen, Fig. 75. — Lebende Objecte für das Phantaskop. — Der neue durch, sichtige Bühnenspiegel, Fig. 76. — Geisterscene, Fig. 77. — Geschichte deS Bühnenspiegelö. Fig. 78 und 79. — Winke für den Gebrauch des Bühnenspiegels. — Die Täuschungen mit­ telst deS Bühnenspiegels. — Nebelbilder. — Laternen für die Nebelbilder, Fig.' 80. — Das Farben- und Linienspiel. — Polyoramen. — Daguerre's Dioramen, Fig. 81. — Ausnützung des Nebelbilder-Apparate?. — Die Wunderkamliier von K rusS, Fig. 82.

Tas Lehen. 1. Tas unbewaffnete Auge............................ S. 212—2.39 Die Häute des AugeS. — Tie Feuchtigkeiten und Nerven­ enden im Auge. — DaS Auge wirft wie eine Dunkelkammer. — Das Netzhautbildchen und dessen Nachweisung. — Ta? Kunstauge. — Die Pupille und ihre Selbstregulirung. — Die Pupille regelt sich langsam. — Die Pupille in Thieraugen. — Die Farbe der Iris. — Eine blinde Stelle der Netzhaut, Fig. 83. — Welche Häutchen im Auge sind lichtempfindlich? Directes und indirectes Sehen. — Schwarzer und grauer Staar. — Fehler des AugeS. — Einfachseheu. — Geschichte der Erklärung deS Einfachsehens. — Die Ausfüllung des blinden FleckeS. — Sehwinkel und scheinbare Größe. — Grenzen des Sehwinkels. — Verschiedene Lichtreize. — Kein Auge erhellt äußere Dinge. — Scheinbares Selbstleuchten der Thieraugen. — Augenspiegel. — Bewunderung des Auges. — Die Augen der Thiere. — Zusammengesetzte Augen. — Die letzten Lichtorgane der Thierwelt.

2. Die Brillen

S. 240—253

Die Brillen. — Ter Brillenerfinder ist unbekannt. — Geschichte der Brillen. — Accomod.Aionövermögen deS Auges. — Geschichte der Erklärung des Adjustirenö. — Die Ursache des Adaptionsvermögens. — Kurz- und Weitsichtige und ihre Brillen. — Berechnung bei Brillenbrennweite. — Ursacken der Kurzsichtigkeit. — Periskopische Brillen. — Schneebrillen. — Staubbrillen. — Eonservirbrillen. — Isochromatische Brillen. — Tas Aussuchen der Brillen. — Schielbrillen. — Monocle.

Inhalt.

XIII

3. Gesichtstäuschungen.......................................S. 254—284 Der Sehbetrug. — Ursachen der Gesichtstäuschungen. — Das Urtheilen verwechselt mit dem Sehen. — Beurtheilung der Entfernungen nach dem Sehwinkel. — Sehr lichtkräftige Gegenstände scheinen Heller und größer. — Erklärung der Irradiation. — Zwischengegenstände vergrößern scheinbar die Entfernung. — Ueber- oder Unterschätzung der Größe. — Die Scheinbewegung. — Ermittlung der wahren Beweguitg. — Die Irrthümer des Augenmaßes. — Vergrößernder Ein­ fluß der Theilung, Fig. 84. — Verwechslung von Parallelen, Fig. 85. — Scheinbarer Zusammenlauf von Parallelen, Fig. 86. — Die scheitelrechten Parallelen erscheinen Ai der Mitte geknickt, Fig. 87. — Durch Leitlinien kommt uns ein Bogen größer vor als ein gleich langer, Fig. 88. — Zu kurze Dauer deS Lichteindrucks. — Die Thaumatropie. — Stroboskopische Scheiben, Fig. 89. — Phänakistiskop, Fig. 90 und 91. — Thaumatropischer Drehcylinder, Fig. 92. — Geschichte und Anwendung der Thaumatropie. — Farben­ mischung auf der Netzhaut, Fig. 93. — Aufhebung der Thaumatropie. — Mehrfache Bilder bei intermittirender Be­ leuchtung. — Positive und negative Nachbilder. — Unerwar­ tetes Auftreten von Nachbildern. — Complementär gefärbte Nachbilder. — Successiver und simultaner Eontrast. — Eomplementär gefärbte Schatten. — Aesthetische Wichtigkeit des FarbencontrasteS. — Verläßlichkeit der Augenzeugen.

II. £l)cil. Optische Instrumente. 1. Das Stereoskop

S. 287—301

Das Stereoskop. — Erste Wahrnehmung der 7iefendimensionelt. — Princip des Stereoskopes, Fig. 94 und 95. — Der Stereoskop-Fasten, Fig. 96. — Einübung der Wahr­ nehmung der Tiefendimensionen. — Blindgeborne operirt; deren erste Sehwahrnehmung. — Geschichte des Stereoskopes. — Anwendung des Stereoskopes. — Wissenschaftliche Aus­ nützung des Stereoskopes. — Streit der Sehfelder. — Stereo­ skopischer Glanz. — Metallglanz. — Pseudoskope. — Pseudoskopie.

XIV 2. Das Fernrohr

Inhalt. S. 302—334

Geschichte des Fernrohres. — DaS holländische Fernrohr, Fig. 97. — Die ersten Entdeckungen am Himmel mit dem Fernrohr. — Eigenschaften deS holländischen Fernrohres. — Das astronomische Fernrohr, Fig. 98. — Die langen Fern­ rohre. — Die neueren Großfernrohre. — Tie Refractoren der Neuzeit. — Refractoren mit ihren bewegenden Mechanismen, Fig. 99. — Die größten Refractoren. — Dialytische Fernrohre. — Fadenkreuze. — Maß der Vergrößerung. — Prüfung der Schärfe eines Fernrohres. — Die raumdurchdringende Kraft. —. Kometensucher. — Feldstecher. — Binocularc Fernrohre. — Las Sehen durch ein Fernrohr. — Prismenfernrohre. — Erfindung der Spiegelfernrohre. — Spiegelteleskop Greg o r i's, Fig. 100. — Spiegeltubus N ewto n'ö, Fig. 101. — Gregory's Fernrohr, ausgeführt von Hoo te, Fig. 102. — Bedeutende Periode der Spiegelteleskope. — Herschel'S .Reflector, „front vieu“ Fig. 103. — Herschel'S Riesentelejkop. — Großreflectoren. — Versilberte GlaSreflectoren. — F o tt c aul t'S versilberte GlaSreflectoren, Fig. 104 und 105. — Die Leistung der Großfernrohre. — Die Leistung der Fernrohre. 3

DaS Mikroskop

S

335—360

Einfaches Mikroskop, Fig. 106. — Aplanatische Loupen. — Eylinderloupen. — Flohgläser. — Mikroskopgläöchem — Verbesserungen deS einfachen Mikroskopes. — Princip des zusammengesetzten Mikroskopes, Fig. 107. — Geschichte der Achromatisirnng des zusammengesetzten Mikroskopes. — Tie Form und Einrichtung deö zusammengesetzten Mikroskopes, Fig. 108. — Veleuchtungsvorrichtungen deS zusammengesetzten Mikroskopes — Vergrößerung deS zusammeilgesetzten Mikro­ skopes. — ImmersionSmikrosope. — Die Prüfungsweise eines Mikroskopes. — Mikroskopische Probeplatten. — Mikro­ skopische Schreibmaschinen. — Vergleichung des Mikroskopes mit dem Fernrohr. — Gerätschaften und Reagentien zum Mikroskop. — Binokulare Mikroskope, Fig. 109 und HO. — DaS Sonnen-Mikrostop, Fig. 111. — Die Vergrößerung eines bildprojicirenden Mikroskopes. — Photoelektrisches Mikro­ skop, Fig. 112. — Die Zauberlaterne als objectives Mikro­ skop. — Geschichte deS Bildmikroskopes. — Das Bildmikroskop als Lehrmittel. — Die ersten Leistungen der Mikroskope. — DaS Mikroskop und die Kteinwelt. — Anwendung der Mikro­ skope.

XV

Inbalt.

Die Farbenlehre und ihre Anwendung. 1. T i e Well entehre und ihre Geltung in der Optik S. 361—385

Entstehung der Wasserwellen, Fig. 113 und 114. — Einfachste Schwingung eines Punktes, Fig. 115. — Fort­ schreitende Schwingungen, Fig. 116. — Stehende Schwin­ gungen, Fig. 117. — Longitudinalwellen, Fig. 118. — Schall­ und Lichtwellen. — Zusaminentressen von Wellen, Fig. 119, 120 und 121. — Resultirende Hauptwelle, Fi». 122. — Beugung der Wellen, Fig. 123. — Zurückwerfung und Bre­ chung der Wellen. — Innerer Bau der Stosse. — Erklärung der Farbenzerstreuung. — Tie Schwingungszahl und die Farbe. — 2. Die F a r b e n e m piindu n g

S. 386—392

Die Empfindung der Farben. — Zwei Hauptabtheilungen der Farbenblinden. — Drei Elemente der Farbensysteme. — Vorübergehende Violettblindheit im Santoninrausch. — Häufig­ keit der Farbenblindheit in England. — Komische Verwechs­ lungen der Farbenblinden. 3. Die Spec tralanalyse

2.393—415

Dunkle Linien im Spectrum. — F r a u n h o f e r's Far­ benbild mit den Dunkellinien, Fig. 124. — Helle Limen im Spectrum. — Princip der Spectral- Analyse. — Leuchtgas­ brenner von Bunsen, Fig. 125. — Knallgasflamme. — Spec:ra zusammengesetzter Stosse. — Empfindlichkeit der SpectralAnalyse. — Neue Metalle. — Spectrum des electrischen Funkens. — Geißler'sche Nähre, Fig. 126. — Gas-Spectra. — Prioritätsansprüche hinsichtlich der Spectral - Analyse. — Projectionö - Apparat, Fig. 127. — Spectroskope. — Spectral Apparat nach Kirchhoff und B u n s e n, Fig. 128. — Vergleichnngs - Prisma, Fig. 129. — DaS Spectroskop niiD die Natur­ wissenschaften. 4. Spectral - Analyse der Himmelskörper

S. 416—428

Gerade Spectroskope, Fig. 130. — Umkehrung der Flammen - Spectra. — Lichtabsorption durch Därupfe und Gase. — Materielle Beschaffenheit der Sonne. — Protuber­ anzen. — Ehromo - und Photosphäre der Sonne.

5. D a ö S p e c t r u m u n d d i e L i ch l a b s o r p t i o n

S. 429—437

Untersuchung der Lichtabsorption. — Erklärung der na­ türlichen Farbe der Körper durch Lichtabsorption. — Gelbe

XVI

Inhalt.

Beleuchtung. — Komplementärfarben der Pigmente absorption zurückgeführt auf die Resonanz.

6. Verschiedenheit der Spectra .

.

.

— Licht­

. S. 438—450

Blatte, unterbrochene und Absorptious-Spectra. — Ano­ males Spectrum. — Regenbogen, Fig. 131. — Geschichte der Erklärung des Regenbogens. — Hailpt - und Nebenregeubogen. — Künstliche Regenbogen. — Erklärung deS Rebenre­ genbogens.

7. Merkwürdigkeiten Spectrums . .

der verschiedenen Zonen des S. 451—475

Die chemisch wirkende Seite des Spectrums. — Die erwärmende Seite des Spectrums. — Symbolisirung der Farben. — Verschiebung der drei Spectralcurven. — Fluores­ cenz deS Lichtes. — Absorption und Mischticht der fluorescireuden Lichtstrahten. — Die verschieden gefärbten Fluoresceuzkegel, Fig. 132. — Elektrisch beleuchtete Fluorescenzröhren. — Geißle r'sche Röhre mit fluorescirenden Hüllen, Fig. 133. — Die FluoreScenzröhren als Festschmuck. — Fluorescireude Stoffe im blauen und gelben Lichte. — Fluoreöcirende Figuren, Fig. 134. — Die Fluorescenzmappe nach Nörremberg, Fig. 135. — Geschichte der Fluorescenz. — Erklärung der Fluorescenz. — Nachleuchtende Stoffe. — Die Phosphorescenz. — Phosphoroskope, Fig- 136 und 137. — Erklärluig und Geschichte der PhoSphoreöcenz. — Chemische Wirkungen deS Lichtes. — Einerleiheit der Strahlung. 8. Die Photographie

S. 476—488

Die ersten heliographischen Versuche. — Daguer r e'ö photographische Methode. — Geschichte der Daguerrotypie. — T albo t's Kalotypie. — Niep^otypie. — Verbesserung der Dunkelkammer. — Wissenschaftliche Anwendung der Helio­ graphie. — Meteorologische Anwendung der Photographie, Fig. 138. — Geschichte und Nutzen der Photo-Meteorographie. — Photographische Negistrirung hinsichtlich deö Erdmagnetis­ mus. — Photographische Anzeige des Nord- und Südlichtes.

9. Die Farben durch Zusammentreffen der Aetherwellen S. 489—512 Die Farben der Seifenblasen. — Geschichte deö Studiums der farbigen Seifenblasen. — Entdeckung der Dissractionösarben durch Grim al di. — Weitere Erforschung der Licht­ beugung. — Versuchte Erklärung der Beugungserscheinungen. — ÄdhäsionSbilder. — D o u n g 'S Princip der Interferenz. —

Inhalt.

XVII

Verfeinerter Jttterferenz-Versuch von Fresnel. — Der Inter­ ferenz- Versuch erklärt durch die Wellentheorie. — Die Licht­ beugung zurückgeführt auf die Interferenz. — Beispiele von PeugungSerscheinuugen. — Höfe der Himmelskörper. — Inter­ ferenz und Beugung der Wärmestrahlen. — N ewto n'S Ver­ suche hinsichtlich der Farben dünner Blättchen, Fig. 139 und 140. — Die Farbenfolge an halbkugelförmigen Seifenblasen. — ewton'S Berechnung der Dünnheit farbenspielender Blätt­ chen. — Berechnung der Wellenlänge für die Spectralfarben. — Tie Lamellenfarben und die natürlichen Farben der Körper. — Die Interferenz deS Lichteö und die Lichtabforptiou. — Die Erhaltung der Kraft und die Lichtabforptiou. — Die Er­ klärung der Himmelsbläue nach Clausius. — Die trüben Mittel. — DaS Urphänomen Göth e'S. — Brück e'S Er­ gründung der Farbenwirkung trüber Mittel. — Der Farben­ wechsel des Chamäleons und deS LctopuS nach Brücke. 10. Die Farbenlehre Göthe'S

S. 513—525

Göthe'S Urphänomen und die farbigen Enden deS SpectrumS. — Widerlegung der G ö t he'schen Grundansicht. — Gothe'S Erklärung aller Spectralfarben. — Der Stolf der Göthe'schen Farbenlehre ist verwendbar. — Anerkennung der Geschichte der Farbenlehre von Göthe. — Wergräumung der Göthe'schen Hauptbedenken gegen die Lichtzerleguiig. — Die älteste Meinung über die Farbenentstehung. — Principielle Abgeneigtheit G ö the's gegen die Lichtzerlegung. — Wie G öthe die Physik betrieben wissen wollte. — Die Analyse eine Grund­ bedingung der Forschung. — Lichtstrahlen und Achromasie nach Göthe. — S chopenhaue r'S Faibenlehre und Göthe. 11. D i e verschiedenen S ch w i n g u n g S w e i s e n des Licht älherS S. 526—540

Bartholin studin, der erste, die Doppelbrechung. — Pie Hauptgesepe der Doppelbrechung, Fig. 141. — H u yghenS Theorie der Doppelbrechung. — treuere Studien der Doppel­ brechung. — Polarisation deö Lichtes, Fig. 142. — Der PolarisationSwinkel und der Brechungserponent. — Zerlegung der Aetherschwingungen. — Aetherschwingungeu im pol ar ist rten Lichtstrahl. — PolarisationSapparat. — Polarisationöfarben. — Kaleido- Polarisation. — Polariskop. — Der PolarisalionSapparat und die doppeltbrechenden Stosse. — Die Tur­ malinzange, Fig. 143. — A rago'S Turmalinbrille. — Dreh­ ung der Polarisatiousebene. — Polarüations - Saccharimeter. — Drebung der Polarisatiousebene hinsicbtlich diamagnetischer Materien.

XVIII

Inhalt.

Stärke und Geschwindigkeit des Lichtes. 1. Vergleichende Messung

der Starke

des Lichtes S. 541—552

Quadratische Abnahme der Lichtstärke mit der Entfernung, Fig. 144. — Photometer nach Bouguer, Fig. 145. — Photometer nach Lambert und Rumford, Fig. 146. — ÄbsorptionSphotometer nach 23 uh feil. — Photometer nach W heat st one, Fig. 147. — Schwächung der Beleuchtung durch schief ausfallende Strahlen, Fig. 148. — Neuere und allere Photometrie. — Chemisches Photometer von Bunsen und RoScoe. — Die Empfindlichkeit des Auges für £icbL unterschiede. — Psychophysisches Gesetz von Fechner. — Physiologische Photometrie der Farben.

2. D ie Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes S. 553—560 Wir erblicken nur den älteren Sternschein. — Verschie­ dene Meinungen hinsichtlich der Geschwindigkeit des Lichtes. — Das Licht pflanzt sich meßbar fort. — Berechnung der Ge­ schwindigkeit deS Planetenlichteö. — Messung der Geschwindig­ keit des irdischen Lichtes. — Sieg der Wellenlehre bezüglich des Lichtes. — Die Geschwindigkeit des Lichtes der Fixsterne. — Die gleiche FortpflanzungSgeschwindigkeit der farbigen Strahlen.

Licht »«- Farbe. I Theil.

Aus allen Hötsn zu allen liefen, Sei)’ ich die Strahlen des sichres triefen.

R udcrt.

Optische Wilder.

1. Licht. Welche Fülle der prachtvollsten, farbenreichsten und Herr-

lichsten Erscheinungen umfaßt das Wörtchen Ist es nicht,

wollen,

„ V i tfj t"!

als hätte unsere Sprache damit andeuten

daß die großartigste der Sinnesfreuden durch die

kleinste Oesfnuug zur Werkstätte des Bewußtseins gelangen

könne? Bjie kommt es, daß die Welt sich im Auge abmalt? Sehen wir etwa dadurch, daß von allen Punkten der Körper

Lichttheilchen in geraden Linien, „Strahlen", durch das Auge .zu unserem Gehirn geschleudert werden? oder „strahlt" das Licht aus dem Sehorgan nach den Dingen

hin und macht sie sichtbar?

Der kindliche Verstand ist vor­

herrschend geneigt, das letztere zu vermuthen, und wird hiezu dadurch verleitet, daß man ja beim Schließen der Augen nichts mehr sehe.

Allein spricht dieser Grund nicht

ebenso für das Eintreten des Lichtes in das Auge wie für

ein Fließen der Helligkeit aus demselben? P i § r v, Das Lllitt.

2. Ausl.

Und erblickt man 1

2

Die Ursache deS Lichtes.

beim in einer finsteren Stube, in einer dunkeln Nacht Ge gcnftänbc, wenn der Decket, das „Lid" des Sehapparates aufgezogen bleibt? Wol sönnen auch dann noch ver­ worrene Lichterscheinnngen und Nachbilder anftreten, nie aber eine eigentliche Sehempfindnng. Diese Erfahrung beutet darauf hin, daß die Lichtstrahlen jedenfalls von den äußeren, Hellen Objecten zn unserem Lichtsinn summen; ist aber damit dargethan, daß Lichte theilchen von dem Gesehenen in das Ange schießen? Mnß es dabei ähnlich wie beim N iech e n hergehen? Wäre es nicht denkbar, daß die Schallphänomene ein Borbild zur Erklärung der Auftritte im Gebiete des Lichtes abgeben könnten? Es hat gewiß nichts Widersinniges, sich vorzustellen, in und au einem leuchtenden Stoffe sei etwas höchst Feines und ausnehmend Elastisches in einer zitternden Be­ wegung nnb diese werde wieder von einem eben so feinen, elastischen Mittel als zartester Wellenschlag bis zum Auge verpflanzt, wo der letztere die Lichtempfindung als erste Bedingung des Sehens anregt. Es wäre sogar sehr einfach vvrauszusetzeu, daß sowol den Schwingungen des Leuchtenden als den fortschreitenden Lichtwellen ein nnb dieselbe ausnehmend feine und elastische Materie zu Grnnde liege, die im Weltraum und in den Poren aller Körper vorhanden sei. Welche der eben ausgesprochenen Meinungen über die Ursachen des Lichtes und der entsprechenden Wahrnehmung mag wol die rechte sein? So alt auch die Lichtereignisse sind und sie sollen nach dem Buche der Bücher sogar um drei Tage älter als

Sonne, Mond und Sterne sein — so ist es doch erst diesem Jahrhundert vollkommen und bindend geglückt, dieselben hinsichtlich ihrer Ursache richtig zu deuten. Der Natur­ mensch genießt die Lichtfreude ohne lange nach bcu ersten Veranlassungen derselben zu fragen. Und so machten es auch die alten Völker. Nur die hochgebildeten Griechen kamen zu einigen Betrachtungen über das Licht. Einer ihrer frühesteil Philosophen, Empedoktes, im fünften Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, hielt das Licht für einen materiellen Ausfluß aus den Körpern : nnr wenig später glaubte Plato, es kämen gleichzeitig Lichtstrahlen von den Gegenständen und den Augen und erst ihr Zusamnlentreffen bewirke eine Lichtempfindung. Ein halbes Jahrhundert darauf behauptete Aristoteles, zur Empfin­ dung des Sehens sei erforderlich, daß ein zwischen deul Allge und dem Gesehenen lagerndes, feines Mittel bewegt werde. Hipparch im zweiten Jahrhundert v. Ehr. stellte sich vor, die Allgen betasteten mit den aus ihnen kom­ menden Lichtstrahlen die Objecte. So fiilden wir denn im klassischen Alterthum die Keime für jene zwei Haupterklärungsarten des Lichtes und seiner Erscheinungen, nämlich die An sfl uß-Enla nations- oder Em missi o ns hv p oth ese imi) die S ch )u i ii g ii ii g s -, W ellcn -, V i b r a t i o n s - oder U n du lat i o n stheo ri e. Erstere wählt als Analogon die Vorgänge beim Riechen, letztere beim Hören. Eine größere Anzahl von Grunderscheinuugeu lassen sich gleich glit aus beiden Anschauungsweisen ableiten: endlich aber stößt man auf eine Thatsache, ivo Licht zu Licht gebracht - stellenweise Finsterniß erzeugt. Wenn 1*

4

Die Wellenlehre deS Lichtes.

das Licht eine ausströmende Materie wäre, so müßten sich die höchst feinen Lichttheilchcn bei ihrem Zusammentreffen vernichten, um jene Dunkelheiten begreiflich zu machen — darf man dies gelten lassen? Sieht man hingegen die Ursache des Lichtes in der wellenden Bewegung einer schwerlosen, höchst feinen, außerordentlich elastischen Materie, welche in den Poren der Hellen oder erhellten Körper und im Welträume verbreitet ist, so kann gar leicht ein Wettenberg mit einem Wellmi thal Zusammentreffen und eine ebnende Wirkung haben, d. h. an dieser Stelle gibt es keine Lichtwelle, es ist hier tKuhe, Fiiisterniß — bei zusammentreffenden, durch­ einanderziehenden Wasserwellen sieht man ja auch Ruhe stellen auf dem Wasserspiegel entstehen. Derlei Erscheinun­ gen nun haben bewirkt, daß man in der Jetztzeit nur den wettenden Aether als die wahre Licht-Ursache gelten läßt. Auch die klassischen Griechen nahmen einen höchst seinen Stoff an, welcher den Weltraum ausfüllen sollte und der nach Aristoteles weder schwer noch leicht, un­ aufhörlich im Kreise sich bewegend, den immerwährenden Kreislauf aller Weltkörper bewirkt und „Aether" heißt: „er ist der in sich bewegte Nauru, welcher den Namen hat von der ewigen Bewegung". Und daher haben die Natur­ forscher der neueren Zeit mit dem Worte „Aether" jene als vorhanden angenommene, träge, nicht schwere, höchst seine, außerordentlich elastische Materie bezeichnet, die ebenfalls stets periodisch bewegt ohne Ende Licht spendet. Tie Aetherrnhe oder die Finsterniß ist nur örtlich: im Weltraum ist der Aether allzeit in Be wegung, im Weltall erlischt das Licht nie!

Seit den letzten zwei Jahrhunderten bedarf die Natur­ forschung zur Erklärung der Bewegung der Himmelskörper keines Zwischenmittels; sie hat dasselbe — freilich nicht ohne Widerspruch — aufgegeben und betrachtet die Um­ läufe und Umdrehungen der Himmelsbätle als das Spiel zusammenwirkeuder Kräfte -, sie hat hingegen den zwischen den Atomen der irdischen Substanzen und zwischen den Himmelskörpern gespannten Aether mit Liebe und Eifer ausgenommen, mit mittelst der ihm zugedachten Schwin­ gungsweisen die Vorgänge des Lichtes, der Wärme, der Elektricität und des Magnetismus verstandesgemäß zu be­ gründen. Ist ein solcher Welt- und Molecularäther auch wirk lich vorhanden? Läßt sich sein Bestehen geradezu nach­ weisen? Nein! Allein wie Richter und Geschworene aus einer Menge zerstreuter Thatsachen auf stattgehabte Ge­ schehnisse und Begebenheiten mit hoher Wahrscheinlichkeit schließen und bann nochmals prüfend jene verrathenden Spuren an die vermuthete That legen unb aus letzterer als Ursache ableiten: ebenso sorgfältig gingen auch die Optiker zu Werke, bevor sie sich zur Annahme eines schwingenden Aethers als Ursache des Lichtes bequemten und dabei wurden sie überdies durch die hohe Mathematik unterstützt! Verräth sich der fragliche Aether nicht auch durch aridere Zeichen als optische? Hemmt er nicht etwa die Weltkörper in ihrem Lauf und verlangsamt diesen merklich? Die außerordentliche Feinheit des Aethers wird so ange­ nommen, daß ein ausschließlich mit Aether erfüllter Raum als völlig leer gelten kaun. Nur wenn Körper vou äußerst

6

Farbentheoricu.

geringer Dichte sich in einem solchen Raume bewegen würden, mochte ein Widerstand kund werden. Und dies scheint bei dem Enke'scheu Kometen der Fall zu km. Dieser Himmelskörper zeigte nämlich bei den jüngeren Beobachtungen eine v e r m e h r t e G es ch w in di gke i t und eine engere Bahn, woraus man schließt, daß durch den Widerstand des Weltäthers die anziehende Kraft der Sonne relativ vergrößert wurde. Hätte der Komet seinen Abstand von der Sonne stets bewahrt, so würde eine Verzögerung in seinem Umlaufe als Folge des hindernden Aethers aufgetreten sein. Das Wort ,,Aether" ist für das lichterzeugende und lichtfortpflanzende vibrirende Mittel trefflich gewählt- denn seit dem Alterthmn hat man damit das allerfeinste, aller­ flüssigste und schwerlose Medium bezeichnet: leider! ist das Wort auch mißhandelt und für Stoffe gebraucht worden, die allerdings, wie der Schwefeläther, die Raphten und ätherischen Oele, sehr flüssig und leicht verdampfbar sind, deren Eigenschaften aber gegen jene des idealen Welt- und Molecnlaräthers so grob und ungeschlacht erscheinen, daß der bloße Versuch ihrer Vergleichung in's Lächerliche schlüge! Wie hoch elastisch muß man sich den hypotheti­ schen Aether vorstellen, wenn den Variationen seiner zarten Schwingungen die Entstehung des Lichtes, der Wärme, der Eteetricität uiib des Magnetismus zuge schrieben werden! Wie kühn erscheint uns der bedanke Thomsons, die Dichte des Lichtäthers abzuschäven (1 85-1) und dieser Versuch hat in dem Beginnen einiger Gelehrten, die Dimensionen der Körperatome erschließen zu wollen, sein Ebenbild.

So offen sich die Erscheinungen des Lichtes dein sinn­ lichen Auge geben, ebenso tief verbirgt sich die Ursache derselben dein geistigen Blick. Und daher blieb die Licht­ lehre so lauge dunkel; ebenso die Farbentheorie. Plato hielt die Farbe für flammenartige Körperchen, die aus den Poren der Materien in das Sehorgan ge­ schleudert werden. Aristoteles meinte die Farben entstünden aus einer verschiedenen, gegenseitigen Lage von Weiß und Schwarz oder ans einer Mischung derselben. Dieser Philosoph ist also der Stammvater jener Meinun­ gen, nach welchen Licht und Finsterniß, Helligkeit und Dunkelheit oder Schatten — bildlich Tag und Nacht — wechselnd eombinirt die Farben geben. Hieher gehören der Farbenbegriff Kirchers (1G46) und seiner späteren Anhänger, die Farbenlehre Göthe's (181U), sowie Schopenhaners (J81G). Auch Schiller besingt einmal in dichterischer Freiheit die Ansicht: Die Regen­ bogenfarben entstehen ans Licht und Finsterniß - - bildlich, aus Tag und stacht , das anderemal: die Farben feien ausschließlich Kinder des weißen Lichtes; hören wir ihn für beide Fälle: Wir stammen, unser sechs Geschwister, Von einem wundersamen Paar, Die Ik'ntter ewig ernst imb düster, Der Vater fröhlich immerdar; 1'011 beiden erbten nur die Tugend, Von ihr die Milde, von ihm den Glanz, So drehn nur unS in ew'ger Jugend Um dich herum im Zirkel tanz.

Wie sich in sieben milden Strahlen Der weiße Schimmer lieblich bricht,

Wie sieben Regenbogenstrahlen Zerrinnen in das weiße Licht. 3o spielt in tausendfacher Klarheit Bezaubernd um den trnnfnen Blick. So fließt in einen Bund der Wahrheit In einen Strom des Lichts zurück!

Bis gegen das erste Drittel des siebenzehnten Jahrhunderts war die wenig veränderte Farbentheorie des Aristo teles die herrschende. Die von Paracelsus im 16. Jahr hundert ausgegangene, nur von den Scheidekünstlern jener Zeiten aufgenommene linb uwdifieirte Meinung, als ob Schwefel, Salze oder Quecksilber in verschiedenen Mengen den Stoffen beigemischt die Mannigfaltigkeit der Farben bewirkten, wurde mit Recht überhort. Hingegen sollte ein von Descartes oder EartesiuS vor nahezu 210 Jahren ausgesprochener Gedanke in geänderter und vollkommenerer Form später zu Ehren gelangen. Descartes war der erste, dem es einfiel, ob nicht die Farben wie die Töne in einer verschieden schnellen Anregung der entsprechenden Nerven ihre Ursache hätten? Und dies ist die Grundidee der heute allgemein giltigen Erklärungsweise der Farben. Was der Ton für das Ohr, ist die Farbe für das Auge. Je schneller die Aetherwellen die Netzhaut des Sehapparates treffen, desto mehr rückt die Farbe vom Roth gegen das Violett der Farben, wie sie im Regenbogen aufeinander folgen. Des cartes kannte freilich noch keine Aetherwellen, sondern rasch rotirende und dabei geradaus schießende Lichtkügelchen: auch sollten nach seiner Vermuthung, entgegengesetzt der

Descartes' Farben - Hypothese.

9

heutigen Ansicht, mit der Geschwindigkeit der Lichttheitchen die Farben von Violett gegen das Roth mit der Farben­ reihe des Regenbogens fortschreiten. Die herrlichsten Farbenspiele sind also gleichsam Musik für das Auge, sie sind zarte, regelmäßige Wellenschläge an die Netzhaut; sie ergötzen die Seele, geben alle zusam­ men in ihrer vollkommensten Vereinigung das weiße Licht, d. i. jene zusammengesetzten Undulationen des Aethers, die unseren feinsten, am weitesten reichenden Sinn mit mächtiger Geschwindigkeit erfassen und die nur am schmerz­ lichsten beinl Scheiden von unserem Planeten erlöschen fühlen, wie uns dies die letzten Worte Göthe's verriethen, die da waren: „Licht, mehr Licht"!

2. Licht- und Schattenbilder.

Eine Jugenderinneruug will mir nicht aus dem Kopf. Wir hatten „Verstecken" gespielt. Ich und ein Genosse waren in ein Vorhalls geschlüpft — da sahen wir all der weißen Walld, gegenüber der geschlossenen, mit eiaern kl eiilen Schlüssello ch versehenen Thür, einen Theil unserer Gasse abgebildet lind dieses Gemälde war durch die vorüberhllschenden, miv sllcheuden Kameraden lebt: aber, o W r! die farbigen Zeichnungen der Häu­ ser, Kuaben mit) aller Tinge, die wir hier au der Mauer erblickten, standen, liefen oder lagen auf dem Kopf. Wir hatten da eine für die Lehre vom Sehen sehr wichtige (Ent­ deckung gemacht, freilich etwas verspätet — weil uii£ Iohaiiii Baptist Porta i. 3- 1 ein ivenig vorangeeill war. So geht es mit den (Erfindungen!

S'rl. l-

Tuiitclfamiiicr ober „caniera obscuia“

o r t st ’ v.

Wie kommt es aber, daß sich l Fig. 1) die Gegenstände an der weißen Wand einer bis auf eine einzige kleine Oefs nung geschlossenen „Dunkelkammer" verkehrt abmalen?

Das 2ics)t pflanzt sich, so lange es durch eine und die s e t b e We aterie, z. B. d n r ch d i e L n s t, dringt, in geraden Strahlen fort. Diese kreuzen sich in dem Löchelchen und erzeugen in Folge dessen an der weißen Wand eilt um gekehrtes ,, 2 i cs) t b i ( b ", indem jede kleinste 2ichtstelte eines vor der Oeffuuug befindlichen Gegenstattdes mittelst des von ihr ausgehenden geraden Strahles an der weißen Wand als ein einziger Heller Punkt wiedergegeben wird, uni) zwar mit jener Farbe, welche die licht­ schickende Stelle des Objectes, mithin der zugehörige Strahl besitzt. Senden einige Theile der Vor der Oeffnung liegen­ den Dinge gar kein 2icht aus, d. h. siud sie dunkel, finster oder schwarz, so bleiben diese Partien auch im Bilde ohne 2icht, d. i. schwarz. Mehrere neben einander liegende Oeffnungen bieten viele solche 2ichtbilder, die theilweise in einandergreifen, sich decken und daher gegenseitig stören. Weit der An zahl oder mit der Größe der Oeffnilngen muß sich daher die Undeutlichkeit der Bilder steigern derart, daß durch außerordentlich viele oder durch sehr große Oeffnungen z. B. durch Fenster gar kein Bild mehr erscheint und die Wand nur einfach beleuchtet wird. Je kleiner das 2och in dem 2aden der Dnnkelftube ist, desto deutlicher sollte sich das Bild abzeichnen, aber auch desto lichtärmer, weil ja dann nur wenig 2icht in den finstern Raum dringen kann. Wegen der 511 erzielenden größeren Helligkeit des Bildes macht man daher die Durchbohrung nicht viel enger als die Spitzenbreite des kleinen Fingers beträgt. Fängt man die 2ichtbilder mit Hilfe eines weißen

Schirmes auf, so werden jene, wegen der immer weiter aus­ einander geratenden Strahlen, um so größer werden, je mehr man die lveiße Tafel von der -Leffnuna entfernt. In physikalischen Hörsälen mit weiter Aussicht kaun in solcher Weife dem Publicum auf einem herabgetassenen, ge spannten, weißen Borhang eine überraschende Augenweide geboten werden- aber aucl) im Kleinen kann man das Wesen

Aifl. 2.

Cftcnc Iltiifclfaninicr.

es gehört nur lvenig Erfindungsgabe dazll, um beliebige Kaftchcni, Kistchen, Röhren 11. dgl. m. in trag- und dreh­ bare „Dunkelkammern" nut einer durchscheinenden Hinterwand zu verwandeln, an der man and) von riicklvarts die mit der Oertlichkeit wechselnden Lichtbilder gewahren

Tragbare Dunkelkammern.

kann.

13

Und dies deutlicher, wenn nmn den Kops und den

Hinteren Theil der Dunkelkammer mit einem dichten, schwar­

zen Tuch verhüllt, um so das störende Seitenlicht abzuhalten.

Die Dunkelkammer, in freilich sehr verbesserter Form und Gestalt, kommt auch in der Natur außerordentlich ver­

breitet vor: denn das Auge ist iui wesentlichen eine Dunkel­ kammer.

Dies hatte sogleich Porta zum Theil erkannt,

obwol er erst 15 Jahre alt war, als er seine Erfindung

der „camera obscura“ d. i. der ,,D u nkelka m me r" in

seinem aufsehenerregendeln Buche „magia naturalis“ oder „die natürtiche Magie", 1558, verössentlichte.

Eine ganz eigenthümliche Dunkelkammer mit vielen Oeffnllngen,

oder eine Sammlung von Dunkelkammern

bildet das Laub der Bäume

wer hätte nicht schon auf

denl Boden eines Parkes die in dem Schatten verstreuten, sonnigen Kreise und Ellipsen bemerkt ?

Geben sie doch bei

schütterer Blattvertheilnng liebliche, spitzenartige Gewebe

von Licht und Finsterniß!

Und ist es nicht, als hätte der

Sonnengott die von ihm zn Münzen geprägten Lichtstrahlen in die Nacht des Waldes neckend hingeworfen, zur Freude

der genügsamen nnd zur Täuschung, habgieriger Leute? Wem fällt nicht sogleich ein, daß wir es hier mit dem Bildchen der Sonne in einer vervielfältigenden Tnnkel

kammer 311 tljnn haben

Die Banmblätter sammt ihren

kleinen ^wischenössnnngen vertreten die durchbohrten Wände dieser von Mutter Natnr

erbauten,

herrlich gewölbten

duftigen Dunkelkammer. Nnn ist aber auch klar, warniu bei Sonnenfinsternissen

die in den Schatten des Landes eingeflochtenen Lichtflecke

sichelförmig ausfallen-, sind sie doch nur die Lichtbilder

jenes Theiles der Sonne, der von bcni sich vorschiebenoen Monde noch oder schon frei ist! Wie foninit es jedoch, daß die Sonnenbildchen in einer Dunkelkammer — mögen und) d i e kleinen Oess nun gen beliebig geformt sein — stets einen Streik oder eine Ellipse darstellen? Sollten sie nicht vermöge der geraden Strahlen die Form der Ceffnnngen geben? Jeder Punkt eines kleinen Loches im Laden einer Finsterstube liefert das Lichtbildchen der kreisrunden Sonr.em scheibe. Da nun diese lichten .^reisbildchen nur um weniges v e r s d) o b e n sind, so erblickt man wieder eine dem Streife oder einer wenig gestreckten Ellipse nahekommende Figur - inögen die U mrisse der Boh rung iin Laden des verfinsterten Saales lvetche immer sein! Diese Beantwortung jener vexirenden Frage war nicht zu allen Zeiten so einfach. Schon dem V( r i st o t e l e s und nod) einigen spateren Denkern war das von der Form der Oeffnung unabhängige kreis- oder ellipsen förmige Sonnenbildchen ausgefallen und man mnß fick) weniger darüber wundern, daß sie diese Erscheinung nicht stichhaltig zu erklären wußten als darüber, daß sich ihnen nid)t die Bilder der irdischen Gegenstände in ihrer Dunkelkammer präsentirten — erst Porta war der Glück liche! Und umgekehrt ist es sonderbar, daß der scharf­ sinnige, phantasiereiche Porta mit seiner Dunkelkammer als bequeme Handhabe die Frage nickst erfaßte und daß selbst K e p l e r sick) nod) mit dieser vor seiner Geburt bereits gelösten Aufgabe abmühte, weil ihm die vorhandene Antwort auf die, wie er glaubte, schwe­ bende Frage entgangen war. Wie langsam und ver-

schlungen waren doch die Wege des wissenschaftlichen Fortschrittes! Aristoteles weinte mehr geistreich als richtig, die durch verschiedene Biegungen und Winkel einer kleinen Oeffnung in den finstern Raum dringenden Lichtstrahlen seien gegen jene, welche durch die als rund angenommene Mitte der Durchbohrung gehen, von verschwindender Wirkung auf unser Auge. Noch einige andere diesem Problem nachgehende Männer gaben keine bessere Lösung desselben. Erst Mau rothen s that dieses vor ungefähr 300 Jahren in befriedigender, noch' hellte giltiger Weise; zwar etwas umstäildtich und auf die Lichtkegel zurückgehend; aber er konnte es nicht anders, da ihul Pvrta's Dunkel­ kammer mit ihren Lichtbildern unbekannt war, obwol ein Theil der Lebenszeit beider merkwürdiger Männer zusammenfällt. 9Jtx a n r o l i) e n s stand näullich scholl im 64. Jahre seines Lebens, als der Jüngling Porta sein die Dunkelkammer beschreibeildes Buch der Welt schenkte; ivol lebte dann Maurolhcus nod) 19 Jahre, aber die Erklärung der stets runden Soillleilbildchen scheint eben aus seiner früheren Zeit zu stanlnleil. Maurolyeus zeichnete sich ferner dllrch manche schölle That im Gebiete der Lichtlehre iiiiD durch hohe Gelehrsamkeit aus; jedoch hatte er seine Würde eines Abtes vielleicht eher dem Nufe seiner Propheteilgabe als seinem reellen Wisseil zu bunten. Denl D o n Jllan d'Austria hat er den ^ieg über die Türkeil vorausgesagt! Doch mag malt deshalb nicht zu klein von ihm denken, da selbst der große Kepler ein Jahrfünfzig später noch zur Boraukündullg des Wetters in seinem Gratzer Kalender gezwungen war und einer solchen, wie er selbst erklärt, zu-

fällig gelungenen Weissagung vorzüglich die Werthschätzung und Beachtung seitens der Hohen und Niedrigen zu dan­ ken hatte; mußte sogar zu jener Zeit die Astronomie die Dienerin der Astrologie sein! Die gerade Richtung der Lichtstrahlen bewirkt nicht nur die hellen Bilder in der Finsterstube, sie ist auch indirect Ursache der sinsteru Bilder oder „Schattenbilder". Eilt Lichtpunkt sendet nach allen Richtungeil seine ge­ raden Strahlen. Stellt imui nun irgendwo einen nn durchsichtigen Körper einem Theile dieser Strahlen in den Weg, so wird der Raum hinter dem eingeschobenen Körper ganz finster bleiben — ein für allemal vorausgesetzt, das; er nicht von einer anderen Seite her Helligkeit bekommt. Dieser völlig dunkel bleibende Raum heißt K e r n sch atten und seine Gestalt hängt selbst­ verständlich von der Forul des in die geraden Strahlen eingeschobenen undurchsichtigen Körpers ab und läßt sich daher leicht construiren. Bestrahlt nicht ein Punkt, sondern ein Körper die ii ii d ii rch s i ch t i ge n Gegenstände mit seinem Lichte, so wirft ^Fig. :».) jeder der vielen leuchtenden Punkte einen Lichtkegel auf die v o r d e r e Seite des undurchsichtigen Gegenstandes und erhellt ihn hier - hinter ihm Fin sterniß, Nacht oder „Schatten" lassend. Da aber jeder dieser Lichtkegel zum Theil den zu einem anderen Lichtkegel gehörigen Schattenraum beleuchtet, so nennt man den so theilweise erhellten Dnnkelranm „Halbschatten". Sind z. B. l Fig. G.) die bei der Schattenbildung bethei ligten Körper kugelförmig und überragt der Lichtspender die strahlenabschneidende Kugel, so hat man hinter der

Eigenschaften des Schattens.

17

letzteren einen vollkommen finster bleibenden .Hegel raum, den „Heruschatteu", und zwei daran grenzende theilweise beleuchtete Dunkelräume, die „Halbschatten", welche allmälig, unmerklich in die volle Beleuchtung über­

gehen. In unserer Zeichnung sind, um dieselbe zu Oer einfachen, nur zwei Lichtpunkte gewählt worden: man muß

öif|. !.

uiib ValVjd’aitcu.

sich daher die im Halbschatten vorkoinmenden (Geraden bio zur Lichtquelle verlängert deukeu, um die Punkte zu finden, deren Licht vom schattenwerfenden Körper aufgehalteu wird.

Ueberdies must man sich die Figur um ihre Axe, d. i. um eine Gerade gedreht denken, welche die Greise und i)no hinter ihnen liegende schwarze Dreieck halbirt, nm einznsehen,

daß hier Engeln, Licht- und Schattenkegel vorhanden seien. Jedes Schattengebilde lFig. 3) lästt sich mittelst einer Weißen Ebene, etwa an einer weißen Wand, Tafel n. dgl. 111.

auffaugen und ersichtlich machen. Die Form,

Große

und Lage des Schatteno hängt

Von der Gestalt, Ausdehnung, gegenseitigen Lage und Ent Pislü, Tao t'irfjt. 2. 'jiufl. 2

fernung der bei seiner Entstehung betheiligten Körper ab und jene lassen sich in gegebenen Fällen unschwer bestimmen, indem man die Grenzen der dabei in Betracht kommenden Körper, wie Fig. 3 und Fig. 1 andeuten, zwischen Geraden einschließt.

Fig. 4.

SchaUen-Construction.

Ist die Lichtquelle von dem Schattenwerfer sehr weit entfernt, so kann man alle Lichtstrahlen ein ander parallel annehmen; hieher gehören die Sonnen strahlen. Man sieht bicc- ein, wenn man bedenkt, daß gerade Linien, welche einen sehr kleinen Winkel miteinander einschließen, nahezu dieselbe Richtung besitzen, b. h.

so gut wie einander parallel seien. Und dies ist eben bei unserer Voraussetzung der Fall. Je nach dem Stande der Sonne wird man daher den Auffallwinkel der paral­ lelen Sonnenstrahlen und die Seite, woher sie kommen, bei der Schattenauffindung zu beachten haben. Bei Phantasiezeichnungen nimmt man gewöhnlich an, die parallelen Lichtstrahlen fallen von links kommend unter 45 Graden auf den undurchsichtigen, dunkeln, d. i. nicht selbst leuchtenden Gegenstand. Der Schatten wächst umsomehr, je mächtiger der undurchsichtige Körper ist, je weniger der letztere und je mehr ein den Schatteii aufnehmender weißer Schirm von der Lichtquelle absteht. Mit der Neigung des Schirmes von seiner senkrechten Lage gegen die Lichtstrahlen muß daher der Schatten auch größer werden, und wenn er ursprünglich kreisförmig war, so gewinnt er bei stets zu­ nehmender Schiefe des Schirmes nach und nach die Form einer Ellipse, einer Parabel oder einer Hyperbel. Alle diese Wahrheiten leuchten ein, wenn man das Auscinanderlaufen der geraden Lichtstrahlen bedenkt und die davon abhängende Tchattengröße. Auch können einige leichte geometrische Zeichnungen und Sätze zum Maaß dieses Wachsthumes des Schattens führen und ferner zur Einsicht, wie die Länge eines auf den Erdboden von einem Stabe geworfenen Schattens zur Berechnung der Höhe eines Baumes, Thurmes u. dgl. in. oder selbst des Sonnen­ standes dienen könne. Tie alte Sternkunde machte hievon Gebrauch. Unser Leser wird nun selbst finden, warum bei Kör­ pern, die gerade über ihrem Scheitel beleuchtet sind, kein

Schatten sichtbar wird und warum der Schatten bei einer sehr schiefen Seitenbeleuchtung größer als der dazu ge­ hörige undurchsichtige Körper ist; ferner, warum man Schreib- und Zeichentische so stellt, daß die Lichtstrahlen links einfallen und warum man in manchen Schreibstuben die Brenner der Gasflammen wagrecht legt; wärmn eine Kerzenslamme auffallendere Schatten der Körper erzeugt als das gewöhnliche Tageslicht; warum 2, 3, 4 ... . verschieden gestellte Lichtquellen von demselben undurch­ sichtigen Körper 2, 3, 4 verschiedene Schatten Her­ vorrufen und endlich wie es komme, daß die Gasflammen, wenn, sie recht nahe dein sehr kräftigen elektrischen Kohlen­ lichte stehen, an einer weißen Wand leichte Schatten wer­ fen; ebenso durchsichtige Stoffe, wie Gläser u. dgl. m. Behufs der zu suchenden Antworten wollen wir nur andenten, daß bei wagrechteu Brennern eine frei liegende, die Schreibgegenstände von oben beleuchtende Flamme ent­ steht: ferner, daß die Gasflanuue im Vergleich mit dem elektrischen Lichte als buiiflcv Körper angesehen werden kann und endlich, daß es weder vollkommen undurchsichtige noch vollkommen durchsichtige Stoffe gibt. Das Gold — in sehr dünnen, rißfreien Blättchen auf eine Glasplatte gedrückt — gestattet ein Durchsehen nach der Sonne nnd zwar dringen durch dasselbe die grünen Strahlen, so daß man die Sonne grün erblickt. In sehr dicken Schichten verlieren die Luft, das Wasser, Eis und Glas, sehr merklich an Durchsichtigkeit — ein Beweis, daß sie cmd) in dünneren Schichten nicht voll kommen durchsichtig sind, wofür auch das obenerwähnte Schattenwerfen derselben spricht.

Selbstleuchtende 2 nbstanzen.

21

Wir haben bisher einiges von der Durchsichtig­ keit und Undurchsichtigkeit der Stosse gesprochen: wie erklärt man diese Zustände? Um hierauf zu antworten erinnern wir uns zunächst, das; bei einer selbst leuchtend en Materie der zwischen ihren kleinsten Theilchen gespannte Aether (S. 4 bis 6) von selbst, ohne nothwendiges Dasein eines anderen Hellen Körpers, derart schwingt, daß Licht von ihr nach allen Seiten ausstrahlt. Die anregenden und erhaltenden näch­ sten Ursachen der Aether-Bibrationen, welche zum Selbstleuchten erforderlich sind, können mechanische, chemische, physiologische sein, ja nicht selten bleiben dieselben unbe­ kannt: sind aber in letzter Instanz, wie alle Naturvorgänge, sicher mechanischen Wesens. Wir deuten als Belege zu Vorstehendem auf das Selbstleuchten der elektrischen Funken hin, ferner auf die Selbsthelligkeit der brennenden und phosphorescirenden Stoffe und einiger Insekten, etwa der Johanniskäferchen u. dgl. in., vieler Infusorien, besonders des Meeres. Endlich rufen wir noch in das Gedächtniß das eigene Licht der Fixsterne, z. B. der Sonne u. dgl. hl, das Glimmlicht, wie es üim einer elektrischen Reibungs-, Elektrophor-, Volta-Jnduetions- oder Magneto-Induktions­ maschine im luftverdünnteu Raume der Geißler'schen Röhren erzeugt wird; auch mahnen nur an das galvanische Licht der verbrennenden Backkohle, des elektrisch verbrennenden Quecksilbers, sowie an das Licht der durch Galvanismus oder Feuer bis zum Glühen erhitzten Platin- oder Eisen­ drähte. Körper, deren Aether erst durch jene Lichtwellen, welche von leuchtenden Stoffen ausgehen, zu Lichtschwin-

22

Durchsichtige und undurchsichtige Ltosse.

gungen angeregt werden können, heißen dunkel. Werden diese Aetherwellen wirklich durch eine Art Licht-Reso­ nanz hervorgerufen, so ist der dunkle Körper „be­ leuchtet". Ein solcher lichtbestrahlter Körper wirkt wie­ der auf andere dunkle Stoffe durch die Licht-Resonanz erhellend. Dunkle Materien, welche, vermöge des in ihren Zwi­ schenräumen gelagerten Aethers, die lichterzeugenden Vibra­ tionen durch ihr Inneres fortpflanzen, sind durchsichtig bis durchscheinend, je nach dem Grade des Lichtdurch­ ganges. Daß eine undurchsichtige Substanz den Aether­ wellen keinen Durchzug und keinerlei merklichen Spielraum gestattet, sie vielmehr auslöscht, brauchen wir jetzt nicht mehr besonders anzugeben; auch wird sich unser Leser erinnern, daß strenge Grenzen für die Abstufungen der Transparenz fehlen und sehr leicht kann er von selbst finden, auf welche Weise ihrerzeit die jetzt immer mehr in Vergessenheit gerathende Emmissionslehre die Beleuchtung, Durchsichtigkeit der Stoffe u. dgl. abgeleitet hat. Wann wird sich ein Schatten bewegen? Offenbar, indem (Fig. 4) entweder die Lichtquelle oder der undurch­ sichtige Körper oder beide gleichzeitig ihren Platz verändern. Der Spruch, „er verfolgt ihn wie sein Schatten " deutet an, daß der Schatten sich nach derselben Seite wie der zugehörige dunkle Körper bewegt. Durch einfache Constructionen der Schatten begreift man dies leicht, sowie auch, daß bei eiuer sich verschiebenden Lichtquelle der eutprechende Schatten in der entgegengesetzten Richtung zu jcuer verrückt werden muß. Die Sonnen- oder Schatten-

uhren, die Aufsuchung der Mittagslinie für einen bestimm­ ten Ort, die Sonnen- und Mondsfinsternisse und deren Berechnung beruhen eben auf derartigen Bewegungsver­ hältnissen. Und wie sehr die genaue Voraussage des Ein­ trittes und die Dauer der Finsterniß allzeit der Menge imponirt hat, ist zur Genüge bekannt. Beruhet doch daraus zum großen Theil die hohe Achtung, welche schon in frühen Tagen den Astronomeu gezollt wurde und der Glaube dieselbe!: besäßen die timift des Prophezeihens! In freilich anderen: Sinne muß auch die Neuzeit gestehen, daß der Sternkundige „wahrsage" und die Auffindung des Planeten „Neptun" nach den: Catcut Le Verrier's (1846) ist keil: kleiner Triumph der Wissenschaft! Ist nur eine Lichtquelle vorhanden und gehe:: deren Strahler: an dei: Grenzei: des unsichtbaren Körpers nahezu senkrecht vorüber, so muß sich aus dem au einer weißen Wand aufgefangeneu Schattenbild die Forn: des schatteuwerfendei: Körpers erkennei: lassen. Sotltei: solche Schatten­ risse nicht auch ein Abbild vor: Personen geben könne::? Und wen: springt nicht ii: die Augen, daß dann nur Pro­ file möglich seien, sowie daß die letzteren un: so ähnlicher den: Originale Werder:, je schärfer und markirter die Grenzer: des letzteren sir:d! Wie wenig sicher aber hin­ sichtlich der feineren Umrisse, der Rückschluß von: SchatteuPorträt aus der: Gegenstand ist, zeigen Fig. 5 und G. Derartige Schattenobjecte, z. B. Stöcke, Petschaftgriffe u. dgl. m. bienten ehedem dazu, un: die Schattenbilder poli­ tisch verpönter Personen in: trauten Kreise Hervorrufer: zu können; auch machen die Witz-Journale in ihren Illustra­ tionen nicht selten von diesem Principe Gebrauch. Gibt

24

Eigenthümliche Schattenwerser.

es doch Leute, die durch ein Fingerspiel und durch zweckinäßige Beleuchtung derselben die Schattenrisse der ver­

schiedensten Thierköpfe erzeugen!

fti.]. r> mit- ß.

Schattcn - Cbjcctc.

Weil bei der Schattenzeichnung die hervorstechendsten Unlrisse eines Gesichtes im Profile charakteristisch wieder­ gegeben werden, so sind die Schatten-Porträts für den

Physiognomiker nicht ohne Werth und um das Jahr 1757 tarnen aus schwarzem, glänzendem Papier nach dem Schat­ tenriß geschnittene Profilbitder in Paris stark in die Mode, welche letztere von da, wie gewöhnlich, eine Wettfahrt durchmachte. Die Franzosen nannten diese billigen Nach­ ahmungen der Schattenrisse „Silhouettes", damit spöttisch auf ihren damaligen, sparsamen Finanzminister Etienne de Silhouette anspieleud. Die Silhouetten sind heut­ zutage ganz außer Gebrauch gekommen. Gibt doch die Photographie ein ebenso wohlfeiles und vollständiges Lichtund Schattenbild! Und liegt nicht in der richtigen Vertheitung von Licht und Schatten die Seele der Malerei? Viel älter, hinsichtlich der Erfindung, als die Sil­ houette ist das „Schattenspiel an der Wand" und das von selbst verstnädliche Princip (Fig. 7) desselben ist so einfach, daß man es sogar in den Kinderstuben ver­ wirklicht antrifft. Tas Schattenobject ist hier meistens aus steifem Papier geschnitten und zwar in der Weise, daß nur der Schatten allein oder Schatten- und Licht­ partien lFig. 7) am Bilde sichtbar werden. Die Dar­ stellung solcher Schattenbilder geschieht entweder hinter einem durchscheinenden, weißen Schirm aus Seidenpapier li. dgl. oder von vorne an einer weißen Mauer. Da man die Figuren und deren Glieder leicht beweglich machen, und zu dem derart belebten Schattenspiel Musik, Text, Bauchrednerei u. dgl. m. gesellen kann; so ist begreiflich, daß die Schatten allzeit würdige Concurrenten der Mario­ netten gewesen sind. Und da bei beiden die Phantasie den regsten Spielraum hat, so finden wir dieselben besonders beim Volk und in der Kinderwelt in höchster Gunst. Im

Orient gehört das ,,Schattentheater" mit seinen piv piernen Cvmödiantenvätern zu den auserlesensten Genüssen der Jungen und Alten. Allein auch bei uns füllt nach

Fig. 7.

Schattenspiel an der Wand.

hie mit) da das Schattenspiel manchen Abend im Fannlien kreise (Fig. 8.) ans. Und wenn es auch nicht immer sa hach und fein dabei wie in unserm Bilde hergeht- wenn sich auch zuweilen die Jugend ihre Schauspieler selbst erst zuschneidet und ebenso das Theaterstück, immer beglückt das Schattenspiel die kleinen, mögen sie im Palast oder in der Hütte Hausen. Hier fallen uns Göthe's Warte ein: An weiße Wand bringt dort der Zanberstab Ein Schattenvolk ans mythologischen: Grab. Im Possenspiel regt sich die alte Zeit, Gutherzig, doch mit Ungezogenheit.

27

Schattenspiel im Fstmilienkpeise.

Schattenspiel im Familienkreise.

Was Gallier und Britte sich erdacht, Ward, wohlverdeutscht, hier Deutschen vorgebracht'. Und oftmals liehen Wärme, Veben, Glanz Dem armen Dialog — Gesang und Tanz.

("yifl. !'.

Permebnuiq der Lchatten.

Denken wir uns (9) 2, 3, 4 oder noch mehr ^ichtqitellen vor einem Schattenwerfer nicht direct hinter einander atifgestellt, so lverden dem entsprechend mif einem weißen Schirm 2, 2, f 1115 w diele Schatten auf treten iilv von einander getrennte Lichtgtiellen vorhanden sind. Dieses Prineip der vermehrten Schatten lvnrde für die vergleichende ^ichtstärte-Messnng nutzbar gemacht- wie'? werden wir später hören. Die Ursache der Schatten - Multiplieation wird so­ gleich klar, wenn man bedenkt, daß (^ig. 9) die von den

verschiedenen Lichtern nach dem Schattenwerfer gezogenen und darüber hinaus verlängerten Lichtstrahlen, je andere Oerter auf einer die Schattenbilder auffangenden, weißen Tafel treffen und mithin (Fig. 9) neue Schatten- oder (Fig. 10) neue Lichtbilder erzeugen. Die letzteren dann, wenn (Fig. 10) der Schattenwerfer eine große breite Wand, und in derselben die Figur ausgeschnitten ist. Denn vermöge der geraden Richtung der Lichtstrahlen muß jetzt das nänlliche gelten, was vorhin über die Vermehrung der Schattenbilder gesagt wurde. Es versteht sich von selbst, daß wenn (Fig. 10) in einer undurchsichtigen, aus­ reichend großen Wand eine Patrone für (Fig. 7) Schattenund Lichtbilder verfertigt wurde, auch eine Vervielfältigung solcher Bilder nach denselben Grundsätzen, möglich sei. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hat Robertson das Publikum nicht wenig durch solche Darstellungen ver­ möge der Raschheit der Multiplication in Erstaunen ge­ setzt. Bei schneller Bewegung und günstiger Combination der Lichtquellen scheinen nämlich alle Figuren aus der ur­ sprünglich Einen zu entspringen unb von da ihre Wan derungen und Läufe zu beginnen. Durch fächerartige Ver­ schiebungen der undurchsichtigen Zwischentheile bei den Füßen, Händen u. dgl. m. an den Matrizen, ermöglichte Robertson springende und dabei erheiternde, wenn auch räthselhafte Bewegungen der Lichtbilder. Die in scharf kantigen Cartons ausgeschnittenen Figuren wurden (Fig. 10) in die große, verfinsternde Wand eingeschoben. Ein eigenthümlichem Schattenspiel zeigt der Schatten künstler Schulz, indem er mittelst geeigneter Gasflannnen und Papierpatronen scharfe, schwarze Schatten auf sein

ö’iq. 10.

Multipliccttion der Lichtbilder.

Multiplication der Lichtbilder.

31

eigenes rasirtes Gesicht im raschen Wechsel so fallen läßt, daß es für den Zuschauer den Anschein gewinnt, als wechselte er immer den Bart und die ganze Physiognomie. Man kann nicht leicht besser die Wichtigkeit von Licht und Schatten hinsichtlich der Physiognomik erkennen als bei dem eben erwähnten Licht- und Schattenspiel. „Viel Lärm um nichts" ist nie wahrer als in Beziehung auf den Schatten, der eigentlich ein wahres Nichts ist und von dem mir selbst schon so viel gesprochen haben! Und doch ist dies nur wenig, wenn wir des langen, von Wieland so heiter dargestettten Streites der Abderiten um des Esels Schatten gedenken, ferner der von Chamisso geschilderten mannigfachen Leiden des Mannes ohne Schatten, sowie des von Andersen im Mährchen uns vorgeführten Mannes, welcher der Diener seines Schattens geworden. Welch tiefer Sinn liegt in allen diesen Dichtungen; sie sind selbst Phantasie-Lichtbilder über die wir gern die Schattenbilder des Lebens vergessen.

31

Die Wunder des Spiegels.

3. Die Bilder des ebenen Spiegels.

bcn tausend und aber tausend physikalischen Wundcrn, die täglich bor unseren Augen anftreten, gehören auch die Bilder unseres Hansspiegels oder des „ e b e neu Spieg e l sDurch die Gewohnheit — wie gegen so vieles Merkwürdige wegen der Häufigkeit des Borkommens abgestumpft, vergessen wir, daß dieses höchst einfache Geräthe uns unser Gesicht zu jeder Zeit, ohne weitere Um­ stände kennen lehrt — man denke sich die natürlichen Spiegel der Wasseroberflächen und unsere so leicht kauf liehen Spiegel nicht existirend und frage nach den Mit­ teln in jedem Augenblick sein eigenes Antlitz sehen zu können! Nicht einmal die armselige Sil honette, welche unser Schatten bietet, läßt sich so ohne weiteres zu jeder Zeit Hervorrufen wie das schone, wohl getroffene Spiegelbild. Wie complicirt sind die Behelfe selbst der vorgeschrittenen .^unst und Wissenschaft, nm einen vollgiltigen Ersatz für das ordinäre Spiegelbild zu geben Wie höchst außerordentlich erscheint nnS nach solchen Ueber legungen das trene Bild in unserem Spiegel! Und viel leicht ist es nicht Eitelkeit der Frauen, daß sie von jeher so oft nach dem Spiegel griffen, sondern nur Anerkennung und Erprobung dieses natürlichen Wunders! M^n könnte um so eher geneigt sein dies zu glauben, als nicht eine , sondern ein Jüngling, Narciß, es war, der

sich in sein eigenes Spiegelbild verliebte. Auch behauptet eine geistreiche Wienerin, welche einer Spiegelaustage ge­ genüber wohnt, daß von 10 vorübergehenden Herren je 8 vor den Spiegeln stehen blieben, während von der glei­ chen Anzahl vorbei passirender Tarnen nur 5 flüchtig in den Spiegel guckten — vielleicht, weil sie es schon zu Hause mehr als zur Genüge thaten'? Eine so auffallende Thatsache, wie das Bild im ebenen Spiegel, mußte schon frühzeitig die Denker beschäftigen. Demokrit (geb. 160 v. Chr.) und Epikur (geb. 342 v. Chr.) hielten dafür, die aus den Augen strömenden Bilder (vergl. S. 3) werden durch den Spiegel so umge­ dreht, daß sie zum Objecte die symmetrische Lage bekommen; wie so und warum dies geschehe, wußten sie nicht anzu­ geben. Allein schon die Schüler des Pythagoras (um 500 v. Chr.) hatten an ein Zurückprallen der Lichtursache am Spiegel gedacht. Ju der That muß man leicht dahin kommen, eine Zurückwerfung der Lichtstrahlen am Spiegel zu vermuthen, da wir ja im letzteren Bilder erblicken von Gegenständen, welche hinter unserem Rücken stehen. Es ist dann gar nicht anders möglich, als daß die von jenen Objecten an die Spiegelflächen gelangenden Lichtstrahlen gegen unser vor dem Spiegel befindliches Auge zurückgeworfen werden — nach welchem Gesetze ? Wenn wir in eine Tunkelstube (Fig. 11) einen Licht­ strahl auf einen Spiegel unter einein schiefen Winkel leiten, so können wir im Auffallpunkte des Lichtes die Zurückwerfung oder Reflexion des letzteren direkt wahr-' nehmen. Errichtet man im Auffallpunkte des Lichtes eine Senkrechte, d. i. das ,,E i n fa l l s l o t h " < D I>. Fig. 11)

so wird durch diese Gerade der Winket, welchen der ein­ gefallene und zurückgeworfene Lichtstrahl mit einander bil­ den, in zwei Hälften getheilt. Es ist demnach der Reflexionswinkel gleich dem Einfallswinkel und die Schenkel beider liegen in derselben E b e ii e. Dieses Gesetz, so einfach und schlicht es klingt, ist gleichwol der Grundpfeiler bei der Erklärung aller Er­ scheinungen, nicht nur am ebenen oder Planspiegel, sondern an jeder beliebigen Art von Krummspiegeln und bei allen Evmbinationen von Spiegeln.

Kig. 11.

Tas Reflexionsgesetz für daL Vidji.

Befindet sich (Fig. 12) vor einem ebenen Spiegel ein Lichtpunkt A. so fallen seine gegen die Spiegelebene ge­ richteten Strahlen (Ar. As. Fig. 12) auf die letztere. Jeder dieser Strahlen wird nach dem eben ausgesprochenen Ge setze zurück geworfen. Gelangen diese Lichtstrahlen in ein

Auge, so erblickt dieses in dein Durchschnittspunkt ihrer Verlängerung ein Bild a des Lichtpunktes A. Dieses Bild liegt in der Senkrechten, welche von dem Helten P n nk t auf b i c Sviegelebe n e gefällt wird, gerade so weit hinter dem Spiegel, wie der Leuchtpnnkt vor demselben.

OL

Fig. 12.

A

Pav Jiiftsliioetonniicn i?cv Bilder beim Planspiegel.

Jeder selbstleuchtende oder beleuchtete (Gegenstand (A C Fig. 19) besteht aus vielen, vielen helleri Punkten, von Welchen jeder sein Bild in einem vorgehaltenen Planspiegel ftir das beobachtende Auge nach der zuletzt mttgefnndenen Regel erzeugt. Daraus folgt: Jeder vo e einem Plan-

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2i)inmeme her Spiegelbilder.

1 p i c g e l ci n g e b r a d) t c ®cgenftanb lFig. 12 und 13) hat (jinter bem Spiegel ein ih in gleiches, aber (Fig. 13) f nm in e t r if dj c s? Bild, d. h. bei letzt e r e m sieht man die am ® egen staub r e ch t s befinb (idjen Theile lins 5? linb u m g e k e h r t. Dieses s i) m m e t v i s ch e Spiegelbilb n n b b e r ® e g e n st a n b

iyiej. 13.

Zpinnictrijcbc

bev ^pie^cldildcö.

st e h e n (Fig. 12) Don b er Spiegel ebene g lei d) Weit ab — was man im ®ebanfen and) auf bas Sp'iegel bilb in Fig. 13 zn übertragen hat.

Die symmetrische Lage der Spiegelbilder tritt beson­ ders auffallend hervor, wenn inan irgend eine Schrift vor den Spiegel hält. Eine solche „Spiegelschrift" vor einen Spiegel gebracht gibt wieder die gewöhnliche Anord­ nung der Buchstaben. Ein geringes Nachdenken führt da­ hin, daß auch der Satz für Druckschriften und die etwa eingeschobenen Stöcke für Bilderschnitte oder Stiche eben­ falls wie die Spiegelschriften und Spiegelbilder eingerichtet werden müssen. Sowohl das Reflexionsgesetz wie auch dessen Anwen­ dung zur Erklärung der symmetrischen Anordnung des Spiegelbildes und dessen Entfernung von der Spiegelebene erkannte schon Euklid 300 Jahre v. Chr. Es wird, bei einigem Nachsiunen, von selbst klar, wie man die Gleichheit des Zurückwerfungs- und des Einfallswinkels mittelst eines fein getheilten Gradbogens zu erproben hat und solche Messungen sind schon oft in befriedigender Weise ausge­ führt worden. Allein selbst, wenn dies nicht geschehen wäre, so spräche für die Richtigkeit des Reflexionsgesetzes die Genauigkeit, mit der alle daraus gezogenen Folgerungen durch die Erfahrung bestätiget werden. Woher kommt aber die Gleichheit jener Winkel'? Tie Anhänger der E m i s s i v n s t h e o r i e stellen sich vor, daß die Lichttheitchen am Spiegel wie ein elastischer Ball zu­ rückgeworfen werden, in welch letzterem Falle ebenfalls das obige Reflexiousgesetz bis 115Centim. — nnd große Brenn-r>*

weite— 1 Meter und darüber — aus. Ter Brennspiegel war zu jener Zeit bei den Mächtigen der Erde stark in Gunst gekommen, und Billette verkaufte seilten erstell Spiegel für den Schah von Persien, dailn lieferte er ähn­ liche Spiegel für Ludwig XIV., ferner für dell völlig voll Dänemark, für den Landgrafen von Hessen n. s. w. Noch leistungsfähiger als die Bi Nette'scheu Brennspiegel zeigten sich jene von Tsch i rn Hansen. Tieselbeil waren aus Kupfer dünn geschlageit uiiD daher sehr leicht; ihre Politur war außerordentlich. Tie Weite eines ungeinein wirksameil Spiegels dieser Art betrag ilahezn 2 Nceter iinb die Brennweite 1 Meter. All Raschheit der Zündung wnrdell die vorigell Spiegel von den ans Messingtafeln parab olisch geformten Brenn­ spiegeln Hose's übertroffen. Ter größte derselbeil maß in der Höhe etwas unter 2 Meter and batte eine Brenn­ weite voll 12() Eentimeter. Tie Hohlspiegel G ä v tn e r ’ s waren aas alittelhartenl Holz parabolisch gestaltet, innen vergoldet nild voll verschie­ dener Größe. Unter gleichen Umständen soll ihre Leistung jener der Tschirnhansen'schen Spiegel gleich gekonlnleil sein. Gärt n e r wiederholte auch mit Erfolg M a t m ü l l e r' s gelungenen Versuch aus Eis Breililspiegel zll formen. Der letztere hatte nänllich dein Kaiser Ferdinand 111. gegeil die Mitte des 17. Jahrhunderts ein eil wirksamen Brenilspiegel aus Eis verehrt. Was über die zu Plailspiegeln tauglichen Materiell gesagt wurde iS. 41), gilt auch von den Brenllspiegelll, und so finden wir denn die mannigfachstell Stoffe wie Metalle, Holz, Thoil, belegtes lind versilbertes Glas, Pappe u. s. w.

dazu verwendet. Nau man n in Wien bedeckte (1799) einen Hohlspiegel aus Pappe regelmäßig mit der glänzenden Seite des Strohs und schmolz mit diesen: Spiegel Metalle! Die Form angehend, sind die parabolischen und elliptischen Brennspiegel die wirksamsten, denn sie sind mit ihrer ganzen Fläche thätig. Je mehr Fangfläche ein Hohlspiegel den Strahlen bietet und je kürzer seine Brennweite ist, desto leistungsfähiger ist der Spiegel. Auch kurze, hohle, gleichseitige.^egelspiegel siud zu Breunspiegeln vorgeschlagen worden und Lambert hat hierauf in der That mit solchen spiegelnden Hohl­ kegeln zu Berlin (1777) gezündet. Mittelst kleiner, gegen den Sonnenmittelpunkt axial (S 82) gerichteter Brennspiegel kann man in der kürzesten Frist entzündliche Stoffe, wenn sie im Focus liegen, ent.flammen und leicht schmelzbare Metalle in Fluß bringen: wie mächtig sind erst die Wirkungen der großen Sammelspiegel! In der That entzünden solche selbst grünes, nasses Holz fast augenblicklich und verwandeln dessen Asche in Glas: ebenso machen sie schnellstens Knochen, Erden, Steine, Ziegel und selbst hessische Schmelztiegel zu Glas, welches je nach den Bestandtheilen eine andere Farbe hat. Alle Metalle, selbst die streng flüssigsten, werden sogleich geschmol­ zen und dicke Nietallplatten, Thalerstücke n. dgl. m. dnrchlöchert. Aus den Erzen, sobald sie in den Brennraum eines thätigen Sammetspiegels gebracht werden, treten die Nietalle tropfenförmig hervor. Der parabolische Hohlspie­ gel wurde daher und ans ähnlichen Gründen schon vor 189 Jahren von Lani s zum „chpm ischeu Gebrauch" vor­ geschlagen. Mit Hilfe eines Hohlspiegels ließ E o s m v s 111.

86

Verschiedene Versuche mittelst Brennspiegel.

(1694) Diamanten verbrennen und gab dadurch Anstoß zu ähnlichen Versuchen und zur Entdeckung, daß der Diamant krystallisirte Kohle sei. Selbst unter Anwendung der m ä ch t i g st e n B r e n n s piegel vermochte man beim M o n d s ch e i n im Focus nur sehr verstärktes Licht, aber keine höhere Temperatur als in der nächsten Umgebung wahrzunehmen: ja ein freilich ungeschulter Beobachter lGärtner 1715) hat dort sogar — ,,Kühlung gesichtet". Tie feineren Beobachtungsmittel der Neuzeit haben jedoch den Mondesstrahlen eine, wenn auch nur unbedeutende Wärmeäußerung abgerungen. Tie großen Breuuspiegel iS. s 1) versagten ihre Wir­ kung nicht, wenn auch ihre Mitte umhüllt und nur ihr Naud frei blieb: ebenso wenig, wenn bei Sonnenfinsternissen schon 3 4 der Sonnenscheibe verdeckt waren. Es versteht sich von selbst, daß es dann längerer Zeit bedurfte, um ganz das Grämliche zu leisten wie bei vollem Spiegel oder freier Sonne. Auch au allerlei sehr gelungenen Koch und Bratver­ suchen mittelst der großen Brennspiegel hat es nicht gefehlt und ebenso nicht an Vorschlägen den Sammelspiegel zur rascheren Gewinnung des Kochsalzes durch Abdampfung, ja zur Bewegung von Warmluftmaschinen u. dgl. m. zu benützen, und erst in jüngerer Zeit (1868) hat Ericso n eine Arbeit veröffentlicht, welche die directe Verwendung der Tonnenwärme zur mechanischen Arbeit u. dgl. m. in Aussicht stellt. Die obenerwähnte Frage, ob die römische Flotte mit einem Brennspiegel durch Archimedes entzündet worden, hatte schon frühzeitig Experimente hervorgerufen, bei welchen

Fiq. 31.

RodertsvnS ^acetteN'Hoklspieiiel zum Entzünden auf weite Strecken, v.

I.

1795.

Robertson s Facetten - Hohlspiegel. 87

Facetteu-Brennspiegel.

89

man (Fig. 31) mittelst ebener, kleinerer, durch Charnier verstellbarer Spiegelstücke alle auf sie fallenden Sonnen­ strahlen nach einer einzigen Stelle leitete, die aber viel ent­ fernter von den Spiegeln ablag, als dies je durch die Brenn­ weite eines Hohlspiegels zu erreichen war. Des Kaisers I u st i n i a n Baumeister A n t h e m i u s war der erste, welcher int 6. Jahrhundert n. Chr. solche Versuche mit Erfolg anstellte: später kamen wieder auf die Facetten - Brennspie­ gel: Vitetto (gegen 1270), Kircher (1671), Biiffon (1747 und 1748) und R obertso n (1795). Obschon Buffon meist mir die Aprilsonne, morgens oder nach­ mittags für seine Versuche benützt hatte, so erhielt er doch beträchtliche Wirkungen: er entzündete mit 128 ebenen Glas­ spiegeln in einer Entfernung von 47 Meter ein getheertes Tannenbrett und schmolz Silber bei einer Brennweite von 19 Meter, ferner Blei in einem Abstande von 41 Meter nnd Zinn bei 47 Meter Entfernung. Büffon variirte seine Versuche mit 12 bis 168 ebenen Spiegeln, von welchen jeder 21 Centim. lang und Ui Centim. breit war. Büffou glaubte, mau sönne an einem günstigen Sonnentage mit 10 Spie­ geln auf 126 Meter Weite züudeu, da es ihm unter ungün­ stigen Umständen bis auf 66 Meter Entfernung geglückt war. 9i o b e r t s o n verwendete sein Hauptaugenmerk darauf, den Facetten-Brennspiegel (Fig. 31) nach allen Seiten leicht drehbar und gut transportabel, mithin für militärische Zwecke brauchbar zu machen — könnte die stets gewappnete Jung­ frau Europa nicht auch dieses Stück brauchen? um nach Herzenslust sengen nnd brennen zu sönnen. Stellt man (Fig. 23) einen leuchtenden Körper in den Brennpunkt eines Hohlspiegels, so wirft derselbe die Licht-

90

Beleuchtungsspiegel.

strahlen in paralleler Richtung zur Axe hinaus in den Raum und daher die Anwendung der Sammelspiegel als „Beleuchtungsspiegel". Der Brennspiegel (gig. 23) verwandelt einen Strahlencylinder in einen Strahlen­ kegel, der seine lichtkräftigste und zugleich sengende Spitze im Focus hat- der Leuchtspiegel aber thut das Uingc kehrte, d. h. er verändert (Fig. 23), vom Brennpunkt aus, den Leuchtkegel in einen Lichtcylinder. Beim Lichtcylinder des Leuchtspiegels gehen die Lichtstrahlen nicht mehr so auseinander wie beim Strahlenkegel -Fig. 24) und das Licht wird nur durch Reflexionen und Anslöschungen oder Absorptionen in der Luft immer mehr geschwächt. Bei divergireuden Lichtstrahlen lFig. 21) wirkt neben diesen Licht-Berlusteu noch der Umstand mächtig schwächend, das; dann die Lichtstärke in einer 2, 3, 4 .... n fachen Ent fernung 4, 9, 16 . . . n2 mal schwächer wird. Ein tcudj tender Punkt sendet nämlich seine Strahlen nach allen Seiten aus; kleinere oder größere Hohlkugeln, die man sich um denselben, als Centrum, vorstellt, erhalten stets die nämliche Lichtmenge. Die e n t f e r n t e r e n, mithin g r ö Bereu Kugelschalen, weil sie immer nur von derselben Lichtmenge getroffen werden, müssen schwächer beleuchtet sein als die näheren, also kleineren Kngelschalen, iiiiD zwar in demselben Verhältniß schwächer als ihre Ober­ fläche mehr beträgt als jene der kleineren. Tie Größe dieser Oberfläche wächst im Quadrate mit dem Halbmesser der Kugeln, also nimmt die Schwäche ihrer Beleuchtung ebenso zu. Da sich nun bei einem Lichtkegel ihre Grundflächen als Elemente jener Kugeln betrachten lassen, so sieht man, daß sich (Fig. 24) die Stärke der Be

Leuchtthürme mit Hohlspiegeln.

91

leuchtung einer Ebene 4, 9, 16 ... . n2ma( verringert, wenn ihr senkrechter Abstand vom Lichtpunkt 2, 3, 4 .... n mal bedeutender wird. Auch das Auge wird in einer n fachen Entfernung einen Lichtpunkt lrmns matter und bei einer größeren Entfernung gar nicht mehr erblicken, weit daun noch die wachsenden Lichtvertuste durch Reflexionen und Absorptionen in der Luft hinzu koinmeu. Diese letzteren sind zwar auch bei einem Lichteylinder, wie ihn die Leucht­ spiegel bieten, vorhanden; aber nicht jene mächtige Licht­ schwächung durch die Divergenz der Lichtstrahlen. In der That hat Ar ago (1811) m ittelst Beleuchtungsspiegel das Licht einer Flamme noch auf 312 Meilen Entfernung wie einen Stern erster Große wahrgenommen; aber frei­ lich nicht mehr bei einer 3 Grad ausmachenden Abweichung von der Axe des Spiegel. Sollen also Lichteylinder in einem größeren Umfange wirken, dann müssen nach ver­ schiedenen Seiten Hohlspiegel als Belenchtungsmittel ange­ wendet oder der Beleuchtn ngsspiegel muß drehbar eingerichtet werden. Letzteres ist denn auch bei den für die Schifffahrt so wichtigen Leuchtthürmen der Fall, wobei auch uoch die Zahl der Umdrehungeu in der Seeunde, die verschiedene Farbe des Lichtes, ob es vielleicht noch nebenbei auf- und absteigt, als Kennzeichen für den Ort desLenchtthurmes dienen kann. Die ehemalige Anwendung der Hohlspiegel als Leuchtspiegel oder Reverberen bei den zur Straßen­ beleuchtung gebrauchten Oelflammen dürfte den älteren Lesern bekannt sein; auch findet man ja noch auf dem Lande solche mit Reverberen bewaffnete Oellampen; ja selbst unsere Küchenlämpchen tragen ein bescheidenes.

92

Vergrößerungsspiegel.

schlechtes, sphärisches Hohlspiegelchen aus Messingblech (ge­ drückt. Da Beleuchtungsspiegel das Licht so weit tragen, so hat man vorgeschlagen, dieselben mit Hilfe des in ihrem Brennraum aufgestellten elektrischen Lichtes zu benützen, um von einem hohen Punkte aus feindliche Lager für knrze Zeit zu erhellen und zu studiren. Die im Lichte Befind­ lichen können nämlich den Ort, von wo das Licht ausgeht, nur wie einen Stern sehen und nichts weiter wahrnehmen. In gleicher Weise wurde vorgeschlagen mit zwei von eüt< ander entfernten Hohlspiegeln gegenseitig zu telegraphiren *) nach einem uns schon bekannten Principe iS. (m). Wir haben bisher den Hohlspiegel als Bergrößerungsund Berkleinerungsspiegel (S. 77 und 76), als Zauber­ spiegel, als Brenn- und Beleuchtungsspiegel kennen gelernt. In allen diesen Fällen kommen die Strahlen entweder wirk' lich zum Durchschnitt linö geben ein reales Bild oder sie gehen parallel zur Axe weiter. In Fig. 32 und 33 sehen wir den sphärischen Hohlspiegel als B e r groß e r u n g s spiegel mit einem geometrischen, scheinbar hinter der Spiegelfläche liegenden Bilde. Dies ist dann der Fall, wenn sich iFig. 33) der Gegenstand a b zwischen dem Brenn­ punkte und dem optischen Mittelpunkte befindet iS. 73), und die Erklärung ist ähnlich jener beim ebenen Spiegel (S. 37). Tie auf die Spiegelfläche gelangenden Strahlen kegel a o und b o’ werden nämlich so in das Auge auseinander *) Ueber die ähnlich spielenden Schall^ und Wännespiegel siehe diese Sammlung „Die 'Jiaturträfie": .'h'aöaii, Akustik, und l) azin - Die Wärme.

Aergrößeruugsspiegel. gehend

zurückgeschlagen,

93

nlv

kämen sie von einem große

ren, hinter der Spiegelfläche

aufrecht stehenden Bilde A B her, und dieses Bild ist eben nur ein ideales < S. 73). D a s-

e r s ch eint

selbe

so

u in

größer und weiter hin­ ter

d e in

Spiegel,

j e

dein

näher das Object

Brennpunkte liegt. Bei den großen Hohlspiegeln

nimint

die Vergrößerung

so

mächtige Dimensionen an, daß

die

Bilder

schlacht

geradezu

lverden

und

unge

bei

riesigen Larven abgebeu,

>rh]. :V>. 5? er ttvrqrvficrmhV^vieqt’L

Köpfen

das

Muster

für

jene

wie sie vor einigen Jahren in

Carricatur-Stücken auf die Bühne gebracht wurden.

Allein

auch kleinere Hohlspiegel machen schon die feinen Härchen

94

VerkleinerungSspie^el.

der Haut sichtbar und darauf beruht ihre Anwendling als „Rasierspiegel". Auch die Bilder des sphärischen Convexspiegels (Fig. 34) sind nur imaginär, und der Gang der Lichtstrahlen ist dem ähnlich, wie er beim ebenen Spiegel (S. 37) und beim

jyig. 34. Der spl'ärische donvcfipicgcl wirkt verkleinernd.

Hohlspiegel erfolgt, wenn derselbe nur scheinbare Bilder gibt (S. 93). Auch hier liegen die idealen Bilder stets hinter der Spiegelfläche, aufrecht - sind aber i m m e r k l e i n e r als d e r G e g e n st a n d. Dieser „V e r klei uerllu gss p iegel", da er, wenn auch von geringer Ausdehnung, ein großes Stück des Objectes im verjüngten Maaßstabe für das Auge subjeetiv abbildet, wird daher für T a s ch e n s p i e g e l verwendet; er ist in dieser eompendiösen Form wol auch darum so beliebt, weil er ja alle Fehler des Gegellstandes scheinbar verringert, mithin schmeichelt. Im Anfang des 1(>. Jahrhunderts kamen von Nürnberg aus kleine, mit geschmolzenem Blei oder Zinn ausgeschwenkte und dadurch belegte Glaskugeln entweder als ganze oder

zerschnittene, erhabene Kugelspiegel in den Handel, und noch in neuerer Zeit dienen derart im Inneren versilberte Glas­ kugeln als „Landschäftssp iegel" (S. 67), um von einem hohen Orte die ganze Umgegend in einem kleinen Bilde zu übersehen — ob sich wirklich Landschaftsmaler von einem so verdächtigen Bundesgenossen helfen lassen? Der erhabene Kugelspiegel leidet nämlich auch an dem von seiner Gestalt herrührenden Fehler und kann deshalb nur bei einer geringen Breite (S. 78 und 69) brauchbare Bilder liefern. Obwol der erhabene Kugelspiegel die Bilder der zer­ streuten Gegenstände scheinbar sammelt, so nennt man ihn doch mit Recht „Zerstreuungsspiegel", weil er ja (Fig. 34) die von e i n e m Punkte, z. B. vom Auge, auf ihn fallenden Lichtstrahlen weiter anseinandergehend macht. Convexe, an der hohlen Seite mit Zinnguecksilber oder Schwärze belegte Uhrgläser, ferner die Kugeln der Qnecksilberthermometer und gewölbte, polirte Metallknöpfe sind erhabene Kngelspiegel. Auch das sogenannte „Männchen", welches man in dem Ange eines nahen Vis-a-Vis erblickt, rührt von den an der gewölbten Hornhaut jenes Anges zurückgeworfenen Lichtstrahlen her. Es treten nämlich nicht alle Lichtstrahlen in das Ange- ein Tbeil derselben wird, wie von einem Kugelspiegelchen, zurückgeworfen und erzeugt für den in dieses Sviegelchen Blickenden ein scheinbares Bildchen der eigenen Person (Fig. 31), des lichtkräftigen Fensters n. dgl. m. Hat schon der sphärische Convexspiegel eine geringe Wichtigkeit und Anwendung in der Wissenschaft, so ist dies für die ähnlich wirkenden e r h a b e n e n Paraboloid - nnd

Cylinderspiegel.

96

Ellipsoidspiegel noch weniger der Fall: ja sie werden kaum absichtlich erzeugt.

Die Bilder der hohlen sowie erhabenen Cylinder- und

Kegelspiegel haben nur noch ein historisches Interesse für die

WikI) der Länge solcher

vorgeschrittene Wissenschaft.

Spiegel kann inan lauter ge rad e L i n i e n, wie bei einem ebenen Spiegel,

ziehen:

wie an

nach ihrer Breite aber,

den Kugelspiegeln, durchgehends K r e i s l i n i e n: sie wirken

also in der ersteren Richtung

wie Kugelspiegel: bloß

wie ebene,

in der letzteren

sie können mithin keine treuen,

„verzerrte Bilder,,

oder

sondern

„Anamorph osen"

erzeugen.

Der hohle Cylinderspiegel seinem Boden

liegenden

recht schwebendes Zerrbild geben, und Schott

in

der Glitte

soll von einem eins

Gegenstand

des

ein auf-

Allein, obwol K i rch er

17. Jahrhunderts

viel

fXiiy 3">. Schmales Bild in einem convexen (5ylinderipie^el.

Wunderbares

und Merkwürdiges

über diese Bilder

der

eylindrischen Hohlspiegel berichteten, haben dennoch letztere

Zerrgemälde für Eylinderspiegel. selbst in den älteren, solche Spielereien

97

liebenden Museen

keine Aufnahme gesunden; noch weniger, selbstverständlich,

in den neueren Sammlungen für die Optik, die ihr Augen­

merk auf ernstere Dinge zu richten haben.

Besser ging es

dem erhabenen Cylinderspiegel (Fig. 35), dell man in steter Begleitung vom convexen Kegelspiegel in älteren, physika­

lischen Cabinetten noch heute antrifft — beide werden eben

noch geduldet.

Fig. 3.

;,,err;ienLilic >uiu cDlintmirficn Coiwcxseiegcl.

Da eiu cplindrischer Konvexspiegel in der Nichtllug seiner

Breite verkleinernd ivivft (S. 95'., so müssen (Fig 35) die

Bilder von Gegenständen, welche zur Länge des Spiegels parallel stehen, schmaler als der Gegenstand erscheinen: hin­

gegen

werden,

um

Pis ko, Tav i'idit.

bei der gewöhnlichen Sprechweise zu 'Hi’’.

7

98

Zerrgemälde für Kegelspiegel.

,vig. 37.

Zcrrqcmälde ^nm convcycn .Qe^clirieqc!.

,\iq. 3s. Tav richtige Spiegelbild be« V.errgcmälDev im cenvc^cn tfegcljpicgcl.

bleiben, in einem watgerecht erhaltenen convexen (Äi)linber fpicgef die Sinne breit, aber sehr fnrj anvfefoen. Wollte man also in einem erhabenen (njiinberfpieflei Silber von

Mrgemälde für Kegelspiegel.

99

richtigen Dimensionen sehen, daun müßten die Objecte ver­ schobene Maaße haben. Hierauf beruhen die „Zerrgemälde" (Fig. 36), welche entweder durch mathematische oder nwchanische' Coustructi^ni derart verzeichnet werden, daß sie dann, wenn man den Cylinderspiegel nii einen be­ stimmten Ort des Papiers hinstellt, scheinbare, aber richtige Bilder für das in den Spiegel blickende Ange geben. In ganz ähnlicher Weise verhält es sich mit den ver­ zogenen Vorlagen des erhabenen Kegelspiegels (Fig. 37) für ein über der Spitze des letzteren gehaltenes Ange, welches (Fig. 38) nahezu richtige Bilder sieht.

100

Die Alten haben die Lichtbrechung gelaunt.

5. Die Bilder durch Brechung und durch gänzliche

Znriickwersnug. Das Wasser, welches wahrscheinlich zuern den Denkern der

ältesten Zeiten die Frage nach der Ursache der Spiegelbilder vorlegte (S. 10), bietet selbst dein minder Aufmerksamen

noch eine zweite höchst merkwürdige Erscheinung: Gegenstände, schief in das Wasser getaucht, werden „gebrochen" wahrgenommen.

Seneca tim 2. Jahrh,

richtet dies von einem

n. Chr.)

be

in's Wasser gesenkten Ruder und

beruhigte sich damit, das; unser Auge täusche.

Indessen

dürsten nicht alle Alten die Sache so leicht genonuuen haben und es ist sicher sehr zu bedauern, das; eine mit diesem

Gegenstand verwandte Schrift von Archimedes

„über

einen unter Wasser gesehenen Ring" verloren gegangen ist.

Auch Aristoteles (381 v. Chr.) spricht vorn zerbrochen

scheinenden Ruder unter Wasser und äus;ert sich in seiner Meteorologie: „Der Lichtstrahl wird durch Wasser, Luft und alle Körper, die eine glatte Oberfläche haben, ge­

brochen".

Dieses letzte Wort deutet darauf, das; jener

Philosoph vielleicht die „Brecnuug" des Lichts von dessen

Zurückwerfung unterschied,

obschon er einen zurück-

geworfenen Lichtstrahl auch einen

„gebrochenen" genannt

haben könnte, was vor der Festigung der optischen Kunst­ sprache hie und da geschehen ist.

Tie einfache Lichtbrechung.

101

Sicher ist, daß Ptelemäus, im 2. Jahrh, u. Chr.,

felgende Thatsache genau kannte: Wenn (Fig. 391 ein Lichtstrahl aus der ^nft in das

Wasser oder in einen Glaswürfel tritt, se verläßt er seine

(vig.

I ic ^rcdiimg Dcv vidntv.

bisherige Oiichtnng und gewinnt in dein neuen durchsichtigen Stesse eder in dein zweiten „Mittel" eine andere gerade Richtung,

welche

mit dem

ursprünglichen Strahl

einen

Winkel bildet, derart, daß der letztere an der Grenzfläche

beider Mittel „gebrechen" erscheint. Denkt man sich da, we der Lichtstrahl das neue Mittel trifft, eine Senkrechte eder ein ,, V i? 11) " dnrch beide ORate-

Tie Lichtbrechung „ vo in " und „zum" Loth.

102

rien gezogen, so heißt jener Winkel, den der einfall en do

Strahl mit dem „Einfallslos)" macht, „Einfalls­ winkel".

Der Winkel, welchen der g e b r d chene Strahl

mit dem „Einfallslothe" bildet, wird „Brechungs­ Diese beiden Winkel liegen — wie der

winkel" genannt.

arabische Optiker A lhaz e n um das Jahr 1100 betonte — stets in

einerlei Ebene, d. i. in der „Brechungs-

ebene", welche

auf der Fläche des

brechenden Stoffes

winkelrecht steht.

Der

gebrochene

Lichtstrahl

kann dem

Einfallslothe

näher liegen als der einfallende oder es kann umgekehrt

der Brechungswinkel größer als der Einfallswinkel fein.

Im

ersten

Falle

sagt

man

das Licht

wird

„nach",

„gegen" oder „zu" dein Einfallslothe gebrochen:

im

zweiten Falle heißt es, das Licht werde „vom" Einfalls­ lothe gebrochen.

Seit Ptolemäus bis gegen Ende des 1(». Jahrhunderts glaubte man allgemein das Licht werde stets „zum" Einfallslvthe hingelenkt, wenn es ans einem dünneren in ein

dichteres Mittel übergehe und das entgegengesetzte er­

folge im umgekehrten Falle.

Man nannte von zwei Stof­

fen jenen den „stärker b rech eil den", in welchem die Lichtbrechung

„zum"

Lothe

erfolgte.

Die dichteren

Mittel galten also für die „stärker brechenden". den meisten Fällen ist dies auch wirklich so.

zu Keplers Zeiten

bewies H a r r i o t. daß

In

Allein schon Oliven-,

Terpentin- und Steinöl das Licht kräftiger brechen als das Wasser, destillirter Essig, Wein, Weingeist und

Salzwasser, obschon die letztgenannten Mittel dichter als

jene sind.

Es ergab sieb etwas später, das; überhaupt die

leicht brennbaren Substanzen das Licht start bre­ chen nnd N e w t o n bat hierauf basirend schon vor 200 Jahren die Berb reunlichkeit des Tiamantes ü o r a ii s ß c s a g t. Als allgemein giltig hat sich gegen Ende des 17. Jahr­ hunderts heransgestetlt: Sv oft Lichtstrahlen ans einem min­ der d i ch t e n Stoffe in einen dichteren Don derse(ben materiellen Beschaffenheit z. B. ans dünnerer Luft in dichtere — übertreten, werden sie „zum" Lothe gebro­ chen. Ebenso ist es mit Lichtstrahlen, welche aus einem leeren Fannie in irgend eine durchsichtige Materie ge langen. Ueberhaupt heißt die „stärker brechen de" Sub­ stanz die „optisch dichtere", wenn vielleicht auch ihre physikalische Dichte geringer als jene der zweiten, verschie­ denen Materie ist. So B. ist Olivenöl „optisch dich­ ter" als Salzwasser.

Denken wir uns in einem Eefäsze lFig. 10) ans dem Boden eine Münze befestigt. Die von letzterer ausgehenden Lichtstrahlen werden bei ihrem Uebertritte aus dem Wasser in die Luft Dom L o t l) e gebrochen. Wenn dann diese Licht-

104

Optische Erhebung oer BrechungSbilder.

strahlen in der ältst ein Allge treffen, so erblickt dieses die Münze in der Verlängern n g der enrpfangenen Strah­

len, mithin nicht mehr an ihrem wahren Ort.

Zieht man

von einem nnd demselben Punkte der Münze zwei Strah­ len, so werden beide an der Stelle ihres Austrittes in die

Luft gebrochen. Jin Durchschnittspunktihrer Verl ä n g e r u n g ist der Ort für das „B r e ch u n g s b i l d" des

Dieses „Brechnngsbild" liegt

jener Münze.

Punktes

höher als die Münze selbst.

In ähnlicher Weise verhält

es sich mit den übrigen Punkten der Münze und des ganzen Bodens:

sie werden scheinbar gehoben, weil ihre

BrechungSbilder höher liegen und dies um so mehr, je stärker brechend die Flüssigkeit im Vergleiche mit der

Luft ist. Nun ist klar, warum die reinen, das

.'N -

den (Gewässer so „seicht" scheinen und wie gefährlich es

für Nichtschwinnner sei,

ohne das;

in denselben zu baden,

man vorher ihre wahre Tiefe untersucht. Jetzt leuchtet auch ein, wieso (Fig. 10» eine ans dein

Boden einer undurchsichtigen Tasse befestigte Münze zum Vorschein

kommt,

gießt — vorausgesetzt, angenommen, bild"

sobald man Wasser in

das Ange

die Tasse

habe früher eine Lage

bei der cs das „gehobene Brechungs­

wahrnehmen kann,

d. h. bei

der die gebrochenen

Strahlen in das Auge kommen können.

mal statt haben,

Dieß wird jedes

wenn inan sich vor dem Eingießen des

Wassers derart stellt, daß die geringste Verrückung des

Auges die Münze in der noch wasserleeren Tasse sieht. Auch

das

Brechungsbild des

stückes wird gehoben

eingetauchten

Ruder­

iinb bildet folglich mit dem äußeren

Theil einen Bug— den „scheinbaren Bruch" des Ruders. Ein Taucher, welcher 39; die ans der Lust in das Wasser gelangenden Lichtstrahlen empfängt, wird in der geradlinigen Verlängerung des gebrochenen Strahles sehen, mithin jenen Gegenstand, der ihm das Licht zusendet, höher. Sind wir aber nicht alle Taucher in dem Lnftmeer? Und wird nicht das Licht der Himmels­ körper, indem es (mg. 11) durch immer dichter werdende 0. „Brennpunkt" her convexen

Fällt (Fig. 50i ein Lichtstrahl

Hülfen.

pa rallel zur Axt­

auf eine bieonvexe Kitgellinse, so wird er beim Eintritt in die Linse „zu" dem einen Einsallslottze und beim Austritt „von" dem anderen gebrochen und durchschneidet die Axe

im Punkte F.

Rl'an sieht sogleich, welche Aehnlichkeit dieser

Brechungsvorgang mit jenem in einem Prisma bietet. Wenn (Fig. 50) bei einer sphärisch convexen Linse Licht­

strahlen nahe der Axe und der letzteren parallel auffallen, so vereinigen sie sich nach der Brechung hinter der Linse

in einem und demselben auf der Axe liegenden Punkte F,

welcher (S.

Linse heißt.

71) „Bren npu nkt"

oder „Focus" der

Sein Abstand vom Witteiviinfte der Linso

wird „Brennweite" genannt. Dieses „Sammeln" der zur Axe nahen und parallen Lichtstrahlen in einem Punkte ergibt sich bei der regelrechten Berechnung und Construction der Brechung von selbst: es leuchtet aber auch

Fig. 51. „Bildweite" der erhabenen Linse für einen Punkt.

ein, wenn man bedenkt, daß (Fig. 50) eine convexe Kugel

Fig. 52. „Bildweite" der ccmveren Ytrn'c für einen Gegenstand.

deren Seitenslächen sich gleichmäßig so ändern, daß jeder Punkt zu einem stumpferen Prisma gehört, welches gerade den ihn treffenden Strabl nach dein einen Punkte F hinbricht. Befindet sich «Fig. 51) ein leuchtender Punkt oder (Fig. 52) ein Heller Gegenstand vor der doppelten Brenm Piste, Ta* Licht. 2. Anst.

weite einer convexen Linse, so erscheint in beiden Fällen ein wirkliches Bild hinter der Linse, außerhalb ihrer Brennweite, jedoch näher als die doppelte Brennweite.

Fig. 53. Das Auffangen des Bildes hinter der Vinfe.

es läßt sich (gifl. 53) mittelst eines weißen Schirmes ab­ nehmen und vielen ersichtlich machen. Eine matt geschliffene oder mit Stärkekleister dünn überzogene Glastafel, ein angenäßter, weißer Leinwandschirm, ein wol gespanntes Paus- oder Seidenpapier, kurz ein durchscheinendes Auffang­ mittel gestattet, solche Bilder auch von rückwärts ersichtlich zu machen. In solcher Weise kann man mittelst convexer Linsen von einer Gegend ein Bild ans einer Weißen Tafel erhalten (vergl. S. 77, Fig. 29), was sich besonders in einer Dunkelkammer recht gut inacht. Hierauf beruhen die Bilder in

der „verbesserten Dunkelkammer" Porta's und im Auge, wovon wir später mehr sprechen wollen. Nur jene Lichtstrahlen, welche durch den mittleren Theil einer Linse gehen, durchschneiden sich in einem ein­ zigen Punkte. Dies ist nicht mehr der Fall mit jenen Strahlen, w.lche näher beim Linsenrande durchdringen. In Folge dessen erblickt das Auge die Bilder der Punkte als kleine Kreise, weßhalb die Bilder der Gegenstände nicht mehr scharf und treu erscheinen. Diese Undeutlichkeit der Bilder hat ihren letzten Grund in der Kugelgestalt der Linsen und heißt daher „Fehler wegen der Kugelgestalt der Linsen" oder ihre „sphärische Abweichung" (vergl. S. 78). Um die in solcher Weise schädlichen Randstrahlen von den Linsen abzuhalten, bedeckt man die letzteren mit ge­ schwärzten, undurchsichtigen Kreisriugen, „Blendungen" oder „Diaphragmen". In Folge dessen sönnen die Lichtstrahlen mir durch den mittleren, frei bleibenden Linsentheil, welcher dann die „Oeffnung der Linse" heißt, dringen. Je kleiner die Oeffnung und Krümmung einer Linse ist, desto deutlicher sind auch die von ihr erzeugten Bilder, aber auch desto lichtürmer, desto schwächer. Man muß daher mit der Anbringung der Blendungen und mit ihrer Breite Maaß zu halten ver­ stehen. Eine Linse nennt man eine „ ap la na tische" , wenn sie von der sphärischen Abweichung befreit ist. Liegt der Gegenstand sehr ferne vor der doppelten Brennweite einer convexen Linse, so erscheint sein Bild jenseits der Linse, fast im Brennpunkte verkleinert und umgekehrt. Dies ist der Fall mit den Bildern der 9*

der Himmelskörper, was beim Monde und der Sonne besonders auffällt. Das kreisrunde Sonnenbildchen bringt dann gleichzeitig das Wärmebildchen, welches die mächtig­ sten Verbrennungen in der kürzesten Frist 511 erzielen ver­ mag ; weßhalb die Sammellinsen auch als „B r e u n g l ü se 1" verwendet werden — und dies seit den frühesten Zeiten. Ob die bei den Nachgrabungen zu Ninive aufgefundeuen Glaslinsen aus den ältesten Tagen stammen, müßte erst kritisch untersucht werden. Die Alten scheinen nur die „Breuukugeln" aus Krystall gekannt zu haben; nahezu sichergestellt ist, daß sie von den durch Linsen erzeugten wirklichen Bildern (S. 130) nichts wußten. In den ,,Orphischen Gesängen" (wenigstens 60n v. Chr.) wird eines gewölbten Bergkrystalles gedacht, der auf Kienholz liegend, dieses mittelst sichtbar werdender Sonnenstrahlen entflammt, während der durchsichtige Körper selbst, zur mächtigen Verwunderung des Dichters, kalt bleibe. In den „Wolken" des Ar i stop Hanes (im 1. Jahrh v. Chr.) äußert Strepsiades, er wolle mit einem Brennstein seine Schuldverschreibung — hinter dem Rücken des Gerichtsschreibers — von der Wachstafel wegschmelzeu; Sokrates belehret ihn, er meine wol mit dem „Brenn krystall", nach einigen Auslegern mit dem „Brenngtas". Plinius (im ersten Jahrh, n. Chr.) und der Kirchen­ vater Lactantius (um 500) gedenken der mit Wasser gefüllten Glaskugeln als anzündender Mittel. Die strahlenbrechenden Kugeln lassen sich als biconvexe Linsen von sehr kurzer Brennweite betrachten und ihr Brenn­ punkt liegt bei den Glaskugeln einen halben Radius (vergl.

S. 71) und bei den Wasserkugeln doppelt so weit von ihrer Oberfläche — kein Wunder also, wenn sie einen Stoß Kienholz, auf dem sie ruhen, bei Hellem Sonnenschein entzünden. Wie viele unerklärt gebliebene Schadenfeuer mögen in solcher Weise entstanden sein durch gewölbte, kugelförmige Glasflaschen, während sie mit Wasser gefüllt bei klarem Sonnenschein auf beut Fensterbret standen und die Vorhänge mit deren Foelts zusammenficlen?

Da die mit Wasser gefüllten Glaskugeln das Licht im Focus au einer kleinen Stelle sammeln, so haben dies einige Handwerker schon frühzeitig zu ihrenl Nutzen aus­ gebeutet — arbeitet nicht der Schuhmacher in dem so verstärkten Licht der berüchtigten „Schusterkerze" für die eivilisirte Menschheit sein Hühneraugen bereitendes Product? Daß der Fußbekleider hinter seinem gläsernen Beleuchtungs­ ballon einen sehr Hellen Fleck und nicht ein Bild der Flamme erhält, daran ist die Abweichung seiner mit Wasser gefüll­ ten Glaskugel von der idealen Linsengestalt, sowie die große Nähe seiner Kerze an der ,,Leuchtkugel" schuld: ja er selbst sucht das verzerrte Flammenbild zu vermeiden, weil dieses Licht zu stark wäre und weil ihm eine größere Licht fläche angenehmer ist, damit er nicht immerfort sein Arbeitsstück verrücken müsse.

Auch die Phvsiker, Optiker und Mikroskopiker machen von diesem Belenchtungs - Princip mittelst convexer „Be­ leuchtungslinsen", welch letztere zuweilen vereint mit dem das Licht concentrirenden Hohlspiegel lS. 82) wirken, den vielseitigsten Gebrauch. Das Mittelalter keimt die „Breungläser"; später

(1664) hat H ooke sogar Brennlinsen aus Eis angefertigt und ihm folgte Metius mit seinem „Brenneis". Auch mit Zinnquecksilber belegte planconvexe Linsen ließ man als Zündmittel wirken; sie und ähnliche Verbindungen fassen sich, sowol, was ihre Bilder ill* den Focus betrifft, als eine Verbindung der Spiegel und Linsen betrachten; sie sind nicht so handlich wie die unbelegren Linsen. Kleinere Brennlinsen kann man mit ihren Flächen, nach Regeln der Astronomie derart legen, daß sie zu einer genau bestimmten Zeit das Schießpulver eines kleinen (Geschützes entzünden. Im Palais royal 311 Paris tritt dies ein, sobald der Mittelpunkt der Sonne den Mittagskreis von Paris passirt. Da aber nicht die wahre, sondern die mittlere Sonnenzeit die richtige ist, so müßte eigentlich ein Stern kundiger jene Linse täglich nach einer Vorherberechnung derart legen, daß sie zur mittleren Mittagszeit das Schieß­ pulver entzünde. Ties geschieht jedoch nicht, und es stellen nur Unkundige nach diesem Schliß ihre Uhr aus Mittag. Wir bringen zur Unterhaltung unserer Freunde ein Bild (Fig. 54), welches eine der heiteren Scenen zu schildern sucht, wie sie sich um jene „Mittags Kanone" zu ereignen pflegen. Bis auf Tschirn hausen's Zeiten vermochte man keine sehr großen Brennlinsen zu erzeugen mii) zog daher die mächtigen Brennspiegel lS. 6!) vor, obschon die Brenn linsen in der Anwendung viel bequemer sind' warum? Die größte gläserne Brennlinse, welche v 0 r T s ch i r n hausen mittelst einer Schleifmühle angefertigt wurde, war 237*2 (Sc* 11 tim. breit, während Tschi ru h a usen auf einer von ihm in der Obertausitz angelegten Schleisnlühle Brennlinsen

Fig. 51.

Brennlinse der ,,'JJiittags- Staunn«:" im Palais royal zu P aris.

Brennlinse a. d. „MittagS-Kanone" t. Palaiö royal z. Paris. 135

Bernivr's grvße Brennlinse v.

I.

1774.

Bernier's große Brennlinse 137

Sehr wirksame Flüssigkeitslinsen.

139

von 87 Centim. Breite und 189 bis 378 Centim. Brennweite Herstellen ließ (1691); es sollen ihm jedoch nur 4 Stück von diesen großen Linsen unbeschädigt geblieben sein; auch Parker verfertigte mächtige Brennlinsen aus Glas. Die Leistungen dieser Brennlinsen übertrafen noch weit die Brenn-Schmelzniib Verschlackungswirkungen der colossalen Brennspiegel (S. 85) sowol in Beziehung auf die Raschheit ihres Ein­ tretens als auch hinsichtlich ihrer Intensität. T s ch i r n h a u sen verzeichnet eine hübsche Anzahl imponirender Brenn-, Schmelz-, Verdampfungs- und Verglasungsversuche, wobei sich einige auffallende, bis heute nicht befriedigend erklärte Thatsachen zeigten, und die bei späteren derartigen Ver­ sucher eher vermehrt als vermindert wurden. Die leichtere Handhabungsweise der Brennlinsen und der Nutzen, welchen man sich von ihnen für die Chemie versprach nasse beseitigte jenen Grundfehler.

Eine große Anzahl von Männern der deutschen, engli^ scheu und französischen Nation war der sicheren Erzeugung

eines guten Flintglases auf der Spur — F r a u n h o f e r hatte so einfach das Richtige gefunden.

Sein Schüler Gui-

ii a ii b übertrug bic Sinnst treffliches Fliutglas zu erzeugen nach Chvisy-le-Rop bei Paris.

Dieses Laboratorium für

Flintglas übernahm Bontemps von dem Sohne Guin and's und der neue Besitzer erzeugte bereits 1828 strei-

170

Achromatische FlüssigkeitSlinsen.

fenfreie Fliutgtaslinsen von 29 bis 33 (Zentimeter Durch­ messer. Durch Vermittlung der pariser Akademie gab B o n temps (1840) sein Geheimniß, gutes Flintglas anzuferti­ gen, kund; es bestand in eigenthümlichen Bleioxyd-Glassätzen und jetzt wurde auch die Nothwendigkeit des früher erwähnten steten Umrührens der Glasmasse bekannt, was je­ doch schon früher Prechtl aus Wien u. m. a. errathen hatten. Im Jahre 1848 übersiedelte Bonte m p s nach Bir­ mingham und verband sich daselbst mit dem Glasfabrikanten Chance, welche Firma gegenwärtig das billigste und den­ noch gutes Flintglas liefert. Der jüngere Gui nand iinb Guinand's Enkel, Feil, verfertigten in Frankreich treff­ liches Flintglas; das berühmteste Flintglas der Jetztzeit kommt jedoch aus der Schweiz von Daguet in Solothurn. Deutschland, die Gebnrtsstätte des besten Flintglases (S. 169), ist gezlvungen seinen Hanptbedarf an diesem Glase aus England, Frankreich und der Schweiz zu decken. Die schwierige Herstellung größerer, fehlerloser Flint­ glaslinsen brachte schon frühzeitig (1794) den Engländer Blair auf den Gedanken, achromatische Linsen mittelst ver­ schiedener Flüssigkeiten (S. 139 und 168) herzustellen. Obwol seine eigenen, diesfälligen Versuche, sowie die seines Sohnes gelangen und obwol später auch Fresnel und Barlow günstige Resultate mit solchen Linsen erhielten, hat man doch nie häufig Anwendung von dieseni Principe genlacht. Man fürchtet nämlich die Einflüsse der Tempera­ tur und die dadurch bedingten ungleich großen Dichten der Füssigkeiten sowie krystallinische Ausscheidungen aus den Lösungen und daher Trübungen der Glaswände. Der

Weitere Geschichte der Achromasie.

171

jüngere Blair war bemüht, diese Einwürfe durck die Thatsache zu entkräften, daß er ein von feinern Vater ar.gefertigtes Fernrohr, welches mit Flüssigkeiten gefüllte Linsen besaß, vorwies, bei welchem sich wol einige Kryställchen an den Wänden angesetzt hatten, die jedoch nicht weiter störten und dieses Rohr soll, nach glaubwürdigen Zeitge­ nossen unter allen Umständen, die Bilder von entfernten Gegenständen sehr wol und achromatisch gezeigt haben. Nachdem Do llond endlich achromatische Linsen ange­ fertigt hatte (1757), wollte dies Euler, von dem doch die erste Idee dazu ausgegangen war (S. 168), nicht glauben und es bedurfte der nachdrücklichsten unb geachtelten Zeugenschasten, bevor er sich wieder mit der Idee der Möglich­ keit der Achromasie vertraut machte. Kaum war dies aber der Fall, so beschenkte er (1766 bis 1771) die Wissenschaft mit ter wahren Theorie der Achromatisirung der Linsen. Obwtl man später nachwies, daß schon Gregory (1697) auf di? Achromasie des Auges hingedeutet habe und daß schon Oldcnburg an die Achromatisirung der optischen Gläser gedaät habe (S. 168), so bleibt doch das Verdienst Eu­ ler 's sowie D o l l o n d 's mit die Lehre und Ausführung des Achrmiatismus unvergänglich. Ja der letztere hat sogar in dieser Richtung einen Rechtsspruch des englischen Parlamen­ tes fiiu sich. Nachdem nämlich D o l l o nd's gelungene Ver­ suche so viel Aufsehen gemacht hatten, trat ein Sohil des Edelnannes E h e st er M v r e Ha l l aus der Grafschaft Essex auf uit) wies nach, daß sein Vater von 1722 bis 1733 mit dir Herstellung achromatischer Linsen beschäftigt gewesen sei uw daß derselbe 1729 die erste achromatische Linse zu Stame gebracht habe. Es scheint in der That so gewesen zu

172

Hall als Prätendent der Erfindung der Achromasie.

sein; ob aber Doltond von diesen Bersuchen etwas erfah­

ren habe, ob er wirklich bei dem einen für Hall arbeitenden Optiker die convexe Crownglaslinse und bei dem anderen die

concave Flintglaslinse gesehen ynd Hatl's Gedanken erra­

then habe, was jene getrennt arbeitenden Glasschleifer nicht vermochten — wer will dies beweisen?

Thatsache ist, daß

Halt von seiner Erfindung nicht früher etwas hatte laut werden lassen als — bis es zu spät war. sprach sich für Dollond aus.

Das Parlament

8. Die Bilder in optischen Kästen. Die Linsen erzeugen von den vor ihnen befindlichen Gegen­ ständen wirkliche Bilder 129). Porta benützte diese hinter den Linsen auftretenden Bilder, um seine Dunkel­ kammer (S. 10) mächtig zu verbessern (1558), indem er in die Oeffnung des Ladens eine gläserne Sammellinse ein­ setzte, woourch die an einer weißen Wand aufgefangenen Bilder der äußeren Gegenstände deutlicher uud licht stärker entstanden. Man sieht die Ursache dieser Vervollkommnnng der Bilder ein, indem man bedenkt, daß durch eine einfache Oeffnung nur danu scharfe Bilder erscheinen, wenn das Löchelchen sehr klein ist (S. 11), daß aber mit dieser Beschränkung des Lichteintrittes die Helligkeit der Bilder abnehmen muß. Eine erhabene Glaslinse hingegen fummelt die von jedem Punkte des Gegenstandes aus­ gehenden Lichtstrahlen wieder zu entsprechenden Punkten und kann dabei viel breiter als jene Oeffnung sein, mithin auch lichtkräftigere Bilder hervorrufen. Das Aussehen, welches die Porta'sche Erfindung vor mehr als 300 Jahren erregte, war kein geringes, was uns nicht wundern darf, da ja der Gebrauch der Sammellinsen zu jener Zeit sich fast nur auf die Brillen und auf die Brennwirkungen (S. 139) erstreckte. Selbst heute gewähren noch die Linsenbilder in der Dunkelkammer durch die Treue

der Farben, Weichheit der Grenzen und Belebtheit der Figuren einen eigenthümlichen Reiz, so daß die Speculation an schonen und viel besuchten Aussichtspunkten, z. B. beim Rheinfall, am Meere in Ostende, beim Panorama in Karls­ bad u. s. w., zum Vergnügen des Publicums Dunkel­ kammern errichtet hat. Die Sammellinse solcher Dunkel­ kammern befindet sich (Fig. 68) in ihrem obersten Theile und die Bilder fallen auf eine weiße, wagrechte Gypsplatte eines Tisches. Ein ober der Linse geneigter ebener Spiegel oder besser (S. 114) ein total reflektirendes Prisma wirft die von den Gegenständen auf sie fallenden Lichtstrahlen der Linse zu, welche dieselben zu den entsprechenden Bildern gestaltet. Durch langsame Drehung jenes Spiegels oder eines die Linsen und Spiegel vereinigenden Glaskörpers (Fig. 67) nach allen Gegenden des Horizontes, konunen (Fig. 68) zum Ergehen der Jugend immer neue Bilder auf die weiße Tischplatte. Man hat auch der in Fig. 67 und 68 abgebildeten Dunkelkam mer die Forni eines leicht transportabeln Zeltes gegeben, so daß die Besitzer mit ihrer Geld erwer­ ftig. 67. Zinsen und spiegeln­ des Prisma vereinigt für bic benden Dunkelkammer leicht von Dunkelkammer mit horizon­ Ort zu Ort ziehen können. talen Bildern. Zur Uebersicht in Häfen, in einem Lager u. dgl. in. kann eine solche nach allen Seiten wendbare Dunkelkanuner von Nutzen sein und Venedig ist vor etwa 15 Jahren auf der Hafenseite für militärische Zwecke mit einer guten Dunkelkanuner versehen worden.

Fig.

GS.

5?unfc(!nmmcv mit Planspiegel imb Viitfc oben in der Vatcnic und mit wagrecht liegenden Bildern.

Dunkelkammer mit Planspiegel und Linse.

175

177

Der Dunkelkasten der Photographen.

Die

erste

tragbare Dunkelkammer

Kastens ließ der Engländer

in Form

eines

Hooke (1679) anfertigen.

In dem vorderen Rohre eines solchen an der Innenseite geschwärzten Dunkelkastens (Fig. 69) ist eine Linsenver­

bindung angebracht, welche sich je nach der Entfernung der

Fig. 69. Dunfelkammcr in der Form eines tragbaren Kastens.

Gegenstände mittelst einer Schraube verstellen läßt, um auf

eine durchscheinende matte Glastafel ein deutliches Bild werfen zu können, welches hier gesehen und nachgezeichnet

werden kann.

Der Wunsch, diese Bilder der transportabel!!

,,cainera obscura“ festzuhalten,

hat die Anregung zur

,,PHolographie" gegeben.

Durch die Photographie werden die in den tragbaren

Dunkelkammern zu Stande kommenden Bilder mittelst chemi­ scher Mittel fixirt.

Je getreuer jene Bilder sind, desto voll-

konnnner gestaltet sich die photographische Abnahme — wird

man sich daher wundern, daß die neueren Optiker aus allen Kräften bemüht waren und noch sind^achromatische

und ap la na tische Linsen (S. 166 und 131)

für die

Dunkelkammern anzufertigen, damit letztere Bilder bringen, Pi sk o, Tas Licht.

2. Aufi.

12

Die älteren Dunkelkästen.

178

welche

den vor ihnen liegenden Gegenständen

möglichst

ähnlich erscheinen. die Linsen

Weil

der Dunkelkammern die

optischen

Bilder „objectiv" bringen, so nennt man solche Linsen auch „Objective".

rischen und

Und da die Fortschaffung der sphä

chromatischen Abweichung

an den Objeeten

Hand in Hand gehen, so versteht mein jetzt unter einem „aplanatischen Objectiv" eine Linse, bei welcher beide Fehler beseitigt sind.

In den älteren Dunkelkästen wurde

gegenüber der

Linse ein ebener Spiegel unter 45 Graden geneigt, welcher

die von den Objecten kvmnlenden Lichtstrahlen nach einer in

der

Decke angebrachten durchscheinenden, wagrechten

Wand warf, wo das Bild wahrgenommen und nachge­

zeichnet werden konnte.

Wie bei allen derartigen Apparaten

bedeckte der Zeichner, um das störende Seitenlicht abzu­ halten, seinen Kopf und den hinteren Theil des Kastens

mit einem dichten, schwarzen Tuche — was unser Leser zuweilen auch vom Photographen bei seiner tragbaren camera

obscura ausführen gesehen haben wird.

Der Photograph

unternimmtjene Bedeckung, wenn er die scharfe Einstellung der matten, gläsernen Bisirtafel (S. 177) genau beurtheilen will.

Die Bildweite einer jeden Linse ist nach dem Abstande des Gegenstandes von der Linse veränderlich (S. 142); die bildfangende Ebene einer Dunkelkammer wird daher stets nur für einen bestimmten Gegenstand, genauer genommen

bloß für

gewisse Theile des letzteren,

richtig eingestellt

werden sönnen, zu welchem Behufe die Dunkelkästen mit Ausziehvorrichtungen sowot für die Bisirtafel als für die

Linsen (Fig. G9) versehen sind.

Jedenfalls kann also nur

179

Die ältere Hellkammer.

auf ein Object scharf eingestellt werden, um ein deutliches

Bild davon zu erzielen. Wo llaston hat (1809) statt des Dunkelkastens, behufs

der Nachzeichnung einzelner Gegenstände, die totale Spiege­ lung benützt (S. 114).

Der Gebrauch der camera lucida

für das Nachzeichnen der Bilder ist etwas schwieriger als

jener der Dunkelkammer und für ausgedehntere Objecte zeigt sich nur die letztere anwendbar.

Bei der ersteren

könnte mein auch noch die Farbenzerstreuung fürchten, die

jedoch dadurch vermieden ist, daß (Fig. 46) die Lichtstrahlen

nahezu senkrecht durch die Grenzebenen solcher Prismen,

ungebrochen,

also

mithin

ohne Dispersion

der

Farben ein- und austreten.

Die camera lucida oder camera clara Wollasto n's und Amici's darf nicht verwechselt werden mit einer gleich­

namigen Kammer, die

gegen Ende

des

vorigen Jahr­

hundertes angegeben wurde und welche darin bestand, daß bei den im Inneren mit einem geneigten, ebenen Spiegel versehenen tragbaren Dunkelkästen (S. 174) das horizontal

liegende Bild nicht an einer durchscheinenden Ebene aufge­ fangen, sondern daß die letztere durch eine Linse ersetzt war,

welche zum Betrachten des Bildes diente, wobei dieses licht­

stärker als sonst erschien.

Zum Nachzeichnen der Bilder

eignete sich dieser nur wenig bekannt gewordene Apparat nicht.

Aehntich der so eben besprochenen älteren camera clara

ist der optische Kasten des vor einiger Zeit von

M auvill i n

construirten

Grimassen- A p parate s

(Fig. 70) eingerichtet; die Objectiv-Linse L des letzteren ist

absichtlich mit feinen, ungleichen Streifen und viel e r l e i

ll n r e g e l m ä ß i g k e i te n

versehen T2*

worden.

Der Grimassen - Kasten.

180

damit diese schlechte fehler volle Linse von der bei B liegenden Photographie ein Zerrbild erzeugen könne,

welches dem durch die Linse A blickenden Auge mittelst des Planspiegels 8 zugeworfen wird.

Die bei B eingeschobenen

Vorbilder erhalten durch die Seitenspalte rechts ihre Be­

leuchtung.

Ein Uhrwerk U verschiebt die Zerrlinse lang­

sam um ihre Achse und sorgt so für die Mannigfaltigkeit der Griinassen in dem Linsenbilde.

Soll eines der Zerr­

bilder andauern, so hemmt man das Uhrwerk, also auch die Linse.

Dieser Kasten soll Belustigung verschaffen; jeden­

falls kann er dazu dienen, grell die Folgen der Fehler im

Linsenschliffe begreiflich zu machen; ebenso dürste er vielleicht

für Carricaturenzeichner und für das Ergründen der Aehnlichkeiten in den

Familien - Physiognomien

von einigen!

Der magische Kasten.

Nutzen sein.

181

Man kann den Grimassen-Kasten sehr einfach

ersetzen, indem man durch den geschliffenen, linsenartigen Boden eines feineren weißen Trinkglases nach dem Gesichte

seines Gegenübers oder nach

einem Bilde hinsieht und

den gläsernen Becher langsam um seine Axe dreht.

Poria brachte nahe und vor dem Brennpunkte der

Linse seiner Dunkelkammer transparente Gemälde in u m -

gekehrter Stellung an, ließ dieselben von der Sonne kräftig erhellen und fing die entsprechenden, aufrechten

und vergrößerten Bilder mittels einer weißen Wand

auf (S. 12). derern

In solcher Weise führte er seinen Bewun­

Jagden,

Schlachten,

Todtengerippe und

andere

Schauerstücke vor — wer erkenn: hier nicht das Princip der Zauberlaterne" (Fig. 71)?

Fig. 71. Dic „Latcrna ma^ica,i; „Hcxenlelichte" ober „3 a u b e v ( a t e v n e."

Es ist nicht bekannt, durch wen der Porta'sch en Zauberstube

die

bequemere Form einer „leicht

baren Laterne" ertheilt worden ist.

trag­

Nicht selten schreibt

man diese Erfindung dem Kircher (1646) zu, er hat jedoch

Sie nürnberger Zauberlaterne.

182

diesen zu seiner Zeit in Gebrauch kommenden optischen Kasten nur verbessert.

Daß schon vor Kircher eine Art

magischer Laterne — vielleicht nur mit Hohlspiegeln —

bekannt war, geht aus einer interessanten Schilderung einer Geisterbeschwörung hervor, die uns der an Abend-

teuern so

reiche Bildhauer Benvenuto Cellini

(geb.

1500, gest. 1571) in seiner Selbstbiographie gibt und deren Nachlesung wir unseren Freunden in der Göthe'scheu

Übersetzung angelegentlichst empfehlen.

Die Zauberlaterne (Fig. 71) besitzt vorne im Rohr eine als Sammelglas wirkende Linsenverbindung d, welche (S. 129) von den in verkehrter Lage eingeschobenen

auf Glasscheiben befindlichen Glasmalereien I I auf einer

weißen Wand (P Q Fig. 71 und 72) aufrechte und ver­ größerte

optische Bilder

wirft.

Die durchscheinenden

Glasgemätde werden möglichst kräftig, mittelst des Lichtes

einer Oel,- Gas- oder elektrischen Lampe, erhellt, wobei rS. 90) der Leuchtspiegel I! und (S. 142) die Beleuch­ tungslinse C sehr vorteilhaft mitwirken.

Wer weiß nicht, daß aus Nünberg magische Laternen von der verschiedensten Größe nach allen Theilen der Erde in Tausenden von Exemplaren versendet werden?

Und

wem hat nicht in seiner Jugend ein solcher parallelopipe-

discher Kasten aus dünnem Weißblech mit dem gedrückten blechernen Hohlspiegelchen, dem Oellämpchen, den dicken Linsen und den zugehörigen, bemalten Glasstreifen einige

Abendstunden im Fluge und unter Freuden entführt? Wen

hat nicht in seiner Kindheit das mit rothgemustertem Papier überzogene Behältniß des Ganzen freundlichst angesprochen?

Und wer sollte ahnen, daß aus einem solchen 'optischen

Fig- 72. Optische Bilder mittelst der Zauberlaterne.

Optische Bilder mittelst der Zauberlaterne. 183

185

Phantasmagorien.

Kasten den Leuten des 17. und zum Theil selbst des 18.

Jahrhundertes Gespenster

vorgeführt wurden,

an welche

sie allen Ernstes glaubten? Freilich waren da alle Theile

des Apparates — besonders hinsichtlich der Beleuchtung,

Linsen und Glasmalerei — sorgfältiger gearbeitet als bei dem heutigen, billigen, nur für die Unterhaltung der Ju­ gend berechneten Fabriks - Product aus Nürnberg.

Dazu

kam noch, daß die schlauen Geisterbeschwörer — wie z. B.

Schröpfer in Leipzig, der sich 1774 erschoß — von ihren Gläubigen tagelanges Fasten begehrten, ihnen dann vor­

dem Herüberrufen der Verstorbenen berauschende Getränke gaben und in der unheimlichen Dunkelstub^ narkotische

Räucherungen vornahmen.

Es ist daher begreiflich, daß

dann der in beni enggezogenen Zauberzirkel und in seinem

beschränkten Anschauungskreise Gebannte, die im aufstei­

genden Rauche wallenden, aus der Zauberlaterne kommen­ den Bilder in seiner aufgeregten Phantasie für überirdische Erscheinungen nahm.

Wie weit man die Täuschung einer vorzüglichen Zau­ berlaterne treiben kann, hat Robertson mittelst seiner

„Phantasmagorien" zu Paris im Pavillion de l’Echi-

quier und später in dem alten, nahe dem Vendome-Platz

gelegenen Kapuzinerkloster bewiesen (1798).

Die Wände

der Kapelle dieses damals verödeten und verlassenen Ge­

bäudes waren mit schwarzen Tapeten und daran haftenden Menschenknochen, Todtenläuzchen u. dgl. in. versehen. Eine

düster brennende Hängelampe diente eher dazu diesen Ort schauerlich zu machen als ihn zu erhellen — plötzlich er­

losch auch dieses Zweifel-Licht und

unter Regen, Blitz,

Donner, Todtengeläute, Tam - Tam - Lärm, Nhugekrächze,

Noberlson' s Geistererscheinungea.

186

schauerlichem Pfeifen, einem wüsten Luftzug u. s. w. erschien

eine kleine kaum merkliche Figur.

Diese schwoll, allmälig

sich nähernd, zu einem Gespenst heran und colossal gewor­

den, schien es als ob sie sich in den Zuschauerraum stürzen wollte — sie verschwand aber unerwartet.

Darauf kam

unversehens ein anderer Geist, der rasch bis in's Unmerk­

liche abnahm, um bald darauf zu einer anderen Erschei­ nung anzuwachsen.

Der Erfolg dieser mit aller Umsicht auf die mechani­ schen sowie optischen und psychologischen Behelfe in Scene

gesetzten Vorstellungen war ein über alles Maaß gehender Die Zeitungen aus der damaligen revolutionären Zeit über­ bieten sich in den überschwänglichsten Schilderungen, und der talentvolle,

geschickte Robertson scheint sich

bei den

hohen Eintritspreisen und dem Zudrange des Publikums

nicht übel befunden zu haben.

Vor Beginn des Gespensterspuckes gab Robertson

die in jenen Tagen überflüssige Versicherung, daß alles mit natürlichen Dingen zugehe; er hütete sich aber wol durch eine eigentliche Erklärung dieser optisch so interessanten

Erscheinungen eine ihin gefährliche Concurrenz wach zu

rufen; nichts destvweniger erwuchs ihm nach 4 Jahren ein

Rivale, wenn auch nicht zu Paris, so doch in London und Edinburgh, wo Philipsthal (1802) ähnliche „Phan-

tasmagorien" producirte. Die Detail-Angaben hinsichtlich der Apparate für der­ artige Schauspiele fehlten einige Zeit, denn beiden Thau-

maturgen glückte es, ihr Geheimniß zu bewahren.

Man

wußte nur, daß dabei eine Zauberlaterne betheitigt sei und daß diese unsichtbar und unhörbar dem Zuschauerraume

Fig. 73. Phantasmagorische Vorstellung im alten Capuzinerkloster zu Paris im Jahre 1798.

Phantasmagorische Lorstellunq in Paris i. I. 1798. 187

DaS Phantaskop.

189

genähert und wieder von demselben entfernt werden müsse.

Aoung hat dann die Grundsätze und Constructionsweise für solche

magische Kästen angegeben; wir selbst

wollen

hier das Wesen der Mittel besprechen, welche Robert­ son beim Zustandebringen seiner „Phantasmagorien"

anwendete: Sobald durch Erlöschen oder Hinaufziehen der Lam­

pen die tiefste Finsterniß im dunkel ausgcschtagenen Saal

hergestellt war, wurde während des betäubendsten Lärms,

Fi;-;. 7-1. Phantaskop.

unbemerkt von der Versammlung,

aufgezogen

und

ein schwarzer Vorhang

nun begann (Fig. 73) hinter

einem die

Das Phantaskop.

190

ganze Oeffnung der Bühne einnehmenden, weißen etwas angenäßten und daher durchscheinenden Leinwand-, Percail- oder Mousselinschirm das Spiel einer trefflichen Zau­ berlaterne. Dieses „Phantaskop" (Fig. 74) hatte einen schwarzen, hölzernen Kasten und stand aus einem schwarzen,

mit Mädern versehenen Tisch. Sollten die Erscheinungen auf der transparenten Wand verkleinert werden,

dann wurde der magische Kasten

der letzteren genähert; sollte das Gegentheil erfolgen, dann ließ^man das Phantaskop auf seinem Wagentisch zu­

rückfahren. Eines der Fußräder an dem Gestelle der Zauberlaterne

griff in ein höher angebrachtes Rädchen ein, welches die

Aufgabe hatte eine kleine, am vorderen Rohr befindliche

Kurbel (Fig. 74) derart zu regeln, daß dann mittelst eines

Veränderlichkeit der Phantaskop-Linsen.

191

Schnurzuges, einer gespannten Feder (Fig. 75) und einer

scherenartigen, aus zwei Halbmonden bestehenden Linsenbe­ deckung eine größere Oeffnung für das durchdringende La­

ternenlicht machte, wenn die Bilder an Größe zunahmen, d. i. wenn rnan den Zauberwagen von der wol gespannten

Leinwand

entfernte.

Rollte man aber den optischen

Kasten gegen das Publicum, dann schloß sich das „Katzen­

auge" (Fig. 75), wie Robertson dieses veränderliche

Linsen-Diaphragma (S. 131) nannte, immer mehr und gleichzeitig schob sich eine hinter dem letzteren angebrachte

bewegliche Objectiv-Linse von einer fixen halbkugeligen Glaslinse verhältnißmäßig so ab, genau

auf

die

daß stets die Bilder

durchscheinende

Scheidewand

fielen.

Die in der tiefsten Finsterniß weilenden Zuschauer — denen jedes Mittel zur Vergleichung der Distanzen entzogen war — nahmen das Wachsen der Bilder an Größe und

Lichtstärke für eine Annäherung und ihr Kleiner- mit) Schwä­ cherwerden für eine Entfernung der Erscheinungen — ein rasches Zufahren der Hexenleuchte gegen die durchscheinende

Leinwand erschreckte daher nicht wenig das für den Moment, trotz aller Aufklärung, furchtsame Publicum; denn es schien

als ob sich die Gespenster mit großer Hast in das Parterre

stürzen wollten.

Um jedes Geräusch beim Hin- und Herfahren des Phantaskopes zu vermeiden, waren der Fußboden der Bühne und die Räder des Tisches mit Tuch überzogen und alle dabei betheiligten Personen liefen auf Socken.

Die Glasmalereien für das Phantaskop müssen selbst­ verständlich von der feinsten Art und die vom Bilde freien

Lebende Objecte für das Phantaskop.

192

Theile mit schwarzem, nicht durchscheinendem Firniß ge­

Gleichwol werden die vergrößerten Figuren

deckt sein.

auf der gestimmten Leinwand Mißverhältnisse bringen, weil

die kleinen, selbst vom besten Künstler unmöglich zu ver­ meidenden Fehler der durchscheinenden Firnißbilder auf dem

Glase bei der Production niitwachsen.

Schon Eule r

schlug daher für die besseren Zauberlaternen körperliche Objecte

und

lebende

Personen

vor,

von

welchen

ein

Sammelglas oder ein Hohlspiegel ein verkleinertes opti­

sches Bild für die Linse der Zauberlaterne bieten sollte und

Enslen hat in Berlin seit 1797 bis gegen 1833 der­ artige Phantasmagorien dem Publicum vorgeführt.

In­

dessen haben solche Schaustellungen nur ein beschränktes Gebiet und werden neuerer Zeit in jeder Richtung weit

übertroffen durch die Spiegelbilder sehr großer, geschliffener, feinster, farbloser und unbelegter Glasscheiben (Fig. 76),

welche einen Theil der Bühne von den Zuschauern ab­

schneiden.

Die Gegenstände sowie die lebenden Personen

werden an einen seitwärts befindlichen, vom Publicum nicht

wahrnehmbaren Orte (Fig. 76) kräftigst mit dem Lichte

einer

elektrischen, D r u m m o n d'schen

Lampe erhellt.

oder Magnesium-

Die von einer derartig mächtig beleuch­

teten Gruppe ausgehenden Lichtstrahlen fallen auf die reiue, recht hohe, sehr breite, scheitelrechte und mit dem

vorderen Bühnenrand einen spitzen Winkel bildende Glas­ scheibe (Fig. 76), werden von derselben zum großen Theile

in

den

Zuschauerraum

regelmäßig

zurückgeworfen

bewirken in den Augen des Publicums jective Spiegelbilder.

und

(S. 73) sub-

Die Glasscheibe ist selbst dem

Eingeweihten wegen des n u r w e n i g z e rst r e u t e n Lichtes

Der neue, durchsichtige Bühnenspiege!.

kaum

sichtbar

und

wird

uon

193

dem überraschten

Zuseher gar nicht bemerkt.

Bei dieser Benützungsweise der Theaterspiegel können

die Personen

und Gegenstände,

welche

den Zuschauern

erscheinen sollen, ihre natürlichen Stellungen und Lagen

behalten, was bei der etwas älteren, u n b e q u e m e n Einrichtung bezüglich der Bühnenspiegel nicht der Fall war

(vergl. S. 199 sowie Fig. 78 und Fig. 79).

Jene neuere

Anordnungsart des Theaterspiegels beruhet eigentlich auf

dem Principe des magischen Opernguckers schlossen.

Wenn man jetzt ein kräftiges elektrisches Licht

durch die innere Röhre sendet, so bewirkt dies die herr­ lichsten Fluorescenzerscheinungen in der umgebenden Flüs­

sigkeit.

Eine der Glashüllen kann auch aus dünem, tief

grün fluorescirendem Uranglas sein.

Die fluorescirenden Materien haben bei der Pariser Weltausstellung i. I. 1867 eine Rolle gespielt.

In Glas­

röhren gefüllt, welche zu Emblemen, Namenszügen u. dgl. ni. verschlungen sind, haben sie, mit Hereinziehung des elek­

trischen Lichtes, den Festlichkeiten einen mächtigen Glanz

im

eigentlichen

Sinne

des Wortes

verliehen.

Solche

Geißler'sche Röhren haben bei reichen Leuten die Trans­

parente aus dem Felde geschlagen, und es beschäftigen sich bereits mehrere Firmen in Paris ausschließlich mit der

461

Fluorescirende Stoffe im blauen und gelben Lichte.

Herstellung von ruhenden oder rotirenden Fluorescenzröhren — ein Wink für unsere Festordner und Glasbläser.

Schon

vor jener Weltausstellung überraschte ein Londoner Crösus seine Gäste mit einem Dunkelsaal, in welchem auf die großartigste Weise Fluorescenzflüssigkeitemin den herrlichsten

Formen und Farben erglänzten, und so die Karfunkel der Fabelwelt für eine kurze Weile zur Wirklichkeit machten. Auch Robin

und das

gewerbliche Conservatorium

in

Paris boten ihren Besuchern eine solche Augenweide, bei welcher die von Geißler in Bonn gelieferten Röhren am herrlichsten strahlten.

In kleinerem Maaßstabe sind solche

Lichtresonanz-Concerte sogar in unsere Mittelschulen ge­ Ja, im Ausstellungs-Palaste zu Paris (1867)

drungen.

waren Apparatchen zusammengestellt, die leicht in einer

Rocktasche unterzubringen sind und gleichwol jeden Augen­ blick derartige Lichtresonanzen im Finstern erregen.

Schließt man die Fensterspalte eines dunkeln Saales mit einem blauen Kobaltglase, so erscheinen nicht fluores-

cirende Gegenstände, z. B. eine weiße Porcellantasse, weiße

Blumen rc., auf welche man

die

durch das Glas ge­

gangenen Strahlen fallen läßt, blau; hingegen zeigen sich

fluorescirende Stoffe in geänderter Farbe, fast wie selbst­ leuchtend.

So z. B. sieht

man

die gelbe Schrift von

„Barium - Platin - Cyanür" fast wie leuchtende Phosphor­

schrift.

Ebenso, wenn man jene Schrift mit einer Schwefel­

flamme beleuchtet.

Im

gelben Lichte

aber

bleibt

jene

Schrift dunkel. Jetzt wird der folgende Versuch

verständlich: Man

zeichne mit der sauren Lösung des schwefelsauren Chinins

oder mit der

wasserklaren Aeskulinlösung

irgend

einen

462

FluoreScirende Zeichnungen.

Gegenstand, etwa (Fig. 134) Blumen, Schmetterlinge u. dgl. auf einen weißen Papierschirm.. Im Hellen Tageslichte

sind diese Figuren

nicht sichtbar; im

elektrischen Lichte

Fig. 131. FluoreScirende Figuren.

gewahrt man die Zeichnungen in sehr feinen Umrissen.

Ganz deutlich, mit fast magischem Selbstleuchten hebt sich jene Malerei auf blauem Grunde ab, sobald eine blaue Glasscheibe als Zwischenmittel vor

das

elektrische Licht

geschoben wird.

Die Ftuorescenzmappe (Fig. 135), wenn sie vom Lichte des Tages, einer elektrischen Lampe, des verbrennenden

Magnesiums u. dgl.

oberhalb des

blauen

Cobaltglases

beleuchtet wird, bewirkt, daß die gelbe Schrift aus Barium Platin-Cyanür auf dem gelben Papier wie selbstteuchtend

Die FluoreScenzmäppe.

463

erscheint, während ein gelbes Glas, an Stelle jenes blauen Glases gebracht, die Barium - Platin - Cyanür - Schrift nur

matt hervortreten läßt; wie kommt dies?

Das gelbe Glas

hält den größten Theil der fluorescenzerregenden Strahlen zurück und selbst mächtige Fluorescenzstoffe,

zu welchen

auch jenes Barium-Platin-Cyanür gehört, können daher

in dem vom gelben Glas durchgelassenen Lichte, aus Mangel

Fig. 135.

Fluorescenz - Tasche nach Nörremberg

von wirksamen Strahlen, nicht zur Lichtresonanz gelangen. Im zerstreuten Tageslichte wird die von den violetten und

blauen Strahlen

hervorgerufene Lichtresonanz

von dem

Lichtlärm der im weißen Lichte enthaltenen grünen, gelben

und rothen Strahlen übertönt, was bei dem durch blaue Gläser gedrungenen Lichte nicht der Fall ist.

Die blauen

Gläser lassen nämlich nur wenig Dunkelroth, etwas Grün, hingegen das Blau und Violett fast gänzlich durch. letzteren Strahlen

Die

erregen nun in jener „Fluorescenz-

Tasche" das Leuchten der Fluorescenzstoffe,

ohne die stö­

rende Ueberstrahtung durch die gelben, grünen und rothen

Lichter.

Da die Fluorescenztasche

auf der einen Seite ein

blaues und auf der andern ein gelbes Glas besitzt, so legt inan beim Lichtwechsel die Tasche und Schrift um.

Aus

Gesetze der Fluorescenz.

464

Fig. 135 ist auch ersichtlich, wie ich das blaue Glas mit elektrischen Funken erleuchte. Wir wollen nun die Gesetze der Fluorescenz aufsuchen

und zu diesem Zwecke das continuirliche Spectrum des

elektrischen Lichtes durch die Blattgrünlösung gehen lassen, welche in einem parallelopipedischen, dünnwandigen Glas­

troge enthalten ist.

Man erblickt dann im Roth zwischen

B und C ein schwarzes Absorptionsband, ferner im Orange,

Gelb und Grün schwächere Absorptionsstreifen; das Blau

und Violett ist gänzlich absorbirt. so

Betrachtet man dieses

mit dem Spectrum beschickte Chlorophyll im zurück­

geworfenen Lichte; so zeigt sich, daß jeder Dunkelheit

imAbsorptionsspectrum eine dunkelrothe Hel­ ligkeit im Fluorescenz-Spectrum

entspricht.

Je mächtiger schwarz hiebei die Absorption erscheint, desto

lichtkräftiger erblickt man die Fluorescenz.

Dies zeigt sich

stets, welche fluoreseirende Flüssigkeit man auch dem gleichen

Versuche unterwirft, so daß dieser Satz als allgemein geltend angenommen werden kann und man aussprechen darf: Ein

zur Fluorescenz gestimmter Stoff wird durch jene Strahlen fluorescirend, welche er absor­ birt (S. 457).

Da zwischen B und C im Absorptions - Spectrum des Chlorophylls die dunklesten Stellen liegen, so ist auch hier das

Roth des Fluorescenzlichtes am kräftigsten; es haben also bei

der Fluorescenz im Chlorophyll die rothen Strahlen zwischen B und C am mächtigsten erregend gewirkt. Hieraus ist wieder zu ersehen (S. 459), daß auch Strahlen von höheren Schwin­

gungszahlen als die blauen bis übervioletten in dazu ge­ stimmten Stoffen ausgiebigst die Fuorescenz erregen können.

Geschichte der Fluorescenz.

465

Ein weiterer Beweis hiefür läßt sich bringen, wenn man — nach Ha genbach undLommel — das Naphtalinroth, ebenso wie oben das Chlorophyll, untersucht; es zeigt

dann im zurückgeworfenen Lichte ein continuirliches gelbes

Fluorescenz - Spectrum, welches

schon

im Roth

vor D

beginnt und bis ins Ueberviolett reicht und hinter D sowie

zwischen E und C, mithin da am stärksten erscheint, wo die gelben und grünen Strahlen fluorescenzerregend sind.

Nach den bisherigen Erfahrungen darf man also annehmen: Die äußersten violetten und übervioletten Strahlen wirken auf alle bisher bekannten fluorescirenden Stoffe erregend, die violetten und blauen auf viele und die grünen, gelben

und rothen Strahlen bis B auf manche derselben.

Für

die äußersten rothen Strahlen von B gegen A hat sich

bis heute noch kein fluorescenzfähiger Stoff gefunden. Einige Erscheinungen der Fluorescenz

früher bekannt.

waren schon

Kircher erwähnt (1646) eines Weißen

aus Mexiko stammenden Holzes, welches die Eingeborenen Coatl

oder Tlapazatli

nennen,

Umständen andere Farben zeige.

dessen Aufguß

je

nach

Das Holz hieß zu jener

Zeit in Europa nephritisches, weil es ein unfehlbares

Mittel gegen Nieren- und Blasenkrankheiten gewesen sein soll.

Aus den Versuchen zu Ne w t o n 's Zeiten geht hervor,

daß die Infusionen solchen Holzes im auffallenden Licht

blau und im durchfallenden gelb erschienen, mithin so, wie der Roßkastanienrinden.

ein älterer Aufguß dieses Jahrhunderts

Fluorescenzerscheinung

wurden

Zu Anfänge

mehrere Forscher

aufmerksam,

aber

erst

auf die Stokes

studirte (1852) diesen Gegenstand eingehend; er ist daher der eigentliche Schöpfer dieser Disciplin, die ihm auch den P i s k o, Das ^'icht.

2. Ausl.

30

Erklärung der Fluorescenz.

466

Namen dankt, den er mit einer Anspielung auf die Er­ scheinungen am Flußspath oder Fluor wählte.

Die Fluorescenz wird, nach Eisenlohr (1854), wie ein

Combinationston

hervorgerufen.

der Com­

Sowie

binationston aus dem Zusammentreffen von Wellen ungleicher Länge entsteht und in der Reget tiefer ist als jeder der erzeugenden Töne; so soll auch bei der Fluorescenz aus

den kürzeren Wellensystemen des Blauviolett und Ultra­ violett ein Farbenton von längeren Wellen entspringen.

Was verursacht aber die Entstehung jener zusammen­ treffenden Wellen?

Hier können wir mit Stokes (1854)

annehmen, daß die ankommenden Aetherschwingungen eine

Schwingung der Körperatome einleiten in Perioden, nach

welchen sie selbst zu schwingen geneigt sind (Analogie vorn

Schall: die Resonanz).

Diese bewegten Atome rufen dann

wieder andere Aetherschwingungen hervor, welche sich mit dell erregenden Schwingungen zu einer Combinationsfarbe in ähnlicher Weise zusammensetzen, wie etwa ein Resonanzton mit dem erregenden zu einem Combinationston.

Letzterer

repräsentirt

Und

also

beim Schall die Fluorescenz.

so

wie Helmholtz in jüngerer Zeit gelehrt hat, akustische Combinationstöne zu erzeugen, welche höher sind als die componirenden Töne; so ist vielleicht auch eine Fluorescenz

möglich, welche einen höheren Farbenton gibt. auch

nach

der

neuen

(1871)

Lommet der Fall zu sein.

Dies scheint

Fluorescenz - Theorie

von

Nach derselben kann die Re­

sonanz des Lichtes nicht nur direct durch den Einklang,

sondern

auch indirect durch die nächst höhere oder nächst

tiefere Oktave der homogenen Strahlen erregt werden. Auch in der Calorescenz (nach Tyndall) liegt

Calorescenz. — Nachleuchtende Stoffe. em ähnlicher Fall vor.

467

Um dieselbe zu verstehen müssen

wir vorausschicken, daß eine Lösung von Jod in Schwefel­

kohlenstoff

eine

leuchtenden,

aber

dunkle

Flüssigkeit

alle

welche

keinen

durchläßt.

Eine

gibt,

Wärmestrahlen

hohle Sammellinse mit dieser Flüssigkeit gefüllt und vom

Sonnen-oder elektrischen Licht bestrahlt, besitzt also einen unsichtbaren d. i. dunkeln Brennpunkt.

In diesem erglüht

ein dünner Platindraht oder auch ein Feuerschwamm n. dgl., welche Erscheinung Calorescenz heißt.

Dieselbe läßt

sich nur dadurch erklären, daß man annimmt, die lebendige Kraft oder Energie der absorbirten Wärmestraylen sei auf

die kleinsten Körpertheilchen übertragen und hier so um­ gewandelt worden, daß die kürzeren Wellen der leuchtenden Strahlen auftreten; auch die Selbstentzündungen durch die sich steigernde Absorptionswärme und bei manchen chemischen

Processen gehören hieher.

Wenn die von blauen, violetten und übervioletten Licht­

strahlen

getroffenen

Materien

sich

mit

selbstteuchtenden

Farben erst dann erhellen, wenn jene bestrahlenden Licht­

quellen bereits erloschen sind; so heißen solche Substanzen

nach leuchtende oder phosphorescirende.

Als in

früheren Tagen das Licht für eine höchst feine Materie angesehen wurde, meinte man, die Leuchtsteine oder Phos­

phore saugten, wie ein Schwamm das Wasser, die Hellig­ keit ein und geben sie dann im Dunkeln wieder von sich. Die Neuzeit faßt jene Lichtsauger als nachtönende Licht­

resonatoren auf,

und wie Wheatstone ein

akustischem

Resonanzconcert gab (1855), so that dies Gaiffe (1867>

im Ausstellungspalaste zu Paris Er

bildete

aus

dem

Staube

in

optischer Richtung.

verschiedener Leuchtsteine 30*

Die PhoSphorescenz.

468

Schmetterlinge, Blumen u. dgl. m., welche im gewöhnlichen Tageslichte fast unerkenntlich waren.

Sobald er sie aber

von der Sonne einen Moment bescheinen ließ und in einen

Dunkelkasten schob, konnte das in letzteren hineinguckende Publikmn jene Malereien in den herrlichsten Farben nach­

klingen sehen. Alle Phosphore, welche nicht in einer langsamen Ver­ brennung ihre Ursache haben, sind nachtönende Lichtreso­

natoren und die P h o s p h o r e s c e n z ist eine Resonanz des Lichtes, verbunden mit einem Hellen Nachtönen der be­ treffenden Farbe. Zu den am schönsten phosphorescirendcn Stoffen gehören die bei sehr hoher Temperatur und auf trockenem Wege erzeugten Verbindungen des Schwefels mit

Calcium, Barium, Strontium und Zink. Je nach der Be­ handlung bei der Erzeugung läßt sich eine andere Farben-

Nuance der Phosphorescenz erzielen.

Es kann auch das

Selen für den Schwefel in die Verbindung treten.

Es

phosphoresciren:

Schwefelcalicium, roth, orange, grün oder blau.

Schwefelbarium, roth, orange, gelb oder grün. Schwefelstrontium, gelb, grün oder violett.

Schwefelzink, grün.

Selenstrontium, blaßgelb, grün oder blau. Weil die Feuchtigkeit den phosphorescirenden Stoffen

schadet, so werden sie in Glasröhren eingeschlossen. Um die Leuchtsteinchen nur sehr kurze Zeit bestrahlen zu lassen, bedient man sich des von Becquerel (1858) erfundenen Phosphoroskopes.

Es besteht (Fig. 136 und

137) aus zwei zu einander parallelen, aber fix verbundenen

Drehscheiben, welche am Rande, gegen einander regelmäßig

469

Phosphoroskope. alternirend, mit Oeffnungen versehen sind.

Zwischen beide

Scheiben in der Höhe der Oeffnungen, wird der zu unter­ suchende Stoff eingeschaltet. Nun stehen die Scheiben jedes-

nial so, daß es möglich wird, einmal den eingeschaltenen Stoff durch eine Oeffnung der vorderen Scheibe zu be­

strahlen und gleich darauf durch Drehen der Scheibe die

einfallenden Strahlen abzuschneiden und die etwa erregten

Phosphorescenzstrahlen durch eine Oeffnung der Hinteren Scheibe auf das Sehorgan wirken zu lassen.

Je rascher

Ulan daher die Scheiben mittelst eines einfachen Räder-

ftig. 13G nnd 137.

Ptwspboroskope nach Becquerel.

Werkes dreht, desto kürzer wird die Dauer der ursprüng­ lichen Belichtung; sie kann selbst auf 72000 einer Sekunde

herabgebracht werden und gleichwol zeigt sich noch die Be­ strahlung, in Beziehung auf das Nachleuchten, von Erfolg!

Mit Hilfe des Phosphoroflopes hat man erfahren, daß, in freilich sehr niedrigem Grade, eine große Reihe

Fluorescenz und PhoSphorescenz.

470

fester Stoffe phosphorescire, aber keine Flüssigkeit. Da aber gerade sehr viele Flüssigkeiten fluoresciren, so scheint ein näherer Zusammenhang zwischen Phosphores-

cenz und Fluorescenz zu fehlen.

Zufällig können jedoch

beide Eigenschaften an einem Stoffe zusammentreffen; aber die Farbe der betreffenden Lichter ist dann von einander

verschieden.

Bei der Phosphorescenz und meist auch bei

der Fluorescenz (S. 466) ist der Brechungsgrad des her«

vorgerufenen Lichtes tiefer, als jener des erregenden.

Im

Sinne der Well en lehre des Lichtes heißt dies: die phosphorescirenden

und

meist

auch

fluorescirenden

die

Stoffe setzen die Schwingungszahl des Aethertones herab; sie

verlangsamen

die Aetherschwingungen.

Die

Ema­

nationstheorie müßte die Fluorescenz- und Phos­

phorescenz - Erscheinungen auf eine neue Lichtausströmung und auf eine neue Lichtzerlegung zurückführen.

Letztere

bietet zwar dieser Hypothese keine Schwierigkeit, aber die

Lichterregung läßt sie unerklärt.

In Beziehung auf die Absorption der erregenden Strcchlen sowie des entstehenden Mischlichtes aus dem er­

regenden einfachen Lichte verhält sich die Phosphorescenz ähnlich der Fluorescenz (S. 464 und S. 456);

aber die

Phosphorescenz konnte bisher nur durch die höher tönenden

Farben, d. i. vom Blau bis einschließlich Ultraviolett er­

regt werden (Vgl. S. 464); ja es heben im Gegentheil

die rothen bis grünen Strahlen die von den blauen bis

ultravioletten

Strahlen

hervorgerufene

Phosphorescenz

wieder auf.

Die Phosphorescenz kann sich, nach Becquerel,

bis

über das Roth hinaus erstrecken so daß die ultrarothen

Geschichte der Phosphorescenz. Strahlen sichtbar werden.

471

Eine mäßige, langsame, leitende

Erwärmung bewirkt Phosphorescenz bei einigen Arten des Diamantes, Ftußspathes, besonders des Chlorophans (vergl.

unten) und bei noch einigen Stoffen. Erhöhung des Wärme­ grades während der Bestrahlung vermindert die Phospho­ rescenz ; ist dieselbe jedoch eben erst erloschen, so kann eine

Erwärmung des Stoffes das Nachleuchten wieder veran­

lassen.

Das Studium der Fluorescenz hat das Interesse für die

längst

gekannten

Erscheinungen

der Phosphorescenz

wieder geweckt und Becquerel hat (1857 bis heute) eine große Reihe schöner Arbeiten in dieser Richtung veröffent­

licht.

Von älteren Werken

über die Phosphorescenz er­

wähnen wir jenes von Heinrich (Quart, 596 Seiten, 1811).

Schon Aristoteles kennt die Phosphorescenz mancher verwesender Stoffe und Plinius bespricht das Leuchten einiger ©teilte, unter welchen auch der Carbunculus ist.

Eine tiefer gehende Beobachtung fanden die phosphores-

cirenden Substanzen erst nach der Entdeckung des Bononischen Leuchtsteines (1612)

und Licetus (1640) wollte

sogar den Mond als einen solchen ansehen.

Zu den be­

rühmten nicht verbrennenden und ohne Wärmeentwickelung leuchtenden Steinen gehören außer dem Bologneser Phos­ phor (1612), noch der Cantonische (1768), der Realgar-

und Antimonphosphor, sowie der

Chtorophan,

welcher,

wenn man ihn unter Oel in einem Reagensgläschen erhitzt, sein Leuchtvermögen einige Zeit bewahrt.

Während bei

den fluorescirenden

und

phosphores-

cirenden Stoffen die auffallenden oder durchgehenden Licht­

strahlen nur Lichterscheinungen durch Resonanz vorüber-

472

Die lichtempfindlichen Materien.

gehend hervorzurufen vermögen, können dieselben Strahlen jene Materien bleibend erschüttern, welche man die „licht­

empfindlichen" (S. 452) nennt.

Der Zusammenhang der

Atome solcher Substanzen wird durch die Schwingungen

des Aethers entweder aufgehoben oder es werden, unter günstigen Umständen, die Atome der verschiedenen Stoffe

durch die Aetherschwingungen einander bis zur chemischen

Anziehung genähert. Sollten denn die zarten Aetherschwingungen wirk­

lich im Stande sein, die chemische Konstitution einer Materie bis zur Zersetzung zu erschüttern?

In der großen Er­

rungenschaft der jüngeren Wissenschaft, in der Möglichkeit einer Umsetzung der Kräfte, liegt die bejahende Ant­

wort. Bewirken die Wärmeschwingungen des Aethers nicht

mechanische Ausdehnungen, lockern den Zusammenhang der Moleküle und unterstützen die chemische Affinität? Wie also

die Wärmeschwingungen in mechanische Kräfte verwandelt

werden, so geschieht Aehnliches mit den noch höheren leben­ digen Kräften der

chemisch wirkenden Strahlen in Be­

ziehung auf die betreffenden Zerlegungen der Substanzen.

Die Emanationslehre leitete die optisch-chemischen Er­ scheinungen aus der chemischen Verwandtschaft des Lichtes

mit den wägbaren Materien ab. Die Mehrzahl der Silber - und Quecksilberverbindungen

schwärzen sich im Tageslichte, wobei sie zersetzt werden, z. B. das Chlor-, Jod - und Bromsitber, ferner das salpeter­

saure Silberoxyd oder der Höllenstein. der chemischen Lichtwirkung:

Weitere Beispiele

das Chlor und der Wasser­

stoff verbinden sich im directen Sonnenlichte unter Explozu Chlorwasserstoff; das gelbe Jodblei wird im directen

Chemische Wirkungen des Lichtes.

473

Sonnenlichte rasch schwarzbtau; im gewöhnlichen Tages­

lichte zeigt es die Zwischenstufe grün.

Aus der chemischen

Wirkung des Lichtes wird ferner begreiflich: das Abschie­ ßen, d. i. Bleichwerden der Farben an Kleiderstoffen, welche

ausgesetzt waren,

das Bleichen

der Leinwand, das Nachdunkeln der Farben.

Vom Mangel

lange dem Sonnenlichte

an chemisch wirksamen Lichtstrahlen kommt die bleiche Farbe der Kellerpflanzen z. B. beim Auswachsen der Erdäpfel.

Die Pflanzen

scheiden im Sonnenlichte Sauerstoff

aus,

worüber die Pflanzenphyfiologie eingehend belehrt.

Höchst lichtempfindlich hat in jüngerer Zeit

(1869)

Tyndatl die Dämpfe vieler flüchtiger Materien — z. B. des

Allyljodids,

salpetrigsauren Amyläthers,

Schwefel­

kohlenstoffes, Benzols, Benzoöäthers u. a. m. — gefunden.

Selbst die geringsten Spuren solcher Dämpfe, sobald man sie mit dem Lichte der Sonne oder der elektrischen Lampe

beschickt, werden chemisch zerlegt.

Die weniger flüchtigen

Zersetzungsprodukte schlagen sich dann in einem außeror­ dentlich fein vertheiltem Zustande nieder, wobei sie vor­

herrschend die blauen Strahlen des empfangenen Lichtes mächtig zurückwerfen und folglich als kräftig blau leuchtende Wolken

wahrgenommen werden.

Art erscheinen weiß leuchtend.

Dichtere Wolken dieser

Tyndalt hat hierauf seine

nicht unbestritten gebliebene Theorie der Eometen, sowie auch seine Erklärung de^ Farbe des Himmels, gegründet.

Bei den meisten der eben genannten chemischen Licht­

wirkungen sind vorherrschend die blauen, violetten und über­ violetten Strahlen wirksam, derart, daß man bis vor kurzem

dieselben allgemein als die chemisch wirksamen Strahlen be­ zeichnete. Es hatte aber Becquerel schon vor nahezu zwei

Chemische Wirkungen des Lichtes.

474

Jahrzehnten entdeckt, daß auch die Strahlen vom Grün bis gegen das Roth eine durch die blauen bis übervioletten

Strahlen

eingeleitete

chemische Wirkung

fortzusetzen int

Stande sind, und nach Baudrimont (1861) wären zunr

Hervorbringen der Blüthen und Früchte das weiße Licht, also

alle Farbenstrahlen,

nothwendig.

Ja, nach Bau­

drimont soll jeder Farbengattung des Spectrums eine

eigenthümliche chemische Thätigkeit zukommen, die nur bei gewissen Stoffen sich äußern,

Dasselbe

hat Drap er

bei anderen Null

wären.

nachzuweisen

gesucht.

(1872)

Freilich entsprechen den rothen bis grünen Strahlen, wenn

inan

die

bisherigen allgemeinen Erfahrungen

im Auge

behält, nur wenige Stoffe, etwa wie bei der Fluorescenz

und Phosphorescenz, wo auch nur in einigen Materien die rothen bis grünen Strahlen erregend sind (S. 465). H. Vogel fand (1873) wenn dem Bromsilber, welches

für das Grün nur schwach, für Roth und Gelb gar nicht empfindlich ist, Farbstoffe zugesetzt werden, die das grüne,

gelbe oder rothe Licht absorbiren; so wird jenes Bromsilber für das Grün empfindlicher und auch die gelben und rothen

Strahlen sind dann auf dasselbe wirksam. Hieraus ist ersichtlich, daß es bezüglich der chemischen Wirkungen des Lichtes hauptsächlich darauf ankommt, daß

die betreffenden Stoffe Strahlen zu absorbiren im Stande seien, gleichviel ob die letzteren pon höherer oder tieferer

Schwingungszahl sind.

Demnach könnte man in Zukunft

die blauen, violetten und übervioletten Strahlen nicht mehr

ausschließlich

die chemisch wirksamen nennen.

Man hat

daher vorgeschlagen, weil sie in der heutigen Photographie (©. 476) noch immer die wirksamen Strahlen sind, dieselben

Einerleiheit der Strahlung.

475

als die photographischen Strahlen zu bezeichnen.

Allein

auch diese Benennung dürste nur von kurzer Dauer sein,

wenn der vorhin erwähnte wichtige Fund Vogels zur photographischen Aufnahme

farbiger Gegenstände führen

sollte.

Blicken wir jetzt zurück, so können wir aussprechen,

daß alle von einer Lichtquelle herrührenden Strahlen sich wesentlich nur durch ihre Schwingungszahlen von einander unterscheiden und daß sie erst wahrnehmbar werden, wenn

die lebendige Kraft oder Energie der Schwingungen der Aethertheilchen auf die materiellen Theilchen eines passend

So z. B. sind

gestimmten Körpers übertragen werden.

die

und Lichtstrahlen

Wärme -

objectiv,

bis

auf

die

Schwingungszahlen, gleich oder indentisch; aber die Wärme­ strahlen

vermögen nur die allgemeinen Nervenausläufer

der Haut zur Wärmeempfindung anzuregen, während die Lichtstrahlen die Enden der Sehnerven zu ihrer optischen

Leistung anreizen.

Bei der Fluorescenz und Phosphorescenz treten in

den dazu geeigneten Stoffen statt der absorbirten Strahlen andere auf.

Die chemische Wirkung der Strahlen wächst

— nach Bunsen und Roscoe — genau in demselben Verhältnisse wie die Lichtabsorption.

Es

gibt

nur

eine

Strahlung

von

verschiedener

Schwingungszahl nnd ihre verschiedenen Wirkungen scheinen

nicht von der Verschiedenheit der Strahlen, sondern von

der verschiedenen Beschaffenheit der Materie abzuhängen, welche die Aetherschwingungen aufnehmen.

Die ersten heliographischen Versuche.

476

8.

Die Photographie.

I$u den interessantesten und wichtigsten Anwendungen der chemischen Lichtwirkungen

gehört die Helio-

oder Photo­

graphie. Schon i. I.

1802 hatte Wedgewo od auf Papier

und Leder, welche mit Chlorsilber getränkt worden waren, Lichtbilder als Copien von Glasgemälden bekommen und jener Experimentator hatte sogar daran gedacht, die Bilder

der Dunkelkammer an dem in solcher Weise chemisch zu­ bereiteten Papier vom Licht nachzeichnen zu lassen.

Da

er jedoch im letzteren Falle die Wirkung zu schwach fand,

ließ er den schönen Gedanken fallen.

In einer Nachschrift

D av y 's zur veröffentlichen Arbeit Wedgewood's erfahren

wir, daß der erstere um dieselbe Zeit, in ähnlicher Weise, die Bilder des Sonnenmikroskopes auf einem lichtempfind­

lichen Schirm festgehalten habe.

Beiden Erfindern fehlte

jedoch das Mittel, die Bilder zu fixiren, d. i. dieselben durch Wegwaschen fccr noch unzersetzten, lichtempfindlichen Stoffe gegen die fernere Einwirkung des Tageslichtes unempfänglich

zu

machen.

Bilder,

An

dem

nämlichen

Uebelstande

welche Charles, ebenfalls um

litten

die

jene Zeit, auf

sensiblem Papier im Louvre zu Paris erzeugt hatte.

Die ersten heliographischen Versuche.

477

Erst um das Jahr 1814 tauchten wieder Nachrichten

von Lichtbildern auf, welche Nicophore Niöpce, ein reicher Edelmann zu Chalons, durch Einwirkung des Lichtes auf Asphalt, als Copien von Zeichnungen

bekommen hatte.

Zehn Jahre später erzielte er auch eine Abnahme der Bilder in der Dunkelkammer, aber erst nach 5 — 6 Stunden der Beleuchtungszeit; er setzte seine Versuche bis zum

Jahre

1826

fort.

erfuhr

Um diese Zeit

der

Maler

Daguerre (S. 206), welcher seit 1824 ebenfalls nach Lichtbildern suchte, von den Bestrebungen des Niepce

und knüpfte mit diesem einen Briefwechsel an, welcher erst

3 Jahre später zu einem Vertrage führte, nach welchem beide Forscher von nun an ihre Bestrebungen, Arbeiten und

Erfindungen

hinsichtlich

der

Heliographie — wie

Niöpce sein Verfahren nannte — gemeinschaftlich ver­

folgen wollten.

Während nun beide vergebens

bemüht

waren, auf

jodirten Silberschciben Bilder zu erzeugen, kam ihnen der Zufall zu Hilfe.

Daguerre hatte einige jodirte Silber­

platten, auf welche in der Dunkelkammer je ein Bild, aber

ohne bleibende, sichtbare Wirkung, gefallen war, in den

Chemikalienkasten unbefriedigt zurückgelegt — nach einiger Zeit fand er auf denselben die Bilder. brachte

ihn darauf,

Die Untersuchung

daß Quecksilberdämpfe

jene Bilder

hervorgerufen hatten.

Er gründete hierauf jenes photo­

graphische Verfahren,

welches nach seinem Erfinder die

Daguerreotypie heißt. Daguerre brachte eine jodirte Silberplatte in den

Dunkelkasten dorthin, wo ein deutliches Bild des abzu­

nehmenden Gegenstandes entsteht und ließ hier das Licht

Daguerre'S photographische Methode.

478 wirken.

Hierauf hielt er die Platte über erwärmtes Queck­

silber, welches sich an den Stellen des Bildes in feinster

Verkeilung als Quecksilberthau niederschlug, und zwar an jenen Punkten am stärksten, welche am hellsten beleuchtet waren.

Nachdem durch chemische Mittel der unverändert

gebliebene Theil des lichtempfindlichen Ueberzugs der Platte

fortgeschafst, und also da, wo keine Lichteinwirkunq statt hatte, der Silberspiegel wieder hergestellt wurde, sah man,

bei günstiger Stellung des Auges, vermöge des durch die Quecksilberstäubchen zerstreuten Lichtes, ein Helles Bild auf

dem dunkeln Spiegelgrunde.

Wieso kommen aber diese Bilder auf

Sitberplatte zu Stande?

der

jodirten

Man ist der Ansicht, es verbinde

sich das Jod mit dem Silber im Dunkeln zu Jodsilber. Durch die Einwirkung des Lichtes wird das Jod in Dunst-

form frei, das Silber bleibt als Pulver zurück, welches die Quecksitberdämpfe einsaugt und verdichtet.

In ähnlicher

Weise verhält es sich, wenn man die Silberoberfläche mit

Brom oder Jodbrom überzieht.

Da es sich hierbei nur

um die Sitberoberfläche handelt, so potirte Daguerre

aus ökonomischen Rücksichten Kupferplatten mit Silber.

Läßt man die Silberoberfläche einer Kupferplatte von Chlor angreifen, und wirft auf das so bereitete Chtorsilber

ein kräftiges Sonnenspectrum; so ertheilt es der lichtempfind­ lichen Platte Farben, welche jenen des prismattschen Farben­

bildes ähnlich, aber matter sind.

Becquerel und später

Niöpce haben sogar Copien gemalter Kupferstiche, künst­ licher und natürlicher Blumen und anderer farbiger Gegen­

stände erhalten.

Es ist indessen dieser „Heliochromie" noch

nicht geglückt, die von ihr bewirkten, sehr flüchtigen Farben

zu fairen; es liegt aber jedenfalls hierin der Beweis, daß auch Farben von niedriger Schwingungszahl chemisch wirksam sind (S. 474). Im Jahre 1838 war Dague rre so weit, daß er eine Subscription auf Aktien zur Ausbeutung seiner Er­ findung ausschreiben konnte, die aber erfolglos blieb. Darauf nahm sich der berühmte Sternkundige und Physiker Arago der Sache an; er hob die hohe Wichtigkeit der Taguerreotypie hervor und bewirkte, daß Frankreich dem Heliographenbunde sein Geheimniß abkaufte, derart, daß Daguerre 6000 und der Sohn des Niöp ce 4000 Francs jährlichen Gehalt lebenslänglich beziehen sollten. Nach ihrem Tode hatten ihre Wittwen noch die Hälfte dieser Jahresrente ihre Lebenszeit hindurch zu beziehen. Die Pension war für den jüngeren N i 6p ce bedungen worden, weil der ältere bereits 1833 gestorben war, wodurch seine Rechtsansprüche ans seinen Sohn Isidor übergegangen waren. Am 19. August des Jahres 1839 wurde der französischen Academie, unter einer in wissenschaftlichen Dingen nie erlebten Theilnahme der Bevölkerung, das Verfahren Daguerre's kund gethan. Der Enthusias­ mus von Paris fand in der ganzen civilisirten Welt seinen Nachhall und sein Spiegelbild. Man sah damals Jedermann mit Dunkelkästen, Silberplatten, Quecksilber nnb Jod bewaffnet — und doch sollte nicht Daguerre's Verfahren das Scepter in der Photographie der Zukunft führen. Im März des Jahres 1839, also noch vor der Bekanntgebung des Daguerre'schen Verfahrens, hatte ein reicher Engländer, Namens Tal bot, der königlichen Wissenschaft-

Talbor'S Kalotypie.

480

lichen Gesellschaft in London, seine „Kalotypie" mitgetheilt,

d. i. ein heliographisches Verfahren, welches sich an die ersten Methoden in der Herstellung von Lichtzeichnungeu

anschloß.

Talbot scheint zum Glück jene älteren miß­

lungenen Versuche

aus den

mit Silbersatzen

getränkten

Weißpapieren nicht gekannt zu haben, weil er sonst durch dieselben zurückgeschreckt worden wäre.

Talbot benäßte seine Papiere mit einer Auflösung des Chlornatriums oder des Kochsalzes, und des salpeter­

sauren Silberoxydes oder des Höllensteins, wodurch er bei weitem empfindlichere Blatter als seine Vorläufer erzielte.

Er legte den abzunehmenden Kupferstich auf sein „katotypes"

Papier und brachte beide in das Sonnenlicht.

Die dunkeln

Stellen des Kupferstiches hielten das Licht von dem sensibeln Papier, je nach ihrer Schwärze mehr oder weniger

ab, wodurch ein negatives Bild, oder ein „Negativ" ent­

stand, d. h. ein Bild, bei welchem Licht und Schatten ent­ gegengesetzt, wie beim abgebildeten Gegenstände, vertheilt

waren; es zeigte folglich die Hellen Stellen des Urbildes

dunkel und die dunkeln Theile hell. Nachdem Talbot das negative Bild zuerst mittelst einer gesättigten Auflösung von

Meersalz, und später— nach einem von John Herschel

schon i. I. 1819 gemachten

Vorschläge — mittelst einer

Auflösung des schwefelsauren Natrons „fixirt" hatte, konnte er mit Hilfe des „Negativs", als

einer Matrize, durch

Wiederholung des angegebenen Verfahrens, viele positive Bilder erzeugen.

So hatte denn Talbot durch sein Vorgehen die wich­ tige Frage, hinsichtlich der Vervielfältigung der Lichtbilder

auf Papier, sowie ihrer Dauerhaftigkeit in erwünschter Weise

Talbot's Kalotypie, verbessert durch Evrard.

481

erledigt; es blieb ihm jedoch noch übrig, seine Methode auf die Abnahnre der Bilder in der Dunkelkammer anzu­

Zu diesem Behufe mußte er sein Papier noch

wenden.

empfindlicher machen, was ihm erst 2 Jahre später, durch Heranziehung

des Jodes und der Gallussäure, gelang.

Talbot erzeugte in

der Dunkelkammer von den Gegen­

ständen ein Negativ und mit diesem durch wiederholte Ab­ klatschung die „Positivs".

Im Jahre 1841 ließ Talbot seine Kalotypie, welche man später ihm zu Ehren „Talbotypie" nannte, durch B i o t der Academie der Wissenschaften in Paris vorlegen;

aber sie konnte durch den Lärm, welchen das Daguerrotyp zu jener Zeit machte, nicht durchgreifen und dies um so

weniger, als in dieser Periode eine Legion heliographischer Vorschläge der abenteuerlichsten Art die Welt bestürmten. Zu Anfänge der vierziger Jahre gab Bayar d in

Paris schwefelgelbe Photographien auf Papier aus, ohne

daß er jedoch über die Art ihrer Anfertigung etwas aus­

sagen wollte.

Hatte er vielleicht das Talbot'sche Ver­

fahren nur abgeändert oder war er, wie es fast scheint auf eigenem Wege zur Photographie

kommen?

auf

dem Papiere ge­

Wer will dies entscheiden, da der Urheber jener

Bilder sein Schweigen hartnäckig bewahrte, bis er einige

Jahre wurde.

später

durch Evrard in Vergessenheit gebracht

Der letztere, ein Tuchhändler aus Lille, hatte

in den ersten Monaten des Jahres 1847 durch gelungene Photographien auf Papier zu Paris allgemeines Aufsehen

erregt; er veröffentlichte sein, auf TalbotÄschen Grund­ sätzen beruhendes, jedoch in praktischer Beziehllng verbesser­

tes Verfahren und brachte so die Talbotypie in Aufimhme.

Pi sko, Tas Licht. 2. Aufl.

31

482

Niep^otypie. Das Papier zu den Talbot'schen negativen Licht

bildern soll von gleichmäßiger Masse und hinreichend durch­

scheinend sein.

Da dies nur schwer zu erreichen ist, so

hat der jüngere Niepce — Neffe des Erfinders der Photographie — dasselbe durch eine Glasplatte, welche mit

einer dünnen Stärkeschichte überzogen war, ersetzt.

Dieser

Ueberzug wurde durch chemische Mittel lichtempfindlich ge­

macht, und hierauf mit der Erzeugung und Fixirung so-

wol des negativen als auch des positiven Bildes, ähnlich wie bei der Talbotypie, verfahren. Dieses photographische

Vorgehen heißt „Niöp^otypie". Niepce der jüngere überzog das oben erwähnte Glas

behufs der Empfindlichmachung für das Licht zuerst (1847) mit Stärke, dann mit Eiweiß; Poitevin versuchte es

bald daraus mit einem Gelatinüberzug und Archer (1851) nach dem Vorschläge Le Gray s mit Collodium, welches

nunmehr fast ausschließlich angewendet ist. Bei der Talbotypie und Niep^otypie wird durch die

Lichtwirkung in der Dunkelkammer und durch den darauf folgenden

Hervorrufungs-

und

Verstärkungsprozeß das

Silber in verschiedenen Graden reducirt, derart, daß sich

Silber in der feinsten Bertheitung als schwarzes Pulver ausscheidet.

Die vom Licht nicht getroffenen Stellen bleiben

bei diesen Vorgängen ungeändert und die darauf haftenden Stoffe

werden

beim Fixirungsprocesse

entfernt.

Beim

positiven Bilde verhält es sich in ähnlicher Weise.

Das Sonnenlicht, das Helle Tageslicht, das elektrische

Licht, das Magnesiumlicht' und das weiße Feuerwerklicht sind reich an blauen, violetten und übervioletten Strahlen;

die genannten Lichtquellen sind daher für das jetzige Ver-

Verbesserung der Dunkelkammer.

483

fahren in der Photographie sehr wirksam.

Kerzen und

Lampenlicht enthalten wenig photographisch thätige, hin­ gegen mehr gelbe und rothe Strahlen, welche letztere auf

die heutigen photographischen Stoffe

nahezu

unwirksam

In einem Zimmer mit Fenstern aus dem gelben

sind.

Callicoglas oder in einem Dunketzimmer bei Kerzenlicht schwärzen sich daher die lichtempsindlichen Stoffe der heutigen Photographie nur wenig und es ist nun begreiflich, warum

die Photographen das negative Bild in einer gelbverglasten Kammer oder in einer Dunkelstube bei Kerzenbeleuchtung

Hervorrufen. An die Fortschritte des chemischen Theiles der Photo­ graphie schlossen sich jene der Dunkelkammer.

Schon Da-

guerre besaß eine solche, mit welcher er die Bilder der landschaftlichen und architectonischen Objecte ziemlich un­

verzerrt bekam; für die Portraits erwiesen sich jedoch die Objective noch zu wenig genau, bis P e tz v a t aus Wien dieselben i. I. 1843 so berechnete, daß man nun auch die

Bildnisse lebender Personen durch das Licht malen lassen konnte.

Seitdem liefern die ersten Optiker allerorten treffliche

Objective, welche je nach den verschiedenen Objecten auch

anders geformt sind und bei welchen der photogene Brenn­ punkt, d. i. jener für die chemisch wirkend«: Strahlen,

faßt zusammenfällt mit jenem des optisch stärkeren Lichtes, derart, daß nahezu keine Brennpunkt-Differenz für die ver^

schiedenen Strahlen des Spectrums mehr vorhanden ist. Schon Arago hatte (1839) mit scharfem Geiste die vielseitigste Anwendung der Heliographie vorausgesehen; gleichwol wurde sie noch weit überflügelt.

Sollten wir es 31*

Wissenschaftliche Anwendung der Heliographie,

484

unternehmen, die Ausbeutung der Lichtmalerei aufzählen zu

wollen?

Hieße dies nicht an alle Objecte der Natur und

Kunst erinnern? Da dies unmöglich ist, so beschränken wir

uns nur auf einige Andeutungen hinsichtlich der Ausnützung der Photographie in der Wissenschaft.

Durch die Photo-

graphirung des Sonnenspectrums hat man das verschie­ dene Verhalten seiner Strahlen gegen je andere Stoffe kennen gelernt. Der Mond, die Sterne und einige Himmels­

erscheinungen — wie

die Protuberanzen (S. 423) —

wurden mittelst ihres Lichtes abgebildet. Zu diesem Zwecke

sind die Fernrohre so eingerichtet, daß sie der Bewegung

der Himmelskörper folgen können. Einen wichtigen Gebrauch der chemischen Wirkung des Lichtes hat man zu Kew, bei London, gemacht, um alle beachtenswerthen Vorgänge des Wetters mit Hilfe des

Lichtstrahls selbstthätig aufzeichnen und so die Elemente des Klimas bloßlegen zu lassen.

In einem mit gelb verglasten Fenstern versehenen Be­ obachtungssaale erblicken wir zunächst ein Thermometer, vor einer photographischen Dunkelkammer (Fig. 138). Der

Stand des Quecksilbers bildet sich auf lichtempfindlichem, weißem Papier ab, welches hinter einer schmalen Spalte an

der Rückwand der Dunkelkammer von einem Uhrwerk so verschoben wird, daß stets neue Stellen des Papiers für

die Lichteinwirkung

zurecht

gelegt

erscheinen.

Das zu

diesem Ppotographiren erforderliche Licht bietet eine weiße, vor dem Thermometer befindliche Flamme, deren Hellig­

keit nur vom quecksilberfreien Theile des Thermometer­ röhrchens durchgelassen wird.

In Folge dessen schwärzt

sich an dem lichtempfindlichen Papiere der obere Theil,

Meteorologische Anwendung der Photographie.

485

während der untere weiß bleibt, d. i. jener, von welchem

das Quecksilber die

Strahlen

der Lampe

abhält.

Die

Grenzcurve des Dunkeln und Weißen an dem lichtempfind­ lichen, bewegten Papier, entspricht den Thermometerständen verschiedener Zeiten,

welche längs des Streifens markirt

werden.

Fig. 138.

Selbstschreibendes Thermometer mittelst deS Lichtes.

In ähnlicher Weise läßt sich auch die Höhe des Baro­

meters, des angenäßten Thermometers oder „Feuchtigkeits­

messers" mittels des Lichtstrahles festbannen und meßbar

machen.

Und dies geschieht zu Kew.

Jede der Lampen

spendet für das hinter ihr aufgestellte Instrument das

zum

Photographiren

seiner Anzeige

erforderliche Licht,

und bei jedem Instrument verrückt eine Uhr das Papier-

behufs der nachfolgenden Lichteinwirkung. Die

ersten Versuche,

meterologische

Aufzeichnungen

vermittelst des Lichtstrahles verrichten zu lassen, wurden

1846, also schon 7 Jahre nach der Erfindung der Photo­ graphie, von Ronald in Paris auf Daguerreotyp - Platten

gemacht und von Brooke mit Eifer derart fortgesetzt, daß

Geschichte und Nutzen der Photo-Meteorozraphie.

486

der letztere bereits die Londoner Ausstellung 1851

mit

einem vollständigen, photographisch-meteorologischen Ap­ parate beschicken konnte, der in jener Zeit großes Aufsehen

erregte, die höchste Auszeichnung fand und in den meteoro­ logischen Observatoren zu Kew, Greenwich und Paris Ein­

gang fand. In solcher Weise hat die Meteorologie in der Photo­

graphie

einen

mächtigen Bundesgenossen

erworben der

beim mühsamen Aufspeichern ihres Baumaterials die treff­ lichsten Dienste verrichtet.

Die photographisch zeichnenden Meteorographen, ge­ hörig eingerichtet, übertreffen an Feinheit der Leistung alle anderen Meteorographen; denn einen zarteren Schreibstyt

als den Lichtstrahl kann es wol kaum geben! Man hat sich zu Kew keineswegs damit zufriedenge­

geben, die Hauptelemente der Witterungskunde ununter­ brochen vom Lichtstrahlc in einer leichtverständlichen Linien­ sprache eintragen zu lassen; man wollte noch mehr.

Auch

der Magnetismus der Erde sollte mit Hilfe des allmächtigen Lichtes gezwungen werden, seine Veränderungen ohne Auf­ hören kund zu thun — wie ging man dabei zu Werke?

Bekanntlich verrathen sich die Schwankungen in der

Richtung und Stärke des Erdmagnetismus mittelst der Ab­ weichungen und Neigungen feiner Magnetstäbe, welche nmii

um lothrechte oder wagrechte Axen sehr leicht drehbar auf­

hängt. chen.

Diese Magnetstäbe tragen zu Kew kleine SpiegelDas durch optische Linsen concentrirte Licht einer

weißen Flamme fällt auf das Spiegelchen, von dem es auf ein lichtempfindliches Weißpapier geworfen wird, welches

Photogr. Registrirung Hinsicht!, d. Erdmagnetismus.

487

den Mantel eines von einem Uhrwerke in 24 Stunden einmal herumgedrehten Cylinders bildet.

Unser Leser merkt schon, wo das hinaus will.

Würden

die Richtung und Stärke des Erdmagnetismus stets gleich bleiben, so möchten auch jene spiegeltragenden Magnetnadeln ruhig-hängen bleiben und die zu einem einzigen Punkte

gesammelten Lichtstrahlen jener Weißflamme würden, vom Spiegel an den Cylindermantel kommend, auf diesem in vierundzwanzig Stunden eine Kreislinie photographisch ein­

zeichnen.

Wenn hingegen

der

Richtung und Stärke ändert,

Erdmagnetismus

seine

dann gewinnen auch jene

Magnetnadeln neue Lagen, also auch der Spiegel, mithin

auch der gesammelte Lichtpunkt, welcher zur Oberfläche des gedrehten Cylinders gelangt.

In Folge dessen schreibt der

Lichtpunkt auf dem lichtempfindlichen Papier des Cylinders

eine Krumme, die sich unschwer in die Zahtensprache über­ setzen läßt und welche daher, je nach dem angewendeten

Magnetstabe, die Variationen der magnetischen Abweichung oder magnetischen Neigung für die am Papier erschließ­ baren Zeiten mißt.

Lampe die

So verräth das Licht einer einfachen

geheimsten Vorgänge des

Und dies ohne Unterbrechung.

könnte

Erdmagnetismus.

Welche directe Beobachtung

mit dem angestrengtesten Fleiße dieser Notirung

folgen? Die Geschichte der photographischen Registrirung hin­ sichtlich des Erdmagnetismus fällt mit jener der Witterungselemente, wie wir sie oben erzählten, zusammen.

Seit

1847 wurde von Brooke und Ronald die photographisch-

magnetische Beobachtungsmethode

studirt

und 10 Jahre

später gelangte sie durch Welsh in Kew zur ernsten An-

Photographische Anzeige deS Nord- u. Südlichtes.

488

Wendung.

Aehnliche Magnetographen wie zu Kew sind

auch zu Greenwich, Paris, im Colonial - Observatory, in Madrid, Florenz und Washington thätig. Wenn

höchst

im Beobachtungssaale zu Kew die von den

beweglich aufgehängten Magnetstäben mittelst des

Lichtstrahles ausgezeichneten Bogen plötzlich auffallend größer als gewöhnlich sich zeigen, dann läßt sich mit Sicherheit hier in der gelben Stube aus jenem kleinen regelwidrigen

Dunkelbogen auf dem Weißpapiere schließen, daß in diesem Momente an beiden Polen der Erde sich ein mächtiger

Lichtbogen wölbe in den herrlichsten Farben, von ent­ zückendem Glanze mit zu Kronen anschließenden Strahlen. So ist dann jener spiegelnde Magnetstab zu Kew ein Tele­ graph, der ohne Zwischendrähte das Auftreten des Nord-

und Südlichtes augenblicklich ankündigt.

Die Farben der Seifenblasen.

469

9. Die Farben durch Zusammentreffen der Aetherwellen.

Die mit den herrlichsten Farben geschmückte Seifenblase ist nicht ohne Grund das Bild der Flüchtigkeit und Ver­

änderlichkeit ; flüchtig ist ihre Existenz und veränderlich ihre

Pracht; flüchtig ist die Jugend ihres Erzeugers, des spielen­ den Knaben und veränderlich sein Sinn; flüchtig und ver­ änderlich ist die Luft, die sie vom Strohhalm wieder zum Spiele übernimmt.

Und doch wäre man versucht, dieses

Muster der Vergänglichkeit — neben dem der bunte kurz­ lebige Schmetterling als Symbol des ernsten und ewigen

Wesens erscheinen könnte — als Zeichen der Ausdauer, Beharrlichkeit und Würde gelten zu lassen, wenn man be­ denkt, daß die Farben der Seifenblase seit 200 Jahren

Gegenstand der reiflichsten Erwägungen und Berechnungen

der berühmtesten Physiker und Mathematiker sind. Ob die Seifenblase schon die Augen der jungen An­ tiken oder der antiken Jungen ergötzt hat, wurde uns von

der Geschichte nicht aufbewahrt; sie hat es eben mit anderen Seifenblasen von dahin

schwindendem Glanze zu thun.

Wir wissen auch nicht, ob die Kinder des Mittelalters sich an der Schönheit der Seifenblase erfreueten, wir begegnen ihr zum ersten Male auf wissenschaftlichem Gebiet in der

490

Geschichte deS Studiums der farbigen Seifenblasen.

Farbenlehre Bo Yle's (1663), wo sie in einem Gespräche mit einem fingirten Schüler Pyrophilus gegen die Ansichten

der Chemiker (S. 8) als ein Beweis angeführt wird, wie inan farblosen Flüssigkeiten die mannigfaltigsten Farben er­

theilen könne,

ohne ihre

chemische Zusammensetzung im

Geringsten zu ändern; in der That ein gelungenes Beispiel!

Allein dabei bleibt er nicht stehen; er hat auch Glaskugeln so dünn blasen lassen, bis sie mit der Farbenzier auftraten;

er erinnert ferner an die Farben, welche mit den Blasen

der geschüttelten, farblosen ätherischen Oele, des starken Weingeistes und Terpentins entstehen und mit jenen Kugel­ hüllen wieder erlöschen.

Neun Jahre später zeigte H o oke die lebhaften Farben

der Seifenblase der königlichen Gesellschaft für Wissenschaft zu London, die darüber sehr erstaunt war — was nicht

befremden wird,

denn „es ist eben eine Kunst,

sich zur

rechten Zeit und am rechten Ort zu verwundern".

Und

hier waren die Zeit und der Ort die rechten, weil weder

die directe Fortpflanzung des Lichtes noch dessen Spiegeliing und Brechung diese Erscheinung zu erklären vermoch­ ten.

Hooke rief die Blasen mittelst eines Glasröhrchens

aus Seifenwasser derart hervor, daß sie am Gefäße blieben und sich gut beobachten ließen.

Er bestimmte die periodische

Reihenfolge der Farben, wenn auch nicht so

genau wie

später Newton; er bemerkte, daß bei einem Blasenhäutchen

keinerlei Farben erscheinen, so lange es noch dick ist oder so­ bald es wieder seine Dünnheit eingebüßt hat.

Er erwähnte

bei dieser Gelegenheit, daß ein und dasselbe Ding verschie­ dene Farben im zurückgeworfenen oder durchgehenden Lichte

zeigen könne, etwa wie beim nephritischen Holze (S. 465).

Entdeckung der DifsractionSfarben nach Grimatdi.

Schon früher hatte Hooke

491

in seiner Mikrographie

(S. 358) auf die Farbenringe zwischen den russischen Glim­

merblättchen hingewiesen und erzählt, daß jene ausharren,

wenn

auch

Flüssigkeiten

bei

denselben die eingeschlossene Luft

ersetzt

wird;

er

hatte

auch

durch

(1665) solche

Farbenringe durch Aneinanderpressen von Glasplatten und Glaslinsen

mit

Zwischenluft

oder

Zwischenflüssigkeiten

bewirkt. Aehnliche Räthsel boten die um dieselbe Zeit (1665)

von Grimaldi

zu Bologna

gemachten Beobachtungen,

welche zwar dem Scheine nach, weit vom Farbenspiel der Seifenblasen entfernt sind, mit demselben aber dennoch, wie

wir später finden werden, auf das innigste Zusammenhängen.

Grimaldi fand, daß in der Dunkelkammer Lichtsttahlen, welche an den Rändern sehr enger Oeffnungen oder schmaler,

undurchsichtiger Körper Vorbeigehen,

eine Ablenkung von

ihrer geradlinigen Bahn erfahren, welche er „Diffrac-

tioii"

nannte.

Vermöge derselben zeigte sich bei einer

Spalte, welche das Tageslicht einläßt, auf der weißen Auf­

fangtafel gegenüber der Lichtquelle ein weißer Streif, der

breiter war, als man nach der geradlinigen Fortpflanzung des Lichtes, erwarten durfte; überdies erschien er mit far­ bigen Rändern versehen, welche von der Mitte nach außen

hin schwächer wurden. Ersetzte Grimaldi die Spalte durch einen schmalen,

undurchsichtigen Körper,

so ergab sich der Schatten

auf

der weißen Tafel breiter, als er vermöge der geradlinigen

Fortpflanzung des Lichtes zu zeichnen war, und. in der Mitte, was man am wenigsten Voraussagen würde, von verschiedenfarbigen Streifen unterbrochen.

492

Weitere Erforschung der Lichtbeugung. leitete auch Sonnenstrahlen durch zwei

Grimaldi

äußerst nahe bei einanderliegende sehr kleine Oeffnungen in sein finsteres Zimmer.

Hierauf rückte er den weißen

Auffangschirm in eine Entfernung, bei welcher die beiden

Nun

entsprechenden Lichtkreise theilweise zusammenfielen.

hatte er zu erwarten, daß die sich deckenden Kreisabschnitte, weit hier Licht

zu Licht

gekommen war,

in allen ihren

Punkten Heller auftreten werden, als in den nur einfach

beleuchteten Theilen; dem war aber nicht so; er sah hier zwar die mittleren Stellen Heller, aber an den Grenzen gab es Orte, welche viel dunkler als die einfach beleuchteten Schloß er eine der Oeff­

Stücke, ja ganz finster waren.

nungen, so erschien ein durchaus Heller Kreis.

Wie war es nun zu erklären,

daß Licht

zu Licht

Und wie, daß die an den

gebracht, Nacht erzeugen sollte?

Rändern der engen Oeffnungen und schmalen Körper strei­

fenden Strahlen ihren geraden Weg verließen, derart, als

ob sie von denselben theilweise angezogen, theilweise abge­

stoßen würden.

Grimaldi war nahe daran, die richtige

Ursache, wenigstens im Allgemeinen, zu treffen, indem er bildlich

an

die Ausbreitung

der Wasserwellen

um ein

schmales Hinderniß dachte.

Wieder

war

es

Hooke,

den Wunsch New ton's

der

Farbenlehre

angetrieben

durch

zu entkräften,

im

Jahre 1672 ähnliche Versuche jener gelehrten Körperschaft

vorführte (S. 490) und ebenfalls eine dabei mitwirkende Wellenbewegung ahnte.

Newton wiederholte und veränderte die DiffractionSversuche Grimaldi's sowie Hooke's und förderte das

Studium dieser „Jnflexionserscheinungen", wie er sie nannte,

Versuchte Erklärung der Beugungserscheinungen

493

oder der „Beugungsstreifen", wie sie heute im Deutschen heißen, dadurch, daß er auch mit je einer der prismati­

schen Farben arbeitete und das Verhältniß der Breite der Streifen auf das genaueste bestimmte.

Es ergab sich ihm

hiebei, daß die farbigen Strahlen um so schmaler werden, je näher man in der Farbenleiter vom Roth gegen das

Violett rückt, ferner, je mehr man die Lichtspalte erweitert. Wie Bi ot und Pouillet ein Jahrhundert später gefun­ den

haben,

wächst

die Breite

dieser Beugungsstreifen

2, 3, 4

n mal, wenn man die lichteinlassende Spalte

2, 3, 4

n mal verengt.

die

materielle Beschaffenheit

Newton's Ansicht,

daß

der lichtbeugenden Ränder

auf die wechselnde Breite der Streifen von Einfluß wäre,

erwies sich bald als unrichtig.

Eine Theorie der Beugung gab Newton nicht.

Was

er vorbringt, ist nur ein zusammenfassender Ausdruck der

Thatsachen, nämlich, daß die verschiedenfarbigen Strahlen des weißen Lichtes, je nach ihrer Art, in abweichenden!

Grade von den Rändern gebogen werden.

Newton fühlt

auch, daß er eigentlich keine Erklärung gibt, denn er schließt mit einer Reihe von Fragen, unter welchen besonders jene

interessant ist,

ob die Strahlen von den Rändern nicht

schlangen- oder aalartig gewunden werden.

Etwas

später meinten

einige Männer,

welche den

Beugungsfarben nachgingen, an den Rändern der Körper

gebe es eine verdichtete Luftsphäre, die das Licht, wie eine Glaskante,

in farbige Strahlen zerstreue.

Wir werden

bald sehen, wie unrichtig diese Meinung war; aber etwas Sinniges hatte sie und auch etwas Wahres in Beziehung darauf,

daß allerdings die Absorptionskraft der Körper

494

Doung's Princip der Interferenz.

Lust und Gase verdichten können; man denke z. B. an den

Platinschwamm; ferner, daß die Molecular- und Adhäsi­ onsverhältnisse der Oberflächen an den Stoffen durch den Wechsel

der Elektricität und Wärme verändert werden,

derart,

daß

sich

daraus

die

elektrischen Hauchfiguren

Karsten's und jene Bilder erklären lassen, die dann zu Stande

kommen,

wenn eine» Münze,

ein Petschaft,

ein

Kupferstich mit einer Glasscheibe längere Zeit in Berüh­ rung war.

Moser hielt (1842) solche Bilder für eine

Art Daguerreotypen, bei denen ein gebundenes, kein Sehen

bewirkendes Licht die Bilderplatten für die Adhäsion jener Materien

Waide le

vorbereitet hat,

entkräftete

welche das Bild

ausmachen.

bald darauf diese Ansicht

in der

vorhin erwähnten Weise. Das Genie N e w t o n' s konnte nur die bei der Licht­ beugung von der Natur aufgeworfenen Fragen in unsere

Sprache übersetzen, und mehr als hundert Jahre mußten

ablaufen bis wieder auserwählte Geister kamen, welche glücklich den Weg durch jenes Streifen-Labyrinth faudell. Diese Männer waren Doung und Fresnel. Aoung wiederholte den Versuch Grimaldi's, bei

welchem Licht zu Licht hinzugefügt,

Finsterniß erzeugt

(S. 492) und erklärte (1802) die letztere aus dem Zusammen­ treffen der Aetherwellen (S. 375 — 379).

Bald fallen die

Berge der Aetherwellen theilweise oder gänzlich zusammen

und geben ein verstärktes Licht; bald geschieht dies von je einem Berge mit je einem Thäte der Aetherwellen und es ent­

steht, wegen der sich aufhebenden Zusammenwirkung beider, je nach dem Grade des Zusammentreffens, Dämmerung bis

Nacht, d. h. Aetherruhe.

Eine solche, an dem Orte sich

Verfeinerter Interferenz - Versuch von FreSnel.

495

deckender Lichtflächen, auftretende Lichtverstärkung und am

andern Orte erscheinende Lichtauslöschung ist nur dann möglich, wenn vollkommen gleichartige Lichtstrahlen unter

außerordentlich kleinen Winkeln Zusammentreffen oder „in-

terferiren". es wurde,

Dieses Wort wählte zuerst Aoung und

ihm zu Ehren, in allen modernen Sprachen

eingebürgert. Bei Interferenz-Versuchen kommt es also darauf an, Lichtstrahlen unter einem äußerst kleinen Winkel kreuzen

zu lassen. Dabei sollen auch die Lichtquellen in jeder Be­

ziehung gleich sein. Fresnel, der den Aoung'schen Gedanken von der Interferenz der Strahlen und Aetherwellen

mit Feuereifer ergriff, schlug (1820) folgenden genialen Weg ein, um die eben gehörten Bedingungen zu erfüllen; er­

dachte : Eine einzige Spiegelebene erzeugt von einer Licht­ linie nur ein Bild; zwei Planspiegel, die fast in eine ein­ zige Ebene zusammenfallen, müssen folglich von jener Licht­ linie fast ein Bild geben, d. h. die beiden Bilder liegen einander äußerst nahe.

Fresnel ließ daher im Finstern

die Strahlen einer sehr hell gefärbten Linie auf zwei ebene

Spiegel fallen, welche unter einem außerordentlich stumpfen Winkel gegeneinander geneigt waren.

Dadurch entstanden

zwei Bilder, welche sehr nahe bei einander lagen. trachtete

Fresnel

dann

auf

einer

weißen

Be­

Tafel die

Durchschnittspunkte der von den Spiegeln zurückgewor­

fenen Strahlen der Lichtlinie, so war es derart,

als ob

die beiden Spiegelbilder der Lichtlinie die Strahlen direct

auf den Schirm senden würden. In der That ergaben sich an der auffangenden Wand lichte und dunkle Streifen.

Verdeckte er den einen Spiegel, so verschwanden die dun-

496

Der Interferenz- Versuch erklärt durch d. Wellentheorie,

fein Bänder und es erschien ein durchaus Helles Bild der

Lichtlinie.

Bewundernswerth feine Messungen und Untersuchungen belehrten Fresnel und durch ihn uns, daß die Punkte

des hellsten Streifen in der Mitte von solchen Strahlen erzeugt werden, die von der Lichtquelle bis zu ihren Durch­

schnittsstellen

gleiche Wege

2te, 3te, 4te,

beschrieben haben.

Der lte,

nte Helle Streif rechts und links

von der hellsten Mitte entsteht durch Strahlen, zwischen deren Wegen ein sehr kleiner Unterschied a, 2a, 3a, 4a na stattfindet.

Die von der Mitte auf einander-

folgenden Schattenbänder

werden von Strahlen gebildet,

deren Wegunterschied eine halbe, drei halbe, fünf halbe,

kurz

eine

ungerade Anzahl von

Halben

jener winzigen

Länge a beträgt. Läßt man jetzt die Kleinheit a für die halbe Wellen­

länge des in Schwingungen versetzten Aethers

gelten, so

ist die Erscheinung der Hellen, der unvollständig und völlig dunkeln Stellen, mithin die Interferenz-Erscheinung erklärt

(S. 378).

Durchkreuzen sich nämlich zwei Strahlen der­

selben Farbe, deren Wegunterschied eine halbe oder eine ungerade Anzahl halber Wellenlängen beträgt; so werden

die im Punkte des Zusammentreffens beider Wellenzüge liegenden

Aethertheilchen

nach

Richtungen zur Bewegung

geradezu entgegengesetzten

angeregt.

Die

beiden Licht­

wellen heben sich also hier auf und es entsteht eine dunkle Stelle.

Ist der Unterschied der Länge ein Mittelwerth

der bereits angegebenen Längen, so zeigt sich je nach Um­

ständen ein hellerer oder dunklerer Punkt.

Fresnel wendete bei seinem Interferenz-Versuche

Die Lichtbeugung zurückgesührt auf die Interferenz.

497

nach einander die Lichter des prismatischen Farbenbildes

an nnd fand, daß die farbigen Streifen stets schmäler wurden, je näher er dem Violett kam. hatte die schmälsten Streifen.

Violett endlich

An Stellen also, welche bei

einer bestimmten Farbe dunkel waren, fallen bei einer an­ deren Farbe Helle Streifen hin.

Wählt man jetzt weißes

Licht, so interferiren je die verschiedenen Farbengattungen

desselben mit einander.

Und weil die Breite der farbigen

Streifen verschieden ist, so fallen auch hier an jene Stellen, welche

bei einer bestimmten Farbe

Streifen einer anderen Farbe hin.

dunkel wären,

Helle

Es entspringen also

nur farbige und keine dunkeln Orte.

Da, wo Streifen

aller Farben übereinanderfallen, z. B. in der Mitte, er­ geben sich weiße Stellen.

Nach dem Gehörten ist also die

Interferenz des weißen Lichtes eine reiche Quelle von

Farbenerscheinungen.

Um die Interferenz - Streifen leb­

haft zu erhalten, betrachtete Fresnel dieselben mittelst

einer Loupe.

Nun wird es auch auf einmal Licht Beugungserscheinungen —

boten dieselben

im Feld der (S. 491 und

381) nicht ähnliche Erscheinungen wie die Interferenz-Ver­

suche?

In der That haben Aoung (1802— 1822) und

Fresnel (1815 bis 1823), Fraunhofer (1821) und

Schwerd (1833) nicht nur die ehedem bekannten Beugungs­ erscheinungen auf die Interferenz in der glücklichsten Weise zurückgeführt, sondern sie haben auch für neue, sehr eom-

plicirte Fälle, die Erscheinung, ihrer Art und Größe nach, vorausgesagt (!) — kann es einen größeren Triumph

einer physikalisch-mathematischen Lehre geben?

Bei Anwendung eines Stabgitters, d. i. sehr vieler 2. Anfl. 32

Piste, Das Licht.

Da-Z Gitterspectrum.

498

gleichen und gleich weit von einander abstehenden Beugungsspalten, ergibt sich, bei weißem Sonnenlicht, in der Mitte

des Beugungsbildes ein weißer, schmaler scharf begrenzter Streifen, dann auf jeder Seite ein dunkler Raum.

Hieran

schließt sich je ein vollkommen entwickeltes Spectrum mit Fraunhofer'schen Linien derart an, daß die violetten

Enden dieser Farbenbitder gegen die Mitte des Beugungsbildes gekehrt

sind.

Auf

jeder Seite

kommt jetzt

ein

schmalerer Dunkelstreifen und daran reihen sich, an Licht'

stärke abnehmend, Spectra in ununterbrochener Folge, welche ebenfalls von stets schwächer werdenden Fraunhofer'schen Linien durchzogen sind, die aber zum Theile über einander ftiHen und daher Mischfarben geben.

Das Gitterspectrum mit seinen Fraunhofer'schen Linien ist nicht, wie das Prismenspectrum (S. 164) von der materiel

len Beschaffenheit des Prismas abhängig, sondern nur von

dem Unterschiede der Wellenlängen seiner Strahlen; es ist

daher das eigentlich mustergiltige oder normale Spectrum. Dasselbe hat zur Mitte das Gelb hinter D; vergleicht

man es mit einem gleich langen prismatischen Spectrum, so zeigt sich bei letzterem jenes Gelb hinter D beträchtlich

gegen das Roth hingeschoben.

Ueberhaupt erscheinen beim

Prismenspectrum die Farben der

tieferen Schwingungs­

zahlen D d. i. Gelb bis Roth weniger entwickelt als beim

Gitterspectrum.

Umgekehrt verhält es sich bei den Farben

höherer Schwingungszahlen d. i. beim Blau und Violett.

Gebraucht man mehrere mannigfach gruppirte kreis­

förmige, ferner 2, 3, 4

n eckige regelmäßige Oeff-

nungen, so entstehen die prachtvollsten Farben und Formen

der Beugung, deren Herrlichkeit noch gesteigert wird, wenn

Beugungserscheinungen. — Höfe der Himmelskörper.

499

man die mit Beugungsöffnungen versehenen Zinnblättchen vor dem Objectiv eines Fernrohres anbringt, durch welches

man nach einem leuchtenden Punkt oder nach einer Lichttinie

hinsieht. Jedermann erhält lebhafte Beugungsfarben, wenn er durch die geschlossenen Augenwimpern, durch eng gewebtes

Zeug oder durch ein mit Hexenmehl bestreutes Glas nach der Sonne oder

einer

andern Lichtquelle

blickt; hieher

gehören ferner die glänzenden Farben, welche die Spinn­

weben, die feinen Haare der Seide, Wolle u. dgl. m. im Sonnenlichte zeigen, und hierauf hat Doung seinen Woll­

messer oder Eriometer gegründet, der zur Bestimmung der Dimensionen der kleinsten Körper dient.

Ferner ist an

dieser Stelle zu erwähnen das Farbenspiel der radirten

Gitter, der Perlmutter, der Flügeldecken der Jnsecten, der

polirten Flächen, der schillernden Seidenstoffe, derBarton' -

scheu irisirenden Knöpfe, welche mittelst fein geritzter Stahl­ platten geprägt werden u. dgl. m.

Die Nothwendigkeit der Facettenaugen der Jnsecten wird nunmehr klar.

Es wäre

nämlich für

sehr kleine

Pupillenöffnungen, wegen der Beugungsfarben, ein deut­

liches Sehen unmöglich.

Sonne, Mond und auch die größeren Sterne erscheinen

mit einem Hofe, wenn man sie durch ein angehauchtes Glas betrachtet.

In ähnlicher Weise entstehen auch die „kleinen

Höfe" oder „Kränze" um jene Himmelskörper durch Beu­ gung der Lichtstrahlen an den Rändern der in der Atmo­ sphäre schwebenden Ncbelbläschen.

Von den kleinen Höfen

wol zu unterscheiden sind die „großen Höfe", Nebensonnen

und Nebenmonde, welche hauptsächlich durch Zurückwerfungen 32*

Interferenz und Beugung der Wärmestrahlen.

500

und Brechungen der Lichtstrahlen mittels wolkenbildender, sehr kleiner, prismatischer Eistheilchen entstehen. Die nicht prismatischen, farbigen Säume beim Regen