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German Pages 514 Year 2021
Anna Lingnau Lektürekanon eines Fürstendieners
bibliothek altes Reich
Herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal
Band 32
Anna Lingnau
Lektürekanon eines Fürstendieners
Die Privatbibliothek des Friedrich Rudolf von Canitz (1654 – 1699)
ISBN 978-3-11-068516-9 e-ISBN (PDF) 978-3-11-068533-6 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-068536-7 ISSN 2190-2038 Library of Congress Control Number: 2021932693 Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the Internet at http://dnb.dnb.de. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlagabbildung: Kupfertitel. In: Arnd, Carl: Bibliotheca Politico-Heraldica. Rostock 1705. Bereitgestellt durch: Bayerische Staatsbibliothek, München (2013), BSB-ID: 12502176. URL: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10768130-3 [27.01.2021]. Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
Abbildung 1: Kupfertitel. In: Arnd, Carl: Bibliotheca Politico-Heraldica. Rostock 1705. Bereitgestellt durch: Bayerische Staatsbibliothek, München (2013), BSB-ID: 12502176. URL: http://mdz-nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb10768130-3 [27.01.2021].
Meinen Eltern
Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2018/19 unter dem Titel „Bibliotheca Politica. Der Lektürekanon eines Fürstendieners im Spiegel der Bibliothek von Friedrich Rudolf von Canitz“ an der Universität Osnabrück als Dissertation angenommen. Die jetzige Fassung wurde leicht umstrukturiert und gekürzt. Mein herzlicher Dank gilt Frau Prof. Dr. Siegrid Westphal und Herr Prof. Dr. Sven Externbrink, die die Entwicklung der Fragestellung durch ihre konstruktiven Ratschläge stetig begleitet und mir die Promotion über ein Stipendium durch ihre Unterstützung ermöglicht haben. Für die finanzielle Unterstützung durch das Land Niedersachsen und durch die jenacon foundation GmbH möchte ich mich ebenfalls herzlich bedanken. Mein Dank gilt außerdem meinen Mitstreiter*innen im Graduiertenkolleg „Wissensspeicher und Argumentationsarsenal. Funktionen der Bibliothek in den kulturellen Zentren der Frühen Neuzeit“ und den Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen am Institut für die Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit (IKFN). Von ihrer gesammelten Expertise zur Wissenschafts- und Buchkultur der Frühen Neuzeit, für Übersetzungshilfen in schwierigen Fällen (Dank an Marco Tarantino) und nicht zuletzt für ihre moralische Unterstützung und die zahlreichen anregenden bis herrlich trivialen Mensagespräche. Profitiert habe ich außerdem von mehreren Forschungsaufenthalten an der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel, deren Forschungsabteilung das Graduiertenkolleg mit koordiniert und betreut hat. Namentlich bedanken möchte ich mich bei Prof. Dr. Ulrike Gleixner und Frau Dr. Gabriele Ball. Eine Leistung, die oft vergessen wird, stammt von den zahlreichen Bibliothekar*innen, die sich seit Jahrzehnten um die Erschließung und Verbreitung des gedruckten Kulturguts bemühen: Ohne die umfassenden Erschließungsarbeiten in europäischen Nationalbibliographien und den Verbundkatalogen Deutscher Drucke wäre die digitale Rekonstruktion einer historischen Bibliothek des 17. Jahrhunderts nicht möglich gewesen. Nicht für jede vage Idee oder Interessensfrage lohnt sich die Sichtung eines Originals in einer ggf. weit entfernten Bibliothek. – Der Blick ins Digitalisat war hingegen fast immer unproblematisch möglich und ermöglichte zahlreiche wichtige Funde und Erkenntnisse – nicht zuletzt dank der zunehmenden Verwendung von OCR. Die herausragende Provenienzerschließung in der von Dr. Britta Klosterberg geleiteten Bibliothek der Franckeschen Stiftungen zu Halle ermöglichte es mir außerdem, schon nach kurzer Zeit einige Exemplare aus der Bibliothek von Canitz zu identifizieren und vor Ort nach weiteren Bänden zu suchen.
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Danksagung
Großen Dank auch meinen Eltern, Norbert und Susanne Lingnau. Nicht jede Doktorandin hat das Glück die Tochter zweier Deutschlehrer zu sein, die noch dazu bereit sind, die Arbeit gleich mehrfach Korrektur zu lesen, alle falschen Konjunktive und Kommafehler zu entlarven und mich auch sonst in jeder Hinsicht zu unterstützen. Das gleiche gilt für meinen Partner Silan Brunken und die vielen Freunde und Verwandte, die immer wieder interessiert nach meinem Vorankommen fragten und meinen enthusiastischen Erzählungen über Diplomaten, alte Bücher und Leseanweisungen ihr Gehör schenkten.
Inhalt Anmerkung
XV
Einleitung
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Friedrich Rudolf von Canitz und seine Bibliothek 20 Friedrich Rudolf von Canitz (1654 – 1699) 20 Abstammung und Lebensumfeld 20 Studium, Kavalierstour und Leben in Berlin 24 32 Canitz’ politisches Profil und Handlungsfeld Die Bibliothek 42 Der Auktionskatalog und Verauktionierung 42 49 Digitale Rekonstruktion und quantitative Auswertung Die Bibliothek als Zeugnis hugenottischen Kulturtransfers
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Politische Leseanweisungen 57 Forschungsstand: Akademische Wissens- und Kompetenzdesiderate an den politicus des 17. Jahrhunderts 57 79 Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705) Die Entstehungskontexte der Leseanweisungen 80 Inhaltliche Struktur der Leseanweisungen 89 Deutungskanons der Verfasser 96 Johann Andreas Bose: „Bibliotheca politica contracta“ alias „De 97 Comparanda prudentia Iuxta“ (1677) Johann Georg Kulpis: „De Studijs Academicis Juvenis Nobilis recte instituendis, Epistola“ (1688) 103 Daniel Hartnack: „Anweisung der politischen Jugend“ (1690) 106 Carl Arnd: „Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta“ (1705) 109 Deutungskanons im Wandel 112 Bestandteile und Funktionen der idealen Bibliotheca Politica 114 Politische Lehren, Denkmuster und Konzepte 114 Politische Theorien und Systemata in Tradition und Kongruenz mit dem politischen Aristotelismus 114 Der Negativkanon der „Pseudo-Politiken“ 125 Souveränität – Staatsräson – Arkantheorie 136 Exegeten politisch relevanten Wissens 142 „Die Experimenta des Politici“ – Historisches Wissen 149 Die Historiker der griechischen und römischen Antike 151
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XII
Inhalt
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Jüngere Geschichtsschreibung und Staatsgeschichte 157 179 Weitere Inhalte der Notitia Rerum Publicarum Sittenlehre 179 Geografie und Reiseliteratur 181 Genealogie und Heraldik 184 187 Militärwesen „Quod liceat aut non liceat“ – Rechtswesen 189 193 Schöne Literatur als politische „Erbauung“ Ethik 198 Das handelnde Individuum im Fokus politischer Literatur 200 206 Der Hof als Plattform politischen Handelns Politische Rhetorik 207 Höfisch-weltmännische Verhaltensideale 210 211 Politische Beratung Gesandtschaftswesen 213 Der Kanon als Stratigrafie 215
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Konsens und Dissens zur idealen Bibliotheca Politica 221 Rezeption des akademisch-politischen Kanons durch Canitz 221 Studieninhalte 221 223 Die historisch-politische Dissertatio Rezeption von Daniel Hartnacks Anweisenden Bibliothecarius 226 Die Bibliotheca Caniziana im Expertenblick politischer 227 Leseanweisungen Politische Lehren, Denkmuster und Konzepte 227 Politische Theorien und Systemata in Tradition und Kongruenz mit dem politischen Aristotelismus 227 Der Negativkanon der „Pseudo-Politiken“ 231 Souveränität – Staatsräson – Arkantheorie 237 Exegeten politisch relevanten Wissens 242 „Die Experimenta des Politici“ – Historisches Wissen 249 Die Historiker der griechischen und römischen Antike 249 Jüngere Geschichtsschreibung und Staatengeschichte 256 Weitere Inhalte der Notitia Rerum Publicarum 301 301 Sittenlehre Geografie und Reiseliteratur 303 Genealogie und Heraldik 306 Militärwesen 308 „Quod liceat aut non liceat“ – Rechtswesen 309
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XIII
Inhalt
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Schöne Literatur als politische „Erbauung“ 314 318 Ethik Das handelnde Individuum im Fokus politischer Literatur Der Hof als Plattform politischen Handelns 324 Politische Rhetorik 324 328 Höfisch-weltmännische Verhaltensideale Staatskunst und politische Beratung 331 332 Gesandtschaftswesen
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Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur 335 335 Intensive bzw. klugheitsgenerierende Lektüre Extensives bzw. informatives Lesen 337 Identitätsstiftende Lektüre 340 340 Konfession und Religion Fürst, Fürstentum und Abstammung 342 Biografische Identität 344 Die Bibliothek als Reservoire für die Ausbildung der „politischen 344 Sprache“
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Die Bibliothek als politisches Ideenreservoire 350 350 Aristotelische und tacitistische Schulphilosophie Die „Philosophia Grotiana“ – Politik als öffentlich-rechtliches System 357 362 Politik auf Basis christlicher Maximen und Verhaltenswerte Die empiriebasierte „Nova Politica“ 375
Ausblick – „Vom Hoff- Stadt- und Land-Leben“
Schlussbetrachtung
390
Anhang: Die meistvertretenen Herausgeber und Autoren Literatur- und Quellenverzeichnis 408 Archivalische Quellen 408 Gedruckte Literatur – vor 1850 erschienen Gedruckte Literatur – nach 1850 erschienen Register
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385
409 457
403
321
Anmerkung Wenn ein Titel aus dem Auktionskatalog der Canitzschen Bibliothek zitiert wird, so wird dieser jeweils mit einer Signatur versehen. Dieser ergibt sich aus: 1. einem der drei dort vorgegebenen Sachgebiete (Theologici (Th), Juridici (Iur) und Miscelanei (Ms)) 2. dem Format (Duodez (XII), Oktav (VIII), Quart (IV), Folio (II) 3. und der jeweiligen Laufnummer. Für den Titel „Silhon, Jean de: Le Ministre D’Estat, Avec Le Veritable Usage De La Politique Moderne. Paris 1665“ ergibt sich demnach die Signatur Ms,XII,256.
XVI
Abbildung 2: Friedrich Rudolf von Canitz, Kupferstich/Radierung, Werner, Anna Maria, geb. Haid (Zeichner), Wolffgang, Johann Georg (Stecher), Berlin 1726. In: Johann Ulrich von König (Hrsg.): Des Freyherrn von Canitz Gedichte, Mehrentheils aus seinen eigenhändigen Schrifften verbessert und vermehret. Berlin; Leipzig 1734, Bl. [LXVI. r.]. Bereitgestellt durch: Porträtsammlung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, A 3398. URL: http://portraits.hab.de/ werk/4553/, abgerufen am 07. 12. 2020.
1 Einleitung Die red- und Brief-Ubungen sind sonderlich mit jungen Leuten zu treiben, so zu politischen Affairen bestimmet und aufferlegt sind. Man muß ihnen gute Muster in die Hände geben, sonderlich aber einbinden weder zu niederträchtig noch zu hoch zu reden u. zu schreiben. Sie dürfften sich nicht an zu hochtrabende Worte des Caspars von Lohensteins gewöhnen, sondern sollen lieber das natürliche Wesen des Herrn von Canitz […] erwehlen.¹
Das hier abgedruckte Lob auf das „natürliche Wesen des Herrn von Canitz“ erschien im frühen 18. Jahrhundert in einer 300-seitigen politischen Leseanweisung zum Entwurff Einer Staats-Bibliothec nebst der ganzen Politischen Klugheit. Die König Friedrich Wilhelm I. gewidmete Schrift sollte dazu beitragen, seinen Sohn Friedrich und andere angehende politici zu fähigen Staatsmännern auszubilden. Schriften wie diese hatten seit dem späten 16. Jahrhundert eine hohe Konjunktur und spiegeln die Entstehung der modernen Staatswissenschaften und die Profilierung eines Konzepts von politischer Ausbildung. Canitz’ Lyrik avancierte nach 1700 zum Teil eines schon lang etablierten und gleichsam sehr dynamischen politischen Kanons. Der Einfluss dieses Kanons auf den Werdegang und die Wissenssoziologie politischer Funktionsträger wurde bislang nur unzureichend untersucht, obwohl es an Quellenmaterial nicht mangelt. Viele namhafte Beamte, Gesandte und Räte des 17. und 18. Jahrhunderts sammelten Bücher und legten umfassende Bibliotheken an, deren Kataloge bis heute überliefert sind.² Gleiches gilt für den oben erwähnten Friedrich Rudolf von Canitz: Bis zu seinem Tode im Jahr 1699 baute er eine über 2000 Werke umfassende Bibliothek auf. Das Ziel der vorliegenden Studie besteht darin, die ideellen Ursprünge der in seiner Bibliothek enthaltenen politischen Literatur zu entschlüsseln und Thesen zu ihren Funktionalitäten entwickeln.³ In der historischen Überlieferung hat Canitz zwei Identitäten. Ihr Nebeneinander wird am besten in einem Kupferstichportrait visualisiert, das Johann von König 1734 veröffentlichte. Rechts verweist die personifizierte janusköpfige
Johann Tobias Wagner: Entwurff Einer Staats-Bibliothec Nebst der ganzen Politischen Klugheit. Frankfurt; Leipzig 1725, S. 39 f. Vgl. Peter Bahl: Der Hof des Großen Kurfürsten. Studien zur höheren Amtsträgerschaft Brandenburg-Preußens. Köln 2001, S. 300 – 310; Sabine Holtz: Bildung und Herrschaft. Zur Verwissenschaftlichung politischer Führungsschichten im 17. Jahrhundert. Leinfelden-Echterdingen 2002, S. 44. Joachim Lange [erm. Verfasser]: Bibliotheca Caniziana consueto auctionis Berolini. Friedrichswerder 1700. Online unter: Bayrische Staatsbibliothek, URL: https://opacplus.bsb-muenchen.de/metaopac/search?id=828907&db=100 [19.11. 2020]. https://doi.org/10.1515/9783110685336-001
2
1 Einleitung
Staatsklugheit auf Canitz’ politische Biografie. Canitz gehörte zu dem Kreis der von Peter Bahl und anderen Forschenden untersuchten höheren Amtsträgerschaft in Diensten von Kurfürst Friedrich Wilhelm I. und Friedrich III. von BrandenburgPreußen. Er war Mitglied eines politisch-funktionalen Mittelbaus, der fürstliche Direktiven ausführte und auf der Mikroebene mitgestaltete.⁴ Als Legat wurde Canitz in den Jahren 1682 bis 1699 zu zahlreichen norddeutschen Residenzen gesandt, zusätzlich wirkte er in Wien, Kurköln und Den Haag. Er war – wie viele andere Räte und Gesandte seiner Zeit – keine überaus prominente politische Persönlichkeit, trug aber dazu bei, den fragilen politischen Gleichgewichtszustand, der in den 1680er und 1690er Jahren vor allem im Norden des Reichs herrschte, aufrecht zu erhalten und gegen größere militärische Konflikte der verschiedenen Patronagemächte auf dem Reichsgebiet vorzugehen. Gleich einer „Feuerwehrkraft“ wurde er mehrfach an regionale Brandherde wie Erbfolgestreite und lokale Unruhen geschickt. Da die höfische Amtsträgerschaft sich seit dem 17. Jahrhundert zunehmend professionalisierte und an der Ausbildung des frühmodernen Staates regen Anteil hatte, rücken ihre Ausbildungswege und ihr Bildungsstand zunehmend in den Fokus der politischen Ideengeschichte.⁵ Die Quellenlage ist zumeist schlecht: Figuren wie Canitz überliefern sich hauptsächlich durch Amtskorrespondenzen sowie über die in Leichenpredigten und anderen Akten dokumentierten Lebensstationen. Bibliotheken werden in diese Betrachtungen bisher nicht mit einbezogen. Dabei registrieren sowohl Peter Bahl als auch Sabine Holtz, dass viele der von ihnen untersuchten Beamten und Räte, wie u. a. Paul von Fuchs, Otto von Schwerin d. Ä., Ezechiel Spanheim und Claus Ernst von Platen größere Biblio Vgl. Peter Bahl: Die Berlin-Potsdamer Hofgesellschaft unter dem Großen Kurfürsten und König Friedrich I., in: Frank Göse (Hrsg.), Im Schatten der Krone. Potsdam 2002, S. 31– 98; Bahl, Hof; Siegfried Isaacsohn: Das Preußische Beamtenthum des 17. Jahrhunderts. Berlin 1878; Siegfried Isaacsohn: Das Beamtentum unter Friedrich Wilhelm I. und während der Anfänge Friedrichs des Grossen. Aalen 1962; Eduard Vehse: Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation. Erste Abtheilung: Geschichte des preußischen Hofs und Adels und der preußischen Diplomatie, Bd. 1– 6. Hamburg 1851. Vgl. hierzu: Roman Schnur (Hrsg.): Die Rolle der Juristen bei der Entstehung des modernen Staates. Berlin 1986; Wolfgang Reinhard (Hrsg.): Power elites and state building. Oxford 1996. Am Beispiel des Herzogtums Württemberg beleuchtet Sabine Holtz die „‚Indienstnahme‘ der Bildungsinstitutionen durch den Staat“, vgl.: Holtz, Bildung, S. 12; außerdem: Christian König: Christliche Ethik oder zweckrationale Technik der Macht? Der frühneuzeitliche Politikbegriff im Spiegel höfischer Verhaltenslehren. Frankfurt M. 2012. Michael Stolleis widerspricht einer Professionalisierung, vgl.: Michael Stolleis: Grundzüge der Beamtenethik (1550 – 1650), in: Die Verwaltung 13 (1980,4), S. 447– 475. Eine hohe fachliche Spezialisierung von Räten sei nicht primär erwartet worden, „Jurisprudenz [ist] nur eine Möglichkeit der Qualifikation unter anderen“ (S. 460): „Gesucht wird der rundum gebildete und vielseitig einsetzbare Generalist“ (S. 461).
1 Einleitung
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theken besaßen. Auch in Leichenpredigten ist das Topos des emsigen Lesers und Büchersammlers überaus präsent.⁶ Es stellt sich die Frage, ob bzw. wie diese Quellen eine ansonsten schwache Überlieferungslage kompensieren können. Eine zweite Identität, die auf dem Portrait von Friedrich Rudolf von Canitz kenntlich wird, ist die des Apollon, des Gottes der Künste. In Canitz’ Nachlass überlieferten sich ein Korpus an geistlichen Gedichten und Übersetzungen aus dem Französischen. Aus einer historisch-soziologischen Perspektive haben seine Satiren einen besonderen Wert, da Canitz hier verschiedene adelige Lebensmodelle (das Hof-, das Stadt- und das Landleben) hinterfragt und gegeneinander in einen Disput treten lässt.⁷ Dabei offenbart sich ein Konflikt zwischen der moralisch überlegenen Hofkritik und dem adeligen Geltungsdrang sowie der sozioökonomischen Notwendigkeit, die eine höfische Partizipation erzwingt. Veröffentlicht wurden die Dichtungen erst posthum durch Canitz’ Schwager und Erben Carl Hildebrand von Canstein. Bereits die Vertreter der Aufklärung feierten die Gedichte als eine willkommene Abkehr von geltender barocker Opulenz. Die jüngere Forschung positioniert ihn im Übergang „vom Marinismus zum aufklärerischen Klassizismus französischer Prägung“, beobachtet Einflüsse pietistischer Wertvorstellungen und sieht eine Auseinandersetzung mit politischen und höfischen Verhaltensidealen, die sich insbesondere in der Satire vom Hof-, Stadt- und Landleben niederschlägt.⁸ Nachdem die Dichtungen bezüglich ihrer literarischen Einflüsse schon umfassend untersucht und analysiert worden sind, rücken die darin zur Geltung
Vgl. Bahl, Hof, S. 300 – 310; Holtz, Bildung, S. 44. Vgl. insbes.: Friedrich Rudolf von Canitz: Die vierte Satyre.Von dem Hoff-Stadt-und Land-Leben, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 266 – 275; Friedrich Rudolf von Canitz: Die fünffte Satyre. Die Großmuth im Glück und Unglück, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 276 – 280; Friedrich Rudolf von Canitz: Die sechste Satyre.Vorzug des Land-Lebens, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 281– 289; Friedrich Rudolf von Canitz: Die siebende Satyre. Des Herrn von Canitz Gegen-Antwort, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 290 – 293; Friedrich Rudolf von Canitz: Die achte Satyre. Der Hof, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 294. Friedrich Rudolf von Canitz: Die zweyte Satyre. Von der Freyheit, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 257– 259; Derselbe: Die erste Satyre. Der Tod des ungerechten Geitzhalses, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 253 – 256. Zitat: Anne Wagniart: Die Frankophilie der Preußisch-sächsischen Hofdichter zu Beginn des 18. Jahrhunderts (Canitz, Besser, König und Neukirch), in: Raymond Heitz (Hrsg.), Gallophilie et gallophobie dans la littérature et les médias en Allemagne et en Italie au XVIIIe siècle. Heidelberg 2011, S. 25 – 38, S. 25; außerdem: Valentin Lutz: Friedrich Rudolf Ludwig von Canitz, sein Verhältnis zu dem französischen Klassizismus und zu den lat. Satirikern. Neustadt 1887; Jürgen Stenzel (Hrsg.): Gedichte. Tübingen 1982; William Prettyman: The Possible Source and Date of Canitz’s Satire „Der Hof“, in: Americana germanica 2 (1898), S. 61– 64.
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1 Einleitung
kommenden politischen Verhaltensideale zunehmend in den Blick der Forschung. Bisher sind sie primär aus dem Pietismus und den Ideen der Frühaufklärung abgeleitet worden. So bildet Canitz ein prominentes Fallbeispiel in Wolfgang Martens Werk zum Fürstendiener in der Literatur der Aufklärungszeit. ⁹ Canitz erscheint als eine Person, die den „absolutistischen“ Hof als einen Ort der Verführungen und Eitelkeiten bestmöglich meidet und stattdessen das Landleben vorzieht.¹⁰ Einen ähnlichen Schluss zieht Peter Pütz in der Geschichte der politischen Lyrik in Deutschland, der in der Satire eine sozialkritische Komponente erkennt, die die beginnende Aufklärung markiert.¹¹ Als beinahe progressiv charakterisiert ihn Steffen Martus im Auftakt seiner 2016 erschienenen Historie der Aufklärung, in der er Canitz dem höfischen Dichter Johann von Besser antithetisch gegenüberstellt und in ihm einen neuen Beamtentypus erkennt, der „bei allem adligen Habitus doch auch biedermännische Züge“ entwickle und „bis in die Zonen der radikalen Aufklärung hinein gebildet“ sei.¹² In einem jüngeren Beitrag charakterisiert Martus Canitz als Repräsentanten eines von Spener formulierten pietistischen Staatsbürgerideals.¹³ Seine Überlegungen über die in den Gedichten zum Tragen kommenden politischen Verhaltensideale bilden einen wichtigen Beitrag für die hier angedachte Studie. Die Einflüsse sonstiger politischer Ideologien und Konzepte lässt er – wie auch seine primär auf die Hofkritik ausgerichteten Vorgänger – weitestgehend außer Acht. Die Untersuchung der politischen Literatur in seiner Bibliothek kann hier wichtige Anregungen liefern. Folgende Fragen sollen durch die vorliegende Studie beantwortet werden: Welche Definitionen von politischer Literatur lassen sich aus zeitgenössischen Quellen ableiten und welchen anderen Disziplinen wurde ein politischer Erkenntniswert zugeschrieben? Dutzende, eher sogar noch hunderte Studien befassen sich mit den frühneuzeitlichen Büchersammlungen von Adeligen und hohen höfischen Funktionären. Die Bibliothek hat einen hohen repräsentativen Charakter, sie markierte den Bildungs- und Wissensdrang ihrer Besitzer, ihr Vermögen und den sozialen Status. Bei Studien zu den Bibliotheken von Adeligen, Räten, Gesandten und
Wolfgang Martens: Der patriotische Minister. Fürstendiener in der Literatur der Aufklärungszeit. Weimar; Wien 1996. Vgl. ebd., S. 66 f. Peter Pütz: Aufklärung, in: Walter Hinderer (Hrsg.), Geschichte der politischen Lyrik in Deutschland. Würzburg 2007, S. 123 – 150, S. 143 f. Steffen Martus: Aufklärung. Das deutsche 18. Jahrhundert. Berlin 2016, S. 55. Derselbe: Anthropologie und Staatsdienst. Friedrich Rudolph von Canitz (1654– 1699), in: Britta Herrmann (Hrsg.), Anthropologie und Ästhetik. Paderborn 2019, S. 243 – 269.
1 Einleitung
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anderen Mitgliedern der politischen Exekutive wird die politische Literatur häufig zu dem funktionalen Profil ihrer Sammler in Beziehung gesetzt. Dabei besteht kaum Klarheit darüber, was Zeitgenossen überhaupt unter politisch relevanter Literatur verstanden, welche Funktionen ihr zugeschrieben wurden und wo die Grenze zur Geschichtswissenschaft oder Philosophie gezogen wurde. Kategorisierungen bei Bestandsanalysen sind entsprechend unpräzise und verhindern einen systematischen Vergleich verschiedener Bibliotheken. Hier gilt, was Werner Arnold für die Erforschung von Adelsbibliotheken insgesamt feststellt: „Der Weg hat zu einer sehr großen Menge an Daten geführt, die ihren singulären Wert besitzen, aber offensichtlich nicht mehr überschaubar sind und sich nicht in zusammenfassende und abstrahierende Formen überführen lassen.“¹⁴ Der einzig bekannte Forschungsbeitrag, der die „politische Literatur“ explizit in den Blick nimmt und vor der Bibliotheksanalyse definiert, stammt von Gotthardt Frühsorge, der sich mit den ‚Politica‘-Beständen der Bibliothek von Herzog Ferdinand Albrecht I. von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern (1636 – 1678) befasst: [Unter den Politica] ist jene Gruppe von Sachliteratur zu verstehen, die sich mit dem Aufstieg der Politik als selbstständiger Universitätsdisziplin (vor allem an den protestantischen Universitäten des Reiches) seit den ersten zwei Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts herausgebildet hatte und die immer stärker das Universitätsschrifttum der traditionellen ‚Zweiten Fakultät‘, der Jurisprudenz, im Zuge der Etablierung des ‚jus publicum‘ an sich zog.¹⁵
Er ergänzt, dass im späten 17. Jahrhundert auch die „traditionelle Historiographie, die Chroniken, die Werke zur Heraldik, zur Genealogie, zur Statistik und zur Numismatik sowie zur politischen Emblematik mitgerechnet werden“.¹⁶ Im Folgenden soll festgestellt werden, ob sich diese Definition über die Analyse zeitgenössischer politische Leseanweisungen bestätigen lässt.
Werner Arnold: Die Erforschung von Adelsbibliotheken, in: Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte 31 (2006,1), S. 35 – 45, S. 36. Gotthardt Frühsorge: Die ’Politica’-Bestände der Bibliothek in Bevern, in: Jill Bepler (Hrsg.), Barocke Sammellust. Weinheim 1988, S. 168 – 176, S. 168. Die Definition leitet er ab aus einem Werk von Horst Dreitzel, der sich mit Henning Arnisaeus, einem bekannten Vertreter des politischen Aristotelismus befasst. Seine Definition ist damit ideengeschichtlich sinnvoll an eine zeitgenössische Konzeption rückgebunden. Ebd., S. 169.
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1 Einleitung
Enthält die Bibliothek von Canitz politische „Standardliteratur“ und worin besteht diese? Wie jede andere Textgattung ist auch politische Literatur einer Kanonisierung unterworfen, die die Komposition von Bibliotheken beeinflusst. Bevor eine Bibliothek auf ihr individuelles Profil abgeprüft werden kann, gilt es zu hinterfragen, ob im 17. Jahrhundert politische Kanons existierten, die sich an politische Funktionäre richteten und die Canitz über seine Bibliothek rezipieren konnte. Aus Übereinstimmungen und Abweichungen zu solchen Kanons ließe sich ein wesentlich genaueres Bild des literarischen Geschmacks des Büchersammlers ableiten. Sie unterstützen zudem die Ausbildung eines Bewusstseins für Negativergebnisse. Zu wissen, dass etwas nicht in einer Bibliothek vorhanden ist, was nach den Vorstellungen von manchen Zeitgenossen vorhanden sein müsste, ist für eine Bibliotheksanalyse sehr wertvoll.Voraussetzung eines solchen Vorhabens ist, dass kanonische Anteile durch einen Rückbezug auf zeitgenössische Quellen (wie z. B. politische Leseanweisungen) rekonstruiert werden. Eine Inspektion der Bibliothek auf retrospektiv erkannte „Höhenkammliteratur“ ist nicht zielführend. Von welchen politischen Konzepten und Theorien ist die Bibliothek bestimmt? Der Fokus auf kanonische Anteile in Bibliotheken offenbart einen großen ideengeschichtlichen Wert: Sie können aufzeigen, welche Konzepte von Politik in der Bibliothek des brandenburgischen Gesandten Friedrich Rudolf von Canitz repräsentiert sind und welche ideelle Synthese sich daraus ergibt (vgl. Kap. 6). Eine historische Bibliothek bildet die einzigartige Chance, sich den selektiven Wahrnehmungssphären anzunähern, über die Zeitgenossen Ideen und Konzepte wahrnahmen. Sie ist den Grenzen der Verfügbarkeit unterworfen und markiert die kulturelle und soziale Einflusszone, innerhalb derer sich der Sammler bewegt. Durch gezielte Selektion gestaltet er sie gleichermaßen aktiv mit und begrenzt den vordefinierten Rahmen der Verfügbarkeiten entsprechend seiner Bedürfnisse. Wo das einzelne Buch ein kollektiv verfügbares Element ist, fungiert die Gesamtkomposition „Bibliothek“ als wertvolle Momentaufnahme des ideellen Systems, an das der Sammler angeschlossen war. Sie offenbart die von Foucault beschriebenen „Nebenpositionen und Randpositionen“ der Ideengeschichte, die möglicherweise nur über einige Jahre oder Jahrzehnte auf Zeitgenossen wirkten und dann wieder versiegten.¹⁷ Vgl. Michel Foucault: Archäologie des Wissens. Frankfurt M. 2015, S. 195. Für die Kritik an der Fokussierung „großer Denker“ durch die Cambridge School vgl. u. a.: Luise Schorn-Schütte: Historische Politikforschung: eine Einführung. München 2006, S. 54– 62; Barbara Stollberg-Rilinger: Einleitung, in: Barbara Stollberg-Rilinger (Hrsg.), Ideengeschichte. Stuttgart 2010, S. 7– 42, S. 8; Quentin Skinner: Meaning and Understanding in the History of Ideas, in: History and Theory 8
1 Einleitung
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Enthält die Bibliothek Ressourcen, die zu einer Vor- und Nachbereitung der Sachfragen taugen, mit denen Canitz als Gesandter und Rat befasst war? Abseits konkreter Rezeptionszeugnisse ist es in der Regel schwer zu bestimmen, welche Werke in einer Bibliothek von Sammlern tatsächlich genutzt und gelesen wurden. Doch wenn die Bibliothek Literatur zu historisch-politischen Episoden enthält, die Canitz als Gesandten und Rat betreffen, ist es mehr als wahrscheinlich, dass die Literatur im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten erworben und genutzt wurde. Seine Gesandtschaftsberichte liefern keine Antworten, inwieweit politische Literatur eine vor- oder nachbereitende Rolle spielte: Canitz verweist gelegentlich auf die öffentliche Meinung an seinem Aufenthaltsort und erwähnt „Publicis“, zitiert jedoch keine konkreten Buch- oder Flugschriftentitel.¹⁸ Die Vorbereitung auf die Gesandtschaften scheint überwiegend über Instruktionen und Gespräche erfolgt zu sein.¹⁹ Dass Canitz zusätzlich Bücher zur Information heranzog, ist dennoch nicht auszuschließen. Dies zeigen z. B. die Forschungen von Franz Bosbach, der die Lektüre von Flugschriften bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden dokumentierte: Über die Abrechnungen der Gesandten bei den Verhandlungen für den Westfälischen Frieden demonstriert er, dass die mündliche Informationsbeschaffung durch zeitnah erschienene Publikationen ergänzt wurde.²⁰ Dementsprechend gilt es festzustellen, wie kon-
(1969,1), S. 3; auch: Günther Lottes: „The State of the Art“. Stand und Perspektiven der „intellectual history“, in: Frank-Lothar Kroll (Hrsg.), Neue Wege der Ideengeschichte. Paderborn; Wien 1996, S. 27– 45, S. 30; Goering, Einleitung, S. 7, 14, 33. Vgl. u. a. Canitz am 6. 2.1699, in: GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6792: Gesandtschaftsberichte des Heinrich Helt und des Freiherrn Friedrich Rudolf Ludwig von Canitz aus Den Haag (1699 – 1700). Dies zeigt beispielhaft eine Nachricht an Paul von Fuchs, den Canitz im Februar 1684 in Kurköln als Gesandten ablösen sollte: „Es stehet Unser, der von Canitz im begrif heute oder Morgen von hier recta nacher Cölln am Rhein abzureisen umb die von Euch vorselbst angefangene Negociation ferner zu prosequieren. Wan nun nötig sein will das er zu sprechen Euch von allem dehm was wehrends Eurer Anwesenheit am Chur Cöllnischen Hof mit Euch gehandelt worden, gründlich informieret sey, Wir Ihn auch in seiner Instruction darauf verwiesen und Ihm anbefohlen das Er seine Reise dergestalt beschleunigen solle damit Er Euch anoch zu Cölln antreffen und mündl sich mit Euch über ein und anders untereden könne […].“ Für den Fall, dass Canitz Köln erreichte, nachdem Fuchs schon abgereist war, sollte dieser alle Briefe und Nachrichten bei einem Agenten deponieren. Vgl. Instruktion an Paul von Fuchs am 25. Februar 1684, in: GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 1036: Beziehungen zu Kurköln (1684 Feb.– Apr.). Franz Bosbach: Gedruckte Informationen für Gesandte auf dem Westfälischen Friedenskongreß, in: Rainer Babel (Hrsg.), Le Diplomate au travail. München 2005, S. 59 – 137, S. 82 f. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Informationsdichte und das Publikationsaufkommen in diesem Kontext besonders stark ausgeprägt waren.
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kret die Handlungskontexte, in die Canitz involviert war, in der Bibliothek abgebildet sind, ob die Erscheinungsjahre eine zeitnahe Nutzung ermöglichen und welches sonstige Anwendungspotential sich aus den Texten ergibt. Welche Funktionen hat politische Literatur abseits der Zurverfügungstellung von Sachinformation? Wenn Canitz in seiner Nachricht an Kurfürst Friedrich III. beiläufig auf die Balance zwischen Österreich und Franckreich verweist, dann impliziert er mit dieser Floskel ein komplexes zeitgenössisches Argumentationsmuster, das allen seinen Verhandlungspartnern geläufig war und als kommunikative Infrastruktur fungierte.²¹ Auch ohne konkrete Literaturverweise zeugen die Gesandtschaftsberichte von Sprachkenntnissen, einem hohen Bildungsgrad und von politischem Fachwissen. Es stellt sich die Frage, ob ein entsprechendes Wissenspotenzial an politischen Strukturen und Ideologien in der Bibliothek abgebildet ist und ob es möglicherweise zur Ausbildung der politischen Sprache beitrug, die Canitz in seinen Korrespondenzen und Gesprächen verwendete.²² Forschungsstand zu Friedrich Rudolf von Canitz Viele der bisherigen Studien zu Canitz und seiner Lyrik finden ihre Schwächen in einer unzureichenden Quellenkritik der Lebensbeschreibung von Johann von König: Canitz war ein Zeitgenosse des 17. Jahrhunderts, seine biografische Rekonstruktion wurde jedoch ausschließlich im 18. Jahrhundert im Zuge der Aufklärung vollzogen.²³ Auch nach jetzigem Stand der Forschung bildet die Le Canitz am 19. Februar 1699, in: GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6792: Gesandtschaftsberichte des Heinrich Helt und des Freiherrn Friedrich Rudolf Ludwig von Canitz aus Den Haag (1699 – 1700). Für die exemplarische Analyse eines Gesandtschaftsberichts von Canitz vgl.: Anna Lingnau: Politische Sprache als Träger politischen Wissens. Ein Gesandtschaftsbericht von Friedrich Rudolf von Canitz (1654– 1699), in: Siegrid Westphal u. Stefanie Freyer (Hrsg.), Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. Berlin 2020, S. 5 – 24. Zur Politolinguistik der Frühen Neuzeit hat vor allem Luise Schorn-Schütte gearbeitet, vgl. u. a.: Luise Schorn-Schütte (Hrsg.): Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Politische Theologie – Res Publica-Verständnis – konsensgestützte Herrschaft. Berlin; Boston 2004; Dieselbe: Gottes Wort und Menschenherrschaft. Politisch-theologische Sprachen im Europa der frühen Neuzeit. München 2015. Für zentrale Wissensfelder der „Political Language“, vgl.: Karl Dieckmann: Sprache in der Politik: Einführung in die Pragmatik und Semantik der politischen Sprache. Heidelberg 1969. Ausgebaut durch Josef Klein: Wortschatz, Wortkampf, Wortfelder in der Politik, in: Josef Klein (Hrsg.), Grundlagen der Politolinguistik. Berlin 2014, S. 59 – 102, hier S. 60 – 67. Johann Ulrich von König: Leben des Freyherrn von Canitz, in: Johann König (Hrsg.), Des Freyherrn von Canitz Gedichte, Mehrentheils aus seinen eigenhändigen Schrifften verbessert und vermehret. Berlin; Leipzig 1734, S. 1– 112.
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bensbeschreibung von Johann von König neben der Leichenpredigt Speners und den Gesandtschaftsberichten die wichtigste Quelle zum Leben von Canitz.²⁴ Doch das Ziel der biografischen Rekonstruktion von König bestand darin, ein stimmiges Narrativ für die von Canitz überlieferten Dichtungen zu kreieren.²⁵ Die daraus resultierenden Rückkopplungen und charakterlichen Stilisierungen müssen kritisch hinterfragt und mit der restlichen Überlieferung abgeglichen werden. Viele Thesen zu Canitz stehen zudem in Konflikt zu der herausragenden neueren prosopografischen Forschung zum Hof von Friedrich Wilhelm. Besonders die literaturwissenschaftliche Hofkritikforschung zieht die in den Geschichtswissenschaften schon vor Jahren etablierte kritische Neubewertung des Absolutismuskonzepts nicht in ihre Überlegungen mit ein.²⁶ Es fällt mir also schwer, zu entscheiden, ob der Freyherr von Canitz mehr ein treuer Unterthan, ein geschickter Edelmann, ein gründlicher Staats-Rath, ein gefaelliger Hofmann, ein beständiger Freund, ein liebreicher Ehegatte, ein freygebiger Gönner, ein kluger Weltweiser, ein ehrlicher Mann, oder ein eifriger Christ gewesen.²⁷
Die Mehrheit der von König geschilderten Identitäten findet ihre Schnittmenge in der Frage nach der politisch-weltlichen Wissenssoziologie von Canitz. Eine Analyse der politischen Bibliothek von Canitz gereicht dieser Schnittmenge zum Vorteil: Sie zeigt auf, mit welchen Informationen, Theorien und Ideen Canitz durch seine politischen Bestände bedient wurde, und trägt damit zur Rekonstruktion des politischen Bildungshorizonts der Funktionselite des 17. Jahrhunderts bei. Sie bildet damit eine Annäherung an das von der politischen Ideengeschichtsforschung formulierte Desiderat nach dem Zusammenhang von
Philipp Jakob Spener: Frey-Herrliches Canitzisches Letztes Ehren-Gedächtnis, in zwoen LeichPredigten. Berlin 1700. Für die archivalischen Quellen vgl. Kap. 2.1. Vgl. Frieder von Ammon/Herfried Vögel: Einleitung, in: Frieder Ammon u. Herfried Vögel (Hrsg.), Die Pluralisierung des Paratextes in der Frühen Neuzeit. Berlin 2008, S. VII–XIX Hier gilt die Gedichtedition von König als extremes Beispiel einer überbordenden Paratextualisierung. Vgl. Mauser, Hofkritik, S. 83 f.; Kiesel, Hof, S. 159; Bahl, Hof, hier insbes. S. 1– 3; Bahl, Hofgesellschaft; Frank Göse: Rittergut – Garnison – Residenz. Studien zur Sozialstruktur und politischen Wirksamkeit des brandenburgischen Adels 1648 – 1763. Berlin 2005. Bahl kann einen den Adel „domestizierenden“ Absolutismus als dessen „Flüchtling“ Canitz bisweilen gedeutet wird, für den brandenburgischen Hof nicht feststellen. Johannes Arndt: Der Große Kurfürst, ein Herrscher des Absolutismus? Über die Möglichkeiten und Grenzen monokratischer Herrschaft im 17. Jahrhundert, in: Ronald Asch u. Heinz Duchhardt (Hrsg.), Der Absolutismus – ein Mythos? Köln 1996, S. 249 – 273. Des Freyherrn von Canitz, S. 199.
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politischer Idee und politischer Handlung.²⁸ Darüber hinaus liefert sie Datenmaterial, das zukünftige Analysen der Canitzschen Gedichte erleichtern wird. Forschungsstand: Politische Literatur in den Privatbibliotheken frühneuzeitlicher Amtsträger Bezüglich der Charakteristika politischer Bestände in den Bibliotheken verschiedener Funktionsgruppen konnte die Forschung bisher nur vage Tendenzen aufzeigen. Diese betreffen vor allem Unterschiede zwischen der akademischen und höfischen Sphäre. Da getrennte Karrierewege für politische Ämter innerhalb der jeweiligen sozialen Sphäre bis weit ins 18. Jahrhundert nicht existierten, ist eine funktionale Ausdifferenzierung der höfischen Sphäre prinzipiell schwer zu vollziehen. Selbst in den Sammlungen versierter Juristen, Gelehrter oder Diplomaten sind politische Bestände meist in Universalbibliotheken inkorporiert. Juristische Werke werden in Bibliotheks- und Auktionskatalogen häufig gesondert erfasst (was auf eine entsprechende Aufstellung schließen lässt), die Kategorie politici findet sich dagegen nur in sehr gut erfassten Bibliothekskatalogen mit einem entsprechenden Umfang.²⁹ In der Regel fallen sie in eine vermischte Kategorie. Auch in Bibliotheken von Experten der Politica machen nicht etwa die Rechtsoder Politikwissenschaften, sondern Werke zur Theologie den größten Anteil aus.³⁰
Völlig zurecht argumentiert Timothy Goering, dass „eine Ideengeschichte, die anhand von Begriffen, Diskursen oder Ordnungsentwürfen ausschließlich Möglichkeitsräume und gesellschaftliche Ordnungsentwürfe auslotet, […] nur vage die praktische, handlungssteuernde Grundlage fassen [wird], die Ideen für das alltägliche Handeln von Individuen bilden können.“ D. Timothy Goering: Ideen, Handlungen und Gründe in der Ideengeschichte, in: D. Goering (Hrsg.), Ideengeschichte heute. Bielefeld 2017, S. 95 – 118, S. 98; auch: Stollberg-Rilinger, Einleitung, S. 9 f. Ein Beispiel des 17. Jahrhunderts betrifft den Katalog der Bibliothek von Johann von Besser, der eine Politica-Kategorie enthält, vgl.: Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Bibl. Arch. I. Bb, Vol. 193, Siegmund Gottlob Seebisch: Catalogus der Bibliothec des Geheimen KriegsRath Johann von Besser […]. Bd. 1– 2: Bd. 1: Libros theologicos, iuridicos, politicos, ceremoniales, medicos, physicos, mathematicos, philologicos, antiquarios, poeticos, rhetoricos, literarios et miscellaneos continens. Dresden (1726, URL: http://digital.slubdresden.de/id471763845 [09.06. 2020]. Das Gesamtfazit einer „Universalbibliothek“ findet sich bei: Sven Externbrink: Politik und Gelehrtenrepublik zwischen konfessionellem Zeitalter und Frühaufklärung. Die Bibliothek Ezechiel Spanheims (1629 – 1710), in: Claudia Brinker-von der Heyde (Hrsg.), Frühneuzeitliche Bibliotheken als Zentren des europäischen Kulturtransfers. Stuttgart 2014, S. 161– 176, 166 f.; Paul Raabe: Die Bibliotheca Conringiana: Beschreibung einer Gelehrtenbibliothek des 17. Jahrhunderts, in: Paul Raabe (Hrsg.), Tradition und Innovation. Frankfurt M. 2013, S. 47– 67, S. 51; Ruth
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Nachdem höfische Protagonisten aus dem niederen Adel bzw. auch nichtadelige Personengruppen oft eine universitäre Ausbildung absolvierten, ist die lateinische Politik- und Geschichtsliteratur in den meisten der bislang untersuchten historischen Bibliotheken gut abgedeckt. Dazu zählen bekannte politiktheoretische Werke (Lipsius, Machiavelli, Bodin), Traktate zur Reichspublizistik, zum Völker- und Naturrecht und die frühe Gesandtschaftstheorie sowie hohe Juridica-Anteile.³¹ Ob diese Literatur auch als Arbeitsinstrument fungierte, also zur Vorbereitung von amtlichen Tätigkeiten eingesetzt wurde, ist nicht abschließend geklärt. Katrin Paasch argumentiert eher dahin gehend, dass „in der Regel ohne Theorien, eher mit Mentalität [und] Interessen“ regiert wurde und politisches Handeln „primär von Motiven bestimmt“ war, „die keine oder nur eine geringe Beachtung in der theoretischen Literatur fanden.“³² Darüber hinaus verfügten Diplomaten und Adelige über deutlich mehr Flugschriften- und Gebrauchsliteratur als gelehrte Personen. Diese bildete politische Ansprüche und Konflikte ab und wird von Externbrink treffend als „das Pendant zu den Schriften der Philosophen und Wissenschaftler“ bezeichnet.³³ Durch die allgemeine Verbreitung des Buchdrucks und das Entstehen einer (sozial begrenzten) politischen Öffentlichkeit intensivierten und beschleunigten sich politische Propaganda und Legitimationsprozesse so stark, dass sie sich einer akademischen Regulierung und Kommentierung entzogen. Insbesondere Gesandte waren viel auf Reisen und an möglichst aktueller Literatur interessiert,
Kohlndorfer-Fries: Diplomatie und Gelehrtenrepublik: die Kontakte des französischen Gesandten Jaques Bongars (1554– 1612). Tübingen 2009, S. 89 f. Kathrin Paasch: Die Bibliothek des Johann Christian von Boineburg (1622– 1672). Ein Beitrag zur Bibliotheksgeschichte des Polyhistorismus. Berlin 2005, S. 106 f. Auch im 17. Jahrhundert ist die Theologie häufig immer noch gut aufgestellt, vgl.: Gotthardt Frühsorge: Die Bibliothek des Grafen Konrad Detlev von Dehn. Ein Auktionskatalog als Spiegel der Adelskultur des 18. Jahrhunderts, in: Detlev Hellfaier (Hrsg.), Der wissenschaftliche Bibliothekar. Wiesbaden 2009, S. 67– 77, S. 74. Sven Externbrink: Diplomatie und République des lettres. Ezechiel Spanheim (1629 – 1710), in: Francia 34 (2007,2), S. 53 f. Außerdem: Eva Pleticha-Geuder: Adel und Buch. Studien zur Geisteswelt des fränkischen Adels am Beispiel seiner Bibliotheken vom 15. bis zum 18. Jahrhundert. Neustadt 1983, S. 226, 230 – 235. Neben einem Grundbestand an französischer Literatur häuften sich Titel von Pufendorf, Seckendorff und Machiavelli. Geschichtsliteratur zeuge von aktuellen politischen Verwicklungen, beispielsweise von den Aktivitäten Ludwigs XIV., Friedrichs II. und der französischen Revolution; Kohlndorfer-Fries, Diplomatie, S. 90; Kurt Hochstuhl: Die Bibliothek des Hessischen Kriegskommissars Johann Heise (1596 – 1663), in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 37 (1987), S. 299 – 319, S. 304 f.; Paasch, Bibliothek, S. 216. Ebd., S. 145, zit. nach: Horst Dreitzel: Absolutismus und ständische Verfassung in Deutschland: ein Beitrag zu Kontinuität und Diskontinuität der politischen Theorie in der frühen Neuzeit. Mainz 1992, S. 140. Externbrink, Diplomatie, S. 53 f.
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auch auf das Risiko hin, dass diese fehlerhaft war oder darin sogar aktiv Unwahrheiten verbreitet wurden. Für eine gelehrte Politiktheorie stand die Aktualität meist hinter der Lehrhaftigkeit einzelner Vorfälle zurück. Abhängig davon, ob der Sammler viel reiste oder sich mehrere Jahre im europäischen Ausland aufhielt, steigt der Anteil französischer, italienischer und englischer Politikliteratur. Die Unterschiede bei den politischen Beständen scheinen daher nicht funktional, sondern eher marktökonomisch und kulturell begründet. Je mobiler bzw. vermögender der Bibliotheksbesitzer, desto vielfältiger ist in der Regel sein Bestand. Gesandte im europäischen Ausland hatten es deutlich leichter, fremdsprachige Politikliteratur für ihre Bibliotheken zu erwerben.³⁴ Oft erhielten sie diese im Zuge ihrer Tätigkeiten auch geschenkt.³⁵ Der lokale Buchmarkt und die darauf aufbauende Ausbildung spezifischer Sammelinteressen befähigten den Gesandten dazu, sich und seine Konversation interessant zu halten. Chancen und Grenzen der historischen Bibliotheksforschung – Eine Manöverkritik Die Canitzsche Bibliothek wurde bei allen bisherigen Analysen seiner Gedichte nicht näher beachtet. Diese Vorsicht ist nachvollziehbar, weil ein oberflächiger Zugriff auf historische Bibliothekskataloge leicht zu Fehlinterpretationen bzw. zu „selbsterfüllenden Prophezeiungen“ führt. Diese Problematik demonstriert der einzige Beitrag, der über die Bibliothek von Canitz bisher verfasst wurde.³⁶ Da eine vollständige quantitative und qualitative Analyse einer mehrere hundert Bände umfassenden Sammlung im Rahmen eines kurzen Aufsatzes unmöglich zu bewältigen ist, nimmt Elke Lang die Werke in den Blick, deren Autoren man mit dem Leben des Sammlers in Bezug setzen kann oder die die retrospektiv erkannte „Höhenkammliteratur“ verfassten.³⁷ Hierzu gehören Philipp Jakob Spener, Christian Weise, Veit Ludwig von Seckendorff und Samuel von Pufen-
Vgl. Externbrink, Politik, S. 174; Frühsorge, Bibliothek, S. 74– 77. Vgl. Externbrink, Diplomatie, S. 52; Paasch, Bibliothek, S. 55 – 90, hier: S. 82 f.; KohlndorferFries, Diplomatie, S. 87. Elke Lang: Friedrich Rudolph von Canitz. Ein nicht ganz vergessener Poet und seine Bücher, in: Marginalien 163 (2001), S. 30 – 41. Günther Lottes und Luise Schorn-Schütte bemängeln gleichermaßen, dass die aktuelle politische Ideengeschichtsforschung einen mitunter einseitigen Fokus auf „Entwicklungspotenziale“ vollziehe – also auf emanzipatorische Momente, in denen sich Autoren, Theorien und Akteure verstärkt von Traditionen loslösen. Es gelte, „die Leserichtung zu ändern“ und Texte „im Hinblick auf ihre Verwurzelung in dem Wissenserbe durchzumustern, an dem sie sich abarbeiten.“ Vgl. Günther Lottes: Die Kontexte der Texte: Perspektiven der Kontextanalyse in der neuen Ideengeschichte, in: HZ 61 (2010,11), S. 620 – 630, S. 627; auch: Schorn-Schütte, Gottes, S. 14; Holtz, Bildung, S. 326.
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dorf.³⁸ Das hier zum Tragen kommende retrospektive Bewusstsein der Lang- und Kurzlebigkeit spezifischer Traditionen, Themen und Autoren erweist sich als fatal, da dem Büchersammler diese Perspektive fehlte und er zukünftige „Bestseller“ und/oder Werke mit einem ideengeschichtlichen Entwicklungspotential womöglich gar nicht erkannte oder generell wertschätzte. In bibliothekshistorischen Studien wird zudem oft auf Werke verwiesen, die ihr Sammler nachweisbar rezipierte, indem er sie zitierte oder von der Lektüre berichtet, oder auf Werke, die forschungsgeschichtlich mit ihm in Verbindung gebracht werden können. – Dies erzeugt oft tautologische Effekte. Titel, für die es keine Rezeptionsnachweise gibt, entfallen dagegen aus Bibliotheksanalysen. Weitere Konflikte erschweren tiefergehende Analysen: Die rudimentäre Überlieferungsform der Auktionskataloge und Inventare: Wenn in der Kanonforschung treffend von einem Material- und Deutungskanon gesprochen wird,³⁹ kann ein Bibliotheksbestand als der spezifische Materialkanon des Sammlers verstanden werden, dem je nach Zeitpunkt und Perspektive eine nahezu unendliche Anzahl an Deutungskanons anhängt. Ein Bücherkatalog (der die Bibliothek meist im Zustand von Auflösung/Vererbung oder Umlagerung abbildet) bildet den temporal fluiden Materialkanon „Bibliothek“ nicht ab, sondern stellt nur einen situativen Abdruck dar. Höchstens über Kategorienbildungen (Juridici, Theologici etc.) kann auf vormalige Stadien (wie die Aufstellung der Bücher) geschlossen werden. Der Besitzer eines Buches ist nicht immer für die Beschaffung verantwortlich: Bücher werden von anderen Mitgliedern eines Haushalts angeschafft, werden geschenkt, vererbt, kommissarisch gekauft, irrtümlich, als Beifang oder auf Empfehlungen hin erworben.⁴⁰ Der Käufer eines Buches ist nicht immer sein Leser: Der Sammler unternahm seine Erwerbungen nicht nur für sich und seine Bedürfnisse, sondern auch für
Lang, Canitz, S. 39. Vgl. Leonhard Herrmann: System? Kanon? Epoche? Perspektiven und Grenzen eines systemtheoretischen Kanonmodells, in: Matthias Beilein (Hrsg.), Kanon, Wertung und Vermittlung. Berlin 2012, S. 59 – 75, S. 60. Zum Zusammenhang von Wert und Kanon vgl.: Renate von Heydebrand: Kanon Macht Kultur – Versuch einer Zusammenfassung, in: Renate Heydebrand (Hrsg.), Kanon – Macht – Kultur. Stuttgart 1998, S. 612– 625; Gabriele Rippl u. Simone Winko (Hrsg.): Handbuch Kanon und Wertung. Theorien, Instanzen, Geschichte. Stuttgart; Weimar 2013; Friederike Worthmann: Literarische Kanones als Lektüremacht. Systematische Überlegungen zum Verhältnis von Kanon(isierung) und Wert(ung), in: Renate Heydebrand (Hrsg.), Kanon – Macht – Kultur. Stuttgart 1998, S. 9 – 29; Thomas Anz: Einblicke in die literaturwissenschaftliche Kanonforschung, in: Olaf Kutzmutz (Hrsg.),Warum wir lesen, was wir lesen.Wolfenbüttel 2002, S. 22– 29. Vgl. Norbert Furrer: Des Burgers Buch. Stadtberner Privatbibliotheken im 18. Jahrhundert. Zürich 2012, S. 27.
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seine Angehörigen, Freunde und seinen Hausstand.⁴¹ Auch (unbekannte) Mitglieder des Hausstands integrierten Werke in die Bibliothek. Sachkenntnis zeugt nicht von Wertung: Es ist legitim zu behaupten, dass der Besitz eines Buches von einer wenigstens rudimentären Sachkenntnis zeugt (indem wenigstens der Titel eines Werkes rezipiert wurde). Ohne Nachweise der Rezeption sind Rückschlüsse auf die Bewertung von Inhalten nicht zulässig.⁴² Grenzen der Verfügbarkeit: Nur das, was verfügbar ist, wird auch erworben und unter Umständen für gut befunden. Was nicht verfügbar ist, kann nicht gekauft werden. Daher sind buchhändlerische Warenströme und Konjunkturen als Einflussfaktoren auf die Komposition von Bibliotheken unbedingt zu berücksichtigen. Wissensbeschaffung auf Pomp: Privatbibliotheken des 17. Jahrhunderts sind meist Universalbibliotheken und können bis zu 10 000 Bände umfassen. Büchersammlungen ab einer Größenordnung von 1000 Titeln konnten nur schwerlich vollständig gelesen und verinnerlicht werden. Vermögende Büchersammler leisteten sich den Luxus, sich auf alle eventuellen Wissensdesiderate vorzubereiten, auch wenn sie mit großer Wahrscheinlichkeit niemals abrufen würden. Dies gilt insbesondere zu Zeiten des 16. und 17. Jahrhunderts, in denen die Schaffung eines universalen Wissensspeichers ein geltendes Ideal und auf Basis einer entsprechenden finanziellen Grundlage auch verhältnismäßig gut realisierbar war. Anders ist es bei Büchersammlungen des 18. und 19. Jahrhundert, die oft deutlich spezifischer ausfallen. Die Wirkmacht von Kanons: Je weniger über die Sammler bekannt ist und je größer ihre Bibliotheken sind, desto deutlicher wird, dass sich deren persönliche Deutungskanons im Rahmen sehr dominanter zeitgenössischer Kanons und der dazugehörigen Wertesysteme abspielen, die die Identifizierung der von Wolfgang Adam für Bibliotheken beschriebenen „Schnittstellen zwischen individuellen und kollektiven Phänomenen“ beinahe unmöglich machen.⁴³ In diesem Sinne zeugt
Vgl. Pleticha-Geuder, Adel, S. 228 f., 241 f. Ähnlich argumentiert: Externbrink, Politik, S. 162 f. Wolfgang Adam: Bibliotheken als Speicher von Expertenwissen. Zur Bedeutung von Privatbibliotheken für die interdisziplinäre Frühneuzeit-Forschung, in: Claudia Brinker-von der Heyde (Hrsg.), Bibliotheken zwischen Barock und Aufklärung. Kassel 2011, S. 61– 69, S. 66. Bisher ist die Repräsentanz von Kanons innerhalb von Bibliotheken ein nur unzureichend berücksichtigter Aspekt der historischen Bibliotheksforschung. Für Forschungsdesiderate vgl.: Arnold, Erforschung: „Es wäre eine bisher offene Aufgabe für die bibliotheksgeschichtliche Forschung, die normativen Schriften dieser [frühneuzeitlichen] Epoche zu ermitteln und ihnen ihren Platz in der Wissensgeschichte zuzuweisen. Damit müssten wir uns auch mit der Formierung eines Kanons auseinandersetzen, den ein kulturelles Gedächtnis konsequent voraussetzt.“ S. 35. Ähnlich: Paul Raabe: Bibliotheken und gelehrtes Buchwesen: Bemerkungen über die Büchersammlungen der
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die Repräsentanz spezifischer Material- und Deutungskanons in einer Bibliothek nicht zwangsläufig von passiver oder sogar aktiver Akklamation des Besitzers. In Anbetracht dieser Fallstricke darf die Bibliothek nicht zum Echolot ihres Sammlers avancieren. Wenn Paul Raabe argumentiert, „die Schwerpunkte seiner [i. e. Hermann Conrings] Bibliothek können die wissenschaftlichen Leistungen bestätigen oder berichtigen“, so gilt es, gerade bei der Analyse großer Bestände im Blick zu halten, ob sich Korrelationen zwischen einer Bibliothek und ihrem Sammler tatsächlich kausal nachweisen lassen. – Ein wissenschaftlicher Mehrwert entsteht dabei nur selten. Die oben genannten Problematiken gelten auch für die Bibliothek von Friedrich Rudolf von Canitz. Trotz seines dichterischen Oeuvres, einer auf einzelne Monate hin nachvollziehbaren Biografie, zahlreicher Gesandtschaftsberichte und einiger weniger erhaltener originaler Buchexemplare aus Canitz’ Besitz (vgl. Kap. 2.2) finden sich nur wenig konkrete Hinweise auf die Rezeption der in seiner Bibliothek enthaltenen politischen Literatur. Dass ihre Aufstellung der Gliederung im Katalog entsprach, ist nicht gesichert. Dass seine Ehefrauen Dorothea Emerentia von Arnim und Dorothea Maria von Schwerin, sein Sohn und seine Hausangestellten die Bibliothek mitbenutzten, ist anzunehmen. Da seine erste Frau Dorothea Halbschwester des Pietisten Hildebrand von Canstein war, muss sie insbesondere bei den theologischen Anteilen der Bibliothek als mögliche Kompilatorin berücksichtigt werden. Die Analyse der Bibliothek soll demnach unter einem ganzheitlichen Blickwinkel erfolgen und Thesen über das politische Leistungspotenzial der Bibliothek ermöglichen. Ein solches Leistungspotenzial kann über konkrete Rezeptionsnachweise eingegrenzt und differenziert werden, ist per definitionem aber nicht darauf angewiesen. Der ganzheitliche Blickwinkel besteht darin, dass die politische Literatur vollständig und unabhängig von Rezeptionshinweisen in den Blick genommen wird. Quantitative Auswertungen über die Verteilung von Sprachen,
Gelehrten im 17. Jahrhundert, in: Paul Raabe (Hrsg.), Tradition und Innovation. Frankfurt M. 2013, S. 91– 109, S. 104. Von Seiten der Kanonforschung: Andrea Rapp: Archive und Bibliotheken, in: Gabriele Rippl u. Simone Winko (Hrsg.), Handbuch Kanon und Wertung. Stuttgart; Weimar 2013, S. 225 – 232, S. 226: „Wenn jedoch Kanonbildung verstanden wird als „gesellschaftlich-kultureller Prozess, in dessen Verlauf ein Kollektiv, in der Regel politische und kulturelle Eliten, ein Textkorpus als hochbedeutenden wertvollen Traditionsbestand auswählt und kulturelle Praktiken herausbildet, um die Überlieferung für nachkommende Generationen zu sichern“ (Korte 2002, S. 28), ist deutlich, dass Archive und Bibliotheken Teil dieses Prozesses sind. […] [Es] bestimmen komplexe Auswahlprozesse im Spannungsfeld von Aussondern und Bewahren, Vernichten und Erhalten, Vergessen und Erinnern die Bestände, sie stehen demnach in komplexer und spannungsreicher Wechselwirkung mit anderen Kanoninstanzen […].“
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Disziplinen und Autoren bilden eine notwendige Grundlage der Analyse (vgl. Kap. 2.2).⁴⁴ Kanonforschung als Instrument der historischen Bibliotheksforschung Oben wurden Kanons zunächst als Hindernis für die Feststellung eines individuellen Interessenprofils beschrieben. Doch wer die dominanten Literaturgruppen und Verweissysteme fokussiert, die als Kanon die konsensgestützten Anteile der Bibliothek markieren, wird feststellen, dass manche Kanons besser vertreten sind als andere. Auf dieser Überlegung basiert der methodische Ansatz dieser Studie: Wer die Komposition der in einer Bibliothek enthaltenen politischen Kanons entschlüsselt, wird unweigerlich einen individuellen „Code“ feststellen, der geltende Wertesysteme sowie kulturelle und soziale Einflüsse im Leben von Canitz markiert. Eines der Bücher, das am 1. März 1700 aus der Canitzschen Bibliothek verkauft wurde, war Daniel Hartnacks 1690 erschienener Anweisender Bibliothecarius der studirenden Jugend durch die vornehmsten Wissenschaften, darin das Kapitel Anweisung der Politischen Jugend. Darin wird ein umfassendes Lektüre- und Studienprogramm für angehende politici – und damit ein politischer Kanon – formuliert.⁴⁵ In Anbetracht des Erscheinungsjahres beschaffte Canitz es wohl für den noch auszubildenden Sohn Philipp (1686 – 1699). Dass das Buch intensiv studiert und genutzt wurde, beweist der Umstand, dass 54 der von Hartnack genannten Titel im Auktionskatalog der Bibliothek von Canitz wiederzufinden sind. Entweder Canitz oder der von ihm beauftragte Hauslehrer Joachim Lange importierte den von Hartnack formulierten politischen Kanon in die heimische Bibliothek. – Eine zufällige Übereinstimmung zwischen Leseanweisung und Bibliothek kann ausgeschlossen werden (vgl. Kap. 4.1.3).⁴⁶
Solche Studien wurden bereits von Fiammetta Palladini und Brigitte Klosterberg vorgelegt und liefern in Bezug auf das Lebensumfeld von Canitz wichtige Vergleichswerte: Fiammetta Palladini: La biblioteca di Samuel Pufendorf. Catalogo dell’asta di Berlin del settembre 1697. Wiesbaden 1999; Brigitte Klosterberg/Anke Fiebinger: Die Privatbibliothek Carl Hildebrand von Cansteins, in: Christian Soboth (Hrsg.), „Aus Gottes Wort und eigener Erfahrung gezeiget“. Halle; Wiesbaden 2012, S. 681– 693; Brigitte Klosterberg: Zur Rekonstruktion frühneuzeitlicher Privatbibliotheken in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 67 (2012), S. 107– 124. Daniel Hartnack: Anweisender Bibliothecarius der studirenden Jugend durch die vornehmsten Wissenschaften. Sammt der bequemsten Methode, Wie dieselbe zu erlernen von einem zukünfftigen Theologo, Jurisconsulto, und Medico. Stockholm 1690 (Ms,VIII,84). Für die Übereinstimmungen vgl.: Hartnack 1690, S. 21 (3 Titel, Geschichte), S. 22 (3 Titel, Geschichte), S. 24 (3 Titel, Geschichte), S. 25 (4 Titel, Geschichte), S. 26 (4 Titel, Geschichte), S. 30
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Daniel Hartnack war bei weitem nicht der einzige gelehrte Schriftsteller, der sich im 17. Jahrhundert um die Formulierung eines politischen Kanons bemühte. Ausgehend von Justus Lipsius, dessen kurze Hinweise zur politischen Lektüre ebenfalls in Canitz’ Bibliothek enthalten waren, formulierten zahlreiche politicaVertreter an den protestantischen Universitäten des Reiches politische Leseanweisungen.⁴⁷ Sie richteten sich an das an einer weltlichen Karriere interessierte Studienpublikum, das in großer Zahl die Universitäten frequentierte. Canitz studierte nicht nur selbst in Leiden und Leipzig, sondern profilierte sich in Leipzig mit einer als auctor et respondent verfassten historisch-politischen dissertatio, deren Literaturangaben sich mit den Maßgaben des lateinischen politica-Kanons vollständig decken (vgl. Kap. 4.1.2).⁴⁸ Der Umstand, dass innerhalb des 17. Jahrhunderts Dutzende politische Leseanweisungen erschienen, zeugt von der enormen Wichtigkeit dieser Studieninhalte in der universitären und schulischen Ausbildung angehender Fürstendiener. Dass Canitz seinen mit 13 Jahren verstorbenen Sohn ebenfalls an eine protestantische Universität und damit in die Einflusssphäre der lateinischen politica-Lehre gesandt hätte, ist anzunehmen. Aus diesen Gründen soll die Bibliothek von Canitz hinsichtlich der an den Universitäten vertretenen politischen Kanons systematisch abgetastet werden. Die Feststellung von Kanons gelingt vor allem über den Nachweis von Verweissystemen in den in der Bibliothek enthaltenen Korpora. Je vollständiger ein Verweissystem, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Sammler es aktiv konstruierte und er über eine entsprechende Sachkenntnis verfügte. Ob er die dazugehörigen Wertungsangebote für sich adaptierte, bleibt hingegen offen.⁴⁹ Im Gegenzug beweisen Negativbefunde eine Unkenntnis spezifischer Inhalte, eine schlechte Verfügbarkeit oder tatsächlich konkretes Desinteresse. Als Quellen für politische Kanons werden vier Leseanweisungen der Jahre 1677 bis 1705 herangezogen: Dabei geht es nicht darum, akademische Wertesysteme unreflektiert auf die Bibliothek eines höfischen Amtsträgers zu übertragen,
(6 Titel, Geographie), S. 35 (3 Titel, Geographie), S. 36 (4 Titel, Staatswissenschaften), S. 73 (3 Titel, Öffentliches Recht), S. 74 (5 Titel, Staatswissenschaften). Justus Lipsius: Ad Libros Politicorum Breves Notae, in: Opera Omnia. Postremum Ab Ipso Aucta Et Recensita. Bd. 1– 5, Bd. 4. Antwerpen 1637 (Ms,II,137), S. 121– 148. Friedrich Rudolf von Canitz/Jacob Thomasius: Dissertatio Historico-Politica De Cautelis Principum Circa Colloquia Et Congressus Mutuos […] Fridericus Rudolphus Ludovicus a Kanitz […] A. & R. Leipzig 1674. Vgl. Leonhard Herrmann: Kanondynamik, in: Gabriele Rippl u. Simone Winko (Hrsg.), Handbuch Kanon und Wertung. Stuttgart; Weimar 2013, S. 103 – 110, S. 104 f.: Gerade „die Lektüreverpflichtungen universitärer Lehrpläne [sind] häufig mit einem relativ hohen Verbindlichkeits-, aber potenziell geringen Akzeptanzgrad verbunden“, wohingegen andere Texte „einen geringen Verbindlichkeitsgrad, aber einen hohen Akzeptanzgrad aufweisen.“
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sondern vielmehr um den Versuch, einen zeitgenössischen Expertenblick zu konstruieren, über den sich die Bestände in der Bibliothek beurteilen und einordnen lassen. Es wird nicht davon ausgegangen, dass Canitz’ Bibliothek nur von einem einzigen – nämlich einem akademischen – Deutungsschema geprägt ist. Es wird zwangsläufig divergierende Anteile beinhalten, die ihre Wurzeln in einer anderen Region oder innerhalb eines singulär höfischen Kontextes finden. Der Zugriff auf diese Anteile ist schwer, da sie sich im 17. Jahrhundert noch nicht in eigenen Leseanweisungen niederschlagen.⁵⁰ Doch da ein Kanon nicht ohne die Abgrenzung des politisch Falschen oder Irrelevanten konstruiert werden kann, werden akademische Leseanweisungen zwangsläufig auch alternative Deutungskanons und Materialkanons indizieren, die die Bibliothek beeinflusst haben können. Die Leseanweisungen werden damit ex positivo und ex negativo für die Identifizierung kanonischer Anteile in der Bibliothek von Canitz genutzt. Zur Rekonstruktion des Kanons werden abgesehen von der Leseanweisung von Daniel Hartnack drei weitere Quellen zu Hilfe genommen, die Canitz nicht rezipiert hat. Die älteste davon ist die 1677 erschienene Bibliotheca Politica Contracta des Jenaer Politologen, Philologen und Historikers Johann Bose, die für alle nachfolgenden Literaturanweisungen eine Schlüsselstellung einnimmt und auf die stets umfassend verwiesen wird.⁵¹ Etwa zehn Jahre später erschien 1688 die trotz der vagen Betitelung rein auf das politische Studium bezogene Epistola de Studiis recte instituendis des Juristen und Staatsrechtlers Johann Kulpis, die als zweites Zeugnis des Politica-Kanons herangezogen wird.⁵² Die dritte Vergleichsquelle, Carl Arnds Bibliotheca Politico-Heraldica, kann als Versuch einer Historiographie des Politica-Kanons des 17. Jahrhunderts gewertet werden und ist damit besonders umfassend.⁵³ Arnd sichtete das gesamte bisher erschienene Schrifttum und kompilierte aus den mannigfachen Zitaten der Werturteile und Kommentare seiner Vorgänger eine 500 Seiten umfassende Bibliotheca Politica, die nicht nur seine eigenen Deutungskanons repräsentiert, sondern auch die zahlreicher Zeitgenossen, deren Werke im Rahmen dieser Arbeit nicht mehr gesondert untersucht
Die einzige bekannte Ausnahme bildet Gabriel Naudés Bibliographia Politica, die aufgrund ihres frühen Erscheinungsjahres aber nicht für eine vergleichende Analyse infrage kommt. Vgl. Gabriel Naudé: Bibliographia politica. Venedig 1633. Johann Andreas Bose: Bibliotheca politica contracta, hoc est recensus et judicia de scriptoribus politicis et ad politicam pertinentibus imprimis autem historicis, in: Samuel Schottel (Hrsg.), Bibliographia Historico-Politico-Philologica Curiosa. Frankfurt M. 1677. Johann Georg von Kulpis: De Studio Juris Publici recte instituendo, & de Scriptoribus eo pertinentibus Dissertatio. Eiusdem de studiis Academicis Iuvenis Nobilis recte instituendis Epistola. [s.l.] 1688. Carl Arnd: Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta. Rostock 1705.
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werden konnten. Sie dürfte in Bezug auf Canitz’ Bibliothek besonders aussagekräftig sein, da sie als einzige auch die Literatur der 1690er Jahre berücksichtigt. Alle vier Leseanweisungen bezeugen beispielhaft den „integrativen Charakter der frühneuzeitlichen Politikwissenschaft.“⁵⁴ Neben der genuinen politischen Theorie wurde insbesondere die Geschichte als politisches Exerzitium und als Informationslieferant markiert.⁵⁵ Außer der Rechtswissenschaft wurde auch der Moralphilosophie, der schönen Literatur, der Geografie und der Rhetorik eine politische Relevanz beigemessen. Ziel war erstens die Ausbildung einer allgemeinen Staatsklugheit (prudentia civilis), also einer Handlungskompetenz zur Bewältigung des politischen Alltags, und zweitens die Bereitstellung spezifischer Informations- und Wissensbestände, die mit den zukünftigen Tätigkeitsfeldern zusammenhingen.⁵⁶ Wahrhaffte Politici […] sind diejenige, die eine rechte Kunde desjenigen haben, welches zum Aufnehmen und Wohlseyn eines Landes gehöret, und sich auch mit allem Fleiße bemühen des Landes Beste zu besorgen.⁵⁷
Im Folgenden wird sich erweisen, ob Canitz’ Bibliothek die richtigen Materialien für die Ausbildung der prudentia civilis bereitstellte und ob sich im Bestand auch andere kanonische Inhalte ergänzen, in denen alternative Deutungen zum Tragen kommen.
Michael Philipp: Die frühneuzeitliche Politikwissenschaft im 16. und 17. Jahrhundert, in: Wilhelm Bleek (Hrsg.), Schulen der deutschen Politikwissenschaft. Opladen 1999, S. 61– 78, S. 74. Vgl. u. a. Merio Scattola: Abgründe des Wissens: Über einige Voraussetzungen für die Entstehung der Geschichte als praktischer Wissenschaft, in: Helmut Neuhaus (Hrsg.), Die Frühe Neuzeit als Epoche. München 2009, S. 107– 122; Notker Hammerstein: Jus und Historie. Ein Beitrag zur Geschichte des historischen Denkens an deutschen Universitäten im späten 17. und im 18. Jahrhundert. Göttingen 1972; Reinhart Koselleck: Geschichte, Geschichten und formale Zeitstrukturen, in: Reinhart Koselleck u. Wolf-Dieter Stempel (Hrsg.), Geschichte – Ereignis und Erzählung. München 1973, S. 211– 222; Hermann Lübbe: Geschichtsphilosophie und politische Praxis, in: Reinhart Koselleck u. Wolf-Dieter Stempel (Hrsg.), Geschichte – Ereignis und Erzählung. München 1973, S. 223 – 240. Für eine Liste vgl.: Wolfgang Weber: Prudentia gubernatoria. Studien zur Herrschaftslehre in der deutschen politischen Wissenschaft des 17. Jahrhunderts. Berlin 1992, S. 10 – 15, 31 f., 43 – 46. Wagner, Entwurff, S. 27.
2 Friedrich Rudolf von Canitz und seine Bibliothek Bevor die Analyse der Bibliothek vorgenommen werden kann, soll eine knappe Rekonstruktion der Biografie von Canitz vollzogen werden, die vor allem seine Ausbildung und Karriere fokussiert. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wann er politischen Lehrprogrammen und Kanons ausgesetzt gewesen sein kann und welche Faktoren seinen Literaturerwerb beeinflusst haben könnten Die über 100 Seiten umfassende Biografie von Johann Ulrich von König hat eine hohe informative Qualität: Sie enthält eine detaillierte Auflistung seines personellen Netzwerks und dokumentiert seine Gesandtschaften gut genug, so dass die zugehörigen Akten im Geheimen Staatsarchiv ermittelt werden konnten.¹ Die Angaben Johann von Königs konnten dadurch immer wieder verifiziert werden. Er verfügte über Korrespondenzen aus dem Besitz von Johann von Besser und Nikolaus Zapf, die ihr gesamtes Leben mit Canitz befreundet waren.² Die Korrespondenzen sind heute verschollen – König gab sie mutmaßlich nicht an seine Besitzer zurück.³
2.1 Friedrich Rudolf von Canitz (1654 – 1699) 2.1.1 Abstammung und Lebensumfeld Friedrich Rudolf von Canitz wurde am 27. November 1654 in Berlin als Sohn von Ludwig von Canitz (1626 – 1654) und Margarete Katharina (ca. 1634– 1691), der Tochter Konrads von Burgsdorf (1595 – 1562), geboren.⁴
Ebd., S. 4. „Das dort niedergelegte Material ist äusserst schätzbar, obwohl der Bericht mit einer ermüdenden Weitschweifigkeit, mit Einmischung unnötiger Dinge und pedantischer Beredsamkeit geschrieben ist.“ Vgl. König, Leben, S. LVI f. Dies beweist vor allem der Nachlass von Johann von Besser, der ansonsten erhalten ist. Zu Ludwig von Canitz: Simon Dach: Letztes und wolverdientes Ehren-Gedächtniß Welches Dem weiland Hoch-Edelgebohrnen Herrn Hn. Ludwigen von Canitz. Churfürstlichem CammergerichtsRaht in der Marck Brandenburg/ LandRaht in Preussen und Hauptmann zur Balga/ auff Medenecken […] zu Trost gestifftet Und von Königsberg aus Preussen überschicket von Simon Dachen. [Königsberg] 1654. Zu Margarete Katharina von Burgsdorf und ihrer Familie: Karl Spannagel: Konrad von Burgsdorff. Ein brandenburgischer Kriegs- und Staatsmann aus der Zeit des Kurfürsten Georg Wilhelm und Friedrich Wilhelm. Berlin 1903, S. 359 – 360. In der Leichenpredigt von https://doi.org/10.1515/9783110685336-002
2.1 Friedrich Rudolf von Canitz (1654 – 1699)
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Die väterliche Familie von Canitz war in Ostpreußen verwurzelt, das seit 1618 unter der Territorialhoheit der brandenburgischen Kurfürsten stand. Die zeitgenössische genealogische und historische Literatur zur Familie von Canitz verortet den Ursprung des Adelsgeschlechtes im Raum Lausitz und Meißen. Die Ansiedlung der Familie von Canitz in Preußen und Schlesien erfolgte wohl im frühen 15. Jahrhundert im Zusammenhang mit den Aktivitäten des Deutschen Ordens.⁵ Friedrichs Großvater Salomon von Canitz († vor dem 15. Juni 1646) besaß Ländereien in und um das Gut Mednicken (heute Druschnoje) bei Königsberg und war Hauptmann über die Festung Barthen, wo Ludwig 1626 geboren wurde.⁶ Als nachgeborener Sohn konnte Ludwig nur geringe Anteile des väterlichen Erbes erwarten. Zur Aufwertung seines Vermögens und seiner Einflussmöglichkeiten verblieben Ludwig einerseits funktionaler Erfolg in fürstlichen Diensten und andererseits eine profitable Heirat. Beides suchte Ludwig seit 1653 am kurfürstlichen Hofe in Berlin. Zuvor studierte er in Königsberg, pflegte in Krakau die adeligen Exerzitien und absolvierte eine zweijährige Kavalierstour in Brabant, Flandern, Holland, Gelderland, England und Frankreich.⁷ In Berlin begann seine höfische Karriere, zunächst als Kammerjunker, dann noch im selben Jahr als Kammergerichtsrat.⁸ Am 19. November 1653 erfolgte Ludwigs Eheschließung mit Margareta Katharina, geborene von Burgsdorf. Auf diesem Wege knüpfte er familiäre Bande zur Berliner Hofgesellschaft und kam in den Genuss einer großzügigen Mitgift. Margaretas Vater war der im Jahr 1652 verstorbene Konrad von Burgsdorf, ein ehemals enger Vertrauter von Kurfürst Friedrich Wilhelm. Obgleich er in seinen letzten Lebensjahren in Ungnade fiel, seiner Ämter enthoben wurde und sich immens verschuldete, hinterließ er seiner Tochter eine Mitgift von 50 000 Reichstalern
Friedrich Rudolf von Canitz wird Anna Elisabeth von Burgsdorf fälschlich als seine Mutter geführt, vgl. Spener, Ehren-Gedächtnis, S. 54. König, Leben, S. 7 f. Zur Adelslinie: Johannes Benedictus Carpzov: Neueröffneter Ehren-Tempel Merckwürdiger Antiquitaeten des Marggraffthums Ober-Lausitz. Leipzig 1719, S. 151; Gauhe, Reichs, Sp. 320 – 322; König; Mencke, Adels-Historie, S. 300 – 317. Salomon von Canitz, Kfl. br. Amtshptm. Barten, Erbsaß auf Medenecken, Domelkain u. Langenbrück, vgl. Bahl, Hof, S. 448, 639; Leopold Nedopil: Deutsche Adelsproben aus dem Deutschen Ordens-Central-Archive. Bd. 1– 3, Bd. 1. Wien 1868, Urkunde 2978; zu Mednick: Oskar Schlicht/ Konrad Haberland: Das westl. Samland. ein Heimatbuch des Kreises Fischhausen; Pillau vom Jahre 1725 bis zur Gegenwart. Dresden 1922, S. 193 – 194. Vgl. Dach, Ehren-Gedächtniß, S. 53 f. In der Königsberger Matrikel ist nur der Vater Salomon von Canitz verzeichnet, vgl.: Georg Erler: Die Matrikel und die Promotionsverzeichnisse der Albertus-Universität zu Königsberg i. Pr. 1544– 1829. Bd. 1– 3. Bd. 1: Die Immatrikulationen von 1544– 1656. Leipzig 1910 – 1917, S. 95. Vgl. Bahl, Hof, S. 50, 101– 103, 162, 448.
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und bemühte sich, sowohl sie als auch seine Frau Anna Elisabeth von Löben von Schuldforderungen freizuhalten.⁹ In seinem Testament bestimmte er, dass seine Tochter einen Mann reformierten Glaubens und von adeliger Abstammung heiraten müsse, um ihr Erbe anzutreten.¹⁰ Da Margareta mit Ludwig von Canitz einen Lutheraner heiratete, wurde dem Wunsch Konrads (der selbst erst im Zuge seiner gemeinsamen Erziehung mit Friedrich Wilhelm zum reformierten Bekenntnis übergetreten war¹¹) nicht entsprochen. Dies erklärt sich sicherlich dadurch, dass Konrads Familie selbst lutherisch geblieben war.¹² Konrads Gemahlin Anna Elisabeth (1604 – 1684) war die Tochter des seinerseits lutherischen Rats Johann von Löben (1561– 1636).¹³ Ludwig von Canitz war vermutlich nicht vermögend, aber vom erwünschten „gutem, alten und adeligen Geschlechte“ und außerdem prädestiniert und qualifiziert für eine Karriere in kurfürstlichen Diensten. Mit der Eheschließung hatte das Paar Zugriff auf die von Burgsdorf ererbten Ländereien und Grundstücke. Indem Konrad seinen Bruder Georg zum Haupterben erklärte und diesem auftrug, Margareta auszuzahlen, lagerte Konrad die Schulden auf seinen Bruder und dessen Erben um, was in den Folgejahren immer wieder Rechtsstreitigkeiten provozierte. Als Mitgift bekam Margareta außer den bereits erwähnten 50 000 Reichsthalern weitere 10 000 für Hochzeit und Brautschmuck. Zusätzlich erhielt sie die Ortschaft Groß-Machnow südlich von Berlin.
Vgl. Spannagel, Burgsdorff, S. 435. Testament Konrads von Burgsdorfs, 16. Februar 1651: „Meine Tochter soll sich nicht vor dem 17. Lebensjahr verheiraten; Thut sie es doch, so soll sie nur 30000 Reichsthaler statt 50000 zur Mitgabe erhalten, in allem für Schmuck und Hochzeitsgeld. Meine Tochter soll sich nicht ohne meiner Gemahlin und der nächsten Freunde [Zustimmung] versprechen und verheiraten. Vor allen Dingen, daß von meiner Tochter, der Frau Mutter und nächsten freunden vornehmlich dahin gesehen werde, daß meine Tochter einen ehrlichen, christlichen Mann und sonderlich der von meiner rechten, christlichen, reformirten Religion sein möchte, freien und bekommen möge, vornehmlich aber von gutem, alten und adeligen Geschlechte und der von gutem Leben und Wandel ist, bevorab, der seinen Gott von Herzen fürchtet und liebet. […] Da aber über verhoffen (da sie der große Gott vor behüten wollte) sie etwa unter ihrem Stande heiraten sollte, so wird Gott sie strafen, und soll sie dann alles in allem nur 4000 Reichsthaler erhalten. Sie soll sich auch auf solchen ungehofften Fall nimmer nach meinem uralten guten Geschlechte nennen oder tituliren lassen.“, zit. nach: ebd., S. 437. Vgl. ebd., S. 5. Vgl. Bahl, Hof, S. 443. Spannagel, Burgsdorff, S. 359; Bahl, Hof, S. 214. Seine Hinwendung zum reformierten Bekenntnis fand wohl zwischen 1620 – 1640 statt, seit 1629 war er mit Anna Elisabeth von Löben verlobt, spätestens 1636 verheiratet.
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Die Ehe dauerte nur wenige Monate. Ludwig von Canitz verstarb am 24. März 1654 unerwartet am „hitzigen Fieber“ zu einem Zeitpunkt, als seine junge Frau bereits schwanger war.¹⁴ Der gemeinsame Sohn Friedrich Rudolf kam am 27. November zur Welt und wurde der Obhut seiner Großmutter Anna Elisabeth von Löben überlassen, da Margareta sich wenig später neu vermählte.¹⁵ Anna von Löben nahm ihren Wohnsitz im Schloss von Blumberg bei Berlin, verfügte aber auch über vier Häuser in Berlin, so dass die stetige Anbindung an den Hof gegeben war.¹⁶ Eines dieser Häuser war das „Kurfürstenhaus“ in der Poststraße 4 bis 5 im Berliner Nikolaiviertel, das nur wenige hundert Meter vom kurfürstlichen Schloss entfernt war und das Friedrich von Canitz mit dem Tod seiner Großmutter erbte.¹⁷ Für Canitz erwies sich die familiäre Konstellation nicht als ideal für einen schnellen Einstieg in fürstliche Dienste: Es gab nur wenige männliche Protegés innerhalb der engeren Verwandtschaft. Georg Ehren(t)reich von Burgsdorf lebte nur bis 1656 und der Großonkel Johann Friedrich von Löben (Bruder Anna Elisabeths von Löben) bis ins Jahr 1667.¹⁸ Die väterliche Familie von Friedrich Rudolf von Canitz war in Ostpreußen verwurzelt, seine Onkel machten in verschiedensten Teilen des Reiches Karriere, zum brandenburgischen Hof bestanden dagegen nur lose Verbindungen. Als adeliger Vormund und Vertrauensperson verblieben Friedrich daher nur seine Großmutter Anna von Löben und deren Bruder Johann Friedrich. Über die Kindheit und frühe Jugend, die Friedrich Rudolf von Canitz in der Obhut seiner Großmutter verbrachte, ist nur wenig bekannt. Johann von König beschreibt die für junge Adelige klassische Unterrichtung: Seine Frau Großmutter suchte ihm daher, mit Zuziehung der Herren Vormünder, Beyzeiten unter vielen Lehrmeistern die besten aus, um ihn sowohl in den Christlichen Pflichten, als
Vgl. Elias Sigismund Reinhart: Die Eilige aber Gott wolgefällige Vollkommenheit Deß weyland Hoch-Edelgebornen Herrn. Herrn Ludewigs von Kanitz Churfürstl. Brandenb. wolbestalten Märckischen Hoff- und Cammergerichts-Rahts auch Preußischen LandRahts und Hauptmanns zu Balge. Berlin 1654. S. 72. Ende 1676 ließ sich Margarete scheiden und heiratete wenig später Pierre Brunboc de Larrey (1645 – 1699). Vgl. König, Leben, S. 12, 30 f. Baron Pierre de LARREY, in: Jürgen Stenzel: Kirchenbücher aus französisch reformierten Gemeinden in Berlin und Brandenburg. Kirchenbuchstelle Berlin, 1672– 1945. Berlin 2000, Nr. 31872. Testament Konrads von Burgsdorfs, 16.02.1651; zit. nach: Spannagel, Burgsdorff, S. 437– 438. Vgl. Bahl, Hof, S. 444; Martin Mende: Poststraße, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins (2010,4), S. 485 – 490, S. 485 – 486. Im „Kurfürstenhaus“ verstarb 1619 Johann Sigismund. Vgl. Bahl, Hof, S. 443 f.; 529 f.
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Adelichen Tugenden, und allen zum Hof und Staat nöthigen Wissenschafften, Sprachen und Leibes-Ubungen geschicklich unterrichten zu lassen.¹⁹
Dieser Ausbildungskatalog bediente das übliche Portfolio aus Bildung, Frömmigkeit und höfischen Sozialkompetenzen. Canitz muss schon vor der Universität Lektionen in Latein und Französisch erhalten haben, auch solche in Rhetorik, Ethik und Geschichte sind anzunehmen. Von Geburt an wurde ihm das korrekte höfische Sozialverhalten ebenso anerzogen wie die dazugehörigen kulturellen und zeremoniellen Praktiken.
2.1.2 Studium, Kavalierstour und Leben in Berlin Am 10. August 1671 schrieb sich Canitz als Student der Rechtswissenschaften in die Matrikel der Universität Leiden ein.²⁰ Nachdem Kurfürst Friedrich Wilhelm selbst einen Teil seiner Jugend dort verbracht hatte, war die Universität eine beliebte Anlaufstelle für brandenburgische Adelige und angehende Beamte. Canitz’ Aufenthalt dauerte knapp zwei Jahre; im Sommersemester 1673 setzte er die Studien in Leipzig fort und beendete sie 1674 nach der Abhaltung einer historischpolitischen Dissertatio.²¹ Die Untersuchung der Studieninhalte und der Dissertatio erfolgt in Kap. 4.1.2. Direkt im Anschluss an sein Studium brach Canitz 1675 zu einer Kavalierstour auf. Die einzelnen Stationen der Kavalierstour und die Personen, denen Canitz dabei begegnete, werden detailliert in der Lebensbeschreibung von Johann von König beschrieben. Besonders in diesem Abschnitt zitiert er viele Briefe, die Canitz an seinen Studienfreund Nikolaus Zapf sandte. Bezüglich der Kavalierstour und ihrer Ziele bestanden im 17. und 18. Jahrhundert klare Narrative, über die König die Canitzschen Biografie stark stilisierte. Prinzipiell sollten durch die Kavalierstour die theoretisch angelegten Wissensinhalte mit konkreten Erfahrungen verknüpft werden. Vor allem galt es, die „Sozialkompetenzen“ zu stärken, also gesellschaftliche Konversation und höfi-
König, Leben, S. 12 f. Vgl. Album studiosorum, Sp. 570. Canitz ist seit dem Sommersemester 1673 in der Matrikel verzeichnet und absolvierte seine Disputatio exercitii causa am 17.10.1674, vgl.: Georg Erler: Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig. Die Immatrikulationen von Wintersemester 1634 bis zum Sommersemester 1709. Leipzig 1909, S. 59. Dass Brandenburger in Leiden kein vollständiges Studium absolvierten, war eher die Regel als die Ausnahme, vgl. Bahl, Hof, S. 224.
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schen Umgang in verschiedenen Kontexten einzuüben. Wichtig war das Beherrschen verschiedener Spielarten höfischer Unterhaltung (tanzen, reiten, musizieren, der Besuch verschiedener Festivitäten).²² Damit der Erwerb derartiger Erfahrungen kontrolliert erfolgte, wurde dem Reisenden ein Hofmeister zur Seite gestellt, der die Tour organisierte und seinen Schützling beaufsichtigte. In Canitz’ Fall erhielt der kurfürstliche Sekretär Gottfried Weiß diese Aufgabe. Zusätzlich entwickelten die Canitzschen Verwandten eine Reiseverordnung, an der sich der Schützling zu orientieren hatte. Die Reise erfolgte dem klassischen Modell entsprechend durch Italien und Frankreich. Besonders detailliert beschreibt König die Aufenthalte in Rom, Venedig, Florenz und Neapel. In Bezug auf Canitz’ Aufenthalt in Italien rückt König Canitz’ gelehrte Weiterbildung in den Fokus und berichtet ausführlich von Unterrichtseinheiten bei renommierten Gelehrten. So nahm er in Rom bei einem Lehrmeister namens D. Loretti Französisch- und Italienischunterricht und erhielt anhand des Werkes Italia regnante von Gregorio Leti Lektionen zur italienischen Geschichte und Geografie.²³ Canitz traf Numismaten, gelehrte Mönche, Sternkundige, Ärzte, Bibliothekare und Literaten. Sie zeigten ihren Besuchern Sehenswürdigkeiten und Kuriositäten und vermittelten Einblicke in Wissensfelder, die nicht im klassischen Bildungskanon der Zeit enthalten waren. So wurde Canitz durch den Jesuiten und Polyhistoren Athanasius Kircher in die Kunst der Musikkomposition eingeführt. In einen Brief, den Johann von König zitiert, äußert Canitz große Bewunderung für den Jesuiten.²⁴ Ein Aspekt, den König mehrfach hervorhebt und auch mit Zitaten belegt, ist Canitz’ Bibliophilie, die ihn vor allem in Italien dazu bewog, die Buchläden zu durchstöbern: Im Anfange des folgenden 1676sten Jahres reiseten sie, auf kurtze Zeit, nach Neapel, besuchten die dasigen Seltenheiten, und darunter auch die Buchläden, in welchen Herr von Canitz eine ziemliche Anzahl rarer Italiänischer Bücher erhandelte.²⁵
Zusätzlich erhielt Canitz von Bekannten und Freunden den Auftrag, bestimmte Bücher zu erwerben, so informierte er Zapf im Mai 1676:
Vgl. Gerrit Walther: Die adlige Kavalierstour, in: Kurt Andermann u. Sönke Lorenz (Hrsg.), Zwischen Stagnation und Innovation. Ostfildern 2005, S. 119 – 133, S. 121 f.; Andreas Keller/Winfried Siebers: Einführung in die Reiseliteratur. Darmstadt 2017, S. 92. Ebd., S. 21. Vgl. ebd., 22 f.; Fritz Krafft: Kircher, Athanasius, in: Science in Context 11 (1977), S. 641– 645. Vgl. ebd., S. 20.
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Von des Emanuel Thesaurus Sachen, die du so sehr zu sehen wünschest, habe schon vieles aufgetrieben, darunter seine Ars Lapidaria & Argutiarum, seine Philosophia moralis, seine Historia Regniae Italiae, wie auch seine Panegyrici sacri & profani, die doch meist in Italiänischer Sprache geschrieben; Wann ich durch Turin gehe, hoffe ich mehr von ihm zu kriegen. Ich verthue viel Geld in Büchern, und kauffe viel Academische Discurse über die allerseltensten Materien, welche von den klügsten Köpfen, durch gantz Italien, in ihren gelehrten Zusammenkünften oder Academien öffentlich verlesen, und bisweilen in Druck gegeben werden.²⁶
Auch die Besichtigung berühmter Bibliotheken gehörte zum Programm der Kavalierstour und so besuchte Canitz die Büchersammlung des Herzogs von Florenz (Cosimo III. de Medici). Herumgeführt wurde Canitz von dem Gelehrten Antonio Magliabechi, der der Bibliothek zuvor 30 000 Bände gestiftet hatte und die Bibliothek im Auftrag des Herzogs leitete.²⁷ In Mailand wurden sie durch die Bibliotheca Ambrosiana geführt.²⁸ Kurz vor der Einreise nach Frankreich besuchte er Genf, wo er „auch viele Bücher, und darunter einen guten Vorrath von verbothenen Italiänischen, eingekaufft“.²⁹ Durch seine Reisen konnte sich Canitz Buchmärkte erschließen, die ihm in der Heimat nur schwer zugänglich waren oder infolge allgemeiner Abwertung oder einer tatsächlichen Zensur verboten waren. In Frankreich verlagert sich der Fokus der Reisebeschreibung von Canitz’ Kavalierstour mehr auf die Einübung adeliger Exerzitien. Gestützt auf Briefe von Canitz vermerkt König schon vor der französischen Grenze einen Wandel kultureller Gepflogenheiten: Endlich reiseten sie […] nach Turin, woselbst sie etliche Tage ausruheten, und den Hof um soviel fleissiger besuchten, weil sie die allzueingeschränckte Lebensart der Italiaener, durch die eingeführte weniger gezwungene frantzösische Sitten, daselbst schon in etwas gemäßiget fanden.³⁰
In der Sichtweise von König manifestieren sich mit Italien und Frankreich zwei kulturelle Sphären, die mit unterschiedlichen Wissensinhalten verbunden sind.
Ebd., S. 25 f. (Fußnote) Die Analyse der Bibliothek lässt darauf schließen, dass Canitz während seiner Kavalierstour den Großteil seiner italienischen Bücher erwarb (vgl. Kap. 2.2). Zapfs Interesse an dem jesuitischen Rhetoriker und Historiker Emanuel Tesauro teilte Canitz wohl, da dessen Bibliothek wenigstens sieben Titel des Autors beinhaltet, darunter fünf von sechs der obengenannten Werke (teilweise nach 1677 erschienen). König, Leben, S. 24; Albanese, Magliabechi. Vgl. ebd., S. 26. Ebd., S. 27. Ebd., S. 26.
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Während die Italiener eher steif erscheinen und die Gelehrsamkeit fördern, scheinen bei den Franzosen mehr Spielräume zur adeligen Lebensgestaltung und Erlernung von Exerzitien zu bestehen. Während die Reise durch verschiedene französische Städte bei König schnell abgehandelt wird, befasst er sich ausführlich mit Canitz’ Aufenthalt in Paris, wo ihm der brandenburgische Gesandte Guillaume Millet de Jeurs eine Audienz beim Dauphin [Louis de France] verschaffte, „welcher die Gnade hatte, sich mit diesem jungen Teutschen in eine ziemlich lange Unterredung einzulassen.“³¹ Canitz war häufig bei Hofe, nahm Reitstunden und erhielt erneut Sprachunterricht, von dem er Nikolaus Zapf berichtete: „[…] ich [habe] mich auch diese Zeit über allhier auf die Leibes-Übungen, das Frantzösische, Spanische und Englische mit solchem Eifer geleget, daß ich bald ein vollkommenes lebendiges Wörter-Buch von vier bis fünf Sprachen seyn werde.“ Auch für Canitz’ kurzen Aufenthalt in England verweist König auf Begegnungen mit hochrangingen Staatsmännern. Wieder empfing ihn der brandenburgische Gesandte (hier sein späterer Schwiegervater Otto von Schwerin), der ihm nicht nur den Zutritt zum Hofe vermittelte, sondern auch die „Gelegenheit, den König bey der bekannten Krancken-Berührung zu sehen.“ Zusätzlich traf Canitz den dänischen Gesandten Markus Falksen von Gjöe und speiste an der Tafel des Londoner Bürgermeisters.³² Nach einem kurzen Aufenthalt in England reisten sie über die Niederlande nach Berlin zurück. Auf dem Weg statteten sie den brandenburgischen Gesandten Werner Wilhelm von Blasspiel und Lorenz Christoph von Somnitz einen Besuch ab, die bei den Friedensverhandlungen von Nimwegen den Brandenburgischen Kurfürsten vertraten. „Bey dieser erlauchten Friedens-Versammlung, unter so vielen berühmten Staats-Leuten aus gantz Europa, [lernten sie] die meisten persönlich kennen“.³³ Zur geistigen Entwicklung von Canitz resümiert König: In der That war er ein, zu dem gemeinen Besten, schon vollkommen ausgarbeiteter junger Mensch, als er wieder nach Hause kam. Sein mit einer höflichen Sittsamkeit gemäßigter lebhaffter Geist erwarb ihm die Hochachtung und Gewogenheit aller derer, die ihn sprächen. Wie er vorhin schon an dem mit den stattlichsten Männern gezierten Brandenburgischen Hofe erzogen worden; so hatte er, auf seinen Reisen, durch die Gemeinschafft und den Umgang so vieler wackern Staats-Kriegs- und Hof-Leute, Gelehrten und Künstler; auch durch Untersuchung so vieler Gebräuche, Meynungen, Sitten, Staats-Verfassungen, oder anderer Gesetze eine mehr als mittelmäßige Erfahrung erlanget.
Ebd., S. 29. Vgl. ebd., S. 31. Ebd., S. 32.
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Sein Fazit spiegelt den zeitgenössischen Konsens über die Bildungsformen und Kompetenzen, die im Zuge einer Kavalierstour erworben werden sollten: Primär sollte die Kavalierstour einen Reifeprozess initiieren, der aus einem Jugendlichen einen formvollendeten Adelsmann machte. Riskante Situationen (wie zum Beispiel auch ein Überfall im italienischen Pozzuolo, wo Canitz seinem in Bedrängnis geratenen Hofmeister tapfer zu Hilfe eilte)³⁴ bildeten wichtige Erfahrungswerte und stärkten den Charakter. Die Aufenthalte an verschiedenen Höfen vertieften die Konversationsfähigkeiten. Sie machten ihn für Freunde und Verhandlungspartner gleichermaßen zu einem angenehmen Gesprächspartner und mit den spezifischen Kommunikationsbedingungen an verschiedenen Höfen vertraut. Canitz sollte mit einem Gelehrten genauso aktiv in Kommunikation treten können wie mit einem Fürsten, einem Gesandten oder Bürgermeister. Des Weiteren eignete sich Canitz kontextbezogenes Wissen an, das dem Prinzip der notitia rerum publicarum entspricht und neben juristischen, politischen und geografischen Verhältnissen auch Kultur und (höfische) Sitten berücksichtigte. König, der die Desiderate und Narrative der zeitgenössischen Apodemik kennt, konstruiert für den von ihm bewunderten Canitz ein Reiseerlebnis, das die an Canitz gesetzten Erwartungen repräsentiert.³⁵ Es ist nicht zu bezweifeln, dass Canitz sich darum bemühte, auch tatsächlich mit den erwünschten Eigenschaften zu brillieren. Die Kavalierstour lieferte Erfahrungen, die für einen späteren Gesandten und Geheimen Rat von Bedeutung waren. Wenn König beschreibt, wie Canitz und Weiss sich Einreiseerlaubnisse nach Frankreich beschafften; wie sie sofort nach der Ankunft den jeweiligen brandenburgischen Gesandten kontaktierten, damit dieser sie bei Hofe einführte; wie sie aktiv die Gesellschaft von Diplomaten aufsuchten, die auf Friedensversammlungen tagten – so lernte Canitz tatsächlich Verfahrensregeln, die ihm in Zukunft den Zugang zu externen höfischen Gesellschaften ermöglichten. Zeremonial- und Verfahrenswissen ließen sich tatsächlich nur durch Reisetätigkeiten effektiv aneignen. An ausländischen Höfen konnte sich Canitz darin üben, in kürzester Zeit möglichst viele hochrangige Personen zu treffen und ihnen im Gedächtnis zu bleiben. Auch für seine Sprachkenntnisse fanden sich vielfältige praktische Anwendungsmöglichkeiten. An die Kavalierstour schloss sich bald ein weiteres Erfahrungsfeld an: Noch im Sommer 1677 begleitete er den Kurfürsten und seine Truppen, welche die schwedischen Besitzungen in Pommern im Zuge des Schwedisch-Brandenburgi-
Ebd., S. 21. Zur politischen Apodemik am Anfang des 18. Jh. vgl.: Winfried Siebers: Diplomatie und Politik in der frühaufklärerischen Apodemik, in: Siegrid Westphal u. Stefanie Freyer (Hrsg.), Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. Berlin 2020, S. 23 – 42.
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schen Krieges angriffen und bis 1678 vollständig eroberten.³⁶ Aufgrund von Krankheit musste Canitz seinen Aufenthalt schon kurz nach seiner Ankunft für einige Monate unterbrechen, nahm aber dann 1678 an der Eroberung von Rügen und Stralsund teil, begleitete den Kurfürsten auf seinen Feldzügen durch das damalige Kurland und Livland. Inwiefern Canitz aktiv beteiligt war, lässt sich nicht rekonstruieren, doch rein formal bildete das Militär eine letzte wichtige Station vor dem Eintritt in die kurfürstlichen Funktionseliten. Es stand für Loyalität, Erfahrenheit und den adeligen Tugendkanon.³⁷ Im Anschluss an seine Kavalierstour wurde Canitz von Friedrich Wilhelm zum Kammerjunker erhoben, was seine höfische Karriere offiziell einleitete.³⁸ Nach seiner Rückkehr vom Pommerschen Feldzug wurde er darüber hinaus zum Amtshauptmann von Zossen und Trebbin (kleinere Ortschaften südlich von Berlin) ernannt. 1683 beförderte ihn Kurfürst Friedrich Wilhelm zum „Mühlenhauptmann“. Als solcher war Canitz mit der Verwaltung zahlreicher kurfürstlicher Ländereien beauftragt, die den Hof mit Naturalien und sonstigen Einnahmen versorgten.³⁹ 1683 wurde Canitz außerdem mit der Renovierung des nahegelegenen Mühlendamms betraut.⁴⁰ Seinen sozialen Status festigte Canitz im Februar 1681 durch seine Ehe mit der in den lokalen Adelsfamilien eng verwurzelten Dorothea Emerentia von Arnim (1656 – 1695).⁴¹ Ihre zu dieser Zeit bereits verstorbenen Großväter hatten in kurfürstlichen Diensten hohe Posten innegehabt, Dorotheas Großvater väterlicherseits Bernd von Arnim (1595 – 1661) war Kriegskommissar, brandenburgischer Kammerpräsident und Amtshauptmann von Lebus und Fürstenwalde⁴², der Großvater mütterlicherseits Hildebrand von Kracht war ebenfalls Rat und Obrist gewesen. Nach dem Tod des Vaters hatte sich Dorotheas Mutter Hedwig Sophie von Kracht mit Raban von Canstein (1617– 1680) vermählt und ihm drei Kinder geboren, darunter Carl Hildebrand von Canstein (der spätere Mäzen und Förderer des Halleschen Pietismus).⁴³
Vgl. Max Immich: Geschichte des europäischen Staatensystems: 1660 – 1789. Darmstadt 1967, S. 85 – 88. Vgl. König, Leben, S. 33 f., 40 f. Vgl. ebd., S. 33. Vgl. Bahl, Hof, S. 48; Escher, Berlin, S. 65 – 84; König, Leben, S. 46. Vgl. ebd., S. 77. Zu Dorothea Emerentia und ihrer Familie vgl.: Spener, Trost; König, Leben, S. 36 – 39. Vgl. Bahl, Hof, S. 424 f. Vgl. ebd., S. 449 f. Peter Schicketanz und Hugo Bloth gehen davon aus, dass Cansteins Kontakt zu Spener überhaupt erst durch Canitz zustande gekommen sei. Vgl. Peter Schicketanz: Carl Hildebrand von Cansteins Beziehungen zu Philipp Jacob Spener. Witten 1967, S. 43; Hugo Gotthard
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Im März 1686 gebar Dorothea den gemeinsamen Sohn Philipp Friedrich von Canitz (1686 – 1699), der als einziges Kind der beiden das Kleinkindalter überlebte.⁴⁴ Seine Mutter Dorothea verstarb am 9. April 1695. Anderthalb Jahre später heiratete Canitz Dorothea Maria von Schwerin (*1670). Sie war die Tochter des Geheimen Rats und Diplomaten Otto von Schwerin d.J. (1645 – 1705), der u. a. als Resident in London und Wien aktiv gewesen war.⁴⁵ Die Vermählung führte schon am Tag der Hochzeit zu einem sozialen Aufstieg: Der dort anwesende Kurfürst verkündete Canitz seine baldige Ernennung zum Geheimen Rat (ausgeführt im März 1697).⁴⁶ 1698 wurde Canitz vom Kurfürsten und vom Kaiser darüber hinaus in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Bereits ein Jahr später erkrankte er auf seiner Gesandtschaft in Den Haag und bat um seine Abberufung, die Friedrich III. ihm im Frühjahr auch gewährte. Sowohl Philipp Jakob Spener als auch Joachim Lange beobachteten in dieser Zeit bei ihm eine intensivierte Hinwendung zum Glauben.⁴⁷ Er starb am 11. August 1699. Nur wenige Wochen später, am 26. September, verstarb auch Canitz’ einziger Sohn Philipp an einem Pockenanfall.⁴⁸ Canitz verbrachte den Großteil seiner Dienstzeit auf Gesandtschaftsreisen innerhalb des Heiligen Römischen Reiches, siedelte aber nur in einem bekannten Fall mit seinem Haushalt und seiner Familie an den jeweiligen Zielort über.⁴⁹ Da er ansonsten meist spontane Missionen absolvierte, deren Dauer im Vorhinein nicht absehbar war, blieben Berlin, seine Ländereien und der Hof sein Lebensmittelpunkt. Canitz’ Außenresidenz war das durch die Dichtungen sehr bekannt gewordene Landgut in Blumberg, das er von seiner Großmutter geerbt hatte. Wenn er am Hofe in Berlin war, so residierte er in seinem Haus in der Poststraße im Nikolaiviertel, einem Stadtteil, in welchem auch viele andere Adelige und Hofangehörige ansässig waren. In den 1690er Jahren avancierte das Nikolaiviertel zu einem Wirkzentrum von Vertretern des Halleschen Pietismus, die gezielt den Kontakt zum Berliner Hof suchten. Dazu gehörten vor allem Johann Caspar Schade und Philipp Jakob Spener, der seit 1691 als Probst in der Nikolaikirche tätig war und mit seinen Predigten zahlreiche prominente Gemeindemitglieder für sich gewinnen konnte. Dass Friedrich Rudolf von Canitz ein regel-
Bloth: Soldat und Vermittler. Generalfeldmarschall Dubislav Gneomar v. Natzmer (1654– 1739), in: Baltische Studien Neue Folge 70 (1984), S. 81– 111, S. 91. Vgl. ebd., S. 50. Vgl. Bahl, Hof, S. 585 f.; Gottlieb Schumann: Jährliches genealogisches Hand-Buch. Leipzig; Frankfurt M. 1732, S. 530. Vgl. ebd., S. 77– 79. Vgl. ebd., S. 82– 84. Vgl. ebd., S. 86, 91. ebd., S. 56 f.
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rechtes Zielobjekt pietistischer Bemühungen war, erläutert der Pietist Joachim Lange, der seit 1693 als Hofmeister für Canitz’ Sohn Philipp angestellt war.⁵⁰ Mein noch sehr zarter Discipel […] war ein überaus wohlgeartetes Kind von solcher guten Art und Folgsamkeit, auch Fleiß, daß ich ihm niemals ein ernstliches Wort habe sagen dürfen […]. Die Frau Mutter war eine besonders gute Freundin von denen beyden rechtschaffenen Knechten Gottes, Herrn D. Spener und Herrn M. Schaden, und fürchtete Gott von Hertzen. Der Herr Vater, ein vornehmer Staats-Minister, stunde zwar in solchem Stande noch nicht, aber doch war er nicht allein auch nicht ohne Furcht Gottes, sondern auch dabey der Natur nach von einem sehr liebreichen, sanftem gütigen und gutthätigen Wesen, so sich bey ihm auch zuletzt immermehr hat heiligen lassen.⁵¹
Seine Aussagen bezeugen die programmatischen und energischen Versuche der Pietisten, die sozialen Eliten für sich zu gewinnen. Glaubt man den Worten von Lange, so zeigten sich bei Canitz erst zu seinem Lebensende Erfolge. Das Ende dieses vornehmen Ministri war sehr erbaulich: wie er sich denn auch gegen den Herrn D. Spener hatte vernehmen lassen, daß er in seiner Kranckheit viel gelernet, und, wenn ihm Gott das Leben noch länger fristen würde, er dasselbe hinführo in mehrer Gemeinschaft mit Gott führen wolle.⁵²
In Anbetracht dieser Aussagen besteht kein Zweifel, dass Canitz den Ideen des Halleschen Pietismus im hohen Maße ausgesetzt war. Umso erstaunlicher ist es, dass Lange sich über den Erfolg der pietistischen Bemühungen eher zögerlich äußert. Die hier über die Biografie von Canitz geschilderten Details offenbaren einen Widerspruch zu den Idealen, die Canitz in seinen Gedichten formuliert und in denen er sich eher als Landmann inszeniert. In Anbetracht des sozialen Umfelds von Canitz ist eher davon auszugehen, dass sich Canitz’ eigentlicher Lebensmittelpunkt im Berliner Nikolaiviertel befand. Dort predigte Spener und dort lebte auch die Verwandtschaft seiner Gemahlin. Seine Bibliothek wurde nicht in Blumberg, sondern in der Poststraße versteigert. Der Umstand, dass die Bibliothek von Joachim Lange und von einem in Berlin ansässigen Buchhändler und Verleger katalogisiert und versteigert wurde, deutet darauf hin, dass die Bibliothek auch im Kurfürstenhaus aufgestellt war.⁵³ Canitz’ Anwesenheit im nahegelegenen Berliner Schloss war sicherlich so häufig erforderlich, dass er es sich Vgl. Joachim Lange: D. Joachim Langens, Der Theologischen Facultaet zu Halle Senioris […] Lebenslauf. Halle 1744, S. 33. Ebd., S. 33 f. Ebd., S. 57. Siehe Kap. 2.2. König, Leben, S. 93; Lange, Lebenslauf, S. 58.
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nicht leisten konnte, sich für längere Zeit auf sein Landgut zurückzuziehen. Bestattet wurde Canitz in der Berliner Marienkirche.⁵⁴ Der Befund stimmt mit den Forschungen von Burghard Dedner überein, der argumentiert, dass „die Dichter, die das literarische Motiv des Landlebens verwendeten, […] nicht auf dem Lande zu leben [pflegten].“⁵⁵
2.1.3 Canitz’ politisches Profil und Handlungsfeld Deputationstage in Frankfurt und Mainz (1682) Im Oktober 1682 wurde Canitz für seine erste größere Gesandtschaft zu den Deputationstagen nach Frankfurt geschickt, wo über eine Reaktion auf die Reunionen Ludwigs XIV. verhandelt wurde. Nachdem Kurfürst Friedrich Wilhelm seit 1679 mit Ludwig XIV. im Bündnis stand, war er aufgefordert, den französischen Anspruch auf eine Anerkennung der Reunionen im Elsass zu unterstützen und einen Krieg zwischen Frankreich und dem Reich zu vermeiden.⁵⁶ In seinem Auftrag sollte Canitz nun diese Bemühungen unterstützen und dazu beitragen, dass „die Friedliebenden [i. e. die Verbündeten Frankreichs, die für eine Anerkennung der Reunionen eintraten], sich in corpore zu der Gegenpartei verfügten, ihnen die Sache vorstellten, und wenn dieselben doch nicht umzustimmen sein sollten, ihnen die Verantwortung deswegen anheimstellten, auch daß in diesem Falle die Friedliebenden sich zusammentäten und gewisse mesures, was auf alle Fälle zu tun, nähmen.“⁵⁷ In Frankfurt traf sich Canitz den Instruktionen entsprechend mit den kaiserlichen, kurmainzischen und französischen Gesandten, wenige Tage später reiste er auch nach Mainz und erhielt dort eine Audienz beim Mainzer Kurfürsten, der ebenfalls mit Frankreich im Bündnis stand. Als selbst nach einigen Wochen in Frankfurt kein Ergebnis erzielt wurde, verließen die französischen Gesandten Frankfurt. Zu einer militärischen Gegenoffensive durch das Reich und die Habsburger kam es in den Folgejahren nicht, daher war die Mission aus brandenburgischer Perspektive zufriedenstellend verlaufen.
Spener, Ehren-Gedächtnis. Burghard Dedner: Topos, Ideal und Realitätspostulat: Studien zur Darstellung des Landlebens im Roman des 18. Jahrhunderts. Tübingen 1969, S. 2. Vgl. Immich, Geschichte, S. 107– 113. Ebd. Für Gesandtschaftsberichte von Canitz, vgl.: S. 816 – 823. Außerdem: Samuel von Pufendorf: De Rebus Gestis Friderici Wilhelmi Magni, Electoris Brandenburgici. Berlin 1695 (Ms,II,9 und Ms,II,192), Kap. XVIII, § 65, 67.
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Kurköln (1684) Canitz zweite große Mission lässt sich ebenfalls in den Kontext der Reunionskriege einordnen: Im Laufe des Jahres 1684 begann sich Friedrich Wilhelm von seinem französischen Bündnispartner zu distanzieren. Unzufrieden über ausbleibende Subsidienzahlungen, abgeschreckt durch die einsetzende Vertreibung der Hugenotten und in Sorge vor einem eskalierenden Krieg zwischen dem Reich und Frankreich verweigerte er sich einer Allianz von Frankreich, Brandenburg, Kurköln und Kurtrier. Am 26. Februar 1684 bewerkstelligte sein nach Köln abgesandter Rat und Minister Paul von Fuchs (1640 – 1707) eine Defensivallianz zwischen Dänemark, Brandenburg und Kurköln, die sich gegen die französischen Ambitionen richtete und den Frieden in den niedersächsischen Kreisen zu wahren versuchte.⁵⁸ Nachdem Fuchs Ende März 1684 in die Generalstaaten abreiste, übernahm Canitz seinen Posten und wurde damit beauftragt, die Defensivallianz aufrechtzuerhalten.⁵⁹ Doch schon im Sommer brach der ohnehin nur zögerlich beigetretene Kölner Kurfürst Maximilian Heinrich von Bayern (der schon zuvor mit den Franzosen verbündet gewesen war) die Allianz und duldete, dass französische Truppen in Köln einmarschierten. Im August 1684 erübrigte sich die Allianz vollends, als die Aushandlung des sog. Regensburger Stillstands gelang, in dem der Kaiser Ludwig XIV. die bisherigen Eroberungen auf zwanzig Jahre zusprach, und dieser im Gegenzug versicherte, keine weiteren Territorien mehr zu beanspruchen.⁶⁰ Zusätzlich war Canitz in Köln damit beauftragt, den instabilen Frieden im Niedersächsischen Kreis zu wahren: Nachdem im März 1684 die Stadt Höxter von kurkölnischen und die Stadt Mölln von dänischen Truppen (also beiderseits von brandenburgischen Verbündeten) unter Vorwänden erobert worden waren, galt es, militärische und politische Gegenmaßnahmen der welfischen Herzöge Johann Friedrich von Braunschweig-Calenberg und Georg Wilhelm von BraunschweigLüneburg zu verhindern, die den gesamten Niedersächsischen Raum in Unruhe bringen konnten. Die Braunschweiger ließen sich nicht dazu bewegen, der Allianz zwischen Brandenburg, Kurköln und Dänemark beizutreten oder sich auch nur
Vgl. Martin Philippson: Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Bd. 1– 3, Bd. 3: 1660 bis 1688. Berlin 1903, S. 352 f.; Immich, Geschichte, S. 124; Pufendorf, Friderici Wilhelmi Magni (Ms,II,9 und Ms,II,192), Kap. XVIII, § 115 f. Vgl. König, Leben, S. 47; GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 1036: Beziehungen zu Kurköln (1684 Feb.–Apr.); Vgl. Instruction vom 25. Febr. 1684, in: GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 1040: Sendung des Hof- und Legationsrats von Canitz nach Köln zur Fortführung der von dem Wirkl. Geheimen Rat Paul v. Fuchs begonnenen Negotiation (1684). Vgl. ebd., S. 116.
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für neutral zu erklären. Im Frühjahr 1684 verschlechterte sich die Situation noch, als sowohl Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg als auch Kurfürst Maximilian Heinrich von Bayern damit begannen, Regimenter in dem schon seit Beginn der Reformation umstrittenen Bistum Hildesheim zu positionieren. Trotz einer mehrheitlich protestantischen Bevölkerung gehörte Hildesheim zu den Territorien Kurkölns. Das gesamte 17. Jahrhundert hindurch wurde Hildesheim von den Welfen beansprucht und protegiert, so auch im Jahre 1684. Erst auf Druck der brandenburgischen Partei hin beruhigte sich die Lage im Sommer 1684, so dass Canitz im Oktober nach Berlin zurückkehren konnte.⁶¹
Hamburg und Celle (1685) Ein Jahr später kam Canitz erneut mit der niedersächsischen Politik in Kontakt, als ihn der Kurfürst im Februar 1685 nach Hamburg sandte, wo der schon seit 1683 schwelende Konflikt zwischen dem Hamburger Senat und der Bürgerschaft eskalierte. 1684 floh Bürgermeister Heinrich Meurer nach Verratsvorwürfen aus der Stadt und fand Schutz bei Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg (1624– 1705). Der Umstand, dass der Kaiser Meurer stark protegierte und Georg Wilhelm hamburgische Gebiete besetzte und eine Handelssperre einrichtete, um dessen Wiedereinsetzung zu erzwingen, führten zu einer Verschärfung der Unruhen.⁶² Da Friedrich Wilhelm den Handel zwischen Brandenburg und Hamburg gefährdet sah und außerdem fürchtete, dass Georg Wilhelm den Aufstand dazu nutzen könnte, seinen Einfluss auf die Stadt Hamburg zu vergrößern, sandte er Canitz zur Vermittlung nach Celle und Hamburg.⁶³ Vor Ort nahm er sowohl zu Georg Wilhelm als auch zu den Hamburger Meinungsführern Cord Jastram und Hieronymus Snitger Kontakt auf und versuchte sie zu einer Einigung zu bewegen. Doch keine der beiden Parteien ging darauf ein: Georg Wilhelm ließ aus Protest ein Berliner Schiff und brandenburgische Güter beschlagnahmen. Jastram und
Canitz am 25. Okt. 1684, in: GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 1039: Sendung des Hof- und Legationsrats von Canitz nach Köln zur Fortführung der von dem Wirkl. Geheimen Rat Paul v. Fuchs begonnenen Negotiation (1684).Vgl. Georg Schnath: Geschichte Hannovers im Zeitalter der neunten Kur und der englischen Sukzession 1674– 1714, Bd. 1– 5, Bd. 1: 1674– 1692. Hildesheim 1938, S. 244– 260; Philippson, Kurfürst, S. 359 f.; Pufendorf, Friderici Wilhelmi Magni (Ms,II,9 und Ms,II,192), Kap. XVIII, § 121, 125; Schnath, Geschichte, S. 340 – 347; Heinz Josef Adamski: Der welfische Schutz über die Stadt Hildesheim. Hildesheim 1939, S. 92– 96. Vgl. Hans-Dieter Loose: Die Jastram-Snitgerschen Wirren in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 53 (1967), S. 1– 20, S. 9 f.; Schnath, Geschichte, S. 361 f. Zum Konflikt vgl.: Loose, Jastram-Snitgerische Wirren; Immich, Geschichte, S. 126; Pufendorf, Friderici Wilhelmi Magni (Ms,II,9 und Ms,II,192), Kap. XIX, § 21– 24. Schnath, Geschichte, S. 361 f.
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Snitger wandten sich schutzsuchend an den König von Dänemark, der wiederum selbst eine Chance erkannte, die Handelsstadt unter seine Kontrolle zu bringen oder dort zumindest an Einfluss zu gewinnen.⁶⁴ Die Verhandlungen verlagerten sich in der Folge primär an den dänischen Hof, sodass Canitz im Dezember 1685 nach Berlin zurückkehrte.⁶⁵ Im August/September 1686 scheiterte Christian von Dänemark bei dem Versuch, Hamburg zu belagern; entgegen seiner Hoffnungen öffnete ihm die Bürgerschaft nicht die Tore, sondern suchte den Frieden mit Georg Wilhelm. Jastram und Snitger wurden am 4. Oktober 1686 hingerichtet. Kurz danach kehrte Heinrich Meurer mit Billigung der Bürgerschaft nach Hamburg zurück und war bis 1690 als Bürgermeister aktiv.⁶⁶
Brandenburger Resident in Wien (1686) Ein ursprünglich eher kurzer Auftrag brachte Canitz im Jahr 1686 nach Wien. Mit den französischen Angriffen im Westen und der Expansion des Osmanischen Reiches im Osten war das Reich einer doppelten Bedrohung ausgesetzt, die dazu führte, dass die militärischen und politischen Ressourcen des Reiches und der Habsburger an zwei Fronten zum Einsatz kommen mussten. Der Kurfürst hatte sich am 22. März 1686 auf 20 Jahre mit dem Kaiser verbündet (Augsburger Allianz). Bereits seit dem Jahr 1682 wurde dieser politische Umschwung vom Kurprinzen und einem „kaiserlichen gesinnten Quartett“, zu dem Martin Phillipson zufolge neben Paul von Fuchs auch Canitz zählte, maßgeblich forciert.⁶⁷ 1686 sandte Friedrich Wilhelm dem Kaiser zur Unterstützung gegen die Osmanen ein Heer von 7000 Mann, das die kaiserlichen Truppen bei der Eroberung von Ofen unterstützte.⁶⁸ Am 2. September gelang tatsächlich die Einnahme der Festung. Zur offiziellen Gratulation sandte der Kurfürst Canitz im
Vgl. ebd., S. 11. GStA PK, I. HA GR, Rep. 50, Nr. 28 Fasz. 209: Innere Angelegenheiten der Stadt Hamburg, Bd. 1 (1685 Jan.–Aug.); GStA PK, I. HA GR, Rep. 50, Nr. 28 Fasz. 210: Innere Angelegenheiten der Stadt Hamburg, Bd. 2 (1685 Sept.); GStA PK, I. HA GR, Rep. 50, Nr. 28 Fasz. 211: Innere Angelegenheiten der Stadt Hamburg, Bd. 3.; GStA PK, I. HA Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 5730 – Nr. 5733: Abschickung des Kurfürstlichen Hof- und Legationsrats von Canitz an den Herzog von Lüneburg-Celle. (1685).; GStA PK, HA GR, Rep. 50, Nr. 28 Fasz. 211: Innere Angelegenheiten der Stadt Hamburg, Bd. 3, Enthält: Elbhandel; Streitigkeiten mit Georg Wilhelm Herzog von Celle. (Okt.–Dez. 1685). Vgl. Loose, Jastram-Snitgerische Wirren, S. 13 f. Vgl. ebd., S. 54; Alfred Francis Přibram (Hrsg.): Urkunden und Actenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Bd. 1– 23, Bd. 14,2: Auswärtige Acten. Berlin 1891, S. 1071. Vgl. Immich, Geschichte, S. 124 f.
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selben Monat nach Wien (Ankunft am 22. September) und zu einer Inspektion der Truppen in Ofen.⁶⁹ Bereits einige Tage nach Canitz Rückkehr nach Wien verstarb am 6. Oktober unerwartet der brandenburgische Resident Bernhard Ernst von Schmettau. Canitz übernahm dessen Aufgaben und war mehrere Monate auf einem bedeutenden Posten aktiv, der seiner Karriere einen deutlichen Schub verlieh.⁷⁰ Neben den Abzugsbedingungen für die Truppen in Ofen standen zwei Themen im Fokus: Zunächst war Brandenburg in den Konflikt zwischen der in Ostfriesland vormundschaftlich regierenden Christine Charlotte von Ostfriesland und den ostfriesischen Ständen verwickelt. Da Christine Charlotte schon 1684 zum Kaiserhof geflohen war und dort beim Kaiser um Unterstützung für ihre Sache warb, Friedrich Wilhelm sich aber klar auf Seiten der Stände positionierte und diese protegierte, hatte Canitz als brandenburgischer Resident in Wien einen wichtigen Anteil an den Verhandlungen zu einer Lösung des Konflikts. Der Einfluss Brandenburgs in Ostfriesland war so groß, dass die Brandenburger in allen wesentlichen Fragen hinzugezogen wurden, sowohl bei den Verhandlungen zwischen den Ständen und Christine Charlotte als auch bezüglich einer Schuldforderung, die die Fürsten von Liechtenstein gegenüber Christine Charlotte erhoben.⁷¹ Noch brisanter entwickelte sich der Konflikt zwischen Frankreich und dem Reich: In Anbetracht der Zurückdrängung der Osmanen und des Zustandekommens der Augsburger Allianz sah Ludwig XIV. seine Eroberungen im Reich bedroht und forderte im Dezember 1686 eine dauerhafte Anerkennung der Reunionen. Die Gesandtschaftsberichte von Canitz und die kurfürstlichen Antworten zeugen von den Risikobewertungen der kaiserlichen Partei und der raschen Einigung, sich den Forderungen Ludwigs XIV. zu verweigern. Die Lage entspannte sich, als Ludwig XIV. nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist keinerlei militärische Maßnahmen einleitete.⁷² Am 27. März hielt Canitz in Wien seine Abschiedsaudienz beim Kaiser. Im Mai des darauffolgenden Jahres kehrte er noch einmal zurück, um dem Kaiser offiziell die Nachricht vom Tode Friedrich Wilhelms zu überbringen, im August überbrachte er die Nachricht von der Geburt des
GStA PK, I. HA GR, Rep. 1 Beziehungen zum Kaiser (auch zum Reich und zum Hause Österreich), Nr. 97: Sendung des Legationsrats von Canitz nach Wien und dessen Relationen daher (1686 – 1687) Instruktionen und Gesandtschaftsberichte teilweise publiziert in: Ferdinand Hirsch (Hrsg.): Urkunden und Actenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Bd. 1– 23, Bd. 21. Berlin 1915, S. 206 – 220; Urkunden, S. 1317 f. Ebd. Urkunden, S. 1322; Urkunden (1915), S. 207 f. Vgl. Immich, Geschichte, S. 128 – 130; Pufendorf, Friderici Wilhelmi Magni (Ms,II,9 und Ms,II,192)
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neuen Kronprinzen (später Friedrich Wilhelm I. von Preußen). Zuvor war Canitz im Juni 1688 durch dessen Vater Friedrich III. zum Geheimen Rat ernannt worden.⁷³
Konflikte um Holstein-Gottorf (1687 – 1689 und 1696) Die schleswigschen Anteile des Territoriums von Christian Albrecht von Schleswig-Holstein-Gottorf (1641– 1694) befanden sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf dänischem Hoheitsgebiet. Schon seit dem 16. Jahrhundert versuchten die gottdorfschen Herzöge eine politische Unabhängigkeit von den dänischen Herrschern zu erreichen, meist auf dem Wege einer Allianz mit dem schwedischen König. 1684 reagierte Christian V. von Dänemark, indem er die schleswigschen Gebiete unter einem Vorwand besetzen ließ und Christian Albrecht ins Exil zwang. Unterstützung fand der Herzog erst zwei Jahre später: Erst nachdem Christian V. mit seiner Belagerung Hamburgs gescheitert war, bemühten sich die deutschen Fürsten um eine Reaktion auf die dänischen Hegemonialbestrebungen. Schwedische, dänische, holsteinische, brandenburgische, kaiserliche und sächsische Beamte trafen sich in Hamburg, um eine Lösung des Konflikts herbeizuführen. Seit Februar 1687 assistierte Canitz Paul von Fuchs und hatte somit Anteil am Altonaer Vertrag vom 30. Juni 1689, durch den die Dänen gezwungen waren, aus den Ländereien Christian Albrechts abzuziehen.⁷⁴ Zu Beginn des Nordischen Kriegs wurde der Konflikt jedoch sofort wieder akut. Christian Albrecht von Schleswig-Holstein-Gottorf starb im Dezember 1694, Nachfolger wurde sein Sohn als Friedrich IV. (1671– 1702). Unter diesem verschärfte sich der Konflikt mit Dänemark erneut, so dass Canitz 1696 ein weiteres Mal nach Holstein und Hamburg aufbrach und erst im November von dort zurückkehrte.⁷⁵
Erbfolge in Sachsen-Lauenburg (1689) Im Auftrag Friedrichs III. wurde Canitz schon kurz nach seiner Rückkehr von den holsteinischen Verhandlungen nach Sachsen-Lauenburg geschickt. Nachdem Julius Franz von Sachsen-Lauenburg (*1641) im September 1689 verstorben war, ohne einen männlichen Nachkommen zu hinterlassen, stritten Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg und Johann Georg II. von Anhalt-Dessau um das Ebd., S. 52– 54 GStA PK, I. HA Rep. 81 (vor 1808), Kopenhagen I Nr. 8: Reskripte an von Fuchs und von Canitz in Hamburg, Konzepte von Relationen derselben und zugehörige Schriftstücke (1689). Vgl. König, Leben, S. 76 f.
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bedeutende Erbe. Da letzterer mit Friedrich III. verschwägert war, sollte Canitz dessen Ansprüche von brandenburgischer Seite aus stützen und die Territorien für ihn in Besitz nehmen. Georg Wilhelm kam Canitz jedoch zuvor und besetzte das Territorium, Canitz konnte dem nichts entgegensetzen und zog bereits im Dezember 1689 wieder ab.⁷⁶ Auch langfristig gelang es den Anhaltinern nicht, ihre Erbansprüche gegenüber Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg durchzusetzen.
Zeitz und Merseburg (1691) Seit Johann Georg I. von Sachsen seinen vier Söhnen jeweils eigene Territorien zugeteilt hatte, bestanden neben dem Kurfürstentum Sachsen auch noch die Herzogtümer Sachsen-Merseburg, Sachsen-Zeitz und Sachsen-Weißenfels. Die Erben Johann Georgs I. waren in den folgenden Jahrzehnten sehr darum bemüht, den politischen Einfluss ihrer Verwandten einzuschränken und zurückzudrängen, so dass diese wiederum Allianzen mit anderen deutschen Fürsten suchten. Insbesondere die Herzöge von Sachsen-Zeitz und Sachsen-Merseburg fanden in den brandenburgischen Kurfürsten wichtige Verbündete. Im Jahr 1691 wurde Canitz wenigstens zweimal nach Merseburg (zwischen Mai und September, sowie vom 12. September bis zum 23. November) gesandt, wo er sich zunächst mit kleineren Jurisdiktions- und Personalfragen befasste.⁷⁷ Am 18. Oktober verstarb Christian I. von Sachsen-Merseburg. Die Verteilung des Erbes auf seine Kinder, die
Vgl. ebd., S. 52; Friedrich Leutholf von Franckenberg: Eüropäischer Herold. Leipzig 1705, S. 513; Theatrum Europaeum, S. 821; Eckardt Opitz: Der Streit um das askanische Erbe im Herzogtum Sachsen-Lauenburg 1689. Teil II: Andreas Gottlieb v. Bernstorff (1649 – 1726) und der Griff der Welfen nach dem Herzogtum Sachsen-Lauenburg, in: Eckardt Opitz (Hrsg.), Herrscherwechsel im Herzogtum Lauenburg. Mölln 1998, S. 91– 104, S. 93; Gustav Ueberhorst: Der Sachsen-Lauenburgische Erbfolgestreit bis zum Bombardement Ratzeburgs 1689 – 1693. Vaduz 1915, S. 77 f. Ebd., S. 59; GStA PK, I. HA GR, Rep. 41, Nr. 3359: Schriftwechsel mit Sachsen-Zeitz über die nach dem Tode des Herzogs Christian II. von Sachsen-Merseburg seitens Kursachsens erhobenen Sukzessionsansprüche und die Besetzung einiger sachsen-merseburgischer Ämter und Städte durch kursächsische Truppen (1691, Mai–Dez.); GStA PK, I. HA GR, Rep. 41, Nr. 3117: Sendung des Geheimen Rates von Canitz nach Merseburg zu Verhandlungen über die strittige Jurisdiktion über die Oberkirche in Teutschenthal, die geplante Heiratsverbindung des Prinzen Heinrich von Sachsen-Merseburg mit einer ansbachischen Prinzessin, die Streitigkeiten zwischen Kursachsen einerseits und Sachsen-Merseburg und Sachsen-Zeitz andererseits sowie die Angelegenheit des Kanzlers und Geheimen Rates Stösser von Lilienfeld (1691 Mai–Sept.); I. HA GR, Rep. 41, Nr. 3360: Protest Kurbrandenburgs gegen die Belegung des zum Herzogtum Sachsen-Zeitz gehörigen Amtes Schleusingen mit kursächsischen Truppen (1691 Dez.).
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Abwehr der Erbansprüche des Kurfürsten von Sachsen und die Besetzung des Amtes Schleusingen durch kursächsische Truppen im Dezember erforderten Canitz’ erneute Anwesenheit.
Erbfolge in Mecklenburg-Güstrow (1692 – 1696) Mecklenburg teilte sich seit 1636 in die Landesteile Schwerin, Güstrow und Strelitz. Schwerin gehörte seit 1658 zum Besitz Christian Ludwigs I., der das Territorium von seinem Vater geerbt hatte. Im Juni 1692 verstarb Christian Ludwig I. und sein Titel fiel an seinen erst 17jährigen Neffen Friedrich Wilhelm I., für den Friedrich III. von Brandenburg die Vormundschaft übernahm. Da gleichzeitig auch Adolf Friedrich II. zu Mecklenburg-Strelitz (Onkel von Friedrich Wilhelm I. von Mecklenburg) Erb- und Vormundschaftsansprüche erhob, wurde Canitz im Oktober 1692 nach Schwerin geschickt, um die politische Lage zu beobachten und die Vormundschaft Friedrichs III. zu vertreten. Er blieb dort bis zum November, im darauffolgenden Jahr kehrte er von März bis September noch einmal dorthin zurück.⁷⁸ Wie schon seit einigen Jahren befürchtet, verstarb am 6. Oktober 1695 Gustav Adolf von Mecklenburg-Güstrow. Da mit ihm die männliche Linie der Güstrower Linie erlosch, kam es zwischen dem oben genannten Friedrich Wilhelm I. (seinem Neffen 2. Grades) und Adolf Friedrich II. (seinem Cousin und Schwiegersohn) zu erneuten Streitigkeiten. Im November 1695 wurde Canitz Mitglied einer vom Kaiser veranlassten Kommission des Niedersächsischen Kreises, die eine Lösung erarbeiten sollte.⁷⁹ Trotz militärischer Unterstützung durch den Niedersächsischen Kreis gelang es Adolf Friedrich II. langfristig nicht, seine Ansprüche gegen den von Brandenburg und vom Kaiser protegierten Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin durchzusetzen.⁸⁰
Vgl. Bittner; Groß, Repertorium, S. 44; GStA PK, I. HA GR, Rep. 37, Nr. 199 bis I. HA GR, Rep. 37, Nr. 202: Sukzessionsstreitigkeiten zwischen Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz wegen Güstrow, Sequestration und Einlogierung der Kreistruppen. Vgl. König, Leben, S. 73; Instruktion vom 12. Nov. 1695, in: GStA PK, I. HA GR, Rep. 37, Nr. 199 bis I. HA GR, Rep. 37, Nr. 205: Sukzessionsstreitigkeiten zwischen Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz wegen Güstrow, Sequestration und Einlogierung der Kreistruppen. Zum Verlauf vgl.: Wilhelm Raabe/Gustav Quade: Abriß der mecklenburgischen Geschichte von der ältesten bis auf die neueste Zeit und Staatskunde beider Mecklenburg. Wismar 1896, S. 341– 347; Immich, Geschichte, S. 155; Franckenberg, Herold, S. 494 f.
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2 Friedrich Rudolf von Canitz und seine Bibliothek
Brandenburgischer Resident in Den Haag (1689/99) Canitz’ letzte Mission führte ihn im Sommer 1698 nach Den Haag, zum ersten Mal ausdrücklich in der Funktion eines dauerhaften Residenten. Auf dem Hinweg besuchte er in Hannover Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg (den späteren Georg I. von England) und kondolierte ihm zum Tode seines Vaters. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde Den Haag zu einem wichtigen politischen Kommunikationszentrum, wo die Gesandten der europäischen Fürstenhäuser zusammentrafen. Den Haag war die Residenz der niederländischen Generalstände und eine zentrale Aktionsplattform des 1692 zum englischen König gekrönten Wilhelm III. von Oranien. Darüber hinaus grenzte das brandenburgische Fürstentum Kleve direkt an die Generalstaaten und war somit politisch und wirtschaftlich eng mit diesen verwoben.⁸¹ Canitz wichtigste Aufgabe war die Durchsetzung brandenburgischer Subsidienforderungen, welche die Generalstaaten den Brandenburgern für ihre Unterstützung im Holländischen Krieg schuldeten. Zusätzlich sollte Canitz Unterstützung für die vom Kurfürsten gegründete Afrikanische Handelskompanie erreichen, hatte Audienzen bei Wilhelm III. von England und versuchte den Kurfürsten dazu zu bewegen, sich an einer Kollekte für eine Gruppe von Hugenotten zu beteiligen, die in die Schweiz geflohen waren.⁸² Canitz’ Gesandtschaftsberichte spiegeln zudem die Tagespolitik in Den Haag: So verhandelten französische und niederländische Gesandte hier um die spanische Thronfolgeregelung und beschlossen den von Karl II. von Spanien ratifizierten Ersten Geheimem Teilungsvertrag, der dem Kurprinzen Joseph Ferdinand von Bayern die Thronfolge zusprach.⁸³ „Nunmehro aber“, schreibt Canitz, nachdem er aus „Publicis“ und Zeitungen vom Tode Johann Ferdinands erfahren hatte, „sähe Er nicht ab wo ein Printz in der Welt zu finden, auf dehm man unter einigen favorablen praetext reflectiren möchte.“⁸⁴
Vgl. Daniel Legutke: Diplomatie als soziale Institution. Brandenburgische, sächsische und kaiserliche Gesandte in Den Haag, 1648 – 1720. Münster 2010, S. 97– 101. Vgl. ebd., S. 82.; GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6792; GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6793; GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6794. Vgl. Karl Otmar von Aretin: Das Reich. Friedensgarantie u. europ. Gleichgewicht 1648 – 1806. Stuttgart 1986, S. 219 f. Canitz am 9./19. 11.1699, in: GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6792: Gesandtschaftsberichte des Heinrich Helt und des Freiherrn Friedrich Rudolf Ludwig von Canitz aus Den Haag (1699 – 1700).
2.1 Friedrich Rudolf von Canitz (1654 – 1699)
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Fazit Die Gesandtschaften lassen Canitz als Experten der innerdeutschen (insbesondere der norddeutschen) politischen Verhältnisse erkennen. Infolge des brandenburgisch-schwedischen Kriegs zeichnete sich die brandenburgische Politik durch den Versuch aus, Ausgriffe der europäischen Großmächte auf norddeutsche Territorien bestmöglich zu verhindern und die verschiedenen Kontrahenten gegeneinander auszuspielen. Somit wurde in den 1680er und 90er Jahren tatsächlich ein fragiler Gleichgewichtszustand erreicht, für den jeder noch so kleine lokale Konflikt ein Risiko darstellte.⁸⁵ Für die brandenburgischen Kurfürsten war es demnach wichtig, auch auf kleinere Konflikte schnell zu reagieren, sie vorteilhaft mitzugestalten und einen Krieg bzw. Stellvertreterkrieg der involvierten europäischen Großmächte – der für den norddeutschen Raum großflächige Zerstörungen zur Folge gehabt hätte – bestmöglich zu verhindern. Diese Politik scheiterte erst mit dem Großen Nordischen Krieg von 1700 – 1721. Canitz war einer jener kleineren Funktionäre, die bewirkten, dass Konflikte wie die Hamburger Unruhen von 1685 oder der Erbfolgestreit in Mecklenburg eine lokale Dimension nicht überschritten bzw. auf dem Verhandlungsweg gelöst wurden. Im Auftrag ihres Dienstherrn waren die Legaten innerhalb weniger Tage vor Ort und errichteten eine kommunikative Infrastruktur zwischen den Entscheidungsträgern und ihren Beratern. Mehrere Indizien sprechen dafür, dass Canitz im Laufe der Jahrzehnte gezielt als „Feuerwehrkraft“ eingesetzt wurde: Nur seine Entsendung nach Den Haag erfolgte nicht situativ. In Wien erhielt er eher durch Zufall den Posten des Generalbevollmächtigten und wurde von dort schon nach wenigen Monaten wieder abberufen. Fast nie begleitete ihn eine seiner Ehefrauen an seine Einsatzorte. In der Regel wurde Canitz wieder abgezogen, sobald sich Lösungen und/oder längere Verhandlungen abzeichneten. Letztere verlagerten sich oft an andere Residenzen oder Gerichte. In Berlin verbrachte er oft mehrere Monate im „Bereitschaftsdienst“, was sich daran zeigt, dass er in dieser Zeit scheinbar nur wenig andere Ämter und Aufgaben wahrnahm – ganz, als hielte man ihn bewusst für den nächsten Lokalkonflikt als Einsatzkraft in der Rückhand.
Vgl. Ernst Opgenoorth: Der Große Kurfürst, das Reich und die europäischen Mächte, in: Oswald Hauser (Hrsg.), Preußen, Europa und das Reich. Köln; Wien 1987, S. 19 – 31, S. 31: „Das Verhalten des Kurfürsten gegenüber seinen unmittelbaren Nachbarn zeigt alle Merkmale einer auf Erhaltung des Friedens und des status quo gerichteten Gleichgewichtspolitik, dabei spielt vor allem bezüglich Hamburgs die Sorge um die territoriale Unversehrtheit des Reiches erkennbar eine Rolle. Expansive Vorstellungen fehlen nicht völlig, stehen aber deutlich in zweiter Linie.“
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2 Friedrich Rudolf von Canitz und seine Bibliothek
2.2 Die Bibliothek 2.2.1 Der Auktionskatalog und Verauktionierung Die Bibliothek des Friedrich Rudolf von Canitz wurde im Jahr 1700 öffentlich in Berlin versteigert. Das Deckblatt verkündet die Bibliotheca Caniziana, consueto Auctionis more Berolini in Aedibus Canizianis Die 12 & sqq. Febr.ab hora 2da usque ad sextam, 1700. Distrahenda. In beiden erhaltenen Katalogexemplaren wurde das angegebene Datum handschriftlich auf 1. & sqq. Mart. korrigiert, so dass die Versteigerung nach Katalogdruck wohl noch auf den 1. März verschoben wurde.⁸⁶ Vom Katalog haben sich bis heute zwei Exemplare erhalten. Eines befindet sich in einem Sammelband in der Bibliothek des Oberlandesgerichts Celle (Sign. B XI 101), ein weiteres in der Bayrischen Staatsbibliothek (Sign. Cat. 123 m).⁸⁷ Letzteres ist digitalisiert online verfügbar, allerdings nicht vollständig.⁸⁸ Beide Exemplare weisen in Form von Unterstreichungen und Nota-Bene-Vermerken deutliche Nutzungsspuren auf. Über die Provenienzketten der noch existenten Kataloge konnte jedoch nichts Weiteres ermittelt werden. Der Katalog teilt sich in drei Themengebiete, die Theologici, die Juridicii und die Miscelanei, die wiederum nach Duodez-, Oktav-, Quart- und Folioformaten gegliedert und jeweils einzeln mit Losnummern versehen sind. Die Duodez-Formate der Miscelanei wurden versehentlich in die Abteilung der Juridicii geordnet. Am Schluss des Katalogs findet sich eine ungeordnete Liste „An losen Materien“. Eine Paginierung liegt nicht vor. Aus diesem Grunde erfolgt jedwede Zitation von Titelnennungen über eine aus der jeweiligen Abteilung, dem Format und der Losnummer erstellten Signatur.⁸⁹ Unter einer Losnummer werden oft mehrere Titel verzeichnet, die in einem Werk zusammengebunden waren. So umfasst der Katalog insgesamt 2232 Titelnennungen, verteilt auf 2035 Losnummern. Da viele
Johann von König zitiert 1727 den Titel des Katalogs in der Canitzschen Lebensbeschreibung ebenfalls mit 1. & sqq. Martii , vgl. König, Leben, S. 92. Vgl. Gerhard Loh: Verzeichnis der Kataloge von Buchauktionen und Privatbibliotheken aus dem deutschsprachigen Raum. Leipzig 1995, S. 142. Vgl. Lange [erm. Verfasser], Bibliotheca. Sign.: Cat. 123 m. Insgesamt fehlen von den 2266 im Auktionskatalog benannten Einzelwerken im Digitalisat der Bayrischen Staatsbibliothek 18 Seiten mit 366 Titelnennungen. Bei den Quartformaten der Miscelanei fehlen die Losnummern 73 – 172, bei den Folioformaten der Miscelanei die Losnummern 89 – 204, sowie die kompletten 42 Losnummern der Liste „An rohen Materien“. Zur Erläuterung: Die Signatur Th,XII,15,1 findet sich unter den Theologici in den Duodezformaten, Losnr. 15, erste Titelnennung. „Ms“ steht für Miscelanei, „Iur“ für Iuridici und „Ms[roh]“ für die ans Katalogende gefügte Liste An rohen Materien.
2.2 Die Bibliothek
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Werke zwei oder mehr Bände umfassten, erstreckte sich die im Katalog abgebildete Bibliothek auf insgesamt 2607 Bände. Wenn im Folgenden von Titelanzahlen die Rede ist, so bezieht sich dies auf die konkreten Werke, nicht auf die Anzahl der Losnummern oder Bände. Die Titelangaben sind knapp gehalten, umfassen aber in der Regel Autor, Kurztitel, Erscheinungsort und -jahr, sowie Angaben zur Anzahl der Bände. Tendenziell ungenauer sind die Angaben bei niederländischen, englischen und italienischen Titeln: Hier fehlt häufig der Name des Autors, oft sind die Titel fehlerhaft bzw. nicht sinnstiftend abgeschrieben, so dass hier auf mangelnde Sprachkenntnisse der Auktionatoren zu schließen ist.⁹⁰ Angaben zum Zustand sind sehr selten, nur gelegentlich finden sich Vermerke wie mit schönen Kupfern oder mit weissem Papier durchschossen. ⁹¹ In etwa 70 Fällen konnte der Titel eines Werkes nicht identifiziert werden, meist aufgrund von unzureichenden oder verallgemeinernden Formulierungen („Einge das Churpfältzische leib- eigen und Wildfang Recht betreffende Schrifften“; „un Volume de diverses petites pieces“⁹²). Bisweilen erschwerten bibliographische Fehler die Identifizierung eines Titels, fehlende Erscheinungsjahre und -orte verhinderten mitunter das Auffinden der exakten Ausgabe. Für zahlreiche Flugschriften konnte auch durch Nachrecherchen kein Verfasser ermittelt werden. Abgesehen von Büchern wurden im Rahmen der Auktion keine weiteren Gegenstände veräußert, die einzige Ausnahme bilden „Eine Schieffersteinerne Schreib-Taffel. in GroßOctav“⁹³ sowie einige Abbildungen und Landkarten.⁹⁴ Zur Verauktionierung der Canitzschen Bibliothek finden sich bei Johann Ulrich von König recht genaue und glaubwürdige Angaben. Die Auktion fand nur ein halbes Jahr nach dem Tod von Friedrich Rudolf von Canitz am 1. März 1699 in dessen Haus in der Poststraße 5 in Berlin (auch Kurfürstenhaus) statt.⁹⁵ Die rasche Versteigerung ist für die Erforschung der Bibliothek von immensem Vorteil, da eine Vermischung der Bestände mit denen potenzieller Erben ausgeschlossen werden kann. Canitz hatte zwar einen damals 13jährigen Sohn (Philipp Friedrich von Canitz), doch dieser verstarb am 26. September 1699 und damit nur 15 Tage
Vgl. ebd., Sign. Ms,VIII,514 „Theschort Dictionarii The Englisch and frensch. Frensch and Englisch. Hague. 91“. Vgl. ebd., Sign. Th,VIII,25; Sign. Iur,IV,2. Sign. Ms,VIII,717 und Ms,IV,36,1. Sign. Ms,VIII,720. Vgl. Ms,II,198 – 204. Vgl. Mende, Poststraße, S. 485 f.
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2 Friedrich Rudolf von Canitz und seine Bibliothek
nach seinem Vater.⁹⁶ Mit Philipp war die engere Familie von Canitz ausgestorben. Den Besitz erbten die verschwägerten Geschwister Carl Hildebrand von Canstein (1667– 1719) und dessen jüngerer Bruder Philipp Ludwig von Canstein (1669 – 1708). Es handelte sich um Halbbrüder mütterlicherseits von Canitz’ erster Gattin Dorothea Emerentia von Arnim. Die Gebrüder Canstein teilten den Besitz unter sich auf. Philipp Ludwig erhielt das Landgut Blumberg, Carl Hildebrand wurde zum Testamentsvollstrecker bestimmt und erbte die restlichen Vermögenswerte, darunter auch die Bibliothek. Da er jedoch selbst begeisterter Büchersammler war und seine Bücher als unmittelbarer Nachbar von Canitz wohl von denselben Berliner Buchhändlern bezog, entschloss er sich, die Bücher zu verkaufen.⁹⁷ Man hatte dafür dem Freyherrn von Canstein überhaupt tausend Thaler geboten. Wie er aber Herrn D. Joachim Langen, und den nunnmehr bestimmten Nachfolger des ietzigen Probst in Berlin, Herren Rauen, darüber zu Rathe zog; fragten sie ihn, ob er dasjenige, was bey einem öffentlichen Verkauffe, über zwey tausend Thaler würde gelöset werden, ihnen überlassen wollte? Worauf er nicht nur mit ja antwortete, sondern, als auch würcklich hernach, durch ihre Veranstaltung, fünfhundert Thaler mehr dafür einkamen, solchen Uberrest ihnen alsofort willigst auszahlen ließ.⁹⁸
Joachim Lange war zu Canitz’ Lebzeiten als Hofmeister seines Sohnes Philipp Friedrich angestellt und kannte sich daher in der Bibliothek sehr gut aus.⁹⁹ Sein Schwager Johann Raue erhielt im Jahr 1699 von Kurfürst Friedrich III. ein Druckerprivileg und betätigte sich in dieser Zeit auch als Buchhändler und Verleger in Berlin.¹⁰⁰ In späteren Jahren machte er sich als Probst von Berlin und Autor theologischer Schriften einen Namen. Wie es scheint, hat sich Raue im Zuge seiner buchhändlerischen Tätigkeiten auch als Auktionator betätigt.
Vgl. Spener, Ehren-Gedächtnis, S. 83. Vgl. König, Leben, S. 92 f.; Lange, Lebenslauf, S. 58. König, Leben, S. 93. Joachim selbst äußert sich in seiner Autobiografie: „Von seiner [i. e. Canitz’] hinterlassenen Bibliothec bescherete mir GOtt auf eine sonderbare Art einen feinen Segen. Der Herr Baron von Canstein, sein Erbe, war selbst von seinem seligen Herrn Vater, dem Oberhofmarschall, mit einer gar zahlreichen Bibliothec versehen, und wollte daher jene, ohne sie durch eine Auction distrahiren zu lassen, überhaupt verkauffen; und ihm tausend Rthlr. dafür geboten waren, so wollte er sie dafür lassen: Ich riethe ihm aber nebst meinem Schwager, dem Diacono, und nachmaligen Probst, Johann Rauen, zur Auction, mit der Vorstellung, er würde über 2000 Rthlr. daraus bekommen. Da er nun das übrige uns versprach, und es auch sehr willig hielte, so bekamen wir zusammen 600 Rthlr.“ Vgl. Lange, Lebenslauf, S. 58. Vgl. ebd., S. 33 f. Vgl. Hermann Staub: Ein Privileg Friedrichs III. von Brandenburg für Johann Rauhe in Berlin aus dem Jahre 1699, in: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 159 (1992,50), B76–B78.
2.2 Die Bibliothek
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Die Versteigerung wurde recht zügig in die Wege geleitet. Gemessen daran, dass die Erbschaft sehr unerwartet kam und Canstein sich wahrscheinlich erst nach den Begräbnissen mit der ererbten Bibliothek befasste und sich zur Versteigerung entschloss, verbrachten Joachim Lange und Johann Raue wohl etwa vier Monate mit der Katalogisierung der Bibliothek. Dabei ist anzunehmen, dass der vollständige Buchbestand versteigert wurde. Zum einen hatten die am Gewinn maßgeblich beteiligten Auktionatoren ein Interesse daran, dass potenziell wertvolle Bestände nicht vorher von Canstein aus der Bibliothek entnommen wurden. Zum anderen konnte nachgewiesen werden, dass Canstein gezwungen war, auf der von ihm veranlassten Auktion selbst mitzubieten (s.u.). Fast alle der später noch aufgefundenen originalen Bücher aus der Bibliothek sowie der in einer erhaltenen Bücherrechnung gelisteten Titel sind auch im Katalog verzeichnet.¹⁰¹ Über die heute noch nachweisbaren Exemplare des Auktionskatalogs der Bibliotheca Caniziana hinaus konnte der Nachweis für vier verloren gegangene Exemplare erbracht werden, die Auskunft darüber geben, wer die Auktion möglicherweise noch besuchte oder extern Bücher bestellte: Ein Exemplar der Bibliotheca Caniziana befand sich im Besitz des brandenburgischen Gesandten und Hofdichters Johann von Besser.¹⁰² Dass Besser den Katalog nicht nur besaß, sondern tatsächlich auch auf der Auktion einkaufte, bekräftigt Johann von König, der mit diesem befreundet und ab 1730 auch als Verwalter der 10 000 Bände umfassenden Besserischen Bibliothek beschäftigt war, die in die sächsische Hofbibliothek überging.¹⁰³ Dass auch August Hermann Francke, der Begründer des Halleschen Waisenhauses, eine Ausgabe des Auktionskatalogs der Bibliotheca Caniziana besaß, erklärt sich dadurch, dass Canitz zu zahlreichen Anhängern des Halleschen Pietismus Beziehungen pflegte und mit Carl Hildebrand von Canstein und dem in
Franckesche Stiftungen zu Halle, AFSt/H A 22: Bücherrechnung von Robert Roger an Friedrich Rudolf von Canitz (30.10.1693). Vgl. Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Bibl. Arch. I. Bb, Vol. 193, Siegmund Gottlob Seebisch: Catalogus der Bibliothec des Geheimen KriegsRath Johann von Besser […]. Bd. 1– 2: Bd. 1: Libros theologicos, iuridicos, politicos, ceremoniales, medicos, physicos, mathematicos, philologicos, antiquarios, poeticos, rhetoricos, literarios et miscellaneos continens. Dresden (1726, URL: http://digital.slub-dresden.de/id471763845 [09.06. 2020], Bl. 281v. Obwohl die Besserische Bibliothek nach dessen Tod in die Bestände der sächsischen Hofbibliothek überführt wurde, ist das originale Exemplar der Bibliotheca Caniziana, in den aktuellen (Zettel‐)Katalogen nicht mehr dokumentiert. Vgl. König, Leben, S. 92. Christel Hebig: Dichter und Bibliothekar. Zum 300. Geburtstag von Johann Ulrich von König, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 102 (1988), S. 559 – 563, S. 561.
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2 Friedrich Rudolf von Canitz und seine Bibliothek
der Nikolaikirche tätigen Prediger Philipp Jakob Spener in derselben Berliner Nachbarschaft wohnte.¹⁰⁴ Als Kriegsverlust einzuordnen ist das ehemals in der Staatsbibliothek zu Berlin (Sign. 8“ Ap 3701) vorhandene Katalogexemplar, verloren gingen auch die Akten, nach denen auf der Auktion Bücher für 22 Thaler und 11 Groschen für die Berliner Hofbibliothek erworben wurden.¹⁰⁵ Zuletzt ist im Bücherkatalog von Heinrich von Bünau (1697– 1762), Sohn des kursächsischen Kanzlers Heinrich von Bünau (1665 – 1745), ein Exemplar der Bibliotheca Caniziana verzeichnet.¹⁰⁶ Eine persönliche Bekanntschaft zwischen dem älteren Heinrich von Bünau und Canitz ließ sich nicht nachweisen, ist aber nicht auszuschließen.Wie auch die Bibliothek Johann von Bessers gingen die Bünauschen Bestände in die sächsische Landesbibliothek über. Ein wichtiger Hinweis über den Verbleib einiger Bestände stammt von Johann König: Carl Hildebrand von Canstein habe bei der Auktion viele Bücher selbst erstanden, „vermachte aber dieselben bey seinem Absterben, wie sein sämtliches Vermögen […] unter seiner eigenen zahlreichen Bücher-Sammlung an das Waysenhaus zu Halle.“¹⁰⁷ Die Bibliothek des Halleschen Waisenhauses blieb bis heute fast unverändert bestehen und ist hinsichtlich ihrer Provenienzen herausragend digital erschlossen.¹⁰⁸ Dies ermöglichte ein schnelles Auffinden einiger Werke, die Canitz eigenhändig signiert hatte. Anhand des sehr charakteristischen Bucheinbandes konnten darauf aufbauend 20 Werke aus seinem Besitz identifiziert werden (von denen allerdings fünf nicht im Auktionskatalog der Bibliotheca Canizi-
Die Buchbestände von August Hermann und seinem Sohn Gotthilf August Francke wurden 1770 in Halle versteigert, vgl. Catalogus Libros, S. 131. Unter Leitung von Brigitte Klosterberg wurde der Katalog in eine Datenbank überführt und ist online durchsuchbar: Franckes Privatbibliothek. Online unter: Francke-Portal, URL: https://digital.francke-halle.de/mod7 [09.06. 2020]. Zur Nachbarschaft Canitz’ vgl.: Mende, Poststraße, S. 485 f. Vgl. Friedrich Wilken: Geschichte der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin 1828, S. 50. Außerdem eine persönliche Auskunft von Michaela Scheibe und Robert Giel, Staatsbibliothek zu Berlin, 15. und 17.02. 2016. Vgl. Johann Michael Francke: Catalogus Bibliothecae Bunavianae. Tomus I: Auctores Antiquos Sacros Et Profanos, Opera Varia, Scriptores Historiae Litterariae, Philologos, Epistolographos, Rhetores Et Poetas Exhibens, In Partes Tres Totidemque Volumina Distributus. Leipzig 1750. S. 281. Vgl. Reinhard Breymayer: Zum Schicksal der Privatbibliothek August Hermann Franckes. Über den wiedergefundenen Auktionskatalog der Privatbibliothek seines Sohnes Gotthilf August Francke. Tübingen 2002. König, Leben S. 93. Zu Cansteins Bibliothek vgl.: Klosterberg; Fiebinger, Privatbibliothek. Vgl. Klosterberg, Rekonstruktion; Dieselbe: Bibliotheken in der Bibliothek. Wissenstransfer durch pietistische Privatbibliotheken in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen, in: Claudia Brinker-von der Heyde (Hrsg.), Frühneuzeitliche Bibliotheken als Zentren des europäischen KulturtransferS. Stuttgart 2014, S. 199 – 214.
2.2 Die Bibliothek
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ana verzeichnet sind).¹⁰⁹ Nur eines dieser Werke enthält (wenig aussagekräftige) Anstriche und Notizen, die Canitz zugeordnet werden konnten.¹¹⁰ Bei den Einbänden handelt es sich oft um Halblederbände (Rindsleder), deren Buchdeckel in rotgefärbtes Pergament geschlagen sind. Auf den Buchdeckeln findet sich häufig ein Supralibros mit dem Canitzschen Wappen, mal blind geprägt, mal zusätzlich mit Gold verziert. Das Wappen fand sich auch auf einigen Ganzlederbänden, meist handelt es sich um Frantzbände.¹¹¹ In Bezug auf die Landesbibliothek Dresden erwiesen sich die Recherchen nach Restbeständen aus der Canitzschen Bibliothek als deutlich schwieriger. Dies ist bedingt durch die großen Bestände und durch den Umstand, dass die Provenienzen bislang nur in einem sehr geringen Maße erfasst und nicht online ver-
Provenienzen in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen in Halle: Sign. 16 H 7: Jacques Massard: Avec un Journal sur l’accomplissement de ces Prophéties. Köln 1687 – Sign. 96 G 16: Hermann Bonnus: Lübecksche Chronica. [s.l.] 1634 (Sign. in der Bibliotheca Caniziana = Ms,VIII,60) – Sign. 97 A 1: Samuel von Pufendorf: Commentariorum De Rebus Suecicis Libri XXVI. Utrecht 1686 (Ms,II,8) – Sign. 100 D 4: Jacobus Revius: Jacobi Revii Daventriae Illustratae Sive Historiae Urbis Daventriensis Libri Sex. Leiden 1651 (Ms,IV,40) – Sign. 100 D 16: Tractatus Varii Politici-Historici E (Ms,IV,103) – Sign. 100 E 5: Christoph Hartknoch: Preussische Kirchen-Historia. Frankfurt M. 1686 – Sign. 100 E 6: Edward Browne: Durch Niederland/ Teutschland/ Hungarn/ Serbien/ Bulgarien/ Macedonien/ Thessalien/ Oesterreich/ Steirmarck/ Kärnthen/ Carniolen/ Friaul/ etc. gethane gantz sonderbare Reisen. Nürnberg 1685 (Ms,IV,43) – Sign. 100 E 11: Ernst Brotuff: Chronica Von den Antiquiteten des Keiserlichen Stiffts, der Römischen Burg vnd Stadt Marsburg. Bautzen 1556 (Ms,IV,28) – Sign. 100 E 12:Tractatus Varii Politici-Historici B (Ms,IV,100) – Sign. 100 E 20: Tractatus Varii Politici-Historici D (Ms,IV,102) – Sign. 101 B 12: Christoph Hartknoch: Alt- und Neues Preussen Oder Preussischer Historien Zwey Theile. Frankfurt M. 1684 (Ms,II,57) – Sign. 102 B 9: Olfert Dapper: Asia, Oder Genaue und Gründliche Beschreibung des gantzen Syrien und Palestins. Nürnberg 1688 – Sign. 102 C 1: Pietro Della Valle: Eines vornehmen Römischen Patritii Reiß-Beschreibung in unterschiedliche Theile der Welt. Genf 1674 – Sign. 102 C 19: Olfert Dapper: Die Unbekante Neue Welt/ oder Beschreibung des Welt-teils Amerika, und des SudLandes. Amsterdam 1673 – Sign. 117 B 8: Paulus Piasecius: Chronica Gestorum In Europa Singularium. [s.l.] 1649 (Ms,II,82); Sign. 135 E 7: Johann Brunnemann: De Iure Ecclesiastico. Frankfurt O. 1681 (Iur,IV,16) – Sign. 138 H 1: Johann Georg von Kulpis: De Legationibus Statuum Imperii Commentatio. Gießen 1679 (Iur,VIII,40) –Sign. 155 D 8: Justus Georg Schottel: Ausführliche Arbeit Von der Teutschen HaubtSprache. Braunschweig 1663 (Ms,IV,187) – Sign. 165 E 22: Christoph Hering: Oeconomischer Wegweiser. Jena 1680 (Ms,VIII,101). Vgl. Pufendorf, Commentariorum (Ms,II,8). Halle, Bibliothek der Franckeschen Stiftungen, Sign. 97 A 1, S. 1– 50. Vgl. auch: König, Leben, S. 92– 93: „Die Bücher darinnen waren meistens in Frantzband gebunden, und darauf aussen sein Wappen mit Gold gedruckt.“
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zeichnet sind. Eine Signatur von Canitz ist im Werk La ricreatione del savio von Daniello Bartoli enthalten.¹¹² Eine weitere Canitzsche Provenienz fand sich über ein Google-Digitalisat, dessen Vorlage sich heute in der Tschechischen Nationalbibliothek in Prag befindet. Es handelt sich um eine 1650 erschienene italienische Machiavelli-Gesamtausgabe, die auch im Auktionskatalog verzeichnet ist.¹¹³ Die Provenienzkette verweist auch hier auf den Berliner Raum: Das Exemplar enthält einen Stempel und ein Exlibris der Freimaurerloge Zu den drei Weltkugeln, die 1740 von Friedrich II. gegründet wurde. Eine dritte Signatur verweist auf die Büchersammlung des Berliner Opernsängers Giovanni Carlo Concialini (1744– 1812), der Mitglied der Freimaurerloge war und dieser Loge seine Bücher wohl überließ oder vererbte. Es ist unklar, wie das Werk in seinen Besitz kam und wo es sich davor befand. Hinzuweisen ist auf den Umstand, dass sich im Zuge der Recherchen große Übereinstimmungen zwischen den Beständen von Friedrich Rudolf von Canitz und Carl Hildebrand von Canstein offenbarten. Canstein besaß über 250 der im Canitzschen Auktionskatalog verzeichneten Titel in derselben Ausgabe, die Zahl der Übereinstimmungen von Titeln in abweichender Ausgabe dürfte noch wesentlich höher sein. In Anbetracht der unterschiedlichen Einbände und ausbleibender Canitzscher Nutzungsspuren erwies sich der Anfangsverdacht, dass es sich bei den 250 Werken um Canitzsche Provenienzen handelte, als Irrtum. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Canstein seine Bücher bei denselben Berliner Buchhändlern und Druckern bestellte wie Canitz. Da er demnach viele Bücher schon besaß, die er von Canitz erbte, erklärt sich, warum er sich trotz seiner bibliophilen Neigungen dazu entschloss, die Bibliothek zu veräußern. Die zuständigen Kommissare der Berliner Hofbibliothek erwarben in Anbetracht der Gesamtsumme von 22 Thalern wohl nur etwa zwei Dutzend Bücher, was ebenfalls darauf hindeutet, dass viele der im Katalog genannten Titel bereits im kurfürstlichen Schloss vorhanden waren. Der Befund erzwingt einen kritischen Blick auf die Bibliotheksforschung: Privatbibliotheken können trotz eines abweichenden Sammler- und Interessen-
Daniello Bartoli: La ricreatione del savio in discorso con la natura e con dio. Mailand 1660 (Th,XII,40, heute: Sächsische Landesbibliothek, Sign. 38 8° 6261). Auf dem Schmutztitelblatt des Bandes steht der Kaufeintrag „De Canitz à Milano 1676“. Demnach erwarb Canitz den Titel auf seiner Kavalierstour. Niccolò Machiavelli: Tutte le opere di Nicolo Machiavelli. [Genf] 1650 (Ms,IV,154, heute: Tschechische Nationalbibliothek, Sign.: 37 F 274) Online unter: Google Books, URL: https:// books.google.de/books?id=b29kAAAAcAAJ&dq=Tutte+le+opere+di+Nicolo+Machiavelli+cittadino+e+Secretario+Fiorentino+1650&hl=de&source=gbs_navlinks_s [16.06. 2020]. Das Exemplar ist im Online-Katalog der Tschechischen Nationalbibliothek noch nicht erfasst.
2.2 Die Bibliothek
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profils große Übereinstimmungen aufweisen, wenn ihre Sammler die Bibliothek aus einem ähnlichen Angebotspool komponierten. Demnach können hohe Quantitäten hinsichtlich eines Verfassers oder eines Themengebiets auch in den akuten Verfügbarkeiten im lokalen Buchhandel ihre Ursache haben. Die Untersuchung lokaler Buchhandelsakten und ihr Abgleich mit lokalen Bibliotheksbeständen könnte in diesem Zusammenhang wertvolle Erkenntnisse bringen.
2.2.2 Digitale Rekonstruktion und quantitative Auswertung Die Bibliothek von Canitz wurde von der Verfasserin in Form einer Exceltabelle erfasst und umfassend ausgewertet. Jeder Titel erhielt eine Losnummer, darauf folgte die Abschrift des Katalogeintrags. Ermittelt wurden dann Autor(en)/Herausgeber, der originale Werktitel, die Anzahl der Bände, Erscheinungsort, Format, Erscheinungsjahr und Sprache. Optional wurden Angaben zur Textgattung, zur Herkunft des Autors und zu Regions- und Personenbezügen im Werktitel in jeweils eigenen Spalten ergänzt. Da die Auktionatoren in der Miscelanei-Gruppe keinerlei Sortierung hinsichtlich der Fachgebiete vornahmen, wurden für den quantitativen Überblick elf Fachgebiete definiert. Diese bilden nur eine Hilfskategorie und leisten keine eindeutige und zeitgenössisch rückgebundene disziplinäre Zuordnung. Dies betrifft ganz besonders die im Rahmen der vorliegenden Arbeit relevante politische und historische Literatur, bei der zwischen der jeweiligen historischen und politischen Konnotation abgewogen werden musste. Nichtsdestotrotz können die grobe Kategorisierung nach Fachgebieten und die Sprachverteilung einen ersten Einblick in den Charakter der Bibliothek geben.
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Fachgebiete Geschichte (inkl. antiker Geschichtsschreibung) Theologie Politik (inkl. politischer Memoiren) Moderne Literatur und Sprache Recht und Rechtswissenschaften Geografie und Reisebeschreibungen Philologie und Altertumswissenschaft Philosophie Gesundheit, (Haus‐)Wirtschaft, Naturwissenschaft Rhetorik Sonstige (Allgemeine Nachschlagewerke und Zeitschriften, Kunst, Architektur, Mystik)
Sprachen ( %) Latein
( %)
( %) ( %) ( %) ( %) ( %) ( %)
( %) ( %) ( %) ( %) ( %) ( %)
Französisch Deutsch Italienisch Niederländisch Englisch Mehrsprachig oder unbekannt
( %) ( %) ( %) ( %)
Tabelle 1: Gesamtbestand: 2232 Titel (100 %)
An der thematischen Aufstellung der Bibliothek wird das für das 17. Jahrhundert typische Bemühen erkennbar, eine Universalbibliothek zu konstruieren. Dass die Schwerpunkte auf Theologie und Geschichte liegen, wird für Adelsbibliotheken häufig beobachtet. Hinzuweisen ist auf die Sprachverteilung, nach der das Französische nur geringfügig schlechter aufgestellt ist als das Lateinische. Interessante Vergleichsdaten für diesen Zeitraum bilden die Bibliotheken der in Berlin lebenden Zeitgenossen Carl Hildebrand von Canstein und Samuel von Pufendorf, für die schon Analysen hinsichtlich der in den Bibliotheken befindlichen Sprachen vorgenommen wurden.¹¹⁴ Was das Französische angeht, übertrifft Canitz’ Bibliothek die von Canstein und Pufendorf bei weitem. Hierfür gibt es mehrere Gründe: Als Anhänger des Pietismus besaß Canstein (in seiner Bibliothek macht französische Literatur 16 Prozent des Bestandes aus) deutlich mehr theologische Literatur als Für einen Vergleich infrage kämen darüber hinaus die noch nicht quantitativ ausgewerteten Bibliotheken des schon benannten sächsischen Hofdichters Johann von Besser, des zeitweise in Berlin lebenden Ezechiel Spanheims, des Diakons der Marienkirche Martin Lubath (Martin Lubath: Auctio bibliothecae Lubathianae. Berlin 1716 (der Katalog ist momentan in keiner Bibliothek ermittelbar); Ernst Martin Plarre (Samuel Ernst Berger: Catalogus Bibliothecae Plarrianae. Berlin 1717), Carl Christoph von Schlippenbach (Catalogi Librorum) und Ludwig Otto von Plotho (Christian Gottfried Hoffmann: Bibliotheca Quam Vir olim Illustrissimus Ac Excellentissimus Dn. Ludovic. Otto Nob. Dom. De Plotho. Berlin 1732). Georg Gottfried Küster benennt zusätzlich eine Bibliotheca Seideliana und Iablonski, deren Auktionskataloge nicht ermittelt werden konnten. Vgl. Georg Gottfried Küster: Bibliotheca historica Brandenburgica scriptores rerum Brandenburgicarum maxime Marchicarum exhibens. Bratislava 1743, S. 872.
2.2 Die Bibliothek
51
Canitz (40 Prozent der Gesamtmenge). Diese wurde nicht aus Frankreich bezogen, das der römisch-katholischen Kirche anhing, sondern erschien in der Regel auf Latein oder Deutsch.¹¹⁵ Für einen Gelehrten wie Pufendorf ist der große lateinische Bestand von 69,75 Prozent und die entsprechend geringe Menge französischer Literatur (8,9 Prozent) nicht ungewöhnlich.¹¹⁶ Insofern zeigt Canitz’ Bibliothek das Profil eines eher weltgewandten Mannes, der sich nicht überdurchschnittlich für akademische oder theologische Erzeugnisse begeisterte und auf französische Literatur genauso gerne zurückgriff wie auf lateinische. Auskünfte über Canitz’ Sprachkenntnisse stammen von Johann von König, der beim Abfassen der Lebensbeschreibung mit Canitz’ Freund Johann von Besser in engem Kontakt stand: Er schrieb und redete sehr wohl Latein, Frantzösisch und Italiänisch. Im Englischen, Holländischen und Spanischen war er kein Schüler, in seiner Mutter-Sprache aber ein Meister. In dieser floß ihm alles so leicht und doch so glücklich, daß er selten etwas änderte.¹¹⁷
Latein- und Französischkenntnisse waren für einen brandenburgischen Adeligen des späten 17. Jahrhunderts üblich. Dass Canitz Italienisch genauso gut beherrschte wie Latein und Französisch, lässt sein Buchbestand hingegen nicht erkennen. Von 88 italienischen Büchern in Canitz’ Bibliothek sind nur neun nach dem Jahr 1676 erschienen. Daher ist davon auszugehen, dass Canitz den Großteil der italienischen Werke auf seiner Kavalierstour in Italien erwarb, die in den Jahren 1675/76 stattfand.¹¹⁸ Dies bezeugt auch ein originales Exemplar aus der Bibliothek, das sich heute in der Sächsischen Landesbibliothek befindet, und die Signatur „De Canitz a Milano 1676“ enthält.¹¹⁹ Ob Canitz’ Interesse an italienischer Literatur im Zuge seines weiteren Lebens abnahm oder er an einer unzureichenden Verfügbarkeit scheiterte, bleibt offen. Es ist nicht dokumentiert, dass Canitz sich mit dem Italienischen in ähnlich intensiver Weise auseinandersetzte wie mit dem Französischen.
Vgl. Klosterberg; Fiebinger, Privatbibliothek, S. 202: 53 % Latein, 23 % Deutsch, 16 % Französisch, 4 % Niederländisch, 2 % Italienisch, 2 % Hebräisch. Vgl. Fiammetta Palladini: La biblioteca di Samuel Pufendorf. Catalogo dell’asta di Berlin del settembre 1697. Wiesbaden 1999, S. XX: 69,75 % Latein, 8,9 % Französisch, 8,5 % Deutsch, 5,4 % Griechisch/Griechisch-Latein, 3,25 % Italienisch, 1,25 % Schwedisch, 0,88 % Niederländisch, 0,57 % Englisch, 0,41 % Hebräisch, 0,36 % Spanisch, 0,31 % Mehrsprachig. König, Leben, S. 102. Canitz am 6.5.1676 an seinen Freund Nikolaus Zapf, zitiert nach ebd., S. 25. „Ich verthue viel Geld in Büchern, und kauffe viel Academische Discurse über die allerseltensten Materien, welche von den klügsten Köpfen, durch gantz Italien, in ihren gelehrten Zusammenkünften oder Academien öffentlich verlesen, und bisweilen in Druck gegeben werden.“ Bartoli, ricreatione (Th,XII,40, heute: Sächsische Landesbibliothek, Sign. 38 8° 6261).
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2 Friedrich Rudolf von Canitz und seine Bibliothek
Genauso erkenntnisreich wie die Verteilung von Disziplinen und Sprachen war die Untersuchung der Herkunft der benannten Autoren. Die Datenerhebung erfolgte über die Zuschreibungen der GND (Gemeinsame Normdatei). In manchen Fällen kam es zu Mehrfachzuordnungen, so dass einige Titel doppelt gewertet wurden (vor allem bei Werken mit mehreren Autoren und Herausgebern). Bei 230 Werken konnte die Herkunft des oder der Verfasser(s) nicht geklärt werden; oft, weil das Werk/der Verfasser per se nicht identifiziert werden konnten. Für Autoren des Altertums (gestorben vor 500 n. Chr.) wurde eine gemeinsame Klasse „Antike“ definiert, da eine Zuordnung zu Staatsgebilden der Neuzeit nicht sinnstiftend ist. Besondere statistische Auffälligkeiten ergaben sich beim Vergleich der deutsch-, französisch- und englischsprachigen Autoren:
Geschichte Theologie Recht/Rechtswesen Moderne Literatur und Sprache Politik Geografie und Reiseberichte Philologie und Altertumswissenschaft Gesundheit, Haushaltung, Naturwissenschaft Philosophie Rhetorik
HRR
Frankreich
Großbritannien
/
Tabelle 2: Herkunft des Urhebers eines Werkes
Deutsche Urheber- und Herausgeberschaft: Deutsche Autoren dominieren die Bibliothek in den Feldern Geschichte, Theologie, im Rechtswesen und in der Politik. Erstaunlich klein ist indes die Zahl deutscher Verfasser im Bereich der Philosophie, der Rhetorik und der modernen Literatur. Von 62 Werken deutscher Urheberschaft in der modernen Literatur und Sprache befassen sich lediglich 35 Werke in seiner Bibliothek konkret mit deutschsprachigen Poesien, Romanen und Stilempfehlungen. Die restlichen Werke enthalten neulateinische Literatur und Sprachlehrbücher.¹²⁰
Am häufigsten vertreten sind hier die Satiren und Sprachratgeber von Christian Weise (5x) und die beiden Angehörigen der zweiten Schlesischen Dichterschule Daniel Casper von Lohenstein (3x) sowie Christian Hofmann von Hofmannswaldau (3x).Von Andreas Gryphius finden sich eine Gedichtausgabe so wie eine doppelte Ausgabe der von ihm gehaltenen Leichenpredigten, die in Hinblick auf seine Klag-Ode über den Tod seiner ersten Gemahlin von Interesse sind.
2.2 Die Bibliothek
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Französische Urheber- und Herausgeberschaft: In der Geografie, der Philosophie, der Philologie und der modernen (schönen) Literatur überragen die Texte mit französischer Urheberschaft jene mit deutscher. Auch die antike Überlieferung rezipierte Canitz eher in französischer als in deutscher Herausgeberschaft. In der Rechtswissenschaft und der Theologie sind französische Autoren hingegen deutlich seltener vorhanden. Canitz’ Bibliothek untermauert damit die in den Poesien zum Tragen kommende Begeisterung an zeitgenössischer französischer Literatur. In der Bibliothek schlägt sie sich mit 134 Werken nieder. Quantitativ am stärksten vertreten sind die Arbeiten von Nicolas Boileau Despréaux, dessen Dichtungen Canitz vorzugsweise übersetzte.¹²¹ Da die französische Literaturszene deutlich breiter aufgestellt war als die deutsche (die Canitz ja selbst erst mitbegründete), verwundert der französische „Überhang“ an dieser Stelle nicht. Englische Urheber- und Herausgeberschaft: Auch wenn die englische Sprache in der Bibliothek mit insgesamt 13 Titeln nur schwach repräsentiert ist, besaß Canitz dennoch eine nicht geringe Anzahl an schriftstellerischen Erzeugnissen aus diesem Sprachraum. 109 Titel in der Bibliothek stammen von Autoren und Herausgebern aus dem britischen Raum. Davon befassen sich 43 mit Theologie. Canitz nutzte die Literatur englischsprachiger Urheber zu fast gleichen Teilen in französischer (35), lateinischer (36) und deutscher Übersetzung (26). Bei den aus dem Englischen ins Deutsche übersetzten Werken handelt es sich meist um theologische Literatur, bei den französischen Übersetzungen primär um historische und politische Werke, so dass sich für die englische Literatur unterschiedliche Märkte manifestieren. Die Bibliothek von Canitz setzt sich überwiegend aus damaligen Novitäten zusammen. Von 2016 Werken, für die ein Erscheinungsjahr angegeben war bzw. ermittelt werden konnte, erschienen 1598, also knapp 80 Prozent in den Jahren 1660 – 1699, 53 Prozent der Bibliothek verteilen sich auf die 80er und 90er Jahre, 31,6 Prozent allein auf die 90er. Das heißt, dass Canitz, wenn überhaupt, nur kleinere Buchbestände von Familienangehörigen und Vorfahren erbte. Hierfür infrage kommt ohnehin nur ein kleiner Personenkreis. Canitz’ Vater Ludwig starb bereits 1654 mit 27 Jahren, noch bevor Canitz überhaupt geboren wurde. Jeglicher Buchbesitz wird demnach an dessen Ehefrau übergegangen sein, die sich noch
Canitz besaß sechs Schriften von Nicolas Boileau Despréaux (Ms,VIII,468; Ms,VIII,469; Ms,VIII,658; Ms,VIII,659; Ms,VIII,661; Ms,VIII,661,1), jeweils fünf von Jean de La Fontaine (Ms,VIII,479 – 481; Ms,VIII,642; Ms,VIII,652), Paul Scarron (Ms,XII,102; Ms,IV,2– 5) und Dominique Bouhours (Ms,XII,101; Ms,XII,270; Ms,VIII,337; Ms,VIII,339; Ms,VIII,477), vier von Vincent Voiture (Ms,VIII,498; Ms,VIII,610; Ms,VIII,613; Ms,IV,182) und jeweils drei von Jean-Louis Guez de Balzac (Ms,XII,56 – 58) und René Le Pays (Ms,VIII,460; Ms,VIII,608; Ms,VIII,686).
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2 Friedrich Rudolf von Canitz und seine Bibliothek
mehrmals wiederverheiratete und erst 1691 verstarb. Möglich ist, dass im Erbe von Canitz’ Großmutter Anna Elisabeth, geborene von Löben (†1684), Bücher enthalten waren: Die Witwe Konrads von Burgsdorf überschrieb ihrem Enkel bereits zu Lebzeiten das Landgut in Blumberg, das Wohnhaus in Berlin und andere Vermögenswerte.¹²²
2.2.3 Die Bibliothek als Zeugnis hugenottischen Kulturtransfers Der Vorteil einer sehr jungen Bibliothek liegt darin, dass auf einen mitunter sehr kleinen „Postquem“-Zeitraum geschlossen werden kann, in dem ein Buch akquiriert wurde. Je kleiner der Zeitraum zwischen Erscheinungsjahr und Canitz’ Todesjahr 1699, desto kleiner auch der mögliche Zeitraum der Akquise. Insofern ergeben sich für die 1690er Jahre sehr genaue Konjunkturen. Allein auf die Titelanzahlen bezogen sind diese nicht unbedingt aussagekräftig, bei der Berücksichtigung von Titelanzahl, Erscheinungsjahr und Sprache zeichnen sich hingegen durchaus Tendenzen ab, die für das kulturelle Milieu Berlins zum Ende des 17. Jahrhunderts sehr aufschlussreich sind. Obwohl Canitz natürlich nicht alle seine Bücher im Jahr ihres Erscheinens kaufte, weisen die Statistiken auf eine zunehmende Anhäufung französischer Literatur hin: Die Bücher in Canitz’ Besitz, die in den 1670er und 80er Jahren erschienen sind, wurden etwa zu gleichen Teilen auf Deutsch, Lateinisch und Französisch publiziert, wobei der französische Anteil stetig ansteigt. Die Werke der 1690er Jahre (die Canitz in Anbetracht seines Todes im Jahr 1699 auch in diesem Zeitraum erworben haben muss), sind zu 43 Prozent französischsprachig, nur noch zu 31 Prozent auf Latein und zu 22 Prozent auf Deutsch verfasst (3 Prozent sonstige Sprachen).
Vgl. König, Leben, S. 33.
2.2 Die Bibliothek
55
Abbildung 3: Verteilung der Titel auf die Erscheinungsjahre
Abbildung 4: Verteilung der Titel auf die Erscheinungsjahre (differenziert nach Sprachen)
Obwohl Canitz nach seiner Kavalierstour niemals wieder französischen Boden betrat, scheint er in den 1690er Jahren einen deutlich intensiveren Zugang zur französischen Literatur gehabt zu haben. Dieses deckt sich mit der Hugenotteneinwanderung nach Berlin, die 1686 einsetzte. Als einer dieser Hugenotten immigrierte 1688 der Buchhändler Robert Roger. Ursprünglich in Rouen beheimatet, zog es ihn im Jahr 1682 zunächst nach Amsterdam. Beide Städte waren wichtige Stützpunkte des Buchhandels zwischen Paris und dem Reich.¹²³ In der sich rasch vergrößernden hugenottischen Kolonie sah Roger eine Marktlücke für französische Bücher, die er als Drucker und Buchhändler gleichermaßen bediente. In
Vgl. Jean-Dominique Mellot: Relations Ambigues des Libraires Rouennais et Hollandais à la fin du XVIIe et au début du XVIIIe Siècle, in: Christiane Berkvens-Stevelinck u. Hans Bots (Hrsg.), Le magasin de l’univers. Leiden; New York; Kopenhagen; Köln 1992, S. 211– 222, S. 211– 214.
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2 Friedrich Rudolf von Canitz und seine Bibliothek
ihren Mémoires Pour Servir À L’Histoire Des Réfugiés François Dans Les États Du Roi von Jean Erman und Peter Reclam heißt es 1787 rückblickend: L’art de l‘imprimerie fut connu dans le Brandebourg dès les premiers tems de sa découverte […] depuis la Rèformation le progès des lumières avoit rendu les livres plus nécéssaires & d’un usage plus general, ce qui avoit donné lieu à l’établissement de quelques librairies. Mais on n’avoit guères imprimé en françois dans ce pays & quoique dans le grand monde on parlât la langue Françoise, la connoissance n’en étoit cependant pas assez répandue por que l’on ne pût se passer de librairies & d’imprimeries françoises; on pouvoit aisément faire venir de France le petit nombre de livres François don’t on avoit besoin. A l’arrivée des Réfugiés les choses durent naturellement changer de face & nous voyons que dès l’année 1688 l’Electeur accorda deux cents écus pour frais de voyage à Robert Roger de Rouen qui le premier imprima à Berlin des livres François.¹²⁴
Durch den hugenottischen Zuzug rückte die „Weltsprache“ Französisch verstärkt in das Bewusstsein der in Berlin lebenden Zeitgenossen. Der ansässige Adel und das Bürgertum hatten die nötigen finanziellen Mittel, um der Sprache und den kulturellen Erzeugnissen des französischen Nachbarn im heimischen Bücherregal verstärkt Raum zu geben. Robert Roger wirkte von 1696 bis 1704 als offizieller französischer Hofbuchdrucker.¹²⁵ 1693 stellte er an Canitz eine über hundert Titel umfassende Bücherrechnung aus, die ausschließlich französische Werke listet.¹²⁶ Somit manifestiert sich qualitativ und quantitativ, dass Canitz infolge der Hugenotteneinwanderungen einen kulturellen Umschwung erlebte, der seine persönliche Lektüre maßgeblich beeinflusste.
Jean Pierre Erman/Peter Christian Friedrich Reclam: Mémoires Pour Servir À L’Histoire Des Réfugiés François Dans Les États Du Roi. Bd. 1– 9, Bd. 6. Berlin 1787, S. 112. Vgl. Friedrich Kapp: Buchdruck und Buchhandel in Brandenburg-Preußen, namentlich in Berlin, in den Jahren 1540 – 1740, in: Archiv für die Geschichte des Deutschen Buchhandels 7 (1882), S. 6 – 43, S. 15. Franckesche Stiftungen zu Halle, AFSt/H A 22: Bücherrechnung von Robert Roger an Friedrich Rudolf von Canitz (30.10.1693).
3 Politische Leseanweisungen 3.1 Forschungsstand: Akademische Wissens- und Kompetenzdesiderate an den politicus des 17. Jahrhunderts Der Theologe und Philologe Joachim Feller war einer von Canitz Lehrern an der Universität von Leipzig. Auf den letzten Seiten der von Canitz verfassten Disputatio widmete er ihm folgende wohlwollende Worte: Res est Principibus digna atque Illustribus Aulis, Publica in exedra quam, Generose, probas; Nec nisi magnarum sunt haec praeludia rerum. Scilicet excelsi Principis Argus eris.¹
Feller war der Ansicht, dass die Abhandlung über die „Nötigen Vorsichtigkeiten der Fürsten bei Kongressen und Versammlungen“ von Fürsten beachtet werden sollte und bei Hofe viel Anklang finden würde. Canitz würde seinen späteren Dienstherren ganz sicher so aufmerksam beistehen wie der hundertäugige mythologische Riese Argus. Feller bestätigt damit gleichfalls, dass Canitz im Zuge seiner kurzen akademischen Karriere eine politische Ausbildung erhalten hatte. In dieser Ausbildung spielten Lektürekanons eine äußerst wichtige Rolle. Die „richtige“ Auswahl und Deutung von politischer Literatur galt als notwendige Voraussetzung zur Ausbildung der sogenannten prudentia civilis bzw. Staatsklugheit.² Der Topos und die daran gekoppelten politischen Verhaltensideale wurden insbesondere von Gerhard Oestreich, Wolfgang Weber und Merio Scattola umfassend erforscht und beschrieben.Weber und Scattola verweisen dabei immer wieder auf den hohen Stellenwert politischer Lektürekanons, deren Studium für den Erwerb von Staatsklugheit unabdingbar war. Diesen Kontext gilt es bei einer Studie, die politische Leseanweisungen probeweise mit tatsächlich existenten historischen Bibliotheken vergleicht, zu berücksichtigen. Daher soll der geltende
Vgl. Friedrich Rudolf von Canitz/Jacob Thomasius: Dissertatio Historico-Politica De Cautelis Principum Circa Colloquia Et Congressus Mutuos […] Fridericus Rudolphus Ludovicus a Kanitz […] A. & R. Leipzig 1674, § XLVII f. Im Gegensatz zu der sonst üblichen Praxis ist Canitz hier als A&R (Auctor et Respondent) verzeichnet, so dass die Textarbeit wohl vom Disputanden selbst stammt. Vgl. Wolfgang Weber: Lateinische Geheimnisse: außenpolitisches Handeln und Außenpolitik in der Politikwissenschaft des 17. Jahrhunderts, in: Heinz Duchhardt (Hrsg.), Frieden übersetzen in der Vormoderne. Göttingen 2012, S. 67– 88, S. 68; Merio Scattola: Kaspar Schoppe und die Entwicklung der politischen propädeutischen Gattungen, in: Herbert Jaumann (Hrsg.), Kaspar Schoppe (1576 – 1649), Philologe im Dienste der Gegenreformation. Frankfurt M. 1998, S. 177– 200, S. 190 – 193. https://doi.org/10.1515/9783110685336-003
58
3 Politische Leseanweisungen
Forschungsstand im Folgenden zusammengefasst und auf die Entstehungsgeschichte politischer Leseanweisungen zugespitzt werden.
Die Politik als Fach an deutschen Universitäten Dass Gelehrte ihre akademischen Lehren auf eine funktionale Anwendbarkeit hin ausrichteten, ist für das frühneuzeitliche Universitätswesen eher ungewöhnlich. Nach mittelalterlichem und frühneuzeitlichem Verständnis hatten Universitäten ursprünglich nicht die Funktion, Experten auszubilden, die spezifische Berufe in der Gesellschaft ausübten. Funktionales Lernen sollte in der Praxis, auf mündlichem Wege und über das Prinzip der imitatio erfolgen. An der Universität sollte hingegen theoretische Bildung geleistet und das aus der Antike tradierte Wissen reflektiert und an die Folgegenerationen weitergegeben werden. Die sich partiell dennoch ergebende Anwendbarkeit für administrative, juristische oder medizinische Tätigkeiten und Berufsfelder galt eher als ein akademisches Nebenprodukt, das nicht ausdrücklich forciert wurde.³ In der Form, wie Politik seit dem späten Mittelalter an den Universitäten gelehrt wurde, bereitete sie zunächst kaum auf die Bewältigung des realen politischen Alltags vor: Von der Mitte des 13. bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts bezog sich die Politik vordergründig auf die im 4. Jahrhundert vor Christus verfasste Schrift Politik (Πολιτικά) von Aristoteles, an die sich allmählich eine eigene universitäre Disziplin angliederte.⁴ Aristoteles’ philosophische Lehre befasste sich mit der Herstellung einer vollkommenen Gemeinschaft, ihren Mitgliedern und den verschiedenen Staatsverfassungen. Seit der erstmaligen Übersetzung ins Lateinische durch Wilhelm von Moerbeke (ca. 1260) und insbesondere der Neuübersetzung durch den Humanisten Leonardo Bruni Aretino im Jahr 1438 verbreitete sie sich im gesamten europäischen Raum und dominierte über mehrere Jahrhunderte hinweg als oft einzig legitime Schulphilosophie.⁵ Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts bildete die Politik eine philosophische noch eng mit der Ethik Vgl. Arno Seifert: Das höhere Schulwesen. Universitäten und Gymnasien, in: Notker Hammerstein (Hrsg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. 1– 2, Bd. 1: 15. bis 17. Jahrhundert: Von der Renaissance und der Reformation bis zum Ende der Glaubenskämpfe. München 1996, S. 197– 345, S. 214 f., 273, 275. Vgl. Jürgen Miethke: Spätmittelalter: Thomas von Aquin, Aegidius Romanus, Marsilius von Padua, in: Christoph Horn u. Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.), Politischer Aristotelismus. Stuttgart 2008, S. 77– 111, S. 80 – 83. Vgl. Günter Frank: ›Politica Aristotelis‹. Zur Überlieferungsgeschichte der aristotelischen Politica im Humanismus und in der Frühen Neuzeit, in: Günter Frank u. Andreas Speer (Hrsg.), Der Aristotelismus in der Frühen Neuzeit – Kontinuität oder Wiederaneignung? Wiesbaden 2007, S. 324– 352, S. 326 – 328.
3.1 Forschungsstand
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verwobene Lehre, innerhalb derer kein Anschluss an die Rechtswissenschaften oder das gegenwärtige Staatensystem gesucht wurde.⁶ Die Politik formulierte primär das zu erreichende Ideal und gab den an Herrschaft beteiligten Zielgruppen nur wenig konkrete und an ihre Lebenswelt angepasste Lehren an die Hand. Gemeinsam mit Ökonomie und Ethik wurde die Politik der praktischen Philosophie zugeordnet und im Rahmen des artistischen Grundstudiums behandelt. Bei Ämtervergaben erwies es sich dennoch als förderlich, ein Studium absolviert zu haben, weil es Schreib- und Lesefähigkeiten sowie Lateinkenntnisse attestierte.⁷ Im Zuge der Reformation suchte die akademische Politik vermehrt nach praktischen Bezügen. Die Forschung attestiert insbesondere den Schriften Philipp Melanchthons (1497– 1560) und denen seines Schülers Johannes Caselius (1533 – 1613) eine hohe Signalwirkung, da sie versuchten, die Politik mit dem Protestantismus in Einklang zu bringen und insgesamt gegenwartsbezogener auszulegen.⁸ Melanchthon argumentierte, dass sich das Evangelium nicht dazu eigne, Fragen zum klugen politischen Handeln und zum konfliktfreien Miteinander in der diesseitigen Welt zu beantworten. Demnach könnten auch keine politischen Ansprüche daraus abgeleitet oder Richtlinien zum richtigen politischen Handeln gewonnen werden. Jede gegenläufige Argumentation, wie zum Beispiel die der Täufer und der Wortführer der Bauernkriege, wies er scharf zurück.⁹ Stattdessen verknüpfte Melanchthon das geschlossene System des Aristoteles mit einem theokratischen Weltbild und entledigte sich der Notwendigkeit einer dazwischengeschalteten und überterritorial agierenden kirchlichen Institution.¹⁰ Vgl. Michael Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 1– 4, Bd. 1: Reichspublizistik und Policeywissenschaft. 1600 – 1800. München 1988, S. 80 f.; Michael Philipp: Die frühneuzeitliche Politikwissenschaft im 16. und 17. Jahrhundert, in: Wilhelm Bleek (Hrsg.), Schulen der deutschen Politikwissenschaft. Opladen 1999, S. 61– 78, S. 67; Peter Petersen: Geschichte der aristotelischen Philosophie im protestantischen Deutschland. Stuttgart 1964, S. 185. Vgl. Hans Maier: Die Lehre der Politik an den älteren deutschen Universitäten, in: Hans Maier (Hrsg.), Politische Wissenschaft in Deutschland. München 1969, S. 15 – 52, S. 23 – 25. Vgl. Petersen, Geschichte, S. 185; Günter Abel: Stoizismus und frühe Neuzeit. Zur Entstehungsgeschichte modernen Denkens im Felde von Ethik und Politik. Berlin 1978, S. 248. Philipp Melanchthon: Commentarii in aliquot politicos libros Aristotelis.Wittenberg 1530, S. [8]: „Sed inicio magnopere opus est discernere Politicam ab Evangelio & imperitorum opinionem convellere qui somniant Evangelium nihil esse aliud nisi Politicam doctrinam iuxta quam civitates constituendae sint.“ Hierzu: Frank, Politica, S. 344; Nicole Kuropka: Philipp Melanchthon. Wissenschaft und Gesellschaft: ein Gelehrter im Dienst der Kirche (1526 – 1532). Tübingen 2002, S. 182; Noah Dauber: Deutsche Reformation: Philipp Melanchthon, in: Christoph Horn u. Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.), Politischer Aristotelismus. Stuttgart 2008, S. 173 – 191, S. 173 f. Vgl. Philipp, Politikwissenschaft, S. 65; Heinrich de Wall: Theorien der Herrschaftsbegründung und Konfession – Zum Zusammenhang von Luthertum und theokratischer Theorie, in: Christoph
60
3 Politische Leseanweisungen
Einen maßgeblichen Motor für diese und ähnliche Überlegungen bildeten die strukturellen Wandlungen im Zuge der Reformation: In protestantischen Territorien führte die Lossagung von der römisch-katholischen Kirche gleichsam zur Lossagung von einer zentralen legislativen Institution, die das zivile Leben der Menschen (Bildung, Familien- und Gemeinderecht) maßgeblich gestaltet und reguliert hatte. Um die alten Kirchenordnungen durch neue zu ersetzen, griffen die Fürsten verstärkt auf die Kompetenzen der Gelehrsamkeit zurück.¹¹ Theologen unterstützten bei der Formulierung religiöser Programme, Juristen wurden mit Fragen der Gesetzgebung und -findung beauftragt, Konsiliartätigkeiten der Fakultäten häuften sich.¹² Die protestantische Gelehrsamkeit erlebte einen unbeabsichtigten Säkularisationsvorsprung gegenüber den Gelehrten an katholischen Universitäten.¹³ Sogar die Legitimation kaiserlicher Macht erfolgte aufgrund konfessioneller Differenzen eher politisch-juristisch als theologisch. Die an den Universitäten Lehrenden verfügten also über ein gutes Verständnis der aktuellen politischen, konfessionellen und rechtswissenschaftlichen Lage und waren unmittelbar in die Lösung politischer und rechtlicher Fragen involviert.¹⁴ Die Fächer
Strohm u. Heinrich Wall (Hrsg.), Konfessionalität und Jurisprudenz in der frühen Neuzeit. Berlin 2009, S. 393 – 413, S. 400. Vgl. Stolleis, Geschichte, S. 83: „Der Protestantismus füllte gewissermaßen die von der Theologie nicht besetzten ethisch-politischen Freiräume mit den alten Autoritäten […]. Die erneute Anerkennung der aristotelischen Politik durch die reformatorische Theologie war nichts anderes als eine Reduzierung des geistlichen Ordnungsanspruches in diesem Bereich.“ Auch: Dietmar Willoweit: Hermann Conring, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 129 – 147, S. 130; Wolfgang Weber: „Das ärgste Hindernis einer Sache ist die Unwissenheit“. ’Wissen’, ’Information’ und Informationsbeschaffung in der Politikwissenschaft des 17. Jahrhunderts, in: Arndt Brendecke (Hrsg.), Information in der Frühen Neuzeit. Berlin 2008, S. 259 – 276, S. 260. Vgl. Notker Hammerstein: Zur Geschichte und Bedeutung der Universitäten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, in: HZ 241 (1985), S. 287– 328, S. 290; Philipp, Politikwissenschaft, S. 67. Vgl. Hammerstein, Geschichte, S. 299; Sabine Holtz: Universität und Landesherrschaft. Die württembergische Landesuniversität Tübingen im 17. Jahrhundert, in: Daniela Siebe u. Stefan Wallentin (Hrsg.), „Orte der Gelahrtheit“. Stuttgart 2008, S. 207– 220, S. 218; Wolfgang Weber: Die Erfindung des Politikers. Bemerkungen zu einem gescheiterten Professionalisierungskonzept der deutschen Politikwissenschaft des ausgehenden 16. und 17. Jahrhunderts, in: Luise SchornSchütte (Hrsg.), Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Berlin; Boston 2004, S. 347– 370, S. 352. Vgl. Horst Dreitzel: Von Melanchthon zu Pufendorf. Versuch über Typen und Entwicklung der philosophischen Ethik im protestantischen Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, in: Martin Mulsow (Hrsg.), Spätrenaissance-Philosophie in Deutschland, 1570 – 1650. Tübingen 2009, S. 321– 398, S. 322, 330. Vgl. Philipp, Politikwissenschaft. S. 66; Manfred Friedrich: Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft. Berlin 1997, S. 87.
3.1 Forschungsstand
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der Jurisprudenz und Politik wurden ausgebaut und eng mit akuten Problemstellungen verwoben. Die Universität avancierte in protestantischen Gebieten zu einer Ausbildungsstätte für angehende Räte, Minister und Sekretäre.¹⁵ In jedem Fürstentum bestanden eigene Verwaltungsapparate und Rechtsordnungen und somit auch ein höherer Bedarf an fähigen Amtsträgern.¹⁶ An protestantischen Hochschulen entstanden elfmal mehr juristische Dissertationen als an den katholischen.¹⁷ Ähnliche Entwicklungen beobachtet Philipp für Dissertationen und Abhandlungen auf dem Feld der Politik.¹⁸ Das Ansehen der Universitäten stieg derart, dass sich zwischen 1500 und 1700 auch zahlreiche Adelige dazu entschlossen, Veranstaltungen an der philosophischen und/oder rechtswissenschaftlichen Fakultät zu besuchen.¹⁹ Gewidmet waren die Erzeugnisse der frühneuzeitlichen Politikwissenschaft dem sogenannten politicus. ²⁰ Der Topos formulierte weniger eine konkrete Ziel-
Vgl. Scattola, Schoppe, S. 177; Friedrich, Geschichte, S. 43. Vgl. Hammerstein, Geschichte, S. 290, 300. Vgl. Sabine Holtz: Bildung und Herrschaft. Zur Verwissenschaftlichung politischer Führungsschichten im 17. Jahrhundert. Leinfelden-Echterdingen 2002, S. 188; Friedrich, Geschichte, S. 43; Michael Stolleis: Öffentliches Recht in Deutschland. Eine Einführung in seine Geschichte (16.–21. Jahrhundert). München 2014, S. 32. Philipp, Politikwissenschaft, S. 73. Vgl. Seifert, Schulwesen, S. 274; Friedrich, Geschichte, S. 81; Holtz, Bildung, S. 88 f.; Rudolf Stichweh: Gelehrter Rat und wissenschaftliche Politikberatung. Zur Differenzierungsgeschichte einer Intersystembeziehung, in: Peter Kielmannseck, Kurt Biedenkopf u. Klaus Pinkau (Hrsg.), Politikberatung in Deutschland. Wiesbaden 2006, S. 101– 112, S. 102; Notker Hammerstein: Universitäten – Territorialstaaten – Gelehrte Räte, in: Roman Schnur (Hrsg.), Die Rolle der Juristen bei der Entstehung des modernen Staates. Berlin 1986, S. 687– 736, S. 729 – 732. Für jeweils kürzere Exkurse vgl.: Georg Steinhausen: Galant, luxeriös und politisch. Drei Schlag- und Modeworte des Perücken-Zeitalters, in: Zeitschrift für den deutschen Unterricht 9 (1895), S. 22– 37, S. 26 – 34; Wolfgang Weber: Prudentia gubernatoria. Studien zur Herrschaftslehre in der deutschen politischen Wissenschaft des 17. Jahrhunderts. Berlin 1992, S. 38 – 42; Derselbe: „Ein vollkommener Fürstlicher Staats-Rath ist ein Phoenix“. Perspektiven einer politischen Ideengeschichte der hohen Beamtenschaft, in: Zeitschrift für historische Forschung 21 (1994), S. 221– 233, insb. S. 226 f.; Weber, Erfindung, S. 354– 357; Wilfried Barner: Barockrhetorik. Untersuchungen zu ihren geschichtlichen Grundlagen. Berlin 2002, S. 142; Rudolf Stichweh: Der frühmoderne Staat und die europäische Universität. Zur Interaktion von Politik und Erziehungssystem im Prozeß ihrer Ausdifferenzierung (16.–18. Jahrhundert). Frankfurt M. 1991, S. 184; Horst Dreitzel: Der Aristotelismus in der politischen Philosophie Deutschlands im 17. Jahrhundert, in: Eckhard Keßler u. Charles Lohr (Hrsg.), Aristotelismus und Renaissance. Wiesbaden 1988, S. 163 – 192, S. 171, 182; Derselbe: Absolutismus und ständische Verfassung in Deutschland: ein Beitrag zu Kontinuität und Diskontinuität der politischen Theorie in der frühen Neuzeit. Mainz 1992, S. 10 – 14; Wilhelm Kühlmann: Gelehrtenrepublik und Fürstenstaat. Entwicklung und Kritik des
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gruppe als ein Verhaltensideal, das mit einem spezifischen Bestand an Wissensund Kompetenzdesideraten einherging. Verus & bonus politicus is est, qui habitu prudentiae politicae, sive, doctrina & experientia politica, caeterisq[ue] boni politici requisitis probe imbutus, juxta illa etiam vitam & consilia sua ad salutem Reipublicae prudenter & bene instituit.²¹
Das politicus-Ideal zeigte auf, welche Eigenschaften und Qualitäten in höheren politischen Ämtern erwünscht oder explizit unerwünscht waren, wobei die Worte prudentia, doctrina, experientia und iudicium meist extensiv zur Anwendung kamen.²² Der politicus sollte kein reiner Jurist sein, aber auch kein reiner Höfling, er sollte gebildet sein, aber kein Gelehrter, er sollte klug sein, aber nicht verschlagen.²³ Bemerkenswert ist, dass die Umschreibungen ein gewisses Maß an Pragmatismus gestatteten und anerkannten, dass die diesseitige Welt ein moralisch, ethisch und christlich einwandfreies Agieren kaum erlaubte. Die Umschreibung einer sozialen Kategorie, die wahlweise keine bürgerlichen Juristen oder Adelige beinhalten konnte, lag indes nicht im Interesse von Gelehrten der politica, da deren Leistungen sowohl von Adeligen als auch Bürgerlichen rezipiert werden
deutschen Späthumanismus in der Literatur des Barockzeitalters. Berlin 1982, S. 48; Horst Dreitzel: Neustoizismus, Tacitismus und Staatsräson, in: Michael Albrecht u. Helmut Holzhey (Hrsg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Basel 2001, S. 694– 714, S. 713; Merio Scattola: Begriffsgeschichte und Geschichte der politischen Lehren, in: Riccardo Pozzo u. Marco Sgarbi (Hrsg.), Eine Typologie der Formen der Begriffsgeschichte. Hamburg 2010, S. 71– 90; Isolde Zimmermann/Johannes Wagemann/Philipp Sprick: Von edlen Staatsmännern und eitlen Kannegießern: Der „Politiker“ in deutschen, englischen und französischen Lexika des 18. bis 20. Jahrhunderts, in: Willibald Steinmetz (Hrsg.), Politik. Frankfurt M.; New York 2007, S. 134– 161. Daniel Ringmacher: Requisita boni politici. Ulm 1699, Vorwort [2], zitiert nach Quintilian. Beschreibungen explizit unerwünschter Eigenschaften und Verhaltensweisen machen den Großteil aller politicus-Beschreibungen aus, vgl., ebd., Vorwort, [1]: „Nempe falso pro Politicis haberi, qui pomposi, gulosi, splendidi in vestibus, delicati in verbis […].“; Johannes Bornitz: Discursus Politicus de Prudentia Politica Comparanda. Erfurt 1602, S. [131]: „Non qui Platonis aut Aristotelis dogmata tantum teneat: non qui juris civilis privati tantum particulam delibavit: non […] qui aliquali rerum experientia valeat, non qui; ut vulgus opinatur, astute simulare & dissimulare sciat […].“ Trotz des späten Erscheinungsjahrs 1714 sehr ähnliche Abgrenzungen bei: Christoph August Heumann: Der Politische Philosophus Das ist, Vernunfftmäßige Anweisung Zur Klugheit Im gemeinen Leben. Frankfurt M. 1714, Vorrede S. [2] f. Die Debatte um die Tauglichkeit von Juristen für politische Dienste spiegelt sich noch im 18. Jahrhundert im Zedler-Lexikon wieder, siehe: Politicus, in: Johann Heinrich Zedler u. Johann Ludewig (Hrsg.), Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste. Bd. 1– 64, Bd. 28: (Pi–Pk). Leipzig 1741, Sp. 1527– 1529, Sp. 1528. Auch: Bornitz, Discursus, S. [130]. Lit.: Kühlmann, Gelehrtenrepublik, S. 48 (Fußnote).
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sollten.²⁴ Man konnte beiden Gruppen zwar differenziert abweichende Aufgabenprofile zusprechen, hatte aber keinen Vorteil davon, eine von beiden vom politischen Studium auszuschließen.²⁵ Parallel fungierte der politicus als ein Sammelbegriff für alle Personen, die in nicht unmittelbar regierender Position mit staatlichen Aufgaben betraut waren. In diesem Sinne findet der Begriff im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit Anwendung. Im Zuge des 16. Jahrhunderts wurde die Universitätsdisziplin der Politik ausgebaut und nicht mehr nur als Anhängsel der aristotelischen Ethik behandelt.²⁶ Vorreiter war hier Johannes Caselius, der an der Universität Helmstedt wirkte, umfassende Kommentare und Auslegungen der aristotelischen Politik verfasste und sich ab 1600 intensiv mit dem politicus und seiner Ausbildung beschäftigte.²⁷ Zwischen 1590 und 1620 stieg die Menge politischer Gesamtdarstellungen kontinuierlich an und ebbte erst in den 1640er Jahren in Zuge des Dreißigjährigen Krieges kurz ab.²⁸ Im selben Zeitraum etablierten sich Lehrstühle für die Politik an allen namhaften protestantischen Universitäten.²⁹ Politische Vorlesungen wurden von Professoren gehalten, die sich meist in mehreren akademischen Disziplinen betätigten. Dies beförderte interdisziplinäre Zugriffe auf die Politik, die vor allem von rechtswissenschaftlicher, moralphilosophischer und historischer Seite her erfolgten.³⁰ Interdisziplinäre Einschübe galten als legitim,
Für die süddeutschen Universitäten konstatierte R. Müller, dass sich der Anteil adeliger Studenten zwischen 1500 und 1650 verdreifachte und zwischen 1600 und 1670 mit einem Anteil von 12,7 % seinen Höhepunkt erreichte. Vgl. Rainer Albert Müller: Aristokratisierung des Studiums? Bemerkungen zur Adelsfrequenz an süddeutschen Universitäten im 17. Jahrhundert, in: Universität und Gesellschaft (1984), S. 31– 46, S. 31, 35, 39; Holtz, Bildung, S. 88 f. Vgl. Horst Dreitzel: Protestantischer Aristotelismus und absoluter Staat. Die „Politica“ des Henning Arnisaeus (ca. 1575 – 1636). Wiesbaden 1970, S. 108. Vgl. Philipp, Politikwissenschaft, S. 64. Vgl. Dreitzel, Protestantischer Aristotelismus, S. 99 – 109; Scattola, Begriffsgeschichte, S. 88. Philipp, Politikwissenschaft, S. 65. Vgl. Gerhard Oestreich: Policey und Prudentia Civilis in der barocken Gesellschaft von Stadt und Staat, in: Albrecht Schöne (Hrsg.), Stadt, Schule, Universität, Buchwesen und die deutsche Literatur im 17. Jahrhundert. München 1976, S. 10 – 21, S. 18; Maier, Lehre, S. 24 f.; Philipp, Politikwissenschaft, S. 65, 70 f.; Horst Denzer: Moralphilosophie und Naturrecht bei Samuel Pufendorf. Eine geistes- und wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung zur Geburt des Naturrechts aus der praktischen Philosophie. Goldbach 1996, S. 300 – 307. Vgl. Michael Philipp: Politische Dissertationen im 17. Jahrhundert, in: Rainer Albert Müller (Hrsg.), Promotionen und Promotionswesen an deutschen Hochschulen der Frühmoderne. Köln 2001, S. 21– 44, S. 40; Kühlmann, Gelehrtenrepublik, S. 49.
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wenn sie sich in einen aristotelischen Rahmenbau einpassen ließen oder diesem zumindest nicht widersprachen.³¹
Die Staatsklugheit und die daraus abgeleiteten Impulse zur Ausbildung eines politischen Lektüreprogramms Ergänzt wurde der Ausbau der Politik durch eine späthumanistisch-tacitistische Annäherung, die maßgeblich von Justus Lipsius (1547– 1606) initiiert wurde. In seinem Werk Politicorum Sive civilis Doctrinae Libri sex. Qui ad Principatum maxime spectant ³² versuchte er konkrete Methoden zu entwickeln, nach denen sich politische Akteure in ihrem Handeln und bei der Entscheidungsfindung ausrichten konnten.³³ Diese Methode fand ihren Ausdruck über den Topos der Klugheit, der prudentia. Sie sollte als „Selbstorientierungskompetenz“, für die Bewältigung konkreter Einzelsituationen fungieren und galt als zentrales Mittel zur Verwirklichung des Ideals einer glücklichen und geordneten Gemeinschaft.³⁴ Lipsius bezog sich insbesondere auf die Werke von Tacitus, in dessen politischer Umwelt er und seine Zeitgenossen starke Parallelen zur Gegenwart des späten 16. und 17. Jahrhunderts erkannten. Die Beschäftigung mit den Werken von Tacitus sollte darüber die Lektüre des „Fürsten“ von Niccolò Machiavelli kompensieren können, da viele Gelehrte dessen Thesen als zu radikal erachteten (vgl. Kap. 3.3.1). Auf dieser Basis entwickelte Lipsius ein neues – speziell auf den Staat bezogenes – Klugheitskonzept, die sog. prudentia mixta, eine „abgestufte Kasuistik des erlaubten politischen Betruges“, die zur Anwendung kommen sollte, wenn das grundsätzlich bestehende Primat der Tugend nicht aufrecht erhalten werden konnte.³⁵ In seiner – von der Forschung bislang völlig unbeachteten – Ergänzungsschrift Ad Libros politicorum breves Notae sprach Lipsius dann erstmals von
Vgl. Horst Dreitzel: Politischer Aristotelismus, in: Michael Albrecht u. Helmut Holzhey (Hrsg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Basel 2001, S. 607– 748. S. 649 f., 653; Kühlmann, Gelehrtenrepublik, S. 47, 51. Justus Lipsius: Politicorum Sive Civilis Doctrinae Libri Sex Qui ad Principatum maxime spectant. Leiden 1589. Vgl. Gerhard Oestreich: Justus Lipsius als Theoretiker des neuzeitlichen Machtstaates, in: Gerhard Oestreich (Hrsg.), Geist und Gestalt des frühmodernen Staates: ausgewählte Aufsätze. Berlin 1969, S. 35 – 79. S. 44 f., 51; Dreitzel, Protestantischer Aristotelismus, S. 102. Vgl. Andreas Luckner: Klugheit. Berlin 2005, S. 75 f. Vgl. Oestreich, Lipsius als Theoretiker, S. 42, 52 f.; Kühlmann, Gelehrtenrepublik, S. 52. Zur Lüge als Instrument der Diplomatie vgl. auch: Stefanie Freyer: Lügen im Namen des Friedens, in: Siegrid Westphal u. Stefanie Freyer (Hrsg.), Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. Berlin 2020.
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der prudentia civilis. ³⁶ Innerhalb weniger Jahre etablierte sie sich als feststehender Terminus und wurde von Zeitgenossen als Staatsklugheit ins Deutsche übertragen.³⁷ Die Klugheit wurde der eruditio antithetisch gegenübergestellt und zum Ziel des politicus erklärt.³⁸ Hier markiert sich eine deutliche Abkehr von einer als Wissenschaft charakterisierten Politik. Zum Erwerb von Klugheit empfahl Lipsius nicht etwa Theoretiker der Politik, sondern namhafte Geschichtsschreiber zur Lektüre, über die die prudentia civilis am praktischen Beispiel erkennbar werden sollte. Quisquis in re Civili intellegens haberi volet, opus ei Experientiâ. […] Intellegere te aliquid ex lectione vel auditu in rebus Civilibus posse, atque etiam iudicare tangere aut tractare eas non posse, sine usu.³⁹
Justus Lipsius: Ad Libros Politicorum Breves Notae. Leiden 1589, S. 16. Die Schrift wird nur von Gerhard Oestreich einmal beiläufig erwähnt, vgl. Gerhard Oestreich: Justus Lipsius und der politische Neustoizismus in Europa, in: Barbara Neymeyr, Jochen Schmidt u. Bernhard Zimmermann (Hrsg.), Stoicism in European Philosophy, Literature, Art, and Politics. A Cultural History from Antiquity to Modernity. Berlin; New York 2008, S. 575 – 630, S. 598. Der Terminus der prudentia civilis konnte zuvor nur einmal in einem Werk von Christoph Mylaeus identifiziert werden. Vgl. Christoph Mylaeus: De Scribenda Universitatis Rerum Historia Libri Quinque. Basel 1551, S. 210. In den überlieferten Texten der lateinischen Antike lässt sich die prudentia civilis nur viermal nachweisen, bei Ciceros De Re Publica, die in der Frühen Neuzeit noch nicht bekannt war, sowie in dessen Partiones Oratoriae als Antonym zur sog. prudentia domestica (76), außerdem bei Chalcidius und Ammianus Marcellinus Antiochenus. Auch wenn Aristoteles und Cicero zwischen Staat und Klugheit eine enge gedankliche Nähe herstellten und letzterer zweimal auch von prudentia civilis sprach, etablierte sie sich in der Antike nicht als feststehender Begriff, dieser kam erst in der Frühen Neuzeit auf. Vgl. István Hajdú: Prūdentia, in: Thesaurus Linguae Latinae. Bd. 1– 11. Bd. 10, Teil 2: Porta–Pyxodes. Leipzig 2010, Sp. 2377– 2382, Sp. 2382, Z. 20. Wohl erstmals titelgebend bei: Eberhard von Weyhe: Aulicus politicus. Diversis regulis, praeceptis, ut Ictus lavolenus loquitur, Definitionibus selectis, videlicet CCCLXII. Antiquorum & Neotericorum prudentiae Civilis Doctorum instructus. Halle 1596. Vgl. Christoph Coler/Conrad Bachmann: De Studio Politico Ordinando Epistola. Quomodo Studiosa Inventus non tantum Eruditior sed etiam Prudentior fiat. Gießen 1622, S. 3. „Cupis enim ex me cognoscere, quâ ratione non tantum eruditior, sed etiam prudentior fias.“ Vgl. Kühlmann, Gelehrtenrepublik; Luckner, Klugheit, S. 52; Merio Scattola: Geschichte der politischen Bibliographie als Geschichte der politischen Theorie, in: Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte 20 (1995), S. 1– 37, S. 4; Scattola, Schoppe, S. 189. Lipsius, Ad Libros (1589), S. 15. Ähnlich: Coler; Bachmann, Studio (1622), S. 3. Lit.: Emilio Bonfatti: Der andere Christophorus Coler (ca. 1570 – 1604) oder die Anfänge der politischen Bibliographie, in: Wolfenbütteler Barocknachrichten 14 (1987), S. 97– 112, S. 102; Merio Scattola: Der Anweisende Bibliothecarius: Politische Bibliographien als Instrumente der Bewahrung und Vermittlung von Wissen, in: Frank Grunert u. Anette Syndikus (Hrsg.), Wissensspeicher der Frühen Neuzeit. Berlin; München; Boston 2015, S. 165 – 202, S. 173.
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Der politicus musste also eigenständig die im Studium, durch Lektüre und das mündliche Gespräch erworbenen politischen Inhalte in seinem persönlichen Handeln zur Anwendung bringen, resümieren und als Klugheit für sich urbar machen. Diese Erkenntnis war für Theoretiker der Politik nicht unproblematisch, da sie den politicus bei der Gewinnung von Klugheit nur teilweise unterstützen konnten und damit an Deutungshoheit verloren. Die Lösung fand sich in einer systematischen Ausarbeitung der Methodenlehre der Staatsklugheit. Einerseits versuchten Lipsius und seine Nachfolger die Entwicklungsschritte auf dem Weg zur Klugheit genauestens nachzuvollziehen und zu erklären, andererseits wurde es zum Ziel, den Klugheitserwerb so weit wie möglich in den Rahmen des akademischen Studiums zu verlagern.⁴⁰ Im Gegensatz zu den meisten anderen Fächern der artistischen Fakultät forcierten und bewarben die Vertreter der Politik deren konkreten Nutzen für die politische Praxis.⁴¹ Eines der Kernargumente für einen akademischen Bildungsweg war, dass Klugheitserwerb ohne die Verknüpfung mit Erfahrungen zwar sicherlich nicht möglich sei, dass diese Erfahrung aber nicht notwendigerweise durch eigenes Handeln generiert werden müsse.⁴² Usum aut ipsa experientia facit, aut eorum, quae alii experti sunt, exacta cognitio, quae quidem ab auditu est vel lectione. Eorum enim meditatione similia nos aggredimur.⁴³
Erfahrungen konnten demnach von anderen Personen weitergegeben werden – sei es durch das direkte Gespräch oder aber durch die Lektüre ihrer Schriften. Die probeweise Verknüpfung mit eigenen theoretischen Wissensbeständen sollte dann Klugheit generieren. Die benötigten Exempel und Vorbilder sollten insbesondere aus der überlieferten Geschichte rekrutiert werden (Scattola spricht hier treffend von einem „prudentiellen“ Geschichtsverständnis).⁴⁴ Die Geschichte er-
Vgl. Merio Scattola: „Historia literaria“ als „historia pragmatica“, in: Frank Grunert (Hrsg.), Historia literaria. Berlin 2007, S. 37– 63, S. 50 – 52; Scattola, Begriffsgeschichte, S. 88. Vgl. Kühlmann, Gelehrtenrepublik, S. 63. Vgl. Scattola, Bibliothecarius, S. 173; Scattola, Begriffsgeschichte, S. 79. Coler; Bachmann, Studio (1622), S. 3 (in Anlehnung an das oben geführte Zitat von Lipsius, vgl. die Phrase „ex lectione vel auditu/ab auditu […] vel lectione“); außerdem: Daniel Hartnack: Anweisender Bibliothecarius der studirenden Jugend durch die vornehmsten Wissenschaften. Sammt der bequemsten Methode, Wie dieselbe zu erlernen von einem zukünfftigen Theologo, Jurisconsulto, und Medico. Stockholm 1690 (Ms,VIII,84), S. 19: „[…] so sind die Geschichte die Experimenta des politici.“ Johann Tobias Wagner: Entwurff Einer Staats-Bibliothec Nebst der ganzen Politischen Klugheit. Frankfurt; Leipzig 1725, S. 7. Zum Begriff der „prudentiellen“ Geschichte vgl.: Scattola, Historia. S. 50; außerdem S. 39 – 45. Das Konzept bei: Kühlmann, Gelehrtenrepublik, S. 54 f.; Scattola, Bibliothecarius, S. 174 f.; Merio
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hielt die Funktion eines Exerzitiums, das unendlich mehr Erfahrungswerte bereitstellte, als sich ein einzelner Mensch im Laufe seiner eigenen politischen Karriere aneignen konnte.⁴⁵ Insofern ließ sich der akademische Weg der Erfahrungsgenerierung mitunter als noch ergiebiger verstehen als der der Praxis. Es wurde zum Mittel und Zweck der prudentia civilis, erkennen zu können, welches Wissen und welche Erfahrungen für die Ausbildung der eigenen Klugheit urbar gemacht werden konnten. Caeterum quid expedit legere historiam & non intelligere? Quod non legere est sed negligere. Verum sensum & fructum in historiis enodandis Ars politica suggerit, quae ad exempla politica sua theoremata accommodat, & ad usum Reipub. prudenter transferre docet, sine cujus ductu & adminiculo studium historicum temerarium & infructuosum erit.⁴⁶
In diesem Kontext erhielt die Frage nach der richtigen politischen Lektüre abrupt einen sehr zentralen Stellenwert. Bereits Lipsius versuchte, dem politicus einen Schlüssel an die Hand zu geben, nach dem Historiker identifiziert werden konnten, die von besonderer prudentia civilis zeugten. In den Ad libros politicorum breves notae äußerte er sich umfassend zu Geschichtsschreibern, die ihm für die Erlangung von Staatsklugheit nützlich erschienen.⁴⁷ Seinen humanistischen Bildungsidealen entsprechend legte er einen Schwerpunkt auf die griechische und römische Antike, berücksichtigte allerdings auch die italienischen Geschichtsschreiber der jüngeren Vergangenheit.⁴⁸ Seine Aussagen über die drei Merkmale politisch klug verfasster Werke (Veritas, Explanatio, Iudicium), wurden im 17. Jahrhundert mehrfach aufgegriffen, später jedoch meist Johann Bose zugeschrieben.⁴⁹ Lipsius’ Kommentare zu politisch wichtigen Historikern wurden das
Scattola: La storia e la prudenza. La funzione della storiografia nell’educazione politica della prima età moderna, in: Storia della storiografia 42 (2002), S. 42– 73. Wagner, Entwurff, S. 7 „Denn eigene Erfahrung kann man nicht in allen Stücken haben, ehe man darzu käme, würde man viele Fehler begehen, so dem Staate zum höchsten Nachtheil gereichten. Daher muß man zur fremden seine Zuflucht nehmen, welche man durch Lesung guter Bücher erlanget.“ Jakob Bornitz: Partitionum Politicarum Libri IV. In quibus ordine & summatim capita artis Politicae designantur De Rep. Fundanda, Conservanda, Amplificanda & Curanda. Hannover 1608, S. 5; Lipsius, Ad Libros (1589), S. 16: „Eadem [Historia] ad Civilem partem utilissima. Non tamen omnis Historia, ne erres. Ut aurum non quaevis terra gignit: sic nec haec promiscua, prudentiam Civilem.“ Der Abschnitt bildet eine Ergänzung zu Liber 1, Cap. IX der Politicorum libri sex. Vgl. Lipsius 1589a, S. 24 f. Vgl. ebd., S. 18 – 25. Verweis und Zitation u. a. in: Johann Heinrich Boeckler: [De Studio Politico bene instituendo Dissertatio Epistolica posthuma], in: Samuel Schottel (Hrsg.), Bibliographia Historico-Politico-
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gesamte 17. Jahrhundert immer wieder zitiert und trugen zur Formierung eines politischen Kanons maßgeblich bei. Nach Lipsius erschienen zwischen 1600 und 1611 gleich vier umfassende politische Literaturempfehlungen im Rahmen von Überblicksdarstellungen zur Politik und von Einführungen in das politische Studium, verfasst von Johannes Caselius⁵⁰, Christoph Coler⁵¹, Jakob Bornitz⁵² und Arnold Clapmarius.⁵³ Colers Epistola wurde im deutschen Sprachraum mit am stärksten und nachhaltigsten rezipiert.⁵⁴ Bei den hier genannten Autoren handelte es sich um Gelehrte, die sich intensiv mit dem Aristotelismus, dem Neustoizismus und dem Klugheitsbegriff auseinandersetzten und – mit Ausnahme von Bornitz – an einer protestantischen Universität (Helmstedt und Altdorf) lehrten. In ihren Schriften richteten sie sich in personaler Form an einen jungen Adeligen respektive Dienstherren, so dass bereits über den Schreibstil ein anwendungsbezogener Tonus entstand.
Philologica Curiosa. Frankfurt M. 1677, § 26; Carl Arnd: Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta. Rostock 1705, S. 105. Johann Joch schreibt den Ausspruch fälschlicherweise Johann Bose zu, der ihn von Lipsius referiert, vgl.: Johann Andreas Bose: Bibliotheca politica contracta, hoc est recensus et judicia de scriptoribus politicis et ad politicam pertinentibus imprimis autem historicis, in: Samuel Schottel (Hrsg.), Bibliographia Historico-Politico-Philologica Curiosa. Frankfurt M. 1677, § 26; Johann Georg Joch: Prodromus Bibliothecae Politicae Praemissus. Jena 1705, S. 3. Vgl. Johannes Caselius/Conrad (Hrsg.) Horneius: Opera politica, in quibus continentur Propolitikos, Paradoxa de victu et splendore principum, Politeusomenos. Frankfurt M. 1631 (erstmals 1600 erschienen), S. 109 – 137. Caselius war gelehrter Humanist und Dichter, lehrte an der Universität Helmstedt an der Philosophischen Fakultät und kommentierte umfassend die aristotelischen Schriften. In den Kapiteln XXV–XXVII der Propolitikos wird der Nutzen verschiedener Disziplinen, Textgattungen und Autoren besprochen (v. a. Dichtung, Geschichte, Philologie und Philosophie). Vgl. Merio Scattola: Iohannes Caselius (1533 – 1613), ein Helmstedter Gelehrter, in: Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte 22 (1997), S. 101– 121. Coler; Bachmann, Studio (1622) (erstmals 1602 erschienen), insbes. S. 16 – 38. Coler beschäftigte sich als Philologe mit den Schriften von Tacitus, lehrte an der Universität Altdorf Geschichte und Politik, betätigte sich später als Hofmeister. Vgl. Bonfatti, Coler, S. 97 f. Bornitz, Discursus. Die Schrift enthält zahlreiche Exkurse zu den Scriptores politici & historici. Bornitz war Jurist, ein früher Vertreter des Kameralismus und kaiserlicher Rat.Vgl. Walter Braeuer: Bornitz, Jakob, in: NDB 2 (1955), S. 471. Arnold Clapmarius: Nobile triennium. Wittenberg 1611 (posthum erschienen), vgl. insb. S. 24– 34. Nachfolger von Coler an der Universität Altdorf in der Professur für Geschichte und Politik. Im Rahmen seiner Abhandlungen widmete er sich dem Studiosus humaniorum literarum, der sich in Teilen auch mit Politik und der prudentia civilis auseinandersetzen sollte. Lit.: Gerhard Oestreich: Clapmarius, Arnold, in: NDB 3 (1957), S. 260; Philip Haas: Das ‚politische Volontariat‘ des Arnold Clapmarius. Praktische Erfahrung und der Anschein praktischer Erfahrung als Qualifikation für die politischen Wissenschaften um 1600, in: Biblio 40 (2017,4), S. 315 – 332, S. 317. Vgl. Bonfatti, Coler, S. 99.
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Die von ihnen formulierten politischen Kanons sind deutlich von humanistischen Denkweisen geprägt: Die Argumentation um das richtige politische Studium konzentriert sich in starkem Maße auf die Aneignung und die richtige Verwendung von Tugenden. In diesem Zuge wurden immer wieder hilfreiche Texte und Ideale benannt. Es wurden mehrheitlich antike Autoren (mit Schwerpunkt auf Tacitus) empfohlen, die genannten zeitgenössischen Autoren sind meist im italienischen Sprachraum zu verorten. Zu einer klaren strukturellen Trennung zwischen der Hauptargumentation und der Nennung nützlicher Schriftsteller kam es meist nicht.
Einflüsse der „politica specialis“ und der „notitia rerum publicarum“ Aufgegriffen wurden die frühen Ansätze nach dem Dreißigjährigen Krieg durch Johann Boeckler, Hermann Conring und Johann Bose. Sie beriefen sich auf die Lipsius- und Aristotelismus-Traditionen und bauten die Wissensanforderungen an zukünftige politici massiv aus.⁵⁵ Fast zeitgleich entwickelten Conring und Bose das Konzept einer notitia rerum publicarum, examen rerum publicarum oder auch notitia imperiorum orbis, das die Ursprünge der modernen Staatswissenschaften bildete.⁵⁶ Wie zuvor schon Bartholomäus Keckermann differenzierten Bose und
Boeckler, Bose und Conring beschäftigten sich alle umfassend mit der prudentia civilis, vgl. u. a.: Johann Heinrich Boeckler: Institutiones politicae. Accesserunt dissertationes politicae ad selecta veterum historicorum loca et libellus memorialis ethicus. Straßburg 1674; Hermann Conring/Friedrich Strube: Disputatio De Natura Ac Optimis Auctoribus Civilis Prudentiae. Helmstedt 1639; Hermann Conring: De Civili Prudentia Liber Unus. Helmstedt 1662; Johann Andreas Bose: De Comparanda Prudentia Iuxta Et Eloquentia Civili, deque libris & scriptoribus ad eam rem maxime aptis, Dissertationes Isagogicae. Jena 1677. Bose hielt bereits 1656 Vorlesungen über die „Notitia orbis hodierni historico-geopgraphicopolitica“. Verschriftlicht erschienen diese erst posthum: Johann Andreas Bose: Introductio Generalis In Notitiam Rerumpublicarum Orbis Universi. Jena 1676. 1675 veröffentlichte Andreas Oldenburger Conrings Konzeptionen unvollständig und gegen dessen Willen: Hermann Conring/ Philipp Andreas (Hrsg.) Oldenburger: Thesaurus Rerum Publicarum. Bd. 1– 4. Genf 1675 (Ms,VIII,55). Die neu edierte und wohl authentischere Ausgabe erschien erst über 50 Jahre später: Hermann Conring: Examen rerum publicarum potiorum totius orbis, in: Johann Göbel (Hrsg.),Viri Quondam Illustris Hermanni Conringii […] Professoris Meritissimi Operum. Bd. 1– 6. Bd. 4. Braunschweig 1730, S. 47– 57. Wichtige Vorarbeiten stammen von Johann Boeckler, der bereits 1649 de notitia reipublicae disputieren ließ: Johann Heinrich Boeckler/Paulus Kewenhüller: Q.F.F.Q.S. Dissertatio De Notitia Reipublicae, Ad C: Corn. Taciti lib. IV, 33. Uppsala 1649. Lit.: Arno Seifert: Staatenkunde – eine neue Disziplin und ihr wissenschafts-theoretischer Ort, in: Mohammed Rassem (Hrsg.), Statistik und Staatsbeschreibung in der Neuzeit. Paderborn 1980, S. 217– 248, S. 218; Kathrin Barth: Libertas. Freiheitsvorstellungen bei Tacitus und ihre Rezeption
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Conring zwei Arten der Klugheit, eine prudentia universalis, i. e. eine allgemeine Lehre des klugen Handelns und eine prudentia singularis bzw. politica specialis, also die Fähigkeit, partikulare Fragen effektiv zu beantworten.⁵⁷ Empirisches Wissen diente nicht mehr nur als Exerzitium für die Gewinnung politischer Klugheit, sondern hatte auch einen informativen Zweck.⁵⁸ Die fundierte Kenntnis der politischen Verhältnisse in Europa und des status seiner Territorien sollte politische Entscheidungsfindungen vereinfachen und die Motivationen anderer politischer Akteure offenlegen.⁵⁹ Es galt, sich eine profunde Kenntnis der historischen Entwicklung und des gegenwärtigen Zustands der einzelnen Staatengebilde zu erarbeiten, zu denen man eine Beziehung hatte oder voraussichtlich haben würde.⁶⁰ Bereits 1600 verlangte Johannes Caselius vom politicus Kenntnisse über die Sitten, den geographischen Zustand und die Einwohnerschaft verschiedener Territorien.⁶¹ Johann Boeckler riet einem seiner adeligen Schützlinge, sich besonders intensiv mit der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches auseinanderzusetzen, weil er damit zukünftig am meisten zu tun haben werde.⁶² Bose und Conring listeten konkrete Lerninhalte: Das relevante Wissen zu einzelnen Staaten rekonstruiere sich aus deren Geschichte, Geografie, Einwohnerschaft und politischer Organisation („eorumque ortu, fato, institutis, provinciis, artibus imperandi modoque regiminis, ac similibus aliis“).⁶³ Bose erklärte 1676 selbstbewusst, dass die Bezeichnung politica specialis all diese Bereiche nicht mehr abdecke und als notitia rerum publicarum in eine unabhängige Wis-
in der Geschichtswissenschaft der frühen Neuzeit unter besonderer Berücksichtigung der Universität Jena. Jena 2009, S. 70, 75. Vgl. Conring, Prudentia, S. 229: „Ac prudentia quidem illa singularis est, quâ instructus quis idoneus est singulis negotiis civilibus recte, quantum licet, consulere. Hinc vero statim liquet id quod diximus; esse eam ab universali prudentia distinctam: utpote quum universalis illa nihil sciat rerum singularium, haec autem iis consulat, non possit autem consulere nisi iis perspectis.“ Vgl. Seifert, Staatenkunde, S. 218, 220. Bartholomäus Keckermann: Systema disciplinae politicae. Hannover 1607, S. 31 f. Vgl. Weber, Erfindung, S. 361. Bose, Introductio, Caput primum, § 1 und 2; Weber, Geheimnisse, S. 72. Bose, Introductio; Harm Klueting: Die Lehre von der Macht der Staaten: das außenpolitische Machtproblem in der „politischen Wissenschaft“ und in der praktischen Politik im 18. Jahrhundert. Berlin 1986, S. 45; Barth, Libertas, S. 37. Vgl. Dreitzel, Protestantischer Aristotelismus, S. 101; Caselius; Horneius, Opera, S. 27. Boeckler 1677, Kap. „I.N.J.“ S. [10]. „Etiam Turcicae militiae Historia nostris rebus plurimùm immixta est.“ Bose, Introductio, Caput primum, § 1.
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senschaft ausgelagert werden müsse.⁶⁴ Auch das öffentliche Recht sowie das Natur- und Völkerrecht wurden in diese integriert. Als wichtigstes Wissensfeld galt weiterhin die Geschichte. Es überrascht nicht, dass Boeckler und Bose deren Nutzen auch in gesonderten Schriften noch einmal ausführten.⁶⁵ In der Notitia Rerum Publicarum manifestiert sich eine deutliche Abkehr von einer auf die Aneignung von Klugheit angelegten politischen Lektüre: Der politische Alltag erschien im Spiegel der Boseschen und Conringschen Schriften kontrollierbarer, so dass es über ein Universitätsstudium auch möglich wurde, sich auf diesen Alltag vorzubereiten. „Die Statistik als Lehre von den Einzelstaaten wurde damit zur Grundlage einer allgemeinen Staatswissenschaft.“⁶⁶ Der bei Lipsius noch kurz ausfallende Vorschlagskatalog nutzbringender Schriftsteller wurde im Zuge des 17. Jahrhunderts in eigene Werke und Wissenschaften ausgelagert. Bei der Kategorisierung von Literatur verschärfte sich eine schon zuvor wahrnehmbare Trennung in praecepta und exempla. Unter praecepta (auch doctrinae) wurden universale politische Lehren zum richtigen Handeln und zur vollkommenen Gemeinschaft genannt.⁶⁷ Hier kam die aristotelische Prägung der frühneuzeitlichen politica besonders stark zum Tragen. Die exempla hatten ihre Funktion als Exerzitium für die politische Klugheit oder sollten per se über den gegenwärtigen Zustand einzelner Staaten informieren.⁶⁸ Ein dritter Teil umfasste meist solche Schriften, welche die Verfasser weder in der einen noch in der anderen Gruppe unterbringen konnten. Schriften, die einer anderen politischen Tradition angehörten als der der protestantisch-aristotelischen Politik, wurden häufig erst hier eingefügt und besprochen, gleichsam lieferte der Anhang Platz für Materialien abseits politischer Theorie und Geschichte, mitunter auch für ziel-
Ebd., Caput primum, § 1: „Notitia Rerumpubl. peculiaris disciplina. Nec ad Politicam pertinet, aut Geographiam, aut Historiam, etsi eundem, quem illa, usum praebet; aut Iurisprudentiam publicam. […] Politicae commode subordinatur.“ Vgl. Wolfgang Alefeld/Johann Heinrich Boeckler: Historia schola principum. Straßburg 1640; Georg Schubart/Johann Andreas Bose: De Prudentia Et Eloquentia Civili Comparanda Diatribae Isagogicae quarum haec prodit auctior sub titulo De Ratione Legendi Tractandique Historicos. Jena 1699. Barth, Libertas, S. 72; Jutta Brückner: Staatswissenschaften, Kameralismus und Naturrecht. München 1977, S. 33 – 42. Vgl. Weber, Prudentia, S. 26 f. Vgl. Boeckler, Studio, unpag.: „De ipsa Politica doctrina eò brevior ero, quod satis adhuc memorâsti, Nobilissime Domine, duas ejus comparandae rationes semper à Nobis esse praepositas: Praecepta & Exempla.“
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gruppenspezifische Ratgeberliteratur.⁶⁹ Theoretische Kommentare zur prudentia civilis und zu wichtigen Tugenden fielen hingegen stetig kürzer aus. Einen maßgeblichen „Input“ gab außerdem Gabriel Naudés Bibliographia Politica. Sie erschien bereits 1633, doch mutmaßlich initiierten die 1663 und 1673 von Hermann Conring herausgegebenen Editionen erst eine intensivierte Rezeption im deutschen Sprachraum.⁷⁰ Naudé war Anhänger der römisch-katholischen Kirche, Franzose und Bibliothekar des römischen Kardinals Giovanni Francesco Guidi di Bagno und später der der Kardinäle Richelieu und Mazarin.⁷¹ Seine Biografie steht damit dem „klassischen“ Autorenprofil der Verfasser von Leseanweisungen konträr entgegen.⁷² Dies zeigt sich auch daran, dass Naudé seine Angaben nicht dem „Programm“ der prudentia civilis unterstellte.⁷³ Obgleich Boeckler, Bose und Conring über die Bibliographia Politica Naudés allesamt ein ambivalentes Urteil fällten und insbesondere Bose ihm eine religiöse und politische Parteilichkeit unterstellte,⁷⁴ wurde auf Naudés Bibliographie in allen nachfolgenden Literaturkompendien verwiesen, oft gleich auf der ersten Seite.⁷⁵
Schematisch nachvollzogen wird dies an mehreren Beispielen bei: Scattola, Bibliothecarius, S. 174– 181; auch der Zeitgenosse Johann Joch beschreibt die Praxis: Joch, Prodromus, S. 3 – 10. Gabriel Naudé: Bibliographia Politica in qua plerique omnes ad Civilem Prudentiam Scriptores quà recensentur, quà dijudicantur, in: Hermann Conring (Hrsg.), Paedia Politices Et Gabrielis Naudaei Bibliographia Politica. Helmstedt 1663; Gabriel Naudé/Caspar Schoppe: Bibliographia Politica, & Casparis Scioppii Paedia Politices, ut & Eiusdem Argumenti Alia. Frankfurt M. 1673.Vgl. Anette Syndikus: Die Anfänge der Historia Literaria im 17. Jahrhundert, in: Frank Grunert (Hrsg.), Historia literaria. Berlin 2007, S. 3 – 36, S. 28 f.; Merio Scattola: Dalla virtù alla scienza: la fondazione e la trasformazione della disciplina politica nell’età moderna. Milano 2003. Robert Damien: Bibliothèque et état. Naissance d’une raison politique dans la France du XVIIe siècle. Paris 1995; Rudolf Blum: Bibliographia. Eine wort- und begriffsgeschichtliche Untersuchung, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 10 (1970), Sp. 1017– 1246, Sp. 1029. Monographisch erforscht von Christian Bissel/Gabriel Naudé: Die Bibliographia Politica des Gabriel Naudé. Erlangen 1966. Vgl. Therese Schwager: Militärtheorie im Späthumanismus. Kulturtransfer taktischer und strategischer Theorien in den Niederlanden und Frankreich (1590 – 1660). Berlin 2012, S. 656; Bissel; Naudé, Bibliographia, S. 1– 5. Vgl. hierzu auch: Scattola, Begriffsgeschichte, S. 86. Vgl. Naudé, Bibliographia, S. 108; Scattola, Geschichte, S. 4. Naudé erwähnte die prudentia (von ihm als prudentia politica bezeichnet) nur einmal im Zusammenhang mit der Relevanz von Geschichtswerken. Den Werken von Lipsius und Keckermann attestiert er zwar guten Stil und eine eingängige Methode, sie würden jedoch nur wenig Neuwertiges beinhalten. In seinen Considérations Politiques Sur Les Coups D’Estat distanziert er sich sogar von dem lipsianischen Klugheitsbegriff. Vgl. Naudé, Bibliographia, S. 65; Derselbe: Considérations Politiques Sur Les Coups D’Estat. [s.l.] 1667, S. 50 – 57. Für Naudés Einstellung zur Klugheit und seiner Kritik am lipsianischen Klugheitskonzept vgl.: Schwager, Militärtheorie, S. 657– 659. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 85.
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Entgegen dem Postulat nach der richtigen Selektion nützlichen Wissens kam es zu einer systematischen Erweiterung des politisch-nützlichen Wissensbestandes. Die Vertreter der Politikwissenschaft rekurrierten auf den größer werdenden Schriftkorpus ihrer eigenen Fachrichtung und griffen immer stärker auf andere Disziplinen (Öffentliches Recht, Geografie, Rhetorik u. a.) über. Diese Entwicklungen reflektiert auch die von Michael Philipp erstellte Konjunktur politischen Schrifttums im 17. Jahrhundert. Wie er treffend aufzeigt, erschienen zwischen 1590 – 1640 die meisten Überblicksdarstellungen zur Politik, allerdings folgte dann zwischen 1650 – 1690 eine Flut politischer Dissertationsschriften, welche die Zahl der Überblicksdarstellungen um fast das Doppelte übertraf. Ihren Höhepunkt fand sie in den 1670er Jahren, für die allein knapp 300 politische Dissertationes nachgewiesen werden können.⁷⁶ Auffällig ist der Umstand, dass das Schrifttum dieser Zeit fast nie genuin politischer Natur war, sondern sich meist durch eine „historisch-politische, ethisch-politische, juristisch-politische, theologisch-politische oder philosophisch-politische Ausrichtung“ kennzeichnete.⁷⁷ Die Gelehrsamkeit schien in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts weniger um die Formierung einer Theorie einer autonomen Politik bemüht als um eine Funktionalisierung der wissenschaftlichen Landschaft für die Ausbildung politischer Kompetenzen. Der deutliche Rückgang politischer Theorien und Gesamtdarstellungen begründete sich zusätzlich dadurch, dass sich schon ab Beginn des Jahrhunderts das Natur- und Völkerrecht durchzusetzen begannen, was einen rein praktisch-philosophischen Blickwinkel auf die Politik ab der Mitte des Jahrhunderts entpopularisierte.⁷⁸ Die Anleihen aus anderen Disziplinen wurden bruchstückhaft in den Rahmen des politischen Aristotelismus’ eingepasst und mitunter sogar noch höher geschätzt als die genuine politische Lehre.⁷⁹ „Man könnte die frühneuzeitliche Politikwissenschaft somit als synoptische oder Integrationswissenschaft bezeichnen.“⁸⁰ In seinem Politischen Academicus empfahl Christian Weise 1684 die Unterbestandteile den Hauptlehren vorzuziehen:
Vgl. Weber, Prudentia, S. 52– 56. Vgl. Philipp, Politikwissenschaft, S. 65; Philipp, Dissertationen, S. 44; Horst Dreitzel: Monarchiebegriffe in der Fürstengesellschaft: Semantik und Theorie der Einherrschaft in Deutschland von der Reformation bis zum Vormärz. Bd. 1– 2, Bd. 2: Theorie der Monarchie. Köln [u. a.] 1991, S. 474. Philipp, Politikwissenschaft, S. 70. Vgl. Scattola, Begriffsgeschichte, S. 90. Vgl. Christian Weise: Politischer Academicus. Amsterdam 1684, S. 58. „[…] denn wie heutiges Tages die Studia lauffen/ so muß man die Ethica, die Politica, das Jus Naturae und Gentium, das also genante Jus publicum, endlich auch die Notitia imperiorum & Rerumpublicarum, sehr wol ausstudiret haben.“ Philipp, Politikwissenschaft, S. 74.
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Das Studium Politicum hat erstlich ein Hauptwerck/ und hernach ein sehr nothwendiges Werck/ das Rebenwerck bestehet in den jenigen Sachen/ drauff die Politica entweder zielet oder daraus die Exempel zu ihren Regeln erfolgen müssen/ und wer klug ist der fänget deßwegen grosse Collegia nicht au [!]/ sondern er siehet/ wie sich eine Nebenstunde schicken will.⁸¹
Die Etablierung politischer Kanons im außeruniversitären Sektor und ihre Einbindung in die neue Gattungstradition der „Historia Literaria“ Da die Politik in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts einen festen Platz im Ausbildungsprogramm angehender Fürstendiener und Adeliger erhielt, waren Propädeutiken und Leseanweisungen auch außerhalb des universitären Bereichs sehr gefragt, sei es an Gymnasien oder im Kontext häuslichen Privatunterrichts. Dementsprechend erweiterte sich das Zielpublikum von Leseanweisungen auf die Gesamtheit der Jugendlichen im höheren Bürgertum und Adel. Die eigentlichen Käufer solcher Leseanweisungen waren aber wohl vielmehr Hofmeister, Lehrer und Eltern, die mit deren Ausbildung betraut waren.⁸² Die Ausstattung privat unterrichteter Schüler mit den „richtigen“ Lehrmaterialen stellte eine Herausforderung dar, welche die Leseanweisungen auffangen konnten. Während Leseanweisungen und Propädeutika bis 1670 meist von an den Universitäten wirkenden Theoretikern formuliert wurden, widmeten sich ihrer nun auch Personengruppen, deren Beschäftigungsschwerpunkt nicht in der politischen Lehre lag und deren Karriere gerade anfing. Es handelte sich um Schulmeister, studierte Theologen oder Mediziner, zunehmend auch Juristen. Sie veröffentlichten Schriften an die „politische Jugend“ oder widmeten sich der Ausbildung von Adeligen, bei der die Politik der wichtigste, wenn auch meist nicht einzig relevante Bestandteil war.⁸³ Werke dieses Charakters lassen sich u. a. von
Weise, Academicus, S. 52. In diesem Werk äußert sich Weise bereits äußerst kritisch zum vermeintlichen Nutzen der lateinischen Sprache für den politicus (S. 44) und gibt an, man solle die Studien zur Politica auf eine gründliche Kenntnis der Terminos politicos begrenzen (S. 60). Kulpis verfasste seine Epistola an einen adeligen Vater, der sich bei ihm erkundigt habe, wie er seinen Sohn ausbilden (lassen) sollte. Vgl. Johann Georg von Kulpis: De Studio Juris Publici recte instituendo, & de Scriptoribus eo pertinentibus Dissertatio. Eiusdem de studiis Academicis Iuvenis Nobilis recte instituendis Epistola. [s.l.] 1688, S. 141. Wie hoch der politische Gehalt solcher Werke letztlich ist, lässt sich anhand des Titels meist kaum bemessen: Während Johannes Scheffers „De generosi nobilisque informatione literaria dissertatio“ aus dem Jahr 1678 nur marginale Exkurse zur Politik enthält, nimmt sie in der 1688 erschienenen „De Studijs Academicis Juvenis Nobilis recte instituendis“ Epistola von Johann Kulpis den gesamten Werkumfang ein.
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Joachim Pastorius von Hirtenberg⁸⁴, Johannes Scheffer⁸⁵, Daniel Hartnack⁸⁶, Adam Rechenberg⁸⁷, Burkhard Gotthelf Struve ⁸⁸, Carl Arnd⁸⁹, Johann Georg Joch⁹⁰ und Johann Tobias Wagner⁹¹ nachweisen. Letzterer distanzierte sich 1725 im
Ursprünglich Mediziner betätigte er sich in den Bereichen Geschichte und Philosophie und wurde darüber hinaus als Dichter bekannt. Im polnischen Elbląg (Elbing) war er am Gymnasium als Lehrer für Geschichte und Direktor tätig. 1654 – im selben Jahr als er zum Protestantismus konvertierte und in Danzig zum Professor für Geschichte berufen wurde – verfasste er das Werk „Palaestra nobilium seu consilium de generosorum adolescentum educatione“ in welchem er sich in den Kapiteln VIII–XVI mit geeigneter Literatur für den Adeligen auseinandersetzt, den er häufig auch als (Homo) politicus (u. a. S. 28, 31, 62) bezeichnet. Er betont etwas stärker die Relevanz von Dichtern und Rednern, greift aber auch auf die für den politicus als klassisch benannten Geschichtsschreiber und auf die Vertreter der Politica zurück. Vgl. S. 28 – 61, davon insbesondere S. 28 f., 39, 41. Johannes Gerhard Scheffer: De generosi nobilisque informatione literaria dissertatio. Hamburg 1688 (erstmals 1678 erschienen). Der Boeckler-Schüler war als Philologe an der Universität von Uppsala tätig, setzte sich dort jedoch eher wenig mit der klassischen Politica auseinander. Rückgriffe auf politische Literatur finden sich auf den Seiten 16 – 24, wo Scheffer neben der allgemeinen Politik (S. 21) auch relevante Anteile der Rhetorik, Geschichte, Ethik, Philosophie, Geografie, Natur- und Zivilrecht benennt. Vgl. Richard Hoche: Scheffer, Johann Gerhard, in: ADB 30 (1890), S. 680 – 681. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), Kapitel Anweisung der politischen Jugend, S. 1– 83. Wie Bose und Boeckler verfasste auch Hartnack eine unabhängige Abhandlung zum Studium der Geschichte: Derselbe: Erachten von Einrichtung der Alten Teutschen und neuen Europäischen Historien. Zelle 1688. Rechenberg war lutherischer Theologe und ab 1699 Professor in Leipzig. Für seine Auseinandersetzung mit notwendiger politische Literatur vgl.: Adam Rechenberg: De Studiis Academicis, Liber Singularis. Leipzig 1692, S. 60 – 80. Rechenberg nennt weit mehr zeitgenössische als antike Autoren. Auffällig ist auch, dass er die politica specialis bzw. die notitia rerum publicarum mit dem jus publicum gleichsetzt. Zur Biographie vgl.: Julius August Wagenmann: Rechenberg, Adam, in: ADB 27 (1888), S. 756 – 757. Vgl. Burkhard Gotthelf Struve: Bibliotheca Philosophica In Suas Classes Distributa. Jena 1704, S. 131– 185. Der vormals nur als Bibliothekar tätige Struve erhielt im Jahr des Erscheinens seiner Bibliotheca seine erste Professur für Geschichte an der Universität Jena. Vgl. August Ritter von Eisenhart: Struve, Burkhard Gotthelf, in: ADB 36 (1893), S. 671– 676. Arnd, Bibliotheca. Zu Autor und Inhalt vgl. Kap. 3.2. Joch, Prodromus. Lutherischer Theologe, Dozent in Jena, ab 1709 in Dortmund, später in Erfurt und Wittemberg. Zur Person vgl.: Paul Tschackert: Joch, Johann Georg, in: ADB 14 (1881), S. 101– 102. Wagner, Entwurff. Wagner studierte Theologie und war bis 1725 Rektor des Gymnasiums in Blankenburg, befand sich während des Erscheinens der Staats-Bibliothec vermutlich auf Arbeitssuche, im Anschluss als Professor für Philosophie in Halle tätig. Vgl. Wagner, Johann Tobias. Online unter: Datenbank zu den Einzelhandschriften in den historischen Archivabteilungen, URL: http://192.124.243.55/cgi-bin/gkdb.pl?x=u&sart=p&t_multi=x&v_0=TIT&q_0=123015391 [09.06. 2020].
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Entwurff einer Staats-Bibliothec nebst der gantzen politischen Klugheit bereits an mehreren Stellen von den Idealen früherer Leseanweisungen. Sein Werk bildet wohl die letzte Literaturempfehlung, die umfassend auf die Staatsklugheit rekurriert, während sein Vokabular und seine Empfehlungen bereits deutlich von den Staatswissenschaften geprägt sind. Zum Ende des 17. Jahrhunderts machte sich bemerkbar, dass die Menge relevanten politischen Schrifttums für Zeitgenossen kaum noch überschaubar war. Ab den 1670er Jahren erschienen erstmals Literaturkompendien, die – wenn überhaupt – nur knappe wissenschaftstheoretische Einführungen und Kommentare enthalten oder sogar in Listenform vorliegen. Strukturell ähneln diese Texte einer modernen Bibliografie. Das betrifft u. a. die Bibliographia-JuridicaPolitica des niederländischen Buchhändlers Cornelius a Beughem⁹² oder die Bibliotheca Philosophica Realis von Martin Lipen, der die Literatur nach Schlagworten sortierte und dabei die Politik umfassend berücksichtigte.⁹³ Die Titellisten haben einen so großen Umfang, dass eine fundierte Kritik jedes einzelnen Werkes nicht mehr möglich war. Auch in den als Fließtext verfassten Leseanweisungen wurden die detaillierten Kommentierungen einiger weniger Autoren mehr und mehr durch Aufzählungen abgelöst, die nur selten um mehr als affirmative Bemerkungen ergänzt wurden.⁹⁴ Die Masse des Schrifttums und das Profil von Autoren und Zielgruppen lassen darauf schließen, dass das hier formulierte politische Lektüreprogramm weit mehr als nur ein universitäres Randphänomen darstellte, sondern bei Eltern, Hofmeistern, Schülern, Studenten und in höhere Ämter aufstrebenden politischen Räten sehr verbreitet war. In den 1690er Jahren lässt sich sogar eine MetaKanonisierung beobachten: Die politischen Literaturempfehlungen von Coler, Conring, Bose und Naudé etablierten sich als Standardwerke, wurden stetig neu ediert und in Sammelwerken veröffentlicht. Conring edierte die Schrift von Naudé; Thomas Crenius veröffentlichte von 1692– 1699 drei Sammelbände, in denen politische Lehren und Studienbücher von Clapmarius, Coler, Caselius, Bose, Cornelius Beughem: Bibliographia Juridica & Politica Novissima. Amsterdam 1680. Der deutsch-niederländische Buchhändler Cornelius a Beughem gilt der Forschung als einer der ersten systematischen Bibliografen, neben der Bibliographia juridica et politica erschien auch eine Bibliographia historica, chronologica et geographica novissima (1685) und Bibliographia mathematica et artificiosa novissima (1688). Vgl. Theodore Besterman: The Beginnings of systematic bibliography. London 1936, S. 34. Lipen Martin: Bibliotheca Realis Philosophica Omnium Materiarum, Rerum, & Titulorum. Frankfurt M. 1682. Theologe; an mehreren Gymnasien (Halle, Stettin und Lübeck) als Lehrer und Rektor tätig, Verfasser zahlreicher Bibliografien zu Medizin, Philosophie, Recht und Theologie. Vgl. Jakob Franck: Lipen, Martin, in: ADB 18 (1883), S. 725 – 726. Besonders markant bei: Burkhard Gotthelf Struve: Bibliotheca Philosophica. Jena 1712.
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Naudé und Lipsius zusammengefasst sind.⁹⁵ Carl Arnd erstellte zunächst eine umfangreiche Kommentierung der bereits erschienenen und für den politicus möglicherweise relevanten Leseanweisungen (apparatus fons), bevor er seinen eigenen politischen Kanon formulierte, der dann weit über 500 Seiten umfasste. Auch bei Struve befasst sich der erste Abschnitt zur politischen Literatur mit Scriptores, qui bibliographias politicas ediderunt. ⁹⁶ 1705 erschien ein Traktat des Theologen Johann Joch (1677– 1731), der dem Leser nicht nur einen Überblick über die bereits erschienenen politischen Leseanweisungen verschaffte, sondern ihn auch darin anleitete, wie die eigene politische Bibliothek anzuordnen sei.⁹⁷ Derartige Texte haben einen wissenschaftsgeschichtlichen Zug, der der historia literaria zugehört, die zum Ende des 17. Jahrhunderts einsetzte. Mit dieser Textgattung wurde versucht, die historische Entwicklung der Wissenschaften nachzuvollziehen, zu systematisieren und zu gliedern.⁹⁸ Die Schlussphase der Beschäftigung mit der politischen Klugheit und die Hinwendung zu den Rechts- und Staatswissenschaften markieren die Werke von Johann Georg Kulpis⁹⁹ und Caspar Thurmann.¹⁰⁰ Beide waren Juristen und als solche in fürstlichen Diensten tätig. Kulpis verfasste 1688 die im Titel unschein-
Thomas Crenius (Hrsg.): Consilia et methodi aureae studiorum optime instituendorum. Rotterdam 1692; Thomas Crenius (Hrsg.): De Philologia, Studiis Liberalis Doctrinae, Informatione et Dducatione Litteraria Generosorum Adolescentum […] Tractatus. Leiden 1696; Thomas Crenius u. Joachim Camerarius (Hrsg.): De Eruditione Comparanda in Humanioribus, Vita, Studio Politico, Cognitione Auctorum Ecclesiasticorum, Historicorum. Leiden 1699. Crenius war Theologe, Philologe und Historiker, lehrte an der Universität Leiden, vgl.: Herbert Jaumann: Handbuch Gelehrtenkultur der frühen Neuzeit. Bd. 1– 2, Bd. 1: Bio-bibliographisches Repertorium. Berlin 2004, S. 206. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 14– 35; Struve, Bibliotheca Philosophica (1712), S. 131– 135. Joch, Prodromus. Johann Christian Joch war ein lutherischer Theologe und Anhänger des Pietismus. Den Prodromus Bibliothecae Politicae veröffentlichte er während seiner frühen Dozentätigkeit in Jena, ansonsten beteiligte er sich nicht an Fragen der politischen Lehre. Vgl. Tschackert, Joch. Vgl. Frank Grunert/Anette Syndikus: Historia Literaria, in: Frank Grunert u. Anette Syndikus (Hrsg.), Wissensspeicher der Frühen Neuzeit. Berlin; München; Boston 2015, S. 243 – 293, S. 245. Außerdem: Frank Grunert (Hrsg.): Historia literaria. Neuordnungen des Wissens im 17. und 18. Jahrhundert. Berlin 2007. Kulpis, Studio, S. 141– 207. Zur Person vgl. Kap 3.2. Caspar Thurmann: Bibliotheca Statistica, Sive Autores Praecipui, Qui de Ratione Status, Et Quae Eo Pertinent, In Genere, & in Specie, De Statistis, Seu Status Aliisque Ministris Aulicis, Et Consiliariis, Nec Non De Ambasciatoribus, Residentibus, Et Mediatoribus Pacis, Ut Et De Casibus Ministrorum Aulicorum Tragicis, Et Denique De Bonis Domanialibus, Ex Professo, & Incidenter, Fuse tamen, scripserunt. Halle 1701. Kommentiert von Wolfgang Weber: Caspar Thurmann/ Wolfgang Weber: Bibliotheca statistica. Politik, Staatsrecht und Zeitgeschichte in einer frühneuzeitlichen Bibliographie raisonné. München 2000.
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bare De Studijs Academicis Juvenis Nobilis recte instituendis, Epistola. Diese erscheint nicht im Vorfeld, sondern im Anhang der Abhandlung De studio juris publici recte instituendo. Neben seinen Literaturangaben und Kommentierungen zur Politik und zur Staatsklugheit bilden die zahlreichen zeitgenössischen Schriftsteller des öffentlichen Rechts,Völker- und Naturrechts einen wesentlichen Schwerpunkt seiner Arbeit. Als ersten für die Gewinnung von prudentia civilis relevanten Autoren nennt er beiläufig, aber wohl kaum zufällig Hugo Grotius. Antike Autoren werden genannt, aber aufgrund ihres mangelnden Gegenwartsbezugs mitunter kritisch bewertet. Bei Caspar Thurmann ändert sich auch das Vokabular grundlegend, 1705 verfasste er eine Bibliotheca Statistica und listete die Schriften zur prudentia civilis unter den Oberbegriff der Staatsräson. In weiteren Kapiteln trug er der funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft Rechnung und subsumierte Literatur für einzelne Zielgruppen. Ein Kapitel zur Geschichte fehlt. Deutschsprachige Werke nehmen bei ihm einen gleichberechtigten Stellenwert ein, auch die Kapitelüberschriften sind auf Deutsch verfasst. Anhand der hier dargestellten Chronologie werden mehrere Tendenzen ersichtlich. Die antiken Vorbilder und Ideale mussten zunehmend mit neuen als relevant erachteten Wissensgebieten konkurrieren. Die Offenheit gegenüber volkssprachlichen, insbesondere deutschen und französischen Werken nahm zu. Das Applikationspotential antiker Texte für die gegenwärtigen Verhältnisse wurde ab dem Ende des 17. Jahrhunderts zunehmend kritischer betrachtet.¹⁰¹ Die parallel einsetzende Verlagerung von Kompetenzen von der Politik auf die Rechtswissenschaften zeigt sehr beispielhaft eine Gleichsetzung der politica specialis mit dem ius publicum in den Werken von Adam Rechenberg und Daniel Ringmacher.¹⁰² Gleichsam verkürzten sich die Ausführungen zum Nutzen von Geschichte und deren Wichtigkeit als methodisches Exerzitium auf ein Kapitel oder einen Abschnitt. Aus den humanistisch konnotierten Appellen an die Tugenden entwickelte sich im Verlaufe eines Jahrhunderts ein dezidiert staatswissenschaftliches Vokabular. Während die verschiedenen Disziplinen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts noch explizit in Hinblick auf ihren politischen Gehalt hin ausgelegt werden mussten, existierte zum Ende des Jahrhunderts ein Buchmarkt, dessen Produkte schon im Titel als politisch relevant gekennzeichnet wurden. Es gab politische Aphorismen, politisch-philologische Abhandlungen, politische Staatenbeschreibungen. Dies erleichterte den Lesern die Kompilation politischer Literatur er-
Vgl. Weber, Prudentia, S. 56. Vgl. Rechenberg, Studiis, S. 74, 67; Ringmacher, Requisita, S. 28.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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heblich und verlangte nicht mehr nach einem hochgelehrten polyhistorisch versierten Vermittler. Viele ehemals der Staatsklugheit überlassenen Themenfelder wurden normiert und verwissenschaftlicht, eine politische Meta-Legitimierung war nicht nötig.¹⁰³ Die prudentia civilis reduzierte sich auf vage Lehren zur Regierungskunst und vor allem auf die potenzielle Notwendigkeit unmoralischen Handelns. Die Staatsklugheit stand im 18. Jahrhundert in einem zunehmend schlechten Ruf und wurde seltener aufgegriffen.¹⁰⁴ Dieser Niedergang ist auch in der von Philipp konstatierten Konjunktur politischen Schrifttums zu beobachten, die anzeigt, wie die politica in den 1670er Jahren ihren Zenit erreichte und bis 1750 völlig an Relevanz verlor. Um 1700 kam es insgesamt zu einem Niedergang des politischen Aristotelismus, der durch die Aufklärung noch beschleunigt wurde. Horst Dreitzel verweist völlig zu Recht auf die Querelle des Anciennes et des Modernes, die an der Jahrhundertwende im Reich publik wurde und in deren Folge der „sakrale“ Status der antiken Autoritäten generell ins Wanken geriet.¹⁰⁵ „Die Philosophie verlor die Struktur eines Kampfes um die absolute Monarchie, sie wurde zu einer Republik.“¹⁰⁶
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705) Kanonforschung als Analyseinstrument Einer weit gefassten Definition von Friederike Worthmann nach handelt es sich bei einem Kanon um „eine Gruppe (oder auch ‚Klasse‘) literarischer Texte, zu deren „klassifizierenden Merkmalen“ eine wertvolle Eigenschaft (eine Qualität) zählt. Bedingung der Aufnahme in einen Kanon ist eine positive Bewertung des jeweiligen ‚Anwärters’. Kanons sind Textgruppen, die – z. B. im Hinblick auf Werte oder Bedürfnisse – als ‚gut‘ betrachtet werden.“¹⁰⁷ Die Kanonforschung unterscheidet meist zwischen einem Material- und einem Deutungskanon. Während der Materialkanon das Korpus der Texte benennt, dem eine Qualität zugemessen
Vgl. Scattola, Geschichte, S. 14. Vgl. ebd., S. 15; Scattola, Bibliothecarius, S. 191; Zimmermann; Wagemann; Sprick, Staatsmännern. Vgl. Dreitzel, Aristotelismus, S. 185. Ebd., S. 187. Friederike Worthmann: Literarische Kanones als Lektüremacht. Systematische Überlegungen zum Verhältnis von Kanon(isierung) und Wert(ung), in: Renate Heydebrand (Hrsg.), Kanon – Macht – Kultur. Stuttgart 1998, S. 9 – 29, S. 14.
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wird (also die konkreten Titelnennungen in den Leseanweisungen), definiert der Deutungskanon, welche übergreifenden Wertkriterien (soziale Werte, Normen und Bedürfnisstrukturen) die einzelnen Werke miteinander verbinden. Materialund Deutungskanon stehen in einem fluiden Verhältnis zueinander und beeinflussen sich wechselseitig.¹⁰⁸ Leonard Herrmann weist darauf hin, dass in der Kanonforschung bisher primär die Beeinflussung des Materialkanons durch den Deutungskanon im Fokus gestanden habe, während die „Eigenschaften des Textes“ als Einflussfaktor auf den Deutungskanon zwar anerkannt, aber nicht gegenständlich untersucht würden.¹⁰⁹ Auch die in den Werken zum Ausdruck kommenden Verweissysteme können einen Wandel des Materialkanons bedingen und diese wiederum können dann auf den Deutungskanon rückwirken. Eine Studie, die mehrere Leseanweisungen vergleicht, läuft Gefahr, den Kanon als ein statisches Objekt zu umschreiben und Unterschiede im Deutungskanon der einzelnen Vertreter zu übersehen. Daher muss zunächst für jede Leseanweisung gesondert erarbeitet werden, (1) in welchem Kontext sie entstand und wer sie verfasste, (2) wie groß die thematischen und strukturellen Schnittmengen der Leseanweisungen sind und (3) welche übergreifenden Wertkriterien bei der Benennung politischer Literatur zur Geltung kommen.
3.2.1 Die Entstehungskontexte der Leseanweisungen Johann Bose: Bibliotheca Politica Contracta Johann Boses 1677 erschienene Bibliotheca Politica contracta fungierte für alle nachfolgenden Leseanweisungen als zentrales Referenzwerk und nahm bei der Formierung eines politischen Kanons in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
Vgl. Leonhard Herrmann: System? Kanon? Epoche? Perspektiven und Grenzen eines systemtheoretischen Kanonmodells, in: Matthias Beilein (Hrsg.), Kanon, Wertung und Vermittlung. Berlin 2012, S. 59 – 75, S. 60. Zum Zusammenhang von Wert und Kanon vgl.: Renate von Heydebrand: Kanon Macht Kultur – Versuch einer Zusammenfassung, in: Renate Heydebrand (Hrsg.), Kanon – Macht – Kultur. Stuttgart 1998, S. 612– 625; Gabriele Rippl u. Simone Winko (Hrsg.): Handbuch Kanon und Wertung. Theorien, Instanzen, Geschichte. Stuttgart; Weimar 2013; Worthmann, Kanones; Thomas Anz: Einblicke in die literaturwissenschaftliche Kanonforschung, in: Olaf Kutzmutz (Hrsg.), Warum wir lesen, was wir lesen. Wolfenbüttel 2002, S. 22– 29. Herrmann, System, S. 61 und 65: „Deutlich wird hier, dass ein bestimmtes literarisches Werk im Rezeptionsprozess eben nicht vollkommen beliebig ge- oder umgedeutet werden kann, sondern vielmehr durch seine spezifische Beschaffenheit selbst Einfluss auf seine eigene Rezeptionsweise (und damit auch auf seine Kanonisierung) ausübt.“ Simone Winko: Literatur-Kanon als invisible hand-Phänomen, in: Heinz Arnold (Hrsg.), Literarische Kanonbildung. München 2002, S. 9 – 24, S. 11.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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eine Schlüsselstellung ein.¹¹⁰ Er war einer der ersten Gelehrten, die dafür plädierten, allgemeine Lehren mit empirischem Wissen zum Zustand der Staaten zu verknüpfen und Faktenwissen zu europäischen Territorien in die Lektüreprogramme angehender Politici zu integrieren (vgl. Kap. 3.1).¹¹¹ Bose studierte in Wittenberg, Leipzig und Straßburg (wo ab 1652 Johann Boeckler lehrte) mit Schwerpunkt auf Geschichte und Theologie und erhielt 1656 eine Professur der Geschichte und der Beredsamkeit an der Universität Jena.¹¹² Die Universität zeichnete sich durch eine enge disziplinäre Verknüpfung zwischen Philosophie, Jurisprudenz und Geschichte aus und hatte sich unter dem Einfluss von Dominicus Arumäus und Johannes Limnäus zu einer zentralen Ausbildungsstätte des ius publicum entwickelt.¹¹³ Bereits 1657/58 hielt Bose eine Vorlesung zur Notitia Orbis hodierni historico-geographico-politica. ¹¹⁴ Die Skripte wurden 1676 posthum von Georg Schubart herausgegeben.¹¹⁵ Die Bibliotheca Politica Contracta erschien 1677, ebenfalls posthum, in zwei Editionen. Samuel Schottel publizierte sie in der Bibliographia Historico-PoliticoPhilologica Curiosa, ohne auf Boses Autorschaft zu verweisen.¹¹⁶ Georg Schubert veröffentlichte das Werk indes unter Boses Namen und mit dem Titel De Comparanda prudentia Iuxta Et Eloquentia Civili, deque libris & scriptoribus ad eam rem maxime aptis.¹¹⁷ Der Text unterscheidet sich von der Bibliotheca Politica au-
Ausführlicher Kommentar bei: Arnd, Bibliotheca, S. 29 – 33; außerdem: Kulpis, Studio, S. 145; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 50. Trotz seiner Leistungen ist Johann Andreas Bose ein in der Forschung nicht sehr präsenter Charakter: Weder in der ADB noch in der NDB findet sich zu seiner Person ein Eintrag. Die ausführlichste biografische Abhandlung erschien 2009 im Rahmen einer Dissertation von Kathrin Barth, die sich mit der Tacitus-Rezeption an der Universität Jena auseinandersetzte. Barth, Libertas. Vgl. ebd., S. 27; Bose, Joann Andreas, in: Johann Heinrich Zedler u. Johann Ludewig (Hrsg.), Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste. Bd. 1– 64, Bd. 4: (Bl– Bz). 1733, Sp. 803 – 804; Friedemann Bechmann: Frommer Christen Heimfahrt aus dem ThränenThal dieser Welt in das himmlische Vaterland. bey Leichbestattung Des Johan. Andreae Bosi[i],. Jena 1674, bei Personalia [unpag.]. Zu Boeckler vgl.: Ernst Jirgal: Johann Heinrich Bökler, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 45 (1931), S. 322– 384, S. 327. Vgl. Friedrich, Geschichte, S. 44 f. Vgl. Klueting, Lehre, S. 45; Barth, Libertas, S. 37. Bose, Introductio. Vgl. Blum, Bibliographia, Sp. 1033. Bose, Comparanda. Wolfgang Weber datiert den Text unter dem Titel „Diatribae isagogicae de prudentia et eloquentia civili“ erstmals auf das Jahr 1671, benennt allerdings keinen Nachweis und arbeitet selbst mit der Ausgabe von 1699. Vgl. Weber, Prudentia, S. 45. Zur Publikationsgeschichte vgl. außerdem: Barth, Libertas, S. 45; Hermann Kappner: Die Geschichtswissenschaft an der Universität Jena vom Humanismus bis zur Aufklärung. Jena 1931, S. 124.
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3 Politische Leseanweisungen
ßerdem dadurch, dass ihm eine weitere Schrift beigefügt ist, in der zusätzlich auf die Eloquentia eingegangen wird.¹¹⁸ Die unterschiedlichen Titel De Comparanda prudentia und Bibliographia Historico-Politico verdeutlichen, dass sich die literarischen Gattungen ‚Studienanweisung‘, ‚Bibliografie‘ und ‚Literaturempfehlung‘ noch nicht voll ausdifferenziert hatten. Beide Editionen wurden von Zeitgenossen intensiv rezipiert und bis heute herrscht nicht immer ein Bewusstsein für die Deckungsgleichheit beider Texte. Weitere Ausgaben von De Comparanda prudentia erschienen 1696, 1698 und 1699, was zeigt, dass das Werk vor allem zum Ende des 17. Jahrhundert stark verbreitet war.¹¹⁹ Da sich die Bibliotheca politica aus einem Vorlesungsskript rekrutierte, adressierte Bose den Kreis seiner Studierenden an der artistischen Fakultät.¹²⁰ Dabei benannte er den zukünftigen politicus oder studiosus als Zielpublikum.¹²¹ In Anbetracht dessen, dass die Studenten von Eltern, Hofmeistern und Professoren überwacht und angeleitet wurden, kam das Werk auch für diesen Personenkreis zur Nutzung infrage.
Johann Kulpis: Epistola de Studijs Academicis In der unscheinbar betitelten Epistola de Studijs Academicis von Johann Georg Kulpis (1652– 1698) räumt der Verfasser dem öffentlichen Recht und Naturrecht im 17. Jahrhundert einen ähnlich hohen Stellenwert ein wie dem Aristotelismus. Die Ursachen hierfür werden bei Beachtung von Johann Kulpis’ Biografie schnell Vgl. Barth, Libertas, S. 45. Kommentiert bei: Johann Andreas Bose: De Prudentia Iuxta et Eloquentia Civili, deque libris et scriptoribus ad eam rem maxime aptis, Dissertationes Isagogicae, in: Thomas Crenius (Hrsg.), De Philologia, Studiis Liberalis Doctrinae, Informatione et Dducatione Litteraria Generosorum Adolescentum […] Tractatus. Leiden 1696, S. 350 – 439; Johann Andreas Bose/Georg Schubart: De Prudentia Et Eloquentia Civili Comparanda Diatribae Isagogicae quarum haec prodit auctior sub titulo De Ratione Legendi Tractandique Historicos. Jena 1698 (1699 neu aufgelegt). Bose, Prudentia Iuxta, S. 355: Von Crenius verfasste Fußnote; zit. bei: Arnd, Bibliotheca, S. 29 f.: „Hac igitur fini ([Einschub Arnd:] scil. ut ad Sacra Politica non ineptis ingeniis via muniretur) sunt nati Bosiani libelli ([Einschub Arnd:] pag. 350. laudati scil. De Prudentia juxta & Eloquentia civili deque libris & Sriptoribus ad eam rem maximè aptis dissertationes Isagogicae:) ad privatae Scholae usum, non eô conceptu, ut in lucem mitterentur, satis felices cum votis destinatisque Parentis satisfecissent.“ Auch: Baptista Guarini/Burkhard Gotthelf Struve: Baptistae Guarini, Veronensis De Ordine Docendi Et Studendi Libellus. Jena 1704, S. 23: „Johannes Andreas Bosius, Vir celeberrimus, uti omnis rei literariae erat peritissimus, ita illud sibi quàm maximè proposuerat, ut facem Auditoribus praeferret, cujus luce utentes studiorum portum felici cum successu attingerent.“ Zitiert nach: Arnd, Bibliotheca, S. 31. Vgl. v. a. Bose, Bibliotheca, § 129 f.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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ersichtlich: In jungen Jahren absolvierte Kulpis ein Studium an den Universitäten Straßburg, Frankfurt und Gießen. Er hielt sich zur selben Zeit in Straßburg auf, als Johann Boeckler dort philosophische, politische und historische Vorlesungen abhielt. 1678 wurde er in Gießen zum Lizenziat der Rechtswissenschaften promoviert.¹²² In den folgenden Jahren blieb er in Gießen, hielt Vorlesungen über die Werke von Hugo Grotius und betätigte sich auch an der philosophischen Fakultät.¹²³ 1683 an die Universität Straßburg berufen, beschäftigte er sich schwerpunktmäßig mit dem deutschen Staatsrecht. Seine Hauptthemen waren das Gesandtschaftsrecht, das Naturrecht, das öffentliche Recht und das deutsche Gewohnheitsrecht.¹²⁴ Einen weiteren Interessensschwerpunkt bildete die Verfassungsgeschichte; gleich mehrfach setzte er sich kritisch mit den Thesen Samuel von Pufendorfs auseinander.¹²⁵ 1685 edierte er einen bis dato nicht erschienenen Kommentar Johann Boecklers.¹²⁶ 1693 wurde Kulpis zum Geheimen Rat des jungen Herrschers Eberhard Ludwig von Württemberg befördert.¹²⁷ In dieser Funktion begann er Fragen seiner politischen Praxis in seine Veröffentlichungen zu integrieren. Das betraf insbesondere die Herbeiführung der „Frankfurter Assoziation“ von 1697, einem militärpolitischen Zusammenschluss mehrerer Reichskreise im Pfälzischen Erbfolgekrieg. Zuletzt wirkte er ab 1697 als namhafter Protagonist bei den Friedensverhandlungen von Rijswick.¹²⁸
Vgl. Johann Friedrich Jugler: Beyträge zur juristischen Biographie Oder genauere litterarische und critische Nachrichten von dem Leben und den Schriften verstorbener Rechtsgelehrten. Bd. 1– 6, Bd. 1. Leipzig 1773, S. 2 f. Vgl. Johann Georg von Kulpis: Collegium Grotianum, Super Jure Belli Ac Pacis. Stuttgart 1697 (Ms,IV,77); Jugler, Beyträge, S. 3. Vgl. u. a. Johann Georg von Kulpis: De Legationibus Statuum Imperii Commentatio. Gießen 1679 (Iur,VIII,40); Johann Georg von Kulpis: In Sev. de Monzambano de statu Imperii Germanici librum. commentationes academicae. Stuttgart 1682. Vgl. u. a. Ulrich Obrecht/Johann Georg Kulpis: Dissertatio de Unitate Reipublicae In Sacro Romano Imperio. Straßburg 1676; Johann Georg von Kulpis: De Germanicarum Legum Veterum, a Romani Juris in Republica nostra origine, autoritateque praesenti Dissertatio Epistolica. [s.l.] 1682. Lit.: Ludolf Pelizaeus: Argumentationslinien und Bedeutungszuweisungen in fürstlichem Auftrag: die Positionen im Streit um die Neunte Kur zwischen Leibniz und Kulpis, in: Friedrich Beiderbeck, Irene Dingel u. Wenchao Li (Hrsg.), Umwelt und Weltgestaltung. Göttingen 2015, S. 551– 568, S. 559. Johann Heinrich Boeckler/Kulpis, Johann Georg von (Hrsg): Aeneae Silvii, Episcopi Senensis Postea Pii Papae II. Historia Rerum Friderici Tertii Imperatoris. Ex Mscto Optimae Notae, Nunc Primum Edita, Cum Specimine Annotationum Jo. Henrici Boecleri, V. Cl. Straßburg 1685. Vgl. Jugler, Beyträge, S. 4. Vgl. Bernd Roeck: Kulpis, Johann Georg von (Reichsadel 1694), in: NDB 13 (1982), S. 280 – 282; Jugler, Beyträge, S. 4 f.
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3 Politische Leseanweisungen
Zwei Jahre nach seinem Übertritt in württembergische Dienste publizierte Kulpis die Abhandlung De Studio Juris Publici recte instituendo, & de Scriptoribus eo pertinentibus Dissertatio, die auf Vorlesungsschriften seiner Straßburger Zeit basierte.¹²⁹ Sie erschien unter dem Pseudonym des Sulpicius, angelehnt an den römischen Politiker und Juristen Servius Sulpicius Rufus (106 – 43 v. Chr.).¹³⁰ Die Epistola de Studijs Academicis ist an die Schrift De Studio Juris Publici recte instituendo angebunden, wird also formal hinter das Studium des öffentlichen Rechts gestellt. Die Epistola erlebte in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mehrere Auflagen.¹³¹ Kulpis adressiert mit seiner Schrift einen nicht namentlich genannten adeligen Vater und dessen Sohn, der dem Narrativ zufolge bald seine akademischen Studien antreten wird und vor der Frage steht, wie er diese Studien einzurichten habe.
Daniel Hartnack: Anweisender Bibliothecarius Im Gegensatz zu Johann Bose und Johann Kulpis war Daniel Hartnack (1642– 1708) kein Universitätsgelehrter, sondern Direktor und Lehrer an städtischen Gymnasien und Lateinschulen. Im Zusammenhang mit der Fragestellung hat das Kapitel zur „Politischen Jugend“ eine besondere Relevanz, weil Friedrich Rudolf von Canitz die Schrift besaß und diese beim Büchererwerb für seinen Sohn berücksichtigt wurde. Hartnack absolvierte ein Theologiestudium in Jena. Unter Voraussetzung des damals üblichen Einstiegsalters von 15 bis 17 Jahren trat er mutmaßlich genau dann sein Studium an der Universität von Jena an, als Johann Bose (seit 1656 in Jena) dort politische Vorlesungen abhielt. Nach seinem Studium wirkte Hartnack als Hofmeister und Lehrer in Coburg, Erfurt und Dresden. 1680 wurde er Rektor der Bremer Domschule, begründete 1683 die Lateinschule in Altona und wirkte darüber hinaus ab 1690 als Rektor in Schleswig.¹³² Die meisten seiner Ortswechsel hatten ihre Ursache in Konflikten mit lokalen Autoritäten und Arbeitskollegen.
Vgl. ebd., S. 18. Vgl. ebd., S. 18. Für den Sammelband ließen sich wenigstens vier Auflagen (1688, 1700, 1708 und 1739) nachweisen. Johannes Weber: Daniel Hartnack: Ein gelehrter Streithahn und Avisenschreiber am Ende des 17. Jahrhunderts; zum Beginn politisch kommentierender Zeitungspresse, in: GutenbergJahrbuch 68 (1993), S. 140 – 158, S. 140 – 143; Ursula Wegener: Die lutherische Lateinschule und das Athenaeum am Dom in Bremen in ihrer politischen und kulturellen Bedeutung. Bremen 1941, S. 77; Heinrich Wilhelm Rotermund: Lexikon aller Gelehrten, die seit der Reformation in Bremen gelebt haben nebst Nachrichten von gebohrnen Bremern. Theil 1. Bremen 1818, S. 165.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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Bekannt geworden ist Hartnack insbesondere durch seine Arbeit an der Bremer Lateinschule, wo er neue Lehrpläne konzipierte, die u. a. Lektionen in der deutschen Sprache, Naturwissenschaften (Optik, Physik, Mathematik, Geografie und Geometrie) sowie umfassende Rhetorik- und Disputationslektionen beinhalteten. Er selbst betätigte sich als Lehrer für Philosophie und Geschichte.¹³³ Auch schuf er eine „Publizistenklasse“, die den Schülern einen nahtlosen Übergang zum Universitätsstudium ermöglichen sollte und in Teilen auch schon darüber hinausging. Hartnack verlor allerdings den Rückhalt des übrigen Lehrkörpers und sah sich bereits zwei Jahre nach Amtsantritt derart verunglimpft, dass er sein Rektoratsamt verlor und Bremen verlassen musste.¹³⁴ Vom in der Literatur etwas dramatisierten „Streithahn“ Hartnack zeugen zahlreiche Korrespondenzen und Schriften. So sind mehrere öffentliche Dispute mit Johann Melchior Stenger, dem Erfurter Stadtrat, und Philipp Jakob Spener überliefert. Letzteren kritisierte Hartnack in der theologischen Sparte seines Anweisendem Bibliothecarius so heftig, dass Spener sich zu einer Gegenschrift gezwungen sah.¹³⁵ Im selben Jahr, als Hartnack eine Stelle als Rektor in Schleswig annahm, publizierte er den Anweisenden Bibliothecarius, verfasste ihn also zu einer Zeit, als er keine Anstellung hatte.¹³⁶ Die Veröffentlichung eines Lehrbuches war ein probates Mittel, um sich als Hofmeister zu bewerben und sich über Widmungen bei ehemaligen Mäzenen in Erinnerung zu bringen.¹³⁷ Dass er sich seiner Ziel-
Wegener, Lateinschule, S. 87 f.; Weber, Hartnack, S. 140. Wegener, Lateinschule, S. 98. Auswahl: Anweisender Bibliothecarius Der Studirenden Jugend. Durch die Vornehmsten Wissenschafften: Sammt der bequemsten Methode, Wie dieselbe zu erlernen von einem zukünfftigen Theologo, Iurisconsulto, und Medico, Bey welcher Jeden ein kurtz- und ordentlicher Catalogus derer besten Bücher angehängt […]. Stockholm 1690 (Ms,VIII,84), S. 201– 250. Gegenschrift Speners: Philipp Jakob Spener: D. Philipp Jacob Speners Chur-Sächs. Ober-Hofpredigers und Kirchen-Raths abgenötigte rettung seiner reinen Lehr wider Dan. Hartnaccii beschuldigungen in dem anweisendem Bibliothecario der studirenden Jugend. Frankfurt M. 1690. Lit.: W. Hossbach: Philipp Jakob Spener und seine Zeit: eine kirchenhistorische Darstellung. Bd. 1– 2. Bd. 1. Berlin 1861, S. 243 – 244. Disput mit Stenger: Daniel Hartnack: Gründliche Widerlegung Der groben und gefährlichen Novatianischen. Calvinischen Socinianischen Arminianischen Wiedertäufrischen und Ovakrischen Irrthümer Des Johann Melchior Stengers. Erfurt 1670. Gegenschrift: Johann Melchior Stenger: Johann Melchior Stengers Ordentlich vor Gott beruffenen Predigers und Dieners der Evangelischen Gemeinde Praedicatorum in Erffurth Antwort Auff das Lästerbuch Danielis Hartnaccii. [s.l.] 1670. Rotermund, Lexikon, S. 165. Entsprechende Anspielungen erkennbar in: Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), Vorwort.
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3 Politische Leseanweisungen
gruppe sehr erfolgreich annäherte, beweist u. a. der Besitz des Bibliothecarius durch Friedrich Rudolf von Canitz (vgl. Kap. 4.1.3).¹³⁸ Hartnacks Schützlinge auf den Lateinschulen waren tendenziell jünger als Studenten an der Universität, konnten aber in den höheren Klassen auch schon das Studentenalter über 15 Jahre erreicht haben. Der Bibliothecarius war bereits Hartnacks zweite Studienanweisung: Zwei Jahre zuvor (1688) erschien bereits das Erachten von Einrichtung der Alten teutschen und neuen europäischen Historien. ¹³⁹ Das Erachten ist insofern von Relevanz, als dass es eine große Fürsprache für das Zeitungs- und Nachrichtenwesen darstellt. Über vier Kapitel hinweg setzte sich Hartnack mit den Risiken und dem Nutzen von Novellen und Avisen auseinander, wobei sein Fazit äußerst positiv ausfällt. Sowohl aktiven als auch angehenden Politici empfahl er die Lektüre trotz aller Risiken von unnützen und fehlerhaften Informationen. Für die politische Praxis sei ihr Nachrichtengehalt schlichtweg unverzichtbar.¹⁴⁰ Hartnacks Position ist für diese Zeit recht ungewöhnlich. Aus akademischer Perspektive wogen die Fehleranfälligkeit und die die „Curiosität“ befördernden Eigenschaften von Zeitungen und Flugblättern schwerer als deren Spezifität und hoher Aktualitätsbezug.¹⁴¹ In seinem Anweisenden Bibliothecarius erwähnt er Zeitungen und Novellen nur einmal beiläufig als politisch nutzbringend.¹⁴² Hartnack widmet den Bibliothecarius einer politischen Jugend, deren Zukunft zwar im Fürsten- und in Staatsdiensten liegt, deren Ausbildung aber noch einen großen allgemeinbildenden Charakter hat, der vor Antritt eines etwaigen Studiums vermittelt werden muss. Demnach ist das Traktat etwas weiter gefasst und auch anders strukturiert als die Vergleichsquellen. Es verfolgt den Werdegang des Schülers von jungen Jahren bis zu einem möglichen Universitätsbesuch und geht aber gegen Ende an Spezifik noch weit über dieses Ziel hinaus. Die Arbeit teilt sich in einen Fließtext, der den Ausbildungsgang in Jugendjahren verfolgt und in eine darauf aufbauende Literaturliste mit spezifischeren politischen Themen.
Joachim Lange [erm. Verfasser]: Bibliotheca Caniziana consueto auctionis Berolini. Friedrichswerder 1700 (Ms,VIII,84). Hartnack, Erachten. Vgl. Derselbe: Erachten von Einrichtung der Alten Teutschen und neuen Europäischen Historien, in: Jürgen Wilke, et al. (Hrsg.), Die frühesten Schriften für und wider die Zeitung. Baden-Baden 2015, S. 158 – 192, S. 170, 183. Vgl. ebd., S. 163 – 172, 177– 182. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 18.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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Carl Arnd: Bibliotheca Politico-Heraldica Carl Arnds Bibliotheca Politico-Heraldica bildet weniger eine Studienanweisung als eine Historiografie eines politischen Kanons im 17. Jahrhundert. Arnd sichtete das gesamte bisher erschienene Schrifttum zur idealen politischen Bildung und kompilierte aus den mannigfachen Werturteilen und Kommentaren seiner Vorgänger eine über 500 Seiten umfassende Bibliotheca Politico-Heraldica, die alle zeitgenössischen Anforderungen der Historia Literaria bedient. Carl Arnd wurde am 21. Juli 1673 in Güstrow als Sohn des dort tätigen Hofpredigers geboren. Er besuchte das Güstrower Gymnasium und ist seit dem 1. Juni 1686 in der Matrikel der Universität Rostock verzeichnet, der eigentliche Studienbeginn an der philosophischen Fakultät ist jedoch wohl erst im Jahr 1691 zu verorten.¹⁴³ Bereits 1693 hielt er seine erste disputatio über ein kirchengeschichtliches Thema. Bemerkenswert ist, dass sich wie schon zuvor für Johann Bose und Johann Kulpis eine eingehendere Auseinandersetzung mit den Lehren des Historikers und Politiktheoretikers Johann Boeckler nachweisen lässt. 1694 hielt Arnd eine Disputation zu Boecklers Historia Universalis, die Arnds Lehrer und Protegé Johann Gottlieb Möller ediert und herausgegeben hatte.¹⁴⁴ Von seiner Studienzeit zeugt außerdem ein autobiographischer Bericht, den Arnd 1694 über eine Studienreise nach Brandenburg und Preußen verfasste.¹⁴⁵ Auf seiner Reise hatte Arnd die Gelegenheit, den Treffen Möllers mit einigen namhaften Gelehrten beizuwohnen, darunter Johann Christoph Beckmann und Samuel von Pufendorf. Arnd dokumentierte hierbei deren Aussagen über Literatur und spezifische Debatten: So äußerte sich Beckmann zum Diario und Theatro Europaeo und zu seinen derzeitigen Recherchearbeiten.¹⁴⁶ Mit Pufendorf wurde über die Hallesche Universität und den Pietismus konversiert („Es wäre reversa kein Pie-
Vgl. Immatrikulation von Carolus Arndius. Online unter: Matrikelportal Rostock, URL: http:// purl.uni-rostock.de/matrikel/100037146 [09.06. 2020]; Carolus Arndius, in: Annales Literarii Mecklenburgenses, Oder: Jahr-Register, Von denen Geschäfften der Gelehrten Aus Mecklenburg, Auff das Jahr Christi. Rostock 1722, S. 37– 57; Carolus Arndius, in: Annales Literarii Mecklenburgenses, Oder: Jahr-Register, Von denen Geschäfften der Gelehrten Aus Mecklenburg, Auff das Jahr Christi. Rostock 1722, S. 37– 57, S. 40. Vgl. Johann Heinrich Boeckler/Johann Gottlieb Möller: Historia Universalis. Rostock 1695; Carolus Arndius, in: Annales Literarii Mecklenburgenses, Oder: Jahr-Register, Von denen Geschäfften der Gelehrten Aus Mecklenburg, Auff das Jahr Christi. Rostock 1722, S. 37– 57; Carl Arnd/ Johann Gottlieb Möller: Jesu Gratia Moderante! Et Gratioso Superiorum Indultu Benevole Annuente Ex Universali Quatuor Primorum a Nato Christo Seculorum Historia Illustris Viri Johannis Heinrici Boecleri B. M. Nunc Primum E. MSC. a Se Edita. Rostock 1694. Vgl. Gustav Kohfeldt/Carolus Arndius: Eine akademische Ferienreise von Rostock bis Königsberg im J. 1694, in: Baltische Studien 9 (1905), S. 1– 54. Ebd., S. 42 f.
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3 Politische Leseanweisungen
tismus sondern Ens rumoris“); Seckendorffs Commentarius Historicus Et Apologeticus De Lutheranismo fand lobende Worte.¹⁴⁷ 1696 schloss Arnd die artistische Fakultät ab und trat nach einer Anstellung als Hofmeister in Güstrow 1703 kurzzeitig das Rektorat an der Stadtschule zu Malchin an.¹⁴⁸ Bereits ein Jahr später wechselte Arnd als „Prof. Extraord[inae] Poёsi[ae]“ wieder an die Universität Rostock, 1708 avancierte er zum Professor für hebräische Sprache und verblieb die folgenden 13 Jahre in dieser Stellung. In dieser Zeit führte er mehrfach das Dekanat über die philosophische Fakultät und wirkte zeitweise als Leiter der Universitätsbibliothek.¹⁴⁹ Aus der Biografie wird ersichtlich, dass Arnd nur schwerlich als Experte für Politik gelten kann. Seine Publikationsliste präsentiert ein polyhistorisches Profil: Arnd beschäftigte sich mit Philologie, theologischen Debatten, den Geschichtswissenschaften sowie der Dichtung und verfasste mehrere wissenschaftstheoretische und propädeutische Schriften.¹⁵⁰ Zu seinen Erzeugnissen gehört neben der Bibliotheca Politico-Heraldica (1705) auch noch die unerforschte Bibliotheca Aulico-Politica (1706) mit weiteren 250 Seiten.¹⁵¹ Während Arnd in der Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta eher Verfasser aus dem akademischen Milieu rezensiert und die wissenschaftlichen Debatten um verschiedene Autoren abzubilden versucht¹⁵², benennt er in der Bibliotheca AulicoPolitica ¹⁵³ ein im höfischen Kontext erschienenes Schrifttum, insbesondere jenes,
Ebd., S. 47– 50. Vgl. Promotion zum Magister von Carolus Arndius im Wintersemester 1695/1696. Online unter: Matrikelportal Rostock, URL: http://purl.uni-rostock.de/matrikel/400071488 [09.06. 2020]; Carolus Arndius, in: Annales Literarii Mecklenburgenses, Oder: Jahr-Register, Von denen Geschäfften der Gelehrten Aus Mecklenburg, Auff das Jahr Christi. Rostock 1722, S. 37– 57, S. 44 f. Ebd., S. 46 f. Vgl. die Publikationsliste in: ebd., S. 50 – 57. Vgl. ebd., S. 57. Unvollendet blieben der Cursus Studiorum Politicus und das Collegium Historico-Politicum. Vollständiger Titel: Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta: h. e. Recensus Scriptorum ad Politicam atque Heraldicam pertinentium selectus ex præstantissimis præstantissimorum Scriptorum monumentis conquisitus, rarioribus ex Historia Literaria observationibus illustratus & accuratioribus Eruditorum judiciis constipatus. Cum Praefatione De Selectissimis Bibliothecarum Theologicae, Juridicae, Medicae, & Philosophicae Collectoribus. Vollständiger Titel: Bibliotheca Aulico-Politica eaque Selecta h.e. Scriptorum de Ministris Aulicis & Vita Aulica selectissimus ex selectissima Historiae Literariae parte census atque recensus. praemisso Discursu præliminari de formando ritè recteque studiorum Politicorum cursu ejusque adminiculi necessarii debito & justo selectu. Unà cum Josuae Arndii, Parentis, Concionatoris quondam Aulae Gustroviensis primarii & Consilii ejusdem Ecclesiastici fidelis Consiliarii Ministro Aulae Probato Et Improbato, Exemplo Joabi Davidici proposito. Et ad Serenissimum
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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das von Ministern und Beratern verfasst wurde, sowie Werke, die sich unmittelbar auf höfische Kontexte beziehen. Die zweite Hälfte des Werkes umfasst ein Traktat über das richtige Verhalten von Ministern, das am Beispiel des biblischen Joabs (dem Neffen von König David) nachvollziehbar gemacht wird. Arnds Bibliotheca Aulico-Politica kann als ein Versuch gewertet werden, außeruniversitär entwickelte Ausbildungskonzepte für bürgerliche Räte, Militärs und aufstrebende Adelige wiederum akademisch einzubetten und zu kommentieren. Er ist außerdem bemüht, mehrheitlich Autoren zu benennen, die als Adelige, Höflinge und Minister im deutschen Sprachraum aktiv waren.
3.2.2 Inhaltliche Struktur der Leseanweisungen Zur vergleichenden Untersuchung der inhaltlichen Komposition der Leseanweisungen werden im Folgenden acht thematische Kategorien vorgestellt, die dazu dienen, die in den Leseanweisungen angeführte Literatur grob fachlich aufzuschlüsseln und quantitativ zu messen: 1. Politische Theorie: Umfasst aristotelische und nichtaristotelische Politiktheorie, in der abstrakte Überlegungen überwiegen und nur gelegentlich historische Exempel herangezogen werden. Nichtaristotelische Lehren und Abhandlungen zu partikularen Aspekten (z. B. Werke zur Staatsräson und Arkantheorie) werden in den Leseanweisungen fast immer von den aristotelischen Lehren abgegrenzt und in andere Abschnitte integriert (vgl. Kap. 3.3.1). Zu Vergleichszwecken werden sie hier zusammengefasst. 2. Geschichtsschreibung: Universalgeschichte, Geschichte einzelner Territorien, Personen und Organisationen sowie Memoiren, Flugschriftenliteratur und Acta Publica. 3. Ethik, Moralphilosophie und Sittenlehre: Literatur, über die Natur der Welt, über „richtige“ Verhaltensmaßstäbe sowie über das Verhalten und die Werte, die spezifischen Personen oder Personengruppen zugeschrieben wurden. 4. (Politische) Rhetorik und schöne Literatur: Literarische Texte ggf. mit politisch-weltlichem Bezug, als sprachlich wertvoll charakterisierte Briefe und Reden, Aphorismen, Florilegien sowie Einführungen in die (politische) Rhetorik. 5. Rechtswesen: Öffentliches Recht, Zivilrecht, Kirchenrecht, Naturrecht und Völkerrecht.
Ducem Mechelburgensem Gustavum Adolphum, Principem quondam & Heroa Summum incomparabilem, Politicè Philologiceque perscripto.
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3 Politische Leseanweisungen
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„Hilfswissenschaften“ der Politik: Geografie, Reiseliteratur, Genealogie, Heraldik und Militärwesen. 7. Ratgeberliteratur: Gerichtet an die Bedürfnisse einzelner Personengruppen oder funktionaler Gruppen, darunter auch Fürstenspiegelliteratur. 8. Sonstiges/Allgemeine Erläuterungen: Einführende theoretische Bemerkungen ohne Literaturanweisungen sowie Literaturanweisungen abseits des oben beschriebenen Kategoriensystems.
Die acht Kategorien finden sich in fast allen Leseanweisungen wieder. Sie unterliegen aber keiner scharfen definitorischen Abgrenzung, insbesondere das Verständnis davon, was politische Theorie ist und wie sie sich von der politischen Berichterstattung abgrenzt, variiert mitunter stark. In der vergleichenden Übersicht in Abbildung 5 ist dargestellt, wie sich die Themengebiete prozentual auf die Leseanweisungen verteilen und welche Schwerpunkte die Verfasser jeweils setzten. Dafür wurde ausgezählt, welche Seitenanzahl die Verfasser auf ein Thema verwenden und dies in Prozentwerte umgerechnet. Da Carl Arnds Leseanweisung über 550 Seiten umfasst, weichen die absoluten Zahlen mitunter stark von den relativen Werten ab.
Struktur der „Bibliotheca Politica Contracta“ von Johann Bose Johann Bose setzte seinen thematischen Fokus auf Werke der politischen Theorie und auf die Geschichtsschreibung, die zusammen mehr als die Hälfte seiner Leseanweisung beanspruchen. Eingeleitet und abgeschlossen wird das Werk mit recht umfassenden theoretischen Ausführungen zur Aneignung von Staatsklugheit, die bei den anderen Leseanweisungen verhältnismäßig gering ausfallen. In Bezug auf die politische Theorie setzt er ganzheitliche und meist abstrakt angelegte Darstellungen strukturell von solchen Lehren ab, die nur einzelne Aspekte thematisieren oder einen konkreten historischen Bezug aufweisen. Letztere werden erst im hinteren Teil der Leseanweisung angeführt. Über den Aufbau der Schrift wird eine Priorisierung politisch relevanten Schrifttums feststellbar, in der die genuine politische Lehre am Anfang steht, dann ein sehr umfangreicher Abschnitt zur Geschichte folgt und zuletzt solche Werke ergänzt werden, die darüber hinaus noch als politisch nützlich erachtet werden, aber aus ungewohnten Gattungszusammenhängen stammen oder sich auf andere Disziplinen erstrecken.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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Abbildung 5: Die prozentuale Verteilung der politisch relevant markierten Themen in den vier Leseanweisungen (gezählt nach Seitenzahlen).
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3 Politische Leseanweisungen
Abschnitt
Johann Bose: Bibliotheca Politica Contracta
§ § §
Einleitung Ganzheitliche politische Lehren Geschichtsschreibung Antike Geschichtsschreibung Mittelalterliche Geschichtsschreibung Neuere Geschichtsschreibung Biografien Universalgeschichte Sonstige Geschichtsschreibung (Vergleichend, fiktiv, partikulare Themen) Vermischte Materialien und Abhandlungen zu historisch-politischen Fragen, darunter Aphorismen, Florilegien Arkantheorie Staatsräson Politische Augenzeugenberichte und Memoiren Sittenlehre Redner, Dichter und politische Briefeschreiber Rechtswesen Göttliches Recht Natur- und Völkerrecht Öffentliches Recht, Gewohnheitsrecht Ziviles Recht Abschluss Unkommentierte politische Bibliografie
§
§
§ §
Tabelle 3: Struktur der „Bibliotheca Politica Contracta“ von Johann Bose
Struktur der „Epistola de Studijs Academicis“ von Johann Kulpis Johann Kulpis rekrutiert seine Literaturempfehlungen aus ganz ähnlichen Themenfeldern wie Bose und sortiert sie in etwa derselben Reihenfolge. Doch während die Geschichtsschreibung bei Bose knapp 50 Prozent der Leseanweisung ausmacht, sind es bei Kulpis nicht einmal 9 Prozent, wobei er sich ausschließlich auf die überlieferte deutsche Geschichte bezieht. Seinen Fokus verlagert er stattdessen auf Werke der politischen Theorie und der Rechtswissenschaften, die bei ihm 31 Prozent des Textes einnehmen und damit mindestens viermal soviel wie bei jeder anderen Leseanweisung.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
Seite
Johann Kulpis: Epistola de Studijs Academicis
–
Einleitung Politische Schriften
–
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– Einführungswerke in die Politik – Anleitungen zur Aneignung von Staatsklugheit – Grundlegende Fundamente und Prinzipien der Politik, Warnungen vor der Pseudopolitik Ethik – Antike und zeitgenössische Werke der Ethik – Werke der Kirchenväter – Werke zur Sittenlehre – Werke zur Charakterkunde Politische Beratungskunst, darunter – Theoretische Abhandlungen – Überlieferte Beispiele und Vorbilder aus der Geschichte – Werke zur Arkantheorie – Werke zur Staatsräson Vertreter der Pseudopolitik und ihre Fehler – Monarchomachen – Machiavellisten Deutsche Geschichtsschreibung und Acta Publica Geografie, Genealogie und mathematische Wissenschaften Eloquenz Jurisprudenz – Natur und Völkerrecht – Ziviles Recht – Gewohnheitsrecht – Kanonisches Recht – Feudalrecht – Öffentliches Recht
Tabelle 4: Struktur der „Epistola De Studijs Academicis“ von Johann Kulpis
Struktur des „Anweisenden Bibliothecarius“ von Daniel Hartnack In der Leseanweisung von Daniel Hartnack ist der Anteil erklärender allgemeiner Einführungen deutlich umfassender als bei den anderen Leseanweisungen, was sich vor allem durch sein jüngeres Zielpublikum erklärt. Seine Ausführungen zur eigentlichen politischen Theorie stehen hinter anderen vorbereitenden Inhalten aus der Geschichte und Eloquenz zurück. Während er im Fließtext hauptsächlich Einführungswerke benennt und auf eine politische Allgemeinbildung seiner Schülerschaft abzielt, sind die im Anhang genannten Werke wesentlich spezifischer und verweisen auf die Erzeugnisse und Lerninhalte der protestantischen-akademischen Politikwissenschaft. Am Ende
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3 Politische Leseanweisungen
versieht Hartnack die Autoren Johann Heinrich Boeckler, Jacob Schaller und Matthias Bernegger mit der Auszeichnung einer umfassenden Personalbibliografie. Seite
Daniel Hartnack: Anweisender Bibliothecarius
Allgemeine Voraussetzungen für eine Beschäftigung bis zum Ende des . Lebensjahrs – Sprachkenntnisse – Rhetorikkenntnisse – Grundkenntnisse in Geografie und Geschichte Lektüreempfehlungen für Schüler bis zum Ende des . Jahres am Gymnasium Moralphilosophie + Logik Eloquenz – Lehren und Handbücher – Beispiele gelungener und lehrhafter politischer Reden und Texte Geschichte – Universalgeschichte
– Genealogie Geografie Geschichte und Staatengeschichte Philosophie, darunter – Arithmetica, Geometrica, Architectura, Optica, Physica (Ausführungen) – Philosophie und Ethik – Staatsbezogene Philosophie (Philosophia Civilis) Moralphilosophie, darunter stoische Philosophie Jurisprudenz und Naturrecht Bibliografie zum politischen Studium, darunter – Ganzheitliche politische Theorien: Über die aristotelische Politik, politische Systeme, aus der Bibel abgeleitete politische Lehren und andere vermischte Materien – Personenbezogene Anweisungen: Fürstenspiegelliteratur sowie Ratgeber für Räte, höfische Funktionäre, Gesandte – Juristisch-politische Themen: Von Bündnissen, von der oberherrlichen Gewalt, von Gesetz und Gerichten, von der Rent-Cammer – Militärwesen: Von Krieg und Frieden, militärische Strategie – Politische Theorie: Von den verschiedenen Arten der Regierung, vermischte Materien – Geschichtsschreibung: Werke von und über Tacitus, andere Geschichtsschreiber, Fürstenbiografien – Rechtswesen: Öffentliches Recht – Staatenbeschreibungen Personalbibliografien – Johann Boeckler – Jakob Schaller – Matthias Bernegger
Tabelle 5: Struktur des „Anweisenden Bibliothecarius“ von Daniel Hartnack
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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Struktur der „Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta“ von Carl Arnd Als einzige der vier Leseanweisungen verfügt die Schrift von Carl Arnd über eine klare Kapitelstruktur und eindeutige thematische Abgrenzungen. Er vollzieht eine systematische Kategorisierung politischer Themen und Textgattungen, die sich in die Tradition der Historia Literaria fügt. Ihre Rangfolge orientiert sich nach wie vor an der im 17. Jahrhundert vertretenen dreigliedrigen Abfolge von Doctrinae, Exempla und Scripta varia. Innerhalb der einzelnen Kapitel arbeitet Arnd sich meist von der Antike in die Gegenwart vor, vorwiegend über die Begriffe Scriptores antiqui, recentiori und recentissimi. Seine Abschnitte zu den einzelnen Autoren sind meist sehr ausführlich: Arnd sammelt Informationen und Literaturverweise zu deren Biografie, nennt die verschiedenen relevanten Schriften, namhafte Editionen (soweit vorhanden) und zitiert dann ihm besonders wertvoll erscheinende Kommentare namhafter Gelehrter zu dem entsprechenden Verfasser. Bei für ihn zentralen Werken politischer Theorie kann dieser Kommentar bis zu zehn Seiten umfassen. Im Vergleich zu anderen Leseanweisungen fällt auf, dass Arnd sich besonders intensiv dem Feld der politischen Hilfswissenschaften (also der Geografie, Genealogie, Heraldik, Militaria etc.) widmet und diese ein Viertel des Werkes einnehmen. Seite
Carl Arnd: Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta
Vorrede und bibliografische Angaben Kapitel über die Pseudopolitik, darunter – Machiavellismus – Monarchomachen Politische Lehren und Systemata Werke der Geschichtsschreibung Texte von Philologen Florilegien Politische und historisch-politische Abhandlungen Streitgespräche und Aphorismen Werke und zur politischen Unterweisung, v. a. Fürstenspiegelliteratur Politische Berichte, Instruktionen, Quellen und Akten Werke über die Staatsräson Politische Fabeln Moralphilosophie und Sittenlehre Rechtswesen Geografie Militärwesen Reiseliteratur Genealogie und Heraldik Index
Tabelle 6: Struktur der „Bibliotheca politico-heraldica selecta“ von Carl Arnd
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3 Politische Leseanweisungen
3.2.3 Deutungskanons der Verfasser Methode Die Verfasser der Leseanweisungen besprechen mehrere hundert Werke, die sie schwerlich alle lesen konnten. Und auch wenn eine profunde Kenntnis eines Werkes vorlag, war eine ausführliche inhaltliche Begründung der Empfehlung aus Platzgründen nicht möglich. Ein Weg, dennoch komplexe Wertungen zu vollziehen, bestand darin, mit kurzen Phrasen an als bekannt vorausgesetzte Wertvorstellungen zu appellieren und mit ihnen zu argumentieren. Diese Codes beziehen sich nicht nur auf inhaltliche Aspekte: In den Leseanweisungen konnten wenigstens drei Wertungsmechanismen identifiziert werden, welche die konkrete inhaltliche Bewertung eines Werkes ergänzen oder ersetzen: 1. Der Rezensent bewertet den Stil und die formalen Eigenschaften des Werkes: Dazu gehören Materialität, Format, Struktur, Umfang, Bebilderung, die Schriftsprache, die Lesbarkeit des Textes sowie die allgemeine Editierung und Kommentierung. Entsprechen diese Faktoren nicht den als bekannt vorausgesetzten Standards, so ist von einer negativen Wertung eher auszugehen. 2. Der Rezensent weicht auf eine Bewertung oder Charakterisierung des Verfassers aus. Oft werden Verfassereigenschaften implizit oder explizit auf eine oder mehrere seiner Publikationen transferiert. Die Charakterisierungen erfolgen in den Leseanweisungen oft über – als bekannt vorausgesetzte – humanistische Tugendkataloge. Signalworte wie „gebildet“, „scharfsinnig“ oder „Jesuit“ sind mit festen Positiv‐/Negativkategorien versehen.¹⁵⁴ Wichtige Kriterien sind zudem der soziale Status, die gesellschaftliche Funktion und der Charakter eines Verfassers. 3. Der Rezensent verweist auf Gewährsmänner, deren Expertise oder Autorität er vertraut. Wenn diese das Werk bereits zusammengefasst, ediert, kommentiert oder bewertet haben, kann der Rezensent die Äußerungen übernehmen oder paraphrasieren. Viele Zitate werden auch ohne Quellenangabe vollzogen. In anderen Fällen genügt das „Gütesiegel“, dass diese oder jene bekannte Person ein Werk für gut befunden hat, als Grund für eine Empfehlung. Das ist besonders bei „Standardwerken“ der Fall, bei denen informative Angaben zum Werkinhalt oft am geringsten ausfallen. Die hier geschilderten Wertungsmechanismen der Rezensenten sind für die Dekodierung des Deutungskanons genauso relevant wie inhaltliche Kommentare. Sie lassen erkennen, welche Wissenschaftskulturen in die Rezeption einfließen,
Ähnlich für die frühe Historia Literaria beobachtet bei: Syndikus, Anfänge, S. 11.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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welchen Personengruppen eine Deutungshoheit zugeschrieben wird und über welches Profil diese verfügen. Neben expliziten Bewertungsmechanismen konnten drei erst im Kontext ersichtliche Formen der Wertung identifiziert werden: 1. Wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen oder bewiesen werden kann, dass dem Rezensenten die Existenz eines Autors, eines Titels oder einer Disziplin bekannt war, wiegt ihr Nichterwähnen für den Kanon schwerer als eine negative Besprechung. 2. Die Struktur der Leseanweisung und die darin vorgenommene Priorisierung von Themen haben eine hohe Aussagekraft für den Stellenwert eines Werkes oder Themas. Das, was zuerst besprochen wird, ist tendenziell auch am wichtigsten. Die spezifischen Rangfolgen werden oft von anderen Leseanweisungen übernommen und ausgebaut. 3. Der Umfang einer Bewertung stellt ebenfalls eine Aussage darüber dar, welche Wichtigkeit der Rezensent einem Werk einräumt. Doch insbesondere in der Leseanweisung von Carl Arnd trifft dies nicht immer zu, da er mitunter sehr ausführlich aus Rezensionszeitschriften abschreibt.
3.2.3.1 Johann Andreas Bose: „Bibliotheca politica contracta“ alias „De Comparanda prudentia Iuxta“ (1677) Wertmaßstäbe bezüglich der Werkinhalte (1) Prudentia Civilis Boses Wertungen richten sich hauptsächlich an der Tauglichkeit für die prudentia civilis aus, die er zu Beginn nur kurz als „peritia tractandi Remp[ublicam] ejusque negotia dextre administrandi“ umschreibt. Das „Ausbildungsprogramm“ zur Staatsklugheit (prudentia civilis) umfasse drei wesentliche Bestandteile, nämlich (1) die theoretische Lehre (doctrina), (2) die exemplarische Übertragung der Lehre (conversatio) und (3) die tatsächliche Benutzung des erlernten Wissens (usus).¹⁵⁵ Alle drei Faktoren würden voneinander abhängen und sich gegenseitig begünstigen. Zwar gebe es auch Personen, die ohne Kenntnisse von doctrina und conversatio erfolgreich politisch aktiv seien, allerdings riskiere der politicus damit eine unvollständige Ausbildung.¹⁵⁶ Idealerweise solle er die zuvor erlernten doctrinae mit der conversatio bestärken und dann erst in die
Bose, Bibliotheca, § 1. Ebd., § 2.
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3 Politische Leseanweisungen
Praxis übergehen.¹⁵⁷ Boses Ausführungen zur Staatsklugheit rekurrieren auf die Ideen von Justus Lipsius und Christoph Coler. Literatur, die Bose empfiehlt, soll entweder theoretisches Wissen vermitteln oder dazu beitragen, einen Erfahrungsschatz zu generieren. Daher markiert Bose viele Werke als zu deskriptiv oder der prudentia civilis nicht zuträglich, ohne sie generell qualitativ abzuwerten. So gebe es kaum antike Schriften zur Universalgeschichte, die für die Staatsklugheit nutzbar seien (§ 73). Auch Plato beschäftige sich wenig mit den verschiedenen Staatsformen und deren Unterschieden, Sitten und Gewohnheiten, sei also nicht völlig für die prudentia civilis geeignet (§ 14). Adam Contzen urteile eher juristisch als politisch (§ 18). (2) Politische und konfessionelle Konformität Die meisten der von Bose benannten Schriftsteller aus Frankreich und Italien waren Katholiken und aus protestantischer Sicht programmatisch belastet. Bose konnte es sich kaum leisten, katholische Schriftsteller aus seinen Empfehlungen auszuschließen, er warnt auch nicht grundsätzlich vor der Lektüre ihrer Schriften. Allerdings integriert er subtile Bemerkungen über die politisch-religiöse Positionierung des Autors und seiner Berichterstattung in seine Ausführungen und unterstellt ihnen immer wieder starke Parteilichkeit. Gegen protestantische Schriftsteller erhebt er diesen Vorwurf nicht. Im Abschnitt zur Kirchengeschichte macht Bose keinen Hehl aus seiner Aversion gegen die römisch-katholische Kirche und betont, dass es umso wichtiger sei, über ihre Aktivitäten informiert zu sein.¹⁵⁸ Ein konfessionell determiniertes Programm unterstellt Bose u. a. Adam Contzen (§ 19, „Hic Conzenius, quia multa Jesuitica & Pontificia inspergit, cautè legendus est, quam Politicè tractat“) und Gabriel Naudé: Sed in Naudaeo observare licet, eum interdum studio partium odioque nationis aut religionis quibusdam iniquiorem esse, multos etiam Autores egregios ob easdem causas; ut videtur, planè praeterire. Exemplo esse possunt quae de Clapmario p. 53 de Grutero & Forstnero p. 142. de Scipione Gentili p. 255. & quibusdam aliis satis frigidè aut etiam malignè scripsit.¹⁵⁹
Pierre Matthieu verfälsche die Geschichte der Protestanten sogar absichtlich: „Multa pervertit in rebus Protestantium, praeprimis infensus Saxoniae Ducibus, erat enim pontificiae religioni addictus.“¹⁶⁰
Vgl. Weber, Prudentia, S. 60; Barth, Libertas, S. 45. Bose, Bibliotheca, § 62. Ebd., § 85. Ebd., § 51.
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Was zunächst polemisch anmutet, ist nach zeitgenössischen Maßstäben eher progressiv. Indem Bose die katholische Literatur hinsichtlich konfessionell problematischer Inhalte sichtet und kommentiert, gestattet er seinen Studenten ausdrücklich ihre Rezeption, fordert sie regelrecht dazu auf. Viele Katholiken werden ausdrücklich gelobt, so z. B. der französische Autor Jacques Auguste Thou: „Quae ad religionis historiam pertinent, summâ aequitate & moderatione, quanquam religioni pontificiae addictus, tractavit […].“¹⁶¹ Positiv bewertet Bose es naturgemäß auch, wenn katholische Schriftsteller die Römische Kirche kritisieren: „Deinde Papinius Massonius Gallus, qui similiter tantâ libertate vitas Pontificum, ut malè idcircò audiat apud Pontificios. Marquardi Freheri judicio scriptor est eruditione omnibus nostri Seculi scriptoribus superior […].“ Die Papstbiografien des Bartholomäus Platina würden sich durch unverfälschte Wahrheit auszeichnen („incorrupta verita[s]“).¹⁶² Auch eine zu starke politische Parteinahme wird von Bose kritisiert: Der schottische Schriftsteller George Buchanan sei trotz seiner herausragenden Fähigkeiten käuflich und Maria Stuart gegenüber zu feindselig eingestellt gewesen (§ 53). Pietro Bembo biedere sich bei den Venezianern an (§ 41), Philippe de Commynes berichte abwertend „in Belgicis rebus“ (§ 43). Paolo Giovio mache regelrecht Werbung für die Medici und ihre Anhängerschaft (§ 40). Dagegen bleiben protestantische Schriftsteller von derartiger Kritik verschont. Je mehr Zeitgeschichte Bose in sein Lektüreprogramm integriert, desto häufiger gerät die religiöse und politische Einstellung eines protestantischen Lesers mit den Lektüreinhalten in Konflikt. Wenn aus dem Vorbild schriftstellerisch tätiger Diplomaten, Berater und Fürsten Verhaltensmaßstäbe abgeleitet werden sollten, dann war das Bewusstsein für deren religiöse und politische Positionierung essenziell.¹⁶³ (3) Notitia Imperiorum Die von Bose entwickelte Wissenschaft der notitia rerum publicarum wird in der Bibliotheca nur einmal als Notitia Imperiorum erwähnt.¹⁶⁴ Doch schon die von ihm genannte Literatur reflektiert, dass es nicht mehr nur darum geht, politische Lehren zu vermitteln und ihnen Exempelsammlungen beizufügen. Boses Litera-
Ebd., § 38. Ebd., § 63. Helmut Zedelmaier beobachtet ein ähnliches Phänomen in der „Bibliotheca Selecta“ des italienischen Jesuiten Antonio Possevino (1533 – 1611), vgl. Helmut Zedelmaier: Bibliotheca universalis und bibliotheca selecta. Das Problem der Ordnung des gelehrten Wissens in der frühen Neuzeit. Köln 1992, S. 158 f. Bose, Bibliotheca, § 73.
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turempfehlungen spiegeln die politischen Verhältnisse der jüngeren und jüngsten Vergangenheit wider und umfassen Inhalte über alle großen europäischen Territorien. Die Bibliotheca liefert Literaturangaben zu Geschichte, Geografie, Herrschaftsformen und Einwohnerschaft. Außerdem wird die Jurisprudenz als eine Disziplin anerkannt, die in der unmittelbaren Peripherie der Politik liegt, da ein politicus immer wissen müsse, was er darf und was er nicht darf („quod liceat, aut non liceat“, § 120). Bose ergänzt die Literatur um die prudentia civilis um Informationen mit akuter Relevanz für die politische Lebenswelt seiner Studenten. Eine Handreichung für Fremdsprachenkenntnisse oder höfische Umgangsformen, die man ebenfalls als politisch wichtig erachten könnte, ist die Bibliotheca nicht.
Wertmaßstäbe in Bezug auf Form und Stil politischer Literatur In der Bibliotheca verweist Bose lediglich auf zwei deutschsprachige Titel.¹⁶⁵ Latein ist seine Referenzsprache, das Fehlen einer lateinischen Ausgabe prinzipiell ein Mangel. „Multi quidem Itali scripsere de Ratione statûs linguâ italicâ, nec multi Latine versi sunt.“¹⁶⁶ Eine seltene Ausnahme gilt dem Schriftsteller Philippe de Commynes: Dieses Werk sei in französischer Originalsprache weit nützlicher zu lesen.¹⁶⁷ Der Umstand, dass die Bibliotheca Politica Contracta auf Latein verfasst ist und fast ausschließlich auf Latein verfügbare Werke benennt, zeigt Boses primäre Fokussierung auf die akademische Politikwissenschaft. Er erwartet von seinen Lesern keine Kenntnisse mehrerer Volkssprachen, obwohl vor allem Französischkenntnisse an deutschen Höfen immer präsenter und für die Diplomatie unentbehrlich wurden. Stilistische Qualität markiert Bose meist mit dem beiläufigen Lob der eloquentia, die er sowohl antiken als auch neuzeitlichen Autoren attestiert.¹⁶⁸ Ein guter Schreibstil fungiert seiner Ansicht nach als wichtiger „Bonus“ eines politisch nützlichen Werkes und kennzeichnet die wahrhaften politici, die ihre Klugheit geschickt aufbereiten und vermitteln. Dass die eloquentia auch miss-
Vgl. ebd., § 76; Lucas de Linda: Orbis Lumen Et Atlantis Iuga Tecta Retecta. Das ist: Newe außführliche Entdeck- Und Beschreibung der gantzen Welt: Aller darinn enthaltener Kaiserthumb/ Königreichen/ Fürstenthumben/ Provincien/ Länder und Republicquen/ [et]c. Frankfurt M. 1658, § 104; Georg Philipp Harsdörffer: Frawen-Zimmer Gespräch-Spiel. So bey ehrliebenden Gesellschafften zu nützlicher Ergetzlichkeit beliebet werden mögen. Nürnberg 1641. Bose, Introductio, § 93. Ebd., § 43. Vgl. ebd., § 29 f., 37 f., 40 f., 48, 53 f., 56, 63, 77, 93.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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braucht werden kann, zeigt sein kritischer Vermerk über Paulus Jovius, der zu parteiische Darstellungen vollziehe.¹⁶⁹
Wertmaßstäbe bezüglich der Verfasser von politischer Literatur Wenn Bose sich zur Biografie eines Autors äußert, versucht er ihn als Experten der Politik zu legitimieren, wobei er sich vor allem humanistischer Tugendkataloge bedient. Das höchste Lob, das Bose an jüngere Schriftsteller zu vergeben hat, ist ein Vergleich mit antiken Autoren. Zu Arrigo Caterino Davila berichtet Bose, dass dieser bereits mit Xenophon und Julius Caesar verglichen worden sei (§ 45). Philippe de Commynes zeichne sich durch eine Klugheit und eine so gute Urteilsfähigkeit aus, dass er den antiken Schriftstellern gleichkomme (§ 43), Famiano Strada könne als Tacitus seines Jahrhunderts erachtet werden (§ 48). Pietro Bembo habe einen Ciceronischen Stil (§ 41). Das Ideal eines politischen Experten sieht Bose in einer gelungenen Kombination von Bildung und Klugheit: Eine klassische Bildung reiche für sich genommen nicht aus.¹⁷⁰ Wem es an Erfahrung noch mangele, solle so oft wie möglich die Gesellschaft von Experten suchen.¹⁷¹ Ein guter politischer Schriftsteller müsse glaubhaft über politische Angelegenheiten berichten, bestenfalls, weil er selbst aktiv an ihnen partizipiert habe oder zumindest ihr Zeuge gewesen sei. Große Erfahrung bescheinigt Bose u. a. Polybius (§ 28), Jacques Auguste Thou (§ 38), Francesco Guicciardini (§ 39), Hugo Grotius (§ 55), Claude de Seyssel (§ 77) und Xenophon (§ 29). Das Attribut der experientia gilt nicht nur den antiken Größen, sondern mehrheitlich Persönlichkeiten der vorangegangenen beiden Jahrhunderte. Bose attestiert ihnen einerseits eine gute Beobachtungsgabe wie auch eine herausragende – weil bereits erprobte – Urteilsfähigkeit (iudicium). Staatsklugheit könne sogar abseits klassischer Bildung erworben werden.
Ebd., § 40. „Circa idem tempus historia sui temporis ab Anno 1494. ad An. 1540. scripsit Paulus Jovius historiam sui temporis […] scripsit Paulus Jovius, magnâ eloquentiâ prudentiâque, sed fluxâ fide & calamo ad laudes Mediceorum suaeque gentis, & quorumvis aliorum prompto ac venali.“ Bose, Bibliotheca, § 5 „Denique Eruditio usu proprio & consuetudine Prudentum destituta, plerumque tam ad invenienda consilia, quam ad actiones obeundas atque exsequenda, quae bene consulta sunt, inepta est.“ Ebd., § 129. „Praecipuè ambienda est consuetudo cum Secretariis & Consiliariis Status, cum Legatis & eorum Minstris & aliis, quibus arcana Consiliorum ex ipsa tractatione interioreque admissione magis quam aliis innotuerunt, aut Civilis actûs indoles ex diuturno usu penitus cognita est.“
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3 Politische Leseanweisungen
Sic Philippus Cominaeus licèt literas Latinas non attingerit, tamen ex usu rerum ad Civilem Prudentiam eò provectus, ut Ludovicus XI. & Carolus IIX. Reges Galliae saepius ejus consilia expetierint.¹⁷²
Doch gleich im Anschluss warnt er: „Deinde hoc incommodo laborat Experientia, quod, ut Poёta canit, feris demum ab annis veniat, nec praeceptis tradatur.“¹⁷³
Berücksichtigung der bisherigen Rezeptionstradition Bose formuliert seine Bibliotheca in Anlehnung an die Lehren und Argumente von Justus Lipsius und baut entsprechend großzügig auf die bereits etablierte politische Rezeptionstradition der antiken Texte. Diese betont Bose vor allem über die Anzahl der ihm bekannten Editionen eines Textes. Je mehr zeitgenössische politische Editoren eines antiken Autors er nennen kann, desto mehr Gewicht misst er ihm für die politische Lektüre bei. Mit Abstand am umfangreichsten sind die editorischen Kommentare in Bezug auf Aristoteles. Doch Bose verlässt sich nicht ausschließlich auf seine Gewährsmänner, sondern versucht immer auch, seinen Lesern einen konkreten inhaltlichen Kommentar zu einem Werk mit auf den Weg zu geben und Editionen wenigstens mit knappen Worten zu charakterisieren. Neben Lipsius fungiert Johann Boeckler als einer seiner wichtigsten Gewährsmänner. Für weiterführende Literatur erwähnt Bose die Ad libros politicorum Breves Notae von Justus Lipsius, die De Studio politico Ordinando Epistola von Christoph Coler und die Bibliographia Politica von Gabriel Naudé. Von Lipsius zitiert er wichtige inhaltliche Aspekte, die von dort aus wiederum in andere Leseanweisungen transferiert wurden.¹⁷⁴ Für jüngere und zeitgenössische Historiker, Schriftsteller und Juristen besteht zu Boses Zeiten noch keine einheitliche Rezeptionstradition: Dies zwingt ihn bei vielen Werken zu sehr eigenständigen Literaturbewertungen, die eine umfassende Materialkenntnis bezeugen.
Ebd., § 2. Ebd., § 3. Ebd., § 26: „Praeceptis itaque subjungenda lectio Historicorum Pragmaticorum, id est, qui veritate, explanatione & judicio pollent, (quae tria requierebat Lipsius in Notis ad Lib. I. Pol. c. 9. § .9. […].“
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3.2.3.2 Johann Georg Kulpis: „De Studijs Academicis Juvenis Nobilis recte instituendis, Epistola“ (1688) Wertmaßstäbe bezüglich der Werkinhalte Kulpis’ Werturteile lassen auf eine äußerst gründliche inhaltliche Kenntnis der von ihm benannten Literatur schließen. Darüber hinaus gelingen ihm sehr präzise Formeln zum Inhalt der besprochenen Werke. Gekonnt verweist er auf Debatten und Kontroversen, denen Werke gemeinhin zugeordnet werden. In Bezug auf die praktisch-philosophische Politikwissenschaft geht Kulpis völlig konform mit den zeitgenössischen in der protestantischen Politik vermittelten Lehren: Dies wird an der Aussage ersichtlich, dass nur solche Werke wahrhaft politisch seien, die auf die aristotelischen Lehren und Maximen bauten (vgl. S. 147 f.). Darüber hinaus definiert Kulpis eine pseudo-politische Kategorie, die dem Aristotelismus antithetisch gegenübersteht. Das Studium der Politik teile sich in drei Bestandteile, die politische Wissenschaft (scientia politica), die politische Klugheit (prudentia politica) und die Gewandtheit im Ausführen von Staatsgeschäften (dexteritas expediendi negotia civilia). Besonders die prudentia civilis, die man verkürzt auch Politik nenne, sei für einen Adeligen eine wichtige zu erlernende Kunst (S. 141– 146).¹⁷⁵ Kulpis’ außerdem vorgenommene Differenzierung der Politica in scientia und dexteritas expediendi negotia civilia ähnelt der von seinen Vorgängern oft vollzogenen Trennung in doctrinae und exempla. Durch seine Begriffswahl rückt Kulpis die von ihm empfundene Ambivalenz zwischen wissenschaftlicher Lehre und praktischen Kenntnissen weiter in den Vordergrund und vernachlässigt die Wichtigkeit der Geschichte als politisches Exerzitium für die Ausbildung politischer Klugheit. Unüblich ist die unmittelbare Gleichsetzung der prudentia civilis mit der Politik.¹⁷⁶ Zwar besteht zwischen beiden Begriffen eine enge gedankliche Verknüpfung, synonym wurden sie jedoch nur selten verwendet. Wenn ein Autor bzw. dessen Werk nicht in die aristotelischen Denksysteme hineinpasst, weist Kulpis ausdrücklich darauf hin, so zum Beispiel bei René Descartes, Pierre Gassendi und Thomas Hobbes (S. 148); nicht weniger kritisch äußert er sich zu den Lehren der Monarchomachen und Machiavellisten (S. 171– 177). Ein deutliches Bewusstsein beweist Kulpis für die Ambivalenzen zwischen akademischer Lehre und Praxis. Er argumentiert, dass akademische Studien die natürlichen Begabungen eines Menschen lediglich ergänzen könnten:
Vgl. Kulpis, Studio, S. 141– 146. Vgl. ebd., S. 143: „In ista classe primum locum merito occupat, Prudentia Civilis, studium, quod vulgo politicae appellatione signamus, à quâ etiam Politici deinceps nomen fortiuntur.“
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Equidem negare non possumus, multum conferre ad hanc artem literarum studia, & praesertim assiduam, cumque judicio susceptam, lectionem historiae, veteris aeque ac recentioris aevi; fatendum tamen est vicissim, omnem fere paginam heic facere, naturalem ingenii bonitatem, sive naturalem istam prudentiam, vel ingenium practicum, quod divinâ gratiâ hominibus obtingit.¹⁷⁷
Vertreter der Moralphilosophie kritisiert Kulpis insbesondere dafür, dass ihre Werke zu wenig anwendungsbezogen ausgerichtet seien und ihre Kontroversen für den politisch interessierten Leser kaum überschaubar und relevant seien. Nur in sehr wenigen Werken werde versucht, die Moralphilosophie in konkrete Handlungsmaximen zu überführen (S. 153 ff.). Kulpis lobt des Öfteren den Bildungsgrad und die Begabung eines Autors, hebt jedoch besonders positiv hervor, wenn ein Werk oder ein Autor sich auf die Praxis bezieht (S. 155) oder ein Schriftsteller in der praktischen Politik Erfahrungswerte gesammelt hat (vgl. S. 152, 170). Das Bemühen um die Herstellung konkreter Anwendungsbezüge kennzeichnet sich zusätzlich durch eine regionale Fixierung auf das Reich und auf die politische Gegenwart. Werke zu Geschichte, Genealogie und Rechtswissenschaften sind Kulpis nur dann eine Erwähnung wert, wenn sie sich auf den deutschen Sprachraum beziehen („praecipuas nostri seculi res pace belloque gestas“; „potissima germanicarum rerum nostrarum historiam concernunt“, S. 182). Es finden sich damit Parallelen zu der Notitia Rerum publicarum.
Wertmaßstäbe in Bezug auf Form und Stil politischer Literatur Aufbau, Struktur und Schreibstil eines Werkes sind für Kulpis keine wesentlichen Bewertungskriterien für Literatur, tendenziell präferiert Kulpis kürzere und auf die wesentlichen Informationen reduzierte Werke in klarer Sprache: Aristoteles sage mit wenigen Worten sehr viel aus (S. 149), wohingegen Thomas von Aquin trotz seiner Qualitäten manchmal etwas umständlich und schwer zu lesen sei (S. 150), Cyriaco Strozzi mache bisweilen überflüssige Kommentare (S. 149). Sprachlich beschränkt er sich ausschließlich auf lateinische Werke.
Wertmaßstäbe bezüglich der Verfasser von politischer Literatur Ähnlich unspezifisch fallen Kulpis’ Kommentare zu den Qualitäten der von ihm benannten Verfasser aus, nur gelegentlich lobt er deren Bildung und deren Erfahrung. Ein präferiertes Verfasserprofil wird vor allem implizit deutlich: Kulpis Ebd., S. 170.
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erwählt hauptsächlich protestantische Autoren zum Bestandteil seines Kanons. Auffällig ist, dass die antiken Historiker recht zügig auf zwei Seiten abgearbeitet werden, auch von den Italienern werden nur die wichtigsten Theoretiker der Staatsräson erwähnt. Die Mehrheit der von Kulpis benannten Verfasser beschäftigt sich mit den rechtlich-politisch-historischen Verhältnissen im Reich und ist an einer deutschen Universität oder an einem deutschen Fürstenhof situiert. Negative Kritik trifft meist solche Personen, die sich abseits dieser Kontexte bewegen.¹⁷⁸
Berücksichtigung der bisherigen Rezeptionstradition Je nachdem, ob Kulpis sich zur scientia politica oder zur dexteritas expediendi negotia civilia äußert, legt er unterschiedliche Ansprüche an den Kanonisierungsgrad der von ihm besprochenen Texte. Seine Kommentare zur scientia politica stützen sich im Wesentlichen auf den schon recht normierten politischen Kanon, der auf einen antiken Kern baut und auch die politischen Handlungslehren des frühen bis mittleren 17. Jahrhunderts berücksichtigt. Im letzten Hauptkapitel zur dexteritas expediendi negotia civilia wird jedoch von diesem Schema deutlich abgewichen. Ein Werk muss keinen hohen Bekanntheitsgrad aufweisen, um für Kulpis als positiv und nutzbringend zu gelten. Wichtiger sind ihm die Aktualität eines Werkes und die Berücksichtigung aktueller Debatten. Lediglich Hugo Grotius wird von Kulpis als Pionier des rechtswissenschaftlichen Denkens inszeniert, dem sämtliche andere Schriftsteller auf den Gebieten des Natur- und Völkerrechts nachstehen.
Fazit Kulpis kennt die existierenden politischen Kanons und Studieninhalte und hält sich konsequent an ihre tradierten Maßgaben. Zugleich ist er bemüht, seinen Kanon mehr anwendungsbezogen zu formulieren. Auch wenn Kulpis sich selbst vor allem als Jurist versteht und die Notwendigkeit von Kenntnissen in der Jurisprudenz in der politischen Praxis überaus stark betont, ordnet er sie der politischen Disziplin unter und bewertet sie als eine von mehreren wichtigen Fähigkeiten, die bei dem Abwickeln von Staatsgeschäften zur Anwendung kommen sollen.
Vgl. u. a. René Descartes (S 148), Niccolo Machiavelli (S. 171– 177), John Milton (S. 172) und Francis Bacon (S. 158).
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3 Politische Leseanweisungen
3.2.3.3 Daniel Hartnack: „Anweisung der politischen Jugend“ (1690) Wertmaßstäbe bezüglich der Werkinhalte Hartnacks Werturteile sind nur in einigen wenigen Fällen konkret auf den Inhalt eines Werkes bezogen. Er versucht nicht, zentrale Argumente abzubilden oder Entstehungskontexte zu rekonstruieren. Das zentrale Kriterium seiner inhaltsbezogenen Wertungen ist die Tauglichkeit für junge Leser und das damit einhergehende Anwendungspotential. Zu jeder der von ihm besprochenen Themengebiete bemüht sich Hartnack, mindestens ein oder zwei Werke zu nennen, die sich für einen sehr jungen Leser eignen oder mit denen die Studien eingeleitet werden können, so für die lateinische Sprache (S. 11), die Jurisprudenz (S. 12), die Eloquenz (S. 13), die Genealogie (S. 28), und die Moralphilosophie (S. 42 f.). Andere Werke ordnet er hingegen eher Erwachsenen oder fortgeschrittenen Schülern zu (S. 5, 26). An anderer Stelle gibt er zu, über die sich selbst gesteckten Grenzen hinausgegangen zu sein.¹⁷⁹ Bei der Rhetorik sieht Hartnack eine Diskrepanz zwischen dem akademischen Fach und den Bedürfnissen eines politischen Redners. Es nütze nichts, „aus dem Aristotele eine überhäufte menge locorum und propositionum hervor[zu]suchen“, vielmehr solle die Rhetorik „nach contemplativischer Art“ (S. 4) behandelt werden. Die Palaestra Oratoria sei „insonderheit zur praxi abgesehen“ (S. 14), auch die Rhetorikbücher der Jesuiten und jene von Christian Weise würden sich durch einen starken Praxisbezug (S. 13 f.) kennzeichnen und die Suada civilis von Jan Kwiatkiewicz sei insbesondere für den politicus sehr brauchbar (S. 14). Gelegentlich lobt Hartnack die Erfahrung eines Autors (S. 30, 33, 37) oder den Unterhaltungswert eines Werkes in eventuellen Mußestunden (S. 21, 31).
Wertmaßstäbe in Bezug auf Form und Stil politischer Literatur Hartnacks enger Fokus auf seine junge Zielgruppe mündet in einem umfassenden Anforderungskatalog an eine entsprechend übersichtliche Informationsaufbereitung. Als positiv vermerkt Hartnack solche Titel, die „klug“, „arthig“ (S. 28) oder „prudent“ (S. 30) eingerichtet sind und einen geringen Umfang haben (S. 28, 30, 33). Ideal ist, wenn sie „allein die wichtigsten und merckwürdigsten Sachen“ (S. 21) beinhalten. Negativ markiert Hartnack Werke, die „überhäufft voller Ex Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 37: „Etwa wird man in diesem Stück sagen daß ich zu weit gangen / und für eiuem [!] so noch auff dem Gymnasio sich aufhält/ gar zu viel Wercks hierinnen angeführet. Des Streits in Zeiten abzukommen wil ich meinen Irrthum hierinn gestehen/wofern man sonst auch den jenigen dessen beschuldigen wil/ der einem Unerfahrnen seinen Weg/ den er vor sich hat/ so weit bezeichnet/ als er immer abzusehen.“
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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empeln“ (S. 5) oder „an Materien sehr vermischt“ (S. 25) sind. Hartnack möchte nicht, dass seine Zöglinge überfordert werden. Dementsprechend hält er auch Lehrer in seiner Schrift über den Nutzen von Geschichte dazu an, unnütz Zeug zu vermeiden und den Schüler stets seiner beruflichen Zukunft entsprechend auszubilden.¹⁸⁰ Zusätzlich ist es Hartnack ein wichtiges Anliegen, dass Werke nicht nur kurz abgefasst sind, sondern auch gut durchdacht und sinnvoll konzipiert wurden. Er lobt „die Analysis […] samt den nützlichen Indice“ als „fast unvergleichlich“ (S. 14), Texte „in geschickter Ordnung“ (S. 24) und „mit etwas mehrer Methode eingetheilet“ (S. 25) und charakterisiert Werke „in der äusserlichen Form und Eintheilung der Reiche etwas ordentlich“ (S. 25). Zu bemängeln sind dagegen Werke „in etwas unformlicher Ordnung“ (S. 21) oder auch die Genealogien von Rittershausen, die „lauter tabellen blosse nahmen/ und sehr viel solche Familien durchgehen, daran einen künfftigen Politico nicht eben so viel gelegen“ (S. 28). Oldenburgers Thesaurus Rerum Publicarum schließlich sei „ein von unterschiedlichen Büchern dermassen zusammen geflickter Bettler Mantel, als kaum einiger auff der Welt zu finden sein möchte“ (S. 36).
Wertmaßstäbe bezüglich der Verfasser von politischer Literatur Bei Hartnacks Werturteilen kristallisiert sich kein einheitliches Set an erwünschten Eigenschaften und Qualitäten der Autoren. Als wichtig erscheint, dass eine Person, die über eine bestimmte Topik schreibt, sich darin auch wirklich auskennt: Er lobt, dass die Verfasser des Europäischen Herolds sich selbst an den darin benannten Höfen aufgehalten hätten (S. 37). Die geografischen Werke von Duval und Sanson seien verlässlich, weil diese auch als Hofgeographen des französischen Königs gewirkt hätten (S. 30). Ganz besonders deutlich wird Hartnacks Pragmatismus im Abschnitt zur Rhetorik, wo er angibt, dass es unter den Zeitgenossen kaum einen protestantischen Schriftsteller gebe, der auf diesem Bereich mehr geleistet hätte als die Jesuiten, die sich durch einen großen Praxisbezug kennzeichnen würden.¹⁸¹ Daß ich aber so viel Jesuiten in diesen Punct lobe/darüber hoff ich so wenig zum Ketzer: als die so über den Aristotelem und Ciceronem halten/ zum Heyden zu werden. Es ist leyder unter uns so beschaffen / daß außer dem Junio, Thilone, und itzt dem Herrn Weissio wir wenig haben/ die dieses Werck mit ernst treiben / oder geschickt zu treiben wissen; und ob schon auch bey denn Jesuiten die Zahl nicht zu sehr überhäufft/so ist doch bey ihnen eine
Hartnack, Erachten, Einleitung. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 13 – 15.
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3 Politische Leseanweisungen
weit größere Mänge/ und der Kunst nach (man muß auch bey dem Feind die Warheit nicht verschweigen) sind von ihnen viel besser Schriften in diesem Stück zu Tage geleget […].¹⁸²
Der Rechtfertigungsdrang Hartnacks zeugt davon, dass er trotz des Feindbilds „Jesuit“ nicht bereit ist, die nutzbringenden Veröffentlichungen dieser Personengruppe zu ignorieren. Überwiegend verbleibt er bei seiner Literaturauswahl jedoch in protestantisch-gelehrten Kontexten.
Berücksichtigung der bisherigen Rezeptionstradition Auch wenn Hartnack etablierte Autoren benennt und berücksichtigt, ist sein Hauptanliegen, die Zielgruppe zu bedienen, für die auch unbekanntere Autoren infrage kommen. Die politische „Höhenkammliteratur“ seiner Zeit benennt er mehrheitlich in der beigefügten und unkommentierten Literaturliste. Diese repräsentiert den politischen Kanon der Zeit vollständig, verschiebt die inhaltliche Auseinandersetzung aber in den Rahmen des Studiums. Auch die Abbildung von Rezeptionskulturen und aktuellen Kontroversen ist für ihn nachrangig. Bei genauerer Sichtung der von ihm am Werkende gelisteten Literatur wird ersichtlich, dass die Literaturempfehlung von Johann Bose eine seiner wichtigsten Referenzquellen darstellt.¹⁸³ Auch wenn er dessen Werturteile selten paraphrasiert oder zitiert, so nennt er bei der Liste Uber die Libros Politicos Aristotelis all jene Werke (zusätzlich einiger neuerer Werke), die auch Bose unter diesem Aspekt anführt.
Fazit Der 1690 im Anweisenden Bibliothecarius formulierte politische Kanon lässt sich nicht nahtlos in die Tradition der prudentia civilis einordnen. Hartnack versucht eher diese vorzubereiten, als zu vermitteln. Dementsprechend unterscheidet sich sein Deutungskanon von dem von Bose und Kulpis: Hartnack wertet nach pädagogisch-didaktischen Kriterien, während solche der politischen Theorie nur an wenigen Stellen erkennbar sind, z. B. wenn die Geschichte beiläufig als die Exempla des Politici bezeichnet wird. Im Bemühen um die passende Lektüre für ein jüngeres Publikum integriert er auch eine Reihe von bis dato wenig beachteten Verfassern in seinem Materialkanon. Die „Höhenkammliteratur“ der protestantischen Politik bewertet er gar
Ebd., S. 15. Dass er sie kennt, beweist der entsprechende Vermerk auf Seite 50.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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nicht oder mit eher untypischen Begründungen. Insofern adaptiert er einen etablierten Materialkanon und bringt neue Wertkriterien zur Anwendung, die sich auf das jüngere Zielpublikum beziehen.
3.2.3.4 Carl Arnd: „Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta“ (1705) Wertmaßstäbe bezüglich der Werkinhalte Den Leitideen der Historia Literaria entsprechend bemüht sich Arnd um eine allumfassende Darstellung geltender politischer Literatur und die Sammlung von Werturteilen, die möglichst mehrere Positionen berücksichtigen. Es liegt nicht in seiner Intention, eine eigene politische Lehre zu entwickeln und zu vertreten. Nur in unregelmäßigen Abständen argumentiert er abseits seiner Referenzquellen und bezieht Position. Carl Arnd hat an politischen Debatten seiner Zeit keinen Anteil, stattdessen schreibt er eine Wissenschaftsgeschichte. Er setzt an Arbeiten an, die vor ihm bereits Fechtius, Struve, Morhof und Crenius für die Politik und andere Lehrfächer betrieben haben.¹⁸⁴ Diese Verfasser perspektivierten die Politik oft auf Basis einer fundierten theologischen Ausbildung. – Während Theoretiker der Politik wie Johann Bose, Hermann Conring und Justus Lipsius kontroverse politische Texte mit wissenschaftlicher Neugierde betrachteten und durchaus differenziert beurteilten, stoßen dieselben Texte bei Arnd oft auf offene Polemik. Sehr deutlich wird dies an seiner Auseinandersetzung mit Machiavelli, welche die unterschiedlichen Positionen politischer Theoretiker zwar mit abbildet, denen gegenüber er aber mehrmals deutliches Unverständnis äußert. Die distanzierte Haltung lässt sich jedoch nicht allein hinsichtlich der kontroversen politischen Texte beobachten, sondern gilt im Gegenteil auch für den Aristotelismus selbst. Arnd bildet den Standardkanon des klassischen Aristotelismus ab, zitiert im Anschluss aber gleich vier Aussagen von Adam Rechenberg, Georg Pasch, Burkhard Struve und Thomas Crenius, welche die Anwendbarkeit der aristotelischen Lehren auf die politische Gegenwart infrage stellen.¹⁸⁵ Damit bringt Arnd Debatten in den Kanon ein, die längst im Reich kursieren, aber von den überzeugten politischen Aristotelikern übergangen wurden. Dazu gehört auch die Traditionslinie der Politica Christiana, die keine so fundierte theoretische Schon im Titel der Bibliotheca Politico-Heraldica verweist Arnd auf den entsprechenden Quellenkontext: „ex praestantissimis praestantissimorum Scriptorum monumentis conquisitus, rarioribus ex Historia Literaria observationibus illustratus & accuratioribus Eruditorum judiciis constipatus“. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 75 – 77.
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3 Politische Leseanweisungen
Basis hatte wie der Aristotelismus, aber dennoch das gesamte 17. Jahrhundert hindurch einen hohen Stellenwert besaß (vgl. Kap. 6.3). Während die meisten Aristoteliker das Naturrecht mit göttlichem Recht gleichsetzten und Bezüge auf sakrale Texte in der Regel vermieden, erklärt Arnd, dass die Heiligen Schriften die erste und wichtigste Referenzquelle göttlichen Rechts seien.¹⁸⁶ Auf Basis einer schon von Johann Boeckler geäußerten Kritik bemängelt Arnd am Hauptwerk von Justus Lipsius, dass dieser die Heiligen Schriften ignoriere.¹⁸⁷ Außerdeutsche politische Debatten berücksichtigt Arnd nur dann, wenn sie ein etabliertes Element bereits erschienener Leseanweisungen sind. Das betrifft mehrheitlich die italienische Politiktheorie des 16. Jahrhunderts.
Wertmaßstäbe in Bezug auf Form und Stil politischer Literatur Arnd richtet sich an einem Interessenten aus, der die empfohlene Literatur erst finden und erwerben muss, bevor er sie rezipieren kann. In diesem Sinne bemüht sich Arnd um vollständige bibliografische Angaben (Kurztitel, Format, Herausgeber, Erscheinungsort und ‐jahr), benennt meist mehrere Editionen und ihre Vorund Nachteile. Diese Angaben dienen der Verfügbarmachung bestimmter Werke für den Leser; besondere Ansprüche an die formale Informationsaufbereitung werden aber nicht erkennbar und auch selten über die zitierten Referenzen deutlich.
Wertmaßstäbe bezüglich der Verfasser von politischer Literatur Arnd charakterisiert die meisten der von ihm genannten Verfasser in Form eines knappen Nebensatzes am Anfang der Besprechung, an die er weiterführende Literatur anschließt. Die gegebenen Informationen konzentrieren sich auf den Status dieser Person oder die Funktion, in der sie ihren größten Bekanntheitsgrad erlangt hat. Dies betrifft bei Gelehrten die Angabe der Universität, an der sie lehrten, und des Fachs, in dem sie schwerpunktmäßig tätig waren.¹⁸⁸ Bei schriftstellerisch tätigen Akteuren der praktischen Politik benennt Arnd deren
Ebd., S. 378. Ebd., S. 87. „Literarum sacrarum ubique & semper in rebus civilibus censura addenda [est]. Non enim Caesares aut Alexandri sed Davides & Salomones sunt informandi.“ Vgl. ebd., S. 90: „Marcus Zuerius Boxhornius Prof. Eloqu. & Histor. Leidensis“; S. 92: „Balthasar Cellarius S. S. Th. D. & Prof. Helmstad. (Vid. Witt. Diar. Biogr. Tom I. 1671. d. 15. Sept)“.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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Ämter, prominente Dienstherren und die nationale Herkunft.¹⁸⁹ Ergänzt werden Hinweise auf den Status und die Bildung einer Person gelegentlich um affirmative Zuschreibungen wie „intimus Consiliarius“ (S. 307), „Ictus“ (S. 115, 214) „eminentissimus“ (S. 105), „magnus“ (S. 382), „longe celeberrimum“ (S. 101) und ähnliche Formulierungen. In einigen Fällen erzählt Arnd ausschweifende Anekdoten zu den Verfassern. Die konfessionelle Zugehörigkeit einer Person wird über die Benennung kirchlicher Ämter (S. 307) oder die Zuschreibung eines Autors zum Jesuitenorden (S. 93) bisweilen ersichtlich, aber nicht expressis verbis genannt.
Berücksichtigung der bisherigen Rezeptionstradition Carl Arnd zitiert im großen Stil die Wertaussagen anderer Schriftsteller und dokumentiert die akademische Rezeptionsgeschichte von Politikliteratur im 17. Jahrhundert. Seine Vorgehensweise und die wichtigsten Referenzquellen verdeutlicht beispielhaft Arnds Auseinandersetzung mit der Biografie und den Schriften von Henning Arnisäus.¹⁹⁰ Arnd charakterisiert diesen knapp als einen Professor der Medizin in Helmstedt und informiert in Klammern, wo man sich über dessen Ämter und Schriften informieren kann. Anschließend kompiliert er diverse Kommentare über Arnisäus‘ prominenteste Schrift De republica s. relectionis politicae libri duo. Er zitiert die ausführliche Bewertung Hermann Conrings in Kapitel XIV. von dessen Liber de prudentia Civili, ergänzt die kürzeren Kommentare Johann Boses (dessen Bibliotheca Politica er Johann Boeckler zurechnet), zitiert die Bewertung von Thomas Crenius in Teil II von Thesaurus librorum philologicorum et historicum und die der Bibliotheca Philosophia von Burkhard Gotthelf Struve. Die Bewertungen sind divers: Conring und Bose fällen ein ambivalentes Urteil, Crenius lobt das Werk, Struve wiederum kann ihm kaum etwas abgewinnen. Auch der Theologe, Philologe und Historiker Thomas Crenius (1648 – 1728), den Arnd routiniert als „Noster Crenius“ tituliert, bildet eine wichtige Referenzquelle von Arnd.¹⁹¹ Crenius publizierte zwischen 1692 und 1699 in drei Sammelwerken die prominenteste Studienliteratur des 17. Jahrhunderts, darunter auch
Vgl. ebd., S. 307: „Johannes Armandus Plessiacus Richelius, Gallus, Pictavus, Episcopus primumLucionensis, Magnus deinde Reginae Galliae Eleemosynarius, sacrae tandem Romanae Ecclesiae Cardinalis & Ludovici XIII. Galliarum Regis Minister primarius ac Consiliarius intimus.“ Ebd., S. 93 f. Vgl. Jaumann, Handbuch, S. 206; Crenius (Thomas). In: Aa, Abraham Jakob, van der/Karel Harderwijk: Biographisch woordenboek der Nederlanden. Bd. 1– 12, Bd. 1: C–F. Amsterdam 1969, S. 842 f.
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3 Politische Leseanweisungen
mehrere politische Leseanweisungen.¹⁹² Die Edition versah er mit einem umfassenden Kommentar, in welchem er wiederum eigene Kommentare über die darin genannte Literatur unterbrachte. Darin enthalten waren die Literaturanweisungen von Johann Bose, Gabriel Naudé, Hermann Conring, Christoph Coler und anderen. Arnds Methode setzte einen hohen Kanonisierungsgrad voraus: Die politisch relevanten Schriftsteller waren um 1700 dutzendfach kommentiert, ediert und kritisiert worden. Arnd schreckt vor der Deutungshoheit seiner Vorgänger zurück und vermeidet meist die Hinzufügung eigener Werturteile. Stattdessen sieht er sich in der Pflicht, die exquisitesten Werturteile seiner Vorgänger und Zeitgenossen zu dokumentieren und einander gegenüberzustellen.
3.2.3.5 Deutungskanons im Wandel Die Analyse der Deutungskanons von Johann Bose, Johann Georg Kulpis, Daniel Hartnack und Carl Arnd ergibt ein überraschend heterogenes Bild. Zentral ist die Beobachtung, dass ein grob einheitlicher Materialkanon nicht zwangsläufig zu einem gleichbleibenden Deutungskanon führt. Obgleich alle Rezensenten ähnliche Disziplinen als wertvoll betonten, sich bezüglich der Koryphäen einzelner Fächer meist einig sind und teilweise sogar voneinander abschreiben, sind ihre Motivationen für die Benennung und Kommentierung politischer Literatur sehr unterschiedlich. Bose referierte umfassend über die prudentia civilis und die an sie angeschlossenen späthumanistischen Denkarten. Wertung erfolgte bei ihm in Konkordanz mit humanistischen Idealen wie Bildung, Redegewandtheit und Antikenbewusstsein. Der konkrete Informationswert für politisch tätige Personengruppen stand der Suche nach Literatur für die prudentia civilis noch nach. Johann Kulpis akzeptierte die prudentia civilis und die dazugehörigen übergreifenden Lehren als wichtigen Rahmenbau der Politik, maß ein Werk aber auch nach der konkreten Nutzbarkeit in Hinblick auf das Heilige Römische Reich und die Gegenwart. Bücher sollten dazu taugen, partikulare politische Fragen zu beantworten, mit denen ein politicus im Heiligen Römischen Reich konfrontiert werden konnte. Hartnack verfügte über ein viel formaler orientiertes Werteinstrumentarium. Er suchte nach Literaturbeständen, die zur frühen politischen Erziehung taugten und betonte die Wichtigkeit von Übersichtlichkeit und Einfachheit. Ein außerhalb des Materialkanons formulierter Anschluss an das Konzept der prudentia civilis findet sich kaum.
Vgl. Weber, Prudentia, S. 17.
3.2. Deutungskanons politischer Leseanweisungen (1677 – 1705)
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Carl Arnds wesentliches Kriterium für ein politisch nützliches Werk liegt in einer möglichst langanhaltenden Rezeption und der mehrfachen Bestätigung durch bis zu zwanzig anerkannte Autoritäten. Er dokumentiert die Verwissenschaftlichung der Politik und den weit vorangeschrittenen Kanonisierungsgrad der Politica-Literatur im 17. Jahrhundert. Nur selten greift er selbst wertend ein, wenn er die Konformität der Literatur mit protestantisch-christlichen Werten bemisst. Die hier entwickelte Chronologie erlaubt die Vermutung, dass Deutungskanons nicht nur von persönlichen Präferenzen abhängen, sondern auch maßgeblich vom Alter einer Rezeptionstradition abhängen. Als „Pionier“ der Bewertung politischer Literatur war Johann Bose gezwungen, seine Empfehlungen auf eine persönliche Sachkenntnis der von ihm besprochenen Literatur zu begründen, wohingegen Arnd dies auf Basis dutzender Gewährsmänner kaum noch nötig hat und ihrer Deutungshoheit wenig entgegensetzen kann.
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3 Politische Leseanweisungen
3.3 Bestandteile und Funktionen der idealen Bibliotheca Politica 3.3.1 Politische Lehren, Denkmuster und Konzepte 3.3.1.1 Politische Theorien und Systemata in Tradition und Kongruenz mit dem politischen Aristotelismus Für die Verfasser der politischen Leseanweisungen ist selbstverständlich, dass die aristotelischen Lehren und Texte die Grundlage jeder Auseinandersetzung mit Politik bilden. Dies zeigt sich schon an der Gliederung der Leseanweisungen: Die aristotelische Einzelschrift zur Politik und die daran angegliederten Editionen, Kommentare und Überblickswerke werden stets ganz am Anfang unter Begriffen wie Doctrinae Politicae, Doctores in Politicam, Scientia Politica, Scriptores Systematici oder Scriptores Dogmatici geführt.¹⁹³ Johann Kulpis bezeichnet die aristotelischen Lehren als fundamenta und als das Rüstzeug eines jeden Edelmannes, das dazu beitrage, die „zwielichtigen“ politischen Lehren (eines René Descartes, Pierre Gassendi oder eines Thomas Hobbes) zu identifizieren und zu vermeiden.¹⁹⁴ Damit erscheint die aristotelische Politik nicht als die einzig legitime politische Lehre, aber es wird erwartet, dass externe Theorien nur dann herangezogen werden, wenn sie mit den Maßgaben des Aristotelismus übereinstimmen. Carl Arnds Erklärung ist entsprechend tau-
Vgl. Johann Andreas Bose: Bibliotheca politica contracta, hoc est recensus et judicia de scriptoribus politicis et ad politicam pertinentibus imprimis autem historicis, in: Samuel Schottel (Hrsg.), Bibliographia Historico-Politico-Philologica Curiosa. Frankfurt M. 1677, § 10–22; Johann Georg von Kulpis: De Studio Juris Publici recte instituendo, & de Scriptoribus eo pertinentibus Dissertatio. Eiusdem de studiis Academicis Iuvenis Nobilis recte instituendis Epistola. [s.l.] 1688, S. 146–153. Hartnack lässt die Werke Uber die Libros Politicos Aristotelis, zum [politischen] Disputieren sowie die Compendia Politica im Fließtext aus, listet sie aber zu Beginn seiner Literaturliste für das Studium politicum. Vgl. Daniel Hartnack: Anweisender Bibliothecarius der studirenden Jugend durch die vornehmsten Wissenschaften. Sammt der bequemsten Methode, Wie dieselbe zu erlernen von einem zukünfftigen Theologo, Jurisconsulto, und Medico. Stockholm 1690 (Ms,VIII,84), S. 50–52; Carl Arnd: Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta. Rostock 1705, S. 69– 104. Lit.: Wolfgang Weber: Prudentia gubernatoria. Studien zur Herrschaftslehre in der deutschen politischen Wissenschaft des 17. Jahrhunderts. Berlin 1992, S. 26. Vgl. Kulpis, Studio, S. 147 f.: „Id certum est, quoad fundamenta, de quibus heic nobis sermo est, Aristotelis autoritatem adhuc consistere: Utut enim, quantum ad caeteras philosophiae, praesertim speculativae, partes attinet, luminibus ejus, a recentioribus scriptoribus, Renato Cartesio, Petro Gassendo, Thoma Hobbesio alijsque, plurimis, valde officiatur; […] & sane, si illis adhuc viveremus temporibus, ubi dedecori sibi non ducebant Nobiles, juxta Latinam, graecam quoque emetiri literaturam, eamque sibi familiarem reddere, non dubitarem, suasor esse Nostro, ut ad ipsius operis politici aristotelici lectionem sese accingat […].“
3.3 Bestandteile und Funktionen der idealen Bibliotheca Politica
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tologisch: Die dogmatici umfassten die richtigen Lehren, die in richtiger Ordnung zusammengefügt seien: Dogmaticorum seu Methodicorum h. e. eorum qui scientiam Politicam justô ordine & justa Methodo digesserunt, idque vel breviori & compendiosa, ut Compendiarii, vel exactiori & aliquanto diffusiori, ut Systematici, tâm antiquiores quam recentiores & recentissimi.¹⁹⁵
Kulpis und Arnd trennen scharf zwischen der „rechten Ordnung und rechten Methode“ und den anderen potenziell „falschen“ politischen Lehren. Obwohl politische Kenntnisse zum größten Teil aus der aristotelischen Lehre geschöpft werden sollen, erklärt keiner der Rezensenten konkret, unter welchen Maximen sie stehen.¹⁹⁶ Sogar Hartnack, der sich primär an ein jugendliches Publikum richtet, macht diesbezüglich keine Angaben. Aus der Definition Arnds ist lediglich zu ersehen, dass es sich bei den dogmatici um Kompendien oder ausführlichere Systematiken handelt, denen eine gewisse Vollständigkeit und Ordnung obliegt. Die Aristotelische Politik erscheint als so obligatorisch, dass eine sachliche Einordnung als Entscheidungshilfe für oder gegen das Werk entfällt. Der Großteil aller Angaben bezieht sich vielmehr auf die Expertise des Urhebers. Dieser, so erklärt Bose, verfüge durch seinen Umgang mit Alexander dem Großen und der damit einhergehenden Anbindung an die praktische Politik über ein hohes Maß an politischer Erfahrung. Ein allgemeinerer Teil seiner Staatslehre finde sich bereits in der Nikomachischen Ethik, seine Politik sei dann sehr prägnant und auf den Punkt gebracht.¹⁹⁷ Trotz des antiken Entstehungskontextes gilt die Politik den Rezensenten als auf die Gegenwart anwendbar und universal gültig. Dies beweisen dutzende Vermerke, nach denen Aristoteles schon viele der jüngeren und oft als Novitäten erachteten politischen Lehren angedeutet oder auch ausführlich besprochen habe. So verweist Johann Bose beispielsweise darauf, dass Aristoteles in den Büchern IV, V und VI der Politik bereits auf viele der später Machiavelli zugeordneten Geheimnisse und Gedankengänge ausdrücklich hinweise.¹⁹⁸ Carl Arnd zitiert Boses Aussage und ergänzt noch eine Reihe weiterer Werturteile, nach
Arnd, Bibliotheca, S. 36. Vgl. Adam Rechenberg: De Studiis Academicis, Liber Singularis. Leipzig 1692, S. 60 f. Zitiert nach: Arnd, Bibliotheca, S. 75: „Politica plerumque ex Aristotelis Opere Politico hauriri solet.“ Vgl. Bose, Bibliotheca, § 15; Kulpis, Studio, S. 149. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 15: „Quia & arcana & sophismata, propter quae Machiavellus imprimis suspici solet, pleraque indicavit. 4.5. & 6. Polit. Libris.“ Ungenau zitiert bei: Arnd, Bibliotheca, S. 58 f. (der die Bibliotheca Politica Contracta fälschlicherweise Johann Boeckler zuordnet).
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3 Politische Leseanweisungen
denen Machiavelli viele der aristotelischen Lehren über die Tyrannei plagiiere.¹⁹⁹ Bei der Besprechung der Völkerrechtslehre von Hugo Grotius vermerkt Arnd außerdem, dass Aristoteles eine von Grotius’ wichtigsten Textquellen gewesen sei. Bisweilen weiche dieser jedoch bewusst von den aristotelischen Prinzipien ab, um – entsprechend der „Gepflogenheiten der alten Christen“ – nicht ausschließlich einer einzigen philosophischen Denkschule hörig zu werden.²⁰⁰ Bei jedem als kontrovers empfundenen politischen Text wägen die Rezensenten ab, ob und inwieweit er mit den aristotelischen Grundsätzen vereinbar ist. Demnach erfolgt die Definition dessen, was aristotelisch konform ist, in den Leseanweisungen primär ex negativo. Während Machiavelli zum Ende des 17. Jahrhunderts zur Chiffre für falsche und amoralische Politik avanciert, fungiert die aristotelische Politiklehre als Chiffre für richtige Politik. In diesem Sinne werden die Vertreter einer Gemeinschaftslehre, die sich abseits aristotelischer Prinzipien bewegen, nur teilweise oder sogar überhaupt nicht als politisch anerkannt. Das hierbei wichtigste Kriterium ist die Wahrung des Allgemeinwohls: Das Ziel von Politik sollte in der Herstellung von Ordnung und eines kollektiv guten Lebens innerhalb der Gesamtgemeinschaft bestehen und jeder Text, der dieses vernachlässigte oder sich mehr auf das handelnde Individuum fokussierte, geriet in den Verdacht, nicht mehr richtig politisch zu sein.²⁰¹ Zudem sollte eine politische Lehre vollständig und universal anwendbar sein: Wer Inhalte aus anderen Disziplinen nicht nur als Exempel heranzog, sondern in seine Argumentation integrierte oder bei seinen Überlegungen nicht alle aristotelischen Staatsformen berücksichtigte, geriet schnell in die Kritik. Um das eigentliche Textkorpus der aristotelischen Politik für Zeitgenossen in seiner bestmöglichen Form zugänglich zu machen, verweisen die Rezensenten auf gelungene Editionen und Kommentare namhafter Experten der Politik. In diesem Bereich lässt sich ein einheitliches Korpus feststellen, das primär in der ersten
Vgl. Georg Pasch: De Novis Inventis, Quorum Accuratiori Cultui Facem Praetulit Antiquitas, Tractatus. Leipzig 1700, S. 189, paraphrasiert bei: Arnd, Bibliotheca, S. 59: „Georg. Paschius […] pro certe affirmans, transcripsisse Machiavellum multa ex libro V. Politicorum Aristotelis, ubi quomodo couservari [!] possit Tyrannis & iniquus dominatus, docetur.“ Vgl. ebd., S. 383 f. Zu von der modernen Forschung entwickelten Identifikationskriterien für politischen Aristotelismus vgl.: Christoph Horn: Einleitung: Aristoteles und der politische Aristotelismus, in: Christoph Horn u. Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.), Politischer Aristotelismus. Stuttgart 2008, S. 1–19, S. 2, 4. In Bezug auf die Leseanweisungen besonders relevant: „(1) Staatslegitimation auf der Basis einer Theorie des guten Lebens (Eudämonismus)“; „(6) Diskussion verschiedener Verfassungsformen; dabei Gemeinwohlorientierung im Gegensatz zur Orientierung am Herrscherwohl als normatives Auswahlkriterium für akzeptable Verfassungen“; „(12) Entwicklung von Konzeptionen der öffentlichen Tugenderziehung“.
3.3 Bestandteile und Funktionen der idealen Bibliotheca Politica
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Hälfte des 17. Jahrhunderts entstand und nach 1650 nur sporadisch durch neue Publikationen ergänzt wurde. Zeugnisse der antiken und mittelalterlichen Aristoteles-Rezeption spielen für die Rezensenten keine Rolle, lediglich Kulpis versucht sie kurz abzubilden und bewertet den Politik-Kommentar des Thomas von Aquin als zwar inhaltlich gut, aber aufgrund der scholastischen Herangehensweise als stilistisch nicht gelungen.²⁰² Ansonsten werden in den Editionen ausschließlich humanistische Editionspraktiken verfolgt. In Bezug auf Editionen und Kommentare des 15. und 16. Jahrhunderts wird zunächst auf den italienischen Sprachraum verwiesen, obgleich die Rezeption der aristotelischen Politik in Westeuropa nicht singulär in Italien, sondern genauso im Reich, in Frankreich und Spanien zu konstatieren ist.²⁰³ Alle Rezensenten berücksichtigen den im 16. Jahrhundert erschienenen Versuch einer Vervollständigung der aristotelischen Politik durch Ciriaco Strozzi (ein Vorhaben, das von Bose und Kulpis als eher anmaßend abgeurteilt wird²⁰⁴), Bose und Hartnack verweisen zusätzlich auf den 1587 erstmals erschienenen Aristoteleskommentar von Antonio Montecatini.²⁰⁵ Große Einigkeit herrscht auch über die im deutschen Sprachraum erschienenen Editionen und Kommentare: Als Standard gelten vor allem die von Joachim Camerarius²⁰⁶, Hubert van Giffen²⁰⁷, Michael Piccart²⁰⁸, Daniel Heinsi-
Vgl. Kulpis, Studio, S. 150 f. Für einen Überblick vgl. Christoph Horn u. Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.): Politischer Aristotelismus. Die Rezeption der aristotelischen ’Politik’ von der Antike bis zum 19. Jahrhundert. Stuttgart 2008. Ciriaco Strozzi: Kyriaku Stroza Biblia B’Ton Politikon Epi Tois Thup Aristotelus Gegrammenois. Kyriaci Strozae Libri Duo De Republica, Illis octo additi quos scriptos reliquit Aristoteles. Florenz 1562.Vgl. Bose, Bibliotheca, § 16: „Deperditos operis Aristotelis libros supplere conatus est Cyriacus Stroza, sed non admodum feliciter, proinde legendus quidem, sed non ea spe ac sic Aristotelem aequaturus sit.“ Kulpis, Studio, S. 149: „[…] nisi quod Viri docti judicaverint, Strozzam saepe in illis locis, ubi minime necessarium fuerat, suppelemnta concinnasse, in necessariis contra omisisse, disciplinaeque: Aristotelicae defectum non vidisse. Id tamen omnino fatendum est, quoniam indolem scribendi in Politicis libris talem retinuit Aristoteles […]. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 50; Arnd, Bibliotheca, S. 73. Antonius Montecatinus: In Politica hoc est in civiles libros Aristotelis Progymnasmata. Ferrara 1587. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 16; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 50. Joachim Camerarius: Politicorum Et Oeconomicorum Aristotelis Interpretationes Et Explicationes accuratae. Frankfurt O. 1581. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 16; Kulpis, Studio, S. 151. Hubert van Giffen: Commentarii In Politicorum Opus Aristotelis. Frankfurt M. 1608.Vgl. Bose, Bibliotheca, § 16; Kulpis, Studio, S. 151; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 51; Arnd, Bibliotheca, S. 75. Michael Piccart: In Politicos Libros Aristotelis Commentarius. Leipzig 1615. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 126; Kulpis, Studio, S. 151; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 51; Arnd, Bibliotheca, S. 75.
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us²⁰⁹, die der Textedition von van Giffen beigefügte Einleitung von Hermann Conring²¹⁰, der Kommentar von Balthasar Cellarius²¹¹, Johann von Felden²¹² und Gerhard Meyer.²¹³ Die Bearbeitungen von van Giffen und Piccart werden von allen Rezensenten genannt. Da auf spezifische formale und inhaltliche Eigenheiten der Werke nicht hingewiesen wird, stützt die Aufreihung gelehrter Autoritäten, die sich mit der Politik befassten, vor allem den Geltungsanspruch des Urtextes. Obgleich sich die Herausgeber und Kommentatoren der Politik mit den bewährten humanistischen Kategorien und Arbeitspraktiken annähern, findet die Auseinandersetzung nicht mehr aus einem humanistischen Selbstzweck heraus statt. Im Fokus steht vielmehr die bestmögliche Nutzbarmachung der aristotelischen Politik für die darauf aufbauende Konzeption einer eigenen akademischen Disziplin, die von den Rechtswissenschaften energisch abgegrenzt wird.²¹⁴ Im Panorama der Leseanweisungen liegt der zeitliche Schwerpunkt der akademischen Aristotelesrezeption zwischen 1580 und 1650, seit den 1660er Jahren scheinen die Kommentare und Editionen zwar gelegentlich neu veröffentlicht, danach aber kaum noch neu verfasst zu werden. Hinzuweisen ist auf den Umstand, dass der Kommentar, den Philipp Melanchthon 1530 über die aristotelische Politik verfasste, in keiner der untersuchten Leseanweisungen erwähnt oder empfohlen wird.²¹⁵ In Anbetracht dessen, dass Melanchthon in der modernen Forschung als ein wichtiger Wegbereiter des politischen Aristotelismus betrachtet wird, ist dies ein durchaus bemerkenswerter Befund.²¹⁶ Zudem wird er-
Daniel Heinsius: Aristotelus Politikōn Bib. 8. Leiden 1621.Vgl. Kulpis, Studio, S. 151; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 50; Arnd, Bibliotheca, S. 75. Hermann Conring: Aristotelis Politicorum Libri Octo. Oberto Gifanio Icto interprete. Cum proœmio H. Conringii & in politica Aristotelis introductione. Helmstedt 1637. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 126; Kulpis, Studio, S. 152; Arnd, Bibliotheca, S. 74. Balthasar Cellarius: Politica succincta ex Aristotele potissimum eruta. Jena 1641. Vgl. Kulpis, Studio, S. 152; Arnd, Bibliotheca, S. 92. Johann von Felden: Analysis Librorum Politicorum Aristotelis. Frankfurt M. 1654. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 51. Gebhard Theodor Meier/Johann Lorenz Brockmann: Theses Politicae Ex Aristotelis Lib. I. Politic. Cap. I. & II. Depromptae. Helmstedt 1659.Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 51; Arnd, Bibliotheca, S. 75. Zum „Späthumanismus“ nach 1600, vgl.: Ulrich Muhlack: Der Tacitismus – ein späthumanistisches Phänomen?, in: Notker Hammerstein u. Gerrit Walther (Hrsg.), Späthumanismus. Göttingen 2000, S. 160–182, S. 177–179. Philipp Melanchthon: Commentarii in aliquot politicos libros Aristotelis. Wittenberg 1530. Vgl. u.a. Horst Denzer: Moralphilosophie und Naturrecht bei Samuel Pufendorf. Eine geistesund wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung zur Geburt des Naturrechts aus der praktischen Philosophie. Goldbach 1996, S. 297: „Mit seinen Schriften zur Ethik und Politik und den Aristoteleskommentaren hat [Melanchthon] eine Fülle von Kommentierungen der aristotelischen
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kenntlich, dass neuere Aristoteleskommentare sich erst einige Jahrzehnte etablieren mussten, bevor sie zur Lektüre empfohlen wurden: Obgleich die Arbeiten von Cellarius, Felden und Meyer zu Lebzeiten von Johann Bose alle schon erschienen waren, erwähnt er sie – im Gegensatz zu einem oder mehreren der späteren Rezensenten – nicht. Erst zum Ende des 17. Jahrhunderts wurden Zweifel laut, ob die aristotelische Politik sich tatsächlich lückenlos auf die Gegenwart übertragen lässt und ob Aristoteles in Bezug auf die modernen Verhältnisse vielleicht sogar unvollständig oder sogar nur ein Anhängsel von Platos Politeia ist. Dies demonstrieren die Zitate von Adam Rechenberg (1692), Georg Pasch (1700), Burkhard Struve (1704) und Thomas Crenius (1704), die Arnd in seine Bibliotheca einbringt.²¹⁷ Von Rechenberg zitiert Arnd: Enim vero quia Aristoteles prae oculis cumprimis habuit Respubl. Graecas, quae maximam partem fuerunt Democraticae; non video, quomodo inde tanta utilitas hodie in nostris Rebusp. sperari queat, quanta vulgò praedicari solet; cum statusRerumpubl. quae nunc in Europa vigent, maximam partem sit Monarchicus. Ne dicam Opus Aristotelis esse imperfectum & velut supplementum Platonis de republ. & Legibus Librorum.²¹⁸
Platos Politeia (lat. De Re publica) und Nomoi (lat. De Legibus) unterliegen einem bei allen Rezensenten völlig einheitlich ausfallenden Werturteil, das mitunter dieselben Wortphrasen beinhaltet:²¹⁹ Die Politeia gilt allgemein als ein eher philosophisches Konstrukt und als Beschreibung einer Utopie.²²⁰ Aufgrund ihres fehlenden Anwendungsbezuges und der mangelnden Berücksichtigung der verschiedenen Staatsformen könnten Platos Schriften nur wenig zur Ausbildung der eigenen Staatsklugheit beitragen. Zumindest ließen sich durch einen bezüglich der Politik kundigen Leser jedoch einige wichtige Lehren über die Gesetze und das Gemeinwesen ableiten.²²¹
praktischen Philosophie und von Aristoteles beeinflußten Ethiken und Politiken ausgelöst, deren Strom bis zum 17. Jahrhundert unvermindert anhält.“ Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 76 f. Rechenberg, Studiis, S. 60 f.; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 75 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 14; Kulpis, Studio, S. 155 f.; Arnd, Bibliotheca, S. 70–73. Außerdem: Hermann Conring: De Civili Prudentia Liber Unus. Helmstedt 1662, S. 348 f. Zitiert bei Arnd, Bibliotheca, S. 73. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 14: „Ac illius [i.e. Plato] quidem libri XII. de LL X. de Rep. suaves plenique reconditae eruditionis sapientiaeque sunt, sed politicas res genere disputandi non admodum politico, adeoque practica magis speculative, quàm usus vitae requirit aut patitur, tractant.“ Zit. bei: Arnd, Bibliotheca, S. 72. Vgl. Burkhard Gotthelf Struve: Bibliotheca Philosophica In Suas Classes Distributa. Jena 1704, S. 135 f. Zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 73: „Plato dialogis suis de legibus & libris de Republica
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Diese Ablehnung von Platos Politeia ist in Bezug auf den Zeitkontext nicht repräsentativ: Als Legitimationsgrundlage für die Ständelehre bzw. die These von der Unvermischbarkeit der Stände hatte die Politeia von Plato im 17. Jahrhundert einen ungebrochen hohen Stellenwert.²²² In der Reihe politischer Schriftsteller der Antike erhält Aristoteles eine Pionier- und Erlöserfunktion. Während viele seiner Vorgänger und Nachfolger im Zuge ihrer Beschäftigung mit Philosophie und Ethik zwar politische Fragen tangiert hätten, habe er die Politik als unabhängiges Beschäftigungsfeld erkannt.²²³ Der Fürstenspiegel des oströmischen Klerikers Agapetus wird eher der Ethik als der Politik zugeordnet, auch der griechische Rhetor Isokrates vermittle in seinen Reden an Demonicus und Nicodes keine vollständige politische Lehre.²²⁴ In Hinblick auf die römische Antike bedauern Bose und Arnd gleichermaßen, dass sich Ciceros Schrift De republica (erst im 19. Jahrhundert als Palimpsest wiederentdeckt) nicht bis in die Gegenwart überliefert habe. So wäre Cicero als Experte der Politik sicherlich gut dafür geeignet gewesen, entsprechende Lehren und Konzeptionen zu entwickeln. Seine Abhandlung De Legibus sei nicht im eigentlichen Sinne politisch.²²⁵ Die Duae Epistolae de Republica ordinanda, die dem römischen Historiker Sallust zugeschrieben werden, berücksichtigt lediglich Carl Arnd in seinem Kapitel zu den Scriptores dogmatici, anstatt sie – wie die anderen Rezensenten – erst bei den namhaften antiken Geschichtsschreibern zu besprechen.²²⁶ Weder Platos noch Ciceros Abhandlung über die Gesetze werden von Bose als politisch anerkannt. An diesen Argumentationslinien manifestiert sich das Bemühen, die Politik als eigenes Fach zu etablieren und ihre antiken Ursprünge herauszuarbeiten. Das von Aristoteles entwickelte Vokabular zum Gemeinwesen und den Staatsformen prägt die politische Wissenschaft weit über die inhaltliche Beschäftigung mit dem aristotelischen Korpus hinaus. Die Terminologie umfasst sowohl die Gliederungseinheiten der Gesellschaft (Familie, Staat und Staatsformen) als auch die in den jeweiligen Verfassungen begründeten Instrumente zur Remp. praeclare instituit, licet non omnem prudentiam Civilem exhauriat & multa quoque ab usu civili aliena proponat.“ Ähnlich: § 14: „Nemini vero legendus est Plato, qui non instruoctus imbutusque variis prudentiae mysteriis est, ut censorem non minus quam Lectorem agere queat.“ Zit. bei: ebd., S. 72 f. Vgl. Rudolf Walther: Stand, Klasse, in: Otto Brunner u. Werner Conze (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe: historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Bd. 1–8. Bd. 6: St–Vert. Stuttgart 2004, S. 155–284, S. 160 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 11, 14; Kulpis, Studio, S. 155 f.; Arnd, Bibliotheca, S. 69 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 10; Arnd, Bibliotheca, S. 69 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 17; Arnd, Bibliotheca, S. 80, 83 f. Vgl. ebd., S. 77–80.
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Herstellung einer friedvollen und geordneten Gemeinschaft. Mithilfe dieses Vokabulars konnten sich politische Theoretiker der Neuzeit auch mit sehr partikularen Themen noch in einen aristotelischen Gesamtkontext einordnen, unabhängig davon, ob der behandelte Aspekt überhaupt im eigentlichen Urtext berücksichtigt war.²²⁷ Unmittelbar an das aristotelische Hauptwerk werden solche Schriften angegliedert, die nach 1550 erschienen und deren Verfasser in starker Orientierung an den aristotelischen Maßgaben neue politische Theorien entwarfen bzw. die altbekannten durch Binnendifferenzierungen zu verfestigen suchten. Der Staatsrechtler Johann Kulpis lässt diese Kategorie weitgehend aus, obwohl ihm die betreffenden Autoren auf Basis der von ihm rezipierten Leseanweisung von Johann Bose bekannt gewesen sein müssten. Die anderen Rezensenten verweisen auf die Schriften von Henning Arnisäus²²⁸, Bartholomäus Keckermann²²⁹, Wolfgang Heider²³⁰, Marcus Zuerius Boxhorn²³¹ und Johann Boeckler.²³² Inhaltsbezogene Kommentare fallen wiederum kurz und bruchstückhaft aus: Die Aristoteliker Keckermann und Heider werden beiläufig für gut befunden, Arnisäus’ Relectiones Politicae seien unvollständig – dass er seine politische Philosophie auf das Heilige Römische Reich beziehe, sei lobenswert, in der Folge enthalte sein Werk jedoch zahlreiche historische und politisch irrelevante Ausschweifungen.²³³ Marcus Zuerius Boxhorns geschichtswissenschaftliche und staatsmännische Expertise wird in Bezug auf seine politischen Lehren positiv betrachtet, nur Arnd konstatiert eine etwas zu wohlgesinnte Einstellung gegenüber den Monarcho-
Vgl. Wolfgang Weber: Lateinische Geheimnisse: außenpolitisches Handeln und Außenpolitik in der Politikwissenschaft des 17. Jahrhunderts, in: Heinz Duchhardt (Hrsg.), Frieden übersetzen in der Vormoderne. Göttingen 2012, S. 67–88, S. 74; Jörn Leonard: Politik. Ein symptomatischer Aufriss der historischen Semantik im europäischen Vergleich, in: Willibald Steinmetz (Hrsg.), Politik. Frankfurt M.; New York 2007, S. 75. Henning Arnisäus: Doctrina Politica In Genuinam Methodum, Quae Est Aristotelis, Reducta. Frankfurt O. 1606; Derselbe: De Republica. Seu Relectionis Politicae Libri II. Frankfurt M. 1615.Vgl. Bose, Bibliotheca, § 12, 20; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 54; Arnd, Bibliotheca, 93 f. Bartholomäus Keckermann: Systema disciplinae politicae. Hannover 1607; Bose, Bibliotheca, § 12, Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 41, 53; Arnd, Bibliotheca, S. 94. Wolfgang Heider: Philosophiae politicae Systema. Jena 1628. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 20; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 53; Arnd, Bibliotheca, S. 95. Marcus Zuerius Boxhorn: Institutionum Politicarum Libri Duo. Hildesheim 1656. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 12; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 52; Arnd, Bibliotheca, S. 90. Johann Heinrich Boeckler: Institutiones politicae. Accesserunt dissertationes politicae ad selecta veterum historicorum loca et libellus memorialis ethicus. Straßburg 1674. Vgl. Kulpis, Studio, S. 152; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 52; Arnd, Bibliotheca, S. 91. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 12; Conring, Prudentia, S. 361 f., zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 94: „Nec cavere sibi potuit à Bodini illis vitiis, intempestivarum ad aliena digressionum, cum historicarum tum aliarum nihil ad rem Politicam facientis argumenti.“
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machen.²³⁴ Johann Boeckler beweise in den Institutiones Politicae seine herausragende Bildung, die Schrift sei aber nicht richtig ausgearbeitet und decke nicht alle Teile der Politik hinreichend ab.²³⁵ Obwohl das Werk bereits 1674 (also drei Jahre vor der Bibliotheca Politica Contracta) erschien, findet es bei Bose keine Beachtung. Kulpis, Hartnack und Arnd, deren Werke wenigstens zehn Jahre später erschienen, tun dies hingegen.²³⁶ Entweder war die Schrift noch nicht erschienen, bevor Bose die Bibliotheca verfasste (in diesem Fall wäre 1674 ein terminus ante quem für den Text), oder das Werk musste erst einen längeren Rezeptionszeitraum aufweisen, ehe Bose gewillt war, es in die Gruppe der Systemata zu integrieren. An die Stelle einer inhaltlichen Auseinandersetzung rückt oft eine an externen Faktoren festgemachte Werklegitimierung. Die Rezensenten verweisen auf Verfasserqualitäten, auf eine gelungene Ausgabe oder die positive Rezeption des Werkes durch dritte Personen. Die bruchstückhaften inhaltlichen Vermerke über die Werke informieren hingegen eher über die erwünschten Eigenschaften einer aristotelisch konformen Politik als über die Texte selbst. Kontroverse und neuartige Texte werden deutlich intensiver besprochen als die klassische aristotelische „Höhenkammliteratur.“ Dies zeigt sich besonders an der von Zeitgenossen als sehr unkonventionell wahrgenommenen Schrift Politicorum Sive Civilis Doctrinæ Libri Sex von Justus Lipsius. Dieser baute bei der Konzeption seiner politischen Theorie um die Prudentia mixta schwerpunktmäßig auf die Schriften von Tacitus und konzipierte ein zeitgenössisches Extrem praktischer Philosophie. Er gestattete dem politisch handelnden Individuum in begründeten Fällen eine Abkehr von geltenden ethischen Grundsätzen und versuchte dessen Perspektive einzunehmen.²³⁷ Das Werk hatte einen nachhaltigen und unter den Rezensenten anerkannten Einfluss auf die Pragmatisierung der Politik und die Debatte um die Prudentia Civilis.
Vgl. ebd., S. 90 f. (zitiert bezüglich der Monarchomachen die Einschätzungen von Johann Feustking, und Burkhard Struve). Vgl. Kulpis, Studio, S. 152; Arnd, Bibliotheca, S. 91 f. Boeckler, Institutiones. Vgl. Kulpis, Studio, S. 152; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 52; Arnd, Bibliotheca, S. 91. Ähnlich in Bezug auf: Johann Christoph Beckmann: Meditationes politicae, XXIV dissertationibus academicis expositae. Frankfurt O. 1674, lediglich bei Hartnack (S. 53, Völlige Systema) und bei Arnd (S. 100, Scriptores dogmatici). Vgl. Gerhard Oestreich: Justus Lipsius als Theoretiker des neuzeitlichen Machtstaates, in: Gerhard Oestreich (Hrsg.), Geist und Gestalt des frühmodernen Staates: ausgewählte Aufsätze. Berlin 1969, S. 35–79, S. 42, 52 f.; Wilhelm Kühlmann: Gelehrtenrepublik und Fürstenstaat. Entwicklung und Kritik des deutschen Späthumanismus in der Literatur des Barockzeitalters. Berlin 1982, S. 52.
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Die Rezensenten sind sich aufgrund der individualisierten Perspektive von Lipsius nicht völlig einig, ob das Werk als politisches System gilt oder nicht.²³⁸ Obgleich Lipsius seine Lehre eher mithilfe antiker Geschichtsschreiber formulierte als mit Aristoteles, betrachten Bose, Hartnack und Arnd das Werk als politisches System, weil es – wie Bose vermerkt – ein vollkommenes Werk sei, das alle Staatsformen berücksichtige und aus den klassischen Textquellen hergeleitet sei.²³⁹ Kulpis charakterisiert das Werk hingegen als Beitrag zur ars consiliandi. Insgesamt erscheint Lipsius zwar als Verfasser eines politischen Systems, nicht aber als Vertreter des politischen Aristotelismus.²⁴⁰ Carl Arnd sieht Lipsius im Gegensatz zu den abstrakten Konzeptionen Platos. Obwohl seit dem Erscheinen der Libri Politicorum im Jahre 1589 schon weit über hundert Jahre vergangen waren, bezeichnet Arnd die Methode des Justus Lipsius (auf den 1642 erschienenen Lipsius-Kommentar Johann Boecklers gestützt²⁴¹) als neuartig und bahnbrechend: Sie beziehe sich ausschließlich auf die politische Praxis: „Nihil hic exspectetur, nisi quod ad usum & actionem civilem vitae ipsius pertinet.“²⁴² Positiv sieht er auch die herausragende Verknüpfung von politischen Lehren und Geschichte. Diese schärfe die Urteilsfähigkeit des Lesers in Hinblick auf staatliche Belange. Um Fehlschlüsse zu vermeiden, sei es jedoch wichtig, die Lipsius-Lehren mit den Urteilen der Theologen abzugleichen, da er sakrale Texte durchweg missachte.²⁴³ Arnds Kritik widerspricht der damals geltenden Überzeugung vieler protestantischer Politiktheoretiker, der zufolge Politik und Herrschaft in ihrer Gesamtheit zwar durchaus religiös legitimiert waren, ihre Verwirklichung jedoch dem Menschen überlassen blieb. In diesem Sinne vollzogen
Vgl. Bose, Bibliotheca, § 12; Kulpis, Studio, S. 164; Arnd, Bibliotheca, S. 86–90. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 12: „Opus utinam tam completum, omnibus Rerump. formis accommodatum, quam est accuratum, & plane è genuinis fontibus deductum.“ Zum Verhältnis zwischen den Lipsius-Lehren und dem Aristotelismus vgl.: Günter Abel: Stoizismus und frühe Neuzeit. Zur Entstehungsgeschichte modernen Denkens im Felde von Ethik und Politik. Berlin 1978, S. 69, 246–250. Johann Heinrich Boeckler: De Politicis Iusti Lipsii; Acceßit Oratio, de historia C. Cornelii Taciti. Straßburg 1642.Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 88. Auch genannt bei: Kulpis, Studio, S. 164; Bose, Bibliotheca, § 106: „Ut taceam Politica Lipsii, quorum magnam partem ex hujusmodiLibb. decerpta est, de quo vid. c.4. Dissert. Boecleri.“ Arnd, Bibliotheca, S. 88. Vgl. ebd., S. 87: „Opusculi Naevus: (1.) Doctrina de Fato, (2.) Dogma de Religione una, (3.) De puniendis Haereticis} Sobrie haurienda & cum judicis caeterorum praesertim Theologorum.“ Ebd.: „Literarum sacrarum ubique & semper in rebus civilibus censura addenda [est].“ Außerdem: S. 88.
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sie nur noch selten theologische Argumentationen oder rekurrierten auf die Bibel.²⁴⁴ In den Anmerkungen zu den politischen Systemata beweist sich ein immanentes Bewusstsein der Rezensenten für die verschiedenen Herkunftskontexte einzelner Texte, sowohl in Hinblick auf ihren Autor als auch auf ihre disziplinäre Verortung. Hinzuweisen ist auf den Umstand, dass die Rezensenten nur solche Personen als Verfasser zeitgenössischer politischer Systemata benennen, die innerhalb des Reiches oder in den Niederlanden aktiv waren. Der in Bezug auf die Editionen und Kommentare der aristotelischen Politik noch starke Einfluss italienischer Autoren wird hier zurückgedrängt. Abgesehen von Lipsius (der sich zwei Jahre nach dem Erscheinen seines Hauptwerks zur römisch-katholischen Kirche bekannte) werden ausschließlich Angehörige der lutherischen Gelehrsamkeit benannt und empfohlen. Johann Bose und Carl Arnd erwähnen die Politicorum libri decem von Adam Contzen, demaskieren diesen jedoch sofort als Jesuiten, der überaus vorsichtig zu lesen sei, da er ein papistisches Programm vertrete und ohnehin hauptsächlich juristisch argumentiere.²⁴⁵ Hermann Conring, den Arnd in Bezug auf Henning Arnisäus zitiert, erkennt in dessen „unangemessenen Ausschweifungen“ die Laster eines Jean Bodin.²⁴⁶ Der Verweis zeugt von einem als anders empfundenen Stil, der aus der Gedanken- und Lebenswelt des Franzosen Jean Bodin in den Aristotelismus hineintransportiert und als störend empfunden wird. Bodin stützte seine Überlegungen über die Souveränität der Staaten mit zahlreichen Beschreibungen historischer und gegenwärtiger (öffentlich) rechtlicher Verhältnisse, beschäftigte sich dabei unter anderem auch mit der deutschen Verfassung.²⁴⁷ Arnisäus griff diese Ideen auf und
Vgl. Justus Lipsius/Jan (Hg.) Waszink: Politica. Six books of politics or political instruction. Assen 2004, S. 4; Horst Dreitzel: Die Monarchomachen, in: Michael Albrecht u. Helmut Holzhey (Hrsg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Basel 2001, S. 613–638, S. 717. Adam Contzen: Politicorum libri decem. Mainz 1620. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 19: „Hic Conzenius, quia multa Jesuitica & Pontificia inspergit, cautè legendus est; plurima tamen juridicè magis, quam Politicè tractat.“ Ähnlich: Arnd, Bibliotheca, S. 93. Conring, Prudentia, S. 361, zitiert nach Arnd, Bibliotheca, S. 94 (von ihm leicht verkürzt): „In paucis illis libris, qui Politicam Philosophiam discreverunt ab imperii Germanici, quod tantum singularis quaedam Respublica est, notitia, familiam ducit Relectionum Politicarum opus Henningii Arnisaei […]. Nec cavere sibi potuit à Bodini illis vitiis, intempestivarum ad aliena digressionum, cum historicarum tum aliarum nihil ad rem Politicam facientis argumenti.“ Auch: Bose, Bibliotheca, § 13: „Ex his duo priores [i.e. Arniäus u. verm. Keckermann] magis ad Civitatis rerumque Civilium historiam & cognitionem pertinent […].“ Vgl. Manfred Friedrich: Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft. Berlin 1997, S. 32.
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koppelte sie mit dem politischen Aristotelismus.²⁴⁸ Die von Bodin und Arnisäus betriebene Vermengung von politischen, historischen und rechtswissenschaftlichen Materien stieß trotz der nicht ausgeschlossenen inhaltlichen Qualitäten bei Conring (wiederum von Arnd zitiert) auf Kritik. Das Ideal einer politischen Lehre bestand offenbar darin, dass sie universal anwendbar war und auch losgelöst von den konkreten juristisch-historischen Bezügen betrachtet werden konnte. Besonders strikt war die disziplinäre Trennung von Politik und Recht: Letzteres wurde immer erst im hinteren Teil der Leseanweisungen weitab von den politischen Hauptlehren besprochen.
3.3.1.2 Der Negativkanon der „Pseudo-Politiken“ In zwei der vier untersuchten Leseanweisungen werden von der Gruppe der Scriptores Dogmatici die so genannten pseudo-politici abgegrenzt. Als solche gelten die Machiavellisten und Monarchomachen. Vor ihnen warnt Johann Kulpis bereits vor der Benennung der politischen Systemata: Respondebo, maxime & ante omnia cavendum heic esse, ne ex Pseudo politicorum, quorum sectas postea nominabo, traditis, qualia per libellos etiam systematicos in publicum disseminarunt, falsa imbibamus principia, quoniam qui in his seducuntur, plerumque non sibi, sed patriae, publicaeque salutis dispendio aut periculo, labuntur.²⁴⁹
Die pseudo-politici erscheinen als Verführung, vor der es sich mit allen Mitteln zu schützen gilt. Die Krux der Werke bestehe darin, dass sie auf Kosten von Vaterland und Öffentlichkeit den Vorteil des handelnden Individuums bedienen. Den pseudo-politici wird eine Funktionalität attestiert, die sich auf den individuellen Erfolg begrenzt und eigennütziges Verhalten propagiert. Werke, die das im Aristotelismus allem voranstehende Wohl der Gemeinschaft in dieser Form missachten, fallen aus der genuinen Definition von Politik.²⁵⁰ Der Begriff pseudo-politicus unterstellt eine klar böswillige Intention („sunt ii falsi politici“²⁵¹) und eine Instrumentalisierung der Politik für den privaten Vorteil („commodum privatum“²⁵²). Vgl. ebd., S. 37. Kulpis, Studio, S. 147, ähnlich: Arnd, Bibliotheca, S. 38–68. Vgl. ebd., S. 41: „Doctrinam Machiavellicam Rebuspublicis valdè esse periculosam & damnosam, quippe cujus primum principium: Imperantibus pro supremo fine propositum esse debere commodum privatum h. e. Imperantium tametsi illud cum bono publico subdirorum minimè sit conjunctum.“ Kulpis, Studio, S. 173. Arnd, Bibliotheca, S. 41.
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Johann Bose und Daniel Hartnack verwenden den Terminus pseudo-politicus nicht.²⁵³ Sie kennen und benennen jedoch einige der später so titulierten Autoren. Daniel Hartnack erwähnt Machiavellis Fürsten nur ein einziges Mal beiläufig in der Liste „Von der Persohn und Tugenden eines Monarchen oder Fürsten“ und bettet sie zwischen zahlreiche an Frömmigkeit und Ethik appellierende Werke, was eher dafür spricht, dass er die Rezeption des Werkes durch seine Leser zunächst noch vermeiden möchte.²⁵⁴ Dies deckt sich mit vielen seiner Äußerungen zu anderen Werken, die er ausdrücklich einem fortgeschrittenen Publikum vorbehalten wissen will.²⁵⁵ Für Bose, Arnd und Kulpis scheint das Übergehen der als problematisch erachteten Texte keine Option. Sie diskutieren sie ausführlich und geben ihren Rezipienten sämtliche Schlüssel an die Hand, die sie benötigen, um die Werke aufzufinden und zu lesen. Über ihre Kommentare und Warnungen initiieren die Rezensenten jedoch eine angeleitete kritische Auseinandersetzung mit den Texten, die idealerweise im Unterricht und im Studium gestützt wird. Der politicus soll pseudo-politische Praktiken erkennen, abwehren und ihre Anwendung tunlichst vermeiden.²⁵⁶ Damit fungieren die Texte als wichtiges Negativ-Beispiel für die politische Ausbildung. Wo die Ideale des politischen Aristotelismus zunächst Die Charakterisierung Machiavellis als Pseudo-Politicus ist schon das gesamte 17. Jahrhundert üblich, nachweisbar ist sie bereits 1604 bei Jakob Bornitz, vgl.: Michael Stolleis: Staat und Staatsräson in der frühen Neuzeit. Frankfurt M. 1990, S. 41. Titelgebend ist sie 1606 in einer Schrift von Ulrich Boticher (Ulrich Boticher: Oratio contra Nicolaum Machiavellum Florentinum Pseudopoliticum. Rostock 1606). Verallgemeinernd wurde der Begriff „Pseudo-politicus“ bei Daniel Harsdörffer (Georg Philipp Harsdörffer: Sophista, sive Logica Et Pseudo-Politica, sub schemate Comoediae repraesentata. Nürnberg 1647) und in einer Leipziger Dissertatio verwendet (Johann David Schwerdtner/Moses Schede: De Celebri sed flagitioso Pseudo-Politicorum Axiomate. Leipzig 1683). Schriften wie diese mögen Johann Kulpis 1688 zur Abfassung einer pseudo-politischen Literaturliste veranlasst haben, eine bibliografisch ausgerichtete Vorgängerschrift konnte nicht identifiziert werden. Carl Arnd kannte die Schrift von Kulpis (vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 23) und könnte die Kategorie von ihm übernommen haben. Eine pseudopolitische Literaturliste findet sich auch im posthum erschienenen Band 3 von Daniel Morhofs Polyhistor (1708). Morhof bezeichnet neben Machiavelli selbst Jean Bodin, Hermann Conring, Pierre Grégoire, Thomas Hobbes, Pacificus a Lapide und Hieronymus Cardanus als pseudo-politisch.Vgl. Daniel Georg Morhof/ Johannes Moller: Polyhistor, In Tres Tomos. Bd. 1–3. Bd. 3: Polyhistoris Tomi Tertii, sive polyhistoris practici, liber I. ethicus. Lübeck 1708, S. 9, 11 f. Lit.: Merio Scattola: Machiavelli in der ’historia literaria’, in: Cornel Zwierlein u. Annette Meyer (Hrsg.), Machiavellismus in Deutschland. München 2010, S. 131–162, S. 137. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 57. Vgl. ebd., S. 5, 26, 37. Vgl. Horst Dreitzel: Neustoizismus, Tacitismus und Staatsräson, in: Michael Albrecht u. Helmut Holzhey (Hrsg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Basel 2001, S. 694–714, S. 702.
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nur vage abgesteckt werden, offenbaren sich ihre Grenzen bei der Benennung der pseudo-politischen Werke außerordentlich deutlich.
Machiavellismus Kulpis und Arnd teilen die pseudo-politici in zwei Hauptgruppen: in die der Monarchomachen (übersetzt „Königsstürzer“) und die der Machiavellisten („Ab utrisq; maxime cavendum est“).²⁵⁷ Bei beiden Betitelungen handelte es sich um Fremdzuschreibungen einer ablehnend eingestellten Gelehrsamkeit.²⁵⁸ Kulpis und Arnd zeichnen von jenen Autoren, die sie als Machiavellisten beschreiben, ein durchgehend negatives Bild: Sie hätten ausschließlich den direkten persönlichen Nutzen im Fokus, auch gesetzeswidrige Maßnahmen seien in ihren Augen legitim. Als Rechtfertigung für die daraus resultierenden Ungerechtigkeiten werde die Staatsräson oft als Scheinargument herangezogen. Die Anhängerschaft benenne sich zwar nach dem italienischen Staatsdenker Niccolò Machiavelli, dieser sei aber nicht der erste gewesen, der sich mit der eventuellen Notwendigkeit amoralischer Politik auseinandergesetzt und diese sogar propagiert habe. Das Wesen der Tyrannei und das Dilemma um das, was Herrschaft darf, und das, was praktisch nötig sei, habe man schon in der Antike intensiv diskutiert.²⁵⁹ Arnd zufolge plagiierte Machiavelli die Erkenntnisse der antiken Größen und fügte ihnen nichts gedanklich Neues mehr hinzu.²⁶⁰ Bose drückt sich deutlich gemäßigter aus: Er attestiert Machiavelli einen scharfen Verstand und eine natürliche Staatsklugheit. Er beschreibe jedoch Künste, die sich vorrangig an den Prinzipien der Tyrannei ausrichteten. Die Vgl. Kulpis, Studio, S. 171; Die Klassifizierung der „Machiavellistarum et Monarchomacorum dogmata“ geht wohl zurück auf: Johann Friedrich Engelmann/Johannes Neunhertz: Machiavellistarum Et Monarchomachorum Dogmata. [Leipzig] 1674. Konkrete Literaturlisten finden sich in der Schrift aber nicht. Vgl. Scattola, Machiavelli, S. 138 f. Vgl. Cornel Zwierlein: Machiavellismus und italienisch-deutscher Kulturtransfer im 16./ 17. Jahrhundert, in: Cornel Zwierlein u. Annette Meyer (Hrsg.), Machiavellismus in Deutschland. München 2010, S. 23–59, S. 28: „Eine solche Gruppe, die sich selbst als „Machiavellisten“ bezeichnen würde, hat es genauso wenig gegeben wie Barbaren, die sich als Barbaren bezeichnet haben.“; Derselbe: Machiavellismus / Antimachiavellismus, in: Herbert Jaumann (Hrsg.), Diskurse der Gelehrtenkultur in der Frühen Neuzeit. Berlin 2011, S. 903–952, S. 904 f. Dreitzel, Monarchomachen, S. 617 f. Kulpis, Studio, S. 176. Arnd widmet den Vorgängern Machiavellis ein ganzes Teilkapitel, vgl. S. 53–55 und 58 f. Darin listet er eine Reihe biblischer Gestalten, verweist u.a. auf die TyrannisLehren bei Aristoteles sowie auf solche Machiavellisten, von denen Tacitus, Sallust und Ammianus Marcellinus berichtet hätten. Lit.: Dreitzel, Neustoizismus, S. 702; Scattola, Machiavelli, S. 138; Zwierlein, Machiavellismus, S. 932 f. Vgl. Kulpis, Studio, S. 174–176; Arnd, Bibliotheca, S. 41, 58.
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3 Politische Leseanweisungen
Meinungen über ihn und sein Werk würden sehr kontrovers ausfallen: Manche bescheinigten ihm eher Verschlagenheit als Klugheit und verdächtigten ihn sogar des Atheismus.²⁶¹ Boses Formulierung „neque fortassis immerito“ (vielleicht nicht unverdient) lässt eine persönliche Distanzierung deutlich werden, die sich noch verstärkt: Am prominentesten und stark polemisierenden Kritiker Machiavellis, dem Hugenotten Innocent Gentillet (1532–1588)²⁶², bemängelt Bose, dass dieser sich mit seiner Kritik zu sehr auf Machiavellis Unfrömmigkeit konzentriere und im Gegenzug dessen zahlreiche politische Fehlschlüsse vernachlässige. Darin äußert sich ein gewisser Widerwillen gegen einen zu religiös konnotierten Blickwinkel auf die Politik. Auch Johann Kulpis gesteht ein, dass Machiavelli in der Literatur oft zu hart und unsachgemäß beurteilt werde. So habe der Jesuit Antonio Possevino den im Rahmen seiner Bibliotheca Selecta verrissenen Principe Machiavellis vermutlich nicht einmal selbst gelesen („satis demonstraverit Conringius“), eine zu starke Kritik an dessen fehlender Frömmigkeit bemängelt er hingegen nicht. Carl Arnd widmet Machiavelli (dem „Führer und Licht“ der pseudo-politici) ein eigenes Kapitel und beginnt mit einer umfassenden Diffamierung des Verfassers.²⁶³ Die Einleitung in seine Auseinandersetzung mit der Person Machiavellis erfolgt über ein Zitat von Innocent Gentillet, demzufolge Machiavelli ein „hässlicher Mensch“ gewesen sei. Ein paar Sätze weiter urteilt Arnd, „Homo per totam vitam irreligiosissimus“. Der bei Bose und Kulpis zögernd referierte Atheismus avanciert bei Arnd zu einer Tatsache. Magnâ cum Blasphemiâ dixerit: Malo in infernum descendere cum Magnis illis & illustribus Viris (Aristotele, Platone &c.) quam cum infimis istis (Prophetis & Apostolis) & vilis conditionis Hominibus in coelo degere.²⁶⁴
Vgl. Bose, Bibliotheca, § 49: „Referri huc quoque Nicolai Machiavelli Princeps debet, quo Libro dum acutissimi ingenii, & plane ad Civilem Prudentiam nati, plenasque Tyrannidis artes Principi suo accommodant, multorum diversa judicia expertus est, astutique potius & temerarii, imo Athei, quam prudentis famam, neque fortassis immerito, sibi conciliavit.“ Vgl. auch: Scattola, Machiavelli, S. 137. Innocent Gentillet: Discours, Sur Les Moyens de Bien Govverner Et maintenir en bonne paix en un Royaume ou autre Principauté. [Genf] 1576. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 94; Kulpis, Studio, S. 175; Arnd, Bibliotheca, S. 47. Lit.: Zwierlein, Machiavellismus, S. 920 f. Eine im Zuge von Negativkanonisierungen sehr übliche Praxis, vgl. Simone Winko: Negativkanonisierung: August v. Kotzebue. Literaturgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts, in: Renate Heydebrand (Hrsg.), Kanon – Macht – Kultur. Stuttgart 1998, S. 341–364, S. 353 f. Arnd, Bibliotheca, S. 36.
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Diese Aussage, die Machiavelli auf dem Totenbett gemacht haben soll, ist in der antimachiavellistischen Literatur verbreitet.²⁶⁵ Die hier betriebene Charakterisierung von Aristoteles und Plato als potenziellen Wegbegleitern zur Hölle zeigt, warum Bose sich gegenüber einer polemisch-religiösen Kritik an Machiavelli reserviert zeigt und ihren Vertretern politische Unkenntnis unterstellt. Arnd referiert die Argumentation von Gentillet sehr ambitioniert und weist darauf hin, dass das Werk Machiavellis einer päpstlichen Damnatio unterworfen ist. Erst im Anschluss an diese Einleitung referiert er gelehrte Werturteile, die er in drei Gruppen unterteilt: in ekstatische („Excessiva eorum qui Machiavellum omnibus modis extollunt & principia ejus pessima excusant“), ablehnende („defectiva“) und gemäßigte Urteile („media“).²⁶⁶ Zu den Verteidigern des Machiavellismus zählt er Caspar Schoppe, Hermann Conring und Johann Christoph Beckmann, die sich mit den Lehren Machiavellis sehr differenziert auseinandergesetzt hatten.²⁶⁷ Mit der Kritik an Conring geht Arnd auf Distanz zu einem ansonsten sehr renommierten Politiktheoretiker, der in Machiavellis Lehre einen wissenschaftlichen Gehalt erkannte und argumentierte, dass dieser seine Lehren berechtigt aus dem Lauf der Geschichte heraus schöpfe, dabei jedoch versäumt habe, zu der von ihm beschriebenen Tyrannei Alternativen aufzuzeigen.²⁶⁸ Trotz der zuvor sehr ausführlichen Wiedergabe ihrer Argumente charakterisiert Arnd Ambrosius Catharinus, Antonio Possevino und Innocent Gentillet im Abschnitt der Judicia defectiva als zu scharfe Kritiker Machiavellis. Er begründet es mit den gleichen Argumenten, die schon Bose und Kulpis anführen. Die inhärenten Widersprüche zu seiner eigenen Darstellung bleiben unkommentiert. Die letzte und größte Gruppe der gemäßigten Autoren (judicia media) kennzeichnen sich in Arnds Augen dadurch, dass sie Machiavellis religiöse Einstellung kritisch betrachten, aber dessen Lehre, Verstand, Urteilsfähigkeit und dessen Kenntnis von Geschichte und Politik loben. Hier benennt Arnd hauptsächlich gelehrte Zeitgenossen (Johann Fecht, Johann Heinrich Feustking, Johann Reinhard), deren Aussagen eine allmähliche Historisierung Machiavellis und seiner
Für Belegstellen vgl. ebd., S. 36. Vgl. ebd., S. 45. Caspar Schoppe: Paedia Politices sive suppetiae Logicae Scriptoribus Politicis Latae, in: Hermann Conring (Hrsg.), Paedia Politices Et Gabrielis Naudaei Bibliographia Politica. Helmstedt 1663, S. 1–44; Hermann Conring: Animadversiones Politicae In Nicolai Machiavelli Librum De Principe. Helmstedt 1661; Johann Christoph Beckmann: Meditationes Politicae. Frankfurt O. 1693. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 45 f. Vgl. ebd., S. 46. Lit.: Zwierlein, Machiavellismus, S. 931; Scattola, Machiavelli, S. 136; Rosanna Schito: Zum Machiavelli Hermann Conrings, in: Cornel Zwierlein u. Annette Meyer (Hrsg.), Machiavellismus in Deutschland. München 2010, S. 91–107, S. 104 f.
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Lehren widerspiegeln. So wird von Feustking zum Beispiel auf den zeitlichen Kontext hingewiesen, in dem Machiavelli gelebt und der ihn quasi zwangsläufig zu einem Kenner der pseudo-politischen, atheistischen Künste gemacht habe.²⁶⁹ Aus den Leseanweisungen wird ersichtlich, dass die Machiavelli-Kritik mehrere Entwicklungsphasen aufweist: Die erste wurzelt im Italien und Frankreich des 16. Jahrhunderts und scheint im Spiegel der Leseanweisungen sehr religiös verwurzelt. Machiavelli gilt als Atheist, der Fürsten von ihrer frommen und gottgefälligen Regierungsweise abzubringen versucht. Die protestantischen Theoretiker der Politik, die sich erst seit Ende des 16. Jahrhunderts intensiv mit Machiavellis Lehren beschäftigen, bemühen sich um eine differenziertere Betrachtung.²⁷⁰ Sie verurteilen den Machiavelli unterstellten Atheismus, kritisieren aber gleichsam die Polemik der bisherigen Rezeption und betrachten Machiavelli als Opfer der von ihnen verachteten katholischen Kirche.²⁷¹ Sie diskutieren die Reibungen mit dem politischen Aristotelismus und rekurrieren auf die Erzeugnisse der an Machiavellis Fürsten angegliederten italienischen Staatsräsondebatten. Diese werden auch von Carl Arnd und Johann Kulpis sehr positiv besprochen und nicht mehr im Kapitel der pseudo-politici abgehandelt.²⁷² Wenn Arnd im letzten Kapitelabschnitt die Anhängerschaft Machiavellis (Consectaria Machiavelli) beschreibt, so meint er keine Gelehrtenschule, sondern Personen und Gruppen, denen er machiavellistische Praktiken oder eine Sympathie für dessen Lehren unterstellt. Mangels offizieller Eigenbekenntnisse zur Gefolgschaft des Machiavelli obliegt es Arnd (und seinen Gewährsmännern), Machiavellisten aus externer Perspektive heraus zu „entlarven“ und unliebsame Personen oder Personengruppen zu adressieren.²⁷³ Eine völlige oder teilweise Orientierung an der Staatslehre Machiavellis unterstellt er Cesare Borgia, Gabriel Naudé, Justus Lipsius, Thomas Hobbes und den Kardinälen Richelieu und Mazarin. Außerdem benennt er die „Papisten an der Kurie“ („Papistae Curiales“), die „verbrecherischen Jesuiten“, Urheber des „parisischen Gemetzels“ (i.e. der Bar-
Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 48 (Originalzitat von Johann Fecht nicht identifizierbar): „Nicolaus Machiavellus, Florentinus, Leonis X. tempore vixit, vaserrimum Atheisticarum & Pseudo – Politicarum artium Doctorem omnes propemodum faciunt.“ Für verschiedene Stadien der Machiavelli-Rezeption vgl.: Zwierlein, Machiavellismus, S. 911– 951. Vgl. Schito, Machiavelli, S. 98. Zur deutschen Machiavelli-Rezeption vgl.: Cornel Zwierlein: Machiavelli in Altdorf, in: Hanns Brennecke, Dirk Niefanger u. Werner Schnabel (Hrsg.), Akademie und Universität Altdorf. Köln; Wien 2011, S. 193–206. Vgl. Zwierlein, Machiavellismus, S. 28.
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tholomäusnacht) und grundsätzlich die „gleichgültigen und mit Atheismus befleckten Politiker“ und die Monarchomachen.²⁷⁴ Die Anspielungen geben wichtige Hinweise auf religiöse und politische Konzepte und Praktiken, die Arnd ablehnt. Bei seinen Angriffen auf Angehörige der Papstkirche wird deutlich, dass Arnd den Begriff des Machiavellismus zur Diffamierung und zur Abgrenzung benutzt und allgemein mit der Verfolgung von Eigennutz konnotiert. Anhänger der Papstkirche gelten als machiavellistisch, weil sie es – den klassischen Argumenten der Reformation zufolge – auf persönliche Bereicherung absehen und den Machtstatus des Papstes mit allen Mitteln erhalten wollen. Die Jesuiten fungieren dem Papst dabei als willige und fähige Vollstrecker und werden nicht nur von protestantischer Seite als Hindernis auf dem Weg zur Befriedung der Konfessionen abgelehnt.²⁷⁵ Das Motiv der Bartholomäusnacht als machiavellistischen Akt beschreibt Conrad Zwierlein bereits für die 1570er Jahre als entscheidendes Moment für die Popularisierung und gleichzeitig chiffrenhafte Dämonisierung Machiavellis als Sinnbild amoralischer Politik in der gesamteuropäischen Gelehrtenkultur. Seitdem unterstellten sich die konfessionellen Parteien mit Vorliebe gegenseitig machiavellistische Praktiken, ohne dass dabei ein Bezug zum eigentlichen Text bestand.²⁷⁶ Auch all jene Theorien, in denen die Politik „als empirisch operierende Entscheidungsfindungswissenschaft“²⁷⁷ beschrieben wird, geraten bei Arnd unter den Generalverdacht des Machiavellismus, dies betrifft sogar Justus Lipsius.²⁷⁸ Dieser nahm den politischen Akteur innerhalb des Gemeinwesens in den Blick und betrieb insofern eine kontrollierte Form individualisierter Politik. Vielmehr noch forcieren die Memoiren und Biografien von Mazarin und Richelieu ein auf
Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 56 f. Ähnlich pauschal urteilt auch Johann Heinrich Feustking (ein häufig zitierter Gewährsmann Arnds) in einer seiner Abhandlungen zum Machiavellismus einige Personen aus seinem unmittelbaren politischen und gelehrten Umfeld, vgl. Johann Heinrich Feustking/Johann Hövet: De Achithophelismo Cum aliorum, tum maxime Nicolai Machiavelli Schediasma, Praeside M. Joh. Henrico Feustking. Wittenberg 1692, fol. A3v (Fußnote 14). Lit.: Martin Mulsow: Ahitophel und Jerobeam. Bemerkungen zur Denkfigur des „Machiavellismus vor Machiavelli“, in: Cornel Zwierlein u. Annette Meyer (Hrsg.), Machiavellismus in Deutschland. München 2010, S. 163–177, S. 168. Zu den Schlagworten „Papist“ und „Jesuit“ vgl.: Beatrice Wolter: Deutsche Schlagwörter zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Frankfurt M. 2000, S. 240, 262–264; Joachim Whaley: Eine deutsche Nation in der Frühen Neuzeit? Nationale und konfessionelle Identitäten vor dem Dreissigjährigen Krieg, in: HJb 129 (2009), S. 331–350, S. 342. Vgl. Zwierlein, Machiavellismus, S. 916–918, 936. Zwierlein, Machiavellismus, S. 58. Vgl. Arnd 1705, S. 56: „Justus Lipsius, qui quod jure culpat in Machiavello ejusdem non prorsus ipse expers est in Politicis suis.“
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individuelles Handeln fokussiertes Politikverständnis. Sie und andere französische Staatsmänner und Diplomaten erkannten die komplexen Hierarchien von Versailles und anderen Höfen als eigene politische Sphäre, die ebenfalls mit Strategien und Handlungsanleitungen bedient werden musste.²⁷⁹ Darüber hinaus versuchten erfolgreiche Diplomaten und Minister sich zu profilieren, indem sie ihre Lebensgeschichte öffentlich machten und ihre Partizipation an historischen Ereignissen sowie auch ihre persönliche Nähe zu bestimmten Fürsten dokumentierten. Im Gegensatz zu anderen schriftstellerisch aktiven Staatsmännern wie Hugo Grotius oder Samuel von Pufendorf versuchten sie dabei nicht, sich methodisch und stilistisch in das tradierte und lateinische Wissenschaftssystem zu integrieren. Auch das steht im Widerspruch zu Werten und Gewohnheiten einer akademischen Politik und erregt entsprechend schnell den Verdacht einer wie auch immer gearteten „falschen“ Politik. Thomas Hobbes bezog sich zwar in keiner seiner Schriften konkret auf Machiavelli, galt aber aufgrund seines vermeintlichen Atheismus’ dennoch als dessen Anhänger.²⁸⁰ Die Vorstellung einer rein säkularen Politik und Gesellschaftsordnung, in der Kirche und Religion nur für den Staat instrumentalisiert werden, ist für die meisten Zeitgenossen amoralisch und untragbar. Johann Bose, der sich sonst vor „schwierigen“ Autoren nicht scheut, ignoriert Hobbes. Dass er dessen Werke und Thesen nicht kennt, scheint eher unwahrscheinlich. Hartnack erwähnt ihn erst zögernd nach dem Einschub „Welchem bey zu fügen“ in der Liste „Ins gemein von Einrichtung des gemeinen Wesens haben geschrieben“.²⁸¹ Die energische Zurückweisung der Konzepte von Hobbes und Machiavelli verweist auf die Anfänge säkularer Konzepte in der Politik. Darin wurde nicht mehr nur versucht, Konflikte durch eine entkonfessionalisierte politische Theorie zu umgehen, die Gottesexistenz wurde negiert oder für politisch irrelevant erklärt. Im Rahmen des Aristotelismus ist ein rein säkularer Staat undenkbar.²⁸² Bis ins 17. Jahrhundert (und darüber hinaus) lassen sich insgesamt nur sehr wenige Texte nachweisen, die einen solchen akut fordern. Auf vereinzelte Ansätze reagierten die meisten Zeitgenossen abwehrend. Arnd formulierte explizit die Befürchtung,
Vgl. ebd., S. 43: „Was zunehmend aus Italien und Frankreich nach Deutschland eindringt, ist eben auch die Praxis des empirisch-situationsanalytischen Gutachtens vor einer Entscheidung im Fürstenrat. Machiavelli fungiert insofern auch als Chiffre für die langsame Umstellung auf eine Methodisierung von Prognose und Projekt im höfischen Umfeld.“ Vgl. Zwierlein, Machiavellismus, S. 935. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 56. Vgl. Merio Scattola: Die politische Theorie in Deutschland zur Zeit des aufgeklärten Absolutismus, in: Helwig Schmidt-Glintzer (Hrsg.), Fördern und Bewahren. Wiesbaden 1996, S. 119– 133, S. 120 f.
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dass der Machiavellismus die christliche Religion ablösen und die ganze Welt beherrschen wird.²⁸³ Kulpis unterstellt Thomas Hobbes eine „zwielichtige Philosophie“ („ad caeteras philosophiae, praesertim speculativae, partes attinet“).²⁸⁴ Einen Schutz dagegen bietet nur die politische Schulphilosophie: Quod Thoma Hobbesii […] aliorumque similis generis scripta in hanc rem attinet, eorum lectionum prius non suaserim, quam si mens Juvenis nostri obfirmata, & intellectus ad socernendum verum a falso penitus instructus fuerit […].²⁸⁵
Die Textstelle markiert deutlich den hohen Verbindlichkeitsanspruch der gelehrten Politik: Der Schützling musste erst den politischen Aristotelismus und dessen Definition von falsch und richtig verinnerlicht haben, bevor ihm gestattet werden konnte, eine andere politische Konzeption zu rezipieren. Es galt, die mit dem Aristotelismus kongruierenden Bruchstücke für sich urbar zu machen und dem widersprechende Inhalte sofort als solche zu erkennen und nötigenfalls auszusortieren.²⁸⁶ Um die Machiavellisten entstand ein Negativkanon, also ein Instrumentarium, das „ex negativo die vom Kanon vertretenen Werte stützt“.²⁸⁷ Seine Rezeption war ausdrücklich gestattet, wenn daraus der erwünschte Erkenntnisgewinn erfolgte.²⁸⁸ Carl Arnd und Johann Kulpis lassen keinen Zweifel daran, dass die pseudo-politischen Lehren gefährlich sind („maxime cavendum est“, „Doctrinam Machiavellicam respublicis valde esse periculosam & damnosam“²⁸⁹). Dennoch Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 49: „Dicitur enim Religio Machiavellistica, quia constat, Machiavellum Religionem omnem Imperantium voluntati subjecisse, neque in se vinculum quoddam obligandi ad certarum doctrinarum fidem agnovisse.“ Kulpis, Studio, S. 197. Ebd., S. 197. Vgl. Zwierlein, Machiavellismus, S. 41: „Wenn Machiavellis Schriften in Italien in mancher Hinsicht erfolgreich eine theoretische Wissensordnung für einen Praxisbereich begründeten, wo vorher eine Lücke klaffte, so könnte man pointiert formulieren, daß seine Schriften in Deutschland von Anfang an zu den vorhandenen Strukturen und Wissensordnungen querstehen mußten, weil die entsprechende Lücke fehlte. […] Machiavelli wird dann automatisch nicht zur Chiffre für ein positives Mehr an Wissensordnung, sondern für ein negatives Löschen und Zerstören althergebrachter Ordnungen.“ Renate von Heydebrand: Kanon Macht Kultur – Versuch einer Zusammenfassung, in: Renate Heydebrand (Hrsg.), Kanon – Macht – Kultur. Stuttgart 1998, S. 612–625, S. 616. Winko, Negativkanonisierung, S. 363, in Bezug auf die Negativkanonisierung August von Kotzebues: „Als Instanzen, die der Abgrenzung und Profilierung des Positiven dienen, müssen Gegenbilder zum Kanonischen etabliert und bewahrt werden. Kotzebue gehört als Negativbeispiel zum Kernbestand des Kanons.“ Gabriele Rippl u. Simone Winko (Hrsg.): Handbuch Kanon und Wertung. Theorien, Instanzen, Geschichte. Stuttgart; Weimar 2013, S. 70 f. Kulpis, Studio, S. 172; Arnd, Bibliotheca, S. 41.
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erscheint die Unkenntnis der Lehren eher schädlich als förderlich. Die Rezeption wird an ein pejorisiertes Interpretationsmodell gekoppelt und somit eine beaufsichtigte Auseinandersetzung eingeleitet. Dass die Polemik sich im Laufe der Zeit eher verstärkt als abschwächt, beobachten für diesen Zeitraum auch Merio Scattola und Conrad Zwierlein.²⁹⁰ Bei Negativkanonisierungen scheint diese Tendenz generell typisch zu sein. Dies demonstriert Simone Winko am Beispiel der Rezeption der Werke von August von Kotzebue: Was vorher in – sei es noch so dogmatischen – Begründungskontexten nachvollziehbar war, wird jetzt verkürzt als Formel präsentiert. Den Höhepunkt dieser Verknappung bildet die negativ konnotierte Verwendung des Namens „Kotzebue“, die anscheinend auch unkommentiert verstanden wird.²⁹¹
Genauso verhält es sich bei den politischen Leseanweisungen: Johann Bose hatte den Fürsten sicherlich gelesen und beurteilt diesen zwar kritisch, aber differenziert. Kulpis formuliert mit seiner Kritik an Machiavelli hingegen ein unerwünschtes politisches Verhaltensideal, das Arnd mit politischen und religiöskonfessionellen Identitäten verknüpft: „Machiavellisten“ gehören einer anderen Konfession oder einer anderen wissenschaftlichen Kultur an oder sind schlichtweg Ausländer.²⁹² Ihr Beitrag zum Kanon bestand in einem Set an prägnanten Formeln, das dazu beitrug, eine größtmögliche Menge an Werken als nützlich oder verwerflich zu markieren. Die Kanonisierung der protestantisch-aristotelischen Politikliteratur erreicht in der Leseanweisung von Carl Arnd ihren Höhepunkt. Der von ihm formulierte Negativkanon zeugt von einer im Laufe des 17. Jahrhunderts sukzessive erstarkten politiktheoretischen Konkurrenz. Besonders das damit einhergehende individualisierte politische Denken zwingt Arnd, der die Werte der tradierten politischen Schulphilosophie fast schon überambitioniert zu verteidigen sucht, in die Defensive. Erneut ist an dieser Stelle auf die Forschungen von Scattola hinzuweisen, der in den Jahren nach Carl Arnds Bibliotheca eine allmähliche Rehabilitierung und Historisierung der machiavellistischen Schriften innerhalb der Historia Literaria beobachtet, die die positiven Wertungen Conrings und Caspar Schoppes in der Mitte des 17. Jahrhunderts aufgriff.²⁹³ Die Entwicklungen fallen in dieselbe Phase, in der der aristotelische Überbau der Politik an Relevanz verlor.
Vgl. Zwierlein, Machiavellismus, S. 40, 51–56; Scattola, Machiavelli, S. 137–139. Winko, Negativkanonisierung, S. 360. Vgl. Schito, Machiavelli, S. 96, Zwierlein, Machiavellismus, S. 925. Vgl. Scattola, Machiavelli, S. 130, 140–144.
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Monarchomachen Obwohl der Begriff „Monarchomachen“ schon 1600 erstmals verwendet wurde (wiederum als Fremdzuschreibung) und im 17. Jahrhundert weitestgehend etabliert war, findet er nur bei Kulpis und Arnd direkte Erwähnung.²⁹⁴ Sie halten die Monarchomachen für mindestens genauso gefährlich wie die Machiavellisten.²⁹⁵ Bose kennt und erwähnt einige der von Arnd und Kulpis als Monarchomachen bezeichneten Personen, stigmatisiert sie jedoch nicht als solche. Hartnack, der sich eng an Boses Bibliotheca politica contracta orientiert, hält es ähnlich. Kulpis charakterisiert die Monarchomachen als Personen, die in ihren „herrschsüchtigen Dogmen“ die Hoheit der Könige und Fürsten leugneten und bekämpften und stattdessen „gefährliche Prinzipien“ verfolgten. Ihren Vertretern unterstellt Kulpis einen „verbrecherischen“ Charakter.²⁹⁶ Sie würden das Volk über die Könige stellen und ihm gestatten, diese zu bestrafen oder sogar abzusetzen, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkämen. Arnd verschärft: So wie die Machiavellisten den Vorteil des Fürsten in den Fokus rückten, so würden die Monarchomachen alle Macht dem Volk zusprechen und nicht etwa das Wohlergehen des gesamten Staates im Blick haben. Im Gegensatz zum Machiavellismus werde von den Monarchomachen nicht der Atheismus propagiert, sondern ein chaotischer Polytheismus (nach der Art, wie er in Frankreich in der Bartholomäusnacht für Blutvergießen gesorgt habe). Die Monarchomachen würden nicht das Volk, sondern die Herrscher versklaven und zugleich und jedem Untertanen eine unverantwortliche Freiheit einräumen. Zuletzt würden sie ihr Gift noch wesentlich subtiler zu vermitteln wissen als die Machiavellisten.²⁹⁷ Das Vokabular von Kulpis und Arnd fällt fast noch schärfer aus als bei den Kommentaren zum Machiavellismus: Monarchomachen gelten als gefährlich, verbrecherisch, treulos und giftbringend. Auch hier verweist ihre Ablehnung auf als gegensätzlich empfundene Konzepte von Politik und erneut wird deutlich, dass Bose (und in der Folge Hartnack) keine so scharfen Kategorien entwerfen. Den schottischen Geschichtsschreiber Georg Buchanan, den Kulpis ganz schlicht als Monarchomachen abtut, lobt Johann Bose für seine Bildung, seinen unvergleichbaren Schreibstil, seine Urteilsfähigkeit und seine Klugheit. Erst dann gibt er an, dass er teilweise käuflich und seine Geschichtsschreibung mitunter par-
Vgl. Dreitzel, Monarchomachen, S. 617 f. Kulpis, Studio, S. 147, 172 f.; Arnd, Bibliotheca, S. 60–67, bes. S. 63 f. Kulpis, Studio, S. 172: „Sunt autem Monarchomachi, qui factiosis dogmatibus summam Regum Principumque Majestatem attrectant vel impugnant, adeoque periculosa principia fovent circa naturam Majestatis, juriumque Majestaticorum conditionem. Patronos & praecones nefariae hujus disciplinae recensuit Arnisaeus […].“ Arnd, Bibliotheca, S. 60 f., 63 f.
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teiisch gewesen sei.²⁹⁸ Auch an den Briefen des Hugenotten Hubert Languet, der unter dem auf den Caesarmörder anspielendem Pseudonym Stephan Iunius Brutus die Schrift Vindiciae contra tyrannos (1579) verfasste, lobt er die darin zum Ausdruck kommende gelungene politische Urteilsfähigkeit.²⁹⁹ Als Monarchomachen bezeichnen Kulpis und Arnd u.a. Hubert Languet, Johann Althusius und John Milton.³⁰⁰ Arnd erklärt, dass die Monarchomachen (er listet außerdem François Hotman, Lambert Daneau, David Pareus, Philipp Heinrich Hoen, Hermann Kirchner, Christoph Besold und sogar Hugo Grotius) hinsichtlich einer auf die Person bezogene und eine auf das Reich ausgerichtete Majestas differenzieren würden.³⁰¹ Letztere obliege dem Volk, würde von diesem an den Herrscher verliehen und falle nach dessen Tod wieder an dieses zurück. Dieser Vorstellung begegnet Arnd mit Unverständnis: Der Herrscher sei zuvor schon durch die Gottesgnade bestimmt und nicht darauf angewiesen, zusätzlich durch das Volk legitimiert zu werden.³⁰² Die von Arnd aufgeworfene Frage um die Majestas und einige der von ihm als Monarchomachen charakterisierten Autoren tangieren die Debatten über Souveränität und Reichspublizistik, die das gesamte 17. Jahrhundert andauerten. In diesem Zusammenhang war die Differenzierung zwischen majestas personalis und realis durchaus geläufig, ist aber bei Arnd eindeutig negativ konnotiert. Als etablierte Widersacher der Monarchomachen gelten der von Bose schon erwähnte John Barclay³⁰³ und Henning Arnisäus³⁰⁴, der die Positionen der Monarchomachen 1612 innerhalb der Schrift De Autoritate Principum In Populum Semper Inviolabili kritisch kommentierte.³⁰⁵
3.3.1.3 Souveränität – Staatsräson – Arkantheorie Zu den klar definierten Gruppen der politischen Systemata und der Pseudo-Politiken wird meist unter den verschiedensten Bezeichnungen eine Gruppe mit solchen Texten ergänzt, die nur teilweise als politisch verstanden werden. Erstens gelten Werke nicht als wahrhaft politisch, wenn sie nur einzelne Aspekte thematisieren und demnach kein geschlossenes System zur Herstellung einer voll-
Bose, Bibliotheca, § 53; auch: Kulpis, Studio, S. 172. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 117. Vgl. Kulpis, Studio, S. 172; Arnd, Bibliotheca, S. 65. Vgl. ebd., S. 65. Vgl. ebd., S. 65. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 53; Arnd, Bibliotheca, S. 67. Vgl. Kulpis, Studio, S. 172; Arnd, Bibliotheca, S. 66 f. Henning Arnisäus: De Autoritate principum in populum semper inviolabili. Frankfurt O. 1612.
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kommenen Gemeinschaft beschreiben, wie es der Aristotelismus vorgibt.³⁰⁶ Arnd spricht konkret von Discursus („h.e. illorum qui scripserunt vel Observationes vel Disputationes Politicas atque Historico-Politicas“³⁰⁷) und Eristocorum („h. e. eorum qui controversias scripserunt Politicas & Problematicorum, h. e. eorum, qui Quaestiones Politicas atque Problemata Politica composuerunt“³⁰⁸), Hartnack von „besonderen Politischen Materien“³⁰⁹. Die prominentesten Themen sind die Debatten um die Arcanas imperii und die Staatsräson. Markiert werden solche Titel meist über Schlagworte wie Dissertatio, Tractatus, Quaestio, Observatio, Disquisitio, Dispositio oder Discursus.³¹⁰ Die Kategorie impliziert erstens, dass nur Teilaspekte besprochen werden und bezüglich dieser Teilaspekte noch kein genereller Konsens besteht. Da der hier verfügbare Materialkorpus sich auf nahezu sämtliche Erzeugnisse der deutschpolitischen Wissenschaft erstreckt, sind die Angaben über die relevantesten und besten Werke meist sehr unterschiedlich. Gemeinsamkeiten ergeben sich eher bezüglich des zu rezipierenden Autoren und des als relevant erachteten Themenspektrums.³¹¹ Sofern potentiell provokante oder problematische Werke noch nicht im Rahmen der Pseudo-Politici behandelt wurden, werden sie aufgrund eines abweichenden Entstehungskontextes oder inhärenter Konflikte zum politischen Aristotelismus oft in dieser Sparte ausführlich besprochen.³¹² Zweitens gelten viele Werke als zu interdisziplinär beeinflusst, um „richtig“ politisch zu sein.³¹³ Ihre Verfasser verknüpfen politisches Wissen mit (rechts-) geschichtlichen Wissensbeständen („partim praeceptis, partim exemplis“³¹⁴) – ein Verfahren, das im Verlaufe des 17. Jahrhunderts zur methodischen Norm politischer Abhandlungen wird. Besonders in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts verweisen die Gelehrten im Titel ihrer Werke oft auf eine kombinatorische „historisch-politische, ethisch-politische, juristisch-politische, theologisch-politische
Vgl. Bose, Bibliotheca, § 85: „Huc primo pertinent, qui certa argumenta Politica separatim tractant […].“ Arnd, Bibliotheca, S. 37. Ebd., S. 37. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 67. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 252: „Sunt tales scriptores, qui varias & fermè sine certo ordine ac delectu materiarum congestas observationes, digressiones, dissertationes & discursus. Politicos aut Historico-Politicos composuerunt, quorum tanta copia est, ut vix numerus eorum iniri queat.“ Ohne Verweis entlehnt bei: Bose, Bibliotheca, § 87. Vgl. ebd., § 87: „cujus generis tanta Copia est, ut eorum numerus inveniri nequeat.“ Vgl. ebd., § 87. Vgl. ebd., § 87, Tertiò variae ac fermè sine ordine ac delectu materiarum congestae questiones, dissertationes ac discursus Politici aut Historico-Politici […]“. Arnd, Bibliotheca, S. 252.
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oder philosophisch-politische“ Ausrichtung.³¹⁵ Arnd attestiert diesen Texten wenig Originalität, gibt aber an, dass sie dabei unterstützen, sich konkrete Wissensbestände zu erschließen.³¹⁶ Die Souveränitätsdebatten des 17. Jahrhunderts fanden oft vor dem Hintergrund des Begriffs der Majestas statt und gehören zu den ersten konkret öffentlich-rechtlichen Fragestellungen der Politik. In der aristotelischen Politik taucht der Begriff Souveränität als solcher nicht auf.³¹⁷ Abgesehen von Arnd geht keiner der Rezensenten auf die Debatten um Souveränität und die Machtbefugnisse von Kaiser und Fürsten ein, stattdessen erscheinen die entsprechenden Abhandlungen eher beiläufig innerhalb von personalbibliografischen Kommentaren oder Literaturlisten zum öffentlichen Recht. Obwohl die jüngere Forschung übereinstimmend urteilt, dass die Souveränitätslehre von Jean Bodin (Les six livres de la République ³¹⁸) der deutschen Politikwissenschaft wichtige Impulse gegeben hat, wird in den Leseanweisungen eine kritische Distanz zu diesem Text ersichtlich, die aus einem abweichenden Entstehungskontext resultiert.³¹⁹ In Bodin erkennen die Rezensenten zwar einen innovativen Charakter, können diesen jedoch nicht in ihre etablierten Denkschemata einpassen. Arnd zitiert von Christoph Coler: „[Bodinus] non caret carptoribus. Mihi quoque nimis se diffundere videtur“³²⁰, ähnlich lässt sich bei Bose lesen: „[Bodinus] non observet justum Polit. ordinem, sed plurima aliena miscet.“³²¹ Diese konstatierten „Sakrilegien“ der mangelnden Orientierung an Vorgängern der Politik, die Missachtung der richtigen politischen Ordnung und
Vgl. Bose, Bibliotheca, § 87; Michael Philipp: Die frühneuzeitliche Politikwissenschaft im 16. und 17. Jahrhundert, in: Wilhelm Bleek (Hrsg.), Schulen der deutschen Politikwissenschaft. Opladen 1999, S. 61–78, S. 70, 81. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 252. Vgl. Henning Ottmann: Protestantische Schulphilosophie in Deutschland: Arnisaeus und Conring, in: Christoph Horn u. Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.), Politischer Aristotelismus. Stuttgart 2008, S. 218–231, 227 f.: „Die Souveränitätslehre ist ohne das römische Recht und dessen Formeln wie legibus solutus nicht zu verstehen. Ihre Geschichte setzt zudem den mittelalterlichen Streit zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt samt der frühen Lösung der Einzelstaaten aus dem Universalreich voraus […].“ Jean Bodin: Les six livres de la Republique. Paris 1576. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 18; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 54; Arnd, Bibliotheca, S. 96 f. Einschlägig: Michael Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 1–4, Bd. 1: Reichspublizistik und Policeywissenschaft. 1600–1800. München 1988, S. 174-185. Christoph Coler: De Studio Politico Ordinando Epistola, in: Johann Alsted (Hrsg.), De Eruditione Comparanda in Humanioribus,. Leiden 1699, S. 369–398; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 96. Bose, Bibliotheca, § 18. Irrtümlich als Aussage von Johann Boeckler zitiert bei: Arnd, Bibliotheca, S. 97.
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die Vermischung mit fremden Lehren bezeugen ein gewisses Unverständnis. Ähnlich wie schon beim pseudo-politischen Schrifttum scheint sich die Argumentation im Laufe der Zeit eher zu verschärfen als abzuschwächen. Arnd verweist auf Burkhard Struve (1704), demzufolge Bodin blasphemisch sei und nicht überall richtig über Gott urteile.³²² Erneut ist zu lesen: „[…] multa quoque intermiscet aliena.“³²³ Bodin vollziehe ausgedehnte historische Exkurse, die nicht mehr zur Staatsklugheit beitrügen und die nicht einmal alle von Aristoteles beschriebenen Staatsformen abdeckten. Die politischen Theoretiker des Reiches hatten mit der Anwendbarkeit der Souveränitätslehre von Bodin gleich aus zwei Gründen Schwierigkeiten: Sie ließ sich weder mit dem politischen Aristotelismus noch mit der Verfassung des Heiligen Römischen Reiches in Einklang bringen.³²⁴ Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass der sehr auf das Reich fokussierte Kulpis Bodin gar nicht erst erwähnt. Das Bewusstsein für den abweichenden Entstehungskontext der Bodinschen Lehren ist zwar vorhanden, wird aber keinesfalls wohlwollend nachvollzogen. Stattdessen wird dazu geraten, Bodin erst dann zu rezipieren, wenn schon eine Kenntnis der etablierten politischen Lehren vorliegt.³²⁵ Die Kritik ausschweifender Exkurse trifft auch den französischen Juristen Pierre Grégoire, dem vorgeworfen wird, zu viel Juristisches hineinzumischen. Sein Werk sei eher eine politische Fundgrube als eine zusammenhängende Lehre.³²⁶ Die italienische politische Theorie findet in den Leseanweisungen deutlich mehr Beachtung als die französische. Sie bildete sich im 16. Jahrhundert vor allem um das Konzept der Staatsräson herum aus. Die Staatsräson, die begrifflich nicht aus der aristotelischen Politik abgeleitet werden kann, ist als Begriff und Instrument anerkannt und akzeptiert. Bose charakterisiert Staatsräson und Arkanpolitik als „außerordentliche“ Herrschaftspraktiken, die zur innersten Staatsklugheit beitrügen. Die Praktiken würden einerseits theoretisch diskutiert, seien
Oft werden auch ihm machiavellistische Praktiken unterstellt, obwohl Bodin selbst Machiavelli ablehnte. Vgl. z.B. Morhof; Moller, Polyhistor, S. 11 f.; Lit.: Zwierlein, Machiavellismus, S. 924 f. Struve, Bibliotheca Philosophica (1704), S. 151, zitiert nach: Arnd, Bibliotheca, S. 97. Vgl. Wolfgang Mährle: Academia Norica.Wissenschaft und Bildung an der Nürnberger Hohen Schule in Altdorf (1575–1623). Stuttgart 2000. S. 333; Zwierlein, Machiavellismus, S. 926. Vgl. Coler, Studio (1699), S. 380, zit. nach Arnd, Bibliotheca, S. 96: „Tu eò cautius leges, quò magis ab aliis notari intelliges.“ Außerdem: Bose, Bibliotheca, § 18: „Johannes Bodinus […] non minus censorem quam lectorem requirit.“ Pierre Grégoire: De Republica Libri Sex Et Viginti. Pont-a-Mousson 1596. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 19; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 54; Arnd, Bibliotheca, S. 97.
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andererseits aber auch schon konkret angewendet worden.³²⁷ Während Bose Machiavelli als Bestandteil der italienischen Staatsräsondebatte bespricht, unterscheiden Kulpis und Arnd zwischen Machiavellismus und Staatsräson: Sie trennen sie innerhalb der Literaturanweisung voneinander ab und bewerten das Staatsräsonkonzept auch nicht als pseudo-politisch. Arnd fasst sie neutral in ein eigenes Kapitel (Statisticos Selectos).³²⁸ Hartnack mischt die wichtigsten Werke in den Abschnitt zu den „besonderen Politischen Materien“.³²⁹ Als Grundlage für die Auseinandersetzung mit der Staatsräson gilt ein älterer italienischer Kernkorpus, der die bis ins frühe 17. Jahrhundert erschienenen Werke von Giovanni Botero³³⁰, Federico Bonaventura³³¹, Scipio Claramontius³³², Gabriele Zinano³³³ und Ludovico Settala³³⁴ umfasst. Sie griffen auf die Ansätze Machiavellis zurück und übernahmen wichtige Impulse, gingen aber gleichzeitig auch auf Distanz zu ihm und stellten sich ausdrücklich nicht in eine machiavellistische Tradition.³³⁵ Die Italiener stehen bei allen Rezensenten in einem positiven Licht, gelobt werden sie weniger für eine herausragende (Aus-)Bildung, als für einen scharfen Verstand und Klugheit. Bose bedauert, dass nur wenige der italienischen Schriften ins Lateinische übersetzt worden seien. Giovanni Botero sei der erste gewesen, der die zuvor verwirrenden Lehren um die Staatsräson in eine Methode überführt habe; der mit einem äußerst scharfen Verstand ausgestattete Bonaventura hätte dann die erste konkrete Definition von Staatsräson entworfen: Man verstehe darunter die Strategie, immer auf den besten Nutzen des Staates zu schauen, ohne andere Faktoren zu berücksichtigen:
Bose, Bibliotheca, § 92: „Duo autem genera memoranda sunt, quae mirè instruunt animum, & ad interiorem Prudentiam singulari quadam ratione praeparant. Prius eorum est, qui arcanas artes Imperantium, consiliaque, cum Ordinariae, tum extraordinariae gubernationes exponunt, (idque per extraordinarias gubernationes, recentiores Politici notare & dijudicare volunt Rationem status) vel thesi vel in hypothesi seu cum applicatione ad certa imperia eorumque Principes ac ministros.“ Das Zitat übernimmt Arnd, (leicht abgewandelt), vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 329. Ebd., S. 329–344. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 69. Giovanni Botero: Della ragion di Stato libri dieci: con tre libri Delle cause della grandezza, e magnificenza delle città. Venedig 1589. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 93, 126; Arnd, Bibliotheca, S. 329. Federico Bonaventura: Della Ragion Di Stato Et Della Prudenza Politica Libri Quatro. Urbino 1623. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 93; Kulpis, Studio, S. 168; Arnd, Bibliotheca, S. 330. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 93; Arnd, Bibliotheca, S. 330. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 93; Arnd, Bibliotheca, S. 330. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 93; Arnd, Bibliotheca, S. 330. Vgl. Zwierlein, Machiavellismus, S. 36; Zwierlein, Machiavellismus, S. 925.
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[…] validissimis rationibus ostendere conatus est, Rationem status, non aliter definiri posse, quam Consilium optimum de rebus ad majorem Reip. utilitatem spectantibus absque alterius rationis consideratione.³³⁶
Im Anschluss an seine Darstellung der italienischen Staatsräsondebatte mahnt Arnd, dass die wahre Staatsräson nicht nur darin bestehe, sein Handeln nach geheimen Strategien und Plänen auszurichten, sondern auch in der Fähigkeit, ganz grundsätzlich aus politischen Regeln schöpfen zu können.³³⁷ Daran anschließend benennt er die Vertreter einer etwas jüngeren deutsch-protestantischen Auseinandersetzung mit der Staatsräson, die zu Beginn des Jahrhunderts einsetzte und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreichte. Sie findet auch bei den anderen Rezensenten Berücksichtigung. An ihr partizipierten Johann Boeckler, Hermann Conring, Johann Christoph Beckmann, Johann Christoph Wagenseil, Adam Rechenberg, Jakob Thomasius und Johann Wilhelm Imhof.³³⁸ Kommentare zum Inhalt oder zu den wesentlichen Merkmalen ihrer Schriften fehlen, lediglich Bose äußert sich an einer Stelle kritisch zu Boecklers Auseinandersetzung mit Botero. Die arcanas imperii werden meist gemeinsam mit der Staatsräson geführt, aber nicht näher erläutert oder von der Staatsräson abgegrenzt.³³⁹ Als einziges genuines Werk der Arkantheorie gilt die 1605 erschienene Schrift De Arcanis Rerumpublicarum von Arnold Clapmarius. Er verstand unter den arcana nicht ausschließlich Geheimnisse im engeren Sinn, sondern auch allgemeine Mittel und Strategien zur Erhaltung von Herrschaft.³⁴⁰ Entsprechend der aristotelischen Maximen ging er hierbei auf jede der Staatsformen gesondert ein.³⁴¹ Parallel rekurrierte er auf die italienische Staatsräsonliteratur, insbesondere auf Machiavelli
Bose, Bibliotheca, § 93. Arnd, Bibliotheca, S. 330 f.: „Licet hodie regulae istae generales ad definiendam Status rationem parum valeant, sed haec potius sit status ratio ex quo emolumenta capiunt Summi Imperantes sive ex regulis Politicis haec sint petita sive ex arcano quodam consilio.“ Hermann Conring/Heinrich Voß: Dissertatio De Ratione Status. Helmstedt 1651 (Ms,IV,137,5). Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 69; Kulpis, Studio, S. 168; Arnd, Bibliotheca, S. 331. Arnd nennt an derselben Stelle die seiner Ansicht nach wichtigsten deutschen Beiträge zur Staatsräson bis ins Jahr 1698. Zu den theoretischen Zusammenhängen vgl.: Stolleis, Staat, S. 38 f., 51–57. Vgl. Arnold Clapmarius/Ursula (Hrsg.) Wehner: De arcanis rerumpublicarum libri sex. Stuttgart-Bad Cannstatt 2014, S. XXXIII–LXI. Arnold Clapmarius: De Arcanis Rerumpublicarum Libri Sex. Bremen 1605. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 67; Kulpis, Studio, S. 168. Zu seinem politikwissenschaftlichen Profil vgl.: Mährle, Academia, S. 334–340.
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3 Politische Leseanweisungen
und Botero und transferierte das dazugehörige Vokabular in den deutschen Sprachraum.³⁴² An der Auflistung zeigt sich wie auch schon bei der Machiavelli-Rezeption, dass die italienischen Politiklehren des 16. bis frühen 17. Jahrhunderts der deutsch-protestantischen Politikwissenschaft seit Ende des 16. Jahrhunderts wichtige Impulse gaben. Was Staatsräson ausmacht und wie sie definiert werden kann, das wird im Spiegel der Literaturanweisungen durch das italienische Schrifttum bestimmt. Dennoch verlangte es offenbar nach einer Umbettung der italienischen Debatten in den Kontext des Heiligen Römischen Reiches wie auch nach einer Bewertung im Sinne des politischen Aristotelismus’ (dessen Maximen Conring zufolge ebenfalls für eine Politik im Sinne der Staatsräson genutzt werden konnten).³⁴³ Es galt, die durchaus brisanten Herrschaftstechniken mit dem nötigen Vorbehalt zu analysieren und dem angehenden politicus zu vermitteln. Die Staatsräson ist trotz ihrer externen Provenienz und etwaigen Konflikte mit den Maßgaben des Aristotelismus und der Ethik als politisches Instrument akzeptiert. Zu antithetischen Vergleichen von Staatsräsondebatte und aristotelischer Politik kommt es nicht.³⁴⁴
3.3.1.4 Exegeten politisch relevanten Wissens In den Leseanweisungen werden zahlreiche Werke besprochen, deren Inhalte in Teilen der Geschichte, dem Rechtswesen, der schönen Literatur oder Staatenkunde zugeordnet werden und die für sich genommen nicht als politisch definiert werden. Sie werden aber doch als für die politische Bildung wichtig oder hilfreich hervorgehoben, zumal sie von gemeinhin anerkannten politischen Experten verfasst wurden. In den Leseanweisungen lässt sich bezüglich dieser Experten ein festes Ensemble von Verfassern konstatieren, die sich exegetisch der politischen Peripherie widmeten. Zahlreiche Kenner der Politik versuchten ihre zuvor vertretenen Lehren an konkreten historischen und literarischen Exempeln zu be-
Vgl. Konrad Göke: Das Geheimnis in der Politik. Die Genese der Arkanpolitik bei Niccolò Machiavelli und Giovanni Botero, in: Rüdiger Voigt (Hrsg.), Staatsgeheimnisse: Arkanpolitik im Wandel der Zeiten. Wiesbaden 2017, S. 37; Dreitzel, Neustoizismus, S. 706; Clapmarius; Wehner, Arcanis (2014), S. LX f. Schito, Machiavelli, S. 101 f., 107; Dietmar Willoweit: Hermann Conring, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 129– 147, S. 131 f.; Dreitzel, Neustoizismus, S. 701: „Ausweitung des Gedankens der Staatsräson (ratio status) und der arcana auf alle Stände“. Vgl. Friedrich Meinecke: Die Idee der Staatsräson in der neueren Geschichte. Berlin; Boston 2016, S. 34.
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stätigen und zu erläutern. Oft bearbeiteten sie die politischen Werke ihrer Vorgänger und verstärkten damit deren Geltungsanspruch. Politische Texte aus außerdeutschen, nichtaristotelischen oder antiken Kontexten wurden durch sie passend gemacht und adaptiert. Nicht selten verliehen sie ihren Werken eine explizit politische Konnotation (z.B. Historia Civilis; Characteres Politici Velleiani; Consiliarius ex C. Cornelii Tacito formatus), die das Werk für die entsprechenden Zielgruppen attraktiver erscheinen ließ. Gemeinsam ist dem Kreis der politischen Exegeten die Betätigung an einer deutschen oder niederländischen Universität, wobei insbesondere die Universitäten Leiden, Straßburg, Jena, Altdorf und Helmstedt als Zentren der politischen Theorie und Hermeneutik hervortreten. Den dort ansässigen Politiktheoretikern wurde von den Rezensenten ein so hoher Stellenwert zugeschrieben, dass bereits die Nennung einer ihrer Bearbeitungen, Kommentare und Editionen als Rechtfertigungsgrund für politische Relevanz ausreichte. In dieser Gruppe geht der stärkste Impuls von Justus Lipsius aus. An sein Hauptwerk Politicorum Sive Civilis Doctrinae Libri Sex (vgl. Kap. 2.1) knüpft 1605 das Werk Monita Et Exempla Politica, Libri Dvo an.³⁴⁵ Lipsius bemüht sich darin um eine Verknüpfung seiner politischen Maximen und Lehren mit konkreten Beispielen aus der Geschichte. Im Gegensatz zu anderen Exempelsammlungen und Loci-Communis-Werken bezieht sich Lipsius explizit nur auf sein Verständnis von Politik. Die Exempel bestehen nicht nur in losen Aphorismen, sondern rekonstruieren Begebenheiten aus Antike, Mittelalter und der jüngeren Geschichte, durch die die zuvor entwickelten Argumente gestärkt werden. So führt Lipsius mehrere Beispiele an, in denen moralisch einwandfreies Handeln von Gott nicht belohnt wird.³⁴⁶ Dieses Verfahren avancierte zum Vorbild für zahlreiche Nachfolgewerke, die ebenfalls Bestandteil des Kanons sind. In der Nachfolge der Monita von Lipsius erschienen das gesamte 17. Jahrhundert hindurch Werke, in denen politisches Wissen mit historischen Exempeln verknüpft wird. Die kleinen Lesestücke waren eingängig und pointiert, sodass sie sich in besonderer Weise dazu eigneten, in Gruppen gelesen und diskutiert zu werden. Noch häufiger wird in den Leseanweisungen jedoch zur Lektüre der Werke von Johann Heinrich Boeckler geraten, der in den 1650er und 1660er Jahren an der Universität Straßburg wirkte. Insgesamt konnten in den vier Leseanweisungen
Justus Lipsius: Monita Et Exempla Politica, Libri Duo, Qui Virtutes Et Vitia Principum spectant. Antwerpen 1605.Vgl. Bose, Bibliotheca, § 89, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 68; Arnd, Bibliotheca, S. 267. Vgl. Marijke Janssens: „Pulcherrime coeptum opus absolve“: The „Monita et Exempla Politica“ (1605), Justus Lipsius’s last words on politics, in: Astrid Steiner-Weber (Hrsg.), Acta conventus neo-latini upsaliensis. Leiden 2012, S. 493–503.
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mindestens 100 Nennungen seiner Werke festgestellt werden, die meisten davon bei Daniel Hartnack. Boeckler gilt als Nachfolger und Schüler Matthias Berneggers³⁴⁷, beide stehen in der Tradition von Justus Lipsius und dem von ihm maßgeblich mitgestalteten Tacitismus.³⁴⁸ Trotz seiner beeindruckenden Publikationsliste und einer bis ins 18. Jahrhundert hinein anhaltenden Rezeption ist er in der aktuellen Forschung völlig unterrepräsentiert.³⁴⁹ Einzig ein Beitrag in den Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung (1931) bietet einen pointierten Überblick über das Boecklersche Oeuvre. Der Verfasser Ernst Jirgal charakterisiert die Leistungen Boecklers als „nicht von hoher Originalität, aber von bemerkenswertem Durchschnitt“.³⁵⁰ Seine Spitze baut auf die im Kern wichtige Beobachtung, dass die Boecklerschen Schriften in den Augen der Zeitgenossen sehr konsensgebunden sind und einen Standard repräsentieren. Die Zeitgenossen und unmittelbaren Nachfahren Boecklers bewerteten sein Oeuvre genau aus diesem Grund äußerst enthusiastisch: Seine (des Hrn. Böcklers) Schrifften / welche er so wohl der Politischen als auch gelahrten Nachwelt hinterlassen sind so vortrefflich daß sie seinen Nahmen und Ruhm zu den Sternen führen/ und auff ewig erhalten werden.³⁵¹
Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich für alle Rezensenten eine umfassende Beschäftigung mit den Lehren Johann Boecklers nachweisen bzw. sehr sicher annehmen lässt – sei es durch eine direkte Lehrtradition (Bose und Kulpis studierten in Straßburg, als Boeckler dort lehrte) oder durch die intensive Aus-
Zu Bernegger vgl. Bose, Bibliotheca, § 87, 110. Hartnack präsentiert eine umfassende Personalbibliografie zu Matthias Bernegger, die 24 Einträge umfasst: Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 68, 70 f., 82 f.; für Arnd fungiert Bernegger immer wieder als Gewährsmann, zusätzlich gibt er einen ausführlichen biografischen Kommentar. Vgl. insb. S. 113, 257–262. Vgl. Dreitzel, Neustoizismus, S. 704 f.; Ernst Jirgal: Johann Heinrich Bökler, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 45 (1931), S. 322–384, S. 324. Zur Literatur vgl. die Bibliografie bei: Wilhelm Kühlmann: Boeckler, Johann Heinrich, in: Peter Kuhlmann u. Helmuth Schneider (Hrsg.), Brill’s New Pauly Supplements. Supplement I: Bd. 1–8. Bd. 6: The history of classical scholarship. Leiden 2014. Außerdem: Weber, Prudentia, S. 140–145. Fast immer wird Boeckler nur beiläufig und als Bindeglied zwischen verschiedenen Denkströmungen geführt, ein Forschungsdesiderat formuliert auch Horst Dreitzel (Dreitzel, Neustoizismus, S. 705). Jirgal, Bökler, S. 323. Adolphus Clarmundus: Vitae Clarissimorum in re literaria Virorum. Das ist: Lebens-Beschreibung etlicher Hauptgelehrten Männer so von der Literatur profess. gemacht […]. Bd. 2. Wittenberg 1704, S. 260 f.; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 34 f. Zusätzlich: S. 113 f.: „Joh. Henr. Boeclerus, cui sine dubio nemo praeferendus accuratissima cognitione PhilologiaePoliticae & Juris publici fide, magnitudine animi, pietate, ac in patriam & studiosam juventutem amore […].“
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einandersetzung mit seinen Schriften im Laufe des Studiums (Arnd). Als Schüler von Johann Bose muss Hartnack ebenfalls mit den Boecklerischen Lehren in Kontakt gekommen sein, zumindest zeugt seine Leseanweisung von einer Wertschätzung seines Oeuvres. In den Leseanweisungen wird Boeckler vor allem über seine Funktion als Kommentator gekennzeichnet. Boeckler „accurate ostendit“, „erudite exposuit“, „egregie docet“.³⁵² Er wird für seine Editionen und Kommentare zahlreicher namhafter antiker Historiker (Tacitus, Cornelius Nepos, Sueton u.a.) genauso gelobt wie für die Bearbeitungen zeitgenössischer politischer Theoretiker wie Justus Lipsius, Matthias Bernegger und Hugo Grotius. Boeckler gelangen herausragende Differenzierungen „zwischen der Strukturwissenschaft des Aristotelismus und der Handlungslehre von Lipsius hinsichtlich Methode, Absicht und pädagogischen Nutzens.“³⁵³ Er äußerte sich zu politischen Themen seiner Zeit wie der Staatsräson und dem öffentlichen Recht. Zuletzt verfasste er eine eigene Einführung in die Politik, die posthum erschienenen und meist als unvollendet beschriebenen Institutiones Politices. Zu den Vorzügen des Boecklerschen GrotiusKommentars argumentiert Kulpis: Inter Commentatores istos procul dubio primo loco nominandus est Jo. Henricus Boeclerus, cujus Commentatio valde est insignis, tum propter uberrimam auctoris scientiam rerum civilium, tum etiam quod exemplis omnis, & veteris & recentioris aevi, illam instruxerit, ac in quibusdam Grotij locis subobscuris difficilibusque, quae aliis negotium facessere videbantur, accurate explicandis, singulari prorsus eruditione dexteritateque fuerit versatus, ut carere isto libro vix possimus.³⁵⁴
Boeckler gilt ihm als ein Mann herausragender Bildung, der sich insbesondere in Politik sowie Geschichte umfassend auskennt und der auch mit der richtigen Interpretation schwieriger Textstellen keinerlei Probleme hat.³⁵⁵ Arnd fügt hinzu, dass Boeckler die seltene Gabe besitze, ins Innerste eines Schriftstellers vorzudringen, seine Geheimnisse und seinen Erfolg offenzulegen und auf eine Anwendungsebene zu überführen. Er verfüge über einen herausragenden Verstand und Frömmigkeit.³⁵⁶ Eine Semantik von „Neuheit“ oder sprachlicher Schärfe werden Boecklers Schriften durch die Rezensenten hingegen nicht attestiert. Doch genau dies gereicht seiner Rezeption zum Vorteil: Boeckler bildet etablierte
Bose, Bibliotheca, § 13, 61, 96. Vgl. Dreitzel, Neustoizismus, S. 705. Kulpis, Studio, S. 191 f. Vgl. auch: Arnd, Bibliotheca, S. 32. Vgl. ebd., S. 114: „[…] quod multi voluerunt, pauci potuerunt, penetrare in intima Scriptorum & recondita, efficaciamque in illis latentem ac vim aperire & et in usum transferre.“
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Lehrmeinungen ab und synthetisiert sie zu geschlossenen Narrativen. Dies macht ihn für die Rezensenten außerordentlich wertvoll: Bose erwähnt ihn neunmal, Kulpis siebenmal. Hartnack fügt eine eigene Boeckler-Bibliografie in den Anhang seiner Abhandlung, die über 60 Einträge enthält. Für Arnd ist Boeckler einer der Gewährsmänner, auf dessen Werturteile er im Fließtext standardmäßig zurückgreift. Ein derart normativer Charakter lässt sich für kaum einen anderen deutschen Politiktheoretiker des 17. Jahrhunderts nachweisen.³⁵⁷ Die starke Rezeption der Schriften Boecklers im 17. Jahrhundert verdienen eine Prüfung und intensivere Beachtung in der modernen Forschung. Durch den Filter der Boecklerschen Kommentare wurden neue und tradierte Texte im Sinne der zeitgenössischen Politikwissenschaft interpretiert und in eine allgemeine Nutzbarkeit („in usum“) überführt.³⁵⁸ Eine ähnliche Rolle wird auch dem Verfasser der Bibliotheca Politica Contracta, Johann Bose, von Kulpis, Hartnack und Arnd attestiert.³⁵⁹ Bose griff viele Themen seines Lehrers Boeckler auf und vollzog ebenfalls eine philologischhistorische Annäherung an die Politik.Wie Lipsius und Boeckler vor ihm verfasste er einen Tacituskommentar.³⁶⁰ Darüber hinaus betonte er den Nutzen von Geschichte für die Politik bis in die jeweilige politische Gegenwart hinein und konzipierte die notitia rerum publicarum als eine eigenständige Disziplin und als Prototypen der Staatswissenschaften. Die Bibliotheca Politica Contracta fungierte als sein Manifest zur Prudentia Civilis. Der Kompetenzbereich des Hermann Conring erscheint noch einmal ausgedehnter als der von Boeckler und Bose. Sowohl Daniel Hartnack als auch Johann Bose zeigen sich von der Omnipräsenz und der Masse des Conring‘schen Oeuvres überfordert: Von des Herrn Conringii Dissertationibus habe auch nur etliche angeführet/ und hat sich nicht schicken wollen/dieselbe alle in diesen Catalogum zu bringen/ weniger hat mir nöthig zu seyn gedaucht sie hiebey alle zu erzehlen/ weil sie noch so gar selten nicht zu bekommen sind.³⁶¹
Vgl. Jirgal, Bökler, S. 324. Arnd, Bibliotheca, S. 114. Vgl. Kulpis, Studio, S. 145; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 50, 71, 74; Arnd, Bibliotheca, S. 29–35 (ansonsten ständig als Gewährsmann). Johann Andreas Bose/Jacob Lippe: Characteres Beatae Reipublicae, e prooemio vitae Agricolae a Cornelio Tacito scriptae. Jena 1658. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 78; Bose, Bibliotheca, § 15: „Conringius in variis Tractatibus specialibus, & innumeri alii.“
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Zu Lebzeiten Conrings bzw. kurz nach seinem Tod scheint noch kein klarer Konsens darüber zu bestehen, was dieser als Gelehrter geleistet hat. Bose, Kulpis, Hartnack und Arnd führen ihn zunächst noch recht einhellig als Kenner der aristotelischen Politik und der Staatsklugheitslehre.³⁶² Kulpis gibt an, dass die unvergleichbaren Mühen Conrings im De Civili Prudentia Liber Unus das politische Studium besonders gut anleiten würden.³⁶³ Arnd bescheinigt Conring aufgrund seiner politischen Dissertatio De Civili Philosophia Eiusque Optimis Ac Praecipuis Scriptoribus eine besonders gute Urteilsfähigkeit bezüglich der antiken politischen Theoretiker und zitiert routiniert aus Kapitel XIV. von Conrings De Civili Prudentia Liber Unus, das sich über 100 Seiten mit der richtigen politischen Lektüre befasst.³⁶⁴ Hartnack benennt zahlreiche Werke Conrings, die sich an den politischen Aristotelismus anlehnend mit der Civitas und der Staatsräson beschäftigen, sowie einige seiner öffentlich-rechtlichen Abhandlungen.³⁶⁵ Conring gilt seit dem 18. Jahrhundert als Pionier der deutschen Rechtsgeschichtsforschung, der sich „der historischen Untersuchung als einer politischen Waffe bedient“, jedoch spiegelt sich dieses Verständnis in den Leseanweisungen nur schwach wider: Carl Arnd scheint Conring als Interpretatoren klassischer politischer Theorien und Geschichtswerke für geeignet zu halten, als Rechts-, Staats- und Geschichtswissenschaftler scheint er ihn jedoch nicht zu betrachten. Er meidet dessen Traktate und äußert sich eher kritisch zu Conrings Auseinandersetzung mit den Lehren Machiavellis.³⁶⁶ Conrings Versuche, die Wertediskrepanzen zwischen dem Aristotelismus und dem Machiavellismus zu problematisieren, klingen in allen Leseanweisungen insgesamt nur sehr schwach an.³⁶⁷ Bose empfiehlt Conring als Schriftsteller des deutschen öffentlichen Rechts und verweist generell auf seine mannigfachen historischen und politischen Schriften.³⁶⁸ Hartnack listet ihn mehrfach in der Sparte „über das Juspublicum“.³⁶⁹ Nur Kulpis geht über die bloße Nennung der Conringschen Schriften hinaus und nennt neben
Vgl. ebd., § 15; Kulpis, Studio, S. 152; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 50; Arnd, Bibliotheca, S. 74. Vgl. Kulpis, Studio, S. 145. Hermann Conring/Justus Gerhardus Rinckius: De Civili Philosophia Eiusque Optimis Ac Praecipuis Scriptoribus Dissertatio Politica. Helmstedt 1673. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 25 („ubi de antiquioribus praesertim Politicis eruditè agit“); auch: Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 50; Arnd, Bibliotheca, S. 74, 90, 93 […]; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 54. Vgl. ebd., S. 55 f., 59–64, 66 f., 69, 73, 78. Lit.: Willoweit, Conring, S. 138. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 46. Vgl. ebd., S. 58. Lit.: Ottmann, Schulphilosophie, S. 225. Bose, Bibliotheca, § 123, 126. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 72.
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dessen politischen Qualitäten noch seine Kenntnis der alten deutschen Geschichte als Vorzug.³⁷⁰ Die Analyse zeigt, dass die Kanonisierung der Conringschen Werke noch nicht so weit vorangeschritten ist wie bei anderen Gewährsmännern aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Autorität Conrings wird anerkannt, sie manifestiert sich jedoch noch nicht über einheitliche Werturteile, sondern durch eine starke Präsenz in verschiedensten Kategorien der Leseanweisungen. Einig wird man sich schnell über die konsensgestützten propädeutischen und methodologischen Anteile seiner Lehre, doch dort, wo er sich mit Staatsräson, Rechtsgeschichte und öffentlichem Recht beschäftigt, scheint die Verbreitung und öffentliche Diskussion noch in einem frühen Stadium. Zuletzt wird dem Politiktheoretiker und Staatswissenschaftler Johann Christoph Beckmann (1641–1717) ein hoher Stellenwert als Historiker und Theoretiker der Politik zugeschrieben. Da seine frühesten Schriften erst kurz vor dem Tod Boses (1674) erschienen, spielt er in dessen Bibliotheca Politica Contracta keine Rolle, auch Kulpis berücksichtigt ihn nicht. Dafür steht er bei Hartnack und Arnd im hohen Ansehen. Ähnlich wie bei Conring scheint die Kenntnis und darauffolgende Kanonisierung seines Oeuvres noch nicht sehr weit vorangeschritten. Als sein politisches Hauptwerk gelten die Meditationes politicae. Auf das von der neueren Forschung beobachtete radikale Souveränitätskonzept und die Anlehnung an die Thesen von Thomas Hobbes gehen die Rezensenten nicht ein, genauso wenig vermerken sie die – ebenfalls in der Forschung markierte – Verwebung naturrechtlicher und politischer Argumente.³⁷¹ Arnd registriert jedoch etwas kritisch, dass Beckmann sich in einer seiner dissertationes zu positiv über Machiavelli äußere.³⁷² Eine deutlich bessere Werkkenntnis der Rezensenten ist be-
Vgl. Kulpis, Studio, S. 178: „Quis usus sit hujus historiae Veteris cognitionis, praeclare explicavit Hermannus Conringius, praefatione libelli, quo Veterum scriptorum, de Germania, loca collegit.“ Lit.: Willoweit, Conring, S. 129, 141. Johann Christoph Beckmann: Meditationes Politicae. Frankfurt O. 1679 (Ms,IV,137). S. 69. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 47, 53, 75; Arnd, Bibliotheca, S. 46, 100, 331. Beckmanns politisches Werk ist bislang leider unzureichend erforscht. Für vereinzelte Angaben vgl. Dreitzel, Neustoizismus, S. 712; Merio Scattola: Geschichte der politischen Bibliographie als Geschichte der politischen Theorie, in: Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte 20 (1995), S. 1–37, S. 14; Merio Scattola: Scienta Iuris and Ius Naturae: The Iurisprudence of the Holy Roman Empire in the Seventeenth and Eighteenth Centuries, in: Enrico Pattaro, et al. (Hrsg.), A Treatise of Legal Philosophy and General Jurisprudence. Dordrecht 2009, S. 1–41, S. 20 f.; Beckmann, Johann Christoph, in: Lothar Noack u. Jürgen Splett (Hrsg.), Bio-Bibliographien – Brandenburgische Gelehrte der frühen Neuzeit: Mark Brandenburg 1640–1713. Berlin 2001, S. 36–60. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 46.
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züglich der Historia orbis terrarum geographica et civilis nachweisbar, die Beckmann im Jahr 1673 publizierte.³⁷³ Vergleicht man die politischen Systemata mit den exegetischen PoliticaSchriften, so fällt eine abweichende zeitliche Konjunktur auf. Während die politischen Systemata und Überblickswerke kurz nach 1600 herum am häufigsten publiziert wurden und dann immer seltener erschienen, erlebten die discursus und die politische Exegetik bis zur Mitte des Jahrhunderts einen starken Aufschwung und erreichten in den 1670er Jahren ihren Höhepunkt.³⁷⁴ Dabei wandelte sich auch die politische Methodik. Wo fachfremde Exkurse bei Bodin, Contzen und Pierre Grégoire noch kritisiert werden, avanciert die empirische Bestätigung politischer Lehren in der Mitte des 17. Jahrhunderts zum Standard, teilweise rückt die Theorie sogar hinter der Empirie in den Hintergrund.
3.3.2 „Die Experimenta des Politici“ – Historisches Wissen Die klassisch aristotelische Politik deckt nur ein kleines und eher abstraktes Themenspektrum ab, das den Bedürfnissen von Studenten bzw. aktiven höheren Beamten kaum gerecht wurde. Kulpis gibt offen zu, dass Theoretiker an den Universitäten als praktisch tätige politici oft ungeeignet seien. Ein zentraler Bestandteil der Staatsklugheit bestehe darin, allgemeine Lehren im Kontext von Einzelsituationen zu verstehen und anzuwenden.³⁷⁵ Diese Ansicht war seit dem Ende des 16. Jahrhunderts verbreitet und unter Gelehrten einhellig akzeptiert.³⁷⁶ Wo es an eigenen Erfahrungen mangelte, sollte die überlieferte Geschichte als Exerzitium fungieren. Die Versuche, die Politik systematisch mit Exempeln zu verknüpfen, avancierten im Laufe des 17. Jahrhunderts zu einer Hauptbeschäftigung von Gelehrten, die sich mit der Politik befassten.
Johann Christoph Beckmann: Historia Orbis Terrarum, Geographica Et Civilis, De Variis Negotiis Nostri potiss. & Superioris Seculi. Frankfurt O. 1692 (Ms,IV,13).Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 30; Arnd, Bibliotheca, S. 412. Philipp, Politikwissenschaft, S. 70. Vgl. Kulpis, Studio, S. 168. Bose, Bibliotheca, § 26: „Praeceptis itaque subjungenda lectio Historicorum Pragmaticorum.“ Zitiert bei: Arnd, Bibliotheca, S. 105; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 19: „So sind die Geschichte die Experimenta des Politici.“ Lit: Merio Scattola: „Historia literaria“ als „historia pragmatica“, in: Frank Grunert (Hrsg.), Historia literaria. Berlin 2007, S. 37–63, S. 39–45.
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Bose erhebt hohe Ansprüche an politisch nützliche Wissensbestände. Ohne die Verknüpfung mit den Lehren seien sie grundsätzlich nutzlos.³⁷⁷ Ein guter Historiker nehme die politische Exegese schon selbst vorweg und bereite durch eine wahrheitsgetreue Darstellung, eine gute Erklärung des Geschehens und ein gutes abschließendes Fachurteil so weit wie möglich vor.³⁷⁸ Bose unterscheidet zudem zwischen einer prudentiellen und informativen Funktion von Geschichte. Dies zeigen seine Äußerungen zu universal- und rein ereignisgeschichtlichen Werken: Diese nützten nicht zum Erwerb von Staatsklugheit, da sie einen zu großen Wissensbereich abzudecken versuchten. Darüber hinaus könne man bei Universalgeschichten keine authentischen Berichterstattungen erwarten.³⁷⁹ Ihr eigentlicher Nutzen liege darin, über die Ursprünge, Entwicklung und Wandlungen einzelner Akteure und Staaten zu informieren: Durch diese Kenntnis könne man erst die Ursachen und Hintergründe spezifischer Strategien und Ereignisse nachvollziehen.³⁸⁰ Je mehr ein Historienwerk an die Zeitgeschichte heranreicht, desto mehr steht es bei Bose in informativer Funktion. Bei Werken der jüngeren Geschichte und Zeitgeschichte befassen sich seine Wertungen zunehmend mit der Glaubwürdigkeit der überlieferten Informationen, die vor dem Hintergrund der konfessionellen und politischen Haltung des Autors betrachtet wird. Bei Hartnack wird eine ähnliche Differenzierung kenntlich: Er bezeichnet die Geschichte als „experimenta des Politici“ und verweist damit auf ihren prudentiellen Nutzen, der vor allem für die politische Rhetorik wichtig sei.³⁸¹ Im Rahmen
Bose, Bibliotheca, § 25: „Scilicet veram solidamque prudentiae institutionem liberalius & felicius historia profitetur, quodque deest praeceptis, fuggerunt efficacius exempla Quam in rem vide, quae egregie plane disseruerunt e Veteribus Polybius; e recentioribus Is. Causabonus […].“ Erstmals so formuliert bei: Justus Lipsius: Ad Libros Politicorum Breves Notae. Leiden 1589, S. 16. Zit. durch: Bose, Bibliotheca, § 26, dies zitiert wiederum Arnd, vgl.: Arnd, Bibliotheca, S. 105. Bose, Bibliotheca, § 71: „Universalis historiae aliquis quidem non tamen tantus in acquirenda Civili Prudentia, quantus reliquarum specierum, quas enumeravimus, usus est. Nam cum infinita rerum multitudine, in eo comprehendi breviter debeat, fieri non potest, quin plurima relatu digna de singulis consultò praetermittenda, saepius ad Epitomarum rationes dilabendum sit. Adde quod in tanta varietate temporum ac Regionum, quarum res sunt enarrandae, subinde sufficienti indagatione, religiosâque informatione, destituti ejus Autores è revelationibus non adeò authenticis narrationes suas concinnare necesse habeant […]“ Ebd., § 71: Juvabit tamen ad Imperiorum Origines, progressus, mutations, singuularesque divinae providentiae effectus noscendos ejusmodi compendia evolvere, quae saltem aliqua ratione Consiliorum eventuumque causas tangunt.“ Er empfiehlt der politischen Jugend, sich ein nach Themen sortiertes politisch-historisches Memorial anzulegen, das als Exempelsammlung für politische Reden dienen könne. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 7–9. Zu diesem in der Frühen Neuzeit offenbar verbreiteten
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des schulischen Unterrichts solle sich ein Schüler zusätzlich ein ereignisgeschichtliches und geografisches Kontextwissen erarbeiten.³⁸² Über die von ihm benannten Titel wird primär das Studium der Ereignisgeschichte in den Fokus gerückt: „So man gleichsam wie in einer ketten eine Ration und Uhrsach an die andre hängen […] kan“. Ein wahrhaft guter Geschichtsschreiber verstehe sich darin, Ursache und Wirkung zu benennen und die Strategien einzelner Akteure zu berücksichtigen.³⁸³ Kulpis ermutigt seinen Leser zu einem intuitiven und interessengeleiteten Geschichtsstudium: Prinzipiell könne jede Form der Geschichtedarstellung nützen und erfreuen.³⁸⁴ Er selbst befasst sich primär mit der deutschen Geschichte, die auch einen informativen Nutzen hat. Antike Verfasser, werden – sofern überhaupt genannt – immer funktionalisiert. Sehr sinnvoll sei es, die jüngere Geschichte zu studieren: Sed & historia recentior multa heic argumenta suppeditabit, si quis in Monarchicis, annales Galliae, in Aristocraticis, Reipublicae Venetae Commentarios, in mixta formula, Imperij Germanici historias percolere vellet.³⁸⁵
Obgleich Carl Arnd zu Beginn seines Kapitels zu den Historicos das primär prudentielle Geschichtsverständnis von Bose und Lipsius zitiert, kommt in der von ihm benannten Literatur auch informative Nutzbarmachung von Geschichte zum Tragen. Er berücksichtigt auch zeitgeschichtliche Ereignisse, die Bose, Kulpis und Hartnack nicht berücksichtigen. Dazu gehören der Dreißigjährige Krieg, die aktuelle französische Hegemonie unter Ludwig XIV. und der spanische Erbfolgekrieg.
3.3.2.1 Die Historiker der griechischen und römischen Antike Im Zuge des über mehrere Jahrhunderte hinweg prägenden Renaissance-Humanismus‘ im Heiligen Römischen Reich und in Europa galt die griechische und römische Antike der frühneuzeitlichen Gegenwart in kultureller und zivilisatorischer Hinsicht als deutlich überlegen. Die Geschichte wurde als Hilfswissenschaft Argument vgl.: Erich Meuthen: Humanismus und Geschichtsunterricht, in: August Buck (Hrsg.), Humanismus und Historiographie. Weinheim 1991, S. 5–50, S. 26. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 7–9. Ebd., S. 19 f. Vgl. Kulpis, Studio, S. 177: „De necessitudine studij Historici ex superioribus jam satis constat. In hoc autem non tam anxias leges, quam ingenij propensionem sequi debenmus, omnes enim Historiae & prodesse solent & delectari.“ Ebd., S. 167.
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für das literarische Studium antiker Texte herangezogen: „Die Antike präsentierte sich als eine in sich geschlossene, aber fremde, wenngleich eminent geschichtliche Welt, ohne deren Gesamtkenntnis auch das Sprachverständnis unvollkommen bleiben mußte.“³⁸⁶ Die auf die Literatur bezogene Indienstnahme der Geschichte dominierte bis weit hinein ins 17. Jahrhundert. Parallel erfuhr sie eine politisch-ethische Aufladung. Antike Schriftzeugnisse wurden als Zeugnisse für vorbildhaftes tugendbasiertes Verhalten verstanden.³⁸⁷ Die damit einhergehende Deutungsart der Geschichte als magistra vitae wurde den angehenden Politikern an den Schulen und Universitäten meist als einzig relevante Deutungsart vermittelt.³⁸⁸ Bose widmet sich den griechischen und römischen Historikern von allen Rezensenten am ausführlichsten. Da seine Leseanweisung die älteste ist und er in seiner Lehre einer späthumanistischen Tradition folgt, verwundert dies nicht. Als einziger äußert er sich zum politischen Nutzen der außergriechischen und -römischen Antike: Von den Hebraicos und Barbaricos habe sich nur wenig überliefert, was für die Staatsklugheit nutzbar sei. Lediglich in den alttestamentlichen Büchern der Könige, den Chronikbüchern sowie im Buch Josua und bei den Richtern finde sich etwas zu Friedenskünsten. Man könne dieses politische Wissen jedoch nicht mit vollen Händen schöpfen, sondern müsse es vielmehr aus den Texten „herausschürfen“.³⁸⁹ Weder Bose noch Kulpis messen den Heiligen Schriften einen besonderen politischen Nutzen bei.³⁹⁰ Etwas anders verhält sich dies bei Hartnack und Arnd. Beide geben zwar selbst auch keine Auskunft darüber, welche Anteile der Bibel politisch wichtig sind, kennen aber eine Politik ex Christianismi principiis, in der die Heilige Schrift einen zentralen Stellenwert einnimmt. Als Quelle zum göttlichen Recht erscheint die Bibel allen Rezensenten als legitim (vgl. Kap. 6.3).
Vgl. Meuthen, Humanismus, S. 9–11, hier S. 11. Vgl. ebd., S. 15–17; Wolfgang Weber: Zur Bedeutung des Antiquarianismus für die Entwicklung der modernen Geschichtswissenschaft, in: Hilmar Kallweit (Hrsg.), Geschichtsdiskurs. Bd. 1– 5, Bd. 2: Anfänge modernen historischen Denkens. Frankfurt M. 1994, S. 120–135, S. 121–125. Vgl. Meuthen, Humanismus, S. 21 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 28: „Nam ex Hebraeis Barbaricisque scriptoribus nihil fermè superest, quod faciat ad prudentiam civilem acquirendam, si excipias libros Regum & Chronicorum, itemque Josuae & Judicum è quibus nonnullae pacis artes, non tam hauriri quàm erui possunt.“ Politische Theorien, die aus göttlichem Recht (und den dazugehörigen Quellen) abgeleitet wurden, wurden im Rahmen des politischen Aristotelismus meist außer Acht gelassen. Vgl. Horst Dreitzel: Theorien göttlichen Rechts in der Monarchie, in: Michael Albrecht u. Helmut Holzhey (Hrsg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Basel 2001, S. 715–726, S. 717.
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Thukydides wird in allen Leseanweisungen als der politisch wichtigste griechische Historiker markiert: Dieser sei überaus erfahren und klug, da er selbst Regierungsämter innegehabt habe. Kulpis kennzeichnet ihn als Kenner der Aristokratie und Demokratie.³⁹¹ Wo Thukydides bisweilen etwas unverständlich schreibe, sei Polybios (Hartnack zufolge „der fürtrefliche unter allen Historicis“³⁹²) in seinen Ausführungen klar und genau. Er unterwerfe seinen Bericht immer einem abschließenden Urteil.³⁹³ Auch die Geschichtsschreiber Xenophon³⁹⁴, Plutarch³⁹⁵ und Herodian³⁹⁶ werden als politisch relevant markiert. Die Wertungen sind stets mit einem tugendbasierten Vokabular (prudentia, iudicium, experientia) besetzt. Die Verfasser werden dabei nicht nur als Historiker geschätzt, sondern stehen in ganz verschiedenen Funktionen, wie vor allem das Beispiel von Xenophon aufzeigt: Xenophon trage einerseits zur Staatsklugheit bei (Bose), andererseits würden seine Werke eine gute Grundlage zum Studium der antiken Ereignisgeschichte (Bose, Hartnack) und der Sittenlehre (Kulpis) bilden. Hartnack gelten seine Werke als rhetorische Musterbeispiele und zuletzt wird ihm von Arnd auch eine pädagogisch-erzieherische Qualität beigemessen. Plutarch brilliere gleichermaßen durch seine biografischen und politischen Schriften (insbesondere zu den verschiedenen Staatsformen). Da die Römer im Laufe ihrer Geschichte alle politischen Systeme durchlebt hätten, finden sich in ihrer Geschichte in den Augen von Arnd die besten Exempel und Vorbilder.³⁹⁷ Während das Korpus der griechischen Geschichtsschreiber auf wenige Namen reduziert ist, finden fast alle überlieferten römischen Historiker in den Leseanweisungen irgendwann Erwähnung, wobei Bose wiederum die meisten Verfasser nennt und Arnd sich auf drei für ihn wichtige Schriftsteller beschränkt, diese dann aber umso ausführlicher bespricht.
Bose, Bibliotheca, § 28; Kulpis, Studio, S. 169. Für die Legitimierung einer starken Monarchie ließ er sich hingegen nur schwerlich in Dienst nehmen. Vgl.: Stefan Meineke: Thukydidismus, in: Manfred Landfester (Hrsg.), Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Bd. 15,3: Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte, Sco–Z. Stuttgart 2003, Sp. 480–494. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 19. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 108 f. Zitiert nach: Bose, Bibliotheca, § 28; und: Wolfgang Alefeld/ Johann Heinrich Boeckler: Historia schola principum. Straßburg 1640, Kap. I, § 24. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 29, 73, 126; Kulpis, Studio, S. 156; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 16, 32; Arnd, Bibliotheca, S. 288–291. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 29, 33, 34, 70, 86, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 3, 16; Arnd, Bibliotheca, S. 69, 266, 281. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 29, 33, 34; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 3. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 80.
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Die Werke von Polybios, Sallust, Cicero und Tacitus gelten politisch als die ertragreichsten und finden bei allen vier Rezensenten Berücksichtigung. Polybios liefere nicht nur einen herausragenden Bericht der römischen Geschichte bis zum Ende der punischen Kriege, sondern sei darüber hinaus ein Kenner der praktischen Politik, des Verwaltungswesens, sowie der Friedenskunst und Kriegsführung, was besonders gut im sechsten Buch seiner Historia zum Ausdruck komme.³⁹⁸ Etsi enim in hisce non tàm Historicum quam Philosophum aut tacticum agat Polybius, attamen dictu es incredibile, quam illa omnia apta sint augendae omniae prudentiae.³⁹⁹
Zu rezipieren sei er idealerweise über die Editionen von Isaac Casaubon und Johann Boeckler.⁴⁰⁰ Marcus Tullius Cicero⁴⁰¹ wird in Hinblick auf seine politischen Reden und Briefe zu einem Ideal der politischen Rhetorik erhoben, das vor allem stilistisch brilliert. Cicero habe vorbildhaft aufgezeigt, wie überaus wichtig es sei, die Eloquenz mit Klugheit zu verknüpfen. Hartnack empfiehlt Cicero in Hinblick auf Rhetorik als die erste zu konsultierende Schullektüre.⁴⁰² Darüber hinaus gelten den Rezensenten auch Ciceros Offizien in Hinblick auf die Fürstenmoral und Fürstenerziehung als Pflichtlektüre.⁴⁰³ Dass sich das politische Hauptwerk Ciceros De Re Publica nicht überliefert hat, bedauern die Rezensenten kollektiv. Die Cicero attestierte große politische Erfahrung müsse schließlich darin resultieren, dass seine politischen Lehren sehr anwendungsbezogen ausfallen.⁴⁰⁴ Dem wi-
Vgl. ebd., S. 105 f. Conring, Prudentia, S. 326. Zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 108. U.a. Johann Heinrich Boeckler: Lectiones Polybianae Msc. Codicis Augustani ad Illustrissimum Virum Joannem Capellanum Christianissimo Galliarum Et Navarrae Regi a Consiliis. Straßburg 1670; Polybios/Isaac Casaubon: Polybiu Tu Lykorta Megalopolitu Historiōn ta sōzomena. Frankfurt M. 1609. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 32; Kulpis, Studio, S. 179; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 79; Arnd, Bibliotheca, S. 106 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 17, 86, 107–109, 114, 126; Kulpis, Studio, S. 159, 167, 176; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 4, 16, 44; Arnd, Bibliotheca, S. 80–85. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 4, 16. Die stark auf Rhetorik fokussierte Rezeption in der Frühen Neuzeit bestätigt: Manfred Landfester: Ciceronianismus, in: Manfred Landfester (Hrsg.), Der Neue Pauly. Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte, Bd 13: A–Fo. Stuttgart 1999, Sp. 646–650. Vgl. Kulpis, Studio, S. 159; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 44. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 17; Gabriel Naudé: Bibliographia Politica in qua plerique omnes ad Civilem Prudentiam Scriptores quà recensentur, quà dijudicantur, in: Hermann Conring (Hrsg.), Paedia Politices Et Gabrielis Naudaei Bibliographia Politica. Helmstedt 1663, S. 60; zit. bei: Arnd, Bibliotheca, S. 82 f.; Conring, Prudentia, S. 350; zit. bei: Arnd, Bibliotheca, S. 83 f.
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derspricht ein Zitat des brandenburgischen Juristen und Staatsmannes Johann Friedrich Reinhard, welches Arnd in seiner Bibliotheca anführt: Cicero sei zwar sehr politikerfahren gewesen, aber kein Experte der Staatslehre.⁴⁰⁵ Gaius Sallustius Crispus⁴⁰⁶ wird insbesondere für seine einst an Caesar gerichtete Epistola de ordinanda Republica geschätzt, die auch als genuine politische Lehre brauchbar scheint. Darüber hinaus sei sein Stil ähnlich wie der von Thukydides, wenn auch die wenigen überlieferten Schriften keine sehr kraftvollen Urteile enthielten.⁴⁰⁷ Publius Cornelius Tacitus („Pater quasi Politicorum“⁴⁰⁸) wird in der Reihe der antiken Geschichtsschreiber am ausführlichsten besprochen.⁴⁰⁹ Wie Cicero und Sallust gilt Tacitus als Mann von Staatsklugheit und großer Bildung. Er verfüge über eine herausragende Urteilsfähigkeit, aber diese verstecke sich meist in eher beiläufigen Bemerkungen innerhalb seiner Texte.⁴¹⁰ Daher solle er stets in einer kommentierten Version gelesen werden, so dass die tacitistische Staatsklugheit auch ersichtlich, verständlich und anwendbar werde.⁴¹¹ Als die besten Tacituskommentare gelten den Rezensenten jene von Justus Lipsius, Matthias Bernegger, Janus Gruterus, Johann Boeckler und Christoph von Forstner.⁴¹² Über den deutschen Rezeptionskontext hinaus empfiehlt Arnd die Kommentare von David Mevius, Julien Pichon, Theodor Ryck und Abraham Nicolas Amelot de la Houssaie sowie zahlreiche Tacitus-Übersetzungen in die französische, englische, spanische und deutsche Sprache.⁴¹³ Die richtige Lektüre von Tacitus muss Arnd zufolge stets auf eine fundierte Kenntnis der römischen Geschichte bauen. Daraus werde nämlich ersichtlich, dass die politischen Verhältnisse, in denen Tacitus im ersten und zweiten Jahr-
„[Cicero], qui non quidem, ut Plato Reipubl. expers, sed in ea per omnem vitam versatus fuit.“ In: Johann Friedrich Reinhard/Justus Lipsius: Theatrum Prudentiae Elegantioris, Ex Justi Lipsii Libris Politicorum erectum. Wittenberg 1702, S. 58; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 85. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 30, 116, 126; Kulpis, Studio, S. 167; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 16; Arnd, Bibliotheca, S. 77–80. Vgl. Lipsius, Ad Libros (1589), S. 20; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 79; Bose, Bibliotheca, § 30. Arnd, Bibliotheca, S. 109. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 28, 30, 34, 70, 125, 126; Kulpis, Studio, S. 153, 166 f., 178; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 16, 70 f., 79, 80; Arnd, Bibliotheca, S. 109–122. Vgl. Kulpis, Studio, S. 166 f.; Arnd, Bibliotheca, S. 110. Vgl. Kulpis, Studio, S. 167, Arnd, Bibliotheca, S. 110. Bose, Bibliotheca, § 30, 126; Kulpis, Studio, S. 167; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 70 (Liste: „Anmerckungen über und aus dem Tacito“). Für einen Abriss der europäischen Tacitusrezeption vgl.: Muhlack, Tacitismus, S. 164 f. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 112–122.
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hundert nach Christus lebte, denen des 17. Jahrhunderts sehr ähnlich gewesen seien. Dies betreffe die wechselhaften Schicksalswege der Könige, Kaiser und Völker, den unter seinen Zeitgenossen schwelenden Hass gegen die Sicherheit der Parlamente (Parlamentorum securitatis odio), das Phänomen der Bürgerkriege und das Florieren der Kriegskünste.⁴¹⁴ Diese weit verbreitete Aussage ist zugleich eine sehr plausible zeitgenössische Begründung für das Aufkommen des Neustoizismus im späten 16. und 17. Jahrhundert. Die Werke von Tacitus haben darüber hinaus nicht nur einen prudentiellen Gehalt, sie würden auch konkrete Informationen zu den Ursprüngen und den frühen Sitten der Deutschen liefern.⁴¹⁵ Wegen seiner Abhandlung über das Leben seines Schwiegervaters Gnaeus Iulius Agricola gilt er zudem als herausragender Biograf.⁴¹⁶ Als römische Geschichtsschreiber und Politiker zweiten Ranges erscheinen Titus Livius⁴¹⁷, Flavius Arrianus⁴¹⁸, Gaius Julius Caesar⁴¹⁹ und Quintus Curtius Rufus.⁴²⁰ Livius und Curtius werden von Bose in Bezug auf höfische Kontexte und auf die Sittenlehre als sehr lehrreich beschrieben.⁴²¹ Gaius Julius Caesar wird von Bose nur beiläufig geführt, Kulpis benennt ihn als gute Quelle zur frühen deutschen Geschichte.⁴²² In Bezug auf antike Geschichtsschreiber erfolgt eine Wertung fast ausschließlich nach humanistischen Kategorien wie einem Vokabular von Klugheit, Bildung, Urteilsfähigkeit und Erfahrung. Die politisch motivierte Tacitus- und Antikenrezeption der Rezensenten kann klar auf die Impulse von Justus Lipsius zurückgeführt werden, denn ältere Antikenkommentare und Editionen aus Zeiten des klassischen Humanismus werden in der Regel nicht benannt. Der von Lipsius Vgl. ebd., S. 110 f.: „Non est dubitandum in libris Taciti suppetere materiam Seculi nostri moribus quàm simillimam tàm in fato Caesarum, Regum & Civitatum, quam Parlamentorum securitatis odio, item in aliis Exemplis, inconstantiae Regum & Civitatum, bellorum civilium aemulationum, aliarumque artium & MartiumStatisticarum ex ipsa Lectione Taciti optimè relucentium, tàm honestarum ad imitationem, quam inhonestarum ad cautionem propositarum.“ Lit.: Zwierlein, Machiavellismus, S. 926; Muhlack, Tacitismus, S. 165 f.; Derselbe: Tacitismus, in: Manfred Landfester (Hrsg.), Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Bd. 15,3: Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte, Sco–Z. Stuttgart 2003, Sp. 353–358, Sp. 354 f. Vgl. Kulpis, Studio, S. 177 f.; Arnd, Bibliotheca, S. 118. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 70. Vgl. ebd., § 30, 32–34, 101, 126; Kulpis, Studio, S. 167; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 16. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 31, 33 f.; Kulpis, Studio, S. 158; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 43. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 31, 34, 126; Kulpis, Studio, S. 178. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 30, 33 f., 101, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 16. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 30, 101. Vgl. Kulpis, Studio, S. 178.
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begründeten neustoizistischen Schule, der u.a. Jan Gruter, Matthias Bernegger, Johann Boeckler und Bose angehörten, wird in Hinblick auf Tacitus eine Deutungshoheit zugesprochen, an der sich alle nachfolgenden Kommentatoren orientieren. Arnd ist der einzige Rezensent, der – im Rahmen seiner Besprechung von Tacitus – auch die französische, italienische, englische und spanische Antiken-Rezeption in die Leseanweisung einbringt. Beiläufig erwähnt er die in Frankreich populäre ad-usum-delphini-Praxis, nach der antike Klassiker für den Dauphin (also für einen höfisch-erzieherischen Kontext) aufbereitet und entschärft wurden.⁴²³ Im Spiegel der Leseanweisungen erscheinen die politisch relevanten antiken Korpora zum Ende des 17. Jahrhunderts auf wenige antike Größen reduziert. Von den von Bose erwähnten antiken Geschichtsschreibern benennt Arnd (trotz seiner Kenntnis der geltenden Rezeptionstradition) nur noch einen Bruchteil. In diesem Kontext ist auf die sich parallel im französischen Raum ereignende Querelle des anciens et modernes hinzuweisen, die in den späten 1680er Jahren ihren Anfang nahm. Auch wenn sie im deutschen Sprachraum erst in der Mitte des 18. Jahrhundert umfassend aufgegriffen und diskutiert wurde, sind im Rahmen der Leseanweisungen ähnliche Tendenzen festzustellen. Kulpis und Arnd weisen explizit darauf hin. Kulpis versucht, Geschichte zu funktionalisieren (was ihm in Bezug auf die antike Geschichte nur selten gelingt), und Arnd zitiert mehrmals Verfasser aus Werken um die Jahrhundertwende (Rechenberg, Pasch, Struve und Crenius), die sich zum Nutzen antiker Texte kritisch äußern.⁴²⁴ In Frankreich war die Antikenkritik zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich stärker vertreten, davon zeugen sowohl die bereits im 16. Jahrhundert zum Tragen kommenden Angriffe gegen das Primat des Aristoteles als auch die Querelle des anciens et modernes ab 1687.⁴²⁵
3.3.2.2 Jüngere Geschichtsschreibung und Staatsgeschichte Die auf den Historiker Christoph Cellarius zurückgehende Epochentrias Antike, Mittelalter und Neuzeit ist den Rezensenten geläufig und bestimmt die epochale Einteilung der Leseanweisungen. Bose nimmt darüber hinaus Bezug auf die Renaissance, die Mittelalter und Neuzeit miteinander verbindet.⁴²⁶ Die Vorstellung
Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 116. Vgl. die Kompilation kritischer Kommentare zum Nutzen des Aristoteles (ebd., S. 76 f.). Vgl. Abel, Stoizismus, S. 250 f. Zur Durchsetzung der Epochentrias seit Mitte des 17. Jahrhunderts vgl.: Reinhart Koselleck: Geschichte, Geschichten und formale Zeitstrukturen, in: Reinhart Koselleck u. Wolf-Dieter Stempel (Hrsg.), Geschichte – Ereignis und Erzählung. München 1973, S. 211–222, S. 305 f.; Helmut
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eines finsteren und wissenschaftlich unfruchtbaren Mittelalters wird in den Leseanweisung ex negativo durch die weitestgehende Missachtung mittelalterlicher Texte deutlich. Bose weist explizit darauf hin: „E mediae aetatis Historicis vix aliquis instituto meo aptus est […]“.⁴²⁷ Während Hartnack und Arnd sich mit dem Mittelalter und mittelalterlichen Geschichtsschreibern gar nicht auseinandersetzen, benennt Kulpis zwar die deutsche Geschichte seit Karl dem Großen als politisch relevantes Subjekt, die von ihm benannte Literatur ist aber vorwiegend im 17. Jahrhundert verfasst worden.⁴²⁸ Bose führt als die einzigen mittelalterlichen Geschichtsschreiber Saxo Grammaticus, Lambertus von Aschaffenburg (den er ablehnt) und Rodericus Ximenius de Rada auf. Danach liefert er eine Beschreibung der kulturellen Transformationsprozesse im Zuge der Renaissance, auch wenn er den Begriff selbst nicht verwendet: Seit die griechischen Territorien von den Osmanen annektiert worden seien, seien viele gelehrte Männer nach Italien geflohen und hätten dort ihre Studien fortgesetzt. Ihr Vorbild habe zahlreiche italienische Landsleute dazu veranlasst, ihre Wissenschaftspraktiken nachzuahmen und von ihnen zu lernen. In der Folge sei es zu einer Wiedereinrichtung (Instauratio) der Wissenschaften im Okzident gekommen.⁴²⁹ Auf dieser Basis hätten die Geschichtsschreiber des 16. und 17. Jahrhunderts wieder ein Niveau erreicht, das mit dem der alten Griechen und Römer vergleichbar sei.
Italienische Stadtstaaten und Fürstentümer Mit dem italienisch-politischen Schrifttum gerieten auch die italienischen Geschichtsschreiber des 15. und 16. Jahrhunderts um 1600 herum in den Fokus der deutschen Tacitisten. Dies bedingte sich einerseits durch die von Bose bereits angedeutete Rolle der italienischen Stadtstaaten als Geburtsstätte der Renaissance, andererseits durch die spezifische und in den Augen von Zeitgenossen und
Zedelmaier: „Im Griff der Geschichte“. Zur Historiographiegeschichte der Frühen Neuzeit, in: HJb 112 (1992), S. 436–456, S. 442–446. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 35, 37. Ähnlich bei: Lipsius, Ad Libros (1589), S. 21: „Inter mediae aetatis scriptores (proh dedecus!) non est quem pro mediocri Historico laudem. Adeò labente imperio barbaries statim & squallor omnia occuparunt: & siqui scripserunt, ii ferè ad vana delapsi, falso vera, aut maiora vero, miscuerunt.“ Vgl. Kulpis, Studio, S. 180 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 37: „Instaurata tempora dicuntur dum Graeci à Turcis premebantur, ex illa fugére viri doctissimi in Italiam, ibique studia tractarunt, quod cum viderent Itali, & ipsi ad studia animos appulére.“ Solche Italiener wären Paolo Emili, Paolo, Leonardo Bruni, Pandolfo Collenuccio, Giovanni Gioviano Pontano, Polydorus Vergilius, Johannes Aventinus und Albert Krantz.
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Nachfahren vorbildhafte Weiterentwicklung politischer Systeme und Kommunikationswege im 15. Jahrhundert. Die komplexen Beziehungen zwischen den italienischen Stadtstaaten provozierten immer wieder Kriege, in deren Folge jedoch auch Konfliktlösungsstrategien und eine ausgebaute politische Infrastruktur, die sich auf die innere Verwaltung und das Gesandtschaftswesen erstreckte.⁴³⁰ Diese Mischung aus hegemonialer Kultur, großem Reichtum und starken politischen Verwicklungen führte zu einer hohen Ausstrahlungskraft auf das restliche Europa. Die hohe Zahl der im italienischen Raum publizierten zeitgeschichtlichen Berichterstattungen stieß in der westeuropäischen Öffentlichkeit auf großes Interesse. Von den italienischen Autoren bespricht Bose Franciscus Guicciardini, Paolo Giovio und Pietro Bembo sehr ausführlich und wohlwollend. Er hält sich dabei eng an die Aussagen von Justus Lipsius, der sie bereits in seinem Traktat Ad libros politicorum breves notae behandelt hat.⁴³¹ Die Historia Italica von Franciscus Guicciardini sei in der italienischen Version weit besser zu lesen als in der lateinischen. Darüber hinaus attestiert Bose Guicciardini eine herausragende Urteilsfähigkeit bezüglich der von ihm beschriebenen Ereignisse, an denen er als Angehöriger einer angesehenen florentinischen Familie auch selbst partizipiert habe. Makel will er – im Gegensatz zu Justus Lipsius – nicht benennen.⁴³² Paolo Giovio sei sehr redegewandt und klug, verfasse die Historiarum sui temporis (über die Jahre 1494–1547) jedoch vor allem als eine Lobrede auf die Medici.⁴³³ Ebenfalls als parteiisch gilt Bose die Geschichte Venedigs von Pietro Bembo.⁴³⁴ Franciscus Sansovinus sei ein Kenner der türkischen Geschichte, die er von ihren Anfängen bis in die Gegenwart verfolge. Zusätzlich empfehlenswert und prudentiell nützlich seien seine Bücher De Gubernatione diversorum Regnorum & Rerum publicarum und seine politischen Aphorismen.⁴³⁵ Abgesehen von Il Principe hat die Istorie Fiorentine von Niccoló Machiavelli eine gesonderte Reichweite. Als Historiker steht er in gutem Ruf und wird von Bose ausdrücklich gelobt: Trotz seiner Kürze decke das Werk die florentinische Vgl. Friedrich Meinecke/Walther Hofer: Die Idee der Staatsräson in der neueren Geschichte. Stuttgart 1957, S. 35. Vgl. Lipsius, Ad Libros (1589), S. 23 f. Bose, Bibliotheca, § 39. Paolo Giovio: Historiarum Sui Temporis. Florenz 1550–1552. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 40. Pietro Bembo: Petri Bembi Cardinalis Historiae Venetae Libri XII. Venedig 1551. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 41. Zur venezianischen Geschichte nennt Arnd: Battista Nani: Historia della republica Veneta. Venedig 1676. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 163 f. Francesco Sansovino: Del governo dei regni e delle repubbliche. Venedig 1561; Derselbe: Historia universale dell’origine et imperio de’Turchi. Venedig 1568. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 46; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 33.
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Geschichte von der Antike bis in das Jahr 1494 ab, sie sei sehr geistreich verfasst und ihres Verfassers würdig. Auch der Anti-Machiavellist Arnd zitiert nur positive Werturteile über Machiavellis Istorie Fiorentine.⁴³⁶ Zu Guicciardini, Paolo, Bembo und Sansovino äußert sich primär Johann Bose.⁴³⁷ Da die Rezensenten sich sonst stark auf die Leseanweisung von Bose stützen, muss hier eine bewusste Dezimierung des Korpus der als relevant erachteten italienischen Autoren stattgefunden haben, die übereinstimmend von Hartnack, Kulpis und Arnd getragen wird. Arnd rückt alternativ die in den 1690er Jahren erschienenen Werke von Gregorio Leti in den Vordergrund. Das Werk L’Italia regnante bilde herausragend den gegenwärtigen Zustand und die Einwohnerschaft Italiens ab.⁴³⁸ Tendenziell scheinen die italienischen Historiker an Raum und Beachtung zu verlieren. Dies hat seine Ursache sicherlich in der Rückbildung der italienischen Hegemonie im 17. Jahrhundert und dem damit einhergehenden Verlust eines politischen Vorbildcharakters. Sizilien und Sardinien fielen an Spanien, der Mittelmeerhandel verlor zulasten des Atlantikhandels an Relevanz und zudem litten die italienischen Stadtstaaten (ganz besonders Venedig) an der osmanischen Expansion in der Levante.⁴³⁹ Zusätzlich waren die oligarchischen Machtverhältnisse im Italien des 15. und 16. Jahrhunderts auf das Staatensystem des 17. Jahrhunderts schwieriger anwendbar, in welchem ein zentralistisch ausgerichteter Hof zur favorisierten politischen Plattform avancierte.
Frankreich In den Augen der Rezensenten beginnt die französische Geschichtsschreibung mit der Cronique & hystoire […] contenant les choses aduenues durant le regne du roy Loys vnziesme von Philippe de Commynes. Darin berichtet der Verfasser in personaler Perspektive von seinen Erfahrungen in Diensten von Ludwig XI. und Karl VIII. von Frankreich. Spätere Ausgaben werden erstmals als Memoires beti-
Niccolò Machiavelli: Istorie Fiorentine. Florenz 1532. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 41; zit. bei: Arnd, Bibliotheca, S. 44. Dasselbe gilt für: Bartholomaeus Platina, Johannes Trithemius, Paolo Sarpi, Tommaso Campanella, Antonio Ciccarelli, Gasparo Contarini und Donato Giannotti. Gregorio Leti: L’Italia Regnante. ò Vero Nova Descritione Dello Stato presente di tutti Prencipati. Genf 1675. Vgl. Fernand Braudel: Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. Bd. 1–3, Bd. 2. Frankfurt M. 1990, S. 386; Derselbe: Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II., Bd. 1–3, Bd. 3. Frankfurt M. 1990, S. 652.
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telt.⁴⁴⁰ Die moderne Memoirenforschung weist dem Werk eine historische Schlüsselstellung zu.⁴⁴¹ Bose interpretiert das Werk als Ereignisgeschichte, die stilistische Andersartigkeit des Werkes fällt ihm aber dennoch auf.⁴⁴² Er beschreibt sie in Abstraktion zu dem ihm bekannten Wissenschaftsverständnis: Trotz seiner mangelnden akademischen Ausbildung habe sich Commynes auf Basis seiner langjährigen politischen Erfahrung eine außerordentliche Klugheit erarbeitet.⁴⁴³ Er habe die Taten der Kontrahenten Ludwig XI. und Karl VIII. den Wissenschaften zugänglich gemacht, ohne eine akademische Ausbildung erhalten zu haben.⁴⁴⁴ Kulpis zeigt sich ähnlich positiv-überrascht: Commynes habe einen ungemein anwendungsbezogenen Fokus und ignoriere die gelehrten Wissenschaften. Dabei erreiche er jedoch mehr als die meisten seiner gebildeten Kollegen.⁴⁴⁵ Ungewöhnlich positiv reagieren die beiden Rezensenten auf die Publikation des Werkes in französischer Sprache. Ausnahmsweise gilt ihnen die Lektüre in Originalsprache als nutzbringender.⁴⁴⁶ Jacques-Auguste de Thou steht weniger aus stilistischen als vielmehr inhaltlichen Gründen in hohem Ansehen.⁴⁴⁷ Obwohl er selbst der römisch-katholischen Kirche angehörte, werden die Rezensenten nicht müde zu betonen, wie moderat er in Glaubensdingen urteile. Dies betreffe insbesondere seine Darstellung der von Vgl. Hermann Kleber: Die französischen Mémoires: Geschichte einer literarischen Gattung von den Anfängen bis zum Zeitalter Ludwigs XIV. Berlin 1999, S. 99. Vgl. ebd., S. 95–132. Philippe de Commyne: Cronique & hystoire. Faicte & composee par feu messire Philippe de Commines Cheualier, seigneur Dargenton; contenant les choses aduenues durant le regne du roy Loys vnziesme. Paris 1524. Lit.: Kleber, Mémoires, S. 127. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 2, 43. Zur Rezeptionsgeschichte vgl.: Kleber, Mémoires, S. 128 f., 137. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 43: „At in Gallia paulò antè Philippus Cominaeus, Eques Flandriae, sola naturae ingeniique brevitate, rerum civilium usu sine literarum studiis ad ingentem prudentiam enixus, tantâ fide & prudentiâ res gestas Ludov. XI. & Carol. IIX. Galliae Regum literis consignavit […].“ Angelehnt an: Lipsius, Ad Libros (1589), S. 22: „At patrum & nostro aevo videtur Historia se commovisse. Scripsit eam ante annos paullo minus centum Philippus Cominaeus, ita laudabiliter, ut nihil verear componere eum cum quovis antiquorum. Incredibile est quàm ille omnia videat, penetret, arcana consiliorum eruat, & subinde instruat nos salutaribus rarisque praeceptis. & subinde instruat nos salutaribus rarisque praeceptis. & id diffusè, Polybiano quodam exemplo. Quamquam revera Polybium aut talem aliquem ille nec vidit: & hoc quoque laudem eius auget, quod tanta praestitit, litterarum omnium rudis, solo usu peritus, & naturali quâdam iudicij bonitate. Ite nunc scioli, & linguarum aliquâ cognitiunculâ vobis placete. At Princeps noster hunc legito, & Enchiridium Cominaeus illi esto. Dignus Alexandris omnibus hic Philippus.“ Vgl. Kulpis, Studio, S. 170 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 43; Kulpis, Studio, S. 171. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 38, 70, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 17; Arnd, Bibliotheca, S. 138–157.
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ihm beklagten französischen Konfessionskriege und der Bartholomäusnacht, die er im Rahmen seiner Historia sui temporis (1543–1604) ausdrücklich als Gräueltat der Katholiken verurteile.⁴⁴⁸ Dieses Eingeständnis kennzeichnet Thou in den Augen der protestantischen Rezensenten als wahrhaft großen Historiker, der sich mit den antiken Größen durchaus messen könne.⁴⁴⁹ Dabei wird es als Qualitätsurteil verstanden, dass Thou von katholischen Rezensenten meist negativ besprochen wird und er mit seiner Position beim katholischen Publikum regelrecht verhasst war.⁴⁵⁰ Mängel fänden sich jedoch bei seiner Darstellung der gesamteuropäischen Verhältnisse.⁴⁵¹ An das Werk von Thou knüpfe Gabriel Barthélemy de Gramond an, der die Regentschaft von Ludwig XIII. über die Jahre 1610 bis 1629 verfolgt.⁴⁵² Arnd beschreibt seinen Stil als sehr ehrlich und direkt („[…] non dissimulans gravissima aulae & Magnatum peccata“⁴⁵³), Bose unterstellt ihm, gefühlsgeleitet zu argumentieren und Dinge zu verschweigen.⁴⁵⁴ Gramonds Darstellung der Protestanten und ihrer Geschichte beurteilen die Rezensenten als sehr unstet: Mal nehme Gramond die Hugenotten in Schutz, dann wieder erscheine seine Darstellung protestantischer Fürsten negativ verzerrt.⁴⁵⁵ Zur Last gelegt wird ihm außerdem, dass er nur über französische Geschichte schreibt und nicht über Gesamteuro Jacques-Auguste de Thou: Historiarum Sui Temporis Pars Prima. Paris 1604. Zur konfessionellen Berichterstattung vgl.: Bose, Bibliotheca, S. 38; Arnd, Bibliotheca, S. 141: „Graviter de immaturâ istiusmodi medicinâ disseruit & gentis suae in Protestantes saevitiam reprehendit in Praefatione operis sui Historici.“ Auch: S. 150 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 38; Arnd, Bibliotheca, S. 146; auch: Struve, Bibliotheca Philosophica (1704), S. 202, zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 150: „Exemplum probi fidique Historici praebet Jacob. August. Thuanus. […] Opus est exactissimi judicii & summae fidei, etiam in rebus religionem concernentibus, in quibus recensendis summâ aequitate utitur.“ Vgl. ebd., S. 152 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 38; Arnd, Bibliotheca, S. 149–151. Gabriel Barthélemy de Gramond: Historiarum Galliæ Ab Excessu Henrici IV. Libri XVIII. Quibus rerum per Gallos totâ Europâ gestarum accurata narratio continetur. Toulouse 1643. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 51 f., 125 f.; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 17; Arnd, Bibliotheca, S. 158–162. Christian Funcke: Quadripartitum Historico-Polit. Orbis Hodie-Imperantis Breviarium e Celebrioribus Nostri Aevi Scriptoribus Polit. Praecipua Imperia, Regna, Ducatus, Respublicas, Studiosae Juventuti Erotematica, h. e. facillima, Methodo exhibens. Leipzig 1676, S. 388 f.; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 159; Wilhelm Ernst Tentzel: Julius. Monatliche Unterredungen Einiger Guten Freunde Von Allerhand Büchern. Julius. [Leipzig] 1692, S. 587; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 165. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 52. Vgl. ebd., § 52; Johann Burchard May: Oratio De Scribenda Historia Universali Huius Seculi, eoque pertinentibus Necessariis Subsidiis. Kiel 1693, S. 22; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 162; Struve, Bibliotheca Philosophica (1704), S. 332; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 162.
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pa.⁴⁵⁶ Darüber hinaus gelten die Werke von Claude de Seyssel⁴⁵⁷ und dem italienischen Chronisten der französischen Religionskriege, Arrigo Caterino Davila⁴⁵⁸, als gelungene Informationsquellen zur französischen Geschichte. Auffällig ist, dass es sich bei allen genannten Autoren um Katholiken handelt, obwohl zu diesem Zeitpunkt längst eine umfangreiche hugenottische Publizistik existiert, die die französischen Religionskriege im protestantischen Sinne bewertete.⁴⁵⁹ Im 17. Jahrhundert entwickelten sich Paris und das nahegelegene Versailles zu den größten Zentren der europäischen Kulturproduktion. Massiv gefördert wurde diese Entwicklung durch Ludwig XIV., der sich seiner Außenwirkung bewusst war und es verstand, mithilfe von Zeremoniell, Architektur, Kunst, Musik, Literatur und Geschichtsschreibung komplexe Symboliken und Narrative zu konstruieren, die von einer finanziell profitierenden Künstlerschicht multipliziert wurden. Um seine Herrschafts- und Machtansprüche zu stützen, setzte er umfassende finanzielle Ressourcen ein. Zum Ende des 17. Jahrhunderts verbreitete sich in Europa der Eindruck eines zentralistischen und von adeliger sowie ständischer Einflussnahme verhältnismäßig autonomen französischen Königtums. Unabhängig von der noch immer umstrittenen Frage nach der tatsächlichen Realisierung und der Einmaligkeit eines französischen „Absolutismus“ gelang dem französischen Königtum unzweifelhaft eine lokale Verdichtung des politischen Lebens. Die bei Hofe angelegten Vorstellungen von Politik, Regierung und höfischem Zeremoniell weckten an den europäischen Höfen konfessionsunabhängig sowohl Aufmerksamkeit als auch Bewunderung und wurden teilweise adaptiert. In diesem Sinne erfreuten sich die Historienwerke und Augenzeugenberichte, die die französische Politik und Geschichte dokumentierten, wachsender Beliebtheit. Zwar räumen Bose und Hartnack der französischen Geschichte viel Platz und Beachtung ein, nehmen hier aber vor allem die Hugenottenkriege in den Blick. Eine „besondere“ Entwicklung des französischen Königtums registriert von den Rezensenten nur Arnd: Etwas verwundert vermerkt er 1705 den Personenkult um Ludwig XIV. und eine erstarkende kollektive Identität. Alle Franzosen würden begierig den Ruhmesweg von Ludwig XIV. studieren, sie wollten ihn unter keinen Umständen von einem Ausländer herabgesetzt sehen und würden unablässig
Vgl. ebd., S. 160; May, Oratio, S. 22; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 161. Claude de Seyssel: La grant Monarchie de France, composée par missire Claude de Seyssel, lors evesque de Marseille et à present archevesque de Thurin. Paris 1519 (erstmals 1515 erschienen). Vgl. Bose, Bibliotheca, § 77. Arrigo Caterino Davila: Historia delle Guerre Civili di Francia. Venedig 1630. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 45. Jacky Provence: Introduction, in: Jacky Provence (Hrsg.), Mémoires et mémorialistes à l’époque des guerres de religion. Paris 2015, S. 7–11, S. 10.
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seine Position verfechten.⁴⁶⁰ Er zitiert darüber hinaus Johann Burchard May, der die Werke der Kardinäle Richelieu und Mazarin als die Bühne großer Veränderungen beschreibt, die in der aktuellen französischen und europäischen Geschichte derzeit stattfänden.⁴⁶¹ Er verweist für die neueste Geschichte und Zeitgeschichte auf die Werke von Charles-François Menestrier⁴⁶², Louis Legendre⁴⁶³ und Roger de Bussy-Rabutin⁴⁶⁴, die ihre Ereignisgeschichten allesamt auf Ludwig XIV. ausrichten. Menestrier entwarf eine so genannte Histoire Metallique, welche die Geschichte und das Leben Ludwigs über Abbildungen von Medaillen und Münzen dokumentiert.⁴⁶⁵ Zahlreiche Beobachtungen zur französischen Geschichte von Heinrich IV. bis zu Ludwig XIV. (ganz besonders zum Leben und zu den Kriegen und Friedensschlüssen des letzteren) fänden sich darüber hinaus im Theatrum Gallicum des italienischen Historikers Gregorio Leti.⁴⁶⁶ Der thematische Fokus der Rezensenten zeigt zwei Schwerpunkte auf, die sich sowohl über die Titel der benannten Werke als auch über die Werturteile der Rezensenten bemerkbar machen: Die älteren benannten Historienwerke konzentrierten sich auf die Religionskriege des 16. Jahrhunderts und besonders auf die als ungerechtfertigtes Blutbad deklarierte Bartholomäusnacht vom 23./ 24. August 1572, in der zahlreiche Anführer der französischen Hugenotten ermordet wurden. Gut fünfzehn Jahre später kam es mit der Regentschaft des zum Katholizismus konvertierten Hugenotten Heinrich von Navarra (Heinrich IV.) zu
Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 181, über Louis Legendre: „Auctor Nobilissimus magno id ingenio nec minori styli elegantia pertractavit Regis Christianissimi, Ludovici magni gloriae, cui tàm impense Galli omnes student, nec exteri derogatum quid cupiunt, nusquam non velificatus.“ Vgl. May, Oratio, S. 24 f.; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 325: „Prae caeteris ominbus in Historia Galliae pragmatica commendanda sunt Ministeria Memoriae ac Literae Cardinalium Richelii & Mazarini, Latinâ Gallicâque Linguis evulgata, è quibus Rerum Gallicarum haud tantum sed earum etiam, quae extra Galliam passim in Europa, in qua tum magnarum mutationum scena struebatur, per id Tempus gestae sunt, cognitio hauriri potest […].“ Zu Mazarin und Richelieu vgl. Kap. 3.4.2.4. Claude-François Menestrier: Histoire du Roy Louis le Grand. Par les medailles, emblêmes […] et autres monumens publics. Paris 1689. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 180 f. Louis LeGendre: Essai de l’histoire du règne de Louis Le Grand jusques à la paix générale de 1697. Paris 1697. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 181. Roger de Bussy-Rabutin: Histoire De Louis XIV. Roy De France, Et De Navarre. Amsterdam 1700. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 181 f. Burke verweist auf die hohe Glaubwürdigkeit von Münzen, Inschriften und Medallien, die im Zuge eines erstarkenden quellenkritischen Bewusstseins der Zeitgenossen immer häufiger herangezogen wurden. Vgl. Peter Burke: Two Crises of Historical Consciousness, in: Storia della storiografia 33 (1998), S. 3–16, S. 9. Gregorio Leti: Teatro Gallico, O Vero La Monarchia Della Real Casa Di Borbone In Francia. Amsterdam 1691. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 185.
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einem politischen Wechsel und zur Wiederherstellung des Religionsfriedens. In diesem Kontext war die „richtige“ Deutung der vorangegangenen Religionskriege ein entscheidendes Moment, das – zumal in Zeiten des 30jährigen Krieges – nicht nur für die französischen, sondern für die gesamteuropäischen konfessionellen Fraktionen als identitätsstiftendes Medienereignis fungierte.⁴⁶⁷ In der Leseanweisung von Carl Arnd deutet sich darüber hinaus ein verstärktes Interesse am Hof Ludwigs XIV. an.
Britische Inseln Die britische Geschichte nimmt in den Augen der Rezensenten einen nachgeordneten Stellenwert ein. Die geografische Isolation vom Kontinent, begünstigte eine politische und militärische Isolation, die im 16. Jahrhundert und während des Dreißigjährigen Krieges verhältnismäßig akut war. Die Stuarts waren mit der Sicherung ihrer Macht im Inland befasst und militärisch wenig in den Dreißigjährigen Krieg involviert.⁴⁶⁸ Die englische Geschichte wird von den Rezensenten hauptsächlich über die Werke von George Buchanan, William Camden und Francis Bacon rezipiert. Teils als Historienwerk und teils als Fürstenspiegel wird die 1615 publizierte Historia Regis Henrici VII. von Francis Bacon (alias Verulamius) erachtet.⁴⁶⁹ Bacon verfüge über langjährige Erfahrungen als Lordkanzler und urteile zu Recht, dass der englische König Heinrich VII. (der die Dynastie der Tudors begründete und die Rosenkriege beendete), allen gegenwärtigen Monarchen zum Vorbild gereichen müsse. Dass die Biografie Heinrichs VII. seit Beginn des 17. Jahrhunderts neue Aufmerksamkeit und Bewunderung auf sich zog, erklärt sich in Anbetracht der Kriege und Bürgerkriege, die Frankreich im späten 16. Jahrhundert und das deutsche und englische Reich in der Mitte des 17. Jahrhunderts durchlebten. Heinrich VII., der England nach Beendigung der Rosenkriege unter sich vereinte und die Krone durch seine Sparpolitik zum Wohlstand führte, war eine für die Friedenssehnsüchte der Zeit sehr geeignete Projektionsfläche. Die Rosenkriege bildeten wie die unruhigen Lebzeiten des Tacitus ein Identifikationsmoment.
Vgl. Zwierlein, Machiavellismus, S. 903, 918 f. Vgl. Klaus Malettke: Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen. Bd. 1–9, Bd. 3: Hegemonie – multipolares System – Gleichgewicht. 1648/1659–1713/1714. Paderborn 2012, S. 153 f. Francis Bacon: The Historie Of The Raigne of King Henry The Seventh. London 1622. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 52; 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 72; Arnd, Bibliotheca, S. 291–293 (besprochen im Kapitel der Paedeuticos).
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1583 publizierte George Buchanan in Edinburgh die Historia Rerum Scoticarum, die Bose als sehr eloquent, klug sowie fundiert erachtet und in der die frühen Ursprünge der Schotten behandelt würden.⁴⁷⁰ Er unterstellt Buchanan jedoch Käuflichkeit und eine problematische Sichtweise auf die schottische Königin Maria Stuart, der gegenüber er sehr ablehnend eingestellt gewesen sei und deren Macht er infrage gestellt habe. Aus diesen Gründen sei es ratsam, die Gegenschrift von William Barclay hinzuzuziehen.⁴⁷¹ Kulpis hingegen kategorisiert Buchanan schlicht als Monarchomachen, dieselbe Ansicht kann Arnd und Hartnack dazu veranlasst haben,Werk und Autor zu übergehen.⁴⁷² Im Gegenzug gelten die Werke des englischen Historikers William Camden den Rezensenten als weniger kontrovers.⁴⁷³ Die Britannia beschreiben Bose und Arnd als eine sehr fundierte Ereignisgeschichte, die wichtige Informationen zu antiken Ursprüngen und zur britischen Geografie beinhalte.⁴⁷⁴ Von qualitativem Wert sei außerdem seine Beschreibung Englands zur Zeit der Regierung von Elisabeth I.⁴⁷⁵ Es gelinge ihm hervorragend, die Weisheit und Tapferkeit der Monarchin abzubilden, wobei er den Umstand ihres Geschlechts weitestgehend außer Acht lasse.⁴⁷⁶ Nicht auszuschließen sei jedoch, dass König Jakob I. Camdens Darstellung der Ereignisse um Maria Stuart beeinflusst habe.⁴⁷⁷
George Buchanan: Rerum Scoticarum Historia. [s.l.] 1583. i.e. William Barclay: De Regno et regali potestate adversus Buchananum, Brutum, Boucherium, & reliquos monarchomachos, libri 6. Paris 1600. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 53. Vgl. Kulpis, Studio, S. 172. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 52; Daniel Hartnack: Erachten von Einrichtung der Alten Teutschen und neuen Europäischen Historien, in: Jürgen Wilke, et al. (Hrsg.), Die frühesten Schriften für und wider die Zeitung. Baden-Baden 2015, S. 158–192, S. 17, 31; Arnd, Bibliotheca, S. 128–131. William Camden: Britannia sive Florentissimorum regnorum, Angliæ, Scotiæ, Hiberniæ, et insularum adiacentium ex intima antiquitate chorographica descriptio. London 1586. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 52. William Camden: Annales Rerum Anglicarum, Et Hibernicarum, Regnante Elizabetha, Ad Annum Salvuis M. D. LXXXIX. London 1615. Vgl. Hermann Conring: Propolitica Sive Brevis Introductio in Civilem Philosophiam. Helmstedt 1663, S. 333; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 130: „Plenum variae prudentiae opus est illud de rebus Elisabethae Guil. Cambdeni perinde atque Elisabethae sapientia ac fortitudo captum sexus multum excessit verè miraculum sui aevi.“ Vgl. ebd. S. 131: „Judicio utitur gravi & fide debitâ nisi quod in causa Mariae Scoticae aliqua jussu Jacobi Regis è MSto erasa atque alterata.“ Entlehnt bei: Burkhard Gotthelf Struve: Selecta Bibliotheca Historica Secundum Monarchias, Regna Secula Et Materias Distincta. Jena 1705, S. 414 (Struve spricht lediglich von einer allgemeinen Zensur durch Jakob I.).
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Arnd verweist auf die in den 1690er Jahren publizierten Werke von Gregorio Leti: Zu empfehlen sei einerseits seine Lebensbeschreibung von Elisabeth I.⁴⁷⁸, andererseits sein 1684 erschienenes Theatrum Britannicum, in dem der gesamte öffentliche Status Britanniens und seine gesamte Geschichte erläutert seien.⁴⁷⁹ Bezüglich der neuesten englischen Geschichte um Wilhelm III. von Oranien wird von Arnd auf die Metallene Geschichte Wilhelms III. von Nicolas Chevalier verwiesen, der die englische Geschichte nach dem Vorbild von Claude-François Menestrier über Abbildungen und Beschreibungen von Münzen und Inschriften nachzuvollziehen versucht.⁴⁸⁰ Die England-Rezeption fokussiert die jüngere Geschichte und scheint an Beachtung zu gewinnen. Arnd benennt als einziger Werke, deren Inhalte über den Tod von Elisabeth I. hinausgehen. Ein Bewusstsein für das sich ausdehnende Handelsimperium und Kolonialreich manifestiert sich nicht. Stark beachtet wird hingegen das Verhältnis zwischen Schotten und Engländern, die seit dem Herrschaftsantritt von Jakob I. in Personalunion regiert wurden. In diesem Kontext erhält die Narration der Hinrichtung von Maria Stuart auf Befehl von Elisabeth I. eine neue Brisanz, da der neue König Jakob I. sie als Sohn jener Hingerichteten entsprechend zu rehabilitieren versucht. Doch auch schon vor seinem Herrschaftsantritt war die Hinrichtung einer von Gott eingesetzten Königin auf Befehl einer anderen ein sehr konfliktgeladener Vorgang. Obgleich Maria Stuart Katholikin war, Elisabeth hingegen die anglikanische Kirche vertrat, ist in den Leseanweisungen Empathie für Maria Stuart bemerkbar.
Die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen und die Spanischen Niederlande Wenn die Rezensenten von den Belgicas sprechen, so meinen sie die ehemals burgundischen Territorien nahe der Nordseeküste, aus denen im Zuge des Achtzigjährigen Kriegs die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen und die Spanischen Niederlande hervorgingen. Die publizistische Verarbeitung der konfliktgeladenen jüngeren Geschichte der Region verlief – ähnlich wie die der Bartholomäusnacht – als Platzhalter für die Austragung allgemeiner konfessio-
Grégoire Leti: La Vie D’Elizabeth Reine D’Angleterre. Amsterdam 1694 (Ms,VIII,294). Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 183 f. Gregorio Leti: Il Teatro Brittanico O vero Historia Della Grande Brettagna. Amsterdam 1684 (Ms,VIII,300). Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 186. Nicolas Chevalier: Histoire metallique de Guillaume III, roy de la Grande Bretaigne […] par medailles, inscriptions. Amsterdam 1692 (Ms,II,160); Menestrier, Histoire. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 175 f.
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neller und politischer Rivalitäten. Die Kontroversen wurden durch die ausgezeichnete mediale Infrastruktur der Provinzen (insbesondere in Leiden und Amsterdam) noch verstärkt. Der Bellum Belgicum gilt den Rezensenten als der mit Abstand wichtigste Teil der Geschichte dieser Region. Als Standardwerke wurden die Abhandlungen der Leidener Gelehrten Dominicus Baudius⁴⁸¹ und Johannes Meursius betrachtet⁴⁸², die sowohl von Bose als auch Arnd erwähnt werden.⁴⁸³ Bose erklärt, dass Meursius Baudius an Klugheit mindestens gleichkomme und ihm eventuell sogar überlegen sei. Arnd beschäftigt sich inhaltlich nicht mit den Werken, lässt aber über einen polemischen biografischen Kommentar, nach dem Baudius ein lasterhaftes Leben geführt habe, während Meursius ein großartiger Philologe gewesen sei, seinen Favoriten klar erkennen. Die Abhandlung Famiano Stradas De Bello Belgico findet bei Bose trotz der jesuitischen Verfasserschaft Anklang.⁴⁸⁴ Zur allgemeinen Ereignisgeschichte werden die Werke von Ubbo Emmius, Aubert Le Mire, Marcus Boxhorn und Hugo Grotius.⁴⁸⁵ Arnd sieht die niederländische Geschichte außerdem bei Pierre Bizot berücksichtigt, der eine Geschichte des holländischen Münzwesens publiziert hat, die von Joachim Oudaan.⁴⁸⁶ In den Werken fänden sich zahlreiche ereignisgeschichtliche Informationen und auch die Geschehnisse um den Dreißigjährigen Krieg, der die Unabhängigkeit der Republik der Sieben Vereinigten Provinzen schlussendlich besiegelt habe, seien hinreichend berücksichtigt.
Das Heilige Römische Reich und dessen Acta Publica Je größer die Rezensenten den informativen Nutzen von Geschichte einschätzen, desto wichtiger erachten sie eine exakte Kenntnis jener politischen Systeme, mit
Dominicus Baudius: Dissertatiuncula super induciis belli Belgici. [s.l.] 1609. Johannes Meursius: Rerum Belgicarum Liber Unus. Leiden 1612. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 54; Arnd, Bibliotheca, S. 132–138. Famiano Strada: De Bello Belgico. Mainz 1651 (Ms,IV,61). Vgl. Bose, Bibliotheca, § 48; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 16. Ubbo Emmius: Rerum Frisicarum Historia. Distincta In Decades Sex. Leiden 1616. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 43; Marcus Zuerius Boxhorn: Commentariolus de statu Confoederatarum Provinciarum Belgii. Den Haag 1649. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 78. Ohne Titelangabe: Aubert Le Mire bei § 55 und Hugo Grotius, § 56, 78. Pierre Bizot: Histoire Metallique De La Republique De Hollande. Paris 1687; Pierre Bizot/ Oudaen: Supplement A L’Histoire Metallique De La Republique De Hollande. Amsterdam 1690. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 176–178. Als ein ebenfalls sehr aktuelles Werk benennt Arnd: Gregorio Leti: Teatro Belgico, O Vero Ritratti Historici, Chronologici, Politici, e Geographici. Amsterdam 1690. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 185.
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denen der in öffentlichen Diensten stehende Leser am meisten zu tun haben würde. Dies ist demnach vor allem die „Germania nostra“.⁴⁸⁷ Arnd sieht die deutsche Geschichte in der ausländischen Geschichtsschreibung deutlich zu wenig geschätzt. Einem Zitat von Philipp Camerarius zufolge werde das Reich oft nur als eine einzige zusammenhängende Siedlung wahrgenommen: Multis […] Italis & Gallis, qui nunquam extra lares suos pedem protulerunt, persuasum est, Germaniam nostrum unicam esse urbem quam ipsi vulgò la Magna vocant. Etsi autem saepius ipsorum simplicitatem & ridiculam persuasionem miratus fui, tamen hoc imperitiae ipsorum adscribendum est.⁴⁸⁸
Die Ansicht, dass Ausländer sich in der deutschen Geschichte nicht auskennen, wird implizit durch den Umstand gestützt, dass von den Rezensenten fast nur Gelehrte des deutschsprachigen Raumes als gute Reichshistoriker benannt werden. In diesem Feld tut sich besonders Kulpis hervor: Er berücksichtigt Historienwerke meist nur sporadisch, ist aber bei der deutschen Geschichte, der er einen informativen Nutzen beimisst, deutlich ausführlicher.⁴⁸⁹ Für ihn ist eine Kenntnis der antiken Ursprünge des deutschen Volkes unerlässlich. Hierzu seien die Werke von Tacitus und Gaius Julius Caesar heranzuziehen, besonders gut sei die frühe deutsche Geschichte in dem Werk Germaniae Antiquae Libri Tres von Philipp Clüver aufgearbeitet.⁴⁹⁰ Zu rezipieren sei dieses in der Auflage von 1663, deren Vorrede Hermann Conring verfasst habe und hierbei herausragend auf den besonderen Nutzen des Themenfelds hinweise.⁴⁹¹ Teile der mittelalterlichen Geschichte des Heiligen Römischen Reiches werden Bose und Kulpis zufolge auch durch Christoph Lehmanns dreibändige Chronica der Freyen Reichs Statt Speyr abgedeckt. Lehmann behandelt mit seiner Stadtgeschichte Speyers zugleich auch einen großen Teil der deutschen Reichsgeschichte und zitiert dabei zahlreiche Urkunden und Archivalien, die ihm in
Bose, Bibliotheca, § 59. Philipp Camerarius: Centuria I. Operae horarum subcisivarum sive meditationes historicae auctiores quam antea editae. Frankfurt M. 1658, S. 203; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 165. Vgl. Kulpis, Studio, S. 177–182. Philipp Clüver: Germaniæ Antiquæ Libri tres. Leiden 1616. Philipp Clüver/Hermann Conring: Germania Antiqua Cum Vindelicia Et Norico. Wolfenbüttel 1663 (Das Werk von Philipp Clüver erschien erstmals 1616). In der von Kulpis erwähnten Vorrede empfiehlt Conring, die alte deutsche Geschichte von Jugend an zu studieren und vermerkt: „Et juvat itaq & utile est scire, quae olim reipublicae fuerit aliarumque rerum conditio, qui multa a prisco mutaverint, multa supersint integra, aliorum saltim vestigia superent.“ Vgl. ebd., Vorrede von Hermann Conring, S. [2].
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Speyer vorlagen.⁴⁹² Insofern erklärt sich, warum das Werk von den Zeitgenossen geschätzt, immer wieder empfohlen und zitiert wurde. Bose betont, dass eigentlich jeder, der heutzutage über die Politikgeschichte des Reiches schreiben würde, sich bei Lehmann bediene.⁴⁹³ Ein politisch relevantes Moment bildeten die Reformation und die darauffolgende konfessionelle Diversifizierung innerhalb des Heiligen Römischen Reiches. Bose und Arnd markieren die von Johannes Sleidanus verfasste Reformationsgeschichte De statu religionis et rei publicae Carolo V als erste und wichtigste Arbeit zur jüngeren deutschen Geschichte. ⁴⁹⁴ Die Rezeption des Werkes zeigt deutliche Parallelen zu der der Schriften von Jacques-Auguste de Thou. Denn trotz seiner Zugehörigkeit zur katholischen Kirche äußere Sleidanus deutliche Kritik an der eigenen konfessionellen Partei.⁴⁹⁵ Die wertvolle Legitimierung protestantischer Positionen durch einen konfessionellen Gegner mündet in der Prämierung Sleidanus‘ mit dem Attribut der Fides, der hohen Glaubwürdigkeit. Zusätzlich kommt es zu einer extensiven Zuschreibung von Urteilsfähigkeit und Klugheit.⁴⁹⁶ Wie schon bei Jacques-Auguste de Thou wird darüber berichtet, wie Sleidanus von katholischen Gelehrten (z.B. Antonio Possevino und Antoine Varillas) kritisiert worden und zeitweise sogar sein Leben in Gefahr gewesen sei.⁴⁹⁷ Seine Argumente seien jedoch so überzeugend, dass sich auch andere gelehrte Konfessionsgenossen (z.B. Jacques-Auguste de Thou und Jean Bodin) für ihn eingesetzt hätten.⁴⁹⁸
Christoph Lehmann: Chronica Der Freyen Reichs Statt Speyr. Darinn von dreyerley fürnemblich gehandelt/ Erstlich vom Ursprung/ Uffnemen/ Befreyung/ Beschaffenheit deß Regiments/ Freyheiten/ Privilegien/ Rechten/ Gerechtigkeiten/ denckwürdigen Sachen und Geschichten/ auch underschiedlichen Kriegen und Belägerungen der Statt Speyr: Zum andern/ von Anfang unnd Uffrichtung deß Teutschen Reichs/ desselben Regierung durch König unnd Kayser. Frankfurt M. 1612. Lit.: Jakob Franck: Lehmann, Christophorus, in: ADB 18 (1883), S. 132–138. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 61: „Lehmanni Chronicon optimè de rebus Polit. judicat & qui hodiè politica Germanica scribunt, fermè omnia ex hoc opere desumunt.“ Auch besprochen bei: Kulpis, Studio, S. 181. Johannes Sleidanus: De Statu Religionis Et Rei Publicae, Carolo Quinto, Caesare, Commentarij. Straßburg 1555. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 59; Arnd, Bibliotheca, S. 122–128. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 59. Vgl. u.a. Johann Fecht: De Ecclesiasticae Seculi A Nato Christo Decimi Sexti Historiae Ubertate Et Fructu Ex Eadem Capiendo, Commentatiuncula. Rostock 1690, Alloquium, S. [42]; Reinhard; Lipsius, Theatrum, S. 395; Burkhard Gotthelf Struve: Selecta Bibliotheca Historica. Secundum Monarchias, Regna Secula Et Materias Distincta. Jena 1705, S. 171; zit. bei: Arnd, Bibliotheca, S. 125–128. Vgl. Struve, Bibliotheca Historica, S. 171; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 126: „[…] multis saepe periculis vivens adhuc esset expositus.“ Und: Reinhard; Lipsius, Theatrum, S. 395; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 127. Reinhard; Lipsius, Theatrum, S. 395; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 128.
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Zwei protestantische Fürsprecher fänden sich in Veit Ludwig von Seckendorff und Friedrich Hortleder.⁴⁹⁹ Eine solide, aber eher unspektakuläre Fortsetzung des Werkes (Laufzeit 1556–1609) stamme von Michael Caspar Lundorp.⁵⁰⁰ Nicht den Dreißigjährigen, sondern vielmehr den Schmalkaldischen Krieg thematisiert Friedrich Hortleder in seiner Abhandlung Von den Ursachen des Teutschen Kriegs. ⁵⁰¹ Eine frühe Teilhistoriographie zum Dreißigjährigen Krieg bilde das Werk Commentariorum De Rebus Suecicis Libri XXVI von Samuel von Pufendorf, auf das Arnd hinweist.⁵⁰² Er erklärt, dass das Werk weniger eine schwedische Landesgeschichte beinhalte als eine Beschreibung des Dreißigjährigen Krieges und des darauffolgenden Osnabrückischen (i.e. Westfälischen) Friedens. Sein Bericht stütze sich nicht nur auf lose Gerüchte, sondern sei mit hoher Glaubwürdigkeit aus verschiedenen authentischen Dokumenten geschöpft, berichte von der Reformation sowie dem Status der einzelnen Akteure und Territorien. In Bezug auf den Westfälischen Frieden nennen die Rezensenten keine spezialisierte Geschichtsschreibung. Hier argumentieren Guido Braun und Werner Paracini sicherlich zu Recht, dass der Westfälische Friede, der keinen klaren Sieger hervorbrachte, sondern vor allem von konstitutioneller Bedeutung war, seine Funktionalität in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erst noch unter Beweis stellen musste, um als relevant und nachhaltig ins Bewusstsein der Zeitgenossen zu rücken.⁵⁰³ Als einzelne Teilgebiete rücken mit Sachsen und Brandenburg vor allem die großen protestantischen Territorien in den Fokus der Empfehlungen: Ereignisgeschichtlich gehaltvoll und qualitativ hochwertig ist Arnd zufolge die Pufen-
Vgl. Fecht, Ecclesiasticae, S. 125; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 125. Johannes Sleidanus/Michael Caspar Lundorp: Joannis Sleidani De Statu Religionis Ac Reipublicae Continuatio. Bd. 1–3. Frankfurt M. 1614–1619. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 59. Friedrich Hortleder: Von den Ursachen des Teutschen Kriegs Käiser Carls des Fünfften. Frankfurt M. 1617. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 61, 126; Kulpis, Studio, S. 181. Samuel von Pufendorf: Commentariorum De Rebus Suecicis Libri XXVI. Utrecht 1686 (Ms,II,8). Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 170 f.: „His ipsis licet operis inscriptio res solûm Suecicas promittere videtur, tamen cum illis Resgermanicae sint innexae, & utramque fere paginam faciant, non immeritò Historiam belli in Germania tricennalis & id consecutae pacis Osnaburgensis contineri quis dixerit.“ Lit.: Notker Hammerstein: Samuel Pufendorf, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 172–196, S. 192. Vgl. Guido Braun/Werner Paravicini: Deutsch-französische Geschichte. Bd. 1–8, Bd. 4:Von der politischen zur kulturellen Hegemonie Frankreichs. 1648–1789. Darmstadt 2008, S. 26.
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dorf‘sche Lebensgeschichte von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg.⁵⁰⁴ Die deutlich freier verfasste Geschichte des Hauses Brandenburg von Gregorio Leti ist ihm dagegen ein wenig zu verherrlichend verfasst.⁵⁰⁵ Über das Kurfürstentum Sachsen informiert ein weiteres Werk von Gregorio Leti⁵⁰⁶ sowie von David Chyträus.⁵⁰⁷ Über die so genannten acta publica – i.e. öffentliche und veröffentlichte Akten – wird der Versuch erkennbar, politische Bildung und politische Praxis nicht nur einander anzunähern, sondern in direkten Einklang zu bringen und einen unmittelbaren informativen Nutzen zu erzeugen. Unter dem Begriff der acta publica führen die Rezensenten schriftliche Zeugnisse von Verhandlungen und Geschäften zwischen staatlichen Akteuren, die von einer dritten Person gesammelt, ediert und veröffentlicht werden. Dies geschieht meist themenbezogen auf eine spezifische Epoche, einen Krieg, einen Vertragsschluss oder eine Region. Sie können offiziellen Charakters sein und geltendes Recht bezeugen oder Verhandlungsprozesse dokumentieren.⁵⁰⁸ Der Interessenschwerpunkt der Rezensenten liegt auf dem Heiligen Römischen Reich und den Erlassen und Akten, die damit in Verbindung stehen und seine Verfassung sowie Geschichte erläutern. Lediglich Arnd sieht auch in ausländischen Staatsakten eine Relevanz. Einen Exkurs widmet er den überlieferten Akten der Konklaven der römisch-katholischen Kirche.⁵⁰⁹
Samuel von Pufendorf: De Rebus Gestis Friderici Wilhelmi Magni, Electoris Brandenburgici. Berlin 1695 (Ms,II,9 und Ms,II,192). Vgl. Struve, Bibliotheca Historica, S. 142; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 174. Gregorio Leti: Ritratti Historici, Politici, Chronologici e Genealogici Della Casa Serenissima, & Elettorale di Brandeburgo. Amsterdam 1687. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 185. Gregorio Leti: Ritratti Historici, Politici, Chronologici, e Genealogici, Della Casa Serenissima, & Elettorale di Sassonia. [s.l.] 1688. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 185. David Chyträeus: Breve Chronicon rerum praecipuarum, superiore anno M.D.LXXXV in Saxonia et vicinis gentibus, actarum. [s.l.] 1586. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 60, 126. Vgl. Kulpis, Studio, S. 181: „Ad ulterius hoc studium jungi debent Acta publica rerum praecipuarum in Germania gestarum; nam haec quoque à Praeclaris Viris collecta, ac in publicos usus edita reperiuntur.“ Außerdem: Arnd, Bibliotheca, S. 301: „Tales sunt etiam qui varias Imperatorum, Regum ac Principum intra & extra Germaniam Constitutiones & Acta Publica congesseruntatque divulgarunt, vel usu recepta, vel si non usu omnia recepta, ad demonstrandos tamen in Imperio mores & cognoscendos publicos actus perutilia.“ Außerdem: Konrad Repgen: Der Westfälische Friede und die zeitgenössische Öffentlichkeit, in: Konrad Repgen u. Franz Bosbach (Hrsg.), Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Paderborn 1998, S. 723–765, S. 744 f.: „Schriftsätze, die unmittelbar aus den Verhandlungen hervorgegangen oder für sie bestimmt waren, über die verhandelt wurde oder werden sollte.“ Die Texte wurden zunächst oft als Flugschriften publiziert und dann gesammelt herausgegeben. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 299–301.
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Die im 17. Jahrhundert als am wichtigsten erachteten Beiträge der acta publica stammen von Melchior Goldast. Dazu gehören die vierbändige Collectio Constitutionum Imperialium, die Statuta Imperatorum Caesarum Augustorum, die politischen Reichshändel und die Reichs-Satzungen. Goldasts Studien weisen als Schwerpunkt die Geschichte des Mittelalters auf.⁵¹⁰ Arnd beurteilt den Verfasser und sein Oeuvre eher kritisch, da Goldast einige der von ihm genannten Erlasse gefälscht habe und darüber hinaus nicht die Quellen nenne, aus denen er schöpfe.⁵¹¹ Arnds kritische Distanz mag durch die teilweise prokaiserliche Haltung Goldasts beeinflusst worden sein, die die Zusammenstellung seiner acta publica deutlich prägt. Über die Anführung mittelalterlicher Texte und Urkunden bis in die Zeit Karls des Großen versucht Goldast u.a. päpstliche Machtansprüche gegenüber dem Kaisertum zurückzuweisen, verteidigt aber auch die kaiserliche Institution als solche.⁵¹² Kulpis benennt besonders viele Verfasser von acta publica. Ihm gelten zusätzlich Michael Caspar Lundorp (trotz seiner lutherischen Konfession ebenfalls sehr kaisertreu)⁵¹³, Christoph Lehmann⁵¹⁴ und Friedrich Hortleder⁵¹⁵ als gute Editoren der deutschen Rechtsgeschichte. Mit dem Bezug auf das Reich wechselt auch die Schriftsprache der benannten Werke ins Deutsche. Rechtshistorisches Wissen fungierte im Kontext dieser Werke als argumentatives Hilfsmittel zur
Melchior Goldast: Imperatorum Caesarum Augustorum, Regum et Principum Electorum S. R. Imperii Statuta et Rescripta Imperialia. Bd. 1–2. Frankfurt M. 1607; Derselbe: Collectio Constitutionum Imperialium. Hoc est, DD. NN. Imperatorum, Caesarum, Ac Regum Augustorum, Sacri Imperii Germano-Romani, Recessus, Ordinationes, Decreta, Rescripta, Mandata, & Edicta. Frankfurt M. 1609–1615; Derselbe: Reichshandlung und andere deß H. Römischen Reichs Acta. Tractaten/ Keyserliche/ Königliche/ und Fürstliche Mandata. Hanau 1609; Derselbe: Politische ReichsHändel, das ist Allerhand gemeine Acten/ Regimentssachen/ und Weltliche Discursen. Frankfurt M. 1614.Vgl. Bose, Bibliotheca, § 61; Kulpis, Studio, S. 181; Arnd, Bibliotheca, S. 301–307. Lit.: Whaley, Nation, S. 343–350. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 307. Dieselbe Kritik beobachtet Joachim Whaley bei Hermann Conring und anderen Zeitgenossen: Whaley, Nation, S. 349. Ebd., S. 347–349. Lit.: Gundula Caspary: Späthumanismus und Reichspatriotismus. Melchior Goldast und seine Editionen zur Reichsverfassungsgeschichte. Göttingen 2006, S. 183 f. Michael Caspar Lundorp: Der Römischen Keyserlichen. […] und deß heiligen Römischen Reichs Geistlicher und Weltlicher Chur und Fürsten und anderer Reichsständt Acta publica. Bd. 1– 4. Frankfurt M. 1621–1625.Vgl. Bose, Bibliotheca, § 61, 126; Kulpis, Studio, S. 182. Lit.: Ernst Fischer: Michael Caspar Lundorp, der herausgeber der acta publica, ein deutscher publicist aus dem anfange des XVII. jahrhunderts. Berlin 1870, S. 10 f. Christoph Lehmann: De Pace Religionis Acta Publica et Originalia, Das ist Reichshandlungen/ Schrifften und Protocollen uber die Constitution deß Religion-Friedens. Frankfurt M. 1631 (Ms,IV,73). Vgl. Kulpis, Studio, S. 182. Hortleder, Ursachen. Vgl. Kulpis, Studio, S. 182.
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Untermauerung politischer Ansprüche. Acta publica trugen zusätzlich zu einer schriftlichen Fixierung des Gebrauchsrechts und der deutschen Rechtsgeschichte bei.⁵¹⁶ Im Rahmen der Leseanweisungen werden diese Nutzungsweisen allerdings nur impliziert.
Spanien Die Geschichte der spanischen Monarchie findet trotz ihrer europäischen Hegemonie im 16. Jahrhundert nur beiläufig Berücksichtigung. Eine protestantische Partei setzte sich in Spanien nie so weit durch, dass sie deutschen Protestanten als Identifikationsmoment dienen konnte. Ein Kulturtransfer zwischen Spanien und den protestantischen Territorien des Reiches existierte zwar, bezog sich aber eher auf andere Themengebiete.⁵¹⁷ Das einzig mehrfach benannte Werk zur spanischen Geschichte ist die Schrift De Monarchia Hispanica des italienischen Philosophen und Dichters Tommaso Campanella. Diese wird von Bose jedoch nicht aufgrund ihres historiografischen Gehalts geschätzt, sondern wegen seines philosophierenden Ansatzes und wird zudem erst im Abschnitt der „Respubl. Fictias“ geführt.⁵¹⁸ Die mittelalterliche Geschichte Spaniens sei bei Rodericus Ximenius de Rada nachzulesen.⁵¹⁹ Beiläufig benennt Bose Werke von Johann de Laet und Johann Hieronymus Im Hof, eine Auseinandersetzung mit den Werkinhalten oder ihren jeweiligen Verfassern findet nicht statt.⁵²⁰ Kulpis erwähnt keine spanischen Geschichtsschreiber und Arnd verweist nur knapp auf entsprechende Literaturangaben in den Werken seiner Gewährsmänner.⁵²¹ Aufschlussreich ist jedoch sein Vermerk zur neuesten spanischen Historiografie: Diese befasse sich seit dem Tod Als Textgattung erscheinen sie noch weitestgehend unerforscht. Lediglich über die verschiedenen Herausgeber erschienen einige – meist ältere – Fallstudien: Fischer, Lundorp, S. 3–41; Whaley, Nation; Georg Rau: Christophorus Lehmann und seine Chronica der freien Reichsstadt Speier: großentheils nach urkundl. Quellen geschildert 1859. Vgl. die bald erscheinende Studie von Tobias Schlingmann: Hispanica Guelpherbytana – Spanisch-deutscher Kulturtransfer im Siglo de Oro. Tommaso Campanella: De Monarchia Hispanica Discursus. Amsterdam 1640. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 82; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 65. Lit.: Ralph Häfner: Götter im Exil. Frühneuzeitliches Dichtungsverständnis im Spannungsfeld christlicher Apologetik und philologischer Kritik (ca. 1590–1736). Tübingen 2003, S. 315–317. Bose, Bibliotheca, § 36. Johannes de Laet: Hispania, Sive De Regis Hispaniæ Regnis et opibus Commentarius. Leiden 1629; Johann Hieronymus Im Hof: Singularia politica, quae 25 capitibus sub nomine rationum status. Nürnberg 1652. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 77, 87. Hartnack benennt hingegen: Ludovicus Nonnius: Hispania Sive Populorum, Urbium, Insularum, ac Fluminum in ea accuratior descriptio. Antwerpen 1607. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 32. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 165 f., 186.
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Karls II. fast ausschließlich mit dem Erbfolgerecht. Was darüber zu wissen sei, lasse sich in Burkhard Struves Bibliotheca Historica nachlesen.⁵²² Im Abschnitt Genealogicos et heraldicos selectos verweist Arnd zusätzlich auf die Historia Italiae Et Hispaniae Genealogica von Jakob Wilhelm Imhof, die im selben Jahr erschien, in dem der Erbfolgekrieg ausbrach.⁵²³ Besonders lobt Arnd die gelungene und übersichtliche Darstellung aller Stammlinien und Thronprätendenten. Damit bedient er die im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges aufkommenden Wissensdesiderate: Um die Verwicklungen des Krieges zu begreifen, war es nicht nötig, sich in der spanischen Ereignisgeschichte auszukennen, sondern vielmehr über eine gründliche Kenntnis der dynastischen Verhältnisse in Europa zu verfügen. Das konfessionelle Element rückt in diesem Zuge in den Hintergrund.
Kirchengeschichte Dass die Konfessionalisierung nicht nur religiöse, sondern auch politische Konsequenzen hat, betont Bose besonders deutlich bei seiner Besprechung von Werken der Kirchengeschichte. Der Römische Bischof müsse als ein politischer Akteur betrachtet werden, der versuche, alle christlichen Herrschaften, Reiche und Völker an sich zu reißen. Somit hinge das Schicksal der (Recht-)Gläubigen in ganz Europa von den Machenschaften der Kirche und den ihr behilflichen Fürsten ab.⁵²⁴ Wenn Bose von den catholicos spricht, so meint er damit nicht die Anhänger der katholischen Kirche, sondern die vom Papsttum bedrohte rechtgläubige Christenheit.⁵²⁵ Vgl. ebd., S. 186: „Historicorum in RebusHispanicis Recentissimorum locum occupant illi qui jura Successionis Hispanicae defuncto haud ita pridem Carolo II. descripserunt. Recensuit istos ordine debiro & accurato Praecellentissimus Struvius in Bibliothecae Historicae Cap. XIII. §. XI. pag. 295.296.297 […].“ Jakob Wilhelm Imhof: Historia Italiæ Et Hispaniæ Genealogica. Nürnberg 1701. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 486 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 62: „Altera Classis Historicorum illos Scriptores complectitur, qui Rom. Ecclesiae, Romanorum Pontificum res enarrant, à quibus consilia, resque rerumpubl. magnam partem pendent. Postquam enim Romae Urbis Episcopi non tantum inter Principes recenseri, sed etiam in Christianos Monarchas, populosque, omnes imperium sibi arrogare coeperunt, factum est, ut pene totius Europae fata Catholicorum, Principum auxilio, Clericorumque & Emissariorum suorum operâ dispensarent, aut certe dispensare conarentur. Uare illorum consilia & expeditiones nosse, multum ad civilem prudentiam conducit, praesertim in iis rebus, quae negotiis Rerumpubl. innexa sunt.“ Wenn im Zuge dieser Arbeit von „Katholiken“ als Anhängern der römisch-katholischen Kirche gesprochen wird, so ist dies ein Anachronismus, der in den Leseanweisungen keine Entsprechungen findet. Dort wird meist despektierlich vom ‚römischen Bischof‘, der ‚römischen Kirche‘ oder von ‚Papisten‘ gesprochen.
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Mit Bartholomäus Platina findet Johann Bose einen der von ihm favorisierten katholischen Verfasser, der kritische Töne gegenüber seinem kirchlichen Oberhaupt anschlägt (bzw. „mit großer Freiheit“ über ihn urteilt).⁵²⁶ Erneut greift er hier auf den in diesem Kontext systematisch angewandten Begriff der Fides – der hohen Glaubwürdigkeit – zurück und verweist wiederum auf die schlechte Behandlung Platinas‘ durch seine Glaubensgenossen. Ähnlich zuverlässig und ehrlich sei in diesen Belangen auch der (stark gallikanisch angelegte) Bericht des Franzosen Jean Papire Masson.⁵²⁷ Italienische Historiografen der Kirchengeschichte (Antonio Ciccarelli sowie Alfonso Chacón (eigentlich aus Spanien)) würden sich hingegen nicht durch dieselbe Klugheit auszeichnen. Thematisch relevant erscheint Bose nicht nur die jüngere Vergangenheit, sondern auch die mittelalterliche Kirchengeschichte, wobei er mit dem Verweis auf den Gegenpapst und Kirchenhistoriker Anastasius III., Theodericus de Niem und Johannes Stella gleich mehrere Chronisten und Zeitzeugen des abendländischen Schismas benennt, welches das Papsttum in den Augen der Protestanten demaskierte.⁵²⁸ Der von Bose außerdem benannte englische Abt Matthäus Paris war ebenfalls dezidiert papstfeindlich eingestellt.⁵²⁹ Die von Bose hochgelobte Chronik des Tridentinischen Konzils von Paolo Sarpi beinhaltet eine starke systemimmanente Kritik an der Papstkirche. Wieder informiert Bose darüber, dass Sarpis Glaubwürdigkeit (Fides) mehrfach von Jesuiten und Altkirchlern infrage gestellt worden sei.⁵³⁰ Dagegen ist die Darstellung von Arnd nicht von konfessioneller Polemik geprägt: Die von ihm benannten Werke von Giovanni Palazzi, Claude Du Molinet und Filippo Buonanni verfolgen gemäß dem Titel universale Ansätze, in denen die Kirchengeschichte von ihren frühen Anfängen bis in die Gegenwart nachvollzogen wird.⁵³¹ In allen drei Titeln erscheinen die Päpste nicht mehr als Glaubens-
Bartholomäus Platina: De Vita & moribus summorum Pontificum historia. Köln 1529. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 63. Jean Papire Masson: Libri Sex, De Episcopis Urbis, Qui Romanam Ecclesiam Rexerunt, rebúsque gestis eorum. Paris 1586. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 64. Lit.: Jean-Louis Quantin: Hétérodoxies croisées. Catholicismes pluriels entre France et Italie, XVIe–XVIIe siècles: Papire Masson devant l’Index, in: Alain Tallon u. Gigliola Fragnito (Hrsg.), Hétérodoxies croisées. 2015. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 66 f. Vgl. ebd., § 67. Lit.: Karl Rudolf Schnith: England in einer sich wandelnden Welt (1189–1259). Studien zu Roger Wendover und Matthäus Paris. Stuttgart 1974, S. 148–154. Paolo Sarpi: Historia del Concilio Tridentino. [s.l.] 1629.Vgl. Bose, Bibliotheca, § 69. Lit.: Peter Schmid: Sarpi, Paolo, in: Friedrich Bautz u. Traugott Bautz (Hrsg.), Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon. Bd. 1–38, Bd. 8. Herzberg 1998, Sp. 1366–1371. Giovanni Palazzi: Gesta Pontificum Romanorum. Venedig 1687; Claude Du Molinet: Historia Summorum Pontificum A Martino V. Ad Innocentium XI. Per Eorum Numismata. Paris 1679
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oberhäupter, sondern eher als europäische Fürsten, die möglichst bildgewaltig inszeniert werden sollen. Dabei kommt es zum systematischen Rückgriff auf Grabund Denkmäler sowie auf Münzen und Medaillen, nach der Art, die Arnd zuvor auch schon für Biografien von Ludwig XIV. und Wilhelm von Oranien beschreibt.
Universale und gesamteuropäische Geschichte Neben spezifischen Regionalgeschichten werden auch immer wieder universalgeschichtliche Werke empfohlen, welche die Geschichte des gesamten europäischen Raumes und der dazugehörenden Staaten abzudecken versuchen. Wie Bose im 71. und 72. Abschnitt seiner Bibliotheca erläutert, haben diese Werke weniger eine prudentielle als informative Funktion und damit ändern sich auch die Werturteile. Gelobt werden weniger stilistische und räsonierende Qualitäten als eine möglichst prägnante und treffende Aufbereitung des Werdegangs einzelner oder mehrerer territorialer Gebilde. Typisch dafür ist die Semantik von Ursprung (origo), Status (status), Fortentwicklung (progressus) und Wandel (mutatio). Die Rezensenten benennen bevorzugt renommierte Historiker deutscher und niederländischer Universitäten, wobei die 1652 erschienene Historia Universalis Sacra Et Profana von Marcus Zuerius Boxhorn die größte Aufmerksamkeit erfährt.⁵³² Über sein Werk wird Bose zufolge besonders gut deutlich, dass jede Herrschaft auf den Willen und die Gnade Gottes baue, mit welchen tugendhaften Mitteln sie aufrechterhalten werden kann und welche Laster im Gegenzug den Sturz einer Herrschaft herbeiführten. Hartnack ergänzt, dass die Abfolge der Regenten über das Werk von Boxhorn besonders gut einzuprägen sei.⁵³³ Populär, aber nicht unumstritten sind die historisch-politisch-geografischen Arbeiten des Leidener Historikers Georg Horn, der in gleich mehreren Werken kompakte europäische Staatenbeschreibungen vollzog.⁵³⁴ Das bekannteste dieser Werke, der Orbis Politicus, enthält nach Angaben Hartnacks zahlreiche Fehler und sei daher nur in der korrigierten Fassung zu empfehlen. Ähnlichen Charakters ist die De(Ms,II,157); Filippo Buonanni: Numismata Summorum Pontificum Templi Vaticani Fabricam Indicantia. Rom 1696. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 188–190. Marcus Zuerius Boxhorn: Historia Universalis Sacra Et Profana. A Christo Nato Ad Annum Usque M D C L. Leiden 1652. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 72; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 22. Vgl. ebd., S. 22. Georg Horn: Orbis politicus. Leiden 1667. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 79; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 35, 74. Außerdem: Georg Horn: Arca Noæ sive Historia Imperiorum et Regnorum à Condito orbe ad nostra Tempora. Leiden 1666; Derselbe: Orbis Imperans. Bautzen 1668; Derselbe: Introductio In Historiam Universalem. Gotha 1679. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 21.
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scriptio orbis von Lucas de Linda.⁵³⁵ Eine Mischung aus historischer Exempelsammlung und Ereignisgeschichte ist der Thesaurus Politicus von Caspar Ens, der als Verfasser von Gebrauchsschriften bekannt war.⁵³⁶ Neben den im deutschen und niederländichen Sprachraum entstandenen Werken sind auch einige italienische Universalgeschichten bei den Rezensenten beliebt: Das Werk Relationi Universali Giovanni Boteros stellt nach Hartnack einen gelungenen Überblick „von dem Zustand Einkunfft und Kräfften aller Reiche“ dar.⁵³⁷ Als noch ausführlichere Europageschichte gilt der Mercurio Overo Historia de’correnti Tempi von Vittorio Siri, der zwischen 1644 und 1682 in mehreren Bänden erschien.⁵³⁸ Eine stark mit politischen Lehren verknüpfte Europageschichte sei die Trutina Statuum Europae des Franzosen Henri de Rohan, die Arnd als eine herausragende Beschreibung der Staatsräsonnements der verschiedenen europäischen Staaten bezeichnet.⁵³⁹ Die erst 1695 erschienene Einleitung zu der Historie der vornehmsten Reiche und Staaten von Samuel von Pufendorf benennt Arnd als das maßgebende universalgeschichtliche Werk schlechthin.⁵⁴⁰ Er hält all jene Charakteristika für gegeben, die in dieser Textgattung als ideal gelten: einfache Sprache, Berücksichtigung von Geografie und Sittenlehre, große Expertise des Verfassers und nicht zuletzt die korrekte konfessionelle Ausrichtung.⁵⁴¹ Die Universalgeschichten bedienen vor allem die Bedürfnisse eines jungen Publikums, das sich an der Schule und der Universität grundlegende Kenntnisse zu Ereignisgeschichte erarbeitet. Erst auf dieser Basis ist eine differenziertere
Lucas de Linda: Descriptio Orbis & omnium ejus Rerumpublicarum. Leiden 1655. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 76, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 34. Gaspar Ens: Thesaurus politicus. relationes, instructiones, dissertationes, aliosque de rebus ad plenam imperiorum, regnorum, provinciarum. Köln 1609. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 76; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 33, 69. Zu Ens vgl. Wilhelm Kühlmann: Ens, Caspar, in: Wilhelm Kühlmann u. Walther Killy (Hrsg.), Killy-Literaturlexikon. Bd. 2–13, Bd. 3: Dep–Fre. Berlin 2008, S. 285–286. Giovanni Botero: Relationi universali. Vicenza 1595. Vgl. Bose, Bibliotheca; § 76; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 33 f. Vittorio Siri: Il Mercurio Overo Historia de’correnti Tempi. Lion; Paris; Florenz 1644–1682.Vgl. Bose, Bibliotheca, § 49; Arnd, Bibliotheca, S. 162 f. Henri de Rohan: Trutina Statuum Europæ Sive Principum Christiani Orbis Interesse. Leiden 1645. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 95, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 74 f.; Arnd, Bibliotheca, S. 332–338. Samuel von Pufendorf: Einleitung zu der Historie der vornehmsten Reiche und Staaten. so jetziger Zeit in Europa sich befinden. Frankfurt M. 1695. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 166–170.
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Ausbildung von Staatsklugheit möglich. So verwundert es nicht, dass Hartnack mit Abstand die meisten Universalgeschichten benennt.⁵⁴²
3.3.3 Weitere Inhalte der Notitia Rerum Publicarum 3.3.3.1 Sittenlehre Johann Bose thematisiert ausführlich die Sitten, Begabungen und Leidenschaften der Menschen hinsichtlich Vaterland, Familie, Besitz, Status, Geschlecht und Alter.⁵⁴³ Dieses auf der Sittenlehre basierende Verständnis wird von Carl Arnd mitgetragen, der die von Bose vorgenommene Definition im Kapitel „Ethicos atque Patheticos selectos“ wortgetreu übernimmt.⁵⁴⁴ Kulpis markiert die Sittenlehre als einen der wenigen wirklich nützlichen Teile der Moralphilosophie. Es gehe nicht darum, die Ethik zu studieren, um selbst ethisch und sittsam zu handeln, sondern um die notitia morum, eine Kenntnis der moralischen Systeme, an denen sich die Menschen in spezifischen sozialen Konstellationen ausrichten. „Certè nisi ingenio populi cujusque perspecto, plenam civitatis alicujus singularis cognitionem haud acceperis.“⁵⁴⁵ Kulpis geht noch darüber hinaus: Erst auf dem Wege der Kenntnis von Sitten und Begabungen sei es möglich, diese aktiv zu beherrschen und zu steuern.⁵⁴⁶ Die Begabungen und Sitten der Völker gelten mithilfe der richtigen Lektüre als studier- und erlernbar; sie sind damit ein elementarer Bestandteil jeder Völkergeschichte.⁵⁴⁷ Die wichtigsten Werke zur Sittenlehre sammeln sich meist unter dem Schlagwort der characteres, ein Begriff, der sich in seiner Grundbedeutung Vgl. auch: Meuthen, Humanismus, S. 13. Bose, Bibliotheca, § 97: „Alterum genus de Moribus, affectibus & ingeniis hominum dignoscendis tractat, docetque quinam sint hominum mores, adfectusque pro diversitate Patriae, Familiae, possessionis, statûs, sexus, aetatis, aliarumque Circumstantiarum, quibus modis utriuscujusque ingenium ac indoles in particulari, quantum humana infirmitas patitur, cognosci queat, cujus notitiae, quantus sit usus, quantaque necessitas egregiè docet Boeclerus […].“ Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 363 [hier vermeintlich zitiert nach Boeckler]. Conring, Prudentia, S. 321 f.; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 374. Kulpis, Studio, S. 161: „Illud vero non est praeter mittendum, cum propositum sit huic philosophiae, mores hominum juxta regulam rectae rationis temperare, id quod in rem ipsam deduci non potest, nisi & latentium morum affectuumque notitiam, is, qui curare velit, sibi comparaverit, necessarium esse, ut qui in hoc disciplinae genere excellere cupiat, hanc quoque artem calleat, qualem nos docet philosophia Characteristica […].“ Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 167, über Samuel von Pufendorfs Einleitung zu der Historie der vornehmsten Reiche und Staaten: „Quod dum optimâ auctorum fide nixus, procul habito partium studio praestat, cujusque simul nationis indolem ac characteres, formam regiminis, vires & interesse […].“ Ähnlich auch auf S. 182 über Gregorio Leti.
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mit „Gepräge“ oder „Haupteigenschaft“ übersetzen lässt. Der Charakter formulierte einen Verständnisschlüssel zu einer Person oder Personengruppen und hatte oft symbolische Funktion.⁵⁴⁸ Als Grundlagenwerk zu den allgemeinen Sitten und Gewohnheiten der Menschen gelten allen Rezensenten die Characteres von Theophrast (insbesondere in Kommentierung von Isaac Casaubon).⁵⁴⁹ Theophrast beschreibe auf ganz neuartige Art und Weise, wie Menschen unter dem Einfluss bestimmter Tugenden und Laster handelten.⁵⁵⁰ Auf diese allgemeinen Erkenntnisse baut John Barclay auf, der sich in seiner Icon animorum mit den verschiedenen Charakteren gegenwärtiger Völker befasst hat. Sein Werk galt als unverzichtbare Grundlage für die Beschäftigung mit dem gegenwärtigen Zustand der Staaten.⁵⁵¹ Inhaltlich schließen sich daran u.a. die Werke von Johann Boemus⁵⁵², Christoph Besold⁵⁵³, Scipione Chiaramonti (ediert von Conring)⁵⁵⁴, Joseph Hall⁵⁵⁵, Carlos García⁵⁵⁶, Edo Neuhusius⁵⁵⁷, Johann Boeckler (der die Texte des römischen Historikers Velleius
Ch. Seidel: Charakter, in: Joachim Ritter (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie. Bd. 1–13, Bd. 1: A–C. Darmstadt 1971, Sp. 984–991, Sp. 984. Theophrastus/Isaac Casaubon: Characteres Ethici sive Descriptiones morum Græcè. Isaacus Casaubonus Recensuit. Leiden 1592. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 100, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 45; Arnd, Bibliotheca, S. 364–368. Ebd., S. 366: „Non enim more Philosophorum pertractat hoc subjectum sed novo quodam docendi genere quod descriptione constat eorum, quaehomines [!] aut hac aut illa virtute vitiove praediti facere consueverunt.“ Joannes Barclay: Icon animorum. London 1614. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 98 f.; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84); Arnd, Bibliotheca, S. 368–375. Vgl. ebd., S. 123; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 373 f.: „Gentium diversarum characteres detexerunt omnes ferè qui Politicum Statum describunt, cum ex iis de ipsi Reipubl. ratione haud incertum fieri possit judicium.“ Johannes Boemus: Omnium gentium mores leges et ritus. ex multis clarissimis rerum scriptoribus […]. Augsburg 1520. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 374. Christoph Besold: De Natura Populorum, Eiusque Pro Loci Positu, temporisque decursu variatione. Tübingen 1619. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 99. Scipione Chiaramonti/Hermann Conring: Sēmeiōtikē moralis seu De conjectandis cujusque Moribus et latitantibus animi affectibus. [s.l.] 1620. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 104; Kulpis, Studio, S. 162. Joseph Hall: Caracteres de vertus et de vices. Genf 1619. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 100. Carlos Garcia: Antipatia De Los Franceses y Españoles. Rouen 1627. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 99. Edo Neuhusius: Theatrum Ingenii Humani. Sive De cognoscenda Hominum Indole & secretis Animi moribus. Amsterdam 1633. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 99, 126; Kulpis, Studio, S. 162.
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Paterculus in Hinblick auf die Characteres auslegte)⁵⁵⁸ sowie von Louis Du Moulin⁵⁵⁹ und Christian Thomasius an.⁵⁶⁰
3.3.3.2 Geografie und Reiseliteratur Mit der Konzeption der frühen Staatswissenschaften in der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde die Geografie zu einer Hilfswissenschaft der Politik erhoben. Eine spezifisch politische Geografie setzt ein Bewusstsein für das staatliche Territorium als ein Gebiet mit fest abgesteckten Grenzen voraus. Mit der verstärkten Territorialisierung Europas seit Beginn der Frühen Neuzeit intensivierten sich Ansprüche der Fürsten auf die bestmögliche wirtschaftliche Nutzung von Rohstoffen und Arbeitskräften, sowie die Gestaltung von Infrastrukturen. Die zur Verfügung stehenden Kapazitäten fungierten in politischen Fragen und Konfliktsituationen als strategisch wichtige Ressourcen. Im 17. Jahrhundert lassen sich bezüglich der Informationsgenerierung deutliche Fortschritte erkennen, wobei zwei Methoden dominierten: Während im französischen Raum bereits früh ausführliche und von der Regierung beauftragte statistische Erhebungen durchgeführt wurden und in England erste theoretische Abhandlungen erschienen, erfolgte der Zugriff auf die geografischen Verhältnisse des deutschen Reiches zunächst deskriptiv über Staatenbeschreibungen und Reiseliteratur.⁵⁶¹ Dieser Ansatz findet in den Leseanweisungen ausschließlich Berücksichtigung, einerseits im Rahmen der Geschichtsschreibung, andererseits in gesonderten Schriften.
Johann Heinrich Boeckler: Characteres Politici Velleiani, Sive Notitia ingeniorum […]. Straßburg 1641. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 97, 102; Kulpis, Studio, S. 162; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 35. Louis Du Moulin: Morum Exemplar seu Characteres. Leiden 1654. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 100. Christian Thomasius: Die neue Erfindung einer wohlgegründeten und für das gemeine Wesen höchstnöthigen Wissenschafft, Das Verborgene des Hertzens anderer Menschen auch wider ihren Willen aus der täglichen Conversation zuerkennen. Halle 1691. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 375–378. Vgl. Jacques Revel: Knowledge of the Territory, in: Science in Context 4 (1991,1), S. 133–162, S. 134, 138. 140 f.: „For an explanatory description can and must include all possible elements: natural factors (the soil, the climate, the vegetation, the waterways) and social factors (the number of people, their „temperament,“ activities, behavior, and traditions).“ Auch: Braun; Paravicini, Geschichte, S. 134; Vinzenz John: Geschichte der Statistik: ein quellenmäßiges Handbuch für den akademischen Gebrauch wie für den Selbstunterricht. Bd. 1. Stuttgart 1884, S. 52–74, 155–176.
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Die referenzierte Literatur zeigt auf, dass Staatengeschichte und Staatenkunde sich im 17. Jahrhundert allmählich ausdifferenzierten.⁵⁶² Bose bespricht beides parallel und verweist auf seine Schriften zu der von ihm entwickelten Notitia Imperiorum.⁵⁶³ Kulpis beschreibt die Geografie zehn Jahre später bereits als eine Ergänzung zum Geschichtsstudium. Hartnacks Verständnis von Geografie ist fest an einzelne Territorien und strategische Überlegungen gekoppelt: Die auff solche Arth fortgesetzte Historie erfodert [!] nun auch noch ferner eine etwas mehrere Nachricht in der Geografia, da man nun mehr die Reich und Fürstenthümer etwas genauer ansehen muß/ so wohl was jeden Seiten an dieselbegräntzet/ welches die Hauptstad/ die Residenz/ die vornehmste Handelstad/ die beste Festungen und Pässe die berühmesten Schulen und Universitäten auch Bibliothequen: als auch Gebräuche/ für Handel und Nahrung / was für Gemüther der Leute / was bey ihren Trachten und sonst in nahmhafften Städten für Antiquitäten Raritäten und sonderbahre künstliche Wercke zu sehen?⁵⁶⁴
Unter Geografie versteht er nicht nur die Beschaffenheit einer Region, sondern auch die dortigen politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Verhältnisse. Geografisches Wissen konzentriert sich stark auf kulturelle und politische Zentren, die einer möglichst großen Zahl an Akteuren als Handlungsplattform dienen. Arnd betrachtet fundierte Kenntnisse bezüglich der Geografie für den Politicus-Pragmaticus zwar nicht unbedingt als notwendig, hält sie aber bisweilen für nützlich und beschreibt ihren Erkenntniswert für die Sitten und die Entstehung der Völker.⁵⁶⁵ Das Korpus der von den Rezensenten benannten Werke ist in Bezug auf die Verfasserschaft sehr uneinheitlich, es handelt sich dabei aber mehrheitlich um Mitglieder der deutschen Gelehrsamkeit im 17. Jahrhundert. Während Johann Christoph Beckmann⁵⁶⁶ historisches und geografisches Wissen noch kombiniert,
Genauso beobachtet bei: Arno Seifert: Staatenkunde – eine neue Disziplin und ihr wissenschafts-theoretischer Ort, in: Mohammed Rassem (Hrsg.), Statistik und Staatsbeschreibung in der Neuzeit. Paderborn 1980, S. 217–248, S. 225 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, v.a. § 76–79. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 29. Arnd, Bibliotheca, S. 399: „Inter illa studia, quae Politico-Pragmatico non tam necessaria quam utilia sive semper sive plerumque sive interdum pro more & instituto gentium, accuaratiores Methodologici atque Isagogici repununt etiam Geografica quia summo utile est Politico nosse non historiam solùm sed & statum praecipuarum sui temporis Rerumpublicarum quantumvis cum iis sine Reipubl. nihil sit commercii.“ Johann Christoph Beckmann: Historia Orbis Terrarum Geographica Et Civilis. Frankfurt O. 1673 (Ms,IV,137). Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 30; Arnd, Bibliotheca, S. 412–414.
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sind Werke wie die von Philipp Clüver⁵⁶⁷, Bernhard Varenius⁵⁶⁸, Christoph Cellarius⁵⁶⁹ und Martin Zeiller⁵⁷⁰ genuin geografisch konnotiert und tragen mit dazu bei, dass sich die Disziplin zum Ende des 17. Jahrhundert als politisch relevantes Studiensubjekt etabliert. Bei der Reiseliteratur werden geografische Informationen in ein Narrativ eingebunden, das Carl Arnd besonders positiv hervorhebt. Geografisches Wissen fördere sowohl Klugheit als auch Weisheit und Bildung, insbesondere wenn der junge politicus selbst nicht in der Lage sei, eine Kavalierstour zu absolvieren.⁵⁷¹ Die anderen Rezensenten erwähnen keine Reiseberichte, sondern verweisen direkt auf den Nutzen einer Kavalierstour.⁵⁷² Arnd benennt Werke zur Apodemik, also theoretische Einführungsliteratur zum Nutzen des Reisens, von der jedoch nur ein kleiner Teil einen annähernd politischen Fokus hat.⁵⁷³ Aus jüngerer Zeit empfiehlt er u.a. die Methodo Apodemica seu peregrinandi perlustrandique regiones, urbes & arces ratione des dänischen Rats und Kriegsberichterstatters Heinrich Rantzau⁵⁷⁴ und die speziell auf das Deutsche Reich und die dazugehörigen Höfe bezogene Epistola ad Iustum Sincerum de peregrinationibus Germanorum rectè instituendis von Philipp Andreas
Arnd benennt in seinem Abschnitt zu den Geograficos recentiores ausschließlich kombinatorische Abhandlungen aus Geschichte/Politik/Geografie. Vgl. S. 399–419. Philipp Clüver: Introductionis in Universam Geographiam. Leiden 1624. Vgl. Kulpis, Studio, S. 183; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 30. Bernhard Varenius: Geographia generalis in qua affectiones generales telluris explicantur. Amsterdam 1650. Vgl. Kulpis, Studio, S. 183; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 29. Christoph Cellarius: Geographia Antiqua iuxta & Nova. Zeitz 1686–1687. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 30. U.a. Martin Zeiller: Neue Beschreibung Der Königreiche Dennemarck, unnd Norwegen. Ulm 1648. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 31. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 437 f.: „Magnam ex Peregrinationibus utilitatem plurimumque prudentiae sibi capere posse Politicum & in arcana Sapientiae atque eruditionis penetrare compluribus exemplis & insignibus rationibsu demonstrari potest. Interim rarissimum est, ut juvenis Pragmaticae Politicae studiosus possit peregrinationis justum hunc fructum capere, id quod docent pariter quotidiana Germanicae juventutis exempla.“ Vgl. Bose, Bibliotheca, § 129: „Optandum autem esset, vigere hodie ac reduci morem Veterum, qui quos in spem Reip. educabant, in Contubernium Virorum Principum & Prudentum tradebant, ut eos in forum & Curiam comitarentur, cunctasque eorum actiones coram intuerentur, ut simul tacitè & non sentientes imbiberent eorum mores & artes. Huc & Peregrinatio pertinet, sed cautè suscipienda & non nisi probè jactis fundamentis Politicae Eruditionis.“ Zur poltischen Apodemik vgl.: Winfried Siebers: Diplomatie und Politik in der frühaufklärerischen Apodemik, in: Siegrid Westphal u. Stefanie Freyer (Hrsg.), Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. Berlin 2020, S. 23–42. Albertus Mejerus: Methodus Apodemica, Seu Peregrinandi, Perlustrandiq[ue] regiones, urbes & arces ratio. Leipzig 1588. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 441.
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Oldenburger.⁵⁷⁵ Eine aktuelle geografische Reisebeschreibung liefere Gilbert Burnet mit seinem 1685 erschienenen Werk Voyage de Suisse, d’Italie, et de quelques Endroits d’Allemagne et de France.⁵⁷⁶ Ähnliches gelte für die in Briefen überlieferte Reisebeschreibung des päpstlichen Legaten Giovanni Battista Pacichelli.⁵⁷⁷ Andere von ihm benannte Reisebeschreibungen thematisieren exotische Orte oder sind naturwissenschaftlich-philosophisch angelegt.
3.3.3.3 Genealogie und Heraldik Genealogiorum atque Heraldicorum h.e. illorum, qui stemmata familiarum & ingsignia Dignitatum illustrium commentariis peculiaribus illustrarunt.⁵⁷⁸
Die Wissenschaften der Genealogie und Heraldik entstanden bereits im Mittelalter, in der Frühen Neuzeit erlebten sie jedoch eine tiefere Systematisierung. Gelehrte versuchten, vergangene Mythen und Irrtümer aufzuschlüsseln und formale Kriterien für die angemessene Darstellung von Wappen und Stammtafeln zu entwickeln.⁵⁷⁹ Für den adeligen politicus ergab sich ein automatisches Interesse an der eigenen Herkunft, darüber hinaus gehörte die Kenntnis von Wappen und Abstammungslinien zu einem elementaren Bestandteil höfischer, aber auch allgemein ständischer und politischer Kommunikation. In einer Zeit, in der sich militärische Eroberungszüge für die deutschen Fürsten ausschlossen und sie „auf den friedvollen Streit verwiesen“ waren, avancierten familiäre Geschichte und Genealogie zu zentralen Bestandteilen politischer Legitimation.⁵⁸⁰ Trotz der hohen Bedeutung von Heraldik und Genealogie für die höheren Gesellschaftsschichten findet die Genealogie in den politischen Leseanweisungen
Philipp Andreas Oldenburger: Constantini Germanici Ad Iustum Sincerum Epistola Politica De Peregrinationibus Germanorum recte & rite iuxta interiorem Civilem prudentiam instituendis. Cosmopoli ca. 1660. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 446: „Quâ Auctor omnes Germaniae aulas perstringit, arcana detegit, vitia notat, etiam quid boni habeant exponit, magna tamen libertate.“ Gilbert Burnet: Voyage de Suisse, d’Italie, et de quelques Endroits d’Allemagne et de France, fait és annés 1685 & 1686. Rotterdam 1687. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 446. Giovanni Battista Pacichelli: Memorie De’ Viaggi Per L’Europa Christiana. Scritte à Diversi In occasion de’ suoi Ministeri. Neapel 1685. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 446. Ebd., S. 36. Zur Wissenschaftsgeschichte vgl.: Eduard Heydenreich: Handbuch der praktischen Genealogie. Bd. 1–2, Bd. 1. Leipzig 1913, S. 12–19; Georg Scheibelreiter: Heraldik. Wien 2006, S. 13–16. Thomas Fuchs: Grandeur, Gloire und Kritik. Zum Verhältnis von Politik und Geschichtsschreibung im 17. Jahrhundert, in: Luise Schorn-Schütte u. Sven Tode (Hrsg.), Debatten über die Legitimation von Herrschaft. Berlin 2006, S. 159–174. S. 172.
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recht wenig Berücksichtigung: Bose erwähnt sie überhaupt nicht, Kulpis nur sehr kurz, Hartnack widmet ihr einen zweiseitigen Exkurs. Lediglich Arnd baut die Genealogicos obiter luculenter autem recensens Heraldicos Selectos zu einem seiner umfassendsten Kapitel aus.⁵⁸¹ Er erkennt in Genealogie und Heraldik sowohl einen rechtlichen als auch politischen Nutzen. Es nütze nichts, rechtskundig zu sein, wenn man nichts über die Personen (sowie ihre Familien, deren Würden und Qualitäten) wisse, für die das Recht geschaffen wurde.⁵⁸² Auf die Erbfolge stützten sich der gesamte Besitz, sämtliche Würden und Rechte der Fürsten. Aus dem Erbfolgerecht leiteten sich außerdem politische Ansprüche und Fragestellungen ab, die auch die Allgemeinheit betrafen („quaestiones de statu publico“).⁵⁸³ Dass Arnd bei seinen Ausführungen den zu seiner Zeit akuten Spanischen Erbfolgekrieg im Hinterkopf hat (auf den er an anderer Stelle auch direkt verweist), ist offensichtlich. Als wichtigste erscheinen den Rezensenten die genealogischen Arbeiten des Theologen und Pietisten Philipp Jakob Spener.⁵⁸⁴ Kulpis verfasst darüber hinaus eine Lobrede auf den Pionier der frühneuzeitlichen Genealogie Nicolaus Ritterhusius, dessen Angaben er als überaus verlässliche beschreibt.⁵⁸⁵ Hartnack hält das Werk für einen „künfftigen Politico“ noch für zu komplex und trocken.⁵⁸⁶ Als Fortsetzung der Werke von Ritterhusius werden die Genealogien von Jakob Wilhelm Imhof verstanden, die sich neben dem Heiligen Römischen Reich auch mit Frankreich, Italien, Spanien und England befassen.⁵⁸⁷ Ansonsten ist die Varianz der benannten Autoren groß, Hartnack empfiehlt Werke von Michael Aitzing,
Vgl. Kulpis, Studio, S. 183 f.; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 27–29; Arnd, Bibliotheca, S. 453–532. Vgl. die Institutiones Iustiniani, 1,2,12, zit. nach Arnd 1705, S. 454: „Parum est jus nosse, si personae (addimus & familiae earumque dignitas ac qualitas [Einschub von Arnd]) quarum causa constitutum est, ignorentur.“ Ebd., S. 454. U.a. Philipp Jakob Spener: Sylloge Genealogico-Historica. Frankfurt M. 1668. Vgl. Kulpis, Studio, S. 184; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 28 f.; Arnd, Bibliotheca, S. 455, 474–481. Nicolaus Rittershausen: Genealogiae Imperatorum, Regum, Ducum, Comitum, Praecipuorumque Aliorum Procerum Orbis Christiani. Tübingen 1658. Vgl. Kulpis, Studio, S. 183. Lit.: Heydenreich, Handbuch, 17 f. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 28. Jakob Wilhelm Imhof: S. Rom. Germanici Imperii Procerum Tam Ecclesiasticorum Quam Secularium Notitia Historico-Heraldico-Genealogica. ad hodiernum Imperii statum accommodata. Tübingen 1684; Derselbe: Excellentium Familiarum In Gallia Genealogiae. Nürnberg 1687; Imhof, Historia; Jacob Wilhelm Imhof: Regum Pariumque Magnae Britanniae Historia Genealogica. Nürnberg 1690 (Ms,II,121). Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 28 f.; Arnd, Bibliotheca, S. 481–486. Lit.: Heydenreich, Handbuch, S. 17.
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Elias Reusner, Hieronymus Henning und Johann Tobias Wagner.⁵⁸⁸ Arnd verweist auf die Angaben in der kurz zuvor erschienenen Selecta Bibliotheca Historica von Burkhard Gotthelf Struve und geht dann zur Heraldik über.⁵⁸⁹ Die schon im Titel oft als „genealogisch-historisch“ verorteten Werke lassen erkennen, dass die Genealogie disziplinär noch sehr in der Geschichtsschreibung verwurzelt ist.⁵⁹⁰ Genau wie die Fürstenbiografien werden Genealogien und Heraldiken als Beitrag zur Geschichte eines Territoriums verstanden. Darüber hinaus fungieren sie als Nachschlagewerke: Die Varianz der benannten Verfasser ist groß, gelehrte Politikexperten betätigen sich hier jedoch nicht als Autoren. Durch den Haupttitel Bibliotheca Politico-heraldica und einen langen Exkurs zur Heraldik profiliert sich Arnd mit einem von den anderen Rezensenten bisher unbeachteten politischen Themengebiet. An der Besprechung der Heraldik wird deutlich, dass Arnd auf keinen seiner sonstigen Gewährsmänner zurückgreifen kann: Stattdessen bedient er sich großzügig deskriptiver Kommentare der Rezensionszeitschriften. Besonders umfassend zitiert er aus den Monatlichen Unterredungen von Wilhelm Tentzel.⁵⁹¹ Arnd listet über 80 Werke, darunter finden sich nicht nur 14 deutsche und 20 französische Titel, sondern auch 16 englische sowie je ein niederländisches und ein italienisches Werk.Von den 30 lateinischen Titeln erschienen acht in England, so dass die englische Heraldikwissenschaft in diesem Rahmen überdurchschnittlich stark vertreten ist. Experten der deutschprotestantischen Politik finden sich unter den Verfassern nicht. Da Arnd der Einzige ist, der sich überhaupt zur Heraldik äußert, manifestiert sich kein fester Kanon. Im retrospektiven Blick der Forschung wird Claude François Ménestrier⁵⁹² und Philipp Jakob Spener ein wichtiger Anteil an der Normierung und Theoretisierung der Heraldik beigemessen, letzterer findet bei Arnd jedoch nur beiläufig Erwähnung.⁵⁹³
Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 28 f. Struve, Bibliotheca Historica, S. 789–802. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 455. Für Lit. vgl.: Ottokar Lorenz: Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie. Berlin 1898, S. 10–15. Vgl. z.B.: Arnd, Bibliotheca, S. 499–504. U.a.: Claude François Menestrier: Abregé méthodique des principes héraldiques ou du véritable art du blason. Lyon 1681. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 517–523. Philipp Jakob Spener: Historia Insignium Illustrium Seu Operis Heraldici Pars Specialis. Frankfurt M. 1680 (Ms,II,117); Immanuel Weber: Examen artis heraldicae, maximam partem ex insigni opere Speneriano collectum, theoriam insignium facili ac perspicuo methodo exhibens. Jena 1713. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 498–504. Lit.: Scheibelreiter, Heraldik, S. 15.
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3.3.3.4 Militärwesen Im 17. Jahrhundert erfuhr das Militärwesen nicht nur eine technische und logistische Modernisierung, sondern wurde auch stärker institutionell verankert und geregelt. Das Recht auf Kriegführung avancierte zum Monopol des Staates, auf völkerrechtlicher Ebene etablierten sich immer mehr Konventionen für eine rechtmäßige Kriegsführung. Darüber hinaus professionalisierte sich das Militär auch in Bezug auf das beteiligte Personal, das sich auf das Kriegsgeschäft reduzierte und – abseits der Führungsriege – nur noch geringen politischen Einfluss hatte.⁵⁹⁴ Dementsprechend haben die disciplinas mathematicas, die sich mit Festungsarchitektur, Belagerungswesen und Militärwesen befassen, für die Rezensenten – wenn überhaupt – nur eine marginale politische Funktion. Bose lässt sie aus, Kulpis, Hartnack und Arnd fügen sie ans Ende der Leseanweisungen. Die eingeschränkte Relevanz des Militärwesens für den politicus begründet Arnd sowohl disziplinär als auch personell.⁵⁹⁵ Zunächst gehöre das Kriegswesen nicht zu einer friedliebenden Gesellschaft, sondern könne ganz im Gegenteil gegen sie eingesetzt und missbraucht werden. Legitim sei Krieg erst, wenn die Politik ihn für das Wohl der Gemeinschaft führe. In diesem Fall fungiere die Kriegskunst als Gehilfin der Politik, avanciere jedoch nicht zu ihrem Mitbestandteil.⁵⁹⁶ Arnd argumentiert, dass sich Edelleute des Krieges enthalten könnten, wenn sie in der Zeit andere Qualitäten erlernten, die der Politik zugutekämen. Letztlich sei es aber wichtig, militärische Erfolge und ihren politischen Wert anzuerkennen und sich informiert zu halten.⁵⁹⁷ Die funktionale Trennung von Politik und Krieg vertritt auch Hartnack mit seinen Literaturlisten „Von Krieg und Frieden“ und „Von Stratagematis Polit. und Militaribus“. Die angegebenen Werke thematisieren primär die politisch-rechtlichen Umstände eines Krieges: Unter Stratagemata Polit. und Militari erfasst Hartnack vor allem Werke über Staatsstreiche, Mach-
Vgl. Wolfgang Reinhard: Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 2002, S. 351–354. Vgl. Kulpis, Studio, S. 184 f. (erklärt seinem jungen Adressaten, dass er sich in militärischen Bereichen schon hinreichend auskenne und deshalb keiner weiteren Informationen mehr bedürfe); Arnd, Bibliotheca, S. 420–437. Vgl. ebd., S. 420: „Artem militarem non unice pertinere ad civilem Societatem ejusq; Candidatos patet, quoniam illa uti possunt etiam, qui civilem Societatem non colunt. Dirigit interim militiam in usum civitatis Politica, arte etiam militari subinde utitur tanquam ministrae, attamen ipsamet Artem illam non facit suam. Dirigunt & Viri Generosi notitiam ac praxin militarem ad usum Patriae vel Reipublicae, cui inferuntur atque dicantur.“ Vgl. ebd., S. 420 f.
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terhalt und politische List.⁵⁹⁸ Auch in der Sparte über Krieg und Frieden dominieren Dissertationes politices und Observationes Iuridices neben einigen militärisch-strategischen Werken.⁵⁹⁹ Arnd zeichnet eine klare funktionale Trennung zwischen Politik und Militär: Er attestiert der von ihm benannten Literatur von Polyainos,⁶⁰⁰ Sextus Iulius Frontinus,⁶⁰¹ Justus Lipsius,⁶⁰² Gabriel Naudé,⁶⁰³ Jacob Turner,⁶⁰⁴ Joachim Burger,⁶⁰⁵ Jacobus Lydius⁶⁰⁶ und Niccolò Partenio Giannettasio⁶⁰⁷ einen explizit politischen Blickwinkel.⁶⁰⁸ Da Justus Lipsius in der Reihe dieser Autoren der bekannteste war, widmet Arnd seinem Werk De Militia Romana libri quinque, in dem Lipsius versuchte, das militärische Wissen der Antike aus dem überlieferten Schrifttum zusammenzufassen, besondere Aufmerksamkeit, beurteilt es aber als durchwachsen.⁶⁰⁹ Lipsius sei zwar ein Kenner der Materie, habe aber ein Werk des italienischen Historikers Francesco Patrizi⁶¹⁰ plagiiert, darüber hinaus sei die Schrift nicht sehr übersichtlich und ihr Neuigkeitswert gering. Mitunter erscheine
Gabriel Naudé/Christian von Ryssel: Politisches Bedencken über die Staats-streiche. Leipzig 1668, Desiderius Crescentius: Artes Reconditae Regendi Respublicas & Dominandi, Quibus fere utuntur & Imperia firmant Reges sive Principes. Leiden 1657; Jacob Schaller/Friedrich Lerse: Exercitatio De Rebus Strategematicis. Straßburg 1657. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 65 f. U.a. Niccolo Machiavelli: Libro de la arte della guerra. Venedig 1537; Elias Reusner: Stratagematographia, Sive Thesaurus Bellicus, Docens, Quomodo Bella Iuste Et Legitime suscipi, recte & prudenter administrari, commode & sapienter confici debeant. Frankfurt M. 1609. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 64 f. Isaac Casaubon/Polyaenus: Polyainu Stratēgēmatōn Bibloi Oktō. Leiden 1589 [u.a.]. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 420–423. Sextus Julius Frontinus/Samuel Tennulius: Sexti Julii Frontini Viri Consularis Strategematicōn. Leiden 1675 [u.a.]. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 423–425. Iustus Lipsius: De Militia Romana libri 5. Antwerpen 1596. Gabriel Naudé: Syntagma de Studio Militari. Rom 1637. James Turner: Pallas armata. military essayes of the ancient Grecian, Roman, and modern art of war. London 1683. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 433 f. Joachim Bürger: Singularium observationum juridico-politico-militarium centuriae duae & duae posteriores. Köln 1651–1654. Jacobus Lydius/Salomon Til: Syntagma sacrum de re militari. nec non de iure iurando dissertatio philologica. Dordrecht 1698. Niccolò Partenio Giannettasio: Bellica. Neapel 1699. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 423: „Ex Scriptoribus Latinis strategicis commendari solet à Politicis […].“ Lipsius, Militia. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 426–430. Francesco Patricius: La Militia romana di Polibio, di Tito Livio, e di Dionigi Alicarnaseo. Ferrara 1583. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 426.
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das Werk wie ein schlichter Kommentar der Schriften von Polybios.⁶¹¹ Als gelungener charakterisiert Arnd Gabriel Naudés Schriften Syntagma de Studio Militari und die Bibliographia Militaris.⁶¹² Arnds Auflistung repräsentiert ein stark antikenbezogenes Militärwissen, dessen Verfasserschaft von einem humanistischen Standpunkt arbeitet. Auch der von Arnd genannte Joachim Bürger hilft in technischen Fragen nur wenig weiter, sondern versucht eher, das Militärwesen aus einem juristisch-politischen Blickwinkel zu fassen (Singularium observationum juridico-politico-militarium centuriae).⁶¹³ Keines der benannten Werke bietet technisches Wissen für praktizierende Offiziere und Heerführer, sie sind aber – wie Arnd selbst angibt – auch gar nicht für diese verfasst. Intention ist vielmehr die rudimentäre Information eines politischen Generalisten und eine Einbettung des Militärwesens in den bereits bestehenden literarischen und politisch-rechtlichen Wissenshorizont.
3.3.3.5 „Quod liceat aut non liceat“ – Rechtswesen Zur Kenntnis des Handlungsrahmens, innerhalb dessen sich der politicus bewegt, trägt nach Ansicht aller Rezensenten ein fundiertes Rechtswissen bei.⁶¹⁴ Durch dieses sei man nicht nur in der Lage, klug und nutzbringend zu handeln, sondern sei überhaupt erst über die Legalität seiner Handlungen informiert.⁶¹⁵ Darin äußert sich eine Differenzierung zwischen klugem und rechtmäßigem Handeln: Letzteres ist legitim, aber nicht zwangsläufig nützlich und klug. Die Rezensenten benennen verschiedene Arten des Rechts. Dazu gehören das göttliche Recht, Natur- und Völkerrecht, das öffentliche Recht sowie das bürgerliche Recht. Im göttlichen Recht und Naturrecht sieht Kulpis zwei verschiedene Blickweisen auf das gleiche Subjekt: „Per jus divinum cumprimis jus naturae
Vgl. ebd., S. 426–430. Lit.: Therese Schwager: Militärtheorie im Späthumanismus. Kulturtransfer taktischer und strategischer Theorien in den Niederlanden und Frankreich (1590–1660). Berlin 2012, S. 91–115; Weber, Bedeutung, S. 122. Naudé, Syntagma; Gabriel Naudé/Georg Schubart: Bibliographia Militaris. Jena 1683. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 64; Arnd, Bibliotheca, S. 430–433. Lit.: Schwager, Militärtheorie, S. 435 f., 518–539, 655 f., 686–706. Bürger, observationum. Vgl Arnd, Bibliotheca, S. 434 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 120; Kulpis, Studio, S. 154, 186–188; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 47 f.; Arnd, Bibliotheca, S. 378 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 120: „Caeterum cum prudentis sit, non solum quod utile rebusque suis proficuum sit, dispicere, sed etiam, quod liceat aut non liceat, & ad quae quisque obligatur, aut non obligatur, omninò cum Scriptoribus, quos hactenus enumeravimus, varia jurium cognitio conjugenda est, puta divini naturalis, gentium, Publici & Civilis.“ So zitiert bei: Arnd, Bibliotheca, S. 378 f.
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intelligo.“⁶¹⁶ Man könne das Naturrecht sowohl aus den christlichen Lehren als auch aus der Empirie heraus ableiten, dabei sei jedem freigestellt, welche der beiden Methoden er vorziehe.⁶¹⁷ Bose und Arnd betrachten göttliches Recht und Naturrecht hingegen als unterschiedliche Sujets. Ersteres fußt Bose zufolge auf der Heiligen Schrift, die dazugehörige Moraltheologie sei von den Katholiken dominiert und daher für Protestanten schwer zu adaptieren.⁶¹⁸ Einige wenige lutherische Ansätze stammten von Friedrich Balduin, Johann Gerhardt, Jesper Rasmussen Brochmand, Johann Hülsemann und Johann Conrad Dannhauer. Darüber hinaus benennt er mit Hermann Conring, Hugo Grotius und John Selden auch drei Nichttheologen als Quellen zum göttlichen Recht, so dass auch hier die Überschneidung der verschiedenen Rechtsformen deutlich wird.⁶¹⁹ Wie Bose mahnt Arnd, Kenntnisse über das göttliche Recht nur aus den Schriften rechtgläubiger Verfasser zu beziehen.⁶²⁰ Er bespricht das göttliche Recht im Abschnitt zur Moralphilosophie und kennzeichnet diese als Wissensgrundlage für die Jurisprudenz.⁶²¹ Das öffentliche Recht sowie Natur- und Völkerrecht werden stets im hinteren Teil der Leseanweisungen abgehandelt. Bose argumentiert im Sinne seiner notitia rerum publicarum, dass es wichtig sei, sich mit dem öffentlichen Recht der verschiedenen europäischen Staaten auszukennen, darüber hinaus verweist er auf die akute praktische Relevanz von Rechtskenntnissen, da das entscheidende Moment staatlicher Verhandlungen meistens in Fragen des öffentlichen Rechts bestehe.⁶²² Kulpis hebt den Nutzen des öffentlichen Rechts besonders stark hervor und verweist auf die beigebundene fachspezifische Publikation.⁶²³ Hugo Grotius führt er in der Abhandlung sicherlich nicht zufällig als allerersten politisch nützlichen Verfasser.⁶²⁴
Kulpis, Studio, S. 186. Vgl. ebd., S. 187 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 121: „Quod argumentum à nostris vix leviter factum est, cum Pontificii homines fermè nimià & superstitiosâ diligentiâ in eo versati sint.“ Vgl. ebd., § 121. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 379: „Ante omnia verò evolvenda erunt Politices studioso illorum Theologorum & Politicorum scripta, qui jus divinum ex Theologia atque Jurisprudentia orthodoxa illustrarunt […].“ Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 47. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 123: „Publici Juris cognitio vel ideò necessaria est, quod ab eo praecipua monumenta plerorumque negotiorum civilium pendeat. Non solum autem ejus Imperii in quo vivimus; sed & vicinorum, & quibus cum nobis multum negotii intercedit, cognoscendum est [….].“ Vgl. Kulpis, Studio, S. 186–189. Vgl. ebd., S. 144.
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Die Wirkungskraft und Besonderheit des „unvergleichbaren“ Hauptwerkes von Hugo Grotius („optime omnium“) De Jure belli ac pacis betonen alle vier Rezensenten.⁶²⁵ Bose verweist gleich an mehreren Stellen lobend auf die grotianischen Briefe, auf De jure belli ac pacis und das Mare liberum, setzt sich allerdings nicht tiefergehend mit ihm auseinander.⁶²⁶ Das Werk von Hugo Grotius wird dagegen von Kulpis und Arnd sehr umfassend besprochen; letzterer sieht hier sogar eine Kongruenz mit aristotelischen Lehren (vgl. Kap. 6.2). Deutliche Schwierigkeiten mit Grotius’ Hauptwerk sehen sie in dem von Zeitgenossen offenbar häufig konstatierten Verstoß gegen religiöse Grundsätze und einem zu unbedarften Umgang mit der vorherrschenden theologischen Lehre.⁶²⁷ Das Werk müsse deswegen nicht völlig verworfen werden, sollte aber stets in kommentierter Fassung rezipiert werden.⁶²⁸ In diesem Kontext seien auch die Beobachtungen von Theologen hilfreich, die die problematischen Textstellen für Laien kommentierten und bewerteten.⁶²⁹ Als Kommentator von De Belli ac Pacis erhält v.a. Johann Boeckler aufgrund seiner Kenntnis der Politik, seinen ausgewählten historischen Beispielen und seinem Umgang mit problematischen Textstellen die ihm typische exegetische Paraderolle.⁶³⁰ Als versierter Jurist und Theologe empfiehlt Kulpis
Hugo Grotius: De Iure Belli Ac Pacis. Paris 1625. Vgl. Bose, Bibliotheca, für die Zitate siehe § 106 und § 111. Weitere Erwähnungen bei Bose: § 55, 108, 117, 121, 122, 126, 130. Ähnlich hält es Daniel Hartnack, vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 48, 63. Vgl. Kulpis, Studio, S. 190: „Ergo ut in tempore philosophiae Grotianae Juvenis Noster assuescat, omnino suaserim: nam quod ad difficultatem operis, ut & maculam istam attinet, quod saepius in orthodoxae religionis fundamenta impingat, talia non sunt, ut propterea totam tractationem rejiciendam esse debeamus existimare, separandae sunt scoriae, auro retento […]“; und: Arnd, Bibliotheca, S. 384: „Tandem, ut scribit [Grotius] §. XLVIII nititur quoque auctoritate librorum, quos à DEO afflati homines aut scripserunt aut probarunt. Utinam verò illis libris ita fuisset usus, ut non opus esset deplorare ejus Theologiam, quae passim à receptis orthodoxa Ecclesiae sententiis diversus abit.“ Hier empfiehlt er sein eigenes Collegium Grotianum, vgl.: Johann Georg von Kulpis: Collegium Grotianum super jure belli ac pacis. Gießen 1682. Kulpis, Studio, S. 190 f.: „[…] potestque utrique huic malo facile medicina reperiri: primo quidem per nobilissimos Commentarios, quos hactenus Eruditi, illustrando huic operi Grotiano, ediderunt; alteri vero per observationes Theologicas, quales in gratiam eorum, qui religionum controversias professo studio aliàs non tractant, à Theologis heic adornatae reperiuntur.“ Johann Heinrich Boeckler/Hugo Grotius: In Hugonis Grotii Ius Belli Et Pacis […] Commentatio Jo. Henrici Boecleri. Straßburg 1663. Vgl. Kulpis, Studio, S. 191; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 48, 67; außerdem: Dirk Graswinckel/Johann von Felden/Hugo Grotius: Stricturæ Ad Censuram Ioannis à Felden I. U. D. Ad libros Hugonis Grotii De Iure Belli Ac Pacis. Amsterdam 1654. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 122; Kulpis, Studio, S. 192; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 48; Arnd, Bibliotheca, S. 385.
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zusätzlich, den Kommentar von Caspar Ziegler heranzuziehen, der mehrere „Träumereien“ des Hugo Grotius zu entlarven wisse.⁶³¹ Die ansonsten benannten Werke zum öffentlichen Recht beziehen sich primär auf die komplexen Verhältnisse im Heiligen Römischen Reich und die in diesem Zuge elementare Reichspublizistik-Debatte zum verfassungsrechtlichen Status des Reiches und den Rechten von Kaiser, Fürsten und Reichsständen. Von den Rezensenten wird diese innerhalb der Werke sehr präsente Thematik jedoch nur angedeutet.⁶³² Die Werke von Dominicus Arumäus, Johannes Limnäus, Jakob Lampadius, Benedikt Carpzov (*1595), Johann Nikolaus Myler ab Ehrenbach, Samuel Rachel, Johann Schilter, Johann Joachim Zentgraf, John Selden und auch Johann Kulpis werden alle von mehr als einem der Rezensenten genannt.⁶³³ Als Nichtjuristen werden Johann Boeckler und Hermann Conring berücksichtigt. Bose und Arnd verweisen beide auf das in diesem Zuge besonders notwendige Studium der acta publica und ihre Relevanz im Rahmen öffentlich-rechtlicher Abhandlungen.⁶³⁴ Einige Fragen um den Ursprung und das Wesen des Naturrechts deuten Kulpis und Hartnack mit dem Verweis auf die Debatte um das Werk De Iure Naturae & Gentium von Samuel von Pufendorf an, dessen Schwierigkeiten sie hauptsächlich in den Gegensätzen zur (lutherischen) Orthodoxie und Theologie sehen (vgl. Kap. 6.3).⁶³⁵ Dem bürgerlichen Recht (jus civile bzw. privatum) attestieren Bose und Kulpis eine nachgeordnete Relevanz, bei Hartnack und Arnd fällt es komplett weg. Bose empfiehlt einige Grundkenntnisse bezüglich des geltenden Rechts in der Gemeinschaft, innerhalb der man sich als politicus bewegt, weil es in manchen Verhandlungen eben doch zum Tragen komme. Hierfür genügten eine beliebige kommentierte Ausgabe des Justinianischen Rechts und eine Einführung in die allgemeine Jurisprudenz (wie u.a. von François Hotman oder Hermann Vultejus), die zusätzlich auch Informationen zum Lehnsrecht enthielten.⁶³⁶ Kulpis gibt zwar
Kaspar Ziegler: In Hugonis Grotii De jure belli ac pacis libros, quibus naturae & gentium jus explicavit.Wittenberg 1666.Vgl. Kulpis, Studio, S. 192 f. Er verweist außerdem auf die Kommentare von Johann von Felden und Dirk Graswinkel (1654); Johann Adam Osiander (1671) und Heinrich Henniges (1673). Vgl. Kulpis, Collegium, S. 206; Arnd, Bibliotheca, S. 393 (als „controversias inter status imperii nostri Romano-Germanici“). Zu den Bestandteilen öffentlichen Rechts vgl. Arnds Abschrift zweier Inhaltsverzeichnisse der Werke Johann Wolfgang Textors (S. 396 f.). Zu Natur- und öffentlichem Recht vgl.: Bose, Bibliotheca, § 122 f.; Kulpis, Studio, S. 194–197; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 48 f., 72–74; Arnd, Bibliotheca, S. 381–383, 391–396. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 123. Ohne Verweis abgeschrieben bei: Arnd, Bibliotheca, S. 391. Samuel von Pufendorf: De jure naturae et gentium libri octo. London 1672 (Iur,IV,45). Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 49; Kulpis, Studio, S. 195–197. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 124.
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zu, dass man auf das jus civile ein Lebensalter verschwenden könne, übergangen werden dürfe es aber dennoch nicht. In Ergänzung zum Justinianischen Recht gelte es, die kaiserlichen Gesetze zu kennen, bestenfalls in kommentierter Form. Darüber hinaus seien die römischen Digesten zu studieren und die Schnittstellen von römischem und gegenwärtigem Recht zu berücksichtigen. Einen besonders praktischen Bezug hätten die Compediaria Pandectarum Tractatio von Amadeus Eckholt.⁶³⁷ Die Trennung zwischen Recht und Politik erscheint im Spiegel der Leseanweisungen relativ streng, obwohl öffentliches Recht und Naturrecht meistens als Teil der praktischen Philosophie behandelt wurden.⁶³⁸ Im Spiegel der Leseanweisungen soll das Rechtswesen die Politik stützen, nicht aber ersetzen.
3.3.4 Schöne Literatur als politische „Erbauung“ Als wichtige Übung auf dem Weg zur Ausbildung politischer Bildung galt die probeweise Anwendung politischer Theorien auf historische Exempel. Bereits Lipsius veröffentlichte zur Demonstration seiner Lehren das aus kleineren Lesestücken bestehende Werk Monita et Exempla.⁶³⁹ In den folgenden Jahrzehnten erschien eine ganze Reihe von Werken mit ähnlichen Ansätzen. Zu einem der wichtigsten Gattungsexemplare zählen die Rezensenten das in drei Bänden erschienene Werk Observationum Historico-Politicarum, Decades Sex des an der Universität von Altdorf wirkenden Aristotelikers und Historikers Michael Piccart.⁶⁴⁰ Wie auch Lipsius versuchte Piccart, zahlreiche meist aus der antiken Geschichte entnommene Beispiele mit politischen Theorien zu verknüpfen, wobei er insbesondere auf die Vorarbeiten seiner Altdorfer Kollegen Philipp Camerarius, Clapmarius oder von Giffen zurückgriff.⁶⁴¹ Ganz ähnlich ging 1656 Matthias Bernegger vor.⁶⁴² Für ihn galten Antike und jüngere Vergangenheit gleichermaßen als „relevante“ Geschichte, zudem berücksichtigt er auch politische Theorien aus Amadeus Eckolt: Compendiaria Pandectarum Tractatio. Leipzig 1670. Vgl. Kulpis, Studio, S. 200 f. Stolleis, Geschichte, S. 268, 291. Lipsius, Monita. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 89, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 68; Arnd, Bibliotheca, S. 267. Michael Piccart: Observationum Historico-Politicarum, Decades Sex. Amberg; Nürnberg 1613–1621. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 87, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 68; Arnd, Bibliotheca, S. 253–257. Lit.: Mährle, Academia, S. 314 f. Vgl. Zwierlein, Machiavelli, S. 204. Matthias Bernegger: Observationes Historico-Politicae XXVIII. Tübingen 1656. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 87; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 68; Arnd, Bibliotheca, S. 257–262.
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dem italienisch-französischen Sprachraum.⁶⁴³ Die Werke des Kölner Polyhistors Caspar Ens⁶⁴⁴, des Theologen Daniel Fessel⁶⁴⁵ und des Rechtsgelehrten Johann Jakob Speidel⁶⁴⁶ lassen sich ebenfalls in die Kategorie der Exempelliteratur einordnen, werden aber nur von Hartnack genannt. In Bezug auf Michael Piccart lobt Arnd, dass dessen Werk nicht nur lehrreich, sondern auch sehr heiter und kurzweilig zu lesen sei.⁶⁴⁷ Auch Bernegger legte großen Wert auf eine möglichst leichte und pointierte Darstellung der bei ihm beschriebenen historischen Episoden.⁶⁴⁸ Mit der hier geschilderten Praktik kamen die Verfasser dem meist jungen Publikum an Studenten und Schülern sehr entgegen. Das wichtigste Ziel der Verfasser von Exempelsammlungen bestand in einer grundlegenden politischen Moralisierung. Lipsius versuchte, seinen Umgang mit historischen Exempeln anhand der Metapher des Hausbaus zu erklären: Die sorgfältig kompilierten Textstücke sollten das Baumaterial bilden, aus dem der Kompilator dann ein stabiles Lehrgebäude zusammenfügte.⁶⁴⁹ Ein Bestandteil dieser Moralisierung waren darüber hinaus Aphorismen und Apophthegma, also Lehrsätze und Aussprüche, die Bose zufolge „ohne sichere und rechte Methode“ zusammengesammelt werden.⁶⁵⁰ Als prominente Beispiele gelten den Rezensenten die politisch-militärischen Aphorismen von Lambert
Vgl. Zwierlein, Machiavelli, S. 204. Gaspar Ens: Thesaurus Politicus. Relationes, Instructiones, Dissertationes. Köln 1613 (Ms,VIII,90). Vgl. Bose, Bibliotheca, § 76; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 33, 69. Daniel Fessel: Theatrum theologico-politico-historicum de causis mutationum et eversionum imperiorum, regnorum, principatuum. Küstrin 1668. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 68. Johann Jacob Speidel: Speculum Iuridico-Politico-Philologico-Historicarum Observationum Et Notabilium; Verborum, Rerum Et Antiquitatum, Germanicarum. Nürnberg 1657. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 69. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 253: „[…] in quibus varia ex Historicis praesertim antiquis Politica ratione eaque longè doctissima & jucundissima examinantur atque dijudicantur.“ Vgl. Karl Buenger: Matthias Bernegger, ein Bild aus dem geistigen Leben Strassburgs zur Zeit des dreissigjährigen Krieges. Straßburg 1893, S. 313 f. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 234: „Testatur id ipsum Justus Lipsius […]: ‚Vitae civilis iter qui rectè ineas, rectè peragas, praeripere mihi est animus nec id meis sed Verterum monitis imò & verbis. Lapides & ligna ab aliis accipio, aedificii tamen extructio & forma tota nostra est. Architectus ego sum sed materiam variè undique conduxi.’“ Vgl. Bose, Bibliotheca, § 88: „Est aliud genus Scriptorum, qui Praecepta & Observationes Politicas partier nullâ certâ justaque methodo, sed brevius & per modum Aphorismorum, axiomatum, Apophtegmatum collegerunt; idque alii nudè, alii cum apparatu instructuque exemplorum.“
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Daneau⁶⁵¹, die Aphorismen von Jean de Chokier⁶⁵² und das speziell auf deutsche Sprichworte bezugnehmende Florilegium Politicum von Christoph Lehmann.⁶⁵³ In dem nach Themen sortierten Werk konnte sich der Leser passende Lebensweisheiten zu sehr spezifischen Themen des öffentlichen Lebens (Ackerbaw, Ehestand, Gerechtigkeit, Gemeinernutz) heraussuchen, die sich dazu eigneten, in Briefen und Reden zitiert oder für die eigene Erbauung genutzt zu werden. Das lateinische Pendant ist das Collegium ethicum-politicum von Janus Gruter, der die Sprichwörter weitestgehend unkommentiert aneinanderreiht.⁶⁵⁴ Mit Verweis auf Jakob Imhof bemängelt Arnd, dass das Werk aufgrund der nach dem Sprichwortanfang ausgerichteten alphabetischen Ordnung nicht sinnvoll zu benutzen sei.⁶⁵⁵ Deutlich brauchbarer sei dagegen die thematisch sortierte Textsammlung Hortuli Historico-Politici Coronae VI von Elias Reusner.⁶⁵⁶ Titelworte wie Florilegium (Blütenlese) oder Hortulus (kleiner Park/Garten) verweisen auf das Bemühen, die Leser nicht nur inhaltlich, sondern auch mit ästhetischer und literarischer Qualität zu erreichen. Genau wie Blumen und Gärten sollen die Textstücke den Leser erfreuen und ihm Erbauung bieten. Somit sind die Exempel- und Aphorismensammlungen sehr ähnlich konzipiert wie die damals gleichsam florierende religiöse Erbauungsliteratur, die auf die „Fortentwicklung im christl. Glauben in individueller wie in kollektiver Hinsicht“ abzielte.⁶⁵⁷ Ganz ähnlich ließen sich auch Exempelsammlungen dazu nutzen, politische Fragestellungen und Normen in verschiedenen Kontexten nachzuvollziehen und schließlich nachzuahmen. Aphorismen vereinten die Normen ähnlich wie biblische Psalmen in prägnanten und eingängigen Formeln. Wenn in Bezug auf die Erbauungsliteratur von einer „individualistischen Frömmigkeitspraxis“ gespro Lambert Daneau/Everardus Bronchorst: Aphorismi politici et militares ex diversis auctoribus Graecis et Latinis. Leiden 1638. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 88, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 68. Jean de Chokier: Thesaurus Politicorum Aphorismorum. In quo Principum, Consiliariorum, Aulicorum institio proprie continetur. Rom 1610. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 22, 89, 126; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 68. Christoph Lehmann: Florilegium politicum. politischer Blumengarten; darinn außerlesene Politische Sententz, Lehren, Reguln und Sprüchwörter auß Theologis Jurisconsultis, Politicis. [s.l.] 1630.Vgl. Bose, Bibliotheca, § 119; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 69; Arnd, Bibliotheca, S. 236. Janus Gruterus: Florilegium Ethico-Politicum. Frankfurt M. 1610–1613.Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 236–244. Ebd., S. 244. Elias Reusner: Hortuli Historico-Politici Coronae VI. Herborn 1651. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 69; Arnd, Bibliotheca, S. 244–247. Franz Eybl: Erbauungsliteratur. Online unter: Enzyklopädie der Neuzeit Online, URL: http:// dx.doi.org/10.1163/2352-0248_edn_COM_259228 [09.06.2020].
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chen wird, so lässt sich Ähnliches auch im Hinblick auf das Genre der politisch unterhaltsamen Literatur feststellen.⁶⁵⁸ Der Leser kann die Lektüre individuell und interessengeleitet vollziehen, auch eine kollektive Rezeption und Besprechung bietet sich an.⁶⁵⁹ Einen erbauenden Charakter haben neben Reden und Briefen auch Dichtungen, Komödien, Tragödien, Fabeln und andere literarische Werke, die nicht unmittelbar für eine politische Anwendung konzipiert wurden.⁶⁶⁰ Bose zufolge überliefern Panegyriken die Taten von Ministern und Fürsten, decken Tragödien die Betrügereien von Tyrannen und Höflingen auf, legen Komödien die Sitten der Völker in heiteren Beschreibungen und Bildern dar und demaskieren Satiren die Taten und Strategien von Fürsten, Ministern und Privatleuten.⁶⁶¹ Hartnack integriert solche Texte in seine Abschnitte zur allgemeinen gymnasialen Bildung, Arnd fasst sie knapp im Kapitel der Philologicos zusammen.⁶⁶² Lediglich Kulpis vermeidet die Definition einer literarischen Kategorie. Die meiste Beachtung finden Panegyriken der Antike, wobei die von Plinius Caecilius Secundus (insbesondere seine Ausführungen über den guten Fürsten) im höchsten Ansehen stehen.⁶⁶³ Bose empfiehlt ergänzend die Panegyriken von Homer und Vergil.⁶⁶⁴ Arnd attestiert Claudianus über mehrere Seiten hinweg Vgl. Oliver Pfefferkorn: Zur Spezifik religiös-erbaulicher Textsorten im Protestantismus des 17. Jahrhunderts, in: Susanne Beckmann u. Sabine Frilling (Hrsg.), Satz – Text – Diskurs. Berlin; New York 1994, S. 247–254, S. 247. Jirgal, Bökler. S. 323. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 105: „[…] sunt alii [scriptores], qui non quidem ex professo ad usum Politicum scripsêre, sed non minori dexteritate, quanquam non aeque obvia, partem aliquam doctrinae Politicae tractant, saepiusque ea ingerunt monita, quae non melius suppeditaverint, qui id unum egere.“ Zitiert bei Arnd, Bibliotheca, S. 191. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 111: „Poetarum quoque non pauci civilis Prudentiae studium adjuvare possunt, dum aut recensent virtutes & res gestas Principum aut Ministorum ut Panegyrici; aut Procerum motus denotant, fraudesque Tyrannorum & Aulicorum in apricum proferunt, ut Tragici, aut Civitatum mores, jucundissima quadam descriptione & imagine exhibent, ut Comici, aut denique cunctorum, tam Principum & Ministorum quam privatorum hominum consilia & actiones falsè traducunt, ut Satyrici.“ Teilweise zitiert bei: Arnd, Bibliotheca, S. 223. Ebd., S. 191–233. Gaius Plinius Caecilius Secundus/Andreas Rivinus/Isaac Casaubon: C. Plinii Caecilii Secundi epistolarum libri X. ut et eiusdem Plinii, nec non Eumenii, Pacati […] Panegyrici XII. Imperatoribus dicti. Frankfurt O. 1650. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 109; Arnd, Bibliotheca, S. 192–199, 207, 210 f. Zur frühneuzeitlichen Rezeption von Panegyriken vgl. Manfred Hinz: Panegyrik, in: Manfred Landfester (Hrsg.), Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte, Bd. 15,2: Pae–Sch. Stuttgart 2002, Sp. 49–55. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 111; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 3; Arnd, Bibliotheca, S. 217 f.: Dem Nutzen der literarischen Werke von Homer stehen Arnd und Hartnack skeptisch gegenüber. Sie akzeptieren die Ilias zwar als einen geeigneten Lesestoff für Studenten der grie-
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politische Weisheit und hervorragende Dichtkünste.⁶⁶⁵ Die von Balthasar Cellarius herausgegebenen Panegyriken seien außerdem zu empfehlen, weil sie bis dato unbekannte Teile der antiken Geschichte aufdeckten.⁶⁶⁶ Bose, Hartnack und sogar Kulpis loben darüber hinaus Senecas Tragödien als moralphilosophisch und politisch wertvoll.⁶⁶⁷ Reden von Staatsmännern gelte es zu studieren, weil die politische Entscheidungsfindung stark von öffentlichen Reden abhänge. Da dies ganz besonders in der Antike der Fall gewesen sei, seien Staatsklugheit und Redegewandtheit in den Reden damaliger Staatsmänner meist eng miteinander verknüpft.⁶⁶⁸ Das herausragendste Beispiel dieser Symbiose bildeten die Reden und Briefe Ciceros sowie jene von Isokrates und Demosthenes.⁶⁶⁹ Reden von neuzeitlichen Staatsmännern werden nur von Arnd benannt.⁶⁷⁰ Den politischen Erkenntniswert von Briefen beurteilen die Rezensenten ähnlich wie den von Reden. Hier zeugten neben den Briefen Ciceros vor allem die Briefe des schon für seine Panegyriken gelobten Plinius Caecilius Secundus‘ von großem Scharfsinn und Detailreichtum.⁶⁷¹ Bezüglich bekannter Briefeschreiber der Neuzeit ist das Spektrum heterogen: Neben bekannten zeitgenössischen Staatsmännern werden auch gelehrte Humanisten geführt. Bose verweist u.a. auf die Briefe von Erasmus von Rotterdam, Philipp Melanchthon, Hugo Grotius, Thomas More, Joachim Camerarius, Hubert Languet und Justus Lipsius. Er berücksichtigt darüber hinaus die Briefe der Kardinäle Arnaud d’Ossat und Guido Bentivoglio. Arnd nennt exemplarisch Melchior Junius und John Milton sowie die Staatsmänner Giovan Battista Nani⁶⁷², Jules Mazarin⁶⁷³, Armand-Jean du Plessis,
chischen Sprache, allerdings sei es fahrlässig, politische Lehren aus einem fiktiven historischen Erzählstoff gewinnen zu wollen (Arnd). Vgl. Carl Arnd: Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta. Rostock 1705, S. 218–222; Bose, Bibliotheca, § 111. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 207–209. Bose, Bibliotheca, § 101, 111, 116, 126; Kulpis, Studio, S. 43; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 43. Als einziger erwähnt Bose in § 11 die Tragödien von Euripidis, die Komödien von Aristophanes und Terentius und die Satiren von Juvenalis, Persius und Sulpicius. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 107; ähnlich: Arnd, Bibliotheca, S. 191, 212. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 109. Demosthenes auch bei: Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 16; Kulpis, Studio, S. 167. Arnd, Bibliotheca, S. 212 f., verweist u.a. auf: Christoph Cellarius: Conciones Civiles sive Orationes ex Optimis Quibuscunque Historicis Latinis excerptae. Leipzig 1699; Jacques Auguste de Thou/Abraham Vechnerus: Suada Gallicana H.E. Conciones Et Orationes Thuanaeae. Frankfurt M. 1679 (Ms,XII,20). Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 192–199, 207; Bose, Bibliotheca, § 115. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 202 (Hier keine konkrete Titelangabe).
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Duc de Richelieu⁶⁷⁴, Arnaud d’Ossat⁶⁷⁵ und William Temple.⁶⁷⁶ Richelieu und Mazarin würden sich in ihren Briefen selbst als große Verehrer der Staatsklugheit anpreisen.⁶⁷⁷
3.3.5 Ethik Der Zusammenhang zwischen Ethik (die meist synonym mit dem Begriff der Moralphilosophie verwendet wird) und Politik beschäftigte die Theoretiker der Politik das gesamte 17. Jahrhundert. Die Debatten produzierten höchst unterschiedliche Antworten, deren Variationen mit der Frage nach der Einbindung religiöser Werte und Dogmen potenziert wurde. Die kritische Debatte um diese Thematik spielte in Werken zur politischen Theorie meist eine große Rolle. Die klassische Ethik stellte jedoch ein eigenes Fach dar und die Lehrmeister der Politik konnten davon ausgehen, dass ihre Studenten darin bereits zuvor Lektionen erhalten hatten oder gerade erhielten. Es ist daher bezeichnend, dass Bose und Arnd die Ethik in ihren Leseanweisungen auslassen und stattdessen primär die Sitten und Gewohnheiten anderer Personen und Personengruppen als politisch wichtig in den Blick nehmen.⁶⁷⁸ Da Hartnack von seiner politischen Jugend nur wenig Vorwissen über die Ethik erwarten kann, benennt er ein großes Korpus an Einführungsliteratur und beschreibt die Moralphilosophie als „Grund der Jurisprudenz“ und des Naturrechts.⁶⁷⁹ Die Politik (hier philosophia civilis) stehe dagegen eher in einem geschwisterlichen Verhältnis zur philosophia moralis: Jules Mazarin: Lettres Du Cardinal Mazarin Où l’on voit Le Secret de la Négotiation de la Paix Des Pirenées. Amsterdam 1690–1694 (Ms,VIII,254). Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 203. Armand Jean du Plessis de Richelieu: Lettres Du Cardinal Duc De Richelieu. Où l’on voit la fine Politique & le Secret de ses plus grandes Negotiations. Paris 1695 (Ms,VIII,252). Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 203. Arnaud d’ Ossat/Abraham Nicolas Amelot de La Houssaye: Letres du Cardinal D’Ossat; Avec des Notes Histor. et Polit. de Mr. Amelot de la Houssaie. Paris 1697–1698. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 204. William Temple/Jonathan Swift: Letters Written by Sir W. Temple, Bart. And Other Ministers of State, Both at Home and Abroad. London 1700–1703. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 206 f. Vgl. ebd., S. 203: „Habent in iis [epistolis] Prudentiae Civilis Cultores de quo sibi gratulentur.“ Vgl. Bose, Bibliotheca, § 96–103 Arnd, Bibliotheca, S. 363–378. Arnd beschriftet das Kapitel trotzdem als „Ethicos atque Patheticos selectos“. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 11 f., 47 f. „Aber daß wir wieder zu dem Absehen alles bißherigen/ nemlich der Jurisprudentz gelangen/ mag man die nechste Quelle aus der Philosophia morali das jus naturae nennen […].“
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[…] dahingegen [ich] mich zur Philosophia morali wenden [will] […]. Es wird dieselbe ins gemein in Ethicam und Politicam getheilet; ob als in zwey Disciplinen oder in zweene Stück eines Habitus? mag uns dißmahl gleich viel seyn. Jene wollen wir uns die Freyheit nehmen Philosophiam Moralem, diese aber Philosophiam Civilem zu nennen. Jene zu erlernen sind verschiedene Gänge.⁶⁸⁰
Aus der Masse der seiner Ansicht nach kaum überschaubaren moralphilosophischen und ethischen Schriften präsentiert Hartnack eine Auswahl der für ihn wichtigsten Texte, hierbei vor allem Exegesen und Kommentare der aristotelischen Ethik und der Stoa. Dabei sucht er keinen politischen Anwendungsbezug, erwähnt aber einige Verfasser, die auch als Kenner der Politik bekannt waren (darunter Bartholomäus Keckermann, Justus Lipsius und Caspar Schoppe, Samuel von Pufendorf und Johann Christoph Beckmann). Als Denkrahmen für eine legitime Moralphilosophie dienen Hartnack christliche Wertvorstellungen. Bey derselben/ wo man nicht dem Pelagianismum, Papismum, Socinianismum und Arminianismum unterbauen will/ mögen die Suasiones Morales gar ein weniges/ oder vielmehr nichts außrichten; sondern unser Hertz sammt seinen Kräfften muß physice von dem Heiligen Geist erneuert/ geleitet/ und mit einem Wort: Gantz neugebohren werden.⁶⁸¹
Ähnlich wie Hartnack sieht auch Kulpis einen Zusammenhang zwischen Recht und Moralphilosophie. Letztere bezeichnet er als die Lehre von der Sittlichkeit (Honestum) und vom Lenken menschlicher Handlungen. Die Übertragbarkeit der Moralphilosophie auf die Politik sieht er kritisch. – Nicht etwa, weil die Ethik nicht wichtig sei, sondern weil ihre Vertreter in der praktischen Vermittlung versagten. Die Gelehrten der Ethik würden sich in mannigfache Denkströmungen unterteilen und unablässig über richtige Definitionen und Kategorisierungen streiten, aber nie zu einem zufriedenstellenden Ergebnis kommen. Ganz anders handhabten es die Gelehrten der Jurisprudenz: Diese hätten das Fach in eine Kunst überführt und würden aus ihren allgemeinen Gesetzen eine eigene Moralphilosophie ableiten, die verständlich und eindeutig sei.⁶⁸² Trotz dieser klaren Positionierung verfasst er
Ebd., S. 39 f. Ebd., S. 47. Vgl. Kulpis, Studio, S. 153–155: „Sed & hoc observandum est, de Ethices studio me heic seorsim nihil tradere, non quod eam philosophiae partem, quae circa honestum, eoq; dirigendas hominis actiones, occupatur, negligendam ceseam, sed quod, ex scriptoribus quidem illis, qui separatim hoc disciplinae genus tractare instituerunt, pauci admodum sint, qui mensuram instituti sui expleverunt. Anne enim Ethica, febriculoso variarum definitionum & divisionum examine, ad sacram Methaphysicam speculationum abstractionumque regulam instituto; ut & re-
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der Pflicht halber doch einen recht umfassenden Abschnitt zu Werken der Moralphilosophie. Die Titel sind ähnlich wie bei Hartnack nicht auf einen politischen Nutzen hin selektiert, sondern definieren eher die ethische „Höhenkammliteratur“ von Aristoteles, Stoa und Neustoizismus. Er schließt mit den Worten: „Sed paulo diutius nos tenet hic locus, redeundum est in viam.“⁶⁸³
3.3.6 Das handelnde Individuum im Fokus politischer Literatur Die humanistische Lesart von Geschichte führte zwar nicht zu einer „Wiederentdeckung“ einer vermeintlich verlorenen individuellen historischen Biografik, aber doch zu seiner positiven Konnotation und Idealisierung, wie sie für das Mittelalter selten feststellbar ist.⁶⁸⁴ Geschichte galt nicht mehr nur als Konsequenz eines göttlichen Plans, sondern auch als das Produkt der Taten und Entscheidungen handelnder Individuen.⁶⁸⁵ Die hehren Ziele, die sie sich setzten, und die Fähigkeiten und Charaktereigenschaften, mit denen sie diese zu erreichen suchten, wurden diskutiert, über Lebensläufe hinweg verfolgt und als Ideal empfohlen oder abgelehnt. Im Fokus stand vor allem ein „politisch-sittliche[r] Exempelcharakter.“⁶⁸⁶ Die Auseinandersetzung mit einzelnen Individuen kann über Biografien und biografisch sehr aussagekräftige Selbstzeugnisse wie Briefe, Reden, Testamente oder Memoiren erfolgen. Der Umkehrschluss, dass die Rezeption dieser Textgattungen immer ein hauptsächlich biografisches Interesse ausdrückt, ist jedoch so nicht zulässig. Dass die Rezensenten nur einen verhältnismäßig geringen politischen Erkenntniswert am Subjekt des politisch handelnden Individuums sehen, beweist allein der Umstand, dass von den vier Rezensenten nur Bose überhaupt
censione litigiorum, qualia circa summum bonum veteres habuerunt, in quibus centum octuaginta & quatuor sententias discrepantes Varro jam suo tempore numeravit; item jejuna expositione eorum, quae ad principia humanarum actionum pertinent numero deniq; undecim Virtutum, absolvitur? & tamen ultra ista Capita in Libellis Ethicis vulgaribus fere nil reperies. Quare cum doctores illi, qui jurisprudentiam universalem, in formam artis redegerunt, totum hunc locum jam occupaverint, suique juris fecerint, ita, ut quae ad philosophiam morum referri debent ac officia hominum complectuntur, praeclare ab istis exposita reperiantur, satius fuerit, juvenem nostrum eò ablegare, scriptoribusque infra nominandis committere.“ Ebd., S. 162. Vgl. Heinz Löwe: Von der Persönlichkeit im Mittelalter, in: GWU 2 (1951), S. 522–536, S. 530: „Deshalb war Individualität [im Mittelalter] eine sehr häufige Tatsache, aber kein Ideal.“ Vgl. Weber, Bedeutung, S. 122 f.; Olaf Hähner: Historische Biographik: die Entwicklung einer geschichtswissenschaftlichen Darstellungsform. Frankfurt M. 1999, S. 49 f. Ebd., S. 51.
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eine biografische Kategorie entwirft (und dabei schwerpunktmäßig die Antike berücksichtigt). In den Vitas illustrium virorum sieht Bose die beispielhafte Verwirklichung philosophischer und gelehrter Tugendideale: Über Biografien lasse sich nachvollziehen, was eine konsequente Anwendung von Politik, Philosophie und Ethik bewirke. Darüber hinaus förderten sie die Einrichtung eigener Klugheit und bestärkten den Geist.⁶⁸⁷ Das Individuum wird also vor allem für die Bestätigung bereits vorgegebener politischer Denksysteme funktionalisiert. Durch die Selektion der biografierten Personen ist politischer Erfolg zwar auch ein Kriterium, aber nur dann positiv behaftet, wenn dieser mithilfe legitimer politischer Instrumentarien erreicht wurde. Briefe und Reden fungieren im Rahmen der Leseanweisung zusätzlich als rhetorisches Anschauungsmaterial⁶⁸⁸ und werden auf die Anwendung politischer Lehren hin untersucht.⁶⁸⁹ Wenn die Rezensenten in den Leseanweisungen Biografien berücksichtigen, so sind diese oft von Fürsten und Monarchen. Als solche dienten sie zunächst einem historiografischen Moment: Da ein Fürst als institutioneller Bestandteil des Staates verstanden wurde und er durch sein Handeln selbst Geschichte schrieb, galt sein Wirken als politisch relevant und trug zur Kenntnis des Status eines Territoriums bei. Dies demonstriert u.a. ein Vermerk Boses, der über die Biografie Heinrichs VII. berichtet, dass dieser in Zeiten großer Veränderung gelebt habe, weshalb sich das „wahrhaft politische“ Werk des von ihm geschätzten Politikexperten Francis Bacon unbedingt empfehle.⁶⁹⁰ Zusätzlich dienten die Biografien regierender Personen als Fürstenspiegel, anhand derer richtige und falsche Regierungspraktiken am konkreten Beispiel demonstriert wurden. Im Rahmen des Kapitels zu den Paedeuticos hebt Arnd dieses Argument besonders hervor: Eine akademische Ausbildung sei wichtig, dennoch sei der Menschheit am meisten damit gedient, wenn angehende Fürsten
Vgl. Bose, Bibliotheca, § 69 f. Sehr ähnlich argumentiert er in Bezug auf die Briefe und Reden erfahrener Staatspersonen (§ 114). Daniel Hartnack hebt dieses Argument sehr stark hervor. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 15–17, 19. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 191: „Praeter Dogmaticos atque Historicos Politicos & civilis prudentiae studiis potissimùm destinatos, sunt alii, qui non quidem ex professo ad usum Politicum scripserunt, non minori tamen dexteritate, quanquam non aeque obviâ, partem aliquam doctrinae politicae tractarunt saepèque ea ingesserunt monita, quae non melius suppeditaverint qui id unum egêre.“ Bacon, Historie. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 52 (ohne Kennzeichnung abgeschrieben bei: Conring, Prudentia, S. 333): „Verulamius ut erat non solum ingenio sed etiam dignitate & rerum experientia summus (quippe Vice-Comes S. Albani & Angliae Cancellarius) Historiam Regis Henrici VII. cujus tempora, ut in praefatione ipse ait, mutationum & eventuum variorum plena fuêre, exiguo, sed verè politico libello complexus est […].“
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und Edelleute durch die Schriften ihrer eigenen Klasse zur Weisheit gelangten. Die Biografie Heinrichs VII., die Bose als Ereignisgeschichte fasst, charakterisiert er als Paedeuticum und zitiert umfassend aus der Widmung Francis Bacons an Karl I., in der dem englischen Monarchen sein Ahn zum Vorbild angemahnt wird.⁶⁹¹ Darüber hinaus kommen auch antike Biografien und Biografen als Lehrmeister infrage. Vorbildcharakter haben die biografischen Schriften von Plutarch⁶⁹², Cornelius Nepos⁶⁹³, Sueton (insb. über Titus Pomponius Atticus)⁶⁹⁴ und Tacitus, der das Leben seines Schwiegervaters Iulius Agricola dokumentierte.⁶⁹⁵ In Bezug auf antike Biografien und Fürstenbiografien werden politische Leistungen wie gewonnene Kriege oder durchgeführte Reformen als Beitrag zum Allgemeinwohl verstanden und gewertschätzt. Ergänzend zur klassischen Fürstenspiegelliteratur verweist Arnd auf direkte Selbstzeugnisse mit autobiografischen Zügen und politische Testamente (Instructiones Paternae), die Fürsten ihren Nachfolgern widmeten. Ausführlich bespricht er die Instruktionen von Basileios I., Jakob I. von England, Kaiser Karl V. und Philipp II. von Spanien.⁶⁹⁶ Deutlich kritischer stehen die Rezensenten solchen Persönlichkeiten gegenüber, die rein empiriebasiert agieren – also unzureichend an die geltenden politiktheoretischen Lehren anknüpfen. Bose urteilt verhältnismäßig moderat, wenn er feststellt, dass Erfahrung, die nicht durch Bildung gesteuert und angeleitet wird, oft unkonventionelle oder sogar gefährliche Wege nimmt.⁶⁹⁷ In Frankreich schlug sich ein als rein empiriebasiert empfundenes Handeln und Schreiben allerdings zunehmend in politischen Memoiren und Biografien nieder, meist verfasst von Personen, die erfolgreich in zweiter Reihe agierten oder politische Prozesse von prominenter Stelle aus beobachteten. Obwohl sich die Textgattung der Memoiren bereits im 16. Jahrhundert etablierte, betrachtet keiner der Rezensenten diese als politisch relevante Kategorie. So werden Werke von und über
Arnd, Bibliotheca, S. 291 f. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 70; Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 3. Bose, Bibliotheca, § 70. Cornelius Tacitus/Matthias Bernegger: De Vita Iulii Agricolae Liber, Expositus. Straßburg 1617 (u.a.). Vgl. Bose, Bibliotheca, § 70; Arnd, Bibliotheca, S. 118, 238. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 34, 70. Er benennt u.a.: Basilius I.: Basileiu tu Rhōmaiōn basileōs kephalaia parainetika 66, pros heautu hyion Leonta, ton Philosophon. Paris 1584; James Montagu: Serenissimi et potentissimi principis Iacobi, dei gratia, Magnæ Britanniæ, Franciæ, et Hiberniæ regis, fidei defensoris, Opera. London 1619; Antoine Teissier/Karl V.: Instructions de l’empereur Charles V. à Philippe II. Roi d’Espagne et de Philippe II. au prince Philippe son fils. Den Haag 1700. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 283–288. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 3.
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Richelieu und Mazarin von Bose als Discursus ad Principes [et] Ministeria aufgefasst. Arnd kommt den neuen Textgattungen noch am nächsten, wenn er von den Scriptores Consultatorios (i.e. den politisch oder rechtlich beratschlagenden Schriftstellern) spricht.⁶⁹⁸ Die von der jüngeren Forschung als frühe Gattungsexemplare der Memoiren identifizierten Werke von Commynes und Thou werden bei den Rezensenten oft als besonders akkurate Geschichtswerke interpretiert, die sich durch eine große persönliche Nähe der Verfasser zu historischen Ereignissen, Persönlichkeiten oder auch Themen bedingt.⁶⁹⁹ Das Schreiben über sich selbst und die eigenen Taten kritisiert Arnd bei der Besprechung des Werks von Jacques Auguste de Thou nicht grundsätzlich, mahnt aber zur Vorsicht: Man solle sich dabei nie von Arroganz und Eitelkeit leiten lassen. Nur besonders fähige Schriftsteller seien heutzutage in der Lage, diese Fallstricke zu umgehen.⁷⁰⁰ Diese Äußerungen stehen im Kontrast zu jenen Entwicklungen, die die Forschung für den französischen Raum beobachtet: Diese bestehen in einer Aufwertung des „Individuelle[n] zu literarischer Dignität“, in der neben „der darstellungswürdigen großen Geschichte eine ‚petite histoire‘“ formuliert wurde, die auch im Leben und Wirken rangniedrigerer Akteure eine Relevanz erkannte.⁷⁰¹ Dieses von der modernen Forschung so präzise definierte Phänomen wird zum Ende des 17. Jahrhunderts auch von Arnd beobachtet, wenn auch völlig anders bewertet und beschrieben. In seiner Besprechung der Werke von und über die französischen Kardinäle und Minister Armand Jean du Plessis de Richelieu und Jules Mazarin treten offene dogmatische Konflikte zutage. In ihrem Wirken beobachtet Arnd eine abzulehnende, weil rein empiriebasierte Politik.⁷⁰² Dass Kardinal Richelieu ein fähiger und kluger Staatsmann war, wird von Arnd zwar nicht in Abrede gestellt, er verweist jedoch ausdrücklich auf seine mangelnde wissenschaftliche Ausbildung und einen chaotisch anmutenden politischen Stil, der ihn immer wieder zu sehr impulsiven Entscheidungen verleitet habe. Seinen Hochmut und Jähzorn habe er nur mit Mühe unterdrücken
Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 298, 307–329. Bose und Arnd zählen Commynes und Thou zu den neueren Geschichtsschreibern, Kulpis fasst ihre Schriften wiederum als Beispiel für politische Beratungskunst. Vgl. Bose, Bibliotheca, § 38, 43; Arnd, Bibliotheca, S. 138; Kulpis, Studio, S. 170. Arnd, Bibliotheca, S. 138–140, bes. S. 140: „Ex eo igitur hoc institutum judicandum maximè est. Nunquam loqui de se & rebus suis, humilitatis pudorisque inepti est: semper & sine modo atque inflatius id facere arrogantiae & vanitatis.“ Vgl. Kleber, Mémoires, S. 299. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 307–325, hier: S. 317.
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können, zusätzlich sei er für Schmeicheleien überaus empfänglich gewesen.⁷⁰³ Sein politischer Erfolg, den er zwar immerhin nur dem Staat gewidmet habe, sei auf sein ausgefeiltes Spitzelnetzwerk zurückzuführen, als „hätte [er] in seinem Cabinett gleichsam eine bezauberte Machine dadurch er alles was in der Ferne geschehe/ erfahren könne.“⁷⁰⁴ Es zeigt sich bei Arnd die Perspektive eines Gelehrten auf einen sich außerhalb der gelehrten Sphäre bewegenden politischen Akteur, der trotz seiner Missachtung akademischer Lehren erfolgreich war. Dass die Gelehrsamkeit in Anbetracht solcher Verhältnisse um ihre Deutungshoheit fürchtete, zeigt ein weiteres Zitat Arnds aus den Monatlichen Unterredungen Wilhelm Tentzels: Der Herr [Johann Friedrich] Cramer saget/ es habe der Ritter Temple von der Academia Francica erzehlet/ daß sie zwar von dem Cardinal Richelieu dem Schein nach/ zu dem Ende angestellet worden / die Frantzösische Sprache zu excoliren/ in der That aber die klugen und gelehrten Leute seiner Zeit dadurch abzuhalten/ daß sie auf den Staat und des Cardinals Thun nicht so eben Achtung könten geben.⁷⁰⁵
Es entsteht der Eindruck einer Politik, deren Träger sich von der Bildung abschotten, um sich verborgenen und fragwürdigen Praktiken zu widmen. In der Tat ist darauf hinzuweisen, dass die Verbindungen zwischen den Universitäten und dem höfischen Umfeld in Frankreich bei weitem nicht so eng waren wie im deutschsprachigen Raum. Dass dies bei deutschen Gelehrten auf Irritation stieß, verwundert nicht. Als jemand, der diese Entwicklung scheinbar vorantrieb und repräsentierte, eignet Richelieu sich also nur bedingt als Muster für Staatsklugheit. Jules Mazarin gilt als Nachfolger und geistiger Erbe Richelieus und wird in seinem Wirken von Arnd noch negativer beurteilt.⁷⁰⁶ Denn während Richelieu
Vgl. ebd., S. 308 f. Wilhelm Ernst Tentzel: Martius. Monatliche Unterredungen Einiger Guten Freunde Von Allerhand Büchern und andern annemlichen Geschichten. [Leipzig] 1692, S. 220 f.; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 309. Außerdem S. 308. Wilhelm Ernst Tentzel: Februarius. Monatliche Unterredungen Einiger Guten Freunde Von Allerhand Büchern und andern annehmlichen Geschichten. [Leipzig] 1695, S. 167; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 314 f. Zur Biografie benennt Arnd: Charles Vialart: Illustres Cardinales Armandus. D. De Richelieu Et Mazarinus, Regum Franciae Ludd. XIII. & XIV. Consiliarii intimi. Frankfurt M. 1652; Relation Succindte; Galeazzo Gualdo Priorato: The history of the managements of Cardinal Julio Mazarine, chief minister of state of the Crown of France. London 1671; Jules Mazarin: Des Weltklugen Statisten und Königl. Frantzösischen Obersten Staats-Ministers Cardin. Jul. Mazarini vernünfftige Staats- und Lebens-Reguln/ Denenjenigen/ die sich der galanten Welt und bey vornehmen Höfen beliebt und ansehnlich machen wollen. Köln 1696; Benjaminus Priolus/Christian-Friderich Fran-
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seine Politik wenigstens für den Staat betrieben habe, habe Mazarin seine Fähigkeiten dazu genutzt, um in die eigene Tasche zu wirtschaften. Aus diesem Grunde sei es nicht ratsam, sich an seinem Beispiel zu orientieren. Unter richtiger Anleitung könne das Studium seines Lebens und Wirkens jedoch als gutes Negativbeispiel genutzt werden.⁷⁰⁷ Ähnlich wie Richelieu erscheine Mazarin unheimlich gut informiert. Arnd präsentiert ihn als Begründer einer „Neuen Politik“, deren Kernelement es sei, die Zukunft vorherzusehen. Nova scil. Mazarini Politica fuit, quam sumsit ex rebus futuris quas omnes nesciunt, non ex praeteritis quas omnes norunt: quâ vidit ineunte anno totum annum, imò intrà annum decennum: quâ ex Scientia digessit consilia, disposuit facienda & pené mensus est […].⁷⁰⁸
Wiederum offenbart sich ein gelehrter Blickwinkel auf Herrschaftstechniken, die sich abseits der gelehrten Sphären entwickelten und daher nicht verständlich und vorhersagbar sind. Für Spionage und statistisch-strategisches Wissen, dessen Ursprünge im Militär, der Diplomatie und im Fiskus liegen, traf dies faktisch auch zu.⁷⁰⁹ Das empiriebasierte Handeln eines Fürstendieners wird von Arnd mit Hochmut und eigennützigem Verhalten konnotiert. Mancher Biograf wolle die Kardinäle quasi zu Göttern erheben.⁷¹⁰ Arnd zitiert Feustking: „Horum Consilia & Axiomata, plurimùm cum Machiavellisticis symbolizant, passim candor abest, Machiavellus inest, quod & eruditi & ipsa testimonia affatim perhibent.“⁷¹¹ Das hier pejorativ beobachtete (auto-)biografische Moment bricht mit den gemeinschaftsorientierten Idealen des politischen Aristotelismus. Zwar besteht ein humanistisches Ideal der Selbstverwirklichung, dieses bezieht sich jedoch ausschließlich auf Bildung und gerade nicht auf einen empirisch herbeigeführten politischen oder ökonomischen Erfolg. Indem Arnd Richelieu und Mazarin als
ckenstein: Ab Excessu Ludovici XIII. De Rebus Gallicis Historiarum Libri XII. Leipzig 1669; Laus Posthuma; Le Tableau de la Vie (1693). Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 321. Vgl. ebd., S. 316–320. Die Passage geht wohl auf den ursprünglich belobigenden Text „Eminentissimo Cardinali Iulio Mazarino. Nova Politica“ des Jesuiten Pierre Labbé zurück: Pierre Labbé: Elogia sacra, theologica, et philosophica, regia, eminentia, illustria, historica, poetica, miscellanea. Grenoble 1664, S. 193 f. Arnd (S. 317) zitiert ihn indirekt nach: Christian Weise: De Poesi Hodiernorum Politicorum Sive De Argutis Inscriptionibus Libri II. Jena 1678, S. 373–375. Vgl. Revel, Knowledge, S. 137; Ewa Anklam: Spionage. Online unter: Enzyklopädie der Neuzeit Online, URL: http://dx.doi.org/10.1163/2352-0248_edn_COM_352731 [09.06.2020]. Vgl. Philipp Andreas Oldenburger: Notitia rerum illustrium imperii Romano-Germanici tripertita. Freistadt 1669 (Ms,IV,67), S. 209; zit. nach Arnd, Bibliotheca, S. 324. Feustking; Hövet, Achithophelismo, § VII; zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 324.
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3 Politische Leseanweisungen
Figuren zeichnet, die die Erfahrung der Bildung vorziehen und die Bildung sogar von der Politik fernhalten wollen, entzieht er ihrem Leben und Werk jedwede humanistische Qualität.
3.3.7 Der Hof als Plattform politischen Handelns Die häufige Betonung der Ambivalenz zwischen Bildung und Erfahrung sowohl bei den Rezensenten als auch bei den von ihnen empfohlenen Theoretikern der Politik verdeutlicht eine kollektive Differenzierung zweier politischer Lernsphären. Bildung sollte in der möglichst normativ ausgerichteten Ausbildung von Persönlichkeit münden und war an die Universität und die Wissenschaften gebunden. Erfahrung war ein persönliches Nachempfinden der erlernten Wissensbestände und konnte im Falle des politicus erst durch den Kontakt mit dem höfischen Milieu und in der praktischen Politik erzeugt werden.⁷¹² Bei den Adeligen erfolgte die höfische Sozialisierung bereits von früher Kindheit an und wurde von Familienmitgliedern und Hofmeistern angeleitet, so dass vor Antritt des Universitätsstudiums bereits Grundlagen gelegt waren, die durch die Kavalierstouren und erste Hofämter vertieft wurden. Von den Rezensenten befasst sich lediglich Hartnack (der sich mit seiner Leseanweisung an jüngere Schüler und deren Eltern richtete) im weitesten Sinne mit politischer Rhetorik und listet Ratgeberliteratur zum höfischen Verhalten und zu spezifischen Ämtern. Deswegen ist er in den nachfolgenden Abschnitten oft die einzige Referenz. Mit der Vernachlässigung der höfischen Sphäre übergingen die Universitätsgelehrten auch die dort angelegten Prozesse funktionaler Ausdifferenzierung, die die Politik ab der Mitte des 17. Jahrhunderts prägten. Die Notwendigkeit von Expertenwissen in Bezug auf politische Ämter erscheint im Rahmen der Leseanweisungen eher marginalisiert. Das akademische Ausbildungsziel, das in den Leseanweisungen angelegt ist, besteht in einem politischen Generalisten, der über seinen Dienst an der Gemeinschaft definiert ist. Eine engere funktionale Kategorie war kaum probat, weil sie dem großen Adressatenpublikum von Adeligen und aufstrebenden Bürgerlichen unweigerlich Grenzen setzen würde.
Vgl. Gerrit Walther: Bildung. Online unter: Enzyklopädie der Neuzeit Online, URL: http:// dx.doi.org/10.1163/2352-0248_edn_COM_247370 [19.11.2020]; John Henry/Dieter Prankel: Erfahrung. Online unter: Enzyklopädie der Neuzeit Online, URL: http://dx.doi.org/10.1163/2352-0248_ edn_COM_259604 [09.06.2020].
3.3 Bestandteile und Funktionen der idealen Bibliotheca Politica
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3.3.3.1 Politische Rhetorik Die Rhetorik ist die einzige Sozialkompetenz, die im schulischen und akademischen Unterricht systematisch geübt und an der philosophischen Fakultät im Rahmen eines eigenen Faches berücksichtigt wurde. Ihre Relevanz galt hauptsächlich dem akademischen Kontext: Die gelehrte Kommunikation funktionierte nach spezifischen rhetorischen Regeln, ohne deren Kenntnis eine Teilhabe unmöglich war. Über die Wissenschaft hinaus galt die Eloquenz aber auch für die politische Sphäre als unerlässlich und war Bestandteil sämtlicher an Adelige und politici gerichteter Tugendkataloge: Wenn angehende Räte und Fürstendiener zum Abschluss ihres Studiums eine Disputatio exercitii causa abhielten, demonstrierten sie damit nicht nur die erlernten Wissensbestände, sondern vor allem ihre zur Vollendung gebrachte Rhetorik.⁷¹³ Im höfischen Kontext bildete die Eloquenz ein wichtiges Desiderat, sie wich jedoch in Bezug auf Stil und Inhalt deutlich von gelehrten Forderungen ab: Die höfische Kommunikation fand im späten 17. Jahrhundert primär auf Deutsch oder Französisch statt. Neue höfische Verhaltensideale, wie beispielsweise das Motiv des Honnête Homme, wandelten die Vorstellungen von einer guten Rede und ihren Inhalten. Diese Form der Rhetorik wurde im schulischen Unterricht und im Studium in der Regel nicht vermittelt.⁷¹⁴ Dementsprechend weisen auch die Leseanweisungen in Bezug auf die politische Rhetorik Defizite auf: Kulpis setzt rhetorische Kenntnisse bereits als gegeben voraus und will sie auch nicht in politischer Hinsicht spezialisieren.⁷¹⁵ Bose bemerkt durchaus Diskrepanzen zwischen akademischer und weltlicher Rhetorik und widmete ihr eine eigene Schrift De Comparanda Eloquentia Civili, die der Jenaer Edition von 1677 beigebunden war. Er konzipierte sie ausdrücklich für weltliche Belange.⁷¹⁶ In seiner Bibliotheca Politica Contracta sparte er die Eloquenz als funktionsbezogene Qualität abgesehen von einer unspezifischen Auflistung politisch tätiger und/oder nutzbrin-
Vgl. Michael Philipp: Politische Dissertationen im 17. Jahrhundert, in: Rainer Albert Müller (Hrsg.), Promotionen und Promotionswesen an deutschen Hochschulen der Frühmoderne. Köln 2001, S. 21–44, S. 37. Vgl. Wilfried Barner: Barockrhetorik. Untersuchungen zu ihren geschichtlichen Grundlagen. Berlin 2002, S. 171, 248, 257. Vgl. Kulpis, Studio, S. 185: „Inde etiam de studio Eloquentiae, cujus alias maxima in Viro politico est necessitas, seorsim nihil trado, cum supponam latinae linguae facultatem, antea jam comparatam, quam ad altiora isthaec studia devenerit […].“ Vgl. Johann Andreas Bose: De Comparanda Prudentia Iuxta Et Eloquentia Civili, deque libris & scriptoribus ad eam rem maxime aptis, Dissertationes Isagogicae. Jena 1677, S. 62: „Monstraturo breviter viam, qua ad Eloquentiam, si non perfectam, quae paucissimis ab omni aevo, si tamen ulli, contigit; saltem mediocrem & genio saeculi vitaeque civilis usui accommodatam, perveniri queat […].“
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3 Politische Leseanweisungen
gender Redner aus. Er verweist auf Redner der griechischen (Aeschines, Isokrates und Demosthenes) und römischen Antike (Cicero) sowie auf römische Panegyriken.⁷¹⁷ Aus dem gegenwärtigen Schrifttum seien lobpreisende und gutachterliche Gesandtschaftsreden und zeitgenössische Panegyriken heranzuziehen, hier benennt er allerdings ausschließlich Werke in lateinischer Sprache.⁷¹⁸ Die fehlende inhaltliche Auseinandersetzung Boses mit der Rhetorik und ihre Auslagerung in eine oft beigebundene, aber doch deutlich weniger rezipierte Schrift hat sicherlich dazu beigetragen, dass Kulpis und Arnd sie in ihren Leseanweisungen ebenfalls aussparten bzw. nur am Rande berücksichtigten. Lediglich Hartnack will seinem jungen Zielpublikum das für die Universität nötige Grundlagenwissen vermitteln und äußert sich entsprechend detailliert zur Rhetorik.⁷¹⁹ Denn gleich wie Eingangs gemeldet/ so muß der jenige welcher sich der Beredsamkeit befleißiget/ eben wie die Mahler/ den Pinsel fort bey der Hand haben/ und wo er ein gutes Muster siehet/ solches nach zumachen/ so lange sich befleißigen / biß daß er nun von selbst solchen Sachen in allen Fällen eine Gestalt zu geben geschickt sich befindet. Aus dieser Ubung fliesset von selbst die fertigkeit ein geschicktes Memorial aufzusetzen.⁷²⁰
Für das verinnerlichte oder tatsächliche Exempel-Memorial empfiehlt Hartnack nicht nur die Lektüre der antiken Historiker, sondern auch tagesaktuellere Publikationen wie das Theatrum Europaeum, historisch-politische Traktate und Novellen. Wenn dieses sorgfältig und vorzugsweise nach Themen geordnet angelegt würde, dann fänden sich für jede politische Rede geeignete Vorlagen. Eine Erklärung, warum Rhetorik bei Hofe wichtig ist und in welchen Situationen sie zur Anwendung kommt, gibt Hartnack nicht. Die von ihm proklamierte Rhetorik findet ausschließlich auf Latein statt und bedient sich mehrheitlich lateinischer Exempel. Dabei behält Hartnack jedoch einen anwendungsbezogenen Blickwinkel: „Die neuen Scribenten aber zumahl die Jesuiten gehen mehr ad praxin.“⁷²¹ Die Rhetorik der Jesuiten war meist auf eine breitere Öffentlichkeit hin konzipiert als die der protestantischen Gelehrsamkeit.⁷²² Schüler wurden deutlich früher zur freien Disputation ermuntert als in protestantischen Lehrprogram-
Vgl. Bose, Bibliotheca, § 107–110. Vgl. ebd., § 110. Vgl. Barner, Barockrhetorik, S. 285 f. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 17. Ebd., S. 13. Vgl. Barner, Barockrhetorik, S. 347; Barbara Bauer: Jesuitische ›ars rhetorica‹ im Zeitalter der Glaubenskämpfe. Frankfurt M. 1986, S. 548 f., 71 f.
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men.⁷²³ Jakob Masen, dessen Palaestra Oratoria Hartnack empfiehlt, betont im Untertitel eine „neue Methode“ rhetorischer Übungen, mit der er vor allem zur möglichst gekonnten Imitatio von Exempeln anzuleiten versuchte.⁷²⁴ Zudem näherten sich die Bildungsprogramme der Jesuiten explizit den „bildungspolitischen Anforderungen der territorialen Verwaltungsstaaten“ an.⁷²⁵ Der Jesuit Johannes Kwiatkiewicz verweist mit seinem Werk Suada Civilis auf die römische Göttin der Überredung. Im weiteren Verlauf der Titulierung beschwört er seine Anpassung der Rhetorik an den Geist der unsrigen (i.e. der gegenwärtigen) Redekunst und Staatsverfassung und assoziiert sich und sein Werk als Phönix der Rhetoren.⁷²⁶ Zum wichtigen Schlagwort der jesuitischen Rhetorik wird die vor allem ästhetisch verstandene Kunst der argutia (Raffinesse, Spitzfindigkeit, pointiertes Reden).⁷²⁷ Diese adaptierte auch der erfahrene Hofmeister und Schuldirektor Christian Weise für sich, der sich erstmals auch einer volkssprachlichen politischen Rhetorik zuwandte: Bereits in dem von Hartnack empfohlenen lateinischen Handbuch von 1687 verspricht er die „Praxis der heutigen Welt“ zu berücksichtigen, dabei unterscheidet er zwischen eloquentiam scholasticam, politicam [et] ecclesiasticam.⁷²⁸ Doch obwohl Hartnack das allgemeine Bedürfnis nach einer praktischen Rhetorik erkennt und das Desiderat sogar mit Schriften der Jesuiten bedient, benennt er keine volkssprachliche Rhetorikliteratur. „Dem Deutschen wird im Grund noch kein selbstständiger Bildungswert zugemessen.“⁷²⁹ Insofern wurden die zu den Volksprachen gehörenden rhetorischen Experten- und Sozialkulturen und die jeweils spezifischen Semantiken und Wertesysteme von den sie gebrau-
Vgl. Barner, Barockrhetorik, S. 342. Jacob Masen: Palaestra Oratoria. Praeceptis & Exemplis Veterum lectissimis instructa, Et nova methodo, In Progymnasmata Eloquentiae. Köln 1659; Gérard Pelletier: Reginae Palatium Eloquentiae. Mainz 1652. Lit.: Barner, Barockrhetorik, S. 348. Vgl. ebd., S. 357 f.; Bauer, ars, S. 547. Joannes Kwiatkiewicz: Suada civilis, oratoriae atque politiae nostratis ingenio accomodata. ut & phoenix rhetorum, in quo fundamenta necessaria & species rarioris eliquentiae ostenduntur. Bratislava 1672.Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 14. Hartnack benennt außerdem den Jesuiten Bohuslav Balbín: Bohuslav Balbín: Quæsita Oratoria. Utilissimus Liber, In Quo Antiquæ & Novæ Hujus Sæculi Eloquentiæ Præcepta […] Per Dialogum […] explicantur. Prag 1677. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 14. Zur Argutia vgl. Barner, Barockrhetorik, S. 359–367; Manfred Beetz: Rhetorische Logik. Prämissen der deutschen Lyrik im Übergang vom 17. zum 18. Jahrhundert. Berlin; New York 1980, S. 209–283. Christian Weise: Institutiones Oratoriae. Ad Praxin Hodierni Seculi Accomodatae. Leipzig 1687. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 14. Lit.: Barner, Barockrhetorik, S. 358. Ebd., S. 276.
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chenden Zeitgenossen lange keiner reflektierten Betrachtung unterzogen.⁷³⁰ Anstatt dieses Defizit ausdrücklich zu konfrontieren, verweist Hartnack auf den im Bereich der Rhetorik sehr begrenzten Erkenntniswert von Büchern und auf die Notwendigkeit von Erfahrung. Bücher genug/möchte jemand sagen; und gewiß es ist auch dermassen war/ das fast unnöthig scheinet/wen die so die Eloquenz treiben sollen/die Stunden mehr mit didactis neuer Praeceptorum und bloßer theoria überhäuffter locorum inventionis als der Anweisung dieses alles zu Praxi zu bringen.⁷³¹
3.3.3.2 Höfisch-weltmännische Verhaltensideale Der Blickwinkel der Rezensenten auf den Adel und den politicus (mit dem in der Regel eine niederadelige oder bürgerliche Sozialkategorie konnotiert wurde) ist stark moralisierend und erfolgt fast ausschließlich in lateinischer Sprache. Titel, die sich mit der idealen (Aus-)Bildung und den idealen Verhaltensweisen eines Adeligen und politicus befassen, benennt primär Hartnack in einer spezifischen Liste („Von den Qualitäten eines Hofmanns“).⁷³² Adressat der Traktate ist der politicus, nur zwei der benannten Titel richten sich direkt an den Adel, einmal das Werk De Nobilitate Christiana von Antonio Osorio und das Triennum nobile von Arnold Clapmarius; beide Werke erschienen vor 1620.⁷³³ Die im 16. Jahrhundert sehr populäre Fürstenspiegelliteratur wird nur von Arnd erwähnt.⁷³⁴ Eine Anlehnung an die Fürstenspiegelliteratur bildet das 1599 anonym erschienene Werk Speculi Aulicarum Atque Politicarum observationum Libelli quatuor.⁷³⁵ Andere Titel bieten Anleitungen, sich gegen die Tücken der höfischen Umgebung zur Wehr zu setzen: Das 1612 im niederländischen Raum erschienene Werk Les Résolutions politiques ou maximes d’estat von Jan van Marnix wird 1647 als Institutio viri privati et publici et aulici ins Lateinische übersetzt und um den Zusatz Ad modum ferè Iusti Lipsii in politicis ergänzt.⁷³⁶ Die Phrase bildet einen
Zur lateinischen Dominanz vgl. ebd., 249–252. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 13. Vgl. derselbe: Erachten von Einrichtung der Alten Teutschen und neuen Europäischen Historien. Zelle 1688, S. 59 f. Jerónimo Osório: De nobilitate civili libri duo. Ejusdem de nobilitate Christiana libri tres. Lissabon 1542. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 60; Arnold Clapmarius: Nobile triennium. Wittenberg 1611. Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 25. Vgl. ebd., S. 281–283. Speculi Aulicarum. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 59. Jean de Marnix/Adam (Übersetzer) Preyel: Institutio viri privati et publici et aulici. Ad modum ferè Iusti Lipsii in politicis. Frankfurt M. 1647. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 59. Original: Jean de Marnix: Les Résolutions politiques ou maximes d’estat. Brüssel 1612.
3.3 Bestandteile und Funktionen der idealen Bibliotheca Politica
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Schlüssel zu den meisten der von Hartnack benannten Werke, die primär in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts erschienen sind. Mit Staatsräson und Lipsianischer Klugheitslehre bestand zwar ein Verständnis für die Unmöglichkeit ethisch einwandfreier Politik, dennoch versuchte die Gelehrsamkeit, Methoden einer bestmöglich tugendhaften Politik zu entwickeln, sei es einerseits durch den Rückgriff auf Frömmigkeit (eher im 16. als im 17. Jahrhundert) oder andererseits durch die prudentia-Lehren. Unethisches Verhalten gilt zum Wohle des Staates teilweise als gerechtfertigt, allerdings nicht zum Wohle des Einzelnen. Johann Affelmann verlangt 1599 nach einem Vir Politicus, der sich – ausschließlich – dem Genius und der Tugend seines Fürsten widmet.⁷³⁷ Der Jesuit Carolus Scribanius beschreibt 1624 einen Politicus Christianus.⁷³⁸ Jakob le Bleu beschäftigt sich mit den „neuen Blüten“ der Politik, welche die Kardinäle Mazarin und Richelieu hervorbrächten.⁷³⁹ Christoph Peller von und zu Schoppershof fasste die anonym erschienene promachiavellische Schrift Homo politicus in einen kritischen Kommentar und betitelte diesen als Politicus Sceleratus, Impugnatus.⁷⁴⁰ Politisch verwerfliche Praktiken versucht auch Johann Michael Moscherosch aufzudecken, wenn er im Titel ankündigt: Alamodischer Politicus Welcher Heutiger Statisten Machiavellische griff und arcana Status Sonnen klar an tag gibt.⁷⁴¹
3.3.3.3 Politische Beratung Bereits in den Arbeiten von Justus Lipsius bildet die Frage nach dem richtigen politischen Beraten und der richtigen Konsultation einen legitimen Mitbestandteil Johann Affelmann: Vir politicus. Genio et virtuti illustrissimorum principum ac dominorum. Hannover 1599. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 59. Carolus Scribanius: Politicus Christianus. Antwerpen 1626. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 60. Jacob Le Bleu: Lilietum Novis Florum Politicorum Accessionibus Consitum ad Illustrationem Operis, cui Titulus, Ministerium Cardinalis Richelii et Mazarini. Gießen 1664. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 60. Peller von und zu Schoppershof, Christoph (Hrsg.): Politicus sceleratus impugnatus. Id est; Compendium politices novum, sub titulo, Hominis politici. Nürnberg 1663. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 60; Arnd, Bibliotheca, S. 56. Original: Homo politicus hujus seculi, in: Willem van der Lindt (Hrsg.), Defensio pro Valer. Magno, in qua exponitur ecclesiae Romanecatholicae scandalum. [s.l.] 1661. Als Verfasser wird meist Philipp Andreas Oldenburger benannt, was aber noch nicht eindeutig bestätigt scheint. Vgl. Goldschlag: Oldenburger, Philipp Andreas, in: ADB 24 (1887), S. 261–263. Johann Michael Moscherosch: Alamodischer Politicus. Sambt der Rent-Cammer und peinlichem Proceß; in drey Theil abgetheilet, worinnen heutiger Statisten machiavellische Grieff und arcana Status sonnenklar abgemahlet zu finden. Hamburg 1657. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 60.
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von politischer Theorie. Die zum Amt des Rats gehörigen Kompetenzen und Eigenschaften werden dabei meist implizit behandelt. Von den Rezensenten benennt wiederum nur Hartnack konkrete Ratgeberliteratur mit der unkommentierten Liste Von denen Qualitaeten eines Consiliarii. Ordnet man die von Hartnack benannten Titel nach ihrem Erscheinungsjahr, so wird ein terminologischer Wandel erkennbar.⁷⁴² Pace Scala widmet sein 1560 erschienenes Werk De Consilio Sapientis, In Forensibus Causis Adhibendo noch dem Fürsten.⁷⁴³ Fadrique Furió Ceriol berichtet 1563 von den „Räten, ihren Qualitäten, ihrer Tugend und Auswahl.“⁷⁴⁴ Ein 1611 erschienenes Werk von Liborius von Bodenstein erwähnt die Hinzuziehung des jeweils besten „Senators“ (in der Frühen Neuzeit als Synonym zu „Ratsherr“ verstanden) als eine von vielen notwendigen Aufgaben des Fürsten.⁷⁴⁵ Wo das Beraterideal der vorangegangenen Werke sich idealerweise durch Tugend und Weisheit kennzeichnet, wird hier das offenere Profil des „besten“ Beraters formuliert. Die etwas später erschienenen Abhandlungen, die Hartnack anführt, richten sich direkt an den Rat (Cancillarius, Senator, Consiliator). Diesem werden von bekannten politischen Exegeten wie Conring und Boeckler – die besten (Aus‐) Bildungswege und die zu erwartenden Pflichten erklärt.⁷⁴⁶ Bezeichnend für die politische Kultur in der Mitte des 17. Jahrhunderts ist auch der Versuch Adam Samuel Freysteins, beratungsbezogenes Wissen aus den Werken von Tacitus herauszuarbeiten.⁷⁴⁷ Im 1670 erschienenen Werk von Pamphili Persicus ändert sich das Vokabular erneut: Persicus widmet sich den „Künsten und Fähigkeiten“ der Räte und macht Angaben, wie sie ihr Leben an der Öffentlichkeit und bei Hofe Vgl. im Folgenden: ebd., S. 58 f. Pace Scala: De Consilio Sapientis, In Forensibus Causis Adhibendo, Libri IIII. Venedig 1560. Fadrique Furió Ceriol: De consiliariis, eorumque qualitatibus, virtute ac electione, liber unus longe utilissimus. Basel 1563. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 58 f. Liborius von Bodenstein: Iurisprudentiae politicae sive arcanarum disquisitionum politicarum. Frankfurt M. 1611. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 58 f. Hermann Kirchner: De officio et dignitate Cancellarii. Marburg 1620; Adam Reuter: De consilio tractatus. Oxford 1626; Jean Brandt: Senator sive de perfecti et veri senatoris officio libri duo. Antwerpen 1633; Johann Heinrich Boeckler/Fridericus Barnewitz: Maecenas. Seu Consiliator Regius. [Straßburg] 1643; Jacob Le Bleu: Tractatus De Instructione Futuri Consiliarii. Gießen 1652; Hermann Conring/Friderich August Worgewitz: Exercitatio Politica De Boni Consiliarii In Republica Munere. Helmstedt 1652; Wawrzyniec Goślicki: De optimo senatore libri duo. In quibus magistratuum officia, ciuium vita beata, rerumpub. foelicitas explicantur. Venedig 1568; Johannes Paulus Felwinger: Tractatus Tres I. De Consiliariis. II. De Senatoribus. III. De Legibus. Nürnberg 1665; Bernhard von Mallinckrodt: De Archicancellariis S. Romani Imperii, Ac Cancellariis Imperialis Aulae. Jena 1666. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 58 f. Adam Samuel Freystein: Consiliarius ex C. Cornelii Tacito formatus. Frankfurt M. 1653 Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 58 f.
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einzurichten hätten.⁷⁴⁸ Ganz ans Ende seiner Liste setzt Hartnack das vollständig strategisch ausgerichtete Werk von Jean de Silhon Le Ministre D’Estat, Avec Le Veritable Usage De La Politique Moderne. ⁷⁴⁹
3.3.3.4 Gesandtschaftswesen Die Amtspflichten eines Legaten oder Gesandten besitzen in den Leseanweisungen einen noch geringeren Stellenwert als höfisches Verhalten und Beratungswesen.⁷⁵⁰ Erneut findet sich nur bei Hartnack eine knappe unkommentierte Literaturliste. Chronologisch geordnet spiegelt die Liste eine Entwicklung „vom Orator zum Diplomaten“, die den Tendenzen der jüngeren Forschung entspricht. Die französischen Neuerungen des 17. Jahrhunderts werden allerdings nur angedeutet.⁷⁵¹ Hartnack verweist überwiegend auf die lateinischsprachige und aus humanistischen Idealen herrührende Gesandtschaftstheorie, die neben den modernen Ansätzen von François de Callières und Abraham de Wicquefort in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts offenbar weiterhin rezipiert wurde.⁷⁵² Als besondere Qualitäten des Gesandten gelten vor allem seine Bildung und seine geschliffenen Umgangsformen, mit denen er seinen Fürsten an anderen Höfen vertritt.⁷⁵³ Der Bezug auf das Gesandtschaftswesen erfolgt primär über Verfasser
Pamphilus Persicus/Christian Weselov: De Secretario Liber. Tradens artes & facultates, quibus Secretarius erudiri, Et modum, Secundum quem vitam suam in Rebuspublicis & Aulis instituere debeat. Braunschweig 1670. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 58 f. Jean de Silhon: Le Ministre D’Estat, Avec Le Veritable Usage De La Politique Moderne. Paris 1634. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 58 f. Die Entwicklung des Gesandtschaftswesens und der Theorie der Diplomatie in der zweiten Häfte des 17. Jahrhunderts wurden in den vergangenen Jahren herausragend erarbeitet. Vgl. Heidrun Kugeler: ’Le parfait Ambassadeur’. The theory and practice of diplomacy in the century following the Peace of Westphalia. Oxford 2009, URL: http://ora.ox.ac.uk/objects/uuid:be69b6b3d886-4cc0-8ae3-884da096e267/datastreams/THESIS01 [11.10.2020]; Jean-Claude Waquet: François de Callières. L’art de négocier en France sous Louis XIV. Paris 2005; Jean-Claude Waquet: Verhandeln in der Frühen Neuzeit: Vom Orator zum Diplomaten, in: Hillard Thiessen u. Christian Windler (Hrsg.), Akteure der Außenbeziehungen. Köln 2010, S. 113–149; Hillard von Thiessen: Diplomatie vom type ancien. Überlegungen zu einem Idealtypus des frühneueitlichen Gesandtschaftswesens, in: Hillard Thiessen u. Christian Windler (Hrsg.), Akteure der Außenbeziehungen. Köln 2010, S. 471–503; Dante Fedele: Naissance de la diplomatie moderne (XIIIe–XVIIe siècles). L’ambassadeur au croisement du droit, de l’éthique et de la politique. Baden-Baden 2017. Hinsichtlich der Gesandschaftstheorie in der lutherischen Politica vgl.: Weber, Geheimnisse, S. 85. Vgl. Waquet, Verhandeln, S. 128 f. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 60 f. Vgl. Thiessen, Diplomatie, S. 488.
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aus der deutschen Gelehrsamkeit, als Titelbegriff dominiert nicht etwa der Negociateur oder Ambassadeur, sondern der lateinische legatus. Dass der Botschafter als Kommunikator zwischen staatlichen Akteuren und Territorien nicht nur über seinen eigenen Status und seine Pflichten, sondern auch über das geltende Recht informiert sein muss, wird in den von Hartnack benannten Werken schon berücksichtigt. Ins Auge fällt sein Verweis auf das Werk Ètienne Dolets, der sich bereits 1541 mit dem Phänomen der diplomatischen Immunität auseinandersetzte.⁷⁵⁴ Hermann Kirchner berichtet 1614 von Rechten, Rang und Pflichten des Gesandten. Das Werk Spicilegia Politico-Iuridica. De Legatis, (2) De Sessionis praecedentia, ac item (3) De Pacis Iure: (4) deque Arcanis Rerumpublicarum verweist sowohl auf das Völkerrecht als auch auf die Arkantheorie.⁷⁵⁵ Anastasio Germonio sieht in dem Gesandten nicht mehr nur den Vertreter eines Fürsten, sondern auch den eines Volkes. Mit der Einwohnerschaft wird hier auch das Territorium als eine zu repräsentierende Einheit anerkannt (De legatis principum et populorum).⁷⁵⁶ Die Verschmelzung von Recht und Politik schlägt sich in der Theorie der Diplomatie damit außerordentlich früh nieder, während die Disziplinen in anderen Bereichen lange koexistierten. Lediglich die in den 1660er Jahren erschienenen Abhandlungen von Hermann Conring verharren bei einem genuin politischen Ansatz.⁷⁵⁷ Auf das Initialwerk des modernen europäischen Gesandtschaftsrechts, L’Ambassadeur Et Ses Fonctions von Abraham de Wicquefort, verweist Hartnack etwas ungenau als „Vicquefort in Legato Perfecto, in 4to“. Die fehlende Orts- und Jahresangabe wie auch die Latinisierung weisen darauf hin, dass Hartnack das französische Original nicht direkt zur Hand hatte und es möglicherweise nur vom Hörensagen kannte. Die von ihm gewählte Phrase des Legatus perfectus zeichnet eine Diskrepanz zu den im deutschen Sprachraum noch häufig anzutreffenden Appellen an Weisheit, Klugheit und Tugend. An seine Stelle tritt ein deutlich offeneres Qualifikationsprofil, das sich mit Effizienz rechtfertigt.
Étienne Dolet: Liber unus De officio legati, quem vulgo ambassiatorem vocant, et item alter De immunitate legatorum, et item alius De legationibus Joannis Langiachi episcopi Lemovicensis. Leiden 1541, S. 60. Außerdem: Alberico Gentili: De legationibus, libri tres. London 1585. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 60 f. Christoph Besold: Spicilegia Politico-Iuridica. De Legatis, (2) De Sessionis praecedentia, ac item (3) De Pacis Iure: (4) deque Arcanis Rerumpublicarum. Straßburg 1624. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84). Anastasio Germonio: De legatis principum et populorum libri tres. Rom 1627. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 61. Hermann Conring/Georg Conrad Rinck: De Legatione Disquisitio Politica. Helmstedt 1668. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 61.
3.4 Der Kanon als Stratigrafie
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3.4 Der Kanon als Stratigrafie Um auf den Normativitätsgrad der Leseanweisungen für ihre Zielgruppe schließen zu können, stellt sich die Frage, ob der in den Leseanweisungen zum Tragen kommende Materialkorpus einen Kanon darstellt, der dem studentischen Publikum an der Universität, im Selbststudium und in der Lehre vermittelt wurde und die Zusammenstellung ihrer Büchersammlungen beeinflusste. Die jüngere Kanonforschung löst sich derzeit von einem „engen, normativ ‚aufgeladenen‘ Kanonbegriff“, weil ein solcher in Anbetracht der Medien- und Meinungspluralität moderner Gesellschaften kaum noch existent sein könne.⁷⁵⁸ Für die Frühe Neuzeit, in der gelehrte geistliche und weltliche Autoritäten fast immer eine Deutungshoheit oder ein Deutungsmonopol beanspruchten (wenn auch sicher nie durchsetzen konnten), bietet sich eine normative Kanondefinition durchaus an: Ein Literaturkanon in diesem Sinne kodiert prägnante Formen von Wissen, ästhetische und ethische Normen und Wertmaßstäbe für eine Gesellschaft und übernimmt wichtige Funktionen für sie: Er stiftet und stabilisiert Identität, legitimiert die Trägergruppe und bietet Handlungsorientierung, indem er die Texte auszeichnet, die die ästhetischen und moralischen Wertmaßstäbe der Gesellschaft stützen.⁷⁵⁹
In Bezug auf die hier untersuchten Leseanweisungen lassen sich die Variablen „Trägergruppe“, „Identität“, und die damit verknüpften Wertmaßstäbe eindeutig bedienen. Die Trägergruppe bestand aus einer protestantischen – primär lutherischen – Gelehrtenwelt, die an den zugehörigen Universitäten ausgebildet wurde und selbst in der Lehre tätig war. Durch die Publikation von Leseanweisungen unterstrich sie die Notwendigkeit einer politischen Ausbildung an ihren eigenen Wirkungsstätten, so dass eine Selbstlegitimierung zweifelsfrei vorlag. Die Texte, die durch die Trägergruppe benannt wurden, sollten zu einem primär am Allgemeinwohl orientierten politischen Habitus anleiten, vermittelten demnach moralische Wertmaßstäbe und die gemeinsame Identität eines politicus, der sich weniger durch seinen sozialen Hintergrund definierte als durch seinen Universitätsbesuch und die dort vermittelte politische Universalbildung. Insofern sind alle Kriterien eines normativen Kanons erfüllt. Falsch wäre es jedoch, dem Kanon auch den Dogmatismus beizumessen, den die Forschung für ältere Kanons oft beschreibt.⁷⁶⁰ Die Verfasser der Leseanweisungen setzten sich Gabriele Rippl/Simone Winko: Einleitung, in: Gabriele Rippl u. Simone Winko (Hrsg.), Handbuch Kanon und Wertung. Stuttgart; Weimar 2013, S. 1–5, S. 2; S. 2; Rosenberg 2007, S. 224. Ebd., S. 2. Rainer Rosenberg: Kanon, in: Georg Braungart, et al. (Hrsg.), Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Bd. 1–3, Bd. 2: H–O. Berlin; Boston 2007, S. 224–227, S. 217.
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auch mit Texten auseinander, die sich nicht in ihren dogmatischen Kontext fügten. Zu einem ausdrücklichen Lektüreverbot kam es nicht, ganz im Gegenteil: Das Negativbeispiel war argumentativ wertvoll. In solchen Fällen, da ein Text – wie z.B. der Fürst von Machiavelli – für den Gebrauch im schulischen Unterricht unzumutbar war, er aber dennoch relevante Fragestellungen aufwarf, wurden Alternativen innerhalb des Kanons gesucht, auf deren Basis die Problematik in ähnlicher Form diskutiert werden konnte. Die Ausklammerung von Textgruppen wurde meist eher durch begrenzte textuelle Anschlussfähigkeiten verursacht, die sich durch eine ungewöhnliche Schriftsprache, ein abweichendes Genre oder andere Kultur- und Wissenschaftspraktiken bedingten. Der starke Einfluss dieser Faktoren zeigt sich daran, dass manche Texte selbst dann nicht berücksichtigt wurden, wenn sie die konfessionelle Deutungswelt der Verfasser der Leseanweisungen prinzipiell stützten. Die Kanonforschung hat längst erarbeitet, dass es sich bei einem Kanon um kein statisches Phänomen handelt, sondern dass Deutungs- und Materialkanons sich fluide beeinflussen und wandeln. Die Annahme einer semipermeablen Beeinflussung von Deutungs- auf Materialkanon ist also zu kurz gegriffen.⁷⁶¹ Erneut ist hier das Beispiel von Machiavelli zu nennen, der die Deutungswelt von Lipsius und seinen Geistesgenossen nachhaltig prägte und die Entstehung eines politischen Kanons vielleicht erst initiierte. Je mehr Geschichtsschreiber des 17. Jahrhunderts sich mit der jüngeren Geschichte befassten, desto mehr wandelten sich auch die Vorstellungen vom „richtigen“ politischen Lesen und Denken. Die Information taugte nicht mehr nur als Exempel zur Bestätigung politischer Lehren, sondern lieferte Datenmaterial zu gegenwärtigen politischen Verhältnissen. Der Umstand, dass dieses Datenmaterial seinen Rezipienten besonders nützlich war, wenn es sich auf rechtliche Verhältnisse bezog, führte zu einer intensivierten Auseinandersetzung mit dem politischen Erkenntniswert der Rechtswissenschaften. Die sich wandelnden Bedürfnisstrukturen der Trägergruppe bzw. deren Adressaten provozierten einen Wandel des Deutungskanons, dessen aristotelisches Grundgerüst in den Hintergrund rückte und bald entkoppelt wurde. Die Prozesse der Kanonisierung, Dekanonisierung und Rekanonisierung entziehen sich meist einem methodischen Zugriff der Forschung. Auf Basis der
Leonhard Herrmann: Kanondynamik, in: Gabriele Rippl u. Simone Winko (Hrsg.), Handbuch Kanon und Wertung. Stuttgart; Weimar 2013, S. 103–110; Leonhard Herrmann: System? Kanon? Epoche? Perspektiven und Grenzen eines systemtheoretischen Kanonmodells, in: Matthias Beilein (Hrsg.), Kanon, Wertung und Vermittlung. Berlin 2012, S. 59–75; Leonhard Herrmann: Kanon und Gegenwart. Theorie und Praxis des literarischen Kanons im Zeichen von Historizität, Dynamik und Pluralität, in: Ina Karg u. Barbara Jessen (Hrsg.), Kanon und Literaturgeschichte. Facetten einer Diskussion. Bern 2014, S. 15–31.
3.4 Der Kanon als Stratigrafie
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hier vorgelegten Fallstudie lassen sich jedoch gewisse Entwicklungstendenzen beobachten, die zum Verständnis ähnlicher literarischer Phänomene beitragen mögen. Bemerkenswert ist zunächst die Arbeitspraxis der Verfasser der Leseanweisungen: Da sie eine akademische Norm bedienen wollten, sichteten sie vor dem Abfassen ihrer eigenen Anweisung die bereits erschienenen Leseanweisungen und orientierten sich an deren Struktur und Inhalten. Die umfassende Abschrift, Paraphrase und Zitation der Werturteile von Vorgängern manifestiert eine Deutungshoheit, die von einer Mehrheit der Gelehrten getragen wurde. Zugleich wurden auch Wertkriterien und Vokabulare kopiert, die nicht unbedingt dem Wertungsstil oder den Ansichten des Rezensenten selbst entsprechen mussten. Das systematische „Abschreiben“ kann besonders gut am Beispiel der antiken Geschichtsschreiber Polybios und Thukydides demonstriert werden, über die ein Jahrhundert lang fast gleich geurteilt wird: Als Johann Bose sich zu den genannten Geschichtsschreibern äußert, orientiert er sich unmittelbar an dem 1589 erschienenen Traktat Ad Libros Politicorum Breves Notae von Justus Lipsius. Dieser schreibt über Polybius und Thukydides: [Polybios] judicio & prudentiâ Thucydidi haud dispar, cura & stilo solutior, qui excedit, abrumpit, diffundit, & saepe non tam narrat, quàm ex professo docet. Sed recta & salutaria ubique eius monita.⁷⁶²
Johann Bose formuliert das Urteil etwas um, äußert sich inhaltlich aber gleich: Inter Graecos praecipui sunt Thucydides & Polybius, uterque legume Historiae scribendae observantissimus, ac in ipso rerum actu versatus […] Sed Thucydides alicubi obscurior. Polybius ubique clarus & exquisitus, nec tàm narrans quàm ex professo docens & instruens: quippe qui narrationi semper suum subjicit judicium.⁷⁶³
Über die gemeinsame Phrase „non tam narrare quam ex professo docere“ und den Verweis auf die Urteilsfähigkeit des Polybius’ wird ersichtlich, dass Bose Lipsius (dessen Schrift er in anderen Kontexten bereits erwähnt) kennt und seine Aussage paraphrasiert. Arnd orientiert sich wiederum an Bose und nimmt nur leichte Kürzungen vor:
Lipsius, Ad Libros (1589), S. 18. Bose, Bibliotheca, § 28.
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3 Politische Leseanweisungen
Polybius Legum Historiae scribendae observantissimus ac in ipso rerum actu versatus: ubique clarus & exquisitus, nec tam narans quam ex professo docens & instruens, quippe qui narrationi semper suum subjicit judicium.⁷⁶⁴
Das Beispiel bestätigt die von Foucault beschriebenen Mechanismen, denen zufolge ein Verfasser nie frei von den Diskursen seiner Umwelt agieren kann und in sprachliche Zwänge eingebunden ist, die seine eigene Deutung massiv beeinflussen.⁷⁶⁵ Ein späthumanistisches Werturteil und die Phrase „narrare quam ex professo docere“ werden aus dem 16. Jahrhundert bis hinein in das frühe 18. Jahrhundert transferiert. Die antiken Erzeugnisse gelten unverändert als qualitativ hochwertig und damit beispielhaft (für strategisch kluges Handeln, für Rhetorik und für Staatsformen), aber sie bieten (vielleicht mit Ausnahme von Tacitus) kaum akut brauchbare Informationen für den Fürstendiener, um ihm das Verstehen seiner politischen Umwelt zu erleichterten.⁷⁶⁶ Nur wenige Rezensenten erreichen das Abstraktionsvermögen von Johann Kulpis: Er schreibt nicht von seinen Vorgängern ab und verweist nur dann auf antike Historiker, wenn dies ihm akut nützlich erscheint. Werden in der Folge jüngere Geschichtsschreiber besprochen, kommen neue Wertkriterien zum Tragen: Neben Urteilsfähigkeit und Erfahrung zählt nun auch die fides, die Glaubwürdigkeit der Erzählung, da vom Mitglied einer anderen Konfessionsgemeinschaft eine solche nicht grundsätzlich erwartet werden kann. Es wird ersichtlich, dass Deutungskanons schon innerhalb eines von einer einzelnen Person vermittelten literarischen Kanons uneinheitlich ausfallen können, sofern von Gewährsmännern abgeschrieben wurde. Die Leseanweisungen werden vom Ende des 16. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts immer umfangreicher. Wenn ihre Verfasser dem Kanon ein Werk oder sogar Themenbereiche, die zuvor noch nicht zum Tragen kamen, hinzufügen wollen, dann setzen sie diese Inhalte an den Schluss des zugehörigen Kapitels oder – im Falle neuer Themengebiete – ans Ende der Leseanweisung. Der hier untersuchte Kanon entwickelt dadurch eine Stratigrafie: Die ältesten Anteile stehen am Anfang, die jüngsten finden sich am Schluss. Damit lässt sich der Entstehungsprozess des Kanons archäologisch rekonstruieren: Der Aristotelismus repräsentiert die universitären Anfänge der Politik seit dem Spätmittelalter, die durch Justus Lipsius zum Ende des 16. Jahrhunderts um neue Anteile ergänzt wurden. Er verstärkt die Rolle der Geschichte als politisches Exerzitium und
Arnd, Bibliotheca, S. 108; zit. nach: Bose, Bibliotheca, § 28. Vgl. Barbara Stollberg-Rilinger: Einleitung, in: Barbara Stollberg-Rilinger (Hrsg.), Ideengeschichte. Stuttgart 2010, S. 7–42, S. 33–36. Vgl. Weber, Bedeutung, S. 122.
3.4 Der Kanon als Stratigrafie
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entwickelt das Konzept der prudentia civilis. Durch ihn findet auch das humanistische Moment Eingang, das in einer intensiven Rezeption der antiken Texte besteht. Die Werturteile über antike und jüngere italienische Geschichtsschreiber basieren auf einem humanistischen Sprachvokabular, welches bis in die Leseanweisungen des 18. Jahrhunderts hineinkopiert wird. Die politisch relevante Geschichte wird solange erweitert und ergänzt, bis sie auch die Zeitgeschichte erreicht. In dieser „Schicht“ wird der prudenzielle Nutzen durch den informativen Nutzen verdrängt. Aristotelismus und allgemeine Staatsklugheit werden immer noch als wichtig erachtet, gelten aber für sich genommen als unzureichend. Schleichend finden im Rahmen der Geschichte geografische und volkskundliche Elemente Berücksichtigung, die allmählich ausdifferenziert werden. Die Rechtsgeschichte erhält ebenfalls eine informative Funktion: Während juristische Exkurse in den Werken der frühen Aristoteliker noch kritisiert wurden, gilt die Jurisprudenz weiter hinten als politisch wichtig und nützlich. In Anbetracht dieser Tendenzen bietet es sich an, die Metapher einer geologischen Stratigrafie zu bemühen, ein Begriff, der gewöhnlich Schichtstrukturen von Erdablagerungen einzelner Epochen beschreibt. Die unteren Schichten sind stabil und statisch, wohingegen sich die oberen Schichten noch flexibel dem Deutungskanon des Individuums anpassen und stark variieren, bis sich wiederum ein Konsens mit normativer Wirkung herausbildet. Das Varianzspektrum ist bei den älteren Schichten demnach gering, bei den jüngeren hingegen sehr groß. In Anbetracht dessen, dass immer neue kanonische Ablagerungen hinzukommen, kann es vorkommen, dass die ältesten Schichten entkoppelt oder für obsolet erklärt werden. Der Grad der Normativität eines kanonrelevanten Themas beeinflusst auch die Wertungsmechanismen: Die Hinzufügung neuer Werke oder Bewertungen zu einem gefestigten und tradierten Teil des Kanons erfordert eine starke und ausführliche Legitimierung und wird nur in Ausnahmen vorgenommen. Die Literaturempfehlungen für die jüngeren Anteile eines Kanons werden dagegen eher eigenständig formuliert bzw. aus bis dato fremden Diskussionszusammenhängen entnommen. Wertung bezieht sich dann in der Regel nur auf ein einzelnes Werk und definiert keinen übergreifenden „Code“, der ganze Konvolute betrifft. Das Kapitel, das Arnd über die Heraldicos verfasst, bezeugt eine regelrechte Überforderung. Da er nicht in der Lage ist, wichtige von unwichtigen und gute von schlechten Werken zu unterscheiden, zählt er einfach alle ihm bekannten auf und schreibt Inhaltsangaben aus Rezensionszeitschriften ab. Die Verfasser der Leseanweisungen sind sich der diffizilen Historizität ihrer Ausführungen nicht bewusst. Dass sich Kanons „aufschichten“, lässt sich jedoch an den Ersterscheinungsjahren der Werke und den Lebensdaten der benannten Verfasser beweisen, da sie die Zeiträume aufzeigen, in denen die spezifischen
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3 Politische Leseanweisungen
Interpretationsarten von Politik und Geschichte am stärksten florierten. Der genuine politische Aristotelismus weist zeitlich anders gelagerte publizistische Hochkonjunkturen auf als die Literatur zum Völkerrecht oder zur Heraldik. Infolge des sukzessiven Ausbaus des Kanons musste der genuine politische Aristotelismus zunehmend mit anderen Themen und Inhalten konkurrieren. Obwohl er immer noch am Anfang jeder Leseanweisung geführt und ständig betont wird, verliert er verhältnismäßig an Relevanz. Der Begriff Stratigrafie ist ein wichtiger Analyseschlüssel für das Verständnis von Kanondynamiken. Helge Jordheim (dessen Aufsatz parallel zu der Konzeption dieser These erschien), bemüht dieselbe Metapher, um Prozesse der politischen Ideengeschichte zu beschreiben.⁷⁶⁷ Jene langfristigen und beständigen ideellen Tendenzen, die als „deep time“ bzw. „deep history“ im kollektiven Bewusstsein verhaften, setzt er mit den stabileren tieferen Erdschichten gleich. Diese werden von weniger stabilen Elementen überlagert, die größeren Divergenzen (sprich zeitlichen und lokalen Kontexten) ausgesetzt sind.⁷⁶⁸ Es scheint, als sei auch die Ideengeschichte massiven Kanonisierungsdynamiken unterworfen: Eine vielfältige Bandbreite an individuellen Ideen wird aus der Retroperspektive heraus auf Gemeinsamkeiten hin abgesucht und solange auf ihre gemeinsamen Inhalte reduziert, bis diese im kollektiven Bewusstsein nur noch als Formeln bestehen bleiben. In diesem Sinne fungiert der politische Aristotelismus in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts als „deep history“ der politisch denkenden Zeitgenossen.
Helge Jordheim: In the Layer Cake of Time. Thoughts on a Stratigraphic Model of Intellectual History, in: D. Goering (Hrsg.), Ideengeschichte heute. Bielefeld 2017, S. 195–214. Ebd., S. 207 f.
4 Konsens und Dissens zur idealen Bibliotheca Politica 4.1 Rezeption des akademisch-politischen Kanons durch Canitz Als Student der protestantischen Universitäten Leiden und Leipzig gehörte Canitz zum Zielpublikum der oben untersuchten politischen Leseanweisungen. Auf Basis dessen, dass die Curricula aus dieser Zeit erhalten sind und einige von Canitz’ Lehrmeistern ermittelt werden konnten, lässt sich die Annahme bekräftigen, dass dieser nicht nur um ein universales Studium bemüht war, sondern seine Studien gezielt auf politische und rechtswissenschaftliche Inhalte ausrichtete.
4.1.1 Studieninhalte Am 10. August 1671 wurde Canitz als Student der Rechtswissenschaften in die Matrikel der Universität Leiden eingetragen.¹ Aufgrund der Tatsache, dass Justus Lipsius und Hugo Grotius dort gelehrt hatten, hatte die Universität (insbesondere die juristische Fakultät) einen sehr guten Ruf.² In Leiden hatte nur einen Monat vor Canitz’ Ankunft der wegen seiner Pädagogik sehr renommierte Jurist Johann Friedrich Böckelmann den Lehrstuhl für Staats- und Völkerrecht erhalten, außerdem befasste er sich auch mit dem Römischen Recht.³ Lesungen zum Lehnsrecht hielt Albert Rusius.⁴ Weitere Referenten waren Georg Conrad Crusius (Ius civile)⁵ und Anton Matthäus III. (Geschichte und Kirchenrecht).⁶ Damit waren in Leiden alle damals relevanten Rechtsgebiete vertreten. Selbst wenn Canitz die Vorlesungen und Übungen nur sporadisch besuchte, dürfte er ein grundlegendes
Vgl. Album studiosorum, Sp. 570. Vgl. Peter Bahl: Der Hof des Großen Kurfürsten. Studien zur höheren Amtsträgerschaft Brandenburg-Preußens. Köln 2001, S. 225; Heinz Schneppen: Niederländische Universitäten und deutsches Geistesleben. Von der Gründung der Universität Leiden bis ins späte 18. Jahrhundert. Münster; Westfalen 1960, S. 101– 103. Vgl. Album studiosorum, S. XX; Margreet Ahsmann: Johann Friedrich Böckelmann, in: Michael Stolleis (Hrsg.), Juristen 2001, S. 92. Vgl. Album studiosorum, S. XX; van Kuyk, Rusius. Vgl. Album studiosorum, S. XX; van Kuyk, Crusius. Vgl. Album studiosorum, S. XX; van Heijnsbergen, Matthaeus, Antonius. https://doi.org/10.1515/9783110685336-004
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4 Konsens und Dissens zur idealen Bibliotheca Politica
juristisches Fachwissen erworben haben. Darüber hinaus kann Canitz Veranstaltungen an der philosophischen Fakultät besucht haben. Im Sommersemester 1673 setzte Canitz die Studien in Leipzig fort.⁷ Der Umstand, dass er dort eine historisch-politische Disputatio abhielt, lässt vermuten, dass er an Veranstaltungen der philosophischen Fakultät partizipierte, obwohl diese nach traditionellem Verständnis der Aufnahme eines rechtswissenschaftlichen Studiums vorauszugehen hatten. Die Vorlesungsverzeichnisse der Universität Leipzig geben einen guten Eindruck davon, welches Portfolio an Studieninhalten ihm offenstand. 1673 und 1674 sind Veranstaltungen zu Geschichte und Politik sehr gut vertreten: Christian Friedrich Franckenstein lehrte die Geschichte des neuen Testaments und des ersten Jahrhunderts nach Christi.⁸ Jakob Thomasius hielt rhetorische Vorlesungen über Cicero und Lactantius und empfahl sich als Kenner der Philosophie von Platon.⁹ Die aristotelische Politik wird in den Vorlesungsverzeichnissen nicht erwähnt, wohl aber hielt Anton Günter Heshusius Lesungen aus Daniel Cramers eher auf die aristotelische Logik und Metaphysik ausgerichteten Schriften.¹⁰ Die jüngere Staatengeschichte und Themen aus dem Bereich Geografie wurden 1673 in einer praktisch-philosophischen Vorlesung von Otto Mencke behandelt:¹¹ Seine Lesungen basierten auf den Tabulae von Jakob Thomasius, also auf der 1670 erschienenen Specimen Tabularum Novarum In Hugonis Grotii De Iure Belli Et Pacis Libros und der 1672 erschienenen Doctrina Imperii Romano-Germanici Hodierni. In Usum Incipientium Tabulis Comprehensa. ¹² Ähnlich wie das Naturrecht wird das Völkerrecht hier der Moralphilosophie zugerechnet und nicht den Rechtswissenschaften.¹³ Viele politisch relevante Inhalte vermittelten die Gelehrten in privatim, also im Rahmen von Übungen, die sie in ihren Häusern abhielten. Franckenstein bot Übungen zur Geografie an, Thomasius solche zur Rhetorik, der Polyhistor Joachim
Canitz ist seit dem Sommersemester 1673 in der Matrikel verzeichnet und absolvierte seine Disputatio exercitii causa am 17.10.1674, vgl.: Georg Erler: Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig. Die Immatrikulationen von Wintersemester 1634 bis zum Sommersemester 1709. Leipzig 1909, S. 59. Dass Brandenburger in Leiden kein vollständiges Studium absolvierten, war eher die Regel als die Ausnahme, vgl. Bahl, Hof, S. 224. Vgl. Decanus Cummunitatis, S. [7]; Decanus Collegii, S. [7]. Vgl. Decanus Cummunitatis, S. [7]; Decanus Collegii, S. [7]. Vgl. Decanus Cummunitatis, S. [8]; Decanus Collegii, S. [8]. Vgl. Decanus Cummunitatis, S. [7]; Decanus Collegii, S. [8]. Thomasius; Grotius, Specimen; Thomasius; Fromman, Doctrina. Vgl. Horst Denzer: Moralphilosophie und Naturrecht bei Samuel Pufendorf. Eine geistes- und wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung zur Geburt des Naturrechts aus der praktischen Philosophie. Goldbach 1996, S. 300.
4.1 Rezeption des akademisch-politischen Kanons durch Canitz
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Feller (von dem ein persönliches Grußwort in der Dissertatio abgedruckt ist) hielt Vorlesungen über Horaz sowie andere antike Literatur und bot in privatim Lektionen zur Kirchengeschichte an.¹⁴ Otto Mencke bewarb private Studien von Georg Horns Orbis Politicus ¹⁵ und verwies ein Jahr später explizit auf seine Vermittlung der notitia rerum publicarum: „Privatis scholis ad Historiam, Geographiam & Imperii Romano-Germanici Notiiam-literarum harum cultores manuducturus.“¹⁶ Das universitäre Angebot umfasste alle wesentlichen empirischen Wissensbestände, die die Verfasser der Leseanweisungen als politisch wichtig markieren. Doch die aristotelische Politik – die eigentliche Kerntheorie, welche die akademische Politik in der Frühen Neuzeit bestimmte, fehlt. Anstelle der „reinen“ philosophischen Politik vermittelten die Gelehrten eher eine Variante, in der die Politik mit historischen und rechtlichen Inhalten wesentlich angereichert wird.
4.1.2 Die historisch-politische Dissertatio Im Jahr 1674 beendete Canitz das Studium mit einer historisch-politischen disputatio über die nötigen Vorsichtsmaßnahmen von Fürsten bei Versammlungen und Kongressen. Die Textgrundlage der Disputation wurde 1674 unter dem Titel Dissertatio Historico-Politica De Cautelis Principum Circa Colloquia Et Congressus Mutuos publiziert. In einer von zwei Ausgaben, die 1674 erschienen, wird Canitz als A&R, also als Autor und Respondent bezeichnet.¹⁷ Als praeses ist in beiden Ausgaben Jakob Thomasius geführt. In der Regel ist bei frühneuzeitlichen Disputationen davon auszugehen, dass der praeses die dissertatio verfasste, die der Respondent finanzierte und über die er letztlich debattierte. So demonstrierte er seine Latein- und Rhetorikkenntnisse und konnte sich außerdem in politischer Hinsicht profilieren. Der praeses profitierte hierbei insofern, als dass seine Publikation finanziert wurde.¹⁸ Die Veröffentlichung einer politischen Dissertation
Vgl. Decanus Collegii, S. [7] f. Decanus Cummunitatis, S. [7]. Decanus Collegii, S. [7]. Canitz; Thomasius, Dissertatio; Canitz, Dissertatio. Vgl. Michael Philipp: Politische Dissertationen im 17. Jahrhundert, in: Rainer Albert Müller (Hrsg.), Promotionen und Promotionswesen an deutschen Hochschulen der Frühmoderne. Köln 2001, S. 21– 44, S. 37.
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4 Konsens und Dissens zur idealen Bibliotheca Politica
war üblich, tatsächlich wurden nie so viele davon veröffentlicht wie in den 1670er Jahren.¹⁹ Durch den Rückgriff auf das auf dem Titelblatt abgedruckte Kürzel A&R nimmt Canitz die Autorschaft für die Schrift in Anspruch. Seine disputatio baut demnach wohl auf eine selbstgeschaffene Textgrundlage: Dies und auch die persönlichen Lobes- und Grußworte im Anhang der dissertatio stützen den Schluss, dass die konkrete Textarbeit von Canitz stammt. Über den Grad der gedanklichen Eigenleistung sagt dieser Umstand jedoch nur wenig aus, eine solche war auch nicht explizit gefragt. Vielmehr musste der Respondent demonstrieren, dass er die Studieninhalte und die dazugehörige Rhetorik verinnerlicht hatte. Canitz könnte unter Umständen nur Vorlesungsinhalte oder Notizen seines praeses zusammengefasst haben. Selbst wenn er das Thema oder die Argumentation eigenständig entwickelt hat, wird seine Arbeit nicht maßgeblich von den Normen, Inhalten und Praktiken abgewichen sein, die an der Universität Leipzig vertreten wurden. Für die hier zu behandelnde Fragestellung nach politischen Norminhalten ist dies mehr Vor- als Nachteil: Die dissertatio beweist, dass Canitz die akademische Politik rezipierte und sich in begrenztem Maße selbst darin betätigte. In Übereinstimmung mit den Studieninhalten wird in der dissertatio eher eine empirische Beweisführung vorgenommen als eine theoriebasierte. Die einführenden und eingeschobenen politisch-theoretischen Bemerkungen stammen meist von antiken Historikern und Staatsmännern wie Cicero²⁰ und Tacitus.²¹ Ein einziges Mal verweist der Autor auf Seckendorffs „Fürstenstaat“²² und auf Christoph Besolds Abhandlung De Legatis. ²³ Die wenigen theoretischen Referenzen werden systematisch mit empirischen Beispielen angereichert: Der Verfasser verweist auf mehrere Gelegenheiten, an denen sich Fürsten persönlich zu Verhandlungen trafen, und versucht daran zu demonstrieren, wo die jeweiligen Vor- und Nachteile einer solchen Verhandlungsform liegen. Die Beispiele werden aus der mittelalterlichen und jüngeren Geschichte geschöpft: Besprochen wird ein Treffen zwischen Karl VI. von Frankreich und Richard II. von England, auch ein Treffen von Kaiser Ferdinand II. mit Wenzel von Böhmen und eines von Ludwig XI. von Frankreich und Karl von Burgund. Anhand dieser Beispiele sammelt der
Vgl. Derselbe: Die frühneuzeitliche Politikwissenschaft im 16. und 17. Jahrhundert, in: Wilhelm Bleek (Hrsg.), Schulen der deutschen Politikwissenschaft. Opladen 1999, S. 61– 78, S. 65; Philipp, Dissertationen, S. 44. Vgl. Canitz; Thomasius, Dissertatio, Prooemium, § XXI. Vgl. ebd., § XXXVIII, § XXVIII, XLI. Vgl. ebd., § XII. Vgl. ebd., § VIII.
4.1 Rezeption des akademisch-politischen Kanons durch Canitz
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Autor Argumente für die Schwierigkeiten und Herausforderungen bei zwischen Herrschern geführten politischen Verhandlungen. Das empirisch-historische Material entnimmt Canitz aus dem Werk Observationum Historico-Politicarum Michael Piccarts²⁴ und den Memoiren von Philippe de Commynes’.²⁵ Er zitiert Johann Sleidanus²⁶, das Diarium Europaeum ²⁷ und die italienischen Historiografen Paolo Emili²⁸ und Francisco Guicciardini.²⁹ Als antike Autoritäten treten neben Cicero und Tacitus auch Velleius Paterculus³⁰ und Quintus Curtius Rufus³¹ in Erscheinung. Die Literaturverweise in der dissertatio umfassen bis auf zwei nur lateinische Titel. Die Geschichte steht in beispiel- und lehrhafter Funktion: „Enimverò si historiarum perlustramus monumenta, colloquia & congressus Principum cum variis conjuncta fuisse periculis deprehendimus.“³² Aus dem bei Piccart geführten Exempel einer persönlichen Begegnung zwischen Wenzel von Böhmen und Ferdinand II. werden eine oder mehrere grundsätzliche Erkenntnisse abgeleitet (z. B. „Apponamus itaque generalibus consiliis hoc etiam, ut feria tractaturi negotia Principes horas eligant sobrias, poti quiescant“³³). Der Leser steht in der Verantwortung, diese auf seine eigene Fragestellung zu transferieren: Informationen zu aktuellen und gegenwartsbezogenen Kontexten liefert die dissertatio nicht: Der Verfasser weist ausdrücklich darauf hin, dass die dissertatio nur als Grundlage für den akademischen Schlagabtausch verfasst wurde, nicht aber für die Belehrung von Fürsten und Adeligen gedacht sei.³⁴ Jede Bezugnahme auf aktuelle Beispiele hätte solch eine anmaßende Belehrungsintention impliziert, daher bezieht der Verfasser seine Beispiele primär aus spätmittelalterlichen Kontexten. Vgl. Michael Piccart: Observationum Historico-Politicarum, Decades Sex. Amberg; Nürnberg 1613 – 1621 In: Canitz; Thomasius, Dissertatio, § VIII, XIV, XXXIII. Philippe de Commyne: Cronique & hystoire. Faicte & composee par feu messire Philippe de Commines Cheualier, seigneur Dargenton; contenant les choses aduenues durant le regne du roy Loys vnziesme. Paris 1524. In: Canitz; Thomasius, Dissertatio, § XXII f., XXV-XXVII, XXXIV, XXXVI, XXXIX. Das genaue Werk ist nicht ermittelbar. Vermutlich De quatuor Summis Imperiis Libri Tres. Vgl. Canitz; Thomasius 1674, § XXIII. Martin Meyer: Diarium Europaeum. Frankfurt M. 1659. In: Canitz; Thomasius, Dissertatio, § XLV. Das genaue Werk ist nicht ermittelbar. Vgl. ebd., § XXVIII. Francesco Guicciardini/Francesco [Bearb.] Sansovino: La historia d’Italia. [Genf] 1645 (Ms,IV,50). In: Canitz; Thomasius, Dissertatio, § XLII, XLVI. Vgl. ebd., § XXXVIII. Vgl. ebd., § XI. Vgl. ebd., § VI. Vgl. ebd., § XVII. Vgl. ebd., § Prooemium.
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4 Konsens und Dissens zur idealen Bibliotheca Politica
Die Ausführungen fügen sich genau in den Normbereich, den die Verfasser der Leseanweisungen definieren. Canitz schreibt auf Latein und verweist primär auf lateinische Literatur. Diese stammt von genau jenen Verfassern, die in den Leseanweisungen als politisch nutzbringend und unbedenklich markiert werden. Für das empirische Anschauungsmaterial werden vor allem die „Klassiker“ von Piccart und Commynes herangezogen, die in allen der vier untersuchten Leseanweisungen erwähnt und besprochen werden. Piccarts Werk dient als ideales Studien- und Anfängerbuch, denn den Aussagen der Verfasser der Leseanweisungen zufolge demonstriert Piccart die Gültigkeit der politischen Theorie besonders hervorragend anhand ausgewählter historischer Exempel. Commynes gewährleiste dagegen einen herausragenden empirischen Einblick in die Politik: Den Verfassern der Leseanweisungen zufolge brilliert er – wenn auch auf eine als unkonventionell empfundene Art und Weise – mit Erfahrung, Klugheit und politischer Beobachtungsgabe. Zum Verweis auf juristische Texte kommt es nicht. – Auch dies fügt sich in ein Verständnis von Politik, das dem Rechtswesen eher eine randständige Position zuweist. Ein Unterschied zwischen dem Kanon der Leseanweisungen und der disputatio besteht in der Auslassung von Inhalten des politischen Aristotelismus. Dies scheint Canitz durch seine Lehrmeister an der Universität so vorgelebt worden zu sein. Der aristotelisch-theoretische Überbau der Politik, an dem die Verfasser der Leseanweisungen infolge von Kanondynamiken noch im 18. Jahrhundert festhalten, ist in dem Lernprogramm, dem Canitz 1671– 1674 im Zuge seines Studiums ausgesetzt war, nicht nachweisbar.
4.1.3 Rezeption von Daniel Hartnacks Anweisenden Bibliothecarius Der Umstand, dass Canitz in den 1690er Jahren ein Exemplar von Daniel Hartnacks Anweisenden Bibliothecarius für die literarische Ausstattung seines Sohnes Philipp erwarb, zeigt, dass er den im Studium erlernten Inhalten nach wie vor Bedeutung beimaß. Bei Beachtung des Kapitels zur Anweisung der politischen Jugend fällt auf, dass Canitz 54 der Titel, die Hartnack für die Ausbildung der politischen Jugend empfiehlt, seiner Bibliothek hinzufügte. Eine zufällige Übereinstimmung zwischen Leseanweisung und Bibliotheksbestand kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden: Bei den Werken handelt es sich mehrheitlich um Gebrauchsliteratur aus den Händen wenig bekannter Verfasser. Auf einigen Seiten lässt sich sogar jeder zweite der von Hart-
4.2 Die Bibliotheca Caniziana im Expertenblick politischer Leseanweisungen
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nack benannten Titel in der Bibliothek wiederfinden.³⁵ Für seinen Sohn, der entsprechend der adeligen Gepflogenheiten durch einen Hofmeister zu Hause unterrichtet wurde, greift Canitz selbstverständlich auf Inhalte zurück, die ein politisches Studium vorbereiten. Besonders intensiv berücksichtigte er die Sektionen zur Universalgeschichte (vgl. Kap. 4.2.2.2), zur Geografie und zu staatswissenschaftlich angelegten Werken. Die Literaturlisten, die Hartnack seinem Kapitel am Ende beifügt und die unter anderem auch die Werke zum politischen Aristotelismus beinhalten, bleiben abgesehen vom Abschnitt Von andern Reichen/ sonderlich in Europa unbeachtet. Die Literaturauswahl weist wiederum Parallelen zu seiner dissertatio auf: Auch dort werden eher Historiker als Politiktheoretiker herangezogen. Es entsteht der Eindruck, dass Canitz seinen Sohn mit der notitia rerum publicarum ausstatten wollte, die jenem das Universitätsstudium und eine anschließende Kavalierstour erleichtern würden. Da Philipp in jungen Jahren verstarb, bleibt offen, ob er diesen Weg auch eingeschlagen hätte.
4.2 Die Bibliotheca Caniziana im Expertenblick politischer Leseanweisungen 4.2.1 Politische Lehren, Denkmuster und Konzepte 4.2.1.1 Politische Theorien und Systemata in Tradition und Kongruenz mit dem politischen Aristotelismus Die Analyse des Politica-Kanons hat bewiesen, welche zentrale Stellung die aristotelische Politik für das politische Studium einnimmt. In diesem Kontext ist eine erste Sichtung der Canitzschen Bibliothek ernüchternd: Canitz besaß drei Texte mit aristotelischer Urheberschaft, zweimal seine Rhetorik und einmal seine poetischen Schriften, zwei der Werke erschienen in französischer Übersetzung.³⁶ Es findet sich keine Gesamtausgabe der aristotelischen Werke und genauso wenig die Einzelschrift der aristotelischen Politik. Konsequent fehlen auch die etablier-
Für die Übereinstimmungen vgl.: Hartnack 1690, S. 21 (3 Titel, Geschichte), S. 22 (3 Titel, Geschichte), S. 24 (3 Titel, Geschichte), S. 25 (4 Titel, Geschichte), S. 26 (4 Titel, Geschichte), S. 30 (6 Titel, Geografie), S. 35 (3 Titel, Geografie), S. 36 (4 Titel, Staatswissenschaften), S. 73 (3 Titel, Öffentliches Recht), S. 74 (5 Titel, Staatswissenschaften). Aristoteles/Johannes Sturm/Michael Toxites/Johannes Cocinus: Aristotelis Rhetoricorum lï bri III. Straßburg 1570 (Ms,VIII,174); Aristoteles/André Dacier: La Poe͏tique D’Aristote. Traduite en François. Avec des Remarques. Paris 1692 (Ms,VIII,390,1); Aristoteles/François Cassandre: La Rhetorique d’Aristote trad. an françois. Amsterdam 1698 (Ms,VIII,426).
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ten Editionen und Gelehrtenkommentare der Politik von Joachim Camerarius, Hubert van Giffen, Michael Piccart, Daniel Heinsius, Hermann Conring, Balthasar Cellarius, Johann von Felden und Gerhard Meyer. Platons Politeia, die zweite namhafte politische Lehre der Antike, fehlt ebenfalls, lediglich Severinus Boethius, der sich stark an der platonischen Philosophie orientierte, ist mit drei Ausgaben seiner Consolatio philosophiae repräsentiert.³⁷ Das Fehlen der aristotelischen Politik ist konsequent. Es kann nicht durch eine generelle Missachtung von Aristoteles erklärt werden, da andere seiner Werke ja nachgewiesen sind, und auch nicht durch eine generelle Ablehnung antiker oder altgriechischer Schriftsteller, die sich in großer Zahl nachweisen lassen. Das Negativergebnis kann nur auf die aristotelische Politik zurückgeführt werden: Wenn Canitz seine Ausgaben nicht gesondert aufbewahrt, sie komplett verloren hat, sie von einer dritten Person geschlossen aussortiert oder verkauft wurden (alle drei Möglichkeiten erscheinen unwahrscheinlich), dann findet der zentralste Bestandteil der im deutsch-protestantischen Kontext geltenden politischen Lehre im Rahmen seiner Büchersammlung nicht statt. Das Negativergebnis setzt sich auch hinsichtlich der klassischen Einführungswerke in die Politik fort. Von den mit den Maximen des politischen Aristotelismus weitestgehend konformen Überblickswerken von Arnisäus, Keckermann, Heider, Boxhorn und Boeckler finden sich lediglich Boecklers Institutiones Politicae in einer Ausgabe des Jahres 1688 in Canitz’ Bestand wieder.³⁸ Die Erstausgabe erschien im Jahr 1674 und ist damit das jüngste der oben benannten Einführungswerke. Es ist plausibel, dass das druckfrischeste Exemplar Canitz tendenziell eher zugänglich war als die älteren Werke. Hinzuweisen ist auch auf den Umstand, dass Boeckler neben den aristotelischen Maximen viele neustoizistische Ansätze von Lipsius aufgreift und verarbeitet.³⁹ Den gemeinsamen Nenner der fehlenden Werke markiert der politische Aristotelismus: Henning Arnisäus, Keckermann und Heider, die sich außerhalb dessen kaum publizistisch hervortaten, fehlen in der Bibliothek auch sonst flä Severinus Boethius/Franciscus Mercurius Helmont: Des Fürtrefflichen Hochweisen Herrn Severini Boetii Weil. Bürgermeisters zu Rom Consolatio Philosophiae, Oder Christlich-vernunfftgemesser Trost und Unterricht in Widerwertigkeit und Bestürtzung über dem vermeinten Wohloder Ubel-Stand der Bösen und Frommen: Verteutschet. Lüneburg 1697 (Th,VIII,60); Severinus Boethius: De consolatione philosophiae libri 5. Amsterdam 1668 (Ms,XII,7,1); Severinus Boethius/ Johannes Bernartius: Consolationis Philosophiæ Libri V. Ejusd. Opuscula Sacra. Leiden 1671 (Ms,VIII,11,1). Johann Heinrich Boeckler: Institutiones Politicae Accesserunt Dissertationes Politicae Ad Selecta Veterum Historicorum Loca, Et Libellus Memorialis Ethicus. Straßburg 1688 (Ms,VIII,94). Vgl. Wilhelm Kühlmann: Gelehrtenrepublik und Fürstenstaat. Entwicklung und Kritik des deutschen Späthumanismus in der Literatur des Barockzeitalters. Berlin 1982, S. 57, Fußnote 117.
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chendeckend. Boeckler, dessen sonstiges Oeuvre sich hingegen eher dem Tacitismus zuordnen lässt, und Boxhorn, der sich schwerpunktmäßig der Universalgeschichte widmete, sind im Bestand hingegen gut vertreten. Von Boeckler besaß Canitz sieben Titel, von Boxhorn fünf. Das Vorhandensein der Boecklerischen Institutiones Politices ist wohl eher auf ein Interesse am Boecklerschen Oeuvre zurückzuführen als auf eines an einer aristotelischen Interpretation von Politik. Da Boeckler in den Augen der Zeitgenossen als ein herausragender Historiker und Pädagoge galt, ist denkbar, dass das Werk für die Ausbildung von Friedrichs Sohn Philipp von Canitz angeschafft wurde. Der explizite Negativbefund steht einem impliziten Positivbefund entgegen: Zu verweisen ist allein auf die Werke von Hermann Conring, die Canitz in vier Sammelbänden und vier Einzelausgaben besaß.⁴⁰ Conring stand in der Tradition des politischen Aristotelismus und propagierte die disziplinäre Trennung von Recht und Politik.⁴¹ Selbst wenn er sich nicht mit genuin aristotelischen Fragestellungen auseinandersetzte, transportierte er doch die entsprechende Semantik in jeder seiner Schriften und zitierte die Politik sehr routiniert. Dementsprechend finden sich auch im Canitzschen Bestand dutzende Verweise auf die aristotelische Politik sowie konkrete inhaltliche Anleihen.⁴² Dies lässt sich zum Beispiel an der Dissertatio de Ratione Status demonstrieren, in der Conring die Staatsräson für die Maxime des aristotelischen Gemeinwohls angewendet sehen will.⁴³ Jene Werke Conrings, in denen die intensivste Auseinandersetzung mit der aristotelischen Politik stattfindet (v. a. der Editionskommentar und das Werk De Civili Prudentia liber unus) fehlen in der Bibliothek. Endgültig kann dies zwar aufgrund der unspezifischen Betitelung von vier Volumina Conringiana im Auktionskatalog nicht festgestellt werden, allerdings sind die entsprechenden Werke eher zu umfangreich, um in einen Sammelband eingebunden zu sein. Auch abseits von Literaturverweisen wird die aristotelische Politik in der Bibliothek von Canitz sichtbar. Von Aristoteles stammte die Kategorisierung der Staatsformen in Demokratie, Monarchie und Oligarchie und viele zeitgenössische
Vgl. Kat.-Nr.: Th,IV,90; Ms,VIII,55; Ms,IV,94 bis 98; Ms,IV,101; Ms,IV,137,1 bis 5. Vgl. Dietmar Willoweit: Hermann Conring, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 129 – 147, S. 130. Z.B. bei: Hermann Conring/Benedikt Gustav Carlströhm: Dissertatio Politica De Recta In Optima Republ. Educatione. Helmstedt 1665 (Ms,IV,137,2); Hermann Conring/Christian Dietrich Ackenhusen: Theses Politicae De Ortu Et Mutationibus Regnorum. Helmstedt (Ms,IV,137,4, hier: fehlende Jahresangabe). Hermann Conring/Heinrich Voß: Dissertatio De Ratione Status. Helmstedt 1651 (Ms,IV,137,5). Lit.: Michael Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 1– 4, Bd. 1: Reichspublizistik und Policeywissenschaft. 1600 – 1800. München 1988, S. 207 f.
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Theorien und Konzepte wurden seinen Kategorien und Terminologien untergeordnet. Dies ist besonders bei den Institutiones Politicae von Johann Boeckler sehr gut zu beobachten, der den Tacitismus, das Völkerrecht, die Staatsräson, Souveränitätsfragen und Reichspublizistik bruchstückhaft in ein aristotelisches Kategoriensystem einpasst. Die Reichspublizistik per se entzündete sich am Aristotelismus, das Heilige Römische Reich konnte keiner der von Aristoteles definierten Verfassungsformen zugeordnet werden. Auch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist der politische Aristotelismus nicht zu umgehen. Das macht den expliziten Negativbefund in der Bibliothek von Canitz umso interessanter: Obwohl Canitz sich der theoretischen Relevanz des politischen Aristotelismus bewusst gewesen sein muss, investierte er keine Mühe darauf, Grundlagenwerke zu erwerben. Dies kann mehrere Gründe haben: Zunächst ist denkbar, dass der Aristotelismus in seiner klassischen Variante für Canitz zu philosophisch abstrakt war – also zu wenig konkrete und nutzbare Gegenwartsbezüge enthalten sind. Zusätzlich reichte die implizite Vermittlung möglicherweise völlig aus, um Canitz mit den richtigen Terminologien und Wertmaßstäben auszustatten: Wenn in einem Werk zur Reichspublizistik die aristotelische Typologie der Staatsformen schon erläutert wird, dann erhält der Leser alle für ihn relevanten Information und kann sich die Einsicht der Originalquelle ersparen. Ein solch pragmatisches Verhalten wäre für einen Diplomaten plausibel. Es gilt jedoch eine mögliche allgemeine Repräsentativität dieses Pragmatismus’ abzuwägen. Denn viele der älteren Aristotelismuswerke, die in den Leseanweisungen empfohlen werden, waren womöglich gar nicht verfügbar. Außerdem befand sich die Politikwissenschaft zum Ende des 17. Jahrhunderts insgesamt in einer Umbruchsituation. Dass diese sich in der Bibliothek eines Diplomaten besonders früh widerspiegelt, kann ein Hinweis dafür sein, welche Personengruppen zu diesem ideellen Umbruch maßgeblich beitrugen. Eine weniger an Aristoteles orientierte Herangehensweise an die Politik verfolgte Justus Lipsius mit seinem Werk Politicorum Sive Civilis Doctrinae Libri Sex. Seine Vorstellung einer politischen Handlungslehre entwickelte sich an einer intensiven Auseinandersetzung mit den Erkenntniswerten von Machiavelli, respektive der Werke von Tacitus. Dieser Ansatz ist im Rahmen der Bibliothek wesentlich dominanter vertreten. In Canitz’ Bestand finden sich eine Neuausgabe der Libri politicorum von 1682 (mit dem sehr populären Kommentar von Johann Heinrich Boeckler) sowie eine Gesamtausgabe von 1637, in der die Libri politicorum ein weiteres Mal enthalten sind.⁴⁴ Außerdem finden sich noch vier weitere
Justus Lipsius/Matthias Bernegger/Johann Heinrich Boeckler: Politicorum, Sive Civilis Doctrinae Libri Sex. Qui Ad Principatum Maxime Spectant. Ex Instituto Matthiae Berneggeri, Cum Indice
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Lipsianische Werke, darunter auch die stoizistische Schrift De Constantia. ⁴⁵ Erneut ist auf die starke Präsenz der Boecklerischen Werke in der Bibliothek zu verweisen, der in einer Lehrtradition zu Lipsius stand. Zwei weitere Werke finden sich von Johann Bose und Matthias Bernegger.⁴⁶ Diese Autoren stehen im Zeichen des Tacitismus und vertraten eine kontrolliert individualisierte Form von Politik, bei der der politische Akteur in seiner Funktion als Beiträger zum Allgemeinwohl in den Fokus rückte. Nur über die richtige Kombination von Tugenden und Wissensbeständen konnten die Konflikte zwischen Ethik auf der einen und der praktischen Politik auf der anderen Seite bewältigt werden. Neben dem Fürsten rückten nun auch politische Akteure aus der zweiten und dritten Reihe in den Blick, denen als fürstlichen Verhandlungsvertretern und Beratern ebenfalls eine politische Gestaltungsmacht zukam. Dass der tacitistische Ansatz für die Zielgruppe durchaus attraktiv war, zeigt das Vorhandensein der Werke im Bestand von Canitz. Zu betonen ist die sehr unterschiedliche Präsenz der gleichermaßen obligatorischen Schriften von Aristoteles auf der einen und Lipsius auf der anderen Seite: Der eine obligatorische Autor fehlt, der andere ist mit seinen Lehrinhalten vollständig abgebildet: Insofern scheint die individualistischere politische Herangehensweise eines Justus Lipsius entweder deutlich langlebiger oder speziell für Canitz attraktiver gewesen zu sein als die systemische Politik des Aristoteles.
4.2.1.2 Der Negativkanon der „Pseudo-Politiken“ In zwei der Leseanweisungen werden abgelehnte politische Lehren und Konzepte unter dem Begriff der Pseudo-Politici zusammengefasst. Dieser kann auf konkrete Texte bezogen werden oder aber auch verallgemeinernd als Chiffre für grundsätzlich amoralische Politik fungieren. Insofern ist die Bibliothek einerseits auf die vermeintlich „pseudo-politischen“ Verfasser und Theoretiker hin abzusuchen, andererseits aber auch auf Werke, in denen amoralische Politik konfrontiert wird
Accurato; praemissa Dissertatione Joh. Heinr. Boecleri De Politicis Lipsianis. Frankfurt M. 1682 (Ms,XII,97); Opera Omnia. Postremum Ab Ipso Aucta Et Recensita. Bd. 1– 5, Bd. 4. Antwerpen 1637 (Ms,II,137). Cornelius Tacitus/Justus Lipsius: Opera Quae Exstant. Iustus Lipsius postremum recensuit. Antwerpen 1607 (Ms,II,125); Justus Lipsius: De Constantia Libri Duo. Leiden 1652 (Ms,XII,7); Lucius Annaeus Seneca/Justus Lipsius/Johann Friedrich Gronovius/Libert Froidmont: M. Annaei Senecae Rhetoris Opera, quae exstant. Amsterdam 1672– 1673 (Ms,VIII,2); Lipsius; Bernegger; Boeckler, Politicorum (Ms,XII,97). Cornelius Nepos/Johann Andreas Bose: Cornelii Nepotis Quae extant. Leiden 1684 (Ms,XII,2); Cornelius Tacitus/Matthias Bernegger: C. Cornelius Tacitus. Straßburg 1664 (Ms,VIII,72).
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bzw. die die von den Rezensenten beschriebenen Formen amoralischer Politik enthalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Attribuierungen wie „pseudo-politisch“, „machiavellistisch“ und „monarchomachisch“ grundsätzlich Fremdzuschreibungen sind.
Die Repräsentanz vermeintlich „pseudo-politischer“ Verfasser in der Canitzschen Bibliothek Canitz besaß zwei identische italienische Gesamtausgaben der Werke von Machiavelli und damit auch dessen Il Principe. ⁴⁷ Es kann mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass Canitz die Titel (wie die Mehrheit seiner italienischen Bücher) auf seiner Kavalierstour erwarb.⁴⁸ Sein Biograf Johann König berichtet auf Grundlage der ihm vorliegenden Korrespondenzen, dass Canitz bei seinem Aufenthalt in Genf (wo die besagte Machiavelli-Ausgabe 1650 erschienen ist) „viele Bücher, und darunter einen guten Vorrath von verbothenen Italiänischen eingekaufft“ habe.⁴⁹ Diese mögliche Charakterisierung Machiavellis als „verboten“ steht in Kongruenz mit den antimachiavellistischen Tendenzen, die sich bei Carl Arnd und Johann Kulpis offenbaren. Die italienisch-französische Machiavelli-Rezeption durch Innocent Gentillet, Ambrosius und Antonius Possevinus und die Rezeption der protestantischen Gelehrsamkeit durch Caspar Schoppe, Hermann Conring und Johann Christoph Beckmann sind in der Bibliothek hingegen nicht vertreten. Insofern war Canitz zwar das Werk an sich, nicht aber die damit verbundene kritisch-gelehrte Auseinandersetzung in seiner Bibliothek verfügbar. Das Phänomen wiederholt sich in Bezug auf Thomas Hobbes. Zwar besaß Canitz dessen Elementa Philosophica de Cive, in der die wesentlichen Elemente seiner Naturrechtslehre enthalten sind und in der auch sein Verständnis vom Menschen und Bürger ausführlich dargelegt wird, allerdings fehlt der schon da-
Niccolò Machiavelli: Tutte le opere di Nicolo Machiavelli. [Genf] 1650 (Ms,IV,154, heute: Tschechische Nationalbibliothek, Sign.: 37 F 274) Online unter: Google Books, URL: https:// books.google.de/books?id=b29kAAAAcAAJ&dq=Tutte+le+opere+di+Nicolo+Machiavelli+cittadino+e+Secretario+Fiorentino+1650&hl=de&source=gbs_navlinks_s [16.06. 2020]. Das originale Exemplar aus der Bibliothek von Canitz befindet sich heute in der tschechischen Nationalbibliothek in Prag (Sign. 37 F 274). Abgesehen von der nachträglich durchgestrichenen Signatur von Canitz auf dem Titelblatt, enthält das Werk keinerlei Unterstreichungen oder Randbemerkungen. Zur Sprachverteilung, vgl. Kap. 2.2.2. Johann Ulrich von König: Leben des Freyherrn von Canitz, in: Johann König (Hrsg.), Des Freyherrn von Canitz Gedichte, Mehrentheils aus seinen eigenhändigen Schrifften verbessert und vermehret. Berlin; Leipzig 1734, S. 1– 112, S. 27.
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mals viel berühmtere Titel, der 1651 erschienene Leviathan. ⁵⁰ Werke, die kritische Auseinandersetzungen mit dem Hobbesschen Oeuvre enthalten, konnten nicht festgestellt werden. Ein Aspekt, den Zeitgenossen an den Lehren von Hobbes besonders kritisierten, war der, dass sein Staatskonzept keine übergeordnete göttliche Autorität vorsah. Nachdem Johann Kulpis und Carl Arnd dies als pseudo-politisch markieren, muss dieser Vorwurf auch auf den Tractatus theologico-politicus von Benedictus de Spinoza zutreffen, der in der Bibliothek von Canitz in doppelter Ausgabe enthalten ist.⁵¹ Mit Verweis auf die Freiheit des Einzelnen forderte er einen säkularen Staat, in dem alle Religionen ausgeübt werden durften.⁵² Nur vereinzelt finden sich Schriften solcher Autoren, welche die Rezensenten als Monarchomachen charakterisieren. Vorhanden sind zwar einzelne Verfasser, nicht aber die als problematisch erachteten Werke: Von Théodore de Bèze besaß Canitz ein Volumen Tractationum Theologicarum. ⁵³ Zudem verfügte er über eine Briefedition des sächsischen Gesandten Hubert Languet⁵⁴ sowie über ein Lehrbuch zum römischen Recht von Johann Althusius.⁵⁵ Die einzige von Zeitgenossen klar als monarchomachisch charakterisierte Schrift in Canitz’ Besitz ist die Rerum Scoticarum historia des schottischen Humanisten George Buchanan.⁵⁶ Dieser Schrift wird aber gleichsam auch ein hoher historiografischer Wert attestiert, der beim Bucherwerb das entscheidendere Argument gewesen sein kann. In Anbetracht des unvollständigen Befundes kann nicht davon ausgegangen werden, dass Canitz ein ausgewiesenes Interesse am Monarchomachentum und für dieses mehr als ein oberflächliches Verständnis hatte. Es fehlen nicht nur Thomas Hobbes: Elementa Philosophica de Cive. Amsterdam 1669 (Ms,XII,95). Benedictus de Spinoza: Tractatus Theologico-Politicus. Continens Dissertationes aliquot, Quibus ostenditur Libertatem Philosophandi non tantum salva Pietate, & Reipublicae Pace posse concedi: sed eandem nisi cum Pace Reipublicae, ipsaque Pietate tolli non posse. Hamburg 1670 (Ms,IV,146). Französische Ausgabe: Benedictus de Spinoza/Saint-Glain: Traitté Des Cérémonies Superstitieuses Des Juifs tants Anciens que Modernes. Amsterdam 1678 (Th,XII,57). Ezechiel von Spanheim besaß den Traktat ebenfalls, vgl. Sven Externbrink: Diplomatie und République des lettres. Ezechiel Spanheim (1629 – 1710), in: Francia 34 (2007,2), S. 146 f. Vgl. Otfried Höffe (Hrsg.): Spinoza: Theologisch-politischer Traktat. München 2014, S. 213. Théodore de Bèze: Volumen Tractationum Theologicarum. In Quibus Pleraque Christianae Religionis dogmata adversus haereses nostris temporibus renovatas solidè ex Verbo Dei defenduntur. Genf 1576 (Th,II,33). Hubert Languet/Johann Peter von Ludewig: Arcana Seculi Decimi Sexti. Huberti Langueti […] Epistolae Secretae Ad Principem Suum Augustum Sax. Ducem & S.R.I. Septemvirum. Halle 1699 (Ms,IV,85). Johannes Althusius: Dicaeologicae Libri Tres. Totum & universum Ius, quo utimur, methodice complectentes. [Herborn] 1618 (Iur,IV,31). George Buchanan: Rerum Scoticarum historia. Frankfurt M. 1594 (Ms,VIII,52).
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zentrale Texte vermeintlicher Monarchomachen, sondern auch prominente Gegenschriften (wie die von John Barclay und Henning Arnisäus). Es entsteht der Eindruck, dass die Sammlung zwar einige der als „gefährlich“ erachteten Schriften enthält, aber bei Canitz kein Bedarf an einer systematischen textkritischen Auseinandersetzung bestand.Vielmehr zeugen die Werke von einer sehr losen Partizipation an der öffentlichen Debatte um richtige und falsche Politik.
Der Machivavellismus als Chiffre für amoralische Politik Wenn über den Machiavellismus der Versuch zum Tragen kommt, eine falsche Politik zu definieren und sich vor ihr zu schützen, so gilt es, in der Bibliothek nach solchen Texten zu suchen, in denen ein ähnliches Ansinnen formuliert wird, ohne dass dabei zwangsläufig auf Machiavelli verwiesen werden muss. Tatsächlich lassen sich einige deutschsprachige Bücher in der Canitzschen Bibliothek als Mahnung vor den Risiken höfischer Politik charakterisieren. Johann Gülich betitelte 1690: Schild der Ehren und Tugend-Gewehr: Oder Gründl. Bericht/ Wie sich ein Ehrliebender Mensch bey der heutigen ehrsüchtigen und streitliebenden Welt in Praecedenz- oder Vorzugs-Sachen/ wie auch andern zugenötigten Streithändeln und Injurien ohn Verlezung seiner Ehre und ohn Beleydigung seines Nechsten/ sowohl nach der gesunden Vernunft/ als nach seiner Profession und endlich nach Anleitung deß Christenthums verhalten und comportiren könne.⁵⁷
Sechs Jahre später heißt es bei Christian Weise: Ausführliche Fragen, über die Tugend-Lehre: Welchergestalt ein Studirender nach Anleitung der Ethica sich selbst erkennen, Die wahre Glückseeligkeit in der Tugend suchen, Auch solchen Zweck durch unbetrügliche Mittel erlangen, Hiernächst aber mit sonderbahrem Nutzen Den Grund zur Politisch- und gelehrten Beredtsamkeit legen soll.⁵⁸
Auch wenn Machiavelli in diesen Buchtiteln nicht expressis verbis erwähnt wird, bauen sie dennoch eine Dichotomie zwischen richtigem gemeinnützigen und
Johann Dietrich von Gülich: Schild der Ehren und Tugend-Gewehr. Osteroda 1690 (Ms,XII,111). Christian Weise: Ausführliche Fragen, über die Tugend-Lehre. Leipzig 1696 (Ms,VIII,192), vgl. auch: Quirinus Kuhlmann: Der Hohen Weißheit Fürtrefliche LehrHoff. In sich haltend Schöne Tugendblumen Geistlicher und Weltlicher Moral Discursen, von Theologen/ Rechtsgelahrten/ Artzneierfahrnen. Jena 1672 (Ms,VIII,138).
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einem egoistischem (ehrsüchtigen, streitliebenden) politischen Verhalten auf. Andreas Cless assoziiert dieses unmittelbar mit der Staatsräson: Curiosum, nec non politicorum vagabundi per Europam, vulgo sic dicti, rationis-status, de praesenti tempore Nugae somniorum […] = Des in der europäischen Welt überall zu Hause sich einfindenden sogenannten Ratio-Status, wegen jetziger Zeit Läufften nachdencklicher und politisch-träumender Schwätz-Gesichter.⁵⁹
In seinem Werk personifiziert Andreas Cless die Staatsräson, die sich über ihre chronische Überlastung beklagt und ihren düsteren Blickwinkel auf die europäische Staatenwelt präsentiert.⁶⁰ Die Staatsräson wird vom Autor als ein Scheinargument zur Rechtfertigung individualistischer Politik verstanden, dem christliche Werte entgegengesetzt werden.⁶¹ Darüber hinaus präsentiert der Autor die Staatsräson als Bestandteil eines politischen „Geschwätzes“, das er als neuartig wahrnimmt und ablehnt. Ein weiterer anonymer Traktat in Canitz Bibliothek urteilt ähnlich: Der Aus der untern Welt hervorkommende Ratio Status Welcher Den gegenwärtigen Zustand der Europeischen Welt und deroselben merckwürdigste Staats- und Kriegs-Affairen, welche seithero vorgelauffen/ in einem Politischen und Curiosen Gespräch nachdencklich vorgestellet.⁶²
Innerhalb des Werkes erklärt der Autor die Staatsräson zur Ursache für die vielen europäischen Kriege des bisherigen 17. Jahrhunderts und betrauert eine allgemeine Missachtung christlicher Friedensgebote. Im Prinzip beinhaltet die Schrift ein Klagelied auf die konfliktgeladene europäische Politik und das egoistische Verhalten ihrer Akteure. Einen allgemeinen Sittenverfall unterstellt auch Gregorio Leti, wenn er unter dem Titel L’Europa Gelosa (Das neidische Europa) verschiedene Texte und Berichte über die gegenwärtigen politischen Verhältnisse kolla-
Andreas [erm.] Cless: Curiosum, nec non politicorum vagabundi per Europam […] rationisstatus. Nürnberg 1678 (Ms,IV,105). Vgl. Derselbe: Curiosorum, nec non politicorum vagabundi per Europam […] Rationis-Status. Falso-Veronae 1676, S. 6. Vgl. Josef Köstlbauer: Quellenautopsie „Andreas Cless (1675)“, in: Wolfgang Schmale (Hrsg.), Europabegriffe und Europavorstellungen im 17. Jahrhundert (Web-Projekt). URL: www.univie.ac.at/igl.geschichte/europaquellen/quellen17/cless1675.htm [18.01. 2018]. Aus der untern Welt hervorkommende Ratio Status (Ms,IV,100,4).
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tioniert.⁶³ Akteure der französischen Politik diffamiert die anonym publizierte Schrift von Philibert-Joseph Le Roux (1693): Histoire Du Pere La Chaize, Jesuite & Confesseur du Roi Louis XIV. Où L’on verra les intrigues secretes qu’il a eu à la Cour de France & dans toutes les Cours de l’Europe, pour l’avancement des grands desseins du Roi son Maître ⁶⁴
Hier werden nicht nur der französische König und sein Beichtvater an den Pranger gestellt, sondern auch die Arkanpolitik (intrigues secretes), über welche die „großen Begehrlichkeiten“ des Königs verwirklicht werden. Ähnlich wie Carl Arnd die Jesuiten als Machiavellisten kritisiert, rückt hier ein jesuitischer Beichtvater in die typische Rolle des „schlechten Beraters“. Der Jesuit eignete sich umso mehr als Projektionsfläche, da er die – auch im katholischen Frankreich in Verruf geratene – Papstpolitik repräsentierte.⁶⁵ Es geht in diesen Werken nicht primär um politische Theorie.Vielmehr gilt es, den Leser vor der empfundenen Rücksichtslosigkeit derzeitiger Politik zu warnen bzw. gegen die als egoistisch wahrgenommenen Interessen politischer Gegner zu agitieren. Um den politicus vor dem Risiko zu schützen, wird eine Orientierung an Ethik und Tugenden angemahnt. Darüber hinaus wird auf die adelige Ehre als Standesideal, auf christliche Werte sowie einen frommen Lebenswandel verwiesen. In diesem Zuge rückt auch theologische Literatur in eine politisch relevante Sphäre. Moralisierende Apelle gegen eine pseudo-politische Literatur haben mit der akademischen Politik nur recht wenig zu tun. Hier wurden Ethik und Religion als handlungsleitende Kategorien von den Vertretern gelehrter Politik sehr sorgfältig gegeneinander abgewogen und oft zurückgedrängt. Sie verallgemeinerten ihre Machiavelli-Kritik in der Regel nicht auf spezifische Verhaltenspraktiken und sahen in Ethik und Frömmigkeit zwar eine relevante Variable, aber kein politisches Allheilmittel.
Gregorio Leti: L’ Europa Gelosa Overo La Gelosia De’ Prencipati Dell’ Europa. Opera piena di varie Scritture Politiche modernissime, sopra li correnti Affari, & emergenti di tutti li Potentati dentro, e fuori d’Europa. Köln 1672 (Ms,XII,263). Philibert Joseph Leroux: Histoire Du Pere La Chaize, Jesuite & Confesseur du Roi Louis XIV. (Ms,[roh]36; Ausgabe unbekannt). Zum Autor: Monica Barsi: Le „Dictionnaire burlesque“ de Richelet et sa continuation per Philibert Joseph Le Roux, in: Enrica Galazzi u. Giuseppe Bernardelli (Hrsg.), Lingua, cultura e testo. Milano 2003, S. 63 – 79, S. 68 – 73.
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4.2.1.3 Souveränität – Staatsräson – Arkantheorie Canitz verfügte mehrheitlich über die Reichspublizistik über einen Zugang auf die Souveränitätsdebatte. Der Ideengeber der Souveränitätslehre Jean Bodin ist in Canitz’ Bibliothek nicht dokumentiert, wohl aber der Traktat von Johannes Lampadius, der sich eng an Bodinsche Denkweisen anlehnt und diese zu dem Reich in Beziehung setzt.⁶⁶ In der gesamten reichspublizistischen Literatur von Canitz waren Fragen nach der Souveränität ein zentrales Anliegen: Es galt zu bestimmen, wer im Reich souverän handeln durfte und ob die Souveränität im eigentlichen Sinne vom Volke ausging. Explizit innerhalb eines Buchtitels findet die Souveränitätsdebatte nur im Werk Paragraphi Soluta Potestas von Friedrich Pruckmann Erwähnung, das Canitz in die Gruppe der Juridici einordnete.⁶⁷ Es handelt sich dabei um eine prokaiserliche Schrift, in der Pruckmann sich mit der von Gesetzen losgelösten „unantastbare[n] Machtfülle des Herrschers“ befasste.⁶⁸ Auch der lutherische Gelehrte Theodor von Reinkingk sprach sich im Jahre 1619 dafür aus, dass der Kaiser die Souveränität innehabe, während die Stände ihn in Verwaltungssachen unterstützten.⁶⁹ Mit dem Machtverhältnis zwischen Papst und Kaiser befasste sich Melchior Goldast in seiner Schrift Monarchia S. Romani Imperii: siue Tractatus De Iurisdictione Imperiali Seu Regia, & Pontificia seu Sacerdotali, wobei er im Sinne des protestantischen Reichspatriotismus für ein unabhängiges Kaisertum eintrat.⁷⁰ Das öffentlich-rechtliche Überblickswerk von Johannes Limnäus geht davon aus, dass die Souveränität im Reich vom Volk an Kaiser und Reichsstände übergeben wurde und diese demnach nur gemeinsam
Jacob Lampadius/Hermann Conring: De Republica Romano-Germanica Liber Unus Auctore Jacobo Lampadio IC. Cum Annotatis Hermanni Conringii. Helmstedt 1671 (Ms,IV,137,1). Lit.: Manfred Friedrich: Geschichte der deutschen Staatsrechtswissenschaft. Berlin 1997, S. 53 f. Friedrich Pruckmann: Paragraphi Soluta Potestas, Tractatus De Regalibus. Wittenberg 1592 (Iur,II,15). Lothar Noack/Jürgen Splett: Bio-Bibliographien. Brandenburgische Gelehrte der Frühen Neuzeit. Mark Brandenburg mit Berlin-Cölln 1506 – 1640. Berlin 2009. S. 566 f. Theodor von Reinkingk: Tractatus de regimine seculari et ecclesiastico. Frankfurt M. 1663 (Ms,IV,72). Lit.: Michael Stolleis: Reinkingk, Dietrich (1590 – 1664), in: Michael Stolleis (Hrsg.), Juristen 2001, S. 530 – 531; Christian Link: Dietrich Reinkingk, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 78 – 99; Bernhard Pahlmann: Dietrich Reinkingk, in: Gerd Kleinheyer u. Jan Schröder (Hrsg.), Deutsche Juristen aus fünf Jahrhunderten. Heidelberg 1996, S. 346 – 349. Melchior Goldast: Monarchia S. Romani Imperii. Hannover 1612 (Ms,II,18). Lit.: Gundula Caspary: Späthumanismus und Reichspatriotismus. Melchior Goldast und seine Editionen zur Reichsverfassungsgeschichte. Göttingen 2006.
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souverän agieren könnten.⁷¹ Nicht auf das Reich bezieht sich das Werk Elementa de Cive von Thomas Hobbes, der dem Fürsten oder Monarchen die absolute Souveränität zusprach.⁷² Auch als Gebrauchsbezeichnung ist der souveräne Fürst im Buchbestand von Canitz frequent vertreten, allein die Werktitel zeugen davon. Ein politischer Traktat, aber keine direkte Auseinandersetzung mit der Souveränität, ist das Werk Traité Des Interêts Des Princes Et Souverains De l’Europe. ⁷³ Hier versucht der Verfasser, die Gesamtzahl europäischer Adeliger und Fürsten auf die bedeutsamsten und mächtigsten einzugrenzen, wobei die Souveränität sein entscheidendes Kriterium ist. Eine ähnliche Praxis lässt sich in einigen geografischen und historischen Werken beobachten.⁷⁴ Mit dem Wort Souverain wird dem Werk darüber hinaus eine politische Konnotation verliehen, die zum Kauf anreizen kann. Im Gegensatz dazu formuliert Herzog Henri de La Tour d’Auvergne im Rahmen seiner politischen Memoiren mit dem Verweis auf die Souveränität eher einen Machtanspruch. Mit dem Titel Les mémoires de Henry de La Tour d’Auvergne, souverain duc de Boüillon verweist er ausdrücklich auf seinen Status als unabhängiger europäischer Fürst.⁷⁵ Seine politische Souveränität erhielt er eigentlich nicht in seiner Funktion als Herzog von Bouillon, sondern als Fürst von Sedan, einem unabhängigen Fürstentum innerhalb Frankreichs. Ähnlich betont auch Jean-Chrysostome Bruslé de Montpleinchamp den souveränen Status Albrechts VII. von Habsburg, den ihm Philipp II. 1598 in Bezug auf die Spanischen Niederlande ausdrücklich zugestanden hatte.⁷⁶ Die Titel zeigen, dass dieser Begriff nicht nur mit theoretischen Debatten verknüpft war, sondern auch in die politische Alltagssprache überging und ins Johannes Limnäus: Tomus […] Iuris Publici Imperii Romano-Germanici. Bd. 1– 3. Straßburg 1629 – 1635. Lit.: Bernhard Pahlmann: Johannes Limnäus, in: Gerd Kleinheyer u. Jan Schröder (Hrsg.), Deutsche Juristen aus fünf Jahrhunderten. Heidelberg 1996, S. 245 – 248, S. 246 f. Hobbes, Elementa (Ms,XII,95), S. 146 f., insb. S. 88 – 118: Cap.VI. De Jure eius sive Concilii, sive hominis unius, qui in Civitate cum summa potestate est. Traité Des Interêts (Ms,XII,258). Vgl. Nicolas Sanson: Introduction A La Geographie. […] La Geographie Historique, qui considere la Terre Par les Estats Souverains, Par l’Estendue͏ ̈ des Religion, Et par l’Estendue͏ ̈ des principales Langues. Utrecht 1692 (Ms,VIII,205); Germain Sibin: Idee Generale, De L’Histoire Universelle Sacree & Profane […]. Divisée En VI. Aages & Millesimes Avec un abbregé de l’histoire de tous les Estats en particulier de l’Europe, de l’Asie, de l’Afrique & de l’Amerique […] avec La Genealogie des Princes Souverains d’Allemagne & d’Italie. Mainz 1696 (Ms,VIII,228 und 230). Henri de LaTour D’Auvergne de Bouillon: Les mémoires de Henry de La Tour d’Auvergne, ̈ souverain duc de Bou͏illon. Paris 1666 (Ms,VIII,258). Vgl. Jean-Chrysostome Bruslé de Montpleinchamp: L’Histoire De L’Archiduc Albert Gouverneur General Et Puis Prince Souverain De La Belgique. Köln 1693 (Ms,VIII,283); Thijm Alberdingk: Albrecht VII., in: ADB 1 (1875), S. 290 – 291.
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besondere in französischer Sprache zu Legitimationszwecken herangezogen wurde. Demnach war der Terminus für Canitz sowohl in seiner Lektüre als auch in seinen politischen Geschäften omnipräsent. Er musste Bodin nicht gelesen haben, um Souveränität zu verstehen und den Begriff selbst zu benutzen. Eine deutsche Entsprechung zum Begriff Souverain lässt sich innerhalb der Buchtitel nicht nachweisen, im deutschen Kontext wird meist synonym auf den Majestätenstatus einzelner Fürsten verwiesen.⁷⁷ Auch in französischen Werken tritt der Begriff Majesté deutlich häufiger auf als Souverain. Ein weiterer Titelbegriff, der mit Souveränitätsfragen eng verknüpft sein kann, ist der Status. ⁷⁸ Wenn in den Leseanweisungen die Debatten zur Staatsräson konfrontiert werden, so implizieren sie meist die an das Werk von Machiavelli angeschlossenen Überlegungen, ob und wenn ja, wann es sinnvoll sei, für die wie auch immer gearteten Interessen des Staates ethische, religiöse oder rechtliche Grundsätze zu übergehen. Um zu wissen, welche Staatsräson ein einzelner politischer Akteur verfolgte, galt es nicht nur, sich mit der politischen Theorie auseinanderzusetzen, sondern auch zu lernen, worin der Status eines Territoriums überhaupt bestand.⁷⁹ Nicht zufällig lässt sich die Ratio status sowohl mit Staatsvernunft als auch mit Staatskenntnis bzw. Kenntnis des [gegenwärtigen] Status übersetzen. Die explizite italienische Ursprungsdebatte ist in der Bibliothek von Canitz lediglich über einen einzigen Klassiker, Boteros Della Ragion di stato, abgebildet.⁸⁰ Da die Ausgabe bereits 1640 in Venedig erschien, kann es sich hier ebenfalls um eines jener „verbotenen Bücher“ handeln, die Canitz auf seiner Kavalierstour erwarb. Eine Auseinandersetzung mit der Staatsräson bildet auch das Werk Oraculo Manual Y Arte De Prudencia von Balthasar Gracian, über das Canitz in einer französischen Übersetzung verfügte (L’Homme de Cour). Gracian transferierte die Staatsräsondebatte in einen eingängigen höfischen Ratgeber, der zu einem schnellen politischen Aufstieg anleitete und dabei Opportunismus und
Vgl. Christian Juncker: Curiöser Geschichts-Calender Ihrer Catholischen Majestät von Spanien Caroli II. Leipzig 1697 (Ms,VIII,703). Vgl. Johann Theodor Sprenger: Christiani Orbis Perspicillum, Exhibens In Europaeis Christianorum Regnis praecipuas In Statu Politico & Ecclesiastico differentias. Frankfurt M. 1666 (Ms,XII,112,1); auch: Christian Widemann: Academia Status, Pro Manuductione Generali ad Summos & Potentissimos Status Europae cognoscendos. [s.l.] 1681 (Ms,XII,125). Wolfgang Weber: Lateinische Geheimnisse: außenpolitisches Handeln und Außenpolitik in der Politikwissenschaft des 17. Jahrhunderts, in: Heinz Duchhardt (Hrsg.), Frieden übersetzen in der Vormoderne. Göttingen 2012, S. 67– 88, S. 80. Giovanni Botero: Della Ragion di stato. libri dieci Con tre libri delle cause della grandezza delle citta. Venedig 1640 (Ms,IV,104).
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manipulative Techniken ausdrücklich gestattete.⁸¹ Auch wenn sonst viele andere Werke fehlen, die diskursiv an Botero anschließen, ist der Ursprung der Staatsräsondebatte mit den Werken von Botero und Machiavelli in der Bibliothek grundlegend abgedeckt. Besser steht es um die auf das Reich bezogenen Staatsräsondebatten: Mit seinem 1651 erschienenen Traktat De Ratione Status, über den Canitz verfügte, bemühte sich Hermann Conring um eine normative Einbindung der Staatsräson.⁸² In seinen Augen sollte sich die Staatsräson an dem aristotelischen Gemeinwohl ausrichten und außerdem ethische und religiöse Grundsätze wahren. Sein Zugeständnis an die politische Handlungselite bestand primär in „vorsichtiger Einbeziehung der machtpolitischen Tatsachen.“⁸³ Auch Bogislaus Philipp von Chemnitz (Hippolithus a Lapide) vertrat in seinem reichspublizistischen Traktat Dissertatio De Ratione Status In Imperio Nostro Romano-Germanico ein Staatsräsonkonzept, das zwar nicht dem Gesetz, aber doch der christlichen Moral unterworfen war.⁸⁴ Er sah im Reich eine Aristokratie und forderte – über die Staatsräson argumentierend – eine Mobilisierung der über die Reichsstände organisierten Aristokratie gegen kaiserlich-dynastische Machtansprüche und eine anschließende Neujustierung der Reichsverfassung im Sinne der Aristokratie.⁸⁵ Theodor Reinkingk polemisiert heftig gegen die Staatsräson bzw. versucht sie systematisch zu christianisieren, sie also mit den Heiligen Schriften und der darin vertretenen Schöpfungsordnung in Einklang zu bringen.⁸⁶ In Westeuropa avancierten die Begriffe Staatsräson und Status zu Begriffen des politischen Tagesgeschehens. Wie in dem anonym erschienenen Traktat Der Aus der untern Welt hervorkommende Ratio Status ⁸⁷ zu beobachten ist, schloss sich an den Begriff häufig eine sehr pragmatische oder pejorativ verstandene
Baltasar Gracián y Morales/Abraham Nicolas Amelot de La Houssaye: L’Homme de Cour. Den Haag 1684 (Ms,VIII,405). Lit.: Eduardo Moratta Bunsen: Gracián y el concepto de prudencia, in: Sebastian Neumeister (Hrsg.), Los conceptos de Gracián. Berlin 2010, S. 69 – 99, S. 80 f. Conring; Voß, Ratione (Ms,IV,137,5). Stolleis, Geschichte, S. 207 f.; Derselbe: Machiavellismus und Staatsräson: Ein Beitrag zu Conrings politischem Denken, in: Michael Stolleis (Hrsg.), Hermann Conring (1606 – 1681). Berlin 1983, S. 173 – 200, S. 180 f. Bogislaff Philip von Chemnitz: Dissertatio De Ratione Status In Imperio Nostro Romano-Germanico. Freistadii [fingiert] 1647 (Ms,XII,127). Vgl. Rudolf Hoke: Hippolithus a Lapide, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 118 – 128, S. 122 – 126. Reinkingk, Tractatus (Ms,IV,72). Lit.: Peter Nitschke: Dietrich Reinkingk – oder: das Plädoyer für eine christliche Staatsräson, in: Peter Nitschke (Hrsg.), Staatsräson kontra Utopie? Stuttgart 1995, S. 196 – 213, S. 212. Aus der untern Welt hervorkommende Ratio Status (Ms,IV,100,4).
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Beschreibung und Analyse zeitgeschichtlicher Prozesse an. Auch im Werk Raisons d’estat et reflexions politiques sur l’histoire, et vies des Roys de Portugal von Ferdinand de Galardi lässt sich diese Praxis beobachten.⁸⁸ In der Schrift Curiosum, nec non politicorum vagabundi per Europam […] rationis-status von Andreas Cless gilt die Staatsräson als Kennzeichen einer an Eigeninteressen ausgerichteten Politik.⁸⁹ Canitz stattete sich in seiner Bibliothek nicht mit der vollständigen Debatte zur Staatsräson aus, doch über die ihm zur Verfügung stehenden „Schlaglichter“ konnte er dennoch alle wesentlichen Argumente rezipieren, die hierzu im mitteleuropäischen Raum kursierten. Auch christliche Bedenken gegenüber einer Staatsräson als politische Allzweckwaffe sind in der Bibliothek repräsentiert. Ein an die Staatsräson unmittelbar angeschlossener politischer Begriff ist der der Arkanpolitik. In Canitz’ Bibliothek manifestiert sich der Terminus ausschließlich implizit und über die politische Alltagssprache: Leti berichtet in moralisierendem Tonfall über die Segreti Di Stato De I Prencipi dell’Europa. ⁹⁰ Pietro Galatino schreibt De Arcanis Catholicæ Veritatis, Albert Ines berücksichtigt in seiner Geschichte Polens unter anderem die Geheimnisse der christlich politischen Einrichtung des Territoriums, die gesammelten Briefe eines Hubert Languet werden als Geheimnisse des 16. Jahrhunderts betitelt; Antoine Varillas verfasst eine geheime Geschichte der Medici. ⁹¹ Mehrere französische und englische Biografien versprechen jeweils, die Secrets ihres Protagonisten zu enthüllen.⁹²
Ferdinand de Galardi: Raisons d’estat et reflexions politiques sur l’histoire, et vies des Roys de Portugal. Liège 1670 (Ms,XII,229); auch: Johann Theodor Sprenger: Lucerna moderni status S. Rom. Imperii. ad vivum repraesentans omnia, quae ad notitiam novissimi juris publici, practici magis quam speculativi, necessaria sunt. Frankfurt M. 1666 (Ms,XII,90 und Ms,XII,112); Johann Friedrich Pöpping: Orbis Illustratus. Hamburg 1668 (Ms,XII,126). Vgl. Cless, Curiosum, nec (1678) (Ms,IV,105); Aus der untern Welt hervorkommende Ratio Status (Ms,IV,100,4). Gregorio Leti: Li segreti di stato de i prencipi dell’Europa, rivelati da varij confessori politici, per lo beneficio comune di tutti quelli che maneggiano affari publici, e per la sodisfatione de’ piu curiosi. Bologna [i. e. Ginevra] 1671 (Ms,XII,262); Gregorio Leti: Li Segreti Di Stato De I Prencipi dell’Europa. Köln 1676 (Ms,XII,264). Pietro Galatino: De Arcanis Catholicae Veritatis, Libri XII. (Th,II,41; Ausgabe unbekannt); Albertus Ines: Lechias, Ducum, Principum, Ac Regum Poloniae, Ab usque Lecho deductorum. Elogia Historico-Politica Et Panegyres Lyricae, In Quibus, Compendiosa totius Historiae Polonae Epitome exhibetur: Nec non Singularia Christiano-Politicae Institutionis Arcana […] illustrantur. Frankfurt O. 1680 (Ms,IV,35); Languet; Ludewig, Arcana (Ms,IV,85); Gottfried Wilhelm Leibniz/Johann Burchard: Historia Arcana Sive De Vita Alexandri VI. Papae. Hannover 1697 (Ms,IV,230); Antoine Varillas: Les Anecdotes De Florence, Ou L’Histoire Secrète De La Maison De Medicis. Den Haag 1685 (Ms,VIII,317); auch: Philipp Andreas Oldenburger: Notitia rerum illustrium imperii Romano-Germanici tripertita. Freistadt 1669 (Ms,IV,67).
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Ein weiterer Zugang zur Frage nach erfolgreicher politischer Gestaltung lag im Interesse, das bestimmte, welche (möglicherweise geheimen) Ziele und Strategien ein politischer Akteur verfolgte.⁹³ Die Publizistik des 17. Jahrhunderts war darum bemüht, diese Interessen zu erläutern oder aufzudecken. Erneut erreichte man durch den Interessensbegriff eine gezielte politische Konnotation.⁹⁴ Auf das Konzept des politischen Gleichgewichts wird im niederländischen Titel des Werkes von Jan de la Court verwiesen: Consideratien van Staat, ofte polityke weeg-schaal, waar in mit veele reedenen […] werd overwogen, welke forme der regeeringe in speculatire geboud op de pratictijk, onder de menschen de beste zy. ⁹⁵ Im beigefügten Titelkupfer präsentiert De la Court eine sehr selbstbewusste Darstellung von einem angemessenen Kräfteverhältnis zwischen Monarch und den Ständen. Die Waage schlägt deutlich zugunsten der Stände aus.
4.2.1.4 Exegeten politisch relevanten Wissens Bei der Analyse der Leseanweisungen offenbarte sich ein Ensemble von Autoren, dem eine politische Deutungshoheit bezüglich des vom politicus abverlangten empirischen Wissensbestandes attestiert wurde. Dieses Ensemble ist auch in der Bibliothek von Canitz breit aufgestellt. Teilweise übertrifft der Bestand die Maßgaben der Rezensenten. Justus Lipsius beschäftigte sich auf Basis seiner politischen Theoreme intensiv mit der antiken und italienischen Politikgeschichte. Seine Arbeiten waren in Canitz’ Bibliothek umfassend vorhanden, im Katalog werden fünf Editionen und Textausgaben mit seiner Verfasserschaft, Herausgeberschaft oder Kommentierung geführt, darunter eine Gesamtausgabe seiner Werke von 1637. Die Editionen und Kommentare der Texte antiker Historiker sind bis auf wenige Ausnahmen nicht darin enthalten. Stattdessen finden sich eine Lebensbeschreibung,
U.a. Armand Jean du Plessis de Richelieu: Lettres Du Cardinal Duc De Richelieu. Où l’on voit la fine Politique & le Secret de ses plus grandes Negotiations. Paris 1695 (Ms,VIII,252); Jules Mazarin: Lettres Du Cardinal Mazarin Où l’on voit Le Secret de la Négotiation de la Paix Des Pirenées. Amsterdam 1690 – 1694 (Ms,VIII,254); Eustache de Refuge/Louis La Boulesteis de Contie: Le Secret Des Cours, Ou Le Journal De Walsingham, Secretaire d’Etat sous la Reine Elisabeth. Köln 1695 (Ms,VIII,296). Wolfgang Weber: Interesse. Online unter: Enzyklopädie der Neuzeit Online, URL: http:// dx.doi.org/10.1163/2352-0248_edn_COM_389582 [09.06. 2020]. Vgl. Gatien de Sandras de Courtilz: Nouveaux Interets Des Princes De L’Europe. Köln 1688 (Ms,XII,255); Valentin Alberti: Interesse praecipuarum religionum Christianarum. Leipzig 1683 (Th,XII,21). Johann de La Court: Consideratien van Staat, ofte polityke weeg-schaal. Amsterdam 1662 (Ms,VIII,57).
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Briefeditionen und seine militärtheoretischen und historischen Schriften (De Militia Romana; Poliorceticōn Sive De Machinis, Tormentis, Telis).⁹⁶ Im vierten Band ist neben den Libri Politicorum ⁹⁷ auch die Schrift Ad libros Politicorum breves notae enthalten.⁹⁸ Gesondert verfügte Canitz über eine Ausgabe der für Zeitgenossen maßgebenden Lipsianischen Tacitus-Edition⁹⁹ und eine Ausgabe der rhetorischen Werke Senecas, der neben den Kommentaren von Johann Friedrich Gronovius und Libert Froidmont auch die von Justus Lipsius beigefügt waren.¹⁰⁰ Seine stoizistische Lebensphilosophie entwickelte Lipsius im Werk De Constantia Libri Duo, das Canitz sowohl als Monografie als auch im Rahmen der Gesamtausgabe vorlag, sowie in Form der Manuductionis ad stoicam philosophicam und der Physiologiae stoicorum, die in die Gesamtausgabe von 1637 integriert ist.¹⁰¹ Hervorzuheben ist die beinahe Vollständigkeit der Lipsius-Lehren. Eine Gesamtausgabe demonstriert ein grundsätzliches Interesse am Autor, insofern ihr Erwerb eigenständig erfolgte. Die Vollständigkeit der Lipsius-Lehren ist in Anbetracht der Tatsache, dass diese zu Canitz‘ Lebzeiten schon mehrere Jahrzehnte publik waren, durchaus bemerkenswert.¹⁰² Der Studienaufenthalt Canitz’ an der Universität Leiden, die Lipsius durch seine Konzeptionen entscheidend prägte, macht eine tiefere Kenntnis der Lipsianischen Lehren wahrscheinlich: Durch eine Lipsius-Rezeption kann das Studium vorbereitet, begleitet und/oder nachbereitet worden sein, auch in den Vorlesungen an der Universität Leipzig blieb Justus Lipsius als Theoretiker sicherlich nicht unberücksichtigt. Die philologisch-politische Exegese eines Justus Lipsius gereichte vielen protestantischen Gelehrten zum Vorbild, darunter auch Matthias Bernegger und Johann Bose, die jeweils mit einer Arbeit im Bestand repräsentiert sind.¹⁰³ Wenn Johann Heinrich Boeckler von den Verfassern der Leseanweisungen als ein besonders lehrhafter Autor und Kommentator geschätzt wird, dessen Werke sich besonders gut für die grundlegende Aneignung politischer und historischer
Vgl. Opera (Ms,II,137). Auch monographisch vorhanden, vgl.: Lipsius; Bernegger; Boeckler, Politicorum (Ms,XII,97). Vgl. Opera (Ms,II,137), Tomus Quartus, S. 121– 148. Tacitus; Lipsius, Opera (1607) (Ms,II,125). Seneca, et al., Rhetoris (Ms,VIII,2). Lipsius, Constantia (Ms,XII,7), gemeinsam mit der Manuductionis ad stoicam philosophicam und Physiologiae stoicorum noch einmal in: Opera (Ms,II,137), Tomus Quartus. Vgl. Gerhard Oestreich: Justus Lipsius und der politische Neustoizismus in Europa, in: Barbara Neymeyr, Jochen Schmidt u. Bernhard Zimmermann (Hrsg.), Stoicism in European Philosophy, Literature, Art, and Politics. A Cultural History from Antiquity to Modernity. Berlin; New York 2008, S. 575 – 630, S. 597. Tacitus; Bernegger, C. Cornelius Tacitus (1664) (Ms,VIII,72); Nepos; Bose, Quae exstant (Ms,XII,2).
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Bildung eignen, so scheinen die Quantitäten in der Canitzschen Bibliothek dieses Bild zu bestätigen. Bei acht Werken in der Bibliothek fungiert Boeckler als Autor, Herausgeber oder Kommentator. Als Autor tritt er mit seiner Universalgeschichte, als Mitverfasser eines Kompendiums zur Kirchengeschichte, einer Geschichte des schwedisch-dänischen Krieges, einem Traktat über Kaiser Rudolf I. und seiner Chronik des 16. Jahrhunderts primär als Geschichtsschreiber in Erscheinung.¹⁰⁴ Beiträge zur Politik finden sich mit den politisch-aristotelisch konformen Institutiones Politicae und in dem in den Leseanweisungen viel beachteten Kommentar Boecklers zu den Politicorum Libri Sex von Justus Lipsius.¹⁰⁵ Boeckler bietet dem Leser einen Überblick der gegenwärtigen politischen Debatten, der kontrolliert und an die geltende Schulphilosophie rückgebunden ist. Dass er mit dieser Strategie sowohl als Universitätsdozent als auch als Verfasser von Schulbüchern zur Geschichte und Politik sehr erfolgreich war, verwundert nicht. Als Philologe tritt Boeckler im Canitzschen Bestand lediglich mit einer Edition der Lebensbeschreibungen von Cornelius Nepos in Erscheinung.¹⁰⁶ Obwohl Canitz über mehr als vier Ausgaben des Hauptwerkes von Hugo Grotius verfügte, fehlt der in den Leseanweisungen hochgelobte Boecklerische Kommentar. Dass ein Büchersammler des 17. Jahrhunderts über Schriften von Boeckler verfügte, ist aufgrund seines anerkannten Gelehrtenstatus und seines großen Oeuvres prinzipiell wahrscheinlich. Für Canitz waren die Boecklerischen Werke von großer Bedeutung in Hinblick auf die Ausbildung seines Sohnes Philipp. Das Compendium Historiae Ecclesiasticae wird bereits im Titel als Lehrbuch beworben: So habe Ernst I. von Sachsen-Gotha-Altenburg das Werk für den gymnasialen Unterricht in seinen Territorien zur Nutzung verordnet. Die Werke von Hermann Conring gehören in der Bibliothek zu den am häufigsten vertretenen. Verzeichnet sind allein fünf vage betitelte Volumina Conringiana, in die sicherlich mehrere Dutzend kleinere Traktate und Dissertations-
Johann Heinrich Boeckler/Ulrich Obrecht: Historia Universalis. Straßburg 1680 (Ms,VIII,37,2); Veit Ludwig von Seckendorff/Johannes Christoph Artopoeus/Johann Heinrich Boeckler: Compendium Historiae Ecclesiasticae. Leipzig 1695 (Th,VIII,46); Johann Heinrich Boeckler: Historia Belli Sueco-Danici. Straßburg 1679 (Ms,VIII,37,1); Johann Heinrich Boeckler/Johann Sebastian Gambs: Rudolphus I. Imperator Germaniae Instaurator. Straßburg 1672 (Ms,IV,101,1, hier: falsche Jahreszahl); Johann Heinrich Boeckler: De Rebus Seculi Post Christum Natum Decimi Sexti Liber Memorialis. Straßburg 1685 (Ms,VIII,42, hier: fehlende Orts- und Jahresangaben, Ausgabe ermittelt). Vgl. Boeckler, Institutiones (Ms,VIII,94); Lipsius; Bernegger; Boeckler, Politicorum (Ms,XII,97). Vgl. Cornelius Nepos/Johann Heinrich Boeckler: De excellentium virorum ac imperatorum vitis. Frankfurt O. 1695 (Ms,VIII,591).
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schriften eingebunden waren.¹⁰⁷ Im Rahmen der sieben übrigen Monografien ist er besonders in seiner Eigenschaft als früher Staatswissenschaftler vertreten. Hinzuweisen ist auch auf das Vorhandensein des von Philipp Andreas Oldenburger herausgegebenen, aber ursprünglich von Conring verfassten Werks Thesaurus Rerum Publicarum, sowie auf eine Dissertation über die rechte Aneignung von Wissen über das Staatswesen.¹⁰⁸ Im Gegensatz zu seinen Vorgängern Lipsius, Boeckler und Bose verfasste Conring keinen tacitistischen Gesamtkommentar, sondern befasste sich lediglich mit dessen Schrift über den Ursprung der Germanen, um den Stellenwert des deutschen Gewohnheitsrechts gegenüber dem Römischen Recht zu stärken.¹⁰⁹ Drei zusammengebundene politische Werke in Canitz’ Bibliothek befassen sich mit dem Ursprung und Wandel der Reiche, dem Staat und der Staatsräson.¹¹⁰ In all seinen Werken präsentiert sich Conring als überzeugter politischer Aristoteliker, doch die dieser Thematik schwerpunktmäßig gewidmeten Werke (also der Aristoteleskommentar und sein Werk zur Staatsklugheit) fehlen. Conring war zum Ende des 17. Jahrhundert publizistisch außerordentlich produktiv: Als Canitz im Jahr 1699 verstarb, kursierten auf dem deutschen Buchmarkt über 260 gedruckte Publikationen Conrings.¹¹¹ Ein hoher Aufwand war mit ihrer Beschaffung also nicht verbunden. Das Interesse an Conring wurde Canitz durch die öffentliche Meinung und die Verfügbarkeiten vorgelebt. Sein Bestand bot dennoch hinreichend Material für eine mehr als oberflächliche Kenntnis der Kernelemente seiner Lehre. Eine vergleichbare publizistische Hochkonjunktur erlebte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auch Johann Christoph Beckmann. Er ist in Canitz’ Bibliothek mit mehr als 10 Titeln vertreten; darunter befinden sich drei Sammelbände mit verschiedenen Dissertationen. Dass Beckmann nur in den zwei
Vgl. Ms,IV,94 bis 98 und Th, IV,90. Vgl. Hermann Conring/Philipp Andreas (Hrsg.) Oldenburger: Thesaurus Rerum Publicarum. Bd. 1– 4. Genf 1675 (Ms,VIII,55);; Conring; Carlströhm, Optima Republ. Educatione (Ms,IV,137,2). Vgl. Cornelius Tacitus/Hermann Conring: C. Cornelius Tacitus De Moribus Germanorum. Helmstedt 1678 (Ms,IV,101, Ausgabe erm.). Lit.: Klaus Luig: Conring, das deutsche Recht und die Rechtsgeschichte, in: Michael Stolleis (Hrsg.), Hermann Conring (1606 – 1681). Berlin 1983, S. 355 – 412, S. 371. Vgl. Conring; Ackenhusen, Theses Politicae (Ms,IV,137,4, hier: fehlende Jahresangabe); Hermann Conring/Erasmus Nissen: Disputatio Politica De Rebuspublicis In Genere. Helmstedt 1639 oder 1651 (Ms,IV,137,3); Conring; Voß, Ratione (Ms,IV,137,5). Vgl. Michael Stolleis/William Ashford Kelly: Hermann Conring: Gedruckte Werke, 1627– 1751, in: Michael Stolleis (Hrsg.), Hermann Conring (1606 – 1681). Berlin 1983, S. 535 – 567.
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späteren der vier untersuchten Leseanweisungen berücksichtigt wird, lässt darauf schließen, dass sich sein Ruf als Akademiker und Schriftsteller erst in den frühen 90er Jahren allmählich entwickelte, obwohl er auch schon in den 1680er Jahren in hoher Frequenz historische, theologische und politische Schriften publiziert hatte. Canitz, dessen Bestände zu fast 50 Prozent erst in den 1680er und 90er Jahren erschienen sind, erstellte die Bibliothek zum Höhepunkt der Beckmannschen Schaffensperiode. Darüber hinaus war Beckmann ein Protegé des brandenburgischen Kurfürsten und häufig in Berlin zu Gast.¹¹² Dass er und Canitz sich in diesem Zuge einmal persönlich begegneten, ist denkbar. Die zehn Bände enthalten etwa zu gleichen Teilen politische und historische Inhalte. Als Theologe tritt Beckmann in der Canitzschen Bibliothek nicht in Erscheinung, lediglich mit einem – bislang unerforschten – moralphilosophischen Werk.¹¹³ Im Auktionskatalog ist von den Rezensenten die als maßgeblich charakterisierte Schrift Meditationes Politicae nicht gelistet, dafür aber die Schrift Conspectus doctrinae politicae. Aus dieser wird deutlich, wie eng Beckmann seine politischen Überlegungen mit dem Naturrecht und insbesondere den Lehren von Hugo Grotius verknüpfte.¹¹⁴ Ein ähnliches Bild ergibt sich über den Sammelband mit Dissertationen, den Canitz in gleich dreifacher Ausgabe in seinem Buchbestand hatte.¹¹⁵ Die Abhandlungen befassen sich u. a. mit der Autorität der Konzilien, der Staatsbürgerschaft und politischen Vorrechten. Als Historiker verfasste Beckmann sowohl Werke zur Universalgeschichte als auch zur Geschichte einzelner Territorien, Institutionen oder Epochen. Canitz besaß ein Traktat über verschiedene staatliche, kirchliche und ritterliche Würdenbezeichnungen und ein Werk über die Geschichte des Johanniter-Ordens (dem Canitz seit 1689 angehörte).¹¹⁶ Da Canitz Mitglied des Johanniter-Ordens war und in dem Werk als Mitglied gelistet ist, ist davon auszugehen, dass Canitz dieses Buch ganz gezielt erwarb und sicherlich intensiv studierte.¹¹⁷ Womöglich führte
Vgl. Beckmann, Johann Christoph, in: Lothar Noack u. Jürgen Splett (Hrsg.), Bio-Bibliographien – Brandenburgische Gelehrte der frühen Neuzeit: Mark Brandenburg 1640 – 1713. Berlin 2001, S. 36 – 60, S. 38. Johann Christoph Beckmann: Meditationes Politicae. Frankfurt O. 1679 (Ms,IV,137). Vgl. Johann Christoph Beckmann: Conspectus doctrinae politicae brevibus thesibus earumque demonstrationibus. Frankfurt O. 1691 (Ms,IV,156). Vgl. Johann Christoph Beckmann: Dissertationum Academicarum, In Universitate Francofurtana Praeside Joh. Christoph. Becmano. Frankfurt O. 1684 (Ms,IV,35,1; Ms,IV,209; Ms,[roh]20). Johann Christoph Beckmann: Noticia Dignitatum Illustrium Civilium, Sacrarum, Equestrium. Jena 1677 (Ms,IV,216); Johann Christoph Beckmann: Anmerckungen Von Dem Ritterlichen Johanniter Orden. Frankfurt O. 1693 (Ms,II,116). Vgl. ebd., S. 134.
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das Werk auch dazu, dass er sich eingehender mit dem Beckmannschen Oeuvre befasste. Beckmanns Weltgeschichte, über die Canitz in doppelter Ausgabe verfügte, bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Staatsgeschäfte des 16. und 17. Jahrhunderts und ist damit mehr auf die jüngere Vergangenheit bezogen als die Werke von Boeckler, Bose oder Lipsius.¹¹⁸ Als politischer Exeget erscheint im Spiegel der Bibliothek auch Hugo Grotius. Der Erfinder des modernen Völkerrechts trat im Laufe seiner akademischen Laufbahn immer wieder auch als Philologe und Theologe in Erscheinung. Die Verfasser der Leseanweisungen berücksichtigen Grotius ausschließlich in den Abschnitten zum Rechtswesen, verweisen dort aber relativ ausführlich auf die Schnittstellen zwischen seiner Rechtsphilosophie und der Politik. Als einen politischen Exegeten sehen sie ihn nicht, sein sonstiges Oeuvre bleibt unberücksichtigt. Canitz’ Interesse am grotianischen Oeuvre schlägt sich mit elf Werken in der Bibliothek nieder, wobei der Schwerpunkt der Rezeption auf dem Völkerrecht liegt: De Jure Belli ac Pacis ist in vierfacher Ausgabe in der Bibliothek vorhanden (dazu vgl. Kap. 4.2.3.5). Von dort erstreckte sich das Interesse am Autor – ähnlich wie bei den politischen Exegeten – weit über dessen Hauptbeschäftigungsfeld hinaus. Drei Werke in Canitz’ Bibliothek enthalten Briefe von Hugo Grotius’.¹¹⁹ Seine theologischen Ansichten sind gleich doppelt in einer lateinischen und einer deutschen Ausgabe (Von der Gewißheit der Christlichen Religion) vertreten.¹²⁰ Vom Grotianischen Kommentar über das vom römischen Dichter Marcus Annaeus Lucanus verfasste Epos des Römischen Bürgerkriegs besaß Canitz ebenfalls zwei Editionen.¹²¹ Ob die Bücher aufgrund eines bestimmten Verfassers oder des von ihm behandelten Themas angeschafft wurden, ist im Einzelfall schwer zu bestimmen, monokausale Entscheidungsprozesse sind beim Büchererwerb ohnehin die Aus-
Johann Christoph Beckmann: Historia Orbis Terrarum, Geographica Et Civilis, De Variis Negotiis Nostri potiss. & Superioris Seculi. Frankfurt O. 1692 (Ms,IV,13); Johann Christoph Beckmann: Historia Orbis Terrarum Geographica Et Civilis. Frankfurt O. 1673 (Ms,IV,137). Hugo Grotius: Reginae, Regnique Sueciae Consiliarii, & apud Regem Chritianissimum Legati, &c. Epistolae Quotquot reperiri potuerunt. Amsterdam 1687 (Ms,II,164); Praestantium et eruditorum (1684) (Th,II,38); Praestantium ac Eruditorum (1660) (Th,VIII,120, hier: falsches Erscheinungsjahr). Hugo Grotius: Von der Gewißheit der Christlichen Religion. Frankfurt M.; Leipzig 1696 (Th,VIII,10); Derselbe: De Veritate Religionis Christianae. Amsterdam 1696 (Th,VIII,11). Marcus Annaeus Lucanus/Hugo Grotius: M. Annaei Lucani Pharsalia, Sive de Bello Civili Caesaris et Pompeij Lib. X. Amsterdam 1651 (Ms,XII,4); Marcus Annaeus Lucanus/Hugo Grotius/ Cornelis Schrevel: M. Annaeus Lucanus De Bello Civili. Cum Hug: Grotii, Farnabii notis integris. Leiden 1669 (Ms,VIII,6).
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nahme. Die These einer exegetischen Funktion verschiedener politischer Schriftsteller lässt sich durch die Sichtung der Bibliothek jedoch bestätigen. Lipsius, Boeckler, Conring und Beckmann waren als Philologen, Theologen und Historiker im 17. Jahrhundert außerordentlich publik. In ihrer Funktion als Lehrende an den philosophischen Fakultäten waren sie sich bewusst, dass ihr (Leser‐)Publikum zahlreiche spätere Juristen, Räte und höhere Beamte umfasste, die nach einer pragmatischen und „weltlich“ orientierten Bildung strebten. Dieses Bewusstsein trug auch maßgeblich zur Gestaltung der von ihnen publizierten Literatur bei. Die genuine politische Theorie und ihre Vertreter sind in der Canitzschen Bibliothek längst nicht so vollständig aufgestellt, wie in den Leseanweisungen vorgeschlagen. Defizite zeigen sich insbesondere in Bezug auf den klassischen politischen Aristotelismus vom Beginn des 17. Jahrhunderts und die italienische Politiktheorie des 16. Jahrhunderts, welche die Politiktheorie in Deutschland über Jahrzehnte entscheidend befruchtete. Insofern ergibt sich der Eindruck einer sehr pragmatischen und aufs Reich bezogenen politiktheoretischen Aufstellung. Diese ist für einen aktiven und primär im Reich eingesetzten Gesandten stimmig und kann darauf hinweisen, dass die Kollektion nach konkreten praktischen Bedürfnissen und Interessen erfolgte. Zusätzlich gilt es jedoch auch den sich wandelnden Zeitkontext zu berücksichtigen: Erinnert man sich an die Leseanweisung von Johann Arnd, so ist darin festzustellen, dass die Anwendbarkeit der aristotelischen Politik um 1700 sogar schon im gelehrten Milieu angezweifelt wurde. Der Aristotelismus verlor um 1700 herum den Status des noli me tangere. Genuin aristotelische Lehren wurden seit den 70er Jahren kaum noch verfasst und publiziert, es verwundert also nicht, dass sie in Bibliotheken jener Zeit seltener auftauchen. Überlebensfähig war der Aristotelismus primär in Kombination mit dem langlebigeren Tacitismus und den darauf aufbauenden interdisziplinär ausgerichteten Denkschulen. Auch der bibliothekarische Schwerpunkt auf der politischen Theorie des Heiligen Römischen Reichs ist durch den Angebotspool vorgeprägt: Die im späten 17. Jahrhundert aktiven politischen Theoretiker richteten ihren Fokus weg von der italienischen und antiken politischen Theorie auf ihre akute politische Umwelt. Viele Werke erschienen als Auftragsarbeiten für Territorialherren. Ihr Angebot war für Canitz’ Bedürfnisse offenbar ausreichend, außerdeutsche politische Theorien rezipierte er nur wenig. Politische Theorie schlägt sich nicht nur in genuinen Werken wieder, sondern auch in der Political Language, die sich an den ausufernden Buchtiteln des 17. Jahrhunderts besonders gut ablesen lässt. Sie macht sich vor allem an epochenspezifischen Schlagworten ((ratio) status, souverainité, majestas, arcana, civitas) fest. Zwischen den Schlagworten und der dazugehörigen Theorie steht meist
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eine einfache Formel, deren Kenntnis durch Zeitgenossen vorausgesetzt werden kann und die für die politische Kommunikation meist ausreichte. Bücher eigneten sich herausragend dafür, diese Formeln zu lernen und zu verinnerlichen.
4.2.2 „Die Experimenta des Politici“ – Historisches Wissen Wenn eine Bibliothek auf Literatur hin abgesucht wird, die von zeitgenössischen Gelehrten als peripher politisch relevant eingeschätzt wird, aber nicht genuin politisch ist, dann ist dies eine sehr subjektive Kategorisierung, die Friedrich Rudolf von Canitz nicht zwangsläufig auch zur Anschaffung des Werkes motiviert haben muss. Allerdings benennen die Verfasser der Leseanweisungen nicht nur einzelne Verfasser und Themen, sondern auch präferierte Editionen, Kommentare und Entstehungskontexte. Die vollständige Kompilation derart spezifischer Diskussionszusammenhänge erfordert Sachkenntnis durch Canitz. – Dass ein kompletter Deutungszusammenhang der politischen Peripherie rein zufällig in der Bibliothek abgebildet und ihm vom Sammler nicht auch politischer Gehalt beigemessen wurde, ist unwahrscheinlich. Wie stark der Sammler ein solches Leistungspotential tatsächlich ausschöpfte, bleibt dagegen offen. Viele Werke waren zudem in gleich mehrere Deutungszusammenhänge eingebunden und wurden entsprechend variabel genutzt.
4.2.2.1 Die Historiker der griechischen und römischen Antike Kaum ein literarischer Sektor war in der frühen Neuzeit so multifunktional besetzt wie das überlieferte Schrifttum der Antike. Zunächst attestierten ihm Zeitgenossen basierend auf humanistischen Idealen einen literarischen Eigenwert. Die Historiker der Antike überlieferten Wissen über die zivilisatorisch als überlegen erachtete griechische und römische Antike. Davon leitete sich eine ethische, kulturelle und politische Vorbildfunktion ab, der Canitz sich auf Basis seiner Sozialisation zwangsläufig bewusst war, und die er in seinen Gedichten auch kritisch reflektierte. Eine politische Nutzbarmachung antiken Schrifttums wird wahrscheinlicher, wenn die Bearbeitungen von politischen Exegeten wie Justus Lipsius, Johann Boeckler oder Johann Bose vorgenommen wurden oder die politische Nutzung im Titel des Werkes vorgeschlagen wird. Andere Editionskontexte schließen eine politische Nutzbarmachung zwar nicht aus, lassen aber nicht auf einen kanonspezifischen Sammlerfokus schließen.
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Geschichtsschreiber der griechischen Antike Neun Werke in der Bibliothek beziehen sich auf die altgriechischen Historiker. Auffällig ist hierbei die Sprachverteilung: Nur ein Werk erschien in lateinischer Ausgabe, bei allen anderen Titeln handelt es sich um französische Übersetzungen und Übersichtsdarstellungen. Abgesehen von einer einzigen humanistischen Plutarch-Edition aus dem 16. Jahrhundert finden die Arbeiten der deutsch-lateinischen Gelehrsamkeit (zumal der des 17. Jahrhunderts) keine Berücksichtigung.¹²² Da Kenntnisse des Altgriechischen abseits der lateinischen Gelehrsamkeit nicht sehr verbreitet waren und für Canitz nicht nachgewiesen werden können, verwundert nicht, dass er über keine genuin altgriechische Ausgabe verfügte.¹²³ Um sich die Textinhalte dennoch zugänglich zu machen, musste er zwischen lateinischen und französischen Übersetzungen auswählen und entschied sich soweit wie möglich für letztere. In Anbetracht der Sprachverteilung erscheint eine politische Funktionalisierung dieser Literatur unwahrscheinlich. In erster Linie handelte es sich bei den französischen Herausgebern griechischer Geschichtsschreibung um Literaten. Die Biografien der Herausgeber und auch die von ihnen vorgenommenen Betitelungen verweisen auf einen literarischen Interpretationskontext, bei dem es darum ging, die antiken Texte in die französische Volkssprache zu übertragen: Nicolas d’Ablancourt übersetzte Schriften von Thukydides und Xenophon, François Tallemant, Jacques Amyot sowie Simon Goulart übersetzten und kommentierten Plutarch, Du Ryer übersetzte zusätzlich Herodot.¹²⁴ Nicolas d’Ablancourt und François Tallemant waren Mitglieder der Academie Française, die explizit der Pflege der französischen Sprache gewidmet war.
Plutarch/Wilhelm Xylander: Opera, Quae Extant. Frankfurt M. 1580 (Ms,II,131), vgl. Johann Andreas Bose: Bibliotheca politica contracta, hoc est recensus et judicia de scriptoribus politicis et ad politicam pertinentibus imprimis autem historicis, in: Samuel Schottel (Hrsg.), Bibliographia Historico-Politico-Philologica Curiosa. Frankfurt M. 1677, § 33. Zum Status des Altgriechischen im gelehrten Unterricht vgl.: Wilfried Barner: Barockrhetorik. Untersuchungen zu ihren geschichtlichen Grundlagen. Berlin 2002, S. 334. Plutarch/Paul Tallemant: Les vies des hommes illustres de Plutarque […] nouvellement trad. de Grec en François. Par Tallement. Paris 1671– 1684 (Ms,VIII,358); Nicolas Perrot D’Ablancourt/ Thucydides/Xenophon: L’Histoire de Thucydide De La Guerre Du Peloponese; Continuée Par Xenophon. Amsterdam 1662 (Ms,VIII,352, hier: fehlerhaftes Erscheinungsjahr); Plutarch/Jacques Amyot/L’Ecluse, Charles, de/Simon Goulart: Les Vies Des Hommes Illustres Grecs Et Romains, Comparees l’une avec l’autre par Plutarque De Chaeronee. Genf 1610 (Ms,II,134); Plutarch/Jacques Amyot: Les Oeuvres Morales Et Mesleés De Plutarque. Translatees de Grec en François, reueués & corrigees en plusieurs pasages par le Translateur. Lyon 1605 (Ms,II,135, hier: fehlerhaftes Erscheinungsjahr).
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Den Eindruck einer primär literarischen Funktionalisierung der griechischen Historiker durch Canitz verstärkt der Umstand, dass die Werke Plutarchs am häufigsten vertreten sind.¹²⁵ In den Leseanweisungen steht dieser in seinem politischen Nutzen deutlich hinter Thukydides und Xenophon zurück. Auffällig ist die sich hier abzeichnende Präferenz einer individualisierten gegenüber einer ereignisbezogenen Geschichtsschreibung und Literatur.
Römische Geschichtsschreibung Obwohl seit den Anfängen des Tacitismus schon über hundert Jahre vergangen sind, hat Tacitus als antiker Historiker in der Bibliothek von Canitz auch zum Ende des 17. Jahrhunderts noch Hochkonjunktur: Die elf Tacitusausgaben in Canitz’ Besitz stammen zu gleichen Teilen aus französischer¹²⁶ und deutsch-lateinischer Bearbeitung,¹²⁷ eine zusätzliche Ausgabe bietet eine italienische Übersetzung.¹²⁸ Dass das anhaltende Interesse an Tacitus repräsentativ zu sein scheint, manifestiert sich an dem Umstand, dass nur eine der Tacitusausgaben vor 1650 erschien: Somit standen offenbar stetig Neuauflagen und Neubearbeitungen zum Kauf zur Verfügung. Von Tacitus deutlich abgeschlagen findet sich das ganze Spektrum der überlieferten Schriften römischer Historiker und Staatsmänner: Die Bibliothek
Insgesamt vier Werke beinhalten Übersetzungen: Plutarch; Xylander, Opera (Ms,II,131); Plutarch; Tallemant, vies (Ms,VIII,358) (Ms,VIII,364); Plutarch, et al.,Vies (Ms,II,134). Apophtegma sind enthalten in: Nicolas Perrot D’Ablancourt: Les Apophtegmes Des Anciens. Tirez de Plutarque, Diogéne Laerce, D’Elien, D’Athénée, De Stobée, De Macrobe, & de quelques autres. Et Les Stratagesmes De Frontin. Paris 1664 (Ms,VIII,364). Cornelius Tacitus/Nicolas Perrot D’Ablancourt: Les oeuvres. Bd. 1– 3. Paris 1672 (Ms,VIII,359); Cornelius Tacitus/Julien Pichon: C. Cornelij Taciti Opera. Interpretatione Perpetua Et Notis Illustravit Julianus Pichon Abbas. Jussu Christianissimi Regis, In Usum […] Delphini. Paris 1682– 1687 (Ms,IV,116); Cornelius Tacitus/Nicolas Perrot D’Ablancourt: Les Oeuvres. Paris 1681 (Ms,VIII,359); Abraham Nicolas Amelot de La Houssaye/Cornelius Tacitus: Tacite Avec Des Notes Politiques Et Historiques. Den Haag 1692 (Ms,VIII,651). Tacitus; Bernegger, C. Cornelius Tacitus (1664) (Ms,VIII,72); Tacitus; Conring, Moribus (Ms,IV,101, Ausgabe erm.); Cornelius Tacitus/Carl Melchior Grotniz von Grodnou: Deß C. Corn. Tacitus Beschreibung 1. Etlicher der ersten römischen Keiser, und anderer denkwürdiger Geschichten […]. Nürnberg 1696 (Ms,VIII,12); Tacitus; Lipsius, Opera (1607) (Ms,II,125); Cornelius Tacitus: C. Cornelius Tacitus cum optimis exemplaribus collatus. Amsterdam 1665 (Ms,XII,9); Cornelius Tacitus: C. Cornelius Tacitus: cum optimis exemplaribus collatus. Amsterdam 1678 (Ms,XII,17). Cornelius Tacitus/Girolamo Canini: Opere di G. Tacito. Venedig 1665 (Ms,IV,155).
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enthielt sechs Titel mit Werken von Cicero,¹²⁹ vier Werke von Gaius Julius Caesar,¹³⁰ jeweils drei von Titus Livius, Cornelius Nepos, Lucius Annaeus Florus,¹³¹ zwei von Quintus Curtius Rufus¹³² und Polybius¹³³ sowie jeweils eines von Flavius Arrianus¹³⁴ und Sallust.¹³⁵ Damit ist das materiale Anforderungsprofil für ein intensives Studium antiker Historiker und auch das des politischen Kanons erfüllt. Die Sprachverteilung, die in Bezug auf die Werke der griechischen Geschichtsschreiber in der Canitzschen Bibliothek festgestellt wurde, ist bei den römischen Geschichtsschreibern nicht ganz so eindeutig französisch dominiert. Im Gegensatz zur altgriechischen Sprache gehörte Latein zum klassischen Ausbildungsprogramm eines Adeligen des 17. Jahrhunderts. Für Übersetzungen aus
Marcus Tullius Cicero: Epistolae ad familiares. Amsterdam [Jahr unb.] (Ms,XII,275); Marcus Tullius Cicero/Philippe DuBois-Goibaud/Johannes Georgius Graevius: Les Offices de Cicéron. Traduits en françois sur la nouvelle édition latine de Graevius. Den Haag 1692 (Ms,VIII,384); Marcus Tullius Cicero/Denis Godefroy: Opera omnia quae exstant. Leiden 1588 (Ms,VIII,31); Marcus Tullius Cicero/Jacob Gronovius/Janus Gulielmus/Janus Gruterus: Marci Tullii Ciceronis Opera Quae Extant Omnia. Leiden 1692 (Ms,VIII,163 und Ms,IV,117); Marcus Tullius Cicero/Jacques Proust: Omnes qui ad artem oratoriam pertinent libri […] In usum Delphini. Paris 1687 (Ms,IV,118). Gaius Iulius Caesar/Jean Godouin: C. Julii Caesaris Quae Exstant. Paris 1678 (Ms,IV,113); Gaius Julius Caesar/Nicolas Perrot: Les commentaires de César. De la traduction de Nicolas Perrot, Sieur d’Ablancourt. Paris 1678 (Ms,VIII,362); Gaius Iulius Caesar/Joseph Juste Scaliger: C. Iulii Caesaris Quae exstant (Ms,XII,10, Ausgabe nicht ermittelbar); Caius Julius Caesar/Joseph Juste Scaliger: C. Julii Caesaris quae exstant. Frankfurt M. 1687 (Ms,VIII,69). Titus Livius/Nikolaus Fabri Carbach: Titi Liuij deß […] Geschichtschreibers Römische Historien. Straßburg 1562 (Ms,II,128); Titus Livius/Johann Freinsheim/Pierre DuRyer: Les Decades de Tite-Live […]. mises en français par P. Du-Ryer. Lyon 1695 (Ms,VIII,353); Titus Livius/Carlo Sigonio/ Jakob Gronovius: Titi Livii Historiarum Quod Extat. Amsterdam 1678 (Ms,VIII,9); Nepos; Boeckler, virorum (Ms,VIII,591); Cornelius Nepos/Nicolas Courtin: De Vitae excellentium imperatorum. […] Jussu christianissimi regis, in usum serenissimi delphini. Paris 1675 (Ms,IV,110); Nepos; Bose, Quae exstant (Ms,XII,2); Lucius Annaeus Florus/Johannes Isaac Pontanus: Lucii Annaei Flori, Rerum Romanarum Libri IV. Amsterdam 1672 (Ms,XII,3,1); Lucius Annaeus Florus/Anne Dacier: L. Annaei Flori Rerum Romanarum Epitome: Jussu Christianissimi Regis, In Usum Serenissimi Delphini. Paris 1674. Quintus Curtius Rufus/Johann Freinsheim/Claude Favre de Vaugelas: Quinte Curce de la vie et des actions d’Alexandre le Grand de la traduction de Mr. Vaugelas. Paris 1668 (Ms,VIII,360); Quintus Curtius Rufus/Michel Le Tellier/Johann Freinsheim: De Rebus Gestis Alexandri Magni. Paris 1678 (Ms,IV,112). Polybios/Isaac Casaubon/Jacob Gronovius: Historiarum libri qui supersunt, interprete Isaaco Casaubono. Amsterdam 1670 (Ms,VIII,10); Polybios/Pierre DuRyer: Les Histoires Des Polybe. […] Contenant la pluspart des Ambassades. Paris 1669 – 1670 (Ms,VIII,357). Flavius Arrianus/Nicolas Perrot D’Ablancourt: Les guerres d’Alexandre. Paris 1685 (Ms,VIII,361). Gaius Sallustius Crispus/Rutgerus Hermannides: C. Sallustius Crispus cum Veterum Historicorum Fragmentis. Amsterdam 1675 (Ms,XII,16).
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dem Lateinischen bestand demnach eine geringere Nachfrage als für solche aus dem Altgriechischen. Der Buchmarkt war mit den Publikationen der lateinischen Gelehrsamkeit übersättigt – Canitz konnte dem nur bedingt entgehen: Von 34 Ausgaben und Kommentierungen römischer Geschichtsschreiber sind knapp zwei Drittel (21) auf Latein erschienen. Hinzuweisen ist jedoch auf Canitz’ – schon in Bezug auf die altgriechischen Übersetzungsarbeiten zu beobachtende – Praxis, eine Übersetzung dem lateinischen Original vorzuziehen. Trotz des schwächer ausgeprägten Übersetzungsmarktes verfügte Canitz von den meisten römischen Historikern auch volkssprachliche Ausgaben: Hierbei fallen nicht nur neun französische Übersetzungen ins Auge, sondern auch eine italienische und zwei deutsche.¹³⁶ Bei der italienischen Ausgabe handelte es sich um eine zuvor aus dem Spanischen übersetzte Ausgabe (mit den beigefügten Aphorismen von Baltasar de Alamos y Barrientos).¹³⁷ Infolge des dennoch höheren Anteils an lateinischen Textausgaben waren Canitz die mit dem Tacitismus verknüpften gelehrt-politischen Deutungsangebote in ganzer Breite zugänglich. Hervorzuheben sind hier insbesondere die Editionen von Justus Lipsius¹³⁸, Matthias Bernegger¹³⁹, Johann Bose¹⁴⁰, Johann Boeckler¹⁴¹ und Hermann Conring¹⁴², die eine politische Exegese proklamierten und betrieben. Zusätzlich erscheinen Johann Gronovius¹⁴³, Johann Georg Graevius¹⁴⁴, Jan Gruter¹⁴⁵ und Johannes Freinsheim¹⁴⁶ häufig als Herausgeber und Kommentato-
Tacitus; Grotniz von Grodnou, Beschreibung (Ms,VIII,12); Livius; Carbach, Historien (Ms,II,128). Tacitus; Canini, Opere (Ms,IV,155). Tacitus; Lipsius, Opera (1607) (Ms,II,125); Seneca, et al., Rhetoris (Ms,VIII,2). Tacitus; Bernegger, C. Cornelius Tacitus (1664) (Ms,VIII,72). Nepos; Bose, Quae exstant (Ms,XII,2). Nepos; Boeckler, virorum (Ms,VIII,591). Tacitus; Conring, Moribus (Ms,IV,101, Ausgabe erm.). Seneca, et al., Rhetoris (Ms,VIII,2); Livius; Sigonio; Gronovius, Historiarum (Ms,VIII,9); Gaius Plinius Caecilius Secundus/Johannes Veenhusen/Jakob Gronovius/Isaac Casaubon/Henri Estienne/ August Buchner/Caspar von Barth/Giovanni Maria Cattaneo: C. Plinii Caecilii Secundi Epistolarum Libri X. Notis Integris Is. Casauboni, Jani Gruteri, H. Stephani, Augusti Buchneri, Casp. Barthii, Joh. Fred. Gronovii, Selectisimisque Joh. Mariae Catanaei, Rittershusii & aliorum. Leiden 1669 (Ms,VIII,109); Cicero, et al., Opera Quae Extant (Ms,VIII,163 und Ms,IV,117). Cicero; DuBois-Goibaud; Graevius, Offices (Ms,VIII,384); C. Suetonius Tranquillus/Johannes Georgius Graevius: C. Suetonius Tranquillus. Hagen 1691 (Ms,IV,114). Isaac Casaubon/Claudius Salmasius/Janus Gruterus: Historiae Augustae Scriptores VI. […] Cum integris notis Isaaci Casauboni, Cl. Salmasii & Jani Gruteri. Leiden 1671 (Ms,VIII,1); Cicero, et al., Opera Quae Extant (Ms,VIII,163 und Ms,IV,117); Plinius Caecilius Secundus, et al., Epistolarum (1669) (Ms,VIII,109).
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ren. Kombiniert man diesen Befund mit dem Vorhandensein der insgesamt elf Tacitusausgaben, dem sehr vollständigen Lipsius-Oeuvre und der Literatur zur Staatsräson, so ergibt sich daraus ein überaus vollständiges Bild des zeitgenössischen Tacitismus’. Diese sehr vollständige Sammlung zeugt von einer fundierten Sachkenntnis durch Canitz. Die zweite Hälfte der Editionen römischer Historiker weist überwiegend eine französische Herausgeberschaft oder Bearbeitung auf. Bei den meisten Werken steht das literarische Moment im Vordergrund. Eine Schnittstelle zwischen der Philologie der deutschen und niederländischen Universitäten einerseits und dem französischen Sprachraum andererseits bilden die Arbeiten des Joseph Justus Scaliger, der einige Jahre in Leiden als Philologe aktiv war.¹⁴⁷ Zusätzlich bearbeitet wurden seine Texte durch den französischen Humanisten und Schriftsteller Tanneguy LeFévre.¹⁴⁸ Fünf Textausgaben stammen vom bereits erwähnten Mitglied der Académie francaise Nicolas d’Ablancourt¹⁴⁹, eine weitere von Claude Favre de Vaugelas (ebenfalls dort Mitglied und namhafter Theoretiker der französischen Sprache)¹⁵⁰, von Jean Godouin¹⁵¹ und Pierre DuRyer.¹⁵² Zwei Editionen antiker Historiker erfolgten ausdrücklich ad Usum Delphini, waren also für den französischen Dauphin (und eine implizierte junge Lesergruppe) so selektiert und aufbereitet, dass die vermittelten antiken Narrative den geltenden Moralvorstellungen entsprachen.¹⁵³
Florus; Pontanus, Rerum Romanarum (1672) (Ms,XII,3,1); Marcus Iunianus Iustinus/Johannes Vorst/Johann Freinsheim: Iustini In Historias Philippicas Trogi Pompeii Epitomarum Libri XLIV. Leipzig 1673 (Ms,VIII,73); Curtius Rufus; Le Tellier; Freinsheim, Rebus (Ms,IV,112); Livius; Freinsheim; DuRyer, Decades (Ms,VIII,353). Caesar; Scaliger, Quae exstant [s.t.] (Ms,XII,10, Ausgabe nicht ermittelbar); Caesar; Scaliger, C. Julii Caesaris (Ms,VIII,69). Lit.: Richard Hoche: Scaliger, Joseph Justus, in: ADB 30 (1890), S. 466 – 474. Joseph Juste Scaliger/Tanneguy LeFèvre: Scaligerana Ou Bons Mots. Köln 1695 (Ms,VIII,455); Joseph Juste Scaliger/Tanneguy LeFèvre: Prima Scaligerana. Groningen 1669 (Ms,VIII,528). Lit.: Lefèbre, auch Lefèbvre (Taneguy), in: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste. Sektion 1, Bd. 1– 43. Bd. 42: Landstände-Lehre. Leipzig 1888, S. 359. Marcus Minucius Felix/Nicolas Perrot D’Ablancourt: L’octavius. Paris 1664 (Ms,XII,278); Tacitus; Perrot D’Ablancourt, Les oeuvres (1672) (Ms,VIII,359); Arrianus; Perrot D’Ablancourt, guerres (Ms,VIII,361); Caesar; Perrot, commentaires (Ms,VIII,362). Curtius Rufus; Freinsheim; Vaugelas, Curce (Ms,VIII,360). Caesar; Godouin, C. Julii Caesaris (Ms,IV,113). Lucius Annaeus Seneca/François Malherbe/Pierre Du Ryer: Les Oeuvres de Sénècque de la traduction de François Malherbe. Paris 1658 (Ms,II,136). Polybios; DuRyer, Histoires (Ms,VIII,357). Tacitus; Pichon, C. Cornelij Taciti Opera (1682) (Ms,IV,116); Cicero; Proust, artem (Ms,IV,118). Lit.: Marguerite Haillant: Culture et imagination dans les œuvres de Fénelon „ad usum Delphini“. Paris 1982, S. 31– 38.
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Eine politische Interpretation impliziert eine französische Übersetzung der Werke des Polybios. Im Titel verweist der Herausgeber Pierre DuRyer (selbst Literat) auf die im Werk enthaltenen Berichte der Gesandtschaften („Ambassades“) Polybius’ während der punischen Kriege.¹⁵⁴ Der politische Nutzen antiker Geschichte wird im Vorwort des Werkes zusätzlich betont. Unter den Herausgebern und Verfassern finden sich zusätzlich jedoch auch staatserfahrene und/oder in der Hofhierarchie gut positionierte Personen. Vom königlichen Hofhistoriographen Denis Godefroy verfügte Canitz über einen Kommentar zu den Werken Ciceros.¹⁵⁵ Abraham Nicolas Amelot de La Houssaie wirkte einige Jahre als Diplomat in Venedig und verfasste selbst mehrere politische Schriften. Seine Edition der tacitistischen Schriften verweist explizit auf die beigefügten politischen und historischen Anmerkungen.¹⁵⁶ Michel Le Tellier, der in Canitz’ Bibliothek als Herausgeber einer Biografie Alexanders des Großen (verfasst von Quintus Curtius Rufus) erscheint, war Minister unter Ludwig XIV.¹⁵⁷ Da der französische König hinsichtlich seiner Machtfülle, seines Status und seiner militärischen Erfolge häufig mit Alexander dem Großen verglichen und diesem als ebenbürtig angesehen wurde, griff Tellier dieses Bild mit der Veröffentlichung auf. Abgesehen von der Polybius-Ausgabe von DuRyer und der politischen Kommentierung des Tacitus durch Amelot de La Houssaie implizieren die Herausgeber der französischen Texte keine politische Funktionalisierung, sie sind aber dennoch Bestandteil eines politisch-kulturellen Programms: Ludwig XIV. sah sich als erster Mäzen seines Reiches und betrieb eine Kulturpolitik, die seinen Status und seine Macht stützen sollte.¹⁵⁸ Die griechische und römische Antike wurde systematisch für die königliche Ikonografie, Architektur und Legendenbildung instrumentalisiert. Hierfür brauchte es eine Gelehrtenschicht, die diese Ideale pflegte, multiplizierte und für die höfisch-politische Sphäre urbar machte.¹⁵⁹ Hierzu gehörte auch eine Übertragung der antiken Texte in die französische
Polybios; DuRyer, Histoires (Ms,VIII,357). Cicero; Godefroy, Opera omnia (Ms,VIII,31). Amelot de La Houssaye; Tacitus, Tacite (Ms,VIII,651). Lit.: Amelot de la Houssaye, in: LouisGabriel Michaud u. A. Desplaces (Hrsg.), Biographie universelle ancienne et moderne. Bd. 1– 45, Bd. 1: Aa–Angus. Paris 1843 – 1865, S. 578. Curtius Rufus; Le Tellier; Freinsheim, Rebus (Ms,IV,112). Vgl. Dietrich Erben: Paris und Rom. Die staatlich gelenkten Kunstbeziehungen unter Ludwig XIV. Berlin 2004, S. 297. Peter Burke/Ebba D. Drolshagen: Die Geschicke des „Hofmann“: zur Wirkung eines Renaissance-Breviers über angemessenes Verhalten. Berlin 1996, S. 39 – 41.
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Sprache, die die transnationale Kommunikation ähnlich dominieren sollte wie die lateinische Sprache in der Antike.¹⁶⁰
4.2.2.2 Jüngere Geschichtsschreibung und Staatengeschichte Die jüngere Geschichte wurde in der Frühen Neuzeit fast ausschließlich politisch verstanden. Je mehr eine Geschichtsschreibung an gegenwärtige Verhältnisse heranrückt, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Historiografie, Chronik, politischer Analytik und Berichterstattung. In dieser Hinsicht werden Werke, die sich mit der Geschichte der neuzeitlichen Staatenwelt beschäftigen und über die Canitz zu Hunderten verfügte, meist schon von ihren Verfassern selbst als politisch relevant markiert. Dies lässt sich daran erkennen, dass in den Titeln ein auf staatliche Zustände Bezug nehmendes Vokabular (Histoire Des principaux Etats) und adjektivische Zuschreibungen wie Historia Civilis; Opera Historica Politica) verwendet werden. Einige Werke vermeiden den Geschichtsbegriff sogar, obwohl keine akut zeitgeschichtlichen Ereignisse beschrieben werden: Antoine Varillas versah sein Werk über Ferdinand II. von Aragon z. B. 1688 mit dem Titel La Politique De Ferdinand Le Catholique Roy D’Espagne. ¹⁶¹
Italienische Stadtstaaten und Fürstentümer Ein Bestand von 58 Werken in Canitz’ Bibliothek befasst sich mit italienischer Geschichte und Zeitgeschichte. 29 erschienen auf Italienisch, 19 auf Französisch, 7 auf Latein und 3 auf Deutsch. Der hohe italienische Anteil bedingt sich durch die Einkäufe, die Canitz im Zuge seiner Kavalierstour durch Italien vorgenommen hatte. In einem Brief an seinen Freund Nikolaus Zapf stellte er selbst fest, dass die meisten Bücher dort nur in italienischer Sprache zu bekommen seien.¹⁶² In dem Bestand enthalten sind einige der von den Verfassern der Leseanweisungen identifizierten „Klassiker“ der italienischen Geschichtsschreibung. So
Vgl. Erben, Paris, S. 298; Franz Lebsanft: Französisch, in: Nina Janich u. Albrecht Greule (Hrsg.), Sprachkulturen in Europa. Tübingen 2002, S. 64– 72, S. 66 f. Antoine Varillas: La Politique De Ferdinand Le Catholique Roy D’Espagne. Amsterdam 1688 (Ms,VIII,280). Vgl. Canitz an seinen Freund Nikolaus Zapf (6. 5.1676): „Von des Emanuel Thesaurus Sachen, die du so sehr zu sehen wünschest, habe schon vieles aufgetrieben, […] die sind doch meist in Italiänischer Sprache geschrieben; Wann ich durch Turin gehe, hoffe ich mehr von ihm zu kriegen.“ Zitiert nach: König, Leben, S. 24 f.
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verfügte Canitz sowohl über die Geschichte von Florenz von Niccolo Machiavelli¹⁶³ als auch eine kommentierte Ausgabe der Historia d’Italia von Francesco Guicciardini.¹⁶⁴ Letzteren hatte er zuvor bereits in seiner Dissertatio zitiert.¹⁶⁵ Mit vier Werken stark vertreten ist der italienische Historiker Paolo Giovio, gleich zwei Ausgaben besaß Canitz von seiner Historiarum sui temporis. ¹⁶⁶ Während die Verfasser der Leseanweisungen primär Werke benennen, die sich mit der Hochphase der italienischen Renaissance zwischen 1450 – 1550 befassen, decken die Canitzschen Bestände die Geschichte einer größeren Zeitspanne und Themenvielfalt ab. Sie umfassen neben italienischen Universalgeschichten auch speziellere Literatur zu einzelnen italienischen Fürstentümern, zur mittelalterlichen und antiken Geschichte Italiens¹⁶⁷, den italienischen Kriegen des 16. Jahrhunderts¹⁶⁸ und zur Papstpolitik (vgl. Abschnitt „Kirchengeschichte“). Italienische Ereignisgeschichte ist im Bestand vor allem dann repräsentiert, wenn sie eine europäische Dimension hat und den Kaiser oder die spanischen und französischen Herrscher involvierte. Als die wichtigsten politischen Akteure Italiens erscheinen die Päpste und die Republik Venedig.¹⁶⁹ Spezifisch protestanti-
Enthalten in: Machiavelli, Tutte (Ms,IV,154, heute: Tschechische Nationalbibliothek, Sign.: 37 F 274). Guicciardini; Sansovino, historia (Ms,IV,50). Beigebunden: Giovanni Battista Leoni: Considerationi Di Gio. Battista Leoni Sopra L’Historia D’Italia Di M. Francesco Guicciardini. [s.l.] 1645 (Ms,IV,50,1). Ebenfalls: Andreas Cambier/Andreas Schott: Italiae illustratae seu rerum, urbiumque Italicarum scriptores varii, notae melioris. Frankfurt M. 1600 (Ms,II,84). Vgl. Canitz, Dissertatio, § XXVIII. Paolo Giovio: Le Vite De I Dodeci Visconti Che Signoregiarono Milano. Mailand 1645 (Ms,IV,245); Derselbe: Paulio VII Novocomensis Episcopi Nucerini Illustrium virorum vitae. Basel 1567 (Ms,VIII,26); Derselbe: Descriptiones, quotquot extant, regionum atque locorum. Quibus […] de Piscibus Romanis libellum verè aureum adiunximus. Basel 1571 (Ms,VIII,27); Derselbe: Historiarum sui Temporis. Straßburg 1556 (Ms,VIII,697 und 698). Pietro Gerardo: Histoire de la vie et faits d’Ezzelin III. sunommé da Romano, Tyran de Padoye. Paris 1644 (Ms,VIII,318); Joachim de Flore/Anselmus Marsicanus: Profetie dell’abbate Gioachino et Anselmo vescovo di Marsico. Venedig 1646 (Ms,IV,51); Louis Maimbourg: Histoire De L’Arianisme. [Amsterdam] 1682 (Ms,XII,252); Onofrio Panvinio: Fasti Et Triumphi Rom. A Romulo Rege Usque ad Carolum V. Caes. Aug. Venedig 1557 (Ms,II,85,1). Lorenzo Capelloni: Vita del prencipe Andrea Doria discritta.Venedig 1565 (Ms,IV,91); Agostino Mascardi: La Congiura del conte Gio. Luige de’Fieschi. Venedig 1629 (Ms,IV,92); Divers Memoires (Ms,XII,249). Über die Republik Venedig: Abraham Nicolas Amelot de La Houssaye: Histoire du gouvernement de Venise. Paris 1677 (Ms,XII,241); Giacomo Fiorelli: Detti e Fatti memorabili del Senato e Patritii Veneti. Venedig 1672 (Ms,IV,59); Battista Nani: Historia Della Republica Veneta. Venedig 1663 (Ms,IV,58); Paolo Sarpi: Historia Particolare delle Cose passate tra il Sommo Pontefice Paolo V, e la Serenissima Republica di Venetia. Mirandola 1675 (Ms,XII,244); Derselbe: Historia Dell’
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sche Sichtweisen dokumentieren sich in acht Werken des Konvertiten Gregorio Leti und in drei Werken des Gallikanismus-Verfechters Louis Maimbourg, deren Schwerpunkt auf der Geschichte der römischen Kirche liegt.¹⁷⁰ Zahlreiche historische Episoden sind dem Leser in Form von Biografien zugänglich, die sich nicht nur mit Herrschern und Päpsten befassen, sondern auch mit einzelnen Territorialfürsten oder Militärs. Die Lebensläufe dokumentieren historische Ereignisse, bieten Unterhaltung und Abschreckungsmaterial. So wurde Cesare Borgia schon von Zeitgenossen als Personifikation machiavellistischer Ideale verstanden. In ähnlichem Ruf standen die als grausam und rücksichtslos erachteten Kriegsführer Giovanni Luigi de Fieschi und der mittelalterliche „Tyrann“ Ezzelino III. da Romano.¹⁷¹
Frankreich Ähnlich wie bei der italienischen Geschichtsliteratur ist auch die französische Geschichte mit einem breiteren Themenspektrum in der Bibliothek vertreten als in den Leseanweisungen. Dort wird primär die Episode der Hugenottenkriege als politisch relevant markiert, nur Carl Arnd befasst sich darüber hinaus auch mit der Regentschaft Ludwigs XIV. Canitz’ Buchbestand ist in dieser Hinsicht deutlich vollständiger. Mitsamt den politischen Biografien und Memoiren erstreckt er sich auf über 100 Werke. Als „Klassiker“ stechen zunächst zwei Ausgaben der Memoiren von Philippe de Commynes ins Auge, beide – wie von Johann Bose empfohlen – in französischer Originalsprache. Dass Canitz das Werk kannte und intensiv studiert hatte, beweist die mehrfache Zitation in seiner Disputatio.¹⁷² In Canitz’ Bibliothek liegt wie bei den Leseanweisungen ein starker Themenschwerpunkt auf den Hugenottenkriegen. Hier fällt auf, dass Canitz ein viel größeres literarisches Angebot zur Verfügung stand. Während die Verfasser der
Origine, Forma, Leggi ed vso dell’Vfficio Dell’ Inquisizione nella Città e Dominio di Venetia. [s.l.] 1675 (Ms,XII,245). Leti, Gregorio, in: Louis-Gabriel Michaud u. A. Desplaces (Hrsg.), Biographie universelle ancienne et moderne. Bd. 1– 45, Bd. 24: Leibniz-Llywelyn. Paris 1843 – 1865, S. 362– 364. Vgl. Gerardo, Histoire (Ms,VIII,318); Tomaso Tomasi/Casimir Freschot: La Vie De Cesar Borgia, appellé du depuis Le Duc De Valentinois. Monte Chiaro 1671 (Ms,XII,248); Tomaso Tomasi: Vita Del Duca Valentino, Detto Il Tiranno Di Roma. Monte Chiaro 1670 (Ms,XII,247); Mascardi, Congiura (Ms,IV,92). Philippe de Commynes/Denis Godefroy: Les Memoires De Messire Philippe De Comines, Seigneur d’Argenton. Contenans l’Histoire des Roys Louys XI. & Charles VIII. depuis l’an 1464. jusques en 1498. Den Haag 1682 (Ms,VIII,261 und Ms,VIII,506). Vgl. Canitz, Dissertatio, § IX, XXII, XXV, XXVII, XXXIV, XXXIX.
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Leseanweisungen die Geschichtsschreibung der monarchistisch/katholischen Partei auf möglichst gemäßigte Darstellungen hin absuchten, erfolgt die Geschichtsschreibung über die Hugenottenkriege in der Bibliothek von Canitz zu zwei Dritteln aus protestantischer Perspektive, so dass er mit dem Problem einer tendenziösen katholischen Geschichtsschreibung gar nicht konfrontiert war. Die Ursache liegt in der Sprache: Während in den Leseanweisungen nur ausnahmsweise auf französische Texte zurückgegriffen wird, erschienen 15 von 16 Werken über die Hugenottenkriege in Canitz’ Besitz auf Französisch. Die einzige Ausnahme bildet die in den Leseanweisungen hochgelobte lateinische Historiografie von Jacques Auguste de Thou.¹⁷³ Die Geschichtsschreibung über die französischen Religionskriege erfolgt in Canitz’ Bibliothek meist personenzentriert: So werden die Hugenottenführer François de Bonne de Lesdiguières und François De La Noue mit Biografien bedacht.¹⁷⁴ Gatien de Courtilz de Sandras, der Autor von Die drei Musketiere, widmete dem in der Bartholomäusnacht zu Tode gekommenen Gaspar de Coligny eine Romanbiografie.¹⁷⁵ Eine satirische Auseinandersetzung mit der Regentschaft Heinrichs III. und verschiedenen Akteuren der Hugenottenkriege bildet die Recueil De Diverses Pieces Servant A L’Histoire De Henry III, Roy De France Et De Pologne, über die Canitz in drei Ausgaben verfügte.¹⁷⁶ Zwei Ausgaben besaß er von der gegen die Katholiken und spanischen Machtambitionen in Frankreich gerichtete Satire La Satyre Ménippée de la vertu du Catholicon d’Espagne. ¹⁷⁷ Die Hugenotten Henri de LaTour D’Auvergne de Bouillon und Henri de Rohan publizierten ihre Kriegserfahrungen in Form von Memoiren, die Canitz vorlagen.¹⁷⁸ Als Verfasser von Traktaten und Biografien treten häufig reformierte Exilanten in Erscheinung: Der Humanist Henri Estienne kritisiert mit einem Werk die
Jacques Auguste de Thou: Historiarum sui temporis. Frankfurt M. 1628 (Ms,II,4). Moi͏s̈ e Amyraut: La Vie De François, Seigneur De La Noue͏,̈ Dit Bras-de-Fer. Leiden 1661 (Ms,IV,90); Louis Videl: Histoire Du Connestable De Lesdiguieres. Contenant Toute Sa Vie, Auec plusieurs choses memorables, servant à l’Histoire Generale. Paris 1666 (Ms,XII,220). Gatien de Courtilz de Sandras/Gaspard Coligny: La Vie De Gaspard De Coligny, Seigneur de Chastillon sur Loin. Köln 1686 (Ms,VIII,256). Recueil De Diverses Pieces (1693) (Ms,VIII,245); Recueil de diverses pieces (1663) (Ms,XII,188); Recueil de diverses pieces (Ms,VIII,648). Satyre Ménippée (1594) (Ms,VIII,684); Satyre Menippée (1696) (Ms,VIII,248); Zum historischen Kontext vgl.: Martial Martin: Satyre Menippee de la vertu du catholicon d’Espagne et de la tenue des estats de Paris. Paris 2007, S. XV–XLIII. Bouillon, mémoires (Ms,VIII,258); Henri de Rohan: Les Memoires Du Duc De Rohan. Amsterdam 1693 (Ms,XII,212).
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Politik und die Machtposition Katharina de Medicis.¹⁷⁹ Über die Heranziehung verschiedener Textquellen versucht Simon Goulart die Motive und Interessen der katholischen Partei zu entschlüsseln und berücksichtigt dabei besonders stark das Trauma der Bartholomäusnacht.¹⁸⁰ Mit seiner Histoire de l’Edit de Nantes liefert Elie Benoist eine Chronik der ständigen Bedrohung und letztlichen Aufhebung der hugenottischen Glaubensfreiheiten.¹⁸¹ Mit der Möglichkeit einer Wiederaufnahme der Hugenotten in Frankreich befasst sich 1690 zuletzt der in Berlin lebende Exilant Charles Ancillon.¹⁸² Die Canitzsche Selektion legt den Schwerpunkt auf eine Geschichtsinterpretation, welche die Hugenotten als Märtyrer und Opfer der französischen Universalpolitik inszeniert. Infolge der Aufhebung des Edikts von Nantes erhielt die Repression der Hugenotten einen zusätzlichen Aufschwung.¹⁸³ Ihrer Vertreibung aus Frankreich war mit juristischen oder militärischen Mitteln nicht zu begegnen, umso wichtiger wurde es, das erlebte Unrecht im kollektiven Bewusstsein zu manifestieren und überdauern zu lassen. Die Flucht aus Frankreich konnte in Form einer Heilsgeschichte zum Sieg umgedeutet werden, die mit der Vertreibung des Volkes Israel ihre biblische Parallele fand. Dass Canitz diese Narrative in besonderer Weise rezipierte, überrascht nicht: Er selbst war Protestant und in Berlin lebten Tausende von französischen Hugenotten, die das Trauma ihrer Vertreibung zu verarbeiten hatten. Die Schrecken der vorangegangenen Religionskriege rückten verstärkt in Erinnerung. Die Könige von Frankreich avancierten zum Feindbild. Der Fokus der Geschichtsschreibung wechselte zwangsläufig auf prominente adelige Militärs oder direkt auf Romane und autobiografische Darstellungen. Über diese wurden Leidensgeschichten dokumentiert und Rechtfer Henri Estienne: Discours Merveilleux De la Vie Actions et Deportemens de Catherine De Medicis, Royne Mere. Declarant tous les moyens qu’elle a tenus pour usurper le Gouvernement du Royaume de France & ruiner l’estat d’iceluy. Paris 1649 (Ms,VIII,580). Simon Goulart: Mémoires de l’Estat de France, sous Charles Neufiesme. Contenant les choses plus notables, faites & publiees tant par les Catholiques que par ceux de la Religion, depuis […] 1570 iusques au regne de Henry III. [Genf] 1578 (Ms,VIII,243); Simon Goulart: Les mémoires de la Ligue, sous Henri III, & Henri IIII Rois de France. [Genf] 1602 (Ms,VIII,701). Lit.: Cécile Huchard: Les Memoires de L’Estat de France ou les Actes d’un Massacre, in: Jacky Provence (Hrsg.), Mémoires et mémorialistes à l’époque des guerres de religion. Paris 2015, S. 135 – 154, S. 137 f. Élie Benoist: Histoire de l’edit de Nantes. Delft 1693 – 1695 (Th,IV,62). Lit.: Yves Krumenacker: The use of history by French Protestants and its impact on Protestant historiography, in: BerndChristian Otto, Susanne Rau u. Jörg Rüpke (Hrsg.), History and Religion. Berlin; München; Boston 2015, S. 189 – 255, S. 195. Charles Ancillon: La France interessée à rétablir l’Édit de Nantes. Amsterdam 1690 (Ms,XII,259). Vgl. Guido Braun/Werner Paravicini: Deutsch-französische Geschichte. Bd. 1– 8, Bd. 4: Von der politischen zur kulturellen Hegemonie Frankreichs. 1648 – 1789. Darmstadt 2008, S. 51.
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tigungen vollzogen.¹⁸⁴ Memoiren, Biografien und Traktate unterstützten die Ausbildung einer gemeinsamen calvinistisch-protestantischen Identität.¹⁸⁵ Der Rückgriff auf die französische Sprache stärkte den kollektiven Zusammenhalt im ausländischen Exil. Buchhändler wie Robert Roger bedienten die Nachfrage nach spezifisch protestantischen Narrativen, die auch Personenkreisen zugutekamen, die in Berlin ansässig waren. Den Verfassern der Leseanweisungen stand diese Literatur entweder nicht zur Verfügung oder sie vermieden es, sie zu benutzen. Sie verharrten in der lateinischen Geschichtsschreibung, die mit mehrheitlich katholischen Perspektiven aufwartete. In Canitz’ Bibliothek sind diese nur teilweise abgebildet: Er verfügte sowohl über eine Biografie als auch über die Memoiren des am Hofe sehr einflussreichen Jean-Louis de Nogaret de La Èpernon, der sich in den Hugenottenkriegen als Feldherr Heinrichs III. betätigt hatte und erst spät dazu gebracht werden konnte, sich Heinrich IV. zu unterwerfen.¹⁸⁶ Weitere Militärs dieser Zeit, die bei den Hugenotten verhasst waren, waren Jacques II. de Goÿon de Matignon und Gaspard de Saulx-Tavannes.¹⁸⁷ Eine retrospektive Darstellung der Hugenottenkriege findet sich in der Histoire de la Ligue von Louis Maimbourg.¹⁸⁸ Die französischen Religionskriege zeugten in den Augen der monarchistischen Partei von den negativen Konsequenzen konfessioneller Toleranz und bildeten ein Negativszenario, dem das augenscheinlich geeinte und hegemoniale französische Königreich unter Ludwig XIV. gegenüberstand.¹⁸⁹ Eine solche Geschichtsinterpretation trug zur Rechtfertigung des Edikts von Nantes maßgeblich bei. Auch
Vgl. Krumenacker, use, S. 194; Silke Segler-Meßner: Mord und Martyrium: die Religionskriege als Trauma der französischen Erinnerungskultur, in: Marc Föcking u. Claudia Schindler (Hrsg.), Der Krieg hat kein Loch. Heidelberg 2014, S. 155 – 174, S. 162– 164. Vgl. Heinz Schilling/Heinz Duchhardt: Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen. Bd. 1– 9, Bd. 2: Konfessionalisierung und Staatsinteressen, internationale Beziehungen 1559 – 1660. Paderborn 2007, S. 401– 405. Épernon, Jean-Louis de Nogaret de La Valette: Véritable discours de Monseigneur le Duc Despernon. Paris 1616 (Ms,VIII,699); Guillaume Girard: Histoire De La Vie Du Duc D’Espernon. Paris 1673 (Ms,VIII,267). Jacques de Caillieres: Histoire Du Mareschal De Matignon, Gouverneur Et Lieutnant General pour le Roy en Guyenne. Paris 1661 (Ms,II,167); Gaspard de Saulx-Tavannes: Mémoires de tresnoble et tres-illustre Gaspar de Saulx [Ausgabe unb.] (Ms,II,167). Lit.: Jean-Louis Quantin: Croisades et supercroisades: Les „Histoires“ de Maimbourg et la politique de Louis XIV, in: Chantal Grell u. Werner Paravicini (Hrsg.), Les princes et l’histoire du XIVe au XVIIIe siècle. Bonn 1998, S. 619 – 644. Louis Maimbourg: Histoire De La Ligue. Paris 1684 (Ms,XII,190). Vgl. Günter Abel: Stoizismus und frühe Neuzeit. Zur Entstehungsgeschichte modernen Denkens im Felde von Ethik und Politik. Berlin 1978, S. 145 – 147.
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wenn Canitz solchen politischen Ansprüchen keinen Beifall zollte, war eine Kenntnis dieser Argumentationslinien nützlich und notwendig. Der Gallikanismus, ein Begriff, unter dem die Versuche des französischen Königtums verstanden werden, den päpstlichen Einfluss in Frankreich einzudämmen, wird in den Leseanweisungen kaum thematisiert. Die Äußerungen der Rezensenten zu den Hugenottenkriegen lassen nicht darauf schließen, dass das Verhältnis zwischen Papst und französischem König im 17. Jahrhundert starken Belastungen ausgesetzt war, eher im Gegenteil: Im Kampf gegen die Hugenotten scheinen Papst und König auf einer Seite zu stehen. Da der Konflikt um die Frage nach der Jurisdiktion über die französische Kirche erst im Jahr 1682 eskalierte, als Ludwig XIV. seine Oberhoheit über den französischen Klerus offiziell verkündete, war der Gallikanismus für Johann Bose noch kein akutes Phänomen.¹⁹⁰ In königlichen Diensten stehende Historiker wie Pierre Dupuy oder Louis Maimbourg widmeten einen Großteil ihrer historischen Arbeiten der Delegitimierung von Machtansprüchen der römisch-katholischen Kirche (und der Hugenotten gleichermaßen).¹⁹¹ Dieses Geschichtsbild schlägt sich in der Bibliothek von Canitz deutlich nieder: Der königliche Bibliothekar Dupuy verfasste 1685 eine Geschichte der Päpste in Frankreich, in der schon im Titel auf die „kriminellen Vorgänge“ um die Niederschlagung der Templer und das abendländische Schisma hingewiesen wird.¹⁹² Eine ebenfalls negativierte Darstellung des abendländischen Schismas stammt von Louis Maimbourg, der 1681 wegen seiner gallikanischen Einstellung aus dem Jesuitenorden ausgeschlossen wurde.¹⁹³ 1685 präsentierte Maimbourg zudem eine historische Herleitung der seiner Ansicht nach ungerechtfertigten Herrschaftsansprüche der Päpste in Frankreich.¹⁹⁴ Weitere tendenziöse Werke in der Bibliothek von Canitz befassen sich mit der akuten politischen Dimension des Konflikts zwischen Papst und dem französischen König, der 1687 einen diplomatischen Zwischenfall provozierte, als Innozenz XI. die in Rom residierenden französischen Gesandten daran zu hindern
Günther Wassilowsky: Gallikanismus. Online unter: Enzyklopädie der Neuzeit Online, URL: http://dx.doi.org/10.1163/2352-0248_edn_COM_268443 [09.06. 2020]. Vgl. Dupuy, Pierre, in: Louis-Gabriel Michaud u. A. Desplaces (Hrsg.), Biographie universelle ancienne et moderne. Bd. 1– 45, Bd. 12: Dupin–Erzilla. Paris 1843 – 1865, S. 56 – 57. Pierre Dupuy: Traitez Concernant L’Histoire De France. Sçavoir La Condamnation Des Templiers, Avec Quelques Actes: L’Histoire Du Schisme, Les Papes tenans le Siege en Avignon: Et Quelques Procez Criminels. Paris 1685 (Ms,VIII,327). Louis Maimbourg: Histoire Du Grand Schisme D’Occident. Paris 1678 (Ms,XII,260). Vgl. Quantin, Croisades, S. 623, 629 f.; Paul Payan: Entre Rome et Avignon. Une histoire du Grand Schisme (1378 – 1417). [Paris] 2009, S. 293 f. Louis Maimbourg: Traité historique de l’établissement et des prérogatives de l’église de Rome et de ses euesques. Paris 1685 (Ms,XII,250).
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versuchte, das Immunitätsrecht ihrer Quartiere auf gesamte Stadtviertel auszuweiten. Um die botschafterlichen Rechte durchzusetzen, zog Charles Henri de Beaumanoir, der Marquis von Lavardin, mit 800 bewaffneten Männern in Rom ein und wurde daraufhin vom Papst exkommuniziert.¹⁹⁵ Drei Flugschriften in der Bibliothek von Canitz verteidigen die Ansprüche Ludwigs XIV. und den Immunitätsstatus des Marquis von Lavardin.¹⁹⁶ Die umfangreichste erschien in deutscher Sprache und präsentiert mehrere acta publica zur besagten Streitsache. Beigefügt ist zusätzlich ein analytischer Kommentar, in dem der Autor im Sinne von Abraham de Wicquefort, dem Autor des diplomatischen Grundlagenwerks L’Ambassadeur et ses fonctions, und des Juristen Caspar Ziegler zu argumentieren versucht.¹⁹⁷ In einer Zeit, in der Ludwig XIV. den Geltungsanspruch des Papstes innerhalb seines Reiches zurückzudrängen versuchte, konnte er sich die Exkommunizierung und rechtliche Herabsetzung seines Botschafters (und implizit seiner eigenen Person) nicht leisten.¹⁹⁸ Dass der in Frankreich immer noch sehr aktive Jesuitenorden als ausführendes Organ des Papstes verstanden und sogar mit diesem gleichgesetzt wird, lässt der lutherische Theologe Hector Masius mit dem Titel Der Abgefertigte Jesuit In Franckreich Oder Schrifftmäßige Widerlegung Päbstlicher Lehre In dreyen Puncten wissen.¹⁹⁹ Hinzuweisen ist auf den Umstand, dass das Werk sich im Widerspruch zum Titel nur in einigen Unterkapiteln mit dem Stand der französischen Gallikanismusdebatten befasst und stattdessen eher eine allgemeine Widerlegung katholischer Glaubenspraktiken vornimmt. In dem Werk manifestiert sich eine ungewöhnliche Interessengemeinschaft zwischen dem gallikanisch orientierten Königtum und den generell papstfeindlich eingestellten Protestanten. Obgleich das katholische Königtum für Protestanten ein Feindbild darstellt, wird die Zurückweisung des päpstlichen Geltungsanspruchs in Frankreich durch die Protestanten begrüßt und als Bestätigung der eigenen Position verstanden. Die Schrift Histoire Du Pere La Chaize, Jesuite & Confesseur du Roi Louis XIV. weist den Jesuiten (und dem Papst) eine Mitverantwortung an der Hegemonialpolitik Lud Lit.: Dante Fedele: Naissance de la diplomatie moderne (XIIIe–XVIIe siècles). L’ambassadeur au croisement du droit, de l’éthique et de la politique. Baden-Baden 2017, S. 448 f.; Erben, Paris, S. 287– 290; Moritz Brosch: Geschichte des Kirchenstaates. Das 16. und 17. Jahrhundert. Gotha 1880, S. 442– 445; Max Immich: Geschichte des europäischen Staatensystems: 1660 – 1789. Darmstadt 1967, S. 131. Refutation (Ms,IV,103,5); Urtheil und Sententz (Ms,IV,103,3). Außführlicher Entwurff (Ms,IV,103,4). Vgl. Erben, Paris, S. 289. Hector Gottfried Masius: Der Abgefertigte Jesuit In Franckreich Oder Schrifftmäßige Widerlegung Päbstlicher Lehre In dreyen Puncten. I. Von der Messe. II. Von der KirchenFolge/ III. Von dem rechtmässigen Beruff der Evangelischen Prediger. Leipzig 1695 (Ms,VIII,524).
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wigs XIV. zu, so dass die Schrift zwei protestantische Feindbilder gleichzeitig bedient.²⁰⁰ In der Bibliothek von Canitz findet sich keine Schrift, die im GallikanismusStreit die Position des Papstes unterstützt. Die französische Geschichtsschreibung hatte – zumal im calvinistisch-lutherischen Berlin – eine höhere Reichweite als die päpstliche und kam den protestantischen Wünschen nach einer politischen Eindämmung des Papsttums sehr entgegen.²⁰¹ Die progallikanische Literatur in Canitz’ Bibliothek spiegelt die Ängste vor politisch zu stark involvierten Päpsten und dem Jesuitenorden wider. Sie demonstriert, wie das Papsttum konfessionsübergreifend an Rückhalt verlor und politische Macht einbüßte.²⁰² Ein zweites politisches Thema des 17. Jahrhunderts, das die Leseanweisungen nicht abdecken, bildet der Anspruch des französischen Königtums auf eine Universalmonarchie und die Hegemonie in Europa. Mit den territorialen Ansprüchen Ludwigs XIV. auf die Niederlande und Teile des Reiches war Canitz bei seinen Gesandtschaften in Frankfurt, in dem mit Ludwig XIV. kooperierenden Erzbistum Köln und am Kaiserhof in Wien unmittelbar konfrontiert.²⁰³ Die aus mittelalterlichen Rechtsverhältnissen abgeleiteten Macht- und Besitzansprüche des französischen Königs erforderten eine Geschichtsschreibung, die die Annexionen mit Legitimationen bediente.²⁰⁴ Einen solchen von Ludwig XIV. zunächst nicht veranlassten französischen Machtanspruch vollzog Antoine Aubery 1667 mit der Schrift Des justes prétensions du roy sur l’Empire, die Canitz in der Erstausgabe vorlag.²⁰⁵ Darin erklärte Aubery Ludwig XIV. aufgrund seiner karolingischen Abstammung zum eigentlichen Herrscher des Heiligen Römischen Reiches und zum ersten aller gekrönten Häupter Europas.²⁰⁶ Ähnlich argumentiert Louis Maimbourg sieben Jahre später, der das Erbe des römischen Reiches auf Frank-
Leroux, Histoire (Ms,[roh]36; Ausgabe unbekannt). Vgl. Hier auch die abwertende Äußerung von Johann Bose, in: Bose, Bibliotheca, § 62. Vgl. Erwin Iserloh u. Hubert Jedin (Hrsg.): Handbuch der Kirchengeschichte. Bd. 4: Reformation, Katholische Reform und Gegenreformation. Freiburg 1985, S. 449 f., 683. Canitz war mit der Instandhaltung des von Paul von Fuchs angeleiteten Abkommens beauftragt, in dem Bischof Maximilian Heinrich von Bayern seine Neutralität gegenüber Frankreich versicherte (ohne sich letztlich daran zu halten), vgl.: Leonard Ennen: Frankreich und der Niederrhein, oder Geschichte von Stadt und Kurstaat Köln seit dem 30jährigen Kriege bis zur französischen Occupation, meist aus archivalischen Dokumenten. Bd. 1– 2, Bd. 2. Köln 1855, S. 385 – 389. Zum Verhältnis von Köln und Frankreich vgl.: Hansgeorg Molitor: Das Erzbistum Köln im Zeitalter der Glaubenskämpfe. 1515 – 1688. Köln 2008, S. 120. Vgl. Joseph Klaits: Printed propaganda under Louis XIV. Absolute monarchy and public opinion. Princeton; N.J. 1976, S. 8. Antoine Aubery: Des justes prétensions du roy sur l’Empire. Paris 1667 (Ms,XII,225). Erben, Paris, S. 305; Braun; Paravicini, Geschichte, S. 40.
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reich übertragen sah, nachdem sich das byzantinische Reich in der Nachfolge des imperium romanum als nicht würdig erwiesen hatte.²⁰⁷ Eine solche Publizistik weckte – zumal unter dem Eindruck der kriegerischen Aktivitäten Ludwigs XIV. – in den betroffenen deutschen Territorien starken Protest. Dieser schlägt sich auch in Canitz’ Bibliothek nieder: In Form eines großen Foliobands klagt der niederländische Gesandte Pieter Valckenier über die Kriege der Jahre 1676 – 1682: Des Verwirreten Europae […] oder Wahre Historische Beschreibung Derer in der Christenheit. fürnehmlich aber in dem Vereinigten Niederlande/ Teutschland/ und hernach in den angräntzenden Reichen/ Fürstenthümern und Herrschafften/ zeither dem Jahre 1676. biß auff das Jahr 1682. durch die Waffen des Königes in Franckreich erreichter bluhtiger Kriege/ leidigen Empörungen und erschrecklicher Verwüstung.²⁰⁸ Vermeintlich „unpartheyisch beschrieben“ ist ein anonym erschienenes Traktat Franckreich Uber alles.²⁰⁹
Dem langen Titel zufolge unterliegt Frankreich einer „absolute[n] Herrschafft“ und entwickelt „eine aufwachsende Macht vor andern Europäischen Ländern.“ Für seine „grosse Monarchie“ unternehme Ludwig XIV. im großen Stil „regiersüchtige Anschläge.“ Eine weitere Flugschrift warnt eindringlich davor, sich auf den 1684 beschlossenen Regensburger Stillstand zu verlassen und ruft dazu auf, sich gegen die „Frantzösischen Messures“ zu wappnen.²¹⁰ Weniger polemisch ist das lateinische Geschichtswerk des lutherischen Historikers und Juristen Johann Georg Lairitz, der die Kriege zwischen den Österreichern und den Franzosen bis in die Gegenwart (1684) nachvollzieht.²¹¹ In dem Werk ist auch der Frankfurter Deputationstag von 1682 berücksichtigt, wo um die
Louis Maimbourg: Histoire De L’Heresie Des Iconoclastes, Et De La Translation De L’Empire Aux François. Paris (Ms,VIII,326, ohne Erscheinungsjahr). Lit.: Karl Morrison: Toward evolution: the structure of scientific revolutions and the receptions of the Libri Carolini in the seventeenth century, in: Valerie. Garver u. Owen Phelan (Hrsg.), Rome and religion in the medieval world. Farnham 2014, S. 275 – 333, S. 295 f. Andreas Muller/Pieter Valckenier: Des Verwirreten Europae Dritter Theil. Amsterdam 1683 (Ms,II,7). Friedrich Rudolf von Canitz kannte den Verfasser Pieter Valckenier wohl persönlich, beide waren 1698/99 in Den Haag aktiv und befassten sich mit einer gemeinsamen Finanzierung für die Aufnahme von 3000 verfolgten savoyischen Waldensern in Hessen und Württemberg.Vgl. GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6793: Friedrich Rudolf Canitz an Friedrich III. von BrandenburgPreußen, 22./12.1.1699., 22./12. Januar 1699; Thomas Maissen: Valkenier, Petrus, in: Historisches Lexikon der Schweiz (2013). Franckreich Uber alles (Ms,IV,100,5). Teutschland Traue nicht zu viel (Ms,IV,100,3). Johann Georg Lairitz: De Bellis Inter Austriacos Et Gallos Historia. Ad Praesentem Usque Aetatem Deducta Anno MDCLXXXVI. Bayreuth 1686 (Ms,IV,156,1).
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Anerkennung der Reunionen Ludwigs XIV. verhandelt wurde und Canitz als Gesandter anwesend war.²¹² Das Werk von Lairitz erschien in dem Jahr, als sich mehrere Defensivallianzen gegen die französische Hegemonialpolitik bildeten. Canitz war hier erneut selbst involviert: Wenige Monate nach Abschluss eines brandenburgisch-kaiserlichen Bündnisses gegen die Osmanen (April 1686) traf er im September in Wien ein und gratulierte im Auftrag des Kurfürsten zur Rückeroberung der ungarischen Hauptstadt Ofen. Als am 6. Oktober unerwartet der brandenburgische Resident Bernhard Ernst von Schmettau verstarb, nahm Canitz für mehrere Monate seine Position am kaiserlichen Hofe in Wien ein. In dieser Zeit ergriff Ludwig XIV. erneut militärische Maßnahmen gegen das Reich und forderte eine dauerhafte Anerkennung des bis dato befristeten Regensburger Stillstands, der die französischen Eroberungen für 20 Jahre anerkannt hatte. Dass er diesen Anspruch vorläufig nicht durchsetzen konnte, bedingte sich neben der Augsburger Allianz durch das seit März 1686 bestehende brandenburgisch-kaiserliche Bündnis, das Canitz am Wiener Hofe zu erhalten und zu pflegen hatte.²¹³ Seine mit der Frankreichpolitik in Verbindung stehenden Gesandtschaften von 1682 und 1684 sind auch in Samuel von Pufendorfs De Rebus Gestis Friderici Wilhelmi Magni, Electoris Brandenburgici, Commentariorum unmittelbar berücksichtigt, Canitz wird dabei auch namentlich erwähnt. Insofern verwundert nicht, dass Canitz das Werk in zweifacher Ausgabe besaß und seine Rolle in den deutschfranzösischen Kriegen genauestens nachvollziehen konnte.²¹⁴ Ein Profiteur der französischen Kriegspolitik war indes die Hansestadt Hamburg. Hiervon zeugt eine anonym erschienene Flugschrift, die sich 1689 gegen die Wiederaufnahme von Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und Hamburg ausspricht.²¹⁵ Auch hier war Canitz unmittelbarer Zeitzeuge: 1689 hielt er sich in Hamburg auf und leistete Vermittlungsarbeit für den Altonaer Vertrag zwischen Christian V. von Dänemark und Herzog Christian Albrecht von Schles-
Vgl. ebd., S. 274. Für die Gesandtschaftsberichte vgl: GStA PK, I. HA GR, Rep. 1 Beziehungen zum Kaiser (auch zum Reich und zum Hause Österreich), Nr. 97: Sendung des Legationsrats von Canitz nach Wien und dessen Relationen daher (1686 – 1687); GStA PK, I. HA GR, Rep. 1 Beziehungen zum Kaiser (auch zum Reich und zum Hause Österreich), Nr. 103: Sendung des Legationsrats von Canitz nach Wien und dessen Relationen daher. (1687). Ausschnittweise in: B. Erdmannsdörffer (Hrsg.): Urkunden und Actenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Berlin 1865, S. 205 – 222. Lit.: Immich, Geschichte, S. 124– 127. Vgl. Samuel von Pufendorf: De Rebus Gestis Friderici Wilhelmi Magni, Electoris Brandenburgici. Berlin 1695 (Ms,II,9 und Ms,II,192), Kap. XVIII, § 65, 67; Kap. XIX, § 46, 48. Unvorgreiffliche Wiederlegung (Ms,IV,102,7).
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wig-Holstein-Gottorf. In diesem Kontext bekam er den zur Flugschrift gehörenden öffentlichen Diskurs persönlich mit.²¹⁶ Hof- und Herrscherwissen macht einen weiteren wichtigen Komplex in der frankreichbezogenen Politikliteratur von Canitz’ Bibliothek aus. Bei Betrachtung der zum Vergleich herangezogenen Leseanweisungen fällt auf, dass nur Carl Arnds 1705 erschienene Bibliotheca Politico-Heraldica einen ähnlichen Komplex erkennt und beschreibtr. Die von Ludwig XIV. forcierte Kulturpolitik und die durch die höfische Sphäre begünstigte herrscherzentrierte Geschichtsschreibung erreichte erst im Laufe der 1690er Jahre ihren Höhepunkt und fiel den Zeitgenossen überhaupt erst als „überdurchschnittlich“ auf. Es wirkte nicht nur der Monarch selbst als treibende propagandistische Kraft, sondern auch die ihn umgebenden Öffentlichkeiten, die von der Inszenierung profitierten, indem das eigene Kulturund Identitätsgefühl gestärkt wurde und daraus finanzielles oder soziales Kapital geschlagen wurde.²¹⁷ Canitz’ Bibliothek legt den Schwerpunkt nicht ausschließlich auf die Biografie Ludwigs XIV., sondern berücksichtigt auch die von zeitgenössischen Historikern verfassten Biografien seiner Vorgänger aus Mittelalter und Neuzeit. Die in der Bibliothek enthaltene Erzählung über die Biografie von Philipp VI. von Valois und seinem Sohn Johann von François Timoléon de Choisy beschreibt die Anfangszeit des Hundertjährigen Krieges und den Ursprung der Valois-Dynastie.²¹⁸ Allein drei Werke von Antoine Varillas befassen sich mit der Regentschaft Ludwigs XI., mit dem Ludwig XIV. oft verglichen wurde.²¹⁹ Die Rezeption der Biografie Ludwigs XI. bildete die gesamte Neuzeit hindurch einen Spiegel zeitgenössischer politischer Debatten.²²⁰ Antoine Varillas kombinierte in einem Werk Erzählungen der Unmündigkeitsphasen von Ludwig XI., Ludwig dem Heiligen (Ludwig IX. von Frankreich) sowie Heinrich II. und stellte damit drei
Aufenthalt belegt in: GStA PK, I. HA Rep. 81 (vor 1808), Kopenhagen I Nr. 8: Reskripte an von Fuchs und von Canitz in Hamburg, Konzepte von Relationen derselben und zugehörige Schriftstücke (1689); König, Leben, S. 55 f. Schumann führt hier das Erklärungsmuster der „multiplizierenden Imagepflege“ ein, das „alle nicht vom Hof selbst in Auftrag gegebenen imagewerbenden Botschaften umfaßt“ (S. 36). Sie warnt davor, die propagandistischen Wirkungsmöglichkeiten einzelner Fürsten zu überschätzen (S. 31). Vgl. Jutta Schumann: Die andere Sonne. Kaiserbild und Medienstrategien im Zeitalter Leopolds I. Berlin 2003, S. 26 – 36. François Timoléon de Choisy: Histoires de Philippe de Valois et du Roi Jean. Amsterdam 1688 (Ms,VIII,237). Burke; Drolshagen, Geschicke, S. 41– 46. Vgl. Adrianna E. Bakos: Images of kingship in early modern France. Louis XI in political thought. 1560 – 1789. London 1997, S. IX, 45 – 53.
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Regierungsstile vergleichend gegenüber.²²¹ Weitere Biografien verfasste Varillas über Franz I., Karl IX. und Franz II. von Frankreich.²²² Auffällig ist die Präferenz recht jung an die Macht gekommener und/oder verstorbener Monarchen, die im Oeuvre von Varillas angelegt ist und durch die Canitzsche Selektion noch betont wird. Heinrich IV. ist mit einer weiteren Biografie berücksichtigt.²²³ Umfangreich informiert die Bibliothek auch über das Leben von Ludwig XIV.: Sie beinhaltet die von Carl Arnd schon erwähnte Prachtausgabe von ClaudeFrançois Menestrier, der die ludovizianische Ausstrahlung über die Kollation von Medaillen, Münzen und Embleme dokumentierte.²²⁴ Das Werk leistet keine Informationen über das politische und strategische Handeln Ludwigs, vermittelt aber dessen Symbolsprache, die von den zeitgenössischen politischen Akteuren verstanden werden musste. Biografische Rahmendaten liefern die Werke von François de la Rochefoucauld und Abraham Nicolas Amelot de La-Houssaye²²⁵, Jean Ètienne Du Londel²²⁶, Louis Legendre²²⁷ und Simon de Riencourt.²²⁸ Einen besonderen Schwerpunkt in der Kategorie der französischen Geschichtsschreibung bilden die insgesamt zwölf Werke von Antoine Varillas.²²⁹ Da
Bislang unerforscht: Antoine Varillas: La Minorité De Saint Louis, Avec l’Histoire De Louis XI. Et De Henri II. Den Haag 1685 (Ms,VIII,641); Antoine Varillas: La Minorité De Saint Louis. Avec L’Histoire de Louis XI. et de Henri II. Den Haag 1687 (Ms,VIII,235); Antoine Varillas: Histoire De Louis XI. Den Haag 1689 (Ms,VIII,238). Auch Ludwigs Sohn Karl VIII. bedachte Varillas mit einer Biografie: Derselbe: Histoire de Charles VIII. Den Haag 1691 (Ms,VIII,239). Antoine Varillas: Histoire De François I. Den Haag 1689 (Ms,VIII,240); Derselbe: Histoire de François Second. Den Haag 1693 (Ms,VIII,241); Derselbe: Histoire de Charles IX. Paris 1684 (Ms,VIII,242). Péréfixe de Beaumont, Hardouin de: Histoire du roy Henry Le Grand (Ms,XII,189, Ausgabe unbekannt). Claude-François Menestrier: Histoire Du Roy Louis Le Grand. Par les Medailles Emblêmes, Devises, Jettons, Inscriptions, Armoiries, et autres Monumens Publics. Paris 1691 (Ms,II,161). François de La Rochefoucauld/Abraham Nicolas Amelot de La Houssaye: Mémoires De La Minorité De Louis XIV. Villefranche 1690 (Ms,VIII,246). Jean Ètienne Dulondel/Christian Juncker: Curieuser Geschichts-Calender. in welchem alle Thaten Ludwigs des XIV. Königs von Franckreich […] und was bey funffzig und mehr Jahren her unter dessen Regierung merckwürdiges vorgegangen. Leipzig 1697 (Ms,VIII,706). Louis LeGendre: Essai de l’histoire du règne de Louis Le Grand jusques à la paix générale de 1697. Paris 1697. Simon de Riencourt: Histoire De Louis XIV., Roy De France Et De Navarre. Paris 1693 (Ms,VIII,247). Zusätzlich: Histoire des dernieres Guerres (Ms,XII,209, Werk nicht ermittelbar). Antoine Varillas: Histoire de Wiclesianisme, ou de la doctrine de Wiclef, Jean Hus, et Jerome de Prague; avec cette des guerres de Boheme. Lyon 1682 (Ms,XII,254); Varillas, Histoire (Ms,VIII,242); Varillas, Minorité (Ms,VIII,641); Varillas, Anecdotes (Ms,VIII,317); Varillas, Minorité (Ms,VIII,235); Varillas, Politique (Ms,VIII,280); Varillas, Louis XI. (Ms,VIII,238); Antoine Varillas: Histoire des Revolutions arrive’es dans l’Europe en matiere de religion. Paris 1689 (Ms,VIII,328);
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dieser oft in eine antiprotestantische Polemik verfiel und als Protegé des bereits erwähnten königlichen Bibliothekars Pierre Dupuy eine Hofgeschichtsschreibung betrieb, die vor historischen Ungenauigkeiten nicht zurückschreckte, wenn das Narrativ es erforderte, ist dies ein überraschender Befund.²³⁰ Varillas’ Geschichtsschreibung unterlag einer starken literarischen Stilisierung und Dramatisierung. Der Umstand, dass dieser Verfasser lieber Anekdoten referierte als originale Quellen, provozierte eine konfessionsübergreifende Kritik und zeugt auf der einen Seite von Varillas’ wachsenden Bewusstsein für die literarischen Interessen seiner Zielgruppe und auf der anderen Seite von dem erstarkenden quellenkritischen Bewusstsein der Geschichtswissenschaften.²³¹ Das von den Protestanten am meisten kritisierte Werk von Antoine Varillas war die Histoire des Revolutions arrive’es dans l’Europe en matiere de religion, in der Varillas diverse reformationsgeschichtliche Episoden in Europa besprach und ihnen vor allem säkulare Motivationen unterstellte.²³² Damit politisierte er auch den Revolutionsbegriff nachhaltig. Die Aufhebung des Edikts von Nantes fungierte ihm als Endpunkt des revolutionären Zyklus’.²³³ Dass Canitz nicht nur die Schriften von Varillas, sondern auch die an ihn angegliederten Debatten rezipieren konnte, beweisen die Schriften Critique du neuvième livre de l’histoire de M. Varillas von Gilbert Burnet²³⁴ wie auch der Commentarius Historicus Et Apologeticus De Lutheranismo von Veit Ludwig von Seckendorff, der neben Louis Maimbourg auch Varillas immer wieder scharf angriff.²³⁵ Den negativen Urteilen steht eine Rezension der Histoire De François I.
Varillas, François I. (Ms,VIII,240); Derselbe: La Pratique De L’Education Des Princes. Contenant L’Histoire De Guillaume De Croy. Amsterdam 1691 (Ms,VIII,287); Varillas, François Second (Ms,VIII,241). Vgl. Maria Neklydova: Historian’s Uncertainties: Investigation of Truth in Antoine Varillas’ OEuvre, in: Biblio 17 (2011), S. 167– 175, S. 170 f. Vgl. Steve Uomini: Cultures historiques dans la France du XVIIe siècle. Paris 1997, S. 359, 382; Thomas Kirchner: Der epische Held. Historienmalerei und Kunstpolitik im Frankreich des 17. Jahrhunderts. München 2001, S. 364. Peter Burke: Two Crises of Historical Consciousness, in: Storia della storiografia 33 (1998), S. 3 – 16, S. 5 – 7. Varillas, Revolutions (Ms,VIII,328). Vgl. Karl-Heinz Bender: Revolutionen. Die Entstehung des politischen Revolutionsbegriffes in Frankreich zwischen Mittelalter u. Aufklärung. München 1977, S. 94– 99. Gilbert Burnet: Critique du neuvième livre de l’histoire de M. Varillas où il traite des révolutions arrivées en Angleterre en matière de religion. Amsterdam 1686 (Ms,VIII,604). Lit.: Burke, Crises, S. 6 f. Vgl. Veit Ludwig von Seckendorff: Commentarius Historicus Et Apologeticus De Lutheranismo, Sive De Reformatione Religionis ductu D. Martini Lutheri in magna Germaniae parte aliisque regionibus, & speciatim in Saxonia recepta & stabilita. Frankfurt M. 1692 (Th,II,6), u. a. S. 27, 67. Lit.: Solveig Strauch: Veit Ludwig von Seckendorff (1626 – 1692). Reformationsgeschichtsschrei-
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durch Pierre Bayle 1684 gegenüber, die im ersten Jahrgang der Nouvelles de la republique des lettres enthalten ist. Der Umstand, dass Canitz von dieser Zeitschrift ausschließlich über den Jahrgang 1684 verfügte, lässt vermuten, dass die Anschaffung spezifisch für den Besitz der entsprechenden Rezension erfolgte.²³⁶ Bayle lobte die literarische Qualität von Varillas’ Geschichtsschreibung und die herausragende Durchdringung der historischen Charaktere.²³⁷ In Anbetracht dessen, dass Canitz die antiken Geschichtsschreiber gern in französischer Übersetzung rezipierte und sich in seinen Gedichten selbst oft der Geschichte als literarisches Motiv bediente, mag bei seiner Rezeption der Werke von Varillas die delectatio im Vordergrund gestanden haben. Für eine aktive politische Informationsgewinnung eignete sie sich nach Ansicht der Zeitgenossen nicht. Während Varillas seine Werke als Beitrag zur Geschichtsschreibung charakterisierte, erkannten andere Schriftsteller in dem „Setting“ Hof und Politik ein Theatrum für ihre Erzählungen. An ihren auf vagen historischen Begebenheiten beruhenden Biografien, Satiren und Pseudomemoiren²³⁸ markieren sich die frühen Anfänge der Textgattung „Historischer Roman“, die sich seit dem 17. Jahrhundert sukzessive aus der Geschichtsschreibung heraus entwickelte. Dabei verschob sich der Fokus auf Galanteries, sprich den privaten Motiven, Liebschaften und Gelüsten, die das Handeln großer Persönlichkeiten vermeintlich motivierten.²³⁹ Die zeitge-
bung – Reformation des Lebens – Selbstbestimmung zwischen lutherischer Orthodoxie, Pietismus und Frühaufklärung. Münster 2005, S. 5 – 21. Pierre Bayle: Article VIII. Histoire de François I. par le Sieur Varillas, in: Nouvelles de la république des lettres (1684), S. 77– 86 (Ms,XII,267). Lit.: Andreea Badea: Von Klio verstoßen. Praktiken der Abgrenzung in der Geschichtsschreibung des späten 17. Jahrhunderts, in: Martin Mulsow u. Frank Rexroth (Hrsg.), Was als wissenschaftlich gelten darf. Frankfurt M. 2014, S. 187– 210, S. 19; außerdem: Neklydova, Historian; Claudine Poulouin: De l’usage de l’histoire selon Varillas, in: Dix-septième siècle 246 (2010,1), S. 143 – 161. Während die Varillas-Rezeption und seine Wissenschaftspraxis in den genannten Aufsätzen umfassend Berücksichtigung finden, mangelt es noch an konkret inhaltlichen Analysen seiner Biografien und Ereignisgeschichten. In Bezug auf Maimbourg argumentierte Bayle, dass es für ihn nicht von Interesse sei, wie exakt eine Geschichtsdarstellung die Vergangenheit abbilde, sondern eher, welche Interpretation der jeweilige Verfasser vornimmt. Vgl. Burke, Crises, 5 f. Auch: Badea, Klio, S. 190; Bakos, Images, S. 55; Uomini, Cultures, S. 375. Les amours de Henri IV (Ms,VIII,492); Marie Catherine LeJumel de Barneville d’ Aulnoy: Histoire de Jean de Bourbon, prince de Carency. Den Haag 1692 (Ms,XII,216); Courtilz de Sandras; Coligny, Gaspard De Coligny (Ms,VIII,256); Recueil de diverses pieces (1663) (Ms,XII,188); Recueil De Diverses Pieces (1693) (Ms,VIII,245); Recueil de diverses pieces (Ms,VIII,648). Vgl.: Claude Vanel/Henri Sauval: Galanteries Des Rois De France. Depuis le Commencement de la Monarchie jusque à present. Brüssel 1694 (Ms,VIII,491). Lit.: Günter Berger: Zwischen den Gattungen – zwischen den Stühlen? Gregorio Leti und Courtilz de Sandreas oder die Geburt des historischen Romans aus der Not der Geschichtsschreibung, in: Hans-Jürgen Lüsebrink u. Hans
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nössische Kritik zeigt, dass sich die Leser der literarischen Elemente bewusst waren und zugleich ein quellenkritisches Bewusstsein entwickelten.²⁴⁰ Stärker ist der politisch-informative Gehalt bei solchen Werken, die sich nicht auf die Monarchen, sondern auf den königlichen Regierungsapparat aus Ministern, Höflingen und Diplomaten beziehen. Den sechs Werken über Ludwig XIV. stehen Dutzende von Memoiren, Biografien und politische Testamente seiner Exekutive gegenüber. Die königliche Identität machte sich abseits des politischen Handelns an zahlreichen anderen Aspekten fest: Könige und Adelige definierten sich über ihre Abstammung, die Größe ihres Hofstaats, ihre Funktion als Mäzen, ihre Kultur- und Baupolitik, über gewonnene Kriege und die Resultate politischer Verhandlungen.²⁴¹ Die Information über Könige und Herrscher erfolgte in der Historiografie meist eher ergebnis- als prozessorientiert.²⁴² Anders verhält sich dies in Bezug auf die prominenten Mitglieder von Regierungsapparaten. Auch für diese war der soziale Status entscheidend, um einen Zugang zum Hof und zu politischen Ämtern zu erreichen. Danach bemaß sich ihr Anrecht auf Profilierung vor allem durch eine effiziente Verwirklichung königlicher Maßgaben und Strategien. In einer Situation, in der der König den Ruhm für das Endergebnis für sich in Anspruch nahm, lag der ihre in den Teilschritten, die im Verhandlungszimmer oder auf dem Schlachtfeld erwirkt wurden. Diese Faktoren prägten ihre Außendarstellung, die sie durch die Veröffentlichung von Memoiren mitunter sehr geschickt steuerten. Darüber hinaus demonstrierte das zur Schau getragene politisch-strategische Detailwissen ihre Nähe zum jeweiligen Fürsten und ihre Partizipation an wichtigen Ereignissen.²⁴³
Siepe (Hrsg.), Romanistische Komparatistik. Frankfurt M. 1993, S. 65 – 78, S. 66, 73; Burke, Crises, S. 7. Hierzu vgl.: Peter Burke: Two Crises of Historical Consciousness, in: Storia della storiografia 33 (1998), S. 3 – 16, S. 5. Vgl. Klaits, Printed, S. 11. Die einzig feststellbare Ausnahme in der Bibliothek von Canitz ist das Werk: Guillaume Blanchard: Compilation chronologique contenant un recueil en abrégé des ordonnances, édits, déclarations et lettres patentes des rois de France. Paris 1633 (Ms,VIII,695). Besonders Courtilz de Sandras weist auf ein solches Erkenntnispotential im Titel mit der Phrase „où l’on voit tout ce qui s’est passé […]“ explizit hin, vgl.: Gatien de Sandras de Courtilz: Testament politique de messire Jean Baptiste Colbert ministre et secretaire d’Etat, où l’on voit tout ce qui s’est passé sous le regne de Louis le grand jusqu’en l’année 1684. Den Haag 1693 (Ms,VIII,272); François Michel LeTellier Louvois/Gatien de Courtilz de Sandras: Testament Politique Du Marquis De Louvois. Premier Ministre D’Etat Sous Le Regne De Louis XIV. Roy De France. Ou L’On Voit Ce Qui S’Est passé de plus remarquable en France, jusqu’à sa mort. Köln 1695 (Ms,VIII,273); außerdem: Mazarin, Lettres (Ms,VIII,254). Ein Werk über Pierre Du Terrail de Bayard verweist auf seine Nähe zu drei französischen Königen: Bayard, Pierre Du Terrail de/Theodore
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In diesem Sinne sind die zentralen Informationen über die Frankreichpolitik des späten 16. und gesamten 17. Jahrhunderts in Werken von und über königliche Vertraute, Minister und Räte, Diplomaten und Militärs abgebildet, wobei die Schwerpunkte auf den Regentschaften Heinrichs IV., Ludwigs XIII. und Ludwigs XIV. liegen. Die Thronbesteigung Heinrichs IV. provozierte einen Wandel der bisherigen internationalen Beziehungen. Zwar war Heinrich IV. 1593 zum Katholizismus konvertiert, wurde aber mehrfach exkommuniziert und verfolgte gegenüber den Hugenotten eine überaus tolerante Politik.²⁴⁴ Da der Papst in der Lage war, Heinrich IV. den Status als „allerchristlicher König“ abzuerkennen, erforderte Heinrichs Politik immer neue diplomatische Lösungen, die von den Kardinälen Jacques-Davy Du Perron, Arnaud d’Ossat und François de Joyeuse maßgeblich gestaltet wurden.²⁴⁵ Auch gesamteuropäisch bewirkte die Thronbesteigung Heinrichs einen Wandel der internationalen Beziehungen, was sich in Canitz’ Bibliothek in Form einer Briefsammlung des im Reich als Gesandten tätigen Hugenotten Jacques Bongars²⁴⁶ und gleich vier Ausgaben der Memoiren von François de Bassompierre zeigt.²⁴⁷ Dieser fungierte zunächst als Minister Heinrichs IV., war dann unter Maria de Medici als erfolgreicher Diplomat in Spanien, der Schweiz und England aktiv. Die französische Blickweise auf die Epoche des Dreißigjährigen Krieges ist mit allein sieben Werken von und über Kardinal Richelieu²⁴⁸ sowie den unmit-
Godefroy: Histoire Du Chevalier Bayard, Et De Plusieurs Choses memorables aduenue͏s̈ sous le Regne de Charles VIII. Louis XII. & François I. Grenoble 1650 (Ms,VIII,265). Vgl. Uwe Schultz: Henri IV. Machtmensch und Libertin. Biographie. Berlin 2010, S. 123; 135– 137. Arnaud d’ Ossat: Lettres De L’Illustrissime Et Reverendissime Cardinal D’Ossat. Paris 1627 (Ms,IV,84); Jacques Davy Du Perron/Cesar Ligny: Les Ambassades Et Negotiations De l’Illustrissime & Reuerendissime Cardinal Du Perron. Paris 1629 (Ms,II,166); Antoine Aubery: L’histoire du Cardinal Duc de Joyeuse. Paris 1654 (Ms,IV,83). Lit.: Nicola Mary Sutherland: Henry IV of France and the Politics of Religion: The path to Rome 2002, S. 518 f.; 554– 560; 571– 574. Jacques de Bongars: Lettres latines de Monsieur de Bongars. résident et ambassadeur sous le Roy Henry IV. en diverses négociations importantes. Traduites en françois. Paris 1681 (Ms,VIII,275). Umfassend untersucht in: Ruth Kohlndorfer-Fries: Diplomatie und Gelehrtenrepublik: die Kontakte des französischen Gesandten Jaques Bongars (1554– 1612). Tübingen 2009. François de Bassompierre: Mémoires Du Marechal De Bassompierre. Amsterdam 1692 (Ms,XII,217; Ms,[roh]8; Ms,[roh]35); Derselbe: Ambassade du Mareschal de Bassompierre en Espagne l’an 1621. Köln 1668 (Ms,XII,218). Claude de Bourdeille de Montrésor: Mémoires de Monsieur de Montrésor. Diverses pièces durant le ministère du Cardinal de Richelieu. Leiden 1665 (Ms,XII,214); Antoine Aubery: L’histoire du cardinal-duc de Richelieu. Köln 1666 (Ms,XII,193); Antoine Aubery/Antoine Bertier: Memoires Pour L’Histoire Du Cardinal Duc De Richelieu. Köln 1667 (Ms,XII,194); Armand Jean du Plessis de Richelieu: Tagbuch oder Auffzeichnus Täglicher Geschäffte des Hrn. Cardinalis und Hertzogs de
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telbar an den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden beteiligten Diplomaten Claude de Mesmes d’Avaux und Abel Servien gut abgedeckt.²⁴⁹ 1642 wurde Richelieu von Jules Mazarin abgelöst, der – protegiert von der Königinmutter Anna von Österreich – die Regierungsgeschäfte für den minderjährigen Ludwig XIV. übernahm. Mazarin²⁵⁰ und seine – dann dem mündigen König dienenden – Nachfolger François Michel Le Tellier de Louvois²⁵¹ und Jean Baptiste Colbert²⁵² manifestieren sich in der Bibliothek als zentrale Figuren der Zeitgeschichte, die teilweise jeder für sich schon präsenter sind als der König, für den sie regierten und verhandelten. Mazarins Tod bildet im Titel der französischen Grammatik von Claude Mauger eine Zäsur, die – ähnlich wie der Tod eines Monarchen – einen politischen Wandel markiert. French grammar. Enriched with 50 new short dialogues, containing for the most part, an exact account of Englands triumphs, with the state of France ecclesiastical, civil and military, as it flourisheth now since Cardinal Mazarin’s death.²⁵³
Der frankreichbezogene politische Literaturbestand in Canitz’ Bibliothek erlaubt den systematischen Vergleich mit den politischen Leseanweisungen nur bedingt. Canitz besaß zwar die „Klassiker“ von Thou, Commynes, Richelieu und Menestrier, sein Bestand geht aber bei Weitem über das geforderte Maß hinaus, so dass die von den Leseanweisungen gestellten Deutungsangebote und Diskussionszusammenhänge als Hilfestellung zu ihrer Analyse völlig unzureichend sind. Sogar Carl Arnd, der nur einige der hof- und herrschaftsbezogenen Werke der 1690er Jahre anführt, die Canitz en masse besitzt, und damit gelegentlich auch auf
Richelieu. Frankfurt 1669 (Ms,XII,122); Jean Le Clerc: La Vie du cardinal duc de Richelieu. Köln 1694– 1695 (Ms,VIII,251); Le Tableau De La Vie (1694) (Ms,VIII,255); Richelieu, Lettres (Ms,VIII,252). Claude de Mesmes d’ Avaux/Abel Servien: Lettres de messieurs d’Avaux et Servien, ambassadeurs pour le roy de France en Allemagne. [s.l.] 1650 (Ms,VIII,259). Jules Mazarin/François de La Rochefoucauld: Mémoires De M. D. L. R. Sur les Brigues à la mort de Louys XIII. Köln 1677 (Ms,XII,219); Galeazzo Gualdo Priorato: Histoire du ministere du cardinal Jules Mazarin, premier ministre de la couronne de France. Den Haag 1681 (Ms,XII,265); Mazarin, Lettres (Ms,VIII,254); Le Tableau De La Vie (1694) (Ms,VIII,255); Antoine Aubery: L’Histoire Du Cardinal Mazarin. Paris 1695 (Ms,VIII,253). Louvois; Courtilz de Sandras, Testament (Ms,VIII,273). Gatien de Courtilz de Sandras: La Vie De Jean-Baptiste Colbert Ministre D’Etat. Sous Louys XIV. Roy De France. Köln 1695 (Ms,XII,224); Le Tableau De La Vie (1694) (Ms,VIII,255); Sandras de Courtilz, Testament (Ms,VIII,272). Claude Mauger: French grammar. Enriched with 50 new short dialogues, containing […] an exact account of Englands triumphs, with the state of France ecclesiastical, civil and military, as it flourisheth now since Cardinal Mazarin’s death. London 1662 (Ms,VIII,346).
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französische Literatur zurückgreift, deckt nicht annähernd das literarische Spektrum ab, das sich in der Bibliothek von Canitz wiederfindet. Die Defizite in den Leseanweisungen resultieren zunächst aus einem kapazitären Mangel: Die Masse der verfügbaren Literatur erlaubte nur eine knappe literarische Selektion. Diese reflektiert aber keine Essenz dessen, was die historisch-politische Literatur zu Frankreich in Canitz’ Bibliothek ausmacht. Boses Präferenz des Lateinischen versperrte ihm den Zugang zu der französischen Literatur, die Canitz bevorzugte. Die Kanondynamiken verfestigen diese Problematik auch in den späteren Leseanweisungen. Die Rezensenten verharren in konfessionellen Narrativen, in die sich der französische Gallikanismus nur schwerlich einbinden lässt. Die vor dem Jahr 1690 erschienenen Leseanweisungen von Bose, Kulpis und Hartnack demonstrieren auch, dass der Kanon die tatsächliche oder propagierte französische Hegemonie nur verzögert widerspiegelt. Carl Arnds Selektion ist um 1705 thematisch in etwa so ausgewogen wie jene, die Canitz bis 1699 vornahm. Canitz’ Bibliothek spiegelt dagegen den aktuellen Buchmarkt.Werke, die 1693 erschienen, wurden ihm schon im selben Jahr von Robert Roger in Rechnung gestellt.²⁵⁴ Memoiren, Briefsammlungen und Flugschriften beantworteten sehr spezifische Fragen zur französischen Politik und zu den französischen Beziehungen zum Heiligen Römischen Reich. Nur in wenigen Flugschriften und Geschichtswerken wird eine explizit deutsche Sichtweise auf den französischen Nachbarn erkennbar. Dieser Befund erklärt sich mit der äußerst erfolgreichen französischen Kulturpolitik, die auf den gesamteuropäischen Raum ausstrahlte. Sie stärkt noch heute das Bild einer „absoluten“ französischen Monarchie, deren Existenz die Forschung seit dem späten 20. Jahrhundert zwar relativiert, die aber propagandistisch durchaus in Anspruch genommen wurde.²⁵⁵
Vgl. Franckesche Stiftungen zu Halle, AFSt/H A 22: Bücherrechnung von Robert Roger an Friedrich Rudolf von Canitz (30.10.1693). Lit.: Braun; Paravicini, Geschichte, S. 123 – 126; ebd., S. 24; Schilling, Lothar: Vom Nutzen und Nachteil eines Mythos. In: Absolutismus, ein unersetzliches Forschungskonzept? Hrsg. v. Lothar Schilling. München 2008, S. 13 – 31, S. 25: „[Es] sei hier ein kulturgeschichtlicher Ansatz vorgeschlagen, der Absolutismus konsequent als sozial und kulturell konstruierte Vorstellungswelt analysiert, in der Einflussmöglichkeiten und Herrschaftsansprüche zuallererst symbolisch repräsentiert wurden. Dies schließt Rückwirkungen auf die Herrschaftspraxis und damit auf die frühneuzeitlichen Gesellschaften keineswegs aus […].“ Vgl. auch: Ronald G. Asch: Ständische Stellung des Adels im 17. und 18. Jahrhundert, in: Ronald Asch (Hrsg.), Der europäische Adel im Ancien Régime. Köln 2001, S. 3 – 45, S. 35 f. Arno Strohmeyer: Nur Lorbeerkränze und Pietas? Herrschaft in der höfischen Geschichtsschreibung unter Leopold I., in: Markus Völkel u. Arno Strohmeyer (Hrsg.), Historiographie an europäischen Höfen (16.–18. Jahrhundert). Berlin 2009, S. 61– 95, S. 65: „Vom Ausgang des Mittelalters bis zum 18. Jahrhundert [lassen sich] in großer
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Britische Inseln Über die englische Geschichte informiert in der Bibliothek ein Bestand von fünfzig Werken. Da Canitz die englische Sprache selbst nicht beherrschte, erschienen von diesem Corpus 35 Titel in französischer Übersetzung. Auch hier zeichnet sich die literarische Tätigkeit der Hugenotten ab, die in großer Zahl ins englische Exil geflohen waren und die die kulturellen Erzeugnisse englischer Schriftsteller übersetzten, edierten und in Europa verbreiteten. Im Gegenzug flüchteten während der Bürgerkriege englische Katholiken nach Frankreich. Durch die Thronbesteigung des Oraniers Wilhelms III. intensivierten sich die Beziehungen zwischen England und dem Kontinent zusätzlich.²⁵⁶ Canitz verfügte über alle Werke, die in den Leseanweisungen als Standardliteratur empfohlen wurden: Er besaß die schottische Geschichte George Buchanans²⁵⁷, die Geschichte Heinrichs VII. von Francis Bacon²⁵⁸, die englische Geschichte von William Camden²⁵⁹, die skandalträchtigen Englandhistorien von Gregorio Leti²⁶⁰ und die Histoire Metallique von Nicolas Chevalier.²⁶¹ In diesem Kontext wird ersichtlich, welchen Einfluss der sprachliche Transfer auf die Kanonbildung hat, da es durch sie zu einer Vorselektion des literarischen Angebots kam, die Canitz und den Verfassern der Leseanweisungen kaum noch Wahlfreiheit gewährte. Englische Texte, für die keine Übersetzungen vorlagen, waren einem deutschen Rezipientenkreis meist unzugänglich. Die Rerum Scoticarum historia und die Memoiren des schottischen Diplomaten James Melville sind die einzigen Werke in der Bibliothek von Canitz, die die Geschichte von Schottland abbilden. Auch damit reflektiert die Bibliothek das Bild der Leseanweisungen. Abgesehen von fünf englischen Universalgeschichten ist auch das englische Mittelalter in Canitz’ Bibliothek nicht berücksichtigt.²⁶² Erst
Breite Diskurse und Performanzen beobachten […], die auf die Überhöhung des Monarchen abzielten […].“ Vgl. Maria Hegner: Die frühen Übersetzungen aus dem Englischen ins Französische am Beispiel der Nordamerikaliteratur (1572– 1700). Berlin 2013, S. 36. Buchanan, Rerum Scoticarum (1594) (Ms,VIII,52). Enthalten in: Francis Bacon/Simon Johannes Arnoldus: Opera omnia. Leipzig 1694 (Ms,II,142). William Camden: Annales Rerum Anglicarum Et Hibernicarum Regnante Elizabetha. Amsterdam 1677 (Ms,VIII,50). Gregorio Leti: Il Teatro Brittanico O vero Historia Della Grande Brettagna. Amsterdam 1684 (Ms,VIII,300); Grégoire Leti: La Vie D’Elizabeth Reine D’Angleterre. Amsterdam 1694 (Ms,VIII,294). Nicolas Chevalier: Histoire metallique de Guillaume III, roy de la Grande Bretaigne […] par medailles, inscriptions. Amsterdam 1692 (Ms,II,160). Abrégé De L’Histoire (Ms,VIII,291); Leti, Teatro (Ms,VIII,300); Isaac de Larrey: Histoire d’Angleterre, d’Écosse et d’Irlande. Rotterdam 1697 (Ms,II,178); Simon Gueullette/Félix Juvenel de
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die anglikanische Reformation des 16. Jahrhunderts ist mit Monografien bedacht.²⁶³ Darauf aufbauend avanciert Elisabeth I. zu einer zentralen protestantischen Identifikationsfigur.²⁶⁴ Von ihrem zeitgeschichtlichen Wert zeugt insbesondere die im Jahr der Thronbesteigung Wilhelms III. publizierte Flugschrift mit dem Titel Worinnen enthalten Der Königin Elisabeth vernünfftiges Urtheil von Engelland und Holland; wie nützlich dieser beyder Vereinigung Europae sey. ²⁶⁵ In Anbetracht der Absetzung des katholischen Königs Jakobs II. und der Reinstauration eines protestantischen Königtums in England ergab sich mit Elisabeth I., die ihrerseits ihre katholische Schwester Maria I. ablöste, ein historisches Vorbild, dessen Beispiel auf eine erneute Phase der Prosperität hoffen ließ. Auch Elisabeths Beraterstab rückte in den Fokus allgemeinen Interesses und wurde dem französischen Vorbild entsprechend über Biografien und Memoiren in Szene gesetzt.²⁶⁶ Die Literatur zu den englischen Bürgerkriegen des 17. Jahrhunderts und den daran beteiligten Akteuren wie Oliver Cromwell, Karl II., Jakob II.,Wilhelm III. und Maria II. ist mit 17 Werken umfassend abgedeckt.²⁶⁷ Mehrere davon rechtfertigen die englischen Bemühungen um einen protestantischen Herrscher, die mit der
Carlencas: Méthode facile pour apprendre l’histoire d’Angleterre. Amsterdam 1698 (Ms,XII,203); Johann Christoph Beer/J. Franck: Kurtzer Entwurff desz Lebens der Könige in Engelland. Sultzbach 1671 (Ms,XII,131). Nicholas Sanders/François Maucroix: Histoire du schisme d’Angleterre. Paris 1683 (Ms,XII,199); Gilbert Burnet: Kurtzer Außzug auß der Historia der Reformation der Kirchen in Engeland. Frankfurt M. 1691 (Th,VIII,50); Gilbert Burnet/Jean Baptiste Rosemond: Histoire de la réformation de l’église d’Angleterre. Amsterdam 1687 (Ms,VIII,293). Leti, Vie (Ms,VIII,294); Edmund Bohun: Le Caractere De La Reine Elizabet, Et de ses Principaux Ministres D’Etat. Den Haag 1694 (Ms,VIII,295); Camden, Annales (1677) (Ms,VIII,50). Remarquabler Staats- und Kriegs-Begebenheiten (Ms,IV,100,6). William Cecil: Heylsame Lehren, So da dienen zur Richtschnur der gantzen menschlichen Lebens, durch den Wohlgebornen Herrn Hrn. Wiliam Cecill, Freyherren von Burghlei […] entworffen. Frankfurt 1681 (Ms,XII,107,2, hier: Erscheinungsjahr 1608); Refuge; La Boulesteis de Contie, Secret (Ms,VIII,296). Allgemein: François Raguenet: Histoire d’Olivier Cromwel. Paris 1691 (Ms,VIII,298); Pierre Joseph d’ Orléans: Histoire Des Revolutions D’Angleterre Depuis le commencement de la Monarchie. Paris 1695 (Ms,VIII,292); Histoire Des Révolutions D’Angleterre (Ms,XII,200); Thomas Gumble/Guy Miège: La Vie du général Monk, Duc d’Albermarle, &c. le restaurateur de Sa Majesté Britannique, Charles Second. London 1672 (Ms,VIII,299); Guy Miège: La relation de trois ambassades de monseigneur le comte de Carlisle, de la part du serenissime et tres-puissant Prince Charles II., roy de la grande Bretagne. Amsterdam 1672 (Ms,XII,183). Zweimal auf französisch und einmal im englischen Original: Edward Chamberlayne: L’Estat présent de l’Angleterre. Amsterdam 1671 (Ms,XII,201); Edward Chamberlayne: L’Etat present d’Angleterre. Amsterdam 1688 (Ms,VIII,603); Edward Chamberlayne: Angliae notitia, or, The present state of England. London 1676 (Ms,VIII,303).
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Thronbesteigung Marias II. und ihres niederländischen Gemahls Wilhelms III. von Oranien schlussendlich zum Erfolg führten.²⁶⁸ Die einzige anti-oranische Flugschrift zeugt von dem vergeblichen Versuch Jakobs II., seinen 1688 geborenen katholischen Sohn James Francis Edward Stuart als englischen Thronfolger zu etablieren. Auf Basis der Lektüre verfasste Canitz das „Sinn-Gedicht, Auf das Bildniß des damahls so genannten Printzen von Wallis, 1688“.²⁶⁹ Wilhelm III. und Maria II. avancierten zu Identifikationsfiguren der protestantischen Fraktionen in England und ganz Europa sowie zur Schutzmacht vor den hegemonialen Ambitionen Ludwigs XIV. Obgleich sie erst zehn Jahre vor Canitz Tod in England an die Macht kamen, finden sich in seiner Bibliothek sieben biografische Schriften.²⁷⁰ Erneut zeigt Canitz’ Bibliothek die meisten Übereinstimmungen mit den Angaben in der Leseanweisung von Carl Arnd. Nur er bietet 1705 die Aktualität, die mit der von Canitz’ Bibliothek vergleichbar ist. Unterdessen verweilt Johann Bose wiederum primär im vorangegangenen 16. Jahrhundert und ist auf eine lateinische Geschichtsschreibung angewiesen, die dort zum Ende des 17. Jahrhunderts kaum noch produziert wurde. Da Canitz u. a. auch als brandenburgischer Gesandter in Den Haag tätig war, wurde er unmittelbarer Zeitzeuge der Ereignisse um Wilhelm III. In Den Haag hatte er idealen Zugang zu den französischen
Les Larmes (Ms,VIII,301); John Milton: Pro populo Anglicano defensio. London 1651 (Ms,XII,136); Jacques Abbadie: Défense de la nation britannique, ou les droits de Dieu, de la nature, et de la société clairement établis au sujet de la revolution d’Angleterre. Den Haag 1693 (Ms,XII,136,1); Edmund Ludlow: Les Mémoires d’Edmond Ludlow, Chevalier, Lieutenant Général de la Cavalerie, Commandant en Chef les forces d’Irlande, Conseiller d’Etat & Membre du Parlament. Amsterdam 1699 (Ms,VIII,625). Preuve Exacte (Ms,XII,136,2).Vgl. Jürgen Stenzel (Hrsg.): Gedichte. Tübingen 1982, S. 242.Von Maria Beatrice d’Este, der Gattin Jakobs II., handelt der Traktat: Jacques Massard: Brieves Remarques Sur Le Songe De La Reine Refugiée D’Angleterre. Amsterdam 1690 (Ms,VIII,411,2). Für die Jakobiten engagierte sich Richard Graham Preston: Relation De ce qui s’est passé (Ms,XII,202). Friedrich Spanheim/Johannes Georgius Graevius: Iusta Parentalia, Quae Magnae Britanniae Reginae Mariae Celeberrimi in Belgio Viri Fridericus Spanhemius, Joannes Georgius Graevius, Jacobus Perizonius, Petrus Francius, Orationibus solemniter recitatis persolverunt. Leipzig 1695 (Ms,VIII,134); Vincenzo Coronelli/Johann Georg Pritius: Curieuser Geschichts-Calender und Beschreibung Der Glorwürdigsten Thaten Seiner geheiligten Majestät Willhelms des III. Königs in Groß-Britan[n]ien. Franckreich und Irrland. Leipzig 1696 (Ms,VIII,704); Nicolas Chevalier: Histoire de Guillaume III., roy d’Angleterre. Amsterdam 1692 (Ms,VIII,302); Chevalier, Histoire metallique (Ms,II,160); Adrien Baillet: Histoire de Guillaume I. Amsterdam 1689 (Ms,XII,206); Adrien Baillet: Histoire Des Princes D’Orange De La Maison De Nassau. Amsterdam 1692 (Ms,VIII,305); Edward Chamberlayne/Neuville: État Nouveau D’Angleterre, Sous le Regne du Roi Guillaume Et La Reine Marie. Amsterdam 1692 (Ms,VIII,304).
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Übersetzungen englischer Literatur, die in England, Frankreich und den Niederlanden entstanden. Im Frühjahr 1698 begegnete er Wilhelm III. persönlich.²⁷¹
Die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen und die spanischen Niederlande Die Verfasser der Leseanweisungen rezipierten die niederländische Geschichte wie üblich primär auf Latein. Die meisten der von ihnen benannten Werke erschienen vor 1650 und befassten sich mit dem Achtzigjährigen Krieg, lediglich Carl Arnd ging darüber hinaus. Canitz rezipierte wiederum auch die französische Geschichtsschreibung. Über Robert Roger hatte er eine direkte Anbindung an den niederländischen Buchhandel, darüber hinaus lebte er selbst mehrere Monate in Den Haag. Als Fluchtpunkt für Hugenotten erfuhr die französische Sprache in den Sieben Vereinigten Provinzen eine besondere Reichweite.²⁷² Canitz verfügte lediglich über einen lateinischen „Klassiker“, nämlich zwei Ausgaben von Famiano Stradas De Bello Belgico. ²⁷³ Ein lateinischer Traktat von Diego Felipe de Guzmán de Leganés ruft außerdem die Bevölkerung der spanischen Niederlande zur Treue gegenüber Philipp IV. auf.²⁷⁴ Die übrigen Darstellungen zum Achtzigjährigen Krieg erfolgen aus spanischer, französischer, italienischer und niederländischer Perspektive. Die Verfasser Jean-Chrysostome Bruslé de Montpleinchamp, Adrien Baillet und Louis Aubery DuMaurier waren keine Hugenotten, sondern Höflinge und Anhänger des französischen Königs.²⁷⁵ DuMaurier, der Sohn des französischen Botschafters in den Niederlanden, erklärt gleich im Titel, dass die Niederlande seit ihrer Aufspaltung vom ständigen Ruin bedroht seien.²⁷⁶ In französischer Übersetzung berichtet der Italiener Guido
Vgl. König, Leben, S. 82. Vgl. Friedrich Ludwig Anton Hoerschelmann: Politische Statistik der Vereinigten Niederlande. Bd. 1– 2, Bd. 2. Frankfurt M.; Leipzig 1767, S. 70. Famiano Strada: De Bello Belgico 1648 (Ms,XII,123, Erscheinungsort unbekannt); Famiano Strada: De Bello Belgico. Mainz 1651 (Ms,IV,61). Diego Felipe de Guzmán Leganés/Joannes Jacobus Chiffletius: Unitas Fortis Ab Excmo. D. Marchione De Leganes Provinciis Belgicis Fidelibus Philippi IV. Hispaniar. Regis Potentiss. Antwerpen 1628 (Ms,IV,56,2). Ebenfalls mit Bezug auf das Kriegsgeschehen: Petrus Pappus/Matthias Wörner: Holländisch Kriegs-Recht (Iur,IV,17; Ausgabe 1644 nicht identifizierbar). Bruslé de Montpleinchamp, Archiduc Albert (Ms,VIII,283); Baillet, Guillaume I. prince d’Orange (Ms,XII,206); Antoine Aubery: Memoires Pour L’Histoire Du Cardinal Duc De Richelieu. Paris 1660. Louis Aubery: Memoires Pour Servir A L’Histoire De Hollande Et Des Autres Provinces-Unies. Paris 1687 (Ms,VIII,308). Vgl. Aubery (Louis), in: Louis-Gabriel Michaud u. A. Desplaces (Hrsg.),
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Bentivoglio über den Achtzigjährigen Krieg. Niederländische Kriegsbeschreibungen finden sich in Form einer Chronik von Emanuel van Meteren und einem Bildband von Willem Baudart.²⁷⁷ Über die von Jean-Chrysostome de Montpleinchamp verfassten französischen Biografien spanischer Statthalter der Niederlande wird das Kriegsgeschehen ebenfalls dokumentiert.²⁷⁸ Der Schwerpunkt, den die Verfasser der Leseanweisungen auf den Achtzigjährigen Krieg setzen, wird in der Bibliothek von Canitz um jüngere Episoden der niederländischen Geschichte ergänzt: Von gesamteuropäischer Bedeutung war vor allem der 1679 geschlossene Frieden von Nimwegen, mit dem Ludwig XIV. den von ihm begonnenen Französisch-Niederländischen Krieg zu einem sehr erfolgreichen Ende bringen konnte.²⁷⁹ Die Verträge von Nimwegen finden sich in der Bibliothek von Canitz in mehreren Sprachen: Ahasver Fritsch publizierte lateinische Adnotamenta. Adriaan Mötjens sammelte Aktenstücke und Memoiren auf Französisch, die Johann Leonhard Sauter wiederum in die deutsche Sprache übersetzte.²⁸⁰ Die acta publica zu den Friedensverträgen von Rijswick und Nimwegen wurden in den 1680er und 1690er Jahren immer wieder ediert und neu aufgelegt und wegen der daraus resultierenden territorialen Gewinne vor allem im französischen Raum gefeiert.²⁸¹
Biographie universelle ancienne et moderne. Bd. 1– 45, Bd. 2: Anhalt C.-Balze. Paris 1843 – 1865, S. 381. Guido Bentivoglio/Antoine Oudin: Histoire de la guerre de Flandre. Paris 1634 (Ms,IV,60); Emanuel von Meteren/Gerhard Grevenbroich: Niederländiche Historia (Ms,II,5, Ausgabe unbekannt); Willem Baudart: Polemographia Auraico-Belgica. Amsterdam 1622 (Ms,IV,62). Bruslé de Montpleinchamp, Archiduc Albert (Ms,VIII,283); Jean-Chrysostome Bruslé de Montpleinchamp: L’ Histoire D’Alexandre Farneze. Amsterdam 1692 (Ms,VIII,285); Jean-Chrysostome Bruslé de Montpleinchamp: L’Histoire de Don Jean d’Autriche, fils de l’empereur Charle Quint. Amsterdam [fing.] 1690 (Ms,VIII,284); außerdem: Antonio Osorio: Histoire De FerdinandAlvarez De Tolede, Premier Du Nom, Duc D’Albe. Paris 1699 (Ms,VIII,633). Den Kriegsverlauf dokumentieren: Gatien de Sandras de Courtilz: Histoire De La Guerre De Hollande. Den Haag 1689 (Ms,VIII,309); Muller; Valckenier, Europae (Ms,II,7). Ahasver Fritsch: Adnotamenta Ad Pacificationem Noviomagensem De Anno M DC LXXIX. Frankfurt M. 1697 (Ms,IV,69); Adriaan Mötjens: Actes et memoires des negotiations de la paix de Nimeque. Amsterdam 1680 (Ms,VIII,332); Johann Leonhard Sauter: Actes & Memoires Des Negotiations de la Paix de Nimegue, Das ist. Gründliche und ausführliche Verfassung aller und jeder Praeliminarien/ Acten/ Memorialien/ Send-Schreiben/ […] Welche unter denen […] zu Niemegen getroffenen Friedens-Schluß anwesenden Hnn. Ambassadeurs, […] vollzogen worden. Leipzig 1680 (Ms,VIII,636); außerdem: Alexandre Toussaint Limojan de Saint-Didier: Histoire Des Negotiations De Nimegue. [s.l.] 1680 (Ms,VIII,333). Noch weitestgehend unerforscht: Jacob Otto: Annotationes ad Instrumenta Pacis Westphalicae & Noviomagicae &c. Frankfurt 1697 (Ms,VIII,28). Schumann, Sonne, S. 170 f.; Braun; Paravicini, Geschichte, S. 43.
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Zum Ende des 17. Jahrhunderts rückte bei Canitz zwangsläufig die zuvor bereits beschriebene englisch-niederländische Personalunion unter Wilhelm III. von Oranien in den Fokus.²⁸² Zwei Werke des englischen Historikers William Temple demonstrieren nicht nur ein steigendes englisches Interesse am niederländischen König, sondern auch an dessen Heimat.²⁸³ Unterdessen transportiert Pierre Bizot die französische Mode einer Histoire Metallique in den niederländischen Kontext.²⁸⁴ Während sich in der deutschen, englischen und französischen Geschichtsschreibung hauptsächlich Landsleute betätigten, waren die niederländischen Territorien die gesamte Neuzeit hindurch von ausländischen Interessen bestimmt. Diese machen sich an der niederländischen Geschichtsliteratur in Canitz’ Besitz deutlich bemerkbar: Spanier versuchten ihre Territorien zu halten, Ludwig XIV. führte Eroberungskriege, Hugenotten fanden Zufluchtsorte, englische Obrigkeiten befanden sich mit der Republik in einer Personalunion und erkannten in ihrem ehemaligen Handelskonkurrenten und Feind einen wichtigen Bündnispartner gegen die Franzosen. Die jeweilige Geschichtsschreibung transportierte unumgänglich die kulturell-politischen Interessen und Aversionen der Zeit. Johann Bose legte den Schwerpunt auf die Publikationen des 16. Jahrhunderts und fokussiert damit die konfessionellen Narrative des Achtzigjährigen Krieges.
Das Heilige Römische Reich und dessen Acta Publica Knapp 200 Titel im Bestand von Canitz befassen sich mit der Geschichte und der Politik des Heiligen Römischen Reiches. Sie bilden einen Themenschwerpunkt der Bibliothek, der für einen im Reich tätigen Gesandten wie Canitz nicht verwundert. Die Leseanweisungen stehen hier quantitativ weit zurück. Ihre Verfasser benennen zunächst nur die wichtigsten Themen und Werke, die nötig sind, um ein grundlegendes Verständnis für die Reichsgeschichte zu entwickeln. Dabei setzen sie einen Schwerpunkt auf den Schmalkaldischen Krieg, dessen politisch-rechtliche Konsequenzen und die konstitutionell relevanten acta publica. Die von den Rezensenten bestimmten Standardwerke sind beinahe komplett in der Bibliothek von Canitz aufzufinden, so dass den Maßgaben des politischen Kanons hinsichtlich des Materialbestands vollständig Rechnung getragen wird. Vgl. vorherigen Abschnitt zu den britischen Inseln. William Temple: Remarques sur l’Estat des Provinces Unies des Paїs-bas. Faites en l’an 1672. Den Haag 1692 (Ms,XII,205); William Temple: Observations Upon The United Provinces Of The Netherlands. London 1693 (Ms,VIII,516). Pierre Bizot: Histoire Metallique De La Republique De Hollande. Amsterdam 1688 – 1690.
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Auch in sprachlicher Hinsicht nähert sich Canitz’ Bibliothek den Maßgaben des Kanons wieder mehr an: Wo Geschichte und Politik sonst durch französische Werke dominiert werden, sind die Werke, die sich mit der Geschichte des Reiches befassen, zu 54 Prozent auf Deutsch und zu 39 Prozent auf Latein publiziert (7 Prozent sonstige). Dies bestätigt die Behauptung von Carl Arnd, dass fast nur Landsleute über die deutsche Geschichte schreiben würden. Sicherlich hätte Canitz auch deutlich mehr französische Werke zur Reichsgeschichte erworben, wenn es solche gegeben hätte. Canitz schien im Zweifel eine deutsche der lateinischen Textausgabe vorzuziehen. Viele auch auf Latein verfügbare Werke wie Sleidanus’ De statu Religionis et Rei publicae ²⁸⁵ oder die Schriften von Friedrich Hortleder²⁸⁶ und Michael Caspar Lundorp²⁸⁷ besaß er auf Deutsch. Den Großteil des deutschen Schrifttums in Canitz’ Bestand machen jedoch Flugschriften sowie Stadt- und Regionalchroniken aus, die in den Leseanweisungen kaum berücksichtigt wurden. Die Epochentrias Antike, Mittelalter, Neuzeit lässt sich auf die reichsgeschichtlichen Bestände nicht konsequent anwenden. Antike und mittelalterliche Geschichte werden meist gemeinsam behandelt.²⁸⁸ Ausschließlich auf die deutsche Antike bezieht sich die Tacitus-Schrift De Moribus Germanorum, die auch in den Leseanweisungen empfohlen wird und die Canitz in Conringscher Bearbeitung besaß.²⁸⁹ Die mehrheitlich protestantische Verfasserschaft prägt die Darstellung der mittelalterlichen Geschichte. Mit seiner Quellensammlung zur Monarchia Sancti Romani Imperii versuchte zum Beispiel Michael Goldast, die
Johannes Sleidanus/Michael Beuther: Das ist Ein gründtliche beschreibung auch Historische erzehlung der fürnembsten Händel so sich in Religions und anderen Politischen Sachen […]. Frankfurt M. 1618 (Ms,II,3,1), S. 746 – 747. Friedrich Hortleder: Der Römischen Keyser- Und Königlichen Maiesteten. Auch deß Heiligen Römischen Reichs Geistlicher und Weltlicher Stände […] Handlungen und Außschreiben […]. Gotha 1645 (Ms,II,13). Martin Meyer/Michael Caspar Lundorp: Londorpius Suppletus & Continuatus, Sive. Acta Publica, Das ist: Allerhand Denckwürdige Schriftliche Handlungen. Frankfurt M. 1665 (Ms,II,11). Lit.: Ernst Fischer: Michael Caspar Lundorp, der herausgeber der acta publica, ein deutscher publicist aus dem anfange des XVII. jahrhunderts. Berlin 1870. U.a. Christoph Lehmann: Chronica Der Freyen Reichs-Statt Speyer. Frankfurt M. 1662 (Ms,IV,21 und Ms,IV,217); Christian Gottfried Franckenstein: Einleitung zur Römisch- und Deutschen Historie. Leipzig 1696 (Ms,VIII,21); Michael Praun: Der Alten Teutschen Reichs-Sachen Anmuthigkeiten. In sich begreiffend den wahren neu-entdeckten Uhrsprung der Teutschen und anderer Europäischen Völcker. Speyer 1685 (Ms,VIII,46); Melchior Goldast: Rerum Alamannicarum scriptores aliquot vetusti. Frankfurt M. 1661 (Ms,II,19); Justus Reuber: Veterum Scriptorum, Qui Caesarum Et Imperatorum Germanicorum Res Per Aliquot Secula Gestas, Literis Mandarunt. Frankfurt M. 1584 (Ms,II,29); außerdem von Joachim Johann Mader herausgegebene Chroniken. Tacitus; Conring, Moribus (Ms,IV,101, Ausgabe erm.).
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Herrschaftsansprüche des Papsttums über das Reich durch die Anführung historischer Dokumente als ungerechtfertigt erscheinen zu lassen.²⁹⁰ Wie in den Leseanweisungen liegt ein deutlicher reichsgeschichtlicher Schwerpunkt auf den (kirchen‐)rechtlichen Konsequenzen des Augsburger Religionsfriedens (weniger auf der Reformation selbst²⁹¹). Der „Interpretationskrieg“²⁹² um die Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens war eine essenzielle Vorerscheinung des Dreißigjährigen Krieges und dauerte auch währenddessen noch lange an. Neben zwei Ereignisgeschichten²⁹³ und den von Christoph Lehman zum Augsburger Religionsfrieden veröffentlichten acta publica ²⁹⁴ verfügte Canitz außerdem über drei protestantische Streitschriften über das Restitutionsedikt von Kaiser Ferdinand II.²⁹⁵ Nach den Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens verloren geistliche Territorialherren im Reich mit ihrer Konversion zum Protestantismus die zum Amt gehörigen Besitzungen (Geistlicher Vorbehalt oder reservatum ecclesiasticum). Dennoch kam es in den nachfolgenden Jahrzehnten zu großflächigen Säkularisierungen, denen Ferdinand II. im Jahr 1629 sein Restitutionsedikt entgegensetzte, dessen militärische Umsetzung den Dreißigjährigen Krieg verschärfte und Gustav Adolf von Schweden zum Eingreifen veranlasste.²⁹⁶ Die Gegenwehr der Protestanten bestand nicht nur in militärischen Aktionen, sondern auch in einer umfassenden publizistischen Widerlegung kaiserlicher Ansprüche, die Canitz’ Bibliothek in allen Details dokumentiert.
Goldast, Monarchia (Ms,II,18). Lit.: Caspary, Späthumanismus, S. 210. Ein einziges Werk befasst sich mit dem Bauernkrieg: Petrus Gnodalius/Jacob Schlusser: Der Peürisch und Protestierende Krieg. Das ist, Historischer, warhafftiger uñ grundlicher Bericht der Bewrischen empörungẽ und auffrhur, so im Jar M.D.XXV. […] in Teutschlandt entstanden. Basel 1573 (Ms,II,80). Vgl. Axel Gotthard: Der Religionsfrieden und das politische System des Reiches, in: Heinz Schilling (Hrsg.), Der Augsburger Religionsfrieden 1555. Münster 2007, S. 43 – 57, S. 44. Avila y Çuñiga, Luis, de/Guillaume Male: Commentariorum de bello Germanico, à Carolo V. Caesare Maximo gesto. Antwerpen 1550 (Ms,VIII,23); Sleidanus; Beuther, beschreibung (Ms,II,3,1). Christoph Lehmann: De Pace Religionis Acta Publica et Originalia, Das ist Reichshandlungen/ Schrifften und Protocollen uber die Constitution deß Religion-Friedens. Frankfurt M. 1631 (Ms,IV,73). Geistlichen Vorbehalt (Ms,IV,99,11); Nohtwendige Erinnerung (Ms,VIII,23); Jacob Lampadius: Gründliche Deduction, wie es mit dem keyserlichen Religions-Edict und der Geistlichen vermeynten Vorbehalt eygentlich bewant und was dieselbe beyderseits vor Kraft und Würkung haben. Frankfurt M. 1633 (Ms,IV,99,10); Hortleder, Keyser (Ms,II,13); Meyer; Lundorp, Suppletus (Ms,II,11). Zur zeitgenössischen Publizistik vgl. Christoph Strohm: Konfessionsspezifische Zugänge zum Augsburger Religionsfrieden, in: Heinz Schilling (Hrsg.), Der Augsburger Religionsfrieden 1555. Münster 2007, S. 127– 156. Vgl. Johannes Arndt: Der Dreißigjährige Krieg 1618 – 1648. Stuttgart 2017, S. 95.
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Während der eigentliche Verlauf des Dreißigjährigen Krieges und seine Beendigung durch den Westfälischen Frieden in den Leseanweisungen nur marginale Berücksichtigung finden, bietet die Bibliothek von Canitz hier wiederum sehr detaillierte Informationen. Die Werke zeigen auf, dass sich die Bezeichnung „Dreißigjähriger Krieg“ noch nicht völlig durchgesetzt hat, dies gilt auch bezüglich des Bewusstseins für einen „Kriegskomplex“ der – nach heutiger Definition – von 1618 bis 1648 andauerte.²⁹⁷ Vielmehr reduzieren sich die Verfasser oft auf einzelne Episoden, wie die Kriege in Böhmen oder die Schwedischen Feldzüge und setzen nach modernem Verständnis eher unkonventionelle Zeitrahmen („biss aufs 1645 Jahr fohrtgesetzet“; „begriffene History Deßen was im Heil. Röm. Reich und durch gantz Europam denckwürdiges sich zugetragen biß in das Jahr 1653; so sich […] von Anno Christi 1629. biß auff das Jahr 1633. Zugetragen“), wodurch zunächst der Eindruck erweckt wird, dass es sich um Universalgeschichten handelt.²⁹⁸ So wie Carl Arnd als einziges Werk zum Dreißigjährigen Krieg die Pufendorfsche Biografie Gustav Adolfs von Schweden benennt, zeigt Canitz’ Bibliothek in Hinblick auf den Kriegsverlauf einen Schwerpunkt auf die schwedischen Aktivitäten.²⁹⁹ Der langjährige schwedische Kriegserfolg und der „Heldentod“ Gustav Adolfs bildeten einige der frühesten Narrative des Dreißigjährigen Michael Caspar Lundorp/Johannes Sleidanus: Ioannis Sleidani continuatio, das ist ein gründtliche Beschreibung deß noch währenden vortrefflichen böhmischen, hungarischen unnd teutschen Kriegß. Frankfurt M. 1621; Carolus Carafa: Commentaria de Germania sacra restaurata et ad annum 1641 continuata. Frankfurt 1641 (Ms,XII,124); Galeazzo Gualdo Priorato: Historia Delle Guerre Di Ferdinando II. E III. Imperatori. E Del Rè Filippo IV. di Spagna. Contro Gostavo Adolfo Rè di Suetia. E Luigi XIII. Rè di Francia. Genf 1642 (Ms,VIII,232); Eberhard Wassenberg: Der Teutsche Florus. […] biss aufs 1645 Jahr fohrtgesetzet. Danzig 1645 (Ms,XII,154); Bogislaff Philip von Chemnitz: Königlichen Schwedischen Jn Teutschland geführten Kriegs […]. Stettin 1648 (Ms,II,185); Adolphus Brachelius/Ambrosius Kolb: Kriegs unnd Friedens Unserer zeiten kurtz begriffene History Deßen was im Heil. Röm. Reich und durch gantz Europam denckwürdiges sich zugetragen biß in das Jahr 1653. Köln 1653 (Ms,XII,166); Jean Nicolas de Parival: Abregé De L’Histoire De ce Siecle de Fer. Brüssel 1658 (Ms,VIII,231); Johann Philipp Abelinus/Matthaeus Merian: Theatrum Europaeum. Bd. 1– 12 (Ms,II,6; Ausgabe unbekannt) – Zusätzlich gelten die ersten Bände des Theatrum Europaeums als einige der frühesten und detailliertesten Darstellungen des Dreißigjährigen Krieges; Christoph Peller/Johann Andreas Endter: Theatrum Pacis, Hoc Est. Tractatuum Atque Instrumentorum Praecipuorum. Nürnberg 1684 (Ms,IV,63); Samuel von Pufendorf: De Rebus A Carolo Gustavo Sveciae Rege Gestis Commentariorum Libri Septem. Nürnberg 1696 (Ms,II,10). Vgl. Wassenberg, Florus (Ms,XII,154); Brachelius; Kolb, Kriegs (Ms,XII,166); Abelinus; Merian, Theatrum (Ms,II,6; Ausgabe unbekannt). Gualdo Priorato, Guerre Di Ferdinando II. (Ms,VIII,232); Chemnitz, Teutschland (Ms,II,185); Abelinus; Merian, Theatrum (Ms,II,6; Ausgabe unbekannt); Samuel von Pufendorf: Commentariorum De Rebus Suecicis Libri XXVI. Utrecht 1686 (Ms,II,8); Pufendorf, Carolo Gustavo Sveciae Rege (Ms,II,10).
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Krieges. Biografien namhafter Feldherren wie Tilly und Wallenstein, derer sich ein französischer Biograph mutmaßlich schnell angenommen hätte, tauchen im Bestand nicht auf. Politische Akteure stehen nur begrenzt im Fokus der Historiografie: Sie werden mit Ausnahme Gustav Adolfs nicht mit Biografien bedacht und treten auch nicht als Memorialisten in Erscheinung. In den Werken zum Westfälischen Frieden wird eher die konstitutive als die friedensstiftende Funktion in den Vordergrund gerückt.³⁰⁰ Eitel Friedrich von Herden bezeichnet ihn 1688 titelgebend sogar als Deß Heil. Röm. Reichs. Teutscher Nation Grundfeste. ³⁰¹ Auch im Titel des Werkes Grund-Seule, der dem Heil. Röm. Reiche Teutscher Nation höchstzuträglichen Sicherheit, erbauet aus der Reichs-Matricul ist erkennbar, welch hohen Stellenwert die Verfasser dem Verfassungsrecht beimaßen.³⁰² Informationen über die einzelnen Territorien des Heiligen Römischen Reiches werden in der Bibliothek vor allem mit dynastischem Wissen gekoppelt. In den Leseanweisungen betrifft dies primär die protestantischen Dynastien von Sachsen und Brandenburg. Die von Carl Arnd für Brandenburg empfohlenen Titel von Gregorio Leti und Pufendorf sind auch bei Canitz vorhanden.³⁰³ Leti verfolgte mit seiner Geschichtsschreibung ein ähnliches literarisches Modell wie Antoine Varillas, das Arnd als ungenau und zu verherrlichend kritisiert. Pufendorf³⁰⁴ hingegen nutzte die Biografie Friedrichs Wilhelms von Brandenburg für die Abfas-
Oldenburger, Notitia rerum (Ms,IV,67); Ludwig von Hörnigk: Aller deß Heiligen Römischen Reichs gehaltene Reichstäge. Abschiede und Satzunge […] auffgerichtet/ und ernewert worden/ neben dem zu Münster und Oßnabrück getroffenen Friedenschluß. Mainz 1666 (Ms,II,14); Otto, Annotationes (Ms,VIII,28). Otto war als städtischer Abgesandter persönlich an den Friedensverhandlungen beteiligt, vgl.: August Ritter von Eisenhart: Otto, Jakob, in: ADB 24 (1887), S. 754– 755. Über den ebenfalls bedeutenden Reichsabschied von 1654: Johann Wolfgang Textor: Ad Recessum Imperii de anno 1654. Disputationes Academicae. Heidelberg 1686 (Ms,IV,77,1). Über den Status des von französichen Truppen besetzten Lothringens: Louis Le Chantereau Febvre: Question historique: Si les provinces de l’ancien royaume de Lorraine doivent être appelées terres de l’Empire, par Louis Chantereau Lefèbvre. Paris 1644 (Ms,VIII,596), S. 44. Eitel Friedrich von Heiden: Deß Heil. Röm. Reichs. Teutscher Nation/ Grundfeste/ Auß dem VIII. Artic. deß Osnabrückschen Friedenschlusses/ vorgestellet. Frankfurt M. 1688 (Ms,VIII,88). Sebastian Almers: Grund-Seule, der dem Heil. Röm. Reiche Teutscher Nation höchstzuträglichen Sicherheit. Frankfurt O. 1697 (Ms,IV,208). U.a. Gregorio Leti: Abregé De L’Histoire De La Maison Serenissime Et Electorale De Brandebourg. Amsterdam 1687 (Ms,VIII,310); Pufendorf, Friderici Wilhelmi Magni (Ms,II,9 und Ms,II,192). Außerdem: Johann Wolfgang Rentsch: Brandenburgischer Ceder-Hein. Bayreuth 1682 (Ms,VIII,40); Christoph Hendreich: Derer die Marck zu Brandenburg betreffende Sachen. Berlin 1682 (Ms,VIII,86); Johann Peter von Ludewig: Curieuser Geschichts-Calender, darinnen die vornehmsten Thaten u. Geschichte derer […] Chur-Fürsten zu Brandenburg. Leipzig 1697 (Ms,VIII,714). Abraham Gölnitz: Ulysses Belgico-Gallicus. Leiden 1631 (Ms,XII,168).
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sung einer außenpolitischen Chronik seiner Regentschaftsjahre, die so detailliert war, dass Pufendorf sowohl bei Hofe als auch im Ausland für seinen zu freizügigen Umgang mit vertraulichen Informationen Kritik erntete.³⁰⁵ Im Werk sind zahlreiche Ereignisse und Verhandlungen dokumentiert, an denen der Kurfürst nicht persönlich partizipierte. Zudem verband Pufendorf seine Geschichtsschreibung eng mit dem Konzept der Staatsräson, die er für jeden der von ihm behandelten Akteure nachzuvollziehen versuchte.³⁰⁶ Damit praktizierte er die von der akademischen Wissenschaft geforderte Anwendung und Bestätigung der geltenden politischen Theorie anhand empirischer Wissensbestände. Das literarische Moment, das viele französische Schriftsteller in den Vordergrund rückten, war von nebensächlichem Interesse. Nicht auf die Dynastie bezogenes Geschichtswissen findet sich in Ancillons Histoire De L’Etablissement Des François Refugiez Dans Les Etats De Son Altesse Electorale De Brandebourg ³⁰⁷ und einer brandenburgischen Chronik.³⁰⁸ Wie von den Leseanweisungen empfohlen, verfügte Canitz ebenfalls über ein Literaturkorpus zu Sachsen, auch hier mit einem Schwerpunkt auf Dynastiegeschichte.³⁰⁹ Dabei verfasste Wilhelm Tentzel je einen eigenen Sächsischen Geschichts-Kalender für die albertinische und ernestinische Linie.³¹⁰ Obwohl Canitz 1691 selbst einige Monate in sächsischen Territorien als Gesandter aktiv war, kann
Vgl. Wolfgang Neugebauer: Staatshistoriographie in Brandenburg und Preußen, in: Markus Völkel u. Arno Strohmeyer (Hrsg.), Historiographie an europäischen Höfen (16.–18. Jahrhundert). Berlin 2009, S. 139 – 154, S. 150. Vgl. Notker Hammerstein: Samuel Pufendorf, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 172– 196. Charles Ancillon: Histoire de l’établissement des François Refugiez dans les etats de Son Altesse Electorale de Brandenbourg. Berlin 1690 (Ms,VIII,593). Andreas Engel: Annales Marchiae Brandenburgicae. Frankfurt O. 1598 (Ms,II,56); außerdem: Lorenz Beger: Thesaurus Brandenburgicus selectus. sive gemmarium et numismatum Graecorum in cimeliarchio electoriali Brandenburgico. Neukölln 1696 (Ms,II,162). Vgl. Sigmund von Birken: Chur- und Fürstlicher Sächsischer Helden-Saal. Nürnberg 1678 (Ms,XII,134); Christian Juncker: Chur- und Fürstlicher Sächsischer curieuser Geschichts-Calender 1400 – 1600. Leipzig 1697 (Ms,VIII,712). Wilhelm Ernst Tentzel: Chur- und Fürstlicher Sächsischer Geschichts-Calender. in welchem Die vornehmsten Thaten und Geschichten Der Durchlauchtigsten Chur- und Fürsten zu Sachsen Albertinischer Linie […] zusammen getragen worden. Leipzig 1697 (Ms,VIII,709); Wilhelm Ernst Tentzel: Fürstlicher Sächsischer Geschichts-Calender. in welchem Die vornehmsten Thaten und Geschichte Der Durchlauchtigsten Fürsten zu Sachsen Ernestinischer Linie […] zusammen getragen worden. Leipzig 1697 (Ms,VIII,713). Mit der sächsischen Erbfolge befasst sich auch: Matthaeus Wacker von Wackenfels/Johann Rudolph Hegenmüller: Vota Aulica Super Illustrissima Ducum Saxoniae Controversia De Iure Praecedentiae in dignitate & successione. Frankfurt M. 1619 (Ms,IV,76,1).
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er dieses Buch nicht zur Information genutzt haben, da es erst sechs Jahre später erschien. Drei weitere Werke (alle im 16. Jahrhundert erschienen) berichten über die Ereignisgeschichte Sachsens. Da das Kurfürstentum Sachsen in seiner Funktion als eines der ersten lutherisch regierten Territorien im 16. Jahrhundert eine politische Führungsrolle einnahm, verwundert nicht, dass offenbar besonders viele Landesgeschichten in diesem Zeitraum verfasst wurden.³¹¹ Die 1652 erfolgte Einführung der Sekundogeniturfürstentümer, mit deren Nachfolgekonflikten Canitz 1691 in Zeitz und Merseburg befasst war, ist in diesen Werken nicht abgebildet. Die oben genannten Anteile in der Bibliothek von Canitz entsprechen den Vorgaben damaliger Gelehrter der Zeit sehr exakt. In Abstraktion zu diesem Befund erlaubt sich nun ein differenzierterer Blick auf jene Bestände, die in den Leseanweisungen keine quantitative und qualitative Entsprechung finden. Da die betreffenden Bestände in Bezug auf die deutsche Geschichte nicht auf den Einfluss eines französischen Kulturtransfers zurückgeführt werden können (da französische Historiker sich verhältnismäßig wenig mit deutscher Geschichte befassten), rücken nun endlich individuelle Leserinteressen als Beweggrund für die Anschaffung in den Blick. In den Leseanweisungen endet die Ereignisgeschichte des Reiches quasi mit dem Tod von Gustav Adolf. Carl Arnd benennt zwar einige jüngere Territorialgeschichten, sieht aber offenbar seit 1648 keine relevante gemeinsame Reichsgeschichte. In Canitz’ Bibliothek stellt sich dies anders dar: Es wurde bereits erwähnt, dass die Publizistik um die Kriege Ludwigs XIV. in seinem Buchbestand großzügig vertreten ist.³¹² Zum Verlauf des pfälzischen Erbfolgekriegs findet sich in der Bibliothek nur wenig spezifische Literatur, lediglich seine Vorgeschichte³¹³ und sein Ende durch den Friedensschluss von Rijswick (1697) sind mit einigen Werken dokumentiert. Erneut fallen zwischen den Erzeugnissen deutscher und französischer Publizistik epistemologische Unterschiede auf: Die Schrift Memoires Politiques pour servier a la parfaite intelligence de l’Histoire de la paix de Ryswick des Hugenotten François DuMont impliziert ein Handbuch oder sogar
David Chyträus: Saxonia ab Anno Christi 1500 usque ad M.D.XCIX. Leipzig 1599 (Ms,II,53); Albert Krantz: Saxonia. Weithleufftige, fleissige und richtige beschreibung […] der Sachsen. Leipzig 1582 (Ms,II,54), URL: https://opacplus.bsb-muenchen.de/search?id=2559622&db=100; Anton Moker: Hyldesia Saxoniae. Frankfurt M. 1573 (Ms,VIII,583). Vgl. Kap. 4.2.2.2, Abschnitt „Frankreich“. Der Konflikt um die Erbfolge Karls von der Pfalz (Linie Pfalz-Simmern) ist mitunter dokumentiert in: Electorum Iurispublici (Ms,IV,78,1); Christoph Jacob Breitenfels: Das theils friedbeglückte, theils kriegende und siegende Europa. Frankfurt M. 1688 (Ms,VIII,510). Lit.: Immich, Geschichte, S. 122 f.
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einen Ratgeber. Darin sammelt der Autor verschiedene Augenzeugenberichte der beteiligten Personen, aus denen der Leser schlussendlich einen Gesamtüberblick gewinnen soll.³¹⁴ Auch Jacques Bernard liefert Actes et memoires des negociations de la paix de Ryswick. ³¹⁵ Beide Werke erschienen im handlichen Oktavformat und implizieren eine leichte und mehrheitlich volkssprachliche Wissensvermittlung. Unterdessen halten Ahasver Fritsch und ein anonymer Herausgeber an der Wissenschaftssprache fest: Sie proklamieren im Titel nüchterne Tabulae Pacis bzw. ein Instrumentum pacis, listen die beteiligten Akteure und reproduzieren die lateinischen Vertragstexte.³¹⁶ Abgesehen von der höheren Aktualität bestimmter politischer Literatur weist die Bibliothek von Canitz eine Spezifizität auf, die die Leseanweisungen nicht erreichen. Diese Spezifizität betrifft insbesondere die Flugschriften- und Traktatliteratur. Sie lieferte Informationen, die zu viel Kontextwissen erforderten, um für sich genommen zu einer allgemeinen politischen Klugheit beitragen zu können. Stattdessen konnte das Wissen eher dem zugutekommen, der bereits über Vorwissen verfügte oder direkt vor Ort war. Flugschriften sollten eine Öffentlichkeit für bestimmte Meinungen schaffen, die Vermittlung von Sachinformationen an einen noch unverständigen Leser war ein nachgeordnetes Interesse des Verfassers. Demnach wurden Flugschriften wohl eher von Personen gelesen, die den Tatbestand bereits kannten und ihre Meinung von einem Ereignis bestätigt sehen bzw. die des Gegenparts kennen und delegitimiert wissen wollten. Häuft sich Flugschriftenliteratur zu regionalspezifischen Tatbeständen oder beziehen sie sich sogar aufeinander, dann ist von einer Kenntnis des Sammlers für eine bestimmte Sachlage auszugehen. So auch in der Bibliothek von Canitz: Dieser verfügte über mehrere Werke, die sich mit dem niedersächsischen Raum befassen, insbesondere mit dem konfliktgeladenen Verhältnis zwischen den Welfen und dem Erzbistum Hildesheim (bzw. mit dessen meist kurkölnschem Bischof). Ein Gründlicher vnd warhafftiger aus den ergangenen Actis gezogener Bericht dokumentiert eine Episode der Auseinandersetzungen zwischen den lutherischen Welfen und den katholischen Bi-
François Du Mont: Memoires Politiques pour servier a la parfaite intelligence de l’Histoire de la paix de Ryswick. Den Haag 1699 (Ms,VIII,622).Vgl. Mont, (Frantz du), in: Johann Heinrich Zedler u. Johann Ludewig (Hrsg.), Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste. Bd. 1– 64, Bd. 21: (Mi–Mt). Halle; Leipzig 1739, Sp. 1225. Jacques Bernard: Actes Et Mémoires Des Négociations De La Paix De Ryswick. Den Haag 1699 (Ms,VIII,624). Ahasver Fritsch: Tabulae Pacis, inter Imperatorem Romanum, Leopoldum Magnum, et Imperii Germanici status ab una et Ludovicum XIV, Galliarum regem ab altera parte Reswyci Hollandiae initae. Frankfurt M. 1699 (Ms,IV,69,1); Instrumentum Pacis (Ms,IV,68).
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schöfen.³¹⁷ Hildesheim gehörte einst zum welfischen Territorium, zentrale Stiftsgebiete wurden aber nach der Konversion der Herzöge zum Luthertum der Herrschaft eines katholischen Bischofs unterstellt, der im 17. Jahrhundert meist bayrischen Adelslinien entstammte und gleichzeitig als Kölner Kurfürst amtierte.³¹⁸ Im Zuge des Dreißigjährigen Krieges wurde Hildesheim von welfischen Truppen in Besitz genommen. Obgleich 1643 die ehemaligen Rechtsverhältnisse wiederhergestellt wurden, war der Rechtsstatus Hildesheims auch nach dem Dreißigjährigen Krieg ein ständiger Streitpunkt zwischen den Welfen und dem Kölner Erzbischof.³¹⁹ Mit diesen „Hildesheimischen Zwistigkeiten“ war Canitz persönlich befasst, als er 1684 als brandenburgischer Gesandter an den Kölner Hof geschickt wurde.³²⁰ Es verwundert also nicht, dass sein Literaturbestand über diesen Konflikt informiert. Allerdings erschienen zwei der drei Abhandlungen erst sechs Jahre nach Canitz’ Aufenthalt in Köln. Sie berichten vom Jahr 1690, als der Kölner Erzbischof Anspruch auf das Jus praesidii militaris et collectarum in Hildesheim erhob. Er ließ sein Vorgehen mit einem öffentlichen Traktat rechtfertigen, worauf die betroffenen Hildesheimer selbst mit einem Gegenbericht reagierten.³²¹ Canitz war zwar in den Folgejahren noch häufiger am Hofe in Celle, aber in dieser Angelegenheit nur noch peripher zuständig. Aufgrund seiner regelmäßigen Durchreisen und Aufenthalte in Hamburg (1685, 1687– 1689) und an den welfischen Höfen (1685, 1699) hielt er sich sicherlich über den Konflikt auf dem Laufenden und musste damit rechnen, diesbezüglich noch einmal eingesetzt zu werden. Dieselbe Nachrezeption eigener Aktivitäten erfolgte, als Canitz 1685 in den eskalierenden Konflikt zwischen der Bürgerschaft und dem Rat der Stadt Ham-
Gründlicher und warhafftiger (Ms,IV,99,9). Allgemein: Heinrich Bünting: Braunschweigische und Lunebürgische Chronica. Magdeburg 1584 (Ms,II,63); Johann Dauth: Discursus Generalis Et Specialis De Rerumpublicarum Inferioris Saxoniae Illustrium Perfecto regimine & statu. Frankfurt M. 1620 (Ms,IV,76,3). Vgl. Molitor, Erzbistum, S. 144 f. Christian Plath: Konfessionskampf und fremde Besatzung. Stadt und Hochstift Hildesheim im Zeitalter der Gegenreformation und des Dreißigjährigen Krieges (ca. 1580 – 1660). Münster 2005, S. 41– 49. Vgl. König, Leben, S. 47; GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 1036: Beziehungen zu Kurköln (1684 Feb.–Apr.). Vorläuffiger Bericht (Ms,IV,102,5); Begründeter Gegen-Bericht (Ms,IV,102,4), außerdem: Johannes Letzner: Dasselische und Einbeckische Chronica. Das ist HJstorische Beschreibung der Uhralten Graffen und Herrn zu Dassel/ derselben Graff und Herrschafft in Sachsen […] Und wie von vielbemelter Graffschafft ein Theil […] an das Haus Braunschweig/ Unnd […] der ander Theil […] an das Bischoffliche Stifft Hildesheim […] kommen sey. Erfurt 1596 (Ms,II,64). Lit.: Assertio libertatis, S. 115 f.
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burg involviert war (vgl. Kap. 2.1.3).³²² An mehr als acht Flugschriften aus den Jahren 1682 bis 1687 lässt sich der gesamte Konflikt in der Bibliothek von Canitz aus der Perspektive des Rats³²³, aus der der aufbegehrenden Bürger Hamburgs sowie des dänischen Königs Christian V. nachverfolgen. Zwei Flugschriften stammten vom dänischen Rat Jakob Henrik Pauli, der die Hamburger Bürgerschaft im königlichen Auftrag gegen den Rat aufzubringen versuchte, um Unterstützung für eine dänische Besetzung Hamburgs zu gewinnen. Hiermit scheiterte er, die dänischen Truppen zogen nach einer kurzen Belagerung im August 1686 wieder ab.³²⁴ Sogar in einem medialen Zentrum wie Hamburg verzögerte sich die publizistische Aufbereitung der Ereignisse um Monate und Jahre: Die Schrift über die Hinrichtung der Aufständischen Cord Jastram und Hieronymus Snitger erschien erst 1687, also ein Jahr nach dem entsprechenden Ereignis. Es handelt sich um die einzig bekannte Ausgabe. Canitz verließ Hamburg bereits zum Ende des Jahres 1685. Die betreffenden Flugschriften konnten also keine präventive Information leisten. Von insgesamt acht Flugschriften in seinem Besitz erschienen sechs, nachdem er sich dort aufgehalten hatte. In den Leseanweisungen wird zwar das Heilige Römische Reich als staatliche Vereinigung in den Blick genommen, nicht aber das ihm offiziell vorstehende Kaisertum. Dies kann einerseits durch konfessionelle Vorbehalte bedingt sein, andererseits dadurch, dass das Kaisertum in der Wahrnehmung von Zeitgenossen über keine so autonome Identität verfügte wie die Könige von Frankreich und England. Canitz’ Bibliothek beweist jedoch, dass eine herrscherzentrierte Litera Zum Konflikt vgl.: Hans-Dieter Loose: Die Jastram-Snitgerschen Wirren in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 53 (1967), S. 1– 20; Immich, Geschichte. Nicolaus Krull: Kurtze doch gründliche Erzehlung und Betrachtung der Ursachen/ Warum Ich Nicolaus Krull/ Raths-Verwandter in Hamburg/ den 15. November 1677. […] daselbst ab Officio suspendiret worden. [s.l.] 1682 (Ms,IV,236); Gründliche auffs kürtzeste verfassete Wiederlegung (Ms,IV,236,1); Wahrhaffte Deduction-Schrifft (Ms,IV,102,8); Kurtze Verfassung (Ms,IV,100,12). Jacob Henrik Paulli: Clypeus veritatis Consulibus et Senatui Hamburgensi. Glückstadt 1686 (Ms,IV,100,11); Jacob Henrik Paulli: Nähere Declaration wegen des vermeinten Stadt-Verraths. Womit nebst vielen andern/ der annoch in Hamburg mit-inhafftirter/ und peinlich angeklagter Hr. Nicolaus Silm […] fälschlich beschuldiget wird. Glückstadt 1687 (Ms,IV,100,8). Lit.: Loose, JastramSnitgerische Wirren, S. 11. Außerdem: Christian V. von Dänemark: Zwey Schreiben von Ihr. Königl. Majest. zu Dennemarck Erbunterthänigen Stadt Hamburg. [s.l.] 1686 (Ms,IV,100,9); Heinrich Pohlmann: An Ihre Königl. Mayst. Zu Dännemarck. Norwegen allerunterthänigste Supplication Dero Regierungs-Raths Herrn Heinrich Pohlmannen/ Pro Citatione ex L. Diffamari Wider den Magistrat zu Hamburg/ absonderlich Meurer/ Scheelen/ Langermann/ Röver/ Uffelman/ Fegesack und den Fiscalem. [s.l.] 1687 (Ms,IV,102,9); Immich, Geschichte, S. 126; Loose, Jastram-Snitgerische Wirren, S. 12.
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tur zu den deutschen Kaisern genauso existierte wie zu den Potentaten anderer europäischer Territorien. An Formulierungen wie „Geschichts-Calender, in welchem alle ruhmwürdigste Thaten Des Aller-Durchlauchtigsten und Aller-Großmächtigsten Käysers Leopoldi des Grossen/ Und was von Dessen Geburth an/ biß auff jetzige Zeit/ so wohl in Teutschland als dem Heil. Röm. Reich angehörigen Landen merckwürdiges vorgegangen“ oder „Newe Keyser Chronica“ fällt auf, dass die Titel herrschaftsbezogener Werke immer auch die Dokumentation der zugehörigen Ereignisgeschichte propagieren. Herrscherwissen ist dann wichtig, wenn es Geschichte schreibt oder von politischer Klugheit und Frömmigkeit zeugt, Anekdoten, die auf die Galanteries und auf Persönlichkeit schließen lassen, sind weniger relevant.³²⁵ Der eher kleine Bestand zu Leopold deckt sich mit den Ergebnissen der Untersuchungen von Jutta Schumann, die dem Kaiser keine so ausgefeilte Medienpolitik attestiert wie Ludwig XIV. Leopold berief sich auf die traditionellen kaiserlichen Symbolsysteme, seinen Ruf als Verteidiger der Christenheit konnte er im Zuge der Kriege gegen die Osmanen zwar halten, doch den Vorwürfen einer willensschwachen Herrschaft und einer Beeinflussung durch die Jesuiten setzte er – abgesehen von einer betonten Friedensliebe – publizistisch recht wenig entgegen.³²⁶ Während Werke über die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sicherlich nicht nur von einer politisch involvierten Person wie Canitz in die eigene Bibliothek integriert werden, ist sein sieben Werke umfassender Literaturbestand zum Königreich Böhmen auffällig. Das problematische Verhältnis zwischen dem Kaiser und den böhmischen Ständen dominierte noch nach dem Dreißigjährigen Krieg die kaiserliche Tagespolitik.³²⁷ Christian Juncker: Curieuser Geschichts-Calender, in welchem alle ruhmwürdigste Thaten Des Aller-Durchlauchtigsten und Aller-Großmächtigsten Käysers Leopoldi des Grossen/ Und was von Dessen Geburth an/ biß auff jetzige Zeit/ so wohl in Teutschland als dem Heil. Röm. Reich angehörigen Landen merckwürdiges vorgegangen. Leipzig 1697 (Ms,VIII,711); Michael Sachs: Newe Keyser Chronica. Magdeburg 1615 (Ms,II,46). Außerdem: Johann Jakob Fugger/Sigmund von Birken: Spiegel der Ehren des Höchstlöblichsten Kayser- und Königlichen Erzhauses Oesterreich. Nürnberg 1668 (Ms,II,47); Johann Jacob von Weingarten: Fürsten-Spiegel oder Monarchia deß höchlöblichen Ertz-Hauses Oesterreich. Prag 1673 (Ms,II,48); Boeckler; Gambs, Rudolphus I. (Ms,IV,101,1 hier: falsche Jahreszahl); Simon Bornmeister: Neu-eröffneter Schau-Platz. Der/ von C. J. Caesare, bis auf jetzt regirenden Leopoldum, Römisch-Teutschen/ wie auch Morgenländischen Käiser. Nürnberg 1678 (Ms,VIII,65). Schumann, Sonne, S. 380 – 382. Johann Christoph Beer: Des Uralten Herzogthum und Königreichs Böhmen. Kurze RegentenBeschreibung. Nürnberg 1685 (Ms,XII,129); Melchior Goldast: De Bohemiae Regni, Incorporatarumque Provinciarum, iuribus ac privilegiis. Frankfurt M. 1627 (Ms,IV,74); Derselbe: Consultatio De Officio Electoris Bohemiae. Frankfurt M. 1627 (Ms,IV,74,1); Derselbe: Zwey rechtliche Bedencken von der Succession und Erbfolge dess Kgl. Geschlechts und Stamms in beyden Königreichen
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Darüber hinaus waren Polen, Böhmen und Ungarn Schauplätze der Kriege gegen die Osmanen. 1686 gelang kaiserlich-österreichischen Truppen gemeinsam mit einem brandenburgischen Heer die Eroberung von Ofen, die Friedrich Wilhelm zum Anlass nahm, Canitz zur Gratulation an den Kaiserhof zu schicken. Da Canitz bei der Eroberung von Ofen nicht selbst anwesend war, informierte er sich während bzw. nach seinem Aufenthalt auf dem Wege der Publizistik über die technischen Details und die Hintergründe der internationalen Kooperation. In der sich auf die Belagerung von Ofen beziehenden Flugschrift Das Zeitläufftige KriegsSpiel Christlicher und unchristl. Potentaten berichtet der anonyme Autor von der Militär- und Bündnispolitik des Jahres 1685, indem er ein Gespräch zwischen den „Teutschen“, den „Spaniern“, den „Frantzosen“, den „Türcken“ und einer moderierenden „Ratio Status“ inszeniert. Dabei richten sich die Deutschen naturgemäß gegen die von der Kriegssituation profitierenden Franzosen.³²⁸ Noch drei weitere Flugschriften des Jahres 1685 bezeugen das von starkem Misstrauen geprägte Verhältnis europäischer Akteure, wobei insbesondere die Doppelbedrohung des Reiches durch die französische Expansion auf der einen und die osmanischen Ausgriffe auf der anderen Seite eine heftige Polemik provozierte, die sich vor allem gegen die als herrsch- und blutrünstig geltenden Franzosen richtete. Ein anonymer Autor mahnt, den französischen Friedensversprechungen nicht zu trauen³²⁹, ein anderer verdächtigt die Polen, ihre Unterstützung im Kampf gegen die Osmanen zurückzuhalten und mit Frankreich zu kooperieren³³⁰, ein dritter verspricht, die französischen Maximen offenzulegen.³³¹ Ein Korpus an weniger polemischen Monografien informierte Canitz umfassend über die Geschichte der osmanischen Kriege.³³² Aufgrund ihrer Erscheinungsjahre kamen diese Werke als Informationsmaterial für Canitz’ Gesandtschaft durchaus infrage,
Hungern und Böheim. Frankfurt M. 1627 (Ms,IV,74,2); Marquard Freher: Rerum Bohemicarum Antiqui Scriptores Aliquot Insignes. Hannover 1602 (Ms,II,77); Manuscriptum (Ms,II,78, Werk nicht identifizierbar); Peter Beckler: Chronicon Bohemiae. Frankfurt M. 1695 (Ms,II,79). Zeitläufftige Kriegs-Spiel (Ms,IV,100). Teutschland Traue nicht zu viel (Ms,IV,100,3). Kaltsinnige Pohlen (Ms,IV,100,1). Franckreich Uber alles (Ms,IV,100,5). Ascanio Centorio degli Hortensi: Mémoires de la guerre de Transilvanie et de Hongrie. Amsterdam 1680 (Ms,XII,187); Claude de La Magdeleine: Le Miroir Ottoman, Avec un succint Reçit De Tout Ce Qui C’est Passée De Considerable Pendant La Guerre Des Turqs Pologne, Jusqu’en 1676. Basel 1677 (Ms,VIII,220). Über den Mittelmeerschauplatz: Natale Conti/Joan. Quintinus: Commentarii Hieronymi Comitis Alexandrini de Acerrimo Ac Omnium difficillimo Turcarum bello, in Insulam Melitam gesto, Anno M.D.LXV. Nürnberg 1566 (Ms,VIII,584); La Noue, François, de: Disputatio de bello Turcico latine de gallico sermone interpretata. Frankfurt M. 1598 (Ms,II,80,2).
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aber besondere Details über Militärstrategien, Personalien oder lokale Verfahrenswege boten sie nicht. Weitere Bezüge zur Biografie von Canitz lassen sich bei mehreren Werken herstellen, welche die Geschichte des Herzogtums Holstein betreffen.³³³ Canitz war 1689 an der Aushandlung des Altonaer Vertrags zwischen Christian V. von Dänemark und Christian Albrecht von Schleswig-Holstein-Gottorf beteiligt. Das Kapitel XIII eines 1696 erschienenen Werks von William King befasst sich direkt mit dieser Affäre.³³⁴ Ein in Bezug auf die dänisch-holsteinischen Beziehungen wichtiges Vertragsdokument war außerdem der in einer weiteren Schrift dokumentierte Frieden von Roksilde (1658), in welchem Friedrich III. von Dänemark und Norwegen den souveränen Status von Schleswig-Holstein-Gottorf anerkennen musste.³³⁵ Nachdem die Könige von Dänemark sich über Jahrzehnte hinweg dagegen gewehrt hatten, erhielt Christian Albrecht durch den Vertrag von Altona vorerst seine Ländereien zurück. Die vor 1689 erschienenen Werke (beispielsweise die holsteinische Genealogie und das Werk über den Frieden von Roksilde) können von Canitz zur Vorbereitung der Gesandtschaft genutzt worden sein. Eine letzte Nachrezeption der eigenen Aktivitäten bezieht sich auf die Sachsen-Lauenburgische Erbfolge, die 1689 zur Disposition stand. Obgleich Canitz’ Mission bereits im Dezember 1689 abgebrochen wurde, hielt er sich über eine 1690 erschienene Flugschrift dennoch über den Fortgang des Konfliktes auf dem Laufenden.³³⁶ Auch langfristig gelang es den Anhaltinern nicht, ihre Erbansprüche gegenüber Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg durchzusetzen.
Johann Moller: Introductio in Ducatuum Cimbricorum, Slesvicensis Et Holsatici, Historiam. Hamburg 1691 (Ms,VIII,45); Christianus Solinus/Adam Olearius: Holsteinische Chronica. [s.l.] 1674 (Ms,IV,30,2); Andreas Engel: Holsteinische Chronica darinnen ordentl. warhaftige Besschreibung der Adelichen Geschlechter. [Leipzig] 1596 (Ms,II,72,2). William King/La Fouleresse: Rechtmässige Vertheidigung Des Königreichs Dännemarck. […] zu einer vollständigen Nachricht dessen/ was […] auch den Staat von Dännemarck und die Holsteinische Affairen betrifft/ sehr dienlich sind. Köln 1696 (Ms,IV,239), Kap. XIII; außerdem: Curieuser Geschichts-Calender (Ms,VIII,705), S. 99; Electorum Iurispublici (Ms,IV,78,1). Vgl. Ludwig Bittner/Lothar Groß: Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648). Bd. 1– 3, Bd. 1: 1648 – 1715. Berlin 1936, S. 30, 38; GStA PK, I. HA Rep. 81 (vor 1808), Kopenhagen I Nr. 8: Reskripte an von Fuchs und von Canitz in Hamburg, Konzepte von Relationen derselben und zugehörige Schriftstücke (1689). Christian Adolph Thulden: Historische und Politische Tractätlein Auch Offenbare Kriegs und Friedens Handlungen. Als das Dänische Manifest/ Rotschildischer Friedens-Schlus. Köln 1660 (Ms,XII,166,1). Levinus von Ambeer: Sachsen-Lauenburgischer Stamm-Fall und streitiger Landes-Anfall/ oder Umständliche Nachricht von dem jüngst abgestorbenen Hertzoglichen Hause SachsenLauenburg. Hamburg 1690 (Ms,IV,102,3); Electorum Iurispublici (Ms,IV,78,1). Lit.: Eckardt Opitz: Der Streit um das askanische Erbe im Herzogtum Sachsen-Lauenburg 1689. Teil II: Andreas
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Von Canitz’ Beteiligung an der Klärung der Erbfolge von Gustav Adolf zu Mecklenburg-Güstrow (gestorben 1695)³³⁷ finden sich in der Bibliothek keine Spuren. Im Gegenzug ist die publizistische Debatte um die Legitimität der Erbfolge von dem mit den Brandenburgern eng verbündeten Wilhelm Moritz zu Nassau-Siegen sehr gut dokumentiert, in die Canitz nicht involviert war.³³⁸ Der Konflikt, der sich um die von Wilhelms Großvater Johann VI. von Nassau-Dillenburg vorgenommene Erbteilung drehte, fungierte aber möglicherweise als Vergleichsbeispiel für die noch offene Erbfolge in Mecklenburg-Güstrow. In beiden Fällen führte eine Erbteilung zu Rivalitäten zwischen den Angehörigen der begünstigten Linien.³³⁹ Der Fall von Nassau-Siegen hatte darüber hinaus eine konfessionelle Dimension, da hier eine calvinistische und eine katholische Partei miteinander stritten. Zuletzt zeugt Canitz’ Bibliothek von einem ausgeprägten Interesse an Stadtchroniken. Sein Korpus berücksichtigt nicht nur die großen Residenzstädte, sondern auch kleinere Ortschaften. Eine Mehrheit dieser Werke hat Canitz sicherlich auf der Durchreise oder bei längeren Aufenthalten direkt vor Ort erworben. Die Werke zu Lauterberg, Eilenburg, Meißen, Schneeberg und Dresden decken vor allem das Leipziger Umfeld ab, wo Canitz zwei Studienjahre verbrachte. Zwei weitere Chroniken beschäftigen sich mit Braunschweig und Lübeck, eine befasst sich mit Wien, drei weitere mit Frankfurt und Mainz, wo Canitz sich 1682 auf den Deputationstagen aufhielt. Canitz’ Bibliothek leistet insgesamt mehr, als die Verfasser der Leseanweisungen verlangen. Dennoch wird ersichtlich, dass ihm ein gleichartiger Angebotspool zur Verfügung gestanden hat: Wo Franzosen, Engländer und Italiener nur wenig Reichsgeschichte schrieben, blieben Canitz nur die Erzeugnisse der protestantisch-lateinischen Gelehrsamkeit sowie das örtliche Angebot an Lokalgeschichten, Flugschriften und Traktaten. In der gesamten Literatur schlägt sich ein Verständnis von der Reichsgeschichte nieder, das von dem geltenden juristisch-konfessionellen Handlungsspielraum abhängt. Die fürstliche Machtpolitik war starken konstitutionellen Grenzen unterworfen, die demnach auch die Ge-
Gottlieb v. Bernstorff (1649 – 1726) und der Griff der Welfen nach dem Herzogtum Sachsen-Lauenburg, in: Eckardt Opitz (Hrsg.), Herrscherwechsel im Herzogtum Lauenburg. Mölln 1998, S. 91– 104, S. 93; Gustav Ueberhorst: Der Sachsen-Lauenburgische Erbfolgestreit bis zum Bombardement Ratzeburgs 1689 – 1693. Vaduz 1915, S. 77 f. Zum Verlauf vgl.: Immich, Geschichte, S. 155. Wahre Beschaffenheit (Ms,IV,102,1); Copia Schreibens (Ms,IV,102,2); Abgetrungene Anzeig (Ms,IV,102,3). Vgl. Sebastian Schmidt: Glaube – Herrschaft – Disziplin. Konfessionalisierung und Alltagskultur in den Ämtern Siegen und Dillenburg (1538 – 1683). Paderborn 2005, S. 216 – 231.
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schichtsschreibung und Legitimationsprozesse dominierten.³⁴⁰ Ihre Verfasser bewegten sich zu gleichen Teilen bei Hofe und an Universitäten, nicht wenige Schriftsteller erlebten und kannten beide Sphären. Sie produzierten fürstlich beauftragte juristisch belastbare Gutachten und Legitimationen, die nicht nur vor der eigenen Partei, sondern einer kritischen deutschen Öffentlichkeit aus Fürsten, Adeligen, Juristen und Räten standhalten mussten. Eine personenzentrierte Hofgeschichtsschreibung überzeugte nur, wenn sie auch juristische Details und Verhandlungsprozesse auf Detailebene berücksichtigte.
Spanien Ähnlich wie in den Leseanweisungen fällt der Literaturbestand zur spanischen Geschichte im Vergleich zu den anderen Sektionen in Canitz’ Bibliothek deutlich kleiner aus. Sie ist nur noch mit 15 Werken repräsentiert, darunter befinden sich keine der lateinischen Werke, die die Verfasser der Leseanweisungen empfehlen. Während Johann Bose auf die lateinische Chronik des spanischen Bischofs Rodrigo Jiménez de Rada verweist, verfügte Canitz über eine von Esprit Fléchier verfasste französische Biografie über Jiménez.³⁴¹ Der Bestandsschwerpunkt betrifft das Siglo de Oro, das sich in der Bibliothek von Canitz fast ausschließlich über französische Biografien und Memoirenübersetzungen überliefert: Es finden sich Memoiren und Biografien von Francisco de Vargas Mejía und Pedro de Malvenda, von Don Juan de Austria, Alessandro Farneze und dem Herzog von Alba.³⁴² Nachdem sich Philipp II. selbst nur wenig um eine ihm genehme Historiografie seiner Regentschaft bemühte, ist sein Leben und Wirken auch in Canitz’ Bibliothek nur durch die Perspektive Gregorio Letis dokumentiert.³⁴³ Die Re-
Ähnliches beobachtet Arno Strohmeyer für die Geschichtsschreibung um Kaiser Leopold, vgl. Arno Strohmeyer: Nur Lorbeerkränze und Pietas? Herrschaft in der höfischen Geschichtsschreibung unter Leopold I., in: Markus Völkel u. Arno Strohmeyer (Hrsg.), Historiographie an europäischen Höfen (16.–18. Jahrhundert). Berlin 2009, S. 61– 95, S. 77– 93. Esprit Fléchier: Histoire du Cardinal Ximenés. Amsterdam 1693 (Ms,VIII,282); außerdem zum 15. Jh.: Varillas, Politique (Ms,VIII,280). Bruslé de Montpleinchamp, Don Jean d’Autriche (Ms,VIII,284); Bruslé de Montpleinchamp, Alexandre Farneze (Ms,VIII,285); Osorio, Histoire (Ms,VIII,633). Zum spanisch-deutschen Kulturtransfer um 1600 vgl.: Tobias Schlingmann: Hispanica Guelpherbytana – Spanisch-deutscher Kulturtransfer im Siglo de Oro. (Voraussichtlich 2019). Gregorio Leti: Vita Del Catolico Rè Filippo II. Monarca Delle Spagne. Köln 1679 (Ms,IV,57); Zur Hofgeschichtsschreibung unter Philipp II. vgl. Markus Völkel: Clio bei Hofe: einleitende Überlegungen zum Hof als Produktionsstätte von Geschichtsschreibung, in: Markus Völkel u. Arno Strohmeyer (Hrsg.), Historiographie an europäischen Höfen (16.–18. Jahrhundert). Berlin 2009, S. 9 – 35, S. 17– 22.
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gentschaften Philipps III. und Philipps IV. sind nur über die Memoiren von Bassompierre und ein Werk über Juan José de Austria näherungsweise abgedeckt.³⁴⁴ Über Karl II. informiert einer der zahlreichen Curiösen Geschichts-Calender von Christian Juncker.³⁴⁵ Da Canitz den Beginn des spanischen Erbfolgekriegs nicht mehr erlebte, bestand für ihn kein weiterer Bedarf an einer Auseinandersetzung mit spanischer Geschichte oder den regierenden Dynastien.
Kirchengeschichte In Bezug auf die Kirchengeschichte achtet Johann Bose in seiner Leseanweisung darauf, dass die von ihm herangezogenen Autoren eine dezidiert papstkritische Einstellung transportieren. Diesem Anspruch wird Canitz’ Bibliothek völlig gerecht, wobei sich die Papstkritik in Schriften aus allen konfessionellen Lagern niederschlägt. Auf die hohe Präsenz der französischen Gallikanismusdebatte in der Bibliothek wurde oben bereits hingewiesen.³⁴⁶ Darüber hinaus besaß Canitz die von Bose und anderen Protestanten gelobten Papstbiografien von Bartholomäus Platina (der die Päpste dezidiert als weltliche Fürsten in den Blick zu nehmen wagte) in lateinischer und französischer Ausgabe.³⁴⁷ Auch Paolo Sarpis kritische Darstellung des Konzils von Trient ist in der Bibliothek von Canitz vorhanden.³⁴⁸ Sarpi war außerdem Zeuge und Beteiligter eines Streits, der im Jahre 1605 zwischen der Republik Venedig und Papst Paul V. ausbrach: Nachdem der Stadtrat die Rechte des Klerus von Venedig beschnitten hatte, verhängte Paul V.
Bassompierre, Ambassade (Ms,XII,218); Jean de Sainte-Colombe: Relation Des Differens Arrivez En Espagne Entre D. Jean D’Austriche Et Le Cardinal Nitard. Köln 1677 (Ms,VIII,288, hier: Erscheinungsort Paris, nicht identifizierbar). Juncker, Curiöser Geschichts-Calender (Ms,VIII,703); außerdem: Johann Christoph Beer: Der Könige in Hispanien Leben. Regierung und Absterben. Nürnberg 1678 (Ms,XII,133); Anne de LaRoche-Guilhem: Histoire Chronologique D’Espagne. Commençant À L’Origine Des Premiers Habitans du Pays, Et continuée jusqu’à present. Rotterdam 1694 (Ms,VIII,279). In der Bibliothek siehe: Dupuy, Traitez (Ms,VIII,327); Maimbourg, Grand Schisme (Ms,XII,260); Sanders; Maucroix, Histoire (Ms,XII,199). Bartholomäus Platina: De Vita & moribus summorum Pontificum historia. Köln 1529; Vgl. Stefan Bauer: Sacchi, Bartolomeo, detto il Platina, in: Dizionario Biografico degli Italiani 89 (2017), S. 472– 475; Louis Coulon/Bartholomäus Platina: L’histoire et la vie des papes. Lyon 1672 (Ms,XII,231). Paolo Sarpi/Giovanni Diodati: Histoire du Concile de Trente. Genève 1635 (Ms,IV,55, hier: falsches Erscheinungsjahr); ein calvinistischer Blickwinkel auf das Konzil von Trient findet sich in: Pierre Jurieu: Abbregé De L’Histoire Du Concile De Trente. Genf 1682 (Ms,VIII,331). Lit.: Andreea Badea: Deutungshoheit über Trient? Sforza Pallavicino versus Sarpi und die römische Erinnerungsverwaltung im 17. Jahrhundert, in: Peter Walter u. Günther Wassilowsky (Hrsg.), Das Konzil von Trient und die katholische Konfessionskultur (1563 – 2013). Münster 2016, S. 83 – 106.
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ein Interdikt über die Stadt Venedig. Als wichtiger Magistrat der Stadt publizierte Sarpi eine Rechtfertigung der Venezianer, über die Canitz in italienischer Sprache verfügte.³⁴⁹ Die Aversionen der Venezianer gegenüber dem Papsttum dokumentiert zusätzlich das Werk Li Tesori Della Corte Romana In varie Relationi fatte in Pregadi d’alcuni Ambasciatori Veneti (Die Schätze der römischen Kurie in mehreren Berichten einiger venezianischer Botschafter).³⁵⁰ Eine historisch-geografische Beschreibung der päpstlichen Territorien in Italien, die vom Pariser Buchdrucker Jean de la Caille veröffentlicht wurde, enthält ein kritisches Vorwort über die Vermischung von religiöser und politischer Macht.³⁵¹ Die bisher benannte Papstkritik stammt von Anhängern der römisch-katholischen Kirche, eine solche präsentiert auch Johann Bose, wenn er auf Platina und Sarpi verweist. Da Bose bereits 1674 verstorben war, erlebte er die Karriere des Italieners Gregorio Leti nicht mehr, der in den 1660er Jahren zum Calvinismus konvertierte und sein Leben einer antipäpstlichen Geschichtsschreibung widmete.³⁵² Seine Geschichte des Nepotismus in Rom ist besonders provokant formuliert, nicht weniger despektierlich sind die Werke Il cardinalismo di Santa Chiesa sowie Il Sindicato di Alessandro VII. und Conclavi De Pontefici Romani. ³⁵³ Indem Leti für die Kurie dieselben Skandale, Prunkentfaltungen und Festivitäten beschrieb wie für Versailles, London und Wien, demaskierte er die Kirche als eine gewöhnliche Herrschaftsinstitution, die nur noch weltlichen Interessen und Gelüsten nachging. In der Schrift L’Ambasciata Di Romolo A Romani sammelte Leti Dutzende von Anekdoten zum Geschehen an der Kurie und in Rom, erzählte von Festen, Liedern, Skandalen und prominenten Persönlichkeiten.³⁵⁴ Die päpstliche Kurie avancierte zu einem gewöhnlichen barocken Hof, der als solcher auch Carl Sarpi, Historia Particolare (Ms,XII,244). Lit.: Jaska Kainulainen: Paolo Sarpi. A servant of God and state. Leiden; Boston 2014, S. 200 f. Li Tesori (Ms,XII,234). Jean de La Caille: Ragguaglio del dominio temporale del papa, dove si tratta esattamente del governo di Roma e di tutto lo Stato Ecclesiastico. [s.l.] 1676 (Ms,XII,236). Vgl. Franco Barcia: Un politico dell’età barocca – Gregorio Leti. Mailand 1983, S. 11. Gregorio Leti: Il Nipotismo Di Roma, O Vero Relatione Delle raggioni che muovono i Pontefici, all’aggrandimento de’ Nipoti. [Amsterdam] 1667 (Ms,XII,238); Derselbe: Il cardinalismo di Santa Chiesa. diuiso in tre parti. [s.l.] 1668 (Ms,XII,237) Derselbe: Conclavi De Pontefici Romani. [s.l.] 1667 (Ms,IV,53); Derselbe: Il Sindicato di Alessandro VII. Con il suo Viaggio nell’altro Mondo. [s.l.] 1668 (Ms,XII,240); Gregorio Leti/Claude Vanel: Histoire Des Conclaves Depuis Clément V. jusqu’à présent. Köln 1694 (Ms,VIII,314). Lit.: Barcia, politico, S. 53 – 56. Gregorio Leti: L’Ambasciata Di Romolo A Romani, Nella quale vi sono annessi tutti Tratatti, Negotiati, Satire, Pasquinate, Relationi, Apologie, Canzone, Sonetti, Ritratti, & altre Scritture sopra gli interessi di Roma, durante la Sede vacante. Brüssel 1671 (Ms,XII,235); Derselbe: Itinerario della Corte di Roma. o vero Teatro historico, cronologico, e politico della Sede Apostolica, Dataria e Cancellaria Romana. Valenza 1674– 1675 (Ms,XII,233).
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Arnds Wahrnehmung prägt, wenn die von ihm benannten Werke zum Papsttum primär Hofgeschichtsschreibung betreiben. Die Konklaven haben eine besonders demaskierende Funktion, da sich hier die vermeintliche Machtgier der Kardinäle in protestantischen Augen am deutlichsten offenbart. Der Umstand, dass mit den frequent wechselnden Päpsten sich auch ständig die Machtverhältnisse änderten und einer konstanten Kirchenpolitik im Wege standen, führte bei den Zeitgenossen, die dynastische Tradition mit politischer Sicherheit assoziierten, zu weiteren Irritationen.³⁵⁵ Das mit den meisten Skandalen behaftete Pontifikat von Alexander VI. dokumentierte Gottfried Wilhelm Leibniz 1696 auf Basis des Liber notarum des päpstlichen Zeremonienmeisters Johann Burchard.³⁵⁶ Eine nicht weniger polemische Kirchengeschichte stammt vom reformierten Theologen Johann Heinrich Heidegger, der sich Zeit seines Lebens um eine Einigung der protestantischen Konfessionen bemühte. Canitz verfügte über sie in der französischen Übersetzung von Noël Aubert de Versé.³⁵⁷ Dieser konvertierte mehrfach vom Katholizismus zum Calvinismus, verstarb 1714 letztlich als Katholik in Frankreich.³⁵⁸ Durch seine Arbeit wurde das lateinische Werk eines calvinistischen Theologen auch der papstfeindlich aufgestellten französischen Öffentlichkeit zugänglich. Nur einige wenige Historienwerke in Canitz’ Besitz berichten neutral oder sogar wohlwollend über das Papsttum: Hierzu gehören die Historiografie von Onofrio Panvinio,³⁵⁹ eine – auch von Carl Arnd empfohlene – numismatische Geschichte des Papsttums und ein Bericht über die Gesandtschaften des päpst-
Vgl. Stefan Bauer: Humanisten und Klienten. Grundlinien der Papstbiographik im 16. und 17. Jahrhundert, in: Markus Völkel u. Arno Strohmeyer (Hrsg.), Historiographie an europäischen Höfen (16.–18. Jahrhundert). Berlin 2009, S. 247– 253, S. 247. Johann Burchard/Gottfried Wilhelm Leibniz: Historia Arcana Sive De Vita Alexandri VI. Papae. Hannover 1696 (Ms,IV,230). Johann Heinrich Heidegger/Noёl Aubert de Versé: Histoire du papisme Ou Abrégé de l’histoire de l’église romaine, depuis sa naissance jusqu’à Innocent XI. Pape. Amsterdam 1685 (Ms,XII,251); außerdem: Georg Horn/Melchior Leydecker: Historia Ecclesiastica. Leiden 1687 (Th,VIII,66); Conrad Horneius: Compendii Historiae Ecclesiasticae Liber I.-III. Helmstedt 1679 (Th,IV,91,2); Johann Hermann de Gubreville: Impassionirtes Defensivum, mit etlichen Remonstrations- und Widerlegungs-Puncten, wider die Päpster. [s.l.] 1698 (Ms,IV,219); Heinrich Bünting: Chronologia Catholica. Magdeburg 1608 (Ms,II,108). Vgl. Verse, Natalis Aubert de, in: Johann Heinrich Zedler u. Johann Ludewig (Hrsg.), Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste. Bd. 1– 64, Bd. 47: (Ver–Vers). Leipzig 1746, Sp. 1782. Onofrio Panvinio: Epitome Pontificum Romanorum A S. Petro usque ad Paulum IIII. Venedig 1557 (Ms,II,85,1). Lit.: Bauer, Humanisten, S. 250 – 252.
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lichen Nuntius Giovanni Francesco Commendone.³⁶⁰ Sehr lobend verfasst ist auch die Histoire du pontificat de St. Grégoire le Grand von Louis Maimbourg. In der Widmung an Ludwig XIV. wird jedoch deutlich, dass der Autor mit Papst Gregor ein Gegenbild zu seinen vermeintlich unwürdigen Nachfolgern entwirft.³⁶¹ Hinzuweisen ist nun auf das Bild, das Canitz durch seine Lektüre vermittelt wird: Das Uncatholisch Pabsttumb ist eine nach Macht gierende, politische Institution, die falschen Lehren anhängt und ihren eigentlichen geistlichen Auftrag vernachlässigt.³⁶² Sogar die Anhänger des „allerchristlichsten“ Königs von Frankreich wenden sich gegen ihr selbst gewähltes geistliches Oberhaupt. Die Gegenseite hat aufgrund der fehlenden dynastischen Tradition große Schwierigkeiten, die „Institution Papsttum“ zu verteidigen, da die päpstliche Historiografie mit jedem Pontifikat wechselte und immer wieder mit der Verarbeitung kircheninterner Differenzen befasst war.³⁶³ Canitz gelingt es, einer papstfreundlichen Publizistik fast völlig zu entgehen. Wenn Kritik am Papsttum so offen publiziert und verbreitet wird und sogar Katholiken öffentlich ihr eigenes geistiges Oberhaupt diffamieren, dann zeugt dies von einem Ansehens- und Machtverlust des Papstums. Der Leser kann das Papsttum kaum noch als politischen Gegner fürchten, wenn alles, was er liest, sich gegen es ausrichtet oder dieses sogar der Lächerlichkeit preisgibt.
Universale und gesamteuropäische Geschichte In der Bibliothek von Canitz befassen sich knapp 80 Werke mit Universalgeschichte. Beim Erwerb dieser Literatur stützte sich Canitz maßgeblich auf die Claude Du Molinet: Historia Summorum Pontificum A Martino V. Ad Innocentium XI. Per Eorum Numismata. Paris 1679 (Ms,II,157); Antonio Maria Graziani/Esprit Fléchier: La Vie Du Cardinal Jean François Commendon. Paris 1695 (Ms,VIII,315). Louis Maimbourg: Histoire du pontificat de S. Gregoire le Grand. Paris 1686 (Ms,XII,230).Vgl. Epistre, S. [2 f.]: „Il est vray qu’il l’a meritè pour ces belles & grandes qualitez qu’il a toûjours fait éclater dans toute sa conduite; mais on verra dans cet ouvrage que ç’a esté particulierement pour avoir trouvé l’art de contraindre sans violence, selon l’esprit de L’Evangile, de rentrer dans l’eglise Catholique ceux qui en enstoient sortis par le schisme, ou par l’Heresie.“ Dagegen neutraler: Derselbe: Histoire Des Croisades Pour La Delivrance De La Terre Sainte. [s.l.] 1684 (Ms,XII,253). Jacob Heylbrunner: Uncatholisch Pabsttumb, Das ist Gründtliche Augenscheinliche Erweisung auß Gottes Wort dann auch auß den alten Patribus, Conciliis, Kirchenhistoriis, theyls auß dem Iure Canonico, daß die Päbstische Lehre unnd vermeinte Gottesdienst/ mit nichten: hingegen aber die Evangelische Religion Augsp. Confession, gut Catholisch/ Christlich unnd Apostolisch sey. Laugingen 1607 (Th,II,26). Vgl. Bauer, Humanisten, S. 253: „Papstbiographik war kein beliebtes Genre. Sie war ein Minenfeld, denn der Nachfolger war dem vorhergehenden Papst – der ja nicht etwa seiner Dynastie entstammte – in der Regel nicht wohlgesinnt.“
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Leseanweisung von Daniel Hartnack, die er als einzige der hier zum Vergleich untersuchten Texte selbst besaß und nutzte. In Canitz’ Bestand fanden sich über zwanzig der von Hartnack benannten Werke zur Universalgeschichte, deren mitunter sehr spezifischen und seltenen Titel eine zufällige Übereinstimmung unwahrscheinlich machen. Etwa die Hälfte der von Hartnack benannten Werke zur Universalgeschichte sind im Auktionskatalog dokumentiert. Über einige davon verfügte Canitz sogar in mehrfacher Ausgabe.³⁶⁴ Hinzuweisen ist auch auf die in der Bibliothek enthaltenen zahlreichen universalgeschichtlichen Werke von Christian Weise und Johann Wilhelm, die sich im Titel direkt an Jugendliche bzw. deren Hofmeister richten.³⁶⁵
Von Hartnack empfohlene Werke zur Universalgeschichte, die Canitz besaß: Marcus Zuerius Boxhorn: Historia Universalis Sacra Et Profana. Frankfurt 1675 (Ms,IV,15); Marcus Zuerius Boxhorn/Daniel Hartnack: Chronologia Praecipuorum Universi Orbis Imperiorum, Regnorum, Principatuum. Bautzen 1688 (Ms,II,165,2); Georg Horn: Arca Noae Sive Historia Imperatorum Et Regnorum. Frankfurt M. 1674 (Ms,XII,143); Christian Weise: Der Kluge Hoff-Meister. Das ist/ Kurtze und eigentliche Nachricht/ wie ein sorgfältiger Hof-Meister seine Untergebenen in den Historien unterrichten. Frankfurt M. 1681 (Ms,XII,139); Derselbe: Kluger Hoffmeister. Leipzig 1695 (Ms,XII,152,1); Johannes Buno: Universae Historiae cum Sacrae tum Profanae Idea. Leipzig 1694 (Ms,XII,152); Friedrich Hildebrand: Synopsis Historiae Universalis. Osterode 1678 (Ms,XII,147); Derselbe: Synopsis Historiae Universalis. Osterode 1693 (Ms,XII,87); Johann Conrad Dieterich: Breviarium Historicum (Ms,VIII,37, Ausgabe unbekannt); Johann Jacob Hofmann: Epitome Metrica Historiae Universalis Civilis & Sacrae. Basel 1686 (Ms,XII,153); Jan Jonston: Historia civilis et ecclesiastica. Frankfurt M. 1678 (Ms,XII,86); Jan Jonston: Historia Civilis Et Ecclesiastica. Frankfurt M. 1690 (Ms,XII,150); Johannes de Laet/Joachim Feller: Compendium Historiae Universalis Civilis Et Ecclesiasticae. Frankfurt M. 1679 (Ms,VIII,38); Denis Petau: Rationarium temporum. Franeker 1689 (Ms,VIII,32); Denis Godefroy: Historia Universalis. Stuttgart 1668 (Ms,VIII,31); Lundorp; Sleidanus, Sleidani continuatio (1621); Johannes Sleidanus: De Quatuor Summis Imperiis Libri Tres. Amsterdam 1654 (Ms,XII,155); Sethus Calvisius: Opus Chronologicum. Frankfurt O. 1620 (Ms,II,107); Brachelius; Kolb, Kriegs (Ms,XII,166). Vgl. Daniel Hartnack: Anweisender Bibliothecarius der studirenden Jugend durch die vornehmsten Wissenschaften. Sammt der bequemsten Methode, Wie dieselbe zu erlernen von einem zukünfftigen Theologo, Jurisconsulto, und Medico. Stockholm 1690 (Ms,VIII,84), S. 21– 26. „Vom Regiments Stand der itzigen Zeiten“ (Hartnack 1690, S. 33 – 36): Gaspar Ens: Thesaurus Politicus. Relationes, Instructiones, Dissertationes. Köln 1613 (Ms,VIII,90); Pierre de Avity: Le Monde Ou La Description Generale De Ses Qvatre Parties. Paris 1643 (Ms,II,33); Georg Horn: Orbis politicus imperiorum, regnorum, principatuum, rerumpublicarum. Frankfurt M. 1675 (Ms,XII,84 und Ms,XII,94); Georg Horn: Orbis Politicus Imperiorum, Regnorum, Principatuum, Rerumpublicarum. Verona 1688 (Ms,XII,77); Widemann, Academia (Ms,XII,125); Christian Funcke: Quadripartitum Historico-Polit. Orbis Hodie-Imperantis Breviarium. Bratislava 1689 (Ms,VIII,14); Oldenburger, Notitia rerum (Ms,IV,67); Pöpping, Orbis (Ms,XII,126). Vgl. Johann Gerlach Wilhelm: Historia Universalis. In welcher/ In kleinen Periodis oder Exercitiolis der Jugend das Studium Historicum wird vorgebildet. Berlin 1682 (Ms,VIII,36 und Ms,VIII,568); Weise, Hoff-Meister (Ms,XII,139).
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Die Universalgeschichten in Canitz’ Besitz stehen in derselben Gattungstradition wie jene, die auch in den Leseanweisungen empfohlen werden. Vermittelt wird ein Schulbuchbestand, der von der deutsch-protestantischen akademischen Gelehrsamkeit formuliert und mehrheitlich auf Latein verfasst war. Mit Georg Horn³⁶⁶, Johann Sleidanus³⁶⁷, Markus Boxhorn³⁶⁸ Christoph Cellarius³⁶⁹, Ulrik Huber³⁷⁰ und Johann Boeckler³⁷¹ sind fast alle namhaften Historiker des 17. Jahrhunderts als Verfasser von Universalgeschichten in der Bibliothek vertreten.³⁷² Über die von Carl Arnd hochgelobte Pufendorfsche Einleitung zu der Historie der vorehmsten Reiche und Staaten verfügte Canitz in französischer Übersetzung.³⁷³ Mehrere Werke verweisen bereits im Titel auf die Anwendung der durch das Werk von Johann Sleidanus unter Protestanten populär gewordenen epochalen Einteilung der Weltgeschichte in vier Reiche (Babylonisches Reich, Perserreich, Alexanderreich, Römisches Reich).³⁷⁴ Ein wiederkehrendes Element ist auch der Verweis auf die gleichzeitige Berücksichtigung von profaner und sakraler Geschichte, wobei Frühgeschichte fast ausschließlich aus der Bibel abgeleitet wird.³⁷⁵ Andere Verfasser bemühen sich um einen seichteren und weltlichen Anklang: Die Rede ist von einem „Historische[n] Stern-Himmel“ oder einem „Tägliche[n] Schau-Platz der Zeit.“³⁷⁶ Der Masse der im deutsch-akademischen Raum entstandenen Universalgeschichten stehen in der Bibliothek nur sieben französische und zwei italienische Entsprechungen gegenüber, die meisten verfolgen ähnliche Konzepte und Argu-
Horn, Arca (Ms,XII,143); Horn, Orbis politicus (1675) (Ms,XII,84 und Ms,XII,94); Horn, Orbis politicus (1688) (Ms,XII,77); Georg Horn: Orbis Imperans. Leipzig 1668 (Ms,XII,144); Georg Horn: Orbis Imperans. Frankfurt M. 1693 (Ms,XII,144). Sleidanus, Imperiis (Ms,XII,155). Boxhorn, Historia (1675) (Ms,IV,15); Boxhorn; Hartnack, Chronologia (Ms,II,165,2). Christoph Cellarius: Historia Nova, Hoc Est XVI Et XVII Saeculorum. Halle 1696 (Ms,XII,141). Ulrich Huber: Institutionum historiae civilis. tomi tres. Franeker 1692 (Ms,VIII,34). Boeckler; Obrecht, Historia Universalis (1680) (Ms,VIII,37,2); Boeckler, Rebus (Ms,VIII,42, hier: fehlende Orts- und Jahresangaben, Ausgabe ermittelt). Daniel Hartnack: Historia Universalis, Ecclesiastica & Civilis. Hamburg 1686 (Ms,VIII,18). Samuel von Pufendorf/Claude Rouxel: Introduction à L’Histoire Des principaux Etats. Utrecht 1687 (Ms,XII,113). Vgl. z. B.: Christianus Matthiae: Theatrum Historicum Theoretico-Practicum. In quo Quatuor Monarchiae. Nempe Prima, quae est Babyloniorum & Assyriorum; Secunda, Medorum & Persarum; Tertia Graecorum; Quarta, Romanorum […] describuntur. Amsterdam 1656 (Ms,IV,14). Vgl. Boxhorn, Historia (1675) (Ms,IV,15); Buno, Historiae (Ms,XII,152). Zacharias Hogel: Historischer Stern-Himmel. Nürnberg 1677 (Ms,VIII,61); Heinrich Anselm von Ziegler und Kliphausen: Täglicher Schau-Platz der Zeit. Leipzig 1695 (Ms,II,98).
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mentationsmuster.³⁷⁷ In Italien und Frankreich wurden zum Ende des 17. Jahrhunderts auch neue Textgattungen populär: So verfügte Canitz über das Werk Le Grand Dictionaire Historique von Louis Moréri, in dem erstmals auch ein lexigraphischer Ansatz verfolgt wird.³⁷⁸ Der Umstand, dass historische Narrative zugunsten einer guten Auffindbarkeit von Informationen aufgebrochen werden, gibt wichtige Hinweise auf die sich wandelnden Bedürfnisse ihrer Leser. Schon Überblicksdarstellungen wie Georg Horns Orbis politicus und Orbis imperans konnten trotz ihrer nicht lexigraphischen Struktur als Nachschlagewerke genutzt werden. Durch sehr kurze Kapitel und ausführliche Indizes waren auch einzelne Informationen über den Zustand der gegenwärtigen und vergangenen europäischen Staatenwelt zugänglich. Die Wissensaufbereitung in Form eines Lexikons ist eine konsequente technische Weiterentwicklung, bei der die alphabetisch sortierte Einzelinformation den Vorzug gegenüber einem lokal und temporal gegliederten Narrativ erhält. Das Grand Dictionaire Historique avancierte zum Vorbild für die großen Lexika des 18. Jahrhunderts.
4.2.3 Weitere Inhalte der Notitia Rerum Publicarum 4.2.3.1 Sittenlehre Die Verfasser ermahnen den politicus, die menschlichen Sitten und Gebräuche zu studieren. Einerseits erwarten sie – modern gesprochen – psychologische Kompetenzen, die den politicus zum Verständnis menschlichen Verhaltens befähigen. Andererseits verweisen sie auf die Unterschiede zwischen den Völkern, deren Kenntnis dem politicus einen strategischen Vorteil verschafft. Die Werke von Theophrast rezipierte Canitz ausschließlich über Bearbeitungen der französischen Moralisten, die von den Verfassern der Leseanweisungen größtenteils übergangen werden.³⁷⁹ Die stoische Affektlehre, nach der die Laster
Vgl. z. B.: Urbain Chevreau: Histoire Du Monde. Den Haag 1698 (Ms,VIII,631); Giovanni Domenico Musanti: Fax chronologica ad omnem historia sacram & profanam. [s.l.] 1695 (Ms,XII,154,1). Louis Moréry: Le Grand Dictionaire Historique, Ou Le Mélange Curieux De L’Histoire Sacrée Et Profane. Utrecht 1692 (Ms,II,100). Theophrastus/Jean de La Bruyère: Les Caracteres De Theophraste Traduits Du Grec. Avec Les Caracteres Ou Les Moeurs De Ce Siecle. Paris 1688 (Ms,VIII,605); Theophrastus/Jean de La Bruyère: Les Caracteres De Theophraste. Brüssel 1692 (Ms,VIII,397); Theophrastus/Jean de La Bruyère: Les Caracteres De Theophraste Traduit Du Grec. […] Par Mr. De La Bruiere. Brüssel 1693 (Ms,VIII,606); Theophrastus/Blaise Pascal: Suite Des Caracteres De Theophraste, Et Des Pensées de Mr. Pascal. Paris 1697 (Ms,VIII,398 und Ms,VIII,399). Lit.: Margot Kruse: Die französischen Moralisten des
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und Leidenschaften des Menschen mithilfe der Tugenden im Zaum gehalten werden sollten, gab den Moralisten wichtige Impulse, verleitete sie jedoch auch zur Kritik. Besonders François de la Rochefoucauld³⁸⁰ wandte sich in seinen Werken gegen die stoische Affektlehre: Gegen die Lehren von Seneca argumentierte er, dass das tugendhafte Handeln des Menschen ursprünglich auf seinen Egoismus zurückzuführen sei.³⁸¹ Damit sprach er der zeitgenössischen EigennutzKritik ihre Legitimität ab.³⁸² Canitz, der nicht nur die oben benannten Werke von Rochefoucauld, sondern auch die Theophrast-Editionen von Jean la Bruyère³⁸³, die Essais von Michel de Montaigne³⁸⁴ und die Werke von Pierre Charron³⁸⁵, François La Mothe de la Vayer³⁸⁶, Charles de Marguetel de Saint-Denis de SaintÉvremond³⁸⁷ sowie Blaise Pascal³⁸⁸ besaß, war der moralistischen Philosophie
17. Jahrhunderts, in: Joachim Küpper (Hrsg.), Beiträge zur französischen Moralistik. Berlin 2003, S. 1– 27, S. 1, 4. François Duc de LaRochefoucauld: Réflexions Ou Sentences Et Maximes Morales. Paris 1692 (Ms,XII,100). Margot Kruse: Die französischen Moralisten des 17. Jahrhunderts, in: Joachim Küpper (Hrsg.), Beiträge zur französischen Moralistik. Berlin 2003, S. 1– 27, S. 4 f.: Kruse definiert die französischen Moralisten, als Personen, die „die Sitten der Menschen beobachten, ihr eigenes Verhalten und das ihrer Umwelt analysieren, über das Wesen des Menschen und die Motive seines Handelns nachdenken und ihre Reflexionen in unsystematischer, dem Gegenstand der Beobachtung angemessener Form zur Darstellung bringen.“ Die Forschung hat bereits erwiesen, dass dieser Gedanke in der Ökonomie vereinzelt bereits im 16., spätestens aber im 18. Jahrhundert (in den Werken von Bernard Mandeville und Adam Smith) seine Entsprechungen fand. Vgl. Winfried Schulze: Vom Gemeinnutz zum Eigennutz. Über den Normenwandel in der ständischen Gesellschaft der Frühen Neuzeit, in: HZ 243 (1986), S. 591– 625; Winfried Schulze: Das Wagnis der Individualisierung, in: Thomas Cramer (Hrsg.), Wege in die Neuzeit. München 1988, S. 270 – 286. Theophrastus; La Bruyère, Les Caracteres (1688) (Ms,VIII,605); Theophrastus; La Bruyère, Les Caracteres (1692) (Ms,VIII,397); Theophrastus; La Bruyère, Les Caracteres (1693) (Ms,VIII,606); Theophrastus; Pascal, Suite (Ms,VIII,398 und Ms,VIII,399). Michel de Montaigne: Les Essais De Michel Seigneur De Montaigne. Paris 1604 (Ms,VIII,385); Michel de Montaigne: Les Essais De Michel, Seigneur De Montaigne. Paris 1657 (Ms,II,141; Ms,II,191); Michel de Montaigne: L’Esprit Des Essais De Michel, Seigneur De Montaigne. Paris 1677 (Ms,VIII,607); Christoph Kormart/Michel de Montaigne: Abbrege Des Memoires Illustres. Dresden 1689 (Ms,XII,223). Pierre Charron: De La Sagesse Trois Livres. Rouen 1623 (Ms,VIII,386); Pierre Charron: De la sagesse Trois livres suivant la vraie copie de Bourdeaux. Amsterdam 1662 (Ms,XII,279). La Mothe Le Vayer, François de: Œvvres De François De La Mothe Le Vayer, Conseiller D’Estat Ordinaire. Paris 1662 (Ms,II,144); La Mothe Le Vayer, François de: Oeuvres. Paris 1669 (Ms,VIII,408). Charles de Marguetel de Saint-Denis de Saint-Évremond: Oeuvres meslées de Mr. de SaintEvremond. Paris 1684 (Ms,XII,74).
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und deren kritischer Auseinandersetzung mit dem Stoizismus im hohen Maße ausgesetzt – von einer Sachkenntnis des Sammlers ist deshalb auszugehen. In die politischen Deutungskanons der akademischen Schulphilosophie fügen sich die Moralisten nicht. Die Verfasser der Leseanweisungen stehen den antiken Autoritäten ausschließlich affirmativ gegenüber. Von den akademisch konformen Werken zur Sittenlehre verfügte Canitz ausschließlich über das Theatrum Ingeni Humani von Edo Neuhusius.³⁸⁹ Die von den Verfassern der Leseanweisungen betonten Unterschiede in der Sittenlehre verschiedener Völker spielen in der Canitzschen Bibliothek eine untergeordnete Rolle. Lediglich in den Titeln von Reisebeschreibungen und Geografien wird ein entsprechender Informationsgehalt regelmäßig beworben.³⁹⁰
4.2.3.2 Geografie und Reiseliteratur Canitz besaß insgesamt 150 geografische Abhandlungen und Reisebeschreibungen, die auf ihre politische Relevanz hin abgeprüft werden können. Ein erstes großes Korpus umfasst die von den Rezensenten gründlich beschriebenen universalen Geografien, die gleichermaßen als Schulbücher und als Nachschlagewerke taugen. Wie schon bei der Literatur zur Universalgeschichte zeigte sich, dass Canitz sich bei seinem Einkauf an Hartnacks Anweisendem Bibliothecarius orientierte und acht der Titel anschaffte, die dieser zur Geografie anempfiehlt.³⁹¹ Dabei handelt es sich meist um Schulbücher für den Hausunterricht, die Kon-
Blaise Pascal/Etienne Périer: Pensées De M. Pascal Sur La Religion Et Sur Quelques Autres Suiets, Qui ont esté trouveés aprés sa mort parmy ses papiers. Paris 1670 (Ms,VIII,389, hier: Erscheinungsjahr 1671); Theophrastus; Pascal, Suite (Ms,VIII,398 und Ms,VIII,399). Edo Neuhusius: Theatrum ingenii humani s. de cognoscenda hominum endole et secretis animi moribus libri duo. Amsterdam 1664 (Ms,XII,26). Richard Lassels: Voyage d’Italie. Contenant les moeurs des peuples, la description des villes capitales, des eglises, convents, tombeaux, bibliotheques. Traduit de l’anglois. Paris 1671 (Ms,VIII,225); Jean Nicolas de Parival: Les Delices De La Hollande. Contenant Une description fort ̈ de ses villes, & de la condition des habitans. Amsterdam 1685 (Ms,XII,204) exacte de son pai͏s, Michele Febure: Theatre De La Turquie […]. Avec Les Moeurs, le Gouvernement, les Coutumes, & la Religion des Turcs. Paris 1688 (Ms,IV,46, hier: falsches Erscheinungsjahr 1682). Von zehn der bei Hartnack auf S. 30 genannten Werke sind sieben in Canitz’ Bibliothek enthalten: Eberhardus Schulthesius: Synopsis Geographiae. Tübingen 1673 (Ms,XII,171); Beckmann, Historia (1692) (Ms,IV,13); Philipp Clüver/Johannes Buno: Introductio In Universam Geographiam tam Veterem, quam Novam. Wolfenbüttel 1678 (Ms,IV,12); Nicolas Sanson: Die gantze Erd-Kugel, Bestehend In den vier bekannten Theilen der Welt, Als Europa, Asia, Africa und America. Frankfurt M. 1679 (Ms,IV,9); Allain Manesson-Mallet: Description De L’Univers. Contenant Les Différents Systêmes Du Monde, les Cartes generale & particulileres de la Geographie Ancienne & Moderne. Paris 1683 (Ms,VIII,197); vgl. außerdem: S. 31: Gölnitz, Ulysses (Ms,XII,168).
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textwissen vermitteln, aber nicht so weit ins Detail gehen, dass sie zur Reiseplanung herangezogen werden könnten. Einige Geografien präsentieren sich schon über ihren Titel als politisch relevant oder nehmen politisch-territoriale Bezüge. Fast alle geografischen Werke in der Bibliothek von Canitz bedienen die Erfordernisse der notitia rerum publicarum. ³⁹² Mit einer Ausgabe von Sebastian Münsters Cosmographia besaß Canitz eines der frühesten staatswissenschaftlichen Werke.³⁹³ Genauso anekdotenreich, anschaulich wie informativ sind auch die Werke Topographia und Reichsgeographia u. genealogia von Martin Zeiller.³⁹⁴ Statistische Daten zur Einwohnerschaft oder zur Ökonomie werden in den Werken nicht systematisch eingesetzt. Ein eher meteorologisches als geographisches Einführungswerk ist die Methode Pour Apprendre Facilement La Geographie von Jacques Robbe.³⁹⁵ Die Geografie und die Geschichte einzelner Regionen und Territorien werden häufig kombiniert behandelt und sind daher oft schon innerhalb einer Territorialgeschichtsschreibung enthalten.³⁹⁶ Regionale Schwerpunkte hinsichtlich der Geografien und Reiseberichte in Canitz‘ Besitz bilden das Reich³⁹⁷ und die Re-
Vgl. Pierre de Avity/Jean Baptiste Rocoles: Le Monde Ou La Description Générale. Paris 1660 (Ms,II,33); Louis Du May: Le Prudent Voyageur. Contenant La Description Politique de tous les Etats du Monde. Genf 1681 (Ms,XII,178); A. Phérotée de LaCroix: La Geographie Universelle, Ou Nouvelle Methode Pour apprendre facilement cette science. Amsterdam 1693 (Ms,VIII,202). Sebastian Münster: Cosmographey. Oder beschreibung Aller Länder herrschafftenn und fürnembsten Stetten des gantzen Erdbodens. Basel 1578 (Ms,II,45). Martin Zeiller: Topographia. Bd. 1– 14. Frankfurt M. (Ms,II,34, Ausgabe unbekannt); Martin Zeiller/Hieronymus Ditzel: Reichsgeographia u. genealogia, das ist. Beschreibung aller derer des heil. Röm. Teutschen Reichs Landschafften. Leipzig 1696 (Ms,VIII,58). Lit.: Wilhelm Kühlmann: Lektüre für den Bürger: Eigenart und Vermittlungsfunktion der polyhistorischen Reihenwerke Martin Zeillers (1589 – 1661), in: Peter Blickle u. Wolfgang Brückner (Hrsg.), Literatur und Volk im 17. Jahrhundert. Wiesbaden 1985, S. 917– 934, S. 917; Herbert Grundmann: Merians Topographia Germaniae, in: Archiv für Kulturgeschichte 43 (1961), S. 355 – 362. Jacques Robbe: Methode Pour Apprendre Facilement La Geographie. Paris 1685 (Ms,VIII,656 und Ms,VIII,204, hier: Erscheinungsjahr unbekannt). Noch im 18. Jahrhundert häufig der Fall, vgl. Gerhard Lutz: Geographie und Statistik im 18. Jahrhundert, in: Mohammed Rassem (Hrsg.), Statistik und Staatsbeschreibung in der Neuzeit. Paderborn 1980, S. 249 – 268, S. 250. Christian Weise: Teutsche Staats-Geographie. Jn welcher Aller Europaeischen Potentaten und Republiquen Königreiche […] vorgestellet werden. Frankfurt M. 1687 (Ms,XII,157); Ausführliche und Grundrichtige Beschreibung (Ms,XII,158); Johannes Mejer/Caspar Danckwerth: Die Landkarten von Johannes Mejer, Husum, aus der neuen Landesbeschreibung der zwei Herzogtümer Schleswig und Holstein. Hamburg-Bergedorf 1652 (Ms,II,176); Johann Christoph Beer: Der getreue Reiß-Gefert durch Ober- und Nieder-Teutschland. Nürnberg 1686 (Ms,XII,161); Matthaeus Dresser: Von den Fürnembsten Städten deß Deutschlandes. Leipzig 1607 (Ms,IV,20).
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publik der Vereinigten Niederlande³⁹⁸, osteuropäische Gebiete (Polen, Preußen, Ungarn)³⁹⁹ und zudem Regionen an den Rändern Europas und anderer Kontinente. Wenn es sich um Werke über Regionen handelt, die weit entfernt, staatlich nicht sehr stark durchdrungen sind und zu denen keine diplomatischen Beziehungen bestehen (Norwegen, Lappland, Grönland, Persien, große Teile Asiens, Afrikas und Amerikas), lässt sich nur schwerlich eine politische Relevanz attestieren, schon gar nicht für Canitz, der nur im Reich und dessen Peripherie agierte. Da Canitz als brandenburgischer Gesandter in Wien auch mit den militärischen Aktivitäten der Osmanen befasst war und den brandenburgischen Truppen, welche die kaiserlichen bei der Abwehr der Osmanen unterstützten, in Ofen einen Besuch abstattete, kam den Reise- und Gesandtschaftsberichten aus dem osmanischen Reich mitunter für ihn ein politischer Informationswert zu.⁴⁰⁰ Auch der zeitgenössischen Apodemik oblag ein geografischer Informationsgehalt. Darüber hinaus konnte sie als Vorbereitung oder sogar Ersatz für die Kavalierstour dienen, auf der junge Adelige verschiedene Länder und Höfe kennenlernten und sich Kompetenzen aneigneten, die das Studium bislang nicht vermittelt hatte. Reisebeschreibungen unterstützten den Reisenden bzw. dessen Hofmeister und Eltern dabei, eine geeignete Route festzulegen, die den jungen Adeligen mit den richtigen Erfahrungen versorgte. Gleichsam informierten sie über Regionen, die vom Adeligen nicht bereist werden konnten. Ein solches an Kavalierstouren ausgerichtetes Reiseprogramm bieten z. B. die Werke von François Maximilien Misson (Nouveau Voyage D’Italie. Avec un Memoire contenant des
Jacob van Meurs: Beschryvingh der Neder-landen. Amsterdam 1662 (Ms,XII,169); Parival, Les Delices (1685) (Ms,XII,204); Jean Nicolas de Parival: Les Delices De La Hollande. Amsterdam 1697 (Ms,VIII,619); Dictionaire geographique (Ms,VIII,306). Kaspar Hennenberger: Erclerung der Preüssischen grössern Landtaffel oder Mappen. Königsberg 1595 (Ms,II,59); Ehmals gedrückte (Ms,XII,159); Jacob Sandrart: Des Königreichs Pohlen Lands- Staats- und Zeit-Beschreibung. Sulzbach 1687 (Ms,XII,163). Ogier Ghislain de Busbecq: Augeri Gisleni Busbequi gravissimi quondam Legationum Caesarearum praefecti epistolae deque Rebus Turcicis quae extant, alia. Dresden; Leipzig 1689 (Ms,XII,118); François de Pétis de la Croix: Mémoires du Sieur de la Croix, ci-devant secrétaire de l’Ambassade de Constantinople. Paris 1684 (Ms,VIII,219); Jean Dumont: Voyages De Mr. Du Mont, En France, En Italie, En Allemagne, A Malthe, Et En Turquie. Den Haag 1699 (Ms,VIII,646); Salomon Schweigger: Gezweyte neue nutzliche und anmuthige Reiß-Beschreibung, Die Erste nach Constantinopel und Jerusalem. Nürnberg 1664 (Ms,IV,48). Zum Zusammenhang von Reiseliteratur und Gesandtschaftsberichten vgl.: Andreas Keller/Winfried Siebers: Einführung in die Reiseliteratur. Darmstadt 2017, S. 88 f.
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avis utiles à ceux qui voudront faire le mesme voyage), Johannes Limberg, Charles Patin und Richard Lassels.⁴⁰¹
4.2.3.3 Genealogie und Heraldik Die genealogischen Werke in der Bibliothek von Canitz stammen aus einem ähnlichen epistemologischen Kontext wie die Materialkanons der Leseanweisungen. Canitz besaß u. a. eine zweifache Ausgabe der Notitia S. Rom. Germanici Imperii Procerum von Jacob Wilhelm Imhoff, der für seine Werke umfassende Recherchearbeiten in verschiedenen Archiven leistete.⁴⁰² Als persönlicher Bekannter von Philipp Jakob Spener besaß Canitz auch dessen Sylloge GenealogicoHistorica sowie ein weiteres Werk mit genealogischen Tafeln.⁴⁰³ Ergänzt wird der Bestand durch vier weitere universal angelegte Genealogien.⁴⁰⁴ Andere Werke nehmen einen spezifischen Bezug auf Regionen oder Familien, so auf das niedersächsische Adelsgeschlecht von Steinberg⁴⁰⁵, das englische Königtum⁴⁰⁶, ei-
Johannes Limberg: Denckwürdige Reisebeschreibung Durch Teutschland/ Italien/ Spanien/ Portugall/ Engeland/ Franckreich und Schweitz/ [et]c. Leipzig 1690 (Ms,XII,169[160]); Maximilien Misson: Nouveau Voyage D’Italie. Avec un Memoire contenant des avis utiles à ceux qui voudront faire le mesme voyage. Den Haag 1694 (Ms,VIII,226); Charles Patin: Relations Historiques Et Curieuses De Voyages En Allemagne, Angleterre, Hollande, Bohème, Suisse &tc. Lyon 1674 (Ms,XII,182); Lassels, Voyage (Ms,VIII,225). Jacob Wilhelm Imhof: Notitia S. Rom. Germanici Imperii Procerum Tam Ecclesiasticorum Quam Secularium Historico-Heraldico-Genealogica. Tübingen 1687 (Ms,IV,1); Jacob Wilhelm Imhof: Notitia S. Rom. Germanici Imperii Procerum. Tübingen 1693 (Ms,II,21); Georg Lohmeier/Jacob Wilhelm Imhof: Der Europäischen Reiche und Fürstenthümer Historische und Genealogische Erläuterung. Lüneburg 1695 (Ms,II,119). Lit.: August Ritter von Eisenhart: Imhoff, Jakob Wilhelm, in: ADB 14 (1881), S. 52– 54. Philipp Jakob Spener: Sylloge Genealogico-Historica. Frankfurt M. 1677 (Ms,VIII,68); Philipp Jakob Spener: Tabulae Progonologicae. Stuttgart 1660 (Ms,II,175). Lit.: Johannes Wallmann: Philipp Jakob Spener und die Anfänge des Pietismus. Tübingen 1986, S. 87. Georg Christiani: Quatuordecin, Tabulae Genealogicae. Tübingen 1660 (Ms,II,175,1); Johann Ulrich Pregitzer: Quatuordecim tabulae genealogicae. Tübingen 1692 (Ms,II,106,6); Nicolaus Rittershausen: Brevis Exegesis Historica Genealogiarum Praecipuorum Orbis. Tübingen 1674 (Ms,II,118); Christoph Schrader: Tabulae Chronologicae Et Genealogicae Regnorum Regumque Europaeorum. Helmstedt 1692 (Ms,II,106,5). Konrad Berthold Behrens: Historische Beschreibung des Hoch-Wohlgebohrnen Hauses der Herren von Steinberg. Hannover 1697 (Ms,II,180). Jacob Wilhelm Imhof: Regum Pariumque Magnae Britanniae Historia Genealogica. Nürnberg 1690 (Ms,II,121).
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nige französische Familien⁴⁰⁷ und auf die Herrscherdynastien von Baden und Holstein.⁴⁰⁸ Die Heraldik ist in Canitz’ Bibliothek weniger stark vertreten und erstreckt sich nur auf fünf Titel, vier davon in französischer Sprache. Gleich in doppelter Ausführung finden sich die heraldischen Werke von Claude-François Menestrier, auf den auch die literarische Mode der „Historiques Metalliques“ zurückzuführen ist.⁴⁰⁹ 1660 ermutigte Menestrier seinen Freund Philipp Jakob Spener zur Abfassung einer Heraldik, die Canitz ebenfalls besaß und auf die auch Arnd hinweist.⁴¹⁰ Ein weiteres Werk befasst sich mit den Wappen niederländischer Städte und Adelsfamilien.⁴¹¹ Englische Heraldikwerke, die Arnd so umfassend anführt, sind in der Bibliothek von Canitz hingegen nicht vertreten. Die benannten Werke berücksichtigten vor allem die namhaften deutschen Fürstendynastien und nicht den gesamten niederen Adel, insofern ist ihre Leistungsfähigkeit begrenzt. Als Ergänzung zu Genealogien und Heraldiken empfahlen sich Abhandlungen zu den Regionen, in denen die betreffenden Familien Ländereien und Einfluss besaßen. Da Informationen über adelige Hochzeiten, Geburten und Todesfälle einen essenziellen Teil der höfischen und diplomatischen Kommunikation darstellten und systematisch zelebriert wurden, war der Informationsbedarf des Gesandten durch die mündliche Kommunikation ohnehin gut abgedeckt. Im Falle von Erbfolgestreiten und Sukzessionskrisen wurden zusätzlich Pamphlete publiziert, welche die Ansprüche der verschiedenen Parteien umfassend darlegten und Stammtafeln enthielten.⁴¹² Insofern eigneten sich die
Jacob Wilhelm Imhof: Genealogiae familiarum Bellomaneriae Claromontanae de Gallerande et Memmiae. Nürnberg 1688 (Ms,II,120). Matthaeus Merian: Möglichst kürtzeste. jedoch gründliche Genealogische Herführung/ Von uralter Her- und Ankunfft Beyder Hoch-Fürstlichen Häuser Baden und Holstein. Frankfurt M. 1672 (Ms,II,122). Claude-François Menestrier: Philosophia Imaginum id est Sylloge Symbolorum Amplissima. qua Plurima Regum, Principum, Nobilium, Foeminarum illustrium, Eruditorum, aliorumque Virorum in Europa. Amsterdam 1695 (Ms,VIII,128); Claude-François Menestrier: L’ Art des Emblèmes. Lyon 1662 (Ms,VIII,416). Außerdem: Jules Baron: L’Art héraldique contenant la maniere d’apprendre facilement le blason. Paris 1680 (Ms,VIII,418); Daniel de LaFeuille: Méthode nouvelle pour apprendre l’art du blason, ou la science des nobles par dialogues. Amsterdam 1695 (Ms,IV,165). Philipp Jakob Spener: Historia Insignium Illustrium Seu Operis Heraldici Pars Specialis. Frankfurt M. 1680 (Ms,II,117). Lit.: Gustav A. Seyler: Grosses Wappenbuch. Bd. A: Geschichte der Heraldik (Wappenwesen, Wappenkunst, Wappenwissenschaft). Nürnberg 1885, S. 610 – 614. Wapenen (Ms,II,174). In der Bibliothek von Canitz vgl. z. B.: Hermann Hamelmann: Oldenburgisch Chronicon Das ist Beschreibung Der Löblichen Uhralten Grafen zu Oldenburg vnd Delmenhorst/[et]c. Von wel-
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Genealogien von Spener, Imhof und anderen vor allem für die Instruktion einer adeligen Jugend, die sich methodisches Wissen und ein allgemeines Kontextwissen aneignete.
4.2.3.4 Militärwesen In den Leseanweisungen wird zwischen den Kompetenzbereichen Militär und Politik bereits sehr gründlich unterschieden: Der Krieg wird nicht mehr dem Kompetenzbereich eines politicus zugerechnet, wohl aber politische, rechtliche und ethische Fragen, die um ihn herum angesiedelt sind. Der Bestand von Canitz scheint diese Ansicht zu bekräftigen: Nur zwei Titel befassen sich mit konkreten militärischen Techniken.⁴¹³ In der Lipsius-Gesamtausgabe befindet sich dessen Traktat über das Militär der Antike.⁴¹⁴ Ein weiterer Traktat von Frans Mennens thematisiert militärische Ränge und die dazugehörige Symbolik⁴¹⁵, auch die Aphorismen von Lambert Daneau beziehen sich teilweise auf militärische Themen.⁴¹⁶ Die rechtliche Dimension des Krieges wird in Werken von Johann Friedrich Schulze⁴¹⁷ und Petrus Pappus⁴¹⁸ behandelt. Ein Titel von Johann Wilhelm von Rövenstrunck befasst sich zuletzt mit finanziellen Fragen der Kriegsführung.⁴¹⁹ Walther Georg Wilhelm befasst sich mit dem Überwanderungs-, und Einquartierungsrecht von Truppen.⁴²⁰ In der allgemeinen Historiografie sind Kriege ein zentrales Thema, sie erscheinen allerdings primär als politisches Machtmittel beziehungsweise als Folge politischer Verwicklungen. Kriege werden umfassend legitimiert, beklagt und kritisiert, die Kriegsführung an sich hat nur periphere Relevanz. Der Bestand bekräftigt das Profil eines Gesandten, der selbst kaum in Feldzügen involviert war:
chen die jetzige Könige zu Dennemarck und Hertzogen zu Holstein entsprossen. Oldenburg 1599 (Ms,II,9[6]6); Engel, Holsteinische Chronica (Ms,II,72,2); Ambeer, Stamm-Fall (Ms,IV,102,3). La Londe: Elemens de fortification. Paris 1685 (Ms,IV,169); Daniel Wintzenberger: Beschreibung einer Kriegs-Ordnung zu Rosz und Fuesz. Dresden 1588 (Ms,IV,36,3; hier: Erscheinungsjahr 1595 nicht identifiziert). Vgl. Lipsius, Justus: De Militia Romana libri quinque. In: Bd. 4 von: Opera (Ms,II,137). Franciscus Mennenius: Deliciae Equestrium Sive Militarium Ordinum. Köln 1638 (Ms,VIII,48). Lambert Daneau: Aphorismi politici et militares collecti. Utrecht 1652 (Ms,XII,109). Johann Friedrich Schulze/Eberhard Hoyer: Corpus Iuris Militaris, Das ist ein vollkommenes Krieges-Recht. Berlin 1693 (Ms,IV,218). Pappus; Wörner, Kriegs-Recht (Iur,IV,17; Ausgabe 1644 nicht identifizierbar). Johann Wilhelm von Rövenstrunck: Rechtliches Bedencken. Von Anlage/ Contributionen, Kriegs Stewren und Schaden. Marburg 1632 oder 1633 (Ms,IV,99,5, hier: kein Erscheinungsjahr). Georg Christoph Walther: Eunomia Metatorum Seu Tractatus Iuridico-politico-polemicohistoricus de Iure Metatorum vel Hospitationibus militum. Nürnberg 1647 (Ms,IV,36,2).
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Canitz begleitete den Kurfürsten ein einziges Mal auf seinem Feldzug gegen die Schweden, ein weiteres Mal stattete er den brandenburgischen Truppen, die Ofen erobert hatten, einen Besuch ab, ein drittes Mal besuchte er privat Bekannte, die an der Belagerung von Namur beteiligt waren. Einen militärischen Rang hatte er selbst nicht inne.
4.2.3.5 „Quod liceat aut non liceat“ – Rechtswesen Die rechtswissenschaftliche Literatur im Besitz von Canitz erstreckt sich auf 190 Titel. Aus den Leseanweisungen wird ersichtlich, dass primär dem öffentlichen Recht und Völkerrecht, nachgeordnet aber auch dem Ius Civile, Divinum und Ecclesiasticum eine politische Relevanz beigemessen wurde. Der größte Teil des Bestandes an juristischer Fachliteratur von Canitz befasst sich mit dem Ius Civile und dem Römischen Recht, vierzig Titel thematisieren das öffentliche Recht sowie das Natur- und Völkerrecht. Mit dem Kirchenrecht befassen sich insgesamt nur zwei Werke von Johann Brunnemann und Benedict Carpzov.⁴²¹ Wenn Johann Kulpis das göttliche Recht mit dem Naturrecht gleichsetzt, so scheint das auch in der Bibliothek von Canitz seine Entsprechung zu finden. Das Naturrecht ist (im Gegensatz zum göttlichen Recht) sehr gut aufgestellt und wird in den meisten der Werke eng mit dem Völkerrecht verknüpft. Dies ist besonders in dem von den Verfassern der Leseanweisungen als bahnbrechend kategorisierten Werk De Iure belli ac pacis von Hugo Grotius der Fall, das Canitz in vier unterschiedlichen Ausgaben besaß: Zwei wurden von dem Philologen Johann Gronovius herausgegeben⁴²², eine weitere von Johann Beckmann.⁴²³ Die europäische Reichweite des Völkerrechtswerkes demonstriert eine französische Übersetzung durch Antoine Courtin.⁴²⁴ Hinzu kommt das unter Zeitgenossen bekannte und geschätzte Collegium Grotianum, ein exegetischer Kommentar von Johann Georg Kulpis.⁴²⁵ De Iure belli ac pacis erscheint hier als ein Werk, das man
Johann Brunnemann/Samuel Stryk: De Iure Ecclesiastico. Tractatus Posthumus, In Usum Ecclesiarum Evangel. & Consistoriorum Concinnatus. Frankfurt O. 1681 (Iur,IV,16); Benedictus Carpzov: Jurisprudentia Ecclesiastica Seu Consistorialis Rerum & Quaestionum. Leipzig 1685 (Iur,II,23). Hugo Grotius/Johann Friedrich Gronovius: De Jure Belli Ac Pacis Libri Tres. Amsterdam 1689 (Iur,VIII,32); Hugo Grotius/Johann Friedrich Gronovius: De jure belli ac pacis libri III. Frankfurt M. 1696 (Iur,II,41). Hugo Grotius/Johann Christoph Beckmann: De Iure Belli Ac Pacis Libri Tres. Frankfurt O. 1691. Hugo Grotius/Antoine Courtin: Le Droit De La Guerre Et De La Paix. Paris 1687 (Ms,VIII,424). Johann Georg von Kulpis: Collegium Grotianum, Super Jure Belli Ac Pacis. Stuttgart 1697 (Ms,IV,77). Lit.: Hasso Hofmann: Hugo Grotius, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 52– 77, S. 61.
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im Studium rezipierte, welches man geschenkt bekam und selbst verschenkte und das man – ähnlich wie die antiken Autoritäten – bestenfalls in mehreren Editionen und Kommentaren besaß. Einen wichtigen Anschluss an die Theorien von Grotius und Thomas Hobbes⁴²⁶ bildet das Werk De jure naturae et gentium von Samuel von Pufendorf. Dieser systematisierte das Naturrecht, löste es endgültig von seiner Konnotation mit dem Ius divinum und leitete das Naturrecht nur noch aus der menschlichen Natur ab (die als solche lose auf einer natürlichen Religion aufbaut). Da Pufendorf seit 1688 in Berlin lebte, ist anzunehmen, dass seine Werke besonders schnell in lokalen Bibliotheken Aufnahme fanden.⁴²⁷ Ähnlich wie schon für De Iure Belli ac Pacis verfasste Johann Kulpis zu Pufendorfs De jure naturae et gentium einen Kommentar, über den Canitz verfügte. Genau wie Johann Boeckler besaß Johann Kulpis als juristischer Exeget einen herausragenden Ruf.⁴²⁸ Die theoretischen Debatten um das Völkerrecht hatten einen sehr normativen Charakter für die Realpolitik und fungierten als wichtige Referenzen. – Verbindlich durchgesetzt werden konnten sie mangels einer übergeordneten Institution jedoch nicht. Mit dem Völkerrecht verwandt, aber in der Regel auf die Verhältnisse des Reichs bezogen, ist die Literatur zum öffentlichen Recht.⁴²⁹ Hier verfügte Canitz fast über die gesamte Standardliteratur, welche die Verfasser der Leseanweisungen anführen, insbesondere die Korpora zur Reichspublizistik. Zwar fehlen die Hauptwerke von Dominic Arumäus, vorhanden sind aber die reichspublizistischen Beiträge von Jakob Lampadius⁴³⁰, Johannes Limnäus⁴³¹, Johann Nikolaus
Vertreten mit: Hobbes, Elementa (Ms,XII,95). Samuel von Pufendorf: De jure naturae et gentium libri octo. London 1672 (Iur,IV,45) Lit.: Hammerstein, Pufendorf. Johann Georg von Kulpis: In Sev. de Monzambano, De Statu Imperii Germanici Librum Commentationes Academicae. Stuttgart 1688 (Iur,VIII,39). Lit.: Stolleis, Geschichte, S. 242; Friedrich, Geschichte, S. 77. Michael Stolleis: Öffentliches Recht in Deutschland. Eine Einführung in seine Geschichte (16.–21. Jahrhundert). München 2014, S. 16.: „[…] die jenigen Regeln und Strukturen, die das Gemeinswesen und damit die politische Ordnung prägen.“ Jacob Lampadius: Tractatus De Republica Romano-Germanica. Leiden 1634; Bernhard Pahlmann: Jakob Lampadius, in: Gerd Kleinheyer u. Jan Schröder (Hrsg.), Deutsche Juristen aus fünf Jahrhunderten. Heidelberg 1996, S. 242– 244; Friedrich, Geschichte, S. 53 f. Johannes Limnäus: Capitulationes imperatorum et regum Romano-Germanorum Caroli V., Ferdinandi I., Maximiliani II., Rudolphi II., Matthiae, Ferdinandi II., Ferdinandi III. (Ms,IV,65; Ausgabe von 1656 nicht identifizierbar); Derselbe: Iurispublici Imperii Romanogermanici. Bd. 1– 3. Straßburg 1657 (Ms,IV,64). Lit.: Pahlmann, Limnäus; Bernd Roeck: Johannes Limnäus, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 100 – 118; Michael Stolleis: Limnaeus, Johannes (1592– 1663), in: Michael Stolleis (Hrsg.), Juristen 2001, S. 389 – 390.
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Myler ab Ehrenbach⁴³², Johann Kulpis⁴³³ und Johann Schilter.⁴³⁴ Diese Verfasser, die an protestantischen Universitäten oder als Räte tätig waren und die Rechtsauffassung ihrer jeweiligen Fürsten unterstützten, betonten den föderativen Charakter des Heiligen Römischen Reiches. Durch Erläuterungen zur eingeschränkten Macht des Kaisers (Lampadius)⁴³⁵, dem Territorialstaatsrecht (Myler ab Ehrenbach)⁴³⁶, der geltenden öffentlich-rechtlichen Lage und der Kommentierung der Wahlkapitulationen (Limnäus) verwiesen sie auf die reale Rechtssituation und forderten die Aufrechterhaltung oder sogar den Ausbau des geltenden Dualismus.⁴³⁷ Im Gegenzug befassen sich die Werke der Juristen Jakob Bernhard Multz⁴³⁸, Friedrich Pruckmann⁴³⁹ und Dietrich Theodor von Reinking⁴⁴⁰ mit dem rechtlichen Status des Kaisers, letzterer spricht diesem trotz seiner lutherischen Konfession die volle Souveränität zu. Auch Johann Kulpis betont in seiner Schrift De Legationibus Statuum Imperii Commentatio den Einheitscharakter des Reiches und die herausgehobene Machtstellung von Kaiser und Fürsten.⁴⁴¹ Zahlreiche Handbücher zum öffentlichen Recht ergänzen die von den Verfassern der Leseanweisungen benannte Höhenkammliteratur.⁴⁴² Die Werke be-
Nicolaus Myler ab Ehrenbach: De Principibus Et Statibus Imperii Rom.German. Succincta Tractatio. Tübingen 1671 (Ms,VIII,89). Lit.: Stolleis, Geschichte, S. 253 Johann Georg von Kulpis: De Legationibus Statuum Imperii Commentatio. Gießen 1679 (Iur,VIII,40). Johannes Schilter: Institutionum Iuris Publici Romano Germanici Tomi Duo. Straßburg 1696 (Iur,VIII,36). Lit.: Stolleis, Geschichte, S. 242. Pahlmann, Lampadius, S. 243. Stolleis, Geschichte, S. 253. Vgl. Pahlmann, Limnäus, S. 246 f. Jacob Bernhard Multz: Repraesentatio Maiestatis Imperatoriae Per Singula Eius Iura Ex Actis Publicis Constitutionibus Imperii […] Deducta. Öttingen 1690 (Ms,II,22). Zur Person: Thomas Vogtherr: Archivtheorie und Archivpraxis im ausgehenden 17. Jahrhundert: Ahasver Fritsch, Jacob Bernhard Multz von Oberschönfeld und Georg Aebbtlin, in: Reiner Cunz, Rainer Polley u. Andreas Röpcke (Hrsg.), Fundamenta Historiae. Hannover 2004, 403 – 409, S. 404. Pruckmann, Paragraphi (Iur,II,15). Zu Pruckmann vgl.: Noack; Splett, Bio-Bibliographien, S. 564– 576 f. Reinkingk, Tractatus (Ms,IV,72). Lit.: Martin Otto: Reinkingk (Reinking), Dietrich (Theodorus) von (kaiserlicher Pfalzgraf 1627, Adel 1656), in: NDB 21 (2003), S. 375 – 376; Link, Dietrich Reinkingk; Pahlmann, Reinkingk; Stolleis, Reinkingk. Vgl. Ludolf Pelizaeus: Argumentationslinien und Bedeutungszuweisungen in fürstlichem Auftrag: die Positionen im Streit um die Neunte Kur zwischen Leibniz und Kulpis, in: Friedrich Beiderbeck, Irene Dingel u. Wenchao Li (Hrsg.), Umwelt und Weltgestaltung. Göttingen 2015, S. 551– 568, S. 559 f. Johann Theodor Sprenger: Opuscula Iuris Publici Selectissima Quatuor. Lucerna Moderni Status S. Romani Imperii. [s.l.] 1666 (Ms,XII,112); Karl Scharschmidt: Systema Juris Publici Romano-Germanici. Quo succincte Solida ejus fundamenta, controversiae Leges fundamentales,
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fassen sich vor allem mit verfassungsrechtlichen Themen, geben Auskunft über Wahlkapitulationen und Reichsgrundgesetze (v. a. Goldene Bulle, Ewiger Landfriede, Augsburger Religionsfrieden, Westfälischer Frieden und Reichstagsabschiede).⁴⁴³ Melchior Goldast publiziert und bespricht umfassend die geltenden Reichsgesetze.⁴⁴⁴ Spezialtraktate beschäftigen sich mit den Exekutivrechten der Direktoren der Reichskreise,⁴⁴⁵ mit den Regelungen des Westfälischen Friedens⁴⁴⁶, dem öffentlichen Recht in Polen⁴⁴⁷ und dem Holländischen Kriegsrecht.⁴⁴⁸ Ein Zeugnis der juristischen Pluralität aus römischem Recht und regionalem Gewohnheitsrecht ist der Traktat Periculum Statutorum Harmoniae Practicae von Heinrich Giesebert, der das dortige Dithmarschener Landrecht mit dem noch stark römisch geprägtem Reichsrecht in Einklang zu bringen versucht.⁴⁴⁹
Acta & Diplomata […] tractantur. Frankfurt M. 1677 (Iuridici, 8°, Nr. 41); Christian Gastel: De Statu Publico Europae Novissimo Tractatus. Nürnberg 1675 (Ms,II,25); Johannes Fridericus Rhetius: Institutiones Iuris Publici Germanici Romani. Frankfurt O. 1687 (Iur,VIII,35); Ahasver Fritsch: Quadraginta Septem Opuscula Varia, De Selectioribus Quibusdam Materiis, Ius Publicum Atque Privatum Romano-Germanicum Concernentibus. Nürnberg 1690 (Iur,II,38); Reinhard Philipp Vitriarius: Institutiones Juris Publici Romano-Germanici, antequum moder nunque Imperii […] statum. Freiburg 1691 (Iur,VIII,37); Gabriel Schwederus: Introductio in jus publicum imperii Romano-Germanici novissimum. Tübingen 1691 (Iur,VIII,34 und Ms,VIII,196); Erich Mauritius/Johannes Hertius: Dissertationes Et Opuscula, De selectis Jurispublici, feudalis & privati vati argumentis conscripta. Frankfurt M. 1692; Johannes Helvicus Sinoldus: Ad ius publicum et feudalia placita praelectiones academicae. Frankfurt M. 1694 (Ms,IV,71); Vincent Placcius: Accessiones Iuris Naturalis Privati Et Publici. Quorum hoc Politica doctrina, Ius Imperiorum, & Gentium continentur. Hamburg 1695 (Iur,VIII,3). Zu den verschiedenen Autoren vgl. allgemein: Stolleis, Geschichte. Vgl. Stolleis, Recht, S. 30 – 32. Melchior Goldast: Collectio Consvetudinum Et Legum Imperialium. Frankfurt M. 1674 (Ms,II,16 und Ms,II,19,1). Lit.: Friedrich, Geschichte, S. 41, 78. Samuel Stryk: De Jure Exequendi Sententias Imperiales Directoribus Circulorum Competente. [s.l.] 1698 (Ms,IV,214).Von dem brandenburgischen und primär auf das Privatrecht spezialisierten Juristen Samuel Stryk besaß Canitz insgesamt neun Werke. Da sowohl Canitz als auch Stryk Verbindungen zum Pietismus aufwiesen, ist von einer wenigstens flüchtigen Bekanntschaft der beiden auszugehen. Zu Stryk: Klaus Luig: Stryk, Samuel (1640 – 1710), in: Michael Stolleis (Hrsg.), Juristen 2001, S. 607– 608; Hagen Hof: Samuel Stryk, in: Gerd Kleinheyer u. Jan Schröder (Hrsg.), Deutsche Juristen aus fünf Jahrhunderten. Heidelberg 1996, S. 404– 408. Heiden, Heil. Röm. Reichs (Ms,VIII,88); Otto, Annotationes (Ms,VIII,28). Nikołaj Chwałkowski: Regni Poloniae jus publicum ex statutis ac constitutionibus depromptum. [Regiomonti] 1676 (Ms,XII,137). Lit.: Stolleis, Geschichte, S. 254. Pappus; Wörner, Kriegs-Recht (Iur,IV,17; Ausgabe 1644 nicht identifizierbar). Heinrich Giesebert: Periculum Statutorum Harmoniae Practicae. Hamburg 1652 (Iur,IV,4). Lit.: Henning Ratjen: Johann Carl Heinrich Dreyer, Professor des deutschen Rechts und der Praxis
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Der sonstige juristische Bestand von Canitz spiegelt die Pluralität der Rechtssysteme und Denkarten innerhalb des Heiligen Römischen Reiches wider. Das mit Abstand größte Korpus befasst sich mit dem Ius Civile, dem Römischen Recht, den dazugehörigen Pandekten und den Versuchen, diese für die Verhältnisse des 17. Jahrhunderts auszulegen. Dem gegenüber steht ein kleineres Korpus zum überlieferten Gewohnheits- und Landrecht, das zunehmend vereinheitlicht wurde. Die aus dem Mittelalter erhaltenen Privilegien einzelner Ländereien und Territorien wurden in diesem Zuge stetig abgebaut.⁴⁵⁰ Das Zivilrecht eignete sich den Verfassern der Leseanweisungen zufolge zwar auch für die Beantwortung oder Kontextualisierung politischer Fragen, sollte aber primär die Rechtsverhältnisse zwischen den einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft regeln. Zwei ihrem adeligen Besitzer entsprechende Schwerpunkte finden sich in Canitz’ Bibliothek in Bezug auf das Lehnswesen⁴⁵¹ sowie das Ehe- und Familienrecht.⁴⁵² Auffällig sind außerdem mehrere Ratgeber zum Advokats- und Anwaltswesen.⁴⁵³ Im Laufe seines Lebens war Canitz auch privat in Rechtsstrei-
in Kiel. Kiel 1861, S. 90 f.; Johann Christian Gotthelf Budaeus: Aufrichtige Gedancken, von einer zum Staats-Recht eingerichteten Historie derer eintzeln Deutschen Staaten. Görlitz 1732, S. 14. Auswahl: Churfürstlich Brandenburgisches (Iur,II,25); Johann Wilhelm Struve: Iuris-Prudenz oder Verfassung der Landüblichen Rechte. Merseburg 1689 (Iur,VIII,7); Anton Wilhelm Ertl: Praxis aurea de jurisdictione inferiore civili. Vulgò: Von der Nieder-Gerichtsbarkeit. Nürnberg 1693 (Iur,IV,7). Lit.: Stolleis, Recht, S. 24. Auswahl: Jacobus Alvarottus: Feudorum interpretis eminentissimi, Lectura in usus eorundem eruditissima, difficillias. Frankfurt M. 1570; Georg Frantzke: Tractatus Novus Et Plenus De Laudemiis. Jena 1664 (Iur,IV,25,1); Ulrich Zasius: In Usus Feudorum Epitome, Ordine Et Utilitate Commendabilis. Lyon 1556 (Iur,VIII,29). Auswahl: Samuel Stryk: Tractatus De Dissensu Sponsalitio. Cum materiis quibusdam affinibus, De Nullitate Matrimonii, Et Desertione Malitiosa.Wittenberg 1699 (Iur,IV,10); Andreas Kohl: Tractationes Duae. Prior De Pactis Dotalibus: Altera De Successione Coniugum. Berlin 1671 (Iur, IV,11); Martin Benckendorf: Repetitio L. II. FF. De Regulis Iuris: In Qua Iura Mulierum Tam De Iure Saxonico Quam civili una cum aliis materiis quotidianis ex parte explicantur. Frankfurt O. 1603 (Iur,VIII,24). Martin Mager von Schönberg: De Advocatia Armata. Sive Clientelari Patronorum Iure Et Potestate Clientumque Officio,Vulgo Schutz und Schirms-Gerechtigkeit dicto, in & extra RomanoGermanicum Imperium, moribus priscis & hodiernis recepto, Tractatus Iuridico-Historico-Politicus. Frankfurt M. 1625 (Ms,II,89); Adam Volckmann: Neu-verbesserte Notariat-Kunst oder Handund Formular-Buch. Leipzig 1666 (Iur,II,12); Samuel Stryk: Introductio Ad Praxin Forensem Caute Instituendam. Frankfurt O. 1691 (Iur,IV,2; hier: „Mit weissen Pappier durchschossen“); Samuel Stryk: Introductionem Ad Praxin Forensem caute instituendam. Wittenberg 1698 (Iur,IV,3).
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tigkeiten verwickelt, so dass die Ratgeber für diese privaten Zwecke möglicherweise einen Informationswert bereithielten.⁴⁵⁴ Ein Werk, das aus der Bibliothek von Canitz stark heraussticht und sich einer Kategorisierung durch die Leseanweisungen weitestgehend entzieht, ist die Fürstliche Schatz- und Rent-Cammer von Wilhelm von Schröder.⁴⁵⁵ Schröder – selbst Jurist – vertritt hier die Lehre des Kameralismus, einer deutschen Variante des französischen Merkantilismus‘.⁴⁵⁶ Sein Werk ist eines der wenigen Zeugnisse frühneuzeitlicher Wirtschaftstheorie in Canitz’ Bibliothek. Von den Leseanweisungen wird es überhaupt nicht berücksichtigt.
4.2.4 Schöne Literatur als politische „Erbauung“ Auf Basis dessen, dass die Verfasser der Leseanweisungen Literatur nicht nur als politisch nutzbringend, sondern auch als erbaulich charakterisieren, bieten sich auch zahlreiche Werke in Canitz’ Bibliothek für eine politische Funktionalisierung an. Dazu gehören als „Klassiker“ die Exempelsammlungen von Justus Lipsius, Caspar Ens und Johann Jacob Speidel, die in den Leseanweisungen benannt werden.⁴⁵⁷ Die Lesestücke verifizierten die politischen Lehren und vermittelten kleine Informationseinheiten über einzelne Territorien oder historische Episoden. Zwei Werke im Besitz von Canitz enthielten zusätzlich erbaulich-politische Aphorismen; er besaß die bekannten Aphorismi politici et militari von Lambert Daneau⁴⁵⁸ und Christian Georg Bessels Sprichwortsammlung mit dem Titel Neuer politischer Glücks-Schmied. ⁴⁵⁹ Einen erbaulichen Anklang haben auch die an ein höfisches Publikum gerichteten Maximen von Baltasar Gracian, der jedoch keine klassische politische Schulphilosophie vertrat, sondern eher mit dem Machia-
Vgl. Brandenburgisches Landeshauptarchiv, 37 Briesen, Kr. Cottbus 57: Prozess der Familie Canitz gegen Georg Jobst v. Schönfeldt auf Guhrow wegen verschiedener Schuldforderungen (1679 – 1680). Wilhelm von Schröder: Fürstliche Schatz- und Rent-Cammer. ad Augustissimum & Invictissimum Imperatorem Leopoldum I. Leipzig 1686 (Ms,VIII,92). Winfrid Halder: Schröder (Schroeder, Schröter, Schrötter), Johann Wilhelm Freiherr von, in: NDB 23 (2007), S. 577– 578. Monita et Exempla Politica. Enthalten in: Opera (Ms,II,137), Bd. 4, S. 169 – 276; Ens, Thesaurus (1613) (Ms,VIII,90) Johann Jacob Speidel: Speculum juridico-politico-philologico-historicarum observationum et notabilium; Verborum, Rerum & Antiquitatum, Germanicarum, Clausularum. Nürnberg 1683 – 1686 (Ms,II,23). Daneau, Aphorismi (1652) (Ms,XII,109). Christian Georg Bessel: Neuer politischer Glücks-Schmied. Hamburg 1681 (Ms,XII,107).
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vellismus assoziiert wurde.⁴⁶⁰ Die von Johann Bose als politisch relevant empfohlenen antiken Komödien, Tragödien und Satiren konnte Canitz in vollem Umfang rezipieren und nach Belieben politisch auslegen: Er verfügte über die Tragödien von Sophokles⁴⁶¹ und Seneca⁴⁶², Komödien von Aristophanes⁴⁶³, Plautus⁴⁶⁴ und Terentius (hier insgesamt sieben Ausgaben).⁴⁶⁵ Da die Titel keine politische Erbauung implizieren und ihnen von den Rezensenten nur ein peripherer politischer Erkenntniswert zugeschrieben wurde, ist eine politische Nutzbarmachung durch Canitz nicht wahrscheinlich. Anders verhält es sich in Bezug auf Panegyriken, also Lobpreisungen auf Fürsten oder anderweitig bekannte Männer und Frauen. Je nach Adressaten besaßen sie einen informativen Gehalt bezüglich der Biografie der gerühmten Personen und ihrer Zeit. Zusätzlich dokumentierten sie ein als politisch klug erachtetes Handeln und fungierten als rhetorisches Anschauungsmaterial. Dies gilt insbesondere für die Panegyriken von Plinius Caecilius Secundus⁴⁶⁶, Claudius Claudianus⁴⁶⁷ und Ausonius.⁴⁶⁸ Zusätzliche Panegyriken beziehen sich auf Persönlichkeiten der jüngeren Vergangenheit, so auf die Kurfürsten von Sachsen⁴⁶⁹,
Gracián y Morales; Amelot de La Houssaye, Homme (Ms,VIII,405). Tragedies grecques (Ms,VIII,382). Lucius Annaeus Seneca: L. Annaei Senecae et aliorum Tragoediae. Amsterdam 1624 (Ms,XII,120); Seneca; Malherbe; Du Ryer, Oeuvres (Ms,II,136). Aristophanes/Anne Dacier: Comedies Grecques D’Aristophane. Paris 1692 (Ms,VIII,380). Marcus Accius Plautus/Jacobus Operarius: Comoediae Viginti Et Fragmenta. Paris 1679 (Ms,IV,120); Titus Maccius Plautus: [Comoed. cum Not. Minellii. Rotrd. 690], (Ms,XII,49, Ausgabe unbekannt); Titus Maccius Plautus/Anne Dacier: Comedies. Paris 1691 (Ms,VIII,367). Publius Terentius Afer/Daniel Heinsius: Comoediae sex ex recensione Heinsiana. Amsterdam 1665 (Ms,XII,50); Publius Terentius Afer/Daniel Heinsius: Comoediae Sex. Lübeck 1667 (Ms,VIII,662); Publius Terentius Afer/Nicolas Camus: Comoediae Sex. Paris 1675 (Ms,IV,121); Publius Terentius Afer: Comediae VI. Rotterdam 1690 (Ms,XII,51); Publius Terentius Afer/Anne Dacier: Les Comédies. Amsterdam 1691 (Ms,VIII,368 und Ms,VIII,615); Publius Terentius Afer/JohannChristianus Knauth: Chrestomathia Terentiana. Leipzig 1695 (Ms,VIII,125). Plinius Caecilius Secundus, et al., Epistolarum (1669) (Ms,VIII,109). Kommentiert durch Lipsius in: ebd., Bd. 4. Claudius Claudianus/Daniel Hartnack: Opera Claudiani Quat. Extant. Lübeck 1691 (Ms,XII,43); Claudius Claudianus/Nicolaas Heinsius: Cl. Claudiani quae exstant. ex emendatione Nicolai Heinsii. Amsterdam 1688 (Ms,XII,46); Claudius Claudianus/Guillaume Pyron: Cl. Claudiani opera quae extant, interpretatione et adnotationibus illustravit Gulielmus Pyrrho. In usum Delphini. Amsterdam 1677 (Ms,IV,131). D. Magnus Ausonius/Jacobus Tollius: Opera. Amsterdam 1669 (Ms,XII,47). Georg Lani: Mausoleum Saxonicum Tripartitum. Seu Panegyrici Parentales, Anniversarii, Quibus […] Electorum Saxoniae, Lineae Albertinae, Vita, Mors & Res Gestae, Lipsiae in Templo Academico, Solennibus Trium Annorum Panegyribus, Prosa & Carmine Heroico, sunt dicta & decantata. Leipzig 1695 (Ms,VIII,133).
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polnische Hoheiten⁴⁷⁰ und die englische Königin Maria II.⁴⁷¹ In anderen Werken wurden die Panegyriken eines besonders fähigen oder bekannten Verfassers zusammengefasst.⁴⁷² Die hier präsentierte Panegyrik fand mehrheitlich in lateinischer Sprache statt, während die höfische Dichtung des späten 17. Jahrhunderts (hier ist z. B. auf die Schriften Johann von Bessers zu verweisen) auf die Volkssprachen umschwenkte.⁴⁷³ Die Adaption lateinischer Panegyriken war also erst auf Basis einer sprachlichen Transferleistung möglich. Die Briefeditionen im Besitz von Canitz sind fast deckungsgleich mit jenen, die in den politischen Leseanweisungen empfohlen werden: Er besaß Ausgaben der antiken Briefe von Cicero⁴⁷⁴, Plinius⁴⁷⁵ und des römischen Politikers Quintus Aurelius Symmachus.⁴⁷⁶ Neben Briefeditionen einiger Gelehrter wie Philipp Melanchthon⁴⁷⁷ stehen jene von zahlreichen Diplomaten und Staatsmännern der jüngeren Geschichte, so die von Hubert Languet⁴⁷⁸, Hugo Grotius⁴⁷⁹, dem im osmanischen Reich tätigen Diplomaten Ogier Ghislain de Busbecq⁴⁸⁰, Claude de Mesmes d’Avaux⁴⁸¹, Arnaud d’Ossat⁴⁸², Jacques Bongars⁴⁸³, Guido Bentivoglio⁴⁸⁴ und den Kardinalsministern Richelieu und Mazarin.⁴⁸⁵ Die Briefe reflektieren
Ines, Lechias (Ms,IV,35). Spanheim; Graevius, Parentalia (Ms,VIII,134). Esprit Fléchier: Panégyriques et autres sermons. Paris 1696 (Ms,VIII,430); Conrad Samuel Schurzfleisch: Orationes Panegyricae, Et Allocutiones Varii Argumenti. Wittenberg 1697 (Ms,IV,180); Emanuele Tesauro: Panegirici, Et Ragionamenti. Venedig 1671 (Ms,VIII,434); Caspar Neumann: Vor diesem und bißher gehaltene Trauer-Reden. Leipzig 1698 (Ms,VIII,132). Zur Panegyrik des französischen Raumes vgl.: Burke; Drolshagen, Geschicke, S. 35. Cicero, Epistolae (Ms,XII,275); Cicero; Godefroy, Opera omnia (Ms,VIII,31); Cicero, et al., Opera Quae Extant (Ms,VIII,163 und Ms,IV,117). Plinius Caecilius Secundus, et al., Epistolarum (1669) (Ms,VIII,109). Quintus Aurelius Symmachus/Franciscus Iuretus: Epistolarum Lib. X Castigatissimi. Paris 1604 (Ms,IV,136). Philipp Melanchthon/Ernestus Voegelinus: Liber Continens Continua Serie Epistolas Philippi Melanchthonis Scriptas Annis XXXVIII. Leipzig 1569 (Ms,VIII,105); Philipp Melanchthon: Epistolarum Liber. Continens praeclara multa Cum Ecclesiastica Tum Politica & Historica cognitione dignissima. Leiden 1647 (Ms,VIII,105). Languet; Ludewig, Arcana (Ms,IV,85). Hugo Grotius: Hugonis Grotii Reginae, Regnique Sueciae Consiliarii, & apud Regem Chritianissimum Legati, &c. Epistolae Quotquot reperiri potuerunt. Amsterdam 1687 (Ms,II,164). Busbecq, Legationum (Ms,XII,118). Avaux; Servien, Lettres (Ms,VIII,259). Ossat, Lettres (Ms,IV,84). Bongars, Lettres (Ms,VIII,275). Guido Bentivoglio/Veneroni: Les Lettres du Cardinal Bentivoglio sur diverses matières de politique. Paris 1692 (Ms,VIII,274). Richelieu, Lettres (Ms,VIII,252); Mazarin, Lettres (Ms,VIII,254).
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zahlreiche historische Episoden der jüngeren Vergangenheit, ihre Verfasser waren mehrheitlich Franzosen oder Niederländer, seltener Italiener und Spanier.⁴⁸⁶ Unter deutschen Staatsmännern scheint es kaum verbreitet gewesen zu sein, eigene Briefe zu veröffentlichen.⁴⁸⁷ Diplomaten treten als Briefeschreiber in der Bibliothek besonders stark hervor. Da diese zwangsläufig viel in ihre Heimatländer korrespondierten, hatten sie viel Briefmaterial zur Hand, was die Wahl der Textgattung begünstigte. In Bezug auf veröffentlichte Reden fällt der Beitrag von Staatsmännern der jüngeren Geschichte in Canitz’ Buchbestand geringer aus. In der Bibliothek ist Veit Ludwig von Seckendorff der einzige deutsche Redner, dessen Teutsche Reden publiziert wurden. Ein Werk befasst sich mit den von Jacques Auguste de Thou verfassten Reden⁴⁸⁸, ein weiteres mit den Orationes civiles des Dichters und Danziger Bürgermeisters Vincent Fabricius⁴⁸⁹, wieder ein anderes mit den Reden eines italienischen Juristen namens Antonio Malagonelli.⁴⁹⁰ Ansonsten dominieren die Beispielsammlungen von Gelehrten und antiken Rednern.⁴⁹¹ Die Rhetorik per se wird in der Bibliothek von Canitz eher durch didaktisch weit entwickelte Handbücher zugänglich als durch aussagekräftige Exempel.
Vgl. hierzu: François de Vargas/Pedro Malvenda: Lettres Et Memoires De François de Vargas, De Pierre de Malvenda Et de quelques Evêques d’Espagne touchant le Concile de Trente. Amsterdam 1699 (Ms,VIII,556); Hernando Del Pulgar/Juliano Magon: Ferdinandi de Pulgar epistolae. Amsterdam 1670 (Ms,II,165,1). Die einzige deutschsprachige Briefesammlung, die im Auktionskatalog gelistet wird, ist eine Beispielsammlung von Martin Zeiller:. Martin Zeiller: 606 Episteln oder Sendschreiben Von allerhand Politischen Historischen und anderen sachen. Ulm 1656 (Ms,IV,66) Auch Wilhelm Kühlmann konstatiert hier eine erbauliche Funktion: „Die Titel der Einzelwerke zeigen, daß eine Kombination von Wissensvermittlung, Erbauung und Zerstreuung angestrebt ist.“ In: Kühlmann, Lektüre, S. 918. Jacques Auguste de Thou/Abraham Vechnerus: Suada Gallicana H.E. Conciones Et Orationes Thuanaeae. Frankfurt M. 1679 (Ms,XII,20). Vincent Fabricius: Orationes Civiles, Ad Serenissimos, Potentissimosque Poloniae Reges, nomine publico habitae. Frankfurt M. 1685 (Ms,VIII,141). Lit.: Carl Friedrich Flögel: Geschichte der komischen Litteratur. Bd. 1– 4, Bd. 3. Liegnitz 1786. Antonio Malagonelli: Antonii Malagonnellii Florentini Orationes. Rom 1697 (Ms,XII,28). Der Verfasser ist nicht in der Dizionario Biografico degli Italiani verzeichnet, und scheint auch sonst nicht erforscht. Joachimus Gesenius: Conciones civiles seu orationes ex historicis Latinis, non tantum Livio, Salustio, Curtio, Tacito, sed etiam Caesare, historiae Augustae scriptoribus. Leipzig 1674 oder 1683 (Ms,XII,30, hier: ohne Erscheinungsjahr); Cicero; Proust, artem (Ms,IV,118).
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4.2.5 Ethik In Bezug auf die Leseanweisungen wurde aufgezeigt, dass die disziplinäre Trennung von Ethik und Politik recht konsequent aufrechterhalten wurde. Erstere wurde beim Leser als bekannt vorausgesetzt und galt als wichtige Grundlage der Rechtswissenschaft. Die ethische Literatur in Canitz’ Bibliothek gibt dieses Bild sehr genau wieder, nur vereinzelt finden sich Titel mit einer ethisch-politischen Konnotation; so bei zwei Titeln von Christian Weise und Daniel Ringmacher.⁴⁹² Auch Francis Bacon verknüpft bei seinen Sermones fideles ethische, politische und ökonomische Fragen.⁴⁹³ Das Collegium Ethicum und das Collegium Politicum werden von Christian Liebenthal in einem gemeinsamen Sammelband publiziert, über den Canitz verfügte.⁴⁹⁴ In der Bibliothek vorhandene Verfasser wie Thomas Hobbes,Vincent Placcius und Johann Christoph Beckmann verknüpfen die Ethik mit dem Naturrecht.⁴⁹⁵ Die von Hartnack vollzogene Differenzierung in eine philosophia moralis und eine philosophia civilis kennt Heinrich Julius Scheurl, dessen bibliographische Abhandlung Canitz vorlag.⁴⁹⁶ Die in der Bibliothek schon in Bezug auf die Politik konstatierte Vernachlässigung der aristotelischen Schulphilosophie findet auch bei der nikomachischen Ethik ihre Entsprechungen: Nur zwei Werke verweisen direkt im Titel auf Aristoteles oder die nikomachische Ethik.⁴⁹⁷ Der in den Werktiteln zum Tragen kommende Negativbefund wird in den eigentlichen Fließtexten ethischer Litera-
Weise, Ausführliche Fragen (Ms,VIII,192); Daniel Ringmacher: Lexicon Philosophiae Moralis Ethicae et Politicae. Ulm 1694 (Ms,VIII,178). Francis Bacon: Sermones Fideles, Ethici, Politici, Oeconomici. Amsterdam 1662 (Ms,XII,37). Christian Liebenthal: Collegium Ethicum, In Quo De Summo Hominis Bono, Principiis Actionum Humanarum, Mente Ac Voluntate, Item De Affectibus Seu Appetitibus. Gießen 1620 (Ms,IV,157); Christian Liebenthal: Collegium Politicum, In Quo De Societatibus, Magistratibus, Iuribus Maiestatis, Et Legibus Fundamentalibus. Item De Universa Ac Summa Repub. Romana, Utpote, De Imperatore, Rege Romanorum, & Statibus Romani Imperii […] methodicè & perspicuè tractatur. Gießen 1620 (Ms,IV,157). Vincent Placcius: Accessiones Ethicae, Iuris Naturalis, & Rhetoricae. Hamburg 1695 (Ms,VIII,188); Johann Christoph Beckmann: Lineae doctrinae moralis de natura moralium variisque eorum casibus. Frankfurt O. 1679; Hobbes, Elementa (Ms,XII,95). Heinrich Julius Scheurl: Philosophiae Moralis & Civilis in Illustri ad Elmum Julia qondam Professoris Bibliographia Moralis. Helmstedt 1686 (Ms,VIII,563); außerdem: Arnold Wesenfeld: Georgica Animi Et Vitae, Seu Pathologia Practica, Moralis nempe & Civilis. Frankfurt O. 1696 (Ms,IV,149). Johann Conrad Dürr: Ethica Paradigmatica, Iuxta Ordinem Aristotelicum In Nicomachiis Observatum, Per Aphorismos Digesta. Jena 1670 (Ms,XII,37); Emanuele Tesauro: Philosophia Moralis. Ex ipso Fonte Magni Aristotelis Stagiritae hausta. Nürnberg 1699 (Ms,XII,32).
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tur jedoch abgemildert: Johann Rodolph und Anton Itter verweisen in ihren Handbüchern routiniert auf die aristotelische Ethik.⁴⁹⁸ Insgesamt ist die seit dem Ende des 16. Jahrhunderts prosperierende neustoizistische Ethik in Canitz’ Buchbestand besser aufgestellt.⁴⁹⁹ Die antiken Stoiker, Epictetus⁵⁰⁰ und Seneca⁵⁰¹ sind in der Bibliothek breit vertreten, auch die Schriften Ciceros sind von der Stoa beeinflusst.⁵⁰² Neue Interpretationen des Stoizismus konnte Canitz über die Werke von Justus Lipsius nachvollziehen.⁵⁰³ Das bisher benannte Korpus an ethischer Literatur geht mit den Vorgaben der Leseanweisungen konform, fällt aber klein aus. Auf eine politische Funktionalisierung dieser Werke durch Canitz finden sich keine konkreten Hinweise. Hinzuweisen ist jedoch auf ein anderes die Ethik betreffendes Korpus, das die Verfasser der Leseanweisungen ignorieren oder – im Falle von Kulpis – in einen gegensätzlichen dogmatischen Kontext einordnen.⁵⁰⁴ Die Anhänger des Cartesianismus richteten sich dezidiert gegen die als zu scholastisch, autoritär und
Vgl. Johann Rudolph Rodolph: Ethica Duobus Libris comprehensa. Amsterdam 1696 (Ms,VIII,191), S. 1; Anton Itter: Synopsis Philosophiae Moralis, Seu Praecepta Ethica,. compendiose tradita & explicata, illustrioribus virtutum, vitiorumque exemplis aucta. Frankfurt M. 1677, S. 1. Zum Stoizismus: Abel, Stoizismus, S. 67– 99. Zur stoischen Affektkontrolle vgl.: Maximilian Forschner: Die stoische Ethik. Über den Zusammenhang von Natur-, Sprach- und Moralphilosophie im altstoischen System. Darmstadt 2005, S. 114– 159. Epictetus/Hieronymus Wolf: Epicteti Stoici philosophi Enchiridion. London 1670 (Ms,XII,8; hier: Erscheinungsort Amsterdam nicht nachweisbar). Seneca, Tragoediae (Ms,XII,120); Lucius Annaeus Seneca/Thomas Farnaby: Lucii Annaei Senecae […] Decem Tragoediae. Nürnberg [1650] (Ms,XII,177); Seneca; Malherbe; Du Ryer, Oeuvres (Ms,II,136); Seneca, et al., Rhetoris (Ms,VIII,2); Lucius Annaeus Seneca: L’ Esprit de Seneque ou les plus belles pensees de ce grand philosophe. Paris 1680 (Ms,VIII,394). Cicero, Epistolae (Ms,XII,275); Cicero; Godefroy, Opera omnia (Ms,VIII,31); Cicero; Proust, artem (Ms,IV,118); Cicero; DuBois-Goibaud; Graevius, Offices (Ms,VIII,384); Cicero, et al., Opera Quae Extant (Ms,VIII,163 und Ms,IV,117). Vgl. Justus Lipsius: Manuductio ad Stoicam Philosophiam, in: Opera Omnia. Postremum Ab Ipso Aucta Et Recensita. Bd. 1– 5, Bd. 4. Antwerpen 1637 (Ms,II,137); Derselbe: Physiologiae stoicorum, in: Opera Omnia. Postremum Ab Ipso Aucta Et Recensita. Bd. 1– 5, Bd. 4. Antwerpen 1637 (Ms,II,137); Lipsius, Constantia (Ms,XII,7); Seneca, et al., Rhetoris (Ms,VIII,2). Vgl. Johann Georg von Kulpis: De Studio Juris Publici recte instituendo, & de Scriptoribus eo pertinentibus Dissertatio. Eiusdem de studiis Academicis Iuvenis Nobilis recte instituendis Epistola. [s.l.] 1688, S. 148: „[…] Aristotelis autoritatem adhuc consistere: Utut enim, quantum ad caeteras philosophiae, praesertim speculativae, partes attinet, luminibus ejus, à recentioribus scriptoribus, Renato Cartesio Petro Gassendo, Thoma Hobbesio, aliijsq; pluirimis, valde officiatur […].“ Dass es auch andere Rezeptionstraditionen gab, zeigt: Francesco Trevisani: Descartes in Deutschland: die Rezeption des Cartesianismus in den Hochschulen Nordwestdeutschlands. Bonn 2011.
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widersprüchlich wahrgenommenen aristotelischen Schulen des 17. Jahrhunderts.⁵⁰⁵ Die zunächst rein philosophische Bewegung nahm das handelnde und denkende Individuum in den Blick und wies der Einzelperson eine höhere Eigenverantwortung für die eigene Lebensgestaltung zu.⁵⁰⁶ René Descartes zufolge sollten Leidenschaften nicht mehr – dem aristotelischen Schema entsprechend – unterdrückt und im Zaum gehalten, sondern effizient reguliert und austariert werden.⁵⁰⁷ Anstatt etablierte Denkstrukturen zu verinnerlichen, sollte man an der eigenen Logik und dem eigenen Denk- und Abstraktionsvermögen arbeiten (Antoine Arnauld titelte dementsprechend La Logique Ou L’Art De Penser).⁵⁰⁸ Darauf berief sich auch Balthasar Bekker, der die irdische Wirkungsmacht des Teufels negierte und den Aberglauben seiner Zeitgenossen als rational nicht nachvollziehbar zu widerlegen suchte.⁵⁰⁹ Von René Descartes sind zwei Werke (darunter eine Gesamtausgabe seiner Schriften)⁵¹⁰ in Canitz’ Bibliothek vertreten, je zwei von Antoine Arnauld⁵¹¹ und Pierre Nicole⁵¹², eines von Arnold Geulincx⁵¹³, und Nicolas Malebranche.⁵¹⁴ Mit ihren naturwissenschaftlichen und frühaufklärerischen Themen sind auch die Cartesianer Johannes Sturm, Antoine LeGrand und Balthasar Bekker in der Bi-
Erstaunlich ist, dass Kulpis dasselbe Argument macht (vgl. S. 153– 155), sich aber dennoch gegen die Cartesianer positioniert. Lit.: Francisque Bouillier: Histoire de la philosophie cartésienne. Bd. 1– 2, Bd. 2. Hildesheim 1972, S. 1– 6; Paul Hazard/Harriet Wegener: Die Krise des europäischen Geistes. 1680 – 1715. Hamburg 1939, S. 162. Vgl. ebd., S. 164 f. Vgl. ebd., S. 164 f. Antoine Arnauld/Pierre Nicole: La Logique Ou L’Art De Penser. Amsterdam 1685 (Ms,VIII,402); Antoine Arnauld/Pierre Nicole: La Logique Ou L’Art De Penser. Amsterdam 1697 (Ms,VIII,640). Balthasar Bekker: De Betoverde Weereld. Bd. 1– 3. Amsterdam 1691– 1693 (Th,IV,100); Balthasar Bekker: Nodige Bedenkingen Op de Niewe Beweegingen, Onlangs verwekt door den Circulairen Brief En andere Middelen, Tegen den Auteur van’t Boek de Betoverde Weereld. Amsterdam 1692 (Th,IV,101); Balthasar Bekker: Die Bezauberte Welt. Amsterdam 1693 (Th,IV,13). René Descartes: Epistolae […]. In quibus omnis generis quaestiones philosophicae tractantur. Amsterdam 1682 (Ms,IV,142); René Descartes: Opera Philosophica. Amsterdam [1685] (Ms,IV,139); außerdem: Adrien Baillet: La Vie De Mr. Des-Cartes. Contenant L’histoire de sa Philosophie & de ses autres Ouvrages. Paris 1693 (Ms,VIII,404). Arnauld; Nicole, Logique (Ms,VIII,402); Arnauld; Nicole, Logique (Ms,VIII,640). Pierre Nicole: Essais de morale, contenus en divers traittez sur plusieurs devoirs importans. Bd. 1– 9. Paris 1672– 1680 (Ms,XII,281); Joseph de Bonnières/Pierre Nicole: Systeme de Mr. Nicole Touchant la Grace universelle. Köln 1699 (Ms,VIII,545). Arnold Geulincx: Ethica. Post tristia authoris fata Omnibus suis partibus in lucem edita. Amsterdam 1691 (Ms,XII,24). Nicolas Malebranche: De La Recherche De La Verité. Ou L’On Traitte De La Nature de l’Esprit de l’homme. Paris 1678 (Ms,XII,280).
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bliothek gut repräsentiert.⁵¹⁵ Literarisch schlug sich der Cartesianismus in den Werken von La Bruyère, La Fontaine und Boilieau nieder, von diesen Verfassern besaß Canitz insgesamt 15 Werke, Boilieu avancierte für Canitz nachweisbar zum literarischen Vorbild.⁵¹⁶ Vor 1700 waren die Werke von René Descartes an zahlreichen Universitäten verboten.⁵¹⁷ Von konservativen Theologen und Aristotelikern wurde der Cartesianismus meist zurückgewiesen: Wer seine Skepsis auch gegen etablierte Autoritäten ausrichtete, konnte dem Hochmut, Egoismus oder gar Irrglauben verfallen. Canitz zeigt dem Cartesianismus gegenüber keinerlei Resistenzen, ganz im Gegenteil, die Veröffentlichungen zum Cartesianismus überragen die Anzahl der Werke mit expliziten und impliziten aristotelischen Bezügen. Dieser quantitative Überhang kann für sein Verständnis von Ethik und Philosophie nicht folgenlos geblieben sein. Es kann hierbei allerdings nicht vorschnell auf eine einzigartige aufklärerische Progressivität geschlossen werden: In der Bibliothek des brandenburgischen Gesandten Ezechiel Spanheim waren ebenfalls cartesianische Werke enthalten, ähnliches ist für jede Bibliothek zu vermuten, die an die französischen und niederländischen Buchhandelsströme angeschlossen war.⁵¹⁸
4.2.6 Das handelnde Individuum im Fokus politischer Literatur Im Spiegel der Leseanweisungen ist das Interesse an einem politisch handelnden Individuum berechtigt, wenn sein Handeln auf einer politischen Bildung aufbaut, die den gelehrten Maximen entspricht. Die Ausbildung eigener Erfahrungswerte wird Staatsmännern durchaus zugestanden, allerdings nur, wenn die Empirie durch die geltenden politischen Theorien gelenkt und reguliert wird. In Canitz’ Bibliothek zeigt sich die Einflussmacht ganzer Textgattungen, deren wesentliches Merkmal darin bestand, nicht auf die etablierte Schulphiloso-
Johannes Sturm: Physica Electiva Sive Hypothetica. Nürnberg 1697 (Ms,IV,145); Antoine LeGrand: Curieuser Erforscher der geheimen Natur. Nürnberg 1682 (Ms,XII,34); Bekker, Weereld (Th,IV,100); Bekker, Bedenkingen (Th,IV,101); Bekker, Welt (Th,IV,13). Vgl. Francisque Bouillier: Histoire de la philosophie cartésienne. Bd. 1– 2, Bd. 2. Hildesheim 1972, S. 486 – 502. Vgl. Hazard; Wegener, Krise, S. 166. Vgl. Sven Externbrink: Politik und Gelehrtenrepublik zwischen konfessionellem Zeitalter und Frühaufklärung. Die Bibliothek Ezechiel Spanheims (1629 – 1710), in: Claudia Brinker-von der Heyde (Hrsg.), Frühneuzeitliche Bibliotheken als Zentren des europäischen Kulturtransfers. Stuttgart 2014, S. 161– 176, S. 176 f.
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phie zurückzugreifen.⁵¹⁹ Eine knappe und schnörkellose – aber umso glaubwürdigere – Berichterstattung avanciert im Spiegel von Biografien und Memoiren zum neuen historiografischen Ideal, das seine Verwirklichung meist in Volkssprachen fand.⁵²⁰ Innerhalb der politisch-historiografischen Literatur im Besitz von Canitz sind 44 Memoiren und autobiografische Werke enthalten, von denen 39 in französischer Sprache erschienen. Von 63 politischen Biografien in seinem Besitz beziehen sich 26 auf Persönlichkeiten der französischen Geschichte, hinzu kommen 15 Briefeditionen aus der Urheberschaft von Staatsmännern. Ein großer Teil seiner politischen Literatur setzte sich damit aus Selbst- und Fremdinszenierungen einzelner Politiker zusammen, deren Einflussmacht Canitz nicht entgehen konnte. Die Memoiren, Biografien und Autobiografien in seinem Besitz dokumentieren das Verhältnis des politisch handelnden Individuums zu seiner Umwelt („Sa Vie Et De Ce Qui s’est fait de plus remarquable à la Cour de France“/ „Mémoires De M. D. L. R. Sur les Brigues à la mort de Louys XIII.“), seinen Status („ci-devant secrétaire de l’Ambassade de Constantinople“), seine Einsatzgebiete („ses negociations; Journal concernant la Negociation de la Paix Traitée à Vervins l’an 1598“) und die Nähe zu politisch wirkmächtigen Personen und staatlichen Affären („Abbrege Des Memoires Illustres. Contenant Les Plus Remarquables Affaires D’Estat Enrichi“).⁵²¹ Die französischen Buchtitel versprechen einen pragmatischen und strategischen Blickwinkel auf Politik: So publiziert der französische Staatsrat und Gesandte Eustache de Refuge ein Werk mit dem Titel: „Le Secret Des Cours, Ou Le Journal De Walsingham, Secretaire d’Etat sous la Reine Elisabeth. Contenant Les Dies macht sich sogar schon in den Ausführungen von Commynes bemerkbar, der sich von den Chronisten seiner Zeit abgrenzte. Vgl. Hermann Kleber: Die französischen Mémoires: Geschichte einer literarischen Gattung von den Anfängen bis zum Zeitalter Ludwigs XIV. Berlin 1999, S. 112 f. Vgl. ebd., S. 149.; Robert Emory: Memoires and History: A Seventeenth Century Perspective of a Genre, in: Cahiers du dix-septième II (1988,1), S. 27– 34, S. 28 f.: „Of all the various genres so popular in the seventeenth century, the memoir is the most intimate and individualistic, the only one in which the author is eternally present. The „moi“ dominates, regardless of the author’s attempts to reduce his presence and his importance. Choice, arrangement, and dispositions of materials are his alone, as are the experiences, events, and observations which he records. His ability to penetrate, reveal, or portray causes, effects, passions, and motives which govern his actions or those of prominent men, his ability to capture their essence in a true characterization of themselves, both physically and through their actions, reflect in varying degrees his artistry and his own character.“ Bassompierre, Mémoires (Ms,XII,217; Ms,[roh]8; Ms,[roh]35); Mazarin; La Rochefoucauld, Mémoires (Ms,XII,219); Pétis de la Croix, Mémoires (Ms,VIII,219); Pompone de Bellievre: Memoires de Bellievre et de Silleri. Den Haag 1696 (Ms,VIII,250); Kormart; Montaigne, Abbrege (Ms,XII,223).
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Maximes de Politique necessaires aux Courtisans & aux Ministres d’Etat.“⁵²² Er begrenzt sich ausdrücklich auf eine „geheime“ höfische Sphäre, und er verspricht gleichsam, nur solche Maximen zu vermitteln, die für Höflinge und Minister notwendig sind. Die Eingrenzungen des Autors richten sich gegen eine universale Bildung, die immer neue Wissensdesiderate aufstellt. Eine radikale Abkehr von höfischen Tugenden proklamieren die Werke jedoch nicht: Die meisten Biografen und Memoirialisten pochen auf Bescheidenheit, üben sich in Hofkritik und adressieren eher Freunde und Verwandte als interessierte Karrieristen.⁵²³ Meist rücken sie die Historizität des von ihnen Erlebten über den Informationswert zur eigenen Person und warnen vor hinterlistigen oder schmeichlerischen Praktiken.⁵²⁴ Ausnahmen bilden die frühen Vertreter des Verhaltensideals vom Honnête Homme, die eine gewisse höfische Zweckmäßigkeit erforderten, darunter auch die Fähigkeit zur Schmeichelei und Täuschung sowie die unbedingte Wahrung der eigenen Ehre.⁵²⁵ Alle Memoirialisten sind hinreichend selbstbewusst, um auf Basis jahrelanger praktischer Erfahrungen eigene Strategien zu entwickeln und diese an ein interessiertes Publikum zu vermitteln bzw. vermitteln zu lassen.⁵²⁶ Der Memoirialist beschrieb die ihn umgebende höfische Sphäre und entschlüsselte dem Leser die geheimen Handlungsmotive anderer Personen. Durch
Refuge; La Boulesteis de Contie, Secret (Ms,VIII,296). Lit.: Henry Clark: La Rochefoucauld and the language of unmasking in seventeenth-century France. Genève 1994, S. 45 – 54; über seinen ähnlich angelegten Traicté de la cour, S. 46: „[…] here it was not the king but the courtier, not the state’s interest, but that of the ambitious individual, that was the author’s target. At the outset, he again distinguishes between the dream world of the moralist and the harsh facts of an inexorable reality.“ Emmanuèle Lesne-Jaffro: Les Mèmoires et leurs destinataires dans la seconde moitié du XVIIe siècle, in: Madeleine Bertaud (Hrsg.), Le genre des mémoires, essai de définition. Paris 1995, S. 27– 44, S. 29, 43 f.; Emory, Memoires, 28 f.; Noémi Hepp: Peut-on être homme de bien à la Cour? Le débat sous Louis XIII., in: Noémi Hepp (Hrsg.), La cour au miroir des mémorialistes. Paris 1991, S. 163 – 171; Helmuth Kiesel: „Bei Hof, bei Höll“. Untersuchungen zur literarischen Hofkritik von Sebastian Brant bis Friedrich Schiller. Berlin; Boston 1979, S. 26. Vgl. Emory, Memoires, S. 29. Vgl. Anette Höfer/Rolf Reichardt: Honnete homme, Honnetete, Honnetes gens, in: Rolf Reichardt, Hans-Jürgen Lüsebrink u. Jörn Leonhard (Hrsg.), Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680 – 1820. Bd. 1– 21, Bd. 7: Honnête homme, Honnêteté, Honnêtes gens. Nation. München 2015, S. 1– 68, S. 5 f. Zur komplexen Entstehungsgeschichte der Memoiren von Richelieu vgl. Fritz Dickmann: Rechtsgedanke und Machtpolitik bei Richelieu, in: Fritz Dickmann (Hrsg.), Friedensrecht und Friedenssicherung: Studien zum Friedensproblem in der Geschichte. Göttingen 1971, S. 37– 90, S. 36 f. Ein ähnliches Sendungsbewusstsein beobachtet Hermann Kleber bereits bei Philippe de Commynes, vgl. Kleber, Mémoires, S. 113 – 117.
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die personale Sichtweise und die persönliche Partizipation an beschriebenen Ereignissen vollzogen die Verfasser zwangsläufig Rechtfertigungen für ihr Handeln und ihre Entscheidungen, zwangen den Leser also, sich in ihre Situation hineinzuversetzen.⁵²⁷ Ihr eng gesetzter Fokus auf die praktische Politik und den Hof entfernte sie ideell von den Maximen der gelehrten Politikwissenschaft und ihrem regulierenden Einfluss, der im Reich jahrzehntelang akut war.⁵²⁸ Biografien und Memoiren zeugen nicht nur von einem steigenden Sendungsbewusstsein dieser Elite, sondern auch von einem hohen Interesse auf Seiten der Leser, die sich mit den jeweiligen Figuren und ihrer Lebenswelt identifizieren konnten.
4.2.7 Der Hof als Plattform politischen Handelns Handbücher und Ratgeber, die dazu beitragen, dem Individuum eine Anleitung zur selbstständigen Verbesserung in Hinblick einer bestimmten (beruflichen) Funktion oder Eigenschaft zu geben, werden in den Leseanweisungen kaum benannt. Auch Canitz besaß nur ein geringes Corpus an Ratgeberliteratur: Die im Auktionskatalog gelisteten Handbücher und Ratgeber widmen sich der Rhetorik oder dem Höfling, seltener richten sie sich an konkrete höfische Funktionäre wie Räte oder Diplomaten.
4.2.7.1 Politische Rhetorik In Hinblick auf die Rhetorik zeigt die Bibliothek von Canitz ein vielfältigeres Spektrum an Themen, Verfassern und Sprachen als die Leseanweisungen. Eine erste Gruppe von Werken beinhaltet Titel von Vertretern der protestantischen Gelehrtenschulen, deren Rhetorik auf den Werken von Aristoteles und Quintilian aufbaut und von dort aus stetig weiterentwickelt wird.⁵²⁹ Wo Canitz sich dem politischen Aristotelismus eher verweigerte, verfügte er doch über eine Ausgabe der aristotelischen Rhetorik und die Commentarii von Gerard Vossius.⁵³⁰ Auch der bereits von Hartnack empfohlene Valentin Thilo und der Weimarer Schulrektor
Vgl. Emory, Memoires, S. 31 f. Vgl. Stolleis, Recht, S. 17. „Die […] Dominanz der Universitäten und des Gelehrtenwesens ist ein deutsches Spezifikum, während in Ländern wie Frankreich oder England die hauptstädtischen Salons, Clubs oder Akademien die intellektuelle Führungsrolle innehatten.“ Barner, Barockrhetorik, S. 258 – 279. Aristoteles, et al., Rhetoricorum (Ms,VIII,174); Gerardus Johannes Vossius: Commentariorum rhetoricorum, sive oratoriarum Institutionum Libri sex. Marburg 1681 (Ms,IV,185). Zu Vossius vgl. Barner, Barockrhetorik, S. 265 – 274.
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Samuel Schwanengel vertreten mit ihren Werken die klassische Schulphilosophie.⁵³¹ Genauso wie für Daniel Hartnack scheint der Rückgriff auf jesuitische Literatur auch für Canitz legitim gewesen zu sein. Allein zweimal besaß er Michael Radaus Ratgeber zum Orator Extemporaneus sowie Jacob Masens Familiarum Argutiarum Fontes, die eine systematische Anleitung zur Argutia-Lehre darstellen.⁵³² Über Il Cannocchiale Aristotelico, o sia Idèa Dell’ Argvta, das rhetorische Hauptwerk des Italieners Emanuele Tesauro, verfügte Canitz sowohl im italienischen Original als auch in lateinischer Sprache. Hier ist von einer Kenntnis seiner Werke sehr stark auszugehen, da Canitz seinem Freund Nicolaus Zapf in einem Brief berichtete, dessen Werke während seiner Kavalierstour erworben zu haben.⁵³³ Einen spezifisch politischen Tonus erhält erst das Oeuvre von Christian Weise, das mit 24 Werken in Canitz’ Bibliothek besser aufgestellt ist als das jedes anderen Verfassers.⁵³⁴ Weises rhetorische Handbücher unterschieden sich gleich
Valentin Thilo: Pathologia Oratoria, Seu Affectuum Movendorum Ratio. Lipsiae 1687 (Ms,XII,19). Vgl. Barner, Barockrhetorik, S. 412. Jacobus Masenius: Familiarum Argutiarum Fontes, Honestae, & eruditae recreationis gratiâ excitati. Köln 1688 (Ms,XII,33). Lit.: Volker Kapp: Argutia-Bewegung, in: Gert Ueding (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd. 1– 12, Bd. 1. Tübingen 1992, § 991– 998. Emanuele Tesauro: Il Cannocchiale Aristotelico, o sia Idèa Dell’ Arguta. Bologna 1675 (Ms,IV,223; hier: Ausgabe von 1671 nicht ermittelbar); Emanuele Tesauro: Idea Argutae Et Ingeniose Dictionis. Ex Principiis Aristotelicis sic eruta. Frankfurt M. 1698 (Ms,IV,202). Zum Erwerb seiner Bücher auf der Kavalierstour, vgl. König, Leben, S. 25 f. Zur Politik und Rhetorik: Christian Weise: Institutiones Oratoriae ad praxin hodierni seculi accomodatae […] tum ad eloquentiam scholasticam, politicam, ecclesiasticam tum ad epistolas. Leipzig 1689 (Ms,VIII,167); Christian Weise: Curiöse Gedancken Von Deutschen Brieffen. Wie ein junger Mensch/ sonderlich ein zukünfftiger Politicus, Die galante Welt wohl vergnügen soll. Dresden 1691 (Ms,VIII,149; hier: Erscheinungsjahr 1681 nicht identifiziert); Christian Weise: Politischer Redner, das ist. Kurtze und eigentliche Nachricht wie ein sorgfältiger Hofmeister seine Untergebenen zu der Wolredenheit anführen soll. Leipzig 1691 (Ms,VIII,170); Weise, Hoffmeister (Ms,XII,152,1); Christian Weise: Gelehrter Redner. Das ist: Ausführliche und getreue Nachricht/ Wie sich ein junger Mensch Jn seinen Reden klug und complaisant aufführen soll. Leipzig 1692 (Ms,VIII,185); Christian Weise: Christian Weisens Freymüthiger und höfflicher Redner. [Leipzig] 1693 (Ms,XII,21); Christian Weise: Politische Nachricht von Sorgfältigen Briefen. Wie man/ sich in odieusen und favorablen Dingen einer klugen Behutsamkeit gebrauchen/ und Bey Oratorischen oder Epistolischen Regeln die politischen Exceptiones geschickt anbringen soll. Dresden 1693 (Ms,VIII,153); Christian Weise: Curiöse Gedancken Von Deutschen Versen. Welcher gestalt Ein Studierender in dem galantesten Theile der Beredsamkeit […] finden sol […]: wie bißhero Die vornehmsten Leute gethan haben/ welche/ von der klugen Welt/ nicht als Poeten/ sondern als polite Redner sind aestimirt worden. [Leipzig] 1692 (Ms,VIII,153); Christian Weise: Curieuse Fragen über die Logica Welcher gestalt die unvergleichliche Disciplin von Allen Liebhabern der Ge-
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in mehrfacher Hinsicht von denen seiner Vorgänger. Sie erschienen mehrheitlich auf Deutsch und sie adressierten die politischen Interessen einer für den Staatsdienst prädestinierten Jugend. Die Weiseschen Werke begleiteten den von ihm häufig titulierten politicus in einem auf das höfische Umfeld abzielenden Schulunterricht⁵³⁵, an der Universität⁵³⁶, beim Briefeschreiben⁵³⁷ und ganz grundsätzlich beim Umgang mit höhergestellten Personen.⁵³⁸ Canitz kommt vor allem in seiner Vaterrolle als Käufer der Handbücher infrage: Der Hofmeister Johann Lange konnte bei der Ausbildung von Philipp von Canitz auf einen umfassenden Handapparat zurückgreifen, der das gewünschte Ausbildungskonzept vordefinierte. Zusätzlich stehen die Werke von Weise in einer literarischen Funktion, die für Canitz auch von persönlichem Interesse gewesen sein kann.⁵³⁹ Infolge der Arbeiten von Weise entstand eine breit gefächerte Publizistik für eine deutschsprachige und explizit nicht gelehrte Rhetorik: Die Werke von Quirinus Kuhlmann, Johann Riemer, Johann Adam Weber und Christian Weidling basieren auf sehr ähnlichen Konzepten: Sie bieten eine politische Funktionalisierung an oder zielen zumindest auf eine weltlich-höfische Sphäre ab.⁵⁴⁰ Eine
lehrsamkeit. sonderlich aber von einem Politico deutlich und nützlich sol erkennet werden. Leipzig 1696 (Ms,VIII,190); Christian Weise: Vertraute Gespräche, Wie Der geliebten Jugend Jm Informations-Wercke Mit allerhand Oratorischen Handgriffen Möchte gedienet und gerathen seyn. Leipzig 1697 (Ms,VIII,151); Christian Weise: Doctrina Logica (Ms,VIII,189; in duplo; Ausgabe unbekannt). Weise, Politischer Redner (1691) (Ms,VIII,170); Weise, Freymüthiger Redner (1693) (Ms,XII,21); Weise, Hoffmeister (Ms,XII,152,1); Weise, Vertraute Gespräche (Ms,VIII,151). Weise, Gelehrter (Ms,VIII,185). Weise, Nachricht (Ms,VIII,153); Weise, Curiöse Gedancken (1691) (Ms,VIII,149; hier: Erscheinungsjahr 1681 nicht identifiziert). Vgl. Barner, Barockrhetorik, S. 168 f. Er besaß zusätzlich drei Werke mit Komödien, Gedichten und Theaterstücken von Weise, die diese Nutzungsweise bestätigen: Christian Weise: Reiffe Gedancken. Das ist Allerhand EhrenLust- Trauer- und Lehr-Gedichte. Leipzig 1682 (Ms,VIII,680); Christian Weise/Johann Krieger: Zittauisches Theatrum Wie solches Anno MDCLXXXII. praesentiret worden. Bestehende in drey unterschiedenen Spielen. [Dresden] 1683 (Ms,VIII,679); Christian Weise: Comödien Probe. Von Wenig Personen/ In einer ernsthafften Action Vom Esau und Jacob: Hernach in einem Lust-Spiele Vom Verfolgten Lateiner. Leipzig 1696 (Ms,XII,[304]). Kuhlmann, Weißheit (Ms,VIII,138); Johann Riemer: Lustige Rhetorica Oder Kurtzweiliger Redner. […] Ein gantz neuer Weg Zur Rede-Kunst Jedoch mit lauter Verwunder- und Lächerlichen Gleichwol aber Wahren Exempeln. Merseburg 1681 (Ms,VIII,667); Johann Riemer: Uber-Reicher Schatz-Meister Aller Hohen. Standes und Bürgerlichen Freud- und Leid-Complimente. Leipzig 1681 (Ms,VIII,148); Johann Adam Weber/Johann Christoph Beer: Hundert Quellen Der von allerhand Materien handelnden Unterredungs-Kunst. Nürnberg 1676 (Ms,VIII,136); Christian Weidling: Oratorischer Hofmeister, welcher angenehme Instruction schencket, lehrbegierige Untergebene in allen Stücken politer Rede-Kunst glücklich anzuführen etc. […]. Leipzig 1698 (Ms,VIII,147).
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saubere Trennung zwischen Weltgewandtheit, dem Hof und der Politik vollziehen die Autoren jedoch kaum, wohl weil diese Sphären auch in der Praxis nie klar voneinander getrennt waren. Das letzte rhetorische Korpus in der Bibliothek entspringt einer romanischen Tradition. Auch diese baute zunächst auf dem Aristotelismus auf; der Wechsel auf die volkssprachliche Ebene erfolgte aber in Italien und Frankreich deutlich früher als im deutschen Sprachraum.⁵⁴¹ Jüngere Exempel enthält ein Band mit Reden der Mitglieder der Academie française. ⁵⁴² Politische Bezüge finden sich im dem Werk Le Tresor Des Harangues. Faites Aux Entrées Des Roys, Reynes, Princes, Princesses, & Autres Personnes De Condition. ⁵⁴³ Theoretische Überlegungen stammen von Antoine Arnauld und René Bary.⁵⁴⁴ Hinzuweisen ist auch auf das rhetorische Handbuch von Bernard Lamy, der den Redner dazu ermutigte, seine Emotionen und sein subjektives Erleben in der Rede explizit zum Ausdruck zu bringen, und hierfür verschiedenste Techniken vermittelte.⁵⁴⁵ Die Genese zeigt, dass sich sowohl französische als auch deutsche Rhetoriker zunehmend einer höfischen Zielgruppe zuwandten und die Rhetorik sich aus ihrer institutionell-akademischen Verankerung loszulösen begann. Es kam zu einer Ausweitung des Zielpublikums, nicht jedoch zu einer funktionalen Spezialisierung der Rhetorik hinsichtlich verschiedener politischer Ämter. Der Höfling lernte galante Umgangsformen, beachtete die höfischen Hierarchien und verfügte über eine Rhetorik, in der die Humaniora zur Demonstration eines angenehmen Charakters genutzt wurden und nicht mehr den Selbstzweck einer
Aristoteles; Cassandre, Rhetorique (Ms,VIII,426); Antoine Verjus: L’Academie de l’ancienne et de la nouvelle Eloquence ou Harangues tirees des historiens grecs et latins. Lyon 1666 (Ms,VIII,432). Discours, harangues (Ms,VIII,427); Olivier Patru: Les Oeuvres Diverses De Mr. Patru De L’Academie Françoise. Contenant Ses Plaidoyers, Harangues, Lettres. Amsterdam 1692 (Ms,VIII,431); Jean Baptiste Manzini: Les Harangues ou discours académiques de Iean Baptiste Manzini. Paris 1670 (Ms,VIII,433); Pierre T. Gillet: Plaidoyers et autres oeuvres. Paris 1696 (Ms,IV,129). Laurent Gilbault: Le Tresor Des Harangues. Faites Aux Entrées Des Roys, Reynes, Princes, Princesses, & Autres Personnes De Condition. Paris 1667– 1668 (Ms,VIII,428; hier: Erscheinungsjahr 1686 nicht identifiziert). René Bary: La rhétorique françoise où l’on trouve de nouveaux exemples sur les passions & sur les figures. Paris 1653 (Ms,VIII,425; hier: Erscheinungsjahr 1673 nicht identifiziert); Antoine Arnauld: Reflexions sur l’Eloquence des Predicateurs. Amsterdam 1695 (Ms,VIII,429). Bernard Lamy: La rhetorique ou l’art de parler. Amsterdam 1699 (Ms,VIII,638). Außerdem: Bary, rhétorique (Ms,VIII,425; hier: Erscheinungsjahr 1673 nicht identifiziert). Lit.: Ekkehard Eggs: Rhetorik und Stilistik der Neuzeit in Frankreich, in: Fix, Ulla, Gardt, Andreas, Knape, Joachim (Hrsg.), Rhetorik und Stilistik. Berlin 2008, S. 179 – 206, S. 187 f.
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Rede bildeten.⁵⁴⁶ Der Einzige, der neben dem Hof auch die Politik als Tätigkeitsfeld in den Blick nahm, war Christian Weise, der eine gelungene Synthese von lutherischer Politiktheorie und höfisch-galanter Rhetorik vollzog.⁵⁴⁷
4.2.7.2 Höfisch-weltmännische Verhaltensideale Da Daniel Hartnack der einzige Rezensent ist, der im größeren Stil an funktionale Personengruppen gerichtete Handbücher auflistet, ist der Abgleich mit den Korpora in Canitz’ Bibliothek nur bei seiner Leseanweisung konkret möglich. Hier bestätigen sich Beobachtungen, die auch schon bei der Rhetorikliteratur gemacht wurden. In der Bibliothek konkurrieren zwei ältere lateinische Ratgeber der protestantischen Gelehrsamkeit⁵⁴⁸ mit einer großen Zahl volkssprachlicher Traktate. Bei den deutschen Werken handelt es sich meist um Gelegenheitsliteratur, die von Lehrern und Hofmeistern verfasst wurde und die das richtige Verhalten bei Hofe thematisiert. Während die Werke Der neu-auffgeführte Politische HoffMeister ⁵⁴⁹ und Schild der Ehren und Tugend-Gewehr ⁵⁵⁰ bereits im Titel ihre moralisierende Absicht erkennen lassen und Weise sich im Politischen Hoff-Meister ausdrücklich von den französischen Konzepten eines Honnête Homme abgrenzt, ist der Neue politische Glücks-Schmied von Christian Bessel deutlich progressiver.⁵⁵¹ Bereits im Vorwort lässt er wissen, dass Klugheit in der Politik genauso wenig von Nutzen sei wie in einem Schiff auf stürmischer See und proklamiert in vergrößerter Schrift „Hilf dir selber, so hilft dir Gott“.⁵⁵² Bessels politische LehrSätze wollen einen sozialen Aufstieg bei Hofe erreichen: „Wie man sich bey einem Vgl. Barner, Barockrhetorik, S. 370; Georg Braungart: Hofberedsamkeit. Studien zur Praxis höfisch-politischer Rede im deutschen Territorialabsolutismus. Tübingen 1988, S. 289 – 291. Vgl. z. B. den Abschnitt „Vom Politischen Stylo“ in: Weise, Curiöse Gedancken (1692) (Ms,VIII,153), S. 322– 420. S. 322: „Durch den Politischen Stylum wollen wir allhier nicht etwan in specie nur den Hoff-Stylum gemeinet haben/ welcher ohne Zweiffel etwas sonderliches bey sich führet/ damit sich gemeine Personen nicht weisen können; sondern wir ziehlen auff den gemeinen und gewöhnlichen Stylum, welcher in der Politischen Zusammenkunfft/ und in allen bürgerlichen Händeln am allerbequemsten zu gebrauchen ist.“ Auf Latein: Weise, Institutiones (1689) (Ms,VIII,167) S. 661. Simon Gronenberg/Simon Schardius/Paulus Schede Melissus: Speculi Aulicarum Atque Politicarum observationum Libelli quinque. Wittenberg 1599 (Ms,XII,110); Vincentius Tortoreto: Horae subcesivae de nobilitate gentilitia in 3 libros divisae nunc primum prodeunt. Leiden 1624. E. Andre-Sohn: Der neu-auffgeführte Politische Hoff-Meister. Frankfurt M. 1685 (Ms,XII,108). Gülich, Schild (Ms,XII,111). Bessel, Glücks-Schmied (Ms,XII,107). Lit.: Gotthardt Frühsorge: Der politische Körper: Zum Begriff des Politischen im 17. Jahrhundert und in den Romanen Christian Weises. Stuttgart 1974, S. 83 f., 101 f. Vgl. Bessel, Glücks-Schmied (Ms,XII,107), Vorrede, S. [2].
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jeden bekandt und beliebt machen/ aber keinen offendieren müsse“; „Man müsse/ um sich desto besser in den Sattel zu setzen/ sich um seines Herrn-Gnade bewerben“; „man müsse sich auch um der Favoriten und hoher Bedienten Gunst bewerben.“⁵⁵³ An mehreren Stellen gibt Bessel sogar Anweisungen, wie man sich politischer Verantwortung entziehen kann. Insofern verlangt er seinem Leser eine pragmatische Einstellung ab, die ihm das „Überleben“ in diesem Umfeld sicherte. Hier werden Einflüsse bemerkbar, die im romanischen Raum bereits häufiger zu registrieren sind: Canitz besaß die von Abraham Nicolas Amelot de la Houssaie ins Französische übersetzte Aphorismensammlung von Baltasar Gracián y Morales.⁵⁵⁴ Das 1647 erschienene Originalwerk von Gracián erschien noch unter dem tugendbasierten Titel Oraculo Manual Y Arte De Prudencia. Der Verfasser richtet sich an den von ihm vorausgesetzten verständigen und verantwortungsvollen Leser, der in der Politik möglichst hoch aufsteigen muss, damit eine Mehrheit von Menschen von seinen Fähigkeiten profitieren kann. In diesem Zusammenhang müsse die Strategie des Einzelnen von Opportunismus und Pragmatismus bestimmt sein. Die handlungsleitende Klugheit des Menschen avanciere zur Kunst, die ein hohes Maß an Spontanität und Improvisationsfähigkeit erfordere. Wegen Einstellungen wie dieser wurde Gracian immer wieder mit dem Machiavellismus in Verbindung gebracht.⁵⁵⁵ Während Gracian bereits in seinem Titel eine Verhaltens- und Klugheitslehre umschreibt, ist der von Amelot de la Houssaie gewählte Titel L‘homme de Cour eher zielgruppenorientiert. Erst auf Basis der französischen Übersetzung verbreitete er sich auch im deutschen Sprachraum. Für den romanischen Sprachraum hatte das Oraculo Manual eine große Initialwirkung.⁵⁵⁶ Eine ebenfalls wenig moralisierende Darstellung findet sich im Werk Le Secret Des Cours, ou Le Journal De Walsingham von Eustache de Refuge, bei dem es sich weniger um ein Journal als um einen karriereorientierten politischen Ratgeber handelt. Kapitel VII informiert, „qui, quand, & comment on doit flater: ce que c’est que la flateri qui n’a rien de criminal, & combine il est necessaire de s’en server à la Cour.“ Werke wie die von Gracian und De Refuge markieren eine allmähliche Individualisierung der politischen Theorie, die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts deutlich an Akzeptanz gewann. Die Verfasser sind sich bewusst, dass ein von ihnen propagiertes Verhalten den geltenden zeitgenössischen Normen
Vgl. ebd., [Inhaltsverzeichnis, unpaginiert]. Gracián y Morales; Amelot de La Houssaye, Homme (Ms,VIII,405). Spanische Erstausgabe: Baltasar Gracián y Morales: Oráculo manual, y arte de prudencia. Huesca 1647. Vgl. ebd., S. 23 f.; Bunsen, Gracián, S. 87 f.; Kiesel, Hof, S. 176 – 187 Vgl. Margarete Zarneckow: Christian Weises „Politica Christiana“ und der Pietismus. [s.l.] 1924, S. 9.
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entgegensteht, und sie versuchen nicht, diesen Widerspruch zu entschlüsseln oder aufzulösen. Der Umstand, dass der Hof seinen Akteuren das moralisch verwerfliche Erfolgs- und Konkurrenzdenken quasi aufzwang, weckte das ganze 17. Jahrhundert hindurch die Besorgnis von Literaten.⁵⁵⁷ Eine Diskussionsplattform für diese Problematik bildete die Debatte um den Honnête Homme, der in Canitz’ Bibliothek in mehreren Werken thematisiert wird und der auch schon im Rahmen der französischen Moralistik zum Verhaltensideal erhoben wird. Ausgelöst wurde die Diskussion von dem Wunsch nach einem adeligen Bildungs- und Verhaltensideal, das dem von der Gelehrsamkeit abverlangten humanistischen Profil mehr Ritterlichkeit und galante Konversationsfähigkeiten entgegensetzen sollte. Zu verweisen ist hier beispielsweise auf das Werk Le Vray Theatre D’Honnevr Et De Chevalerie, Ov Le Miroir Heroiqve De La Noblesse von Marc de Vulson, der diese Ideale besonders propagiert.⁵⁵⁸ Die gelungene soziale Interaktion eines Honnête Homme erforderte ein großes Set an Wissensbeständen und Kompetenzen. Über diese konnte sich Canitz im Werk Les Arts De L’Homme D’Epée, Ou Le Dictionaire Du Gentilhomme umfassend informieren⁵⁵⁹, fünf weitere Werke bedienten ihn außerdem mit Anleitungen und Beispielen in der Kunst des galanten Briefeschreibens.⁵⁶⁰ Seit Mitte des 17. Jahrhundert kamen immer mehr Forderungen auf, nach denen der Honnête Homme sich nicht politisch engagieren, sondern vielmehr das nähere Umfeld mit seinen sozialen Qualitäten überzeugen sollte. Bald lockerte sich auch die soziale Begrenzung auf den Adel: Während Colombiere eine primär adelige Zielgruppe im Blick hat, richtet sich Antoine Courtin an eine Mehrzahl von sozialen Gruppen und definiert für sie jeweils eine entsprechend angepasste Form der Civilité. ⁵⁶¹ Während die Ehre des Individuums anfangs so hoch geachtet
Vgl. ebd., S. 8. Marc de Vulson: Le Vray Theatre D’Honneur Et De Chevalerie, Ou Le Miroir Heroique De La Noblesse. Paris 1648 (Ms,II,114). Georges Guillet: Les Arts De L’Homme D’Epée, Ou Le Dictionaire Du Gentilhomme. Den Haag 1686 (Ms,VIII,423). Edme Boursault: Lettres de respect, d’obligation, et d’amour. Paris 1669 (Ms,VIII,464); Edme Boursault: Lettres Nouvelles De Monsieur Boursault. Paris 1698 (Ms,VIII,465); Lettres Galantes (Ms,VIII,466, hier: Erscheinungsjahr 1672); François de Fenne: Le Secretaire à la Mode Reformé Ou Le Mercure Nouveau. Contenant les lettres Choisies des plus beaux Esprits de ce Tems. Leiden 1684 (Ms,XII,89); Secretaire des amans (Ms,VIII,467). Antoine de Courtin: Nouveau traité de la civilité qui se pratique en France parmi les honnêtes gens. Amsterdam 1679 (Ms,XII,72). Vgl. Roger Chartier: Civilité, in: Roger Chartier u. Thomas Schleich (Hrsg.), Handbuch politisch-sozialer Grundbegriffe in Frankreich 1680 – 1820. Roger
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wurde, dass auch Duelle als rechtmäßiges Mittel zu ihrer Verteidigung galten, nahmen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert die Appelle an Tugend und christliche Werte wieder zu, wovon in Canitz’ Bibliothek der Traktat La Religion D’Un Honneste Homme Qui n’est pas Théologien de profession von Edward Synge zeugt.⁵⁶² Obwohl die späteren Handbücher zum höfischen Verhalten nicht zu einem politischen Engagement ermutigten, waren galante Konversations- und Umgangsformen ein wichtiges Kompetenzset für die politische Arbeit und die höfische Interaktion.
4.2.7.3 Staatskunst und politische Beratung In der Bibliothek von Canitz wird politische Beratung eher über das konkrete Beispiel demonstriert als über Ratgeber. Immer wieder weisen sich die Autoren selbst als erfahrene Consiliarii und Ministri aus und demonstrieren damit ihre Berechtigung, sich zu politischen Themen zu äußern oder von ihrer eigenen Biografie oder ihren Erfahrungen zu berichten. Lediglich zwei Bücher geben dem Titel nach Auskunft über die Pflichten und Aufgaben eines politischen Beraters: Eines davon ist das Werk „Der Alten Teutschen Reichs-Sachen Anmuthigkeiten […] Allwo Im letzteren nicht allein dieses erwiesen ist/ wie ein vollkommener Fürstlicher Staats-Rath ein Phoenix seye: sondern nechst solchen sind auch verschiedene […] Discurs in solchen erörtert und außgefertiget“ von Michael Praun. Hier geht dieser allerdings nur sporadisch auf den Staatsmann oder Fürstlichen Rath ein.⁵⁶³ Das zweite Werk stammt von dem auch von Daniel Hartnack benannten Jean de Silhon, der dem Staatsminister mit seinen Ausführungen die Anwendung einer modernen Politik vermitteln will.⁵⁶⁴ Silhon war Berater und Sekretär der Kardinäle Richelieu und Mazarin, zudem Literat und Mitglied der Academie Française. ⁵⁶⁵ Auch Baltasar Gracian, Christian Bessel und De Refuge äußern sich in ihren Traktaten recht umfassend zur gekonnten politischen Be-
Chartier: Civilité. – Thomas Schleich: Fanatique, Fanatisme. Berlin; Boston 1986, S. 1– 50, S. 13 – 24. Edward Synge: La Religion D’Un Honneste Homme Qui n’est pas Théologien de profession. Amsterdam 1699 (Th,XII,49). Für einen Entwicklungsverlauf des Honnête Homme-Ideals vgl.: Höfer; Reichardt, Honnete homme, S. 1– 24; Henning Scheffers: Höfische Konvention und die Aufklärung. Wandlungen des honnête-homme-Ideals im 17. und 18. Jahrhundert. Bonn 1980. Praun, Reichs-Sachen (Ms,VIII,46). Für Belegstellen vgl. das entsprechende Lemma im Register. Jean de Silhon: Le Ministre D’Estat, Avec Le Veritable Usage De La Politique Moderne. Paris 1665 (Ms,XII,256). Zur Biographie vgl. ebd., S. 1– 85; Church, William Farr: Richelieu and reason of state. Princeton, New Jersey 1972, S. 164– 172.
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4 Konsens und Dissens zur idealen Bibliotheca Politica
ratung.⁵⁶⁶ Der Begriff einer Politique Moderne bezieht sich bei Silhon primär auf Strategien und Richtlinien, die als spezifisch französisch verstanden werden und dem Leser (und zukünftigen Minister) vermittelt werden sollen. In seinem Werk klärt er den Leser weniger über das Tätigkeitsfeld des Beraters als über den Fürsten und seine politische Rolle auf, erörtert aktuelle völkerrechtliche Fragen sowie Voraussetzungen eines gerechten Krieges. Besonders betont er das Handlungsmotiv der fürstlichen Reputation. Zur Dissimulation und Schmeichelei fordert Silhon im Gegensatz zu Baltasar Gracian und Eustache de Refuge nicht auf.
4.2.7.4 Gesandtschaftswesen Die bisherige Analyse der Bibliothek von Canitz zeigte bereits auf, dass hier nur schwerlich die Fachbibliothek eines Gesandten konstatiert werden kann. Zwar besteht die Gesamtbibliothek zur Hälfte aus Titeln, denen Zeitgenossen eine politische Relevanz attestierten, allerdings taugen diese ganz allgemein für die politische Handlungselite und sind nicht spezifisch für die Bibliothek eines Gesandten. Sucht man nun nach Werken, die sich explizit mit der funktionalen Kategorie „Gesandter, Botschafter, Legat“ etc. befassen oder mit seinen rechtlichen Rahmenbedingungen, so stößt man auf lediglich sechs Werke, die allesamt sehr unterschiedlichen Denktraditionen verpflichtet sind. Das älteste Werk trägt den italienischen Titel Dialoghi Historici, E Politici Contenenti le vere massime della Politica, Et L’Idea D’Un Perfetto Ambasciatore ⁵⁶⁷ und erschien unter dem Pseudonym eines Desiderio Castiglione. Es handelt sich um eine italienische Übersetzung eines 1620 zuerst in Spanien erschienenen Werkes von Juan Antonio de Vera y Cuniga.⁵⁶⁸ Das Pseudonym Desiderio Castiglione spielt auf Baltasar Castiglione an, der 1528 mit seinem abgefassten Buch vom Hofmann „dazu beitrug, den Humanismus an die Welt des Hofes und den Hof an die Welt des Humanismus anzupassen.“⁵⁶⁹ Ähnlich wie bei Castiglione ist auch das Werk von Vera y Cuniga in Dialogform abgefasst und appelliert an humanistische Tugendideale, durch die
Refuge; La Boulesteis de Contie, Secret (Ms,VIII,296); Bessel, Glücks-Schmied (Ms,XII,107); Gracián y Morales; Amelot de La Houssaye, Homme (Ms,VIII,405). Desiderio Castiglione: Dialoghi Historici, E Politici Contenenti le vere massime della Politica, Et L’Idea D’Un Perfetto Ambasciatore. Venedig 1674 (Ms,IV,234). Juan Antonio de Vera y Cuniga: El Enbaxador. Sevilla 1620; Fedele, Naissance. Baldassare Castiglione: Il Libro Del Cortegiano. Venedig 1528. Lit.: Burke; Drolshagen, Geschicke, S. 46; Edoardo Costadura: Der Edelmann am Schreibpult. Zum Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution. Tübingen 2006 S. 15 – 27.
4.2 Die Bibliotheca Caniziana im Expertenblick politischer Leseanweisungen
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sich der Gesandte auszeichnen und profilieren sollte. Neben dem RenaissanceIdeal eines humanistisch gebildeten Ambassadors enthält es konkrete Angaben über den Status, die Rechte und Pflichten eines Gesandten. Die Exempel sind größtenteils der Antike entnommen und vernachlässigen dagegen die Präzedenzfälle der frühneuzeitlichen Gegenwart und Zeitgeschichte.⁵⁷⁰ Einer anderen Denktradition entspringt das Werk De Legationibus Statuum Imperii Commentatio von Johann Georg Kulpis.⁵⁷¹ Darin befasst er sich mit dem Gesandtschaftsrecht des Heiligen Römischen Reiches. Die von Kulpis behandelten Fragen, wie ein Gesandter zu definieren war, welcher Fürst wie mit welchen anderen Fürsten in einen diplomatischen Austausch treten konnte und welchen zeremoniellen Status die Gesandten verschiedener Territorien innehatten, zeugen von der fluiden Ranghierarchie unter den deutschen Fürsten, die über die Diplomatie permanent neu austariert wurde. Immer wieder äußert sich Kulpis auch zu Fragen der Reichspublizistik; in Auseinandersetzung mit den Pufendorfschen Lehren verteidigt er den Einheitscharakter des Reiches und spricht sich gegen eine souveräne Stellung der Reichsstände aus, um dagegen den Status des Kaisers und der ihm unterstellten Fürsten zu stärken.⁵⁷² Kulpis richtet sich mit seinem Werk zwar nicht unmittelbar beratschlagend an den Gesandten, bildet aber dennoch eine Anlaufstelle, wenn im zeremonialen Alltag Konflikte zwischen Gesandten auftraten oder eine Referenzquelle benötigt wurde, mit der politische Ansprüche verteidigt werden konnten. Das originale Buchexemplar hat sich heute in der Bibliothek der Franckeschen Stiftungen in Halle erhalten. Es trägt Canitz’ Signatur, die sonst nur in wenigen seiner Bücher enthalten ist.⁵⁷³ Somit scheint er das Werk zumindest durchblättert und ihm einen identitären Wert beigemessen zu haben. Lesespuren des Besitzers enthält das Buch nicht. Das dritte Werk, das sich mit Diplomatie und Diplomaten befasst, ist eine Ausgabe von Wicqueforts L’ambassadeur et ses fonctions. Wicquefort berücksichtigt völkerrechtliche Bestimmungen genauso wie das höfische Zeremoniell. Er wendet sich insofern von der akademischen Politikwissenschaft ab, als dass er die antiken Exempel und Gepflogenheiten ausdrücklich als irrelevant bezeichnet und konsequenterweise außer Acht lässt.⁵⁷⁴ Auch als Referenz ist Wicquefort in der
Vgl. Fedele, Naissance, S. 70; Garrett Mattingly: Renaissance diplomacy. New York 2010 S. 211– 220; Maurice Keens‐Soper: Abraham de Wicquefort and diplomatic theory, in: Diplomacy & Statecraft 8 (1997,2), S. 16 – 30, S. 17. Kulpis, Legationibus (Iur,VIII,40). Lit.: Friedrich, Geschichte, S. 77. Vgl. Pelizaeus, Argumentationslinien, S. 559 f. Vgl. Bibliothek der Franckeschen Stiftungen zu Halle, Sign. 138 H 1. Abraham de Wicquefort: L’ambassadeur et ses fonctions. Köln 1690 (Ms,IV,82); Heidrun Kugeler: ’Le parfait Ambassadeur’. Zur Theorie der Diplomatie im Jahrhundert nach dem West-
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4 Konsens und Dissens zur idealen Bibliotheca Politica
Bibliothek präsent. Eine anonym erschienene Flugschrift thematisiert den Konflikt um die diplomatische Immunität französischer Gesandter, der zwischen Ludwig XIV. und Papst Innozenz XI. ausbrach (vgl. Kap. 4.2.2.2, Abschnitt „Frankreich“). Der unbekannte Autor versucht dabei, die Sachlage auf Basis der Werke von Caspar Ziegler und Abraham de Wicquefort zu beurteilen.⁵⁷⁵ Zwei weitere Flugschriften befassen sich mit diesem Konflikt.⁵⁷⁶ Auch wenn die Krise um den französischen Gesandten Lavardin für Canitz sicherlich keinen akuten Informationswert hatte, handelt es sich dabei doch um einen Präzedenzfall, über den gesandtschaftsrechtliche und zeremonielle Debatten entschieden wurden. Das Beharren auf diplomatischen Vorrechten war essenziell, weil diese von Zeitgenossen als Barometer für die Rangfolge der souveränen Fürsten betrachtet wurden. Gleichsam konnten die jeweiligen Methoden der Machterhaltung auf andere Kontexte übertragen werden. Die Praxis einer situationsgebundenen Rechtsfindung widerspricht der in den Leseanweisungen propagierten Methodik, nach der ein Exempel die Theorie bestätigen, prinzipiell aber nicht gestalten oder sogar umgestalten sollte.
fälischen Frieden, in: Heidrun Kugeler (Hrsg.), Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Hamburg 2006, S. 180 – 211, S. 187; Keens‐Soper, Wicquefort, S. 19. Derzeit arbeitet Stephan Mai (Universität Wien) an einer Dissertation zum Thema „Immunität! Biographische Erfahrung und diplomatische Theoriebildung bei Abraham de Wicquefort (1606 – 1682)“. Außführlicher Entwurff (Ms,IV,103,4), Lage E3 bis E.N.D.E. Refutation (Ms,IV,103,5).
5 Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur Welche Intentionen Verfasser und/oder deren Auftraggeber mit ihrer Geschichtsschreibung und Publizistik verbanden und welche Methoden hierbei zur Anwendung kamen, wurde im Rahmen der Wissenschaftsgeschichte bereits recht intensiv erforscht.¹ Deutlich schwieriger zu beantworten ist die Frage nach den Motivationen und Interessen hinter der Rezeption.² Die Verfasser der politischen Leseanweisungen liefern hier einige Lösungsangebote, die im Folgenden – unter Berücksichtigung der daran gekoppelten akademischen Programme und Bildungsideale – diskutiert werden sollen. Außerdem erlauben Format, Stil und Struktur des hier untersuchten Schrifttums sehr fundierte Annahmen über die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Lektüre. Einige Hinweise liefern darüber hinaus einige wenige überlieferte Originale aus der Bibliothek von Canitz, die darin enthaltenen Lesespuren und die Lebensbeschreibung von Johann von König. Auf Basis dieser Zeitzeugnisse wurden vier Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur rekonstruiert.
5.1 Intensive bzw. klugheitsgenerierende Lektüre Es wurde im Einführungskapitel bereits darauf hingewiesen, dass Gelehrte eine klugheitsgenerierende Funktion der Geschichtsschreibung propagierten. Dies lässt sich insbesondere für die Geschichte der Antike und der Renaissance be-
Vgl. u. a. Thomas Wallnig (Hrsg.): Europäische Geschichtskulturen um 1700 zwischen Gelehrsamkeit, Politik und Konfession. Berlin 2012; Wolfgang Burgdorf: Der intergouvernementale publizitistische Diskurs. Agitation und Emanzipation, politische Gelegenheitsschriften und ihre Bedeutung für die Entstehung politischer Öffentlichkeit im Alten Reich, in: Johannes Arndt u. Esther-Beate Körber (Hrsg.), Das Mediensystem im Alten Reich der Frühen Neuzeit (1600 – 1750). Göttingen 2010, S. 75 – 97; Ulrich Muhlack: Geschichtswissenschaft im Humanismus und in der Aufklärung. Die Vorgeschichte des Historismus. München 1991; Robert von Friedeburg: Geschichtsschreibung und Geschichtspolitik in der Frühen Neuzeit. Die Rolle von Geschichte in den Konflikten zwischen den Landgrafen von Hessen(‐Kassel) und ihren Ständen, in: Claudia Fröhlich u. Horst-Alfred Heinrich (Hrsg.), Geschichtspolitik: Wer sind ihre Akteure, wer ihre Rezipienten? Stuttgart 2004, S. 33 – 52. Zur Erforschung des Lesens in der Frühen Neuzeit vgl.: Alfred Messerli u. Roger Chartier (Hrsg.): Lesen und Schreiben in Europa 1500 – 1900. Basel 2000; Rolf Engelsing: Die Perioden der Lesergeschichte in der Neuzeit. Das statistische Ausmaß und die soziokulturelle Bedeutung der Lektüre, in: Archiv für die Geschichte des Deutschen Buchhandels 10 (1975), Sp. 945 – 1002. https://doi.org/10.1515/9783110685336-005
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5 Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur
zeugen: Geschichte liefert Vorbilder politisch klugen Handelns, denen man nacheifern und die korrekte Anwendung politischer Verhaltenslehren nachvollziehen kann.³ In diesem Kontext gelten Erfahrungen zu einem gewissen Grad als übertragbar: Wer die mit Klugheit und Urteilsfähigkeit verfassten Schriften von Staatsmännern liest, kann sich deren Erfahrungen zu eigen machen und damit mangelnde eigene Erfahrungen substituieren. Diese Art des Lernens ist verhaltensorientiert: Die Geschichte gibt dem politicus Vergleichsmaterial und lehrt ihn Momente, in denen es opportun ist, ethische Maßgaben zugunsten des Gemeinwohls oder der Staatsräson zu umgehen. Die antike Geschichte ist von gegenwärtigen politischen und konfessionellen Rivalitäten unbelastet und bietet ideales Anschauungsmaterial. Auch die italienische Geschichte des 15. und 16. Jahrhunderts wird für das Erlangen von Staatsklugheit instrumentalisiert. Die „prudentielle“ Lesart zeigt dabei starke Parallelen zu der von Rolf Engelsing für das Mittelalter und die frühe Neuzeit beschriebenen intensiven Lesart.⁴ Diese Idee von politischer Lektüre ist normativ eingebunden und schwerlich auf alle politischen Inhalte übertragbar. Insbesondere ambitionierte Büchersammler wie Friedrich Rudolf von Canitz stellte sie vor große Herausforderungen. Dies demonstrieren die einzigen Lesespuren, die von ihm bis heute erhalten sind: Sie befinden sich in seinem Exemplar von Samuel Pufendorfs Lebensgeschichte Gustav Adolfs von Schweden, das über seinen Schwager Carl Hildebrand von Canstein in die Bibliothek der Franckeschen Stiftungen gelangte. Auf den ersten hundert Seiten enthält das Werk zahlreiche Notizen und Unterstreichungen, die den Versuch bezeugen, das Werk komplett und systematisch durchzuarbeiten. Canitz unterstrich lange Passagen, setzte Nota-Bene-Vermerke und schrieb Schlagwörter an den Textrand. Bevor Pufendorf seine Einleitung über die Reformationsgeschichte im Reich und in Schweden zum Ende gebracht hat, reduzieren
Vgl. Wilhelm Kühlmann: Gelehrtenrepublik und Fürstenstaat. Entwicklung und Kritik des deutschen Späthumanismus in der Literatur des Barockzeitalters. Berlin 1982, S. 53. Den Begriff der „prudentiellen“ Geschichte prägte Merio Scattola. Vgl. Merio Scattola: „Historia literaria“ als „historia pragmatica“, in: Frank Grunert (Hrsg.), Historia literaria. Berlin 2007, S. 37– 63, S. 50, am Beispiel von Tacitus erläutert: Ulrich Muhlack: Der Tacitismus – ein späthumanistisches Phänomen?, in: Notker Hammerstein u. Gerrit Walther (Hrsg.), Späthumanismus. Göttingen 2000, S. 160 – 182, S. 169 f. Engelsing, Perioden, Sp. 959 f. In seinem vielbeachteten Aufsatz definiert Engelsing zwei Epochen des Lesens: Vor 1750 sei die intensive Lektürepraxis vorherrschend gewesen, in der einzelne Bücher wiederholt und gründlich rezipiert wurden, nach 1750 eine extensive Lesepraxis, bei der eine größere Anzahl an Werken überflogen oder nur anteilig gelesen wurde. Obgleich die scharfe zeitliche Zäsur fragwürdig und für das 17. Jahrhundert nicht schlüssig erscheint, sind die von Engelsing entwickelten Kategorien zur Beschreibung von Lesegewohnheiten der Frühen Neuzeit sehr gut verwendbar.
5.2 Extensives bzw. informatives Lesen
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sich die Lesespuren und brechen schließlich ganz ab. Eine intensive Lektüre gelang dem Leser offensichtlich nicht, dafür war das Folio-Werk zu sperrig und zu detailreich. Womöglich stand auch eine als umständlich empfundene lateinische Sprache einer intensiven Lektüre entgegen. Bevor sich der Leser die Klugheit des Verfassers oder Todesumstände von Gustav Adolf erarbeiten konnte, scheiterte er an der schieren Text- und Datenmenge. Eine „prudentielle“ politische Lesart war durch die Lektüre der antiken und italienischen Historiker wie auch über jedes andere Historienwerk zweifelsohne möglich und hat sicherlich stattgefunden, insbesondere im Rahmen der politischen Ausbildung im Privatunterricht und an der Universität. Dass Canitz die programmatischen Forderungen eines Justus Lipsius oder Johann Bose als Vorbereitung für seine Gesandtschaften umsetzte, ist unwahrscheinlich. Die hierfür geforderten Abstraktionsleistungen – beispielsweise die Klugheit eines Tacitus für das eigene Verhalten als Vermittler in einem Erbfolgestreit zu adaptieren – erscheinen wenig praktikabel. Anders verhält es sich in Bezug auf die französische Politikliteratur, die sich der intensiven Lektüre weit weniger versperrte: Französische Räte und Adelige galten als Koryphäen der politischen Beratung und bewegten sich in ähnlichen höfischen und politischen Lebenswelten wie die Leser ihrer Memoiren und Biografien. Wenn Richelieu sich als Überredungskünstler bei Hofe und Verhandlungsmeister auf Friedenskongressen inszeniert oder durch Dritte als solcher beschrieben wird, dann bietet sich eine intensive Lektüre zwecks Nachahmung seiner Strategien durchaus an. Zudem war im französischen Schrifttum das narrative Moment deutlich stärker ausgeprägt als das informative: Verfasser wie Varillas und Maimbourg vermittelten klare Identitäten und Feindbilder, die sich gut einprägen und gegenüber Dritten kommunizieren ließen. Die Verfasser standen unter der Patronage des französischen Königs und mussten auf die Kritik gegnerischer Parteien nicht so akut eingehen wie ein deutscher Gelehrter, der die Ansprüche seines Territorialfürsten gegen den eines anderen zu verteidigen versuchte. Im Vergleich zu den schweren lateinischen Foliobänden der deutschen Gelehrsamkeit waren die französischen Duodez- und Oktavformate sehr handlich: Sie konnten auf Reisen mitgenommen und im Bett oder in der Kutsche gelesen werden.
5.2 Extensives bzw. informatives Lesen Während eine extensive Lektüre auf Basis eines entsprechenden Korpus sicherlich schon immer stattgefunden hat, entsteht ihre ideologische Basis und Legitimation in Bezug auf die Politik erst ab der Mitte des 17. Jahrhunderts: Die Ge-
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5 Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur
genwart kann nur richtig verstanden werden, wenn ihre Wurzeln bekannt ist. Nützlich ist jene Geschichte, die das politische Umfeld des Individuums berührt und beeinflusst. Ein tieferes Verständnis der Dynastien, der Bevölkerung und Geografie Europas unterstützt den politicus bei der Konzeption der jeweils besten politischen Strategie. Über historische und individuell abgestimmte Einzelinformationen werden gegenwärtige Entscheidungsprozesse und Legitimationsstrategien nachvollziehbar oder widerlegbar.⁵ Je geringer die Zeitspanne zwischen der studierten Geschichte und dem Zeitpunkt ihrer Nachrezeption, desto größer der informative Nutzen. Für die meisten Werke in Canitz’ Bibliothek bietet sich eher eine informative als eine klugheitsgenerierende Lektüre an. Canitz’ Biograf Johann von König vermutet auf Basis seines Kontaktes mit Canitz’ Bekannten und Freunden eine Lesepraxis, welche die moderne Forschung unter dem Begriff des „extensiven Lesens“ nicht besser hätte umschreiben können: Er besaß eine grosse Richtigkeit des Verstandes, und alles, was er wuste, wuste er recht, beydes in gründlichen Wissenschafften als auch in der zierlichen Belesenheit. Die Bücher waren sein angenehmster Zeitvertreib. Weil aber unser Leben an sich selbst zu kurtz ist, als daß wir alles lesen können; ihm hingegen seine überhäuffte Staats-Geschäffte noch weniger Zeit überliessen; so wehlte er nur die besten und hatte die gantz besondere Gewohnheit, daß er allezeit am Ende bey dem Blattweiser anfing, so fort dasjenige, was ihm nicht anstund, übergieng, das andere hingegen nachschlug, überlaß, und gleich schrifftlich anmerckte.⁶
Im Zuge der Notitia Rerum Publicarum erhielt die historische Information einen unmittelbaren Wert für die politische Gegenwart. In historiografischen Druckschriften wurden die auf Klugheit abzielenden Narrative immer mehr durch Informationsschübe zersetzt, die nur für beteiligte Personen unmittelbar relevant waren. Um den Zugang zu den Informationen zu erleichtern, konzipierten die Verfasser Inhaltsverzeichnisse und Register, die Abkürzungen zu gesuchten Einzelinformationen aufzeigten und eine vollständige Lektüre vermeidbar machten. Buchtitel avancierten zu Kurzaufsätzen über das informatorische Leistungspotential des Werkes. So zu sehen bei Ludwig von Seckendorff, dessen Commentarius Historicus Et Apologeticus De Lutheranismo 1200 Seiten im Folioformat umfasst:
Vgl. Heidrun Kugeler: ’Le parfait Ambassadeur’. Zur Theorie der Diplomatie im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden, in: Heidrun Kugeler (Hrsg.), Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Hamburg 2006, S. 180 – 211, S. 200 – 202. Johann Ulrich von König: Leben des Freyherrn von Canitz, in: Johann König (Hrsg.), Des Freyherrn von Canitz Gedichte, Mehrentheils aus seinen eigenhändigen Schrifften verbessert und vermehret. Berlin; Leipzig 1734, S. 1– 112, S. 101 f.
5.2 Extensives bzw. informatives Lesen
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Commentarius Historicus Et Apologeticus De Lutheranismo, Sive De Reformatione Religionis ductu D. Martini Lutheri in magna Germaniæ parte aliisque regionibus, & speciatim in Saxonia recepta & stabilita: In Quo Ex Ludovici Maimburgii Jesuitæ Historia Lutheranismi Anno M DC LXXX Parisiis Gallice edita Libri Tres ab anno 1517. ad annum 1546. Latine versi exhibentur, corriguntur, & ex Manuscriptis aliisque rarioribus libris plurimis supplentur; Simul & aliorum quorundam Scriptorum errores aut calumniae examinantur. Auspiciis Serenissimi & Potentissimi Electoris & Serenissimorum Ducum Saxoniae, Eo fine Ut ad veram & exactiorem rei gestae, & ad depulsionem calumniarum, ex fide dignis monumentis, denuo via pateat: Pro honore Dei, & pace Ecclesiae, justaque defensione pietatis & virtutis, a Majoribus in negotio Reformationis ostensae. Adjectis indicibus necessariis & locupletissimis.⁷
Werke wie die von Seckendorff und Pufendorf stehen exemplarisch für einen Großteil der Geschichtsliteratur in Canitz’ Bibliothek. Geschichtsschreibung liefert hier Fakten über Herrscher, Taten, Kriege, acta publica, bedient Leser mit Legitimationen und Legitimationsstrategien, berichtet von Provinzkonflikten und großen politischen Kampagnen. Die Autoren – selbst oft Räte und Diplomaten – kalkulieren mit einer kritischen Öffentlichkeit aus Akademikern und politisch involvierten Personen und müssen ihre Konfessionen und Territorialfürsten vor den Angriffen gegnerischer Theologen bzw. anderer Potentaten verteidigen. Im Drang nach einer „juristische[n] Fixierung der Geschichte“⁸ liegt ein entscheidender Impuls für den informativen und auf Beweisführung ausgelegten Strukturwandel der Geschichtswissenschaft, die sich von der Historiografie des verhältnismäßig zentralisierten französischen Königtums unterschied.⁹ Für Canitz konstruierte die Geschichtsliteratur in seiner Bibliothek einen politischen Wissenshorizont, innerhalb dessen er sich und seinen Kurfürsten nach individuellen Bedarfen positionieren sowie seine Rollen und Aufgaben begreifen konnte.
Veit Ludwig von Seckendorff: Commentarius Historicus Et Apologeticus De Lutheranismo, Sive De Reformatione Religionis ductu D. Martini Lutheri in magna Germaniae parte aliisque regionibus, & speciatim in Saxonia recepta & stabilita. Frankfurt M. 1692 (Th,II,6). Vgl. Thomas Fuchs: Grandeur, Gloire und Kritik. Zum Verhältnis von Politik und Geschichtsschreibung im 17. Jahrhundert, in: Luise Schorn-Schütte u. Sven Tode (Hrsg.), Debatten über die Legitimation von Herrschaft. Berlin 2006, S. 159 – 174, S. 171 f. „Die juristische Fixierung der Geschichte verhinderte plumpe Geschichtserfindungen, wie sie noch im 16. Jahrhundert durchaus möglich gewesen waren. Fälschungen konnten in der Leibnizzeit nicht mehr einfach in die Welt gesetzt werden.“ Man siehe zum Vergleich die Geschichte des Luthertums von Louis Maimbourg, die Seckendorff zu der oben genannten Gegenschrift provozierte: Das Werk erschien im handlichen Oktav. Der Titel Histoire Du Luthéranisme par Louis Maimbourg ist knapp und hält zahlreiche für den frühneuzeitlichen Leser essenzielle Informationen zurück. Die konfessionell-politische Stoßrichtung des Werkes wird genauso wenig ersichtlich wie die Zeitspanne, die darin abgedeckt werden soll. Das Werk umfasst 840 Oktavseiten, erhält ein als Fließtext abgefasstes „Sommaire des livres“ und ein kurzes Register.
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5 Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur
Im Zuge des 17. Jahrhunderts passte sich die Geschichtsschreibung den sich wandelnden Interessen ihrer Leser stetig an. Es entwickelten sich spezifische Strukturen, Stile, Stilelemente und – letztlich – Textgattungen. Vor 1650 vollziehen sowohl die Verfasser als auch ihre Kritiker selten klare Ausdifferenzierungen zwischen den Gattungen: Die Grenzen zwischen einer Universalgeschichte, einer Chronik, einer Biografie, einem historischen Roman und politischen Memoiren sind fließend: So kritisieren die Verfasser der Leseanweisungen oft, dass ein Verfasser zwar ein großer Kenner der Geschichte seiner eigenen Landsleute sei, seine Darstellung europäischer Geschichte aber Mängel aufweise oder lückenhaft sei (obwohl die Abfassung einer solchen vielleicht gar nicht im Sinne des Verfassers lag), dass der Autor keine akademische Bildung genossen habe (was das Profil von Memoirenschreibern nicht unbedingt verlangt) oder dass er sich Geschichten und Anekdoten einfach ausdenke oder sie überspitze.¹⁰ Ein Bewusstsein für verschiedene Gattungen hätte diese Kritik mutmaßlich nicht provoziert. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts manifestiert sich ein zunehmend genaueres Bewusstsein für verschiedene politische Textgattungen – sowohl bei Verfassern, die ihr Werk über den Titel kategorisieren, als auch in den Leseanweisungen, die diese Kategorisierungen aufgreifen. Werktitel verweisen nicht mehr auf die Narration eines Zeitabschnitts, sondern konkret auf die Geschichte eines Reiches, einer Dynastie oder einer Person. Verfasser adressieren konkrete Zielgruppen und implizieren eine lehrhafte, informative oder erbauliche Funktion. Zusätzlich etablieren sich gattungsspezifische strukturelle Merkmale, Formate, Quantitäten und Schreibstile, welche die angedachte Nutzungsweise forcieren.
5.3 Identitätsstiftende Lektüre 5.3.1 Konfession und Religion Eine – vor allem implizit vermittelte – Funktion von Geschichte besteht in der Ausbildung und Festigung von Meinungen bzw. in der politischen, religiösen und
Mängel in der Darstellung europäischer Verhältnisse, vgl. Johann Andreas Bose: Bibliotheca politica contracta, hoc est recensus et judicia de scriptoribus politicis et ad politicam pertinentibus imprimis autem historicis, in: Samuel Schottel (Hrsg.), Bibliographia Historico-PoliticoPhilologica Curiosa. Frankfurt M. 1677, § 38; Carl Arnd: Bibliotheca Politico-Heraldica Selecta. Rostock 1705, S. 149 – 151. Für den Vorwurf mangelnder Ausbildung vgl.: Vgl. Bose, Bibliotheca, § 2, 43. Der Konflikt um fiktionale oder überspitzte Elemente in der Geschichtsschreibung zeigt sich besonders am Oeuvre von Antoine Varillas (vgl. Kap. 4.2.2.2).
5.3 Identitätsstiftende Lektüre
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konfessionellen Indoktrination. Die in den Leseanweisungen adressierte Leserschaft muss ihre Loyalitäten nicht nur kennen und festigen, sondern auch verteidigen können. In den Leseanweisungen erhalten die konfessionellen Narrative und Deutungsmuster der Reformation die höchste Wirkungskraft und werden mitunter vom späten 16. Jahrhundert bis ins 18. Jahrhundert kopiert.¹¹ Protestanten (wobei zwischen Calvinisten und Lutheranern nicht differenziert wird) und Anhänger des Papstes gelten nicht nur als Glaubensgegner, sondern auch als politische Rivalen, die in Kriege und Machtkämpfe verwickelt sind. Dementsprechend erhält die Geschichte der römisch-katholischen Kirche einen politischen Wert, aber keine einzige Biografie Martin Luthers wird in die Leseanweisungen integriert. Die Präsentation der französischen Geschichte bezieht sich schwerpunktmäßig auf das Narrativ der Zurückdrängung der Hugenotten zugunsten einer rein katholischen französischen Monarchie. Die niederländischen Territorien definieren sich über den Achtzigjährigen Krieg; die wichtigsten Elemente der deutschen Geschichte bilden der Schmalkaldische Krieg und die daraus resultierenden politischen Konsequenzen.¹² Die von den Rezensenten gelistete Literatur informierte über die zentralen Legitimationsstrategien des 16. und 17. Jahrhunderts, zu denen sich der Leser positionieren können musste. Gleichsam konnte er sie bei der Rechtfertigung oder Abweisung der von ihm getroffenen oder vertretenen politischen Entscheidungen adaptieren. Dass Geschichtsschreibung immer politisch, religiös oder konfessionell subjektiv ist, war den Rezensenten bewusst und wurde als gegeben oder sogar notwendig akzeptiert. Ein von einem politischen oder konfessionellen Gegner verfasstes Werk, das die eigene Partei mit Selbstkritik bedenkt, wird bei Bose oft mit dem Attribut der fides („magna/tanta fide“) versehen.¹³ Auch ein Vermerk von Arnd über Samuel von Pufendorf bezeugt das Bewusstsein für verschiedene Deutungsansätze: Pufendorf habe die völlig fehlerhafte Darstellung der schwedisch-dänischen Geschichte durch den französischen Historiker Antoine Varillas
Vgl. Paul Hazard: Die Krise des europäischen Geistes. Hamburg 1965, S. 57; Helmut Zedelmaier: „Im Griff der Geschichte“. Zur Historiographiegeschichte der Frühen Neuzeit, in: HJb 112 (1992), S. 436 – 456, S. 449. Zu den kursierenden konfessionellen Deutungsmustern vgl. auch: Heinz Schilling/Heinz Duchhardt: Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen. Bd. 1– 9, Bd. 2: Konfessionalisierung und Staatsinteressen, internationale Beziehungen 1559 – 1660. Paderborn 2007, S. 400 – 416. Für eine Definition konfessionalisierter Geschichtsschreibung vgl.: Matthias Pohlig: Grenzen der Abgrenzung: überkonfessionelle Momente in konfessioneller Geschichtsschreibung des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Kerstin Armborst-Weihs u. Judith Becker (Hrsg.), Toleranz und Identität. Göttingen 2010, S. 195 – 210, S. 201. Vgl. Bose, Bibliotheca.
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5 Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur
mit rechtem Eifer für die evangelische Religion („justo religionis Evangelicae Zelo“) „exkorporiert und widerlegt“.¹⁴ Die Bibliothek von Canitz weist ihrerseits eine konfessionelle Prägung auf, die den Meinungen und Bedürfnissen eines protestantischen Lesers entspricht. Der Materialkanon fügt sich jedoch nur zu einem Drittel in den Deutungskanon der Leseanweisungen ein. Zur lutherischen Kirchenkritik wird der Deutungskanon der in Frankreich von Repressionen betroffenen und teilweise exilierten Hugenotten ergänzt sowie ein Deutungskanon des Gallikanismus, indem auch das französische Königtum ein zu dominantes Papsttum ablehnt. Die Bibliothek ist durch das kulturelle Milieu im Berlin der 1680er und 1690er Jahre vorgeprägt, in dem ein Markt für eine dezidiert hugenottenfreundliche volkssprachliche Literatur bestand. Das konfessionelle Moment schwindet in Bezug auf die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Dieser scheint im Spiegel der Leseanweisungen insgesamt gering verarbeitet und mit Narrativen bestückt. Die Rezensenten kennen keine „Übeltäter“ und „Helden“ des Krieges und benennen auch kaum Schriften, die sich mit den politischen Entwicklungen des Krieges auseinandersetzen. Vielmehr betonen sie das politische Chaos, das mit den Lebzeiten von Tacitus vergleichbar sei. Zu diesem Eindruck von Anarchie mag der Umstand beigetragen haben, dass die Dichotomie von Protestanten (Freunde) und Katholiken (Feinde) auf den Dreißigjährigen Krieg nicht mehr anwendbar war. Die politischen Allianzen dieser Zeit durchbrachen die konfessionellen Fronten. Insbesondere Frankreich stand in hochfrequent wechselnden Allianzen mit diversen protestantischen Königen, Fürsten und Republiken.
5.3.2 Fürst, Fürstentum und Abstammung Im Problemfeld des Dreißigjährigen Krieges deuten sich neue Identifikationsgrößen an: Bei Beachtung der von Arnd unter den recentissimos benannten Titel, die seit den 1690er Jahren erschienen, weicht das konfessionelle Moment einem Fokus auf einzelne Monarchen, Dynastien und Königreiche. Konfessionelle In-
Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 168: „Hos igitur errores [Varillasii]; tùm Geograficos tùm Genealogicos tùm praecipuè Historicos & Politicos, hanc audaciam & fingendi in historia Sueco-Danica licentiam justò religionis Evangelicae Zelo actus Puffendorffius, excorpere & confutare aggressus est in Appendice Isagoges ad Historiam de praecipuis Europae Statibus Antonio Varillasio oppositâ […].
5.3 Identitätsstiftende Lektüre
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teressen werden durch dynastische Interessen ergänzt und überlagert.¹⁵ Der Fürst bildet einen institutionellen Bestandteil seines Fürstentums, demnach avancieren intime Details über seinen Lebenswandel, die ihn umgebenden sozialen Strukturen und sein symbolisches Programm zu relevanten Variablen in der politischen Kommunikation und Gestaltung.¹⁶ Zusätzlich verstärkt sich das Interesse am Hof als politischer Handlungsplattform.¹⁷ Dass höfische und adelige Programme in der Bibliothek von Canitz noch deutlicher zum Tragen kommen als in den Leseanweisungen, wurde bereits oben erläutert. Insbesondere die volkssprachliche Literatur, welche die Verfasser der Leseanweisungen meist unberücksichtigt lassen, entstand oft in höfischen Kontexten oder bezieht sich auf diese. Die Geschichtsliteratur in Canitz’ Bibliothek vermittelt die an den Stand gekoppelten Symbol- und Kommunikationssysteme: Acta publica, die Flugschriften, Histoires Metalliques, Memoiren und Biografien trugen implizit und explizit dazu bei, Canitz die geltenden Normen transnationaler höfischer Kommunikation und die zugehörigen zeremonialen Grundlagen zu vermitteln. Die enge Relation von Kultur und sozialem Stand steht der Herausbildung regionaler Identitäten noch entgegen. Nur in Flugschriften, in denen die Eroberungskriege Ludwigs XIV. beklagt werden, wird vereinzelt an eine gemeinsame deutsche Identität appelliert, die den Ambitionen Ludwigs XIV. entgegenzustehen hat.¹⁸
Vgl. Fuchs, Grandeur, S. 172 „Die Kriege nach 1648 waren im Reich dynastische Kriege. […] Entsprechend explosionsartig vermehrten sich die Bemühungen der adligen Familien, ihre Ehre, Herkunft und ihren Ruhm zu feiern.“ Vgl. Schilling; Duchhardt, Handbuch, S. 167– 175. Das manifestiert sich insbesondere an dem sehr beliebten Titelbegriff des Theatrum, über den das behandelte Subjekt als Schauplatz und stilisiertes Bühnenstück präsentiert wird.Vgl. Wilfried Barner: Barockrhetorik. Untersuchungen zu ihren geschichtlichen Grundlagen. Berlin 2002, S. 95 f.; Susanne Rode-Breymann: Theater. Online unter: Enzyklopädie der Neuzeit Online, URL: http://dx.doi.org/10.1163/2352-0248_edn_COM_364007 [09.06. 2020]; Hazard, Krise, S. 57. Vgl. Teutschland Traue nicht zu viel (Ms,IV,100,3) In Bezug auf den Westfälischen Frieden auch: Sebastian Almers: Grund-Seule, der dem Heil. Röm. Reiche Teutscher Nation höchstzuträglichen Sicherheit. Frankfurt O. 1697 (Ms,IV,208); Eitel Friedrich von Heiden: Deß Heil. Röm. Reichs. Teutscher Nation/ Grundfeste/ Auß dem VIII. Artic. deß Osnabrückschen Friedenschlusses/ vorgestellet. Frankfurt M. 1688 (Ms,VIII,88).
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5 Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur
5.3.3 Biografische Identität Eine letzte Form der Identitätenbildung, welche die Leseanweisungen überhaupt nicht berücksichtigen, betrifft den Sammler selbst, also das konkrete Individuum: Hinsichtlich der Politik- und Geschichtsliteratur in der Bibliothek von Canitz konnten immer wieder Verknüpfungen zu seinen Gesandtschaften im Reich nachgewiesen werden. Der Erwerb der entsprechenden Titel geschah den Erscheinungsjahren zufolge erst nach dem Aufenthalt vor Ort (vgl. Kap. 4.2.2.2).Viele Werke und Flugschriften verweisen auf Handlungskontexte, in denen Canitz sich bewegte, einige erwähnen Canitz sogar namentlich. Drei Sammelbände mit Flugschriften, die Ereignisse betreffen, in die Canitz involviert war, ließ der Sammler in einen für seine Bibliothek typischen eleganten Halblederband binden und trug eigenhändig Inhaltsverzeichnisse in die Buchspiegel ein. Die Befunde zeugen von dem Bemühen, das eigene Handeln und Wirken in der zeitgenössischen Publizistik nachzuvollziehen. Unterstützt wurde dieses sicherlich durch Angehörige und Freunde, die ihm entsprechende Literatur schenkten. Dass die Suche nach der eigenen Identität in der zeitgenössischen Publizistik von einigen Erfolgen gekrönt war, zeugt von dem Detailreichtum der damaligen Geschichtsschreibung und politischen Berichterstattung: Canitz war kein Gesandter vom Schlage eines Ezechiel Spanheims oder Johann von Bessers, die durch ihr Handeln mitunter großen politischen Einfluss nahmen. Er verblieb meist in der Funktion eines Beobachters, Kommunikators und Vollstreckers fürstlicher Direktiven. Dennoch gelang es ihm, Literatur zu finden, die – zwar nicht immer auf ihn persönlich – aber sehr konkret auf Handlungszusammenhänge rekurrierte, mit denen er zuvor befasst war. Seine Sammelpraxis dokumentiert nicht nur ein adeliges Selbstbewusstsein, sondern auch eine Sensibilität für die eigene Wirksamkeit als Gesandter und seinen politischen Einfluss.
5.4 Die Bibliothek als Reservoire für die Ausbildung der „politischen Sprache“ In der Einleitung wurde bereits auf die Bedeutung der politischen Sprache hingewiesen, die sich ein politischer Funktionär im Zuge seiner Ausbildung und seiner späteren Tätigkeiten sukzessive aneignete. Insbesondere in Konfliktsituationen artikuliert die politische Sprache „zeitgebundene Traditionen und Weltdeutungen“, die aus der jeweiligen Wissenssozialisation des Sprechers oder
5.4 Die Bibliothek als Reservoire für die Ausbildung der „politischen Sprache“
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Schreibers herrühren.¹⁹ Die Annahme, dass die politische Lektüre hier eine große Rolle spielte, zeigt ihre Berechtigung schon daran, dass einige Werke in Canitz’ Bibliothek die Vermittlung eines politischen Vokabulars direkt propagierten. Zu verweisen ist z. B. auf Christian Knorr von Rosenroth und seine Anführung zur Teutschen Stats-Kunst. Erlernung nothwendiger Sprachen. Insonderheit Von der Teutschen Sprache […] Und damit ich dich nun […] in etwas zu der heutigen Teutschen Staats-Kunst vorbereite/ so ist das erste nothwendige Grundstück zu Erlernung derselben/ die Ubung in den Sprachen. Dieweil du aber kein rechter hochteutscher bist/ wird hochnötig seyn/ daß du dich in deiner eignen Muttersprache besserst / und eine solche Art zu reden und zu schreiben annehmest/ die einem Staats-Mann geziemet.²⁰
Der Verfasser listet Literatur und differenziert anschließend verschiedene Vokabularien, die an unterschiedliche Sphären und Funktionen gekoppelt sind: Aus diesen allen [Büchern] nun kann man zwar gute Redens-Arten erlernen; Die sind aber zu allerhand Staats-Verrichtungen noch nicht genug: Drumb must du über diß lernen einen guten Brief schreiben auf allerley Fälle und Begebenheiten/ und solches nicht nur aus Büchern/ sondern es ist über diß mein getreuer väterlicher Rath/ daß du auf deiner Reise bey Höfen und Regierungen dich mit Secretarien/Registratoren/ und andern Cantzley-Bedienten auch Notarien und vornehmen Advocaten, und gar fürstl. Räthen bekannt machest/ sonderlich in Sachen/ da die Teutsche Sprach gar rein geredet und geschrieben wird […]: An solchen Orten nun must du dir einen Schatz sammlen von allerhand Formularen […] Aus welchen allen du einen doppelten Nutzen haben wirst/ in dem du nicht nur die Reinigkeit der Teutschen Sprache begreiffen/ sondern über diß den in Teutschland üblichen CantzleyStylum die Titul/Ingress-, Endclausuln und andere Requisita erlernen kanst/welche du auf keinen hohen Schulen lernen wirst.²¹
Zeitgenossen waren sich also bereits bewusst, dass die Sprache nicht nur von der Person des Sprechers abhängt, sondern sich situativ wandelt und anpasst, je nachdem in welchem sozialen und formalen Gefüge eine Interaktion stattfindet und welchem Zweck sie dient. Rosenroth ermutigt seine Leser, gezielt am Ausbau verschiedener „Redens-Arten“ zu arbeiten, indem er den Umgang mit bestimmten Personengruppen pflegt oder bestimmte Bücher liest.
Luise Schorn-Schütte: Einleitende Bemerkungen, in: Luise Schorn-Schütte u. Sven Tode (Hrsg.), Debatten über die Legitimation von Herrschaft. Berlin 2006, S. 9 – 15, S. 10. Christian Knorr von Rosenroth: Anführung zur Teutschen Stats-Kunst. Darinnen die Lehr von offentlichen und allgemeinen Reichs-Rechten Erzehlungs-Weise vorgetragen und berichtet wird. Nürnberg 1672 (Ms,VIII,59), S. 1. ebd., S. 4.
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5 Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur
Die Erforschung der politischen Sprache und Kommunikation der Frühen Neuzeit geschieht meist anhand politischer Kommunikationsprozesse, die von einer größeren Öffentlichkeit rezipiert und ausgetragen wurden.²² Doch auch Geschäftskorrespondenzen, die einem oder mehreren konkreten Adressaten gewidmet waren, bilden Zeugnisse politischer Sprache und können in Hinblick auf individuelle Argumentationsstrategien und die dafür eingesetzten Vokabularien untersucht werden. Dazu zählen auch die Gesandtschaftsberichte von Friedrich Rudolf von Canitz, die anhand eines Exempels des Jahres 1685 bereits probeweise auf ihre politische Semantik hin untersucht wurden.²³ Dass diese Semantik auch in der Büchersammlung von Canitz’ Bibliothek repräsentiert war, lässt sich aus den vier Wortfeldern, die Karl Dieckmann und Josef Klein für die politische Sprache definierten, sehr differenziert ableiten.²⁴
Institutionenvokabular Die strukturellen Rahmenbedingungen politischen Handelns sind an zahlreiche Organisationsformen, Ämter, Titel, Orte und Personen gekoppelt, die als Institutionenvokabular erlernt und verinnerlicht werden müssen. Da das Institutionenvokabular sich über Jahre oft nur geringfügig ändert und in der Regel Normierungsverfahren unterworfen ist, bilden Bücher einen entscheidenden und verlässlichen Vermittlungskanal für (angehende) politische Funktionäre: Es findet Verwendung in Universalgeschichten, Abhandlungen zum öffentlichen Recht und acta publica, Regionalhistorien und Traktaten. Flugschriften konnten dazu beitragen, das Institutionenvokabular eines spezifischen Handlungskontextes zu erlernen, auch wenn sie sich nicht auf die akute Gegenwart bezogen. Nachvollziehbar waren oft auch die historische Vorgeschichte eines Konflikts, dynastische
Neithard Bulst (Hrsg.): Politik und Kommunikation. Zur Geschichte des Politischen in der Vormoderne. Frankfurt M. 2009, S 8 f.: „Als ‚politisch‘ gilt Kommunikation, wenn sie Breitenwirkung, Nachhaltigkeit und Verbindlichkeit besitzt, beansprucht oder zuerkannt erhält, Regeln des Zusammenlebens, Machtverhältnisse oder Grenzen des Sag- und Machbaren thematisiert und auf vorgestellte überindividuelle Einheiten Bezug nimmt oder sie implizit voraussetzt.“ Luise Schorn-Schütte (Hrsg.): Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Politische Theologie – Res Publica-Verständnis – konsensgestützte Herrschaft. Berlin; Boston 2004; Ute Frevert u. Wolfgang Braungart (Hrsg.): Sprachen des Politischen. Medien und Medialität in der Geschichte. Göttingen 2004. Anna Lingnau: Politische Sprache als Träger politischen Wissens. Ein Gesandtschaftsbericht von Friedrich Rudolf von Canitz (1654– 1699), in: Siegrid Westphal u. Stefanie Freyer (Hrsg.), Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. Berlin 2020, S. 5 – 24. Josef Klein: Wortschatz, Wortkampf, Wortfelder in der Politik, in: Josef Klein (Hrsg.), Grundlagen der Politolinguistik. Berlin 2014, S. 59 – 102.
5.4 Die Bibliothek als Reservoire für die Ausbildung der „politischen Sprache“
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Zusammenhänge, Bündnissysteme und langfristige politische Interessen der Akteure. Wer politische Literatur rezipierte, kam nicht umhin, das Institutionsvokabular auszubauen und sukzessive zu verinnerlichen. Lediglich Personalia wechselten abseits auf Lebenszeit berufener Monarchen und Fürsten zu schnell, so dass Bücher nicht als verlässlicher Informationskanal infrage kamen. Hier waren mündliche Kommunikation, Korrespondenzen mit Personen vor Ort und Instruktionen des Dienstherrn vorzuziehen. Das Wissensfeld von den Beziehungen verschiedener Akteure untereinander, also vor allem von Titulaturen und den Anredeformen, welche die hierarchische Beziehung zwischen zwei Akteuren markieren, lässt sich ebenfalls unter das Institutionenvokabular fassen, ist jedoch in der Bibliothek explizit kaum abgebildet. Nur in der Ratgeberliteratur für Höflinge kommt es in einigen Kapiteln zum Tragen, ist als solches aber unzureichend und längst nicht spezifisch genug für die individuellen Handlungskontexte eines Gesandten oder Rats im Heiligen Römischen Reich.
Ressortvokabular Eine Fachsprache aus einem „öffentlich relevanten Bereich“, die in die Kommunikation politischer Akteure in der Frühen Neuzeit einfloss, bildet vor allem das Rechtswesen.²⁵ Der daran gekoppelte lateinische Duktus überlieferte sich aus dem römischen Recht bis in die Gegenwart des 17. Jahrhunderts. Dass Canitz in seinen Gesandtschaftsberichten großzügig auf juristisches Fachvokabular zurückgriff, konnte bereits nachgewiesen werden.²⁶ Die juristische Publizistik in seiner Bibliothek lieferte ihm nicht nur Informationen über geltende Gesetze und Beschlüsse, sondern auch ein Reservoire an Floskeln und Fachtermini. Während die Bücher möglicherweise nur selten für die Anwendung oder Auslegung gesetzlicher Bestimmungen herangezogen wurden (eine umfassende juristische Ausbildung hatte Canitz ja nicht erhalten), wird die Lektüre einzelner Passagen oder prominenter Vertragstexte dennoch zur Aneignung des juristischen Vokabulars beigetragen haben, das er in seinen Gesandtschaftsberichten einsetzte. Werke, die Ressortvokabular aus der Ökonomie vermitteln konnten, finden sich in der Bibliothek kaum. Die einzige Ausnahme bildet die Fürstliche Schatzund Rent-Cammer Wilhelm von Schröders, die bislang noch nicht auf die darin zum Tragen kommende Semantik untersucht wurde.²⁷ Das Fundament einer ebd., S. 62. Lingnau, Politische Sprache, S. 12 f. Wilhelm von Schröder: Fürstliche Schatz- und Rent-Cammer. ad Augustissimum & Invictissimum Imperatorem Leopoldum I. Leipzig 1686 (Ms,VIII,92).
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5 Funktionsformen und Nutzungsarten politischer Literatur
wissenschaftlichen Ökonomie war an den Universitäten des 17. Jahrhunderts noch nicht sehr weit entwickelt, erste von der Politik differenzierte Theorien zum Finanzwesen und zur Ökonomie, die sich ab 1600 im französischen und englischen Raum verbreiteten, sind in der Bibliothek von Canitz nicht abgedeckt.²⁸
Interaktionsvokabular Das allgemeine Interaktionsvokabular umschreibt Wortformen, die „politische Handlungen und Handlungsaspekte“ beschreiben, ohne exklusiv politisch belegt zu sein (z. B. procediren, Interesse, (politische) Balance, Ratio).²⁹ Gesandtschaftsberichte kennzeichneten sich im 17. Jahrhundert insbesondere durch französische und lateinische Schlagworte, die aufgrund eines wahrgenommenen politischen Gehalts ins Deutsche übernommen wurden und in der Anwendung mit einer konkreten politischen, strategischen oder juristischen Argumentation verwoben waren. Durch die Lektüre von deutschen, französischen und lateinischen Abhandlungen politischen Inhalts verinnerlichte Canitz zwangsläufig auch das in Druckschriften des 17. Jahrhunderts gebräuchliche politische Interaktionsvokabular und konnte es für seine Geschäftskorrespondenzen einsetzen. Eine quantitative Auswertung dieser Anleihen in seinen Gesandtschaftsberichten in Hinblick auf Fremdsprachen wäre besonders lohnend: Da Canitz’ Bibliothek im Zuge seines Lebens sukzessive mehr französische Literatur hinzugefügt wurde, könnte dies auch seine politische Sprache beeinflusst haben.
Ideologievokabular Ideologisches Vokabular, das Diskussionszusammenhänge kodiert und zur Legitimation politischer Handlungen dient, ist in gedruckten Medien nicht nur großflächig abgebildet, sondern wird hier maßgeblich manifestiert und gestaltet. Akute Verhandlungen waren nicht darauf angelegt, allgemeine Fragen nach der richtigen Ordnung und Beglückung der Gesellschaft zu lösen, selbst die großen Friedensschlüsse wurden primär durch strategische Notwendigkeiten und die mühselige Aushandlung hunderter Partikularkonflikte erreicht. Die ideologische Sprache sollte bekräftigen, legitimieren und überzeugen. Es gibt wohl kaum ein Buch, bei dessen Publikation diese Motivationen keine Rolle spielen. Canitz’ Sammlung bot nahezu alle Argumente, mit denen europäische Herrschaft im Vgl. Jochen Hoock/Wolfgang Kaiser: Interest will not lie! Politik und Wirtschaft im öffentlichen Diskurs des beginnenden 17. Jahrhunderts, in: Neithard Bulst (Hrsg.), Politik und Kommunikation. Frankfurt M. 2009, S. 95 – 108. Klein, Wortschatz, S. 63.
5.4 Die Bibliothek als Reservoire für die Ausbildung der „politischen Sprache“
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17. Jahrhundert legitimiert werden konnte. Er fand Äußerungen zu rechtmäßigen und unrechtmäßigen politischen Maßnahmen und zentrale Begrifflichkeiten, mit deren Hilfe Politik interpretiert und gerechtfertigt werden konnte: Staatsräson, Arkanwissen, das allgemeine Wohl, Christlichkeit, das Gleichgewicht der Kräfte, Ethik,Völkerrecht und öffentliches Recht. All das war in Büchern weit detaillierter und strukturierter nachvollziehbar als im politischen Geschäftsverkehr und konnte zur öffentlichen Legitimation politischer Entscheidungen herangezogen werden. Für die Aufschlüsselung der ideellen Komplexe in Canitz’ Bibliothek vergleiche Kapitel 5.
Fazit Die Analyse zeigt, dass politische Literatur für Canitz‘ Gesandtschaftsdienste alles andere als irrelevant war. Da Transfer vom Bücherwissen zur politischen Praxis nur selten anlassbezogen erfolgte, bietet sich der Begriff des „Buchs als Arbeitsinstrument“ nur bedingt an. Über Bücher konnte der Gesandte seinen akuten Einsatz in einen politischen Gesamtkontext integrieren. Das meiste bewirkte Bücherwissen sicherlich in Hinblick auf die Political Language: Diese bildet eine konsensuelle kommunikative Basis, die den Austausch von Informationen und Verhandlungsprozesse überhaupt erst ermöglichte. In diesem Sinne ist der Sammler auf die Rezeption von Kanons explizit angewiesen: Wenn er andere Bücher liest und sammelt als seine Freunde, Bekannten, Nachbarn und Verhandlungspartner, würde er sich dem Risiko aussetzen, eine andere Political Language zu entwickeln als seine Interaktionspartner und damit Missverständnisse und Konflikte zu provozieren. „Standardwerke“ der politischen Theorie und die darauf aufbauenden kollektiven Debatten befähigen ihn letztlich zum politicus. Dieser Umstand erklärt auch, warum die Bibliotheksbestände verschiedener Gruppen politischer Akteure (Fürsten, Adelige, Räte, Gelehrte und Diplomaten) oft große Gemeinsamkeiten aufweisen. Da sie interagierten und die Political Language des jeweils anderen zumindest verstehen, bestenfalls sogar beherrschen mussten, bestand für eine hochspezialisierte Fachliteratur für verschiedene Zielgruppen noch kein Bedarf. Politische Kanons bilden damit ein integratives Element, das die politische Kommunikation auf europäischer Ebene maßgeblich mitgestaltete.
6 Die Bibliothek als politisches Ideenreservoire Die Untersuchung der Leseanweisungen machte deutlich, dass die Verfasser klare Differenzierungen zwischen „richtigen“, „falschen“ und teilweise annehmbaren Konzepten von Politik vornehmen, indem sie die verfügbare Literatur in Kategorien zusammenfassen und bewerten. Das „Konzept“ als solches ist hier kein abgeschlossenes Phänomen, sondern entsteht und wandelt sich innerhalb des – von Peter Llanque beschriebenen – „Gewebes politischer Diskurse“.¹ Die Existenz solcher Gewebestrukturen wird nicht nur über die Leseanweisungen, sondern auch durch die Werktitel der in Canitz’ Bibliothek enthaltenen Bücher gestützt; auch hier kommt es immer wieder zu dezenten oder offensiven Anspielungen darauf, was Politik eigentlich ist, nach welchen Maximen sie sich ausrichtet und was sie bezweckt. Es ist davon auszugehen, dass Canitz die Ordnungsschemata, die in den Leseanweisungen vorgenommen werden, infolge seines Studiums und seiner eigenen politischen Lektüre kannte, auch wenn er die dazugehörigen Wertungsschemata nicht zwangsläufig als die eigenen adaptierte. Die kombinierte Analyse von Leseanweisungen und Bibliothek erlaubt Aufschlüsse darüber, welche diskursiven Gewebestrukturen sich zu konkreten politischen Leitideen verdichten und welche Verweissysteme in der Bibliothek wie stark repräsentiert sind. Dabei wird zunächst beleuchtet, welche politischen Konzepte sich aus den Leseanweisungen ableiten lassen.² Im zweiten Schritt wird die Bibliothek von Canitz auf die zu den Konzepten gehörenden Materialkanons hin abgesucht und deren (Un‐)Vollständigkeit festgestellt.
6.1 Aristotelische und tacitistische Schulphilosophie Bose, Kulpis, Hartnack und Arnd appellieren an die Einhaltung der Maximen des politischen Aristotelismus. Die aristotelische Politik wird am Anfang der Leseanweisungen besprochen und bildet den Rahmen für legitime politische Instru-
Vgl. Marcus Llanque: Politische Ideengeschichte – Ein Gewebe politischer Diskurse. München 2008, S. 3 f. Wenngleich die ideengeschichtliche Forschung in Bezug auf das 17. Jahrhundert schon sehr weit vorangeschritten ist, sind der Autorin nur zwei Texte bekannt, in denen mehrere politische Konzepte beschrieben und gegenübergestellt werden, vgl. die Ausführungen von Horst Dreitzel in: Michael Albrecht u. Helmut Holzhey (Hrsg.): Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Basel 2001, S. 607– 648.; außerdem: Wolfgang Weber: Justus Lipsius und das Politikverständnis seiner Zeit, in: Justus Lipsius und der europäische Späthumanismus in Oberdeutschland. München 2008, S. 23 – 36, S. 24– 29. https://doi.org/10.1515/9783110685336-006
6.1 Aristotelische und tacitistische Schulphilosophie
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mentarien und Wertvorstellungen. Um die aristotelische Politik herum manifestiert sich eine regelrechte Exegetik und ein Ensemble an Editoren und Kommentatoren. Das Korpus, auf dem der Aristotelismus theoretisch aufbaut, scheint das gesamte 17. Jahrhundert hindurch stabil. Primär ex negativo wird ersichtlich, dass Politik dem allgemeinen Wohl gewidmet ist, dass sie alle Staatsformen berücksichtigt und einen möglichst universalen Ansatz verfolgt. Theorien, die lediglich Vorteile des politisch handelnden Individuums zu bedienen scheinen, werden nicht als politisch anerkannt. Die zeitgenössische Politiktheorie und die moderne Forschung formulieren noch zahlreiche weitere Erkennungskriterien für politischen Aristotelismus (z. B. der Mensch als zôon politikon, die Familie als Gliederungseinheit der Gesellschaft, Gerechtigkeitsgrundsatz)³, doch die Verfasser der Leseanweisungen vermeiden die Benennung klarer Definitionskriterien. Während die von ihnen empfohlenen Werke zur politischen Theorie den Aristotelismus deutlich differenzierter und ausführlicher darstellen, benutzen die Verfasser der Leseanweisungen den Aristotelismus primär für die Markierung von richtig und falsch. Der scheinbar dogmatische Fokus auf den praktisch-philosophischen Aristotelismus repräsentiert nur teilweise die protestantische Politikwissenschaft des 17. Jahrhunderts. Da der politische Aristotelismus das älteste Element des Kanons darstellt, wird er in den Leseanweisungen immer am Anfang geführt, die angegliederten Wertkriterien jedoch nicht konsequent auf die jüngeren Elemente des Kanons übertragen. Die aristotelischen Werte spielen quasi keine Rolle mehr, wenn Literatur zum gegenwärtigen Status einzelner Territorien gelistet wird. Hier kommen jüngere Wertkriterien zum Tragen, die sich aus den informativen Bedürfnissen der Zielgruppe und den daran gekoppelten Ausbildungsprogrammen ableiten. Die Verfasser der Leseanweisungen kritisieren eklektizistische Praktiken bei Werken des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts, nicht aber bei den historischen Monumentalwerken aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Forschung der vergangenen Jahrzehnte beobachtet ähnliche Entwicklungen und verweist auf den allmählichen Rückzug des Aristotelismus.⁴ Heinrich Ottmann stellt fest:
Christoph Horn: Einleitung: Aristoteles und der politische Aristotelismus, in: Christoph Horn u. Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.), Politischer Aristotelismus. Stuttgart 2008, S. 1– 19, S. 2; Horst Dreitzel: Politischer Aristotelismus, in: Michael Albrecht u. Helmut Holzhey (Hrsg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Basel 2001, S. 607– 748, 649. ebd.; Gerhard Oestreich: Justus Lipsius und der politische Neustoizismus in Europa, in: Barbara Neymeyr, Jochen Schmidt u. Bernhard Zimmermann (Hrsg.), Stoicism in European Philosophy, Literature, Art, and Politics. A Cultural History from Antiquity to Modernity. Berlin; New York
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6 Die Bibliothek als politisches Ideenreservoire
War es wirklich noch Aristotelismus, was man im 17. Jahrhundert der eigenen Zeit verschrieb? Es ist für das 16. und 17. Jahrhundert eigentümlich, dass man immer wieder bestrebt ist, sich auf die Autorität des Aristoteles zu berufen – auch und gerade dort, wo man eine ganz und gar nicht aristotelische Politik verfolgt.⁵
Ottmann verweist auf die auch von Aristotelikern sehr aufmerksam rezipierten Lehren von Jean Bodin und die Souveränitätslehre;⁶ auf Niccolo Machiavelli sowie die Debatten um den Status des Heiligen Römischen Reiches, für dessen Staatsform sich die neue – nichtaristotelische – Bezeichnung der monarchia mixta verbreitete.⁷ Auch in den Leseanweisungen entstehen viele zentrale Argumente erst im Konflikt mit der aristotelischen Lehre. Aus Ottmanns und Dreitzels Sicht bestand der wesentliche Zweck dieser „Vereinbarkeitsdebatten“ darin, das weite Spektrum möglicher politischer Maßnahmen, Strategien und Denkarten normativ einzubetten und abzumildern.⁸ Trotz dieser Umstände blieb das ideologische Primat des Aristotelismus’ bis in die frühe Aufklärung bestehen – oft in Form polemischer Rückzugsgefechte. Parallel kam es zu Formen der aktiven Zurückweisung aristotelischer Politik und zur Kritik wegen einer mangelnden Adaptierbarkeit.⁹ Horst Dreitzel sieht auch im Pietismus einen relevanten Faktor für den Niedergang des Aristotelismus’.¹⁰ Diese These korreliert mit dem Befund bei Canitz, der dem Pietismus sehr nahestand, aber nur wenige aristotelische Werke besaß. Dass das Primat des Aristotelismus nicht schon im Laufe des 17. Jahrhunderts gestürzt wurde, bedingt sich durch die einflussreiche Stellung der gelehrten Trägergruppe. Die Gelehrsamkeit begleitete die praktische Politik durch theoretische Diskurse und gestaltete sie durch ihre Gutachtertätigkeiten maßgeblich mit. Sie rekrutierte und stellte eine Mehrheit späterer Räte, Diplomaten und Sekretä-
2008, S. 575 – 630, S. 593 f. Horst Dreitzel: Der Aristotelismus in der politischen Philosophie Deutschlands im 17. Jahrhundert, in: Eckhard Keßler u. Charles Lohr (Hrsg.), Aristotelismus und Renaissance. Wiesbaden 1988, S. 163 – 192, S. 165 – 167, 181, 185. Er verweist zwar noch auf die in den letzten zwei Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts erschienenen aristotelischen Lehren von Knichen, Müller und Hertius, die bei Arnd jedoch unberücksichtigt bleiben und die auch Canitz nicht besaß. Henning Ottmann: Protestantische Schulphilosophie in Deutschland: Arnisaeus und Conring, in: Christoph Horn u. Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.), Politischer Aristotelismus. Stuttgart 2008, S. 218 – 231, S. 227. Ähnlich: Dreitzel, Politischer Aristotelismus, S. 653. Vgl. Dreitzel, Aristotelismus, S. 190. Ottmann, Schulphilosophie, S. 227; Dreitzel, Aristotelismus, S. 171 f. Für erste Ansätze vgl.: Arnd, Bibliotheca, S. 76 f. Vgl. Dreitzel, Aristotelismus, S. 187.
6.1 Aristotelische und tacitistische Schulphilosophie
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re.¹¹ Wenn diese ihre politischen Erfahrungen schriftstellerisch verarbeiteten, orientierten sie sich an den akademischen Standards der jeweiligen Disziplinen. In Anbetracht dessen, dass die komplexe verfassungsrechtliche Situation Kaiser, Fürsten und Ständen ein hohes Maß an Kompromissfähigkeit abverlangte, dienten die auf die Vollendung des Staates abzielenden Maximen des Aristotelismus’ als eine geeignete politische Ideologie. Ganz unabhängig von der so intensiv diskutierten Staatsform und von den Gliederungseinheiten der Gesellschaft waren alle Mitglieder der Gesellschaft aufgefordert, zum Wohl des Staates beizutragen. Dieser Gedanke wie auch der nichttheologische Charakter der aristotelischen Politik konnten gezielt dafür eingesetzt werden, um gegen Szenarien wie einen zweiten Dreißigjährigen Krieg anzugehen. Die enge Verflechtung zwischen Geschichte und Politik, die das 17. Jahrhundert kennzeichnete, ist nicht auf den Aristotelismus zurückzuführen, sondern auf den Tacitismus und die von Justus Lipsius vertretenen Theorien. Klugheitslehren tauchen zwar schon in aristotelischen Texten auf, erscheinen im Spiegel der Leseanweisungen jedoch hauptsächlich gekoppelt an das Wirken von Lipsius und seinen Nachfolgern, die Theorien und Ausbildungsprogramme entwickelten¹² Gerhard Oestreich verweist zwar auf die aristotelischen Bezüge im Lipsianischen Oeuvre, betrachtet Lipsius aber auch als den Begründer einer „niederländischen Bewegung“, der neben Boeckler, Bernegger, Freinsheim und Scheffer auch Hugo Grotius („Erbe und Vollender der neustoischen Strömung“) angehörten.¹³ Diesen Bezug sehen die Verfasser der Leseanweisungen nicht, insbesondere Grotius wird in völlig anderen Kontexten besprochen; auch ein intellektueller Schwerpunkt auf den Niederlanden fällt ihnen nicht auf. Stattdessen erscheint Johann Boeckler als wichtigster Schüler von Lipsius und dieser wiederum als Lehrmeister einer ganzen Generation politischer Theoretiker und Staatswissenschaftler. Umfassend beschäftigte sich auch Wolfgang Weber mit der ideellen „Eigenständigkeit“ der lipsianischen Lehren: Vgl. Notker Hammerstein: Zur Geschichte und Bedeutung der Universitäten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, in: HZ 241 (1985), S. 287– 328, S. 290; Michael Philipp: Die frühneuzeitliche Politikwissenschaft im 16. und 17. Jahrhundert, in: Wilhelm Bleek (Hrsg.), Schulen der deutschen Politikwissenschaft. Opladen 1999, S. 61– 78, 67. Ähnliches beobachtet Mark Morford in: Mark Morford: Tacitean Prudentia and the Doctrines of Justus Lipsius, in: Torrey Luce u. Anthony Woodman (Hrsg.), Tacitus and the Tacitean Tradition. Princeton; N.J 1993, S. 129 – 151, S. 135 f. Vgl. Oestreich, Lipsius und der pol. Neustoizismus, S. 599 f., 602. Die Bezüge, die Lipsius’ auf die aristotelische Politik nimmt, analysiert auch: Günter Abel: Stoizismus und frühe Neuzeit. Zur Entstehungsgeschichte modernen Denkens im Felde von Ethik und Politik. Berlin 1978, S. 81 f., 93 f., 98, 103, 112.
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6 Die Bibliothek als politisches Ideenreservoire
Von einer Lipsianismus genannten Richtung ist nur sehr selten die Rede; häufiger wird der Beitrag des Niederländers als Variante des Tacitismus oder der Staatsräsonlehre, manchmal auch als (politischer) Neustoizismus angesprochen. Tatsächlich besteht die „Politica“ des Lipsius aus einer eigenständigen Kombination stoischer Affekt- und Tugendlehre sowie taciteischer Herrschaftskunde […].¹⁴
Ähnlich wie von Weber beobachtet, markieren die Verfasser der Leseanweisungen mit den Lehren von Lipsius kein eigenes Politik-Konzept, auch wenn Lipsius der politischen Theorie seiner Zeit sicherlich zahlreiche neue Impulse verlieh und im Gegenzug Elemente der tradierten Schulphilosophie vernachlässigte. Die Rezensenten registrieren eine Andersartigkeit seiner Schriften, die sich primär an einem hohen Praxisbezug festmacht, sehen aber keine offenen Widersprüche zum Aristotelismus. Lipsius wird sehr häufig mit Boeckler, Bose, Bernegger und anderen Verfassern assoziiert, aber eine lipsianische „Schule“ mit Anhängern und eigenen Lernsystemen beschreiben die Rezensenten im Gegensatz zum Aristotelismus nicht. Der Aristotelismus und der „Lipsianismus“ erscheinen beinahe symbiotisch. Bei Kulpis und Arnd wird sehr deutlich, dass die lipsianischen Lehren als eine praktische Anwendungslehre (Ars consiliandi) betrachtet wurden, die entsprechende Mängel des Aristotelismus kompensierte.¹⁵ Eine von Weber beobachtete Kritik von Aristotelikern und Naturrechtlern am Lipsianischen Oeuvre¹⁶ bilden die Leseanweisungen nicht ab, eher im Gegenteil: Die Verfasser adaptieren seine Eklektik und seine auf die Historiografie gestützte Empirie im vollen Umfang. So ist Weber nur zuzustimmen, wenn er argumentiert: Lipsius’ Herrschaftslehre kam einem ausgeprägten praktischen Bedarf der politischen Eliten der Zeit entgegen. Deshalb wurde sie zur Kenntnis genommen und in dieser oder jener Weise, in diesem oder jenem Grade adaptiert. Sie ersetzte jedoch nicht die übergreifenden theoretischen und methodischen Perspektiven, welche die übrigen Richtungen der zeitgenössischen Politikreflexion allerdings zumeist vergleichsweise weiter abgerückt von der politischen Praxis vertraten […].¹⁷
Weber, Lipsius, S. 29 f. Johann Georg von Kulpis: De Studio Juris Publici recte instituendo, & de Scriptoribus eo pertinentibus Dissertatio. Eiusdem de studiis Academicis Iuvenis Nobilis recte instituendis Epistola. [s.l.] 1688, S. 163 – 165. Arnd, Bibliotheca, S. 88: „Nihil hic exspectetur, nisi quod ad usum & actionem civilem vitae ipsius pertinet.“ Die hohe praktische Tauglichkeit wird auch von Weber festgestellt: Weber, Lipsius, S. 33, 36. ebd., S. 32 f. ebd., S. 36.
6.1 Aristotelische und tacitistische Schulphilosophie
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Lipsius reicherte den politischen Kanon mit neuen Inhalten an, die bald mehr Aufmerksamkeit beanspruchten als das aristotelische Kernkorpus. Er lieferte das historische Exempel als Argument, forderte die Bestätigung von Lehren über den empirisch-historischen Nachweis. Boeckler, Bose und Conring bauten auf dieser Praxis auf und entwickelten die notitia rerum publicarum als Prototyp der Staatswissenschaften (vgl. Kap. 3.1). Auch wenn Arno Seifert sehr überzeugend darlegt, dass die Staatenkunde von ihren Vertretern sehr konkret ausformuliert wurde¹⁸, hält sie in die Leseanweisungen eher schleichend Einzug. Nur Bose verweist kurz auf die von ihm veröffentliche Literatur zur notitia imperiorum, ansonsten findet das neue Fach keine explizite Erwähnung. Der Wandel der Wertungskriterien durch die allmähliche Fokussierung auf den informativen Wert eines Buches wird nicht bemerkt. Insofern sollte man hier auch nicht von einem eigenen politischen Konzept sprechen, sondern eher von einem eklektischen Komplex, der um den politischen Aristotelismus aufgebaut wurde. In diesem Sinne wurde der Beitrag politischer Leseanweisungen an der Formierung der Staatswissenschaften von der Forschung bislang unterschätzt. Im Spiegel der Leseanweisungen präsentiert sich also eine weitestgehend harmonische Trias von Aristotelismus, Klugheitslehre und Staatswissenschaft. In der Bibliothek von Canitz ist diese Trias hingegen nicht vollständig abgebildet, Defizite bestehen insbesondere in Hinsicht auf den klassischen Aristotelismus. Das Kernstück des Aristotelismus, die Politik und ihre Exegese sucht man in seinen Beständen vergebens (vgl. Kap. 4.2.1), obgleich er in Fußnoten und im Ideologievokabular peripherer Themengebiete omnipräsent ist. Das Negativergebnis des Materialkanons zu den „expliziten klassischen Aristotelica“ ist so exakt, dass es nicht zufällig zustande gekommen sein kann. Da dieses Kernstück trotz eines Bewusstseins für die geltende Deutungshoheit fehlt, war es entweder nicht verfügbar oder Canitz entschied sich bewusst gegen Erwerb und Rezeption. Wenn die Forschung also einen allmählichen Niedergang des Aristotelismus im 17. Jahrhundert konstatiert, so spiegelt sich diese Beobachtung auch in der Bibliothek von Canitz. Die Diskrepanzen zwischen Bibliotheksbeständen und den Leseanweisungen fallen auch deshalb so groß aus, weil die Verfügbarkeiten den Verfassern einen konservativeren und alten Materialbestand aufzwangen. Die Verfasser bewegten sich an Universitäten und Schulen, die Literaturversorgung erfolgte über eigene meist begrenzte Mittel oder über den Zugang zu den Sammlungen gelehrter Kol-
Vgl. Arno Seifert: Staatenkunde – eine neue Disziplin und ihr wissenschafts-theoretischer Ort, in: Mohammed Rassem (Hrsg.), Statistik und Staatsbeschreibung in der Neuzeit. Paderborn 1980, S. 217– 248, S. 219 f.
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6 Die Bibliothek als politisches Ideenreservoire
legen, deren Bestände nach ihrem Tod oft in den Besitz der Universität bzw. Schule übergingen. Wenn überhaupt stand nur ein sehr geringer Etat für Neuerwerbungen zur Verfügung, deswegen muss den Gelehrten ältere Literatur in höherem Maße verfügbar gewesen sein als neuere Publikationen. Ein adeliger Sammler hatte dagegen eher Schwierigkeiten, auf ältere Literatur zurückzugreifen (öffentliche Bibliotheken existierten nicht und Fürstenbibliotheken waren noch nicht immer frei zugänglich), und kaufte Neuware. Eine weitere Erklärung für das Fehlen des politischen Aristotelismus in Canitz‘ Bibliothek besteht darin, dass er in seiner klassischen Variante zu philosophisch abstrakt war, um den Anforderungen eines Gesandten gerecht zu werden. Die implizite Vermittlung (die in der Reichspublizistik oder bei Hermann Conring ja trotzdem noch stattfindet) kann für Canitz’ Bedürfnisse ausgereicht und ihn auch so mit den richtigen Terminologien und Wertmaßstäben versehen haben. Als Ursache für den Negativbefund müssen sicherlich auch die Leseanweisungen in Betracht gezogen werden, welche die Relevanz des klassischen Aristotelismus infolge von Kanondynamiken überbetonen: Der Blick auf den Ausbildungsgang von Canitz bestätigt diese These: Schon die Leidener und Leipziger Vorlesungsverzeichnisse der Jahre 1672 bis 1674 vernachlässigen den politischen Aristotelismus zugunsten politisch-historischer und politisch-juristischer Inhalte. An der Universität wurde Canitz die praktisch-philosophische Politik also gar nicht erst vermittelt. Demnach hatte er prinzipiell eine geringe Motivation, sich autodidaktisch damit zu befassen und eine entsprechende Literatur zu erwerben. Das Defizit trägt Canitz sogar in die nächste Generation: Es wurde darauf hingewiesen, dass Canitz Hartnacks Anweisung für die politische Jugend benutzte. – Mit hoher Wahrscheinlichkeit sich selbst, sondern um seinen Sohn mit Literatur auszustatten. Er bearbeitete das Kapitel sehr gründlich und kaufte Dutzende von Universalgeschichten und Einführungen in die Geografie. Die Literaturliste zum klassischen politischen Aristotelismus ignorierte er. Obwohl die Werke von Justus Lipsius in der Zeit entstanden, in der auch der praktisch-philosophische Aristotelismus einen Höhepunkt erlebte, sind dessen Werke in der Bibliothek deutlich besser aufgestellt. Lipsius Lehren könnten den Desideraten eines Gesandten mehr entsprochen haben, da sein Ansatz als stärker individualistisch und praxisbezogen verstanden wurde. Der empirische Anteil des Politica-Kanons, der zwischen 1650 und 1700 eine Hochkonjunktur erlebte und alle Anforderungen der notitia rerum publicarum in sich abdeckte, ist noch besser aufgestellt: Canitz verfügte über eine Expertenbibliothek zur Reichsgeschichte sowie die dazugehörigen rechtlichen Verhältnisse und konnte sich ebenso detailliert über die Verhältnisse in anderen westeuropäischen Territorien informieren. Damit manifestiert sich in der Bibliothek ein Pragmatismus, der für einen Gesandten nachvollziehbar ist.
6.2 Die „Philosophia Grotiana“ – Politik als öffentlich-rechtliches System
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Der Befund korreliert mit den Thesen von Gerhard Oestreich, der argumentierte, dass Brandenburg und der sich dort etablierende „Absolutismus“ sowie das „Preußentum“ im besonderen Maße vom niederländischen Stoizismus und Tacitismus beeinflusst waren.¹⁹ Während er den Nachweis einer entsprechenden Rezeptionskultur noch als Forschungsdesiderat formuliert, begründet er seine Annahmen mit den hohen Zahlen brandenburgischer Räte und Beamten, die in Leiden studierten, und konkreten Rezeptionsnachweisen durch den Kurfürsten, seine Beamtenschaft und führende Gelehrte. Es wäre zu prüfen, ob diese Rezeptionskonjunktur spezifisch brandenburgisch ist oder ob sie nicht auf alle protestantischen Territorien zutrifft oder – wie auch Wolfgang Weber vermutet – „einem ausgeprägten praktischen Bedarf der politischen Eliten der Zeit entgegen“ kam, der auf das gesamte Reich zutrifft.²⁰ Fast jeder studierte Rat oder Beamte besuchte eine der zahlreichen Universitäten, an denen Lipsius oder seine Schüler einst gelehrt hatten.
6.2 Die „Philosophia Grotiana“ – Politik als öffentlich-rechtliches System Die Analyse der juristischen Literatur in den Leseanweisungen und der Bibliothek von Canitz hat gezeigt, dass das Rechtswesen einen Teilbestandteil des politisch relevanten Wissens darstellte. Dabei deuten die Verfasser der Leseanweisungen jedoch an, dass zwischen beiden Disziplinen systemische Unterschiede bestehen. Obwohl öffentliches Recht und Völkerrecht bereits seit Anfang des 17. Jahrhunderts verbreitet und in der praktischen Philosophie verwurzelt waren, werden die Themenbereiche in den Leseanweisungen immer sehr weit hinten positioniert, wie um eine dogmatische Distanz zu betonen. In Bezug auf die politischen Theorien, die im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert erschienen (Contzen, Pierre Grégoire u. a.), kritisieren Bose und Arnd zudem oft zu starke rechtswissenschaftliche Einschläge.²¹
Gerhard Oestreich: Die Bedeutung des niederländischen Späthumanismus für BrandenburgPreußen, in: Hans Thieme, et al. (Hrsg.), Humanismus und Naturrecht in Berlin – Brandenburg – Preußen. Berlin; Boston 1979, S. 16 – 27. Kritik bei: Martin van Gelderen: Holland und das Preussentum: Justus Lipsius zwischen niederländischem Aufstand und Brandenburg-preussischem Absolutismus, in: Zeitschrift für historische Forschung 23 (1996,1), S. 29 – 56. Vgl. Weber, Lipsius, S. 35 f. Bose, Bibliotheca: „Plurima tamen Juridicè mágis, quâm politicé tractât.“ Auch: Arnd, Bibliotheca, S. 10: „Adami Contzenius in Politicorum libris Jureconsultum potius agit & Jesuitam quàm verum Politicum.“ Burkhard Gotthelf Struve: Bibliotheca Philosophica In Suas Classes
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6 Die Bibliothek als politisches Ideenreservoire
Rechtswissen, so argumentiert Bose, macht nicht klug, sondern zeigt Handlungsmöglichkeiten auf, die sich aus dem göttlichen, dem Naturrecht, dem Völkerrecht und dem öffentlichen Recht ergeben. Am deutlichsten macht sich das Empfinden zweier ideeller Sphären bei der Besprechung von Hugo Grotius Hauptwerk De Jure belli ac pacis bemerkbar. Kulpis verweist auf die „grotianische Philosophie“²², Arnd kritisiert das vermeintliche Heilsversprechen eines „grotianischen Himmels“.²³ Beide Formulierungen implizieren einen systematischen Unterschied zwischen dem natur- und völkerrechtlichen Ansatz eines Hugo Grotius und dem politischen Aristotelismus. Grotius, so argumentiert Arnd, habe seine Lehre zwar nicht völlig abseits der aristotelischen Philosophie entwickelt, sei aber mitunter bewusst von dessen Prinzipien abgewichen, um sich die Freiheit der alten Christen zu bewahren, die sich niemals nur einer philosophischen Stoßrichtung angeschlossen hätten.²⁴ Er zitiert Grotius damit unmittelbar aus dem Vorwort von De Iure belli ac Pacis. ²⁵ Damit kommt latente Kritik an einem zu dogmatischen politischen Aristotelismus zum Tragen, der andere Politikkonzepte ausschließt. Doch auch das Gegenteil soll unbedingt vermieden werden: Diejenigen, welche die aristotelischen Lehren durchgehend missachten und in den „grotianischen Himmel“ aufsteigen wollten, seien auf einem Irrweg, denn Grotius selbst habe Aristoteles niemals gering geschätzt.²⁶ Die kritisch konnotierte Phrase des Coelum Grotium unterstellt ein vermeintliches Heilsversprechen des Naturund Völkerrechts, demgegenüber der Aristotelismus als unzureichendes irdisches Phänomen erscheint. Arnd konstruiert damit zwei antagonistisch ausgerichtete Politikbegriffe und distanziert sich gleich darauf von jedweder Dogmatik.
Distributa. Jena 1704, S. 152, zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 93; „Tholosanus licet multa intermiscuerit, quae potius ad Juris scientiam, quàm ad Politicam spectant […].“ Vgl. Struve, Bibliotheca Philosophica (1704), S. 152, zit. nach: Arnd, Bibliotheca, S. 98. Vgl. Kulpis, Studio, S. 190: „Ergo ut in tempore philosophiae Grotianae Juvenis Noster assuecat […].“ Arnd, Bibliotheca, S. 384. Vgl. ebd., S. 383: „Cujus principiis institisse Grotium nemo facile negaverit, ita tamen ut secutus simul fuerit libertatem veterum Christanorum, qui ut ipse loquitur, in nullius Philosophorum sectam juraverunt.“ Für eine Perspektivierung der jüngeren Forschung vgl.: Ada Neschke-Hentschke: Niederländischer Protestantismus: Hugo Grotius, in: Christoph Horn u. Ada Neschke-Hentschke (Hrsg.), Politischer Aristotelismus. Stuttgart 2008, S. 232– 251, S. 233 – 235. Hugo Grotius: De Iure Belli Ac Pacis. Paris 1625, Prolegomena, S. [19 f.]: „Ego & hîc & alibi veterum Christianorum sequor libertatem qui in nullius philosophorum sectam iuraverant […].“ Außerdem: „Inter philosophos merito principem obtinet lucum Aristoteles, sive tractandi ordinem, sive distinguendi acumen, sive rationum pondera consideres.“ Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 384: „Ut proinde ridiculi sint, qui abjecto & neglecto prorsus Aristotele ad coelum Grotium extollunt, cum maximo argumento Grotio fuerit Aristoteles.“
6.2 Die „Philosophia Grotiana“ – Politik als öffentlich-rechtliches System
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Kulpis nimmt die Schriften von Hugo Grotius ähnlich wichtig wie die aristotelische Politik. In diesem Sinne verlangt er nach der frühestmöglichen Indoktrination eines jeden Schülers und Studenten: Quod Grotii lectionem mature nimis commendaverim, nemo improbabit, nisi qui ignorat, repetita lectione ad intelligendum Grotium opus esse; quare satius est â primis annis, assuesvere autori, cujus opera per universam vitam nobis utilis esse potest, debetque.²⁷
Obgleich es sich also bei Grotius um einen Verfasser handelt, der den Aristotelismus nur begrenzt würdigt, zudem fragwürdige theologische Ansichten hat und auf dem Index librorum prohibitorum steht, ist seine Rechtsphilosophie in der politischen Ausbildung nicht nur gestattet, sondern explizit gewünscht und als unerlässlich markiert. Grotius avanciert zum Pionier eines neuen aus den Rechtswissenschaften herrührenden politischen Systems, das trotz der teilweisen Unvereinbarkeit mit der klassischen Politik ihren erwiesenen Wert hat, insbesondere für die Praxis.²⁸ Die moderne Forschung hat das Verhältnis von politischer Schulphilosophie und dem öffentlichen Recht sowie dem Naturrecht zwar nicht völlig unbeachtet gelassen, aber auch selten gegenständlich problematisiert. Dreitzel sieht ein harmonisches Verhältnis und stellt fest, dass „Aristoteles als Philosoph des Naturrechts betrachtet [wurde], wenn auch getadelt wurde, daß er es nicht ausführlich darstellte.“²⁹ Arnds Aussage, nach der Grotius sehr stark vom Aristotelismus beeinflusst war und dieser für ihn einen wichtigen Gewährsmann darstellte, wird von Günter Hoffmann-Loerzer und Ada Neschke-Hentschke bestätigt.³⁰ Aristoteles sei neben einigen römischen Historikern einer der von Grotius am häufigsten zitierte Verfasser. Für Grotius gilt dabei Aristoteles’ Haltung als vorbildlich, die ›Politik‹ vom Naturrecht getrennt und sich in seinem Traktat der Politik auf die so definierte Politik beschränkt zu haben. Diese Deutung macht verständlich, warum sich Grotius als Verfasser einer Schrift zum Naturrecht nicht, wie etwa Bodin, in einer Konkurrenzsituation zu Aristoteles versteht.³¹
Kulpis, Studio, S. 193 f. Vgl., ebd., S. 189: „Ego quoque, & aliorum, & propria experientia edoctus, sponsor existere possum, felices eos prae aliis sese praedicaturos esse, qui stadium juris hinc fuerint auspicati.“ Dreitzel, Aristotelismus, S. 172. Günter Hoffmann-Loerzer: Grotius, in: Hans Maier (Hrsg.), Klassiker des politischen Denkens. München 1979, S. 293 – 320, S. 308; Neschke-Hentschke, Protestantismus, S. 233. ebd., S. 235.
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6 Die Bibliothek als politisches Ideenreservoire
Obwohl Grotius an der aristotelischen Lehre nur an wenigen – wenn auch nicht nebensächlichen – Aspekten (wie z. B. der Gerechtigkeitslehre) Kritik geäußert habe, habe er sie um wichtige Elemente erweitert, „die der christlich-platonischen Naturrechtslehre entlehnt sind.“³² In diesem Sinne konstatiert Ada NeschkeHentschke eine „stille Revolution“, die Grotius selbst (der den Aristotelismus als solchen ja schätzte) nicht konkret beabsichtigt habe. Sie bestehe in einer verstärkten individualistischen Tendenz: „Der Weg zu der neuen Auffassung des Staates setzt nicht wie bei Aristoteles bei den Formen der Gemeinschaft, sondern beim Individuum und seinen subjektiven Rechten an.“³³ Arnd und Kulpis attestieren Grotius einen Koryphäenstatus. Damit emanzipiert dieser sich vom politischen Aristotelismus, provoziert aber keinen unmittelbaren Konflikt.³⁴ Der Befund deckt sich mit den Forschungen Horst Dreitzels, der eine disziplinäre Verselbstständigung des „Jus publicum universale“ erst ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts beobachtet, während der Aristotelismus parallel an Akzeptanz zu verlieren begann.³⁵ Erst in den 1670er Jahren wurde das Ius publicum durch Ulrich Huber erstmals als eine eigene von der Politik losgelöste Disziplin gefasst und fand als solche rasch Eingang in die Curricula der deutschen Universitäten.³⁶ Unterdes äußerte sich z. B. Pufendorf gegenüber den Aristotelikern außerordentlich kritisch und führte „den Befreiungsschlag gegen den späthumanistischen Scholastizismus“.³⁷ Dogmatische Konflikte zwischen dem Naturrecht und dem Aristotelismus beobachtet Dreitzel vor allem in Bezug auf die Ethik. Während diese mit dem Naturrecht schon das gesamte 17. Jahrhundert hindurch in Konflikt geriet, stand die Politik „in der ersten Phase der deutschen Aufklärung“ noch in hohem Ansehen.³⁸ Das von Dreitzel schon vor ebd., S. 240. ebd., S. 240. Lit.: Gerhard Göhler: Politische Theorien des 17. und 18. Jahrhunderts in Deutschland: Ein Überblick, in: Bernd Heidenreich u. Gerhard Göhler (Hrsg.), Politische Theorien des 17. und 18. Jahrhunderts. Darmstadt 2011, S. 10 – 36, S. 18 f. Vgl. Horst Dreitzel: Monarchiebegriffe in der Fürstengesellschaft: Semantik und Theorie der Einherrschaft in Deutschland von der Reformation bis zum Vormärz. Bd. 1– 2, Bd. 2: Theorie der Monarchie. Köln [u. a.] 1991, S. 480. Vgl. Michael Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Bd. 1– 4, Bd. 1: Reichspublizistik und Policeywissenschaft. 1600 – 1800. München 1988, S. 291– 295. Horst Dreitzel: Von Melanchthon zu Pufendorf. Versuch über Typen und Entwicklung der philosophischen Ethik im protestantischen Deutschland zwischen Reformation und Aufklärung, in: Martin Mulsow (Hrsg.), Spätrenaissance-Philosophie in Deutschland, 1570 – 1650. Tübingen 2009, S. 321– 398, S. 388; auch: Detlef Döring: Samuel von Pufendorf (1632– 1694), in: Bernd Heidenreich u. Gerhard Göhler (Hrsg.), Politische Theorien des 17. und 18. Jahrhunderts. Darmstadt 2011, S. 92– 111, S. 103. Vgl. Dreitzel, Aristotelismus, S. 188, 191.
6.2 Die „Philosophia Grotiana“ – Politik als öffentlich-rechtliches System
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30 Jahren formulierte Forschungsdesiderat zum Niedergang des politischen Aristotelismus um 1700 bleibt aktuell.³⁹ In diesem Zusammenhang gilt auch zu ermitteln, ob bzw. in welchem Maße die politisch-aristotelische Theorie auf der einen und das Naturrecht und öffentliche Recht auf der anderen Seite in diesen Zeiträumen zu Handlungsmodellen der politischen Praxis avancierten.⁴⁰ Es wurde bereits erläutert, dass Canitz’ Bibliothek viele Werke zum öffentlichen Recht, Natur- und Völkerrecht vorhält, dasselbe gilt auch für die zeitgenössische Reichspublizistik. Dies macht wahrscheinlich, dass er die daran angeschlossenen Deutungszusammenhänge gut kannte. Während seines Studiums konnte er sie sowohl in Leiden als auch in Leipzig rezipieren, da entsprechende Vorlesungen abgehalten wurden und Professuren existierten. Wenn Grotius bei Zeitgenossen als Koryphäe einer ausgesprochen rechtswissenschaftlichen Deutung von Politik galt (wie in den Leseanweisungen geschehen) und sich somit vom klassischen Aristotelismus abhebt – so trägt Grotius in der Bibliothek von Canitz eindeutig den Sieg gegenüber Aristoteles davon: Er ist mit elf Werken im Bestand vertreten, darunter befinden sich allein vier Ausgaben von De Jure Belli ac Pacis sowie ein dazugehöriger Kommentar. Aristoteles’ Politica findet sich indes kein einziges Mal. Insgesamt ist der Deutungszusammenhang einer „Philosophia Grotiana“ bzw. einer halb juristisch, halb aristotelisch konnotierten Auslegung von Politik deutlich vollständiger in der Bibliothek abgebildet als der der „reinen“ aristotelischen Politik. Daraus folgt die Annahme einer höheren Sachkenntnis durch Canitz. Die Ursachen hierfür liegen in einer besseren Verfügbarkeit, einem höheren praktischen Applikationspotential und/oder persönlichem Interesse. Prinzipiell werden alle drei Faktoren eine Rolle gespielt haben. Für das öffentliche Recht und Völkerrecht ergab sich in der diplomatischen Praxis zweifelsfrei mehr Applikationspotential als für das klassische aristotelische Politikverständnis. Die Vertreter des öffentlichen Rechts, Natur- und Völkerrechts versuchten, Lösungskonzepte für die verfassungsrechtliche Struktur des Heiligen Römischen Reiches zu entwickeln und bedienten sich dabei Methoden, die zum Ende des 17. Jahrhunderts mit einem hohen Akzeptanzgrad verbunden waren und eine legitima-
Vgl. ebd., S. 184: „Der Ausgang des Aristotelismus bedeutete den Übergang zur Aufklärung […]. Trotz vieler Forschungen über die deutsche Aufklärung ist jedoch gerade dieser Übergangsprozeß, der sich im letzten Drittel des 17. und im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts vollzog, zwar in seinem Ergebnis bekannt, in seinem Verlauf und seinen inneren Gründen aber noch kaum erhellt.“ Auch: Dreitzel, Melanchthon, S. 393 f. Horst Dreitzel: Absolutismus und ständische Verfassung in Deutschland: ein Beitrag zu Kontinuität und Diskontinuität der politischen Theorie in der frühen Neuzeit. Mainz 1992, S. 140; Luise Schorn-Schütte: Politische Kommunikation in der Frühen Neuzeit. Obrigkeitskritik im Alten Reich, in: Geschichte und Gesellschaft 32 (2006,3), S. 273 – 314, S. 310.
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6 Die Bibliothek als politisches Ideenreservoire
torische Grundlage für verschiedene Akteure bildeten. Große Verträge markierten verbindliches Recht, das ein Gesandter kennen und anwenden können musste. „Mit dem [öffentlichen Recht] verknüpft waren die Auffassung und der Anspruch der Juristen, Politik in Recht transformieren, alle politischen Probleme rechtlich lösen zu können.“⁴¹ Je stärker die rechtliche Durchdringung des europäischen Staatensystems, desto kleiner wurde indes der individuelle Interpretationsspielraum für politische Akteure. Da dieser oft über die Hinzuziehung von Politica- und Klugheitslehren bewältigt wurde, erklärt sich, warum ihr Geltungsanspruch bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts abnahm.⁴²
6.3 Politik auf Basis christlicher Maximen und Verhaltenswerte Welche Rolle spielen christliche Moralvorstellungen beim politischen Handeln und bei der Legitimierung von Herrschaft? Es ist überraschend, dass die Verfasser der Leseanweisungen sich hierzu nur gelegentlich äußern. Während sie in nahezu jeder frühneuzeitlichen Wissensdisziplin eine politische Relevanz erkennen, bleibt die Theologie außen vor, angesprochen wird sie lediglich in den Kapiteln zur Moralphilosophie und zum Naturrecht, respektive göttlichem Recht – also in Wissensgebieten, die nur peripher an die Politik angegliedert sind. Für eine politische Exegese werden die Bibel und die Texte der Kirchenväter von Bose und Kulpis durchaus in Betracht gezogen. Den politischen Nutzen der Bibel beurteilt Bose jedoch nüchtern: Die zur Klugheit beitragenden Inhalte müsse man aus ihr regelrecht herausschürfen.⁴³ Ein weiteres Mal bezieht Bose sich im Kapitel zu den Rechtswissenschaften auf die Heilige Schrift und bezeichnet sie als zentrale Referenz für das göttliche Recht. Bei moraltheologischen Abhandlungen mahnt er jedoch zur Vorsicht: Ac Divini quidem juris cognitio, commodissimè hauretur è sacris Literis & Theologorum scriptis, imprimis eorum, qui de Theologia Morali scripserunt. Quod argumentum à nostris
Weber, Lipsius, S. 24. Vgl. Alberto Vanzo: From empirics to empiricists, in: Intellectual History Review 24 (2014,4), S. 517– 538, S. 525: „[…] natural law theory had replaced Aristotelianism as the main theoretical framework for political writers. Traditional discussions of political prudence had largely been supplanted by discussions of the more fashionable and pragmatic topic of reason of State.“ Bose, Bibliotheca, § 28. „Nam ex hebraeis Barbaricisque scriptoribus nihil ferme superest, quod faciat ad prudentiam civilem acquirendam, si excipias libros Regum & Chronicorum, itemque Josuae & Judicum, è quibus nonullae pacis artes, non tam hauriri quám erui possunt.
6.3 Politik auf Basis christlicher Maximen und Verhaltenswerte
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vix leviter factum est cum Pontificii homines ferme nimia & superstitiosâ diligentiâ in eo versati sint.⁴⁴
Seit der Reformation vollzogen die Anhänger der neuen Konfessionen eine aufwendige Exegese der herrschenden Theologie. Es galt zu bestimmen, welche Anteile adaptierbar waren, welche angepasst und damit im wahrsten Sinne des Wortes reformiert werden mussten. Das göttliche Recht sieht Bose auch noch im 17. Jahrhundert maßgeblich in Händen von „übereifrigen Papisten“, deren Standpunkte sich für eine Rezeption durch protestantische Leser disqualifizierten. Seiner eigenen Aussage zufolge kann Bose dem studiosus allerdings auch nur wenige von Protestanten verfasste Alternativen nennen. Johann Kulpis sieht im göttlichen Recht und im Naturrecht unterschiedliche Sichtweisen auf denselben Themenkomplex. Jeder müsse selbst entscheiden, ob er den Zugang über die Moraltheologie oder das Naturrecht wähle.⁴⁵ In Anbetracht dessen, dass Kulpis die Besprechung von Ersterem auslässt, ist klar, welche Variante er selbst präferiert. Die Position, wonach das Naturrecht als gottgewolltes Recht das bisherige göttliche Recht zu großen Teilen ersetzen könne („Per jus divinum cumprimis jus naturae intelligo“⁴⁶), war unter Vertretern des politischen Aristotelismus und des Naturrechts weit verbreitet.⁴⁷ Die Konstruktion einer politischen Theorie aus der Heiligen Schrift, den Werken der Kirchenväter oder aus theologischen Traktaten wurde von Vertretern der politischen Theorie in der Regel gemieden. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts avancierte die Vielfalt der Konfessionen zum integralen Bestandteil des deutschen politischen Geschehens und deshalb erwiesen sich theologisch hergeleitete Ansprüche und Legitimationsstrategien oft als problematisch. In der Forschung herrscht ein großer Konsens darüber, dass dieser Prozess ursprünglich auf Philipp Melanchthon und seine Commentaii in aliquot politicos libros Aristotelis zurück-
ebd., § 111. Kulpis, Studio, S. 187. Zu dieser Sichtweise vgl.: Peter Nitschke: Politik und Theologie im Diskurs: Anmerkungen zu einem scheinbar konträren Wissenschaftsverständnis in der Politischen Theorie der Prämoderne, in: Alexander Fidora (Hrsg.), Politischer Aristotelismus und Religion in Mittelalter und Früher Neuzeit. Berlin 2007, S. 181– 188, S. 184– 187. Kulpis, Studio, S. 186. Vgl. Nitschke, Politik, S. 185: „Mit der Hypothese einer natürlichen Religion wird zugleich ein mehr oder weniger deistischer Gottesbegriff inauguriert. Das führt wiederum dazu, dass sich das gläubige Individuum in erster Linie an die eigene Vernunft halten muss und weniger an die Richtlinien der Kirche. Die individuelle Vernunft steht im Rahmen der natürlichen Religion unmittelbar zu Gott.“ Auch: Horst Dreitzel: Theorien göttlichen Rechts in der Monarchie, in: Michael Albrecht u. Helmut Holzhey (Hrsg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Basel 2001, S. 715 – 726, S. 717.
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zuführen ist.⁴⁸ Überraschend ist jedoch, dass in den Leseanweisungen keine Traditionslinie feststellbar ist, die auf Melanchthon rekurriert. Sein Kommentar zur aristotelischen Politik wird in keiner der vier Leseanweisungen erwähnt, geschweige denn ausführlich besprochen oder kritisiert. In den Leseanweisungen von Hartnack und Arnd finden sich mehr Verweise auf Werke, die Politik mit christlichen Werten assoziieren. In der Bibliografie, die Hartnacks Traktat beigefügt ist, erscheint die Liste „Aus der heil. Schrifft haben politicam doctrinam angewiesen“. Sie enthält mit Giovanni Menochios Hieropoliticōn Sive Institutionis Politicae ⁴⁹ und Lambert Daneaus Politices christianae libri 7 lediglich zwei Titel.⁵⁰ Giovanni Menochio bemühte sich, die Bibel exegetisch auf ihre politischen Inhalte abzusuchen und zu systematisieren.⁵¹ Auch Lambert Daneau berief sich in seiner Abhandlung umfassend auf die Heilige Schrift und sah in der Monarchie die ideale gottgewollte Staatsform. Im Gegensatz zu seinem Leidener Kollegen Justus Lipsius sprach sich Daneau dagegen aus, die machiavellistischen Lehren für die Politik auch nur teilweise zu adaptieren und urbar zu machen.⁵² Abseits der politischen Theorie betont Hartnack den Wert der Theologie für die Moralphilosophie und konstatiert eine generelle Überlegenheit der christlichen Moral. Die Moralphilosophie diene dem „Zweck der Vereinigung mit GOTT“ und als Schutzschild gegen heidnisches „Blendwerck“.⁵³ Christliche Werte dienen
Philipp Melanchthon: Commentarii in aliquot politicos libros Aristotelis. Wittenberg 1530. Lit.: Noah Dauber: Deutsche Reformation: Philipp Melanchthon, in: Christoph Horn u. Ada NeschkeHentschke (Hrsg.), Politischer Aristotelismus. Stuttgart 2008, S. 173 – 191; Isabelle Deflers: Aristotelismus in Melanchthons Rechtsauffassung, in: Alexander Fidora (Hrsg.), Politischer Aristotelismus und Religion in Mittelalter und Früher Neuzeit. Berlin 2007, S. 119 – 130; Dreitzel, Melanchthon. Giovanni Stefano Menochio: Hieropoliticōn Sive Institutionis Politicae E S. Scripturis Depromptae, Libri Tres. Köln 1626; Daniel Hartnack: Anweisender Bibliothecarius der studirenden Jugend durch die vornehmsten Wissenschaften. Sammt der bequemsten Methode,Wie dieselbe zu erlernen von einem zukünfftigen Theologo, Jurisconsulto, und Medico. Stockholm 1690 (Ms,VIII,84), S. 54. Lambertus Daneau: Politices christianae libri 7. [Genf] 1596. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 54. S. Pastore: Menochio, Giovanni Stefano, in: Dizionario Biografico degli Italiani 73 (2009). Vgl. Stolleis, Geschichte, S. 105 f. Genauso bei Reinkingk, vgl. Robert von Friedeburg: Luther’s legacy: the Thirty Years War and the modern notion of ’state’ in the empire, 1530s to 1790s. Cambridge 2015, S. 327 f. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 47. „Bey derselben/ wo man nicht dem Pelagianismum, Papismum, Socinianismum und Arminianismum unterbauen will/ mögen die Suasiones Morales gar ein weniges oder vielmehr nichts außrichten; sondern unser Hertz sammt seien Kräfften muß physicè von dem Heiligen Geist erneuert […] werden.“
6.3 Politik auf Basis christlicher Maximen und Verhaltenswerte
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Hartnack als Denkrahmen für das richtige moralische Verhalten des politicus und für die Feststellung belasteter Lehrinhalte. Das zeigt auch seine Kritik am naturrechtlichen Oeuvre von Samuel von Pufendorf: […] bey welches hypothesibus aber einige Theologi und Philosophi, Nahmentlich Herr Valentinus Alberti⁵⁴, Herr [Valentin] Veltheim⁵⁵, und andere/ ein und andres anmercken wollen. Herr Alberti hat selbst nach seinen Principiis de jurae naturae […] geschrieben.⁵⁶ Herr [Johann Ludwig] Prasch hat eine Designationem Juris naturalis é Disciplina Christianorum auch Disquisitionem de Jure Gentium heraus geben⁵⁷/ welches hernach mit Herrn Thomasio in Streit gerathen.
Pufendorf sah die Weltordnung zwar göttlich legitimiert, betrieb durch seine Lehren jedoch eine vollständige Entchristianisierung des Naturrechts.⁵⁸ Damit löste er starken Protest in der von Hartnack umschriebenen lutherischen Orthodoxie aus, die Gegenkonzepte zu entwickeln versuchte.⁵⁹ Von allen Rezensenten ist Carl Arnd der Einzige, der eine christliche Politik definiert. Am Ende seines Kapitels zu den Dogmatici unterscheidet er eine Politik im Dienst der Staatsräson von jener im Dienste christlicher Werte: Pertinent huc, qui Politicam non ex ratione status sed Christianismi principiis deduxerunt & saltim cum iisdem combinarunt, quales sunt […]⁶⁰
Am Textrand charakterisiert er die Werke außerdem als „Compendiarii & Systematici Christiani sive Theologici.“ Die darauf folgende Liste erstreckt sich nur bis auf die Folgeseite: Arnd verweist auf Lambertus Daneaus Politicae Christianae ⁶¹,
Gemeint sein können: Valentin Alberti: Epistola ad illustrem excellentissimumque Seckendorfium. Leipzig 1688; Valentin Alberti: Judicium de nupero scripto Pufendorfiano. Leipzig 1688. Verweis auf: Valentin Veltheim: Vera et genuina fundamenta iuris naturae contra Pufendorfium. Jena 1674. Valentin Alberti: Compendium Iuris Naturae, Orthodoxae Theologiae Conformatum Et In Duas Partes Distributum. Leipzig 1676. Johann Ludwig Prasch: Designatio juris naturalis ex disciplina Christianorum. Regensburg 1688; Johann Ludwig Prasch: De Jure Gentium, maxime Christianarum, vero & ficto, Disquisitio nova ac necessaria. Regensburg 1689. Stolleis, Geschichte, S. 283. Vgl. Horst Denzer: Moralphilosophie und Naturrecht bei Samuel Pufendorf. Eine geistes- und wissenschaftsgeschichtliche Untersuchung zur Geburt des Naturrechts aus der praktischen Philosophie. Goldbach 1996, S. 267– 269. Arnd, Bibliotheca, S. 103. Daneau, Politices. Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 54; Arnd, Bibliotheca, S. 65, 103.
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Giovanni Menochios Hieropoliticōn Sive Institutionis Politicae ⁶², die Biblische Policey von Dietrich von Reinkingk (hier: Politica Biblica)⁶³ und Veit Ludwig von Seckendorffs Fürstenstaat. ⁶⁴ Letzterer richte sich zwar primär an den Fürsten, dem seine heiligen Rechte und die Gestaltung kirchlicher Belange vermittelt würden, dennoch sei das von Seckendorff betriebene Studium des guten Fürsten auch dazu geeignet, einen jungen Leser in seiner christlichen Ausbildung voranzubringen.⁶⁵ Reinkingk polemisierte heftig gegen die Staatsräson, die seiner Ansicht nach lediglich die Habgier politischer Akteure bediene und als Ausrede für die Abkehr von christlichen Werten fungiere. Sein Verständnis von Gemeinschaft stützte sich außerdem sehr stark auf die Drei-Stände-Lehre.⁶⁶ Den Aristotelikern unterstellte er ein rein säkulares Politikverständnis. Im Zentrum der Argumentation stand der Fürst, der in väterlicher Manier seine weltlichen und kirchlichen Amtspflichten wahrnahm und Kirche und Volk gleichermaßen beschützte. Angepasst war sein Werk an die Bedingungen, die in den zahlreichen mittelgroßen Fürstentümern im Reich herrschten.⁶⁷ In diesem Zuge erhielten (haus‐)wirtschaftliche Argumente (Verwaltung, Bevölkerungspolitik und Ökonomie) einen zunehmend höheren Stellenwert.⁶⁸
Menochio, Hieropoliticōn.Vgl. Hartnack, Bibliothecarius (Ms,VIII,84), S. 54; Arnd, Bibliotheca, S. 104. Theodor von Reinkingk: Biblische Policey. Das ist: Gewisse auß Heiliger Göttlicher Schrifft zusammen gebrachte auff die drey Hauptstände: Als Geistlichen Weltlichen und Häußlichen gerichtete Axiomata, oder Schlußreden: Sonderlich mit Biblischen Sprüchen und Exempeln auch andern bestärcket in allen Ständen nützlich dienlich und anmühtig zulesen. Frankfurt M. 1653. Vgl. auch: Bose, Bibliotheca, § 77, 86 (nur beiläufig erwähnt). Veit Ludwig von Seckendorff: Teutscher Fürsten Stat. Frankfurt M. 1678. Lit.: Friedeburg, Luther, S. 313 – 327. Vgl. Theodor von Reinkingk: Tractatus de regimine seculari et ecclesiastico. Frankfurt M. 1663 (Ms,IV,72), S. 104: „Et licet potius jura Principis circa Sacra declaret atque rationem conponendarum rerum Ecclesiasticarum. studium tamen Boni principis in promovendo christianismo aequè applicat, judice noster.“ Lit.: Horst Dreitzel: Das christliche Gemeinwesen, in: Michael Albrecht u. Helmut Holzhey (Hrsg.), Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Basel 2001, S. 673 – 693. Vgl. ebd., S. 682, 686; Stolleis, Reichspublizistik, S. 14 f.; Luise Schorn-Schütte: Politica christiana: eine konfessionelle oder christliche Grundordnung für die deutsche Nation?, in: Elisabeth Müller-Luckner u. Georg Schmidt (Hrsg.), Die deutsche Nation im frühneuzeitlichen Europa: Politische Ordnung und kulturelle Identität? Berlin; Boston 2016, S. 245 – 264, S. 260 f. Dreitzel, Gemeinwesen, S. 685; Friedeburg, Luther, S. 313. Vgl. Justus Nipperdey: Die Erfindung der Bevölkerungspolitik. Staat, politische Theorie und Population in der Frühen Neuzeit. Göttingen 2012, S. 277– 279; Jutta Brückner: Staatswissenschaften, Kameralismus und Naturrecht. München 1977, S. 9 f.
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Auch an zahlreichen Nebenbemerkungen im Fließtext der Leseanweisung zeigt sich, dass Arnd dem theologischen Argument einen höheren Stellenwert einräumt als Bose oder Kulpis: Umfassend referiert er die Kritik Johann Boecklers an Lipsius, der die Heilige Schrift völlig außer Acht lasse.⁶⁹ Besonders kritisch sieht er die unter Aristotelikern verbreitete Differenzierung zwischen majestas personalis und majestas realis. Die majestas werde von Gott direkt auf den Herrscher übertragen und nicht durch das Volk vergeben.⁷⁰ In den Augen der Aristoteliker waren nicht nur die Monarchie, sondern auch Aristokratien und Demokratien gottlegitimiert. Die Beziehung zwischen Gott und politischer Macht war in ihren Augen abstrakt im Gegensatz zur Position von Arnd, der eine unmittelbare Weitergabe der Macht von Gott auf den Souverän konstatiert, so dass eine aktive oder passive Akklamation durch sekundäre politische Akteure nicht nötig ist. Ein konkretes und einheitliches Bild einer auf christlichen Prinzipien beruhenden politischen Lehre lässt sich aus den Angaben der Leseanweisungen nicht ableiten. Erst über die Hauptargumente der von ihnen genannten Werke ergibt sich der Eindruck, dass eine christliche Politik aus der Heiligen Schrift heraus entwickelt wird, die sich gegen die Staatsräson ausrichtet und oft unmittelbar den christlichen Werten verpflichteten Fürsten adressiert.⁷¹ Es versteht sich von selbst, dass eine aktive Ablehnung einer auf der Heiligen Schrift basierenden Politik oder gar die Formulierung von Negativ-Kanons mit legitimatorischen Schwierigkeiten verbunden war, zumal sich auch die Aristoteliker selbst nie als „säkular“ verstanden. Wie Bose und Kulpis zogen sie lediglich säkulare Argumentationsweisen vor, die Politik und politische Theorien über konfessionelle Differenzen hinweg händelbar machten.⁷² Luise Schorn-Schütte und Robert von Friedeburg verweisen schon seit Jahren auf eine mangelnde Beachtung der „Politica Christiana“ und die starke Reprä-
Vgl. Arnd, Bibliotheca, S. 86 – 88. ebd., S. 65. Für die retrospektive Skizze einer frühneuzeitlichen Politica Christiana, vgl.: Luise SchornSchütte: Gottes Wort und Menschenherrschaft. Politisch-theologische Sprachen im Europa der frühen Neuzeit. München 2015, S. 28 f.; Schorn-Schütte, Politica, S. 246 „Das Konzept der politica christiana beinhaltet die Vorstellung von begrenzter Herrschaft, die deshalb als christliche Obrigkeit bezeichnet wird, weil ihr durch politisch-theologische Grundnormen Handlungsgrenzen gesetzt wurden.“ Auch: Dreitzel, Monarchiebegriffe, S. 484– 486. Vgl. Schorn-Schütte, Gottes, S. 25: „Entsakralisierung ist nicht gleichzusetzen mit der Ablehnung religiöser Normen zur Bestimmung legitimer Herrschaft.“ Auch: Dreitzel, Gemeinwesen, S. 678; Wolfgang Weber: „Das ärgste Hindernis einer Sache ist die Unwissenheit“. ’Wissen’, ’Information’ und Informationsbeschaffung in der Politikwissenschaft des 17. Jahrhunderts, in: Arndt Brendecke (Hrsg.), Information in der Frühen Neuzeit. Berlin 2008, S. 259 – 276, S. 260.
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sentanz theologisch-juristischer Legitimationsweisen in politischen Prozessen.⁷³ Eine Ursache für deren mangelnde Beachtung durch Vertreter der politischen Ideengeschichte liegt oft in der Quellengrundlage. Während die aristotelische Politiktheorie monografisch vermittelt und systemisch ausformuliert wurde, sind ausformulierte Theorien einer „Politica Christiana“ quantitativ seltener (zumindest kennen die Verfasser der Leseanweisungen nur eine geringe Anzahl). Sie offenbaren sich häufiger situativ gebunden in Predigten, Flugschriften, Korrespondenzen und politischen Testamenten.⁷⁴ Dort wird sehr schnell ersichtlich, dass die Politik des 17. Jahrhunderts alles andere als entsakralisiert oder gar säkular war.
Repräsentanz in der Bibliothek von Canitz Die Bestände in Canitz’ Bibliothek spiegeln den Widerstreit zwischen dem aristotelischen Ideal einer entsakralisierten Politik und einer Politik, die sich explizit auf die Schöpfungsordnung beruft. Die Werke der Kirchenväter sind zunächst kaum vertreten – sofern doch vorhanden, haben sie keinen offensichtlichen politischen Schwerpunkt. Mit Veit Ludwig von Seckendorffs Fürsten-Stat ⁷⁵ sowie einer lateinischen Ausgabe von Theodor von Reinkingks Biblischer Policey besaß Canitz zwei der von Hartnack und Arnd als auf christlichen Prinzipien beruhenden charakterisierten Werke.⁷⁶ In den Tonus dieser Schriften fügt sich auch die Disquisitio Vom absoluten Fürstenrecht von Wilhelm von Schröder ein, die im Anhang der 1686 erschienenen Fürstlichen Schatz- und Rentkammer abgedruckt ist.⁷⁷ Darin leitet Schröder das Gottesgnadentum der Könige aus dem ersten Buch Samuel, 8 ab.⁷⁸ Auch im Oeuvre von Christian Weise spielen politische Konzepte und insbesondere die Politica Christiana eine große Rolle.⁷⁹ Der Auktionskatalog doku-
Schorn-Schütte, Gottes, S. 26 f.; Dieselbe: Einleitung, in: Luise Schorn-Schütte (Hrsg.), Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Berlin; Boston 2004, S. 1– 12, S. 3; Schorn-Schütte, Politica, S. 262; Dreitzel, Monarchiebegriffe, S. 476; Schorn-Schütte, Kommunikation, S. 310. Zu Predigten vgl.: Luise Schorn-Schütte: Predigen über Herrschaft: Überlegungen zu einem frühneuzeitlichen Forschungsfeld, in: Volker Bauer, et al. (Hrsg.), Frauen – Bücher – Höfe: Wissen und Sammeln vor 1800. Wiesbaden 2018, S. 145 – 158. Veit Ludwig von Seckendorff: Teutscher Fürsten-Stat. Frankfurt M. 1687 (Ms,VIII,91). Reinkingk, Policey; Reinkingk, Tractatus (Ms,IV,72). Schröder, Schatz- und Rent-Cammer (Ms,VIII,92), S. 553 – 590. Vgl. Friedeburg, Luther, S. 328. Zu politischen Konzepten innerhalb der Weiseschen Romane, vgl. Gotthardt Frühsorge: Der politische Körper: Zum Begriff des Politischen im 17. Jahrhundert und in den Romanen Christian
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mentiert 24 seiner Schriften, die hier maßgebende Schrift E Politica Christiana De Eo Quod Honestum Est, Seu De Principio Amoris & Odii fehlt allerdings in der Canitzschen Bibliothek.⁸⁰ Bei den Abhandlungen handelt es sich primär um Lehrund Schulbücher, die sicherlich der Ausbildung von Philipp von Canitz dienten und ggf. auch durch seinen Hauslehrer Joachim Lange beschafft wurden. Weises Romane und Komödien sind bis auf ein Exemplar ebenfalls nicht abgedeckt. Auch in Fürstenspiegeln wurde häufig an christliche Wertvorstellungen appelliert: In einer Gesamtausgabe der erasmianischen Werke war unter anderem das Werk Institutio Principis Christiani enthalten, in dem ein frommer Lebenswandel als wichtigste Maxime der Fürstenerziehung erachtet wird.⁸¹ In die Kategorie der Fürstenspiegelliteratur gehört auch Antonio Guevaras Horologium Principum, das Karl V. gewidmet wurde. Am Beispiel des römischen Kaisers Mark Aurel verdeutlicht Guevara die Tugenden eines guten Fürsten, wobei er vor allem auf dessen festen Glauben an die Götter, sowie seine Mäßigkeit und Milde hinweist.⁸² Gegen eine religiöse Beeinflussung von Politik und Staat richtet sich Benedictus de Spinoza mit seinem Tractatus Theologico-Politicus, der sich ebenfalls in Canitz‘ Besitz befand.⁸³ Den Staat leitet Spinoza aus rein naturalistischen
Weises. Stuttgart 1974; Ulrike Wels: Die Theaterpraxis am Zittauer Gymnasium im Zeitalter des Pietismus unter Christian Weise (1678 – 1708) und Gottfried Hoffmann (1708 – 1712), in: Peter Hesse u. Barbara Becker-Cantarino (Hrsg.), Poet und Praeceptor. Dresden 2009, S. 167– 187; Margarete Zarneckow: Christian Weises „Politica Christiana“ und der Pietismus. [s.l.] 1924. Christian Weise/Johann August Fischer: E Politica Christiana De Eo Quod Honestum Est, Seu De Principio Amoris & Odii. Weißenfels 1677. Desiderius Erasmus/Beatus Rhenanus: Omnia Opera Des. Erasmi Roterodami, Quaecunque Ipse Autor Pro Suis Agnovit. Bd. 1– 9, Bd. 4: Quae ad morum institutionem pertinent complectens. Basel 1540 (Th,II,47). S. 433 – 473. Lit.: Lester K. Born: Erasmus on Political Ethics: The Institutio Principis Christiani, in: Political Science Quarterly 43 (1928,4), S. 520. Antonius Guevara/Johannes Wanckelius: Horologium Principum, Quod ad normam vitae M. Aurelii Severi, Imperatoris Nobilissimi & Philosophi Prudentissimi Olim concinnavit. Frankfurt M. 1664 (Ms,IV,160). Lit.: Herbert Walz: Der Moralist im Dienste des Hofes: eine vergleichende Studie zu der Lehrdichtung von Antonio de Guevara und Aegidius Albertinus. Frankfurt M. 1984, S. 16 – 21; Helmuth Kiesel: „Bei Hof, bei Höll“. Untersuchungen zur literarischen Hofkritik von Sebastian Brant bis Friedrich Schiller. Berlin; Boston 1979, S. 88 – 106. Benedictus de Spinoza: Tractatus Theologico-Politicus. Continens Dissertationes aliquot, Quibus ostenditur Libertatem Philosophandi non tantum salva Pietate, & Reipublicae Pace posse concedi: sed eandem nisi cum Pace Reipublicae, ipsaque Pietate tolli non posse. Hamburg 1670 (Ms,IV,146).
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Grundsätzen her, das Gemeinwesen ist nur pantheistisch göttlich legitimiert.⁸⁴ Das Werk wurde von Zeitgenossen als äußerst radikal empfunden. Zur Debatte gehört auch die Gegenschrift L’Impie Convaincu, Ou Dissertation Contre Spinosa. Dans laquelle l’on refute les fondemens de son athéisme von Noël Aubert de Versé, in der Spinoza als Atheist abgeurteilt wird.⁸⁵ Dass Canitz’ die Thesen Spinozas unterstützte, erscheint in Anbetracht seiner religiösen Sozialisation unwahrscheinlich. Wenn Arnd Staatsräson und christliche Prinzipien als Gegensätze wahrnimmt, so können in Canitz’ Bibliothek auch jene literarischen Bestände einem verchristlichten Politikkonzept zugeordnet werden, in denen die Staatsräson als rücksichtsloses Herrschaftsinstrument inszeniert wird. Hier ist die Vernachlässigung christlicher Wertvorstellungen bei der Zurückweisung der Staatsräson in aller Regel das wichtigste Argument. Reinkingk bringt die zeitgenössischen Bedenken auf den Punkt, wenn er die von ihm verschmähte Staatsräson konkret zu christianisieren versucht. Wie die biografische Einführung zu Canitz gezeigt hat, stand dieser mit zahlreichen Anhängern und Förderern des Halleschen Pietismus (Jakob Spener, Carl Hildebrand von Canstein, Paul von Fuchs, Joachim Lange) in persönlichem Kontakt. Die Pietisten versuchten aktiv, ihn für ihre Zwecke zu gewinnen. Wie erfolgreich diese Versuche waren, ist nicht vollständig geklärt. Johann König beschreibt die Erfolge pietistischer Bemühungen vorsichtig. [Emerentia von Arnim, Ehefrau von Canitz] war eine besonders gute Freundin von denen beyden rechtschaffenen Knechten Gottes, Herrn D. Spener und Herrn M. Schaden, und fürchtete Gott von Hertzen. [Canitz] ein vornehmer Staats-Minister, stunde zwar in solchem Stande noch nicht, aber doch war er nicht allein auch nicht ohne Furcht Gottes, sondern auch dabey der Natur nach von einem sehr liebreichen, sanftem gütigen und gutthätigen Wesen, so sich bey ihm auch zuletzt immermehr hat heiligen lassen.⁸⁶
In einem seiner jüngsten Beiträge beobachtet Steffen Martus jedoch recht starke pietistische Einflüsse im dichterischen Werk von Canitz und sieht in seiner Person die Verwirklichung des von Philipp Jakob Spener (mehrheitlich nach 1699) for-
Lit.: Otfried Höffe: Die Grundlagen des Staates. Kapitel 16 des Theologisch-politischen Traktat, in: Otfried Höffe (Hrsg.), Spinoza: Theologisch-politischer Traktat. München 2014, S. 171– 193, S. 175 f.; Stolleis, Geschichte, S. 280. Noe͏l̈ Aubert de Versé: L’Impie Convaincu, Ou Dissertation Contre Spinosa. Dans laquelle l’on refute les fondemens de son athéisme. Amsterdam 1685 (Th,VIII,87,1). Joachim Lange: D. Joachim Langens, Der Theologischen Facultaet zu Halle Senioris […] Lebenslauf. Halle 1744, S. 33 f.
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mulierten Staatsbürgerideals.⁸⁷ Da Spener an der Rekonstruktion der Canitzschen Biografie einen nicht unerheblichen Anteil hatte (er verfasste dessen Leichenpredigt und damit die früheste Lebensbeschreibung überhaupt, die für alle nachfolgenden Beschreibungen herangezogen wurde), können diese Thesen zu seinem Charakter schwerlich überprüft werden. Es lohnt sich jedoch die Prüfung, ob ein pietistisches Staatsbürgerideal in der Bibliothek wenigstens abgebildet und verfügbar war. Canitz und seiner Frau Emerentia standen wenigstens zehn Schriften von Philipp Jakob Spener zur Verfügung.⁸⁸ Doch die Texte, die Klaus Deppermann zufolge politische Aussagen und Überlegungen enthalten (Evangelische Lebenspflichten⁸⁹, Evangelische Glaubenslehre⁹⁰, die Bußpredigten, Teil III⁹¹, Theologische Bedenken II⁹², Letzte Theologische Bedencken⁹³) fehlen im Bestand bzw.
Steffen Martus: Anthropologie und Staatsdienst. Friedrich Rudolph von Canitz (1654– 1699), in: Britta Herrmann (Hrsg.), Anthropologie und Ästhetik. Paderborn 2019, S. 243 – 269. Philipp Jakob Spener: Tabulae Progonologicae. Stuttgart 1660 (Ms,II,175); Philipp Jakob Spener: Sylloge Genealogico-Historica. Frankfurt M. 1677 (Ms,VIII,68); Philipp Jakob Spener: Historia Insignium Illustrium Seu Operis Heraldici Pars Specialis. Frankfurt M. 1680 (Ms,II,117); Philipp Jakob Spener: Die lautere Milch des Evangelii, oder die Lehr von den Gnaden- und Heilsschätzen, welche die Gläubige in Jesu Christo haben, besitzen und geniessen. Frankfurt M. 1687 (Th,XII,62,1); Philipp Jakob Spener: Einfältige Erklärung Der Christlichen Lehr, Nach der Ordnung deß kleinen Catechismi deß theuren Manns Gottes Lutheri. Frankfurt M. 1687 (Th,XII,13 und Th,XII,62); Philipp Jakob Spener: Der Kinder Gottes Seliger Todt auff das Fest der Reinigung Mariae 1689. aus dem ordentlichen Evangelio Luc. II, 22– 32. Leipzig 1689 (Th,XII,19,1); Philipp Jakob Spener: D. Philipp Jacob Speners Chur-Sächs. Ober-Hofpredigers und Kirchen-Raths abgenötigte rettung seiner reinen Lehr wider Dan. Hartnaccii beschuldigungen in dem anweisendem Bibliothecario der studirenden Jugend. Frankfurt M. 1690; Philipp Jakob Spener: Die Seligkeit Der Kinder Gottes, in dem reich der gnaden und der herrlichkeit. Frankfurt M. 1692 (Th,XII,19); Philipp Jakob Spener: Beste Mit-Gab der Jugend die man in die Fremde schicket, oder eine christliche Predigt Herrn D. Philipp Jacob Speners. [s.l.] 1695 (Th,XII,62). Auffällig ist, dass Speners Hauptwerk, die „Pia desideria“ im Katalog nicht aufgeführt ist. Philipp Jakob Spener: Die Evangelische Lebens-Pflichten. Frankfurt M. 1692, S. 560, 563, 572, 588; Philipp Jakob Spener: Die evangelischen Lebens-Pflichten. Teil II. Frankfurt M. 1707, S. 258. Philipp Jakob Spener: Die Evangelische Glaubens-Lehre. In einem jahrgang der Predigten Bey den Sonn- und Fest-täglichen ordenlichen Evangelien/ auß heiliger Göttlicher schrifft […] vorgetragen. Frankfurt M. 1688, S. 1324, 1333. Philipp Jacob Spener: Christlicher Buß-Predigten. Teil 2. Frankfurt M. 1686. Philipp Jacob Spener: Christliche Buß-Predigten. Teil III. Frankfurt M. 1710, Anhang, S. 189, 192, 194, 285. Philipp Jakob Spener: Theologische Bedencken. Teil II. Halle 1701; Philipp Jakob Spener: Theologische Bedencken. Teil III. Halle 1702, S. 885. Philipp Jacob Spener/Carl Hildebrand Canstein: Letzte Theologische Bedencken. Teil I. Halle 1711, S. 547, 580, 612.
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waren zum Zeitpunkt von Canitz’ Tod noch gar nicht erschienen. Wenn dieser die zugehörigen Inhalte rezipiert hat, dann in der direkten Predigt. Canitz‘ Bibliothek korreliert insofern mit den Lehren von Spener, als dass dieser dem Aristotelismus eher skeptisch gegenüberstand.⁹⁴ Er propagierte vielmehr eine auf christlichen Prinzipien basierende Politik: Er verteidigte die Idee des Gottesgnadentums und ermahnte den Fürsten, die Fürsorgepflicht gegenüber seinen Untertanen wahrzunehmen. Er bejahte eine Mitwirkung der Stände und erwartete von den Untertanen gleichsam unbedingten Gehorsam gegenüber dem Fürsten.⁹⁵ Obwohl zwischen den Pietisten und den politischen Eliten in Brandenburg wiederholt eine enge Symbiose konstatiert wird, rückt die Frage nach den politischen Konzeptionen der Pietisten nur allmählich in den Fokus der Forschung.⁹⁶ Wenngleich einige Vertreter politischer Theorie (wie Veit Ludwig von Seckendorff⁹⁷, Christian Weise und Ahasver Fritsch⁹⁸) als Sympathisanten der Pietisten bekannt sind, herrscht Unklarheit, wie und in welchen Werken sich diese Sympathien inhaltlich ausdrücken. Besonders stark zeigt sich dies an der Debatte um das Oeuvre von Christian Weise.⁹⁹ Demnach scheint noch offen, ob die Politica
Vgl. Carl Hinrichs: Preußentum und Pietismus. Der Pietismus in Brandenburg-Preußen als religiös-soziale Reformbewegung. Göttingen 1971, S. 12; Dreitzel, Aristotelismus, S. 187. Vgl. Klaus Deppermann: Der hallesche Pietismus und der preußische Staat unter Friedrich III. (I.). Göttingen 1961, S. 51– 55. Die ältere Forschung sah den Pietismus für den „absoluten Staat“ rekrutiert und konstatiert „Züge einer preußischen Staatsreligion“. Die pietistischen Ausbildungsprogramme beinhalteten zufolge eine „weltmännisch-praktische“ Ausrichtung, die oft direkt an den Adel gerichtet war: Hinrichs, Preußentum, u. a. S. 9; Deppermann, Pietismus; Martin Jhering: „Politik, Prestige und Pietismus“: Hofleben in Ostfriesland während des Besuchs zweier Bayreuther Markgrafen 1728, in: Der Deichwart: Beilage der Zeitung Rheiderland (2005,4); Andreas Pečar, Holger Zaunstöck u. Thomas J. Müller-Bahlke (Hrsg.): Wie pietistisch kann Adel sein? Hallescher Pietismus und Reichsadel im 18. Jahrhundert. Halle 2016; Volker Wappmann: Pietismus und Politik, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 67 (1998), S. 27– 59; Marianne Taatz-Jacobi: Erwünschte Harmonie: Die Gründung der Friedrichs-Universität Halle als Instrument brandenburg-preußischer Konfessionspolitik Motive, Verfahren, Mythos (1680 – 1713). Berlin 2014. Solveig Strauch:Veit Ludwig von Seckendorff (1626 – 1692). Reformationsgeschichtsschreibung – Reformation des Lebens – Selbstbestimmung zwischen lutherischer Orthodoxie, Pietismus und Frühaufklärung. Münster 2005. Noch unerforscht: Ahasver Fritsch: Manuale Pietatis Christianae: Ex aureis doctrinis, ac selectioribus sententiis Sanctorum Ecclesiae Patrum. Jena 1687 (Ms,VIII,124). Vgl. Margarete Zarneckow: Christian Weises „Politica Christiana“ und der Pietismus. [s.l.] 1924. Im Weiseschen Oeuvre beobachtet Zarneckow zwar eine allmähliche Hinwendung von der lutherischen Orthodoxie zum Pietismus, allerdings habe Weise eine offene Parteinahme für die Pietisten vermieden. (S. 64 f.). Eine Verbindung zwischen Pietismus und Politica Christiana sieht sie aufgrund der rein jenseitigen Ausrichtung des Pietismus nicht. Dagegen argumentieren Karl
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Christiana und der Pietismus in einer konkreten Symbiose standen oder eher korrelierten.¹⁰⁰ Weder die Bibliothek von Canitz noch seine Biografie können diese Fragen beantworten. Diese geringe Anzahl an expliziten Befunden wird um implizite Befunde ergänzt, die zeigen, dass der politische Alltag oft weniger mit politischen Theorien als mit politischen Moralvorstellungen gedeutet und erklärt wurde: In den Fließtexten der Werke werden Verstöße gegen christliche Werte immer wieder ausgerufen und markiert.¹⁰¹ Dies gilt insbesondere bei der (De)Legitimation von Widerstand und bei der Kennzeichnung des politisch Ungerechten und Niederträchtigen, sei es im Krieg oder in konfessionellen Konfliktsituationen. 1689 polemisiert Immanuel Weber heftig gegen Johann Ludwig Langhans, einen Rat und Vertrauten Karl Ludwigs von der Pfalz, dem Weber unterstellte, Karl Ludwig zu seiner morganatischen Ehe mit Luise von Degenfeld angestiftet zu haben. Die Rede ist von „Ehr- und Gottes vergessenen Staats-Geistlichen“, einer „Gott mißfälligen Buhlen-Liebe“ und einer „Gotteslästerlichen Verkehr- und Verdrehung der heil. Schrifft“, über die die Ehe legitimiert werde.¹⁰² Der Verfasser der Wahrhafften Deduktions-Schrift empört sich 1687 über das Verhalten der Hamburger Bürgerschaft, die sich gegen „Ihre von Gott ihnen vorsetzte Obrigkeit/ [aufgelehnt habe] der sie sowol nach Göttlichen Befehl / als ihren geleisteten Bürger-Eyd alle Treue/ Respect und Gehorsam/ in allen billigen Dingen zu erweisen [habe]“.¹⁰³ Diese Vermerke erscheinen in Flugschriften genauso regelmäßig wie beiläufig. Sie sind gängig bei Werken, in denen eine größere Öffentlichkeit angesprochen wird oder die sich auf Konflikte mit großer Breitenwirkung bezogen.¹⁰⁴ „Falsch“ und „richtig“ wird hier weniger mit politischen und rechtlichen als mit religiös-kon-
Borinski, der eine Beeinflussung gerade bei Christian Weise als gegeben sieht. Vgl. Karl Borinski: Baltasar Gracián und die Hofliteratur in Deutschland. Tübingen 1971, S. 99. Vgl. Strauch, Seckendorff: Der Verfasser erläutert durchaus gründlich Seckendorfs Beziehungen zu Pietisten, nicht aber etwaige Auswirkungen auf seine politische Theorie. Zarneckow, Weises. Vgl. u. a.: Rancé, Armand Jean Le Bouthillier de: Maximes Chrétiennes Et Morales. Delft 1699 (Ms,VIII,552); Richard Lucas: La Morale De L’Evangile. Où l’on traite de la nature de la Vertu Chrêtienne, des motifs qui nous y doivent porter, & des remédes contre les tentations. Berlin 1692 (Ms,VIII,637). Immanuel Weber: Der Ungewissenhaffte Gewissens-Rath: vorgestellet in einer Theologischen Facultät zu Heydelberg Bedencken über etzliche Brieffe Johann Ludewig Langhansens/ […] Darinnen er Ihre Churfürstl. Durchl. zur Desertion Dero Gemahlin/ […] verleiten wollen/ Samt einer Vorrede/ worinn dessen Conduite, Verbrechen/ und Bestraffung mit mehren enthalten. [s.l.] 1689, Vorrede, S. [2] f. Wahrhaffte Deduction-Schrifft (Ms,IV,102,8), S. [15]. Vgl. Schorn-Schütte, Predigen, S. 155.
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fessionellen Kategorien belegt. Christliche Moralvorstellungen bedienten eine Gefühlsebene, welche die juristisch-politische Denkschemata unberührt ließen. Die frühneuzeitliche Öffentlichkeit war nur zu einem Bruchteil in der Lage, reichsrechtliche Prozesse zu verstehen und zu verfolgen, christliche Normsysteme waren jedoch allen sozialen Schichten geläufig und stifteten eine gemeinsame Identität. Die sich daraus ergebende kommunikative Infrastruktur war für Fürsten in der Regel naheliegender und besser zu bedienen als die eines politischen Aristotelismus, der einen hohen Grad akademischer Bildung voraussetzte. Für Untertanen und Stände war die Berufung auf die Schöpfungsordnung und die Bibel oft der einzig legitime Weg der Obrigkeitskritik.¹⁰⁵ Die Debatte um die Beziehung zwischen Ius divinae und Ius naturae ist im Rahmen von Canitz’ Bibliothek ebenfalls gut nachvollziehbar. Die Lehren von Thomas Hobbes (oft als Atheist verrufen) und Hugo Grotius fanden die zeitgenössische Adaption in Samuel von Pufendorfs Schrift De jure naturae et gentium libri octo, die Canitz besaß. Sie basierte lose auf der Idee einer natürlichen Religion, wies aber inhaltlich kaum noch christlich-theologische Bezüge auf.¹⁰⁶ Im Werk De Habitu Religionis Christianæ Ad Vitam Civilem, Liber Singularis argumentiert Pufendorf unmittelbar: „propter religionem civitas non esse constituta“.¹⁰⁷ Die Pufendorf entgegengesetzten Alternativentwürfe der lutherischen Orthodoxie sind in Canitz’ Bibliothek dagegen kaum abgebildet. Lediglich das bis dato unerforschte Werk De naturali religione liber des Hugenotten Pierre Chauvin setzt sich mit dem Konzept der natürlichen Religion auseinander und ruft die „Brüder der orthodoxen Kirchen“ zur Eintracht auf.¹⁰⁸ Valentin Alberti ist in Canitz’ Bibliothek nur mit einem Werk vertreten, in welchem er den meist politisch verstandenen Interessensbegriff auf die Konfessionen bezog und insbesondere
Schorn-Schütte, Kommunikation, S. 311. Samuel von Pufendorf: De jure naturae et gentium libri octo. London 1672 (Iur,IV,45), S. 20. Lit.: Christian Walter: Religionsverfassungsrecht in vergleichender und internationaler Perspektive. Tübingen 2006, S. 43; Notker Hammerstein: Samuel Pufendorf, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 172– 196, S. 176 f. Samuel von Pufendorf: De habitu religionis christianae ad vitam civilem, liber singularis. Bremen 1697. Pierre Chauvin: De naturali religione liber. in tres partes divisus. Ubi falsa candidè refelluntur, vera probantur vel detguntur, ac Orthodoxarum Ecclesiarum fratres ad concordiam vocantur. Auctore Petro Chauvin. Rotterdam 1693 (Th,VIII,2). Kurz erwähnt in: Erich Haase: Einführung in die Literatur des Refuge. Berlin 1959, S. 230.
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gegen den Calvinismus polemisierte.¹⁰⁹ Dass auch das römische Recht von einer religiösen Legitimation nicht unberührt blieb, zeigt das Werk Les Loix Civiles Dans Leur Ordre Naturel von Jean Domat. Er argumentierte, dass das römische Recht als eine Form des Naturrechts auf die christliche Offenbarung zurückgreife. Seine Rechtsauffassung war in Frankreich sehr populär und noch im 19. Jahrhundert maßgebend.¹¹⁰
6.4 Die empiriebasierte „Nova Politica“ Die Verfasser der Leseanweisungen markieren die Geschichte Frankreichs als relevante politische Information. Mehrere Hundert im französischen Raum erschienene Ratgeber, Biografien, Memoiren und Briefeditionen erfüllen dieses Desiderat und berücksichtigen aktuelle politische Prozesse. Dennoch finden sie in den Leseanweisungen nur unzureichend Berücksichtigung, insbesondere dann, wenn sie nicht über eine lateinische Ausgabe verfügbar sind. Die Verfasser der Leseanweisungen attestieren der Moralphilosophie und der Sittenlehre einen politischen Wert, da über sie das Verhalten einzelner oder mehrerer Menschen in spezifischen Kontexten nachvollzogen werden kann. Mit diesen Themen befassten sich nicht nur deutsche Universitätsgelehrte und antike Autoritäten, sondern auch die französischen Moralisten und die Cartesianer. Sie werden in den Leseanweisungen dennoch ignoriert oder sogar ausdrücklich abgelehnt. Die Verfasser der Leseanweisungen sehen im politisch klug handelnden Individuum geeignetes Studienmaterial für das Nachvollziehen eines aristotelisch konformen politischen Lebenswandels. In der Regel beschränkt sich die Selektion ihrer Vorbilder jedoch auf die Antike und auf das 16. Jahrhundert. Carl Arnd lehnt den politischen Habitus von Richelieu und Mazarin (die repräsentativ für einen spezifischen Berater- und Funktionstypus stehen) ausdrücklich ab. Sein größter Kritikpunkt liegt in der Emanzipation politischer Entscheidungsträger von gelehrter Observation und Anleitung. Er wirft ihnen vor, die Gelehrsamkeit zu missachten, ja von der Politik fernzuhalten, stattdessen eine eigene „neue“ Politik
Valentin Alberti: Interesse praecipuarum religionum Christianarum. Leipzig 1683 (Th,XII,21). Lit.: Ernst-Dietrich Osterhorn: Die Naturrechtslehre Valentin Albertis. Ein Beitrag zum Rechtsdenken der lutherischen Orthodoxie des 17. Jahrhunderts. Freiburg 1962. Jean Domat: Les Loix Civiles Dans Leur Ordre Naturel. Bd. 1– 3. Paris 1695. Lit.: H. Nitschke: Domat, Jean, in: Gerd Kleinheyer u. Jan Schröder (Hrsg.), Deutsche und europäische Juristen aus neun Jahrhunderten: eine biographische Einführung in die Geschichte der Rechtswissenschaft. Tübingen 2017, S. 112– 118, S. 117 f.
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zu konzipieren und völlig losgelöst zu gestalten. Deren Erfolg liege in einem Wissensvorsprung, der sich nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die Zukunft beziehe. Nova scil. Mazarini Politica fuit, quam sumsit ex rebus futuris, quâ omnes nesciunt, non ex praeteritis quas omnes norunt: quâ vidit ineunte anno totum annum, imò intra annum decennum […].¹¹¹
Es folgt eine lange Liste, in der erläutert wird, wie Mazarin die Pläne und Absichten seiner Konkurrenten durchdringe und vorhersehe, wohingegen seine eigenen Absichten dem Gegner verborgen blieben. Hier dringt der Topos des geheimen Herrschaftswissens (arcana imperii) durch, der schon seit dem frühen 17. Jahrhundert publik ist.¹¹² Markant ist die Formulierung außerdem über die Differenzierung von vergangenheitsbezogenem und zukunftsbezogenem Wissen. Insofern es sich nicht um eine selbst erlebte Vergangenheit handelt, gilt sie als irrelevant. Dieser Vorgang widerspricht der gängigen politischen Theorie, der zufolge die Kenntnis der Vergangenheit und das Studium gelehrter Autoritäten essenziell ist, um Politik zu betreiben. Das Konzept der Nova Politica paraphrasiert Arnd aus der 1664 erschienenen Schrift Elogia sacra, theologica, et philosophica von Pierre Labbé, einem begeisterten Anhänger der Kardinäle Richelieu und Mazarin.¹¹³ Bei der Sichtung des von Arnd paraphrasierten Originals wird ersichtlich, dass das obengenannte Zitat nur eine abgemilderte Version des Originals ist. Bei Labbé heißt es: Novum Politicae genus quod ignoravit antiqua aetas, & ignorat nostra; quod omnes Politici quaerunt, & omnes nesciunt; quod ille solus novit qui invénit; haec est Politica tua Cardinalis Eminentissime, idcirco nova quia incognita aliis, & nota tibi.¹¹⁴
Nicht nur die Antike wird demnach außer Acht gelassen, sondern auch die Gegenwartsgeschichte (nostra aetas). Alle Vorschlagskataloge eines politischen Aristotelismus, lipsianischer Klugheitslehren und nicht zuletzt der notitia rerum publicarum gelten hier als politische Allgemeinplätze, die jeder kennt und dem handelnden Individuum daher keinerlei Wissensvorsprung oder Vorteil verschaffen. Die Kunst eines Mazarin besteht in Labbés Augen darin, dass er nur das
Arnd, Bibliotheca, S. 317. Zur Forschungsdebatte siehe: Michael Stolleis: Arcana imperii und Ratio status. Bemerkungen zur politischen Theorie des frühen 17. Jahrhunderts. Göttingen 1980. Vgl. Victor-Lucien Tapié: La France de Louis XIII et de Richelieu. Paris 1980, S. 140. Pierre Labbé: Elogia sacra, theologica, et philosophica, regia, eminentia, illustria, historica, poetica, miscellanea. Grenoble 1664, S. 194.
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weiß, was er selbst durchlebt bzw. erfindet (quod ille solus novit qui invénit). Der Politiker emanzipiert sich von normativer Kontrolle. Er weigert sich, die politiktheoretischen Leistungen antiker Autoritäten anzuerkennen. Die sich anbahnende Querelle des Anciens et des Modernes scheint Labbé hier bereits vorwegzunehmen.¹¹⁵ Es konnten keine Belege dafür gefunden werden, dass das Konzept einer Nova Politica von Mazarin selbst proklamiert wurde, doch die Art und Weise, wie er von seinen Anhängern beobachtet und beschrieben wird, deutet eine ideelle Umbruchphase an, die sich im späten 17. Jahrhundert anbahnt.¹¹⁶ Der deutsche Akademiker Carl Arnd teilt Labbés Beobachtungen, bewertet sie aber außerordentlich kritisch. Er bemängelt schon bei Richelieu, dass dieser nicht lange genug studiert habe und die Gelehrten von der Politik abschotte. Am Ende des Kapitels spitzt er sein Argument folgendermaßen zu: Horum Consilia & Axiomata, plurimùm cum Machiavellisticis symbolizant, passim candor abest, Machiavellus inest, quod & eruditi & ipsa testimonia affatim perhibent.
Er ergäntzt den Vorwurf systematischer Schmeichelei: Quae nuper Gallico Idiomate conceptae prodierunt Richelii & Mazarini purpuratorum actiones, ut nullum Monitorum, ita plus adulationis prae se ferunt.
Trotz seiner Polemik entwickelt Arnd einen durchaus präzisen Blick für einen Wandel politischer Kultur in Frankreich und lässt sich diesen durch Pierre Labbé bestätigen, der eine Nova Politica beschwört. Zudem gebraucht Arnd ausdrücklich
Vgl. Joseph Levine: Streit in der Gelehrtenrepublik, in: Kai Bremer u. Carlos Spoerhase (Hrsg.), Gelehrte Polemik. Frankfurt M. 2011, S. 125 – 145, S. 130 – 133; Marcelo Dascal: Kontroversen und Polemiken in der frühneuzeitlichen Wissenschaft, in: Kai Bremer u. Carlos Spoerhase (Hrsg.), Gelehrte Polemik. Frankfurt M. 2011, S. 146 – 157, S. 148. Einige seiner politischen Entscheidungsfindungen werden analysiert bei Fritz Dickmann: Fritz Dickmann: Rechtsgedanke und Machtpolitik bei Richelieu, in: Fritz Dickmann (Hrsg.), Friedensrecht und Friedenssicherung: Studien zum Friedensproblem in der Geschichte. Göttingen 1971, S. 37– 90. Auch Dickmann sieht Richelieu im Konflikt zwischen Theorie und der politischen Sachlage (S. 67): „[Richelieu] darf sich nicht so leichthin den Konsequenzen einer an sich richtigen Theorie überlassen, er muß an die Erhaltung des Staates denken. Er sieht sehr wohl die bedenklichen Folgen so starrer Grundsätze für die praktische Politik: Sie lähmen die Handlungsfreiheit des Staatsmannes, sie nehmen ihm die Möglichkeit zu Verträgen mit fremden Mächten, auf die Verlaß ist, sie bringen ihn um jeden außenpolitischen Kredit. Sie machen es ihm auch unmöglich, durch Verzicht auf alte, nicht mehr realisierbare Ansprüche reelle Vorteile einzutauschen […].“
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den Begriff eines „neuen französischen Konzepts“. Zu erinnern sei auch an den in Canitz’ Bibliothek enthaltenen Ratgeber von Jean de Silhon, der ebenfalls eine Politique moderne proklamiert.¹¹⁷ Noch im selben Jahr erschien Thomas Hobbes’ De Cive in französischer Übersetzung unter dem Titel Maximes heroiques de la Politique moderne au Roy. ¹¹⁸ Weitere Forschungen müssen ergeben, wie stark die Phrase verbreitet war und ob alle Zeitgenossen dasselbe darunter verstanden wie Arnd und Labbé. Auf den ersten Blick kann ein „öffentliches“ Bewusstsein für eine Nova Politica nicht unterstellt werden. Eine Debatte, die öffentlicher geführt wurde und sich unmittelbar an die von Labbé und Arnd beschriebene Nova Politica anschließt, kreist um den Begriff der experientia. Zwar bestand ein allgemeiner Konsens darüber, dass Erfahrung für einen formvollendeten politicus unabdingbare Voraussetzung ist, doch offenbar gibt es einen Unterschied zwischen einer durch praecepta angeleiteten Erfahrungsgewinnung und einer solchen, die abseits von gelehrter Theorie und Bildung erfolgt. Es sei an den mahnenden Einwurf Johann Boses erinnert, der die Bedenken der Gelehrsamkeit auf den Punkt bringt: Deinde hoc incommodo laborat Experientia, quod, ut Poeta canit, feris demum ab annis veniat, nec praeceptis tradatur.¹¹⁹
Erfahrung kann schädlich sein und regelrecht auswildern, wenn sie nicht durch politische Lehren gesteuert und angeleitet wird. Diesen Vorwurf unzureichender Bildung erhebt Carl Arnd gegenüber Richelieu: Literarum sanè non fuit rudis, sine dubio tamen excolere animum magis & erudire potuisset, nisi insignis, quâ flagrabat civilia negotia tractandi cupido, juvenem adhuc à studiis avocâsset.
Es konnten mindestens sechs weitere zeitgenössische Texte ermittelt werden, in denen der politischen Praxis eine allgemeine Geringschätzung einer fehlenden politischen Bildung vorgeworfen wird.¹²⁰ „German texts throughout the sevente-
Jean de Silhon: Le Ministre D’Estat, Avec Le Veritable Usage De La Politique Moderne. Paris 1665 (Ms,XII,256). Thomas Hobbes: Maximes heroiques de la Politique moderne au Roy. Paris 1665. Bose, Bibliotheca, § 3. Vgl. Johann Gottlieb Hardt/Joachim Christian Westphal: Politicum Illiteratum. Leipzig 1684; Hermann Conring/Justus Christophorus Böhmer: Propolitica sive brevis introductio in civilem philosophiam. Helmstedt 1709, Benevolo Lectori, Iustus Christoph Böhmer [unpag.]. In der Vorrede zu der von ihm herausgegebenen Gesamtausgabe der Conringischen Schriften, bemängelt Justus Böhmer die zunehmende Geringschätzung einer akademischen Vorbildung politisch ak-
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enth and eighteenth centuries contrasted empirical politicians with dogmatic, rational, or speculative politicians.“¹²¹ Dass sich Schriften über die Mängel rein empirischer Politik in dieser Zeit so stark häufen, kann weniger durch einen radikalen Wandel politischer Praktiken erklärt werden als durch die neuen schriftlichen Ausdrucksformen ihrer Vertreter, die den europäischen Buchmarkt um 1700 überfluteten. In diesem Kontext verwundert es nicht, dass Gelehrte, welche die Politik an den Universitäten vermittelten, um ihre Deutungshoheit besorgt waren und deren Wichtigkeit gegenüber ihren Schützlingen immer wieder anmahnten. Die zeitgenössischen Feststellungen einer „neuen Politik“ sind bis jetzt zu singulär, um auf ein kollektives Bewusstsein zu schließen. Beachtet man aber die Ordnungssysteme, in denen sich die jeweiligen Akteure bewegen, und die Kanons, auf die sie sich stützen, so offenbaren sich zwei literarische Sphären, die wenige Überschneidungspunkte aufweisen. Die Verfasser der Leseanweisungen berücksichtigen kaum volkssprachliche Werke, in der ein Angehöriger oder politischer Funktionär des Hofes (der nicht unmittelbar selbst regiert), sich und seine Handlungen ins Zentrum rückt oder von dritten ins Zentrum gerückt wird. Auffällig ist, dass die im 16. Jahrhundert publizierten Memoiren und Historien von Thou, Commynes, Guiccardini noch durchgängig in lateinischer Übersetzung verfügbar waren und in den Leseanweisungen Beachtung finden: Ihre Andersartigkeit wird jedoch nur solange begrüßt, bis sie einen systemischen Charakter erhält. Arnd referiert das Lob seiner Gewährsmänner für Commynes: Er lobt
tiver Personen und einen dadurch resultierenden Sittenverfall. Auf der anderen Seite fordert auch Verbesserungen in der akademischen Vermittlung. Ähnlich: Johann Heinrich Acker/Ewald Goltz: Exercitatio Propolitica De Politicis Empiricis. Jena 1705; J. H. Faber/Elias Silberrad: De Politicis Empiricis. Straßburg 1712; Francis Bacon: The Oxford Francis Bacon. Bd. 1– 15, Bd. 4: The Advancement of Learning. Oxford 2003, S. 11: „We see it is a like error to rely upon advocates or lawyers, which are only men of practice, and not grounded in their books, who are many times easily surprised, when matter falleth out besides their experience, to the prejudice of the causes.“ Zit. nach:Vanzo, empirics, S. 520. Die grundsätzliche Aversion gegen die „Ministrissimos“, schlägt sich in einer Dissertatio von Joachim Scriverius besonders stark nieder, vgl. Joachim Scriverius/ Wilhelm Schröter: Dissertatio De Ministrissimo = Vom Ober-Staats-Bedienten. […] Zu destomehr Durchdringlicher Bekandt-Machung Der nuhr immerzu gern im finstern mausen wollenden, und in diesen unter Unbekandt Bleibung nur je mehr Schaden und Quahl so wohl dem gemeinem Wesen, als auch frommen von unsträfflichen Leben und Wandel befindlichen Privat-Leuten zu veruhrsachen vermögenden Staats-Practiquen Meisterlichen Arglistigkeit. [s.l.] 1673. Lit.: Wolfgang Weber: Die Erfindung des Politikers. Bemerkungen zu einem gescheiterten Professionalisierungskonzept der deutschen Politikwissenschaft des ausgehenden 16. und 17. Jahrhunderts, in: Luise Schorn-Schütte (Hrsg.), Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts. Berlin; Boston 2004, S. 347– 370, S. 356 f. Vanzo, empirics, S. 524.
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dessen politische Erfahrung und verzeiht ihm großzügig seine mangelnde akademische Ausbildung. Bei Richelieu und Mazarin beurteilt er dieselben Faktoren ungleich kritischer. Die große Bandbreite der übrigen Memoirenliteratur wird konsequent ausgeblendet.¹²² Memoiren, Briefe, Biografien und Historienwerke erwecken gezielt den Eindruck, dass das Erzählte direkt aus der Praxis gerissen sei. Politik wird als Sache des Hofes präsentiert; es galt, Entscheidungen zu rechtfertigen und den Handlungsträger bestmöglich zu inszenieren. Die Verfasser weichen zwar nicht zwingend von den klassischen Bescheidenheitstopoi ab,¹²³ aber an den politischen Kanon der akademischen Gelehrsamkeit wird höchstens bei historischen Exkursen angeknüpft. Erklärungsmuster werden aus dem Individuum selbst gezogen.¹²⁴ Die aktuelle Forschung beobachtet funktionale Professionalisierungsvorgänge in der politischen Theorie und bringt sie – beispielsweise in der Diplomatietheorie – immer wieder mit Frankreich in Verbindung.¹²⁵ Zur Feststellung einer Emanzipation der politischen Praxis von der gelehrten Akademie kommt es in der deutschen und französischen Forschung jedoch kaum, lediglich Alberto Vanzo formulierte eine dahingehende These (s.u.).¹²⁶ Michael Stolleis stellte eher beiläufig fest, dass „die […] Dominanz der Universitäten und des Gelehrtenwesens ein deutsches Spezifikum [ist], während in Ländern wie Frankreich oder England die hauptstädtischen Salons, Clubs oder Akademien die intellektuelle Führungsrolle innehatten.“¹²⁷ Asbach vermutet, dass die regulären wissenschaftlichen Institutionen staatlich zu stark reguliert und kontrolliert waren, weshalb sich die geistigen Eliten oft anderweitig organisierten und sich in diesem Zuge auch von althergebrachten institutionellen Praktiken und Gewohnheiten ent-
Vgl. Robert Emory: Memoires and History: A Seventeenth Century Perspective of a Genre, in: Cahiers du dix-septième II (1988,1), S. 27– 34, S. 28 f. Dass die „Autorität des Diplomaten“ im späten 18. Jahrhundert wieder mehr Anerkennung fand, zeigt: Julian zur Lage: Diplomaten als Autoritäten für die Geschichtsschreibung. William Robertsons „History of America“ (1777), in: Siegrid Westphal u. Stefanie Freyer (Hrsg.), Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. Berlin 2020, S. 43 – 60. Vgl. Emmanuèle Lesne-Jaffro: Les Mèmoires et leurs destinataires dans la seconde moitié du XVIIe siècle, in: Madeleine Bertaud (Hrsg.), Le genre des mémoires, essai de définition. Paris 1995, S. 27– 44, S. 29, 43 f. Vgl. Emory, Memoires, S. 28 f. Vgl. Heidrun Kugeler: ’Le parfait Ambassadeur’. The theory and practice of diplomacy in the century following the Peace of Westphalia. Oxford 2009, S. 244, URL: http://ora.ox.ac.uk/objects/ uuid:be69b6b3-d886-4cc0-8ae3-884da096e267/datastreams/THESIS01 [11.10. 2020]. Vanzo, empirics, S. 524– 526. Michael Stolleis: Öffentliches Recht in Deutschland. Eine Einführung in seine Geschichte (16.–21. Jahrhundert). München 2014, S. 17.
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fernten.¹²⁸ Es ist darauf hinzuweisen, dass unter Ludwig XIV. auffallend wenig französische politiktheoretische Beiträge erschienen. Die Traktate von Jacques Bénigne Bossuet¹²⁹, François Salignac de la Mothe Fénelon¹³⁰ und Charles Irénée Castel de Saint-Pierre¹³¹ erschienen erst zum Ende seiner Regentschaft (die Canitz nicht mehr erlebte). In Anbetracht dieses Befunds ist denkbar, dass die Memoiren und Biografien in substitutiver Funktion stehen. Daher empfiehlt es sich, sie vermehrt unter ideengeschichtlichen Fragestellungen zu untersuchen. Die in Memoiren vertretenen Vorstellungen von Politik sind für die Forschung von hohem Erkenntnisinteresse und gewähren den Blick auf politische Entscheidungsträger, die dazugehörige Inszenierung und das jeweilige politische Umfeld. Warum die Memoirenliteratur innerhalb des Reiches zwar früh und intensiv rezipiert, aber vor 1700 nie wirklich adaptiert wurde, ist nicht abschließend geklärt. Die Deutungshoheit der Gelehrsamkeit war hier aber sicherlich ein entscheidender Faktor: Da Räte und Minister oft eine längere Zeit an einer Universität verbracht hatten, waren sie von den dortigen wissenschaftlichen Praktiken zu stark geprägt, um sich von ihnen völlig zu lösen. Der strukturelle Gegensatz zwischen der gelehrt-lateinischen und der französischen Politikliteratur erklärt sicherlich den Antimachiavellismus der Gelehrsamkeit, der sich zum Ende des 17. Jahrhunderts eher verstärkte als abschwächte (vgl. Kap. 3.3.1.2). Hinzu kommt eine mit der frühen Aufklärung einhergehende Aufwertung der Empirie und die Werteneutralisierung des Eigennutz-Konzeptes, die im Ausland schneller vonstattenging als im Reich. Albert Hirschmann konnte für den französischen Sprachraum bereits treffend nachvollziehen, wie Zeitgenossen sich von einer Unterdrückung der Leidenschaften abkehrten und stattdessen deren gewinnbringende Instrumentalisierung propagierten. Im politischen Bereich wurde der Begriff der Leidenschaft durch das Interesse abgelöst, welches das Streben nach Wohlstand ein Stück weit legitimierte.¹³² Die Aufwertung einer empirischen Politik beobachtet auch Alberto Vanzo. Er konstatiert eine kollektive Differen-
Vgl. Olaf Asbach: Staat und Politik zwischen Absolutismus und Aufklärung: der Abbé de Saint-Pierre und die Herausbildung der französischen Aufklärung bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Hildesheim 2005, S. 88. Jacques Bénigne Bossuet: Politique tirée des propres paroles et l’Écriture sainte a Monsieur le Dauphin. Paris 1709. Kugeler, Ambassadeur, S. 243 f.; François de Salignac de LaMothe Fénélon: Les Avantures De Telemaque Fils D’Ulysse, Ou Suite Du Quatriéme Livre De L’Odyssée D’Homere. Den Haag 1699. Charles Irénée Castel de Saint-Pierre: Projet de paix perpetuelle. [s.l.] 1712. Vgl. Albert O. Hirschman/Sabine Offe: Leidenschaften und Interessen. Politische Begründungen des Kapitalismus vor seinem Sieg. Frankfurt M. 1987, S. 23 – 30, 41 f.
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zierung zwischen dem empirischen und dem akademisch orientierten Politiker. Der im 17. Jahrhundert noch geschmähte empirisch handelnde politicus sei im Laufe des 18. Jahrhunderts zu immer höherem Ansehen gekommen: Politics became concerned with identifying the most effective ways to administer the State and to achieve aims established by universal public law. The necessity of being versed in a demonstrative philosophical doctrine for achieving these aims was no longer obvious. […] As a consequence, whereas seventeenth-century writers wondered whether any good politician could not be versed in political doctrine, late eighteenth-century writers wondered whether any philosophical or even ethical doctrine is at all relevant to politics.¹³³
Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, wie sich die frühe Aufklärung auf das politische Denken auswirkte und vice versa. Die Forschung beobachtet eine schärfere kritische Auseinandersetzung der Theoretiker mit dem Staat bzw. den herrschenden Eliten. Figuren wie Charles Irénée Castel de Saint-Pierre waren eng mit jenem französischen Verfasserkreis vernetzt, der den Empirismus der Frühaufklärung vorantrieb. Ihr Verständnis von Politik sollte explizit empirisch begründet und nachvollziehbar sein, und nicht nur einen allgemeinen, sondern auch einen individuellen Nutzen provozieren.¹³⁴ Der Empirismus von (Pseudo‐) Memoiren und Biografien ist älter, richtete sich jedoch nicht gegen die herrschenden Eliten, sondern stützte sie vielmehr.
Die Repräsentanz einer „Politica Nova“ in der Bibliothek von Canitz Es wurde bereits erwähnt, dass die Befunde einer Politica Nova zu singulär sind, um auf eine breitere Öffentlichkeit zu schließen. In den Werken in Canitz’ Bibliothek konnte lediglich einmal der Terminus einer politique moderne festgestellt werden.¹³⁵ Die strukturellen Differenzen, auf die insbesondere Carl Arnds Äußerungen aufbauen, können Zeitgenossen jedoch kaum übersehen haben und sind in den Bibliotheken omnipräsent: Canitz kann nicht entgangen sein, dass ihm im Studium andere politische Inhalte vermittelt wurden als die in jener Literatur, welche er in den 1690er Jahren über den französischen Buchhändler Robert Roger bezog. Das neue Angebotsfeld, das Roger schuf, hat Canitz voll ausgeschöpft. Er erwarb nicht nur Biografien und Memoirenliteratur, sondern auch Werke der
Vanzo, empirics, S. 525. Er verweist in diesem Zusammenhang u. a. auf die Werke: Political empiricism; Ernst Ferdinand Klein: Von der unmittelbaren Brauchbarkeit der Philosophie bey der Regierung der Staaten, in: Kurze Aufsätze über verschiedene Gegenstände. Halle 1797, S. 148 – 167. Vgl. Olaf Asbach: Die Zähmung der Leviathane. Die Idee einer Rechtsordnung zwischen Staaten bei Abbé de Saint-Pierre und Jean-Jacques Rosseau. Berlin 2002, S. 73 – 77. Silhon, Ministre (Ms,XII,256).
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französischen Moralisten und konnte einen nicht unerheblichen Teil der Querelle des anciennes et modernes durch seine Bestände nachvollziehen.¹³⁶ Auch in dieser Debatte, die zwanzig Jahre nachdem Labbé Mazarin eine empiriebasierte Nova Politica attestierte, aufkam, ging es um die Frage, inwiefern antike Autoritäten als Vorbild für die Zeitgeschichte taugten. Fünf teils kommentierte Ausgaben von Michel de Montaigne¹³⁷ sowie zwei Ausgaben der Sermones Fideles von Francis Bacon ¹³⁸ markieren die Formierung einer neuen Textgattung, deren Kernelement darin besteht, persönliche Eindrücke zu einzelnen Themen zu vermitteln.¹³⁹ Empiriebetonte Literatur findet sich also gleich mehrfach in der Bibliothek von Canitz wieder und umfasst mehrere hundert Werke. Auf Basis des von Johann von König referierten Korrespondenzzitats, Canitz habe auf seiner Kavalierstour „einen guten Vorrath von Italiänischen“ Büchern gekauft, vermutet schon Steffen Martus, dass Canitz „bis an die Grenzen der radikalen Aufklärung gebildet“ ge-
Werke von Modernisten: Charles Perrault: Paralelle Des Anciens Et Des Modernes, En Ce Qui Regarde Les Arts Et Les Sciences. [s.l.] 1693 (Ms,VIII,447); Charles Perrault: Les hommes illustres qui ont paru en France pendant ce siecle. Den Haag 1698 (Ms,VIII,536); Charles de Marguetel de Saint-Denys, Seigneur de Saint-Évremond: Oeuvres meslées. Bd. 1– 8. Paris 1670 – 1684 (Ms,VIII,611, hier: 5 Bde.); Charles de Marguetel de Saint-Denis de Saint-Évremond: Oeuvres meslées de Mr. de Saint-Evremond. Paris 1684 (Ms,XII,74). Werke von Traditionalisten: Nicolas Boileau Despréaux: „Oeuvrvs de Boilleau. in duplo“ (Ms,VIII,661; Ausgabe unbekannt); Nicolas Boileau Despréaux: Œuvres Diverses Du Sieur D***. Avec Le Traité Du Sublime, Ou Merveilleux Dans Le Discours, Traduit du Grec de Longin. Paris 1683 (Ms,VIII,468); Nicolas Boileau Despréaux: Oeuvres Diverses Du Sieur D***. Avec Le Traité Du Sublime, Ou Du Merveilleux Dans Le Discours. Amsterdam 1695 (Ms,VIII,469 und Ms,VIII,658); Nicolas Boileau Despréaux: The Second, fourth, and seventh satyrs of Monsieur Boileau. London 1696 (Ms,VIII,515); Nicolas Boileau-Despréaux: Oeuvres diverses. Amsterdam 1697 (Ms,VIII,659); René Rapin: Oeuvres diverses. concernant les belles lettres. Amsterdam 1686 (Ms,VIII,446); Theophrastus/Jean de La Bruyère: Les Caracteres De Theophraste Traduits Du Grec. Avec Les Caracteres Ou Les Moeurs De Ce Siecle. Paris 1688 (Ms,VIII,605); Theophrastus/Jean de La Bruyère: Les Caracteres De Theophraste. Brüssel 1692 (Ms,VIII,397); Theophrastus/Jean de La Bruyère: Les Caracteres De Theophraste Traduit Du Grec. […] Par Mr. De La Bruiere. Brüssel 1693 (Ms,VIII,606). Michel de Montaigne: Les Essais De Michel Seigneur De Montaigne. Paris 1604 (Ms,VIII,385); Michel de Montaigne: Les Essais De Michel, Seigneur De Montaigne. Paris 1657 (Ms,II,141; Ms,II,191); Michel de Montaigne: L’Esprit Des Essais De Michel, Seigneur De Montaigne. Paris 1677 (Ms,VIII,607); Christoph Kormart/Michel de Montaigne: Abbrege Des Memoires Illustres. Dresden 1689 (Ms,XII,223). Francis Bacon: Sermones Fideles, Ethici, Politici, Oeconomici. Amsterdam 1662 (Ms,XII,37); Francis Bacon/Simon Johannes Arnoldus: Opera omnia. Leipzig 1694 (Ms,II,142). Vgl. Heinz Schlaffer: Essay, in: Georg Braungart, et al. (Hrsg.), Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Bd. 1– 3, Bd. 2: H–O. Berlin; Boston 2007, S. 522– 525.
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wesen sei.¹⁴⁰ Eine solche Bildung war durch den Bibliotheksbestand zweifellos realisierbar, allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Buchhändler, über die Canitz diese Werke erwarb, auch allen anderen Angehörigen des Hofes zur Verfügung standen und dass über die Einzigartigkeit eines solchen Bestandes daher nur schwer geurteilt werden kann.
Vgl. König, Leben, S. 27; Martus, Anthropologie, S. 249; Steffen Martus: Aufklärung. Das deutsche 18. Jahrhundert. Berlin 2016, S. 55.
7 Ausblick – „Vom Hoff- Stadt- und Land-Leben“ Eine Detailanalyse der von Canitz überlieferten Dichtungen und Satiren war im Zuge dieser Studie nicht beabsichtigt und ist auch nicht zu leisten. Die Befunde über die politischen Bestände in der Bibliothek von Canitz könn en der Forschung dennoch neue Perspektiven auf seine Lyrik ermöglichen, die im Folgenden angedeutet werden sollen. Ein Diskussionszusammenhang, der in der Bibliothek besonders gut abgebildet ist und neue Perspektiven auf Canitz‘ Lyrik ermöglichen könnte, ist der Tacitismus: In Canitz‘ Beschreibung der Römischen Käyser und dem Sinn-Schrifften auf einige Teutsche Käyser erscheint die politische Welt als unruhig und willkürlich.¹ Das Christentum wird etabliert und fällt dann wieder der Barbarei anheim, ein guter Kaiser wird durch einen Despoten, Nepotisten oder Christenverfolger abgelöst. Auch der Hof gilt Canitz ein tugendfreier Ort, wo Geld, Ruhm und Karriere die einzig relevanten Handlungsmotive sind. Erfolg und Reichtum sind keine Folgen von Leistung, sondern schicksalsbedingt: Wie? Meines Nachbars Sohn ist schon so hoch gestiegen, Der kaum, als Eigenthum, drey Morgen können pflügen? Fragt jener, dem das Glück mit gar zu milder Hand, Ein halbes Fürstenthum zum Erbtheil zugewandt;²
Wenn die Tacitisten der Frühen Neuzeit die unüberschaubaren politischen Verhältnisse des 16. und 17. Jahrhunderts beklagten, so ist dies mit Canitz‘ persönlicher Lebenserfahrung durchaus in Einklang zu bringen. Ein Blick auf seine Biografie zeigt, dass er mit einer langen Reihe von Dienstreisen konfrontiert war, die ihn hohen Belastungen aussetzten: Im Gegensatz zu vielen anderen brandenburgischen Gesandten war Canitz selten länger als ein Jahr an einem Ort stationiert. Abordnungen erfolgten spontan und nach Gutdünken des Kurfürsten. In seiner Abwesenheit ereigneten sich oft familiäre Tragödien. Während Canitz sich im September 1684 in Köln aufhielt, verstarb seine Großmutter, beim Tod seiner Mutter war Canitz 1691 in Merseburg, im April 1695 erlebte er den Tod seiner
Friedrich Rudolf von Canitz: Beschreibung der Römischen Käyser, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 240 – 243; Friedrich Rudolf von Canitz: Sinn-Schrifften Auf einige Teutsche Käyser, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 244– 246. Friedrich Rudolf von Canitz: Die zweyte Satyre. Von der Freyheit, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 257– 259, Z. 53 – 57. https://doi.org/10.1515/9783110685336-007
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Frau Dorothea von Arnim, im selben Jahr brannte ein Teil seines Landguts nieder.³ Von sieben Kindern verstarben sechs, bevor sie das Kleinkindalter erreichten.⁴ Auch die politischen Verhältnisse, mit denen er konfrontiert war, erwiesen sich als unstet: Ein Moment, das sich in eine tacitistische Weltsicht z. B. herausragend einfügte, war der plötzliche Tod des in mühevollen Verhandlungen zum spanischen Thronerben erkorenen bayrischen Kurprinzen, von dem Canitz 1699 in Den Haag erfuhr. Der unverhofte Todt des Chur-Printzen von Bayern, welcher vergangenen Freytag umb zwey Uhr gegen den Morgen, nach vielfältigen Brechen, zu Brüssel gestorben […] machet alhier nicht geringe Besorgungen, und habe ich den Raht-Pensionarium wegen dieses Zufals in einer großen Consternation gefunden, allermaßen er mir gesaget, daß er nunmehro nicht anders absehen könnte, alß daß auf erfolgenden Todesfall des Königes von Spanien, gantz Europa wieder in eine neue Unruhe müste verwickelt werden.⁵
Eine ohnehin schon durch die Zeitgenossen angelegte tacitische Sichtweise auf die Politik konnte durch diese Erfahrungswerte gestärkt werden. Während Lipsius eine stoische Lebenshaltung propagierte und dem politicus Strategien einer „kraftvollen, standfesten, widerständigen und kämpferischen Auseinandersetzung mit und in dieser Wirklichkeit“ an die Hand zu geben versuchte, verarbeitete Canitz seine Erfahrungen mit einer – mehrheitlich literarischen – Flucht ins Landleben.⁶ Canitz‘ Satire vom „Hoff- Stadt- und Land-Leben“ lässt zusätzlich erkennen, dass die Dichotomie, die seine politische Bibliothek bestimmte, sich auch in seiner Lyrik widerspiegelt. Den moralisierenden Antimachiavellismus, der in seiner Bibliothek mehrfach zum Tragen kommt, und die Hofkritik greift er routiniert auf: In der siebenden Satyre. Des Herrn von Canitz Gegen-Antwort spricht Canitz seinen Freund Eusebius von Brandt von den Fehlern der „neuen Welt“ frei: Denn du bist nicht ein Mann, nach Art der neuen Welt, Der den Machiavell für sein Gebet=Buch hält;
Vgl. Johann Ulrich von König: Leben des Freyherrn von Canitz, in: Johann König (Hrsg.), Des Freyherrn von Canitz Gedichte, Mehrentheils aus seinen eigenhändigen Schrifften verbessert und vermehret. Berlin; Leipzig 1734, S. 1– 112, S. 62– 68. ebd., S. 66. Canitz am 9./19. Febr. 1699, in: GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6792: Gesandtschaftsberichte des Heinrich Helt und des Freiherrn Friedrich Rudolf Ludwig von Canitz aus Den Haag (1699 – 1700). Günter Abel: Stoizismus und frühe Neuzeit. Zur Entstehungsgeschichte modernen Denkens im Felde von Ethik und Politik. Berlin 1978, S. 68, 73.
7 Ausblick – „Vom Hoff- Stadt- und Land-Leben“
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Der sich bloß auf die Kunst, dem Hof zu schmeicheln, leget, Und einen Juncker kaum, Herr Ohm, zu nennen pfleget.⁷
Die von renommierten politischen Theoretikern immer wieder geforderte Scharfsinnigkeit des politicus erhält als „ein Quentlein Witz, ein Centner loser Tücke“ einen moralisierenden Seitenhieb.⁸ Die von Lipsius und anderen Theoretikern hochgelobte Klugheit verkommt zu einem „klugen Spruch“ und einem rhetorischen Manipulationsinstrument, das den Fürsten gefügig machen soll.⁹ Canitz‘ vierte Satyre personifiziert höfische Verhaltensideale und lässt sie miteinander in Disput treten. Der überzeugte Landmann Sylvander streitet mit einem nicht namentlich genannten Hof-Mann und versucht ihn zu überreden, dem Landleben den Rücken zu kehren. Der Hof-Mann bleibt zwar moralisch unterlegen, führt aber dennoch eine Reihe sehr stichhaltiger Argumente ins Feld, welche die sozialen Bedingungen des Adels im 17. Jahrhundert reflektieren. Die Adeligen seien quasi gezwungen, ihr Glück bei Hofe zu suchen. Wer nicht zu kleinen Gut ein grössers will erwerben, Der muß von Gram und Schaam, wo nicht von Hunger, sterben. Was ehmahls einen Ruff von grossem Reichthum gab, Wirfft ietzt, nach unsrer Art, die Nothdurfft selten ab; Und solte denn nur das in meine Renten fliessen, Was mich, durch fremden Schweiß, der Frohndienst läst geniessen? Wie kan ich sicher seyn, daß nicht vielleicht noch heut Mich plötzlich überfällt die bittre Dürfftigkeit. Wie? – wenn mein mattes Vieh durch Gifft und Seuche schwindet, Wie? – wenn man leeres Stroh in meine Garben bindet, Wie? – wenn durch schnelle Glut das Meinige verfleucht, Wie? – wenn ein kühner Feind durch unsre Gräntzen streicht,¹⁰
Erneut kommt hier ein Gefühl von Kontrollverlust zum Tragen, das ein Erklärungsmuster für die hohe Repräsentanz tacitistischer und stoizistischer Literatur in Canitz‘ Bibliothek anbietet.¹¹ Bei Hofe, so argumentiert der Hof-Mann, kann der
Canitz: Die siebende Satyre. Des Herrn von Canitz Gegen-Antwort, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 290 – 293, Z. 13 – 16. Derselbe: Die vierte Satyre. Von dem Hoff-Stadt-und Land-Leben, in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 266 – 275, Z. 210 – 214. Derselbe: Die vierte Satyre. Von dem Hoff-Stadt-und Land-Leben., in: Jürgen Stenzel (Hrsg.), Gedichte. Tübingen 1982, S. 266 – 275, Z. 34– 37. ebd., Z. 111– 122. Vgl. auch: ebd., Z. 129 – 130. „Die Stunde der Geburt ist zwar nicht allen gleich: Dem gläntzt der Stern des Glücks, und jenem scheint er bleich“.
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ansonsten hilflos dem Schicksal ausgesetzte Landadelige aus der Passivität heraustreten und ein klares Bewusstsein für sich und seine Fähigkeiten entwickeln. Auf Basis guter Leistungen sei jeglicher Reichtum gerechtfertigt. Der Hof-Mann kann sich selbst verwirklichen und ist nicht vom Ertrag seiner Ländereien abhängig. Dabei verbleibt er in einer moralischen Unterlegenheit, dennoch zeugt die Satire von einer sehr differenzierten Sichtweise auf den Hof, die bei Canitz‘ unmittelbaren Nachfahren großen Anklang fand. Ein Unbehagen gegenüber der eigenen Abhängigkeit vom Hof, wie auch der in seinem Umfeld überaus präsente Pietismus, haben zu Canitz‘ kritischen Blick auf den Hof sicherlich beigetragen. Für die daraus abgeleiteten Narrative und Argumente konnte er auf das politische Ideenreservoire in seiner Bibliothek zurückgreifen. Der hier vorgetragene mehrheitlich geschichtswissenschaftliche Blickwinkel auf die Dichtungen von Canitz bildet dabei nur eine Ergänzung bisheriger Thesen aus den Literaturwissenschaften: Die von Anne Wagniart hervorgehobene Frankophilie und die Auseinandersetzung Canitz’ mit den Werken von Nicholas Boilieu, Horaz und Jean de la Fontaine werden durch die Bibliotheksstudie gestützt.¹² Die genannten Verfasser sind quantitativ stark in seiner Bibliothek vertreten, Boilieu mit sieben Werken, Horaz mit neun, la Fontaine mit sechs.¹³ Somit Vgl. Anne Wagniart: Die Frankophilie der Preußisch-sächsischen Hofdichter zu Beginn des 18. Jahrhunderts (Canitz, Besser, König und Neukirch), in: Raymond Heitz (Hrsg.), Gallophilie et gallophobie dans la littérature et les médias en Allemagne et en Italie au XVIIIe siècle. Heidelberg 2011, S. 25 – 38; Valentin Lutz: Friedrich Rudolf Ludwig von Canitz, sein Verhältnis zu dem französischen Klassizismus und zu den lat. Satirikern. Neustadt 1887, S. 8, 20. Nicolas Boileau Despréaux: „Oeuvrvs de Boilleau. in duplo“ (Ms,VIII,661; Ausgabe unbekannt); Nicolas Boileau Despréaux: Œuvres Diverses Du Sieur D***. Avec Le Traité Du Sublime, Ou Merveilleux Dans Le Discours, Traduit du Grec de Longin. Paris 1683 (Ms,VIII,468); Nicolas Boileau Despréaux: Oeuvres Diverses Du Sieur D***. Avec Le Traité Du Sublime, Ou Du Merveilleux Dans Le Discours. Amsterdam 1695 (Ms,VIII,469 und Ms,VIII,658); Nicolas Boileau Despréaux: The Second, fourth, and seventh satyrs of Monsieur Boileau. London 1696 (Ms,VIII,515); Nicolas BoileauDespréaux: Oeuvres diverses. Amsterdam 1697 (Ms,VIII,659); Quintus Horatius Flaccus/John Bond: Q. Horatius Flaccus. Scholiis Commentarii instar illustratus a Ioanne Bond. Amsterdam 1670 (Ms,XII,42); Quintus Horatius Flaccus/John Bond: Q. Horatius Flaccus. Amsterdam 1682 (Ms,XII,12); Quintus Horatius Flaccus/André Dacier: Les Oeuvres D’Horace. Traduites en Francois. Paris 1691 (Ms,VIII,371); Quintus Horatius Flaccus/Louis Desprez: Quinti Horatii Flacci Opera. Paris 1691 (Ms,IV,125); Quintus Horatius Flaccus/Louis Desprez/André Dacier: Q. Horatii Flacci Opera. Huic Editioni accessere Vita Horatii cum Dacerii Notis. London 1694 (Ms,VIII,4); Quintus Horatius Flaccus/Johannes Minellius: Quinti Horatii Flacci Poemata. Rotterdam 1677 (Ms,XII,29); Quintus Horatius Flaccus/Cornelis Schrevel: Q. Horatius Flaccus cum commentariis selectiisimis variorum et scholiis integris. Leiden 1653 (Ms,XII,3); Quintus Horatius Flaccus/Jérôme Tarteron: Traduction nouvelle des Satyres, des Epistres et de l’Art poёtique d’ Horace. Paris 1694 (Ms,VIII,372); Quintus Horatius Flaccus/Veen, Otto, van/Gomberville, Marin Le Roy de: Le Théâtre moral de la vie humaine. Brüssel 1678 (Ms,II,145); Jean de La Fontaine: Fables choises, mises en vers. Den Haag 1688
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konnte sich Canitz die daran gekoppelten Deutungszusammenhänge mühelos erschließen. Darüber hinaus spiegelt die Bibliothek auch den zeitgenössischen Tacitismus und Neustoizismus, über die sich die Unwägbarkeiten der diesseitigen Welt in Worte fassen ließen, und beinhaltete einen sehr vollständigen Satz an hofkritischen Traktaten und Literatur. Ergänzt wird dieser um zahlreiche Schriften, die sich – meist aus einer christlichen Grundhaltung heraus – gegen die Staatsräson und eigennütziges Verhalten richten. Doch auch die Rechtfertigungen und die selbstbewusste Einstellung des Hof-Mannes sind in Biografien, Memoiren und Ratgebern abgebildet, die den politischen Funktionär in der höfischen Welt beschreiben oder ihn anleiten. Die Werke der französischen Moralisten ermunterten zur selbstbestimmten Reflexion und forderten nicht mehr die Unterdrückung, sondern die Herstellung einer Balance zwischen eigenen Interessen und Leidenschaften. Die Satiren von Canitz erhalten ihre Pointen erst durch eine intensive Auseinandersetzung des Dichters mit jenen Inhalten und Lehren, die er ablehnt und desavouieren will.
(Ms,VIII,480); Jean de La Fontaine: Oeuvres Postumes De Monsieur De La Fontaine. Paris 1696 (Ms,VIII,481); Jean de La Fontaine/Romeyn Hooge: Contes Et Nouvelles En Vers De Monsieur De La Fontaine. Amsterdam 1685 (Ms,VIII,479); Jean de La Fontaine: Contes et nouvelles en vers. Leyde ̈ 1669 (Ms,VIII,642); François de Maucroy/Jean La Fontaine: Ouvrages De Prose Et De Poe͏sie. Amsterdam 1688 (Ms,VIII,475, hier: Erscheinungsjahr 1685, nicht identifizierbar).
8 Schlussbetrachtung Nachdem umfassend rekonstruiert wurde, welchen politischen Kanons Canitz als Büchersammler ausgesetzt war, lohnt der Blick zurück auf das Einstiegszitat dieser Arbeit. Die red- und Brief-Ubungen sind sonderlich mit jungen Leuten zu treiben, so zu politischen Affairen bestimmet und aufferlegt sind. Man muß ihnen gute Muster in die Hände geben, sonderlich aber einbinden weder zu niederträchtig noch zu hoch zu reden u. zu schreiben. Sie dürfften sich nicht an zu hochtrabende Worte des Caspars von Lohensteins gewöhnen, sondern sollen lieber das natürliche Wesen des Herrn von Canitz […] erwehlen.¹
Canitz griff die ihm verfügbaren politischen Lehren und Kanons auf: In seinen Gedichten verarbeitete er einerseits die sich aus seiner Bibliothek und anderen Quellen ergebenden kulturellen Einflüsse, andererseits seine persönlichen Erfahrungen als Gesandter, Höfling, Rat und Privatperson. An der Staatsbibliothec wird ersichtlich, dass dieses transformierte Ergebnis in den Kanon zurückfließt und neue Impulse für die im 18. Jahrhundert geltenden Deutungskanons setzt. Somit fügt sich der Prozess Kanonentstehung – Rezeption – Adaption zu einem Kreislauf, der wieder an der Kanonentstehung anschließt. Canitz avancierte zum Sinnbild der Staatsklugheit und wird sogar mit der personifizierten prudentia portraitiert.² Die Studie seiner Bibliothek trägt dazu bei, die biografischen Rekonstruktionen des 18. Jahrhunderts enger an die Lebenswelt von Friedrich Rudolf von Canitz zu koppeln und ideelle Einflüsse auf seine Person nachzuvollziehen.
Johann Tobias Wagner: Entwurff Einer Staats-Bibliothec Nebst der ganzen Politischen Klugheit. Frankfurt; Leipzig 1725, S. 39 f. Friedrich Rudolf von Canitz/Johann Ulrich König: Des Freyherrn von Caniz Gedichte, Mehrentheils aus seinen eigenhändigen Schrifften verbessert und vermehret. Leipzig 1727, S. LXXIV f.: „Auf der andern Seiten, dem Apollo gegen über, steht die Staats-Klugheit in einem prächtigen Ceremonien-Kleide von Purpur und Hermelin, mit einem schuppichten Brust. Harnische, nach Art der Pallas, weil sie togata und sagata zugleich: nemlich sowohl eine Friedens- als Kriegsklugheit ist. […] Er ist daher als ein Merckmahl der klugen Vorsicht, so wie der darüber sitzende Sphynx für ein Bild der Staats-Geheimnisse; der Siegel-Ring aber auf der Stirne des andern Gesichts in den Haar-Locken, als ein Sinn-Bild der Verschwiegenheit, anzusehen. In ihrer einen Hand trägt sie den der Klugheit gewöhnlich-zugeeigneten Doppel-Spiegel, darinnen auf der einen Seite sich selbst, auf der andern aber fremde, erkennen zu lernen. […] Zu ihren Füssen sieht man allerley Kenn-Zeichen der Staats-Wissenschafft und dazu gehörigen Vorsicht; als den beaugten Scepter, das Natur und Völcker-Recht, Staats-Ruder, Compaß, Bleymaaß, und des Mercurius Schlagen-Stab: theils die nöthige Schlangen-Klugheit, theils das Merckzeichen eines StaatsRedners und Gesandtens damit anzudeuten.“ https://doi.org/10.1515/9783110685336-008
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Auf die in der Einleitung formulierten Fragen zur politischen Literatur in der Bibliothek von Friedrich Rudolf von Canitz fanden sich folgende Antworten: Welche Definitionen von politischer Literatur lassen sich aus zeitgenössischen Quellen ableiten und welchen anderen Disziplinen wurde ein politischer Erkenntniswert zugeschrieben? In Anbetracht der für das 17. Jahrhundert festgestellten verschiedenen politischen Denkarten fällt es schwer, eine trennscharfe Definition politischer Literatur zu entwickeln, die eine historische Bibliotheksforschung bei statistischen Auswertungen unterstützen könnte. Prinzipiell konnte im 17. Jahrhundert fast jede Literatur politisch funktionalisiert werden, ob der Büchersammler dies auch getan hat, lässt sich in den meisten Fällen nicht ermitteln. Zur Handhabung der im deutschen Sprachraum existenten historischen Bibliotheken des 17. Jahrhunderts bietet sich prinzipiell die Formierung einer engeren und weiteren Kategorie an: Politische Literatur im engeren Sinne umfassen die in Kap. 3.3.1 und 4.2.1 besprochenen Lehren, Denkmuster und Konzepte über die Regelung eines Gemeinwesens, die dem politischen Aristotelismus entsprechen und dem Ideal nach an keine konkreten empirischen Kontexte gebunden sind. Politische Literatur im weiteren Sinne umfasst hingegen eine politisch funktionalisierbare literarische Peripherie, die in Kap. 3.3.2 und 4.2.2 besprochen wurde und sich schwerpunktmäßig auf Geschichte, Geografie und Recht bezieht. Eine solche Kategorisierung basiert auf den Wertkriterien der deutsch-lutherischen Akademie und muss einem politisch verständigen Leser bekannt gewesen sein. Die gelehrte Politik würde die Gattungsform der Memoiren sicherlich aus ihrer Politikdefinition ausklammern und auch Ratgeberliteratur (v. a., wenn sie nicht von einer gelehrt-lateinischen Autorschaft stammt) skeptisch beurteilen. – Ob dieses Verständnis sich auch auf die Sammler erstreckt, müssten Studien an den Politica-Kategorisierungen innerhalb von Bibliothekskatalogen zeigen Viele Verfasser markieren die Möglichkeit einer politischen Funktionalisierung schon selbst über die von ihnen gewählten Titel: Hier gilt es nicht nur, auf das Begriffsfeld des „Politischen“ zu achten, sondern auch auf ein gezielt staatswissenschaftliches Vokabular (civitas, civilis, souverain, (res) publica, ratio status, gens etc.) oder Amtsbezeichnungen. Neben gegenwartsbezogener Literatur können auch Historienwerke politisch konnotiert sein (Tacite Avec Des Notes Politiques Et Historiques). Zuletzt stehen viele Verfasser und Herausgeber schon mit ihrem Namen für einen politischen Gehalt, sei es, weil sie selbst in Staatsdiensten aktiv oder für ihre politische Exegetik bekannt waren.
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8 Schlussbetrachtung
Enthält die Bibliothek von Canitz politische „Standardliteratur“ und welche Verfasser und Schriften lassen sich dazu zählen? Nachdem über die Leseanweisungen ein zeitgenössischer Expertenblick auf die politische Literatur des 17. Jahrhunderts konstruiert wurde, lassen sich die Bestände der Bibliothek von Friedrich Rudolf von Canitz in Hinblick auf ihre Popularität und Verbreitung besser beurteilen. Im Rahmen dieser Studie konnte mehrfach festgestellt werden, dass jene Werke und Autoren, die übereinstimmend von den Verfassern der vier Leseanweisungen zur Lektüre empfohlen wurden, auch in der Bibliothek von Canitz aufgestellt waren. Darunter zählen insbesondere Werke zur lateinischen Geschichtsschreibung und zur jüngeren Staatengeschichte im Sinne der Notitia Rerum Publicarum. Als politische Standardwerke im Sinne der Leseanweisungen können in der Canitzschen Bibliothek die Schriften von Cicero (6 Werke im Besitz), Tacitus (11 Werke), Niccolo Machiavelli (2 Werke), Justus Lipsius (5 Werke), Hugo Grotius (12 Werke), Johann Boeckler (8 Werke), Marcus Boxhorn (5 Werke) und Johann Bose (1 Werk) gewertet werden. Die genannten Verfasser werden in allen vier Leseanweisungen diskutiert und in der Regel positiv besprochen (eine Ausnahme bildet Der Fürst von Niccolo Machiavelli). Von ebenfalls hoher politischer Verbindlichkeit sind die Schriften von Thucydides (1 Werk), Polybios (2 Werke), Sallust (1 Werk), Livius (3 Werke), Seneca (6 Werke), Plutarch (5 Werke), Philippe Commynes (2 Werke), Joachim Camerarius (4 Werke) George Buchanan (2 Werke), Francis Bacon (1 Werk), Christoph Lehmann (3 Werke), Gerardus Joannes Vossius (9 Werke), Christoph Besold (2 Werke), Thomas Hobbes (1 Werk), Johannes Limnäus (2 Werke), Hermann Conring (13 Werke), Samuel von Pufendorf (8 Werke) und Johann Kulpis (3 Werke). Werke dieser Verfasser werden in wenigstens drei Leseanweisungen besprochen, wenn auch mit oft sehr unterschiedlichen oder vagen politischen Funktionalisierungen. Andere – den Verfassern der Leseanweisungen nach – kanonische Autoren, wie Aristoteles, Jean Bodin, Pierre Grégoire, Alberico Gentili, Tommaso Campanella, Christoph Coler, Bartholomäus Keckermann, Arnold Clapmarius, Michael Piccart, Henning Arnisäus, Gabriel Barthélemy de Gramond, Johann von Felden, Gabriel Naudé, Joachim Pastorius, Balthasar Cellarius und Caspar Schoppe sind nicht im Auktionskatalog der Bibliothek von Canitz aufgeführt. In der Liste fallen insbesondere die frühen Vertreter des politischen Aristotelismus auf sowie ausländische Politiktheoretiker des 16. Jahrhunderts. Die Aufzählung der in den Leseanweisungen häufig genannten Autoren lässt Differenzen zur retrospektiv nominierten Höhenkammliteratur des 17. Jahrhun-
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derts erkennen.³ Insbesondere protestantische Akademiker, die die geltende Lehrmeinung vertraten und denen ein innovatorisches Potential deshalb fehlte, sind in der modernen Forschung unterrepräsentiert. Günther Lottes und Luise Schorn-Schütte weisen zu Recht darauf hin, dass die politische Ideengeschichtsforschung einen mitunter einseitigen Fokus auf „Entwicklungspotenziale“ vollziehe – also auf emanzipatorische Momente, in denen sich Autoren, Theorien und Akteure verstärkt von Traditionen loslösen. Es gelte, „die Leserichtung zu ändern“ und Texte „im Hinblick auf ihre Verwurzelung in dem Wissenserbe durchzumustern, an dem sie sich abarbeiten.“ Dass dies insbesondere in Bezug auf die frühneuzeitliche Antikenrezeption gilt, die von den obengenannten Akademikern maßgeblich gestaltet wurde, kann die vorliegende Studie bestätigen.⁴ Der zielgerichteten Rekonstruktion moderner Ideen und Konzepte steht die Perspektive der Kanonforschung nahezu konträr entgegen, die nicht den Wandel, sondern die Tradition als den zu erforschenden Gegenstand betrachtet. Die Leseanweisungen spiegeln jedoch nur einen Teil der im 17. Jahrhundert zum Tragen kommende öffentlichen Meinung. Da sich die Verfasser von Leseanweisungen auf ihre Referenzquellen stützen und die Selektion sehr konservativ gestalten, werden alte Materialkanons in ihrer Bedeutung überbetont, wohingegen sich der Konsens zu jüngeren Materialkanons erst einige Jahre oder Jahrzehnte nach ihrem Erscheinen ausbildet. In diesem Sinne muss die Bibliothek, die von den lokalen Buchmärkten abhängig ist, immer „modernistischer“ erscheinen als die Leseanweisung, die sich auf die Materialbestände von Universitätsbibliotheken und auf akademische Traditionen stützt. Was oben als „Standardliteratur“ benannt wurde, ist ein mehrheitlich älteres Korpus aus der Urheberschaft und Akklamation protestantischer Akademiker, die keinen Konsens über die politische Literatur der 1680er und 1690er Jahre ausbilden konnten. Darüber hinaus fehlt ihnen eine Kenntnis des jüngeren französischen Buchmarkts, der für Canitz sehr bedeutsam war: Aus den Negativkanons der Leseanweisungen wird zwar ersichtlich, welche Textgattungen, Formate und Stile an abweichende Wertesysteme gekoppelt sind, es lässt sich aus diesen Äußerungen aber schwerlich ableiten, welche der in Canitz’ Bibliothek enthaltenen französischen Memoiren, Biografien und Historien unter Zeitgenossen besonders
Beispielhaft einsehbar bei: Bernd Heidenreich u. Gerhard Göhler (Hrsg.): Politische Theorien des 17. und 18. Jahrhunderts. Staat und Politik in Deutschland. Darmstadt 2011. Günther Lottes: Die Kontexte der Texte: Perspektiven der Kontextanalyse in der neuen Ideengeschichte, in: HZ 61 (2010,11), S. 620 – 630, S. 627; auch: Luise Schorn-Schütte: Gottes Wort und Menschenherrschaft. Politisch-theologische Sprachen im Europa der frühen Neuzeit. München 2015, S. 14; Sabine Holtz: Bildung und Herrschaft. Zur Verwissenschaftlichung politischer Führungsschichten im 17. Jahrhundert. Leinfelden-Echterdingen 2002, S. 326.
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prominent und weit verbreitet waren oder welches „Standardwerk“ Canitz möglicherweise fehlte. Da Arnd sich recht ausführlich über die Schriften von und über die Kardinäle Richelieu und Mazarin äußert und zugehörige Schriften auch bei Canitz zahlreich vorhanden waren (je 8 und 5 Werke), kann die zeitgenössische Prominenz beider Persönlichkeiten nicht in Abrede gestellt werden. Auch das hohe Publikationsaufkommen der Verfasser Gregorio Leti und Antoine Varillas und ihre starke Repräsentanz in Canitz‘ Bibliothek deuten an, dass sie unter Zeitgenossen außerordentlich populär waren. Es gilt zu prüfen, ob das aus den Leseanweisungen und aus der Bibliothek von Canitz konstruierte Bild von populärer Politikliteratur im späten 17. Jahrhundert anhand einer anderen zeitgenössischen Bibliothek annäherungsweise reproduziert werden könnte. Für einen Vergleich kommen insbesondere die Sammlungen von Samuel von Pufendorf, Ezechiel Spanheim, Johann von Besser und Carl Hildebrand von Canstein infrage.⁵ Von welchen politischen Konzepten und Theorien ist die Bibliothek bestimmt? Beim Vergleich der Leseanweisungen untereinander wurde festgestellt, dass sich die benannten Materialkanons mitunter stark ähneln, an diese aber nicht durchweg auch gleiche Deutungskanons gekoppelt sind. Das heißt, auch wenn die Verfasser der Leseanweisungen (die über einen sehr ähnlichen Ausbildungsgang verfügten) die gleichen Werke und Verfasser als politisch relevant klassifizierten, tun sie dies aus mitunter sehr unterschiedlichen Gründen. Diesen Umstand gilt es umso mehr für die Bibliothek von Canitz zu beachten: Die Leseanweisungen erlauben lediglich begründete Annahmen über die Vollständigkeit bestimmter Materialkanons und die daran gekoppelten Deutungsangebote. Bildlich gesprochen blättern die Verfasser der Leseanweisungen durch den Auktionskatalog der Bibliothek von Canitz und verfassen ein Gutachten über die darin angebotenen Bestände: Sie würden argumentieren, dass die Bibliothek den von ihnen formulierten Kanon in weiten Teilen abdeckt, dass jedoch der eigent Die Bibliotheken wurden teils sehr gründlich erforscht, die für einen Vergleich relevanten Fragestellen erforderten aber ergänzende (statistische) Analysen, die hier nicht mehr geleistet werden konnten. Vgl. Brigitte Klosterberg/Anke Fiebinger: Die Privatbibliothek Carl Hildebrand von Cansteins, in: Christian Soboth (Hrsg.), „Aus Gottes Wort und eigener Erfahrung gezeiget“. Halle; Wiesbaden 2012, S. 681– 693; Sven Externbrink: Diplomatie und République des lettres. Ezechiel Spanheim (1629 – 1710), in: Francia 34 (2007,2) Fiammetta Palladini: La biblioteca di Samuel Pufendorf. Catalogo dell’asta di Berlin del settembre 1697. Wiesbaden 1999. Sven Externbrink: Politik und Gelehrtenrepublik zwischen konfessionellem Zeitalter und Frühaufklärung. Die Bibliothek Ezechiel Spanheims (1629 – 1710), in: Claudia Brinker-von der Heyde (Hrsg.), Frühneuzeitliche Bibliotheken als Zentren des europäischen Kulturtransfers. Stuttgart 2014, S. 161– 176.
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liche Kern, das Werkekorpus zum praktisch-philosophischen Aristotelismus fehlt und nur implizit innerhalb einzelner Werke abgebildet wird. Sie müssten dem Sammler zugutehalten, dass eine klassisch aristotelische Literatur immer seltener neu aufgelegt und publiziert wurde und somit schwerer zu bekommen war. Loben würden sie, dass das, was Justus Lipsius ideell zur politischen Theorie des späten 16. und 17. Jahrhunderts beitrug, in der Bibliothek schulmeisterlich abgebildet ist: Sein Oeuvre, die Tacitusausgaben, die editorischen Arbeiten von Boeckler und Bose, wie auch der von ihnen geforderte empirisch-historische Anteil – insgesamt ist der tacitistische Materialkanon vollständig abgebildet, die zugehörigen Deutungszusammenhänge konnten demnach sehr einfach durch Canitz erschlossen werden. Der Gewinn eines Verständnisses für den politischen Aristotelismus gestaltet sich durch die Bibliothek zwar nicht unmöglich, ist aber deutlich schwieriger – hier verbleibt der einzige Zugang über die Arbeiten von Conring und Boeckler sowie über die umfassenden Corpora zur Reichspublizistik. Nach ausreichender Lektüre dieser Schriften hätten sich Canitz auch die Maximen des politischen Aristotelismus hinreichend erschlossen. Die Bibliothek eignet sich darüber hinaus herausragend zur Ausbildung der von Bose und Conring entwickelten notitia rerum publicarum. Politik besteht in der Kenntnis von Informationen: In diesen Kontext lassen sich auch die wenigen Schriften späterer Aristoteliker einordnen, die im Auktionskatalog dokumentiert sind. Sie befassen sich schwerpunktmäßig mit Reichspublizistik, Natur- und Völkerrecht. Die Bestände zur Geschichte sind quantitativ ähnlich auf die einzelnen Territorien verteilt wie in den Leseanweisungen gewünscht. Deutliche – von den Leseanweisungen genauso anempfohlene – Schwerpunkte bestehen hinsichtlich deutscher und französischer Geschichte, also jener Territorien, zu denen Canitz auch den größten biografischen Bezug hatte. Die Literatur zum Heiligen Römischen Reich übertrifft die Forderungen der Verfasser der Leseanweisungen bei weitem. Sie entspricht allen epistemologischen Anforderungen hinsichtlich des Stils und der Verfasserschaft und leistet darüber hinaus eine Aktualität, die die Leseanweisungen vermissen lassen. Ein kritisches Urteil würden Bose, Kulpis, Hartnack und Arnd über den epistemologischen Hintergrund der frankreichbezogenen Politikliteratur formulieren: Diese ist mehrheitlich französisch – die Verfasser der Leseanweisungen rezipieren kaum französische Literatur – und wird von Personen produziert, denen keine akademische eruditio attestiert werden kann. Memoiren und Biografien zeugen prinzipiell von großer Erfahrung der sie betreffenden Akteure. Die Verfasser der Leseanweisungen bemängeln jedoch die fehlende akademische Rückbindung, die im Rahmen der neuen Gattungen zum literarischen Ideal avanciert. In Hinblick auf die geforderte protestantisch konforme Ausdeutung von Geschichte und Politik übertrifft Canitz‘ Bibliothek die in den Leseanweisungen
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formulierten Desiderate: Die Verfasser der Leseanweisungen wünschen sich zwar eine konfessionell unbedenkliche Historiografie, haben aber Mühe, eine solche in der von ihnen präferierten lateinischen Literatur zu finden. Canitz hingegen verfügte über zahlreiche Biografien, Memoiren und Historienwerke von Hugenotten, die eine konforme Geschichtsdeutung vornahmen und gekonnt an die gemeinsame protestantische Identität appellierten. Auch die von den Verfassern der Leseanweisungen gewünschte antipäpstliche Historiografie wird durch den Bestand der Bibliothek bedient. Kaum ein Werk berichtet neutral oder sogar wohlwollend über das Papsttum. Dies entspricht den Desideraten der Verfasser der Leseanweisungen und übertrifft sie sogar, da Canitz auch über die französische Gallikanismusliteratur verfügte. Das Negativergebnis um den praktisch-philosophischen politischen Aristotelismus korreliert mit seinem generellen Niedergang zum Ende des 17. Jahrhunderts, den die Leseanweisungen infolge der sie bestimmenden Kanondynamiken nicht abbilden. Canitz kam schon im Laufe seines Studiums kaum mit dem klassischen politischen Aristotelismus in Kontakt. Die ihm offenstehenden politischen Vorlesungen suchten den Anschluss an Geschichte sowie Natur- und Völkerrecht. Diese Themen präferierte er auch bei der politischen Ausbildung seines Sohnes. Über Flugschriften und Historienwerke konnte er den direkten Anschluss an die eigene Lebenswelt herstellen, gelegentlich fand er sogar Werke, in denen er selbst erwähnt wurde oder die Kontexte seiner Einsätze besprochen und analysiert wurden. – Solche Praxisbezüge ließen sich zu den Werken des klassischen politischen Aristotelismus nicht herstellen, was ein Grund dafür sein mag, warum Canitz sie nicht in seine Bibliothek integrierte. Im Gegenzug finden sich Hinweise, dass der Tacitismus/Stoizismus überdurchschnittlich stark in der Bibliothek vertreten ist, allerdings fehlt es an Vergleichswerten aus anderen Bibliotheken, die diese Annahme definitiv bestätigen könnten. Das Lipsius-Oeuvre in Canitz‘ Besitz rekrutiert sich aus auffällig alten Ausgaben, die daran angeschlossenen Debatten des 17. Jahrhunderts sind fast vollständig abgebildet. Durch Verfügbarkeiten stark mitbestimmt sind die Materialkanons zur französischen Geschichtsschreibung (darunter Biografien, Memoiren und Gallikanismusliteratur), zur französischen Literatur und zur französischen Moralistik. Darunter fällt auch die (meist erst retrospektiv klassifizierte) frühaufklärerische Literatur, welche die zeitgenössische politische Theorie mit beeinflusste. – Diese Werke konnte Canitz nachweislich von seinem hugenottischen Buchhändler beziehen, der den Berliner Buchmarkt mit französischer Literatur versorgte. Obwohl die Bibliothek von Carl Hildebrand von Canstein an denselben Buchmarkt angeschlossen war, fällt sein Bestand an französischer Literatur prozen-
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tual geringer aus, was die Annahme einer ausgeprägten Frankophilie bei Canitz nahelegt. Enthält die Bibliothek Ressourcen, die zu einer Vor- und Nachbereitung der Sachfragen taugen, mit denen Canitz als Gesandter und Rat befasst war? Die Bibliothek von Canitz war nicht tagesaktuell genug, um eine Vorbereitung politischer Gesandtschaften zu leisten. Insbesondere Personalia, akute politische Interessenlagen und zeremonielle Feinheiten waren in ihr nicht abgedeckt. Hier konnte eine Information nur direkt vor Ort oder über schriftliche Instruktionen erfolgen. Allerdings beinhaltete die Bibliothek institutionelles Wissen über Territorien, langjährige Konfliktsituationen sowie tradierte Verwaltungsstrukturen und Rechtsordnungen. In dynastischen und rechtlichen Konflikten kann sie Canitz zusätzlich mit Präzedenzfällen bedient haben. Insgesamt kreiert die Bibliothek einen Wissenshorizont über die mitteleuropäischen politischen Verhältnisse – und damit eine Makroebene, innerhalb derer Canitz sich und seine Rolle positionieren konnte. Werke über das politische Zeitgeschehen erschienen meist mit einer Verzögerung von wenigstens 2 Jahren. Die Menge der Schriften, die Canitz‘ politische Biografie besprachen oder sie tangierten, lässt erkennen, dass Canitz die Darstellung seiner eigenen Person und seines Wirkens in der Publizistik sehr aufmerksam verfolgte. Darüber hinaus musste er damit rechnen, ein zweites Mal zu einem ehemaligen Einsatzort gesandt zu werden, daher war es sinnvoll, sich über den weiteren Verlauf der Ereignisse zu informieren. Welche Funktionen hat politische Literatur abseits der Versorgung mit Sachinformation? Die Bibliothek bediente Canitz mit einer politischen (Fach‐)Sprache, die er im Zuge seiner Gesandtschaften kennen und verstehen musste. Über die Lektüre verinnerlichte er Fremdwörter, Fremdsprachenkenntnisse sowie geltende politische Ideologien. Er rezipierte zeitgenössische politische Legitimationsstrategien, die er in gleicher oder abgewandelter Form in seiner politischen Praxis zur Anwendung bringen konnte. Die politische Sprache und der daran gekoppelte schriftliche Habitus bildeten eine zentrale kommunikative Infrastruktur. Institutionelles Wissen und Vokabular überlieferte Lösungen und Rituale für schon zum Abschluss gebrachte Konflikte, die dadurch kein zweites Mal mehr ausgefochten werden mussten. Weitere Studien, welche die politische Sprache nicht nur in Hinblick auf ihre Außenwirkung und ihre legitimatorischen Funktionen berücksichtigen, sondern auch den Sprecher und seine Sozialisation in den Blick nehmen, können weitere Erkenntnisse liefern, wie eine politische Sprache erlernt
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wurde und wie sich die „Schnittstellen zwischen individuellen und kollektiven Phänomenen“ gestalten.⁶ Zeitgenössische Leseanweisungen als Analyseschlüssel für überlieferte Bibliotheken: Methodenkritik Auch wenn die in Zuge der vorliegenden Studie entwickelte Fragestellung auf ein besseres Verständnis der Bibliothek von Canitz abzielt, baut sie wesentlich auf eine methodisch schlüssige Analyse der politischen Leseanweisungen. Diese stellen schon für sich genommen wichtige Forschungsobjekte dar und wurden bisher noch nie unter dem Blickwinkel der Kanonforschung betrachtet. Die Analyse von Leseanweisungen (das heißt, die Aufschlüsselung der Deutungs- und Materialkanons) sollten idealerweise im Zuge gesonderter Forschungen erfolgen. Eine oberflächige „Durchsicht“ von Bibliotheken oder Leseanweisungen ist nicht zu empfehlen, da Differenzierungen zwischen zeitgenössischer und retrospektiver „Höhenkammliteratur“ in diesem Zuge oft zu ungenau ausfallen. Lohnend ist die Gegenüberstellung von Leseanweisungen und einer zeitgenössischen Bibliothek, wenn die in der Leseanweisung zum Tragen kommenden Deutungs- und Materialkanons auf eine hinreichende Repräsentativität und öffentliche Akklamation fußen und wenn ein Büchersammler eine Leseanweisung nachweislich studierte oder kulturellen Sphären ausgesetzt war, auf die die Verfasser der Leseanweisungen aufbauten. Insbesondere eine spezifische universitäre oder schulische Ausbildung oder ein höfischer Kontext kommen als solche Sphären infrage. Da ein Anspruch auf Deutungshoheit besonders stark und oft in der gelehrten Akademie formuliert wurde, sind die Kanons aus diesem Milieu am besten zugänglich und überliefert, aber auch mit einem hohen Normativitätsgrad verbunden, der abseits des gelehrten Milieus nicht unbedingt auf Akzeptanz traf. Leseanweisungen und Erzeugnisse der Historia Literaria bergen nichtsdestoweniger ein bislang unterschätztes Potential für die Kanonforschung.⁷ Sie überliefern Materialkanons zu fast jedem zeitgenössischen Sujet: Insbesondere Theolo-
Angelehnt an die Überlegungen von Wolfgang Adam zu „Schnittstellen zwischen individuellen und kollektiven Phänomenen“ in Bibliotheken. Vgl. Wolfgang Adam: Bibliotheken als Speicher von Expertenwissen. Zur Bedeutung von Privatbibliotheken für die interdisziplinäre FrühneuzeitForschung, in: Claudia Brinker-von der Heyde (Hrsg.), Bibliotheken zwischen Barock und Aufklärung. Kassel 2011, S. 61– 69, S. 66. Lit.: Frank Grunert (Hrsg.): Historia literaria. Neuordnungen des Wissens im 17. und 18. Jahrhundert. Berlin 2007.
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gie, Geschichte und Rechtswesen sind sehr gut aufgeschlüsselt.⁸ Andere Materialkanons lassen sich über Rezensionszeitschriften wie z. B. Wilhelm Tentzels Monatliche Unterredungen (1689 – 1698) entschlüsseln, die unter Zeitgenossen sehr breit rezipiert wurden. Der Vergleich historischer Leseanweisungen mit einer historischen Bibliothek birgt jedoch auch Hürden und Risiken: Die Rekonstruktion kanonischer Inhalte ist von der qualitativen Arbeit der Verfasser der Leseanweisungen abhängig: Wenn sie differenzieren, vergleichen, abschreiben, abwägen und kritisieren, lassen sich Deutungskanons und Verweissysteme deutlich besser erschließen, als wenn sie nur verschiedene Titel hintereinander aufzählen und beiläufig für gut befinden. Je jünger die Kanonelemente sind und je schlechter sich ein Rezensent in einer Thematik auskennt, desto schwerer fiel es, eine Expertise für die Canitzsche Bibliothek zu generieren. Auch der Zugriff auf Deutungskanons, die von den Verfassern der Leseanweisungen tendenziell geringgeschätzt oder nicht erkannt werden, gestaltete sich schwierig. In der vorliegenden Studie betrifft dies insbesondere die Literatur zur Politica Christiana, die in den Leseanweisungen weder empfohlen noch ausdrücklich kritisiert wird. Die cartesianischen Lehren bespricht Johann Kulpis innerhalb seiner Leseanweisung zwar als spekulativae (und ordnet sie in eine politisch relevante Sphäre), erläutert aber nicht, welche Verfasser seiner Ansicht nach zu den Cartesianern gehören. Diese Informationen mussten auf Basis aktueller Forschungsliteratur und der daran gekoppelten Perspektive auf zeitgenössische Höhenkammliteratur generiert und dann auf die Bibliothek von Canitz bezogen werden. Abhängig vom Forschungsstand gestalteten sich diese Analysen oft schwer. Erkenntniswerte für die historische Bibliotheksforschung Die Analyse von nur als Titellisten überlieferten Bibliotheken unterliegt Grenzen. Durch redundante Analysen (also durch die Filterung der Bibliothek auf bereits existente Rezeptionsnachweise) rekonstruieren Forschende oft ein sehr harmonisches Bibliotheksprofil, das primär den spezifischen Intellekt oder das ideelle Programm des Sammlers reflektiert. Das Profil der Canitzschen Bibliothek erwies sich als außerordentlich heterogen und konfliktgeladen. Fast jede unter west- und mitteleuropäischen Zeitgenossen kursierende politische Idee war entweder in schwacher oder starker Form in seiner Büchersammlung abgebildet. Die
Einen herausragenden – und nicht nur auf die Politik bezogenen – Quellenfundus liefert das Einführungskapitel von Carl Arnds Bibliotheca Politico-Heraldica Carl Arnd: Bibliotheca PoliticoHeraldica Selecta. Rostock 1705. S. 1– 37.
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Entscheidung über das, was gute und schlechte politische Literatur ist, hat Canitz wohl erst nach ihrem Erwerb getroffen. Dies zeigt sich daran, dass die wenigen unvollständigen oder fehlenden Deutungskanons in seiner Bibliothek fast immer mit einer schlechteren Verfügbarkeit korrelierten. Den Luxus einer Wissensbeschaffung auf Pomp hatten weniger vermögende Büchersammler nicht, weshalb sich Bewertungsprozesse und Interessen in ihren Sammlungen auch eher ablesen lassen dürften. Wie in der Einleitung bereits erläutert, ist die Frage nach der Rezeption der in einer Bibliothek enthaltenen Bücher schwerlich zu beantworten und stand nicht im Fokus dieser Arbeit. Die stattdessen beabsichtigte Feststellung politischer Kanons und ideeller Einflüsse ist dagegen gelungen und sollte – so die These – bei jeder überlieferten Bibliothek möglich sein. Ergänzend zur bisherigen Forschungsliteratur leiten sich aus dieser Studie für eine methodisch fundierte Analyse verauktionierter Bibliotheken mehrere Empfehlungen ab: Auktionskataloge als Quellengrundlage: Vor der Analyse eines Auktionskatalogs gilt es zu prüfen, welche Personen Bücher in die Bibliothek integrierten oder diese nutzten. Je weniger solcher Personen bekannt sind, desto genauere Aussagen können aus der Bibliotheksanalyse erfolgen. Ererbte Bestände erschweren die Analysen in der Regel. Vermeidung von Redundanzen: Um zu verhindern, dass die Studie redundante Ergebnisse provoziert, darf die Untersuchungsmenge nicht ausschließlich an den Eindruck vom Profil des Sammlers, nachgewiesene Rezeptionszeugnisse oder an seine Publikationen gebunden sein. Die Analyse aller Titeleinheiten zu einem konkreten Sachgebiet, einer Idee, einem Begriff, einer Textgattung oder einer Sprache ermöglicht dagegen eine fundierte Beurteilung der in Bibliotheken enthaltenen Diskussionszusammenhänge und die Feststellung von Negativergebnissen. Idealerweise ist das Selektionskriterium an zeitgenössische Phänomene rückgekoppelt, die zur Bibliothek in einem sinnvollen Bezug stehen. Es erwies sich beispielsweise als schwierig, die Bibliothek von Canitz auf das Phänomen „Aufklärung“ abzusuchen, da unter Zeitgenossen noch kein Konsens über zugehörige Materialkanons bestand und ein Bewusstsein für diese Entwicklung durch Canitz nicht per se angenommen werden konnte. Bei der Feststellung der Untersuchungsmenge sollten auch die Werkinhalte auf das Selektionskriterium abgeprüft werden. So werden die Begriffe Souveränität und Staatsräson in vielen Werken und Werktiteln nicht begrifflich erwähnt, aber im Fließtext dennoch (implizit) ausführlich besprochen (Fragen nach Souveränität und Staatsräson sind z. B. wesentliche Bestandteile der Reichspublizistik). Die Identifizierung relevanter Werke und Verweissysteme kann über zeitgenössische Quellen wie Leseanweisungen, Bibliografien oder Rezensionszeitschriften maß-
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geblich erleichtert werden. – Der Transfer von ihnen obliegenden Wertungsangeboten auf die Bibliothek ist jedoch unzulässig. Quantitative Analysen: Dass quantitative Analysen eine notwendige Grundlage für die Auswertung einer Bibliothek sind, hat die Forschung bereits mehrfach erwiesen. Ergänzend ist anzumerken, dass die Aussagekraft solcher Auswertungen durch den Abgleich mit lokalen Verfügbarkeiten oder anderen zeitgenössischen Bibliotheken erheblich ansteigt. Die Auszählung der in der Bibliothek am meisten vertretenen Verfasser liefert wichtige Indizien über besonders vollständige Diskussionszusammenhänge innerhalb der Bibliothek. Die Erscheinungsjahre ermöglichen nicht nur Schlüsse über das Altersprofil der Bibliothek, sondern auch über deren temporale Fluidität. Je kleiner der Zeitraum zwischen dem Erscheinungsjahr eines Werkes und dem Todesjahr des Sammlers, desto exakter kann auf den Zeitraum des Erwerbs geschlossen werden. Die Verteilung der in der Bibliothek abgebildeten Erscheinungsjahre erlaubt zudem Schlüsse über Erwerbsgewohnheiten: Ist der Bestand im Verhältnis zu den Lebensdaten des Sammlers sehr alt, erbte er möglicherweise viele seiner Bestände oder kaufte auf Auktionen ein. Jüngere Titel lassen hingegen darauf schließen, dass der Sammler seine Werke direkt über den Buchhandel erwarb. Über die quantitative Auswertung von Gattungen, Fachgebieten und Sprachen und ihre Inbezugnahme mit den Erscheinungsjahren lassen sich die Rezeptionsgewohnheiten des Sammlers sowie (ggf. favorisierte) zeitgenössische Wissenschaftspraktiken und Publikationskulturen genauer erschließen. Annahmen über Sachkenntnis und Rezeption: Der Forschende steht in der Beweislast, dass die Rezeption eines Werkes tatsächlich erfolgt ist. Es kann jedoch die Mindestannahme gelten, dass der Sammler wenigstens die Metadaten eines Werkes rezipierte (v. a. Buchtitel, Autor und Erscheinungsjahr). Die sich aus den Titeln ergebende inhaltliche Synthese kann dem Sammler als Sachkenntnis angerechnet werden. Da Buchtitel insbesondere im 17. Jahrhundert auch als Inhaltsangaben fungierten, lässt sich mit ihnen sehr fundiert arbeiten. Abseits konkreter Rezeptionsnachweise lässt sich ein Wissenspotenzial zeichnen, dem der Sammler ausgesetzt war und für das alle Werkinhalte relevant sind. Annahmen über das Wissenspotenzial zu einem bestimmten Thema oder Aspekt erfordern eine Selektion, die alle hierfür relevanten Elemente berücksichtigt. Wenn festgestellt wird, dass in dieser Selektion ein Diskussionszusammenhang sehr vollständig abgebildet ist, so erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Sammler (oder ein anderer Beiträger zur Bibliothek) über Sachkenntnis zu diesem Thema verfügte. Annahmen über Wertung: Die (Un‐)Vollständigkeit von Diskussionszusammenhängen in einer Bibliothek sagt nichts darüber aus, wie sich der Sammler selbst zu diesen positionierte, nur dass er eine Meinung ausbildete wird zuneh-
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mend wahrscheinlicher. Möglicherweise lassen sich übrige biografischen Quellen noch einmal auf – möglicherweise abstrakte – Bezüge zu diesem Diskussionszusammenhang absuchen. Die Bibliothek gibt Auskunft über die Wissenssoziologie ihrer BesitzerInnen, über ihren ideellen Denkrahmen und individuelle Verfügbarkeiten. Die in der Bibliothek enthaltenen universellen Bausteine bündeln sich abhängig vom Deutungskanon des Besitzers zu mehreren Materialkanons, über deren einzigartigen Code sich das individuelle Profil der Bibliothek ergibt.
Anhang: Die meistvertretenen Herausgeber und Autoren Gesamtbestand Mehr als mal genannte Autoren und Herausgeber Weise, Christian Sanson, Nicolas Leti, Gregorio Luther, Martin Conring, Hermann Varillas, Antoine Grotius, Hugo Tacitus, Cornelius Goldast, Melchior Stenger, Johann Melchior Vergilius Maro, Publius Bekmann, Johann Christoph Spener, Philipp Jakob Horatius Flaccus, Quintus Cujas, Jacques Maimbourg, Louis Stryk, Samuel Boeckler, Johann Heinrich Pufendorf, Samuel von Boileau Despréaux, Nicolas Dapper, Olfert Courtilz de Sandras, Gatien de Ablancourt, Nicolas Perrot d’ Horn, Georg Dacier, Anne
– – – – – – – – / – – – v. Chr. – – – v. Chr. – – – – – – – – – – –
– / – – – – – – – – –
Geschichte Tacitus, Cornelius Leti, Gregorio Varillas, Antoine Juncker, Christian Bruslé de Montpleinchamp, Jean-Chrysostome Courtilz de Sandras, Gatien de Mader, Joachim Johann Boeckler, Johann Heinrich Maimbourg, Louis Pufendorf, Samuel von https://doi.org/10.1515/9783110685336-009
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Anhang: Die meistvertretenen Herausgeber und Autoren
Fortsetzung Geschichte Ablancourt, Nicolas Perrot d’ Giovio, Paolo Caesar, Gaius Iulius Burnet, Gilbert Iustinus, Marcus Iunianus Erdmuthe Sophia Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth Sleidanus, Johannes Imhof, Jacob Wilhelm Boxhorn, Marcus Zuerius Sarpi, Paolo Nepos, Cornelius Hartknoch, Christoph Aubery, Antoine Freinsheim, Johann Beer, Johann Christoph Bekmann, Johann Christoph Spanheim, Ezechiel Kromer, Marcin Suetonius Tranquillus, Gaius Lazius, Wolfgang Spener, Philipp Jakob Gronovius, Johann Friedrich Velleius Gualdo Priorato, Galeazzo
– – – v. Chr. – ca. . Jh. – – – – – Ca. – v Chr. – – – – – – – – – – – ca. v. Jh. – . Jh. –
– – – – – – – – – – – – – – –
Theologie Luther, Martin Stenger, Johann Melchior Baxter, Richard Spener, Philipp Jakob Coccejus, Johannes Arndt, Johann Bartoli, Daniello Spanheim, Friedrich Maimbourg, Louis Bona, Giovanni Böhme, Jacob Melanchthon, Philipp Hall, Joseph Jurieu, Pierre Thomas < von Kempen>
Anhang: Die meistvertretenen Herausgeber und Autoren
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Fortsetzung Theologie Gerhard, Johann Grotius, Hugo Abbadie, Jacques Erasmus, Desiderius Pfeiffer, August Vossius, Gerardus Joannes Bekker, Balthasar Aubert de Versé, Noël Bèze, Théodore de Fleury, Claude Bochart, Samuel Marot, Clément Calixt, Georg Rivet, André Châteillon, Sébastien Drelincourt, Charles Teissier, Antoine
– – – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – – – – – –
– – – – –
Politik Conring, Hermann Goldast, Melchior Leti, Gregorio Bekmann, Johann Christoph Horn, Georg Chamberlayne, Edward Sprenger, Johann Theodor Fritsch, Ahasver Lipsius, Justus Paulli, Jacob Henrik Bassompierre, François de Seckendorff, Veit Ludwig von
Moderne Literatur und Sprache Boileau Despréaux, Nicolas La Fontaine, Jean de Scarron, Paul Bouhours, Dominique Weise, Christian
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Anhang: Die meistvertretenen Herausgeber und Autoren
Fortsetzung Moderne Literatur und Sprache Cervantes Saavedra, Miguel de Hofmann von Hofmannswaldau, Christian Voiture, Vincent Menudier, Jean Fontenelle, Bernard Le Bovier de Balzac, Jean-Louis Guez de Collasse, Pascal Méré, Antoine Gombauld de Comenius, Johann Amos Corneille, Thomas Le Pays, René
– – – – – – – – – –
– – – – – – – – – ca. – –
– –
– v. Chr. – v. Chr. – v. Chr. ca. – v. Chr. – ca. / –
Recht und Rechtswissenschaften Stryk, Samuel Cujas, Jacques Carpzov, Benedict Wesenbeck, Matthaeus Brunnemann, Johann Struve, Georg Adam Zasius, Ulrich Doneau, Hugues Grotius, Hugo Rhetius, Johann Friedrich Schotanus, Bernhard
Geografie und Reiseberichte Sanson, Nicolas Dapper, Olfert
Philologie und Altertumswissenschaften Vergilius Maro, Publius Horatius Flaccus, Quintus Terentius Afer, Publius Ovidius Naso, Publius Plutarchus Iuvenalis, Decimus Iunius
Anhang: Die meistvertretenen Herausgeber und Autoren
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Fortsetzung Philologie und Altertumswissenschaften Dacier, Anne Seneca, Lucius Annaeus Homerus Heinsius, Daniel Persius Flaccus, Aulus Marolles, Michel de Bond, John Plautus, Titus Maccius Cicero, Marcus Tullius Tibullus, Albius Claudianus, Claudius Martialis, Marcus Valerius Dacier, André Phaedrus Desprez, Louis Farnaby, Thomas Heinsius, Nicolaas
– – v. Chr. ca. . Jh. v. Chr. – – – – – v. Chr. – v. Chr. – v. Chr. – ca. / – / – . Jh. – –
v–v – – – –
–
– –
Philosophie Theophrastus Montaigne, Michel Eyquem de Nicole, Pierre Bacon, Francis Weise, Christian
Gesundheit, (Haus‐)Wirtschaft, Naturwissenschaft Elsholtz, Johann Sigismund
Rhetorik Weise, Christian Tesauro, Emanuele
Literatur- und Quellenverzeichnis Archivalische Quellen Brandenburgisches Landeshauptarchiv, 37 Briesen, Kr. Cottbus 57: Prozess der Familie Canitz gegen Georg Jobst v. Schönfeldt auf Guhrow wegen verschiedener Schuldforderungen (1679 – 1680). Franckesche Stiftungen zu Halle, AFSt/H A 22: Bücherrechnung von Robert Roger an Friedrich Rudolf von Canitz (30. 10. 1693). GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6793: Friedrich Rudolf Canitz an Friedrich III. von BrandenburgPreußen, 22./12. 1. 1699. GStA PK, I. HA GR, Rep. 1 Beziehungen zum Kaiser (auch zum Reich und zum Hause Österreich), Nr. 97: Sendung des Legationsrats von Canitz nach Wien und dessen Relationen daher (1686 – 1687). GStA PK, I. HA GR, Rep. 1 Beziehungen zum Kaiser (auch zum Reich und zum Hause Österreich), Nr. 103: Sendung des Legationsrats von Canitz nach Wien und dessen Relationen daher. (1687). GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 1036: Beziehungen zu Kurköln (1684 Feb.–Apr.). GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 1039: Sendung des Hof- und Legationsrats von Canitz nach Köln zur Fortführung der von dem Wirkl. Geheimen Rat Paul v. Fuchs begonnenen Negotiation (1684). GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 1040: Sendung des Hof- und Legationsrats von Canitz nach Köln zur Fortführung der von dem Wirkl. Geheimen Rat Paul v. Fuchs begonnenen Negotiation (1684). GStA PK, I. HA GR, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen, Akten, Nr. 5730 – Nr. 5733: Abschickung des Kurfürstlichen Hof- und Legationsrats von Canitz an den Herzog von Lüneburg-Celle. (1685). GStA PK, I. HA GR, Rep. 34, Nr. 6792: Gesandtschaftsberichte des Heinrich Helt und des Freiherrn Friedrich Rudolf Ludwig von Canitz aus Den Haag (1699 – 1700). GStA PK, I. HA GR, Rep. 37, Nr. 199 bis I. HA GR, Rep. 37, Nr. 202: Sukzessionsstreitigkeiten zwischen Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz wegen Güstrow, Sequestration und Einlogierung der Kreistruppen. GStA PK, I. HA GR, Rep. 37, Nr. 199 bis I. HA GR, Rep. 37, Nr. 205: Sukzessionsstreitigkeiten zwischen Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz wegen Güstrow, Sequestration und Einlogierung der Kreistruppen. GStA PK, I. HA GR, Rep. 41, Nr. 3117: Sendung des Geheimen Rates von Canitz nach Merseburg zu Verhandlungen über die strittige Jurisdiktion über die Oberkirche in Teutschenthal, die geplante Heiratsverbindung des Prinzen Heinrich von Sachsen-Merseburg mit einer ansbachischen Prinzessin, die Streitigkeiten zwischen Kursachsen einerseits und Sachsen-Merseburg und Sachsen-Zeitz andererseits sowie die Angelegenheit des Kanzlers und Geheimen Rates Stösser von Lilienfeld (1691 Mai–Sept.). GStA PK, I. HA GR, Rep. 41, Nr. 3359: Schriftwechsel mit Sachsen-Zeitz über die nach dem Tode des Herzogs Christian II. von Sachsen-Merseburg seitens Kursachsens erhobenen Sukzessionsansprüche und die Besetzung einiger sachsen-merseburgischer Ämter und Städte durch kursächsische Truppen (1691, Mai–Dez.). https://doi.org/10.1515/9783110685336-010
Gedruckte Literatur – vor 1850 erschienen
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GStA PK, I. HA GR, Rep. 41, Nr. 3360: Protest Kurbrandenburgs gegen die Belegung des zum Herzogtum Sachsen-Zeitz gehörigen Amtes Schleusingen mit kursächsischen Truppen (1691 Dez.). GStA PK, I. HA GR, Rep. 50, Nr. 28 Fasz. 209: Innere Angelegenheiten der Stadt Hamburg, Bd. 1 (1685 Jan.–Aug.). GStA PK, I. HA GR, Rep. 50, Nr. 28 Fasz. 210: Innere Angelegenheiten der Stadt Hamburg, Bd. 2 (1685 Sept.). GStA PK, I. HA GR, Rep. 50, Nr. 28 Fasz. 211: Innere Angelegenheiten der Stadt Hamburg, Bd. 3. GStA PK, I. HA GR, Rep. 50, Nr. 28 Fasz. 211: Innere Angelegenheiten der Stadt Hamburg, Bd. 3, Enthält: Elbhandel; Streitigkeiten mit Georg Wilhelm Herzog von Celle. (Okt.– Dez. 1685). GStA PK, I. HA GR, Rep. 81 (vor 1808), Kopenhagen I Nr. 8: Reskripte an von Fuchs und von Canitz in Hamburg, Konzepte von Relationen derselben und zugehörige Schriftstücke (1689). Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Bibl. Arch. I. Bb, Vol. 193, Siegmund Gottlob Seebisch: Catalogus der Bibliothec des Geheimen KriegsRath Johann von Besser […]. Bd. 1 – 2: Bd. 1: Libros theologicos, iuridicos, politicos, ceremoniales, medicos, physicos, mathematicos, philologicos, antiquarios, poeticos, rhetoricos, literarios et miscellaneos continens. Dresden (1726, URL: http://digital.slubdresden.de/id471763845.
Gedruckte Literatur – vor 1850 erschienen Abbadie, Jacques: Défense de la nation britannique, ou les droits de Dieu, de la nature, et de la société clairement établis au sujet de la revolution d’Angleterre. Den Haag 1693 (Ms,XII,136,1). Abgetrungene Anzeig und gründliche Vorstellung, daß die in der Fürstl. Nassaw-Siegnischen Succession-Sach. [s.l.] 1686 (Ms,IV,102,3). Abrégé De L’Histoire D’Angleterre. Den Haag 1695 (Ms,VIII,291). Acker, Johann Heinrich/Goltz, Ewald: Exercitatio Propolitica De Politicis Empiricis. Jena 1705. Affelmann, Johann: Vir politicus. Genio et virtuti illustrissimorum principum ac dominorum. Hannover 1599. Alberti, Valentin: Compendium Iuris Naturae, Orthodoxae Theologiae Conformatum Et In Duas Partes Distributum. Leipzig 1676. Alberti, Valentin: Interesse praecipuarum religionum Christianarum. Leipzig 1683 (Th,XII,21). Alberti, Valentin: Epistola ad illustrem excellentissimumque Seckendorfium. Leipzig 1688. Alberti, Valentin: Judicium de nupero scripto Pufendorfiano. Leipzig 1688. Alefeld, Wolfgang/Boeckler, Johann Heinrich: Historia schola principum. Straßburg 1640. Almers, Sebastian: Grund-Seule, der dem Heil. Röm. Reiche Teutscher Nation höchstzuträglichen Sicherheit. Frankfurt O. 1697 (Ms,IV,208). Alsted, Johann Heinrich (Hrsg.): De Eruditione Comparanda in Humanioribus,. Leiden 1699. Althusius, Johannes: Dicaeologicae Libri Tres. Totum & universum Ius, quo utimur, methodice complectentes. [Herborn] 1618 (Iur,IV,31).
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Literatur- und Quellenverzeichnis
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Gedruckte Literatur – vor 1850 erschienen
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Literatur- und Quellenverzeichnis
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Wahrhaffte Deduction-Schrifft. Worinnen der Uhrsprung und Verlauff des von denen beyden Executirten Cordt Jastram und Hieronimus Schnitker/ Wie auch ihren Adhaerenten heillosen angesponnenen Complots […] dargethan und erwiesen wird. Stettin 1687 (Ms,IV,102,8). Walther, Georg Christoph: Eunomia Metatorum Seu Tractatus Iuridico-politico-polemicohistoricus de Iure Metatorum vel Hospitationibus militum. Nürnberg 1647 (Ms,IV,36,2). Wapenen der steden en oud-adelyke geschlachten in de machtige republyke van Holland en West-Vriesland. Amsterdam 1695 (Ms,II,174). Wassenberg, Eberhard: Der Teutsche Florus. […] biss aufs 1645 Jahr fohrtgesetzet. Danzig 1645 (Ms,XII,154). Weber, Immanuel: Der Ungewissenhaffte Gewissens-Rath: vorgestellet in einer Theologischen Facultät zu Heydelberg Bedencken über etzliche Brieffe Johann Ludewig Langhansens/ […] Darinnen er Ihre Churfürstl. Durchl. zur Desertion Dero Gemahlin/ […] verleiten wollen/ Samt einer Vorrede/ worinn dessen Conduite, Verbrechen/ und Bestraffung mit mehren enthalten. [s.l.] 1689. Weber, Immanuel: Examen artis heraldicae, maximam partem ex insigni opere Speneriano collectum, theoriam insignium facili ac perspicuo methodo exhibens. Jena 1713. Weber, Johann Adam/Beer, Johann Christoph: Hundert Quellen Der von allerhand Materien handelnden Unterredungs-Kunst. Nürnberg 1676 (Ms,VIII,136). Weidling, Christian: Oratorischer Hofmeister, welcher angenehme Instruction schencket, lehrbegierige Untergebene in allen Stücken politer Rede-Kunst glücklich anzuführen etc. […]. Leipzig 1698 (Ms,VIII,147). Weingarten, Johann Jacob von: Fürsten-Spiegel oder Monarchia deß höchlöblichen Ertz-Hauses Oesterreich. Prag 1673 (Ms,II,48). Weise, Christian: De Poesi Hodiernorum Politicorum Sive De Argutis Inscriptionibus Libri II. Jena 1678. Weise, Christian: Der Kluge Hoff-Meister. Das ist/ Kurtze und eigentliche Nachricht/ wie ein sorgfältiger Hof-Meister seine Untergebenen in den Historien unterrichten. Frankfurt M. 1681 (Ms,XII,139). Weise, Christian: Reiffe Gedancken. Das ist Allerhand Ehren- Lust- Trauer- und Lehr-Gedichte. Leipzig 1682 (Ms,VIII,680). Weise, Christian: Politischer Academicus. Amsterdam 1684. Weise, Christian: Institutiones Oratoriae. Ad Praxin Hodierni Seculi Accomodatae. Leipzig 1687. Weise, Christian: Teutsche Staats-Geographie. Jn welcher Aller Europaeischen Potentaten und Republiquen Königreiche […] vorgestellet werden. Frankfurt M. 1687 (Ms,XII,157). Weise, Christian: Institutiones Oratoriae ad praxin hodierni seculi accomodatae […] tum ad eloquentiam scholasticam, politicam, ecclesiasticam tum ad epistolas. Leipzig 1689 (Ms,VIII,167). Weise, Christian: Curiöse Gedancken Von Deutschen Brieffen. Wie ein junger Mensch/ sonderlich ein zukünfftiger Politicus, Die galante Welt wohl vergnügen soll. Dresden 1691 (Ms,VIII,149; hier: Erscheinungsjahr 1681 nicht identifiziert). Weise, Christian: Politischer Redner, das ist. Kurtze und eigentliche Nachricht wie ein sorgfältiger Hofmeister seine Untergebenen zu der Wolredenheit anführen soll. Leipzig 1691 (Ms,VIII,170). Weise, Christian: Curiöse Gedancken Von Deutschen Versen. Welcher gestalt Ein Studierender in dem galantesten Theile der Beredsamkeit […] finden sol […]: wie bißhero Die
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Literatur- und Quellenverzeichnis
vornehmsten Leute gethan haben/ welche/ von der klugen Welt/ nicht als Poeten/ sondern als polite Redner sind aestimirt worden. [Leipzig] 1692 (Ms,VIII,153). Weise, Christian: Gelehrter Redner. Das ist: Ausführliche und getreue Nachricht/ Wie sich ein junger Mensch Jn seinen Reden klug und complaisant aufführen soll. Leipzig 1692 (Ms,VIII,185). Weise, Christian: Christian Weisens Freymüthiger und höfflicher Redner. [Leipzig] 1693 (Ms,XII,21). Weise, Christian: Politische Nachricht von Sorgfältigen Briefen. Wie man/ sich in odieusen und favorablen Dingen einer klugen Behutsamkeit gebrauchen/ und Bey Oratorischen oder Epistolischen Regeln die politischen Exceptiones geschickt anbringen soll. Dresden 1693 (Ms,VIII,153). Weise, Christian: Kluger Hoffmeister. Leipzig 1695 (Ms,XII,152,1). Weise, Christian: Ausführliche Fragen, über die Tugend-Lehre. Leipzig 1696 (Ms,VIII,192). Weise, Christian: Comödien Probe. Von Wenig Personen/ In einer ernsthafften Action Vom Esau und Jacob: Hernach in einem Lust-Spiele Vom Verfolgten Lateiner. Leipzig 1696 (Ms,XII,[304]). Weise, Christian: Curieuse Fragen über die Logica Welcher gestalt die unvergleichliche Disciplin von Allen Liebhabern der Gelehrsamkeit. sonderlich aber von einem Politico deutlich und nützlich sol erkennet werden. Leipzig 1696 (Ms,VIII,190). Weise, Christian: Vertraute Gespräche, Wie Der geliebten Jugend Jm Informations-Wercke Mit allerhand Oratorischen Handgriffen Möchte gedienet und gerathen seyn. Leipzig 1697 (Ms,VIII,151). Weise, Christian/Fischer, Johann August: E Politica Christiana De Eo Quod Honestum Est, Seu De Principio Amoris & Odii. Weißenfels 1677. Weise, Christian/Krieger, Johann: Zittauisches Theatrum Wie solches Anno MDCLXXXII. praesentiret worden. Bestehende in drey unterschiedenen Spielen. [Dresden] 1683 (Ms,VIII,679). Wesenfeld, Arnold: Georgica Animi Et Vitae, Seu Pathologia Practica, Moralis nempe & Civilis. Frankfurt O. 1696 (Ms,IV,149). Weyhe, Eberhard von: Aulicus politicus. Diversis regulis, praeceptis, ut Ictus lavolenus loquitur, Definitionibus selectis, videlicet CCCLXII. Antiquorum & Neotericorum prudentiae Civilis Doctorum instructus. Halle 1596. Wicquefort, Abraham de: L’ambassadeur et ses fonctions. Köln 1690 (Ms,IV,82). Widemann, Christian: Academia Status, Pro Manuductione Generali ad Summos & Potentissimos Status Europae cognoscendos. [s.l.] 1681 (Ms,XII,125). Wilhelm, Johann Gerlach: Historia Universalis. In welcher/ In kleinen Periodis oder Exercitiolis der Jugend das Studium Historicum wird vorgebildet. Berlin 1682 (Ms,VIII,36 und Ms,VIII,568). Wilken, Friedrich: Geschichte der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin 1828. Wintzenberger, Daniel: Beschreibung einer Kriegs-Ordnung zu Rosz und Fuesz. Dresden 1588 (Ms,IV,36,3; hier: Erscheinungsjahr 1595 nicht identifiziert). Zasius, Ulrich: In Usus Feudorum Epitome, Ordine Et Utilitate Commendabilis. Lyon 1556 (Iur,VIII,29). Zeiller, Martin: Neue Beschreibung Der Königreiche Dennemarck, unnd Norwegen. Ulm 1648. Zeiller, Martin: 606 Episteln oder Sendschreiben Von allerhand Politischen Historischen und anderen sachen. Ulm 1656 (Ms,IV,66).
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Gedruckte Literatur – nach 1850 erschienen
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Wilke, Jürgen, Besold, Christophorus u. Fritsch, Ahasver; Weise, Christian; Peucer, Tobias; Hartmann, Johann Ludwig; Hartnack, Daniel (Hrsg.): Die frühesten Schriften für und wider die Zeitung. Christophorus Besold (1629), Ahasver Fritsch (1676), Christian Weise (1676), Tobias Peucer (1690), Johann Ludwig Hartmann (1679), Daniel Hartnack (1688). BadenBaden 2015. Willoweit, Dietmar: Hermann Conring, in: Michael Stolleis u. Notker Hammerstein (Hrsg.), Staatsdenker im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt M. 1977, S. 129 – 147. Winko, Simone: Negativkanonisierung: August v. Kotzebue. Literaturgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts, in: Renate Heydebrand (Hrsg.), Kanon – Macht – Kultur. Stuttgart 1998, S. 341 – 364. Winko, Simone: Literatur-Kanon als invisible hand-Phänomen, in: Heinz Arnold (Hrsg.), Literarische Kanonbildung. München 2002, S. 9 – 24. Wolter, Beatrice: Deutsche Schlagwörter zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Frankfurt M. 2000. Worthmann, Friederike: Literarische Kanones als Lektüremacht. Systematische Überlegungen zum Verhältnis von Kanon(isierung) und Wert(ung), in: Renate Heydebrand (Hrsg.), Kanon – Macht – Kultur. Stuttgart 1998, S. 9 – 29. Zarneckow, Margarete: Christian Weises „Politica Christiana“ und der Pietismus. [s.l.] 1924. Zedelmaier, Helmut: Bibliotheca universalis und bibliotheca selecta. Das Problem der Ordnung des gelehrten Wissens in der frühen Neuzeit. Köln 1992. Zedelmaier, Helmut: „Im Griff der Geschichte“. Zur Historiographiegeschichte der Frühen Neuzeit, in: HJb 112 (1992), S. 436 – 456. Zimmermann, Isolde/Wagemann, Johannes/Sprick, Philipp: Von edlen Staatsmännern und eitlen Kannegießern: Der „Politiker“ in deutschen, englischen und französischen Lexika des 18. bis 20. Jahrhunderts, in: Willibald Steinmetz (Hrsg.), Politik. Frankfurt M.; New York 2007, S. 134 – 161. zur Lage, Julian: Diplomaten als Autoritäten für die Geschichtsschreibung. William Robertsons „History of America“ (1777), in: Siegrid Westphal u. Stefanie Freyer (Hrsg.), Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. Berlin 2020, S. 43 – 60. Zwierlein, Cornel: Machiavellismus und italienisch-deutscher Kulturtransfer im 16./ 17. Jahrhundert, in: Cornel Zwierlein u. Annette Meyer (Hrsg.), Machiavellismus in Deutschland. München 2010, S. 23 – 59. Zwierlein, Cornel: Machiavelli in Altdorf, in: Hanns Brennecke, Dirk Niefanger u. Werner Schnabel (Hrsg.), Akademie und Universität Altdorf. Köln; Wien 2011, S. 193 – 206. Zwierlein, Cornel: Machiavellismus / Antimachiavellismus, in: Herbert Jaumann (Hrsg.), Diskurse der Gelehrtenkultur in der Frühen Neuzeit. Berlin 2011, S. 903 – 952. Zwierlein, Cornel u. Meyer, Annette (Hrsg.): Machiavellismus in Deutschland. Chiffre von Kontingenz, Herrschaft und Empirismus in der Neuzeit. München 2010.
Register Ansetzung der Namen erfolgt nach der Gemeinsamen Normdatei (GND)
Ablancourt, Nicolas Perrot d’ 250–252, 254, 403 Adolf Friedrich II., Mecklenburg-Strelitz, Herzog 39 Affelmann, Johann 210 Agapetus, Constantinopolitanus 119 Agricola, Gnaeus Iulius 146, 155, 201 Aitzing, Michael von 185 Alamos y Barrientos, Baltasar de 253 Alberti, Valentin 242, 365, 374 f. Alexander III., Makedonien, König 114, 255 Alexander VI., Papst, Theologe 130, 237, 262–264, 272, 297 f., 341 Althusius, Johannes 135, 233 Amelot de la Houssaie, Abraham Nicolas 155, 197, 240, 251, 255, 257, 268, 315, 329, 332 Ammianus, Marcellinus 65, 127 Amyot, Jacques 250 Anastasius III., Bibliothecarius 175 Ancillon, Charles 260, 285 Anna, Frankreich, Königin *1601 8, 273, 346 Aristophanes 196, 315 Aristoteles 58 f., 62, 65, 102, 104, 108, 113– 120, 122, 127 f., 138, 157, 199, 227–231, 318 f., 324, 327, 351 f., 358–361, 363 f., 392 Arnauld, Antoine *1612 320, 327 Arnd, Carl 18, 68, 75, 77, 81 f., 87–90, 95, 97, 109–115, 117–149, 151–157, 159, 161– 172, 174, 176, 178–180, 182–198, 201– 205, 208, 210 f., 217, 219, 232 f., 236, 248, 258, 267 f., 273 f., 277 f., 281, 283 f., 286, 297, 300, 307, 340–342, 350, 352, 354, 357–360, 364–368, 370, 375–379, 382, 394 f., 399 Arnim, Bernd von 29 Arnisäus, Henning 5, 63, 111, 120 f., 124, 135–137, 228, 234, 352, 392 Arrianus, Flavius 155, 252, 254 https://doi.org/10.1515/9783110685336-011
Arumäus, Dominicus 81, 191, 310 Aschaffenburg, Lambertus von 157 Atticus, Titus Pomponius 201 Aubert de Versé, Noël 297, 325, 370, 405 Aubery, Antoine 264, 272 f., 278, 404 Aubery DuMaurier, Louis 278 Ausonius, Decimus Magnus 315 Avaux, Claude de Mesmes d’ 273, 316 Bacon, Francis 105, 165, 201, 275, 318, 379, 383, 392, 407 Baillet, Adrien 277 f., 320 Balduin, Friedrich 189 Balzac, Jean-Louis Guez de 53, 406 Barclay, John 136, 165, 179 f., 234 Bartoli, Daniello 48, 51, 404 Bary, René 327 Bassompierre, François de 272, 295, 322, 405 Baudartius, Willem 279 Baudius, Dominicus 167 Baxter, Richard 404 Bayle, Pierre 270 Beckmann, Johann Christoph 87, 121, 128, 140, 147 f., 182, 195, 198, 232, 245–248, 303, 309, 318 Bekker, Balthasar 320 f., 405 Bembo, Pietro 99, 101, 158 f. Benoist, Élie 260 Bentivoglio, Guido 197, 279, 316 Bernard, Jacques 287, 302, 406 Bernegger, Matthias 94, 143 f., 155 f., 193, 201, 230 f., 243 f., 251, 253, 353 f. Besold, Christoph 135, 180, 214, 224, 392 Bessel, Christian Georg 314, 328 f., 331 f. Besser, Johann von 3 f., 10, 20, 45 f., 50 f., 316, 344, 388, 394 Beughem, Cornelis à 76 Bèze, Théodore de 233, 405 Bizot, Pierre 168, 280 Blaspiel, Werner Wilhelm 27
Register
Bodenstein, Liborius von 212 Bodin, Jean 11, 121, 124 f., 138 f., 148, 170, 237, 239, 352, 359, 392 Boeckelmann, Johann Friedrich 221 Boeckler, Johann 67, 69–72, 75, 81, 83, 87, 94, 102, 110 f., 115, 121 f., 138, 140 f., 143–146, 152 f., 155 f., 179 f., 191, 212, 228–231, 243–245, 247–249, 252 f., 290, 300, 310, 353–355, 367, 392, 395, 403 Boethius, Anicius Manlius Severinus 228 Böhmer, Justus Christoph 378 Boileau Despréaux, Nicolas 53, 321, 383, 388, 403, 405 Bona, Giovanni 404 Bonaventura, Federico 140 Bongars, Jacques 11, 272, 316 Borgia, Cesare 130, 258 Bornitz, Jakob 62, 67 f., 125 Bose, Johann Andreas 18, 67–72, 75 f., 80– 82, 84, 87, 90, 92, 97–102, 108 f., 111– 129, 132–147, 149–163, 165–181, 183 f., 186, 189–198, 200–202, 207, 217, 231, 243, 245, 247, 249 f., 252 f., 258, 262, 264, 274, 277, 280, 294–296, 315, 337, 340 f., 350, 354 f., 357 f., 362 f., 366 f., 378, 392, 395 Bossuet, Jacques Bénigne 381 Botero, Giovanni 140 f., 177, 239 f. Bouhours, Dominique 53, 405 Bouillon, Henri de LaTour D’Auvergne de 238, 259 Boxhorn, Marcus Zuerius 110, 121, 168, 177, 228 f., 299 f., 392, 404 Brandt, Eusebius von 212, 386 Brochmand, Jesper Rasmussen 189 Brunboc de Larrey, Pierre 23 Bruni, Leonardo 58, 158 Brunnemann, Johann 47, 309, 406 Bruslé de Montpleinchamp, Jean-Chrysostome 238, 278 f., 294, 403 Buchanan, George 99, 135, 165, 233, 275, 392 Bünau, Heinrich von 46 Buonanni, Filippo 176 Burchard, Johann 162 f., 241, 297 Bürger, Joachim 188, 232, 289, 304, 373
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Burgsdorf, Georg Ehren(t)eich von 22 f. Burgsdorf, Konrad Alexander Magnus von 20–23, 54 Burgsdorf, Margarete Katharina von 20-23 Burnet, Gilbert 183, 269, 276, 404 Busbecq, Ogier Ghislain de 305, 316 Bussy-Rabutin, Roger de 164 Caesar, Gaius Iulius 101, 110, 154–156, 169 f., 172, 247, 252, 254, 281 f., 290, 317, 404 Camden, William 165 f., 275 f. Camerarius, Joachim 77, 117, 197, 228, 392 Camerarius, Philipp 168, 193 Campanella, Tommaso 159, 174, 392 Canitz, Dorothea Emerentia von 15, 29, 30, 43 f., 386 Canitz, Friedrich Philipp von 16, 30 f., 44, 226, 229, 244 Canitz, Ludwig von 20–23, Canitz, Salomon von 21 Canstein, Carl Hildebrand von 3, 15, 16, 29, 44–46, 48, 50, 336, 370 f., 394, 396 Canstein, Philipp Ludwig von 44 Canstein, Raban von 29 Cardano, Girolamo 125 Carpzov, Benedict *1595 21, 191, 309, 406 Casaubon, Isaac 153, 179, 187, 196, 252 f. Caselius, Johannes 59, 63, 68, 70, 76 Castel de Saint-Pierre, Charles Irénée 381 f. Castiglione, Baldassare 332 Catharinus, Ambrosius 129 Cellarius, Balthasar 110, 117 f., 196, 228, 392 Cellarius, Christoph 157, 182, 197, 300 Chacón, Alfonso 175 Chalcidius 65 Charron, Pierre 302 Chauvin, Pierre 374 Chemnitz, Bogislaus Philipp von 240, 283 Chevalier, Nicolas 166, 272, 275, 277 Chiaramonti, Scipione 180 Choisy, François-Timoléon de 267 Chokier, Jean de 194 Christian Albrecht, Schleswig-Holstein-Gottorf, Herzog 37, 266, 292
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Register
Christian I., Herzog von Sachsen-Merseburg 38 Christian Ludwig I., Mecklenburg-Schwerin, Herzog 39 Christian V., Dänemark, König 37, 266, 289, 292 Christine Charlotte, Ostfriesland, Fürstin 36 Chyträus, David 171, 286 Ciccarelli, Antonio 159, 175 Cicero, Marcus Tullius 65, 107, 119 f., 153 f., 196 f., 207, 222, 224 f., 252–255, 316 f., 319, 392, 407 Clapmarius, Arnoldus 68, 76, 98, 141, 193, 210, 392 Claudianus, Claudius 196, 315, 407 Cless, Andreas 235, 241 Clüver, Philipp 169, 182, 303 Coccejus, Johannes 404 Colbert, Jean Baptiste 271, 273 Coler, Christoph 65 f., 68, 76, 98, 102, 112, 138 f., 392 Coligny, Gaspard de 259, 270 Commendone, Giovanni Francesco 298 Commynes, Philippe de 99–102, 160 f., 202, 225 f., 258, 273, 322 f., 379, 392 Concialini, Giovanni Carlo 48 Conring, Hermann 15, 60, 69 f., 72, 76, 109, 111 f., 117, 119, 121, 124 f., 128 f., 134, 137, 140 f., 146 f., 153 f., 166, 169, 172, 179 f., 189, 191, 201, 212, 214, 228 f., 232, 237, 240, 244 f., 248, 251, 253, 281, 352, 355 f., 378, 392, 395, 403, 405 Contarini, Gasparo 159 Contzen, Adam 98, 123, 148, 357 Cosimo III., Toskana, Großherzog 26 Court, Johan de la 242 Courtilz de Sandras, Gatien de 242, 259, 270 f., 273, 279, 403 Courtin, Antoine de 252, 309, 330 Cramer, Daniel 204, 222, 302 Crenius, Thomas 76 f., 82, 109, 111, 118, 157 Cromwell, Oliver 276 Crusius, Georg Conrad 221 Cujas, Jacques 403, 406 Dacier, Anne 227, 252, 315, 388, 403, 406 f. Daneau, Lambert 135, 194, 308, 314, 364 f.
Dannhauer, Johann Conrad 189 Dapper, Olfert 47, 403, 406 Davila, Arrigo Caterino 101, 162 Demosthenes 197, 207 Descartes, René 103, 105, 114, 319–321 Domat, Jean 375 Du Londel, Jean Ètienne 268 Du Molinet, Claude 176, 298 Du Moulin, Louis 180 Du Perron, Jacques Davy 272 Du Ryer, Pierre 250, 252, 254 f., 315, 319 Dumont, Jean 305 Dupuy, Pierre 262, 269, 295 Duval, Pierre 107 Eberhard Ludwig, Württemberg, Herzog 83 Eckholt, Amadeus 192 Elisabeth I., England, Königin 166 f., 276 Emili, Paolo 158, 225 Emmius, Ubbo 168 Ens, Gaspar 88, 177, 193, 299, 314 Épernon, Jean-Louis de Nogaret de La 261 Epictetus 319 Erasmus, Desiderius 197, 245, 369, 405 Erman, Jean Pierre 55 Ernst I., Sachsen-Gotha-Altenburg, Herzog 244 Ezzelino III., da Romano 258 Fabricius, Vincent 317 Farnese, Alessandro 279, 294 Fecht, Johann 109, 129, 170 Felden, Johann von 117 f., 191, 228, 392 Feller, Joachim 57, 223, 299 Fénelon, François de Salignac de La Mothe 254, 381 Ferdinand Albrecht, Braunschweig-Lüneburg, Herzog 5 Ferdinand II., Aragonien, König 256 Ferdinand II., Heiliges Römisches Reich, Kaiser 224 f., 282 Ferdinand III., Alba, Herzog 294 Fessel, Daniel 193 Feustking, Johann Heinrich 121, 129 f., 205 Fléchier, Esprit 294, 298, 316 Florus, Lucius Annaeus 252, 254, 283 Forstner, Christoph von 155
Register
Francke, August Hermann 45 f. Francke, Gotthilf August 46 Franckenstein, Christian Friedrich 204, 222, 281 Franz I., Frankreich, König 268, 489 Franz II., Frankreich, König 268 Freher, Marquard 99, 291 Freinsheim, Johannes 252–255, 353, 404 Freystein, Adam Samuel 212 Friedrich I., Preußen, König 2 Friedrich II., Preußen, König 48 Friedrich III., Dänemark, König 2, 8, 30, 37– 39, 44, 265, 292, 372 Friedrich IV., Schleswig-Holstein-Gottorf, Herzog 37 Friedrich Wilhelm I., Brandenburg, Kurfürst 2, 9, 21 f., 24, 29, 32–36, 171, 266, 284, 291, 305, 309 Friedrich Wilhelm I., Preußen, König 1, 37 Friedrich Wilhelm I. Mecklenburg, Herzog 39 Fritsch, Ahasver 279, 287, 311 f., 372, 405 Froidmont, Libert 231, 243 Fuchs, Paul von 2, 7, 33–35, 37, 184, 264, 267, 292, 339, 343, 370, 488 Furió Ceriol, Fadrique 211 f. Galardi, Ferdinand de 241 Galatino, Pietro 241 García, Carlos 180 Gassendi, Pierre 103, 114 Gentillet, Innocent 127–129, 232 Georg I., Großbritannien, König 40 Georg Wilhelm, Braunschweig-Lüneburg, Herzog 20, 33–35, 37 f., 292, 308 Gerhard, Johann 42, 57, 63–65, 68, 75, 122, 189, 243, 279, 304, 351, 353, 357, 360, 393, 404 Germonio, Anastasio 214 Geulincx, Arnold 320 Giannettasio, Niccolò Partenio 188 Giannotti, Donato 159 Giesebert, Heinrich 312 Giffen, Hubert van 117, 193, 228 Giovio, Paolo 99, 158 f., 257, 404 Gjöe, Markus Falksen 27 Godouin, Jean 252, 254
489
Goldast, Melchior 172 f., 237, 281 f., 290, 312, 403, 405 Goulart, Simon 250, 260 Goyon de Matignon, Jacques 261 Gracián y Morales, Baltasar 239 f., 314 f., 329, 331 f., 373 Graevius, Johannes Georgius 252 f., 277, 316, 319 Gramond, Gabriel Barthélemy de 162, 392 Graswinckel, Dirk 191 Grégoire, Pierre 125, 139, 148, 166, 275, 298, 357, 392 Gronovius, Johann Friedrich 231, 243, 252 f., 309, 404 Grotius, Hugo 78, 83, 101, 105, 115, 131, 135, 144, 168, 189–191, 197, 221 f., 244, 246 f., 309 f., 316, 353, 358–361, 374, 392, 403 f., 406 Gruterus, Janus 98, 155 f., 194, 252 f. Gryphius, Andreas 52 Guevara, Antonio 369 Guicciardini, Francesco 101, 158 f., 225, 257 Guidi di Bagno, Giovanni Francesco 72 Gülich, Johann Dietrich von 234, 328 Gustav Adolf, Mecklenburg-Güstrow, Herzog 39, 282–284, 286, 293 Gustav Adolf II., Schweden, König 283, 336 f. Guzmán de Leganés, Diego Felipe de 278 Hall, Joseph 16, 31, 45–47, 56, 65, 75–77, 180, 233, 274, 287, 300, 333, 370–372, 382, 394, 404 Hartnack, Daniel 16–18, 66, 75, 81, 84–86, 93 f., 106–108, 112–114, 116 f., 120–122, 125 f., 132, 134–136, 138 f., 141–157, 159, 161–163, 165 f., 168, 174, 177–182, 184– 199, 201, 206, 208–214, 226 f., 274, 299 f., 303, 315, 318, 324 f., 328, 331, 350, 356, 364–366, 368, 395 Heidegger, Johann Heinrich 297 Heiden, Eitel Friedrich 284, 312, 343 Heider, Wolfgang 121, 228 Heinrich II., Frankreich, König 267 Heinrich III., Frankreich, König 260 Heinrich IV., Frankreich, König 164, 261, 268, 272
490
Register
Heinrich VII., England, König 165, 201, 275 Heinsius, Daniel 117, 228, 315, 406 f. Henniges, Heinrich 191 Henning, Hieronymus 5, 63, 137, 185, 312, 331, 352 Herodianus, Historicus 152 Herodotus 250 Heshusius, Anton Günther 222 Hobbes, Thomas 103, 114, 125, 130–132, 148, 232 f., 238, 310, 318 f., 374, 378, 392 Hoen, Philipp Heinrich von 135 Hofmann von Hofmannswaldau, Christian 52, 405 Homer 196, 381, 406 Horatius Flaccus, Quintus 223, 388, 403, 406 Horn, Georg 58 f., 116, 137, 177, 223, 297, 299–301, 351 f., 358, 364, 403, 405 Hortleder, Friedrich 170, 173, 281 f. Hotman, François 135, 192 Huber, Ulrik 300, 360 Hülsemann, Johann 189 Im Hof, Johann Hieronymus 174 Imhof, Jacob Wilhelm 141, 174, 185, 194, 306–308, 404 Ines, Albert 241, 316 Innozenz XI., Papst 262, 334 Isocrates 119, 197, 207 Itter, Anton 319 Iuvenalis, Decimus Iunius 196, 406 Jakob I., England, König 166 f., 202 Jakob II., England, König 276 f. Jastram, Cord 34 f., 289 Joch, Johann Georg 65, 68, 72, 75, 77, 243, 348, 351 Johann Georg I., Sachsen, Kurfürst 38 Johann Georg II., Anhalt-Dessau, Fürst 37 Johann VI., Nassau-Dillenburg, Graf 293 Joseph Ferdinand von Bayern 40 Joyeuse, François de 272 Juan, de Austria *1547 294 Juan, de Austria *1629 295 Julius Franz, Sachsen-Lauenburg, Herzog 37
Juncker, Christian 239, 268, 285, 290, 295, 387, 403 Junius, Melchior 197 Karl I., England, König 201 Karl II., England, König 174, 276 Karl II., Spanien, König 40, 295 Karl IX., Frankreich, König 268 Karl V., Heiliges Römisches Reich, Kaiser 202, 369 Karl VIII., Frankreich, König 160, 268 Katharina, Frankreich, Königin 21, 260 Keckermann, Bartholomäus 69 f., 72, 120 f., 124, 198, 228, 392 King, William 165, 292 Kircher, Athanasius 25 Kirchner, Hermann 135, 212 f. Kirchner, Thomas 269 König, Johann Ulrich von 1–3, 8 f., 20 f., 23– 29, 31, 33, 35, 37, 39 f., 42–47, 51, 54, 89, 107, 134 f., 151, 155, 165–167, 169, 232, 236, 255 f., 260, 262, 264 f., 267 f., 271–273, 276–278, 280, 288 f., 292, 295, 298, 308, 325, 335, 337 f., 342, 368, 370, 383 f., 386, 388, 390 Kracht, Hedwig Sophie von 29 Kracht, Hildebrand von 29 Kuhlmann, Quirinius 143, 234, 326 Kulpis, Johann Georg von 18, 47, 74, 77, 81–84, 87, 92 f., 103–105, 108, 112–117, 119–122, 124–130, 132–136, 139–141, 144–147, 149–157, 159–161, 165, 169 f., 172–174, 179–182, 184–186, 189–192, 196 f., 199, 202, 207 f., 218, 232 f., 274, 309–311, 319 f., 333, 350, 354, 358–360, 362 f., 367, 392, 395, 399 Kwiatkiewicz, Jan 106, 209 La Bruyère, Jean de 301 f., 321, 383 La Caille, Jean de 296 La Fontaine, Jean de 53, 321, 388 f., 405 La Mothe Le Vayer, François de 302 La Noue, François de 259, 291 La Rochefoucauld, François de 268, 273, 302, 322 f. Labbé, Pierre 205, 376–378, 383 Lactantius, Lucius Caecilius Firmianus 222
Register
Laet, Jean de 174, 299 Lairitz, Johann Georg 265 f. Lampadius, Jakob 191, 237, 282, 310 f. Lamy, Bernard 327 Lange, Joachim 1, 16, 30 f., 42, 44 f., 86, 326, 369 f. Languet, Hubert 135, 197, 233, 241, 316 Lassels, Richard 303, 306 Lavardin, Charles Henri de Beaumanoir, marquis de 263, 334 Le Bleu, Jacob 211 f. Le Fèvre, Tanneguy 254 Le Gendre, Louis 163, 268 Le Mire, Aubert 168 Le Roux, Philibert-Joseph 236 Le Tellier, Michel 252, 254 f., 273 LeGrand, Antoine 320 f. Lehmann, Christoph 169, 173, 194, 281 f., 392, 490 Leibniz, Gottfried Wilhelm 83, 241, 258, 297, 311 Leopold I., Heiliges Römisches Reich, Kaiser 267, 274, 290, 294 Lesdiguières, François de Bonne de 259 Leti, Gregorio 25, 159, 164, 166, 168, 171, 179, 235 f., 241, 258, 270, 275 f., 284, 294, 296, 394, 403, 405 Liebenthal, Christian 318 Limberg, Johannes 306 Limnäus, Johannes 81, 191, 237 f., 310 f., 392 Linda, Lucas de 100, 177 Lipenius, Martin 76 Lipsius, Justus 11, 17, 64–69, 71 f., 77, 98, 102, 109 f., 122 f., 130 f., 142–145, 149, 151, 154–160, 170, 187 f., 192–194, 197 f., 211, 216–218, 221, 228, 230 f., 242–245, 247–249, 251, 253 f., 308, 314 f., 319, 337, 350 f., 353–357, 362, 364, 367, 386 f., 392, 395 f., 405 Livius, Titus 155 f., 188, 252–254, 317, 392 Löben, Anna Elisabeth von 22 f., 53 Löben, Friedrich von 23 Löben, Johann von 22 Lohenstein, Daniel Caspar von 1, 52, 390 Louis de France, Kronprinz von Frankreich 27
491
Louvois, François-Michel Le Tellier de 271, 273 Lubath, Martin 50 Lucanus, Marcus Annaeus 247 Ludwig IX., Frankreich, König 267 Ludwig XI., Frankreich, König 160, 224, 267 Ludwig XIII., Frankreich, König 162, 272 Ludwig XIV., Frankreich, König 11, 32 f., 36, 151, 160, 162–164, 176, 255, 258, 261– 268, 271–273, 277, 279 f., 286, 290, 298, 322, 334, 343, 381 Lundorp, Michael Caspar 170, 173, 281– 283, 299 Luther, Martin 341, 366, 368, 403 f. Lydius, Jacobus 188 Machiavelli, Niccolò 11, 48, 64, 105, 109, 115, 125–134, 138–141, 147 f., 159, 187, 193, 215 f., 230, 232, 234, 236, 239 f., 257, 352, 392 Mager, Joachim 313 Magliabechi, Antonio 26 Maimbourg, Louis 257 f., 261 f., 264 f., 269 f., 295, 298, 337, 339, 403 f. Malagonelli, Antonio 317 Malebranche, Nicolas 320 Maria, Frankreich, Königin 166, 253, 269, 272, 275, 277, 298, 371 Maria I., England, Königin 276 Maria II., England, Königin 276 f., 316 Marnix, Jan van 210 Masen, Jacob 208, 325 Masius, Hector Gottfried 263 Masson, Jean Papire 175 Matthieu, Pierre 98 Mauger, Claude 273 Maximilian Heinrich, Köln, Erzbischof 33 f., 264 Mazarin, Jules 72, 130 f., 163, 197, 202–205, 211, 242, 271, 273, 316, 322, 331, 375– 377, 380, 383, 394 Melanchthon, Philipp 59 f., 118, 197, 316, 360 f., 363 f., 404 Melville, James 275 Mencke, Otto 21, 222 f. Menestrier, Claude-François 163 f., 166, 186, 268, 273, 307
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Register
Mennens, Frans 308 Menochio, Giovanni 364, 366 Meteren, Emmanuel van 279 Meurer, Heinrich 34 f., 289 Meursius, Johannes 167 Mevius, David 155 Meyer, Gerhard 117 f., 125 f., 129 f., 225, 228, 281 f. Millet de Jeure, Guillaume 27 Milton, John 105, 135, 197, 277 Misson, François Maximilien 305 f. Moerbeke, Wilhelm von 58 Möller, Johann Gottlieb 87 Montaigne, Michel Eyquem de 302, 322, 383, 407 Montecatini, Antonio 117 More, Thomas 197 Moréri, Louis 301 Morhof, Daniel Georg 109, 125, 138 Moscherosch, Johann Michael 211 Multz, Jakob Bernhard 311 Münster, Sebastian 40, 221, 270, 282, 284, 288, 295, 304, 372 Myler ab Ehrenbach, Johann Nikolaus 191, 311 Nani, Battista 159, 197, 257 Naudé, Gabriel 18, 72, 76 f., 98, 102, 112, 128, 130, 154, 187 f., 392 Nepos, Cornelius 144, 201, 231, 243 f., 252 f., 404 Neuhusius, Edo 180, 303 Nicole, Pierre 59, 320, 407 Oldenburger, Philipp Andreas 69, 107, 183, 205, 211, 241, 245, 284, 299 Osiander, Johann Adam 191 Ossat, Arnaud d’ 197, 272, 316 Oudaan, Joachim 168 Pacichelli, Giovanni Battista 183 Palazzi, Giovanni 176 Panvinio, Onofrio 257, 297 Pappus, Petrus 278, 308, 312 Pascal, Blaise 301–303, 406 Pasch, Georg 109, 115, 118, 156 Pastorius, Joachim 75, 392
Patin, Charles 306 Patrizi, Francesco 188 Paul V., Papst 295 Paulli, Jacob Henrik 289, 405 Peller von und zu Schoppershof, Christoph 211, 283 Philipp II., Spanien, König 160, 202, 238, 294 Philipp IV., Spanien, König 278, 295 Philipp VI., Frankreich, König 267 Piccart, Michael 117, 193, 225 f., 228, 392 Pichon, Julien 155, 251, 254 Placcius, Vincent 312, 318 Plarre, Ernst Martin 50 Platen, Claus Ernst von 2 Platina, Bartholomäus 99, 159, 175, 295 f. Plato 62, 98, 118–120, 122, 128, 154, 222 Plautus, Titus Maccius 315, 407 Plinius Caecilius Secundus, Gaius 196 f., 253, 315 f. Plotho, Ludwig Otto von 50 Plutarchus 152 f., 201, 250 f., 392, 406 Polybius 101, 149, 152 f., 188, 217, 252, 254 f., 392 Possevino, Antonio 99, 127, 129, 170, 232 Prasch, Johann Ludwig 365 Praun, Michael 281, 331 Pruckmann, Friedrich 237, 311 Pufendorf, Samuel von 11, 13, 16, 32–34, 36, 47, 50 f., 60, 63, 83, 87, 118, 131, 170 f., 178 f., 192, 198, 222, 266, 283– 285, 300, 310, 333, 336, 339, 341, 360, 365, 374, 392, 394, 403 Rachel, Samuel 191 Radau, Michael 325 Rantzau, Heinrich 183 Raue, Johann 44 f. Rechenberg, Adam 75, 78, 109, 114, 118, 140, 156 Reclam, Peter Christian Friedrich 55 Refuge, Eustache de 242, 276, 322 f., 329, 331 f., 374 Reinhard, Johann Friedrich 2, 46, 129, 154, 170, 186, 312 Reinkingk, Theodor von 237, 240, 311, 364, 366, 368, 370
Register
Reusner, Elias 185, 187, 195 Richelieu, Armand Jean du Plessis de 72, 130 f., 163, 197, 202–205, 211, 242, 272 f., 278, 316, 323, 331, 337, 375–378, 380, 394 Riemer, Johann 326 Riencourt, Simon de 268 Ringmacher, Daniel 62, 78, 318 Ritterhusius, Nicolaus 107, 185, 253, 306 Robbe, Jacques 304 Rodolph, Johann Rudolph 319 Roger, Robert 45, 55 f., 176, 261, 274, 278, 330, 335, 382 Rohan, Henri de 178, 259 Rosenroth, Christian Knorr von 345 Rövenstrunck, Johann Wilhelm 308 Rudolf I., Heiliges Römisches Reich, König 244 Rufus, Quintus Curtius 156, 225, 252, 254 f. Saint-Évremond, Charles de Marguetel de Saint-Denis de 302, 383 Sallustius Crispus, Gaius 120, 127, 153 f., 252, 392 Sanson, Nicolas 107, 238, 303, 403, 406 Sansovino, Francesco 159, 225, 257 Sarpi, Paolo 159, 176, 257, 295 f., 404 Saulx-Tavannes, Gaspard de 261 Sauter, Johann Leonhard 279 Saxo, Grammaticus 157 Scala, Pace 211 Scarron, Paul 53, 405 Schade, Johann Caspar 30 f., 308, 370, 379 Schaller, Jacob 94, 187 Scheffer, Johannes 74 f., 331, 353 Scheurl, Heinrich Julius 318 Schilter, Johann 191, 311 Schlippenbach, Carl Christoph von 50 Schmettau, Bernhard Ernst von 36, 266 Schoppe, Caspar 57, 61, 65, 72, 128, 134, 198, 232, 392 Schröder, Wilhelm von 237 f., 310, 312, 314, 347, 368, 375 Schulze, Johann Friedrich 302, 308, 490 Schwanengel, Samuel 325 Schwerin, Dorothea Maria von 15, 30 Schwerin, Otto d.Ä. von 2, 27, 30
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Schwertner, Johann David 125 Scribanius, Carolus 210 f. Seckendorff, Veit Ludwig von 11 f., 88, 170, 224, 244, 269, 317, 338 f., 365 f., 368, 372 f., 405 Selden, John 189, 191 Seneca, Lucius Annaeus 196, 231, 243, 253 f., 302, 315, 319, 392, 406 Servien, Abel 273, 316 Settala, Ludovico 140 Seyssel, Claude de 101, 162 Silhon, Jean de 212, 331 f., 378, 382 Siri, Vittorio 178 Sleidanus, Johannes 169 f., 225, 281–283, 299 f., 404 Snitger, Hieronymus 34 f., 289 Somnitz, Lorenz Christoph von 27 Sophocles 315 Spanheim, Ezechiel 2, 10 f., 50, 233, 277, 316, 321, 344, 394, 404 Speidel, Johann Jakob 193, 314 Spener, Philipp Jakob 4, 9, 12, 21, 29–32, 44, 46, 85, 185 f., 306–308, 370–372, 403 f. Spinoza, Benedictus de 233, 369 f. Stella, Johannes 175 Stenger, Johann Melchior 85, 403 f. Strada, Famiano 101, 167 f., 278 Strozzi, Ciriaco 104, 116 Struve, Burkhard Gotthelf 75–77, 82, 109, 111, 118 f., 121, 138, 156, 161 f., 166, 170 f., 174, 185, 313, 357 f., 406 Stryk, Samuel 309, 312 f., 403, 406 Stuart, James Edward 277 Stuart, Maria 99, 165–167 Sturm, Johannes 227, 320 f. Suetonius Tranquillus, Gaius 144, 201, 253, 404 Sulpicius Rufus, Servius 84, 196 Symmachus, Quintus Aurelius 316 Synge, Edward 331 Tacitus, Cornelius 64, 68 f., 81, 94, 101, 122, 127, 142, 144, 146, 153–156, 165, 169, 201, 212, 218, 224 f., 230 f., 243, 245, 251, 253–255, 281, 317, 336 f., 342, 353, 392, 403
494
Register
Tallemant, François 250 f. Temple, William 197, 204, 262, 280 Tentzel, Wilhelm Ernst 162, 186, 203 f., 285, 399 Terentius Afer, Publius 196, 315, 406 Tesauro, Emanuele 26, 316, 318, 325, 407 Textor, Johann Wolfgang 191, 284 Theodoricus, de Niem 175 Theophrastus 179, 301–303, 383, 407 Thilo, Valentin 107, 324 f. Thomas, von Aquin, Heiliger 58, 104, 116 Thomasius, Christian 180 Thomasius, Jakob 17, 57, 140, 222-225 Thou, Jacques Auguste de 99, 101, 161 f., 170, 197, 202 f., 259, 273, 317, 379 Thucydides 217, 250, 392 Thurmann, Caspar 77 f. Turner, Jacob 187 Valckenier, Pieter 265, 279 Varenius, Bernhardus 182 Vargas Mejía, Francisco de 294, 317 Varillas, Antoine 170, 241, 256, 267–270, 284, 294, 337, 340 f., 394, 403 Vaugelas, Claude Favre de 252, 254 Velleius, Paterculus 180, 225, 404 Veltheim, Valentin 365 Vera y Cuniga, Juan Antonio de 332 Vergilius Maro, Publius 158, 196, 403, 406
Voiture, Vincent 53, 405 Vossius, Gerardus Joannes Vulson, Marc de 330 Vultejus, Hermann 192
324, 392, 405
Wagenseil, Johann Christoph 140 Wagner, Johann Tobias 1, 19, 66 f., 75, 185, 390 Weber, Immanuel 186, 373 Weber, Johann Adam 326 Weidling, Christian 326 Weiß, Gottfried 25 Weise, Christian 12, 51 f., 73 f., 106, 143, 179, 205, 209, 226, 234, 260, 299, 304, 318, 325 f., 328 f., 345, 354, 368 f., 372 f., 377, 403, 405, 407 Wicquefort, Abraham van 213 f., 263, 333 f. Wilhelm III., England, König 40, 166, 275– 278, 280 Xenophon 101, 152, 250 f. Ximenius de Rada, Rodericus
157, 174, 294
Zapf, Nicolaus 20, 24–27, 51, 256, 325 Zeiller, Martin 182, 304, 317 Zentgraf, Johann Joachim 191 Ziegler, Caspar 191, 263, 300, 334 Zinano, Gabriele 140
bibliothek altes Reich – baR herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal Als ein innovatives, langfristig angelegtes Forum für Veröffentlichungen zur Geschichte des Alten Reichs setzt sich die „bibliothek altes Reich – baR“ folgende Ziele: ‒ ‒ ‒ ‒
Anregung zur inhaltlichen und methodischen Neuausrichtung der Erforschung des Alten Reichs Bündelung der Forschungsdiskussion Popularisierung von Fachwissen Institutionelle Unabhängigkeit
Inhaltliche und methodische Neuausrichtung An erster Stelle ist die Gründung der Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ als Impuls für die interdisziplinäre Behandlung der Reichsgeschichte und deren Verknüpfung mit neuen methodischen Ansätzen konzipiert. Innovative methodische Ansätze, etwa aus der Anthropologie, der Geschlechtergeschichte, den Kulturwissenschaften oder der Kommunikationsforschung, wurden in den letzten Jahren zwar mit Gewinn für die Untersuchung verschiedenster Teilaspekte der Geschichte des Alten Reichs genutzt, aber vergleichsweise selten auf das Alte Reich als einen einheitlichen Herrschafts-, Rechts-, Sozial- und Kulturraum bezogen. Die Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ ist daher als Forum für Veröffentlichungen gedacht, deren Gegenstand bei unterschiedlichsten methodischen Zugängen und thematischen Schwerpunktsetzungen das Alte Reich als Gesamtzusammenhang ist bzw. auf dieses bezogen bleibt.
Bündelung der Forschung Durch die ausschließlich auf die Geschichte des Alten Reichs ausgerichtete Reihe soll das Gewicht des Alten Reichs in der historischen Forschung gestärkt werden. Ein zentrales Anliegen ist die Zusammenführung von Forschungsergebnissen aus unterschiedlichen historischen Sub- und Nachbardisziplinen wie zum Beispiel der Kunstgeschichte, der Kirchengeschichte, der Wirtschaftsgeschichte, der Geschichte der Juden, der Landes- und der Rechtsgeschichte sowie den Politik-, Literatur- und Kulturwissenschaften.
Popularisierung von Fachwissen Die „bibliothek altes Reich – baR“ sieht es auch als ihre Aufgabe an, einen Beitrag zur Wissenspopularisierung zu leisten. Ziel ist es, kurze Wege zwischen wissenschaftlicher Innovation und deren Vermittlung herzustellen. Neben primär an das engere Fachpublikum adressierten Monographien, Sammelbänden und Quelleneditionen publiziert die Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ als zweites Standbein auch Bände, die in Anlehnung an das angelsächsische textbook der Systematisierung und Popularisierung vorhandener Wissensbestände dienen. Den Studierenden soll ein möglichst rascher und unmittelbarer Zugang zu Forschungsstand und Forschungskontroversen ermöglicht werden. https://doi.org/10.1515/9783110685336-012
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Institutionelle Unabhängigkeit Zur wissenschaftsorganisatorischen Positionierung der Reihe: Die „bibliothek altes Reich – baR“ versteht sich als ein grundsätzlich institutionsunabhängiges Unternehmen. Unabhängigkeit strebt die „bibliothek altes Reich – baR“ auch in personeller Hinsicht an. Über die Annahme von Manuskripten entscheiden die Herausgeber nicht alleine, sondern auf der Grundlage eines transparenten, nachvollziehbaren peer-review Verfahrens, das in der deutschen Wissenschaft vielfach eingefordert wird. Band : Lesebuch Altes Reich Herausgegeben von Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal . VIII, S. Abb. mit einem ausführlichen Glossar. ISBN ----
Band : Siegrid Westphal, Inken Schmidt-Voges, Anette Baumann Venus und Vulcanus Ehen und ihre Konflikte in der Frühen Neuzeit . S. ISBN ----
Band : Wolfgang Burgdorf Ein Weltbild verliert seine Welt Der Untergang des Alten Reiches und die Generation . Aufl. . VIII, S. ISBN ----
Band : Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte Herausgegeben von Stefan Ehrenpreis, Andreas Gotzmann und Stephan Wendehorst . S. ISBN ----
Band : Die Reichsstadt Frankfurt als Rechts- und Gerichtslandschaft im Römisch-Deutschen Reich. Herausgegeben von Anja Amend, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich . S. ISBN ---- Band : Ralf-Peter Fuchs Ein ,Medium zum Frieden‘ Die Normaljahrsregel und die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges . X. S. ISBN ---- Band : Die Anatomie frühneuzeitlicher Imperien Herrschaftsmanagement jenseits von Staat und Nation Herausgegeben von Stephan Wendehorst . S. ISBN ----
Band : Pax perpetua Neuere Forschungen zum Frieden in der Frühen Neuzeit Herausgegeben von Inken Schmidt-Voges, Siegrid Westphal, Volker Arnke und Tobias Bartke . S. Abb., ISBN ---- Band : Alexander Jendorff Der Tod des Tyrannen Geschichte und Rezeption der Causa Barthold von Wintzingerode . VIII. S. ISBN ---- Band : Thomas Lau Unruhige Städte Die Stadt, das Reich und die Reichsstadt ( – ) . S. ISBN ----
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Band : Die höchsten Reichsgerichte als mediales Ereignis Herausgegeben von Anja Amend-Traut, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich . S. ISBN ---- Band : Hendrikje Carius Recht durch Eigentum Frauen vor dem Jenaer Hofgericht (– ) . S. Abb., ISBN ----
vom . bis . Jahrhundert . ISBN ---- Band : Inken Schmidt-Voges Mikropolitiken des Friedens Semantiken und Praktiken des Hausfriedens im . Jahrhundert . S. ISBN ---- Band : Frank Kleinehagenbrock Das Reich der Konfessionsparteien Konfession als Argument in politischen und gesellschaftlichen Konflikten nach dem Westfälischen Frieden . ISBN ----
Band : Stefanie Freyer Der Weimarer Hof um Eine Sozialgeschichte jenseits des Mythos Band : . S., Abb., ISBN ---- Anette Baumann, Joachim Kemper (Hrsg.) Speyer als Hauptstadt des Reiches Band : Politik und Justiz zwischen Reich und Dagmar Freist Territorium im . und . Jahrhundert Glaube – Liebe – Zwietracht . S. ISBN ---- Konfessionell gemischte Ehen in Deutschland in der Frühen Neuzeit Band : . ISBN ---- Marina Stalljohann-Schemme Stadt und Stadtbild in der Frühen Neuzeit Band : Frankfurt am Main als kulturelles Zentrum im Anette Baumann, Alexander Jendorff (Hrsg.) publizistischen Diskurs Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneu- . S. ISBN ---- zeitlichen Europa . S. ISBN ---- Band : Annette C. Cremer, Anette Baumann, Eva Band : Bender (Hrsg.) André Griemert Prinzessinnen unterwegs Jüdische Klagen gegen Reichsadelige Reisen fürstlicher Frauen in der Frühen Prozesse am Reichshofrat in den Neuzeit Herrschaftsjahren . S. ISBN ---- Rudolfs II. und Franz I. Stephan . S. ISBN ---- Band : Fabian Schulze Band : Die Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg Alexander Denzler, Ellen Franke, Britta Kriegsfinanzierung und Bündnispolitik im Schneider (Hrsg.) Heiligen Römischen Reich deutscher Nation . S. ISBN ---- Prozessakten, Parteien, Partikularinteressen Höchstgerichtsbarkeit in der Mitte Europas
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Band : Anette Baumann Visitationen am Reichskammergericht. Speyer als politischer und juristischer Aktionsraum des Reiches ( – ) . S. ISBN ---- Band : Volker Arnke „Vom Frieden“ im Dreißigjährigen Krieg. Nicolaus Schaffshausens „De Pace“ und der positive Frieden in der Politiktheorie . S. ISBN ---- Band : Berndt Strobach Der Hofjude Berend Lehmann ( – ). Eine Biografie . S. ISBN ---- Band : Stefanie Freyer, Siegrid Westphal (Hrsg.) Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. . S. ISBN ---- Band : Jürgen Brand Clemens Wilhelm Adolph Hardung ( – ). Ein letzter Verteidiger des Reiches. Mit einem Faksimile seiner „Staatsrechtlichen Untersuchungen“ aus dem Jahre . S. ISBN ----
Band : Anette Baumann, Sabine Schmolinsky, Evelien Timpener (Hrsg.) Raum und Recht. Visualisierung von Rechtsansprüchen in der Vormoderne. . S. ISBN ---- Band : Christoph Nonnast Sachsen-Altenburg auf dem Westfälischen Friedenskongress. . Ca. S. ISBN ---- Band : Stefan Seitschek, Sandra Hertel (Hrsg.) Herrschaft und Repräsentation in der Habsburgermonarchie ( – ). Die kaiserliche Familie, die habsburgischen Länder und das Reich. . S. ISBN ----