Lampert von Hersfeld: Annalen 9783534724161

Die "Annalen" Lamperts von Hersfeld (vor 1028-vor 1085) sind ein Höhepunkt der Geschichtsschreibung des 11. Ja

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German Pages 481 [471] Year 2017

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Titel
Impressum
Inhaltsverzeichnis
1. Leben und Schriften Lamperts von Hersfeld
2. Die Handschriften und ihr Stammbaum
3. Anlage und äußere Einrichtung der Ausgabe
4. Die wichtigste Literatur über Lampert von Hersfeld
5. Text der Annalen
6. Register
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Lampert von Hersfeld: Annalen
 9783534724161

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AUSGEWÄHLTE QUEL L EN ZUR DEUTSCHEN GESCHICHTE DES MITTELALTERS FREIHERR VOM STEIN-GEDÄCHTNISAUSGABE

Herausgegeben von Rudolf Buchner

B a n d XIII

LAMPERTI MONACHI HERSFELDENSIS

ANNALES

Ed i t i o n i s qu a m p a r a v e r a t 0. H o l d e r - E g g e r t exturn d e n u o i m p r i m e n d u m c u r a v i t W o l f g a n g u s D i e t r i c u s Fr i t z

1962 W I S S E N SC H A F T L I CH E B UCH G E S E L L SCH A F T DARM STADT

LAMPERT VON HERSFELD

ANNALEN

N e u ü b e r s e tz t v o n A d o l f S c h m i d t Erläutert von Wolfg a n g D i e t r i c h Fr i tz

1962 WISSEN SCHAF TLICHE B UCHGESE LLSCHAF T DARMSTADT

Unveränderter fotomechanischer Nachdruck der 1. Auflage 1957

© 1957

by Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt

Druck: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt Einband: Dingeldein, Darmstadt-Arheilgen Printed in Germany

Elektronisch ist folgende Ausgabe erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-72416-1

INH A L T S V E R Z E I C H N I S I. Leben und Schriften Lamperts von Hersfeld

2o Die Handschriften und ihr Stammbaum

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3o Anlage und äußere Einrichtung der Ausgabe

4o Die wichtigste Literatur über Lampert von Hersfeld 5o Text der Annalen

6o Register

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IX XV XIX XX 1 424

EIN L E I T U N G 1.

L e b e n u n d S ch r i f t e n L a m p e r t s v o n Hersfeld

Wie bei so vielen mittelalterlichen Geschiehtschreibern ist uns über die Person Lamperts von Hersfeld wenig bekannt. Noch bis zu diesem Jahre stand es nicht fest, ob er überhaupt den Namen Lampert getragen habe, und war es völlig ungewiß, was aus ihm nach Fertigstellung der Annalen geworden war. Sein Geburtsjahr ist unbekannt- er wird in den zwanziger Jahren des 1 1 . Jahrhunderts geboren worden sein - auch ist man sich über seine Hei­ mat im Unklaren1• Er stammte aus einer begüterten Familie und wurde zum Geistlichen erzogen, vermutlich in Bamberg durch den späteren Erz­ bischof Anno von Köln. Er bekundet nämlich eine starke Verehrung für ihn und den Bischof Gunther von Bamberg, überhaupt zeigt er ein großes Interesse für alles, was zu Bamberg in Beziehung steht2• Aus den Annalen wissen wir auch, daß er am 1 5 . März 1058 Mönch in Hersfeld wurde; wie er sagte "entschlug er sich der häuslichen Sorgen, um nicht auf dem Wege Gottes davon zu sehr belastet zu werden, nacheifernd der bekannten gott­ gefälligen Lebensweise des Abtes Meginher"3• Er berichtet dann weiter, daß er am 15. September desselben Jahres in Aschaffenburg die Priester­ weihe empfing durch Erzbischof Liutpold von Mainz und sogleich eine Wallfahrt nach Jerusalem antrat. Von der Pilgerreise erfahren wir nur, daß er das Weihnachtsfest an der Grenze von Ungarn und Bulgarien feierte und daß er am 1 7 . September 1059 nach Hersfeld zurückkehrte. Weiter berichtet Lampert von sich, daß er auf Weisung des Abtes Rut­ hard, Meginhers Nachfolger, im Jahre 1071 vierzehn Wochen in den Klöstern Saalfeld und Siegburg weilte, um die neue Mönchsregel kennen1

Vgl. Stengel, La. mpert, S. 245 f. Vgl. Holder· Eggers Vorrede in La.mp. Opera, S. XI und Erdmann, Studien, s. 1 13 f. 3 Siehe unten S. 64ff. 1

X

Einleitung

zulernen, die Erzbischof Anno von Köln mit Hilfe italienischer Mönche in seinen Stiftungen eingeführt hatte. Über sein Leben und seine Tätigkeit in Hersfeld wissen wir nichts, außer daß er mit den Mitbrüdern verfeindet war, wahrscheinlich wegen seiner politischen Haltung, denn Hersfeld stand vollkommen auf Seiten des Königs. Wir kennen nur seine Schriften, die bis zum Jahre 1077 rei­ chen, d. h. bis zur Wahl Rudolfs von Rheinfelden in Forchheim. Aber wo er sein Werk vollendete und was später aus ihm geworden ist, war bis j etzt unbekannt. Holder-Egger glaubte noch, daß Lampert die Annalen in Hers­ feld verfaßt habe, ihm schloß sich Holtzmann an, während Haller meinte, er habe sie dort höchstens begonnen, es dürfe "vielmehr wohl als sicher angenommen werden, daß er spätestens 1077 freiwillig oder gezwungen Hersfeld verlassen" habe1 . Nun hat Stenge! feststellen können, daß Lam­ pert wirklich diesen Namen geführt hat und was aus ihm geworden ist, nämlich Abt des Klosters Hasungen bei Kassel. 1074 hatte Erzbischof Siegfried von Mainz dort eine Propstei gegründet, die er zuerst lnit Ka­ nonikern besetzte. 1081 wandelte er sie in ein Kloster um, und zwar nach der strengen Regel des reformierten Mönchtums. Diese Umwandlung ge­ schah abbate Lamberto preduce2• Lampert stand aber nicht lange an der Spitze seines Klosters, 1085, als die Hirsauer Mönche aus Hasungen ver­ trieben wurden, war er wahrscheinlich bereits verstorben. Man hat des öfteren festgestellt, daß Lampert in erster Linie Mönch war, und zwar Hersfelder Mönch3• Als solcher hielt er fest an der Bene­ diktinerregeL Bei seinem Aufenthalt in Saalfeld und Siegburg lernte er die Mönche der neuen Regel kennen, die wegen ihres asketischen Lebens "nicht für Menschen, sondern für Engel, nicht für Fleisch und Blut, son­ dern für reinen Geist" gehalten wurden4 • In dieser Zeit war er noch kein Freund des refonnierten Mönchtums von Cluny und Hirsau. "Ich habe bemerkt" , so schreibt er, "daß unsere Gewohnheiten besser als die ihrigen mit der Regel des heiligen Benedikt übereinstimmen"6• Wie es nun zu 1 Holder-Egger, Studien, S. 202 ; Wattenbach-Holtzmann, S. 459 ; Haller, Festschrift Dopsch, S. 422. 2 Stengel, Lampert, S. 256. 3 Man sieht es an vielen Stellen, wenn er auf Auseinandersetzungen zwischen Klöstern und Laien oder Weltgeistlichen (besonders Bischöfen) zu sprechen kommt. - Seine Liebe zu Hersfeld bezeigt er immer wieder, z. B. wenn er Schmä­ lerungen des Klosterbesitzes durch Vergebungen oder Verwüstungen beklagt. Feinde des Klosters verfolgt er mit glühendem Haß, so den Grafen Wernher. • Siehe unten S. 152. 5 Siehe unten S. 154.

Einleitung

XI

der Sinnesänderung kam, wissen wir nicht. Der von ihm so oft angegrif­ fene Erzbischof von Mainz war seit 1076, besonders seit Tribur, zu den Feinden des Königs übergegangen. Zu ihm, dem Förderer der Kloster­ reform, der selbst in das Kloster Cluny eintreten wollte, flüchtete Lam­ pert1 . Ob er nun aus opportunistischen Gründen oder nach einer wahren inneren Wandlung die Lehren von Cluny und Hirsau vertrat, werden wir nicht entscheiden können. Fest steht aber, daß er schon vorher immer für die Reinheit des Mönchtums eingetreten war und alle Mißbräuche, vor allem Simonie und Priesterehe, auf das schärfste getadelt hatte. Das Kloster Hersfeld, in Hessen an der Fulda gelegen, war eines der ältesten Klöster rechts des Rheins; es war im 8. Jahrhundert durch Erz­ bischof Lul von Mainz gestiftet worden. Es war reich begütert, besonders in Thüringen, und hatte zu Lamperts Zeit seine alte Widersacherirr Fulda überflügelt. Diese Blüte verdankte es vor allem dem von Lampert oft ge­ lobten Abt Meginher (1035-59). Die Bibliothek war vorzüglich, und seine Schule genoß großen Ruhm2• Vielleicht hat Lampert selbst ihr einige Zeit vorgestanden, j edenfalls fand er in Hersfeld Gelegenheit, seinen schrift­ stellerischen Neigungen nachzugehen. Die Lebensbeschreibung des heiligen Lul3 war sein erstes Werk. Er schrieb sie um 1070 zur Verherrlichung des Gründers von Hersfeld. Sein zweites Werk, ein Gedicht in Hexametern, ist verloren. Es war wohl um 1073 verfaßt und enthielt u. a. die jüngste Geschichte des Klosters Hers­ feld, darunter wohl auch eine Schilderung des Thüringer Zehntstreites. Wie er selbst schreibt4 , wurde er dieser Schrift halber von seinen Kloster­ brüdern heftig getadelt, wahrscheinlich wegen seiner unwahren Darstel­ lung der Ereignisse. Eine Hersfelder Klostergeschichte, sein drittes Werk, ist nur teilweise erhalten. Die früheren Zeiten schildert Lampert darin nur flüchtig, er benutzt auch nicht die vorhandenen Urkunden. Ausführ­ licher bringt er seine eigene Zeit, und zwar bis zum Jahre 1076. In die­ sem Werk finden wir bereits seine königsfeindliche Einstellung angedeu­ tet. Zwar widmet er es dem Abte Hartwig, einem treuen Gefolgsmann des Königs, nennt den Sachsenaufstand von 1073 "eine Verschwörung, die dem Reiche und dem Frieden der Kirche zuwider" sei und warnt da­ vor, ihr beizutreten, andererseits aber wirft er dem Könige vor, an dem angeblichen Niedergang des Klosters schuld zu sein: "Am meisten Ge1 Stenge!, Lampert, S. 252ff. 2 Wattenbach-Holtzmann, S. 456ff. 3 Vgl. Wattenbach-Holtzmann, S. 459ff. Die folgenden Werke sind ab­ gedruckt in Lamp. Opera, hrg. Holder-Egger. 4 Lamp. Opera, S. 345. -

Einleitung

XII

walt aber leiden wir von denen, welche die Verteidiger unserer Kirche sein sollten "1• Sein viertes und letztes Werk sind die Annalen, "die seinen Ruhm be­ gründet haben und trotz aller Bedenken, die man erhoben hat, bewahren werden"2• Sie sind, wie bereits gesagt, nach 1077 fertiggestellt worden, denn sie enden mit den Vorbereitungen zur Wahl Rudolfs von Rheinfelden zum Gegenkönig. - Den Anfang seines Werkes entnahm er den alten Hersfelder Annalen3, die mit der Erschaffung der Welt beginnen und sich für den ersten Teil auf Isidor und Beda, ab 708 auf die Fuldaer Annalen und später auf eigene Nachrichten stützen. Ab 1040 wird Lampert immer ausführlicher, um von 1073 ab zu einer vollständigen und umfassenden Darstellungsweise zu gelangen4 • Dabei stehen die Ereig­ nisse in Sachsen und Thüringen im Vordergrund. Seine Berichte über Geschehnisse in Italien oder Lothringen sind durchweg fehlerhaft. Schon die Humanisten waren des Lobes voll über Lamperts schrift­ stellerische Gaben, und so ziemlich alle Historiker sind ihnen darin ge­ folgt. An Kenntnissen und stilistischen Fähigkeiten steht er unter den mittelalterlichen Geschiehtschreibern mit an erster Stelle. Holder-Egger hat in mühevoller Arbeit festgestellt, welche Schriftsteller Lampert kannte und benutzte 5 : zuerst die Vulgata, Severus und Hieronymus, daneben Horaz, Terenz, Ovid u. a. ; außerdem J ordanes, Einhard und Regino von Prüm. Wenn er sich aber auf einen von ihnen stützte, dann zitierte er ihn fast nie wörtlich. Reimprosa und Wortspielereien, die zu seiner Zeit sehr verbreitet waren und die Sprache verunstalteten, fehlen bei Lam­ pert völlig6• Neben dem glänzenden Stil ist es die fesselnde Art seiner Darstellung, die den Leser beeindruckt; hinzukommt der ruhige Ton und die scheinbar tendenzlose Berichterstattung. Von seinem Wiederauffinden bis zum 19. Jahrhundert hat Lampert da­ her als Grundlage der Geschiehtschreibung gedient, galt er als die beste Quelle für die Zeit Heinrichs IV. Wohl wurden später einige Einschrän­ kungen gemacht, aber eine eingehende Überprüfung seiner Glaubwürdig­ keit geschah erst 1854 durch Ranke in einem Akademievortrag. An Hand mehrerer Einzeluntersuchungen stellte er Lamperts völlige Unglaubwür­ digkeit und seine gehässige Tendenz gegenüber Heinrich IV. fest. "Ich . . .

1 La mp. Opera, S. 344, vgl. Holder.Egger, Studien, S. 208. 2 Wattenbach.Holtzmann, S. 462ff. 3 Wattenbach-Holtzmann, S. 4l f. ' La.mp. Opera, S. XXXVIff. 5 Holder-Egger, Studien, S. 415 und La.mp. Opera, S. 399-489. 6 Holder·Egger, Studien, S. 404ff.

Einleitung

XIII

denke nicht", schrieb Ranke, "daß j emand das Buch lesen kann, ohne diesen Parteigesichtspunkt durchzufühlen ; bei aller Bewunderung für die schriftstellerischen Gaben des Lambertus habe ich es doch nie ohne eine gedrückte Stimmung aus der Hand gelegt" 1 • Bis auf wenige Ausnahmen (u. a. auch Giesebrecht) wurde diese Kri­ tik anerkannt. In zahlreichen Schriften ging man später weit über Ranke hinaus ; die schärfsten Anwürfe brachte wohl Holder-Egger vor, aber auch Meyer von Knonau wies in seinen Jahrbüchern auf zahlreiche Unrichtig­ keiten hin. Sie sind besonders dort zu bemerken, wo er Verhandlungen und Unterredungen schildert. Lampert pflegt dabei seine Unkenntnis der Einzelheiten durch Behauptungen, Kombinationen oder leere Redereien zu vertuschen, z. B. bei den Berichten über die Vorgänge von Tribur und Canossa. Auch kann man sagen, daß er den weltlichen Geschäften und Fragen der Politik recht fern stand und daß wir über verfassungsrecht­ liche Fragen bei ihm keine Angaben finden. Worum es im Thüringer Zehnt­ streit eigentlich ging, welches die Ursachen des sächsischen Aufstandes waren, weshalb sich die Bürger von Worms und Köln erhoben usw., kann uns Lampert nicht sagen. - Im Text sind die Berichte, die nicht der Wahr­ heit entsprechen, gekennzeichnet worden; wir brauchen daher hier nicht auf Einzelheiten hinzuweisen. Nur ein Beispiel soll angeführt werden, um Lamperts persönlichen Haß gegen Heinrich IV. (die Ursache kennen wir nicht) und seine Vorliebe für dessen Gegner zu zeigen. Während er die versuchte Ehescheidung des Königs in den schwärzesten Farben malt, er­ wähnt er mit keinem Wort, daß in dem gleichen Jahre Rudolf von Rhein­ feiden seine Gemahlin verstieß und sich von ihr scheiden lassen wollte, ja daß wahrscheinlich Heinrich durch dieses Beispiel zu seinem Entschluß gekommen ist2. Zugleich mit den Kritiken erhob sich die Frage, ob Lampert ein plan­ voller Lügner sei - so vor allem Holder-Egger : "Der Mann hatte kein historisches Gewissen, er ahnte gar nicht, was geschichtliche Wahrheits­ treue ist"8 - oder ob die fehlerhaften Berichte auf Klosterklatsch, falsche Gerüchte und seine Lust zu fabulieren zurückgehen. Holder-Eggers Vor­ würfe beruhen u. a. auf einer Untersuchung von Luls Lebensbeschrei­ bung4. Da Lampert hier seine Quellen nennt, war eine genaue Kontrolle möglich, und sie fiel vernichtend aus. Nun wurde es seit j eher in der hagiographischen Literatur mit der Wahrheit nicht so genau genommen, 1 Zur Kritik fränkisch-deutscher Reichsannalisten, S. 133. 2 Meyer von Knonau I, S. 614. Dagegen vertuscht er Annos gewalttätiges Vor­

gehen in Kaiserswerth (S. 74). a Holder-Egger, Studien, S. 517.

' Holder-Egger, Studien, S. 509.

XIV

Einleitung

diese Quellengattung ist mit anderen Maßstäben zu bewerten als die an­ deren. Aber die Art und Weise, in der Lampert mit seinen Vorlagen um­ geht, wie er ummodelt, hinzufügt, ausläßt oder von anderen Heiligen auf Lul überträgt, läßt Rückschlüsse auf seine übrigen Werke zu, darin müs­ sen wir Holder-Egger recht geben. Dagegen ist seine Meinung abzuleh­ nen, Lampert habe die Annalen geschrieben, um auf die Hersielder Mön­ che einzuwirken und sie zu seinem königsfeindlichen Standpunkt zu be­ kehren1 . Auch eine andere Behauptung Holder-Eggers, er habe "bei der Zeichnung der Figur König Heinrichs mehr und mehr schwarze Farbe aufgetragen" 2 , und zwar unter dem Deckmantel scheinbarer Obj ektivi­ tät, läßt sich nicht aufrecht erhalten. Dies zeigte schon Meyer von Kno­ nau3, der vor allem auf den mönchischen Standpunkt und Gesichtskreis hinwies sowie auf seine Lust zu erzählen - und zwar glänzend zu erzäh­ len - kleine Geschichten auszuschmücken und Gerüchte weiterzugeben, sowie auf den Einfluß klassischer Vorbilder. Auch sonst sind manche Vor­ würfe gegen Lampert zu Unrecht erhoben worden4 • Vielleicht wurden einige der übertrieben abfälligen Werturteile über ihn durch die Empö­ rung darüber veranlaßt, daß es ihm so lange gelungen war, seine Leser zu täuschen. Denn daß es in anderen Quellen, z. B. in der Lebensbeschrei­ bung Heinrichs IV. oder in Brunos Sachsenkrieg, mit der Wahrheit auch nicht immer genau genommen wird, war seit langem bekannt ; diese Schrif­ ten tragen das Zeichen ihrer Partei offen zur Schau. Die Frage, inwie­ weit die mittelalterlichen Geschiehtschreiber trotz aller Beteuerungen wirklich die Wahrheit erzählen wollten, ist neuerdings durch M. Lintzel zur Diskussion gestellt worden 5 • - Aber wir wollen ihn auch nicht rein waschen, sondern darauf hinweisen, daß er an vielen Stellen bewußt ge­ logen hat. So besteht das Urteil von Rampe zu Recht: "Immerhin bleibt ein ungewöhnlich geringes Maß an historischem Wahrheitssinn und mora­ lischer Zuverlässigkeit, so daß das an Stoffreichtum und Darstellungs­ kunst glänzende Werk als Quelle nur mit Vorsicht zu benutzen ist"6• Die Annalen sind in der Zeit bis zum Auffinden durch die Huma­ nisten wenig benutzt worden. "Das reichste, beredteste, eindrucksvollste 1 Holder-Egger, Studien, S. 204. - Vgl. auch Haller, Dopsch-Festschrift, S. 422.

2 Holder-Egger, ebenda.

3 Meyer von Knonau II, u. a. S. 851 ; vgl. auch Wattenbachs Vorrede zur Übersetzung. ' Wattenbach-Holtzmann, S. 468. 5 Ma.rtin Lintzel: Die Mathildenviten und das Wahrheitsproblem in der Ü ber­ lieferung der Ottonenzeit, Archiv für Kulturgeschichte 38, 1 956. 6 Rampe, S. 2.

Einleitung

XV

Geschichtswerk über Heinrich IV. ist so gut wie unbekannt geblieben"1• Als Gründe dafür gibt Haller2 an, daß die Annalen zu einem ungünstigen Zeitpunkt erschienen sind. Sie wären zwischen 1077 und 1080 verfaßt worden, d. h. zwischen der Wahl und dem Tode Rudolfs von Rheinfel­ den. Nach 1080 war aber die Sache der Aufständischen für lange Zeit verloren und damit auch das Interesse an Lamperts Schrift geschwun­ den. Hinzu kommt, daß die Annalen keine eigentliche Parteischrift der Gregorianer darstellen. In den Kämpfen zwischen den beiden Gewalten griffen die kirchlichen Kreise nach anderen Schriften, nicht nach dieser ruhigen und scheinbar tendenz- und parteilosen Schilderung; daß aber die Anhänger des Königs nicht zu ihrer Verbreitung beitrugen, ist ver­ ständlich. Der Erstdruck erfolgte 1525 in Tübingen durch Kaspar Kurrer bei der Buchhandlung Morhardt, acht Jahre darauf erschien ein zweiter verbes­ serter Druck von Ludwig Schradin, dem damaligen Universitätsnotar. Kein geringerer als Philipp Melanchthon hat den Erstdruck angeregt, in seinem Briefe vom 30. Mai 1525 übertrug er von Wittenberg aus Kurrer diese Aufgabe3• Wahrscheinlich hatte er Lamperts Werk bei den Augu­ stinern in Tübingen kennen gelernt während seines Tübinger Studienauf­ enthaltes 1513-15184• 2. D i e H a n d s c h r i f t e n u n d i h r S t a m m b a u m E s wurde bereits darauf hingewiesen, daß Lamperts Annalen i m Mit­ telalter wenig Beachtung gefunden haben. In Oberdeutschland und in Lothringen waren sie unbekannt; weder Frutolf-Ekkehard noch Otto von Freising und Hermann von Altaich stützten sich auf sie. Nur drei mittelalterliche Abschriften sind erhalten geblieben: zwei Aus­ züge und ein Fragment5• Der G o t h a e r Text6 enthält eine Anzahl von 1

Haller, Dopsch-Festschrüt, S. 420. Ebenda. - Ob die Annalen tatsächlich vor 1080 fertiggestellt waren, ist mit Sicherheit wohl nicht festzustellen. 3 Supplementa Melanchthoniana, hrg. Otto Clemen, VI, 1 , Leipzig 1926, S. 286, Anm. 2 und S. 292 ; Corpus Reformatorum, hrg. C. G. Bretschneider, Bd. 1 , Halle 1834, Nr. 339, S. 749 ; auch abgedruckt in Lamp. Opera., S. XLVIII ; vgl. Haller, Dopsch-Festschrüt, S. 416. ' Haller, Dopsch-Festschrüt, S. 417. 5 Vgl. die Vorrede zur Lampert-Ausgabe von Hesse in MG. SS. V, S. 134ff., die Vorrede von Holder-Egge..- in Lamp. Opera., S. XLVIIff. ; Holder-Egger, Studien, S. 143ff. ; Gensicke, S. 251ff. sowie Wa.ttenba.ch-Holtzmann, S. 471 . • Vorhanden in der Landesbil:,liothek Gotha.. 2

XVI

Einleitung

Stellen der Annalen, eingeschaltet in eine Handschrift der Weltchronik Ekkehards von Aura. Er umfaßt Auszüge aus den Jahren 705-1056. Die Exzerpte aus P o m m e r s f e l d e n1 sind ziemlich umfangreich und umfas­ sen die Jahre 1039-1075. Beide stammen aus dem Anfang und der Mitte des zwölften Jahrhunderts und sind wohl aus dem Erfurter Codex ab­ geschrieben worden. Das W o r m ser Fragment2, das einen Teil des Jahres 1076 enthält, ist um 1120-1130 entstanden. Es stammt aber von einer Ableitung des Archetyps ab3. Nachweislich benutzt wurden die Annalen durch den Liber de unitate ecclesiae conservanda und die Vita Annonis, beides Quellen aus der ersten Hälfte des zwölften Jahrhunderts; dann von drei Erfurter Quellen: Anna­ les antiqui und Auctarium Ekkehardi, beide aus dem zwölften, und der Cronica minor aus dem dreizehnten Jahrhundert. Ebenfalls benutzt wurde Lampert in der Chronik von Goseck, den Nienburger und Paderborner Annalen und, wahrscheinlich durch deren Vermittlung, auch von dem Annalista Saxo (alles zwölftes Jahrhundert) sowie in der Lorscher Chro­ nik; im vierzehnten Jahrhundert durch den westfälischen Dominikaner Heinrich von Herford. Wieder entdeckt wurde die Erfurter Handschrift entweder durch Hart­ mann Schedel, den gelehrten Arzt und Sammler, oder durch Wigand Ger­ stenberg von Frankenber g4. Zwar hat Gerstenberg seine Hessische Lan­ deschronik, in der er sich auf Lampert stützte, erst seit 1493 geschrie­ ben, er kann die Annalen aber schon in den Jahren 1473-76 kennen­ gelernt haben, als er sich zum Studium in Erfurt aufhielt5• Schedels erste Exzerpte stammen dagegen aus den Jahren 1484-87, die ausführliche Ab­ schrift ist 1507 angefertigt worden6• Bis zu diesem Zeitpunkt muß sich also die Erfurter Handschrift im Peterskloster befunden haben. Von Sehe­ dei wissen wir auch, wie sie ausgesehen hat, er teilt nämlich mit, er habe seine Exzerpte "ex cronica Montis S. Petri Erfrordie in libro spisso veteri", und zwar sei der Codex in "littera antiqua" geschrieben7•

1 Vorhanden in Pommersfelden, Bibliothek der Monumenta Germaniae Historica. 2 Vorhanden im Stadtarchiv Worms. 3 Vgl . Stenge!, Abt von Hasungen, S. 246, Anm. 16. ' Vgl. außer der oben angeführten Literatur Haller, Festschrift Dopsch, S. 4llff. ; Stenge!, Besprechg. im DA 3, S. 530 ; Stenge!, Abt von Hasungen, s. 246f. 5 W.igand Gerstenberg von Frankenberg, hrsg. H. Diemar, Marburg 1909, S. 37 *. 6 Vorhanden in der Bayerischen Staatsbibliothek in München. 7 Lamp. Opera, S. LIII und Haller, Dopsch-Festschrift, S. 415.

XVII

Einleitung

Zur selben Zeit wurden die Annalen noch von anderen Geschiehtschrei­ bern benutzt, Sehedei wird sie vielleicht darauf aufmerksam gemacht haben, so von Nikolaus von Siegen in seinem Chronicon ecclesiasticum um 1490, Johannes Trithemius in seinem Chronicon Hirsaugiense, be­ endet 1504, Vergenhans-Nauclerus in seiner 1504 abgeschlossenen Welt­ chronik und von anderen. Außerdem existieren noch drei Ableitungen, und zwar in Wür z b ur g , G ö t t i n g e n und D r e s d e n1 • Alle drei sind in den letzten Jahren des fünf­ zehnten oder zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts geschrieben wor­ den, wie man aus der Schrift ersehen kann. Vermutlich sind auch diese Abschriften auf Anregung oder nach Hinweisen von Hartmann Sehedei zustande gekommen. Des besseren Verständnisses halber gehen wir von dem Stammbaum aus, den Holder-Egger entworfen hat, schon deswegen, weil in der Literatur häufig seine Siglen benutzt werden. Nach Holder-Egger hat es zwei Co­ dices gegeben, die beide von der Urschrift herrühren, den Codex A, auf dem der Erstdruck beruhte - als Herkunftsort vermutete er Wittenberg; Melanchthon habe ihn dort gefunden und nach Tübingen an Kurrer geLAMPERTS CHRONIK

(A)

I

I

Al Erstdruck

I B Ia

Würzburg

I Blb

Göttingen

X

(B )

Erfurt

Wittenberg

I I B2 X

1 I

t

I

I

B 3a Gotha

I

die oben ge­ n annten mit­ telalterlichen Ableitungen

B3b Pommers­ feiden

Dresden

I

B lo Sehedei 1 Die drei Handschriften sind noch vorhanden, doch ist leider die Dresdner durch Wasserschaden irrfolge Kriegseinwirkung so beschädigt, daß große Teile nicht mehr leserlich sind. Die Dresdner Handschrift stammt aus dem Kloster Altzelle bei Nossen, vgl. L. Schmidt, Beiträge zur Geschichte der wissenschaft­ lichen Studien in sächsischen Klöstern, NA f. sächs. Gesch. 18, 1897.

Einleitung

XVIII

sandt - und den Codex B, die Erfurter Handschrift. Vom Codex B seien die Abschriften Würzburg, Göttingen, Sehedei und Dresden angefertigt worden, jedoch in verschiedenen Ableitungen; er glaubte, das an Hand von Unterschieden im Text nachweisen zu könnenl. Hallers Kritik2 richtete sich vor allem gegen die Unterschiede in den Ableitungen des Codex B. Er hielt die Ungleichheiten in den Texten für geringll, strich die unbekannten Zwischenglieder und meinte, daß Sehe­ dei, Würzburg, Göttingen, Dresden sowie Gotha und Pommerstelden (Worms war noch unbekannt) alle direkt von B abstammen würden. Vom Codex A meinte er, er stamme nicht aus Wittenberg, sondern direkt aus Tübingen. Gegen Hallers These brachte Stengel schwerwiegende Einwände vor. Die wichtigste Feststellung ist die, daß die verlorene Erfurter Handschrift identisch war mit der ebenfalls verlorengegangenen Tübinger Handschrift; daß es also statt Holder-Egger A und B nur eine Handschrift gegeben hat, vielleicht ist sie "durch Vermittlung des humanistischen Geschieht­ schreibers Trithemius nach Hirsau, von dort aber nach Tübingen gekom­ men." Und außerdem bestritt Stenge!, daß die Würzburger, Göttinger und Dresdner Handschriften direkt von der Erfurter herrühren, vielmehr nimmt er ein Zwischenglied Z an4• Vom Archetyp

X sind also die mittelalterlichen Auszüge abzuleiten,

dann eine Handschrift Y, aus der das Wormser Fragment geflossen ist, und drittens die Erfurter Handschrift. - Die Erfurter Handschrift benutz­ ten die Schreiber der Ableitungen von Gotha und Pommersielden sowie Heinrich von Herford, später dann die Humanisten sowie Kurrer für den Erstdruck. Die Abschriften von Würzburg, Göttingen und Dresden gehen auf die verlorene Ableitung Z zurück, die ihrerseits auf dem Erfurter Manuskript beruht5•

Lamp. Opera, S. LXII. Haller, Festschrift Dopsch, S. 4l l ff. 3 Im Grunde sind die textliclren Unterschiede sehr gering. Sie beschränken sich bis auf wenige Ausnahmen auf die verschiedene Schreibung von Namen (z. B. Dietericus, Diodericus, Diedericus, Thiedericus), auf den verschiedenen Gebrauch von ae, e caudata und e, von u und v, von Groß- und Kleinbuch­ staben usw. ' Stengel, DA 3, S. 530 und Abt von Hasungen, S. 246. 5 Für die freundliche Überlassung des Stemmas und für andere Hinweise hat der Herausgeber Herrn Professor Stengel sehr zu danken. t

2

XIX

Einleitung X (Archetyp)

mittelalter­ liche Ableitungen

Erfurt

y

I

Worms

I Goth

& u. Pommers­ feiden

I Sehedei

I

u. a.

Humanisten

I

z

I

I

Erstdruck

Würzburg u. Göttingen u.Dresden

Mit Recht haben Haller und Stengel die Meinung Holder-Eggers wider­ legt, der eine weitere Verbreitung der Lampert-Handschriften annahm. Damit erklärt sich, neben den schon erwähnten inhaltlichen Gründen, weshalb die Annalen im Mittelalter so wenig bekannt geworden sind. 3.

Anlage und ä u ß e r e E i n r i c h t u n g d e r A u s g a b e

Bei der Gestaltung und äußeren Einrichtung dieser Ausgabe wurde in der Weise verfahren, wie es der Herausgeber dieser Reihe im ersten Bande festgelegt hatte1 • Der Text der Annalen ist unverändert nach der Schulausgabe der Mo­ numenten abgedruckt worden. Der Herausgeber Holder-Egger hatte sich bei der Textgestaltung stark an den Erstdruck (A) gehalten, was nach den neuesten Forschungen nicht immer richtig ist. Im Rahmen der vor­ liegenden Ausgabenreihe erschien j edoch eine Überprüfung, z. B. an Hand des Wormser Fragments, nicht für notwendig. Der Variantenapparat wurde fortgelassen; größere Unterschiede in den Handschriften sind gekennzeichnet worden. Der Bachkommentar mußte stark eingeschränkt werden, j edoch nur so weit, wie es ohne Gefährdung des Verständnisses geschehen konnte. Ein Einzelnachweis von Literatur war unmöglich, auch konnten die Quellen, aus denen Lampert zu An­ fang seines Werkes geschöpft hatte, nicht nachgewiesen werden. Dagegen wurden Zitate aus der Bibel und der klassischen Literatur durch Kursiv­ druck kenntlich gemacht. Während die Lesarten und Anmerkungen zum Text mit hochgestellten Buchstaben gebracht werden, ist der Bachkommentar durch ZitTern be1 Gregor von Tours: Zehn Bücher Geschichten, hrg. von R. Buchner, Darm­ stadt und Berlin, 1 . Bd. 1955, S. XLV.

XX

Einleitung

zeichnet. Um den Raum unter dem kürzeren Text auszunutzen, wird der Sachkommentar j eweils auf beide Seiten verteilt. Am inneren oberen Rand jeder linken Seite stehen die Seitenzahlen der maßgeblichen Ausgabe von Holder-Egger. Der Seitenwechsel wird im Text mit/ angezeigt. Umschrieben wurden e caudata mit ae, � mit uo. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß Lampert das Jahr stets mit Weihnachten beginnt ; es wurde darauf verzichtet, dies jeweils im Text anzumerken. 4.

D i e wichtigste L i t e r a t u r ü b e r L a m p e r t v o n H e r s f e l d

Die ausführlichsten bibliographischen Angaben sind bei 1 . und 2 . zu finden, es konnte daher weitgehend auf die Zitierung von Spezialliteratur verzichtet werden. Gebhardt, Bruno: Handbuch der Deutschen Geschichte, 8. Aufi., hrg. H. Grund­ mann, 1. Bd., Stuttgart 1954 darin K. Jordan über das Zeitalter des Investiturstreites. Wattenbach, Wilhelm: Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, hrg. R. Holtzmann, Bd. 1, Heft 3, Berlin 1940. -

Lamperti monachi Hersfeldensis opera, hrg. Oswald Holder-Egger, MG. SS. in us. schol., 1894. Die Briefe Heinrichs IV., hrg. Carl Erdmann, MG. Deutsches Mittelalter, Leip­ zig 1937. Das Register Gregors VII., hrg. Erich Caspar, MG., Epp. sei., 2 Teile, Berlin 1920-23. Gregorii VII. epistolae collectae in Bibliotheca Rerum Germanicarum, hrg. Philipp Jaffe, 2. Bd., Berlin 1865. Urkundenbuch der Reichsabtei Hersfeld, hrg. Hans Weirich, 1. Bd., Marburg 1936. Die Jahrbücher des Lambert von Hersfeld, übers. v. L. F. Hesse, 2. Aufi., hrg. Wilhelm Wattenbach, Leipzig 1893 (Geschichtschreiber der deutschen Vor­ zeit Bd. 43). Erdmann, Carl: Studien zur Briefliteratur Deutschlands im 11. Jahrhundert, Leipzig 1938. Gensicke, Hellmuth: Das Wormser Fragment der Annalen Lamperts von Hers­ feld, Akad. d. Wissensch. u. d. Literatur in Mainz, Jahrbuch 1952. Haller, Johannes: Canossa, Neue Jahrbücher f. d. klass. Altertum, 9. Jahrg. , Leipzig 1906.

Einleitung

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Haller, Johannes: Die Überlieferung der Annalen Lamperts von Hersfeld, Wirt­ schaft und Kultur, Festschrift für Alfons Dopsch, Baden b. Wien und Leipzig 1938. Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer, bearb. von F. Baethgen, 10. Aufl., Heidelberg 1949. Höß, Irmgard: Die deutschen Stämme in der Zeit des Investiturstreites, Göt­ tingen 1951. Holder-Egger, Oswald: Studien zu Lambert von Hersfeld, Neues Archiv d. Ges. f. ältere deutsche Geschichtskunde 19, 1894. Meyer von Knonau, Gerold: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Hein­ rich IV. und Heinrich V., Leipzig l890ff. - Vgl. besonders Bd. 2, S. 785 ff. sowie die Exkurse l und 3-7. Ranke, Leopold von: Zur Kritik fränkisch-deutscher Reichsannalisten, Sämtl. Werke Bd. 51 und 52, Leipzig 1888. Stenge], Edmund E.: Besprechung von Hallers Aufsatz in der Festschrift Dopsch (s. o.), Deutsches Archiv für Geschichte des Mittelalters 3, 1939. ders.: Lampert von Hersfeld der erste Abt von Hasungen. Aus Verfassungs­ und Landesgeschichte, Festschrift für Theodor Mayer, 2. Bd., Lindau 1955. Studi Gregoriani, hrg. G. B. Borino, 4 Bde., Rom 1947-52.

LAMPERTI MONACHI HERSFELDENSIS ANNALES

LAMPERT VON HERBFELD ANNALEN

Prima1 aetas ab Adam usque ad Noe, continens generationes X, annos vero mille DCLVI. Quae tota periit diluvio, sicut infantiam mer­ gere solet oblivio. S ecunda a Noe usque ad Abraham, generationes similiter com­ plexa X, annos autem CCXCII. In qua linguarum facta est divisio.

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A puericia namque homo incipit loqui a posse post infantiam; quae et inde nomen accepit, quia fari, id est loqui, potest. Tercia ad Abraham usque ad David, generationes XIII!, annos quo­ que DCCCCXLII continens. Et quia ab adolescentia incipit homo posse generare, Matheus ab Abraham generationum sumpsit exor-

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dium. Quarta a David usque ad transmigrationem Babilonis, generatio­ nibus eque iuxta Matheum XIIII, annis autem CCCCLXXIJJh por­ recta. De qua regum tempora ceperunt, quia dignitas iuvenilis regno est habilis.

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Quinta deinde usque ad adventum salvatoris in carne, generatio­ nibus et ipsa XIIII, porro annis DLXXXVIII extenta. I n qua ut gravi senectute fessa malis crebrioribus plebs Hebrea quassatur. S exta, quae nunc agitur, nulla generationum vel temporum serie certa, sed ut aetas decrepita ipsa tocius seculi morte finienda.

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Secula generationibus constant, et inde dicuntur secula, quod se se­ quantur. Abeuntibus enim aliis alia succedunt, quorum decursus per generationes et regna ita scribitur. Prima aetas continet creationem mundi. Primo enim die Deus in lucis nomine condidit angelos. S ecundo in firmamenti appellatione creavit caelos. Tercio in discretionis vocabulo speciem aquarum et ter­ rae. Quarto luminaria caeli. Quinto animantia ex aqua. S exto animan­ tia ex terra et primum hominem Adam. f 6) Aus Beda. ist non zu ergänzen. b) A 1 bringt: CCCCLXXXIII.

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Erstes1 Zeitalter von Adam bis Noah, 10 Generationen oder 1 656 Jahre umfassend. Es ging in der Sintflut gänzlich zugrunde, wie ja die frühe

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Kindheit in Vergessenheit zu versinken pflegt. Zweites Zeitalter von Noah bis Abraham, ebenfalls 10 Generationen, aber nur 292 Jahre umfassend. In ihm erfolgte die Scheidung der Sprachen. Denn mit dem Knabenalter fängt der Mensch zu sprechen an, nach der

frühen Kindheit, die deshalb infantia heißt, weil er da noch nicht fari, d. h. sprechen kann. Drittes Zeitalter von Abraham bis David, 14 Generationen oder 942 10 Jahre umfassend. Weil der Mensch mit dem Jünglingsalter zeugungs­ fähig wird, beginnt Matthäus das Geschlechtsregister mit Abraham. Viertes Zeitalter von David bis zur Übersiedlung nach Babylon, nach Matthäus ebenfalls 1 4 Generationen, aber 473 Jahre umfassend. Mit ihm begann die Zeit der Könige, weil die stolze Haltung des Jünglings zum 1s Königtum gut paßt. Fünftes Zeitalter bis zur Erscheinung des Heilands im Fleisch, ebenfalls 14 Generationen, aber 588 Jahre umfassend. Darin wird das jüdische Volk, gewissermaßen altersschwach geworden, von zahlreichen Übeln heim­ 20

gesucht. Sechstes Zeitalter, das unsrige ; es ist nicht nach Generationen und Jahren bestimmbar, sondern es wird als abgelebtes Zeitalter mit dem Tode der ganzen Zeitlichkeit enden. Die Zeitalter bestehen aus Generationen, und diese heißen deshalb secula, weil sie einander folgen2 • Denn wenn eines abtritt, folgt ein anderes,

25 und ihr Verlauf nach Generationen und Reichen wird folgendermaßen dargestellt : Im ersten Zeitalter erfolgte die Erschaffung der Welt. Denn am ersten Tag schuf Gott unter dem Namen "Licht" die Engel, am zweiten unter der Benennung "Firmament" die Himmel, am dritten unter der Bezeichnung so

"Scheidung" die Gestalt der Gewässer und der Erde, am vierten die Leuch­ ten des Himmels, am fünften die Wassertiere, am sechsten die Landtiere und den ersten Menschen, Adam. 1 Der Anfang bis S. 22 ist fast wörtlich aus den Quedlinburger Annalen ge­ schöpft, die ihrerseits vor allem Beda und lsidor ausschreiben. (Einzelnachweise in der Ausgabe Holder-Eggers.) 2 Saecula irrtümlich von sequi "folgen" abgeleitet.

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Lamperti .Annales

Adam CXXX. anno genuit Seth, a quo filii Dei. Seth anno CV. ge­ nuit Enos, qui cepit invocare nomen Domini. Enos anno XC. genuit Cainan. Cainan anno LXX. genuit Malalehel, qui interpretatur plan­ tatio Domini. Malalehel anno LXXII. genuit Iareth. Iareth anno CLXII. genuit Enoch. Hunc nonnulla divina scripsisse Iuda apostolol testante comperimus. Enoch anno LXV. genuit Matusalam. Post cuius ortum translatus est a Deo. Matusalam anno CLXXXVII. genuit La­ mech. Gigantes nati sunt. Et concupierunt filii Dei, id est Seth2, filias hominum, id est Cain2• Lamech anno CLXXXII. genuit Noe, qui archam aedificavit. Noe anno DC. venit diluvium. Fuerunt autem ab Adam usque ad cataclismum, id est diluvium, anni mille DCLVI. Secunda aetas continet annos CCXCII. Sem anno II. post diluvium genuit Arfaxat, a quo Chaldei. Arfaxat anno XXXV. genuit Sela, a quo Samaritae et Indi. Sela anno XXX. genuit Heber, a quo Hebrei. Heber anno XIIII. genuit Faleh. Turris aedificabatur. Faleh anno XXX. genuit Reu. Dii primum adorantur. Reu anno XXXII. genuit Saruh. Regnum Scitharum inchoat. Saruh anno XXX. genuit Nachor. Regnum Egiptiorum nascitur. Nachor anno XXXVIII!. genuit Thare. Regnum Assiriorum et Sicioniorum oritur. Thare anno LXX. genuit Abraham. Semiramis condidit Babiloniam, et Zoroastres magicam repperit. Fuerunt autem anni ab Adam usque ad Abraham mille DCCCCXLVII. Tercia aetas continet annos DCCCCXLII. Abraham anno LXXV. propter imperium Dei venit in terram Chanaan. Abraham anno LXXXVI. genuit Ismahel, a quo Ismahelitae. Abraham anno C. genuit Isaac. Isaac anno LX. genuit Iacob. Iacob anno XC. genuit Io­ seph. Memphis in Egipto conditur. Ioseph annis C et X vixit. Grecia segetes habere cepit. Hebreorum servitus in Egipto annis CXLVII, et Cecrops Athenas condidit. Moyses annis XL rexit Israel, sub quo Hebrei litteras habere ceperunt. Iosue annis XXVI rexit Israel. Ericthonins in Grecia primus iunxit quadrigam. Indices a Moyse usque ad Samuel prefuerunt annis CCCV. Othoniel annis XL prefuit. Cathmus Thebanorum rex Grecas litteras invenit. Aoth annis LXXX prefuit. Amphion musicus claruit. Debbora annis XL. Primus Latinis regnavit Picus. Et Apollo medicinae artem invenit. Gedeon annis XL. Orpheus Linusque musici claruerunt. Abimelech annis III. Iste LXX fratres suos occidit. Thola annis XXX. Priamus regnavit in Troya. Iair annis

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Aus der biblischen Geschichte

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Adam zeugte in seinem 1 30. Lebensjahre Seth, von dem die Söhne Got­ tes stammen. Seth zeugte in seinem 105. Jahre Enos, der damit begann, den Namen des Herrn anzurufen. Enos zeugte in seinem 90. Jahre Cainan. Cainan zeugte in seinem 70. Jahre Malalehel, das bedeutet "Pflanzung des

5 Herrn". Malalehel zeugte in seinem 72. Jahre Jareth. Jareth zeugte in

seinem 162. Jahre Enoch. Dieser hat einiges über göttliche Dinge ge­ schrieben, wie wir durch das Zeugnis des Apostels Judas1 erfahren. Enoch zeugte in seinem 65. Jahre Methusalem. Nach dessen Geburt wurde Enoch von Gott entrückt. Methusalem zeugte in seinem 187. Jahre Lamech. Die 10 Riesen wurden geboren. Und es begehrten die Söhne Gottes, d. h. Seths2 , die Töchter der Menschen, d. h. Cains2 • Lamech zeugte in seinem 182. Jahre Noah, der die Arche gebaut hat. In Noahs 600. Jahre kam die Flut. Es waren aber von Adam bis zur Überschwemmung, d. h. bis zur Sintflut, 1 656 Jahre. Das zweite Zeitalter umfaßt 292 Jahre. Sem zeugte im zweiten Jahre 15 nach der Flut Arfaxat, von dem die Chaldäer stammen. Arfaxat zeugte in

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seinem 35. Jahre Sela, von dem die Samariter und die Inder stammen. Sela zeugte in seinem 30. Jahre Heber, den Stammvater der Hebräer. Heber zeugte in seinem 14. Jahre Falech. Der Turm wurde erbaut. Falech zeugte in seinem 30. Jahre Reu. Götter werden zuerst angebetet. Reu zeugte in seinem 32. Jahre Saruch. Das Reich der Skythen beginnt. Saruch zeugte in seinem 30. Jahre Nachor. Das Reich der Ägypter entsteht. Nachor zeugte in seinem 39. Jahre Thare. Das Reich der Assyrer und das der Sikyonier entsteht. Thare zeugte in seinem 70. Jahre Abraham. Semiramis gründete

2s Babylon, und Zoroaster erfand die Magie. Es waren aber von Adam bis Abraham 1947 Jahre. Das dritte Zeitalter umfaßt 942 Jahre. Abraham kam in seinem 86. Jahr auf Gottes Befehl in das Land Kanaan. Abraham zeugte in seinem 86. Jahre lsmael, den Stammvater der Ismaeliten. Abraham zeugte in seinem

30 100. Jahre Isaak. Isaak zeugte im 60. Jahre Jakob. Jakob zeugte im 90.

Jahre Joseph. Memphis in Ägypten wird gegründet. Joseph lebte 1 10 Jahre. In Griechenland begann man Getreide anzubauen. Knechtschaft der Hebräer in Ägypten 1 47 Jahre, und Kekrops gründete Athen. Moses regierte Israel 40 Jahre, unter ihm begannen die Hebräer Buchstaben zu

35 gebrauchen. Josua regierte Israel 26 Jahre. Erichthonius schirrte in Grie­

chenland als erster ein Viergespann an. Richter führten die Regierung

305 Jahre von Moses bis Samuel. Othoniel regierte 40 Jahre. Der thebani­ sche König Kadmus erfand die griechischen Buchstaben. Aoth regierte 80 Jahre. Amphion war als Musiker berühmt. Debora 40 Jahre. In Latium

40 regierte der erste König, Picus. Und Apollo erfand die Heilkunst. Gedeon

40 Jahre. Orpheus und Linus waren berühmte Musiker. Abimelech 3 Jahre. Dieser ermordete seine 70 Brüder. Thola 30 Jahre. Priamus war König 1 Vgl . Juda 14. 2-2 Von L. hinzugefügt.

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La.mperti Armales

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XXII. Carmentis Latinas litteras repperit. / Iepte annis VI. Hercules flammis se iniecit. Abessa annis VII. Bellum decennale Troyae sur­ rexit. Aialon annis X. Hic in LXX interpretibus non habetur. Labdo annis VIII. Capta Troya Eneas venit in Italiam &. Samsou annis XX. Ascanius Albam condidit. Heli sacerdos annis XL. Archa testamenti capitur, et regnum Sicioniorum finitur. Samuel et Saul annis XXXII. Regnum Lacedemoniorum exoritur, et Homerus fuisse probatur. Quarta aetas continet annos CCCCLXXIII. David annis XL regna­ vit. Carthago a Didone conditur. Gath, Nathan et Asaph propheta­ verunt. Salomon annis XL. Templum Ierosolimis aedificatur annis CCCCLXXX egressionis ex Egipto expletis. Ex quo apparet Samue­ lem et Saulern XXXII annos et non XL prefuisse. Roboam XVII annis regnavit. Regnum Israel et Iuda dividitur. Abia annis III. Pon­ tifex Abimelech insignis habetur. Asa annis XLI. Aggeus, Amos, Iohel et Ieu prophetaverunt et Azarias. Iosaphat annis XXV. Helias, Heliseus, Abdias et Micheas prophetaverunt. Ioram annis VIII. Edom re­ cessit a Iuda et constituit sibi regem. Ochozias anno I. Helias rapitur. Athalia annis VII. Ionadab filius Rechab sacerdos claruit. Ioas annis XL. Zacharias filius Ioiadae lapidatur. Amasias annis XXVIII. Amos propheta claruit in Israel. Ozias annis LII. Olimpias prima a Grecis constituitur. Ioatham annis XVI. Esaias, Osee et Iohel prophetave­ runt. Et Romulus nascitur. Achas annis XVI. Roma conditur, et Is­ rael in Medos transfertur. Ezechias annis XXVIII!. Romulus C sena­ tores constituitb. Manasses annis LV. Numa duos menses adiecit, et Sibilla Samia claruit. Ammon annis II. Tullus in re publica censum exegit. Iosias annis XXXI. Thales phisicus claruit. -Ioachim annis XI. Huius tercio anno Nabuchodonosor Iudeam cepit. Sedechias annis XI. Templum Ierosolimis incensum est. Fuerunt autem ab origine mundi usque ad terminum Iudaici regni anni III MCCCLXIII. Quinta aetas continet annos DLXXXVIII. Hebreorum captivitas annis LXX. Iudith historia conscribitur. Darins annis XXXVI. Huius secundo anno templum Ierosolimis construitur, finitis LXX annis Iudaicae captivitatis. Xerses annis XXI. Herodotus historiographus agnoscitur. Artarxerses annis XL. Esdras legem incensam renovavit. Et Neemias Ierusalem restauravit. Darius, qui et Nothus, annis XVIII!. Haec aetas habuit Platonem. Artarxerses, qui et Ochus, annis XXVI. Demostenes et Arestotiles predicantur. Xerses Ochi filius

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Aus der biblischen und der alten Geschichte

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von Troj a. Jair 22 Jahre. Carmentis erfand die lateinischen Buchstaben . Jephthah 6 Jahre. Herkules stürzte sich in die Flammen. Abessa 7 Jahre. Der zehnjährige trojanische Krieg brach aus. Ajalon 10 "Jahre. Dieser wird in der Septuaginta nicht erwähnt. Labdo 8 Jahre. Nach dem Fall Trojas kam Äneas nach Italien ; [er wurde vom Blitz erschlagen. Auf seiten der Griechen fielen 877, auf seiten der Trojaner 686.]. Samson 20 Jahre. Ascanius gründete Alba. Der Priester Heli 40 Jahre. Die Bundeslade wird geraubt, und das Reich der Sikyonier endet. Samuel und Saul 32 Jahre. Das Reich der Lakedämonier beginnt, und daß Homer damals gelebt hat,

10 ist bezeugt.

Das vierte Zeitalter umfaßt 473 Jahre. David regierte 40 Jahre. Kar­ thago wird von Dido gegründet. Gath, Nathan und Asaph prophezeiten. Salomo 40 Jahre. Der Tempel zu Jerusalem wird 480 Jahre nach dem Aus­ zug aus Ägypten erbaut. Daraus geht hervor, daß Samuel und Saul 32, 1 5 nicht 40 Jahre regiert haben. Roboam regierte 17 Jahre. Das Reich Israel und Juda wird geteilt. Abia 3 Jahre. Der Hohepriester Abimelech ist be­ rühmt. Asa 41 Jahre. Als Propheten traten auf Aggeus, Amos, Johel, Jeu und Azarias. Josaphat 25 Jahre. Elias, Elisa, Abdias und Micha prophe­ zeiten. Joram 8 Jahre. Edom trennte sich von Juda und wählte sich einen 20 König. Ochozias 1 Jahr. Elias wird entrückt. Athalia 7 Jahre. Jonadab, der Sohn Rechabs, war als Priester berühmt. Joas 40 Jahre. Zacharias, der Sohn Joj adas, wird gesteinigt. Amasias 28 Jahre. Der Prophet Amos war in Israel berühmt. Ozias 52 Jahre. Die Olympiadenrechnung wird von den Griechen eingeführt. Joatham 1 6 Jahre. Jesaj a, Hosea und Joel weis-

25 sagten. Und Romulus wird geboren. Achaz 16 Jahre. Rom wird gegründet,

und Israel wird ins Land der Meder geführt. Ezechias 29 Jahre. Romulus setzt 100 Senatoren ein. [Er wurde vom Blitz erschlagen] . Manaase 55 Jahre. Numa fügte zwei Monate hinzu, und die Samische Sibylle war be­

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rühmt. Ammon 2 Jahre. Tullus veranstaltete im Staat eine Schatzung. Josias 31 Jahre. Thales war als Naturforscher berühmt. Joachim 1 1 Jahre. In dessen drittem Jahre eroberte Nebukadnezar Judäa. Sedechias 1 1 Jahre. Der Tempel zu J erusalem wurde eingeäschert. Es waren aber vom Anfang der Welt bis zum Ende des j üdischen Reichs 3363 Jahre. Das fünfte Zeitalter umfaßt 588 Jahre. Die Gefangenschaft der He-

bräer dauerte 70 Jahre. Die Geschichte Judiths wird geschrieben. Darius 36 Jahre. In seinem zweiten Jahr wird nach dem Ende der siebzigjäh­ rigen j üdischen Gefangenschaft der Tempel zu Jerusalem wiederaufgebaut. Xerxes 21 Jahre. Herodot wird als Geschichtsschreiber bekannt. Arta­ xerxes 40 Jahre. Esra erneuerte das verbrannte Gesetz, und Nehemia 40 baute Jerusalem wieder auf. Darius Notbus 19 Jahre. Dieser Zeit gehörte Plato an. Artaxerxes Ochus 26 Jahre. Demosthenes und Aristoteles sind

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") B 1 b fügt hinzu : hic fulmine perüt. Ex parte Grecorum occisa est DCCCLXXVII. Ex parte Troyanorum DCLXXXVI. h) B 1 b fügt hinzu: hic fulmine interiit.

Lamperti Annales

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anni s 1111. Xenocrate s claruit. Darins anni s V I. Alexander Macedo annis X II, qui Ie ros olimam cepi t. Huc usque regnum Persarum, dehinc Grecorum. Alexander anno V . Asiam obtinuit. Ptolomeus L agi filius f annis XL. M achabeorum liber primus inchoavit. F ilade lphus annis XXXVIII.

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LXX interprete s claruerunt. Euergete s annis XXV I. Iesus S apientiae librum composuit . Philopater anni s XVII. Machabe orum li ber secun­ dus inchoavit . E pi phanes anni s XXIIII. Ro mani Grecos obtinuerunt . P hilometo r annis X XXV . Hun c An thiochus superan s, Iudeo s obpres­ si t. Et S ci pio Affricam vici t. Euergetes annis XXVIIII. Brutus Hispa-

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ni am subegit. S other annis XVI I. Traces R omani s subi ciuntur. Varro et Cicero nascuntur. Ale xande r annis X. Syria pe r G abinium Romanis subicitur. Ptolomeus C leopatrae filius annis V III. S alusti us historio­ graphus nascitur. Dyonisius annis XXX . P ompeins Iudeam cepit. Cleopatra anni s II. Egiptus Romani s subditur.

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Huc usque regnum Grecorum, nunc Ro manorum. Iulius C esar annis V. Hic primus monarchi am tenuit, et ab hoc ce­ sares appellati sunt . O ctavi anus annis LVI. Hui us anno XLII. dominus noster Iesus C hristus nasci tur, completi s ab Adam i uxta Ie ronimum annis VM

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CXCVIIII. Tiberius autem anni s XXII I. Huius anno XVIII. dominus noster Iesus Christus cru cifixu s est . G ai us annis 1111. M atheus evange lium s cri psit . C laudius annis X IIII. Petrus R omam, et Marcus Alexandriam pe-

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tierunt. Nero annis XI III. Petrus et P aulus cruci gladioque traditi sunt ". V espasianus anni s X . H uius anno secundo Titus Ierosolimam sub­ vertit , templum solo s travit post annos primae aedificati oni s mi lle LXXXVIIII, dominic ae autem in carnati oni s LXX I.

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Titus anni s I I. Hic facundus et pius fuit. Domi ci anus annis XVI. Iohannes apostolus in Pathmos relegatur. Ne rva anno uno. Iohanne s E phesum rediit e t evangelium scripsit.

Traianus annis XVIIII. Symeon leros olimorum e pi scopus crucifigitur , e t Iohannes apos tolus requiescit. Ad ri anus annis XXI . Aqui la interpres oritur.

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Aus der griechischen und römischen Geschichte

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berühmt. Xerxes, des Ochus Sohn, 4 Jahre. Xenokrates war berühmt.

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Darius 6 Jahre. Alexander, der Makedonier, 12 Jahre ; er eroberte Jeru­ salem. Bis hierher das Reich der Perser, von da an das der Griechen. Alexander eroberte in seinem 5. Regierungsjahr Asien. Ptolemäus, des Lagos Sohn, 40 Jahre. Beginn des ersten Makkabäerbuches. Philadelphus 38 Jahre. Die 70 Dolmetscher waren berühmt. Euergetes 26 Jahre. Jesus verfaßte das Buch "Weisheit". Philopator 17 Jahre. Beginn des zweiten Makkabäerbuchs. Epiphanes 24 Jahre. Die Römer unterwarfen die Grie-

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chen. Philometor 35 Jahre. Antiochus besiegte ihn und unterwarf die Ju­ den. Und Scipio besiegte Afri).m. Euergetes 29 Jahre. Brutus unterjochte Spanien. Soter 17 Jahre. Die Thraker werden den Römern untertan. Varro und Cicero werden geboren. Alexander 10 Jahre. Syrien wird durch Gabi­ nius den Römern unterworfen. Ptolemäus, Kleopatras Sohn, 8 Jahre. Der Geschichtsschreiber Sallust wird geboren. Dionysius 30 Jahre. Pompejus eroberte Judäa. Kleopatra 2 Jahre. Ägypten wird den Römern untertan. Bis hierher das Reich der Griechen, von hier an das der Römer. Julius Cäsar 5 Jahre. Er hatte als erster die Alleinherrschaft inne, und nach ihm erhielten die Kaiser ihren Namen.

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Octavian 56 Jahre. In seinem 42. Jahr wird unser Herr Jesus Christus geboren, nach Hieronymus 5199 Jahre nach Adam.

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Tiberius 23 Jahre. In seinem 18. Jahr wird nnser Herr Jesus Christus ge­ kreuzigt. Gajus 4 Jahre. Matthäus schrieb sein Evangelium. Claudius 14 Jahre. Petrus ging nach Rom und Markus nach Alexandria.

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N.ero 14 Jahre. Petrus und Paulus wurden dem Kreuz bzw. dem Schwert überantwortet. [Lucaims und Josephus waren berühmt. Galba und Piso1 7 Monate, diese tötete Otho, 3 Monate ; er beging Selbstmord. Vitellius 8 Monate ; ihn brachte Vespasian um] . Vespasian 10 Jahre. In seinem zweiten Jahr zerstörte Titus Jerusalem

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und machte den Tempel dem Erdboden gleich, 1089 Jahre nach seiner ersten Erbauung, 71 Jahre nach der Fleischwerdung des Herrn. Titus 2 Jahre. Er war redegewandt und fromm. Domitian 16 Jahre. Der Apostel Johannes wird nach Patmos verbannt. Nerva 1 Jahr. Johannes kehrte nach Ephesus zurück und schrieb sein Evangelium. Trajan 19 Jahre. Bischof Sirneon von Jerusalem wird gekreuzigt, und der Apostel Johannes stirbt. Hadrian 21 Jahre. Der Übersetzer Aquila tritt auf.

a) B 1 b fügt hinzu: Lucanus et Iosephus claruerunt. Galba et Piso1 VII men­ ses, hos occidit Ottho, tres menses ; hic seipsum occidit. Vitellius VIII menses ; hunc occidit Vespasianus. 1 Piso war nicht Kaiser.

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Anthonius Pius annis XXI II I. Valentin ianus1 et Mare ion heretici agnos cuntur. Anth onins minor annisXVIIII. M ontanusCatafrigarum auctor oritur. Commodus annis XIII. Theodocion interp res apparuit. J Elius Perti nax anno I. Nihil historiae habet.

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Se verus Pertinax annis XV III . Symachus interpres agnoscitur. Antoninus C arac alla annis VII. Quinta editio Ierusalem invenitur. M acrinus anno I ve l Marcus Aurelius Antoninus annis III I. Sexta editio Nicapoli reperitur, et S abellius infelix oritur. Alexander annis XIII. O rigenes A lexandriae claru it.

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Maximianus vel M aximus annis III . Hic persecutus est christianos. Gordianus annis VII . F abianus episcopus Romae c laruit. Philippus annis VII. Hic primus imperator christianus fuit. Dec ius anno I. Anthonius monac hus oritur. Gallienus et fil ius eins Volusianus annis li. Novatiana heresis orit11r.

1s

Valerius2 cum Galieno anni s V. C iprianus et C ornelius martirio coronantur. Claudi us annis II. I ste G othos ab Illiri co expu lit. Aurelianus annis V. Hic etiam persecutus est christianos. Tacitus annum I.

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Probus annis VI. M anicheorum heresis oritu r. C arus anni s II . Iste de Perais triumphavit.

Di oc letianus et Maximianus annis XX . I sti di vinis libri s exus tis va­ s tari aecclesias, af:fli gi et interfic i christianos iusseru nt. Maximi nus filius Maximiani3, Severus et G alerius anno I.

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Constantinus annis XXXI. Cuius XVI. anno Nice na sinodus con­ gre gatur, dominicae incarnationis anno CCC XVIII. Constantius et C onstans annis XXVII . Reliquiae sancti Andreae s anc tique Lucae evange listae Constantinopolim trans feruntur, et An­ tropomorfitaru m heresis oritur. Per idem tempus Ath anasius et M axi-

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minus Treverorum arch iepiscopus atque Hylarius doctrina et fide clari habebantur. Iulianus annis li. Hi c ex monacho paganus factus christianos per­ secutus est. Iovianus anno I. Iste cum omni exe rc itu christianus efficitur. Valentinianus annis XI, qui a Iuliano ob fidem Christi milicia fuerat privatus. Et Gothi h eretici facti sunt.

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Aus der römischen Geschichte

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Antoninus Pius 2 4 Jahre. Die Ketzer Valentinian1 und Mareion machen

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von sich reden. Antoninus der Jüngere 19 Jahre. Montanus, der Begründer der Sekte der Kataphrygen, tritt auf. Commodus 13 Jahre. Der Übersetzer Theodotion trat auf. Helvius Pertinax 1 Jahr. Nichts Erwähnenswertes. Severus Pertinax 18 Jahre. Der Übersetzer Symmachus wird bekannt.

Antoninus Caracalla 7 Jahre. Die fünfte Ausgabe wird in Jerusalem gefunden. Macrinus 1 Jahr und Marcus Aurelius Antoninus 4 Jahre. Die sechste 10 Ausgabe wird in Nikopolis gefunden, und der unselige Sabellius tritt auf. Alexander 13 Jahre. Origenes war in Alexandria berühmt. Maximianus oder Maximus 3 Jahre. Er verfolgte die Christen. Gordianus 7 Jahre. Bischof Fabianus von Rom war berühmt. Philippus 7 Jahre. Er war der erste christliche Kaiser. 15 Decius 1 Jahr. Der Mönch Antonius tritt auf. Gallienus und sein Sohn Volusianus 2 Jahre. Die N ovatianische Ketzerei entsteht. Valerius2 mit Gallienus 5 Jahre. Cyprianus und Cornelius werden mit dem 20 Martyrium gekrönt. Claudius 2 Jahre. Er vertrieb die Goten aus Illyricum. Aurelianus 5 Jahre. Auch er verfolgte die Christen. Tacitus 1 Jahr. Probus 6 Jahre. Die Irrlehre der Manichäer entsteht. Carus 2 Jahre. Er siegte über die Perser. 2s Diocletian und Maximiau 20 Jahre. Sie ließen die heiligen Schriften verbrennen, die Kirchen zerstören und die Christen verfolgen und töten. Maximinus, der Sohn Maximians3, Severus und Galerius 1 Jahr. Constantinus 31 Jahre. In seinem 1 6. Jahre tritt die Synode zu Nicäa 30 zusammen, im Jahre 318 nach der Fleischwerdung des Herrn. Constantius und Constans 27 Jahre. Die Reliquien des hl. Andreas und des hl. Lukas, des Evangelisten, werden nach Konstantinopel übergeführt, und die Ketzerei der Anthropomorphiten entsteht. Zu derselben Zeit waren Athanasius, Erzbischof Maximinus von Trier und Hilarius durch Lehre

35 und Glauben berühmt.

Julianus 2 Jahre. Aus einem Mönch Heide geworden, verfolgte er die

40

Christen. Jovianus 1 Jahr. Dieser wurde samt seinem ganzen Heer Christ. Valentinianus 1 1 Jahre. Er war wegen seines christlichen Glaubens von Julianus aus dem Militärdienst ausgestoßen worden. Die Goten wurden Ketzer. 2 Valerianus. Verwechselt mit Maxentius, dem Sohn Maximians.

1 Valentinus. 3

12

La.mperti Annales

7/8

Gracianus cum fratre Valent iniano armis VI. Ambrosius et Marti­ nus episcopi claruerunt. Valentinianus cum Theodosio annis V IIII. l eronimus in Bethleem toto mundo claruit. Theodosius annis XL S anctus l oharmes anachorita claruit.

5

Archadius cum fratr e Honorio armis XII I". l oharmes C risostomus et Augqstinus episcopi claruerunt.

f

Honorius cum Theodosio minore annis XV. Cyrillus Alexandriae episcopus claruit. Theodosius minor, Archadii filius, armia XXVI. Effesina sinodus Ne-

10

storium cum suis fautoribus Pelagianis damnat sub Celestino papa. Marcianus annis VII. C alcedonense conci li um sub Leone papa DCXXX patrum agitur. Leo maior cum Leone minore annis XVII. Egiptus ab errore Dioscori liberatur.

15

Zenon armis XVII. C orpus B arnabae apostoli reperitur, et Azephalorum heresis oritur. Anastasius XXVI annis. Fulgentius episcopus claruit. b l ustinus maior armis Vllll . Az ephalorum heresis abdicatur. Iustinianus annis XXXVIIII. Huius sexto anno primus ciclus

20

Dyonisi i inchoavit, dominicae incarnationis armo DXXXII. l ustinus minor annis XL Armenii fidem C hristi s usceperunt. Ti berius armis VI. Ermi nigildus rex G othorum martirio coronatur. Mauricins armis XXI. Gregorius papa Augustinum archiepiscopum cum monachi s B ritanni am misit, ut gent i Anglorum verbum Dei evan-

25

geliz ar ent, dominicae incarnati onis armo DXCVI. Focas annis VIII. Angli-S axones fidem C hristi susceperunt. Eraclius armis XXXVI. l udei in Hispani a christi ani facti sunt. Erado nas cum matre sua Martina annis II. Pirrus regiae urbis episcopus a Theodoro papa damnatur.

so

Constantinus Eracli i filius menses V I. Paulus, Pirri successor, ob eandem vesanam doctri nam damnatus est. Constantinus Constantini i1 fi lius annis XVII. Hic sextarn sinodum congregavit. Cuius rogatu Agatho papa misit in regiam urbem legatos suos, in quibus fui t l oharm es R omanae aecclesi ae tune diaconus, non longe post episcopus, pro adunati one facienda sanctae aecclesiae. Ha ec sexta sinodus Constantinopolim acta est. Ubi a:ffu erunt episcopi CL,

ss

Aus der römischen Geschichte

13

Gratianus mit seinem Bruder Valentinianus 6 Jahre. Die Bischöfe Am­ brosius und Martinus waren berühmt. Valentinianus mit Theodosius 9 Jahre. Hieronymus in Bethlehem 5

war

in der ganzen Welt berühmt. Theodosius 1 1 Jahre. Der hl. ;Tohannes, der Anachoret, war berühmt. Arcadius mit seinem Bruder Honorius 1 3 Jahre. Die Bischöfe Johannes Chrysostomus und Augustinus waren berühmt.

10

Honorius mit Theodosius dem Jüngeren 15 Jahre. Bischof Cyrillus von Alexandria war berühmt. Theodosius der Jüngere, des Arcadius Sohn, 26 Jahre. Das Konzil zu Ephesus verdammt unter Papst Cölestin Nestorius mit seinen Anhängern, den Pelagianern. Marcianus 7 Jahre. Das Konzil von Chalkedon tagt mit 630 Vätern

15

20

unter Papst Leo. Leo der Ältere mit Leo dem Jüngeren 17 Jahre. Ägypten wird von der Irrlehre des Dioscorus befreit. Zenon 17 Jahre. Der Leib des Apostels Barnabas wird gefunden, und die Irrlehre der Akephalen entsteht. Anastasius 26 Jahre. Bischof Fulgentius war berühmt. Justinus der Ältere 9 Jahre. Die Irrlehre der Akephalen wird verworfen. Justinianus 39 Jahre. Mit dessen sechstem Jahre begann der erste Oster­ zyklus des Dionysius, dem Jahre 532 nach der Fleischwerdung des Herrn. Justinus der Jüngere 1 1 Jahre. Die Armenier nahmen den christlichen

25

Glauben an. Tiberius 6 Jahre. Der Gotenkönig Erminigild wird mit dem Martyrium gekrönt. Mauricins 21 Jahre. Papst Gregor sandte im Jahre 596 n. d. Fl. d. H. den Erzbischof Augustinus mit Mönchen nach Britannien, um dem Volke

ao

35

40

der Angeln das Wort Gottes zu predigen. Phocas 8 Jahre. Die Angelsachsen nahmen den christlichen Glauben an. Heraclius 36 Jahre. Die Juden in Spanien wurden Christen. Heracleonas mit seiner Mutter Martina 2 Jahre. Pyrrhus, der Bischof der Kaiserstadt, wird von Papst Theodorus verdammt. Constantinus, des Heraclius Sohn, 6 Monate. Paulus, der Nachfolger des Pyrrhus, wurde wegen derselben wahnwitzigen Lehre verdammt. Constantinus, des Constantinus1 Sohn, 17 Jahre. Er versammelte die sechste Synode. Auf seine Bitten schickte Papst Agatho seine Legaten, darunter J ohannes, damals Diakon, bald darauf Bischof der römischen Kirche, in die Kaiserstadt, um die Einheit der hl. Kirche herzustellen. In Konstantinopel wurde das sechste Konzil abgehalten. Dabei waren 1 50

") B 1 b fügt hinzu: Hic sacra ossa Samuelis prophete de Iudea transtulit in Traciam. b) B 1 b fügt hinzu: Huius sexto anno primus ciclus etc. I Constantis filius.

14

Lam perti Annales

8-- 12

presidente G eorgio patriarch a urbis regiae et Machario urbis Anth io­ chiae; et convict i sunt, qui unam volunt at em et operationem astrue­ bant in Christo, falsasse patrum cath olicorum dicta per plurimaa. DCCII. anno dominicae incarnationis. Huc usque B eda. I b DCCV .

s

DCCVI0• DCCVIIJ S. Cuonrat4 rex de B rittannia Romam perrexit ibique attonsus ac monachus factus in ieiuniis et precibus ad diem pervenit ult imum. D CCX. Bibbinus maior domus regni Franeorum perrexi t in Aleman-

10

warn. D CXII . Mo rt uus est Heriberdus rex Longobardorum. DCCXIIII . Mortuus est Bibbinus maior domus; cui successit K a­ rolusd filius eius. DCC XV. Mortuus est D agob erdus rex; fuitque pugna Francorum.

1s

D CCXVI . Pugnavit K arolus contra regem Ratbodum. DCCXVII. Pugnavit K arolus contra F rancos in dominica die ante pascha. D CC XVIII. Vast avit K arolus S axoniam plaga magnae. DCC XVIIII . O ccisio F rane orum ad S uessionis civitatem.

20

DCCXX. Pugnavit K arolus contra S axones. D CC XXII. Magna fertilitas facta est. DCCXXIII. K arolus infirmatur. I DCCXXV. K arolus perrexit Andegavis. D CC XXVII6• S anctus Egbertus migravit ad Christum. DCCXXVIIII. C ometae stellae apparuerunt. DCCXXXI. K arolus vastavit ultra Liguram. DCCXXXII. K arolus pugnavit contra Sarracenos. a ) B 1 b fügt hinzu : Tagobertus rex Franeorum monasterium in Wizenburck construxit anno Domini DCXXIII, regni sui XXIIP. b) B 1 und B Ja fügen hinzu: DCCV. Aldfridus rex Nordanimbrorum, filius Oswi fratris sancti Oswaldi regis, obüt. 0) B 1 fügt hinzu: DCCVI. Inicium monasterü sancti Petri in Erphesfurt, quod construxit Tagebertus rex Franeorum in monte qui antea Merwigisburg voca­ batur, sed ab ipso Tageberto Mons Sancti Petri nuncupatus est8• d) B 1 fügt hinzu: Martellus. 0) B 1 und B 2 fügen hinzu: Sanctus Bonifa.cius ordina.tur episcopus II. Ka.l. Decembris5•

25

702-732

Aus der fränkischen Geschichte

15

Bischöfe anwesend unter dem Vorsitz des Patriarchen der Kaiserstadt Georgius und des Patriarchen Macarius von Antiochia ; diejenigen, die Einen Willen und Ein Wirken in Christo behaupteten, wurden überführt, Aussprüche der katholischen Väter vielfach verfälscht zu haben. [Der Frankenkönig Dagobert erbaute im Jahre des Herrn 623, dem 5 23. seiner Regierung, das Kloster zu Weißenburg 1 .) 702 n. d. Fl. d. H. Bis hierher Beda. 705 [König Alfred von Northumberland, der Sohn Oswins, des Bruders des hl. Oswald, des Königs, starb.] 706 [Gründung des Klosters St. Peter in Erfurt, das der Frankenkönig 10 Dagobert auf dem Berge erbaute, der bis dahin Merwigisburg hieß, von Dagobert aber St. Patersberg genannt wurde2 .] 7083 König Ceonred4 zog von Britannien nach Rom, ließ sich dort scheren, wurde Mönch und verbrachte sein Leben mit Fasten und Beten

1 5 bis zu seinem letzten Tag.

710 Der fränkische Hausmeier Pippin zog nach Alemannien.

7 1 2 Heribert, der König der Langobarden, starb. 7 1 4 Der Hausmeier Pippin starb ; auf ihn folgte sein Sohn Karl. 7 1 5 König Dagobert starb ; es fand eine Schlacht zwischen den Fran20 ken statt. 7 1 6 Karl kämpfte gegen König Ratbod. 7 1 7 Karl kämpfte am Sonntag vor Ostern mit den Franken. 7 1 8 Karl verwüstete Sachsen schwer. [Der hl. Bonifatius wird am 30. NovemberS zum Bischof geweiht.) 7 1 9 Vernichtung der Franken bei Soissons. 25 720 Karl kämpfte gegen die Sachsen. 722 Es herrschte große Fruchtbarkeit. 723 Karl erkrankt. 725 Karl zog nach Angers. 7 2 7 8 Der hl. Egbert wanderte zu Christus. ao 729 Kometen erschienen. 731 Karl verwüstete das Land j enseits der Loire.

732 Karl kämpfte mit den Sarazenen. 1

Datum fraglich. Stütung im 7. Jahrhundert. Eine so frühe Stiftung ist später erdichtet worden. 3 Richtig 709. - Von hier an stützt sich Lampert vorzugsweise auf die Qued· linburger und Altaicher Annalen, benutzt öfter auch die Annalen von Ottobeuren, gelegentlich noch weitere. Die Formulierung wird jedoch immer selbständiger ; auch inhaltlich nehmen die eigenen Zusätze Lamperts zu, besonders über Hers­ felder und heBBische oder thüringische Vorgänge. ' Ceonred von Mercia. 5 30. November 722 . 2



729.

16

Lamperti Annales

12-16

DCCXXXIII. Eclipsis facta est solis. DCCXXXIIII. Karolus perrexit in Fresiam. DCCXXXV. Karolus vastavit Wascones. DCCXXXVP. Beda nobilis et preclarus doctor obüt. Inicium Herveldensis monasterü2•

5

DCCXXXVIII. Karolus pugnavit contra Sarracenos in Gothia3• DCCXXXVIIII. Karolus Saxoniam iterum intravit et fecit eos tri­ butarios. DCCXL. Karolus Provinciam intravit usque in Massilia m. DCCXLI. Karolus obüt maior domus regni Franeorum ; cui succes-

10

serunt Karlmannus et Bibbinus, :filli eius. Inicium Altahensis mona­ sterü.

/

DCCXLII. Karolus Magnus natus est6 • DCCXLIIII. Inicium Fuldensis monasterü. DCCXLVI. Sanctus Burchardus ordinatus est episcopus primus in

16

Wirziburg. DCCXLVII4• Sanctus Wigbertus migravit a seculo. Karlemannus Romae monachus factus est. DCCL6• Bibbinus decreto . Zachariae papae per unctionem sancti Bonifacü archiepiscopi rex appellatus est, qui antea maior domus vo-

20

catus est ; et Hildericus rex tonsoratus in monasterium mittitur. DCCLI6• Zacharias papa obüt. Stephanus electus est atque occisus ; et alter Stephanus electus atque consecratus est. DCCLIII. Stephanus papa ad Bibbinum veniens defensionem petüt contra Haistulfum regem.

25

DUCLIIII. Stephanus papa duos filios Bibbini, Karlum et Karlmannum, unxit in reges. DCCLV7• Sanctus Bonifacius martirio coronaturb . DCCLVI. Organa primum missa sunt Bibbino de Grecia. DCCLVIII. Bibbinus Saxonibus superatis tributum imposuit, ut CCC equos singulis annis persolverent.

/

DCCLXIIII. Bibbinus magnum conventum habuit in Carisiago ; fuitque hyemps durissima.

•) B 1 und B 2 fügen hinzu: Sanctus Bonifacius cum Ka.rlomanno magnam sinodum habuit. b) B 1, B 2 und B 3a. P. fügen hinzu: anno peregrinationis suae XL.

ao

733-764

Von Karl Ma.rtell und Pippin

17

733 Eine Sonnenfinsternis trat ein. 734 Karl zog nach Friesland. 735 Karl verwüstete die Gascogne. 736 1 Beda, der berühmte, hervorragende Lehrer, starb ; Gründung des 5 Klosters Hersfeld2 • 738 Karl kämpfte in Gothien· mit den Sarazenen3 • 739 Karl zog wiederum nach Sachsen und machte es tributpflichtig. 7 40 Karl drang in der Provence bis Marseille vor. 741 Karl, der Hausmeier des Frankenreichs, starb ; auf ihn folgten seine 1 0 Söhne Karlrnann und Pippin. Gründung des Klosters Nieder-Altaich. 7 42 Karl der Große wurde geboren. [Der hl. Bonifatius hielt mit Karl­ rnann eine große Synode ab.]

15

7 44 Gründung des Klosters Fulda. 7 46 Der hl. Bernhard wurde zum ersten Bischof von Würzburg geweiht. 7 474 Der hl. Wigbert schied aus der Zeitlichkeit. Karlrnann wurde in Rom Mönch. 7505 Pippin erhielt auf Anordnung des Papstes Zacharias durch die Salbung des hl. Erzbischofs Bonifatius den Königsnarnen, während er vor­

her den Titel Majordomus führte ; König Childerich wurde geschoren und 20 in ein Kloster geschickt. 7516 Papst Zacharias starb. Stephan wurde gewählt und ermordet ; ein anderer Stephan wurde gewählt und geweiht. 753 Papst Stephan kam zu Pippin und bat um Schutz gegen König Ai­ stulf. 25

754 Papst Stephan salbte die beiden Söhne Pippins, Karl und Karlrnann, zu Königen. 7557 Der hl. Bonifatius wird mit dem Martyrium gekrönt [im 40. Jahr seiner Pilgerschaft.] 756 Zum ersten Male .wurde Pippin eine Orgel aus Griechenland ge­

so

schickt. 758 Pippin legte den besiegten Sachsen die j ährliche Lieferung von 300 Rossen als Tribut auf. 764 Pippin hielt zu Quiercy eine große Versammlung ab, und es war ein sehr strenger Winter.

1 735. 2 Zusatz Lamperts. Die Gründung von HerBfeld wurde in dieser Zeit geplant aber erst um 768 durchgeführt. 3 Richtig 737 : Belagerung von Narbonne. 4 746. 5 751. 6 752. 7 754.

18

Lamperti Annales

16-18

DCCLXV. Ruotgangus episcopus corpora sanctorum Gorgonii, Na­ boris et Nazarii de Roma advexit. DCCLXVI. Victi sunt Sclavi in Weidahaburc1 a Francis. DCCLXVIII. Bibbinus rex acquisivit Equitaniam totam, et inde revertens ad Sanctum Dionisium, VIII. Kal. Octobris obiit, Karlo

5

Magno et Karlmanno regnum relinquens. DCCLXX. Berhta regina venit de Italia et Desiderii regis filiam adduxit in Franciam. DCCLXXI. Karlmannus obiit, fratri Karolo regnum relinquens. DCCLXXII . Karlus in Saxonia Eresburg2 expugnavit et fanum

10

eorum quod vocabatur Irminsul destruxit. DCCLXXIII. Karlus ab Adriano3 papa invitatus Desiderium regem in Papia obsedit. DCCLXXIIII. Karlus Papiam cepit et Desiderium regem in Fran­ ciam duxit. Eodem anno Saxones aecclesiam in Frideslare lignis et

15

igne implentes incendere volebant, sed minime valebant. DCCLXXVI. Saxones christiani effecti sunt. DCCLXXVII. [Dedicatio aecclesiae in Ordorf a beato Lullo in ho­ nore sancti Petri "]4• DCCLXXVIII. Karolus pugnavit contra Sarracenos, et Saxones

20

Loganahi vastant. DCCLXXVIIII. Sturm abbas Fuldensis cenobii obiit. DCCLXXXI. Karlus Romam perrexit, ibique baptizatus est Karlo­ mannus filius eius, quem Adrianus papa mutato nomine vocavit JBib­ binum. Ibi quoque desponsata est Ruodrut filia eius Constantino im-

25

peratori. Karlus divisit terram inter episcopos in Saxonia5• DCCLXXXII . Karli comites occisi sunt a Saxonibus in loco qui di­ citur Suntal. DCCLXXXIII. Hildigart regina obiit ; cui Fastrat successit. DCCLXXXVI. Sanctus Lullus archiepiscopus obiit6 ; [cui Richolfus

ao

successit] . Et Karlus ad Italiam venit. Multa quoque visa sunt pro­ digia. Signum enim crucis in vestimentis hominum apparuit, et san­ guis e caelo terraque profluxit. DCCLXXXVII . Karlus Romam veniens, Beneventum profectus est et monasterium sancti Benedicti adiit. Et eclipsis facta est solis. DCCLXXXVIIII. Karlus subegit gentem Wilzorum. DCCXC7• Karlus perrexit in Pannoniam.

35

765-790

Von Karl dem Großen

19

765 Bischof Ruotgang brachte die Leiber der hl. Gorgonius, Nabor und

Nazarius von Rom mit. 766 Die Slaven wurden von den Franken bei Weidahaburg1 besiegt. 768 Pippin gewann ganz Aquitanien ; nachdem er von da nach St. Denis 5 zurückgekehrt war, starb er dort am 24. September und hinterließ das Reich Karl dem Großen und Karlmann. 770 Königin Bertha kam aus Italien und brachte die Tochter des Kö­ nigs Desiderius mit nach Francien. 771 Karlmann starb und hinterließ das Reich seinem Bruder Karl. 772 Karl eroberte in Sachsen die Eresburg2 und zerstörte das Irminsul 10 genannte Heiligtum. 773 Karl, von Papst Hadrian3 herbeigerufen, belagerte König Desiderius in Pavia. 774 Karl nahm Pavia und brachte König Desiderius nach Francien. In 1 5 demselben Jahre füllten die Sachsen die Kirche in Fritzlar mit Holz, um sie einzuäschern, das gelang ihnen aber nicht. 776 Die Sachsen wurden Christen. 777 [Weihe der Kirche zu Ohrdruf durch den seligen Lul zu Ehren

des hl. Petrus.]4 778 Karl kämpfte mit den Sarazenen, und die Sachsen verwüsten den 20 Lahngau. 779 Sturm, der Abt des Klosters Fulda, starb. 781 Karl zog nach Rom, und hier wurde sein Sohn Karlmann von Papst Hadrian getauft, der seinen Namen in Pippin änderte. Dort wurde auch 25 Karls Tochter Rotrud mit dem Kaiser Constantin verlobt. Karl teilte in Sachsen das Land unter die Bischöfe5 • 782 Karls Grafen wurden im Süntel von den Sachsen erschlagen. 783 Königin Hildegard starb ; Fat�trada wurde ihre Nachfolgerin. 30

786 Der heilige Erzbischof Lul starb6 ; sein Nachfolger wurde Richolf. Karl zog nach Italien. Man sah auch viele Vorzeichen : das Kreuzeszeichen

erschien an den Kleidern der Menschen, und Blut floß vom Himmel und aus der Erde. 787 Karl kam nach Rom, zog nach Benevent und besuchte das Kloster as

des hl. Benedikt. Eine Sonnenfinsternis trat ein. 789 Karl unterwarf die Wilzen. 790 Karl zog nach Pannonien7•

"') fehlt bei A und seinen Ableitungen. 1 Lage unbekannt. 2 An der Diemel. 3 Hadrian I. ' Um 730. - Wenn nicht von L., so doch wohl in Hersfeld hinzugefügt ? 5 780. 6 Von Mainz. Er wurde in Hersfeld beigesetzt. 7 Richtig 791.

Lamperti Armales

20

IS-22

DCCXCI. Karlus subegit gentem Avarorum. Et fundata est aeccle­ sia sancti Bonifacü in Fulda. DCCXCII. Coniuratio Bibbini contra patrem suum, quae per Far­ dolfum publicata est. Unde Bibbinus attonsus in monasterium mit­ titur, caeterique omnes perditi, alii decollati, alü suspensi, miserabi-

s

liter sunt mortui. Et ipsi Fardolfo datum est cenobium sancti Dio­ rusu. DCCXCIIII. Heresis Feliciana damnata est in sinodo Frankonofurt ; et Vastrath regina obiit. DCCXCV. Adrianus papa obüt in nativitate Domini. DCCXCVP.

10

/

DCCXCVIII. Balthart abbas Herveldensis obiit. DCCXCVIIII. Leo papa, lingua truncata, excecatus et de pontifi­ catu eiectus, videns et loquens in Franciam venit ad Karlum, in locum qui dicitur Heristelle.

15

DCCC. Karlus a Romanis augustus est appellatus. DCCCI. Amarmurmulus rex Persarum elefantem unum cum aliis muneribus Karlo misit. DCCCIII. Leo papa iterum venit in Franciam, et Saxones Transal20

biani translati sunt in Franciam. b DCCCIIII . DCCCV. Karlus Karli filius Betheimos vastavit. DCCCVII. Mortalitas maxima facta est in Fulda. DCCCX. Hoenburg1 castellum impositum est Albiae flumini ab imperatore Karlo contra Danos.

2s

DCCCXI. Depositio Liutgeri episcopi2• DCCCXIII. Richolfus Mogontinus archiepiscopus obiit ; cui Hai­ stolfus successit. Et pons apud Mogontiam incendio periit. DCCCXIIII. Karlus Magnus imperator obiit ; cui Luodowicus successit, qui episcopatum in Hiltinesheim construxit3•

/

ao

DCCCXV4• Baugolfus abbas Fuldensis obüt. Et preceptum est, ut omnes monachi cantarent cursum sancti Benedicti. DCCCXVIIS. Luodowicus imperator Aquisgrani habuit sinodum ibique ordinavit vitam monachorum. DCCCXVIII. Luodowicus imperator in Brittannia Normannum regern vicit6•

a5

791--818

Von Karl dem Großen

21

7 9 1 Karl unterwarf die Avaren. I n Fulda wurde der Grundstein z u der Kirche des hl. Bonifatius gelegt. 792 Verschwörung Pippins gegen seinen Vater ; sie wurde durch Far­ dolf aufgedeckt. Pippin wurde daraufhin geschoren und ins Kloster ge5 schickt, alle übrigen wurden hingerichtet, teils geköpft, teils gehängt, und starben so eines elenden Todes: Fardolf erhielt das Kloster St. Denis. 794 Die Felicianische Irrlehre wurde auf der Synode zu Frankfurt ver­ dammt, und Königin Fastrada starb . 795 Papst Hadrian starb am Weihnachsttage.

10

796

Das Kloster des hl. Alban zu Mainz wurde von Erzbischof Richolf

gegründet. 798 Abt Balthart von Hersfeld starb. 799 Papst Leo, den man mit verstümmelter Zunge und geblendet vom apostolischen Stuhl verjagt hatte, kam sehend und sprechend zu Karl

15 nach Francien, und zwar nach Herstelle. 800 Karl wurde von den Römern zum Augustus ausgerufen. 801 Der Perserkönig Amir-al-Mumenin schickte Karl einen Elefanten nebst anderen Geschenken. 803 Papst Leo kam zum zweiten Mal nach Francien, und die Sachsen 20 von j enseits der Elbe wurden nach Francien umgesiedelt. 804 [Abt Baugulf von Fulda starb, auf ihn folgte Ratgar. 805 Karls Sohn Karl verwüstete Böhmen. 807 In Fulda ereignete sich ein großes Sterben. 810 Von Kaiser Karl wurde die Festung Hönburg1 an der Elbe gegen die

25 Dänen angelegt. 8 1 1 Beisetzung Bischof Liutgers2 • 813 Erzbischof Richolf von Mainz starb ; sein Nachfolger wurde Hai­ stulf. Die Mainzer Brücke wurde durch einen Brand zerstört. 814 Kaiser Karl der Große starb ; auf ihn folgte Ludwig, der das Bistum Hildesheim errichtete3 • 8154 Abt Baugulf von Fulda starb. Es wurde angeordnet, daß alle Mön­ che nach der Ordnung des hl. Benedikt singen sollten. 817 6 Kaiser Ludwig hielt eine Synode zu Aachen ab und ordnete dort das Leben der Mönche. 818 Kaiser Ludwig besiegte in der Bretagne den König Morman6• 35

ao

3 ) In B 1 a ist von anderer Hand hinzugefügt: DCCXCVI. Monasterium sancti Albani Moguncie fundatur a Richolfo archiepiscopo. h) B 1 a fügt hinzu: DCCCIIII. Baugolfus abbas Fuldensis obiit, Ratgarins successit. 1 Die Lage des Ortes wird verschieden angegeben. 2 Von Münster. - Richtig zu 809. 3 Nicht sofort 814, sondern vielleicht um 827. 4 816. 6 Morman von der Bretagne. 5 816.

22-26

Lamperti Armales

22

DCCCXVIIII. Luodowicus Iudith filiam W elfi in uxorem accepit. Et in Fulda dedicata est aecclesia. Dcccxx a. DCCCXXIP. Inchoatio monasterii Novae Corbeiae. DCCCXXIIII. Luodowicus contra Vivomarcum regem pugnavit et 5 Brittanniam vastavit. DCCCXXV. Wivomarcus occisus est in domo propria. Et Haistolfus Mogontinus archiepiscopus obiit2 ; cui Otger successit b



DCCCXXVI. Hiltwinus3 ossa sancti Sebastiani in Galliam transtulit.

10

DCCCXXVIIII4• Luodowicus imperator depositus est a filiis suis Liuthario, Luodowico et Karlo. DCCCXXXI. Bun et Rabau abbates5 fundamenturn aecclesiae sancti Wigberti6 foderunt VI. Idus Iulii, secunda feria. DCCCXXXII 0• Coniuratio Luodowici contra patrem suum. I

15

DCCCXXXIII. Regnum Franeorum ad Lotbarium est conversum. DCCCXXXIIII. Bibbinus et Luodowicus patrem suum restituerunt in regnumd. DCCCXXXVIII. Coniuratio Luodowici iterum ad Franconofurt, et conversum est regnum ad patrem eius.

20

DCCCXL. Luodowicus insequendo filium venit ad Herolfesfelt mo­ nasterium VI. Idus Aprilis. Luodowicus imperator obiit ; cui filius eius Luodowicus7 successit. DCCCXLI. Lutharius bellavit contra fratres suos Luodowicum et Karlum ; in quo prelio pene ad internicionem deleti sunt Franci , et 25 Liutharius victus est ; ubi8 et Adalbertus comes occisus est. DCCCXLII. Liutheri expulsus est a regno, et Rabau abbas de monasterio. DCCCXLIII. Liutheri, Luodowicus et Karlus pacem fecerunt. DCCCXLIIII. Liutharius rex regem Sclavorum Gestimulum occidit. DCCCXLV. Luodowicus venit ad Herolfelsfelt I II. Kal. Novembris et privilegia monachis dedit suoque sigillo munivit9• Monachi quo-

a ) B 1 a fügt hinzu: Ratgarins abbas Fuldensis obiit. Egil successit annis quinque. b) B 1 a fügt hinzu: Habanus fit abbas. 0) A und seine A bleitungen fügen hinzu: DCCCXXXII. Corpus sancti Aurelii in Germaniam delatum est, et Hirsaugia fundata.

so

819-845

Von Ludwig dem Frommen

23

819 Ludwig heiratete Judith, die Tochter Welfs. In Fulda wurde die

Kirche geweiht. 820 [Abt Ratgar von Fulda starb, s

Egil

amtierte als sein Nachfolger

fünf Jahre.] 8221 Gründung des Klosters Corvey. 824 Ludwig kämpfte gegen König Vivomarens und verwüstete die Bre­

tagne. 825 Vivomarcus wurde in seinem eigenen Haus ermordet. Erzbischof Haistulf von Mainz starb 2 ; sein Nachfolger war Otger. [Rabanus wurde 10 Abt.] 826 Hilduin3 brachte die Gebeine des hl. Sebastian nach Gallien. 8294 Kaiser Ludwig wurde von seinen Söhnen Lothar, Ludwig und Karl

abgesetzt. 831 Die Äbte Bun und Raban5 legten Montag, den 10. Juli, den Grund15 stein zu der Kirche des hl. Wigbert6• 832 [Der Leib des hl. Aurelius wurde nach Deutschland übergeführt, und Hirsau wurde gegründet.] Verschwörung Ludwigs gegen seinen Vater. 833 Das Frankenreich kam an Lothar. 834 Pippin und Ludwig setzten ihren Vater wieder zum König ein. [Erz20 bischof Otgar brachte den hl. Severus nach Erfurt.] 838 Zweite Verschwörung Ludwigs zu Frankfurt ; die Regierung kam wieder an seinen Vater. 840 Ludwig kam auf der Verfolgung des Sohnes am 8. April zum Kloster Hersfeld. Kaiser Ludwig starb ; sein Sohn Ludwig7 wurde sein Nachfolger. 25

ao

841 Lothar führte Krieg gegen seine Brüder Ludwig und K arl ; in diesem Kampf rieben sich die Franken fast bis zur Vernichtung auf, und Lothar

unterlag ; dabei8 fiel auch Graf Adalbert. 842 Lothar wurde vom Thron und Abt Raban aus dem Kloster verjagt. 843 Lothar, Ludwig und Karl schlossen Frieden. 844 König Lothar tötete den Slavenkönig Gostimysl. 845 Ludwig kam am 31 . Oktober nach Hersfeld, gab den Mönchen Pri­ vilegien und bestätigte sie mit seinem Siegel9• Auch wurden die Mönche

d) B 2 fügt dem Jahre 845 hinzu: Otgarius archiepiscopus transtulit sanctum Severum ad Erphesfurt. 1 823. 2 826. a Abt von St. Denis. ' 830. 5 Von Hersfeld bzw. Fulda. ' In Hersfeld. 7 Der Deutsche. 8 Ubi ist ein falscher Zusatz von L., Graf Adalbert von Metz war schon früher gefallen. 9 Dies schon 843.

24

Lamperti Anna.les

26-28

que eiusdem Herveldensis monasterii reconciliati sunt cum Otgario archiepiscopo1 de decimis frugum et porcorum ex terra Thuringorum per fideles legatos domni Luodowici augusti, episcopos videlicet et pre­ sides. DCCCXLVI. Luodowicus filius Luodowici2 Pannoniam subegit et s Beheimos domum rediens vastavit. Bun abbas Herveldensis obiit3, cui Brunwart successit. DCCCXLVII. Oggarius Mogontinus archiepiscopus obüt ; cui abbas Fuldensis Rahanus successit. Abbatiam Waldo4 suscepit. DCCCXLVIII. Ad Mogontiam habito sinodali concilio Gotescalc he- 1 0 reticus damnatus est. DCCCL. Dedicata est aecclesia sancti Wigberti V. Kal. Novembris a Rabano Mogonciacensi archiepiscopo. DCCCLII. Translatio sancti Lulli in cena Domini5• DCCCLV. Luodowicus rex cum magno exercitu perrexit contra Rat- 15 zidum regem Maruhensium. Liutharius6 etiam rex tonsuram et mo­ nachicum habitum suscepit moriturus in Promia. DCCCLVI. Rahanus Mogontiacensis archiepiscopus obüt ; cui Kar­ lus successit. f DCCCLVII. Karlus archiepiscopus in Mogontia magnam sinodum 20 habuit. DCCCLVIII. Luodowicus rex Luodowicum filium suum misit cum exercitu magno ad Abitritos ". DCCCLVIIIP. Luodowicus et Karlus atque Lutharius filius Lutharii fratris eorum cum iuramento pacem fecerunt. 25 DCCCLXI. Udo, Ernost, Berngerus comites et Waldo abbas Ful­ densis8 honoribus depositi sunt ; Thiodo abbas successit9• DCCCLXIII. Karlus episcopus1o obüt ; cui Liutbertus successit. DCCCLXIIII. Luodowicus rex Ratzidum regem Marahensium sibi ao subegit. DCCCLXVIIII. Liutheri rex a Benevento reversus Romam venit ibique ab Adriano damnatus est. Qui domum rediens pene cum suis omnibus perüt11• Eodem anno Thiodo abbas Fuldensis depositus, et Sigehardus electus est, vir religiosus. a5 ") B 2 und B 3a fügen hinzu: Ka.rlus a.rchiepiscopus quandam partem de reli­ quüs sancta.e Innocentia.e transtulit Erphesfurt.

846--869

5

10

15

20

25

ao

Von den Söhnen Ludwigs des Frommen

25

dieses Klosters durch die getreuen Abgesandten Kaiser Ludwigs, nämlich Bischöfe und Äbte, mit Erzbischof Otgar1 wegen der Zehnten von Feld­ früchten und Schweinen aus Thüringen ausgesöhnt. 846 Ludwigs Sohn Ludwig2 unterwarf Pannonien und verwüstete auf dem Rückmarsch Böhmen. Abt Bun3 von Hersfeld starb ; sein Nachfolger wurde Brunwart. 847 Erzbischof Otgar von Mainz starb ; Abt Rahanus von Fulda wurde sein Nachfolger. Dessen Abtei übernahm Waldo4• 848 Auf einer Synode zu Mainz wurde der Ketzer Gottschalk verdammt. 850 Die Kirche des hl. Wigbert wurde am 28. Oktober von Erzbischof Rahanus von Mainz geweiht. 852 Überführung des hl. Lul am Gründonnerstag5 • 855 König Ludwig zog mit einem großen Heer gegen Fürst Rastislav von Mähren. König LotharB nahm Tonsur und Mönchsgewand, um sein Leben in Prüm zu beschließen. 856 Erzbischof Rahanus von Mainz starb ; auf ihn folgte Karl. 857 Erzbischof Karl hielt in Mainz eine große Synode ab. 858 König Ludwig schickte seinen Sohn Ludwig mit einem großen Heer gegen die Abotriten. Erzbischof Karl brachte einen Teil der Reliquien der hl. Innocentia nach Erfurt. 8597 Ludwig und Karl schlossen mit Lothar, dem Sohn ihres Bruders Lothar, Frieden und besiegelten ihn durch Eide. 861 Die Grafen Udo, Ernst und Bereugar und Abt Waldo von Fulda8 wurden abgesetzt ; Abt wurde Thiodo9• 863 Erzbischof KarP0 starb ; auf ihn folgte Liutbert. 864 König Ludwig unterwarf den Fürsten Rastislav von Mähren. 869 König Lothar kam auf dem Rückmarsch von Benevent nach Rom und wurde dort von Hadrian verdammt. Auf der Rückreise kam er mit fast allen Begleitern ums Leben11 • In demselben Jahr wurde Abt Thiodo von Fulda abgesetzt und der fromme Sigehard gewählt. 1 Von Mainz.

2 Ludwig III., der Jüngere.

Schon 840. ' Vielmehr Hatto. 5 Am 7. April nach Hersfeld. 6 Kaiser Lothar I. 7 860. s Vielmehr Abt von Schwarzach in der Diözese Straßburg. 9 Thiodo wurde bereits 856 Abt von Hersfeld. 1o Erzbischof von Mainz. 11 Lothar II. hatte sich vielmehr mit Hadrian II. versöhnt ; er starb auf der Heimreise. s

'

26

Lamperti Anna1es

28--32

DCCCLXXV. Luodowicus rex obüt1 ; cui filius I eius Luodowicus successit. Brunwart Herveldensis abbas obiit2 ; cui Druogo successit. DCCCLXXVI. Pugna iuxta Andarnaha facta est inter Karlum et Luodowicum Luodowici regis filium. DCCCLXXVIIII. Luodowicus :rex, filius Luodowici regis, obüt ; cui

5

patruus eius Karlus successit3• DCCCLXXXVII . Karlus de regno est eiectus, et Arnoldus electus4• DCCCLXXXVIII. KarJus obüt. DCCCXC5• Liutbertus archiepiscopus obüt ; cui Sunderolt succes-



H

DCCCXCI. Sunderolt Mogontinus archiepiscopus occisus est ; cui Hatto successit. DCCCXCII. Arn episcopus6 occisus est. Et Druogo abbas Hervel­ densis obüt ; cui Harderat successit. DCCCXCIII. Prelium magnum factum est inter Baioarios et Unga- 15 nos. DCCCXCVI. Arnoldus Romae imperator factus est. DCCCXCVIIII. Arnoldus imperator obüt ; cui Luodowicus filius eius successit. DCCCCI. Harderat abbas Herveldensis obüt ; cui Diethart succes- 20 sit7. I DCCCCII. Sclavi vastaverunt Saxoniam. DCCCCIII. Adalbraht et Eberhart et Heinrich occisi sunt8. DCCCCV9• Cuonrat comes occisus est ab Adelberto. DCCCCVI. Ungarii vastaverunt Saxoniam.

25

DCCCCVII10• Adelbertus comes occisus est iubente Luodowico rege. DCCCCVIII. Liutboldus dux1 1 occisus est ab Ungariis. DCCCCVIIII. Burchardus dux Turingorum12 occisus est ab Ungarns. DCCCCX. Luodowicus rex pugnavit cum Ungarüs et victus est. DCCCCXI. Ungarii vastaverunt Franciam. DCCCCXII . Luodowicus rex obiit13 ; cui Cuonradus successit. Hatto archiepiscopus Magontinus obiit14 ; cui Hereger successit. 1 Ludwig der Deutsche, gestorben 876.

1 21. .Jan. 3 Ludwig III. der Jüngere starb 882 ; Karl 111. war vielmehr sein Bruder.

ao

87&-912

Von den letzten Karolingern

27

875 König Ludwig starb\ und sein Sohn Ludwig wurde sein Nachfolger. Abt Brunwart von Hersfeld starb 2 ; auf ihn folgte Druogo.

5

876 Bei Andernach fand eine Schlacht statt zwischen Karl und Lud­ wig, dem Sohn König Ludwigs. 879 König Ludwig, der Sohn, König Ludwigs, starb ; sein Nachfolger wurde sein Oheim Karl3 . 887 Karl wurde abgesetzt, und Arnulf wurde gewählt4• 888 Karl starb.

10

89()5 Erzbischof Liutbert starb ; an seine Stelle trat Sunderolt. 891 Erzbischof Sunderolt wurde erschlagen ; sein Nachfolger wurde

Hatto. 892 Bischof Arn6 wurde erschlagen, und Abt Druogo von Hersfeld starb ; auf ihn folgte Harderat. 893 Zwischen Bayern und Ungarn wurde eine schwere Schlacht ge-

15 schlagen. 896 Arnulf wurde in Rom zum Kaiser erhoben. 898 Kaiser Arnulf starb ; sein Nachfolger war sein Sohn Ludwig. 901 Abt Harderat von Hersfeld starb ; an seine Stelle trat Diethart7• 902 Die Slaven verwüsteten Sachsen. 20

903 Adalhard, Eberhard und Heinrich wurden erschlagen8• 9059 Graf Konrad wurde von Adalbert erschlagen. 906 Die Ungarn verwüsteten Sachsen.

907 10 Graf Adalbert wurde auf Befehl König Ludwigs enthauptet. 908 Herzog Liutpold11 wurde von den Ungarn getötet.

25

909 Herzog Burchard von Thüringen12 wurde von den Ungarn getötet. 910 König Ludwig kämpfte mit den Ungarn und wurde geschlagen.

9 1 1 Die Ungarn verwüsteten Francien. 9 1 2 König Ludwig starb13 ; sein Nachfolger wurde Konrad. Erzbischof Hatto von Mainz starb 14 ; auf ihn folgte Hereger.

' Arnulf von Kärnten.

5 889. - Von Mainz.

Von Würzburg. Falsch. Noch 908 war Thiedhard nur Mönch und pravi8or, während Herzog Otto von Sachsen als Laienabt fungierte. 8 Wahrscheinlich 902. Adalhart und Heinrich waren die Brüder des Grafen Adalbert von Babenberg ; Eberhard der Bruder des Grafen Konrad, des Vaters König Konrads I. Vgl. zu 905. 9 Richtig 906 & 7

-

.

10 906 11 Markgraf Liutpold von Bayern fiel 907. .

12

Aus dem Hause Wettin. t 908.

13 9ll. u

913.

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32-36

Lamperti Annales DCCCCXIIII. Otto Saxonicus comes obiit1• DCCCCXV. Ungarii vastando venerunt usque in Fuldam. DCCCCXVIII. Cuonradus rex fuit in Herolfesfelde.

DCCCCXVIIII. Cuonradus rex obiit� ; cui Heinricus Saxo successit. DCCCCXXIIIJ3.

Hereger archiepiscopus Mogontinus obiit ; cui

Hildibertus successit a.

5

/

DCCCCXXVII. Diethardus iunior abbas Herveldensis factus est cum senioris Diothardi consensu. DCCCCXXVIII. Diothardus abbas iunior episcopus4 ordinatus, et Burchardus abbas electus est.

10

DCCCCXXX. Diothardus senior obiit. DCCOCXXXI. Heinricus rex Abotritos subegit. DCCCCXXXII. Diedo episcopus5 obiit ; cui Burchardus abbas Herveldensis successit. DCCCCXXXIII. Megingoz abbas Herveldensis electus est.

15

DCCCCXXXIIII. Heinricus rex Wucronin cum exercitu fuit. DCCCCXXXV. Magna sinodus fuit in Erphesfurt 6• Eodem anno Heinricus rex obiit ; cui filius eius Otto successit. DCCCCXXXVI. Otto rex fuit in Herolfesfelde. Eodem anno aecclesia sancti Bonifacii exusta est7•

20

DCCCCXXXVII. Eberhardus comes8 Heinricum filium Heinrici regis captum proiecit in vincula. DCCCCXXXVIII9• Eberhardus et Gisilberdus9 occisi sunt. Hildibertus archiepiscopus Mogontinus obiit10 ; cui Fridericus succes-





DCCCCXLII. Dedicata est aecclesia sancti Maximini in Treveris. DCCCCXLIII11• Sinodus ad Bunnam congregata est. f DCCCCXLV. Nuncii Grecorum ad regem Ottonem venerunt cum magnis muneribus in vigilia omnium sanctorum. DCCCCXLVIP 2 • Etheit regina obiit ; cui Adelheit successit. DCCCCXL VIII. Sinodus ad Ingelemheim congregata est, cui Ma­

3o

rinus legatus apostolicus presedit. DCCCCXLVIIII. Iterum nuncii Grecorum ad regem Ottonem cum preciosissimis muneribus venerunt in memoria omnium sanctorum. Et Otto rex dedit filiam suam Cuonrado duci 13• 35 a) B 1 fügt hinzu: abbas Fuldensis ; abbaciam suscepit Hadamarus. 1 Otto der Erlauchte, Herzog von Sachsen, t 912.

3

Schon 918.

914-949

Von Heinrich I. und Otto dem Großen

2.9

914 Graf Otto von Sachsen starb1 • 915 Die Ungarn zogen verwüstend bis Fulda. 9 1 8 König Konrad war in Hersfeld. 919 König Konrad starb2 ; sein Nachfolger wurde Heinrich von Sachsen. 9243 Erzbischof Hereger von Mainz starb ; auf ihn folgte Hildibert, [der 5 Abt von Fulda. Dessen Abtei erhielt Hadamar.] 927 Diethart der Jüngere wurde mit Einwilligung Dietharts des Älteren Abt von Hersfeld. 928 Abt Diethart der Jüngere wurde zum Bischof4 geweiht und Burchard 1 0 zum Abt gewählt. 930 Diethart der Altere starb. 931 König Heinrich unterwarf die Abotriten. 9325 Bischof Diedo starb ; Abt Burchard von Hersfeld trat an seine 15

Stelle. 933 Megingoz wurde zum Abt von Hersfeld gewählt. 934 König Heinrich zog mit einem Heer in die Uckermark. 935 In Erfurt fand eine große Synode statt6• In demselben Jahr starb

König Heinrich ; auf ihn folgte sein Sohn Otto. 9.36 König Otto war in Hersfeld. In demselben Jahr brannte die Kirche 2 0 des hl. Bonifatius ab7. 937 Graf Eberhard8 nahm König Heinrichs Sohn Heinrich gefangen und warf ihn in den Kerker. 9389 Eberhard und Gisilberd wurden erschlagen. Erzbischof Hildibert von Mainz starb10 ; auf ihn folgte Friedrich. 942 In Trier wurde die Kirche des hl. Maximin geweiht. 25 94311 Nach Bonn wurde eine Synode einberufen. 945 Gesandte der Griechen kamen am Tage vor Allerheiligen mit rei­ chen Geschenken zu König Otto. 94712 Königin Edgitha starb ; ihre Nachfolgerin war Adelheid. 0 948 In Ingellieim fand eine Synode statt, deren Vorsitz der apostolische 3 Legat Marinus führte. 949 Zum zweiten Male kamen Gesandte der Griechen mit kostbaren Geschenken am Gedächtnistag aller Heiligen zu König Otto. König Otto gab seine Tochter dem Herzog Konrad13•

4 Von Hildesheim. 931 . Von Würzburg. 6 936 : Designation Ottos I. 7 In Fulda, 937. 8 9 38 ; E. ist der Herzog von Franken. 9 939 ; G. ist der Herzog von Lothringen. 10 937. 11 942. 12 946. Edgitha von England, erste Gemahlin Ottos I. 13 Konrad der Rote von Lothringen heiratet Liutgard 947. 3 927.

5

-

Lamperti Annales

30

DCCCCL. Factum est magnum prelium inter Baioarios et Unga­ rios 1 . DCCCCLI. Otto rex perrexit in Italiam et acquisivit Adelheidam reginam et Berngerum regem subdidit sibi. DCCCCLIII. Nimis crudelis dissensio exorta est inter Liutolfum 5 regis filium et Heinricum patruum suum. Eodem anno obsessa est Mogontia et Rossadal2 castellum, facta­ que est in illo loco magna pugna. DCCCCLIIII. Fridericus archiepiscopus Mogontinus obüt ; cui

Wil-

lehelmus :filius regis successit.

10

DCCCCLV. Otto rex Ungarios cum magno periculo sui suorumque magna cede prostravit in Lechfeit in natali sancti Laurentü3 ; in quo etiam bello dux Cuonradus cum aliis multis occisus est. Heinricus quo­ que dux Baioariorum obüt. DCCCCL VI. Ruodberdus Treverensis archiepifscopus obüt ; cui Hein- 1 5 ricus successit. Et Hadamarus Fuldensis abbas obiit ; cui Hatto suc­ cessit. Eodem anno Liutolfus in Italiam perrexit eamque sibi subegit. Et Megingoz Herveldensis abbas obüt ; cui Hagano successit. DCCCCL VII. Liutolfus in Italia est mortuus et inde ad Mogontiam 20 portatus et ad Baneturn Albanum sepultus. DCCCCLVIII. Signum crucis in vestimentis apparuit. DCCCCLVIIII. Hagano abbas Herveldensis potestatem suam reli­ quit ob infirmitatem corporis sui, eoque vivente Guntherus electus est in locum eius.

25

DCCCCLX4• Venerunt legati Rusciae gentis ad regem Ottonem de­ precantes, ut aliquem suorum episcoporum transmitteret, qui osten­ deret eis viam veritatis. Qui consensit deprecationi eorum, mittens Adalbertum6 episcopum fide catholicum, qui etiam vix evasit manus eorum6•

oo

DCCCCLXI. Venerunt legati domni apostolici ad regem Ottonem invocantes eum Romam in adiutorium Iohannis papae7• Filius eius Otto secundus in regem ungitur Aquisgrani. DCCCCLXII. Otto rex perrexit Romam, eumque Iohannes papa gratanter suscipiens, honorifice super cathedram augustalem posuit et s5 benedictione atque consecratione sua imperatorem fecit. Guntherus Herveldensis abbas obüt8 ; cui Egilolf successit.

950-962 950

statt1 .

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20

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ao

Von Otto dem Großen

31

Zwischen den Bayern und den Ungarn fand eine schwere Schlacht

951 König Otto zog nach Italien, vermählte sich mit Adelheid und un­ terwarf sich den König Berengar. 953 Eine äußerst blutige Fehde brach zwischen Ludolf, dem Sohn des Königs, und seinem Oheim Heinrich aus. In demselben Jahr wurden Mainz und die Burg Roßstall2 belagert, und hier fand eine große Schlacht statt. 954 Erzbischof Friedrich von Mainz starb ; an seine Stelle trat Wilhelm, der Sohn des Königs. 955 König Otto schlug am Geburtstag des hl. Laurentius3 unter großer persönlicher Gefahr und schweren Verlusten seiner Leute die Ungarn auf dem Lechfeld ; in dieser Schlacht fiel unter vielen anderen auch Herzog Konrad. Auch Herzog Heinrich von Bayern starb. 956 Erzbischof Ruodbert von Trier starb ; sein Nachfolger wurde Heinrich. Auch Abt Hadamar von Fulda starb ; an seine Stelle trat Hatto. In demselben Jahr zog Ludolf nach Italien und unterwarf es sich. Abt Megingoz von Hersfeld starb ; sein Nachfolger war Hagano. 957 Ludolf starb in Italien, er wurde von dort nach Mainz gebracht und in St. Alban beigesetzt. 958 Das Zeichen des Kreuzes erschien an den Kleidern. 959 Abt Hagano legte wegen einer Erkrankung sein Amt nieder, und Gurrther wurde noch zu seinen Lebzeiten an seiner statt gewählt. 9604 Russische Gesandte kamen zu König Otto und baten ihn, einen seiner Bischöfe zu ihnen zu senden, der ihnen den Weg der Wahrheit zeigen sollte. Er willfahrte ihrer Bitte und schickte den rechtgläubigen Bischof AdalbertS, der freilich kaum ihren Händen entrann6• 961 Gesandte des Papstes kamen zu König Otto und riefen ihn zum Schutze des Papstes J ohann7 nach Rom. Sein Sohn Otto II. wird in Aachen zum König gesalbt. 962 König Otto zog nach Rom ; Papst Johann empfing ihn mit Freuden, setzte ihn ehrenvoll auf den Kaiserthron und machte ihn durch Segen und Weihe zum Kaiser. Abt Gunther von Hersfeld8 starb ; an seine Stelle trat Egilolf.

1 In Italien am Tessin.

2 Bei Nürnberg.

3 10. August.

( 959. 961 ; A. wird später Erzbischof von Magdeburg. 6 962. 7 Johann XII. 8 963.

6

Lamperti Annales

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38-42

DCCCCLXIII. Magna sinodus facta est Romae, I cui Otto impera­ tor presidebat cum multitudine magna episcoporum, abbatum, sacer­ dotum, clericorum ac monachorum ; ibique deiectus est Benedictus a sede apostolica1• DCCCCLXIIII. Berngerus rex obsessus est in Monte Sancti Leonis2

s

ibique captus atque in Babenberg ductus est cum Willa uxore sua. DCCCCLXV. Otto imperator de Italia venit. Brun archiepiscopus obiit3 ; cui Folcmarus successit. DCCCCLXVI. Otto imperator tercia vice Romam venit. DCCCCLXVII. Otto imperator misit legatos suos ad Willihelmum 1 0 archiepiscopum et alios principes, ut Ottonem filium suum cum omni dignitate regali ad Italiam mitterent. Quem ipse suscipiens Romam perduxit, ut papa Iohannes posterior4 imperatorem faceret ; quod et libenter fecit. DCCCCLXVIII. Willihelmus archiepiscopus obiit ; cui abbas Ful- 15 densis Hatto successit. Abbatiam vero suscepit Wernher. DCCCCLXVIIIJS. Hatto Mogontiacensis archiepiscopus obiit ; cui Rutberdus successit. DCCCCLXX. Egilolfus Herveldensis abbas obiit ; cui Gozberdus successit.

20

DCCCCLXXI. Exustum est famosum templum in Dornburg6• DCCCCLXXII. Ottoni iuniori imperatori missa est Theophanu ab imperatore de Grecia. Eodem I anno Otto senior imperator cum iuniore Ottone de Italia perrexit in Franciam. DCCCCLXXIII. Otto imperator senior cum iuniore venit Quidelin- 25

burg ibique celebravit saueturn pascha X. Kal. Aprilis. Illucque vene­

runt legati plurimarum gentium, id est Romanorum, Grecorum, Be­ neventorum, Italorum, Ungariorum, Danorum, Sclavorum, Bulgario­ rum atque Ruscorum, cum magnis muneribus. Eodem anno Otto imperator senior obiit in Mimelieba Non. Maii ;

3o

cui filius eius secundus Otto successit a . DCCCCLXXIIII. Heinricus dux Baioariorum et Abraham episco­ puss cum Bolisclaione9 et Misichone 1 0 inierunt contra imperatorem pravum consilium. At imperator, tali nefando comperto consilio, con­ gregavit omnes principes suos, et quid inde faceret, consilium petiit. a) B 1 und B 2 fügen hinzu: Sanctus Oudalricus episcopus obii t 7•

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96:!-974

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Vou Otto dem Uroßeu

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963 In Rom wurde eine große Synode abgehalten, bei der Kaiser Otto den Vorsitz führte, mit einer großen Menge von Bischöfen, Äbten, Priestern, Klerikern und Mönchen ; hier wurde Benedikt vom apostolischen Stuhl gestoßen1 . 964 König Berengar wurde auf dem St. Leoberg2 belagert und gefangen genommen und von dort mit seiner Gemahlin Willa nach Bamberg ge­ bracht. 965 Kaiser Otto kam aus Italien zurück. Erzbischof Brun starb3 ; auf ihn folgte Folkmar. 966 Kaiser Otto kam zum dritten Mal nach Rom. 967 Kaiser Otto schickte Gesandte an Erzbischof Wilhelm und andere Fürsten und ersuchte sie, seinen Sohn Otto mit voller königlicher Würde nach Italien zu entsenden. Dort empfing er ihn selbst und geleitete ihn nach Rom, damit ihn Papst Johann der Jüngere4 zum Kaiser erhebe ; der tat das auch bereitwillig. 968 Erzbischof Wilhelm starb ; sein Nachfolger wurde Abt Hatto von Fulda. Dessen Abtei übernahm Werner. 9695 Erzbischof Hatto von Mainz starb ; an seine Stelle trat Rupert. 970 Abt Egilolf von Hersfeld starb ; Gozbert wurde sein Nachfolger. 971 Die berühmte Kirche in Dornburg6 brannte ab. 972 Kaiser Otto dem Jüngeren wurde Theophano vom griechischen Kaiser gesandt. In demselben Jahr zog Kaiser Otto der Ältere mit Kaiser Otto dem Jüngeren von Italien nach Francien. 973 Kaiser Otto der Ältere kam mit dem j üngeren nach Quedlinburg und feierte dort am 23. März das hl. Osterfest. Dorthin kamen Gesandte vieler Völker mit reichen Geschenken, nämlich der Römer, Griechen, Beneventer, Italer, Ungarn, Dänen, Slaven, Bulgaren und Russen. In demselben Jahr starb Kaiser Otto der Ältere am 7. Mai in Memleben ; sein Nachfolger wurde sein Sohn Otto II. [Der hl. Bischof Udalrich7 starb.] 974 Herzog Heinrich von Bayern und Bischof Abraham8 schmiedeten mit Boleslav9 und Miseko10 einen verruchten Anschlag gegen den Kaiser. Doch als der Kaiser von diesem verabscheuungswürdigen Plan erfuhr, ver­ sammelte er alle seine Fürsten und erbat ihren Rat, was er dagegen tun 1

963 setzte eine römische Synode Johann XII. ab, eine andere 964 Benedikt V.

2 San Leo di Montefeltre im AP!3nnin.

3 Von Köln, Bruder Ottos I. ' Johann XIII. 5 970. 8 Wohl an der Saale. 7 Von Augsburg. 8 Von Freising. 8 Boleslav II., Herzog von Böhmen. 10 Miseko I., Herzog von Polen.

Lamperti Anna.les

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Qui dederunt ei consilium, ut mitteret ad ducem Heinricum et Bob­ bonern episcopum1 et Gebehardum comitem eosque ad placitum in­ vitaret per edictum. Qui sine dilatione, Deo donante, dedit se in po­ testatem imperatoris. Eodem quoque anno perrexit imperator contra Haroldum2 in Scleos-

ö

wig. DCCCCLXXV. Otto imperator habuit magnum conventum in Weh­ mare. Eodem anno imperator Beheimos vastavit et concremavit. DCCCCLXXVI. Otto imperator perrexit ad Baioariam atque Hein- 10 ricum ducem expulit Ottonique3 duci Baioariam commendavit. DCCCCLXXVII. Imperator cum magno exercitu f perrexit ad Be­ heimos et maximam partem terrae illius incendio concremavit. Ipse quoque Heinricus cum altero Heinrico4 invaserant Bazowam. Quod imperator ut audivit, festinato exercitum illo movit urbemque obsedit 1 s et Heinricum ducem ad suam gratiam recepit atque in Franciam6 perrexit. DCCCCLXXVIII. Ad imperatorem Ottonem venit in pascha Bolis­ lawo8 ; qui honorifice susceptus magnisque muneribus ab imperatore oneratus rediit domum. Aderat et Heinricus cum altero Heinrico, qui 20 comprehensi in exilium miBBi sunt. Eodem anno Liutheri rex7 cum electo numero militum repente in­ vasit Aquisgrani palacium seditque ibi tribus diebus. At Otto impe­ rator festinato cum exercitu insecutus est Liutharium usque in Sigo­ nem fl.uvium et usque ad sancti Dionisii cenobium, eumque non ad- 2s prehendit, quia fugiendo evasit. DCCCCLXXVIIII. Gero comes8 a Waldone quodam accusatus, dum eum in singulari certamine occidisset, ipse tarnen ab imperatore de­ collatus est. DCCCCLXXX. Otto imperator perrexit in Italiam. Et Gozberdus

ao

abbas9 aecclesiam construxit in Ordorf. DCCCCLXXXI. Adelbertus Magadaburgensis archiepiscopus obüt ; cui Hisillarius succeBBit. Imperator natalem Dominil0 Romae celebra­ vit. DCCCCLXXXII 11 Destructus est episcopatus in Mersiburg, miraeque magnitudinis edificium cecidit in Magadaburg. Eodem anno Otto impel'ator valde periculosum habuit prelium cum

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975-982

Von Otto Il.

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solle. Diese rieten ihm, zu dem Herzog Heinrich, dem Bischof Poppo1 und dem Grafen Gebhard zu schicken und sie durch Gebot vor die Fürstenver­ sammlung zu laden. Dieser gab sich durch Gottes Fügung unverzüglich in s

10

die Gewalt des Kaisers. In demselben Jahr zog der Kaiser auch nach Schleswig gegen Harold2 . 975 Kaiser Otto hielt einen großen Fürstentag in Weimar. In demselben Jahr verwüstete und brandschatzte der Kaiser Böhmen. 976 Kaiser Otto zog nach Bayern, vertrieb Herzog Heinrich und belehnte Herzog Otto3 mit Bayern. 977 Der Kaiser zog mit einem großen Heer nach Böhmen und brand­ schatzte den größten Teil des Landes. Jener Heinrich hatte mit einem andren Heinrich4 Passau besetzt. Als der Kaiser das erfuhr, zog er mit seinem Heer eiligst dorthin und belagerte die Stadt; er nahm die Unter­ werfung Herzog Heinrichs entgegen und ging dann nach Francien5•

15

978 Zu Kaiser Otto kam Ostern BoleslaVS ; er wurde ehrenvoll aufgenommen und kehrte, vom Kaiser reich beschenkt, nach Hause zurück. Auch Heinrich erschien mit dem andren Heinrich, sie wurden verhaftet und ver­ bannt.

In demselben Jahr überfiel König Lothar7 mit auserlesenen Truppen 20 unvermutet die Pfalz Aachen und blieb dort drei Tage. Doch Kaiser Otto setzte Lothar sofort mit dem Heer bis zur Seine und bis zum Kloster St. Denis nach, konnte ihn aber nicht einholen, weil er sich ihm durch die Flucht entzog. 979 Graf Gero8 hatte einen gewissen Waldo, der ihn verklagt hatte, im 25 Zweikampf erschlagen, wurde j edoch selber auf Anordnung des Kaisers enthauptet. 980 Kaiser Otto zog nach Italien. Abt Gozbert9 erbaute in Ohrdruf eine

so

Kirche. 981 Erzbischof Adalbert von Magdeburg starb ; sein Nachfolger war Hisillarius. Der Kaiser feierte Weihnachten10 in Rom. 98211 Das Bistum Merseburg wurde aufgehoben, und in Magdeburg stürzte ein Gebäude von bewundernswerter Größe ein. In demselben Jahr hatte Kaiser Otto in Calabrien einen sehr gefähr1 Von Würzburg. Unrichtig ; P. und G. wurden zu H. geschickt. 2 König Harald Blauzahn von Dänemark. 8

Herzog von Schwaben, Sohn LiudoHs.

4 Der abgesetzte Herzog von Bayern mit dem Herzog von Kärnten.

5 Nach Sachsen. 4

Herzog von Böhmen ; Ostern war am 31. März.

7 Von Frankreich.

8 In Thüringen und Ostfalen. 0 Von Hersfeld. Er stellte die verfallene Kirche wieder her ; 1o Vielmehr Ostern, d. h. 27. März. 11 981.

s. oben 777.

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44--48

Sarracenis in Calabria. In quo prelio occisus est Heinricus Augustensis aecclesiae episcopus cum aliis plurimis episcopis. In quo etiam prelio Idus lulii1 occisi sunt milites fortissimi, id est Udo2 I Gebehardus3 , Guntherus4, Berhtoldus3 cum aliis multis, et Otto dux atque Wemher abbas Fuldensis 5 • lpse imperator vita comite vix evasit.

5

DCCCCLXXXIII. Otto secundus imperator Romam post male ge­ stas res regressus obiit ibidemque sepultus est. Heinricus dux Baioariae regnum invasit, sed a principibus est reprobatus. DCCCCLXXXIIII6• Filius imperatoris tercius Otto patri successit in regnum, unctus in regem Aquisgrani a loharme Ravennati episcopo.

10

DCCCCLXXXV. Gozberdus abbatiam7 reddidit ; cui Bernharius successit. DCCCCLXXXVI. Otto rex puer Boemios8 vastavit, sed9 Misicho ­ nem cum muneribus obviam suscepit . DCCCCLXXXVII . lterum rex10 Boemiam intravit et eam ad dedi-

15

tionem coegit. DCCCCLXXXVIII. Estatis fervor nimius. Ruopertus Mogontinus archiepiscopus obiit ; cui Willigis successit11• DCCCCLXXXVIIII. Theophanu imperatrix Romam perrexit om nemque illam regionem regi subdidit.

20

DCCCCXCI . Theophanu imperatrix obiit. Ignis de Rheno ascendit et villas proximas absumpsit. Gotehardus monachus factus estl2• I DCCCCXCII. Otto rex Brandenburg obsedit. Gerdah Hildineshei­ mensis episcopus obiit ; domnus a Bernwardus, regius cancellarius, in 25 divinis et humanis rebus sollertissimus, successit, XVIII. Kal. Fe­ bruarii13 ordinatus a. DCCCCXCIIII. Wolfgangus Ratisponensis episcopus obiit ; cui Ge­ behardus successit. Filii Heinrici comitis14 Heinricus, Uoto, Sigifridus contra piratas pu gnant ; quorum I occisus, duo sunt capti. DCCCCXCV. Maiolus abbas obiit16• &) Von a) bis a) bei B; A bringt nur: cui Bernwart successit. 1 R.ichtig : am 13. Juli.

2 Herzog Udo II. von Rheinfrank:en. 3 Graf. 4 Markgraf von Merseburg.

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983-995

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Von Otto III.

37

liehen Kampf mit den Sarazenen. Dabei fiel Bischof Heinrich von Augs­ burg sowie viele andere Bischöfe. In dieser Schlacht am 1 5 . Juli1 wurden auch neben vielen anderen einige überaus tapfere Ritter erschlagen, näm­ lich Udo2 , Gebhard3 , Gunther4 und Berthold3 , sowie Herzog Otto und Abt Werner von Fulda5 • Der Kaiser selbst kam kaum mit dem Leben davon. 983 Kaiser Otto II. war nach der Niederlage nach Rom zurückgekehrt ; hier starb er und wurde daselbst begraben. Herzog Heinrich von Bayern strebte nach der Krone, wurde aber von den Fürsten verworfen. 9846 Otto III., der Sohn des Kaisers, folgte ihm in der Regierung und wurde in Aachen von Bischof Johannes von Ravenna zum König gesalbt. 985 Gozbert entsagte der Abtei' ; sein Nachfolger wurde Bernhar. 986 Der j unge König Otto verwüstete Böhmen8 und9 nahm Miseko, der ihm mit Geschenken entgegenkam, in Gnaden auf. 987 Der König10 zog wiederum nach Böhmen und zwang es zur Unterwerfung. 988 Drückende Sommerhitze. Erzbischof Rupert von Mainz starb ; auf ihn folgte Willigis11 . 989 Kaiserin Theophano ging nach Rom und unterwarf die ganze Gegend dort dem König. 991 Kaiserin Theophano starb. Feuer stieg vom Rhein auf und verzehrte die nächstgelegenen Ortschaften. Godehard wurde Mönch12 • 992 König Otto belagerte Brandenburg. Bischof Gerdah von Hildesheim starb ; der königliche Kanzler, Herr Bernward, der in göttlichen und weltliehen Angelegenheiten äußerst geschickt war, wurde sein Nachfolger und wurde am 1 5 . Januar13 geweiht. 994 Bischof Wolfgang von Regensburg starb ; sein Nachfolger wurde Gebhard. Die Söhne des Grafen Heinrich14, Heinrich, Udo und Siegfried, kämpften mit Seeräubern ; einer von diesen wurde getötet, zwei wurden gefangen ge­ nommen. 995 Abt Majolus starb 15 • 5 Herzog Otto von Schwaben und Bayern sowie Abt Werner starben erst im Oktober auf einer Reise nach Deutschland. c 983. 7 Hersfeld. G. starb 984. 8 Richtig: das Slawenland, wie Lamperts Vorlage wohl las. 9 Muß et heißen, denn Miseko kämpfte auf Ottos Seite. 1o Otto nahm nicht daran teil. 11 975, versehentlich hier eingeschoben. 12 In Nieder-Altaich, richtig 990. 13 993. u Von Stade. 15 994 ; Abt von Cluny.

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48--50

Lamperti Annales

DCCCCXCVI. Otto rex contra Crescentium1 Romam venit, ubi et Brunonem2 in sede apostolica constituit ; a quo et ipse imperator fac­ tus est. Gotehardus abbas factus est in Altaha3• DCCCCXCVII . loharmes Placentinus episcopus sedem apostolicam

5

invasit consilio Crescentii. Adalbertus episcopus4 martirizatur. DCCCCXCVIII. Crescentius ab imperatore decollatus cum XII suis ante Urbem suspenditur. Iohannes pseudopapa cecatur. DCCCCXCVIIII. Brun papa, qui et Gregorius, obiit ; cui Gerbertus5,

10

qui et Silvester, successit. Adelheit imperatrix obiit. M. Imperator ossa Karoli Magni Aquisgrani, a pluribus eousque ignorata, invenit. Gaudentins frater Adalberti martiris

m

Prago

archiepiscopus constituitur6• MI. Imperator natalem Domini Romae7 celebravit.

15

MII. Otto III. imperator obiit ; cui Heinricus8 Baioarius successit. Eggihardus marchio9, regni usurpator, Poledi occisus est. f MIII. Plerique principes a rege deficiunt, sed post modicum cor­ recti in gratiam recipiuntur. Milli. Miserandum Papiae incendium. Brun10 frater regis, qui elec-

20

tioni eius aliquamdiu restiterat, in gratiam eius rediit. MV. Bernharius abbas Herveldensis obiit, cui Gotehardus successit. MVI. Guntherus, nobilis vir de Turingia, monachus factus est Her­ veldiae ; sed postea ad Altaha transivit consilio Gotehardi abbatis. Farnes valida.

25

MVIII. Nothger Leodiensis episcopus obiit ; cui Baldaricus successit. Guntherus monachus heremum petivit. MVIIII. Aecclesia maior Mogontiae, quam Willigisus construxerat, incensa est ipso die consecrationis suae. MX. Ansfridus Traiectensis episcopus obiit ; cui Adelboldus successit. 3o MXI . Willigisus Mogontinus archiepiscopus obiit ; cui Erkenbaldus 11 successit. Abbatiam Brantho suscepit. MXII. Aecclesia maior in Babenberg ab Eberhardo primo einsdem sedis episcopo consecrata est.

Crescentius II., Haupt einer Adelspartei. Gregor V. 3 997. 1

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99&-1012

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Von Otto 111. und Heinrich II.

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996 König Otto zog gegen Crescentius1 nach Rom ; hier setzte er Bruno2 auf den apostolischen Stuhl und wurde von diesem zum Kaiser erhoben. Godehard wurde Abt von Altaich3 . 997 Bischof Johannes von Piacenza bemächtigte sich auf des Crescentius Rat des apostolischen Stuhles. Bischof Adalbert4 stirbt den Märtyrertod. 998 Crescentius wird auf Befehl des Kaisers enthauptet und mit zwölf seiner Anhänger vor der Stadt aufgehängt. Der falsche Papst Johannes wird geblendet. 999 Papst Bruno, auch Gregor genannt, starb ; Gerbert5 , auch Silvester genannt, wurde sein Nachfolger. Kaiserin Adelheid starb. 1000 Der Kaiser fand in Aachen die Gebeine Karls des Großen, deren Lage bisher den meisten unbekannt gewesen war. Gaudentius, der Bruder des Märtyrers Adalbert, wird in Prag zum Erzbischof eingesetzt6• 1001 Der Kaiser feierte Weihnachten in Rom7• 1 002 Kaiser Otto III. starb ; auf ihn folgte Heinrich von Bayern8• Mark­ graf Eckart9, der Thronprätendent, wurde in Pöhlde erschlagen. 1003 Viele Fürsten fallen vom König ab, aber nach kurzer Zeit lassen sie sich umstimmen und werden zu Gnaden angenommen. 1004 Beklagenswerter Brand von Pavia. Brun10 , der Bruder des Königs, der eine Zeitlang Gegner von dessen Wahl gewesen war, versöhnte sich mit ihm. 1 005 Abt Bernhar von Hersfeld starb ; auf ihn folgte Godehard. 1006 Gunther, ein thüringischer Edler, wurde in Hersfeld Mönch ; später aber ging er auf den Rat Godehards nach Altaich. Schwere Hungers­ not. 1008 Bischof Nothger von Lüttich starb ; sein Nachfolger wurde Balda­ rich. Der Mönch Gurrther wurde Einsiedler. 1009 Die Hauptkirche in Mainz, die Willigis erbaut hatte, brannte am Tage ihrer Weihe ab. 1010 Bischof Ansfried von Utrecht starb ; auf ihn folgt Adelbold. 1011 Erzbischof Willigis von Mainz starb ; sein Nachfolger wurde Er­ kenbald11 . Dessen Abtei übernahm Brantho. 1012 Die Domkirche in Bamberg wurde von Eberhard, dem ersten Bischof dieses Sitzes, geweiht. 4 Von Prag.

Gerbert von Aurillac als Silvester II. Gaudentius wird in Rom zum Erzbischof von Gnesen erhoben. 7 In Todi. s Heinrich II. 9 Von Meißen. 1o Bischof von Augsburg. 11 Abt von Fulda.



6

50-54

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40

Gotehardus abbatiam Herveldensem reliquit ; cui Arnoldus successit. MXIIII. Heinricus rex cum Cuonigunda regina imperiale nomen suscepit. MXV. Imperator ad Polenos cum exercitu abiit. MXVI. Grando magna fuit, et multi fulmine exusti sunt.

5

MXVIP. Megingoz Treverorum episcopus obiit ; cui Boppo successit. Imperator contra Polenos iterum exercitum duxit.

I

MXVIIII. Imperator papam2 Babenberg suscepit hospicio. MXX3. Heribertus Coloniensis archiepiscopus obiit ; cui Pilegrinus successit. Erkenbaldus Mogontinus archiepiscopus obiit, cui Aribo 10 successit. MXXI. Ingens terrae motus factus est in Baioaria. MXXII a . Domnus Bernwardus Hildinesheimensis b obiit ; cui Godehardus Altahensis abbas successit 0•

episcopus

MXXIII. Gero Magadaburgensis episcopus obiit ; cui Hunfridus 1 s successit. Brantho abbas Fuldensis episcopus factus est Halberstaten­ sis ; Richardus Fuldensis abbas factus est4. MXXIIII. Heinricus secundus rex, primus imperator, obiit ; cui suc­ cessit Cuonradus. MXXVII. Cuonradus rex imperator factus est in pascha 5• Gebehardus 20 frater6 imperatoris coactus est ex laico clericus fieri. MXXVIII. Heinricus7 imperatoris filius rex factus est Aquisgrani per Pilegrinum Coloniensem archiepiscopum. MXXVIIII. Bruno Augustensis episcopus obiit ; cui Eppo successit. Wernher Argentinae episcopus obiit ; cui Willihelmus successit.

I

25

MXXX. Cuonradus imperator Ungariam cum exercitu intravit. MXXXI . Arnoldus abbatiam Herveldensem perdidit ; cui Bardo successit. Sed is post dimidium annum Ariboni Mogontino archiepisco­ po defuncto successit ; Rudolfus vero abbatiam Herveldensem suscepit. MXXXII. Arnoldus amissa abbatia Herveldensi obiit in Gellingin8• ao MXXXIII. Cuonigunt imperatrix9 obiit. Imperator exercitum duxit in Burgundiam contra Oudonem10•

a) Das Folgende nach B. - A liest zu 1022 nur : Gotehardus episcopus factus Hildenesheim. h) B 1 /Ü{Jt hinzu: XII. Kai. Decembris . 0) B 1 b /Ü{Jt hinzu: IIII. Nonas Decembris ordinatus.

est

1014--1033

s

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Von Heinrich li. und Konrad II.

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Godehard entsagte der Abtwürde in Hersfeld ; sein Nachfolger wurde Arnold. 1014 König Heinrich empfing mit der Königin Kunigunde den Kaiser­ titel. 1015 Der Kaiser zog mit einem Heer gegen die Polen. 101 6 Ein schwerer Hagelschlag ereignete sich, und viele wurden vom Blitz erschlagen. 101 7 1 Bischof Megingoz von Trier starb ; auf ihn folgte Poppo. Der Kai ­ ser führte sein Heer zum zweiten Mal gegen die Polen. 1019 Der Kaiser empfing in Bamberg den Papst2 als Gast. 10203 Erzbischof Heribert von Köln starb ; sein Nachfolger wurde Pil­ grim. Erzbischof Erkenbald von Mainz starb ; auf ihn folgte Aribo. 1021 In Bayern ereignete sich ein gewaltiges Erdbeben. 1022 Herr Bernward, der Bischof von Hildesheim, starb [am 20. November] ; sein Nachfolger wurde Abt Godehard von Altaich, [am 2. De­ zember geweiht.] 1023 Bischof Gero von Magdeburg starb ; auf ihn folgte Hunfried. Abt Brantho von Fulda wurde Bischof von Halberstadt ; Richard wurde Abt von Fulda4• 1024 König Heinrich II., als Kaiser I . , starb ; auf ihn folgte Konrad. 1027 König Konrad wurde zu Ostern 5 zum Kaiser erhoben. Gebhard , des Kaisers Bruder6, wurde gezwungen, Kleriker zu werden. 1028 Heinrich7, des Kaisers Sohn, wurde in Aachen von Erzbischof Pil­ grim von Köln zum König gesalbt. 1029 Bischof Bruno von Augsburg starb ; sein Nachfolger wurde Eppo. Bischof Werner von Straßburg starb ; auf ihn folgte Wilhelm. 1030 Kaiser Konrad zog mit einem Heer nach Ungarn. 1031 Arnold verlor die Abtei Hersfeld ; auf ihn folgte Bardo. Dieser aber wurde nach einem halben Jahr Nachfolger des verstorbenen Erzbischofs Aribo von Mainz ; die Abtei Hersfeld übernahm Rudolf. 1032 Arnold starb nach Verlust der Abtei Hersfeld in Göllingen8• 1033 Kaiserin Kunigunde9 starb. Der Kaiser führte sein Heer gegen Odo10 von Burgund . 1

1015.

2 1020. Papst Benedikt VIII. 3 102 1 .

Auf Brantho folgte 1 0 1 3 Poppo, auf diesen 1 0 1 8 Richard. 26. März. - Konrad II. s Stiefbruder. 7 Heinrich III. 8 Kloster Göllingen an der Wippe1·. 9 Witwe Heinrichs li. 10 Graf von der Champagne. 4

5

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54-58

MXXXIIII. Albuwinus prepositus Herveldensis abbas factus in Niunburg1• MXXXV2• Rudolfus abbas Herveldensis ordinatur episcopus Po­ delbrunnon ; cui Meginherus, vir venerabilis, successit. MXXXVI. Piligrinus Coloniensis archiepiscopus obiit ; cui Heri-

s

mannus successit "' . MXXXVII. Incensum est monasterium Herveldense3• Gozelo dux4 Oudonem comitem6 occidit et cum eo ad VI milia honnnes. MXXXVIII. Godehardus Hildinesheimensis episcopus obiit ; cui 10 Diotmarus successit. I MXXXVIIII . Cuonradus imperator obiit Traiecti feria secunda in pentecosten6 ; cui Heinricus filius eius successit. Richardus abbas Fuldensis obiit ; cui Sigewart successit. Regenholt Spirensis episcopus obiit ; cui Sibicho successit.

15

MXL. Heinricus rex in Boemiam duxit exercitum, ibique Werinherus comes7 et Reginhart signifer Fuldensis cum aliis multis occisi sunt. Petrus Ungariorum rex a suis expulsus ad regem Heinricum confugit petens auxilium8•

20

Eberhart episcopus Babenbergensis obiit9 ; cui Suitgerus successit. Dedicata est cripta Herveldiae, atque in eam translatae sunt reli­ quiae sanctorum confessorum Wigberti et Lulli. MXLI . . Heinricus rex secundo Boemiam ingressus ducem eius in deditionem accepit, Prenzlao nomine1 0 , terramque eius sibi tributariam 25 fecit. Inde per Baioariam regressus, festurn sancti Michaelis1 1 Ratispo­ nae celebravit. Ouban12;qui Ungariorumregnuminvaserat, eruptionem in fines Baio­ ariorum et Carentinorum fecit multamque predam abegit. Sed Baioarii coadunatis viribus insecuti predam excusserunt, multisque occisis, reliquos in fugam coegerunt. I MXLII. Rex prima expeditione in Ungariam facta predictum Ouban

"') B 1 setzt hinzu: MXXXVI. Ed.ificatum est monasterium Scothorum in Er­ phordia per domnum Waltherum de Glisberg ; ibidem sepultus. 1 Nienburg an der Saale. 2 1036.

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1034-1042

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Von Konrad II. und Heinrich 111.

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1034 Propst Albuin von Hersfeld wurde Abt von Nienburgl. 1035 2 Abt Rudolf von Hersfeld wurde zum Bischof von Paderborn ge­ weiht ; sein Nachfolger war der ehrwürdige Meginher. 1036 Erzbischof Pilgrim von Köln starb ; auf ihn folgte Hermann. In Erfurt wurde ein Schottenkloster von Herrn Walther von Glisberg erbaut ; dort liegt er auch begrabei:1. 1037 Das Kloster Hersfeld brannte ab3 • Herzog Gozelo4 tötete den Grafen Odo5 und mit ihm an die 6000 Mann. 1038 Bischof Godehard von Hildesheim starb ; an seine Stelle trat Dietmar. 1039 Kaiser Konrad starb am zweiten Pfingsttage6 in Utrecht ; sein Nachfolger wurde sein Sohn Heinrich. Abt Richard von Fulda starb ; auf ihn folgte Sigwart. Bischof Regenholt von Speyer starb ; sein Nachfolger wurde Sibicho. 1040 König Heinrich führte sein Heer nach Böhmen, und dort fanden Graf Werner7 und Reginhart, der Bannerträger von Fulda, mit vielen ande­ ren den Tod. Der ungarische König Peter wurde von seinen Landsleuten verjagt und floh hilfesuchend zu König HeinrichS. Bischof Eberhard von Bamberg starb9 ; auf ihn folgte Swidger. In Hersfeld wurde die Gruftkirche geweiht, und in sie wurden die Ge­ beine der heiligen Bekenner Wigbert und Lul übergeführt. 1041 König Heinrich zog zum zweiten Mal nach Böhmen ; er zwang den Herzog Bretislav10 zur Ergebung und machte sich das Land tributpflichtig. Von dort kehrte er durch Bayern zurück und feierte das Fest des hl. Mi­ chael11 in Regensburg. Aba12 , der sich des ungarischen Throns bemächtigt hatte, fiel in Bayern und Kärnten ein und machte reiche Beute. Doch die Bayern zogen Trup­ pen zusammen und setzten ihm nach ; sie entrissen ihm die Beute, mach­ ten viele nieder und zwangen die übrigen zur Flucht. 1042 Auf seinem ersten Feldzug gegen Ungarn schlug der König Aba in die Flucht ; dann drang er bis zur Raab vor, eroberte drei sehr starke Bur3 1038. 4

Von Lothringen.

5 Graf von der Champagne. 6 4. Juni.

7 Aus Hessen. s

1041 . - Peter I., 1038-41 und 1044-46.

9 13. 8. 1040. 1o

Bretislav I., 1034--55. 29. September. Heinrich III. feierte das Fest noch in Pra.g und zog erst dann nach Regensburg. 12 Aha (Samuel), 1041-44 ; der Einfall in Bayern war im Februar 1042. 11

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Lamperti Annales

58/59

fugavit, usque ad fluvium Raban pervenit, tres urbes maximas1 cepit, acceptoque a provincialibus iureiurando in pace remeavit. Herimannus Mimigardenvurtensis episcopus obiit ; cui Rutbertus successit. Heriberdus Einstatensis episcopus obiit ; cui frater eius Gezman

5

successit. Cui post aliquot ebdomadas defuncto Gebehardus successit. MXLIII . Rex incarnationem Domini Goslariae celebravit. Illuc dux Boemicus2 adveniens, benigne susceptus a rege et honorifice ali­ quamdiu habitus, tandem in pace est dimissus. lbi inter diversarum provinciarum legatos legati Ruscorum tristes redierunt, quia de filia

10

regis sui3, quam regi Heinrico nupturam speraverant, certurn re­ pudium reportabant. Ibi4 quoque legati regis Ungariorum pacem suppliciter orant, sed non impetrant, quoniam rex Petrus, quem Ouban per vim regno expulerat, presens erat suppliciterque Heinrici regis auxilium contra illius violentiam implorabat.

16

Sigewart Fuldensis abbas obiit ; cui Rohingus successit. Gisla imperatrix5 obiit et Spirae sepulta est. Rex secunda expeditione in Ungarios facta predictum Ouban ad placitam sibi pactionem coegit, acceptisque ab eo de pace iuramentis obsidibus reversus, nuptias celebravit in lngelenheim in coniunc-

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tione6 Agnetis filiae Willihelmi comitis Pictavorum. MXLIIII. Rex natalem Domini celebravit Trefveris, ibique omnes qui in regiam maiestatem deliquerant crimine absolvit, eandemque legem per totum regnum promulgavit, ut omnes sibi invicem delicta condonarent.

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Gozelo7 dux Lutheringorum obiit ; cuius filius Gotefridus, nobilis­ simae indolis iuvenis atque in re militari admodum exercitatus, quia ducaturn patris non potuit obtinere, arma contra rem publicam corri­ puit, Adelherturn ducem, quem rex patri eius subrogaverat, prelio victum occidit, cedes hominum et depopulationes agrorum quam maximas fecit, loca omnia usque ad Rhenum, preter ea quae vel murorum presidio hostilem impetum subterfugiebant vel se data pecunia redemerant, in cinerem redegit. 1

Hainburg und Preßburg, beide a. d. Donau, sowie Deutsch-Altenburg. Bretislav I. 3 Jaroslaw der Weise, Großfürst von Kiew, 1019-54. 4 Erst im Mai 1043 in Paderborn. 2

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1043/44

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Von Heinrich 111. , Böhmen und Ungarn

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genl, und nachdem ihm die Landesbewohner den Treueid geleistet hatten, kehrte er in Frieden heim. Bischof Hermann von Münster starb ; Rupert wurde sein Nachfolger. Bischof Heribert von Eichstätt starb ; auf ihn folgte sein Bruder Gezman. Als dieser nach wenigen Wochen starb, trat Gebhard an seine Stelle. 1043 Der König feierte die Fleischwerdung des Herrn in Goslar. Der Herzog von Böhmen2 , der dort erschien, wurde vom König gnädig aufge­ nommen und hielt sich dort, ehrenvoll behandelt, eine Zeitlang auf ; schließ­ lich wurde er in Gnaden entlassen. Dorthin kamen auch neben Abgesandten verschiedener Länder Boten der Russen, aber sie kehrten trauernd zu­ rück, weil sie in betreff der Tochter ihres Königs3 , die sie mit König Hein­ rich zu vermählen gehofft hatten, eine eindeutige Ablehnung nach Hause brachten. Dort4 baten auch Gesandte des Ungarnkönigs demütig um Frie­ den, doch ohne Erfolg, weil König Peter, den Aha gewaltsam aus dem Lande gejagt hatte, anwesend war und König Heinrich flehentlich um Beistand gegen dessen Gewalttätigkeit bat. Abt Sigwart von Fulda starb ; sein Nachfolger wurde Rohingus. Kaiserin Gisela5 starb und wurde in Speyer beigesetzt. Der König zwang auf seinem zweiten Feldzug gegen Ungarn Aba zu einem Abkommen nach seinen Wünschen ; nachdem er von ihm eidliche Friedensversicherungen und Geiseln empfangen hatte, kehrte er heim und feierte in Ingelheim seine Vermählung6 mit Agnes, der Tochter des Grafen Wilhelm von Poitou. 1044 Der König feierte Weihnachten in Trier, und dort sprach er alle, die sich wider die königliche Majestät vergangen hatten, von Schuld frei und verkündete für das ganze Reich das gleiche Gebot, daß alle einander ihre Vergehen vergeben sollten. Herzog Gozelo7 von Lothringen starb ; sein Sohn Gottfried, ein hoch­ begabter und im Kriegswesen sehr erfahrener junger Fürst, griff zu den Waffen gegen das Reich, weil ihm das Herzogtum seines Vaters vorenthal­ ten wurde. Den Herzog Adalbert, den der König zum Nachfolger seines Vaters eingesetzt hatte, besiegte und tötete er ; er erschlug viele Menschen und verwüstete die Felder schwer ; alle Ortschaften bis zum Rhein legte er in Asche bis auf diejenigen, die dem feindlichen Angriff dank ihrer Mauern entgingen oder sich durch Geldzahlungen losgekauft hatten. s

Witwe Konrads II.

6 Vgl. Esther 2, 18.

7 Gozelo I. ( 1023-44) war Herzog beider Lothringen. Gott.fried ( 1044-69), der ältere Sohn, erhielt Oberlothringen, während Gozelo, der jüngere Sohn, Nieder­ lothringen bekam. Nach dem Tode Gozelos . li. (1046) wurde Friedrich von Luxemburg mit Niederlothringen belehnt. Als Gottfried 1047 hiergegen rebel­ lierte, wurde er abgesetzt ; an seine Stelle kam ein gewisser Adalbert. Dieser wurde 1048 von Gottfried getötet.

46

Lamperti Armales

59�1

Rex tercia expeditione in Ungariam facta predictum Ouban vicit et expulit Petroque regnum restituit. Hazecho Wormaciae episcopus obüt ; cui Adelgerus successit ; cui itidem paulo post humanis rebus exempto Arnoldus successit. Diotmarus Hildinesheimensis episcopus obüt ; cui Azelinus successit. 5 MXLV. Dux Gotefridus a rege in deditionem acceptus in Gibeke­ stein 1 missus est custodiendus, sicque regnum brevi tempore quietum et pacatum mansit. Petrus Ungariorum rex Ouban emulum atque insidiatorem regni sui captum decollavit2• 10 Brun Wirceburgensis episcopus obüt ; cui Adelbero successit. Cathelo Citicensis episcopus obüt ; cui Eppo successit. I Altbrandus Premensis archiepiscopus obüt3 ; cui Adelberdus succes­ sit. MXLVI. Rex natalem Domini Goslariae celebravit ; ubi et socrus4 15 eius de Pictavis euro primoribus gentis suae aderat. Petrus rex Ungariorum ab Andrea5 propinquo suo dolo mrcumventus cecatur. Eggihardus marchio8 subitanea morte prefocatus interüt. 20 Drutmarus abbas Corbeiensis obiit ; cui Ruothardus successit. Dux Gotefridus custodia absolutus, dum videret nec intercessionem principum nec deditionem, quam sponte subierat, sibi aliquid profuisse, et rei indignitate et inopiae familiaris tedio permotus bellum rursus de integro sumpsit7• Inter alias, quas rei publicae intulit, clades Neumago domum regiam miri et incomparabilis operis incendit, 2s civitatem Verdonensem cepit, maiorem in ea aecclesiam concremavit. Sed post modieuro facti in tantum penituit, ut publice se verberari faceret et capillos suos, ne tonderentur, multa pecunia redimeret, sumptus ad reaedificandam aecclesiam daret et in opere cementario ao per seipsum plerumque vilis mancipü ministerio functus deserviret. MXL VII. Rex natalem Domini Romae celebravit, ubi tribus de­ positis8, qui sedem apostolicam contra ecclesiasticas regulas invase­ rant, Suitgerum Babenbergensem episcopum vicarium apostolorum constituitD. A quo I in die �ncto ipse vicissim euro Agnete regina im1 1 a

Bei Halle an der Saale Schon 1044. Alebra.nd-Bezelin, gestorben 15. 4. 1043.

1045--1047 Von Heinr. III u. Gottfr. v. Lothr. ; die Synod. v. Sutri u. Rom

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Auf seinem dritten Feldzug gegen Ungarn besiegte und verjagte der König Aha und setzte Peter wieder zum König ein.

o

10

Bischof Hazecho von Worms starb; auf ihn folgte Adelger; als dieser bald darauf ebenfalls der Zeitlichkeit entrückt wurde, trat Arnold an seine Stelle. Bischof Dietmar von Hitdesheim starb ; Azelin wurde sein Nachfolger. 1 045 Herzog Gottfried unterwarf sich dem König und kam nach Gie­ bichenstein1 in Haft; nun blieb das Reich für kurze Zeit ruhig und friedlich. König Peter von Ungarn nahm seinen Rivalen Aba, den Usurpator des Thrones, gefangen und ließ ihn enthaupten2.

Bischof Brun von Würzburg starb ; auf ihn folgte Adalbero. Bischof Kathelo von Zeitz starb ; an seine Stelle trat Eppo. Erzbischof Altbrand von Bremen starb3; sein Nachfolger wurde Adal­ 16

bert. 1 046 Der König feierte Weihnachten in Goslar ; dort hielt sich auch seine Schwiegermutter', die Gräfin von Poitou, mit Edlen ihres Volkes auf. König Peter von Ungarn wurde von seinem Verwandten Andreas6 hin­ terlistig gefangen genommen und geblendet.

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Markgraf Eckart6 starb eines plötzlichen Todes an einem Blutsturz.

Abt Drutmar von Corvey starb; auf ihn folgte Ruthard. Herzog Gottfried war aus der Haft entlassen worden, mußte aber er­ kennen, daß ihm weder die Fürsprache der Fürsten noch seine freiwillige Unterwerfung irgend etwas genützt hatte; darüber empört und seiner dürftigen Vermögenslage überdrüssig, begann er von neuem den Kampf?. 21> Unter anderen Schädigungen, die er dem Reich zufügte, verbrannte er die Pfalz von Nymwegen, ein Bauwerk von wunderbarer, unvergleichlicher Schönheit, ferner eroberte er Verdun und äscherte dort die Hauptkirche ein. Doch nach kurzer Zeit bereute er seine Tat so tief, daß er sich öffent­ lich auspeitschen ließ und, um nicht geschoren zu werden, seine Haare mit

ao

vielem Geld auslöste; ferner zahlte er die Kosten des Wiederaufbaus der Kirche und leistete bei der Maurerarbeit öfters die Dienste eines einfachen Handlangers. 1047 Der König feierte Weihnachten in Rom; dort ließ er die drei Män­

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nerB, die sich wider die kirchlichen Vorschriften des apostolischen Stuhls bemächtigt hatten, absetzen und setzte Bischof Swidger von Ba.mberg zum Stellvertreter der Apostel ein9• Von diesem wurde er sowie Königin

' Agnes, Witwe Wilhelms V. von Poitou und Aquita.nien. 5 Andreas I., 1046--60. 1 Von Meißen. 7 1047. 8 Gregor VI. und Silvester II. wurden am 22. Dezember 1046, Benedikt IX. am 23. Dezember 1046 abgesetzt. 8 Clemens II.

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Lamperti Aunalcs

tli /H:l

periali nomine et honore est donatus. lnde Beneventum vicinasque regiones peragrans, saueturn pascha in redeundo Mantuae celebravit, ascensionem in Augusta. Ubi Epponi episcopo defuncto Heinricum subrogavit. Deinde exercitum navalem per Rhenum duxit in Fresiam contra Gotefridum eiusque adiutorem Diodericum1 ibique duas urbes 5 munitissimas cepit, Rinesburg2 et Fleerdingen3• Suitgerus papa, qui et Clemens, obiit et Babenberg sepultus est. Rohingus abbas Fuldensis obüt4, qui eodem anno Romae in natali Domini consecratus fuerat a Suitgero papa. Guntherus 3 heremita obiit 5 •

10

MXLVIII. Imperator natalem Domini Polethe celebravit. lbi legati aderaut Romanorum, Suitgeri papae obiturn nunciantes eique succes­ sorem postulantes. Quibus imperator Bopponem Prismensem episco­ pum assignavit6, Babenbergensem vero episcopatum Hezekin cancellario contradidit.

1s

Festurn sancti Michaelis7 imperator iterum Polethe celebravit. lbi postero die Dietmarus comes, frater ducis Bernhardi8, cum a milite suo Arnoldo accusatus fuisset de inito contra imperatorem consilio, congressus cum eo, ut obiectum crimen manu propria purgaret, victus et occisus est.

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Ekbertus9 Fuldensis abbas factus fuerat statim post natalem Do­ Illl lll .

MXLVIIII. Imperator natalem Domini Frisinge f celebravit. Ibi ite­ rum legati Romanorum, Bopponis papae morte nunciata, rectorem Romanae aecclesiae postulabantl 0 • Quibus imperator Brunonem To- 2 5 losae episcopum dedit11• ML. Leo papa propter componendum statum aecclesiarum et pa­ cem Galliis reddendam Roma egressus, Mogontiae sinodum celebra­ vit, presidente imperatore cum XLII episcopis12• Ubi Sibecho Spiren­ sis episcopus de criminibus, quibus accusabatur, sacra communione se ao purgavit. Et dux Gotefridus interventu papae et principum gratiam imperatoris obtinuit13• Expleta sinodo, imperator expeditionem movit

3 ) B J a, B Jb und B Je fügen hinzu: de Thuringia. 1

Graf von Holland, Markgraf von Friesland. Bei Leyden. 8 An der Ma.a.s. 5 9. 10. 1045. ' 29. 1 1 . 1046. 2

1048-1050

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Von Heinrich III.

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Agnes am heiligen Weihnachtstage mit dem kaiserlichen Titel und Rang begabt. Von dort zog er durch Benevent und die benachbarten Gegenden und feierte auf dem Rückmarsch das heilige Osterfest in Mantua und Him­ melfahrt in Augsburg. Dort setzte er Heinrich an die Stelle des verstorbenen Bischofs Eppo. Dann führte er Truppen zu Schiff auf dem Rhein nach Friesland gegen Gottfried und seinen Bundesgenossen Dietrich1 und nahm dort die beiden stark befestigten Burgen Rijnsburg1 und Vlaar­ dingen3 . Papst Swidger, auch Clemens genannt, starb und wurde in Bamberg beigesetzt. Abt Rohingus von Fulda starb" ; er war in demselben Jahr am Weih­ nachtstag von Papst Swidger geweiht worden. Der Eremit Gunther [von Thüringen] starb5 . 1048 Der Kaiser feierte Weihnachten in Pöhlde. Dort trafen Gesandte der Römer ein, die den Tod Papst Swidgers meldeten und um Ernennung eines Nachfolgers für ihn baten. Der Kaiser bestimmte dafür den Bischof Poppo von Brixen6, das Bistum Bamberg aber verlieh er dem Kanzler Hartwig. Das Fest des hl. MichaeF feierte der Kaiser wiederum in Pöhlde. Hier wurde am folgenden Tag Graf Dietmar, der Bruder des Herzogs Bernhard8, der von seinem Lehnsmann Arnold einer Verschwörung gegen den Kaiser beschuldigt worden war und sich im Zweikampf mit ihm mit eigener Hand von dieser Beschuldigung reinigen wollte, besiegt und getötet. Ekbert9 war gleich nach Weihnachten Abt von Fulda geworden. 1049 Der Kaiser feierte Weihnachten in Freising. Dort erschienen wie­ der röinische Gesandte, sie meldeten den Tod Poppos und baten um ein Oberhaupt der römischen Kirche10 • Ihnen gab der Kaiser den Bischof Bruno von Toulll. 1050 Papst Leo verließ Rom, um die kirchlichen Zustände in Ordnung zu bringen und Gallien den Frieden wiederzugeben ; in Mainz hielt er Init 42 Bischöfen eine Synode12 unter dem Vorsitz des Kaisers ab. Hier reinigte sich Bischof Sibicho von Speyer von den V erbrechen, deren er angeklagt war, durch die heilige Kommunion. Und Herzog Gottfried erhielt durch Vermittlung des Papstes und der Fürsten die Verzeihung des Kaisers13 • 8

Damasus II.

7 29. September.

Von Sachsen. Zuerst Mönch in Hersfeld, dann Abt von Tegernsee ; er wurde vielleicht am 30. 12. 1047 nach Fulda erhoben. 1o Bereits Anfang Dezember 1048 in Worms. 11 Leo IX. 12 Mitte Okt. 1049. 1 a I m Juli 1049 in Aachen. s

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super Balduwinum1• Papa vero reditum eius Aquisgrani expectavit2. MLI. Imperator natalem Domini Wormaciae celebravit3• Ubi Leo papa ei valefaciens, mediocriter compositis et causis ecclesiasticis et regni negociis, Romam reversus est4, abducens secum Gotefridum du­ cem5 et fratrem eius Fridericum, qui Gebehardo postmodum6 in se- s dem apostolicam successit, item alios quam plures tarn clericos quam laicos in re militari probatissimos, quorum virtute Nortmannis, qui Apuliam occupaverant, obviam ire parabat. I Consecrata est7 aecclesia in Goalare ab Herimanno Coloniensi archi10 episcopo. Imperator pentecosten8 celebravit Podelbrunnen. Ubi Bardo archi­ episcopus9, ad missam habito sermone obiturn suum instare predicens, orationi fidelium se commendavit ; qui eodem mense decessit, eique Liutpoldus successit. Dietericus Constantiensis episcopus obiitl 0 ; cui Rumolt successit. 1s Hunfridus Magadaburgensis episcopus obiit11 ;cui Engelhardus suc­ cessit. Natus est imperatori :fi.lius Heinricus, IIII. rex, III. Idus Novem­ bris 12. MLII. Imperator natalem Domini Polethe13 celebravit. Ubi filio suo 20 Heinrico, adhuc caticumino, principes regni sub iuramento fidem pro­ mittere fecitl4• Pascha celebravit Coloniae, ibique predictus puer ab Herimanno einsdem civitatis archiepiscopo baptizatus est. Rudolfus Podelbrunnensis episcopus obiit15 ; cui Immed successit. MLIII. Imperator natalem Domini Goslariae16 celebravit, ubi et 2s Immed consecratus est a Liutpoldo archiepiscopo17. - Ibi quoque per Gotefridum ducem18 heretici deprehensi sunt et suspensi. Leo papa profectus contra Nortmannos, conserto cum eis prope Be­ neventum19 prelio, et fugientibus statim I in prima congressione Longo1

Markgraf von Flandern ; Apr.fMai 1050. Dort weilte er nur vor der Synode. 8 Die Enählung ist verwirrt. Dezember 1049 war der Kaiser in Pöhlde, De­ zember 1050 in Goslar. - Leo IX. kehrte im Herbst 1049 nach Italien zurück und kam 1050 zum zweiten Male, 1052 zum dritten Male nach Deutschland. Das Folgende bezieht sich auf die letzte Reise. ' 1053. & Gottfried ging erst 1054 nach Italien. 2

1051-1053

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Nach Beendigung der Synode unternahm der Kaiser einen Feldzug gegen Balduin1• Der Papst wartete in Aachen seine Rückkehr ab2 • 1051 Der Kaiser feierte Weihnachten in Worms3 • Hier verabschiedete sich Papst Leo von ihm, nachdem die kirchlichen Angelegenheiten und die Reichshändel einigermaßen in Ordnung gebracht waren, und kehrte nach Rom zurück4 ; er nahm den Herzog Gottfried5 mit sowie dessen Bruder Friedrich, der später6 Gebhards Nachfolger auf dem apostolischen Stuhl wurde, dazu ncch zahlreiche andere, Kleriker wie Laien, die im Kriegswesen besonders erfahren waren und durch deren Tüchtigkeit er die Normannen, die Apulien besetzt hatten, zu bekämpfen dachte. Die Kirche in Goslar wurde von Erzbischof Hermann von Köln ge­ weiht7. Der Kaiser feierte Pfingsten8 in Paderborn. Hier kündigte Erzbischof Bardo9 in einer Predigt bei der Messe seinen baldigen Tod an und empfahl sich dem Gebet der Gläubigen ; er starb noch in demselben Monat, und an seine Stelle trat Liutpold. Bischof Dietrich von Konstanz starb10 ; sein Nachfolger war Rumold. Bischof Hunfrid von Magdeburg starb11 ; auf ihn folgte Engelhard. Am 1 1 . November wurde dem Kaiser sein Sohn Heinrich geboren, als König Heinrich IV .12 . 1052 Der Kaiser feierte Weihnachten in Pöhlde13 . Dort ließ er die Für­ sten des Reichs seinem Sohn Heinrich, der damals noch nicht getauft war, den Treueid leisten14• Ostern feierte er in Köln, und hier wurde der Knabe vom dortigen Erzbischof Hermann getauft. Bischof Rudolf von Paderborn starb15 ; sein Nachfolger wurde Immed. 1053 Der Kaiser feierte Weihnachten in Goslar16, wo auch Immed von Erzbischof Liutpold geweiht wurde17• Hier wurden auch durch Herzog Gottfried18 Ketzer ergriffen und gehängt. Papst Leo zog gegen die Normannen und lieferte ihnen in der Nähe von Benevent19 eine Schlacht ; da die Langobarden aber gleich zu Anfang des 1057, vgl. S. 60, Anm. 3. Schon 2. 7. 1050. 8 19. 5. 1051. o Von Ma.inz, t 10. oder 1 1 . 6. 1051. 10 22. 6. 11 28. 2. 11 Schon 1050. 1a Richtig in Goslar (1051). 14 Die Taufe war schon 1051 (Ostern 3 1 . März). u 6. oder 7. Nov. 1051. 1e Vielmehr in Worms ( 1052). 17 Z um Bischof von Paderborn. 18 Von Oberlothringen. - Dezember 1051. 10 Bei Civitate.



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bardis, Teutonici omnes pene ad unum interfecti sunt. Ipse quoque obsessus est in Benevento, et vix tandem post multas tribulationes obsidione liberatus, cunctos dies, quibus supervixit tantae calamitati, in luctu et merore egit1• Eo tempore Fridericus irater Gotefridi, Romanae aecclesiae archidiaconus, Constantinopolim apostolicae sedis iunctus legatione2 abie­ rat. Ubi indicta sinodo3 cum imperatorem Constantinopolitanum et patriarcham4 evocasset, et illi primatus sui maiestatem vendicantes dicto obtemperare dedignarentur, egressus urbem, sandalia sua more apostolorum publice super eos excuss,itö. Quo facto tantum terrorem omnibus Constantinopolitanis incussit, ut imperator et patriarcha cum clero et populo sequenti die sacco et cinere obvoluti ad eum procede­ rent et apostolicam auctoritatem in eo proni in terram adorarent6• Marchio Italorum Boniiacius7 obüt ; cuius viduam Beatricem dux Gotefridus accipiens8, marcham et caeteras eius possessiones coniugii pretextu sibi vendicavit. Quo comperto imperator Heinricus gravi scrupulo perurgeri cepit, reputans, ne forte per eum animi Halorum semper avidi novarum rerum, ut a regno Teutonicorum deficerent, sol­ licitarentur. MLIIII. Leo nonus papa XIII. Kai. Maii beato fine quievit in Domino Romaeque sepultus est. Imperator interpellatus a Romanis, ut antistitem sedi apostolicae provideret, Gebehardum Einstadeusern episcopum misit9 ; datisque clanculo litteris ad omnes qui in ltalia opibus aut virtute militari plurimum poterant, / deprecabatur eos, ut ducem Goteiridum, ne quid iorte mali contra rem publicam machinaretur, observarent ; promittebatque seipsum vita comite proximo anno affuturum et, quid iacto opus esset, visurum. [Huic1 0 subdiaconus toxicum in calicem misit. Quem cum ipse post consecrationem levare vellet nec posset, a Domino causam iacti in­ quisiturus cum populo ad orationem prosternitur, statimque toxicator a demone arripitur. Ita igitur causa maniiestata, domnus papa cali1 Der gefangene Papst wurde von den Normannen nach Benevent geleitet und einige Zeit in Haft gehalten. 2 Sowie Kardinalbischof Humbert von Silva Candida und Erzbischof Petrus von Amalfi. 3 1054. l Konstantin IX. Monomachus und Michael Kerullarios,

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Von Leo IX. und dem Beginn des Schismas

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Kampfes flohen, wurden die Deutschen fast alle bis auf den letzten Mann niedergemacht. Leo selbst wurde in Benevent eingeschlossen und erst nach vielen Drangsalen mit Mühe und Not befreit ; nun brachte er alle Tage, die er nach diesem schweren Unglück noch lebte, in Trübsal und Trauer zu1 • Zu dieser Zeit war Gottfrieds Bruder Friedrich, Archidiakon der römi­ schen Kirche, als Legat des apostolischen Stuhls2 nach Konstantinopel gereist. Dort beraumte er eine Synode3 an und lud dazu den Kaiser und den Patriarchen von Konstantinopel"' ein ; diese aber beriefen sich auf das Hoheitsrecht ihres Primats und lehnten es ab, der Einladung Folge zu leisten ; darauf verließ Gottfried die Stadt und schüttelte nach der Weise der Apostel auf offener Straße über sie den Staub von seinen Schuhen5 • Dadurch j agte er allen Einwohnern Konstantinopels einen solchen Schrek­ ken ein, daß der Kaiser und der Patriarch mit Klerus und Volk am folgenden Tag in Sack und Asche zu ihm hinauszogen und niederkniend in ihm die apostolische Autorität verehrten6• Markgraf Bonifatius von Italien7 starb ; seine Witwe Beatrix heiratete den Herzog Gottfried8, der sich unter dem Vorwand dieser Eheschließung dessen Mark und die übrigen Besitzungen aneignete. Als Kaiser Heinrich das erfuhr, machte er sich schwere Sorgen, denn er bedachte, daß sich die Italer, die ja immer aufsässig sind, womöglich durch ihn verleiten lassen könnten, vom deutschen Reich abzufallen. 1054 Papst Leo IX. starb am 1 9 . April eines seligen Todes im Herrn und wurde in Rom bestattet. Der Kaiser, von den Römern aufgefordert, einen Bischof für den apostolischen Stuhl zu bestellen, sandte ihnen den Bi­ schof Gebhard von Eichstätt9 ; insgeheim schickte er Briefe an alle, die in Italien durch Reichtum oder kriegerische Tüchtigkeit hervorstachen, und beschwor sie, Herzog Gottfried zu überwachen, daß er nicht etwa einen Anschlag gegen das Reich ins Werk setze, und er versprach, er werde im nächsten Jahre, wenn er am Leben bleibe, persönlich zugegen sein und prüfen, was zu tun sei. [lhm10 mischte ein Subdiakon Gift in den Kelch. Als er diesen nach der Konsekration aufheben wollte und das nicht konnte, warf et sich mit der Gemeinde zum Gebet nieder, um vom Herrn die Ursache davon zu er­ fahren. Da ward der Giftmischer sogleich vom Teufel gepackt. Als so die Ursache offenbar geworden war, befahl der Papst, den Kelch mit dem Blute des Herrn in einen Altar einzuschließen und als Reliquie dauernd s

Vgl. Apg. 13, 5 1 .

6 Vielmehr blieb das Schisma, das überwunden werden sollte, bestehen. 7 Von Tuszien, gestorben 6. 5. 1052. 1054 ; G. von Oberlothringen. März 1055. Viktor II. 10 D. h. dem Papste. - Späterer Einschub in den Text, steht in B 1. 2 nach episcopum misit (oben S . 52, 23). 8

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cem cum sanguine dominico cuidam altari iussit includi et pro reli­ quiis in perpetuum conservari. Deinde iterum cum populo tamdiu ad orationem prosternitur, quousque subdiaconus a demonio liberaretur.] Fridericus archidiaconus Constantinopoli regressus, ubi comperit Leonem papam humanis rebus excessisse et alium iam ecclesiastici regiminis iura suscepisse, dona quidem, quae ab imperatore Constan­ tinopolitano permagnifica deferebat, aecclesiae Romanae consignavit, et statim Urbe excedens in monasterium Casinum se contulitl, ibi deinceps Christo sub sanctae professionis titulo militaturus. Quod fac­ tum male plerique interpretabantur. Sed nemo qui sanum sapiebat aliter hoc eum quam ardore fidei et tedio secularium negociorum fe­ cisse credebat, presertim cum eodem tempore et longi itineris labore exhaustus et gravi corporis molestia pulsatus diu se posse vivere des­ peraret. / Azelinus Hildenesheimensis episcopus obiit ; cui Hecelo2 successit. Sibicho Spirensis episcopus obiit ; cui Arnoldus successit. Hezeken Babenbergensis episcopus obiit3 ; cui Adelbero successit. Imperatoris filius Heinricus consecratus est in regem Aquisgrani ab Herimanno Coloniensi archiepiscopo, vix et aegre super hoc impetrato consensu Liupoldi archiepiscopi, ad quem propter primaturn Mogontinae sedis consecratio regis et caetera negociorum regni dispositio po­ tissimum pertinebat. Sed imperator pocius Herimanno archiepiscopo hoc privilegium vendicabat propter claritatem generis eius, et quia intra diocesim ipsius consecratio haec celebranda contigisset. MLV. Heinricus imperator natalem Domini Goslariae celebravit, statimque exactis feriis solemnibus in Italiam perrexit, vocatus eo lega­ tione Romanorum, qui nunciaverant nimium in Italia contra rem pu­ blicam crescere opes et potentiam Gotefridi ducis, et nisi turbatis rebus mature consuleretur, ipsum quoque regnum propediem ab eo, dissi­ mulato pudore, occupandum fore. Sed ubi Italiam ingressus est, dux Gotefridus missis in occursum4 eius nunciis mandavit nihil se minus quam rebellionem cogitare, paraturn pocius pro statu rei publicae et imperatoris salute extrema etiam omnia experiri, gratum se habere, quod patriis finibus extorris, patriis possessionibus eiectus, opibus sal­ tem uxoris suae in peregrinatione sustentaretur ; quam nec dolo nec rapto, sed ipsius placito et celebratis solemniter nuptiis in matrimo­ nium sibi iunxisset.

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Vom 2. Italienzug Heinrichs 111.

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aufzubewahren. Darauf fiel er wieder mit der Gemeinde nieder und ver­ harrte so lange im Gebet, bis der Subdiakon von dem bösen Geist be­ freit war.] Als der Archidiakon Friedrich von Konstantinopel zurückgekehrt war und erfuhr, daß Papst Leo die Zeitlichkeit verlassen und ein neuer Papst die Rechte der Kirchenregierung übernommen habe, da übergab er zwar die außerordentlich kostbaren Geschenke des Kaisers von Konstantinopel, die er mitbrachte, der römischen Kirche, verließ dann aber sofort die Stadt und ging in das Kloster Monte Cassino1 , um dort in Zukunft unter der heiligen Profeß für Christum zu streiten. Dies Verhalten haben viele übel ausgelegt. Aber kein Vernünftiger glaubte, daß er dies aus einem anderen Grunde getan habe als aus Glaubenseifer und Ekel an den weltlichen Ge­ schäften, zumal er damals, von der langen Reise erschöpft und körperlich schwer leidend, nicht erwartete, noch lange leben zu können. Bischof Azelin von Hildesheim starb ; an seine Stelle trat Hezelo2 • Bischof Sibicho von Speyer starb ; sein Nachfolger wurde Arnold. Bischof Hezeken von Bamberg starb3 ; auf ihn folgte Adalbero. Des Kaisers Sohn Heinrich wurde in Aachen von Erzbischof Hermann von Köln zum König geweiht, doch hatte nur Init Mühe die Einwilligung des Erzbischofs Liutpold dazu erlangt werden können, da ihm eigentlich wegen des Primats des Mainzer Stuhls die Weihe des Königs und die sonstige Leitung der Reichsgeschäfte in erster Linie zustand. Der Kaiser aber nahm dieses Vorrecht vielmehr für Erzbischof Hermann in Anspruch, und zwar wegen seiner vornehmen Herkunft, und weil es sich traf, daß die Weihe in dessen Sprengel stattfinden sollte. 1055 Kaiser Heinrich feierte Weihnachten in Goslar, und gleich nach dem Ende der Feiertage zog er nach Italien, durch eine Gesandtschaft der Römer dorthin berufen, die gemeldet hatte, die Macht und der Ein­ fluß Gottfrieds gegen das Reich wachse in Italien bedenklich, und wenn nicht rechtzeitig der Verwirrung gesteuert werde, würde sich dieser näch­ stens ohne alle Scham der Herrschaft bemächtigen. Kaum aber hatte der Kaiser den Boden Italiens betreten, da schickte ihm Herzog Gottfried Boten entgegen4 und ließ ihm sagen, er denke an nichts weniger als an Empörung, er sei vielmehr bereit, für die Sicherung des Reiches und das Wohl des Kaisers alles, auch das Schlimmste, auf sich zu nehmen; er sei froh, daß er, aus der Heimat vertrieben und der Besitzungen seiner Väter beraubt, doch durch die Mittel seiner Frau in der Fremde seinen Lebensun­ terhalt finde ; und diese habe er sich nicht erschlichen oder geraubt, son­ dern sie habe sich freiwillig durch feierliche Vermählung Init ihm ehelich verbunden. 1 1055. I 1054-79. 8 1053. 4 Gottfried befand sich längst in Flandern bei seinen Mitverschworenen.

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Beatrix quoque, dissimulato metu, imperatori obviam proeessit, et vix impetrata dieendi eopia, ait nihil se egisse preterquam quod iure gen-. tium sibi agere lieuisset. Destitutam se priori marito desolatae domui patronum paravisse et ingenuam ingenuo sine fueo nefariae euiusquam maehilnationis nupsisse. Nee equi nee boni memorem eum esse, si id sibi

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paee eius non lieeret, quod in imperio Romano feminis nobilibus semper lieuisset. Imperator itaque aeeepto a primoribus eonsilio Gotefridum eri­ mine absolvit, non tarn probans satisfaetionem eius quam metuens, ne malis reeentibus exasperatus Nortmannis infestantibus Italiam dueem belli se preberet, et fierent novissima eius peiora prioribus1• Beatrieem

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tarnen quasi per deditionem aeeeptam seeum abduxit, hoe illi eulpae obieiens, quod eontraetis se ineonsulto nuptüs hosti publieo Italiam pro­ didisset. Deinde anno integro2 intra Italiam eommoratus euneta quae rei utilitas exposeere videbatur magnifiee pro loeo et tempore ordinavit. I MLVI. Guntherus tune temporis eaneellarius3 visionem VIdit memo-

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ria dignam : Deum in solio maiestatis suae residere et elevato in altum braehio distrietum gladium magno nisu vibrare et eireumstantibus dieere : Reddam ultionem hostibus meis et lzis qui oderunt me retribuam. Quam visionem protinus mortalitas subseeuta est prineipum regni. Eaque expleta, vidit eodem rursus seemate Dominum residere et re-

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misso iam in vaginam gladio et super genua sua reclinato dieere eir­ eumstantibus : Ignis succensus est in furore meo et ardebit usque ad inferni novissima4•

Herimannus Coloniensis episcopus obiit ; eui Anno6 Goslariensis prepositus sueeessit.

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Imperator regressus de Italia saueturn paseha6 Podelbrunne eele­ bravit, brevique eommoratus in Goslaria, perrexit ad villam Civois7 in eonfinio sitam regni Franeorum ae Teutonieorum, eolloquium ibi habitums eum rege Francorum8• A quo eontumeliose atque hostiliter obiurgatus, quod multa sepe sibi mcntitus fuisset, et quod partem maximam regni Franeorum dolo a

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patribus eius oeeupatam reddere

tamdiu distulisset, euro imperator paraturn se dieeret singulariter euro 1 Falsch ; Heinrich III. suchte erst kurz vor seinem Tode Versöhnung mit Gottfried. 2 Bis November. 3 1057 Bischof von Bamberg. ' 5. Mos. 32, 41 und 32, 22.

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Von Beatrix von Tuscien

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Auch Beatrix ging ungeachtet ihrer Furcht dem Kaiser entgegen, er­ reichte aber nur mit Mühe eine Audienz, dabei erklärte sie, sie habe nur getan, was ihr nach dem Völkerrecht zu tun erlaubt gewesen sei. Nach dem Verlust ihres ersten Gatten habe sie dem verödeten Hause einenBeschützer s gegeben und als Edle ohne Nebenabsicht irgendwelcher verruchter Ma­ chenschaften einen edlen Mann geheiratet. Er vergesse des Rechts und der Billigkeit, wenn ihr, ohne seine Gnade zu verlieren, das nicht gestattet sein sollte, was im römischen Reich edlen Frauen immer erlaubt gewesen sei. Der Kaiser holte nun den Rat seiner Fürsten ein und sprach daraufhin 10 Gottfried von der Anklage frei, nicht so sehr, weil er seine Rechtfertigung an­ erkannte, als weil er fürchtete, er könne sich, erbittert über die neuen Drang­ salierungen, den Normannen, die Italien mit Krieg bedrohten, als Führer zur Verfügung stellen und seine bisherigen schlimmen Taten durch neue, noch schlimmere übertrumpfen1. Beatrix j edoch führte er mit sich fort, 1 5 als ob sie sich ihm ergeben hätte : er warf ihr als Vergehen vor, daß sie durch die ohne seine Einwilligung erfolgte Eheschließung Italien einem Staats­ feind überantwortet hätte. Er hielt sich dann ein ganzes Jahr2 in Italien auf und regelte alles, wie es zweckmäßig erschien, dem Ort und der Zeit­ lage entsprechend aufs beste. 1056 Gunther, der derzeitige Kanzler3 , hatte eine bemerkenswerte Vi20 sion : Gott saß auf dem Throne seiner Herrlichkeit, schwang mit hoch er­ hobenem Arm ein bloßes Schwert mit großer Wucht und sprach zu den Umstehenden : "Ich will mich rächen an meinen Feinden und denen, die mich hassen, vergelten. " Dieser Vision folgte unmittelbar ein Sterben unter 2 5 den Fürsten des Reichs. Und nachdem sich diese Vision erfüllt hatte, sah er wieder den Herrn in derselben Gestalt sitzen, doch hatte er nun das Schwert in die Scheide gesteckt und über seine Knie gelegt und sprach zu den Umstehenden : " Ein Feuer ist entzündet durch meinen Zorn und wird brennen bis in die unterste Hölle4". Bischof Hermann von Köln starb ; sein Nachfolger wurde Propst Anno 30 von Goslar5• Nach seiner Rückkehr aus Italien feierte der Kaiser das heilige Osterfest6 in Paderborn, und nach kurzem Aufenthalt in Goslar begab er sich auf das Hofgut Civois7 im Grenzgebiet von Francien und Deutschland zu einer 35 Unterredung mit dem K önig von Frankreich8• Dieser warf ihm in ehren­ rühriger und feindseliger Weise vor, er habe ihn vielfach belogen und die Rückgabe eines beträchtlichen Teils des Frankenreichs, der hinterlistig von seinen Vorgängern in Besitz genommen worden sei, bisher verweigert ; als sich der Kaiser bereit erklärte, diese Vorwürfe durch einen Zweikampf mit 1056-7 5. 8 4. April. 7 Carignan, Dep. Ardennes. 8 Heinrich I.

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eo conserta manu obiecta refellere, ille proxima nocte fuga lapsus in suos se fines recepit. Imperator nativitatem sanctae Mariae1 Goslariae celebravit, ibique Victorem papam, qui et Gebehart, magnifico apparatu suscepit hospi­ cio, collectis scilicet ad omandam tantae diei solemnitatem cunctis 5 pene regni opibus et principibus. Inde profectus Botfelden2 , cum ibi aliquamdiu venationi deditus moraretur, comperit Willihelmum mar­ chionem3 et Diodericum comitem4 cum infinita multitudine Saxonici exercitus, quos contra Luticios miserat, male gestis rebus occubuisse 5 • Nec multo post ipse corporis molestia correptus, cum VII aut eo am-

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plius diebus lecto decubasset, diem clausit extremum. Presentes erant quasi ad officium tanti funeris ex industria evocati Romanus pontifex, Aquileiensis patriarcha6, patruus imperatoris Ratisponensis episco­ pus7, item aliae innumerabiles tarn laici quam aecclesiastici ordinis dignitates. Notatumque est nulla retro maiorum memoria sine publica 15 indictione tot illustres personas in unum confluxisse. Corpus eius Spi­ ram translatum est et celebratis regio more exequiis die natalicio apo­ stolorum Symonis et Iudae8, quo scilicet die etiam natus fuerat, se­ pulturae est traditum. Regnum pro patre optinuit filius eius Heinri­ cus, V annorum infantulus9, anno postquam in regem unctus fuerat

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tercio. Summa tarnen rerum et omnium quibus facto opus erat ad­ ministratio penes imperatricem10 remansit, quae tanta arte pericli­ tantis rei publicae statum tutata est, ut nihil in ea tumultus, nihil simultatis tantae rei novitas generaret.

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Amoldus Spirensis episcopus obiit11 ; cui Cunradus successit.

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Cunradus filius imperatoris, dux Baioariae, obiit12. Ducaturn eius imperator imperatrici dedit privato iure, quoad vellet, possidendum13. Dedi palatinus comes14 a quodam clerico Premensi occisus est, quem a fratre suo archiepiscopo susceperat pro criminibus, quae ei obicie­ bantur, exilio deportandum ; sepultusque est iubente imperatore in Goslaria.

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8. September. Bei Quedlinburg. 1 Von der Nordmark. ' Von Katlenburg. 5 10. September. - An der Mündung der Havel in die Eibe. 1

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Vom Tode Heinrichs Ill.

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ihm zu widerlegen, entwich j ener in der nächsten Nacht und zog sich in sein Land zurück. Der Kaiser feierte das Geburtsfest der hl. Maria1 in Goslar ; dort emp­ fing er Papst Viktor, auch Gebhard genannt, mit großartigem Gepränge als Gast : er bot zur Verherrlichung der Feier fast alle Schätze und alle Fürsten des Reichs auf. Von dort ging er nach Bodfeld2 , und als er dort einige Zeit mit Jagen verbrachte, erfuhr er, daß Markgraf Wilhelm3 und Graf Diet­ rich\ die er gegen die Liutizen ausgesandt hatte, mit einer ungeheuren Menge des sächsischen Heeres in einer unglücklichen Schlacht umgekommen seien.6 Kurz danach erkrankte er und starb, nachdem er sieben Tage oder länger bettlägerig gewesen war. Anwesend waren, wie absichtlich zu einem so bedeutenden Leichenbegängnis herbeigerufen, der römische Pontifex, der Patriarch von Aquileja6, der Bischof von Regensburg7, Oheim des Kaisers, ferner unzählige weitere Würdenträger weltlichen wie geistliehen Standes. Und es wurde vermerkt, daß bisher niemals seit Menschen­ gedenken so viele illustre Personen ohne öffentliches Aufgebot an einem Ort zusammengeströmt waren. Sein Leib wurde nach Speyer übergeführt und, nachdem die Leichenfeier nach königlichem Brauch abgehalten wor­ den war, am Tage der Apostel Sirnon und Juda8, an dem er auch geboren war, beigesetzt. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Heinrich, ein fünf­ j ähriger Knabe9, im dritten Jahr, nachdem er zum König gesalbt worden war. Die oberste Gewalt und die Verwaltung aller notwendigen Regie­ rungsgeschäfte verblieb j edoch bei der Kaiserin10 , die die Sicherheit des gefährdeten Reichs mit solcher Geschicklichkeit aufrechterhielt, daß die tiefgreifende Veränderung der Lage keinerlei Unruhen und keinerlei An­ fechtungen hervorrief. Bischof Arnold von Speyer starb11 ; auf ihn folgte Konrad. Herzog Konra.d von Bayern, der Sohn des Kaisers, starb12 • Sein Herzog­ tum verlieh der Kaiser der Kaiserin als Privatbesitz auf beliebige Zeitl3 • Pfalzgraf Dedi14 wurde von einem Bremer Kleriker ermordet, den er von seinem Bruder, dem Erzbischof, übernommen hatte, um ihn wegen der Verbrechen, die man ihm vorwarf, in die Verbannung zu schicken ; er wurde auf Anordnung des Kaisers in Goslar begraben.

6 Gotebold. 7 Gebhard Ill. s 28. Oktober. t Fast sechs Jahre alt. 10 Agnes. 11 1055. 1 2 Im Alter von drei Jahren, 10. 4. 1055. 18 Erst z. Zt. Heinrichs IV. 14 Von Sachsen, Bruder Adalberts von Bremen.

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Willehelmo marehioni1 sueeessit Udo eomes2, vir valde industrius et regi eonsanguinitate proximus. MLVII. Rex natalem Domini Ratisponae eelebravit, presente ad­ hue Vietore papa. Qui exinde eompositis medioeriter, prout tune eopia erat, regni negoeiis, in Italiam regressus, V. Kai. Augusti migravit ad

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Dominum. Einstatensem episeopatum, quo se ille papa faetus non ab­ dieaverat, Gunzo suseepit. Turn vero universi, quiequid prineipum, quiequid piebis Romanae erat, uno animo, pari voluntate in eleetionem eonsenserunt Frideriei fratris Gotefridi dueis, extraetumque de mona­ sterio Casino3, ubi lucerna Dei ardens et lueens sub lecto monastieae

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quietis deliteseebat, super candelabrum4 extulerunt sedis apostolieae.

Nee

quisquam sane multis retro annis laetioribus suffragiis, maiori

omnium expeetatione ad regimen proeesserat Romanae aeeelesiae. Sed tantam spem heu ! frustrata est mors immatura. Uto marehio obiit ; eui filius eius Uto 5 iunior sueeessit. f

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Prineipes Saxoniae erebris eonventieulis agitabant de iniuriis, qui­ bus sub imperatore affeeti fuerant, arbitrabanturque pulehre sibi de his satisfaetum fore, si filio eius, dum adhue aetas oportuna iniuriae esset, regnum eriperent ; nee proeul ab fide aberat filium in mores vitam­

que patris pedibus, ut aiunt, iturum esse6• Aeeessit ex insperato mag-

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num turbandis rebus adiumentum Otto frater Willehelmi marehionis7, sed matrimonio impari, matre seilieet Sclaviea, natus, vir aeer ignenio et manu impiger. Is apud gentem Boemorum iam a puero exulaverat. Sed eomperta morte fratris, magna spe obtinendae hereditatis regres­ sus in Saxoniam, a eunetis illie prineipibus benigne excipitur, magnis- 2s que omnium adhortationibus instigatur non modo mareham, quae sibi iure hereditario eompeteret, sed ipsum quoque regnum affeetare. Ubi alaerem paratumque negoeio advertunt, fidem omnes dieunt, suas quis­ que manus, suam operam pollieentur, regemque, ubieumque fortuna oportunum feeisset, interfieere eonstituunt. Pereulsis metu omnibus, quibus rerum publiearum sollieitudo aliqua erat, et magnopere intentis ad sedandam turbam, quae oriebatur, pla­ euit regem oeius in Saxoniam venire et periclitanti rei publieae quaqua 1 Vgl. S. 58, Anm. 3.

Von Stade. Stephan IX. befand sich in Rom und hielt sich dann bis zum 10. Februar 1058 in Monte Cassino auf, dessen Abt er vorher gewesen war. •

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Von den Unruhen in Sachsen

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Markgraf Wilhelms1 Nachfolger wurde Graf Udo2 , em sehr rühriger Mann und naher Verwandter des Königs. 1057 Der König feierte Weihnachten in Regensburg noch in Gegenwart des Papstes Viktor. Dieser kehrte dann nach Rom zurück, nachdem die Reichsangelegenheiten den M�glichkeiten entsprechend einigermaßen ge­ regelt waren ; am 28. Juli ging er zum Herrn ein. Das Amt des Bischofs von Eichstätt, das der Papst nicht niedergelegt hatte, übernahm Gunzo. Bei der Papstwahl stimmten sämtliche Fürsten und das ganze römische Volk einmütig und einhellig für Herzog Gottfrieds Bruder Friedrich : sie holten ihn aus dem Kloster Cassino3 , wo sich diese glänzende, strahlende Leuchte Gottes unter dem Bette der mönchischen Ruhe verborgen hielt, und trugen ihn empor auf den Leuchter" des apostolischen Stuhls. Und wahrlich, seit vielen Jahren hatte keiner mit freudigerer Zustimmung, mit größerer Er­ wartung die Leitung der römischen Kirche übernommen. Aber ach, ein vorzeitiger Tod machte all diese Hoffnung zunichte. Markgraf Udo starb, und sein Sohn Udo der Jüngere5 trat an seine Stelle. Die sächsischen Fürsten verhandelten in häufigen Zusammenkünften über die Ungerechtigkeiten, die ihnen unter dem Kaiser zugefügt worden waren, und sie glaubten sich dafür eine herrliche Genugtuung zu verschaf­ fen, wenn sie seinem Sohn die Reichsregierung entrissen, solange noch seine Jugend günstige Gelegenheit zu solcher Gewalttat böte ; und die Annahme war ja auch recht naheliegend, daß der Sohn in Charakter und Lebensart, wie man zu sagen pflegt, in die Fußtapfen des Vaters treten werde6• Unverhofft fanden sie ein ausgezeichnetes Werkzeug für ihre Umsturzpläne in Otto, einem Bruder Markgraf Wilhelms,7 aber aus unebenbürtiger Ehe - seine Mutter war nämlich eine Slavin -, einem Manne von scharfem Verstand und stets kampfbereiter Faust. Dieser hatte schon von Kindheit an als Verbannter in Böhmen gelebt. Als er aber den Tod des Bruders erfuhr, kehrte er in der sicheren Erwartung, dessen Erbe zu werden, nach Sach­ sen zurück und wurde dort von allen Fürsten freundlich aufgenommen ; sie stachelten ihn alle mit großen anfeuernden Worten auf, das Ziel seines Strebens nicht nur auf die Mark zu richten, die ihm ja kraft Erbrechts zu­ stehe, sondern auch auf die Königskrone. Als sie ihn dazu aufgelegt und tatbereit fanden, versicherten sie ihn alle ihrer Treue, j eder einzelne ver­ sprach, ihm seinen Arm, seine Hilfe zu leihen, und sie beschlossen, den König zu töten, wo immer das Schicksal Gelegenheit dazu böte. Da wurden alle von Furcht ergriffen, denen das Schicksal des Reiches auch nur einigermaßen am Herzen lag, und eifrig darauf bedacht, den Umtrieben gleich zu Beginn Einhalt zu tun, hielten sie es für richtig, daß ' Vgl. Luk. 8, 16. 5 Von der Nordmark, 1057-1 106. • Vgl. Livius Vlli , 9 und V, 9, 2. 7 Von der Nordmark.

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posset ratione consulere. Itaque natalem sanctorum apostolorum Petri et Pauli1 Mersenburg celebraturus erat ; eo quicquid principum erat in Saxonia ad colloquium evocari iussit. Quo dum pergerent, pro sua sin­ guli copia magna militum manu stipati, contigit, ut Brun et Ecberdus, patrueles regis2, casu inciderent in multitudinem predicti Ottonis, conglobato agmine ad curtem regiam proficiscentis3• Hi preter causam pu­ blicam privatis quoque inimiciciis infestissilni illi erant. Nec mora dato I militibus signo ad pugnam, equis subdunt calcaria, et pari utraque pars audacia, paribus odiis in mutua vulnera ruunt. Ibi in prima fronte Brun et Otto, ambo pleni irarum, ambo sui tegendi inmemores, dum hostem ferirent, tarn concitatos in sese vicissim impetus dederunt, ut uterque alterum primo incursu equo excussum letali vulnere transfoderet4• Amisais ducibus, aliquamdiu utramque aciem anceps pugna tenuit. Sed Ecberdus, quamquam graviter saucius, dolore tarnen interempti fratris efferatus, rapido cursu in confertissilnos hostes precipitem se mittit, Bernhardi comitis5 filium, egregium adolescentem, sed vixdum miliciae maturum, interficit ; caeteros languidius, quoniam ducem per­ didissent, pugnantes in fugam convertit. Sie res publica maximo metu liberata est, et Saxones, adempto rebellionis signifero, nihil ulterius quod secus esset contra regem moliti sunt. Cuono cognatus regis dux factus est Carentinorum6• Frater eius Heinricus palatinus comes Luthariorum instinctu demonis monasticam vitam profesaus est in Gorzia. Sed post paucos dies, vulgante se de­ monio, quo illusus fuerat, sanctae conversationis habitum, quo se ange­ lus Satanae in angelum l'UCis transfiguraverat7, abiecit uxoremque suam8 et possessiones, desertor Dei et transfuga, recepit. ML VIII. Rex natalem Domini Mersinburg9 celebravit ; aderatque ibi inter alios regni principes etiam I Hildibrant abbas de Sancto Paulo 10, mandata deferens ab sede apostolica, vir et eloquentia et sacrarum litterarum eruditione valde ammirandus. 1 29.

Juni. Gisela (Gemahlin des Grafen Bruno und dann Konrads II.) war die Groß­ mutter der beiden Grafen und Heinrichs IV. Ekbert I. war Graf von Braun­ schweig, dann Markgraf von Meißen, gest. 1068. 1 In der Nähe von Quedlinburg. ' Ähnlich Livius II, 6, 9. 6 Sächsischer Graf. • 1056-61 . Sohn des Grafen Hezel von Zülpich. 1

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der König unverzüglich nach Sachsen komme und alle nur möglichen Mit­ tel anwende, um der dem Reich drohenden Gefahr entgegenzutreten. Da­ her wollte er den Tag der hl. Apostel Petrus und Paulus1 in Merseburg feiern ; hierher ließ er sämtliche Fürsten Sachsens zu einer Beratung entbieten. Als sie nun auf dem Wege dahin waren, j eder von einer seinen Ver­ hältnissen entsprechenden Schar Bewaffneter begleitet, traf es sich, daß Brun und Ekbert, des Königs Vettern2 , zufällig auf die Mannschaft Ottos stießen, der mit dicht zusammengedrängten Mannen zum königlichen Hoflager ritt3 • Diese waren abgesehen von politischen Gegensätzen auch wegen persönlicher Feindschaft dessen erbittertste Gegner. Unverzüglich geben sie ihren Kriegern das Zeichen zum Angriff, spornen die Rosse, und beide Parteien stürzen mit gleicher Kühnheit, mit gleichem Haß in das wechselseitige Morden. In vorderster Front trafen Brun und Otto auf­ einander, beide voller Haß, beide, ohne an ihre eigne Deckung zu denken, nur darauf bedacht, den Gegner zu treffen, rannten sie mit so hitzigem Ungestüm gegeneinander, daß sie sich beim ersten Anprall gegenseitig durchbohrten und tödlich verwundet4 vom Pferde warfen. Nach dem Tode der Führer fesselte ein hin und her wogender Kampf beide Mannschaften noch eine Zeitlang aneinander. Doch da stürzt sich Ekbert trotz schwerer Verwundung in tierischer Wut vor Schmerz über den Tod seines Bruders in rasendem Ansturm blindlings in die dichtesten Reihen der Feinde und erschlägt Graf Bernhards5 Sohn, einen ausgezeichneten, aber kaum zum Kriegsdienst herangereiften j ungen Mann ; die übrigen, die nun· nach dem Verlust des Führers lässiger kämpften, schlug er in die Flucht. So ward das Reich von schwerer Sorge befreit, und die Sachsen, denen der Bannerträger der Rebellion genommen war, unternahmen nun nichts Feindseliges mehr gegen den König. Kuno, ein Verwandter des Königs, wurde zum Herzog von Kärnten ein­ gesetzt6. Sein Bruder, Pfalzgraf Heinrich von Lothringen, legte in Gorze auf Eingebung des bösen Geistes, das Mönchsgelübde ab. Aber wenige Tage danach, als der Teufel, der ihn gefoppt hatte, sich offenbarte, legte er das Kleid des heiligen Wandels wieder ab, mit dem sich der Engel Satans zum Engel des Lichts verstellt7 hatte, und nahm - ein Abtrünniger von Gott und Überläufer - seine Gattin8 und seine Besitzungen wieder an sich. 1 058 Der König feierte Weihnachten in Merseburg9 ; hier erschien unter anderen Reichsfürsten auch Abt Hildebrand von St. Paul10 mit Aufträgen vom apostolischen Stuhl, ein Mann, dessen Beredsamkeit und Kenntnis der heiligen Schriften bewundernswert war. 7 Vgl. 2. Kor. 1 1 , 14.

8 1059. - Mathilde, Tochter Gozelos I. von Lothringen. s

In Goslar.

10 Kloster bei Rom.

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Der spätere Gregor VII.

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Ego n. & vulgatam toto orbe abbatis Meginheri1 placitam Deo con­ versationem emulatus, rei familiaris curam, ne in via Dei pregravarer, abieci, sanctamque vestem ab eius sanctissimis manibus Idibus Marcii, heu ! nimium impar tali armaturae, suscepi. Piae memoriae Stephanus papa, qui et Fridericus, cum in civitate Florentia moraretur, IIII. Kal. Aprilis naturae mortali debitum solvit et vere, ut speramus, de hac convalle lacrimarum2 ad gaudium transiit angelorum. Indicio sunt signa et prodigia, quibus sepulchrum eius in eadem civitate usque hodie divinitus illustratur. Sedem apostolicam protinus, inconsulto rege et principibus, invasit Benedictus quidam Lateranensis3, adiutus factione popularium, quos pecunia corruperat. Otto de Suinfurde dux Suevorum obiit. Ducaturn eius Rudolfus4 optinuit, et ut regi in dubiis tune rebus ex affinitate devinctior fide­ liorque in rem publicam foret, soror5 quoque regis ei desponsata est, tenera adhuc aetate, traditaque est episcopo Oonstantiensi6 nutrienda, dum thoro coniugali maturesceret7. Ouono dux Oarentinorum contractis ingentibus copiis ad occupan­ dum ducaturn suum, quem tanto tempore metu rebellionis non invi­ serat, primam profectionem parabat. Sed morte preventus8 ceptum iter non explevit. f Ego n. presbiter ordinatus sum Ascafnaburg in ieiunio autumnali9 a Liupoldo archiepiscopo1 0 statimque peregrinationem Ierosolimita­ nam aggressus sum zelo Dei, sed utinam secundum scientiam11 ! Ecberdus, qui et Eppo, abbas Fuldensis XV. Kal. Decembr. obiit ; cui Sigifridus einsdem cenobii monachus successit. MLVIIII. Natalem Domini in civitate Marouwa12 c�lebravi, in con­ finio sita Ungariorum et Bulgariorum. Romani principes satisfactionem ad regem mittunt, se scilicet fidem, quam patri dixissent, filio, quoad possent, servaturos, eoque animo vacanti Romanae aecclesiae pontificem usque ad id tempus non subrogasse ; eius magis super hoc expectare sententiam ; orantque sedulo, &) Bei B 1 a und Blb. Lampertus. 1 Von Hersfeld. t Vgl. Ps. 83, 7. 3 Bischof Johann von Velletri als Benedikt X. ' 1057. - Von Rheinfelden, gest. 1080, der spätere Gilgenkönig. • Rumold. 5 Mathilde.

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Lampert wird Mönch

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Ich N. [Lampert] habe mich, nacheifernd dem in der ganzen Welt be­ rühmten gottgefälligen Wandel des Abtes Meginher1 , der Sorge um welt­ lichen Besitz entschlagen, um nicht auf Gottes Weg diese Last schleppen zu müssen, und habe am 15. März aus seinen hochheiligen Händen das s heilige Gewand empfangen, ach, solcher Rüstung gänzlich unwürdig. Papst Stephan seligen Angedenkens, auch Friedrich genannt, zollte am 29. März der sterblichen Natur den Zoll, als er sich in Florenz aufhielt, und wanderte sicherlich, wie wir hoffen, aus diesem Tal der Tränen2 hin­ über zu den Wonnen der Engel. Dafür zeugen die Zeichen und Wunder, 10 durch die sein Grab in derselben Stadt bis zum heutigen Tage durch Gottes Fügung ausgezeichnet wird. Des apostolischen Stuhls bemächtigte sich sofort ohne Befragung des Königs und der Fürsten ein gewisser Benedictus Lateranensis3 , unterstützt durch die Volkspartei, die er mit Geld bestochen hatte. Der Herzog von Schwaben, Otto von Schweinfurt, starb. Sein Herzogtum 1s erhielt Rudolf4, und damit er in der damaligen mißlichen Lage durch Ver­ schwägerung fester an den König gefesselt und seine Treue zum Reich ge­ sichert werde, wurde die Schwester5 des Königs, noch in zartem Alter, mit ihm verlobt und bis zur Ehefähigkeit dem Bischof von Konstanz6 in 20 Obhut gegeben7• Herzog Kuno von Kärnten zog ein gewaltiges Kriegsheer zusammen, um sein Herzogtum in Besitz zu nehmen, in das er bisher aus Furcht vor einer Empörung noch nicht eingezogen war, und bereitete sich zu einem ersten Zug dorthin vor. Aber der Tod kam ihm zuvor!', und so konnte er den ge25 planten Zug nicht durchführen. Ich, Lampert, wurde in der herbstlichen Fastenzeit9 in Aschaffenburg von Erzbischof Liutpold10 zum Priester geweiht ; ich habe dann sofort eine Pilgerfahrt nach Jerusalem angetreten, im Eifer für Gott, aber hoffentlich nicht mit Unverstand11 . so Abt Ekbert von Fulda, auch Eppo genannt, starb am 1 7 . November ; sein Nachfolger wurde Siegfried, ein Mönch dieses Klosters. 1059 Weihnachten feierte ich in Marouwa12 an der Grenze zwischen Un­ garn und Bulgarien. Die römischen Fürsten schickten an den König eine Rechtfertigung : sie 35 würden die Treue, die sie seinem Vater gelobt hätten, auch dem Sohne halten, soweit sie könnten, und in dieser Gesinnung hätten sie bisher für den vakanten römischen Stuhl noch keinen Bischof gewählt, sie erwar7 Die Heirat war 1059.

8 1061.

16. September. Von Mainz. n Vgl. Römer 10, 2. 12 Nicht genau zu belegen.

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ut quem ipse velit transmittat ; nihil eius ordinationi obstare, si quis non per legittimae electionis

ovium1•

ostium, sed aliunde ascendisset in

ovile

Rex habita cum primoribus deliberatione2 Gerhardum Flo­

rentinum episcopum, in quem et Romanorum et Teutonicorum studia consenserant, pontificem designat Romamque per Gotefridum mar-

5

chionem3 transmittit. lta Benedicto, qui iniussu regis et principum sacerdocium usurpaverat, reprobato, Gerhardus, qui et Nicolaus4, pontificatum optinuit. Is eodem anno ab abbate Meginhero interpel­ latus propter decimationes Saxoniae litteras et mandata direxit Bur­ chardo Halberstadensi episcopo, ne statutos

deretur6,

patrum terminos transgre-

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neu monasterium Herveldense superfl.uis concertationibus

inquietaret. Si pergeret molestus esse, necessario se apostolicae aucto­ ritatis virga usurum adversus eius inobedientiam, prefsertim cum mo­ nasterium illud sub iurisdictione esse Romani pontificis tot predeces­ sorum eius privilegia testarentur. Abbati quoque epistolam scripsit

15

verbis consolatoriis, quae usque inpresentiarum in cartario servatur Herveldensis monasterii 6• Ego, exacta peregrinatione Ierosolimitana,

XV. Kal.

Octobris ad

monasterium reversus sum, et quod in omni illa profectione mea pre­ cipuum a Deo postulaveram, Meginherum abbatem superstitem inveni.

2o

Timeharn scilicet, quoniam sine benedictione illius profectus fuissem, si offensus inreconciliatusque decessisset, magni criminis reum me te­ neri apud Deum. Sed non abfuit propicia divinitas redeunti, quae tanto illo itinere sepe usque ad ultimam necessitatem periclitatum miseri­ cordissime texerat. lncolumem repperi ; peccatum indulsit, et quasi ex

25

inferis redivivus emergerem, sie obviis, ut aiunt, manibus me gratula­ bundus excepit. Mirum autem in modum, diceres vitam eius absolu­ tioni meae ex industria servatam fuisse : eodem die, quo me crimine absolverat, febre correptus est, et sie per octo dies gravi egritudine decoctus,

VI.

Kal. Octobris, feliciter

consummato cursu7

quievit in

Domino, vir magnarum in Christo virtutum et vere - quod omnium modernorum abbaturn pace dixerim - unicum sua aetate in Teuto­ nicis regionibus recte ac monastice vivendi exemplar.

1 Vgl. Joh . 10, 1 . - In Wirklichkeit erfolgte die Wahl auf Vorschlag von Hilde­ brand. 2 1 059.

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Von der Wahl Nikolaus' II. und Lamperts Rückkehr

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teten vielmehr darüber seine Entscheidung ; und sie baten dJ;ingend, er möchte ihnen den schicken, den er wolle ; seiner Ordination stehe nichts im Wege, es sei denn, er wäre nicht durch die Tür der legitimen Wahl, sondern auf einem anderen Wege in den Schafstall gestiegen1• Nach einer 5 Beratung mit den Fürsten2 be11timmte der König Bischof Gerhard von Florenz zum Papst, den sich die Römer und die Deutschen übereinstim­ mend gewünscht hatten, und ließ ihn durch Markgraf Gottfried3 nach Rom geleiten. Nun wurde Benedikt, der sich ohne Zustimmung des Königs und der Fürsten die Papstwürde angemaßt hatte, abgesetzt, und Gerhard 10 oder Nikolaus4 übernahm den Pontifikat. Als er noch in demselben Jahr von Abt Meginher wegen der Zehntlieferungen der Sachsen interpelliert wurde, schickte er einen schriftlichen Befehl an Bischof Burchard von Halberstadt, er solle die Grenzen, die die Väter gesetzt hätten5 , nicht über­ schreiten und das Hersielder Kloster nicht unnötig schikanieren. Wenn er 15 ihm weiterhin lästig falle, werde er sich genötigt sehen, gegen seinen Un­ gehorsam die Rute der apostolischen Autorität anzuwenden, zumal j a j enes Kloster der Gerichtsbarkeit des Papstes unterstehe, wie zahlreiche Privilegien seiner Vorgänger bewiesen. An den Abt schickte er einen Trost­ brief, der bis heute im Archiv des Hersielder Klosters aufbewahrt wird6• 20 Ich kehrte nach Beendigung meiner Pilgerfahrt nach Jerusalem am 17. Oktober ins Kloster zurück und fand - was ich vor allem anderen auf der ganzen Reise von Gott erfleht hatte - Abt Meginher noch am Leben. Weil ich ohne seinen Segen aufgebrochen war, fürchtete ich nämlich, wenn er beleidigt und unversöhnt verschieden wäre, ich würde vor Gott einer 25 schweren Sünde schuldig befunden werden. Doch die gnädige Gottheit verließ auch den Heimkehrenden nicht, die ihn in ihrer großen Barmlter­ zigkeit auf der ganzen weiten Reise oft in Lebensgefahr beschirmt hatte. Ich traf ihn also noch am Leben ; er verzieh mir meinen Fehltritt, und als ob ich von den Toten zu den Lebenden auferstanden wäre, nahm er so mich mit offenen Armen, wie man zu sagen pflegt, freudig auf. Aber sonder­ bar, man möchte meinen, sein Leben sei absichtlich für meine Los­ sprechung aufgespart worden : am gleichen Tage, an dem er mich von meiner Schuld absolviert hatte, wurde er vom Fieber befallen und dann acht Tage lang von schwerer Krankheit ausgezehrt ; am 26. September ent35 schlief er nach glücklich vollbrachtem Erdenlauf7 im Herrn, ein Mann von hohen christlichen Tugenden - alle anderen Äbte unsrer Zeit mögen es nicht übelnehmen, wenn ich das sage - zu seiner Zeit in deutschen Landen das einzige Vorbild rechten Mönchslebens. Von Lothringen. ' Nikolaus II. & Vgl. Spr. 22, 28. 8 Die Briefe sind nicht erhalten. 7 Vgl. 2. Tim. 4, 7.

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Is, ut predicturn est, curn Burchardo Halberstadensi episcopo diu­ turnarn traxerat litern propter decirnationes Saxoniae, quas ille Her­ veldensi rnonasterio ereptas per occasionern episcopalis regiminis sibi vendicabat. Contra cuius irnprobitatern curn nec forenses nec ecclesia­ sticae leges quicquarn valerent, et abbas, sepe querirnonia in ius relata,

5

surdis tribunalibus fabularn narrasset, tandern, brevi antequarn vita excederet, rnandavit ei per Fridericurn palatinurn comitern1 : se I qui­ dern tarnquarn viribus irnparern causa cadere, Deo tarnen vires ad tuen­ darn equitatern non defuturas esse ; proinde parati arnbo essent, ut intra paucos dies ad tribunal equissirni iudicis Dei causarn dicerent ;

10

victururn ibi esse, non qui plus posset, sed cuius causa iustior esset. Nec fefellit eventus. Narn post dorrnitionern abbatis pauci dies inter­ cesserant, et ecce episcopus, cum predictae rei gratia sinodurn indixis­ set et adrnoto iarn equo illuc properare vellet, repente divina anirnad­ versione ictus corruit, reportatusque ad cubiculurn, ascitis ocius pres-

15

biteris suis, per Deurn obtestabatur, ut decirnationes suas Herveldensi rnonasterio restituerent atque ornnern in perpetuurn super hac re litern preciderent, scirentque cunctis qui eadern ternptassent sie infeliciter rern cessurarn, ut sibi cessisset, qui iniustae exactionis tarn acerburn vindicern ipsum experiretur Deurn. Curnque Magadaburgensis2 et Hil-

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dinesheirnensis3 episcopi visitaturn eum advenissent, curn rnagno eiulatu fatebatur se iuxta predicturn exirnii abbatis ad tribunal Dei iarniarn abripi et pro invasis rebus alienis rationern exigi, rogabatque obnixe, ut missis Herveldiarn nunciis veniarn sibi pro admisso sup­ plices precarentur. Nec rnulto post diruptis rniserabili genere rnorbi 25 visceribus expiravit. Uto quoque archipresbiter eius, quo ille potissi­ rnum incentore in hanc seviciarn inarserat, quique exactor atque ad­ minister huius calurnniae vehernentissirnus extiterat, eodern anno subi­ tanea rnorte sine confessione, sine sacra cornrnunione interiit, a diabolo, ut farna vulgacior loquebatur, suffocatus4•

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Meginhero abbati VI. Idus Novernbris substitutus est Ruothardus Corbeiensis disciplinae rnonachus, qui in rnonasterio Corbeiensi abbas quondarn fuerat ordinatus6, sed quorundarn criminurn postea falso, ut creditur, insirnulatus, abbatia amissa, nonnullos per diversa rnona­ steria privatus iarn exegerat annos. Burchardo I episcopo successit 35 1 2

Von Sachsen. Engelhard.

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Vom Zehntstreit des Klosters Hersfeld

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Er hatte, wie gesagt, einen sich lange hinziehenden Streit mit Bischof Burchard von Halberstadt wegen der sächsischen Zehnten, die dieser auf Grund seiner bischöflichen Oberhoheit dem Hersfelder Kloster entzogen hatte und für sich beanspruchte. Da gegen seine unbilligen Ansprüche weder die weltlichen noch die kirchlichen Gesetze etwas ausrichteten und der Abt, sooft er vor Gericht Klage erhob, tauben Ohren gepredigt hatte, ließ er ihm kurz vor seinem Tode durch Pfalzgraf Friedrich1 sagen, er ver­ liere zwar als der an Kräften Unterlegene den Rechtsstreit, Gott aber werde es an Kräften zum Schutze des Rechts nicht fehlen ; daher sollten beide bereit sein, in wenigen Tagen ihre Sache vor dem Richterstuhl Got­ tes, des allgerechten Richters, zu führen ; da werde siegen nicht, wer mäch­ tiger, sondern wessen Sache gerechter sei. Und so kam es auch. Denn nur wenige Tage waren seit dem Tode des Abts verstrichen, der Bischof hatte in der genannten Sache eine Synode anberaumt, und schon war das Roß vorgeführt, auf dem er zur Synode reiten wollte, siehe, da stürzte er plötzlich, von der göttlichen Strafe ereilt, zu Boden ; man brachte ihn in sein Schlafzimmer zurück, er ließ schleunigst seine Priester holen und be­ schwor sie bei Gott, seine Zehnten dem Hersfelder Kloster zurückzugeben und allen Streit über die Sache für immer zu beenden ; sie sollten wissen, daß es allen, die Gleiches versuchten, ebenso schlimm ergehen werde wie ihm, der nun spüren müsse, wie hart ihn Gott selbst für seine unbillige Forderung strafe. Und als die Bischöfe von Magdeburg2 und Hildesheim3 ankamen , um ihn zu besuchen, bekannte er laut wehklagend, schon werde er, wie j ener vortreffliche Abt vorausgesagt habe, vor Gottes Richterstuhl entrafft und müsse Rechenschaft ablegen fiir den Raub fremden Gutes, und er verlangte dringend, daß man Boten nach Hersfeld schicke, die dort flehentlich um Verzeihung für sein Vergehen bitten sollten. Kurz darauf wurden seine Eingeweide durch eine schreckliche Krankheit zer­ rissen, und er verschied. Auch sein Erzpriester Uto, durch dessen Einflüsterungen hauptsächlich er sich in diese Wut hatte hineinsteigern las­ sen, und der am tatkräftigsten diesen widerrechtlichen Anspruch betrieben und gefördert hatte, starb noch in demselben Jahr ohne Beichte und ohne heilige Kommunion eines plötzlichen Todes, wie das Gerücht allgemein behauptete, vom Teufel erwürgt4• An die Stelle Abt Meginhers wurde am 8. November Ruthard gesetzt, ein Mönch Corveyer Observanz, der früher einmal zum Abt des Klosters Corvey geweiht worden war5 , dieses Amt aber dann wegen gewisser Ver­ gehen, deren man ihn, wie man glaubt, fälschlich, bezichtigte, verloren hatte und seither einige Jahre ohne Amt in verschiedenen Klöstern zugebracht hatte. Nachfolger Bischof Burchards wurde Propst Bucco von 3 Hezilo. 4

Diese sehr fragliehen Geschich ten bringt nur L.

; 1 046-50.

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Bucco Goalarienais prepositus1• Qui precessoris sui recenti adhuc exicio conterritus ab infestatione Herveldensis monasterii temperabat. Mina­ batur tarnen plerumque magna se facturum, sed ultra verba non pro­ cessit. Liupoldus archiepiscopus Mogontinus VII. Idus Decembr. obiit, relicto in monimentum sui monasterio sancti Iacobi, quod propriis im­ pensis extruxerat Mogontiae foris murum in monte qui dicitur Spe­ ciosus2. Cui successit Sigifridus3 abbas Fuldensis. Abbatiam vero Wideradus optinuit, einsdem cenobii monachus, einsdem quoque familiae oriundus. MLX. Rex natalem Domini Wormaciae4 celebravit. Ubi et sinodus inclicta fuerat ; sed excusantibus se episcopis per infirmitatem et pesti­ lentiam, quae tune temporis vehementer grassabatur in Gallia, ad effec­ tum non pervenit. Sizzo Verdenais episcopus obiit ; cui Richberdus successit. Gebehardus Ratisponensis episcopus obiit ; cui Otto successit. Cuonradus Spirensis episcopus moritur ; in cuius locum Einhart promovetur. MLXI. Andreas5 rex Ungariorum videns Belern quendam propin­ quum suum6 regnum affectare et Ungarios a se paulatim ad eum deficere, uxorem suam7 et f filium Salomonem8, cui imperator filiam suam9 parvulo parvulam, desponderat, cum multis opibus ad regem Heinricum transmisit, petens, ut et sibi misso exercitu subveniret et suos, donec rebus tranquillitas redderetur, servaret. Rex Willihelmum marchionem Thuringorum et Epponem Citicensem episcopum cum duce Boemorum10 et exercitu Baioarico illuc misit11• Sed marchio et episcopus priores Ungariam ingressi, non expectato duce Boemorum, cum Bele signa contulerunt atque infinitam multitudinem Ungariorum peremerunt. Deinde cum ex omni parte Ungarii ad ferendum suis auxilium frequentes conßuxissent, videntes missi regis tantae multitudini se numero et viribus impares esse, finibus hostium excedere vo­ lebant. Verum illi loca omnia, per quae exitus esse poterat, occluse­ rant, turn, ne quid cibi aut potus in via reperiretur, providerant. Cum1 Burchard Il., 105�8. Er war ein Neffe Annos von Köln.

St. Jakob auf der Schanze. 1060. - Siegfried I. bis 1084. ' In Freising.

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Über König Andreas von Ungarn

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Goslar1 . Dieser verzichtete, durch den noch frischen Untergang seines Vor­ gängers erschreckt, auf Feindseligkeiten gegen das Hersielder Kloster. Er drohte allerdings mehrfach energische Maßregeln an, ließ es aber bei Wor­ ten bewenden. Erzbischof Liutpold von Mainz starb am 7. Dezember und hinterließ als Erinnerungsmal das Kloster St. Jakob, das er auf eigne Kosten in Mainz außerhalb der Mauern auf einer "Schanze" genannten Anhöhe hatte er­ bauen lassen2 • Sein Nachfolger wurde Abt Siegfried3 von Fulda. Diese Abtei übernahm Widerad, ein Mönch dieses Klosters, der derselben Familie entstammte. 1060 Der König feierte Weihnachten in Worms4• Hier war auch eine Synode anberaumt worden ; sie kam aber nicht zustande, weil sich die Bischöfe mit Krankheit und einer schweren Seuche entschuldigten, die damals in Gallien grassierte. Bischof Sizzo von Verden starb ; auf ihn folgte Richbert. Bischof Gebhard von Regensburg starb ; sein Nachfolger wurde Otto. Bischof Konrad von Speyer starb ; an seine Stelle trat Einhard. 1061 Als der ungarische König Andreas 5 merkte, daß Bela, ein Verwand­ ter von ihm6, nach dem Königsthron trachtete, und daß die Ungarn allmählich von ihm abfielen, schickte er seine Gattin7 und seinen Sohn Sa­ lomon8, mit dem der Kaiser seine Tochter9 verlobt hatte, als beide noch Kinder waren, mit vielen Schätzen zu König Heinrich und ließ ihn bit­ ten, ihm ein Heer zu Hilfe zu schicken und seine Angehörigen in Obhut zu nehmen, bis die Ruhe im Lande wiederhergestellt sei. Der König sandte Markgraf Wilhelm von Thüringen und Bischof Eppo von Zeitz Init dem Herzog von Böhmen10 und dem bayrischen Heer dorthin11 • Doch der Mark­ graf und der Bischof, die zuerst in Ungarn einrückten, lieferten Bela eine Schlacht, ohne auf den Böhmenherzog zu warten, und vernichteten eine unzählige Menge Ungarn. Als dann aber die Ungarn von allen Seiten zusammenströmten, um ihren Landsleuten Hilfe zu bringen, sahen die Ab­ gesandten des Königs, daß sie an Zahl und Kräften einer solchen Über­ macht nicht gewachsen waren, und wollten das feindliche Land verlassen. Die Ungarn aber hatten alle Ausgänge aus dem Land gesperrt und da­ für gesorgt, daß sie unterwegs weder Speise noch Trank fanden. Obendrein beunruhigten sie die Abziehenden fortwährend durch Überfälle ; zwar wehrten diese stets die Gefahr tapfer ab und fügten den Feinden schwere Vgl. S. 47, Anm. 5. s Bela I., 1061-ß3, war Bein Bruder. 7 Anastasia, Tochter Jaroslaws von Rußland. 8 1063-74, gest. 1087. 9 Judith, genannt Sophia. - Bereits 1058. 10 Spitignev. n Bereits 1060.

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bue insuper abeuntes crebra incursione infestarent, et illi semper peri­ culum virtute propulsantes magnas hostium strages darent, taudem diuturna cede exhaustis viribus, Andreas equo forte excussus pugnan­ tium pedibus est conculcatus, episcopus captus, marchio fame magis quam ferro expugnatus se dedidit. Cuius virtus tantae admirationi

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apud barbaros fuit, ut Ioas1 filius Belis, pro illius turn gentis moribus haud desperatae indolis adolescens, ultro patrem exoraret, non modo ut eum iure belli intactum sineret, sed etiam ut affinitate sibi iungeret desponsata ei filia sua2 , sorore Ioiade. Imperatrix ducaturn Baioariae, quem post mortem Cuonradi filii

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sui usque ad id tempus per se ipsam I administraverat, Ottoni3 dedit, videns eum virum industrium et iuvandis regni negociis satis oportu­ num. Heinricus palatinus comes Luthariorum uxorem suam4 manu pro­ pria interfecit, et sie taudem publicata evidentins infestatione demo-

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nis, quam diu dissimulaverat, missus est in monasterium Efdernachen, ibique diuturna vexatione consumptus interiit. MLXII . Willihelmus marchio reversus in Thuringiam, dum redire in Ungariam et sponsam suam cum magna opum suarum ostentatione adducere pararet, inter eundum secunda mansione morbo correptus 20 obiit. Sponsam eins Oudalricus marchio Carentinorum5 , cognatus eins, accepit ; marcham Otto frater eins optinuit6• Sed is beneficia Mogon­ tini episcopatus aliter optinere non potuit, nisi promitteret decimas se de suis in Thuringia possessionibus daturum et caeteros Thuringos, ut idem facerent, coacturum. Quae res multorum malorum seminarium

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fuit, detestantibus omnibus Thuringis factum eins et asserentibus mori se malle quam patrum suorum legittima amittere. Imperatrix, nutriens adhuc filium suum, regni negocia per se ipsam curabat, utebaturque plurimum consilio Heinrici Augustensis episcopi. Unde nec suspicionem incesti amoris effugere potuit, passim fama iac-

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titante, quod non sine turpi commercio in tautarn coaluissent familiari­ tatem. Ea res principes graviter offendebat, videntes scilicet, quod propter unius privatum amorem sua, quae potissimum in re publica valere debuerat, auctoritas pene oblitterata fuisset. Itaque I indigni­ tatem rei non ferentes, crebra conventicula facere, circa publicas func1

Sonst Geisa (König 1074-77).

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Von der Regentschaft der Kaiserin Agnes

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Verluste zu, schließlich aber erschöpften sich ihre Kräfte irr dem dauern­ den Morden ; Andreas stürzte durch einen Zufall vom Pferde und wurde von den Füßen der Kämpfenden zertreten, der Bischof wurde gefangen­ genommen, und der Markgraf ergab sich, mehr durch Hunger als durch das Schwert bezwungen. Seine Tapferkeit aber fand bei den Barbaren so hohe Bewunderung, daß Belas Sohn Joas1 , ein für den damaligen Kultur­ zustand dieses Volkes recht hoffnungsvoll veranlagter junger Fürst, von sich aus seinen Vater darum bat, ihn nicht nur mit der Behandlung nach Kriegsrecht zu verschonen, sondern sich auch mit ihm zu verschwägern, indem er ihn mit seiner Tochter2 , des Joas Schwester, verlobte. Die Kaiserin verlieh das Herzogtum Bayern, das sie nach dem Tode ihres Sohnes Konrad seither selber verwaltet hatte, an Otto3 , denn sie er­ kannte, daß er regsam und wohl geeignet war, die Interessen des Reichs zu fördern. Pfalzgraf Heinrich von Lothringen ermordete seine Gemahlin4 mit eig­ ner Hand, und dadurch wurde endlich die Anfechtung des Teufels in aller Öffentlichkeit enthüllt, die er lange verheimlicht hatte ; man schickte ihn ins Kloster Echternach, und dort starb er nach langen Anfechtungen. 1062 Markgraf Wilhelm war nach Thüringen zurückgekehrt und schickte sich nun an, wieder nach Ungarn zu ziehen und seine Braut mit allem seinem Reichtum entsprechenden Pomp einzuholen, da erkrankte er unter­ wegs auf der zweiten Station und starb. Seine Braut erhielt nun sein Ver­ wandter Markgraf Udalrich von Kärnten 5 ; die Mark bekam sein Bruder Otto6• Dieser aber konnte die Lehen des Mainzer Bistums nur dadurch erlangen, daß er versprach, von seinen Besitzungen in Thüringen den Zehnt zu geben und die übrigen Thüringer ebenfalls dazu zu zwingen. Das war der Anla ß zu vielen Mißhelligkeiten, denn alle Thüringer lehnten das Zugeständnis entschieden ab und erklärten, lieber sterben zu wollen, als auf die Gerechtsame ihrer Vorfahren zu verzichten. Während der Minderjährigkeit ihres Sohnes führte die Kaiserin selber die Regierungsgeschäfte, und sie bediente sich dabei in erster Linie des Rates des Bischofs Heinrich von Augsburg. Deshalb konnte sie dem Ver­ dacht unzüchtiger Liebe nicht entgehen, denn allgemein ging das Gerücht, ein so vertrauliches Verhältnis sei nicht ohne unsittlichen Verkehr erwachsen. Daran nahmen die Fürsten schweren Anstoß, sahen sie doch, daß wegen der persönlichen Liebe zu einem Manne ihr Einfluß, der im Reich am meisten hätte gelten müssen, fast gänzlich ausgeschaltet war. Diesen unwürdigen Zustand ertrugen sie nicht : sie veranstalteten deshalb 2

Sophia.

3 Von Northeim, Herzog 1061-70, gest. 1083. Mathilde, vgl. S. 62 , Anm. 8.

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Mark Meißen, 1062-67.

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5 Von Krain und Istrien, Wilhelms Neffe, 1062-70.

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tiones remissius agere, adversus imperatricem popularium animos sol­ licitare, postremo omnibus modis niti, ut a matre puerum distraherent et regni administrationem in se transferrent. Ad ultimum Coloniensis episcopusl, communicatis cum Ecberto comite2 et cum Ottone duce Bawariorum consilüs, navigio per Renum ad locum qui dicitur Sancti

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Suitberti insula3 venit. Ibi turn rex erat. Qui dum quadam die post solemnes epulas factus fuisset hilarior, hortari eum episcopus cepit, ut navim quandam suam, quam ad hoc ipsum miro opere instruxerat, spectatum procederet. Facile hoc persuasit puero simplici et nihil minus quam insidias sus-

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picanti. Cumque navim ingressus fuisset, stipantibus eum his, quos episcopus factionis suae socios ac ministros paraverat, repente remiges insurgunt, remis incumbunt, navim dicto cicius in medium fluminis impellunt. Rex nova rerum facie confusus incertusque animi, nec aliud quam vim et necem sibi paratarn arbitratus, in flumen se precipitem

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dedit ; ciciusque eum aqua violentior suffocasset, nisi Ecbertus comes dato post eum saltu periclitantem, ipse quoque non minimum pericli­ tatus, vix et aegre morti eriperet et navi restitueret. Exin blandiciis quibus poterant delinitum Coloniam perducunt. Caetera multitudo per terram subsequitur, criminantibus plurimis, quod regia maiestas vio-

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lata suique impos facta foret. Episcopus, ut invidiam facti mitigaret, ne videlicet privatae gloriae pocius quam communis commodi ratione haec admisisse videretur, statuit, ut episcopus quilibet, in cuius diocesi rex dum temporis moraretur, ne quid detrimenti res publica patere­ tur, provideret et causis, quae ad regem delatae fuissent, potissimum

2r.

responderet. Imperatrix nec filium sequi nec iniurias suas iure gentium expostu­ lare voluit, J sed in propria recedens, privata deinceps aetatem agere proposuit.

Nec multo post tedium passa erumnarum seculi,

domesticis

quoque erudita calamitatibus, quam cito et velociter exsufflante spiritu 3o

Dei exsiccetur fenum4 temporalis

gloriae, cogitavit seculo renunciare ;

statimque ad explendum quod cogitaverat preceps abisset, nisi in ea impetum spiritus amici maturioribus consilüs inhibuissent. MLXIII. Rex natalem Domini Goslariae celebravit6• Ubi ipsa die, dum ad vesperam sellae episcoporum locarentur, inter camerarios He- 35 1 2

Anno. Von Braunschweig, vgl. S. 62, Anm. 2.

3 Kaiserswerth.

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Von der Entführung Heinrichs IV.

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häufig Zusammenkünfte, erfüllten ihre Pflichten gegen das Reich nur lässig, reizten die Volksstimmung gegen die Kaiserin auf und trachteten endlich mit allen Mitteln danach, den Sohn dem Einfluß der Mutter zu entziehen und die Verwaltung des Reichs in ihre Hände zu bekommen. Schließlich fuhr der Erzbischof von Kölnl, nachdem er sich mit Graf Ek­ bert2 und Herzog Otto von Bayern beraten hatte, zu Schiff auf dem Rhein an einen Ort, der Insel des hl. Switbert3 heißt. Dort hielt sich damals der König auf. Als dieser eines Tages nach einem festlichen Mahl besonders heiter war, redete ihm der Bischof zu, ein Schiff, das er zu diesem Zweck überaus prächtig hatte herrichten lassen, zu besichtigen. Dazu ließ sich der arglose, an nichts weniger als an eine Hinterlist denkende Knabe leicht überreden. Kaum aber hatte er das Schiff betreten, da umringen ihn die vom Erzbischof angestellten Helfershelfer seines An­ schlags, rasch stemmen sich die Ruderer hoch, werfen sich mit aller Kraft in die Riemen und treiben das Schiff blitzschnell in die Mitte des Stroms. Der König, fassungslos über diese unerwarteten Vorgänge und unent­ schlossen, dachte nichts anderes, als daß man ihm Gewalt antun und ihn ermorden wolle, und stürzte sich kopfüber in den Fluß, und er wäre in den reißenden Fluten ertrunken, wäre dem Gefährdeten nicht Graf Ekbert trotz der großen Gefahr, in die er sich begab, nachgesprungen und hätte er ihn nicht mit Mühe und Not vor dem Untergang gerettet und aufs Schiff zurückgebracht. Nun beruhigte man ihn durch allen nur möglichen freundlichen Zuspruch und brachte ihn nach Köln. Die übrige Menge folgte zu Lande nach, doch viele erhoben die Beschuldigung, die königliche Majestät sei verletzt und ihrer Selbstbestimmung beraubt worden. Um die Mißstimmung über diese Tat zu beschwichtigen und den Anschein zu zer­ streuen, als hätte er mehr aus persönlichem Ehrgeiz als um des allgemei­ nen Besten willen so gehandelt, ordnete der Bischof an, daß j eder Bischof, in dessen Diözese der König sich j eweils aufhalte, dafür zu sorgen habe, daß der Staat keinen Schaden erleide, und daß er bei Angelegenheiten, die vor den König gebracht würden, vornehmlich Bescheid erteile. Die Kaiserin war willens, ihrem Sohne nicht nachzureisen noch für das ihr zugefügte Unrecht nach dem Völkerrecht Rechenschaft zu fordern, sondern beschloß, sich auf ihre Privatgüter zurückzuziehen und künftig ihr Leben ohne politische Betätigung zu verbringen. Und nicht lange da­ nach entschloß sie sich, der Welt zu entsagen, der Trübsale der Zeitlichkeit überdrüssig und durch ihr persönliches Mißgeschick belehrt, wie rasend schnell das Gras irdischen Ruhmes verdorrt, wenn ein Hauch Gottes dareinbläst4 ; und sie wäre sogleich Hals über Kopf zur Ausführung ihres Vorhabens geschritten, hätten nicht ihre Freunde den ungestümen Drang ihres Herzens durch überlegtere Pläne gedämpft. 1 063 Der König feierte Weihnachten in Goslar5 • Als dort an diesem Tage die Stühle der Bischöfe zur Vesper zurechtgestellt wurden, entstand ' Vgl. Jes. 40, 7.

5 Zu Freising.

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celonis Hildenesheimensis episcopi et camerarios Wideradi Fuldensis abbatis gravis concertatio oborta est, et primo iurgiis, dein pugnis res gesta est, citoque ad gladios prorupissent, nisi Ottonis ducis Baioario­ rum, qui causam abbatis tuebatur, auctoritas intercessisset. Causa vero talis erat. Consuetudo erat in regno per multos retro maiores obser-

s

vata, ut semper in conventu episcoporum abbas Fuldensis archiepis­ copo Mogontino proximus assideret. Sed episcopus causabatur nemi­ nem sibi intra diocesim suam post archiepiscopum debere preferri, ani­ matus ad hoc et opum gloria, qua antecessores suos longe supergredie­ batur, et temporis oportunitate, quia rege adhuc in puerilibus annis 1 0 constituto singuli quod sibi animus suggessisset facere impune pote­ rant. Gerhardus papa, qui et Nicolaus, obiit. In cuius locum per electio­ nem regis et quorundam principum Parmensis episcopus substitutus est et Romam per Bucconem Halberstadensem episcopum missus1. Cui

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redeunti J pro premio bene curatae legationis pallium dedit et alia quaedam archiepiscopatus insignia2• Quod archiepiscopus Mogontinus3 ad obfuscandum sui prioratus fastigium factum interpretatus, indi­ gnissime tulit. Sed per archiepiscopi Coloniensis interventum satisfactione accepta quievit indignatio eius4•

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Rex pentecosten6 Goslariae celebravit. lbi dum ad vespertinalem sinaxim rex et episcopi convenissent6, rursus7 de positione sellarum episcopalium tumultus exoritur, non fortuita, ut prius, concursione, sed premeditata diu machinatione. Nam episcopus Hildenesheimensis, acceptae prius contumeliae memor, Ecbertum comitem8 cum expedi-

2;;

tis militibus retro altare9 occuluerat. Hi audito tumultuantium came­ rariorum strepitu ocius advolant, Fuldensium alios pugnis, alios fusti­ bus cedunt, prosternunt et de sacrario aecclesiae inopinato periculo attonitos facile proturbant. Quibus ilico ad arma conclamantibus, Ful­ denses, quibus arma in promptu erant, facto grege aecclesiam irrum- ao punt, in medio chori psalhmtiumque fratrum manus conserunt, rem 1 �ach dem Tode Nikolaus' II. (bereits 106 1 ) wählte die Partei Hildebrands am 1. Oktober Alexander II. (Anselm von Lucca). Die lombardischen Bischöfe erhoben am 28. Oktober Honorius II. (Cadalus von Parma). Im Januar 1063 untersuchte Burchard II. von Halberstadt im Auftrage des deutschen Hofes die Vorgänge bei der Wahl und entschied für Alexandcr. 2 Er erh ielt dies von Alexander II.

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Über d. Rangstreit zw. Hezelo v. Hildesh. u. Widerad v. Fulda

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zwischen den Kämmerern des Bischofs Hezelo von Hildesheim und des Abtes Widerad von Fulda ein heftiger Streit, der zuerst mit Scheltworten und dann mit Fäusten ausgefochten wurde, und sie hätten sich dazu hin­ reißen lassen, die Schwerter zu zücken, wäre nicht Herzog Otto von Bayern, der die Sache des Abtes vertrat, mit einem Machtwort dazwischen­ getreten. Der Anlaß aber war folgender : es war seit vielen Generationen Brauch im Reich, daß bei einer Versammlung von Bischöfen stets der Abt von Fulda unmittelbar neben dem Erzbischof von Mainz saß. Der Bischof aber machte geltend, daß ihm innerhalb seiner Diözese niemand nach dem Erzbischof vorgezogen werden dürfe ; dazu ermutigte ihn einmal der Ruhm seines Reichtums, worin er seine Vorgänger weit übertraf, und dann die Gunst der Zeitumstände, da j etzt, wo der König noch im Knabenalter stand, j eder ungestraft tun konnte, was ihm in den Sinn kam. Papst Gerhard, auch Nikolaus genannt, starb. An seine Stelle wurde durch Wahl des Königs und einiger Fürsten der Bischof von Parma gesetzt und durch Bischof Bucco von Halberstadt nach Rom geleitet1 . Diesem verlieh er bei seiner Heimkehr zur Belohnung für die geschickte Durch­ führung des Auftrags das Pallium und andere bischöfliche Insignien2 • Dar­ über war der Erzbischof von Mainz3 aufs tiefste empört, denn er legte es so aus, als wäre es zur Verdunklung des Vorranges seines Primats geschehen. Sein Unwille legte sich aber4, als er durch Eingreifen des Erzbischofs von Köln Genugtuung erhielt. Der König feierte Pfingsten5 in Goslar. Als sich hier der König und die Bischöfe zum Abendgottesdienst versammelten6, kam es wegen der Aufstellung der bischöflichen Stühle wieder7 zu einem Tumult, nicht wie das vorige Mal durch einen zufälligen Zusammenstoß, sondern durch einen seit langem vorbereiteten Anschlag. Denn der Bischof von Hildesheim, der die damals erlittene Zurücksetzung nicht vergessen hatte, hatte den Grafen Ekbert8 mit kampfbereiten Kriegern hinter dem Altar9 verborgen. Als diese nun den Lärm der sich streitenden Männer hörten, stürzen sie rasch hervor, schlagen auf die Fuldaer teils mit Fäusten, teils mit Knütteln ein, werfen sie zu Boden und verjagen die über den unvermuteten Angriff wie vom Donner Gerührten mühelos aus der Kapelle der Kirche. Sofort rufen diese zu den Waffen ; die Fuldaer, die Waffen zur Hand hatten, scharen sich zu einem Haufen zusammen, brechen in die Kirche ein, und inmitten des Chors und der psalmodierenden Mönche kommt es zum 3 Siegfried.

' Vgl. Esth. 7, 10 - Ez. 24, 13. 5 8. Juni. s Bereits am 7. Juni. 7 Vgl. Weihnachten 1062. s

Von Braunschweig.

9 Der Stiftskirche zum hl. Sirnon und Judas.

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non iam fustibus, sed gladiis gerunt. Pugna atrox committitur, atque per totam aecclesiam pro ymnis et canticis spiritualibus vociferatio adhortantium et ululatus morientium exauditur. Super altaria Dei tri­ stes iugulantur hostiae, passimque per aecclesiam sanguinis currunt ß.umina, non legali, ut quondam, religione, sed hostili crudelitate pro-

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fusa. Episcopus Hildenesheimensis, capto ediciori loco, tamquam militari quodam classico suos, ut fortiter preliarentur, hortabatur, et ne loci religione ab armis terrerentur, suae auctoritatis et permissionis titu­ lum obtendebat. Multi utrimque vulnerati, multi occisi sunt, inter 10 quos precipui erant Reginbodo / signifer Fuldensis et Bero, Ecberto comiti miles carissimus. Rex inter haec vociferans et sub obtentu regiae maiestatis populum adiurans surdis fabulam narrare videbatur. Tan­ dem monitus a suis, ut vitae propriae pugna excedens consuleret, vix­ que inter constipatam arcius multitudinem eluctatus, in palacium se 1 s recepit. Hildenesheimenses, qui instructi premeditatique ad pugnam venerant, superiores efficiuntur. Fuldenses, utpote quos inermes inopi­ natosque subito exortae sedicionis procella contraxerat, fusi fugatique atque de aecclesia expulsi sunt. Fores ilico obserantur. Fuldenses, qui primo tumultu ad arma tollenda paulo longius discurrerant, frequen- 20 tes armatique assunt, atrium aecclesiae occupant, aciem instruunt, ut de aecclesia progressos statim adoriantur. Sed nox concertationem dire­ mit. Postero die severissime habita questione, Ecbertus comes facile cri­ men removit, non tantum iuris et legum patrocinio, quantum favore 25 et indulgentia regis, cuius patruelis erat1• Totum accusationis pondus in abbatem2 versum est. Hunc inquiunt omnium quae acciderant ca­ put fomitemque fuisse, hunc ad disturbandam quietem regiae curtis premeditato furore venisse ; argumento rei esse, quod tanta vi homi­ num, tanta bellici apparatus pompa instructus, nullo periculi metu urgente, eo venisset. Turn vero urgebat et ille apostolicae sanctitatis ac Mosaicae mansuetudinis episcopus, qui tanti sanguinis effusione ma­ nus suas Deo consecraverat et violatae aecclesiae iniurias truculentius atque inmitius quam rex suas persequebatur. In quorum corpora prius

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Vgl. S. 62, Anm. 2. Widerad.

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Von der Bestrafung Widerads von Fulda

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Handgemenge : man kämpft j etzt nicht mehr nur mit Knütteln, sondern mit Schwertern. Eine hitzige Schlacht entbrennt, und durch die ganze Kirche hallt statt der Hymnen und geistlichen Gesänge Anfeuerungs­ geschrei und Wehklagen Sterbender. Auf Gottes Altären werden grausige o Opfer abgeschlachtet, durch die Kirche rinnen allenthalben Ströme von Blut, vergossen nicht wie ehedem durch vorgeschriebenen Religions­ brauch, sondern durch feindliche Grausamkeit. Der Bischof von Hildesheim hatte einen erhöhten Standort gewonnen und feuerte seine Leute wie durch ein militärisches Trompetensignal zu 10 tapferem Kampfe an, und damit sie sich nicht durch die Heiligkeit des Ortes vom Waffengebrauch abschrecken ließen, hielt er ihnen das Aushänge­ schild seiner Machtbefugnis und seiner Erlaubnis vor. Auf beiden Seiten wurden viele verwundet, viele getötet, unter ihnen vornehmlich Regin­ bodo, der Fuldaer Bannerträger, und Bero, ein dem Grafen Ekbert belo sonders teurer Gefolgsmann. Der König erhob zwar währenddem laut seine Stimme und beschwor die Leute unter Berufung auf die königliche Maj e­ stät, aber er schien tauben Ohren zu predigen. Auf die Mahnung seines Gefolges, an die Sicherung seines Lebens zu denken und den Kampfplatz zu verlassen. bahnte er sich schließlich mit Mühe einen Weg durch die 20 dicht zusammengeballte Menge und zog sich in die Pfalz zurück. Die Hil­ desheimer, die mit Vorsatz gerüstet zum Kampf gekommen waren, ge­ wannen die Oberhand. Die Fuldaer, die, unbewaffnet und nichtsahnend, der Sturm des plötzlich ausbrechenden Aufruhrs zusammengetrieben hatte, wurden völlig geschlagen und aus der Kirche vertrieben. Sogleich wer2o den die Türen verrammelt. Diejenigen Fuldaer, die sich beim Ausbruch des Tumults etwas weiter entfernt hatten, um ihre Waffen zu holen, fin­ den sich jetzt in großer Zahl ein, besetzen die Vorhalle der Kirche und ordnen sich zum Kampf, um die Gegner sofort anzugreifen, wenn sie aus der Kirche herauskämen. Doch die Nacht machte dem Kampf ein Ende. 30 Am folgenden Tage wurde eine strenge Untersuchung durchgeführt. Graf Ekbert konnte mit Leichtigkeit die Schuld von sich weisen, nicht so sehr durch den Schutz von Recht und Gesetz als durch Gunst und Nach­ sicht des Königs, dessen Vetter er war1. Das ganze Gewicht der Anklage fiel auf den Abt2 • Er sei, so hieß es, Haupt und Anstifter all des Gesche3o henen gewesen, er sei mit dem wütenden Vorsatz gekommen, die Ruhe des königlichen Hoflagers zu stören ; Beweis dafür sei, daß er mit einer so großen Menge seiner Leute, ausgerüstet mit einem so gewaltigen Aufgebot kriegerischer Rüstung gekommen sei, ohne daß ihn Furcht vor Gefahr dazu genötigt hätte. Hart gegen ihn an ging da vollends auch j ener Bi40 schof von apostolischer Heiligkeit und mosaischer Sanftmut, der seine Hände durch so reiches Blutvergießen Gott geheiligt hatte und nun das Verbrechen der Kirchenschändung grimmiger und erbarmungsloser ver­ folgte als der König die ihm zugefügte Unbill. Um auch noch die Seelen derer zu vernichten, gegen deren Leiber er vorher mit dem Schwert ge-

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ferro debaehatus fuerat, ad perimendas horum animas gladio spiritus modo fulminabat, preeidens tarn defunetos quam eos qui eedi super­ fuerant de eorpore aeeclesiae. Abbatern preter aeerbitatem rei, quae aeeiderat, odium quoque gra­ vabat nominis monaehiei, quod inveterata malieia homines seeuli sem-

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per obfuseare atque obprimere eonabantur. Sie undique impetitus, ob­ pugnatus, obpressus, post tot tantasque eontumelias f privatus ab­ seessisset, nisi, quem nee lex nee innoeentia tueri poterant, peeunia tutata fuisset. Nam distraetis ae dilapidatis rebus Fuldensis monasterii se suosque earissimo mereimonio redemit. Quantum regi, quantum

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aurieulariis, quantum episeopo datum sit1 haut satis eerto eomperi­ mus. Cautum enim fuerat, ne passim vulgaretur. Hoc haut dubio eon­ stat, sie ea tempestate exhaustas atque attritas esse illius monasterii opes, quae usque ad id temporis florentissimae erant2 eunetisque Gal­ liarum aeeclesiis

eminebant, ut modo ibi prioris opulentiae vix mo-

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nimenta reperias. Abbas post haee aecepta lieentia Fuldam remeavit, amaro et eon­ feeto nimis super tantis ealamitatibus animo. Et eeee, ibi aeerbiori pene rerum asperitate exeipitur, et seeundum prophetae elogium,

giens arma ferrea, incidit in arcum ereum3•

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Fratres Fuldenses a prin-

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eipio austerum eius et minus quam deeuit populare ingenium offen­ derat. Auxit ipse invidiam et faeem non minimam emulationi subdidit predia aeeclesiae militibus improbe erogando et vietualia fratrum, prio­ rum abbaturn liberalitate statuta, minuendo. Murmurabant de his quottidie et intestinis simultatibus quaeiebatur monasterium. Tolera-

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bantur tarnen timore magis quam amore, ne seilieet inmature vulgata querimonia favor regis et prineipum eum tuerentur. At ubi nuneins aeeeptae in Goslaria cladis Fuldam venit, turn vero et recentis vulneris dolore et preteritorum memoria aeeensi fremere omnes et se vieissim hortari, ut tantam temporis eommoditatem divinitus oblatam non negligerent ; agendo negoeio nihil preter operam

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dustriamque suam deesse, urgeri hominem propriis iniquitatibus ad interitum ; agerent nune singuli pro virili portione et se suumque mo­ nasterium liberarent aeerrimo, non patre, sed hoste, qui Fuldense no­ men, eaelo prius equatum, probro nune ludibrioque eunetis exposuis1 Als Buße und Bestechung. 2 Das Vermögen war schon vor 1063 erschöpft.

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Von der Empörung der Fuldaer Mönche

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wütet hatte, schleuderte er j etzt mit dem Schwert des Geistes seinen Blitz­ strahl und schloß sowohl die Toten als auch die Überlebenden aus der Gemeinschaft der Kirche aus. Den Abt belastete außer der Erbitterung über das Geschehene auch noch der Haß gegen das Mönchstum, das die Weltmenschen mit einge­ fleischter Bosheit stets anzuscliwärzen und zu ducken trachteten. So von allen Seiten beschuldigt, angegriffen, bedrängt, wäre er nach so vielen schweren Beschimpfungen seines Amtes entsetzt abgezogen, hätte nicht ihn, den nicht Gesetz, nicht Schuldlosigkeit retten konnte, das Geld gerettet. Er verkaufte und verschleuderte nämlich das Eigentum des Fuldaer Klosters und kaufte sich und seine Leute um einen sehr hohen Preis los. Wie viel dem König, wie viel seinen geheimen Ratgebern, wie viel dem Bischof gegeben wurde1 , haben wir nicht genau erfahren können. Denn es war Vorsorge getroffen, daß es nicht allgemein bekannt wurde. So viel steht j edenfalls unzweifelliaft fest : der Wohlstand j enes Klosters, der bis dahin höchst glänzend war2 und den aller gallischen Kirchen übertraf, ist damals so schwer erschüttert worden, daß man dort j etzt kaum noch Spuren des früheren Reichtums findet. Der Abt erhielt darauf Urlaub und kehrte nach Fulda zurück, verbittert und niedergeschlagen über die unglücklichen Ereignisse. Und siehe, hier wurde er mit fast noch härterer Ablehnung empfangen, und so geriet er nach dem Wort des Propheten auf der Flucht vor dem eisernen Har­ nisch in den ehernen Bogen3 • Von Anfang an hatten die Fuldaer Brüder an seinem finsteren Charakter und seinem über das Geziemende hinausgehenden Mangel an Umgänglichkeit Anstoß genommen. Er hatte die Un­ zufriedenheit noch vergrößert und die Flamme der Mißgunst geschürt da­ durch, daß er Güter der Kirche widerrechtlich an Dienstmannen verlieh und die Menge der Lebensmittel der Brüder, die durch die freigebigen früheren Äbte festgesetzt worden war, verringerte. Tag für Tag murrten sie darüber, und das Kloster wurde von inneren Zwistigkeiten erschüttert. Aber man ertrug das, mehr aus Furcht als aus Liebe, damit ihre Klagen nicht vorzeitig an die Öffentlichkeit drängen und die Gunst des Königs und der Fürsten ihn beschützte. Als nun aber die Nachricht von seinem Mißgeschick in Goslar nach Fulda kam, da äußerten sie alle laut ihren Unwillen, gereizt durch den Schmerz über diesen neuen Schlag wie die Erinnerung an die früheren, und sie stachelten sich gegenseitig an, eine so günstige, ihnen vom Him­ mel gebotene Gelegenheit nicht zu versäumen ; zur Ausführung ihres Vor­ habens fehle nichts als ihr eigenes tatkräftiges Handeln, der Mann werde durch seine eignen Rechtswidrigkeiten in den Untergang getrieben ; j eder einzelne solle nun nach Kräften mitwirken an ihrer und des Klosters Be­ freiung nicht von ihrem Vater, sondern von ihrem ärgsten Feind , der den 3 Vgl. Hiob 20, 24.

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set. I Sie inflammatae sedicioni tamquam oleum igni addidit iniuria recentior. Reginbodo, qui in illa Goslariensi congressione occubuerat, equum unum magni precü fratribus Fuldensibus ob recordationem animae suae dederat, quem protinus abbas, ipsis inconsultis, laico cui­ dam dedit. Hunc efferatis animis, intemperatissimis clamoribus fratres repetunt ; diu se tirannidem eius magis quam dominaturn servili pa­ cientia tulisse, non ultra laturos fore ; redderet ocius per vim erepta sibi alienae liberalitatis beneficia. Si cunctaretur, non iam clandestinis musitationibus se acturos, sed palam aditis tribunalibus divinam et humanam opem contra violentiam eius imploraturos. Abbati pondus malorum primo consilium respondendi ademerat ; dein totus ad preces lacrimasque versus, orare et obtestari per Deum, ne iuxta vetus proverbium ignem gladio scrutarentur1, ne Goslariensis contumeliae vulnus recens adhuc et necdum in cicatricem obductum novis doloribus exulcerarent ; memorarentur calamum conquassatum non conterendum, nec linum fumigans2 in favillas cineresque redigen­ dum ; parcerent, si minus existimationi propriae, at calamitati eius et miseriae, quae tanta esset, ut hostibus quoque suis lacrimas excutere posset ; se, si angelus D(Yffl,ini persequens eum3 paululum remisisset, si ab tantis malis vita comite unquam respirasset, non modo adempta redditurum, sed duplicatis quoque muneribus cumulaturum. His qui aetate et sensu maturiores erant cito haec verba satisfece­ rant. Sed iuventus more suo nihil veniae, nihil laxamenti admittebat ; diu simplicitati suae per mollia verba insultatum fuisse ; fidem eius tanto tempore, tot rebus spectatam ultra fallere non posse ; eos mores, eam improbitatem hominis esse, quicquid urgentibus inpresentiarum malis non fecisset, id, nisi iterum vis adhiberetur, perpetuo infectum fore ; propterea se ab iure suo non cessuros esse, donec ad expugnan­ dam animi eius duriciam omnia divi I nae, omnia humanae opis suffra­ gia pertemptassent. Abbas diu immoratus, ubi se videt nihil supplicando agere, nec copiam sibi esse ad reddenda quae exigebantur, pre­ sertim exhaustis pene cunctis opibus monasterü nec sufficientibus ta­ rnen ad exsaturandam ingluviem avariciae eorum qui in Goslariensi tumultu laesi fuerant : tandem regis iussione accersitus ad curtim re­ giam proficiscitur, dato necessarüs suis negocio, ut terroribus et blan1

Vgl. Horaz, Sat. II, 3, 275 - Von L. mehrfach angeführt.

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Vom Aufruhr der Fuldaer Mönche

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Namen Fulda, der früher bis an den Himmel gereicht hätte, j etzt allen zum Gespött gemacht habe. So wurde die Aufsässigkeit geschürt, und ein neuer Übergriff goß Öl ins Feuer. Reginbodo, der bei dem Goslarer Kampf gefallen war, hatte den Fuldaer Brüdern ein wertvolles Roß zum Gedächtnis seiner Seele übergeben, aber der Abt gab es sofort, ohne sie zu befragen, an einen Laien weiter. Nun fordern es die Brüder zornentbrannt mit maßlosem Geschrei zurück : lange genug hätten sie seine Leitung, nein, seine Tyrannei mit knechtischer Geduld ertragen, nun sei ihre Geduld erschöpft ; er solle das ihnen gewaltsam entrissene Geschenk fremder Freigebigkeit unverzüglich zurückgeben. Zögere er, so würden sie sich nicht mehr auf heimliches Murren beschränken, sondern sich öffentlich an die Gerichte wenden und menschliche Hilfe gegen seine Gewalttätig­ keit erbitten. Dem Abt hatte es bei dieser schweren Drohung zunächst die Sprache verschlagen, dann aber verlegte er sich ganz auf Bitten und Tränen und bat und beschwor sie bei Gott, nicht, wie das Sprichwort sagt, mit dem Schwert im Feuer herumzustochern1 und die noch frische und nicht ver­ narbte Wunde der Goslarer Schmach durch neue Kümmernisse zum Schwä­ ren zu bringen ; sie sollten doch daran denken, daß man das zerstoßene Rohr nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht zu Asche und Staub verbrennen soll2 , und Gnade üben, wenn nicht um ihres eigenen Ru­ fes, so doch um seines Unglücks und Elends willen, das so groß sei, daß es selbst seinen Feinden Tränen entlocken könne ; wenn der Racheengel Gottes3 ein wenig von ihm ablasse, wenn er es erlebe, daß er j emals nach so schwerem Leid wieder aufatmen könne, werde er das ihnen Weggenom­ mene nicht nur ersetzen, sondern verdoppeln. Den Älteren und Reiferen hatten diese Worte gleich Genüge getan, die Jugend dagegen ließ nach ihrer Weise keine Verzeihung, keine Nachsicht aufkommen : lange genug sei ihre Einfalt durch sanfte Worte verhöhnt worden, seine Zusicherungen, die man in so langer Zeit und bei so vielen Gelegenheiten kennengelernt habe, könnten nicht länger täuschen ; so sei der Charakter, so die Unredlichkeit dieses Menschen : was er nicht im Drange einer augenblicklichen Notlage tue, das werde ewig ungetan blei­ ben, wenn man nicht wieder Gewalt brauche ; deshalb würden sie auf ihr Recht nicht verzichten, bis sie, seine Hartherzigkeit zu bezwingen, alle Möglichkeiten göttlicher und menschlicher Hilfe ausprobiert hätten. Der Abt zögerte lange ; schließlich mußte er einsehen, daß er mit Bitten nichts ausrichten konnte, daß er aber auch nicht die Mittel zur Erfüllung der Forderungen hatte, da ja der ganze Reichtum des Klosters fast völlig erschöpft war und nicht einmal zur Befriedigung der unersättlichen Habgier der bei dem Aufruhr in Goslar Geschädigten ausreichte. Nun begab er sich endlich auf Befehl des Königs an den königlichen Hof, nachdem er seine Freunde beauftragt hatte, die erboste Jugend auf j ede nur mögliche Weise 2

Vgl. Jes. 42, 3.

3 Vgl. Ps. 34, 6.

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Lamperti .Annales

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dirnentis, quaqua via possent, efferatae iuventutis anirnos rnitigarent. Sed hoe in irriturn eessit. Denique post abseessurn eius prineipes iuventutis, quibus potissi­ rnurn ineentoribus tantum rnalurn exarserat, totarn adeunt eongrega­ eionern, indicant anirno sibi fixurn esse, ut eruptione faeta de rnona-

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sterio regern, ubieurnque gentiurn reperiatur, perquirant, eontra sevi­ ciarn abbatis eius potentiae patrocinium exposcant ; orantque, ut, qui­ bus valitudo non obsistat, seeurn profieiscantur, qui vero aetate vel rnorbo pregravante id non possint, seripti sui . astipulatione faeturn eorum eorroborent. Res feda et dietu quoque horrenda visa est senio-

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ribus, fusique in terrarn per Deurn precabantur, ne se et ipsurn Ful­ densis spei exiguurn quod restabat perditurn irent ; turbatarn graviter Goslariensi clade rern Fuldensern, si ipsi rnonasterii lirnen ea rnente ex­ eessissent, non turbandarn rnodo, sed omnino in preeeps iturarn Nihil illi his serrnonibus rnoti - iarn enirn pertinaeia in arnentiarn

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atque in rabiern se verterat - eoneite per rnonasteriurn discurrunt, in­ vieern se ad audendurn faeinus adhortantur, et sie tandern adulta eon­ spiratione sedecim nurnero, crucern sibi preferentes, antiphona irnpo­ sita, elaustris rnonasterü erurnpunt. Sequebantur eos eminus rnaiores natu, qui sanurn aliquid sapiebant, eurn tanto luetu atque eiulatu aesi eos ad sepulturarn funebris pornpa

ultimum

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vale1 audituros efferret.

Itaque ne rei tarn atrocis novitas repente nunciata regi stuporern in­ enteret, unum ex numero suo citato quanturn poterat equo premit­ tunt, qui litteras ad regern tantae ealarnitatis indiees perferat J et, qua vi, qua neeessitate ad haee extrerna experienda eoaeti sint, edoeeat.

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lpsi paulatirn pedestres servatis ordinibus subsequuntur. Postquarn nuneins eo pervenit, leetaeque sunt litterae, horror qui­ darn pereulit omnes qui in palaeio erant super tarn proeaei faeto, mi­ rabanturque inter eximios et apostolieae eonversationis viros tanturn ßagieii potuisse reperiri, ut privatas iniurias tarn pessirno publieo ul- 3o ciscerentur, nee filii patris, in ea potissirnurn ealamitate, rnisererentur, in qua hostes quoque suos ad miserationern et ad lacrirnas provoeare potuisset. Plaeuit itaque omnibus insigne hoe faeinus insigni aliquo exernplo vindieari. Turn rex eonsilio usus Coloniensis arehiepiscopi et Ottonis ducis Baioariorurn, quorurn tune arbitrio res publica admini- 35 strabatur, preeepit, ut ipse baiulus litterarurn curn aliis tribus, qui 1

Vgl. Ovid Met. X, 62.

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mit Drohungen und freundlichem Zureden zu beschwichtigen. Doch das hatte keinen Erfolg. Nach seiner Abreise wandten sich die Führer der Jugend, die haupt­ sächlichsten Anstifter dieses schweren Aufruhrs, an die ganze Kongregation : sie erklärten, sie seien entschlossen, aus dem Kloster auszubrechen, den König aufzusuchen, wo immer er sich befinde, und ihn um den Schutz seiner Macht gegen das Wüten des Abts zu ersuchen ; sie baten darum, daß alle, deren Gesundheitszustand es nicht verbiete, mitzögen, die aber, die durch Alter oder Krankheit daran gehindert seien, sollten durch schriftliehe Zustimmung ihr Vorhaben fördern. Dieser Vorschlag erschien den Älteren abscheulich und schon allein, daß er überhaupt ausgesprochen wurde, entsetzlich ; sie fielen nieder und baten um Gottes willen, nicht sich selbst und den kleinen Rest von Hoffnung für Fulda zu vernichten ; der Wohlstand Fuldas sei schon durch das Goslarer Unglück schwer erschüttert, wenn sie nun aber in solcher Absicht aus dem Kloster auszögen, dann würde er nicht nur noch mehr erschüttert, sondern völlig vernichtet wer­ den. Diese Worte machten keinerlei Eindruck auf die Jüngeren, denn schon war ihre Halsstarrigkeit in sinnlose Wut umgeschlagen ; eilig laufen sie durch das ganze Kloster, feuern sich gegenseitig an, das Unternehmen zu wagen, und als so die Verschwörung zur Reife gediehen ist, brechen sie, sechzehn an Zahl, unter Vorantragung des Kreuzes und Anstimmen der Antiphon aus dem Gewahrsam des Klosters aus. Von ferne folgten ihnen die Älteren, die einigermaßen vernünftig dachten, mit solcher Trauer und solchem Wehklagen, als wäre es ein Leichenzug, der sie zu einem Begräb­ nis hinausführte, um das letzte Lebewohl zu hören1 . Damit nun nicht plötz­ liche Nachricht von einem so tollkühnen Unterfangen d�n König ver­ blüffe, schickten sie einen aus ihrer Mitte zu Pferd voraus, der, so rasch er könne, zum König reiten sollte, um ihm ein Schreiben mit der Ankündigung dieses unseligen Unternehmens zu überbringen und ihn darüber zu unterrichten, durch welchen Zwang, durch welche Notlage sie sich zu diesem äußersten Wagnis hätten entschließen müssen. Sie selbst folgten langsam in geordnetem Zuge zu Fuß. Als der Bote dort angekommen war und man den Brief gelesen hatte, ergriff alle in der Pfalz Anwesenden Entsetzen über eine solche Frechheit, und man staunte, daß unter so ausgezeichneten Männern von apostolischem Wandel eine so frevelhafte Gesinnung hatte aufkommen können, daß sie persönlich erlittenes Unrecht mit so schwerer Schädigung des Staates ver­ gelten wollten, und daß die Söhne sich nicht des Vaters erbarmten noch dazu bei einem Unglück, das sogar seine Feinde zu Mitleid und Tränen hätte rühren können. Alle waren daher entschlossen, diese außergewöhn­ liche Untat in außergewöhnlicher Weise zu bestrafen. So befahl der König nach einer Beratung mit dem Erzbischof von Köln und dem Herzog Otto von Bayern, den damaligen Leitern der Reichsgeschäfte, den Überbringer

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auctores sedicionis fuerant, per diversa monasteria in custodia ha­ bendi mitterentur. Ad compescendam vero caeteram multitudinem, quoniam nec spiritu lenitatis nec virga monasticae correptionis sanari potuissent, abbas militari manu uteretur. Tune abbas missis obviam militibus sine vi et tumultu eos Fuldam reduci iussit et extra monasterium custodibus adhibitis suum presto­ lari reditum. Ipse quoque, regi vale facto, eos e vestigio est subsecutus. Ibi collectos fratres et primos militum Fuldensium diu ea consultatio tenuit, laicorum an monachorum iudicio in eos animadverti oporteret. Vicit ea sententia, quae censebat eos, qui excusso iugo regulae, contempto abbate, per contumaciam egressi et necdum in monasterium recepti essent, laicorum pocius lege iudicandos fore. Ita abbas laico­ rum iurisdictionem secutus, duos ex eis, alterum presbiteratus, alterum diaconü honore insignes, iussit publice virgis cesos et attonsos expelli. Reliquos multos plagis maceratos per vicina monasteria, alium alio transmisit. De singulis tarnen non pro modo culpae, sed pro natalium suorum claritate vel obscuritate mitins vel atrocius sumptum suppli­ cium est. Viderit abbas, an vi doloris impulsus iniurias suas acerbius quam decuit vindicando modum forte excesserit. Id constat, inustam esse ea tempestate maculam Fuldensi monasterio, quae longa forsitan succedentium temporum serie ablui et extergi non possit. / Bell, qui regnum invaserat Ungariorum, obüt. Ioas :filius eius sacius putans moderatis opibus in pace perfrui quam inmoderatas ambiendo calamitatem atque excidium parere genti suae, mandavit regi Heinrico, si sibi apud Salomonen :filium Andreae regis natalibus et meritis suis condignus honor haberetur, subditum se ei fidelemque futurum et malle beneficiis cum eo quam armis, fide quam acie dimicare2• Eadem Ungarii omnes assidua legatione pollicebantur. Ita rex Heinricus Ungariam cum exercitu ingressus, Salomonern in solium patris re­ stituit, iuncta ei in coniugium sorore sua3 ; ablatisque omnibus, quae regi scrupulum movere vel regni statum Iabefactare poterant, in pace remeavit ad Gallias. Educatio regis atque ordinatio omnium rerum publicarum penes episcopos erat; eminebatque inter eos Mogontini et Coloniensis archi1 Vgl. S. 70, Annl . 6. 2 Das Angebot bereits durch Bela ; er starb, als das deutsche Heer in Ungarn eindrang. Geisa floh, schloß aber dann Frieden mit Salomon.

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Von König Salomon von Ungarn

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dieses Briefes mit drei anderen, die Anstifter der Empörung gewesen waren, in verschiedene Klöster zu schicken und dort in Haft zu halten. Zur Be­ zwingung der übrigen Teilnehmer solle sich der Abt der bewaffneten Hand bedienen, da sie sich ja weder durch den Geist der Sanftmut noch die Rute & der klösterlichen Zucht hätten zur Vernunft bringen lassen. Darauf schickte ihnen der Abt Reisige entgegen und ließ sie ohne Ge­ walt und Aufsehen nach Fulda zurückbringen ; außerhalb des Klosters sollten sie unter Bewachung seine Heimkehr abwarten. Er selbst verab­ schiedete sich vom König und folgte ihnen auf dem Fuße. Die dort ver1 0 sammelten Brüder und Vornehmsten der Fuldaer Lehnsleute berieten lange, ob das Verfahren gegen sie vor einem aus Laien oder aus Mönchen gebildeten Gericht stattfinden solle. Schließlich drang die Ansicht derer durch, die dafür stimmten, daß diejenigen, die, das Joch der Regel ab­ schüttelnd, ohne Erlaubnis des Abts aus Unbotmäßigkeit das Kloster ver15 lassen hätten und noch nicht wieder darin aufgenommen worden seien, nach Laiengesetz abgeurteilt werden müßten. Daher entsprach der Abt dem Spruch des Laiengerichts und ließ zwei von ihnen - den einen zierte die Würde des Priesters, den andern die des Diakons - öffent­ lich mit Ruten auspeitschen und geschoren aus dem Kloster verstoßen. Die 20 übrigen schickte er nach schwerer Geißelung in Nachbarklöster, den einen hierhin, den andren dorthin. Über die einzelnen wurden j edoch nicht nach dem Maße ihrer Schuld, sondern je nach ihrer hohen oder niedrigen Her­ kunft mildere oder strengere Strafen verhängt. Möge der Abt zusehen, ob er nicht etwa in seinem Grimm härter, als es sich geziemte, gestraft und 25 das Maß überschritten habe. Fest steht j edenfalls, daß damals dem Kloster Fulda ein Schandmal eingebrannt worden ist, das wohl in einer langen Reihe kommender Jahre nicht abgewaschen und getilgt werden kann. Belal, der in Ungarn den Thron usurpiert hatte, starb. Sein Sohn Joas hielt es für besser, mäßige Macht in Frieden zu genießen, als, um unso mäßige zu erwerben, über sein Volk Elend und Untergang zu bringen ; so übermittelte er König Heinrich die Botschaft, wenn ihm von Salomon, dem Sohn des Königs Andreas, die seiner Herkunft und seinen Verdiensten entsprechenden Ehren erwiesen würden, wolle er ihm ein treuer Untertan sein und sich lieber in guten Taten als in Waffen, lieber in Treue als im 2 as Kampf mit ihm messen • Dieselben Versprechungen machten alle Ungarn durch beständige Gesandtschaften. Daher zog König Heinrich mit einem Heer nach Ungarn und setzte Salomon wieder auf den Thron seiner Väter, nachdem er ihm seine Schwester zur Frau gegeben hatte ; nach Beseiti­ gung alles dessen, was bei dem König Bedenken erregen oder den Bestand 40 des Reiches gefährden konnte, kehrte er in Frieden nach Gallien zurück. Die Erziehung des Königs und die gesamte Regierung lag in den Hän­ den der Bischöfe, und unter ihnen hatten die Erzbischöfe von Mainz und 3 Judith, vgl. S. 70, Anm. 9.

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episcoporum auctoritas. A quibus cum in partem consilii Adelbertus Premensis archiepiscopus1 assumptus fuisset, turn propter claritatem generis, turn propter aetatis atque archiepiscopatus prerogativam, ille sepius colloquendo, obsequendo etiam atque assentando ita sibi regem brevi devinxerat, ut, caeteris episcopis posthabitis, totus in

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eum inclinaretur, et ipse in regno communi pene monarchiam usurpare videretur2• Secundas post eum partes agebat Wernheri f comes3, iuvenis tarn ingenio quam aetate ferox. Hi duo pro rege imperitabant ; ab his episcopatus et abbatiae, ab his quicquid ecclesiasticarum, quic­ quid secularium dignitatum est, emebatur4. Nec alia cuiquam, licet 10 industrio atque egregio viro, spes adipiscendi honoris ullius erat, quam ut hos prius ingenti profusione pecuniarum suarum redemisset. Et ab episcopis quidem et ducibus metu magis quam religione temperabant. In abbates vero, quod hi iniuriae obviam ire non poterant, tota liber­ tate grassabantur, illud pre se ferentes, nihil Ininus regem in hos iuris 1 5 ac potestatis habere quam in villicos suos vel in alios quoslibet regalis fisci dispensatores. Et primo quidem predia monasteriorum fautoribus suis, prout libi­ tum erat, distribuebant, et quod reliquum erat crebra regalium servici­ orum exactione usque ad feces ultimas exhauriebant. Dein convalscente

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audacia, in ipsa monasteria impetum faciebant atque ea inter se tam­ quam provincias partiebantur, rege ad omnia quae iussus fuisset puerili facilitate annuente. Itaque Premensis archiepiscopus duas occupat abbatias, Laurensem et CorbeiensemS, pretnium hoc asserens esse fidei ac devocionis suae erga regem. Ne id invidiosum apud caeteros regni 25 principes foret, persuaso rege, dat Coloniensi archiepiscopo duas, Malmendren et Endan6, Mogontino archiepiscopo unam in Selechin­ stat7, Ottoni duci Baioariorum unam in Altaha, Ruodolfo duci Suevo-/ rum unam in Kenbetens. lgitur Premensis archiepiscopus, ut totam tirannidi suae vacantem ao redderet Corbei�nsem abbatiam, ridiculam commentatur fabulam. Disseminatis per curtim regiam rumoribus divulgat episcopum9 civi-

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Das zog sich bis 1065 hin. In Hessen. • Dagegen erhielt z. B. im Oktober Annos Bruder, Wezel, das Erzbistum Mag· deburg. a

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Über Erzbischof Adalbert von Bremen

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Köln überragenden Einfluß. Als dann von diesen Erzbischof Adalbert von Bremen1 in den Staatsrat aufgenommen wurde, sowohl wegen seines erlauchten Geschlechts als auch wegen seines Alters und der Bedeutung seines Erzbistums, hatte dieser den König durch häufige Unterredungen 5 und auch durch Willfährigkeit und Liebedienerei bald so stark an sich gefesselt, daß dieser sich unter Hintansetzung der übrigen Bischöfe aus­ schließlich an ihn hielt, und daß er sich in der gemeinsamen Regierung fast die Alleinherrschaft anzueignen schien2• Die zweite Rolle nach ihm spielte Graf Werner3, ein nach Veranlagung und Alter unbändiger j unger 10 Mann. Diese beiden herrschten an Stelle des Königs, von ihnen wurden Bistümer und Abteien, von ihnen alles, was es an kirchlichen, was es an weltlichen Würden gibt, gekauft4• Keine andere Aussicht, irgend ein Lehen zu erlangen, gab es selbst für einen rührigen, vortrefflichen Mann, als es zuvor mit ungeheuren Geldopfern diesen beiden abzukaufen. Von Bi15 schöfen allerdings und Herzögen hielten sie ihre Hände fern, doch mehr aus Furcht als aus Gewissensbedenken. Gegen Abte dagegen, die sich gegen dieses Unrecht nicht wehren konnten, übten sie ihre Raubzüge mit völliger Hemmungslosigkeit, indem sie geltend machten, daß der König über sie nicht weniger Recht und Gewalt habe als über seine Vögte oder irgend20 welche andere Verwalter von Krongut. Zunächst verteilten sie die Klostergüter nach Belieben unter ihren An­ hängern, und was übrig blieb, sogen sie durch häufige Beitreibung könig­ licher Dienstleistungen bis auf den letzten Bodensatz aus. Dann aber steigerte sich ihre Frechheit noch : sie machten nun einen Angriff auf die 25 Klöster selber und teilten sie unter sich wie Provinzen, und der König stimmte mit kindlicher Bereitwilligkeit allem zu, was man verlangte. So nahm der Bremer Erzbischof zwei Abteien in Besitz, Lorsch und Corvey5 , und behauptete, das sei die Belohnung für seine Treue und Ergebenheit gegen den König. Damit es aber nicht Mißgunst unter den übrigen Reichs30 fürsten erwecke, gab er mit Einwilligung des Königs dem Erzbischof von Köln zwei, Malmedy und Kornelimünster6, dem Erzbischof von Mainz eine, Seligenstadt7, dem Herzog Otto von Bayern eine, Altaich, und dem Herzog Rudolf von Schwaben eine, Kempten8• Um nun die Abtei Corvey vollständig in seine unbeschränkte Gewalt 35 zu bekommen, erfand der Bremer Erzbischof ein lächerliches Märchen. Er streute am königlichen Hof das Gerücht aus, der Bischof9 einer Stadt 5 Am 6. 9. 1065. - Die Datierung der Ereignisse von 1063-1065 geht bei L. durcheinander. 5 Sowie Viiich (gegenüber von Bonn) im August 1065, zeigt, daß Adalbert nicht der Alleinschuldige war. 7 Dies am 14. 6. 1063. 8 1065 wurden noch weitere Abteien vergeben. 9 Megingaudius. - Anekdote von L.

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tatis cuiusdam Transalpinae, cui Pole nomen est, humanis rebus ex­ cessisse. Huic successorem, persuaso rege, subrogat abbatem Cor­ beiensem1, iubetque, ut destitutam rectore aecclesiam quantocius eat invisere.

Verum inter moras,

quibus ille itineri necessaria parabat, dum

quidam de Italia venientes episcopum, qui mortuus dictus fuerat,

vivum

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et incolumem nunciassent, irridere omnes et detestari fraudem

archiepiscopi ceperunt. Turn Otto dux Baioariorum ad prohibendum tauturn nefas divino spiritu animatus2, multis conatibus circumqua­ que explicitis, vix et aegre obtinuit, ut tarn abbati quam monasterio Corbeiensi suus honor, sua dignitas incolumis servaretur.

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Porro cum in monasterium Laureuse satellites archiepiscopi venis­ sent nunciantes, quod regia donatione locus ipse in ius potestatemque archiepiscopi concessisset, iuberentque, ut abbas3 ei constituto loco non pigritaretur occurrere, tantus dolor et indignatio omnes invasit, ut nec manibus in legatos ipsos temperassent, nisi ius gentium plus 1 5 quam ira valuisset. Contumeliose auditi, contumeliosius multo sunt dimissi. Quod postquam regi nunciatum est, missis aliis nunciis iussit abbati sub interminatione salutis propriae, ut abbatia se abdicaret festinusque monasterio excederet. llle, comperta, priusquam legati advenirent, regis sententia, benigne eos suscipi iussit atque in diem 20 posterum eorum quae in mandatis habebaut audientiam distulit. Nocte paucis sibi abhibitis inde discedens, in loca tutissima, omnibus preter admodum paucos ignoratus, se recepit, cum et prius omnes aecclesiae thesauros clanculo exportatos in tutum locasset. Ita legati f die po­ stero, cui iussa regis exponerent, non habentes multumque viri pru-

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dentiam admirantes, infecta legatione redierunt. Turn milites eius, quos eo tempore et opum gloria et militaris rei industria clarissimos habebat, collatis viribus montem qui proximus adiacet monasterio4 occupant, castellum extruunt, presidium imponunt, parati archiepiscopum ab infestatione monasterii capitis quoque sui periculo arcere. MLXIIII. Causabantur Romani principes5 , quod rex eis inconsultis Romanae aecclesiae pontificem constituisset6, et ob eam iniuriam de­ fectionem meditari videbantur. Propter quod placuit Coloniensem 1 Saracho. 2 Er war Vogt des Klosters. genommen.

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Übertrieben, Otto hatte ja. auch ein Kloster

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Von den Übergriffen Adalberts von Bremen

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j enseits der Alpen, Pola mit Namen, habe das Zeitliche gesegnet. Z u dessen Nachfolger bestimmte er mit Einwilligung des Königs den Abt von Corvey1 und befahl ihm, die ihres Leiters beraubte Kirche so schnell wie möglich in seine Obhut zu nehmen. Während dieser aber die nötigen s Reisevorbereitungen traf, kamen Leute aus Italien und meldeten, der tot­ gesagte Bischof sei am Leben wid wohl und munter, und nun fingen alle an, über den Betrug des Erzbischofs zu spotten und ihren Abscheu zu äußern. Da entfaltete Herzog Otto von Bayern, von göttlichem Geiste beseelt2 , nach allen Seiten hin eine reiche Tätigkeit, um einen so schweren Frevel 10 zu verhindern, und erreichte mit größter Mühe, daß dem Abt und dem Kloster von Corvey ihre Ehre und ihre Würde ungeschmälert erhalten blieben. Als dann Spießgesellen des Erzbischofs ins Kloster Lorsch kamen und meldeten, daß das Kloster durch königliche Schenkung in Besitz und Ge15 walt des Erzbischofs übergegangen sei, und den Befehl überbrachten, der Abt3 solle sich unverzüglich an einem bestimmten Ort mit ihm treffen, da ergriff alle ein so tiefer Schmerz und Unwille, daß sie gar Hand an die Ab­ gesandten gelegt hätten, wenn ihnen nicht das Völkerrecht mehr gegolten hätte als ihr Zorn. Unter Schmähungen hörte man sie an, unter noch viel 20 schlimmeren Schmähungen entließ man sie. Als das dem König gemeldet wurde, schickte er andere Boten und befahl dem Abt unter Bedrohung seines Lebens, abzudanken und das Kloster sofort zu verlassen. Der Abt, der die Entscheidung des Königs schon vor der Ankunft der Abgesandten erfahren hatte, ließ diese freundlich aufnehmen und verschob die Ent25 gegennahme ihrer Aufträge auf den nächsten Tag. In der Nacht verließ er mit wenigen Begleitern das Kloster und begab sich an einen ganz sicheren Ort, unbemerkt von allen außer ganz wenigen ; schon vorher hatte er alle Schätze der Kirche heimlich fortschaffen und in Sicherheit bringen lassen. So fanden die Gesandten am folgenden Tage niemand mehr vor, dem sie die 30 Anordnungen des Königs übermitteln konnten : sie bewunderten die Klug­ heit des Mannes und kehrten zurück, ohne ihren Auftrag erfüllt zu haben. Die Lehnsleute des Abtes, deren er damals außerordentlich wohlliabende und kriegstüchtige hatte, taten sich nun zusammen und besetzten den dicht bei dem Kloster gelegenen Berg4 , erbauten ein Kastell und legten 35 eine Besatzung hinein, entschlossen, den Erzbischof selbst mit eigner Lebensgefahr an der Besitznahme des Klosters zu hindern. 1064 Die römischen Großen5 beschwerten sich darüber, daß der König, ohne sie befragt zu haben, einen Papst eingesetzt habe6, und sie sannen wegen dieser Nichtachtung offenbar auf Abfall. Deshalb beschloß er, den 3 Udalrich. - Auch 1065. 4 • 6

Im Odenwald bei Heppenheim. Von beiden Parteien. Vgl. zu allem S. 76, Anm. 1 .

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arehiepiseopum Romam1 mitti. Qui veniens eo, eum aliud turbatis rebus invenire non posset remedium, iudieavit ordinationem, quae inseio senatu Romano faeta fuisset, irritam fore, et sie amoto Parmensi episeopo, per eleetionem eorum Anshelmum Lueeensem episeopum2 pro eo ordinari eonstituit. Verum ubi ipse peraeta legatione regressus

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est in Galliam, Parmensis episeopus armata multitudine non modiea Lueeensem episeopum sede apostoliea per vim deturbare aggressus est. Eeontra fautoribus illius ad arma impigre eoneurrentibus, eon­ gressio faeta est, multique hine et inde vulneribus aeeeptis eorruerunt3• Sie depravata eeclesiastiei rigoris eensura, homines non ut quondam,

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ut preessent aeeclesiae Dei, inieeta manu trahebantur, sed ne non preessent, armata manu pre:'ia.bantur, fundebant�ue mutuo sanguinem non pro ovibus Christi, sed ne non dominaren_tur ovibus Christi. Ans­ helmus tarnen, qui et Alexander, et virtute militum et favore prinei­ pum se/dem optinuit. Alter vero, etsi per eontumeliam repulsus, ta-

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men quo advixit4 ab iure suo non eedebat, huie semper derogans, hune adulterum aeeclesiae Dei, hune pseudoapostolum appellans ; missas quoque seorsum eelebrans, ordinationes faeere et sua per aee­ clesias deereta et epistolas more sedis apostolieae destinare non desi­ stebat. Verum nullus attendebat, eriminantibus universis, quod in

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ultionem privatae eontumeliae sedem quoque apostolieam homieidio maeulasset. Heinrieus Augustensis episeopus obiit5, invisus regi, invisus episeo­ pis omnibus propter superbe administratam regni gubernationem tempore imperatrieis. Embricho ei successit, prepositus Mogontinus, 25 vir pontificalis modestiae et gravitatis. Wernheri comes villam monasterii nostri quae dicitur Kirhberg in­ consulto abbate6 a rege petiit et impetravit7• Pro qua recipienda diu­ turnum agonem desudavimus, dimicantes adversus tanti hostis sevi­ ciam non armis carnalibus, sed ieiuniis et erebris orationibus. Unde ille mordaeiter magis quam facete ioeari solebat magno munere dig­ num se esse apud regem, qui monachos eius, languidos prius in opere Dei et tepidos, novis facibus adhibitis exsuscitasset invitosque ad ieiunia et nudipedalia coegisset. 1 Anno ; nach Mantua zur Teilnahme an der Synode, 3 1 . Mai 1064.

Alexander II. 3 1063, schon vor der Synode.

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Vom Streit

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den Päpsten Alexander li. u. Honorius li.

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Erzbischof von Köln nach Rom1 zu senden. Da dieser, dort angekommen, keinen anderen Ausweg aus der Wirrnis finden konnte, erklärte er die Er­ nennung, die ohne Wissen des römischen Senats erfolgt sei, für ungültig und ließ nach Absetzung des Bischofs von Parma an seiner Statt Bischof Anselm von Lucca2 durch Wahl einsetzen. Kaum aber war er nach Er­ ledigung seines Auftrags nach Gallien zurückgekehrt, da versuchte der Bischof von Parma mit einer nicht geringen Schar Bewaffneter den Bi­ schof von Lucca mit Gewalt vom apostolischen Stuhl zu vertreiben. Da aber eilten dessen Anhänger unverzüglich zu den Waffen, es kam zum Kampf, und auf beiden Seiten stürzten viele verwundet zu Boden3 • In solchem Maße war die strenge Kirchzucht entartet : nicht wie ehedem mußte man Hand anlegen, um Männer willig zu machen, die Leitung der Kirche Gottes zu übernehmen, sie kämpften vielmehr mit bewaffneter Hand dar­ um, sich die Leitung zu entreißen, und sie vergossen gegenseitig ihr Blut nicht für die Schafe Christi, sondern für die Behauptung der Herrschaft über die Schafe Christi. Anselm aber, der auch Alexander genannt wird, behauptete durch die Tapferkeit seiner Krieger und die Gunst der Fürsten den päpstlichen Stuhl. Der andre aber, obgleich schmachvoll abgesetzt, verzichtete doch, solange er lebte4, nicht auf sein Recht und sprach es j enem ständig ab, nannte ihn einen Ehebrecher der Kirche Gottes und einen falschen Apostel ; er las auch gesondert Messen und ließ nicht ab, Weihen zu erteilen und ganz wie der apostolische Stuhl an alle Kirchen seine Dekrete und Briefe zu richten. Aber niemand beachtete das, denn alle warfen ihm vor, um persönliche Unbill zu rächen, sogar den apostolisehen Stuhl mit Blut besudelt zu haben. Bischof Heinrich von Augsburg starb5 , verhaßt dem König, verhaßt allen Bischöfen wegen seiner hochfahrenden Regierungsführung zur Zeit der Kaiserin. Sein Nachfolger wurde Propst Embriko von Mainz, ein Mann von priesterlicher Sittsamkeit und Würde. Graf Werner forderte vom König ohne Befragung des Abts6 unsern Klosterhof Kirchberg und erhielt ihn7• Ihn wiederzubekommen, haben wir uns in langwierigem Kampf abgemüht, und wir haben dabei gegen die wilde Entschlossenheit dieses mächtigen Gegners nicht mit materiellen Waffen, sondern mit Fasten und häufigem Beten gestritten. Daher pflegte j ener mehr bissig als witzig zu scherzen, er habe sich beim König eine große Belohnung verdient, denn er habe seine Mönche, die vordem im Werke Gottes lässig und lau gewesen seien, durch Anwendung neuartiger Brand­ fackeln angefacht und wider ihren Willen zu Fasten und Barfußgehen ge­ zwungen. ' Gest. um die Jahreswende 107 1-72. & Bereits 1063, vgl. auch S. 72. 8 Ruothard. 7 Wofür das Kloster 1065 eine Schenkung erhielt.

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Sigefridus Mogontinus episcopus et Guntherus Babenbergensis et Otto Ratisponensis et Willehelmus Traiectensis episcopi, item alii quam plures, columnae et capita Galliarum, autumnali tempore Ierosolimam proficiscuntur.

MLXV. RexnatalemDomini Goslariae celebravit, pascha Wormaciae.

5

Ubi archiepiscopus Premensis inter sacra missarum solemnia, dum debitum tantae I festivitati sermonem faceret, hominem ab infesta­ tione demonis purgavit, fusis pro eo tarn suis quam tocius populi qui presens erat precibus. Ea res grandi miraculo cunctis erat, stupenti­ bus scilicet, quod vir tarn pessimae in populo existimationis, qui vitam 10 virtutum non haberet, signa virtutum faceret. Sed emuli eius invidiose hoc interpretabantur, non meritis eius, sed presentium populorum supplicationi asscribendum esse tantae rei effectum. Ibi per concessionem eiusdem archiepiscopi primum se rex arma bellica succinxitl, statimque primam susceptae armaturae experien- 15 tiam in archiepiscopum Coloniensem dedisset et ad persequendum eum ferro et igni preceps abisset, nisi res turbatas imperatrix tempe­ stivo valde consilio composuisset. Inter caetera id potissimum invidiae ei erat, quod ante aliquot annos2, dum imperatrici ius regni rerumque gubernacula eripere vellet, ipsum pene regem in ultimum discrimen 20 precipitasset. Heceloni Argentorati episcopo paulo ante defuncto successor sub­ stitutus est Wernheri, propinquus Wernheri comitis3• Interea predicti episcopi Ierosolimam pergentes, dum magnitudi­ nem opum suarum gentibus, per quas iter habebant, inconsultius 25 ostentarent, ultimum sibi periculum consciverant, nl.si rem humana temeritate prolapsam divina misericordia restituisset. Nam barbaros, qui ex urbibus et agris ad spectandos tarn illustres viros catervatim profluebant, primo peregrini cultus ac magnifici apparatus ingens miraculum, dein, ut fit, non minor I predae spes ac desiderium cepit.

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Itaque cum transita Licia fines Sarracenorum introissent et iam a civi­ tate cui Ramulo4 nomen est una vel paulo plus mansione abessent, proximo parasceue ante pascha5 circa terciam diei horam incursionem passi sunt ab Arabitis, qui comperto tarn insignium virorum adventu undique ad spolia diripienda frequentes armatique confluxerant. Ple1

29. März.

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Und mit Billigung der anderen Fürsten.

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Über die Pilgerfahrt deutscher Bischöfe nach Jerusalem

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Erzbischof Siegfried von Mainz, die Bischöfe Gunther von Bamberg, Otto von Regensburg, Wilhelm von Utrecht und viele andere, Säulen und Häupter Galliens, brachen im Herbst nach Jerusalem auf. 1065 Der König feierte Weihnachten in Goslar und Ostern in Worms. Während hier der Erzbischof von Bremen bei der heiligen Messe eine dieser feierlichen Handlung entsprechende Predigt hielt, befreite er einen Menschen von der Anfechtung des bösen Geistes, indem er selbst und die ganze anwesende Gemeinde für ihn betete. Das erschien allen als großes Wunder, denn sie staunten darüber, daß ein Mann so üblen Rufes beim Volk, der kein Leben der Tugenden führte, Wunder verrichtete. Doch seine Gegner legten die Sache gehässig aus : nicht seinen Verdiensten, sondern der Fürbitte der dabei anwesenden Gemeinde sei dies ungewöhnliche Er­ eignis zuzuschreiben. Hier gürtete sich der König mit Einwilligung desselben Erzbischofs zum ersten Male mit Kriegswa:ffen1 , und er hätte sogleich die erste Probe mit der eben angelegten Rüstung gegen den Erzbischof von K öln abgelegt und wäre Hals über Kopf ausgezogen, um ihn mit Feuer und Schwert zu bekämpfen, hätte nicht die Kaiserin noch zur rechten Zeit durch ihren Rat den drohenden Sturm beschwichtigt. Anno war unter anderem deswegen so verhaßt, weil er vor einigen Jahren2 , als er der Kaiserin Recht und Ausübung der Regierungsgewalt entreißen wollte, fast den König persönlich in Lebensgefahr gestürzt hatte. Zum Nachfolger des kurz vorher verstorbenen Bischofs Hezelo von Straßburg wurde Werner, ein Verwandter des Grafen Werner3 , eingesetzt. Inzwischen waren die oben genannten Bischöfe weiter gen Jerusalem gezogen ; als sie den Völkern, durch deren Länder sie der Weg führte, un­ überlegt ihren großen Reichtum zur Schau stellten, wären sie in schwerste Lebensgefahr geraten, hätte sie nicht die göttliche Barmherzigkeit in dieser durch menschliche Unbesonnenheit bedrohlich gewordenen Lage gerettet. Denn die Barbaren, die aus Stadt und Land scharenweise herbei­ strömten, um so erlauchte Männer zu sehen, erfaßte zunächst gewaltiges Staunen über die fremdartige Kleidung und prächtige Ausrüstung und dann, wie es zu gehen pflegt, ebenso starke Hoffnung auf Beute und Ver­ langen danach. Als sie nun nach dem Durchmarsch durch Killkien in sarazenisches Gebiet eingerückt waren und nur noch einige Tagereisen oder wenig mehr von der Stadt Ramleh4 entfernt waren, wurden sie am Kar­ freitagS um die dritte Tagesstunde von Arabern überfallen, die auf die Kunde von der Ankunft so prächtig ausgestatteter Männer von allen Sei­ ten in großer Zahl bewaffnet herbeigeströmt waren, um Beute zu machen. •

1062. - Vgl. S. 74.

3 Wahrscheinlich sein Schwager.

' Nordwestlich von Jerusalem. ' 25. März.

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rique christianorum religiosum putantes manu sibi auxilium ferre et salutem suam, quam peregre proficiscentes Deo devoverant, armis cor­ poralibus tueri, prima statim congressione prostrati, vulneribus multis confecti et omnibus quae habebaut

caligae1

a filo subteminis usque ad corrigiam

exspoliati sunt. Inter quos Willihelmus quoque Traiectensis

5

episcopus, brachio pene plagis debilitato, nudus ac semivivus relic­ tus est. Caeteri christiani iactu lapidum, quod genus teli forte locus ipse affatim ministrabat, non tarn periculum propulsabant, quam mor­ tem, quae presens urgebat, differre conabantur. Pedem etiam paula­ tim subtrahendo ad villam declinabant, quae ab ipso itinere spacio

10

mediocri distabat. Capharnaum hanc fuisse ex similitudine vocabuli coniciebant2• Quam ut ingressi sunt, episcopi omnes atrium quoddam occupant, humili septum maceria et tarn fragili, ut, etiamsi nulla vis adhibere­ tur, sola vetustate facile corrueret. In cuius medio domus erat, cena-

15

culum habens satis editum et ad repugnandum quasi ex industria pre­ paratum. Huius superiora episcopus Mogontinus et Babenbergensis cum clericis suis, inferiora caeteri episcopi3 sibi vendicant. Laici om­ nes ad arcendam vim f hostium et maceriam defendendam impigre dis­ currunt , et primam quidem certaminis procellam lapidum iactu, ut

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predictum est, sustinuere. Dein cum barbari magnam telorum nubem in castra coniecissent, et ipsi plerumque impressione in eos facta cli­ peos et gladios manibus eorum vi extorsissent, non solum iam mace­ riam tueri sufficiunt, sed portis etiam interdum erumpere et pugnam comminus lacessere audent. Quorum impetum dum Arabes nullo iam

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loco, nulla acie sustinere possent, consilium tandem a tumultuaria con­ gressione ad obsidionem vertunt et inedia atque lassitudine conficere aggrediuntur, quos ferro expugnare non poterant. Itaque multitudinem, qua superabundabant, conglobatis scilicet cir­ citer XII milibus, partiuntur, ut alii aliis vicissim ad obpugnationis

ao

studium succedentes nullam illis vel paululum respirandi copiam fa­ cerent, suspicantes, quod propter inopiam rerum omnium, quibus vita humana sustentari solet, dimicandi Iaborern non diu tolleraturi forent. Ita christiani toto parasceue, toto sabbato sancto usque ad terciam fere horam paschalis diei sine intermissione oppugnabantur ; nec eis 1 I . Mose 14, 23.

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Ü ber die Pilgerfahrt nach Jerusalem

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Die meisten Christen hielten es für nicht vereinbar mit ihrem Glauben , sich Init der Faust zu wehren und ihr Leben, das sie zu Beginn der Pilger­ fahrt Gott geweiht hatten, mit irdischen Waffen zu schützen : so wurden sie gleich beim ersten Angriff niedergestreckt und, durch viele Wunden erschöpft, vom Faden bis zum Schuhriemen1 ausgeplündert. Unter ihnen blieb auch Bischof Wilhelm von Utrecht, dessen Arm von Schlägen fast gelähmt war, nackt und halbtot liegen. Die übrigen Christen wehrten sich mit Geschossen, die der Kampfplatz zufällig in Menge darbot, mit Stein­ würfen, konnten zwar damit die Gefahr nicht abwenden, versuchten aber wenigstens so, den unmittelbar drohenden Tod hinauszuschieben. Auch zogen sie sich allmählich auf ein Dorf zurück, das nicht weit vom Wege ab lag : nach der .Ähnlichkeit des Namens vermuteten sie, es sei Kaper­ naum2 . Als sie dort angelangt waren, besetzten sämtliche Bischöfe einen Hof, den eine niedrige Mauer umgab, die aber so baufällig war, daß sie leicht ohne j ede Gewaltanwendung nur infolge ihres Alters einstürzen konnte. Inlnitten des Hofes lag ein Haus mit einem ziemlich hohen und wie mit Absicht zum Widerstand eingerichteten Obergeschoß. Dessen oberen Teil besetzten die Bischöfe von Mainz und Bamberg Init ihren Klerikern, den unteren die übrigen Bischöfe3 . Alle Laien verteilten sich nach allen Rich­ tungen ohne Säumen, um einen feindlichen Angriff abzuwehren und die morsche Mauer zu verteidigen, und sie wehrten den ersten Angriff mit Steinwürfen, wie oben gesagt, ab. Als dann die Barbaren eine ganze Wolke von Wurfgeschossen in das Lager geschleudert hatten, die Verteidiger a ber mehrmals in ihre Reihen eingedrungen waren und Schilde und Schwerter ihren Händen Init Gewalt entwunden hatten, brauchten sie sich nicht mehr nur auf die Verteidigung der Mauer zu beschränken, sondern wagten sogar Initunter, aus den Toren hervorzubrechen und im Nahkampf anzugreifen. Als die Araber nirgends mehr und mit keinem ihrer Truppenteile dem Angriff standzuhalten vermochten, beschlossen sie schließlich, die planlose Bestürmung abzubrechen und zur Belagerung zu schreiten ; so gingen sie daran, durch Hunger und Erschöpfung die zu zermürben, die sie Init dem Schwert nicht überwältigen konnten. Sie teilten daher ihre an Zahl weit überlegenen Truppen - hatten sie doch etwa 1 2000 Mann zusammengezogen -, um, einander im Angriff ab­ lösend, den Verteidigern nicht die geringste Möglichkeit zum Verschnaufen zu lassen, denn sie vermuteten, daß diese infolge des Mangels an allem, wo­ Init das menschliche Leben gefristet werden kann, die Anstrengung des Kampfes nicht lange aushalten würden. So wurden die Christen den ganzen Karfreitag, den ganzen heiligen Abend fast bis zur dritten Stunde des Ostertages ohne Unterbrechung angegriffen, und der Ansturm der Feinde 1 Kefr Saba bei Ra.mleh. 8

Nur Otto von Regensburg.

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hostilis improbitas vel modicum temporis punctum, quo saltem so:mni perceptione corpora recrearent, indulgebat. Nam cibum et potum nec, mortem pre oculis habentes, desiderabant nec, si magnopere deside­ raretur, quid sumerent, omnium inopes habebant. Cumque die tercio1 labore et inedia exhausti ad extremum pervenis-

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sent, et fortia plerumque conatos virtus ieiunio infracta frustraretur, quidam ex numero presbiterorum exclamavit non recte eos agere, quod in armis suis plus quam in Deo spei ac roboris ponerent et calamita­ tem, quam eo permittente incidissent, propriis viribus propulsare co­ narentur ; propterea placere sibi, ut se dederent, presertim cum tri-

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duana iam abstinentia militaribus rebus eos inutiles prorsus reddidis­ set. Non esse Deo diffi.cile, ut deditis eis et ab hoste sub iugum missis misericordiam prestaret, qui suos totiens etiam in ultima necessitate conclusos mirabiliter liberasset. Ut hoc quoque inferret : barbaros ne­ quaquam propter ipsos occidendos tanto / molimine grassari, sed ut 1 5 pecunias eorum auferrent ; quibus si potiti fuissent, liberos eos dein­ ceps intactosque sine vi, sine molestia abire passuros. Placuit Consi­ lium omnibus, statimque ab armis ad preces versi, per interpretem. ut in deditionem acciperentur, orabant. Quo comperto, dux Arabum citato equo in primos advolat et cae-

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teros quidem longius summovet, cavens, ne temere admissa multitu­ dine preda confuse distraheretur. Ipse decem et septem honoratissi­ mos gentis suae secum assumens castra ingressus est patentia, relicto ad portas p;residii causa fi.lio suo, ne quis forte predae avidus post se non vocatus irrumperet. Cumque admotis scalis in cenaculum, ubi Mo- 25 gontinus et Babenbergensis episcopi latitabant, cum paucis ascendis­ set, Babenbergensis episcopus, cui, licet iunior aetate esset, tarnen propter virtutum prerogativam et tocius corporis admirandam digni­ tatem precipuus a cunctis honor deferebatur, rogare eum cepit, ut, o:mnibus quae haberent usque ad novissimum quadrantem2 sublatis, nu-

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dos se abire sineret. Ille et victoria elatus et preter ingenitam morum barbariem accepta quoque tot congressionibus clade nimium efferatus ait se adversus eos iam triduo non sine grandi damno exercitus sui ea mente bellum gessisse, ut suis condicionibus erga victos uteretur, non quas ipsi constituissent ; ne ergo falsa spe eluderentur, se, o:mnibus 35

1 27. März.

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gönnte ihnen auch nicht einen kurzen Augenblick, um sich wenigstens durch Schlafen zu erholen. Denn, den Tod vor Augen, gelüstete es sie gar nicht nach Speise und Trank, und hätte es sie auch noch so sehr danach gelüstet, so fehlte es ihnen doch an allem, was sie hätten zu sich nehmen können. Als es schließlich am dritten Tage1 infolge der Überanstrengung und des Hungerns mit ihnen zum äußersten gekommen war und nach so langem tapferen Kampf ihre durch Hunger gebrochene Kraft versagte, da rief einer der Priester, sie täten nicht recht daran, daß sie ihre Hoffnung und Stärke mehr auf ihre Waffen als auf Gott setzten und versuchten, die Not­ lage, in die sie doch mit seiner Einwilligung hineingeraten seien, mit eignen Kräften abzuwenden ; er halte es deshalb für richtig, sich zu ergeben, zu­ mal sie das dreitägige Hungern für den Kampf völlig untauglich gemacht habe. Es sei für Gott nicht schwer, ihnen, wenn sie sich ergeben hätten und von den Feinden geknechtet würden, Barmherzigkeit zu erzeigen, wo er sie doch schon so oft wunderbar aus äußerster Not befreit hätte. Auch dar­ auf wolle er noch hinweisen : keineswegs um sie zu töten, wüteten die Feinde mit solchem Kraftaufwand gegen sie, sondern um ihre Schätze zu rauben ; wenn sie sich deren bemächtigt hätten, würde man sie alsdann frei und unverletzt ohne Gewaltanwendung, ohne Belästigung ziehen las­ sen. Diesem Vorschlag stimmten alle bei, sogleich gingen sie vom Kampf zu Bitten über und baten den Feind durch einen Dolmetscher, ihre Unter­ werfung anzunehmen. Auf die Kunde hiervon ritt der Anführer der Araber im Galopp zu den vordersten Reihen und ließ die übrigen weit zurücktreten, um zu verhin­ dern, daß die Beute ohne j ede Ordnung verstreut würde, wenn man unbesonnen die Menge heranlasse. Dann ritt er mit siebzehn der Vor­ nehmsten seines Volkes in das geöffnete Lager ein und ließ an den Toren seinen Sohn zur Bewachung zurück, damit nicht etwa ein Beutegieriger unaufgefordert hinter ihm eindringe. Als er dann auf einer angelegten Lei­ ter mit wenigen Begleitern in das obere Stockwerk gestiegen war, wo sich die Bischöfe von Mainz und Bamberg geborgen hatten, da begann der Bamberger Bischof, der zwar der j üngere war, dem aber wegen seiner über­ ragenden Tugenden und wegen der bewundernswerten Würde seiner ganzen äußeren Erscheinung von allen besondere Achtung gezollt wurde, ihn zu bitten, er möge alles, was sie hätten, bis auf den letzten Heller2 nehmen und sie ohne alle Habe ziehen lassen. Jener aber, durch den Sieg übermütig geworden und noch über die angeborene Wildheit seines Wesens hinaus durch die in so vielen Kämpfen erlittenen Verluste im höchsten Maße aufgebracht, erklärte, er habe nun drei Tage lang unter schweren Verlusten seines Heeres gegen sie Krieg geführt in der Absicht, mit den Besiegten nach seinen Bedingungen zu verfahren und nicht nach den von ihnen fest­ gesetzten ; sie sollten sich also von keiner falschen Hoffnung täuschen lasa

Vgl. Ma.tth. 5, 26.

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quae habereut sublatis, carnes eorum comesturum et sanguinem bibi­ turum. Nec moratus, linteum, quo caput more gentis obvolverat, expediens, facto vinculo in collum episcopi iniecit. Episcopus, ut erat vir liberalis verecundiae et maturae admodum gravitatis, ignominiam non ferens,

s

tanto nisu pugnum ei dedit in faciem, ut uno ictu consternatum ad pavimentum usque precipitem daret, vociferans insuper prius

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eum

penas pro impietate daturum, quod impuras manus in sacerdotem Christi profanus et idolatra mittere presumpsisset. Irruunt protinus alii clerici et laici et tarn huic quam caeteris qui in cenaculum ascen-

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derant adeo artis nexibus manus a tergo constringunt, ut sanguis ple­ risque rupta cute per ungues profiueret. Perlato audacis facti indicio ad eos qui in inferiori parte domus consistebant, ipsi quoque his qui apud se erant Arabum principibus idem faciunt. Dein laici omnes sublato in altum clamore vocatoque in auxilium sibi omnium rerum opifice

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Deo rursus arma capessunt, maceriam occupant, presidium, quod circa portas erat, conserta manu fundunt fugantque, et sie alacres, sie inno­ vatis inopino successu viribus ubique rem peragunt, ut nihil lassitu­ dinis, nihil incommodi ex triduana eis inedia et labore accessisse pu­ tares.

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Alacritatem tantam, repente ex trepidis rebus et ultima desperatione coortam, nimium admirati Arabes, nec aliam novitatis huius causam suspicati, quam quod de principibus suis sumptum fuisset supplicium, infestissimis animis in pugnam ruunt et facto grege per arma, per viros in castra perrumpere parant. Et acta res foret, nisi mature orto con-

25

silio christiani vinctos eo loco principes statuerent, ubi atrocissima via hostium et creberrimus telorum imber incumbebat, apposito super ca­ pita eorum spiculatore, qui districtum in manibus gladium tenens cla­ mitabat per interpretem, nisi ab obpugnatione quiescerent, non armis se adversum eos, sed principum capitibus dimicaturos. Turn ipsi prin-

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cipes, quos preter vinculorum acerbitatem imminens quoque cervici­ bus gladius vehementer angebat, cum magno eiulatu suos obtestaban­ tur, ut moderatins agerent, ne obstinate certarnen hostibus inferentes eos ad supplicium necemque suam, cum incisa spes esset veniae, in­ fiammarent. Patris periculo attonitus filius ducis Arabum, quem ad portam atrii a patre causa presidii relictum supra memoravi, citato gradu in confertissimos suorum cuneos se dedit et furentis exercitus

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sen : er werde zuerst alles nehmen, was sie hätten, und dann ihr Fleisch essen und ihr Blut trinken. Und unverzüglich wickelte er den Turban, mit dem er nach der Sitte seines Volkes den Kopf umwunden hatte, auf, machte eine Schlinge dar5 aus und schlang sie dem Bischof um den Hals. Der Bischof aber, ein Mann von edlem Ehrgefühl und vollendeter Würde, ertrug diese Schmach nicht : er schlug ihm mit solcher Gewalt die Faust ins Gesicht, daß er den völlig Verdutzten mit einem Schlag j ählings zu Boden streckte, und rief dabei mit lauter Stimme, zuerst müsse er seine Strafe erhalten für den Frevel, 10 daß er als Ungeweihter und Götzendiener sich erfrecht habe, seine un­ reinen Hände gegen einen Priester Christi zu erheben. Sogleich stürzen die anderen Kleriker und Laien herbei und binden ihm und den übrigen, die in den Oberstock heraufgestiegen waren, die Hände mit so straffen Fesseln auf dem Rücken zusammen, daß den meisten die Haut aufplatzte 1 5 und Blut unter den Fingernägeln hervorrann. Kaum erfahren diejenigen, die sich im untreu Teil des Hauses aufhalten, von dieser kühnen Tat, da machen sie es ebenso mit den arabischen Fürsten, die bei ihnen waren. Dann greifen alle Laien, zum Himmel schreiend und Gott, den Schöpfer aller Dinge um Hilfe anrufend, wieder zu den Waffen, besetzen die Mauer, ver20 jagen kämpfend die Wachen an den Toren und tun überall das Nötige in so gehobener Stimmung und so neuerstarkt durch den unvermuteten Er­ folg, daß man glauben konnte, sie seien durch das dreitägige Fasten und Kämpfen kein bißchen erschöpft und geschwächt. 25

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Die Araber staunten gewaltig über diese Kampflust, die da plötzlich aus der gefahrvollen Lage und der völligen Verzweiflung hervorbrach, und sie konnten sich keinen andren Grund dieses Umschwungs denken, als daß man ihre Fürsten hingerichtet hätte ; daher stürzten sie sich mit höchster feindseliger Wut in den Kampf und versuchten, in geballtem Haufen durch die Waffen, durch die Männer ins Lager durchzubrechen. Und es wäre aus gewesen, wenn den Christen nicht noch rechtzeitig ein rettender Ge­ danke gekommen wäre : sie brachten die gefesselten Fürsten an die Stelle, auf die sich der hitzigste Angriff und der dichteste Pfeilregen der Feinde richtete, und stellten oberhalb ihrer Köpfe einen Henker auf, der, das ge­ zückte Schwert in Händen, durch einen Dolmetscher hinüberrufen ließ, wenn sie nicht den Angriff einstellten, würde man nicht mit den Waffen, sondern mit den Köpfen ihrer Fürsten gegen sie kämpfen. Da beschworen die Fürsten selber, die, abgesehen von den peinigenden Fesseln, das über ihrem Nacken schwebende Schwert schwer ängstigte, unter lautem Jam­ mern ihre Leute einzuhalten, damit durch hartnäckige Angriffe die Feinde nicht dazu getrieben würden, an ihnen die Todesstrafe zu vollziehen, wenn ihnen alle Hoffnung auf Gnade abgeschnitten würde. Der Sohn des arabi­ schen Anführers, den sein Vater, wie oben erwähnt, am Tor des Hofes als Wachtposten zuriickgelassen hatte, stürzte sich in wahnsinniger Angst um den Vater eiligen Schritts in die dichtesten Haufen seiner Landsleute,

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impetum voce et manu increpitans retinuit et tela in hostes iacere pro­ hibuit, quae non hostes, ut ipsi putarent, sed principes sui propriis pec-/ toribus excepturi forent. Per hanc occasionem paululum ab armis et incursione vacatione data, nuneins venit in castra ad christianos, m.issus ab his qui in parasceue

6

omnibus amissis nudi et saucü usque Ramulo pertenderant1• Is ama­ ritudine et metu confectis mentibus magnum attulit refrigerium, indi­ cans ducem predictae civitatis, licet paganum, divino tarnen, ut puta­ batur, instinctu animatum, cum ingentibus copüs ad ipsos liberandos advenire. Nec latere potuit Arabitas advenientium hostium fama. Sta-

10

timque omnes, aversis ab aliorum oppugnatione ad se ipsos salvandos cogitationibus, precipiti fuga, quo quemque spes evadendi vocabat, dilabuntur. In ea trepidatione, dum alü ad alia curanda discurrerent, unus vinctorum evasit, opera usus Sarraceni cuiusdam, quem ducem itineris christiani habebant, tanto omnium dolore, tanto gemitu, ut

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ab eo, cuius indulgentia dimissus fuerat, vix manus inhiberent. Nec multo post dux ipse, ut nunciatum fuerat, cum exercitu advenit pacificeque in atrium a christianis susceptus est, suspensis tarnen om­ nibus inter spem et metum, ne forte non sublata calamitas, sed hostis tantum mutatus esset, et propter novitatem rei difficile credentibus,

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quod Satanas Satanan eicere2 hoc est paganus paganum ab infestatione christianorum cohibere vellet. Primo omnium vinctos sibi presentari iussit. Quos cum aspexisset et quae facta fuerant ordine audisset, ma­ ximas christianis gratias egit pro magnifice gestis rebus et expugnatis rei publicae acerrimis hostibus, qui regnum Babilonium3 iam per mul-

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tos annos assiduis populationibus infestassent et magnas plerumque adversum se instructas acies commiaso certamine obtrivissent. Tra­ ditos eos custodibus regi Babiloniorum vivos servari precepit. Ipse, accepta a christianis quanta convenerat pecunia, secum eos Ramulo perduxit. Inde adhibito eis expeditorum iuvenum presidio, ne qua denuo latronum incursione periclitarentur, usque Ierosolimam eos perduci iussit. Nihil deinceps difficultatis in eundo, J nihil in redeundo perpessi Liciam pervenerunt, gratias Deo referentes, quod emensis tot rerum asperitatibus vivos eos et incolumes in tutum restituisset. Ex hoc per

1 Vgl. S. 96. Vgl. Matth. 12, 26.



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hemmte laut rufend und winkend den Ansturm des wutentbrannten Heeres und hinderte sie daran, weitere Geschosse gegen den Feind zu schleudern, die nicht, wie sie meinten, die Feinde, sondern die Brust ihrer eignen Fürsten treffen würden. Als infolgedessen der Angriff: für den Augenblick aufhörte und die Waf­ fen ruhten, kam ein Bote zu den Christen ins Lager, abgesandt von denen, die am Karfreitag nach Verlust aller ihrer Habe nackt und verwundet nach Ramleh1 gelangt waren. Dieser brachte den durch die bitteren Er­ lebnisse und die Angst Zermürbten eine erquickende Labung, denn er kündigte an, daß der Fürst j ener Stadt, obwohl Heide, doch, wie man glaubte, von göttlicher Eingebung beseelt, mit einem gewaltigen Heer zu ihrer Befreiung heranziehe. Die Kunde von dem Anmarsch der Feinde konnte auch den Arabern nicht verborgen bleiben. Da dachten sie nicht mehr an Kampf gegen andere, sondern nur noch an ihre eigne Rettung und stoben in kopfloser Flucht auseinander, j eder dorthin, wohin ihn die Hoff­ nung auf ein Entkommen trieb. In dieser Verwirrung, wo sie alle durch­ einanderliefen, j eder auf etwas anderes bedacht, entkam einer der Ge­ fesselten mit Hilfe eines Sarazenen, dessen sich die Christen als wege­ kundigen Führers bedienten ; das erfüllte alle mit solchem Schmerz und solcher Trauer, daß sie beinahe Hand an den gelegt hätten, der ihn hatte entkommen lassen. Bald darauf kam j ener Fürst, wie angekündigt, mit seinem Heere und wurde von den Christen als Freund in den Hof eingelassen, doch schweb­ ten noch alle zwischen Hoffnung und Furcht, es möge vielleicht das Unheil noch nicht abgewendet sein, sondern nur der Feind gewechselt haben, und wegen der Ungewöhnlichkeit des Vorgangs fiel es ihnen schwer, zu glauben, daß ein Teufel den anderen austreiben2 , nämlich ein Heide den andern an Feindseligkeiten gegen Christen hindern wolle. Er ließ sich zu allererst die Gefesselten vorführen. Als er sie in Augenschein genommen und die Geschehnisse der Reihe nach gehört hatte, dankte er den Christen über­ achwenglich für ihre glänzenden Taten und für die Bezwingung der grim­ migsten Feinde des Staates, die das babylonische Reich3 schon viele Jahre lang mit dauernden Verwüstungen heimgesucht und oft große Heere, die man gegen sie aufgestellt habe, im Kampf aufgerieben hätten. Er übergab sie Wächtern und befahl, sie für den König von Babyion lebend zu ver­ wahren. Nachdem er dann von den Christen eine vereinbarte Geldsumme erhalten hatte, zog er mit ihnen nach Ramleh. Von dort ließ er sie nach Jerusalem geleiten und gab ihnen zur Bedeckung einen Trupp Leicht­ bewaffneter mit, damit sie nicht etwa wieder durch einen räuberischen Überfall in Gefahr gebracht würden. Von nun an hatten sie keinerlei Schwierigkeiten mehr zu erdulden, weder auf dem Hinmarsch noch bei ihrer Rückkehr und gelangten nach Kilikien, Gott dankend, daß er sie nach Überwindung so vieler Widerwärtigkeiten lebend und wohlbehalten 3 D. h. das Kalifat von Bagdad.

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christianorum fines reditum facientibus omnia cedebant ex sententia. Verum posteaquam in Ungariam ventum est, Guntherus Babenber­ gensis episcopus, heu ! inmatura morte preventus·, prosperae ac laetae reversionis lugubrem omnibus exitum fecit. Decessit autem X. Kal. Augusti, aetate integra et ad perfruendum hoc seculo maxime matura,

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vir preter morum gloriam et animae divicias corporis quoque bonis adprime ornatus. Natus erat ex primis palaciil, privatis possessionibus preter episcopatum af:fl.uentissimus, lingua promptus et consilio, lit­ teris eruditus tarn divinis quam humanis, turn statura et formae ele­ gantia ac tocius corporis integritate ita caeteris eminens mortalibus,

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ut in illo Ierosolimitano itinere ex urbibus et agris spectandi eius studio pro:fl.uerent, et bene secum actum crederet, cui eum videre contigisset. Unde, cum positis eis in diversorio plerumque turba intern­ perans propter eum nimis molesta foret, compulsus est aliquotiens a caeteris episcopis, ut in publicum procederet et obsidentem fores

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multitudinem suo spectaculo a caeterorum vexatione avocaret. Tan­ tum hunc transitoriae felicitatis splendorem vitae innocentia et mo­ rum temperantia clariorem in eo cumulatioremque faciebant. Nam tantam in se utriusque hominis gloriam, quam omnes mirabantur, solus ipse ita propter Deum contempnebat, ut infimae quoque con-

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dicionis hominibus popularem se communemque preberet et a servis suis plerumque maximas verborum contumelias inultus acciperet. Celebri ergo pompa funeris in patriam reportatus et magnis omnium qui eum noverant planctibus exceptus, in Babenbergensi aecclesia, ubi a puero adoleverat, sepultus est. Successit ei in episcopatum

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Herimannus2 vicedomnus Mogontinus, qui in eadem Ierosolimitana peregrinatione constitutus, dum eum invalescente morbo ad exitum urgeri videret, Iegationern premisit ad necessarios suos, quibus patria excedens suae / rei familiaris dispensationem delegaverat, petens, ut sibi ad episcopatum quaqua possent ratione aditum patefacerent.

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Quod et sedulo fecerunt, profuso in coemptionem eius argenti et auri inestimabili pondere. Eilbertus Patavii episcopus obiit ; cui Altman3 capellanus impera­ tricis

successit, qui dum ipso tempore cum caeteris principibus

Ierosolimam abisset, per interventum imperatricis absens designatus est episcopus. 1

Begütert zwischen Enns, Ips und Traun.

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Über den Tod Gunthers von Bamberg

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in Sicherheit gebracht hatte. Als sie dann ihren Rückweg durch christliche Länder nahmen, ging ihnen alles nach Wunsch. Nach ihrer Ankunft in Ungarn aber wurde Bischof Gunther von Bam­ berg, ach, durch einen vorzeitigen Tod dahingerafft und bereitete so allen einen trauervollen Abschluß der glücklichen und frohen Heimreise. Er verschied am 23. Juli in blühendem und zum Genuß irdischer Freuden be­ sonders tauglichem Alter, ein Mann, der sich außer durch seinen rühmens­ werten Lebenswandel und den Reichtum seiner Seele auch durch körper­ liche Vorzüge auszeichnete. Er stammte aus einem der vornehmsten Geschlechter des Hofes1 und hatte außer seinem Bistum außerordentlich reiche private Besitzungen, er war gewandt in Rede und Rat, bewandert in göttlichen und weltlichen Schriften, an Wuchs, Schönheit der Gestalt und Makellosigkeit des ganzen Körpers übertraf er alle Sterblichen in so hohem Maße, daß während der Reise nach Jerusalem die Leute aus Stadt und Land herbeiströmten, um ihn anzuschauen, und j eder sich glücklich schätzte, dem es geglückt war, ihn zu sehen. Daher wurde er, wenn sie in der Herberge lagen und ihnen vielfach die ungestüm seinetwegen heran­ drängende Menge lästig wurde, bisweilen von den übrigen Bischöfen ver­ anlaßt, hinauszugehen und die den Eingang belagernde Menge durch seinen Anblick von der Belästigung der übrigen abzulenken. Diesen leuch­ tenden Glanz vergänglichen Glücks überstrahlte und übertrumpfte noch die Unantastbarkeit seiner Lebensführung und die Bescheidenheit seines Wesens. Denn die hohe Verklärung des Doppelwesens Mensch in ihm, die alle bewunderten, achtete er allein um Gottes willen so gering, daß er sich auch gegen Menschen niedersten Standes leutselig und umgänglich zeigte und von seinen Knechten oft die ärgsten Schimpfworte ungestraft hin­ nahm . Er wurde nun in feierlichem Leichenzug in die Heimat gebracht und, von allen, die ihn kannten, mit großem Wehklagen empfangen, in der Kirche zu Bamberg, wo er aufgewachsen war, beigesetzt. Im Bischofsamt folgte ihm der Vicedominus Hermann2 von Mainz ; dieser hatte an der Pilgerfahrt nach J erusalem teilgenommen und, als er merkte, daß die Krankheit det� Bischofs sich verschlimmerte und sein Ende bevorstand, an seine Verwandten, denen er bei der Abreise die Verwaltung seines Ver­ mögens übertragen hatte, eine Botschaft vorausgeschickt und sie gebeten, ihm auf j ede nur mögliche Weise den Zugang zum Episkopat zu öffnen. Das hatten sie denn auch emsig getan und, um es zu kaufen, eine unermeßliche Summe Silber und Gold aufgewendet. Bischof Eilbert von Passau starb ; auf ihn folgte Altmann3 , der Ka­ plan der Kaiserin ; dieser war zugleich mit den übrigen Fürsten nach Jerusalem gezogen und in seiner Abwesenheit durch Vermittlung der Kaiserin zum Bischo f designiert worden. 2 1065-75, gest. 1084. 3

1065-9 1 .

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Arnolfus Wormaciae episcopus, vir pontificalis modestiae et sancti­ tatis, migravit ad Dominum ; successitque ei Adelbero1 monachus ex monasterio sancti Galli, frater Ruodolfi ducis2 , uno pede omnino de­ bilis, vir per omnia dignus spectaculo. Erat enim fortitudinis magnae, edacitatis nimiae, crassitudinis tantae, quae aspicientibus horrorem

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magis incuteret quam admirationem ; nec ita centimanus gigas aut aliud antiquitatis monstrum, si ab inferis emergeret3, stupentis populi oculos in se atque ora converteret. MLXVI. Rex natalem Domini Goslariae4 celebravit. Ubi ab ipso iam inicio autumni usque ad eam parlern hyemis tamquam stativis

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castris se continuerat5, sumptus habens regiae magnificentiae multum impares. Nam preter pauca, quae ex reditibus regalis fisci veniebant, vel quae abbates coacticio famulatu ministrabant, caetera omnia in quottidianos usus eius quottidianis impensis emebantur. Hoc adeo fiebat odio Premensis archiepiscopi, quem omnes criminabantur sub

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pretextu regiae familiaritatis monarchiam usurpasse manifestae ty­ rannidis. Et ipsi ergo consueta regi servicia detractabant, et ille in alias regni partes regem abducere nolebat, ne scilicet cum alüs princi­ pibus communicando f principatum consiliorum et familiaritatis ipse sibi aliquid imminueret de fastigio usurpatae singularitatis. Sed non

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ultra laturi iniuriam videbantur principes regni. Archiepiscopi Mo­ gontinus et Coloniensis cum caeteris, quibus curae erat res publica, crebra conventicula faciebant atque omnes in commune, quid facto opus esset, consulere rogitabant. Dein iam adulta conspiratione, diem generalis colloquii omnibus indixere regni principibus, ut Triburiam6

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convenientes Premensem archiepiscopum, communem omnium ho­ stem, communibus omnes studüs oppugnarent regique denunciarent aut regno ei cedendum esse aut familiaritate et amicicia Premensis archiepiscopi defungendum. Perlato Goslariam atrocis rei nuncio7, rex ad statutam diem concitus properabat. Cum quo et Wernheri comes veniens in villam Ingil­ neheim, cuius pars aliqua ad nostrum quoque monasterium pertinet, hospitatum divertit8• Ubi dum milites eius ab incolis predas agerent,

1 1065-70. 2 Von Rheinfelden. 3 Vgl. Horaz, Carm. li, 17, 14 und Sulp. Severus : Vita Martini, Kap. 26. ' In Mainz. - Die geschilderte Notlage des Hofes ist fraglich.

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Über die Verschwörung gegen Adalbert von Bremen

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Bischof Arnold von Worms, ein Mann von priesterlicher Tugendhaftig­ keit und Heiligkeit, ging zum Herrn ein ; sein Nachfolger wurde Adal­ berol, ein Mönch aus dem Kloster St. Gallen, Bruder Herzog Rudolfs2 ; er war auf einem Bein völlig lahm und in j eder Beziehung sehenswert : er war 5 nämlich ungeheuer stark, überaus gefräßig und so dick, daß sein Anblick eher Entsetzen als Bewunderung hervorrief, und kein hundertarmiger Gigant, kein anderes Scheusal des Altertums, wenn es aus der Unterwelt aufgetaucht wäre3, hätte die Augen und d_ie Blicke des staunenden Volkes 10

so stark auf sich gezogen. 1066 Der König feierte Weihnachten in Goslar4• Er hatte sich dort schon von Beginn des Herbstes an bis zu diesem Teile des Winters wie in einem Standlager aufgehalten5 und dabei mit so geringem Aufwand gelebt, wie es der glänzenden Hofhaltung an Königshöfen ganz und gar nicht entsprach.

Denn außer dem wenigen, das aus den Einkünften des königlichen Fiskus 1 5 einkam und was die Äbte gezwungenermaßen lieferten, wurde alles übrige für den täglichen Bedarf j eweils für einen Tag eingekauft. Das geschah aus Haß gegen den Erzbischof von Bremen, den alle beschuldigten, er habe sich unter dem Vorwand der vertrauten Freundschaft mit dem König eine offenkundige tyrannische Herrschaft angemaßt. Deshalb verweigerten sie 20 auch dem König die üblichen Abgaben, und der Bischof wollte den König nicht in andere Teile des Reichs bringen, um den ersten Platz im Rat und im vertrauten Umgang mit dem König nicht mit anderen Fürsten teilen zu müssen und dadurch die Gipfelhöhe seiner angemaßten Einzelherr­ schaft zu verringern. Aber offensichtlich waren die übrigen ReichsfÜrsten 25 nicht gewillt, diese Verletzung ihres Rechts weiterhin zu dulden. Die Erz­ bischöfe von Mainz und Köln hielten mit den übrigen Fürsten, denen das Wohl des Reiches am Herzen lag, häufige Versammlungen ab und forder­ ten alle auf, gemeinsam zu überlegen, was zu tun sei. Als dann die Ver­ schwörung zur Reife gediehen war, sagten sie allen Fürsten einen Reichsso

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tag zu Tribur6 an ; hier sollten alle den Bremer Erzbischof, den gemein­ samen Feind aller, gemeinsam bekämpfen und dem König ankündigen, daß er entweder abdanken oder seine vertraute Freundschaft mit dem Bremer Erzbischof aufgeben müsse. Als dem König die Nachricht von diesem haßentsprossenen Beschluß in Goslar überbracht wurde7, eilte er unverzüglich zu der angesetzten Ta­ gung. Mit ihm kam auch Graf Werner in das Dorf lngelheim, von dem ein Teil zu unserem Kloster gehört, und nahm dort Herberge8• Da begannen

6 Nach den Urkunden : Aug. Goslar, Sept. Magdeburg, Okt. Goslar, Nov. und Dez. Korvey. - Diese unwahre Behauptung kehrt noch mehrfach wieder. 6 Südöstlich von Mainz. Vom Könige einberufen. 7 Wahrscheinlich erst in Korvey oder noch später. 8 Wahrscheinlich vor Weihnachten. -

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et illi ad arma conclamantes manu vindicare se niterentur, atrox pugna coorta est. In qua dum Wernheri comes ad ferendum suis opem impigre discurreret, a quodam nostri monasterii vilissimo mancipio vel, ut alii ferunt, a femina saltatrice clava percussus in capite corruit atque ad regem semivivus est reportatus. Admonitus ab episcopis, qui

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presentes erant, ut pro peccatis suis Deo in extremo iam spiritu con­ stitutus satisfaceret seque Herveldensium monarchorum precibus interemptum recognoscens villam Kirhbercl, quam iniuste invaserat, redderet, nullo modo adquievit, donec episcopi consensu facto mini­ tarentur se ei sacram communionem morienti non daturos, nisi prius

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tanti peccati pondere se exonerasset. Sie tandem pudore magis quam religione victus reddidit, statimque vita excessit. Statuta die2 tristis in regem omnium vultus, tristis J erat sententia, ut aut regno se abdicaret aut archiepiscopum Premensem a consiliis suis atque a regni consortio amoveret. Tergiversanti et, quid pocius

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eligeret, hesitanti archiepiscopus consilium dedit, ut proxima nocte, ablatis secum regni insignibus, clam aufugeret et Goslariam aut in alium locum se reciperet, ubi ab iniuria tutus foret, donec turba haec conquiesceret. Adveniente vespera thesauros regios per satellites et socios fraudis suae iam exportare ceperat, cum repente ad ministros

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regis consilium hoc, nescio quo indicio, permanavit ; qui statim raptis armis curtim regiam circumdederunt totamque deinceps noctem du­ centes pervigilem, ne quid novi accideret, asservabant. Facto mane in­ fensis adeo animis omnes in archiepiscopum coorti sunt, ut nec mani­ bus temperassent, nisi regia maiestas vix et aegre iracundiam cohi-

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buisset. Contumeliose itaque eiectus est de curte regia cum omnibus tyrannidis suae fautoribus, misitque cum eo rex amicorum suorum noP_ modicam manum, ne scilicet ab emulis suis insidias in via pateretur. Sie iterum rerum publicarum administratio ad episcopos rediit3, ut singuli suis vicibus, quid regi, quid rei publicae facto opus esset, previderent. Rex pascha4 Traiecti celebravit. Eberhardus Treverorum archi­ episcopus, dum in sabbato sancto tantae diei misterium solemniter populo exhibuisset, regressus in secretarium, caput in sinum archi1 2

Vgl. S. 93, Anm. 6 und 7. Mitte Januar.

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Über den Sturz Adalberts von Bremen

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seine Reisigen, die Einwohner auszuplündern, und als diese zu den Waffen riefen und sich zu wehren suchten, entspann sich ein hitziges Gefecht. Graf Werner tummelte sich rührig, um seinen Leuten zu helfen, dabei bekam er von einem der niedrigsten Leibeignen unseres Klosters oder, wie andere behaupten, von einer Tänzerin mit einem Knotenstock einen Schlag auf den Kopf, er stürzte und wurde halbtot zum König getragen. Die anwe­ senden Bischöfe ermahnten ihn, j etzt, wo er in den letzten Zügen liege, für seine Sünden Gott Genugtuung zu leisten : er müsse doch erkennen, daß sein Untergang auf die Gebete der Hersfelder Mönche zurückzuführen sei, und er solle ihnen den Meierhof Kirchberg1 zurückgeben, den er sich widerrechtlich angeeignet hatte ; er aber wollte durchaus nicht nachgeben, bis die Bischöfe ihm einhellig androhten, dem Sterbenden die heilige Kom­ munion zu verweigern, wenn er sich nicht vorher von der Last seiner großen Sünde befreit hätte. Da endlich willigte er in die Rückgabe ein, mehr aus Scham als aus religiösen Gründen, und verrchied gleich darauf. Am festgesetzten Tage2 waren die Mienen aller Anwesenden unheilver­ kündend für den König, unheilverkündend war auch der Spruch, daß er der Regierung entsagen oder den Erzbischof von Bremen seiner Stellung als Ratgeber und Mitregent entheben müsse. Als er zögerte und schwankte, wofür er sich entscheiden solle, riet ihm der Erzbischof, in der nächsten Nacht heimlich mit den Reichsinsignien zu entfliehen und sich nach Goslar oder anderswohin zu begeben, wo er vor einer Gewalttat sicher sei, bis sich dieser Sturm gelegt hätte. Schon hatte er gegen Abend angefangen, durch Diener und Helfershelfer seines Anschlags die königlichen Schätze herausschaffen zu lassen, da erfuhren plötzlich die königlichen Beamten, ich weiß nicht, durch wessen Verrat, von diesem Plan ; sie griffen sofort zu den Waf­ fen, umstellten den Königshof, hielten die ganze folgende Nacht über Wache und sorgten dafür, daß nichts Ungewöhnliches geschah. Als dann der Morgen anbrach, erhob sich ein so allgemeiner Entrüstungssturm gegen den Erzbischof, daß sie sogar Hand an ihn gelegt hätten, wenn die königliche Majestät nicht mit größter Mühe ihren Zorn gezügelt hätte. So wurde er denn mit allen Helfershelfern seiner Gewaltherrschaft schmachvoll vom königlichen Hofe vertrieben, der König aber gab ihm eine große Schar seiner Freunde mit, damit er nicht unterwegs von seinen Gegnern überfallen werde. So kam die Verwaltung der Staatsgeschäfte wieder an die Bischöfe3 in der Weise, daß j eder nach der Reihe die Anordnungen treffen sollte, die für den König und für das Reich erforderlich wären. Der König feierte Ostern4 in Utrecht. Erzbischof Eberhard von Trier hatte noch am heiligen Ostersamstag das Mysterium dieses hohen Feiertages dem Volke feierlich dargebracht, aber als er danach in die Sakristei zurückgekehrt war, bettete er sein Haupt im Schoße des Archidiakons und 3 Vor allem an Anno von Köln. 16. April.

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diaeoni reelinavit, eireumstantibusque fratribus, spiritum exhalavit. Episeopatum eius per interventum Coloniensis arehiepiseopi suseepit Cuono1 prepositus Coloniensis. Graviter et indigne nimis tulit tarn clerus quam populus Treverorum, quod ipsi in eleetionem eius admissi eonsultique non essent, seque vieissim hortabantur, ut insignem hane 5 eontumeliam insigni aliquo exemplo eluerent. Erat f turn temporis maior domus aeeclesiae Treverorum Diederieus eomes, adoleseens tam natura ferox quam aetate. Is die, quo episeopus urbem ingressums sperabatur, eum ingentibus eopiis ei obviam proeessit atque in ipso lueis erepuseulo, priusquam hospieio2 progrederetur, super eum irruens, 10 paueos resistere temptantes oeeidit, eaeteros inopino terrore pereulsos facile fudit fugavitque, opes, quas amplissimas advexerat, diripuit, ipsum episeopum eaptum traditumque in manus earnifieum de rupe altissima preeipitari et sie interfrei iussit3• Corpus eius a religiosis viris eolleetum atque in monasterio Doleiensi4 sepultum est ; ubi usque in 1 5 presens tempus magnis, ut fertur, miraeulis divinitus sepe illustratur. Sueeessit ei in episeopatum Uoto5 , eoneordante in eleetionem eius tam elero quam populo. In festis paschalibus per quatuordeeim fere noetes eontinuas eometa apparebat. Quo in tempore atrox et laerimabile nimis prelium faetum 20 est in partibus aquilonis ; in quo rex Anglisaxonum tres reges eum in­ finito eorum exereitu usque ad internieionem delevit8• Rex Friteslare veniens gravissimam egritudinem ineidit7, ita ut a medieis desperaretur, et prineipes de regni sueeessione eonsilia eon­ ferre eepissent. A qua infumitate vixdum plene resumptis viribus 25 penteeosten Herveldiae eelebravit. Nee multo post nuptias in Tri-/ buria regio apparatu celebravit in coniunctioneB Berhtae reginae, filiae Ottonis marchionis Italorum9• Reginherus Misnensis episeopus obüt ; eui Craft prepositus Goala­ rienais sueeessit. Sed is dum suscepto episcopatu Goslariam venisset, ao post refeetionem in eubieulum, ubi thesauros suos, quorum nimius amator erat, nullo eonseio infoderat, quasi paululumrequieseere volens, sese inclusit. Cumque iam die vergente in vesperam preter modum eonsuetudinemque suam somno indulgere videretur, rem insolitam 1 Ann08 Neffe. 1 In Bitburg.

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Die Vermählung Heinrichs IV.

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gab, von den Brüdern umgeben, den Geist auf. Sein Bistum erhielt auf Fürsprache des Erzbischofs von Köln der Kölner Propst Kuno 1 • Aufs tiefste entrüstet war Klerus und Volk von Trier darüber, daß sie bei der Wahl nicht zugezogen und befragt worden waren, und sie feuerten sich gegenseitig an, diese außergewöhnliche Ehrenkränkung durch eine außer­ gewöhnliche Tat abzuwaschen. Vogt der Trierer Kirche war damals Graf Dietrich, ein junger Mann hitzigen Charakters und jugendlichen Unge­ stüms. Dieser zog dem Bischof an dem Tage, an dem man dessen Einzug in die Stadt erwartete, mit einem gewaltigen Truppenaufgebot entgegen und überfiel ihn in der Morgendämmerung, ehe er die Herberge2 verließ : die wenigen, die Widerstand zu leisten versuchten, machte er nieder, die übrigen, die irrfolge des unvermuteten Schreckens kopflos geworden wa­ ren, schlug er mühelos in die Flucht ; die reichen Schätze, die der Bischof mitgebracht hatte, plünderte er, den gefangengenommenen Bischof gab er in die Hände der Henker und befahl, ihn von einem hohen Felsen hin­ unterzustürzen und so zu töten3 • Sein Leichnam wurde von frommen Männern aufgehoben und im Kloster Tholey4 beigesetzt ; dort wird er, wie berichtet wird, bis auf den heutigen Tag durch göttliche Fügung oft durch große Wunder ausgezeichnet. Sein Nachfolger im Bischofsamt war Udo5 , für dessen Wahl Klerus und Volk einmütig eingetreten war. In der Osterzeit erschien fast vierzehn Nächte hintereinander ein Ko­ met. Zu derselben Zeit fand im Norden eine überaus hitzige und be­ trübliche Schlacht statt, in der der angelsächsische König drei Könige mit ihrem unermeßlich großen Heer vollständig vernichtete6• Nach seiner Ankunft in Fritzlar befiel den König eine so schwere Krank­ heit?, daß ihn die Ärzte aufgaben und die Fürsten schon daran gingen, über die Nachfolge zu beraten. Kaum voll genesen, feierte er Pfingsten in Hers­ feld, und kurz darauf feierte er in Tribur mit königlicher Pracht seine Hochzeit8 mit der Königin Bertha, der Tochter Markgraf Ottos von Italien9• Bischof Reginher von Meißen starb ; auf ihn folgte Propst Kraft von Goslar. Als dieser aber nach Übernahme des Bischofsamts nach Goslar ge­ kommen war, schloß er sich nach der Mahlzeit, wie um ein wenig zu ruhen, in seinem Gemach ein, wo er ohne j emandes Mitwissen seine Schätze, die er allzusehr liebte, vergraben hatte. Als er aber gegen Abend wider seine Gewohnheit noch immer zu schlafen schien, wunderten sich 3 1. Juni. - Ermutigt durch die schwere Erkrankung des Königs. 4 Diözese Trier. ' Sohn des Grafen Eberhard von Nellenburg. - 1066-78. 6 Bei Stamfordbridge oder bei Hastings. ' Im Mai. 8 Vgl. Esth. 2, 18. - 13. Juli. 8 Von Turin.

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mirantes cubicularü pulsare ostium ceperunt. Sed nec pulsantibus nec vociferantibus ullum dabatur responsum. Tandem effractis foribus irrumpentes invenerunt eum fractis cervicibus, colore tetro, exani­ mem ipsis thesauris suis miserabilem in modum incubantem. Episco­ patum pro eo suscepit Benno1 predictae Goslariensis aecclesiae ca-

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nonicus.

MLXVII. Otto marchio Thuringorum obiit, gaudentibus admodum in morte eius omnibus Thuringis, eo quod ipse primus ex principibus Thuringorum, ut predictum est2, decimas ex suis in Thuringia posses­ sionibus dare consensisset et per hoc calamitatem maximam genti 1 0 suae invexisse videretur. Mareharn eius Egbertus patruelis regis sus­ cepit3. Einhardus Spirensis episcopus obüt ; cui Heinricus4 successit, Gos­ lariensis aecclesiae canonicus, tantae dignitati vixdum per aetatem maturus, et non tarn electione principum ad hanc provectus quam 1 s indulgentia regis, cui in puerili aetate fuerat falniliarissime assentatus. Benno Osenbruggensis episcopus obiit ; cui alius Benno6 successit. Rex in nativitate sancti Martini6 Goslariam veniens f graviter in­ firmari cepit atque eadam valitudine per multos dies laborans lecto recubabat.

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MLXVIII. Rex natalem Domini Goslariae necdum sospitate ad plenum recuperata celebravit ; a quo Egbertus marchio exactis diebus festis digressus, cum se in sua recepisset, modica febre pulsatus ter­ minum vitae accepit. Sed marcham7 adhuc vivens adquisierat filio suo8, tenerrimae aetatis infantulo, quem ei vidua9 ducis Ottonis de

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Swinefurt pepererat. Cui tarnen ipse paucis diebus antequam vita excederet repudium scribere cogitaverat et contra leges ac statuta canonum viduam10 Ottonis marchionis matrimonio sibi iungere, quod haec forma elegantior et efferatis moribus suis oportunior videretur. Sed mors oportune interveniens nefarios conatus eius intercepit. Ravenger patriarcha Aquileiensis obiit ; cui Sigehardus cancellarius successit ; pro quo Bibo cancellarius est substitutus "·

) B 1. 2 setzen hinzu: Ecclesia in Monte Sancti Petri 11 exusta est XVIII. Kai. Decembris. 1 1056-1 106. B Vgl. s. 72. a Vgl. S. 62, Anm. 2. "

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Die Mark Meißen fällt

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seine Kammerdiener über dies ungewohnte Verhalten und klopften a n die Tür. Aber weder auf ihr Klopfen noch auf ihr Rufen erhielten sie Antwort. Als sie schließlich die Tür aufbrachen und eindrangen, fanden sie ihn ent­ seelt mit gebrochenem Genick und schwarz gefärbt kläglich auf seinen Schätzen liegend. Statt seiner übernahm das Bistum Benno1 , ein Kanoni­ ker der Goslarer Kirche. 1067 Markgraf Otto von Thüringen starb ; über seinen Tod freuten sich alle Thüringer, denn er hatte als erster der thüringischen Fürsten, wie oben erwähnt2 , eingewilligt, von seinen Gütern in Thüringen den Zehnt zu leisten, und es war augenscheinlich, daß er dadurch tiefes Elend über seinen Stamm gebracht hatte. Seine Mark erhielt Ekbert, ein Vetter des Königs3 • Bischof Einhard von Speyer starb ; sein Nachfolger wurde Heinrich4, ein Kanonikus der Goslarer Kirche ; er war für diese hohe Würde eigentlich noch zu j ung und wurde dazu erhoben nicht sowohl durch Wahl der Fürsten als durch die Gunst des Königs, dem er im Knabenalter in vertrautester Freundschaft zum Munde geredet hatte. Bischof Benno von Osnabrück starb ; auf ihn folgte Benno IJ. 5 . Als der König am Tage des hl. Martin6 nach Goslar kam, erkrankte er schwer und mußte viele Tage das Bett hüten. 1068 Der König feierte, noch nicht völlig genesen, Weihnachten in Goslar. Markgraf Ekbert verabschiedete sich nach dem Fest von ihm und kehrte auf seine Besitzungen zurück ; hier wurde er von einem unbedeutenden Fieber befallen, das aber seinem Leben ein Ende setzte. Die Mark7 aber hatte er noch vor seinem Tode seinem Sohn8 gesichert, einem Kind im zartesten Alter, den ihm die Witwe9 Herzog Ottos von Schweinfurt geboren hatte. Von dieser aber hatte er sich noch wenige Tage vor seinem Tode trennen wollen, um wider Gesetz und kanonisches Recht die Witwe10 des Markgrafen Otto zu heiraten, weil diese schöner war und seinem verwilderten Charakter angemessener erschien. Doch der Tod verhinderte noch rechtzeitig dieses ruchlose Vorhaben. Der Patriarch Ravenger von Aquilej a starb ; auf ihn folgte der Kanzler Sigehard, und an seiner statt wurde Bibo zum Kanzler eingesetzt. Die Kirche auf dem St. Petersberg11 wurde am 1 4 . November eingeäschert . ' 1067-75. 5 1068-88. ' 1 1 . November.

Meißen. Egbert II., geh. 1062, gest. 1090. o Immula oder Irmingard von Turin, eine Tante der Königin Bertha. 10 Adela. 11 In Erfurt.

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MLX VIIII. Rex natalern Domini Goslariae celebravit, pascha Qui­ delenburc, pentecosten Coloniae1 ; post pentecosten Worrnaciae curn principibus regni colloquium habuit2• Ibi prirnurn curn episcopo Mo­ gontino3 rern secreto agit eiusque opern ad perficiendurn quod mente machinetur obnixe implorat ; si impetret, se deinceps ei subditum et

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dicto obternperantem fore ; ad hoc Thuringos armata manu, si aliter nequeat, coacturum , ut decirnas sine ulla inperpetuurn contradictione persolvant. Annuente episcopo et pactione I utrimque firmata, rex ad publicum refert sibi cum uxore sua non convenire ; diu oculos ho­ minum fefellisse, ultra fallere nolle ; nullurn eius crirnen, quo iuste re-

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pudiurn mereatur, afferre, sed se, incertum quo fato, quo Dei iudicio, nullarn cum ea maritalis operis copiarn habere. Proinde per Deurn orare, ut se male ominata cornpede absolvant pacianturque equo anirno discidium fieri, ut illa sibi et ipse ei, si ita Deus velit, felicioris matrimonii viam patefaciat. Et ne quis violaturn semel pudorern cause-

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tur obstare iterum nupturae, se sub iureiurando confirmare, quod eam, ut acceperit, sie incontaminatarn inlibatoque virginitatis pudore conservaverit. Feda res et ab regia maiestate nimiurn abhorrens visa est omnibus qui aderant. Negocio tarnen, cui rex tam fervide anirnum adiecisset, detractare singuli religiosurn arbitrabantur. Episcopus quo-

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que tam preciosa pollicitatione redernptus, quanturn poterat salva verecundia, haut aegre causarn regis tuebatur4• Itaque cunctis id fieri decernentibus, synodurn conficiendo negocio indixit Mogontiae proxirna post festurn sancti Michaelis ebdomada. Hac expectatione rebus suspensis, regina Loresham, ut statuturn ternpus ibi prestolare-

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tur, missa est. Rex alio, quo regni negocia vocabant, abiit. Interea Dedi6 marchio Saxonicus, curn viduarn duxisset Ottonis marchionis tercio prius anno defuncti6, predia etiarn, quae ille a di­ versis dominis beneficii loco I habuerat', surnrna vi nitebatur ad­ quirere. Cum nullus daret postulanti, indignitatern non ferens, regi, per quem potissirnum stetisset, ne darentur, bellurn parabat crebrisque colloquiis Thuringos ad societatern arrnorurn sollicitabat. Promptum 2 Anfang Juni. 1 In Mainz. 3 Siegfried. ' Hier setzte Ranke mit seiner berühmten Kritik an Lamperts Glaubwürdig­ keit ein, indem er diese Stelle mit Siegfriede Bericht an den Papst verglich. L. scheint aber doch glaubwürdig zu sein.

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Heinrich IV. will seine Ehe scheiden lassen

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1069 Der König feierte Weihnachten in Goslar, Ostern in Quedlinburg und Pfingsten in Köln1 ; nach Pfingsten hielt er in Worms einen Fürstentag ab 2 • Dort verhandelte er zunächst insgeheim mit dem Erzbischof von Mainz3 und bat ihn dringend um seinen Beistand bei der Durchführung dessen, was er im Sinn habe ; wenn er ihm helfe, werde er sich ihm künftig unterordnen und aufs Wort geliorchen ; außerdem werde er die Thüringer, wenn nicht anders möglich, mit bewaffneter Hand zwingen, für alle Zu­ kunft ohne j eden Widerstand den Zehnt zu entrichten. Der Bischof stimmte zu, und nachdem sie einig geworden waren, erklärte der König öffentlich, er stehe sich mit seiner Gemahlin nicht gut ; lange habe er die Augen der Menschen getäuscht, aber nun wolle er sie nicht länger täuschen ; er könne ihr nichts vorwerfen, was eine Scheidung rechtfertige, aber er sei - er wisse nicht, durch welche Schickung, durch welche göttliche Fügung - nicht im­ stande, die eheliche Gemeinschaft mit ihr zu vollziehen. Er bitte sie daher um Gottes willen, ihn von der Fessel dieser unter schlimmen Vorzeichen geschlossenen Ehe zu lösen und die Trennung freundwillig zu dulden, damit er ihr und sie ihm, wenn Gott es fügte, den Weg zu einer glückliche­ ren Ehe eröffne. Und damit niemand den Einwand erheben könne, ihre einmal verletzte Keuschheit sei ein Hindernis für eine zweite Eheschließung, so schwöre er, daß er sie so, wie er sie empfangen habe, unbefleckt und in unversehrter Jungfräulichkeit bewahrt habe. Allen Anwesenden erschien diese Sache abscheulich und mit der königlichen Majestät völlig unvereinbar. Doch j eder hielt es für bedenklich, den Plan, auf den sich der König so leidenschaftlich geworfen hatte, abzulehnen. Auch der Erzbischof, dessen Zustimmung ja durch ein recht wertvolles Versprechen er­ kauft worden war, trat nicht ungern für den Plan des Königs ein, soweit er es mit seiner Würde vereinbaren konnte'. Als daher alle zustimm­ ten, beraumte er zur Erledigung dieser Angelegenheit eine Synode zu Mainz auf die Woche nach dem Fest des hl. Michael an. Da man nun diese abwarten mußte und die Sache bis dahin in der Schwebe blieb, wurde die Kö­ nigin nach Lorsch geschickt, um dort den festgesetzten Termin abzuwarten. Der König ging an einen anderen Ort, wohin ihn die Reichsgeschäfte riefen, Inzwischen bemühte sich Markgraf Dedi5 von Sachsen, der die Witwe des vor zwei Jahren verstorbenen Markgrafen Otto6 geheiratet hatte, mit aller Kraft. auch die Güter zu erwerben, die j ener als Lehen von ver­ schiedenen Herren in Besitz gehabt hatte7• Als sie ihm aber niemand auf sein Verlangen gab, ertrug er diese Zurückweisung nicht und rüstete sich zum Krieg gegen den König, dem er die Hauptschuld an der Verweigerung der Güter zuschrieb, und wiegelte in zahlreichen Unterredungen die Thüringer zur Teilnahme am Kampf auf. Er hoffte, das werde ihm leicht ge-

Aus dem Hause Wettin, Markgraf der Niederlausitz 1046-75. Adela, vgl. S. 1 13, Anm. 10. 7 Im Juli. - Wahrscheinlich die des Erzbischofs von Ma.inz. Vgl. S. 72.

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Lamperti Armales

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boc fore sperabat, eo quod rex archiepiscopum adiuvando in exigendis decimationibus multum a se avertisset animos eorum. Incitamentum tarnen illi furoris vel maximum erat uxor saevissima. Haec placido bominis ingenio et per aetatem iam mansuefacto iuveniles animos inspirabat, sepius obtundens, quia, si vir esset, non inultus iniurias

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acciperet nec priori marito eius audacia se imparem gereret, quo et virtute et opulentia superior esset. Rex accepto nuncio graviter permotus ingentes copias, et quae pluribus etiam bellis satis essent, celerrime contraxit. Turn vero epis­ copus Mogontinus tempus se accepisse ratus, quo per occasionem pub-

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lici belli privatum in Tburingos odium vindicaret, infestissimus ade­ rat, regem quam atrocissime rem agere instigabat ; ipse quoque totis amicorum, totis Mogontini episcopatus opibus cepto annitebatur. Non fefellit Tburingos efferatus in se animus episcopi, nec ipsi in eum mitiores spiritus gereutes, legatos ad regem miserunt, se nibil

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iniquum, nibil quod secus sit moliri adversus eum , nec arma contra rem publicam suo consilio aut favore sumpta esse ; paratos se pocius bostem publicum capitis quoque sui periculo expugnare ; promptins autem ac devotins id facturos esse, si decimationum leges, priorum regum et episcoporum indulgentia sibi statutas, ratas inviolatasque

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fore pateretur. Quodsi episcopus ad eos rem divinam non divinis, sed bumanis armis expugnatum veniret et decimas iure belli sibi extor­ quere vellet, quas nec iure ecclesiastico nec lege forensi potuisset, iam pridem se sacramento obstriotos obligatosque fuisse, ut raptores et

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predatores inultos non sinerent1 ; sacius sibi esse mori in bello quam

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amissis patrum legittimis periuros vivere. Rex ad baec benigne respondit auxiliumque suum, si in fide per­ manerent, certissimos sperare iussit. Debinc, ubi res matura visa est, infesto agmine Tburingiam intravit. Duo ibi castella, quibus marebio presidium imposuerat, Bicbelingun et Scidingen, alterum per dediti-

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onem, alterum manu expugnatum recepit. Caeteris ilico admovendus erat exercitus. Sed marebio advertens nullo loco vel munitione sustineri posse impetum regis, incisa spe resistendi, se suaque omnia dedidit. Tburingi, etsi, ut promiserant, erga regem et causam publicam devoti fidelesque essent, in episcopum tarnen Mogontinum bostilia pleraque 1 Vgl. S. 129.

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Über die Empörung des Markgrafen Dedi

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lingen, weil sich der König durch die Unterstützung des Erzbischofs bei der Eintreibung der Zehnten ihre Sympathie weitgehend verscherzt hätte. Am meisten aber stachelte seine Wut seine überaus herrische Gattin an. Sie flößte dem sanften und mit den Jahren schon zur Milde neigenden Manne 5 jugendliches Feuer ein und lag. ihm fortgesetzt in den Ohren, wenn er ein Mann wäre, würde er das Unrecht nicht ungestraft hinnehmen, und er solle sich doch nicht feiger anstellen als ihr erster Gatte, den er doch an Tapfer­ keit und Reichtum übertreffe. Der König, über die Nachricht hiervon schwer aufgebracht, zog in größ10 ter Eile gewaltige Truppenmengen zusammen, die selbst für mehrere Kriege ausgereicht hätten. Da nun hielt der Erzbischof von Mainz den Augenblick für gekommen, bei Gelegenheit dieses Reichskrieges seinen privaten Haß gegen die Thüringer sich austoben zu lassen : er erschien, höchst angriffslustig, und stachelte den König an, mit aller Strenge vorzu1 5 gehen ; auch er selbst warf sich auf das Unternehmen mit allen Kräften seiner Freunde und des Mainzer Bistums. Die Thüringer täuschten sich nicht über die Erbitterung des Bischofs gegen sie und waren selber nicht milderen Sinnes gegen ihn ; sie ließen dem König durch Gesandte sagen, sie beabsichtigten nichts Feindseliges, nichts 20 Böses gegen ihn, und sie hätten nicht zur Waffenerhebung gegen das Reich geraten noch sie begünstigt ; sie seien vielmehr bereit, den Staatsfeind auch unter eigner Lebensgefahr zu bekämpfen ; sie würden das aber noch lieber und ergebener tun, wenn er zugestände, daß die ihnen von den früheren Königen und Bischöfen verbrieften rechtlichen Bestimmungen über die 2 5 Zehnten unverletzt in Gültigkeit blieben. Der Bischof ziehe heran, um einen auf religiösem Grunde beruhenden Anspruch nicht mit religiösen, sondern mit irdischen Waffen durchzusetzen und wolle die Zehnten von ihnen nach Kriegsrecht erpressen, die er weder nach kirchlichem noch nach weltlichem Recht hätte erlangen können, sie aber seien seit alters 3o eidlich verbunden und verpflichtet, Räuber und Plünderer nicht unge­ straft zu lassen1 ; es sei für sie besser, im Kampfe zu sterben, als nach Ver­ lust der ihnen von ihren Vätern überkommenen Rechte als Eidbrüchige zu leben. Der König antwortete darauf wohlwollend und hieß sie, mit voller Si35 cherheit seine Hilfe zu erwarten, wenn sie ihm die Treue hielten. Als es ihm aber dann an der Zeit schien, fiel er mit einem Heer feindlich in Thüringen ein. Hier nahm er zwei Burgen, in die der Markgraf Besatzungen gelegt hatte, Beichlingen und Burgscheidungen, die eine durch Übergabe, die andre durch Erstürmung. Vor die übrigen ließ er auf der Stelle seine Trup40 pen rücken. Da erkannte der Markgraf, daß er an keinem Ort und in keiner Burg dem Angriff des Königs standhalten könne, und da ihm dadurch alle Hoffnung auf Widerstand genommen war, ergab er sich mit seinem ganzen Besitz. Die Thüringer blieben zwar, wie sie versprochen hatten, dem König und dem Reich treu ergeben, gegen den Bischof von Mainz da-

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fecere, probris et convicüs in faciem lacessere, milites eius, dum predas agerent, facto grege sepius incursare, rapinam excutere, fundere, fugare, nonnullos denique ministros eius, nec hos mediocri fortuna vel humili loco natos, dum ab exercitu regis paulo longius predatum abis­ sent, comprehensos suspenderunt. Iussum tarnen eis est ab rege facile

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et contemptim, ut decimas darent, non quo recusantibus vim ferre in animo esset, sed ne non reddito promisso archiepiscopum offenderet. Dedi marchio aliquamdiu habitus in custodia, tandem, adempta possessionum et redituum non modica parte, dimissus est. Filius eius Dedi iunior1 patrem ea tempestate infestius acerbiusque quam alius

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quisquam insectatus est. Ob eam rem exacto bello ingenti gloria esse caepit apud regem, egregiae indolis adolscens, nisi ambitionis spiritu et prepropera dominandi cupidine preceps raperetur. Is non multo post, cum nocte quadam ad necessitatem naturae secessisset, apposito extrinsecus insidiatore confossus in inguine et occisus est. Quis necis

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eius auctor fuerit, non satis constat, quamquam dolo novercae2 J interfeeturn vulgi sermonibus passim iactaretur. Illud haut dubie liquet, monasteria et aecclesias moriente eo magna formidine exone­ ratas esse, cum mentibus mnnium certissima opinio insedisset eum augendarum opum studio non Deo, non homini parciturum, qui patri

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proprio non pepercisset. Imminente iam die, qui scindendo regis coniugio dictus fuerat, rex Mogontiam concitus properabat. Et ecce inter eundum comperit lega­ tum sedis apostolicae suum Mogontiae adventum prestolari, qui disci­ dium fieri prohibeat et episcopo Mogontino apostolicae animadversio-

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nis sententiam minitetur, quod tarn nefariae separationis se auctorem promiserit. Consternatus ilico, quod rem diu exoptatam perdidisset e manibus, per iter quo venerat in Saxoniam redire volebat. Vix et aegre tarnen amicorum consiliis superatus, ne principes regni frustra­ retur, quos summa frequentia sibi Mogontiae occurrere iussisset, Frankonofurt abiit, ibique eos qui Mogontiae convenerant statuto die3 adesse iussit. Quo dum frequentes venissent, Petrus Damianus4 - is legatus erat sedis apostolicae, vir aetate et vitae innocentia admodum reverendus - mandata exposuit Romani ponti:ficis : Pessimam rem 1 Zeitweise im Besitz der Niederla.usitz. s a

Adela., vgl. S. 1 14. 4.-10. Oktober.

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Über die Synode von Frankfurt

gegen begingen sie allerlei Feindseligkeiten : sie schleuderten ihm heraus­ fordernde Schmähungen und Beschimpfungen ins Gesicht, rottaten sich öfter zusammen und überfielen seine Krieger beim Beutemachen, nahmen ihnen die Beute ab und j agten sie davon, ja sie fingen sogar einige seiner Dienstmannen, und zwar keine geringen Vermögens oder niederen Standes, als sie sich auf Beutezügen etwas weiter vom Heer des Königs entfrent hatten, und hängten sie auf. Der König j edoch gebot ihnen obenhin und hochfahrend, den Zehnt zu entrichten, nicht als ob er beabsichtigt hätte, bei einer Weigerung Gewalt zu gebrauchen, sondern um bei dem Erzbischof nicht durch Nichterfüllung seines Versprechens Anstoß zu erregen. Markgraf Dedi wurde eine Zeitlang in Haft gehalten, dann aber frei­ gelassen, man entzog ihm j edoch einen erheblichen Teil seiner Güter und Einkünfte. Sein Sohn Dedi der Jüngere1 verfolgte zu dieser Zeit seinen Vater lnit größerer Feindseligkeit als irgendein anderer. Deshalb stand er nach Beendigung des Krieges beim König in höchster Ehre : er war ein hochbegabter Jüngling, nur riß ihn der Geist des Ehrgeizes und unzeitige Herrschsucht zu unüberlegten Handlungen hin. Als er bald danach einmal nachts wegen eines natürlichen Bedürfnisses beiseite ging, wurde er von einem, der ihm draußen auflauerte, durch einen Stich in den Unterleib getötet. Wer der Anstifter dieses Mordes war, ist nicht mit Sicherheit fest­ gestellt, doch allgemein raunte man im Volke, er sei durch die Arglist seiner Stiefmutter2 ermordet worden. So viel aber steht außer Zweifel, daß durch seinen Tod die Klöster und Kirchen von schwerer Besorgnis befreit worden sind, denn bei allen hatte sich die bestimmte Erwartung eingenistet, er, der seinen Vater nicht verschont hatte, werde in seiner Sucht nach Macht­ steigerung nicht Gott, nicht Menschen schonen. Als der Tag herannahte, der für die Ehescheidung des Königs anbe­ raumt war, zog der König eiligst nach Mainz. Da erfuhr er unterwegs, daß ein Legat des apostolischen Stuhles seine Ankunft in Mainz erwarte, der die Scheidung verhindern und dem Erzbischof Bestrafung durch den apostolischen Stuhl androhen solle, weil er versprochen habe, diese frevelhafte Trennung zu vollziehen. Bestürzt darüber, daß ihm die Aussicht auf Erfüllung seines lange gehegten Wunsches aus den Händen geglitten war, wollte er auf der Stelle auf dem Wege, auf dem er gekommen war, nach Sachsen zurückkehren. Nur lnit größter Mühe ließ er sich durch den Rat seiner Freunde davon abbringen die Fürsten des Reichs ver­ geblich auf ihn warten zu lassen, die er doch in großer Zahl zu der Zusammen­ kunft mit ihm nach Mainz berufen habe ; so ging er nach Frankfurt und be­ fahl den in Mainz Versammelten, an einem bestimmten Tage3 hier zu erscheinen. Als sie sich in großer Zahl einfanden, übermittelte Petrus Dalniani4 er war der Legat des apostolischen Stuhles, ein wegen seines Alters und seines unsträflichen Lebenswandels höchst ehrwürdiger Mann - die An­ ordnungen des römischen Pontifex : Sein Vorhaben sei im höchsten Maße ,

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4 Kardinalbischof von Ostia.

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e t a b nomine christiano, nedum a b regio multum abhorrentem esse, quam moliatur. Si minus humanis legibus vel canonum sanctionibus terreretur, parceret saltem famae et existimationi propriae, ne scilicet tarn fedi exempli venenum ab rege f sumpto inicio totum comma­ cularet populum christianum, et qui ultor esse debuisset criminum,

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ipse auctor et signifer fieret ad flagicium. Postremo, si non flecteretur consiliis, se necessario vim ecclesiasticam adhibiturum et canonum lege scelus prohibiturum. Ad hace suis manibus nunquam imperatorem consecrandum fore, qui tarn pestilenti exemplo, quantum in se esset, fidem christianam prodidisset.

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Turn vero in eum coorti omnes, qui aderant, principes aiebant equa censere Romanum pontificem, et per Deum rogabant, ne crimen infer­ ret gloriae suae1 et regii nominis maiestatem tarn turpis facti colluvione

macularet ; preterea ne parentibus2 reginae causam defectionis et instarn turbandae rei publicae occasionem daret, qui si viri essent,

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cum armis et opibus plurimum possent, tantam filiae suae contume­ liam pro'culdubio insigni aliquo facinore expiaturi essent. Hac ora­ tione fractus magis quam inflexus : ,Si id', inquit, ,fixum obstinatum­ que est vobis, imperabo egomet mihi feramque, ut potero, onus, quod deponere non valeo' . Ita efferato magis per studium concordiae odio,

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annuit quidem, ut in regni consortium regina revocaretur ; ipse tarnen, ut congressum eius conspectumque vitaret, adhibitis sibi vix XL mili­ tibus in Saxoniam concitus rediit. Regina cum caetera multitudine et regni insignibus paul atim subsecuta est. Cumque ad eum Goslariam venisset, vix compulsus ille a familiaribus suis, ut ei obviam procederet,

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satis superque pro consuetudine eam benigne suscepit. Sed protinus refrigescente amore, ad ingenium suum atque ad pristinum rigorem animi rediit ; et quia consilia scindendi coniugii sepe iam temptata non processerant, statuit deinceps, communicato cum ea solum regni nomine, sie eam habere, quasi non haberet. / Maxima eo anno vinearum omniumque silvestrium arborum sterili ­ tas fuit. Meginwardus abbas Hildenesheimensis3 abbatiam suscepit Augien­ sem, patefacto in eam sibi per multam largicionem aditu. 1 2

Vgl. 1 . Macc. 9, 10. Der Vater war bereits verstorben.

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Petrus Damiani verhindert die Ehescheidung des Königs

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verwerflich und in keiner Weise vereinbar mit dem christlichen, geschweige denn mit dem königlichen Namen. Wenn ihn schon die weltlichen Gesetze und die kanonischen Strafandrohungen nicht abschreckten, so solle er doch wenigstenH auf seinen eignen Ruf und Leumund bedacht sein und verhüten, daß das Gift eines so verwerflichen Beispiels, vom König ausgehend, das ganze christliche Volk beflecke, und daß er, der ein Rächer der Ver­ brechen hätte sein sollen, selber der Anstifter und Bannerträger zu Schand­ taten werde. Schließlich, wenn er sich durch Ratschläge nicht umstimmen lasse, werde er notgedrungen kirchliche Gewalt anwenden und auf Grund des kanonischen Gesetzes das Verbrechen verhindern. Überdies werde er mit seinen Händen niemals einen Kaiser weihen, der, soviel an ihm liege, durch sein verderbenbringendes Beispiel den christlichen Glauben ver­ raten habe. Da erhoben sich alle anwesenden Fürsten gegen den König, erklärten, der Papst habe recht, und baten ihn bei Gott, seine Ehre nicht durch ein Verbrechen zu schänden1 und die Maj estät des königlichen Namens nicht durch den Unflat einer so schändlichen Tat zu besudeln ; er solle ferner den Verwandten2 der Königin nicht Grund zum Abfall und berechtig­ ten Anlaß zur Erregung von Unruhen im Reiche geben, denn diese würden, wenn sie Männer wären, da sie ja durch ihre Krieger und ihren Reichtum große Macht in Händen hätten, diese schwere Beleidigung ihrer Tochter durch irgendeine außerordentliche Tat sühnen wollen. Durch diese Rede mehr gebrochen als umgestimmt, sagte der König : "Wenn das bei euch un­ abänderlich beschlossen ist, so will ich mich selbst bezwingen und, so gut ich kann, die Bürde tragen, die ich nicht abwerfen kann." Sein Haß frei­ lich wurde durch seinen Versöhnungswillen nur noch stärker entfacht : er gestand zwar zu, daß die Königin wieder in die Throngemeinschaft auf­ genommen wurde, er selbst aber kehrte mit kaum vierzig Rittern schleu­ nigst nach Sachsen zurück, um ein Zusammentreffen mit ihr und ihren Anblick zu vermeiden. Die Königin folgte langsam mit den übrigen Truppen und den Reichsinsignien. Als sie zu ihm nach Goslar kam, konnte er von seinen Vertrauten nur mit Mühe bewogen werden, ihr entgegenzugehen, doch empfing er sie dann im Vergleich mit seinem gewöhnlichen Beneh­ men überaus gütig. Aber seine Liebe erkaltete alsbald wieder, und er verfiel wieder in seine Abneigung und seine frühere Härte, und weil das schon oft versuchte Scheidungsvorhaben erfolglos geblieben war, beschloß er, nur den königlichen Namen mit ihr zu teilen, sie aber in Zukunft so zu be­ handeln, als hätte er sie gar nicht. In diesem Jahre herrschte große Unfruchtbarkeit der Weingärten und aller Waldbäume. Abt Meginward von Hildesheim3 übernahm die Abtei Reichenau, zu der er sich den Zugang d urch reiche Geldspenden geöffnet hatte. a

Von S. Michael.

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Ruomoldus Constantiensis episcopus, maturae admodum gravitatis vir, obiit ; cui Carolus successit, Magadaburgensis canonicus. Is a clericis Constantiensibus primo benigne susceptus est ; sed processu temporis, dum pro libito suo magis quam ex ratione rem gereret, indig­ nantes clerici a communione eius se abstinere ceperunt propter si-

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moniacam heresim, per quam episcopatum usurpasse dicebatur ; id quoque ei crimini dantes, quod plerosque aecclesiae thesauros furtive abstulisset. Qua accusatione Romam perlata, Romanus pontifex mandata direxit Mogontino archiepiscopo, ne ullo modo ab eo consecraretur, donec in sui presentia causa diligentius ventilaretur.

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Tolose1 episcopus obiit ; cui Bibo2 cancellarius successit ; pro quo Adalbero canonicus Mettensis cancellarius est substitutus. MLXX. Rex natalem Domini Frisinge celebravit. Episcopus Mogontinus et Coloniensis et Babenbergensis a domno apostolico evocati Romam venerunt. Ibi episcopus Babenbergensis3

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accusatus, quod per simoniacam heresim data pecunia episcopatum invasisset, f multa et preciosa munera papae dedit et per haec effe­ ratam adversum se mentem eius ad tantam mansuetudinem reduxit, ut, qui non sine periculo honoris et gradus sui evasurus putabatur, non solum impunitatem criminis, quod obiectum fuerat, consequeretur,

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sed etiam pallium et alia quaedam archiepiscopatus insignia ab sede apostolica pro benedictione perciperet. Mogontinus archiepiscopus ultro se episcopatu abdicare atque in ocium privatae conversationis secedere magnopere cupiebat, sed tarn Romani pontificis auctoritate quam eorum qui presentes erant maturioribus consiliis vix et aegre

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abductus est a sententia. Omnes in commune acerbe obiurgati, quod sacros ordines per simoniacum heresim venderent et ementibus in­ differenter communicarent manusque imponerent, tandem accepto ab eis iureiurando, quod haec ulterius facturi non essent, in sua cum pace dimissi sunt.

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Dux Lutheringorum Gotefridus, omnibus pene terris magnitudine suarum rerum gestarum compertus et cognitus, obiit4 et Verdunis sepultus est ; cui filius eius [Gotefridus] Gozelo5 successit, prestantis quidem animi adolescens, sed gibbosus. Udalricus marchio Carentinorum obiit6• 1 Udo.

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Deutsche Bischöfe nach Rom zitiert

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Bischof Rumold von Konstanz starb, ein Mann von vollendeter Würde ; auf ihn folgte der Magdeburger Kanoniker Karl. Dieser wurde von den Konstanzer Klerikern zunächst freundlich aufgenommen ; da er aber mehr nach eignem Gutdünken als nach Vernunftgründen handelte, wurden die 5 Kleriker allmählich unmutig und fingen an, sich wegen der Ketzerei der Simonie, durch die er sich das Bistum verschafft haben sollte, von der Ge­ meinschaft mit ihm fernzuhalten ; ferner beschuldigten sie ihn auch, viele Kirchenschätze gestohlen und fortgeschafft zu haben. Als diese Anklage in Rom erhoben wurde, wies der Papst den Mainzer Erzbischof an, ihn 10 unter keinen Umständen zu weihen, bevor die Sache in seiner Gegenwart genau untersucht worden sei. Der Bischof von Toul1 starb ; sein Nachfolger wurde der Kanzler Bibo2 ; an dessen Stelle wurde der Metzer Kanoniker Adalbero zum Kanzler er­ nannt. 1070 Der Kaiser feierte Weihnachten in Freising. 15 Die Bischöfe von Mainz, Köln und Bamberg kamen, vom Papst vorge· laden, nach Rom. Hier wurde der Baroberger BischofS beschuldigt, sich des Bistums durch Geldzahlungen, also durch Simonie, bemächtigt zu ha­ ben. Da gab er dem Papst viele kostbare Geschenke, und dadurch wan20 delte er dessen wilden Zorn gegen ihn in solche Milde, daß er, von dem man geglaubt hatte, er werde nicht ohne Beeinträchtigung seiner Ehre und seiner Würde davonkommen, nicht nur Straflosigkeit für das ihm vor­ geworfene Vergehen erlangte, sondern auch das Pallium und einige andere erzbischöfliche Abzeichen vom apostolischen Stuhl als Segen emp25 fing. Der Mainzer Erzbischof wünschte sehnlichst, freiwillig sein Amt nie­ derzulegen und sich in die Ruhe des Privatlebens zurückzuziehen, ließ sich aber durch den Einspruch des rölnischen Pontifex und die besonnenen Ratschläge der Anwesenden Jnit Mühe und Not von seiner Absicht ab­ bringen. Alle insgesamt wurden heftig gescholten, daß sie Kirchenämter ao

verkauften und sich dadurch der Simonie schuldig machten, und daß sie den Käufern unterschiedslos die Kommunion erteilten und die Hände auf­ legten ; schließlich nahm er ihnen den Eid ab, das in Zukunft nicht mehr

zu tun, und entließ sie in Frieden in die Heimat. Herzog Gottfried von Lothringen4 starb und wurde in Verdun bestattet ; 35 er war wegen seiner großen Taten fast in allen Ländern bekannt und be­ rühmt ; auf ihn folgte sein Sohn Gozelo5, ein sehr begabter junger Fürst, aber er war bucklig. Markgraf Udalrich von Kärnten starb8•

1069-1 107. Hermann, vgl. S. 104, Anm. 2. ' Dezember 1069. 5 Von Niederlothringen, 1069--7 6. Name verschieden überliefert. 1 Vgl. S. 72 Anm. 5. B

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Rex pascha in Hildenesheim celebravit. Ibi inter milites regis et milites episcopi1 sedicio facta est. Sed milites regis in congressione Superiores facti plerosque ex militibus episcopi peremerunt captosque sedicionis auctores ex edicto regis in vincula coniecerunt. Rex ascensionem Domini Quidelenburc, pentecosten Merseburc celebravit.

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Augustissimum in Quirlelenbure templum euro omnibus attiguis sibi aedificiis, irrcerturn divina ultione an fortuita calamitate, incensum atque in cineres redactum est. I Clarus eo tempore in palacio et magnae in re publica auctoritatis erat Otto dux Baioariorum. Sed, sicut semper gloriam sequi solet invidia2,

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invidentes ei plerique hornirres nequam, qui maliciae suae potentiam eius atque inmoderatam gloriam obstare querebantur, sollicite opor­ tunitatem ad opprimendum euro querebant. Itaque quendam Egenen nomine, hornirrem ingenuum, sed omni flagiciorum genere infamatum, in necem exiciumque eius subornaverunt. Is crimen adversus euro

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detulit, quod se ad occidendum regem precibus et pollicitationibus multis sepenumero sollicitasset, atque in argurnenturn fidei gladium ostentabat, quem sibi ab eo in hos tarn sceleratos nefariosque usus datum asserebat. Si inficiaretur, paraturn se quovis indicio verbis suis fidem facere. Qua accusatione vulgata, hi, quos ratione communis

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commodi aliquando offenderat, omnes infensi infestique aderaut et iracundiam regis adversus euro inflammare summa vi, summa ope nitebantur. lgitur rex euro Mogontiam euro caeteris principibus ad colloquium evocavit3, quid delatum esset, exposuit, negantique in­ ducias in sex ebdomadas dedit, ut Kal. Augusti Goslariam veniens

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obiectum crimen congressus euro accusatore suo manu propria refel­ leret. Cum in haec verba discessum esset, causari principes de ini­ quitate condicionis ceperunt, nec bonum nec equum esse dicentes, ut homo nobilissimus, integerrimae apud omnes existimationis nec ulla

so

unquam sinistri rumoris macula attaminatus, manum conferre iube­ retur cum homine sceleratissimo, qui si quid ingenuitatis a parentibus I accepisset, id per furta, per latrocinia, denique per omnia viciorum probra iam dudum oblitterasset. Ille tarnen et indignitate rei efferatus et Deo innocentiae suae teste et conscio fretus cum quovis, etiam indigno, etiam preter natales suos, pugnare malebat quam tanti sceleris suspicione teneri.

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Von der Anklage gegen Otto von Northeim

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Der König feierte Ostern in Hildesheim. Dort entstand ein Streit zwi­ schen den Mannen des Königs und des Bischofs1 . Die Königlichen ge­ wannen in dem Kampf die Oberhand, töteten viele von den Bischöflichen und legten die gefangengenommenen Anstifter des Streits auf Befehl des Königs in Ketten. Der König feierte Himmelfahrt in Quedlinburg und Pfingsten in Merseburg. Das hochehrwürdige Münster in Quedlinburg geriet mit allen Neben­ gebäuden, man weiß nicht, ob durch göttlichen Racheakt oder durch un­ glücklichen Zufall, in Brand und wurde vollständig eingeäschert. Hohes Ansehen bei Hofe und starken Einfluß auf die Reichsregierung hatte zu dieser Zeit der Bayernherzog Otto. Doch wie ja den Ruhm immer der Neid zu begleiten2 pflegt, so beneideten ihn viele nichtsnutzige Men­ schen, die es bedauerten, daß seine Macht und seine maßlose Berühmtheit ihrer Schlechtigkeit im Wege stand, und sie suchten eifrig eine Gelegenheit, ihn zu stürzen. Daher stifteten sie einen gewissen Egino, einen Adligen, der aber durch Schandtaten aller Art übel berüchtigt war, insgeheim zu seiner Ermordung an. Dieser beschuldigte Otto, ihn wiederholt durch viele Bitten und Versprechungen zur Ermordung des Königs angestiftet zu haben, und zum Beweis seiner Glaubwürdigkeit wies er das Schwert vor, das ihm j ener für diesen verbrecherischen, ruchlosen Anschlag angeblich gegeben hatte. Wenn er d as ableugne, so sei er bereit, die Richtigkeit seiner Angaben durch j eden gewünschten Beweis zu bestätigen. Als diese Anklage in der Ö ffentlichkeit bekannt wurde, da waren alle, die Otto irgendeinmal um des gemeinen Besten willen gekränkt hatte, mit erbitterter Feindseligkeit bei der Hand und suchten mit allen Kräften den Zorn des Königs gegen ihn zu schüren. Der König lud ihn daher mit den übrigen Fürsten zu einer Ver­ handlung nach Mainz3 und machte den Inhalt der Anzeige bekannt ; als er leugnete, setzte er ihm eine Frist von sechs Wochen, am 1 . August solle er nach Goslar kommen und dort die gegen ihn erhobene Beschuldigung durch einen Zweikampf mit dem Ankläger widerlegen. Nach Verkündung dieses Spruchs fingen die Fürsten an, sich über die Unbilligkeit dieser Auflage zu beschweren : es sei nicht recht und billig, daß ein Mann von höchstem Adel und völlig unbescholtenem Ruf bei allen, der noch niemals durch den Makel eines ungünstigen Gerüchts befleckt worden sei, mit einem solchen durch und durch verruchten Menschen kämp­ fen solle, der alles, was er etwa an adliger Gesinnung von seinen Vorfahren ererbt hätte, durch Diebstahl und Straßenraub, kurz durch alle laster­ haften Schandtaten ausgelöscht habe. Doch Otto war über die nieder­ trächtige Beschuldigung so empört, daß er im Vertrauen auf Gott als den Zeugen und Mitwisser seiner Unschuld lieber mit j edem Unwürdigen selbst ohne Rücksicht auf seine Herkunft kämpfen wollte, als den Verdacht eines so schweren Verbrechens auf sich sitzen zu lassen. 1 4. April.

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3 Im Juni.

Hezilo.

2

Vgl. Sallust, Jug. 55.

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Igitur die statuta ad proxirna Goslariae loca curn arrnata rnultitu­ dine venit ; rnissis ad regern nunciis rnandavit, si sibi tuto venire, si tuto causarn dicere liceret, paraturn se corarn venire et condicione, quarn principes regni equarn iudicassent, crirnen, cuius insirnulatus fuerat, refellere. Rex ad haec atrociter et acerbe respondit se ei nec

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in veniendo nec in causa dicenda pacern aut securitatern polliceri ; id solurn expectare, ut iuxta condicturn Goslariarn cornrninus veniret, et si quid de innocentia sua presurneret, conserta curn adversario suo rnanu equissirno iudici Deo rern cornmitteret ; ni id faceret, se ornissa legurn dissidentiurn sirnultate, relegato sententiarurn certarnine, pro

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convicto confessoque eurn in tanti sceleris inrnanitate habitururn1• Relato ad ducern hoc responso, nec tuturn nec satis honesturn eins rationibus visurn est his qui recte ei consulturn cupiebant, ut sie in­ flammatae adversum se regis iracundiae illudendurn se vexandurnque obiceret, curn sibi integris adhuc rebus et crirnine necdurn cornpro-

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bato tuto corarn venire non licuisset, quod tarn iure caeli quarn iure fori omnibus sernper reis omnibus in causis licuisset. Ita incisa spe veniae, infectis rebus in sua se recepit, sacius putans, quoad posset, armis salutern tueri quarn ad exsaturanda hostiurn suorurn odia turpiter rnore pecudurn iugulari.

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Postera die rex principes Saxoniae, quod ex his oriundus2 esset, et hi propter privatas inimicicias rnaxirne invisurn eurn haberent, sen­ tentiarn super eo rogavit. f Qui eurn tarnquarn rnanifesti criminis deprehensurn reurn rnaiestatis iudicaverunt, et si caperetur, capitali in eurn sententia anirnadvertendurn fore decreverunt. Ilico amici regis

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ferro et igne persequi eurn, singuli pro virili portione, adgrediuntur. Plerique etiarn nec fide erga regern nec studio erga rern publicarn nec ultione cuiusquarn privatae iniuriae, sed sola rapinarum cupiditate arrna contra eurn capiunt. Ita undique laxatis, irnrno ruptis irarum habenis, omnes in eurn irruunt, predia eius et possessiones alias diri-

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piunt, vastant, incendunt, ministros eius agrorumque cultores, si quos fors obtulisset, obtruncant, lacerant, iugulant. Sie postrerno pre­ ter rnodurn rnodestiarnque ira inrnoderatior debachabatur, ut nec ab aecclesiis nec ternplis, quae ille propriis impensis Deo construxerat, hostilis seviciae impetus ternperaret. 1 Der König antwortete vielmehr, daß der Ausgang des Gottesgerichts über alles weitere entscheiden würde.

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Otto von Northeim wird zum Tode verurteilt und entflieht

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So kam er denn am festgesetzten Tage mit zahlreichen Gewappneten in die Nähe von Goslar und ließ dem König durch Boten sagen, wenn man ihm freies Geleit gewähre für sein Kommen und seine Verteidigung, sei er bereit, sich zu stellen und entsprechend der von den Reichsfürsten für 5 billig erachteten Auflage die gegen ihn vorgebrachte Anschuldigung zu widerlegen. Der König antwortete darauf hart und scharf, er sage ihm we­ der für sein Kommen noch für die Verhandlung seiner Sache Frieden und Sicherheit zu ; er erwarte einzig und allein, daß er dem Gebot entsprechend unverzüglich nach Goslar komme, und wenn er seiner Unschuld sicher sei, 10 solle er durch einen Zweikampf mit seinem Gegner Gott, dem allgerechten Richter, seine Sache anheimstellen ; tue er das nicht, so werde er ihn ohne Rücksicht auf etwa abweichende Gesetze und den Streit der Meinungen als eines so abscheulichen Verbrechens überführt und geständig ansehen1 • Als dem Herzog diese Antwort überbracht worden war, erschien es denen, 1s die zu seinem Besten raten wollten, weder sicher noch schicklich für ihn, sich den Plagen und Mißhandlungen des so heftig gegen ihn entflammten königlichen Zorns auszusetzen : habe er ihm doch schon j etzt, wo die Sache noch unentschieden und die Schuld noch nicht erwiesen sei, freies Geleit verweigert, das man doch nach göttlichem wie menschlichem Recht in 20 allen Prozessen allen Angeschuldigten immer gewährt hätte . Als ihm so­ mit die Hoffnung auf Verzeihung geschwunden war, zog er sich unver­ richteter Dinge auf seine Güter zurück, denn er hielt es für besser, sein Le­ ben, so lange er konnte, mit den Waffen zu schützen, als sich zur Be­ friedigung des Hasses seiner Feinde wie ein Vieh abschlachten zu lassen. Am folgenden Tage ließ der König die Fürsten Sachsens, weil Otto aus 25 diesem Lande stammte2 , und weil ihnen Otto wegen privater Feindschaften am meisten verhaßt war, über ihn das Urteil fällen. Diese verurteilten ihn als des erwiesenen Verbrechens überführt wegen Hochverrats und ord­ neten an, wenn man seiner habhaft werde, das Todesurteil an ihm zu vollao strecken. Auf der Stelle machten sich nun die Freunde des Königs daran, ihn j eder nach besten Kräften lnit Feuer und Schwert zu verfolgen. Viele griffen auch zu den Waffen gegen ihn nicht aus Treue gegen den König noch aus Vaterlandsliebe noch, um irgendeine persönliche Beleidigung zu rächen, sondern aus bloßer Raublust. So waren alle Zügel der Gehässigkeit 35 erschlafft oder vielmehr gerissen : alle stürmen auf ihn los, plündern seine Landgüter und sonstigen Besitzungen, verwüsten sie und zünden sie an, seine Amtsleute und Bauern metzeln sie nieder, zerfleischen sie, kehlen sie ab, wenn der Zufall ihnen welche in die Hände gibt. Schließlich tobte sich ihre ungezähmte Wut so über alles Maß und alle Besonnenheit hinaus aus, 40 daß das Ungestüm ihrer feindseligen Raserei nicht einmal vor Kirchen und Weihestätten haltmachte, die er auf eigne Kosten errichtet hatte.

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7. August. - Als Sachse nach sächsischem Recht.

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Lamperti A1males

Deinde rex collecto exercitu egressus extremam operi manum per se ipsum imposuit ; principes, quos ei consanguinitate vel alia necessi­ tudine obnoxios noverat, aut acceptis obsidibus aut iureiurando, ne ad eum deficerent, obligavit. Castellum eius Hanensteinl, a quo ad primum statim belli terrorem presidium abductum fuerat, funditus

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everti iussit. Alii castello, quod Tesenberg2 dicitur, exercitum iam ad­ moverat. Sed hi qui intus erant, etsi loci situ inexpugnabiles essent et copiis omnibus, quae administrando bello necessariae erant, affatim affluerent, ultro tarnen se dedere quam ancipitem belli fortunam temptare maluerunt. Relicto illic presidio, rex in ulteriora loca ad de-

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moliendas uxoris quoque eius possessiones3 exercitum abduxit, villas multas opibus et aedificiis ornatissimas incendit, bona diripuit, in mulieres et pueros - nam viri in montes et in saltus devios se abdide­ rant - feda et hostilia multa commisit ; tantaque in ea expeditione acerba et crudelia perpessi sunt a rege proprio homines innocentes et 15 nulla saltem suspicione criminis cuiusquam infamati, ut nihil acer­ bius, nihil crufdelius a barbaris perpeti potuissent. Tandem dux Otto perdoluit, et calamitatum pondere superata est constantia pacientiae. Itaque assumptis secum ad tria milia viris electis et omni militaris disciplinae studio exercitatis impetum in

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Thuringiam fecit, villas regalis fisci, rebus cunctis affluentissimas, in­ cendit, predam multam abegit et milites suos, quorum plerosque ad societatem belli sola spes rapinarum allexerat4, hac primum mercede inescavit fidosque ac firmos sibi effecit. Ita populabundus ultra He­ schenewege pervenit. Ibi confluentibus ad se agrorum suorum culto-

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ribus, quibus milites regis preter miseram vitam nihil reliquum fe­ cerant, partem aliquam predae distribuit, verbera divinae animad­ versionis fortibus animis tolerare admonuit et pro se, quoniam arma ferre non possent, suppliciter ad Deum vota facere flagitavit. Interea Thuringi, qui se ante aliquot annos sacramento obstrin- 30 xissent, ne latrones aut raptores inultos sinerent6, rerum suarum direp­ tionibus exacerbati ad arma conclamant, conglobatis propere in­ gentibus copiis hostes e vestigio insequuntur, inventisque haud pro­ cul ab Besehenewege certarnen inferunt IIII. Nonas Septembris. Nec diu anceps pugna fuit. Nam his qui cum duce Ottone erant impigre 35

1 An der Werra..

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Vom Kriegszuge gegen Otto von Northeim

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Nun versammelte der König ein Heer und zog aus, um selbst die letzte Hand an das Werk zu legen ; die Fürsten, die er Otto durch Verwandtschaft oder irgendeine andere Abhängigkeit verbunden wußte, verpflichtete er entweder durch Geiseln oder durch Eid, nicht zu ihm abzufallen. Ottos Burg Hansteinl, aus der gleich zu Anfang des schrecklichen Krieges die Besatzung fortgeführt worden war, ließ er von Grund aus zerstören. Vor eine andre Burg, Desenberg2 mit Namen, hatte er schon Truppen gelegt. Obgleich sie ihrer Lage wegen uneinnehmbar und mit allen zur Kriegfüh­ rung notwendigen Mitteln hinlänglich versorgt war, zogen es ihre Insassen doch vor, sich freiwillig zu ergeben, als das zweifelliafte Kriegsglück zu versuchen. Der König ließ dort eine Besatzung zurück und führte sein Heer weiter, um auch die Besitzungen seiner Gemahlin3 zu verwüsten : er äscherte viele mit Kostbarkeiten und Gebäuden herrlich ausgestattete Höfe ein und plünderte sie aus, an Weibern und Kindern - denn die Männer hatten sich in den Bergen und unzugänglichen Wäldern versteckt beging er viele abscheuliche Feindseligkeiten, und so harte und grausame Behandlung erlitten auf diesem Zuge unschuldige und nicht mit dem ge­ ringsten Verdacht irgendeines Vergehens belastete Menschen von ihrem eignen König, daß sie nichts Härteres, nichts Grausameres von Barbaren hätten erleiden können. Da endlich packte Herzog Otto wilder Schmerz, und seine ausharrende Geduld ward von der Last des Unheils überwältigt. Er machte daher mit 3000 auserlesenen und in allen Künsten der Kriegführung geübten Män­ nern einen Angriff auf Thüringen, steckte die mit allen Vorräten reich ausgestatteten Königshöfe in Brand, machte reiche Beute und köderte gleich zu Anfang seine Reisigen, die in der Mehrzahl nur die Hoffnung auf Beute zu dem Kampf verlockt hatte'\ durch diesen Lohn und sicherte sich da­ durch ihre unbedingte Treue. So zog er, alles verheerend, bis über Esch­ wege hinaus. Hier verteilte er unter die sich um ihn scharenden Bauern seiner Güter, denen die Krieger des Königs nichts gelassen hatten als das elende Leben, einen Teil der Beute, ermahnte sie, die Schläge der göttlichen Strafe tapferen Mutes zu ertragen, und forderte sie auf, da sie ja keine Waffen führen könnten, für ihn inbrünstig zu Gott zu beten. Inzwischen riefen die Thüringer, die sich vor einigen Jahren eidlich verpflichtet hatten, keine Räuber und Plünderer ungestraft zu lassen5 , über die Plünderung ihrer Habe erbittert, zu den Waffen, ballten sich in aller Eile zu ungeheuren Haufen zusammen, setzten den Feinden nach, und als sie unweit von Eschwege auf sie stießen, griffen sie sie am 2. September an. Doch der Kampf war bald entschieden. Denn als Herzog Ottos Leute 2 Bei V•/arburg. 3 In Westfalen. Ottos Gemahlin war Richenza, Witwe des Grafen Hermann von Werla. • Vgl. S. 1 16, Anm . 1 . 4 Vgl. Sall . Cat. 57, 1 .

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occursantibus vix, primam prelii procellam sustinentes in fugam ver­ tuntur, et alii in proximos montes et silvas evadere, alii per iter quo venerant citatis equis reverti summo conamine nitebantur, haut satis auspicato temptatam fortunae aleam detestantes. Ipse denique, qui primo, ut res certamini committeretur, vehementissimus auctor in- s centorque fuerat, Ruotgerus comesl, is nunc primus fugiendi auctor ac signifer apparebat omnique, ut vulgo dicitur, vento citacior montes et I colles modernus ldithun3 transmittebat. Trecenti plus vel minus in ea congressione ex Thuringis4 corruerunt. Ex parte altera unus occisus, duo sunt vulnerati. 10 Dux Otto, signo receptui dato, cum a cede hostium vix et aegre militem suum revocasset, aliquamdiu in eisdem castris commoratus est, et vergente iam in vesperam die plerosque principes exercitus sui, singulos in sua, cum pace dimisit. Ipse adhibitis sibi quantas res pos­ cere videbatur copiis in ulteriorem Saxoniam contendit ibique totam 15 hyemem usque ad natalem Domini exegit, partim rapinis et depre­ dationibus victitans, partim ex possessionibus Magni comitis5, quem belli periculorumque omnium socium et innocentiae suae devotissi­ mum assertorem habebat. Is filius erat Ottonis ducis Saxoniae, egre­ gius adolescens, boni et equi in pace supra annos suos servantissimus et 20 in bello audacia et virtute militari nulli secundus. Perlato ad regem nuncio acceptae in Heschenewege cladis, omissis rebus aliis Goslariam concitus remeavit, nec inde usquam ante natalem Domini abscessit, timens scilicet, ne tam caram tamque acceptam sibi villam, quam pro patria ac pro lare domestico Theutonici reges incolere soliti erant, 25 hostes per absentiam eius, quod minitari et crebris usurpare sermoni­ bus dicebantur, in favillas cineresque redigerent. Adalbero Wormaciae episcopus " propria, ut fertur, crassitudine pre­ focatus interüt ; cui Adalbertus6 successit. Aribo diaconus, frater Willehelmi et Ottonis marchionum7 occisus so est a propriis servis suis, vir tam divinis quam secularibus litteris ad­ prime eruditus, sed I propter lasciviam morumque intemperantiam merito bonis omnibus gravis et invisus. ") B 1 c fügt hinzu: monachus Sancti Galli et frater ducis Suevorum. 1 Von Bielstein an der Werra. 2 Vgl. Silius, Ital. IV, 6. a Vgl. I. Chron. 25, 3.

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Vom Widerstand der Thüringer

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ungesäumt gegen sie anrannten, hielten sie kaum dem ersten Sturm stand und wandten sich zur Flucht : die einen suchten in die nahe gelegenen Berge und Wälder zu entkommen, die anderen trachteten mit allen Kräften, auf dem Wege, auf dem sie gekommen waren, in eiligem Ritt heimzukehren, das unter ungünstigen Auspizi�n versuchte Würfelspiel des Glücks ver­ wünschend. Der Mann schließlich, der zuerst am eifrigsten zum Kampf ge­ raten und gehetzt hatte, Graf Ruotger1 , zeigte sich j etzt als der erste Ur­ heber l.J.nd Bannerträger der Flucht und setzte, wie der Volksmund sagt, schneller als der Wind2 über Berge und Höhen als ein neuer Idithun3 • Etwa 300 Thüringer4 fielen in diesem Kampf. Auf der Gegenseite wurde nur einer getötet, und zwei wurden verwundet. Nachdem Herzog Otto das Zeichen zur Zurücknahme der Truppen ge­ geben hatte, seine Leute aber nur mit größter Mühe vom Niedermetzeln der Feinde hatte abbringen können, blieb er noch eine Zeitlang in demselben Lager, dann, als sich der Tag schon zum Abend neigte, entließ er die mei­ sten Führer seiner Truppen in Frieden in ihre Heimat. Er selbst behielt nur so viel Truppen, wie nötig schienen, und zog mit ihnen tiefer nach Sach­ sen hinein ; dort verbrachte er den ganzen Winter bis zum Geburtstag des Herrn und bestritt seinen Lebensunterhalt teils durch Plünderungen, teils aus den Gütern des Grafen Magnus5 , an dem er einen Genossen des Kampfes und aller Gefahren und einen ihm völlig ergebenen Verfechter seiner Un­ schuld hatte. Dieser war der Sohn des Herzogs Otto (Ordulf) von Sachsen, ein vortrefflicher junger Fürst, der im Frieden über seine Jahre hinaus Recht und Billigkeit wahrte und im Kampf an Kühnheit und soldatischer Tapferkeit keinem nachstand. Als der König die Nachricht von der Nieder­ lage bei Eschwege erhielt, kehrte er unter Hintansetzung anderer Ge­ schäfte eiligst nach Goslar zurück und ging von dort bis Weihnachten nirgendwohin, weil er fürchtete, die Feinde würden diese ihm so teure, so ans Herz gewachsene Stadt, die die deutschen Könige als ihre Residenz und ihre Heimat zu bewohnen pflegten, während seiner Abwesenheit in Schutt und Asche legen, was sie, so hieß es, androhten und in häufigen Gesprächen beredeten. Bischof Adalbero von Worms [Mönch von St. Gallen und Bruder des Herzogs von Schwaben] starb, wie man sagt, infolge seiner Fettleibigkeit erstickt ; sein Nachfolger wurde Adalbert6• Der Diakon Aribo, ein Bruder der Markgrafen Wilhelm und Otto7, wurde von seinen eignen Knechten ermordet ; er war in göttlichen wie welt­ lichen Wissenschaften außerordentlich beschlagen, aber wegen seiner Aus­ schweifungen und seiner Zügellosigkeit allen Guten unerträglich und verhaßt. ' Des Grafen Ruotger. 5 Ma.gnus Billung, Herzog von Sachsen, 1072-1 106. 8 1070-1107. 7 Von Meißen.

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Silvestriurn arborurn eadern quae priore anno sterilitas permansit. Sed vinearurn tanta fertilitas fuit, ut plerisque in locis pre rnultitu­ dine vix colligi vindernia posset. MLXXI. Rex natalern Domini Goslariae celebravit. Ibi per inter­ venturn Ruodolfi ducis Suevorum Welf1 filius Azzonis rnarchionis Ita-

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lorurn ducaturn Baioariae suscepit. Is filiarn2 Ottonis ducis Baioario­ rurn uxorern duxerat et per iusiurandurn altera iarn vice rnatrirnonio fidern dixerat . Quarndiu itaque res tranquillae erant, quarndiu etiarn bellurn ternere cepturn sine grandi permutatione rerurn sedari posse sperabat, rnaritalern uxori affecturn et honorern deferebat et causarn

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soceri, quanturn poterat, armis et consiliis tuebatur. At ubi anirnad­ vertit datarn in eurn esse sententiarn et bellurn iracundiarnque regis rnagis in dies adversus eurn crudescere, leges ornnes vinculaque omnia, quibus vicissirn propinquitatern firrnaverant, abrupit, satius putans periurii crirnen et violatae fidei verecundiarn sustinere quarn res suas

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florentissirnas desperatis ac perditis eius rebus adrniscere. Et prirno in tarn trepidis rebus petenti auxiliurn denegavit, dein filiarn eius a cornplexibus suis et thori consortio segregavit patrique remisit, post­ rerno ad ipsurn eius ducaturn occupandurn omnern operarn intendit, nihil pensi habens, quanturn auri, quanturn argenti, quantum redituurn ac possessionurn suarurn dilapidaret, durnrnodo quod cupiebat

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assequeretur. Directus est ergo in manu eius et potuit et invaluit3, cunctis detestantibus, quod clarissirnarn atque / opinatissirnarn in re publica dignitatern tarn feda arnbicione polluisset. Noverat rex haut satis placiturum principibus Baioariae, quod hoc

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tm:n contra rnorern et ius, turn ipsis inconsultis facturn fuisset, et prop­ terea quantocius ire in Baioariarn cogitabat, ut turnulturn, si quis forte oriretur, per se ipsurn reprirneret4• Sed e diverso haut nescius erat, si ipse longius abisset, hostes ilico in Goslariarn irnpeturn facturos et cla­ rissirnurn illud regni dorniciliurn in cinerern redacturos. Accepto a farniliaribus suis consilio, quosdarn Saxoniae principes illic presidii causa reliquit, et ipse, sicut instituerat, in Baioariarn proficisei parabat. In­ terea dux Otto videns sibi nihil iarn spei reliquurn esse, cuius et bona ornnia flarnrna hostilis absurnpsisset, et ducaturn alius in suarn potis1 1070--llOl. - Nach dem Tode Welfs III., 1055, (Herzog von Kärnten und Markgraf von Verona) heiratete seine Tochter Kunigunde den Markgrafen Azzo li. von Este : Beginn der jüngeren welfischen Linie.

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Welf I. wird Herzog von Bayern

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Die Unfruchtbarbit der Waldbäume blieb die gleiche wie im vorigen Jahr. Aber der Ertrag der Weinberge war so groß, daß man an vielen Orten die gewaltige Menge des Herbstes kaum bergen konnte. 1071 Der König feierte Weihnachten in Goslar. Dort wurde auf Fürsprache Herzog Rudolfs von Schwaben Welf1 , der Sohn Markgraf Azzos von Italien, mit dem Herzotum Bayern belehnt. Dieser hatte eine Tochter2 Herzog Ottos von Bayern geheiratet und ihr schon zum zweiten Male eidlich eheliche Treue gelobt. Solange nun Frieden herrschte und auch noch solange er hoffte, der leichtsinnig begonnene Krieg könne ohne große Veränderung der Zustände beendet werden, erwies er seiner Gemahlin eheliche Liebe und Ehre und förderte die Sache seines Schwiegervaters nach Kräften durch Waffenhilfe und gute Ratschläge. Als er aber von dem Urteil gegen ihn erfuhr und merkte, daß der Krieg und der Zorn des Königs von Tag zu Tag heftiger gegen ihn anschwoll, brach er alle Abmachungen und alle Bande, mit denen sie gegenseitig ihre Verwandtschaft aneinander­ geknüpft hatten, denn er hielt es für besser, den Vorwurf des Meineids und die Schande des Treubruchs auf sich zu nehmen, als sich in seiner glänzen­ den Lage an dessen hoffnungslose, verlorene Sache zu binden. Zunächst versagte er ihm die Hilfe, um die er ihn in seiner Not bat, dann schloß er seine Tochter von seinen Umarmungen und der Gemeinschaft des Ehebet­ tes aus und schickte sie ihrem Vater zurück, und schließlich richtete er sein ganzes Bemühen darauf, dessen Herzogtum in seine Hände zu bekom­ men, ohne Rücksicht darauf, wie viel Gold, wie viel Silber, wie viele seiner Einkünfte und Besitzungen er verschleudern mußte, wenn er nur erreichte, was er wünschte. So geriet ihm der Betrug3 , und er wurde groß und mächtig, aber alle verabscheuten ihn, weil er die glänzendste und an­ gesehenste Würde im Reich durch so schmutzigen Ehrgeiz besudelt hatte. Der König wußte, daß es den bayrischen Fürsten nicht gerade gefallen werde, was da wider Sitte und Recht und ohne ihre Befragung geschehen war, und deshalb gedachte er, so schnell wie möglich nach Bayern zu gehen, um eine Verschwörung, die etwa ausbrechen würde, persönlich zu be­ schwichtigen4 . Aber andrerseits war er sich nicht im unklaren, daß, wenn er so weit fortzöge, seine Feinde sofort einen Angriff auf Goslar machen und diese berühmte königliche Residenz in Asche legen würden. Auf den Rat seiner Vertrauten ließ er daher dort einige sächsische Fürsten zum Schutze zurück und schickte sich selbst an, wie er sich vorgenommen hatte, nach Bayern aufzubrechen. Inzwischen aber hatte Herzog Otto ein­ gesehen, daß ihm keine Hoffnung mehr blieb, da die Brandschatzungen der Feinde alle seine Güter verzehrt und ein anderer sein Herzogtum ihm vor allem zur Schmach an sich gerissen hatte, und so beschloß er, den Ent2

Ethelinda.

3 Vgl. Dan. 8, 25 und Hos. 1 2, 3. 4.

' Um Welf einzuführen.

Lamperti Armales

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simum contumeliam invasisset, statuit rem in extremum discrimen adducere et cum rege, ubi primum copia fieret, collatis signis dimicare. Itaque montem qui dicitur Hasengun1 occupavit, ut is scilicet militi­ bus suis, quomodocumque res in prelio cecidissent, receptui foret. Eum, etsi natura et situ ipso satis munitum, munitiorem tarnen manu at-

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que opere fecit, ibique convecta ex circumiacentibus agris preda, re­ gern prestolabatur. Rex accepto nuncio nihil moratus, quantas in ea trepidatione po­ tuit copias ex Saxonia, ex Thuringia atque ex Hassia celerrime con­ traxit. Caeteris principibus, qui Iongins aberant, mandavit, ut, si forte

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res sine mora et diuturnitate confici non posset, sibi quam citius pos­ sent armata manu concurrerent. Plurimum eo tempore rex consiliis utebatur Eberhardi comitis2, sapientis admodum viri. Is videns hostes sie ad bellum exercitatos, sie ipsa iam desperatione, quae plerumque

timidis etiam virtutem addere solet3, efferatos, sine magno detrimento

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rei publicae nec vinci nec vincere posse, abiit ad ducem Ottonem eum­ que per f Deum obtestari caepit, ne se suosque in tantum discrimen precipitaret ; necdum ei omnem spem veniae, omnem respirandi facul­ tatem ereptam esse. Si de monte, quem occupaverat, exercitum ab­ duceret seque regi iustis condicionibus dederet, sub iuramento se ei

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promittere, quod et veniam culpae, cuius insimulatus fuerat, et om­ nium quae iure belli amiserat restitutionem ei a rege impetraret. An­ nuente eo rem ad regem detulit et eum haut difficulter in sententiam adduxit, quippe cum tedere eum iam belli cepisset, quod propter pri­ vatum hominis amorem a principibus per ingenium trahi ac segniter

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geri videbat. Pace per iusiurandum utrimque firmata, induciae datae sunt Ottoni duci usque in pascha, ut Coloniam veniens deditionem lege, quam principes equam iudicassent, perficeret. Inter has inducias, cum dux Otto exercitum, singulos in sua, dimisisset, Retheri4 comes, partium eius haut leve momentum, occisus est ab hostibus suis prop-

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ter quasdam privatas simultates. Saricho abbas Corbeiensis obiit ; cui Wernheri einsdem cenobii mo­ nachus successit. Rex, sicut instituerat, in Baioariam abiit5, ibique compositis medio­ criter, prout turn copia erat, regni negociis, ad Rhenum rediit. Castel-

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Otto von Northeim unterwirft sich

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Scheidungskampf zu wagen und bei der ersten Gelegenheit wider den König in offner Feldschlacht zu kämpfen. Er besetzte daher den Hasunger Berg1 , damit er, wie auch immer der Kampf ausginge, für seine Krieger als Zuflucht diene. Obwohl dieser schon durch seine natürliche Beschaffenheit und seine Lage hinreichend gesichert war, ließ er ihn noch durch An­ lage von Schanzwerken befestigen, dann ließ er Beute aus den umliegen­ den Ländereien dorthin schaffen und erwartete den König. Auf die Nachricht hiervon zog der König ungesäumt so viele Truppen, wie er in dieser drängenden Hast konnte, aus Sachsen, aus Thüringen, aus Hessen eiligst zusammen. Den übrigen Fürsten, die weiter entfernt wohn­ ten, gebot er, für den Fall, daß der Krieg nicht in kurzer Zeit beendet werden könnte, so schnell wie möglich mit bewaffneter Hand zu ihm zu stoßen. Als Ratgeber diente ihm damals hauptsächlich der überaus kluge Graf Eberhard2 • Dieser erkannte, daß die Feinde, die so kriegsgeübt, so zum äußersten entschlossen waren allein schon durch die Verzweiflung, die ja selbst Furchtsamen meist Tatkraft verleiht3 , ohne schweren Scha­ den für das Reich weder besiegt werden noch siegen konnten ; deshalb ging er zu Herzog Otto und beschwor ihn bei Gott, sich und seine Leute nicht in so große Gefahr zu stürzen ; noch sei ja für ihn nicht alle Hoffnung auf Verzeihung, nicht alle Möglichkeit genommen, wieder zu Atem zu kommen. Wenn er sein Heer von dem Berge, den er besetzt hatte, wegführe und sich dem König unter billigen Bedingungen ergebe, so verspreche er ihm eid­ lich, daß er ihm beim König Verzeihung für das ihm zur Last gelegte Ver­ gehen und Rückerstattung alles dessen, was er nach Kriegsrecht verwirkt hatte, erwirken werde. Als j ener einwilligte, trug er dem König die Sache vor und erlangte ohne Mühe dessen Zustimmung, denn er war des Krieges schon überdrüssig geworden, weil er merkte, daß er von den Fürsten aus persönlicher Zuneigung zu j enem Manne raffiniert verschleppt und nur lässig geführt wurde. So wurde der Friede von beiden Seiten beschworen und dem Herzog Otto ein Waffenstilistand bis Ostern gewährt, dann solle er nach Köln kommen und dort unter den Bedingungen, die die Fürsten für billig erklären würden, seine Unterwerfung vollziehen. Otto entließ darauf alle seine Truppen in ihre Heimat, doch während des Waffenstill­ standes wurde Graf Retheri', einer seiner bedeutendsten Parteigänger, wegen privater Streitigkeiten von seinen Gegnern erschlagen. Abt Saricho von Corvey starb ; sein Nachfolger wurde Werner, ein Mönch desselben Klosters. Der König ging, wie er sich vorgenommen hatte, nach Bayern5 , und nachdem er dort die Reichsgeschäfte, so gut es damals möglich war, eini1 Von Nellenburg, gest. 1078.

Vgl. Statius Thebais IV, 12. Herkunft unbekannt. 5 Februar bis März.

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lum Hamerstein, quod a superioribus regibus iam olim dirnturn fue­ ratl, summo nisu instauravit. Pascha2 Coloniae celebravit, ibique rur­ sus Ottoni duci inducias usque in pentecosten dedit. Exacta solemni­ tate paschali Leodium abiit. Ibi ad eum vidu a3 Balduwini comitis4 venit, regiae maiestatis patrocinium expetens contra violentiam im-

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probitatemque Rutberti5 fratris Balduwini, qui et fratrem f prelio vic­ tum vita privasset6 et comitatum eins, expulsis uxore et liberis7, tiran­ nica crudelitate occupasset. Non ingratum fortassis lectori fecero, si gestae rei historiam quam paucis potero absolvam. In comitatu Balduwini eiusque familia id multis

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iam seculis servabatur quasi sancitum lege perpetua, ut unus filiorum, qui patri potissimum placuisset, nomen patris acciperet et tocius Flan­ driae principatum solus hereditaria successione optineret, caeteri vero fratres aut huic subditi dictoque obtemperantes ingloriam vitam duce­ rent, aut peregre profecti magis propriis rebus gestis florere contende-

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rent, quam desidiae ac socordiae dediti egestatem suam vana maiorum opinione consolarentur. Hoc scilicet fiebat, ne in plures divisa provin­ cia claritas illius familiae per inopiam rei familiaris obsoleret. Igitur cum Balduwinus senior8 duos genuisset filios, Balduwinum et Ruobertum, Balduwinum omnium quae habebat heredem instituit,

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Rutberto, ubi primum aetas faciendis stipendiis matura visa est, naves paravit, aurum, argentum et caeteras longinquae profectionis impen­ sas affatim prebuit, iussitque, ut ad gentes exteras iret et, si vir esset, propria sibi virtute regnum diviciasque pararet. Ille patri adquiescens, assumpta secum multitudine, qua regio pregravari videbatur, navem

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ascendit et in Galliciam ire eamque, si votis Deus successum annuis­ set, sibi subdere cogita vit. Cumque post paucos dies ad ignota quae­ dam littora applicuisset et egressus in terram ab incolis loci predas agere cepisset, illi ex omnibus partibus ad arcendam vim ilico armati conveniunt, facta congressione eum, cum aliquamdiu pugnamfortiter sustinuisset, in fugam vcrtunt, fugientcm usque ad naves perse­ quuntur sociosque eius pene ad interniciofnem prosternunt. Ipse cum

1 Am Rhein bei Neuwied. Wohl 1020 zerstört von Heinrich II. 2

24. April.

3 Richildis. 4

Markgraf Balduin VI. von Flandern (I. Graf vom Hennega.u) .

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Über die Vorgänge in Flandern

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germaßen geregelt hatte, kehrte er an den Rhein zurück. Die Burg Ham­ merstein, die schon vor Zeiten von früheren Königen zerstört worden war1 , ließ er mit großem Eifer wiederaufbauen. Ostern2 feierte er in Köln, und dort gewährte er Herzog Otto wieder eine weitere Frist bis Pfingsten. Nach Beendigung der Osterfeier begab er sich nach Lüttich. Dort kam die Wit­ we3 des Grafen Balduin4 zu ihm und erbat den Schutz der königlichen Majestät gegen die Gewalttätigkeit und Ruchlosigkeit Roberts5 , des Bru­ ders Balduins, der seinen Bruder im Kampf besiegt und erschlagen6, dessen Frau und Kinder verjagt7 und seine Grafschaft mit tyrannischer Grausamkeit an sich gebracht hätte. Es wird dem Leser gewiß nicht unwillkommen sein, wenn ich den Her­ gang dieser Ereignisse so kurz wie möglich erzähle. In der Grafschaft Balduins und in seiner Familie war es schon seit Jahrhunderten ein ge­ wissermaßen durch ein ewiges Gesetz geheiligter Brauch, daß einer der Söhne, der dem Vater am besten gefiel, den Namen des Vaters erhielt und allein die Würde eines Fürsten von ganz Flandern erbte, die übrigen Söhne aber entweder ihm untertan und seinen Befehlen gehorchend ein ruhmloses Leben führten oder außer Landes gingen und es lieber durch eigne Taten zu etwas zu bringen versuchten, als sich in Müßiggang und Stumpfheit über ihre Dürftigkeit mit eitlem Stolz auf ihre Vorfahren hin­ wegzutrösten. Das geschah, damit nicht durch Aufteilung der Provinz der Glanz j enes Geschlechts durch Mangel an Vermögen getrübt werde. Nun hatte Balduin der Ältere8 zwei Söhne gezeugt, Balduin und Robert, Balduin setzte er zum Erben seines gesamten Besitzes ein, für Robert aber rüstete er, als er das kriegsdienstfähige Alter erreicht hatte, Schiffe aus, gab ihm reichlich Gold, Silber und alle übrigen Bedürfnisse für eine weite Fahrt mit und hieß ihn zu auswärtigen Völkern fahren und sich, wenn er ein Mann sei, durch eigne Tüchtigkeit Land und Reichtum er­ werben. Robert gehorchte dem Vater und ging mit einer großen Menge Volks, die für das Land nur eine Last zu sein schien, zu Schiff in der Ab­ sicht, nach Galicien zu fahren und es sich zu unterwerfen, wenn Gott sei­ nen Wünschen Erfüllung verleihen würde. Als er nach wenigen Tagen an einer unbekannten Küste anlegte, an Land ging und anfing, bei den Be­ wohnern der Gegend Beute zu machen, kamen diese von allen Seiten eiligst bewaffnet herbei, um die Gefahr abzuwehren ; es kam zum Kampf, eine Weile hielt er dem Angriff tapfer stand, dann aber schlugen sie ihn in die Flucht, verfolgten den Fliehenden bis zu den Schiffen und machten seine Gefährten fast bis auf den letzten Mann nieder. Er selbst konnte mit eini5 Robert der Friese, Graf von Flandern. 6 Es gab keinen Kampf zwischen den beiden Brüdern. Nach dem Tode Bal­ duins VI. (1070) erfolgte die Eroberung. 7 Nur ein zweiter Sohn, Graf Balduin II. vom Hennegau. 8 Balduin V .. 1035-1067.

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Lamperti Anna.les

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paueis vix fuga elapsus ad patrem tantae ealamitatis nuneius rediit.

A quo propter male gestas res eontumeliose repulsus, alia rursum via, quoniam hae non sueeessisset, fortunam temptare adgreditur, omnia paratus, etiam extrema perpeti, ut maeulam veterem faetis reeentio­ ribus elueret. Reparatis navibus et numero militum instaurato marinis iterum fluetibus se eredidit, in regionem longinquam, ubi sedem vaganti Deus ostendisset, iter faeturus. Et eeee post paueos dies tempestate infestis­ sima eireumventus, multis suorum naufragio amissis, ipse nudus om­ niumque rerum egens vix et aegre in littus evasit. Dehine assumpto

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plebeio habitu inter eos qui Ierosolimam eausa orationis pergebaut Constantinopolim ire parabat, voeatus eo erebris legationibus North­ mannorum, qui sub imperatore Constantinopolitano militabant, qui­ que ei, si illue veniret, toeius Greeiae prineipatum pollieebantur1. Sed imperator Constantinopolitanus, eomperto hoe eonsilio, omnia flumi-

1n

na, per quae transitus in Greciam esse poterat, appositis eustodibus observari feeit, ut deprehensus ilieo trueidaretur. Sie eonatus eeptum­ que eius irritum fuit. Tandem advertens sie infeliciter sibi eedere, quameumqueviam temp­ tasset amplificandae gloriae suae, deineeps in perpetuum ab oppug-

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natione exterarum gentium animum avocavit atque in Fresiam, quae eonfinis est Flandriae, eui Thiderieus quondam eomes2 et post hune Florentius3 frater eius imperaverat, irruptionem feeit. Bis ibi eommisso prelio vietus et fugatus est. Tandem ineolae loei multis eertaminibus exhausti, eum animum eins vel ad mortem vel ad vietoriam obstina-

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turn eernerent, ultro se ei dediderunt'. Quod ubi frater eius Baldu­ winus f eomperit - iam enim pater eins morbo ae senio eonfectus na­ turae eoneesserat5 -, armata multitudine his eum sedibus proturbare magna vi, magno molimine parabat.

Cui eum exereitu adventanti Ruotbertus legatos obviam misit, obtestans per Deum, ut se fratrem suum reminisceretur nee iura germani­ tatis, apud barbaros quoque semper saerosaneta et inviolata, pollueret ; misereretur poeius peregrinationis, laborum et calamitatum, in qui­ bus totam aetatem suam detrivisset ; gauderet ipse beatus sorte sua,

1 Robert wa.r nicht im Orient. Möglicherweise überträgt L. die Fahrt Ha.ra.lds Ha.rdra.da. von Norwegen um 1045 fälschlich a.uf ihn. Überhaupt ist das meiste sagenhaft.

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Von Robert dem Friesen

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gen wenigen kaum entkommen und kehrte als Bote seines schweren Miß­ geschicks zum Vater zurück. Von dem aber wurde er wegen des unglück­ lichen Ausgangs seines Unternehmens schmählich abgewiesen ; da er hier­ mit keinen Erfolg gehabt hatte, ging er daran, sein Glück auf einem anderen Wege zu suchen, bereit, alles, selbst das Schlimmste auf sich zu neh­ men, um den alten Makel durch neue Taten zu tilgen. Nachdem er die Schiffe ausgebessert und die Zahl seiner Krieger er­ gänzt hatte, vertraute er sich noch einmal den Meeresfluten an, um in ein weit entferntes Land zu fahren, wo Gott dem Heimatlosen einen Wohnsitz zeigen würde. Doch schon nach wenigen Tagen geriet er in ein furchtbares Unwetter und verlor im Schiffbruch vieleseiner Leute, er selbst konnte sich nackt und von allem entblößt mit Mühe und Not an den Strand retten. Nun legte er die Kleidung eines gemeinen Mannes an und beabsichtigte, mit Pilgern, die, um dort zu beten, nach Jerusalem zogen, bis Konstantinopel mitzugehen, wohin ihn zahlreiche Botschaften der Normannen ge­ rufen hatten, die unter dem Kaiser von Konstantinopel als Krieger dien­ ten und ihm, wenn er dorthin komme, die Herrschaft über ganz Griechen­ land in Aussicht stellten1 • Aber als der Kaiser von Konstantinopel von diesem Plan erfuhr, ließ er alle Flüsse, über die man nach Griechenland kommen konnte, durch Wachen sichern und befahl, ihn sofort niederzu­ schlagen, wenn man ihn fasse. So scheiterte auch dieses Unternehmen. Da mußte er schließlich einsehen, daß ihm alles mißglückte, auf wel­ chem Wege auch immer er seinen Ruhm zu erhöhen versuchte ; daher ver­ zichtete er von nun an für immer auf Unterwerfung fremder Völker und fiel in das Flandern benachbarte Friesland ein, über das früher Graf Dietrich2 und nach ihm sein Bruder Florentius3 geherrscht hatte. Zweimal wurde er hier im Kampf besiegt und in die Flucht geschlagen. Als schließ­ lich die von den vielen Kämpfen erschöpften Einwohner des Landes sahen, daß er unbedingt entschlossen war, zu siegen oder zu sterben, da ergaben sie sich ihm freiwillig4 • Sobald sein Bruder Balduin das erfuhr ­ sein Vater war an Krankheit und Altersschwäche bereits eines natürlichen Todes gestorben5 -, ging er mit aller Kraft und aller Anstrengung daran, ihn durch eine große Menge Bewaffneter aus diesem Lande zu vertreiben. Als er mit einem Heer heranrückte, schickte ihm Robert Gesandte entgegen und beschwor ihn bei Gott, nicht zu vergessen, daß er sein Bruder sei, und die Rechte der leiblichen Bruderschaft nicht zu verletzen, die selbst bei Barbaren stets unverletzbar und heilig gehalten würden ; er möge vielmehr Mitleid lnit ihm haben wegen seines Umherziehans in der Fremde, seiner Mühen und Mißerfolge, in denen er sich sein ganzes Leben lang auf• Dietrich IV., 1039-49.

a Florentius 1., 1049-61 . ' 1063. Robert heiratete Gertrud, die Witwe des Florentius. 5 Balduin V., gest. 1067.

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Lamperti Armales

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quod totam communis patris hereditatem, quam iure gentium secum dividere debuisset, solus sine consorte obtineret ; se patriis finibus ex­ torrem, paterna hereditate destitutum, ab summa gloria maiorum suo­ rum ad ultimam egestatem coactum, exteras gentes bello lacessisse, terras ac maria concitasse, nihil denique pretermisisse, ne de portione

5

paternae substantiae, quae se contingeret, fratri molestus esset. Nunc laboribus exhaustum, adversitatibus defatigatum vix et aegre parvis­ simo terrarum angulo insedisse, cuius nullam partem constet ad eius dominium pertinere. Postremo id se animo fixum habere nec ab sen­ tentia ulla vi, ulla necessitate abduci posse, ut hic aut instantis iam 10 senectutis requiem aut honestae saltem mortis sepulchrum sit habi­ turus. Nihil ille his verbis motus exercitum haut segniter ad Fresiam admovebat. Tum Ruotbertus necessitate compulsus armata iuventute, quam se­ cum lectissimam habebat, obviam ei processit ; commissoque prelio ex 15 parte Balduwini multi occisi, plures vulnerati, omnes in fugam versi sunt ; quos dum ipse loco pulsos sistere pugnamque restituere summo conamine moliretur, in confertisfsimos hostium cuneos temere invec­ tus occiditur1• Cuius morte comperta, Ruotbertus ilico in Flandriam irruptionem fecit eamque sibi tamquam ex iure debitae successionis 20 totam mancipavit. Filius2 erat Balduwino impubis adhuc adolescens et necdum armis militaribus maturus. Is repente et perempti patris et hostilis irruptionis atroci nuncio attonitus ad regem Franeorum Phi­ lippum3 nomine confugit, auxilium et necis paternae vindictam ex­ petens, eo quod pater eius tam ipsi quam maioribus eius sepe in arduis 25 rebus commodissime affuisset4 et civitates quasdam ex his quas Ruot­ bertus occupaverat pro donativo ab eo accepisset5. Ille rei indignitate gravissime perrtlotus statim temere et tumultuario tantum milite col­ lectum exercitum duxit in Flandriam, de magnitudine virium suarum et hostis imbecillitate nimium presumens. Sed Ruotbertus, quo viribus erat impar, eo magis, ut rem astu tractaret, intentus, simulato ali­ quamdiu metu et fugiendi studio, ex insperato atque ex insidiis copias

1 Falsch. Robert fiel erst nach Balduins Tod ( 1070) in Flandern ein, vgl. S. 136, Anm. 6. • Balduin VI. hatte zwei Söhne, ArnuH und Balduin. Arnulf rief Philipp I. um Hilfe.

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Robert unterwirft Flandern

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gerieben habe ; er solle sich seines glücklichen Loses freuen, daß er das ganze Erbe ihres Vaters allein ohne Teilhaber innehabe, das er nach dem Völkerrecht mit ihm hätte teilen müssen ; er dagegen, aus der Heimat ver­ bannt, des väterlichen Erbes beraubt, von der Höhe des Ruhmes seiner Vorfahren zu äußerster Dürftig�eit herabgesunken, habe fremde Völker bekriegt, Länder und Meere in Aufruhr gebracht, mit einem Wort, nichts unversucht gelassen, um wegen des Anteils an dem väterlichen Vermögen, der ihm zustehe, dem Bruder nicht lästig zu fallen. Jetzt habe er sich, von Mühen erschöpft und von Widrigkeiten zermürbt, mit Mühe und Not in einem winzigen Erdenwinkel festgesetzt, von dem kein Teil - das stehe fest - zum Herrschaftsbereich des Bruders gehöre. Zum Schluß erklärte er, er sei fest entschlossen, sich durch keine Gewalt, durch keinen Zwang von seinem Vorsatz abbringen zu lassen, hier entweder für sein schon heran­ nahendes Alter einen Ruheplatz oder wenigstens für einen ehrenvollen Tod ein Grab zu finden. Doch ohne sich durch diese Worte auch nur im geringsten rühren zu lassen, rückte Balduin unverzüglich mit seinem Heer gegen Friesland an. Da bewaffnete Robert notgedrungen die auserlesene junge Mannschaft, die er um sich hatte, und zog ihm entgegen ; in dem nun entbrennenden Kampf wurden auf seiten Balduins viele getötet, noch mehr verwundet und alle in die Flucht geschlagen ; er versuchte mit größter Anstrengung, die Fliehenden zum Stehen zu bringen und den Kampf zu erneuern, aber als er dabei unvorsichtig in die dichtesten Haufen der Feinde hinein­ sprengte, wurde er erschlagen1 . Als Robert von seinem Tode erfuhr, fiel er ungesäumt in Flandern ein und unterwarf sich das ganze Land als sein ihm rechtlich zustehendes Erbe. Balduin hatte einen noch nicht mann­ baren, noch nicht waffenfähigen Sohn2 • Dieser, wie vom Donner gerührt über die plötzliche schreckliche Nachricht vom Tode seines Vaters und von dem feindlichen Einfall, floh zu dem französischen König Philipp3 und bat ihn um Hilfe und um Rache für seines Vaters Tod, denn sein Vater selbst wie seine Vorfahren hätten ihm ja in schwierigen Lagen oft bereit­ willig beigestanden', und er habe einige der Städte, die Robert besetzt hatte, von ihm zum Geschenk erhalten5 • Philipp, voller Empörung über diese schmählichen Vorgänge, raffte sofort in aller Eile aufs Geratewohl ein Heer zusammen und führte es nach Flandern, allzusehr auf die Stärke seiner Streitkräfte und die Unterlegenheit der Feinde vertrauend. Doch Robert, je weniger er ihm an Kräften gewachsen war, um so mehr darauf bedacht, List anzuwenden, tat eine Zeitlang so, als fürchtete er sich und wollte fliehen, dann aber ließ er seine Mannen unerwartet aus einem Hinterhalt über die Truppen des Königs herfallen und jagte ihnen einen sol3 Philipp I., 1060-1 108. Er war Lehnsherr des Westteiles von Flandern.

4 Balduin V. (Philipps Onkel) war sein Vormund gewesen.

5 Vgl. Anm. 3.

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La.mperti .Annales

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suas super exercitum regis effudit, tantumque eis terrorem incussit, ut abiectis armis fugiendo saluti consulere summa ope conarenturl. Filius Balduwini2, cum deinceps parum spei in armis Franeorum po­ neret, assumpta matre sua ad regem Theutonicorum Heinricum Leodii, ut predictum est3, turn

I temporis positum venit opemque eius adver-

5

sus patrui violentiam supplex imploravit, atque ut magis eum sibi ob­ noxium faceret, comitatum Reginheri quondam comitis cum castello munitissimo Mons nomine, quae scilicet predia mater eius4 a priore marito suo5 dotis nomine acceperat, sancto Lamperto tradidit6• Quae rursum episcopus Leodiensis7 duci Gotefrido8, ille itidem ipsi filio Bal-

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duini beneficü loco dedit. Hoc rex quasi precio redemptus9 episcopo Leodiensi atque duci Gotefrido, item aliis Lutheringiae principibus pre­ cepit, ut in arduis rebus presidio illi essent et Ruotbertum, si iniuste invasis sedibus ultro excedere nollet, vi et armis expellerent. Qui pro­ tinus coadunato exercitu in Flandriam profecti sunt. Sed comperto,

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quod Rutbertus cum rege Franeorum iam in gratiam redisset et ex­ piata veteri contumelia firmum sibi eum fidelemque fecisset10, infectis rebus in sua rediere, temerarium iudicantes cum rege potentissimo pri­ vatis viribus acie conßigere. Sie Rutbertus deinceps Flandriae princi20 patu in securitate pociebatur. a Fratres de monasterio Stabulaus quottidie aures regias obtunde­ bant pro repetitione monasterü Malmendrensis, quod abbati ereptum rex consilio Premensis episcopi, ut predictum estll, dono dederat Colo­ niensi I archiepiscopo. Cumque nihil ille precibus, nihil lacrimis, nihil ipsa perurgentium importunitate moveretur, inito consilio et, ut fer-

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tur, divina revelatione ad hoc faciendum incitati, ossa beati Remacli levant, Leodium deferunt et rege celebri quodam loco convivium agente12 super mensam ipsam apponunt, obsecrantes per Deum, ut, si minus filiorum, saltem patris13 tanti misereretur iam cum Christo reg­ nantis et de iniurüs suis quottidie ad tribunal aeterni iudicis proclamationem facientis ; cui nisi sua restitueret, ultra ei propter penuriam

a) B 1 c schickt vora'U8: Cum Heinricus imperator Leodium venisset. 1

Arnulf fiel.

1 Balduin II., ArnuHs Bruder, vgl. S. 140, Anm. 2.

a Anfang Mai, vgl. S. 136.

' Richildis, Tochter des Grafen Reginher vom Hennega.u.

• Herma.nn , Graf von Bergen. - Es waren aber ererbte Eigengüter.

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Robert bleibt im Besitz von Flandern

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chen Schrecken ein, daß sie die Waffen fortwarfen und sich mit aller Kraft durch die Flucht zu retten suchten1 • Der Sohn Balduins2 setzte seitdem nur noch geringe Hoffnung auf die Waffen der Franken und floh mit seiner Mutter zum deutschen König Heinrich, der sich, wie schon gesagt3, damals in Lüttich aufhielt, und bat ihn flehentlich um Beistand gegen die Gewalttätigkeit seines Oheims, und um sich ihn noch mehr zu verpflichten, übergab er die Grafschaft des ehe­ maligen Grafen Reginher nebst der sehr stark befestigten Burg Mons, Be­ sitzungen, die seine Mutter' von ihrem ersten Gatten5 als Mahlschatz erhalten hatte, dem heiligen Lambert6• Der Bischof von Lüttich7 seinerseits gab sie Herzog Gottfried8 und dieser wiederum dem Sohne Balduins selber zu Lehen. Um diesen Preis erkaufte er sich sozusagen die Hilfe des Königs9, und daraufhin befahl dieser dem Bischof von Lüttich, dem Herzog Gott­ fried und anderen lothringischen Fürsten, j enem in seiner bedrängten Lage beizustehen und Robert, wenn er das widerrechtlich in Besitz ge: nommene Land nicht freiwillig räumen wolle, mit Waffengewalt zu ver­ treiben. Diese zogen unverzüglich ein Heer zusammen und brachen nach Flandern auf. Auf die Nachricht aber, daß sich Robert bereits mit dem französischen König ausgesöhnt, die frühere Unbill gesühnt und sich ihm zu fester Treue verbunden hatte10 , kehrten sie unverrichteter Dinge heim, da sie es für unbesonnen hielten, sich nur mit ihren privaten Streitkräften auf einen Kampf mit dem mächtigen Fürsten einzulassen. So konnte sich Robert seitdem im sicheren Besitz des Fürstentums Flandern behaupten. [Als Kaiser Heinrich nach Lüttich gekommen war,] lagen ihm die Brüder des Klosters Stablo täglich in den Ohren wegen der Rückgabe des Klosters Malmedy, das der König dem Abt weggenommen und auf den Rat des Bischofs von Bremen, wie oben bemerkt11 , dem Kölner Erzbischof geschenkt hatte. Doch der König ließ sich weder durch Bitten noch durch Tränen noch durch rücksichtsloses Drängen erweichen ; da faßten sie einen Plan und wurden, wie es heißt, durch eine göttliche Offenbarung zu dessen Ausführung ermächtigt : sie nahmen die Gebeine des heiligen Remaclus, brachten sie nach Lüttich und legten sie dem König, der gerade vor vielem Volk Tafel hielt12 , auf den Tisch, wobei sie ihn bei Gott beschworen, sich, wenn schon nicht der Söhne, so doch des ehrwürdigen Vaters13 zu erbarmen, der nun mit Christo herrsche und wegen des ihm zugefügten Unrechts vor dem Stuhl des ewigen Richters täglich Beschwerde führe ; wenn er ihm sein 6 D. h. dem Bistum Lüttich.

8 Von Niederlothringen.

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Dietwin, 1048-75.

9 Der König erhielt aber gar nichts. 10

Er erhielt die französischen Teile Flanderns, und Philipp I. heiratete Roberts Tochter. 11 Vgl. S. 88. Die beiden Klöster gehörten seit ihrer Stiftung zusammen. 11 8. Mai. 1a Nämlich des hl. Remaclus, als dessen Söhne sie sich betrachteten.

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Lamperti Annales

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rerurn necessariarurn militaturi non essent. Hoc supplicationis genere, quod ad captandarn benivolentiarn cornparaturn fuerat, rex versa vice nirniurn efferatus, concitus se, relictis epulis, in palaciurn proripuit, et quo exernplo in abbaternl, tarn audacis facti incentorern, animadver­ tere deberet, plenus irarum cogitabat. Sed ecce rnensa, cui superpositae s erant sacrae reliquiae, divina virtute confracta corruit ministroque regis, haut obscuri nominis viro, crura pedesque contrivit. Qui paulo post, exorata per intercessionern beati Rernacli pietate divina, ita pri­ stinae restitutus est sospitati, ut ne cicatrix quidern in argurnenturn lesionis abolitae relinqueretur. Atque ita deinceps per totarn noctern 10 sequenternque diern tanta circa sancturn corpus coruscabat miraculo­ rurn rnultitudo, ut corporali quodarnrnodo proclarnatione videretur beatus Rernaclus ius suurn expostulare. Attonitis omnibus tantae rei novitate, rex tirnore vehernentissirno correptus, ne forte, si cunctare­ tur, caelestis in eurn protinus ultio procederet, non solurn ablata resti- 1 s tuit, sed recentibus etiarn donis pro rnunificentia regia rnagnifice cu­ rnulavit2. / Hinc digressus, pentecosten3 Halberstadt celebravit. Ibi Ottonern ducern caeterosque ingenuos4, qui curn eo arma contra rern publicarn surnpsisse arguebantur, in deditionern suscepit principibusque regni in 20 custodia habendos et statuto die sibi restituendos commendavit. Meginwardus abbas Augiensis5 dignitate sua ultro se abdicavit, offen­ sus turn infestatione quorundarn militurn suorum, qui eurn gravibus conturneliis affecerant, turn importunitate regis, qui frequentibus eurn edictis urgebat, ut predia rnonasterii, quae tarn eius quarn priorurn 2o abbaturn largicione dilapidata vix iarn in usus fratrurn suffleere pote­ rant, militibus suis in beneficiurn eroga:ret. In locurn eius non per elec­ tionis ostiurn, sed per sirnoniacae hereseos cuniculurn protinus irrupit Ruobertus abbas Babenbergensis, cognornento Nummularius, annu­ rneratis in erariurn regis mille pondo argenti purissimi6• Hic sordidissi- ao mis questibus et usuris, quas etiarn privatus adhuc in rnonasterio exer­ cuerat, infinitarn sibi pecuniarn conflaverat, et propterea rnortes epi­ scoporurn et abbaturn anxia expectatione iarn dudurn suspiraverat. 1 Dietrich. a Den Nutznießer, nämlich den Erzbischof Anno , läßt L. unerwähnt. 8 12. Juni.

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Robert wird Abt von der Reichenau

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Eigentum nicht zurückerstatte, würden sie ihm aus Mangel an den notwen­ digen Bedürfnissen fernerhin nicht mehr dienen.

Über diese Art des Bit­

tens, durch die sie sein Wohlwollen hatten erringen wollen, wurde der König im Gegenteil äußerst wütend , er verließ aufgebracht das Mahl, r,

stürzte in die Pfalz und sann zornentbrannt darüber nach, welche Strafe er über den Abtl, den Anstifter dieser frechen Tat, verhängen solle. Doch siehe, da brach der Tisch, auf dem die heiligen Reliquien lagen, durch ein göttliches Wunder entzwei, stürzte zusammen und zerschmetterte einem Hofbeamten des Königs, einem Manne berühmten Namens, Beine und

1 0 Füße. Doch auf Fürsprache des heiligen Remaclus und seine Bitte um gött­ liche Gnade wurde er kurz darauf so vollständig wiederhergestellt, daß nicht einmal eine Narbe als Kennzeichen der geheilten Verwundung zu­ rückblieb. Und die ganze Nacht über und noch den nächsten Tag er­ strahlte um den heiligen Leib eine solche Fülle von Wundern, daß es so 15 schien, als forderte der selige Remaclus gewissermaßen durch körperlichen Anruf sein Recht. Alle waren höchst erstaunt über diese unerhörten Vor­ gänge, und der König, in tiefster Angst, wenn er zögere, würde ihn womög­

20

lich sofort die Rache des Himmels treffen, erstattete nicht nur das Ge­ raubte zurück, sondern vermehrte es noch mit königlicher Freigebigkeit durch neue Geschenke2 • Von hier ging er nach Halberstadt und feierte dort Pfingsten3 • Hier nahm

er die Unterwerfung Herzog Ottos und der übrigen Edelinge1 an, die be­ schuldigt wurden, mit diesem den bewaffneten Aufstand gegen das Reich unternommen zu haben, und gab sie Reichsfürsten in Verwahrung, die sie 25 ihm an einem bestimmten Tage wieder ausliefern sollten. Abt Meginward von Reichenau5 legte sein Amt freiwillig nieder, ge­ kränkt durch die Feindseligkeit einiger seiner Lehnsleute, die ihm schweres Unrecht zugefügt hatten, sowie durch die ungestümen Zumutungen des Königs, der ihn in wiederholten Verfügungen gedrängt hatte, seinen 30 Kriegsmannen Klostergüter zu Lehen zu geben, während sie schon durch seine und der früheren Ähte Freigebigkeit stark vermindert waren und kaum

mehr zum Unterhalt der Brüder ausreichten. In sein Amt drang sogleich nicht durch die Tür einer Wahl, sondern durch den unterirdischen Gang ketzerischer Simonie der Abt Robert von Bamberg mit dem Beinamen

35 " der Schacherer" ein : er hatte an die königliche Kasse 1000 Pfund rein­ sten Silbers gezahlt6• Durch schmutzige Wuchergeschäfte, die er auch schon als einfacher Mönch im Kloster betrieben hatte, hatte er sich ein riesiges Vermögen erschachert und deshalb schon längst mit gespannter Erwartung nach dem Tode von Bischöfen und 4o

Äbten geschmachtet. Er

konnte es daher nur mit Mühe und größter Ungeduld ertragen, daß sie ' Unter ihnen Magnus Billung.

5 Vgl. S. 1 20, Anm. 3. 6

Von St. Michael. - Dreißig Pfund Gold nach anderen.

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Lamperti Armales

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Curnque eos diucius vivendo vota sua et effrenatae arnbicionis impe­ turn, quo preceps rapiebatur, rnorari graviter et irnpacientissirne fer­ ret, eo vesaniae evasit, ut preter occulta rnunera, quibus auriculario­ rurn favor redimendus erat, regi centum pondo auri promitteret, ut, eiecto eximiae sanctitatis viro abbate Widerado, sibi abbatia Fulden-

5

sis traderetur. Et profecto, quod nefarie concupiverat, ßagiciosissirne optinuisset, nisi pauci, quibus leges ecclesiasticae pecunia cariores erant,

in faciem regi, ne id faceret, obstitissent1•

Is pseudornonachus, dicam expressins vi doloris irnpulsus, J is ange­ lus Satanae

transfiguraius in angelum lucis2,

ita sanctarn et angelicarn

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rnonachorurn professionern infarnavit, corrupit, viciavit, ut rnonachi nostris ternporibus atque in his regionibus non innocentia estimentur atque integritate vitae, sed quantitate pecuniae, nec queratur in abba­ tibus eligendis, quis dignius preeBBe, sed quis carius abbatiarn possit ernere. Ita proprio huius invento, novo atque infausto huius aucupio

Io

haec in aecclesiarn introducta est consuetudo, ut abbatiae publice ve­ nales prostituantur in palacio, nec quisquarn tanti venales proponere queat, quin protinus ernptorern inveniat, rnonachis inter se non de ob­ servantia regulae zelo bono, sed de questibus et usuris zelo

amaro con­

tendentibus3. Sed haec ut digne deßeri possint, pro rnagnitudine sua

20

et proprio volumine et prolixiore opus habent tragedia. Ad cepturn pocius revertarnur. Advocatus Augiensis rnonasterii4, postquarn pecuniarium hunc ab­ batern advenire cornperit et, quanta largicione aditum sibi

Christi lupus rapax6 patefecisset, audivit,

in ovile

missa obviarn legatione de-

25

nunciavit ei sub interrninatione salutis propriae, ne intra posseBBiones Augiensis rnonasterii presurneret accedere, alioquin occursururn se et arrnata rnanu vindicatururn in libertatern, quos ipse tarn carpo rnerci­ rnonio emiBBet in servitutern. His ille auditis nimiurn animo conster­ natus est, turn propter gravern iacturarn pecuniarum suarum, turn propter ereptum sibi tarnquarn de faucibus, cui diu anxie inhiaBSet, honorern. Et prirno quidern animum induxerat rern armis experiri et, ut dici solet,

ignem gladio scrutari6, hoc

est sirnoniacarn heresirn homi­

cidüs curnulare ; sed asserentibus his qui curn eo erant supra vires suas

1 Vgl. Ga.l. 2, 1 1 . a Vgl. 2 . Kor. 1 1 , 14. 3 Vgl. Jak. 3, 14.

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Von Roberta Vertreibung

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durch ihr Weiterleben die Erfüllung seiner Wünsche und den Drang seines zügellosen Ehrgeizes aufhielten, der ihn unaufhaltsam fortriß ; da ging er in seinem Wahnsinn so weit, daß er außer den heimlichen Geschenken, womit die Gunst der geheimen Ratgeber des Königs erkauft werden mußte, dem König selber 100 Pfund Gold dafür versprach, daß er Abt Widerad, einen hochheiligen Mann, verjagte und ihm die Abtei Fulda verliehe. Und wahrlich, was er begehrte, hätte er schändlicherweise erlangt, hätten nicht einige wenige, denen die Kirchengesetze mehr wert waren als Geld, dem König ins Gesicht gesagtl, er solle das nicht tun. Dieser falsche Mönch - doch ich will in tiefer Entrüstung treffender sagen : dieser Engel Satans, der sich zum Engel des Lichts verstellt hatte2 , hat den heiligen, engelhaften Stand der Mönche so entehrt, besudelt, ge­ schändet, daß man in unserer Zeit und in unserem Lande die Mönche nicht nach ihrer Unschuld und der Reinheit ihres Lebenswandels, sondern nach der Menge ihres Geldes einschätzt, und daß man bei Abtswahlen nicht fragt, wer der Würdigste ist für das Amt, sondern wer es am teuersten kaufen kann. So drang durch die persönliche Erfindung dieses Mannes, durch seine unselige Pfründenjagd die Gewohnheit in die Kirche ein, daß die Abteien in der Pfalz öffentlich als käufliche Ware prostituiert werden, und daß niemand einen so hohen Preis dafür verlangen kann, daß er nicht auf der Stelle einen Käufer fände, während die Mönche sich nicht mit löb­ lichem Eifer in der Beobachtung der Regel, sondern mit üblem Eifer in Gelderwerb und Wucher zu übertreffen suchen3 • Aber um diese Zustände gebührend beklagen zu können, bedarf es in Anbetracht ihrer Wichtigkeit eines eignen Buches und einer weitläufigen Tragödie. Kehren wir also lieber zu unserer Erzählung zurück. Als der Vogt des Klosters Reichenau4 erfuhr, daß dieser Schacherabt heranziehe, und hörte, durch welche reichen Spenden sich dieser rei­ ßende Wolfli den Zugang zu dem Schafstall Christi geöffnet hatte, schickte er ihm Abgesandte entgegen und ließ ihm unter Bedrohung seines Lebens sagen, er solle nicht wagen, die Besitzungen des Reichenauer Klosters zu betreten, sonst würde er ihm entgegenziehen und denen, die er um so hohen Preis zur Knechtschaft erkauft habe, mit bewaffneter Hand die Frei­ heit erkämpfen. Als Robert das hörte, wurde er aufs tiefste bestürzt einerseits wegen des schweren Geldverlustes, andrerseits weil ihm die Würde, nach der er so lange Zeit gegiert hatte, nun gleichsam aus dem Rachen ge­ rissen wurde. Zunächst war er entschlossen, es auf einen Kampf ankom­ men zu lassen und, wie man zu sagen pflegt, mit dem Schwert im Feuer herumzustochern•, das heißt, die Ketzerei der Simonie noch durch Abschlachten von Menschen zu übertrumpfen ; als ihm j edoch seine Begleiter versicherten, das gehe über seine Kräfte, da ging er, verwirrt und ver' Wohl Hezil. ' Vgl. Joh. 10, 1. 12. • Vgl. S. 82, Anm. 1.

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Lamperti Armales

esse negocium, confuso, ut dignum erat, et confecto animo abiit in pos­ sessiones fratris sui, prestolaturus ibi, quos exitus tarn tristibus iniciis fors esset allatura. Nam abbatiam Babenbergensem interea suscepe­ rat Ekebertus Gorziensis disciplinae monachus1• Ad cuius ingressum omnes protinus fratres, quos prior ille abbas suis, hoc est mercatoriae

5

atque usurariae artis, disciplinis instiftuerat et quasi filios pater in

vitam moresque suos pedibus, ut dicitur, ire2 docuerat, tamquam folia quae vento raptantur3 diffugerunt. Karolus, cui rex Constantiensem episcopatum dederat4, assiduis pro­ clamationibus pro ordinatione sua sedem apostolicam appellabat.

10

Econtra fratres Constantienses obstinata contentione obluctabantur, ne contra canonum instituta is, qui preter simoniacam heresim furti quoque insimulatus fuerat, sibi episcopus ordinaretur. Papa, cum ei molesti essent, cognitionem causae a se ad archiepiscopum Mogonti­ num reiecit iussitque, ut, utrisque vocatis ad sinodum, rem diligen-

15

tissime ventilaret, et si crimina, quae obiciebantur, refellere non pos­ set, nulla eum ratione consecraret. Hac de causa sinodum archiepis­ copus Mogontiae indixit in mensem Augustum. Rex concertationem hanc iniquo valde animo ferebat propter amiciciam Karoli et plurima servicia, quibus etiam in re familiari plerumque sibi commodissime

20

affuerat, et idcirco munera sua rata ei manere cupidissime volebat. Unde Mogontino archiepiscopo graviter succensebat, quod non statim eum, contemptis obstrepentium fratrum simultatibus, ordinasset. Sed ille immobilis persistebat in sententia, illud pre se ferens, quam terri­ biliter anno superiore a papa pro simili causa obiurgatus fuisset, et

2s

quam vix et aegre sine dainno gradus sui evasisset6, et quod postea recentibus litteris sedis apostolicae, ne sine diligentissima discussione manus illi imponeret, commonitus fuisset. Itaque instantibus iam Kaiendis Augusti rex Mogontiam propera­ bat, cupiens ipse in discussione tanti negocii cum archiepiscopo cognitor assidere. Inter eundum Herveldiam venit. Inde digressus die po­ stera, in villam quae dicitur Utenhusen6 prandendi gratia divertit. Cumque refecti iam ferventissimo accelerandi itineris

f

studio certa­

tim omnes caballos repeterent, accidit, ut Liupoldus quidam de Mers-

1

Das Kloster Gorze war durch seine strenge Zucht bekannt.

2

Vgl. S. 6 1 , Anm. 6.

3o

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5

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Vom Bischof Karl von Konstanz

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zagt, wie er es verdiente, auf die Güter seines Bruders, um dort abzuwar­ ten, welchen Ausgang nach diesem betrüblichen Anfang das Schicksal der Sache bescheren werde. Denn die Abtei zu Bamberg hatte inzwischen Ekbert, ein Mönch aus der strengen Zucht von Gorze1 , übernommen. Bei dessen Amtsantritt stoben unverzüglich alle Brüder, die der bisherige Abt in seiner Zucht erzogen hatte, nämlich in der Schacher- und Wucherkunst, und die er wie der Vater seine Söhne gelehrt hatte, in Lebensführung und Sitten, wie man sagt, in seine Fußtapfen zu treten2 , auseinander wie Blätter, die der Wind vor sich hertreibt3 • Karl, dem der König das Bistum Konstanz verliehen hatte\ wendete sich wegen seiner Ordination mit dauernden Appellationen an den apostoli­ schen Stuhl. Die Konstanzer Brüder dagegen suchten mit beharrlicher Anstrengung zu verhindern, daß ihnen wider das kanonische Recht ein Mann zum Bischof geweiht werde, der außer der Simonie auch des Diebstahls beschuldigt wurde. Da sie dem Papst lästig waren, verwies er die Sache an den Mainzer Erzbischof und trug ihm auf, beide Parteien vor eine Synode zu laden, die Sache aufs gewissenhafteste zu untersuchen und j enen unter keinen Umständen zu weihen, wenn er die gegen ihn er­ hobenen Beschuldigungen nicht widerlegen könne. Daraufhin setzte der Erzbischof eine Synode zu Mainz für den Monat August an. Der König war über den Streit sehr ungehalten wegen seiner Freundschaft mit Karl und wegen seiner zahlreichen Dienste, die dieser ihm oft auch in seinen persönlichen Vermögensangelegenheiten geleistet hatte, und wünschte deshalb dringend, daß er in seinem Amt bestätigt werde. Daher war er auf den Mainzer Erzbischof schwer erzürnt, weil er ihn nicht sofort geweiht hatte, ohne die feindseligen Einsprüche der Brüder zu beachten. Doch der Erzbischof blieb unerschütterlich bei seinem Entschluß, indem er sich darauf berief, wie schrecklich er im Jahre vorher aus einem ähnlichen Anlaß vom Papst getadelt worden und nur mit Mühe und Not ohne Verlust seines Amtes davongekommen sei5 , und wie er j etzt durch neue Briefe des apostolischen Stuhls ermahnt worden sei, ihn nicht ohne gründliche Untersuchung zu weihen. Als nun der 1 . August heranrückte, eilte der König nach Mainz mit dem Wunsche, bei der Untersuchung eines so wichtigen Falls mit als Richter neben dem Erzbischof zu fungieren. Auf der Reise dahin kam er nach Hersfeld. Von hier zog er am folgenden Tage weiter und hielt in dem Dorf Udenhausen6 Rast, um zu speisen. Nachdem sie gesättigt waren, riefen sie alle voll brennendem Eifer, die Reise zu beschleunigen, um die Wette nach ihren Rossen ; da geschah es, daß ein gewisser Liupold von a

Vgl. Hiob 13, 25.

' Vgl.

5 6

Vgl.

S. 122. S. 122.

In Hessen.

150

Lamperti Armales

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burgl, regi carissimus, cuius opera et consiliis familiarissime uti solitus erat, caballo forte laberetur et proprio mucrone transfossus ilico ex­ piraret. Cuius calamitas intolerabili dolore et mesticia regem confecit, statimque Herveldiam reportaturn in medio aecclesiae curn magnifica funebris officii pompa sepelivit, XXX quoque mansos pro anima eius

5

monasterio contradidit in loco qui dicitur Mertenefelt2• Notaturn autem est hunc ipsum gladium fuisse, quo famosissimus quondam rex Hunorum Attila in necem christianorum atque in ex­ cidiurn Galliarum hostiliter debachatus fuerat. Hunc siquidem regina Ungariorum3, mater Salomonis regis, duci Baioariorum Ottoni dono dederat4, cum eo suggerente atque annitente rex filium eius in reg­

10

nurn patemurn restituisset. Cumque eurn dux Otto filio Dedi marchio­ nis Dedi iuniori in argurnenturn pignusque individuae dilectionis ad tempus prestitisset, illo, ut predictum est5, perempto, regi et per re­ gern Liupoldo huic casu obvenerat. Unde plerique ducis Ottonis fau-

15

tores divino hunc iudicio per eurn, qui ducis Ottonis fuisset, gladium occisurn interpretabantur, eo quod ad illum persequendum et de pa­ lacio eiciendurn is potissimurn regem instigasse diceretur. Legitur autem de hoc gladio in Gestis Getarum6, qui et Gothi dicuntur, quod Martis

quonda.m fuerit, quem bellandi presidem et militariurn armorum pri-

murn repertorem gentiles mentieba.ntur, eurnque post multa tempora ,

20

pastor quidam in terra. leviter absconsum deprehenderit ex sanguine bovis, cuius pedem, dum in gramine pasceretur, vulneravera.t, isque eurn Attilae regi detulerit, divina.tumque illi fuerit omniurn tune tem­ poris a.ruspicum responsis, quod gladius idem a.d interitum orbis terrarum a.tque ad pemiciem multarum gentium

f

fata.lis esset. Quod

25

verum fuisse oraculurn multarum nobilissimarum in Galliis civita.turn hodieque testa.ntur excidia, in tanturn ut gladius ipse vindex irae Dei sive Ha.gellurn Dei a. ba.rba.ris quoque diceretur. Haec, quonia.m gladii huius mentio incidera.t, per excessum sint dicta.. Rex, ma.gnifice a.c regaliter curato funere, Mogontiam, sicut insti­ tuerat, properavit. Cumque statuta die7 in sinodo cum episcopis asse­ disset, aderat Karolus, adera.nt et fra.tres Constantienses, magnam ei molem criminum obiectantes. Contra quos rex, qua.ntum salva vere-

1 Am Bodensee. t 30. Juli. - Auf dem Eichsfeld. 3 Anastasia, Gemahlin Andreas'

I.

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Von Attilas

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as

4o

Schwert

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Meersburgl, der dem König sehr teuer war und dessen Hilfe und Rates er sich in den vertraulichsten Angelegenheiten zu bedienen pflegte, von un­ gefähr vom Pferde stürzte und, von seinem eignen Schwert durchbohrt, verschied. Dieser Unglücksfall erfüllte den König mit unerträglichem Schmerz und tiefster Traurigkeit ; er ließ ihn sofort nach Hersfeld zu­ rückbringen und mit großartiger Prachtentfaltung beim Totenamt im lnnern der Kirche beisetzen ; für seine Seele stiftete er dem Kloster dreißig Hufen in Martinfeld2 • Es ist übrigens bemerkenswert, daß dieses Schwert dasselbe gewesen ist, mit dem einst der berühmte Hunnenkönig Attila zur Vertilgung der Christen und zur Vernichtung Galliens feindselig gewütet hatte. Dieses hatte nämlich die Königin von Ungarn, die Mutter König Salomons3 , dem Herzog Otto von Bayern geschenkt', nachdem der König auf dessen Rat und Betreiben ihren Sohn wieder auf den väterlichen Thron gesetzt hatte. Herzog Otto hatte es dann dem j üngeren Dedi, dem Sohn Markgraf Dedis, zum Beweis und Unterpfand unerschütterlicher Zuneigung für einige Zeit überlassen, und nach dessen oben erwähnter5 Ermordung war es an den König und durch diesen zufällig an diesen Liupold gekommen. Daher ver­ traten viele Anhänger Herzog Ottos die Meinung, dieser sei durch ein Gottesurteil mit dem Schwert, das Herzog Otto gehörte, getötet worden, weil er vor allem den König dazu aufgestachelt haben sollte, j enen zu verfolgen und aus der Pfalz zu verbannen. In der "Geschichte der Geten"8, die auch Goten genannt werden, liest man über dieses Schwert, es habe einstmals Mars gehört, von dem die Heiden fabuliert haben, er sei der Schutzherr des Krieges und der Erfinder der Kriegswaffen, nach langer Zeit habe es dann, oberflächlich in der Erde versteckt, ein Hirt durch das Blut eines Ochsen entdeckt, dessen Fuß es verwundet hatte, als er im Grase weidete, dieser habe es dem Attila überbracht, und diesem sei von allen Zeichendeutern der damaligen Zeit prophezeit worden, dieses Schwert sei vom Schicksal zum Untergang des Erdkreises und zur Vernichtung vieler Völker bestimmt. Daß diese Prophezeiung richtig war, dafür zeugt noch heutigen Tages die Zerstörung vieler berühmter Städte Galliens in solchem Maße, daß dieses Schwert von den Barbaren auch "Rächer des göttlichen Zornes" und "Gottesgeißel" genannt wurde. Das möge hier abschweifend erzählt sein, weil dieses Schwert gerade erwähnt wurde. Nachdem das Leichenbegängnis mit königlicher Pracht gehalten worden war, eilte der König, wie er sich vorgenommen hatte, nach Mainz. Als er am festgesetzten Tage7 auf der Synode mit den Bischöfen Platz genom­ men hatte, erschien Karl, erschienen auch die Konstanzer Brüder und brachten eine große Menge Beschuldigungen gegen ihn vor. Gegen diese ' 1063. &

Vgl.

S. 1 18.

6 Von Jorda.nis, Kap. 35.

' 15. August.

.Lamperti Annales

152

131/132

cundia poterat, dedita opera nitebatur et modo obiecta purgare, modo pondus obiectorum, quae non poterat purgare, callidis sermonibus co­ nabatur attenuare, plerumque etiam instantium ac perurgentium pro­ cacitatem verbis durioribus corripiebat ac frontis impudentiam oppo­ sita auctoritatis suae maiestate refringere temptabat1• Primum et se-

s

cundum diem in hoc negocio insumpsit2• Cumque accusatorum con­ stantiam nec veritate responsionis nec arte dictionis eludere posset, ad ultimum, probatis quae obiecta fuerant criminibus, baculum epi­ scopalem ab eo recepit. Verbis tarnen exquisitissimis mesticiam eius consolabatur, promittens, quod, dum primum sibi oportunum fieret,

10

benigna vice hanc calamitatem ei compensaret. Ipsis diebus regina, quae una cum rege Mogontiae aderat, filium pe­ perit3. Sed is baptizatus statim obiit delatusque in Hartesburg4 ibi sepultus est. Episcopatum Constantiensem rex Ottoni5 canonico Goslariensi de-

15

dit, recentisque calumniae exemplo conterritus confestim eum conse­ crari fecit, ne quis scilicet adversus eum scrupulus denuo per dilatio­ nem consecrationis oriretur. Inter ducem Polenorum6 et ducem Beheimorum7 J infestissima dis­ sensio erat. Propter quod eos rex in civitatem Misene autumnali tem-

20

pore8 evocatos durins corripuit et, ut deinceps suis singuli terminis con­ tenti essent nec se vicissim temerariis incursionibus lacesserent, sub obtentu regiae maiestatis precepit ; alioquin se hostem et vindicem ex­ perturus foret, qui prior alteri arma intulisset. Anno Coloniensis archiepiscopus, expulsis de Salefelt canonicis, vi-

2s

tarn illic instituit monasticam, missis eo de Sigeberg et de Sancto Pan­ taleone9 monachis. Quo in tempore et ego illuc veni conferre cum eis de ordine et disciplina monasterialis vitae, eo quod magna quaedam et preclara de illis vulgi opinione iactarentur. Denique, sicut vulgo assi­ duitate vilescunt omnia, et popularium animi novarum rerum avidi magis semper stupent ad incognita, nos10, quos usu noverant, nihili estimabant, et hos, quia novum inusitatumque aliquid preferre vide­ bantur, non homines, sed angelos, non carnem, sed spiritum arbitra-

1

Unwahr.

2

Vier Tage lang.

3

Erstaunlich nach dem , was L. vorher berichtet hat, vgl. S. 1 20.

t Am Nordrand des Harzes.

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Von Lamperts Aufenthalt in Saalfeld

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stemmte sich der König mit aller Kraft, soweit es ohne Verletzung seiner Ehre möglich war, und bemühte sich, bald die Vorwürfe zu widerlegen, bald das Gewicht der Vorwürfe, die er nicht widerlegen konnte, durch schlaue Rede zu verringern, mehrfach schalt er auch mit harten Worten die Frechheit der hartnäckig auf ihrem Standpunkt verharrenden Ankläger und versuchte, ihre Unverschämtheit dadurch zu brechen, daß er ihnen die Maj estät seiner Macht entgegensetzte1 • Den ersten und den zweiten Tag verwandte er auf diesen Versuch2 • Als er aber die feste Haltung der An­ kläger weder durch eine treffende Erwiderung noch durch kunstvolle Reden erschüttern konnte, nahm er von j enem schließlich den Bischofsstab zurück, weil die ihm vorgeworfenen Vergehen erwiesen waren. Doch trö­ stete er ihn in seiner Traurigkeit mit trefflich gewählten Worten und ver­ sprach ihm, dies Mißgeschick, sobald sich ihm eine Gelegenheit biete, durch einen Gnadenbeweis wettzumachen. In diesen Tagen gebar die Königin, die mit dem König in Mainz war, einen Sohn3 • Dieser starb aber unmittelbar nach der Taufe und wurde auf die Harzburg gebracht und dort beigesetzt4• Das Bistum Konstanz verlieh der König dem Goslarer Kanonikus Otto5 und ließ ihn, durch das abschreckende Beispiel dieser j üngsten Schikane gewitzigt, sofort weihen, damit nicht bei einer Verzögerung der Konse­ kration auch gegen ihn irgendein Bedenken erhoben werden könne. Zwischen dem Herzog von Polen6 und dem Herzog von Böhmen7 herrschte ein äußerst hitziger Streit. Der König berief sie deshalb im Herbst8 nach Meißen ; hier machte er ihnen heftige Vorwürfe und befahl ihnen unter Berufung auf seine königliche Majestät, daß sich j eder künftig­ hin mit seinem Gebiet begnüge und den anderen nicht durch unbeson­ nene Angriffe reize, sonst werde derjenige, der den andern zuerst an­ gegriffen habe, ihn als Feind und Rächer kennenlernen. Erzbischof Anno von Köln vertrieb die Kanoniker aus Saalfeld und führte dort mönchisches Leben ein, indem er Mönche aus Siegburg und St. Pantaleon9 hinschickte. Zu dieser Zeit kam auch ich dorthin, um mit ihnen die Ordnung und Zucht des Klosterlebens zu besprechen, denn ihre Vortrefflichkeit wurde im Volke außerordentlich gerühmt. Nun, wie ge­ wöhnlich alles durch beständige Gegenwart an Wert verliert und der auf Neues erpichte Sinn der Leute das Unbekannte stets mehr anstaunt, so achteten sie uns10 , die sie durch dauernden Umgang kannten, für nichts und hielten diese, die etwas Neues und Ungewohntes zu bieten schienen, nicht für Menschen, sondern für Engel, nicht für Fleisch, sondern für Geist . •

1071-86.

6

Boleslaw II., Sohn Kasimirs I.,

7

Wratislaw II.,

s

Im September.

9 In Köln. 1o D. h. die

1061-1092.

Benediktiner.

1058-1083.

154

Lamperti Annales

132/133

bantur. Et haec opinio principum quam privatorum mentibus altius pressiusque insederat. A quibus ad populum derivatus rumor tantum terroris plerisque in hac regione monasteriis iniecit, ut ad ingressum illorum alias XXX, alias XL, alias L monachi austerioris vitae metu scandalizati de monasteriis abscederent saciusque ducerent de salute

5

animae in seculo periclitari quam supra virium suarum mensuram vim

facere regno caelorum1• Et revera non inmerito Dominus super nostrates monachos despec­

tionem ef}undere2 videbatur. Nam quorundam pseudomonachorum pri­ vata ignominia nomen monachorum vehementer infamaverat, qui

10

omisso studio divinarum rerum totam operam pecuniis et questibus insumeban t3• Hi pro abbatiis et episcopatibus aures principum impor­ tune obtundebant et ad honores ecclesiasticos non via virtutum, ut maiores nostri consuevera.nt, sed per ambicionis prefruptum et male partarum pecuniarum profusionem grassabantur. Denique in coemp-

15

tionem exigui honoris aureos montes quottidie promittebant:t seculares­ que emptores largicionis suae inmoderantia excludebant, nec venditor tantum audebat exposcere, quantum emptor paratus erat exsolvere. Mirabatur mundus, unde tantus pecuniarum scateret fluvius, unde Cresi et Tantali opes in privatos homines congestae fuissent, et eos

20

potissimum homines, qui crtwis scandalum5 et paupertatis titulum pre­ ferrent et preter simplicem victum et vestitum nihil rei familiaris ha­ bere se mentirentur. Ista dominici agri zizania6, haec vineae Dei arida sarmenta et stipula aeternis ignibus preparata totum sacri gregis cor­ pus quasi tabo quodam infecerant, et secundum apostolum modicum

2s

fermentum totam corruperat massam7, ita ut omnes similes estimaremur, nec esse in nobis putaretur, qui faceret bonum, non esse usque ad unum8• Propter hoc principes regni ad instituendam in Galliis divini ser­ vicii scolam Transalpinos monachos evocabant, nostrates autem, qui­ cumque in illorum instituta ultro concedere noluissent, de monasteriis cum ignominia eiciebant. Ego tarnen, ut predixi, ad eos veniens et per XIIII ebdomadas apud eos partim in Salefelt, partim in Sigiberg com­ moratus animadverti nostras quam illorum consuetudines regulae

1 Vgl. Luk. 16, 16. 2 Vgl. Hiob 12, 2 1 . s Vgl. z. B. S. 146 ff.

ao

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Von Lamperts Aufenthalt

in

Saalfeld

155

Und dieses Vorurteil hatte sich in den Köpfen der Vornehmen noch tiefer und fester eingenistet als in denen der einfachen Leute. Von j enen aus war diese Meinung ins Volk gedrungen und erregte in den meisten Klö­ stern dieses Landstrichs solche Angst, daß bei ihrem Herannahen hier 5 dreißig, dort vierzig und anderswo fünfzig Mönche, durch die Furcht vor einem strengeren Leben verscheucht, die Klöster verließen und es für bes­ ser hielten, ihr Seelenheil in der Welt in Gefahr zu bringen, als über das Maß ihrer Kräfte hinaus Init Gewalt das Himmelreich.erobern zu wollen1 . Und in der Tat, nicht ohne Grund hat der Herr über die Mönche unseres 10 Landes Verachtung ausgeschüttet2 • Denn die persönliche Schändlichkeit einiger Pseudomönche hatte das Mönchtum in sehr üblen Ruf gebracht, denn sie kümmerten sich nicht mehr um göttliche Dinge, sondern be­ schäftigten sich ausschließlich mit Geld und Gewinn3 • Sie bestürmten die Ohren der Fürsten ungestüm nach Abteien und Bistümern und be1 5 mühten sich um kirchliche Würden nicht wie unsre Vorfahren auf dem Wege der Tugenden, sondern suchten sie sich auf dem Schleichwege der Gunstbuhlerei und durch verschwenderische Freigebigkeit mit ihren übel erworbenen Geldern zu ergattern. Selbst um ein kleines Amt zu erkaufen, versprachen sie täglich goldene Berge4 und schlossen weltliche Käufer 20 durch ihr übermäßig hohes Angebot aus, und der Verkäufer wagte nicht, so viel zu fordern, wie der Käufer zu zahlen bereit war. Die Welt fragte sich staunend, aus welcher Quelle eigentlich dieser gewaltige Geldstrom her­ vorsprudele, wieso Privatleute Schätze wie Krösus und Tantalus hätten anhäufen können und noch dazu gerade solche Menschen. die "das .Ärger25 nis des Kreuzes" 6 und den Ehrentitel der Armut als Aushängeschild be­ nutzten und vorgaben, außer einfacher Nahrung und Kleidung nichts zu besitzen. Dieses Unkraut im Acker des Herrn6, diese dem ewigen Feuer zubereiteten dürren Reiser und Halme im Weinberg Gottes hatten den ganzen Leib der heiligen Herde verseucht, und, wie der Apostel sagt7, ein 30 wenig Sauerteig hatte den ganzen Teig versauert, sodaß wir alle nun für ihresgleichen gehalten wurden und man glaubte, unter uns sei keiner, auch nicht ein einziger, der tugendhaft lebe8• Deshalb beriefen die Fürsten des Reichs Mönche von j enseits der Alpen zur Errichtung einer Schule des göttlichen Dienstes in Gallien, alle unsre s5 Landsleute aber, die sich nicht freiwillig ihren Anweisungen fügen wollten, verjagten sie Init Schande aus den Klöstern. Ich aber kam, wie gesagt, zu ihnen und habe mich vierzehn Wochen teils in Saalfeld, teils in Siegburg bei ihnen aufgehalten und dabei gemerkt, daß unsre Gewohnheiten besser 4

Vgl. Terenz, Phorm. I, 2, 18.

&

Vgl.

6

Vgl. Matth. 1 3 , 25.

7 s

Gal. 5,

Vgl. Gal. 5,

11.

9 und 1 . Kor. 5, 6.

Vgl. Ps. 14, I.

156

Lamperti Annales

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sancti Benedicti melius congruere1, si tarn tenaces propositi tamque rigidi paternarum nostrarum traditionum emulatores vellemus exi­ stere. Archiepiscopus Mogontinu s2 a festivitate sancti Michaelis usque in pentecosten3 mala valitudine laborabat, ita ut etiam desperaretur a

5

medicis, et de successione eius plerique intentissimis studiis satagerent. Karolus, quem ab episcopatu Constantiensi deiectum supra dixi­ mus4, regressus ad Magadaburgensem diocesim VI. Kal. Ianuarii obiit. J MLXXII. Rex natalem Domini Wormaciae celebravit. Inde pera­ grata aliquanta regni parte5 Goslariam regressus, totam ibidem quadra-

10

gesimam exegit6. Burchardus camerarius archiepiscopi Mogontini episcopus ordinatus est in Basilea7• Primus tune in palacio erat Adalbertus Premensis archiepiscopus, qui triumphatis emulis suis, qui eum ante aliquot annos de palacio

15

eiecerant8, solus nunc rege fruebatur, receptus non modo in gratiam et familiaritatem, sed pene in regni consortium et omnium quae publice vel privatim agenda erant societatem. Ita regem callidis subreptionibus suum fecerat9• Sed is morbo et aetate exhaustus, cum diu per exqui­ sitissimas medicorum operas morti obluctatus fuisset, quasi naturam

20

arte eludere posset, mediante quadragesima, XVI. Kal. Aprilis debi­ tum condicioni persolvit et pertinacibus odiis hominum, quod nun­ quam potuerat vivendo, tandem aliquando satisfecit moriendo. Erat plane vir admirandae compunctionis et potissimum, dum salutarem Deo hostiam immolaret, totus in lacrimas effl.uebat ; virgo quoque, ut

25

ferebatur, ab utero matris permanebat. Sed has in eo virtutes nimium in oculis hmninum morum insolentia et iactantiae levitas obfuscabant. Corpus eius ex Goslaria in sedem episcopatus sui delatum atque sepul­ tum est. Rex palmas Coloniae, pascha Traiecti celebravit10• Ubi dum ei populus vehementer obstreperet pro iniuriis et calamitatibus, quibus pas­ sim per totum regnum innocentes obprimebantur, pupilli et viduae di­ ripiebantur, monasteria et aecclesiae vastabantur, et ruptis iniquitas

1

L. bezieht sich dabei auf einen Brief aus Monte Cassino, vgl. Neues Archiv

III, S.

189 ff.

2

Siegfried.

3

29. September 107 1-27. Mai 1072.

ao

Vom Tode Adalberts von Bremen

1072

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als die ihrigen mit der Regel des hl. Benedikt übereinstimmen!, wenn wir ebenso fest an unserm Vorsatz halten und ebenso streng der Tradition unsrer Vorgänger nacheifern wollten. Der Erzbischof von Mainz2 war vom Fest des hl. Michael bis Pfingsten3 so schwer krank, daß die Ärzte ihn aufgegeben hatten und sich viele · schon eifrig um seine Nachfolge bemühten. Karl, dessen Vertreibung vom Konstanzer Bischofsstuhl wir oben be­ richtet haben4, war in die Magdeburger Diözese zurückgekehrt und starb am 27 . Dezember. 1072 Der König feierte Weihnachten in Worms. Nachdem er von dort einen ziemlich großen Teil des Reichs durchzogen hatte5 , kehrte er nach Goslar zurück und verbrachte dort die ganze Fastenzeit6• Burchard, der Kämmerer des Erzbischofs von Mainz, wurde zum Bi­ schof von Basel geweiht7• Der erste am Hof war damals Bischof Adalbert von Bremen ; er hatte über seine Nebenbuhler, die ihn vor einigen Jahren vom Hofe vertrieben hatten8, gesiegt und genoß j etzt allein die Gunst des Königs : er war nicht nur zu Gnaden angenommen und der vertraute Ratgeber geworden, son­ dern fast der Mitregent, der bei allen öffentlichen und privaten Geschäften mitwirkte. In solchem Maße hatte er sich den König durch schlaue Intri­ gen gefügig gemacht9• Aber er war krank und altersschwach, lange hatte er zwar mit Hilfe außerordentlicher Bemühungen der Ärzte gegen den Tod angekämpft, als könnte er der Natur durch die Kunst ein Schnippchen schlagen, aber um Mittfasten, am 1 7 . März, mußte er derVergänglichkeit seinen Tribut zahlen und tat so dem hartnäckigen Haß der Menschen, was er im Leben nie gekonnt hatte, endlich einmal Genüge durch seinen Tod. Er bezeigte geradezu bewundernswerte Zerknirschung, und besonders wenn er Gott das heilbringende Opfer darbrachte, zerfloß er ganz in Trä­ nen ; er blieb auch, wie berichtet wird, vom Mutterleibe an jungfräulich. Doch diese Tugenden wurden bei ihm in den Augen der Menschen durch Überheblichkeit und Ruhmredigkeit stark verdunkelt. Sein Leichnam wurde von Goslar nach seinem Bischofssitz gebracht und dort beigesetzt. Der König feierte den Palmsonntag in Köln und Ostern in Utrechtl0 • Hier schrie ihm das Volk laute Klagen entgegen wegen der Ungerechtigkeiten und Übergriffe, mit denen allenthalben im ganzen Reich Unschul­ dige bedrückt, Waisen und Witwen ausgeplündert, Klöster und Kirchen ' Vgl. S. 1 52.

5 Über Lorsch und Regensburg.

6

Nur von Ende Februar bis März.

7

1072-1 107.

8

9

1066, vgl. S. 106 f. War von 1071 an wieder in maßgebender Stellung am Hofe.

10

1. April und 8. April.

158

Lamperti Annales

134-136

habenis in omne quod voluisset facinus impune bachabatur : permotus tandem vel ipsa rei acerbitate vel profclamantium importunitate, annitentibus in hoc ipsum cunctis regni principibus, exoravit Colo­ niensem archiepiscopuml, ut post se rerum publicarum administratio­ nem susciperet. Diu ille restitit petenti, partim memoria veterum iniuriarum, partim quia homo totus in Deum suspensus divinis quam se­ cularibus negociis implicari maluisset. Superatus tarnen unanimitate postulantium privatum commodum publico postposuit. Turn primum res publica in pristinum statum dignitatemque reformari cepit, frena­ que iniecta sunt vaganti usque ad id tempus licentia.e2. Nam cum rex omnem causarum cognitionem a se ad archiepiscopum tamquam ad patrem ac salutis suae tutorem reicere soleret, ille nec gratia cuius­ quam nec odio ab iure ad iniuriam unquam abduci poterat, sed iudi­ cabat omnia, sicut scripturn est, sine personarum acceptioneS, nec con­ siderans personam pauperis in iudicio nec honorans vultum potentis'. Divites, si qui per potentiam pauperes oppressisse delati fuissent, se­ verissima animadversione castigavit ; castella eorum, quae male agen­ tibus perfugium erant, funditus everti iussit, plerosque ex ipsis et ge­ nere et opibus clarissimos in vincula coniecit. Inter quos illum nostra aetate nominatissimum Egenen5, qui duci Baioariorum Ottoni calamitatis tantae causa extiterat, cum plurimi adversus eum pro privatis iniuriis et depredationibus faciem regis interpellassent, teneri fecit eumque catenis oneraturn plerumque ad spectaculum vulgi deduci iussit, ad gratificandam scilicet popularium animis regiam severitatem. Postremo eo moderamine, ea industria atque auctoritate rem tractabat, ut profecto ambigeres, pontificali eum an regio nomine digniorem iudicares, atque in rege ipso, qui incultu atque socordia pene preceps ierat, paternam virtutem et paternos mores brevi exsuscitaret6• Rex Aquasgrani profectus sanctum Speum7 confessorem et brachium iusti Simeonis, cuius mentio est f in evangelio8, et caput Anastasii monachi et martiris aliorumque sanctorum reliquias ibi accepit atque in Hartesbure transulit. 1 Anno . 1 Vgl. Horaz, Carm. IV, 15, 10. a Vgl. Petr. 1 , 17. ' Vgl. 3. Mos. 19, 15.

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Über Anno

von Köln

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verwüstet wurden und die Ruchlosigkeit sich zügellos in allen Schandtaten austobte, nach denen es sie gelüstete ; veranlaßt entweder durch diese scheußlichen Untaten oder durch das Ungestüm der sich darüber Beklagen­ den und die dem gleichen Zweck dienenden Bemühungen aller Reichs& fürsten, bat er endlich den Erzbischof von Kölnl, als der Nächste nach ihm die Verwaltung des Reichs zu übernehmen. Dieser aber widerstand lange seiner Bitte, teils in der Erinnerung an die früheren Beleidigungen, teils weil er als ganz in Gott ruhender Mensch sich lieber mit göttlichen als mit weltlichen Angelegenheiten befassen wollte. Schließlich aber gab er 10 dem einmütigen Verlangen nach und stellte sein persönliches Interesse dem allgemeinen Besten nach. Jetzt erst begann der frühere Zustand und das Ansehen des Reichs wiederhergestellt zu werden, und der bisher frei schal­ tenden Willkür wurden Zügel angelegt2 • Denn nun verwies der König die Untersuchung aller Rechtssachen von sich an den Erzbischof als seinen 15 Vater und Hüter seines Wohls, und diesen konnte weder irgend j emandes Gunst noch Haß j emals vom Recht zum Unrecht ablenken, er richtete viel­ mehr in allen Fällen, wie geschrieben steht, ohne Ansehen der Person3 und sah im Gericht nicht auf die Person des Armen, noch bevorzugte er die Mächtigen4 • Wenn reiche Leute angeklagt wurden, Arme gewaltsam unter20 drückt zu haben, züchtigte er sie mit strengster Strafe ; ihre Burgen, Schlupfwinkel von Übeltätern, ließ er von Grund aus zerstören, und viele von ihnen, hochgeborene und überaus reiche Leute, warf er in den Kerker. So ließ er den in unsrer Zeit berüchtigten Egino5 , den Urheber so schweren Unheils für Herzog Otto von Bayern, als viele wegen privater Gewalt25 tätigkeiten und Ausplünderungen vor dem König gegen ihn Klage erho­ ben, festnehmen und in Ketten mehrfach dem Volke zur Augenweide herumführen, um das Königsgericht durch seine Strenge beim Volk beliebt zu machen. Kurz, er verfuhr mit solcher Gerechtigkeit, solcher Tatkraft, solcher Überlegenheit, daß man wirklich zweifeln konnte, ob man ihn des 30 bischöflichen oder des königlichen Namens für würdiger halten sollte, und daß er sogar im König, der durch Verwahrlosung und Stumpfheit schon fast zugrundegegangen war, die Mannhaftigkeit und die sittliche Haltung seiner Ahnen wieder erweckte6• Der König ging nach Aachen und erhielt hier den heiligen Bekenner 35 Speus7, einen Arm Sirneons des Gerechten, der im Evangelium erwähnt wird8, das Haupt des Mönchs und Märtyrers Anastasius und Reliquien anderer Heiligen und brachte sie nach der Harzburg.

5 Vgl. S. 124. Wohlstark übertrieben, dazu war die Zeitspanne Anm. 8 und S. 334, Anm. 3. 7 Unbekannt. s Vgl. Luk. 2, 25-32. 8

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gering,

vgi. S.

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Treveris quoque apud Saueturn Paulinum

XIII

corpora sanctorum

Thebeae, ut putatur, legionis1 reperta sunt, quorum haec nomina in ta­ bulis plumbeis conscripta ibidem reperta sunt: Palmatius, Tyrsus, Ma­ xentius, Constantius, Crescentius, 1ustinus, Leander, Alexander, Sother, Hormista, Papirius, Constans, 1ovianus. Dumque ex cripta, ubi sancti

5

pausabant, terra portaretur, os quoddam incaute proiectum sanguinem fudit non modicum, et usque hodie permanet sanguinolentum. De pas­ sione eorum haec ad nos ab ipsis Treverensibus scripta perlata sunt a. Rictiovarus Maximiani imperatoris prefectus, legionem Thebeam iussu ipsius circumquaque persecutus, Treverim propter ipsos 1111. Nonas

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Octobris est ingressus, et eadem die occidit ibi ducem eiusdem legionis f Tirsum cum omnibus comitatibus suis. Sequenti autem die Palmatium Trevericae civitatis consulem et patricium cum omnibus eiusdem civitatis principibus interfecit. Tercia vero die cedem exercuit in plebe sexus utrius­ que. Horum autem martirum corpora innumerabilia in sancti Paulini 15 archiepiscopi iacent aecclesia. Rex ascensionem Domini Goslariae, pentecosten Magadaburg cele­ bravit2. Ubi Adalberto Premensi archiepiscopo in quadragesima, ut predictum est3, defuncto successorem constituit Liemarum4, optimae spei iuvenem et omnium liberalium artium peritia adprime insignem.

20

Ibi quoque Otto dux Baioariorum post integrum annum deditionis suae gratiam regis recepit5, data vel regi vel his qui regi pro eo sug­ gesserant non modica portione prediorum suorum. Rex in nativitate sancti Iacobi6 Wormaciae occurrit matri suae Agneti imperatrici de Transalpinis partibus redeunti ; ubi sex aut eo

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amplius annos iam demorata fuerat7, sub nimia austeritate vitam in­ stituens, attfried setzte die Verfolgung über die Unstrut hinaus fort. 3 10. Juni. 2 Vgl. Hiob 30, 31. 1

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Von den Verlusten bei der Schlacht an der Unstrut

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aus Furcht vo�· dem dräuenden Schwert kopfüber hineinstürzten. Erst die Nacht machte dem Morden ein Ende. Und da man es nicht für ge­ fahrlos genug hielt, den Fliehenden über den Fluß nachzusetzen1 , mach­ ten sich die Krieger ans Plündern, und sie fanden im Lager der Feinde eine solche Fülle an Lebensmitteln, eine solche Menge Gold und Silber und kostbarer Gewänder, daß man glauben konnte, sie seien ausgerückt, nicht um mit dem königlichen Heer zu kämpfen, sondern um ihm ein Gast­ mahl zu geben und die Pracht ihrer Schätze prahlend vor Augen zu führen. Der König kehrte nach Sonnenuntergang unter glückwünschenden Zurufen seiner Krieger, wie es üblich ist, ins Lager zurück, heiter gestimmt und in überschäumender Freude, hatte er doch seine schlimmsten Feinde siegreich niedergerungen, und seine Krieger brüsteten sich allenthalben höchlich damit, diese und j ene von den ersten Fürsten Sachsens mit eigner Hand erlegt zu haben. Als sie dann aber auf das Schlachtfeld zurückkehrten und der eine seinen Herrn, der andre seinen Vater, der dritte seinen Bruder, wieder ein andrer einen Verwandten oder einen ihm sonst irgendwie besonders Nahestehenden unter den im Kampf Gefallenen fand, da wandelte sich alle Freude in Trauer, der Jubelgesang in Wehklage2• Von Jammern und Wehgeschrei hallte da das ganze Lager wider. Den nächsten Tag über blieben sie noch in demselben Lager und bedeckten die Leichen mit Erde ; die Vornehmeren und Reicheren schickten sie zur Beerdigung in die Heimat, aus der j eder stammte ; den Verwundeten lie­ ßen sie Pflege angedeihen ; die durch ihre Verwundung für künftigen Kriegsdienst untauglich Gewordenen schickten sie ihren Angehörigen zur Behandlung in ihr Vaterland. Nicht leicht ließ sich schätzen, wie viele Tausende auf der einen, wie viele auf der andren Seite in der Schlacht getötet worden waren, so viel aber stand eindeutig fest, daß hier mehr Adlige, dort mehr aus dem niederen Volk gefallen waren, und daß die Sieger wegen des Verlustes erlauchter Männer schwereren Schaden erlitten hatten als die Besiegten. Zu der tiefen Trauer, die alle umfing, kam noch ein stärkerer Schmerz und Reue über das Geschehene hinzu, als man erfuhr, daß die sächsischen Fürsten, die nach einem am Tage vorher verbreiteten leeren Gerücht alle­ samt bis auf den letzten Mann getötet worden sein sollten, sämtlich am Leben seien und ungebrochenen Mutes schon wieder neue Truppen zur Wiederaufnahme des Kampfes zusammenzögen. Besonders schwer zu er­ tragen war es für sie, und sie murrten untereinander ganz offen darüber, daß sie unter schweren eignen Opfern ohne den geringsten Nutzen für das Reich ihre Hände mit dem Blute schuldloser Leute befleckt hätten. Der König selber befürchtete stark, seine Krieger würden aus Reue über die Ströme nutzlos vergossenen Blutes unter Berufung auf religiöse Beden­ ken weiteren Kriegsdienst verweigern, den sie nicht ohne Sünde und Krän­ kung Gottes leisten könnten. Für diese höchst üble Sachlage wendete der Erzbischof von Mainz ein höchst übles Abwehrmittel an. Nach Beratung

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Lamperti Annales

222/223

paucis familiaribus regis consilio, repente processit in publicum et prin­ cipes Turingiae nec canonice ad sinodum evocatos nec sinodali audien­ tia secundum ecclesiasticas leges discussos precipiti sententia excom­ municavit, ea scilicet causa, quod eum anno priore Erphesfurt, cum ad exigendas decimas assedisset, districtis gladiis intra aecclesiam impetissent1• Et ne quis ei forte hoc crimini daret, quod contra canonum scita miseros homines, tarn inexplicabilibus negociis ad presens impli­ citos, tarn iniquo tempore adortus fuisset, quando tantis undique bel­ lorum procellis iactati non causis dicendis vacare, sed vitam suam fuga vel armis servare necesse haberent, ait a Romano pontifice sibi hoc permissum esse, ut absque legittimis inducüs, absque legittima dis­ cussione, die, quo sibi occurreret, eos iusto / anathemate ab aecclesia recideret. Nullum tarnen sapientem latere potuit, quo potissimum spec­ taret hoc factum, eo scilicet, ut exercitus regis promptior deinceps fidentiorque adversum eos bellum gereret, de quorum occisione, si post excommunicationem occisi fuissent, putaret se nec peccatis obnoxium fore nec paenis, quas leges ecclesiasticae statuunt homicidis2• Igitur movit exercitus de loco certaminis et transita Turingia ingres­ sus est Saxoniam, omnia circumquaque ferro et igne depopulans, tali­ tasque in villis singulis repperit opes, fecundissima scilicet regione et nullis antehac bellis attacta, ut avidissimae plebi castrorum, quae sola spe rapinarum exercitum sequebatur, copia pareret fastidium. Rex tarnen assiduas ad principes Saxoniae Iegationes turn suo, turn prin­ cipum suorum nomine destinabat, hortans eos, ut se dederent atque in clementia eins pocius quam in armis suis, quae semel infeliciter temptassent, spem sibi deinceps ponerent. Sed illi haud dubiis indiciis com­ pertum habentes, quanto in eos odio aestuaret, extremae dementiae esse iudicabant, ut ei pre.cipitanter sanguinis sui ius potestatemque facerent, cuius iram tantis ante expeditionem supplicationibus miti­ gare nequivissent. Tarnen mandaverunt ei verbis supplicibus se pacem quam bellum, clementiam eins quam indignationem semper malui:sse, et eam si alio precio quam proprio sanguine redimere potuissent, nun­ quam ad haec extrema audenda experiendaque processuros fuisse ; quodsi vel nunc saltem post illatam cladem cor eius tetigisset3 Deus, ut calamitatibus eorum condoleret, quos pene usque ad internicionem Vgl. S. 261 . 2 Der Bericht über die Bannung ist unglaubwürdig.

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Von den Verwüstungen in Sachsen

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mit einigen Vertrauten des Königs trat er plötzlich vor die Ö ffentlichkeit und verhängte über die thüringischen Fürsten ohne die kanonische Vor­ ladung vor eine Synode, ohne Verhör vor dieser und ohne Untersuchung nach den Kirchengesetzen durch übereilten Urteilsspruch den Kirchen5 bann mit der Begründung, sie hätten ihn im vorigen Jahre in Erfurt bei der zur Eintreibung der Zehnten abgehaltenen Synode in der Kirche Init gezückten Schwertern angegriffen1 . Und damit es ihm nicht etwa j emand zum Vorwurf machen könne, er habe wider die kanonischen Bestimmun­ gen unglückliche, gegenwärtig in so unentwirrbare Schwierigkeiten verlo

wickelte Menschen zu so ungünstiger Zeit angefallen, während sie, von allen Seiten von so schweren Kriegsstürmen hin und her geworfen, nicht an ihre Verteidigung denken konnten, sondern ihr Leben durch Flucht oder durch Kampf zu schützen suchen mußten, behauptete er, er habe vom Papst die Erlaubnis erhalten, sie ohne die gesetzliche Frist, ohne ge-

15 riebtliehe Untersuchung an einem ihm günstig erscheinenden Tage durch rechtsgültigen Bannfluch aus der Kirche auszustoßen. Es konnte aber keinem Vernünftigen verborgen bleiben, worauf dieses Vorgehen in erster Linie abzielte, nämlich darauf, daß die Mannen des Königs künftig be­ reitwilliger und zuversichtlicher gegen die Feinde kämpften, wenn sie 20 glaubten, sich durch deren Tötung nach ihrer Exkommunizierung keiner Sünde schuldig zu machen noch den Strafen zu verfallen, die nach den Kirchengesetzen Totschläger treffen2 • Nunmehr rückte das Heer vom Kampfplatz ab und marschierte durch Thüringen nach Sachsen, alles ringsumher Init Feuer und Schwert ver25 wüstend ; dabei fand man in allen Ortschaften so ungeheure Beute - die Gegend war überaus fruchtbar und bisher noch von keinem Krieg be­ rührt -, daß sogar das gierige Lagervolk, das sich dem Heer nur in der Hoffnung auf Beute angeschlossen hatte, dieser Fülle überdrüssig wurde. Der König schickte j edoch andauernd Gesandtschaften zu den sächsischen 30 Fürsten in seinem eignen wie im Namen seiner Fürsten und forderte sie auf, sich zu ergeben und künftighin ihre Hoffnung lieber auf seine Milde zu setzen als auf die Waffen, die sie einmal mit so ungünstigem Erfolg erprobt hätten. Doch j ene wußten aus sicheren Anzeichen, welchen glühen­ den Haß er gegen sie hegte, und hielten es deshalb für die schlimmste 35 Torheit, dem Manne voreilig Recht und Gewalt über ihr Leben einzuräu­ men, dessen Zorn sie vor dem Feldzug durch inständige Bitten nicht hat­ ten besänftigen können. Trotzdem ließen sie ihm mit demütigen Worten sagen, sie hätten immer lieber Frieden gewollt als Krieg, lieber seine Gnade als seinen Grimm, und wenn sie diese um einen anderen Preis als ihr eignes 40 Blut hätten erkaufen können, wären sie niemals dazu geschritten, dieses Äußerste zu wagen und zu versuchen ; wenn aber Gott wenigstens j etzt nach ihrer Niederlage sein Herz gerührt habe3 , so daß er Mitleid hätte mit dem Unglück derer, die er fast bis zur Vernichtung niedergeworfen habe, 3 Vgl. Jer. 4, 18.

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223-225

prostravisset, se hoc gratanter amplecti et oblitteratis a corde suo om­ nibus malis, quibus in eos iram odiumque. suum explesset, deinceps ei fidos devotosque futuros. Si autem hoc aliter quam per deditionem fieri non posset, consultius sibi esse, ut salva existimatione sua, incolumi libertate sua, in congressione publica morerentur, quam dediti ritu pe-

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cudum iugulafrentur vel diu in custodia habiti, insuper fame et siti aliisque crnciatibus macerati omni morte tristiorem vitam exigerent. Ad ultimum iussu regis profectus est episcopus Mogontinus et alii qui­ dam ex principibus et haec eadem viva voce cum eis egerunt, obsecran­ tes eos per Deum, ut, postquam male auspicato rem certamini commi-

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sissent et cladem multis posthac seculis non abolendam accepissent, nunc saltem malo suo coacti resipiscerent a stulticia nec se gentemque suam obstinata desperatione omnino perditum irent ; se in conspectu omnia cernentis Dei fidem suam interponere, quod, si se ultro dedidis­ sent, aut eadem die aut brevissimo post tempore deditione absolvendi

1s

essent, salvis sibi dignitatibus, beneficiis, prediis et aliis facultatibus suis. Econtra illi satis sibi aiebant re ipsa cognitam et spectatam esse et principum fidem et regis atrox atque inplacabile ingenium, cum post illas condiciones pacis, quas priore anno in Gerstingun1 rex, principi­ bus suffragium ferentibus, quam sancte firmasset, tarn crudeliter in eos

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culpae, quam tune condonaverat, vindictam exercuisset, nec princi­ pum fides periclitantibus quicquam opis presidiique contulisset. Pro­ inde frustra eos rogare, ut fidem suam nunc experiantur quasi incog­ nitam, quam in campis Turingiae luce clarius multo suo incommodo experti fuissent2• Ita defixi in sententia persistentes _haud procul a

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Magadaburg locis munitissimis se continebant, quia, licet multitudine abundarent, congressionibus tarnen deinceps abstinendum, nisi inevi­ tabilis necessitas incidisset, decreverant. Tarnen Udo marchio3 et epi­ scopus Merseburgensis4 et pauci alii nobiles Saxoniae deditioni consen­ serunt. Ex quibus Udo marchio, f dato pro se obside filio suo5, statim deditione absolutus est. Episcopus in monasterium Loressan missus ; alii diversis principibus, ut ad tempus servarentur, commendati sunt. Rex usque Halbcrstat cum exercitu venit, omnia, ut ceperat, cir­ cumquaque ferro et igne depopulans. Goslariam quoque cum paucis per-

1 Vgl. S. 228, Anm. 1. 2 Kurz gesagt, die Fürsten verweigerten die bedingungslose Ergebung ebenso wie vor der Schlacht.

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Von dem Widerstand der sächsischen Fürsten

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so würden sie darüber sehr froh sein, dann würden sie die Erinnerung an alle Unglücksschläge, durch die er seinen Zorn und seinen Haß gegen sie befriedigt habe, aus ihrem Herzen tilgen und ihm künftig treu ergeben sein. Wenn dies aber nicht anders als durch ihre Unterwerfung geschehen 5 könne, dann sei es ratsamer fij.r sie, um ihren Ruf zu wahren und ihre Freiheit unverletzt zu erhalten, in offenem Kampf zu sterben, als sich zu ergeben und dann wie Vieh abschlachten oder in langer Gefangenschaft halten zu lassen und obendrein, durch Hunger und Durst und andere Martern gepeinigt, ein Leben zu führen, das schlimmer sei als j eder Tod. Zuletzt kamen zu ihnen auf Befehl des Königs der Erzbischof von Mainz 10 und einige andere Fürsten und verhandelten mit ihnen mündlich über die­ selbe Frage ; sie beschworen sie bei Gott, doch j etzt endlich, nachdem sie mit so ungünstigem Erfolg ihre Sache dem Kampf anheimgegeben und Schaden erlitten hätten, der in vielen künftigen Jahrhunderten nicht zu tilgen sei, 1 5 unter dem Zwang ihrer Notlage ihre törichte Haltung aufzugeben und sich und ihr Volk nicht durch ihre hartnäckige Tollkühnheit völlig zugrundezu­ richten ; sie gäben ihnen vor den Augen des allessehenden Gottes ihr Wort, daß sie nach ihrer freiwilligen Unterwerfung noch an demselben Tage oder doch in kürzester Zeit danach von der Übergabe losgesprochen werden 20 und im unangetasteten Besitz ihrer Würden, ihrer Lehen, ihrer Güter und sonstigen Vermögenswerte bleiben würden. Darauf erwiderten die Sach­ sen, sie hätten die Zuverlässigkeit der Fürsten und des Königs harten, unversöhnlichen Sinn durch Tatsachen hinlänglich erkannt und durch­ schaut, da er trotz des Friedensschlusses, den der König im vorigen Jahre 25 in Gerstungen1 unter Zustimmung der Fürsten hoch und heilig bestätigt habe, die Schuld, die er ihnen damals vergeben habe, so grausam an ihnen gerächt und ihnen in ihrer Not die Zusicherung der Fürsten keinerlei Hilfe und Schutz geboten habe. Deshalb verlangten sie vergebens, daß sie j etzt ihre Zuverlässigkeit als etwas Unbekanntes erproben sollten, die sich ihnen 30 in den Gefilden Thüringens zu ihrem schwersten Nachteil sonnenklar ent­ hüllt hätte2 • So verharrten sie denn unbeugsam bei ihrem Entschluß und . hielten sich in gut befestigten Plätzen in der Nähe von Magdeburg, denn obwohl ihnen genug Volk zur Verfügung stand, hatten sie beschlossen, sich künftig auf keine Feldschlacht mehr einzulassen, wenn es nicht un35 bedingt nötig wäre. Markgraf Udo3 j edoch und der Bischof von Merse­ burg4 sowie einige andre sächsische Edle willigten in die Übergabe. Mark­ graf Udo gab für sich seinen Sohn5 als Geisel, und wurde daraufhin so­ fort von der Übergabe entbunden. Der Bischof wurde in das Kloster Lorsch geschickt, die andern wurden verschiedenen Fürsten zur einstweiligen Ver40 wahrung übergeben. Der König kam mit dem Heere nach Halberstadt und verwüstete wei­ ter wie bisher alles ringsum mit Feuer und Schwert. Er ging auch nach 3 Von der Nordmark. 4

Wernher.

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Wahrscheinlich einen der jüngeren Söhne.

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rexit, parcens loco ditissimo et sibi semper gratissimo, ne quam ad­ missa multitudine sentiret depredationis iniuriam. Cumque exercitus in dies fame et siti deperiret, veteri frumento partim igne, partim tan­ tae rnultitudinis usibus absumpto, novo autern necdurn rnaturo, curn­ que spes nulla esset sine largioribus induciis et rnaioribus irnpensis bellurn hoc confici posse, exoratus rex a principibus Saxonia excessit, et transitis finibus Turingiae, ubi Eschenewege pervenit, exerciturn di­ rnisit, accepta a principibus firmissirna sponsione, quod ad iterandarn expeditionern XI. Kal. Novernbris rnaiores et ambiciosius instructas sibi in Gerstingun copias adducturi essent. Quo in tempore nunciaturn est regi Dietwinurn1 Leodiensern epi­ scopurn, virurn rnultis ornaturn virtutibus et per plures iam annos sacer­ docio perfunctum, ab hac luce rnigrasse. Cui protinus rex per inter­ venturn Gozelonis ducis propter eius excellens in milicia rneriturn suc­ cessorern constituit Heinricurn quendarn Vertunensern canonicurn, ipsi duci consanguinitate proxirnurn2• Quo ille beneficio regi devinctus ope­ rarn suarn futurae expeditioni quarn rnaxirnam pollicebatur. Rex, dimisso exercitu, concitus Worrnaciam venit. Nec rnulto post Burchardus prepositus Treverensis aecclesiae, qui ad regern Ruzeno­ rum legatione regia f functus ierat3, reversus est, tauturn regi deferens auri et argenti et vestiurn preciosarum, ut nulla retro rnernoria tau­ turn regno Teutonico uno ternpore illaturn referatur. Qua regern rner­ cede ad hoc tantum redirnere volebat rex Ruzenorurn, ut fratri suo, quem regno expulerat, adversurn se non preberet auxilium. Quod certe gratis etiarn irnpetrare potuisset, quia intestinis ac dornesticis bellis occupatus ad externa tamque rernotis gentibus inferenda bella nullo rnodo vacabat. Per se magno rnuneri rnagnurn addidit precium tem­ poris oportunitas. Nam ingentibus recentis belli expensis erarium regis exhaustum fuerat4, et miles vehementer instabat nuper exactae mili­ ciae premium efflagitans ; cui nisi ad votum regia largicione satisfecisset, haud dubie constabat, quod eum ad reliquam negocii partem, quae profecto maior restare timebatur, minus devotum habiturus esset. Mogontinus archi cp iscop us5 efferatus in Halberstatcnsem episco­ pum6, pro eo quod per eum potissimum stetisse videretur, n c Saxones 1 2

Von 1 048-75.

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Er starb

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2:J. Juni.

l 07!i-! H . Sohn des Grafen Friedrich von Tou l .

3 Im ,J ul i .

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Vgl . R . 262.

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Von verschiedenen Verhandlungen

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Goslar, aber nur mit wenigen Begleitern, um diesen überaus wohlhaben­ den und ihm stets besonders teuren Ort zu schonen und zu verhindern, daß er, wenn er eine große Menge Kriegsvolk mitbrächte, gewalttätige Plünderung zu spüren bekomme. Da aber das Heer von Tag zu Tag schlim5 mer unter Hunger und Durst litt, weil das alte Getreide teils verbrannt, teils für den Unterhalt einer so großen Menge verbraucht, das neue aber noch nicht reif war, da ferner keine Aussicht bestand, diesen Krieg ohne längere Waffenruhe und ausgedehntere Vorkehrungen beenden zu kön­ nen, gab der König den Bitten der Fürsten nach und verließ Sachsen ; 1 0 als er nach einem Marsch durch Thüringen in Eschwege angelangt war, entließ er das Heer, nachdem er von den Fürsten die feste Zusage erhal­ ten hatte, daß sie ihm am 22. Oktober in Gerstungen stärkere und glän­ zender ausgerüstete Truppen für einen neuen Feldzug zuführen würden. Zu dieser Zeit wurde dem König gemeldet, daß Bischof Dietwin von 15 Lüttich1 , ein durch viele Tugenden ausgezeichneter Mann, der das Bi­ schofsamt viele Jahre verwaltet hatte, aus der Welt geschieden sei. Zu seinem Nachfolger bestimmte der König auf Verwendung Herzog Goze­ los wegen dessen hervorragender Leistungen im Kriege einen gewissen Heinrich, einen Kanoniker aus Verdun, der ein sehr naher Verwandter 20 des Herzogs war2 • Durch diesen Gunstbeweis verpflichtet, versprach Go­ zelo dem König seine volle Unterstützung für den kommenden Feldzug. Der König ging nach der Entlassung des Heeres eiligst nach Worms. Kurz danach kam der Trierer Dompropst Burchard zurück, der als könig­ licher Gesandter zu dem russischen König abgeordnet worden war', und 25 überbrachte dem König eine solche Menge Gold und Silber und kostbare Stoffe, daß seit Menschengedenken niemals so reiche Geschenke auf ein­ mal ins deutsche Reich gebracht worden sein sollen. Aber der russische König wollte um diesen Preis nur den König dazu bestimmen, seinem Bruder, den er aus dem Lande gejagt hatte, keinen Beistand zu leisten. ao Doch das hätte er sicherlich auch umsonst haben können, da ja der König durch Kriege im eignen Land in Anspruch genommen war und unter kei­ nen Umständen Zeit dafür hatte, auswärtige Kriege, noch dazu gegen so entfernt wohnende Völker zu beginnen. Dem an sich schon großen Ge­ schenk verliehen die Zeitumstände noch größeren Wert. Denn durch die 35 gewaltigen Aufwendungen für den j üngsten Krieg war der königliche Schatz erschöpft4 , und die Krieger forderten dringend und ungestüm ihren Lohn für den kürzlich geleisteten Kriegsdienst ; hätte der König dieses Verlangen nicht mit königlicher Freigebigkeit erfüllt, so war mit Sicherheit zu erwarten, daß er für das weitere Unternehmen, dessen 40 schwierigster Teil, wie man befürchten mußte, noch bevorstand, nicht mehr auf ihre völlige Ergebenheit rechnen könnte. Der Erzbischof von Mainz5 war auf den Bischof von Halberstadt6 schwer erzürnt, weil er ihm in erster Linie die Schuld daran zu tragen schien, 4

Fraglich nach der gewaltigen Kriegsbeute.

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Siegfried.

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Burchard.

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226f2Z1

deditioni consentirent, spirituali armatura debellare parat, quem mili­ tari manu non potuerat. Legatum ei mittit eumque ad sinodum evo­ cat, intentans ei crimen periurii ea de causa, quod contra rem publi­ cam et regem, cui sub iureiurando fidem spopondisset, instructam aciem dux ipse belli direxisset ; et hac occasione episcopatu eum de-

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turbare, si vota sequatur effectus, machinatur ; parum recolens se ip­ sum eadem noxa teneri, quia et ipse et cuncti principes regni, qui nunc partium regis erant, in haec eadem contra regem bella a principio con­ iuraverant1. Sed nuncius metu hostium, per quorum terras trans­ eundum erat, retardatus est, ne ad legittimas inducias, sicut solemne

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est, ei diem diceret ; atque ita ineptum consilium eadem levitate eva­ nuit, qua ceptum fuerat. Sinodum tarnen eodem anno mense Octobri Mogontiae congre­ gavit. Ubi inter alios [episcopos] a, qui convenerant, aderat Curien­ sis episcopus2, apostolicae J sedis litteras3 et mandata deferens,

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quibus ei sub interminatione gradus et ordinis sui precipiebat4, sicut antea quoque multis legationibus preceperat, ut presbiteros omnes, qui intra suam diocesim essent, cogeret aut inpresentiarum coniu­ gibus renunciare aut se inperpetuum sacri altaris ministerio abdicare. Quod dum facere vellet, exurgentes, qui undique assidebant, clerici

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ita eum verbis confutabant, ita manibus et tocius corporis gestu in eum debachabantur, ut se vita comite sinodo excessurum desperaret. Sie tandem rei difficultate superatus statuit sibi deinceps tali questione omnino supersedendum et Romano pontifici relinquendum, ut causam, quam ipse totiens5 inutiliter proposuisset, ille per semetipsum, quando

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vellet et quomodo vellet, peroraret. Heinricus Spirensis episcopus, cum iam thesauros aecclesiae Spirensis pene omnes puerili levitate dilapidasset et predia militibus suis in beneficium erogasset, in tantum ut vix in dimidium annum sumptus ei ex reditibus aecclesiae ministrari possent, inopinata morte subtractus est6• De cuius obitu dignam memoria visionem vidit clericus quidam, qui ei defuncto protinus in episcopatum successit, nomine Huzmannus7• Putabat se in choro Spirensi cum episcopo et caeteris clericis stare, et

&) Fehlt bei B 1 und B 2. 1 Vgl. S. 194 und 202. • Heinrich. a Vom 3. September.

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Von der Synode in Mainz

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daß die Sachsen nicht in die Ü bergabe gewilligt hatten, und so ging er daran, ihn mit geistlichen Waffen niederzuzwingen, was er ja mit bewaff­ neter Hand nicht vermocht hatte. Daher schickte er einen Abgesandten an ihn ab und lud ihn vor eine Synode : er beschuldigte ihn des Meineids, weil er gegen das Reich und gegen den König, dem er unter Eid Treue gelobt hätte, persönlich als Anführer im Krieg ein kampferprobtes Heer geführt habe, und er führte im Schilde, ihn unter diesem Vorwand aus seinem Bischofsamt zu vertreiben, wenn sich sein Wunsch erfüllte, ohne genügend zu bedenken, daß er in die gleiche Schuld verstrickt war, da ja auch er sich wie alle Fürsten des Reichs, die j etzt auf der Seite des Königs standen, anfangs zu demselben Krieg gegen den König ver­ schworen hatte1 • Aber der Bote wurde durch seine Furcht vor den Fein­ den, durch deren Land er gehen mußte, aufgehalten, so daß er ihm den Termin nicht innerhalb der üblichen gesetzlichen Frist anberaumen konnte ; so wurde dieser törichte Plan ebenso leichtfertig vereitelt, wie er gefaßt worden war. Der Erzbischof veranstaltete jedoch in demselben Jahr im Oktober zu Mainz eine Synode. Unter anderen, die erschienen waren, war der Bischof von Chur2 dort anwesend und überbrachte einen Brief3 und mündliehe Aufträge des apostolischen Stuhls, in denen ihm unter Androhung des Verlustes seines Ranges und seines Amtes befohlen wurde4, sämt­ liche Priester seiner Diözese zu zwingen, entweder sofort ihren Ehefrauen zu entsagen oder für immer auf den Altardienst zu verzichten. Als er das aber tun wollte, sprangen die zahlreich anwesenden Geistlichen auf, protestierten so heftig mit Worten und tobten mit Fäusten und drohen­ den Gebärden des ganzen Körpers dermaßen gegen ihn, daß er schon die Hoffnung aufgab, heil von der Synode fortzukommen. So ließ er sich end­ lich durch diesen Widerstand überwältigen und beschloß, sich in Zukunft mit dieser Frage nicht mehr zu befassen und es dem Papst zu überlassen, eine Sache, deren er sich schon so oft5 ohne Erfolg angenommen hatte, selber von sich aus zu erledigen, wenn er wolle und wie er wolle. Bischof Heinrich von Speyer wurde durch einen plötzlichen Tod da­ hingerafft6, nachdem er schon fast alle Schätze der Speyrer Kirche mit kindischem Leichtsinn verschleudert und ihre Güter seinen Dienstmannen zu Lehen gegeben hatte, in solchem Umfang, daß kaum noch die Auf­ wendungen für ein halbes Jahr aus den Einkünften der Kirche bestritten werden konnten. Von seinem Hinscheiden hatte ein Domgeistlicher na­ mens Huzmann7, der ihm sogleich im Bischofsamt folgte, eine bemerkens­ werte Vision. Er sah sich mit dem Bischof und den übrigen Geistlichen ' Diese Drohung ist unwahr. 5 Einmal, vgl. S. 258-260. • 26. Februar. 7 1075-90.

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Lamperti Armales

227-229

ecce ingrediebantur chorum tres viri, unus exacta aetate, canicie ve­ neranda, duo iuvenes tamquam in obsequium senioris destinati. Cum­ que in medio chori aliquamdiu taciti constitissent, ait senior his, qui circa se erant, iuvenibus : ,Quid tardatis quod vobis iussum est ex­ plere 1 ' At illi : ,Tuum', inquiunt, ,pater est primo adversus eum dictare sententiam, et nos sine dilatione quicquid iudicaveris exequemur'. Et ille : ,Propter multa', inquit, ,mala, quae in locum hunc et in sauetarn f Dei genitricem operatus est, egressa est a Deo sententia, ut interficia­ tur'. Ad haue vocem corripientes episcopum decollaverunt et truncum in ligno crucis, quod in eadem aecclesia in sublime elatum stabat, suspenderunt. Cumque maue facto clericus nimio horrore concussus epi­ scopo somniumretulisset, visus est ei quasi deliramenta loqui, et propter sospitatem corporis sui optimeque constantem omnibus membris vi­ gorem suum nullum tarn e vicino imminentis exicü sensum admisit. Et ecce septimo dehinc die, cum ad vespertinalem sinaxim cum fratribus in choro staret, sensit repente parvulam sibi instar puncti pustulam in collo excrescere, qua paulatim in inmensum intumescente, ante me­ diam noctem defunctus est. Post abductum de Saxonia regis exercitum iterum Saxones et Tu­ ringi crebra conventicula faciebant, in quibus plebs contra principes, et principes contra plebem gravissima simultate tumultuabantur. Suc­ censebat plebs principibus, quod eam ad sumenda contra regem arma importunis suasionibus impulissent et nunc, cum ad certarnen ventum esset, ipsi fuga elapsi plebem prosternendam, conculcandam et ritu inertium pecudum iugulandam hostibus exposuissent. Irascebantur principes plebi, quod, ipsis in aciem progressis et pro numero suo satis impigre rem gerentibus, plebs intra castra inerti ocio desedisset et peri­ clitantibus plurimum irritae spei, nihil opis presidüque diu expectata contulisset. Turn vero omnes in commune Saxones omnes Turingos infestissime aversabantur et cum his iustius quam cum rege bellum sibi fore dicebant, quod, in fugam verso Saxonico exercitu, Turingi per om­ nes vias et compita oppositi fugientes invaderent, raperent, lacera­ rent et ignominiosa nuditate fedatos de suis finibus effugarent. Iam in eo erat, ut ad vim magnumque aliquod malum iurgia spectare viderentur. Sed episcopus Halberstadensis1 et Otto dux quondam Baioariae, quofrum potissimum consilio bellum Saxonicum administrabatur,

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Über die Beratungen im Lager der Sachsen

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im Chor zu Speyer stehen, da traten drei Männer in den Chor, ein Greis mit ehrfurchtgebietendem weißen Haar und zwei Jünglinge, anscheinend zum Dienst für den Alten bestimmt. Eine Weile standen sie schweigend 5

in der Mitte des Chors, dann sagte der Greis zu den neben ihm stehenden Jünglingen : "Was zögert ihr, auszuführen, was euch befohlen ist ? " Darauf erwiderten diese : "Deine Aufgabe ist es, Vater, zuerst den Spruch über ihn zu verkünden, dann werden wir ohne Säumen dein Urteil über ihn vollstrecken. " Da sprach der Greis : "Wegen seiner zahlreichen schli m­ men Taten, die er gegen diesen Ort und gegen die heilige Gottesgebärerin

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begangen hat, ist von Gott das Urteil ergangen, daß er getötet werde. " Auf diesen Spruch hin ergriffen sie den Bischof, enthaupteten ihn und hängten den Rumpf an das Holz des Kreuzes, das hochragend in der Kir­ che stand. Am folgenden Morgen berichtete der Domherr voller Entsetzen

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dem Bischof den Traum, diesem aber machte er den Eindruck, als rede er irre, seine körperliche Gesundheit und vollkommene Rüstigkeit an allen Gliedern ließ bei ihm gar nicht den Gedanken an ein so nahe bevorstehen­ des Ende aufkommen. Doch siehe, am siebenten Tag danach, als er beim Vespergottesdienst mit den Brüdern im Chor stand, merkte er plötzlich, wie in seinem Hals eine punktförmige Pustel entstand, die aber allmäh-

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lieh ungeheuer anschwoll und an der er noch vor Mitternacht starb. Nach dem Abzug des königlichen Heeres aus Sachsen hielten die Sach­ sen und Thüringer wieder zahlreiche Versammlungen ab, auf denen das Bauernvolk gegen die Fürsten und die Fürsten gegen das Bauernvolk in heller Feindschaft tobten. Das Volk zürnte den Fürsten, weil sie es durch

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ungestümes Zureden zur Waffenerhebung gegen den König verleitet hät­ ten, weil sie dann aber, als es zum Kampf gekommen sei, selber durch die Flucht entkommen seien, das Volk aber den Feinden preisgegeben hät­ ten, so daß diese es niederstrecken, zerstampfen und wie wehrloses Vieh abschlachten konnten. Die Fürsten zürnten den Bauern, weil diese, wäh-

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rend sie selber gekämpft und sich trotz ihrer geringen Zahl recht tapfer geschlagen hätten, in trägem Müßiggang im Lager gefaulenzt und ihnen in der Gefahr wohl viel vergebliche Hoffnung erweckt, aber keineswegs den lange erwarteten Beistand gebracht hätten. Dann aber richtete sich die erbitterte Abneigung aller Sachsen ins-

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gemein gegen alle Thüringer : sie erklärten, sie würden mit mehr Recht gegen sie kämpfen als gegen den König, denn als das sächsische Heer in die Flucht geschlagen war, hätten sich den Fliehenden die Thüringer auf allen Wegen und Stegen entgegengestellt, sie angegriffen, ausgeplündert,

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mißhandelt und schmachvoll von allem entblößt aus ihrem Lande gej agt. Schon war es nahe daran, daß die Streitereien zu Gewaltanwendung und einer schlimmen Katastrophe führten. Da gelang es dem Bischof von Hal­ berstadt1 und dem ehemaligen Bayernherzog Otto, die in erster Linie die 1 Burchard.

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efferatae multitudinis animos salubri moderatione mitigabant, oran­ tes eos per Deum, ne arma, quae pro vindicanda libertate sua concor­ diter sumpsissent, nunc diabolico furore raptati in propria viscera re­ torquerent, neu hostibus suis, qui luctuosam a se victoriam report.as­ sent, per intestinam hanc sedicionem animos audaciamque repararent.

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Preterea cernentes, quod infractam prima adversitate plebem vehe­ menter iam belli peniteret pariter et tederet, veriti etiam, ut semper varium et instabile est piebis ingenium, ne ipsos principes captos regi traderent et suam salutem eorum sanguine redimerent, retulerunt ad eos de pace instauranda suaseruntque, ut, quoniam semel accepta

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clades belli eis tedium horroremque incussisset, omnem nunc operam verterent ad placandam regis adversum se indignationem. Gratanter nimis hoc auditum acceptumque est ab omni plebe. Statim­ que episcopum Premensem1 et Udonem marchionem2 collato consilio ad regem miserunt orare per Deum, ut saltem nunc sanguine eorum ex-

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saturatus iracundiae suae modum poneret nec exiguum gentis Saxoni­ cae, quod atrocissimae cedi superfuerat, usque ad internicionem dele­ ret ; diem pocius locumque constitueret, quo tuto venire, tuto causam dicere liceret. Se iuxta iurisdictionem omnium regni principum de omni iniuria, qua se lesum diceret, paratos ei ad votum satisfacere,

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omnem postremo satisfactionem proponere, omnia, salva modo vita et libertate, libenter passuros fore, si tantum expeditionem, quam ad­ versum se omnibus regni principibus indictam comperissent, ad tempus inhiberet. Ad haec rex ait se nec eis nec cuiquam iustam satisfactionem de culpa proponenti veniam negaturum, de tanto autem tamque 2s atroci negocio precipitanter sententiam ferre nec velle nec debere, donec principes regni in unum convenirent, in quorum communem ignominiam lesae regiae maiestatis iniuria redundaret, et quorum tarn virtute bellum transigendum quam consilio pax reparanda esset, pre­ sertim cum iam sepenumero bona et f pacifica promittentes fefellissent ; se principibus suis in expeditionem coadunandi exercitus diem XI. Kal. Novembris constituisse in Gerstingun 3• Si eos patrati facinoris revera peniteret, eo venirent, accepturi illic, quamcumque regni principes equam iudicassent pro admissa temeritate sententiam.

1 2

Liemar. Von der Nordmark.

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Von den Bemühungen der Sachsen um Frieden

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Leitung des sächsischen Kriegs in Händen hatten, die aufgeregte Menge durch beschwichtigendes Zureden zu beruhigen : sie baten sie bei Gott, die Waffen, die sie einträchtig zur Erringung ihrer Freiheit ergriffen hät­ ten, j etzt nicht in teuflischer Raserei gegen ihr eignes Herzblut zu kehren 5 und ihren Feinden, die einen so betrüblichen Sieg über sie errungen hät­ ten, nicht durch dieses Zerwürfnis neuen Auftrieb und neuen Mut zu ge­ ben. Da sie außerdem sahen, daß das Volk gleich beim ersten Mißerfolg den Mut verloren hatte und bereits den Krieg ebenso bereute, wie es des­ sen überdrüssig war, und da sie auch fürchteten, wie ja der Sinn des Vollo

kes immer wankelmütig und unbeständig ist, sie möchten die Fürsten dem König als Gefangene ausliefern und mit deren Blut ihre eigne Ret­ tung erkaufen, so machten sie ihnen den Vorschlag zu neuen Friedens­ verhandlungen und rieten ihnen, da ihnen ja die einmal erlittene Nieder­ lage Abscheu und Grauen vor dem Kriege eingeflößt habe, nun alles daran

15 zu setzen, den Unwillen des Königs gegen sie zu besänftigen. Mit größter Freude vernahm das ganze Volk diesen Vorschlag und stimmte ihm zu. Und sofort schickten sie nach einer Beratung den Bischof von Bremen1 und den Markgrafen Udo2 zum König, um ihn bei Gott zu 20

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bitten, j etzt wenigstens, wo er sich an ihrem Blute gesättigt hätte, seinem Zorn ein Ziel zu setzen und den kleinen Rest des sächsischen Stam­ mes, der das schreckliche Blutbad überlebt habe, nicht bis zur Ausrot­ tung zu vernichten ; er möchte lieber Tag und Ort bestimmen, wo sie un­ gefährdet zu ihm kommen und ungefährdet ihre Sache führen könnten. Sie seien bereit, ihm auf Grund eines Urteilsspruchs aller Reichsfürsten für alles Unrecht, durch das er sich für verletzt erkläre, nach Wunsch Ge­ nugtuung zu leisten, kurz, ihm j ede Sühne zu gewähren, sie würden bei Zusicherung von Leben und Freiheit willig alles leiden, wenn er nur den Kriegszug gegen sie, den er, wie sie erfahren hätten, allen Reichsfürsten

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angesagt hätte, zunächst einmal verschiebe. Darauf erwiderte der König, er werde weder ihnen noch sonst j emandem, der für sein Vergehen an­ gemessene Sühne anbiete, seine Gnade verweigern, doch er wolle und dürfe nicht über einen so bedeutungsvollen, schrecklichen Fall übereilt ein Ur­ teil fällen, bevor die Reichsfürsten zusammenträten, die ja sämtlich durch eine Maj estätsbeleidigung in ihrer Ehre gekränkt würden, und deren Tapferkeit zur Durchführung eines Krieges genau so nötig sei wie ihr Rat zur Wiederherstellung des Friedens, zumal die Sachsen ihn ja schon wieder­ holt durch verlockende, friedenverheißende Anerbietungen getäuscht hät­ ten ; er habe seinen Fürsten als Termin für die Versammlung des Heeres zu dem Feldzug in Gerstungen3 den 22. Oktober bestimmt. Wenn sie die begangene Tat aufrichtig bereuten, sollten sie dorthin kommen, um dort für ihre Unbesonnenheit das Urteil entgegenzunehmen, das die Fürsten des Reichs für billig erachten würden. a

Vgl. S. 198, Anm .

4.

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Hoc ubi Saxonibus nunciatum est, ingens eos metus invasit ; omnes­ que certatim animi conatus intendunt ad placandam, quoquo modo pos­ sirrt, regis iracundiam, ea pre omnibus cura habita, ut expeditionem, quae tarn atrociter indicta fuerat, preverterent, recolentes, quantum calamitatis superiore expeditione accepissent, et haud dubie scientes,

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quod infestiorem nunc hostem instaurata post fugam bella sibi reddi­ tura essent. Itaque supramemoratos nuncios et cum his Hildinisheimen­ sem episcopum1 mittunt, nec regi solum, sed cunctis etiam principibus pro recuperatione pacis obnixius supplicare iubent ; omnem admissi faci­ noris satisfactionem, etiam supra leges et natales suos promittunt. Et

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ne verbis minus fidei sit, obsides ipsis legatis, quantos accipere velint, tradunt, quibus se obligent nulla umquam levitate, nulla necessitate, nulla ingruentium casuum mutabilitate promissionibus suis defuturos fore. Sed rex, comperto per occultos indices, quod id molirentur, omni­ bus modis satagebat, ne qua deinceps ante instructam expeditionem

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legatis Saxonum copia fieret colloquendi secum, precavens scilicet, ne forte principes regni supplicationibus eorum et satisfactionis humili­ tate evicti clementiorem in eos animum acciperent. Quin immo tarn honori quam iracundiae suae hoc consultius fore iudicabat, ut, si fieri posset, novis occasionibus veteres inimiciciae instaurarentur, et vulnus

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quod prepropere in cicatricem obduci metuebat, recentibus plagis ex­ ulceraretur. Ad hoc efficiendum novo et exquisito utitur artificio. Si­ mulat se a Salomone2, viro sororis suae, rege Ungariorum, in Ungariam evocatum, ut lites, quae inter ipsum erant et Ioiadam, qui eum regno expulerat, habito cum utrisque familiari colloquio componeret. f

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Huius itineris pretextu, elusis omnibus regni principibus, in Boe­ miam proficiscitur3, nullum secum habens ex principibus preter Heri­ mannum comitem de Glizberg", equites autem expeditos et tanto ne­ gocio allectissimos pene quingentos, qui, reiectis sarcinis et caeteris bellorum impedimentis, itineri tantum et certamini se expedierant. Assumpto in Boemia duce5 et exercitu Boemico, per occultos ac dif­ ficillimos tramites in Saxoniam contendit, sperans se eos, ut dici solet, inter oscitantes, cum inopinatus irrueret, facile oppressurum, aut si re-

1 Hezilo, der die Gunst des Königs wiedererlangt hatte. -: August und Sep tember. 2 Vgl. S. 70 und 86. s Im September.

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Als den Sachsen dieser Bescheid gemeldet wurde, befiel sie ein gewal­ tiger Schreck, und sie richteten alle um die Wette ihr ganzes Sinnen dar­ auf, irgendeine Möglichkeit zu finden, den Zorn des Königs zu besänfti­ gen ; vor allem lag ihnen daran, den Kriegszug, der so unheildrohend gegen sie angesagt war, abzuwenden, denn sie vergegenwärtigten sich, welch schweres Unheil durch den vorigen Krieg über sie gekommen war, und sie wußten sehr wohl, daß ihnen j etzt der nach ihrer Niederlage wieder­ beginnende Krieg einen noch viel erbitterteren Feind bescheren werde. Deshalb schickten sie die oben genannten Abgesandten und mit ihnen den Bischof von Hildesheim1 und trugen ihnen auf, nicht nur den König, son­ dern auch alle Reichsfürsten inständig um Wiederherstellung des Frie­ dens anzuflehen ; sie versprachen j ede Genugtuung für ihr Vergehen, selbst wenn sie über die Gesetze und ihre Standesrechte hinausginge. Und da­ mit man ihren Worten nicht mißtraue, gaben sie den Gesandten selber so viel Geiseln mit, wie sie annehmen wollten, durch die sie sich bindend ver­ pflichten wollten, sich durch keine Unüberlegtheit, durch keine Notlage, durch keinen etwa vom Zufall herbeigeführten Wandel j emals zu einem Bruch ihrer Versprechungen verleiten zu lassen. Doch der König erfuhr dutch geheime Angeber von dieser Absicht und suchte mit allen Mitteln dahin zu wirken, daß die Abgesandten der Sachsen vor der Vollendung der Rüstung zu dem Feldzug keine Möglichkeit mehr zu einer Unterredung mit ihm erhielten, um zu verhindern, daß sich etwa die Reichsfürsten durch ihre inständigen Bitten und ihre bußfertige Unterwürfigkeit zu grö­ ßerer Milde gegen sie erweichen ließen. Er meinte im Gegenteil, es sei für seine Ehre wie für seinen Zorn dienlicher, wenn womöglich die alte Feind­ schaft durch neue Anlässe geschürt würde und die Wunde, deren allzu rasche Vernarbung er fürchtete, durch frische Streiche wieder aufgerissen vrürde . Um das zu erreichen, bediente er sich eines neuen, ausgeklügelten Kunstgriffs : er gab vor, von dem ungarischen König Salomon2 , dem Gemahl seiner Schwester, nach Ungarn gerufen worden zu sein, um Streitig­ keiten zwischen ihm und Joas, der ihn aus dem Lande getrieben hatte, durch eine vertrauliche Unterredung mit beiden beizulegen. Unter dem Vorwande dieses Zuges täuschte er alle Reichsfürsten und brach nach Böhmen auf3 , ohne einen Fürsten mitzunehmen außer dem Grafen Hermann von Gleiberg4, dazu fast fünfhundert für diese wichtige Aufgabe besonders ausgewählte leichte Reiter, die sich unter Zurücklas­ sung alles Gepäcks und sonstigen Kriegsgeräts nur für den Marsch und den Kampf gerüstet hatten. In Böhmen stieß der böhmische HerzogS mit seinem Heer zu ihm, und nun zog er auf geheimen, sehr schwierigen Nebenwegen gegen Sachsen hin in der Hoffnung, sie bei seinem unvermuteten Einfall noch gähnend, wie man zu sagen pflegt, zu treffen und mühelos niederzuwerfen oder, wenn sie Widerstand zu leisten versuchten, dadurch 4

Vgl. S. 292, Anm. 2.

5 Wratislaw.

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bellare temptarent, iustam deinceps adversum eos belli et satisfac­ tionis non suscipiendae causam habiturum. Igitur usque Misenen per­ venit urbem, sitam in confinio Boemiae et Saxoniae. Ibi a civibus paci­ fice in civitatem susceptus episcopum1 civitatis ipsius comprehendit, omnia quae eius erant diripuit, hoc solo reum maiestatis eum adiudicans,

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quod toto tempore belli Saxonici nullos ad eum servatae erga rem publicam fidei indices, nuncios vel litteras destinasset2• Caeterum homo ecclesiasticae paupertatis et nihil aut parum habens pompae militaris vota forsitan contra rem publicam facere, arma ferre non poterat, nec magnum vel his vel illis partibus momentum amicus sive ini- 10 micus extitisset. Paulo ulterius progressus viilas nonnullas incendit, homines ple­ rosque ingenuos in deditionem accepit, cum repente premissi ex­ ploratores retulerunt iam dudum consilii huius famam ad Saxo­ nes prevenisse, eosque C(}ntractis plus quam

XV milibus armato- 15

rum haud procul castra posuisse, paratos cum eo proxima die, nisi satisfactionem eorum pacisque condiciones ultro susciperet, collatis signis confiigere ; postremo de eius suorumque omnium salute actum esse, si vel ultra progredi vel in eisdem castris posteram diem operiri vellet, presertim cum nullum undique conclusis effugium pateret, nec

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periculum manu propulsare multitudine impares possent. Ingens omnes qui cum rege erant metus perculit, vehementerque eius ineptiam incusabant, quod, cum successus / suos nimium ipse urgeret et morarum impaciens multorum annorum3 bella uno impetu conficere immoderata

presumptione festinaret, se suosque hostibus puerili levitate prodidisset.

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Eorum monitis obtemperans citato quantum poterat reditu in Boe­ miam, unde eruperat, se recepit. Quem abeuntem quidam ex Saxonibus expediti equites insciis princi­ pibus insecuti, priusquam Saxonia excederet, oppressissent, nisi Boto comes4, qui ad Saxones a rege orator ierat provocare eos ad deditionem

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vel, quod verius est, vana pollicitatione veniae implicare eos, ne perse­ querentur abeuntem, hac arte eos fefellisset. Digrediens a castris Sa­ xonum, cum eos paulatim vestigia sua insequi cerneret, iter unius diei, quo ad regem redire poterat, longos anfractus et longa viarum dispendia legendo vix triduo confecit, ut per hanc scilicet moram rex, elusis hosti- 35 1

Benno.

2 Auf S. 178 berichtet L. selbst über Bennos Empörung.

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Von dem mißglückten Einfall des Königs in Sachsen

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einen triftigen Grund zum Kriege gegen sie und zur Ablehnung der Ge­ nugtuung zu haben. Er zog bis Meißen im Grenzgebiet von Böhmen und Sachsen. Hier nahmen ihn die Bürger friedlich in die Stadt auf, den Bischof der Stadt! aber ließ er festnehmen und seinen gesamten Besitz plündern, denn er erklärte ihn für des Hochverrats schuldig allein deswegen, weil er während des ganzen Sachsenkriegs niemals Boten oder Briefe an ihn geschickt habe als Zeichen seiner dem Reich bewahrten Treue2 • Übrigens lebte dieser Mann in priesterlicher Armut, umgab sich mit keinem oder doch nur geringem militärischen Pomp und konnte vielleicht gegen das Reich Wünsche hegen, aber nicht kämpfen, und er hätte als Freund oder Feind weder für die eine noch für die andre Partei wesentliche Bedeutung gehabt. Der König rückte dann etwas weiter vor, steckte einige Dörfer in Brand und nahm die Unterwerfung vieler Freien entgegen ; da berichteten plötzlieh die vorausgeschickten Kundschafter, das Gerücht von diesem geplan­ ten Einfall sei schon längst zu den Sachsen gedrungen, und sie hätten mehr als 1 5 000 Bewaffnete zusammengezogen und in geringer Entfernung ihr Lager aufgeschlagen, bereit, am nächsten Tage mit ihm in offener Feld­ schlacht zu kämpfen, wenn er nicht freiwillig ihre Genugtuung und Friedensbedingungen annehme ; schließlich erklärten sie, es sei um sein und aller seiner Leute Leben geschehen, wenn er noch weiter vorrücke oder auch nur in demselben Lager den nächsten Tag abwarten wolle, zumal da kein Fluchtweg offenstehe, da sie ja ringsum eingeschlossen seien und sie bei ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit die Gefahr nicht mit dem Schwert abwehren könnten. Da ergriff alle Leute des Königs gewaltige Angst, und sie machten ihm wegen seiner Torheit heftige Vorwürfe, daß er sich und seine Leute in kindischem Leichtsinn den Feinden preisgegeben habe dadurch, daß er, allzusehr auf persönliche Erfolge erpicht und kei­ nen Aufschub duldend, in maßloser Vermessenheit einen langjährigen Krieg3 in kürzester Zeit mit einem Schlag beenden wolle. Auf diese Vor­ stellungen hin marschierte der König so schnell wie möglich wieder nach Böhmen zurück, von wo er vorgebrochen war. Bei seinem Abmarsch setzten ihm einige leichte sächsische Reiter ohne Wissen der Fürsten nach, und sie hätten ihn, noch bevor er Sachsen verließ, überwältigt, wenn Graf Bodo4 sie nicht durch eine List getäuscht hätte ; dieser war vom König als Unterhändler zu den Sachsen geschickt worden, um sie zur Übergabe aufzufordern oder, was wahrscheinlicher ist, durch das leere Versprechen einer Verzeihung einzuwickeln, damit sie ihn nicht beim Abzug verfolgten. Als er nun das Lager der Sachsen verließ, merkte er, daß sie langsam seinen Spuren folgten ; da legte er den Weg, auf dem er in kaum einem Tag zum König hätte zurückkehren kön3 Erst zwei Jahre Sachsenkrieg. 4 Wahrscheinlich von Goslar, vgl. S. 212.

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Lamperti Armales

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bus, in tutum evadere potuisset. Ita periculo liberatus rex militem su­ um, labore et vigiliis, turn potissimum fame ac siti pene usque ad defec­ tionem spiritus confectum, post paucos dies Ratisponam reduxitl, e vicino iam imminente die, quo in expeditionem exercitus adunandus erat ; invenitque ibi legatos Saxonum multo iam tempore reditum eius

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prestolantes. Quos responsum differendo diu suspensos tenuit, ut redire ad suos, nisi sub ipso imminentis iam expeditionis articulo et pene in­ cumbente iam cervicibus eorum hostili gladio, non possent. Cumque sub idem fere tempus Dedi marchio2 longa egritudine absumptus de­ cessisset, marcham3 eius Boemico duci in premium exactae miliciae

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dedit, tametsi uxor marchionis Adala filium suum4, cui hereditaria suc­ cessione marcha debebatur, ei paulo ante pro se obsidem misisset, et ipse marchio post recuperatam pacem in Gerstingun intemeratam semper erga regem remque publicam fidem servasset. lnterea Saxones et Turingi inter spem et metum, inter pacem et bel-

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lum, inter comminationes et supplicationes vario curarum aestu fluctuabant nec, quid agefrent, quo se verterent, quibus modis impe­ ditam rem explicarent, crebra conventicula facientes deliberare pot­ erant. Censebant alii, quoniam rex ad internicionem tocius Saxonicae gentis animum obstinasset, ut, quicquid Saxoniae vel Turingiae ho-

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stilis exercitus reliquum fecisset, id ipsi iniecto igne absumerent et sie cum omnibus suis ultra fluvium Albim commearent ; alii, ut Liuticios, infestissimam nomini christiano gentem, finibus suis excirent et bar­ baro milite adversus barbarum atque implacabilem hostem uterentur ; alii, ut castella, quae rex per Turingiam et Saxoniam dirui iusserat, in-

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staurarent et locorum difficultate, quoniam armis non possent, salu­ tem suam, quoad indignatio Domini deflagraret, tutarentur. Sed plebs omnem spem suam ab armis ad preces verterat ; quae si non proficerent, incunctanter animo fixerat omnia feda etiam atque crudelia pocius tolerare quam se certamini committere et ancipitem fortunae aleam, quam semel infausta congressione experta fuisset, denuo temptare. Econtra principes, quibus primum auctoribus ea rabies inarserat, se­ dulo instabant obsecrantes, ut pristinae virtutis memores crimen non

1 Im Oktober. 2 Vgl. S. 1 14f. und 178, Anm. 4. a Die Niederlausitz.

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Von den Beratungen der Sachsen

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nen, kaum in drei Tagen zurück, indem er, seitlich abbiegend, weite Um­ wege wählte, so daß infolge dieser Verzögerung der König den Feinden entwischen und sich in Sicherheit bringen konnte. So wurde der König aus der Gefahr gerettet, und er führte nun nach wenigen Tagen seine Truppen, die durch Anstrengungen und Nachtwachen, dazu j etzt noch vor allem durch Hunger und Durst fast bis zum völligen Versagen er­ schöpft waren, nach Regensburg zurück1 , als der Tag schon nahe bevor­ stand, an dem sich das Heer zu dem Kriegszug versammeln sollte ; hier fand er die Gesandten der Sachsen vor, die schon lange auf seine Rückkehr gewartet hatten. Diese hielt er durch Hinauszögern seiner Antwort la.nge hin, so daß sie erst in dem Augenblick nach Hause zurückkehren konn­ ten, als der Feldzug unmittelbar bevorstand und das feindliche Schwert fast schon über ihrem Haupte schwebte. Ungefähr um dieselbe Zeit starb Markgraf Dedi2 nach langer Krankheit, seine Mark3 verlieh er zur Belohnung für seine militärischen Leistungen dem Herzog von Böhmen, ob­ gleich ihm Adela, die Gemahlin des Markgrafen, kurz vorher ihren Sohn4, dem auf Grund der Erbfolge die Mark zustand, als Geisel zugeschickt und der Markgraf selber nach der Wiederherstellung des Friedens in Gerstun­ gen seine Treue gegen Kaiser und Reich immer unverletzt bewahrt hatte. Inzwischen schwankte die Stimmung der Sachsen und Thüringer in der auf- und absteigenden Flut der Sorgen zwischen Hoffnung und Furcht, zwischen Frieden und Krieg, zwischen Drohungen und Bitten, und sie konnten sich trotz zahlreicher Beratungen nicht schlüssig werden, was sie tun, wohin sie sich wenden, wie sie die verwickelte Lage entwirren sollten. Die einen meinten, da es der König ja hartnäckig auf Ausrottung des ganzen sächsischen Stammes abgesehen habe, sollten sie selbst alles, was das feindliche Heer von Sachsen und Thüringen übriggelassen hatte, in Schutt und Asche legen und mit allen Angehörigen über die Eibe aus­ wandern ; andere waren der Ansicht, man solle die Liutizen, diese erbittertsten Feinde des Christentums, aus ihrem Lande herbeirufen und sich gegen einen barbarischen, unversöhnlichen Feind barbarischer Krieger be­ dienen ; wieder andere rieten, überall in Thüringen und Sachsen die Bur­ gen, deren Zerstörung der König befohlen hatte, wieder irrstandzusetzen und, da sie das ja mit der Waffe nicht könnten, in der Unzugänglichkeit dieser Plätze Schutz zu suchen, bis der Zorn des Herrn verraucht sei. Doch das Bauernvolk wollte von Kampf nichts mehr wissen und setzte all seine Hoffnung auf Bitten ; es war ohne j edes Schwanken fest entschlossen, wenn diese nichts nützten, lieber alles, auch das Entehrendste und Grau­ samste auf sich zu nehmen, als sich zum Kampf zu stellen und von neuem das unsichere Würfelspiel des Glücks zu versuchen, das sie schon einmal in der unglücklichen Schlacht erprobt hätten. Die Fürsten dagegen, die ihre rasende Wut zuerst geschürt hatten, beschworen sie inständig, ihrer altbewährten Tapferkeit nicht zu vergessen noch ihrem Ruhm Abbruch ' Heinrich, vgl. S. 378.

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Lamperti Armales

inferrent gloriae suae1

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nec optime cepta fedissime nunc desererent ;

quod prima congressione res secus cessisset, id causae extitisse, quod nec regem nec principem habuissent, cuius ductu et auspicio bellum gerere, ad cuius imperium castra locare, in aciem procedere, manum cum hostibus conferre et caetera militaris disciplinae munia observare " sacramenti militaris religione cogerentur ; si is scrupulus ademptus esset, nullum regem, nullum deinceps exercitum virtuti Saxonicae in­ superabilem fore ; proinde malae rei, pessimae spei unicum hoc reme­ dium et adversus insolentiam hostium vehemens telum esse, si regem sibi crearent et in eius verba iurarent se pro patria, pro coniugibus,

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pro liberis, pro legibus, pro libertate sua usque ad mortem militaturos esse. In his et huiuscemodi deliberationibus cum sepe septem, sepe

XIIII dies continua / consultatione trivissent, incertiores semper quam veneraut domum revertebantur. Ita cum omnia deliberando pertemp­ tassent, omnia discussissent, propter acceptae cladis recentem memo-

1s

riam niliil racionibus suis satis tutum, satis firmum putabant. Rex

XI. Kal. Novembris iuxta condictum venit in Gerstingun.

Venerunt omnes Teutonici regni episcopi et comites. Aderat Dioderi­ cus dux Mosellae regionis, aderat Gozelo dux Lutteringiae, tantas ha­ bens copias, ita militaribus armis instructas, ita de tota cui preerat

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regione severissimo delectu habito exquisitas, ut solae caeterum regis exercitum et numero et bellici apparatus gloria precellere ac super­ gredi viderentur. Alii duces, Ruodolfus scilicet dux Suevorum, Welf dux Baioariorum, Bertoldus dux Carentinorum, regi auxilium suum petenti denegaverant, penitentes, ut aiebant, superiori expeditione in

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irritum fusi tanti sanguinis, offensi etiam regis immiti atque implaca­ bili ingenio, cuius iracundiae incendium nec lacrimae Saxonum nec inundantes campis Turingiae rivi sanguinis restinguere potuissent2• Caeteri tarnen principes, qui frequentissimi convenerant, magnum satis ac validum exercitum fecerant, ei tarnen longe ac longe imparem,

so

quem prior illa expeditio contraxerat. Saxones et Turingi ultima iam necessitate exciti amplissimo numero convenere et positis castris haud procul a curte regia Northusun3, archi­ episcopum Premensem, episcopum Hiltinisheimensem4, Udonem mar­ chionem regi obviam in Gerstingun miserunt, obnixe postulantes, ut a 1 Vgl. 1. Macc. 9, 10. 1 Wohl auch, um die Macht des Königs nicht noch mehr zu stärken.

ss

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Von dem drohenden Kriegszuge des Königs nach Sachsen

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zu tun1 und schmählich im Stich zu lassen, was so herrlich begonnen wor­ den sei ; wenn sie beim ersten Zusammenstoß Mißerfolg gehabt hätten, so liege der Grund dafür darin, daß sie keinen König und keinen Fürsten ge­ habt hätten, dem sie sich durch Fahneneid verpflichtet hätten, unter sei5 ner Leitung und seinem Oberbefehl Krieg zu führen, auf sein Kommando ein Lager aufzuschlagen, zur Schlacht auszurücken, den Kampf mit den Feinden zu beginnen und die sonstigen Pflichten militärischer Disziplin zu erfüllen ; wenn dieser Mangel behoben werde, würde künftighin kein König, kein Heer für die sächsische Tapferkeit mehr unüberwindbar sein ; es gebe 10 daher nur ein Mittel, ihrer mißlichen Lage, ihren noch mißlicheren Aus­ sichten abzuhelfen und sich gegenüber dem Übermut der Feinde eine scharfe Waffe zu schaffen : sie müßten sich einen König wählen und ihm schwören, fürs Vaterland, für Weib und Kind, für die Gesetze, für die Freiheit bis in den Tod kämpfen zu wollen. Wenn sie mit solchen und ähn15 liehen Überlegungen oft sieben, oft gar vierzehn Tage in ständiger Be­ ratung verbracht hatten, kehrten sie stets noch unentschlossener, als sie gekommen waren, nach Hause zurück. Nachdem sie so in ihren Erwägun­ gen alles durchdacht, alles erörtert hatten, erschien ihnen wegen der fri­ schen Erinnerung an ihre Niederlage nichts für ihre Lage sicher, nichts 20 aussichtsreich genug. Der König kam entsprechend der Ansage am 22. Oktober nach Gerstun­ gen. Es kamen auch alle Bischöfe und Grafen des deutschen Reichs. Da war Dietrich, der Herzog des Mosellandes, da war der Herzog Gozelo von Lothringen mit so viel Truppen in so vorzüglicher militärischer Ausrüstung 2s und in so strenger Aushebung aus seinem ganzen Herrschaftsbereich aus­ erlesen, daß sie allein an Zahl und Pracht der kriegerischen Rüstung das übrige Heer des Königs weit zu überragen schienen. Andre Herzöge, näm­ lich Rudolf von Schwaben, Welf von Bayern und B.erthold von Kärn­ ten, hatten dem König die erbetene Hilfe abgeschlagen, weil, wie sie sagso ten, das viele im vorigen Feldzug unnütz vergossene Blut sie reue, und weil sie auch Anstoß nahmen an dem harten, unversöhnlichen Sinn des Königs, dessen Zornesglut weder die Tränen der Sachsen noch die Thü­ ringens Gefilde überschwemmenden Blutströme hätten löschen können2 • Die übrigen Fürsten j edoch, die in großer Zahl erschienen waren, hatten as ein ziemlich großes und starkes Heer aufgebracht, das allerdings weit, weit schwächer war als das zu dem vorigen Krieg versammelte. Die Sachsen und Thüringer versammelten sich, durch die äußerste Not aufgerufen, in sehr stattlicher Zahl, und nachdem sie in der Nähe des Königshofs Nordhausen3 ein Lager bezogen hatten, schickten sie den Erz40 bischof von Bremen, den Bischof von Hildesheim4 und den Markgrafen Udo zum König nach Gerstungen und baten dringend, aus seiner UmBei Hohen- und Thalebra, Krs. Sondershausen. ' Liemar und Hezilo.

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latere suo principes, quos vellet, ad eos transmitteret ; paratos se, collato cum eis consilio, omnibus quae iusta sint promptissime assensum pre­ bere. Abnuit rex, nec principes suos de tarn remotis regni partibus ad sententias dicendas confl.uxisse, sed ut manu militari ab hostibus com­ munes rei publicae iniurias expostularent. Sed cum f ei hoc vix et aegre

s

supplicatio legatorum extorsisset, nullus erat ex principibus, qui eo munere fungi consentiretl, singulis videlicet timentibus, ne vel apud re­ gern perfidiae notarentur, si quid in Saxones elementins agerent, vel apud Saxones mendacü crimine infamarentur, si veniam eis admissi pollicerentur, quam incunctanter scirent nullam eos a rege consecu-

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turos. Triduo in hac cunctacione cessatum est2, legatis assiduo eun­ tibus ac redeuntibus atque in eadem verba regis et omnium principum aures obtundentibus. Nec propterea rex profectionem distulit, sed instructo exercitu, prelatis militaribus signis, lento quottidie gradu in ulteriora populabundus contendebat.

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Tandem placuit mitti ad eos Mogontinum archiepiscopum3, Salz­ burgensem archiepiscopum4, Augustensem episcopum5, Werzeburgen­ sem episcopum6 et cum his ducem Gozelonem, cuius potissimum in ea expeditione auctoritas valebat, et in eo omnium quae agenda erant summa et cardo vertebatur, pro eo quod, licet statura pusillus et gibbo

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deformis esset, tarnen opum gloria et militum lectissimorum copia, turn sapientiae et eloquii maturitate caeteris principibus quam pluri­ mum eminebat. Hos quinque nominatim ad colloquium suum Saxones expetierant, quod hos constantissimae fidei et veritatis esse compere­ rant7, et quicquid hi spopondissent, ratum fore haud dubio credebant.

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Cumque in castra Saxonum venissent, provoluti pedibus eorum prin­ cipes Saxoniae obtestabantur per Deum, ut calamitatis eorum misere­ rentur, quos regis inclementia et primo ad audendum hoc inmane facinus coegisset et nunc victos et pene usque ad internicionem deletos ad exiciales cruciatus insaciabili odio deposceret. Quodsi legibus, si iudiciis, si more maiorum innocentiam f suam asserere permittantur, fa­ eile crimen refellant et se acceptas in Gerstingun pacis condiciones nullo 1 Unwahr. Schon vorher hatte sich u. a. der Bischof von Augsburg dazu erboten. 2 22.-24. Oktober. 3 Siegfried. ' Gebehard.

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Von den Bitten der Sachsen um Gnade

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gebung Fürsten, welche er wolle, zu ihnen zu entsenden ; sie seien bereit, nach Beratung mit ihnen allem, was billig sei, bereitwilligst ihre Zustim­ mung zu geben. Der König aber lehnte ab, seine Fürsten seien aus so entfernten Teilen des Reichs nicht zusammengeströmt, um Urteile zu fällen, sondern um mit bewa:ffn�ter Hand von den Feinden Rechenschaft zu fordern für die sie alle gemeinsam angehenden Gewalttätigkeiten ge­ gen das Reich. Schließlich aber preßten die flehentlichen Bitten der Ge­ sandten dem König doch mit Mühe und Not die Einwilligung dazu ab ; doch nun war unter den Fürsten keiner, der bereit war, dies Amt zu übernehmen1 , denn j eder fürchtete, entweder vom König wegen Untreue ge­ brandmarkt zu werden, wenn er mit den Sachsen zu milde verführe, oder von den Sachsen durch den Vorwurf der Lüge entehrt zu werden, wenn er ihnen Verzeihung für ihr Vergehen in Aussicht stellte, die sie, wie sie unzweifelliaft wußten, vom König doch nie erlangen würden. Drei Tage brachte man mit diesen hinhaltenden Verhandlungen zu2 , immer wie­ der kamen die Gesandten und kehrten wieder zurück und bestürmten die Ohren des Königs und aller Fürsten mit den gleichen Bitten. Doch der König verschob deswegen den Aufbruch nicht, sondern rückte mit kampf­ bereitem Heer unter Vorantragung der Feldzeichen Tag für Tag in langsamem Marsch verheerend weiter vor. Nun endlich entschloß er sich, die Erzbischöfe von Mainz3 und Salz­ burg4, die Bischöfe von Augsburg 5 und Würzburg6 zu ihnen zu schicken und mit ihnen den Herzog Gozelo, dessen hochangesehene Persönlichkeit bei diesem Feldzug die Hauptperson war : er bildete bei allem, was zu tun war, den Angelpunkt, um den sich alles drehte, denn, obgleich von winziger Gestalt und durch einen Buckel entstellt, überragte er die übrigen Fürsten weit durch den Glanz seines Reichtums und die Menge der aus­ erlesensten Krieger, dazu auch durch seine ausgereifte Klugheit und seine Redegewalt. Diese fünf hatten sich die Sachsen für die Unterhandlung ausdrücklich gewünscht, weil sie diese als unbedingt zuverlässig und auf­ richtig kannten7 und glaubten, was sie versprächen, werde zweifellos ver­ wirklicht werden. Als diese nun in das sächsische Lager kamen, beschworen die sächsischen Fürsten sie kniefällig bei Gott, sich ihrer in ihrem Unglück zu erbarmen ; des Königs Härte habe sie zunächst gezwungen, diese schreckliche Untat zu wagen, und nun, da sie besiegt und fast bis zur Ausrottung vernichtet seien, wolle er sie in unersättlichem Haß tödlichen Martern aussetzen. Wenn man ihnen erlaube, ihre Un:..chuld in gesetzlichem Verfahren vor Gericht nach der Sitte der Vorfahren glaubhaft zu machen, könnten sie die Beschuldigung leicht widerlegen, und sie würden beweisen, daß sie die von ihnen angenommenen Gerstunger Friedensbedingungen seitdem durch kein einziges 5 Embricho. 6 Adalbero.

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Bei Siegfried von Mainz doch wohl unglaubwürdig.

Lamperti Anna.les

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deinceps ausu temerario violasse probent, vel si probare nequeant, pae­ nas, quas Ieges et scita maiorum in similium criminum reos sanxerint, persolvere non abnuant. Nunc vero novo crudelitatis genere innocenti­ bus refellendi criminis copiam non dari, placationem non recipi, satis­ factionem non admitti, sed semel conceptae indignationis virus ita peni-

5

tus imis insedisse visceribus, ut non alio medicamine quam tocius Saxo­ nicae gentis exterminio sedari valeat. Proinde videant ipsi, memores hu­ manarum rerum, ne forte pestilentis huius exempli contagium sumpto ab Saxonibus exordio caeteros etiam quandoque regni principes inficiat, et ita nunc infelicibus eventis Saxonum moderentur, ita calicem hunc

10

fellis et absinthi�1. misceant et propinent Saxonibus, ut sibi quoque paulo post eundem meminerint esse bibendum. Se iam, incisa spe, omissa dein­ ceps salutis propriae cura, hoc firmiter animo statuisse, ut, quicquid illi agendum censeant; suadeant, iubeant, incunctanter agant, nec suarum partium studio patiantur ulterius tocius rei publicae statum periclitari.

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Ad haec illi responderunt se causam, qua primum adversus regem ar­ ma

sumpserint, non admodum improbare, nec placere sibi obstinatum

ad perniciem eorum regis animum et pertinax odium ; consensisse tarnen in hoc omnes regni principes de usurpato in re publica novo hoc et multis retro seculis inaudito facinore non aliter regi vel rei publicae

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posse satisfieri, quam ut se absque ulla exceptione dedant ; sibi autem, quorum hoc consilio agant, curae futurum, ut nihil ex hac deditione, quod saluti eorum, quod honori, quod rei familiari officiat, experiantur. Adversus hanc vocem vehementer infremuit vulgus Saxonicum ; durum­ que omnibus visum est et intolerabile ei sanguinis sui ius potestatemque

:as

facere, cuius crudelitatis tarn clara cepissent experimenta ; qui post de­ populationes Turingiae et Saxoniae, post multa hominum milia cesa ad­

huc spirans minarum et cedis2 omnia adversum eos mundi regna f conci­ tasset ; cuius iracundiae in secundis rebus non pietas, non miseratio, non Dei, non hominum respectus unquam modum fecissent ; satius sibi fore,

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ut equo certamine congressi more virorum fortium moriantur in bello, quam ut in exiliis et carceribus ritu pecudum iugulati ridiculum hosti­ bus suis spectaculum prebeant. Econtra illi3 sedulo instabant depre­ cantes, ut salutaribus monitis adquiescerent neque exiguum Saxonici nominis, quod cedi ac depopulationi superfuisset, vana desperatione

1 Vgl . Jer. 9, 15. 1 Vgl. Apg. 9, I .



Und auch Otto von Northeim, vgl. S. 356.

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Von den weiteren Verhandlungen

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unbesonnenes Unternehmen verletzt hätten, oder, wenn sie das nicht bewei­ sen könnten, würden sie sich nicht weigern, die Strafen auf sich zu nehmen, die die Gesetze und Satzungen der Vorfahren für die derartiger Verbrechen Schuldigen festgesetzt hätten. Jetzt aber gebe man mit einer neuartigen Grausamkeit Unschuldigen nicht die Möglichkeit, eine Beschuldigung zu widerlegen, Versöhnung lehne man ab, Genugtuung lasse man nicht zu, vielmehr habe sich das Gift des einmal entstandenen Grimms so tief im innersten Herzen eingenistet, daß er durch kein anderes Heilmittel mehr beschwichtigt werden könne als die Ausrottung des gesamten sächsischen Stammes. Sie sollten doch an den irdischen Schicksalslauf denken und zu­ sehen, daß die Ansteckung durch dieses verderbliche Beispiel, von den Sach­ sen ausgehend, nicht etwa auch einmal die übrigen Reichsfürsten befalle, und deshalb möchten sie j etzt dem Unglück der Sachsen so weit Schran­ ken setzen und den Kelch voll Galle und Wermut1 so mischen und den Sachsen zutrinken, daß man merke, sie seien sich bewußt, daß auch sie bald diesen Kelch würden trinken müssen. Sie seien jetzt, wenn ihnen alle Hoffnung abgeschnitten werde, unter Außerachtlassung aller Sorge um ihr eignes Wohl fest entschlossen, alles zu tun, was sie bestimmen, raten, be­ fehlen würden, und sie würden nicht länger zulassen , daß durch Parteinahme für sie der Bestand des ganzen Reichs gefährdet werde. Darauf erwiderten die Gesandten, sie mißbilligten die Ursache, aus der sie anfangs die Waffen gegen den König erhoben hätten, nicht völlig, auch billigten sie nicht den zu ihrer Vernichtung hartnäckig entschlossenen Sinn des Königs und seinen zähen Haß ; darin aber stimmten alle Fürsten des Reichs überein, daß sie dem König für ihre im Reich unerhörte und in den vielen vergangenen Jahrhunderten noch nie vorgekommene Frevel­ tat nur dadurch Genugtuung leisten könnten, daß sie sich ohne j ede Ein­ schränkung ergäben ; täten sie das auf ihren Rat bin, dann würden sie dafür sorgen, daß sie infolge ihrer Unterwerfung nichts erlitten, was ihrem Leben, ihrer Ehre, ihrem Vermögen abträglich wäre. Gegen dieses An­ sinnen protestierte das sächsische Bauernvolk heftig : es erschien allen hart und unerträglich, dem Manne Recht und Verfügungsgewalt über ihr Blut einzuräumen, von dessen Grausamkeit sie so eindeutige Proben erhalten hätten ; habe er doch nach der Verwüstung Thüringens und Sachsens, nach der Niedermetzelung vieler Tausende, immer noch Drohungen und Mord schnaubend2 , alle Reiche der Welt gegen sie aufgeboten ; habe doch auch im Glück nicht Güte, nicht Mitleid, nicht Achtung vor Gott, nicht Rück­ sicht auf Menschen seine Zorneswut j emals gemäßigt ; es sei besser für sie, es auf eine offene Feldschlacht ankommen zu lassen und wie tapfere Männer im Kampf zu fallen, als sich in Verbannung und Kerker wie Vieh ab­ schlachten zu lassen und ihren Feinden ein lächerliches Schauspiel zu bie­ ten. Dagegen drangen die Gesandten3 immer wieder mit Bitten in sie, sich doch ihre heilsamen Mahnungen zu Herzen zu nehmen und den kleinen Rest des Sachsentums, der das Gemetzel und die Verwüstung überlebt

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Lamperti Annales

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derditum irent ; se, si minus salutis eorum, at propriae existimationis curam permaximam habere, qui profecto maculam sibi et crimen nulla

deinceps aetate, nulla virtute abolendum contraherent, si fidei suae

creditos adversitatis cuiusquam vel levis aura perstringeret ; proinde ituros se ad regem et, si tuto fidem dicere, tuto veniam polliceri pos-

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sent, comperturos et quae comperta fuissent die postera renunciaturos.

Rex gratissime amplexus pacis conventionem promisit et, sicut vul­

gata in plurimos fama loquebatur, etiam iusiurandum dedit nihil se in eos, si dediti fuissellt, preter voluntatem et sententiam acturum eorum,

quorum opera et beneficio incruenta sibi haec victoria obtigisset. Sepe

10

itum ac reditum est. Sepe Saxones, refutato deditionis consilio, arma

expediri atque in aciem signa efferri conclamaverant, dum omnia fide

regis tuciora sibi arbitrarentur. Sed Gozelo dux et qui cum eo erant satis impigros se exhibuerunt negocio et ferocientis multitudinis tu­

multum nunc minis, nunc blandimentis comprimebant, pollicentes, et

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quia verbis parum fidei erat, etiam sub iureiurando confirmantes, non

salutis, non libertatis, non prediorum, non beneficiorum, non caeterae

suppellectilis suae ullam eos iacturam sensuros, sed postquam faciem

regis et regni maiestatem momentanea satisfactione magnificassent,

statim deditione absolvendos et patriae libertatique, in nullis imminu-

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to sibi condicionis suae statu, restituendos esse1.

Non verba, non iuramenta, f non promissiones ullae principibus Saxo­

niae metum ademerant ; sed quia nec utiliter hostibus congredi numero

ac virtute impares valebant, nec bellum diucius trahi, plebe iam olim

tedio affecta et pacis recuperandae cupidissima, poterat, post Iongas de-

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liberationes, post multas tergiversationes, lacrimantes atque alta su­

spiria ab imis trahentes visceribus, taudem deditioni consenserunt et fi­ dem principum regisque clementiam propriae salutis periculo experiri statuerunt. Quod ubi protinus per exercitum regis celebris rumor vulga­

verat, ingens gaudium, vehemens erat gratulatio, omnique triumpho

illustriorem, omnibus spoliis opimiorem estimabant victoriam, quod

adempta sibi fuisset necessitas cum his manum denuo conferendi, qui

prima congressione extinctis pene omnibus Sueviae ac Baioariae lu­ minibus luctuosam victoribus victi cladem intulissent.

1 Sie versprachen wahrscheinlich nur, daß die Gefangenschaft weder hart noch lang sein würde. Der König genehmigte diese Abmachungen (wenn auch nicht durch Eid), hielt sich aber in der Folgezeit nicht daran.

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Von der Unterwerfung der Sachsen

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habe, nicht in grundloser Verzweiflung auch noch zu vernichten ; sie selbst seien in der größten Sorge, wenn nicht um das Leben der Sachsen, so doch um ihren eignen Ruf, denn sie würden ohne Zweifel einen Makel, eine Schuld auf sich laden, die künftig durch keine Zeit, durch keine Tugend getilgt werden könne, wenn diej enigen, die ihnen Vertrauen geschenkt hät­ ten, auch nur der leiseste Hauch eines Mißgeschicks berühre ; sie würden daher zum König gehen, um zu erkunden, ob sie ohne Gefahr, desavuiert zu werden, ihr Wort geben und Verzeihung ven;prechen könnten, und was sie erkundet hätten, würden sie ihnen am nächsten Tage berichten. Der König stimmte der Friedensvereinbarung freudig zu und versprach, ja beschwor sogar, wie ein weit verbreitetes Gerücht behauptete, er werde, wenn sie sich ergeben hätten, gegen sie nichts wider den Willen und das Urteil derer veranlassen, durch deren Bemühung und Verdienst ihm dieser unblutige Sieg zuteil geworden sei. Nun gingen oft Gesandte hin und her. Oft riefen die Sachsen unter Verwerfung des Entschlusses zur Ergebung, man solle die Waffen bereitmachen und die Feldzeichen voran­ tragen zum Kampf, denn ihnen erschien alles sicherer als das Wort des Königs. Doch dagegen stemmte sich mit aller Kraft der Herzog Gozelo mit seinen Begleitern, und sie erstickten den Aufruhr der tobenden Menge bald durch Drohungen, bald durch beschwichtigendes Zureden, und sie versprachen und, da Worte wenig Glauben fanden, versicherten sogar unter Eid, sie würden nicht am Leben, nicht an ihrer Freiheit, nicht an ihren Gütern, nicht an ihren Lehen, nicht an ihrer sonstigen Habe irgend­ welche Einbuße zu spüren bekommen, sondern, wenn sie dem Antlitz des Königs und der Majestät des Reichs durch augenblickliche Genugtuung die Ehre erwiesen hätten, würden sie unverzüglich von der Übergabe los­ gesprochen und ohne jede Herabdrückung ihres Standes der Heimat und der Freiheit zurückgegeben werden1 • Keine Worte, keine Schwüre, keine Versprechungen hatten den sächsischen Fürsten die Furcht genommen ; aber da sie bei ihrer Unterlegen­ heit an Zahl und Kampftüchtigkeit nicht mit günstigen Aussichten gegen den Feind zu kämpfen vermochten, noch der Krieg länger hingezogen werden konnte, da das Volk schon längst des Krieges überdrüssig war und sehnliehst die Wiederherstellung des Friedens wünschte, stimmten sie endlich nach langen Beratungen, nach vielen Winkelzügen weinend und aus tiefster Brust laut aufseufzend der Unterwerfung zu und beschlossen, unter eigner Lebensgefahr die Zuverlässigkeit der Fürsten und die Milde des Königs auf die Probe zu stellen. Das Gerücht hiervon verbreitete sich alsbald allgemein im Heere des Königs ; da herrschte große Freude und gewaltiger Jubel, man hielt diesen Sieg für herrlicher als jeden anderen Triumph, für wertvoller als alle Beute, weil man nun der Notwendigkeit überhoben sei, nochmals mit denen zu kämpfen, die bei dem ersten Zu­ sammenstoß alle Leuchten Bayerns und Schwabens ausgelöscht und als Besiegte den Siegern beklagenswerte Verluste zugefügt hätten.

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La.mperti Annales

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Postera diel rex ad suscipiendos eos in medio late patentis campi planiciae, in loco qui dicitur Spiraha2 assedit, toto exercitu ad hoc spectaculum solemniter evocato, latissimo inter constipatam multitu­ dinem vacante spacio, ubi dum procederent, tocius exercitus oculis conspicui forent. Igitur introducuntur per ordinem Saxoniae ac Tu-

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ringiae primo principes, Wezil archiepiscopus Magadaburgensis, Bucco episcopus Halberstadensis, Otto dux quondam Baioariae, Magnus dux Saxoniae, Herimannus comes, patruus eius, Fridericus palatinus comes, Diedericus comes de Cadalenburg, Adelbertus comes de Turingia3, Ruo­ deger4, Sizzo5, Berenge:r6, Bern comites ; deinde ingenui omnes, qui gene-

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ris vel opum claritate aliquantulum eminebaut in populo ; et sicut conve· nerat, absque ulla exceptione regi se dediderunt. Rex eos principibus suis, singulis singulos, donec de eis communi consilio deliberaretur, J ser­ vandos commisit, et paulo post rupto federe, contemptis omnibus, qui­ bus se obligaverat, iurisiurandi vinculis7, eos per Galliam, Sueviam et

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Baioariam, per Italiam et Burgundiam deportari fecit. Beneficia quoque eorum militibus suis, quorum precipue opera in bello Saxonico usus fuerat, distribuit. Commoratus etiam paucis diebus in Turingia castel­ lum in AsenbergS instauravit presidiumque imposuit, precavens, ne quid post digressum suum instabilis vulgi levitate novaretur. Preterea

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ingenuis omnibus, qui vel casu abfuerant vel metu se subtraxerant, diem statuit, ante quem si in deditionem non venissent, tamquam hostes publici ab omnibus, quibus res publica curae esset, ferro et igne infestarentur. Atque ita, dimisso exercitu, victor rediens, natalem sancti Martini Wormaciae celebravit9•

2s

Interea Romanus pontifex crebris legationibus10 et Babenbergenses clerici assiduis supplicationibus vehementer regi inminebant, ut iam diu vacanti aecclesiae Babenbergensi rectorem provideret. Siquidem prior episcopus, licet extrinsecis aecclesiae possessionibus militum suorum, ut supra dieturn estll, presidio fultus contra vetitum incubaret, nullam tarnen pontificalis officii administrationem usurpabat, aposto­ lici anathematis religione absterritus. Cumque regi in pace et in bello, 1 25. Oktober.

2 Ober-·und Niederspier, südlich von Sondershausen. Von Ballenstedt. ' Von Bielstein an der Werra. 5 Wahrscheinlich von Käfernburg. a

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Die sächsischen Fürsten werden in Haft genommen

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Am folgenden Tage1 nahm der König zu ihrem Empfang in der Mitte eines sich weithin dehnenden Feldes bei Spier2 Platz, das. ganze Heer war zu diesem Schauspiel feierlich entboten worden, und zwischen den in dich­ ten Reihen aufgestellten Truppenmassen war ein leerer Raum, wo sie vom 5 ganzen Heer gesehen werden k;onnten, wenn sie ihn durchschritten. Nun werden der Reihe nach zuerst die sächsischen und thüringischen Fürsten herbeigeführt, Erzbischof Wezel von Magdeburg, Bischof Bucco von Hal­ berstadt, der ehemalige Bayernherzog Otto, Herzog Magnus von Sachsen, dessen Oheim Graf Hermann, Pfalzgraf Friedrich, Graf Dietrich von Katto lenburg, Graf Adalbert von Thüringen3 und die Grafen Rüdiger', Sizzo 5 , Berengar6 und Bern ; dann alle Freigeborenen, die &urch den Glanz ihres Geschlechts oder Reichtums auch nur ein wenig im Volke hervorragten, und, wie vereinbart, unterwarfen sie sich dem König ohne j eden Vor­ behalt. Der König übergab sie einzeln seinen Fürsten zur Verwahrung, 15 bis in einer gemeinsamen Beratung über sie entschieden würde, aber schon kurz danach brach er den Vertrag, mißachtete alle Eidesbande, durch die er sich verpflichtet hatte7, und ließ sie nach verschiedenen Orten in Gal­ lien, Schwaben, Bayern, Italien und Burgund bringen. Auch verteilte er ihre Lehen unter diejenigen seiner Krieger, die ihnl im Sachsenkrieg be2o sondere Dienste geleistet hatten. Während er sich noch einige Zeit in Thü­ ringen aufhielt, ließ er die HasenburgB wieder instandsetzen und belegte sie mit einer Besatzung, um zu verhindern, daß nach seinem Abzug durch die Unbesonnenheit des wankelmütigen Volkes etwa Unruhen erregt wür­ den. Ferner setzte er allen Freigeborenen, die zufällig abwesend gewesen 25 waren oder sich aus Furcht ferngehalten hatten, einen Termin : wenn sie bis dahin nicht ihre Unterwerfung vollzogen hätten, sollten sie von allen, denen das Wohl des Reiches am Herzen liege, als Reichsfeinde mit Feuer und Schwert verfolgt werden. Danach entließ er sein Heer und feierte, als Sieger zurückkehrend, den St. Martinstag in Worms9• s5 Inzwischen forderten der Papst durch zahlreiche Botschaften10 und die Baroberger Geistlichen durch ständige Bitten den König dringend auf, für die schon lange vakante Baroberger Kirche endlich einen Leiter zu be­ stellen. Denn obgleich sich der bisherige Bischof, wie oben erwähnt11 , unter dem Schutz seiner Lehensleute gegen das Verbot noch immer auf den 40 auswärtigen Gütern der Kirche aufhielt, so enthielt er sich doch mit Rück­ sicht auf den apostolischen Bann j eder Ausübung des Pontifikalamts. Nun hatte er aber im Frieden wie im Krieg, in ruhigen wie in stürmischen ZeiVon Sangerhausen. Zwar kein Eid, wohl aber Zusicherungen des Königs und seiner Unterhänd­ ler, vgl. S. 320, Änm. 1 . s Vgl. S. 194, Änm. 7. o 1 1 . November. to Nur in einem Brief vom 20. Juli. 11 Vgl. S. 274. 8

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Lamperti Annales

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tranquilla seu turbata re publica semper commodissime affuisset, et

scandalizatis in eo caeteris regni principibus, solus ille nunquam scan­ dalizatus fuisset, sed in cunctis quae ei accidissent calamitatibus pondus diei et aestus1 cum eo inconcussa fide portasset : nunquam tarnen rex vel levi verbo calumniatoribus eius obstitit, quin I immo haut gravate

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adversus eum accusationem recipere videbatur, eo videlicet, ut pleri­ que interpretabantur, intendens, ut per huius deiectionem via sibi pate­ fieret ad Wormaciensem episcopum et alios nonnullos, quibus in ultionem pristinae defectionis iam pridem summa ope calumniam struere sentiebatur2.

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Igitur profectus Babenberg Ruopertum Goslariensem prepositum in natali sancti Andreae apostoli3 pro eo ordinari fecit episcopum, virum pessrmae existimationis in populo, eo quod regi familiarissi­ mus et omnibus eius secretis semper intimus fuisset et omnium, quae rex perperam et preter regiam magnificentiam· in re publica

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gessisset, potissimus incentor extitisse putaretur. Et milites quidem acerrime factum improbabant, quod scilicet, vivente priore episco­ po nec canonice ad sinodum evocato nec canonice adiudicato, alius ad adulterandum aecclesiae Babenbergensis castitatem superordina­ tus fuisset episcopus. Clerici autem, etsi eos quam maxime offende-

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ret persona ordinati4, haud sane bonum testimonium habens ab his qui

foris erant5, malebant tarnen qualemcumque habere quam eum, ad­ versus quem sedem apostolicam appellaverant, et cuius vitae insti­ tutionisque Iuguhrern tragediam toto mundi huius theatro decantandam vulgaverant, recipere.

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Postera die6, cum ad eligendum Fuldensem abbatem rex cum princi­ pibus assedisset, grandis erat inter abbates et monachos, qui ex di­ versis locis frequentes confl.uxerant, concertatio. Tamquam solem­ niter indicto agone singuli pro virili portione currentes, alius aureos montes, alius ingentia beneficia ex agro Fuldensi, alius solito impensiora in rem publicam servicia promittebant, nec prorsus in promit­ tendo modum aut modestiam ullam I servabant. Et o mores, o tempo­

ra7 ! o abhominationem desolationis stantem in loco, ubi non debet8, et

Vgl. Matth. 26, 33 und 20, 12. 2 Unwahrscheinlich, vgl. S. 250, Anm. 10. 3 1075-1 102, am 30. November.

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Über die Wahl des Baroberger Bischofs u. des Abtes von Fulda

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ten des Reichs dem König immer bereitwilligst zur Seite gestanden, und wenn sich alle übrigen Reichsfürsten an ihm ärgerten, ha:tte er allein sich niemals an ihm geärgert, sondern bei allen Unglücksschlägen, die ihn tra­ fen, in unerschütterlicher Treue des Tages Last und Hitze mit ihm getragen!, doch der König trat seinen Verleumdern niemals auch nur mit dem geringsten Wort entgegen, im Gegenteil, es hatte den Anschein, als ob ihm die Anklage gegen ihn nicht einmal unlieb war, und zwar, wie viele meinten, deswegen, weil er darauf abzielte, daß ihm durch dessen Sturz die Bahn freigemacht würde für ein Einschreiten gegen den Bischof von Worms und einige andre, gegen die er, wie man merkte, zur Rache für ihren früheren Abfall schon längst mit eifrigem Bemühen einen schurki­ schen Anschlag plante2 • Er ging daher nach Bamberg und ließ an seiner Stelle den Propst Rupert von Goslar am Tage des hl. Apostels Andreas3 zum Bischof weihen, der beim Volke einen sehr schlechten Ruf genoß, weil er als einer der intim­ sten Vertrauten des Königs stets in alle seine Geheimnisse eingeweiht war und als der Hauptanstifter von allem galt, was der König in der Politik Verkehrtes und der königlichen Majestät Abträgliches getan hatte. Die Lehensleute mißbilligten es aufs schärfste, daß noch zu Lebzeiten ihres Bischofs, der weder satzungsgemäß vor eine Synode geladen, noch sat­ zungsgemäß abgeurteilt worden sei, ein anderer neben ihm zum Bischof eingesetzt worden war zur ehebrecherischen Schändung der Baroberger Kirche. Die Kleriker dagegen nahmen zwar sehr starken Anstoß an der Person des Geweihten4, der ja tatsächlich kein gutes Zeugnis hatte bei denen, die draußen waren5 , sie wollten aber trotzdem lieber j eden anderen haben, als den wiederbekommen, gegen den sie den apostolischen Stuhl angerufen und von dessen Leben und Handlungsweise sie eine tränen­ reiche Tragödie verbreitet hatten, die auf diesem ganzen Welttheater ab­ geleiert werden sollte. Als dann am folgenden Tage6 der König lnit den Fürsten zur Wahl eines Abtes von Fulda eine Sitzung abhielt, entstand ein heftiger Streit zwi­ schen Äbten und Mönchen, die in großer Zahl aus verschiedenen Orten herbeigekommen waren. Wie in einem feierlich angesagten Wettkampf lief da jeder einzelne mit aller Kraft um die Wette : der eine versprach goldene Berge, der andre ungeheure Lehen aus den Fuldaer Besitzungen, ein dritter außergewöhnliche Dienstleistungen für das Reich, und alle wahrten nicht Maß noch Ziel in ihren Angeboten. Und, o Sitten, o Zei­ ten !7 o über den Greuel der Verwüstung, der stehet, da er nicht soll !8 o ' Unwahr ; Volk und Kleriker hielten zu ihm. Vgl. 1. Tim. 3, 7. 6 1 . Dezember. 7 Vgl. Cicero, I. Cat. 1, 2. s Vgl. Mark. 13, 14.

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Lamperti Armales

mammonam nostris temporibus publice

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sedentem in templo Dei et ex­

Abbates et monachi ita ambitionis spiritu precipites rapiebantur, ut eos a cupidi­ tate sua non pudor nominis christiani, non habitus artioris propositi, non ipsum denique deterreret recens exemplum Babenbergensis episcopi, quem pridie viderant non aliam ob causam et episcopatu pri­ vatum et communione, quam quod ad sacrum ordinem illicita largi­ cione aditum sibi affectasset. Horum impudentiam rex vehementissime, ut dignum erat, de­ testatus, cum hinc inde importune obtundentium precibus urgeretur, repente divino, ut creditur, spiritu actus monachum quen­ dam Herveldensem Ruozelinum nomine, qui pro causa monasterii iussu abbatis sui ad curtem venerat, in medium evocat et nihil minus suspicanti, etiam inopinatae rei miraculo pene exanimi ba­ culum pastoralem offerens, primus ipse abbatem eligit, dein caeteros tarn monachos quam milites, ut in electionem eius consentiant, obnixe effl.agitat. Ita cunctis qui aderaut letissima acclamatione suffragium ferentibus abbatiam suscipere iubetur. Et cum diu nunc impericiam suam, nunc malam valitudinem, nunc abbatis sui absen­ tiam causatus restitisset, vix tandem aliquando presentium episcoporum obt.estacione adiuratus suscipere consensit. Similiter, defuncto nuper Uodalrico abbate de Loressan, cum monachi et milites in electionem prepositi concorditer adunati ad curtem venissent, neque rex aliter sensurus putaretur propter multa servicia, quibus ille, dum prepositus monasterii esset, gratiam dilectionemque eius officiosa admodum sedulitate redemerat, rex alium quendam einsdem cenobii monachum Adelherturn nomine, qui cum caeteris fratribus nihil tale opinatus advenerat, repente iniecta manu in me­ dium protrahit et rei novitate attonito baculum pastoralem, cunctis stupentibus, tradit. f Herimannus Babenbergensis episcopus comperto, quod alius in locum eius subrogatus esset episcopus, cum omnis iam ei spes adempta esset recuperandae deinceps dignitatis suae, nec ad eludendam Ro­ mani pontificis sententiam ullum ultra pateret diverticulum, in mona­ sterium cui nomen est Suarza2 secessit, ibique sub Eggeberdo abbate3 sanctae conversationis habitum suscepit. Statimque assumpto secum eodem abbate suo Romam profectus, cum de inobedientia sua humiliter tollentem se supra omne quod dicitur Deus aut quod colitur1.

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Über die Wahl des Abtes von Lorsch

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über den Mammon, der zu unserer Zeit offen thronet im Tempel Gottes und sich erhebt über alles, was Gott heißt und was heilig gehalten wird !l Da ließen sich .Äbte und Mönche so jählings vom Geiste des Ehrgeizes fort­ reißen, daß sie von ihrer Begehrlichkeit nicht die Ehrfurcht vor dem christliehen Namen abschreckte, nicht das. Gewand ihres Vorsatzes zu asketi­ schem Leben, endlich nicht einmal das frische Beispiel des Baroberger Bischofs, den sie am Tage vorher aus keinem anderen Grunde von Bi­ schofsamt und Kirchengemeinschaft ausgeschlossen sahen, als weil er sich durch unerlaubte Geldspenden den Weg zur heiligen Weihe gebahnt hatte. Der König wies ihre Unverschämtheit voller Abscheu, wie verdient, aufs energischste zurück, und als er von allen Seiten mit Bitten der ihn rück­ sichtslos Bedrängenden bestürmt wurde, da ruft er plötzlich, wie man glaubt, vom göttlichen Geist getrieben, einen Hersfelder Mönch namens Ruozelin vor, der auf Befehl seines Abtes in einer Klosterangelegenheit an den Hof gekommen war, reicht dem Ahnungslosen, ja ob des Wun­ ders dieses Vorgangs fast zu Tode Erschrockenen den Hirtenstab und wählt ihn damit als erster zum Abt, dann fordert er die übrigen, Mönche wie Lehnsleute, dringend auf, seiner Wahl zuzustimmen. Und als darauf alle Anwesenden durch freudigen Zuruf Beifall spenden, wird er aufgefordert, das Abtsamt anzunehmen. Lange weigerte er sich, indem er bald seine Unerfahrenheit, bald seine schlechte Gesundheit, bald die Abwesen­ heit seines Abtes als Grund angab, schließlich aber ließ er sich doch mit Mühe durch die dringenden Bitten der anwesenden Bischöfe zur Annahme bestimmen. .Ähnlich ging es zu, als nach dem kurz vorher erfolgten Tode des Abts Udalrich von Lorsch die Mönche und Lehnsleute zur Wahl ihres Propstes einmütig vereint an den Hof gekommen waren und man gar nicht an eine Ablehnung des Königs dachte wegen der vielen Dienste, durch die er sich als Propst des Klosters mit emsigem Eifer die Gunst und Zuneigung des Königs erworben hatte, da nahm der König einen andren Mönch dessel­ ben Klosters, Adalbert mit Namen, der nichts dergleichen ahnend mit den übrigen Brüdern gekommen war, plötzlich bei der Hand, zog ihn in die Mitte und übergab dem durch den unerwarteten Vorgang wie vom Don­ ner Gerührten zum allgemeinen Erstaunen den Hirtenstab. Als dem Bischof Hermann von Bamberg durch die Nachricht, daß an seiner Stelle ein andrer zum Bischof ernannt worden war, alle Hoffnung auf künftige Wiedereinsetzung in sein Amt benommen war und ihm kein Weg mehr offen stand, die Durchführung der päpstlichen Entscheidung zu hintertreiben, zog er sich in das Kloster Schwarzach2 zurück und nahm dort unter dem Abt Ekkebert3 das Kleid des heiligen Wandels. Und sofort brach er mit diesem seinem Abt nach Rom auf, und nachdem er vor 1 Vgl. 2. Thess. 2, 4. Schwarzach in Franken. 3 Vielmehr unter dessen Nachfolger. z

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Lamperti Annales

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apud sedem apostolicam penitentiam egisset, et anathemate liberatus et sacerdotalis ministerii preter pontificalem dignitatem denuo licen­ tiam est consecutus. Annum hunc multis cladibus insignem potissimum lugubrem fecit obitus Annonis Coloniensis archiepiscopi, qui post Iongarn egrotationem, qua Dominus vas electionis suae in camino tribulationis trans­ itoriae purius auro, purgatius mundo obrizo1 decoxerat, li. Nonas De­ cembris, beato fine perfunctus, ad angelos ex hominibus, ad inmortalia ex mortalibus transmigravit. Testantur hoc signa et prodigia, quae quottidie circa sepulchrum eius Dominus ostendere dignatur ad confutandam impudentiam eorum, qui paulo ante vitam eius sanctissi­ mam atque ab omni huius mundi labe quantum ad hominem integer­ rimam livido dente carpebant et preciosam margaritam2, iam olim caelestis regis diademati destinatam, falsis rumoribus obfuscare conabantur. Is in Babenbergensi aecclesia in ludo tarn divinarum quam se­ cularium litterarum enutritus, postquam adolevit, nulla commen­ datione maiorum - erat quippe loco mediocri natus3, - sed sola sa­ pientiae ac virtutis suae prerogativa imperatori Heinrico4 innotuit. A quo in palacium assumptus brevi apud eum pre omnibus clericis, qui in foribus palacii excubabant, primum gratiae f et familiaritatis gra­ dum obtinuit, hoc precipue diligentibus in eo omnibus bonis, quod iusti ac recti admodum tenax erat atque in omnibus causis pro suo turn statu, non adulando ut caeteri, sed cum magna libertate obloquendo iusticiae patrocinabatur. Erat autem preter virtutes animi et morum gloriam corporis quoque bonis ornatissimus, statura procerus, vultu decorus, lingua promptus, vigiliarum et inediae pacientissimus, post­ remo ad omne boni operis exercicium naturae muneribus affatim in­ structus. Exactis in palacio haud multis annis, magna imperatoris, magna omnium qui eum noverant expectatione adeptus est Coloniensem archiepiscopatum5, atque ita deinceps in omnibus tarn aecclesiasti­ cis quam rei publicae negociis haud imparem se acceptae dignitati gerebat, et sicut edicioris loci insignibus, ita cunctis virtutum generibus inter caeteros regni principes conspicuus incedebat. Reddebat sollicitus quae sunr cesaris cesari et quae sunt Dei Deo6, quia Coloniensis nominis 1 Vgl. Apg. 9, 1 5 ; Spr. 17, 3 ; Jes. 13, 12.

• Vgl. Matth. 13, 46.

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Über den Tod Annos von Köln

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dem apostolischen Stuhl für seinen Ungehorsam demütig Buße getan hatte, wurde er vom Bann losgesprochen und erhielt wieder die Erlaubnis zur Ausübung des Priesteramts mit Ausnahme der bischöflichen Würde. Dieses durch viele Unglücksschläge ausgezeichnete Jahr machte vor allem zu einem Trauerjahr der Tod des Erzbischofs Anno von Köln : er war nach langer Krankheit, durch die der Herr sein auserwähltes Rüst­ zeug im Ofen irdischer Qual reiner als Gold, lauterer als Feingold aus­ gekocht hatte1 , am 4. Dezember eines seligen Todes verschieden und von den Menschen zu den Engeln, aus der Sterblichkeit in die Unverweslichkeit hinübergewandert. Des sind Zeugen die Zeichen und Wunder, die der Herr täglich an seinem Grabe zu zeigen geruht, um die Unverschämt­ heit derer zu widerlegen, die noch kurz vorher sein hochheiliges und, so­ weit menschenmöglich, von aller Verderbnis dieser Welt vollkommen un­ beflecktes Leben mit dem Zahn der Mißgunst benagten und die köstliche Perle2 , schon längst für das Diadem des himmlischen Königs bestimmt, durch falsche Gerüchte zu verdunkeln suchten. Er war in der Schule der Baroberger Kirche in göttlicher und weltlicher Wissenschaft unterrichtet worden, herangewachsen, war er dem Kaiser Heinrich4 aufgefallen, nicht weil ihn seine Herkunft empfahl - er war nur von mittlerem Stand3 -, sondern nur durch seine überragende Klugheit und Tugend. Nachdem er dann vom Kaiser in die Pfalz aufgenommen worden war, nahm er bei ihm in kurzem vor allen Klerikern, die am Hofe Dienst taten, in seiner Gunst und im vertrauten Umgang den ersten Rang ein, und er war bei allen Guten vor allem deshalb geschätzt, weil er unbeugsam an Recht und Redlichkeit festhielt und in allen Rechtssachen, soweit es ihm seine Stellung damals erlaubte, bei der V erteidigung des Rechts nicht wie die andern um Gunst buhlte, sondern mit großem Frei­ mut widersprach. Er zeichnete sich aber außer durch Geistesgaben und Sittenreinheit auch durch körperliche Vorzüge aus : er war von hohem, schlankem Wuchs, sein Antlitz war schön, er war redegewandt und im Ertragen von Nachtwachen und Fasten äußerst ausdauernd, kurz, er war zur Ausführung aller guten Werke mit natürlichen Gaben reich ausgestat­ tet. Nachdem er nur wenige Jahre am Hof zugebracht hatte, bekam er das Erzbistum Köln 5 , begleitet von hohen Erwartungen des Kaisers und aller, die ihn kannten ; er zeigte sich dann auch in allen kirchlichen und staatlichen Angelegenheiten dem empfangenen Amt völlig gewachsen, und er schritt unter den Fürsten des Reiches einher hervorstrahlend wie durch die Abzeichen seiner hohen Würde, so auch durch Tugenden j eder Art. Er gab gewissenhaft, was des Kaisers ist, dem Kaiser und Gott, was Gottes ist6, denn er prunkte mit dem ehrwürdigen Namen und der weltlichen 3 D. h. nicht aus fürstlichem Geschlecht. ' Heinrich III. 5 1056, noch unter Heinrich III., vgl. S. 56. s Vgl. Luk. 20, 25.

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maiestatem et secularem pompam ambiciosius pene quam aliquis ex precessoribus eius ostentabat ad populum, nec propterea tarnen invic­ tum inter tantas occupationum procellas spiritum unquam relaxabat a studio divinarum rerum. Crebris ieiuniis corpus suum macerabat et in servitutem redigebat. Pemoctabat plerumque in orationibus et

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per aecclesias, uno tantum puero contentus comitel, nudis pedibus discur­ rebat. Et diem quidem in disponendis privatis seu publicis negociis, noctem vero totam in opere Dei expendebat. Multa illius in pauperes, in peregrinos, in clericos, in monachos benignitas, mira liberalitas erat. Nullam intra diocesim suam congregacionem pretermisit, quam non

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prediis, aedifi.ciis, stipendiis, sua specialiter donatione auetarn vita decendens relinqueret. Et plane apud omnes indubia fide constitit, ex quo Colonia fundata est, unius nunquam episcopi studio tantum opes et gloriam crevisse Coloniensis aecclesiae. In iudicandis causis subdi­ torum nec odio nec gratia cuiusquam a vero abducebatur, sed semper in

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omnibus propositam indeclinabiliter / sequens equitatis lineam, ad evertendum iudicium nec accipiebat personam pauperis nec honorabat

vultum potentis2• Turn vero verbum Dei ita luculente, ita magnifice disserebat, ut saxeis etiam cordibus sermo eius lacrimas excutere posse videretur, et semper ad exhortationem eius planctu et ululatu com-

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punctae multitudinis aecclesia tota resonaret. Duas Coloniae congregaciones clericorum ex integro propriis impen­ sis instituit, unam in loco qui dicitur ad Gradus titulo sanctae Mariae, alteram foras murum titulo sancti Georgii martiris. Tres etiam congre­ gaciones monachorum diversis in locis ex suo construxit, unam in monte

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qui a preterfluente fluvio cognominatur Sigeberg3, aliam in regione Scla­ vorum, in loco qui dicitur Salefelt4, terciam in regione Westfaal, in loco qui dicitur Grascaf5 ; quas omnes et augustissimis aedifi.ciis excoluit et exquisitissimis aecclesiae omamentis illustravit et amplissimis atque in multorum fratrum usus sufficientibus prediis locupletavit. Cumque in

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omnibus Teutonici regni monasteriis cemeret antiquum illum regularis disciplinae fervorem admodum refrixisse et monachos a vita communi ad rem familiarem curam omnem studiumque convertisse, gravi tedio angebatur animus eius, quod ingentibus expensis nihil Deo dignum confecturus putaretur. 1 Vgl. Sulp. Severus, Vita Martini, Kap. 2.

1 Vgl. 5. Mos. 1, 17 und 3. Moa. 19, 15. Siehe auch S. 158.

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Von den Verdiensten Annos von Köln

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Pracht Kölns fast stolzer als irgendeiner seiner Vorgänger, aber deswegen gönnte er doch niemals seinem in dem gewaltigen Andrang der Geschäfte nie ermattenden Geist ein Nachlassen in der eifrigen Beschäftigung mit religiösen Dingen. Durch häufiges Fasten tötete er seinen Leib ab und machte ihn sich untertan. Oft durchwachte er die Nächte im Gebet und schritt barfuß durch alle Kirchen, sich nur mit einem Knaben als Beglei­ ter begnügend1 • Den Tag widmete er der Erledigung privater oder amt­ licher Geschäfte, die ganze Nacht aber dem Gottesdienst. Groß war seine Güte gegen Arme, gegen Pilger, gegen Geistliche und gegen Mönche, bewundernswert seine Freigebigkeit. Keine Kongregation seiner Diözese überging er bei seinem Hinscheiden, j ede hinterließ er bereichert durch Güter, Bauwerke, Unterstützungen oder eine besondere Schenkung. Und es galt bei allen als unzweifelhaft feststehend, daß niemals seit Gründung Kölns durch eines einzigen Bischofs Tätigkeit der Reichtum und der Ruhm der Kölner Kirche in solchem Maße gesteigert worden sei. Bei der Urteils­ fällung in Sachen seiner Untertanen ließ er sich weder durch Haß noch durch Gunst gegen irgend jemand vom rechten Wege ablenken, sondern hielt sich in allen Fällen stets unabänderlich an die ihm vorschwebende Richtschnur der Gerechtigkeit, weder zog er den Armen vor, noch ehrte er den Mächtigen2 , um das Recht zu beugen. Vollends aber predigte er das Wort Gottes so eindrucksvoll, so herrlich, daß seine Predigt selbst Herzen von Stein Tränen entlocken zu können schien und bei seiner Er­ mahnung immer die ganze Kirche vom Wehklagen und Jammern der zer­ knirschten Gemeinde widerhallte. In Köln richtete er aus eignen Mitteln zwei Stifter für Kleriker ein, das eine zu St. Marien an einem Platze namens "Zur Stiege", das andere außerhalb der Stadt zu Ehren des hl. Märtyrers Georg. Auch drei Mönchs­ klöster erbaute er auf eigne Kosten an verschiedenen Orten, das eine auf einem Berge, der nach dem daran vorbeifließenden Fluß Siegberg3 heißt, das zweite im Slavenland an einem Ort mit Namen Saalfeld4 und das dritte in Westfalen an einem Ort, der Grafschaft5 heißt ; sie alle stattete er mit prachtvollen Bauwerken aus, schmückte die Kirchen mit den ausgezeich­ netstell Kunstwerken und begabte sie mit ausgedehnten, für die Bedürf­ nisse vieler Brüder ausreichenden Gütern. Und da er sah, daß in sämtliehen Klöstern des deutschen Reichs die frühere leidenschaftliche Pflege der Klosterzucht erkaltet war, und daß die Mönche all ihr Sinnen und Trachten vom gemeinsamen Leben abgewendet und auf eignes Vermögen gerichtet hatten, ängstigte ihn die schwere Sorge, man möchte meinen, daß er mit diesem ungeheuren Aufwand doch nichts vollbringen werde, was Gottes würdig wäre. Siegburg an der Sieg. ' Vgl. S. 158. 5 Grafschaft, Krs. Meschede.

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Interea contigit, ut pro causa rei publicae Romam pergeret. Cumque aliquas Italiae regiones peragraret, principes eius regni, ne a rege deficerent, suis exhortationibus confortaturust, ad monaste­ rium quoddam, cui Fructuaria2 nomen est, causa orationis diver­ tit. Ibi admiratus monachorum artissimam et secundum regulae in- 5 stituta conversationem, nonnullos eorum in opere Dei probajtissimos secum rediens abduxit et eos ad tradendam Galliis einsdem disciplinae formulam in Sigeberg constituit, prioribus monachis, quos ex Sancto Maximino3 asciverat, quoniam in horum instituta concedere noluerant, honorifice in locum suum remissis. Quod eius factum imitati caeteri Gal- 10 liarum episcopi, alii ex Gorzia, alü ex Cloniaca, alii ex Sigiberg, alii ex alüs monasteriis monachos evocantes, novam divini servicii scolam in suis singuli monasterüs instituerunt4 ; adeoque brevi convaluit fe­ licis huius facti emulatio, ut pauca intra Galliam monasteria videamus, quae non iam novae huius institutionis iugum subacta receperint. 15 Ipse vero monachos suos, iuxta quod in Fructuaria compererat, cer­ nens artissimis vivere disciplinis et conversationis eorum opinione longe lateque vulgata multos ad mundi contemptum infl.ammari et eorum magisterio se in via Dei erudiendos tradere, magnas Deo gratias refere­ bat, quod non confudisset eum ab expectatione sua6• Omnem quoque 20 diligentiam adhibebat, ne quam earum rerum, quibus corporis imbecil­ litati consulendum sit, penuriam sustinerent. Honorabat ac veneraba­ tur eos ut dominos suos, nec solum abbati6, sed decanis etiam mona­ sterii ita subditus dictoque obtemperans erat, ut ad primum eorum imperium, quantumlibet gravibus publicae seu privatae rei negocüs 2s implicitus teneretur, ilico exoccupatis manibus surgeret et omne quod iussissent instar vilis mancipii exequeretur. Cibos summa industria confectos quottidie, dum adesse potuisset, ipse eis inferebat, ipse appo­ nebat, ipse potum miscebat, ipse reficientibus ad omne obsequium quolibet famulo promptior paratiorque assistebat. Silentium quoque ao ac caeteras monasterii consuetudines, dum inter eos diversaretur, ita attentus sollicitusque servabat, acsi pro excessibus suis ipse quoque quottidie in capitulo eorum causam dicturus et sententiam accepturus foret. Hoc eius in Sigeberg, hoc in Salefelt, hoc in Grascaf studium, haec institutio erat. as 1 1070. Beides falsch. Anno hatte sich vielmehr vor dem Papste fertigen, vgl. S. 122. -

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Über Annos Bestrebungen um Reform des Mönchtums

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Da traf es sich, daß er in einer Reichsangelegenheit nach Rom ging. Als er nun durch einige Landschaften Italiens zog, um die Fürsten des Landes darin zu bestärken, daß sie nicht vom König abfielen1 , da kehrte er zum Beten in einem Kloster mit Namen Fruttuaria2 ein. Hier bewunderte er der Mönche asketisches, der Regel entsprechendes Leben und nahm auf der Rückreise einige von ihnen, die sich im Dienste Gottes am besten bewährt hatten, mit und brachte sie nach Siegburg, um den gal­ lischen Landen damit ein Muster dieser Zucht zu bieten, die bisherigen Mönche aber, die er aus St. Maximin3 geholt hatte, schickte er mit Ehren in ihr Kloster zurück, weil sie sich nicht in deren Neuerungen fügen woll­ ten. Dieses Vorbild ahmten andere gallische Bischöfe nach ; sie beriefen Mönche teils aus Gorze, teils aus Cluny, teils aus Siegburg oder anderen Klöstern und richteten in den einzelnen Klöstern neue Schulen des gött­ lichen Dienstes ein4 , und so starke Nachahmung fand in kurzem diese segensreiche Tat, daß wir heute nur noch wenige Klöster in Gallien fin­ den, die nicht schon das Joch dieser neuen Lebensweise auf sich genom­ men haben. Als er nun sah, daß seine Mönche so, wie er es in Fruttuaria kennen­ gelernt hatte, in strengster Zucht lebten, und wie durch den sich weithin ausbreitenden Ruf ihres Wandels viele zur Verachtung der Welt be­ geistert wurden und sich ihrer Lehre zur Unterweisung auf Gottes Weg übergaben, da dankte er Gott innig dafür, daß er ihn in seiner Hoffnung nicht hatte zuschanden werden lassen5 • Er bemühte sich auch mit allem Eifer darum, daß sie an nichts Mangel litten, was zur Abwehr körperlicher Schwäche nötig ist. Er achtete und ehrte sie wie seine Herren, und nicht nur dem Abt6, sondern auch den Dekanen gegenüber war er so unter­ würfig und aufs Wort gehorsam, daß er, mochte er noch so sehr durch private oder politische Geschäfte gefesselt sein, auf ihren ersten Befehl hin diese Beschäftigung sofort aus der Hand legte und aufstand und wie ein gemeiner Knecht alles ausführte, was sie befahlen. Sooft er anwesend sein konnte, trug er ihnen die mit größter Sorgfalt zubereiteten Speisen selber auf, legte sie ihnen selber vor, mischte ihnen selber den Trank, und er selber stand ihnen während der Mahlzeit williger und eifriger als irgend­ ein Aufwärter für j eden Dienst zur Verfügung. Auch das Stillschweigen und j ede andere klösterliche Gewohnheit wahrte er, wenn er unter ihnen weilte, so peinlich genau, als ob er sich täglich für seine Übertretungen im Kapitel zu verantworten und sein Urteil zu empfangen hätte. Dies war sein Benehmen, dies sein Verhalten in Siegburg, in Saalfeld, in Grafschaft. 2 Nördlich von Turin. 3 In Trier. 4 Vgl. S. 152. 5 Vgl. Ps. 1 18, 1 16. 6 Erpho.

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Armales

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Porro a rege gravissimis sepefnumero inimiciciis dissidebat et eum acerrimis increpationibus obiurgabat propter multa, quae preter equum et bonum eius iussu vel permissu quottidie admittebantur in re publica. Unde rex plerumque efferatus omnia quae illius erant ferro et igne demoliturum se comminabaturl, plerumque autem supplex ei

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factus amplissimis promissionibus iratum demulcebat et tarn sui quam tocius regni ius potestatemque ei se facturum pollicebatur, si modo fidum eum sibi nec adeo cunctis voluntatibus suis adversum experiretur. Ad haec ille in cunctis aiebat, quae recte et iuxta regiam magnificentiam conaretur, nusquam ei defuturam esse operam suam.

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Si quid vero perperam et contra leges ac scita maiorum, nequam ho­ minum suggestionibus depravatus, agere vellet, ut his consensum auctoritatemque suam accommodaret, nullo se vel precio redimi vel terrore compelli posse. Et nunc quidem in summam familiaritatem et pene in regni consortium a rege assumebatur, nunc vero, quoniam

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ea quae in regno perperam gerebantur vehementer detestaretur et acerrime impugnaret, cum contumelia de palacio eiciebatur, et ad ex­ tinguendum omnino nomen eius totum regni robur concitabatur2• His vicissitudinibus per plures annos eius concertatio cum rege trahebatur. Neque enim lasciviae regis vel racio modum faciebat vel aetatis acces-

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sus vel amici cuiusquam obiurgatio, sed quottidie se ipso deterior ef­ ficiebatur, et ruptis omnibus humani, ne dicam christiani, pudoris fre­ nis, in omne quod animus suggessisset ß.agicium precipitantior ruebat ; et oppressis iam terrore principibus, nullus erat, qui peccantem et divina atque humana omnia absque discrimine permiseentern vel levi

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verbo auderet redarguere. Ad ultimum considerans archiepiscopus completam esse maliciam eius et obstinatum in malis ingenium nec tempore iam corrigi posse nec racione, anno pene ante exortum bellum Saxonicum petiit vaca­ tionem deinceps sibi dari ab exterioribus rei publicae negociis3 ; et sie

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impetrato commeatu, in Sigebergense monasterium secedens, illic in vigiliis / et ieiuniis, in orationibus et elemosinis quod supererat aetatis exigebat ; nec inde uspiam, nisi summa forte ac inevitabili necessitate extractus, abscedebat4• Caetera, quae circa rei publicae administra­ tionem vel egit vel passus est, si quis plenius scire voluerit, superiora

1 Vgl. S. 252.

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Mit dem König aber entzweite ihn oft die erbittertste Feindschaft, und er machte ihm die schwersten Vorwürfe wegen zahlreicher politischer Maßnahmen, die auf seinen Befehl oder mit seiner Einwilligung täglich wider Recht und Billigkeit erfolgten. Daher drohte der König oft in höchster Wut, er werde seinen gesamten Besitz mit Feuer und Schwert ver­ nichten1 , oft aber beschwichtigte er auch den Zürnenden durch große Ver­ sprechungen und stellte ihm in Aussicht, ihm die volle Verfügungsgewalt über seine Person wie über das ganze Reich zu übertragen, wenn er ihn nur als treu und nicht so scharfen Gegner all seiner Wünsche erfinde. Darauf erwiderte Anno, bei allen dem Recht und der königlichen Würde ent­ sprechenden Maßnahmen werde er ihm seinen Dienst niemals versagen. Wenn er sich aber durch Einflüsterungen ruchloser Menschen zu schlim­ men, gegen die Gesetze und Satzungen der Vorfahren verstoßenden Hand­ lungen verleiten lasse, so werde man ihm seine Zustimmung und seine Ermächtigung dazu um keinen Preis abkaufen, durch keine Drohung ab­ trotzen. So wurde er vom König bald zum vertrauten Ratgeber, ja fast zum Mitregenten angenommen, bald aber, weil er verwerfliche politische Maßnahmen heftig mißbilligte und aufs schärfste bekämpfte, mit Schande vom Hofe verbannt, und dann wurde die gesamte Macht des Reichs aufgeboten, um seinen Namen gänzlich auszutilgen2 . In solchem Wechsel zog sich sein Streit mit dem König viele Jahre hin. Denn der Zügellosigkeit des Königs setzte weder die Vernunft ein Ziel, noch sein zunehmendes Alter, noch der Tadel irgendeines Freundes, er wurde vielmehr von Tag zu Tag schlechter, zerriß alle Bande menschlicher, um nicht zu sagen, christlicher Scheu und stürzte sich Hals über Kopf in j edes Verbrechen, das ihm in den Sinn kam ; und da nunmehr die Fürsten durch Angst in Fesseln geschlagen waren, gab es niemanden mehr, der ihn auch nur mit dem leisesten Wörtchen zu tadeln wagte, wenn er Verbrechen beging und allen Glauben an göttliche und menschliche Gebote unterschiedslos in Verwirrung brachte. Als schließlich der Erzbischof erkannte, daß das Maß seiner Verderbt­ heit voll war und sein im Bösen verhärteter Sinn weder durch die Zeit noch durch die Vernunft gebessert werden konnte, bat er ungefähr ein Jahr vor dem Ausbruch des Sachsenkrieges für die Zukunft um Befreiung von den äußeren Staatsgeschäften3 , und als er daraufhin seinen Abschied erhielt, zog er sich in das Kloster Siegburg zurück und verbrachte dort den Rest seines Lebens lnit Nachtwachen und Fasten, lnit Beten und Almosenspenden und verließ es nur noch, wenn ihn eine dringende, un­ umgängliche Notwendigkeit dazu zwang4 . Wenn j emand genauer erfahren möchte, was er sonst noch hinsichtlich der Verwaltung des Reichs getan oder erlitten hat, so möge er die früheren Schilderungen dieses Buches 2 Wohl stark übertrieben, wie überhaupt sehr vieles hier. a 1072. - Vgl. S. 164, Anm. 8. ' Vgl. S. 198 und 214.

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libelli huius revolvat, et singula eo quo gesta sunt ordine et tempore copiose descripta inveniet. Sed pius Dominus, qui quos amat arguit et castigatl, hanc quoque di­ lectam sibi animam ante diem vocationis suae multis temptari permisit incommodis, ut scilicet ab eo onmem scoriam terrenae conversationis excoqueret2 caminus transitoriae tribulationis. Primum moto bello Saxo­ nico fratrem eius Wecel Magadaburgensem archiepiscopum et consobri­ num eius Bucconem Halberstadensem episcopum tempestas involvit gravissimae persecutionis. Contra hos cum non satis impigre regi tocius Saxonicae gentis exterminium anhelanti opem ferret, naturae profecto legibus et carnali affectione inhibitus, invisus ei suspectusque efficitur, periurii ac perfidiae insimulatur3, cives Colonienses, quibus paulo ante unice carus acceptusque fuerat, ad interficiendum eum donis ac pro­ missionibus sollicitantur4. Sopito utcumque hoc malo, duo ministri eius, qui in laribus eius familiarissime obversabantur, insidias ei tendunt, et nisi Dei misericordia malum hoc prevertisset, nihil tale suspi­ cantem trucidassent. Alii cuidam, quem beneficiis suis maxime fidum sibi obnoxiumque fecerat, familiares litteras, a seipso in tabulis propter maiorem secreti cautelam conscriptas, dedit episcopo Halberstadensi5 perferendas, quibus nepotem suum, tantis undique adversitatum procellis iactatum et pene naufragantem, consolaretur et instrueret. At ille ex ipsa tarn operosa secreti communitione coniciens aliquid regi reique publicae adversum his litteris contineri, regi eas detulit. Quas ille deinceps in argumenftum lesae fidei archiepiscopo improperans, necem ei et omnibus quae eius essent ultimum, si copia fieret, exterminium machinabatur6. Item alius quidam ex ministris eius, quem Coloniensi aecclesiae propria industria ipse adquisierat, quemque ob hoc indulgentissimo semper affectu coluerat et bonis omnibus, etiam supra natales suos locupletaverat, repente insolentia servili elatus iugum aecclesiasticae servitutis cepit detractare seque in libertatem violento quodam iure fori cum magna archiepiscopi contumelia asseruit. Turn vero crebris mortibus carorum suorum7 ita amaricatus est et vulnere concisus super vulnus, ut saxeum quoque pectus et supra 1 Vgl. Off. 3, 19. 2 Vgl. Jes. I , 25. 3 L. sagt selbst, Anno habe an der Verschwörung teilgenommen, vgl. S. 196, 222, 236, 284.

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noch einmal nachlesen, dort wird er alles einzelne in der zeitlichen Ord­ nung, wie es geschehen ist, ausführlich dargestellt finden. Doch der gnädige Gott, der straft und züchtigt, die er liebt!, ließ zu, daß auch diese von ihm so geliebte Seele vor dem Tage ihrer Berufung durch viele Heimsuchungen geprüft wurde, damit sie im Schmelzofen ver­ gänglichen Leids von allen Schlacken des Erdenwandels geläutert werde2 • Zuerst kam nach Ausbruch des Sachsenkrieges ein Sturm schwerster Ver­ folgung über seinen Bruder, den Erzbischof Wezel von Magdeburg, und seinen Neffen, den Bischof Bucco von Halberstadt. Als er dem König, der nach der Ausrottung des ganzen sächsischen Stammes lechzte, gegen diese nicht eifrig genug Hilfe leistete, gehindert wahrlich durch Naturgesetz und verwandtschaftliche Zuneigung, da wird er ihm verhaßt und ver­ dächtig und des Meineids und Treubruchs beschuldigta ; die Bürger von Köln, denen er bis dahin teuer und lieb gewesen war, werden durch Geschenke und Versprechungen zu seiner Ermordung aufgereizt4. Nachdem dieses Unheil mit ziemlicher Mühe abgewendet worden war, machten zwei seiner Diener, die in seinem Hause lebten und sein höchstes Vertrauen ge­ nossen, einen Anschlag auf ihn, und sie hätten ihn, der nichts dergleichen vermutete, ermordet, wenn nicht Gottes Bannherzigkeit diese Gefahr abgewendet hätte. Einem anderen, den er sich durch seine Gunstbeweise ganz besonders zur Treue verpflichtet hatte, übergab er einen vertrau­ lichen Brief, den er zur Sicherung der Geheimhaltung eigenhändig geschrieben hatte, mit dem Auftrag, ihn dem Bischof von Halber­ stadt5 zu bringen ; er wollte dadurch seinen Neffen, der von allen Seiten von so schweren Stürmen des Mißgeschicks umhergeworfen wurde und dem Schiffbruch nahe war, trösten und beraten. Doch der Bote schloß aus den sorgfältigen Vorkehrungen zur Geheimhaltung, daß der Brief irgendetwas Feindseliges gegen König und Reich enthielte, und übergab ihn dem König. Dieser hielt ihn von da an dem Erzbischof als Beweis seines Treubruchs vor und gedachte, wenn sich die Gelegenheit bot, ihn zu töten und seinen gesamten Besitz vollständig zu vernichten6• Da war noch ein anderer, einer seiner Dienstmannen, den er durch persönliche Be­ mühung für die Kölner Kirche erworben hatte und deshalb stets mit der gütigsten Zuneigung umhegt und mit allen Gütern sogar weit über seinen Geburtsstand hinaus ausgestattet hatte, der wurde plötzlich in knechti­ scher Keckheit übermütig, fing an, sich gegen das Joch der kirchlichen Dienstbarkeit zu sträuben und gewann zur schweren Schmach des Erz­ bischofs durch ein gewaltsames weltliches Rechtsverfahren die Freiheit. Ferner aber wurde er durch zahlreiche Todesfälle ihm teurer Menschen7 in so bittere Trauer versetzt und mit einer Wunde nach der andren ge' 1074. - Unwahr, vgl. S. 236.

5 1074-75. - Burchard (Bucco). e

Vielleicht beziehen sich Heinrichs Vorwürfe (vgl. S. 252) da.rauf.

7 Weiteres in Annos Lebensbeschreibungen.

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petram fundatum1 aedificiurn concutere posset tarn vehernens ille turbo ternptationis. Ad ultirnurn data Satanae in carnern quoque eius pote­ state, ulcere pessimo percussus est2 in utroque pede, ita ut putrescentes paulatirn carnes deßuerent, et hinc inde abducta cute, consumptis carnibus, fedo aspectu ossa nudarentur. Qui rnorbus prirno pedes, dein

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crura et fernora miserabili rnodo depastus est, ac sie post diuturnarn rnacerationern penetrans ad vitalia, anirnarn super argentum igne ex­

aminatum probatam et purgatam septuplum3 de hac domo lutea transmisit ad domum non manu factam4, aeternarn in caelis. De qua re dimidio fere anno, priusquarn vita excederet, certurn eum

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fecerat rnanifesta revelatio. Visus est enirn sibi dornum quandarn, omni decore intus et foris resplendentern, intrare. Et ecce in subselliis iudi­ cialibus tarnquarn ad conciliurn solemniter evocati residebant Heriber­ dus Coloniensis archifepiscopus, Bardo Mogontinus archiepiscopus, Boppo et Eberhardus Treverenses archiepiscopi, Arnolfus Worrnaciensis

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episcopus0 et alii quarnplures Galliarurn episcopi, quorurn alios ipse in carne noverat, alios farna tanturn vel lectione cornpererat, amicti omnes

stolis pontificalibus et habentes vestern insta·r nivis6 candidarn. I pse quo­ que candidis admodurn ac preciosis indutus sibi videbatur, sed parlern candentis vestirnenti, earn scilicet, qua pectus tegebatur, sordida quae-

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darn ac feda caligo obduxerat ac caeterurn cultus eius splendorern sua feditate plurimurn obfuscabat ; quarn tarnen ipse nimiorubore perfusus obiecta rnanu tegere ac celare, ne inspicientiurn offenderet obtuturn, conabatur. Videt preterea inter eos sibi quoque sedern miri decoris para­ tarn . Quarn curn occupare gaudio et exultatione aestuans properaret,

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surgens Arnolfus Wormaciensis episcopus rnodesta voce eurn prohibuit, dicens reverendos patres, qui assiderent, nolle eurn in suurn admittere consessum, propterea quod vestern eius turpis haec rnacula fedaret. Cumque iussus loco cedere ßens confectoque nimium animo egrederetur, insecutus eurn idern episcopus : ,Equo animo', ait, ,esto, pater. Macularn tantum hanc, quae vestern tuarn infecit, rnaturius ablui precipe, quia non post mnltos dies beatae huius mansionis consortiurn et sanctorurn patrum, quos aspexisti, consessum voti compos percipies' . Mane facto, cum farniliari cuidarn suo visionern retulisset, ille sapienter rem conici-

1 Vgl. Off. 10, 10; Hiob 16, 1 5 ; Luk. 6, 48. Vgl. Hiob 2, 7. a Vgl. Ps. 11, 7. 2

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schlagen, daß ein so heftiger Sturm der Prüfungen auch ein He rz von Stein und ein auf Felsen gegründetes1 Haus hätte erschüttern können. Zuletzt ward Satan auch Gewalt über sein Fleisch gegeben, und er wurde mit einem bösen Geschwür an beiden Füßen geschlagen2 , so daß allmählieh das faulende Fleisch hera�seiterte, und nachdem sich an verschiede­ nen Stellen die Haut abgelöst hatte, die nackten Knochen, scheußlich an­ zusehen, hervortraten. Diese Krankheit zerfraß zunächst die Füße, dann in schrecklicher Form die Unter- und die Oberschenkel und breitete sich dann nach langen Qualen auf die lebenswichtigen Organe aus und entsandte endlich die Seele, mehr als im Feuer geläutertes Silber siebenfach bewährt und geläutert3 , aus dieser Hütte von Staub hinüber in das Haus, das nicht lnit Händen gemacht ist, das ewig ist im Himmelreich4• Davon hatte ihm schon etwa ein halbes Jahr vor seinem Tode eine deutliche Offenbarung Gewißheit gegeben. Er sah sich nämlich in ein Haus eintreten, das außen und innen in wundervoller Schönheit erstrahlte. Und siehe, auf Richterstühlen, wie zu einem Konzil feierlich berufen, saßen Erz­ bischof Heribert von Köln, Erzbischof Bardo von Mainz, die Erzbischöfe Poppo und Eberhard von Trier, Bischof Arnulf von Worms5 und viele andere gallische Bischöfe, von denen er einige zu ihren Lebzeiten persönlieh kennengelernt hatte, andere aber nur aus mündlichen oder schrift­ lichen Berichten kannte, alle angetan mit der bischöflichen Stola und Ge­ wändern weiß wie Schnee6• Auch er selbst sah sich gekleidet in ein fast ganz weißes kostbares Gewand, aber ein Teil seines leuchtenden Kleides, näm­ lich der die Brust bedeckende, hatte einen scheußlichen dunklen Schmutzfleck, der durch seine Garstigkeit den sonstigen Glanz seiner Kleidung ver­ dunkelte ; von brennender Schamröte übergossen, versuchte er, diesen lnit vorgehaltener Hand zu verdecken, dalnit er die Blicke der darauf Schauen­ den nicht beleidige. Er sah ferner, daß auch für ihn ein Stuhl von wun­ derbarer Schönheit aufgestellt war. Als er aber voll jubelnder Freude eiligst darauf Platz nehmen wollte, erhob sich Bischof Arnulf von Worms und hielt ihn lnit sanften Worten zurück, indem er sagte, die ehrwürdigen Väter, die hier säßen, wollten ihn nicht in ihren Kreis aufnehmen, weil dieser häßliche Fleck sein Gewand verunstalte. Als man ihn darauf hieß, den Raum zu verlassen, und er weinend und völlig gebrochen hinausging, folgte ihm derselbe Bischof und sagte : "Sei gutes Muts, Vater ! Nimm dir nur vor, diesen Flecken, der dein Kleid entstellt, rechtzeitig abzuwaschen, denn bald wird dein Wunsch sich erfüllen, und du wirst in die Gemein­ schaft dieser seligen Wohnung und in die Versammlung der heiligen Väter, die du erblickt hast, aufgenommen werden." Als er am nächsten Morgen dieses Gesicht einem Vertrauten lnitteilte; sagte dieser, die Vision klug deutend : "Dieser Fleck, Vater, der deinem Kleid anhaftete, ist, so meine 4 Vgl. Hiob 4, 19, Mark. 14, 58 und 2. Kor. 5, 1 .

Verstorben in den Jahren 1021 b is 1065. 6 Vgl. Off. 7, 9 und 2. Mos. 4, 6.

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ens : ,Macula' , inquit, ,haec vesti tuae illita nihil aliud est, pater, ut esti­ mo, quam memoria iniuriae civium tuorum, qui te anno superiore Colo­ nia expulerunt1, quibus te divinae pietatis respectu iam olim oportuerat admissi huius veniam dedisse. Haec, quod bona venia dixerim, pectori tuo tenacius quam equum sit insidens et amarissimo merore contra fas

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mentem tuam decoquens, caeteram sanctissimae conversationis tuae claritatem molesta quadam caligine obducit et obscurat' . Archiepi­ scopus confscientiae suae testimonio convictus, ne inficiaretur quod audiebat, reatum suum humiliter agnovit, statimque destinatis cir­ cumquaque nuncüs cives omnes Coloniae, quos in ultionem iniuriae

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suae excommunicatos urbe fugaverat, ad se evocavit, eisque proxima festivitate paschali2 - nam in quadragesima3 visionem viderat - non solum communionem aecclesiasticam, sed etiam bona sua omnia, quae direpta fuerant, benignissime restituit. Sie gravis illa tempestas, quae spiritu diabolico suscitata totam concusserat Coloniam, conquievit ;

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pater filios, filii patrem recognoverunt ; archiepiscopus amaritudine, populus metu et sollicitudine, civitas liberata est solitudine. Archiepiscopus iam a principio sepulturam sibi providerat Coloniae in aecclesia beatae Mariae quae dicitur ad Gradus. Postmodum offensus temeritate Coloniensium, qua in eum inaudita rabie debachati fuerant,

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non modo animum, sed corpus quoque suum de Colonia in Sigeberg transferendum censuit, ibique sepeliri se omni modo definivit. Cumque appropinquante die vocationis suae Coloniae egrotaret, iamque in extre­ mo spiritu constitutus animadverteret populum Coloniensem graviter nimis ferre, quod tarn desiderabili thesauro defraudandus esset, paulu-

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lum resumpto spiritu in lecto consedit, acceptaque stola pontificali, ut videlicet verbis plus inesset auctoritatis, familiares suos sub testifi­ catione nominis divini adiuravit, ne alibi eum quam in Sigeberg poni sinerent. Factum est ergo quod iusserat. Defunctus enim post modi­ cum4 gloria ingenti, magno cleri et piebis studio, summo matronarum

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Coloniensium luctu in Sigeberg delatus atque in medio aecclesiae se­ pultus est. Ubi quottidie per eius interventum fideliter postulantibus multa prestantur divinae opitulationis beneficia. MLXXVI. Rex natalem Domini Goslariae celebravit. Cumque eo omnes regni principes evocasset, ut de principibus Saxoniae, qui in deditionem venerant, communi consilio deliberaretur, preter ducem 1

Vgl. S. 236ff.

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ich, nichts anderes als dein Gedenken nn das Unrecht deiner Bürger, die dich im vorigen Jahre aus Köln vertrieben haben1 , und denen du um des göttlichen Erbarmens willen dieses Vergehen schon längst hättest ver­ zeihen müssen. Dieses Gedenken - ich möchte das mit deiner gütigen Erlaubnis sagen - sitzt fester in deiner Brust als billig, und indem es wider Gottes Gebot dein Herz noch immer mit bitterstem Gram quält, bedeckt und verdunkelt es den sonstigen Glanz deines hochheiligen Wandels mit einem peinlichen Schatten." Der Erzbischof, vom Zeugnis seines Gewis­ sens überführt, leugnete nicht ab, was er gehört, sondern erkannte demutsvoll seine Schuld an ; dann schickte er alsbald Boten nach allen Seiten aus, berief alle Bürger, die er zur Strafe für das an ihm begangene Unrecht gebannt und aus der Stadt vertrieben hatte, zu sich und gab ihnen am nächsten Osterfest2 - denn die Vision war ihm in der Fastenzeit3 erschie­ nen - nicht nur die kirchliche Gemeinschaft, sondern auch ihre sämtlichen Güter, die er ihnen weggenommen hatte, gütigst zurück. So kam j ener schwere Sturm, der, vom Teufel erregt, ganz Köln erschüttert hatte, zur Ruhe. Der Vater erkannte seine Söhne, die Söhne ihren Vater wieder an, der Erzbischof wurde von Erbitterung, das Volk von Angst, die Stadt von Verödung befreit. Der Erzbischof hatte für sich schon von Anfang an eine Beisetzung in der Kirche von St. Mariagreden in Köln vorgesehen. Später hatte er aber dann aus Empörung über die Verwegenheit der Kölner, mit der sie in unerhörter Raserei gegen ihn getobt hatten, beschlossen, nicht nur geistig, sondern auch körperlich von Köln nach Siegburg überzusiedeln, und bestimmt, daß er dort auch begraben werde. Als er dann nicht lange vor dem Tage seiner Abberu­ fung in Köln krank lag und, schon in den letzten Zügen liegend, merkte, wie das Volk von Köln sehr unmutig darüber war, daß es um einen so be­ gehrenswerten Schatz betrogen werden sollte, da setzte er sich, als er wieder ein wenig zu Atem kam, im Bett auf, ließ sich die priesterliche Stola umlegen, um seinen Worten dadurch größeren Nachdruck zu verleihen, und beschwor seine Vertrauten unter Anrufung des göttlichen Namens, ihn nirgend sonst als in Siegburg beisetzen zu lassen. So geschah, was er be­ fohlen hatte. Als er bald darauf verschied4 , wurde er mit großem Gepränge unter allgemeiner Teilnahme von Klerus und Volk und lautem Wehklagen der Kölner Frauen nach Siegburg übergeführt und in der Mitte der Kirche bestattet. Dort werden nun täglich auf seine Fürbitte denen, die gläubig darum bitten, viele Wohltaten göttlicher Hilfe erwiesen. 1076 Der König feierte Weihnachten in Goslar. Dorthin hatte er alle Reichsfürsten berufen, um über die sächsischen Fürsten, die sich ergeben hatten, in gemeinsamer Beratung zu entscheiden, aber es kamen außer 5. April. 18. Februar-4. April. 4 4. Dezember.

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Boernicurn1 pauci adrnodurn venerunt. Ab ipsis tarnen qui veneraut I iusiurandurn exegit et accepit, ut non aliurn post eurn quarn filiurn eius2, tenerurn adhuc infantulurn, regern sibi eligerent. Ibi Otto dux quondarn Baioariae, datis pro se duobus filiis suis obsidibus, deditione absolutus est, nec solurn in gratiarn, sed in tautarn quoque familiaritatern receptus est a rege, ut omnia deinceps consilia tarn de privata quarn de re publica caeteris auriculariis familiarius curn eo communi­ caret. Caeterorurn qui se dediderant nec rnentio habita est. Coloniensis etiarn clerus et populus ad eligendurn sibi antistitern frequens confiuxerat. Quibis rex Hildolfum3 quendarn Goslariensern canonicurn offerebat atque, ut eligerent, dedita opera insistebat. Illi contra surnrna ope nitebantur, obicientes, quod horno statura pusillus, vultu despicabilis, genere obscurus, nec anirni nec corporis virtutibus quicquarn tanto sacerdocio dignurn pretenderet. Unde indignitate rei tanta in eurn concitata sunt omniurn qui in curte regia erant odia, ut, sicubi in publico apparuisset, ornnes eurn tarnquarn aliquod antiqui­ tatis rnonstrurn inconditis clarnoribus et canticis perurgerent lapides­ que in eurn et pulverern, vel quodcurnque aliud furentibus casus op­ tulisset, iactarent. Sed rex recolens Annonis archiepiscopi constantiarn et invicturn adversurn omnes nefarios suos conatus spiriturn, consulto talem ei successorem ordinari satagebat, cuius facilitate ad ornnia quae vellet pro libito suo abuti posset. Curnque diu rnulturnque conatus nulla ratione, ut eligeretur, optinere potuisset, Colonienses infecto negocio in sua rernisit, iterurnque medi.a quadragesirna4 rectius, si fieri posset, consultos presto esse precepit, contestatus qua.m sancte se vivo aut nullum eos aut hunc habituros esse pontificern. Aderaut preterea Hildebrandi papae legati5, denunciantes regi6, ut secunda feria secundae ebdornadae I in quadragesirna7 ad sinodurn Rornae occurreret8, de criminibus, quae obicerentur, causam dicturus ; alioquin sciret se absque omni procrastinatione eodern die de corpore 1 Wratislaw. 2 Konrad. 3 1076-78. ' 6. März. & Zusammen mit ihnen kehrten drei Gesandte des Königs aus Rom zurück. 6 1. Januar 1076. - Sie überbrachten einen Brief Gregors VII. (vom 8. Dezember 1075, Reg. Gregors VII., III, 10).

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Über die Wahl Hildolfs zum Erzbischof von Köln

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dem Herzog von Böhmen1 nur ganz wenige. Von den Erschienenen forderte und erhielt er die eidliche Versicherung, daß sie als seinen Nachfolger kei­ nen anderen zum König wählen würden als seinen Sohn2 , ein Kind im zartesten Alter. Dort wurde auch der ehemalige Bayernherzog Otto aus der Unterwerfung entlassen, nachdem er für sich seine beiden Söhnt als Geiseln gegeben hatte, und er wurde vom König nicht nur wieder zu Gna­ den, sondern auch in ein so enges Vertrauensverhältnis aufgenommen, daß er von nun an in privaten wie politischen Angelegenheiten alle seine Pläne weit vertraulicher lnit ihm besprach als mit den übrigen geheimen Beratern. Die übrigen, die sich ergeben hatten, wurden lnit keinem Wort erwähnt. Auch Klerus und Volk von Köln war zur Wahl eines Bischofs in gro­ ßer Zahl erschienen. Ihnen schlug der König einen gewissen Hildolf3 vor, einen Goslarer Kanonikus, und drang nachdrücklich darauf, daß sie ihn wählten. Doch sie widersetzten sich dem mit aller Kraft, indem sie gegen ihn einwendeten, er sei ein kleines Männchen lnit einem abstoßenden Ge­ sicht und von niedriger Herkunft und habe weder an geistigen noch an körperlichen Vorzügen irgendetwas aufzuweisen, was ihn eines so hohen geistlichen Amtes würdig machte. Deswegen erregte die Empörung über dieses Verfahren am ganzen königlichen Hof solchen Haß gegen ihn, daß ihm alle, sobald er sich in der Ö ffentlichkeit zeigte, wie einem antiken Un­ geheuer mit schmähenden Zurufen und Spottliedern zusetzten und ihn lnit Steinen und Schmutz oder, was den Wütenden sonst gerade in die Hände kam, bewarfen. Doch der König dachte an die Charakterfestigkeit Erzbischof Annos und seine Unnachgiebigkeit gegen alle frevelhaf­ ten Pläne und bot deshalb mit voller Absicht alles auf, um für ihn einen Nachfolger einsetzen zu lassen, dessen Willfährigkeit er nach Belieben zu allem, was er wünschte, mißbrauchen könnte. Als er aber seine Wahl trotz langer eifriger Bemühungen auf keine Weise durchsetzen konnte, schickte er die Kölner ohne Entscheidung nach Hause, befahl ihnen, sich zu Mitt­ fasten4, wenn möglich besser beraten, wieder einzufinden, und dabei be­ teuerte er ihnen hoch und heilig, sie würden, solange er lebe, diesen oder keinen zum Bischof bekommen. Ferner anwesend waren Legaten des Papstes Hildebrand5 , die dem König lnitteilten6, er möge sich am Montag der zweiten Fastenwoche7 zu einer Synode in Rom einfinden8, um sich wegen der Vergehen, die man ihm vorwerfe, zu rechtfertigen, andernfalls werde er unverzüglich an dem­ selben Tage durch apostolischen Bann vom Leibe der Kirche abgetrennt 7 22. Februar. Die Synode dauerte aber wahrscheinlich vom 14.-20. Februar 1076. s Die Zitierung nach Rom ist nicht wahr. - Gregor beschuldigte ihn des Un­ gehorsams gegenüber der Kirche (Umgang mit Exkommunizierten, Eingreifen in die Mailänder Streitigkeiten, Vornahme von Investituren) und drohte Heinrich mit dem Ausschluß aus der kirchlichen Gemeinschaft, wenn er nicht Buße täte.

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sanctae aecclesiae apostolico anathemate abscidendum esse. Quae le­ gatio regem vehementer permovit ; statimque abiectis cum gravi con­ tumelia legatis, omnes qui in regno suo essent episcopos et abbates Wormaciae dominica septuagesimae1 convenire precepit, tractare cum eis volens, ad deponendum Romanum pontificem si qua sibi via, si qua ratio pateret ; in hoc cardine totam verti ratus salutem suam et regni stabilitatem, si is non esset episcopus. Ipso tempore contigit papam per immissionem Satanae gravissima pulsari adversitate. Quidam urbis prefectus Romanae Quintius2 no­ mine, et generis claritate et opum gloria eminens valde in tota Italia, multa in possessionibus Romanae aecclesiae preter leges faciebat. Per­ lata ad papam querimonia, cum eum sepius modeste corriperet, nec quicquam proficeret secreta correptio, tandem excommunicavit eum, arbitratus hoc saltem modo improbitatem eius coercendam fore. Hinc ille maiori dementia efferatus ipsa nocte natalis Domini cum armatis inopinato irruit in aecclesiam3, in qua papa vestimentis pontificalibus indutus sacro altari astabat missarum solemnia celebrans, iniectaque ­ quod dictu quoque nefas est - in capillos eius manu multis contumeliis affectum de aecclesia protraxit, et priusquam, vulgato per civitatem rumore, populus frequens auxilio concurreret, in domum quandam munitissimam f abripuit. Fama tarn atrocis facti totam ilico replevit urbem. Undique ad arma conclamatur. Divites et pauperes, nobiles et ignobiles, uno omnes animo accurrunt, atque in ipso statim orientis diei crepusculo domum Quintii oppugnare summa vi aggrediuntur ; et nisi ille, mali, quod imminebat, haud inprovidus, papam dimittere maturasset, domum ipsam, peremptis omnibus qui in ea erant, a fun­ damento evertissent. Papa interveniente concitatae multitudinis furor vix et aegre compressus est. Romani quod factum fuerat graviter nimis et indigne ferentes omnia quae Quintii erant tarn intra muros quam extra ferro et igne demoliti sunt. Nec minus ille multa militaris audaciae facinora contra faciebat, succendens et evertens omnia quae poterat de possessionibus Romanae aecclesiae. Ita per multos dies non sine magno et harum et illarum partium dispendio simultas haec trahe­ batur. Rex statuta die4 venit Wormaciam ; venerunt etiam episcopi et abbates amplissimo numero. Commode quoque conficiendis tantis re1 24. Januar 1076.

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Greg. VII . wird v. Cencius überfal., aber v. d. Römern befreit

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werden. Diese Botschaft erregte beim König schweren Unmut ; sofort wies er die Legaten unter schweren Beschimpfungen ab und befahl allen Bi­ schöfen und Äbten seines Reiches, sich am Sonntag Septuagesimä1 in Worms zu versammeln ; dort wollte er mit ihnen beraten, ob es einenWeg, ob es eine Möglichkeit gebe, den Papst abzusetzen, denn er glaubte, sein ganzes Heil und die Festigkeit seines Thrones hänge davon ab, daß Hilde­ brand nicht mehr Bischof sei. Zur selben Zeit traf es sich, daß der Papst auf Anstiften des Satans von einer schweren Gewalttat betroffen wurde. Ein gewisser Cencius, Stadtkommandant von Rom2 , der durch seine vornehme Herkunft und seinen glänzenden Reichtum in ganz Italien berühmt war, beging auf den Besitzungen der römischen Kirche zahlreiche Gesetzwidrigkeiten. Auf die Klagen hin, die deswegen an den Papst gebracht wurden, wies dieser ihn wiederholt in lnilder Form zurecht, als aber die Vorstellungen unter vier Augen nichts nützten, exkommunizierte er ihn schließlich in der Meinung, wenigstens durch dieses Mittel seine Verwegenheit zu bändigen. Doch der geriet dadurch nur noch mehr von Sinnen : gerade in der Weihnachts­ nacht drang er unvermutet mit Bewaffneten in die Kirche3 ein, in der der Papst, im Bischofsornat das Hochamt verrichtend, am heiligen Altar stand, packte ihn - ein Greuel, es auch nur zu sagen - bei den Haaren und schleifte ihn unter schweren Mißhandlungen aus der Kirche, und ehe sich das Gerücht davon in der Stadt verbreitete und das Volk zahlreich zur Hilfe herbeieilte, schleppte er ihn in ein stark befestigtes Haus. Die Kunde von dieser Freveltat erfüllte sofort die ganze Stadt. Da ruft man allenthalben zu den Waffen. Reich und arm, vornehm und gering, alle strömen einmütig herbei und machen sich noch in der Morgen­ dämmerung daran, mit aller Gewalt das Haus des Cencius zu bestür­ men, und hätte dieser nicht in der Voraussicht des drohenden Unheils den Papst schleunigst freigelassen, dann hätten sie das Haus von Grund aus zerstört und alle Insassen umgebracht. Nur mit größter Mühe konnte durch das Eingreifen des Papstes die Wut der aufgeregten Menge gedämpft werden. Die Römer, über diese Tat aufs tiefste empört, verwüsteten nun mit Feuer und Schwert alle Besitzungen des Cencius innerhalb und außerhalb der Mauern. Aber auch dieser verrichtete zur Vergeltung Taten kriegerischer Kühnheit, indem er von den Besitzungen der römischen Kirche einäscherte und verwüstete, was er nur konnte. So zog sich dieser Streit unter schweren Verlusten auf beiden Seiten noch viele Tage hin. Der König kam am festgesetzten Tage4 nach Worms, und es kamen auch Bischöfe und Äbte in großer Zahl. Günstig für die Erledigung der wich2 24. und 25. Dezember 1075. - Cencius, das Haupt der antigregorianischen Partei in Rom. L. verwechselt ihn mit dem gleichnamigen Burggrafen. s S. Mariae Maior. • 24. Januar.

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bus intervenit quidam ex cardinalibus Romanis Hugo cognomento Blancus\ quem ante paucos dies propter ineptiam eius et mores in­ conditos papa de statione sua amoverat2, deferens secum de vita et institutione papae scenicis figmentis consimilem tragediam ; scilicet unde oriundus, qualiter ab ineunte aetate conversatus, quam perverso

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ordine sedem apostolicam occupaverit, quae ante episcopatum, quae post acceptum episcopatum memoratu quoque incredibilia flagicia commiserit. Huius auctoritatem tamquam divinitus sibi destinatam gratissime amplexati et promptissime secuti, sententiam promulga­ runt, quod papa esse non possit nec ullam iuxta privilegium Romanae

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sedis ligandi aut solvep.di potestatem habeat vel aliquando habuerit, qui tantis vitam probris ac

f criminibus commaculaverit.

Cumque caeteri omnes damnationi eius nihil hesitantes subscriberent, Adalbero Wirziburgensis episcopus et Herimannus Mettenais episcopus aliquamdiu restiterunt, dicentes incongruum valde et contra canonum

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scita esse, ut episcopus aliquis absens, absque generali concilio, sine legit­ timis et idoneis accusatoribus et testibus, necdum probatis criminibus, quae obicerentur, condemnaretur, nedum Romanus pontifex, adversus quem nec episcopi nec archiepiscopi cuiusquam recipienda sit accusa­ tio. Sed Willihelmus Traiectensis episcopus, qui causam regis perti-

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nacius tuebatur, vehementer imminebat, ut aut cum caeteris in dam­ nationem papae subscriberent, aut regi, cui sub iureiurando fidem spo­ pondissent, protinus renunciarent. Is eo tempore regi admodum carus acceptusque erat, eique rex omnium quae privatim vel publice agenda erant post se ordinationem delegaverat, vir secularibus litteris ad-

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prime eruditus, sed fastu nimio inflatus vix se ipse ferebat. Igitur ex nmnine omnium qui convenerant episcoporum et abbaturn plenae con­ tumeliarum litterae3 Romam destinantur, quibus denuncietur Romano pontifici, ut pontificatu, quem contra ecclesiasticas leges usurpasset, sese abdicet, sciatque post eam diem quicquid agat, iubeat, decernat, irritum haberi. Legati4, ut iussum fuerat, summo conatu iter accelerantes, pridie quam synodus indicta celebraretur Romam ingressi, litteras tradunt. Tune caeteram legationem, sicut in mandatis habebant, verbo non

1 Oder Candidus. - Er hatte vorher versucht, die Normannen und Lombarden gegen Gregor VII. aufzuwiegeln.

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Von der Absetzung Gregors VII.

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tigen Angelegenheiten traf es sich, daß auch ein römischer Kardinal da­ zu kam, Hugo mit dem Beinamen "der Weiße" 1 , den der Papst vor wenigen Tagen wegen seiner Unfähigkeit und seiner Sittenlosigkeit abgesetzt hatte2 ; dieser brachte eine Schauermär über das Leben und Verhalten des Papstes mit, die ganz den Erdichtungen der Bühne glich, nämlich über seine Herkunft, über seinen Wandel seit frühester Jugend, über die verwerf­ lichen Mittel, durch die er sich den apostolischen Stuhl verschafft habe, und über die schon im Bericht unglaublichen Schandtaten, die er vor und nach der Erhebung zum Bischof begangen habe. Das Zeugnis dieses Mannes nahmen sie, als wäre er ihnen von Gott gesandt, voller Freude auf, folgten ihm bereitwilligst und verkündeten das Urteil, daß ein Mann, der sein Leben mit solchen Schandtaten und Verbrechen befleckt habe, nicht Papst sein könne und die dem römischen Stuhl zustehende Gewalt, zu binden und zu lösen, nicht habe und niemals gehabt habe. Während alle übrigen dies Verdammungsurteil ohne Zögern unterschrie­ ben, widersetzten sich die Bischöfe Adalbero von Würzburg und Hermann von Metz eine Zeitlang, indem sie erklärten, es sei ganz ungehörig und verstoße gegen die kanonischen Bestimmungen, daß ein Bischof in seiner Abwesenheit ohne allgemeines Konzil, ohne die vom Gesetz vorgeschriebenen Ankläger und Zeugen, bevor die ihm vorgeworfenen Verbrechen er­ wiesen seien, verurteilt werde, und erst recht gelte das vom Papst, gegen den weder eines Bischofs noch eines Erzbischofs Anklage angenommen werden dürfe. Doch der Bischof Wilhelm von Utrecht, der die Sache des Königs besonders eifrig vertrat, stellte sie unter heftigen Drohungen vor die Wahl, entweder wie die andern die Verdammung des Papstes zu unter­ zeichnen oder sich vom König, dem sie Treue geschworen hätten, sofort loszusagen. Er war damals beim König besonders geschätzt und beliebt und der König hatte ihm als seinem Stellvertreter die Erledigung aller privaten und staatlichen Geschäfte übertragen ; er war in den weltlichen Wissenschaften vorzüglich unterrichtet, aber so stolz und aufgeblasen, daß er sich kaum selber ertrug. So wurde nun also im Namen sämtlicher anwesenden Bischöfe und Äbte ein von Schmähungen strotzendes Schrei­ ben3 nach Rom abgesandt, in dem vom Papst verlangt wurde, die päpst­ liche Würde, die er gegen die kirchlichen Gesetze an sich gebracht habe, niederzulegen, und er solle wissen, daß alles, was er nach diesem Tage tue, befehle, entscheide, als ungültig angesehen werde. Die Abgesandten4, die befehlsgemäß ihre Reise nach Kräften beschleu­ nigten, trafen am Tage der Eröffnung der angesagten Synode in Rom ein und überreichten das Schreiben. Danach richteten sie, wie ihnen auf1 Wahrscheinlich im Februar 1075.

Sowie Briefe des Königs, vgl. "Briefe Heinrichs IV " S. 65 und 12ff. Huzmaun von Speyer, Burchard von Basel und Graf Eberhard von Nellen­ burg. 8

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minus contumelioso quam scripto exequuntur. Papa nihil permotus atrocitate nuncii, postera diel, cum clerus et I populus ad synodum frequens confluxisset, in auribus omnium litteras recitari fecit, et sie cunctis qui convenerant episcopis id fieri decernentibus, regem ex­ communicavit2 et cum eo archiepiscopum Mogontinum Sigefridum,

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episcopum Traiectensem Willihelmum, episcopum Babenbergensem Ruotbertum3• Caeteris, qui conspirationis huius participes extiterant, diem statuit4, qua nisi Romae presentati causam dicerent novae huius et inusitatae contra sedem apostolicam rebellionis, similem caeteris excommunicationis sententiam sortirentur. Porro Ottonem Ratispo-

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nensem episcopum et Ottonem Constantiensem5 episcopum et Bur­ chardum Losannensem episcopum, Eberhardum comitem, Uodalri­ cum6 et alios nonnullos, quibus rex potissimum consiliariis utebatur, iam pridem excommunicaverat. Gozilo dux Lotheringorum, cum esset in confinio Lotheringiae et

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Flandriae in civitate quae dicitur Antwerpha7, occisus est per insidias, ut putabatur, Ruoberti I Flandrensis comitis8• Cum enim quadam nocte, quiescentibus omnibus, ad necessitatem naturae secessisset, appositus extra domum spiculator confodit eum per secreta natium, relictoque in vulnere ferro, concitus aufugit. Vix deinceps VII diebus accepto

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vulneri superstes, IIII. Kal. Marcü9 vita decessit, atque Verdunis iuxta patrem10 sepultus est ; magnum regni Teutonici robur ac momen­ tum, quoniam, ut sep e iam dieturn est, licet staturae pusillitate atque gibbo despicabilis videretur, opum tarnen gloria et fortissimorum mili­ tum copia, prudentiae quoque maturitate, postremo tocius vitae tem-

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perantia longe caeteris principibus supereminebat. Rex, finito in Wormacia colloquio, concitus Goslariam redüt, ibique iram suam, qua multo iam tempore in Saxones anxie aestuaverat, omni crudelitate explebat. Principes Saxoniae, qui in deditionem venerant, in ultimas regni partes relegabat11, bona eorum suis fautoribus pro libito suo diripienda permittebat, eos qui necdum dediti fu-

1 Wahrscheinlich am 15. Februar. (Nach L. 22. Febr.). 2 Vgl. Register Gregors VII., III, lOa. 3 Nur Siegfried von Mainz. Die beiden anderen wurden suspendiert wie die übrigen Bischöfe, die den Brief an Gregor VII. mit unterzeichnet hatten, vgl. Anm. 2. ' 1 . August.

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Von der Bannung Heinrichs IV.

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getragen, die weitere Botschaft mündlich aus : sie war nicht weniger be­ leidigend als das Schreiben. Der Papst nahm diese haßentsprossene Bot­ schaft mit vollkommener Ruhe entgegen und ließ sie am folgenden Tage1 , als Klerus und Volk in großer Zahl zur Synode herbeigeströmt war, vor 5 aller Ohren verlesen ; hierauf exkommunizierte er nach dem einstimmigen Beschluß aller anwesenden Bischöfe den König2 und mit ihm den Erz­ bischof Siegfried von Mainz, den Bischof Wilhelm von Utrecht und den Bischof Robert von Bamberg3 . Den übrigen Teilnehmern an dieser Ver­ schwörung setzte er eine Frist4, innerhalb der sie sich in Rom einfinden 10 und wegen dieser neuartigen, unerhörten Auflehnung gegen den aposto­ lischen Stuhl verantworten sollten, andernfalls würde sie der gleiche Bann­ fluch treffen wie die andern. Die Bischöfe Otto von Regensburg, Otto von Konstanz5 , Burchard von Lausanne, die Grafen Eberhard und Udalrich6 sowie einige andere, deren sich der König vorzugsweise als Ratgeber be15 diente, hatte er schon vor längerer Zeit mit dem Bann belegt. Als sich der Herzog Gozelo von Lothringen in Antwerpen7 an der Grenze von Lothringen und Flandern aufhielt, wurde er ermordet, wie man glaubte, auf Anstiften des Grafen Robert von Flandern8• Er war eines Nachts, als alle schliefen, zur Verrichtung eines natürlichen Bedürfnisses 20 abseits gegangen, da stieß ihm ein draußen lauernder Meuchelmörder das Schwert ins Gesäß und ließ es in der Wunde stecken, dann machte er sich eiligst aus dem Staube. Der Herzog überlebte die Verwundung kaum {lie­ ben Tage : er verschied am 27. Februar9 und wurde in Verdun neben sei­ . nem Vater10 beigesetzt ; er war eine kraftvolle, starke Stütze des deut25 sehen Reichs, denn obgleich er wegen seiner kleinen Gestalt und seines Höckers wenig achtunggebietend erschien, überragte er doch, wie schon oft gesagt, die übrigen Reichsfürsten weit an glänzendem Reichtum, an Menge tapferster Krieger, an reifer Klugheit und endlich an Maßhalten in der ganzen Lebensführung. Nach Beendigung der Versammlung in Worms kehrte der König eilig 30 nach Goslar zurück, und hier stillte er seinen leidenschaftlichen Zorn, den er schon lange gegen die Sachsen hegte, mit aller Grausamkeit. Die säch­ sischen Fürsten, die sich ergeben hatten, verbannte er in die entfernte­ sten Gegenden des Reichs11 , ihre Güter überließ er seinen Günstlingen zur 35 Ausplünderung nach ihrem Belieben, diejenigen, die sich noch nicht er5 Den Bischof von Konstanz erst 1080, über die beiden anderen Bischöfe ist nichts bekannt. 8 Fünf Ratgeber des Königs, darunter die Grafen Eberhard von Nellenburg und Udalrich von Godesheim, waren im Februar 1075 gebannt worden. 7 Vielmehr in Vlaardingen, westlich von Rotterdam. s Vgl. S. 136ff. 9 Vielmehr am 26. Februar. 1o Gottfried I. 1 1 Vgl. S. 322.

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erant acerrimis in dies edictis ad deditionem urgebat, et nisi quantocius dederentur, ferro et igne infestari et longius natali solo effugari com­ minabatur. Turn omnia castella, quae superiore anno1 dirui iusserat, summo nisu, summo provincialium labore et erumna instaurabat. Nova quoque in omnibus per Saxoniam montibus et collibus, qui modo

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ad arcendam vim paululum quid commoditatis habere videbantur, ex­ truebat ; illis etiam, quae deditis Saxonibus in ius eius

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venerant,

presidium imponebat ; et multiplicata sunt mala, calamitas et vastitas2 per universam Saxoniam et Turingiam supra omnem retro maiorum3 memormm.

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Discessums Goslaria pridie Nonas Marcii episcopatum Coloniensem, sicut a primis obstinato intenderat4, Hildolfo dedit. Cleri Coloniensis tres tantum, militum etiam paucissimi aderant. Caeteros, ne ad suffra­ gia ferenda occurrerent, indignitas detinuerat. Ipsos qui occurrerant

vix contemptim et summis, ut dici solet, labiis5 super electione eius con-

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suluit, risui prorsus ac ludibrio habendos, si non protinus acclamassent. Et ne quis forte adversus eum tumultus sedicione vulgi per dilationem consecrationis concitaretur, statim Coloniam profectus consecrari eum fecit ab Willihelmo Traiectensi episcopo, cuius consobrino episco­ patum Poderbrunnensem, ne qua per eum mora ordinationi eius fieret, 20 promittebat6. Pascha Traiecti celebravit7, ibique ducaturn Lotheringiae filio suo Counrado8, marcham vero quae dicitur Antwerpha Gotefrido, conso­ brino Gozelonis ducis, filio Eustachii comitis9, impigro et ad rem militarem acerrimo adolescenti, tradidit.

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Ipso tempore Ruodolfus dux Suevorum, Welf dux Baioariorum, Ber­ toldus dux Carentinorum, Adalbero episcopus Wirciburgensis, Heri­ mannus episcopus Mettenais et alii plerique principes convenientes in unum10 consilia conferebant, in tantis calamitatibus, quibus res publica vexabatur, quid facto opus esset. Regem post bellum Saxonicum eundem permanere, qui fuerat ; nihil eum de levitate, de crudelitate, de pessimorum hominum convictu ac familiaritate mutasse. Ad hoc tan­ tum tarn insignem suam adversum Saxones victoriam projfecisse, ut

1 Bereits 1074. • Vgl. 1. Macc. 1, 10 und Hos. 12, 1 . a Vgl. Esth. 14, 5. ' Vgl. S. 342.

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geben hatten, drängte er täglich mit den schärfsten Befehlen zur Über­ gabe und drohte ihnen, wenn sie sich nicht schleunigst ergäben, sie mit Feuer und Schwert anzugreifen und aus der Heimat zu verjagen. Ferner ließ er alle Burgen, deren Zerstörung er im vorigen Jahre 1 angeordnet hatte, mit Eifer unter größter Mühsal und Plackerei der Landesbewohner wieder aufbauen. Dazu ließ er in ganz Sachsen auf allen Bergen und Hü­ geln, die auch nur ein wenig zur Abwehr von Gewalt geeignet erschienen, neue Befestigungen anlegen ; auch in die, die durch die Unterwerfung der Sachsen in seine Hände gelangt waren, legte er Besatzungen ; und es vervielfachte sich in ganz Sachsen und Thüringen Leid, Unheil und Ver­ wüstung2 über alles seit Menschengedenken3 Erlebte hinaus. Im Begriff, Goslar zu verlassen, übertrug der König am 6. März das Bistum K0ln, wie er sich von Anfang an entschlossen vorgenommen hatte4 , an Hildolf. Von KölnerGeistlichen waren nur drei anwesend und auch nur ganz wenige Dienstmannen. Die übrigen hatte der Unwille abgehalten, zur Abstimmung zu erscheinen. Die Anwesenden befragte der König kaum in verächtlicher Form und, wie man zu sagen pflegt, ganz obenhin5 über die Wahl, und er hätte sie tüchtig ausgelacht und verspottet, wenn sie nicht augenblicklich beigestimmt hätten. Und damit nicht etwa bei einem Aufschub der Weihe durch eine Volkserhebung Unruhen erregt würden, ging der König sofort nach Köln und ließ ihn durch Bischof Wilhelm von Utrecht weihen ; damit nicht etwa durch ihn die Ordination verzögert werde, versprach er seinem Neffen das Bistum Paderborn6• Ostern feierte er in Utrecht7, und hier verlieh er das Herzogtum Lothringen seinem Sohn Konrad8, die Markgrafschaft Antwerpen aber Gott­ fried, einem Neffen des Herzogs Gozelo und Sohne des Grafen Eustach9, einem tatkräftigen, stark auf kriegerische Leistungen erpichten j ungen Fürsten. Zur selben Zeit kamen Herzog Rudolf von Schwaben, Herzog Welf von Bayern, Herzog Berthold von Kärnten, Bischof Adalbero von Würzburg, Bischof Hermann von Metz und viele andere Fürsten zusammen10 und be­ rieten, was gegen die schweren Mißstände, unter denen das Reich litt, zu tun sei. Der König sei nach dem Sachsenkrieg derselbe geblieben wie vorher ; nichts habe sich an seinem Leichtsinn, seiner Grausamkeit, seinem vertrauten Umgang mit den schlechtesten Menschen geändert. Nur dazu habe er seinen glänzenden Sieg über die Sachsen benutzt, über ihrer aller Blut die volle Verfügungsgewalt zu erlangen und sich mit voller Un5 Vgl. Seneca, Epist. 10.

s Vgl. S. 352, Anm. 6. 7

27. März.

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Dort erfuhr er auch seine Bannung.

s Vgl. S. 342, Anm. 2. 8 Von Bouillon (der Kreuzfahrer), Sohn von Gozelos Schwester lda und dem Grafen Eustach von Boulogne. 10 Im April. - Ob schon Zusammenkünfte stattfanden, ist fraglich.

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ille sui omnium sanguinis ius potestatemque acciperet et ad perniciem bonorum omnium et ad omne, quod animo concepisset, flagicium in­ punita libertate grassaretur ; nihil sibi deinceps spei, nihil presidii reli­ quum fore, si forte, ut sunt humana, eum offendissent, cum in dediticios contra iusiurandum1, contra fidem principum tam feda, tam crudelia

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exercuisset. Haec causa non solum ipsos, sed et cunctos regni principes vehementer permoverat et eos potissimum, quorum consilio principes Saxoniae se in periculum dederant. Facta est igitur conspiratio non modica et magis ac magis in dies roborabatur, ea re maxime omnibus ausum et fiduciam prebente, quod excommunicatum esse regem a Ro-

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mano pontifice frequentes ab Italia nuncii quottidie deferebant. His animatus Mettensis episcopus2 et alii plerique nonnullos ex principibus Saxoniae, quos a rege in custodia habendos susceperant, inscio rege in sua liberos redire permiserunt. Wilhelmus Traiectensis episcopus causam regis, ut supra dieturn

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est3, contra bonum et equum obstinate tuebatur et studio partium regis multa in iniuriam Romani pontificis omnibus pene diebus solem­ nibus inter missarum solemnia rabido ore declamabat, periurum eum, adulterum et pseudoapostolum appellans et tam a se quam a caeteris episcopis sepenumero excommunicatum pronuncians. Is brevi postea-

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quamrex exactis paschalibus feriis Traiecto discesserat, repente gravis­ sima egritudine correptus est. Cumque per acerrimos cruciatus animae ac corporis urgeretur, miserabili eiulatu coram omnibus qui aderaut vociferabatur iusto Dei iudicio se et presentem vitam amisisse et aeter­ nam, quod regi ad omnia quae perperam intendisset operam suam

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summo annisu prebuisset atque in spem gratiae eius Romano pontifici, sanctissimo et apostolicarum virtutum viro, graves contumelias sciens et prudens innocenti irrogasset. In hanc vocem, ut asserunt, sine f communione, sine ulla satisfactione expiravit4• Successit ei in episco­ patum Counradus5, Mogontini archiepiscopi camerarius. Poderbrun-

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nensem vero episcopatum Poppo6 Babenbergensis prepositus optinuit, cuius potissimum factione et studio Herimannus Babenbergensis epi­ scopus episcopatu deiectus fuerat. Ruopertus abbas quondam Augiensis monasterium quoddam in Alsaciae partibus, cui Gengebach7 nomen est, a Babenbergensi episcopo susceperat gubernandum. Ubi dum pro consuetudine sua lucris

1 Vgl. S. 322, Anm. 7.

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Über den Tod Wilhelms von Utrecht

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gebundenheit ungestraft in der Vernichtung aller Rechtschaffenen und der Ausführung j eder Schandtat, die ihm in den Sinn komme, auszutoben ; für sie gebe es künftig keine Hoffnung, keinen Schutz mehr, wenn sie etwa, wie es ja menschlich sei, bei ihm Anstoß erregten, wo er gegen die, die sich ihm unterworfen hätten, wider seinen Eidl und das Wort der Fürsten so abscheuliche Grausamkeiten verübt habe. Aus diesem Grunde waren nicht nur sie selbst, sondern alle Fürsten des Reichs schwer be­ unruhigt und besonders die, auf deren Rat hin sich die sächsischen Für­ sten in Gefahr begeben hatten. So entstand eine ausgedehnte Empörung und breitete sich von Tag zu Tag weiter aus, wobei vor allem der Um­ stand allen Mut und Zuversicht verlieh, daß zahlreiche Boten aus Italien täglich meldeten, der König sei vom Papst exkommuniziert worden. In­ folgedessen faßten der Bischof von Metz2 und viele andere Mut und lie­ ßen einige der sächsischen Fürsten, die sie vom König zur Bewachung übernommen hatten, ohne Wissen des Königs frei. Bischof Willielm von Utrecht trat, wie oben gesagt3, wider Recht und Billigkeit hartnäckig für die Sache des Königs ein und stieß fast an allen Feiertagen beim Hochamt mit rasendem Munde schwere Schmähungen gegen den Papst aus, nannte ihn einen Meineidigen, Ehebrecher und falsehen Apostel und verkündete, er sei von ihm und anderen Bischöfen oft­ mals in den Bann getan worden. Doch bald nachdem der König nach dem Ende der Osterfeiertage Utrecht verlassen hatte, erkrankte er plötzlich schwer. Von den heftigsten körperlichen und seelischen Qualen heim­ gesucht, schrie er vor allen Anwesenden unter erbärmlichem Jammern, nach Gottes gerechtem Ratschluß habe er das irdische wie das ewige Le­ ben verwirkt, weil er dem König bei all seinen verwerflichen Absichten bereitwillig Hilfe geliehen und in der Hoffnung auf seine Gunst gegen den Papst, diesen hochheiligen, durch apostolische Tugenden ausgezeichneten Mann, schwere Beschimpfungen ausgestoßen hätte, obwohl er ganz genau gewußt habe, daß er unschuldig sei. Mit diesen Worten, so versichert man, verschied er" ohne Kommunion, ohne j ede Buße. Sein Nachfolger wurde Konrad5 , der Kämmerer des Mainzer Erzbischofs. Das Paderborner Bischofsamt aber erhielt der Baroberger Propst Poppo6, auf dessen eif­ riges Betreiben hauptsächlich Bischof Hermann von Bamberg abgesetzt worden war. Der ehemalige Abt Robert von Reichenau hatte vom Baroberger Bi­ schof die Leitung eines Klosters im Elsaß mit Namen Gengenbach7 er­ halten. Als er nun hier im Bestreben, durch seine Betriebsamkeit der Ar 2 Hermann gab Hermann Billnng und Dietrich von Katlenburg frei. 3 Vgl. S. 346. ' 27. April. 5 1076-99. ' 1076-83, vgl. S. 350, Anm. 6. 7 Vgl. S. 144 u. 162. - Diözese Straßburg.

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temporalibus immoderatius insudaret, paupertatem loci industria sua evincere satagens, occisus1 est cum alio haud desperatae indolis mon­ acho adolescente, qui eum de Babenbergensi monasterio secutus fuerat, a servitoribus supradicti monasterii, contra quos possessiones mona­ sterii et ius suum progressus ipse ad vim arcendam defendere volebat.

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Saxones, deportatis in exilium principibus suis, tedio et merore tabescebant, nec calamitatis ullum usquam patebat effugium. Amici regis per montes et colles dispersi cervicibus imminebant nec eos ut antea conventus facere, consilia conferre aut ullam recuperandae salutis viam temptare sinebant. Insuper quottidie ex agris et villis predas age -

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bant, tributa regioni difficillima imponebant, castella sua summo pro­ vincialium Iabore et impensis communiebant et graves prorsus atque inexplicabiles pristinae rebellionis paenas exigefbant. Erant duo cuius­ dam Geronis comitis :filii2 , satis quidem edito loco nati, sed propter inopiam rei familiaris inter principes Saxoniae nullins nominis vel mo-

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menti. Hi tempore deditionis ultra Albim fiuvium refugerant, ibique rei eventum prestolabantur, facile a rege propter obscuritatem nominis vel ignorati vel contempti. Cumque viderent mala, quae fiebant, non aliud scilicet actum deditione principum quam proditam plane esse libertatem patriae totamque gentem Saxonum, quo rex semper inten-

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derat, in servitutem atque sub iugum redactam, quamvis patriis finibus extorres, quamvis munitionibus amissis, perdito patrimonio, rerum omnium inopes remansissent, gaudebant tarnen admodum, quod cum caeteris Saxoniae principibus tempestuosum illud deditionis naufra­ gium non incidissent. Et cum urgeret penuria, contractis ex sui simi-

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lium numero aliquantis copiis, rapto sibi victum querere ceperunt. Plerumque etiam, ubi oportunitas accidisset, regis exactoribus resi­ stere et iniurias manu propulsare temptabant. Cumque eis semel et secundo res proapere cessissent, milites principum qui relegati fuerant, ingenui quoque omnes, qui necdum dediti fuerant, quique extrema

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omnia quam fidem regis ultra experiri malebant, catervatim ad eos confiuebant. Et facta est intra ·dies paucos permaxima multitudo, ita ut iam non ad insidias modo et clandestinas latrocinantium more ex­ cursiones, sed ad apertarn vim et publicas congressiones pares se hosti­ bus arbitrarentur. Preterea provinciales, quibus inter ultimas despe1 Dezember 1075.

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Über den Kleinkrieg in Sachsen

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mut des Klosters abzuhelfen, nach seiner Gewohnheit allzu maßlos irdi­ schem Gewinn nachjagte, wurde er zusammen mit einem anderen, einem j ungen Mönch recht hoffnungsvoller Begabung, der sich ihm aus dem Baro­ berger Kloster angeschlossen hatte, von Dienstleuten des Klosters erschla5 gen1 , gegen die er zur Verteidigung von Besitzungen des Klosters und sei­ nes Rechts persönlich zur Gewaltanwendung schreiten wollte. Nachdem ihre Fürsten in die Verbannung geschickt worden waren, ver­ zehrten sich die Sachsen in Kummer und Trauer, und nirgends zeigte sich ein Ausweg aus ihrer schlimmen Lage. Die Freunde des Königs, auf die 10 Berge und Hügel verteilt, bedrohten ihre Nacken und ließen nicht zu, daß sie wie früher Versammlungen abhielten, Rat pflegten und irgendeinen Weg zu ihrer Rettung suchten. Dazu holten sie sich täglich Beute aus Feldern und Dörfern, legten dem Land die härtesten Steuern auf, ließen ihre Burgen durch die schwersten Dienstleistungen der Landesbewohner 15 und auf deren Kosten befestigen und forderten unglaublich harte, un­ erschwingliche Bußen für den früheren Aufstand. Es waren da zwei Söhne eines Grafen Gero2 , zwar von ziemlich hoher Geburt, aber wegen ihres geringen Vermögens ohne Ansehen und Geltung unter den sächsischen Fürsten. Diese waren zur Zeit der Übergabe über die Elbe geflohen und 20 warteten dort den Fortgang der Ereignisse ab, denn dem König konnten sie ja wegen ihres obskuren Namens leicht entweder unbekannt bleiben oder zu unbedeutend erscheinen. Als sie nun das Unheil sahen, das ge­ schah, daß nämlich die Ergebung der Fürsten keine andre Wirkung hatte, als daß die Freiheit ihres Vaterlandes völlig verloren und das ganze säch25 sische Volk, wie der König immer beabsichtigt hatte, der Knechtschaft überliefert und unters Joch gebeugt war, da erfüllte es sie, mochten sie auch außerhalb der Heimat als Landflüchtige leben, mochten sie alle festen Plätze verloren haben, mochten sie, ihres ganzen Erbguts beraubt, gänz­ 30

lich verarmt zurückgeblieben sein, trotzdem mit großer Freude, daß sie nicht mit den übrigen sächsischen Fürsten in den stürmischen Schiffbruch

der Unterwerfung hineingeraten waren. Da sie Mangel litten, sammelten sie aus der Zahl derer, die in der gleichen Lage waren, eine ziemlich statt­ liche Schar und begannen, sich ihren Lebensunterhalt durch Raub zu ver­ schaffen. Vielfach versuchten sie auch, wenn sich Gelegenheit bot, den a5 königlichen Einnehmern Widerstand zu leisten und ihre Übergriffe mit der Faust abzuwehren. Und als sie mehrmals Erfolg hatten, sammelten sich bei ihnen scharenweise Lehnsleute der verbannten Fürsten, auch alle

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Freien, die sich noch nicht ergeben hatten und die lieber alles Schlimmste als die Vertrauenswürdigkeit des Königs weiterhin erproben wollten. So bildete sich in kurzer Zeit ein überaus stattlicher Trupp, sodaß sie nun nicht mehr nur zu Ü berfällen aus dem Hinterhalt und heimlichen Streif­ zügen nach Art von Wegelagerern, sondern zu offener Gewalt und offenem

2 Dietrich und Wilhelm von Brehna aus dem Hause Wettin. Fraglich, ob schon zu diesem Zeitpunkt.

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rationis tenebras lux aliqua salutis et consolationis caelitus emicuerat, om.nes promptissimo animo socias manus communemque operam publicis negociis pollicentur, sacius iudicantes pro patria, pro liberis, pro coniugibus honesta morte perfungi quam inter tantas tribulationes om.ni morte tristiorem vitam agere.

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Inter haec rediens Herimannus patruus Magni ducis et alii plerique ex principibus dediticiis, quos, ut predictum estt, inconsulto rege in­ dulgentia eorum a quibus J tenebantur deditione absolverat, inopina­ tum cunctis gaudium prestiterunt atque om.nem, si quis adhuc menti­ bus resederat, scrupulum ademerunt. Tanta siquidem tamque in-

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opinata rerum prosperitas evidens cunctis erat documentum respi­

cientis eos misericordiae Det"2. Igitur armata iuventute Saxoniam per­ agrantes, castella, quibus rex presidium imposuerat, alia deditione, alia militari manu, brevi om.nia receperunt ; eos qui int�s erant, direptis spoliis, incolumes dimiserunt, accepto ab eis sacramento, quod ulterius

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in Saxoniam hostiliter non venirent. Amicos regis, omnes preterea, quicumque communibus negociis operam suam spondere noluissent, dissipatis omnibus quae habebant, procul Saxonia effugarunt ; et di­

recta est salus in manibus eorum3 ad recuperationem libertatis pristinae. Solus adhuc Otto dux quondam Baioariae in castello Hartesburg

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residebat. Huic rex per totam Saxoniam vices suas et publicarum re­ rum procurationem delegaverat4, dato insuper negocio, ut castellum Hartesburg et aliud in monte qui dicitur Lapideus6, qui proximus Goslariae imminet, summa ope extrueret. Ad hunc legatos dirigunt mandantes, ut omisso opere, quod ad eversionem gentis suae, immemor

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patriae, immemor libertatis, extruere aggressus sit, consilium pocius perquirat ad ereptionem principum, quibus ipse, ut se dederent, vehe­ mentissimus auctor fuerit ; iam dudum opinionem indubiam multorum mentibus insedisse, quod idcirco deditionem caeteris tantopere suaserit, ut eorum sanguine regis sibi animum deplacaret et communi exicio suam ipse salutem mercaretur. Hoc nunc evidentibus indiciis elucere, cum, illis in ultimas partes terrarum deportatis, ipse proditionis suae merce­ dem a rege tocius Saxoniae principatum acceperit et regiae crudeli­ tatis carnifex atque om.nium quae ferociter rex meditetur ferocior

1 Vgl. S. 352, Anm. 2. - Vielleicht im Mai oder Juni. 2 Vgl. Ps. 24, 16 und 68, 17. a Vgl. 1. Macc. 3, 6.

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Von der Rückkehr sächsischer Fürsten

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Kampf den Feinden gewachsen zu sein glaubten. Zudem versprachen nun auch die Landesbewohner, denen hier inmitten der tiefsten Finsternis ein rettendes, tröstendes Licht vom Himmel aufleuchtete, Insgesamt bereit­ willig tätige Hilfe und Mitwirkung zur Rettung des Landes, denn es dünkte sie besser, für Vaterland, für Weib und Kind eines ehrenvollen Todes zu sterben, als in solcher Trübsal ein Leben zu führen, das trauriger sei als der Tod. Um diese Zeit kehrten Hermann, der Oheim des Herzogs Magnus, und mehrere der andern Fürsten, die sich ergeben hatten, die aber, wie oben erwähnt1 , ohne Befragung des Königs durch das Entgegenkommen derer, die sie in Haft gehalten hatten, freigelassen worden waren, zurück und machten damit allen eine unerwartete Freude und benahmen ihnen j edes Bedenken, das sie bisher etwa noch gehegt hatten. Denn ein so großes, unverhofftes Glück war allen ein deutlicher Beweis dafür, daß sich ihnen Gottes Barmherzigkeit wieder zuwandte2 • Nun zogen sie mit der bewaff­ neten Jungmannschaft durch Sachsen und gewannen rasch alle Burgen, in die der König Besatzungen gelegt hatte, teils durch Übergabe, teils im Sturm zurück ; die Insassen entließen sie unverletzt, nachdem sie ihnen die Beute abgenommen und von ihnen die eidliche Zusage erhalten hatten, künftig nicht mehr in feindlicher Absicht nach Sachsen zu kommen. Die Freunde des Königs sowie alle, die dem gemeinsamen Anliegen ihre Hilfe versagt hatten, beraubten sie ihrer ganzen Habe und j agten sie aus Sachsen hinaus ; so ward ihnen Erfolg zuteil3 zur Wiedererlangung ihrer früheren Freiheit. Nur der ehemalige Bayernherzog Otto saß noch auf der Harzburg. Ihm hatte der König seine Stellvertretung in ganz Sachsen und die Verwal­ tung der Staatsgeschäfte übertragen4 und ihm dazu noch den Auftrag ge­ geben, die Harzburg und eine andere Burg auf dem sogenannten Stein­ bergS nahe bei Goslar mit aller Kraft aufbauen zu lassen. Zu diesem schick­ ten sie Abgesandte und ließen ihm sagen, er solle den Bau, den er, vergessend des Vaterlandes, vergessend der Freiheit, zur Vernichtung ihres Stammes begonnen habe, einstellen, vielmehr einen Plan zur Befreiung der Fürsten ausdenken, denen er selber aufs eindringlichste zur Ergebung ge­ raten habe ; schon längst seien viele fest davon überzeugt, daß er den übrigen nur zu dem Zweck so dringend zur Übergabe geraten habe, um durch ihr Blut den Zorn des Königs gegen ihn zu besänftigen und durch die Vernichtung des Volkes seine eigne Rettung zu erkaufen. Das werde jetzt aus deutlichen Anzeichen ersichtlich, denn während j ene in die ent­ legensten Teile der Länder verschickt worden seien, habe er zum Lohn für seinen Verrat die Herrschaft über ganz Sachsen erhalten und sei nun der Henkersknecht für seinen Blutdurst und bei allem, was der König Grausames ersinne, der noch grausamere Helfershelfer. Er werde daher für ' Im Juni. - Vgl. S. 342. 11 Ebenfalls am Nordrand des Harzes.

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administer existat. Bene igitur famae et honori suo consulat, si tantae infamiae maculam claro aliquo erga patriam suam beneficio purgare conetur et I genti suae patriam libertatemque armis recuperare cupienti auxilio concurrat. Postremo, si monitis ultro non assentiatur, se pro­ culdubio vim adhibituros et patriae proditorem, communium castrorum desertorem, ut dignus sit, eversis omnibus quae eius sint, procul Saxonia expulsuros. Ad haec ille obnixe eos per Deum obtestabatur, ut micius paca­ ciusque agerent ; quae pro communi commodo moliantur racione quam temeritate melius procedere ; se protinus missurum et regi modis omnibus suasurum, ut principes deditione absolvat, castella, quae metu rebellionis pristinae extruxerit, diruat, genti Saxo­ num libertatem, leges ac iura maiorum, quae per vim erepta to­ tiens armis repetiverint, restituat. Si consilio adquiescat, gravis atque ancipitis belli necessitate sine sanguine liberatam esse Saxoniam ; sin autem, se nec indulti honoris amore nec mortis metu nec iurisiurandi religione inhiberi posse, ne communem patriae parentumque suorum causam usque ad extremum spiritum quanta possit virtute defendat, iuvet, tueatur. In haec verba legatos Saxonum dimisit, statimque suos ad regem, sicut pollicitus fuerat, destinavit, presidio quoque ab utroque monte, quem occupaverat, abducto, communem deinceps cum Saxonibus ac socialem vitam agebat. Rex de his quae acciderant in Saxonia gravi nuncio accepto, com­ perto etiam, quod caeteri principes collatis per crebra conventicula consiliis defectionem meditarentur, hinc ira, hinc sollicitudine in diversa raptatus, cui primum morbo mederetur, anxius ambigebat. Sed quo ira impellebat inclinatior, ad oppugnandam Mettensem urbem exercitum admovere cogitabat et ab episcopo loci1, quod creditos custodiae suae principes se inconsulto dimisisset, vindictam expe­ tere. Sed contra reputans turbata re publica, dubia fide principum, exhausto superioribus bellis milite, extremae dementiae esse arduum aliquid precipitanter attemptare, impetum animi ab temeritate ad pacaciora consilia revocavit2• I

1 Hermann, vgl. S. 352, Anm. 2. 2 Vielmehr war der Wormser Reichstag bereits im April angesagt worden, um

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Über die Haltung Ottos von Northeim

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seinen Ruf und seine Ehre gut beraten sein, wenn er versuche, dieses böse Schandmal durch eine leuchtende Tat für sein Vaterland zu tilgen und seinem Stamm, der Heimat und Freiheit mit den Waffen wiedergewinnen wolle, zu helfen. Schließlich erklärten sie, wenn er ihren Mahnungen nicht aus freien Stücken folge, würden sie, daran solle er nicht zweifeln, Ge­ walt anwenden und dem Vaterlandsverräter, dem Deserteur aus dem ge­ meinsamen Lager, wie er es verdiene, seinen gesamten Besitz zerstören und ihn aus Sachsen verjagen. Darauf beschwor er sie inständig bei Gott, sanftmütiger und friedfertiger vorzugehen ; was sie im gemeinsamen Interesse planten, sei leichter mit Besonnenheit als mit blindem Eifer zu erreichen ; er werde sofort Boten abschicken und dem König eindringlich nahelegen, die Fürsten von der Unterwerfung zu entbinden, die Burgen, die er wegen des früheren Aufstandes aus Furcht errichtet habe, abzubrechen und dem sächsischen Volk die Freiheit sowie die Gerechtsame und Rechte ihrer Vorfahren zu­ rückzugeben, die ihnen mit Gewalt entrissen worden seien, und die sie so oft mit den Waffen wiederzuerlangen versucht hätten. Wenn er seinem Rate folge, sei Sachsen ohne Blutvergießen der Notwendigkeit eines schweren Krieges, dessen Ausgang zweifelliaft sei, überhoben ; im andern Fall werde ihn weder Liebe zu dem ihm übertragenen Amt, noch Furcht vor dem Tode, noch die Heiligkeit des Eides davon abhalten köunen, die gemeinsame Sache seines Vaterlandes und seiner Vorfahren bis zum letz­ ten Atemzuge mit aller ihm zu Gebote stehenden Tapferkeit zu vertei­ digen, zu unterstützen, zu beschirmen. Mit diesem Bescheid entließ er die Abgesandten der Sachsen und schickte seine Boten, wie er versprochen hatte, unverzüglich an den König ab, zog auch von den beiden von ihm besetzten �ergen die Besatzung zurück und lebte von nun an kamerad­ schaftlich mit den Sachsen zusammen. Als der König die schlimme Nachricht von den Vorgängen in Sachsen erhielt und auch erfuhr, daß die übrigen Fürsten in Beratungen bei zahl­ reichen Versammlungen auf Abfall sannen, da riß ihn bald der Zorn hin,' bald überwog die Besorgnis, und er schwankte unentschlossen, welche Krankheit er zuerst heilen solle. Doch mehr zu dem neigend, wozu ihn der Zorn trieb, gedachte er, sein Heer zum Sturm auf Metz zu führen, um den dortigen Bischof! dafür zu bestrafen, daß er ohne seine Befragung die ihm zur Verwahrung anvertrauten Fürsten freigelassen hatte. Doch er erwog dagegen, daß es bei dieser Verwirrung im Reich, bei der zwei­ felhaften Treue der Fürsten und der Erschöpfung der Truppen durch den vorigen Krieg höchst töricht wäre, irgendein schwieriges Unternehmen übereilt in Angriff zu nehmen, und so bezwang er den ungestümen Drang seines Herzens und wandte sich ab vom blinden Eifer zu friedlichen Plä­ nen2 . über die Absetzung Gregors zu beraten. Von dem sächsischen Aufstand erfuhr der König erst später.

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Missis igitur circumquaque nunciis amnes regni principes in pente­ casten1 Warmaciae sibi accurrere iussit, quid facta apus esset, cam­ muni cansilia, ut pretendebat, deliberaturus. Statuta die caeteris ampla satis numera accurrentibus, nullus aderat supradictarum du­ cum, a quibus rei publicae periculum timebatur, et quarum patissi-

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mum auctaritate, si res tranquillae essent, summam publicarum nega­ ciarum dispani apartuerat. Ita canventus ille principum, cassata va­ luntate regis, nullum habuit effectum2• Iterum in natale sancti Petri apastali3 Magantiae eas adesse, addita iam edicta abnixa supplicatione, precepit. Sed ne tune quidem quisquam earum vel supplicantem

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attendit vel precipientem, amnibus plane ad rebellionis studium im­ mobiliter ohstinatis4• Ipsi qui convenerant feda simultate a se invicem dissidebant. Iam enim solutus carcere suo Satanas5 non salum corporali, sed et spirituali armatura obpugnabat pacem ecclesiasticam, et quo­ rum carpara iugulabat, animas quaque, ne in aeternum viverent, ex-

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tinguere satagebat. Uto episcopus Treverensis Roma nuper reversus communicare nole­ bat episcopo Mogantina, episcopa Coloniensi6 et aliis quam pluribus, qui apud regem pre caeteris assidui erant, et quorum rex omnia facie­ bat consilio, obtendens et eos et ipsum regem excommunicatos esse a

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Romano pontifice. Sibi tarnen, quod ipsum vix summis precibus ex­ torserit, indultam esse collaquendi tantun1 regis licentiam, nulla pre­ ter haec in cibo, in potu, in f oratione vel in caeteris omnibus commu­ nione eius p,ermissa. Huius auctaritate animati complures alii, quorum et in Deum fides purlar et ad dignitatem rei publicae sententia pocior,

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paulatim se palacia subtrahebant, ne videlicet supradictarum cam­ munione macularentur, et ad regem, licet crebris iussianibus evacati, redire nalebant, sacius iudicantes regem quam Deum offendere, car­ paris quam animae dispendium incidere. Illi ecantra irasci, fremere, insanire, minas et convicia in amnes passim iaculari. Iniustam et idcirca nihili estimandam esse Romani pontificis sententiam, qui se nec cananice ad synadum evacatas nec canonice discussas nec abiecti cri­ minis iuxta scita cananum canvictas vel confessas precipiti furore

1 15. Mai. Von den drei Richtern, die über Gregor urteilen sollten, erschien nur Bischof Eberhard von Naumburg ; Wilhelm von Utrecht war tot (vgl. S. 352, Anm. 3) und Altwin von Brixen gefangen. Daher das Mißlingen. z

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Über die päpstlichen Gesandtschaften

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Er schickte daher überallhin Boten und befahl allen Reichsfürsten, zu Pfingsten1 mit ihm in Worms zusammenzutreffen, um, wie er vorgab, in gemeinsamer Beratung zu erörtern, was zu tun sei. Am festgesetzten Tage erschienen zwar die übrigen in ziemlich großer Zahl, doch keiner der oben genannten Herzöge, von denen man Gefahr für das Reich befürchtete und nach deren Entscheidung hauptsächlich in ruhigen Zeiten die wich­ tigsten Reichsangelegenheiten hätten geregelt werden müssen. So hatte diese Fürstenversammlung keinerlei Ergebnis, und die Absicht des Kö­ nigs wurde vereitelt2 • Dieser ordnete nun an, daß sie zu einer zweiten Versammlung am Tage des hl. Apostels Petrus3 in Mainz erscheinen sollten, und dabei fügte er schon dem Befehl eine dringende Bitte hinzu. Doch auch diesmal kümmerte sich niemand um seine Bitten noch um seine An­ ordnungen, denn alle waren bereits unerschütterlich fest zur Empörung entschlossen4 • Die aber, die erschienen waren, stritten sich untereinander in üblem Hader. Denn schon war Satan aus seinem Kerker befreit 5 und kämpfte nicht bloß mit leiblichem, sondern auch mit geistigem Rüstzeug gegen den Frieden der Kirche, und deren Leiber er tötete, deren Seelen bemühte er sich auch auszulöschen, damit sie nicht das ewige Leben er­ erbten. Bischof Udo von Trier, der vor kurzem aus Rom zurückgekehrt war, verweigerte j eden Verkehr mit dem Bischof von Mainz, mit dem Bischof von Köln6 und vielen anderen, die sich beharrlicher als die übrigen zum König hielten und seine Berater in allem waren, was er tat, und er gab als Grund dafür an, daß sie und der König selbst vom Papst exkommuniziert seien. Ihm jedoch sei - und das habe er ihm nur durch die dringend­ sten Bitten abgerungen - nun die Erlaubnis erteilt worden, sich mit dem König zu unterreden, er dürfe aber sonst keinerlei Gemeinschaft mit ihm pflegen bei Speise und Trank, beim Gebet oder bei sonst irgendetwas. Durch seinen maßgebenden Einfluß bestimmt, hielten sich nun allmählieh viele andre Fürsten , deren Treue gegen Gott lauterer und deren Sinn stärker auf die Würde des Reiches bedacht war, vom Hofe fern, um sich nicht durch Verkehr mit den oben Genannten zu beflecken, und lehnten es ab, obwohl durch zahlreiche Befehle vorgeladen, zum König zurück­ zukehren , denn sie hielten es für beBser, beim König Anstoß zu erregen als bei Gott und am Leibe Schaden zu nehmen als an der Seele. Jene dagegen ließen ihrem Zorn, ihrer Wut freien Lauf, tobten und schleuder­ ten gegen alle ohne Unterschied Drohungen und Schmähungen. Ungerecht und deshalb für nichts zu achten sei das Urteil "des Papstes, der sie nicht nach den kanonischen Bestimmungen vor eine Synode geladen, noch eine 29. Juni. ' Auch hierüber bringt L. keine genauen Angaben. 6 Vgl. Off. 20, 7 . 6 Siegfried und Hildolf. 3

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pocius quam ratione excommunicasset. Episcopum Treverensem et caeteros, qui cum eo ad evertendum rei publicae statum iam pridem conspirassent, aliorsum intendere quam loquerentur, nec tarn aposto­ licae sedi auctoritatem deferre, quam ut dignitatem regiam subruant, occasionem querere et inveterata adverus regem odia novo religionis

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vocabulo palliare. Eum recte honori suo prospicere, si in hostes suos gladium, quem iuxta apostoli vocem ad vindictam malorum1 acceperit, maturins distringat, et contemptis inanium occasionum latibulis, manifestos regni insidiatores paena, quam mereantur, afficiat. Nec difficile fuit ingenium regis per se atrox et implacabile in iram excitare.

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Sed cum videret sub optentu religionis principes a se paulatim de­ ficere et destituto iam auxiliis imperio vanam esse comminationem, quae vim facere non posset quibus comminaretur, ratus - id quod tempus exigebat - utilitati magis quam iracundiae consulendum, iterum atque iterum aversos principum animos blandis legationibus

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mitigare temptabat. Nec tarnen, quod dictu mirum sit, tanta hac re­ rum asperitate, tanta ingruentium periculorum mole evinci poterat, ut, unde potissimum haec ßamma invidiae et odii adversum eum exar­ serat, principes Saxoniae deditione absolveret.

Quin immo conterritus

recenti exemplo eorum, qui plerosque ex ipsis se inconsulto dimi-

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serant2, residuis, qui adhuc f in custodia tenebantur, omnem adhiberi diligentiam iubebat, ne elaberentur. Ideoque sepius his, quibus eos servandos crediderat, mandabat, ut memores beneficiorum suorum, me­ mores iurisiurandi, quo sibi fidem suam firmassent, traditos custodiae suae intemerata fide, donec reposcerentur, servarent nec aliorum prin-

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cipum fedissimo corrumperentur exemplo, qui dimissis suo iniussu de­ diticiis, dum privatas suas iniurias in regem ulcisci vellent, cladem maxi­ mam et maculam multis seculis non abolendam rei publicae intulissent. Et omnibus quidem infensus, omnium, ut videbatu.r, sanguinis avidus erat. Precipue tarnen episcopi Halberstadensis3, quem tarnquam tocius Saxonicae . rebellionis principem et omnium quae secus acciderant fomitem atque incentivum inexorabili odio insectabatur ; et nisi pontificalis nominis reverentia et fides principum, quae in de-

1 Vgl. l· Petr. 2, 14 und Röm. 13, 4. I Vgl. s. 352, Anm 2. s Burchard, vgl. S. 176 und 304, Anm 1. - Der folgende Bericht ist mit sagen· haften Zusätzen ausgeschmückt. .

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Heinrich IV. entläßt sächsische Fürsten aus der Haft

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kanonische Untersuchung eingeleitet habe und sie, ohne daß sie der ihnen vorgeworfenen Verbrechen nach den kanonischen Satzungen überführt oder geständig seien, mehr in jäher Wut als mit besonnener Überlegung exkommuniziert habe. Der Bischof von Trier und die andern, die sich schon längst mit ihm zu einem Umsturz der Staatsverfassung verschworen hätten, hätten ganz andre Absichten, als sie angäben, sie wollten näm­ lich weniger die Autorität des apostolischen Stuhles stärken, als eine Ge­ legenheit suchen, die königliche Würde zu untergraben, und bemäntelten den eingewurzelten Haß gegen den König durch das neue Wort "religiöse Bedenken". Der König wahre seine Ehre recht, wenn er das Schwert, das er nach dem Wort des Apostels1 zur Bestrafung der Übeltäter emp­ fangen habe, rechtzeitig zücke und, sich um die Winkelzüge leerer Aus­ flüchte nicht kümmernd, an den offenkundigen Feinden des Reichs die verdiente Strafe vollstrecke. Und es war nicht schwer, den ohnehin harten, unversöhnlichen Sinn des Königs zum Zorn zu reizen. Als er aber sah, daß die Fürsten aus religiösen Bedenken einer nach dem andern von ihm abfielen, daß daher das Reich auf ihre Hilfe nicht mehr rechnen konnte, und daß eine Drohung, hinter der keine Möglich­ keit der Gewaltanwendung stand, wirkungslos war, da entschloß er sich was ja auch die Lage erforderte - dazu, lieber auf seinen Vorteil bedacht zu sein, als sich vom Zorn leiten zu lassen, und so versuchte er denn immer und immer wieder, durch begütigende Botschaften die Abneigung der Fürsten zu mildern. Und dennoch - es ist erstaunlich - trotz der Schwere der hereinbrechenden Gefahren ließ er sich nicht dazu bewegen, die sächsischen Fürsten von der Unterwerfung zu entbinden, und aus die­ ser Ursache war ja in erster Linie die Flamme der Mißgunst und des Has­ ses gegen ihn entbrannt. Im Gegenteil, erschreckt durch das neuerliche Verhalten derer, die ohne seine Befragung die meisten von ihnen entlassen hatten2 , gab er den Befehl, die übrigen noch in Haft Gehaltenen mit aller Sorgfalt zu bewachen, damit sie nicht entkämen. Daher mahnte er die, denen er sie zur Verwahrung anvertraut hatte, wiederholt, im Gedenken an seine Gunstbeweise, im Gedenken an ihren Eid, mit dem sie ihm Treue geschworen hätten, die Gefangenen in unverminderter Treue zu bewachen, bis er sie zurückfordere, und sich durch das schändliche Vorbild anderer nicht irreleiten zu lassen, die ohne sein Geheiß die Gefangenen entlassen hätten in der Absicht, sich für persönliche Kränkungen am König zu rächen, aber dadurch dem Reich schweren Schaden und eine in vielen Jahrhunderten nicht zu tilgende Schmach zugefügt hätten. Und auf alle war er erbittert, nach aller Blut lechzte er ganz o:ffensichtlich. Vor allem verfolgte er mit unerbittlichem Haß den Bischof von Halberstadt3 als den Führer des ganzen sächsischen Aufstands und aller Mißgeschicke Urheber und Anstifter ; und hätte ihn nicht die Ehrfurcht vor dem priesterlichen Namen und das bei der Unterwerfung verpfändete Wort der Fürsten daran gehindert, dann hätte er ihm das Leben mit allen

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ditione intercesserat, obstarent, vitam eius per omnes cruciatus ex­ torsisset. Hunc Ruoperto Babenbergensi episcopo servandum credi­ derat, velut preter caeteros familiares suos immitis ac ferocis ingenii viro et erga se in adversis rebus spectatae sepe fidei. Sed postquam, in­ clinatis ad defectionem principibus, iterum novis rem publicam tempe-

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statibus quati aspexit, quamvis custodis diligentiae non diffideret, veritus tarnen, ne forte subrepente per hanc moram negligentia ali­ quid in eo vis vel fraus hostilis operaretur, ad palacium eum evocavit ct ibi nunc inter camerarios suos, nunc inter cocos et coquinarum spur­ cicias indignissimo loco habitum sub omni diligentia custodiri fecit,

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donec tarn feralibus odiis competens exilium excogitaret. Erat ipso tempore apud regem soror eius1, uxor Salomonis regis Unga­ riorum, quam maritus regno expulsus, dum in armis et procinctu esset, nusquam tucius quam apud fratrem manere iudicaverat, donec recupe­ rato, si fieri posset, regno iniocunditate perfrui coniugio liceret. Cumque

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post multum iam tempus ad mariturn in finibus Ungariae commoran­ tem redire pararet, rex oportunam eam arbitratus, quae crudelitatis huius munere fungeretur, f rogavit eam, ut episcopum Halberstadeu­ sem secum abduceret atque in locum, ex quo nulla ei deinceps in reg­ num Teutonicum redeundi copia fieret, deportari faceret. Annuit illa

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petenti, et navi impositum cum hominibus suis premisit, ipsa paucis post diebus, cum profectioni suae necessaria ordinasset, insecutura precedentem. Habebat idem episcopus militem quendam Uodalricum nomine2, multis in Baioaria possessionibus predivitem, regi quoque adpri-

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me carum et acceptum. Is ubi advertit mala, quae episcopo para­ bantur, motus miseratione atque ipsa humanarum rerum conside­ ratione, quod tantus ac talis vir, ingens columna et firmamenturn rei publicae, nisi regis temeritas divina atque humana omnia confudisset, tarn pessimo nunc exemplo periturus foret, accessit ad eum paulo ante-

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quam navigare inciperet, et quae in eum rex decrevisset, per ordinem exposuit ; actum esse de salute eius, nisi propicia divinitas, quae sola iam passet, periclitanti succurreret. Edocet preterea possessiones suas et castellum munitissimum haud procul ab littoribus Danubü fluminis abesse, monetque, ut, dum ad ea loca navigans pervenisset, rogaret sepius eos, cum quibus navigaret, quatenus applicarent et sibi paulu­ lum in terram progrediendi facultatem facerent, obtenta vel refrige-

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Über die Haft Burcharda von Halberstadt

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Martern herausgefoltert. Ihn hatte er dem Bischof Robert von Bamberg in Verwahrung gegeben, weil er noch mitleidsloser und härter war als seine übrigen Vertrauten und seine Treue gegen ihn im Unglück oft bewiesen hatte. Als dann aber die Fürsten zum Abfall neigten und er sehen mußte, a wie wieder neue Stürme das R\)ich erschütterten, da befürchtete er, wenn er auch seiner Gewissenhaftigkeit als Wächter nicht mißtraute, es möchte sich wegen der langen Dauer etwa Nachlässigkeit einschleichen und in­ folgedessen Gewalt oder List der Feinde irgendetwas bei ihm ausrichten ; deshalb berief er den Gefangenen in die Pfalz, und hier hielt er ihn bald 10 unter seinen Kämmerern, bald höchst unwürdig unter Köchen in schmutzi­ gen Küchen und ließ ihn mit aller Sorgfalt bewachen, bis er sich einen seinem tödlichen Haß entsprechenden Verbannungsort ausgedacht hätte. Nun war beim König damals seine Schwester1 , die Gemahlin des unga­ rischen Königs Salomon, die nach Ansicht ihres aus dem Lande vertrie15 benen Gatten, während er in Waffen im Felde stand, nirgends in sichrerer Obhut lebte als bei ihrem Bruder, bis es ihm erlaubt sei, nachdem er, wenn möglich, sein Reich zurückerobert hätte, sich der Annehmlichkeiten des Ehelebens wieder zu erfreuen. Als diese sich nun anschickte, nach langer Zeit zu ihrem in Ungarn weilenden Gatten zurückzukehren, hielt der König 20 sie für geeignet, diese grausame Aufgabe zu erfüllen, und so bat er sie, den Bischof von Halberstadt mitzunehmen und an einen Ort deportieren zu lassen, von wo er nie wieder ins deutsche Reich zurückkehren könne. Sie willigte ein und schickte ihn mit ihren Leuten zu Schiff voraus in der Absicht, ihnen nach wenigen Tagen zu folgen, wenn sie die nötigen Reise25 Vorbereitungen getroffen hätte. Der Bischof hatte einen Lehnsmann namens Udalrich2 , der in Bayern überaus reich begütert und auch dem König außerordentlich teuer und lieb war. Als dieser von dem Unheil hörte, das dem Bischof drohte, da ergriff ihn Mitleid, und er bedachte das Menschenlos, wie dieser hoch3o gestellte, ausgezeichnete Mann, der eine mächtige Säule und Stütze des Reichs gewesen wäre, hätte nicht der König alles göttliche und mensch­ liche Recht zuschanden gemacht, durch eine so grausame Bestrafung zu­ grundegerichtet werden sollte ; daher ging er kurz vor der Abfahrt des Schiffs zu ihm und berichtete ihm der Reihe nach, was der König über 35 ihn beschlossen hätte ; es sei um ihn geschehen, wenn ihm in dieser Ge­ fahr nicht die gnädige Gottheit helfe, die das jetzt allein noch könne. Er teilte außerdem mit, seine Güter und eine sehr feste Burg lägen nicht weit vom Donauufer, und riet ihm, er solle, �enn er auf der Fahrt dorthin komme, die Schiffsleute öfters bitten, anzulegen und ihn für kurze Zeit 40 an Land gehen zu lassen unter dem Vorgeben, daß er sich erholen wolle, oder unter dem Vorwand irgendeines anderen Bedürfnisses, der nur irgend1

Sophia.

2 Die verschiedenen Meinungen über seine Person sind fraglich.

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randi vel alius cuiusvis necessitatis occasione, quae modo tali artificio idonee patrocinaretur ; se memorem fidei, qua ei obnoxius sit, omnia quae possit pro virili portione facturum et, si quam ereptionis eius viam Deus ostendat, temptaturum . Fecit ille ut edoctus fuerat ; atque ubi ad predicta loca propinquare cepit, simulata mala valitudine, quae sibi ex assidua navigajtione corpus affecisset insolitum, et nisi mature consuleretur, extremam perniciem allatura foret languenti, facile ob­ tinuit apud nautas, qui pontificalis nominis intuitu magnam hu­ manitatem ei prestabant, ut quotiens vellet applicarent et ei egre­ diendi atque in terra, prout libitum erat, recreandi corporis copiam facerent. Longinqua regio, custodum multitudo, debilitas languentis omnem metum, omnem fugae vel insidiarum suspicionem ademerant. Egrediebatur sepius et regrediebatur, circumspiciens undique et omnia diligenti obtutu perlustrans. Nullum usquam promissae salutis indicium, nulla spes elucebat. Forte beati Iohannis baptistae1 nativitas occurrerat. Et mane, dum preterlaberentur, conspicatus contiguam littori aecclesiam, ro­ gavit, ut, appulsa navi, ad celebranda tarn sacratissimo die mis­ sarum solemnia ad aecclesiam procederent. Assentientibus illis, in­ gressus aecclesiam, salutarem Deo hostiam offerre sacerdotalibus, ut solemne est, infulis indutus cepit. Cui rei intentis omnibus, su­ pradictus Uodalricus, recte per exploratorum diligentiam captata loci oportunitate, repente armata multitudine aecclesiam circum­ dedit, ingressusque modeste, interim dissimulato, propter quod vene­ rat, negocio, consummationem sacri ministerii tacitus tranquillusque prestolabatur. Quo expleto suos quantocius ad navim convolare et omnia quae episcopi sint efferri iubet. Ipse fortissimorum iuvenum agmine stipatus procedentem ab aecclesia episcopum salutat, osculum porrigit, equum, quem evectioni eius optimum aptaverat, ocius con­ scendere iubet. Stupentibus qui episcopum abduxerant, quid hoc rei esset, et post irritas ratiocinationes ad arma concurrentibus, iubet, ut, si vitae ac saluti suae consultum velint, quieti maneant, arma ponant, naves pacatis animis repetant, gratum habentes, quod commissi in tantum pontificem piaculi paenas non exigantur2. Si verbis inanibus, si motibus J incompositis lacessere pergant, facile gladios procacitati modum facturos. Episcopum episcopalis ministerü munia aecclesiae Halberstadensi, cui ordinatus sit episcopus, reetins prestare quam ipsis.

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Über Bischof Bureharde Flucht

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wie geeignet sei, einer solchen List zum Erfolg zu verhelfen ; er werde um der Treue willen, die er ihm schulde, alles tun, was in seinen Kräften stehe, und, wenn Gott ihm einen Weg zu seiner Rettung zeige, diesen be­ schreiten. Der Bischof handelte nach dieser Weisung, und sobald er in die 5 Nähe der bezeichneten Orte kam, gab er ein Unwohlsein vor, das ihn in­ folge der andauernden ungewohnten Wasserfahrt befallen habe, wenn nicht rechtzeitig etwas dagegen getan werde, würde es mit ihm ein schlimmes Ende nehmen ; so erreichte er bei den Schiffern, die sich um des bischöf­ lichen Namens willen sehr human gegen ihn benahmen, daß sie, sooft 10 er wollte, landeten und ihm erlaubten, an Land zu gehen und sich dort ganz nach Gefallen zu erholen. Die weite Entfernung der Gegend, die Menge der Wächter, die Hinfälligkeit des Kranken hatten ihnen allen Ver­ dacht einer Flucht oder eines listigen Anschlags genommen. Oft ging er an Land und kam wieder zurück, nach allen Seiten ausschauend und über15 all aufmerksam umherspähend. Aber nirgends leuchtete ihm ein Zeichen der verheißenen Rettung, nirgends eine Hoffnung. Nun war gerade der Tag des heiligen Johannes des Täufers1 gekommen. Da erblickte er im Vorbeifahren am Morgen dicht am Ufer eine Kirche, und er bat sie, anzulegen und in die Kirche zu gehen, um an diesem hoch20 heiligen Tage die Messe zu feiern. Als sie einwilligten, ging er mit ihnen in die Kirche und begann, die Inful auf dem Haupt, dem Brauch gemäß das heilbringende Opfer darzubringen. Während nun alle ihre Aufmerk­ samkeit auf diese Handlung richteten, nahm der oben genannte Udalrich die durch die Achtsamkeit seiner Späher erkundete günstige örtliche Ge25 legenheit im rechten Augenblick wahr und umstellte die Kirche plötzlich mit einer großen Schar Bewaffneter; dann ging er ganz sittsam hinein und wartete zunächst, die Absicht, in der er gekommen war, verbergend, schweigend und still die Vollendung der heiligen Handlung ab. Nach ihrer Beendigung befiehlt er seinen Leuten, schleunigst zu dem Schiff zu eilen so und alle Sachen des Bischofs herauszuholen. Er selbst begrüßt, von einem Trupp der tapfersten jungen Männer umgeben, den aus der Kirche schrei­ tenden Bischof, bietet ihm den Kuß und fordert ihn auf, rasch das aus­ gezeichnete Pferd zu besteigen, das er zu seiner Entführung bereit hielt. Als die Leute, die den Bischof hergebracht hatten, sich verwundert frag35 ten, was das zu bedeuten habe, und nach vergeblichem Überlegen zu den Waffen eilten, forderte er sie auf, ruhig zu bleiben, wenn ihnen ihr Leben lieb sei, die Waffen niederzulegen und friedlich auf ihre Schiffe zu gehen, sie könnten noch dankbar sein, daß sie für ihre Versündigung an einem so hohen Priester nicht bestraft würden. Wenn sie ihn weiter durch un4o nütze Worte, durch unqualifizierbare Bewegungen herausforderten, so würden die Schwerter ihrer Frechheit leicht ein Ziel setzen. Für den Bischof sei es angemessener, die bischöflichen Amtshandlungen für die Halberstädter Kirche, zu deren Bischof er geweiht sei, zu verrichten als 1 24. Juni.

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Illi cum numero et virtute impares essent, temerarium arbitrati rem certamini committere, tristi confectoque animo ad naves redierunt. Episcopus in castellum, quod haud longe aberat, concessit, ibique pau­ cis diebus commoratus, donec absumpta novitate studia conquiesce­ rent omnium, si qui forte redituro insidiabantur, tandem assumpto

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laico habitu, quo falleret occursantes, in Saxoniam contendit et de­ sperantibus iam reditum eius Saxonibus repente, tamquam ab inferis vivus emergens, restitutus est. Rex, ubi gestae rei nuncium accepitl, graviter et iniquo nimis animo ferebat tantos conatus suos in irritum cessisse, prereptam sibi tanta-

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rum contumeliarum vindictam, redditum cum inpunitate hostibus virum, in quo tocius Saxonici belli summa et cardo verteretur. Nec du­ bitare poterat paululum iam sopitos ignes Saxonici furoris hoc incen­ tore ilico suscitandos et propediem in inmensum conflagraturos, atque eo infestius id acturum, quo se meminisset post deditionem nullam in

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rege clementiam, nullam expertum fuisse humanitatem. Verebatur preterea, ne simili modo caeteri quoque elaberentur dediticii, et sibi tarn insignis victoriae, tarn operosae deditionis fructus deperiret asse­ cutis eis se invito libertatem. Omnia consideranti placuit tandem alia deinceps grassari via, et Saxones, quos extranei totiens temptatos non

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vicerant, suis iam armis, suis parat expugnare viribus, sapienti certe usus consilio, quoniam constet omne regnum nulla vi 2, nulla clade ci­ cius quam domestica atque intestina simultate labefactaturn corruere. Episcopum Magadaburgensem, episcopum Merseburgensem3, episco­ pum Misenensem, Magnum ducem, Fridericum palatinum comitem4,

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preterea omnes Saxoniae et Turingiae principes, qui adhuc in deditione tenebantur, ab exilio revocari iubet, et clementer accersitis ait se, cum iuxta palatinas leges extremo in eos f supplicio animadvertere possit et hoc iure faciat gravibus sepe ab eis contumeliis lacessitus, tarnen memorem generis eorum, memorem virtutis, quae rei publicae et honori esse possit et munimento, tarn atrocis facti veniam dare, et quod amplius sit, non aliud ab eis querere redemptionis suae precium, quam ut sibi deinceps in dubiis rebus fideles ac devoti maneant auxilium­ que prestent ad componendum regni statum et compescendos homi-

1 Während oder nach der Mainzer Versammlung (S. 360). 1 Vgl. Matth. 12, 25, Luk. 11, 17. 3 Wezel und Wernher wurden als Boten geschickt.

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Von der Rückkehr weiterer sächsiBcher Fürsten

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für sie. Da die Leute an Zahl und Kampfkraft unterlegen waren, hielten sie es für zu gewagt, es auf einen Kampf ankommen zu lassen, und kehrten betrübt und niedergeschlagen auf die Schiffe zurück. Der Bischof begab sich auf die nahe gelegene Burg und blieb dort einige Tage, bis über die Sache etwas Gras gewachsen war und der Eifer all derer sich gelegt hatte, die ihm etwa auf der Rückreise nachstellen wollten ; dann legte er welt­ liche Kleidung an, um alle, denen er begegnete, zu täuschen, und eilte nach Sachsen, und so wurde er den Sachsen, die schon die Hoffnung auf seine Rückkehr aufgegeben hatten, wie ein lebendig aus der Unterwelt Auftauchender unerwartet zurückgegeben. Als der König die Nachricht von diesen Vorgängen erhieltl, war er außerordentlich bedrückt und ungehalten, daß dieses bedeutungsvolle Unternehmen gescheitert war, daß ihm die Rache für schwere Beschimp­ fungen aus der Hand geschlagen, und daß seinen Feinden der Mann unbestraft wiedergegeben war, der im ganzen sächsischen Krieg die Haupt­ person war, um die sich alles drehte. Und er konnte nicht daran zwei­ feln, daß das schon ein wenig eingeschläferte Feuer der sächsischen Wut, von ihm geschürt, sofort wieder erwachen und in Kürze zu einem un­ geheuren Brand auflodern würde, und darauf werde er um so feindseliger hinarbeiten, je mehr er daran denke, daß er nach seiner Unterwerfung beim König keinerlei Milde, keinerlei Menschlichkeit gefunden hatte. Außerdem fürchtete er, auch die übrigen, die sich ergeben hatten, könn­ ten auf ähnliche Weise entkommen und ihn, wenn sie die Freiheit gegen seinen Willen erlangten, um die Früchte seines herrlichen Sieges und der mühseligen Unterwerfung bringen. Als er dies alles bedachte, kam er schließlich zu dem Ents�hluß, einen anderen Weg einzuschlagen, und er ging nun daran, die Sachsen, die auswärtige Streitkräfte trotz so vieler Versuche nicht besiegt hatten, mit ihren eignen Waffen, ihren eignen Kräf­ ten zu überwinden, und das war sicherlich ein kluger Plan, denn es steht fest, daß jedes Reich durch keine Gewalt, durch keine Niederlage so rasch zum Einsturz gebracht werden kann wie durch inneren Hader2 • Er befiehlt also3 , die Bischöfe von Magdeburg, Merseburg und Meißen, den Herzog Magnus, den Pfalzgrafen Friedrich4 und außerdem alle säch­ sischen und thüringischen Fürsten, die noch in Haft gehalten wurden, aus der Verbannung zurückzurufen, ladet sie mit freundlichen Worten zu sich und erklärt, obwohl er sie nach den Pfalzgesetzen mit dem Tode bestrafen könne und dazu bei den schweren Ehrenkränkungen, durch die sie ihn herausgefordert hätten, durchaus berechtigt wäre, so wolle er ihnen doch mit Rücksicht auf ihre Herkunft, mit Rücksicht auf ihre Tapferkeit, die dem Reich Ehre einbringen und Schutz gewähren könne, ver­ zeihen, und er verlange, was noch mehr sei, für ihre Freilassung keinen anderen Preis, als daß sie ihm künftig in bedenklichen Lagen treu ergeben blieben und Hilfe leisteten bei der Herstellung der Ordnung im Reich und ' Benno und die anderen waren wahrscheinlich entflohen.

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nes factiosos, eos potissimum, qui gentem Saxonicam simplicem et ma­ larum artium nesciam intestinis quottidie dissensionibus inquietent. Si id faciant nec ulla ut prius levitate :fidem permutent, se primos in amicis habiturum , et cum se oportunitas prebuerit, bene:ficiis, prout regiam muni:ficentiam deceat, honoraturum . Illi, etsi eum haec :ficta loqui seireut et necessitate magis quam pietate genuinum animi rigo­

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rem laxasse, tarnen impunitatis amore libenter amplexantur oblata, promittunt quicquid iubet, promissa repetito sepius sacramento robo­ rant, et accepto commeatu in sua singuli cum gaudio revertuntur. Rex, ut supra dieturn est, commonitus ab Ottone duce1 quondam

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Baioariae, ut turbatis rebus in Saxonia mature consuleret, mandave­ rat ei, ut sibi certa die in Salefelt occurreret, quatenus communiter habita discussione, quid facto opus esset, deliberarent. Postmodum vero fretus his, quos deditione absolverat, quod eorum auxilio in Saxones, qui se leserant, iram suam idonee ulcisci posset, consilium mutavit et

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statuta die nuncios2 pro se in Salefelt duci Ottoni misit, qui ei dice­ rent, ut contractis quantascumque posset copüs sibi in marcha Misi­ nensi concurreret ; se per Boemiam ducto exercitu adventurum et :filiis Geronis comitis3, qui imperitam multitudinem male auspicato ad arma concitassent, si Deus vota prosperaret, redditurum quod mererentur.

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Principibus quoque Saxoniae et Turingiae, quos patriae nuper remi­ serat, eadem mandat, obsecrans, ut prestitae sibi indulgentiae gra­ tiam referentes, cunctos quos valeant f ab hominum perditorum socie­ tate dehortentur et ipsi ad ferenda publicis negociis auxilia designato die et loco armati instructique presto assint.

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Ipse, ut instituerat, paucissimos secum assumens Teutonici exerci­ tus milites, caeteris omnino, quid moliretur, ignorantibus, in Boemiam contendit4• Ibique iuncto sibi duce5 ac milite Boemico, repente, plus quam tanto operi expediret :fidens nescio an negligens, in marcham Misinensem se infudit, videlicet vana spe elusus, quod ducis Ottonis industria et caeterorum, quos bene:ficio suo devinctos sibi gloriabatur, omnem rebus moram, omnem con:ficiendo negocio difficultatem ademp­ tura foret.

1 Vgl. S. 358.

1 Den Bischof Eppo von Zeitz.

a Vgl. S. 354, Anm. 2.

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Von dem Zuge Heinrichs IV. nach Böhmen

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bei der Niederwerfung von Unruhestiftern, vor allem derer, die das bie­ dere, keine Tücke kennende säehaiehe Volk täglich durch innere Zwistig­ keiten beunruhigten. Wenn sie das täten und ihm nicht wieder wie früher leichtfertig die Treue brächen, werde er sie als die ersten unter seinen Freunden ansehen und sie, w�nn sich Gelegenheit biete, mit Gunstbewei­ sen belohnen, wie sie königlicher Freigebigkeit geziemten. Obgleich j ene wußten, daß er log und mehr wegen seiner Notlage als aus Güte seine an­ geborene Unbeugsamkeit gelockert hatte, so nahmen sie doch dem Straf­ erlaß zuliebe das Anerbieten gern an, versprachen alles, was er forderte, bekräftigten ihre Zusagen wiederholt durch Eid, und nachdem sie Urlaub erhalten hatten, kehrte jeder frohen Herzens in seine Heimat zurück. Der König, der, wie oben berichtet, von dem ehemaligen Bayernherzog Otto1 gemahnt worden war, rechtzeitig der Verwirrung in Sachsen zu steuern, hatte diesem aufgetragen, sich an einem bestimmten Tage in Saalfeld Init ihm zu treffen, um in gemeinsamer Beratung zu erörtern, was zu tun sei. Später aber änderte er seinen Entschluß im Vertrauen darauf, daß er Init Hilfe der aus der Haft Entlassenen an den Sachsen, die ihn gekränkt hatten, seinen Rachezorn sich gehörig austoben lassen könne, und schickte daher statt seiner am festgesetzten Tage Boten2 zum Herzog Otto nach Saalfeld, die ihm auftragen sollten, so viel Truppen, wie er könne, zusammenzuziehen und in der Mark Meißen zu ihm zu stoßen ; er werde dorthin kommen, nachdem er sein Heer durch Böhmen geführt habe, und den Söhnen des Grafen Gero3 , die zu ungünstiger Stunde die unerfahrene Menge zu den Waffen gerufen hätten, wenn Gott seinen Wünsehen Erfüllung gewähre, ihren verdienten Lohn geben. Den gleichen Auf­ trag gab er auch den sächsischen und thüringischen Fürsten, die er kürz­ lich in die Heimat zurückgesandt hatte, wobei er sie beschwor, sich für die ihnen bewiesene Milde erkenntlich zu zeigen und allen, soweit sie ver­ möchten, von der Gemeinschaft Init diesen verworfenen Menschen abzuraten, selber aber sich in voller Rüstung am bestimmten Tag und Ort ein­ zufinden, um bei der Erledigung von Reichsangelegenheiten zu helfen. Er selbst zog, wie er beschlossen hatte, nach Böhmen4, nahm aber nur ganz wenig Krieger des deutschen Heeres mit, während die übrigen über seine Pläne völlig in Unkenntnis waren. Nachdem er sich hier Init dem böhlnischen HerzogS und seinem Aufgebot vereinigt hatte, warf er sich unvermutet - ich weiß nicht, ob dabei sein Selbstvertrauen oder seine Unterschätzung das für ein so schwieriges Unternehmen erforderliche Maß überschritt - in die Mark Meißen, denn er ließ sich von der eitlen Hoff­ nung narren, durch die Bemühungen Herzog Ottos und der übrigen, die er durch sein Entgegenkommen für sich gewonnen zu haben wähnte, werde j ede Verzögerung des Unternehmens, j ede Schwierigkeit in seiner Durch­ führung beseitigt sein. 4 •

Wahrscheinlich im August. Wratislaw.

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Sed dux Otto, sciens genti Saxonum iustas esse causas rebellionis, id multo iam tempore apud regem crebris legationibus egerat, ut belli semi­ narium irarumque causas amoveret, leges ac iura sua Saxonibus rata manere sineret, equitate pocius quam armis tumultuantes compesceret, et tantos labores, tantum, qui prelio fundendus esset, sanguinem lucratus, sine difficultate inperpetuum opulentissimae gentis servicio fruere­ tur ; hanc regis ac tiranni esse distantiam, quod hic vi atque crudelitate obedientiam estorqueat ab invitis, ille legibus ac more maiorum mo­ deretur subiectis precipiatque facienda. Verum ille homo in imperio natus et nutritus, ut tantos natales, tantos prosapiae fasces ac titulos decebat, regium in omnibus semper adversis animum gerebat, mori quam vinci malebat. Inexpiabilis ignominiae maculam putabat im­ purre iniuriam accepisse, et econtra summum decus et vitae precio com­ parandum estimabat nihil quod secus accidisset inultum preterisse. Ad hoc hornirres sibi asciverat, talium rerum artifices, mediocri quidem loco natosl, sed consilio ac manu promptissimos, qui, secundum quod propheta dicit, loquebantur ei placentia et divinabant ei errores2 et egrotum animum et per se affinem iracundiae ac temeritati adulatio­ nibus suis tamquam supposita face in omne quod libuerat inflamfma­ bant. Ideoque, ut opera sua magis illi foret necessaria, perpetuis rem publicam tempestatibus vexari quam maxime satagebant. His pes­ simis usus consultoribus principes regni recta suadentes plurimum ad­ versabatur nec eos ad consilium suum, nisi forte inexplicabilis neces­ sitas incidisset, admittebat, quin immo auctoritatem eorum, si copia fieret, opprimi ac penitus oblitterari cupiebat, ut in omne quod animus suggessisset effrenata libertate grassanti nullus obsisteret, nemo obloqueretur. Igitur dux Otto vehementer efferatus, quod contra consilium su­ um rex Saxoniam bello rursus impeteret, ait ad Epponem Citicen­ sem episcopum, qui ei, ut dieturn est3, in Salefelt functus legatione regis occurrerat, se regi, quod honori eius, quod commodo rei publicae competeret, suggessisse ; sed quoniam plus apud eum fidei sit ineptis assentatoribus quam sibi, plus spei ac fiduciae ponatur in mi­ lite Boemico quam in Teutonici exercitus robore, ad eum pertinere, quem cepta exitum sortiantur ; se nec rebus bene gestis gloriam nec, si 1 Vgl. S. 176, Anm. 2 und S. 180 f.

2 Vgl. Jes. 30, 10 und Ezech. 13, 6.

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Über den Charakter Heinrichs IV.

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Aber Herzog Otto wußte sehr wohl, daß der sächsische Stamm begrün­ deten Anlaß zur Empörung hatte, und hatte deshalb schon lange durch zahlreiche Botschaften beim König darauf gedrungen, den Grund zum Krieg und die Ursachen der Erbitterung zu beseitigen, den Sachsen ihre Gesetze und Rechte unanget:tstet zu lassen und die Aufsässigen lie­ ber durch Gerechtigkeit als durch Wa:ffen zu bändigen ; er könne sich dadurch so viele Mühe, so viel Blut, das im Kampfe vergossen werden müßte, ersparen und sich ohne Schwierigkeit für immer der Dienste die­ ses überaus reichen Volkes erfreuen ; dadurch unterscheide sich ein König vom Tyrannen, daß dieser mit Gewalt und Grausamkeit Gehorsam von Widerwilligen erpresse, j ener dagegen nach Gesetzen und Brauch der Vor­ fahren seine Untertanen regiere und anordne, was zu tun sei. Doch der König, als Herrscher geboren und aufgewachsen, trug, wie es so hoher Ab­ kunft, so hoher Ehren und Würden seines Geschlechts geziemte, in allem Unglück stets königlichen Sinn und wollte lieber sterben als unterliegen. Es erschien ihm als ein Makel unaustilgbarer Schande, eine Beleidigung ungestraft hinzunehmen ; dagegen hielt er es für höchste Ruhmeszier und etwas selbst um den Preis des Lebens zu Erstrebendes, nichts Widriges, das ihm zustieß, ungerächt zu lassen. Zudem hatte er Menschen an sich gezogen, die zu solchen Dingen geschickt waren, zwar von mäßiger Her­ kunft1 , aber stets mit Rat und Tat bei der Hand ; diese redeten ihm, wie der Prophet sagt, zum Munde, prophezeiten Falsches2 und entflammten sein krankes Gemüt, das ohnehin zu Jähzorn und Unbesonnenheit neigte, mit ihren Schmeicheleien wie mit Feuerbränden zu allem, wonach es ihn gelüstete. Und damit ihm ihre Dienste immer unentbehrlicher würden, arbeiteten sie mit allen Kräften darauf hin, daß das Reich von unaufhör­ lichen Stürmen geschüttelt wurde. Während er sich dieser verworfenen Menschen als Ratgeber bediente, begegnete er den Fürsten des Reichs, die ihm das Rechte rieten, mit stärkster Feindseligkeit und zog sie nur zur Beratung zu, wenn einmal die unausweichliche Notwendigkeit dazu vorlag, er wünschte im Gegenteil, ihre Autorität nach Möglichkeit zu er­ schüttern und völlig auszuschalten, damit ihm sich niemand in den Weg stelle, niemand widerspreche, wenn er sich mit zügelloser Hemmungslosig­ keit in alles stürzte, was ihm in den Sinn kam. Herzog Otto nun, heftig erzürnt darüber, daß der König gegen seinen Rat wieder gegen Sachsen zu Felde zog, erklärte dem Bischof Eppo von Zeitz, den er, wie erwähnt3 , in Saalfeld als Gesandten des Königs angetrof­ fen hatte, er habe dem König geraten, was seiner Ehre, was dem Wohl des Reichs fromme ; da er aber läppischen Schmeichlern mehr Glauben schenke als ihm, mehr Hoffnung und Vertrauen auf das böhmische Auf­ gebot setze als auf die Kraft des deutschen Heeres, so sei es auch seine Sache, wie das Unternehmen ausginge ; er werde von einem Erfolg kei­ nen Ruhm und im andern Fall keine Schande ernten ; von nun an aber 3 Vgl. S. 370, Anm. 2.

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aliter cesserint, ignominiam habiturum ; preterea nulla iam sacramenti, quo ei fidem dixerit, religione teneri, cum recta et utilia suadens non audiatur, insuper contra leges Dei, contra decus imperii, contra salu­ tem animae suae ad etfundendum sanguinem innocentem1 gentili ritu arma sumere iubeatur. Proinde omni periurio absolutum, libere dein-

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ceps causam gentis suae, quae iusta sit, quantum valeat armis et opi­ bus asserturum. Eadem protestabantur caeteri quoque principes tarn Saxoniae quam Turingiae. Qui etiamsi cupidissime vellent, nullum petenti prestare possent auxilium, unanimiter scilicet detractantibus mi-

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litibus eorum infaustam contra patriam parentesque suos miliciam. lam enim non dubia fide, vacillantibus animis, ut prius, cum inter spem et metum fluctuarent, sed unanimi sententia, obstinata conten­ tione ad rebellandum conspiraverant, neque callidis principum exhor­ tationibus ut antea concitatum vulgus ad arma prosiluerant2, sed

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omnes simul f provinciales, non ductu auspicioque principum, sed pri­ vatis studiis, privatis impensis bellum gerere proposuerant, sibi dimi­ care, sibi, si Deus annuerit, vincere parati, nec aliud a quoquam mili­ ciae suae stipendium prestolautes quam coniugum liberorumque suo­ rum salutem, atque ut a cervicibus suis durissimae servitutis iugum

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excuterent. lpsos denique principes, si obniti, si contrahiscere temp­ tarent, dissipatis vel incensis omnibus quae eorum essent, procul pa­ triis finibus expellere minabantur. Ad ultimum ea mente rem geren­ dam susceperant, ut vel vincerent obstinate vel morerentur. Ultima desperatio sie studia in:flammaverat, quoniam certa superioribus annis

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documenta ceperant nullam apud regem victis esse spem veniae, cum ferocitatem pectoris eius et inexorabile Saxonici nominis odium nec voluntaria deditio principum nec tantus in Turingia fusus sanguis re­ stinxisset "' 3• Igitur ubi per Saxoniam rumor percrebruit, quod rex conterminam

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regni Saxonici marcham Misinensem ferro et igne depopularetur, ad arma conclamant ; multa milia hominum brevi concurrunt, conserendi certaminis intolerabili fervent desiderio, obviam ire hostibus unanimi alacritate contendunt. Sed quoniam accelerando itineri turba frequen­ tior, armis atque aliis impedimentis implicita, pamm pro voto sat-

•) B 1, B 2 und WormB: restrinxisset.

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Von dem wachsenden Widerstand der Sachsen

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sei er in keiner Weise mehr an den Eid gebunden, mit dem er ihm Treue geschworen habe, da er ja, wenn er ihm richtige und nützliche Ratschläge erteile, nicht darauf höre und obendrein wider Gottes Gebote, wider die Ehre des Reichs, wider sein eignes Seelenheil wie ein Heide die Waffen zu erheben befehle, um unschuldiges Blut zu vergießen1. Daher werde er, ohne sich im geringsten des Meineids schuldig zu machen, von nun an in voller Freiheit die gerechte Sache seines Stammes, so gut er könne, mit Waffen und Geld unterstützen. Die gleiche Erklärung gaben auch die übrigen sächsischen und thüringiseben Fürsten ab. Sie könnten ihm, wenn sie es auch noch so gern woll­ ten, auf seine Bitte keine Hilfe gewähren, da alle ihre Mannen einmütig den unseligen Kriegsdienst gegen ihr Vaterland und ihre Verwandten verwei­ gerten. Denn j etzt hatten sie sich nicht wie früher mit zweifelhafter Zuver­ lässigkeit und schwankender Gesinnung, die zwischen Hoffnung und Furcht hin und her flutete, sondern völlig einhellig in unerschütterlicher Ent­ schlossenheit zum Aufstand verschworen, nicht wie früher war das Bauern­ volk, durch schlaue Brandreden der Fürsten aufgeputscht, zu den Waffen geeilt2 , sondern alle Landesbewohner zugleich hatten sich nicht unter Füh­ rung und Leitung der Fürsten, sondern aus eignem Antrieb, mit eignen Mitteln den Krieg zu führen entschlossen ; für sich selbst wollten sie kämp­ fen, für sich selbst, wenn Gott es verwillige, siegen, keinen andren Lohn für ihre Kriegsdienste von irgendjemandem erwartend als die Rettung ihrer Weiber und Kinder und die Abschüttlung des Jochs der drückend­ sten Knechtschaft von ihrem Nacken. Den Fürsten aber drohten sie, wenn sie etwa versuchten, ihnen in den Weg zu treten oder auch nur aufzu­ mucken, alle ihre Habe zu verstreuen oder zu verbrennen und sie aus der angestammten Heimat zu verj agen, kurz, sie hatten sich zu dem Unter­ nehmen entschlossen in der festen Absicht, unbedingt zu siegen oder zu fallen. Die äußerste Verzweiflung hatte diese Begeisterung entzündet, hatten sie doch in den letzten Jahren sichere Beweise dafür erhalten, daß der Besiegte beim König keine Gnade zu erwarten hatte, da ja seine Hart­ herzigkeit und seinen unauslöschlichen Haß gegen alles, was Sachsen hieß, weder die freiwillige Unterwerfung der sächsischen Fürsten noch die Ströme des in Thüringen vergossenen Blutes gelöscht hatten3 • Als sich nun in Sachsen allenthalben die Kunde verbreitete, der König verheere die an Sachsen grenzende Mark Meißen, da rufen sie zu den Waf­ fen ; viele Tausende strömen in kurzer Zeit zusammen, glühend vor un­ widerstehlicher Kampflust, und drängen mit einhelligem Eifer darauf, dem Feind entgegenzuziehen. Da aber die allzu große Schar, durch die Waffen und sonstiges Gepäck behindert, den Aufgaben eines Eilmarsches nicht wunschgemäß zu entsprechen vermochte, rückten die Söhne des 1 Vgl. Jer. 22, 17. 2 Vgl. aber S. 178. 3 Vgl. dazu S. 296, 312ff. und 316ff. Das Ganze ist reich an Widersprüchen.

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agere valebat, filii Geronis eomitis assumptis seeum VII milibus expe­ ditorum equitum summo nisu, ardentissima eieius eonfieiendi negoeii aviditate in oeeursum properant. Quodsi regem eonsequi et sie efferato milite, sie ferventibus studiis signa eonferre eontigisset, ut multorum ferebat opinio, traetum tot annis bellum Saxonieum faeili eompendio eonfeetum fuisset, et regem eunetumque eius eomitatum vel mors eer­ tissima vel ignominia diffieile abolenda oeeupasset. Nam preter exer­ eitum Boemieum, qui nee ipse vel armis vel numero vel virtute tanto negoeio se parem prestiterat, paueissimos seeum habebat, quoniam supervaeaneum arbitratus fuerat Teutonieis militibus tarn longinquae expeditionis laborem indieere, J eum speraret, ut dieturn estl, industria Ottonis ducis et aliorum, quos deditione gratis absolverat, omnes Sa­ xonum vires facile enervandas et eopias sibi maioribus etiam bellis suf­ ficientes statuto die ac loco affuturas. Forte turn temporis, Deo misericorditer saluti regis prospiciente, fluvius Milda, qui utrumque exercitum medius dirimebat, effusis nuper imbribus vehementer intumuerat atque omnem transmeandi facultatem ademerat. Cuius rex inundatione commodissime pro se usus, non expectata deerescentium aquarum vieissitudine, in Boe­ miam se recepit, maturatoque per Baioariam reditu, mestus ac penitens, quod tantos labores in vacuum expendisset, Worma­ ciam repedavit2• Et quoniam digrediens duci Boemico marcham Misenensem, tarn speetatae in arduis rebus fidei premium, dederat, Ecbertus marehio3, cuius eadem mareha erat, filius patruelis regis, puer longe adhuc infra militares annos, ubi primum decrescentibus aquis fluvius factus est transmeabilis, adiunctis sibi Saxonibus Mise­ nen perrexit omniaque castella, quibus dux Boemicus presidium im­ posuerat, admota militari manu recepit, suosque milites, qui deinceps contra omnem hostium irruptionem indefessi excubarent, imposuit ; mirantibus cunetis, quod regem nec aetatis nec propinquitatis respectus ab hac iniuria revocasset. Interea4 Ruodolfus dux Suevorum, Welf dux Baioariorum, Berhtol­ dus dux Carentinorum, Adalbero episeopus Wireiburgensis, Adalber­ tus episeopus Wormaciensis et alii6, quos rei publicae ealamitas move­ bat, in loeo qui dicitur Ulma conventu habito statuerunt, ut omnes, 1 Vgl. S. 370.

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Von dem mißglückten Einfall Heinrichs IV. in Sachsen

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Grafen Gero mit 7000 leichten Reitern in höchster Eile dem Feind ent­ gegen mit dem heißesten Verlangen, so rasch wie möglich die Entschei­ dung herbeizuführen. Wenn es gelungen wäre, den König zu stellen und s

bei dieser Wut der Truppen , bei dieser glühenden Kampflust eine Schlacht zu liefern, dann wäre, so dachten viele, der sich so lange hinziehende Sach­ senkrieg mühelos und rasch beendet gewesen, und den K önig und sein ganzes Gefolge hätte entweder der sichere Tod oder schwer zu tilgende Schmach betroffen. Denn außer dem böhmischen Heer, das sich aber auch weder in der Bewaffnung noch an Zahl und Kampfkraft einer so schweren

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Aufgabe gewachsen zeigte, hatte er nur ganz wenige Leute bei sich, denn er hatte es für überflüssig gehalten, den deutschen Kriegsmannen die An­ strengungen einer so weiten Heerfahrt zuzumuten, da er, wie gesagt!, hoffte, mit Hilfe Herzog Ottos und der anderen, die er ohne Lösegeld aus der Haft entlassen hatte, könnte leicht alle Kraft der Sachsen gelähmt

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werden, und am festgesetzten Tag und Ort würden ihm Truppen zur Verfügung stehen, die auch für schwerere Kämpfe ausreichten. Nun war aber damals durch Gottes gnädige Fürsorge für den König die Mulde, die beide Heere voneinander trennte, durch Regengüsse seit

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kurzem stark angeschwollen, so daß man sie unmöglich überschreiten konnte. Diese Ü berschwemmung machte sich der König geschickt zunutze : er zog sich, ohne das Fallen des Wassers abzuwarten, nach Böhmen zu­ rück und ging dann in eiligem Rückmarsch durch Böhmen wieder nach Worms2, voll Trauer und Verdruß darüber, daß er so große Mühe um­ sonst aufgewendet hatte. Da er beim Abmarsch dem Herzog von Böhmen

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zur Belohnung für seine in schwieriger Lage bewiesene Treue die Mark Meißen verliehen hatte, drang Markgraf Ekbert3 , dem die Mark gehörte - er war der Sohn eines Vetters des Königs, noch ein Knabe weit unter dem waffenfähigen Alter, - sobald der Fluß durch das Absinken des Was­ sers passierbar geworden war, in Verbindung mit den Sachsen nach Meißen

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vor, nahm alle Burgen , in die der Böhmenherzog Besatzungen gelegt hatte, im Sturm und besetzte sie mit seinen Kriegern, die künftighin gegen j eden feindlichen Einfall una blässig Wache halten sollten ; dabei wunderten sich alle, daß den König weder die Rücksicht auf Ekberts Jugend noch auf die

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Verwandtschaft von diesem Unrecht abgehalten hatte. Nun aber trafen sich4 die Herzöge Rudolf von Schwaben, Welf von Bayern, Berthold von Kärnten, die Bischöfe Adalbero von Würzburg und Adalbert von Worms sowie andere 5 , die sich wegen der Notlage des Reichs Sorge machten, in Ulm und beschlossen, es sollten sich alle, die wünsch-

2 Vgl. S. 308, wo L. den Zug von 1075 ähnlich schildert. Seine Glaubwürdigkeit ist nicht zu kontrollieren. 3 Vgl. S. 62, Anm. 2 und 1 1 2, Anm. 8. � Wohl Mitte September. 5 Darunter Bischof Altmann von Passau als Legat Gregors VII.

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quicumque rei publicae consultum vellent, I

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XVII.

Kal. Novembris

Triburiam convenirent et variis cladibus, quibus per multos iam annos pax ecclesiastica turbabatur, tandem aliquando malorum pertesi finem facerent. Hoc Sueviae, hoc Baioariae, hoc Saxoniae, hoc Lutheringiae, hoc Franciae Teutonicae principibus denunciarunt, universosque in

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commune per Deum obtestabantur, ut omni excusatione relegata, cuncta privatae rei sollicitudine posthabita, hanc singuli communibus commodis vel extremam operam dependerent. Qua expectatione sus­ pensis atque attonitis omnibus, episcopus Mogontinus et alü quam plures, qui eatenus partes regis vehementins tuebantur, ab eo defece-

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runt et adiuncti supradictis principibus ad meliorandum regni statum ardentissimo zelo exarserunt. Miro etiam atque inopinato rerum suc­ cessu, ut quod moliebantur nullis iam retarderetur impedimentis, ob­ sides, quibus nonnulli ex principibus superiore anno fidem suam apud regem obligaverant, repente his qui eos dederant sunt restituti. Duos

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ducis Ottonis filios1, alterum rex ipse, alterum is qui a rege servan­ dum susceperat, inscio rege, patri nec opinanti remisit. Filius Uotonis marchionis2 et filius Adelae3, derelictae Dedi marchio­ nis, ambo tenerae aetatis et longe adhuc infra pubertatis annos pueruli, cum in munitione cuiusdam Eberhardi ministri regis custodirentur,

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magnum quoddam et posterorum memoria dignum nobilissimae in­ dolis documentum ediderunt. lusserat rex eidem Eberhardo vel prop­ ter tanti generis claritatem vel propter aetatis infirmae compassionem, ut eos indulgentissime nutriret et, ne aut inerti ocio aut iugis custodiae tedio tabescerent, sineret eos interdum cum equalibus suis ludicris

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puerilibus exerceii. Hoc ipsum parentes, crebra custodibus munuscula destinantes, :ß.agitabant. Fecit ille ut petebatur et modo intra muni­ tionem, modo extra, adhibitis custodibus, prout libitum erat, ludere paciebatur, nihil sillistrum in aetate simplici et fraudis nescia I suspi­ catus. lnterdum etiam in nemus, quod munitioni contiguum erat, ve-

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natum pergens, impositos equis, cuius rei vixdum aetas paciens erat, secum ire permittebat, ut oppressas merore ac tedio mentes hoc ad­ vocamento recrearent. Cum hoc sepius faceret, consuetudo fiduciam, fiducia custodibus securitatem pariebat, ut eis indulgentins in dies dili­ gentis custodiae frena laxarent et absumpta iam omni suspicione, quic-

1 Vgl. S. 342.

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Von d. Ulmer Verhandl. u. d. Einberuf. e. Fürstentag. n. Tribur

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ten, daß dem Reich geholfen werde, am 16. Oktober in Tribur versammeln und, des Unheils überdrüssig, endlich einmal den mannigfachen Schädi­ gungen, durch die nun schon viele Jahre lang der Friede der Kirche ge­ stört werde, ein Ende machen. Das meldeten sie den Fürsten von Schwaben, von Bayern, von Sachsen, von Lothringen und des deutschen Fran­ . kenlandes und beschworen sie alle insgesamt bei Gott, unter Verzicht auf j ede Entschuldigung und Hintansetzung aller Sorge um Privatangelegen­ heiten jetzt ihre äußerste Bemühung auf das gemeine Beste zu richten. Während nun alle gespannt und begeistert dessen harrten, fielen der Bischof von Mainz und viele andre, die bisher die Sache des Königs eifrig vertei­ digt hatten, von ihm ab und vereinigten sich mit den genannten Fürsten in glühendem Eifer, die Zustände im Reich zu bessern. Auch traf es sich wunderbarer und unerwarteter Weise glücklich für die Beseitigung von Hindernissen, die ihr Vorhaben hätten verzögern können, daß die Geiseln, durch die einige Fürsten im vorigen Jahre dem König ihre Treue verbürgt hatten, plötzlich denen, die sie gestellt hatten, zurückgegeben wurden. Von den beiden Söhnen Herzog Ottos1 schickte den einen der König selber, de11- andren derjenige, dem der König ihn in Verwahrung gegeben hatte, ohne Wissen des Königs dem Vater unvermutet zurück. Der Sohn Markgraf Udos2 sowie der Sohn Adelas3, der Witwe Mark­ graf Dedis, beide kleine Knaben im zartesten Alter und weit unter den Jahren der Mannbarkeit, die in der Burg eines gewissen Eberhard, eines Dienstmanns des Königs, in Haft gehalten wurden, lieferten einen schla­ genden Beweis ihrer hervorragenden Begabung, der wert ist, der Nachwelt überliefert zu werden. Der König hatte diesem Eberhard entweder wegen der Vornehmheit ihres Geschlechts oder aus Mitleid mit ihrem zar­ ten Alter befohlen, sie mit größter Nachsicht zu hegen und sie bisweilen mit Altersgenossen kindlich spielen zu lassen, damit sie sich nicht unter Langweile oder Überdruß an der beständigen Gefangenschaft abhärmten. Darum baten ihn auch die Eltern, und sie übermittelten den Wächtern häufig kleine Geschenke. Eberhard erfüllte diese Bitten und erlaubte ihnen, bald innerhalb, bald außerhalb der Festung unter Bewachung nach Her­ zenslust zu spielen, ohne bei dem harmlosen, keiner Tücke fähigen Alter irgendetwas Böses zu gewärtigen. Mitunter ging er auch in den an die Festung grenzenden Wald auf die Jagd, dabei ließ er sie zu Pferde stei­ gen, wozu sie in ihrem Alter kaum fähig waren, und mitreiten, um ihre von Trauer und Kummer gedrückte Stimmung durch diese Abwechslung aufzumuntern. Da er dies öfters tat, erzeugte die Gewohnheit bei den Wäch­ tern Vertrauen und das Vertrauen Sicherheit, sodaß sie von Tag zu Tag sorgloser die Zügel gewissenhafter Bewachung lockerten und sie schließ­ lich ohne jeden Verdacht auch ohne Bewachung alles tun ließen, was sie a 3

Vgl. S. 298, Änm. 3. Vgl. S. 312, Anm. 4.

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quid voluissent, etiam absque arbitris eos agere paterentur. Ceperunt igitur, ubicumque tempus et locum secreciorem nacti fuerant, sermo­ nes conserere, patriae parentumque recordari, peregrinationis mole­ stias deplorare et, ut pro salute sua aliquid Deo auspice conarentur, mutuis se suasionibus incitare.

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Quadam ergo die, cum iuxta soliturn predictus Eberhardus se­ cum assumptis eis venatum exisset, et ad insectandam, quae casu occurrerat, feram omnes, ut fieri assolet, inconditis clamoribus, ferventissimis studiis discurrissent, pueruli ubi se solos adverte­ runt, custodem nullum, eos qui simul venatum processerant alia-

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rum rerum immemores, soli quae agebatur venationi intentissimos, quantis possunt viribus equis subdunt calcaria, per condensa silva­ rum, per abrupta montium, per concava vallium, periculi sui vel negligentes vel contemptores, dicto cicius evolant ; nec in certurn ali­ quem locum regionis ignari cursum dirigunt, sed laxatis temere habenis,

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quocumque impetus equos ferebat, precipites ruunt. Celeri cursu trans­ misso nemore ad Moinem fluvium perveniunt, piscatorem illic offen­ dunt in scapha piscatoria capturis piscium incumbentem, evehi se Mo­ gontiam petunt, clamides suas, quibus vestiebantur, quoniam aliud in promptu non erat, evectionis precium offerunt. Ille vel precio allectus

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vel miseratione periclitantium permotus - hoc enim ex trepidatione et caetero corporis gestu facile coniciebat - benigne in naviculam suscepit et utensilibus, quae in navicula erant, adopertos, ne scilicet ab insequen­ tibus agnoscerentur, Mogontiam, ut rogaverant, evexit. Equi eorum, transito amne, in ulteriore ripa iuxta naviculam mirum in modum mode-

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rato gradu decurrebant, ita ut cum eunte navicula pariter irent, cum sub­ sistente pajriter subsisterent. Brutis pecoribus" humanas inesse animas crederes. Ubi Mogontiam ventum est, receptis equis suis, in domum quandam ripae contiguam clanculo se immergurrt dominumque domus per Deum obtestantur, ne eos cuiquam prodat ; se archiepiscopo Mo-

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gontino genere coniunctissimos esse, cui si incolumes intemerata fide restituat, tam ab ipso quam a caeteris parentibus suis, qui inter regni principes et opum et dignitatis speciali prerogativa emineant, digna meritis premia relaturus sit. Nec multo post aderat Eberhardus fremens et stridens dentibus pre doloris impacientia, compertoque per veridicos indices, quo

") B 1 und Worms: pectoribus.

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Von der Flucht sächsischer Geiseln

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wollten. Da fingen die Knaben an, sobald sie einen günstigen Zeitpunkt und einen versteckten Platz gefunden hatten, der Heimat und der Eltern zu gedenken, die Beschwerden des Lebens in der Fremde zu beklagen und sich gegenseitig zuzureden, irgendetwas mit Gottes Hilfe zu ihrer Rettung zu unternehmen. Eines Tages nun, als Eberhard wieder mit ihnen zur Jagd hinaus­ geritten war, und alle, wie es zu gehen pflegt, mit wildem Geschrei in glühendem Jagdeifer zur Verfolgung eines Wildes, das ihnen zu­ fällig in den Weg kam, hierhin und dorthin davonliefen und die Knaben merkten, daß sie allein waren, nirgends ein Wächter, alle Jagd­ teilnehmer, an nichts anderes denkend, ausschließlich gespannt auf die Jagd achteten, die im Gange war, da geben sie mit aller ihnen zur Ver­ fügung stehenden Kraft den Pferden die Sporen und reiten schneller, als man sagen kann, die Gefahr nicht ahnend oder nicht achtend, davon durch das Dickicht der Wälder, über die Schroffen der Berge, durch die Schluch­ ten der Täler ; dabei richten sie den Ritt, der Gegend unkundig, nicht auf einen bestimmten Ort, sondern lassen den Rossen blindlings die Zügel und stürmen Hals über Kopf, wohin das Ungestüm der Rosse sie trägt. Nach­ dem sie in schnellem Ritt den Wald durchmessen haben, kommen sie an den Main, finden dort in einem Fischerkahn einen mit Fischen beschäf­ tigten Fischer, bitten ihn, sie nach Mainz zu fahren und bieten ihm als Lohn ihre Mäntel, die sie anhatten, da ihnen sonst nichts zur Verfügung stand. Dieser ließ sich entweder durch den Lohn oder durch Mitleid mit den Gefährdeten bewegen - denn daß sie in Gefahr schwebten, konnte er an ihrer ängstlichen Hast und ihrem sonstigen Benehmen merken -, so nahm er sie freundlich in seinen Kahn auf, versteckte sie unter den Gerätschaften, die im Kahn lagen, damit sie nicht von Verfolgern erkannt würden, und fuhr sie, wie sie geboten hatten, nach Mainz. Ihre Rosse schwammen über den Fluß und liefen seltsamerweise am andern Ufer langsam neben dem Kahn her, so daß sie, wenn der Kahn fuhr, mit ihm Schritt hielten, und wenn er anhielt, ebenfalls stehen blieben. Man hätte glauben können, daß in den unvernünftigen Tieren menschliche Seelen wohnten. Sobald sie in Mainz angekommen waren, nahmen sie ihre Pferde wieder an sich, schlüpften heimlich in ein dicht am Ufer liegendes Haus und beschworen den Hausbesitzer um Gottes willen, sie niemandem zu verraten ; sie seien nahe Verwandte des Erzbischofs von Mainz, wenn er sie unter Wahrung der Vertraulichkeit unversehrt zu ihm hinbringe, würde er von ihm wie von ihren übrigen Verwandten, die unter den Für­ sten des Reichs wegen ihres großen Reichtums und ihrer hohen Stellung einen besonders bevorzugten Rang einnähmen, seinen Verdiensten ent­ sprechende Belohnungen erhalten. Nicht lange danach erschien Eberhard, schnaubend und zähneknir­ schend vor unerträglicher Wut ; er hatte durch zuverlässige Angeber er­ fahren, wo die Knaben Unterschlupf gefunden hatten, und machte sich

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pueri divertissent, summa vi, summo conamine domum expugnare foresque infringere parabat, et nisi obsides regis mature redderen­ tur, ignem tectis se iniecturum minabatur. Concurrit civitas ad spectaculum, et facta est pro studiis partium confusa ac dissona aliud atque aliud clamantium turbarum vociferatio. Perlato ad epi-

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scopum Mogontinum tumultuantis civitatis nuncio, misit confestim cum armatis Cuonradum comitem de castello quod dicitur Liuzelen­ burg, qui turn forte apud episcopum presens erat. Qui veniens Eber­ hardum improbe �aevientem atque in omnes qui obsisterent nunc vi, nunc comminatione grassantem ab obpugnatione aedium cum contu-

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melia repulit, susceptosque pueros episcopo presentavit. Ill dieser Bindung befreit hatte, und schickte die Knaben unter allen Vor­ sichtsmaßregeln gegen etwaige Anschläge während der Reise ihren Eltern zurück. Am festgesetzten Tage1 versammelten sich der Verabredung gemäß die schwäbischen und sächsischen Fürsten in sehr großer Zahl in Tribur2 , fest 20 entschlossen, König Heinrich abzusetzen und einen anderen zu wählen3 , auf den die gemeinsame Wahl fallen würde. Anwesend waren auch als Le­ gaten des apostolischen Stuhls der Patriarch Sigehart von Aquileja und der Bischof Altmann von Passau, ein Mann apostolischen Wandels und großer Tugenden in Christo, dem der Papst seine Stellvertretung in der 2o Regelung kirchlicher Angelegenheiten übertragen hatte, sowie einige Laien, die ihrem großen Reichtum entsagt und sich um Gottes willen freiwillig einem eingeschränkten, dürftigen Leben ergeben hatten ; diese waren vom Papst gesendet, um allen Menschen in ganz Gallien zu bezeugen, daß König Heinrich aus gerechten Gründen exkommuniziert worden sei, und4 so für die Wahl eines anderen die Zustimmung und Autorisation des apo­ stolischen Stuhls zu verheißen. Sie wollten weder mit einem Fürsten noch mit einem Privatmann verkehren, der mit König Heinrich nach seiner Exkommunikation in Wort und Tat irgendwie in Verbindung gestanden hatte, bis er öffentlich Buße getan hätte und durch Altmann, den Vikar ss des Papstes, vom Bann losgesprochen worden sei. Ebenso vorsichtig mie­ den sie auch den Umgang mit denen, die mit verheirateten Priestern oder solchen, die kirchliche Weihen gekauft hatten, beim Gebet zusammen­ gekommen waren. 4 Von hier ab falsch. Gregor forderte in seinem Briefe vom 3. September, die Fürsten sollten dem Könige gegenüber Milde walten lassen. Wenn Heinrich sich jedoch nicht bessere (d. h. die schlechten Ratgeber entferne und die Kirche als Herrin betrachte), und die Notwendigkeit einer Neuwahl bestünde, dann soll· ten sie ihm die Person des Kandidaten zur vorherigen Prüfung bezeichnen (Reg. IV, 3).

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Per septem itaque continuos dies consilia conferentes\ quid facto opus esset, qua ratione periclitanti et iamiam naufragium mim­ tanti rei publicae consulendum foret, perquirebant. Replicabant ab

tenero, ut aiunt, ungue2 omnem vitae regis institutionem, quibus pro­ bris, quibus fl.agiciis existimationem suam decusque imperii vixdum

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adulta aetate maculasset ; qua8 iniurias singulis, quas in commune omnibus, ubi primum pubertatis annos attigit, irrogasset ; quod, re­ motis a familiaritate sua principibus, infimos homines et nullis maiori­ bus ortos summis honoribus extulisset3 et cum ei8 noctes perinde ac dies in deliberationibus insumens, ultimum, si possit, nobilitati exter-

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minium machinaretur ; quod, barbaris gentibus vacaftione data, in subditos sibi populos dedita opera ferrum distrinxisset et in eorum nece hostili crudelitate grassaretur ; regnum , quod a parentibus suis pacatissimum et bonis omnibus fl.orentissimum accepit, quam fedum, quam despicabile, quam intestinis cladibus infestum cruentumque red-

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didisset. Aecclesias et monasteria destructa, victualia servorum Dei versa esse in stipendia militum, studium religionis et rerum ecclesia­ sticarum transisse ad arma militaria et ad munitiones extruendas, non quibus vis et impetus barbarorum arceatur, sed quibus patriae tran­ quillitas eripiatur et liberis cervicibus durissimae servitutis iugum im-

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ponatur ; nullum usquam esse viduis et orpha.nis solacium, nullum oppressis et calumniam sustinentibus refugium, non legibus reveren­ tiam, non moribu'3 disciplinam, non aecclesiae auctoritatem suam, non rei publicae mauere dignitatem suam : ita unius hominis temeritate sacra et prophana, divina et humana, fasque nefasque confusa esse et 25

implicita. Proinde tantarum calamitatum unicum ac singulare super­ esse remedium, ut quantocius, amoto eo, alius rex crearetur4, qui tam­

diu terminos suos evaganti licentiae frena iniceret5 et mundi vacillantis ruinam subiectis humeris sustentaret. Rex Heinricus contractis in unum suae partis assertoribus in villa

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quae dicitur Oppenheim6 se continebat, Rheno fl.uvio utraque castra dirimente, frequentesque ad eos in dies legatos mittebat, pollicens om­ nium quae eos offenderaut in reliquum emendationem ; se veterum iniuriarum memoriam sequentibus beneficiis, si vita comes foret, abo­ liturum nihilque deinceps circa rerum publicarum administrationem

1 Wohl zehn Tage lang vom 16. Oktober ab. 2 Horaz, Carm. III, 6, 24.

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Von den Beschuldigungen gegen Heinrich IV.

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Sieben Tage hintereinander1 beratschlagten sie nun und untersuchten, was zu tun sei, auf welche Weise man dem gefährdeten, schon dem Schiff­ bruch zutreibenden Reich helfen könne. Sie rollten die gesamte Lebens­ führung des Königs von Kindesbeinen an2 , wie man sagt, auf, durch welche Laster und Schandtaten er, noch kaum erwachsen, seinen Ruf und die Würde des Reichs befleckt habe ; welche Ungerechtigkeiten er gegen ein­ zelne, welche er gegen alle insgesamt begangen habe, sobald er mannbar geworden war ; wie er die Fürsten vom vertrauten Verkehr mit ihm aus­ geschlossen, dagegen die niedrigsten Menschen ohne Ahnen zu höchsten Ehren emporgehoben habe3 und mit ihnen Nächte wie Tage in Beratungen verbringe und darauf sinne, den hohen Adel womöglich gänzlich auszurot­ ten ; wie er Barbarenvölker unbehelligt lasse, gegen ihm untertänige Völ­ ker dagegen geflissentlich das Schwert gezückt habe und bei ihrer Ver­ nichtung mit feindseliger Grausamkeit wüte ; wie das Reich, das er von seinen Vorfahren in vollstem Frieden und blühendstem Wohlstand über­ nommen habe, durch ihn geschändet, entehrt und in innerem Zwist ge­ spaltet und mit Blut getränkt worden sei. Kirchen und Klöster seien zer­ stört, was zum Lebensunterhalt der Diener Gottes hätte dienen sollen, sei für den Sold der Krieger verwendet worden, der Eifer für Religion und kirchliche Dinge habe sich verwandelt in Sorge um militärische Waffen und Errichtung von Befestigungen, nicht um damit Angriffe auswärtiger Völker abzuwehren, sondern um dem Vaterlande den Frieden zu rauben und freien Nacken das Joch härtester Knechtschaft aufzuerlegen ; keinen Trost gebe es irgendwo für Witwen und Waisen, keine Zuflucht für Unterdrückte und ungerecht Verfolgte, keine Achtung vor den Gesetzen, keine sittliche Zucht, nicht der Kirche bleibe ihre Autorität, nicht dem Staate seine Würde : so sei durch die Haltlosigkeit eines Menschen Heiliges und Profanes, Göttliches und Menschliches, Recht und Unrecht verwirrt wor­ den. Daher gebe es für diese schweren Schäden nur ein Heilmittel : ihn abzusetzen und so schnell wie möglich einen anderen König zu wählen', der der schon lange alle Grenzen übersteigenden Willkür Zügel anlege5 und die vom Einsturz bedrohte wankende Welt auf seine Schultern nehme. König Heinrich hatte seine Anhänger um sich geschart und hielt sich in dem Dorf Oppenheim6 auf, so daß der Rhein die beiden Lager voneinander trennte ; er schickte täglich zahlreiche Boten an die Gegner ab und versprach für die Zukunft Abstellung aller ihrer Beschwerden ; er werde, wenn er am Leben bleibe, das Andenken an alle früheren Rechtswidrig­ keiten durch künftige gute Taten auslöschen, und er wolle in Zukunft keine staatlichen Verwaltungsmaßnahmen mehr ohne gemeinsame BeVgl. S. 372. ' Forderung der königsfeindlichen Partei, vgl. S. 378. 6 Vgl. Horaz, Carm. IV. 15, 9. 8 Südlich von Mainz.

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absque communi consulto acturum ; postremo ultro se iure suo cedere eisque gubernandi disponendique pro suo arbitratu tocius regni ius potestatemque facere, dummodo equo animo paterentur sola regii no­ minis regiique cultus rata sibi manere infsignia, quae semel legittime accepta sine summa omnium eorum ignominia amittere non posset,

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nec sinerent regni Teutonici splendorem, omnibus retro seculis intac­ tum incontaminatumque, sua aetate tarn turpis exempli macula sor­ descere. Quodsi verba sua difficilius admitterent, magnificis promissio­ nibus totiens elusil, paraturn se, quibus sacramentis, quibus vellent obsidibus, fi.dem facere, quod nulla unquam 'dies, nulla rerum vel ca-

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suum mutabilitas hanc suam in eos benivolentiam corruptura foret. Ad haec illi : ,Nulla', inquiunt, ,iam supersunt argumenta, quibus to­ tiens re cognita atque spectata fi.des eius probari ultra vel obligari va­ leat, cum totiens morum suorum emendationem coram- oculis omnia cernentis Dei quam sancte pollicitus, omnia, quibus se obstrinxerat,

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vincula, ubi primum calamitas, quae ad presens urgebat, preteriit, tamquam aranearum telas ruperit et semper se ipso deterior cursum

mali operis, sicut equus impetu vadens in prelium2, effrenata libertate repetiverit. Neque nos precipiti temeritate ad haec extrema experienda prorupimus. Omnes vias, omnia prius consilia pertemptavimus, si qua

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ratione rigidum obstinatumque in malis desperati hominis ingenium emolliri possit. Sed inveteratus morbus atque imis penitus iam insi­ dens visceribus nihil spei, nihil admittit remedii , omnem artem, om­ nem evincens industriam medicantium. Quin immo, dum levitati eius impensius morem gerere studemus et cunctis quae perperam molitur

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religionis obtentu muliebrem prebemus pacientiam, status rei publi­ cae eversus est, tranquillitas aecclesiarum turbata, maiestas imperii ablata, auctoritas principum evacuata, mores inversi, leges abolitae, et secundum prophetae elogium maledictum et mendacium et homici­

dium et furtum et adulterium inundaverunt, et sanguis sanguinem teti-

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git3 ; postremo omnis iusticiae et pietatis, religionis et honestatis dis­ ciplina situ atque incultu obsolevit. Haec quidem, dum sola vitae tem­ poralis detrimenta, dum solam famae et existimationis labern minita­ rentur, J tametsi viris ferenda non essent, tulimus tarnen, ne contra iusiurandum, quo tenebamur, precipitanter impudenterque venire vi1 Unwahrscheinlich.

1 Jer. 22, 17 und 8, 6.

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Über die Verhandlungen zwischen dem König und d. Fürsten

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ratung ergreifen ; schließlich erklärte er, er wolle freiwillig auf seine Rechte verzichten und ihnen die volle Gewalt überlassen, die Regierung des ge­ samten Reichs nach ihrem Gutdünken zu führen, wenn sie nur ohne Un­ mut duldeten, daß ihm allein die Insignien des königlichen Namens und der königlichen Hoheit rechtskräftig verblieben, die er einmal gesetzmäßig empfangen habe und nicht ohne schwere Beeinträchtigung ihrer aller Ehre verlieren könne, und sie sollten nicht zulassen, daß der in allen vergan­ geneu Jahrhunderten unangetastete und unbefleckte Glanz des deutschen Reichs zu ihrer Zeit durch den Makel eines so schändlichen Vorgangs getrübt werde. Wenn sie aber, so oft schon durch großartige Verspre­ chungen getäuscht1 , Bedenken trügen, seinen Worten Glauben zu schen­ ken, so sei er bereit, durch alle Eide, durch alle Geiseln, die sie wünschten, Bürgschaft dafür zu leisten, daß keine Zeit, kein Schicksalswandel j emals sein Wohlwollen gegen sie zunichtemachen werde. Darauf erwiderten seine Gegner : "Es gibt nun kein Beweismittel mehr, durch das seine schon so oft an Tatsachen erkannte und durchschaute Glaubwürdigkeit noch bewiesen und verbürgt werden könnte, denn so oft schon hat er vor den Augen des alles schauenden Gottes hoch und heilig sittliche Besserung gelobt und doch, sobald die Notlage, die ihn gerade bedrängte, vorüber war, die Fesseln wie Spinnweben zerrissen und im­ mer verderbter als vorher und mit zügelloserer Hemmungslosigkeit wie ein in den Kampf stürmender Hengst2 wieder die Bahn bösen Tuns ein­ geschlagen. Wir aber haben uns nicht in überstür�ter Unbesonnenheit zu dem äußersten Schritt hinreißen lassen. Alle Wege, alle Maßregeln haben wir vorher versucht, auf irgendeine Weise den starren, im Bösen verhär­ teten Sinn des unverbesserlichen Menschen zu erweichen. Aber die ein­ gewurzelte Krankheit, die sich schon tief in seinem innersten Herzen ein­ genistet hat, läßt keine Hoffnung, keinen Heilungsversuch mehr zu, sie triumphiert über alle Kunst, alle Bemühungen der Ärzte. Ja, während wir noch eifrig darauf bedacht sind, seinem Leichtsinn zu Willen zu sein und unter Berufung auf unsre Treuepflicht all sein verwerfliches Treiben mit weibischer Geduld hinnehmen, ist die Ordnung des Staates zerrüttet, der Friede der Kirche gestört, die Maj estät des Reichs vernichtet, das An­ sehen der Fürsten geschwunden, die Sittlichkeit untergraben, die Gesetze sind außer Geltung und, wie der Prophet sagt, " Gotteslästern, Morden, Stehlen und Ehebrechen hat überhandgenommen, und eine Blutschuld kommt nach der andern"3 ; kurz, alle Gebote der Gerechtigkeit und Fröm migkeit, der Religion und Ehrbarkeit sind abgekommen, niemand küm­ mert sich um sie, niemand befolgt sie mehr. Das haben wir, solange nur Schädigungen des zeitlichen Lebens, nur Beeinträchtigungen von Ruf und Ansehen drohten, obwohl es eigentlich für Männer nicht erträglich war, dennoch ertragen, um uns nicht dem Vorwurf auszusetzen, wir verstießen übereilt und gewissenlos gegen den Eid, der uns band, und während wir 3

Hos. 4, 2.

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deremur, et dum gloriae nostrae consulere conaremur, animae nau­ fragium pateremur. Nunc vero, euro ab aecclesiae corpore propter fla­ gicia sua apostolici anathematis mucrone precisus sitl, euro ei com­ municare sine communionis ecclesiasticae damno et fi.dei iactura non possimus, euro fi.dem nostram, multis apud euro sacramentis implici-

5

tarn, Romanus pontifex apostolica auctoritate explicuerit : extremae profecto dementiae esset divinitus oblatam salutis occasionem non ob­ viis, ut dici solet, manibus excipere, et quod iam diu premeditatum sit, ut agatur, tarn oportuno tempore non agere, euro Ieges humanae et ecclesiasticae sinant, euro locus et tempus arrideant, euro denique

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omnia, quae paci vel bello usui esse solent, confi.ciendae tantae rei fa­ vorem suum polliceantur. Quapropter contemptis inanium argumen­ torum cuniculis, quibus denuo in cervices iugulosque nöstros viam gla­ dio suo affectat, immobiliter animo :6.xum tenemus, ut absque ulla dilatione virum nobis provideamus2, qui precedat nos et prelietur bel-

1s

lum Domini ad expugnandam et destruendam omnem cuiuscumque hominis altitudinem elevantem et extollentem se adversus iusticiam et

veritatem De�-a et sanctae Romanae aecclesiae auctoritatem'. In haec verba legatos regis dimiserunt. Iterum alios atque alios misit, nullum supplicationis genus, quod

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impediendae tantae rei profi.cuum putaretur, pretermittens. Sed illi in eadem sententia fi.xi obstinatique manebant. Iamque utraque ex parte ad magnum discrimen res spectare viaebatur. Denique et hi regem alium sibi protinus constituere et transmisso Rheno fluvio - navigium enim omne episcopus Mogontinus in eam ripam coegerat - proxima

25

luce regi Heinrico arma inferre parabant4 ; et ille, incisa spe dilationis impetrandae, suos, qui per proximas viilas dispersi J erant, in unum coire atque arma expedire iubebat, ut in ulteriorem ripam progressos colliestim prelio adoriretur. In hac tantarum expectatione rerum in­ tentis sollicitisque omnibus, ecce primo diluculo sequentis diei5, quae ultimam cladem rei publicae allatura timebatur, Suevi et Saxones6 legatos ad regem miserunt, qui ei dicerent : tametsi nec in bello nec

1 Aber nicht wegen der oben genannten Beschuldigungen, sondern u. a. wegen seines Ungehorsams gegenüber der Kirche und seines Umgangs mit Exkommu­ nizierten, vgl. S. 342, Anm. 8. I Vgl. s. 384, Anm . 4. 3 Vgl. 2. Kor. 10, 5.

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Von dem drohenden Scheitern der Verhandlungen

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auf unseren Ruhm bedacht waren, nicht Schiffbruch der Seele zu erlei­ den. Nun aber, wo er durch das Schwert des apostolischen Fluchs vom Leib der Kirche abgetrennt ist1 , wo wir nicht ohne Verlust der kirchlichen Gemeinschaft und Abfall vom Glauben mit ihm verkehren können, wo 5 uns der Papst von der Treue, �u der wir durch viele Eide ihm gegenüber verpflichtet waren, kraft seiner apostolischen Vollmacht entbunden hat, j etzt wäre es wahrlich höchst töricht, die vom Himniel gebotene Gelegen­ heit zur Rettung nicht mit beiden Händen, wie man zu sagen pflegt, zu ergreifen und das Vorhaben, dessen Ausführung schon so lange vorher 10 bedacht worden ist, zu einem so geeigneten Zeitpunkt nicht auszuführen, wo die weltlichen und kirchlichen Gesetze es zulassen, wo Ort und Zeit günstig sind, wo endlich alles, was zum Frieden wie zum Krieg nötig ist, die Durchführung dieses bedeutungsvollen Unternehmens begünstigt. Des­ halb lehnen wir sein hinterhältiges, leeres Geschwätz ab, womit er sich 15 nur wieder für sein Schwert einen Weg zu unseren Nacken und Kehlen bahnen will , und halten unerschütterlich an unserm Entschluß fest, uns unverzüglich einen Mann zu wählen2, der uns vorausschreite und des Herrn Krieg führe, um niederzuwerfen und zu zerstören j egliche Höhe j edes Men­ schen, die sich erhebt und auflehnt wider Gottes Gerechtigkeit und Er20 kenntnis der Wahrheit3 und die Autorität der heiligen römischen Kirche. " Mit diesem Bescheid entließen sie die Gesandten des Königs. Der König schickte wieder und wieder Botschaften und unterließ keine Art der Bitten, die ihm zur Verhinderung eines so entscheidenden Schritts dienlich schien. Doch die Gegner blieben fest und unerschütterlich bei 25 ihrem Entschluß. Schon sah es bei beiden Parteien so aus, als sollte es zu einem schweren Entscheidungskampf kommen. Schon schickten sich die Fürsten an, sich ungesäumt einen andern König zu wählen, über den Rhein zu setzen - der Mainzer Bischof hatte die ganze Flotte an diesem Ufer versammelt - um am folgenden Tag König Heinrich anzugreifen", ao und der König befahl, als alle Hoffnung, einen Aufschub zu erlangen, ge­ schwunden war, seinen Leuten, die verstreut in den umliegenden Dörfern standen, sich zu sammeln und zum Kampf bereit zu machen, um die Geg­ ner, wenn sie auf das j enseitige Ufer übersetzten, sofort anzugreifen. Wäh­ rend nun alle mit Spannung und Sorge entscheidende Ereignisse erwar35 teten, siehe, da schickten im Morgengrauen des nächsten Tages5 , der, wie man fürchtete, dem Reich schweres Unheil bringen sollte, die Schwaben und Sachsen6 Gesandte zum König, die ihm ausrichten sollten : obwohl er sich weder im Krieg noch im Frieden j emals um Gerechtigkeit und Ge' Fraglich, es paßt auch schlecht zum Ausgang der Verhandlungen. 5 Etwa der 25. Oktober. s Die wichtige Rolle der päpstlichen Legaten wird von L. nicht erwähnt. Auch vermischt L. fälschlich die Bedingungeil des Abkommens mit den Sonderver­ einbarungen der Fürsten und unwahren eigenen Zusätzen.

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in pace ulla unquam ei iusticiae vel legum cura fuerit, se tarnen legi­ bus cum eo agere velle, et cum crimina, quae ei obiciantur, omnibus constent luce clariora, se tarnen rem integram Romani pontificis cogni­ tioni reservare ; acturos se cum eo, ut in purificatione sanctae Mariae1 Augustam occurrat, ibique celeberrimo conventu habito principum

5

tocius regni, discussis utrarumque partium allegationibus, ipse suo iudicio vel addicat vel absolvat accusatum ; quodsi ante diem anni­ versarium excommunicationis suae, suo presertim vicio, excommuni­ catione non absolvatur, absque retractatione inperpetuum causa ceci­ derit2, nec legibus deinceps regnum repetere possit, quod legibus ultra

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administrare annuam passus excommunicationem non possit ; si ob­ latam condicionem gratanter amplexetur et Romano pontifici per omnia subditum se dictoque obtemperantem fore polliceatur3 hinc se experimentum capturos : omnes, quos ille excommunicavit, extemplo a convictu f contubernioque suo amoveat4, ipse in urbem Spirensium

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dimisso exercitu secedat, ibique solo Verdunensi episcopo5 paucisque ministris, quos tarnen sententia principum ab hac excommunicatione integrqs incorruptosque probaverit6, contentus privatam interim vi­ tarn agat, aecclesiam non ingrediens, nihil circa publica negocia suo iure disponens, nullam regii apparatus pompam, nulla regiae digni-

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tatis insignia sibi iuxta soliturn adhibens usque ad sinodicam causae suae examinationem7• Preterea civitatem Wormaciensem, quam ex­ pulso episcop o8, dissipato caelestis miliciae sanctuario, arcem belli spe­

luniamque latronum fecera t9, abducto presidio, episcopo Wormaciensi restituat10, datis insuper sacramentis et obsidibus, ne quid deinceps

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rebellionis vel insidiarum ab civibus timere debeat. Porro si quid ho­ rum prevaricetur, turn se omni culpa, omni iurisiurandi religione, omni perfidiae infamia liberatos, non expectato ulterius Romani pontificis iudicio, quid rei publicae expediat, communi consilio visuros11• Rex, cuius omnis spes omnesque copiae in artum coactae fuerant, gra-

1 2. Februar. 2 Beides waren Sondervereinbarungen der Fürsten nach Abschluß der Ver·

handlungen. 3 Dies war die wichtigste Bedingung. ' Dritte Bedingung. 5 Dietrich. • Daß Heinrich sich von Exkommunizierten fernhalten solle, hatte Gregor schon zu Beginn des Streites gefordert, vgl. S. 342, Anm . 8.

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Von den Zugeständnissen Heinrichs IV.

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setz gekümmert habe, wollten sie doch nach den Gesetzen mit ihm ver­ fahren und, obgleich die Vergehen, deren man ihn beschuldige, allen son­ nenklar ersichtlich seien, würden sie trotzdem keine Entscheidung treffen, sie vielmehr dem Papst überlassen ; sie würden bei ihm den Antrag stellen, daß er am Fest der Reinigung der hl. Maria1 nach Augsburg komme und dort auf einem allgemeinen Reichstag nach Untersuchung der Aus­ sagen beider Parteien den Angeklagten für schuldig oder für unschuldig erkläre ; wenn er aber bis zum Jahrestag seiner Exkommunikation, noch dazu durch seine eigne Schuld, nicht vom Bann losgesprochen sei, dann solle seine Sache unwiderruflich für immer verloren sein2 , und er solle dann künftig die Krone niemals rechtmäßig zurückgewinnen können, da er nach den gesetzlichen Bestimmungen als ein seit einem Jahr Exkom­ munizierter nicht mehr regieren dürfe ; wenn er die vorgeschlagenen Be­ dingungen willig annehme und verspreche, dem Papst in allem untertan und aufs Wort gehorsam zu sein3 , so würden sie folgendes als Prüfstein ansehen : alle Exkommunizierten müsse er sofort aus Hausgenossenschaft und Gefolge entfernen4, er selber solle sein Heer entlassen und sich nach Speyer begeben, dort bis zur Entscheidung seiner Sache durch die Synode, einzig mit dem Bischof von Verdun5 und wenigen Dienern sich begnügend, die aber ein Spruch der Fürsten als unberührt und unbefleckt von die­ sem Bannfluch erfunden habe6, einstweilen als Privatmann leben, keine Kirche betreten, keine Entscheidung in öffentlichen Angelegenheiten aus eigner Machtvollkommenheit treffen und auf allen königlichen Prunk, auf alle üblichen Abzeichen der königlichen Würde verzichten7• Außerdem solle er aus der Stadt Worms, die er nach Vertreibung des Bischofs8 und Zer­ störung des gottesdienstlichen Heiligtums zur Kriegsfestung und zur Räu­ berhöhle gemacht habe9, seine Besatzung abführen und die Stadt dem Wormser Bischof zurückgeben10 und ihm außerdem durch Eid und Gei­ seln Gewähr dafür leisten, daß er künftig von den Bürgern keinen Aufstand und keinen Anschlag zu befürchten habe. Sollte er ferner gegen eine dieser Bedingungen verstoßen, dann würden sie, ohne daß man ihnen irgendeine Schuld, eine Eidesverletzung, einen infamen Treubruch vor­ werfen könne, nicht länger auf die Entscheidung des Papstes warten, sonr dern in gemeinsamer Beratung prüfen, was dem Besten des Reichs diene11 • Der König, der kaum noch irgendeine Hoffnung, kaum noch irgend­ einen Ausweg sah, war außerordentlich froh darüber, daß er unter irgend7

Teils für einen Gebannten selbstverständlich oder im Abkommen enthalten,

teils übertrieben. - Dagegen erwähnt L. nicht das Schreiben, das Heinrich an

Gregor senden mußte, und die Freilassung der restlichen Geiseln. s Adalbert, vgl. S. 208, Anm. 3. 9 Vgl. Matth. 21, 13. 1o Erste Bedingung des Abkommens. 11 Sondervereinbarung der Fürsten, vgl. S. 390, Anm. 2.

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tulatus admodum, quod aliqua, quantumvis feda eondicione urgentem ad presens ealamitatem declinasset, promptissime per omnia obedien­ tiam pollieetur. Statimque Coloniensem episeopu ml, Babenbergensem episeopum2, Strazburgensem episeopum3,

Basilensem

episeopum4,

Spirensem episeopum6, Losarmensem episeopum6, Citieensem epi-

o

scopum7, Osenbruggensem episeopum8, Uodalrieum de Cosheim, Eber­ hardum9, Hartmannum eaeterosque exeommunieatos, quorum ante­ hae opera eonsiliisque f gratissime utebatur, omnes eastris egredi iubet ; missis quoque

Wormaeiam

nuneiis milites, quos illie presidii eausa

eonstituerat, abseedere urbemque episeopo patere preeipit. Dehine

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eaeteris10, qui ad auxilia sibi ferenda frequentes eonvenerant, singulis in sua dimissis, ipse iu.xta eondietum euro paueis Spiram eontendit, ibique intra terminos et leges, quas prineipes preseripserant, aliquanto tempore medioeriter vitam moresque eohibebat. Suevi et Saxones, postquam, deditis

Wormaeiensibus, statum eivi-

1s

tatis episeopo paeatissimum reddiderunt, laeti ovantesque patriam repetebantll, eonfestimque legatos Romam destinarunt, qui papam rei gestae ordinem edoeerent enixeque flagitarent, ut sedandis per Gal­ lias tantis bellorum eivilium tempestatibus ipse statuta die suam non dedignaretur prestare presentiam. Rex etiam eerto seiens omnem suam

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in eo verti salutem, si ante anniversariam diem exeommunieatione ab­ solveretur, nee satis tutum suis rationibus existimans, ut expeetato intra Gallias Romani pontifieis �dventu, sie infesto iudiei, sie obsti­ natis aeeusatoribus eausam suam addieeret ventilandam, optimum faetu sibi iudieavit pro eo turn statu rerum suarum, ut in Gallias pro-

2s

fieiseenti Romano ponti:fiei intra Italiam oeeurreret et anathematis absolutionem quoquo posset modo impetrare eonaretur ; hae impetra­ ta, eaeteram rebus diffieultatem facile adimendam, euro eolloqui prin­ eipibus et eonferre eonsilia et fidem amieorum in adversis implorare nulla deineeps vetaret religio. Paueis igitur ante natalem Domini diebus Spirensi urbe diseedens euro uxore et filio parvulo iter adgressus est, nee quisquam ex omnibus Teutonieis vir ingenuus eomitatus est

2 Rupert. Hildolf. Werner. ' Burchard. 5 Huzmann. Werner, Burchard und Huzmann wurden durch Altmann von Passau vom Bann gelöst. 1

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Von dem Entschluß Heinrichs IV., nach Italien zu ziehen

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einer, wenn auch noch so entehrenden Bedingung für den Augenblick dem drohenden Unheil entronnen war, und versprach bereitwilligst in allen Punkten Gehorsam. Sofort entfernte er aus seinem Lager die Bischöfe von Köln\ Bamberg2 , Straßburg3, Basel4, Speyer6, Lausanne6, Zeitz7 und OsnabrückS, Udalrich von Godesheim, Eberhard9, Hartmann und die übrigen Exkommunizierten, deren Hilfe und Rat er sich bisher am lieb­ sten bedient hatte ; auch schickte er Boten nach Worms und ordnete an, daß die Truppen, die er dort als Besatzung stationiert hatte, abzögen und die Stadt dem Bischof geöffnet werde. Dann entließ er die übrigen10 , die in großer Zahl herbeigekommen waren, um ihm Beistand zu leisten, und darauf ging er, wie abgemacht, mit wenigen Begleitern nach Speyer und führte dort eine Zeitlang innerhalb der von den Fürsten vorgeschrie­ benen Schranken und Bestimmungen in Zurückgezogenheit ein einfaches, schlichtes Leben. Die Schwaben und Sachsen zogen frohlockend und j ubelnd heim 11 , nach­ dem die Wormser sich unterworfen und die völlig friedliche Stadt dem Bischof übergeben hatten ; sie schickten dann sofort Gesandte nach Rom, die den Papst vom Hergang der Verhandlung unterrichten und ihn drin­ gend auffordern sollten, er möchte es nicht ablehnen, ihnen zur Beschwichtigung der schweren Stürme des Bürgerkriegs in Gallien am festgesetzten Tag seine persönliche Gegenwart zu schenken. Der König seinerseits wußte ganz genau, daß es Rettung für ihn nur gebe, wenn er sich vor dem Jahres­ tag vom Bann löste, und es schien ihm nicht in seinem Interesse zu lie­ gen, die Ankunft des Papstes in Gallien abzuwarten und die Untersuchung seiner Sache einem so feindseligen Richter, so hartnäckigen Anklägern zu überlassen ; deshalb hielt er es bei dem gegenwärtigen Stand seiner An­ gelegenheit für das beste, dem Papst auf seiner Reise nach Gallien noch innerhalb Italiens entgegenzugehen und auf jede nur mögliche Weise zu versuchen, die Lossprechung von dem Fluch zu erreichen ; habe er diese erwirkt, würden die übrigen Schwierigkeiten leicht zu beheben sein, da dann kein religiöses Bedenken mehr dagegen bestünde, daß er sich mit den Fürsten unterrede und berate und im Unglück die Freunde um Er­ füllung ihrer Treupflicht anflehe. Daher verließ er wenige Tage vor Weih­ nachten Speyer und machte sich mit seiner Gemahlin und seinem kleinen Sohn auf den Weg ; als er das Land verließ, begleitete ihn von allen Deut­ schen kein freier Mann außer einem, und dieser zeichnete sich weder durch 6 Burchard. 7

Eppo .

8 Benno.

9 Von Nellenburg, vgl. S. 348, Anm. 6.

10 Unter ihnen vielleicht auch Abt Hartwig von Hersfeld. 11 Im November. - Die königsfeindliche Partei war über das Scheitern ihrer

Pläne unzufrieden.

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regno excedentem preter unum et ipsum nec genere nec opibus con­ spicuum. Cumque impensis tarn longi itineris egeret multisque suppli­ caret, quibus incolumi re publica sepenumero profuerat, pauci admo­ dum erant, qui vel veterum beneficiorum memoria vel presenti hu­ manarum rerum spectaculo permoti necessitatem eius aliquatenusf

s

relevarent. Eo miseriarum et calamitatis ex summa gloria summisque opibus repente pervenerat. Similiter quoque caeteri excommunicati obtinendae cicius absolutionis studio ardentissime iter accelerabant in ltaliam, nec tarnen in societatem itineris regem admittere, principum vel pocius Romani pontificis metu absterriti, paciebantur1•

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Vis atque inclementia hyemis hoc anno adeo iugis solitoque aspe­ rior inhorruerat, ut a festivitate sancti Martini2 Rhenus fluvius gla­ ciali frigore constrictus pene usque ad Kaiendas Aprilis pedestri iti­ nere transmeabilis maneret, et plerisque in locis vineta, exsiccatis frigore radicibus, omnino arescerent.

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MLXXVII. Dux Polenorum3, qui per multos iam annos regibus Teu­ tonicis tributarius fuerat, cuiusque regnum iam olim Teutonicorum virtute subactum atque in provinciam redactum fuerat, repente in superbiam elatus, propterea quod principes Teutonicos cerneret do­ mesticis seditionibus occupatos nequaquam ad inferenda exteris gen-

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tibus arma vacare, regiam dignitatem regiumque nomen sibi usurpa­ vit, diadema imposuit atque ipso die natalis Domini a XV episcopis4 in regem est consecratus. Quae brevi post comperta principes Teuto­ nicos, quibus rei publicae dignitas curae fuit, graviter affecere, sibique invicem succensebant, quod, dum intestinis in se atque in sua viscera 25 odiis saevirent et digladiarentur, potentiam opesque barbarorum in tanftum aluissent, ut iam tercio dux Boemicus5 regnum Teutonicum ferro et igne populabundus peragrasset, et nunc dux Polenorum in ignominiam regni Teutonici contra leges ac iura maiorum regium

gi

nomen re umque diadema impudens affectasset. Rex Heinricus in Italiam proficiscens, intra Burgundiam in loco qui dicitur Bisenzun natalem Domini celebravit, satis magnifice pro sua turn calamitate susceptus et habitus ab avunculo matris suae Willi­ helmo comite6, cuius in illis locis amplissimae et florentissimae opes

1 Alles gröblich übertrieben, um Heinrichs Lage möglichst kläglich erscheinen zu lassen. So sagt z. B. L. selbst (S. 396), daß Heinrich seine Ratgeber bei sich hatte.

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Über die Königskrönung Boleslaws von Polen

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Herkunft noch durch Reichtum aus. Und da seine Mittel für eme so lange Reise nicht reichten, wendete er sich an viele, denen er, als das Reich noch heil war, oft Gutes erwiesen hatte, aber es waren nur ganz wenige, die im Gedenken an frühere Wohltaten oder gerührt durch das sich vor ihren Augen abspielende Schauspiel menschlichen Schicksals, seine Notlage ein wenig erleichterten. In solches Elend und Unglück war er von höchstem Ruhm und höchster Macht plötzlich herabgestürzt. Ebenso be­ schleunigten die übrigen Exkommunizierten voll Verlangen, ihre Los­ sprechung rasch zu erlangen, ihre Reise nach Italien Init glühendem Eifer, aber aus Angst vor den Fürsten oder vielmehr vor dem Papst duldeten sie nicht, daß der König Init ihnen zusammen reiste1 • Die Härte und Rauheit des Winters war in diesem Jahre so anhaltend und mit so ungewöhnlicher Strenge hereingebrochen, daß der Rhein vom Fest des hl. Martin2 an fast bis Anfang April infolge der eisigen Kälte zugefroren war und für Fußgänger passierbar blieb, und daß vielerorts die Weinstöcke vollständig eingingen, weil die Wurzeln infolge der Kälte ver­ trockneten. 1077 Der Herzog von Polen3 , der schon seit vielen Jahren dem deutschen König tributpflichtig war, und dessen Land schon vor langer Zeit durch die Tapferkeit der Deutschen unterworfen und zur Provinz gemacht wor­ den war, wurde plötzlich übermütig, als er sah, daß die deutschen Fürsten mit inneren Zwistigkeiten beschäftigt waren und die Hände nicht frei hat­ ten, um gegen auswärtige Völker Krieg zu führen : er nahm Würde und Titel eines Königs an, setzte sich die Krone aufs Haupt und wurde am Weihnachtstage von fünfzehn Bischöfen4 zum König geweiht. Das machte, als es kurz darauf bekannt wurde, auf die deutschen Fürsten, denen die Würde des Reichs am Herzen lag, tiefen Eindruck, und sie zürnten sich gegenseitig, daß sie, in innerem Hader haßerfüllt gegen sich selbst und ihr eignes Herzblut wütend und sich zerfleischend, die Macht und Kraft der Barbaren so hätten anwachsen lassen, daß der Herzog von Böhmen5 nun schon zum dritten Mal das deutsche Reich, es Init Feuer und Schwert verwüstend, durchzogen habe und jetzt der Polenherzog zur Schande des deutschen Reichs sich gegen Gesetz und Rechte der Vorfahren in unver­ schämter Weise den königlichen Namen und die königliche Krone angernaßt habe. Auf der Reise nach Italien feierte König Heinrich Weihnachten in Bur­ gund an einem Ort namens Besan9on, ziemlich glänzend für seine damalige mißliche Lage empfangen und aufgenommen von einem Verwandten sei­ ner Mutter, dem Grafen Wilhelm6, der in jener Gegend weite, blühende 2 1 1 . November. - Der ungewöhnlich strenge Winter ist mehrfach bezeugt.

Boleslaw II., vgl. S. 152, .Anm. 6. ' Von fünf Bischöfen. 6 Vetter der Kaiserin Agnes. 5 Wratislaw.

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erant. Ea porro causa erat, ut relicto recto itinere in Burgundiam diverteret, quod certo compererat duces Rudolfum, Welf et Berthol­ dum omnes vias omnesque aditus, qui ad Italiam mittunt, quos vul­ gato nomine clusas vocant, appositis custodibus anticipasse, ut nulla illic ei copia transeundi fieret. Exacta solemnitate natalis Domini pro-

s

fectus inde1, cum in locum qui Civis2 dicitur venisset, obviam habuit socrum suam3 filiumque eius Amedeum4 nomine, quorum in illis re­ gionibus et auctoritas clarissima et possessiones amplissimae et nomen celeberrimum erat. Hi venientem honorifice susceperunt. Transitum tarnen per terminos suos alias ei concedere nolebant, nisi quinque Ita-

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liae episcopatus possessionibus suis contiguos eis redimendi itineris precium traderet. Durum hoc nimis atque intolerabile omnibus regis consiliariis visum est. Sed f cum ei inevitabilis incumberet necessitas quoquo posset pacto redimendi itineris, et illi nec iure propinquitatis nec tantae calamitatis miseratione quicquam moverentur, multo la-

1s

bore et tempore in hac deliberatione insumpto, vix et aegre tandem impetratum est, ut provintiam quandam Burgundiae, bonis omnibus locupletissimam, concedendi transitus mercedem dignarentur acci­ pere5. Ita indignatio Domini non solum sacramentis et frequentibus beneficüs sibi obnoxios, sed etiam amicos et genere propinquos ab eo

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averterat. Difficulter assecuto transeundi licentiam protinus alia successit difficultas. Hyemps erat asperrima,

et montes, per quos

trans­

itus erat, in inmensum porrecti et pene nubibus cacumen ingerentes ita mole nivium et glaciali frigore obriguerant, ut per lubricum pre-

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cipitemque decessum nec equitis nec peditis gressum sine periculo ad­ mitterent. Sed dies anniversarius, quo rex in excommunicationem de­ venerat6,

e

vicino imminens nullas accelerandi itineris moras patieba­

tur, quia, nisi ante eam diem anathemate absolveretur, decretum noverat communi principum sententia, ut et causa in perpetuum

so

cecidisset, et regnum sine ullo deinceps restitutionis remedio amisisset. Igitur quosdam ex indigenis locorum peritos et preruptis Alpium iugis assuetos mercede conduxit, qui comitatum eius per abruptum mon­ tem et moles nivium precederent et subsequentibus quaqua possent arte itineris asperitatem levigarent. His ductoribus cum in verticem 1 27. Dezember.

2 Gex bei Genf.

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Von dem Zuge Heinrichs IV. über die Alpen

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Besitzungen hatte. Daß er aber nicht den direkten Weg einschlug, sondern nach Burgund ging, dafür lag der Grund darin, daß er zuverlässig erfahren hatte, die Herzöge Rudolf, Welf und Berthold hätten alle nach Italien führenden Wege und Pässe, die man gewöhnlich Klausen nennt, vorher mit Wächtern besetzt, um ihm dort jede Möglichkeit des Übergangs zu nehmen. Nach Beendigung der Weihnachtsfeier zog er weiter!, und als er nach Gex2 kam, traf er dort seine Schwiegermutter' mit ihrem Sohn Ama­ deus4, die in der dortigen Gegend sehr hohes Ansehen, ausgedehnte Be­ sitzungen und einen berühmten Namen hatten. Diese empfingen ihn bei seiner Ankunft ehrenvoll. Doch die Durchreise durch ihr Gebiet wollten sie ihm nur gestatten, wenn er ihnen fünf an ihr Gebiet angrenzende ita­ lienische Bistümer als Preis für die Durchreise übertrage. Das erschien allen Ratgebern des Königs allzu hart und unerträglich. Doch da er sich in der unausweichlichen Notlage befand, sich die Durchreise auf irgendeine Weise zu erkaufen, und seine Gastgeber sich weder durch verwandt­ schaftliche Gefühle noch durch Mitleid mit so schwerem Mißgeschick im geringsten rühren ließen, erreichte man schließlich, nachdem man viel Mühe und Zeit auf diese Verhandlungen verwendet hatte, mit Mühe und Not, daß sie geruhten, eine überaus reiche Provinz Burgunds als Lohn für die Erlaubnis zum Durchzug anzunehmen5 • In solchem Maße hatte der Zorn Gottes nicht allein die ihm durch Eid und zahlreiche Gunst­ beweise Verpflichteten, sondern sogar seine Freunde und Verwandten von ihm abgewendet. Nachdem er so mit Mühe die Erlaubnis zur Durchreise erhalten hatte, erhob sich sofort eine neue Schwierigkeit. Der Winter war äußerst streng, und die sich ungeheuer weit hinziehenden und mit ihren Gipfeln fast bis in die Wolken ragenden Berge, über die der Weg führte, starrten so von ungeheuren Schneemassen und Eis, daß beim Abstieg auf den glatten, steilen Hängen weder Reiter noch Fußgänger ohne Gefahr einen Schritt tun konnte. Aber die Nähe des Jahrestages, an dem der König in den Bann getan worden war6, duldete keine Verzögerung der Reise, denn er kannte ja den gemeinsamen Beschluß der Fürsten, daß er, wenn er bis zu die­ sem Tage nicht vom Bann losgesprochen war, verurteilt werde und den Thron ohne jede Möglichkeit einer künftigen Wiedereinsetzung verloren habe. Daher mietete er um Lohn einige ortskundige, mit den schroffen Alpengipfeln vertraute Eingeborene, die vor seinem Gefolge über das steile Gebirge und die Schneemassen hergehen und den Nachfolgenden auf j ede mögliche Weise die Unebenheiten des Weges glätten sollten. Als sie unter deren Führung mit größter Schwierigkeit bis auf die Scheitelhöhe des Bera Adelheid, Markgräfin von Tnrin, Witwe Ottos von Savoyen, gest. 1091. ' 1060-95. 5 Nur von L. überliefert. Entweder unwahr oder gewaltig aufgebauscht. 6 15. Februar 1076.

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montis1 magna cum difficultate evasissent, nulla ulterius progrediendi copia erat, eo quod preceps montis latus et, ut dieturn est, glaciali frigore lubricum omnem penitus decessum negare videretur. Ibi viri periculum omne viribus evincere commtes, nunc manibus et pedi­ bus reptando, nunc ductorum suorum humeris innitendo, interdum quoque titubante I per lubricum gressu cadendo et longius voluta.ndo, vix tandem aliquando cum gravi salutis suae periculo ad campestria pervenerunt. Reginam et alias, quae in obsequio eius erant, mulieres boum coriis impositas duces itineris conductu preeuntes deorsum trahebant. Equorum alios per machinas quasdam summittebant, alios colligatis pedibus trahebant, ex quibus multi, dum traherentur, mortui, plures debilitati, pauci admodum integri incolumesque peri­ culum evadere potuerunt. Postquam per Italiam fama percrebruit venisse regem et superatis asperrimis rupibus iam intra Italiae fines consistere, certatim ad eum omnes Italiae episcopi et comites confluebant, eumque, ut regia magni­ ficentia dignum erat, summo cum honore suscipiebant, atque intra paucos dies infinitae multitudinis ad eum congregatus est exercitus. Erant enim iam ab exordio regni eius semper desiderantes adventum eius in Italiam, eo quod regnum illud bellis, sedicionibus et latrocinüs ac variis privatorum infestationibus assidue infestaretur, et omnia quae preter leges et iura maiorum ab improbis hominibus presume­ bantur regiae auctoritatis censura corrigi sperarent. Preterea, quia fama vulgaverat ad deponendum papam ferocibus eum animis pro­ perare, admodum gratulabantur oblatam sibi occasionem esse, qua in eum, qui se iam pridem ab ecclesiastica communione suspenderat, iniuriam suam idonee vindicarent. Interea papa rogatus per litteras a principibus Teutonicis, qui in Oppenheim convenerant, ut in purificatione sanctae Mariae2 ad dis­ cuciendam causam regis Augustae occurreret, invitis Romanis principibus et propter incertum rei eventun1 iter illud dissuadentibus, Roma egressus est, et quantum poterat profectionem accelerans3, sta­ tuto die presto esse satagebat, ducaturn ei prebente Mathilda4 dere­ licta ducis Lutheringorum Gozelonis, filia Bonifacü marchionis et Bea­ tricis I comitissae5• Haec vivente adhuc viro suo quandam viduitatis 1 Mont Cenis.

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Von der .Ankunft des Königs in Oberitalien

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ges1 vorgedrnngen waren, da gab es keine Mög�chkeit weiterzukommen, denn der schroffe Abhang des Berges war, wie gesagt, durch die eisige Kälte so glatt geworden, daß ein Abstieg hier völlig unmöglich schien. Da versuchten die Männer, alle Gefahren durch ihre Körperkraft zu überwinden : sie krochen bald auf Händen und Füßen vorwärts, bald stützten sie sich auf die Schultern ihrer Führer, manchmal auch, wenn ihr Fuß auf dem glatten Boden ausglitt, fielen sie hin und rutschten ein ganzes Stück hinnnter, schließlich aber langten sie doch unter großer Lebensgefahr end­ lich in der Ebene an. Die Königin und die andren Frauen ihres Gefolges setzte man auf Rinderhäute, und die dem Zug vorausgehenden Führer zogen sie darauf hinab. Die Pferde ließen sie teils mit Hilfe gewisser Vor­ richtungen hinunter, teils schleiften sie sie mit zusammengebundenen Beinen hinab, von diesen aber krepierten viele beim Hinnnterschleifen, viele wurden schwer verletzt, nnd nur ganz wenige konnten heil und nnverletzt der Gefahr entrinnen. Als sich in Italien die Knnde verbreitete, der König sei gekommen und stehe nach dem Übergang über das wilde Gebirge bereits auf dem Boden Italiens, da strömten alle Bischöfe und Grafen Italiens um die Wette zu ihm, empfingen ihn, wie es sich für die königliche Würde geziemt, mit höchsten Ehren, und innerhalb weniger Tage scharte sich ein nnermeß­ lich großes Heer um ihn. Sie hatten nämlich schon von Anbeginn seiner Regierung sein Erscheinen in Italien herbeigesehnt, weil das Land ständig durch Kriege, Aufstände, Raubzüge und mannigfaltige private Fehden beunruhigt wurde, und weil sie hofften, alles, was sich ruchlose Menschen wider Gesetze und Rechte der Vorfahren herausnahmen, werde durch das Einschreiten der königlichen Amtsgewalt abgestellt werden. Weil sich außerdem das Gerücht verbreitet hatte, er eile voll Zorn herbei, um den Papst abzusetzen, freuten sie sich außerordentlich, daß ihnen Gelegenheit geboten werde, sich an dem, der sie schon vor langer Zeit aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen hatte, für ihre Entehrnng gebührend zu rächen. Inzwischen war dem Papst durch einen Brief der in Oppenheim ver­ sammelten deutschen Fürsten die Bitte übermittelt worden, am Tage der Reinigung der hl. Maria2 zur Verhandlung über die Sache des Königs nach Augsburg zu kommen, und er hatte daraufhin wider den Willen der römisehen Fürsten, die wegen des ungewissen Ausgangs dieser Sache von der Reise abrieten, Rom verlassen ; er beschleunigte die Reise, so sehr er konnte3 , nnd setzte alles daran, an dem festgesetzten Tag anwesend zu sein ; Geleit gewährte ihm Mathilde4, die Witwe Herzog Gozelos von Loth­ ringen, die Tochter des Markgrafen Bonifatius und der Gräfin Beatrix5 • 2 2. Februar. - Die Fürsten hatten ursprünglich einen früheren 'fermin, den 6. Januar, in Aussicht genommen. 8 Vgl. Gregors Brief vom November oder Dezember (Epp. coll. 17 ; Jaffe, Bibi. Il, S. 543). 5 Vgl. S. 52, Anm. 7 und S. 56. ' Von Tuszien, 1052-1 1 15.

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speciem1 longissimis ab eo spaciis exclusa pretendebat, cum nec ipsa mariturn in Lutheringiam extra natale solum sequi vellet, et ille du­ catus, quem in Lutheringia administrabat, negocüs implicitus vix post tercium vel quartum annum semel marcham Italicam inviseret. Post cuius mortem2 Romani pontificis lateri pene comes individua adhere-

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bat eumque miro colebat affectu. Cumque magna pars Italiae eius pa­ reret imperio, et omnibus quae prima mortales ducunt supra caeteros terrae illius principes abundaret, ubicumque opera eius papa indiguis­ set, ocins aderat et tamquam patri vel domino sedulum exhibebat offi­ cium. Unde nec evadere potuit incesti amoris snspicionem, passim iac -

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tantibus regis fautoribus et precipue clericis, quibus illicita et contra scita canonum contracta coniugia prohibebat, quod die ac nocte im­ pudenter papa in eins volutaretur amplexibus, et illa furtivis papae amoribus preoccupata post amissum coniugem ultra secundas contra­ here nuptias detractaret3• Sed apud omnes sanum aliquid sapientes

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luce clarins constabat falsa esse quae dicebantur. Nam et papa tarn eximie tamque apostolice vitam instituebat, ut nec minimam sinistri rumoris maculam conversationis eius sublimitas admitteret, et illa in urbe celeberrima atque in tanta obsequentium frequentia obscenum aliquid perpetraus latere nequaquam potuisset. Signa etiam et prodi-

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gia, quae per orationes papae frequentins fiebant, et zelns eins ferven­ tissimns pro Deo et pro ecclesiasticis legibus satis eum contra vene­ natas detractorum linguas communiebant. Igitur papa, dum in Gal­ lias properaret4, ex insperato audiens regem iam esse intra Italiam, hortante Mathilda in casteilum quoddam munitissimum, quod Canu-

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sium6 dicitur, divertit, expectare volens, donec consilium adventus eius dillgentins exploraret, utrum scilicet veniaiD:. admissi postulare an iniu­ riam excommunifcationis suae militari manu persequi plenus animo­ rum adveniret. Diederions episcopus Verdunensis, vir constantissimae erga regem fidei6, dum regem in Italiam profieiseentern paulo post insequi vellet, captns est ab Adalberdo comite de castello quod dicitur Calewo7 et spoliatus omnibns, quas studiosissime convexerat, tarn longi itineris impensis. A quo diu habitus in custodia, tandem dato, quodcumque

1 Die Ehe war unglücklich. 2 Gest. 1076, vgl. S. 348. -

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Gregor VII. zieht sich nach Canossa zurück

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Diese hatte schon zu Lebzeiten ihres Gatten weit entfernt von ihm in einer Art Witwenstand1 gelebt, denn sie hatte ihre Heimat nicht verlas­ sen und mit ihrem Mann nach Lothringen ziehen wollen, und dieser war von den Geschäften seines Herzogtums, das er in Lothringen verwaltete, 5 so in Anspruch genommen, daß er kaum alle drei oder vier Jahre einmal die italienische Mark besuchte. Seit dessen Tode2 hielt sie sich ständig an der Seite des Papstes als seine unzertrennliche Begleiterin und verehrte ihn mit außerordentlicher Zuneigung. Da nun ein großer Teil Italiens ihrer Herrschaft unterstand und sie an allen Gütern, die die Sterblichen als die 10 höchsten schätzen, weit mehr besaß als die übrigen Fürsten des Landes, war sie stets rasch bei der Hand, wenn der Papst ihre Hilfe brauchte, und gewährte ihm wie einem Vater oder Herrn eifrig ihre Dienste. Daher konnte sie dem Verdacht unzüchtiger Liebe nicht entgehen, denn die An­ hänger des Königs und besonders die Geistlichen, denen der Papst die un15 erlaubte, wider die kanonischen Gesetze verstoßende Ehe verbot, streuten überall aus, der Papst suhle sich Tag und Nacht schamlos in ihren Um­ armungen, und sie sei durch die verstohlene Liebe zum Papst so gefes­ selt, daß sie nach dem Verlust ihres Gatten eine zweite Vermählung ab­ lehne3 . Doch allen Vernünftigen war es sonnenklar, daß diese Beschul20 digungen falsch waren. Denn der Papst führte ein so reines, so apostoli­ sches Leben, daß auf die Erhabenheit seines Wandels durch ein Gerücht auch nicht der leiseste Makel fallen konnte, und wenn Mathilde etwas Un­ sittliches begangen hätte, dann hätte es in der volkreichen Stadt und bei der großen Zahl der Hofleute unmöglich verborgen bleiben können. Auch 25 die Zeichen und Wunder, die häufig durch Gebete des Papstes gewirkt wurden, sowie sein glühender Eifer für Gott und für die kirchlichen Ge­ setze sicherten ihn hinlänglich gegen die giftigen Zungen der Verleumder. Als nun der Papst auf seiner eiligen Reise nach Gallien4 unerwartet hörte, daß der König schon in Italien war, ging er auf Mathildes Rat auf die so sehr stark befestigte Burg Canossa5 , um hier zu warten, bis er über den Zweck seines Erscheinens Genaueres erkundet habe, ob er nämlich käme, um Verzeihung für sein Vergehen zu erbitten, oder um sich voller Zorn mit bewaffneter Hand für die Schmach seiner Exkommunikation zu rächen. a r, Als Bischof Dietrich von Verdun, der dem König in unerschütterlicher Treue ergeben war6, dem König kurz nach dessen Aufbruch nach Italien folgen wollte, wurde er von dem Grafen Adalbert von Calw7 gefangen­ genommen und des gesamten Bedarfs für die lange Reise, den er sich mit größtem Eifer beschafft hatte, beraubt. Er wurde von diesem lange in Haft 3 Diese Beschuldigungen wurden schon zu Lebzeiten Gozelos erhoben, vgl. s. 346. 4 Januar 1077. 5 Am Nordrand des Apennin, südöstlich von Parma. 6 Vgl. S. 390, Anm. 5. 7 In Württemberg.

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exigebatur, redemptionis suae precio, addito etiam iureiurando, quod iniuriae huius nec spiritualem nec corporalern vindictam aliquando expeteret, liber abire dimissus est. Ruotbertus quoque Babenbergensis episcopus, dum in Italiam pergens per Baioariam iter ageret, captus est ab Welf duce Baioariorum ; qui, sublatis omnibus quae illius fue-

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rant peculiaria, vestes pontificales et caeterum ecclesiasticum orna­ tum, quem in thesauris eius repperit, aecclesiae Babenbergensi cum omni integritate reconsignavit, ipsum vero in castello munitissimo a natale Domini usque ad festivitatem sancti Bartholomei apostoli1 sub diligenti custodia tenuit, nec ullis amicorum eius precibus aut mune-

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ribus, ut dimitteret, evinci potuit. Caeteri episcopi et laici2, quos papa excommunicaverat, quosque rex huius rei gratia a latere suo extrema necessitate compulsus amoverat, elusis custodibus, qui clusas obsidebant, in Italiam illesi pervenerunt, repertoque papa in Canusio, veniam presumptae rebellionis,

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atque ut excommunicatione absolverentur, nudis pedi­

bus et laneis ad carnem induti suppliciter postulabant. Ille his, qui veraciter peccatum suum agnoscerent et defierent, non esse aiebat misericordiam denegandam, sed Iongarn inobedientiam et diu incretam peccati rubiginem diuturnioris

f penitentiae igne exuri et ex-

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coqui oportere. Quapropter, si eos revera facti peniteret, equo animo paterentur, quodcumque sanandis vulneribus eorum adhiberet eccle­ siasticae correptionis cauterium, ne ex facilitate indulgentiae culpa, quae adveraus sedem apostolicam atrox et vehemens presumpta fuis­ set, vel parva vel nulla videretur. Illis paratos se P-rofitentibus ad

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omnia quae imposuisset sufferenda, episcopos omnes a se invicem se­ paratos precepit singulis cellis solltarios includi, nec ullum cum aliquo habere colloquium, ad vesperam autem cibi et potus mediocri mensura refici. Laicis quoque pro aetatis et virium consideratione congruentem singulis penitentiam indixit. Ita per aliquot dies examinatos tandem

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ad se vocavit et leniter pro admissis obiurgatos et, ne deinceps simile quid admitterent, commonitos excommunicatione absolvit, abeunti­ busque id ante omnia repetens iterum iterumque precepit, ne regi Hein­ rico, donec sedi apostolicae post factam iniuriam satisfecisset, aliqua­ tenus communicarent aut ei ad evertendum statum rei publicae turbandamque pacem ecclesiasticam in aliquo operam suam accomoda1 24.

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Von der Absolution deutscher Bischöfe und Laien

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gehalten, und erst nachdem er ihm als Lösegeld alles gegeben hatte, was er verlangte, und auch noch geschworen hatte, für diesen Überfall nie­ mals eine geistliche oder körperliche Strafe über ihn zu verhängen, ließ er ihn endlich frei. Auch Bischof Robert von Bamberg wurde, als er auf der Reise nach Italien durch Bayern zog, von Herzog Welf von Bayern gefangengenommen ; dieser nahm ihm sein ganzes Privateigentum weg, die bischöflichen Gewänder und die sonstigen kirchlichen Ausrüstungs­ gegenstände, die er in seiner Schatztruhe fand, gab er vollzählig der Baro­ berger Kirche zurück, ihn selbst aber hielt er von Weihnachten bis zum Fest des hl. Bartholomäus1 unter strenger Bewachung gefangen und ließ sich durch keine Bitten und Geschenke seiner Freunde erweichen, ihn frei­ zulassen. Die übrigen Bischöfe und Laien2 , die der Papst exkommuniziert hatte, und die der König deswegen in seiner äußersten Zwangslage von seiner Seite verbannt hatte, konnten den Wächtern, die die Klausen besetzt hat­ ten, entkommen und gelangten wohlbehalten nach Italien ; sie trafen den Papst auf Canossa an und baten ihn barfuß und im Büßergewand flehent­ lichst um Verzeihung für die Auflehnung, die sie sich herausgenommen hätten, und um Lossprechung vom Kirchenbann. Der Papst erklärte, denen, die aufrichtig ihr Vergehen anerkännten und bereuten, solle sein Erbarmen nicht versagt sein, doch müsse ihr langdauernder Ungehorsam und der Rost der Sünde durch das Feuer einer längeren Buße ausgeglüht und abgeschmolzen werden. Wenn sie aufrichtig ihre Tat bereuten, soll­ ten sie deshalb j edes Brenneisen kirchlicher Züchtigung willig dulden, das er zur Heilung ihrer Wunden anwenden würde, dalnit die schreckliche, schwere Schuld, die sie gegen den apostolischen Stuhl begangen hätten, nicht infolge der Leichtigkeit, mit der sie ihre Begnadigung erwirkt hät­ ten, als geringfügig oder gar nicht bestehend erscheine. Als sie sich dar­ auf bereit erklärten, alles auf sich zu nehmen, was er ihnen auferlege, ordnete er an, daß alle Bischöfe getrennt voneinander einzeln in abgeson­ derte Zellen eingesperrt würden, daß sie lnit niemandem sprechen dürf­ ten, am Abend aber mit einer geringen Menge Speise und Trank erquickt würden. Auch den Laien legte er unter Berücksichtigung des Alters und der Kräfte des einzelnen angemessene Bußen auf. Nachdem er sie so einige Tage geprüft hatte, berief er sie vor sich, und nur lnit gelindem Verweis wegen ihres Vergehens und der Mahnung, sich künftig nichts derartiges mehr zuschulden kommen zu lassen, sprach er sie vom Bann los und schärfte ihnen beim Abschied wieder und wieder ein, lnit König Heinrich keinerlei Verkehr zu pflegen, bevor er dem apostolischen Stuhl für das begangene Unrecht Genugtuung gegeben habe, noch ihm irgendwelche Hilfe zu leisten beim Umsturz der staatlichen Ordnung und bei der Stö­ rung des kirchlichen Friedens ; außerdem aber erlaubte er allen ausnahms2 Pibo von Toul und Huzmann von Speyer waren bereits 1076 in Rom vom Bann gelöst worden. Über die übrigen vgl. S. 392, Anm. 1-9 und S. 418.

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rent ; ad hoc tarnen omnibus indifferenter eius permisso colloquio, ut ad penitentiam provocaretur et a cursu mali operis1, quo preceps rapi videbatur, retraheretur. Interea rex Heinricus Mathildam comitissam2 ad colloquium evo­ cavit eamque precibus ac promissionibus oneratarn ad papam trans­ misit et cum ea socrum suam3 filiumque eius, Azzonem etiam marchio­ nem4 et abbatem Cloniacensem6 et alios nonnullos ex primis Italiae principibus, quorum auctoritatem magni apud eum momenti esse non ambigebat, obsecrans, ut excommunicatione absolveretur, nec princi­ pibus Teutonicis, qui ad accusandum eum stimulo invidiae magis quam 10 zelo iusticiae exarsissent, temere fides haberetur. Quorum papa lega­ tione audita ait incongruum valde esse et ab ecclesiasticis legibus om­ nino alienum, ut absentibus accusatoribus6 causa accusati ventilare­ tur ; quin immo, si innocentiae suae confideret, omni timoris scrupulo liberatus

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statuto die in Augustam7, quo caeteri principes convenire 15

statuissent, fiducialiter occurreret ; se illic, discussis utrarumque par­ tium allegationibus, nec odio nec gratia ab iure ad iniuriam devolven­ dum, sed iuxta leges ecclesiasticas quam rectissimam possit de singulis sententiam laturum esse. Ad haec illi responderunt regem illius nusquam terrarum sub-

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terfugere iudicium, quem sciat equitatis et innocentiae incorrup­ tissimum vindicem et advocatum fore, sed e vicino iam urgere diem anniversarium, quo excommunicatus fuisset8, et principes regni hac expectatione suspensos attentosque anxiae rei eventum presto­ lari, ut,

si ante hanc diem excommunicatione non

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deinceps iuxta palatinas leges9 indignus regio honore habeatur nec ultra pro asserenda innocentia sua audientiam mereatur10 ; proinde ob­ nixius petere et hoc omni, quo papa iubeat, satisfactionis genere para­

tum emereri, ut solo interim anathemate absolvatur et communionis ecclesiasticae gratiam recipiat11, responsums ex integro, quacumque die, quocumque loco papa precipiat, tamquam nihil hac conventione actum 1 Vgl. Jer. 22, 17. 2 Vgl. S. 398, Anm. 4. 3 Adelheid von Turin, vgl. S. 396, Anm. 3. 4 Von Este, Vater des Herzogs Welf von Bayern. - Nur von L. erwähnt. 5 Hugo, der Taufpate des Königs, vgl. S. 162. 8 Die Bannung hatte mit den Anklagen der Fürsten nichts zu tun, vgl. S. 388, Anm. l .

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Der König schickt Unterhändler zu Gregor VII.

los, sich mit ihm zu unterreden, um ihn zur Bußfertigkeit aufzurufen und von der Bahn bösen Tuns1 wegzuziehen, auf der er j ählings fortgerissen zu werden schien. König Heinrich lud nun die Gräfin Mathilde2 zu einer Unterredung und schickte sie mit Bitten und V�rsprechungen beladen zum Papst und mit ihr seine Schwiegermutter' nebst ihrem Sohn, ferner den Markgrafen Azzo4 und den Abt von Cluny5 und einige andere der ersten Fürsten Italiens, die, wie er wußte, bei ihm in hohem Ansehen standen, mit der inständigen Bitte, ihn vom Bann zu lösen und den deutschen Fürsten, die zu der Anklage gegen ihn mehr durch den Stachel der Mißgunst als durch Eifer für das Recht entflammt worden seien, nicht blindlings Glauben zu schen­ ken. Nachdem der Papst ihre Botschaft angehört hatte, erklärte er, es sei völlig unangemessen und verstoße gegen die kirchlichen Gesetze, daß die Sache eines Angeklagten in Abwesenheit der Ankläger6 verhandelt werde ; vielmehr solle er sich, wenn er sich frei von Schuld fühle, ohne Angst und Sorge vertrauensvoll in Augsburg7 einfinden, wo sich die übrigen Für­ sten zu versammeln beschlossen hätten ; er werde dort nach Prüfung der Aussagen beider Parteien, ohne sich durch Haß oder Gunst vom Recht zum Unrecht ablenken zu lassen, nur auf Grund der kirchlichen Bestimmungen über die einzelnen Anklagepunkte, so gut er könne, ein mög­ lichst gerechtes Urteil fällen. Darauf erwiderten die Abgesandten, der König wolle sich nirgends auf der Welt seinem Spruch entziehen, denn er kenne ihn als unbestechlichen Rächer und Beschützer des Rechts und der Unschuld, aber ihn dränge der nahe bevorstehende Jahrestag seiner Exkommunikation8, und die Reichsfürsten sähen schon mit gespannter Erwartung und Aufmerksam­ keit ängstlich auf den Ausgang der Sache, um ihn, wenn er nicht bis zu dem Tage vom Bann gelöst sei, nach den Pfalzgesetzen9 für unwürdig der Königswürde zu erklären und ihm künftig kein Gehör mehr zur Geltendmachung seiner Unschuld zu gewähren10 ; deshalb bitte er inständig, be­ reit, j ede Genugtuung, die der Papst verlange, zu leisten, daß er vorerst vom Bann losgesprochen werde und die Gnade der Kirchengemeinschaft wiedererlange11 , dann werde er sich, an welchem Tag, an welchem Ort auch immer der Papst befehle, als ob durch die j etzige Vereinbarung nichts entschieden sei, wegen aller Vergehen, die ihm seine Ankläger vorgeworfen 8 15, Februar, vgl. S. 348. Vgl. S. 390 und 398. 9 Diese gab es nicht, wohl aber kirchliche Vorschriften. to Vgl. S. 390, Anm. 2. 11 Vgl. Gregors Brief an die deutschen Fürsten von Ende Januar (Reg. IV. 12), in dem der Papst schreibt, daß Heinrich versprochen hätte : "Gott, dem heiligen Petrus und uns (d. h. dem Papst) in allem Genugtuung zu leisten . . . , wenn er nur verdiente, bei uns die Gnade der Lossprechung und des apostolischen Se­ gens zu erlangen". - Dies ist der Kern der folgenden langen Erzählung, alles andere ist tendenziös entstellt oder unwahr. 7

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sit, omnibus, quae accusatores eius obiecissent, criminibus et iuxta sententiam eius regnum vel retenturus, si obiecta purgasset, vel cquo animo, si causa cecidisset, amissurus1• Diu papa restitit, veritus in rege iuvenilis animi inconstantiam et proclive, quocumque assentatores impulissent, ingenium. Sed su-

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peratus taudem importunitate perurgentium et gravitate senten­ tiarum2 : ,Si veraciter' , inquit, ,eum facti penitet, coronam et cae­ tera regni insignia in argurnenturn verae et ex I animo actae peni­ tudinis nostrae potestati dedat et se post tarn contumax adinis­ sum regio nomine et honore deinceps indignum profiteatur' . Durum

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niinis hoc visum est legatis. Cumque vehementer insisterent, ut sen­ tentiam temperaret nec calamum conquassatum iudicii austeritate penitus contereret3, vix et aegre taudem exoratus annuit, ut comini­ nus veniret, et si veram pro adinissis penitudinem gereret, culpam, quam sedi apostolicae contumeliam irrogando contraxerat, sedis apo-

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stolicae decretis nunc obediendo expiaret. Venit ille, ut iussum fuerat4, et cum castellum illud triplici muro septum esset, intra secundum murorum ambitum receptus, foris derelicto omni coinitatu suo6, deposito cultu regio6, nihil preferens regium, nihil ostentans pompaticum, nudis pedibus6 ieiunus a mane

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usque ad vesperam7 perstabat Romani pontificis sententiam pre­ stolando. Hoc secundo, hoc tercio die fecit. Quarto demum die8 in conspectum eius admissus, post multas hinc inde dictas sententias I his postremo condicionibus excommunicatione absolutus est, ut die et loco, quemcumque papa designasset, evocatis ad generale con-

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cilium Teutonicis principibus presto esset et accusationibus, quae intenderentur, responderet, ipso papa, si ita expedire videretur, cognitore causarum assidente, et ad eius sententiam vel retineret reg­ num, si obiecta purgasset, vel equo animo amitteret, si probatis cri­ Ininibus regio deinceps honore indignus iuxta ecclesiasticas Ieges decerneretur ; nullam, sive retento sive ainisso regno, huius iniuriae vin-

1 Vielmehr versprach Heinrich, daß er sich in seinem Streit mit den Fürsten dem Spruch des Papstes unterwerfen und Gregor nicht an der Reise nach Deutschland hindern wolle. • Gregor schreibt, er sei durch die Bitten der .Anwesenden bewogen worden, Heinrich vom Banne zu lösen. Die folgende Erzählung bringt nur L. a Vgl. Jes. 42, 3.

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Von der Buße Heinrichs IV.

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hätten, ganz von vorn verantworten und nach seiner Entscheidung die Krone behalten, wenn er sich von den Vorwürfen gereinigt hätte, oder willig aufgeben, wenn er unterliege1 • Der Papst widerstand lange, denn er fürchtete den jugendlichen Wankelmut des Königs und seine Bereitwilligkeit, Schmeichlern zu folgen, wo­ hin sie ihn trieben. Schließlich aber ließ er sich durch das rücksichtslose Drängen der Unterhändler und das Gewicht ihrer Ansichten umstimmen2 und sprach : "Wenn er aufrichtig seine Tat bereut, soll er zum Zeichen wahrer, von Herzen kommender Reue die Krone und die übrigen Insignien des Reichs unsrer Gewalt übergeben und sich nach so frevelhafter Tat für unwürdig des königlichen Namens und Amtes erklären. " Das aber erschien den Gesandten allzu hart. Und als sie heftig in ihn drangen, seinen Spruch zu mildern und das zerstoßene Rohr nicht durch die Strenge seines Ur­ teils völlig zu zerbrechen3, da ließ er sich mit Mühe und Not die Zustimmung dazu abringen, daß er vor ihm erscheine und, wenn er für seine Ver­ gehen aufrichtig Buße tue, die Schuld, die er durch die dem apostolischen Stuhl angetane Schmach auf sich geladen habe, nunmehr durch Gehorsam gegen die Verordnungen des apostolischen Stuhls sühne. Da kam der König, wie ihm befohlen wart, und da die Burg von drei Mauern umgeben war, wurde er in den zweiten Mauerring aufgenommen, während sein ganzes Gefolge draußen blieb5 , und hier stand er nach Ab­ legung der königlichen Gewänder ohne alle Abzeichen der königlichen Würde6, ohne die geringste Pracht zur Schau zu stellen, barfuß und nüch­ tern vom Morgen bis zum Abend7, das Urteil des Papstes erwartend. So verhielt er sich am zweiten, so am dritten Tage. Endlich am vierten Tag wurde er zu ihm vorgelassen8, und nach vielen Reden und Gegenreden wurde er schließlich unter folgenden Bedingungen vom Bann losgespro­ chen : er solle an einem vom Papst zu bestimmenden Tag und Ort auf einer allgemeinen Versammlung, zu der die deutschen Fürsten berufen werden würden, erscheinen und auf die Anklagen, die man vorbringen werde, Be­ scheid geben ; der Papst solle, wenn er es für vorteilhaft halte, selbst als Richter die Entscheidung treffen, und er solle auf seinen Urteilsspruch hin entweder die Krone behalten, wenn er sich von den Vorwürfen reinige, oder ohne Unmut verlieren, wenn seine Vergehen erwiesen seien und er nach den kirchlichen Gesetzen für die Zukunft der königlichen Würde für unwürdig erklärt werde ; er solle, ob er nun die Krone behielte oder ver' Die Einzelheiten sind nicht genau festzustellen. Heinrich kam während oder nach den Verhandlungen, jedenfalls aber nicht befohlen, sondern aus eigenem Entschluß. 5 Über die Örtlichkeit und die Frage, wo er und seine Begleitung sich auf. hielten, ist nichts Genaues zu ermitteln, vgl . . L. Tondelli in Studi Gregoriani 4. 8 Vgl. Gregors Brief vom 28. Januar. 7 Ieiunus bis vesperam bringt nur L., unwahr. 8 Die Lossprechung war am dritten Tage, wahrscheinlich am 28. Januar.

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dietarn a quopiam hominum in perpetuum exacturus1. Usque ad eam autem diem, qua causa eius legitime discussa terminaretur, nulla regii cultus ornamenta, nulla regiae dignitatis insignia sibi adhiberet, nihil circa rerum publicarum administrationem iuxta consuetudinem suo iure ageret, nihil, quod ratum fore oporteat, decerneret ; postremo pre-

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ter regalium serviciorum exactionem, quibus necessario ipse et sui sustentandi essent, nihil regium, nihil publicum usurparet2 ; omnes3 etiam, qui ei sub iureiurando fidem dixissent, ab huius sacramenti vin­ culo et conservandae erga eum fidei debito apud Deum et I apud ho­ mines interim liberi expeditique manerent ; Ruotbertum Babenbergen-

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sem episcopum4 et Uodalricum de Cosheim5 et caeteros, quorum con­ siliis se remque publicam prodidisset, a sua in perpetuum6 familiari­ tate amoveret. Quodsi, purgatis quae obicerentur, potens confortatus­

que in regno7 perstitisset, subditus Romano pontifici semper dictoque obtemperans foret8 et ad corrigenda, quaecumque in regno eius contra

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ecclesiasticas leges prava consuetudine inolevissent, consentiens ei et pro virili portione cooperator existeret. Ad ultimum, si quid horum prevaricaretur, irritam fore hanc, quae nunc tantopere expetita sit, anathematis absolutionem, quin immo iam pro convicto confessoque habendum esse, nec ultra pro asserenda innocentia sua audientiam im-

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petraturum, principesque regni omni deinceps questione, cuncta iuris­ iurandi religione liberatos regem alium, in quem communis electio consensisset, creaturos esse9• Gratanter rex accepit condiciones et servaturum se omnia quam sanctissimis poterat assertionibus promittebat. Nec tarnen promittenti temere fides habita est. Sed abbas Cloniacensis10, quoniam iurare monasticae religionis optentu detractabat, fidem suam coram oculis omnia cernentis Dei interposuit. Episcopus quoque Citicensis11 et episcopus Vercellensis12 et Azzo marchio13 et alii I conventionis eius

1 Vgl. S. 404, .Annl . 1 1 . 2 Usque . . . usurparet ist von Gregor i n dieser Form nicht verlangt worden. Jedoch besteht über die Frage, ob Heinrich vom Papst wieder als König an­ erkannt sei oder nicht, bis jetzt noch keine Einmütigkeit. (Vgl. Kontroverse Fliche-Arquilliere in Studi Gregoriani 1 und 4). 8 Omnes manerent von L. hinzugefügt, unwahr. 4 War zu dieser Zeit in Gefangenschaft, vgl. S. 402. . . •

2 r.

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Von der Absolution Heinrichs IV.

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löre, für diese Demütigung in alle Zukunft an niemandem Rache nehmen1• Bis zu dem Tage aber, an dem seine Sache nach einer förmlichen Unter­ suchung entschieden werde, dürfe er keinerlei königlichen Schmuck tra­ gen, keine Abzeichen der königlichen Würde anlegen, keine staatlichen 5 Verwaltungsmaßnahmen wie sonst gewöhnlich aus eigner Machtvollkom­ menheit vollziehen und keine rechtskräftige Entscheidung treffen ; end­ lich dürfe er außer der Einforderung der königlichen Gefälle, die zu sei­ nem und seiner Leute Lebensunterhalt nötig seien, kein königliches, kein staatliches Gut in Anspruch nehmen2 ; auch sollten alle3, die ihm eidlich 10 Treue zugesagt hätten, einstweilen von der Bindung an diesen Eid und der Treupflicht gegen ihn vor Gott und Menschen frei und entbunden sein ; der Bischof Robert von Bamberg4, Udalrich von Godesheim5 und die übri­ gen, auf deren Rat hin er sich und das Reich ins Unglück gestürzt habe, müsse er für immer6 von seinem vertrauten Umgang ausschließen. Falls 1 5 er nach Widerlegung der Anschuldigungen mächtig und erstarkt' auf dem Thron bleibe, solle er dem Papst immer untertan und gehorsam sein8 und ihm bei der Abstellung aller schlimmen Gewohnheiten wider die kirch­ lichen Gesetze, die in seinem Reich eingerissen seien, in voller Einigkeit mit ihm nach Kräften helfen. Endlich, wenn er einem dieser Punkte zu20 widerhandle, solle die j etzt so heiß von ihm ersehnte Lösung vom Bann ungültig sein, ja, er werde dann schon für überführt und geständig an­ gesehen werden, nie mehr Gehör finden zum Erweis seiner Schuldlosig­ keit, und die Reichsfürsten würden, jeder Verpflichtung zu weiterer Unter­ suchung, j eder Bindung an ihren Eid ledig, einen andern König wählen, 25 auf den sie sich einigen würden9• Der König nahm die Bedingungen mit Freuden an und versprach mit den heiligsten Beteuerungen, sie alle einhalten zu wollen. Doch man schenkte seinen Versicherungen nicht ohne weiteres Glauben. Da verpfän­ dete der Abt von Cluny10 , der mit Rücksicht auf sein Mönchsgelübde einen ao Eid verweigerte, vor den Augen des alles sehenden Gottes sein Wort. Auch der Bischof von Zeitz11 , der Bischof von Vercelli12 , Markgraf Azzo13 und andre Fürsten, die diese Vereinbarung verinittelt hatten, verbürgten sich ö

Vgl. S. 348, Anm. 6.

6 In perpetuum ist von L. hinzugefügt. Vielmehr sollte sich der König von

Gebannten fernhalten, besonders von den lombardischen Bischöfen. ' Vgl. 2. Chron. 1, 1 . s Vgl. S. 390. Anm. 3 . 9 .A d ultimum . . . esse unwahr. Wahrscheinlich wiederum ein Hinweis auf die Wahl Rudolfs von Rheinfelden, vgl. S. 390, Anm. 1 1 und vielleicht auch S. 226. 1o Hugo, vgl. S. 404, Anm. 5. 11 Eppo. (Nach Haller eher Benno von Osnabrück.) 12 Gregor. 1s Vgl. S. 404, Anm. 4.

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La.mperti .Anna.les

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principes, allatis sanctorum reliquiis, sub iureiurando confirmaverunt facturum euro eBBe quae pollicebatur nec aliqua rerum asperitate vel casuum varie succedentium mutabilitate ab sententia deducendum1. Ita absoluto eo excommunicatione, papa missarum solemnia celebra­

regem cum caetera, quae frequens altare evocavit, preferensque manu corpus domi­

vit, confectaque sacra oblatione, aderat, multitudine ad

nicum2 :

5

,Ego', inquit, ,iam pridem a te tuisque fautoribus litteras ac­

cepi, quibus me insimulabas sedem apostolicam per simoniacam here­ sim occupasse et aliis quibusdam tarn ante episcopatum quam post acceptum episcopatum criminibus vitam maculasse, quae mihi secun-

10

dum scita canonum omnem ad sacros ordines accessum obstruxerint3• Et licet multorum idoneorum certe testium astipulatione crimen refel­ lere queam, eorum scilicet, qui omnem vitae meae ab ineunte aetate institucionem integerrime noverunt, et eorum qui meae ad episcopa­ tum promotionis auctores fuerunt, ego tarnen, ne humano pocius quam

15

divino niti videar testimonio, ut satisfactionis compendio omnem om­ nibus scandali scrupulum de medio auferam : ecce corpus dominicum, quod sumpturus ero, in experimentum mihi hodie fiat innocentiae meae, ut omnipotens Deus suo me hodie iudicio vel absolvat obiecti criminis suspicione,

reus'.

si innocens sum, solemne esf!o,

Haec et alia, ut

vel subitanea interimat morte,

si

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prefatus verba terribilia, quibus

Deum causae suae equissimum iudicem et innocentiae aBBertorem adesse precabatur, partem dominici corporis accepit / et comedit. Qua liberrime absumpta, cum populus in laudes Dei, innocentiae eius con­ gratulatus, aliquamdiu acclamasset, tandem impetrato silentio, con-

25

versus ad regem : ,Fac ergo' , inquit, ,fili, si placet, quod me facere vi­ disti. Principes Teutonici regni suis in dies accusationibus aures nostras optundunt, magnam tibi molem capitalium criminum impingentes, pro quibus non modo ab omni rerum publicarum administratione, sed ab ecclesiastica etiam communione et ab omnimoda vitae secularis conversatione usque ad extremum spiritum te suspendi oportere existi­ mant. Petunt etiam magnopere diem et locum statui audientiamque prestari canonice discutiendis, quas adversum te afferant, accusatio­ nibus. Et nosti optime humana plerumque vacillare iudicia et in pu-

1 Dies a.lles geschah wahrscheinlich, bevor Heinrich vor dem Papst erscheinen durfte. 1 .Ähnlich Regino von Prüm für das Jahr 869.

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Über das angebliche Gottesurteil

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durch einen Eid auf die Gebeine der Heiligen, die man herbeigebracht hatte, dafür, daß er tun werde, was er versprochen hatte, und daß er sich durch keine Widrigkeit und keinen etwa eintretenden Umschwung der Verhältnisse von seinem Entschluß abbringen lassen würde1 • Nach der Lösung vom Ban:p. hielt der Papst ein feierliches Hochamt, und nach Beendigung des heiligen Meßopfers rief er den König und die zahlreichen übrigen Anwesenden an den Altar und sprach, den Leib des Herrn in der Hand2 : "Ich habe schon vor längerer Zeit von dir und deinen Anhängern Briefe erhalten, in denen du mich beschuldigtest, ich hätte den ap ostolischen Stuhl durch simonistische Ketzerei erlangt und vor wie nach Übernahme des Bischofsamts mein Leben mit einigen anderen Verbrechen besudelt, die mir nach den kirchlichen Satzungen den Zugang zu kirch­ lichen Ämtern verwehrt hätten3 • Und wenn ich auch diese Beschuldigungen durch die Aussage vieler unbedingt zuverlässiger Zeugen widerlegen könnte, derer nämlich, die meine ganze Lebensführung von früher Jugend an ge­ nau kennen, sowie derer, die meine Berufung in das Bischofsamt veranlaßt haben, so will ich doch nicht den Anschein erwecken, als verließe ich mich mehr auf menschliches als auf göttliches Zeugnis, und will für alle jeden Anlaß zu einem Ärgernis auf einem abgekürzten Weg der Rechtfertigun.g beseitigen : siehe hier den Leib des Herrn, den ich zu mir nehmen werde, er soll mir heute ein Prüfstein meiner Unschuld werden, und der allmächtige Gott soll mich heute durch sein Urteil entweder vom Verdacht der mir vorgeworfenen Vergehen befreien, wenn ich unschuldig bin, oder durch einen plötzlichen Tod dahinraffen, wenn ich schuldig bin." Nachdem er, wie üblich4, diese und andere schreckende Worte vor­ ausgeschickt hatte, mit denen er zu Gott betete, als der gerechte Richter seiner Sache und Verteidiger seiner Unschuld zugegen zu sein, nahm er einen Teil vom Leibe des Herrn und aß ihn. Als er ihn ohne j ede Furcht verzehrt hatte und das Volk ihn zum Erweis seiner Unschuld beglückwünscht und ihm unter Lobpreisung Gottes eine Zeitlang zugejubelt hatte, gebot er endlich Schweigen und sprach, zum König gewandt : "Tue nun, mein Sohn, wenn du willst, was du mich hast tun sehen. Die Fürsten des deutschen Reichs liegen mir täglich in den Ohren mit ihren Anklagen und laden dir eine schwere Last von Kapitalverbrechen auf, deretwegen du nach ihrer Meinung nicht nur von j eder Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten, sondern auch von der kirchlichen Gemeinschaft und j eder Art weltlichen Lebens bis zu deinem letzten Atemzug ausgeschlos­ sen werden müßtest. Auch bitten sie dringend, Ort und Tag zu bestim­ men und eine Versammlung anzuberaumen zur kanonischen Untersuchung der Anklagen, die sie gegen dich vorbringen wollen. Du weißt ja selbst genau, daß menschliche Urteile oft in die Irre gehen und bei politischen Streitigkeiten sich zuweilen falsche Überzeugungen bilden statt Vgl. S. 346 und 400, Anm. 3. ' Formeln bei Gottesurteilen, vgl. Mon. Germ. Bist. LL. Formulae, S. 604.

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Lamperti Annales

296-298

blicis disceptationibus nonnunquarn falsa pro veris persuaderi, durn pro disertorurn horninurn ingeniis et dicendi copia et suavitate falsitas verborurn phaleris adornata libenter auditur, et veritas nullis eloquen­ tiae nixa adrniniculis contemnitur. Curn ergo tibi bene consulturn cu­ piarn, pro eo quod in calamitatibus tuis supplex apostolicae sedis pa-

s

trociniurn expetisti, fac quod rnoneo. Si te innocentem nosti1 et existi­ rnationem tuarn ab ernulis tuis per calurnniarn falsis criminationibus impeti, libera compendiose et aecclesiarn Dei scandalo et te ipsurn lon­ gae concertationis arnbiguo, et surne hanc residuarn parlern dominici corporis, ut cornprobata Deo teste innocentia tua obstruatur omne os2

10

adversum te iniqua garrientium, et rne deinceps causae tuae advocato et innocentiae tuae vehernentissirno assertore, principes tibi reconci­ lientur, regnurn restituatur, omnes, quibus iarn diu res publica vexa­ tur, bellorurn civiliurn ternpestates in perpetuurn sopiantur' . A d haec ille inopinata re attonitus estuare, tergiversari, consilia curn

1s

suis farniliaribus segregatus a rnultitudine conferre et, quid facto opus esset, qualiter tarn horrendi exarninis necessitatern evaderet, trepidus consulere. Resurnpto dernum spiritu causari apud paparn cepit de ab­ sentia f principurn, qui sibi in adversis fidern adhuc integrarn servassent, quibus inconsultis, et potissirnurn absentibus accusatoribus, irritarn

20

fore nec quicquarn viriurn apud incredulos habiturarn esse, quarncurn­ que pro experienda innocentia sua satisfactionern paucis qui aderant proposuisset. Proinde sedulo paparn orare, ut rern integrarn generali concilio communique audientiae differret, ut ibi congregatis accusa­ toribus et secundurn leges ecclesiasticas discussis tarn accusationibus

25

quarn accusatorurn personis, condicionibus, quascurnque principes regni equas iudicassent, obiecta refelleret3• Haud gravate papa petenti adquievit, expletoque sacro ministerio, regern ad prandiurn vocavit, benignissimeque refecturn et de J ornnibus quae eurn observare opor­ teret diligenter instructum curn pace ad suos, qui longius extra castel-

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lurn rernanserant, dimisit4• Epponern quoque Citicensern episcopurn premisit ante eurn5, ut eos, qui ei excornrnunicato, priusquarn anathe­ rnate absolveretur, indifferenter cornrnunicaverant, vice sua excorn­ rnunicatione absolveret, benigne precavens, ne quarn denuo receptae cornrnunionis rnacularn contraheret. 1 3

2 Vgl. Röm. 3, 19 und Pa. 62, 12. Vgl. S. 410, Anm. 4. Die ganze Geschichte ist unwahr. Heinrich empfing die Hostie.

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Von der Versöhnung des Papstes mit dem Könige

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richtiger, denn man hört wegen der Verstarrdesschärfe redegewandter Männer und der reichen Fülle und der Eleganz ihrer Rede gern auf die mit dem Schmuck der Worte behangene Unwahrheit, während man die sich auf keine rhetorischen Mittel stützende Wahrheit mißachtet. Da ich dir nun zu deinem Besten raten will, weil du in deiner Not flehentlich den Schutz des apostolischen Stuhles erbeten hast, so tue, was ich dir rate. Wenn du weißt, daß du unschuldig bistl, und daß dein Ruf von deinen Gegnern verleumderisch durch falsche Beschuldigungen angetastet wird, dann befreie auf diesem abgekürzten Weg die Kirche Gottes von diesem Ärgernis und dich selbst von dem ungewissen Ausgang dieses lan­ gen Streits und nimm diesen Rest des Leibes des Herrn, um deine Schuld­ losigkeit durch Gottes Zeugnis zu beweisen und allen, die Unrechtes gegen dich schwatzen, den Mund zu stopfen2 , dann werde ich selber künftighin dein Sachwalter und der eifrigste Verfechter deiner Unschuld sein, die Fürsten werden sich mit dir versöhnen, die Krone wird dir zurückgegeben, und alle Stürme der Bürgerkriege, durch die das Reich schon so lange ge­ plagt wird, werden für immer gestillt sein." Der König, von diesem unerwarteten Ansinnen wie vom Donner ge­ rührt, schwankt, sucht Ausflüchte, berät sich abgesondert von der Menge mit seinen Vertrauten und überlegt voll Angst, was zu tun sei, wie er der Notwendigkeit dieser furchtbaren Prüfung entgehen kann. Als er end­ lich wieder etwas zu Atem gekommen war, fing er an, die Abwesenheit der Fürsten vorzuschützen, die ihm im Unglück bisher unverbrüchliche Treue bewahrt hätten, ohne deren Befragung und vor allem wegen der Abwesenheit der Ankläger werde j ede Genugtuung, die er zum Erweis seiner Unschuld vor so wenigen Anwesenden leiste, unwirksam sein und bei Ungläubigen keinerlei Geltung haben. Deshalb bat er den Papst drin gend, die Entscheidung auszusetzen und bis zu der allgemeinen Versamm­ lung und der gemeinsamen Verhandlung zu verschieben, damit er dort vor versammelten Anklägern nach Prüfung der Anklagen wie der Per­ sönlichkeit der Ankläger entsprechend den kirchlichen Gesetzen unter den von den Fürsten des Reichs für billig erachteten Bedingungen die Beschul­ digungen widerlege3 • Ohne Schwierigkeit gewährte der Papst diese Bitte, und nach Beendigung des Gottesdienstes lud er den König zum Mahl, und nachdem dieser sich gestärkt und er ihn genau über alles unterrichtet hatte, was er zu beachten habe, entließ er ihn auf das gnädigste in Frie­ den zu den Seinigen, die weit außerhalb der Burg zurückgeblieben waren4 • Auch schickte er den Bischof Eppo von Zeitz ihm voraus5 , um diej enigen, die trotz des Kirchenbanns vor seiner Lossprechung ohne Bedenken mit ihm verkehrt hatten, als sein Stellvertreter vom Bann zu lösen ; er wollte dadurch gütig verhüten, daß der König sich nach der Wiederaufnahme in die Kirchengemeinschaft von neuem einen Makel zuziehe. 4

Heinrich zog nach Reggio.

5 Vielleicht von Heinrich als Gesandter geschickt.

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La.mperti Annales

298/299

Qui dum venissetl et causam, pro qua missus fuerat, Italis exposuis­ set, vehemens in eum ira et indignatio coorta est. Fremere omnes et saevire verbis ac manibus ceperunt, apostolicae legationi irrisoriis ex­ clamationibus obstrepere, convicia et maledicta, utcumque turpissima furor suggessisset, irrogare : se excommunicationem illius nihili esti-

5

mare, quem ipsum omnes Italiae episcopi iustis ex causis iam pridem excommunicassent, qui sedem apostolicam per symoniacam heresim occupasset, homicidiis cruentasset, arlulteriis aliisque capitalibus cri­ minibus polluisset ; regem secus ac deceat egisse crimenque gloriae suae

intulisse2 nunquam abolendum, quod homini heretico et probris om-

10

nibus infamato maiestatem regiam summiserit, et quem iusticiae pa­ tronum legumque ecclesiasticarum vindicem sibi parassent, is fedis­ sima subiectione sua fidem plane catholicam, auctoritatem aecclesiae, dignitatem rei publicae prodiderit ; se in ultionem eius omnes quas po­ tuerint papae iniurias irrogasse, et nunc, quod dictu quoque turpe sit,

1s

se in mediis perturbationum fluctibus relictis, ipsum sibi consuluisse et cum hoste publico privata necessitudine in gratiam redisse. Haec potissimum principes Italiae iactando et passim per populum serendo ingens regi odium brevi conflaverant. Adulta postremo sedicione, una omnium voluntas, una sententia erat, ut abdicato patre, qui ultro regni

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fascibus indignum se e:ffecisset, filium eius, licet impubem adhuc et regni f negociis inmaturum, regem sibi facerent et cum eo Romam pro­ fecti papam alium eligerent, per quem et ipse protinus imperator con­ secraretur, et omnia papae huius apostatici gesta cassarentur3. Perlato ad regem tarn molestae conspirationis nuncio, misit propere

25

quicquid apud se principum erat, ut quaqua ratione, quaqua possent industria efferatae multituillnis animos mitigarent ; ne moleste acci­ perent aut in contumeliam suam factum reputarent, quod extrema ne­ cessitate compulsus communis commodi ratione fecisset ; nec Teuto­ nicis principibus, qui sibi per calumniam regnum eripere dedita opera machinarentur, nec Romano pontifici, qui ad evertendum statum sanctae aecclesiae spirituali gladio circumquaque fulguraret, aliter satisfieri potuisse, quam ut ante statutam diem excommunicatione

1 Im Februar. a Vgl. I. Macc. 9, 10. 8 Daß die tatsächlich vorhandene Mißstimmung solche Ausmaße angenommen hätte, ist unglaubwürdig. Der König hat die Städte betreten und dort Gericht

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Über Heinrichs IV. Aufenthalt in Oberitalien

Als dieser nun zu ihnen gekommen war1 und den Italienern den Zweck seiner Mission auseinandergesetzt hatte, erhob sich gewaltiger Zorn und Unwille gegen ihn. Alle begannen zu lärmen und mit Worten und Gesten zu toben, überschrien die apostolische Botschaft mit höhnischen Rufen und überschütteten sie mit abscheulichen Schmähungen und Verwün schungen, wie sie ihnen die Wut eingab : sie achteten den Bannfluch die­ ses Mannes für nichts, den selber alle Bischöfe Italiens schon vor langem aus triftigen Gründen in den Bann getan hätten, der sich den apostolischen Stuhl durch Simonie angeeignet, ihn mit Menschenblut besudelt und durch unsittliche Liebesverhältnisse und andere Kapitalverbrechen befleckt habe ; der König habe nicht seiner Würde entsprechend gehandelt und seiner Ehre einen nie zu tilgenden Schandfleck aufgeprägt2, weil er die königliche Maje­ stät einem ketzerischen und durch alle Schändlichkeiten entehrten Men­ schen untergeordnet habe, und weil er, den sie sich zum Beschüt.zer des Rechts und Hüter der kirchlichen Gesetze erkoren hätten, durch seine schmähliche Unterwerfung den katholischen Glauben, das Ansehen der Kirche und die Würde des Reichs gänzlich preisgegeben habe ; sie hätten sich in dem Bestreben, ihn zu rächen, alle nur möglichen Anfeindungen des Papstes zugezogen, und nun habe er sie, schändlich auch nur zu sagen, inmitten der Fluten der Verwirrungen im Stich gelassen, nur an seinen eignen Vorteil gedacht und sich durch ein Sonderabkommen mit dem Staatsfeind ausgesöhnt. Das waren die hauptsächlichsten Vorwürfe, die die Fürsten Italiens erhoben und überall im Volk ausstreuten, und sie er­ regten dadurch in kurzem ungeheuren Haß gegen den König. Schließlich kam es zu einer regelrechten Empörung, und alle waren: eines Willens, einer Meinung, man müsse den Vater, der sich selbst des Thrones unwürdig gemacht habe, absetzen und seinen Sohn zum König erheben, wenn er auch noch nicht mannbar und nicht fähig sei, die Regier.ung zu führen ; man solle mit ihm nach Rom ziehen und einen andern Papst wählen, der ihn unverzüglich zum Kaiser weihen und alle Maßnahmen dieses abtrünnigen Papstes für ungültig erklären müsse3• Als dem König die Nachriebt von dieser peinlichen Vefschwörung über­ bracht wurde, entsandte er schleunigst alle Fürsten, die bei ihm waren, mit dem Auftrag, auf jede nur mögliche Weise und rri.it d!3m größten Eifer den Unmut der aufgebrachten Bevölkerung zu besch�ichtigen ; sie möch­ ten doch, was er in seiner äußersten Not um des gem�ihen Besten willen getan habe, nicht übel aufnehmen und nicht so auslegen, als wäre es ihnen zum Schimpf geschehen ; weder den deutschen Fürsten, die alles daran ge­ setzt hätten, ihm durch verleumderische Anklagen die Krone zu entreißen, noch dem Papst, der zur Vernichtung des festen Bestandes der Kir­ che überall mit dem geistlichen Schwert herumblitze, hätte er anders ge·.

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gehalten. L. :oeigt sich auch über die weiteren Vorgänge in Oberitalien schlecht unterrichtet.

Lamperti Armales

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absolveretur ; nunc se omnibus angustiis, quibus vias eius conclusis­ sent inimici, liberatum omnem deinceps curam industriamque ad vin­ dicandas suas et illorum iniurias translaturum. Vix tandem compresso pocius quam extincto concitati tumultus incendio, plerique ex princi­ pibus castris se per iram subtrahentes, iniussi in sua rediere. Caeteri

5

dissimulata interim iracundia redeuntern regem pacifice exceperunt, sed neque consuetam ei reverentiam deferebant, neque tarn sumptuosa, ut prius, utque regiam magnificentiam decuerat, servicia ei exhibebant, sed aversis oculis, infestis mentibus passim per omnes angulos de levi­ tate et ineptia eius mussitabant socordiamque accusabant, quod tarn

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diu expectatus, tarn anxie desideratus periclitantis Italiae calamita­ tibus nihil postremo spei, nihil presidii attulisset. Cumque Italiam per­ agraret, ut his qui oppressi fuerant calumniamve paciebantur regio more iusta faceret, nec in civitates eum recipiebant, nec cum faculis et faustis acclamationibus, ut prioribus regibus consueverant, obviam ei

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procedebant, sed foris in suburbanis locis castris positis commorari iubebatur, f et illuc ei alimenta, quibus exercitus sustentaretur, et ipsa modica et vix necessitatem pocius quam regalium epularum soliturn splendorem copiamve explentia, ne manifestae defectionis immature argui possent, ministrabant, apposito singulis in locis presidio, ut pre-

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das forte de agris vel villis agere volentes armata manu coercerentur. Territus rex insolita rerum facie seroque penitens, quod incognitae gentis inexpertae prius fidei temere se credidisset et Teutonicis finibus excedendo hostem mutasset, non evasisset, gravi sollicitudine et metu perurgebatur, nec ullum usquam effugium inveniebat, nisi in reconci-

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liandis forte, si qua ratione posset, quos offenderat, Italorum animis. Ratus itaque huius rei unicum hoc esse presidium, ut initum cum Ro­ mano pontifice fedus abrumperet et inde reparandae concordiae in­ icium faceret, unde fuerat orta discordia, Uodalricum de Cosheim1 et caeteros, quos ille severissimo anathemate a contubernio eius amove-

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rat, in pristinum gratiae et familiaritatis suae gradum revocavit et cum eis denuo de privatis, de publicis negociis eadem, qua consueverat, singularitate ac privilegio consilia conferebat. Turn assidue in conventu principum criminabatur et detrahebat Romano pontifici, quod ipse omnem hunc, qui rem publicam concussisset, ventum turbinis et comt

Vgl. S. 408, Anm. 5 .

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Über die Mißstimmung in Norditalien gegen den König

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nüge tun können als durch seine Lösung vom Bann vor dem bestimmten Tage ; j etzt sei er von allen Hemmnissen, mit denen ihm seine Feinde den Weg versperrt hätten, befreit, und er werde nun alles daran setzen, das ihm und ihnen zugefügte Unrecht zu rächen. Nur mit Mühe konnte end5 lieh die Feuersbrunst der leidenschaftlichen Empörung mehr niedergehal­ ten als gelöscht werden, doch viele Fürsten verließen im Zorn das Lager und kehrten ohne Urlaub nach Hause zurück. Die übrigen verbargen zu­ nächst ihren Unwillen und empfingen den König ohne Haß, aber weder bezeigten sie ihm die gewohnte Ehrfurcht, noch ließen sie ihm so reich10 liehe Lieferungen zukommen wie früher und wie es der königlichen Würde geziemt hätte, sondern mit abgewandten Blicken murrten sie in feind­ seliger Stimmung allenthalben in j edem Winkel über seine Charakterlosig­ keit und Torheit und warfen ihm Mangel an Fürsorge vor, weil er dem gefährdeten, geplagten Italien, das ihn schon so lange erwartet, so sehn15 lieh herbeigewünscht habe, schließlich doch keinerlei Hoffnung, keinerlei Schutz gebracht habe. Und als er durch Italien zog, um nach königlichem Brauch den Unterdrückten und widerrechtlich Verfolgten Recht zu ver­ schaffen, nahmen sie ihn nicht in die Städte auf, noch zogen sie ihm mit Fackeln und Jubelrufen entgegen, wie sie es bei den früheren Königen ge20 tan hatten, sondern ließen ihn draußen in den Vorstädten biwakieren und brachten ihm dorthin die Lebensmittel für den Unterhalt des Heeres, aber auch diese nur in geringen Mengen, so daß sie kaum für den notwendigen Bedarf ausreichten, geschweige denn für die gewohnte Pracht und Üppig­ keit königlicher Mahlzeiten, nur um nicht vor der Zeit des offenkundigen 25 Abfalls geziehen werden zu können, dazu stellten sie an j edem Ort Wachen aus, um etwaige Beutezüge in Feldern und Dörfern mit bewaffneter Hand abzuwehren. Der König war sehr erschrocken über diese unerwartete Gestaltung der Dinge und bereute zu spät, sich leichtsinnig der bisher nicht erprobten so Treue eines ihm nicht bekannten Volkes anvertraut und mit dem Ver­ lassen Deutschlands den Feind gewechselt zu haben, ihm aber nicht ent­ ronnen zu sein ; das bedrückte ihn mit schwerer Sorge und Furcht, und er fand kein anderes Auskunftsmittel als den Versuch, die Italiener, bei denen er Anstoß erregt hatte, wenn irgend möglich zu versöhnen. Der as einzige Weg dazu bestand seiner Meinung nach darin, daß er den mit dem Papst geschlossenen Vertrag brach und an dem Punkt mit der Versöhnung den Anfang machte, von dem das Zerwürfnis ausgegangen war ; er berief also Udalrich von Godesheim1 und die übrigen, die der Papst durch streng­ sten Bannfluch von seiner Seite entfernt hatte, wieder in den früheren 4o Stand seiner Günstlinge und beriet sich mit ihnen wieder wie früher aus­ schließlich und bevorzugt über private und öffentliche Angelegenheiten. Ferner erhob er in den Fürstenversammlungen andauernd Beschuldigun­ gen gegen den Papst und verunglimpfte ihn, weil er den ganzen Sturm der Wirren, der das Reich erschüttert hatte, und das Unwetter der wil-

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motionis saevissimae procellam suis machinationibus concitasset, ipse omnium, quae in aecclesia Dei recenti memoria secus accidissent, auc­ tor incentorque extitisset ; hortabaturque omnes in commune, ut suo ductu suisque auspicüs tantarum ab eo iniuriarum vindictam expete­ rent. Dein condiciones omnes et universa ecclesiasticarum legum vincula, quibus ille eum apostolica auctoritate in salutem obstrinxerat, contemptim tamquam aranearum telas dirupit1, abiectisque omnibus timoris Dei habenis, in omne quod animus suggessisset effrenata liber­ tate ferebatur2. His paulatim rebus Italorum f indignatio Initigari, furor de:fl.agrare, studia denuo in eum incalescere ceperunt, ita ut frequentior in dies ad eum multitudo con:fl.ueret, sumptlas exercitui co­ piosiores ministrarent et ad omne quod iussisset promptissime iam ma­ nus operamque suam pollicerentur. Erant tune temporis apud eum ex Teutonicis principibus Liemarus Premensis archiepiscopus, Eppo Citi­ censis episcopus, Benno Osenbruggensis episcopus, Burchardus Losannensis episcopus, Burchardus Basilensis episcopus ; laici Udalricus3, Eberhardus', Berhtoldus6 et alii pene omnes, quos in Oppenheim legati apostolicae sedis a contubernio eius propter excommunicationem se­ gregaverant qui nunc post receptam communionem, cum eum quo­ que aecclesiae reconciliatum comperissent6, unanilniter ad eum con:fl.uxerunt et ei deinceps peregrinationis eius individui colnites adhere­ bant. Interea Mogontinus7 Werceburgensis8 et Mettensis9 episcopi, Ruo­ dolfus10, Welfll, Berhtoldus12 duces et alü plerique ex principibus Teu­ tonicis convenientes13 tractare de utilitatibus rei publicae statuerunt, ut prmcipes Saxoniae et omnes, quibuscumque res publica curae foret, III. Idus Marcii in Forecheim14 occurrerent et communi consilio, quid facto opus esset, decernerent, presertim cum per absentiam regis tran­ quillia rebus tempus oportunum deliberationibus ac consultationibus nacti fuissent. Romano quoque pontifici scripserunt, ut, quoniam in purifi.catione sanctae Mariae Augustam16 iuxta condictum dolo regis

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Vgl. Jes. 59, 5 und Hiob 8, 14. Unwahr, vgl. S. 414, Anm. 3. a Von Godesheim. ' Von Nellenburg, vgl. S. 348, Anm. 6. 5 Bruder Liutpolds von Meersburg, vgl. S. 150, Anm. 1 . • Vgl. 8. 402, Anm . 2 . t

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Von der Einberufung eines Fürstentages nach Forchheim

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den Aufregung durch seine Machenschaften erregt hätte, er sei Urheber und Anstifter alles Schlimmen, was in jüngster Zeit in der Kirche Gottes geschehen sei ; und er forderte sie alle insgesamt auf, unter seiner Führung und Leitung für die schweren Übergriffe von ihm Rache zu fordern. Dann zerriß er voller Verachtung alle Abmachungen und alle Fesseln der kirch­ lichen Gesetze, mit denen ihn der Papst kraft apostolischer Vollmacht zu seinem eignen Besten gebunden hatte, wie Spinnweben1 , streifte alle Zügel der Gottesfurcht ab und stürzte sich mit ungezähmter Hemmungslosig­ keit auf alles, was ihm in den Sinn kam2 • Dadurch wurde der Unwille der Italiener allmählich beschwichtigt, ihre Wut begann zu verfiackern, ihre Zuneigung zu ihm wurde wärmer, sodaß sie ihm von Tag zu Tag in grö­ ßerer Zahl zuströmten, ihm reichlichere Unterhaltsmittel für das Heer lieferten und zu allem, was er anordnete, nunmehr bereitwilligst ihren Arm und ihre Hilfe zu leihen versprachen. Von deutschen Fürsten waren damals bei ihm Erzbischof Liemar von Bremen , die Bischöfe Eppo von Zeitz, Benno von Osnabrück, Burchard von Lausanne und Burchard von Basel, die Laien Udalrich3 , Eberhard4 und Berthold5 und fast alle ande­ ren, die des Papstes Legaten in Oppenheim wegen seiner Exkommuni­ kation vom Umgang mit ihm ausgeschlossen hatten ; als diese nach ihrer Wiederaufnahme in die Kirchengemeinschaft erfuhren, daß auch der König mit der Kirche wieder ausgesöhnt sei6, kamen sie j etzt einhellig wieder zu ihm und blieben von nun an seine unzertrennlichen Begleiter auf seiner Erdenwanderung. Inzwischen traten die Bischöfe von Mainz7, Würzburg8 und Metz9, die Herzöge Rudolf10 , Welf11 und Berthold12 und viele andere deutsche Für­ sten zusammen13 , um über das Staatswohl zu verhandeln, und sie beschlos­ sen, daß sich die sächsischen Fürsten sowie alle, denen das Wohl des Reichs am Herzen lag, am 1 5 . März in Forchheim14 versammeln und in gemeinsamer Beratung entscheiden sollten, was zu tun sei, zumal j a infolge der Abwesenheit des Köni�s Ruhe herrschte und sich ihnen da­ her ein günstiger Zeitpunkt für Überlegungen und Beratungen bot. Sie schrieben auch an den Papst, da ihm ja der listige Anschlag des Königs zuvorgekommen sei und er daher nicht, wie vorgesehen, am Tage der Reinigung der hl. Maria nach Augsburg15 habe kommen können, möchte Siegfried. Adalbero. u Hermann. 1o Von Schwaben. u Von Bayern. 12 Von Kärnten. 1s Im Februa.r in Ulm. u In Oberfranken an der Regnitz. 15 2. Februa.r, vgl. S. 390, Anm. 1 . 7

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Lamperti A1males

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preventus occurrere non potuerat, saltem in Foreoheim statuta die presto esse satageret et sedandis bellorum civilium tempestatibus, qui­ bus iam diu periclitaretur res publica, apostolici moderaminis guber­ naculum adhiberet1• Adhuc ille in Canusio et / aliis circa firmissimis munitionibus2

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se continebat, dispositum habens non prius Romam regredi, quam confecto itinere, quod instituerat, si Deo propicio conatum seque­ retur effectus, pacem aecclesiae Dei reddidisset. Igitur acceptis litteris, tametsi iam pridem frequens ad eum fama detulisset regem mutata mente hostiles adversum se spiritus gerere et contemptis con-

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dicionibus, quibus excommunicatione absolutus fuerat, animo fixum tenere, ut leges ecclesiasticas manu militari debellaret, misit3 tarnen unum ex cardinalibus episcopis4 Romanae aecclesiae Gregorium no­ mine et alios, quos ei negocio idoneos arbitrabatur, qui ei dicerent tem­ pus esse, ut promissa compleret ; conventuros in Foreoheim III. Idus

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Marcii principes Teutonici regni ad componendum, si Deus votis an­ nuat, statum rei publicae ; veniret ergo, ut pollicitus sit, et crimina, quibus innocens, ut ipse asserat, a calumniatoribus suis impetitus sit, se cognitore et iudice presidente responderet, multum rebus suis salu­ tique et apud Deum et apud homines collaturus, si aecclesiam scan-

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dalis, rem publicam bellis civilibus, se ipsum fedissimae existimationis macula liberaret, presertim cum ea die discussis sinodice, quae adver­ sum eum afferantur, causis, vel recepturus esset regnum vel sine omni deinceps retractatione amissurus5• Legatis mandata perferentibus ille, dissimulatis mediocriter his quae animo agitabat, respondit se post

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acceptum regnum hac primum vice Italiam intrasse et ideo multis nunc et magnis rei publicae negociis implicitum non posse tarn cito infectis rebus provincia excedere, quia, si id faciat, Italos, quos longo tempore anxia adventus sui expectatione suspendisset, gravissime offendat. Pre­ terea diem conventui habendo statutum e vicino imminere, seque tarn brevibus induciis tanta terrarum spacia nulla equorum celeritate posse transcurrere, etiamsi nulflis extrinsecus retardetur impedimentis. In haec verba legatos dimisit6• 1 Ihre Gesandten befanden sich Ende Ft�bruar bei Gregor. 2 In der Umgebung von Canossa. 3 I. März. ' Kardinaldiakon.

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Über d. weiteren Verhandlung. zw. Heinrich IV. u. Gregor VII.

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er nun doch alles daran setzen, wenigstens am festgesetzten Tag in Forch­ heim zugegen zu sein und dort zur Stillung der Stürme der Bürgerkriege, durch die das Reich schon so lange gefährdet werde, das Steuer der apo­ stolischen Leitung in die Hand nehmen1 • Der Papst hielt sich noch jn Canossa und andren festen Burgen der Umgebung auf2 in der Absicht, nicht nach Rom zurückzukehren, bevor er die geplante Reise ausgeführt und, wenn lnit Gottes Hilfe sein Vor­ haben Erfolg habe, der Kirche Gottes den Frieden wiedergegeben hätte. Zwar waren ihm schon längst mehrfach Gerüchte von der Sinnesänderung des Königs hinterbracht worden, er trage sich mit feindseligen Absichten und sei unter Mißachtung der Bedingungen, unter denen er vom Bann losgesprochen worden sei, fest entschlossen, die kirchlichen Gesetze mit bewaffneter Hand niederzukämpfen ; als er nun den Brief erhielt, schickte. e:r3 einen Kardinalbischof der rölnischen Kirche lnit Namen Gregor4 und andre, die er für diese Aufgabe für geeignet hielt, zum König lnit dem Auftrag, ihm zu sagen, es sei an der Zeit, seine Versprechungen zu erfül­ len ; die Fürsten des deutschen :Reichs würden am 13. März in Forchheim zusammentreten, um, wenn Gott ihre Wünsche erfülle, im Reich geordnete Zustände zu schaffen ; er möge also dorthin kommen, wie er versprochen habe, und sich unter seinem Vorsitz als Untersuchungsführer und Richter gegen die Beschuldigungen, mit denen er seiner Versicherung nach un­ schuldig von seinen Verleumdern belastet worden sei, verteidigen ; er werde bei Gott und Menschen viel zur Verbesserung seiner Lage und zu seinem Heil beitragen, wenn er die Kirche von den Ärgernissen, das Reich von den Bürgerkriegen und sich selbst von dem Makel eines abscheulichen Rufs befreie, da er ja an diesem Tage nach einer kanonischen Unter­ suchung der gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen die Krone ent­ weder zurückerhalten oder unwiderruflich für alle Zeit verlieren werde5 • Den die Botschaft überbringenden Legaten antwortete der König, indem er seine Absichten nur. einigermaßen verbarg, er sei seit seinem Regierungs­ antritt j etzt zum erstenmal nach Italien gekommen und daher zur Zeit von vielen wichtigen Staatsgeschäften in Anspruch genommen, er könne deshalb vor deren Erledigung nicht so schnell das Land verlassen, denn wenn er das täte, würde er bei den Italienern, deren dringende Erwartung seiner Ankunft er schon so lange enttäuscht habe, schwersten An­ stoß erregen. Außerdem stehe der für die Abhaltung der Versammlung anberaumte Termin so nahe bevor, daß er mit noch so schnellen Pferden so weite Landstrecken in so kurzer Frist nicht durchmessen könne, selbst wenn ihn keine äußeren Hindernisse aufhielten. Mit diesem Bescheid entließ er die Legaten6• • Unwahr. Gregor forderte sicheres Geleit für seine Reise, was Heinrich nicht gewährte. o Anfang März.

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La.mperti Annales

303/3M

Papa certior iam factus de immutatione animi eius et caeteris rebus, quas ad eum iam pridem fama detulerat, misit1 protinus Bernhardum abbatem de Massilia, virum eximiae conversationis et multarum in Christo virtutum, item alium Bernhardum cardinalem diaconum sanc­ tae Romanae aecclesiae, ut principibus Teutonici regni, qui, ut supra

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dieturn est, III. Idus Marcü Foreoheim conventuri erant, occurrerent eosque per ordinem ea quae gesta erant edocerent ; se iuxta placitum dedita opera enisum fuisse, ut die et loco statuto communibus sanctae aecclesiae utilitatibus tractandis presto esset, sed domni Heinrici dili­ gentia2 ita circumventum, ita omnes, per quas transitus esse potuis- 10 set, itinerum angustias preoccupatas, ut nec tuto in Germaniam pro­ gredi nec tuto Romam regredi valeat. Proinde monere eos, ut suis interim rebus et regno Francorum, quod diu iam unius hominis puerili levitate vexetur, quaqua possint ratione moderentur, donec, si Deus velit, adempta itineris difficultate, ipse venire et collatis in medium 15 consilüs, quid utilitati, quid honestati omnium, quid paci ecclesiasti­ cae expediat, secundum ecclesiasticas Ieges decernere possit3• Nos more inertis poetae extremo iam in opere languescentes ingen­ tisque materiae mole superati4 in lonfgum satis, ut videtur, protracto volumini hic taudem finem imponimus, ut, si cui forte post nos ad describendam reliquam partem huius historiae manum mittere libue­ rit, ab electione Ruodolfi regis congruum scribendi exordium faciat.

1 Unrichtig. Das war bereits vor der oben genannten Gesandtschaft an den König geschehen, Gregor hatte also noch keinen Bescheid auf seine Forderung nach sicherem Geleit erhalten. 2 Nicht durch Heinrich ; eher durch die oberitalienische Opposition.

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Von d. Botsch. d. Papstes a. d. i. Forchh. vers. Fürsten

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Der Papst hatte nun größere Gewißheit erlangt über die Sinnesände­ rung des Königs und die übrigen Vorgänge, die ihm Gerüchte schon vor­ her zugetragen hatten, und schickte nun1 unverzüglich den Abt Bern­ hard von Marseille, einen Mann von hervorragender Lebensführung und vielen Tugenden in Christo, sowie einen anderen Bernhard, einen Kardi­ naldiakon der heiligen römischen Kirche, zu den Fürsten des deutschen Reichs, die, wie oben gesagt, am 13. März in Forchheim zusammenkom­ men wollten, um sie über alles Vorgefallene der Reihe nach zu unterrich­ ten ; er habe verabredungsgemäß alles daran gesetzt, am festgesetzten Tag und Ort zur Verhandlung über das allgemeine Beste der heiligen Kirche anwesend zu sein ; aber er sei durch Herrn Heinrichs Maßnahmen2 so um­ zingelt, alle Pässe, auf denen ein Übergang möglich gewesen wäre, seien schon im voraus so stark besetzt, daß er weder gefahrlos nach Deutsch­ land reisen, noch gefahrlos nach Rom zurückkehren könne. Daher ermahne er sie, zunächst einmal, so gut sie könnten, ihre eignen Angelegen­ heiten und das Frankenreich, das schon so lange unter dem kindischen Leichtsinn eines Mannes zu leiden hätte, in Ordnung zu bringen, bis er selbst, so Gott wolle, nach Behebung der Reiseschwierigkeiten kommen und nach gemeinsamer Beratung gemäß den Kirchengesetzen entscheiden könne, was dem allgemeinen Nutzen und ihrer aller Ehre, was dem Frieden der Kirche fromme3 •

Wie ein der Arbeit überdrüssiger Dichter, am Ende des Werks erschöpft und vor der gewaltigen Masse des Stoffs kapitulierend4, schließen wir nun­ mehr endlich diesen sich, wie mir scheint, schon reichlich lang hinziehen25 den Bericht, damit jemand, der vielleicht nach mir die Fortsetzung die­ ser Erzählung in die Hand nehmen möchte, mit der Wahl König Rudolfs einen passenden Anfang für sein Werk finde.

8 L. verschiebt etwas die Akzente. Gregor bat, die Wahl eines neuen Königs bis zu seiner Ankunft zu verschieben, wenn es ohne Gefahr für das Reich ge­ schehen könne. Sonst sollten sie durchführen, was für das Wohl des Reiches nötig aei. - Der Papst und seine Legaten verhielten sich zurückhaltend. ' Vgl. Sulp. Severus, Vita Martini, Kap. 26.

REGISTER

Die eingeklammerten Namen werden von Lampert nicht genannt. Die angehängten kleinen Zahlen und Buchstaben bezeichnen die Anmerkungen.

Aachen s. Aquisgranum Aba s. Ouban Abdias (Obadja), Prophet, 6. Abdon s. Labdo Abessa (Absesan, Ebzan), jüd. Richter, 6. Abia, König v. Juda, 6. Abimelech, König v. Sichern, 4. Abimelech, jüd. Priester, 6. Abitriti, Abotriti 24. 28. Abraham, Patriarch, 2. 4. Abraham, Bischof v. Freising, 32. Achas (Ahas), König v. Juda, 6. Adal-, Adel- : Adala, Adela, Gemahlin 1. Markgraf Ottos v. Meißen, 2. Markgraf Dedis v. Sachsen, 1 1 2-118. 180. 312. 378. Adelbero, Bischof v. Bamberg, 54. Adalbero III., Bischof v. Metz, 1 64. Adalbero, Adelbero, Bischof v. Würzburg, 46. 190. 3 1 6-320. 346. 350. 376.

418. Adalbero, Adelbero, Mönch v. St. Gal­ len, Bischof v. Worms, 106. 1 30. Adalbero, Kanzler des Reichs, 122. Adalbertus, Adelbertus, Erzbischof v. Magdeburg, 30. 34. Adalbertus, Adelberdus, Erzbischof v. Bremen, .46. 58. 88. 90. 94. 106, 108.

142. 156. 160. Adalbertus, Bischof v. Prag, Märtyrer,

38.

v. Worms, 130. 208. 218. 236. 238. 250. 324. 376. 390. 392. Adelbertus, Abt v. Lorsch, 326.

Ada1bertus, Bischof

Adelbertus, Herzog v. Oberlothringen,

44. Adelbertus, Graf v. Babenberg, 26. Adelbertus, Graf v. Ballenstedt, 180.

322. Adalberdus, Graf v. Calw, 400. Adalbertus, Graf v. Metz, 22. Adalbertus, Graf (v. Schauenburg ?) ,

214. Ade1boldus, Bischof v. Utrecht, 38. Adelbraht (irrtüml. statt Adalhard) , Graf v. Babenberg, 26. Adelgerus, Bischof v. Worms, 46 (Adalhard) s. Adelbraht Adelheida, Adelheit, Gemahlin Ottos i., 28. 30. 38. (Adelheida) , Tochter Heinrichs III., Äbtissin v. Quedlinburg, 198. (Adelheid) , Markgräfin v. Turin, 396. 404. Adam 2. 4. 8. Adel- s. AdalAdrianus (Hadrianus) , Kaiser, 8. Adrianus (Hadrian) I.; P apst, 18. 20. Adrianus (Hadrian) II., Papst, 24. Ae- s. EAffrica 8. Agatho, Papst, 12.

Register Aggeus (Haggai), Prophet, 6. Agnes (v. Poitou) , Gemahlin Hein. richs III., 44. 46. 58. 72. 74. 92. 94. 104. 160. 162. 250. 394. (Agnes) , Mutter der Kaiserin Agnes, 46. Ahasja s. Ochozias Aialon (Ahialon, Elon), jüd. Richter, 6. Aistulf s. HaistuH Alba (Longa) 6. St. Alban, Kloster in Mainz, 21 a. 30. Albia, Albis (Elbe) 20. Transalbini (jenseit8 d. Elbe wohnend) 20. Albuwinus (Albuin), Propst v. Hers­ feld, Abt v. Nienburg, 42. Aldfridus (Alfred) , König v. Northum­ berland, 14 b. Alemannia 14. 256. Alexander d. Gr., König v. Makedo­ nien, 8. Alexander (Aurelius) , Kaiser, 10. Alexander, König v. Ägypten, s. Pto­ lemeus IX. Alexander II., Papst, Bischof Anselm v. Lucca, 761• 92. 1 18-122. 148. 162. 170. 172. 266 (hierirrtüml. ,. Nicolaus) . St. Alexander v. Trier 160. Alexandria 8. 10. Allred s. Aldfridus Alpes 396. Alsacia (Elsaß) 352. Altaha (Kloster Niederaltaich, Diöz. PMsau) , Altahense, -is, 16. 38. 40. 88. Altbrandus (Alebrand-Bezelin) , Erz­ bischof v. Bremen, 46. Altenburg (Oldenburg i. Holstein) s. Ezzo Altmannus, Altman, Bischofv. Passau, 104. 376. 382. 392. (Altwin, Bischof v. Brixen) , 360 2• Amadeus s. Amedeus Amarmurmulus (Amir-al-Numenin, Harun-al-Raschid) 20.

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Amasias (Amazja) König v. Juda, 6. Ambrosius, Bischof v. Mailand, 12. Amedeus, Markgraf v. Turin, 396. 404. Ammon, König v. Juda, 6. Amos, Prophet, 6. Amphion, griech. Musiker, 4. (Anastasia) , Gemahlin des Königs Andreas I. v. Ungarn, 70. 150. St. Anastasius, Mönch, Märtyrer, 158. Anastasius I., Kaiser, 12. Andarnaha, Alldernachen (A ndernach) 26. 252. Andegavis (A ngers) 14. St. Andreas, Apostel, 10. Andreas I., König v. Ungarn, 46. 70. 72. 86. Angers s. Andegavis Angli (Angeln) 12. 252. Angli-Saxones 12. 1 10. Anno, Erzbischof v. Köln, 56. 74. 76. 84-88. 92. 94. 106-1 10. 122. 142. 152. 158. 162-166. 194. 198. 200. 214-218. 222. 236-248. 252. 254. 284. 328-342. Ansfridus, Bischof v. Utrecht, 38. Anshelmus, Bischof v. Lucca, s. Papst Alexander II. Anthiochia (Antiochia) 14. Anthiochus (A ntiochus) Epiphanes, König v. Syrien, 8. Anthonius (Antoninus) Pius, Kaiser, 10. Anthonius d. Jüngere (M. Aurelius Antoninus) , Kaiser, 10. Anthonius (Antonius), Mönch, 10. Antoninus Caracalla, Kaiser, 10. Antropomorfitae (Anthropomorphiten), Ketzer, 10. Antwerpha (Antwerpen) 348. 350. Aoth (Ehud), jüd. Richter, 4. Apollo 4. Apulia 50. Aquila, Bibelübersetzer, 8. Aquileiensis patriarcha (Patriarch v. Aquileja) 58. 1 12. 382.

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Register

Aquisgranum (Aachen) 20. 30. 34-40. 50. 54. 158. 252. 254. Aquitania s. Equitania Arabes, Arabitae 94-102. Archadius (Arcadius) , Kaiser, 12. Arestotiles (Ariatoteles) 6. Arfaxat (Arphachsad) 4. Argentina, Argentoratum (Straßburg) , Strazburgensis, 40. 94. 218. 262. 392. Aribo, Erzbischof v. Mainz, 40. Aribo, Diakon, 130. Aristoteles s. Arestotiles Armenü 12. Am, Bischof v. Würzburg, 26. Arnoldus (Arnulf v. Kärnten) , Kaiser, 26. Arnoldus I., Bischof v. Speyer, 54. 58. Arnoldus,Arnolfusl.,Bischofv. Worms, 46. 106. 338. Arnoldus, Abt v. Hersfeld, 40. Arnoldus, Lehnsmann Graf Dietmars v. Sachsen, 48. Arnulf v. Kärnten s. Arnoldus (Arnulf III.), Graf v. Flandern, Sohn Ba.lduins VI., 136. 140. 142. Artaxerses (Artaxerxes) I., König v. Persien, 6. Atraxerses (Artaxerxes) III. Ochus, König v. Persien, 6. Asa., König v. Juda, 6. Asa.ph, jüd. Prophet, 6. Asa.rja. s. Ozias Ascafnaburg (Aschaffenburg) 64. Ascanius, König v. Latium, 6. Asenberc, berg (die Hasenburg i. Harz) 194. 196. 212. 216. 322. Asia 8. Assirü (Assyrer) 4. Athalia, Königin v. Juda, 6. Athanasius, Bischof v. Alexandria., 10. Athenae (Athen) 4. Attila, König der Hunnen, 1 50. Augiense monasterium (Kloster Reichenau) 120. 144. 146. 162. 352. ·

Augusta (Augsburg) , Augustensis, 36. 40. 48. 72. 92. 172. 316. 390. 398. 404. 418. Augustinus, Erzbischof(v.Canterbury) , 12. Augustinus, Bischof v. Hippo, 12. Augustus s. Octavianns Aurelianus, Kaiser, 10. St. Aurelius 22 c . Marcus Aurelius Antoninus, Kaiser, 10. Avari (Avaren) 20. Azarias (Asa.rja), jüd. Prophet, 6. Azelinus, Bischof v. Hildesheim, 46. 54. Azephali (Akephaler ), Ketzer, 12. Azzo II. (v. Este), Markgraf v. Italien, 132. 404 . 408. Babenberg (Bamherg) , Babenbergen­ sis, 32. 38-48. 54. 94-98. 104. 1 22. 144. 148. 164. 166. 190. 202. 234. 250. 262-274. 292. 322-328. 348. 352. 354. 364. 392. 402. 408. Babilon 2. Ba.bilonia 4. Ba.bilonü 102. Babilonium regnum (das Kalifat von Bagdad) 102. Baioaria (Bayern) 34. 36. 40. 42. 58. 72. 132. 134. 176. 178. 190. 208. 214. 218. 222. 232. 2§6. 278. 290. 292. 304. 320. 322. 342. 356. 364. 370. 376. 378. 402. Ba.ioa.rü, Ba.iuvarii, Ba.warü, Ba.ioari­ cus 26. 30. 32. 38. 42. 70. 74. 84. 88. 90. 124. 132. 150. 158. 160. 290.314. 350. 376. 402. Ba.ldaricus II., Bischof v. Lüttich, 38. Balduwinus V., Markgraf v. Flandern, 50. 136-140. Balduwinus VI., Graf v. Flandern, 1 . Graf v. Hennegau, 136-142. Balduwinus II., Graf v. Hennegau, Sohn des vorigen, 136. 140. 142. Balthart, Abt v. Hersfeld, 20.

Register Bardo, Abt v. Hersfeld, Erzbischof v. Mainz, 40. 50. 338. Barnabas, Apostel, 12. Basilca (Basel) 156. Basilensis episcopus s. Burchardus Baugolfus, Abt v. Fulda, 20b. Bawarii, Bayern ,s. Baioarii Bazowa s. Patavium Beatrix, Markgräfin v. Tuscien, 52-56. 398. Beda 14. 16. Beheim, Beheimi, s. Boemia, Boemi Bel I., (Bela) , König v. Ungarn, 70. 72. 86. 250. St. Benedictus 20. 1 56. St. Benedicti monasterium s. Casinum Benedictus V., Papst, 32. Benedictus VIII., Papst, 40. Benedictus IX., Papst, 46. Benedictus X. "Lateranensis", Papst, Bischof Johannes v. Velletri, 64. 66. Beneventi (Einw. v. Benevent) 32. Beneventum 18. 24. 48-52. Benno, Bischof v. Meißen, 1 12. 178. 310. 368. Benno I., Bischof v. Osnabrück, 1 12. Benno li., Bischof v. Osnabrück, 1 12. 166. 180. 1 84-188. 230. 392. 40811• 418. Bereugar s. Berngerus Berenger, Graf v. Sangerhausen, 322. Berhta (Bertha) , Gemahlin König Pippins, 18. Berhta (Bertha) , Gemahlin Hein­ richs IV., 1 10. 1 14. 1 18. 1 20. 152. 182. 198. 216. 392. 398. Berhtoldus, Bert(h)oldus (der Bärtige) , Herzog v. Kärnten, 164. 172. 184 bis 188. 202. 204. 218. 234. 280. 314. 350. 376. 396. 418. Berhtoldus, Graf, 36. Berhtoldus v. Meersburg 418. Beringe (Behringen, Kr. Gotha) 286.

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Bern, Graf, 322. Berngerus li. (Berengar v. Ivrea) , König v. Italien, 30. 32. Berngerus, Graf (v. Lahngau) , 24. Bernhardus, Kardinal-Diakon, 422. Bernhardus, Abt v. St. Victor in Marseille, 422. Bernhardus Il., Herzog v. Sachsen, 48. Bernhardus, sächs. Graf, 62. Bernharius, Abt v. Hersfeld, 36. 38. Bernwardus, Bernwart, Bischof v. Hildesheim, 36. 40. Bero, Dienstmann des Grafen Ekbert, 78. Berth- s. Berht­ Besan9Qn s. Bisenzun Bethleem 12. Bibbinus s. Pippinus Bibo (Pibo}, Kanzler des Reichs, Bi­ schof v. Toul, 1 12. 122. 402. Bichelingun (Burg Beichlingen i. Thüringen) 1 16. Bisenzun (Besaru;»n) 394. (Bitburg, nördl. v. Trier) 1 10. Bobbo s. Poppo (Bodo) Boto, Graf, 310. Bodo, Vogt v. Goslar (wahrscheinl. mit dem vorigen identisch) 212. Boemia, Beheim (Böhmen) 36. 42. 308. 310. 370. 376. Boemi(i), Beheimi (die Böhmen) , Boe­ micus 20. 24. 34. 36. 44. 60. 70. 152. 174. 284. 292. 308. 312. 342. 370. 372. 394. (Bole:c'a.v Il.) , Herzog v. Polen, 152, 394. Bolisclaio, Bolislawo (Boleslav II.), Herzog v. Böhmen, 32. 34. St. Bonifacius, -tius, Erzbischof v. Mainz, 14e. 16. St. Bonifacius, Kirche in Fulda, 20. 28. Bonifacius, Markgraf v. Tuscien, 52. 56. 398. Boppo s. Poppo

428

Register

Botfelden (Badfeld a. Harz) 58. Boto s. Bodo Brandenburg, Stadt, 36. Brantho II., Abt v. Fulda, Bischof v. Halberstadt, 38. 40. Bredingen (Frauenbreitungen a. d. Werra) 192. 276. 282. 286. (Bremen) 156, s. Premensis Bretislav s. Prenzlao Brit(t)annia (Britannien) 12. 14. Brittannia (die Bretagne) 20. 22. Brixen s. Prisniensis Brun(o) 8. Papst Gregor V. Brun, Erzbischof v. Köln, 32. Brun, Bruder Heinrichs II., Bischof v. Augsburg, 38. 40. Bruno, Bischof v. Toul, s. Papst Leo IX. Brun, Bischof v. Würzburg, 46. Brun, Graf v. Braunschweig, 62. Brunwart, Abt v. Hersfeld, 24. 26. Brutus (Decimus Junius) 8. Bucco s. Burchardus II. Bulgarii 32. 64. Bun, Abt v. Hersfeld, 22. 24. Bunna (Bann a. Rhein) 28. Burchardus, Bischof v. Basel, 1 56. 346. 392. 418. Burchardus I., Bischof v. Halberstadt, 66. 68. ( Burchardus II.), Bucco, Bischof v. Halberstadt, 70. 76. 176. 178. 184. 278. 284. 300-306. 322. 336. 362 bis 368. Burchardus, Bischof v. Lausanne, 348. 392. 418. St. Burchardus I., Bischof v. Würz. burg 16. Burchardus, Abt v. Hersfeld, II. Bischof v. Würzburg, 28. Burchardus, Propst v. Trier, 262. 300. Burchardus, Herzog v. Thüringen, 26. Burgscheidungen s. Seidingen Burgundia 40. 322. 394. 396.

C und K Cadalenburg (Katlenburg, Kr. Osterode a. Harz) s. Diedericus I. und II. (Cadalus) , Bischof v. Parma, Papst Honoriu8 II., 76. 92. Cadmu8 8. Cathmus Caesar s. Cesar Cain 4. Cainan (Kenan) 4. Kaiserswerth s. Suitberti insula Calabria 36. Calcedonense concilium (Konzil von Chalkedon) 12. Calewo (Calw i. Württemberg) s. Adalberdus v. Calw Caligula s. Gaius Campania (Champagne) 8. Odo II. Kanaan s. Chanaan Canusium (Cano8sa) 40. 402. 406. 420. Capella (ehemal. Darf Kappel i. Hessen, jetzt Grebenau) 190. Capharnaum (Kefr Saba in Palästina) 96-102. Caracalla s. Antoninus C. Carentini, Karendini, Carnotenses (die Kärtner) 42. 62. 64. 72. 122. 1 64. 184. 202. 218. 234. 314. 350. 376. Carisiagum (Quierzy a. d. Oise) 16. Karl s. Carolus Karlmannus, fränk. Hausmeier, Sohn Karl Martells, 16. Karlmannus, fränk. König, Söhn Kö­ nig Pippins, 16. 18. Karlomannus, Sohn Karls d. Gr., s. Pippinus Carmentis, Nymphe, 6. Carnotenses s. Carentini Kärnten s. Carentini

Carolus, Karolus, Karlus: Karoins (Martellus) 14. 16. Karolus Magnus 16-20. 38. 168. Karlus II. (der Kahle) , Sohn Ludwig8 des Frommen, 22-26.

Register Karlus III., (der Dicke} , Sohn Ludwigs des Deutschen, 26. Karlus, Sohn Karls d. Gr. , 20. Karlus, Erzbischof v. Mainz, 24. Carolus, Karolus, Bischof v. Konstanz, 122, 148-156. Carthago 6 Carus, Kaiser, 10 Casinum (Monte CU8sino) 18. 54. 60. Catafrigae (Kataphrygen) , Ketzer, 10. Cathelo, Bischof v. Zeitz, 46. Cathmus (Kadmus} , König v. Theben, 4. Cecrops 4. Celestinus (Coelestinus) I., Papst, 12. Kenbeten (Kempten) 88. Cencius s. Quintins Ceonred s. Cuonrat Cesar s. Julius Chalkedon s. Calcedonense concilium Chaldei 4. Chanaan (Kunaan) 4. Child- s. HildChristiani 10. 12. 18. 96. 102. 150. Cicero 8. (Cilicia) s. Licia Ciprianus (Cyprianus} , Märtyrer, 10. Kirhberc, -berg (Kirchherg b. Fritzlar) 92. 108. Citicensis episcopus (Bischof v. Zeitz) s. Cathelo, Eppo Civis (Gex b. Genf) 396. Civois (Carignan, Dep. Ardennes) 56. Claudius 1., Kaiser, 8. Claudius li., Kaiser, 10. Clemens li., Suitgerus, Papst, 42. 46. 48. Cleopatra, Königin v . .Ägypten, 8. Cloniaca, Cloniacense monasterium (Kloster Cluny) 162. 164. 332. 404. 408. Clotharius s. Lotharius Clusae (Klausen) 396. 402. (Kodomannus) s. Darius III.

429

Coelestinus s. Celestinus Colonia (Köln) 50. 74. 1 14. 1 34. 136. 1 56. 204. 236-248. 252. 330. 340. 350. Coloniensis, -es 40. 42. 50. 54. 56. 74. 76. 84-90. 94. 106. 1 10. 122. 142. 152. 158. 162. 1 64. 194. 198. 200. 214-218. 222. 236. 244. 246. 252. 254. 284. 328. 330. 336-342. 350. 360. 392. Commodus, Kaiser, 10. Konrad s. Cuonradus Constans 1., Kaiser, 10. (Constans li.), Kaiser, 12. (Dort irr­ tüml. ConstantinuBJ . St. Constans v. Trier 160. (Constantia, Konstanz) Constantinen­ sis 50. 64. 122. 148. 150. 152. 156. 348. Constantinopolis, Urbs regia, 10-14. 52. 54. 138. Constantinopolitanus, -i 52. 54. 138. Constantinus I. (der Große) , Kaiser, 10. Constantinus III., Kaiser, Sohn des Heraclius, 12. Constantinus IV., Kaiser, Sohn von Constans li., 12. (Dort irrtüml. Sohn des Constantinus genannt.) Constantinus VI. Kaiser, 18. (Constantinus IX. Monomachus), Kaiser, 52. 54. Constantius I., Kaiser, 10. St. Constantius v. Trier 160. Corbeia Nova (Kloster Oorvey) , Cor­ beiensis, -e, 22. 46. 68. 88. 90. 1 34. 198. 214. 216. Kornelimünster s. Endan Cornelius, Märtyrer, 10. Cosheim (Godesheim) s. Uodalricus de c.

Coun- s. CuonCraft, Bischof v. Meißen, 1 10. 1 1 2. St. Crescentius v. Trier 160. Crescentius li., römischer Adliger, 38. Cresus (Croesus) 1 54.

430

Register

Cumensis episcopus (Bischof v. Como) s. Rainaldus Cuonigunda, Cuonigunt (Kunigunde) , Gemahlin Heinrichs Il., 40. (Kunigunde, Gemahlin des Markgrafen Azzo Il. v. Este) 1321• Cuono, Erzbischof v. Trier, UO. Cuono (Konrad lii.) , Herzog v. Kärn­ ten, 62. 64. Cuonradus I., deutscher König, 26. 28. Cuonradus Il., deutscher König, I. Kai­ ser, 40. 42. Counradus, Sohn Heinrichs IV., Her­ zog v. Niederlothringen, später Kö­ nig K. III., 216. 342. 350. 392. 414. Cuonrat (Ceonred) , König v. Mercia, 14. Cu(o)nradus, Herzog v. Bayern, Sohn Heinrichs III., 58. 72. 234. Counradus, Cunradus I., Bischof v. Speyer, 58. 70. Counradus, Bischof v. Utrecht, 352. Cuonradus (Konrad d. Rote) , Herzog v. Lothringen, 28. 30. Cuonrat, fränk. Graf, Vater Konrads I., 26. Cuonradus I., Graf v. Lützelburg, 382. Cuonradus, sächs. Graf, 180. Curiensis episcopus (Bischof v. Chur) s. Heinricus Cyprianus s. CiprCyrillus, Patriarch v. Alexandria, 12. (Dagobertus) , Tagobertus I., fränk. König, 14a. Dagoberdus, Tagebertus ill . , fränk. Kön!g, 14. 14a. (Damasus li.), Papst, Bischof Poppo v. Brixen, 48. Damiani s. Petrus D. Dani (Dänen) 20. 32. 147. 200. 282. Danubius (D()'11.(1,u) 364. Darius I., König v. Persien, 6. Darins li. Nothus, König v. Persien, 6.

Darius III. (Kodomannus), König v. Persien, 8. David, j üd. König, 2. 6. Debbora (Debora) , jüd. Richterin, 4. Decius, Kaiser, 10. Dedi, Pfalzgraf v. Sachsen, 58. Dedi, Markgraf v. Sachsen, l l4-l l8. 150. 178. 184. 262. 312. 378. Dedi d. Jüngere, Sohn des vorigen, l l8. 150. Demetrius (Isjaslav I.) , russischer Kö­ nig, 262, 300. Demosterres (Demosthenes) 6. Desiderius, König der Langobarden, 18. (Deutsch-Altenburg) in Ungarn 44. Dido, Königin v. Karthago, 6. Died-, Diet- s. DiotDiocletianus, Kaiser, 10. St. Dionisii monasterium (Kloster des hl. Dionysius, St. Denis b. Paris) 18. 20. 34. Dyonisius (Dionysius) , König v. Ägypten, s. Ptolemeus XI. Dyonisius (Dionysius Exiguus) 12. Dioscorus (Dioskuros) , Ketzer, 12. Diet-, Died-, Diot-, Thiod-, Thid­ Dietericus, Bischof v. Konstanz, 50. Diedericus, Bischof v. Verdun, 218. 390. 400. Diodericus, Abt v. Stablo, 142. 144. Diodericus, Herzog v. Oberlothringen, 218. 314. Diodericus, Thidericus, Graf v. Hol­ land, IV. Markgraf v. Friesland, 48. 138. (Diedericus), Sohn des Grafen Gero v. Brehna, 354. 370. 376. Diodericus I., Graf v. Katlenburg, 58. Diederleus li., Graf v. Katlenburg, 180. 322. 352. Diedericus, Graf, Vogt der Trierer Kir­ che, UO. Diedo, Bischof v. Würzburg, 28.

Register Thiodo, Abt v. Fulda, 24. Diothardus, Diethart I., Abt v. Hers­ feld, 26. 28. Diothardus, Diethardus II., Abt v. Hersfeld, Bischof v. Hildesheim, 28. Diotmarus, Bischof v. Hildesheim, 42.

46. Dietmarus, sächs. Graf, 48. Dietwinus, Bischof v. Lüttich, 142.

284. 300. Doleienae monasterium (Kloster Tholey, Diöz. Trier) HO. Domicianus, Kaiser, 8. Dornburg (a. d. Saale ?) 32. Druogo, Abt v. Hersfeld, 26. Drutmarus, Abt v. Corvey, 46. Dyonisius s. DionEber, Ebrei s. HebEberhardus, Erzbischof

v.

Trier, 108.

338. Eppo, Bischof v. Augsburg, 40. 48. Eberhardus, Eberhart, Bischof v. Bam­ berg, 38. 42. Eppo, Bischof v. Zeitz (und Naum­ burg), 46. 48. 70. 72. 166. 180. 184 bis 1 88. 218. 230. 360. 370. 372. 392.

408. 412. 418. Eberhardus, Herzog v. Franken, 28. Eberhart, fränk. Graf, Oheim König Konrads I., 26. Eberhardus III., Graf v. Nellenburg,

134. 172. 194. 290. 346. 348. 392. 418. Eberhardus, Sohn des vorigen, 194. 290. Eberhardus,DienstmannHeinrichsiV.,

378-382. Ecberdus s. Egberdus Echternach s. Eidernachen Eckart s. Eggihardus Edith s. Etheit Edom 6. Eidernachen (Echterrw,ch, Diöz. Trier)

72. Effesina sinodus s. Ephesus

43 1

St. Egbertus 14. Egberdus, Ekebertus, Abt v. St. Mi­ chael in Bamberg, 148. 264. Ecberdus, Ekbertus, Eppo, Abt v. Ful­ da, 48. 64. Eggeberdus, Abt v. Schwarzach, 326. Ecberdus, Ecbertus, Graf v. Braun­ schweig, I. Markgraf v. Meißen, 62.

74-78. l l2. 376. Ecbertus, Egbertus II., Markgraf v. Meißen, Sohn des vorigen, 1 12. 180.

376. Egen, Egenen (Egino) 124. 126. 158.

214. 222.

Eggihardus (Eckart) 1., Markgraf v. Meißen, 38. Eggihardus (Eckart) II. Markgraf v. Meißen, 46. Egil, Abt v. Fulda, 22 a. Egilolf(us), Abt v. Hersfeld, 30, 32. Egiptii (Ägypter) 4. 264. Egiptus (Ägypten) 4-8. 12. Ehud s. Aoth Eichstätt s. Einstatenais Eilbertus, Bischof v. Minden, 178. Eilbertus, Bischof v. Pa.ssa.u , 104. Einhardus, Einhart, Heinhardus, Bischof v. Speyer, 70. l l2. Einstatenais (von Eich8tätt) 44. 52. 60. Ekbertus s. EgbElbe s. Albia Elenen (Oberellen b. EiBenach) 286. Eli- s. HeliElius Pertinax (Helvius P.) , Kaiser, 10. Ellenbure (Nellenburg b. Stockach) s. Eberhardus (EI!enhard, Bischof v. Freising) 218. Elon s. Aialon Elsaß s. Alsa.tia. Embricho, Bischof v. Augsburg, 92.

218. 222. 3 16-320. Endan abbatia (Abtei Kornelimünater, Diöz. Köln) 88. Eneas (Aeneaa) 6.

432

Register

Engelhardus, Erzbischof v. Magdeburg, 50. 68. Engilbertus, bayr. Graf, 290. Enoch (Henoch) 4. Enos 4. Ephesus 8. Synode 12. Epiphanes, König v. Ägypten, s. Ptolemeus V. Eppo s. Eberhardus und Ecbertus Equitania (Aquitanien) 18. Eraclius (Heraclius) , Kaiser, 12. Eradonas (Heracleonas) , Kaiser, 12. Eresburg 18. Erfurt s. Erphesfurt Ericthonius (Erichthonius) 4. Erkenbaldus, Abt v. Fulda, Erzbischof v. Mainz, 38. 40. Erminigildus, König der Goten, 12. Ernost (Ernst) , Markgraf v. Österreich, 290. Err.ost (Ernst) , Graf, 24. Erphesfurt, -furd, Erphordia (Erfurt) 14 c. 22 d. 24 a. 28. 42 a. 166. 194. 258. 260. 296. Erpho, Abt v. Siegburg, 332. Esaias (Jesaja), Prophet, 6. Eschenewege,Heschenewege (Eschwege a. d. Werra) 128. 130. 188. 300. Esdras (Esra), jüd. Priester, 6. Etheit (Edgitha, Edith) , Gemahlin Ottos I., 28. (Ethelinda) , Gemahlin Herzog Welfs I. v. Bayern, 132. Euergetes s. Ptolemeus III. und VII. Eustachius II., Graf v. Boulogne, 350. Ezechias (Hiskia), König v. Juda, 6. Ezzo, Bischof v. Oldenburg i. Holstein, 216. Fabianus, Bischof v. Rom, 10. Faleh (Phaleg, Peleg) 4. Fardolfus, Abt v., St. Denis, 20. Fastrat, Vastrath (Fastrada) , Gemahlin Karls d. Gr., 18. 20.

Feliciana heresis (Felicianische Irr­ lehre) 20. lfiladelphus (Philadelpht\8) s. Ptole­ meus II. Filius Heiurici IV. (Sohn H.'s I V., gleich nach d. Geburt gestorben) 152. 234. Flandria (Flandern) , Flandrensis, 136 bis 142. 348. Fleerdingen ( Vlaardingen a. d. Maas­ mündung) 48. Florentia (Florenz) , Florentinus 64. 66. Florentins I., Graf v. Friesland und Holland, 138. Focas (Phokas) , Kaiser, 12. Folcmarus, Erzbischof v. Köln, 32. (Folkmar, sächs. Adliger) 2926• Foreoheim (Forchheim) 418-422. Franci (Franken) 14-18. 22. 56. 140. 142. 422. Francia 18. 20. 26. 32. 34. Francia Teutonica (Deutschland) 378. (Franco) , Vogt v. Köln, 236. Franconofurt, Frankonofurt (Frankfurt) 20. 22. 1 18. .l