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German Pages [376] Year 2014
ALEXANDER BERNER
KREUZZUG UND REGIONALE HERRSCHAFT Die älteren Grafen von Berg 1147–1225
2014 · BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Erzbistums Köln sowie des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR)
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar. Umschlagabbildung : Ausschnitt aus: „Aufbruch z. Kreuzzuge unter Adolf III. v. Berg Mai 1217“ (Claus Meyer, 1901), © Georg Ahlmann
© 2014 by Böhlau Verlag GmbH & Cie , Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1 , D-50668 Köln , www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat : Frank Schneider, Wuppertal Gesamtherstellung : WBD Wissenschaftlicher Bücherdienst , Köln Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-22357-1
INHALT VORWORT ..............................................................................................
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1 EINLEITUNG .. ..................................................................................... 11 1.1 Eine Dynastie in einem Raum: Der Untersuchungsgegenstand .................... 11 1.2 Aufbau der Untersuchung ................................................................ 26 2 DER NORDWESTEN DES REICHS ALS EMERGENZRAUM DER KREUZZUGSBEWEGUNG CA. 1096 – 1230 ........................................ 2.1 Heilig Land-Pilgerfahrten vor den Kreuzzügen ........................................ 2.2 Der Erste Kreuzzug 1096 – 1101 ........................................................ 2.3 Der Zweite Kreuzzug 1147 – 1149 ...................................................... 2.4 Der Dritte Kreuzzug 1189 – 1191 ....................................................... 2.5 Der Kreuzzug Heinrichs VI. 1197/98 und der Vierte Kreuzzug 1202 – 1204 .. ... 2.6 Der Fünfte Kreuzzug 1217 – 1221 ...................................................... 2.7 Der Kreuzzug Friedrichs II. 1227 – 1229 .. .............................................. 2.8 Zusammenfassung ......................................................................... 3 DIE GRAFEN VON BERG ALS POLITISCHE AKTEURE . . ................................ 3.1 Die Anfänge der Grafen von Berg ....................................................... 3.2 Der Aufstieg der Berger unter Graf Adolf II. ........................................... 3.2.1 Abt und Erzbischof: der geistliche Zweig der Familie ...................... 3.2.2 Die weitere Entwicklung der Grafschaft Berg vor dem Hintergrund der Beziehungen zu Kölner Erzbischöfen und Reich ....................... 3.2.3 Friedrich II. von Köln: ein Erzbischof im Dienst der Familie ............... 3.2.4 Die Vorbereitung der Nachfolge Graf Adolfs II. ............................. 3.3 Konsolidierung und Expansion: Graf Engelbert von Berg und seine Brüder ..... 3.3.1 Engelbert von Berg und die Erzbischöfe von Köln ......................... 3.3.2 Das Verhältnis Engelberts zu Friedrich I. Barbarossa .. ..................... 3.3.3 Bruno II. von Berg – nur ein Platzhalter für Adolf von Altena? .......... 3.3.4 Adolf der Ältere von Berg .. ..................................................... 3.4 Adolf III. von Berg: Auf dem Höhepunkt bergischer Herrschaftsentfaltung ...... 3.4.1 Das Verhältnis Adolfs III. von Berg zu den Erzbischöfen von Köln, oder: Konflikte in Konflikten – zur Positionierung des bergischen Grafenhauses in den verschiedenen Konfliktlagen während des Thronstreits 1198 – 1215 .......................................................
31 35 36 42 47 53 57 60 63 65 65 69 72 74 82 91 93 102 105 108 120 121
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Inhalt
3.5 Engelbert I. von Köln: Erzbischof und letzter Herr der Grafschaft Berg aus der älteren Linie derer von Berg ............................ 147 3.6 Zusammenfassung ......................................................................... 157 4 SPIRITUELLE GRUNDLAGEN BERGISCHER KREUZZUGSTEILNAHMEN: DIE ZISTERZIENSER, DIE GRAFEN VON BERG UND DIE KREUZZUGSBEWEGUNG ................................................................ 4.1 Die Zisterzienser, das Heilige Land und die Kreuzzugsbewegung ................. 4.2 Die Zisterzienser und die Grafen von Berg . . ........................................... 4.2.1 Personelle Verbindungen . . ...................................................... 4.2.2 Institutionelle Verbindungen ................................................... 4.2.3 Die ‚Klosterverwandtschaft‘ Altenbergs ...................................... 4.2.4 Zusammenfassung ............................................................... 5 DIE KREUZZUGSTEILNAHMEN DER ÄLTEREN GRAFEN VON BERG .............. 5.1 Adolf von Berg iunior ...................................................................... 5.2 Engelbert I. .................................................................................. 5.2.1 Eine weitere mögliche Verbindung zur Kreuzzugsbewegung: Engelbert I. und die Johanniter ................................................ 5.2.2 Die Kreuzzugsteilnahme Engelberts I. als Indikator hoher Finanzkraft . 5.2.3 Die Geschäfte Engelberts I. im Vorfeld des Kreuzzuges im Licht der politischen Verhältnisse am Niederrhein ..................................... 5.2.4 Zusammenfassung ............................................................... 5.3 Adolf der Ältere und die Gründung des Deutschen Ordens ........................ 5.4 Adolf III. und Dompropst Engelbert von Berg als Teilnehmer des ‚Albigenserkreuzzugs‘ ..................................................................... 5.4.1 Adolf III., die Abtei Siegburg, der Ritter Bonifacius und der Zehnt zu Gymnich ........................................................... 5.4.2 Zum strategischen Beitrag der bergischen Grafen ......................... 5.4.3 Der Niederschlag des Albigenserkreuzzugs in der bergischen Memorialüberlieferung .......................................................... 5.5 Adolf III. und der Fünfte Kreuzzug ...................................................... 5.5.1 Zur Kreuznahme 1215 .......................................................... 5.5.2 Kreuzzugsvorbereitungen . . ..................................................... 5.5.3 Die Zusammensetzung des Kreuzzugskontingents vom Frühjahr 1218: ein Ergebnis reichspolitisch gleicher Positionen? .
163 164 169 169 176 179 182 185 186 191 193 196 202 204 205 209 211 219 231 233 234 238 246
Inhalt
5.5.4 Adolf III. als Anführer der niederrheinischen und friesischen Kontingente bei der Belagerung Damiettes – warum ausgerechnet Adolf? ................................................... 5.5.5 Adolf von Berg als Kommandeur vor Damiette: taktisches Vorgehen und plötzlicher Tod ..................................... 5.5.6 Adolf und seine Begleiter vor Damiette – Beleg für eine starke Ministerialität oder für weitreichende politische Verflechtungen? ...... 5.5.7 Zu Kontext und Resonanz der Urkunde zugunsten des Deutschen Ordens . . .............................................................. 5.5.8 Zusammenfassung ............................................................... 5.6 Erzbischof Engelbert von Köln und die Kreuzzugsbewegung ......................
251 258 260 291 293 294
6 WAS BLIEB? ZU DEN RÜCKWIRKUNGEN DER BERGISCHEN KREUZZUGSTEILNAHMEN .......................................... 301 7 ZUSAMMENFASSUNG ......................................................................... 313 8 VERZEICHNISSE .. ................................................................................ 8.1 Abbildungsverzeichnis ..................................................................... 8.2 Verzeichnis häufig genutzter Abkürzungen ............................................ 8.3 Quellenverzeichnis ......................................................................... 8.4 Literaturverzeichnis .. .......................................................................
323 323 323 323 330
9 REGISTER .......................................................................................... 359 9.1 Ortsregister .................................................................................. 359 9.2 Namensregister ............................................................................. 365
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VORWORT Die vorliegende Studie ist die überarbeitete und geringfügig erweiterte Version einer Arbeit, die im Herbst 2013 von der Fakultät für Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen wurde. Besonderen Dank schulde ich Herrn Prof. Dr. Nikolas Jaspert, der als Betreuer und Erstgutachter das Fortschreiten der Arbeit stets hilfreich und engagiert begleitet hat. Herr Prof. Dr. Stefan Tebruck war gerne bereit, das Zweitgutachten zu übernehmen – dafür sei auch ihm herzlich gedankt. Zahlreiche Institutionen und Personen haben auf unterschiedliche Weise dazu beigetragen, dass die Studie „Kreuzzug und regionale Herrschaft: die älteren Grafen von Berg 1147 – 1225“ ihren Abschluss finden und nun als Buch erscheinen konnte. Der Research School der Ruhr-Universität Bochum, dem Käthe Hamburger Kolleg „Dynamiken der Religionsgeschichte zwischen Asien und Europa“ sowie der Wilhelm und Günter Esser Stiftung verdanke ich die finan zielle Unterstützung, ohne die eine Fertigstellung der Arbeit in einem absehbaren Zeitraum nicht zu leisten gewesen wäre. Die Druckkosten wurden zu erheblichen Teilen vom Landschaftsverband Rheinland sowie der Erzbistum Köln übernommen. Dorothee Rheker-Wunsch danke ich für die Aufnahme des Titels in das Programm des Böhlau-Verlags, Julia Beenken für die dortige Betreuung. Stete Ermutigung und konstruktive Kritik verdanke ich meinen Kollegen und Freunden in Bochum, namentlich Matthias Bley, Daniel Brauch, Stephanie Caspari, Dr. Dirk Jäckel, Dr. Marc von der Höh, Kathrin Kelzenberg, Robin Köhler, Dr. Jens Lieven, Mirjam Reitmayer und Wolf Zöller. Zudem war es mir Hilfe und Freude, mich mit Albrecht Brendler über ausgewählte Probleme der bergischen Geschichte auszutauschen. Zu außerordentlichem Dank bin ich Dr. Miriam Czock verpflichtet, die das Manuskript in Gänze gelesen hat. Ihre kompetente und humorvolle Hilfe in allen Lagen war mir zusätzliche Unterstützung und Motivation. Ohne den Rückhalt meiner Ehefrau Annika hätte diese Studie nie fertiggestellt werden können. Ihr unermüdlicher und entbehrungsreicher Einsatz für unsere Familie bis über die Grenzen der Zumutbarkeit hinaus schuf mir den nötigen Freiraum, die Forschungen voranzutreiben. Ihr gebührt der größte Dank, und ihr sei dieses Buch gewidmet. Bochum, im Juni 2014 Alexander Berner
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EINLEITUNG
1.1 EINE DYNASTIE IN EINEM RAUM: DER UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND
Im Solinger Stadtteil Burg thront hoch über der Wupper Schloss Burg, die größte rekonstruierte Burganlage Nordrhein-Westfalens. Betritt man den an der Wende zum 20. Jahrhundert restaurierten ‚Rittersaal‘ der Anlage, so erblickt man gegen den Uhrzeigersinn angeordnet zehn a fresco angefertigte Historiengemälde, die zentrale Episoden bergischer Geschichte zeitlich aufeinanderfolgend darstellen. Acht dieser zehn Gemälde befassen sich – passend zu dem ‚mittelalterlichen‘ Umfeld der Bilder – mit den Grafen und Herzögen von Berg im Mittelalter, deren Stammsitz die Burg bis um 1385 war.1 Das erste Gemälde zur Rechten des Eingangs behandelt den nach 1133 begonnenen Bau dieses ‚neuen Berges‘ (novum castrum, auch novus mons), wie die Feste in Abgrenzung zu dem den Zisterziensern überlassenen ‚alten Berg‘ (veteris mons) genannt wurde. Daran schließt sich ein Werk an, das die vorliegende Untersuchung wesentlich angestoßen hat, nämlich „Aufbruch z. Kreuzzuge unter Adolf III. v. Berg Mai 1217“ von Claus Meyer. Der Maler, Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie 2, wählte als Motiv eine Abschiedsszene. Im Vordergrund blickt eine Frau aufbrechenden Reitern und Fußsoldaten nachdenklich und sorgenvoll nach, die durch Wappen und Fahnen als bergische Kreuzfahrer gekennzeichnet sind. Währenddessen schmiegt sich ein Kleinkind, offenbar ihr Sohn, ängstlich an ihr Gewand. An der drückenden Stimmung der Darstellung ändert auch der zuversichtliche Gruß der scheidenden Kreuzfahrer, allen voran des bergischen Grafen, nichts. Dem Betrachter drängt sich der Eindruck auf, das hier nicht der Beginn einer zeitlich begrenzten Trennung der bergischen Grafenfamilie abgebildet wird, die mit der glücklichen Heimkehr der Pilger endet. Die Bildsprache artikuliert vielmehr ein trauriges Lebewohl. Neben der eindringlich vermittelten Stimmung beeindruckt das Kunstwerk durch ein überlegtes Arrangement, denn es umfasst ein Spitzbogenfenster, wodurch es dem Betrachter ermöglicht 1
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Die Umwandlung Düsseldorfs in eine herzögliche Residenz begann unmittelbar nach der Erhebung Graf Wilhelms II. von Berg in den Reichsfürstenstand im Jahr 1381. Kolodziej, Axel: Herzog Wilhelm I. von Berg: 1380 – 1408, Neustadt a. d. Aisch 2005 (Bergische Forschungen 29), S. 75 – 81; Janssen, Wilhelm: Residenzbildung am Niederrhein und das Schloß zu Düsseldorf, in: Düsseldorfer Jahrbuch 71 (2000), S. 13 – 25, S. 21. Staatliche Kunsthalle Karlsruhe (Hg.): Kunst in der Residenz. Karlsruhe 1990, S. 389.
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| Einleitung
wird, die Perspektive der dargestellten Frau nachzuvollziehen, die ihrerseits den Kreuzfahrern durch die gemalten Arkadenbögen nachblickt. Bei der gezeigten Szene ist, entgegen der Beschriftung im Rittersaal, nicht an den Abschied Graf Adolfs III. von Berg zu denken, der im Frühjahr 1218 nach Ägypten aufbrach, sondern an die Abreise Graf Engelberts von Berg, der seine Gemahlin Margarethe von Geldern (und auch seinen zweiten, im Kindesalter befindlichen Sohn Engelbert) im Jahr 1189 in der Heimat zurückließ, um sich dem Kreuzzug Kaiser Friedrichs I. anzuschließen. Nur auf diese Personenkonstellation ist die Darstellung anwendbar.3 Die auf dem Gemälde gezeigten Personen gehören zu den Protagonisten der vorliegenden Untersuchung, denn es sollen die älteren Grafen von Berg im Mittelpunkt der folgenden Seiten stehen. Das Motiv des Bildes entspricht zudem einem Aspekt der Fragestellung, unter der diese Dynastie bearbeitet werden soll: Der Fokus des Freskogemäldes liegt auf der Darstellung der Daheimgebliebenen. Die vorliegende Arbeit verfolgt einen ähnlichen Ansatz. Sie fragt nach der Bedeutung der Heimatregion der Kreuzfahrer für die Kreuzzüge sowie den Rückwirkungen der Kreuzzüge auf die Heimatregion, widmet sich also primär dem reziproken Verhältnis von Kreuzzügen und der Heimat der Kreuzfahrer. Die Heimatregion der älteren Grafen von Berg beschränkte sich nicht nur auf ihren eigenen rechtsrheinischen, zwischen Sieg und Ruhr bis nach Westfalen reichenden Herrschaftsschwerpunkt. Durch Streubesitz sowie verwandtschaftliche und politische Verbindungen erweiterte sie sich erheblich in alle Himmelsrichtungen. Die in dieser Arbeit untersuchte Region muss – als historisch gewachsenes, politisch, sozial, wirtschaftlich, rechtlich und kulturell spezifisches Phänomen – von anderen Räumen abgegrenzt werden. Dieser Umstand wirft die Frage nach der Beschaffenheit ihrer Grenzen auf.4 Es soll vermieden werden, in ihr ein Konstrukt zu verstehen, das ausschließlich geographisch, also als Container, gedacht ist, denn das birgt die Gefahr der Beliebigkeit. Doch welcher Ansatz zur Begrenzung ist praktikabel? Territoriale oder politische Grenzen taugen nicht für den hier verfolgten Ansatz, denn sie waren im Hohen Mittelalter längst nicht klar definiert. Auch Räume, die anhand von natürlichen 3 4
Zur Genealogie der Grafen von Berg siehe die Stammtafel auf S. 66. Einen Überblick über die jüngsten Forschungstendenzen zu Grenzen gibt Jaspert, Nikolas: Grenzen und Grenzräume im Mittelalter: Forschungen, Konzepte und Begriffe, in: Ders. / Herbers, Klaus (Hgg.): Grenzräume und Grenzüberschreitungen im Vergleich. Der Osten und der Westen des mittelalterlichen Lateineuropa, Berlin 2007 (Europa im Mittelalter 7), S. 43 – 72.
Eine Dynastie in einem Raum |
Gegebenheiten konstruiert werden, wie beispielsweise die Region zwischen Maas und Rhein als „europäischer Kernraum“5, helfen hier nicht weiter, weil dieses Konzept eine geographische Trennschärfe suggeriert, die sich im Leben der Menschen beispielsweise zu beiden Ufern des Niederrheins nicht unbedingt widerspiegelte. Der Rhein trennte nicht nur, sondern er verband gleichermaßen. Die landes- und regionalgeschichtliche Forschung hat zahlreiche Entwürfe zur Konturierung historischer Landschaften erarbeitet. Für den Nordwesten des Reichs hilfreich, aber in einzelnen Punkten sicher diskutabel sind die Konzepte von Peter Moraw, der den Niederrhein als „politische Landschaft“ zwischen Eifel, dem niederländisch-belgischen Raum und Friesland ausmachte 6, sowie Dieter Geuenich, der sehr reflektiert den Vorschlag machte, den Niederrhein als homogenen Kulturraum zu sehen.7 Hier sollen weder die bestehenden Konzepte kritisiert noch neue Zugänge entwickelt werden.8 Wichtig ist, dass die 5
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Für andere Forschungsansätze ist diese Konstruktion umso wertvoller: Irsigler, Franz: Zentrum, Grenze und Achse als Elemente einer historischen Raumtypologie, in: Ders. (Hg.): Zwischen Maas und Rhein. Beziehungen, Begegnungen und Konflikte in einem europäischen Kernraum von der Spätantike bis zum 19. Jahrhundert. Versuch einer Bilanz, Trier 2006 (Trierer historische Forschungen 61), S. 11 – 26. Moraw, Peter: Regionen und Reich im späten Mittelalter, in: Matheus, Michael (Hg.): Regionen und Föderalismus. 50 Jahre Rheinland-Pfalz, Stuttgart 1997 (Mainzer Vorträge 2), S. 9 – 29, S. 24. Zur berechtigten Kritik Groten, Manfred: Das Reich im Rheinland (12.-14. Jahrhundert), in: Ders. (Hg.): Die Rheinlande und das Reich. Vorträge gehalten auf dem Symposium anlässlich des 125-jährigen Bestehens der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Düsseldorf 2007 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. Vorträge 34), S. 45 – 70, S. 45f. Geuenich, Dieter: Vorwort, in: Ders. (Hg.): Der Kulturraum Niederrhein 1: Von der Antike bis zum 18. Jahrhundert, Bottrop 1996, S. 7 – 10. Für das Rheinland verweise ich beispielhaft auf Janssen, Wilhelm: Rheinland – Begriff und Sache. Eine Skizze, in: Duchhardt, Heinz / Reinsinghaus, Wilfried (Hgg.): Stadt und Region. Internationale Forschungen und Perspektiven. Kolloquium für Peter Johanek, Köln 2005 (Städteforschung A 65), S. 31 – 42; Geuenich, Dieter: Landesgeschichte – Regionalgeschichte – „Rheinische Geschichte“, in: Kortländer, Bernd / Grimm, Gunther E. (Hgg.): „Rheinisch“: Zum Selbstverständnis einer Region, Düsseldorf 22005 (HeinrichHeine Institut Düsseldorf: Archiv, Bibliothek, Museum 9a), S. 9 – 21; Mölich, Georg: Regionale Geschichtskultur ohne Geschichtsraum? Anmerkungen zum rheinischen Selbstverständnis in historischer Perspektive, in: Kortländer, Bernd / Grimm, Gunther E. (Hgg.): „Rheinisch“: Zum Selbstverständnis einer Region, Düsseldorf 22005 (HeinrichHeine Institut Düsseldorf: Archiv, Bibliothek, Museum 9a), S. 23 – 28; für den Niederrhein im Spätmittelalter sehr differenziert Scheler, Dieter: „Die niederen Lande“: Der Raum des Niederrheins im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Geuenich, Dieter
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| Einleitung
historische Region als Forschungsobjekt diskutiert wird, das letzte Wort also noch längst nicht gesprochen ist. Praktikabel erscheint die von Manfred Groten pointiert formulierte grundsätzliche Definition von Regionen als „politische Interaktionssysteme mittlerer Größenordnung (…), die ihrerseits kleinräumigere Untersysteme aufweisen und in größere Zusammenhänge eingebettet sein können“.9 In die gleiche Richtung dachten Nils Bock, Georg Jostkleigrewe und Bastian Walter in ihrem einführenden Aufsatz über politische Grenzen als Faktum und Konstrukt: „Die verschiedenen politischen Akteure dieses Raums [d. i. lothringisch-niederländisches Grenzgebiet, A. B.] hatten tagtäglich mit einer Grenze zu tun, die angesichts des Fehlens einer dominanten Zentralmacht überhaupt nur durch ihr eigenes Handeln fühl- und sichtbar gemacht wurde – und doch zugleich auf eben dieses Handeln zurückwirkte.“10 Die Feststellungen von Groten einerseits und Bock, Jostkleigrewe und Walter andererseits führen in die richtige Richtung, indem sie die Akteure als konstituierende Elemente eines Handlungsraums begreifen. Die in dieser Studie untersuchten Akteure sind die älteren Grafen von Berg, und ihr schwerpunktmäßiger geographischer Handlungshorizont bildet die räumliche Grenze des Raums. Die Mehrzahl derjenigen Quellen, die uns über den Aktionsradius der Berger unterrichten, ist zum einen diplomatischer Natur, zum anderen hat sie narrativen Charakter. Vor allem Urkunden berichten uns über Herrschaftsakte, während die Geschichtsschreibung die Taten der bergischen Grafen als Träger der Herrschaft unter ihresgleichen – zu denken ist diesbezüglich an Fehden, dynastische Eheschließungen o. Ä. – überliefert. Deshalb ist Herrschaft die geeignete Kategorie, um einen historisch sinnvollen analytischen Raum zu konstruieren: In der Gestaltung durch ihre Inhaber wird sie auf den verschiedenen Ebenen von politischen, wirtschaftlichen , rechtlichen oder religiösen Beziehungen konkret und sichtbar. Daher eignet sich Herrschaft zudem, um anhand ihrer Gestaltung die Wirkung der Kreuzzüge innerhalb einer Region nachzuvollziehen. Weil die älteren Grafen von Berg in Westfalen und am Niederrhein, von Lüttich bis Geldern aktiv waren, kann der Raum, den diese Dynastie mitprägte, grob
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(Hg.): Der Kulturraum Niederrhein 1: Von der Antike bis zum 18. Jahrhundert, Bottrop 1996, S. 93 – 114, S. 93 – 107. Dort jeweils weitere Literatur. Groten: Das Reich im Rheinland, S. 45. Bock, Nils / Jostkleigreve, Georg / Walter, Bastian: Politische Grenzen als Faktum und Konstrukt, in: Dies. (Hgg.): Faktum und Konstrukt. Politische Grenzziehungen im Mittelalter: Verdichtung – Symbolisierung – Reflexion, Münster 2011 (Symbolische Kommunikation und Gesellschaftliche Wertesysteme 35), S. 9 – 26, S. 11.
Eine Dynastie in einem Raum |
als Nordwesten des Reichs bezeichnet werden, wenngleich – wie gesagt – der Herrschaftsschwerpunkt der Berger im niederrheinisch-westfälischen Bereich lag. Der Ansatz, die Kreuzzüge an die Herkunftsregionen der Kreuzfahrer rückzubinden, ist nicht neu. Es existieren einige vorzügliche Vorarbeiten, die das wissenschaftlichen Potenzial der Methode bereits unter Beweis gestellt haben: Als sich Christopher MacEvitt in seinem 2008 erschienenen Buch über die Beziehungen zwischen ‚Franken‘ und Ostchristen in den Kreuzfahrerherrschaften 11 mit den in der Forschung diskutierten ideologischen Grundlagen der Kreuzzüge beschäftigte, machte er eine außerordentlich interessante begriffliche Unterscheidung: Während er den Terminus ‚crusader‘ nur für die Protagonisten der Kreuzzüge benutzen wolle, die tatsächlich selbst einen Kreuzfahrereid geleistet oder im Gefolge eines Herrn gekämpft hatten, der sich eidlich dem Kreuzzug verpflichtet hatte, verwende er die Bezeichnung ‚Franks‘ für die westlich-lateinischen Bewohner der Kreuzfahrerherrschaften.12 Der Auslöser dieser Überlegung bestand in dem seiner Meinung nach missverständlichen Gebrauch des Begriffs ‚crusader state‘ für die christlichen Fürstentümer in der Levante, denn deren dauerhafte Bewohner waren eben keine Kreuzfahrer. Der Begriff ‚crusader state‘ passe viel besser auf einen Staat, der zahlreiche Kreuzfahrer hervorgebracht habe – „By that definition the true crusader state was the kingdom of France under Louis IX, not the Frankish principalities of Outremer.“13 Dieser Distinktion MacEvitts ist unbedingt zuzustimmen, zumal sie in all ihrer Prägnanz den Blick des Historikers darauf lenkt, dass die Kreuzfahrer ausschließlich den verschiedenen Gesellschaften und Räumen des westlich-lateinischen Mittelalters entstammten. Dort entwickelte sich der Kreuzzugsgedanke, und auch die Praxis der Kreuzzüge nahm dort ihren Anfang. Diese – nur vermeintlich banale – Feststellung ist von entscheidender Wichtigkeit, wenn man danach fragt, ob und inwiefern diese Gesellschaften und Räume die Kreuzzüge geprägt haben. Bestimmte Spezifika einer Region – wie beispielsweise verwandtschaftliche Verbindungen oder Herrschafts- und Machtkonstellationen – spiegelten sich möglicherweise in den Kreuzzügen wider, sichtbar etwa in gemeinsamen Kreuzzugsteilnahmen von Verwandten oder militärischen Kommandostrukturen in Feindesland. Die Herkunftsregionen der Kreuzfahrer ließen sich folglich als spezifische Emergenzräume der Kreuzzüge beschreiben. Sollten die Regionen des 11
MacEvitt, Christopher H.: The crusades and the Christian world of the east: rough tolerance, Philadelphia, Pa. 2008 (The Middle Ages series). 12 Ibid., S. 19. 13 Ibid.
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| Einleitung
lateinischen Westens auf verschiedene Weise die Kreuzzüge geprägt haben, dann liegt der Gedanke nahe, dass die Beeinflussung keinesfalls einseitig verlief: Die Kreuzzüge wirkten dann auch auf diese Räume zurück, etwa durch dynastische Veränderungen, die die potenziell todbringenden Unternehmungen nach sich ziehen konnten, oder durch Stiftungen von Niederlassungen geistlicher Institutionen, die dem Heiligen Land oder der Kreuzzugsbewegung eng verbunden waren. Dass dem so war, ist bereits an zahlreichen Beispielen verdeutlicht worden.14 Die Kreuzzüge veränderten die dynastischen und spirituellen Eigenheiten in den Emergenzräumen der Kreuzzüge nachhaltig. Die dortigen historischen 14
Diese Art von Rückwirkung der Kreuzzüge ist bereits öfter untersucht worden, allerdings wäre eine Aktualisierung auf breiter Basis wünschenswert. Hier nur eine Auswahl der Arbeiten zu den geistlichen Ritterorden im Nordwesten des Reichs: Borchardt, Karl: Etappen der Tätigkeit des Johanniterordens in Deutschland, in: van Lengen, Hajo (Hg.): Zur Geschichte des Johanniterordens im friesischen Küstenraum und anschließenden Binnenland: Beiträge des Johanniter-Symposiums vom 11. bis 12. Mai 2007 in Cloppenburg-Stapelfeld, Cloppenburg 2008 (Beiträge zur Geschichte des Oldenburger Münsterlandes. Die Blaue Reihe 15), S. 21 – 31; Jankrift, Kay P.: Zwischen Kreuzzügen und regionaler Machtpolitik: Die Johanniter-Kommende Lage im Osnabrücker Land, in: Lengen, Hajo van (Hg.): Zur Geschichte des Johanniterordens im friesischen Küstenraum und anschließenden Binnenland: Beiträge des Johanniter-Symposiums vom 11. bis 12. Mai 2007 in Cloppenburg-Stapelfeld, Cloppenburg 2008 (Beiträge zur Geschichte des Oldenburger Münsterlandes. Die Blaue Reihe 15), S. 93 – 98; Ahn, Sang-Joon: Die Kölner Johanniterkommende Sankt Johann und Cordula im Spätmittelalter: Geschichte, Besitz, Wirtschaft, Verwaltung und Sozialstruktur, Köln 2006 (Kölner Schriften zur Geschichte und Kultur 28); van Winter, Johanna M.: Die Stadt Utrecht als Sitz zweier geistlicher Ritterorden: Des Johanniter/Malteser- und des Deutschen Ordens, in: Bräuer, Helmut / Schlenkrich, Elke (Hgg.): Die Stadt als Kommunikationsraum. Beiträge zur Stadtgeschichte vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Festschrift für Karl Czok zum 75. Geburtstag, Leipzig 2001, S. 809 – 826; Arnold, Udo: Der Deutsche Orden im Rheinland, in: Niederwupper 18 (2000), S. 9 – 20; Mol, Johannes Adriaan: Deutschherren und Johanniter im Bistum Utrecht und ihre Pfarreien, in: Nowak, Zenon H. (Hg.): Ritterorden und Kirche im Mittelalter, Torún 1997 (Ordines militares 9), S. 112 – 127; van Eickels, Klaus: Die Deutschordensballei Koblenz und ihre wirtschaftliche Entwicklung im Spätmittelalter, Marburg 1995 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 52); Neu, Heinrich: Die Templer von Niederbreisig. Versuch der Geschichte eines rheinischen Templerhauses, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 32 (1968), S. 274 – 289; ders.: Die Aufnahme des Deutschen Ordens im Rheinland (mit besonderer Berücksichtigung der ursprünglichen Zielrichtung des Ordens), in: Wieser, Klemens (Hg.): Acht Jahrhunderte Deutscher Orden in Einzeldarstellungen, Bad Godesberg 1967 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 1), S. 165 – 174. Für die Kanoniker vom Heiligen Grab: Elm, Kaspar (Hg.): Quellen zur Geschichte des Ordens vom Hlg. Grab in Nordwesteuropa
Eine Dynastie in einem Raum |
Landschaften wandelten sich durch die Kreuzzüge, sie waren folglich gleichzeitig Resonanzräume der Kreuzzugsbewegung. Die Kreuzzüge und die Heimatregionen der Kreuzfahrer standen also in einem reziproken Verhältnis zueinander, weshalb der Bedeutung des einen für das andere Rechnung getragen werden muss. Stefan Tebruck hat die Chancen des geschilderten Ansatzes erkannt und, vorbildhaft für die vorliegende Studie, anhand einer Dynastie umgesetzt. Er habilitierte sich 2007 an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena über „Aufbruch und Heimkehr. Jerusalempilger und Kreuzfahrer aus dem Raum zwischen Harz und Elbe (1100 – 1300)“, wobei er besonders die Landgrafen von Thüringen betrachtete.15 Verwandte Arbeiten, denen methodisch in Teilen ebenfalls Vorbildcharakter zugesprochen werden kann, stammen aus der Feder von F riedrich 16 17 18 Lundgreen , Emma Mason , Marcus Bull , Jonathan Riley-Smith 19, Rudolf Hiestand 20, Kathleen Thompson 21, Jonathan Phillips 22, Nicholas
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aus deutschen und niederländischen Archiven (1191 – 1603), Brüssel 1976 (Commission royale d’histoire. Publications in-octavo 89). Die Studie befindet sich noch im Druck und soll deshalb hier nicht weiter berücksichtigt werden. Ich danke Herrn Tebruck für die Möglichkeit der Einsichtnahme. Lundgreen, Friedrich: Die Beteiligung des Hauses Schwarzburg an den Kreuzzügen, in: Gymnasium Fridericianum: Festschrift zur Feier seines 250jährigen Bestehens am 2. April 1914, Rudolstat 1914, S. 103 – 151. Besonders die sorgfältige Überprüfung der narrativen Quellen durch das Urkundenmaterial beeindruckt heute immer noch. Mason, Emma: Fact and fiction in the English crusading tradition: the earls of Warwick in the twelfth century, in: Journal of Medieval History 14 (1988), S. 81 – 95. Bull, Marcus G.: Knightly piety and the lay response to the First Crusade: the Limousin and Gascony, c. 970 – c. 1130, Oxford 1991. Riley-Smith, Jonathan: The first crusaders, 1095 – 1131, Cambridge 1997, S. 169 – 188. Er baute dabei auf eigenen Vorarbeiten auf: Ders.: Families, Crusades and Settlement in the Latin East, 1102 – 1131, in: Mayer, Hans E. (Hg.): Die Kreuzfahrerstaaten als multikulturelle Gesellschaft. Einwanderer und Minderheiten im 12. und 13. Jahrhundert, München 1997 (Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 37), S. 1 – 12; ders.: Family Traditions and Participation in the Second Crusade, in: Gervers, Michael (Hg.): The Second Crusade and the Cistercians, New York 1992, S. 101 – 108. Hiestand, Rudolf: Kingship and crusade in twelfth-century Germany, in: Haverkamp, Alfred / Vollrath, Hanna (Hgg.): England and Germany in the High Middle Ages. In Honour of Karl J. Leyser, London 1996, S. 235 – 265. Thompson, Kathleen H.: Family Tradition and the Crusading Impulse: The Rotrou Counts of the Perche, in: Medieval prosopography 19 (1998), S. 1 – 33. Phillips, Jonathan P.: The Murder of Charles the Good and the Second Crusade: Household, Nobility, and Traditions of Crusading in Medieval Flanders, in: Medieval prosopography 19 (1998), S. 55 – 75.
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Paul 23, Damien Carraz 24 und zuletzt Jochen Schenk 25. Jene setzten allerdings stets andere Schwerpunkte: Während Bull zwar eine regional begrenzte Studie vorlegte, dabei aber besonders nach der Frömmigkeit der frühen südfranzösischen Kreuzfahrer fragte 26, betonte Riley-Smith die Bedeutung der Familie für die Geschichte der Kreuzzüge, womit er sich auf der Mikro-Ebene der Kreuzzüge bewegte.27 Rudolf Hiestand untersuchte sehr scharfsinnig die Bedeutung des deutschen Königtums für die Kreuzzüge und umgekehrt. In diesem Zusammenhang suchte er auch nach dem „impact of the crusades on German politics“28 auf der Reichsebene. Mason, Thompson und Phillips konzentrierten sich in ihren Fallstudien auf die Rückwirkungen der Kreuzzüge in Form von Traditionsbildung und Memorialkultur einzelner Dynastien. Paul widmete sich ebendiesem Zusammenhang übergreifend. Carraz und Schenk analysierten regionale Zusammenhänge und Familientraditionen in Bezug auf den Templerorden, wobei sie die Kreuzzugsbewegung demgegenüber nachrangig, aber dennoch in Bezug auf den jeweiligen regionalen Rahmen sehr sorgfältig behandelten.29 23 24 25 26 27 28 29
Paul, Nicholas L.: To follow in their footsteps: the Crusades and family memory in the high Middle Ages, Ithaca 2012; ders.: Crusade, memory and regional politics in twelfthcentury Amboise, in: Journal of Medieval History 31 (2005), S. 127 – 141. Carraz, Damien: L’ordre du Temple dans la basse vallée du Rhône (1124 – 1312): ordres militaires, croisades et sociétés méridionales, Lyon 2005 (Collection d’histoire et d’archéologie médiévales 17). Schenk, Jochen G.: Templar families: landowning families and the Order of the Temple in France, c. 1120 – 1307, Cambridge 2012 (Cambridge studies in medieval life and thought 4, 79). Besonders eindrucksvoll ist die Fallstudie über die adelige Familie Bré, Vasallen der Vizegrafen von Limoges: Bull: Knightly piety, S. 274 – 281. Auch Hans E. Mayer betonte die Bedeutung der Familie für die Kreuzzüge: „In manchen Familien wurde der Kreuzzug fast zur zwanghaften Obsession.“ Mayer, Hans E.: Geschichte der Kreuzzüge, Stuttgart 102005, S. 55. Hiestand: Kingship and Crusade, S. 253. Carraz: L’ordre du Temple, S. 41 – 84 u. 479 – 522; Schenk: Templar families, S. 203 – 249. Es existieren weitere Arbeiten zu dem beschriebenen Themenkomplex, doch stehen sie qualitativ hinter den genannten zurück. So wirft der Beitrag Ekkehardt Eickhoffs über die Bedeutung der Kreuzzüge für den deutschen Raum wegen seiner Skizzenhaftigkeit mehr Fragen als Antworten auf: Eickhoff, Ekkehard: Die Bedeutung der Kreuzzüge für den deutschen Raum, in: Haussherr, Reiner (Hg.): Die Zeit der Staufer. Geschichte, Kunst, Kultur. Katalog der Ausstellung Stuttgart 1977 3, Stuttgart 1977, S. 239 – 248. Gleiches gilt für den Aufsatz von Bernhard Kreutz und Michel Margue über lotharingische Teilnehmer an den Kreuzzügen: Kreutz, Bernhard / Margue, Michel: Die lotharingischen Teilnehmer
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Noch besser steht es um die Bearbeitung der Städte im Kontext der Kreuzzüge. Im Gegensatz zu einer Analyse eher ländlicher Räume ist dieses Phänomen häufiger untersucht worden, nicht zuletzt weil die Überlieferungssituation in Städten in der Regel günstiger ist.30 Die genannten Studien dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Untersuchung des Verhältnisses von Herkunftsregionen und Kreuzzügen keineswegs zu den Trends der Forschung zählt. Der in der Kreuzzugsforschung ausgewiesene Norman Housley erklärt dieses Forschungsfeld ex negativo gegenüber anderen Ansätzen für nachgeordnet: „(…) much of the most original recent research into the phenomenon on crusading has focused on its religious characteristics – crusade theology, preaching, devotional practises and associated legal and cultural aspects.“31 Der Forschungsüberblick zeigt, dass sich im Grunde nur Stefan Tebruck anhand einer im Reich ansässigen Dynastie beispielhaft den Emergenz- und Resonanzräumen der Kreuzzüge gewidmet hat. Das verwundert umso mehr, da in der deutschen Geschichtswissenschaft eine Disziplin existiert, die methodisch bestens dazu geeignet ist, die westlichen Regionen dahingehend zu untersuchen – die Landesgeschichte.32 Sie kann die herrschaftlichen Meso- und Mikro-Ebenen
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an den Kreuzzügen ins Heilige Land: Aspekte des Kulturtransfers zwischen Okzident und Orient vom 11. bis zum 13. Jahrhundert, in: Ex Oriente – Die Kreuzfahrerburgen als Zeugnisse historischer und kultureller Wechselbeziehungen zwischen Okzident und Orient im Mittelalter (Burgen und Schlösser 4/2011), S. 25 – 34. Besonders die italienischen Kommunen sind recht gut untersucht: Agnoletti, Silvia / Mantelli, Luca (Hgg.): I fiorentini alle crociate: guerre, pellegrinaggi e immaginario orientalistico a Firenze tra Medioevo ed età moderna, Florenz 2008 (Tutt’altro: Scrittura e storia); Favreau-Lilie, Marie-Luise: Die italienischen Seestädte und die Kreuzzüge, in: Kotzur, Hans-Jürgen (Hg.): Die Kreuzzüge: kein Krieg ist heilig. Katalog-Handbuch zur Ausstellung im Diözesanmuseum Mainz, 2.4.-30.7.2004, Mainz 2004, S. 192 – 203; Airaldi, Gabriella (Hg.): I comuni italiani nel Regno Crociato di Gerusalemme. Atti del Colloquio “The Italian Communes in the Crusading Kingdom of Jerusalem” ( Jerusalem, May 24 – May 28, 1984), Genova 1986 (Fonti e studi. Collana storica 48). Für das Reich einschlägig: Tebruck, Stefan: Erfurt und die Kreuzzüge, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 63, N. F. 10 (2002), S. 9 – 34; Wolter, Heinz: Kreuzfahrer und Pilger in der Kölner Schreinsüberlieferung, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 68 (1997), S. 51 – 78. Housley, Norman J.: Recent Scholarship on Crusading and Medieval Warfare, 1095 – 1291: Convergence and Divergence, in: Given-Wilson, Chris (Hg.): War, government and aristocracy in the British Isles, c. 1150 – 1500, Woodbridge 2008, S. 197 – 213, S. 197. Zuletzt zu Stand und Perspektiven der Landesgeschichte: Speitkamp, Winfried: Stadt – Land – Fluss? Konfigurationen der Region – Perspektiven der Landesgeschichte, in:
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innerhalb des Reichs umfassend aufarbeiten. Das prädestiniert sie für die Frage nach der Erforschung von Regionen als Emergenz- und Resonanzräume der Kreuzzüge im römisch-deutschen Reich. Dennoch hat die Landesgeschichte bislang nicht von der Kreuzzugsforschung profitieren können, weil die Kreuzzüge von ihr eher als peripheres Phänomen wahrgenommen werden. Einige wenige genuin landesgeschichtliche Studien erwähnen die Kreuzzugsteilnahmen wichtiger Dynasten ausgesuchter Herrschaftsräume, damit aber bricht das Interesse an den Kreuzzügen ab.33 Wieder andere Arbeiten untersuchen zwar einen Raum in Zusammenhang mit den Kreuzzügen, suchen aber nach nicht mehr als einem „Anteil“ der bearbeiteten Region an der Kreuzzugsbewegung.34
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Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 60 (2010), S. 127 – 148; Clemens, Gabriele: Vornationale Deutungsmuster: Universal-, Reichs- und Landesgeschichte und ihr Niedergang in Deutschland?, in: Hye, Hans P. u. a. (Hgg.): Nationalgeschichte als Artefakt. Zum Paradigma „Nationalstaat“ in den Historiographien Deutschlands, Italiens und Österreichs, Wien 2009, S. 73 – 95; Groten, Manfred: Landesgeschichte an der Universität Bonn, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 72 (2008), S. 166 – 183; Schleidgen, Wolf-Rüdiger: „Landesgeschichte bezeichnet den Sinn, das Ziel und die Orientierung archivischer Arbeit“. Die Landesgeschichte in der Aufgabenstellung des (Haupt-)Staatsarchivs Düsseldorf, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 72 (2008), S. 184 – 210; Schneider, Joachim: Deutsche Landesgeschichte im Wandel? Programmatik in überregionalen Bestandaufnahmen seit etwa 1970 und künftige Entwicklungschancen, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 70 (2007), S. 33 – 55; Rödel, Volker: De la Landesgeschichte à la Geschichtliche Landeskunde: l’élaboration d’un champ historiographique et son évaluation, in: Revue d‹Alsace 133 (2007), S. 23 – 36; Freitag, Werner: Landesgeschichte als Synthese – Regionalgeschichte als Methode, in: Westfälische Forschungen 54 (2004), S. 291 – 305. Als Beispiele für den Niederrhein mögen die Arbeiten von Thomas R. Kraus zu den Grafen von Berg, Jülich und Kleve dienen: Kraus, Thomas R.: Jülich, Aachen und das Reich. Studien zur Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Jülich bis zum Jahre 1328, Aachen 1987 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Aachen 5), S. 22; ders.: Studien zur Frühgeschichte der Grafen von Kleve und der Entstehung der klevischen Landesherrschaft, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 46 (1982), S. 1 – 47, S. 12; ders.: Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225, Neustadt an der Aisch 1981 (Bergische Forschungen 16), S. 35f., 44, 46. Neuhausen, Christiane: Köln und die Kreuzzüge, in: Geschichte in Köln 31 (1992), S. 23 – 50; Rüdebusch, Dieter: Der Anteil Niedersachsens an den Kreuzzügen und Heidenfahrten, Hildesheim 1972 (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 80); Lahrkamp, Helmut: Mittelalterliche Jerusalemfahrten und Orientreisen westfälischer Pilger und Kreuzritter, in: Westfälische Zeitschrift 106 (1956), S. 269 – 346; Kurth, Friedrich: Der Anteil niederdeutscher Kreuzfahrer an den Kämpfen der Portugiesen gegen die Mauren, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. ErgänzungsBand 8 (1911), S. 131 – 252.
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Über die Erstellung einer regionalen ‚Kreuzfahrer-Kollektion‘, wie sie schon Reinhold Röhricht in einer bewundernswerten Fleißarbeit am Ende des 19. Jahrhunderts für das gesamte Reich erstellt hat 35, gehen sie inhaltlich nur wenig hinaus. Dabei birgt die Wahrnehmung westlicher Regionen als Emergenz- und Resonanzräume der Kreuzzüge durchaus Anknüpfungspunkte für die Landesgeschichte, beispielsweise auf der Ebene der Besitzverhältnisse: Die enormen Kosten für die Beteiligung etwa eines Grafen an einem Kreuzzug sorgten häufig für eine Umgestaltung der Besitzverhältnisse in der Heimat, weil Kredite aufgenommen und Rechte verpfändet oder veräußert werden mussten. Diese Veränderungen konnten zeitlich begrenzt sein, wenn es dem Kreuzfahrer gelang, zurückzukehren und seine Verbindlichkeiten zu begleichen bzw. seine Pfänder auszulösen. Sie konnten aber auch permanenten Charakter annehmen, wenn der Kreuzfahrer seine Geschäfte z. B. mit geistlichen Institutionen von Beginn an als Investition für himmlischen Beistand verstanden hat, verstarb oder seine Pfänder nach geglückter Heimkehr nicht mehr auslösen konnte bzw. wollte. Gerade geistliche Institutionen – Domkapitel, Kirchen oder Klöster – profitierten von dem monetären Bedarf der Kreuzfahrer, weil sie am besten in der Lage waren, schnell fluide Geldmittel zu Verfügung zu stellen.36 Eine Analyse der durch die Kreuzzüge bedingten Verschiebung der Besitzverhältnisse in einem bestimmten Raum könnte der Landesgeschichte also helfen, bestimmte Befunde besser zu verstehen. Warum sich aber ausgerechnet mit den älteren Grafen von Berg beschäftigen? Eine Untersuchung der bergischen Dynastie ist für den verfolgten Ansatz 35 36
Röhricht, Reinhold: Die Deutschen im Heiligen Lande. Chronologisches Verzeichnis derjenigen Deutschen, welche als Jerusalempilger und Kreuzfahrer sicher nachzuweisen oder wahrscheinlich anzusehen sind (650 – 1291), Innsbruck 1894 (ND Aalen 1968). Constable, Giles: The financing of the crusades in the twelfth century, in: Kedar, Benjamin Zeev / Mayer, Hans Eberhard / Smail, Raimund Charles (Hgg.): Outremer. Studies in the History of the Crusading Kingdom of Jerusalem presented to Joshua Prawer, Jerusalem 1982, S. 64 – 88, S. 71: „Religious institutions even more than individuals acted as sources of credit. These transactions had incalculable social and economic effects.“ Fred Cazel betont hingegen die Bedeutung des Lehnswesens und allgemeiner Kreuzzugssteuern für die Finanzierung der Kreuzzüge, allerdings beruft er sich dabei schwerpunktmäßig auf chronikalische Quellen und lässt das Urkundenmaterial weitgehend unberücksichtigt: Cazel, Fred A. jr.: Financing the crusades, in: Setton, Kenneth M. (Hg.): A History of the Crusades 6: The impact of the crusades on Europe, London 1989, S. 116 – 149. Ergänzend Möhring, Hannes: Geld zum Kampf gegen Ungläubige. Die Finanzierung der Kreuzzüge und die Besteuerung des Klerus, in: Schultz, Uwe (Hg.): Mit dem Zehnten fing es an. Eine Kulturgeschichte der Steuer, München 31993, S. 87 – 99.
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nicht nur lohnenswert, weil dieses Geschlecht zu den wichtigsten Magnaten des Niederrheins zählte und an zahlreichen Kreuzzügen teilnahm, sondern auch, weil ihre Herrschaftsgestaltung gut greifbar ist. Folglich stand sie auch im Mittelpunkt zahlreicher Untersuchungen der letzten Jahre: Die 1981 von Thomas R. Kraus veröffentlichte Studie „Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225“37, immer noch die Standardmonographie über die älteren Grafen von Berg, widmet sich dem Titel entsprechend der territorialen Entwicklung und der herrschaftlichen Durchdringung der bergischen Grafschaft bis zum Aussterben der älteren Linie mit der Ermordung Erzbischof Engelberts I. im Jahr 1225. Kraus folgte dabei weitgehend den Vorarbeiten von Franz-Josef Schmale 38, insbesondere die linksrheinische Herkunft der älteren Grafen von Berg betreffend, was nicht ohne Widerspruch bzw. Relativierung von Wilhelm Janssen blieb.39 Dennoch ist jene Veröffentlichung für jede weitergehende Beschäftigung mit den älteren Grafen von Berg von hohem Wert: Obwohl sie eine zwar recht eindimensionale Deutung der gewissenhaft zusammengetragenen Quellen vornimmt – nämlich in Hinblick auf die landesherrschaftliche Entwicklung der Grafschaft Berg 40 –, bietet sie zahlreiche Anknüpfungspunkte für weitere Forschungen. Auch ist das 37 38 39 40
Kraus, Thomas R.: Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225, Neustadt an der Aisch 1981 (Bergische Forschungen 16). Die bis Sommer 1979 erschienenen Beiträge sind dort, S. 3 – 5, zusammengefasst und diskutiert. Schmale, Franz-Josef: Die Anfänge der Grafen von Berg, in: Prinz, Friedrich / Schmale, Franz-Josef / Seibt, Ferdinand (Hgg.): Geschichte in der Gesellschaft. Festschrift für Karl Bosl zum 65. Geburtstag, Stuttgart 1974, S. 370 – 392. Janssen, Wilhelm: Rezension zu Kraus, Thomas R.: Die Entstehung der Landesherrschaft der Grafen von Berg bis zum Jahre 1225, Neustadt an der Aisch 1981 (Bergische Forschungen 16), in: Rheinische Vierteljahrsblätter 47 (1983), S. 413 – 416. Der Begriff der Landesherrschaft ist umstritten. Mangels geeigneter Alternativen wird der Terminus im Folgenden dennoch verwendet, auch wenn er sich der Sprache der Quellen nicht entnehmen lässt und eher modernen Vorstellungen von mittelaterlicher Herrschaft geschuldet ist. Besonders einflussreich waren die Konzepte von Otto Brunner, Walter Schlesinger, Peter Moraw und zuletzt – kritisch – Ernst Schubert. Brunner, Otto: Land und Herrschaft. Grundfragen einer territorialen Verfassungsgeschichte Österreichs im Mittelalter, Wien 1939 (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 1); Schlesinger, Walter: Die Entstehung der Landesherrschaft. Untersuchungen vorwiegend nach mitteldeutschen Quellen, Dresden 1941 (Sächsische Forschungen zur Geschichte 1); Moraw, Peter: Von offener Verfassung zu gestalteter Verdichtung. Das Reich im späten Mittelalter 1250 – 1490, Berlin 1985 (Propyläen Geschichte Deutschlands 3); Schubert, Ernst: Fürstliche Herrschaft und Territorium im späten Mittelalter, München 1996 (Enzyklopädie deutscher Geschichte 35).
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beiliegende Kartenmaterial als a usgesprochen hilfreich zu bewerten. Außerdem muss festgehalten werden, dass sie die einzige monographische Abhandlung der letzten 30 Jahre über diese Linie des Grafenhauses ist, die wissenschaft lichen Ansprüchen genügt. Ebenfalls 1981 erschien ein Aufsatz von Schmale, der sich mit der Ministerialität der Grafen von Berg befasste und damit die Dissertation von Kraus ergänzte – faktisch ging es auch Schmale in diesem Beitrag um die Entwicklung der Landesherrschaft und damit der herrschaftlichen Durchdringung der Grafschaft Berg.41 Den nächsten kurzen, aber wichtigen Beitrag zur Geschichte der älteren Grafen von Berg leistete Manfred Groten, der 1984 mit seinem Aufsatz über die älteren Grafen von Berg als Gründer des Klosters Altenberg 42 den Fokus der Forschung weg von Genealogie und Territorialgeschichte zumindest in Ansätzen hin auf die Frömmigkeit der Grafen lenkte und so ein weiteres Forschungsfeld öffnete. Zudem fasste er einige Schwachpunkte der von Kraus entwickelten Genealogie zusammen und setzte sich für die dynastische Berücksichtigung des in einer Urkunde von 1093 Adolfus puer genannten Vogtes des Reichsklosters Werden an der Ruhr ein.43 Die Veröffentlichung hing zusammen mit den archäologischen Grabungen in Altenberg, die Matthias Untermann in diesem Jahr der Öffentlichkeit präsentierte.44 Im gleichen Band findet sich auch die sehr hilfreiche Arbeit Heribert Beckers, der die Geographie der mittelalterlichen Kulturlandschaft im Raum Altenberg darstellte.45 Im selben Jahr erschien der umfassende Begleitband zur Ausstellung „Land im Mittelpunkt der Mächte“, die sich den niederrheinischen Herzogtümern Jülich, Kleve und Berg widmete. Bis 1985 hatte der Begleitband bereits drei 41 42 43 44 45
Schmale, Franz-Josef: Zur Ministerialität der Grafen von Berg und der Grafen von der Mark im 13. Jahrhundert, in: Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark 73 (1981), S. 139 – 167. Groten, Manfred: Die ältesten Grafen von Berg, Gründer des Klosters Altenberg, in: Bauchhenß, Gerhard (Hg.): Beiträge zur Archäologie des Mittelalters 3, Köln 1984 (Rheinische Ausgrabungen 25), S. 10 – 16. Ibid., S. 11f. Untermann, Matthias: Die Grabungen auf der Burg Berge (Mons) – Altenberg (Gem. Odenthal, Rheinisch-Bergischer Kreis), in: Bauchhenß, Gerhard (Hg.): Beiträge zur Archäologie des Mittelalters 3, Köln 1984 (Rheinische Ausgrabungen 25), S. 1 – 170. Becker, Heribert: Beiträge zur Geographie der mittelalterlichen Kulturlandschaft im Raum Altenberg, in: Bauchhenß, Gerhard (Hg.): Beiträge zur Archäologie des Mittelalters 3, Köln 1984 (Rheinische Ausgrabungen 25), S. 17 – 51.
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Auflagen zu verzeichnen, was sowohl dem öffentlichen Interesse als auch der Qualität vieler Beiträge geschuldet war. Der Fokus der Ausstellung lag auf Spätmittelalter und Früher Neuzeit, weshalb sich lediglich der Beitrag von Norbert Andernach schwerpunktmäßig mit den älteren Grafen von Berg beschäftigte. Er komprimierte die Kraussche Darstellung der herrschaftlichen Entwicklung der Grafschaft Berg auf zehn Seiten.46 Die historische Forschung der achtziger Jahre konzentrierte sich also vor allem auf die Territorialgeschichte, Kontroversen betrafen die Herkunft sowie die Genealogie der bergischen Grafen. Im Jahr 1993 erschien die lang erwartete umfassende Biographie des Kölner Metropoliten Engelbert I., dem Sohn Graf Engelberts von Berg, verfasst von Josef Lothmann.47 Sie löste Fickers Lebensbeschreibung des Erzbischofs 48 als modernes Standardwerk ab 49, wenngleich auch Lothmann beispielsweise die persönliche Frömmigkeit Engelberts zugunsten der politischen Handlungsschemata in den Hintergrund rückte. Zugegebenermaßen ist eine Trennung dieser Bereiche nicht immer einfach. Jens Friedhoff veröffentlichte 1998 einen Aufsatz über die Stadterhebungsund Territorialpolitik der Grafen von Berg im Hoch- und Spätmittelalter 50, in dem er den Städtegründungen als Mittel der Territorialpolitik in der Grafschaft Berg die geschuldete Aufmerksamkeit zukommen ließ. Die 2005 erschienene Dissertation von Axel Kolodziej über Herzog W ilhelm I. von Berg widmete immerhin einige Zeilen der Entstehung der Grafschaft Berg.51
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Andernach, Norbert: Entwicklung der Grafschaft Berg, in: Städt. Museum Haus Koekkoek / Stadtmuseum Düsseldorf (Hgg.): Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg, Kleve 31985, S. 63 – 73. Lothmann, Josef: Erzbischof Engelbert I. von Köln 1216 – 1225. Graf von Berg, Erzbischof und Herzog, Reichsverweser, Köln 1993 (Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 38). Ficker, Julius: Engelbert der Heilige, Erzbischof von Köln und Reichsverweser, Köln 1853. Wisplinghoffs verdienstvolle kurze Biographie Engelberts in den Rheinischen Lebensbildern bietet umfangbedingt nur einen Überblick. Wisplinghoff, Erich: Engelbert I. von Berg, Erzbischof von Köln (etwa 1182 – 1225), in: Rheinische Lebensbilder 1 (1961), S. 30 – 48. Friedhoff, Jens: Territorium und Stadt zwischen Ruhr und Sieg (1200 – 1350). Untersuchungen zur Stadterhebungs- und Territorialpolitik der Grafen von Berg im Hoch- und Spätmittelalter, in: Düsseldorfer Jahrbuch 69 (1998), S. 11 – 125. Kolodziej, Axel: Herzog Wilhelm I. von Berg: 1380 – 1408, Neustadt an der Aisch 2005 (Bergische Forschungen 29), S. 14f.
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Ulrike Holdt entwarf 2008 ein knappes Panorama der Entwicklung des Territoriums Berg 52, wobei sie mit Albrecht Brendler und Wilhelm Janssen – zwei ausgewiesenen Kennern der niederrheinischen und speziell bergischen Geschichte 53 – zusammengearbeitet hat. Friedhoff ergänzte das Untersuchungspaar Territorium – Stadt im Jahr 2009 um die Burg als Herrschafts- und Verwaltungszentrum sowie als Residenz, wobei er die Grafschaften Sayn und Berg einander gegenüberstellte.54 2010 erschien schließlich ein weiterer Beitrag Manfred Grotens, der sich mit den Grafen von Berg beschäftigte.55 Im Prinzip knüpfte er dabei an seinen 1984 veröffentlichten Aufsatz an und widmete sich erneut dem Kloster Altenberg als Begräbnis- und Gedenkstätte der Grafen von Berg, womit er sich ein
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Holdt, Ulrike: Die Entwicklung des Territoriums Berg, Bonn 2008 (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, 11. Lieferung, Beiheft V/16). Für Brendlers bisherige Verdienste um die bergische Geschichte verweise ich auf Brendler, Albrecht: Die Entwicklung des bergischen Amtes Angermund, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 63 (1999), S. 124 – 151; ders.: Graf Adolf V. von Berg (um 1245 – 1296). Ein Portrait, in: Düsseldorfer Jahrbuch 69 (1998), S. 127 – 158; ders.: Engelbert von Falkenburg (ca. 1225 – 1274), in: Rheinische Lebensbilder 16 (1997), S. 7 – 31. Wilhelm Janssens zahlreiche Veröffentlichungen decken besonders die (spät-)mittelalterliche Geschichte des Erzbistums Köln ab. Für die bergische Geschichte sind von besonderer Relevanz Janssen, Wilhelm: Territorialbildung und Territorialorganisation niederrheinisch-westfälischer Grafschaften bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts, in: Chittolini, Giorgio / Willoweit, Dietmar (Hgg.): Hochmittelalterliche Territorialstrukturen in Deutschland und Italien (Tagung vom 7. bis 12. September 1992 in Trient) = L’organizzazione del territorio in Italia e Germania, Berlin 1996 (Schriften des Italienisch-Deutschen Historischen Instituts in Trient 8 = Studienwoche. Italienisch-Deutsches Historisches Institut in Trient 35), S. 71 – 96 und zuletzt sein sehr konziser Überblick: Adelsherrschaft und Herzogsgewalt – politische Strukturen und Entwicklungen zwischen Ruhr und Lippe 1180 – 1300, in: Leenen, Brunhilde (Hg.): AufRuhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen. Das Mittelalter an Rhein und Ruhr. Ausstellung „AufRuhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen“ im LWL-Museum für Archäologie, Westfälisches Landesmuseum Herne, 27. Februar bis 28. November 2010, Mainz 2010, S. 47 – 58. Friedhoff, Jens: Burg – Residenz – Stadt. Die Residenzorte der Grafen von Sayn und Berg im Hoch- und Spätmittelalter, in: Zeune, Joachim (Hg.): Von der Burg zur Residenz: Kolloquium des Wissenschaftlichen Beirats der Deutschen Burgenvereinigung, Trier 2007, Braubauch 2009 (Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung B 11), S. 47 – 57. Groten, Manfred: Das Kloster Altenberg als Begräbnis- und Gedenkstätte der Grafen/ Herzöge von Berg, in: Altenberger-Dom-Verein e. V. (Hg.): 1259 – Altenberg und die Baukultur im 13. Jahrhundert: Kolloquium vom 13. – 15. Mai 2009 in Altenberg, Regensburg 2010 (Veröffentlichungen des Altenberger Dom-Vereins 10), S. 103 – 117.
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wenig von der bisher vorrangig betriebenen erweiterten Territorial- bzw. Herrschaftsgeschichte abhob. Im selben Jahr fand auf Schloss Burg an der Wupper eine Ausstellung mit dem Titel „Familienbande – die Grafen von Berg 1101 – 1225“ statt. Axel Kolodziej verfasste dazu einen begleitenden Aufsatz, der einerseits stark auf Kraus aufbaut, andererseits die jüngere Forschung zusammenfasst.56 Leider fehlt ein wissenschaftlicher Apparat, sodass einige interessante Äußerungen des Verfassers – etwa über die Teilnahme Adolfs II. von Berg am Zweiten Kreuzzug 57 – nicht überprüfbar sind. In diesem Aufsatz widmet sich Kolodziej in einem gesonderten Kapitel der Beteiligung der älteren Grafen von Berg an den Kreuzzügen, womit er diesbezüglich eine erste Synopse ohne analytischen Ansatz zusammenstellte.58 Es wird deutlich, dass seit der Veröffentlichung der Studie von Kraus ein kontinuierliches Interesse an den älteren Grafen von Berg besteht, insbesondere an ihrer Herrschaftsgestaltung. Innerhalb jener liegt der bisherige Schwerpunkt der Erforschung älterer bergischer Geschichte eindeutig auf der territorialen Entwicklung der Grafschaft bzw. der Territorialpolitik der Grafen von Berg. Lediglich Groten bemühte sich, diese Perspektive um den Aspekt der Frömmigkeit zu erweitern. Auch wenn Kolodziej die Beteiligung der Grafen an den Kreuzzügen zusammengefasst hat, steht eine eingehende Beschäftigung mit diesem Themenkomplex noch aus. 1.2 AUFBAU DER UNTERSUCHUNG
Um die älteren Grafen von Berg als Kreuzfahrer innerhalb der Adelslandschaft im Nordwesten des Reichs einschätzen zu können, steht am Beginn der Studie ein Überblick über diese Region als Emergenzraum der Kreuzzugsbewegung (Kap. 2).59 So soll ein Eindruck über die Kreuzzugsbeteiligung ihrer wesentlichen Akteure vermittelt werden, wobei vor allem übergeordnete regionalpolitische Entwicklungen als Instrumente dienen, Aktivität oder Passivität zu erklären. Geichzeitig ordnet diese Synopse die Kreuzzugsteilnahmen der bergischen Grafen quantitativ in den Kontext der Beteiligung des regionalen Adels ein. 56 57 58 59
Kolodziej, Axel: Die erste Bergische Dynastie, in: Romerike Berge 60/2 (2010), S. 35 – 58. Ibid., S. 47. Ibid., S. 54 – 56. Der Überblick betrifft die Orientkreuzzüge. Der sogenannte Albigenserkreuzzug wird in einem gesonderten Kapitel behandelt.
Aufbau der Untersuchung |
Eine Darstellung der gesamten Region als Resonanzraum der Kreuzzugsbewegung ist in dieser Untersuchung hingegen nicht möglich, weil auf die Folgen der Kreuzzugsteilnahmen aller Akteure dieses Raumes eingegangen werden müsste, was den Rahmen einer einzelnen Studie sprengen würde. Stattdessen soll dieser Bereich exemplarisch anhand der älteren Grafen von Berg behandelt werden. Deshalb folgt zunächst eine Geschichte der älteren bergischen Grafen von ihren Anfängen bis in das Jahr 1225, die die Angehörigen dieses Geschlechts als politische Akteure vorstellt und die Spezifika ihrer Handlungen erläutert (Kap. 3, S. 65). Der zeitliche Endpunkt des Kapitels ergibt sich, weil in diesem Jahr mit dem Tod Erzbischof Engelberts I. von Köln die Dynastie im Mannesstamm ausstarb. Dabei soll der Fokus auf die Entwicklung und Entfaltung der Dynastie, den Herrschaftsausbau und die politischen Handlungsspielräume der Grafen von Berg gelegt werden. Das darauf folgende Kapitel „Die Zisterzienser, die Grafen von Berg und die Kreuzzugsbewegung“ sucht thesenhaft nach den frühesten Verbindungen der älteren bergischen Grafen zur Kreuzzugsbewegung (Kap. 4, S. 163). Danach sollen die Kreuzzugsteilnahmen von Angehörigen dieser Familie dargestellt und analysiert werden, wobei chronologisch vorgegangen wird (Kap. 5, S. 185). Die Inhalte dieses Kapitels sollen über die bloße Darstellung bergischer Kreuzzugsteilnahmen hinausgehen: Es wird zusätzlich auf ein breites Spektrum politischer, verwandtschaftlicher, ökonomischer und religiöser Zusammenhänge eingegangen. Diese Relationen bedingten die Handlungsmöglichkeiten der Berger etwa im Vorfeld eines Kreuzzugs: Die Reise nach Palästina stellte die Inhaber von Herrschaftsrechten grundsätzlich vor gewichtige Herausforderungen, bedeutete ihre persönliche Abwesenheit doch zwangsläufig eine Schwächung der eigenen Position daheim.60 Zum einen 60
Zum Schutz der zurückgelassenen Familie und Besitztümer: Bird, Jessalynn L.: Crusader’s Rights Revisited: The Use and Abuse of Crusader Privileges in Early Thirteenth-Century France, in: Karras, Ruth Mazo u. a. (Hgg.): Law and the illicit in medieval Europe, Philadelphia 2008 (The Middle Ages Series), S. 133 – 148; Geldsetzer, Sabine: Zwischen Enthusiasmus und Ablehnung. Reaktionen von Frauen auf Kreuzzugspläne (männlicher) Verwandter, in: Gestrich, Andreas / Krauss, Marita (Hgg.): Zurückbleiben. Der vernachlässigte Teil der Migrationsgeschichte, Stuttgart 2006 (Stuttgarter Beiträge zur historischen Migrationsforschung 6), S. 79 – 88; Kasten, Brigitte: Liebe, Furcht und andere Gründe, nicht auf den fünften Kreuzzug (1217 – 1221) zu gehen, in: Gestrich, Andreas / Krauss, Marita (Hgg.): Zurückbleiben. Der vernachlässigte Teil der Migrationsgeschichte, Stuttgart 2006 (Stuttgarter Beiträge zur historischen Migrationsforschung 6), S. 89 – 124; Luchitskaya, Svetlana I.: The crusader’s wife: Perspectives of the history of everyday life, in: Baum, Hans-Peter (Hg.): Wirtschaft – Gesellschaft – Mentalitäten im Mittelalter:
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bestand ein erhöhtes Risiko für die zurückgebliebene Familie, die Gefahren ausgesetzt war, solange derjenige unterwegs war, der für ihren Schutz Verantwortung trug und ihn wirkungsvoll durchsetzen konnte. Aber auch die bisher erreichte Stellung innerhalb der niederrheinischen Adelslandschaft geriet in Bedrängnis: Mühsam erlangte Prärogativen mussten von Vertretern weiter wahrgenommen und geschützt werden, waren sie doch eine Quelle für Einkünfte aller Art, die wiederum in politisches Kapital umgewandelt werden konnten. Anders ausgedrückt: wirtschaftliche Potenz verbesserte das politische Potenzial, und die Teilnahme an Kreuzzügen verhinderte eine persönliche Ausübung von Rechten und eine Überwachung der Ressourcen. Ebenfalls verließen die Grafen von Berg, sobald sie nach Outremer zogen, für einen recht langen Zeitraum das regionale politische Geflecht aus Verwandtschaft, Freundschaft und Feindschaft. Dieses Netz aus Beziehungen war dynamisch, Eheschließungen begründeten neue Bündnisse, der Tod eines Potentaten ließ andere erlöschen und die Erneuerung von Lehnsbindungen erforderlich werden. Während des Kreuzzugs war eine Einflussnahme auf diese Dynamiken für den Kreuzfahrer nur schwer möglich. Zudem barg die Teilnahme an einem Kreuzzug auch stets die Gefahr, das eigene Leben zu verlieren, was wiederum akute dynastische Veränderungen nach sich zog, die sich auf die heimische regionale Machtkonstellation auswirken konnten. Im Falle einer glücklichen Heimkehr von einem Kreuzzug, die ihrerseits die persönliche Reputation steigern konnte, konnten sich die Grafen von Berg nicht sicher sein, ob die Welt, die sie für die Sache Christi verlassen hatten, noch dieselbe war. Auf der anderen Seite konnte sich das politische Potenzial der bergischen Grafen auch auf dem Kreuzzug für alle sichtbar entfalten, beispielsweise in der Zurschaustellung eines großen Gefolges, das den regionalen Einfluss der Grafen auf dem Fünften Kreuzzug im Jahr 1218 spiegelte (Kap. 5.5, S. 233). Der Kreuzzug konnte also die heimatlichen Verhältnisse wiedergeben. Das letzte Kapitel dieser Studie setzt sich mit Festschrift zum 75. Geburtstag von Rolf Sprandel, Stuttgart 2006 (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte 107), S. 715 – 727; Brundage, James A.: Crusaders and jurists: the legal consequences of crusader status, in: Le concile de Clermont de 1095 et l’appel à la croisade. Actes du colloque universitaire international de Clermont-Ferrand (23 – 25 juin 1995), Rome 1997 (Collection de l’Ecole Française de Rome 236), S. 141 – 154; ders.: Medieval Canon Law and the Crusader, Madison 1969, S. 159 – 190; ders.: The Crusader’s Wife revisited, in: Studia Gratiana 14 (1967), S. 241 – 252; demnächst kritisch zu Bird: Park, Danielle: Under the Protection of the Apostolic See and Their Own – Papal and Secular Protection of the Families and Properties the Crusaders Left Behind, c. 1095 – 1254, Diss. London.
Aufbau der Untersuchung |
den Rückwirkungen bergischer Kreuzzugsteilnahmen nach dem Aussterben der Dynastie im Jahr 1225 auseinander (Kap. 6, S. 301). Dort wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Kreuzzugengagements der älteren Grafen von Berg nachvollziehbare Langzeitfolgen hatten, und zwar in Historiographie, Memoria und Reliquienkult. Auf diese Weise soll versucht werden, die Bedeutung der Heimatregion als Emergenzraum der Kreuzzüge mit bergischer Beteiligung sowie für die ber gischen Kreuzzugsteilnahmen selbst zu verdeutlichen; andererseits soll überprüft werden, inwiefern sich die Kreuzzugsteilnahmen der bergischen Grafen auf die genannte Region auswirkten, inwiefern sie also den Nordwesten des Reichs als Resonanzraum der Kreuzzüge mitgestalteten.
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2 DER NORDWESTEN DES REICHS ALS EMERGENZRAUM DER KREUZZUGSBEWEGUNG CA. 1096 – 1230 Die in diesem Kapitel vorgenommene Synopse der Kreuzzugsbeteiligung aus dem Nordwesten des Reichs dient einerseits der Orientierung über die quantitativen Ausmaße auf der Ebene der wesentlichen politischen Akteure.61 Andererseits wirft sie ein Licht auf die übergeordneten politischen Faktoren, die eine Teilnahme an Orientzügen entweder befördern oder behindern konnten. Dies geschieht ausgehend von der 1894 zuerst erschienenen und 1968 neu aufgelegten Veröffentlichung Reinhold Röhrichts über deutsche Heilig-Land-Pilger und Kreuzfahrer.62 Obwohl mittlerweile mehr als ein Jahrhundert seit dieser Arbeit Röhrichts vergangen ist, muss festgestellt werden, dass sich bislang niemand an eine Aktualisierung des Verzeichnisses gewagt hat. Dabei sind zweifellos weitere Kreuzfahrer identifiziert worden 63, während Teilnahmen vermeintlicher Kreuzfahrer erfolgreich in Frage gestellt werden konnten.64 Selbstredend hat sich der Editionsstand mittelalterlicher Quellen seit 1894 erheblich verbessert, sodass mittlerweile reichlich Material gut zugänglich vorliegt, dessen Auswertung das Pilgerverzeichnis vermutlich ergänzen würde. Eine Aktualisierung des Röhrichtschen Verzeichnisses wäre aus Sicht der Kreuzzugsforschung dringend notwendig. Jenseits dieser Gründe ist weitere Vorsicht angebracht, wenn man ausgehend von diesem Verzeichnis Aussagen über quantitative Verhältnisse zwischen bestimmten Regionen treffen möchte. Entgegen dem Untertitel der Veröffent lichung enthält das Verzeichnis nämlich nicht nur Pilger und Kreuzfahrer, 61
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Die Beteiligung der Unterschichten auch aus der in dieser Arbeit untersuchten Region an den Kreuzzügen ist unbestritten, allerdings wird sie hier nachrangig behandelt. Dazu im Kontext des Ersten Kreuzzugs vor allem Kostick, Conor: The social structure of the First Crusade (The medieval Mediterranean 76), Leiden 2008, S. 95 – 130. Dort auch weitere Literatur zu den pauperes. Röhricht: Die Deutschen. Ich verweise hier nur beispielhaft auf Einwohner der Stadt Köln. Siehe Wolter: Kreuzfahrer, passim. So hat Klaus Militzer die Kreuzzugsteilnahme des Kölner Kanonikers Frumold aufgrund chronologischer Überlegungen sehr unwahrscheinlich gemacht, siehe Militzer, Klaus: Ein Kölner unter den Teilnehmern am ersten Kreuzzug (1096 – 1099), in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 70 (1999), S. 1 – 4. Röhricht: Die Deutschen, S. 12 ordnete Frumold dem Ersten Kreuzzug zu.
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„welche als Jerusalempilger und Kreuzfahrer sicher nachzuweisen oder wahrscheinlich anzusehen sind“. So wird beispielsweise Graf Dietrich I. von Kleve unter den Teilnehmern des Ersten Kreuzzuges geführt, mit dem Zusatz „wird fälschlich als Theilnehmer am Kreuzzug erwähnt“.65 Ähnlich verhält es sich mit Markgraf Albrecht II . von Brandenburg, der „fälschlich als Kreuzfahrer erwähnt“ werde, allerdings trotzdem von Röhricht einen Platz in der Liste erhalten hat.66 Die Beispiele ließen sich ohne Probleme vermehren. Ebenso enthalten sind Personen, die zwar das Kreuz genommen, aber ihr Gelübde nie erfüllt haben, wie Erzbischof Adolf von Köln.67 Das Quellenkorpus, das Röhricht für seine Aufstellung ausgewertet hat, ist außerordentlich umfangreich. Es enthält verhältnismäßig glaubhafte Quellen wie Urkunden, die Personen eindeutig als crucesignati, peregrini etc. ausweisen 68, Briefe 69, Einträge in Nekrologien 70, zeitnahe Geschichtsschreibung, in der Pilgerfahrten und Kreuzzugsteilnahmen überliefert werden 71, aber auch verdächtige bzw. weniger verlässliche Quellen wie Mirakelgeschichten 72 oder zeitferne Chronistik.73 Dabei unterschied Röhricht nur scheinbar in der Wertigkeit der 65 66 67 68 69 70 71
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Röhricht: Die Deutschen, S. 12. Ibid., S. 101. Ibid., S. 85. Z. B. Rupert von St. Georgen, der 1147 als Pilger urkundet. Ibid., S. 39. Z. B. Walter von Avesnes, der in päpstlichen Schreiben 1217 – 1218 als Kreuzfahrer erwähnt wird. Ibid., S. 97. Z. B. Gebhard, der Bruder Ulrichs, des Stifters von Marienberg, oder der Dekan Hermann. Ibid., S. 47, 62. Z. B. Abt Dodechin von Lahnstein, dessen Augenzeugenbericht des Zweiten Kreuzzugs auf dem iberischen Schauplatz in den Annales sancti Disibodi überliefert wird (s. Anm. 129). Ibid., S. 34f. Das Gros der Überlieferung von Kreuzzugsteilnahmen in der zeitgenössischen oder zeitnahen Geschichtsschreibung beschränkt sich allerdings auf Erwähnungen von Pilgern in Chroniken etc. Z. B. Walter von Himmerod, dessen Teilnahme an der Belagerung Akkons von Caesarius von Heisterbach überliefert wird. Ibid., S. 63. Besonders prominent ist hier die Zimmerische Chronik, bei der nicht klar wird, inwieweit sich Röhricht auf sie verlässt. Die eindeutig kritische Einschätzung dieser Chronik durch die heutige Kreuzzugsforschung teilte Röhricht jedenfalls nicht. Siehe zu diesem Komplex Murray, Alan V.: Hochmittelalterlicher Kreuzzug als frühneuzeitliche Adelslegitimation: Die schwäbisch-rheinländischen Teilnehmer des Ersten Kreuzzugs in der Chronik des Grafen Froben Christoph von Zimmern, in: Lorenz, Sönke / Molitor, Stephan (Hgg.): Herrschaft und Legitimation. Hochmittelalterlicher Adel in Südwestdeutschland; erstes Symposion „Adel, Ritter, Ritterschaft vom Hochmittelalter bis zum modernen Verfassungsstaat“ (21./22. Mai 1998, Schloss Weitenburg),
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verschiedenen Überlieferungen, indem er den Passus „soll teilgenommen haben“ dem Eintrag hinzufügte, sofern Unsicherheit über die Teilnahme bestand. Die Feststellung einer derartigen sprachlichen Distinktion von sicheren und vermuteten Kreuzfahrern oder Pilgern entspringt allerdings leider dem Wunschdenken moderner Forscher – beispielsweise werden auf der Zimmerischen Chronik basierende Einträge teils mit der kritisch wirkenden „soll“-Formulierung aufgeführt 74, teils aber auch ohne.75 Eine systematische sprachliche Unterscheidung zwischen eindeutig belegten und vermuteten Kreuzfahrern hat Röhricht also nicht vorgenommen. Wenngleich er sich alle Mühe gegeben hat, die Erwähnungen von Kreuzfahrern und Pilgern anhand der Quellen zu überprüfen und sogar die jeweiligen Forschungsdiskussionen zur Kenntnis genommen hat – „in den besten Traditionen des 19. Jahrhunderts und mit unermüdlichem Fleiß“ 76 –, ist als Folge einer mangelnden Systematisierung eine Auflistung entstanden, die praktisch alle Personen innerhalb der Reichsgrenzen aufführt, die zwischen 650 und 1291 eine Pilgerfahrt nach Jerusalem gelobt haben und die in den bis in das Jahr 1894 edierten Quellen als Kreuzfahrer oder Jerusalempilger auftauchen. Dieser Ansatz entspricht möglicherweise dem Grundsatz, lieber einige deutsche Palästinafahrer zu viel aufzulisten, als jemandes Kreuzfahrt zu unterschlagen, denn sicher muss Röhrichts Arbeit auch in dem Kontext ihrer Zeit und seiner persönlichen Interessen gesehen werden. Deutscher Patriotismus und Nationalismus während des noch jungen Kaiserreichs wirkten fraglos auch auf die wissenschaftlichen Diskurse jener Periode ein. Röhricht ließ sich von diesen Strömungen ebenfalls beeinflussen, denn er baute bei seiner Aufstellung in erheblichem Maße auf den älteren Arbeiten von Hasselt 77, Le Glay 78, Dirks 79,
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Leinfelden-Echterdingen 2002 (Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 36), S. 171 – 185. So bei Pfalzgraf Adalbero von Wittelsbach. Röhricht: Die Deutschen, S. 21. „Zweibrücken, ein Graf von, wird als Kreuzfahrer erwähnt.“ Ibid. Mayer, Hans E.: Der Prophet und sein Vaterland. Leben und Nachleben von Reinhold Röhricht, in: Shagrir, Iris / Ellenblum, Ronnie / Riley-Smith, Jonathan (Hgg.): In laudem Hierosolymitani: studies in crusades and medieval culture in honour of Benjamin Z. Kedar, Aldershot u. a. 2007 (Crusades. Subsidia 1), S. 233 – 244, S. 244. van Hasselt, André: Les Belges aux croisades, 2 Bde., Brüssel 1864. Le Glay, Edward: Les Flamands aux Croisades, Lille u. Paris 1879. Dirks, Jacob: Noord-Nederland en de kruistogten. Schetsen van het aandeel der NoordNederlanders en, in het bijzonder, der Friezen aan dezelven, volgens de berigten van ooggetuigen en tijdgenooten, in: De vrije Fries 2 (1842), S. 135 – 214 u. 221 – 331.
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Hormayr 80, Posern-Klett 81 und anderen auf. Aus der Auswertung jener Literatur, der Summe in den Jahren zuvor entstandener einzelner Regional- oder Nationalstudien, sollte gemeinsam mit von ihm selbst erbrachter Forschung ein großes Ganzes – etwas Deutsches – entstehen. Dabei war es nebensächlich, wie anachronistisch Untersuchungen über „belgische“ oder „deutsche“ Kreuzfahrer bezogen auf mittelalterliche Realitäten bzw. Identitäten wirken mussten. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Beziehungen „Deutschlands zum heiligen Lande“82 geschah bei Röhricht wohl nicht völlig ohne Hintergedanken, denn er überreichte seine damit befassten Schriften mehrfach dem deutschen Kaiser.83 Der Zweck der Darbringung seiner Arbeiten im Frühjahr 1898 ist unschwer zu erkennen: Wilhelm II. hatte seit 1897 eine Palästina-Reise geplant, und in diesem Zusammenhang sollte die Präsentation seiner Forschungen über die Verbindung von Deutschen bzw. Deutschland und dem Heiligen Land seine Nähe zum Kaisertum demonstrieren, vielleicht sogar seine Chancen auf eine persönliche Teilnahme verbessern.84 Leider hatte er diesbezüglich mit seiner Strategie keinen Erfolg – anstelle des besten deutschen Kenners der Geschichte der Kreuzzüge begleiteten andere Wissenschaftler den deutschen Kaiser nach Palästina.85 Diese Vorbemerkungen, die Röhrichts Verdienste keinesfalls schmälern, sondern für deren Besonderheiten sensibilisieren sollen, sind notwendig, um 80 81 82 83 84
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von Hormayr, Joseph: Die Bayern im Morgenlande. Gedächtnißrede zum drei und siebenzigsten Stiftungstag der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften, München 1832. von Posern-Klett, Karl F.: Kreuzfahrer aus dem Meißnerlande, in: Archiv für Sächsische Geschichte 4 (1866), S. 45 – 56. Röhricht, Reinhold: Deutsche Pilgerreisen nach dem heiligen Lande, Innsbruck 21900, S. IV. Mayer: Der Prophet, S. 235f. Ibid., S. 236. Zu dieser Reise siehe auch Jaspert, Nikolas: Von Karl dem Großen bis Kaiser Wilhelm: Die Erinnerung an vermeintliche und tatsächliche Kreuzzüge in Mittelalter und Moderne, in: Gaube, Heinz / Schneidmüller, Bernd / Weinfurter, Stefan (Hgg.): Konfrontation der Kulturen? Saladin und die Kreuzfahrer, Oldenburg u. a. 2005, S. 136 – 159, S. 136f.; Gründer, Horst: Die Kaiserfahrt Wilhelms II. ins Heilige Land. Aspekte deutscher Palästina-Politik im Zeitalter des Imperialismus, in: Dollinger, Heinz / Gründer, Horst / Hanschmidt, Alwin (Hgg.): Weltpolitik – Europagedanke – Regionalismus. Festschrift für Heinz Gollwitzer zum 65. Geburtstag, München 1982, S. 363 – 388; Krüger, Jürgen: Rom und Jerusalem: Kirchenbauvorstellungen der Hohenzollern im 19. Jahrhundert, Berlin 1995 (Acta humaniora), S. 56 – 107. Mayer: Der Prophet, S. 238f.
Heilig Land-Pilgerfahrten vor den Kreuzzügen |
den Wert der auf quantitativer Analyse des Pilgerverzeichnisses beruhenden Arbeiten korrekt zu bemessen. Absolute Aussagen etwa über Verteilungen von Kreuzfahrern sind auf dieser Grundlage kaum möglich, Tendenzen lassen sich allerdings sehr wohl erkennen. Die im Folgenden erarbeiteten Aussagen geben folglich lediglich Tendenzen wieder, die ihrerseits über genügend Aussagekraft verfügen, um sie wissenschaftlich weiter nutzbar zu machen. 2.1 HEILIG LAND-PILGERFAHRTEN VOR DEN KREUZZÜGEN
Die Beteiligung der Großen aus dem Nordwesten des Reichs am Ersten Kreuzzug – von der später noch die Rede sein wird – kann auf eine gewisse Tradition zurückgeführt werden. Bereits in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts finden wir Bischöfe und Grafen in den Quellen, die an Pilgerreisen nach Palästina teilgenommen haben. Zu einem unbestimmten Zeitpunkt vor 1039 war Graf Dietrich III. von Holland nach Jerusalem gezogen 86, ungefähr zehn Jahre später tat es ihm Benno, der spätere Bischof von Osnabrück, gleich.87 Auch an der sogenannten Großen Pilgerfahrt von 106488 beteiligte sich ein Bischof aus dem
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Annales Egmundani, ed. Georg H. Pertz, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 442 – 478, anno 1039, S. 447: Eodem anno obiit Theodericus comes filius Arnulfi comitis Hierosolimita, (…). Röhricht setzt die Reise auf ca. 1030 an, liefert jedoch keinerlei Begründung dafür. Röhricht: Die Deutschen, S. 5. Vita Bennonis II episcopi Osnabrugensis auctore Norberto abbate Iburgensi, ed. Roger Wilmans, Hannover 1856 (MGH SS 12), S. 58 – 84, cap. 3, S. 62: Hoc itaque discendi ordine, et per alia quoque loca studentium more aliquanto tempore vagatus, in iuventutis provectus aetatem multis eiusdem regionis summis et nobilibus viris innotescere coepit, maximeque illius civitatis episcopo, cum quo etiam postea illum Ierosolymam petiisse, multaque in itinere illo pro Christo pericula scimus fuisse perpessum. Röhricht: Die Deutschen, S. 6. Hierzu Kortüm, Hans-Henning: Der Pilgerzug von 1064/65 ins Heilige Land. Eine Studie über Orientalismuskonstruktionen im 11. Jahrhundert, in: Historische Zeitschrift 277 (2003), S. 561 – 592; Freytag, Hartmut: Ezzos Gesang und die Jerusalemwallfahrt von 1064/65, in: Staab, Franz (Hg.): Auslandsbeziehungen unter den salischen Kaisern. Geistige Auseinandersetzung und Politik. Referate und Aussprachen der Arbeitstagung vom 22. – 24. November 1990 in Speyer, Speyer 1994 (Veröffentlichung der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 86), S. 41 – 64; Joranson, Einar: The Great German Pilgrimage of 1064 – 65, in: Paetow, Louis John (Hg.): The Crusades and other historical essays presented to Dana C. Munro by his former students, New York 1928 (ND Freeport 1968), S. 3 – 43.
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hier untersuchten Raum, nämlich Wilhelm I. von Utrecht.89 In dessen Gefolge reiste auch der aus dem Westfälischen stammende Altmann, der Aachener Stiftspropst, Hofkaplan Heinrichs III . und spätere Bischof von Passau.90 Im Jahr 1084 wallte Graf Robert I. Friso, Graf von Flandern, nach Jerusalem 91, und zu Beginn der neunziger Jahre des 11. Jahrhunderts war schließlich Erpho, Bischof von Münster, nach den heiligen Stätten gepilgert und mit zahlreichen Reliquien beladen heimgekehrt.92 Die Großen aus dem Nordwesten des Reichs waren also mit der Pilgerfahrt nach Palästina vertraut. 2.2 DER ERSTE KREUZZUG 1096 – 1101
An der Spitze der Teilnehmer des Ersten Kreuzzugs standen unter anderem Gottfried von Bouillon 93, der Herzog von Niederlothringen, und Graf Robert II. 89
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Ekkehardi chronicon universale, ed. Georg Waitz, Hannover 1859 (MGH SS 6), S. 33 – 231, anno 1064, S. 199: Sigifridus episcopus Mogontiacensis et Guntherus Bebenbergensis et Willihelmus Treiectensis alliique quamplures presules vel nobiles multo comitatu Hierosolimam tendentes, multas infestationes a barbaris perpessi sunt, tandemque perventione fruentes optata, numero et rebus admodum attenuati, redierunt. Röhricht: Die Deutschen, S. 5. Vita Altmanni episcopi Pataviensis, ed. Wilhelm Wattenbach, Hannover 1856 (MGH SS 12), S. 226 – 243, cap. 5, S. 230: Dum in Pannoniam perveniunt, et in Wizenburc laetos dies ducunt, Guntherus, Deo amabilis episcopus, de hoc saeculo migravit, et gaudium Domini sui super omnia bona constituendus intravit. Eodem tempore etiam Egilbertus Pataviensis episcopus defungitur, atque in caelesti gloria beatis pro dignis meritis coniungitur. Post cuius mortem Agnes regina regnique optimates consilium ineunt, omnes Altmannum in loco defuncti episcopi eligunt. Seine Wahl zum Bischof von Passau fand auf dem Rückweg aus dem Heiligen Land statt. Röhricht: Die Deutschen, S. 5f. Annae Comnenae Alexias, ed. Diether R. Reinsch u. Athanasios Kambylis, 1: Prolegomena et textus, Berlin 22001 (Corpus fontium historiae Byzantinae. Series Berolinensis 40/1), lib. VII, cap. 6, S. 179: sunágetai Ên tÖ metaxù ö basileùV keímenoV eÎV Beróhn, Êxoplí zei toùV aÎcmalõtouV kaì tò loipòn Àpan öplitikón. tóte kaì ö FlántraV kómhV Êx $Ierosolúmwn ÊpanercómenoV Êkeîse katalambánei tòn aÛtokrátora kaì tòn sun°qh toîV LatínoiV Âpodídwsin Òrkon (…). Röhricht: Die Deutschen, S. 4. Die Reichschronik des Annalista Saxo, ed. Klaus Naß, Hannover 2006 (MGH SS 37), anno 1091, S. 483f.: Erpo episcopus et Bodo comes cum multis Hierosolimam pergunt. Röhricht: Die Deutschen, S. 6. Gottfried wird in zahlreichen Quellen erwähnt. Hier der Beleg bei Ekkehardi chronicon universale, anno 1097, S. 208: Interea Godefridus dux Lotharingiae, vir genere, armis et ingenio clarissimus, qui priori anno, cunctis quae possidebat in precium redactis, militibus copiosis fideque non modica instructus, iter per orientalem Franciam fecerat, (…). Die Bamberger Handschrift
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von Flandern.94 Auch wenn die zentralen Herrschaftsbereiche beider Magnaten am äußersten Rand der untersuchten Region lagen, sollen sie hier behandelt werden, weil sie zum Teil über enge Verbindungen vor allem in den Kölner Raum verfügten.95 Gottfried und Robert sind dann aber auch die einzigen bedeutenden Großen aus dieser Region, die sich sicher in den frühen Heeren des Ersten Kreuzzugs nachweisen lassen. Im Jahr 1100 begab sich dann auch der spätere Bischof Friedrich von Lüttich nach Jerusalem.96 Neben diesen Vertretern des hohen Adels stößt man bei der Auswertung der Röhrichtschen Aufstellung auf zwei andere Gruppen, die als Kreuzfahrer nachgewiesen sind,
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A ist mit Abstand am detailliertesten, wenn es um die Schilderung Gottfrieds und den Verlauf des Kreuzzuges geht, siehe ibid., S. 209f. Weitere Belege bei Röhricht: Die Deutschen, S. 11. Zuletzt zu ihm Heutger, Nicolaus C.: Der Verteidiger des Heiligen Grabes: Gottfried von Bouillon (*um 1060, † 1100), in: Kotzur, Hans-Jürgen: Kein Krieg ist heilig. Katalog-Handbuch zur Ausstellung im Diözesanmuseum Mainz, 2.4.-30.7.2004, Mainz 2004, S. 166 – 169. Zur Zusammensetzung seines Heeres siehe Murray, Alan V.: The Army of Godfrey of Bouillon, 1096 – 1099: Structure and Dynamics of a Contingent on the First Crusade, in: Revue belge de philologie et d’histoire 70 (1992), S. 301 – 329. Auch zu ihm ist die Überlieferungsdichte hoch. Hier nur die Nennung bei Ekkehard im Kontext der Eroberung Jerusalems, Ekkehardi chronicon universale, anno 1099, S. 211: Eodem anno Godefridus dux, Reginmundus comes Sancti Egidii, Ruopertus comes Normanniae, Ruopertus comes Flandriae, cum turmarum copiis quibus preerat multa usque Hierusalem difficultate pertingunt, (…). Weitere Belege bei Röhricht: Die Deutschen, S. 13. Zuletzt zu Roberts Kreuzzug: Aird, William M.: Robert Curthose, Duke of Normandy: c. 1050 – 1134, Woodbridge 2008, S. 153 – 190. Die Kreuzzugsteilnahmen flämischer Grafen handelt ab Adair, Penelope A.: Flemish comital family and the crusades, in: Semaan, Khalil Ibrahim (Hg.): The crusades: other experiences, alternate perspectives. Selected proceedings from the 32nd annual CEMERS Conference, Binghamton 2003, S. 101 – 112. REK I, Nr. 951, 953, 956, 996, 1030. Zu den – nicht immer konfliktfreien – Beziehungen zwischen Flandern und Köln Margue, Michel: Entstehung und Entwicklung der brabantischen Städte und die Straße Flandern-Köln (11.-13. Jahrhundert), in: Escher, Monika (Hg.): Städtelandschaft – Städtenetz – zentralörtliches Gefüge, Mainz 2000 (Trierer historische Forschungen 43), S. 383 – 406; Verhulst, Adriaan E.: Keulse handelaars in het zwin tijdens de twaalfde eeuw en de vroegste ontwikkeling van de Vlaamse zeehavens, in: Bijdragen tot de geschiedenis 81 (1998), S. 351 – 358; Wrede, Adam J.: Köln und FlandernBrabant. Kulturhistorische Wechselbeziehungen vom 12.-17. Jahrhundert, Köln 1920; Stein, Walther: Der Streit zwischen Köln und den Flandrern um die Rheinschiffahrt im 12. Jahrhundert, in: Hansische Geschichtsblätter 38 (1911), S. 187 – 214. Vita Friderici ep. Leodinensis, ed. Wilhelm Wattenbach, Hannover 1856 (MGH SS 12), S. 501 – 508, cap. 5, S. 504: Deliberaverat vero iam dudum peregrinari pro Christo. (…) Ierosolimam contendit, ubi quo affectu et desiderio sancta frequentaverit loca et adoraverit, vix dicere sufficit. Röhricht: Die Deutschen, S. 15.
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nämlich zum Einen auf ein auffällig starkes friesisches Kontingent, das Teil einer christlichen Flotte gewesen war 97, zum Anderen auf Personen, die sich keinem sozialen Rang zuordnen lassen. Beispiele dafür sind Franco und Sigmar von Mechelen 98, Hadewerck aus Westfalen 99 oder Wilhelm von Wanges.100 Es wird deutlich, dass die teilnehmenden Großen des Nordwestens räumlich auffällig peripher zu verorten sind. Bouillon, Reichsflandern und Lüttich zählten zu denjenigen Herrschaften, die geopolitische Grenzgebiete zu Frankreich darstellten. Im Falle Roberts II. von Flandern kommt hinzu, dass er selbst wohl ebenfalls seine Territorien, die er vom Reich zu Lehen hielt, als peripher bezeichnet hätte, allerdings aus seiner ‚tagespolitischen‘ Perspektive: Obwohl 97
Die friesische Beteiligung am Ersten Kreuzzug ist in zahlreichen Quellen belegt, hier ein Beispiel aus Alberici Aquensis Historia Ierosolimitana, ed. Susan B. Edgington, Oxford 2007 (Oxford medieval texts), lib. III, cap. 14, S. 160: Unde ad arma contendentes, equo alii, alii pede usque ad ipsum litus concurrunt, cur aduenerint uel ex qua natione processerint intrepido ore requirentes. Ille se Christiane professionis milites esse responderunt, a Flandria, et ab Antwerp et Frisia et ceteris partibus Gallie se uenisse fatentes, et piratas annis octo usque ad hanc diem se fuisse. Zuletzt zu friesischen Kreuzzugsteilnehmern Mol, Johannes A.: Frisian fighters and the Crusade, in: Crusades 1 (2002), S. 89 – 110; ders.: Friese krijgers en de kruistochten, in: Jaarboek voor middeleeuwse geschiedenis 4 (2001), S. 86 – 117; Hucker, Bernd U.: Hochadel, Kreuzzüge und Friesen, in: Ders. u. a. (Hgg.): Niedersächsische Geschichte, Göttingen 1997, S. 79 – 92; Claassens, Geert H. M.: Cil estoient Frison: The Image of the Frisians in the Crusade Stories, in: Bremmer, Rolf Hendrik (Hg.): Aspects of old Frisian philology, Amsterdam u. a. 1990 (Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 31 – 32 = Estrikken 69), S. 69 – 84; Braßat, Herbert: Die Teilnahme der Friesen an den Kreuzzügen ultra mare vornehmlich im 12. Jahrhundert. Beiträge zur Geschichte der deutschen Seefahrt im 12. Jahrhundert, Berlin 1970, S. 16 – 55; Röhricht: Die Deutschen, S. 13. 98 Historia Ierosolimitana, lib. IV , cap. 35, S. 302 u. lib. VII , cap. 3, S. 490; Röhricht: Die Deutschen, S. 16. Vermutlich meint Mechelen hier einen Ortsteil des heutigen GulpenWittem im Limburgischen, nicht Mechelen in der Provinz Antwerpen. 99 Historia Ierosolimitana, lib. IX, cap. 11, S. 648 – 650: Interea dum hec obsidio ageretur, ducente naues Christianorum nauigio Ioppe appulse sunt ut adorarent in Ierusalem. Horum Bernardus Witarzh de terra Galacie, Hardinus de Anglia, Otto de Roges, Hedewerk de prepotentibus Westfalorum primi et ductores fuisse referuntur. Röhricht: Die Deutschen, S. 14. 100 Historia Ierosolimitana, lib. XII , cap. 5, S. 830: Illic Willelmus de Wanges, miles gloriosus et nobilis, itidemque Willelmus mire audacie et militaris fame, cum egregiis sociis equitibus et peditibus capti sententia capitali perierunt, ceteri quamplures uinculis catenarum astricti sunt. Edgington vermutet in Wanges die Ortschaft Wange, etwa 50 Kilometer westlich von Lüttich. Röhricht: Die Deutschen, S. 20 konstatiert ohne Begründung eine niederrheinische Herkunft. Für Edgingtons Zuordnung spricht, dass der Graf von Grez-Doiceau ebenfalls mitzog – die Grafschaft befand sich in unmittelbarer westlicher Nachbarschaft zu Wange.
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er seinem Vater nach dessen Tod 1093 auch in Reichsflandern nachgefolgt war, hatte er bis zu seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land nur sehr wenig Interesse an diesem Gebiet gezeigt – der Schwerpunkt seiner politischen Aktivitäten lag eindeutig im Westen seiner Grafschaft.101 Nach seiner Rückkehr änderte sich dies, und er geriet mehrfach mit Heinrich IV. und Heinrich V. wegen seiner Position im Cambrésis in Konflikt, wo er antikaiserliche Politik betrieb. Seine Distanz zum Reich belegt auch die hochadelige Gesellschaft, mit der er sich nach Palästina aufmachte – sie bestand aus Robert, dem Herzog der Normandie, und dem Grafen Stephan von Blois.102 Offensichtlich verstand er sich nicht primär dem Reich zugehörig, sondern als flämischer Graf, dessen Beziehungen zu Franco- und Anglonormannen und den französischen Grafschaften der Nachbarschaft Priorität besaßen. Die Begleitung Gottfrieds bestand nach dem Zeugnis Alberts von Aachen hingegen vor allem aus Verwandten und unmittelbaren Nachbarn, die im Reich begütert waren: Mit ihm zogen unter anderem sein Bruder Balduin, Warner, Graf von Grez-Doiceau, Balduin von Bourcq, Rainald, Graf von Toul, dessen Bruder Peter, Dodo, Herr von Cons-la-Grandville, Heinrich von Esch und dessen Bruder Gottfried.103 Die Großen der Ardennen traten also gemeinsam die Heerfahrt an. Nun war der Erste Kreuzzug beileibe keine exklusive Angelegenheit der Großen diesseits oder jenseits der Reichsgrenze. Auch die mittleren und unteren Schichten der mittelalterlichen Gesellschaften nahmen teil, worüber uns die überlieferten Predigterfolge Peters des Einsiedlers oder Gottschalks unterrichten. Gerade im Nordwesten des Reichs hatten beide großen Zulauf. Wiederum Albert von Aachen berichtet, dass Peter eine große Menschenmenge mobilisierte, deren soziale Schichtung von Bischöfen über weltliche principes bis hin zum gemeinen (sündhaften) Mann – und zur gemeinen Frau 104 – reichte, wobei 101 Die periphere Stellung der Grafen von Flandern im Reich wird beispielsweise deutlich bei ihrer Beteiligung an der Wahl der römisch-deutschen Könige, siehe Heirbaut, Dirk: On and over the edge of the Empire: The counts of Flanders and Hainault and the election of the king of the Romans, 1000 – 1314, in: Wolf, Armin (Hg.): Königliche Tochterstämme, Königswähler und Kurfürsten, Frankfurt a. M. 2002 (Studien zur Europäischen Rechtsgeschichte 152), S. 419 – 455, S. 424: „The counts of Flanders did not take part in the affairs of the Empire because they were not interested in doing so.“ 102 Mayer: Kreuzzüge, S. 63. 103 Historia Ierosolimitana, lib. II, cap. 1, S. 60 – 62; Murray: Army, S. 303 – 306. 104 Historia Ierosolimitana, lib. II , cap. 24, S. 100: Nec dubitandum est cum tot capitaneis primis, non paucos affuisse sequaces et inferiores, servos, ancillas, nuptas et innuptas, cuiusque
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ein beachtlicher Teil aus Lothringen stammte.105 Auch Gottschalk konnte einen großen Zug zusammenstellen, mit einem erheblichen lothringischen Element.106 Die Gründe für den dargestellten Befund bezüglich des Ersten Kreuzzugs sind keineswegs leicht zu ermitteln. Es seien hier nur zwei Punkte angeführt, die die Beobachtungen erklären können, nämlich einerseits die Predigt und andererseits kirchenpolitische Querelen. Zunächst zur Predigttätigkeit: Im Nordwesten wie auch in den übrigen Teilen des Reichs hatte keine organisierte Kreuzzugspredigt stattgefunden. Die Bewohner des Reichs haben wohl erst von den durchziehenden Kreuzfahrern vom Aufruf Urbans erfahren.107 Anders lagen die Dinge in Frankreich, wo Urban II. persönlich predigte oder Bischöfe und Äbte den Kreuzzug predigen ließ.108 Bei der Predigt des Kreuzzuges konnte sich Urban als ehemaliger Prior von Cluny 109 der Unterstützung besonders durch
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ordinis, viros ac mulieres. Zuletzt zu Frauen im Kontext des Ersten Kreuzzugs Kostick: Social structure, S. 271 – 285; ders.: Women and the First Crusade: Prostitutes or Pilgrims?, in: Meek, Christine E. (Hg.): Victims or viragos?, Dublin u. a. 2005 (Studies on medieval and early modern women 4), S. 57 – 68; Maier, Christoph T.: The Roles of Women in the Crusade Movement: a Survey, in: Journal of Medieval History 30 (2004), S. 61 – 82. Historia Ierosolimitana, lib. I, cap. 2, S. 2 – 4: Huius ergo admonitione assidua et inuocatione episcopi, abbates, clerici, monachi, deinde laici nobilissimi diversorum regnorum principes, totumque uulgus, tam casti quam incesti, adulteri, homicide [!], fures, periuri, predones, universum scilicet genus Christiane professionis, quin sexus femineus penitentia ducti ad hanc letanter concurrerunt uiam. Historia Ierosolimitana, lib. I, cap. 23, S. 44: Non multo temporis interuallo post Petri transitum, quidam presbiter Godescalcus nomine, Theutonicus natione, incola fluminus Rheni, eiusdem uie in Ierusalem amore et desiderio succensus ex Petri ammonitione plurimorum corda ex diversis nationibus ad instandam pariter uiam suo excitauit sermone, et ex diuersis regionibus Lotharingie, Francie orientalis, Bawarii, Alemannie, supra quindecim contraxit milia, tam militaris quam pedestris uulgi, qui pecunia ineffabili cum ceteris rebus necessariis collecta iter suum pacifice usque in regnum Vngarie continuasse perhibentur. Mayer: Kreuzzüge, S. 57. Wollasch, Joachim: Cluny – „Licht der Welt“. Aufstieg und Niedergang der klösterlichen Gemeinschaft, Düsseldorf 22002, S. 192f.; Cowdrey, Herbert E. J.: Pope Urban II’s preaching of the First Crusade, in: History. The Journal of the Historical Association 55 (1970), S. 177 – 188. Morin, Jean: Un Clunisien sur le trône de Saint-Pierre, le Bienheureux Urbain II (1088 – 1099), in: Basilique de Paray-le-Monial, l’histoire, l’art, la vie. Actes du colloque international, Paray-le-Monial 28 – 29 – 30 Mai 1992 (Association du IXème centenaire de la basilique), Paray-le-Monial 1994, S. 24 – 35.
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die Cluniazenser sicher sein 110, und diese Verbindung kann jenseits von relativer geographischer Nähe zu den Zentren der Kreuzzugspredigt erklären, warum ausgerechnet Gottfried von Bouillon und Robert II. von Flandern das Kreuz zu einem recht frühen Zeitpunkt genommen haben: Die Reichsabtei StabloMalmedy stand dem niederlothringischen Herzog nahe und war in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts cluniazensisch reformiert worden.111 Roberts Frau Clementia war ihrerseits eine große Anhängerin der cluniazensischen Reform und dürfte erheblichen Einfluss auf ihren Ehemann ausgeübt haben.112 Möglicherweise bestand also in der cluniazensischen Kreuzzugspropaganda ein Verbindungpunkt zwischen Gottfried, Robert und der Kreuzzugsbewegung. Zudem darf nicht vergessen werden, dass der Investiturstreit um das Jahr 1100 weiter schwelte. Der deutsche Episkopat hatte sich auf der Synode von Mainz im Jahr 1085 demonstrativ hinter Clemens III . gestellt 113, weshalb die Position Urbans II. im Reich von Beginn seiner Amtsübernahme 1088 an sehr schwach war. Eine Initiative dieses Papstes stieß folglich im Reich auf wenig Begeisterung, und dies galt auch für den Nordwesten des Reichs. Zur Zeit des Zweiten Kreuzzugs bemerkte auch Otto von Freising den schlechten Einfluss des Investiturstreits auf die Beteiligung im Reich.114 Diese beiden Gründe sind
110 Constable, Giles: Cluny and the First Crusade, in: Le concile de Clermont de 1095 et l’appel à la croisade. Actes du colloque universitaire international de Clermont-Ferrand (23 – 25 juin 1995), Rom 1997 (Collection de l’Ecole Française de Rome 236), S. 179 – 193; Cowdrey, Herbert E. J.: Cluny and the First Crusade, in: Revue bénédictine 83 (1973), S. 285 – 311. 111 Wisplinghoff, Erich: Lothringische clunyazensische Reform im Rheinland, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 56 (1992), S. 59 – 78, S. 71. Führenden Anteil daran hatten die beiden Reformäbte Odilo und besonders Poppo. Krauß, Susanne: „Christi iugum leve sub monastica institutione ipsis iniecit“. Poppo von Stablo als Klosterreformer, in: Hasberg, Wolfgang / Schröder, Josef (Hgg.): Flores considerationum amicorum. Festschrift für Carl August Lückerath zum 70. Geburtstag am 13. Dezember 2006, Gleichen 2006, S. 281 – 314; George, Philippe: Un réformateur lotharingien de choc: l’abbé Poppon de Stavelot (978 – 1048), in: Revue Mabillon N. S. 10 (1999), S. 89 – 111; Schmidtmann, Christian: Poppo von Stablo: Sein Abbatiat in St. Maximin vor dem Hintergrund der Klosterreformbewegung des 10./11. Jahrhunderts, in: Landeskundliche Vierteljahrsblätter 42 (1996), S. 69 – 82. 112 Sproemberg, Heinrich: Clementia, Gräfin von Flandern, in: Revue belge de philologie et d’histoire 42 (1964), S. 1203 – 1241, S. 1215. 113 Ziese, Jürgen: Wibert von Ravenna. Der Gegenpapst Clemens III. (1084 – 1100), Stuttgart 1982 (Päpste und Papsttum 20), S. 113f. 114 Ottonis episcopi Frisingensis Chronica sive Historia de duabus civitatibus, ed. Adolf Hofmeister, Hannover 1912 (MGH SS rer. Germ. i. u. s. 45), lib. VII, cap. 2, S. 311: Verum
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zwei von vielen, die die geringe Resonanz der Großen aus dem Nordwesten des Reichs erklären können. Bei einer Gegenüberstellung der bei Röhricht aufgeführten Kreuzfahrer aus dem Nordwesten des Reichs mit denjenigen aus anderen Reichsteilen stellt man fest, dass etwa 20 Prozent der Einträge auf Kreuzfahrer aus der hier untersuchten Region verweisen. Dies klingt zunächst nach einem hohen Anteil, allerdings darf nicht vergessen werden, dass es sich in absoluten Zahlen um 20 von 99 Einträgen handelt, die dem Nordwesten zugeordnet werden können. Die Beteiligung im Reich ist – so viel sei vorweggenommen – im Vergleich zu den späteren Kreuzzügen insgesamt niedrig einzuschätzen. Des Weiteren sind gerade einmal zwei von diesen 20 Einträgen dem hohen Adel zuzuordnen, der Rest bezieht sich zum Teil auf Personen, die prosopographisch kaum verortbar sind, weil parallele Überlieferung fehlt. 2.3 DER ZWEITE KREUZZUG 1147 – 1149
Der Zweite Kreuzzug von 1147 bis 1149 stieß im Reich auf eine insgesamt deutlich größere Resonanz. Bei Röhricht finden sich insgesamt 131 Einträge. Der wohl auch an Konrad und die deutschen Großen gerichtete Aufruf Papst Eugens III.115 gelangte zu erheblicher Verbreitung, wofür zunächst vermutlich unautorisierte Predigten von ‚Einzeltätern‘ verantwortlich waren – zu denken ist für den Nordwesten an den entlaufenen Zisterzienser Radulf, der 1146/7 von Köln rheinaufwärts sehr erfolgreich das Kreuz predigte und zum Mord an den Juden aufrief.116 Diese aggressive und den Ordensregularien widersprechende orientales Francos, Saxones, Turingios, Baioarios et Alemannos propter scisma, quod eo tempore inter regnum et sacerdotium fuit, haec expedicio minus permovit. 115 Phillips, Jonathan P.: Papacy, empire and the Second Crusade, in: Ders. / Hoch, Martin (Hgg.): The Second Crusade. Scope and Consequences, Manchester 2001, S. 15 – 31, S. 20 – 29. Hans Eberhard Mayer vertritt die Meinung, Eugen III. habe Konrad als Bundesgenossen gegen die Normannen in Süditalien einsetzen wollen, weshalb ihm die Kreuznahme des Staufers und vieler Großer des Reichs eher ungelegen kam. Mayer: Kreuzzüge, S. 122f. 116 Ottonis et Rahewini Gesta Friderici I. imperatoris, edd. Georg Waitz / Bernhard von Simson, Hannover 1912 (MGH SS rer. Germ. i. u. s. 46), lib. I, cap. 38, S. 58: Inter haec Radolfus monachus, vir quidem religionis habitum habens religionisque severitatem sollerter imitans, sed litterarum notitca sobrie imbutus, eas partes Galliae que Rhenum attingunt ingreditur multaque populorum milia ex Agrippina, Maguntia, Warmatia, Spira, Argentina aliisque
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Vorgehensweise veranlasste Bernhard von Clairvaux, vor Ort einzugreifen und Radulf in seine Schranken zu weisen.117 Dort und in anderen Teilen des Reichs lenkte er die Kreuzzugspredigt in geregelte Bahnen. Der Widerhall der verschiedenen Predigten war besonders in und um Köln verhältnismäßig stark. In dieser Region lassen sich mächtige Herren wie Goswin von Randerath 118, Hermann von Hardenberg 119, Heinrich von Kaster 120, Arnold von Bedburg 121 oder der gleichnamige Sohn Adolfs von Berg 122 als Kreuzfahrer sicher nachweisen.123 Möglicherweise hatte auch Gerhard, Neffe Wilhelms von Jülich, das
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vicinis civitatibus, oppidis seu vicis ad accipiendam crucem accendit, hoc tamen doctrinae suae non vigilanter interserens, quod iudaei in civitatibus oppidisque passim manentes tamquam Christianae religionis hostes trucidarentur. Quod doctrinae semen in multis Galliae Germaniaeque civitatibus vel oppidis tam firmiter radicem figens germinavit, ut, plurimis ex Iudaeis hac tumultuosa seditione necatis, multi sub principis Romanorum alas tuitionis causa confugerent. Siehe dazu Watt, John A.: The Crusades and the Persecution of the Jews, in: Linehan, Peter A. / Nelson, Janet L. (Hgg.): The Medieval World, London 2003, S. 146 – 162, S. 153f. Greven, Joseph: Die Kölnfahrt Bernhards von Clairvaux, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 120 (1932), S. 1 – 48. Berühmt ist in diesem Zusammenhang Bernhards eindringliches Schreiben an die Ostfranken und Baiern: Ep. 363, in: Winkler, Gerhard B. (Hg.): Bernhard von Clairvaux. Sämtliche Werke lateinisch / deutsch 3, Innsbruck 1992, S. 648 – 661, S. 658: De cetero, fratres, moneo vos, non autem ego, sed Apostolus Dei mecum, non esse credendum omni spiritui. Audivimus et gaudemus quod in vobis ferveat zelus Dei, sed oportet omnino temperamentum scientiae non deesse. Non sunt persequendi Iudaei, non sunt trucidandi, sed nec effugandi quidem. Goswin lieh sich den stattlichen Betrag von 100 Mark Silber vom Stift Maria ad Gradus in Köln, das dafür unter Vorbehalt des Rückkaufsrechts nach geglückter Heimkehr ein Allod bei Dorweiler erhielt. Die Urkunde wurde unter anderem bezeugt von Graf Adolf II. von Berg, dessen Sohn Adolf ebenfalls nach Palästina gezogen ist: Lacomblet I, Nr. 361; Röhricht: Die Deutschen, S. 38. Traditiones Werdinenses. Zweiter Teil, ed. Wilhelm Crecelius, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 7 (1871), S. 1 – 60, S. 27. Hermanns Bruder Nivelung von Hardenberg führte bei diesem Geschäft, das vor dem Gericht bei Kreuzberg stattfand, den Vorsitz anstelle seines Bruders, der sich nach Jerusalem aufgemacht hatte. Röhricht: Die Deutschen, S. 33. Lacomblet I, Nr. 364. Mosler, Hans (Bearb.): Geschichte des Besitzes der Abtei Kamp im heutigen Kreise Bergheim (Erft). Unveröffentlichte Urkunden und Akten von 1137 – 1802, Bergheim 1974 (Bergheimer Beiträge zur Erforschung der mittleren Erftlandschaft 6. 1974), S. 49. Ich danke Herrn Groten für den Hinweis! S. Kap. 5.1. Lacomblet I, Nr. 364; Röhricht: Die Deutschen, S. 34.
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Kreuz genommen 124, allerdings reicht der auf den 26. Oktober des Jahres 1147 vermutete Todestag nicht als Beleg dafür aus, dass er unter den Opfern der Schlacht bei Dorylaion 125 (25.10.1147) zu suchen ist. Kraus mutmaßt weiter, Graf Arnold von Kleve habe sich ebenfalls dem Kreuzzug angeschlossen, doch führt er dazu keinen Beleg jenseits des Todesjahres (ca. 1148/49) an, das ebenso gut zufällig mit der Zeit des Kreuzzuges übereinstimmen kann.126 Besonders stark war die Beteiligung am Kreuzzug in Köln selbst. Dort fanden sich zahlreiche Pilger zusammen, die im Frühjahr 1147 per Schiff unter der Führung des Grafen Arnold von Aarschot 127 gemeinsam mit Flamen und Engländern nach Palästina lossegelten.128 Nachdem sie einen Zwischenstopp in der Nähe von Santiago de Compostela eingelegt und das Grab des heiligen Jakobus aufgesucht hatten 129, 124 Kraus: Jülich, Aachen und das Reich, S. 22. 125 Zuletzt zu dieser Schlacht Roche, Jason T.: Conrad III and the second crusade: retreat from Dorylaion?, in: Crusades 5 (2006), S. 85 – 97. 126 Kraus: Frühgeschichte der Grafen von Kleve, S. 12. 127 De expugnatione Lyxbonensi, ed. Aires Nascimento, in: Ders. (Hg.): A conquista de Lisboa aos mouros, Lissabon 2001, S. 54 – 173, cap. 1, S. 54: Horum omnium trifariam partitur exercitus. Sub comite Arnoldo of Aerescot, nepote Godefridi ducis, a Romani imperii partibus secedit exercitus. Röhricht: Die Deutschen, S. 27. 128 Zu dieser Kampagne siehe Monte, Marcel P.: Cruzada e Reconquista: as duas faces da conquista de Lisboa em 1147, in: Medievalista online 5 (2008), http://www2.fcsh.unl.pt/ iem/medievalista/MEDIEVALISTA5/medievalista-paiva.htm (10-07-2014); Forey, Alan John: The Siege of Lisbon and the Second Crusade, in: Portuguese studies 20 (2004), S. 1 – 13; Bennett, Matthew: Military aspects of the conquest of Lisbon, 1147, in: Phillips, Jonathan P. / Hoch, Martin (Hgg.): The Second Crusade. Scope and Consequences, Manchester 2001, S. 71 – 89; Phillips, Jonathan P.: Foreword, in: De expugnatione Lyxbonensi, ed. Charles W. Davis, New York 22001 (Records of Western Civilization), S. XI – XXXIII; Meyer, Bruno B.: El papel de los cruzados alemanes en la reconquista de la Península Ibérica en los siglos XII y XIII, in: En la España medieval 23 (2000), S. 41 – 46; Huffman, Joseph P.: The Social Politics of Medieval Diplomacy: Anglo-German Relations (1066 – 1307), Ann Arbor 2000 (Studies in medieval and early modern civilization), S. 46 – 56; Rüdebusch, Dieter: Der Anteil Niedersachsens an den Kreuzzügen und Heidenfahrten, Hildesheim 1972 (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 80), S. 16f.; Braßat: Teilnahme der Friesen, S. 56 – 80; Davis, Charles W.: Introduction, in: De expugnatione Lyxbonensi, ed. Charles W. Davis, New York 22001 (Records of Western Civilization), S. 2 – 51; Kurth, Friedrich: Der Anteil niederdeutscher Kreuzfahrer an den Kämpfen der Portugiesen gegen die Mauren, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungs-Band 8 (1911), S. 131 – 252, S. 133 – 159. 129 Die Annales s. Disibodi überliefern einen Brief des Priesters Duodechin von Lahnstein an den Abt Kuno, in welchem die Ereignisse bei der Eroberung Lissabons beschrieben werden. Zu der in diesem Kontext durchgeführten Pilgerreise nach Santiago siehe Annales
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ließen sie sich von Petrus Pitões, dem Bischof von Porto, überzeugen, gemeinsam mit dem portugiesischen König Affonso Henriques die Stadt Lissabon zu belagern.130 Die Belagerung endete siegreich, doch sorgte dieser Erfolg bei manchen Pilgern dafür, dass sie ihren Eid als erfüllt betrachteten und in die Heimat zurückkehrten oder sich in der Gegend um Lissabon niederließen.131 Nur einige kleinere Kontingente der ursprünglich beeindruckenden Flotte machten sich weiter auf den Weg in das Heilige Land.132 Einer der wenigen namentlich überlieferten Teilnehmer dieser Kampagne aus dem Nordwesten des Reiches war ein Ritter aus dem Rheinland, nämlich Heinrich von Bonn.133
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s. Disibodi, ed. Georg Waitz, Hannover 1861 (MGH SS 17), S. 4 – 30, anno 1147, S. 27: Inde exeuntes, feria 6. ante penthecosten in portum Galiciae qui Thamara dicitur venimus, qui portus a Sancto Iacobo octo miliaribus distat. Ad cuius venerabile corpus in vigilia penthecostes venientes, sanctam sollemptnitatem cum magna hylaritate celebravimus. Die Predigt ist überliefert bei De expugnatione Lyxbonensi, cap. 3, S. 60 – 72. Siehe auch Hehl, Ernst-Dieter: Kirche und Krieg im 12. Jahrhundert. Studien zu kanonischem Recht und politischer Wirklichkeit, Stuttgart 1980 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 19), S. 259 – 261. Helmoldi presbyteri chronica Slavorum, ed. Johann M. Lappenberg, Hannover 1869 (MGH SS 21), S. 1 – 99, lib. I, cap. 61, S. 58: Ad ultimum capta civitate pulsisque barbaris rex Galacie rogavit peregrinos, ut darent sibi civitatem vacuam, divisa prius inter eos socialiter preda. Factaque est illic cristicolarum colonia usque in presentem diem. Annales s. Disibodi, anno 1147, S. 28: His ita feliciter gestis, nostri in eadem civitate usque ad Kalendas Februarii hiemaverunt; exinde per varia discrimina navigantes, sicut devoverant, ad dominicum sepulchrum pervenerunt. Die Wunder des vor Lissabon Gefallenen sind überliefert im Gründungsbericht des Klosters S. Vicente de Fora. Indiculum Fundationis Monasterii Beati Vincentii, ed. Aires Nascimento, in: Ders. (Hg.): A conquista de Lisboa aos mouros, Lissabon 2001, S. 177 – 201, cap. 6 – 8, S. 184 – 186; 70 Jahre später berichtet auch der Verfasser der friesischen Beschreibung des Fünften Kreuzzugs vom Grab Heinrichs, De itinere Frisonum, ed. Reinold Röhricht, in: Ders. (Hg.): Quinti belli sacri scriptores minores, Genf 1879 (Publications de la Société de l’Orient Latin 2), S. 59 – 70, S. 62: Ad orientem vero extra civitatem quoddam est venerabile cenobium, ubi palma de sepulchro martyris Christi domni Popteti Ulvinga pulchre consurgens in aera demonstratur, qui mutato nomine Heinricus, princeps milicie christiane, ante 70 annos ibidem cum suo armigero vitam finivit in Christo; qui nunc divina relevatione canonizatus, gloria temporali letatur et eterna. Lay, Stephen: Miracles, Martyrs and the Cult of Henry the Crusader in Lisbon, in: Portuguese studies 24 (2008), S. 7 – 31; de Sousa Pereira, Armando: Guerra e santidade: o cavaleiro-mártir Henrique de Bona e a conquista crista de Lisboa, in: Lusitania sacra ser. 2, 17 (2005), S. 15 – 38; Jansen, Reinhard: Heinrich von Bonn. Die Erinnerung an die Kreuzfahrer aus dem Römischen Reich in der portugiesischen Legendentradition, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 30 (1965), S. 23 – 29; Pfülf,
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Es lässt sich nach Röhricht – wie gesagt – eine erhöhte Gesamtbeteiligung im Reich, aber eine nur verhältnismäßig geringe Beteiligung der Großen im Nordwesten des Reichs feststellen: Gerade einmal 18 von 131 Einträgen beziehen sich auf Kreuzfahrer aus dem Nordwesten des Reichs. Unter diesen 18 lassen sich lediglich drei aus gräflichen Häusern sicher ausmachen, nämlich Arnold von Aarschot, Hermann von Hardenberg und Adolf von Berg. Möglicherweise hängt dieser Befund mit der Kreuznahme König Konrads in Speyer an Weihnachten 1146134 zusammen. Mit seinem Gelübde setzte er sich an die Spitze der Kreuzzugsbewegung im Reich. Das Königtum wirkte zwar in Bezug auf die Kreuznahmen der Großen des Reichs prinzipiell integrierend, allerdings galt dies nur für diejenigen, die für sich das Attribut ‚königsnah‘ beanspruchen konnten.135 Viele Fürsten aus dem Nordosten des Reiches, größtenteils eher der Opposition gegen Konrad zuzurechnen 136, zogen lieber gegen die Wenden 137, während die nordwestliche Adelselite ihrerseits bislang eine untergeordnete Rolle in der Politik Konrads gespielt hatte, insofern auch eher königsfern war, jedoch ohne offen zu opponieren. Für diese These spricht das Itinerar Konrads, laut dem er sich bei insgesamt 145 dokumentierten Aufenthalten nur bei 16 Gelegenheiten
Otto: Die Heerfahrt des sel. Heinrich von Bonn und seiner Gefährten, in: Stimmen aus Maria-Laach 47 (1894), S. 24 – 48. 134 Die Kreuznahme des Staufers ist vielfach überliefert, siehe die Zusammenstellung bei RI IV, 1, 2, Nr. 422. Zuletzt hierzu Goez, Elke: Bernhard von Clairvaux und Konrad III., in: Felten, Franz Joseph / Kehnel, Annette / Weinfurter, Stefan (Hgg.): Institution und Charisma. Festschrift für Gert Melville, Köln u. a. 2009, S. 437 – 456, S. 444 – 447. 135 Das galt auch für die süddeutschen Fürsten. Die Zähringer etwa zogen gegen die Wenden. Dazu Görich, Knut: Staufer, Zähringer und der Aufbruch Konrads III. zum Kreuzzug, in: Gesellschaft für staufische Geschichte e. V. (Hg.): Konrad III. (1138 – 1152). Herrscher und Reich, Göppingen 2011 (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst 30), S. 66 – 78. 136 An deren Spitze stand Heinrich der Löwe, der ein ständiger Unruheherd im Norden des Reichs war. Besonders hervorzuheben ist Heinrichs Missachtung des Gerichtsfriedens und des königlichen Schlichtungsgebotes im Kontext des Streits um die Güter der Grafen von Stade 1144/45. Zu diesem Konflikt siehe zuletzt Ehlers, Joachim: Heinrich der Löwe. Eine Biographie, München 2008, S. 65 – 70. 137 Helmold von Bosau berichtet über diese Kampagne am ausführlichsten. Helmoldi presbyteri chronica Slavorum, lib. I, cap. 62 – 71, S. 58 – 66. Ibid., S. 58 findet sich auch die Auflistung der Anführer, nämlich Erzbischof Adalbero von Bremen, die Herzöge Heinrich der Löwe und Konrad von Zähringen sowie die Markgrafen Albrecht der Bär und Konrad von Meißen. Zuletzt monographisch zum Wendenkreuzzug Herrmann, Jan-Christoph: Der Wendenkreuzzug von 1147, Frankfurt a. M. u. a. 2011 (Europäische Hochschulschriften 3 / 1085); zu den Teilnehmern ibid., S. 131f.
Der Dritte Kreuzzug 1189 – 1191 |
im Nordwesten des Reiches befand.138 Auch ist Arnold I., Erzbischof von Köln, in den Jahren unmittelbar vor Beginn des Kreuzzugs seltener am Hof Konrads anzutreffen als noch in den 30er Jahren des 12. Jahrhunderts, obwohl er von den Aufenthaltsorten des Königs her durchaus öfter dort hätte erscheinen können. Dies spricht für eine sinkende Bedeutung des mächtigsten Mannes im Nordwesten des Reichs im Vorfeld des Kreuzzugs, obwohl jener noch 1147 die Krönung des jungen Heinrich (VI.) durchgeführt und bis dahin zu den wichtigsten Stützen des Staufers gezählt hatte.139 Insofern zeitigte die Kreuznahme Konrads als integrierender Faktor im Nordwesten des Reiches nur wenig Wirkung. 2.4 DER DRITTE KREUZZUG 1189 – 1191
Der Dritte Kreuzzug kann gewiss als Höhepunkt der Kreuzzugsbeteiligung im Reich angesehen werden – Röhricht listet 242 Einträge auf, beinahe doppelt so viele wie für den Zweiten Kreuzzug. Dem Nordwesten des Reichs lassen sich 26 dieser Einträge zuweisen, und zum ersten Mal in der Geschichte der Kreuzzüge sind nun auch die Großen dieser Region auf breiter Front vertreten. Dazu gehörten in alphabetischer Reihenfolge die Grafen Otto II. von Bentheim 140, Engelbert von Berg 141, Heinrich von Cuyk 142, Otto von Geldern 143, Florens III. von Holland mit seinem Sohn Wilhelm 144, Wilhelm II. von Jülich 145, Dietrich III.
138 Ziegler: Konrad III., S. 773 – 775. 139 Ibid., S. 61 – 64 u. 705. 140 Für die im Folgenden aufgezählten Teilnehmer verweise ich auf die Darstellung des sogenannten Ansbert: Historia de expeditione Friderici imperatoris, ed. Anton Chroust, Berlin 1928 (MGH SS rer. Germ. N. S. 5), S. 1 – 115, S. 18 – 24; Röhricht führt an angegebener Stelle weitere Quellenbelege auf. Weitere Belege für Otto II . bei Röhricht: Die Deutschen, S. 54. 141 S. Kap. 5.2; Röhricht: Die Deutschen, S. 54. 142 Röhricht: Die Deutschen, S. 65. 143 Schiffer, Peter: Die Grafen von Geldern im Hochmittelalter (1085 – 1229). Ein Beitrag zur Geschichte des unteren Rheingebietes, Geldern 1988 (Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Geldern und Umgegend 89), S. 301f.; Röhricht: Die Deutschen, S. 60 nennt ihn fälschlicherweise Günther. 144 Janse, Antheun: Graaf Willem I van Holland (1203 – 1222): Ridderschap en machtspolitiek, in: Bijdragen en mededelingen betreffende de geschiedenis der Nederlanden 116 (2001), S. 141 – 161, S. 142 – 147; Röhricht: Die Deutschen, S. 63. 145 Kraus: Jülich, Aachen und das Reich, S. 64; Röhricht: Die Deutschen, S. 64.
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von Kleve 146, Gerhard III. von Rieneck aus dem Haus Loon 147, Heinrich von Sayn 148 und Dietrich von Wied 149, dazu Herzog Heinrich III. von Limburg.150 Von den geistlichen Fürsten beteiligten sich die Bischöfe Roger von Cambrai 151, Rudolf von Lüttich 152, Hermann II. von Münster 153, Arnold von Osnabrück 154 und möglicherweise Balduin II. von Utrecht.155 Diese beeindruckende Phalanx wird ergänzt von einer erneut starken Beteiligung der Kölner, gemeinsam mit den Bewohnern der Siedlungen entlang des Niederrheins. Wie ihre Vorgänger im Kontext des Zweiten Kreuzzugs rüsteten die Kölner eine – diesmal deutlich kleinere – Flotte aus 156, mit der sie gemeinsam mit Lüttichern, Flamen und
146 Nach Johannes von Ypern hat Dietrich nach dem Tod Friedrichs im Heer Richards von England gekämpft. Johannis Iperii chronicon Sythiense s. Bertini, edd. Edmund Martène / Ursin Durand, in: Dies. (Hgg.): Thesaurus novus anecdotorum III, Paris 1717, Sp. 442 – 776, Sp. 678; Kraus: Frühgeschichte der Grafen von Kleve, S. 43; Röhricht: Die Deutschen, S. 64. 147 Röhricht: Die Deutschen, S. 65f. 148 Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 22f.; Röhricht: Die Deutschen, S. 74. 149 Röhricht: Die Deutschen, S. 80. 150 Auch Heinrich hat nach Johannes von Ypern im Gefolge Richards gekämpft: Johannis Iperii chronicon Sythiense s. Bertini, S. 678; Röhricht: Die Deutschen, S. 65. 151 Gesta pontificum abbreviata per canonicum Cameracensem, ed. Ludwig Konrad Bethmann, Hannover 1856 (MGH SS 7), S. 504 – 510, cap. 25, S. 510: Werris praeterea et multiplicibus tum familiarium suorum persecutionibus, tum amicorum suorum causis et necessitatibus, quasi in area tritici trituratus episcopus, in illa famosa peregrinatione quando a Saracenis novissime subiugata fuit Iherusalem, cum caeteris iter arripuit peregrinandi, desiderans laboribus et sudore proprii corporis diluere quod inter nos conversatus ex episcopalis negligentia regiminis contraxerat et humanae culpa contagionis. Röhricht: Die Deutschen, S. 57. 152 Kupper, Jean-Louis: Raoul de Zähringen évêque de Liège 1167 – 1191. Contribution à l’histoire de la politique impériale sur la Meuse moyenne, Brüssel 1974 (Mémoire de la Classe des Lettres. Collection in-8°. Académie Royale de Belgique 2, 62), S. 162 – 166; Röhricht: Die Deutschen, S. 66. 153 Stehkämper, Hugo: Hermann II. von Münster (1174 – 1203): Ein Bischof im Dienst für Kaiser und Reich, in: Barbarossa und die Prämonstratenser, Göppingen 1989 (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst 10), S. 101 – 118, S. 109 – 112; Röhricht: Die Deutschen, S. 68. 154 Röhricht: Die Deutschen, S. 71. 155 Röhricht: Die Deutschen, S. 79. 156 CrC cont. I, anno 1188, S. 140f.: [Interim] naves fabricantur, per diversas regiones et civitates in expeditionem, e quibus quatuor de Colonia moverunt, in quibus erant ad quindecim centum homines; tam hi quam ceteri omnes ad tres annos victualia copiose habebant, armis precipuis et omni genere resistendi muniti.
Der Dritte Kreuzzug 1189 – 1191 |
Engländern den Seeweg nach Jerusalem einschlugen.157 Erneut unterbrachen sie ihre Reise auf der iberischen Halbinsel, erneut pilgerten sie nach Compostela 158 und erneut unterstützten sie erfolgreich den portugiesischen König – diesmal Sancho I. – bei der Belagerung einer muslimischen Festung, nämlich Alvor.159 Die Kölner Königschronik vermeldet für den 2. Februar 1190 die Rückkehr vieler reich mit Beute beladener Kölner 160, weshalb davon auszugehen ist, dass ein erheblicher Anteil jener die Seereise nicht bis nach Palästina fortgesetzt hat. Im September 1189 traf die aus ungefähr 60 Schiffen bestehende restliche Flotte unter der Führung Jakobs von Avesnes schließlich in Akkon ein.161 Die breite Beteiligung im Nordwesten des Reiches lässt sich zum einen auf den Auslöser des Kreuzzugs zurückführen, nämlich den Verlust Jerusalems nach der katastrophalen Niederlage von Hattin. Diese schlimmstmögliche Wendung
157 Hauptquelle ist die Kölner Königschronik: CrC cont. I, anno 1189, S. 142f.; die Narratio itineris navalis ad Terram sanctam, ed. Anton Chroust, Berlin 1928 (MGH SS rer. Germ. N. S. 5), S. 179 – 196, S. 182f. liefert – obwohl es sich hierbei um die Schilderung einer hauptsächlich bremisch-englischen Fahrt handelt – ebenfalls einige Informationen über die kurz vorher aufgebrochene Flotte der Rheinländer und Flamen. Die Lamberti parvi annales, ed. Ludwig Bethmann, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 645 – 650, anno 1189, S. 649 berichten über die Teilnahme der Lütticher: Colonienses cum Leodinensibus a Colonia navibus descendentes, in Angliam cum Fresonibus et Dalmatianis et Flandrensibus, parata classe 55 navium, adierunt Britanniam, inde ad Hispanias navigaverunt per occeanum, et prelia multa commiserunt cum paganis. Siehe auch Rüdebusch: Der Anteil Niedersachsens, S. 24 – 28; Braßat: Teilnahme der Friesen, S. 81 – 91; Kurth: Anteil niederdeutscher Kreuzfahrer, S. 161 – 164 u. 170 – 175. 158 CrC cont. I, anno 1189, S. 142: Erant sexaginta naves ex eis, virorum vero pugnatorum ad 10 milia et amplius. Egressi in arida, ad Sanctum Iacobum adoratum pergunt. 159 Ibid., S. 143: Inde ad naves regressi, cum in Affricae partes venissent, urbem gentilium populosam nomine Albur oppugnant er capiunt atque aurum et argentum infinitum inde detrahunt, urbicis in ore gladii cesis. Narratio itineris navalis ad Terram sanctam, S. 182: (…) sed precesserant nos ante quatuor ebdomadas quinquaginta quinque naves de nostro imperio et de Flandria et in itinere ultra Ulixbonam castrum quod subiacebat dominio Siluie, Aluor nomine, expugnaverunt, nulli etati vel sexui parcentes et, sicut veraciter audivimus, circiter quinque milia et sexcentos occiderunt. 160 CrC cont. I, anno 1189, S. 144: Plurimi peregrinorum, qui navigio ierant, redierunt Coloniam, adducentes secum vestes et pallia et alia quaedam preciosa, quae eversa quadam urbe paganis abstulerant; circa festum purificationis sanctae Mariae revertuntur. 161 Arnoldi abbatis Lubecensis chronica, ed. Johann M. Lappenberg, Hannover 1869 (MGH SS 21), S. 100 – 250, lib. IV, cap. 15, S. 177: Fuerunt autem quinquaginta quinque naves Teutonicorum expansis velis applicantes. Quibus iunctus erat princeps quidam de Avense, nomine Iacobus, cum quinque magnis navibus, viris et armis honustatis, simul et victualibus.
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der Ereignisse im Heiligen Land hatte die Großen des Nordwestens – wie überall in Lateineuropa – aufgerüttelt.162 Zum anderen hatte Gregor VIII. auf die Meldung der Niederlage hin eine außerordentlich effiziente Predigtkampagne angeordnet: Die ‚Motoren‘ der Kreuzzugswerbung nördlich der Alpen waren der in der Kreuzpredigt erfahrene Heinrich von Marcy, Kardinalbischof von Albano, und Joscius, Erzbischof von Tyros, der die Lage im Heiligen Land gut kannte.163 Entscheidender dafür, dass sich die nordwestlichen Magnaten tatsächlich dem kaiserlichen Kreuzzug anschlossen, waren meiner Meinung nach allerdings zwei Begebenheiten eher politischer Natur: Auf dem Hoftag Jesu Christi, bedeutungsschwanger terminiert auf den Sonntag laetare des Jahres 1188, unterwarf sich der mächtige Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg dem Kaiser und wurde von ihm gegen hohe Geldzahlungen wieder zu Gnaden aufgenommen.164 Neben der demonstrativen und symbolträchtigen Wirkung dieses Gnadenakts als kaiserliche Friedensstiftung im Vorfeld des Kreuzzugs 165 erreichte Friedrich auf diese Weise die Deeskalation des Konfliktes mit dem Erzbischof um 162 Mayer: Kreuzzüge, S. 171f. 163 Schmugge, Ludwig: Zisterzienser, Kreuzzug und Heidenkrieg, in: Elm, Kaspar u. a. (Hgg.): Die Zisterzienser. Ordensleben zwischen Ideal und Wirklichkeit. Eine Ausstellung des Landschaftsverbandes Rheinland, Rheinisches Museumsamt, Brauweiler; Aachen, Krönungssaal des Rathauses 3. Juli-28. September 1980, Bonn 1980 (Schriften des Rheinischen Museumsamtes 10), S. 57 – 68, S. 62; Hiestand, Rudolf: Die päpstlichen Legaten auf den Kreuzzügen und in den Kreuzfahrerstaaten. Vom Konzil von Clermont (1095) bis zum 4. Kreuzzug, Kiel 1971, S. 259; Pfeiffer, Eberhard: Die Cistercienser und der dritte Kreuzzug (1184 – 92). Die Mission des Cistercienser Kardinals Heinrich von Albano in Deutschland und Frankreich, in: Cistercienser Chronik 48 (1936), S. 150 – 154, 179 – 183. 164 CrC cont. I, anno 1188, S. 139: Ibi quoque archiepiscopus et Coloniensis reconciliantur imperatori, eodem tamen presule triplex sacramentum prestante pro obiectis, duo pro duabus curiis non quesitis, unum pro Iudeis, quos in contumeliam imperatoris diffamatus erat pecunia multasse. Modus autem reconciliacionis hic erat: Dabant imperatori duo milia marcarum, ducentas et 60 in curiam. Unam portarum destruunt ad unam testudinem, fossatum reimplebunt quatuor locis ad quadringentos pedes. De quibus tamen concessum est, ut, si vellent, ea die subsequenti in priorem statum repararent. Quod sic factum est. Wentzlaff-Eggebert, Friedrich-Wilhelm: Der Hoftag Jesu Christi 1188 in Mainz, Wiesbaden 1962 (Institut für europäische Geschichte Mainz. Vorträge 32), S. 14. Nur kurz erwähnt wird dieser Hoftag bei Rösener, Werner: Die Hoftage Kaiser Friedrichs I. Barbarossas im Regnum Teutonicum, in: Moraw, Peter (Hg.): Deutscher Königshof, Hoftag und Reichstag im späteren Mittelalter, Stuttgart 2002 (Vorträge und Forschungen 48), S. 359 – 386, S. 374. 165 Friedrich hatte kurz zuvor auch für eine gesetzmäßige grundsätzliche Friedensstiftung gesorgt. In diesem Zusammenhang steht wohl das wahrscheinlich im Dezember 1188 in Nürnberg erlassene Landfriedensgesetz gegen die Brandstifter, MGH DD F I/4, Nr. 988.
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die Vorherrschaft im Nordwesten des Reichs, der bereits seit einigen Jahren geschwelt hatte.166 Der Kölner Lehnshof hatte bis dahin einmütig hinter Philipp gestanden 167, sodass eine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen dem Metropoliten und Friedrich wohl auch die Vasallen des Kirchenfürsten betroffen hätte. Insofern schuf die Friedensstiftung politischen Freiraum, der die Möglichkeit der Kreuznahme eröffnete.168 In eine ähnliche Richtung weist die geschickte Schlichtertätigkeit, die Friedrich bei dieser Versammlung an den Tag legte: Es 166 Siehe zu diesem Konflikt Groten, Manfred: Köln und das Reich. Zum Verhältnis von Kirche und Stadt zu den staufischen Herrschern 1151 – 1198, in: Weinfurter, Stefan (Hg.): Stauferreich im Wandel. Ordnungsvorstellungen und Politik in der Zeit Friedrich Barbarossas, Stuttgart 2002 (Mittelalter-Forschungen 8), S. 237 – 252, S. 251. Philipp hatte auf der Kölner Synode von 1187 bereits demonstriert, über welch beeindruckende ‚manpower‘ er verfügen konnte: Liber de rebus memorabilioribus sive chronicon Henrici de Hervordia, ed. August Potthast, Göttingen 1859, cap. 90, S. 168f.: Item idem Philippus in festo palmarum sollempnem curiam Colonie tenuit. Cui Phylippus comes Flandrie, Lodwicus lantgravius Thuringie, episcopi Monasteriensis et Eystensis et omnes nobiles terre ac circiter 4000 militum intererat. 167 Im Frühjahr 1188 hatte Heinrich VI. die Loyalitäten der Großen Lothringens getestet – mit einem für ihn erschreckenden Ergebnis. CrC cont. I, anno 1188, S. 139: Circa idem tempus filius imperatoris Confluentiae conventum magnum habuit, citatis ad se comitibus et nobilibus Lotharingiae et maxime de episcopatu Coloniensi. Cumque perquireret, qui cum eo stare vellent contra presulem et terram Coloniensem, et ei cuncti contradicerent, iratus recessit. 168 Die Frieden stiftende Wirkung von Kreuzzügen im Reich ist noch nicht hinreichend untersucht, wohingegen bestimmte Formen des Friedens (z. B. Gottesfrieden oder treuga dei) als Bedingung für Kreuzzüge mittlerweile zu den „Klassikern“ der Kreuzzugsforschung gerechnet werden dürfen. Bei diesen beiden Verbindungen zwischen Kreuzzügen und Friedensstiftung handelt es sich nicht um dasselbe. Zur Verbindung von Gottesfrieden und Kreuzzugsgedanke zuletzt kritisch Flori, Jean: De la paix de Dieu à la croisade? Un réexamen, in: Crusades 2 (2003), S. 1 – 23; eine gerade Verbindungslinie zieht Cowdrey, Herbert E. J.: From the peace of God to the First Crusade, in: García-Guijarro Ramos, Luis (Hg.): La Primera Cruzada, noveciento años después; el Concilio de Clermont y los orígenes del movimiento cruzado, Madrid 1997, S. 51 – 62; Delaruelle, Étienne: Paix de Dieu et croisade dans la chrétienté du XIIe siècle, in: Paix de Dieu et guerre sainte en Languedoc au XIIIe siècle, Toulouse 1969 (Cahiers de Fanjeaux 4), S. 51 – 71; Ergänzend Hehl, Ernst-Dieter: Kirche und Krieg im 12. Jahrhundert. Studien zu kanonischem Recht und politischer Wirklichkeit, Stuttgart 1980 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 19), S. 45 – 48. Schreiner, Klaus: Gottesfriede und Heiliger Krieg: Religion in politisch-militärischen Kontexten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, in: Schreiber, Waltraud (Hg.): Die religiöse Dimension im Geschichtsunterricht an Europas Schulen. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt. Tagungsband, Neuried 2000 (Bayerische Studien zur Geschichtsdidaktik 2), S. 157 – 191 ist nur bedingt der Gottesfriedensbewegung in Verbindung mit den Kreuzzügen gewidmet, auch wenn der Titel anderes erwarten lässt.
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gelang ihm, Bischof Balduin von Utrecht und Graf Otto von Geldern miteinander zu versöhnen.169 Beide befehdeten einander seit geraumer Zeit um die Grafschaft Veluwe 170, und verwandtschaftliche wie politische Verbindungen hatten Florens von Holland sowie Dietrich von Kleve aufseiten des Bischofs, Philipp von Heinsberg, Hermann von Münster, Heinrich von Brabant und Adolf von Berg – entweder ein jüngerer Bruder oder der älteste Sohn Engelberts von Berg – an der Seite Ottos in den Konflikt mit hineingezogen.171 Diese beiden erfolgreichen Schlichtungen legten die Basis für eine breite Beteiligung der Großen aus dem Nordwesten des Reichs. Friedrichs grundsätzlich rege Beteiligung an der Herrschaftsgestaltung im Nordwesten des Reichs tangierte sicherlich die Interessen der politischen Akteure dieser Region, doch geht die Folgerung, der Staufer habe in den Jahren vor dem Kreuzzug einen regelrechten „Wirtschaftskrieg“ gegen Köln und die niederrheinischen Großen geführt, wohl zu weit.172 Die breite Beteiligung am kaiserlich geführten Kreuzzug unterstützt diese Sichtweise, weil sich strukturell aggressive Politik gegen die niederrheinischen Mächte sicher negativ auf die Teilnahme im kaiserlichen Gefolge ausgewirkt hätte. Dass es Alternativen gab, belegt die Entscheidung Herzog Heinrichs III . von Limburg, der im Heer König Richards von England kämpfte. Wahrscheinlich war die Entscheidung des Limburgers, sich nicht dem kaiserlichen Heer anzuschließen, eine Folge des Konfliktes zwischen Herzog und Kaiser im Rahmen der Trierer Doppelwahl 1183, als sich Heinrich an der Spitze 169 CrC cont. I, anno 1188, S. 139: Episcopus Traiectensis et comes de Gelre et multi alii, quos discordes ante nemo in concordiam potuit reducere, nullo nisi spiritu Dei mediante, ibidem inter se reconciliantur, et plurimi ex eis crucem leti summunt. 170 Ibid., S. 136: Tunc etiam inter Baldewinum Traiectensem episcopum et Ottonem comitem de Gelre bellum grave committitur pro terra Velewe, cedes et incendia grassantur; (…). Schiffer: Grafen von Geldern, S. 221f.; Kraus: Frühgeschichte der Grafen von Kleve, S. 42. 171 S. Kap. 3.3. 172 Für Friedrichs reges Interesse an Köln: Irsigler, Franz: Köln und die Staufer im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts, in: Hartmann, Wilfried (Hg.): Europas Städte zwischen Zwang und Freiheit. Die europäische Stadt um die Mitte des 13. Jahrhunderts, Regensburg 1995 (Schriftenreihe der Europa-Kolloquien im Alten Reichstag. Sonderband), S. 83 – 96, der sich kritisch auseinandersetzt mit Stehkämper, Hugo: Friedrich Barbarossa und die Stadt Köln. Ein Wirtschaftskrieg am Niederrhein, in: Vollrath, Hanna / Weinfurter, Stefan (Hgg.): Köln. Stadt und Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters. Festschrift für Odilo Engels zum 65. Geburtstag, Köln 1993 (Kölner historische Abhandlungen 39), S. 367 – 414. Auch Groten pflichtet Irsigler bei. Groten: Köln und das Reich, S. 244.
Der Kreuzzug Heinrichs VI. und der Vierte Kreuzzug |
der Anhänger des von Friedrich abgelehnten Kandidaten Folmar von Karden befand.173 Die übrigen Großen hatten sich dem Kaiser angeschlossen, sodass eine grundsätzliche politische Gegnerschaft im Vorfeld des Kreuzzugs unwahrscheinlich erscheint. 2.5 DER KREUZZUG HEINRICHS VI. 1197/98 UND DER VIERTE KREUZZUG 1202 – 1204
Nur wenige Jahre nach Kaiser Friedrichs Tod in Kleinasien 1190 hatte sein Sohn Heinrich einen Kreuzzug gelobt.174 Trotz des großen Aderlasses in den Reihen der Adelselite während des Dritten Kreuzzugs fanden sich viele Große des Reichs erneut bereit, das Kreuz zu nehmen. Der Nordwesten des Reichs hielt sich bis auf Heinrich, den Herzog von Brabant 175, und Walram, Sohn Herzog Heinrichs von Limburg 176, auffällig zurück. Lediglich fünf der 70 Einträge bei Röhricht verweisen auf diese Region, und von diesen fünf Personen ließen sich Herzog Heinrich III . von Limburg 177, Bischof Hermann II .
173 Henker, Michael: Werner von Bolanden und die Trierer Doppelwahl des Jahres 1183, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 30 (1978), S. 101 – 106; Heyen, Franz-Josef: Über die Trierer Doppelwahlen von 1183 und 1242, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 21 (1969), S. 21 – 33, S. 21 – 28. 174 Zuletzt monographisch zu diesem Kreuzzug Naumann, Claudia: Der Kreuzzug Kaiser Heinrichs VI., Frankfurt a. M. 1994. 175 Heinrich schrieb Adolf von Köln einen Brief aus dem Heiligen Land, in dem er dem Erzbischof von den Taten der Kreuzfahrer berichtet, s. CrC cont. I, anno 1197, S. 160f.; Röhricht: Die Deutschen, S. 82f. 176 Reineri annales, ed. Georg H. Pertz, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 651 – 680, anno 1197, S. 653: Walerannus filius ducis Ardennae treugas rupit, inconsulto Heinricus comes Campaniae, qui praeerat populo christiano in negotio orientalis ecclesiae constituto, id est Ierusalem et ceteris peregrinis, quod multum nocuit parti nostrae. Annales Marbacenses, ed. Roger Wilmans, Hannover 1861 (MGH SS 17), S. 142 – 180, anno 1195, S. 166f.; Röhricht: Die Deutschen, S. 85. 177 Röhricht: Die Deutschen, S. 85; Ernst, Simon Pierre: Histoire du Limbourg suivie de celle des comtés de Daelhem et de Fauquemont, des annales de l’Abbaye de Rolduc 3, Lüttich 1839, S. 241f.
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von Münster 178 und vielleicht auch Erzbischof Adolf von Köln 179 von ihrem Gelübde entbinden. Einer der Gründe für das weitgehende Fehlen von Großen aus dem Nordwesten wird in der grundsätzlichen Opposition des Kölner Metropoliten Adolf von Altena zu Heinrich zu sehen sein. Der Erbreichsplan des Staufers – insbesondere der aus ihm faktisch folgende Ausschluss der Fürsten aus der Reichsregierung – war Adolf ein solcher Dorn im Auge gewesen, dass er Weihnachten 1195 die Krönung Friedrichs, Heinrichs Sohn, zum römisch-deutschen König zunächst abgelehnt hatte.180 Erst 1197 gab er seinen Widerstand auf Druck der Fürsten auf, um nach dem Tod des Kaisers gleich wieder die Gültigkeit der Königswahl anzufechten, indem er u. a. argumentierte, Friedrich sei zum Zeitpunkt der Wahl ungetauft gewesen, außerdem sei ein Unmündiger nicht
178 Seine Kreuznahme ist überliefert in den Annales Marbacenses, anno 1195, S. 166f. Im Jahr 1198 urkundet er in der Heimat, sodass eine Ablösung seines Gelübdes denkbar ist, s. WUB 2, Nr. 572. Röhricht: Die Deutschen, S. 87 beruft sich auf Winkelmann, Eduard: Philipp von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig 1: Philipp von Schwaben, Leipzig 1873 ( Jahrbücher der Deutschen Geschichte 19), S. 59. Winkelmann bleibt allerdings einen Beleg schuldig. 179 Lediglich eine steiermärkische Quelle berichtet von der Kreuznahme eines kölnischen Erzbischofs: Continuatio Admuntensis, ed. Wilhelm Wattenbach, Hannover 1851 (MGH SS 9), S. 579 – 593, anno 1195, S. 587. Bezeichnenderweise nennt der Verfasser der Chronik den Erzbischof Philippus, womit er wohl den 1191 verstorbenen Vorgänger Brunos von Berg meint, dem Adolf 1193 nachgefolgt war. Man darf dieser Quelle also eine gewisse Unkenntnis der Kölner Verhältnisse unterstellen. Detailliertere Quellen wie die Cronica S. Petri Erfordensis moderna oder die sogenannten Marbacher Annalen überliefern zahlreiche Große, die auf oder nach dem Hoftag zu Gelnhausen 1195 gemeinsam mit Heinrich das Kreuz genommen haben, doch taucht Adolf dort nicht auf: Cronica S. Petri Erfordensis moderna a 1072 – 1335, ed. Oswald Holder-Egger, in: Ders. (Hg.): Monumenta Erphesfurtensia saec. XII . XIII . XIV ., Hannover 1899 (MGH SS rer. Germ. i. u. s. 42), S. 117 – 369, anno 1195, S. 198; Annales Marbacenses, anno 1195, S. 166f. Auch lokale Quellen wie die Chronica regia Coloniensis schweigen sich darüber aus. Wahrscheinlich hat er also nie das Kreuz genommen. Röhricht: Die Deutschen, S. 85. 180 CrC cont. I, anno 1196, S. 159: Imperator ab omnibus imperii principibus summa precum instantia optinet, ut filium suum Fridericum nomine vix triennem in regem eligant, omnesque puerulo fidem et sacramenta prestant preter Adolfum Coloniensem archiepiscopum, qui tunc quidem in hoc minime consensit, sed postmodum apud Bopardiam consensit, iuramentum ibi prestans coram Philippo duce Sueviae, frater imperatoris. Vgl. Annales Marbacenses, anno 1195, S. 167. Stehkämper: Adolf von Altena, S. 31 – 37.
Der Kreuzzug Heinrichs VI. und der Vierte Kreuzzug |
regierungsfähig.181 Er trug in der Folge Herzog Berthold von Zähringen die Königskrone an.182 Insofern ist anzunehmen, dass Adolf gehörigen Druck auf seinen Lehnshof ausgeübt hat, die Kreuzzugspläne Heinrichs nicht zu unterstützen, da ein erfolgreicher Kreuzzug dessen Stellung beträchtlich gestärkt hätte: Petrus von Eboli hatte in seinem Liber ad honorem Augusti bereits angekündigt, Heinrich werde als sizilischer König auf dem Throne Salomos sitzen 183, der auf Jerusalem verweist, womit der Staufer und sein Kaisertum leicht Gegenstände eschatologischer Überhöhungen hätten werden können.184 Der Kreuzzug als Mittel, diese Ankündigung zu erfüllen, konnte folglich nicht im Interesse des Kölners liegen. Auch darf nicht vergessen werden, dass den Großen des Nordwestens das rücksichtslose Verhalten Heinrichs bei der Besetzung des Bistums Lüttich 1191/92 noch in guter Erinnerung gewesen war. Der Staufer hatte versucht, seinen Kandidaten Lothar von Hochstaden gewaltsam gegen den Widerstand des regionalen Adels durchzusetzen und dabei eine seine Herrschaft bedrohende Revolte ausgelöst.185
181 Stehkämper: Adolf von Altena, S. 39. 182 CrC cont. I, anno 1198, S. 162: Nam Coloniensis et Trevirensis archiepiscopi electionem regis sui iuris esse firmantes, habito consilio cum quibusdam sed paucis principibus, curiam aliis primoribus in Colonia habendam prefigunt in dominica Oculi mei, evocantes eodem et ducem Cerugie, quem etiam ipsi deliberaverant regem creare. Annales Marbacenses, anno 1198, S. 168. Stehkämper, Hugo: Über das Motiv der Thronstreit-Entscheidungen des Kölner Erzbischofs Adolf von Altena 1198 – 1205: Freiheit der fürstlichen Königswahl oder Aneignung des Mainzer Erstkurrechts?, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 67 (2003), S. 1 – 20, S. 8f. 183 Petrus de Ebulo – Liber ad honorem Augusti sive de rebus Siculis, edd. Kölzer, Theo / Stähli, Marlis, Sigmaringen 1994, lib. III, cap. 53, v. 1657f., S. 241: Nam meus Henricus materna sede sedebit, / In qua rex Salomon sedit in orbe potens. 184 Damit wäre Heinrich leicht in den Endkaiser-Kontext zu rücken gewesen. Seit mit Friedrich Barbarossa zum ersten Mal ein Kaiser den Kreuzzug geleitet hatte, gewannen die Endkaiser-Weissagungen wohl Relevanz, und dies dürfte ähnlich für seinen Sohn Heinrich gegolten haben. Möhring, Hannes: Der Weltkaiser der Endzeit. Entstehung, Wandel und Wirkung einer tausendjährigen Weissagung, Stuttgart 2000 (MittelalterForschungen 3), S. 173f. 185 S. Kap. 3.3.3.
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Der Vierte Kreuzzug 186 stieß nur im äußersten Nordwesten der hier untersuchten Region auf große Resonanz. Im Gefolge Balduins IX. von Flandern 187 machten sich nur einige Wenige auf den Weg nach Osten.188 Der geringe Widerhall im Nordwesten – und im übrigen Reich – erklärt sich vor allem durch den Deutschen Thronstreit: Von der Doppelwahl 1198 bis zur Schlacht bei Wassenberg 1206 lag ein Schwerpunkt der Auseinandersetzung zwischen Staufern, Welfen und ihren wechselnden ‚Getreuen‘ in der Kölner Kirchenprovinz 189, deren Städte und Große sich zunächst – vor allem wegen der wichtigen Handelskontakte nach England – auf der Seite Ottos IV. befunden hatten 190, seit 1204 aber 186 Über den Vierten Kreuzzug ist sehr viel gearbeitet worden. Der aktuelle Stand der Forschung findet sich in vier Sammelbänden, herausgegeben von Thomas Madden, Donald E. Queller, Pierantonio Piatti und Angeliki Laiou. Madden, Thomas F. (Hg.): The Fourth crusade: event, aftermath, and perceptions, Aldershot 2008 (Crusades. Subsidia); Piatti, Pierantonio (Hg.): The Fourth Crusade Revisited. Atti della Conferenza Internazionale nell’ottavo centenario della IV Crociata, 1204 – 2004. Andros (Grecia), 27 – 30 maggio 2004, Vatikanstadt 2008; Laiou, Angeliki E. (Hg.): Urbs capta: The fourth Crusade and its consequences, Paris 2005 (Réalités byzantines 10); Queller, Donald E. / Madden, Thomas F. (Hgg.): The Fourth Crusade: the Conquest of Constantinople, Philadelphia 22000. Siehe auch Lilie, Ralph-Johannes: Byzanz und die Kreuzzüge, Stuttgart 2004, S. 157 – 180. 187 Balduin hat nach seiner Kaiserkrönung einen ausführlichen Brief über die zurückliegenden Ereignisse an Adolf von Köln gesandt, der in der Chronica s. Pantaleonis überliefert ist: Chronica s. Pantaleonis, ed. Georg Waitz, in: Chronica regia Coloniensis (Annales maximi Coloniensis), ed. Georg Waitz, Hannover 1880 (MGH rer. Germ. i. u. s. 18), S. 197 – 299, anno 1203, S. 208 – 215; Zu seiner Biographie immer noch aktuell ist Wolff, Robert L.: Baldwin of Flanders and Hainaut, First Latin Emperor of Constantinople. His Life, Death and Resurrection, 1172 – 1225, in: Speculum 27 (1952), S. 281 – 322, zu seiner Teilnahme am Kreuzzug S. 288f.; Röhricht: Die Deutschen, S. 91f. Röhricht führt Robert de Clari und Gottfried von Villehardouin folgend einen Grafen Dietrich von Loon und Rieneck nebst dessen Bruder Wilhelm als Kreuzfahrer auf. Die Position dieser Brüder in der Genealogie der Grafen von Loon ist unklar, Longnon bezeichet sie als (jüngere) Brüder des regierenden Grafen Ludwig II. Longnon, Jean: Les compagnons de Villehardouin: recherches sur les croisés de la 4e croisade, Genf 1978 (Ecole Pratique des Hautes Etudes. IV e Section, Sciences Historiques et Philologiques 5, 30), S. 245. Loon wurde während des betreffenden Zeitraums von Ludwig II ., Rieneck von Gerhard III . regiert, Hegel, Karl: Die Grafen von Rieneck und Looz als Burggrafen von Mainz, in: Forschungen zur deutschen Geschichte 19 (1879), S. 569 – 587, S. 582 – 586. 188 Zu den Teilnehmern des Vierten Kreuzzuges aus dem Reich: Longnon: Les compagnons de Villehardouin, S. 242 – 250. 189 Keller: Begrenzung, S. 428f. 190 Zu den verwandtschaftlichen Verbindungen Ottos nach England siehe zuletzt Röhrkasten, Jens: Otto IV. und England, in: Hucker, Bernd U. u. a. (Hgg.): Otto IV. Traum vom
Der Fünfte Kreuzzug 1217 – 1221 |
zunehmend Philipp von Schwaben unterstützten.191 In dieser Zeit wechselnden Erfolges und unsicherer Bündnisse – van Eickels spricht von „allgemeiner Verunsicherung“192 – mochten sich nur wenige bereit finden, die eigenen Güter zugunsten einer langen und beschwerlichen Reise nach Palästina zurückzulassen. 2.6 DER FÜNFTE KREUZZUG 1217 – 1221
Ganz anders stellte sich die Situation im Vorfeld des Fünften Kreuzzugs 193 dar. Mit der Niederlage Ottos bei Bouvines, der Huldigung der niederrheinischen Großen und Städte sowie der Krönung Friedrichs II. 1215 in Aachen 194 war die politische Sicherheit im Nordwesten des Reiches wiederhergestellt w orden. Von
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welfischen Kaisertum: Landesausstellung „Otto IV . – Traum vom Welfischen Kaisertum“, Braunschweigisches Landesmuseum / Dom St. Blasii / Burg Dankwarderode vom 8. August bis 8. November 2009, Petersberg 2009, S. 41 – 48. van Eickels, Klaus: Otto IV . (1198 – 1218) und Philipp (1198 – 1208), in: Schneidmüller, Bernd / Weinfurter, Stefan (Hgg.): Die deutschen Herrscher des Mittelalters. Histo rische Portraits von Heinrich I. bis Maximilian I. (919 – 1519), München 2003, S. 273 – 292, S. 282 – 286. Für weitere Literatur siehe Anm. 597 u. 598. van Eickels: Otto IV., S. 283. Zu diesem Kreuzzug siehe neben den Pionierwerken von Röhricht, Reinhold: Studien zur Geschichte des Fünften Kreuzzuges, Innsbruck 1891 und Hoogeweg, Hermann: Der Kreuzzug von Damiette 1218 – 1221, Teil 1, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 8 (1887), S. 188 – 218, Teil 2, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 9 (1888), S. 249 – 288, Teil 3 ibid., S. 414 – 447 zuletzt besonders Powell, James M.: Anatomy of a crusade 1213 – 1221, Philadelphia 1990, Mayer: Kreuzzüge, S. 255 – 267 und Hechelhammer, Bodo: Kreuzzug und Herrschaft unter Friedrich II . Handlungsspielräume von Kreuzzugspolitik (1215 – 1230), Ostfildern 2004 (Mittelalter-Forschungen 13). Die Rolle des päpstlichen Legaten Pelagius beleuchtet Donovan, Joseph Patrick: Pelagius and the Fifth Crusade, New York 1950. Insbesondere die Belagerung Damiettes hat einige Forschung vor allem aus militärhistorischer Perspektive angeregt, zuletzt Andenna, Giancarlo: Gli “angeli” a Damietta. Uomini e tecniche militari nella quinta crociata, in: Ders. / Bombi, Barbara (Hgg.): I cristiani e il favoloso Egitto: una relazione dall’Oriente e La storia di Damietta di Oliviero da Colonia, Genua 2009 (Verso l’Oriente 4), S. 187 – 212; Sterling, Douglas: The siege of Damietta: seapower in the Fifth Crusade 1217 – 1221 A. D., in: Kagay, Donald J. (Hg.): Crusaders, condottieri and cannon: medieval warfare in societies around the mediterranean, Leiden 2003 (History of warfare 13), S. 101 – 131 und Francis, Dominic: Oliver of Paderborn and his siege engine at Damietta, in: Nottingham medieval studies 37 (1993), S. 28 – 32. Stürner: Friedrich II. 1, S. 168 – 173.
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dieser Basis aus war es den Großen der Region prinzipiell möglich gewesen, an dem kommenden Kreuzzug teilzunehmen. Tatsächlich aktiviert wurden sie allerdings von einer hocheffektiven Predigtkampagne 195, in deren Zentrum Oliver von Paderborn stand. Seit 1214 hatte er das Kreuz in der Kölner Kirchenprovinz gepredigt und dabei großen Erfolg gehabt.196 Dabei kam ihm gewiss eine Grundsatzentscheidung des Papstes entgegen: Innozenz III. hatte in seiner Bulle Quia maior im Jahr 1213 die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen, dass jeder in den Genuss eines Ablasses kommen konnte, sofern er den Kreuzzug nach seinen Möglichkeiten unterstützte.197 Damit rückte er von den ohnehin zum Scheitern verurteilten Versuchen ab, Nichtkombattanten von den Kreuzzügen prinzipiell auszuschließen. Zudem waren Oliver Land und Leute vertraut, war er doch – mit Unterbrechungen – seit 1201 als Domscholaster in Köln tätig gewesen.198 Schließlich verfügte er über einige Erfahrung als Kreuzzugsprediger, denn er hatte im Anschluss an seine Pariser Studienzeit sehr wahrscheinlich diese Aufgabe im Kontext des sogenannten Albigenserkreuzzugs übernommen.199 Die Beteiligung aus dem Nordwesten des Reiches war somit stark: Die Bischöfe 195 Einen aufschlussreichen Einblick in die Technik der Kreuzzugspredigt im Vorfeld des Fünften Kreuzzugs bietet die eher weniger bekannte Ordinacio de predicacione s. crucis in Anglia, ed. Reinhold Röhricht, in: Ders. (Hg.): Quinti belli sacri scriptores minores, Genf 1879 (Publications de la Société de l’Orient Latin 2), S. 1 – 26. 196 van Moolenbroek, Jaap J.: Ronselen voor de kruistocht. De kruistochtcampagne van Olivier van Keulen 1213 – 1217, in: Spiegel Historiael 32 (1997), S. 252 – 257; Hoogeweg, Hermann: Der Kölner Domscholaster Oliver als Kreuzzugsprediger 1214 – 1217, in: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst 7 (1888), S. 235 – 270, S. 242f., ausführlich zu Olivers Predigt in Friesland S. 254 – 257. Hoogewegs Einschätzung, bis zur Kreuzpredigt Olivers in Friesland sei „kein Land des Deutschen Reiches so wenig von den ganzen Kreuzzugsbewegungen berührt worden als dieses im äussersten Winkel gelegene“ (S. 253), lässt sich in keinem Fall zustimmen. 197 Quia maior, in: Tangl, Georgine: Studien zum Register Innocenz’ III ., Weimar 1929, S. 88 – 97, S. 91f.: Eis autem, qui non in personis propriis illuc accesserint, sed in suis dumtaxat expensis iuxta facultatem et qualitatem suam viros idoneos destinarint, et illis similiter, qui licet in alienis expensis, in propriis tamen personis accesserint, plenam suorum concedimus veniam peccatorum. 198 von den Brincken, Anna-Dorothee: Oliverus scholasticus et cardinalis († 1227), in: Rheinische Lebensbilder 12 (1991), S. 47 – 67, S. 49 – 51; Hoogeweg, Hermann (Hg.): Die Schriften des Kölner Domscholasters, späteren Bischofs von Paderborn und Kardinalbischofs von S. Sabina Oliverus, Tübingen 1894 (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart 202), S. XII – XXIV. 199 von den Brincken: Oliverus scholasticus, S. 51; Hoogeweg: Die Schriften des Kölner Domscholasters, S. XXf.; Hoogeweg: Kölner Domscholaster, S. 238f.
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von Utrecht 200 und Münster 201, der Abt von Werden 202, zwölf Grafen und viele andere Herren hatten das Kreuz genommen und ihre Reise auch tatsächlich angetreten, während weit mehr den Eid geleistet hatten, aber schließlich doch daheim geblieben waren. Dabei spielte sicher die Ablösung des Kreuzzugsgelübdes durch die finanzielle Ausstattung anderer Kreuzfahrer eine gewichtige Rolle, denn diese Praxis war ja durch Innozenz III. gerechtfertigt worden. Unter den Grafen befanden sich neben erstmalig bezeugten Pilgern wie Gottfried II. von Arnsberg 203 auch solche, deren Familien bereits auf eine gewisse Tradition als Kreuzfahrer zurückblicken konnten, wie beispielsweise Adolf III. von Berg 204 oder Wilhelm I. von Holland.205 Wie bereits angedeutet stieß der Kreuzzugsaufruf nicht nur bei den Großen auf ein positives Echo. Analog zum Zweiten und Dritten Kreuzzug bildete sich im Jahr 1217 eine buntgemischte Flotte aus Friesen, Rheinländern, Flamen und Engländern, die auch dieses Mal den Seeweg nach Outremer einschlug.206 Auch sie machte in Portugal Halt und half König Affonso II. bei der Eroberung von
200 Gesta crucigerorum Rhenanorum, ed. Reinold Röhricht, in: Ders. (Hg.): Quinti belli sacri scriptores minores, Genf 1879 (Publications de la Société de l’Orient Latin 2), S. 27 – 56 (= Ex Historia Expeditionum in Terram Sanctam, ed. Georg Waitz ( MGH SS rer. Germ. i. u. s. 18), S. 339 – 348), cap. 3, S. 36: Rex Iherosolimitanus et dux Austriae vitam cum rebus pro Domino laudabiliter fundens cum episcopo Traiectensi et Monasterinensi aliisque episcopis castrum Cesaream viriliter simul et utiliter f irmaverunt. Röhricht: Die Deutschen, S. 116. 201 Otto von Münster starb am 6. März bei Cäsarea, s. Historia Damiatina, ed. Hermann Hoogeweg, in: Ders. (Hg.): Die Schriften des Kölner Domscholasters, späteren Bischofs von Paderborn und Kardinalbischofs von S. Sabina Oliverus, Tübingen 1894 (Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart 202), S. 159 – 280, cap. 7, S. 172: Monasteriensis episcopus apud Cesaream obdormivit in Domino. Röhricht: Die Deutschen, S. 108. 202 Gesta crucigerorum Rhenanorum, cap. 1, S. 31: Ad hoc tamen proposito discordabat Werdensis abbas et omnes fere Frisones et eciam quidam alii, qui proxima sexta feria post festum beati Iacobi ad Ulixbonam cum octoginta navibus vel paulo plus recesserunt, et sicut postea per effectum paruit, solus ex eis eo tempore non transfretavit; Röhricht: Die Deutschen, S. 117. 203 Röhricht: Die Deutschen, S. 97. 204 S. Kap. 5.4 und 5.5. 205 Janse: Graaf Willem I van Holland, S. 154 – 161; Röhricht: Die Deutschen, S. 104f. 206 Hauptquellen sind hier die Gesta crucigerorum Rhenanorum und die Chronica s. Pantaleonis, anno 1217, S. 239 – 242 u. anno 1218, S. 244 – 246; De itinere Frisonum, S. 59 – 64; ergänzend Historia Damiatina, cap. 8, S. 172f.; CrC cont. II, anno 1217, S. 195; Kurth: Anteil niederdeutscher Kreuzfahrer, S. 215 – 244.
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Alcácer do Sal und Setúbal.207 Im Frühjahr 1218 traf diese Flotte in Akkon ein, womit der Angriff auf Ägypten gestartet werden konnte.208 Um die Beteiligung des Nordwestens in ein Verhältnis zu der im Reich zu setzen, sei festgehalten, dass von 180 bei Röhricht aufgeführten Teilnehmern 41 aus dieser Region stammten, was über 22 Prozent der Gesamtbeteiligung ausmacht. Solch eine relativ hohe Beteiligung lässt sich im Nordwesten des Reichs weder vor noch nach diesem Kreuzzug feststellen, insofern kann man das hier untersuchte Gebiet für diesen Kreuzzug durchaus als Schwerpunktregion der Kreuzzugsbewegung im Reich bezeichnen. 2.7 DER KREUZZUG FRIEDRICHS II. 1227 – 1229
Der wenige Jahre später folgende Kreuzzug Friedrichs II. war der letzte, der im Nordwesten des Reiches zumindest einige wenige Große mobilisieren konnte. Honorius III. hatte Konrad von Urach, Kardinalbischof von Porto und Santa Rufina, in das Reich und dort auch nach Köln beordert, um seinem Aufruf Nachdruck zu verleihen.209 Die Predigt übernahm erneut unter anderen Oliver 210, 207 Besonders interessant ist der ‚Rapport‘ Wilhelms von Holland an Honorius III., in welchem er von der Eroberung Alcácers berichtet: Rodenberg, Karl (Bearb.): Epistolae saeculi XIII e regestis pontificum Romanorum selectae 1, Berlin 1883 (MGH Epp. saec. XIII/1), Nr. 36, S. 28f. Ausführlicher berichten die Gesta crucigerorum Rhenanorum, S. 31 – 34. Häufig übersehen wird das rheinische Gosvini de expugnatione Salaciae carmen, in: Chronica regia Coloniensis (Annales Colonienses maximi), ed. Georg Waitz, Hannover 1880 (MGH SS rer. Germ. i. u. s. 18), S. 349 – 354; Chronica s. Pantaleonis, anno 1217, S. 239f.; De itinere Frisonum, S. 63f.; Historia Damiatina, cap. 8, S. 172f.; Lopes Pereira, Maria Teresa: Álcacer do Sal na Idade Média, Lissabon 1998 (Diss. masch.), S. 35 – 43; Kurth: Anteil niederdeutscher Kreuzfahrer, S. 230 – 239, dort auch weitere Quellen. 208 Historia Damiatina, cap. 10, S. 175: Anno gratie millesimo ducentesimo octavo decimo, mense Martio applicare ceperunt ad portum Accon cogones de provincia Coloniensi cum aliis paucis navibus de Bremensi et Treverensi provinciis. Tunc firmatum fuit consilium in concilio Lateranensi com domino papa Innocentio bone recordationis habitum Rome de introducenda militia Christianorum in terram Egypti. 209 Chronica s. Pantaleonis cont. I., anno 1224, S. 253f.: Eodem anno Cunradus Portuensis episcopus et Sancte Rufine kardinalis a sede apostolica pro utilitate Sancte Terre in Theutoniam mittitur, et 6. feria post pentecostem Colonie cum honore suscipitur. 210 Hoogeweg, Hermann: Die Kreuzpredigt des Jahres 1224 in Deutschland mit besonderer Rücksicht auf die Erzdiöcese Köln, in: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 4 (1890), S. 54 – 74, S. 62f. u. 66; Hoogeweg: Die Schriften des Kölner Domscholasters, S. XXXIVf. u. XXXIX – XLII.
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allerdings konnte er an seine Erfolge aus den letzten Jahren nicht mehr anknüpfen.211 An der Spitze der Kreuzfahrer aus der hier untersuchten Region befand sich Heinrich IV. von Limburg 212, der nach dem Tod Erzbischof Engelberts von Köln im Jahr 1225 auch Graf von Berg geworden war.213 Er gehörte einem Vorauskommando des Kreuzzuges an, befehligte einen Teil der kaiserlichen Truppen im Heiligen Land 214 und war im September 1228 bereits wieder zu Hause.215 Der mittlerweile hochbetagte Graf Gottfried II. von Arnsberg hatte zwar erneut das Kreuz genommen, allerdings ist unsicher, ob er sich auch tatsächlich auf den Weg gemacht hat.216 Beide, Heinrich wie Gottfried, waren wahrscheinlich indirekt an der Tötung Erzbischof Engelberts von Berg 1225 beteiligt gewesen 217, 211 von den Brincken: Oliverus scholasticus, S. 62f.; Braßat: Teilnahme der Friesen, S. 151; Hoogeweg: Kreuzpredigt, S. 73f.; Hoogeweg: Die Schriften des Kölner Domscholasters, S. XLVIIIf. 212 Friedrich II . bestätigt ihm 1227 in Brindisi alle Besitzungen, die Heinrichs Vater und Schwiegervater vor ihrem Ableben besessen hatten, s. Böhmer, Johann Friedrich (Hg.): Acta imperii selecta, Innsbruck 1870, Nr. 294; Röhricht: Die Deutschen, S. 122. 213 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 110. 214 Roger von Wendover überliefert einen von Gregor IX. am 23.12.1227 verbreiteten Brief hoher geistlicher Würdenträger aus dem Heiligen Land, der die dortige Lage der Dinge beschreibt. In diesem Brief erscheint Heinrich von Limburg als Führer der kaiserlichen Truppen. Ex Rogeri de Wendover Floribus historiarum, ed. Felix Liebermann, Hannover 1888 (MGH SS 28), S. 3 – 73, anno 1227, S. 55: Ibi tamen post eorum recessum octoginti fere milites remanserunt, clamantes unanimiter et dicentes: ‚Vel treugas rumpamus, vel communiter recedamus!‘ Qui non sine magna difficultate detenti hac occasione fuerunt, quia vir nobilis dux de Lemburgo ex parte domini imperatoris erat exercitui preferendus. Der auf die Annales Floreffienses, ed. Ludwig K. Bethmann, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 618 – 631, S. 626 verweisende Beleg Röhrichts hält keiner Überprüfung stand. Ernst, Simon Pierre: Histoire du Limbourg suivie de celle des comtés de Daelhem et de Fauquemont, des annales de l’Abbaye de Rolduc 4, Lüttich 1839, S. 147 – 153. 215 Lacomblet II, Nr. 155. 216 Röhricht: Die Deutschen, S. 120. 217 Finger, Heinz: Der gewaltsame Tod des Kölner Erzbischofs Engelbert und die Vorgeschichte, in: Leenen, Brunhilde (Hg.): AufRuhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen. Das Mittelalter an Rhein und Ruhr. Ausstellung „AufRuhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen“ im LWL-Museum für Archäologie, Westfälisches Landesmuseum Herne, 27. Februar bis 28. November 2010, Mainz 2010, S. 21 – 33, S. 27f.; Andermann, Ulrich: Die Verschwörung gegen Engelbert I. von Köln am 7. November 1225 und ihre Folgen – Versuch einer rechtsgeschichtlichen Rekonstruktion und Bewertung, in: Leenen, Brunhilde (Hg.): AufRuhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen. Das Mittelalter an Rhein und Ruhr. Ausstellung „AufRuhr 1225! Ritter, Burgen und Intrigen“ im LWL-Museum für Archäologie, Westfälisches Landesmuseum Herne, 27. Februar bis 28. November 2010, Mainz 2010, S. 35 – 46, S. S. 37.
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sodass ihre Kreuznahme gegebenenfalls primär als persönliche Bußleistung für sehr konkretes sündhaftes Verhalten gesehen werden kann. Kurz vor 1227 war möglicherweise Graf Florens von Lynden nach den heiligen Stätten gepilgert 218; ob er sich dem Kreuzzug angeschlossen hat, ist unsicher. Neben den wenigen Großen der Region mochten sich lediglich die Friesen bereit finden, ein Kontingent nach Brindisi zu entsenden, wobei sich dessen Spur unmittelbar nach der Abreise von Borkum verliert.219 Wir können allerdings aus einer Urkunde Friedrichs aus dem Jahr 1230 auf die Anwesenheit und Tätigkeit von Friesen in Palästina schließen: Der Kaiser bedankte sich in dieser Urkunde für die Leistungen der Stedinger während seines Kreuzzugs, nämlich die Förderung des Deutschen Ordens.220 Brassat stellt diesbezüglich fest: „Wo aber Stedinger waren, da waren auch Friesen.“221 Insofern können wir vermuten, dass sich die Friesen beim Ausbau der Festung Montfort und bei der Unterstützung des Ordens in Jerusalem besonders hervorgetan haben. Die Beteiligung aus dem Nordwesten des Reichs an diesem Kreuzzug war also insgesamt gering. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass lediglich sieben von 53 Eintragungen bei Röhricht mit dem Nordwesten in Verbindung gebracht werden können, und einige davon sind unsicher. Ein Grund für diesen Befund war gewiss die nur kurze Zeit, die seit dem Fünften Kreuzzug vergangen war. Ein anderer Grund mag auch in der politischen Situation am Niederrhein gesehen werden, die durch den gewaltsamen Tod Erzbischof Engelberts gehörig erschüttert worden war. Gleich zwei Herrschaftswechsel standen an: zum einen die Sukzession auf dem Kölner Erzbischofsstuhl und zum anderen die Nachfolge in der Grafschaft Berg und den damit verbundenen Rechten, die Engelbert nach dem Tod seines Bruders Adolf auf dem Fünften Kreuzzug 1218 an sich gerissen hatte.222 Wenngleich mit Heinrich von Müllenark und Heinrich IV . von Limburg durch Wahl bzw. Erbgang schnell Nachfolger in 218 Röhricht: Die Deutschen, S. 123. 219 Cronica Floridi Horti Emonis, in: Kroniek van het klooster Bloemhof te Wittewierum, edd. Hubertus P. H. Jansen / Antheun Janse, Hilversum 1991 (Middeleeuwse Studies en Bronnen 20), S. 2 – 285, cap 78, S. 220: Anno Domini M CC XVII crucesignati versus terram sanctam portum patriae liquerunt III Idus Maii, sed XI Kal. Iunii recesserunt de Borknam. Braßat: Teilnahme der Friesen, S. 155; Röhricht: Die Deutschen, S. 121. 220 Ehmck, Dietrich Rudolf (Bearb.): Bremisches Urkundenbuch 1: Urkunden bis 1300, Bremen 1873, Nr. 154. 221 Braßat: Teilnahme der Friesen, S. 155. 222 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 141 – 145; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 109f.
Zusammenfassung |
den vakanten Positionen gefunden waren, galt es für die Großen dieser Region, die veränderte Situation politisch umzusetzen – Lehnsverhältnisse mussten erneuert, Bündnisse aufs Neue geschlossen werden. Zusätzlich war die Verfolgung und Bestrafung der am Tod des Metropoliten Schuldigen anzugehen; das Urteil gegen die Übeltäter wurde schließlich im Herbst 1226 vollstreckt. Die 1225 plötzlich eingetretene umfassende Umwälzung der politischen Landschaft in der Kirchenprovinz Köln wird sich sicher negativ auf die Beteiligung am Kreuzzug Friedrichs II. ausgewirkt haben. Mit dem Kreuzzug Friedrichs verebbte die Bereitschaft der Bewohner des Nordwestens des Reichs, auf breiter Front bewaffnet nach Palästina zu ziehen, wenngleich vereinzelte Nachrichten darauf hinweisen, dass die Kreuzzüge immer noch ihren Platz in der Gesellschaft hatten: Im Jahr 1250 finden sich beispielsweise einige Rheinländer an Bord der St. Victor, einem Schiff, das Ludwig dem Heiligen nach Damiette folgte 223; Friesen nahmen ebenfalls an der ersten Kreuzfahrt des französischen Königs teil.224 Um das Jahr 1266 nahmen einige Große möglicherweise unter dem Eindruck der Kreuzpredigten des Dominikaners Achilles das Kreuz, reisten aber nur teilweise ab 225, und im Jahr 1270 findet sich ein friesisches Kontingent im Heer Ludwigs vor Tunis.226 Bis auf solche vereinzelte Nachrichten schweigen die Quellen zu Kreuzfahrern aus dem Nordwesten des Reichs. 2.8 ZUSAMMENFASSUNG
Es lässt sich festhalten, dass die untersuchte Region auf allen großen Kreuzzügen mit dem Ziel der Eroberung, Unterstützung oder Wiedererlangung der heiligen Stätten vertreten war, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Stark beteiligt war der Nordwesten auf dem Dritten und besonders dem Fünften Kreuzzug, bei denen sowohl die Großen der Region als auch die Geringeren beachtliche
223 Die Liste ist ediert bei Layettes du Trésor des Chartes III, ed. Joseph de Laborde, Paris 1875, 103a-106 u. 770. Benjamin Kedar hat sich bemüht, die aufgelisteten Personen ein wenig besser zu beleuchten: Kedar, Benjamin Zeev: The passenger list of a crusader ship, 1250: towards the history of the popular element on the Seventh Crusade, in: Studi medievali Ser. 3, 13 (1972), S. 267 – 279, S. 274f.; Röhricht: Die Deutschen, S. 126. 224 Braßat: Teilnahme der Friesen, S. 157 – 164. 225 Röhricht: Die Deutschen, S. 128. 226 Braßat: Teilnahme der Friesen, S. 166 – 184; Röhricht: Die Deutschen, S. 127.
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| Der Nordwesten des Reichs ca. 1096 – 1230
Kontingente stellten. Im Verhältnis zum restlichen regnum war der Fünfte Kreuzzug eine Ausnahme, weil auf diesem Kreuzzug die Beteiligung der anderen Regionen des Reichs offenbar geringer als bei den anderen Kreuzzügen ausfiel. Häufig lassen sich im zeitlichen Umfeld derjenigen Kreuzzüge, die durch eine geringe Beteiligung aus dem Nordwesten des Reichs gekennzeichnet sind, Faktoren politischer Natur nachweisen, die die Zurückhaltung in dieser Region erklären können. Die Teilnahme an einem Kreuzzug war also zu einem gewissen Grad abhängig von der politischen Situation in der Heimat, wobei hier die Bedeutung des Königtums und der Kölner Erzbischöfe hervorzuheben ist. Andere Faktoren – allen voran persönliche Frömmigkeit – haben ebenfalls eine erhebliche Rolle gespielt, doch kann diesem Komplex im Rahmen der vorliegenden Studie nicht für alle kreuzfahrenden Magnaten der Region nachgegangen werden. Viele Familien der Adelselite haben an mindestens zwei Kreuzzügen teilgenommen, die Grafen von Flandern, die Herzöge von Limburg und die Grafen von Berg sogar öfter, sodass man bei ihnen von einer gewissen Kreuzzugstradition sprechen kann. Unbestritten konnten Kölner und Friesen auf eine Kreuzzugstradition verweisen: Sie rüsteten mit beachtenswerter Regelmäßigkeit Flotten aus, um über den Seeweg nach Palästina zu pilgern. Dabei wurden sie mit ebensolcher Regelmäßigkeit von den portugiesischen Königen überredet, ihnen bei der Bekämpfung der Muslime zu helfen. Die Kreuzzugsbewegung als Phänomen breiter gesellschaftlicher Relevanz dauerte im Nordwesten des Reichs von 1098 bis ungefähr 1230. Danach reagierte man auf die Geschehnisse im Heiligen Land nicht mehr mit bewaffneten Pilgerfahrten; sogar die Eroberung Jerusalems durch die Chwarizmier 1244 und die desaströse Niederlage der Christen bei Gaza im selben Jahr lösten keine erneute Kreuzzugswelle aus.
3 DIE GRAFEN VON BERG ALS POLITISCHE AKTEURE Die älteren Grafen von Berg sind als Kreuzfahrer bereits seit dem Zweiten Kreuzzug greifbar. Danach nahmen bergische Grafen am Dritten und Fünften Kreuzzug teil, und auch der sogenannte Albigenserkreuzzug fand mit bergischer Beteiligung statt. Während im vorherigen Kapitel dieser Studie auf den Nordwesten des Reichs als Emergenzraum der Kreuzzüge eingegangen wurde, also ein Panorama der Kreuzzugsteilnahmen in dieser Region gezeichnet wurde, soll im Folgenden anhand einer Dynastie beispielhaft demonstriert werden, wie die Kreuzzüge regionale Herrschaft beeinflussten, wie regionale Herrschaftszusammenhänge auf die Kreuzzüge einwirkten und welche Folgen die Kreuzzüge im heimatlichen Herrschaftsraum und darüber hinaus zeitigten. Bevor tiefer in diesen Untersuchungszusammenhang vorgedrungen werden kann, müssen die älteren Grafen von Berg dem Leser als Akteur innerhalb der regionalen Adelslandschaft vorgestellt werden. Dabei soll der Fokus auf die Entwicklung und Entfaltung der Dynastie, den Herrschaftsausbau und besonders die politischen Handlungsspielräume der Grafen von Berg gelegt werden. 3.1 DIE ANFÄNGE DER GRAFEN VON BERG
Als Erzbischof Engelbert I. von Köln am 7. November 1225 bei Gevelsberg durch die Hände Graf Friedrichs von Altena-Isenberg und seiner Helfer den Tod fand 227, endete die ältere Linie der Grafen von Berg im Mannesstamm. Engelbert, jüngster Sohn seines gleichnamigen Vaters Graf Engelbert von Berg, starb als Kölner Metropolit, Herzog von Westfalen, Reichsverweser Kaiser Friedrichs II. und auch als Herr der Grafschaft Berg. Diese selten beobachtete Machtfülle eines einzelnen Kirchenfürsten lässt fast vergessen, dass Engelbert keineswegs einem alten, über Jahrhunderte nachvollziehbaren Adelsgeschlecht entstammte. Die Anfänge der Grafen von Berg liegen vielmehr im Dunkel des späten 11. Jahrhunderts. Die frühesten Erwähnungen der Dynastie lassen sich in den Urkunden des gleichen Zeitraums finden: Zum ersten Mal taucht 227 Ich möchte mich an dieser Stelle nicht an der Diskussion beteiligen, ob Engelbert Opfer eines geplanten Mordes oder einer missglückten Entführung geworden ist. Deshalb sei hier eine neutrale Formulierung gewählt. Die Kontroverse ist zusammengefasst bei Andermann: Die Verschwörung gegen Engelbert I., S. 36f.; REK III, Nr. 569.
Everhard † 22.5.1174 Graf v. Altena
Abbildung 1: Stammtafel der älteren Grafen von Berg
Adolf (junior) † 28.7.1148 vor Damaskus Evtl. Sohn aus 1. Ehe Adolfs mit Adelheid v. Arnsberg
(1)
Fett = Kreuzzugsteilnehmer / Jerusalempilger Kursiv = möglicher Kreuzzugsteilnehmer
Friedrich † 15.12.1158 in Pavia Propst v.St. Georg 1140 – 56 Elekt v. Utrecht 1151 Ebf. v. Köln 1156 – 58
Irmgard † 1248/49 Heinrich von Limburg
Adolf III. † 1218 vor Damiette Graf v. Berg 1189 – 1218
Bruno II. † zw. 1193 und 1200 Propst v. St. Georg 1156 – 68 Dompropst 1168 – 91 Ebf. v. Köln 1191 – 93 Mönch in Altenberg ab 1193
Engelbert † nach 29.6.1189 bei Kovin Graf v. Berg 1160 – 89 Margarethe v. Geldern
Everhard † v. 1152 Graf v. Berg 1115/1120 Mönch in Morimond 1121 Abt v. St. Georgental 1143
Engelbert † 7.11.1225 bei Gevelsberg Propst v. St. Georg 1198 – 1216 Dompropst 1199 (1203?) – 1206, 1208 – 1216 Elekt v. Münster 1203 Propst v. St. Severin 1210 – 1216 Propst d. Marienstiftes Aachen 1213 – 1218 Ebf. v. Köln 1216 – 1225 Herr über Berg 1218 – 1225
Adolf II. v. Berg † 12.10.1160 – 70 Graf v. Berg 1115 – 60 Gründer v. Altenberg ca. 1133 Mönch dort ab 1160 1 ∞ Adelheid v. Arnsberg 2 ∞ v. Schwarzenburg
Adolf von Berg † 31.7.1106 Graf v. Berg 1101/05 Adelheid v. Lauffen
N.N. Nonne in Oelinghausen
Adolf d. Ä. † nach 1197 vor Akkon (?)
Bruno † Ende Mai 1137 in Apulien Propst v. St. Castor 1119 Propst v. St. Gereon 1127 Elekt v. Trier 1130 Ebf. v. Köln 1131 – 37
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Die Anfänge der Grafen von Berg |
ein Träger des Beinamens de Monte in einer Urkunde Erzbischof Sigewins von Köln (1079 – 89) aus den Jahren nach 1079 auf.228 In dieselbe Zeit fällt eine erzbischöfliche Urkunde, die einen Adolf. et filius suus Euerhard überliefert, also Träger zweier späterer Leitnamen der bergischen Dynastie.229 Bei ihnen kann es sich rein rechnerisch nur schwer um den bergischen Grafen und seinen Sohn Everhard handeln. Kraus hat sehr bedenkenswerte Argumente dagegen angeführt und beide Zeugen eher dem Haus Saffenberg zugeordnet.230 Wenige Jahre später, 1090, findet sich in der Zeugenliste einer Urkunde Hermanns III. von Köln (1089 – 99) ebenfalls ein Adolfus de Monte.231 Sowohl die genealogische als auch die geographische Herkunft der Grafen von Berg ist umstritten.232 Eine verwandtschaftliche Verbindung zu den ezzo nischen Pfalzgrafen, in deren Nachfolge sich die Grafen von Berg in bestimmten Rechten und Gütern nach der Niederlage der Pfalzgrafen gegen den Kölner Erzbischof Anno II. finden 233, lässt sich nicht sicher nachweisen.234 Schmale und sein Schüler Kraus vermuten ihren frühesten Besitz im linksrheinischen Altsiedelland nördlich und nordwestlich von Köln 235, während Wilhelm Janssen die von Schmale und Kraus angeführten Belege als nicht ausreichend einschätzt, um andere Möglichkeiten vollkommen auszuschließen.236 Endgültig wird sich die Herkunft der Berger wohl nicht klären lassen.237 228 REK I, Nr. 1188; Lacomblet I, Nr. 242; Kraus datiert vorsichtig auf frühestens 1079 (Amtsantritt Sigewins), Groten auf das Jahr 1080. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 16; Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 10. 229 Lacomblet I, Nr. 241. 230 Everhard starb im Jahr 1152. Wenn er nach ripuarischem Brauch mit 14 Jahren testierfähig war, dann kann er 1064 geboren worden und im überaus hohen Alter von 88 Jahren verstorben sein. Ficker, Julius: Engelbert der Heilige, S. 207. Dagegen Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 25f. 231 Wisplinghoff, Erich (Bearb.): Rheinisches Urkundenbuch. Ältere Urkunden bis 1100. Tl. 1: Aachen-Deutz, Düsseldorf 1972 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 57), Nr. 102 = REK I, Nr. 1022. 232 Vgl. die Zusammenfassung bei Friedhoff: Territorium und Stadt, S. 18 – 21. 233 Zu den von den Ezzonen ausgeübten Grafenrechten Lewald, Ursula: Die Ezzonen. Das Schicksal eines rheinischen Fürstengeschlechts, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 43 (1979), S. 120 – 168, S. 122. Zur Auseinandersetzung mit Anno II. ibid., S. 154 – 158. 234 Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 40. 235 Schmale: Anfänge der Grafen von Berg, S. 375f.; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 51f. 236 Janssen: Rezension zu Kraus, S. 414. 237 Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 38.
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Der Beiname des Grafenhauses geht auf die Burg Berge an der Dhünn (Odenthal, Rheinisch-Bergischer Kreis) zurück, deren Anlage sich archäologisch auf die Mitte des 11. Jahrhunderts bis ca. 1060 datieren lässt.238 Die Entstehung der Burg als Stammsitz der bergischen Grafen – die archäologische Auswertung der Kleinfunde erlaubt diese Interpretation 239 – und deren Auftauchen in den Schriftquellen lassen sich also ungefähr in dieselbe Zeit zurückverfolgen. Als Erbauer wird man den genannten Adolf ansehen müssen, über dessen Besitzungen man wegen der schlechten Quellenlage ansonsten wenig herausfinden kann. Immerhin sind Münzen bekannt, die in seinem Namen geschlagen wurden, was für diese Zeit ein seltenes Privileg war, das vom König ausdrücklich verliehen werden musste.240 Auch ist es möglich, dass sich die Berger seit der Mitte des 11. Jahrhunderts im Besitz der Deutzer Vogtei befanden.241 Kraus hat sich in seiner genealogischen Abhandlung überzeugend bemüht, Adolf von Berg mit dem durch den Annalista Saxo überlieferten Adulfus de Huvili 242 zu identifizieren 243, doch weder Adolfus de Monte / de Berge noch Adulfus de Huvili spielen bei dem sächsischen Annalisten eine weitergehende Rolle. Dies entspricht dem Befund für die Quellenlage zur frühesten bergischen Geschichte, denn vereinzelte Belege sind alles, was überliefert wurde. Groten hat dennoch den Versuch unternommen, den Rang Adolfs innerhalb der Adelswelt des Niederrheins zu bestimmen, und gelangte zu dem Schluss, dass er unter den Lehnsleuten des Pfalzgrafen verortet werden darf.244 Eine starke Förderung durch Erzbischof Anno II. ist hingegen nicht anzunehmen, da der Graf von Berg nur sehr selten in den erzbischöflichen Urkunden dieser Zeit erscheint, wenngleich er einige kölnische Lehen hielt, wovon verschiedene Vogteien am besten dokumentiert sind.245
238 239 240 241 242 243 244 245
Untermann: Grabungen auf der Burg Berge, S. 92. Ibid., S. 88f. Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 10. Milz, Joseph: Studien zur mittelalterlichen Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte der Abtei Deutz, Köln 1970 (Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 30), S. 190 – 192. Dagegen Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 57 – 59. Die Reichschronik des Annalista Saxo, ed. Klaus Naß, Hannover 2006 (MGH SS 37), anno 1026, S. 363: Filiam eiusdem Ide ex comite eodem Heinrico, nomine Adelheidam, duxit Adulfus de Huvili, genuitque Adulfum iuniorem et fratres eius. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 16f. Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 10. Ibid., S. 10f.
Der Aufstieg der Berger unter Graf Adolf II. |
Über das Todesdatum des ersten bergischen Grafen herrscht Uneinigkeit: Während Kraus die das Jahr 1106 betreffende Meldung Comites etiam Adolfus et Godefridus moriuntur 246 des Annalista Saxo auf Adulfus de Huvili bezieht 247, vermutet Groten in Bestätigung der älteren Forschung 248 hier ein weiteres Mitglied des bergischen Grafenhauses. In einer Urkunde zugunsten der Reichsabtei Werden aus dem Jahr 1093 wird nämlich vor der eigentlichen Zeugenliste die Existenz eines advocati ecclesie nostre Adolfi, qui tunc temporis puer erat überliefert 249, und es ist keineswegs ausgeschlossen, dass dieser Adolf der bergischen Dynastie angehörte.250 Demnach wäre der Tod Adolfs I. auf ca. 1090 – 1093 zu datieren, während sich die Todesnachricht des Annalista Saxo zum Jahr 1106 auf den 1093 noch minderjährigen Adolfus puer bezöge. Die Frühzeit des bergischen Grafengeschlechts wird sich allerdings ohne neue Quellenfunde schwerlich einwandfrei klären lassen, sodass es hier bei der etwas unbefriedigenden Darstellung der Meinungen bleiben muss. 3.2 DER AUFSTIEG DER BERGER UNTER GRAF ADOLF II.
Im Investiturstreit scheinen sich die Berger auf der Seite des Kaisers befunden zu haben – dafür spricht die Anwesenheit eines Adolfs von Berg in zwei Urkunden Heinrichs IV.251 bei gleichzeitiger Abwesenheit in erzbischöflichen Urkunden bis zum Jahr 1115. Nach dem 1114 losgebrochenen und letztlich erfolgreichem
246 Annalista Saxo, anno 1106, S. 529. 247 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 19 – 29. Dort die vollständige Argumentation. Ihm folgt auch Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 42. 248 Besonders Bockemühl und Milz vertraten die Ansicht der Zugehörigkeit des Adolfus puer zum bergischen Grafenhaus. Bockemühl, Justus: Der Grabstein des Grafen Adolf von Berg, Stifter des Klosters Altenberg, und seine Bedeutung für die Genealogie des Herrscherhauses, in: Altenberger Domverein (Hg.): Zwei Altenberger Grabsteine, BergischGladbach 1970, S. 11 – 75, S. 32 – 37; Milz: Abtei Deutz, S. 190. 249 Lacomblet I, Nr. 247. 250 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 11f. Dort die vollständige Argumentation, die sehr überzeugend ist. Siehe zustimmend Friedhoff: Territorium und Stadt, S. 22. Sehr vorsichtig äußert sich Finger, Heinz: Das Kloster und die Vögte. Die „Schutzherren“ von Werden, in: Gerchow, Jan (Hg.): Das Jahrtausend der Mönche. Klosterwelt Werden 799 – 1803, Köln 1999, S. 99 – 105, S. 100. 251 MGH DD H IV/2, Nr. 471 u. 491.
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Adelsaufstand gegen Heinrich V.252 und dem damit verbundenen Schwinden der Reichsgewalt am Niederrhein orientierte sich Adolf II. von Berg politisch neu und schloss sich dem Anführer der niederrheinischen Revolte an: dem Kölner Erzbischof Friedrich von Schwarzenburg. Ihm war es am besten gelungen, in das durch den Rückzug des Königtums hinterlassene Machtvakuum hineinzustoßen und seine eigene Position entscheidend zu verbessern.253 Das Verhältnis zwischen Adolf und Friedrich kann seitdem als durchaus gut bezeichnet werden, zumal Adolf für seinen Seitenwechsel mit der Vogtei des Klosters Siegburg belohnt wurde.254 Die Anlehnung Adolfs an den Kölner Erzbischof – ein „Akt politischer Klugheit“255 – wurde durch die Verheiratung Adolfs mit einer Nichte Friedrichs gefestigt.256 Nachdem sich die Machtverhältnisse am Niederrhein zugunsten des Kölner Erzbischofs verschoben hatten und keine Veränderung dieser Situation zu erwarten war, verlagerte Adolf von Berg den Schwerpunkt seines Herrschaftsausbaus nach Westfalen. Die Burg Altena befand sich bereits in seinem Besitz, und dass er in einer Urkunde anlässlich der Gründung des Klosters Cappenberg nicht als Adolf von Berg, sondern als Adolf von Altena bezeichnet wird, unterstreicht diese Einschätzung.257 Nach dem Tod Friedrichs von Arnsberg 1124 erbte Adolf 252 Hierzu siehe beispielsweise die Schilderung der Chronica regia Coloniensis (Annales Colonienses maximi), ed. Georg Waitz, Hannover 1880 (MGH SS rer. Germ. i. u. s. 18), S. 53 – 55. Oediger, Friedrich Wilhelm: Geschichte des Erzbistums Köln 1: Das Bistum Köln von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts, Köln 1964, S. 209 – 213. 253 Ritzerfeld, Ulrich: Das Kölner Erzstift im 12. Jahrhundert. Verwaltungsorganisation und wirtschaftliche Grundlagen, Köln 1994 (Rheinisches Archiv 132), S. 11f.; Schieffer, Rudolf: Die Zeit der späten Salier (1056 – 1125), in: Petri, Franz / Droege, Georg (Hgg.): Rheinische Geschichte, 1, 3: Hohes Mittelalter, Düsseldorf 1984, S. 121 – 198, S. 157 – 165. Engels, Odilo: Der Niederrhein und das Reich im 12. Jahrhundert, in: Flink, Klaus / Janssen, Wilhelm (Hgg.): Königtum und Reichsgewalt am Niederrhein. Referate der 2. Niederrhein-Tagung des Arbeitskreises niederrheinischer Kommunalarchivare, Kleve 1983 (Klever Archiv. Schriftenreihe des Stadtarchivs Kleve 4), S. 79 – 101 befasst sich trotz des viel versprechenden Titels nicht mit den ersten 15 Jahren des 12. Jahrhunderts. 254 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 13; Wisplinghoff, Erich (Bearb.): Die Benediktinerabtei Siegburg, Berlin, New York 1975 (Germania Sacra N. F. 9. Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Erzbistum Köln 2), S. 25. 255 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 13. 256 Wunder, Gerd: Die Verwandtschaft des Erzbischofs Friedrich I. von Köln. Ein Beitrag zur abendländischen Verflechtung des Hochadels im Mittelalter, in: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 166 (1964), S. 25 – 54, S. 48f. 257 Groten weist darauf hin, dass diese Namenswahl rechtliche Gründe gehabt haben könnte, weil sie Adolf als Herrn einer Burg auf sächsischem Boden auswies. Groten: Die ältesten
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als Verwandter der Werler Grafen – seine Mutter war Adelheid von Lauffen, die Ida von Werl beerbt hatte 258 – große Teile ihrer Grafenrechte zwischen Ruhr, Emscher und Lippe.259 Da er in den Egmonter Annalen im Kontext der zwiespältigen Wahl des Bischofs von Utrecht im Jahr 1150 als Adolfus comes de Hůvele (heute Hamm-Bockum-Hövel) bezeichnet wird 260, kann man davon ausgehen, dass der Berger im Laufe der Zeit auch seinen Wohnsitz nach Westfalen verlegt hatte, um den Herrschaftsausbau in den neu erworbenen Besitzungen besser vorantreiben zu können.261 Den alten Stammsitz Altenberg wandelte er in ein Zisterzienserkloster um.262 Ihm gelang es rasch, weitere Rechte an sich zu bringen – beispielsweise die Vogteien über das Prämonstratenserinnenstift Dünnwald 263, das Prämonstratenserstift Cappenberg 264 und vielleicht auch die Vogtei über das Reichsstift Essen 265 – und die älteren Herrschaftsräume stärker zu durchdringen.266 Durch großflächige Rodungstätigkeiten wurde zeitgleich mehr Land urbar gemacht, wodurch Siedlungsdichte und Zahl der Bewohner im Bergischen steigen konnten.267 Grafen von Berg, S. 13, Anm. 46. 258 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 56. 259 Leidinger, Paul: Die Grafen von Werl und Werl-Arnsberg (ca. 980 – 1124): Genealogie und Aspekte ihrer politischen Geschichte in ottonischer und salischer Zeit, in: Klueting, Harm (Hg.): Das Herzogtum Westfalen 1, Münster 2009, S. 119 – 170, S. 143 – 145. 260 Annales Egmundani, ed. Georg Pertz, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 442 – 478, anno 1150, S. 456. 261 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 13. 262 Groten: Das Kloster Altenberg, S. 104; ders.: Die ältesten Grafen von Berg, S. 14f.; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 69f.; Mosler, Hans (Bearb.): Die Cistercienserabtei Altenberg, Berlin 1965 (Germania Sacra N. F. 2: Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Erzbistum Köln 1), S. 47f. 263 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 13; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 76f. 264 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 42; Bockhorst, Wolfgang: Die Grafen von Cappenberg und die Anfänge des Stifts Cappenberg, in: Crusius, Irene / Flachenecker, Helmut (Hgg.): Studien zum Prämonstratenserorden, Göttingen 2003 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 185 = Studien zur Germania Sacra 25), S. 57 – 74, S. 60; Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 45. 265 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 61f.; Küppers-Braun, Ute: Macht in Frauenhand. 1000 Jahre Herrschaft adliger Frauen in Essen, Essen 2002, S. 77f. 266 Für eine vollständigere Liste der Erwerbungen siehe Karte III: Besitz und Rechte der Berger (bis zum Jahr 1400) bei Kraus: Entstehung der Landesherrschaft. Die Belege finden sich ibid., S. 126 – 129. 267 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 13.
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3.2.1 ABT UND ERZBISCHOF: DER GEISTLICHE ZWEIG DER FAMILIE
Adolf II. hatte zwei Brüder, Everhard und Bruno. Adolf und Everhard treten in drei Urkunden von 1115268, 1118269 und 1120270 gemeinsam als fratres auf, sodass über die Verwandtschaft kein Zweifel bestehen kann. Groten hat vermutet, dass sie die Grafschaft gemeinsam verwaltet haben 271, wobei Adolf in den Zeugenlisten stets vor Everhard aufgeführt wird und im Gegensatz zu ihm den Grafentitel führt. Deshalb wird wohl trotz des gemeinsamen politischen Handelns von einer klaren Rangfolge der beiden Brüder auszugehen sein. Im Jahr 1120 oder 1121 hatte Everhard beschlossen, sich aus der Welt zurückzuziehen und Mönch im Zisterzienserkloster Morimond zu werden. Die Ordenszugehörigkeit des bergischen Grafensohnes sowie die veränderte politische Lage am Niederrhein nach 1115 waren zwei von mehreren Faktoren, die 1133 die Umwandlung des alten Stammsitzes Berge in ein Zisterzienserkloster begünstigten.272 1143 wurde er Gründungsabt des Klosters Georgenberg (später Georgenthal) in Thüringen.273 Bruno von Berg, jüngster der drei Brüder, war wohl seit seiner Geburt für den geistlichen Stand vorgesehen.274 Die erste greifbare Station seiner kirchlichen Karriere findet sich in Koblenz, wo er seit 1119 als Propst des St. Castor-Stifts nachweisbar ist.275 Die verwandtschaftlichen Verbindungen zu Bruno von Lauffen, dem Trierer Erzbischof, scheinen sich hier bemerkbar gemacht zu haben.276 Seit dem Jahr 1127 wird Bruno als Propst des bedeutenden kölnischen Stifts St. Gereon erwähnt 277, und der Besitz dieses Amtes wird ihn wohl auch dazu bewogen haben, die 1130 erfolgte Wahl zum Erzbischof von Trier abzulehnen,
268 Lacomblet IV, Nr. 617. Adolfus advocatus noster cuius manus adfuit. Everhardus frater eius. 269 Lacomblet I, Nr. 288. Adolfus comes de Monte et Everhardus frater eius. 270 Wisplinghoff, Erich (Bearb.): Urkunden und Quellen zur Geschichte von Stadt und Abtei Siegburg 1, Siegburg 1964, Nr. 33. (…) comes Adolfus et frater eius Euerhardus, (…). 271 Groten: Die ältesten Grafen, S. 14. 272 Groten: Das Kloster Altenberg, S. 104. 273 Zu Everhard und Bruno siehe ausführlicher Kap. 4.2. 274 Die Bemerkung Oedigers, die Familie Altena-Berg habe mit Bruno „den ersten ihrer Söhne“ hochgeschoben, ist missverständlich. Oediger: Bistum Köln, S. 215. 275 Kraus hat die kirchlichen Stationen der ersten bergischen Erzbischöfe von Köln – Bruno II., Friedrich II. und Bruno III. – tabellarisch mit Quellenverweisen aufgeführt. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 30f. 276 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 15. 277 Lacomblet I, Nr. 302; REK II, Nr. 236.
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weil er sich berechtigte Hoffnungen auf den Kölner Erzstuhl machen durfte.278 Tatsächlich setzte er sich in einer umstrittenen Wahl 1131 gegen Gottfried von Xanten durch, den Propst von St. Severin in Köln und St. Viktor in Xanten. Jener war in einem ersten Wahlgang in einem kanonischen Verfahren zum Erzbischof gewählt worden, allerdings gelang es der probergischen Minderheit innerhalb des Priorenkollegs, sich die Fürsprache des in Köln anwesenden Königs Lothar von Supplinburg zu sichern.279 Lothar intervenierte zu Brunos Gunsten, indem er die Wahl kassierte.280 Gottfried gehörte dem Haus Cuyk an 281, das mit den Bergern um das arnsbergische Erbe Friedrichs des Streitbaren stritt. Wahrscheinlich spielte zusätzlich eine persönliche Abneigung des Königs in dessen Entscheidung hinein, denn zum einen war er bereits als Herzog von Sachsen mit dem westfälischen Zweig der Familie in Konflikt geraten 282, zum anderen war Graf Florens II. von Holland, Neffe Lothars, von den Cuykern erschlagen worden.283 In einem zweiten Wahlgang wurde Bruno schließlich zum Kölner Erzbischof gewählt.284 Zum ersten Mal befand sich ein Berger auf dem Kölner Erzstuhl, und Manfred Groten hat zweifelsfrei Recht, wenn er annimmt, dass Graf Adolf II. diesen Triumph als „Krönung seiner 1115 eingeleiteten Politik“285 aufgefasst haben dürfte. Als Erzbischof unterstützte Bruno – wenig überraschend – seine eigene Familie tatkräftig 286, etwa indem er 1136 das neue ‚Hauskloster‘ in Berge mit einem Hof und einem Weinberg ausstattete.287 Allerdings waren seine p olitischen Ent278 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 15. 279 Hermann, Oliver: Lothar III. und sein Wirkungsbereich. Räumliche Bezüge königlichen Handelns im hochmittelalterlichen Reich, 1125 – 1137, Bochum 2000 (Europa in der Geschichte 5), S. 140; Oediger: Bistum Köln, S. 215. 280 CrC rec. II, anno 1132, S. 68f.: Tandem iudicio regis et principum et ipsorum cardinalium ad unanimitatem ecclesia perducitur, et saniori consilio Godefrido cessante, domnus Bruno, prepositus Sancti Gereonis, Coloniensi cathedrae intronizatur. 281 Groten, Manfred: Priorenkolleg und Domkapitel von Köln im Hohen Mittelalter. Zur Geschichte des kölnischen Erzstifts und Herzogtums, Bonn 1980 (Rheinisches Archiv 109), S. 134. 282 Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 44. 283 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 69; Oediger: Bistum Köln, S. 216. 284 REK II, Nr. 287. 285 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 15. 286 Ritzerfeld: Das Kölner Erzstift, S. 14. 287 REK II, Nr. 325, 326: Lacomblet I, Nr. 330 = Mosler, Hans (Bearb.): Urkundenbuch der Abtei Altenberg 1: 1138 – 1400, Bonn 1912 (Urkundenbücher der geistlichen Stiftungen des Niederrheins 3), Nr. 1. Mosler: Die Cistercienserabtei Altenberg, S. 70 differenziert das
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faltungsmöglichkeiten arg eingeschränkt, weil er gegen einen mehrheitlich feindlichen Kölner Klerus ankämpfen musste, der seinerseits einen aufgezwungenen Erzbischof nicht akzeptieren wollte.288 So war er zunächst auf Ausgleich zwischen den Fraktionen bemüht und nahm wohl auch deshalb nicht am Italienzug Lothars von 1133 teil, obwohl mit seinem Erzstuhl das Amt des Reichskanzlers für Italien verbunden war.289 Sein Verhältnis zum Königtum war ambivalent. Einerseits lässt sich die häufige Präsenz des Bergers in königlichen Urkunden als Zeichen einer gewissen Nähe deuten 290, andererseits kam es von Winter 1133/34291 bis Frühjahr 1135292 zu schwerwiegenderen Unstimmigkeiten. Bruno stand zwar wegen Lothars ‚Wahlhilfe‘ in dessen Schuld, geriet aber in keine einseitige Abhängigkeit. Wolfgang Petke schließt aus dem Itinerar Lothars, in dem Bruno von Berg kaum eine Rolle gespielt hat, „dass Bruno nicht zu Lothars Vertrauten gezählt hat“.293 Er starb auf dem zweiten Italienzug Lothars am 29. Mai bei Trani in Apulien 294, womit dem bergischen Grafenhaus der Kölner Erzstuhl wieder verloren ging. 3.2.2 DIE WEITERE ENTWICKLUNG DER GRAFSCHAFT BERG VOR DEM HINTERGRUND DER BEZIEHUNGEN ZU KÖLNER ERZBISCHÖFEN UND REICH
Auch wenn die direkte verwandtschaftliche Verbindung zwischen Graf und Metropolit sicherlich wichtiger Bestandteil eines überaus guten Einvernehmens war, sollte sich Adolfs Verhältnis zu Brunos Nachfolger in Köln, Arnold I.295,
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Verhältnis der Abtei zu ihrem jeweiligen Ordinarius nicht ausreichend: „Seine (Brunos II., A. B.) Nachfolger, zum Teil demselben Hause entstammend, erweiterten diese Schenkungen noch erheblich, bestätigten willig der Abtei ihren Besitz und nahmen sie in ihren Schutz.“ Wie im Verlauf der Arbeit deutlich werden wird, war die Gunst der Erzbischöfe stets abhängig von ihrem Verhältnis zu den bergischen Grafen. Groten: Priorenkolleg, S. 134f. REK II, Nr. 297. REK II, Nr. 291, 300, 306, 307, 310, 316, 317, 334, 338, 339, 340, 342, 343. REK II, Nr. 301; Hermann: Lothar III., S. 149. REK II , Nr. 308. In Bamberg erlangte Bruno schließlich die Verzeihung des Kaisers. Hermann: Lothar III., S. 159 u. 277f.; REK II, Nr. 309. Petke, Wolfgang: Kanzlei, Kapelle und königliche Kurie unter Lothar III. (1125 – 1137), Köln / Wien 1985 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 5), S. 234. REK II, Nr. 344. Halbekann hat die unterschiedlichen Darstellungen Arnolds zusammengefasst. Halbekann, Joachim J.: Die älteren Grafen von Sayn. Personen-, Verfassungs- und Besitzgeschichte
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keineswegs verschlechtern. Bereits 1138 bestätigte Arnold I. die Schenkungen Brunos an das Kloster Berge, wobei er umfangreiche Ergänzungen hinzufügte.296 Die Weihe der Klosterkirche nahm er einige Jahre später vor 297, und um 1148 bestätigte er einen Gütertausch zwischen der Abtei und dem Apostelnstift zu Köln.298 Während seiner Amtszeit schenkte er selbst den Altenberger Mönchen zudem einen Weinberg und einen Wald, die sie sich beide mit den Kanonikern des Severinstifts teilen sollten.299 Auch hielt sich der Berger nach Auskunft der Zeugenlisten überaus häufig in der Nähe Arnolds auf 300, was für eine gewisse politische Nähe spricht. Folglich war es Adolf auch nach dem Tod seines Bruders Bruno möglich, seine Herrschaftsrechte zu mehren, besonders über den Erwerb von Gerichten und verschiedenen weiteren Vogteien: Nach 1141 folgte er Arnold von Odenkirchen wahrscheinlich als Graf im Deutzgau nach 301, und nach 1151 gelangte er möglicherweise in den Besitz des einträglichen Grafengerichts zu Kreuzberg, nachdem er die pfalzgräflichen Untergrafen aus dem Haus Hardenberg erfolgreich verdrängt hatte.302 Damit baute er seine Herrschaft im Niederbergischen entscheidend aus, weil mit den Hardenbergern „das vornehmste niederbergische Adelsgeschlecht“303 als Konkurrent des bergischen Hauses von nun an nur noch eine untergeordnete Rolle spielte. Im rechtsrheinischen Altsiedelland zwischen
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eines rheinischen Grafengeschlechts 1139 – 1246/47, Wiesbaden 1997 (Veröffentlichungen der historischen Kommission für Nassau 61), S. 160f. REK II, Nr. 363; Lacomblet I, Nr. 330 = UB Altenberg 1, Nr. 1. REK II, Nr. 434; Die Rückaufschrift in UB Altenberg 1, Nr. 1 gibt darüber Auskunft: Hoc templum dedicatum est ad honorem et gloriam domini dei nostri Jesu Christi eiusque sanctissime genitricis perpetue virginis Marie aliorumque sanctorum, quorum nomina in presenti loco habentur. Anno ab incarnacione domini MCXLVo (…) ab Arnoldo Coloniensium archiepiscopo VIIo idus novenbris feliciter. UB Altenberg 1, Nr. 3. REK II, NR. 1015; UB Altenberg 1, Nr. 9. Für Adolfs Anwesenheit bei Arnold I. siehe REK II, Nr. 368, 372, 374, 376, 381 (hier ist unklar, ob Adolf von Berg oder Adolf von Saffenberg gemeint ist), 392, 399, 405, 413, 415, 423, 431, 455, 457, 463, 465. Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 15. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 74f.; Houben, Heribert: Das Hauptgericht Kreuzberg. Studien zur Geschichte der Gerichtsorganisation des Bergischen Landes bis zur Landesreform im 16. Jahrhundert, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 78 (1961), S. 1 – 106, S. 44f.; Brendler: Angermund, S. 129 u. 131f. rät zur Vorsicht, einen nahtlosen Übergang anzunehmen. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 74.
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Wupper und Sieg dehnte Adolf seine Herrschaft besonders über Ortsvogteien aus, beispielsweise über Güter des Stifts Dünnwald, St. Pantaleon oder St. Gereon.304 Zusätzlich erwarb er das Kastell Deutz als erzbischöfliches Lehen.305 Der erfolgreiche Herrschaftsausbau Adolfs sorgte für einen erheblichen Machtzuwachs der bergischen Grafen, was nicht ohne Reaktion einiger anderer Großer der Region blieb, die ihre Einflusssphären gefährdet sahen. Besonders die Grafen von Are 306 taten sich hier hervor.307 Gerhard von Are, Propst von Bonn, und Hermann von Hoorn, Propst von Xanten, hatten sich bereits mit Bruno von Berg in dessen Zeit als Propst von St. Gereon darüber gestritten, wem der Vorrang im Domchor, bei öffentlichen Prozessionen und Konventen zustand. Arnold I. hatte sich hier der Mehrheit der Archidiakone zugunsten Gerhards gebeugt.308 Bei einer weiteren Machtprobe zwischen den Häusern Are und Berg, bei der es um das Visitationsrecht der Pfarreien im Ahr- und Zülpichgau gegangen war, hatte Arnold I. hingegen den Bergern den Rücken gestärkt, indem er die Ansprüche Gerhards zugunsten Friedrichs von Berg, der als Propst von St. Georg Dekan des Ahrgaus war, zurückgestellt hatte.309 Damit hatte er sich sogar wissentlich gegen den Papst gewandt, der Gerhards Ambitionen unterstützt hatte 310; allerdings war ihm die Eindämmung der Macht des Bonner Propstes mittlerweile ein dringlicheres Anliegen geworden, weil jener durch die Aneignung des ius apellandi an den Papst Arnolds Kompetenzen bereits empfindlich beschnitten hatte – eine weitere Stärkung des Arers kam also nicht in Frage.311 Mit der Amtsübernahme Arnolds II. aus dem Haus Wied änderten sich die Bedingungen des Herrschaftsausbaus grundlegend, war Arnold doch ein 304 Ibid., S. 76f.; Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 47. 305 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 77f. 306 Zu diesem Geschlecht Bader, Ute: Geschichte der Grafen von Are bis zur Hochstadenschen Schenkung (1246), Bonn 1979 (Rheinisches Archiv 107). 307 Stehkämper, Hugo: Der Reichsbischof und Territorialfürst (12. und 13. Jahrhundert), in: Berglar, Peter / Engels, Odilo (Hgg.): Der Bischof in seiner Zeit: Bischofstypus und Bischofsideal im Spiegel der Kölner Kirche; Festgabe für Joseph Kardinal Höffner, Erzbischof von Köln, Köln 1986, S. 95 – 184, S. 114 – 116. 308 REK II, Nr. 357; Groten: Priorenkolleg, S. 68 – 70. 309 Wolter, Heinz: Erzbischof Friedrich II. von Köln (1156 – 1158), in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 46 (1975), S. 1 – 50, S. 5 – 8. 310 Bader: Grafen von Are, S. 190. 311 Wolter, Heinz: Arnold von Wied, Kanzler Konrads III. und Erzbischof von Köln, Köln 1973 (Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 32), S. 28 – 33.
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ausgewiesener Gegner der bergischen Grafen.312 Dementsprechend finden wir Adolf auch nur in einer einzigen Urkunde dieses Erzbischofs 313, und die Angehörigen der ‚bergischen Partei‘ innerhalb des Kölner Lehnshofs – die Herzöge von Limburg, die Grafen von Saffenberg, die Herren von Heinsberg und die Grafen von Sayn – fehlen in den Zeugenlisten gänzlich.314 Arnold II. stellte weder Urkunden für das Kloster Altenberg noch für das von Friedrich von Berg geleitete Stift St. Georg aus.315 Stattdessen förderte er Gerhard von Are in vielerlei Hinsicht, etwa indem er den Urteilsspruch Arnolds I. über den Vorrang der Archidiakone von Bonn und Xanten gegenüber dem Propst von St. Gereon bestätigte.316 Dennoch gelang es Adolf – wie oben bereits dargelegt – auch während der Amtszeit eines antibergischen Erzbischofs, seine Herrschaft weiter auszubauen. Allein dieser Befund spricht bereits für eine große eigene Machtbasis, von der aus eine Expansion auch ohne erzbischöfliche Begünstigung möglich war. Der Einfluss der Berger wird besonders deutlich, wenn man die auf den Tod Arnolds II. folgende Kölner Bischofswahl im Jahr 1156 betrachtet. Zunächst sind allerdings einige Zeilen über die praktischen Probleme angebracht, die ein ungewogener Erzbischof den Grafen von Berg verursachen konnte. Die Vorgänge bei der Bischofswahl in Utrecht bieten hierfür ein gutes Beispiel: Friedrich von Berg, Sohn Adolfs II., war seit spätestens 1140 Propst von St. Georg in Köln.317 Die mit Friedrich beginnende bergische Dominanz in St. Georg spiegelt den Einfluss der bergischen Grafen sehr gut wider, denn die Propstei war verbunden mit den reichen Einkünften aus den Dekanaten Wattenscheid, Lüdenscheid und dem Ahrgau. Damit war St. Georg von allen kölnischen Stiften und Klöstern mit Dekanaten „am reichsten bedacht“.318 Von dieser kirchlichen Grundlage aus war er in einer zwiespältigen Wahl 1150 zum Bischof von Utrecht gewählt worden, musste aber schließlich Hermann von Hoorn, dem Propst von St. Gereon, weichen. Da Friedrich über keinerlei persönliche 312 313 314 315
Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 72. REK II, Nr. 567. Weise, Wilhelm: Der Hof der Kölner Erzbischöfe, S. 262. Auch Wolter hält das Fehlen erzbischöflicher Urkunden für einen Beleg antibergischer Politik seitens Arnolds. Wolter: Arnold von Wied, S. 119 (St. Georg) u. S. 123f. (Altenberg). 316 REK II, Nr. 564. Weitere Parteinahmen für Gerhard bei REK II, Nr. 569 und 624. Bader: Grafen von Are, S. 215. 317 REK II, Nr. 390. Wolter: Erzbischof Friedrich II., S. 4 vermutet, dass Friedrich bereits seit 1135 Propst von St. Georg gewesen war. 318 Janssen, Wilhelm: Geschichte des Erzbistums Köln 2: Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter 1191 – 1515, Tl. 1, Köln 1995, S. 327.
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Beziehungen nach Utrecht verfügte, hat Wolter Friedrichs entfernte Verwandte aus der ersten – arnsbergischen – Ehe seines Vaters, die Grafen von Cuyk, die gleichzeitig auch Grafen von Utrecht waren, als Hauptantriebskraft hinter seiner Kandidatur gesehen.319 Allerdings ist hiergegen anzuführen, dass die Beziehungen zwischen den Häusern Berg und Cuyk wegen ihrer Streitigkeiten um das Erbe Friedrichs des Streitbaren von Arnsberg 320 und des ‚Wahlkampfs‘ um den Kölner Erzstuhl 1131 wahrscheinlich nicht sonderlich gut gewesen sein dürften.321 Die Motive der Berger bleiben also im Dunkeln. Auffällig ist die Verteilung der Parteien: Während Friedrich nach Zeugnis der Annales Egmundani Ministerialen, Bürger und Landbevölkerung von Utrecht und Deventer auf seiner Seite hatte, wurde Hermann von den Klerikern der Diözese sowie den Grafen von Geldern, Holland und Kleve unterstützt.322 Diesen drei Großen gelang es auch, König Konrad III. auf ihre Seite zu bringen, der die Wahl zugunsten Hermanns entschied. Dabei verwies der König gegenüber Papst Eugen III. insbesondere auf einen defectus aetatis des bergischen Kandidaten, was eine Bestätigung in jedem Fall unmöglich machte.323 Wahrscheinlich wollten die drei mächtigsten weltlichen Potentaten des unteren Niederrheins verhindern, dass ein Angehöriger der einflussreichen bergischen Familie auf dem Bischofsstuhl Platz nehmen konnte, um so einen kontrollierbaren eigenen Kandidaten einer weniger bedeutenden, aber in der Region heimischen Familie zu implementieren.324 Außerdem mochte Heinrich II. von Geldern seine Stellung als Vogt von Utrecht bedroht sehen.325 319 Wolter: Erzbischof Friedrich II., S. 8f. Die Verwandtschaft kam über die Cappenberger zustande. Ida/Jutta von Arnsberg war in erster Ehe mit Gottfried II. von Cappenberg verheiratet gewesen, in zweiter Ehe mit Gottfried von Cuyk. Die Schwester Gottfrieds II., Adelheid, war mit Adolf II. von Berg in dessen erster Ehe liiert. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 41 – 44; Schwennicke, Detlev (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge: Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten 8: West-, mittel- und nordeuropäische Familien, Marburg 1980, Tafeln 98a/b. 320 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 80f. 321 Ibid., S. 69. 322 Annales Egmundani, anno 1150, S. 456: Comites siquidem, ecclesie homines, Gelrensis Heinricus, Holtlandenis Theodericus, Clevensis Theodericus, Hermannum investiri instantissime laboraverunt. Omnes autem ministeriales et cives civitatis Traiectensis et Davantriae et omnes agricultores et cuiusque oficii homines Fritherico devotissime faverunt, (…). 323 MGH DD K III, Nr. 244. 324 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 72; Kraus: Frühgeschichte der Grafen von Kleve, S. 36. 325 Wolter: Arnold von Wied, S. 142.
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Bei der für die drei Grafen positiven Entscheidung des Königs waren ihnen nach Kraus gute Verbindungen zu Konrad nützlich gewesen, die im Fall Heinrichs von Geldern sogar durch Verwandtschaft bestärkt wurden.326 Adolf II. verfügte allerdings ebenfalls über beinahe kontinuierliche gute Beziehungen zum Königshof: Bereits in den Jahren 1101 und 1105 begegnet uns sein Vater gemeinsam mit anderen niederrheinischen Grafen am Hof Heinrichs IV. in Kaiserswerth bzw. Köln.327 Adolf II. selbst bezeugte im Jahr 1129 zwei Urkunden Lothars.328 In der Umgebung Konrads war er bereits regelmäßig anzutreffen, als es noch fraglich war, ob sich Konrad gegen die welfische Opposition durchzusetzen vermochte, nämlich in den Jahren 1138 und 1139.329 Auch danach war er ein treuer Anhänger des Staufers.330 Insofern greift das Argument, Konrad habe sich wegen der guten Beziehungen zu den Grafen von Geldern, Holland und Kleve gegen Friedrich von Berg entschieden, nur sehr bedingt. Die Formulierung Wibalds von Stablo in der Anzeige der königlichen Entscheidung gegenüber Eugen III. zielte zudem deutlich weniger gegen Friedrich als gegen dessen Anhänger in Utrecht, führte er doch beinahe entschuldigend dessen Unwissenheit als Grund für seine Vereinnahmung durch andere an.331 Das Urteil des Königs wirkt bei näherer Betrachtung also vielmehr wie eine Entscheidung für Hermann, nicht primär gegen Friedrich. Vielleicht kann der ausschlaggebende Grund aber auch andernorts vermutet werden: Entscheidend könnte eine – für Friedrich ungünstige – Einflussnahme Arnolds II. gewesen sein. Der Kölner Elekt konnte aus verschiedenen Gründen kein Interesse daran haben, ein Mitglied der bergischen Familie auf dem Bischofstuhl von Utrecht zu sehen: Der Utrechter Bischof war Suffragan des Kölners, weshalb sich Arnold zwangsläufig mit dem von ihm später vorsätzlich ignorierten Grafenhaus hätte auseinandersetzen müssen. Zudem waren mit dem Utrechter Bischofstuhl die Einkünfte 326 MGH DD K III, Nr. 7. Zu den guten Beziehungen der drei Großen zu Konrad siehe Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 71, Anm. 637. 327 MGH DD H IV/2, Nr. 471 u. 491. 328 MGH DD Lo III, Nr. 16 u. 17. 329 MGH DD K III, Nr. 3, 8, 9 (1138), 30, 31, 33 (1139). 330 MGH DD K III, Nr. 59, 64, 89, 104, 106, 135 u. 143. Siehe auch Ziegler, Wolfram: König Konrad III. (1138 – 1152). Hof, Urkunden und Politik, Wien 2008 (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters. Beihefte zu J. F. Böhmer, Regesta Imperii 26), S. 540 – 543. 331 MGH DD K III, Nr. 244: Frither(icum) prepositum sancti Georgi in Col(onia), hominem videlicet infra etatem et ordines, cuius ignorantia fautores ipsius ad subversionem ecclesie abuterentur.
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des reichen Hochstifts verbunden, wodurch die Finanzkraft der bergischen Partei in der Kirchenprovinz deutlich gestiegen wäre. Schließlich darf auch der geopolitische Aspekt nicht außer Acht gelassen werden – starke Berger östlich und nördlich von Köln mussten auf Arnold bedrohlich wirken. Außerdem hatte er zahlreiche Möglichkeiten, Konrads Urteil in eine ihm genehme Richtung zu beeinflussen: Kölner Elekt und König standen sich in dieser Zeit wegen der Verleihung der Regalien an Arnold nämlich auch räumlich besonders nah 332: Arnold, der auch Kanzler des Stauferkönigs war und qua Amt über viel Einfluss bei Hofe verfügte, war in Nimwegen zugegen, als Konrad auf dem Weg war, den Konflikt in Utrecht zu beenden.333 Aus diesen Gründen ist die Ablehnung des bergischen Kandidaten in Utrecht nicht überraschend. Der Kölner Elekt und spätere Erzbischof handelte bei dem Utrechter Schisma wahrscheinlich zielgerichtet und erfolgreich gegen die Berger. Arnold II . scheute sich auch in einem anderen Fall nicht, die mit seinen Ämtern verbundenen Möglichkeiten und Privilegien gegen die Feinde seiner Familie zu benutzen: So belagerte und eroberte er 1152, kaum in Amt und Würden, die Burg Sayn, Stammsitz der Grafen von Sayn.334 Das noch junge Adelshaus 335 hatte sich kurz zuvor angeschickt, die Bonner Grafenrechte an sich zu ziehen und dadurch möglicherweise einen Zugriff auf die reichen Stifte St. Cassius und Dietkirchen vorzubereiten, womit sie zu direkten Konkurrenten des Hauses Wied geworden waren.336 Halbekann schwächt die familienpolitische Komponente bei der Zerstörung von Burg Sayn etwas ab, betont stattdessen die herzöglichen Pflichten Arnolds, in deren Kontext der Angriff ebenfalls gesehen
332 Ottonis et Rahewini Gesta Friderici I. imperatoris, lib. I, cap. 67 – 69, S. 95 – 98. 333 MGH DD K III, Nr. 251; Gesta Friderici I., lib. I, cap. 68, S. 96. Auch Wolter sieht diese Möglichkeit: Wolter: Arnold von Wied, S. 108. 334 REK II, Nr. 540, 541, 542. 335 Halbekann wehrt sich gegen die genealogische Ableitung der Sayner aus bestehenden Adelshäusern, weil die Quellen dazu nichts Belastbares überliefern. Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 206 – 232. 336 Zu diesem hochkomplexen, aber wegen der schlechten Quellenlage wohl kaum endgültig zu klärenden Konflikt ausführlich Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 160 – 176 und Korzilius, Sven: Burgenzerstörung als Sanktion im Rahmen der Landfriedenswahrung: Studie an einem Fall aus dem Leben des Kölner Erzbischofs Arnold von Wied, in: Schlosser, Hans u. a. (Hgg.): Herrschaftliches Strafen seit dem Hochmittelalter. Formen und Entwicklungsstufen, Köln 2002 (Konflikt, Verbrechen und Sanktion in der Gesellschaft Alteuropas. Symposien und Synthesen 5), S. 31 – 58.
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werden kann.337 Nach einer eingehenden formalen Prüfung der rechtlichen Grundlagen folgert Korzilius hingegen, „dass wir im Fall der Burg Sayn eine an einen nicht eindeutig deliktischen Tatbestand geknüpfte ungewöhnliche Rechtsfolge vorfinden, die aufgrund einer ungeklärten Kompetenz vollstreckt wurde. Die enge geographische Verflechtung der Wiedschen und Saynschen Grafschaften, der etwas zu auffällige Hinweis Arnolds, sein Vorgehen beruhe nicht auf privaten Gründen und der Lehensauftrag der Grafen von Sayn an den Trierer Erzbischof, der als das Bemühen, sich gegen unberechtigte Übergriffe des mächtigen Nachbarn zu schützen, gedeutet werden kann, sind alles Aspekte, die dazu dienen, unsere Zweifel an einem rechtlich einwandfreien Verfahrensakt zu verstärken.“338 Als letztes Beispiel für die antibergische Politik des Erzbischofs soll die Förderung der Prämonstratenserinnen im Stift Dünnwald durch Arnold II. dienen. Er unterstützte das Stift bei drei Gelegenheiten: 1152 gab er einer Schenkung des Domkustos Hugo an das Stift seine Zustimmung 339, vier Jahre später nahm er Gertrud, Tochter des Grafen von Liedberg, das Gelübde zum Eintritt in das Stift ab 340 und bestätigte schließlich die mit 200 Mark gut dotierte Schenkung Hyldemars von Tycke, Witwe des Grafen von Hardenberg, zugunsten des Stifts.341 Auf den ersten Blick wirken diese erzbischöflichen Maßnahmen zugunsten des Stifts etwas befremdlich, denn Dünnwald lag im Herzen der bergischen Besitzungen und Adolf II. war höchstwahrscheinlich Vogt dieser Einrichtung.342 Insofern ist es einsichtig, dass das Stift von den Bergern als eigene Interessensphäre betrachtet wurde. Bemühte sich Arnold also mit der Förderung des Stifts um eine Annäherung an die Berger? Eingebettet in den bisher geschilderten Kontext der Beziehungen zwischen Arnold und den Grafen von Berg bietet sich eher eine andere, entgegengesetzte Deutung an: Wolters Interpretation zufolge verfolgten die Begünstigungen vor allem einen Zweck, nämlich die Prämonstratenserinnen enger an sich zu binden und so dem bergischen Einfluss 337 Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 171f. So auch Groten: Priorenkolleg, S. 143. Oediger: Bistum Köln, S. 222 lässt beide Motive gleichermaßen zu. 338 Korzilius: Burgenzerstörung, S. 55. Auch Ritzerfeld und Wolter betonen die Komponente der Hausmachtpolitik. Ritzerfeld: Das Kölner Erzstift, S. 349 u. Wolter: Arnold von Wied, S. 131. 339 REK II, Nr. 545. 340 REK II, Nr. 625. 341 REK II, Nr. 626. Diese Bestätigung ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, weil sie nur in einer Urkunde aus dem Jahr 1448 überliefert ist. 342 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 76.
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zu entziehen.343 Die involvierten Personen bestätigen den Verdacht: Domkustos Hugo war ein Bruder Gerhards von Are, der ein Gegner der Berger war.344 Die Grafen von Liedberg waren südlich von Bensberg Konkurrenten der Grafen von Berg 345, ebenso im Niederbergischen die Grafen von Hardenberg.346 Die Auslegung passt also hervorragend in das bisher entworfene Bild der Beziehungen zwischen Arnold II. von Köln und dem bergischen Grafenhaus. Verschiedene Faktoren der Politik Arnolds II. machen also deutlich, warum es den Bergern außerordentlich wichtig erscheinen musste, einen eigenen Kandidaten zum Nachfolger Arnolds wählen zu lassen: Er förderte fast keine den Bergern nahe stehenden Institutionen, hintertrieb recht unverhüllt und durchaus erfolgreich deren politische Ambitionen und demonstrierte offen seine Bereitschaft, zur Durchsetzung der Familieninteressen auf das Mittel der Gewalt zurückzugreifen. Sollte Wolters Interpretation der Begünstigungen Dünnwalds durch Arnold zutreffen, dann versuchte er sogar aktiv, bergischen Einfluss nicht nur einzudämmen, sondern sogar zu mindern. Zusätzlich waren die Möglichkeiten der Berger begrenzt, auf den Kölner Metropoliten Einfluss zu nehmen, weil sie sich nicht am erzbischöflichen Hof aufhielten bzw. dort nicht erwünscht waren. Dies galt nicht nur für Adolf von Berg, sondern auch für seinen Sohn Friedrich, der trotz seiner Priorenwürde keine Rolle am Kölner Hof spielte.347 Es bestand für Adolf II. durchaus das Risiko, selbst zur Zielscheibe zu werden, hatte Arnold doch seine antibergische Grundhaltung unter Beweis gestellt und an den Grafen von Sayn ein Exempel statuiert. Lediglich die mittlerweile erreichte eigene Machtfülle bot eine gewisse Sicherheit. 3.2.3 FRIEDRICH II. VON KÖLN: EIN ERZBISCHOF IM DIENST DER FAMILIE
Als Arnold II. am 14. Mai 1156 in Xanten starb 348, drohte den Bergern die Wahl eines weiteren erwiesenen Gegners zum Erzbischof von Köln, nämlich des Bonner Propstes Gerhard von Are. Dessen Familie verfügte mittlerweile über Einflussmöglichkeiten, die den Bergern ebenbürtig waren: Gerhards Bruder
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Wolter: Arnold von Wied, S. 126. S. Kap. 3.2.3. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 83. S. o. Weise: Der Hof der Kölner Erzbischöfe, S. 230 – 233. REK II, Nr. 635.
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Hugo war Domkustos in Köln 349 und seit 1152 auch Propst von St. Maria ad Gradus, sein Bruder Friedrich war ebenfalls seit 1152 Bischof von Münster.350 Gerhard selbst war seit 1154 zusätzlich Propst des St. Servatiusstifts in Maastricht.351 Die Arer besaßen Grafenrechte im Eifel- und Zülpichgau, zudem verfügten sie über weitgestreute Allodialbesitzungen, Lehen und Vogteien (Ortsvogteien der Abteien Prüm und St. Maximin zu Trier, Vogtei über das Prämonstratenserkloster Steinfeld und die Vogtei über die Bauern der villa Erpel, die ein Lehen des Kölner Domstifts war) zwischen Nordeifel und Maastricht.352 Gerhard hatte die Mehrheit der Prioren bereits auf seine Seite gebracht, sodass die Berger gezwungen waren, schnellstmöglich einem eigenen Kandidaten zu einer anderen Mehrheit zu verhelfen. Das bergische Grafenhaus stellte Friedrich von Berg auf, der – wie bereits erwähnt – seit 1140 als Propst von St. Georg belegt ist und bei der Utrechter Bischofswahl nur knapp unterlegen gewesen war. Für die Berger war es nun entscheidend, die Mehrheit eines Gremiums auf die eigene Seite zu bringen, das ebenfalls legitime Ansprüche auf das Recht gelten machen konnte, den Kölner Erzbischof zu wählen. Folglich wandten sie sich an das Domkapitel, und es gelang ihnen, die Unterstützung der Mehrheit der Kanoniker zu gewinnen.353 Das Domkapitel stritt seit einiger Zeit mit dem Priorenkolleg um das Privileg der Erzbischofswahl 354, sodass es Bergern und Domherren einsichtig erscheinen musste, gegen Gerhard und das Priorenkolleg zusammenzuarbeiten.355 Dabei hatten die Domdignitäre unter Arnold II. zunehmend an Boden verloren, wofür speziell ihr Verschwinden aus den Zeugenlisten erzbischöflicher Urkunden spricht.356 Die Aussicht, die eigene Wahlentscheidung als rechtmäßig bestätigt zu sehen, motivierte das Domkapitel wohl besonders, da es als Präzedenzfall für künftige Bischofswahlen dienen konnte. Allerdings muss angemerkt 349 350 351 352 353 354
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Bader: Grafen von Are, S. 189. Groten: Priorenkolleg, S. 141. Wolter: Arnold von Wied, S. 115f. Zum Besitz der Grafen von Are Bader: Grafen von Are, S. 70 – 132; Wolter: Erzbischof Friedrich II., S. 25. REK II, Nr. 636. Dazu grundsätzlich Ganzer, Klaus: Zur Beschränkung der Bischofswahl auf die Domkapitel in Theorie und Praxis des 12. und 13. Jahrhunderts, in: Zeitschrift der SavignyStiftung für Rechtsgeschichte: Kanonistische Abteilung 57 (1971), S. 22 – 82 u. 58 (1972), S. 166 – 197. Groten: Priorenkolleg, S. 120. Ibid., S. 145.
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werden, dass eine strikte Trennung von Domkapitel und Priorenkollegium den Realitäten innerhalb des Kölner Klerus kaum nahe kommt, sondern eher dem Systematisierungswillen der Forschung Rechnung trägt: Der Domkustos Hugo war beispielsweise gleichzeitig Propst von St. Maria ad Gradus und außerdem ein Bruder Gerhards von Are, und er hatte keinen Grund, sich gegen seinen Bruder zu wenden.357 Zudem waren die Domdignitäre, also Dompropst, Domdekan, Subdekan, Chorbischof und Domscholaster, gleichzeitig Mitglieder des Priorenkollegs.358 Folglich müssen besonders diejenigen Kleriker in Friedrichs Lager vermutet werden, die nicht gleichzeitig dem Priorenkolleg angehörten – sozusagen die ‚zweite Garde‘. Der erste Kölner Erzbischofskatalog berichtet sogar, dass Friedrich nicht durch das Domkapitel, sondern wegen des Einflusses seiner Familie und der Unterstützung der jungen – und im Sinne der Quelle wohl einfältigen – Kleriker der Stadt gewählt und schließlich auf den Rat der Fürsten von Friedrich Barbarossa eingesetzt worden sei. Dabei wird den Bergern ganz unverschleiert Simonie vorgeworfen.359 Welche Version hier zutreffen mag, ist nicht mehr zu klären, allerdings schließen beide Darstellungen einander im Kern nicht aus: Wesentlich ist, dass der Einfluss der Berger mittlerweile ausreichte, um eine konkurrenzfähige Wahl Friedrichs durchführen zu lassen. Etwaige Bestechungen, Drohungen oder andere unlautere Einflussnahmen lassen sich zwar nicht belegen, erscheinen aber in Anbetracht der Vehemenz, mit der die Berger ihren Kandidaten unterstützten, recht wahrscheinlich. Das so entstandene Schisma bedurfte einer königlichen Entscheidung, und die fiel endgültig auf dem Reichstag zu Regensburg zugunsten Friedrichs. B arbarossa stattete den bergischen Kandidaten mit den Regalien aus und sandte ihn zur Weihe nach Rom.360 Dort empfing er im Dezember 1156 das Pallium aus den Händen Hadrians IV.361 Auch das Domkapitel profitierte, begründete Friedrich 357 Wolter: Erzbischof Friedrich II., S. 16f. 358 Groten: Priorenkolleg, S. 88. 359 Catalogus primus archiepiscoporum Coloniensium, ed. Hermann Cardauns, Hannover 1879 (MGH SS 24), S. 336 – 344, S. 342: Hic non canonica electione, sed propinquorum factione et iuvenum clericorum favore episcopatum adeptus est. Addunt quidam, quod per simoniam constitutus sit ab imperatore. (…), cassata canonica electione priorum, favore principum idem Fridericus ab imperatore episcopatum suscepit. S. 361: Dicitur etiam, quod per symoniam intravit. 360 Gesta Friderici I., lib. II, cap. 56, S. 161. 361 REK II, Nr. 636; CrC rec. II, anno 1157, S. 93. Auffällig ist hier, dass nur die zweite Rezension innerhalb der Kölner Königschronik das Schisma überliefert. Die Erste vermeldet
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Barbarossa seine Entscheidung doch mit der seiner Meinung nach größeren Rechtmäßigkeit der Wahl durch die Kanoniker.362 Kraus hat den entscheidenden Grund für die Wahl Friedrichs in dem Bestreben Barbarossas gesehen, die Berger nach der für sie unglücklichen Entscheidung seinerseits im Utrechter Schisma nicht noch einmal zurückzusetzen.363 Die These hat durchaus ihre Berechtigung, allerdings ist sie insoweit einzuschränken, als es sich bei der Bestätigung Hermanns im März 1152 nur um den Schlusspunkt einer bereits durch Konrad III. weitgehend entschiedenen Doppelwahl gehandelt haben dürfte. Dafür spricht, dass die Annales Egmundani den Konflikt zwischen den Parteien und die Einflussnahme des Königs weitgehend in das Jahr 1150 legen und Friedrich lediglich die Rolle des final Bestätigenden zugestehen.364 Jener wird wohl kein Interesse daran gehabt haben, eine praktisch bereits geregelte Angelegenheit mit hoher politischer Brisanz noch einmal aufzurollen, und dies dürfte auch den Bergern – bei aller Enttäuschung – eingeleuchtet haben. Die Rolle Friedrich Barbarossas bei der Entscheidung der Utrechter Doppelwahl sollte also für sein Urteil im Kölner Wahlstreit nicht überbewertet werden. Dennoch bleibt der Kern des Krausschen Gedankens stichhaltig, schließlich ging es auch um das Verhältnis des bergischen Hauses zur staufischen Dynastie: Die mächtigen Grafen von Berg waren von Seiten des Königs zurückgesetzt worden, und um das Verhältnis zwischen bergischen Grafen und dem staufischen Königtum nicht weiter zu belasten, war Friedrich tatsächlich angehalten, in einer wichtigen politischen Angelegenheit für die Berger Partei zu ergreifen. Allerdings wird in der Wahl Friedrichs in erster Linie der massive Einfluss der Grafen von Berg deutlich, war es ihnen doch möglich gewesen, sich gegen Gerhard von Are und die Mehrheit des Priorenkollegs durchzusetzen. Wolter hat zudem vorgeschlagen, dass der Kaiser mit der Bevorzugung der Berger ein rechtsrheinisch umfangreich begütertes schlicht: Arnoldus Coloniensis archiepiscopus obiit; cui Fridericus, prepositus Sancti Georgi, successit. 362 Gesta Friderici I., lib. II, cap. 56, S. 161. (…) eam videlicet, quae a canonicis maioris aecclesiae facta fuit, validiorem iudicans. 363 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 73f. So auch Oediger: Bistum Köln, S. 223 u. Bader: Grafen von Are, S. 189f. 364 Annales Egmundani, anno 1150, S. 456. Man beachte den lakonischen Eintrag für 1152: Hoc anno Hermannus Hartberto successit. Eodem anno Conradus rex obiit, Frethericus successit. Auch Otto von Freising sah das ähnlich, siehe Gesta Friderici I., lib. I, cap. 4, S. 105: Dehinc Traiectensium contumaciam, qua, ut superius dictum est, in patruum suum Conradum regem usi fuerant, ulturus inferiores Rheni partes adiit, (…).
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Adelsgeschlecht stärken wollte, das aus eigenem Interesse besonderes Augenmerk auf die östlichen Gebiete des Erzbistums legen würde. Auf diese Weise würde sich eine starke Macht, die sich besonders dem Kaiser verpflichtet fühlen musste, an der Westflanke des sächsischen Herzogtums bilden, womit den Ambitionen Heinrichs des Löwen in dieser Himmelsrichtung klare Grenzen gesetzt würden.365 Diese These erscheint durchaus plausibel, war Heinrich doch 1156 mit der Verleihung des Herzogtums Bayern auf dem Reichstag zu Regensburg in seiner Position deutlich gestärkt worden und drohte, übermächtig zu werden.366 Aufseiten des Hauses Wied bestand angesichts der nun eindeutig prober gischen Politik Friedrichs wahrscheinlich die Sorge vor bergischer Vergeltung. So lässt sich ein Privileg Friedrich Barbarossas erklären, das im unmittelbaren Umfeld der offiziellen Bestätigung des bergischen Grafensohnes während des Regensburger Hoftages ausgestellt wurde. In ihm nimmt Barbarossa die Geschwister Arnolds – die Essener Äbtissin Hadewig und Burkhard von Wied, Herr von Olbrück – sowie die von Arnold II. gestiftete und als Grablege genutzte Kirche in Schwarzrheindorf ausdrücklich in seinen Schutz.367 Besonders die Situation Hadewigs war nun prekär, weil mit Friedrich ein Berger auf dem Erzbischofsstuhl saß und mit Adolf II. ebenfalls ein Berger wahrscheinlich die Vogteirechte über Essen ausübte. Für die eher akute Natur dieser Urkunde als Reaktion auf die zwar grundsätzlich für möglich befundene, aber in Regensburg überraschenderweise tatsächlich ausgesprochene Bestätigung Friedrichs von Berg spricht auch der Stilund Handschriftenbefund: Nach Appelt gehörte der Mundator „keinesfalls der Kanzlei an, sondern muß als vermutlich von der Empfängerseite bereitgestellter Gelegenheitsschreiber angesehen werden“.368 Außerdem wurde offenbar versucht, durch Imitation des Schriftbildes des am gleichen Tag ausgestellten Privilegs für Österreich 369 dem Dokument noch höhere Autorität zu verleihen. Die Sorgen der Wieder waren nicht unbegründet, denn Friedrich von Berg ließ sich nicht lange Zeit, für seine Politik auch auf Waffengewalt zurückzugreifen. Nicht nur das bergische Grafenhaus profitierte unmittelbar von der Wahl Friedrichs, sondern auch deren Verbündete. Besonders den Herren von Heinsberg kam er entgegen, indem er die Burg Randerath auf dem Rückweg 365 Wolter: Erzbischof Friedrich II., S. 19f. Ebenso Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 74. 366 Ehlers, Joachim: Heinrich der Löwe. Eine Biographie, München 2008, S. 96 – 100. 367 MGH DD F I/1, Nr. 150 = Lacomblet I, Nr. 289. 368 MGH DD F I/1, Nr. 150. 369 MGH DD F I/1, Nr. 151.
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von Rom belagerte, eroberte und zerstörte.370 Bei dieser Aktion kann es sich um eine Gegenleistung Friedrichs gehandelt haben, der sich so bei den Heinsbergern für ihre Unterstützung bei seiner Wahl bedankte.371 Es fügt sich dabei gut in das Gesamtbild ein, dass die Herren von Randerath Verwandte und Parteigänger Gerhards von Are waren.372 Zudem setzte er Philipp von Heinsberg als Domdekan ein 373, wodurch nach Groten „der Grund für die Dominanz der bergischen Partei in der Führungsspitze gelegt wurde, die ihr zugleich im Priorenkolleg eine beherrschende Stellung verschaffte“.374 In jedem Fall hatten sich die Heinsberger wie die Grafen von Berg und die Herzöge bzw. Grafen von Limburg in dem Lager der Gegner Arnolds II. befunden, weshalb ihnen an einer Nachfolge Gerhards von Are, einem Parteigänger des verstorbenen Erzbischofs, nicht gelegen gewesen sein konnte.375 Die politische Verbindung zwischen den Häusern Berg und Heinsberg wurde wohl durch Verwandtschaft zusätzlich gefestigt, denn Philipps Großmutter Adelheid von Lauffen war mit Adolf I. von Berg verheiratet gewesen.376 Friedrich von Berg betrieb unverblümt Politik im Sinne seiner Familie. Nachdem er sich auf dem Regensburger Hoftag gegen Gerhard von Are durchgesetzt hatte, resignierte er als Propst von St. Georg. Die Nachfolge trat Bruno an, sein jüngerer Bruder. Es ist davon auszugehen, dass Friedrich bei dieser Entscheidung bestimmenden Einfluss ausgeübt hat.377 Das bergisch dominierte St. Georgsstift erhielt von Friedrich zwei Urkunden 378, was im Verhältnis zu der Gesamtzahl der von ihm ausgestellten Urkunden – zehn in etwa zweieinhalb Jahren – einer recht deutlichen Förderung entspricht. Es verwundert auch nicht im Geringsten, dass 370 CrC rec. II, anno 1157, S. 93, rec. I, anno 1157, S. 95; REK II, Nr. 642. 371 Weise: Der Hof der Kölner Erzbischöfe, S. 19f.; Wolter: Friedrich II. von Köln, S. 31f. 372 Wolter: Friedrich II. von Köln, S. 31. Zur Verwandtschaft Bader: Grafen von Are, S. 136f., 140f. u. 275f. 373 REK II , Nr. 637; Wolter: Friedrich II . von Köln, S. 30; Kallen, Gerhard: Philipp von Heinsberg, Erzbischof von Köln (etwa 1130 – 1191), in: Rheinische Lebensbilder 1 (1961), S. 15. 374 Groten: Priorenkolleg, S. 121. 375 Wolter: Arnold von Wied, S. 96f. u. 140f. 376 REK II, Nr. 938. Corsten, Severin: Erzbischof Philipps Familie, in: Corsten, Severin / Gillessen, Leo (Bearbb.): Philipp von Heinsberg, Erzbischof und Reichskanzler (1167 – 1191). Studien und Quellen, Heinsberg 1991 (Museumsschriften des Kreises Heinsberg 12), S. 7 – 31, S. 20; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 83f.; Weise: Der Hof der Kölner Erzbischöfe, S. 21f.; Wolter: Friedrich II. von Köln, S. 30. 377 Wolter: Erzbischof Friedrich II., S. 30. 378 REK II, Nr. 654, 655.
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Angehörige der Berger nun wieder regelmäßig in erzbischöflichen U rkunden erscheinen und entsprechend häufig am Hof Friedrichs anwesend waren.379 Desgleichen finden sich dort andere Familien, die unter Arnold II. keine Rolle bei Hof gespielt hatten, etwa die Heinsberger, Saffenberger und Sayner.380 Auf der Gegenseite ist Dietrich, Graf von Are, in keiner erzbischöflichen Urkunde dieser Zeit zu finden 381; er wird den Hof also gemieden haben, möglicherweise wurde ihm aber auch der Zugang verwehrt. Auch das ‚Hauskloster‘ der Grafen von Berg profitierte von Friedrichs Episkopat: In einer Urkunde aus dem August 1157 bestätigte und erweiterte er die Besitzungen des Klosters Berge, womit er von der Praxis seines Vorgängers abrückte, den Bergern nahestehende Institutionen zu meiden.382 Auf der anderen Seite muss festgehalten werden, dass Friedrich von Berg die Begünstigung seiner Familie und auch andere politische Entscheidungen in zähem Ringen mit dem Priorenkolleg durchzusetzen hatte, in weiten Teilen sogar zuerst dessen Zustimmung erreichen musste. Das Priorenkolleg war durch die oktroyierte Einsetzung seines Gegners deutlich zusammengerückt und ließ den Erzbischof seine Macht spüren.383 Friedrich von Berg zeigte sich für das von Barbarossa in ihn gesetzte Vertrauen erkenntlich. Er erscheint in elf kaiserlichen Urkunden als Zeuge oder
379 REK II, Nr. 637, 651, 654, 655 (Bruno), 643 (Engelbert), 651, 654 (Adolf und Engelbert), 653 (Adolf ). Weise: Der Hof der Kölner Erzbischöfe, S. 265f. 380 REK II, Nr. 643 (Sayn, Heinsberg), 651 (Saffenberg, Valkenburg = Heinsberg), 653 (Saffenberg). 381 Bader: Grafen von Are, S. 215. 382 REK II, Nr. 637; Lacomblet I, Nr. 388 = Mosler, Hans (Bearb.): UB Altenberg 1, Nr. 5. Das Fragment einer zweiten Ausfertigung dieser Urkunde ergänzt einige der in Nr. 5 erwähnten Besitzungen, UB Altenberg 1, Nr. 5. Knipping und Lacomblet übernahmen die Datierungszeile der ersten Urkunde unkritisch, weshalb er sie unter dem Jahr 1156 aufführt. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt die Wahl Friedrichs noch strittig, weshalb Einzelheiten der Datierung wie Pontificatus vero nostri primo oder cum consensu et testimonio priorum sehr verwundern würden. Die Zeugenliste enthält auch alle Kölner Prioren, sogar den Bonner Propst Gerhard von Are. Insofern muss die Urkunde in das Jahr 1157 datiert werden. 383 Groten: Priorenkolleg, S. 147.
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Rekognoszent 384, empfing Barbarossa in Köln 385 und begleitete ihn 1158 nach Italien 386, wo er seine Aufgaben als Erzkanzler für diesen Reichsteil wahrnahm und auch militärischen Pflichten nachkam.387 Auch in der Auseinandersetzung zwischen dem Stauferkaiser und Papst Hadrian IV. blieb Friedrich ein Parteigänger seines Namensvetters, wohingegen sein Verhältnis zu Hadrian –nachdem er ein Schutzprivileg für die Kölner Kirche erwirkt hatte 388 – merklich abkühlte. Ein Indiz dafür ist beispielsweise die Auseinandersetzung zwischen Friedrich und Propst Ulrich von Steinfeld über den Mühlenwassergraben in Zülpich. Die Prämonstratenser von Steinfeld besaßen dort eine Mühle, und der erzbischöfliche villicus hatte den dorthin führenden Wassergraben zerstört und abgeleitet.389 Ulrich wandte sich an den Erzbischof, damit jener den Missstand behebe und die Sache gerichtlich entscheide. Friedrich schob die Klärung dieses Problems allerdings hinaus.390 Dahinter stand wohl die durch Barbarossa vorgenommene Vertreibung der Prämonstratenser aus Zyfflich. Die Regularkanoniker hatten sich daraufhin an Papst Hadrian IV. gewandt, woraufhin jener jeweils einen Brief an Barbarossa und Friedrich sandte, in dem er beide aufforderte, die Prämonstratenser wieder einzusetzen.391 Da Barbarossa 384 REK II, Nr. 638 (= MGH DD F I/1, Nr. 153), 645 (= MGH DD F I/1, Nr. 205. Die Urkunde ist mit Appelt wohl als echt anzusehen.), 648 (= MGH DD F I/1, Nr. 213), 649 (= MGH DD F I/1, Nr. 214), 650 (= MGH DD F I/1, Nr. 217), 663 (= MGH DD F I/1, Nr. 218), 665 (= MGH DD F I/1, Nr. 221), 668 (= MGH DD F I/1, Nr. 228), 670 (= MGH DD F I/1, Nr. 229), 671 (= MGH DD F I/1, Nr. 230), 672 (= MGH DD F I/1, Nr. 231). 385 CrC, anno 1156, S. 92. Weil die erste Rezension den Einzug des Kaisers vor dem Tod Arnolds II . erwähnt und die zweite Rezension expressis verbis Arnold als denjenigen bezeichnet, der den Kaiser empfängt, ist vermutet worden, dass sich dieses Ereignis im Jahr 1155 zugetragen hat (siehe die Zusammenfassung bei REK II, Nr. 639). Dann allerdings passt die Datierung auf Anno Domini 1156 (…) Circa festum omnium sanctorum (1. November) nicht mehr, denn zu diesem Zeitpunkt war Friedrich sicher Erzbischof. Eine mögliche Erklärung bestünde darin, hier einen Rückgriff des Verfassers der Königschronik auf die alte Datierung dieses Festes zu sehen (erster Sonntag nach Pfingsten), allerdings fehlen dafür jegliche Belege. 386 CrC, anno 1158, S. 97; Gesta Friderici I., lib. III, cap. 26, S. 199. 387 REK II, Nr. 666; Wolter: Erzbischof Friedrich II., S. 42. 388 REK II, Nr. 641. 389 REK II, Nr. 660. 390 REK II, Nr. 659. 391 Hadrian IV . war selbst ehemaliger Regularkanoniker und stand den Prämonstratensern sehr positiv gegenüber. Zu diesem Verhältnis zuletzt Vones-Liebenstein, Ursula: Hadrian IV . regularis inter primos disciplinae aemulator und die Regularkanoniker, in: Weinfurter, Stefan (Hg.): Päpstliche Herrschaft im Mittelalter:
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das päpstliche Schreiben ignorierte, rührte sich in dieser Angelegenheit auch Friedrich nicht, obwohl Zyfflich ein erzbischöfliches Eigenkloster war und der Kaiser dort keine Rechte geltend machen konnte.392 Auch die Anwesenheit Friedrichs in den Urkunden des Kaisers nach dem Hoftag zu Besançon spricht für ein eher distanziertes Verhältnis Friedrichs zur Kurie. Der Berger befand sich also während der Machtprobe zwischen Kaiser und Papst eindeutig auf der Seite des Staufers, allerdings ohne aktiv antikuriale Politik zu betreiben. Im Dezember 1158 stürzte Friedrich in der Nähe von Pavia von seinem Pferd. Die zweite Rezension der Kölner Königschronik berichtet, er habe sich dabei so schwere innere Verletzungen zugezogen, dass er wenige Tage später verstorben sei.393 Nachdem seine Leiche gekocht worden war, sandte man seine Gebeine zurück über die Alpen in das Kloster Berge, wo sie beigesetzt wurden.394 Trotz der kurzen Dauer seines Episkopats werden gewisse Strukturen seines Handelns als Erzbischof der Kölner Kirche deutlich: Während Arnold von Wied besonders die Restitution der Kölner Kirche im Blick gehabt und dabei seine Parteigänger begünstigt und seine Widersacher benachteiligt hatte, setzte Friedrich in erster Linie auf die Förderung der eigenen Familie, wobei er mit dem Kirchengut im Vergleich zu Arnold recht verschwenderisch umging.395 Auch unterschieden sich beide voneinander, was die Anlehnung an eine der Universalgewalten betraf: Arnold vertraute als Erzbischof vor allem auf päpstliche Rückendeckung, wobei er als Kanzler stets gute Beziehungen zu den Stauferkönigen unterhielt. Friedrich erwies sich als Parteigänger des Kaisers, ohne mit dem Papst vollends zu brechen. Wolter beschreibt seine Politik passend als „prokaiserlich, aber nicht antikurial“.396 Das Urteil der Zeitgenossen fiel recht positiv aus, wobei man selbst die negativen Stimmen Wibalds und der Kölner Bischofskataloge nicht unbedingt auf Friedrich persönlich, sondern eher auf seine mächtige Familie beziehen kann. Rahewin, der gemeinsam mit ihm den Kaiser in Italien begleitet hatte, nannte ihn einen „edlen und gebildeten Mann, durch dessen Milde und Güte weithin Viele für ihn eingenommen“ worden
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Funktionsweisen – Strategien – Darstellungsformen, Ostfildern 2012 (Mittelalter-Forschungen 38), S. 97 – 128. REK II, Nr. 662; Wolter: Erzbischof Friedrich II., S. 27. CrC rec. II, anno 1158, S. 101; REK II, Nr. 674. CrC rec. I, Handschrift A 3, anno 1193, S. 156; Catalogi archiepiscoporum Coloniensium, S. 342, 350 u. 361. Wolter: Erzbischof Friedrich II., S. 46f. Ibid., S. 48.
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seien.397 Wenn seine Amtszeit auch nur kurz war, so wird der Gewinn, den Friedrich als Erzbischof für seine Familie bedeutete, doch deutlich: Mit der Privilegierung Altenbergs und der Ausstattung des St. Georgsstifts förderte er die geistlichen Institutionen, die der Familie am nächsten standen. Außerdem öffnete er seinen Verwandten den Zugang zum erzbischöflichen Hof, bestärkte bestehende Bündnisse mit anderen Adelshäusern und verdrängte die Gegner der Berger aus dem Zentrum erzbischöflicher Politik. 3.2.4 DIE VORBEREITUNG DER NACHFOLGE GRAF ADOLFS II.
Nach 1160 teilte Adolf II . von Berg seine Grafschaft unter seinen ältesten lebenden Söhnen auf – sein Erstgeborener, Adolf, war 1148 auf dem Zweiten Kreuzzug vor Damaskus gefallen.398 Der ältere Sohn, Everhard, erhielt die westfä lischen Besitzungen mit den Zentren Altena und Hövel, während Engelbert die rheinische Hälfte der Grafschaft vermacht wurde. Adolf zog sich aus der Welt zurück und verbrachte seinen Lebensabend in dem von ihm gestifteten Kloster Berge.399 Everhard begründete in der Folge die Linie Altena-Mark, weshalb er in dieser Untersuchung unberücksichtigt bleiben soll 400 – allerdings ist es durchaus aufschlussreich, dass der älteste Sohn die westfälischen Güter erbte, sodass wir dann auch dort den Herrschaftsschwerpunkt Adolfs II . vermuten dürfen.401 Engelbert übernahm die Bezeichnung eines Grafen de Monte von seinem Vater, weshalb er als Nachfolger Adolfs II. in der Grafschaft Berg geführt wird. Weil Engelbert die rheinischen Teile der Grafschaft Berg erben sollte, hatte sich Adolf bereits einige Jahre zuvor bemüht, seinen Sohn in ein gutes Verhältnis zu Friedrich Barbarossa und Reinald von Dassel zu setzen, der auf Wunsch des Kaisers Friedrich von Berg als Kölner Erzbischof nachgefolgt war. So begleitete
397 Gesta Friderci I., lib. IV, cap. 17, S. 256: Vir nobilis et litteratus, quique mansetudine ac benegnitate sua longe lateque multorum in se provocaret affectum. 398 CrC, anno 1147, S. 83f. Die Eintragung steht unter dem Jahr 1147, die Ereignisse gehören aber in das Folgejahr. Adolf war möglicherweise das einzige Kind aus der ersten Ehe Adolfs II. von Berg mit Adelheid von Arnsberg. Dazu Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 44. 399 Groten: Die ältesten Grafen von Berg, S. 16. 400 Everhard bezeugt bereits 1161 eine Urkunde Reinalds von Dassel als Everhardus de Alzena. REK II, Nr. 705. 401 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 78.
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Engelbert den Kölner Elekten wahrscheinlich 1159 nach Mailand 402, während Adolf II. auf der „neuen Burg“ seinen Abschied aus der Politik vorbereitete.403 Der bei Solingen gelegene novus mons (auch novum castrum) hatte nach 1133 den an die Zisterzienser gegangenen Stammsitz der Berger im rheinischen Teil der Grafschaft als Herrschaftszentrum ersetzt.404 In der Urkunde, aus der wir über Engelberts Teilnahme am zweiten Italienzug Barbarossas erfahren, wird ersichtlich, wie Adolf versuchte, seinem rheinischen Erben eine gute Ausgangsposition zu verschaffen. Der eigentliche Rechtsinhalt – die Übertragung von 20 Morgen Land an die St. Pankratius-Kapelle zu Burg – ist dabei zu vernachlässigen, auffällig hingegen sind Datierung und Zeugenliste: Actum in novi montis castro MCLX dominice incarnationis anno, indictione VIII, Epactis existentibus XI, Concurrente V. Sub imperatore gloriosissimo F. dum ei in procinctu mediolani meus filius militaret Engelbertus sub venerabili domno Reinoldo coloniensi electo. In mea presentia assistentibus multis, de quibus testes sunt ipsi: Reinbodo, Oliverus, Godescaldus Schat, Wolfhardus de grunescet, Gerhardus de castro, heinricus de herbedde, Egilmarus de flitherde.405 Geschehen in der Burg Neu-Berg, im 1160. Jahr der Fleischwerdung des Herrn, während der 8. Indiktion, als die Epakte 11 entstand, während der Concurrente 5. Unter dem ruhmreichsten Kaiser Friedrich, als ihm mein Sohn Engelbert bei der Belagerung Mailands diente, unter dem ehrwürdigen Herrn Reinald, dem Kölner Elekten. In meiner Gegenwart, als viele dabeistehen, von denen jene Zeugen sind: Reinbod, Oliver, Gottschalk Schat, Wolfhard von Grünscheid, Gerhard von Burg, Heinrich von Herbede, Egilmar von Flittard.
Ohne Not weist er darauf hin, dass die Urkunde zu der Zeit entstanden ist, als sein Sohn gerade in Italien dem Kaiser dient – die sehr detaillierte Datierung mit Jahr, Indiktion, Epakte und Concurrente hätte für sich genommen völlig ausgereicht, wenn es nur darum gegangen wäre, den Zeitpunkt des Rechtsaktes festzuhalten. Damit verfolgte er möglicherweise ein bestimmtes Ziel: Die
402 Ibid., S. 79. In diesem Jahr war Reinald nach Köln gereist, um dem Kaiser frische Truppen zuzuführen, CrC, anno 1159, S. 102. Im Jahr 1160 war Engelbert in jedem Fall in der Lombardei. 403 Lacomblet I, Nr. 401. 404 Das genaue Datum der Errichtung ist nicht mehr zu ermitteln, wird aber wohl kurz vor 1160 anzusetzen sein. Siehe dazu die Diskussion bei Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 82. 405 Lacomblet I, Nr. 401.
Graf Engelbert von Berg und seine Brüder |
Situation der Urkundenausstellung hatte durch den Umstand, dass diverse Zeugen den Rechtsakt beglaubigten, einen (sicherlich begrenzten) öffentlichen Charakter. Diese ‚Öffentlichkeit‘ nutzte Adolf, um die politische Ausrichtung seines Nachfolgers zu kommunizieren, und die wird hier eindeutig proerzbischöflich und prokaiserlich demonstriert. So teilte Adolf mit, dass bei einem Herrschaftswechsel in den Beziehungen zu Kaiser und Erzbischof Kontinuität zu erwarten sei, denn auch sein eigenes Verhältnis zu Barbarossa und Reinald war gut.406 Die vier Zeugen, die anhand ihrer Beinamen mehr oder weniger eindeutig zu verorten sind, lassen auch darauf schließen, dass es sich hierbei um eine Kommunikation nach innen gehandelt haben könnte, denn Herbede, Burg, Grünscheid und Flittard liegen etwa auf einer Linie von der Ruhr (Herbede) nach Köln (Flittard), womit die namentlich genannten Zeugen einen Großteil der bergischen Grafschaft von Ost nach West regional repräsentierten. Wahrscheinlich handelte es sich bei Ihnen um bergische Ministerialen. Selbstredend hatte die Entscheidung Adolfs, seinen Sohn Engelbert mit R einald nach Italien zu schicken, auch eine deutliche Signalwirkung nach außen: Auf diese Weise versicherte er dem Kölner Elekten die Treue des bergischen Grafenhauses, das schließlich auch dessen Lehnshof angehörte. Adolf II. wird wohl aus Altersgründen – er war über 60 Jahre alt 407 – nicht persönlich an dem zweiten Italienzug des Kaisers teilgenommen haben. 3.3 KONSOLIDIERUNG UND EXPANSION: GRAF ENGELBERT VON BERG UND SEINE BRÜDER
Wir wissen nicht, wann Engelbert aus Italien heimgekehrt ist. Seine erste dokumentierte eigenständige Handlung als Graf von Berg stammt aus dem Jahr 1165 und betraf die Bezeugung einer Urkunde des Kölner Erzbischofs Reinald von Dassel.408 406 Adolf war sogar nach der Niederlage im Utrechter Schisma am Hof Friedrichs erschienen (MGH DD F I/1, Nr. 6 u. 81b). Die Bevorzugung seines Sohnes Friedrich bei der Kölner Erzbischofswahl spricht für sich. Zwar findet sich Adolf in keiner Urkunde Reinalds unter den Zeugen, allerdings war der Kölner Elekt in den Jahren 1158 – 1160 meist in Reichsangelegenheiten unterwegs, weshalb für den Berger kaum Gelegenheiten bestanden haben, sich an Reinalds Seite zu zeigen. Der militärische Dienst seines Sohnes Engelbert unter der Führung Reinalds weist allerdings auf ein gutes Verhältnis hin. 407 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 35. 408 REK II, Nr. 820.
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Verheiratet war Engelbert seit spätestens 1175 mit Margarethe von Geldern, der Schwester des Grafen Otto.409 Über diese Verbindung wurden verwandtschaftliche Bande zu den Grafen von Geldern, Hennegau, Loon, Boulogne und Flandern geknüpft. Margarethes Bruder Gerhard war bis zu seinem Tod 1182 mit Ida von Elsass verheiratet, einer Tochter des Matthäus von Elsass, Graf von Boulogne, und der Maria von Boulogne.410 Damit war sie eine Nichte Graf Philipps von Flandern.411 Idas Schwester Mathilde war mit Herzog Heinrich von Brabant verheiratet, dem Bruder Bischof Adalberts von Lüttich.412 Philipps Schwester Margarethe hatte 1169 Balduin von Hennegau geehelicht.413 Adelheid, Schwester Margarethes von Geldern, war seit 1175 mit Graf Gerhard von Loon vermählt.414 So erklärt sich, weshalb Engelbert im Sommer 1180 zusammen mit Heinrich von Luxemburg und Namur in der Fehde zwischen Bischof Rudolf von Lüttich und dem Schwager seiner Gattin, Gerhard von Loon, zugunsten Gerhards vermittelte.415 Möglicherweise war Heinrich von Rudolf und Engelbert von Gerhard als Vermittler vorgeschlagen worden, doch diese Annahme bleibt spekulativ. In jedem Fall machte ihn seine militärische Neutralität einerseits für beide Parteien als Vermittler akzeptabel, andererseits wird sich Gerhard wegen der Verwandtschaft vermutlich diplomatische Hilfe versprochen haben.416 409 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 44. 410 Schwennicke, Detlev (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge. Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten 6: Familien des alten Lotharingien I, Marburg 1978, Tafel 25. 411 Schwennicke, Detlev (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge: Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten 2: Die außerdeutschen Staaten. Die regierenden Häuser der übrigen Staaten Europas, Marburg 1984, Tafel 7. 412 Ibid.; ders. (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge: Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten 1/2: Premysliden, Askanier, Herzoge von Lothringen, die Häuser Hessen, Württemberg und Zähringen, Frankfurt a. M. 1999, Tafel 237. 413 Schwennicke (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge 2, Tafeln 6 u. 7. 414 Schwennicke (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge 6, Tafeln 25 u. 60. 415 Gesta abbatum Trudonensium, ed. Rudolf Köpke, Hannover 1852 (MGH SS 10), S. 213 – 448, cont. II, lib. IV , cap. 27 – 29, S. 360. Zu dieser Fehde äußert sich ausführlicher Kupper, Jean-Louis: Raoul de Zähringen évêque de Liège 1167 – 1191. Contribution à l’histoire de la politique impériale sur la Meuse moyenne, Brüssel 1974 (Académie Royale de Belgique. Mémoire de la Classe des Lettres. Collection in-8°, 2e série 62), S. 90f. Zu den militärischen Dimensionen siehe Gaier, Claude: Analysis of military forces in the principality of Liège and the country of Looz from the twelfth to the fifteenth century, in: France, John (Hg.): Medieval warfare: 1000 – 1300, Aldershot 2006 (The international library of essays in military history), S. 101 – 144, S. 105 – 116. 416 Kupper: Raoul de Zähringen behandelt die dynastischen Verflechtungen leider nicht.
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Steffen Krieb hat darauf hingewiesen, dass besonders das Ansehen einer Person ausschlaggebend für die grundsätzliche Akzeptanz als Vermittler gewesen sei, weniger die tatsächliche Neutralität.417 Wenn dies auch im vorliegenden Fall zutrifft, so muss die Frage gestellt werden, warum Engelbert in diesem geographisch recht weit entfernten Konflikt vermittelnd eingegriffen hat bzw. als Vermittler hinzugezogen wurde. Die einzige in den Quellen greifbare Antwort findet sich auf der oben dargestellten Ebene der Verwandtschaft. Die Ehe mit Margarethe von Geldern erweiterte den geopolitischen Horizont seiner Familie – den ‚Spielraum‘ der bergischen Politik – also ganz erheblich nach Nordwesten. Dafür spricht auch ein Vermerk der Gesta episcoporum Traiectensium zum Jahr 1187, wo berichtet wird, dass ein Graf Adolf von Berg an der Seite Herzog Heinrichs von Brabant, des Kölner Erzbischofs Philipp und des Bischofs Hermann von Münster zugunsten Graf Ottos von Geldern in einen Konflikt mit Bischof Balduin von Utrecht um die Grafschaft Veluwe eingegriffen hat.418 Der hier genannte Graf Adolf ist entweder mit einem jüngeren Bruder Engelberts (in Abgrenzung zu Adolf III. von Berg „Adolf der Ältere“ genannt) zu identifizieren oder mit dem ältesten Sohn und Erben Engelberts. Zusätzlich profitierte von der geographischen Neuorientierung der bergischen Politik die Abtei Altenberg, der Otto von Geldern und seine Frau Richardis im Jahr 1188 Rheinzollfreiheit in ihrem Gebiet verliehen, wofür sie in die Fürbitten der Mönche aufgenommen wurden.419 Engelbert war bemüht, seine Einflusssphäre zu erweitern und seine Grafschaft herrschaftlich stärker zu durchdringen. Eine wesentliche Erweiterung und Stärkung seiner Position an der mittleren Sieg gelang ihm im Jahr 1174, als er vom thüringischen Landgrafen Heinrich Raspe III. mit der neuen Burg zu Windeck belehnt wurde.420 Dieses Geschäft ging auf ähnliche Interessen der Thüringer Landgrafen und der Berger in diesem Raum zurück: Die Besitzungen 417 Krieb, Steffen: Vermitteln und Versöhnen. Konfliktregelung im deutschen Thronstreit 1198 – 1208, Köln u. a. 2000 (Norm und Struktur 13), S. 74. 418 Gesta episcoporum Traiectensium, ed. Ludwig Weiland, Hannover 1874 (MGH SS 23), S. 400 – 426, cap. 10, S. 406: Sed dux Brabancie et archiepiscopus Coloniensis et domnus [!] Hermannus Monasteriensis episcopus et Adolfus comes de Monte partem comitis sic coadiuvabant, ut collectis duobus milibus militum et quingentis in Daventria tribus septimanis octingentos milites episcopi obsiderent. 419 UB Altenberg 1, Nr. 26. 420 MGH DD F I/3, Nr. 612. Zur Unterscheidung der Burgen Alt- und Neu-Windeck Friedhoff, Jens: Die Burgen Alt- und Neu-Windeck. Zwei Burggründungen der Landgrafen von Thüringen am Mittellauf der Sieg, in: Burgen und Schlösser 47 (2006), S. 66 – 76.
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der Landgrafen waren durch die Heirat Hedwigs von Gudensberg, einer Gisonin, und Ludwigs I. von Thüringen stark vermehrt worden. Zu den in die Ehe eingebrachten Gütern gehörte auch umfangreicher Besitz an und südlich der Sieg. Heinrich Raspe III. sah diese von den übrigen landgräflichen Besitzungen isolierten Güter bedroht durch die Grafen von Sayn, die bestrebt waren, ihren Einfluss nach Norden auszudehnen.421 Diese saynischen Expansionsbestrebungen bedrohten ebenfalls bergische Interessen an der Sieg – als Vögte des Klosters Siegburg verfügten sie dort bereits über eine starke Position, die sie ihrerseits für weiteren Herrschaftsausbau nach Süden nutzen wollten. Die Bedrohung durch die Grafen von Sayn brachte Landgrafen und Berger wahrscheinlich zusammen, sodass Heinrich Engelbert mit Neu-Windeck belehnte, der die gemeinsamen Interessen in dieser Region besser vertreten konnte als der Landgraf.422 Dafür spricht die Vereinbarung, dass Engelbert dem Landgrafen im Kriegsfall contra omnem hominem preter nos et archiepiscopum Coloniensem 423 beistehen solle – der einzige weitere politische Faktor in dieser Region waren die Grafen von Sayn, sodass mit omnem hominem wohl nur dieses Grafenhaus gemeint sein konnte. Konkreter Auslöser des Geschäfts war wahrscheinlich der Baubeginn an der saynischen Burg Blankenberg, die einerseits die nördlichen Besitzungen der Grafschaft Sayn schützen, andererseits eine Expansion nach Norden ermöglichen sollte.424 Kraus und Kolodziej sehen zudem die Übernahme der Vogtei über das Stift Kaiserswerth als Zeichen des bergischen Herrschaftsausbaus. Während Kolodziej eine Übertragung der Vogtei durch Friedrich Barbarossa unmittelbar nach 1158 – dem Jahr der letztmaligen Nennung Nivelungs von Hardenberg als Vogt 425 – postuliert 426, für die es keinen einzigen Beleg gibt, schließt Kraus zumindest argumentativ auf eine Übertragung: Da sich Adolf IV. von Berg, der Urenkel Engelberts, 1255 sicher im Besitz der Vogtei befunden 427 und der Niedergang der Hardenberger in den fünfziger Jahren des 12. Jahrhunderts 421 422 423 424 425
Friedhoff: Alt- und Neu-Windeck, S. 68. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 84. MGH DD F I/3, Nr. 612. Friedhoff: Territorium und Stadt, S. 35f.; Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 281. Kelleter, Heinrich (Bearb.): Urkundenbuch des Stiftes Kaiserswerth, Bonn 1905 (Urkundenbücher der geistlichen Stiftungen des Niederrheins 1), Nr. 14. 426 Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 49. 427 UB Kaiserswerth, Nr. 45: Ad maiorem etiam firmitatem sigilla reverendi patris domini C[onradi] Coloniensis archiepiscopi atque viri nobilis domini Adolfi comitis de Monte, prefate ecclesie advocati, (…).
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eingesetzt habe, sei anzunehmen, dass bereits Engelbert den Hardenbergern in diesem Amt nachgefolgt sei.428 Da fast ein ganzes Jahrhundert zwischen dem letzten hardenbergischen Vogt und der ersten sicheren Nennung eines bergischen liegt, ist die Problematik dieser Überlegung offensichtlich. Zunächst muss die Vogtei über Kaiserswerth inhaltlich etwas präzisiert werden. Es handelte sich hierbei bis 1158 um die Vogtei über die Königspfalz und das Stift St. Suitbert, also über Reichsgut und Reichskirchengut.429 Erst danach beschränkte sich die Kaiserswerther Vogtei auf St. Suitbert.430 Mit Lorenz ist gegen die Überlegungen von Kraus einzuwenden, dass der in einer auf zwischen 1160 und 1173 datierbaren Schenkung an das Kloster Werden und das Stift St. Suitbert 431 auftauchende Vogt Gottschalk Untervogt sowohl der Hardenberger Grafen als auch der Berger gewesen sein könnte.432 Zudem sei die massive Erwerbspolitik des Kölner Erzbischofs Philipp von Heinsberg zwischen Wupper und Ruhr (Ratingen, Angermund, Heltdorf, Mündelheim und Broich) in dieser Zeit ein Grund dafür gewesen, dass die bergischen Grafen dort zunächst kaum Fortschritte verzeichnen konnten.433 Eine bergische Vogtei über St. Suitbert zu Lebzeiten Philipps von Heinsberg ist also eher fraglich. Eine weitere Strategie Engelberts zum Ausbau seiner Herrschaft waren Pfandgeschäfte. So nahm er sehr wahrscheinlich die Stadt Remagen vom Reich zu Pfand, wobei Engelbert die Stadt nicht weiter förderte.434 Des Weiteren lieh er Erzbischof Philipp von Heinsberg zu Beginn des Jahres 1176 oder wenig früher die stolze Summe von 400 Mark, damit der Kirchenfürst an der Italienfahrt des 428 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 87. 429 Lorenz, Sönke: Kaiserswerth im Mittelalter. Zum Reichsgut am Niederrhein, Düsseldorf 1993 (Studia humaniora 23), S. 39f. 430 Ibid., S. 52. 431 UB Kaiserswerth, Nr. 19. 432 Vgl. dagegen Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 87, Anm. 797. Kraus datiert den Vogt Gottschalk auf „um 1150“, was der von Lorenz angeführten Urkunde widerspricht. 433 Lorenz: Kaiserswerth, S. 53; Brendler: Angermund, S. 130; Friedhoff: Territorium und Stadt, S. 22f.; Kallen: Philipp von Heinsberg, S. 16f.; Groten, Manfred: Köln und das Reich. Zum Verhältnis von Kirche und Stadt zu den staufischen Herrschern 1151 – 1198, in: Weinfurter, Stefan (Hg.): Stauferreich im Wandel. Ordnungsvorstellungen und Politik in der Zeit Friedrich Barbarossas, Stuttgart 2002 (Mittelalter-Forschungen 8), S. 237 – 252, S. 248f. 434 Flink, Klaus: Fiskus und civitas libera. Herrschaft und Gemeinde in Remagen vom 12. – 14. Jahrhundert, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 176 (1974), S. 20 – 40, S. 33; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 80. Friedhoff bewertet die Verpfändung an die Grafen von Berg als „retardierendes Moment innerhalb der weiteren städtischen Entwicklung“. Friedhoff: Territorium und Stadt, S. 45.
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Kaisers teilnehmen konnte. Engelbert waren die Höfe Elberfeld und Hilden als Sicherheiten übertragen worden, bis die Schulden in voller Höhe zurückgezahlt worden wären. Friedrich Barbarossa bestätigte dieses Geschäft im Sommer 1176 in Italien.435 Des Kaisers Zustimmung war erforderlich, denn Philipp hatte mit der Verpfändung gegen das von Konrad III. verfügte und von Friedrich bestätigte Veräußerungsverbot erzbischöflicher Tafelgüter 436 verstoßen, allerdings hatte er dies für den Reichsdienst getan.437 Die Kosten des Italienzuges waren für Philipp enorm: Zusätzlich zu den 400 Mark, die er sich von Engelbert lieh, hatte er 1174 den Kölner Bürgern für 1000 Mark seine Münzgefälle verpfändet und dem Kölner Zöllner Gerhard Unmaze für 600 Mark die Zolleinkünfte Kölns für zwei Jahre überlassen.438 Von jenem lieh er sich gesondert weitere 50 Mark, für die er ein Haus in Köln verpfändete.439 1189 bestätigte Friedrich erneut das Pfandgeschäft mit dem Grafen von Berg, nun mit leichten Modifikationen: Der Graf gab 576 Mark Silber, also 176 Mark zu den bereits gegebenen 400 aus dem Geschäft des Jahres 1176, behielt dafür die Erträge der bereits verpfändeten genannten Höfe und erhielt zusätzlich den Hof Schwelm zu Pfand.440 Die Güter wurden 1190 von Heinrich VI. wieder eingelöst.441 1179 gab Engelbert 126 Mark Silber für den erzbischöflichen Hof Lantershofen. Bis zur Wiedereinlösung sollten Engelbert und seine Erben omnem usum et usufructum prenominatę villę plenarie genießen dürfen.442 Die letztgenannten Verpfändungen sind in den Kontext der Bemühungen Philipps einzuordnen, das Projekt einer stärkeren 435 MGH DD F I/3, Nr. 649; REK II, Nr. 1043. 436 Eine Karte über die räumliche Verteilung der erzbischöflichen Tafelgüter findet sich bei Oediger: Bistum Köln, S. 251. 437 MGH DD K III, Nr. 247; MGH DD F I/1, Nr. 59. 438 Lacomblet I, Nr. 452; REK II, Nr. 1010. 439 REK II, Nr. 1011. Zu den Geschäften Philipps mit Gerhard Unmaze: Zöller, Sonja: Kaiser, Kaufmann und die Macht des Geldes. Gerhard Unmaze von Köln als Finanzier der Reichspolitik und der „Gute Gerhard“ des Rudolf von Ems, München 1993 (Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur 16), S. 45 – 55; dies.: Gerhard Unmaze von Köln. Ein Finanzier der Reichspolitik im 12. Jahrhundert, in: Burgard, Friedhelm u. a. (Hgg.): Hochfinanz im Westen des Reiches 1150 – 1500, Trier 1996 (Trierer historische Forschungen 31), S. 101 – 119, S. 105. 440 MGH DD F I/4, Nr. 1006; Lacomblet I, Nr. 517; REK II, Nr. 1334; Helbeck, Gerd: Ein Kaiser, ein Kreuzzug und Graf Engelbert I. von Berg: eine Pergament-Urkunde aus dem Jahr 1189 mit regional- und weltgeschichtlichen Bezügen, in: Romerike Berge 54, 3 (2004), S. 20 – 38. 441 CrC cont. I, anno 1190, S. 147; Kallen: Philipp von Heinsberg, S. 25. 442 MGH DD F I/3, Nr. 776.
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herrschaftlichen Durchdringung seiner Besitzungen zu verwirklichen. Dazu erwarb oder erbaute er beispielsweise Burgen als Herrschaftszentren, wofür er erhebliche Mengen fluide Geldmittel benötigte.443 Während es sich bei den Geschäften mit dem grundsätzlich finanzstarken Erzbischof wohl in erster Linie um sichere Investitionen mit hohem Zinssatz – nämlich dem Ertrag der Höfe – gehandelt haben dürfte, zielten andere Pfandleihen in eine andere Richtung. Gegen 1189 verpfändete der Edelherr Arnold von Tyvern dem bergischen Grafen seine gesamten rechtsrheinischen Erbgüter für 100 Mark Silber. Außerdem wurde er ein Hausgenosse (consessor) der Berger.444 Die Herren von Tyvern lassen sich nur schwer in den Quellen jener Zeit identifizieren, doch lässt die Urkunde Friedrichs I. über die Bestätigung der Belehnung Engelberts mit Neu-Windeck vermuten, dass sie dem Lehnsverband des Bergers angehörten, denn hier testierte Arnold für den Berger.445 Die Position Arnolds in der Zeugenliste jener Urkunde weist darauf hin, dass er wohl zu den wichtigeren Personen im Gefolge Engelberts gehörte: Er bekleidet die zweite Stelle nach den Grafen, und nach ihm folgen weitere acht weltliche Zeugen. Wir wissen auch nicht viel von den übrigen Besitzungen derer von Tyvern, die wahrscheinlich aus dem Heinsbergischen stammten (wenn Tyvern denn Teveren bei Geilenkirchen entspricht), allerdings spricht allein die Höhe der Pfandsumme dafür, dass die Erwirtschaftung des Einlösebetrags auf eine recht große Zeitspanne kalkuliert wurde. Noch im 13. und 14. Jahrhundert verfügten die Berger über Besitz in den gegen 1189 genannten Orten, weshalb Kraus davon ausgeht, dass die Pfänder nicht wieder eingelöst wurden.446 Ähnlich verhielt es sich mit den Grafen von Hückeswagen, die um Wermelskirchen und den Oberlauf der Dhünnbache begütert waren.447 Im Jahr 1189 verpfändete Graf Heinrich von Hückeswagen Güter bei Dorpfeld, Dhünhof, Hückeswagen und Dörpe an Engelbert, der im Gegenzug 100 Mark 443 Burkhardt, Stefan: Mit Stab und Schwert. Bilder, Träger und Funktionen erzbischöflicher Herrschaft zur Zeit Kaiser Friedrich Barbarossas. Die Erzbistümer Köln und Mainz im Vergleich, Ostfildern 2008 (Mittelalter-Forschungen 22), S. 398 – 401; Kallen, Gerhard: Philipp von Heinsberg, Erzbischof von Köln (1167 – 1191), in: Corsten, Severin / Gillessen, Leo (Bearbb.): Philipp von Heinsberg, Erzbischof und Reichskanzler (1167 – 1191). Studien und Quellen, Heinsberg 1991 (Museumsschriften des Kreises Heinsberg 12), S. 33 – 53, S. 33 – 42; Oediger: Bistum Köln, S. 236f. 444 Lacomblet I, Nr. 521. 445 MGH DD F I/3, Nr. 612: Arnoldus de Dyverne. 446 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 87f. 447 Ibid., S. 98.
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Silber gab.448 Mit derselben Urkunde begab sich Heinrich in die Lehnsabhängigkeit des bergischen Grafen.449 Die Hückeswagener Grafen befanden sich in der misslichen Lage, die Rodung größerer Gebiete finanziell nicht schultern zu können. Rodungen konnten wiederum mehr Siedler anziehen, die sich dann dem Herren der neu urbar gemachten Areale anvogteten. Damit blieb ihr eigener territorialer und wirtschaftlicher Spielraum begrenzt, während ihre potenten Konkurrenten – allen voran die Grafen von Berg – expandieren und die bestehenden Besitzungen herrschaftlich stärker durchdringen konnten.450 Im Jahr 1226 gab der Hückeswagener Graf Arnold, wahrscheinlich ein Sohn Heinrichs, dem bergischen Druck nach und ging in die Ostkolonisation.451 Schließlich verzichteten die Hückeswagener gegenüber Gräfin Margarethe von Berg 1260 auf alle Ansprüche an der Grafschaft, wobei unklar bleibt, ob sie die Ansprüche als Eigentümer oder bergische Vasallen erhoben hatten.452 Es ist zwar nicht anhand von Quellen nachvollziehbar, ob die Pfänder bis dahin wieder eingelöst worden waren, allerdings lassen die mangelnden Möglichkeiten der Hückeswagener Zweifel daran aufkommen. Bei diesen beiden Geschäften entsteht der Eindruck, dass Engelbert gezielt Pfänder von schwächeren Konkurrenten erwarb, um so die Übernahme der betroffenen Güter über einen längeren Zeitpunkt vorzubereiten. Auf diese Weise war es ihm möglich gewesen, Rivalen nach und nach aus ihren Besitzungen herauszudrängen und eigene Herrschaftsrechte auszuweiten.453
448 Lacomblet I, Nr. 520. 449 Ibid.: (…) et eius proprietatem in me, vel in heredes meos contulerit, a nobis iure feodali recipiens, prefate impignorationi renunciamus. Die Unterwerfung der Hückeswagener und auch der Hardenberger wird in einer Urkunde Adolfs III. von Berg aus dem Jahr 1217 besonders deutlich, denn hier dienen sie dem Berger als erste und vornehmste Zeugen: Lacomblet II, Nr. 67. 450 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 98. 451 Rees, Wilhelm: Die Grafen von Hückeswagen als Kolonisatoren in Mähren, in: Romerike Berge 8 (1958/59), S. 108 – 110, passim; Holte, Helmut: Die Burg der Grafen von Hückeswagen, in: Romerike Berge 14/15 (1965), S. 164 – 175, S. 166. Zu diesem alteingesessenen Grafengeschlecht siehe auch Blankertz, Wilhelm: Geschichte der Grafschaft Hückeswagen, Hückeswagen 1935; Niederau, Kurt: Zur Genealogie der Herren von Hückeswagen, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 75 (1958) S. 145 – 148; Simon, Jürgen: Die Grafen von Hückeswagen und ihre Verwandtschaft: Die Herren von Molsberg, in: Leiw Heukeshoven 43 (2004), S. 3 – 5. 452 Lacomblet II, Nr. 493; Friedhoff: Territorium und Stadt, S. 24. 453 S. Kap. 5.2.2 u. 5.2.3.
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Eine weitere Strategie des Herrschaftsausbaus bestand in der Erweiterung der Ministerialität.454 Während der Herrschaft Engelberts lassen sich bereits vier Ministerialen in Urkunden sicher identifizieren, nämlich im Jahr 1160 Seath und Sigfrid 455 sowie Theoderich und Pilgrim 456 14 Jahre später.457 Da Caesarius von Heisterbach Engelberts Nachfolger Adolf III. attestierte, über viele Ministerialen zu verfügen 458, ist es wohl zulässig, Engelbert die Indienstnahme einer gewissen Basis zuzugestehen, die über die vier namentlich genannten Personen hinausging. Aufgrund der dürftigen Quellenlage ist es nicht möglich, sich zu der Frage zu äußern, ob ursprünglich Edelfreie oder Angehörige der bergischen familia das Gros der Ministerialen der Grafen von Berg im späten 12. Jahrhundert ausgemacht haben. Ein massenhafter Eintritt Edelfreier in die bergische Ministerialität ist jedenfalls nicht feststellbar, wenngleich sich ihr Anteil erhöht haben dürfte.459 Der Effekt einer verbreiterten Spitze der an sich heterogenen Ministerialität auf die Entwicklung der Grafschaft war ein dreifacher: Erstens 454 Die Literatur zum Thema Ministerialität ist kaum zu überblicken. Grundsätzlich verweise ich auf die neuesten Synopsen von Hechberger, Borchardt und Keupp. Hechberger, Werner: Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter. Zur Anatomie eines Forschungsproblems, Ostfildern 2005 (Mittelalter-Forschungen 17), S. 369 – 416; Borchardt, Karl: Der Aufstieg der Ministerialen: Ein deutscher Sonderweg?, in: Herzner, Volker / Krüger, Jürgen (Hgg.): Oben und Unten: Hierarchisierung in Idee und Wirklichkeit der Stauferzeit: Akten der 3. Landauer Staufertagung, 29. Juni – 1. Juli 2001. In memoriam Franz Staab, Speyer 2005 (Veröffentlichungen der Pfälzischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 98), S. 35 – 49; Hechberger, Werner: Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter, München 2004 (Enzyklopädie deutscher Geschichte 72), S. 27 – 34, 91 – 99, 140 – 143; Keupp, Jan U.: Dienst und Verdienst: die Ministerialen Friedrich Barbarossas und Heinrichs VI., Stuttgart 2002 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 48), S. 17 – 98. 455 Korth, Leonard: Zur Geschichte des Klosters Dünwald im 12. und 13. Jahrhundert, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 20 (1885), S. 51 – 83, S. 59, Reg. Nr. 9: (…) ministeriales quoque predicte comitis Adolphi Seath et Sijfridi. 456 Kremer, Christoph Jakob: Akademische Beiträge zur Gülch- und Bergischen Geschichte 3, Mannheim 1781, Nr. 32: Engelbertus comes de Monte, ministeriales eius Theod[ericus]. Pilgrimus. 457 Schmale: Ministerialität, S. 147f.; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 100. 458 Leben, Leiden und Wunder des heiligen Engelbert, Erzbischofs von Köln (Vita, passio et miracula beati Engelberti Coloniensis Archiepiscopi), ed. Fritz Zschaeck, in: Hilka, Alfons (Hg.): Die Wundergeschichten des Caesarius von Heisterbach 3, Bonn 1937 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Landeskunde 43), S. 223 – 328 (im Folgenden Vita Engelberti), lib. I, cap. 5, S. 243. 459 Hechberger hat die Diskussion um den Eintritt von Freien in die Ministerialität zusammengefasst: Hechberger: Adel, S. 388f.
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wurden auf diese Weise Besitz und Einkünfte des Grafenhauses vermehrt, weil die Edelfreien beim Eintritt in die Ministerialität zahlreiche oder sogar alle Eigengüter an den Grafen von Berg übergaben. Zweitens übernahmen sie häufig Verwaltungsaufgaben im gräflichen Dienst, was sich positiv auf die effektive Bewirtschaftung der gräflichen Güter, also auf einen Aspekt der herrschaft lichen Durchdringung der Grafschaft, auswirkte.460 Drittens schließlich sorgte die Ministerialität für eine stärkere persönliche Bindung zwischen Graf und Dienstmann als das Lehnrecht der freien Vasallen, was sich etwa im militä rischen Bereich bemerkbar machen konnte.461 3.3.1 ENGELBERT VON BERG UND DIE ERZBISCHÖFE VON KÖLN
Als landesfremdem Erzbischof war es Reinald von Dassel kaum möglich gewesen, sein eigenes Haus mit den Mitteln zu fördern, die ihm sein Amt zur Verfügung stellte. Dieser Umstand sorgte allerdings gleichzeitig für eine gewisse Freiheit in seinen politischen Entscheidungen, weil er sich so auf den Erhalt und das Wohl des Erzstifts konzentrieren konnte, sofern es die von ihm wahrgenommenen Reichsdienste 462 zuließen. Ein Merkmal seiner Politik als Erzbischof war der Versuch, die verschiedenen Fraktionen innerhalb seines Lehnshofs mehr oder weniger gleichmäßig mit Zeichen seiner Gunst zu versehen: Neben den Grafen von Berg förderte er auch deren ausgewiesene Gegner, beispielsweise die Grafen von Are.463 Auch im Konflikt zwischen Priorenkolleg und Domkapitel verfolgte Reinald eine Politik des Ausgleichs, wobei er dadurch den Aufstieg des Kapitels als Konkurrenzgremium gegenüber dem Kolleg beförderte.464 Auf der anderen Seite wird der Beginn des Territorialisierungsprozesses am Niederrhein und in Westfalen in die Regierungszeit Reinalds datiert: Während die Grafen 460 Schmale: Ministerialität, S. 155; Hechberger: Adel, Ministerialität, S. 27 – 29. Die Ergebnisse für Ministerialen im Reichs- bzw. Kirchendienst lassen sich wohl auf die gräfliche Ebene übertragen. 461 Schmale: Ministerialität, S. 150 u. 155. 462 Oediger: Bistum Köln, S. 226 – 229. 463 Z. B. REK II, Nr. 834, 835; Bader: Grafen von Are, S. 216 – 221. 464 Das Domkapitel erwarb beispielsweise den ausgedehnten Hof bei Erpel (REK II, Nr. 861). Die Datierung der Urkunde schwankt zwischen 1166 und 1167 (Groten: Priorenkolleg, S. 192). Am prominentesten ist sicher die Translation der Reliquien der Heiligen Drei Könige nach Köln 1164 und ihre Schenkung an das Domkapitel (REK II, Nr. 804). Das Priorenkolleg war in den Zeugenlisten zahlreicher Urkunden vertreten. Zu diesem Komplex verweise ich auf Groten: Priorenkolleg, S. 149 – 152.
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und Edelherren besonders Westfalens auf ihren eigenständigen Herrschaftsrechten beharrten und sich bemühten, die alte Lehnsbindung an den Kölner Metropoliten abzustreifen, war Reinald bestrebt, diese Gruppen in ein feudal konzipiertes Reichsfürstentum zu integrieren, sodass ihnen eine unmittelbare Teilhabe am Reich unmöglich wurde.465 Sein Mittel der Wahl bestand vor allem in dem Kauf von Burgen, die er als Lehen wieder ausgab, wobei er sich grundsätzlich die Offenheit der Befestigungen versichern ließ. Beispiele hierfür sind die Erwerbungen von Altenahr 466, Nürburg 467 und Arnsberg.468 Vielleicht lässt sich ein Grundsatz der Politik Reinalds folgendermaßen zusammenfassen: Er schloss niemanden von der Partizipation an der Herrschaft im Erzbistum bzw. Herzogtum aus. Die Grundzüge dieser Herrschaft bestanden nun aber in erster Linie in der Umgestaltung des Erzstifts und des Kölner Dukats im Sinne des Ausbaus einer territorialen Herrschaft. Auf der Ebene der ‚alltäglichen‘ Politik arbeitete er also mit allen Großen der terra Coloniensis zusammen; auf der Ebene eines übergeordneten Herrschaftskonzeptes arbeitete er gegen sie. Verfassungsgeschichtlich ist hier der Beginn des Wandels von der lehnrecht lichen Herzogsgewalt hin zum territorialisierten Herzogtum zu beobachten.469 Nach der Durchsicht der Zeugenlisten erzbischöflicher Urkunden war Engelbert häufig im Umfeld Reinalds anzutreffen. Innerhalb von nur zwei Jahren bezeugte Engelbert zwölf Urkunden des Erzbischofs 470, was auf ein gutes Verhältnis zwischen beiden hindeutet.471 Der bergische Graf unterstützte den Kölner Metropoliten auch beim Aufbau eines Bündnisses gegen Heinrich den Löwen.472 Reinald stellte seinerseits eine Urkunde zugunsten der Abtei Altenberg aus, in der er zusätzlich zu den in dem Privileg seines Vorgängers aus dem Jahr 1156 aufgezählten Besitzungen weitere Erwerbungen der Abtei bestätigte.473 Die 465 466 467 468
469 470 471 472 473
Janssen: Adelsherrschaft, S. 47. Bader: Grafen von Are, S. 217; Groten: Priorenkolleg, S. 151. REK II, Nr. 862. REK II , Nr. 866. Zu dem Konflikt zwischen Reinald, den westfälischen Großen und Graf Heinrich von Arnsberg, in dessen Kontext diese Erwerbung einzuordnen ist, siehe Gosmann, Michael: Die Grafen von Arnsberg und ihre Grafschaft: Auf dem Weg zur Landesherrschaft (1180 – 1371), in: Klueting, Harm (Hg.): Das Herzogtum Westfalen 1, Münster 2009, S. 171 – 202, S. 172. Ritzerfeld: Das Kölner Erzstift, S. 16. REK II, Nr. 820, 831, 832, 833, 840 (II. Ausfertigung), 844, 848, 849, 850, 851, 862, 896. Weise: Der Hof der Kölner Erzbischöfe, S. 268 – 270. REK II, Nr. 896; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 81. REK II, Nr. 851 = UB Altenberg 1, Nr. 8.
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Aufnahme Reinalds in die Fürbitten der Mönche von Altenberg bestätigt das gute Einvernehmen zwischen dem Erzbischof und dem bergischen Grafenhaus.474 Der Tod Reinalds während der Belagerung Roms im August 1167 475 bedeutete nur eine kurze Zeit der Unsicherheit für das Machtgefüge im Nordwesten des Reichs. Auf ausdrücklichen Wunsch des Kaisers wählten die Kölner Philipp von Heinsberg als Nachfolger Reinalds 476, weshalb die Grafen von Berg optimistisch in die nähere Zukunft blicken konnten: Mit Philipp bestieg nämlich ein Verwandter der Berger den Erzbischofsstuhl.477 Severin Corsten weist darauf hin, dass nicht nur der Wunsch Friedrichs I., sondern auch die Verwandtschaft zu den Bergern für die Wahl Philipps zum Kölner Erzbischof von Vorteil gewesen sein wird 478, weshalb sich der Heinsberger um die guten Beziehungen zu den Grafen von Berg besonders bemüht hat. Diese Verwandtschaft erwies sich als guter Nährboden für ein einträchtiges politisches Handeln, worüber die 27 erzbischöflichen Urkunden Auskunft geben, die Engelbert von 1169 bis 1189 bezeugte.479 Mitte der siebziger Jahre resignierte Engelbert dem Erzbischof – wohl gegen eine angemessene Gegenleistung – das Gebäude des Osttores der Festung Deutz 480, das „das ganze Kastell beherrschte“.481 Damit war vermutlich auch der Verzicht auf die Altarvogtei verbunden.482 Im Jahr 1178 unterstützte Engelbert den Kölner bei der Formierung einer neuen Koalition gegen H einrich den Löwen und nahm selbst an einem im folgenden Jahr durchgeführten Feldzug 474 Harleß, Woldemar: Das Memorienregister der Abtei Altenberg, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 31 (1895), S. 119 – 150, S. 127. 475 REK II, Nr. 902. 476 REK II, Nr. 906. 477 REK II, Nr. 938. Unter den Zeugen findet sich an erster Stelle der cognatus noster Bruno maioris eccl. In Colonia prep. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 83f. 478 Corsten: Erzbischof Philipps Familie, S. 20. 479 REK II , Nr. 926, 934, 936, 948, 955, 970, 972, 1007, 1015, 1037, 1050, 1054, 1105, 1144, 1148, 1163, 1164, 1218, 1228, 1237, 1253, 1259, 1267, 1282, 1320, 1321, 1336. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 83f. Weise sieht Engelbert nicht im engeren Beraterkreis Philipps, weil seine prozentuale Präsenzhäufigkeit am Kölner Hof eher gering ist. Weise: Der Hof der Kölner Erzbischöfe, S. 275 – 277. Dem stimme ich zu, allerdings darf dieser Befund nicht dahingehend missgedeutet werden, dass es zwischen Engelbert und Philipp erhebliche politische Differenzen gegeben habe, die Engelbert vom Hof fernhielten. Dagegen sprechen die im Folgenden angeführten, durchweg positiven Kontakte. 480 Hoeniger: Kölner Schreinsurkunden 1, 2, S. 123: Eo anno, quo comes Eingelbertus resignavit presidium Tuicii Ph[ilippo] archiepiscopo. 481 Milz: Abtei Deutz, S. 17. Zum Aufbau und zur Bedeutung der Feste ibid., S. 17 – 22 u. 191f. 482 Milz: Abtei Deutz, S. 227.
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gegen den Sachsenherzog teil.483 1187 griff er gemeinsam mit Philipp und anderen Großen in den Konflikt zwischen Bischof Balduin von Utrecht und Graf Otto von Geldern ein.484 Bei der Machtprobe zwischen Philipp und Friedrich I. Barbarossa 485 stand Engelbert wohl fest an der Seite seines Verwandten und Lehnsherrn, denn während der 80er Jahre des 12. Jahrhunderts lässt sich der Berger nicht am kaiserlichen Hof nachweisen.486 Diese Loyalität machte sich für das bergische Grafenhaus und ihm nahe stehende Institutionen bezahlt: Konkret bestätigte der Kölner Erzbischof zwischen 1183 und 1190 beispielsweise, dass ein gewisser Adam von Berge dem bergischen Grafen ursprünglich von Philipp und seiner Schwester Sophia von Heinsberg ihrem Neffen Goswin von Valkenburg geschenkte Güter im Wert von 100 Mark zu Lehen auftrug.487 Im Jahr 1188 bestätigte er eine Schenkung der erzbischöflichen Ministerialen Johannes und Christina de Hulse an das Kloster Altenberg im Wert von 100 Mark, vorbehaltlich des Rückkaufrechts, falls ihre Ehe doch noch Kinder hervorbringen sollte.488 1190 bestätigte er zudem eine Schenkung und einen Gütertausch Brunos von Berg mit der Abtei Altenberg, womit er dem bergischen Hauskloster erneut sein Wohlwollen bekundete.489 Wie Reinald wurde auch Philipp von Heinsberg in die Memoria der Altenberger Mönche aufgenommen.490 Das Verhältnis zwischen den Kölner Erzbischöfen Reinald bzw. Philipp und dem bergischen Grafen Engelbert kann also trotz der Kollision territorialer Interessen im Raum zwischen Wupper und Ruhr als durchweg positiv bezeichnet werden. Während sich die Erzbischöfe auf ihre bergischen Vasallen stets verlassen konnten, profitierten jene ausgiebig von dem Wohlwollen ihrer Lehnsherren. 3.3.2 DAS VERHÄLTNIS ENGELBERTS ZU FRIEDRICH I. BARBAROSSA
Das Verhältnis Engelberts zu Friedrich Barbarossa lässt sich über lange Zeit als gut bezeichnen. Wie bereits erwähnt, hatte er im Gefolge Reinalds von
483 484 485 486 487 488 489 490
REK II, Nr. 1105, 1137; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 84. S. Kap. 3.3. Oediger: Bistum Köln, S. 237 – 240. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 89f. REK II, Nr. 1374. REK II, Nr. 1320; UB Altenberg 1, Nr. 25. REK II, Nr. 1360; UB Altenberg 1, Nr. 28. Harleß: Memorienregister Altenberg, S. 127.
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Dassel am zweiten Italienzug des Staufers teilgenommen. Kurze Zeit nachdem Friedrich zum vierten Mal aus Italien heimgekehrt war, gab Barbarossa ihm auf dem Hoftag zu Würzburg im Juni 1168 die villa Thiedere (Dieren bei Rheden) zu Lehen.491 Interessant ist hier die von kaiserlicher Seite angeführte Begründung: Engelbert habe sich durch preclaris actibus die Dankbarkeit des Herrschers verdient. Möglicherweise spielt dieser Passus auf besondere Tapferkeit des bergischen Grafen während des zweiten Italienzugs an, denn vorher lassen sich keine Gelegenheiten finden, bei denen sich Engelbert gegenüber dem Kaiser derart hätte auszeichnen können.492 In jedem Fall lässt sich festhalten, dass Engelbert den Staufer nach Italien begleitet und einen bleibenden positiven Eindruck hinterlassen hat. Später lässt sich auch die Anwesenheit des Grafen am kaiserlichen Hof bei Gelegenheiten feststellen, die entweder räumlich günstig waren oder wegen des Verhandlungsgegenstandes seine Anwesenheit verlangten: Im September 1171 und Februar 1174 hielt er sich in Aachen in der Umgebung des Kaisers auf 493 und im Mai bezeugte er in Sinzig eine Urkunde des Kaisers, in der jener die Abtei Siegburg in seinen Schutz nahm 494, sowie ein Diplom zugunsten der Abtei Brauweiler.495 Die von Philipp von Heinsberg 1176 vorgenommene Verpfändung des Tafelhofs Lantershofen an Engelbert bestätigte der Kaiser drei Jahre später in Seltz.496 Auch in der Zeugenliste der Gelnhäuser Urkunde aus dem April 1180 wird er aufgeführt.497 Danach scheint sich das Verhältnis zwischen Engelbert und dem Kaiser abgekühlt zu haben, denn er ist bis 1189 in keiner weiteren kaiserlichen Urkunde mehr zu finden. Kraus führt dies auf drei Faktoren zurück 498: Erstens war der Staufer bemüht, die Position des Reichs am Niederrhein zu stärken, und dies musste zu Lasten der regionalen Potentaten gehen.499 Zweitens barg die antienglische Politik Friedrichs erhebliche 491 492 493 494 495 496 497 498 499
MGH DD F I/3, Nr. 545 = Lacomblet I, Nr. 427. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 80. MGH DD F I/3, Nr. 580; 612, 614. MGH DD F I/3, Nr. 618. MGH DD F I/3, Nr. 619. MGH DD F I/3, Nr. 776. MGH DD F I/3, Nr. 795. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 89f. In diesem Zusammenhang ist auch die These Stehkämpers von einem Wirtschaftskrieg des Staufers gegen die Stadt Köln zu sehen. Stehkämper, Hugo: Friedrich Barbarossa und die Stadt Köln. Ein Wirtschaftskrieg am Niederrhein, in: Vollrath, Hanna / Weinfurter, Stefan (Hgg.): Köln. Stadt und Bistum in Kirche und Reich des Mittelalters. Festschrift
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irtschaftliche Risiken, da der Englandhandel für den Niederrhein von sehr w hoher Bedeutung war.500 Drittens hatte des Kaisers pro-hennegauische Entscheidung im luxemburgisch-namurischen Erbfolgestreit Erzbischof Philipp von Heinsberg gegen den Staufer aufgebracht, und der Metropolit konnte sich auf seine engere Beziehung zu Graf Engelbert verlassen. Erst mit der 1188 erfolgten Aussöhnung zwischen Philipp und Friedrich scheint sich auch Engelbert wieder dem Kaiser angenähert zu haben. Schließlich nahm er im Gefolge des Kaisers am sogenannten Dritten Kreuzzug teil, in dessen Verlauf er starb.501 Insgesamt kann also – abgesehen von einer vorübergehenden Phase der ‚Funkstille‘, die besonders dem übergeordneten Konflikt zwischen Philipp von Heinsberg und dem Kaiser geschuldet war – von einem guten Verhältnis des bergischen Grafen zu Friedrich Barbarossa gesprochen werden. Als Engelbert 1189 in der Nähe des serbischen Kubin bei Braničevo auf dem Kreuzzug starb 502, hinterließ er seinem ältesten Sohn Adolf ausgezeichnete Voraussetzungen zum weiteren Ausbau der Grafschaft Berg. Seine Heirat mit Margarethe von Geldern hatte den geopolitischen Spielraum der Berger erweitert. Der Erwerb zahlreicher Besitzungen, Vogteien und Gerichte sowie die Indienstnahme Edelfreier hatte geholfen, die Grafschaft stärker herrschaftlich zu durchdringen. Das gute Verhältnis Engelberts zu den Kölner für Odilo Engels zum 65. Geburtstag, Köln 1993 (Kölner historische Abhandlungen 39), S. 367 – 414. Die These ist heftig kritisiert worden, vor allem von Franz Irsigler. Siehe dazu Irsigler, Franz: Köln und die Staufer im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts, in: Hartmann, Wilfried (Hg.): Europas Städte zwischen Zwang und Freiheit. Die europäische Stadt um die Mitte des 13. Jahrhunderts, Regensburg 1995 (Schriftenreihe der Europa-Kolloquien im Alten Reichstag. Sonderband), S. 83 – 96 und ders.: Jahrmärkte und Messesysteme im westlichen Reichsgebiet bis ca. 1250, in: Johanek, Peter / Stoob, Heinz (Hgg.): Europäische Messen und Märktesysteme in Mittelalter und Neuzeit, Köln 1996 (Städteforschung A 39), S. 1 – 33. 500 Die verschiedenen Verbindungen zwischen Köln und Südengland hat Joseph Huffmann umfassend dargestellt. Huffmann, Joseph P.: Family, commerce, and religion in London and Cologne. Anglo-German emigrants, c. 1000 – c. 1300, Cambridge 1998 (Cambridge studies in medieval life and thought 4, 39). Siehe auch Fryde, Natalie M.: Ein mittelalterlicher deutscher Großunternehmer: Terricus Teutonicus de Colonia in England, 1217 – 1247, Stuttgart 1997 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte 125), S. 34. 501 Historia de expeditione Friderici imperatoris, ed. Anton Chroust, Berlin 1928 (MGH SS rer. Germ. N. S. 5), S. 1 – 115, S. 27: In ea quoque mansione comes Engilbertus de Perge apud Gowin diem clausit extremum. 502 S. Kap. 5.2.
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Erzbischöfen Reinald und Philipp, das sich in regelmäßigen persönlichen Kontakten, ernstgenommener vasallitischer Treue einerseits und Beförderung bergischer Interessen andererseits äußerte, bildete stets die Grundlage des bergischen Aufstiegs. Die Gunsterweise des Kaisers schließlich zeugen von guten Beziehungen zum Reich, wenngleich die kölnische Bindung für Engelbert eindeutig Priorität besaß. 3.3.3 BRUNO II. VON BERG – NUR EIN PLATZHALTER FÜR ADOLF VON ALTENA?
Unter den Söhnen Adolfs II. von Berg befand sich auch Bruno, dessen genaues Geburtsdatum nicht zu ermitteln ist.503 Allerdings kann man davon ausgehen, dass er jünger als Friedrich von Berg war, „denn er gelangte erst 16 Jahre nach ihm zu geistlichen Würden“.504 Bislang ist Brunos Rolle sowohl als Erzbischof von Köln als auch als probergischer Akteur innerhalb der Politik des Niederrheins als eher unbedeutend eingeschätzt worden. Seine maßgebliche Funktion sei die eines Platzhalters für seinen Neffen Adolf von Altena gewesen.505 Diese Einschätzung soll im Folgenden überprüft werden. Als nachgeborener Sohn war Bruno für den geistlichen Stand vorgesehen, und seit dem Jahr 1156 lässt er sich als Propst des bergisch dominierten 503 Kraus datiert sein Geburtsdatum auf „spätestens 1149“. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 32. 504 Ibid. 505 Janssen: Erzbistum Köln, S. 124: „Dem Zusammenwirken von bergischer Adelsfraktion und Domkapitelspartei innerhalb der hohen Kölner Geistlichkeit verdankte Bruno seine Erhebung, die von der Kölner Bischofschronik als intrusio charakterisiert wurde. Er war damals schon ein alter Mann, der seinem Amt nicht gewachsen war und deshalb schon nach zwei Jahren wegen Altersgebrechlichkeit und Körper- wie Geistesschwäche darauf verzichtete, indem er in Gegenwart von Prioren und Edelleuten den Bischofsstab auf dem Hochaltar des Domes niederlegte. Die Unzulänglichkeit des Kandidaten und die Kürze seines Pontifikates legen den Verdacht nahe, dass er von vornherein lediglich als Platzhalter für seinen Neffen Adolf von Altena gewählt worden ist, der ihm bereits 1192 als Dompropst gefolgt war und sich damit eine günstige Ausgangsposition für die nächste Wahl geschaffen hatte.“ Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 50: „Letztendlich scheint sein Pontifikat nur dazu gedient zu haben, seinem nachfolgenden Neffen Adolf von Altena eine günstige Ausgangsposition zu verschaffen.“ Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 101: Bruno sei „durch Alter und Krankheit in seiner Entschlusskraft geschwächt, keineswegs der Mann [gewesen], welcher die Interessen des Niederrheins gegenüber den Staufern entschlossen genug vertreten konnte. Der Dompropst und Neffe Brunos, Adolf von Altena, schien solchen Anforderungen um so mehr gewachsen zu sein.“
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St. Georgsstift in Köln nachweisen.506 Die Erhebung in dieses Amt ging vor allem auf den Einfluss seines Bruders Friedrich zurück, der in jenem Jahr Erzbischof geworden war. Die Propstei hatte er bis 1188 inne.507 Im Jahr 1168 wurde er zusätzlich Propst des Kölner Domstifts.508 Hier war er Philipp von H einsberg gefolgt, der den Bergern gegenüber eine freundliche Politik verfolgt hatte und seine Nachfolge in diesem Sinne geregelt haben dürfte. Möglicherweise hängt die Erlangung dieser Würde auch mit einer Gesandtschaft des Jahres 1167 zusammen: In diesem Jahr schickte Erzbischof Reinald Emissäre an den Hof Erzbischof Wichmanns von Magdeburg.509 Ziel dieser Delegation war es, das antiwelfische Bündnis zwischen den beiden Kirchen und der Fürstenallianz um Albrecht den Bären, Ludwig II . von Thüringen, Otto von Meißen und Adalbert von Sommerschenburg zu bekräftigen.510 Dabei achtete Reinald auf eine repräsentative Zusammenstellung seiner Emissäre, die aus preclari et illustres viri 511 bestand: Für die Kölner Ministerialität (und Bürgerschaft!) war Heinrich von Volmarstein anwesend, die Grafen Heinrich von Arnsberg und Hermann von Saffenberg sprachen für den westfälischen bzw. rheinischen Teil des Lehnshofs, die Geistlichkeit war vertreten durch den Propst von St. Georg, Bruno von Berg.512 Heinrich von Volmarstein hatte innerhalb der Ministerialität eine „überragende Stellung“ inne und gehörte „sicher zum inneren Hof“ der
506 REK II, Nr. 637 = Lacomblet I, Nr. 388. 507 Lacomblet I, Nr. 508. Hier wird auch die Doppelfunktion Brunos deutlich: Dominus Bruno maioris ecclesie sanctique Georgii prepositus. 508 REK II, Nr. 919. 509 Israel, Friedrich / Möllenberg, Walter (Bearbb.): Urkundenbuch des Erzstifts Magdeburg 1, Magdeburg 1937 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaates Anhalt, Neue Reihe 18), Nr. 324; REK II, Nr. 896. 510 Puhle, Matthias: Die politischen Beziehungen zwischen dem Braunschweiger Hof und dem Erzbistum Magdeburg zur Zeit Heinrichs des Löwen und Ottos IV., in: Luckhardt, Jochen u. a. (Hgg.): Heinrich der Löwe und seine Zeit. Herrschaft und Repräsentation der Welfen 1125 – 1235. Katalog der Ausstellung Braunschweig 1995, 2, München 1995, S. 159 – 172, S. 159f. 511 UB Erzstift Magdeburg, Nr. 324. 512 Ibid., S. 421f.: (…) videlicet Bruno sancti Georgii prepositus, comes Heynricus de Arnesberg, comes Hermannus de Saphenberch et Heynricus de Folcmudestein, quatenus idem prepositus illius ecclesie prioribus pro nostris, comites vero nostri illius ecclesie nobilibus, ac ministerialis noster iam dictus Heynricus illius ecclesie ministerialibus pro nostris et pro burgensibus desiderate amicicie confederationem et perpetuam stabilitatem sponderent et prestarent et eiusdem rei vicissitudinem ab illius ecclesie personis com omni firmitate reciperent.
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Erzbischöfe.513 Die Grafen von Saffenberg – die Kölner Domvögte – zählten ebenfalls zu den Stützen der Politik Reinalds, waren sie doch von allen Großen des Lehnshofs am häufigsten an erzbischöflichen Urkunden beteiligt.514 Bei Heinrich von Arnsberg dürften andere Überlegungen eine Rolle gespielt haben: Er war erst ein Jahr zuvor – recht unfreiwillig – Teil des Lehnshofs geworden 515, wodurch sich die Lehnsherrschaft des Kölner Erzbischofs weit nach Westfalen hinein ausdehnen konnte. Integration in erzbischöfliche Politik einerseits und die Erkenntnis, dass Heinrich aus geographischen Gründen als einer der ersten Kölner Vasallen die Angriffe des Sachsenherzogs würde ertragen müssen, werden Reinald motiviert haben, den Arnsberger nach Magdeburg zu schicken. Die Gründe für Reinalds Entscheidung, Bruno als Stellvertreter des Klerus auszuwählen, sind nicht endgültig zu klären. Regulärer Vertreter des Erzbischofs war spätestens seit 1164 der Dompropst Hermann von Hengebach 516, doch scheint sich jener aus unbekannten Gründen für diese Gesandtschaft wie auch für andere wichtige Aufgaben nicht empfohlen zu haben – die Verteidigung der Kölner Positionen im südlichen Erzstift gegen einen Einfall des Pfalzgrafen Konrad hat der Domdekan Philipp von Heinsberg geleitet.517 Die Funktion der Grafenschaft Berg als Brücke nach Westfalen 518 dürfte für die Entscheidung Reinalds ebenso wichtig gewesen sein wie das Ansehen der Familie bei Hof. Für Bruno von Berg bedeutete die Teilnahme an der Gesandtschaft eine Auszeichnung, denn er war unter den Domherren und den Prioren ausgewählt 513 Ritzerfeld: Das Kölner Erzstift, S. 171f. Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt Weise: Der Hof der Kölner Erzbischöfe, S. 289. 514 Weise: Der Hof der Kölner Erzbischöfe, S. 268. 515 REK II, Nr. 809, 866. Gosmann: Grafen von Arnsberg, S. 172, allerdings relativiert Gosmann die Enge der Lehnsbindung. Ibid., S. 172f., Anm. 7. 516 REK II, Nr. 800; Müller, Ägidius: Das Schloss Heimbach und die Grafen und Herren von Hengebach, Bochum 1868 (Beiträge zur Geschichte des Herzogtums Jülich 2), S. 16. 517 CrC, anno 1164, S. 115; Cronica presulum et archiepiscoporum ecclesie Coloniensium, ed. Gottfried Eckertz, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 4 (1857), S. 181 – 224, S. 198: Quod cum ita factum esset et dicti principes in suo proposito se preuentos sentirent, Ipsi bellum ad feriam secundam in rogationibus in campis Andernacensibus Coloniensibus indixerunt, quo factum ex industria prefati Philippi decani et prelatorum Coloniensium tantus pedestris et equestris pariter exercitus occurit, qualem ex tot preclaris nobilibus et fortibus teutonicis in acie congregatos in memoria non habetur. 518 Die bevorzugte Route der Metropoliten nach Soest führte über die erzbischöflichen Höfe Bürrig, Hilden, Elberfeld, Schwelm, Hagen und Menden, also durch bergisches Gebiet. Die Itinerare der Erzbischöfe weisen Soest als sehr regelmäßigen Aufenthaltsort auf, siehe Ritzerfeld: Das Kölner Erzstift, S. 48f.
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worden, den gesamten Kölner Klerus in Magdeburg zu repräsentieren. Faktisch vertrat er hier Reinald persönlich, der ja in Italien weilte. In jedem Fall konnte Bruno für sich und seine Familie in Anspruch nehmen, ganz wie Heinrich von Volmarstein und Hermann von Saffenberg zu dem engsten Kreis um Reinald von Dassel gerechnet zu werden. Hinzu kam, dass dieser Eindruck ebenso bei den Empfängern der Gesandtschaft entstehen musste, sodass die bergischen Grafen auch nach außen – in höchsten Fürstenkreisen – für sich in Anspruch nehmen konnten, eine absolut führende Rolle innerhalb der Kölner Kirche zu spielen. Die Bedeutung dieser Gesandtschaft für das bergische Grafenhaus ist bislang übersehen worden, doch darf sie nicht unterschätzt werden. Brunos Bedeutung lässt sich nicht nur anhand der Gesandtschaft nach Magdeburg einschätzen. Ein Eintrag in einer Schreinskarte des Martinsschreins berichtet über seine Rückkehr aus Jerusalem.519 Wolter hat diese Pilgerfahrt überzeugend auf 1172 – 1174 eingegrenzt.520 Damit war Bruno nach seinem älteren Bruder Adolf der zweite Berger, der die Heiligen Stätten besucht hat. Die Pilgerfahrt des Dompropstes bleibt weitgehend im Dunkeln, allerdings lässt der Eintrag in der Schreinskarte darauf schließen, dass diese Reise an sich ein ausreichend außergewöhnliches Ereignis war, um danach Rechtsgeschäfte zu datieren.521 Andere Domdignitäre lassen sich jedenfalls um diese Zeit nicht als Jerusalempilger nachweisen. Leider lässt sich mangels weiterer Quellen sonst nichts über diese Pilgerfahrt in Erfahrung bringen. Als Dompropst begegnet Bruno bis in das Jahr 1191.522 Zusätzlich war er nach 1179 Domkustos.523 Die Krönung seiner kirchlichen Karriere war jedoch die Wahl zum Erzbischof von Köln im Jahr 1191.524 Ähnlich wie bei der Wahl seines Bruders Friedrich im Jahr 1156 gingen ihr einige Querelen voraus. Im Zentrum stand dabei einmal mehr die zweifache Rivalität zwischen den Häusern Berg und Are-Hochstaden einerseits sowie Priorenkolleg und Domkapitel andererseits.525 Seit der Erlangung des Werler Erbes durch Adolf II. hatte sich die bergische 519 Hoeniger, Robert (Bearb.): Kölner Schreinsurkunden des 12. Jahrhunderts. Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt Köln 1, 2, Bonn 1884 – 1894 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 1), S. 122f. 520 Wolter: Kreuzfahrer, S. 60f., Anm. 14. 521 Hoeniger: Kölner Schreinsurkunden 1, 2, S. 122: Fact. eo anno quo maior prepositus Bruno Ierosolima rediit. 522 REK II, Nr. 1430. 523 UB Altenberg 1, Nr. 28. 524 REK II, Nr. 1429. 525 Janssen: Erzbistum Köln, S. 123; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 101.
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Grafschaft – wie dargelegt – vornehmlich durch Herrschaftsintensivierung, z. B. Gütererwerb, Akkumulation von Rechten usw. entfaltet. Ein weiterer Erbfall hatte nicht zu dieser Entwicklung beigetragen. Anders lagen die Dinge im Haus Are. Otto von Are hatte Adelheid von Hochstaden geheiratet, die Erbtochter Gerhards II. von Hochstaden 526, womit er die Linie Are-Hochstaden begründete, die in den Quellen als Hochstaden geführt wird. Die ältere Linie der Hochstadener war sehr wahrscheinlich mit den ezzonischen Pfalzgrafen verwandt gewesen 527 und verfügte über reichen Besitz vom Laacher See über Wassenberg und Maastricht bis nach Echt an der Maas.528 Ihre führenden Familienangehörigen galten gegen Ende des 11. Jahrhunderts als principes 529. Auch wenn sie im Laufe der Zeit erheblich an Macht und Einfluss verloren hatten – etwa durch die Entstehung der Grafschaften Geldern und Kleve –, bot die Aneignung ihres verbliebenen Besitzes den Arern einen erheblichen Machtzuwachs, den sie politisch umzusetzen gedachten. Folglich stellten sie nach dem Tod Philipps von Heinsberg 530 Lothar von (Are-)Hochstaden als Nachfolgekandidat auf. Lothar gehörte zu den wichtigsten Geistlichen des Priorenkollegs – er war seit 1169 Propst von St. Cassius in Bonn und Archidiakon, wobei er seinem Onkel Gerhard von Are nachgefolgt war.531 Zudem bekleidete er ein Kanonikat in Lüttich.532 Ein weiterer Vorteil für die Are-Hochstadener Partei bestand in der engen Beziehung Graf Dietrichs von Are-Hochstaden, Bruder Lothars, zu König Heinrich VI. Jener hielt sich häufig in der Umgebung
526 Bader: Grafen von Are, S. 157f.; Bornheim gen. Schilling, Werner: Zur älteren Geschichte der Grafen von Ahre, in: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte 6 (1954), S. 128 – 152, S. 140. 527 Zuletzt zur Verwandtschaft der Hochstadener Jackman, Donald C.: Hochstaden. Public Succession in Ripuaria of the High Middle Ages, in: Archive for Medieval Prosopography 7 (2009), S. 1 – 96, S. 14 – 29. 528 Ibid., S. 3 – 5. 529 Iocundi translatio s. servatii, ed. Rudolf Köpke, Hannover 1856 (MGH SS 12), S. 85 – 126, cap. 78, S. 123: Tempore vero Heinrici quarti regis, tercii imperatoris, quidam princeps, Gerhardus nomine, illam vidit, et quia utilis possidenti, dilecto Domini invidit. Die Identifikation dieses princeps mit Gerhard von Hochstaden hat Jackman nahe gelegt. Jackman: Hochstaden, S. 3f. 530 REK II, Nr. 1424. 531 REK II, Nr. 936; Bader: Grafen von Are, S. 173. 532 Schmandt, Raymond H.: The Election and Assassination of Albert of Louvain, Bishop of Liège, 1191 – 92, in: Speculum 42 (1967), S. 639 – 660, S. 643.
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des Staufers auf und zählte wohl zu seinem engeren Beraterkreis.533 Kurze Zeit nach dem Tod Philipps gelang es den Are-Hochstadenern, die Wahl Lothars zum Kölner Erzbischof im Domkapitel durchzusetzen. Dies nahmen die Berger allerdings nicht widerspruchslos hin, und trotz der durch den Tod Graf Engelberts im Jahr 1189 ausgelösten aktuellen Schwächung der Grafen gelang es ihnen, Lothar derart einzuschüchtern, dass er die Wahl ablehnte. Caesarius von Heisterbach führt den Erfolg der Berger konkret auf deren mächtige Verwandtschaft zurück.534 Wer genau unter dieser Verwandtschaft zu verstehen war, berichtet uns die Vita Alberti: Auf die Nachricht über den Tod Philipps hin eilten nämlich die Herzöge Heinrich von Brabant und Heinrich von Limburg nach Köln, um ihrem cognatus und amicus Bruno zur Seite zu stehen.535 Dabei lässt die Formulierung Henricus omnibus omissis cum avunculo suo Henrico, duce de Lemburc, Coloniam properavit ad electionem Brunonis offen, ob die Herzöge eine konkurrierende Wahl anstrebten oder die Wahl Lothars schlicht zu ignorieren gedachten. Lothars Schutzmächte konnten oder wollten hingegen nicht eingreifen – Graf Dietrich von Hochstaden weilte mit dem Kaiser in Italien, die Grafen von Are-Nürburg interessierten sich nicht für Lothars Belange.536 In jedem Fall wurde Heinrich VI . besonders durch den offiziellen Verzicht Lothars vor vollendete Tatsachen gestellt 537, sodass ihm nichts anderes übrig blieb, als den Berger am 13. Januar 1192 zu investieren und mit dem rheinischen
533 Vita Alberti episcopi Leodiensis, ed. Johannes Heller, Hannover 1880 ( MGH SS 25), S. 135 – 168, cap. 4, S. 141f.: Erat autem in exercitu imperatoris vir strenuus in re militari, comes de Horestat. Hic acceptus erat imperatori pro servitio suo, quo ei servierat sedulus in expeditione Apulie et Calabrie, et de consiliis princeps erat primus. Huic comiti frater erat Lotharius, vir magnus eatenus atque dives, preditus ecclesiasticis multis dignitatibus et ambiens in summas ecclesie dignitates, et honores primos animo cupido suspirabat. Schmandt: Election and Assassination, S. 643f.; Csendes, Peter: Heinrich VI., Darmstadt 1993 (Gestalten des Mittelalters und der Renaissance), S. 104 zählt Dietrich zu den „verlässlichsten weltlichen Stützen des Kaisers“. 534 Catalogus archiepiscoporum Coloniensium cont. II auctore Caesario Heisterbacensi, ed. Hermann Cardauns, Hannover 1879 (MGH SS 24), S. 345 – 347, S. 345: Nam cum Lotharius Bonnensis prepositus canonice fuisset electus, prodito consilio, sic propinquorum Brunonis, virorum potentum, minis est territus, ut electioni in se facte in capitulo renunciaret. Statimque Bruno eligitur. 535 Vita Alberti, cap. 2, S. 139f.: Quo audito, dux Henricus omnibus omissis cum avunculo suo Henrico, duce de Lemburc, Coloniam properavit ad electionem Brunonis, cognati et amici sui. 536 Bader: Grafen von Are, S. 202f. 537 Ibid., S. 203; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 6.
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und westfälischen Dukat zu belehnen.538 Wahrscheinlich wird der Kaiser in dem alten Berger keine große Gefahr für seine politischen Pläne gesehen haben.539 Im Kontext der Investitur betont das Chronicon Hanoniense ebenfalls die mächtige Verwandtschaft des „edlen und ehrenwerten“ Bergers, wobei Giselbert von Mons den Grafen B alduin V. von Hennegau, der als Balduin VIII. seit 1191 auch Graf von Flandern war, namentlich erwähnt.540 Bruno war zum Zeitpunkt seiner Wahl ein gebrechlicher Mann von mindestens 50 Jahren.541 Seine schwache Konstitution hielt ihn allerdings nicht davon ab, als Elekt umgehend die Amtsgeschäfte aufzunehmen 542, wovon direkt die Abtei Altenberg profitierte.543 Als Metropolit der Kirchenprovinz Köln hatte sein Wort nach der Investitur besonderes Gewicht bei der strittigen Bischofswahl in Lüttich, bei der Albert von Löwen und Albert von Rethel Anspruch auf den Bischofsstuhl erhoben.544 Bei dieser Gelegenheit zeigte sich nun die Kehrseite seiner Anwesenheit in Worms, also in unmittelbarer Nähe des Kaisers: Die Lütticher Wahl war recht eindeutig verlaufen: Während die große Mehrheit des Kapitels Albert von Löwen, den Bruder Herzog Heinrichs von Brabant, gewählt hatte, hatte sich eine kleine Minderheit für Albert von Rethel ausgesprochen, der 538 CrC cont. I, anno 1192, S. 154f.: In octave epiphaniae curiam Wormatiae habuit, ubi electo Coloniensi iura episcopatus sui duosque ducatus concessit, Wirceburgensibus episcopum prefecit. 539 Csendes: Heinrich VI., S. 108; Heinrich, Joseph: Kaiser Heinrich VI. und die Besetzung der deutschen Bistümer von seiner Kaiserkrönung bis zur Eroberung Siziliens (April 1191 bis Ende 1194), in: Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 51 (1956), S. 189 – 227, S. 200f. Die von Heinrich getroffene Einschätzung Brunos als „ausgesprochener Gegner“ des Kaisers teile ich nicht, ebenso wenig seine Darstellung der Berger als durch „Ehrgeiz und Selbstsucht verblendet“. Die von Heinrich vorgenommene politische Trennung von Bruno von Berg als Erzbischof und seiner gräflichen Familie halte ich für künstlich und nicht den mittelalterlichen Realitäten entsprechend. Bruno blieb ein Berger, auch als Erzbischof. 540 Gisleberti Chronicon Hanoniense, ed. Georg Pertz, Hannover 1869 (MGH SS rer. Germ. i. u. s. 29), anno 1192, S. 237: Cum autem dominus imperator in octavis epiphanie Wormaciam venisset, presentatus est ei Bruno, Coloniensis ecclesie maior prepositus, vir nobilis et honestus, sed etate et infirmitate gravis, comitis Flandrensis et Hanoniensis consanguineus, electus in archiepiscopum. 541 Ibid.; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 32. 542 REK II, Nr. 1430, 1431. 543 REK II, Nr. 1431. 544 Zu der Lütticher Bischofswahl grundlegend Schmandt: Election and Assassination, passim. Die ältere Forschung findet sich bei Trautmann, Conrad: Heinrich VI. und der Lütticher Bischofsmord, Cottbus 1912 und Smets, Georges: Henri I, Duc de Brabant, Brüssel 1908, S. 45 – 70.
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Graf Balduin von Hennegau und Flandern, Markgraf von Namur, hinter sich wusste.545 Um das ungleiche Ergebnis zu kaschieren und die Chancen für seinen Kandidaten zu erhöhen, war es Balduin gelungen, die Streitsache vor den Kaiser zu bringen. Dort fand sich Bruno nun in der unglücklichen Lage, die traditionell auf ein Kräftegleichgewicht im Westen der Kirchenprovinz zielende Politik der Kölner Erzbischöfe – die hier wegen Balduins Aufstieg auch zum Grafen von Flandern wohl zugunsten Heinrichs ausgefallen wäre – ruhen zu lassen, um den Groll Heinrichs über die misslungene Wahl Lothars nicht weiter anzufachen. Als ‚appeasement‘ einigte sich Bruno mit den anderen anwesenden Bischöfen und Äbten darauf, dass dem Kaiser die Entscheidung zustehe.546 Damit folgten sie einer Bestimmung des Wormser Konkordats von 1122, wonach der Kaiser bei discordia zwischen den Wählern nach Beratschlagung mit den kirchlichen Würdenträgern die sanior pars der Wählerschaft unterstützen solle.547 Heinrich handelte nun überraschend radikal: Er kassierte beide Kandidaten und setzte an ihre Stelle Lothar von Hochstaden, der die Interessen des Reiches an den Westgrenzen vertreten sollte.548 Die Bindung Lothars an das Kaisertum verstärkte Heinrich, indem er ihn kurz darauf auch zu seinem Kanzler ernannte.549 Die desavouierten Kandidaten verhielten sich unterschiedlich. Während Albert von Rethel zwar verärgert eine Ausgleichszahlung des Kaisers über 500 Mark ablehnte, akzeptierte sein Rückhalt Balduin den neuen Elekten, indem er ihm für die Lehen, die er von Lüttich hielt, die Treue schwor.550 Albert von Löwen hingegen erkannte mit Rückendeckung Heinrichs von Brabant die Entscheidung des Kaisers nicht an und appellierte an Papst Coelestin III., der ihm Recht gab und ihn zum Diakon weihte.551 Coelestin schrieb daraufhin einige Briefe, um die Sache Alberts von Löwen zu unterstützen. Einen dieser Briefe richtete er an die Erzbischöfe Bruno III. von Köln und Wilhelm von Reims. Er wies 545 Vita Alberti, cap. 1, S. 139 u. cap. 5, S. 142; Schmandt: Election and Assassination, S. 641f. Zur grundsätzlichen Struktur der Kirche in Lüttich Trautmann: Der Lütticher Bischofsmord, S. 22f. 546 Chronicon Hanoniense, anno 1192, S. 238. 547 Pax Wormatiensis cum Calixto II., ed. Ludwig Weiland, Hannover 1893 (MGH LL const. 1), S. 159 – 161, S. 161: (…) ut si qua inter partes discordia emeserit, metropolitani et coprovincialium consilio vel iudicio, saniori parti assensum et auxilium praebeas. 548 Vita Alberti, cap. 5, S. 141; Chronicon Hanoniense, anno 1192, S. 238f.; Schmandt: Election and Assassination, S. 645. 549 Chronicon Hanoniense, anno 1192, S. 238f. 550 Ibid., S. 239. 551 Vita Alberti, cap. 9 – 10, S. 144 – 146.
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Bruno an, seiner Pflicht als Metropolit nachzukommen und Albert zu weihen, bemerkte aber gleichzeitig, dass er diese Aufgabe auch an den Erzbischof von Reims delegieren könne, wenn er sich vor der Macht des Kaisers fürchte.552 Da dies offenbar der Fall war, überließ Bruno wohlwollend Wilhelm die Weihe Alberts und Exkommunikation Lothars 553, allerdings konnte er damit der auch gegen ihn gerichteten aggressiven Reaktion Heinrichs VI. nicht aus dem Weg gehen. Der Kaiser sperrte den Rhein, bezeichnenderweise von St. Lambert (17. September), dem Festtag des Schutzheiligen Lüttichs, bis zum 6. Dezember 554 1192, zog vor die Stadt und zwang die Lütticher Bürgerschaft, Lothar zu huldigen. Schließlich vermittelte er einen Frieden zwischen Heinrich von Brabant und Balduin von Flandern-Hennegau und zog ab in der Hoffnung, nun den Weg für Lothar geebnet zu haben.555 Bis dahin wirkt Bruno wie ein Spielball der Reichspolitik. Das änderte sich aber mit der Ermordung Alberts von Löwen durch Soldaten aus dem Gefolge Heinrichs VI. vor den Toren von Reims.556 Als Drahtzieher des Mordes wurde der Kaiser verdächtigt 557, und diese Verletzung der politischen Spielregeln führte die Gegner des Staufers – unabhängig von der Belastbarkeit der Vorwürfe – endgültig zusammen. Die Herzöge Heinrich von Brabant und Heinrich von Limburg schlossen mit Bruno in der Nähe von Köln ein ausdrücklich gegen den Kaiser und das Haus Are-Hochstaden gerichtetes Bündnis.558 Dabei erhielten 552 Vita Alberti, cap. 11, S. 146: Scribit ergo de his dupplices litteras, unas ad Brunonem archiepiscopum Coloniensem et alias ad Wilhelmum archiepiscopum Remensem, ut, si Coloniensis refugiat exequi preceptum apostolicum metu imperatorie potestatis, ipsum Remensis nichilominus exequator. CrC cont. I, anno 1192, S. 155: Predictus Albertus Romam veniens, litteras a papa accepit ad Coloniensem archiepiscopum, quatinus eum in episcopum consecraret, vel, si ipse hoc exsequi non posset vel timeret, Remensis archiepiscopus hoc eius consensu impleret. 553 Vita Alberti, cap. 14 – 15, S. 148f. 554 CrC cont. I, anno 1192, S. 155. 555 Schmandt: Election and Assassination, S. 648f.; Bader: Grafen von Are, S. 205. 556 Vita Alberti, cap. 39, S. 163; Chronicon Hanoniense, anno 1192, S. 246. 557 CrC cont. I, anno 1192, S. 155: Albertus quoque Leodiensis episcopus apud Remis obtruncatur; quod voluntate imperatoris actum esse ferebatur. 558 Vita Alberti, cap. 47, S. 168: Ac primo sibi colloquentes per legatos, postmodum colloquii communis diem sibi condixerunt prope Coloniam, civitatem. Erant autem primi eorum Lotharingie dux Henricus, frater eius, Ardenne dux, avunculus eius, Bruno archiepiscopus Coloniensis, cognatus eius, et comites ac principes multi cum eis. (…) Fletu autem, non dolore, mitigato, invicem multa pertractantes et animantes in commune semet ipsos, demum valida coniuratione iuraverunt contra Henricum imperatorem et contra omnem parentelam comitis de Hostal et Lotharii fratris, quorum genus erat valde, sed non eque potens eis sive clarum. REK II, Nr. 1443.
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sie moralische Unterstützung von anderen Großen des Reichs, die das Bündnis ausdrücklich guthießen, namentlich Erzbischof Konrad von Mainz.559 Die antikaiserliche Koalition fiel umgehend in die Ländereien der Are-Hochstadener ein und verwüstete sie, wobei sie alle Burgen bis auf den Stammsitz, die Burg Are, eroberte.560 Der Kaiser sah sich um des Reichsfriedens willen nun gezwungen, seinerseits Zugeständnisse zu machen, denn er war im Begriff, seine Thronansprüche im Königreich Sizilien durchzusetzen, wozu er Ruhe im Reich benötigte.561 Er erklärte sich bereit, Simon, den Sohn Herzog Heinrichs von Limburg, als Bischof von Lüttich zu akzeptieren.562 Des Weiteren floss eine ungenannte Summe Geldes von Dietrich von Hochstaden an die Fürstenkoalition, sodass schließlich ein Friedensvertrag ausgehandelt werden konnte.563 Der weitere Verlauf des Lütticher Schismas soll hier nicht weiter interessieren. Wichtig für die Grafen von Berg war vor allem die komplette Niederlage ihrer südwestlichen Konkurrenten aus dem Haus Are-Hochstaden. Der Einfall der Herzöge in ihre Ländereien hatte erhebliche Schäden angerichtet, die Wiederherstellung des Friedens ungenannte, aber sicher nicht unbeträchtliche Geldsummen gekostet. Schließlich war es Bruno 1193 in Worms gelungen, sich das Obereigentum an der Burg Are von Heinrich VI. anerkennen und wichtige Privilegien für die Kölner Bürgerschaft bestätigen zu lassen.564 Aber auch die geistlichen Konsequenzen wogen schwer. Lothar war nicht nur sowohl als Erzbischof von Köln als auch als Bischof von Lüttich gescheitert, sondern er war durch seine Exkommunikation ebenfalls aller geistlicher Ämter, die er bekleidet hatte, verlustig gegangen, darunter die einträgliche Propstei von St. Cassius in
559 Vita Alberti, cap. 47, S. 168: Conradus autem archiepiscopus Maguntinus et alii principis multi regni Teutonici, qui absentes erant, consilio eorum firmiter adherebant et rem omnem per legatos confirmabant (…). 560 Ibid.: Colloquio autem hoc soluto, duces ac principes adunati cum multo equitatu terram comitis de Hostal sunt ingressi et totam terram eius vastaverunt, omnia castella eius occupantes preter unum, quod validissimum expugnari posse desperant. Chronicon Hanoniense, anno 1192, S. 248: Post natale vero Domini dux Lovaniensis cum duce de Lemburc, avunculo suo, et multis hominibus tam comitibus quam consanguineis suis terram comitis de Hostada invasit, et omnia castra sua, excepto Ara castro fortissimo, ei abstulit et totam terram in vindictam fratris sui devastavit. 561 Csendes: Heinrich VI., S. 111 – 114. 562 Chronicon Hanoniense, anno 1193, S. 254. 563 Chronicon Hanoniense, anno 1192, S. 249: (…) que quidem omnia demum ipse comes de Hostada, facta pace cum duce de Lemborch et duce Lovaniensi, recuperavit, mediante quidem pecunia. 564 REK II, Nr. 1449.
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Bonn.565 Bei seinem zweiten Versuch, sich in Rom von den Vorwürfen reinzuwaschen und seine Ämter wiederzuerlangen, war er verstorben, arm und verachtet.566 Als Konkurrenten der bergischen Partei im Priorenkolleg waren die Are-Hochstadener damit sehr geschwächt worden. Die Bedeutung dieses Umstandes wächst, wenn man in Betracht zieht, dass Bruno, alt und krank, sein Amt in absehbarer Zeit würde niederlegen müssen, wenn er nicht vorher starb. Insofern stand in sehr naher Zukunft eine neue Wahl des Kölner Erzbischofs an. Auch konnte das politische Gewicht des Kölner Erzbischofs in der Kirchenprovinz durch die Entscheidungen Brunos gestärkt werden, indem die Reichsgewalt dort deutlich in ihre Schranken gewiesen wurde. Kaiser Heinrichs Bemühungen, über die ihm treu ergebenen Are-Hochstadener Vertreter der Reichsinteressen im Nordwesten zu stärken, waren vollkommen gescheitert. Die Kölner Erzbischöfe brauchten auf längere Sicht keine königliche oder kaiserliche Konkurrenz fürchten. Die zunächst passive, sobald sich die Gelegenheit ergab aber energische Politik Brunos im Lütticher Schisma war also sowohl den Interessen des Kölner Erzstifts als auch seiner Familie überaus dienlich. Neben übergeordneten Interessen der Großen im Nordwesten des Reichs sei festgehalten, dass besonders verwandtschaftliche Verbindungen zwischen den Bergern, Brabantern und Limburgern eine Koalitionsbildung erleichterten. Brunos Politik fußte also auch auf der Stellung seiner Familie innerhalb der niederrheinischen Adelslandschaft. Nicht nur das Ansehen der bergischen Familie am Niederrhein, sondern auch an der Kurie war mittlerweile erheblich. Nur so erklärt sich, dass Coelestin III. eine rein bergisch zusammengesetzte Schlichtungskommission, bestehend aus Bruno, Adolf von Altena und Abt Goswin von Altenberg, benannte, die einen Streit zwischen dem Stift St. Mauritius in Hildesheim und den Zisterziensern von Loccum beilegen sollte.567 Um diese Stellung beizubehalten und auszubauen, hatten die Berger mit Erfolg daran gearbeitet, einen Nachfolger für Bruno in den Kreis der aussichtsreichsten
565 Ibid. 566 Chronicon Hanoniense, anno 1193, S. 255: Lotharuis quoque, (…) per arbitrium domni pape pauper et vilis factus, Romanam curiam adiit, ut aliquam misericordiam a domino papa obtinens, ad aliquod maius bonum posset promoveri; qui Rome infirmitate oppressus, mortuus est. 567 REK II, Nr. 1446. Die Schlichtung scheiterte. REK II, Nr. 1465. Mosler: Die Cistercienserabtei Altenberg, S. 139. Brunos grundsätzliche Zuständigkeit erklärt sich aus der Lage Loccums im Bistum Minden, Goswins Bestellung aus der Zugehörigkeit Loccums zum Zisterzienserorden. Eine Filiationsabhängigkeit bestand allerdings nicht.
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Kandidaten einzuführen, nämlich Adolf von Altena, einen Neffen Brunos aus dem altenaischen Zweig der bergischen Familie. Er war der dritte Sohn Everhards von Altena, des ältesten Sohnes Adolfs II. von Berg. Seit 1192 begegnet uns der vorherige Domdechant 568 Adolf als Dompropst 569, und wahrscheinlich war er auch Bruno als Propst von St. Georg gefolgt.570 Nachdem Bruno im Jahr 1193 wegen zahlreicher Gebrechen sein Amt niedergelegt hatte und als Mönch in das Kloster Altenberg eingetreten war, wurde sein Neffe tatsächlich und ohne offen vorgetragene Ansprüche konkurrierender Geschlechter zum Nachfolger gewählt.571 Die Are-Hochstadener Konkurrenz war offenbar mittelfristig ausgeschaltet worden. Die Strategie der bergischen Partei, den Erzbischofsstuhl erneut aus den eigenen Reihen zu besetzen, war also vollkommen aufgegangen. Bruno von Berg auf seine Rolle als Platzhalter für seinen Neffen Adolf von Altena zu reduzieren, ist sicherlich ungerechtfertigt. Bereits vor seiner Zeit als Erzbischof von Köln hatte er mit der Gesandtschaft nach Magdeburg eine wichtige politische Mission in Vertretung Erzbischof Reinalds geleitet, die für die bergische Grafenfamilie einen überaus hohen repräsentativen Wert besaß. Mit seiner Pilgerreise in das Heilige Land demonstrierte er eine starke Jerusalemfrömmigkeit, die unter den Domdignitären um 1174 sonst so nicht zu beobachten ist. Seine Rolle im Lütticher Schisma beschränkte sich schließlich keineswegs auf die eines passiven senex, der seinem Amt nicht gewachsen war. Stattdessen war es ihm möglich gewesen, trotz seines Alters und seiner Gebrechlichkeit kölnische und bergische Interessen gegenüber dem Reich und konkurrierenden Häusern letztlich durchzusetzen, indem er Bündnisse schmiedete, die ihren Zweck auch erfüllten. Dabei griff er vor allem auf ein Netzwerk aus Verwandten – besonders die Herzöge von Brabant und Limburg – zurück, das ihn bereits bei der Wahl zum Erzbischof von Köln maßgeblich unterstützt hatte. Insofern lässt sich aus den Aktivitäten Brunos als Erzbischof keineswegs schlussfolgern, dass er seinem Amt grundsätzlich nicht gewachsen gewesen wäre. Vielmehr scheint seine fortschreitende körperliche Gebrechlichkeit eine längere Amtszeit verhindert zu haben. 568 569 570 571
Er bekleidete dieses Amt seit 1183. REK II, Nr. 1212. REK II, Nr. 1432, 1439. REK II, Nr. 1459; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 14. REK II , Nr. 1458; CrC cont. I, anno 1193, S. 156: Adolfus maior in Colonia prepositus, in archiepiscopum eligitur, resignante curam eius Brunone ob defectum aetatis et virium; idemque in monasterio quod Berge dicitur in habitu monachico obiit ibique sepultus est. Janssen: Erzbistum Köln, S. 124.
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3.3.4 ADOLF DER ÄLTERE VON BERG
Zwei Urkunden des Jahres 1193 und 1197 unterscheiden zwischen einem Adolphus comes de monte und einem Adolphus iunior comes de Monte.572 Beide Urkunden haben einen Gütertausch zum Gegenstand, bei dem das Stift Dünnwald betroffen war. Da die Grafen von Berg seit langem Vögte der Prämonstratenserinnen waren, leuchtet es ein, dass sie in den Urkunden erscheinen. Die Differenzierung zwischen einem älteren und einem jüngeren Grafen Adolf von Berg wirft genealogische Fragen auf, die Kraus mittels der Auswertung von Zeugenreihungen in etwa gleichzeitigen Urkunden einsichtig beantwortet hat: Bei Adolf dem Älteren handelt es sich um einen weiteren Sohn Adolfs II., also einen jüngeren Bruder Engelberts von Berg. Der im Vergleich mit ihm jüngere Adolf ist in diesem Fall identisch mit Graf Adolf III., also dem Sohn Engelberts, womit der ältere Adolf Onkel des jüngeren war.573 Offensichtlich war Adolf der Ältere im Jahr 1193 Vogt des Stifts Dünnwald, was jedoch nicht dazu verleiten darf, in ihm den Vormund Adolfs III. zu sehen. Jener bezeugte nämlich den in diesem Jahr dokumentierten Gütertausch, was die Mündigkeit des jüngeren Grafen nahelegt.574 Wahrscheinlich hat es nach dem Tod Engelberts eine Aufteilung der Kompetenzen zwischen dem älteren und dem jüngeren Adolf gegeben, über die wir bei der derzeitigen Quellenlage keine weiteren Aussagen treffen können. Möglicherweise hat der Bruder Engelberts seinem Neffen die Übernahme der Grafschaft erleichtert, indem er einige Verwaltungsaufgaben übernommen und bestimmte Herrschaftsrechte ausgeübt hat, bis der jüngere Adolf in seine Aufgaben vollends hineingewachsen war. Nach Uneinigkeit oder Auseinandersetzungen zwischen den beiden Bergern sucht man in den Quellen jedenfalls vergeblich. Nach 1197 lassen sich keine Zeugnisse über Adolf den Älteren finden.
572 Kremer: Akademische Beiträge, Nr. 40; Lacomblet I, Nr. 560. 573 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 45f. 574 Ibid., S. 46; Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 50.
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3.4 ADOLF III. VON BERG: AUF DEM HÖHEPUNKT BERGISCHER HERRSCHAFTSENTFALTUNG
Adolf III. von Berg war der ältere Sohn Engelberts von Berg. Seine Geburt wird man mit Kraus auf vor 1175 festsetzen dürfen.575 Die Urkunde seines Onkels aus dem Jahr 1193 enthält die erste Erwähnung Adolfs als Graf von Berg. 576 Seit spätestens 1204 war Adolf III. von Berg mit einer Bertha verheiratet 577, die laut Schwennicke dem Haus Sayn entstammte.578 Dafür fehlt allerdings jeder belastbare Beleg.579 Sollte es sich bei ihr tatsächlich um eine Schwester Heinrichs III. von Sayn gehandelt haben, so ist sie wohl früh nach der Geburt ihrer Tochter Irmgard gestorben. In jedem Fall wäre eine Verbindung der Häuser Berg und Sayn in verschiedener Hinsicht politisch sinnvoll und praktikabel gewesen: Beide Familien standen in der Frühphase des Thronstreits im Lager der Welfen, vertraten also auf einer übergeordneten Konfliktebene dieselbe Partei. Die Ehe hätte zudem die Spannungen zwischen beiden Mächten an der unteren Sieg und im Oberbergischen 580 entschärfen können, die seit der Übernahme der Domvogtei durch Heinrich II. von Sayn um 1173 noch verschärft worden waren.581 Adolf III. baute die entstehende bergische Landesherrschaft aus, indem er weitere Vogteirechte an sich brachte. So ist es sehr wahrscheinlich, dass die Berger während seiner Regierungszeit die Vogtei über St. Suitbert zu Kaiserswerth übernommen haben.582 Die Vogtei über das Frauenstift St. Hyppolit zu 575 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 46. Wieso sich aus Lacomblet I, Nr. 560 ergeben soll, dass Adolf III . bereits 1191 Lehnsmann des Kölner Erzbischofs gewesen war, erschließt sich mir allerdings nicht. 576 Kremer: Akademische Beiträge, Nr. 40. 577 WUB VII, Nr. 449: (…) sed et patrum et matrum nostrarum scilicet Walrami et Cunegundis, Adolfi et Berthe (…). Der Name Bertha ist allerdings von späterer Hand nachgetragen worden: Ibid., Anm. 3. Zur Datierung der Ehe Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 48f. 578 Schwennicke, Detlev (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge. Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten 4: Standesherrliche Häuser I, Marburg 1981, Tafel 116b und ders. (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge. Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten 6: Familien des alten Lotharingien I, Marburg 1978, Tafel 3. 579 Bohn, Thomas: Gräfin Mechthild von Sayn (1200/03 – 1285). Eine Studie zur rheinischen Geschichte und Kultur, Köln 2002 (Rheinisches Archiv 40), S. 51; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 48f.; Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, geht nicht auf sie ein. 580 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 85 – 87. 581 Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 19. 582 Lorenz: Kaiserswerth, S. 55f.
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Gerresheim ist hingegen sicher seit 1217 belegt.583 Kolodziej rechnet die Vogtei über das Kölner Stift St. Gereon ebenfalls zu den Erwerbungen Adolfs, allerdings fehlen dafür die Belege.584 Neben den Vogteien über Kirchengüter kann es trotz mangelnder Quellen als gesichert angesehen werden, dass Adolf auch zusätzliche Schirmvogteien über Rodungsbauern erworben und ausgeübt hat, und zwar besonders im Wupperviereck und an der mittleren Wupper.585 Er verfügte nach dem Zeugnis des Caesarius von Heisterbach über viele Ministerialen.586 Diese Dienstleute benutzte er, um die Verwaltung der zahlreichen Güter und Rechte zu verbessern. Als erster bergischer Graf besetzte er auch verschiedene Hofämter 587: Seit 1202 sind ein Truchsess (dapifer) und ein Mundschenk (pincerna) nachweisbar 588, seit 1210 ein Kämmerer (camerarius)589. Ab spätestens 1218 führte er eine eigene Kanzlei, der ein geistlicher notarius vorstand.590 Adolf III . gelang ein nicht zu unterschätzender Ausbau der bergischen Herrschaftsrechte und -verwaltung, womit er die ohnehin bedeutende Stellung seines Hauses innerhalb der Adelslandschaft im Nordwesten des Reichs festigte. Maßgebliche Garantie für das Gedeihen der bergischen Grafschaft waren gute Beziehungen der Grafen zu den Kölner Metropoliten, den mächtigsten Männern in dieser Region. Adolf III . war es gemeinsam mit seiner Familie gelungen, nach dem Tod Philipps von Heinsberg seinen Onkel Bruno von Berg als Erzbischof gegen einige Widerstände durchzusetzen (s. o.). Auch dessen 1193 gewählter Nachfolger Adolf von Altena war ein naher Verwandter Adolfs, nämlich ein Vetter aus dem altenaischen Zweig der bergischen 583 WUB VII , Nr. 142. In der betreffenden Urkunde handelt es sich um ein Geschäft der Äbtissin Guda von Gerresheim mit dem Grafen Friedrich von Altena, das mit Kenntnisnahme und Bestätigung durch nobili viro domino Adolfo comite de Monte advocato nostro abgeschlossen wurde. Houben: Hauptgericht Kreuzberg, S. 59 vermutet bereits in dem in einer Urkunde aus dem Jahr 1056 genannten Adolphus advocatus einen Berger, allerdings reicht die Namensgleichheit allein als Beleg keinesfalls aus. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 95. 584 Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 50. Einzelne rechtsrheinische Ortsvogteien für St. Gereon waren schon seit spätestens 1157 in bergischer Hand. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 77. 585 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 96f. 586 Vita Engelberti, lib. I, cap. 5, S. 243. 587 Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 50; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 100f. 588 Lacomblet IV, Nr. 645. 589 UB Altenberg 1, Nr. 62. 590 Lacomblet II, Nr. 72.
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Familie. Das Verhältnis zwischen den beiden Familien war gut, dafür spricht die regelmäßige Anwesenheit Adolfs III . und seines jüngeren Bruders Engelbert, der seit 1198 Propst von St. Georg in Köln war 591, am kölnischen Hof.592 Adolf von Altena pflegte auch eine Verbindung zu den Zisterziensern von Altenberg. Bereits zur Amtszeit Brunos von Berg hatte Papst Coelestin III . Adolf und den Altenberger Abt Goswin zu Schiedsrichtern einer Angelegenheit zwischen dem Kloster Loccum und dem St. Moritzstift zu Hildesheim bestellt (s. o.), sodass sich Metropolit und Abt auch persönlich kennen und schätzen lernen konnten. Dennoch dauerte es bis 1199, ehe die Abtei etwas Zählbares aus den Händen des Erzbischofs erhielt.593 Dafür förderte Adolf im selben Jahr auch das mit dem Propst Engelbert bergisch dominierte St. Georgsstift 594, dem er zusätzlich zwei Jahre später – auf Kosten, aber mit Einwilligung des Vorinhabers Wilhelm von Jülich – einen Rottzehnten bei Pulheim übertrug.595 Möglicherweise hat Adolf von Altena auf diese Weise versucht, die bergischen Grafen in der verworrenen Frühphase des Thronstreits enger an sich zu binden. 3.4.1 DAS VERHÄLTNIS ADOLFS III. VON BERG ZU DEN ERZBISCHÖFEN VON KÖLN, ODER: KONFLIKTE IN KONFLIKTEN – ZUR POSITIONIERUNG DES BERGISCHEN GRAFENHAUSES IN DEN VERSCHIEDENEN KONFLIKTLAGEN WÄHREND DES THRONSTREITS 1198 – 1215
Mit dem unerwarteten Tod Kaiser Heinrichs VI. am 28. September 1197 in Messina 596 begann eine Zeit, die in der modernen Forschung Deutscher Thronstreit genannt wird. Staufer und Welfen stritten sich mit unsicheren Verbündeten und wechselndem Erfolg um die deutsche Königskrone. Der Thronstreit lässt sich in zwei Phasen unterteilen, die im Wesentlichen von ihren Protagonisten abhängen: Die erste Phase – der Kampf zwischen dem Staufer Philipp von Schwaben und dem Welfen Otto von Braunschweig – dauerte von der Doppelwahl 1198 bis zur
591 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 12; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 47. 592 REK II, Nr. 1485, 1516, 1534, 1535 (in der zweiten Ausfertigung der Urkunde fehlt Engelbert), 1579, 1580, 1585. 593 REK II, Nr. 1579. Die Urkunde bei Lacomblet I, Nr. 567 ist auf 1200 datiert, die Zeugenliste spricht jedoch für eine Durchführung der Handlung ein Jahr früher. 594 REK II, Nr. 1561. 595 Lacomblet II, Nr. 3; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 15. 596 RI IV, 3, Nr. 614a.
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Ermordung Philipps von Schwaben 1208.597 Die zweite Phase dieses Konfliktes, nun ausgetragen zwischen Otto und Friedrich, dem Sohn Heinrichs VI., dauerte spätestens von der im September 1211 erfolgten Nürnberger Wahl Friedrichs zum König bis zum Tod Ottos im Mai 1218.598 Das Ableben des Welfen markierte das Ende der Auseinandersetzungen um die römisch-deutsche Krone. Die Herrschaftszeit Adolfs III. von Berg (ca. 1190 – 1218) fiel zu einem großen Teil in den skizzierten Zeitraum des Deutschen Thronstreits und bestimmte lange Jahre die politischen Entscheidungen des Bergers. Dem Verhalten des Bergers und seiner Familie in diesem Konflikt soll hier nachgegangen werden. 3.4.1.1 Die Grafen von Berg in der ersten Phase des Thronstreits 1198 – 1208
Eine der zentralen Personen des Deutschen Thronstreits war der Kölner Erzbischof Adolf von Altena. Er hielt es zunächst mit Otto von Braunschweig, dem welfischen Kandidaten, den er am 12. Juli 1198 in Köln zum römisch-deutschen 597 Zuletzt übergreifend zur ersten Phase des Deutschen Thronstreits Zotz, Thomas: Werra magna et dissensio nimis timenda oritur inter principes Theutonicos de imperio. Der Thronstreit zwischen Philipp von Schwaben und Otto von Braunschweig 1198 – 1208, in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 69 (2010), S. 17 – 36; Hucker, Bernd U.: Philipps Freunde, Philipps Feinde – der Thronstreit im Spiegel zeitgenössischer Dichtungen (1202/08), in: Rzihacek, Andrea / Spreitzer, Renate (Hgg.): Philipp von Schwaben: Beiträge der internationalen Tagung anlässlich seines 800. Todestages, Wien 2010 (Denkschriften. Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse 399 = Forschungen zur Geschichte des Mittelalters 19), S. 245 – 262; Mamsch, Stefanie: Der deutsche Thronstreit (1198 – 1208): Konkurrenz, Konflikt, Lösungsversuche, in: Hucker, Bernd U. u. a. (Hgg.): Otto IV . Traum vom welfischen Kaisertum: Landesausstellung „Otto IV. – Traum vom Welfischen Kaisertum“, Braunschweigisches Landesmuseum / Dom St. Blasii / Burg Dankwarderode vom 8. August bis 8. November 2009, Petersberg 2009, S. 49 – 56; Krieb, Steffen: Vermitteln und Versöhnen. Konfliktregelung im deutschen Thronstreit 1198 – 1208, Köln 2000 (Norm und Struktur 13). Ein praktischer Überblick die Aktionen beider Könige im ersten Jahr des Thronstreits betreffend findet sich bei Keller, Hagen: Zwischen regionaler Begrenzung und universalem Horizont. Deutschland im Imperium der Salier und Staufer 1024 bis 1250, Berlin 1986 (Propyläen Geschichte Deutschlands 2), S. 428f. Dort wird auch das große Ausmaß der Verwüstung in der Kirchenprovinz Köln deutlich gemacht. 598 Diese zweite Phase des Thronstreits ist deutlich weniger intensiv erforscht. Mit Schwerpunkt auf den Protagonisten siehe übergreifend Hucker, Bernd U.: Kaiser Otto IV ., Hannover 1990 (Monumenta Germaniae Historica. Schriften 34), S. 291 – 357; Stürner, Wolfgang: Friedrich II. 1: Die Königsherrschaft in Sizilien und Deutschland 1194 – 1220, verbesserte Sonderausgabe Darmstadt 2003, S. 130f., S. 137 – 186.
Adolf III. von Berg |
König krönte.599 Die Motive des Kölners wurden dabei von verschiedenen Faktoren beeinflusst: Der starke Widerstand, den Adolf gegen den Erbreichsplan Heinrichs VI.600 geleistet hatte, fußte auf dem Prinzip, die Freiheit der fürstlichen Königswahl zu wahren.601 Folglich musste er eine staufische Nachfolge Heinrichs kritisch sehen, denn es bestand das Risiko, dass sich diese auch ohne rechtlich verankerten Erbreichsplan faktisch perpetualisierte. Ein starkes staufisches Königtum am Niederrhein mit der Pfalz Kaiserswerth als Zentrum bedrohte zusätzlich die erzbischöflich-kölnische Herzogsgewalt.602 Schließlich war die Stadt Köln vom lukrativen Handel mit England abhängig und der Erzbischof an einem guten Verhältnis zu den reichen Bürgern der Stadt interessiert. Die welfisch-englische Verbindung versprach, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen dem Niederrhein und England zu stärken, während das staufisch-französische, gegen England gerichtete Bündnis auch wirtschaftliche Nachteile für den Kölner Raum mit sich bringen konnte.603 Gegen Otto sprach aus Adolfs Sicht besonders die durch die Krönung verursachte Stärkung der 599 REK II, Nr. 1547. 600 Zum Erbreichsplan des Staufers zuletzt Vones, Ludwig: Confirmatio Imperii et Regni. Erbkaisertum, Erbreichsplan und Erbmonarchie in den politischen Zielvorstellungen der letzten Jahre Kaiser Heinrichs VI., in: Weinfurter, Stefan (Hg.): Stauferreich im Wandel. Ordnungsvorstellungen und Politik in der Zeit Friedrich Barbarossas, Stuttgart 2002 (Mittelalter-Forschungen 8), S. 312 – 334; Schmidt, Ulrich: „Ein neues und unerhörtes Dekret“. Der Erbreichsplan Heinrichs VI., in: Kaiser Heinrich VI. Ein mittelalterlicher Herrscher und seine Zeit, Göppingen 1998 (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst 17), S. 61 – 81. 601 Stehkämper, Hugo: Der Kölner Erzbischof Adolf von Altena und die deutsche Königswahl (1195 – 1205), in: Schieder, Theodor (Hg.): Beiträge zur Geschichte des mittelalterlichen deutschen Königtums, München 1973 (Historische Zeitschrift. Beiheft N. F. 2) S. 5 – 83, S. 77; Janssen: Erzbistum Köln, S. 125. Erkens sieht dagegen die Aneignung der prima vox des Mainzer Erzbischofs bei der Königswahl als Leitmotiv der Entscheidung Adolfs gegen den Erbreichsplan. Erkens, Franz-Reiner: Der Erzbischof von Köln und die deutsche Königswahl. Studien zur Kölner Kirchengeschichte, zum Krönungsrecht und zur Verfassung des Reiches (Mitte 12. Jahrhundert bis 1806), Siegburg 1987 (Studien zur Kölner Kirchengeschichte 21), S. 37 – 39. 602 Janssen: Erzbistum Köln, S. 125. 603 Ibid, S. 126; Stehkämper, Hugo: England und die Stadt Köln als Wahlmacher König Ottos IV. (1198), in: Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 60 (1971), S. 213 – 244. Adolf hatte sich bereits einige Jahre zuvor erfolgreich für die Freilassung Richards I. aus der kaiserlichen Gegangenschaft eingesetzt, hatte danach mit ihm ein Bündnis gegen den französischen König geschlossen und war dafür mit einer Leibrente belohnt worden. REK II, Nr. 1466, 1469, 1470, 1471, 1472.
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welfischen Position an den westlichen Grenzen des sächsischen Herzogtums, die das aus der ‚Konkursmasse‘ Heinrichs des Löwen hervorgegangene erzbischöfliche Herzogtum Westfalen und Engern bedrohte 604; doch überwogen die Nachteile einer staufischen Sukzession bei Weitem. Adolf III. von Berg vertrat in den Auseinandersetzungen der folgenden Jahre die Position seines Verwandten. Doch nicht nur Verwandtschaft oder lehnsrechtliche Bande stifteten Loyalität zwischen den Vettern, sondern auch ähnliche wirtschaftliche und politische Interessen: Die Grafschaft Berg war ebenfalls in vielerlei Hinsicht vom Niederrheinhandel abhängig, und der profitierte stark vom Handel mit England. Auch konnte Adolf III. genauso wenig an einer Reaktivierung des Reichsgutes im Bergischen durch die Staufer gelegen sein.605 Die gemeinsamen Interessen führten zu der Beteiligung Adolfs III. an einem Feldzug gegen Philipp von Schwaben zu Beginn des Jahres 1201, der das Heer Ottos bis nach Weißenburg in Franken führte.606 Die eigentliche Bedeutung der Grafen von Berg in der niederrheinischen Adelslandschaft während der Regierungszeit Adolfs III. lässt sich allerdings auf einem anderen Feld besser beobachten, nämlich bei den Konflikten innerhalb der prowelfischen Koalition in den Jahren 1202 bis 1204. Sie geben Auskunft über den mittlerweile erreichten geopolitischen Aktionsradius der bergischen Grafen. Auch wenn sich die Großen des Niederrheins in der Frühphase des Thronstreits mehrheitlich darin einig waren, dass ein welfisches Königtum ihnen mehr Nutzen brachte als ein staufisches 607, gab es zwischen ihnen einige bewaffnete Auseinandersetzungen, die die Fragilität des prowelfischen Bündnisses belegen. Im September des Jahres 1202 eskalierte ein bereits seit einigen Jahren 604 605 606 607
Janssen: Erzbistum Köln, S. 126. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 102. REK II, Nr. 1595, 1596. Eher staufisch gesinnt war in der Frühphase des Thronstreits Walram von Limburg, Herr von Monschau. CrC cont. I, anno 1198, S. 164: (…) [in] inferioribus vero partibus nobiles Lotharingiae ad favorem suum sollicitat, ex quibus Walravius, Heinrici ducis de Limburch filius, ad eum [Philipp, A. B.] declinat, castrumque regium quod Berinstein dicitur ab ipso suscipit. Auch die Grafen Otto I. von Geldern, Ludwig II. von Loon und Dietrich VII. von Holland präferierten wohl zunächst den Staufer. Schütte, Bernd: König Philipp von Schwaben: Itinerar, Urkundenvergabe, Hof, Hannover 2002 (Monumenta Germaniae Historica. Schriften 51), S. 532f. (Otto von Geldern), 549 (Walram von Limburg); Lieven, Jens: Adel, Herrschaft und Memoria: Studien zur Erinnerungskultur der Grafen von Kleve und Geldern im Hochmittelalter (1020 bis 1250), Bielefeld 2008 (Schriften der Heresbach-Stiftung Kalkar 15), S. 113f.; Schiffer: Grafen von Geldern, S. 247f.
Adolf III. von Berg |
schwelender Streit zwischen Herzog Heinrich von Brabant und Graf Otto von Geldern um Zölle, Steuern 608 und das lehnrechtliche Verhältnis der beiden Großen zueinander zu einem regelrechten Krieg.609 Otto hatte dem übermächtigen Gegner wenig entgegenzusetzen und bat den Herzog rasch per amicos um Frieden.610 Dabei appellierte der Graf wohl an die gerade auf dem von Otto IV. abgehaltenen Hoftag zu Maastricht versammelten Fürsten, unter denen sich auch Adolf III. von Berg befand.611 Der Herzog zeigte sich zum Frieden bereit, allerdings verhinderte ein überraschender Angriff Graf Dietrichs VII. von Holland auf ’s-Hertogenbosch, in dessen Verlauf jener W ilhelm, den Bruder des Herzogs, und Heinrich II. von Cuyk gefangen nahm 612, nicht nur ein rasches Ende der Auseinandersetzung, sondern führte zu einer weiteren Verschärfung: Heinrich konnte den Angriff mit der Hilfe Adolfs von Altena, Bischof Hugos II. von Lüttich, Herzog Heinrichs III. von Limburg und anderer Großer zügig abwehren, Dietrich sogar gefangen nehmen 613, seine Verwandten befreien und ungehindert über Nimwegen und Xanten in geldrische Gebiete eindringen, denn er sah in Otto den eigentlichen Anstifter dieser Attacke.614 Nun war Otto von Geldern völlig in der Defensive und zu umfassenden Zugeständnissen gezwungen. Durch die Vermittlung König Ottos, Adolfs von Altena und anderer gelangte 608 Chronica s. Pantaleonis, anno 1202, S. 200: Causa autem huius discordie erat scilicet de teloneis et moneta et de iniustis vectigalium exactionibus et de violata pace negociantibus. 609 CrC cont. II, anno 1202, S. 171: Eodem anno circa festum sancti Egidii Heinricus dux Lovanie multifaria comitis de Gelre permotus inpudentia, iam diutius eius insolentias pati ratus sibi fore pudori, copiosum educens exercitum, terram eius invadere ipsumque utpote totius beneficiis ac benignitates ingratum sub armis humiliare disposuit. Lieven: Adel, Herrschaft und Memoria, S. 114f.; Schiffer: Grafen von Geldern, S. 230f. u. 248 – 255; Smets: Henri I, S. 97. 610 CrC cont. II, anno 1202, S. 171. 611 RI V, 1, 1, Nr. 225. Zur schwierigen Chronologie dieser Fehde ibid. 612 Smets: Henri I, S. 99. 613 Annales Egmundani, anno 1202, S. 473: Idem comes [Hollandiae, A. B.] munitionem ducis de Loven quae dicitur Busch expugnatam capit, et infinitam praedam diripit, capto fratre ducis Wilhelmo, et Heinrico de Kuk, et multis aliis tam militibus quam peditibus. Dux vero in ultionem iniuriae suae valida manu tam suorum quam aliorum principum, potentum, nobilium, quos de diverso contraxerat, episcopi videlicet Coloniae, episcopi Leodii, ducis de Limburg, comitis Flandriae et aliorum quorundam comitum, eundem comitem Theodericum in loco qui villa et castro Husden dicitur bello aggreditur et capit. 614 CrC cont. II, anno 1202, S. 171f.: (…) predictum comitem de Gelre huius mali conscium eiusque consilio factum suspicatur; (…) Hac felici victoria dux animatus, Novimaium devenit, Oie castrum satis munitum expugnavit, comitem de Clieve, licet puerum, amicitie sue copulavit, omnibusque pro libitu et utilitate ibidem dispositis, in festo sancte crucis Xantum preteriens, in ira magna et multitudine gravi terram comitis intravit; (…).
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man schließlich zu einem Friedensschluss und der Übereinkunft, dass Otto von Geldern seiner Vasallenpflicht gegenüber dem Herzog von Brabant zukünftig treu nachkommen solle und seine zwischenzeitlich eingezogenen brabantischen Lehen zurückerhalte, wenn er sich an einem bestimmten Tag persönlich bei Heinrich einfinde und sich für seine Taten verantworte.615 Dieser Tag wurde auf das Ende des Monats September festgesetzt. Otto begab sich tatsächlich nach Löwen, allerdings kam er nicht allein: In seiner Begleitung reisten Adolf von Altena und Adolf III . von Berg, die als Vermittler und Bürgen Ottos fungierten.616 Nach drei Tagen nahmen die schwierigen Verhandlungen allerdings eine Richtung an, die dem Erzbischof von Köln und seinem bergischen Vetter nicht zusagen konnte. Sie befürchteten offenbar, von Heinrich als Geiseln festgehalten zu werden, denn der hatte die Stadttore schließen lassen und die Stadtbevölkerung aufgerufen, sich auf sein Zeichen hin zu versammeln. Dieser bedrohlichen Situation entzogen sich beide durch Flucht im Schutz der Nacht.617 Otto hatte weniger Glück – er wurde von Heinrich festgehalten und erst gegen ein Lösegeld von 6000 Mark freigelassen. Zusätzlich musste er den Friedensschluss bekräftigen, indem er seinen Sohn Gerhard mit Margarethe von Brabant, einer Tochter Heinrichs, verheiratete.618
615 RI V, 1, 1, Nr. 226; CrC cont. II, anno 1202, S. 172: Dux itaque tantorum legatorum continua interpellatione pulsatus tandemque devictus, annuit, hac tamen conventione, ut ipsum comitem die designato sibi satisfacturum Lovanie exhiberent seseque pro eo obsides ac fideiussores exponerent. Zu (Erz-)Bischöfen als Vermittler und Friedensstifter siehe Kamp, Hermann: Friedensstifter und Vermittler im Mittelalter, Darmstadt 2001 (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), S. 210 – 215. Adolf von Altena behandelt Kamp in diesem Zusammenhang nicht. Der Frieden zwischen Heinrich und Dietrich von Holland war separat ausgehandelt worden und brachte dem Herzog eine Entschädigung von 2000 Mark Silber. Annales Egmundani, anno 1202, S. 473: Dux et comes Theodericus reconciliantur, datis a comite duobus milibus marcarum. 616 REK II, Nr. 1621. 617 CrC cont. II, anno 1202, S. 172: Post hec paucis transactis diebus Otto comes conmeatu Ottonis regis, Adolfi archiepiscopi, Adolfi comitis Lovaniam accessit, duci se presentavit, obsides ac fideiussores absolvit. Hinc dux per triduum habito consilio, tercio demum die semitas et exitus viarum observari, portas seris ac vectibus obfirmari, civitati custodias deputari populumque cunctum signo notorio convocari mandavit. Ipsa nocte Adolfus archiepiscopus, Adolfus comes, nescio quid mali aut doli suspicantes, equis ascensis, cursu velocissimo, fuge presidio se tradiderunt. 618 Ibid.: Quorum absentia dux audita, indignatione permaxima permotus, in sua quemque redire precepit, comitem vero captivum secum retinuit. Qui non multo post conventione facta 6 milibus marcarum se redemit, gratiam obtinuit, adeoque pariter confederati sunt, ut filius comitis desponsatam sibi filiam ducis acciperet uxorem.
Adolf III. von Berg |
Die gemeinsame Schlichtertätigkeit von Erzbischof und Graf dokumentiert deutlich das gute Einvernehmen zwischen beiden. Adolf von Altena baute offensichtlich gezielt auf die Hilfe und sichere Unterstützung des Bergers. Die Akzeptanz der Vermittler ist aber erklärungsbedürftig: Das Eingreifen Adolfs von Altena ist insofern einsichtig, als er Lehnsherr sowohl Heinrichs als auch Ottos war und seiner herzöglichen Pflicht der Friedenswahrung nachkommen musste. Zudem verfügte er als Erzbischof von Köln über erhebliches Ansehen. Die Intervention Adolfs von Berg erklärt sich zunächst aus seiner Verwandtschaft zu beiden Konfliktpartnern: Seine Mutter war Margarethe von Geldern, die Schwester Graf Ottos. Otto von Geldern war also ein Onkel Adolfs III . von Berg. Ottos 1182 verstorbener Bruder Gerhard war mit Ida von Flandern verheiratet gewesen, deren Schwester Mathilde von Flandern und Hennegau mit Heinrich von Brabant verheiratet war.619 Vielleicht hatten sich die Grafen von Berg auch durch den Einsatz Engelberts bei der 20 Jahre zurückliegenden Beilegung der Fehde zwischen Bischof Rudolf von Lüttich und Gerhard von Loon als Vermittler gerade in diesem Raum empfohlen.620 Jenseits der Verwandtschaft muss erneut Krieb folgend auch das Ansehen des Bergers in Betracht gezogen werden 621, das sich sicher auch aus seinen zahlreichen Herrschaftsrechten ableitete, die wiederum wirtschaftliche und politische Macht generierten. Schließlich darf die enge Beziehung zwischen Kölner Erzbischof und bergischem Grafen nicht außer Acht gelassen werden. Adolf von Altena hatte in seinem Vetter einen treuen und mächtigen Gefolgsmann, auf den er sich bisher ohne Abstriche hatte verlassen können. Auch deshalb wird der Kölner Erzbischof großen Wert darauf gelegt haben, dass ihn der Graf von Berg auf dieser Mission begleitete. Wahrscheinlich waren es die drei Faktoren Verwandtschaft zu den Konfliktparteien, persönliches Ansehen und ein gutes Verhältnis zu Adolf von Altena, die Adolf III . von Berg in dieser Auseinandersetzung als Vermittler prädestinierten. Allerdings beweist die nächtliche Flucht der beiden Vettern, dass weder Verwandtschaft noch Ansehen eine Garantie dafür boten, erfolgreich zu schlichten oder auch nur selbst unangetastet zu bleiben. Das Engagement Adolfs im linksrheinischen Teil der Kirchenprovinz zahlte sich bereits zwei Jahre später aus: Nach zähen Verhandlungen gelang es der 619 Zur Verwandtschaft der älteren Grafen von Berg Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, Tafel II: Die Verwandtschaft der ältesten Berger. 620 S. Kap. 3.3. 621 Krieb: Vermitteln und Versöhnen, S. 74.
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bergischen Fraktion innerhalb des Domkapitels, im Jahr 1203 Adolfs jüngeren Bruder Engelbert als Dompropst in Köln durchzusetzen.622 Es war den Bergern bis dahin bereits geglückt, Engelbert zahlreiche geistliche Ämter zu verschaffen. So war er mit nur 13 Jahren seit 1198 Propst von St. Georg in Köln, womit das Dekanat im Bonn- und Ahrgau verbunden war, ohne dass er dafür das notwendige Alter erreicht und den vorgeschriebenen Weihegrad erhalten hatte.623 Diese Propstei war traditionell bergisch besetzt, insofern stellt die Besetzung dieses Amtes an sich keine Überraschung dar.624 Beschwerden über den Verstoß gegen kanonische Bestimmungen scheint es kaum gegeben zu haben, was auf die weite Verbreitung der Praxis des Adels hindeutet, in vielerlei Hinsicht unqualifizierte Söhne in kirchliche Würden einführen zu lassen.625 Seit spätestens 1200 bekleidete er die Propstei von St. Lebuinus in Deventer 626, seit 1203 trat er auch als Propst von St. Walburgis in Zutphen in Erscheinung.627 Die beiden letztgenannten Würden lassen sich sehr wahrscheinlich auf den Einfluss seiner Mutter Margarethe von Geldern zurückführen, die ihrem jüngeren Sohn in der Grafschaft Geldern ein weiteres Standbein verschaffen und gleichzeitig den Einfluss des geldrischen Grafenhauses in den genannten Stiften wahren wollte.628 Die genannten Ämter bildeten für Engelbert die institutionelle Basis für die Erlangung der Dompropstei, allerdings reichten sie für sich genommen zunächst nicht aus, um das zweithöchste kirchliche Amt in der Kirchenprovinz Köln mit dem Berger zu besetzen. Bereits im Jahr 1199 hatten die Berger nicht gezögert, den gerade einmal 14-jährigen Engelbert als Kandidat für die Nachfolge des in diesem Jahr verstorbenen Dompropstes Ludwig von Dollendorf aufzustellen. Sein Gegenkandidat Dietrich von Hengebach, Propst von 622 Ausführlich zur Wahl Engelberts zum und seiner Tätigkeit als Dompropst Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 22 – 35. 623 REK II, Nr. 535. Zu seiner Tätigkeit als Propst dieses Stifts Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 13 – 17. 624 Corsten, Karl: Geschichte des Kollegiatstiftes St. Georg in Köln (1059 – 1802), in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 146/147 (1948), S. 64 – 150, S. 74f.; Groten: Priorenkolleg, S. 52. 625 Foreville, Raymonde: Lateran I-IV, Mainz 1970 (Geschichte der ökumenischen Konzilien 6), S. 247f. 626 Heeringa, Klaas (Bearb.): Oorkondenboek van het sticht Utrecht tot 1301 2, Utrecht 1940, Nr. 542, 562, 581; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 19. 627 Kuile, Gijsbertus J. ter (Bearb.): Oorkondenboek van Overijssel. Regesten 797 – 1350 1, Zwolle 1958, Nr. 84; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 19f. 628 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 19.
Adolf III. von Berg |
St. Aposteln und „ein Vertreter der Are-Gruppe“629, war in vielerlei Hinsicht für das Amt geeigneter: Er verfügte über das kanonisch vorgeschriebene Mindestalter 630, den notwendigen Weihegrad, umfassende Bildung und einen tadellosen Lebenswandel.631 Trotz eines ausdauernden Kampfes gegen Engelbert und der in Köln wohl nach dem 13. Februar 1203 durchgesetzten Wahl seiner Person 632 scheiterte er schließlich im späten Frühjahr 1203.633 Lothmann hat den Erfolg Engelberts vor allem auf seine Familie zurückgeführt: „Dass es überhaupt zur Wahl des jungen Domkanonikers gekommen war, verdankte er nur der Macht und dem Einfluss seines Hauses.“634 Wie bei jeder wichtigen Wahl eines Domdignitärs war der Ausgang maßgeblich vom Verhalten der Großen der Kirchenprovinz abhängig, die mittels ihrer Parteigänger im Domkapitel ihre eigenen Interessen wahrzunehmen gedachten. Adolf hatte durch seine niederrheinische Politik an der Seite des Kölner Erzbischofs wohl erfolgreich dafür gesorgt, dass die Mehrheit der Großen seinen Bruder unterstützte. Im Jahr 1204 betätigte sich Adolf III. von Berg wiederum im Linksrheinischen. Diesmal nahm er an den Kämpfen um das Erbe des 1203 verstorbenen Grafen Dietrich VII . von Holland teil. Ludwig II. von Loon hatte Ada von Holland, Erbtochter des verstorbenen Dietrich, geheiratet, womit ihm ein Anspruch auf die holländische Grafschaft entstanden war. Einen ebensolchen erhob allerdings auch Dietrichs Bruder Wilhelm, und der aus den konkurrierenden Ansprüchen entstandene Konflikt involvierte rasch andere Große der Niederrheinregion. An der Seite Ludwigs von Loon kämpften nach Zeugnis der Annales Egmundani seine Verwandten und Freunde, namentlich Bischof Hugo II. von Lüttich, Herzog Heinrich III. von Limburg, Markgraf Philipp I. von Namur als Regent von Flandern, Graf Adolf III. von Berg sowie Graf Gerhard von Are-Nürburg.635 Die Freundschaft Bischof Dietrichs II. von Utrecht 629 Janssen: Erzbistum Köln, S. 129. 630 Laut Kanon 3 des Dritten Laterankonzils musste ein Anwärter auf das Bischofsamt mindestens 30 Jahre alt sein. Foreville: Lateran I-IV, S. 247f. 631 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 24f. 632 Ich sehe keine andere Möglichkeit, sein Erscheinen in REK II, Nr. 1628 als maioris eccl. Theodericus maior prep. zu erklären. 633 Engelbert bezeugt zuerst am 14. Juni eine erzbischöfliche Urkunde als Engelbertus maior prep. REK II, Nr. 1632. 634 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 23. 635 Annales Egmundani, anno 1204, S. 475: Comes Lothewicus suae non immemor iniuriae, totus ad vindictam toto animo surrexit, cognatos, amicos quorum erat numerosus, appellare, multam solidorum conventionem polliceri, ea quae ad manum habebat large expendere, dum
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hatte er sich bereits vorher für 2000 Mark Silber und weitere Zugeständnisse erkauft.636 Die Geschehnisse der letzten Jahre, besonders der brabantisch-geldrische Krieg, hatten jedoch dazu geführt, dass längst nicht alle Freunde und Verwandten den Grafen von Loon unterstützen konnten: Otto von Geldern, dessen Schwester Adelheid mit L udwig verheiratet war, blieb militärisch neu637 tral. Dies lag zum einen daran, dass er sowohl mit Ludwig als auch mit Wilhelm von Holland verwandt war, denn seine Tochter Adelheid hatte jenen 1197 geehelicht.638 Zum anderen war er gut darin beraten, sich nach seiner völligen Niederlage gegen Heinrich von Brabant mit der Beteiligung an Kriegszügen zurückzuhalten – seine wirtschaftlichen Mittel waren wohl fast erschöpft.639 Heinrich von Brabant, der sich von einer Vereinigung der Grafschaften Loon und Holland bedroht sah, stand aufseiten Wilhelms.640 Aus dieser Aufzählung wird ersichtlich, dass die Anhängerschaft Ludwigs deutlich mächtiger als diejenige Wilhelms war, der sich nach Seeland zu seinen dortigen Verbündeten zurückziehen musste.641 Der weitere Verlauf des holländischen Erbfolgekrieges führt hier zu weit. Als wichtigstes Ergebnis kann festgehalten werden, dass sich Wilhelm schließlich bis 1206 gegen Ludwig und Ada durchsetzen konnte, nachdem das Bündnis um Ludwig auseinandergefallen war und Dietrich von Utrecht die Seiten gewechselt hatte.642 Für uns ist die bergische Beteiligung an diesem Konflikt interessant: Kraus hat die Beteiligung Adolfs III. von Berg am holländischen Erbfolgekrieg aus einem Brief Innozenz’ III. geschlossen, den in immensum valido et magno exercitu in brevi adauctus est, concurrentibus in adiutorum eius summis principibus, episcopus videlicet Leodicense, duce de Limburg, comite de Flandria, comite Adolfo, comite de Hare; (…). 636 Ibid.: Praeterea Theodericum Traiectensem episcopum in amicitias et opus belli secum attraxit, promissis eidem episcopo duobus milibus et eo amplius talentorum, et ut promissorum certior fides haberetur, fratrem eiusdem comitis obsidem accepit. Ludwig und Dietrich schlossen einen Vertrag miteinander, der viele lehnrechtliche Einzelheiten regelte. OB Utrecht, Nr. 564. 637 Annales Egmundani, anno 1204, S. 475: Otto vero Gelrensis nullus fuit adiutorio, sed in omnibus quietum se habebat. 638 Lieven: Adel, Herrschaft und Memoria, S. 234f. 639 Schiffer: Grafen von Geldern, S. 260. 640 Ibid., S. 259f.; Smets: Henri I, S. 108. 641 Annales Egmundani, anno 1204, S. 475: Pauci erant sibi milites et nusquam tuta fides, nec tanta popularibus suis belli exercitatio aut armorum copia, ut tanto exercitui et bellis exercitato resisteret. Accepto tamen consilio ad Selandenses se contulit, (…). 642 Schiffer: Grafen von Geldern, S. 261; Smets: Henri I, S. 109; der Seitenwechsel Dietrichs findet sich in Koch, Anton C. F. (Bearb.): Oorkondenboek van Holland en Zeeland tot 1299 1: Eind van de 7e eeuw tot 1222, ’s-Gravenhage 1970, Nr. 271.
Adolf III. von Berg |
jener an die Erzbischöfe von Köln, Trier, Sens, das Kapitel von Reims und deren Suffragane gesandt hatte. Die Empfänger sollten für die Aufrechterhaltung der von Bischof Johannes III. von Cambrai ausgesprochenen Exkommunikation Philipps von Namur und der mit ihm verbündeten Herzöge von Brabant und Limburg sowie der Grafen von Aubroc und Loon sorgen.643 Im Grafen von Aubroc wollte Kraus nun den Grafen von Berg erkennen 644, doch besteht dazu keine Veranlassung, wie chronologische und politische Überlegungen nahelegen: Auslöser der Exkommunikation war die bereits 1203 erfolgte Zerstörung der Burg Reumont in der Markgrafschaft Namur, die Bischof Johannes hatte vornehmen lassen, weil er sich von ihr bedroht sah. Philipp hatte sich daraufhin auf sein Recht auf Selbsthilfe berufen und mit seinen Parteigängern das Hochstift Cambrai verwüstet, woraufhin er von Johannes mit dem Bann belegt wurde. Die päpstliche Parteinahme für Johannes erklärt sich insbesondere aus dem Umstand, dass Philipp das Vermittlerangebot des anwesenden päpstlichen Legaten ausgeschlagen hatte. Nun ist Adolf von Berg 1203 noch nicht im Umfeld Ludwigs von Loon belegt, doch diesen Umstand könnte man zumindest annehmen, wenn man die unbestreitbare Anwesenheit Adolfs im Folgejahr zurückprojiziert. Wichtiger ist, dass sich hier die Herzöge Heinrich von Brabant, Heinrich III. von Limburg, der Markgraf von Namur und der Graf von Loon in einem Lager befinden, während der Brabanter im holländischen Erbfolgekrieg entschiedener Gegner Ludwigs von Loon war. Der Befund macht die Einordnung des Konfliktes zwischen Philipp von Namur und Johannes von Cambrai in den holländischen Erbfolgekrieg äußerst unwahrscheinlich, weshalb auch ein Eingreifen Adolfs von Berg an Wahrscheinlichkeit einbüßt, denn Interessen im Bistum Cambrai verfolgte er nicht. Stattdessen möchte ich die bereits von Smets vorgeschlagene Deutung von „Aubroc“ als Dagsburg unterstützen.645 Albert II. von Dagsburg hatte im Gegensatz zu Adolf von Berg rege Interessen in der betreffenden Region und war – wie Adolf – mit Ludwig von Loon verwandt.646 Am 22. Juni 1203 bezeugte er eine Schenkung Ludwigs
643 RI V, 2, 3, Nr. 5884 = REK II, Nr. 1646. 644 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 103, Anm. 941: „,Berg‘ ist in dieser Urkunde zu ,Aubroc‘ verballhornt.“ 645 Smets: Henri I, S. 105. 646 Legl, Frank: Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim, Saarbrücken 1998 (Veröffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung 31), S. 84f.
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von Loon an St. Lambert in Lüttich 647, befand sich also im zeitlichen Umfeld des Konfliktes in der Nähe des Grafen von Loon. Schließlich gehörte er zu einer höchstens bis 1203 bestehenden Koalition um Ludwig, die zwischen Graf Dietrich VII. von Holland und Bischof Dietrich II. von Utrecht zu vermitteln versuchte und aus Heinrich von Brabant, Heinrich von Limburg und Philipp von Namur bestand 648 – also aus genau den Fürsten, deren Exkommunikation Innozenz III. 1203/4 bestätigen ließ. Es liegt nahe, in dieser Koalition eine Handlungsgemeinschaft zu sehen, deren Aktionen über gemeinsames Auftreten in Urkunden hinausging. Nach 1203 veränderten sich die Bündniskonstellationen, und Heinrich von Brabant wurde zu einem Gegner Ludwigs. Albert II. von Dagsburg blieb hingegen auf der Seite des Grafen von Loon, bis er selbst mit jenem in Konflikt geriet.649 Insgesamt passt die Interpretation von Aubroc als Dagsburg also deutlich besser als Berg. Sollte diese These zutreffen, dann entfällt die von Kraus angenommene 1203/4 ausgesprochene Exkommunikation des Bergers, von der wir auch sonst an keiner Stelle hören.650 Ende 1204 wechselte Adolf von Berg in Andernach und Koblenz im Gefolge Adolfs von Altena und gemeinsam mit vielen anderen Großen des Niederrheins auf die Seite Philipps von Schwaben.651 Wahrscheinlich war er bei der Krönung des Staufers am 6. Januar in Aachen präsent gewesen 652, denn am 16. Januar bezeugte er in Andernach – wohin sich der Hof nach der Krönung begeben hatte – eine Urkunde seines erzbischöflichen Vetters für die Münzerhausgenossen zu Köln.653 Der Seitenwechsel des Kölner Metropoliten blieb allerdings nicht folgenlos: Am 19. Mai 1205 war Adolf von Altena von Erzbischof S iegfried von Mainz, Bischof Johannes von Cambrai und dem Scholaster Heinrich auf päpstlichen Befehl hin feierlich in St. Peter in Köln exkommuniziert und mit der Absetzung bedroht worden, sofern er sich nicht binnen eines Monats erneut Otto anschließe.654 Zudem hatte die Stadt Köln im Gegensatz zu den meisten Großen 647 Poncelet, Édouard (Bearb.): Actes des princes-évêques de Liège. Hugues de Pierrepont (1200 – 1229), Brüssel 1941 (Commission royale d’histoire. Recueil des actes des princes belges), Nr. 11. 648 Legl: Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim, S. 311. 649 Ibid., S. 311f. 650 Dagegen Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 103. 651 REK II, Nr. 1651, 1652, 1653, 1654; Schütte: Philipp von Schwaben, S. 417; Hucker: Otto IV., S. 79. 652 Schütte: Philipp von Schwaben, S. 417; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 103. 653 REK II, Nr. 1658. 654 REK II, Nr. 1666.
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des kölnischen Lehnshofs den Übertritt Adolfs von Altena nicht mitvollzogen, weshalb sich der Erzbischof auf dem Hoftag zu Speyer Ende Mai 1205 mit der Bitte um Hilfe an Philipp wandte, sowohl in der Sache seiner Exkommunikation als auch wegen der rebellierenden Stadt.655 Adolf von Berg hat im Gefolge seines Vetters diesen Hoftag besucht, was einer Urkunde Philipps zugunsten der Bürgerschaft der Stadt Cambrai entnommen werden kann, die der Berger gemeinsam mit Heinrich von Brabant, Arnold von Altena, Wilhelm von Jülich, Lothar von Hochstaden und Albert von Dagsburg bezeugte.656 Der König und die anwesenden Fürsten versprachen Hilfe und gelobten eine Heerfahrt gegen Köln für den Oktober des laufenden Jahres. Wahrscheinlich wirkungsvoller war die Entscheidung Philipps, den Rhein oberhalb und unterhalb der Stadt zu sperren 657, denn so schloss er die Rheinmetropole von ihrer Lebensader ab. Mit der Sperrung des Rheins begannen die Kriegshandlungen am Niederrhein, und die Fronten klärten sich: Die Sache der Welfen vertrat Herzog Heinrich von Limburg, der die weltliche Verwaltung des Erzstifts übernommen hatte, mit seinen Söhnen Walram und Heinrich 658, Heinrich III. von Sayn 659, möglicherweise Gerhard von Are 660 und die Stadt Köln. Alle anderen namhaften Großen der Region hatten sich für den Staufer entschieden.661 655 REK II, Nr. 1667. 656 REK II, Nr. 1668 657 CrC cont. II, anno 1205, S. 175: Iurant ergo sibi mutuo, rex cunctique principes et ad expeditionem hanc in Octobri celebrandam sacramentalibus se iuramentis vicissim obligaverunt. Rhenus superius et inferius clauditur. Chronica s. Pantaleonis, anno 1205, S. 221: Ibi Philippus rex iudicio principum, Adolfo etiam cum suis sequacibus eum rogante et instigante, expeditionem Coloniae omnibus qui aderant principibus indicit. 658 CrC cont II, anno 1205, S. 175: (…) Heinricus dux de Lemburg, qui eo tempore curam episcopii administrandam susceperat, (…). 659 Die Wahl Brunos von Sayn zum Nachfolger Adolfs erklärt sich vor allem aus der Parteinahme seines Neffen Heinrich für Otto IV. Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 47 – 49. 660 CrC cont. II, anno 1205, S. 175: Lotharius comes de Hoinstadin, cognato suo Gerhardo comite de Are eadem urbe violenter expulso, ipse, inibi militibus suis locatis, totaliter eam sibi usurpavit, cum nisi medietatem eiusdem urbis antea non haberet; (…). Bader: Grafen von Are, S. 336. Vielleicht hat es sich bei der Verdrängung Gerhards aus der Burg Are durch seinen Vetter Lothar von Hochstaden aber auch um einen innerfamiliären Konflikt gehandelt, der keine Schlüsse auf das Verhältnis Gerhards zu den Königen erlaubt. In den Königsurkunden ist er zwischen 1202 und 1220 nicht anzutreffen. 661 Dafür spricht die Darstellung der Wahl Brunos von Sayn in dem Dialogus clerici et laici contra persecutores ecclesiarum, in: Chronica regia Coloniensis (Annales maximi Coloniensis), ed. Georg Waitz, Hannover 1880 (MGH rer. Germ. i. u. s. 18), S. 316 – 322, 319:
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Ohne die einzelnen Kampfhandlungen in extenso darstellen zu können, sei auf die außergewöhnliche Heftigkeit und Emotionalität der Kämpfe am Niederrhein hingewiesen 662 – sogar von Greueltaten der Belagerer Kölns berichtet die zweite Fortsetzung der Kölner Königschronik 663, doch darf man ihr eine klar antistaufische Haltung unterstellen, weshalb diese Nachricht nicht überbewertet, aber auch nicht völlig unberücksichtigt werden sollte. Am 19. Juni 1205 war Adolf von Altena tatsächlich abgesetzt worden.664 Einen Monat später wurde der Bonner Propst Bruno von Sayn als Bruno IV. zum Erzbischof von Köln gewählt 665, doch darf trotz der Normalität suggerierenden Formulierung der Chronica s. Pantaleonis 666 nicht vergessen werden, dass seine Wahl nur von einer Minderheit der Kleriker und Adeligen der Erzdiözese anerkannt wurde.667 Bis zur Wahl Brunos hatte Engelbert von Berg noch versucht, durch Appellation an den Heiligen Stuhl die erzbischöfliche Stellung Adolfs zu retten, doch wurde durch die Wahl Brunos eine Vermittlung bis auf Weiteres unmöglich gemacht.668 Der Dompropst Engelbert verließ nun protestierend mit seinen Anhängern im Domkapitel die Stadt 669 und kämpfte fortan verbissen gegen die Partei Brunos um die Besitzungen und Einkünfte des Domstifts.670 In der Folge wurde er auf päpstliche Anordnung hin erst exkommuniziert 671 und schließlich abgesetzt, doch sorgten diese Maßnahmen
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Aderat enim comes de Seine, maioris ecclesie advocatus, cuius prima vox est in assensu prestando. Aderat dux de Limburg, et alii nobiles quam plures et populus multus nimis. Wenn andere Große anwesend waren, dann hätte nichts dagegen gesprochen, jene auch namentlich zu erwähnen. CrC cont. II, anno 1205, S. 177 – 179; Chronica s. Pantaleonis, anno 1205, S. 221. CrC cont. II , anno 1205, S. 179: Comes Iuliacensis clerico cuidam bone indolis ad iniuriam Coloniensium, vesano, immo diabolico actus instinctu, nasum et aures abscidi, linguam prescidi, oculos erui, sicque membris omnibus inutilem campo [relinqui] precepit. REK II, Nr. 1684. REK III, Nr. 1. Chronica s. Pantaleonis, anno 1205, S. 221: Sic eo deposito, secundum sententiam summi pontificis clerus et populus cum aliis nobilibus viris in ecclesia beati Petri convenientes Brunonem Bonnensem prepositum concorditer elegerunt, (…). Janssen: Erzbistum Köln, S. 127f.; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 40f. Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 38f. Ibid.: (…), nemine preter Engilbertum maioris domus prepositum et quibusdam canonicis beati Petri, eius fautoribus, reluctante et pro hac indignatione de civitate recedente. REK III, Nr. 13, 20, 23; Ennen / Eckertz: Quellen 2, Nr. 21; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 39. REK III, Nr. 13.
Adolf III. von Berg |
nicht dafür, dass der Berger sein Verhalten änderte. Auch die Domherren, die ihn unterstützten, kümmerten sich nicht um ihre Suspension und verrichteten ihre geistlichen Ämter weiter.672 Erneut wird in diesem Konflikt zum einen der Gegensatz zwischen dem Haus Berg und der Are-Hochstadenschen Gruppe deutlich, zu der inzwischen auch die Grafen von Sayn gehörten.673 Zum anderen kann abermals die beherrschende Stellung der bergischen Grafen in der Region um Köln beobachtet werden, denn selbst strenge Kirchenstrafen konnten ignoriert werden, ohne dass es zu einem Auseinanderfallen der probergischen Gruppe innerhalb des Domkapitels gekommen wäre. Die Weihe Brunos gibt ebenfalls Aufschluss darüber, dass sich seine geistliche Anhängerschaft im Wesentlichen auf den stadtkölnischen Klerus beschränkte, denn es fand sich in der ganzen Kirchenprovinz kein Bischof, der bereit gewesen wäre, den Bonner Propst zum Erzbischof zu weihen. Schließlich nahm Erzbischof Siegfried von Mainz gemeinsam mit zwei englischen Bischöfen die Weihe vor.674 Selbst die Orden unterstützten nicht geschlossen den von Innozenz III. protegierten Bruno: Der Zisterzienserabt Richolf von Altenberg entschied sich z. B. für die gleiche Partei, die auch die Stifterfamilie seines Klosters gewählt hatte, nämlich die Seite Philipps von Schwaben.675 Zwar wurde er daraufhin vom Generalkapitel seines Ordens abgesetzt 676, doch zeigt diese 672 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 40. 673 Janssen: Erzbistum Köln, S. 128. Janssens These, dass sich diesmal nicht nur die AreHochstadensche Gruppe gegen die Berger, sondern auch das Priorenkolleg gegen das Domkapitel durchgesetzt habe, ist wohl nicht zuzustimmen. Lediglich der Domdekan Konrad, Propst Dietrich von St. Aposteln – Engelberts Konkurrent um die Dompropstei wenige Jahre zuvor –, der Scholaster Heinrich von St. Gereon und der Propst Gerhard von Kerpen standen sicher aufseiten Brunos. Kontakte zu ihm unterhielten ferner die Pröpste Dietrich von St. Gereon, Dietrich von St. Severin, die Dekane Heinrich von St. Gereon und Ivo von St. Aposteln, die Äbte Simon von St. Martin, Otto von Siegburg, Bruno von Deutz und der Abt von Gladbach, ohne dass aus den Verbindungen zwangsläufig eine Parteinahme für Bruno abgeleitet werden kann. Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 40f. 674 REK III, Nr. 10, 11, 14, 18. 675 Die Altenberger Mönche hatten bereits 1202 ein Privileg Philipps erwirken können, obwohl die Grafen von Berg zu diesem Zeitpunkt Otto IV. unterstützten. Sie handelten also durchaus eigenständig. Lacomblet II, Nr. 7; UB Altenberg 1, Nr. 49; Schütte: Philipp von Schwaben, S. 278f. 676 Dialogus clerici et laici, S. 322: Quomodo autem ipsi ratione vos ducant, immo quomodo seducant, satis apparet in depositione abatis illius de Monte, qui de generali consilio suo rediit destitutus propter errorem, quem inter vos seminaverat, et prevaricationem mandati apostolici super
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Episode deutlich, dass regionale Interessen gegenüber päpstlichen Direktiven bisweilen überwogen. Die Belagerung Kölns hatte bereits vor dem Eintreffen Philipps Ende September 1205 begonnen, doch mit dessen Kontingenten konnte die Stadt nun vollkommen eingeschlossen werden.677 Führend beteiligt war Adolf von Berg, der von der Feste Deutz aus die Kölner mit Bogenschützen und Rittern bedrängte.678 Die Kölner ihrerseits beschossen Deutz von ihren Schiffen aus und verwüsteten die rechtsrheinischen Besitzungen des Bergers. Mit wechselndem Kriegsglück dauerte diese Situation etwa anderthalb Jahre an.679 Die wohl auf Wunsch Adolfs von Altena vorgenommene Stationierung bergischer Truppen in Deutz erklärt sich vor allem daraus, dass die Berger bis zum Verkauf des presidium Tuicii Mitte der 70er Jahre an Philipp von Heinsberg im Besitz wesentlicher Teile der Festung gewesen waren, sich also bestens auskannten. Zudem hatte der Berger bedingt durch die Häufung seines Besitzes in dieser Region kurze Nachschubwege. Die aktive Parteinahme Adolfs von Berg für Adolf von Altena führte zu der Exkommunikation seiner Person und der Verhängung des Interdikts über seine Ländereien an Ostern des Jahres 1206, wobei Innozenz sämtliche wichtigen
interdicto, quod predicti iudices servari preceperant, quorum auctoritatem vos nullam reputatis. Mosler: Cistercienserabtei Altenberg, S. 140. 677 Chronica s. Pantaleonis, anno 1205, S. 222. 678 Ibid., S. 221: Civitas etiam ab inimicis undique vallatur, nulli ingredi vel egredi libere conceditur; Tiuciense castrum stipatum sagittariis et militibus comitis Adolfi de Monte ei opponitur et adversatur. Renus superius et inferius, ne victualia vel mercimonia per naves inferantur, clauditur. Ursula Lewald behauptet, dass Adolf von Deutz aus den Rhein sperrte: Lewald, Ursula: Das Verhältnis von Köln und Deutz im Mittelalter, in: Besch, Werner u. a. (Hgg.): Die Stadt in der europäischen Geschichte. Festschrift Edith Ennen, Bonn 1972, S. 378 – 390, S. 389. Dieser Annahme kann nicht zugestimmt werden, weil in der Chronica s. Pantaleonis explizit erwähnt wird, dass der Rhein oberhalb und unterhalb von Köln mit Schiffen gesperrt wurde und der dazwischen befindliche Flussabschnitt von den Kölnern kontrolliert wurde (s. folgende Anmerkung). 679 Ibid., S. 221f.: Sic itaque cives undique artati, et maxime per castrum ipsis oppositum – sagittarii enim in domo predicti comitis Adolfi constituti cum sepius sagittis suis eos impeterent et maledicta et convicia plurima proferrent, – naves maximas com propugnaculis in medio Reno statuunt et balistarios et sariantos, qui illis in faciem fortiter resistant, plurimos constituunt. Naves etiam alias instaurant, per quas sepius transvecti eundem comitem et suos impugnant, villas quoque super litus Reni sitas ipsi subditas rapinis et incendio devastant; et sic per annum et dimidium vario eventu simul confligunt et dimicant.
Adolf III. von Berg |
Parteigänger des abgesetzten Erzbischofs mit diesen Kirchenstrafen belegte, nämlich die Grafen von Jülich, Hochstaden, Altena, Geldern und eben Berg.680 Eine vorläufige Entscheidung im Kampf um den Niederrhein fiel im Sommer 1206 in der Schlacht bei Wassenberg. In diesem Gefecht unterlagen König Otto, Walram von Limburg und der kurz zuvor geweihte Erzbischof Bruno der Fürstenkoalition um Philipp von Schwaben, der sich kurz zuvor auch noch Herzog Heinrich von Limburg angeschlossen hatte.681 Ohne dass der Berger namentliche Erwähnung findet, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er sich aufseiten Philipps an dem Treffen beteiligt hat. Otto verlor infolge der Niederlage jeglichen Einfluss in dieser Region, und Bruno von Sayn geriet in staufische Gefangenschaft, aus der er erst im folgenden Jahr entlassen wurde. Auch die Position der Stadt Köln hatte sich merklich verschlechtert, weshalb ihre Bürger nun zu Verhandlungen mit dem Staufer bereit waren. In diesen Verhandlungen einigte man sich auf Druck des Herzogs von Brabant, der Grafen von Geldern, Jülich, Berg, Hochstaden und Kessel sowie des Kölner Vogts Hermann von Eppendorf unter anderem darauf, dass sich die Kölner bei Innozenz III. für eine Wiedereinsetzung Adolfs von Altena als Erzbischof von Köln einsetzen sollten.682 Die politische Handlungsgemeinschaft, in der sich Adolf von Berg in dieser Phase des Thronstreit aufhielt, wird einerseits in der päpst lichen Exkommunikationsanordnung, andererseits in der Übereinkunft zwischen Philipp von Schwaben und den Bürgern der Stadt Köln sehr konkret sichtbar und bestand aus den eben genannten Adelshäusern. Nachdem sich Philipp militärisch durchgesetzt hatte, war Innozenz gezwungen, Verhandlungen mit dem Staufer aufzunehmen. Auf einem Hoftag zu Worms im Jahr 1207 wurde deshalb auch der im Gefolge Philipps befindliche Adolf von Berg gemeinsam mit den anderen Großen des Niederrheins vom Bann gelöst.683 In der Umgebung des Staufers lässt sich Adolf nur noch ein weiteres Mal feststellen, nämlich am 1. Juni 1208 auf dem Hoftag zu Aachen.684 Wahrschein-
680 Die Verkündung des päpstlichen Urteils erfolgte am 15. März. Ennen, Leonard / Eckerts, Gottfried (Hgg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln 2, Köln 1863 (ND Aalen 1970), Nr. 19; CrC cont. II, anno 1206, S. 179: In pasca comes de Hoinstaden cunctique fautores Adolfi archiepiscopi cum universis populis sibi subiectis Colonie a delegatis apostolici excommunicantur, et per omnem terram eorum tam ecclesia quam clerici a divinis suspenduntur. 681 Ibid., S. 179f.; Chronica s. Pantaleonis, anno 1206, S. 223f.; Janssen: Erzbistum Köln, S. 128. 682 Ennen / Eckertz: Quellen 2, Nr. 23. 683 Ibid., Nr. 25; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 105. 684 RI V, 1, 1, Nr. 183; Schütte: Philipp von Schwaben, S. 418.
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lich begab er sich von dort mit Philipp und den anderen Potentaten der Region nach Bamberg, wo der König ein Heer gegen Otto sammelte.685 Die Ermordung Philipps am 21. Juni 1208 in Bamberg veränderte die politische Lage mit einem Schlag zugunsten Ottos. Ohne konkurrenzfähigen Gegenkandidaten – Heinrich von Brabant fand kaum Unterstützer 686 – setzte er sich schnell durch.687 3.4.1.2 Die Grafen von Berg in der zweiten Phase des Thronstreits 1208 – 1215
Noch während sich nach dem Tod Philipps von Schwaben eine Konsolidierung der Situation im Reich abzeichnete, starb der mittlerweile freigelassene Kölner Erzbischof Bruno von Sayn am 2. November 1208.688 Auch wenn sich Adolf von Altena erneut Hoffnungen machte, den Erzbischofsstuhl wieder besteigen zu dürfen 689, blieb ihm diese Ehre versagt. Stattdessen einigten sich die Wähler überraschend einstimmig auf Dietrich von Hengebach.690 Auch die Grafen von Berg und ihre Anhängerschaft stimmten dieser Wahl zu, obwohl sie in der Vergangenheit mit Dietrich aneinandergeraten waren.691 Wahrscheinlich hatten die letzten Jahre der Kämpfe und der Verwüstung gerade um Köln zu einer erhöhten Kompromissbereitschaft aller Parteien geführt – der Adel des Niederrheins war möglicherweise kriegsmüde. Zudem war der potenzielle ber gische Kandidat – der Dompropst Engelbert – wegen seines überaus aggressiven Verhaltens nach der Wahl Brunos noch nicht wählbar. Die von ihm angerichteten Schäden an den Gütern des Domkapitels beliefen sich auf umgerechnet ungefähr 360 Mark Silber 692, die er erst begleichen musste, bevor er sich um den Erzbischofsstuhl bewerben konnte. In jedem Fall wurde Dietrich von allen Großen des Niederrheins akzeptiert.693 685 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 105. 686 Smets: Henri I, S. 126 – 128; Hucker: Otto IV., S. 95f. 687 Hucker: Otto IV., S. 96 – 101. 688 REK III, Nr. 51. 689 REK III, Nr. 53. 690 Ibid. 691 S. Kap. 3.4.1.2. 692 Lacomblet II, Nr. 28 = REK III, Nr. 74. 693 Chronica s. Pantaleonis, anno 1208, S. 227: Qui etiam ante natale Domini Coloniam veniens, cum honore maximo suscipitur; ubi Theodericus, prepositus Sanctorum Apostolorum, eius consilio et auxilio ab omnibus in episcopum eligitur, et a cunctis nobilibus terrae ipsa electio approbatur. Janssen: Erzbistum Köln, S. 129.
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Der neu gewählte Erzbischof war sich darüber bewusst, dass seine einhellige Wahl vor allem auf der Zurückhaltung der Berger beruhte. Folglich wandte er sich in seiner ersten Urkunde an die Abtei Altenberg und bestätigte deren Besitzungen.694 Auch fand Dietrich eine Einigung mit Adolf von Altena, dessen Ansprüche er mit einer lebenslangen jährlichen Rente von 250 Mark abfand.695 Durch diese beiden Rechtsakte zeigte er sich dem bergischen Grafenhaus für dessen Kompromissbereitschaft erkenntlich. Das Verhältnis zwischen dem Erzbischof und Adolf III. von Berg blieb auch in den folgenden Jahren gut, worauf die Präsenz des Bergers in den Urkunden Dietrichs deutet: Der bergische Graf ist in den nächsten Jahren bei sieben Gelegenheiten am erzbischöflichen Hof anzutreffen, um insgesamt sechs Urkunden Dietrichs zu bezeugen und eine eigene Schenkung bestätigen zu lassen.696 Adolf war also Teil des engeren Beraterkreises des Erzbischofs. Im Gefolge Dietrichs von Hengebach reiste Adolf von Berg im Sommer 1209 nach Speyer. Am 30. Juni dieses Jahres finden wir ihn in der Zeugenliste einer dort ausgestellten Urkunde Ottos IV., in der jener die Abtei Rommersdorf von den Zöllen auf Rhein und Main befreit.697 Der bergische Graf hatte also spätestens zu diesem Zeitpunkt die Königsherrschaft Ottos anerkannt. Zwar beteiligte er sich nicht an dem bald darauf begonnenen Italienzug des Welfen 698, hielt ihm allerdings auch dann noch die Treue, nachdem Papst Innozenz III. Otto exkommuniziert und eine von Landgraf Hermann von Thüringen geführte Koalition dem jungen Staufer Friedrich II. die deutsche Krone angetragen hatte.699 Dafür spricht die Anwesenheit des Bergers auf dem Reichstag zu Frankfurt 694 UB Altenberg 1, Nr. 58 = REK III, Nr. 54. 695 REK III, Nr. 64. Die Akzeptanz dieser für sich genommen stattlichen, aber im Vergleich mit den Einkünften eines amtierenden Erzbischofs wohl eher gering einzuschätzenden Rente zeigt auch, dass Adolf von Altena mittlerweile bereit war, den Status quo zu akzeptieren. Die päpstliche Bestätigung der Rente findet sich ibid., Nr. 71. 696 REK III, Nr. 55, 56, 64, 69, 72, 86. REK III, Nr. 92 ist die Bestätigung von Lacomblet II, Nr. 34. 697 Beyer, Heinrich / von Eltester, Leopold (Bearbb.): Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien 2: Vom Jahre 1169 bis 1212, Koblenz 1865 (im Folgenden MRUB), Nr. 243. 698 Hucker: Otto IV., bes. S. 142 – 155 u. 187 – 203. 699 Ibid., S. 291 – 294; Wiegand, Peter: Die Ludowinger und die deutsche Königswahl im 13. Jahrhundert: Wahlverfahren im Lichte von „Papstnähe“ und kanonischem Recht, in: Wolf, Armin (Hg.): Königliche Tochterstämme, Königswähler und Kurfürsten, Frankfurt a. M. 2002 (Studien zur Europäischen Rechtsgeschichte 152), S. 359 – 418, S. 388 – 396; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 106.
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am 16. März 1212.700 Von dort aus machte sich Adolf III. gemeinsam mit seinem Bruder Engelbert nach Okzitanien auf, um am sogenannten Albigenserkreuzzug teilzunehmen.701 Kurz nach dem Aufbruch der Berger geriet der mühsam erreichte Frieden am Niederrhein wieder in Gefahr. Erzbischof Siegfried II. von Mainz exkommunizierte Dietrich von Hengebach und setzte ihn im April sogar als Kölner Erzbischof ab, denn der treue Parteigänger des Welfen hatte sich geweigert, den päpstlichen Bann über Otto zu verkünden.702 Adolf von Altena übernahm nun mit päpstlicher Billigung, aber ohne rechtlich eindeutige Bestätigung erneut die Amtsgeschäfte 703, was die Berger sicher begrüßt haben dürften. Doch Adolf wurde im Gegensatz zu Dietrich zum einen längst nicht von allen geistlichen und weltlichen Großen des Niederrheins und Westfalens anerkannt 704, zum anderen rissen infolge der Politik Adolfs alte Gräben wieder auf: Er verkündete die Exkommunikation über Otto 705, womit er sich auf die Seite des Papstes und des von ihm protegierten jungen Staufers Friedrich II. stellte, der sich von Sizilien aus auf den Weg nach Norden gemacht hatte, um seine Thronansprüche durchzusetzen.706 Die Potentaten der Region mussten sich also erneut positionieren. Wenn es zulässig ist, in den Zeugen der Urkunden Adolfs von Altena auch seine politischen Gefolgsleute zu sehen, dann ergibt sich dort folgendes Bild: Neben seiner engsten Verwandtschaft, den Grafen Adolf und Friedrich von Altena 707, den in deren Herrschaftsbereich ansässigen Adeligen 708, Graf Gerhard von Geldern 709, dem Propst Gerhard von St. Aposteln 710, dem 700 701 702 703 704
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RI V, 1, 1, Nr. 470. S. Kap. 5.4. REK III, Nr. 106, 107. REK III, Nr. 108. So geriet er im April 1213 in Streit mit dem Pleban von St. Christoph in Köln, der Pfarrkirche von St. Gereon. Die Reaktionen der Beteiligten, die teils Adolf, teils den Pleban unterstützten, zeigen deutlich den Riss, der durch den Kölner Klerus ging. REK III, Nr. 117, 118. Andere Fälle bei ibid., Nr. 123, 125, 126. Die welfenfreundliche Kölner Königschronik erklärt die Krönung Friedrichs II. durch die Hand des Erzbischofs von Mainz – also des falschen Koronators – damit, dass der Erzbischofsstuhl um diese Zeit verwaist gewesen sei. CrC cont. II, anno 1215, S. 193: Vacabat enim tunc temporis Coloniensis ecclesia archiepiscopo, cuius iuris erat regem consecrare. REK III, Nr. 109. Stürner: Friedrich II. 1, S. 141 – 144. WUB III, Nr. 79; WUB VII, Nr. 94. WUB VII, Nr. 100. REK III, Nr. 114. WUB VII, Nr. 94.
Adolf III. von Berg |
Domkustos Dietrich III. von Altena-Isenberg 711 und einigen wenigen Kanonikern mochte sich fast niemand bereitfinden, die Sache Adolfs und Friedrichs II. offen zu vertreten. Jenseits dieses Personenkreises entschied sich nur der Dompropst Engelbert für die Partei seines Onkels.712 Adolf III. von Berg scheint wie die Mehrheit der Großen der Region an der Seite Ottos verharrt zu haben, wenngleich dies kein Zeichen einer Verschlechterung der Beziehung zu Adolf von Altena darstellen muss. Kraus hat vorgeschlagen, die Motive des Bergers in der starken Stellung des Kaisers am Niederrhein und der Nähe der bergischen Besitzungen zur Welfenhochburg Köln zu suchen, weshalb ein Abfall von Otto wohl schwerwiegende Konsequenzen nach sich gezogen hätte.713 Diese Argumente leuchten durchaus ein. Ergänzend sei hinzugefügt, dass der Rückhalt Adolfs von Altena im Adel sehr begrenzt war. Adolf von Berg hätte sich also auch einer großen Adelsopposition gegenüber gesehen, die seine Stellung am Niederrhein durchaus hätte gefährden können. Insofern entschied sich Adolf von Berg in dieser Phase des Thronstreits für das politisch Opportune. Trotz der unterschiedlichen Parteinahmen lässt sich kein offener Zwist zwischen den bergischen Brüdern feststellen. Vielleicht war Engelberts Entscheidung, seinen Onkel Adolf zu unterstützen, vor allem Kalkül, denn er vertrat damit gleichzeitig die Interessen des Papstes. Weil Engelbert wohl wusste, dass das faktische Schisma innerhalb der Kölner Kirche nicht ewig würde andauern können, positionierte er sich auf der Seite, die ihm die vermeintlich beste Ausgangsmöglichkeit für die kommende Wahl zum Erzbischof von Köln bot. Zudem hatte er sich in der Vergangenheit einiges zu Schulden kommen lassen, sodass ein päpstlicher Einspruch gegen seine Wahl durchaus denkbar gewesen wäre. Folglich demonstrierte er mit seiner Entscheidung eher seine Hoffnung, etwaigen Konkurrenten um den Kölner Erzbischofsstuhl einen Schritt voraus zu sein, als tatsächliche Gegnerschaft zu Kaiser Otto. Lothmann führt außerdem an, dass Engelbert möglicherweise aus Furcht vor einem erneuten Bannstrahl, wegen der Verbundenheit mit seinem Förderer Adolf von Altena und wegen der Aussicht auf die Propstei des Aachener Marienstifts die kaiserliche Partei verlassen habe.714
711 Ibid. 712 WUB III, Nr. 79; WUB VII, Nr. 94, REK III, Nr. 127; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 47. 713 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 106. 714 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 47.
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Mit der Niederlage bei Bouvines am 27. Juli 1214 sollte sich das Kräfteverhältnis im Reich und am Niederrhein auf einen Schlag zuungunsten Ottos verändern.715 Ob Adolf III. von Berg – wie andere niederrheinische und westfälische Große 716 – an der Schlacht im Gefolge des Welfen teilgenommen hat, ist nicht nachzuvollziehen. Dagegen sprechen vor allem die fehlenden Quellenbelege in der ansonsten gut unterrichteten Kölner Königschronik 717 und der Chronica s. Pantaleonis.718 Geschlagen zog sich Otto nach Köln zurück. Sein Rivale Friedrich II. hatte bereits um den 15. Juli mit Heeresmacht die Mosel nach Norden überschritten. Aus Sorge um ihre Ländereien unterwarfen sich die Grafen von Jülich, Berg und Sayn dem Staufer in dessen Heerlager in Münstermaifeld.719 Zwar wurde der Friede bald darauf gebrochen, doch mit der Huldigung Herzog Heinrichs von Brabant, des nach der Niederlage Ottos ‚starken Mannes‘ am Niederrhein, erlahmte der Widerstand gegen Friedrich.720 Dass sich Adolf 715
Zu den Auswirkungen dieser Schlacht zuletzt Springer, Matthias: Otto IV. und die Schlacht von Bouvines, in: Hucker, Bernd U. u. a. (Hgg.): Otto IV.: Traum vom welfischen Kaisertum: Landesausstellung „Otto IV. – Traum vom Welfischen Kaisertum“, Braunschweigisches Landesmuseum / Dom St. Blasii / Burg Dankwarderode vom 8. August bis 8. November 2009, Petersberg 2009, S. 275 – 278. Immer noch aktuell ist Duby, Georges: Le dimanche de Bouvines, 27 juillet 1214, Paris 1973 (Trente journées qui on fait la France 5). 716 Beispielsweise die Herzöge Heinrich I. von Brabant und Heinrich III. von Limburg sowie die Grafen Wilhelm I. von Holland, Otto von Tecklenburg und Konrad von Dortmund. Duby: Bouvines, S. 61. 717 CrC cont. II, anno 1214, S. 192: Post hec ad vincula sancti Petri Otto imperator, Pharamundus comes Flandrie cum exercitu copioso iuxta Tornacum contra filium regis Francie prelium committentes, cum utrinque acriter dimicaretur, comes Flandrensis, comes de Thikenlinburg cum multis aliis capiuntur, multi occiduntur, ipse vero imperator inhoneste reversus est. 718 Chronica s. Pantaleonis, anno 1214, S. 235: Circa Iulium etiam mensem idem imperator cum comite Flandriae Ferrando et duce Brabantiae et plurimo exercitu contra regem Galliae ad bellum proficiscitur; ubi iuxta Tornacum prelio commisso, rex Galliae victoriam obtinuit. Ferrandus cum pluribus nobilibus tam Flandriae quam Lotharingiae ibidem capitur, et Parisius missi, vinculis mancipantur. 719 CrC cont. II, anno 1214, S. 192: In assumptione Marie Fridericus rex cum inestimabili multitudine Alemanniam ingressus, Mosella traiecta, in confinio Meinevelt tentoria fixerunt. Ubi Walravius comes Iuliacensis, Adolfus comes de Monte, Heinricus comes de Seine cum eo pacem composuerunt, ita ut ipsi eum in nullo lederent, et ipse per terram eorum pacifice transiret, nihil nisi mercatum condigna mercede recipiens; que pax statim rupta est. 720 Ibid.: Rex vero ultra progressus fluvium Masam transiit, terram ducis Brabantie intrare disposuit; sed dux eius adventu territus, ei pacificus occurrit, pacem quesivit, quem rex tali conditione in gratiam recepit, quod ipse dux regi fidelitatem faceret, obsides daret, quod in omnibus ei fidelis existeret et contra omnem hominem ei fideliter assisteret.
Adolf III. von Berg |
von Berg auch erst endgültig nach der Huldigung Heinrichs unterworfen habe, wie Kraus vermutet 721, ist denkbar. Der Seitenwechsel des Bergers wird sichtbar, als er von März 1215 an die Festung Kaiserswerth im Auftrag Friedrichs belagert, um den dort eingekerkerten Bischof von Münster zu befreien.722 Er nahm spätestens ab dem 3. Mai 1215 auch am Hoftag Friedrichs in Andernach teil 723 und traf am 27. Juli, zwei Tage nach der Krönung Friedrichs II., in Aachen ein, wo er wiederum zwei Tage später eine Urkunde des neuen Königs bezeugte 724 und das Kreuz nahm. Die Kölner Königschronik berichtet, dort habe Friedrich als Belohnung für die Befreiung Bischof Ottos aus der Festung Kaiserswerth ebenjene an Adolf übertragen.725 Als besondere Wertschätzung des Bergers darf die am 2. August 1215 in Neuss erfolgte königliche Inschutznahme und Zollbefreiung der Abtei Altenberg gewertet werden.726 Mit dieser Urkunde bestätigte und erweiterte der Staufer ein vermutlich aus dem Vorjahr stammendes ähn liches Privileg seines Rivalen Otto.727 Mit der heimlichen Flucht Ottos aus Köln im Juli 1215728 beruhigte sich die Lage am Niederrhein. Zu Beginn des Jahres 1216 forderte Innozenz III . die Kölner Prioren zur Neuwahl eines Kölner Erzbischofs auf. Sowohl Dietrich von Hengebach als auch Adolf von Altena fügten sich der päpstlichen Order und traten zurück.729 Aus der am 29. Februar erfolgten Wahl ging Engelbert von Berg als electus hervor.730 Die Entscheidung der Prioren verwundert keineswegs, denn der Berger hatte keinen ernsthaften Konkurrenten und konnte die Unterstützung des Königs, des Papstes und seiner Verwandtschaft auf sich
721 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 106. 722 Darauf ist im Kontext der Kreuznahme Adolfs noch einmal zurückzukommen. S. Kap. 5.5.1. 723 Für den 3. Mai ist er als Zeuge belegt, wobei nichts dagegen spricht, dass Adolf von Beginn an – also seit dem 1. Mai – der Fürstenversammlung beigewohnt hat. RI V, 1, 1, Nr. 797. 724 Meuthen, Erich (Bearb.): Aachener Urkunden. 1101 – 1250, Bonn 1972 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 58), Nr. 5 = Lacomblet II, Nr. 51. 725 CrC cont. II, anno 1215, S. 193: Cui (Adolf, A. B.) rex castrum (Kaiserswerth, A. B.) resignavit. 726 Lacomblet II, Nr. 52 (Regest s. UB Altenberg 1, Nr. 71). 727 Winkelmann, Eduard (Bearb.): Acta Imperii inedita saeculi XIII 1: Urkunden und Briefe zur Geschichte des Kaiserreiches und des Königreiches Sicilien in den Jahren 1198 – 1273, Innsbruck 1880, Nr. 69a (Regest s. UB Altenberg 1, Nr. 70). 728 RI V, 1, 1, Nr. 498t. 729 REK III, Nr. 137. 730 Vita Engelberti, lib. I, cap. 3, S. 239f.; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 49 – 54; Ficker: Engelbert der Heilige, S. 53.
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vereinen.731 Zwar hatten einige Parteigänger Dietrichs von Hengebach versucht, die Wahl anzufechten, indem sie Engelbert mit schweren Vorwürfen konfrontierten, doch der Berger parierte den Angriff mittels eines Reinigungseides, bei dem er auf viele geistliche wie weltliche Helfer zurückgreifen konnte.732 Die wohl recht hohe Anzahl seiner Eideshelfer spiegelt die Unterstützung Engelberts durch die Großen der Region wider, und angesichts dessen verstummten die Kritiker der Entscheidung bald. Die Wahl Engelberts läutete den Höhepunkt bergischer Machtentfaltung unter den älteren Grafen von Berg ein – der Kölner Erzbischofsstuhl und die Grafschaft Berg waren wieder in der Hand eines Grafengeschlechts vereint, und Adolf hatte den Besitzungen seines Vaters noch einiges hinzufügen können: So erwarb er etwa die Vogtei über das Stift Gerresheim 733 und intensivierte die bereits unter seinem Vater in Angriff genommenen Rodungstätigkeiten, mit denen einträgliche Schirmvogteien verbunden waren.734 Auch förderte er die bergische Gründung Wipperfürth, indem er die Einwohner von Steuern befreite.735 In den folgenden Jahren unterstützten Engelbert und Adolf von Berg einander bei ihren Vorhaben und demonstrierten so ihr gutes Einvernehmen. Adolf bezeugte einige Urkunden seines Bruders 736, Engelbert bestätigte seinerseits manche Rechtshandlungen Adolfs.737 Auch bei Angriffen auf das Erzstift konnte sich Engelbert der Unterstützung des Grafen von Berg sicher sein: Der limburgisch-klevische Versuch, die Schwäche des Erzstifts unmittelbar nach der Wahl Engelberts militärisch auszunutzen, konnte von Engelbert vereitelt werden 738 – in der Konsequenz zogen er und sein Bruder sogar eine Scheidung 731 Zur königlichen Unterstützung seiner Wahl REK III , Nr. 138; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 50; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 107. 732 Ibid., S. 240: Quidam ex parte Theoderici electionem Engelberti adhuc prepositi impedire volentes coram domno apostolico quedam satis gravia illi imposuerunt; de quibus cum multis tam laicis quam clericis in facie ecclesie sue se expurgavit. 733 WUB VII, Nr. 142. 734 Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 51; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 96f. 735 Lacomblet II, Nr. 107. Damit muss nicht zwangsläufig die formale Erhebung zur Stadt verbunden gewesen sein, wie Kraus meint. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 99f. Vgl. Friedhoff: Territorium und Stadt, S. 25 – 33. Dort findet sich eine ausführliche Darstellung der Problematik. 736 REK III, Nr. 148, 149, 166, 182. 737 REK III, Nr. 183, 186. 738 Vita Engelberti, lib. I, cap. 4, S. 240: Nam circa principium electionis eius totius pacis inimicus dyabolus, qui ‚fervescere facit quasi ollam profundum maris‘, suscitavit ei adversarios acerrimos, scilicet Theodericum comitem de Clifo et Waleramum ducem de Lemburg et comitem in
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Irmgards, der Erbtochter Adolfs, von Heinrich von Limburg in Betracht, um eine spätere Vereinigung der Grafschaft Berg mit dem Herzogtum Limburg zu verhindern.739 Der Plan wurde jedoch offenbar fallen gelassen. Als Adolf III. von Berg im Sommer 1218 vor Damiette kämpfte und schließlich starb, fanden zwei anwesende Chronisten eindeutige Worte für die Bedeutung des Grafen: Oliver von Paderborn bezeichnete ihn als „Haupt, Führer und Richter“740 der Norddeutschen und Friesen in Ägypten, der anonyme rheinische Verfasser der Gesta crucigerorum Rhenanorum nannte ihn „Blüte Niederdeutschlands“ und „Haupt aller Franken und Friesen“.741 Im weiteren Zusammenhang mit der Teilnahme dieses bergischen Grafen am Fünften Kreuzzug wird sich mit diesen Äußerungen noch einmal genauer auseinandergesetzt.742 3.5 ENGELBERT I. VON KÖLN: ERZBISCHOF UND LETZTER HERR DER GRAFSCHAFT BERG AUS DER ÄLTEREN LINIE DERER VON BERG 743
Der Tod Adolfs hätte die limburgische Sukzession in der Grafschaft Berg nach sich gezogen, war doch Adolfs Erbtochter Irmgard mit Heinrich von Limburg verheiratet. Erzbischof Engelbert hatte allerdings andere Pläne und trat seinerseits die Nachfolge seines Bruders in der Grafschaft an.744 Dabei ging es Engelbert wohl weniger um eine optimale Ergänzung des herzöglich-kölnischen
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Luzzilburg, eorumque cognatos et auxiliarios, ut futurus Machabeus in eis experiretur. Quos ita humiliavit et repressit, ut illorum exemplo ceteri comites ac nobiles terre territi contra ipsum mutire non auderent, verentes evenire sibi quod quidam ait. Ibid., S. 240f.: Ob quam causam tam graves orte sunt inter eos inimicitie, ut dominus archielectus et frater eius comes Adolfus divortium fieri vellent inter Henricum filium ducis Walerammi et filiam eiusdem Adolfi, consanguinitatem pretendentes, ne comitia ad Henricum uxoris gratia devolvi posset. REK III, Nr. 145. Historia Damiatina, cap. 11, S. 179. Gesta crucigerorum Rhenanorum, cap. 6, S. 40f. S. Kap. 5.5.4. Ich beschränke mich in diesem Kapitel weitgehend auf die bergischen Angelegenheiten, mit denen Engelbert befasst war. Für alles Weitere sei auf Lothmann verwiesen, der auch die ältere Forschung umfassend aufarbeitet. Eine ausführliche Darstellung des frühen politischen Handelns des Bergers bei Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 66 – 82. Siehe auch Lacomblet II, Nr. 57, 58, 59, 60, 61, 64. Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 141 – 146; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 109f.; REK III, Nr. 217.
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Herrschaftsgebiets 745, sondern um die Vermeidung einer Umklammerung des Erzstifts durch die aggressiven Limburger zu seinen Lebzeiten sowie die Sicherung der bergischen Grafschaft als Brücke erzbischöflicher bzw. herzöglicher Politik und Verwaltung nach Westfalen.746 Dass Engelbert bei der Übernahme der Grafschaft Berg übliche Rechtsnormen zumindest beugte und eben keiner „alten verbreiteten Rechtsgewohnheit“747 folgte, belegt vor allem die Reaktion der Limburger, die das Erbrecht Irmgards und damit Heinrichs verletzt sahen und ihre Ansprüche mangels Alternativen gemeinsam mit ihrem Verbündeten Graf Dietrich von Kleve mit Waffengewalt durchzusetzen gedachten.748 Zwar scheiterte der Versuch, doch gerade die den Limburgern als Kompensation zugewiesenen jährlichen Einkünfte zeugen von der grundsätzlichen Berechtigung ihrer Intervention.749 Das Stillhalten der Limburger sicherte er im Jahr 1223 zusätzlich durch ein gegen Herzog Walram gerichtetes Bündnis mit Markgraf Philipp II. von Namur ab.750 Die Übernahme der Grafschaft Berg bedeutete allerdings nicht, dass Engelbert auch nach außen als Graf von Berg auftrat. Der Kölner Erzbischof stellte zwar einige Urkunden bergische Angelegenheiten betreffend aus, urkundete dabei aber nie als comes de monte, womit er der rechtlich schwierigen Situation um 745 So Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 53. Kolodziej führt leider nicht aus, was er unter einer optimalen Ergänzung versteht. 746 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 145. 747 Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 53. Auch in diesem Zusammenhang bleibt unklar, was Kolodziej meint. Auf S. 52 nennt er die Ansprüche der Limburger berechtigt. 748 Vita Engelberti, lib. I, cap. 5: Preter redditus episcopales post mortem fratris tenebat terram patris, de qua habebat ministeriales multos et redditus magnos. Ob quam causam ducis Walerammi, cuius filius Henricus filiam Adolfi comitis duxerat uxorem, contra se non modicam excitaverat invidiam. Sopita tamen omnia fuerant, tali pacto interveniente, ut dominus episcopus, quoad viveret, teneret terram, ille vero certam ab eo singulis annis in pecuniis reciperet pensionem. REK III, Nr. 217, 294. Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 74 – 78. Zu der Fehde mit Dietrich von Kleve ibid., S. 79 – 82. 749 Auch Lothmann ist dieser Meinung: „Als Herr des Erzstifts wäre Erzbischof Engelbert (…) nach dem Stand der lehnsrechtlichen Entwicklung in diesem Gebiet entsprechend dem weiblichen Erbrecht in erzstiftischen Lehen verpflichtet gewesen, seiner Nichte Irmgard von Berg und mit ihr ihrem Gatten die kölnischen Lehen Bergs zu übertragen.“ Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 141. Der Friedensvertrag zwischen Engelbert und Dietrich vom 20. Juni 1220, der im Grunde die vollständige Unterwerfung des Klevers bedeutete, bei Lacomblet II, Nr. 85; REK III, Nr. 278. Drei Jahre später band Engelbert den Klever noch enger an sich, REK III, Nr. 394. Die Unterwerfung der Limburger bei Lacomblet II, Nr. 87; REK III, Nr. 294. 750 REK III, Nr. 383
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das Erbe seiner Nichte Rechnung trug. Dennoch ließ er auch in seinen Diplomen keinen Zweifel daran aufkommen, dass er sich als Herr der Grafschaft verstand, was besonders die Urkunden an das Damenstift Gräfrath und das Zisterzienserkloster Altenberg verdeutlichen. Im Jahr 1221 schenkte Engelbert dem Stift Gräfrath den ursprünglich von dem Edelherren Heinrich von Danne dem bergischen Grafen Adolf III. zu Lehen aufgetragenen Hof Ehingen.751 Er tat dies für das Seelenheil seines verstorbenen Bruders. Zuständig fühlte er sich in dieser innerbergischen Angelegenheit, cum terra ipsius [Adolf, A. B.] in nostra esset potestate.752 Eine hier passende Übersetzung für potestas scheint schlicht ‚Besitz‘ zu sein, trägt sie doch dem historischen Kontext Rechnung.753 Allerdings ist es auch denkbar, dass Engelbert mit der Verwendung dieses Begriffes die Legitimität seiner Handlung unterstreichen wollte – allein die Existenz eines den Schenkungsakt formal begründenden Passus legt nahe, dass der Kölner Metropolit darauf Wert legte. Ludwig Vones definierte potestas als „institutionalisierte, rechtmäßige Herrschaft über Sachen, Personen und ihre Organisationsformen.“754 Für das Früh- und Hochmittelalter stellte Hans- Werner Goetz fest, dass potestas vornehmlich eine legitime, nämlich rechtmäßig erworbene und gerecht ausgeübte Herrschaft“ bezeichne.755 Die von Engelbert 751 Lacomblet II, Nr. 95; REK III, Nr. 322. 752 Diese Formulierung ist auch deshalb interessant, weil terra hier nur schwer die Kölner Landherrschaft meinen kann, die vielleicht in diesem Fall mit potestas bezeichnet wird. Groten sieht die „Grafen und Herren [der Region, A. B.] als „domini terre“, als Landherren des kölnischen Landes, die dem Herzog zur Folge verpflichtet waren.“ Groten: Das Reich im Rheinland, S. 56; ders: Zur Entwicklung des Kölner Lehnshofes und der kölnischen Ministerialität im 13. Jahrhundert, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 124 (1988), S. 1 – 50, S. 3f. Janssen weist dem entgegen auf die parallele Verwendung von terra und comitatus bzw. comecia hin, was in der betreffenden Urkunde deutlich besser passt. Janssen: Adelsherrschaft und Herzogsgewalt, S. 47. Ernst Schubert bezeichnete terra als „unscharfes Wort“, worin ihm sicher zuzustimmen ist. Schubert, Ernst: Art. Landesherrschaft und -hoheit, in: LexMA 5 (1991), Sp. 1653 – 1656, Sp. 1654. 753 Zu diesem schillernden Begriff zueltzt Goetz, Hans-Werner: Potestas. Staatsgewalt und Legitimität im Spiegel der Terminologie früh- und hochmittelalterlicher Geschichtsschreiber, in: Erkens, Franz-Reiner / Wolff, Hartmut (Hgg.): Von sacerdotium und regnum. Geistliche und weltliche Gewalt im frühen und hohen Mittelalter. Festschrift für Egon Boshof zum 65. Geburtstag, Köln u. a. 2002 (Passauer historische Forschungen 12), S. 47 – 66; Stürner, Wolfgang: Peccatum und potestas. Der Sündenfall und die Entstehung der herrscherlichen Gewalt im mittelalterlichen Staatsdenken, Sigmaringen 1987 (Beiträge zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters 11). 754 Vones, Ludwig: Art. Potestas, in: LexMA VII (1995), Sp. 131 – 133, Sp. 131. 755 Goetz: Potestas, S. 66.
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gewählte Formulierung scheint demzufolge also besonders auf die Legitimität seiner Herrschaft über die Grafschaft Berg zu zielen. In der zwischen 1218 und 1225 ausgestellten Urkunde zugunsten der Zisterzienser in Altenberg finden sich hingegen nur noch geringe Spuren einer Sensibilität des letzten älteren Bergers für die zumindest fragwürdige Ausübung seiner Herrschaft in der Grafschaft. Er schenkte dem Kloster die Felle aller jener Tiere, die seine Jäger fortan in tota comitia nostra erlegten.756 Diese Formulierung lässt darauf schließen, dass er sich durchaus als Graf von Berg verstanden hat. Engelbert erledigte in seiner Funktion als Herr von Berg administrative Aufgaben, wie beispielsweise die Anerkennung des bergischen Ministerialenrechts für die Brüder Daniel und Amilius 757, doch griff er auch gestaltend in die Angelegenheiten der Grafschaft ein. Dies ist besonders gut zu beobachten anhand seiner Vogteipolitik.758 Die Benediktinerabtei Siegburg war Engelbert in diesem Zusammenhang besonders wichtig, beherrschte sie doch den aufstrebenden Ort Siegburg und einen bedeutenden Verkehrsknotenpunkt, der auch die Straße von Köln nach Frankfurt einbezog. Zudem lag sie nur etwa 30 Kilometer südöstlich von Köln, weshalb die Erlangung der Altarvogtei aus strategischen Erwägungen heraus für den Metropoliten von einigem Interesse sein musste.759 Die Vogtei über die Abtei Siegburg befand sich seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts fest in den Händen der Grafen von Berg 760, und deshalb ging dieses nach kanonischem Recht auf freier Wahl des Konvents beruhende, faktisch aber aufgrund gewohnheitsrechtlicher Ansprüche den Bergern verliehene Amt nach dem Tod Adolfs III. auf Engelbert als Nachfolger in der Grafschaft Berg über. Dass der Kölner Erzbischof im Jahr 1221 als Rechtsnachfolger seines Bruders für die Abtei urkundete, ergibt sich aus der Zeugenliste der betreffenden Urkunde. Adolf von Stammheim, Adolf von Bernsau, Sybod Puls und Engelbert von Bensberg waren bergische Ministerialen, die hier gemeinsam mit Dienstmännern des Metropoliten testierten.761 Zwei Jahre später ließ sich Engelbert in seiner Person als Erzbischof zum Vogt der Abtei wählen.762 Mit diesem Schritt brachte er die
756 UB Altenberg 1, Nr. 94; Lacomblet II, Nr. 128; REK III, NR. 534. 757 UB Kaiserswerth, Nr. 34; REK III, Nr. 433. 758 Hierzu Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 105 – 124, 153 – 180 u. 197 – 209; Ficker: Engelbert der Heilige, S. 145 – 152; Finger: Der gewaltsame Tod, S. 29. 759 Zur Lage der Abtei Wisplinghoff: Siegburg, S. 21. 760 S. Kap. 3.2. 761 UB Siegburg, Nr. 92; REK III, Nr. 323. 762 UB Siegburg, Nr. 95; REK III, Nr. 400.
Engelbert I. von Köln |
Altarvogtei auf Kosten der Grafschaft Berg an das Erzstift, wobei er klarstellte, dass dieser Vorgang unumkehrbar sein sollte.763 In den Bemühungen Engelberts um die Vogtei über die Abtei Siegburg wird deutlich, dass er die Position des Erzstifts auf Kosten der zukünftig limburgischen Grafschaft Berg zu stärken suchte.764 Dabei bewegte er sich allerdings im Rahmen päpstlicher Direktiven, hatte doch Papst Honorius III. eindringlich zur Abschaffung der Laienvogtei aufgerufen.765 Letztlich erwies sich Engelberts Strategie als Misserfolg, denn nach dem Tode des Bergers ging die Vogtei an Heinrich von Limburg-Berg und seine Gattin Irmgard, geriet also wieder in bergischen Besitz.766 Ebenfalls als Schwächung der zukünftigen bergischen Position lässt sich Engelberts äußerst wahrscheinliches Eintreten für die Beschneidung der Vogteirechte über das Stift Gerresheim deuten.767 Diese Vogtei befand sich spätestens seit 1217 in bergischem Besitz.768 Möglicherweise ist auch die Befreiung des predium Brugele von allen vogteilichen und gräflichen Abgaben 769 in diese Richtung lesbar, wenn sich nämlich die Vogtei über St. Suitbert tatsächlich bereits in bergischen Händen befunden haben sollte.770 Dieses Gut hatte Engelbert im Jahr 1222 dem Stift Kaiserswerth als Seelgerätsstiftung für seinen Bruder Adolf übertragen. Die bereits erwähnte Urkunde zugunsten des Stifts Gräfrath 771 enthält ebenfalls eine Beschneidung bergischer Gerechtsame, denn Engelbert schenkte den Stiftsdamen den Hof Ehingen, den Heinrich von Danne wenige Jahre zuvor Adolf III. von Berg zu Lehen aufgetragen hatte. Mit Lothmann sollte jedoch grundsätzlich bedacht werden, die in den Schenkungen sichtbar werdende persönliche Frömmigkeit Engelberts hinter seinem gut erkennbaren strategischen Handlen nicht zu vernachlässigen.772 Jede seiner Zuwendungen an 763 UB Siegburg, Nr. 95: (…) quod neque nos neque nostri successores ullo modo ulla industria ipsam advocaciam iure feodali possimus in alteram personam transfundere vel per concambium ab episcopatu alienare seu subdefensorem, id est viceadvocatum, nisi quem voluerit abbas et conventus, substituere. 764 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 165; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 110. 765 REK III, Nr. 312, 313, besonders 315; Lacomblet II, Nr. 93. 766 UB Siegburg, Nr. 99, 109; Wisplinghoff: Siegburg, S. 90f. 767 Lacomblet II, Nr. 78; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 160f. 768 WUB VII, Nr. 142. 769 REK III, Nr. 371. 770 S. Kap. 3.3. 771 Lacomblet II, Nr. 95; REK III, Nr. 322. 772 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 162.
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geistliche Institutionen – auch diejenigen, die der Grafschaft Berg zu Schaden gereichten – enthielt auch eine fromme Intention. Die von Engelbert verfolgten Bemühungen, geistliche Einrichtungen von ihren Laienvögten zu befreien, erwiesen sich in der Grafschaft Berg als besonders leicht umzusetzen. Hier vereinte er in seiner Person sowohl den weltlichen Herrn als Inhaber der Rechte als auch den Erzbischof als kirchlichen Empfänger der Vogteien. Auch auf die übrigen Zuwendungen an geistliche Institutionen wirkte sich seine Doppelfunktion als Herr über die Grafschaft Berg und Erzbischof aus, gingen doch Schenkungen aus bergischem Besitz gleich mit einer erzbischöflichen Garantie einher, was ihre Rechtssicherheit erhöhte. Dabei profitierten besonders die traditionell dem bergischen Haus nahestehenden Einrichtungen von Engelbert, beispielsweise die Abtei Altenberg 773 sowie die Damenstifte Gerresheim 774 und Gräfrath 775. Auch wenn Engelbert mit Sicherheit darauf hinarbeitete, den Limburgern eine geschwächte Grafschaft Berg zu hinterlassen, lässt sich doch mit dem bei Caesarius überlieferten Ausbau 776 des Stammsitzes der Familie, (Neuen-)Burg bei Solingen, ein Projekt finden, das nicht ohne Weiteres in diese Strategie hineinzupassen scheint. Möglicherweise spekulierte der Erzbischof auf den Faktor Zeit, denn eine Änderung der politischen Konstellationen um die Nachfolge in der Grafschaft war durchaus denkbar. Zudem befand sich der gerade einmal etwa 40 Jahre alte Engelbert 777 in den frühen zwanziger Jahren des 13. Jahrhunderts auf dem Höhepunkt seiner Macht, hatte er doch sämtliche Auseinandersetzungen der Region für sich entscheiden können und war seit spätestens 1222 Reichsgubernator und tutor Heinrichs (VII.).778 Wenn sich die Dinge weiter in seinem Sinn entwickelt hätten, wäre der bergischen Residenzburg vielleicht eine noch bedeutsamere Verwaltungsfunktion in einem herrschaftlich dicht 773 Lacomblet II, Nr. 57, 124; UB Altenberg 1, Nr. 80, 157; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 153 – 156. 774 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 160f. 775 Lacomblet II, Nr. 95; REK III, Nr. 322; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 162f. 776 Vita Engelberti, lib. II, cap. 8: Venientibus eis ad novum castrum, quod ipse beatus episcopus de propriis expensis edificaverat, (…). Weil die Burg seit den Zeiten Graf Engelberts von Berg belegt ist, ist hier nur an einen Ausbau zu denken. So auch Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 149f. 777 Lothmann datiert seine Geburt ausgehend von Engelberts erstmaligem Erscheinen als Propst von St. Georg auf zwischen 1185 und 1186. Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 12. 778 Zu Engelbert in diesen Funktionen ibid., S. 286 – 375.
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erschlossenen Gebiet zugekommen, das den Limburgern auf eine nicht näher zu spezifizierende Art und Weise vorenthalten worden wäre.779 Der Aufstieg Engelberts zum Kölner Erzbischof und Herr über die Grafschaft Berg war zwar beeindruckend, aber nicht gänzlich überraschend, wenn man bedenkt, dass mit Bruno II., Friedrich II., Bruno III. und Adolf von Altena vier enge Verwandte bereits vor ihm das Pallium in Köln erreicht hatten.780 Für die Karriere des letzten älteren Bergers waren der Schutz und die Beförderung seiner Ambitionen durch seine mächtige Familie und deren Freunde wichtig gewesen. Die Berger dachten in Fragen der Besetzung von Positionen bzw. Ämtern mit Machtpotenzial ganz offenbar in Familienzusammenhängen, und auch Engelbert setzte diese Tradition fort. Da er – neben seiner Nichte Irmgard – das letzte verbliebene Mitglied der älteren bergischen Grafenfamilie war, investierte er viel Mühe in die Förderung seiner nächsten Verwandten aus der altenaischen Linie 781, deren Stammvater Engelberts Onkel väterlicherseits, Everhard von Altena, war. Aus Platzgründen seien hier nur die prominentesten Beispiele versammelt: Im Sommer des Jahres 1218 verschaffte er seinem Großneffen Engelbert von Altena-Isenberg die Propstei von St. Georg 782, womit er sicherstellte, dass jene Würde, die er selbst bekleidet hatte, in bergischen Händen blieb. Dabei setzte er sich sogar gegen die Pläne Honorius’ III. durch, der die Propstei an Heinrich, den Scholaster von St. Gereon, geben wollte.783 Auffällig 779 Daraus abzuleiten, Engelbert habe eine Vereinigung der Grafschaft mit dem Erzstift angestrebt, geht allerdings wohl zu weit. So auch Finger: Der gewaltsame Tod, S. 29; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 145f. 780 Zu seiner geistlichen Karriere s. Kap. 3.4.1.1. 781 Zu dieser Linie Janssen: Adelsherrschaft, S. 50 – 58; Vahrenhold-Huland, Uta: Die AltenaIsenbergischen Teilungen im 12. und 13. Jahrhundert, in: Wedekind, W. (Hg.): Geschiedenis der Graven van Limburg Stirum 1: Die Grafen van Limburg Stirum: Einleitung und abschließender Bd. der Geschichte der Grafen van Limburg Stirum und ihrer direkten Vorfahren, Assen 1976, S. 59 – 78; Hulshoff, Adam L.: Die Grafen von Altena, von Isenberg, von Limburg-Styrum und von Limburg-Hohenlimburg aus dem Haus der Grafen von Berg, 1220 – 1550, in: Wedekind, W. (Hg.): Geschiedenis der Graven van Limburg Stirum 1: Die Grafen van Limburg Stirum: Einleitung und abschließender Bd. der Geschichte der Grafen van Limburg Stirum und ihrer direkten Vorfahren, Assen 1976, S. 79 – 95; Vahrenhold-Huland, Uta: Grundlagen und Entstehung des Territoriums der Grafschaft Mark, Dortmund 1968 (Monographien zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark 1); Wunder, Gerd: Die Familie des Grafen Arnold von Altena, in: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde 22 (1965/66), S. 227 – 232. 782 REK III, Nr. 209. 783 REK III, Nr. 210.
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ist dabei, dass der Papst den offenkundigen Nepotismus des Erzbischofs mit keinem Wort kritisierte und sich stattdessen die nächste frei werdende Propstei zu seiner Verwendung vorbehielt. Die Propstei von St. Georg diente Engelbert von Altena-Isenberg im Jahr 1224 als Sprungbrett nach Osnabrück, wo er auf Betreiben seines bergischen Großonkels die Bischofswürde erreichte.784 Ebenfalls im Jahr 1218 betrieb der Berger erfolgreich die Wahl eines weiteren Großneffen, Dietrich von Altena-Isenberg, zum Bischof von Münster.785 Dietrich hatte in der Nachfolge Engelberts von Berg seit 1217 die Dompropstei in Köln bekleidet.786 Auch ein dritter Großneffe profitierte von Engelbert, nämlich Philipp von Altena-Isenberg. Ihm verhalf er 1222 zu einem Kanonikat am Dom, und im selben Jahr begegnet Philipp bereits als Domkustos.787 Nach Caesarius bemühte er sich im Jahr 1225 zudem, Bruno von Altena-Isenberg, dem jüngsten der vier Brüder, die Dompropstei in Utrecht zu verschaffen.788 Auch seine Verwandtschaft mütterlicherseits profitierte von Engelbert. Seine Mutter Margarethe war die Schwester Graf Ottos von Geldern und hatte ihm die einträglichen Propsteien von Deventer (1200 – 1216) und Zutphen (1203 – 1216) verschafft.789 Als Erzbischof revanchierte er sich bei dem geldrischen Zweig seiner Familie, indem er erfolgreich bei Kaiser Friedrich II. darauf hinwirkte, dass Graf Gerhard von Geldern den Rheinzoll von Arnheim nach Lobith verlegen durfte.790 Für Gerhard war die Verlegung aus zwei Gründen wichtig: Zum einen hatte er sich in dem oppidum Arnheim mit der Abtei Prüm als mächtiger Konkurrentin auseinanderzusetzen.791 Zum anderen – und ausschlaggebend – stand 784 785 786 787 788
REK III, Nr. 452. REK III, Nr. 213. REK III, Nr. 169. REK III, Nr. 344. Vita Engelberti, lib. II, cap. 4: Eodem tempore, quo occisus est, laboravit, ut frater eorum Bruno fierit maior prepositus ecclesie Traiectensis. Zu Engelberts Begünstigung seiner Verwandtschaft väterlicherseits Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 59 – 65. 789 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 19f. 790 Lacomblet II, Nr. 99 u. 100; REK III, Nr. 350. Die Bestätigung durch Engelbert selbst bei Lacomblet II, Nr. 101. 791 Verkerk, Cornelis L.: Die Prümer Domäne in der Stadtfreiheit von Arnheim, in: Haverkamp, Alfred / Hirschmann, Frank G. (Hgg.): Grundherrschaft – Kirche – Stadt zwischen Maas und Rhein während des hohen Mittelalters, Mainz 1997 (Trierer historische Forschungen 37), 301 – 315; Knichel, Martina: Geschichte des Fernbesitzes der Abtei Prüm in den heutigen Niederlanden, in der Picardie, in Revin, Fumay und Fépin sowie in Awans und Loncin, Mainz 1987 (Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte 56), S. 26 – 37.
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er in einem langwierigen Konflikt mit Bischof Otto von Utrecht, und Arnheim lag in dessen Diözese.792 Otto von Utrecht hatte kurz zuvor einen kaiserlichen Rechtsspruch erwirkt, nach dem es Gerhard untersagt war, in Arnheim, Oosterbeck und Lobith Zölle zu erheben.793 Auf Engelberts Intervention hin vollzog Friedrich II. eine Kehrtwendung. Durch die Verlegung des Zolls nach Lobith entzog Gerhard dieses einträgliche Recht jedem Zugriff Bischof Ottos, denn Lobith lag in der Erzdiözese Köln. In den folgenden Auseinandersetzungen zwischen Bischof Otto und Utrechter Ministerialen, die von Gerhard von Geldern unterstützt wurden, hielt Engelbert seinem Verwandten mög licherweise den Rücken frei, indem er den Herzog von Brabant und den Grafen bzw. die Gräfin von Flandern, Verbündete Ottos, auf diplomatischem Weg in die Neutralität drängte.794 Dabei ergriff Engelbert zu keinem Zeitpunkt offen für Gerhard Partei, doch berichten die Gesta episcoporum Traiectensium von dem einflussreichen Wirken des Bergers im Hintergrund.795 Die Unterstützung Gerhards gründete einerseits auf Verwandtschaft, andererseits auf engen politischen Verbindungen: Der Graf von Geldern zählte zu Engelberts wichtigsten Unterstützern im Nordwesten des Reichs, besonders was die Eindämmung der brabantischen Expansionsbestrebungen betraf.796 Bei wichtigen politischen Entscheidungen seines Episkopats spielte Verwandtschaft eine wesentliche Rolle für Engelbert. Damit folgte er bergischen Traditionen, denn auch seine bergischen Vorgänger hatten nach diesem Prinzip gehandelt. Doch bewahrte ihn die stete Förderung seiner erweiterten Familie 792 Zu diesem Konflikt zuletzt Finger: Der gewaltsame Tod, S. 29f.; Lieven: Adel, Herrschaft und Memoria, S. 120 – 124; Schiffer: Grafen von Geldern, S. 323 – 387; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 89 – 98; Engels, Odilo: Die Stauferzeit, in: Petri, Franz / Droege, Georg (Hgg.): Rheinische Geschichte 1, 3: Hohes Mittelalter, Düsseldorf 1983, S. 199 – 257, S. 252. 793 MGH DD F II/3, Nr. 623. 794 Finger: Der gewaltsame Tod, S. 30; Lothmann sieht Brabant und Flandern wegen des Dagsburger Erbfolgestreits bzw. des ‚falschen Balduin‘ eher handlungsunfähig. Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 93f. 795 Gesta episcoporum Traiectensium, cap. 20, S. 411: Plurimos enim nobiles et strennuos capitaneos secum comites habebat, inter quos maiores erant dux Walravenus et comes Seynensis Henricus; quos fere tota milicia Reni sequebatur, maxime de mandatu et voluntate, ut fertur, domni Engelberti Coloniensium archiepisopi. Qui licet personaliter non adesset ad inpugnandum suum suffraganeum et eum cui iuramento se astrinxerat, tamen partem comitis, qui filius avunculi sui erat, de die in diem sic per eos quos occulte mittebat adauxit et confortabat, ut episcopus et sui Daventriam confugere cogerentur. REK III, Nr. 497. 796 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 89.
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nicht davor, am 7. November 1225 Opfer einer Verschwörung zu werden, an der an prominenter Stelle seine isenbergischen Vettern beteiligt waren. Es waren Ministerialen Graf Friedrichs von Isenberg und Bischof Dietrichs von Münster, die Engelbert bei Gevelsberg erschlugen.797 Konkreter Auslöser war der Konflikt Engelberts mit Friedrich um die Essener Stiftsvogtei 798, doch ist hinter der Tat wohl eine Adelsverschwörung zu sehen 799, die die effektiv genutzte hegemoniale Stellung des Bergers im Nordwesten des Reichs unerträglich empfand. Einerseits nahm er durch seinen Kampf gegen die Laienvogtei einigen Herren – so auch Friedrich von Isenberg – die Grundlage für eine Intensivierung und Expansion ihrer Herrschaft, andererseits hatte er gezeigt, dass er seine Herzogsgewalt am Rhein und in Westfalen in eine real umgesetzte Lehnshoheit über Grafen und Herren der Region entwickeln wollte.800 Dieser drohenden Mediatisierung suchten sich jene durch teilweise bewaffneten Widerstand zu entziehen, wobei sie mit dem Angriff auf die Person Engelberts wohl versuchten, durch die Gefangennahme des Erzbischofs und Herzogs eine Änderung seiner politischen Maximen zu erzwingen.801 Selbst enge verwandtschaftliche Beziehungen und frühere Förderungen durch Engelbert wogen die politische Bedrohung, die seine Politik für diese Herren darstellte, nicht auf. Der Entführungsplan schlug bekanntermaßen fehl und endete mit dem Tod des Erzbischofs, der unter den zahlreichen Hieben der Angreifer sein Leben ließ.802 Mit ihm starb der letzte Berger aus der älteren Linie derer von Berg,
797 Die lebhafteste Beschreibung des Überfalls liefert die Vita Engelberti, lib. 2, cap. 7. Die übrigen Quellenbelege sind zusammengestellt bei REK III, Nr. 569. 798 Zuletzt Finger: Der gewaltsame Tod, S. 26. 799 Zu dem Kreis der Verschwörer gehörten nach Caesarius freilich Graf Friedrich von Altena-Isenberg mitsamt seinen Brüdern Bischof Dietrich von Münster, Engelbert von Altena-Isenberg, Elekt von Osnabrück, Philipp und Bruno, des Weiteren die Limburger in Gestalt Herzog Walrams und Heinrichs, des Erben der Grafschaft Berg, die Grafen Dietrich VI. von Kleve, Gottfried II. von Arnsberg, Otto II. von Tecklenburg und Hermann II. zur Lippe. Vita Engelberti, lib. II, cap. 1. Andermann: Die Verschwörung gegen Engelbert I., S. 37. 800 Janssen: Adelsherrschaft, S. 47f.; Groten: Das Reich im Rheinland, S. 49 – 64. Damit hatte Engelbert die von Reinald von Dassel begonnene Politik sehr wirkungsvoll fortgesetzt. Ritzerfeld: Das Kölner Erzstift, S. 16. 801 Finger: Der gewaltsame Tod, S. 27f. u. 31f.; Janssen: Adelsherrschaft, S. 47. 802 Die 1978 vorgenommene gerichtsmedizinische Untersuchung der Gebeine Engelberts bei Leidinger, Paul: 1180 – 1288, in: Berghaus, Peter / Kessemeier, Siegfried (Hgg.): Köln – Westfalen 1180 – 1980. Landesgeschichte zwischen Rhein und Weser. Ausstellung Westfälisches
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und die Grafschaft ging über die bergische Erbtochter Irmgard an ihren Gatten, Heinrich von Limburg. 3.6 ZUSAMMENFASSUNG
Die Anfänge der Grafen von Berg liegen im Dunkeln. Ursprünglich mög licherweise Vasallen der ezzonischen Pfalzgrafen, schlossen sie sich nach dem erfolgreichen Aufstand des Kölner Erzbischofs Friedrich von Schwarzenburg gegen König Heinrich V. zu Beginn des 12. Jahrhunderts dem Kirchenfürsten an. Der Niedergang der Reichsmacht am Niederrhein brachte eine Neuverteilung brachliegender Herrschaftsrechte mit sich, und die Berger profitierten nun von ihrer Parteinahme in Form von Rechten und auch einer folgenreichen Eheschließung: Das Erbe großer Teile der Werler Grafschaft mehrte die bergischen Besitzungen erheblich und machte die Grafen zu einem der mächtigsten Geschlechter zwischen Niederrhein und Westfalen. Grundlage ihrer Stärke bildeten vor allem Einkünfte aus Vogtei- und Gerichtsgefällen. Diese Macht setzten die Berger besonders in zwei Bereichen ein: Zum weiteren Ausbau der eigenen Herrschaft sowie zur Einflussnahme auf den wichtigsten politischen Akteur im Nordwesten des Reichs – den Erzbischof von Köln. Ihr primäres Ziel bestand darin, diese Würde einem Angehörigen der eigenen Familie zu verschaffen, was ihnen mit Bruno und Friedrich von Berg während der Regierungszeit Adolfs II. gelang. Besonders der Episkopat Friedrichs von Berg zeichnete sich durch unverhohlene Begünstigung der eigenen Familie aus und ist gut geeignet, die Förderlichkeit eines probergischen Erzbischofs zu verdeutlichen. Um ihre Ziele zu erreichen, knüpften die Berger geschickt Bündnisse, etwa mit Kanonikern des Kölner Domkapitels, wobei Verwandtschaft eine wichtige Rolle spielte. Diese Bündnisse waren nötig, weil sich besonders im südwestlichen Teil der Kirchenprovinz Adelshäuser um die Grafen von Are zusammengefunden hatten, die einer bergischen Hegemonie entgegenarbeiteten und selbst über erhebliche Ressourcen verfügten. Dabei nutzten sie den gleichen Weg wie die Berger, nämlich die Einflussnahme auf den Kölner Erzbischof. Die weitere Entwicklung der bergischen Grafschaft war in hohem Maß abhängig von der Förderung durch den Metropoliten, denn er war derjenige, der lukrative Privilegien
Landesmuseum Münster und Stadtmuseum Köln 1980/81 1, Münster 1980, S. 42 – 57, S. 50f. Ausschnitte bei Andermann: Die Verschwörung gegen Engelbert I., S. 37.
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ausstellen oder verweigern konnte. Ein Ausschluss vom erzbischöflichen Hof bedeutete daher für die Berger zwangsläufig ein Hindernis auf dem Weg zu einem weiteren Ausbau von Herrschaftsrechten, wobei ihre Gegner gleichzeitig von deren Zurückweisung profitierten. Nur die eigene solide Machtbasis verhinderte im Fall Arnolds II. von Köln wohl einen handfesten Konflikt zwischen Erzbischof und bergischem Grafen. Nicht nur die Grafen von Are arbeiteten gegen die bergischen Grafen; auch die rechtsrheinischen, viel näher begüterten direkten Konkurrenten um Land und Rechte, wie etwa die Hardenberger oder Hückeswagener, hatten sich dem bergischen Expansionsstreben zu erwehren und waren viel unmittelbarer davon betroffen. Besonders Graf Engelbert von Berg, Nachfolger Adolfs II., intensivierte die bergischen Bemühungen, direkte Konkurrenten zwischen Rhein, Ruhr und Sieg auszuschalten, indem er versuchte, sie in die Ministerialität zu integrieren oder in den eigenen Lehnsverband aufzunehmen. Dabei war er aufgrund der Teilung der Grafschaft nach dem Tod seines Vaters gezwungen, sich in diesem geographischen Raum zu betätigen, denn sein älterer Bruder hatte die westfälischen Besitzungen Adolfs geerbt. In seine Regierungszeit fällt auch der Konflikt mit den Grafen von Sayn um Einfluss an der Sieg. Durch ein Bündnis mit den dort ebenfalls begüterten Landgrafen von Thüringen und den Erwerb der Burg Windeck konnte Engelbert seine Position gegenüber den Saynern nachhaltig verbessern. Die ökonomische Potenz der Berger wird während der Herrschaft Engelberts besonders in den von ihm abgeschlossenen Pfandgeschäften sichtbar, mit denen er die Macht seines Hauses entweder durch die Zinsen des Geschäfts oder die an ihn gefallenen Pfänder mehren konnte. Durch die Eheschließung mit Margarethe von Geldern wuchs der politische Handlungshorizont des Bergers nach Westen, wo er sich als Vermittler profilieren konnte. Auch Engelbert legte großen Wert darauf, ein gutes Verhältnis seiner Familie zu den Kölner Erzbischöfen herzustellen bzw. zu bewahren. Im Gefolge Reinalds von Dassel kämpfte er in Italien und bezeugte daheim regelmäßig dessen Urkunden; sein Bruder Bruno II. diente Reinald als Emissär in einer wichtigen überregionalen Angelegenheit. Zudem war die Grafschaft Berg für die Kölner Metropoliten besonders nach der Verleihung des westfälischen Dukats äußerst wichtig, weil sie als Brücke nach Westfalen dienen konnte. Die Berger profitierten wiederum von ihrem Einsatz, indem ihnen nahe stehende Institutionen wie die Abtei Altenberg Privilegien aus der Hand des Erzbischofs erhielten. Auch das Episkopat Philipps von Heinsberg sah die erfolgreichen Bemühungen des Bergers, sich möglichst gut mit dem entscheidenden Magnaten der Region zu stellen, wobei die Verwandtschaft zwischen den Häusern Heinsberg und Berg das gute Einvernehmen erleichterte.
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Der weiter gewachsene Einfluss der Grafen von Berg wird kurz nach dem Tod Engelberts 1189 in der Wahl seines Bruders Bruno II. von Berg zum Erz bischof von Köln (als Bruno III.) sichtbar. Auch wenn er möglicherweise nur als Übergangskandidat für Adolf von Altena, einen nahen Verwandten der Berger, gedacht war, verstand er es in seiner kurzen Amtszeit, die Interessen der Berger und eines Großteils der niederrheinischen Potentaten gegenüber Kaiser Heinrich VI. zu wahren. Dazu schmiedete er ein vor allem auf Verwandtschaft und ähnlichen Interessen basierendes antistaufisches Bündnis, das den Einfluss des Reichs und der prostaufischen Gegner der Berger auf die Niederrheinregion wirkungsvoll zurückdrängte. Adolf III. von Berg erbte von seinem Vater eine Grafschaft, die den rechten Niederrhein zwischen Sieg und Ruhr dominierte. Ihm gelang es, die Stellung seines Hauses am rechten Rheinufer besonders durch den Erwerb von zusätzlichen Vogteien, intensivierte Rodungstätigkeit und Indienstnahme weiterer Ministerialen auszubauen. Wenn die Ehefrau Adolfs III . von Berg, Bertha, tatsächlich aus dem Geschlecht der Grafen von Sayn stammte, dann hat diese Ehe wohl dazu beigetragen, das Verhältnis zwischen beiden Häusern deutlich zu verbessern. Von Konflikten zwischen diesen Mächten hört man in jener Zeit nichts mehr, wenn man die am Niederrhein mehrheitlich – und auch bei den Bergern – festzustellende Ablehnung Brunos von Sayn als Erzbischof von Köln eher dem übergeordneten Konflikt des Thronstreits zuschreiben möchte. Der Berger stand im Deutschen Thronstreit fest an der Seite seines Vetters Adolf von Altena, der Bruno von Berg als Erzbischof von Köln nachgefolgt war. Mit ihm unterstützte er zunächst tatkräftig König Otto und griff vermittelnd in linksrheinische Konflikte ein, womit er in der Tradition seines Vaters Engelbert stand. Neben der verwandtschaftlichen Verbindung zu Adolf mögen den Berger dabei zunächst auch wirtschaftliche Motive geleitet haben, stand der Welfe doch für eine gute Verbindung nach England, was für den Handel der Region nur von Vorteil sein konnte. Nach dem Seitenwechsel des Erzbischofs befand sich auch Adolf III. von Berg im Gefolge Philipps von Schwaben. Die auf die Absetzung Adolfs von Altena folgende Exkommunikation auch des Bergers zeitigte kaum Wirkung, weil die deutliche Mehrheit der Kleriker und des Adels in der Niederrheinregion im Lager des abgesetzten Erzbischofs und des Bergers verharrten und ebenfalls vom Bannstrahl des Papstes getroffen wurden – Adolf von Berg stellte, wie andere Große auch, seine regionalen Interessen über die der Kurie. Bruno von Sayn, Nachfolger Adolfs von Altena und Günstling des Papstes, konnte nicht zuletzt deshalb keine Wirkung in seiner Kirchenprovinz entfalten, weil ihn die probergischen Kräfte weitgehend
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ignorierten. Der Einfluss der Berger war mittlerweile so groß geworden, dass selbst der Erzbischof von Köln ohne ihre Kooperation lediglich in Köln selbst politisch handeln konnte. Während des anschließenden Episkopats Dietrichs von Hengebach, einem früheren Gegner der Berger, nahmen jene eine neutrale bis kooperative Haltung ein – möglicherweise ein Zeichen von Kriegsmüdigkeit nach vielen Jahren des offenen Konflikts am Niederrhein, zumal der Tod Philipps von Schwaben 1208 den Thronstreit für kurze Zeit beendet hatte. Im Gegensatz zu seinem Bruder Engelbert, der früh im Gefolge Adolfs von Altena in das Lager Friedrichs II. gewechselt war, verblieb Adolf III. von Berg bis zur Schlacht von Bouvines an der Seite Ottos IV. Nachdem dessen Position am Niederrhein unhaltbar geworden war, begab sich Adolf mit anderen regionalen Magnaten in das Heerlager des Staufers. Dort wurde er umgehend mit wichtigen militärischen Aufgaben betraut, erfüllte sie gewissenhaft und erntete schließlich den Lohn, indem er wahrscheinlich die Festung Kaiserswerth vom Reich zu Lehen erhielt. Das bergische Grafenhaus profitierte besonders in der bald darauf vorgenommenen Wahl Engelberts zum Kölner Erzbischof, der von Papst, König und der großen Mehrheit des regionalen Adels unterstützt wurde. Diese Befunde zeigen deutlich, dass sich die Grafen von Berg nach der Entscheidung des Thronstreits 1215 auf dem Höhepunkt ihrer Macht befanden. Nachdem Adolf III. im Sommer des Jahres 1218 vor Damiette verstorben war, eignete sich sein Bruder Engelbert die bergische Grafschaft an. Damit überging er die Ansprüche Heinrichs von Limburg, der Adolfs Erbtochter Irmgard geheiratet hatte. Das durch diese Ehe angedachte Bündnis hatte sich als nicht belastbar erwiesen, und so stellte Engelbert seine Interessen als Erzbischof und Herzog über das Erbrecht seiner Nichte und ihres Gatten. Obwohl er nicht offiziell als Graf von Berg auftrat, lässt seine Urkundensprache kaum Zweifel daran aufkommen, dass er sich als solcher verstand und auch handelte. Seine als Herr von Berg vorgenommenen Handlungen stehen vornehmlich im Kontext einer perspektivischen Schwächung der Grafschaft zugunsten des Erzstifts, indem er bergische Gerechtsame verschenkte oder gezielt an seine andere juristische Person, den Erzbischof, brachte. Bei aller Einsichtigkeit der Strategie Engelberts gilt es aber zu berücksichtigen, dass er dabei auch aus frommen Beweggründen und, im Falle der Laienvogteien, im Einklang mit päpstlichen Direktiven handelte. Wie seine Vorgänger auf dem Kölner Erzbischofsstuhl führte er aber auch bergische Traditionen fort. So förderte er u. a. die Abtei Altenberg und die Damenstifte Gräfrath und Gerresheim, die den Bergern z. T. seit ihrer Gründung nahe gestanden hatten. Ebenfalls in bergischer Tradition zu sehen ist die Begünstigung der eigenen Familie in Gestalt seiner Vettern mütterlicher- und
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väterlicherseits. So unterstützte Engelbert Graf Gerhard von Geldern in seinen Konflikten mit Bischof Otto von Utrecht und verschaffte seinen Großneffen aus der Linie Altena-Isenberg wichtige Kirchenämter. Allerdings konnte dieser offene Nepotismus die die Existenz besonders der westfälischen Großen bedrohende Politik Engelberts längst nicht aufwiegen. So starb Engelbert im Jahr 1225 als Opfer einer Adelsverschwörung, an der seine Verwandtschaft maßgeblich beteiligt war. Die Berger achteten in der Regel darauf, ein möglichst gutes Verhältnis zum deutschen Königtum zu bewahren. Dabei verhielten sie sich allerdings pragmatisch, waren weder dogmatische Anhänger noch Gegner der Herrscher: Solange sich die Reichsgewalt am Niederrhein zurückhielt, waren die Grafen von Berg bereit, das Königtum zu unterstützen, beispielsweise durch die Teilnahme an einem Italienzug. Davon wiederum profitierten sie oder die von ihnen protegierte Abtei Altenberg in Form von Belehnungen, Schenkungen, Privilegien oder für sie günstigen Entscheidungen. Auch während des Thronstreits ist diese Pragmatik zu beobachten – der Unterstützung Ottos IV. folgte 1204 der Seitenwechsel, nach dem Tod Philipps von Schwaben 1208 die erneute Anlehnung an den Welfen und schließlich nach der Entscheidung von Bouvines 1214 das Engagement für Friedrich II. Es lässt sich bei den Entscheidungen Adolfs III. von Berg außerdem ein bemerkenswertes Gespür für die kommende politische Entwicklung feststellen: Er wechselte stets auf die Seite desjenigen, der auf dem besten Weg war, sich gegen seine Konkurrenten durchzusetzen, wovon der Berger wiederum profitierte. Wahrscheinlich hing die fehlende Sanktionierung der bergischen ‚Schaukelpolitik‘ durch die Könige aber auch mit dem Umstand zusammen, dass jene mittlerweile auf die Kooperation Adolfs angewiesen waren, sofern sie sich am Niederrhein möglichst rasch durchsetzen wollten. Mit der hier nicht weiter diskutierten Ernennung Erzbischof Engelberts zum Reichsgubernator und tutor Heinrichs (VII.) erreichte das Verhältnis zwischen den älteren Grafen von Berg und der Reichsgewalt seinen Höhepunkt. Im Konfliktfall zwischen Königtum und Kölner Erzbischof standen die Berger grundsätzlich an der Seite des Kirchenfürsten, wenn nicht wesentliche Gründe eine andere Positionierung politisch opportun erscheinen ließen. Die Bedeutung des Kirchenfürsten war für die Grafen fraglos unmittelbarer und wichtiger als die bisweilen ferne Reichsgewalt. Vier Faktoren waren für die Grafen von Berg in politischer Hinsicht handlungsleitend: das Verhältnis zum Kölner Metropoliten, der Ausbau der eigenen Herrschaftsrechte, die Beziehungen zu anderen regionalen Magnaten und schließlich der Umgang mit der Reichsgewalt. In dieser Kombination aus
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übergeordnetem Herrschaftskonzept und konkret ausgeübter Herrschaft realisierten sich die Kreuzzugsteilnahmen der älteren Grafen von Berg. Die auf Konzept und konkreter Herrschaft basierende Einbettung der Grafen in das Geflecht der Akteure im Nordwesten des Reichs – ein dynamisches Beziehungsnetz aus Feindschaft, Freundschaft und Verwandtschaft – beeinflusste die Teilnahmen der Berger an den Kreuzzügen, und auf dieses Geflecht wirkten die bergischen Kreuzzugsteilnahmen zurück. Diese beiden Aspekte sollen in den folgenden Kapiteln schwerpunktmäßig untersucht werden.
4 SPIRITUELLE GRUNDLAGEN BERGISCHER KREUZZUGSTEILNAHMEN: DIE ZISTERZIENSER, DIE GRAFEN VON BERG UND DIE KREUZZUGSBEWEGUNG Die individuellen Motive der Adeligen und Nichtadeligen, Männer und Frauen, das Kreuz zu nehmen und den langen, gefahrvollen Weg nach Palästina einzuschlagen, waren vielfältig: Während manche Adelige von ritterlicher Abenteuerlust, einer als Vasallitätsverhältnis verstandenen Beziehung zu Christus oder auch von Profitstreben getrieben wurden und viele der ärmeren Teilnehmer wohl auf eine Verbesserung ihrer Lebenssituation im Gelobten Land hofften, war der überwältigenden Mehrheit aller Kreuzfahrer eine starke Jerusalemfrömmigkeit zu eigen. Sie basierte auf einer langen Pilgertradition und war mit einer Bußbzw. beginnenden Ablasstheologie sowie dem starken Bedürfnis nach imitatio Christi verbunden, sodass eine Kreuznahme aus religiösen Gründen – nämlich als persönlicher, auf das jenseitige Leben ausgerichteter Verdienst – naheliegend war.803 Viele Teilnehmer des Zweiten Kreuzzugs konnten zusätzlich motiviert werden, indem auf die Entbehrungen und Leistungen ihrer Vorfahren verwiesen wurde, hinter denen die Folgegeneration kaum zurückstehen mochte. Dieser Aspekt tritt besonders deutlich in der päpstlichen Bulle Quantum Praedecessores zutage, mit der Eugen III. zum Kreuzzug aufrief.804 Die Grafen von Berg konnten nicht auf Vorfahren zurückblicken, die in den Heeren des Ersten Kreuzzugs um Jerusalem gekämpft hatten. Dennoch nahmen sie in Gestalt Adolfs, des ältesten Sohnes Graf Adolfs II. von Berg, und vielleicht auch des
803 Eine ausführliche Diskussion der Motive der ersten Kreuzfahrer findet sich bei Flori, Jean: Ideology and motivations in the First Crusade, in: Nicholson, Helen J. (Hg.): Palgrave Advances in the Crusades, Basingstoke 2005, S. 15 – 36. 804 Quantum praedecessores, in: Große, Rolf: Überlegungen zum Kreuzzugsaufruf Eugens III. von 1145/46. Mit einer Neuedition von JL 8876, in: Francia 18, 1 (1991), S. 85 – 92, S. 90 – 92. Die auf die Vorgängergeneration zielenden Verweise in der Bulle sind zahlreich. Als Beispiel dienen folgende Zeilen (S. 91): Maximum namque nobilitatis et probitatis indicium fore cognoscitur, si ea quae patrum strennuitas acquisivit a vobis filiis strennue defendantur. Nicholas L. Paul hat die hohe Bedeutung der Vorfahren für folgende Kreuzfahrergenerationen aufgearbeitet, mit Schwerpunkt auf die Bedeutung der Teilnehmer des Ersten Kreuzzugs als ,Avatare‘ für die Nachfahren: Paul: Crusades and family memory, S. 21 – 53.
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Grafen selbst am Zweiten Kreuzzug teil.805 Einer der Gründe für das bergische Engagement wird in den guten Beziehungen zu König Konrad III. zu suchen sein 806, der ebenfalls – und vorbildhaft für viele Große des Reichs 807 – das Kreuz genommen hatte. In diesem Kapitel soll ein weiterer Faktor untersucht werden, der die Grafen von Berg veranlasst haben könnte, am Zweiten Kreuzzug teilzunehmen, nämlich die Verbindung der bergischen Grafen zu den Zisterziensern. 4.1 DIE ZISTERZIENSER, DAS HEILIGE LAND UND DIE KREUZZUGSBEWEGUNG
Die Bedeutung der ‚weißen Mönche‘ (und insbesondere die des heiligen Bernhard) für die Kreuzzugsbewegung des 12. und 13. Jahrhunderts ist in den letzten Jahrzehnten ausgiebig erforscht worden 808; insofern ist es unnötig, sie an dieser Stelle in aller Ausführlichkeit darzustellen. Einige allgemeine Bemerkungen sollen genügen:
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S. Kap. 5.1, S. 186. S. Kap. 3.2.2, S. 74. S. Kap. 2.3, S. 42. Die folgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie soll lediglich die Breite der Veröffentlichungen in chronologischer Reihenfolge demonstrieren: Pfeiffer, Eberhard: Die Cistercienser und der Kreuzzugsgedanke in den Jahren 1192 – 1197, in: Cistercienser Chronik 51 (1939), S. 1 – 6; Willems, Eugène: Cîteaux et la seconde croisade, in: Revue d’histoire ecclésiastique 49 (1954), S. 116 – 151; Delaruelle, Etienne: L’idée de croisade chez Saint Bernard, in: Mélanges saint Bernard: 24e Congrès de l’Association bourguignonne des sociétés savantes (8e centenaire de la mort de saint Bernard), Dijon 1954, S. 53 – 67; Leclercq, Jean: Pour l’histoire de l’encyclique de Saint Bernard sur la croisade, in: Etudes de civilisation médiévale (IXe-XIIe siècles). Mélanges Edmond-René Labande, Poitiers 1974, S. 479 – 490; Schmugge: Zisterzienser, Kreuzzug und Heidenkrieg. In dieser Auflistung wäre es beinahe sträflich, einen einzelnen Aufsatz aus dem Sammelband von Michael Gervers herauszustellen, weshalb ich hier den kompletten Sammelband aufführe: Gervers, Michael (Hg.): The Second Crusade and the Cistercians, New York 1992; Hiestand, Rudolf: Annus vere iubileus. Zur Konzeption des Kreuzzuges bei Bernhard von Clairvaux, in: Cistercienser Chronik 105 (1998), S. 191 – 198; ders.: Bernhard von Clairvaux, Norbert von Xanten und der lateinische Osten, in: Felten, Franz Joseph / Jaspert, Nikolas (Hgg.): Vita Religiosa im Mittelalter. Festschrift für Kaspar Elm zum 70. Geburtstag, Berlin 1999 (Berliner historische Studien 31 = Ordensstudien 13), S. 301 – 319; Winkler, Gerhard Bernhard: Die Kreuzzugsmotivation Bernhards von Clairvaux, in: Mittellateinisches Jahrbuch 34/1 (1999), S. 51 – 61; Purkis, William J.: Crusade and pilgrimage spirituality, c. 1095 – c. 1187, Cambridge 2006, S. 86 – 119.
Die Zisterzienser, das Heilige Land und die Kreuzzugsbewegung |
Die Verbindung von Zisterziensern und der Kreuzzugsbewegung erscheint auf den ersten Blick offensichtlich, denn die ersten Assoziationen beziehen sich in der Regel auf die Person Bernhards von Clairvaux, der den Zweiten Kreuzzug maßgeblich prägte. Der Orden als solcher zeigt sich in den Statuten seiner Generalkapitel 809 allerdings erstaunlich kritisch, beinahe rigide gegenüber der persönlichen Teilnahme von Ordensmitgliedern an den Kreuzzügen. Das Generalkapitel von 1134 legte beispielsweise fest, dass kein Zisterzienser nach Rom ziehen dürfe, es sei denn in Begleitung eines Bischofs desselben Ordens 810, eine Regelung, die 1157 noch einmal präzisiert wurde.811 Pilgerfahrten von Ordensmitgliedern zu entfernten Orten wurden also allgemein nicht geschätzt. Dieses spätere Kapitel von 1157 regelte auch eindeutig, wie mit Ordensmitgliedern – die mangelnde Spezifizierung lässt vermuten, dass hier Äbte, Mönche und Konversen gleichermaßen gemeint waren – zu verfahren sei, die sich verbotenerweise auf den Weg nach Jerusalem oder zu anderen Pilgerstätten begeben hatten; ihnen drohte die ‚Strafversetzung‘ in einen anderen Konvent, ohne Möglichkeit der Rückkehr.812 Das benediktinische Gebot der stabilitas loci 813 wog schwerer als die Verdienste der Pilgerschaft.814 Während sich der Orden auf diese Weise von der persönlichen Teilnahme seiner Mitglieder an den Kreuzzügen distanzierte, ließen sich seine prominenten Vertreter sehr wohl für den Dienst an der Sache gewinnen. Der berühmte doctor mellifluus unterstützte nicht nur die Templer mit seinem ‚Liber ad milites templi de laude novae militiae‘815 maßgeblich, sondern übte zusätzlich großen 809 Canivez, Joseph Marie (Hg.): Statuta capitulorum generalium ordinis Cisterciensis 1 – 8, Louvain 1933 – 1941 (Revue d’histoire ecclésiastique. Bibliothèque 9 – 14). 810 Ibid., 1, S. 30, statutum LXXIV. 811 Ibid., S. 65, statutum XLIII. 812 Ibid., S. 66, statutum LIII: Qui de Ordine exeunt ita (prohibeantur) ut Ierosolymam eant, vel aliam peregrinationem aliorsum faciant, vel seipsos qualibet occasione faciunt abscidi vel incidi, sine omni personarum acceptatione de domibus propriis amoti, mittantur in alias domos ordinis perpetuo numquam reversuri. 813 Man vergleiche die Verdammung der umherziehenden Gyrovagi durch Benedikt, siehe Die Benediktsregel. Eine Anleitung zu christlichem Leben, hrsg. v. Holzherr, Georg, Düsseldorf / Zürich 52000, Cap. I, 10 – 11. 814 Zu dem Problem der kreuzfahrenden Mönche allgemeiner siehe Brundage, James A.: A Transformed Angel (X 3.31.18). The Problem of the Crusading Monk, in: Studies in Medieval Cistercian History Presented to Jeremiah F. O’Sullivan, Shannon 1971 (Cistercian Studies Series 13 = Studies in medieval Cistercian history 1), S. 55 – 62. 815 Bernhard von Clairvaux: Ad milites Templi. De laude novae militiae. An die Tempelritter – Lobrede auf das neue Rittertum, in: Winkler, Gerhard B. (Hg.): Bernhard von Clairvaux.
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Einfluss auf die propagandistischen Vorbereitungen des Zweiten Kreuzzugs aus: Der Verlust der Kreuzfahrerherrschaft Edessa als Grundlage für einen erneuten Kreuzzug – wie in der päpstlichen Bulle Quantum praedecessores dargestellt 816 – bedurfte weiterer Erklärung, denn Edessa war im lateinischen Westen längst nicht so präsent wie die heilige Stadt Jerusalem.817 Es war Bernhard, der den Zweiten Kreuzzug mit einer Theologie der Niederlage als Gnadenakt Gottes 818 überhaupt erst in einen eschatologischen Kontext stellte. Erst auf seine flammenden Predigten hin nahmen Ludwig VII., Konrad III. und zahllose andere das Kreuz, und erst nach seiner Intervention erlangte der Kampf gegen die Wenden östlich der Elbe dieselbe Legitimation wie der Kreuzzug nach Jerusalem. Papst Eugen III. bestätigte die Ansichten und Versprechungen Bernhards grundsätzlich; dabei muss allerdings betont werden, dass er im Fall des Wendenkreuzzugs wohl lediglich reagierte, weil ihm Bernhard mit der Gleichstellung des Krieges in Palästina und Transelbien in Bezug auf geistlichen Verdienst und Lohn zuvorgekommen war. Dies impliziert, dass der Abt von Clairvaux seine eigene Autorität zumindest in dieser Sache über die des Stellvertreters Petri stellte.819 Auf diejenigen Autoren des späten 12. und frühen 13. Jahrhunderts, die sich von der Kreuzzugsbewegung inspirieren ließen – z. B. Gottfried von Straßburg, Wolfram von Eschenbach oder den anonymen Verfasser des deutschen ProsaLancelots –, übte er ebenfalls nachhaltigen Einfluss aus.820 Trotz allen Einsatzes
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Sämtliche Werke lateinisch / deutsch 1, Innsbruck 1990, S. 257 – 328. Dazu Bulst-Thiele, Marie-Luise: The Influence of St Bernhard on the Formation of the Order of the Knights Templar, in: Gervers, Michael (Hg.): The Second Crusade and the Cistercians, New York 1992, S. 57 – 66. Quantum praedecessores, S. 90f. Sommerfeldt, John R.: The Bernardine Reform and the Crusading Spirit, in: The Catholic Historical Review 86/4 (2000), S. 567 – 578; Kahl, Hans-Dietrich: Crusade eschatology as seen by St. Bernhard in the years 1146 to 1148, in: Gervers, Michael (Hg.): The Second Crusade and the Cistercians, New York 1992, S. 35 – 47. Jäckel, Dirk: Deutungen der christlichen Niederlagen im Heiligen Land (12. Jahrhundert). Ein Vergleich okzidentaler und christlich-orientalischer Bewältigungsstrategien, in: Drews, Wolfram / Oesterle, Jenny R. (Hgg.): Transkulturelle Komparatistik. Beiträge zu einer Globalgeschichte der Vormoderne, Leipzig 2008 (= Comparativ. Zeitschrift für Globalgeschichte und vergleichende Gesellschaftsforschung 18/3 – 4 [2008]), S. 95 – 107, S. 100. Mayer: Kreuzzüge, S. 127. Heim, Manfred: Zisterziensische Kreuzzugs-Ideologie in der „Gral-Queste“ des „ProsaLancelot“, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 99 (1988), S. 133 – 182, S. 157f. u. 163 – 174.
Die Zisterzienser, das Heilige Land und die Kreuzzugsbewegung |
für den Kreuzzug äußerte sich auch Bernhard eindeutig gegen die Teilnahme von Mönchen an den Kreuzzügen.821 Auch jenseits Bernhards trifft man im Laufe der Kreuzzüge immer wieder auf Zisterzienser in einflussreichen Positionen, wie etwa Otto von Freising oder Heinrich von Marcy, Kardinalbischof von Albano, den Ludwig Schmugge als „Motor der Kreuzzugsbewegung“822 in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts bezeichnet hat. Heinrich warb sowohl für die bewaffnete Auseinandersetzung mit den Katharern in Südfrankreich als auch später für den Dritten Kreuzzug überaus erfolgreich.823 Gemeinsam mit Simon von Montfort leitete Arnold Amalrich, Abt von Cîteaux, die erste Phase des sogenannten Albigenserkreuzzuges.824 Auch für den Fünften Kreuzzug griff der Heilige Stuhl auf Zisterzienser als Prediger zurück: Im Reich wurden unter anderem die Äbte Eberhard von Salem 825, Peter
821 Winkler, Gerhard B. (Hg.): Bernhard von Clairvaux. Sämtliche Werke 3, Innsbruck 1992, Brief Nr. 544, S. 1038 – 1040. 822 Schmugge: Zisterzienser, Kreuzzug und Heidenkrieg, S. 62. 823 Für Heinrichs Engagement in Südfrankreich zuletzt Chideock, Cassandra E.: Henry of Marcy, heresy and the crusade, 1177 – 1189 Cambridge 2001. Einen Blick auch auf seine spätere Legatentätigkeit wirft Congar, Yves: Henri de Marcy, abbé de Clairvaux, cardinal, éveque d’Albano et légat pontifical, in: Analecta monastica 5 (1958), S. 1 – 91. 824 Graham-Leigh, Elaine: „Evil and the Appearance of Evil“: Pope Innocent III, Arnauld Amaury and the Albigensian Crusade, in: Sommerlechner, Andrea (Hg.): Innocenzo III. Urbs et orbis. Atti del congresso internazionale, Roma, 9 – 15 settembre 1998, 2, Rom 2003 (Nuovi studi storici 55), S. 1031 – 1048; Alvira Cabrer, Martín: Le “Vénérable” Arnaud Amaury: image et réalité d’un Cistercien entre deux croisades, in: Heresis 32 (2000), S. 3 – 35. 825 Zu ihm zuletzt Fleischer, Andrea: Zisterzienserabt und Skriptorium: Salem unter Eberhard I. von Rohrdorf (1191 – 1240), Wiesbaden 2004 (Imagines medii aevi 19). Vielleicht hat Eberhard sogar selbst am Fünften Kreuzzug teilgenommen. Siehe dazu Pixton, Paul B.: Die Anwerbung des Heeres Christi: Prediger des Fünften Kreuzzuges in Deutschland, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 34 (1978), S. 166 – 191, S. 187f.
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von Neuburg 826, Daniel von Schönau, Konrad von Urach 827 und Heinrich von Heisterbach 828 mit dieser Aufgabe betraut.829 Auffällig ist zudem die sukzessive Eingliederung der Ritterorden von Calatrava, Alcántara und Évora sowie einiger anderer, kleinerer Ritterorden in den zisterziensischen Ordensverband. Hier wird die dauerhafte Verbindung von zisterziensischer Frömmigkeit und institutionalisiertem Kampf gegen die Muslime deutlich, auch wenn man diesbezüglich von einem „iberischen Sonderweg“ des Ordens sprechen kann.830 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der Zisterzienserorden der Norm nach nicht personell an den Kreuzzügen beteiligte, sich sogar aktiv dagegen verwehrte. Andererseits betätigte er sich propagandistisch, aktivierend und 826 Immer noch aktuell: Pfleger, Luzian: Abt Peter von Neuburg im Hl. Forst, in: Cistercienser Chronik 16 (1904), S. 129 – 142, S. 134f. 827 Zu diesem berühmten Zisterzienser, der später mit der Kardinalswürde geehrt wurde, zuletzt Hechelhammer: Kreuzzug und Herrschaft, S. 151 – 154; Konrad predigte auch den Albigenserkreuzzug: Neininger, Falko: Konrad von Urach († 1227). Zähringer, Zisterzienser, Kardinallegat, Paderborn 1994 (Quellen und Forschungen aus dem Gebiet der Geschichte NF 17), S. 117 – 122 u. S. 179 – 228. 828 Falko Neiniger: Abt Heinrich I. von Heisterbach. Gründung und frühe Blüte der Abtei Heisterbach, in: Kalckert, Georg (Hg.): Abt Heinrich I. von Heisterbach. 1180 – 1244, Königswinter 1992, S. 2 – 25. Seine Beauftragung durch Honorius III. findet sich in Rodenberg, Karl (Bearb.): Epistolae saeculi XIII e regestis pontificum Romanorum selectae 1, Berlin 1883 (MGH Epp. saec. XIII/1), Nr. 244, S. 172f. 829 Schmugge: Zisterzienser, Kreuzzug und Heidenkrieg, S. 65. Ausführlicher dazu siehe Pixton: Anwerbung des Heeres Christi, S. 167 – 172. 830 Jaspert, Nikolas: Der Zisterzienserorden in den iberischen Reichen des Hochmittelalters: ein Sonderweg?, in: Felten, Franz Joseph / Rösener, Werner (Hgg.): Norm und Realität: Kontinuität und Wandel der Zisterzienser im Mittelalter, Berlin u. a. 2009 (Vita regularis 42), S. 441 – 474, bes. S. 464ff. Zur institutionellen Verbindung des Zisterzienserklosters Morimond mit der Kreuzzugsbewegung in Form der iberischen geistlichen Ritterorden siehe besonders Josserand, Philippe: D’un couvent l’autre: l’abbaye de Morimond et les ordres militaires hispaniques de filiation cistercienne au Moyen Âge, in: Parisse, Michel / Viard, Georges (Hgg.): L’abbaye de Morimond, histoire et rayonnement: actes du colloque de septembre 2003, Langres 2004, S. 335 – 354; de Ayala Martínez, Carlos: Órdenes militares castellano-leonesas y benedictinismo cisterciense: el problema de la integración (ss. XII – XIII), in: Bouter, Nicole (Hg.): Unanimité et diversité cisterciennes. Filiations, réseaux, relectures du XIIe au XVIIe siècle. Actes du quatrième Colloque international du C. E. R. C. O. R., Dijon, 23 – 25 septembre 1998, Saint-Étienne 2000 (Travaux et recherches C. E. R. C. O. R. 12), S. 525 – 555. Zudem sei verwiesen auf die gesammelten Werke zu diesem Thema von und bei O’Callaghan, Joseph F.: The Spanish military order of Calatrava and its affiliates. Collected studies, London 1975 (Variorum collected studies 37).
Die Zisterzienser und die Grafen von Berg |
legitimierend sehr wohl, und zwar in herausragender, absolut führender Art und Weise. Die Verbindung zwischen Zisterziensern und der Kreuzzugsbewegung war also – trotz der genannten Einschränkungen – außerordentlich eng. Eine starke Verbindung zwischen dem Orden und den Grafen von Berg ließe nun vermuten, dass die Förderung der Kreuzzugsbewegung durch die weißen Mönche ebenfalls auf das Haus Berg einwirkte. Dies soll im Folgenden untersucht werden. 4.2 DIE ZISTERZIENSER UND DIE GRAFEN VON BERG 4.2.1 PERSONELLE VERBINDUNGEN
Die Verbindung von Zisterziensern, der Kreuzzugsbewegung und den Großen des Niederrheins hat in der Forschung bislang eher weniger Beachtung gefunden, wenngleich durchaus einschlägige Arbeiten veröffentlicht worden sind – allerdings ausschließlich in Bezug auf Bernhard von Clairvaux.831 Auf den folgenden Seiten sollen noch einige weitere Faktoren aufgezeigt werden. Die Zisterzienser fanden auch am Niederrhein geeignete Bedingungen für Ordensniederlassungen. Die erste Zisterzienserabtei in dieser Region – und im ganzen Reich – war (Alten-)Kamp, das 1123 auf Bitten des Kölner Erzbischofs Friedrich von Schwarzenburg von Mönchen aus Morimond gegründet wurde.832 Zwei Brüder Friedrichs, Arnold, Gründungsabt von Morimond, und Heinrich, Gründungsabt von Kamp, spielten bei der Gründung dieses Klosters eine hervorgehobene Rolle.833 Friedrich betätigte sich als großer Förderer verschiedener 831 Breuer, Hendrik: Die rheinische Kreuzzugspredigt des Heiligen Bernhard von Clairvaux: Überlegungen zur Herkunft der Glossen im Codex 23 der Kölner Dombibliothek, in: Analecta Coloniensia 7/8 (2007/08), S. 83 – 180; Bredero, Adriaan H.: Studien zu den Kreuzzugsbriefen Bernhards von Clairvaux und seiner Reise nach Deutschland im Jahre 1146, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 66 (1958), S. 331 – 363; Greven: Kölnfahrt, passim. 832 Eberl, Immo: Die Zisterzienser, Geschichte eines europäischen Ordens, Stuttgart 2002, S. 73f. Zur Geschichte der Abtei Kamp immer noch aktuell: Dicks, Mathias: Die Abtei Camp am Niederrhein. Geschichte des ersten Cistercienserklosters in Deutschland (1123 – 1802), Moers 1913. Zur Gründung siehe ibid., S. 28 – 45. 833 Die Äußerung Heidkamps: „What we know for certain is that Eberhard was selected by Cologne archbishop Fredrich I (1100 – 1131) to be the first abbot of Kamp Abbey (est. 1123) […]“ ist falsch und verwundert durch ihre Bestimmtheit zusätzlich, zumal sie keinerlei
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Reformbewegungen, indem er – abgesichert über verwandtschaftliche Beziehungen – Siegburger Reform, Prämonstratenser und Zisterzienser begünstigte.834 Verwandtschaftliche Beziehungen verbanden ihn und seine Brüder auch mit den Grafen von Berg, denn er war der Onkel einer namentlich nicht überlieferten Tochter seines Bruders Engelbert von Schwarzenburg, die Adolf II. von Berg geheiratet hatte.835 Über nicht allzu ferne verwandtschaftliche Verbindungen hatten die Grafen von Berg seit der Gründung Morimonds im Jahr 1115 also Kontakt zu den weißen Mönchen. Die Beziehungen der Grafen von Berg zu den Zisterziensern wurden eine Generation nach Friedrich deutlich direkter, nämlich in Gestalt Everhards, Sohn Adolfs I. von Berg. Der Chronica comitum de Marka des Levold von Northof zufolge hatte sich Everhard, jüngerer Bruder Adolfs II., entschlossen, nach einer grausamen Schlacht der Welt zu entsagen und seinem bisherigen Leben zu entfliehen.836 Zunächst sei er nach Rom, Santiago de Compostela und St. Gilles gepilgert, um dann auf einem der Abtei Morimond gehörenden Hof als Schweinehirt zu dienen. Zwei bergische Gefolgsleute seien zufällig an diesem Hof vorbeigekommen und hätten ihren früheren Dienstherren erkannt. Jener habe trotz der anfänglichen Freude über das Wiedersehen alter Bekannter unmittelbar darauf den Mönchshabit aus den Händen des Abtes von M orimond entgegengenommen. Weil er – erfüllt von zisterziensischer Frömmigkeit – seinem Orden zu größerer Verbreitung verhelfen wollte, habe er seinen Bruder um die Übertragung der Burg Altenberg mit vielen Besitzungen gebeten. Belege anführt. Heidkamp, Erin E.: A local community, a community of “locals”. The Cistercians of Altenberg Abbey, 1133 – 1539, Ann Arbor 2009, S. 85. Vielleicht verwechselt sie den dritten Abt von Kamp, Gierard oder Everhard (1177 – 1184), mit Everhard von Berg. Zutreffend dagegen Dicks: Abtei Camp, S. 29f. Zu Gierard / Eberhard siehe ibid., S. 104 – 106. 834 Wunder: Die Verwandtschaft des Erzbischofs Friedrich I., S. 32 – 35. 835 Ibid., S. 48f. 836 Levoldi de Northof chronica comitum de Marka, ed. Fritz Zschaeck, Berlin 1929 (MGH SS rer. Germ. N. S. 6), S. 18 – 22. Eine eigenständige Version dieser Geschichte bietet die ‚Altenberger Gründungssage‘, verfasst von einem anonymen Mönch des Klosters. Für die hier untersuchte Fragestellung ist es unerheblich, welchem Bericht man folgt. De fundacione Bergensis cenobii, in: Levoldi de Northof chronica comitum de Marka, ed. Fritz Zschaeck, Berlin 1929 (MGH SS rer. Germ. N. S. 6), S. 108 – 115; Zu den verschiedenen Versionen der Gründungssage siehe Heidkamp: A local community, S. 83f. Bei der schweren Schlacht ist wohl an eine Auseinandersetzung während des Lütticher Schismas 1119 – 1121 zu denken: Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 34f.; Bockemühl: Grabstein, S. 52f., Anm. 3.
Die Zisterzienser und die Grafen von Berg |
Diese Bitte habe Adolf II. seinem Bruder nur zu gerne erfüllt. Anschließend sei Everhard nach Thüringen gereist, um seine dortigen Verwandten 837 Sizzo III. von Schwarzburg-Käfernburg und dessen Gemahlin Gisela zu besuchen und zu einer weiteren Klosterstiftung zu bewegen. Sizzo habe sich dieser Idee gegenüber aufgeschlossen gezeigt und den Zisterziensern den St. Georgsberg mit vielen dazugehörenden Gütern versprochen. Everhard sei daraufhin nach Morimond zurückgekehrt, um seinem Abt die gute Nachricht zu überbringen. Jener habe Everhard zum Gründungsabt des thüringischen Klosters wählen lassen und einige Mönche sowie Laienbrüder mitgegeben, um die versprochenen Besitzungen mit Leben zu füllen. Nachdem Everhard durch Erzbischof Heinrich von Mainz zum Abt erhoben worden sei, hätten Sizzo und Gisela ihr Versprechen eingelöst. Diese Gründungssage ist nicht für bare Münze zu nehmen; zudem hat sie einige Rezeptionsblüten getrieben, etwa bei Vinzenz Jakob von Zuccal maglio (alias Montanus).838 Dennoch hat sie einen wahren Kern: Im Jahr 1124 sandte Bernhard von Clairvaux einen Brief 839 an Bruno von Berg, der zu diesem Zeitpunkt Propst von St. Castor in Koblenz war.840 Anlass dieses Briefs war der eigenmächtige Aufbruch Abt Arnolds von Morimond und einiger seiner Mönche nach Palästina. Drei dieser Mönche werden von Bernhard namentlich genannt: Inter quos tres, quorum maxime nos ablatione turbavit, ausus est etiam seducere et secum ducere statuit, Evrardum videlicet fratrem vestrum, et Adam quem bene nostis, nobilemque illum puerum Conradum, quem et pridem non sine scandalo tulerat de Colonia. Unter denen, die er [Arnold – A. B.] zu verführen wagte und mit sich zu führen beschloss, sind drei, deren Entführung uns am meisten bestürzt hat, nämlich Everhard, euer Bruder, Adam, den
837 Zu der Art der Verwandtschaft zwischen diesen beiden Häusern Müller, Hans: Blutsverwandtschaft zwischen den Grafen von Schwarzburg und den Grafen von Berg. Eine Richtigstellung, in: Südwestdeutsche Blätter für Familien- und Wappenkunde 10 (1958), S. 529 – 535, passim; dagegen Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 28f. u. 33. 838 von Zuccalmaglio, Vinzenz J.: Die Vorzeit der Länder Cleve-Mark, Jülich-Berg und Westphalen 1, Solingen / Gummersbach 21837, S. 9 – 13. 839 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 6, S. 298 – 301. Siehe auch Winklers Anmerkungen zu diesem Brief ibid., S. 1050. 840 Lauscher, Albert: Erzbischof Bruno II . von Köln (1132 – 1137), Köln 1902, S. 10; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 30.
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Ihr gut kennt, und jener adelige Junge Konrad, den er bereits früher nicht ohne Aufsehen aus Köln [mit-]genommen hatte.
Im genannten Jahr war also ein Everhard Mönch im Kloster Morimond. Dass es sich bei ihm um den Bruder Brunos von Berg handeln muss, ergibt sich aus der Bezeichnung frater, mit der hier keinesfalls der monastische Bruder gemeint sein kann, weil Bernhard Everhard als Bruder Brunos bezeichnet, der zu diesem Zeitpunkt kein Mönch war. Die Gründungsurkunde des Klosters Georgenberg, ausgestellt von Erzbischof Heinrich, erwähnt schließlich – passend zur Gründungssage Altenbergs – einen Everhard als Abt dieses Konvents, der wohl auch deshalb mit Everhard von Berg zu identifizieren ist, weil ihn Heinrich als cognatus des Grafen Sizzo bezeichnet.841 Es gab also enge Beziehungen zwischen den Zisterziensern und dem Haus Berg, die sich an der Gestalt Everhards festmachen lassen. Allein der gerade beschriebene briefliche Kontakt zwischen Bernhard von Clairvaux und Bruno von Berg verweist jedoch auf eine weitere Verbindungslinie, nämlich diejenige zwischen den zuletzt genannten Personen: Bernhard schrieb Bruno insgesamt vier Briefe 842, was in Anbetracht des allgemeinen Engagements des Abtes eine verhältnismäßig hohe Anzahl darstellt. Der früheste Brief ist der gerade beschriebene, in dem Bernhard Bruno bittet, auf die Rückkehr der aus Morimond entlaufenen bzw. entführten Mönche hinzuwirken. Auffällig ist hier zum einen die Art und Weise, wie Bernhard den bergischen Grafensohn anspricht: Er nennt Bruno einen „berühmten Mann und seinen lieben Freund“843, und einen „Bekannten und Vertrauten“.844 Die von Bernhard verwendete „Sprache der Freundschaft“845 deutet dabei nicht zwangsläufig auf ein engeres persönliches Verhältnis zwischen 841 Mainzer Urkundenbuch 2, 1: Die Urkunden seit dem Tode Erzbischof Adalberts I. (1137) bis zum Tode Erzbischof Konrads (1200), bearb. v. Acht, Peter, Darmstadt 1968 – 1971, Nr. 37, S. 66 – 70, S. 68. Zu diesem Schluss kommt auch Acht. 842 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 6, 8, 9, 10. 843 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 6, S. 298: Domino Brunoni viro illustri et dilecto suo, (…). 844 Ibid., S. 298 – 300: Et ob hoc non timide tamquam ad extraneum, sed fidentissime scribo ad vos quaecumque volu, ut ad notum et familiarem nostrum. 845 Haseldine, Julian P.: Friendship and Rivalry: The Role of Amicitia in Twelfth-Century Monastic Relations, in: The Journal of Ecclesiastical History 44 (1993), S. 390 – 414, S. 393 spricht von einer „language of friendship“. Einführend zu amicitia in monastischen Kontexten D’Acunto, Nicolangelo: Amicitia monastica. Considerazioni introduttive, in: Reti medievali 11/1 (2010), S. 123 – 129. Zu den frühmittelalterlichen Grundlagen der amicitia in geistlichen Beziehungen Epp, Verena: Amicitia. Zur Geschichte personaler, sozialer,
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beiden, sie war aber auch keine reine Floskel: Der sprachliche Gerbrauch der amicitia /dilectio bildete im 12. Jahrhundert die Basis für die Kommunikation zwischen gebildeten und gleichgesinnten Kirchenmännern, wobei die persönliche Bekanntschaft im Hintergrund stand.846 Jene war im Fall von Bernhard und Bruno allerdings sehr wohl gegeben, denn Bernhard verweist auf ein persönliches Treffen in Reims, bei dem beide die Gelegenheit hatten, einander kennenzulernen.847 Bruno hatte noch im Jahr 1118 an der dortigen Kathedralschule studiert, weshalb das Treffen wohl auf vor 1119 datiert werden kann.848 Der zweite Brief bezieht sich auf ein nicht überliefertes vorheriges Schreiben Brunos, worin er den Zisterzienser fragt, ob er die Wahl zum Kölner Erzbischof annehmen solle. Aus diesem Kontext ergibt sich eine vage Datierung auf nicht später als 1131. Bruno hatte im Jahr 1130 die Wahl zum Trierer Erzbischof abgelehnt, wozu er Papst Innozenz II. „gewisse verborgene Gründe“ mitteilte.849 Welcher Art genau diese Gründe waren, lässt sich nicht mehr rekonstruieren, allerdings scheint es sich um schwerwiegendere Verfehlungen gehandelt zu haben, denn es ist durchaus denkbar, dass ihn die bei Innozenz vorgebrachten Gründe zur Ablehnung der Trierer Wahl auch bei der Wahl zum Kölner Erzbischof beschäftigt haben. Bernhard war über die Selbstzweifel Brunos jedenfalls im Bilde. Dessen Geständnis nennt er „erschreckend“ (terribilis), die Selbstanklage „schwer“ (graviter), aber leider wohl wahr (veraciter).850 Ihm schaudere (horreo) bei dem Gedanken, dass Bruno die Wahl annehme, vor allem, weil keine Zeit der Buße dazwischen liege.851 Bernhards Antwort ist nach eigenem Bekunden politischer und geistlicher Beziehungen im frühen Mittelalter, Stuttgart 1999 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 44), S. 234 – 298. 846 Haseldine: Friendship, S. 393. 847 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 6, S. 298: Ex quo dudum Remis nostri invicem utrique gratam cepimus notitiam, (…). 848 Lauscher: Bruno II. von Köln, S. 12f.; Wiliams, John R.: The cathedral school of Reims in the time of master Alberic, 1118 – 1136, in: Traditio 20 (1964), S. 93 – 114, S. 95; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 32. Die dortige Ausbildung hatte wohl eher elementaren Charakter und sollte nicht überschätzt werden, siehe Williams: Reims, S. 94. 849 Gesta Alberonis archiepiscopi, ed. Georg Waitz, Hannover 1848 (MGH SS 8), cap. 11, S. 249: Sed ipse multo labore a domino Innocencio papa absolutionem impetravit, quasdam latentes causas pretendens. 850 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 8, S. 334 – 339, S. 334: Magis quoque dubium reddit consilium illa in litteris tuis humilis, sed terribilis confessio, qua vitam tuam tam graviter, et, ut credo, non nisi veraciter accusas. 851 Ibid.: Horreo, fateor, – sic enim tibi, ut mihi loqui debeo quod sentio –, horreo, inquam, considerans unde, quo vocaris, praesertim cum nullum intercurrerit paenitentiae tempus, per quod
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zwar unentschieden, allerdings ist der Ton seines Schreibens außerordentlich besorgt. Dennoch bezeichnet er auch in diesem Brief den Kölner Elekten als seinen Freund (amico), für den er beten wolle.852 Zudem verweist er ihn an Norbert von Xanten, der sich in diesen Dingen besser auskenne, weil er „näher bei Gott“ stehe.853 Auch der dritte Brief Bernhards 854 ist ein Antwortschreiben auf eine Bitte Brunos, deren Inhalt uns leider verborgen bleibt. Der Abt rät Bruno zur Furcht, was wohl mit dessen Entscheidung, die Bischofswahl trotz der Einwände Bernhards anzunehmen, zusammenhängt.855 Deshalb bietet sich hier eine Datierung auf 1132 an, das Jahr, in dem Bruno die Amtsgeschäfte als Kölner Erzbischof übernahm. Trotz aller eindringlicher Mahnung und offenkundiger Missbilligung der Entscheidung Brunos – Bernhard vergleicht ihn mit König Saul und dem zum Priester berufenen Judas 856 – schließt er versöhnlich: Er wünscht dem Freund den „Beginn der Weisheit“857 und relativiert seine Schelte, indem er sie als heilsamen Schrecken bezeichnet, der dazu diene, die Freunde zu beseligen.858 Der vierte und letzte Brief des Abtes an Bruno 859 ist eher eine kurze Mitteilung, in der er den Erzbischof auffordert, eine „schreckliche Untat“ mit entsprechendem Eifer zu bestrafen. Über den Gegenstand selbst wissen wir nichts, sodass auch die Datierung des Briefs unsicher ist. Auch hier bezeichnet Bernhard den bergischen Grafensohn als seinen Freund.860 Anhand der Korrespondenz zwischen Bernhard von Clairvaux und Bruno von Berg lässt sich feststellen, dass das Verhältnis zwischen den beiden kirchlichen Würdenträgern als recht eng bezeichnet werden kann. Nicht nur die utcumque huiuscemodi periculosissimus transitus fuit. 852 Ibid., S. 338: Unum tamen est quod amico absque periculo, et nequaquam sine fructu, impendere possumus, nostrae videlicet pro hac re orationis ad Deum qualecumque suffragium. 853 Ibid.: Habetis autem dominum Norbertum, quem melius praesentem praesens de talibus interrogare potestis. Nam tanto vir ille in divinis aperiendis mysteriis nobis promptior, quanto et Deo proprior esse cognoscitur. 854 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 9, S. 340 – 342. 855 Zu dieser turbulenten Wahl oben Kap. 3.2.1. 856 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 9, S. 340: Quod si etiam et Saulem in regno et Iudam in sacerdotio legitur elegisse non alius quam ipse Deus, et non potest solvi scriptura quae hoc asserit, timeat necesse est et Coloniensis archiepiscopus. 857 Ibid., S. 340 – 342: Durusne videor, quia non blandior, quod metum incutio, quod amico cupio initium sapientiae? 858 Ibid., S. 342: Sic mihi contingat semper beare amicos, id est terrendo salubriter, non adulando fallaciter. 859 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 10, S. 342. 860 Ibid., S. 342: Hoc autem est quod amicum et patrem cupimus esse admonitum, (…).
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Korrespondenz an sich, sondern besonders der Duktus der bernhardinischen Briefe führt zu diesem Befund, bezeichnet er Bruno – trotz aller Kritik – doch stets als seinen Freund. Die Grundlage der Freundschaft scheint das persönliche Treffen in Reims gewesen zu sein.861 Ein vollständigeres Bild lässt sich nicht entwerfen, weil die Schreiben Brunos nicht überliefert sind. Dennoch ist es auffällig, dass sich Bruno in für ihn selbst zentralen Fragen offenbar an den Abt von Clairvaux gewandt hat, und das eben nicht nur, weil Bernhard bereits zu diesem Zeitpunkt enorme Autorität besaß, sondern eben weil beide eine persönliche Bekanntschaft, vielleicht sogar Freundschaft verband. Auch die Zeitspanne der Korrespondenz ist für die hier verfolgte Fragestellung interessant. Die vier Briefe lassen sich auf 1124 bis spätestens 1137, das Todesjahr Brunos, datieren. Wenn man die von Carlson vorgeschlagene Datierung des ‚Liber ad milites templi de laude novae militiae‘ (1130 oder 1131)862 übernimmt, dann stellt man fest, dass zwei der vier Briefe genau in den Abfassungszeitraum der Lobrede auf die Templer hineinfallen. Der Kontakt zwischen Bernhard und Bruno war also zu einem Zeitpunkt besonders eng, als Bernhard mit den Templern eine junge geistliche Gemeinschaft propagierte, die ihre Wurzeln im Heiligen Land hatte und mit der Kreuzzugsbewegung eng verbunden war. Auch wenn sich diese Gedanken des Abtes nicht direkt in seiner Korrespondenz mit Bruno wiederfinden, so ist es nicht ausgeschlossen, dass die beginnende zisterziensische Kreuzzugspropaganda bereits zu diesem Zeitpunkt Einfluss auf die Grafen von Berg ausgeübt haben könnte. Auch wenn die hier formulierte These letztlich im Bereich der Spekulation zu verorten ist, soll sie dennoch zur Diskussion gestellt werden. Eventuell lassen sich in der bernhardinischen Korrespondenz ähnlich gelagerte Fälle finden, die die hier geäußerte Idee stärken oder widerlegen können. Ein umfassender Vergleich würde hier allerdings zu weit führen.
861 Auch Lauscher kommt zu dieser Einschätzung. Lauscher: Bruno, S. 57. 862 Carlson, David R.: The practical theology of St. Bernard and the date of the De laude novae militiae, in: Sommerfeldt, John R. (Hg.): Erudition at God’s Service. Studies in Medieval Cistercian History, XI. Papers from the 1985 and 1986 Cistercian Studies Conferences, organized by the Institute of Cistercian Studies of Western Michigan University, and held in conjunction with the 20th and 21st International Congress of Medieval Studies in Kalamazoo, Michigan, on May 9 – 12, 1985 and May 8 – 11, 1986, Kalamazoo 1987 (Cistercian studies series 98 / Studies in medieval Cistercian history 11), S. 133 – 147.
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4.2.2 INSTITUTIONELLE VERBINDUNGEN
Ebenfalls in diese Zeit fällt der Startpunkt der institutionellen Verbindung zwischen den Zisterziensern und dem Haus Berg, nämlich in Form der Gründung der Abtei Altenberg im Jahr 1133.863 Die Abtei wurde von Mönchen aus Morimond als dessen neuntes Tochterkloster in der bisherigen Residenz der Grafen eingerichtet und kurze Zeit später in eine nahe gelegene Talsohle verlegt. Drei Faktoren waren für die Gründung entscheidend: Zunächst ist der Expansionsdrang der Zisterzienser in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts zu berücksichtigen, besonders in Bezug auf die Abtei Morimond. Als jüngste und am schlechtesten ausgestattete der vier Primarabteien hatte sie Nachholbedarf, was das eigene Gewicht im Orden betraf.864 Eine erfolgreiche Strategie war es, möglichst schnell einen starken Filiationsstrang aufzubauen. Diesem Erfolg entspricht der Befund, dass das Mutterkloster und die Primarabteien trotz unterschiedlichen Alters und verschiedener Grunddotierungen im Jahr 1133 ähnlich starke Filiationsstränge aufwiesen.865 Die von Morimond dabei eingeschlagene Expansionsrichtung, nämlich vor allem nach Osten, erklärt sich vielleicht durch den hohen Anteil deutschsprachiger Mönche im Konvent.866 Dieser ‚Push-Faktor‘ wird ergänzt von zwei ‚Pull-Faktoren‘: Einerseits 863 Mosler, Hans: Die Cistercienserabtei Altenberg, Berlin 1965 (Germania Sacra N. F. 2: Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Erzbistum Köln 1), S. 48. Einen recht knappen Überblick über Altenberg in seinen Beziehungsgeflechten bietet Zurstrassen, Annette: Altenberg im 12. Jahrhundert. Die Stellung des Zisterzienserklosters zu Kirche, Adel und Reich, in: Erkens, Franz-Reiner / Wolff, Hartmut (Hgg.): Von sacerdotium und regnum. Geistliche und weltliche Gewalt im frühen und hohen Mittelalter. Festschrift für Egon Boshof zum 65. Geburtstag, Köln u. a. 2002 (Passauer historische Forschungen 12), S. 541 – 550. 864 Eberl: Zisterzienser, S. 94. 865 La Ferté hat als einzige Primarabtei kaum Tochterklöster gegründet. Siehe zu den Zahlenverhältnissen die Tabelle bei Eberl: Zisterzienser, S. 81. 866 Die genaue Zusammensetzung des Konvents ist unbekannt, allerdings wissen wir um den hohen Anteil deutscher Mönche z. B. aus den oben erwähnten Briefen Bernhards. Siehe auch Eberl: Zisterzienser, S. 75. Zum gesamten Filiationszweig dieser Abtei siehe Parisse, Michel: La formation de la branche de Morimond, in: Bouter, Nicole (Hg.): Unanimité et diversité cisterciennes. Filiations, réseaux, relectures du XII e au XVII e siècle. Actes du quatrième Colloque international du C. E. R. C. O. R., Dijon, 23 – 25 septembre 1998, Saint-Étienne 2000 (Travaux et recherches C. E. R. C. O. R. 12), S. 87 – 101. Einen konzisen Überblick über die Zisterzienser im Reich bietet Wollenberg, Klaus: Die deutschen Zisterzienserklöster zwischen Rhein und Elbe, in: Bouter, Nicole (Hg.): Unanimité et diversité
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ist hier die Begünstigung des Ordens in der Erzdiözese Köln durch die Kölner Erzbischöfe Friedrich I. und Bruno II. zu nennen. Beide Kirchenfürsten förderten, wie bereits dargestellt, nachdrücklich die verschiedenen geistlichen Reformbewegungen, beispielsweise Prämonstratenser 867 und eben Zisterzienser. Andererseits war die skizzierte verwandtschaftliche Verbindung zwischen Mönchen des Klosters Morimond und dem bergischen Grafenhaus entscheidend für die Gründung Altenbergs, wobei sich dieser Faktor mit dem Engagement der Erzbischöfe in Gestalt Brunos überschneidet. Mit der Stiftung Altenbergs schufen sich die bergischen Grafen ein eigenes Hauskloster, in dem zahlreiche Angehörige des Adelshauses ihre letzte Ruhe fanden – mindestens 14 Familienmitglieder, Männer wie Frauen, Laien wie Geistliche sind zwischen ca. 1170 und 1475 dort bestattet worden.868 Dabei ist bemerkenswert, dass sogar Dynastiewechsel, ausgelöst beispielsweise durch die Ermordung Engelberts 1225, die Funktion Altenbergs als zentrale Gedächtnisstätte für die Grafen von Berg nicht
cisterciennes. Filiations, réseaux, relectures du XIIe au XVIIe siècle. Actes du quatrième Colloque international du C. E. R. C. O. R., Dijon, 23 – 25 septembre 1998, Saint-Étienne 2000 (Travaux et recherches C. E. R. C. O. R. 12), S. 321 – 344. Zahlreiche Regionalstudien finden sich bei Knefelkamp, Ulrich (Hg.): Zisterzienser. Norm, Kultur, Reform. 900 Jahre Zisterzienser, Berlin 2001 (Schriftenreihe des Interdisziplinären Zentrums für Ethik an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder). 867 Zur Verbreitung der Prämonstratenser in der Kölner Kirchenprovinz siehe Horstkötter, Ludger: Die Prämonstratenser und ihre Klöster am Niederrhein und in Westfalen, in: Elm, Kaspar (Hg.): Norbert von Xanten. Adliger, Ordensstifter, Kirchenfürst, Köln 1984, S. 247 – 265. 868 Die Zahl basiert auf den heute noch sichtbaren Grabplatten, Hochgräbern und Bestattungsorten, die im Grundriss des sogenannten Altenberger Doms eingezeichnet sind bei Groten, Manfred: Das Kloster Altenberg als Begräbnis- und Gedenkstätte der Grafen/ Herzöge von Berg, in: Altenberger-Dom-Verein e. V. (Hg.): 1259 – Altenberg und die Baukultur im 13. Jahrhundert: Kolloquium vom 13. – 15. Mai 2009 in Altenberg, Regensburg 2010 (Veröffentlichungen des Altenberger Dom-Vereins 10), S. 103 – 117, S. 105. Die sicher hier bestatteten Personen sind der Klostergründer Graf Adolf II. von Berg († 1160 – 70), sein Sohn Graf Everhard von Altena († 1174), Graf Adolf IV. von Limburg-Berg († 1259), seine Gemahlin Margarethe von Hochstaden († 1314), deren gemeinsamer Sohn Dompropst Konrad von Berg († 1313), Graf Wilhelm I. von Limburg-Berg († 1308), seine Gemahlin Irmgard von Kleve († 1319), Graf Adolf VI. von Limburg-Berg († 1348), Graf Gerhard I. von Jülich-Berg († 1360), seine Gemahlin Margarethe von Ravensberg-Berg († 1389), Herzog Wilhelm I. von Jülich-Berg († 1408), Herzog Adolf I. von Jülich-Berg († 1437) sowie Herzog Gerhard VII. (II.) von Jülich-Berg († 1475). Zudem wurden hier die Eingeweide Erzbischof Engelberts I. († 1225) beigesetzt.
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erschüttern konnten. Kraus spricht zutreffend von Altenberg als „kultische[m] Mittelpunkt des bergischen Geschlechts“.869 Auch wenn ein Hauskloster sicherlich der Demonstration des eigenen Ranges innerhalb der niederrheinischen Adelslandschaft dienlich war, so muss doch berücksichtigt werden, dass die Grafen von Berg darauf verzichteten, die sonst üblichen, ertragreichen Vogteirechte über den Klosterbesitz auszuüben, indem sie die Zisterzienser einluden: Die zentralistische Ordensstruktur der weißen Mönche ließ eine Anbindung an bzw. Abhängigkeit von einer Stifterfamilie über vogteiliche Zugriffsmöglichkeiten nicht zu.870 Dieser Sachverhalt spricht dafür, auch Adolf II. bei der Klostergründung eine besondere, reformorientierte Spiritualität zu attestieren, die über den die Memoria betreffenden Aspekt solch einer Stiftung weit hinausging, denn sonst hätte er es auch bei einer einfachen Klosterstiftung außerhalb zentralistischer Ordensstrukturen belassen können. Nicht nur die Sepultur in Altenberg, sondern auch einige Schenkungen und Privilegien belegen die herausragende Stellung, die die Zisterzienser auf der spirituellen Agenda der Grafen einnahmen: Aussagekräftig sind diesbezüglich besonders die Schenkungen, Parteinahmen und Schutzversprechen sämtlicher bergischer Grafensöhne, die als Kölner Erzbischöfe tätig waren 871, sowie die Befreiung Altenbergs von der Bede durch Adolf III. im Jahr 1216.872 Derselbe Graf rüstete ein Jahr später zum Kreuzzug, und um das nötige Geld für diese Unternehmung aufzutreiben, richtete er sich beinahe selbstverständlich an den Altenberger Konvent.873
869 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 69. 870 Zu den frühen Privilegien und der Verfassung des Ordens siehe Eberl: Zisterzienser, S. 122 – 142; Moßig, Christian: Verfassung des Zisterzienserordens und Organisation der Einzelklöster, in: Elm, Kaspar / Joerissen, Peter / Roth, Hermann J. (Hgg.): Die Zisterzienser. Ordensleben zwischen Ideal und Wirklichkeit. Eine Ausstellung des Landschaftsverbandes Rheinland. Rheinisches Museumsamt, Brauweiler. Aachen, Krönungssaal des Rathauses 3. Juli – 28. September 1980, Bonn 1980 (Schriften des Rheinischen Museumsamtes 10), S. 115 – 124. 871 UB Altenberg 1, Nr. 1 (Adolf von Altena bestätigt eine Schenkung Erzbischof Brunos), 5 (Erzbischof Friedrich II. bestätigt alle Besitzungen des Klosters und stellt es unter seinen Schutz), Nr. 79 (Engelbert entscheidet einen Streit zwischen Altenberg und dem Herzog von Limburg zugunsten der Abtei), Nr. 94 (Engelbert schenkt der Abtei die Felle aller in der Grafschaft Berg erlegten Tiere). 872 UB Altenberg 1, Nr. 77. 873 UB Altenberg 1, Nr. 80.
Die Zisterzienser und die Grafen von Berg |
4.2.3 DIE ‚KLOSTERVERWANDTSCHAFT‘ ALTENBERGS
Eine besondere Rolle darf in diesem Zusammenhang wohl auch der ‚Klosterverwandtschaft‘ Altenbergs zugestanden werden. Wie bereits erwähnt, gehörte die bergische Abtei dem Filiationszweig Morimonds an. Neben der besonderen geographischen Ausrichtung – nämlich vornehmlich ostwärts – zeichnete ein weiteres Spezifikum diese Primarabtei aus, nämlich eine auffällige Nähe zum Heiligen Land und der Kreuzzugsbewegung. Bereits unter Arnold, dem ersten Abt Morimonds, wird der Wunsch greifbar, den Heiligen Stätten auch körperlich nahe zu sein: Jener machte sich gemeinsam mit einigen der ihm anvertrauten Mönchen auf, um nach Jerusalem zu pilgern und dort einen Konvent zu gründen.874 Über die genauen Motive lässt sich leider nur spekulieren, allerdings schließen sich die verschiedenen Erklärungen nicht aus – eine Krise der Klosterdisziplin in Morimond 875 mag nur der letzte Auslöser für den Aufbruch nach Palästina gewesen sein, wobei das Reiseziel an sich gerade wegen der Kreuzzugsbewegung und der Jerusalemfrömmigkeit voll im Trend der Zeit lag. Jedenfalls geschah die Pilgerfahrt sehr zum Ärger Bernhards; denn Arnold hatte sich dem Gehorsam gegenüber seinen Ordensoberen entzogen, indem er ihre wahrscheinlich negative Antwort auf seinen Wunsch gar nicht erst abwartete, sondern sich sofort nach Flandern aufmachte, um die Finanzierung seines Projektes sicherzustellen.876 Bernhard reagierte umgehend und schrieb vier Briefe, um den unbotmäßigen Abt bzw. dessen Gefolge zur Umkehr zu bewegen: Der erste Brief richtete sich an Arnold selbst 877, allerdings war sich der Abt von Clairvaux bewusst, dass er bei ihm nur wenig erreichen würde. Also schickte er zwei weitere Briefe an den Mönch Adam 878, der sich im Gefolge Arnolds aufhielt, und hielt ihm letztlich erfolgreich die Konsequenzen seines Handelns eindringlich vor Augen. Adam stammte wahrscheinlich aus Köln, wurde 874 Die Episode ist gut erforscht. Ich halte mich hier an Parisse, Michelle: Morimond au XIIe siècle, in: Parisse, Michel / Viard, Georges (Hgg.): L’abbaye de Morimond, histoire et rayonnement: actes du colloque de septembre 2003, Langres 2004, S. 15 – 28, S. 18 – 20 und Eberl: Zisterzienser, S. 75 u. 94 – 98. Siehe auch Grill, Leopold: Der hl. Bernhard von Clairvaux und Morimond, die Mutterabtei der österreichischen Cistercienserklöster, in: Festschrift zum 800-Jahrgedächtnis des Todes Bernhards von Clairvaux. Österreichische Beiträge zur Geschichte des Cistercienserordens, Wien 1953, S. 31 – 118. 875 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 141. 876 Eberl: Zisterzienser, S. 95. 877 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 4. 878 Bernhard von Clairvaux 2, Nr. 5 u. Nr. 7.
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später Abt von Ebrach und predigte den Zweiten Kreuzzug in Deutschland.879 Schließlich wandte er sich an seinen Freund Bruno von Berg 880, um diesen dazu zu bewegen, seine Autorität in der Kirchenprovinz Köln in die Waagschale zu werfen und Arnold – oder zumindest die ihn begleitenden Mönche, darunter sein Bruder Everhard – zur Raison zu bringen. Bernhard war letztlich erfolgreich, weil ihm der überaschende Tod Arnolds Anfang 1125 ein argumentatives Scheitern ersparte, denn jener schien fest entschlossen. Neben Adam von Ebrach in seiner Funktion als Kreuzzugsprediger blieb ein weiterer Mönch aus Arnolds Gefolge dem Heiligen Land verbunden, allerdings wesentlich unmittelbarer: Konrad, Sohn des bayrischen Herzogs Heinrich IX. aus dem Haus der Welfen, ging – mit Zustimmung Bernhards – als Einsiedler nach Palästina. Von dort kehrte er von Krankheit geschwächt zurück und verstarb 1126/27 in Bari.881 Arnold wurde durch Walther, den vormaligen Prior von Clairvaux, ersetzt, der den Konvent in den folgenden Jahren ganz im Sinne Bernhards leiten sollte 882; direkte Verbindungen nach Palästina sind in dieser Zeit nicht feststellbar. Bernhards Ablehnung, den Orden in der levantinischen Ordenslandschaft zu implementieren, wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass er zwischen 1118 und 1131 eine hochdotierte Schenkung König Balduins II. zwecks Errichtung einer Abtei in seinem Herrschaftsgebiet zwar entgegennahm, aber zügig an die Prämontratenser weitergab.883 Walthers Nachfolger Otto, späterer Bischof von Freising, war dem Heiligen Land und der Kreuzzugsbewegung wiederum eng verbunden: Seine Darstellungen der Kreuzzüge nehmen in der Chronica 884 und den Gesta Friderici 885 erheblichen Raum ein, zudem nahm er selbst aktiv am Zweiten Kreuzzug teil. Otto war seit 1132 Mönch in Morimond gewesen, mit gerade einmal 26 Jahren zum Abt gewählt und schließlich auch im Jahr 1158 dort bestattet worden.886 879 Grill, Leopold: Abt Adam von Ebrach. Der Pionier des österreichischen Cisterciensertums, in: Cistercienser Chronik 75 (1968), S. 79 – 89. 880 S. Kap. 4.2.1. 881 Greenia, Conrad: Blessed Conrad the hermit, in: Cistercian studies 4 (1969), S. 159 – 162. 882 Parisse: Morimond, S. 20; Eberl: Zisterzienser, S. 97. 883 Bernhard von Clairvaux 3, Nr. 253, S. 340; Hiestand: Bernhard von Clairvaux, Norbert von Xanten, S. 304f.; Pringle, Denys: Cistercian Houses in the Kingdom of Jerusalem, in: Gervers, Michael (Hg.): The Second Crusade and the Cistercians, New York 1992, S. 183 – 198, S. 183. 884 Ottonis episcopi Frisingensis Chronica, lib. VII, cap. 2 – 5, 7, 9 – 10. 885 Ottonis et Rahewini Gesta Friderici I. Imperatoris, lib. I, cap. 30, 37 – 40, 42 – 44, 46 – 47, 62 – 65. 886 Eberl: Zisterzienser, S. 98.
Die Zisterzienser und die Grafen von Berg |
Eine weitere besondere Verbindung zwischen Morimond und dem Heiligen Land lässt sich für die Zeit unmittelbar nach dem Tod des heiligen Bernhard 1153 feststellen: Nur vier Jahre später gründeten Mönche aus dieser Abtei das Kloster Belmont in der Grafschaft Tripolis, 1161 folgte die zweite Tochtergründung in Gestalt des Klosters Salvatio.887 Offenkundig hat lediglich Bernhards überragender Einfluss verhindert, dass die weißen Mönche aus Morimond in Palästina Fuß fassten. Zuletzt sei auf die Beziehung zwischen der Primarabtei Morimond und dem Calatravaorden hingewiesen: Im Jahr 1164 wurden die Ritter der Gemeinschaft von Calatrava dem Zisterzienserorden als Konversen 888 eingegliedert, nachdem der kastilische König Sancho III. Burg und Ortschaft 1158 den Zisterziensern in Person des Abtes Raimund von Fitero übergeben hatte, was den Beginn der institutionellen Verbindung von Ritter- und Zisterzienserorden kennzeichnet. Die Abtei Fitero war eine Enkelin Morimonds, und so verwundert es kaum, dass diese Primarabtei das Visitationsrecht über den entstehenden Calatravaorden zugesprochen bekam.889 Allerdings wäre es wegen der zahlreichen unmittelbaren Tochterklöster der Abtei Clairvaux in den iberischen Königreichen auch 887 Slim, Suad: The Balamand monastery and the monasteries of el-Kurah region, in: Chatzetryphonos, Euangelia K. (Hg.): Routes of faith in the medieval mediterranean: history, monuments, people, pilgrimage perspectives; proceedings; international symposium, Thessalonike 7 – 10/11/2007, Thessaloniki 2008, S. 296 – 308; ders.: Balamand. Histoire et patrimoine. Les Éditions Dar An-Nahar, Beirut 1995; Pringle: Cistercian Houses, S. 184; Hamilton, Bernard: The Cistercians in the Crusader States, in: Pennington, Basil M. (Hg.): One Yet Two. Monastic Tradition East and West, Kalamazoo 1976 (Cistercian Studies 26), S. 405 – 408; Asmar, Camille: L’abbaye de Belmont dite Deir el Balamed, in: Bulletin du Musée de Beyrouth 25 (1972), S. 1 – 69. 888 Schwenk, Bernd: Calatrava. Entstehung und Frühgeschichte eines spanischen Ritterordens zisterziensischer Observanz im 12. Jahrhundert, Münster 1992 (Spanische Forschungen der Görresgesellschaft 2. Reihe 28), S. 132; Jaspert: Zisterzienserorden, S. 464. 889 Zur Verbindung zwischen Fitero und dem Calatravaorden siehe zuletzt Rafael de Pascual, Francisco: Fitero: cuna de Calatrava, in: Madrid Medina, Angela / Villegas Díaz, Luis Rafael (Hgg.): El nacimiento de la orden de Calatrava. Primeros tiempos de expansión (siglos XII y XIII): actas del I Congreso Internacional de la Orden de Calatrava (Almagro, octubre 2008), Ciudad Real 2009, S. 57 – 82; Fernández Gracia, Ricardo: Entre la historia, la leyenda y el mito. La imagen de San Raimundo, abad de Fitero y fundador de la Orden militar de Calatrava, Pamplona 2007, S. 125 – 174; Villegas Díaz, Luis Rafael: El Císter y la fundación de la Orden de Calatrava, in: Cistercium 57 (2005), S. 165 – 195; ders.: Del Císter, Fitero y Calatrava: nuevas aportaciones, in: Cistercium 55 (2003), S. 411 – 418; Schwenk: Calatrava, S. 49 – 76; O’Callaghan, Joseph F.: The Affiliation of the Order of Calatrava with the Order of Cîteaux, in: Analecta Sacri Ordinis Cisterciensis 16 (1960), S. 3 – 59,
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nachvollziehbar gewesen, wenn die Calatrava-Ritter diesem Filiationsstrang zugeteilt worden wären.890 Die genauen Gründe für die Verbindung von Morimond und Calatravaorden lassen sich wohl nicht mehr rekonstruieren, jedenfalls war Morimond seither mit den Calatrava-Rittern institutionell verbunden, nämlich per Visitationsrecht.891 Ebenfalls dem Zisterzienserorden auf diese Weise zugeordnet wurden einige Jahre später die Orden von Alcántara in León und Évora (später Avis) in Portugal, wie Calatrava unter der Visitation von Morimond.892 Insofern kann die Bemerkung Jasperts, die Abtei Morimond sei „auffällig eng mit der Kreuzzugsbewegung verbunden“893, nur unterstrichen werden. 4.2.4 ZUSAMMENFASSUNG
Die von Graf Adolf II. von Berg 1133 gestiftete Abtei Altenberg gehörte einem Filiationsstrang an, der in vielerlei Hinsicht der Kreuzzugsbewegung und dem Heiligen Land besonders nahe stand: Bereits der Gründungsabt der Abtei Morimond, Arnold, bewies eine starke Sehnsucht nach den Heiligen Stätten, wobei er sich sogar den ordensinternen Spielregeln widersetzte. Seine ihn begleitenden Schüler Adam und Konrad wirkten später als Kreuzzugsprediger im Reich bzw. als Eremit im Heiligen Land. Auch spätere Mönche und Äbte aus Morimond standen der Kreuzzugsbewegung nahe, ein passendes Beispiel ist Otto von Freising. Nicht nur personell, sondern auch institutionell war die Verbindung stark – zum einen durch die Gründung der Töchter Belmont und Salvatio in der Levante, zum anderen durch die sukzessive Integration geist licher Ritterorden auf der iberischen Halbinsel. Diese besondere Verbindung wird sich möglicherweise auch auf die Abtei Altenberg – und damit auf die Grafen von Berg – ausgewirkt haben, da ein stetiger Kontakt zwischen Mutterund Tochterkonvent durch die regelmäßigen Visitationen und Teilnahmen an den Generalkapiteln sichergestellt war.
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255 – 292; ders.: The Affiliation of the Order of Calatrava with the Order of Cîteaux, in: Analecta Sacri Ordinis Cisterciensis 15 (1959), S. 161 – 193. Im Jahr 1153 existierten zehn unmittelbare Tochterklöster von Clairvaux auf der iberischen Halbinsel, während Morimond kein einziges vorweisen konnte. Siehe die Tabelle bei Eberl: Zisterzienser, S. 83. Auch wenn Morimond das Visitationsrecht offiziell an San Pedro de Gumiel delegierte, übte die Primarabtei weiterhin unregelmäßig diese Prärogative aus. Jaspert: Zisterzienserorden, S. 465; Schwenk: Calatrava, S. 524f. Jaspert: Zisterzienserorden, S. 466. Ibid., S. 467.
Die Zisterzienser und die Grafen von Berg |
Neben dem institutionellem Konnex zwischen den Abteien gilt es, die personellen Beziehungen zwischen den weißen Mönchen und den Grafen von Berg zu berücksichtigen. Bereits bei der Erstansiedlung der Zisterzienser im Reich war eine verwandtschaftliche Verbindung über den Förderer der Zisterzienser, nämlich Friedrich von Schwarzenburg, gegeben. Arnold von Morimond, Bruder des Erzbischofs, war dementsprechend ebenfalls mit den Bergern verwandt. Mit Everhard von Berg befand sich zudem bereits in der Frühphase Morimonds ein bergischer Grafensohn als Mönch in dieser Abtei. Schließlich muss auf die persönliche Freundschaft zwischen Bernhard von Clairvaux – dem wichtigsten Propagator des Zweiten Kreuzzugs – und Bruno von Berg hingewiesen werden, die ihren Ausdruck in einem regen Briefwechsel fand. Zwar lässt sich eine direkte Einflussnahme der Zisterzienser auf die Grafen von Berg in Hinblick auf deren Kreuzzugsteilnahmen anhand einer oder mehrerer Quellen nicht konkret nachweisen; doch wenn man die oben zusammengetragenen Befunde addiert, entsteht ein Beziehungsgeflecht zwischen weißen Mönchen und bergischen Grafen auf institutioneller und persönlicher Ebene, in dem das Heilige Land und die Kreuzzüge immer wieder eine prominente Rolle spielen. Dieser Befund legt nahe, dass die Förderung der Kreuzzugsbewegung durch die Zisterzienser auf die Grafen von Berg einwirkte. Wahrscheinlich sensibilisierten vor allem die Altenberger Zisterzienser die Stifterfamilie ihrer Abtei für die Belange des Heiligen Landes und erhöhten deren Empfänglichkeit für die Kreuzzugsbewegung. Neben den guten Beziehungen zu König Konrad III. ist also im Einfluss der weißen Mönche ein weiterer Faktor zu vermuten, der das Engagement der Grafen von Berg in der Kreuzzugsbewegung beförderte.
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5 DIE KREUZZUGSTEILNAHMEN DER ÄLTEREN GRAFEN VON BERG Die Grafen von Berg nahmen zwischen 1147 und 1218 an verschiedenen Kreuzzügen teil. Adolf iunior, ältester Sohn Adolfs II. von Berg, fiel 1148 vor Damaskus, sein jüngerer (Halb-)Bruder Engelbert I. starb 1189 bei Kubin in der Nähe von Belgrad, als das Heer des Dritten Kreuzzugs Serbien durchzog. Vielleicht beteiligte sich Adolf der Ältere, ein jüngerer Bruder Engelberts, am Kreuzzug Heinrichs VI., sodass in einer Generation möglicherweise drei Angehörige des bergischen Grafenhauses das Kreuz genommen haben und nach Outremer aufgebrochen sind. Zusätzlich pilgerte der Kölner Dompropst Bruno von Berg, genealogisch zwischen dem älteren Engelbert und dem jüngeren Adolf dem Älteren einzuordnen, in der ersten Hälfte der 70er Jahre des 12. Jahrhunderts nach Jerusalem. Auch in der folgenden Generation lassen sich Kreuzzugsteilnahmen der Grafen von Berg feststellen: Beide Söhne Engelberts, Adolf III. und Engelbert, zogen 1212 gegen die ‚Albigenser‘, und Adolf III. reiste im Jahr 1218 nach Ägypten, wo er sich an der Belagerung von Damiette beteiligte. Auch sein jüngerer Bruder Engelbert hatte vor seiner Wahl zum Erzbischof von Köln (als Engelbert I.) erneut das Kreuz genommen, doch erfüllte er dieses Gelübde nicht. Noch im Jahr 1219 bemühte er sich bei der Kurie vergeblich darum, sein Gelübde lösen zu lassen.894 In zwei Generationen nahmen fünf von insgesamt neun überlieferten Mitgliedern der bergischen Grafenfamilie sicher an Kreuzzügen teil oder pilgerten nach Jerusalem. Allein dieser quantitative Befund spricht für eine enge Verbindung zwischen den Bergern und der Kreuzzugsbewegung. Die folgenden Unterkapitel untersuchen die Kreuzzüge der Grafen von Berg. Dabei beschäftigen sie sich besonders mit der Bedeutung der Herrschaftsverhältnisse in der Heimat für die bergischen Kreuzzugsteilnahmen und den Auswirkungen der Kreuzzugsteilnahmen auf die Herrschaftsverhältnisse am Niederrhein andererseits.
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| Die Kreuzzugsteilnahmen der älteren Grafen von Berg
5.1 ADOLF VON BERG IUNIOR
Der einzige in der Kölner Königschronik namentlich genannte Teilnehmer des Zweiten Kreuzzuges war, neben den Königen Ludwig und Konrad, ein Adeliger aus der unmittelbaren Nachbarschaft Kölns, nämlich Adolf, Sohn Graf Adolfs II. von Berg. Solum Damascum, nobilissimam Syrie urbe, bello aggressi sunt, ubi Adolfus, fortissimus adolescens, filius Adolfi comitis de Berge, infatigabiliter cedi Sarracenorum instans occisus est.895 Einzig Damaskus, die edelste Stadt Syriens, wurde mit Krieg überzogen; dort wurde Adolf, ein äußerst tapferer junger Mann und Sohn des Grafen Adolf von Berg, getötet, nachdem er unermüdlich auf die Sarazenen eingeschlagen hatte.
Adolf wird nicht nur die Ehre zuteil, namentliche Erwähnung zu finden und damit in einem für den Verfasser der Königschronik ansonsten nicht überlieferungswerten Unterfangen 896 als einzig Würdiger genannt zu werden. Gleichzeitig darf er an dieser Stelle auch als Projektionsfläche und Exemplum für den idealen Kreuzfahrer dienen, der bei Erfüllung seines Eides standhaft bleibt und sich weder scheut, für den Herrn zu töten, noch, sein eigenes Leben für ihn zu geben. Die positive Hervorhebung des bergischen Grafensohnes wirkt wie eine recht simple Darstellung ritterlicher Tapferkeit, doch möglicherweise nahm der Verfasser der Chronik an dieser Stelle auf einen prominenten Geistlichen Bezug, der den Zweiten Kreuzzug maßgeblich befördert hatte: Bernhard von Clairvaux hatte einige Jahre zuvor in seinem sermo exhortationis für die Templer die in der Königschronik am Beispiel Adolfs von Berg demonstrierte Maxime als ideales Verhaltensmuster für den wahrhaft christlichen Ritter formuliert, obschon er dabei die Rechtfertigung der neuen Lebensform der Ordensritter im Sinn hatte und nicht die Kreuzfahrer: At vero Christi milites securi praeliantur praelia Domini sui, nequaquam metuentes aut de hostium caede peccatum, aut de sua nece periculum: quandoquidem mors pro Christo vel ferenda, vel inferenda, et nihil habeat criminis, et plurimum gloriae mereatur. Hinc quippe Christo, inde Christus acquiritur: qui nimirum et libenter accipit hostis mortem pro ultione, et libentius praebet se ipsum 895 CrC, anno 1147, S. 83f. 896 Ibid., S. 83: Nil quod Regie Cronice dignum sit imprimi hoc actum est itinere, tantum ea quae Romano plena sint rubore et infortunio.
Adolf von Berg iunior |
militi pro consolatione. Miles, inquam, Christi securus interimit, interit securior. Sibi praestat cum interit, Christo cum interimit.897 Die Ritter Christi aber kämpfen mit gutem Gewissen die Kämpfe des Herrn und fürchten niemals weder eine Sünde, weil sie Feinde erschlagen, noch die eigene Todesgefahr. Denn der Tod, den man für Christus erleidet oder verursacht, trägt keine Schuld an sich und verdient größten Ruhm. Hier nämlich wird für Christus, dort Christus (selbst) erworben. Er nimmt wahrlich den Tod des Feindes als Sühne gern an und bietet sich noch lieber seinem Streiter als Tröster dar. Ein Ritter Christi, sage ich, tötet mit gutem Gewissen, noch ruhiger stirbt er. Wenn er sirbt, nützt er sich selber, wenn er tötet, nützt er Christus.898
Aber auch im an die Erzbischöfe der Ostfranken und Baiern adressierten Kreuzzugsaufruf des Zisterzienserabtes findet sich dieser Gedanke in leicht abgewandelter, auf das weltliche Rittertum zugeschnittener Form wieder: Habes nunc, fortis miles, habes, vir bellicose, ubi dimices absque periculo, ubi et vincere gloria, et mori lucrum.899 Jetzt, tapferer Soldat, jetzt, streitbarer Mann, hast Du ein Feld, wo Du ohne Gefahr kämpfen kannst, wo der Sieg Ruhm, der Tod aber Gewinn ist.900
Ob der Verfasser der Kölner Königschronik tatsächlich auf die Lobschrift für die Templer Bezug nahm, sei dahingestellt. Drei Sachverhalte sprechen allerdings für eine grundsätzlich mögliche Bezugnahme auf die Kreuzzugswerbung des Zisterziensers: Die zentrale Bedeutung Bernhards für den Zweiten Kreuzzug war dem Verfasser sehr bewusst 901, der berühmte Abt hatte in Köln persönlich den Kreuzzug gepredigt 902, und die Kölner Königschronik entstand wohl in einem monastischen Umfeld. Folglich ist es zwar spekulativ, aber durchaus denkbar, dass die Idealisierung Adolfs von Berg, der für den Herrn tötete und starb, auf bernhardinische Kreuzzugsrhetorik verweist. 897 898 899 900 901
De laude novae militiae ad milites Templi, III, 4, S. 276. Übersetzung nach Winkler. Ibid., S. 277. Ep. 363, 5, S. 656. Übersetzung nach Winkler. Ibid., S. 657. CrC, anno 1147, S. 83: Huius viae auctores maxime fuerunt Bernardus abbas Clarevallensis et quidam monachus nomine Ruodolfus. 902 Greven: Kölnfahrt, S. 1 – 4.
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Idealisierungen jeder Art ziehen zwangsläufig die Frage nach ihrem Wahrheitsgehalt nach sich. Für die grundsätzliche Faktizität der Kölner Königschronik in Bezug auf Adolf von Berg bürgt das Altenberger Memorienregister: Hier finden wir für den 28. Juli 1148 – den Tag des Rückzugs von Damaskus 903 – die Eintragung Adolphus iunior, was nur den in der Kölner Königschronik genannten Grafensohn meinen kann, der im Verhältnis zu seinem gleichnamigen Vater Adolf II. die nähere Bestimmung iunior erhielt, um Verwechslungen auszuschließen.904 Ob sich der Berger tatsächlich vor Damaskus militärisch auszeichnen konnte, ist nicht zu ermitteln. War die (vermeintliche) außerordentliche Tapferkeit Adolfs von Berg tatsächlich der einzige Grund, ihn im Rahmen der Königschronik zu erwähnen? Die lobende Nennung des Grafensohnes könnte einen weiteren Grund haben, der mit dem Entstehungsort der Quelle zusammenhängt: Manfred Groten nahm als Entstehungsort der Kölner Königschronik das Benediktinerkloster Siegburg an, eine Gründung des Kölner Erzbischofs Anno II.905 Carl August Lückerath sah dies anders und hat stattdessen die Verfasser zunächst im Kölner Domklerus 906, dann in dessen Umfeld lokalisiert, was die Königschronik als Kölner Geschichtsschreibung im engeren Sinne ausweisen würde.907 Ich folge in dieser Frage Groten, der plausibler argumentiert. Im Zusammenhang mit Siegburg würde auch die Erwähnung des Grafensohnes einleuchtend erscheinen, da die Berger engen Kontakt zu den Siegburger Benediktinern pflegten: Im Jahr 1125 finden wir zum ersten Mal die Grafen von Berg als Vögte in einer Urkunde für Siegburg 908, wobei sie bereits seit 1117 an hervorgehobener Stelle – sie 903 Dazu: Phillips, Jonathan P.: The Second Crusade: Extending the Frontiers of Christendom, New Haven 2007, S. 221. 904 Harleß: Memorienregister Altenberg, S. 126; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 46, Anm. 374. 905 Groten, Manfred: Klösterliche Geschichtsschreibung. Siegburg und die Kölner Königschronik, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 61 (1997), S. 50 – 78, S. 56 – 71. 906 Lückerath, Carl A.: Art. Kölner Königschronik, in: LexMA 5 (1991), Sp. 1268f. 907 Lückerath, Carl A.: „Chronica regia Coloniensis“ und „Chronica Sancti Pantaleonis“ als Zeugnisse der mittelalterlichen Kölner Historiographie, in: Mölich, Georg / Neddermeyer, Uwe / Schmitz, Wolfgang (Hgg.): Spätmittelalterliche städtische Geschichtsschreibung in Köln und im Reich. Die „Koelhoffsche« Chronik und ihr historisches Umfeld, Köln 2001 (Veröffentlichungen des kölnischen Geschichtsvereins 43), S. 57 – 67, S. 64. 908 UB Siegburg, Nr. 37. Adolfus Sigebergensis advocatus. Hierbei handelt es sich höchstwahrscheinlich um den Grafen von Berg, weil er in der Zeugenliste sonst nicht genannt ist. Dies würde seinem sonstigen Testierverhalten in Bezug auf Siegburg überhaupt nicht entsprechen. Möglich ist aber auch Adolf von Saffenberg, vgl. Kraus: Entstehung der
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sind in der Regel die Nummer zwei der laici – als Zeugen in den Urkunden auftreten und so ihr Interesse an der Abtei dokumentieren.909 Seit 1138 befand sich die Vogtei wohl fest in ihren Händen: In einer Schenkungsurkunde des erzbischöflichen Ministerialen Volmar für das Kloster Siegburg ist die Titulatur mit den Worten Adolfus advocatus de Berge eindeutig.910 Bis 1166 wird in den Urkunden für Siegburg zwar kein weiterer Berger mit der Titulatur advocatus bezeichnet, allerdings findet sich auch kein explizit genannter nichtbergischer Vogt in den Zeugenlisten.911 Deshalb kann man wohl davon ausgehen, dass die Vogtei über das Kloster Siegburg bei den Grafen von Berg verblieben ist. In einer Urkunde aus dem Jahr 1166 finden wir dann mit Engelbert I. wieder einen Grafen von Berg, der mit der Vogtei über Klosterbesitz betraut ist.912 Der Abschnitt der Chronica regia Coloniensis, der über den Verlauf des Zweiten Kreuzzugs berichtet, ist spätestens 1174 niedergeschrieben worden 913, also in einer Zeit, in der eine bergische Vogtei sicher belegt ist. Die Betonung der Verdienste Adolfs
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Landesherrschaft, S. 67. Vielleicht ist Adolphus advocatus aus Nr. 34 (1121) auch Adolf von Berg, allerdings fehlt in dieser Urkunde eine Zeugenliste der laici, weshalb man hier nur mutmaßen kann. Andere Häuser, die hier in Frage kommen, sind Saffenberg und Nörvenich. Thomas Kraus misstraut ebenfalls der Methode, vom Leitnamen auf die Zugehörigkeit zu einem Haus zu schließen: Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 24 u. S. 53, Anm. 444. Gerd Wunder hat diesen Adolphus mit Adolf von Berg gleichgesetzt, allerdings ohne Begründung: Wunder: Graf Adolf von Berg, S. 187. Wisplinghoff schreibt, dass die „Grafen von Berg (…) um 1120 in Besitz der Vogtei kamen“. Wisplinghoff: Siegburg, S. 25. UB Siegburg, Nr. 27, 28, 29, 31, 33. UB Siegburg, Nr. 44: Hi omnes cognati Uolmari, de qua manu cepit Adolfus advocatus de Berge custodiendum atque defensandum. In Nr. 46 lautet die Titulatur schlicht Adolfus advocatus und meint den Grafen von Berg, was der Titulatur von Nr. 37 und 34 entsprechen würde, obwohl eine Rückprojektion der Vogtei auf ausschließlich dieser Basis natürlich nur mit Vorsicht zu genießen ist. Graf Adolf II. von Berg bezeugte um 1152 ein Rechtsgeschäft des Abtes Nikolaus von Siegburg, bei dem es um die Abgeltung von Ansprüchen Dritter auf den Herrenhof des Klosters bei Gymnich ging (UB Siegburg, Nr. 66). Sein Sohn Everhard bezeugte 1152 eine Schenkung an Siegburg (UB Siegburg, Nr. 58), Kontakte zwischen den Grafen von Berg und dem Kloster bestanden also auf jeden Fall weiter. Beide Berger führen hier übrigens den Grafentitel parallel, was weniger unüblich war, als man es vermuten möchte. Für die Linie Berg-Altena siehe etwa Lacomblet I, Nr. 448, S. 314: comes e[verardus]. de alzena et filius eius comes a[rnoldus]. UB Siegburg, Nr. 62: (…) sub advocato comite Engilberto (…). Groten: Klösterliche Geschichtsschreibung, S. 52f.; Lückerath: Kölner Historiographie, S. 64.
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in der Kölner Königschronik lag also möglicherweise nahe, weil die Grafen von Berg seit den zwanziger Jahren des 12. Jahrhunderts die Vogtei über Siegburg, dem mutmaßlichen Entstehungsort der Chronik, inne hatten und dem Kloster daher eng verbunden waren.914 Wahrscheinlich haben wir es deshalb bei der Darstellung des Fiaskos vor Damaskus nicht nur mit einer reduzierten Erzählung des Zweiten Kreuzzugs ergänzt um eine Prise ‚Lokalkolorit‘ zu tun, sondern mit einer speziellen Perspektive, die vielleicht von den Grafen von Berg stammte oder für die Grafen von Berg geschrieben war. Wir können jedenfalls davon ausgehen, dass Adolf im Gefolge Konrads am Zweiten Kreuzzug teilgenommen und vor Damaskus gekämpft hat – die Überlieferung dieses Befundes verdanken wir wohl vor allem den Vogteiverhältnissen zwischen Wupper und Sieg. Die Beteiligung des jüngeren Adolf von Berg kann als gesichert gelten. Ist es aber zulässig, von seiner Anwesenheit vor Damaskus auf die Präsenz seines gleichnamigen Vaters ebendort zu schließen? Röhricht und Kolodziej haben dies getan, ohne dabei das Fehlen direkter Quellen zu thematisieren.915 Für diese Annahme spricht möglicherweise die Bezeichnung des jüngeren Adolf als adolescens, also als Heranwachsender, bei dem man erwarten würde, dass er im Gefolge seines Vaters nach Palästina aufgebrochen ist. Die guten Beziehungen Adolfs II. von Berg zu Konrad III. dürften ebenfalls argumentativen Wert für die Befürworter der Kreuznahme Adolfs II. haben. Auch existieren keine handfesten Belege gegen die Möglichkeit der Teilnahme des bergischen Grafen am Zweiten Kreuzzug, etwa niederrheinisches Urkundenmaterial aus den Kreuzzugsjahren, das den Berger als Zeugen o. Ä. überliefert. Trotz dieser Indizien ist es verwunderlich, dass die Kölner Königschronik Adolf II. nicht eindeutig als Kreuzfahrer benennt, wo sie doch die Taten des Sohnes lobend hervorhebt. Auch sonst deutet keine Chronik oder Urkunde auch nur an, dass der bergische Graf nach Palästina gezogen ist. Dies kann man dem Zufall der Überlieferung anlasten, doch ist es geradezu verführerisch, dies hier argumentativ zu nutzen. Hier soll nicht versucht werden, die Teilnahme Adolfs II. am Zweiten Kreuzzug zu widerlegen, denn dies würde sich ebenso schwierig gestalten wie eine Beweisführung für seinen 914 Groten: Klösterliche Geschichtsschreibung, S. 61. Wisplinghoff: Siegburg, S. 25. Die Grafen von Berg hatten auch ihren festen Platz in der Memorialpraxis des Klosters: Eckertz, Gottfried: Necrologium Gladbacense II. et necrologium Siegbergense, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 8 (1860), S. 220. 4. April: Adolphus comes de Monte. 915 Röhricht: Die Deutschen, S. 28; Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 53f.
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Kreuzzug. Vor einer unkritischen Annahme einer Beteiligung Graf Adolfs II. sei aber gewarnt: Nur weil nichts Gegenteiliges auf uns gekommen und sein Sohn sicher als Teilnehmer belegt ist, muss er nicht ebenfalls vor Damaskus gekämpft haben. 5.2 ENGELBERT I.
Der nächste Graf von Berg, der an einem Kreuzzug teilgenommen hat, war Engelbert I. Er war ein Sohn Adolfs II. von Berg und damit ein jüngerer (Halb-)Bruder des 1148 vor Damaskus gefallenen Adolf. Engelbert ist unter den Teilnehmern des sogenannten Dritten Kreuzzugs zu finden, die im Heer Kaiser Friedrichs I. Barbarossa über Land nach Palästina zogen. Allerdings teilte er das Schicksal Friedrichs, das Heilige Land im Zuge dieses Unternehmens nicht zu erreichen: Als der Stauferkaiser am 10. Juni 1190 im Fluss Göksu ertrank, befand sich Engelbert bereits nicht mehr in seinem Gefolge – er war nach dem Bericht des sogenannten Ansbert Anfang Juli 1189 in der Nähe von Kubin (heutige Vojvodina, südliches Banat, östlich von Belgrad) verstorben, was jene Quelle uns bei zwei Gelegenheiten mitteilt. Bei der ersten Nennung verweist der sog. Ansbert bereits bei der Aufzählung der Teilnehmer auf den Tod des Grafen: (…) Engelbertus comes de Perge, qui in itinere apud Govvin in fine Ungarię rebus excessit humanis, (…).916 (…) Graf Engelbert von Berg, der unterwegs bei Kubin an der (Ost-)Grenze Ungarns die menschlichen Angelegenheiten hinter sich ließ, (…)
Die zweite Nennung erfolgt im Kontext des Heerlagers bei Braničevo: In ea quoque mansione comes Engilbertus de Perge apud Gŏin diem clausit extremum.917 Während dieses Aufenthalts beendete Graf Engelbert von Berg seinen letzten Tag.
916 Historia de expeditione Friderici imperatoris, ed. Anton Chroust (MGH SS rer. Germ. N. S. 5), S. 1 – 115, anno 1189, S. 19. 917 Ibid., S. 27.
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Neben dem sogenannten Ansbert beschäftigt sich nur noch die Kölner Königs chronik mit dem Tod des Grafen von Berg: Emensa Ungaria, ventum est ad flumina Marowam, Sowam et Drowam. Quibus navigio transitis, [rursum] per descensum Danubii Brundusium pervenerunt. Ibique per dies octo quieverunt, prospicientes sibi in vehiculis et aliis viae necessariis. Erat enim tempus estivum, circa festum scilicet apostolorum Petri et Pauli, obiitque ibidem Engilbertus comes de Monte.918 Ungarn hinter sich lassend gelangte das Heer an die Flüsse Morava, Save und Drau. Nachdem sie diese auf Schiffen überquert hatten, gelangten sie nach Brundusium 919, indem sie die Donau herabzogen. Dort rasteten sie acht Tage und versorgten sich mit Fuhrwerken und anderen für den Weg notwendigen Dingen. Es war aber Sommer, um das Fest Peter und Paul, da starb dort Engelbert, der Graf von Berg.
918 CrC cont. I, anno 1189, S. 144f. Verwirrend ist der kurz zuvor befindliche Satz Engilbertus comes obiit in mense Novembri circa festum beati Martini. Ich habe nicht sicher ermitteln können, welcher Engelbert hier gemeint ist. Denkbar wäre Engelbert II . von Görz, dessen Tod auf ca. 1191, allerdings übereinstimmend in den Monat April datiert wird. Die Verbindung nach Siegburg, dem wahrscheinlichen Entstehungsort der Kölner Königschronik, bestünde in einem Brief Burchards an Abt Nikolaus, in dem der heldenhafte und selbstlose Einsatz Engelberts bei der Auslösung des Leichnams Herzog Heinrichs von Kärnten lobend hervorgehoben wird: Wiesflecker, Hermann (Bearb.): Die Regesten der Grafen von Görz und Tirol, Pfalzgrafen in Kärnten 1: 957 – 1271, Innsbruck 1949 (Publikationen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, 4. Reihe, 1. Abteilung), Nr. 244; zur Datierung des Todes ibid., Nr. 294. Eine weitere Verbindung zwischen den Grafen von Görz und den um Köln begüterten Adelsgeschlechtern ließe sich in Bereich der Genealogie finden: Die Görzer Grafen gehörten dem weit verzweigten Haus Sponheim (Spanheim) an, deren Kärntener Linie nach Johannes Mötsch „bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts gemeinsam mit den rheinischen Vettern“ auftrat. Darüber hinaus kam Gottfried III . von Sponheim durch die bereits 1202 zumindest verabredete Heirat mit Adelheid von Sayn später (1246/47) in den Besitz der Grafschaft Sayn. Auch der für die bergischen Grafen typische Name Engelbert kam über eine Nichte Friedrichs von Schwarzenburg, seinerseits Enkel Engelberts von Sponheim, an dieses Grafenhaus (Ähnliches gilt übrigens auch für den Namen Everhard bei den Grafen von der Mark). Mötsch, Johannes: Genealogie der Grafen von Sponheim, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 13 (1987), S. 63 – 179, S. 67 – 69, zu Sayn S. 89 – 95 u. S. 121 – 125. 919 Kolodziej: Bergische Dynastie, S. 55 identifiziert Brundusium zu Recht mit Braničevo. Es besteht übrigens kein Widerspruch zwischen den bei Ansbert und in der Königschronik angegebenen Sterbeorten Engelberts, denn Kubin liegt nur wenig westlich von Braničevo.
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Wenn wir auch in Ermangelung an weiteren Quellenzeugnissen nicht mehr über die Geschicke Engelberts von Berg auf dem Kreuzzug in Erfahrung bringen können, so können wir doch festhalten, dass der Verfasser der Chronica regia Coloniensis seinen Tod für wichtig genug hielt, um ihn im Rahmen einer Königschronik zu überliefern. Damit dokumentiert der Schreiber der Chronik erneut sein besonderes Interesse an dem bergischen Grafenhaus und betreibt gleichzeitig eine besondere Form der Memoria, indem er die Kreuzzugsteilnahme des Grafen verzeichnete und damit als Verdienst festhielt. Ob Engelbert auf dem ‚Hoftag Jesu Christi‘ im März 1188 zusammen mit zahlreichen anderen Fürsten das Kreuz genommen hatte, entzieht sich zwar unserer Kenntnis, erscheint aber nicht unwahrscheinlich.920 Er war wohl im Gefolge des Kölner Erzbischofs Philipps von Heinsberg angereist, der sich auf diesem Hoftag mit Friedrich Barbarossa versöhnte.921 Es wäre nämlich durchaus plausibel, dass Engelbert diese Gelegenheit nutzte, an der Seite seines wichtigsten Lehnsherren und Verwandten die Beziehungen zu Friedrich Barbarossa zu verbessern, denn der Berger hatte sich im Konflikt zwischen Erzbischof und Kaiser eng an Philipp gehalten und den kaiserlichen Hof gemieden.922 Folglich wäre es nur ein Zeichen von politischer Klugheit und Konsequenz gewesen, wenn sich Engelbert auch der Unterwerfung des Heinsbergers unter die kaiserliche Botmäßigkeit angeschlossen hätte. 5.2.1 EINE WEITERE MÖGLICHE VERBINDUNG ZUR KREUZZUGSBEWEGUNG: ENGELBERT I. UND DIE JOHANNITER
So wenig wir aus der chronikalischen Überlieferung über die Rolle Engelberts auf dem Kreuzzug in Erfahrung bringen können, so sehr lohnt es sich, einen Blick auf die Urkunden Engelberts vor dem Kreuzzug zu werfen: Zu einem unbekannten Zeitpunkt vor 1189 bekundete Engelbert seine überaus positive Einstellung gegenüber einer Institution, die dem Heiligen Land und der Kreuzzugsbewegung eng verbunden war: dem Johanniterorden.923 Er schenkte
920 Wentzlaff-Eggebert: Der Hoftag Jesu Christi. 921 Zu den Besuchern des Hoftages siehe Lindner, Michael: Die Hoftage Kaiser Friedrich Barbarossas 2, Berlin 1990 (Diss. masch.), S. 55. 922 S. Kap. 3.3.2. 923 LA NRW, Abt. Rheinland, Urkunden Herrenstrunden, 121.04.00.2a.
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dem geistlichen Ritterorden die Kirche in Remscheid 924, den dritten Teil des dorthin abzuführenden Zehnten, 100 Mark Silber und die Kapelle in Burg.925 Die von ihm installierte Johanniterniederlassung war – nach der unter Führung der Johanniter errichteten Marienkirche in Duisburg 926 – eine der ersten am Niederrhein, sodass Engelbert von Berg zusammen mit Erzbischof Philipp von Heinsberg, der den Johannitern 1187 eine Pfarrei in Duisburg überwiesen hatte 927, als Vorreiter der Johanniterförderung am Niederrhein gelten muss.928 Dass die Schenkung Engelberts von erheblichem Wert war, geht nicht allein aus den genannten Geschenken, sondern auch aus einem Zusatz der Urkunde hervor – der Graf von Berg war nicht in der Lage, die versprochenen 100 Mark sofort komplett zu übergeben, sondern musste den Johannitern zunächst einen Hof, der bei der Remscheider Kirche gelegen war, mit einer Rente über sechs Mark zuweisen. Auch die Lage der Schenkungen, besonders der Kapelle in Burg, ist aufschlussreich: Burg war für die Grafen von Berg nicht irgendein befestigter Ort an der Wupper, sondern nach der Teilung der Grafschaft zwischen Everhard und Engelbert nach 1160 das Herrschaftszentrum der Grafen von Berg zwischen Nieder- und Oberbergischem.929 Engelbert hatte die Johanniter mit der Schenkung der Kapelle zu Burg dauerhaft in die zentrale Stätte seiner Herrschaft eingeladen.930 Der Kontakt zwischen dem bergischen Grafen und den Johannitern war wahrscheinlich während des zweiten Italienzuges Friedrichs I. zu Stande gekommen, an dem Engelbert gemeinsam mit vielen anderen deutschen Fürsten teilgenommen hatte: Im Jahr 1160 befand er sich 924 Die Remscheider Kirche war eine zehntberechtigte Eigenkirche der Grafen von Berg: Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 56. 925 Adolf III. bestätigte 1217 diese Schenkung seines Vaters. Lacomblet II, Nr. 66. 926 Bergmann, Werner (Bearb.): Urkundenbuch der Stadt Duisburg 1 (904 – 1350), Düsseldorf 1989 (Publikationen der Gesellschaft für rheinische Landeskunde 57), Nr. 12. 927 REK II, Nr. 1302. 928 Die weitere Entwicklung der Johanniterkommende Burg beschreibt Müller, Ägidius: Die Johanniterkommenden zu Burg und Herrenstrunden, in: Monatsschrift des Bergischen Geschichtsvereins 3 (1896), S. 189 – 206, S. 190 – 193. 929 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 81f. Die Festung Burg war wohl schon vor 1160 von Adolf II. errichtet worden, vielleicht mit Blick auf die geplante Erbteilung. In einer Urkunde aus dem Jahr 1160 erwähnt Adolf jedenfalls ein novo monte, womit nur Burg an der Wupper in Abgrenzung zum mittlerweile den Zisterziensern übergebenen alten Herrschaftszentrum Altenberg gemeint sein kann. Siehe dazu Lacomblet I, Nr. 401. 930 Dafür spricht auch die Tatsache, dass Adolf 1217 die Ausstattung der Johanniter mit einer Tischgenossenschaft bestätigte: (…) et mense sue participium in eadem capella deo famulantibus (…). Lacomblet II, Nr. 66.
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im Gefolge Reinalds von Dassel in Italien, was wir aus einer Urkunde seines Vaters Adolf II. erfahren.931 Nicht ganz zwei Jahre vorher, am 25. Oktober des Jahre 1158, hatte Kaiser Friedrich auf persönliche Bitten des Ordensmeisters Raimund von Le Puy alle Hospitäler des Johanniterordens in seinen Schutz genommen und ihnen Freiheit von allen Abgaben – unter Vorbehalt der kaiserlichen Gerechtsame – gewährt.932 Der Kaiser unterstrich seine Sympathien für die Johanniter in besagter Urkunde sogar, indem er auf seine persönliche Erfahrungen im Heiligen Land verwies.933 Deshalb erscheint eine verstärkte Empfehlung dieses Ordens durch den Kaiser gerade zu dieser Zeit recht wahrscheinlich, auch wenn wir sie nicht direkt in den Quellen nachweisen können.934 Man darf deshalb wohl annehmen, dass Engelbert in diesem Zusammenhang entweder selbst mit den Johannitern zusammengetroffen oder von Friedrich in der Förderung jenes Ordens bestärkt worden sein dürfte.935 Engelbert verfügte also bereits vor 1189 über ausgezeichnete Kontakte zu einer weiteren Institution, die eng mit dem Heiligen Land verbunden war und ihn sicherlich in seinen Kreuzzugsplänen bestärkt haben wird. Den Grafen von Berg standen mit den Zisterziensern in Altenberg und den Johannitern in Burg zwei Orden nahe, die die Kreuzzugsbewegung überaus positiv beurteilten. Dabei gestalteten die weißen Mönche die Memorialpraxis der Berger, während die Johanniter unmittelbar im bergischen Herrschaftszentrum Burg Einfluss ausüben konnten. Zwei wichtige Bereiche bergischen Selbstverständnisses, Memoria und Herrschaft, waren damit den Einwirkungen geistlicher Orden ausgesetzt,
931 Lacomblet I, Nr. 401: In dieser Urkunde findet sich der Datierungszusatz: Sub imperatore gloriosissimo F. dum ei in procinctu mediolani meus filius militaret Engilbertus sub venerabili domno Reinoldo coloniensi electo. S. Kap. 3.2.4. 932 MGH DD F I/2, Nr. 228, S. 13 – 15. 933 MGH DD F I/2, Nr. 228, S. 14: Quia vero inestimabilia opera misericordie, que ad sanctum hospitale, quod est in Iherosolimis, cotidie in advenas et peregrinos atque infirmos humanissime exercentur, per gratiam dei propriis oculis vidimus et karitatem, quam virtus dei ibidem incomparabiliter operatur, (…). 934 Diese Meinung vertritt auch Luchtenberg, Paul: Die Johanniter auf Schloss Burg, in: Romerike Berge 11/12 (1962), S. 149 – 158, S. 150. 935 Jux, Anton: Die Johanniter-Kommende Herrenstrunden nebst Pfarrgeschichte, Bergisch Gladbach 1956 (Heimatschriftenreihe der Stadt Bergisch Gladbach 2), S. 21f. Auch wenn Engelberts Bruder Friedrich als Erzbischof von Köln die Urkunde Friedrichs zugunsten der Johanniter an erster Stelle bezeugte, lässt sich eine Einflussnahme seinerseits aufgrund seines zwei Monate später erfolgten Todes ausschließen.
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die sich für die Kreuzzugsbewegung einsetzten. Auch für die Kreuznahmen der Berger nach Engelbert war diese Konstellation sicherlich förderlich. 5.2.2 DIE KREUZZUGSTEILNAHME ENGELBERTS I. ALS INDIKATOR HOHER FINANZKRAFT
Die Teilnahme an einem Kreuzzug war ein kostspieliges Risiko. Gerade auf adelige Kreuzfahrer kamen hohe finanzielle Belastungen zu, mussten sie doch für die Logistik auf dem Weg in das Heilige Land aufkommen, also die eigene Person und das Gefolge mit Nahrung, Reit- und Lasttieren sowie Waffen versorgen.936 Viele waren gezwungen, Kredite aufzunehmen, wobei besonders geistliche Institutionen fluide Mittel bereitstellen konnten.937 In diesem Zusammenhang ist es zum einen von Interesse, wie es um die finanzielle Situation der Grafen von Berg vor der Teilnahme Graf Engelberts am Dritten Kreuzzug bestellt war. Zum anderen soll überprüft werden, wie sich die geschätzten Kosten des Kreuzzugs in dem finanziellen Etat dieses bergischen Grafen niederschlugen. Thomas Kraus hat die Summe, über die Engelbert zwischen 1174 und 1189 verfügen konnte, auf über 1000 Mark Silber geschätzt.938 Dabei ging er ausschließlich
936 Zur Logistik und Finanzierung der Kreuzzüge Murray, Alan V.: Finance and Logistics of the Crusade of Frederick Barbarossa, in: Shagrir, Iris u. a. (Hgg.): In laudem Hierosolymitani: studies in crusades and medieval culture in honour of Benjamin Z. Kedar, Aldershot 2007 (Crusades. Subsidia 1), S. 357 – 368; Riley-Smith: First crusaders, S. 106 – 143; Cazel: Financing, S. 139: „Every warrior had equipment to maintain; the knight, a horse and attendants.“ Constable, Giles: The financing of the crusades in the twelfth century, in: Kedar, Benjamin Zeev / Mayer, Hans Eberhard / Smail, Raimund Charles (Hgg.): Outremer. Studies in the History of the Crusading Kingdom of Jerusalem presented to Joshua Prawer, Jerusalem 1982, S. 64 – 88. Für das 14. Jahrhundert: Housley, Norman J.: Costing the crusade: budgeting for crusading activity in the fourteenth century, in: Bull, Marcus G. / Housley, Norman J. (Hgg.): The Experience of Crusading, 1: Western Approaches, Cambridge 2003, S. 45 – 59. 937 Auch wenn die Quellen, die über Kreditaufnahmen im Vorfeld von Kreuzzügen berichten, größtenteils geistlich sind, insofern das Gesamtbild verzerren könnten, ist es plausibel, dass in geistlichen Häusern am schnellsten Geld organisiert werden konnte. Bereits während der frühesten Kreuzzüge taten sie sich dadurch hervor: Riley-Smith: First crusaders, S. 123 – 129. Constable: Financing, S. 74: „The vast majority turned to religious houses, which were the principal institutions of credit in the eleventh and twelfth centuries.“ 938 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 93. Kraus ist sich der relativen Unbelastbarkeit dieser Schätzung bewusst, weshalb er von einem „vagen Eindruck von der Höhe der bergischen Einkünfte“ spricht.
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vom vorhandenen Urkundenbefund aus, ohne die Teilnahme Engelberts am Kreuzzug Friedrichs I. zu berücksichtigen. Im Folgenden werde ich mich bemühen, unter Zuhilfenahme einer Kalkulation der Kreuzzugskosten diese Summe zu präzisieren und damit die Finanzkraft des Grafen von Berg besser einzuschätzen. Eine der von Kraus berücksichtigten Urkunden aus dem Jahr 1189, also dem Jahr des Dritten Kreuzzugs, vermittelt uns bereits einen Eindruck von der finanziellen Situation Engelberts: Graf Heinrich von Hückeswagen lieh sich von Engelbert die stolze Summe von 100 Mark, wofür Heinrich dem bergischen Grafen im Gegenzug Einkünfte aus seinem Allodialbesitz in jährlicher Höhe von 20 Mark über vier Jahre als Lehen zukommen ließ.939 Graf Heinrich von Hückeswagen befand sich in diesem Jahr offensichtlich in finanziellen Schwierigkeiten. Was sich zunächst als gutes Geschäft für Heinrich, zumindest aber als finanzielle Rettung des Grafen von Hückeswagen präsentiert 940, war die faktische Unterwerfung Heinrichs gegenüber Engelbert von Berg: Engelbert machte Heinrich zum einen lehnsabhängig, zum anderen stellte er in dieser Urkunde sicher, dass Heinrich innerhalb dieser vier Jahre ein anderes Allod im Wert von 100 Mark an Engelbert übergeben musste. Im Falle der Nichterfüllung dieser Obligation sollte Heinrich mit der Ortschaft Dorpfeld, dem Dhünhof, einer Mühle in der Nähe der Burg Hückeswagen und einer Mühle bei Dörpe haften. Der Wert dieser Sicherheiten lag bei 20 Mark, womit die ursprünglich verliehene Summe von 100 Mark getilgt sein würde. Es ist unbekannt, ob Heinrich von Hückeswagen die Bedingungen des Vertrages erfüllen konnte.941 Sicher ist hingegen, dass Engelbert von Berg die Vormachtstellung seines Grafenhauses entlang der Wupper unmittelbar vor seiner Teilnahme am Dritten Kreuzzug – die eine Zeit längerer persönlicher Abwesenheit und damit Handlungsschwäche des Grafen nach sich zog – gegenüber einem direkten Konkurrenten entscheidend ausbauen konnte. Eine weitere Urkunde, die möglicherweise ebenfalls auf das Jahr 1189 datiert werden kann 942, demonstriert das Bemühen Engelberts, seine Grafschaft in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht im Vorfeld seiner Kreuzzugsteilnahme zu stabilisieren: Der Graf von Berg bestätigt in dieser Urkunde, dass der Edelherr 939 940 941 942
Lacomblet I, Nr. 520. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 98f. Ibid., S. 98. S. Kap. 3.3. Ibid., S. 87. Kraus und Lacomblet nehmen dieses Jahr als Jahr der Ausstellung des Revers an, begründen diese Vermutung jedoch nicht. Da ich meinerseits keinen plausiblen Gegenvorschlag anbieten kann, folge ich hier – mit Bedenken – diesen beiden Autoren.
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Arnold von Tyvern 943 ihm seine rechtsrheinischen Erbgüter in Holthausen, D üsseldorf, Buscherhof, Cruthoven, Eickenberg, bei Wald (Solingen), in Monheim, Hongen, in Himmelgeist und an der Anger für 100 Mark überlassen habe und ein Hausgenosse der Grafen von Berg auf Burg geworden sei. Wenn Arnold Burg zu verlassen wünsche, könne er für eben 100 Mark seine Pfänder wieder auslösen.944 Der Herr von Tyvern befand sich in akuter Geldnot, was daraus ersichtlich wird, dass er bis zum Jahr 1210 wieder über rechtsrheinischen Besitz und Rechte bei Himmelgeist im Wert von 90 Mark Silber verfügte.945 Da er aber Engelbert seinen gesamten rechtsrheinischen Besitz verpfändet hatte, kann er die Himmelgeister Besitzungen nur nach 1189 erworben haben.946 Vor 1210 war Arnold also wieder in der Lage, zumindest einige Güter und Rechte rechts des Rheins zu erwerben, bis er sie in diesem Jahr wieder abstoßen musste, und zwar an die Abtei Altenberg, die sich unter dem Schutz der Grafen von Berg befand. Die Pfänder aus der auf 1189 datierten Urkunde konnte Arnold jedenfalls nicht wieder einlösen 947, sodass den Grafen von Berg durch diese Investition Engelberts ein dauerhafter Herrschaftsausbau am rechten Rheinufer gelungen war, dessen Früchte insbesondere seinem Nachfolger Adolf III. zufielen. Eine weitere Urkunde, die tatsächlich während des Dritten Kreuzzuges ausgestellt wurde, wirft ein weiteres Schlaglicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Grafen von Berg um 1189: Am 27. Mai dieses Jahres ließ sich E ngelbert von Kaiser Friedrich I. ein Geschäft mit Erzbischof Philipp von Heinsberg bestätigen, in dem der Kirchenfürst dem Grafen die Höfe Hilden, Schwelm und Elberfeld verpfändet hatte.948 Das Diplom bestätigte die Erweiterung eines bereits 1176 abgeschlossenen Pfandhandels über 400 Mark, für die Engelbert die Höfe Hilden und Elberfeld zu Pfand bekommen hatte.949 Für 176 zusätz liche Mark hatte der Berger kurz vor 1189 nun auch noch die Erträge des Hofs Schwelm erhalten. Zu dieser Zeit kampierte das Kreuzzugsheer auf dem Vierfeld bei Preßburg, um das Heer vor der Übertretung der Grenze zu Ungarn zu sammeln.950 Engelbert von Berg nutzte die durch den Kreuzzug bedingte Nähe
943 944 945 946 947 948 949 950
Wahrscheinlich Teveren bei Geilenkirchen. Lacomblet I, Nr. 521. UB Altenberg 1, Nr. 61; Lacomblet II, Nr. 30. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 87f. Ibid., S. 87 u. S. 95. MGH DD F I/4, Nr. 1006; Lacomblet I, Nr. 517; REK II, Nr. 1334. S. Kap. 3.3. MGH DD F I/3, Nr. 649; REK II, Nr. 1043. Historia de expeditione Friderici imperatoris, anno 1189, S. 17.
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zum Kaiser dazu, seine in heimatlichen Gefilden abgeschlossenen Geschäfte mit höherer Rechtssicherheit versehen zu lassen. Sogar auf dem Kreuzzug verstand es der Berger also, seine heimatlichen Rechte zu sichern. Diese Urkunden demonstrieren die außergewöhnliche Finanzkraft des Grafen von Berg vor allem mit Blick auf die Kreuzzugsteilnahme Engelberts im selben Jahr. Um zu einer präziseren Beurteilung der finanziellen Finanzkraft des Bergers zu gelangen, sollen im Folgenden die geschätzten Kosten des Kreuzzugs den Urkundenbefund ergänzen: Wie bereits erwähnt waren Kreuzzüge kostspielige Unternehmungen. Friedrich Barbarossa hatte vor Aufbruch des Kreuzzuges angeordnet, dass jeder Teilnehmer für seine eigene Versorgung auf dem Marsch aufkommen solle. Dazu hatte er nach Otto von St. Blasien eine Mindestsumme von drei Mark Silber verfügt, die jeder mit sich führen können müsse, womit er die Teilnahme mittelloser Nichtkombattanten verhindert wollte.951 Für den hohen Adel ergaben sich freilich andere Größenordnungen. Grafen oder Bischöfe reisten nicht alleine, sondern wurden von einem erheblichen Gefolge begleitet, das sich auch aus Dienstleuten zusammensetzte. Mindestens für die Kreuzzugskosten dieser Gruppe musste der Dienstherr aufkommen. Allan Murray hat aus dem um 1165 abgefassten Längeren Kölner Dienstrecht 952 abgeleitet, dass eine aus zwei Knappen und einem Ritter bestehende 951 Ottonis de Sancto Blasio Chronica, ed. Adolf Hofmeister (MGH SS i. u. s. 47), anno 1188, S. 45: Quibus omnibus imperator sequentis anni Maio tempus profectionis constituit, pauperioribus ad minus trium marcarum expensam, dicioribus pro posse expensis preparari indicens. Egentibus autem pondo trium marcarum sub anathemate profectionem fecit interdici, nolens exercitum vulgo minus ydoneo pregravari. 952 Ennen, Leonard / Eckerts, Gottfried (Hgg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln 1, Köln 1860 (ND Aalen 1970), S. 211 – 217, S. 212: Item Ministeriales beati Petri ad Coronationem Imperatoris cum Domino suo Archiepiscopo ultra Alpes in Expeditionem ire tenentur, illi specialiter, qui quinque marcas vel amplius in redditibus de eo tenent praeter solum Advocatum Coloniensem et Camerarium. Hi siquidem duo domi manere debent, Advocatus ut redditus curtium Episcopalium colligat et conservet, Camerarius redditus Thelonii et Monetae. Reliqui vero omnes, qui quinque marcas vel amplius beneficiati fuerint, si Archiepiscopus voluerit sine omni occasione ad hanc Expeditionem ibunt, et Archiepiscopus cuilibet eorum X marcas ad se praeparandum dabit, et XV ulnas panni, qui Scharlot dicitur, ut servos suos inde vestiat, et duobus Militibus somarium unum cum sella et cum omnibus pertinentibus ad sellam et duas Bulgas cum tegumine, quod Deckhuit dicitur et IIIIor seramenta equi cum XXIIII clavis. Cum ad Alpes ventum fuerit, debet cuilibet Militi deinceps per mensem marca una de camera Archiepiscopi dari pro expensa sua. Hec marca quandocumque et cuicumque tempore debito denegata fuerit, ille Miles Officialibus Curie hoc notificabit, et per eos si potest, hunc defectum stipendii sui recuperabit.
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ritterliche ‚Kampfeinheit‘ 10 Mark Silber an Auslagen für die Kreuzzugsteilnahme vorstrecken musste sowie mindestens 24 weitere Mark allein für die Reise von Regensburg ins Heilige Land und einen dortigen Aufenthalt von einigen Monaten benötigte.953 Wahrscheinlich sind noch einmal einige Mark zusätzlich zu veranschlagen, wenn die Rückreise per Schiff erfolgte. Man gelangt also zu Gesamtkosten von ungefähr 35 bis 40 Mark Silber, umgerechnet etwa 5000/5600 bis 5700/6400 Kölner Denare.954 Bei diesen Zahlen handelt es sich um Minimalannahmen für ritterliche Teilnehmer des Dritten Kreuzzugs. Wir dürfen annehmen, dass Engelbert als Graf von Berg mit Sicherheit nicht mit zwei Knappen, sondern mit einem seinem Rang entsprechenden Gefolge gereist sein wird, weshalb wir die Summe, die er investiert haben muss, deutlich höher einzuschätzen haben. Wenn man als Vergleich einen Blick in eine Schenkungsurkunde Adolfs III . wirft, die jener während der Belagerung Damiettes 1218 ausstellte 955, dann zählt man dort nicht weniger als 27 Handlungszeugen, von denen ein erheblicher Teil Dienste als Ministerialen des Grafen von Berg verrichtet hat.956 Wir haben keinen Grund zu der Annahme, dass sich Engelbert mit einem wesentlich kleineren Gefolge als sein Sohn auf den Weg nach Jerusalem gemacht hat 957, weshalb eine Schätzung der Kreuzzugskosten des Grafen von Berg auf mindestens 350 Mark Silber (50.400/56.000 Kölner Denare) durchaus realistisch erscheint. Dieser Betrag ergibt sich, wenn man zehn ‚Kampfeinheiten‘ im Gefolge des Grafen annimmt, für die er die Kosten des Kreuzzugs zu tragen hatte.958 Andere Kostenpunkte wie z. B. der zu erwartende Ersatz von Pferden
953 Murray, Alan V.: Finance, S. 359f. 954 Im Jahr 1166 wurden in Köln noch 144 Denare, in der Mitte des 13. Jahrhunderts 160 Denare aus einer Mark geschlagen. Nach Hävernick ist der Zeitpunkt, zu dem sich der Münzfuß veränderte, nicht präzise zu ermitteln. In den 70er Jahren des 12. Jahrhunderts mehren sich jedoch die Anzeichen für eine Veränderung. Wegen dieser Unsicherheiten gebe ich hier die Berechnungen nach beiden Münzfüßen an. Hävernick, Walter: Der Kölner Pfennig im 12. und 13. Jahrhundert. Periode der territorialen Pfennigmünze, Stuttgart 1930 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte 18) (ND Hildesheim 1984), S. 38 – 41. 955 Lacomblet II, Nr. 72. 956 S. Kap. 5.5.6. 957 Kraus attestiert der bergischen Ministerialität einen bedeutenden Zuwachs in der Regierungszeit Graf Engelberts, siehe Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 88f. 958 Die Urkunde Adolfs III . wurde unter anderem von wahrscheinlich zehn bergischen Ministerialen bezeugt. S. Kap. 5.5.6.
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sind in dieser Schätzung nicht enthalten, weshalb die tatsächliche Kalkulation wohl höher ausgefallen sein wird. Wenn auch diese hohen Kosten durch den frühen Tod Engelberts bei Kubin letztlich nicht entstanden sind, muss er dennoch mit ihnen kalkuliert haben. In diesem Kontext ist es umso erstaunlicher, dass Engelbert im Jahr des Kreuzzugs oder kurz vorher weitere 100 Mark Silber an Heinrich von Hückeswagen verleihen, für denselben Betrag die Güter Arnolds von Tyvern erwerben und 176 Mark in ein Pfandgeschäft mit Philipp von Heinsberg investieren konnte, ohne selbst erhebliche Verbindlichkeiten einzugehen – zumindest geben die Quellen nichts dergleichen her. Dies spricht dafür, die Finanzkraft der Grafen von Berg noch höher einzuschätzen als bisher: Wenn man die Kosten des Erwerbs der Pfandlehen Hilden, Elberfeld und Schwelm sowie die kalkulierten Kosten der Kreuzzugsteilnahme addiert, dann muss man – anstatt der von Kraus veranschlagten 1000 Mark – wohl von einer Summe von bis zu 1500 Mark Silber ausgehen, die Engelbert von Berg zwischen 1174 und 1189 zu Verfügung hatte. Von diesen 1500 Mark investierte Engelbert mindestens 376 Mark unmittelbar vor Beginn des Kreuzzugs in die strukturelle Stärkung seiner Herrschaft. Für den Kreuzzug selbst dürfte er mindestens weitere 350 Mark einkalkuliert haben. Da der Graf von Berg selbst wohl keine Verbindlichkeiten eingehen musste, ist davon auszugehen, dass er wenigstens 726 Mark innerhalb weniger Jahre für die Investitionen und die Teilnahme am Kreuzzug Friedrichs I. ohne größere Probleme oder negative Langzeitfolgen aufbringen konnte. Gerade weil sich auch in der Folgezeit die finanziellen Verhältnisse der Grafen von Berg nicht verschlechterten 959, muss dieses Grafengeschlecht als eine der wirtschaftlichen Großmächte des Niederrheins betrachtet werden. Insofern hilft die Unter suchung der Kreuzzugsteilnahme eines niederrheinischen Adeligen in diesem Fall, die wirtschaftliche Position seiner Familie innerhalb der niederrheinischen Adelslandschaft zu präzisieren.960
959 Als Erzbischof Engelbert nach dem Tod seines Bruders Adolf über die Grafschaft Berg verfügte, erhielt er aus ihr ministeriales multos et redditus magnos, um die ihn Heinrich von Limburg, dem die Grafschaft über seine Frau Irmgard, Adolfs Tochter, eigentlich zugefallen wäre, sehr beneidete. Vita Engelberti, lib. I, cap. 5, S. 243. 960 Ein Vergleich der finanziellen Spielräume anderer niederrheinischer oder westfälischer Akteure, die ebenfalls an Kreuzzügen teilgenommen haben, böte sich als anschließende Untersuchung an. Da die vorliegende Studie nicht komparativ angelegt ist, soll dieser Ansatz hier nicht verfolgt werden.
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5.2.3 DIE GESCHÄFTE ENGELBERTS I. IM VORFELD DES KREUZZUGES IM LICHT DER POLITISCHEN VERHÄLTNISSE AM NIEDERRHEIN
Das bereits angesprochene Geschäft zwischen Engelbert und Heinrich von Hückeswagen lässt sich nicht nur als Quelle für die Wirtschaftsgeschichte der Grafen von Berg lesen, sondern auch als Bestandteil der Kreuzzugsvorbereitungen Engelberts: Die Grafen von Hückeswagen verfügten über Besitz bei Wermelskirchen und am Oberlauf der Dhünn, wodurch sie zu Konkurrenten der in diesem Gebiet expandierenden Grafen von Berg geworden waren. Mit der Aufnahme Heinrichs in den Lehnsverband Engelberts war das Risiko eines offenen Konflikts zwischen beiden Parteien deutlich reduziert worden. Wenn wir uns nun zudem ins Gedächtnis rufen, dass Heinrich vier Jahre eingeräumt worden waren, um seine Pfänder auszulösen, dann darf angenommen werden, dass er auch ungefähr so lange benötigen würde, um das entsprechende Geld zur Auslösung zu erwirtschaften, ohne gleichzeitig große Investitionen – womöglich zum Nachteil der Grafen von Berg – tätigen zu können. In dieser Zeit konnte Engelbert zumindest in Bezug auf seine Besitzungen an der mittleren Wupper unbesorgt nach Palästina aufbrechen und vor allen Dingen auch zurückkehren, wenn wir von einer kalkulierten Dauer der Kreuzzugsteilnahme von ungefähr zwei Jahren ausgehen. Allerdings darf der primäre Anlass der Urkunde nicht dahingehend gedeutet werden, dass sie Bestandteil einer ausgearbeiteten Strategie zur Absicherung bergischen Besitzes im Vorfeld des Kreuzzugs gewesen ist: Am Anfang dieses Rechtsgeschäfts stand die finanzielle Not des Grafen von Hückeswagen. Engelbert von Berg hat dann die Gunst der Stunde genutzt, im Vorfeld seines Zuges nach Palästina dem Verhältnis zu den Konkurrenten an der mittleren Wupper eine solide Basis zu verschaffen – nämlich eine einseitige Abhängigkeit der Hückeswagener Grafen von Engelbert und seinen Nachfolgern. Die Dauer dieser Abhängigkeit setzte der Graf von Berg mittels der Rückzahlungsfrist von vier Jahren so an, dass er in das Heilige Land hätte ziehen, dort kämpfen und schließlich von dort zurückkehren können, ohne dass der Hückeswagener kostenintensive Aktionen gegen die Grafschaft Berg hätte durchführen können. Weitere Kreuzzugsvorbereitungen Engelberts lassen sich aufgrund des mageren Quellenbefunds nicht nachvollziehen, allerdings ist davon auszugehen, dass es der Graf von Berg verstanden hat, seine Besitzungen für die Zeit seiner Abwesenheit umfassend abzusichern. Unsicherheiten bestanden besonders im Süden des bergischen Interessengebietes, wo die Grafen von Berg auf die Grafen von Sayn trafen. Die Brüder Heinrich II. und Everhard II. von Sayn
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hatten im Zuge ihrer Expansionsbestrebungen nach Norden auf dem Territorium der Abtei Siegburg die Burg Blankenberg errichtet 961, nach Meinung der Mönche und deren Vogt Engelbert von Berg allerdings rechtswidrig. Engelbert sah seine Interessen in diesem Gebiet, nämlich eine Expansion nach Süden 962, durch den Bau der Burg gefährdet. Der Streit wurde erst durch das Eingreifen der Kurie in Rom und eine anschließenden Schlichtung durch Philipp von Heinsberg – den sogenannten ‚Neusser Vergleich‘ – beigelegt.963 Eine in naher Zukunft stattfindende bewaffnete Auseinandersetzung zwischen den Häusern Berg und Sayn wurde von den Beteiligten dennoch beinahe erwartet, sodass man sich nicht verleiten lassen darf, in dem Neusser Vergleich ein endgültiges Ende der bergisch-saynischen Interessenkonflikte zu sehen.964 Die beiden Grafen von Sayn regierten ihre Grafschaft praktisch einvernehmlich gemeinsam 965 und nahmen 1189 nur in Person des älteren Grafen, Heinrich II., am Kreuzzug teil.966 Insofern ist es nachvollziehbar, dass Engelbert von Berg wohl seine Rechte im Erft-/ Siegraum durch mögliche Aktionen Everhards von Sayn gefährdet sah. Um dieser Gefährdung zu begegnen, setzte der Graf von Berg auf mächtige Verbündete: Als Hauptprotektor bergischer Besitzungen ist vor allem Erzbischof Philipp von Heinsberg zu sehen, zu dem Engelbert ein sehr gutes Verhältnis hatte.967 Engelbert war Lehnsmann des Kölner Erzbischofs und mit ihm verwandt: Philipps Großmutter mütterlicherseits, Adelheid von Lauffen, war mit Adolf I. von Berg verheiratet gewesen,968 außerdem bezeichnet Philipp den Dompropst Bruno von Berg als cognatus.969 Als Ausdruck der Herrschernähe finden wir Engelbert zudem sehr häufig als Zeuge in erzbischöflichen Urkunden.970 961 962 963 964
Zur Datierung des Baubeginns siehe Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 277 – 281. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 85 – 87. REK III, Nr. 1170; Lacomblet I, Nr. 462 u. 483; UB Siegburg, Nr. 69 u. 70. UB Siegburg, Nr. 70: Item si bellum fuerit inter comitem Engelbertum et comites sepedictos, (…). 965 Das Siegel der Grafen von Sayn gibt einen besonders augenfälligen Eindruck ihrer Herrschaftsauffassung, zeigt es doch zwei identische, geharnischte Ritter zu Pferd, die in einer Reihe reiten. Halbekann sieht hier zu Recht eher den Aspekt der Partizipation an der Grafenherrschaft als eine Abbildung von Hierarchie zwischen den Geschwistern dargestellt. Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 15f. 966 Historia de expeditione Friderici imperatoris, anno 1189, S. 19; Everhard II. blieb wohl daheim. Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 22. 967 S. Kap. 3.3.1. 968 Ibid. 969 REK II, Nr. 938. 970 S. Kap. 3.3.1.
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Da der Heinsberger nicht am Kreuzzug teilnahm, konnte er persönlich für die Wahrung bergischer Interessen in der Heimat eintreten. Engelberts wahrscheinlich auf dem Hoftag Jesu Christi 1188 wiederhergestelltes gutes Verhältnis zu Friedrich Barbarossa dürfte sich ebenfalls positiv auf die Sicherheit seines Besitzes ausgewirkt haben. Insbesondere die am 27. Mai 1189 – also bereits während des Kreuzzugs – erfolgte kaiserliche Bestätigung der Verpfändung der erzbischöflichen Höfe Hilden, Schwelm und Elberfeld an Engelbert belegt das Einvernehmen zwischen Friedrich und dem Grafen von Berg. 5.2.4 ZUSAMMENFASSUNG
Graf Engelbert von Berg war nach seinen älteren Brüdern Adolf und Bruno der dritte Angehörige seines Hauses, der sich auf den Weg nach Palästina gemacht, und der zweite, der dies im Rahmen eines Kreuzzugs getan hatte. Falls bereits sein Vater Adolf II. am Zweiten Kreuzzug teilgenommen haben sollte, war er sogar der vierte Berger, der nach Palästina reiste, und der dritte bergische Kreuzfahrer. Die persönliche Teilnahme Engelberts von Berg am Dritten Kreuzzug ist bereits für sich genommen ein starker Beleg für seine Verbundenheit mit der Kreuzzugsbewegung, doch nicht der einzige. Mit der Installierung einer Johanniterniederlassung in Burg stiftete er als einer der ersten Großen der Region eine permanente Verknüpfung seines Hauses mit dem Heiligen Land, der Wiege und dem Hauptbetätigungsfeld des geistlichen Ritterordens. So stellte er sicher, dass auch seine Nachfolger die Angelegenheiten des Heiligen Landes nicht aus den Augen verloren. Die Investitionen, die Engelbert kurz vor dem Kreuzzug durchführen konnte, belegen die hohe ökonomische Kraft der Grafen von Berg. Addiert man die kalkulierten Kosten des Kreuzzugs, gelangt man sogar zu einer noch höheren Einschätzung. Dabei gelang es Engelbert, seine Grafschaft zu einem ausgenommen günstigen Zeitpunkt erheblich zu stärken, schaltete er doch z. B. die Grafen von Hückeswagen als Konkurrenten an der Wupper weitgehend aus, bevor er selbst die heimatlichen Gefilde in Richtung Palästina hinter sich ließ. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet ist es beachtlich, wie wenig die hohen Kreuzzugskosten das finanzielle Agieren Engelberts vor Antritt der Reise beeinflussten. Auch unterwegs sorgte der Graf für das Wohl der Grafschaft, indem er die durch den Kreuzzug bedingte Herrschernähe dazu nutzte, sich seine Investitionen von höchster Stelle bestätigen zu lassen. Zudem traf er Vorsorge, was seine persönliche Abwesenheit während der Reise nach Palästina betraf, denn er unterhielt durch Verwandtschaft bekräftigte gute Beziehungen
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zu Philipp von Heinsberg, der die Sicherheit der tendenziell bedrohten bergischen Besitzungen garantieren konnte. Als E ngelbert von Berg Anfang Juli 1189 auf dem Kreuzzug verstarb, hinterließ er seinem Erben Adolf III. eine herrschaftlich gut erschlossene, gesicherte Grafschaft und die unausgesprochene Aufforderung, die Kreuzzugstradition der Grafen von Berg aufrechtzuerhalten. 5.3 ADOLF DER ÄLTERE UND DIE GRÜNDUNG DES DEUTSCHEN ORDENS
Thomas Kraus hat darauf hingwiesen, dass ein weiterer Berger aus der Generation Engelberts an einem Kreuzzug teilgenommen haben könnte, nämlich Adolf der Ältere 971, der jüngste Bruder Graf Engelberts von Berg: „Vielleicht hat er wie viele andere aus dem Rheinland an dem Kreuzzug von 1197 teilgenommen und ist nicht mehr heimgekehrt.“972 Für diese Vermutung sprechen zwei Sachverhalte: Zum einen ist Adolf der Ältere in den Jahren des Kreuzzugs Heinrichs VI. und auch danach nicht im Rheinland nachweisbar. Zum anderen existiert eine Quelle aus dem späten 15. Jahrhundert, die einen grave van dem Berghe bei der Gründung des deutschen Spitals vor Akkon erwähnt. Bei dieser Quelle handelt es sich um die Jüngere Hochmeisterchronik 973, und sie berichtet Folgendes: Ende hertoch Frederick van Zwaven krech die grote infael, devocie ende begeert tot noch een ridderoirde te stichten. Hy dede vergaederen alle die princen, die dair lagen als Henrick die coninck van Iherusalem, Albertus die patriarche van Iherusalem, die eersthebiscopen ende anderen byscopen, hertoch Henrick van Brabant, die Hertochen van Oistenrick, die hertoghen van Beyeren, hertoch van Bronswyck, hertoghen van Sassen, hertoch Philips van Zwaven, grave Willem van Holland, grave Florens zoen, grave Ott van Gelren, grave Derick van Cleve, die lantgreve Harmen van Doringhe, die lantgreve van Hessen, die lantgreve van Myssen, die grave van Gulick, die grave van dem Berghe, die grave van Nassouwen, die greve van Hennenberch, die grave van Spaenghen ende veel ander princen ende heren, die hyr nyet gehnoemt en staen, (…).974
971 Zu ihm oben Kap. 3.3.4. 972 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 46. 973 Die Jüngere Hochmeisterchronik, ed. Theodor Hirsch, Leipzig 1874 (Scriptores rerum Prussicarum 5), S. 1 – 148. 974 Die Jüngere Hochmeisterchronik, cap. 43, S. 53. Kraus irrt, wenn er die dort geschilderten Begebenheiten auf das Jahr 1198 bezieht. Dieses zugegebenermaßen wirre Kapitel vermischt
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Herzog Friedrich hatte einen frommen Gedanken und wünschte, einen weiteren Ritterorden zu stiften. Er versammelte alle Fürsten, die da [vor Akkon, A. B.] lagen, nämlich König Heinrich von Jerusalem, den Patriarchen Albert von Jerusalem, die Erzbischöfe und Bischöfe, Herzog Heinrich von Brabant, die Herzöge von Österreich, die Herzöge von Bayern, den Herzog von Braunschweig, die Herzöge von Sachsen, Herzog Philipp von Schwaben, Graf Wilhelm von Holland, Sohn des Grafen Florens, Graf Otto von Geldern, Graf Dietrich von Kleve, Landgraf Hermann von Thüringen, den Landgrafen von Hessen, den Landgrafen von Meißen, den Grafen von Jülich, den Grafen von Berg, den Grafen von Nassau, den Grafen von Henneberg, den Grafen von Sponheim und viele andere Fürsten und Herren, die hier nicht namentlich genannt sind, (…).
Nach dem Zeugnis der Jüngeren Hochmeisterchronik war also ein Graf von Berg Teil einer großen Fürstengruppe, die Friedrich von Schwaben in seinem Wunsch unterstützte, einen weiteren Ritterorden zu stiften. Die Annahme einer solchen Verbindung zwischen bergischen Grafen und Deutschem Orden hat einen besonderen Reiz, weil Graf Adolf III. von Berg im Jahr 1218 vor Damiette den jungen Ritterorden reich beschenkte, womit er zu seinen frühesten Förderern am Niederrhein gehörte.975 Eine bergische Beteiligung an der Stiftung des Deutschen Ordens würde das etwas überraschende Verhalten des Grafen erklären, weshalb man fast geneigt ist, der Jüngeren Hochmeisterchronik in diesem Punkt Glauben zu schenken. Allerdings sind mit dieser Quelle erhebliche Schwierigkeiten verbundenen: Die Jüngere Hochmeisterchronik und die darin enthaltenen Informationen erfordern höchste quellenkritische Aufmerksamkeit. Zwar schöpft ihr Verfasser aus zahlreichen Quellen, für die Frühzeit des Ritterordens etwa aus der im Westen bekannten Kreuzzugschronistik, doch überlagert die Suche nach einer „geradezu juristischen Fundierung“976 seiner Gemeinschaft häufig die korrekte Wiedergabe der Vergangenheit. Bereits Theodor Hirsch, Herausgeber der Chronik, schätzte ihren Wert als eher übersichtlich ein: „(…) das Buch [kann] weder in Betreff der Wichtigkeit noch der Glaubwürdigkeit der in ihm niedergelegten Thatsachen Ansprüche auf besondere Bedeutung machen“.977 Die Einschätzung besonders der Verlässlichkeit gilt auch für den die Gründung des Spitals mit der Gründung des Ritterordens, meint aber eindeutig die Zeit der Belagerung Akkons während des Dritten Kreuzzugs. 975 Lacomblet I, Nr. 72. S. Kap. 5.5.7. 976 Arnold, Udo: Art. Jüngere Hochmeisterchronik, in: Verfasserlexikon IV (1983), Sp. 922 – 923, Sp. 922. 977 Die Jüngere Hochmeisterchronik, S. 1. An anderer Stelle attestiert Hirsch dem Verfasser der Chronik „schöpferische Phantasie“, „freie Phantasie“ und „erfinderische Phantasie“:
Adolf der Ältere und die Gründung des Deutschen Ordens |
hier wiedergegebenen Quellenausschnitt über die Frühgeschichte des Deutschen Ordens. Um die Fehlerhaftigkeit der Chronik zu demonstrieren, ist ein genauer Abgleich der Passage mit den Erkenntnissen der modernen Forschung an dieser Stelle nicht nötig, denn einige Fehler des Chronisten liegen auf der Hand. Am auffälligsten ist dabei sein Versuch, die Gründung des Ritterordens in die Zeit des Dritten Kreuzzugs vorzuverlegen, wobei er die staufische Initiative besonders hervorheben möchte. Dass es sich bei der 1190/1 vor Akkon entstandenen Gemeinschaft lediglich um eine Spitalbruderschaft handelte, die dann 1198 auf Betreiben deutscher Magnaten in einen Ritterorden umgewandelt wurde 978, verschweigt der Chronist. Auch vermengt er Akteure des Dritten Kreuzzugs mit denen des sogenannten Deutschen Kreuzzugs 1197/98979: Heinrich von Brabant beispielsweise war 1198 im Heiligen Land, am Dritten Kreuzzug hatte er hingegen nicht teilgenommen. Die Grafen von Holland, Geldern und Kleve hingegen begleiteten Friedrich Barbarossa bzw. Richard Löwenherz, nicht aber des Kaisers Sohn Heinrich. Die Glaubwürdigkeit der Jüngeren Hochmeisterchronik ist also auch in Bezug auf den hier zitierten Ausschnitt sehr begrenzt. Wer war nun mit grave van dem Berghe an dieser Stelle gemeint? Die einfachste Interpretation der Textstelle ist folgende: Der Verfasser der Chronik hatte von der Teilnahme Engelberts von Berg am Dritten Kreuzzug Kenntnis, seinen Tod auf dem Balkan hat er hingegen einfach übersehen oder verschwiegen. Dann wäre der gesuchte Graf mit Engelbert zu identifizieren. Vielleicht verbirgt sich aber auch etwas mehr hinter dieser speziellen Darstellung der Ordensgründung. Die Grafen von Berg gehörten zu den frühen Wohltätern des Deutschen Ordens, weshalb der Verfasser sie möglicherweise mit der Nennung des Grafen bei der Ordensgründung positiv hervorheben wollte. Die Aufzählung gerade der vermeintlich anwesenden niederrheinischen Großen ist zudem verdächtig: Neben Herzog Heinrich von Brabant, den Grafen Wilhelm von Holland, Otto von Geldern, Dietrich III. von Kleve und einem namentlich nicht genannten Grafen von Jülich reiht sich ein Graf von Berg beinahe zu gut ein, sodass der Verdacht Die Jüngere Hochmeisterchronik, S. 2, Anm. 1 u. S. 3. 978 Favreau-Lilie, Marie-Luise: L’Ordine Teutonico in Terrasanta (1198 – 1291), in: Houben, Hubert (Hg.): L’Ordine Teutonico nel Mediterraneo: atti del convegno internazionale di studio, Torre Alemanna (Cerignola), Mesagne, Lecce, 16 – 18 ottobre 2003, Galatina 2004 (Acta theutonica 1), S. 53 – 72, S. 57; dies.: Alle origini dell’Ordine Teutonico: Continuità o nuova fondazione dell’ospedale gerosolimitano degli Alemanni?, in: Coli, Enzo / De Marco, Maria / Tommasi, Francesco Maria (Hgg.): Militia sacra. Gli ordini militari tra Europa e Terrasanta, Perugia 1994, S. 29 – 47, S. 29 – 34. 979 Die Belege finden sich in Kap. 2.4 u. 2.5.
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entsteht, die Liste der Anwesenden strebe eher nach regionaler Vollständigkeit als nach historischer Korrektheit. Den Verfasser der Chronik identifizierten Hirsch und Arnold dann auch als einen niederrheinischen, wahrscheinlich der Ordensballei Utrecht zugehörigen Priesterbruder des Deutschen Ordens mit einem Hang zur Glorifizierung der niederrheinischen Adelslandschaft.980 Vielleicht war dem Utrechter Chronisten daran gelegen, den Deutschen Orden als eine vornehmlich niederrheinische Gründung darzustellen, und die Grafen bzw. späteren Herzöge von Berg waren wichtiger Bestandteil der dortigen Adelslandschaft. Auch deshalb kann sich ihre Erwähnung angeboten haben.981 Schließlich sei bemerkt, dass die zur Zeit der Entstehung der Jüngeren Hochmeisterchronik regierenden Herzöge von Jülich-Berg enge Kontakte mit dem Deutschen Orden unterhielten: Herzog Wilhelm I. von Berg hatte 1365/66 – noch als Graf Wilhelm II. von Berg – sogar an einer Preußenreise teilgenommen.982 Auch die bergisch-limburgischen Vorgänger Wilhelms hatten Verbindungen in das Ordensland: Graf Adolf VI. reiste bei zwei Gelegenheiten dorthin, nämlich 1316 und 1336/37.983 Die Nennung eines bergischen Grafen bei der Belagerung Akkons könnte auch der Erhöhung eines Adelshauses gedient haben, das dem Orden nahe stand. Die von Kraus formulierte Vermutung muss also stark relativiert werden. Wenn ein Graf von Berg tatsächlich an der Gründung der Spitalbruderschaft vor Akkon 1191 – und nicht der Ordensgründung 1198 – beteiligt war, dann muss es sich um Adolf den Älteren handeln, der dann gemeinsam mit seinem Bruder Engelbert am Dritten Kreuzzug teilgenommen hätte. Im Gegensatz zu ihm hätte Adolf das Heilige Land erreicht und vor Akkon gekämpft, um kurz darauf in die heimischen Gefilde zurückzukehren. Allerdings ist es um die Verlässlichkeit der Jüngeren Hochmeisterchronik, der einzigen Quelle über eine bergische Beteiligung an der Spitalgründung, ausgesprochen schlecht 980 Die Jüngere Hochmeisterchronik, S. 9; Arnold: Art. Jüngere Hochmeisterchronik, Sp. 922. 981 Aus diesen Gründen halte ich es für unwahrscheinlich, dass in dieser Passage die süddeutschen Grafen von Berg gemeint sind. Vgl. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 46. 982 Pfeiffer, Götz J.: Zum Ritterschlag nach Preußen? Der Kriegszug des Wilhelm von Jülich, Stifter des Altenberger Westfensters, im Sommer 1366, in: Altenberger Blätter 48 (2009), S. 33 – 54; ders.: …mit Gottes Hilfe entkamen sie ihrer Gewalt. Die Preußenreise des Wilhelm von Jülich, Graf von Berg und Ravensberg, im Sommer 1366, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 101 (2008), S. 1 – 20; Kolodziej: Herzog Wilhelm I., S. 75; Paravicini, Werner: Die Preußenreisen des europäischen Adels 1, Sigmaringen 1989 (Beihefte der Francia 17), S. 54. 983 Paravicini: Preußenreisen, S. 54.
Adolf III. und Dompropst Engelbert von Berg |
bestellt. Die dargelegten Verbindungen zwischen dem Deutschen Orden und den Grafen bzw. Herzögen von Berg weisen zudem eher darauf hin, dass ein Berger – bewusst oder unbewusst – durch einen ‚regionalistischen‘ Chronisten in die Gründungsgeschichte des Deutschen Ordens hineingeschrieben wurde. Eine Kreuzzugsteilnahme Adolfs des Älteren von Berg lässt sich nicht einmal in Ansätzen sicher nachweisen, und selbst eine dahingehende Vermutung dürfte sich wahrscheinlich als falsch erweisen. 5.4 ADOLF III. UND DOMPROPST ENGELBERT VON BERG ALS TEILNEHMER DES ‚ALBIGENSERKREUZZUGS‘
Nach dem Tod Engelberts 1189 wurde die Linie der Grafen von Berg von seinem Sohn Adolf III . fortgeführt. Zusammen mit seinem Bruder Engelbert, seit 1208 unbestrittener Dompropst von Köln und seit 1217 Kölner Erzbischof, repräsentierte er die älteren Grafen von Berg auf dem Höhepunkt ihrer Macht.984 Mit ihm werden auch die Quellen zahlreicher und fruchtbarer; den chronikalischen Zeugnissen über Kreuzzugsteilnahmen kann endlich umfangreicheres Urkundenmaterial beigesellt werden.985 Adolf III. nahm an zwei Kreuzzügen teil: Wir finden ihn und Engelbert unter den Teilnehmern des sogenannten Albigenserkreuzzugs 986 im Jahr 1212 und ohne seinen Bruder bei der Belagerung 984 S. Kap. 3.4. 985 Die Untersuchung der Kreuzfahrerurkunden des deutschsprachigen Raums sind immer noch ein Desiderat der Forschung. Für Nordfrankreich siehe Slack, Corliss K.: Crusade charters, 1138 – 1270, Temple 2001 (Medieval and Renaissance texts and studies 197). Für England siehe Sayers, Jane E.: English charters from the Third Crusade, in: Dies. u. a. (Hgg.): Tradition and change. Essays in honour of Marjorie Chibnall presented by her friends on the occasion of her seventieth birthday, Cambridge 1985, S. 195 – 213. Die Fruchtbarkeit der Arbeit mit Kreuzfahrerurkunden demonstriert Riley-Smith, Jonathan: The idea of crusading in the charters of early crusaders, 1095 – 1102, in: Le concile de Clermont de 1095 et l’appel à la croisade. Actes du colloque universitaire international de Clermont-Ferrand (23 – 25 juin 1995), Rom 1997 (Collection de l’Ecole Française de Rome 236), S. 155 – 166 und ders.: First crusaders, bes. S. 106 – 144. 986 Die Literatur über den sogenannten Albigenserkreuzzug ist zu umfangreich, als dass hier mehr als ein kurzer Überblick gegeben werden könnte. Für die deutsche Forschung siehe zuletzt monographisch Oberste, Jörg: Der „Kreuzzug“ gegen die Albigenser: Ketzerei und Machtpolitik im Mittelalter, Darmstadt 2003; Woehl, Christine: Volo vincere cum meis vel occumbere cum eisdem: Studien zu Simon von Montfort und seinen nordfranzösischen Gefolgsleuten während des Albigenserkreuzzugs (1209 bis 1218), Frankfurt a.
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Damiettes 1218.987 Wann oder zu welchem Anlass die Brüder das Kreuz gegen die Albigenser genommen haben, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Aus einer Urkunde Adolfs aus dem Jahr 1211 erfahren wir, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits beschlossen hatte, gegen die „Feinde des Glaubens“ zu ziehen 988, also wird er spätestens in diesem Jahr das Kreuzzugsgelübde abgelegt haben. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Adolf diese Urkunde in Einvernehmen mit seinem Bruder Engelbert ausgestellt hat 989, Letzterer allerdings nicht als Kreuzfahrer erscheint – möglicherweise haben die Brüder also zu unterschiedlichen Zeitpunkten das Kreuz genommen. Zur Motivation der bergischen Grafen, gegen die Albigenser zu ziehen, haben Ficker und Lothmann verschiedene, nachvollziehbare Aspekte ins Feld geführt: frommer Eifer, der Wunsch nach einem vollkommenen Ablass oder die Erfüllung einer Bedingung, die Engelbert (und Adolf ) für ihre Wiederaufnahme in die Gemeinschaft der Kirche nach der ersten Phase des Thronstreits gestellt bekommen hatten.990 Ich möchte dem noch zwei weitere Aspekte hinzufügen: Zum einen muss die Kreuzzugstradition der M. 2001 (Europäische Hochschulschriften 3 / 906); Wagner, Kay: Debellare Albigenses: Darstellung und Deutung des Albigenserkreuzzuges in der europäischen Geschichtsschreibung von 1209 bis 1328, Neuried 2000 (Politik im Mittelalter 4). Naturgemäß ist die französische Forschung noch stärker an diesem Thema interessiert. Einen guten Überblick bietet der Sammelband von Roquebert, Michel / Gimenez, Marie-Paule (Hgg.): La croisade albigeoise. Actes du colloque du Centre d’Études Cathares (Carcassonne, 4 – 6 octobre 2002), Carcassonne 2004. Aus der anglophonen Forschung bietet Marvin eine neue, vornehmlich militärhistorische Darstellung, die den religiösen Impetus des Kreuzzugs reduziert behandelt: Marvin, Laurence W.: The Occitan war: a military and political history of the Albigensian Crusade, 1209 – 1218, Cambridge 2008. Immer noch zu empfehlen ist Wakefield, Walter: Heresy, crusade and inquisition in Southern France: 1100 – 1250, London 1974. 987 S. Kap. 5.5. 988 Lacomblet II, Nr. 34 = UB Siegburg, Nr. 85: (…) adversos hostes fidei peregrinare decrevissemus, (…). Erzbischof Dietrich von Hengebach hat den Inhalt der Urkunde bestätigt, siehe UB Siegburg, Nr. 86. 989 Lacomblet II, Nr. 34 = UB Siegburg, Nr. 85: (…) ex voluntario consensu dilecti fratris nostri Engilberti maioris domus in Colonia prepositi (…). 990 Ficker: Engelbert der Heilige, S. 47 – 49, S. 220, Anm. 47; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 45. Zur Rolle der Grafen von Berg im Thronstreit oben Kap. 3.4.1. Adolf von Altena hatte auf dem Hoftag von Augsburg am 30. November die Lösung vom Kirchenbann erreicht. Die zweite Fortsetzung der Kölner Königschronik berichtet, dass dort auch die Grafen von Jülich, Berg sowie Hochstaden und andere vom Bann gelöst wurden (CrC cont. II, anno 1207, S. 181). Unter diesen anderen kann sich durchaus Engelbert befunden haben, der seit dem Jahr 1209 seine Einkünfte aus Worringen, Ratingen und Erpel als
Adolf III. und Dompropst Engelbert von Berg |
Grafen von Berg berücksichtigt werden. Hinter den Taten der älteren Generation, die zwei, vielleicht sogar drei Kreuzfahrer hervorgebracht hatte, wollten Adolf III. und Engelbert wohl kaum zurückstehen. Zum anderen stand der Albigenserkreuzzug unter starkem zisterziensischen Einfluss, greifbar in der Führungsrolle, die der Abt von Cîteaux, Arnold Amalrich, während des Kreuzzugs ausübte.991 Da die Grafen von Berg enge Verbindungen zu den Zisterziensern in Altenberg unterhielten, ist es denkbar, dass die weißen Mönche Einfluss auf die Entscheidung der Berger ausgeübt haben, als crucesignati nach Okzitanien zu ziehen. In diesem Kapitel sollen drei Aspekte der bergischen Beteiligung am Albigenserkreuzzug betrachtet werden, nämlich die Kreuzzugsvorbereitungen eines bergischen Vasallen, der militärische Beitrag der Berger und schließlich die Rückwirkung der Kreuzzugsteilnahme in der bergischen Memorialüberlieferung. 5.4.1 ADOLF III., DIE ABTEI SIEGBURG, DER RITTER BONIFACIUS UND DER ZEHNT ZU GYMNICH
Im Jahr 1211 stellte Graf Adolf III . von Berg eine Urkunde zugunsten der Abtei Siegburg aus.992 In dieser Urkunde schenkt er der Abtei einen Zehnt zu Gymnich 993, nachdem die Abtei den von ihm lehnsabhängigen miles Bonifacius und dessen Verwandtschaft aus ihren Rechten an diesem Zehnt für 45 Mark Silber ausgekauft hatte. Die Motivation des Ritters für diesen Verkauf ist eindeutig – er benötigte eine erhebliche Menge Barmittel, um an einem Kreuzzug teilzunehmen.994 Zu diesem Zweck verkaufte er seinen nach Erbrecht besessenen Zehnt an die Abtei Siegburg, die so zum Finanzier dieses Kreuzfahrers wurde. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, anhand dieser Urkunde Entschädigungen an das Domkapitel zu überweisen hatte, bis seine Schulden in Höhe von 360 Mark getilgt sein würden (Lacomblet II, Nr. 28 bzw. REK III, Nr. 74). 991 Für die allgemeine Verbindung von Zisterziensern und dem Albigenserkreuzzug siehe Neininger, Falko: Die Zisterzienser im Albigenserkreuzzug, in: Kühn, Norbert (Hg.): Die rheinischen Zisterzienser. Neue Orientierungen in rheinischen Zisterzen des späten Mittelalters, Köln 1999 (Zisterzienser im Rheinland 4), S. 67 – 83. Zu Arnold siehe die Angaben in Anm. 824. 992 Lacomblet II, Nr. 34 = UB Siegburg, Nr. 85. 993 Heute ein Stadtteil von Erftstadt im Rhein-Erft-Kreis. 994 Lacomblet II, Nr. 34 = UB Siegburg, Nr. 85: Is vero Bonefacius pro graciosa commercii commoditate, quam ab eo sensit ecclesia, cum ad proficiscendum contra gentem incredulam se accingeret, (…). Zu denken ist dabei wohl nur an den Albigenserkreuzzug.
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die Kreuzzugsvorbereitungen eines Ritters des frühen 13. Jahrhunderts in den betreffenden regionalen Kontext einzubetten. Die Leitfragen lauten: Wer waren die beteiligten Akteure, wie standen sie zueinander und welche Interessen verfolgten Sie? Mit anderen Worten: In welche herrschaftlichen Zusammenhänge lassen sich die Kreuzzugsvorbereitungen des miles Bonifacius einordnen? Werfen wir zunächst einen Blick auf die Beteiligten: Während wir von Adolf und der Abtei einiges wissen, ist die Identität des miles Bonifacius nur schwer festzustellen: Er war in jedem Fall ein Vasall des Grafen von Berg, zumindest in Bezug auf den hier verkauften Zehnt zu Gymnich.995 Über ihn ist ansonsten kaum etwas sicher in Erfahrung zu bringen, doch soll versucht werden, sich seiner Person etwas zu nähern. Auch wenn Bonifacius in Gymnich über Rechte verfügte, gehörte er wohl nicht zu dem Geschlecht derer von Gymnich, die um diese Zeit Reichsministerialen mit engen Verbindungen sowohl zu den Grafen von Jülich als auch den Kölner Erzbischöfen waren.996 Wenn man die übrigen niederrheinischen Urkunden dieser Zeit durchsieht, dann trifft man nur ein weiteres Mal auf einen Bonifacius: Im Jahr 1218 bezeugt Bonefacius, dapifer ducis, ein Rechtsgeschäft des Herzogs Heinrich von Limburg.997 Nun lässt sich eine Identität dieses Truchsesses mit dem Bonifacius der Urkunde Adolfs nicht sicher belegen, und ein Schluss nur wegen der Namensgleichheit ist unzulässig. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht aber sehr wohl. Zunächst ist das Geflecht aus Lehnsverhältnissen, Rechten und Interessen, das sich in Gymnich wiederfindet, zu betrachten: Bonifacius war, wie bereits festgestellt, unter anderem Lehnsmann des Grafen von Berg und verfügte über das Recht
995 Der Passus Hac itaque decimatione a nobis miles quidam Bonefacius inbeneficiatus ist eindeutig. Lacomblet II, Nr. 34 = UB Siegburg, Nr. 85. 996 von Oidtman, Ernst: Das Geschlecht Gymnich, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins 30 (1908), S. 155 – 234; Lorenz: Kaiserswerth, S. 71, Anm. 315. Ein Mitglied dieser Familie, Arnold, hatte Wilhelm von Jülich im Rahmen des Fünften Kreuzzugs nach Ägypten begleitet. Lacomblet II, Nr. 82: Arnoldus de giminich. Jener Arnold gehörte auch zu dem Personenkreis, der zwei Urkunden König Heinrichs (VII .) aus dem Jahr 1225 bezeugt, in denen jener zum einen der Abtei Altenberg Zollfreiheit auf dem Rhein zu Boppart und Kaiserswerth bestätigt (Lacomblet II, Nr. 124), zum anderen dem Marienstift zu Aachen bestimmte Gerechtsame und einen Hof in Aachen überträgt (Lacomblet II, Nr. 125). Bosl, Karl: Die Reichsministerialität der Salier und Staufer. Ein Beitrag zur Geschichte des hochmittelalterlichen deutschen Volkes, Staates und Reiches 1, Stuttgart 1950 (Monumenta Germaniae Historica. Schriften 10), S. 348 – 352. Arnold von Gymnich war also auch und vor allem Reichsministeriale. 997 Lacomblet II, Nr. 76.
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an einem Zehnt zu Gymnich. Gymnich wiederum war über die Familie derer von Gymnich auch und vor allem Einflusssphäre der Grafen von Jülich 998, deren Vasallen sie waren. Herzog Heinrich von Limburg verfügt in der Urkunde von 1218 anstatt des vor kurzem verstorbenen Wilhelm von Jülich, der eigentlich von Pfalzgraf Ludwig I. mit den Ortschaften Breisig und Lützingen belehnt werden sollte, über jene Ortschaften und führt sie eigenen Zwecken zu, indem er den in Lützingen gelegenen Hof der Abtei Maria Laach pro remedio anime nostre von Abgaben befreit. Der Herzog von Limburg setzte also seine Interessen in eigentlich jülischen Angelegenheiten durch. Außerdem lag Gymnich linksrheinisch, südwestlich von Köln und damit praktisch im erweiterten Interessengebiet der Limburger. Es bestand also nicht nur eine geographische Nähe zwischen Gymnich und dem Herzogtum Limburg: Heinrich ‚wilderte‘ gezielt in jülischen Lehnsangelegenheiten, als dieses Grafenhaus bedingt durch den Tod Wilhelms gerade eine Phase struktureller Schwäche durchmachte. Es ist also durchaus denkbar, dass Bonifacius, der in der jülischen und limburgischen Einflusssphäre über Rechte verfügte, sich im Lauf der Zeit dem Herzog von Limburg angeschlossen hat. In diesem Kontext kann der Verkauf des Zehnten zu Gymnich vielleicht als Lösung des Lehnsverhältnisses zu Adolf im Vorfeld eines Übertritts in die limburgische Ministerialität verstanden werden. Der Verkauf genau dieses Zehnten zeugt in jedem Fall von einer gewissen ökonomischen Weitsicht des miles, denn Bonifacius verfügte über keine Nachkommen, weshalb der Zehnt nach seinem Tod ohnehin an den Grafen von Berg als Eigentümer zurückgefallen wäre.999 Man könnte einwenden, dass Bonifacius als Truchsess des Herzogs von Limburg sicherlich ein Ministeriale war, wohingegen die Bezeichnung miles in der Urkunde Adolfs auf einen freien Rechtsstatus verweist. Dieses Argument kann durch den Befund Schmales entkräftet werden, dass miles in der Urkundensprache der Grafen von Berg in der Regel den ministerialischen Ritter meint.1000 Insofern wäre dieses Argument nicht stichhaltig. Auch der Einwand, dass der
998 Für die frühe territoriale Entwicklung der Grafschaft Jülich siehe Kraus, Thomas R.: Jülich, Aachen und das Reich, passim und ders.: Die Grafschaft Jülich von den Anfängen bis zum Jahre 1356, in: Städt. Museum Haus Koekkoek / Stadtmuseum Düsseldorf (Hgg.): Land im Mittelpunkt der Mächte. Die Herzogtümer Jülich, Kleve, Berg, Kleve 31985, S. 41 – 51. 999 Lacomblet II, Nr. 34 = UB Siegburg, Nr. 85: (…) cum esset idem miles sine sobole (…). 1000 Schmale: Ministerialität, S. 150. Schmale legt auch sehr nachvollziehbar die Probleme der Identifizierung der bergischen Ministerialität dar.
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Titel dapifer doch sicher in der Urkunde Adolfs genannt worden wäre, wenn es sich bei Bonifacius um den Truchsess des Herzogs von Limburg gehandelt hatte, spricht nicht zwingend gegen die Identität: Bonifacius kann sich in den Jahren zwischen 1211 und 1218 durchaus freiwillig in die Ministerialität begeben und recht bald danach dass Amt des Truchsesses übernommen haben.1001 Die Attraktivität der Dienstmannschaft lag dabei in der hohen persönlichen Sicherheit des Dienstmanns sowie der Möglichkeit, eine große Menge Geld durch den Verkauf von Rechten und Eigentum flüssig zu machen, an deren Stelle entsprechende Dienstlehen traten. Gerade für eine Person ohne Nachkommenschaft bot sich dieses Vorgehen an. Wenn eine Identität der beiden Bonifacii auch nicht gesichert nachgewiesen werden kann, halte ich sie – die angeführten Indizien zusammengenommen – für zumindest denkbar. Wenden wir uns nun Adolf III . von Berg und seinen in dieser Urkunde verfolgten Interessen zu. Als Lehnsherr des miles Bonifacius musste er dem Rechtsgeschäft zwischen seinem Vasallen und der Abtei zustimmen, was er auch bereitwillig tat. Wir erfahren außerdem, dass Adolf selbst das Kreuz genommen hatte, denn dieses Geschäft kam zu Stande cum et nos nichilominus adversus hostes fidei peregrinari decrevissemus. Einen Zweck dieser Schenkung erfahren wir aus der Arenga: Das Kloster erhält den Zehnt pro salute nostra et parentum nostrorum, also für das Seelenheil Adolfs und das seiner Eltern. Dieser Zweck lässt sich direkt mit seinem eigenen Kreuzzugsvorhaben verbinden, denn sollte Adolf auf dem Kreuzzug sein Leben lassen, hatte er durch diese Schenkung praktisch eine Art Versicherung abgeschlossen: Die Begünstigung einer geistlichen Institution unmittelbar vor seinem eventuellen Tod sollte sich positiv auf seine posthume Beurteilung durch Nachwelt und den göttlichen Richter auswirken. Auch der Verweis auf seine Eltern im Zusammenhang mit seinen Kreuzzugsvorbereitungen ist interessant, weil Adolfs Vater Engelbert ebenfalls an einem Kreuzzug teilgenommen hatte – die Bezugnahme auf seine Eltern in diesem Diplom war also wohl mehr als nur eine Phrase. Die Urkunde darf allerdings nicht auf diesen Befund reduziert werden: Es ist sehr aufschlussreich, die Urkunde auch im Licht der Beziehungen zwischen Adolf III. von Berg und der Abtei Siegburg zu betrachten, denn erst dann wird ihr multifunktionaler Charakter deutlich. Wie bereits gesagt, hatten die Grafen von Berg die Vogtei über die Abtei auf
1001 Der letzte namentlich genannte Truchsess des Herzogs, Harlivus, bezeugte eine Urkunde aus dem Jahr 1208. Lacomblet II, Nr. 22.
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dem Michaelsberg inne, und bis zum deutschen Thronstreit hatten beide Seiten davon profitiert – die Grafen in Form von Einkünften, die Abtei in Form von relativem Frieden. Größere Übergriffe von Seiten der Vögte scheint es nicht gegeben zu haben 1002, stattdessen handelten Abtei und Vogt bei einer Auseinandersetzung mit den Grafen von Sayn, die auf Siegburger Territorium eine Burg errichtet hatten, in einer sehr kritischen Situation sogar völlig einmütig, weil sich ihre Interessen hier deckten.1003 Mit den durch die Doppelwahl von 1198 in Gang gesetzten Wirren begann sich das Verhältnis grundlegend zu ändern: Während die Grafen von Berg zunächst gemeinsam mit der Abtei im Gefolge Erzbischof Adolfs von Altena die Sache der Welfen vertraten, wechselte Graf Adolf III. gemeinsam mit seinem Verwandten Ende 1204 die Fronten.1004 Adolf von Altena wurde daraufhin von Papst Innozenz III. abgesetzt, exkommuniziert und durch den welfenfreundlichen Bruno IV. von Sayn ersetzt.1005 Siegburg hielt König Otto IV. die Treue, was sich in der Parteinahme für Bruno als Kölner Erzbischof äußerte.1006 Daraufhin bedrängten die bergischen Grafen im Verbund mit ihren Freunden und Verwandten, nämlich dem Herzog von Brabant, den Grafen von Geldern, Jülich, Hochstaden und Kessel sowie dem Kölner Vogt Hermann, die Gegner Adolfs 1007 und damit auch die Abtei sehr heftig, was wir 1002 Dies bedeutet nicht, dass die Grafen von Berg stets Rücksicht auf die Rechte der Abtei genommen hätten. Eine Unterdrückung der Abtei durch die Grafen von Berg anzunehmen, weil die Rechte und Pflichten der Vögte von Friedrich I. und Lucius III. bestätigt wurden, halte ich hingegen für übertrieben. Vgl. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 91f. 1003 Lacomblet I, Nr. 482 u. 483; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 86f. Die Konkurrenz um Einfluss, Grundbesitz und Rechte zwischen Berg und Sayn besonders im Sieg-/ Erftraum hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine gewisse Tradition. 1004 S. Kap. 3.4.1.1. 1005 REK II, Nr. 1666 (Exkommunikation), 1205 (Absetzung), REK III, Nr. 1 (Wahl Brunos). Zu diesem Komplex zuletzt Halbekann, Joachim J.: Bruno IV. von Sayn, Erzbischof von Köln (um 1150 – 1208), in: Rheinische Lebensbilder 18 (2000), S. 27 – 48, S. 40 – 45 und Stehkämper, Hugo: Der Kölner Erzbischof Adolf von Altena und die deutsche Königswahl (1195 – 1205), in: Ders. (Hg.): Köln – und darüber hinaus: Ausgewählte Abhandlungen, 2 Bde., Köln 2004 (Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 93 – 94), Bd. 1, S. 49 – 118, S. 104f. (= Der Kölner Erzbischof Adolf von Altena und die deutsche Königswahl (1195 – 1205), in: Schieder, Theodor (Hg.): Beiträge zur Geschichte des mittelalterlichen deutschen Königtums, München 1973 (Historische Zeitschrift. Beiheft NF 2), S. 5 – 83). 1006 Wisplinghoff: Siegburg, S. 27f. 1007 Vor allen Dingen der Herzog von Limburg, die Grafen von Sayn und Are sowie eine Minderheit der geistlichen Würdenträger der Erzdiözese. Siehe CrC cont. II , anni 1204 – 1207, S. 173 – 182. Die Sympathien des Verfassers der Zweiten Fortsetzung der Kölner
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aus einem Brief der Bruno treuen Kölner Geistlichkeit an den Papst erfahren.1008 Die päpstliche Reaktion auf diese gewalttätigen Übergriffe war bereits im Vorfeld dieses Briefes schnell und eindeutig erfolgt – die Anhängerschaft Adolfs von Altena war kurzerhand exkommuniziert worden.1009 Die durch die Auseinandersetzungen verursachten Schäden müssen beträchtlich gewesen sein, denn Bruno verfügte 1206 die Zuweisung der Einkünfte aus der Seelsorge in Zülpich und Oberpleis an Siegburg, wegen der molestias et rerum intolerabiles, die die Abtei zu erdulden gehabt hatte.1010 Auch nahm Innozenz die Abtei im Rahmen der Bestätigung dieser Handlung Brunos in seinen persönlichen Schutz.1011 Den Reaktionen der päpstlich-welfischen Partei entspricht auch die Zeichnung Adolfs III. von Berg während dieser Phase des Thronstreits in der Chronica s. Pantaleonis: Bei der Belagerung Kölns im Jahr 1205 sind es seine in der Burg Deutz stationierten Truppen, die sich in Schmähungen und Beleidigungen der gegnerischen Kämpfer gegenseitig überbieten.1012 Positive Verdienste des Grafen von Berg – wie etwa die Teilnahme an Kreuzzügen – berichtet die Chronik seit der Zeit des Thronstreits nicht mehr. Der von Bonifacius an die Abtei verkaufte und von Adolf aus seinem Lehnsverband entlassene – und damit faktisch geschenkte – Zehnt zu Gymnich ist Königschronik sind völlig klar verteilt: Während Bruno als rechtmäßiger und ehrenvoller Erzbischof beschrieben wird, erscheint Adolf von Altena bei der Krönung Philipps als korruptes Zerrbild eines Coronators: Celebrata igitur consecratione, predictus archiepiscopus auro, argento, lapide pretioso aliisque regalibus insigniis satis regaliter remuneratus, cum honore dimittitur. Diese päpstliche bzw. welfische Position ist die Wahrnehmung des Thronstreits aus Siegburger Perspektive, wenn der Entstehungsort der Chronik tatsächlich in diesem Kloster gesehen werden darf. 1008 Zu den kriegerischen Aktionen und Reaktionen siehe REK III, Nr. 2, 3; Ennen, Leonard / Eckerts, Gottfried (Hgg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln 2, Köln 1863 (ND Aalen 1970), Nr. 20: Ipse enim in arcum perversum conversus cum eo et cognati et amici sui dei et proprii honoris immemores ecclesias vastaverunt, exusserunt, incastellaverunt, possessiones mobiles et immobiles sibi appropriaverunt, homines ecclesiarum penitus destruxerunt, clericos, monachos, sanctimoniales de sedibus suis expulerunt, sacerdotes mandato vestro obedientes beneficiis suis spoliaverunt et inobedientes excommunicatosque viros, de quibus maximum scandalum ecclesie ortum est, in ecclesiis ipsorum instituerunt, clericos passim incarceraverunt, manus violentas eis iniecerunt et quod flebile est dictu membris suis mutilaverunt et ut breviter dicamus quicquid membris Christi defuit in nobis impleverunt. 1009 REK III, Nr. 17; Ennen / Eckerts: Quellen, Nr. 19. 1010 UB Siegburg, Nr. 81. 1011 UB Siegburg, Nr. 82, 83. 1012 Chronica s. Pantaleonis, anno 1205, S. 221f: (…) sagitarii enim in domo predicti comitis Adolfi constituti cum sepius sagittis suis eos impeterent et maledicta et convicia plurima proferrent, (…).
Adolf III. und Dompropst Engelbert von Berg |
ebenfalls ein Blick wert: Die Grafen von Berg verfügten in der Umgebung von Gymnich über einige Gerechtsame – sie hatten sich in Konradsheim (heute wie Gymnich ein Stadtteil von Erftstadt) Güter zu Lehen auftragen lassen und übten zusammen mit dem Erzbischof Vogteirechte in Rommelsheim (heute Stadtteil von Nörvenich, knapp 20 Kilometer westlich von Gymnich) aus.1013 Die Besitzungen und Rechte in diesem Raum waren wichtig, wenn man die Bemühungen der bergischen Grafen berücksichtigt, das eigene Territorium nach Süden auszuweiten. Der Gymnicher Raum kann hier also als Sprungbrett für eine weitere Expansion verstanden werden. Eine andere Interpretation des Gymnicher Zehnts ist allerdings ebenfalls möglich, nämlich als Verfügungsmasse der Grafen von Berg für den Fall, verhältnismäßig schnell mit Werten handeln zu müssen: Das Grafenhaus war in finanzieller Hinsicht gut ausgestattet und insofern keineswegs auf die Einkünfte aus Gymnich angewiesen.1014 Zudem lässt sich die geo- bzw. territorialpolitische Funktion des Zehnts zwar als Sprungbrett der bergischen Grafen nach Süden lesen, allerdings in jedem Fall auch als reichlich exponiertes Eigentum einschätzen, fernab der bergischen Kerngebiete befindlich. Wenn sich die Grafen von Berg von Einkünften trennen mussten oder wollten, dann bot sich der Zehnt zu Gymnich geradezu an. Die Abtei Siegburg verfügte ihrerseits über erheblichen Besitz in Gymnich, nämlich einen Hofkomplex, den Wisplinghoff als „besonders wertvoll“ einstuft 1015, sowie weitere Zehnte.1016 Präziser drückt sich die Bestätigungsurkunde Dietrichs von Hengebach aus: Aus ihr geht hervor, dass sich der bergische Zehnt in Gymnich im Dezimationsbezirk der Abtei befand.1017 Für Siegburg war der Erwerb des Zehnten also sinnvoll, weil die Abtei auf diese Weise ihre Einkünfte innerhalb eines Ortes erhöhen, mithin ihre ohnehin bereits starke Position in Gymnich weiter festigen konnte, ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand treiben zu müssen. Der Abtei gelang mit diesem Geschäft also eine Arrondierung ihres Besitzes im Raum Gymnich. Die genauen Einkünfte, die aus dem Besitz des Zehnts zu erwarten waren, lassen sich zwar nicht rekonstruieren, allerdings sind 45 Mark Silber, umgerechnet 7200 Kölner Denare, eine nicht unerhebliche Summe, die die Abtei an Bonifacius zu zahlen hatte, und die jährlichen Einkünfte werden entsprechend hoch ausgefallen sein. 1013 1014 1015 1016 1017
Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 52. Ibid., S. 90 – 94. Wisplinghoff: Siegburg, S. 114; UB Siegburg, Nr. 34 u. 46. Lacomblet I, Nr. 478. REK III, Nr. 92.
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Wenn wir nun die oben beschriebenen gestörten Beziehungen zwischen der Abtei und ihren bergischen Vögten berücksichtigen, dann erscheint dieses Geschäft vielleicht in einem besonderen Licht: Nachdem das Schisma im Kölner Erzbistum im Jahr 1208 mit der einmütigen Wahl Dietrichs von Hengebach vorläufig beendet worden war 1018, glätteten sich die Wogen auch in den Beziehungen zwischen der Abtei und den Grafen von Berg. Die für Siegburg entstandenen Schäden waren immens, und das Verhältnis bedurfte dringend einer Verbesserung. Die Geldprobleme des miles Bonifacius im Vorfeld seiner Kreuzzugsteilnahme boten für Adolf III. eine ausgezeichnete Gelegenheit, seinerseits ein Zeichen seines guten Willens an die Abtei zu senden. Der Zehnt in Gymnich war für die Grafen verzichtbar, für die Abtei hingegen außerordentlich wertvoll, weil er weitere Einkünfte ohne größeren Aufwand bedeutete. Die Schenkung des Zehnts war allerdings nicht nur Ausdruck des guten Willens: Adolf III . nutzte die sich ihm bietende Konstellation, diese Schenkung für sein Seelenheil und das seiner verstorbenen Eltern verbuchen zu lassen, sodass er für sein Kreuzzugsvorhaben mit einer ‚spirituellen Versicherung‘ ausgestattet war. Die besondere Qualität dieser Güterübertragung wird erneut im Jahr 1223 greifbar, als der mittlerweile zum Kölner Erzbischof avancierte Engelbert von Berg die Altarvogtei über die Abtei auf dem Michaelsberg an das Erzstift brachte und dabei den Zehnt zu Gymnich als bergische Schenkung gesondert erwähnte.1019 Die Kreuzzugsvorbereitungen des miles Bonifacius im Jahr 1211 lassen sich zwar durchaus losgelöst von den personalen, politischen und ökonomischen Zusammenhängen zu dieser Zeit und in dieser Region betrachten, ein tieferes Verständnis der regionalen Verhältnisse, die diese Vorbereitungen überhaupt erst möglich gemacht haben, ist so allerdings kaum zu erlangen. Eine gezielte Einbettung in diese Zusammenhänge und Verhältnisse erlaubt hingegen detailliertere Einblicke in den regionalen Kontext von Kreuzzugsvorbereitungen. Die rechtlichen, politischen und wirtschaftlichen Beziehungsgeflechte zwischen Bonifacius, dem Grafen von Berg und der Abtei Siegburg tauchen die untersuchte Urkunde in ein besonderes Licht: Aufgrund der spezifischen Verhältnisse 1018 S. Kap. 3.4.1.2. 1019 UB Siegburg, Nr. 95: (…) in decimis et specialiter in illam decimam in Gemenich erga Bonefacium militem, qui eam iure hominii a bone memorie fratre nostro Adolfo comite tenuit, quadraginta quinque marcis comparatam et ab eodem fratre nostro, sicut in scripto super hoc eis indulto plenius expressum est, proprietatem ipsius decime super altare beati Michaelis pro remedio tam nostre quam sue anime necnon parentum nostrorum votive delegatam et antecessoris nostri Theoderici Coloniensis archiepiscopi privilegio eis confirmatam, (…).
Adolf III. und Dompropst Engelbert von Berg |
der Akteure zueinander fungierte die Schenkung des Zehnten zu Gymnich in finanzieller Hinsicht als Kreuzzugsvorbereitung des miles, als fromme Ver sicherung, Memorialstiftung und ‚appeasement‘ der Grafenfamilie, schließlich als wirtschaftlicher Coup der Abtei. Ohne das spezielle historische ‚Setting‘ der Urkunde, die für alle Beteiligten positive Folgen zeitigte, wären die Kreuzzugsvorbereitungen des Bonifacius möglicherweise nicht zustande gekommen. Insofern lassen sich anhand dieser Urkunde die Verbindungen von Landesgeschichte und Kreuzzugsforschung ausgezeichnet demonstrieren. 5.4.2 ZUM STRATEGISCHEN BEITRAG DER BERGISCHEN GRAFEN
Derjenige, der uns im Reich von der Teilnahme Engelberts und Adolfs am sogenannten Albigenserkreuzzug unterrichtet, ist – als Biograph Engelberts wenig überraschend – Caesarius von Heisterbach.1020 Caesarius versetzt die Kreuzzugs teilnahme der bergischen Grafen allerdings fälschlicherweise in das Jahr 1211 und weiß auch sonst nicht viel darüber zu berichten. An Zusatzinformation gewinnen wir lediglich, dass weitere Große aus dem Reich dem Kreuzzugsaufruf gefolgt waren, darunter Herzog Leopold VI. von Österreich und, aus der direkten Nachbarschaft der bergischen Grafen, Graf Wilhelm III. von Jülich.1021 Anhand von zwei der drei großen zeitnahen Berichte aus französischer bzw. okzitanischer Perspektive über den Albigenserkreuzzug – die Hystoria Albigensis des Petrus von Vaux-de-Cernay 1022 und die Canso de la Crozada des Wilhelm von Tudela 1023 – können wir die Stationen der Berger allerdings recht 1020 Heisterbacensis monachi ordinis cisterciensis dialogus miraculorum, ed. Joseph Strange, Köln u. a. 1851, 2 Bde., 1, dist. V, cap. 21, S. 300 – 303. 1021 Ibid., S. 301: Anno Domini millesimo ducentesimo decimo praedicata est contra Albienses in tota Alemannia et Francia crux, et ascenderunt contra eos anno sequenti de Alemannia Lupoldus Dux Austriae, Engilbertus tunc Praepositus, postea Archiepiscopus Coloniensis, et frater eius Adolphus Comes de Monte, Wilhelmus Comes Juliacensis, et alii multi diversae conditionis atque dignitatis. Siehe außerdem Annales Marbacenses, ed. Roger Wilmans, Hannover 1861 (MGH SS 17), S. 142 – 180, anno 1212, S. 172; Reineri annales, anni 1210 – 1213, S. 663 – 667; Willelmi chronica Andrensis, ed. Johannes Hiller, Hannover 1879 (MGH SS 24), S. 684 – 773, cap. 188, S. 753; Sigeberti Gemblacensis chronica cum continuationibus, ed. Ludwig C. Bethmann, continuatio Bergensis a. 1201 – 1237, Hannover 1849 (MGH SS 6), S. 438 – 441, anno 1212, S. 439. 1022 Petri Vallium Sarnaii Monachi Hystoria Albigensis, ed. Pascal Guébin / Ernest Lyon, 3 Bde., Paris 1926 – 1939 (Société de l’histoire de France 412, 422, 442). 1023 La Chanson de la Croisade Albigeoise, ed. Eugène Martin-Chabot, 3 Bde., Paris 1957 – 1961 (Les classiques de l’histoire de France au moyen âge 13, 24, 25). Eine englische Übersetzung
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genau n achvollziehen und sogar einige Aussagen über ihre Bedeutung für den militärischen Verlauf des Kreuzzugs im Languedoc machen.1024 Petrus von Vaux-de-Cernay berichtet für das Jahr 1212 vom Eintreffen der niederrhei nischen Kontingente: Destructo igitur funditus castro quod dicebatur Sanctus Michael, proposuit comes obsidere illud nobile castrum quod dicitur Podium Laurentii, quod etiam, sicut prediximus, anno precedenti a dominio ejus recesserat. Moventes igitur et ad castrum illud tendentes, fiximus tentoria in loco prope Podium Laurentii ad duas ferme leugas. Ipsa die supervenerunt peregrini, prepositus videlicet Coloniensis, clericus potens et nobilis, pluresque cum eo nobiles Alemanni.1025 Nachdem also die Sankt Michael genannte Burg vollständig zerstört worden war, schlug der Graf [Simon von Montfort, A. B.] vor, jene edle Festung zu belagern, die Puylaurens genannt wird, weil auch sie, wie wir schon erwähnt haben, im vorigen Jahr von seiner Herrschaft abgefallen war. Nachdem wir losgezogen und an jener Burg angelangt waren, stellten wir an einem Ort nahe Puylaurens in etwa zwei Meilen Entfernung die Zelte auf. Am selben Tag schlossen sich uns Pilger an, nämlich der Propst von Köln, ein mächtiger und edler Kirchenmann, und mit ihm viele deutsche Adelige mehr.
Die pro-katholische, aber auch pro-okzitanische Canso de la Crozada des W ilhelm von Tudela erwähnt deutsche Verstärkungen des Kreuzzugheeres ebenfalls für das Jahr 1212:
hat Janet Shirley angefertigt: The song of the Cathar Wars: a history of the Albigensian Crusade, übers. v. Janet Shirley, Aldershot 2000 (Crusade texts in translation). 1024 Die dritte Chronik des Albigenserkreuzzugs ist die Chronica des Wilhelm von Puylaurens. Wilhelm schreibt mit einiger zeitlicher Entfernung zu den Ereignissen und ist nicht wirklich interessiert daran, die einzelnen Stationen der Kreuzfahrer nachzuzeichnen. Ihm geht es um ein konzises Gesamtbild des Kreuzzugs. Die aktuelle Edition ist: Guillaume de Puylaurens chronique. Chronica magistri Guillelmi de Podio Laurentii, ed. Jean Duvernoy, Paris 1976 (Sources d’histoire médiévale); hinzuzuziehen ist Chronique 1145 – 1275: Chronica Magistri Guillelmi de Podio Laurentii, hg. und übers. v. Jean Duvernoy, Toulouse 1996. Eine neue, mit sehr hilfreichen Anmerkungen versehene englische Übersetzung haben Sibly und Sibly angefertigt: Sibly, W. A. / Sibly, M. D. (Überss.): The chronicle of William of Puylaurens. The Albigensian crusade and its aftermath, Woodbridge 2003. Zusammenfassend zu den Quellen des Albigenserkreuzzugs: Aurell, Martin: Les sources de la Croisade albigeoise: bilan et problématiques, in: Roquebert, Michel / Gimenez, Marie-Paule (Hgg.): La croisade albigeoise. Actes du colloque du Centre d’Études Cathares (Carcassonne, 4 – 6 octobre 2002), Carcassonne 2004, S. 21 – 38. 1025 Hystoria Albigensis 2, § 308, S. 9.
Adolf III. und Dompropst Engelbert von Berg |
A la vespra de Paschas se mogron ans del dia E van s’en ves Albi la grans cavalaria, Que vitalha lor falh, no.n pogron aver mia. Plus d’u mes e demei esteron d’aital guia; E poichas venc la rota e la grans companhia Dels crozatz d’Alamanha e dels de Lombardia, E dels baros d’Alvernhe e dels d’Escalvonia; Qui avans qui apres, se mezon en la via.1026 Am Abend vor dem Osterfest setzte sich der Hauptteil der Ritterschaft in Bewegung und zog sich nach Albi zurück, weil die Nahrung knapp geworden und Nachschub nicht in Sicht war. Das Heer blieb dort über sechs Wochen. Dann trafen große Kontingente von Kreuzfahrern aus Deutschland und der Lombardei genauso wie Herren aus der Auvergne und Slawonien 1027 ein. Eins nach dem anderen brachen diese Kontingente auf.1028
Auffällig ist in dieser Darstellung die konkrete Zeitangabe für das Eintreffen der Verstärkungen: Am Vorabend des Osterfestes, das in jenem Jahr auf den 25. März fiel, hätten sie Albi erreicht. Dieses Datum ist für die Kontingente vom Niederrhein, namentlich die beiden Brüder aus dem Haus Berg und W ilhelm III. von Jülich, allerdings unmöglich zutreffend – sie befanden sich am 16. März noch in Frankfurt auf einem Hoftag König Ottos IV. und bezeugten dort eine Urkunde für die Bürger der Stadt Köln.1029 Ficker kommt mit seiner Einschätzung, dass die Niederrheiner um das Pfingstfest, also Mitte Mai 1212, vor Puylaurens eintrafen, den Tatsachen wohl näher.1030
1026 Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 111, S. 248. 1027 Es ist nicht klar, ob Wilhelm hier tatsächlich nur Slawonien meint oder nicht vielmehr die Slawenlande im weiteren Sinn. 1028 Ich verzichte hier zugunsten der Lesbarkeit auf eine Wiedergabe in Versform. 1029 Lacomblet II, Nr. 39. 1030 Ficker: Engelbert der Heilige, S. 48, Anm. 3 (S. 220) hat dieses Datum aus den Zeitangaben des Petrus von Vaux-de-Cernay geschlossen. Auch der logistische Aspekt unterstützt diesen Schluss: Die Entfernung von Frankfurt nach Albi bzw. Puylaurens beträgt über 1120 Kilometer. Wenn die Niederrheiner unmittelbar nach dem Hoftag aufgebrochen sind, hätten sie das Kreuzzugsheer vor Puylaurens bei einer durchschnittlichen Marschgeschwindigkeit von etwa 18 Kilometer pro Tag – ein zügiges, aber realistisches Tempo – Mitte Mai erreichen können. Auch Marvin datiert die Ankunft der Niederrheiner auf den Monat Mai: Marvin: Occitan war, S. 138.
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Während des Kreuzzugs gegen die Katharer verstärkten die Berger zeitweise den Anführer dieses Unterfangens, Graf Simon von Montfort, gegen eine okzitanische Fürstenallianz.1031 Im Languedoc beteiligten sie sich konkret an einer Gegenoffensive des nordfranzösischen Grafen, der in den Wochen zuvor einer großflächigen Revolte gegen seine (Fremd-)Herrschaft recht hilflos hatte zusehen müssen.1032 Der erste Erfolg bestand in der kampflosen Einnahme der Burg P uylaurens.1033 Nachdem Simon Nachricht erhalten hatte, dass weitere Verstärkungen aus Nordfrankreich, nämlich Erzbischof Robert von Rouen, Robert, Elekt von Laon, Wilhelm, Archidiakon von Paris, und andere im Anmarsch auf Carcassonne waren, schickte er seinen Bruder Guido und seinen gleichnamigen Marschall dorthin. Diese Kontingente erhielten den Auftrag, Erhebungen in anderen Gebieten niederzuschlagen.1034 Er selbst machte sich daran, die nahegelegenen Burgen von den okzitanischen Widerständlern zurückzuerobern.1035 Wir dürfen die niederrheinischen Kontingente in Simons Heeresteil vermuten, weil Petrus von Vaux-de-Cernay explizit erwähnt, dass er seine beiden Heerführer dictis peregrinis entgegenschickte, womit nur die Nordfranzosen gemeint sein können. In der Folge dürften sich Adolf III. und sein Bruder Engelbert an der Rückeroberung verschiedener Burgen und befestigter Ortschaften beteiligt haben. Rabastens, Montégut und Gaillac ergaben sich kampflos 1036, Saint-Marcel und Saint-Martin-Laguépie legte man nieder, nachdem man beide Burgen verlassen
1031 Sehr interessant ist hier die Darstellung der okzitanischen Canso de la Crozada: Die Verfasser unterscheiden zwischen Alamans und Ties, wobei Alamans eigentlich Schwaben bzw. Alemannen meint, die pars pro toto für Süddeutschland stehen (siehe Chanson de la Croisade Albigeoise 1, S. 39, Anm. 2). Einige der Ties (frz. Tiois) genannten norddeutschen Kreuzfahrer kämpfen gegen die Okzitanier, andere werden bei zwei Gelegenheiten zusammen mit den Brabanzonen als Söldner im Heer des Grafen von Toulouse beschrieben. Chanson de la Croisade Albigeoise 1, S. 39, 3, S. 169 u. S. 257. Die Kreuzfahrer vom Niederrhein scheinen allerdings zu den Alamans gerechnet zu werden. 1032 Oberste, „Kreuzzug“, S. 108 – 110. 1033 Hystoria Albigensis 2, § 309, S. 10. 1034 Nämlich in der Grafschaft Foix. Ibid., § 326, S. 25 – 27. 1035 Ibid., § 310, S. 10f. 1036 Hystoria Albigensis 2, § 311, S. 11: (…) videlicet Rabastencx, Mons Acutus, Galliacum, de quibus sepius fecimus mentionem, tunc quasi uno die sine obsidione et difficultate aliqua se nostro comiti reddiderunt. Chanson de la Croisade Albigeoise, Bd. 1, § 112, S. 250: Rabastencs ni Galhacs non o pogron sufrir / Que els no s’adobessan trastotz a lor plaizir; / E per so s’en fugian, car om deveit grandir.
Adolf III. und Dompropst Engelbert von Berg |
vorgefunden hatte.1037 Die ersten Kampfhandlungen fanden während der Belagerung von Saint-Antonin am 20. Mai statt. Der Kommandeur dieser stark befestigten Ortschaft, Azemar Jorda (frz. Adhémar-Jourdain), weigerte sich, Saint-Antonin zu übergeben, und vertraute auf seine Verteidigungsanlagen – ein Fehler, wie sich recht bald herausstellen sollte. Die Kreuzfahrer schossen den Ort nach einem gescheiterten Ausfall der Eingeschlossenen mit ihren Belagerungsmaschinen sturmreif 1038, woraufhin die Übergabe nach einer gerade einmal eintägigen Belagerung ausgehandelt wurde. Erneut ist es Wilhelm von Tudela, der mit seiner pointierten Sprache die Verhältnisse auf den Punkt bringt: E no cug que aguessatz a lezer uno u coit Que ilh l’agon conquis meïsma sela noit;1039 Du hättest kaum Zeit gehabt, ein Ei zu kochen, bevor sie den Ort in dieser Nacht eingenommen hatten.
Gemäß den unterschiedlichen Standpunkten der beiden Geschichtsschreiber berichtet Wilhelm von Tudela von Übergriffen der Kreuzfahrer auf Frauen, Männer und sogar Kleriker, die alle im Inneren einer Kirche Schutz gesucht hatten, im Anschluss an die Übergabe der Ortschaft 1040, während Petrus von Vaux-de-Cernay den „edlen Grafen“ für sein rationales und mildes Urteil über die Einwohnerschaft lobt: Simon de Montfort habe ihnen gestattet, in SaintAntonin bleiben zu können, damit dort keine Wüstung entstehe. Azemar Jorda sollte mit seinen engsten Gefolgsleuten allerdings in Carcassonne eingekerkert werden.1041
1037 Hystoria Albigensis 2, § 312, S. 11f.: (…) quod audientes dicti homines, fugientes de castro suo [i. e. Sanctus Marcellus], ipsum vacuum reliquerunt; ad quod cum venissemus, fecit illud comes comburi turremque ejus et omnes muros terre penitus adequari. Inde progredientes, venimus ad illud proximum castrum quod Guespia dicebatur; quod cum invenissemus vacuum, jussit comes illud destrui et comburi. Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 113, S. 252: Sent Marcel deroqueron e fonderon, so cut, (…). 1038 Zu den Besonderheiten der Kriegführung, insbesondere der Belagerungstechniken im „Albigenserkreuzzug“ siehe Marvin, Laurence W.: War in the South: A First Look at Siege Warfare in the Albigensian Crusade, 1209 – 1218, in: War in History 8 (2001), S. 373 – 395. 1039 Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 113, S. 252. 1040 Ibid.: Al mostier s’en aneron femnas e ome tuit, / Mas totz los raubè om e si remazo nut; / E.ls clercs foron raubatz, e lor fang ran enut / Li ribaut e.ls garson. 1041 Hystoria Albigensis 2, §§ 315 – 316, S. 14 – 16.
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Nach den Erfolgen im Osten von Toulouse zogen Adolf und Engelbert von Berg mit dem Kreuzzugsheer nach Norden, um im Agenais weitere Burgen und Ortschaften unter Kontrolle zu bringen. Den befestigten Ort Montcuq 1042 nahm Simon kampflos ein.1043 Erheblichen Widerstand leistete allerdings die Festung Penne 1044, die wenige Jahre zuvor von König Richard I. Löwenherz in erheblichem Maße verstärkt und verbessert worden war, um das Herzogtum Aquitanien und insbesondere das Agenais wirkungsvoller schützen zu können. Mittlerweile war die Festung durch Konnubium in den Besitz Raimunds von Toulouse gelangt, und dieser hatte seinen Seneschall und Schwiegersohn Hugo von Alfaro mit der Verteidigung beauftragt.1045 Hugo hatte sich gut auf die Belagerung vorbereitet, indem er zwei Werkstätten, eine Mühle mit Bäckerei und Kriegsmaschinen hatte errichten, Kriegsmaterial einlagern, die Zivilbevölkerung aus der Burg schaffen und die Siedlung am Fuß der Festung in Brand stecken lassen.1046 An einem Sonntag, dem 3. Juni, begann die Belagerung.1047 Beide Seiten beschossen einander mit Katapulten, und Wilhelm von Tudela weiß zu berichten, dass sich insbesondere die Rheinländer dabei hervortaten.1048 Kurz darauf mussten die Belagerer allerdings auf die Hilfe 1042 Montcuq liegt etwa 100 Kilometer nördlich von St. Antonin. 1043 Hystoria Albigensis 2, § 318, S. 18f; Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 114, S. 254. 1044 Das heutige Penne d’Agenais, etwa 40 Kilometer westlich von Montcuq, 30 Kilometer nordöstlich von Agen. Nicht zu verwechseln mit Penne d’Albigeois. Zur Belagerung von Penne: Marvin: Occitan war, S. 142 – 147. 1045 Hystoria Albigensis 2, § 319, S. 19f. u. § 321, S. 21 – 23; Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 114, S. 254f. 1046 Hystoria Albigensis 2, § 319, S. 20: Audiens miles ille advenire comitem Montis Fortis, adunavit ruptarios fortes et munitissimos circiter quadringentos; omnes autem homines castri a minimo usque ad maximum expulit a castro; u. § 321, S. 22f.: Hugo videlicet, cui comes Tolose castrum illud commiserat, munitionem illam adeo munierat electis bellatoribus et munitis, victualibus insuper et machinis que dicuntur petrarie, lignis, ferro et omnibus ad defendendam munitionem necessariis quod non posset quis credere munitionem sepedictam per multa annorum curricula posse capi; fecerat denique fieri intra sepedictam municionem officinas fabrorum duas, furnum et molendinum. 1047 Ibid., § 321. Wilhelm von Tudela hingegen schreibt, dass die Belagerung an einem Dienstag begonnen habe. Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 114, S. 254. Der Augenzeuge Petrus ist hier wohl als Gewährsmann vorzuziehen. 1048 Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 115, S. 256: Lo setis fo mot grans, si Jhesu Christ m’ampar / E lo castels fo fortz que no.l pog om forsar; / Tantas peiras i gieten aicels crozat de Bar / Am los grans manganels, c’am pauc no.l fan crebar. / Mot cavaer a dins, mot rotier, mot Navar. „Crozat de Bar“ meint hier die Kreuzfahrer aus dem Rheinland. Siehe Ibid., Anm. 6. Eine mögliche Erklärung dieser auffälligen Sammelbezeichnung ließe sich über die Annahme
Adolf III. und Dompropst Engelbert von Berg |
der Grafen von Berg verzichten. Petrus von Vaux-de-Cernay berichtet nicht ohne Missbilligung: Nec silendum quod prepositus Coloniensis omnesque Alemanni qui multi et nobiles cum eo et post eum venerant jam ab exercitu recesserant.1049 Es soll nicht verschwiegen werden, dass der Kölner Propst und alle Deutschen, die zahlreich und edel mit ihm und nach ihm gekommen waren, das Heer bereits verlassen hatten.
Wir können das ungefähre Datum der Abreise auf Ende Juni schätzen, da Petrus den schwersten Beschuss auf die Zeit um den 24. Juni datiert, an dem die Niederrheiner nach Wilhelm von Tudela ja maßgeblich beteiligt waren.1050 Für das verbleibende Belagerungsheer war die Abreise der Berger ausgesprochen hinderlich, da für eine erfolgreiche Belagerung der Festung Penne jeder Mann gebraucht wurde. Der Grund für diese nach taktischen Gesichtspunkten völlig kontraproduktive Abreise ist vergleichsweise banal: Adolf und Engelbert hatten wohl ihren 40 Tage dauernden Waffendienst abgeleistet, der zur Erlangung des damit verbundenen Ablasses notwendig gewesen war. Leider liegen keine direkten Zeugnisse über die genauen Bedingungen und den Umfang des Ablasses von päpstlicher Seite vor, allerdings war eine 40-tägige Teilnahme am Kreuzzug Voraussetzung für die Erteilung der Indulgenz. Wilhelm von Puylaurens berichtet von der quadragena wie von einer Selbstverständlichkeit 1051, Petrus
eines gemeinsamen Anreisewegs oder auch einer möglichen Kommandostruktur herstellen, an deren Spitze der alte und erfahrene Theobald I. von Bar und Luxemburg als Anführer auch der niederrheinischen Kontingente gestanden haben könnte. Zu Theobalds Kreuzzugsvorbereitungen siehe Parisse, Michel: Thiébaut, comte de Bar et de Luxembourg, in: Margue, Michel (Hg.): Ermesinde et l’affranchissement de la ville de Luxembourg. Etudes sur la femme, le pouvoir et la ville au XIIIe siècle, Luxembourg 1994 (Publications du CLUDEM 7), S. 161 – 178, S. 174f. Kontakte zwischen Köln und den Grafen von Bar bestanden besonders über den Handel. Auf der Messe von Bar wurde unter anderem auch ein Teil der Schulden, die Dietrich von Hengebach in Rom angehäuft hatte, vom späteren Erzbischof Engelbert getilgt. REK III, Nr. 195. 1049 Hystoria Albigensis 2, § 329, S. 30. 1050 Ibid., § 322, S. 23: Post hec nostri plures petrarias erexerunt; verumptamen, quamvis machine nostre continue jacerent domosque que in municione erant confringerent, muros tamen ipsius municionis debilitabant in modico aut in nullo. Erat autem tempus estivum et calidissimum, circa festum videlicet beati Johannis Baptiste. 1051 Chronica, § 17, S. 72.
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erwähnt diese Frist sehr häufig 1052, und auch Wilhelm von Tudela äußert sich dazu, wenn auch nicht ohne einen Hauch von Spott: Qu’e nulh loc no troberon nulha defensïon Mas soll o cap de Foiss; e puis, can lor saubon, Si s’en son retornat lai en lor regïon, Cant an lor carantena faita e lor perdon.1053 Sie [die Kreuzfahrer] trafen auf keinen Widerstand, bis sie in das Gebiet des Grafen von Foix kamen. Dann, wenn sie es für gut hielten, kehrten sie in ihre Gebiete zurück, nachdem sie ihre 40 Tage abgeleistet und den Ablass verdient hatten.
Diese Begebenheit wirft ein Schlaglicht auf ein Problem, mit dem sich Simon von Montfort während des Albigenserkreuzzugs praktisch stetig konfrontiert sah: Einerseits herrschte Mangel an Soldaten 1054, andererseits für kurze Zeit regelrechter Überfluss, der manchmal nicht unmittelbar in mittelfristige Strategien des Grafen hineinzupassen schien 1055, weshalb kurzfristig umdisponiert werden musste. Beide Situationen – Mangel und Überfluss – spiegelten zwei Seiten einer Medaille wider, nämlich der Planungsunsicherheit bei der Durchführung dieses Kreuzzugs.1056 Nichtsdestoweniger spricht es für Simons strategisches Talent, unter diesen Bedingungen derart lange und verhältnismäßig erfolgreich gegen die Okzitanier Krieg geführt zu haben. Allerdings veränderte, allen strategischen Herausforderungen zum Trotz, das Eintreffen der Verstärkungen das Kräfteverhältnis natürlich zugunsten der Kreuzfahrer. Wilhelm von Tudela gibt uns einen Eindruck von der militärischen Bedeutung der Verstärkungen: 1052 Marvin, Laurence W.: Thirty-nine days and a wake-up: the impact of the indulgence and forty days service on the Albigensian Crusade, 1208 – 1218, in: The historian. A journal of history 65 (2002), S. 75 – 94, für die Bedeutung der 40-Tage-Frist siehe besonders S. 91 – 94. 1053 Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 126, S. 280. 1054 Beispielsweise verfügte Simon im Spätsommer 1209 nur noch über eine sehr überschaubare Armee, deren Kern aus 14 namentlich genannten Rittern bestand: Marvin: Occitan war, S. 58. Im Februar 1212 schlug die Belagerung des castrum Saint-Marcel fehl, weil die Kreuzfahrer nicht über ausreichend Truppen verfügten, um gleichzeitig den Ort zu belagern und die Versorgungswege zu sichern, ibid., S. 134f. 1055 Ibid., S. 141: „In the summer Montfort’s army swelled with crusader pilgrims, who may have been a logistical burden much of the time, but their presence provided the manpower pool he needed to conduct his campaigns.“ 1056 Siehe hierzu Marvin: Thirty-nine days and a wake-up, S. 85f.
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Si Deus me benazia, anc mens de descofir No vis mais tan castel pendre e degurpir.1057 Gott stehe mir bei, nie zuvor habe ich mehr Burgen verlassen oder mit so wenig Kämpfen erobert gesehen.
Einen Eindruck von der Bedeutung plötzlichen Personalmangels im Heer Simons gibt auch der weitere Verlauf der Belagerung von Penne: Nachdem die Niederrheiner und auch andere Kontingente ihre Absicht kundgetan hatten, in ihre Heimat zurückzukehren, sandte Simon unverzüglich Boten an seinen Bruder Guido, der mit einem anderen Heeresteil im Gebiet des Grafen von Foix Festungen einnahm und zerstörte. Die Boten überbrachten den Befehl, unverzüglich nach Penne zu ziehen, um die Heimkehrer zu ersetzen.1058 Die Verstärkungen erreichten nach einigen Tagen Penne, doch kaum waren neue Belagerungsmaschinen fertiggestellt, erklärten die nächsten Kontingente ihre quadragena für beendet, und die Not Simons begann aufs Neue. Petrus von Vaux-de-Cernay fasst die Problematik in folgende Worte: Et, dum machina illa pararetur, archiepiscopus Rothomagensis et electus Laudunensis et ceteri qui cum illis erant, completa quadragena sua, recedere volebant; singulis etiam diebus, completa quadragena sua, recedebant ab exercitu peregrini, veniebant autem nulli aut paucissimi.1059 Als noch an den Belagerungsgeräten gearbeitet wurde, erklärten der Erzbischof von Rouen, der Elekt von Laon und die übrigen, die mit ihnen gekommen waren, dass sie heimkehren wollten, weil sie ihre 40 Tage absolviert hatten. Jeden Tag verließen Pilger das Heer, weil sie ihre 40 Tage geleistet hatten, es kamen aber keine oder nur sehr wenige hinzu.
Diese Unbeständigkeit im Heer Simons von Montfort führte schließlich zu einem Ende der Belagerung am Verhandlungstisch. Hugo von Alfaro erreichte freien Abzug für sich und seine Männer im Austausch für die Festung. Die Begründungen, ja beinahe Rechtfertigungen, die Petrus für diese Entscheidung des Grafen anführt, sind folgende: Die Verteidiger hätten tapfer gekämpft, 1057 Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 112, S. 250. 1058 Hystoria Albigensis 2, § 327, S. 27: Dum ita viriliter se haberent viri predicti, misit ad eos comes noster, mandans ut venirent ad eum apud Pennam: peregrini siquidem qui erant cum eo, peracta quadragena sua in exercitu, volebant fere omnes ad propria remeare. 1059 Ibid., § 329, S. 29.
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der Graf habe zudem noch viele andere, wichtigere Dinge zu erledigen und schließlich habe der Winter bevorgestanden, in dem man ohnehin keine Belagerung durchführen könne.1060 Diese Begründungen sind auf den ersten Blick als fadenscheinig einzuordnen – wenn die Verteidiger auch tapfer gekämpft hatten, wäre die Bedeutung der Gefangennahme Hugos für Simon kaum zu überschätzen gewesen. Der Schwiegersohn seines Erzfeindes hätte eine sehr wertvolle Geisel dargestellt, zumal mit Hugo dann auch ein ausgezeichneter Soldat ausgeschaltet gewesen wäre. Auch der Verweis auf den nahenden Winter wirkt vorgeschoben, denn die Übergabe fand am 25. Juli statt 1061, der Winter ließ also noch einige Zeit auf sich warten. Am wichtigsten war ein anderer Grund: Fast alle Kreuzfahrer standen vor dem Ende ihrer quadragena.1062 Das Verhalten der Grafen von Berg, unabhängig von taktischen Vor- oder Nachteilen für den Fortgang des Kreuzzugs nach Abschluss der quadragena den Heimweg anzutreten, entsprach also dem allgemeinen Brauch der Teilnehmer am Albigenserkreuzzug. Ein besonders frommer Eifer, auch über die quadragena hinaus die von Adolf ein Jahr zuvor als hostes fidei bezeichneten Katharer und deren Schutzherren zu bekämpfen, lässt sich nicht feststellen. Die B erger verrichteten nicht mehr als ‚Dienst nach Vorschrift‘. Zusätzlich muss hier allerdings die spezifische politische Situation am Niederrhein in dieser Zeit bedacht werden: Erzbischof Dietrich von Hengebach war im März des Jahres 1212 von Papst Innozenz III. exkommuniziert und im Folgemonat abgesetzt worden 1063, weil er sich geweigert hatte, Kaiser Otto IV. zu exkommunizieren. Damit brach im Kölner Raum erneut eine Phase der Unsicherheit an. Die bergischen Grafen waren in dieser Situation natürlich gezwungen, zum Zweck der Wahrung ihrer Interessen als Vasall des Erzbischofs bzw. als Dompropst möglichst schnell wieder in ihre Heimat zurückzukehren, zumal ihre politischen Gegner aus den Häusern Sayn und Are nicht am Kreuzzug gegen die Albigenser teilgenommen 1060 Ibid., § 334, S. 33: (…) considerantes etiam quod illi de castro adhuc per multos dies poterant resistere, cogitantes insuper quod comes multa alia et magis necessaria habebat facere (hyemps vero inminebat, in qua non poterat obsidionem tenere). 1061 Ibid., § 334, S. 33. Wilhelm von Tudela hingegen datiert das Ende der Belagerung auf den Monat September. Chanson de la Croisade Albigeoise 1, § 114, S. 256: Lo setis i fo mes de la Asencion / E durec tro a setembre, si com ditz la canson, / C’om vol vendemiar. 1062 Hystoria Albigensis 2, § 334, S. 33: Quod audito, comes habuit cum suis consilium, utrum reciperet compositionem quam adversarii offerebant; attendentes autem nostri quod fere omnes peregrini erant quasi in recessu, completa scilicet sua quadragena, et quod comes remaneret ibi quasi solus, (…). 1063 REK III, Nr. 106 u. 107.
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hatten und somit schneller vor Ort handeln konnten als die Berger. Zwar war Adolf von Altena, ein Verwandter und Förderer der Berger, vom päpstlichen Legaten Siegfried von Mainz im April wieder in sein Amt eingesetzt worden, das er bis zu seiner Absetzung 1205 bereits inne gehabt hatte, doch war unklar, über welche Kompetenzen er tatsächlich verfügte.1064 Ebenfalls fraglich war die Dauer seiner Tätigkeit. Dass die Konsequenzen aus der möglicherweise bald anstehenden Wahl eines dem bergischen Haus feindselig gegenüberstehenden Erzbischofs schwerwiegend sein konnten, hatten die Berger zuletzt kurz nach der Wahl Brunos IV. erfahren – den Höhepunkt der Auseinandersetzungen zwischen dem Sayner und den bergischen Grafen hatten die Absetzung Engelberts als Dompropst und schwere Kämpfe zwischen erzbischöflichen Gefolgsleuten und den Truppen der Grafen von Berg gebildet.1065 Denkbar, aber spekulativ ist die Annahme, dass die bergischen Grafen mit ihrer Heimreise auch auf Nachrichten über Friedrich II. reagierten, der im März 1212 die Insel Sizilien verlassen hatte 1066, um die ihm angetragene Krone des Reichs anzunehmen. Selbst wenn die Grafen von Berg länger im Languedoc hätten kämpfen wollen, so wären ihnen doch die politischen Realitäten im Kölner Raum im Wege gewesen.
1064 Adolf selbst urkundet mal als archiepiscopus (REK III, Nr. 119, 120, 128, 134), mal als s. Coloniensis ecclesie minister humilis ac provisor (REK III, Nr. 127) bzw. Coloniensis ecclesie humilis provisor (REK III, Nr. 135). 1065 S. Kap. 3.4.1.1. 1066 Stürner: Friedrich II. 1, S. 141.
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Abbildung 2: Niederrheinische Beteiligung am Albigenserkreuzzug, basierend auf Oberste: „Kreuzzug“, S. 11.
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5.4.3 DER NIEDERSCHLAG DES ALBIGENSERKREUZZUGS IN DER BERGISCHEN MEMORIALÜBERLIEFERUNG
Die Teilnahme der Grafen Adolf und Engelbert am Albigenserkreuzzug ging nicht spurlos an der bergischen Heimat vorüber: Im Memorienregister der Abtei Altenberg, dem Hauskloster der Grafen von Berg, findet sich für den 28. Mai ein Eintrag, der in direktem Bezug zur Kreuzzugsteilnahme der Berger in Okzitanien steht: Alexandri pape. Prenestini episcopi. Symonis comitis Montis fortis etc. Dominus deus fidelis. In commune.1067
Die Mönche von Altenberg hatten den Graf Simon von Montfort, den militärischen Führer des Kreuzzugs, in ihre Fürbitten aufgenommen.1068 Um sich den Stellenwert dieses Eintrages innerhalb der bergischen Memorialkultur vor Augen zu führen, ist es ratsam, die Gesellschaft, mit der sich Simon zum einen die Aufnahme in das Memorienregister, zum anderen seinen Gedenktag teilt, unter die Lupe zu nehmen: Das Register umfasst – zumindest nach dem, was wir den wenigen überlieferten Pergamentstreifen entnehmen können 1069 – recht zahlreiche Einträge. Anhand der eingetragenen Namen ist ersichtlich, dass in der großen Mehrheit Wohltätern der Abtei gedacht wurde, die zumindest in der mittelbaren Nachbarschaft der Zisterzienser beheimatet oder begütert waren, wobei sich der geographische Raum in der Regel von Unna bis Koblenz erstreckt.1070 Es gibt nur wenige Ausnahmen: Aus dem deutschsprachigen Raum
1067 Harleß: Memorienregister Altenberg, S. 125. 1068 Die Überprüfung des Nekrologs von Hautes-Bruyères (die Schreibweise divergiert in der Forschung), dem Hauskloster der Familie Montfort, auf eine bergische Präsenz in der dortigen Memorialpraxis wäre wünschenswert, ist aber unmöglich – das Nekrolog gilt als verschollen. Siehe Labrot, Jacques / Monfort, Jean / Scheidbach, François: Le prieure royal de Haute Bruyère et les Montfort, XIIème-XIVème siècles. Nouvelle approche des vestiges médiévaux, in: http://jeanalain.monfort.free.fr/78/HauteBruyere.htm (10-07-2014). 1069 Harleß: Memorienregister Altenberg, S. 119f. 1070 Unter anderem finden sich neben ‚Klosterpersonal‘ einige Kölner Erzbischöfe (Friedrich II. von Berg, Reinald von Dassel, Philipp von Heinsberg), viele bergische Grafen und deren Frauen, Kölner Bürger (z. B. S. 128: IV. Non. Septembr.: Henricus Hardevust. Qui dedit nobis sex marcas Colonienses ad comparandam hereditatem u. S. 141: IIII. Idus Octobris: Heribertus et Jutta de Colonia. Qui contulerunt nobis domum quandam iuxta sanctum Johannem in Colonia.)
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sind dies Kaiser Heinrich VI. (zum 29. September)1071 sowie Erzbischof Eberhard von Salzburg (zum 24. September).1072 Die Gruppe der Personen aus dem nicht deutschsprachigen Raum ist ebenfalls klein: Am 6. Oktober gedachten die Mönche Alfons VIII. von Kastilien und seiner Frau Eleonore.1073 Am 28. Mai wurde der übrigen ‚Überregionalen‘ gedacht, nämlich Papst Alexanders IV., eines namentlich nicht genannten (Kardinal-)Bischofs von Palestrina 1074 und eben Simons von Montfort. Das gemeinsame Gedenken (in commune) für diese drei Personen ist allerdings in Bezug auf das Gedenkdatum auffällig: Das Gedenken sollte am 28. Mai (V. Kal. [ Jun.]) stattfinden, und bezüglich des Todestages Alexanders stimmt die Ansetzung ungefähr mit den Realitäten überein. Der Tod Simons von Montfort lässt sich jedoch eindeutig auf den 25. Juni datieren 1075, womit ein ganzer Monat zwischen eigentlichem Tod und Gedenktag liegt.1076 Warum die Zusammenlegung der Gedenkfeiern so vorgenommen wurde, ist heute wohl nicht mehr zu beantworten. Eine Antwortmöglichkeit bestünde darin, hier einen Lapsus des eintragenden Mönches vorliegen zu haben, der schlicht
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sowie Niederadelige aus der Umgebung des Klosters (z. B. S. 141: VI. Id. Octobris: Henricus et Cristina coniuges de Wippilvůrde) in diesem Register wieder. Ibid., S. 135. Ibid., S. 133. Ibid., S. 138. In welchem Kontext dieses Gedenken zu sehen ist, verschließt sich mir. Eine Verbindung mit der bergischen Teilnahme am „Albigenserkreuzzug“ ist rein spekulativ. Die einzige handfeste Verbindung zwischen dem kastilischen Königshaus und der bergischen Grafenfamilie besteht – soweit ich sehen kann – in einer Urkunde Engelberts für das Kloster San Pedro de Gumiel de Izán, dessen Abt auf Befehl Ferdinands III. nach Köln gereist war, aus dem Jahr 1223. Der Auftrag des Abtes ist unbekannt, doch darf ein Zusammenhang mit der Eheverbindung zwischen Ferdinand und Beatrix, der Tochter Philipps von Schwaben, angenommen werden. Er kehrte mit zahlreichen Reliquien beladen nach Kastilien zurück. Siehe Levison, Wilhelm: Eine Urkunde Engelberts des Heiligen in Spanien, in: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 125 (1934), S. 108 – 111. Wenn Harleß mit seiner Vermutung richtig liegt, dass sich hinter diesem Bischof Jakob von Pecoraria verbirgt, der am 26. Juni 1244 verstorben ist (Ibid., S. 125, Anm. 1), dann können wir den Terminus post quem der Eintragung auf den 25. Mai 1261 festlegen, nämlich den Todestag Alexanders IV. Der Eintrag stammt von der zweiten von insgesamt sechs Händen, die im Memorienregister auszumachen sind. Harleß datiert diese Hand auf die zweite Hälfte des 13. sowie den Beginn des 14. Jahrhunderts, sodass der Handschriftenbefund die Datierung stützt. Ibid., S. 120f. Oberste: „Kreuzzug“, S. 144f. Harleß übersieht diesen Sachverhalt komplett und datiert den Tod Alexanders auf den 25. Juni. Harleß: Memorienregister Altenberg, S. 125, Anm. 1.
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und einfach bei der Datierung des Todes Simons einen Fehler gemacht hat. Der Zeitraum zwischen dem Tod des Grafen und der Eintragung beträgt mindestens knapp 50 Jahre, weshalb diese Sichtweise durchaus plausibel scheint. Die Aufnahme Simons hängt sicherlich mit der bergischen Beteiligung am Kreuzzug gegen die Albigenser zusammen. Ebenfalls dürfte es von einiger Relevanz gewesen sein, dass dieses Unternehmen stark zisterziensisch geprägt gewesen war, weshalb den weißen Mönche in Altenberg das Gedenken an Simon, den herausragenden militärischen Führer des Kreuzzugs, wohl besonders leicht fiel. Auch wenn letztendlich die genauen Umstände der Aufnahme Simons von Montfort in das Altenberger Memorialregister nicht geklärt werden können, lassen sich zwei Befunde festhalten: Simon war eine von lediglich sechs nicht deutschsprachigen Personen, derer im Kloster Altenberg gedacht wurde, insofern nahm er eine besondere Stellung in der ansonsten eher regional begrenzten Memorialkultur der Abtei ein. Doch nicht nur der quantitative Befund ist hier auffällig, sondern auch der Status der anderen nicht Deutschsprachigen: Ein Papst, ein kastilisches Königspaar und ein Kardinalbischof bilden die Gesellschaft Simons. Das Gedenken an den Grafen in Altenberg war also nicht nur aus geographischer Perspektive außergewöhnlich, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des gesellschaftlichen Ranges – Simon war der einzige nicht deutschsprachige Graf, dessen in Altenberg gedacht wurde. Die Wertschätzung Simons durch die Grafen von Berg bzw. die Altenberger Mönche muss folglich als außerordentlich hoch eingestuft werden. 5.5 ADOLF III. UND DER FÜNFTE KREUZZUG
Noch während in Okzitanien der Albigenserkreuzzug tobte, rief Papst Innozenz III. im Jahr 1213 mit der Bulle Quia maior zu einem erneuten Kreuzzug zur Rückeroberung Jerusalems von den Muslimen auf.1077 Diesen Aufruf wiederholte er in detaillierterer Form auf dem IV. Laterankonzil im Jahr 1215.1078 Der Fünfte Kreuzzug 1217 – 1221 führte die christlichen Kontingente schließlich nach Ägypten. Durch die Zerschlagung der ayyubidischen Machtbasis am Nil, 1077 S. Kap. 2.6. 1078 Ad liberandam = Kanon 71 des IV. Laterankonzils, in: Wohlmut, Josef (Hg.): Konzilien des Mittelalters: Vom ersten Laterankonzil (1123) bis zum fünften Laterankonzil (1512 – 1517), Paderborn u. a. 2000 (Conciliorum oecumenicorum decreta – Dekrete der ökumenischen Konzilien 2), S. 267 – 272.
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so der Plan, sollte die Position der Muslime in Palästina derart geschwächt werden, dass Jerusalem, das eigentliche Ziel, den Kreuzfahrern praktisch zufiele. Mit Adolf III. nahm auch ein Berger an diesem Unternehmen teil. Wir gewinnen Informationen über sein Engagement aus vier Urkunden: Zwei davon stellte er in Vorbereitung 1079, eine weitere gemeinsam mit seinem Bruder Engelbert unmittelbar vor seiner Abreise aus 1080, die vierte während der Belagerung Damiettes.1081 Zudem berichten Oliver von Paderborn in seiner Historia Damiatina, die anonymen Gesta crucigerorum Rhenanorum sowie Roger von Wendover in den Flores historiarum 1082 von der Teilnahme Graf Adolfs an der Belagerung. Von dieser Quellengrundlage ausgehend ist es möglich, Einblicke in verschiedene Aspekte des zweiten persönlichen Engagements des Bergers im Rahmen der Kreuzzüge zu erlangen: die Kreuznahme Adolfs im Jahr 1215, seine ‚Reisegesellschaft‘, seine Funktion vor Damiette, schließlich seine Begleitung sowie sein herrschaftliches Handeln in Ägypten. Alle diese Aspekte sollen vor dem Hintergrund der Herrschaftszusammenhänge in der niederrheinischen Heimat des Bergers analysiert werden. 5.5.1 ZUR KREUZNAHME 1215
Adolf urkundete im Jahr 1217 als Kreuzfahrer 1083, weshalb er spätestens in diesem Jahr seinen Kreuzfahrereid abgelegt haben muss. Es existieren allerdings einige Indizien, die dafür sprechen, dass der Graf von Berg bereits zwei Jahre früher das Kreuz genommen hatte, und zwar im direkten zeitlichen Umfeld der Krönung Friedrichs II. zum römisch-deutschen König am 25. Juli 1215 in Aachen. Die Annalen des Kölner Benediktinerklosters St. Pantaleon erwähnen nämlich einen Grafen von Berg unter den Fürsten, die nach Friedrich das Kreuz genommen haben: Post quem Syfridus Mogontiensis archiepiscopus, Leodicensis, Bavinbergensis, Pactaviensis, Argentinensis episcopi, dux Meranie, dux Brabantiae, H[einricus] dux de Limburch, dux de Ancei, palatinus
1079 Lacomblet II, Nr. 66, UB Altenberg 1, Nr. 80 = Lacomblet II, Nr. 67. 1080 Lacomblet II, Nr. 71. 1081 Lacomblet II, Nr. 72. 1082 Rogeri de Wendover chronica sive flores historiarum, ed. Henry O. Cox, 5 Bde., London 1841 – 1844. 1083 Lacomblet II, Nr. 66: Datum anno incarnationis Domini M. CC. XVII., dum ad expeditionem sancte terre in honorem s. crucis iter arripuimus.
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comes de Tuingin, marchio de Bade, L[udewicus] comes de Los, W[ilhelmus] comes de Iuliaco, H[einricus] comes de Seine, H. comes de Monte et alii plurimi nobiles et magna multitudo equestris ordinis cruce signantur.1084 Nach ihm wurden Siegfried, Erzbischof von Mainz, die Bischöfe [Hugo] von Lüttich, [Eckbert] von Bamberg, [Ulrich] von Passau, [Heinrich] von Straßburg, der Herzog [Otto] von Meran, der Herzog [Heinrich] von Brabant, der Herzog H[einrich] von Limburg, der Herzog [Theobald] von [Ober-] Lothringen, der Pfalzgraf [Hermann] von Thüringen, der Markgraf [Hermann] von Baden, der Graf L[udwig] von Loon, der Graf W[ilhelm] von Jülich, Graf H[einrich] von Sayn, Graf H. von Berg, zahlreiche andere Edle und eine große Menge des Ritterstandes mit dem Kreuz gezeichnet.
Mit der Erwähnung eines H. comes de Monte stiftet der anonyme Chronist einige Verwirrung. Es lassen sich verschiedene mögliche Erklärungen für den Handschriftenbefund finden: Die einfachste Möglichkeit besteht darin, einen Abschreibe- bzw. Lesefehler von A zu H anzunehmen, allerdings ist diese Deutung kontingent. Waitz vermutete in H. Heinrich von Limburg 1085, den Schwiegersohn Adolfs, der die Grafschaft allerdings erst 1225 übernehmen konnte. Da die Chronik wohl zwischen 1217 und 1218, also sehr zeitnah, verfasst worden ist 1086, liegt der Verdacht nahe, dass der Chronist hier wider besseres Wissen versuchte, die ältere bergische Linie aus der besonders positiv konnotierten Geschichte um Krönung und Kreuznahme Friedrichs II. herauszuschreiben, denn Adolf von Berg starb erst 1218 während des Kreuzzugs in Ägypten; und auch nach dessen Tod wurde recht schnell deutlich, dass sein mächtiger Bruder Engelbert anstatt Heinrich von Limburg in der Grafschaft nachfolgen würde. Motive für diese Art der Geschichtsfälschung sind allerdings nur schwer auszumachen – denkbar wären Konflikte zwischen der Abtei und dem Grafen in seiner Funktion als Obervogt der abteilichen Güter bei Rolshoven 1087, aber dafür gibt es keinen Anhalt in den Quellen. Auch im Thronstreit wird es zu Konflikten zwischen der Abtei und dem bergischen Grafenhaus gekommen sein, denn der Abt von St. Pantaleon war ein Gegner Adolfs von Altena gewesen, den die Berger nach Kräften 1084 1085 1086 1087
Chronica s. Pantaleonis, anno 1215, S. 236. Chronica s. Pantaleonis, anno 1215, S. 236, Anm. 4. CrC, S. XVIII. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 77. Die bergische Vogtei über einzelne Güterkomplexe der Abtei lässt sich bis in die frühen 50er Jahre des 12. Jahrhunderts zurückverfolgen.
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unterstützt hatten.1088 Da Adolf von Berg längst nicht alleiniger Parteigänger seines gleichnamigen Vetters gewesen war, bleibt die Frage bestehen, warum ausgerechnet Adolf aus den Annalen der Abtei gestrichen worden sein sollte. Ebenfalls liegt es im Bereich des Möglichen, dass Kraus mit seiner Vermutung richtig liegt, hier einen Grafen Heinrich aus Süddeutschland zu sehen, der sich nach Berg südlich von Ehlingen benannte.1089 Allerdings spricht die Ordnung der aufgeführten Fürsten deutlich für eine Interpretation als niederrheinischer Berger, denn vor ihm werden ausdrücklich die Großen dieser Region (Loon, Jülich, Sayn) genannt, und dies sogar mit dem Anfangsbuchstaben ihres Namens. Gewiss anwesende Grafen anderer Regionen werden hier – vermutlich aus Desinteresse des Chronisten – nicht erwähnt, weshalb ein süddeutscher Graf Heinrich von Berg in dieser Zeugenliste eher verwundern würde. Kraus hat mit Verweis auf Winkelmann jedoch zu Recht betont, dass die Annahme Melchers, Adolf habe das Kreuz gemeinsam mit Friedrich II. und zahlreichen anderen Fürsten genommen 1090, nicht zwangsläufig zutreffen muss, denn wahrscheinlich war er zur Krönung überhaupt nicht anwesend: Jenseits der Chronica s. Pantaleonis ist Adolf von Berg erst in einer Urkunde zugunsten der Stadt Aachen als Zeuge aufgeführt, die Friedrich am 29. Juli in Aachen ausstellte.1091 Die angenommene Verspätung Adolfs wird dadurch plausibel, dass nach Reiner von Lüttich auch Bischof Otto von Münster erst am 27. Juli in Aachen eintraf, denn dieser war kurz zuvor von Adolf aus der Festung Kaiserswerth befreit worden.1092 Folglich wäre es nur einleuchtend, wenn Adolf Otto nach 1088 S. Kap. 3.4.1.1. 1089 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 107. 1090 Melchers deutet Post quem also als unmittelbar nach Friedrich. Melchers, Bernhard: Die ältesten Grafen von Berg bis zu ihrem Aussterben 1225, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 45 (1912), S. 5 – 105, S. 46f. Auch Röhricht, Reinhold: Studien zur Geschichte des fünften Kreuzzugs, Innsbruck 1891 (ND Aalen 1968), S. 113 nimmt das Jahr 1215 als dasjenige der Kreuznahme an, verzichtet aber darauf, ein Datum anzugeben. Zur Kreuznahme Friedrichs: Hechelhammer: Kreuzzug und Herrschaft, S. 17 – 40; Rader, Olaf B.: Friedrich II.: der Sizilianer auf dem Kaiserthron. Eine Biographie, München 32011, S. 379 – 382; Stürner: Friedrich II . 1, S. 173 – 180. 1091 MGH DD FII /2, Nr. 316; Aachener Urkunden, Nr. 5; Lacomblet II , Nr. 51; RI V, 1, 1, Nr. 810d. 1092 Reineri annales, anno 1215, S. 673; CrC cont. II, anno 1215, S. 193; Chronica s. Pantaleonis, anno 1215, S. 236. Wilhelm Brito schreibt die Belagerung und Eroberung Kaiserswerths direkt Friedrich II. zu: Ex Willelmi Brittonis operibus, edd. Molinier, Auguste / Pannenborg, Albert Wilhelm / Waitz, Georg, Hannover 1882 (MGH SS 26), S. 295 – 389, anno 1215, S. 318.
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Aachen begleitet hätte, wie es auch die Kölner Königschronik berichtet.1093 Es ist also recht wahrscheinlich, dass der Graf kurz nach der Krönung und Kreuznahme des Staufers in Aachen eintraf.1094 Aus diesen Gründen wird Adolf wohl nicht gemeinsam mit Friedrich und zahlreichen Großen des Reiches das Kreuz genommen haben. Allerdings dauerten die Kreuzpredigten zu Aachen einige Tage an, also haben zeitnah weitere Gelegenheiten für ihn bestanden, ebenfalls dass Kreuz zu nehmen, was er dann auch tat.1095 Die Erwähnung eines comes de Monte bei der Kreuznahme Friedrichs scheint eher dem Wunsch des Chronisten entsprochen zu haben, ein einheitliches Bild der niederrheinischen Großen bei einem so außergewöhnlichen Unterfangen wie einer Kreuznahme an der Seite des Königs zu zeichnen. Dass dieser Graf von Berg ausgerechnet H. genannt wird – was Heinrich von Limburg meinen könnte, wenn man einen Lesefehler ausschließt – lässt auf ein zielgerichtetes Handeln des Chronisten zuungunsten der älteren Linie der Grafen von Berg schließen, wobei die Motive unklar sind. Als Indiz für die Kreuznahme Adolfs in den Tagen nach der Krönung Friedrichs lässt sich vielleicht auch die am 2. August in Neuss erfolgte Privilegierung des Klosters Altenberg lesen 1096: Diese Urkunde ist die erste, die der frisch gekrönte König für eine geistliche Institution des Niederrheins ausstellte, womit ihr auch eine gewisse Signalwirkung zukam. Es ist recht wahrscheinlich, dass Friedrich in erster Linie dem bergischen Grafen und Schutzherrn des Klosters mit der Privilegierung für dessen Dienste bei der Befreiung Ottos von Münster gedankt hat, denn das Kloster selbst stand wohl noch bis März 1214 aufseiten Ottos und hatte sich von dem Welfen die bereits von Heinrich VI. verliehenen Zollfreiheiten bestätigen lassen.1097 In diese Richtung deutet ebenfalls die außergewöhnliche Position Adolfs in der Zeugenliste dieser Urkunde, in der er vor dem ranghöheren und älteren Herzog Heinrich von Limburg (und dessen 1093 CrC cont. II, anno 1215, S. 193: Eodem tempore Adolfus comes castrum regium Werdene, a capite ieiunii obsessum et iam ex parte magna suffosum, cepit, episcopum Monasteriensem, per annum et menses quatuor ibidem captivatum, absolvit, quem secum Aquis adductum regi presentavit. 1094 Winkelmann, Eduard: Philipp von Schwaben und Otto IV. von Braunschweig, 2 Bde., Leipzig 1837 u. 1878 ( Jahrbücher der deutschen Geschichte 19), Bd. 2, S. 394, Anm. 1. 1095 Reineri annales, anno 1215, S. 673. 1096 MGH DD F II/2, Nr. 325; UB Altenberg 1, Nr. 71; Lacomblet II, Nr. 52. 1097 Ub Altenberg 1, Nr. 70; RI V, 1, 1, Nr. 498. Heinrichs Privileg: Lacomblet I, Nr. 546; UB Altenberg 1, Nr. 34; RI IV, 3, Nr. 475. Auch Philipp von Schwaben hatte Altenberg 1202 mit Zollbefreiungen ausgestattet: Lacomblet II, Nr. 7 (hier falsch auf 1203 datiert); UB Altenberg 1, Nr. 49; RI V, 1, 1, Nr. 71.
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Sohn Walram) geführt wird. Vielleicht hängt diese Urkunde aber ebenfalls mit der vorherigen Kreuznahme Adolfs zusammen, die auch als offen zur Schau gestellte Loyalitätsbekundung gelesen werden kann: Adolf von Berg führte nicht nur Friedrichs Anweisungen ohne zu zögern und mit Erfolg aus, sondern gelobte gleich seinem König einen Kreuzzug ins Heilige Land. Möglicherweise spielte auch die Teilnahme Graf Engelberts von Berg am Dritten Kreuzzug eine Rolle bei der Kreuznahme seines Sohnes: Die Verehrung des Vaters wird in den Urkunden, die Adolf im Zusammenhang mit seinen Vorbereitungen sowohl zum Albigenser- als auch zum Fünften Kreuzzug erlassen hat, deutlich sichtbar: 1211 entließ er den Zehnt zu Gymnich „zu seinem Heil und dem seiner Eltern“ aus dem Lehnsverband.1098 Sechs Jahre später lieh er sich für den Kreuzzug von der Abtei Altenberg 100 Mark Silber, wobei er sich ein Anniversarium für seine Seele und das „erlauchte Gedächtnis unseres Vaters Engelbert“ sicherte.1099 Im Jahr 1218 schließlich verschenkte er mit seinem Bruder Engelbert das Patronat zu Rommerskirchen „zum Heil unserer Eltern“.1100 Wenngleich sich in diesen Urkunden auch keine direkte Referenz auf den Kreuzzug Graf Engelberts 1189 finden lässt, ist die grundsätzliche Verehrung des Vaters durch den Sohn gut greifbar. Engelbert mag also durchaus auch in Bezug auf die Kreuzzugsteilnahme Adolfs III. als Vorbild gedient haben, zumal die Urkunde, aus der wir über die Kreuznahme Adolfs 1211 erfahren, Ähn liches vermerkt. 5.5.2 KREUZZUGSVORBEREITUNGEN 5.5.2.1 ‚Fundraising‘
Im Jahr 1217 übergab Adolf den Hof Merheim an die Abtei Altenberg für eine Summe von 100 Mark.1101 Er tat dies ausdrücklich während der Vorbereitungen seiner Reise nach Jerusalem.1102 Der Zweck des hier dokumentierten Geschäfts
1098 Lacomblet II, Nr. 34: (…) pro salute nostra et parentum nostrorum (…). 1099 Lacomblet II, Nr. 67: (…), unde in anniversario nostro et illustri memorię patris nostri Engilberti comitis conventui sollempniter perpetuoque serviatur. 1100 Lacomblet II, Nr. 71: (…) pro remedio animarum parentum nostrorum et nostrarum libere contradidimus. 1101 Lacomblet II, Nr. 67 = UB Altenberg 1, Nr. 80. 1102 Ibid.: (…) viam ultra mare ad honorem dei et pro remedio peccatorum nostrorum sub sue sancte crucis vexillo arripientes (…).
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ist zweigeteilt: Der Graf von Berg benötigte zum einen zusätzliche fluide Geldmittel, um seine Pilgerreise in einem ihm angemessenen Rahmen durchzuführen (auf diesen Punkt wird noch näher einzugehen sein). Zum anderen sicherte er sich so ein Jahresgedächtnis für sich und seinen Vater Engelbert für den Fall, dass Adolf nicht in die Heimat zurückkehre. Auffällig ist in dieser Urkunde der auf den ersten Blick formelhafte Vorbehalt des Wiedererlöses im Falle der Rückkehr des Grafen, gefolgt von einer Regelung der Verhältnisse, falls Adolf während des Kreuzzugs verstürbe: (…) curtem nostram in merheim pro centum marcis legavimus, ea conditione, ut si nos favente deo de transmarinis partibus redire contigerit, eandem curtem datis centum marcis argenti redimere nobis liceat sine alicuius preiudicio vel conradictione. Sin autem in via dei decesserimus, quicumque legitimus heres noster eam redimere pro eadem summa pecunie voluerit, ei sine impedimento concedatur, ita tamen ut de ipsa pecunia aliud certum predium ecclesie comparetur, unde in anniversario nostro et illustris memorie patris nostri Engilberti comitis conventui sollempniter perpetuoque serviatur. (…) Wir geben [der Abtei Altenberg, A. B.] unseren Hof in Merheim für 100 Mark unter der Bedingung, dass – wenn es uns mit Gottes Hilfe gelingen sollte, aus den Gegenden jenseits des Meeres zurückzukehren – es uns erlaubt sei, diesen Hof für die gegebenen 100 Mark Silber ohne Vorurteil und Widerspruch zurückzuerwerben. Falls wir aber auf dem Pfad Gottes versterben sollten und unser legitimer Erbe den Hof für die genannte Summe Geldes zurückerwerben möchte, so soll er ihm ohne Hindernis überlassen werden, doch so, dass dieser Kirche für dasselbe Geld ein anderes sicheres Gut übertragen werde, von dem dem Konvent an unserem Jahrestag und zum Gedenken an unseren erlauchten Vater Graf Engelbert feierlich und ewig kredenzt werde.
Diese Regelung ist nur vermeintlich formelhaft, weil sowohl Adolfs gleichnamiger Onkel (Adolf iunior) als auch sein Vater ihr Leben auf einem Kreuzzug gelassen hatten. Die Gefahren solch einer Pilgerreise für Leib und Leben waren ihm also gut vertraut, weshalb er sich in dieser Urkunde um eine möglichst detaillierte Regelung ‚für alle Fälle‘ bemühte. Da Adolf tatsächlich während des Kreuz zuges verstarb, trat die in der Urkunde getroffene Absprache Sin autem in via dei decesserimus in Kraft. Heinrich von Limburg-Berg, Erbe der Grafschaft nach dem Tod Erzbischof Engelberts im Jahr 1225, verzichtete schließlich 1227 auf den Hof zu Merheim, womit dieser Handel seinen endgültigen Abschluss fand.1103 1103 Lacomblet II, Nr. 150 = UB Altenberg 1, Nr. 98.
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5.5.2.2 Die spirituellen Vorbereitungen des Kreuzzugs
Neben den finanziellen Aspekten der Kreuzzugsvorbereitungen galt es, sich des Wohlwollens der himmlischen Sphäre zu versichern. Adolf III. stellte zu diesem Zweck zwei Urkunden zugunsten geistlicher Institutionen aus, nämlich für die Johanniter 1104 sowie die Prämonstratenser.1105 Im Jahr 1217 – also im selben Jahr, in dem Adolf die Gelder für sein Kreuzzugsprojekt organisierte – bestätigte Adolf das Johanniterhaus zu Burg, vielleicht erweiterte er sogar dessen Besitzungen.1106 Diese Bestätigung muss wohl aus zwei Gründen im Kontext der spirituellen Vorbereitungen des Kreuzzugs gesehen werden: Zum einen ist die Urkunde auf das Jahr 1217 datiert, mit dem Zusatz dum ad expeditionem sancte terre in honorem s. crucis iter arripuimus, also expressis verbis zu dem Zeitpunkt, als sich Adolf gerade für den Kreuzzug rüstete. Zum anderen ist ein Zusammenhang wahrscheinlich, weil der Graf von Berg die Johanniter nicht schon eher mit Rechtssicherheit ausgestattet hatte: Seit seinem Herrschaftsantritt im Jahr 1190 waren ganze 27 Jahre vergangen, ohne dass Adolf die Johanniter in irgendeiner Weise bedacht hätte; zumindest ist nichts dergleichen überliefert. Der nahende Aufbruch zum Kreuzzug scheint der Auslöser gewesen zu sein, die mit dem Heiligen Land eng verbundenen Johanniter zu privilegieren. Ebenfalls interessant ist hier die ausdrückliche Bezugnahme auf die fromme Memoria für seinen Vater 1107, der die Johanniter nach Burg eingeladen und sein Leben auf dem Dritten Kreuzzug gelassen hatte – wahrscheinlich war der eigene Palästina-Kreuzzug Adolfs hier ein Anlass, um das Andenken seines Vaters weiter zu ehren. Der Zusammenhang von Kreuzzugsteilnahme und Ausstattung der Johanniter ist jedenfalls naheliegend. Im Jahr seines Reiseantritts, 1218, gaben Adolf und Engelbert von Berg einmütig das Patronat zu Rommerskirchen an die Abtei Knechtsteden.1108 Dies taten sie pro remedium animarum parentum nostrorum et nostrarum, also für das Seelenheil ihrer Eltern. Dabei gilt es allerdings zu beachten, dass jegliche fromme 1104 Lacomblet II, Nr. 66. 1105 Lacomblet II , Nr. 71 = Ehlen, Ferdinand: Die Prämonstratenser-Abtei Knechtsteden. Geschichte und Urkundenbuch, Köln 1904, Urkundenbuch, Nr. 20. 1106 Luchtenberg: Johanniter, S. 151. 1107 Lacomblet II, Nr. 66: Igitur et hec pie memorie patris mei collata liberalitate, (…). 1108 Zu der Abtei Knechtsteden zuletzt Schulten, Walter: Die ehemalige PrämonstratenserStiftskirche Knechtsteden in Dormagen, Köln 1990; Untermann, Matthias: Zur frühen Geschichte und Baugeschichte des Prämonstratenserstifts Knechtsteden bei Köln, in: Jahrbuch der rheinischen Denkmalpflege 33 (1989), S. 143 – 172.
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Schenkung selbstverständlich als eigener Verdienst betrachtet wurde, der die Frömmigkeit des Schenkenden betonte, was wiederum die zu erwartenden jenseitigen Sündenstrafen reduzierte.1109 Insofern ergab es für Adolf durchaus Sinn, das Patronat zu Rommerskirchen an die Abtei Knechtsteden vor dem Antritt des Kreuzzuges zu übertragen, denn ein Kreuzzug war eine überaus gefährliche Operation, die den Teilnehmenden unvermittelt aus dem Leben reißen konnte. Der konkrete Bezug zu dem Kreuzzugsvorhaben des bergischen Grafen ist wie bei der Urkunde zugunsten der Johanniter in der Datierung zu finden, die auf das Jahr 1218 verweist, cum essem in proinctu versus terram sanctam – als er im Begriff war, sich nach Palästina aufzumachen. Das Patronat der Kirche zu Rommerskirchen ist für die Forschung besonders deshalb interessant, weil sich die Grafen von Berg und die Grafen von Hochstaden in der Ausübung dieses Rechts vermutlich jährlich abwechselten.1110 Lothar von Hochstaden hatte bereits im Jahr 1212 de consensu uxoris nostre Mechtildis ac heredum nostrorum sein Patronat der Kirche zu Rommerskirchen an die Abtei Knechtsteden geschenkt.1111 Lothar II . von Hochstaden, Graf Lothars Sohn, erkannte den Vorgang allerdings erst 1227 an 1112, und seine Verwandten C. und F. von Hochstaden, Kanoniker in Köln, verzichteten erst 1228 unfreiwillig auf ihre Ansprüche, nachdem ein päpstliches Gericht das Patronat der Abtei Knechtsteden zuerkannt hatte.1113 In Anbetracht der Energie, die die Verwandten Lothars auf die letztlich gescheiterte Durchsetzung ihrer Ansprüche verwendeten, scheint es sich bei dem Patronat um ein recht einträgliches Recht gehandelt zu haben. Die Grafen von Berg trennten sich ihrerseits im Jahr 1218 von einem zwar einträglichen Recht, das sie jedoch nur alle zwei Jahre wahrnehmen konnten. 1109 Borgolte, Michael: Planen für die Ewigkeit: Stiftungen im Mittelalter, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 63 (2012), S. 37 – 49; ders.: Art. Stiftungen, Kirchliche I. Alte Kirche und Mittelalter, in: TRE 32 (2001), S. 167 – 170; Angenendt, Arnold: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, Darmstadt 22000, S. 373 – 378 u. 592 – 595; Kühnel, Harry: Sinn und Motivation mittelalterlicher Stiftungen, in: Jaritz, Gerhard (Hg.): Materielle Kultur und religiöse Stiftung im Spätmittelalter. Internationales Round-Table-Gespräch, Krems an der Donau, 26. September 1988, Wien 1990 (Sitzungsberichte. Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse 554 = Veröffentlichungen des Instituts für Mittelalterliche Realienkunde Österreichs 12), S. 5 – 12, S. 6f. 1110 Bader: Grafen von Are, S. 359; Lacomblet II, Nr. 41, Anm. 1. 1111 Lacomblet II, Nr. 41. 1112 Lacomblet II, Nr. 152. Heinrich von Müllenark bestätigte die Schenkung im selben Jahr. REK III, Nr. 664. 1113 Bader: Grafen von Are, S. 360; Lacomblet II, Nr. 159, Anm. 2.
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Außerdem liegt Rommerskirchen linksrheinisch nordwestlich von Köln, und dort verfolgte Adolf von Berg keine weiteren Interessen. Der Abtei Knechtsteden war nun daran gelegen, das in unmittelbarer Nähe befindliche Patronat vollständig an sich zu bringen. So ergab sich in den Vorbereitungen der Kreuzzugsteilnahme eine günstige Gelegenheit sowohl für die Abtei als auch für die bergischen Grafen: Mit der wirtschaftlich einträglichen Schenkung des Patronats über die Kirche zu Rommerskirchen an die Abtei Knechtsteden trennten sich die Berger von Besitz außerhalb ihres schwerpunktmäßigen, rechtsrheinischen Interessenraums und gewannen im Gegenzug die Fürbitten der Prämonstratenser. Dabei ist wichtig festzuhalten, dass sich Adolf bei dieser Schenkung der Rückendeckung seines erzbischöflichen Bruders sicher sein konnte: Die Geschwister nahmen die Schenkung nicht nur gemeinsam vor, sondern Engelbert stellte zur selben Zeit eine gleichlautende Urkunde über diesen Rechtsakt aus, die sich nur in Datierung und Zeugenliste unterscheidet.1114 Auf diese Weise erhöhte er die Rechtssicherheit des Vorgangs und unterstrich das Einvernehmen zwischen ihm und seinem Bruder. 5.5.2.3 Absicherung der Grafschaft
Anders, als es bei seinem Vater der Fall gewesen war, lassen sich im Vorfeld der Kreuzzugsteilnahme Adolfs keinerlei Maßnahmen finden, mit denen er seine Grafschaft gegen Konkurrenten abzusichern gedachte. Vertraute Adolf etwa auf allgemeine päpstliche Schutzprivilegien, die seit Eugen III. die zurückgelassenen Frauen, Kinder und Besitzungen der Kreuzfahrer schützen sollten? Nach der Analyse von Jessalyn Bird waren diese Privilegien allerdings „highly conditional and intensely informed by previous joint action“.1115 Da Adolf in der Regel der erzbischöflichen Politik gefolgt war, die ihrerseits manchmal päpstliche Interessen vertreten, manchmal aber die eigenen über die des Papsttums gestellt hatte 1116, wäre er erhebliche Risiken eingegangen, hätte er sich allein auf 1114 Lacomblet II, Nr. 71, Anm. 1; REK III, Nr. 186. 1115 Bird, Jessalynn L.: Crusader’s Rights, S. 148. 1116 Bis ca. 1130 waren die Erzbischöfe von Köln im Konflikt der Universalgewalten in der Regel aufseiten des Königs zu finden gewesen, siehe Weiß, Stefan: Papst und Kanzler: das Papsttum und der Erzbischof von Köln im 12. Jahrhundert, in: Johrendt, Jochen (Hg.): Römisches Zentrum und kirchliche Peripherie: das universale Papsttum als Bezugspunkt der Kirchen von den Reformpäpsten bis zu Innozenz III., Berlin u. a. 2008 (Neue Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse 2: Studien zu Papstgeschichte und Papsturkunden), S. 285 – 298, S. 289. Reinald
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den Stellvertreter Christi als Schutzherrn verlassen – zumal Rom weit entfernt war und erst entsprechend spät auf Verletzungen der Privilegien hätte reagieren können. Eine Urkunde, die ihrem Eschatokoll zufolge auf den 30. März 1217 datiert ist, gibt uns über die bergische Form der Protektion im Falle der Abwesenheit des Grafen Auskunft: Erzbischof Engelbert von Berg bekundet, dass Walram von Limburg seiner Schwiegertochter Irmgard von Berg, Erbtochter Adolfs, das kölnische Lehen Rüdesheim sowie einige Lütticher Lehen solange überträgt, bis er ihr die Burg Monschau 1117 und das Land Konzen (heute eine Gemeinde von Monschau) überwiesen hat.1118 Damit garantierte und spezifizierte Engelbert seiner Nichte eine ansehnliche Morgengabe. Der Inhalt der Urkunde lässt an der Datierung zweifeln: Warum handelte Engelbert überhaupt in dieser Sache, die in erster Linie eine Familienangelegenheit war, wenn doch eigentlich Irmgards Vater Adolf dafür zuständig gewesen wäre? Zum einen handelte es sich bei Rüdesheim um ein kölnisches Lehen, was Engelberts formale Zuständigkeit erklärt. Eine weitere Erklärung besteht darin, dass der Graf von Berg seinen Kreuzzug offenbar bereits angetreten hatte, weshalb es ihm unmöglich war, die Ansprüche seiner Tochter zu vertreten. Andernfalls hätte man ihn unter den Zeugen des Rechtsaktes erwarten dürfen. Die Datierung der Urkunde scheint also in die Irre zu führen, weshalb sie wohl auf 1218 zu korrigieren ist 1119, denn in diesem Jahr urkundete Adolf zuletzt in der Heimat.1120 von Dassel hatte jahrelang auf das ‚falsche Pferd‘ gesetzt, indem er Viktor IV . gegen Alexander III. unterstützt hatte: ibid., S. 290. Nach dem Frieden von Venedig 1177 hatte sich das zwischenzeitlich recht enge Verhältnis zwischen Kölner Erzbischöfen und dem Papsttum deutlich abgekühlt, ibid., S. 292. Der 1218 noch nicht lange beigelegte Thronstreit – besonders der Wechsel Adolfs von Altena in das staufische Lager – hatte für weitere Verstimmung gesorgt, siehe Sienell, Stefan: Papst Innocenz III. (1198 – 1216) und die Kölner Erzbischöfe, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 65 (1994), S. 13 – 53, S. 28 – 32. 1117 Die ursprüngliche Schreibweise der Burg in dieser Urkunde ist Munioie, was auf Montjoie, den Freudenberg (mons gaudii), verweist. Von diesem Berg aus sahen Kreuzfahrer und andere Pilger die heilige Stadt zum ersten Mal, was den Namen hinreichend erklärt. Den Namen der Burg in der Eifel auf den iberischen Ritterorden von Montjoie zurückzuführen, wie es Weiss getan hat, ist unnötig. Die Heilig-Land-Frömmigkeit als Erklärung der Namenswahl ist vollkommen ausreichend, zumal keine Verbindung zwischen den Burgherren und den Montjoie-Rittern gezogen werden kann. Weiss, Pejo: Unsere Liebe Frau von Montjoie. Ein Kreuzritter-Orden als Namensgeber für das heutige Monschau, in: Eifel-Jahrbuch (2002), S. 85 – 86. 1118 Lacomblet II, Nr. 61. 1119 Lacomblet II, Nr. 61, Anm. 3. 1120 Lacomblet II, Nr. 71 = UB Knechtsteden, Nr. 20.
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Als Adolf im Frühjahr des Jahres 1218 nach Palästina oder Ägypten aufbrach, hatte er seine Tochter Irmgard bereits mit Heinrich von Limburg, einem seiner Rivalen an den Westgrenzen seiner Grafschaft, vermählt. Dadurch war zwar die Grundlage einer zukünftig friedlichen Koexistenz beider Geschlechter geschaffen (zumal die älteren Grafen von Berg 1225 ausstarben), allerdings keinesfalls ein unmittelbares allgemeines Einvernehmen entstanden. Entsprechend groß war das Risiko für Adolf, dass die Familie seines Schwiegersohnes seine Abwesenheit nutzen könnte, um sich vorzeitig für eine Übernahme der Grafschaft in Position zu bringen. Engelbert tritt in dieser Urkunde aus dem Frühjahr 1218 in einer Doppelfunktion als Schutzherr kölnischer und bergischer Interessen auf, indem er die limburgische Position im Aachener Raum bzw. südlichen Rheinland zugunsten seiner Nichte Irmgard – und damit seiner eigenen Familie – schwächte. Dies war aus seiner Perspektive durchaus verständlich, da die Limburger erst ein Jahr zuvor vergeblich versucht hatten, die eigene Einflusssphäre gewaltsam auf Kosten des Erzstifts auszudehnen.1121 Auffällig ist auch, dass er Herzog Walram von Limburg als dominus Walramus comes de Luzelenburch bezeichnet, womit er den Rang des Limburger Herzogs demonstrativ verringert, ohne eine grundsätzlich falsche Anrede zu verwenden, weil sie in der Sache zutraf. Dieser Schachzug erklärt sich wohl damit, seine Position gegenüber dem gerade besiegten Walram weiter ostentativ zu erhöhen. Dass in dieser Urkunde nicht nur eine erzstiftische Angelegenheit behandelt wurde, wird ersichtlich, wenn man Caesarius von Heisterbach hinzuzieht. Dieser berichtet, dass Engelbert und Adolf in ihrem Konflikt mit den Limburgern sogar eine Scheidung Irmgards von Heinrich in Erwägung zogen, zu der es dann aber nicht kam.1122 Kölnische und bergische Interessen deckten sich in diesem Fall, zumal Engelbert grundsätzlich an einer starken und ihm freundlich gesonnenen Grafschaft Berg interessiert war, stellte sie doch seine Brücke nach Westfalen dar.1123 Insofern war für Engelbert der Schutz der bergischen Grafschaft während der Abwesenheit seines Bruders nicht nur aus familiären, sondern ebenfalls aus politischen Gründen sinnvoll und notwendig. Auch nach dem Tod Adolfs galt es für den Erzbischof, die befürchtete limburgische
1121 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 69 – 74. 1122 S. Kap. 3.4.1.2. 1123 Ritzerfeld: Das Kölner Erzstift, S. 48f.; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 145; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 109. S. Kap. 3.3.3.
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Umklammerung des Erzstiftes möglichst hinauszuzögern.1124 Hinzu kommt, dass ein eingeschränkter Mitbesitz Engelberts an der Grafschaft Berg zu konstatieren ist, der sich aus den von den bergischen Brüdern gemeinsam ausgestellten Urkunden erschließen lässt.1125 Die allein vorgenommenen Rechtshandlungen Adolfs III .1126 stehen dabei der älteren These von Ficker entgegen, der von einem vollständigen und gleichberechtigten Mitbesitz Engelberts ausging.1127 Möglicherweise erstreckte sich der Mitbesitz Engelberts nur auf die Allodialgüter der Berger.1128 Lothmann kommt dann auch zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass Adolf seinem Bruder während seiner Abwesenheit wahrscheinlich die Verwaltung seiner Grafschaft übertragen hat – sein Schwiegersohn war aus genannten Gründen keine Option.1129 Die Erklärung für nicht überlieferte andere Schutzmaßnahmen seitens Adolfs ist also verhältnismäßig naheliegend: Selbst wenn die Grafschaft Berg während der Abwesenheit Adolfs von außen unter Druck geraten wäre, hätte es mit seinem Bruder Engelbert einen Berger auf dem Kölner Erzbischofsstuhl gegeben, dem aus eigenem Interesse am Schutz sowohl der Familie als auch der Grafschaft gelegen war und der diesen Schutz garantieren und durchsetzen konnte. Aufgrund der verhältnismäßig lückenhaften Quellenlage sind die Kreuzzugsvorbereitungen Adolfs III. von Berg nicht bis in alle Einzelheiten zu verfolgen. Dennoch wird deutlich, dass Adolf seine Kreuzzugsteilnahme insgesamt in drei verschiedenen Bereichen vorbereitete: Er organisierte bei einer seiner Familie sehr nahestehenden geistlichen Einrichtung fluide finanzielle Mittel, stellte seine Frömmigkeit demonstrativ unter Beweis und sicherte die Grafschaft politisch für die Zeit seiner Abwesenheit ab, indem er sie – ohne dass eine besondere Übereinkunft notwendig gewesen wäre – dem Schutz und Schirm des Kölner 1124 Auf diese Doktrin geht nach dem Tod Adolfs der bergische Erbschaftsstreit zwischen Engelbert und Heinrich zurück. Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 141 – 152. 1125 Ibid., S. 137. Gemeinsam ausgestellte Urkunden bzw. vorgenommene Rechtshandlungen: Lacomblet II, Nr. 34 = UB Siegburg, Nr. 85 (1211), Lacomblet II, Nr. 67 = UB Altenberg 1, Nr. 80 (1217), Lacomblet II, Nr. 71 = UB Knechtsteden, Nr. 20 (1218), Lacomblet II, Nr. 107 (1222). Bis auf die Urkunde aus dem Jahr 1222 sind übrigens alle gemeinsamen Urkunden im Kontext von Kreuzzugsvorbereitungen entstanden. 1126 Lacomblet IV, Nr. 645 = Schmitz, Ferdinand (Bearb.): Urkundenbuch der Abtei Heisterbach, Bonn 1908 (Urkundenbücher der geistlichen Stiftungen des Niederrheins 2), Nr. 18, UB Altenberg 1, Nr. 77, Lacomblet II, Nr. 72. 1127 Ficker: Engelbert der Heilige, S. 74. 1128 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 136 – 140. 1129 Ibid., S. 136.
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Erzbischofs Engelbert von Berg unterstellte, dem aus eigenem Antrieb an dem Erhalt einer starken bergischen Grafschaft gelegen war. 5.5.3 DIE ZUSAMMENSETZUNG DES KREUZZUGSKONTINGENTS VOM FRÜHJAHR 1218: EIN ERGEBNIS REICHSPOLITISCH GLEICHER POSITIONEN?
Interessant ist auch die Begleitung, in der sich Adolf von Berg auf seiner Reise nach Outremer befunden hat: Nach Bodo Hechelhammer segelte er gemeinsam mit den Grafen Wilhelm III. von Jülich, Heinrich III. von Sayn, Friedrich von Altena-Isenberg, Gottfried III. von Sponheim, Arnold von Kleve, Adolf I. von Dassel und Ratzeburg, Otto I. von Tecklenburg, Gebhard I. von Wernigerode, dem Edelherrn Heinrich der Schwarze von Arnsberg und Arnold von Gymnich, dem Schultheiß von Aachen.1130 Ihm zufolge brachen die von Köln betrachtet rheinaufwärts heimischen Adeligen nicht vor dem 3. März 1218 auf, denn an diesem Datum schenkte der ebenfalls als Kreuzfahrer nachweisbare Burggraf von Isenburg (Westerwald), Heinrich II., der Abtei Rommersdorf den Hof Markenberg.1131 Hechelhammer vermutet, dass sich diese Teilnehmer des Kreuzzugs in Köln versammelt haben 1132, um von dort gemeinsam die Überfahrt zu wagen, denn viele der genannten Kreuzfahrer bezeugen im Frühjahr 1218 Urkunden in der Rheinmetropole.1133 Auf den ersten Blick erscheinen Hechelhammers Schlussfolgerungen plausibel, allerdings treten bei der Durchsicht der von ihm herangezogenen und anderer Zeugenlisten chronologische Ungereimtheiten auf, die eine geschlossene Abreise der genannten Großen infrage stellen und die er nicht thematisiert: Zwar stützt die zwischen dem 18. und 26. Mai durch Friedrich von Isenberg, Otto von Tecklenburg und Heinrich den Schwarzen erfolgte Bezeugung einer erzbischöflichen Rechtshandlung 1134 seine These insoweit, als sie die Anwesenheit dieser Personen in Köln für das Frühjahr 1218 belegt. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass etwa Hermann von Alfter am 15. Juni für Adolf von Berg vor Damiette 1135, zwischen dem 28. Juni und dem 11. August aber gemeinsam mit Heinrich von Sayn, Friedrich von Isenberg und 1130 Hechelhammer: Kreuzzug und Herrschaft, S. 203; Powell: Anatomy, S. 209f. 1131 Goerz, Adam (Bearb.): Regesten der Erzbischöfe von Trier von Hetti bis Johann II. 814 – 1503, Trier 1861 (ND Aalen 1969), S. 33; Hechelhammer: Kreuzzug und Herrschaft, S. 203f. 1132 Hechelhammer: Kreuzzug und Herrschaft, S. 203. 1133 REK III, Nr. 200, 201, 211, 220. Zu ergänzen ist REK III, Nr. 225. 1134 REK III, Nr. 200, 201. 1135 Lacomblet II, Nr. 72.
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anderen in Köln testiert.1136 Bei der auf das Jahr 1218 datierten, von Knipping auf zwischen den 28. August und den 27. November eingereihten erzbischöflichen Inschutznahme des Klosters Heinsberg 1137 stoßen wir auf ein ähnliches Problem, denn neben Wilhelm von Jülich und Arnold von Gymnich testiert in dieser Urkunde Dietrich von Koslar, der wie Hermann von Alfter die Urkunde Adolfs von Berg vom 15. Juni bezeugt. Wilhelm von Jülich starb zu Beginn des Jahres 1219 in Ägypten 1138, also muss das Geschäft vor seiner Abreise getätigt worden sein. Eine Urkunde des mächtigen kölnischen Ministerialen Heinrich von Volmarstein lässt weitere Zweifel an einem gemeinsamen Aufbruch der genannten Magnaten aufkommen: Heinrich verkaufte im Jahr 1218 Teile eines Zehnten an das Kloster Cappenberg.1139 Eine genaue Datierung des Diploms ist zwar nicht ausdrücklich enthalten, doch kann man einen Terminus post quem ermitteln, indem man die Zeugenliste betrachtet: An erster Stelle testiert dominus Theodericus maior Coloniensis prepositus mox futurus Monasteriensis episcopus. Die Wahl Dietrichs III. von Isenberg zum Bischof von Münster erfolgte aber am 22. Juli 1218.1140 Da weiterhin Graf Friedrich von Isenberg und Heinrich der Schwarze von Arnsberg anwesend waren, können jene also nicht vor dem 22. Juli nach Ägypten aufgebrochen sein. In der wohl unmittelbar darauf ausgestellten Bestätigung des Geschäfts durch Erzbischof Engelbert testiert auch Graf Otto von Tecklenburg, weshalb der Verdacht entsteht, dass ein weiterer westfälischer Kreuzfahrer nach dem Juli 1218 offenbar noch in Köln weilte. Anneliese Naumann-Humbeck hat den Aufbruch Gottfrieds III. von Sponheim ebenfalls aufgrund des Urkundenbefundes in den Sommer oder Herbst 1218 datiert 1141, was einen gemeinsamen Aufbruch der genannten Großen weiter infrage stellt. Es bestehen drei Möglichkeiten, diese chronologischen Probleme einzuordnen: Entweder muss die Datierung der Urkunden überdacht werden oder H ermann von Alfter bzw. Dietrich von Koslar waren zum Zeitpunkt der Bezeugung 1136 REK III, Nr, 211. 1137 REK III, Nr. 225. 1138 Lacomblet II, Nr. 82, Anm. 1. Zu dieser Zeit sind auch die Grafen von Sayn und Isenberg sowie Arnold von Gymnich sicher dort belegt, denn sie treten als Zeuge der Urkunde Wilhelms auf. 1139 WUB III, 1, Nr. 123. Die Bestätigung Engelberts ibid., Nr. 124 und, mit anders formulierter Datierung, Nr. 125 = WUB VII, Nr. 151. 1140 WUB III, 1, Nr. 133; REK III, Nr. 213. 1141 Naumann-Humbeck, Anneliese: Studien zur Geschichte der Grafen von Sponheim vom 11. bis 13. Jahrhundert, Bad Kreuznach 1983 (Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach 14), S. 284.
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bereits wieder in Köln. Letzteres würde bedeuten, dass Adolf von Berg ohne seine mächtigste Verwandtschaft nach Ägypten aufgebrochen war, die noch in Köln weilte, als er bereits vor Damiette urkundete. Schließlich bleibt noch die stets zu berücksichtigende Möglichkeit der zeitlichen Differenz von Rechtsakt und Beurkundung.1142 Diese Interpretation erscheint am schlüssigsten, weil in der vor Damiette abgefassten Urkunde des Bergers auch saynische Ministerialen testieren 1143, die den Kreuzzug wohl kaum ohne ihren Herrn angetreten hätten, der neben Hermann von Alfter in Köln testierte. Heinrich von Sayn, Friedrich von Isenberg und Hermann von Alfter hätten demnach im Frühjahr 1218 in Köln eine Rechtshandlung des Erzbischofs bezeugt, die zwischen Juni und August beurkundet worden ist. Analog dazu hätten Wilhelm von Jülich, Dietrich von Koslar und Arnold von Gymnich eine frühere Rechtshandlung in Köln bezeugt, die erst später – während ihres Kreuzzugs – niedergeschrieben worden ist.1144 Wenn man die von Hechelhammer herangezogenen Urkunden bzw. Regesten auf diese Weise interpretiert, bleibt das von ihm vorgeschlagene Szenario denkbar: Dann ist es möglich, dass sich tatsächlich ein großes Kontingent (nieder-)rheinischer und westfälischer Magnaten von Köln aus per Schiff nach Ägypten aufgemacht hat. Sollten die chronologischen Befunde allerdings nicht durch die Divergenz von Handlung und Verschriftung erklärbar sein (und vor einer Überstrapazierung des Verweises auf unterschiedliche Handlungs- und Verschriftungszeiten sei gewarnt), dann muss die These eines gemeinsamen niederrheinisch-westfälischen Kreuzfahrerkontingents wohl fallen gelassen werden. Die Einheit des Kontingents einmal angenommen, stellt sich die Frage nach der Zusammensetzung der Gruppe. Ein wichtiger Faktor wurde bereits angesprochen – viele der genannten Familien waren miteinander verwandt: Graf Everhard von Altena, Onkel Adolfs III . von Berg, war mit Margarethe von Jülich verheiratet, der Schwester Graf Wilhelms.1145 Über die Linie der Herzöge von Limburg war Arnold von Kleve mit den Grafen von Jülich verschwägert,
1142 Ausführlich zu den mit der Differenzierung von Rechtsakt und Beurkundung in Privaturkunden verbundenen Schwierigkeiten Ficker, Julius: Beiträge zur Urkundenlehre 1, Innsbruck 1877, S. 60 – 106. 1143 S. Kap. 5.5.6. 1144 Zur Differenzierung von Handlungs- und Beurkundungszeugen Ficker: Beiträge 1, S. 98 – 104. 1145 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 42; zur Genealogie der Grafen von Altena Vahrenhold-Huland: Grafschaft Mark, S. 22 – 35; Wunder: Familie, passim.
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denn sein Bruder Dietrich I. von Heinsberg und Valkenburg war mit Isalda von Limburg vermählt.1146 Über Dietrich war Arnold auch mit dem bergischen Grafenhaus verwandt, wobei die Verwandtschaft zwischen Heinsbergern und Bergern seit den Zeiten des Kölner Erzbischofs Philipp belegt ist und auf die Ehe seiner Großmutter Adelheid von Lauffen zurückgeht, die mit Adolf I. von Berg verheiratet gewesen war.1147 Friedrich von Altena-Isenberg war ein Enkel Everhards von Altena, des älteren Bruders Engelberts von Berg.1148 Seine Tante Oda von Berg-Altena war mit Graf Simon I. von Tecklenburg verheiratet, und deren gemeinsames Kind war Otto I. von Tecklenburg.1149 Die Großmutter der Ehefrau Adolfs II. von Berg aus dem Haus Schwarzenburg war Richgard von Sponheim, außerdem war Gottfried III. mit Adelheid von Sayn verheiratet.1150 Schließlich hatte Adolf III. von Berg möglicherweise eine Saynerin geehelicht.1151 Hechelhammer hat aus genealogischer Sicht sicher Recht, wenn er die Herzöge von Limburg als Hauptlinie des beschriebenen Verwandtschaftskomplexes ausmacht.1152 Ergänzt werden muss allerdings, dass das ‚Scharnier‘ der verwandtschaftlichen Beziehungen im Jahr 1218 bei den Grafen von Berg zu suchen ist, die mit den meisten niederrheinischen, mittelrheinischen und westfälischen Großen, die im Frühjahr nach Damiette aufbrachen, eng verschwägert waren und deren Grafschaft auch geopolitisch als rheinische Brücke nach Westfalen diente. Für die größere Relevanz des bergischen Grafenhauses innerhalb dieses Verwandtschaftsgeflechts im Kontext des Kreuzzugs spricht besonders, dass Adolf III. selbst am Kreuzzug teilnahm, während die Limburger sich erst auf dem Kreuzzug Friedrichs II. 1228/1229 hervortaten. Zudem lassen sich die genealogischen Zusammenhänge vieler teilnehmender Familien auch ohne Rückgriff auf die Limburger erklären. Neben den engen verwandtschaftlichen Verflechtungen der rheinischen und westfälischen Teilnehmer, die im Frühjahr 1218 nach Ägypten aufbrachen, hat Hechelhammer eine weitere Auffälligkeit beobachtet, nämlich deren 1146 Schwennicke (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge 6, Tafeln 22, 26, 33. 1147 S. Kap. 3.3.1. 1148 Schwennicke (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge 6, Tafel 4. 1149 Ibid. 1150 Ibid., Tafel 3; Schwennicke, Detlev (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge 4, Tafeln 116b, 118, 119. 1151 Bohn: Mechthild von Sayn, S. 51; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 49. 1152 Hechelhammer: Kreuzzug und Herrschaft, S. 204. Die Grafen von Berg waren über die Ehe Heinrichs von Limburg mit Irmgard, der Tochter Adolfs III. von Berg, miteinander verwandt. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 48.
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politische Positionierung im Thronstreit: „Festzuhalten an dieser Stelle bleibt, dass unter diesen Kreuzfahrern neben den dynastischen Verbindungen und der vorhandenen regionalen Nähe untereinander eine gemeinsame reichspolitische Grundhaltung vorlag. (…) Alle Kreuzzugsteilnehmer wechselten innerhalb eines bestimmten Zeitraums – frühestens Mitte 1214 bis Mai 1215 – in das politische Lager des neuen Königs Friedrich II. und verließen die kaiserliche Partei.“1153 Diese Beobachtung ist auf den ersten Blick einleuchtend, doch sollte sie überprüft werden, um zu einer differenzierteren Betrachtung zu gelangen: Hechelhammer schreibt selbst, dass die westfälischen Grafen von Dassel und Tecklenburg bis zum Tod Kaiser Ottos in dessen Lager ausharrten, ebenso Heinrich der Schwarze von Arnsberg.1154 Die Grafen von Jülich, Berg und Sayn hatten hingegen spätestens seit der Unterwerfung Herzog Heinrichs von Brabant im Sommer 1214 die Seiten gewechselt.1155 Gottfried III. von Sponheim war nie ein Anhänger des Welfen gewesen – er hatte sich ihm nur notgedrungen angeschlossen, nachdem Philipp von Schwaben ermordet worden und das welfische Königtum für eine kurze Zeit unantastbar gewesen war.1156 Vermutlich hat er bereits um das Jahr 1211 erneut die Anbindung an die staufische Partei gesucht.1157 Mit der politischen Homogenität in Reichsfragen ist es in diesem Kreuzfahrerkontingent – so es denn überhaupt ein gemeinsames war – also nicht weit her: Neben treuen Welfenanhängern finden sich politische Pragmatiker und sogar ein konsequenter Parteigänger der Staufer. Die vermeintlich politisch homogene Gruppe, die 1218 nach Ägypten aufbrach, wies demnach durchaus Binnendifferenzierungen auf, die die Einheitlichkeit der reichspolitischen Positionierungen ihrer Protagonisten in Zweifel ziehen. Hechelhammers Beobachtung erweist sich folglich als nicht belastbar. So es sich denn um ein gemeinsames Kontingent gehandelt hat, dürften die primären Beweggründe für ein Zusammengehen in den verwandtschaftlichen Beziehungen und der regionalen Nähe zu suchen sein.
1153 1154 1155 1156 1157
Hechelhammer: Kreuzzug und Herrschaft, S. 206. Ibid., S. 204f. Ibid., S. 205f.; s. Kap. 3.4.1.2. Naumann-Humbeck: Grafen von Sponheim, S. 277 – 283. Dotzauer, Winfried: Geschichte des Nahe-Hunsrück-Raumes von den Anfängen bis zur Französischen Revolution, Stuttgart 2001, S. 165f.; Naumann-Humbeck: Grafen von Sponheim, S. 281f.
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5.5.4 ADOLF III. ALS ANFÜHRER DER NIEDERRHEINISCHEN UND FRIESISCHEN KONTINGENTE BEI DER BELAGERUNG DAMIETTES – WARUM AUSGERECHNET ADOLF?
Eine der wichtigsten militärischen Herausforderungen, die die Kreuzfahrer während des Fünften Kreuzzugs zu bewältigen hatten, bestand in der Eroberung des Kettenturms von Damiette, ohne die an eine Einnahme der Stadt überhaupt nicht zu denken gewesen wäre.1158 Der Augenzeuge Oliver von Paderborn erwähnt Adolf III. von Berg im Zusammenhang mit der Belagerung des Kettenturms, durch den es den Muslimen möglich gewesen war, den einzig schiffbaren Nilarm zu kontrollieren: Interim dux Austrie et Hospitale sancti Johannis duas scalas preparaverunt super duos cogones, Teutonici vero et Frisones tertiam navim [!] propugnaculis munierunt castellulo in summitate mali composito absque scale suspensione. Caput eorum, dux et iudex fuit comes Adolfus de Monte, vir nobilis et potens, frater Coloniensis archiepiscopi, qui ante turrim captam mortuus fuit apud Damiatam.1159 Währenddessen bereiteten der Herzog von Österreich 1160 und die Johanniter zwei Leitern auf zwei Schiffen (Koggen) vor, während Deutsche und Friesen ein drittes Schiff mit Schutzwehren und einer kleinen Festung am oberen Mastende versahen, von der keine Leiter herabhing. Ihr Haupt, Führer und Richter war Graf Adolf von Berg, ein edler und mächtiger Mann, Bruder des Kölner Erzbischofs. Adolf starb vor Damiette, bevor der Turm erobert wurde.
1158 Für den Turm von Damiette siehe Powell: Anatomy, S. 140f.; Gottschalk, Hans L.: Almalik Al-Kamil von Egypten und seine Zeit: eine Studie zur Geschichte Vorderasiens und Egyptens in der 1. Hälfte des 7./13. Jahrhunderts, Wiesbaden 1958, S. 60 – 65; von den Brincken, Anna-Dorothee: Oliverus scholasticus et cardinalis († 1227), in: Rheinische Lebensbilder 12 (1991), S. 47 – 67, S. 50 – 55; dies.: Islam und Oriens Christianus in den Schriften des Kölner Domscholasters Oliver († 1227), in: Zimmermann, Albert / Craemer-Ruegenberg, Ingrid (Hgg.): Orientalische Kultur und europäisches Mittelalter, Berlin u. a. 1985 (Miscellanea mediaevalia 17), S. 86 – 103, S. 91. 1159 Historia Damiatina, cap. 11, S. 179. 1160 Gemeint ist hier Leopold VI. Zu seinem Kreuzzug siehe zuletzt Meytsky, Friedrich: Der Politische Horizont des Babenbergers Leopold VI., Wien 2009 (E-Thesis unter http:// othes.univie.ac.at/6282/1/2009-05-18_9203611.pdf, 10-07-2014), S. 44f.
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Im selben Kontext erwähnt auch Roger von Wendover – der sich hier im Wesentlichen auf den Bericht Olivers stützt 1161 – den bergischen Grafen: Tunc Frisones et Teutonici, quorum dux fuit comes Adulphus de Monte, vir nobilis et potens, navem quandam cum propugnaculis munierunt et in summitate mali castellulo ordinato. Ipsa vero navis a bellatoribus civitatis, turris et pontis, igne Graeco impetebatur et jaculis vehementer, quae tandem igne correpta, cum timerent Christiani ne penitus consumeretur, defensores ejus ignem viriliter extinxerunt, ac deinceps damna plurima per balistarios, qui intus erant, Saracenis fecerunt.1162 Dann statteten Friesen und Deutsche, deren Anführer Graf Adolf von Berg war, ein edler und mächtiger Mann, ein Schiff mit Schutzwehren aus und befestigten eine kleine Festung am oberen Mastende. Dieses Schiff wurde von den Kämpfern der Stadt, des Turms und der Brücke heftig mit griechischem Feuer sowie Geschossen angegriffen und schließlich vom Feuer erfasst, und gerade als die Christen fürchteten, dass es völlig verbrennen würde, gelang es den Verteidigern, das Feuer tapfer zu löschen; und danach richteten die Schützen, die im Schiff waren, großen Schaden unter den Sarazenen an.
Aus den sehr ähnlichen Zeugnissen Olivers und des von ihm abhängigen Roger von Wendover geht hervor, dass Adolf zumindest für die Dauer der Belagerung des Turms als Anführer der (Nieder-)Deutschen 1163 und Friesen wahrgenommen wurde. Dieser Befund ist nicht selbstverständlich, wo doch andere Würdenträger gleichen Ranges diese Position ebenfalls für sich hätten beanspruchen können, beispielsweise Simon II . von Saarbrücken, der als Befehlshaber der ‚Landungstruppen‘ einen wichtigen Brückenkopf vor Damiette gesichert und so seine militärische Kompetenz unter Beweis gestellt hatte 1164, Wilhelm von Holland oder Georg von Wied, die auf ihrem (See-)Weg nach Akkon Alcácer
1161 Auch für seine Darstellung des Dritten Kreuzzugs schrieb Roger von Wendover Berichte von Teilnehmern aus. Schnith, Karl: England in einer sich wandelnden Welt (1189 – 1259). Studien zu Roger Wendover und Matthäus Paris, Stuttgart 1974 (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 7), S. 19. 1162 Flores historiarum, Bd. 4, anno 1218, S. 38. 1163 Oliver unterscheidet zwischen Teutonici und Alemanni, womit er Nieder- bzw. Oberdeutsche bezeichnet. Historia Damiatina, cap. 8, S. 172f. 1164 Historia Damiatina, cap. 10, S. 177: Applicantes autem ad portum Damiate elegerunt sibi capitaneum comitem de Sareponte et hostilem terram ceperunt, antequam rex et prenominati duces subsequerentur, tertia feria sine sanguinis impensa.
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do Sal von den Muslimen erobert hatten.1165 Warum nun wurde ausgerechnet Adolf von Berg zum Anführer der Norddeutschen und Friesen bei der Belagerung der ägyptischen Hafenstadt auserkoren? Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen werden. Ein bereits diskutierter Grund für die Führungsrolle Adolfs III. bestand in der Verwandtschaft des Bergers zu zahlreichen Großen innerhalb der rheinischwestfälischen Kontingente. Doch reicht diese Erkenntnis für eine plausible Begründung keineswegs aus. Familienbande allein können zwar eine gewisse Akzeptanz innerhalb des Adels begründen, für sich genommen aber noch kein militärisches Kommando, das sich auch über Truppenteile erstreckte, mit deren Führern der Berger keinesfalls verwandt war, nämlich die Friesen. Andere Faktoren müssen also ebenfalls berücksichtigt werden: Im Frühjahr 1214 hatte König Friedrich II. in Vorbereitung einer Heerfahrt nach Aachen einen Hoftag nach Koblenz einberufen.1166 Auf dem Weg dorthin war Bischof Otto von Münster von den Bürgern der Städte Köln und Münster, die immer noch aufseiten der welfischen Partei standen, gefangengenommen und an Otto IV . ausgeliefert worden.1167 Der Kaiser wiederum kerkerte Bischof Otto in der Festung Kaiserswerth ein, bevor er begann, die Grafschaft Geldern zu verwüsten.1168 Die Schlacht bei Bouvines am 27. Juli dieses Jahres stellte die militärische Entscheidung des Thronstreits dar, und sie fiel gegen den Kaiser aus. In der Folge setzte sich Friedrich II. auch am Niederrhein dauerhaft durch. Die erste Aufgabe, die Adolf von Berg von Friedrich zugewiesen wurde, gleichsam ein Test der Loyalität, bestand in der Befreiung Ottos von Münster aus der Festung Kaiserswerth.1169 Die Beauftragung Adolfs erklärt sich vielleicht aus der ber 1165 Historia Damiatina, cap. 8, S. 173; Flores historiarum, anno 1217, S. 33f.; De itinere Frisonum, S. 62 – 66. 1166 CrC cont. II, anno 1214, S. 191; Stürner: Friedrich II. 1, S. 168. 1167 WUB II, Nr. 81. 1168 CrC cont. II, anno 1214, S. 191: In pascha Fridericus rex apud Confluentiam curiam habuit, ubi principes omnes, quorum plurimi advenerant, expeditionem Aquisgrani iurare fecit post pentecostem celebrandam. In quadragesima quidam ex Coloniensibus Ottonem Monasteriensem episcopum, [ad] iam dictam curiam iturum, in ipsa civitate Colonia ad Sanctam Mariam-ingradibus ceperunt, captumque Ottoni imperatori tradiderunt, qui se eo tempore apud castrum Werdene tuebatur; unde ipsa civitas excommunicationi subiacuit. 1169 Zur Bedeutung Kaiserswerths als staufische Pfalz siehe zuletzt Lorenz, Sönke: Kaiserswerth. Stauferzentrum am Niederrhein, in: Rueß, Karl-Heinz (Hg.): Staufische Pfalzen, Göppingen 1994 (Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst 14), S. 99 – 117; ders.: Kaiserswerth im Mittelalter, S. 61 – 99.
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gischen Vogtei über das Stift St. Suitbert, die der bergische Graf oder sein Vater erlangt haben könnte.1170 Die Belagerung begann am Anfang der Fastenzeit des Jahres 1215, also ungefähr am 4. März.1171 Die Chronica s. Pantaleonis beschreibt die Belagerung recht detailliert: Otto itaque imperator Coloniae diu cum uxore commoratus et ab omnibus derelictus, cum nullas preces pro absolutione episcopi, quem captum Werde tenebat, admitteret, Adolfus comes de Monte ipsum castrum ubi tenabatur obsedit. Quod dum per plurimos dies inpugnaret et parum proficeret, tandem per fossores maximas cavationes per fundamentum turris faciens, ipsos defensores castri in desparationem induxit. Qui necessitate compulsi episcopum cum ipso castro [comiti] tradiderunt, liberum recessum cum suis omnibus ab eodem impetrantes.1172 Kaiser Otto, von allen verlassen, weilte lange mit seiner Frau in Köln und ließ sich durch keine Bitten für die Freilassung des Bischofs, den er in Kaiserswerth gefangen hielt, erweichen. Deshalb belagerte Graf Adolf von Berg diese Burg, wo jener gefangengehalten wurde. Nachdem er viele Tage lang die Burg bestürmt und wenig ausgerichtet hatte, ließ er durch Mineure sehr große Höhlungen in das Fundament des Turmes machen, wodurch er die Verteidiger der Burg zur Verzweiflung brachte. Von der Not gezwungen übergaben jene den Bischof und die Burg dem Grafen, und im Gegenzug erreichten sie von ihm freien Abzug mitsamt den Ihren.
Das Echo der erfolgreichen Belagerung bzw. Befreiung war außergewöhnlich – die zweite Fortsetzung der Kölner Königschronik berichtet, dass Adolf zur Belohnung seiner Dienste die Burg Kaiserswerth erhielt und von Friedrich sowie den in Aachen anwesenden Fürsten für seinen Erfolg sehr gepriesen wurde.1173 Für dieses Lob war wohl nicht nur die Befreiung Ottos von Münster ausschlaggebend, sondern auch die außergewöhnliche militärische Leistung Adolfs: Friedrich Barbarossa hatte im Jahr 1174 den Rheinzoll von Tiel nach Kaiserswerth verlegt und damit die Bedeutung dieser Pfalz stark gesteigert.1174 Dem entspre1170 S. Kap. 3.3. 1171 CrC cont. II, anno 1215, S. 193. 1172 Chronica s. Pantaleonis, anno 1215, S. 236. Neben diesen Annalen berichten auch die Annales Stadenses von der Befreiung Bischof Ottos durch Adolf: Annales Stadenses, ed. Johann Martin Lappenberg, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 271 – 379, anno 1215, S. 356: Monasteriensis episcopus a comite Adolfo a captivitate eripitur, et ab eo castrum Werdina obsidetur. 1173 CrC cont. II, anno 1215, S. 193: (…) cui rex castrum resignavit. Episcopus contra Colonienses querimoniam super captivitate sua proposuit, comes de facto suo a rege et principibus quam plurimum commendatur. 1174 MGH DD F I/3, Nr. 602 u. 626.
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chend hatte der Kaiser wohl kurz danach den Auftrag gegeben, Kaiserswerth zu befestigen, denn im November des Jahres 1189 wies er seinen Sohn Heinrich in einem Brief aus Philippopel an, die Befestigungsarbeiten an der Pfalz endlich fertigzustellen und die Burg noch stärker bewachen zu lassen.1175 Gerade einmal rund 25 Jahre vor ihrer Einnahme durch Adolf war die Pfalz also zu einer Festung ausgebaut und auf den neuesten Stand der Belagerungstechnik gebracht worden. Kaiserswerth gehörte folglich zu den modernsten Befestigungsanlagen am Niederrhein jener Zeit und besaß eine Schlüsselstellung für die Kontrolle der Rheinschifffahrt. Doch der vorangegangene Ausbau der Pfalz war nicht der einzige Umstand, der den Erfolg Adolfs so außergewöhnlich erscheinen ließ – die Lage der Pfalz erschwerte zusätzlich jegliche militärischen Aktionen gegen sie, denn Kaiserswerth lag damals auf einer Insel inmitten des Rheins 1176, und die immer noch auf welfischer Seite stehende Stadt Köln kontrollierte den Fluss oberhalb der Festung.1177 Nach Karl Heck hat Adolf dieses Problem gelöst, indem er mit der Errichtung eines Damms die Pfalz auf einer Seite trocken legte, woraufhin er mit der Unterminierung beginnen konnte 1178 – diese Annahme erscheint einleuchtend, ist meiner Meinung nach jedoch nur ungenügend belegbar, weshalb sie hier unberücksichtigt bleiben soll.1179 Das Datum der Übergabe lässt sich auf
1175 MGH DD F I/4, Nr. 1009, S. 305. Zur Entwicklung der Pfalz unter Friedrich I. Weber, Dieter: Friedrich Barbarossa und Kaiserswerth. Eine Skizze der städtischen Entwicklung Kaiserswerths im 12. Jahrhundert, Kaiserswerth 1981 (Schriftenreihe des Heimat- und Bürgervereins Kaiserswerth 12). 1176 MGH DD F I/4, Nr. 1009. Friedrich bezeichnet die Pfalz hier als Domus insularia sancti Suiberti. Auch in MGH DD F I/4, Nr. 963 spricht der Staufer in Bezug auf die Zollstation in Kaiserswerth von einer insula sancti Sviperti. Zur Baugeschichte siehe Biller, Thomas: Die Pfalz Friedrichs I. zu Kaiserswerth: Zu ihrer Rekonstruktion und Interpretation, in: Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und Schlössern in Verbindung mit dem Germanischen Nationalmuseum (Hg.): Schloß Tirol. Saalbauten und Burgen des 12. Jahrhunderts in Mitteleuropa, München / Berlin 1998 (Forschungen zu Burgen und Schlössern 4), S. 173 – 188. 1177 Buhlmann, Michael: Die erste Belagerung Kaiserswerths (1215). König Friedrich II. und Kaiser Otto IV. im Kampf um den Niederrhein, in: Beiträge zur Geschichte Kaiserswerths 1 (2004), S. 3 – 28, S. 14f. 1178 Heck, Karl: Geschichte von Kaiserswerth. Chronik der Stadt, des Stiftes und der Burg, mit Berücksichtigung der näheren Umgebung, Düsseldorf 31936, S. 48. 1179 Außerdem neigte Heck ohnehin zur Überhöhung alles „Heimatlichen“, insofern ist hier besondere Vorsicht geboten. Buhlmann ist ebenfalls skeptisch: Die erste Belagerung Kaiserswerths, S. 14f.
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den 24. Juli terminieren 1180, was zusätzlich einen Blick auf den zeitlichen Aspekt erlaubt. Da die Belagerung der Pfalz am Anfang der Fastenzeit begann, können wir festhalten, dass Adolf von Berg es also fertigbrachte, Kaiserswerth in nicht einmal fünf Monaten zu erobern – eine unter diesen Umständen recht kurze Zeit. Zum Vergleich: Der römisch-deutsche (Gegen-)König Wilhelm von Holland benötigte für die Einnahme Kaiserswerths 1247/48 fast ein ganzes Jahr.1181 Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass Adolf von Berg von König und Fürsten außerordentliches Lob auch für seine militärische Leistung bei der Befreiung Ottos von Münster erfuhr, nämlich weil er die Besatzung einer modernen, schwer befestigten Burg inmitten eines großen Flusses in verhältnismäßig kurzer Zeit zur Aufgabe hatte bringen können. Drei Jahre später präsentierte sich den Kreuzfahrern vor Damiette nun eine frappierend ähnliche Situation wie dem bergischen Grafen bei der Belagerung Kaiserswerths. Der muslimische Geschichtsschreiber Ibn al-Athīr beschreibt die Lage des Kettenturms folgendermaßen: Sie [die Franken, A. B.] landeten auf der Halbinsel, durch den Nil von der Stadt Damiette getrennt, denn ein Arm des Nils mündet bei Damiette in das Meer. Ein großer, starker Turm war inmitten des Flusses errichtet worden, an dem sie starke Eisenketten angebracht hatten, die sie über den Fluss bis zur Stadt Damiette gespannt hatten. So verhinderten sie, dass Schiffe, die vom Meer her kamen, den Nil weiter hinauf gelangen konnten. Ohne diesen Turm und diese Ketten wäre es niemandem möglich gewesen, die Schiffe des Gegners aus allen Teilen Ägyptens, nah oder fern, herauszuhalten.1182
Wie die Pfalz lag der Kettenturm auf einer kleinen Insel inmitten eines großen Stromes 1183, weshalb er den dortigen Schiffsverkehr kontrollierte und durch einen direkten Sturmangriff praktisch nicht zu erobern war.1184 In Friedenszeiten 1180 Chronica s. Pantaleonis, anno 1215, S. 236. 1181 Die Chronica s. Pantaleonis cont. II, anno 1247/48, S. 292 verzeichnet zwar den Beginn der Belagerung richtig (13. Dezember 1247), liegt aber falsch, wenn sie behauptet, die Festung sei Wilhelm schon lange vor November 1248 übergeben worden (ibid., S. 293). Dem Urkundenbefund ist hier mehr zu vertrauen. Siehe RI V, 1, 2, Nr. 4951a. 1182 Richards, Donald S. (Übers.): The Chronicle of Ibn al-Athīr for the Crusading Period from al-Kāmil fīl-ta’rīkh 3: The Years 589 – 629/1193 – 1231. The Ayyūbids after Saladin and the Mongol Menace, Aldershot 2008 (Crusade Texts in Translation), cap. 323, S. 176. 1183 Historia Damiatina, cap. 11, S. 179: Turris in medio fluminis sita capienda fuit ante transitum ipsius. 1184 Der Turm war durch eine Ponton-Brücke mit der Stadt verbunden, ansonsten vollkommen von Wasser umgeben. Historia Damiatina, cap. 11, S. 180: (…) inferrens Egyptiis, presertim
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dienten folglich beide Befestigungen als Zollstationen.1185 Auch war der Turm erst wenige Jahre zuvor, in den Jahren 1181/82, von Saladin neu errichtet worden, nachdem die ursprünglich aus dem 10. Jahrhundert (oder früher) stammende Anlage praktisch verfallen war.1186 Adolf von Berg wurde nun meiner Ansicht nach nicht nur zum Anführer der niederdeutschen und friesischen Kontingente bei dieser Belagerung erwählt, weil er ein ranghoher und verwandtschaftlich gut vernetzter Adeliger des Niederrheingebiets war, sondern auch, weil er bei der erfolgreichen Belagerung Kaiserswerths demonstriert hatte, dass er militärisch in der Lage war, derartig gelegene Festungen zügig einzunehmen. Das Lob des Königs und der Fürsten in Aachen wird darüber hinaus wohl dazu beigetragen haben, seine Fähigkeiten überregional bekannt zu machen, was die Entscheidung, ihm das Kommando zu übergeben, noch weiter erleichtert haben dürfte. Der Zeitpunkt der Wahl 1187 Adolfs zum Anführer der Niederdeutschen und Friesen kann auf das Zeitfenster zwischen dem Eintreffen der Rheinländer und Friesen und der Aufnahme der Belagerung eingegrenzt werden, denn mindestens bis zur Landung in Akkon befehligten die Grafen Wilhelm von Holland und Georg von Wied diese Kontingente.1188 Unterstützt wird die These, dass Adolf von Berg seiner Erfahrung wegen das Kommando über Norddeutsche und Friesen bei der Belagerung des Kettenturms führte, durch die Gesta crucigerorum Rhenanorum. Sie vermelden den Tod des Grafen im Grunde übereinstimmend mit Oliver, wenn auch pathetischer, folgendermaßen:
illis, qui stabant in ponte inter civitatem et turrim porrecto. 1185 Gesta crucigerorum Rhenanorum, S. 39: nam muro civitatis ad hanc turrim cathena Nilum claudens protenditur, que solis mercatoribus, ad replendam Egyptum festinantibus, ad effusionem thelonei solita est aperiri. 1186 Lev, Yaakov: Saladin in Egypt, Leiden 1998 (Medieval Mediterranean 21), S. 166; Powell: Anatomy, S. 140f. 1187 Diese Form der Kommandoübertragung wird zwar nicht explizit erwähnt, ist aber in Analogie zur so bezeichneten Wahl Graf Simons von Saarbrücken und – nach dem Tod Adolfs – Georgs von Wied stark anzunehmen. Historia Damiatina, cap. 10, S. 177: Applicantes autem ad portum Damiate elegerunt sibi capitaneum comitem de Sareponte et hostilem terram ceperunt, (…). Gesta crucigerorum Rhenanorum, S. 41: Post predictum comitem semper memorandum, comes Gerardus de Wide in milicie dominum a Teutonicis communiter eligitur. 1188 Historia Damiatina, cap. 8, S. 173.
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Similiter flos Theutonie, id est comes Adulfus de Berge, Francorum omnium caput et Frisonum, in cuius consilio totus spem suam ponebat exercitus, felici fine decessit, cuius ossa apud hospitale Theutonicorum venerabiliter sunt locata.1189 Ähnlich kam auch die Blüte Niederdeutschlands, Graf Adolf von Berg, Haupt aller Franken und Friesen, in dessen Rat das ganze Heer seine Hoffnung gesetzt hatte, zu einem glücklichen Ende. Seine Knochen sind bei dem Hospital der Deutschen würdig beigesetzt worden.
Der Passus, der das consilium des Grafen betont, muss hier besonders berücksichtigt werden. Es ist sicher einleuchtend, dass nur der erfahrene Krieger als Ratgeber bzw. Befehlshaber des Heeres in Betracht kommen kann. Die Erfahrung, die Adolf aus dem Gros der vor Damiette anwesenden Fürsten heraushob und ihn als Ratgeber prädestinierte, hatte er sich vor allem durch die erfolgreiche Belagerung Kaiserswerths angeeignet, die in ihren Bedingungen der Belagerung des Turms vor Damiette stark ähnelte. 5.5.5 ADOLF VON BERG ALS KOMMANDEUR VOR DAMIETTE: TAKTISCHES VORGEHEN UND PLÖTZLICHER TOD
Adolf fand im Vorfeld der Belagerung dann allerdings doch etwas andere Bedingungen als bei Kaiserswerth vor – während der Rhein zwar ein großer, beizeiten reißender, aber prinzipiell bekannter und berechenbarer Strom war, war der Nil den Kreuzfahrern eine weitgehend unbekannte Größe, zumal die Nilmündung mit ihren Untiefen und Strudeln weitere Schwierigkeiten bereit hielt. Die Taktik, auf die sich die Heerführer einigten, sah vor, dass zwei Schiffe mit Leitern den Turm direkt attackieren sollten, während ein drittes Schiff die Pontonbrücke zur Stadt unter Beschuss nahm. Adolf als Anführer der Niederdeutschen und Friesen dürfte für die letztgenannte Aufgabe verantwortlich gewesen sein, denn Oliver und Roger ordnen dieses Schiff ganz explizit den genannten Kontingen ten zu. Während Leopold und die Ordensritter den Turm direkt angriffen und dabei ihre Leitern und zahlreiche Soldaten verloren 1190, schnitten Niederdeutsche und Friesen etwas besser ab:
1189 Gesta crucigerorum Rhenanorum, cap. 6, S. 40f. 1190 Historia Damiatina, cap. 11, S. 180: Hospitalariorum scala confracta cum malo cecidit bellatores suos precipitans, scala ducis simili modo confracta eadem fere hora milites strennuos et armatos corpore deciduos secundum animas levavit ad celum glorioso martirio coronatos.
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Navis autem Theutonicorum et Frisonum inter turrim et civitatem anchoram habebat fixam dampna plurima per ballistarios, qui intus locati fuerant, inferrens Egyptiis, presertim illis, qui stabant in ponte inter civitatem et turrim porrecto.1191 Das Schiff der Deutschen und Friesen aber hatte den Anker zwischen Turm und Stadt geworfen, von wo sie den Ägyptern große Verluste durch die im Schiff befindlichen Schützen zufügten, besonders jenen, die auf der zwischen Stadt und Turm errichteten Brücke standen.
Die Kommandeure hatten wahrscheinlich erkannt, dass ein direkter Angriff nur wenig Sinn ergab, wenn der Turm ungestört Nachschub erhalten konnte. Daher dirigierten sie ein Schiff als ‚mobile Artillerie‘ in eine bestimmte Position, um einen Angriff auf die Verbindung zwischen Turm und Stadt durchzuführen. Durch diesen Schachzug sollte die Versorgung der Turmbesatzung dauerhaft gestört werden, andernfalls hätte es dort nicht geankert. Dieser prinzipiell sinnvolle Ansatz wurde jedoch durch die nun taktisch ungemein nachteilige Lage des Schiffes konterkariert: Ipsa vero navis a bellatoribus civitatis, turris et pontis iaculis et igne Greco impetebatur vehementius; tandem igne correpta fuit; et cum timerent Christiani, ne consumeretur omnino, defensores illius ignem viriliter extinxerunt, et sic tandem sagittis tam intus quam foris quam in castellulo in summitate mali collocato, in funibus etiam licet tensis repleta cum magno Christianitatis honore ad locum sue stationis fuit reducta.1192 Das Schiff selbst wurde von den Soldaten der Stadt, des Turms und der Brücke mit Geschossen und griechischem Feuer angegriffen. Schließlich wurde es von Feuer erfasst, und als die Christen fürchteten, es würde völlig zerstört werden, löschten die Verteidiger das Feuer tapfer. Von Pfeilen innen wie außen durchbohrt, an der kleinen Festung am Ende des Mastes wie auch an den Seilen der Betakelung, wurde das Schiff angefüllt mit der großen Ehre der Christenheit an seine (Ausgangs-)Position zurückgebracht.
Die ersten Versuche, den Turm von Damiette zu erobern, scheiterten also am zähen Widerstand der Verteidiger, die die schwimmenden Belagerungsgeräte in Brand steckten, und an dem ausgeklügelten Befestigungssystem der Stadt. In der Folge bedachten und versuchten die Belagerer zahlreiche Möglichkeiten,
1191 Ibid. 1192 Historia Damiatina, cap. 11, S. 180f.
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die Turmbesatzung zur Aufgabe zu bewegen: Beschuss durch Wurfmaschinen, Aushungern, Unterminierung – nichts half. Die Mauern waren zu dick, die Verbindungsbrücke hatte noch nicht zerstört werden können und die Nilfluten erlaubten keine Grabungsarbeiten 1193, mit denen Adolf von Berg vor Kaiserswerth noch Erfolg gehabt hatte. Wie wir den Erzählungen der Historia Damiatina, den Gesta crucigerorum Rhenanorum sowie verschiedenen Memorialbüchern entnehmen können, verstarb Adolf während der Belagerung des Turmes am 7. August 1218.1194 Die Früchte seiner Arbeit – nämlich die Eroberung des Turmes am Ende dieses Monats 1195 – durfte er also nicht mehr ernten. Aus dem Todesdatum ergibt sich, dass Adolf im Alter von mindestens 43 Jahren verstorben ist.1196 Da Adolf keine männlichen Nachkommen hatte, wäre die Grafschaft Berg an seinen Schwiegersohn Heinrich von Limburg gegangen, wenn Adolfs Bruder Engelbert sich dem nicht erfolgreich entgegengestellt hätte.1197 Adolf III. von Berg war nach seinem Onkel Adolf und seinem Vater Engelbert der dritte Berger, der während eines Kreuzzuges verstarb. 5.5.6 ADOLF UND SEINE BEGLEITER VOR DAMIETTE – BELEG FÜR EINE STARKE MINISTERIALITÄT ODER FÜR WEITREICHENDE POLITISCHE VERFLECHTUNGEN?
Die bisherigen Interpretationen beruhen größtenteils auf erzählenden Quellen. Aber die Natur der Rekonstruktion und Analyse historischer Sachverhalte bedingt es, mehr oder weniger große Lücken in der Überlieferung durch eigene, möglichst schlüssige Konstruktionen von Geschichte füllen zu müssen. Gerade erzählende Quellen stellen als alleinige Grundlage solcher Interpretationen den Historiker vor die Problematik, die Ereignisse zwangsläufig durch die ‚Brille‘ der 1193 Historia Damiatina, cap. 12, S. 181: Nos vero considerantes, turrim capi non posse petrarium vel trabuculorum ictibus (hoc enim multis diebus fuit attemptatum), nec applicatione castri propter fluminis profunditatem, neque fame propter civitatis vicinitatem, neque suffosione propter circumfluentis aque importunitatem, (…). 1194 Lacomblet, Theodor Josef: Die Memorienbücher der Collegiat-Kirchen St. Gereonis zu Cöln, St. Suitberti zu Kaiserswerth und B. Mariä V. zu Düsseldorf, in: Archiv für die Geschichte des Niederrheins 3 (1860), S. 107 – 126, S. 123 (Memorienbuch Kaiserswerth); Harleß: Memorienregister Altenberg, S. 149. 1195 Historia Damiatina, cap. 13, S. 182ff. 1196 Kraus datiert die Geburt Adolfs auf „spätestens 1175“. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 46. 1197 S. Kap. 3.5.
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Chronisten zu sehen, die mit ihrer spezifischen Darstellung häufig eigene Ziele verfolgten, die uns nicht immer einsichtig sind. Hatte Oliver von Paderborn mit seinen engen Verbindungen zur Kölner Kirche nicht allen Grund, die Bedeutung Adolfs absichtlich größer darzustellen, als sie eigentlich war? Ähnliches gilt für den anonymen Verfasser der Gesta crucigerorum Rhenanorum, der mit Sicherheit Rheinländer war. Um zu einer vollständigeren Interpretation zu gelangen, ist es notwendig, Zeugnisse jenseits der narrativen Quellen zu untersuchen. Am 15. Juni 1218 stellte Adolf während der Belagerung Damiettes eine Urkunde für den Deutschen Orden aus, mit der er ihm einen Hof bei Dieren (heute in der niederländischen Provinz Gelderland, zwischen Zutphen und Arnheim) schenkte: Ego Adolphus dictus comes de monte notum facio tam presentibus quam futuris, quod pro salute anime mee et progenitorum meorum curtim meam in Diderin contuli hospitali s. Marie domus theutonicorum in iherusalem cum omnibus attinentiis in perpetuum possidendam. Et ne quis heredum meorum hoc temere infringere attemptet, sigilli mei appensione illud corroborare decrevi. Huius rei testes sunt Henricus capellanus et notarius noster, Hermannus de Elslo, Theodericus de Herlare, Rembodo de Hursbeke, Albertus de Hurde, Suederus de Dingede, Hermannus de Alftere, Theodericus de Coslar, Adolfus de Bernsovle, Henricus frater suus, Remboldus de Bernsovle, Wikardus de Linnefe, Adolfus de Stamheim, Bruno frater suus, Gerardus de Upladin, Gyso frater suus, Marsilius de Durscheide, Lambertus de Scherve, Svikerus de Lintlo, Bruno de Holte, Bruno lupus, Henricus de Vileke, Godefridus de Mendorp, Albertus de Buchele, Elger de Mendorp, Richwin Rusche, Henric de Schonrode. Acta sunt hec anno dom. incarnationis M. CC. XVIII. Datum in obsidione Damiete, XVII. Kal. Julii. 1198
1198 Lacomblet II , Nr. 72. Lacomblet erwähnt in Anm. 4 von Nr. 72 ein weiteres Exemplar dieser Urkunde, in der die Schenkung mit mehr Details versehen wird: Neben dem Hof schenkt Adolf dem Orden dort explizit die zum Hof gehörigen Menschen, Gewässer, Wälder sowie kultivierte und unkultivierte Ländereien. Außerdem enthält jene Version die häufiger anzutreffenden Schreibweisen mancher Zeugen. Es bleibt unklar, warum Lacomblet nicht jenes Exemplar abgedruckt hat. Der Interpretation Lacomblets Diderin = Dieteren ist diejenige Röhrichts vorzuziehen: Er identifiziert Diderin mit Dieren in der Provinz Gelderland. Röhricht: Geschichte des fünften Kreuzzugs, S. 61. Ihm folgt auch van Eickels, Klaus: Deutschordensballei Koblenz, S. 25. Beide Urkunden sind bei dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs verloren gegangen. Heinrich Neu erwähnt die Schenkung des bergischen Grafen bemerkenswerterweise überhaupt nicht. Neu, Heinrich: Die Aufnahme des Deutschen Ordens im Rheinland (mit besonderer Berücksichtigung der ursprünglichen Zielsetzung des Deutschen Ordens), in: Wieser, Klemens (Hg.): Acht Jahrhunderte Deutscher Orden in Einzeldarstellungen, Bad Godesberg 1967 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 1), S. 165 – 174.
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Ich, Adolf, genannt Graf von Berg, mache den Gegenwärtigen wie den Zukünftigen bekannt, dass ich für mein Seelenheil und das meiner Vorfahren dem Hospital der heiligen Maria der Deutschen in Jerusalem meinen Hof in Dieren mit allem Zubehör zu ewigem Besitz übertragen habe. Und damit einer meiner Erben nicht versucht, dies ohne weiteres zu entkräften, habe ich entschieden, jene Übertragung durch die Anbringung meines Siegels zu bekräftigen. Die Zeugen dieses Gegenstands sind Heinrich, unser Kaplan und Notar, Hermann von Elsloo, Dietrich von Herlaar, Rembod von Orsbeck, Albert von Hörde, Sueder von Dingden, Hermann von Alfter, Dietrich von Koslar, Adolf von Bernsau und sein Bruder Heinrich, Rembod von Bernsau, Wikard von Lennep, Adolf von Stammheim und sein Bruder Bruno, Gerhard von Opladen und sein Bruder Gyso, Marsilius von Dürscheid, Lambert von Scherf, Suiker von Lindlar, Bruno von Holte, Bruno Wolf, Heinrich von Vilich, Gottfried von Meindorf, Albert von Büchel, Elger von Meindorf, Richwin Rusche und Heinrich von Schönrath.
Der Text der Urkunde beschränkt sich auf das Notwendigste: Die Arenga spricht von Adolfs Seelenheil und dem seiner Vorfahren, für das er mittels dieser Schenkung sorgen wolle. Die Dispositio ist kurz, knapp und schmucklos, eine Narratio fehlt völlig. Auffällig ist lediglich die mit 27 bzw. 28 Nennungen 1199 außergewöhnlich hohe Anzahl der Zeugen. Schmale hat in seinem Aufsatz zur bergischen und märkischen Ministerialität alle Zeugen – bis auf den Kaplan – der bergischen Dienstmannschaft zugeordnet.1200 Im Folgenden soll überprüft werden, ob die Zeugen der Urkunde Adolfs tatsächlich der bergischen Ministerialität angehörten. Auf den ersten Blick mag es altmodisch erscheinen, danach zu fragen; allerdings ergeben sich aus den folgenden Befunden sowohl für Aspekte der Geschichte des Fünften Kreuzzugs als auch für solche der niederrheinischen Landesgeschichte neue Einschätzungen: Eine 27-köpfige Dienstmannschaft vor Damiette wäre Ausdruck einer außerordentlich starken herrschaftlichen Durchdringung der bergischen Grafschaft und würde ein militärisches Kommando Adolfs III. von Berg vor Damiette aus seiner eigenen, persönlichen Machtfülle heraus erklären. Ein standesrechtlich und herrschaftlich differenziertes Gefolge hingegen gäbe, abhängig von seiner spezifischen Zusammensetzung, anderes wieder, möglicherweise die in der speziellen Situation des Kreuzzugs sichtbar werdende Anerkennung eines bergischen Führungsanspruchs, der auch in der Heimat bestand. Die Herrschaftskonstellationen des Niederrheins würden dann dazu beitragen, Kommandostrukturen auf dem Fünften Kreuzzug besser zu verstehen. 1199 Die von Lacomblet nicht abgedruckte Version hat 28 Zeugen, nämlich zusätzlich den Grafen Adolf von Dassel. 1200 Schmale: Ministerialität, S. 148.
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Schmale war sich den grundsätzlichen Schwierigkeiten einer eindeutigen Scheidung von freien und ministerialischen Rittern aufgrund der für sie in den Quellen verwendeten Terminologie bewusst. Er sah durchaus, dass der Begriff miles seit dem 12. Jahrhundert für beide Gruppen Verwendung fand.1201 Diese Beobachtung deutet allerdings die mit dieser Methode verbundenen Probleme lediglich an. Für die Ministerialität der Erzbischöfe von Köln hat Pötter folgende These aufgestellt: „Die Zeit, in der die Ministerialen in Köln die landrechtliche Unfreiheit abstreiften, dauerte etwa hundert Jahre. Um das Jahr 1230 ist diese Entwicklung abgeschlossen.“1202 Eine Differenzierung zwischen Ministerialen und freiem Gefolge wird also schwieriger, je näher das 13. Jahrhundert heranrückt – eine Unterscheidung der beiden Rechts- und Sozialgebilde in der tatsächlichen Lebensführung dürfte sich als noch komplizierter darstellen 1203, zumal ohnehin nicht von einer einheitlichen Ministerialität gesprochen werden kann.1204 Knut Schulz hat die Pöttersche These zwar fundamental kritisiert 1205, allerdings spricht es nur gegen Schmale, wenn der geschilderte Prozess um 1175 und damit deutlich früher anzusiedeln wäre.1206 Dieser Befund deutet auf die in jener Zeit stattfindende Annäherung von Teilen der Ministerialität an den Adel hin. Jens Lieven hat dazu passend für die Grafschaften Geldern und Kleve auf die Risiken hingewiesen, aus Termini der Urkundensprache – wie dominus oder nobilis – auf eine Unterscheidung zwischen Edelfreien und Ministerialen zu schließen, denn diese Begriffe werden in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts für beide Gruppen verwendet. Umgekehrt wird sogar ministerialis für den edelfreien Ritter gebraucht, womit deutlich wird, dass die geburtsständischen Implikationen dieses Begriffs weit in den Hintergrund traten und er synonym zu miles Verwendung fand.1207 Seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird 1201 1202 1203 1204 1205
Ibid., S. 149f. Pötter: Ministerialität, S. 123. Keupp: Dienst und Verdienst, S. 82 – 95. Ibid., S. 44 – 61. Schulz, Knut: Rezension zu: Pötter, Wilhelm: Die Ministerialität der Erzbischöfe von Köln vom Ende des 11. bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts, Düsseldorf 1967 (Studien zur Kölner Kirchengeschichte 9), in: Rheinische Vierteljahresblätter 32 (1968), S. 593 – 596. 1206 Ibid., S. 595. Pötter gehe von „vollkommen falschen Voraussetzungen aus“, wenn es sich als zutreffend herausstellen würde, dass das kürzere Kölner Dienstrecht nicht in der Mitte des 13. Jahrhunderts, sondern bis 1174 abgefasst worden ist. Diese Auffassung vertritt von Loesch, Heinz: Das kürzere Kölner Dienstmannenrecht, in: ZRG GA 44 (1924), S. 298 – 306. 1207 Lieven: Adel, Herrschaft und Memoria, S. 138f.
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es also zunehmend schwer, mittels einer Analyse des Sprachgebrauchs zwischen edelfreien und ministerialischen Rittern zu scheiden. Die Erforschung der Kölner Ministerialität ist ein schwieriges Unterfangen, und Gleiches gilt für die bergische Dienstmannschaft, wobei die Quellenlage im Vergleich zu Köln deutlich schlechter ist. Auch wenn es vor 1224 ein eigenes bergisches Ministerialenrecht gegeben haben muss 1208, das leider nicht überliefert ist, ist in Analogie zu westfälischen Beispielen 1209 davon auszugehen, dass sich Kölner Ministerialenrecht und das bergische in wesentlichen Punkten ähnelten. Wegen der zudem häufig überaus engen politischen wie verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Grafen von Berg und den Erzbischöfen von Köln ist zu vermuten, dass die Entwicklung der Ministerialität in der Grafschaft Berg ähnlich einzuschätzen ist wie im Erzstift. Eine Unterteilung zwischen landrechtlich Freien und unfreien Ministerialen 1210 im Bergischen ist für die Zeit des Fünften Kreuzzugs also enorm schwierig anzustellen. Schmales pauschales Urteil teile ich folglich nicht, denn obwohl Adolf ohne Zweifel über ministeriales multos 1211 verfügte, obwohl die Grafen von Berg erfolgreich danach strebten, möglichst viele freie Ritter der eigenen Dienstmannschaft zuzuführen 1212, und obwohl es deshalb verhältnismäßig wenige freie Ritter im Bergischen gab 1213, fehlt eine eindeutige Bezeichnung dieser Zeugen als ministeriales, fideles, servi o. Ä. in der hier untersuchten Urkunde aus dem Sommer 1218. Tatsächlich fehlt in ihr jeder begriffliche Hinweis auf den Stand der Zeugen, die Bezeichnung lautet ganz neutral testes. Lediglich der erstgenannte Heinrich, capellanus et notarius noster, ist durch seinen geistlichen Stand und seine Funktion klar von den übrigen Zeugen abgegrenzt, sodass auch die Position der anderen testes innerhalb der Liste keine unmittelbaren Hinweise auf Zugehörigkeit zur bergischen Ministerialität erlaubt, was sie vielleicht täte, wenn irgendeine eindeutige 1208 Engelbert verleiht in diesem Jahr den Brüdern Daniel und Amilius das bergische Ministerialenrecht. UB Kaiserswerth, Nr. 34; REK III, Nr. 433. 1209 Für das Tecklenburgische Ministerialenrecht wird eine Ableitung aus dem Ministerialenrecht des Hochstifts Osnabrück vermutet, das wiederum auf das Kölnische verweist. Siehe dazu von Klocke, Friedrich: Untersuchungen zur Rechts- und Sozialgeschichte der Ministerialitäten in Westfalen, in: Westfälische Forschungen 2 (1939), S. 214 – 232, S. 228. 1210 Auf die in Westfalen seit 1268, im Rheinland vielleicht früher anzutreffenden liberi ministeriales möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Siehe dazu von Klocke: Ministerialitäten, S. 229f. 1211 Vita Engelberti, lib. I, cap. 5, S. 243. 1212 Schmale: Ministerialität, S. 150. 1213 Ibid.
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Bezeichnung einiger der hier aufgeführten Laien vorläge. Aufschluss nicht nur über die rechtliche, sondern in einigen Fällen auch über die soziale Verortung kann nur eine Methode geben, nämlich die prosopographische Untersuchung der genannten Personen als Akteure innerhalb der Adelslandschaft im Nordwesten des Reichs.1214 Auch wenn das Quellenmaterial häufig außerordentlich dürftig ist, lässt sich konstatieren, dass sich in dieser Zeugenliste diverse Personen finden, die nicht ohne Weiteres der bergischen Ministerialität zuzuordnen sind: Hermannus de Elslo, Theodericus de Herlare, Albertus de Hurde, Suederus de Dingede, Hermannus de Alftere, Teodericus [!] de Coslar, Wikardus de Linnefe, Svikerus de Lintlo, Bruno de Holte, Henricus de Vileke, Godefridus de Mendorp, Albertus de Buchele, Elger de Mendorp, Richwin Rusche [Röhricht ergänzt de Hescheide 1215] und Henric [!] de Schonrode tauchen – soweit ich sehen kann – in keiner anderen Urkunde der älteren Grafen von Berg auf. Und wenn die vorrangige Funktion der bergischen Ministerialen nach Schmale darin bestanden hat, als ‚Zeugenreservoir‘ für Rechtsakte zu dienen, sie sogar gewissermaßen den bergischen Hof darstellten 1216, dann verwundert die Bestimmtheit seiner Aussage umso mehr. Stattdessen ist es möglich, bei einigen dieser Zeugen zu beweisen, dass sie keine bergischen Ministerialen waren: Hermannus de Elslo (= Elsloo) war mit Sicherheit ein freier Ritter aus dem Geschlecht derer von Elsloo, die im 12. und frühen 13. Jahrhundert einige Mitglieder des kölnischen Domkapitels stellten und nach Groten Edelvasallen der Grafen von Are waren.1217 Bereits 1180 war ein Winand von Elsloo nach 1214 Zur prosopographischen Methode im Kontext der Kreuzzüge grundsätzlich Riley-Smith, Jonathan: Pilgrims and crusaders in western Latin sources, in: Whitby, Mary (Hg.): Byzantine and Crusaders in Non-Greek Sources, 1025 – 1204, Oxford 2006, S. 5 – 22; Murray, Alan V.: Prosopography, in: Nicholson, Helen J. (Hg.): Palgrave Advances in the Crusades, Basingstoke 2005, S. 109 – 129. 1215 Röhricht: Die Deutschen, S. 99. 1216 Schmale: Ministerialität, S. 156. 1217 Groten, Manfred: Priorenkolleg, S. 73; Munsters, Antonius J.: Damietta, het grote avontuur van Herman van Elsloo, eerste heer van Stein (1202 – 1223), in: Historisch jaarboek voor het land von Zwentibold 5 (1984), S. 131 – 153. Das Nieuw Nederlandsch Biografisch Woordenboek (NNBW), II, S. 433 – 4 bezeichnet ihn lediglich als Ritter und bietet keine weiteren Informationen. Schwennicke führt weitere Mitglieder der Familie auf, darunter Hermanns ältere Geschwister Arnold, Ehemann der Mechthild von Dyck, und Lutgarde, Gattin Dietrichs I. von Houffalize, sowie seine jüngeren Brüder Gerhard, Propst von St. Aposteln, Gottfried, Kanoniker ebendort, Reiner, Kanoniker zu Köln und Anselm, Domherr zu Köln. Schwennicke, Detlev (Hg.): Europäische Stammtafeln. Neue Folge:
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Palästina gezogen 1218; diese Familie hatte mit der Teilnahme an einer HeiligLand-Pilgerfahrt also bereits Erfahrung. Hermann selbst ist in den Urkunden dieser Zeit recht häufig anzutreffen, was für eine gewisse Bedeutung seiner Person spricht. Einige von ihm bezeugte Urkunden bieten verschiedene Ansätze, die Anwesenheit Hermanns im Gefolge Adolfs vor Damiette zu erklären. Dies erscheint umso notwendiger, da Vasallen von ausgewiesenen Gegnern des bergischen Grafenhauses nicht unbedingt dort zu erwarten sind. Im Jahr 1204 zählt Hermann von Elsloo zu den Zeugen eines Vertrages zwischen Graf Ludwig II. von Loon und Dietrich II. von Are, dem Bischof von Utrecht, durch den Ludwig die Leibzucht an den in der Grafschaft Holland vom Hochstift zu Lehen gehenden Gütern erhielt.1219 Bei dem Abkommen ging es um die Nachfolge Graf Dietrichs VII. von Holland, der im Vorjahr verstorben war. Adolf III. von Berg hatte in diesem Konflikt – bedingt durch die Verwandtschaft zu Ludwig – ebenfalls zugunsten Ludwigs von Loon interveniert 1220, und so fanden sich beide in einem politischen Lager wieder. Soweit ich sehen kann, findet sich in diesem Zusammenwirken der früheste Beleg von Kontakten zwischen Adolf von Berg und Hermann von Elsloo. Zwei Jahre später bezeugte Hermann den Vertrag zwischen Ludwig von Loon und Herzog Heinrich von Brabant über die Aushändigung der Burg Chaumont.1221 Im Jahr 1213 war er Zeuge dreier Rechtsakte des Grafen von Loon, nämlich bei einem Geschäft zwischen Graf Ludwig und Arnold von Diest 1222, der Schenkung eines Allods bei Herkenrode zwecks Gründung einer Zisterzienserniederlassung 1223 sowie der Bestätigung eines Gütertauschs, der von der Abtei Herkenrode durchgeführt worden war.1224 1217 testierte er bei der durch Engelbert von Köln vorgenommenen Bestätigung einer gemeinsamen Schenkung seines Bruders Arnold und Lothars von Hochstaden an die Abtei Herkenrode.1225 1218 diente Hermann wiederum als
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Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten 7: Familien des alten Lotharingien II, Marburg 1979, Tafel 114. Röhricht: Die Deutschen, S. 46. OB Utrecht, Nr. 564 = Wolters, Mathias Joseph (Bearb.): Codex diplomaticus Lossensis ou Recueil et analyse de chartes servant de preuves à l’histoire de l’ancien comté de Looz, Gent 1849, Nr. 139. S. Kap. 3.4.1.1. Codex diplomaticus Lossensis, Nr. 142. Ibid., Nr. 154. Ibid., Nr. 159. Ibid., Nr. 160. REK III, Nr. 182.
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Zeuge für Ludwig von Loon, der gemeinsam mit seiner Frau Ada und seinen Brüdern Heinrich und Arnold verschiedene Zehnte an die Abtei Herkenrode übertrug.1226 Im selben Jahr testierte er bei der Bestätigung dieser Schenkung, die Graf Arnold von Loon nach dem Tod seines Bruders Ludwig vorgenommen hatte.1227 Zwei Jahre später bestätigte Dietrich von Heinsberg eine Schenkung Hermanns an die Abtei Herkenrode, die eine Stiftung der Grafen von Loon war.1228 Im April 1220 bezeugte er eine gemeinsame Schenkung der Äbtissin Mathilde von Munsterbilzen und Graf Arnolds von Loon an den Deutschen Orden 1229, und im Februar desselben oder des folgenden Jahres testierte er bei einem Geschäft zwischen Arnold und der Kirche St. Denis in Lüttich.1230 Die Tatsache, dass Hermann von Elsloo immer wieder von den Grafen von Loon zu Testierzwecken herangezogen wurde, spricht für ein enges Verhältnis zwischen diesen beiden Häusern. 1220 bezeugte Hermann die Aussöhnung zwischen Engelbert von Berg und Graf Walram von Luxemburg (dem ältesten Sohn Herzog Heinrichs III. von Limburg). Der von Engelberg siegreich beendete Kampf um das bergische Erbe nach dem Tod Adolfs von Berg war Anlass der Sühne gewesen.1231 In einem gesonderten Passus der Urkunde schwor Hermann gemeinsam mit anderen – wohl allesamt limburgische Vasallen 1232 –, dem Erzbischof Beistand zu leisten, falls der Limburger den geschlossenen Vertrag bräche.1233 Dieser Befund lässt auf eine recht enge Bindung Hermanns an den Kölner Metropoliten schließen, die allerdings nicht ganz freiwillig war. Engelbert sicherte sich in der betreffenden Urkunde für den erneuten Konfliktfall mit Limburg vor allem die Waffenhilfe
1226 Codex diplomaticus Lossensis, Nr. 171. 1227 Ibid., Nr. 174. 1228 Ibid., Nr. 183. Für die besondere Verbindung zwischen dem Haus Loon und der Abtei spricht auch, dass Ada, die Witwe Ludwigs, die Bestätigung der Schenkung bezeugt. 1229 Actes des princes-évêques de Liège, Nr. 187 (Hermannus de Etzlo [!]). 1230 Ibid., Nr. 182 (Hermannus de le Sclo [!]). Zur Datierung der Urkunde siehe die Anmerkung des Bearbeiters dort. 1231 Die Urkunde ist eine beeindruckende Machtdemonstration Engelberts. Mehr Details liefert Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 74 – 78. 1232 Die unten genannte Gruppe bezeugte geschlossen eine Urkunde Walrams, der 1221 Herzog von Limburg geworden war. Lacomblet II, Nr. 108. 1233 Lacomblet II, Nr. 87: Preterea Gerardus de Hůrne, Hermannus de Eylslo, Alexander de Wilre, Theodericus de Hufalis, Wilhelmus Mor, et Udo filius eius iurarunt, quod si prenominatus dominus Walramus et filii sui contra prescriptam formam venerint, domino archiepiscopo contra ipsos tamdiu assistent, usquedum super omissis satisfecerint condigne. REK III, Nr. 294.
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limburgischer Vasallen und anderer Großer der Region, womit er gleichzeitig seine eigenen Reihen verstärkte und die seiner Gegner schwächte. Die Limburger um Heinrich, den ältesten Sohn Walrams, machten sich besonders arge Sorgen um das bergische Erbe 1234, weshalb sie demonstrativ die Nähe des bergischen Erzbischofs suchten, indem sie diese Sicherheiten leisteten. Die weiter oben erwähnte Bemerkung Grotens, die Herren von Elsloo seien Edelvasallen der Grafen von Are, führt hier also in eine falsche Richtung. Unabhängig davon, dass die von Elsloo Lehen der Arer gehalten haben, scheinen ihre primären Bindungen nach Loon und Limburg zu verweisen, und besonders die hervorgehobene Stellung der Herren von Elsloo im Sühnevertrag zwischen Walram und Engelbert spricht für ihre große Bedeutung im Lehnsverband des Grafen von Luxemburg bzw. des Herzogs von Limburg. Die Verbindung zwischen Loon bzw. Limburg und Berg erklären sich aus der Verwandtschaft der Häuser: Adolfs Tante Adelheid von Geldern war mit Graf Gerhard von Loon verheiratet gewesen, bis jener um 1194 verstarb. Die verwandtschaftliche Nähe zwischen Limburg und Berg war ungleich größer, denn Heinrich von Limburg war mit Irmgard von Berg verheiratet, der Erbtochter Adolfs. Ein limburgischer oder looner Vasall im bergischen Gefolge vor Damiette verwundert deutlich weniger als ein Gefolgsmann der Grafen von Are. Theodericus de Herlare (= Herlaar) war ebenfalls kein Angehöriger der ber gischen Ministerialität, sondern ein wahrscheinlich angeheiratetes Mitglied der Familie von Herlaar.1235 Die Mitglieder der ursprünglich in Nordbrabant, später in Geldern ansässigen Familie waren Vasallen des Bischofs von Lüttich.1236
1234 Ibid.: Item Heinricus filius suus super hereditate uxoris sue se potestati et gratie domini Archiepiscopi precise submisit, ita quod numquam illam repetet, nisi de gratia et voluntate ipsius eam optinere possit. 1235 Zu diesem Geschlecht siehe Kuys, Jan: De Herlaars: van brabantse tot gelderse adel, in: Tijdschrift voor geschiedenis 93 (1980), S. 377 – 390 (= ders.: De Herlaars: van Brabantse tot Gelderse adel, in: Nieuwsblad van de historische Vereniging Ameide en Tienhoven, 16/4 (2005), 30 – 43) u. Spierings, Mechelien H. M.: Oud-Herlaar, het kasteel, de leenhof, de heren en de heerlijkheid, in: Brabants heem 28 (1976), S. 85 – 101 u. 134 – 140. Die Identifikation der Ritter von Herlaar mit den Grafen von Are, wie sie Deeters, Joachim: Servatiusstift und Stadt Maastricht. Untersuchungen zu Entstehung und Verfassung, Bonn 1970 (Rheinisches Archiv 73), S. 39f. vorgenommen hat, halte ich mittlerweile für überholt, auch wenn noch Schiffer: Grafen von Geldern, S. 22 diese Meinung – unbegründet – übernommen hat. Mir leuchtet im Fall der betroffenen Urkunde Adolfs nicht ein, warum der Grafentitel in der Zeugenliste unterschlagen worden sein sollte. 1236 Kuys: De Herlaars, S. 379 – 381.
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Im Gegensatz zu vielen der hier aufgeführten Zeugen lässt sich der rechtliche Status dieses Geschlechts etwas näher bestimmen: Nach Kuys finden wir als Bezeichnung einzelner Mitglieder der Familie von Herlaar bereits im Jahr 1133 die Bezeichnung liber, im Jahr 1167 die Bezeichnung nobilis.1237 Eine Urkunde aus dem Jahr 1227, in der Petronella de Herlar dem Kloster Postel Zollfreiheit verleiht, beginnt mit dem Passus Ego Petronella Dei permissione et iusta predecessorum meorum successione dicta domina de Herlar […].1238 Alle drei Bezeichnungen – liber, nobilis, domina – lassen nicht zweifelsfrei darauf schließen, dass die Familie von Herlaar ministerialischen Status besessen hat. Im Gegenteil: Insbesondere die frühe Bezeichnung liber deutet eher darauf hin, dass sie als (Edel-)Freie bereits seit dem frühen 12. Jahrhundert Bestandteil der brabantischen Adelslandschaft waren. Über Dietrich selbst liegen nur wenige Informationen vor. Er war mit Agnes von Herlaar verheiratet, die Johanna Maria van Winter nach genealogischer Überprüfung ebenfalls als „Edelfreie“ bezeichnet hat.1239 Sein gleichnamiger Sohn benannte sich nach Lienden (auf halben Weg von Nimwegen nach Utrecht gelegen), eventuell dem Stammsitz seines Vaters, und war pincerna Graf Ottos II. von Geldern.1240 Dies spricht möglicherweise für einen ministerialischen Status auch des Vaters, der vielleicht deshalb in Urkunden den Beinamen seiner edelfreien Frau trug, allerdings sind gesicherte Aussagen hier nicht möglich. Auch Dietrich von Lienden war mit einer Edelfreien verheiratet, nämlich Irmgard von Keppel 1241, was darauf schließen lässt, dass die Unterscheidung zwischen Ministerialen und Edelfreien in der sozialen Wirklichkeit des beginnenden 13. Jahrhunderts in Geldern eine eher untergeordnete Rolle spielte.1242 Dietrich von Herlaar bezeugt neben der hier betrachteten Schenkung eine weitere Urkunde, die auf das Jahr 1214 datiert ist.1243 Diese Urkunde ist deshalb von Interesse, weil in ihr Herzog Heinrich I. von Brabant bestätigt, dass Graf 1237 Kuys: De Herlaars, S. 379. 1238 Oorkondenboek van Noord-Brabant tot 1312 I: De meierij van ’s-Hertogenbosch (met de heerlijkheid Hemert). Eerste stuk (690 – 1294), ed. H. P. H. Camps, ’s-Gravenhage 1979, Nr. 141. 1239 van Winter, Johanna M.: Ministerialiteit en ridderschap in Gelre en Zutphen, Groningen 1962 (Bijdragen van het instituut voor middeleeuwse geschiedenis der rijksuniversiteit te Utrecht 31), S. 159. 1240 Ibid., S. 159. 1241 Ibid., S. 159. 1242 Lieven: Adel, Herrschaft und Memoria, S. 136 – 147. 1243 OB Noord-Brabant, Nr. 111.
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Wilhelm von Megen gemeinsam mit seinem Sohn Dietrich ein Allod bei Rixtel dem Templerorden übertragen habe. Wir begegnen Dietrich in den Urkunden also bei zwei Gelegenheiten in direktem Zusammenhang mit Gütergeschäften zugunsten der geistlichen Ritterorden, was für sich genommen zwar nur über wenig Aussagekraft verfügt, aber insofern auffällig ist, als Dietrich ausschließlich in diesen beiden Urkunden in Erscheinung tritt. Eine besondere Verbindung zu dieser Ordensfamilie ist also zumindest denkbar, wenn auch nicht durch andere Quellen abzusichern. Eine herrschaftlich begründete Verbindung zwischen Dietrich von Herlaar und den Grafen von Berg ist nicht nachweisbar, allerdings gibt es möglicherweise einen durch Verwandtschaft begründbaren Konnex: Die vor 1175 geschlossene Ehe zwischen Engelbert von Berg und Margarethe von Geldern hatte den bergischen Grafen in ein Verwandtschaftsverhältnis zu Gerhard von Loon gesetzt, der ein Schwager Margarethes gewesen war. Möglicherweise bestand ein enges verwandtschaftliches Verhältnis zwischen den Grafen von Loon und den Herren von Herlaar 1244, wodurch auch Letztere den Grafen von Berg entfernt verwandtschaftlich verbunden gewesen wären. Suederus de Dingede (= Dingden) war ein Angehöriger der Ritterfamilie von Dingden. Bereits das Toponym de Dingede verweist auf eine Verbindung zwischen Sueder und einem „Ding“, also einer Gerichtsstätte, und Karl Poth hat dazu passend festgestellt, dass er im Jahr 1201 wohl die Freigrafschaft Bocholt inne hatte, die ihm vom Bischof von Münster verliehen worden war.1245 Poth verzeichnet jene von „Dingethe“ als dem Bischof von Münster zugehörige ministerialische Familie 1246, führt aber leider keine Belege dafür an. Für seine Annahme spricht, dass ministerialische Geschlechter seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts im kölnischen und münsterischen Gebiet einerseits Inhaber bedeutender Lehngrafschaften waren, andererseits seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts als ‚beamtete‘ Stellvertreter – Freigrafen – der edelfreien
1244 Verdonk, Henk: Stammen de heren van Herlaer af van de graven van Loon? In: Limburg, het oude land van Looz 77 (1998), S. 243 – 257. Für den hier besprochenen Dietrich S. 255. 1245 Poth, Karl: Die Ministerialität der Bischöfe von Münster, in: Westfälische Zeitschrift 70 (1912), S. 1 – 108, S. 73. Zu den Besonderheiten der westfälischen Freigrafschaften Willoweit, Dietmar: Art. Freigrafschaft, in: HRG 1 (22008), Sp. 1741 – 1744, Sp. 1742f.; Hömberg, Albert K.: Die Entstehung der westfälischen Freigrafschaften als Problem der mittelalterlichen Verfassungsgeschichte, in: Westfälische Zeitschrift 101/102 (1953), S. 1 – 138, zu Bocholt S. 36. 1246 Poth: Ministerialität, S. 13.
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Grafen dem Grafending vorsaßen.1247 Klaus van Eickels bezeichnet Sueder als „münsterische(n) Ministeriale“, der sich dem Gefolge Adolfs angeschlossen habe, nachdem sein Herr – Bischof Otto von Münster – am 6. März 1218 bei Caesarea gestorben sei.1248 Norbert Becker hat sich eingehender mit dem Geschlecht von Dingden auseinandergesetzt und verortet es an der Spitze der Ministerialität der Bischöfe von Münster, mit schwerpunktmäßigem Besitz um die Festung Ringenberg. Außerdem hielten sie Gericht, Grut (das Braurecht) und Grafschaft (comitatus) in Bocholt als Lehen der Bischöfe von Münster, die Freigrafschaften über die Kirchspiele Brünen und Dingden sowie Besitz im Stift Utrecht.1249 Hinzuzufügen ist, dass sein gleichnamiger Sohn seit spätestens 1225 Schultheiß von Utrecht war 1250, insofern darf man annehmen, dass der Utrechter Besitz der Familie keineswegs nebensächlich war. Becker untersuchte auch die Position derer von Dingden in den Zeugenreihen verschiedener Urkunden: „In den Zeugenreihen stehen sie unter den Personen, die nicht nobiles sind, aber dort in der Regel an den ersten Stellen.“1251 Über die kirchlichen Ämter bzw. Stationen seiner Verwandten Gerlach und Everwin wird der geographische Spielraum der Familie von Dingden besonders deutlich. Gerlach war nach dem Zeugnis des Caesarius von Heisterbach Domherr in Utrecht, später Mönch in Heisterbach 1252, außerdem auch Domherr in Münster.1253 Everwin war Kanoni1247 Hömberg, Albert K.: Grafschaft, Freigrafschaft, Gografschaft, Münster 1949 (Schriften der Historischen Kommission für Westfalen 1), S. 39 – 41. 1248 Historia Damiatina, cap. 7, S. 172. 1249 Becker, Norbert: Das Land am unteren Niederrhein. Untersuchungen zur Verfassungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des ländlichen Raumes vom Hohen Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit (1100 – 1600), Köln u. a. 1992 (Rheinisches Archiv 128), S. 60 – 63; dort auch die Quellenbelege. 1250 OB Utrecht, Nr. 737, 757. 1251 Becker: Niederrhein, S. 61f. 1252 Dialogus miraculorum, 1, dist. I, cap. 18, S. 25. Ministerialen und Edelfreie hatten bereits seit dem 12. Jahrhundert gleichermaßen Zugang zu Kanonikaten, insofern kann hieraus keine weitergehende Aussage über den Geburtstand Sueders oder Gerlachs abgeleitet werden. Riedmann, Josef: Feudale Gewalten in ihren Beziehungen zu Niederkirchen und Domkapiteln am Beispiel der Salzburger Kirchenprovinz, in: Chiesa e mondo feudale nei secoli X-XII. Atti della dodicesima Settimana internazionale di studio. Mendola 24 – 28 agosto 1992, Mailand 1995 (Miscellanea del Centro di studi medievali 14 = Pubblicazioni della Università Cattolica del Sacro Cuore. Scienze storiche 59), S. 87 – 110, S. 105. 1253 Kohl, Wilhelm (Bearb.): Das Domstift St. Paulus in Münster 2, Berlin 1982 (Germania Sacra N. F. 17, 2: Das Bistum Münster 4), S. 408 gibt weitere Quellenbelege über Gerlachs Tätigkeiten.
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ker in Xanten.1254 Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts führte diese Familie nach Poth und Becker das Toponym Ringenberg (bei Bocholt, südlich von Dingden) im Namen.1255 Eine vasallitische Verbindung zu Adolf, die aus der Schenkung von Besitz bei Dieren an den Deutschen Orden gefolgert werden kann 1256, sei nach van Eickels der älteren Bindung an den Bischof von Münster nachgeordnet gewesen.1257 Diese Vermutung leuchtet ein, da die Bindung zwischen Sueder und Otto von Münster wegen der Verleihung der Freigrafschaft nicht nur als besonders vertrauensvoll, sondern auch als dienstlich verstanden werden kann. Die vasallitische Abhängigkeit von Adolf trägt hingegen keine Anzeichen irgendeiner dienst lichen Beziehung. Insofern scheint sich Sueder nach dem Tod seines Dienstherren dem bergischen Grafen als nachgeordneten Lehnsherrn angeschlossen zu haben.1258 Für den Link zwischen Sueder und Adolf gibt es nur einen einzigen direkten Beleg jenseits einer wie auch immer gearteten vasallitischen Verbindung: Im Jahr 1219 resignierte Sueder vor Damiette dem Deutschen Orden in Utrecht seinen Hof bei Lankarn.1259 In der Dispositio der Urkunde weist Sueder darauf hin, dass dieser Hof vom Hof Dieren lehnrührig sei 1260, und genau jenen hatte Adolf ein Jahr zuvor dem Deutschen Orden geschenkt. Sueder hatte also tatsächlich ein Lehnsverhältnis zu Adolf von Berg gehabt. Darüber hinaus ergeben sich zwei Berührungspunkte zwischen Sueder und dem bergischen Grafenhaus über Adolfs Bruder Engelbert: Beide bezeugen 1254 Seit 1224 ist er als Kanoniker nachweisbar, 1227 war er villicus des Stifts in Bislich. Classen, Wilhelm (Bearb.): Das Erzbistum Köln. Archidiakonat von Xanten 1, Berlin 1938 (Germania Sacra A. F. 1, 1: Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln), S. 103; Harenberg, Eduard J. (Bearb.): Oorkondenboek van Gelre en Zutphen tot 1326 4/1: Klooster Bethlehem bij Doetinchem, ’s-Gravenhage 1991 (http://www.historici.nl/retroboeken/ogz/#page=0&si ze=800&accessor=toc&source=1&view=homePane , 03-06-2013), Nr. 1236.12.31; 1238.12.31. 1255 Poth: Ministerialität, S. 19; Becker: Niederrhein, S. 60. 1256 OB Utrecht 2, Nr. 668, S. 130; WUB III, 1, Nr. 122. 1257 van Eickels: Deutschordensballei Koblenz, S. 25f., Anm. 35. 1258 Zur Mehrfachvasallität und Ligesse am Niederrhein in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts Lieven: Adel, Herrschaft und Memoria, S. 144 – 146. Allgemeiner Deutinger, Roman: Seit wann gibt es Mehrfachvasallität?, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Germanistische Abteilung 119 (2002), S. 78 – 105. Als einzige übergreifende Arbeit immer noch aktuell: Henn, Volker: Das ligische Lehnswesen im Westen und Nordwesten des mittelalterlichen Deutschen Reiches, München 1970. 1259 OB Utrecht, Nr. 668. 1260 Ibid.: Mansum quoque, quem de curti Dieter feodali iure possedi, libertum etiam cum hominibus et omnibus pertinentibus ad eum magistro et fratribus predictis resignavi.
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gemeinsam zwei Urkunden, die eine aus dem Jahr 12001261, die andere aus dem Jahr 1207.1262 Engelberts Beteiligung an diesen Urkunden erklärt sich durch die Propstei von Deventer, die er seit spätestens 1200 bekleidete.1263 Das Auftreten Sueders im Gefolge Adolfs nach dem Tod Bischof Ottos von Münster erklärt sich vor allem aus einem konkreten Lehnsverhältnis, zum anderen aus den Kontakten zu Engelbert von Berg. Bei zwei der folgenden vier Zeugen ist eine dienstrechtliche Zuordnung verhältnismäßig einfach zu ermitteln, nämlich bei Albertus de Hurde und Hermannus de Alftere. Albertus de Hurde (= Hörde) war Ministeriale des Kölner Erzbischofs 1264, wahrscheinlich ist er sogar mit dem späteren pincerna Heinrichs von Müllenark identisch.1265 Hermannus de Alftere (= Alfter) stand als Marschall ebenso in erzbischöflichen Diensten.1266 Auch Teodericus de Coslar (= Koslar bei Jülich) hat in einem Dienstverhältnis zum Kölner Erzbischof gestanden: Er ist zwischen 1209 und 1211 als dapifer des Kölners belegt.1267 Auch 1216 testierte er für Engelbert, den Kölner Elekten, allerdings ohne Dienstbezeichnung.1268 Man ist versucht, in ihm auch im Jahr 1218 den Truchsess des Erzbischofs zu sehen, gerade weil die Inhaber der anderen zentralen Hofämter ebenfalls die Urkunde Adolfs von Berg bezeugten. Seit 1217 hat jedoch Dietrich von Münchhausen dieses Amt ausgeübt 1269, und dies auch im Folgejahr.1270 Im Jahr 1218 bezeugte Dietrich eine weitere Urkunde Engelberts 1271, wobei unklar ist, ob dieses Schriftstück vor der Abreise oder nach der Rückkehr aus Ägypten verfasst worden ist. Denkbar wäre auch, dass es sich bei den dort 1261 OB Utrecht, Nr. 542. 1262 OB Utrecht, Nr. 581. 1263 S. Kap. 3.4.1.1. 1264 REK III, Nr. 1609a. 1265 Pötter: Ministerialität, S. 95 (zahlreiche Quellenbelege dort). 1266 Lacomblet II, Nr. 60: (…) quod dominus Herimannus de Alftro, marscalcus noster [Engelbert, A. B.] ius patronatus, (…). REK III, Nr. 182, 292, 404, 509; UB Altenberg 1, Nr. 38 u. 48. Pötter: Ministerialität, S. 97 (zahlreiche weitere Quellenbelege dort). 1267 Pötter: Ministerialität, S. 92 (zahlreiche Quellenbelege dort); REK III , Nr. 72, 78, 80, 89. Möglicherweise handelt es sich bei Tirricus de Boslaer aus REK III, Nr. 56 um einen Schreibfehler für Coslaer/Koslaer. Zwar existiert ein heute zu Linnich gehörender Weiler namens Boslar, doch befindet er sich nur etwa 7 Kilometer nordöstlich von Koslar. Dann wäre Dietrich bereits für 1208 als erzbischöflicher Ministeriale belegt. 1268 REK III, Nr. 148. 1269 REK III, Nr. 173. 1270 REK III, Nr. 202. 1271 REK III, Nr. 225.
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angeführten Personen (u. a. Wilhelm von Jülich und Arnold von Gymnich, die ebenfalls 1218 vor Damiette anwesend waren) um Zeugen der Handlung handelt, die früher als die Niederschrift stattgefunden hat.1272 In einer Urkunde, die Engelbert zwischen 1218 und 1225 für das Kloster Meer und die Leute der villa Turre ausgestellt hat, steht er an der Spitze der milites.1273 Bis 1235 taucht immer wieder ein Theodericus dapifer in den erzbischöflichen Urkunden auf, doch ist dieser mit Dietrich von Münchhausen zu identifizieren.1274 Dennoch wird man auch Dietrich von Koslar als ehemaligen Truchsess des Kölners zur Spitze der Kölnischen Ministerialität rechnen dürfen. Die letzten drei Zeugen gehören also ohne Zweifel nicht der bergischen, sondern der erzstiftischen Ministerialität an. Bruno, der Bruder des älteren Adolf von Stammheim, bezeugt die Befreiung Altenbergs von der Bede und wird bei jener Gelegenheit als pincerna episcopi Coloniensis, also Mundschenk des Kölner (Erz-)Bischofs, bezeichnet.1275 Der Bruno pincerna, der die Übertragung des Patronats von Rommerskirchen an die Abtei Knechtsteden mitbezeugt, ist ebenfalls mit Bruno von Stammheim zu identifizieren, weil er in einer Reihe mit den übrigen hochrangigen kölnischen Ministerialen steht.1276 Zuletzt bezeugt Bruno 1222 als pincerna eine Urkunde Engelberts.1277 Eine weitere Urkunde, diesmal ausgestellt von Abt Ludolf von St. Martin im Jahr 1228, führt unter den Zeugen einen Adolphus, filius Brunonis pincerne auf.1278 Der Gegenstand der Urkunde – ein Geschäft zwischen Adolf von Stammheim und dem Abt von St. Martin – und die Konstellation der Namen machen eine Identität dieses pincerna mit Bruno von Stammheim sehr wahrscheinlich. Die Bezeichnung pincerna lässt am ehesten einen Rückschluss auf den ministerialischen Status zumindest eines Mitglieds der Familie zu, allerdings nicht den Grafen von Berg zugeordnet, sondern dem Kölner Erzbischof. Doch scheint Brunos Dienstherr wohl nach 1222 ein Graf von Berg gewesen zu sein, denn in einer Urkunde aus dem Jahr 1231 schenkte die Witwe Brunos, Alvradis von Bongart, dem Templerorden zu Neiderbreisig Einkünfte im Wert von drei solidi.1279 Dies geschah zum Andenken an Bruno, quondam pincerne de 1272 S. Kap. 5.5.3. 1273 REK III, Nr. 535. 1274 Lacomblet II, Nr. 204. 1275 UB Altenberg 1, Nr. 77. 1276 Lacomblet II, Nr. 71 = UB Knechtsteden, Nr. 20: Herimannus aduocatus Coloniensis, Theodericus dapifer, Sifridus camerarius, Bruno pincerna, Pilegrinus notarius, et alii quamplures. 1277 Lacomblet II, Nr. 105. 1278 UB Altenberg 1, Nr. 100. 1279 Lacomblet II, Nr. 171.
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Monte. Dass es sich hierbei um Bruno von Stammheim handelt, ist recht wahrscheinlich. Dafür spricht, dass in einer Urkunde zugunsten der Johanniter zu Burg aus dem Jahr 1250 der Sohn Brunos den Zusatz dictus de Pomerio (Bongart) erhalten hat, wohl um Verwechslungen mit dem gleichnamigen Sohn seines Onkels Adolf zu vermeiden, der diese Urkunde bezeugt.1280 Die Zuwendungen an das Johanniterhaus zu Burg sprechen in jedem Fall für eine enge Verbindung zu den Grafen von Berg. Schmale hat festgestellt, dass es sich bei Bruno „eindeutig um einen kölnischen Ministerialen“ gehandelt hat, „der nur durch die genannte Personalunion [des Kölner Erzbistums und der bergischen Grafschaft unter Engelbert, A. B.] in Beziehung mit Berg trat“.1281 Während dem ersten Teilsatz zuzustimmen ist, muss der zweite hinterfragt werden, denn allein die Zugehörigkeit zu der Familie von Stammheim schuf eine große Nähe zu den bergischen Grafen, was die später folgende Auseinandersetzung mit Adolf von Stammheim eindeutig belegen wird. Die übrigen aufgeführten Zeugen lassen sich ebenfalls nicht eindeutig der bergischen Ministerialität zuordnen, selbst wenn man einerseits ihr Auftauchen in anderen Urkunden der Grafen von Berg zwischen ca. 1190 und ca. 1230 als Indiz gelten lässt, und andererseits die ihnen beigeordneten Ortsnamen dahingehend überprüft, ob sich dort bergische Besitzungen oder Rechte befunden haben, die die Anwesenheit bergischer Ministerialen möglich und sinnvoll erscheinen lassen.1282 Dennoch ist es zu einem gewissen Grad wahrscheinlich, wenn diese beiden Faktoren zusammenfallen. Nach diesem Muster besteht bei Adolfus, Henricus und Remboldus de Bernsolve (= Bernsau), den Gebrüdern Gerardus und Gyso de Upladin (= Opladen), Marsilius de Durscheide (= Dürscheid) und mit Einschränkungen Svikerus de Lintlo (= Lindlar) zumindest die Möglichkeit, der bergischen Ministerialität anzugehören – allerdings reicht diese Methode nicht aus, um letzte Sicherheit zu gewinnen, weil die Beinamen der Personen nicht nur auf mögliche aktuelle Dienstverhältnisse schließen lassen, sondern alternativ auf Geburtsorte, die nichts über etwaige Dienstverhältnisse aussagen.
1280 LA NRW, Abt. Rheinland, Urkunden Herrenstrunden, 121.04.00.14. 1281 Schmale: Ministerialität, S. 162. 1282 So verstehe ich zumindest die praktische Anwendung der von Schmale als „vielfach bewährten Weg“ bezeichneten Methode, Ministerialität unter anderem durch „Besitz eines als Ministerialensitz bekannten ‚domus‘“ nachzuweisen. Eindeutig als solche belegte Ministerialensitze finden sich für die in dieser Urkunde aufgeführten Zeugen nämlich nicht. Schmale: Ministerialität, S. 149.
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Adolf von Bernsau war gemeinsam mit seinem Bruder Dietrich an der Schenkung des Patronats zu Rommerskirchen an die Abtei Knechtsteden 1218 beteiligt, was wir der erzbischöflichen Version der Urkunde entnehmen können: Jene unterscheidet sich nämlich massiv in der Auflistung der Zeugen von der Version des bergischen Grafen, denn während Adolf nach den Geistlichen und Graf Heinrich von Sayn nur die Inhaber der kölnischen Hofämter namentlich aufführt, ergänzt Engelbert die testes um Hermannus subdecanus, Cunradus de Bobardia, Henricus de Essende, canonici Colonienses, Heinricus comes de kessele, Daniel de Erkerode, Sibodo Puls dapifer, Engelbertus de Bensbure, Adolfus de Stamheim, Wichardus de Lennepe, Adolfus de Bernsowe, Theodericus frater eius, Gerardus de Upladen, Gilo frater eius und Pilegrinus notarius. An den Zeugenlisten der beiden Versionen fällt auf, dass die Urkunde Adolfs von den Dienstleuten ausschließlich erzstiftische Ministerialen erwähnt, während Engelberts Diplom Personen überliefert, die sehr wahrscheinlich oder sogar sicher der bergischen Ministerialität angehörten. Dieser Befund ist deshalb auffällig, weil man eigentlich genau Gegenteiliges erwartet hätte; erklären vermag ich ihn nicht, möchte ihn aber als Beleg für ein gutes Verhältnis zwischen den bergischen Brüdern deuten, das sie auf diese Weise auch nach außen zur Schau stellten. Adolf und Heinrich von Bernsau bezeugten mit ihrem Bruder Dietrich 1221 eine Urkunde zugunsten von Stadt und Abtei Siegburg, wobei sie in der Zeugenreihe direkt vor dem bergischen Truchsess Sybod Puls aufgeführt werden.1283 Im Jahr 1222 bezeugten diese drei Brüder die Bestätigung der einst von Adolf und Engelbert gemeinsam vorgenommenen Steuerbefreiung von Wipperfürth durch Engelbert, der hier wohl primär als Herr der Grafschaft Berg handelte.1284 Dies suggeriert zum einen die Zeugenliste, die keine erzstiftischen Ministerialen aufweist. Zum anderen war Wipperfürth eine Gründung der bergischen Grafen. Außerdem bezeugten beide erneut mit ihrem Bruder Dietrich eine Urkunde Engelberts aus dem Jahr 1224, in der jener den Gebrüdern Daniel und Amilius das bergische Ministerialenrecht verleiht.1285 Hier stehen sie inmitten einer Reihe von Personen, die höchstwahrscheinlich oder sicher der bergischen Ministerialität angehörten. Sitz dieser Familie – zu der auch Rembod gehörte – war die Burg Alt-Bernsau bei Overath, wo die Grafen von Berg ein dem Amt
1283 REK III, Nr. 323. Bereits 1211 befindet sich Sybod als dapifer noster im Dienst des bergischen Grafen. Lacomblet II, Nr. 34. 1284 Lacomblet II, Nr. 107. Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 150 – 152. 1285 UB Kaiserswerth, Nr. 34; REK III, Nr. 433.
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Steinbach zugehöriges Landgericht eingerichtet hatten.1286 Nach Schmale – der seinerseits keine Belege liefert – ist es deshalb wahrscheinlich, dass es sich bei denen von Bernsau tatsächlich um eine bergische Ministerialenfamilie handelt. Diesem Schluss stimme ich aufgrund der Quellenlage zu, möchte aber einschränkend hinzufügen, dass eine eindeutige Bezeichnung in den Quellen fehlt.1287 Gyso von Opladen bezeugte 1210 eine Schenkung des ehemaligen bergischen Truchsesses Pilgrim an das Kloster Altenberg.1288 Ebenso wie Adolf von Bernsau testierte er – hier Gilo genannt – bei der Schenkung des Patronats zu Rommerskirchen an die Abtei Knechtsteden.1289 Bereits 1189 bezeugte ein Everardus de Upladhen die Urkunde, mit der Engelbert von Berg Graf Heinrich von Hückeswagen in die Lehnsabhängigkeit brachte,1290 sodass davon auszugehen ist, dass die von Opladen seit einiger Zeit enge Beziehungen zu den bergischen Grafen pflegten. Die Grafen von Berg hatten in Opladen – wie in Overath – zudem ein Landgericht eingerichtet, das dem Amt Miselohe zugeordnet war 1291, insofern ließe sich nach Schmale wieder auf die Angehörigkeit zur bergischen Ministerialität schließen, was dann wohl auch für Gerhard von Opladen gilt. Analog zu Adolf, Heinrich und Rembod von Bernsau stimme ich ihm mit der dort genannten Einschränkung zu. Marsilius von Dürscheid diente mit seinen Brüdern Roland und Gottschalk als Zeuge bei dem Verzicht Heinrichs von Limburg auf das Rückkaufrecht an dem Hof Merheim.1292 Außerdem verfügte bereits Graf Engelbert von Berg über Besitz bei Dürscheid 1293: Als Adolf III. von Berg die Schenkung seines Vaters an die Johanniter bestätigte, erwähnte er eine bei Dürscheid gelegene Mühle,1294 1286 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 98. 1287 Pötters Einschätzung, dass diese Familie der erzbischöflichen Ministerialität zuzurechnen ist, teile ich nicht, vgl. Pötter: Ministerialität, S. 28. In REK III, Nr. 528 bezeugen Adolf und Heinrich zwar eine Urkunde Engelberts zugunsten der Johanniter zu Adenau, allerdings werden die Brüder mit dem Zusatz domini bedacht, was für erzstiftische Ministerialen sehr ungewöhnlich ist. Andere Ministerialen des Erzbischofs fehlen in dieser Urkunde. 1288 UB Altenberg Nr. 62. 1289 REK III, Nr. 186. 1290 Lacomblet I, Nr. 520. 1291 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 97f. Zu der späteren Entwicklung des bergischen Gerichts zu Opladen ausführlich Gutbier, Michael: Das Haupt- und Rittergericht zu Opladen. Untersuchungen zur Rechtsgeschichte der Grafschaft Berg im späteren Mittelalter, Leverkusen 1995 (Schriftenreihe zur Lokal- und Regionalgeschichte 2). 1292 UB Altenberg 1, Nr. 150. 1293 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 97. 1294 Lacomblet II, Nr. 66: (…) molendinum etiam in dursgeidhe, (…).
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die als landwirtschaftliches Zentrum eines nicht mehr nachvollziehbaren Hofkomplexes gedient haben mag. Folglich gilt für Marsilius von Dürscheid dieselbe vorsichtige Einschätzung wie für die von Bernsau und Opladen. Suiker von Lindlar bezeugte zwar keine andere Urkunde der Grafen von Berg, allerdings lag die bergische Burg Neuenberg bei Frielingsdorf, was heute ein Ortsteil der Gemeinde Lindlar im Oberbergischen ist. Diese Burg wird aufgrund baugeschichtlicher Befunde in das 12. Jahrhundert datiert, auch wenn schriftliche Belege erst deutlich später auftreten.1295 Möglicherweise war S uiker mit der Verwaltung der bergischen Besitzungen im Raum um die Burg Neuenberg befasst. Denkbar ist aber auch ein Zusammenhang mit dem bergischen Landgericht, das in Lindlar (Amt Steinbach) tagte.1296 Vielleicht haben wir es hier mit einem bergischen Ministerialen zu tun, der in der Regel nicht zur Bezeugung von Rechtsakten herangezogen wurde, aber Verwaltungstätigkeiten und Waffendienst zu leisten hatte. Als im Jahr 1266 Gräfin Margarethe von Berg Suiker oder – wahrscheinlicher – seinem gleichnamigen Sohn eine Schenkung an das Stift St. Severin bezeugte 1297, lassen sich allerdings keine Anzeichen einer dienstlichen Bindung an die bergischen Grafen feststellen. Dieser Befund ist nicht unbedingt gegen den ministerialischen Rang Suikers zu werten, sondern eher als ein weiterer Beleg für die weitgehende Gleichstellung bzw. Angleichung ministerialischer und edelfreier Rittergeschlechter im Recht und in der Lebensführung. Adolfus de Stamheim ist insofern eine Ausnahme, als er als einziger der hier genannten Zeugen tatsächlich überaus häufig in den Urkunden der Grafen von Berg auftritt: So bezeugte er im Jahr 1210 die gräfliche Bestätigung einer Schenkung des ehemaligen bergischen Truchsesses Pilgrim an die Abtei Altenberg 1298, 1211 die Entlassung des Zehnts zu Gymnich aus dem bergischen Lehnsverband 1299, die 1216 erfolgte Befreiung Altenbergs von der Bede 1300, die Schenkung an Knechtsteden 1301, die Steuerbefreiung der Stadt Wipperfürth 1302, die Verleihung des bergischen Ministerialenrechts an die sonst unbekannten Brüder
1295 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 82, 85 u. 98. 1296 Ibid., S. 98. 1297 Lacomblet II, Nr. 566. 1298 UB Altenberg 1, Nr. 62. 1299 Lacomblet II, Nr. 34. 1300 UB Altenberg 1, Nr. 77. 1301 REK III, Nr. 186. 1302 Lacomblet II, Nr. 107.
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Daniel und Amilius 1303, den 1227 erfolgten Verzicht Heinrichs, Herzog von Limburg und Graf von Berg, auf das Rückkaufrecht an dem Hof Merheim 1304 und das Versprechen Heinrichs und Irmgards, die Pächter der Abtei Altenberg für Klostergüter zu keinen Leistungen heranzuziehen.1305 Während er in all diesen Urkunden – wenn überhaupt – lediglich als testis bezeichnet wird und insofern keine Schlüsse auf seinen Stand zulässig sind, schafft eine Urkunde aus dem Jahr 1228 diesbezüglich Klarheit: In jener Urkunde machen Heinrich und Irmgard bekannt, dass sich eine Familie zu Wachszinsigen der Johanniterkapelle zu Burg gemacht hat.1306 Bezeugt wird sie unter anderem von Adolfus de Stamem dapifero. Also war Adolf spätestens seit 1228 Truchsess des Grafen Heinrich von Berg. Dies legt nahe, dass Adolf schon einige Zeit Dienstmann der bergischen Grafen gewesen sein muss, weil diese bedeutende Stellung am Hof Vertrauen seitens des Dienstherren erfordert, das in der Regel erst wachsen bzw. verdient werden muss. Da Heinrich in den meisten seiner Handlungen Kontinuität zu der Herrschaft der älteren bergischen Dynastie zur Schau stellte – durch Bestätigungen von Rechtsakten seiner Vorgänger oder Förderung der gleichen geistlichen Institutionen –, ist nicht davon auszugehen, dass er wesentliche Veränderungen in der ererbten Dienstmannschaft vorgenommen hat, zumal diese Personengruppe mit der Verwaltung seiner Grafschaft bestens vertraut war. Im selben Jahr erscheint Adolf von Stammheim als Vogt über Güter der kölnischen Abtei St. Martin.1307 Auffällig ist, dass sich in dieser Urkunde keinerlei Anzeichen für dienstliche Bindungen Adolfs finden lassen. In der Schenkung zugunsten des Templerordens aus dem September des Jahres 1231, deren Gegenstand dann dem Johanniterhaus zu Burg übertragen wurde, taucht ebenfalls ein Adolf von Stammheim als Zeuge auf, allerdings handelt es sich hier um den Sohn Brunos, des Bruders des älteren Adolf.1308 Seit ungefähr dieser Zeit scheint es zwei Adolf von Stammheim gegeben zu haben: den Sohn Brunos und den Sohn Adolfs. Im Jahr 1231 bezeugte einer der beiden in Köln eine Urkunde Wilhelms von Jülich, der dem Kloster Dünnwald den Rottzehnten zu Garsdorf schenkte.1309 Dabei befand er sich im Gefolge des Dünnwalder 1303 UB Kaiserswerth, Nr. 34; REK III, Nr. 433. 1304 UB Altenberg 1, Nr. 98. 1305 UB Altenberg 1, Nr. 138. 1306 Lacomblet II, Nr. 155. 1307 UB Altenberg 1, Nr. 100. 1308 Lacomblet II, Nr. 171. 1309 Lacomblet II, Nr. 172.
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Vogtes Heinrich von Limburg-Berg, der die Urkunde seines Neffen an erster Stelle bezeugte, was seine Bindung an das bergische Haus dokumentiert. Bei dem Adolfus de Stamheim, der 1250 eine Schenkung an das Johanniterhaus zu Burg bezeugte, handelt es sich um den Sohn Adolfs.1310 Die außergewöhnliche Stellung dieser Ministerialenfamilie bezeugt auch eine Urkunde von 1273, in der Adolf von Stammheim die väterliche Stiftung einer ganzen Kapelle vor dem Kloster Altenberg bestätigt und ausbaut.1311 Allein diese Stiftung zeugt von der Bedeutung dieses bergischen dapifer. Die Urkunde ist auch deshalb für uns interessant, weil hier keinerlei Merkmale von Dienstverhältnissen oder gar Unfreiheit zu entdecken sind, die auf den Status eines Ministerialen hindeuten können – der jüngere Adolf urkundet selbstständig 1312, führt ein eigenes Siegel 1313, nennt sich selbst (und seinen Vater) miles und spricht ganz selbstverständlich von einem legitimen Erben eines ihm gehörenden Hauses 1314, womit er wohl seinen Sohn Adolf 1315 meinte.1316 Der jüngere Adolf von Stammheim stellt sich im Jahr 1273 also als voll rechtsfähige Person dar, die in keiner Weise von einem freien Ritter zu unterscheiden ist. Nicht nur die häufige Anwesenheit des älteren Adolfs von Stammheim im Gefolge des Grafen spricht vorbehaltlos für eine große persönliche Nähe zum bergischen Grafenhaus. Hinzu kam eine weitere räumliche Komponente: Das Haus, das der jüngere Adolf 1273 zukünftig zu vererben gedachte, befand sich in Burg a. d. Wupper 1317, was wiederum bedeutet, dass die von Stammheim spätestens seit dieser Zeit einen Wohnsitz im wichtigsten bergischen Herrschaftszentrum besaßen. Die Bezeichnung Adolfs als Truchsess räumt schließlich letzte
1310 LA NRW, Abt. Rheinland, Urkunden Herrenstrunden, 121.04.00.14. 1311 UB Altenberg 1, Nr. 314. 1312 Eine früher zu erwartende Übertragung von Einkünften o. Ä. per manum Domini ist also nicht erkennbar. Um diese Zeit ist die Angleichung ministerialischer Allodien und landrechtlich freiem Eigen bereits abgeschlossen. Siehe Pötter: Ministerialität, S. 134. 1313 Ibid., S. 223: Ad maiorum igitur huius rei firmitatem et evidenciam duplicem cartam conscribi fecimus et utramque roborari sigillo nostro (…). 1314 Die Erwähnung von Eigengütern allein steht nicht notwendigerweise in Widerspruch zur Ministerialität. Siehe Kroeschell, Karl: recht unde unrecht der sassen. Rechtsgeschichte Niedersachsens, Göttingen 2005, S. 65. 1315 Vater und Sohn bezeugen ein Jahr später eine Urkunde Adolfs V. von Berg zugunsten der Abtei Altenberg. UB Altenberg 1, Nr. 324. 1316 Ibid.: (…) atque legitimo heredi domus nostre (…). 1317 UB Altenberg 1, Nr. 314: (…) atque legitimo heredi domus nostre in Novo-castro, (…).
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Zweifel aus – Adolf war Ministeriale der bergischen Grafen, und dazu ein außerordentlich mächtiger. Dieser Befund wirft nun auch ein Licht auf die Position derer von Stammheim innerhalb der herrschaftlichen Beziehungen am Niederrhein. Diese Familie bewegte sich anscheinend auf der Ebene der Hofämter irgendwo zwischen erzbischöflichen (Bruno) und bergischen (Adolf ) Herrschaftsräumen. Lambertus de Scherve bezeugte die Befreiung Altenbergs von der Bede. Zudem taucht sein Name in einem recht merkwürdigen ‚Anhang‘ der Bestätigungsurkunde für die Johanniter 1217 auf: Nach der Datierung folgt der Satz Nichilominus Lampertum de serue predicte capelle duodecim denariorum censum perpetuo legantem hec nostra scedula admittit.1318 Zwei Sachverhalte sprechen nun für eine besonders enge Bindung Lamberts an den Grafen von Berg: Zum einen begünstigte er – wie dieser – die Johanniter im bergischen Herrschaftszentrum Burg, was für sich genommen noch keine gesteigerte Aussagekraft hat. Zum anderen tat er dies als Anhang in einer Urkunde des bergischen Grafen 1319, was für seine Anwesenheit am bergischen Hof zum nunmehr wiederholten Male spricht. Allerdings lassen Anwesenheit, kasuell ähnliche spirituelle Präferenzen sowie die Inserierung eines eigenen Rechtsaktes in eine Urkunde Adolfs von Berg noch nicht endgültig auf einen Rechtsstatus schließen. Besonders die Inserierung seiner Schenkung kann durchaus pragmatischen Charakter gehabt haben, schließlich war Pergament teuer. Sein Beiname de Scherve lässt auf den Scherfbach schließen, einen linken Zufluss der Dhünn bei Odenthal, womit wir uns im ältesten bergischen Territorium, der hereditas Berge, befinden.1320 Südlich des Klosters Altenberg befand sich im Spätmittelalter zudem ein Fronhof namens Scherf 1321, auf den sich Lamberts Kognomen durchaus beziehen könnte. Die Identifizierung eines von der Bodendenkmäleraufnahme des Rheinischen Landesmuseums als Motte bezeichneten Erdwerks im Scherftal mit der Burg der Herren von Scherf ist allerdings bislang weder archäologisch noch historisch geklärt.1322 Rembodo de Hursbeke und Bruno Lupus müssen besonders vorsichtig behandelt werden, tauchen beide doch nur in einer einzigen weiteren bergischen 1318 Lacomblet II, Nr. 66. 1319 Der Zusatz über Lamberts Schenkung weist eine andere Handschrift als der Rest der Urkunde auf, s. Abb. 4. 1320 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 51. 1321 Becker: Beiträge zur Geographie, S. 30f. 1322 Untermann: Grabungen auf der Burg Berge, S. 93, Anm. 323.
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Abbildung 3: LA NRW, Abt. Rheinland, Urkunden Herrenstrunden, 121.04.00.5 (Ausschnitt). Druck: Lacomblet II, Nr. 66. Die letzten drei Zeilen weichen im Schriftbild deutlich vom Rest des Textes ab.
Urkunde auf, die ihrerseits im Kontext der Kreuzzugsvorbereitungen entstanden ist, nämlich dem Verkauf des Hofes Merheim an die Abtei Altenberg.1323 Anstatt a priori von einer dienstrechtlichen Verbindung zu Adolf III. von Berg auszugehen, sollte in Betracht gezogen werden, dass sich beide dem bergischen
1323 Rembod zeugt als Remboldo de Orsbeg, Bruno als Bruno Wolf. Lacomblet II, Nr. 67 = UB Altenberg 1, Nr. 80.
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Grafen im Vorfeld der Reise aus praktischen Erwägungen angeschlossen hatten, ohne der bergischen Ministerialität anzugehören. Weiteres prosopographisches Material zu Bruno scheint die Zeiten nicht überdauert zu haben, weshalb eine Annäherung an seine Person praktisch unmöglich ist. Zu Rembod sind die Zeugnisse etwas zahlreicher. Er testierte 1216 bei einem Geschäft, das Gerhard von R anderath durch seine Verwandten mit Erzbischof Engelbert und dem Domkapitel abschließen ließ: Der Herr von Randerath befand sich seit der Schlacht von Bouvines in der Gefangenschaft des französischen Königs und versuchte, durch die Verpfändung von Vogteien Lösegeld für sich zu organisieren.1324 Dabei war auch Adolf III. von Berg präsent, der die Urkunde ergänzend besiegelte. In der Zeugenreihe jener Urkunde steht Rembod zwischen Bertram von Aldenhoven und Dietrich von Koslar, der eindeutig in einem Dienstverhältnis zum Kölner Erzbischof gestanden hat. Bertram von Aldenhoven ist sozial und rechtlich schwer zu verorten, weil er sonst nicht in den Urkunden der Zeit auftaucht. Ein möglicherweise mit ihm verwandter Wilhelm von Aldenhoven bezeugte 1226 eine Urkunde Graf Wilhelms IV. von Jülich, wobei er an letzter Stelle der testes, hinter den Inhabern der jülischen Hofämter aufgeführt wird.1325 Reinard von Orsbeck, möglicherweise verwandt mit Rembod, testierte 1211 in einer Urkunde Wilhelms III. von Jülich.1326 Dabei ist beachtenswert, dass Adolf von Berg diesen Akt zur Erhöhung der Rechtssicherheit ebenfalls besiegelte, insofern auch anwesend war. Vielleicht befand sich Reinard in Adolfs Gefolge, vielleicht aber auch in demjenigen Wilhelms. Arnoldus miles de Orsbeke, vielleicht ebenfalls ein Verwandter Rembods, bezeugte im Jahr 1223 eine Schenkung Heinrichs von Kessenich und Argenteil (im Limburgischen) an das Prämonstratenserstift zu Heinsberg.1327 Das Auftreten derer von Orsbeck in diesen Urkunden könnte helfen, die Familie im Heinsbergischen zu verorten, auch weil Orsbeck heute Stadtteil von Heinsberg ist. Die Bezeichnung miles hilft für sich genommen nicht weiter, allerdings folgt Arnold in der Zeugenliste direkt auf den Geistlichen, nämlich den Dekan des Kapitels zu Susteren. Vielleicht lässt sich daraus eine Art Vorrang gegenüber den anderen Laien lesen, was eher gegen einen ministerialischen Status Arnolds spräche. In einer Urkunde des St. Georg-Stifts zu Köln aus dem Jahr 1212 findet sich schließlich doch noch eine weitere Verbindung Rembods zu den Grafen von 1324 REK III, Nr. 148. 1325 Lacomblet II, Nr. 139. 1326 Lacomblet II, Nr. 37. 1327 Lacomblet II, Nr. 110.
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Berg: Das Stift beurkundete dort den Erwerb des Patronats an der Pfarrkirche (wahrscheinlich St. Jacobus d. Ä.) in Homberg.1328 Verkäufer war ein Wiricus de Bacheim, und um das Geschäft rechtsgültig abzuschließen, mussten auch die Erben dieses Rechts dem Handel zustimmen. Einer dieser Erben war Reinerus de Wassinberg, der andere Renboldus de Orsbeche. Derjenige, der das Recht für St. Georg entgegennahm, war der Dompropst Engelbert von Berg in seiner Funktion als Propst von St. Georg. Der Ort dieser Handlung ist ebenfalls von Interesse, denn die Verkäufer begaben sich dazu in die Grafschaft (cometia), in der die Kirche lag, und vollzogen den Rechtsakt im Beisein des Grafen.1329 Da im Kirchspiel Homberg eines der frühen bergischen Landgerichte tagte 1330, bleibt nur übrig, diesen Grafen mit Adolf III. von Berg zu identifizieren. Eine dienstrechtliche Verbindung zwischen Rembod und Adolf III. von Berg ist in dieser Urkunde nicht nachweisbar, der Duktus deutet eher darauf hin, dass Rembod als Freier auf sein Erbe verzichtete. Vergessen werden darf auch nicht seine Position innerhalb der Zeugenliste der vor Damiette ausgestellten Urkunde Adolfs: Eine Sortierung der Zeugen angenommen 1331, steht er hinter den Edelfreien Hermann von Elsloo und Dietrich von Herlaar und vor den erzstiftischen Ministerialen. Auch dieser Befund spricht gegen die Annahme, Rembod gehöre der bergischen Ministerialität an. Die – bis auf das Geschäft mit St. Georg – ausschließlich im Linksrheinischen zu beobachtenden Aktivitäten derer von Orsbeck lassen ihre Zugehörigkeit zur bergischen Ministerialität unwahrscheinlich erscheinen, denn 1328 Lacomblet II, Nr. 44. 1329 Ibid.: Procedente tempore Renboldus de Orsbeche et Reinerus de Wassinberg venerunt cum sepedicto Wirico in cometiam ubi sita est ecclesia de Hoynberg ante comitem, ubi ipsi coram omni populo ius suum renunciabant, quia coheredes fuerunt, maiore preposito Engilberto presente qui et tunc temporis fuit prepositus in ecclesia b. Georgii, qui ab eis recepit sub nomine ecclesie b. Georgii ius patronatus. 1330 Houben: Kreuzberg, S. 34 – 37; Brendler: Angermund, S. 132. 1331 Dazu für Kaiser- und Königsurkunden grundsätzlich Ficker, Julius: Vom Reichsfürstenstande 1, Innsbruck 1861, S. 156: „Dass die Stellung der Zeugen in den Kaiserurkunden nicht der Willkür der Notare überlassen war, sondern durch den Rang der einzelnen bedingt war, lässt sich wohl von vornherein annehmen; dass im ganzen und großen eine bestimmte Ordnung dabei beobachtet wurde, lehrt uns fast jede Zeugenreihe.“ Ibid., S. 164: „Es mag uns als Resultat genügen, dass es Regeln gab, nach welchen sich mindestens für die angesehenen Zeugen genau die Stellung bestimmen liess, welche sie ihrem Rang gemäss einzunehmen hatten. Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass diese Regeln nicht immer beobachtet wurden.“ Diese Befunde lassen sich in ihrer Tendenz durchaus auf die Privaturkunden des Hochmittelalters übertragen.
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der bergische Besitz dort war im Vergleich zu demjenigen rechts des Rheins unbedeutend. Dies übertragen auf Rembod würde die These stützen, dass er sich eher aus praktischen Erwägungen denn aus dienstlicher Pflicht Adolf von Berg angeschlossen hat. Die Zuordnung des Wikardus de Linnefe ist insofern schwierig, als seine Position innerhalb der Zeugenliste – zwischen Rembod von Bernsau und Adolf von Stammheim – zwar eine Zugehörigkeit zur Ministerialität Adolfs vermuten lässt und mit Linnefe wahrscheinlich Lennep bei Remscheid gemeint ist, also bergisches Kernterritorium. Jedoch bestand zumindest bis 1217 eine Verbindung zwischen Wikard und Graf Heinrich III. von Sayn, dem Wikard in diesem Jahr ihm zu Lehen gegebene Güter resignierte.1332 1218 bezeugte auch er die Schenkung an Knechtsteden.1333 Möglicherweise war er also ein bergischer Ministeriale, der gleichzeitig Vasall des Grafen von Sayn war. Die Verbindung zwischen Wikard von Lennep und Heinrich III. von Sayn leitet zu einer weiteren Fraktion innerhalb der Zeugenliste über: Henricus de Vileke, Godefridus de Mendorp, Albertus de Buchele 1334, Elger de Mendorp, R ichwin Rusche einrichs III. und Henric de Schonrode gehörten wahrscheinlich dem Gefolge H von Sayn an, wofür zum einen ihr Fehlen in anderen bergischen Diplomen, zum anderen die geographische Verortung der Beinamen spricht – die weist nämlich in den Fällen von de Vileke auf Vilich, de Mendorp auf Meindorf, de Buchele auf Büchel und de Schonrode auf Schönrath, also auf den rechtsrheinischen Bonner Raum südwestlich von Siegburg, den Halbekann zu Recht als eines der Zentren saynischer Herrschaft bezeichnet hat.1335 Heinrich von Schönrath ist sogar expressis verbis als Ministeriale Heinrichs III. von Sayn greifbar: Er gehört zu den neun ministeriales comitis de seine, die im Jahr 1202 die vom Trierer Erzbischof Johannes I. vorgenommene Bestätigung der Stiftung des Klosters Sayn bezeugten.1336 Am 17. Februar 1219 bezeugte Elger von Meindorf eine Urkunde Engelberts zugunsten des Stifts Vilich 1337, das in dem eben bezeichneten Raum gelegen war und sich der Fürsorge der Grafen von Sayn spätestens ab der 1332 Lacomblet II, Nr. 68. 1333 REK III, Nr. 186. 1334 In ihm hat man wohl nicht den prior Alumanie (!) des Johanniterordens aus REK III , Nr. 530 = Lacomblet II, Nr. 130 (hier: Alemanie) zu sehen. 1335 Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 334. 1336 MRUB, Nr. 201. Heinrich bezeugte ebenfalls die Bestätigung der Stiftung durch Kardinalbischof Guido von Präneste im selben Jahr, dort finden wir aber keinen Hinweis auf seinen Stand (Ibid., Nr. 200). 1337 REK III, Nr. 232.
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zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts sicher sein konnte.1338 Wahrscheinlich testierte er auch in einer Urkunde zugunsten des Stifts Vilich aus dem Jahr 1222.1339 Da Richwin Rusche, dessen Name keine topographischen Schlüsse zulässt, von zwei mutmaßlich saynisch orientierten Zeugen eingefasst ist, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass er ebenfalls dieser Fraktion zuzuordnen ist. In der Trierer Urkunde für das Kloster Sayn testiert unter den Burgmannen von Blankenberg ein Ricuuinus, dessen Identität mit Richwin Rusche denkbar, aber spekulativ ist.1340 Wenn Halbekanns Annahme von „regional gegliederten Ministerialenverbände[n]“1341, die sich um Herrschafts- und Verwaltungsschwerpunkte konzentrierten, zutrifft, dann liegt es nahe, die hier sichtbare Gruppe von mutmaßlich saynischen Dienstleuten der Burg Blankenberg zuzuordnen, die nur etwa 20 Kilometer Luftlinie von den genannten Toponymen entfernt lag. Insofern scheint es akzeptabel zu sein, in den gerade genannten Personen zumindest Gefolgsleute, wenn nicht sogar Ministerialen Heinrichs III . zu sehen. Allerdings muss einschränkend bemerkt werden, dass die Quellenlage zur saynischen Ministerialität ebenso disparat ist, wie diejenige zur bergischen Dienstmannschaft. Vereinzelte Einträge in Urkunden bilden die Hauptgrundlage für die Erforschung der zweifellos vorhandenen ministeriales der Grafen von Sayn.1342 Zudem gilt auch für die Dienstmannen dieser Grafen: „Die standesgemäße Unterscheidung zwischen ministerialischen und freien Vasallen des Sayners lässt sich im Einzelfall nicht immer treffen, sodass nur diejenigen Personen im Umkreis Heinrichs III. analysiert werden können, die genügend häufig in seinen Diplomen als Urkundenzeugen begegnen“.1343 Was „genügend häufig“ meint, lässt Halbekann jedoch – verständlicherweise – offen. Thomas Bohn fügt noch prägnant hinzu: „Auch in den Sayner Zeugenreihen findet
1338 Mechtild von Sayn, Tochter Adelheids, einer Schwester Heinrichs III. von Sayn, wurde 1296 Äbtissin von Vilich. Giersiepen, Helga: Das Kanonissenstift Vilich von seiner Gründung bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, Bonn 1993 (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn 53), S. 230. Vögte des Stifts waren in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts die Grafen von Jülich, allerdings zeigten sie kein sonderlich großes Interesse an der Einrichtung. Ibid., S. 138 – 140. Erzbischof Engelbert hat seit dem Jahr 1219 „mit Nachdruck“ versucht, das Stift enger an sich zu binden: Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 175 – 180. 1339 REK III, Nr. 370. Ich neige dazu, Elgeri mit Elger von Meindorf zu identifizieren. 1340 MRUB 2, Nr. 201. 1341 Halbekann: Die älteren Grafen von Sayn, S. 342. 1342 Ibid., S. 335f. 1343 Ibid., S. 336.
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sich die ständisch begründete Unterscheidung zwischen ministerialis und liber / nobilis fast gar nicht mehr“.1344 Wenn man die These der Zugehörigkeit der genannten Gruppe zum saynischen Gefolge akzeptiert, dann drängt sich die Frage auf, warum Gefolgsleute oder Ministerialen Heinrichs von Sayn eine Urkunde Adolfs III . von Berg bezeugen. Der naheliegendste Grund besteht in der Anwesenheit ihres Herrn vor Damiette. Heinrich bezeugte 1218/19 eine Urkunde Graf Wilhelms von Jülich zugunsten des Deutschen Ordens.1345 Dies allein reicht als Begründung jedoch nicht aus, denn schließlich waren andere niederrheinische Große ebenfalls in Ägypten anwesend, deren Gefolgsleute nicht für Adolf als Zeugen fungierten, beispielsweise Wilhelm von Jülich. Stattdessen kann eine Verbindungslinie zu Adolf von Berg über die saynische Burg Blankenberg gezogen werden, sofern die These der Burgmannschaft zutrifft. Diese Festung war auf Territorium der Abtei Siegburg errichtet worden, deren Vogt der Berger war. Eine andere mögliche Erklärung besteht – mit aller Vorsicht – in der Akzeptanz der Annahme, dass Adolfs Ehefrau Bertha tatsächlich aus dem Haus Sayn stammte.1346 Die dann enge Verwandtschaft zwischen den Häusern Berg und Sayn würde jedenfalls eine hinreichende Begründung liefern, warum saynische Gefolgsleute für Adolf testierten. Eine Person bleibt nebulös: Bruno de Holte taucht meines Wissens in keinem anderen Zusammenhang in den Quellen auf. Auch wenn es sicher ein Wagnis ist, ist es dennoch den Versuch wert, ihn in bergische Herrschaftszusammenhänge einzubetten. Es bietet sich nämlich an, eine Verbindungslinie in das Herz der bergischen Grafschaft zu ziehen: Im späten Mittelalter ist unmittelbar westlich des Klosters Altenberg der Fronhof Holz belegt, von dem Bruno sein Kognomen hätte herleiten können.1347 Im Jahr 1253 bezeichnet Adolf IV. von Berg einen Hof Holz als „unseren Hof“ – also bergischen Besitz –, und für eine Identifikation mit dem Hof Holz bei Odenthal spricht, dass er einige zu diesem Besitz zählende Liegenschaften an das Kloster Altenberg verschenkt, das in direkter Nachbarschaft lag.1348 Bestärkt wird diese Vermutung dadurch, dass die Verbindung des benachbarten Fronhofs Scherf zu Lambert von Scherf 1344 Bohn: Mechthild von Sayn, S. 64f. 1345 Lacomblet II , Nr. 82. Die Datierung lautet eigentlich 1219, da war Wilhelm allerdings bereits verstorben. Siehe dazu Anm. 1 dieser Urkunde bei Lacomblet. 1346 S. Kap. 3.4. 1347 Becker: Beiträge zur Geographie, S. 30f. 1348 Lacomblet II, Nr. 394.
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recht wahrscheinlich ist, sodass man in Analogie zu Lambert auch Bruno in der hereditas Berge verorten könnte. So wäre nicht nur Brunos Konnex zu den Grafen von Berg hergestellt, sondern sogar sein Status als Ministerialer wahrscheinlich, der vielleicht dann den Hof Holz für die Grafen verwaltet hätte. Allerdings muss mit Becker einschränkend festgehalten werden: „Es erscheint verlockend, ausgehend vom späteren Quellenbefund die Träger der Besiedlung für die einzelnen grundherrschaftlichen Bezirke zu identifizieren. Solche Versuche müssen, falls sie überhaupt unternommen werden, weitgehend in das Reich der Spekulation verwiesen werden.“1349 Dies gilt nicht nur für die Träger der Besiedlung, sondern auch für die Verwaltung des besiedelten Landes, zwei Funktionen, die durchaus von Ministerialen ausgefüllt werden konnten. Ein wichtiges Argument gegen die vorgeschlagene Deutung ist in dem Kognomen de Holte begründet: Während der Beiname Lamberts eindeutig auf einen klar umrissenen Raum verweist, ist dies bei Bruno nicht der Fall: De Holte könnte ebenso gut auf Holthausen oder Holtum verweisen, wo gleichfalls bergische Besitzungen dokumentiert sind 1350 – wenn man denn Holte überhaupt im Bergischen zu suchen hat. Fahne berichtet von vier verschiedenen Familien dieses Kognomens, wovon er zwei gar nicht verorten kann, eine Holte bei Lütgendortmund, eine andere Holte bei Duisburg zuordnet, wobei er keine Belege beibringt.1351 Die Zeugen der Urkunde, mit der Adolf III. von Berg den Hof bei Dieren an den Deutschen Orden verschenkte, können also zu einem Großteil nicht mit ausreichender Sicherheit der bergischen Ministerialität zugeordnet werden. Stattdessen lassen sich vier Gruppen bilden: In Adolfs Gefolge befand sich eine kleine Gruppe vor allem linksrheinisch begüterter freier Ritter, namentlich Hermann von Elsloo, ein primär limburgischer und looner Vasall, wahrscheinlich Dietrich von Herlaar und Rembod von Orsbeck, deren Stammsitze sich nördlich von Maastricht, nördlich von Aarschot bzw. bei Heinsberg befanden. Außerdem lässt sich eine eindeutig erzstiftisch orientierte Gruppe von Ministerialen identifizieren, die aus Albert von Hörde, Hermann von Alfter, Dietrich von Koslar und Bruno von Stammheim bestand. Besonders der Rang der hier aufgeführten Personen ist auffällig, haben wir es doch bei ihnen mit den Inhabern der wichtigsten kölnischen Hofämter zu tun. Möglicherweise resultierte die Anwesenheit der Gruppe aus der Kreuznahme Engelberts, die jener ja noch 1349 Becker: Beiträge zur Geographie, S. 31. 1350 Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 123 – 127. 1351 Fahne, Anton: Geschichte der Kölnischen, Jülichschen und Bergischen Geschlechter mit Stammtafeln, Wappen, Siegeln und Urkunden 1, Köln 1848, S. 167.
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1219 ungeschehen machen wollte 1352 – die Überlegung, ob es sich bei ihnen um ein Vorauskommando Engelberts handelte, ist allerdings reine Spekulation. In jedem Fall konnte Adolf in seiner Urkunde auf die erste Riege der Kölner Ministerialität zurückgreifen. Die Präsenz der erzstiftischen Ministerialen unterstreicht einerseits den Rang Adolfs innerhalb der deutschen Kreuzfahrerkontingente, denn deutlicher hätte der mächtige Engelbert die erzbischöfliche Unterstützung seines Bruders kaum sichtbar machen können, ohne selbst präsent zu sein. Andererseits liefert die Anwesenheit dieser Gruppe einen Beleg für das enge Zusammenwirken von kölnischem Erzbischof und bergischem Graf während der Zeit Engelberts und Adolfs. Die dritte Gruppe besteht aus Personen, bei denen eine Zuordnung zur eigentlichen bergischen Ministerialität zumindest wahrscheinlich oder gesichert ist. Zu ihr gehören Adolf, Heinrich und Rembod von Bernsau, Adolf von Stammheim, Gerhard und Gyso von Opladen, Marsilius von Dürscheid, Lambert von Scherf, wahrscheinlich Bruno de Holte und wohl auch Wikard von Lennep. Die vierte Gruppe scheint saynisch orientiert gewesen zu sein und besteht aus Heinrich von Vilich, Gottfried und Elger von Meindorf, Albert von Büchel, Richwin Rusche, Heinrich von Schönrath und möglicherweise Wikard von Lennep. Sueder von Dingden hat wohl einen Sonderstatus als münsterischer Ministeriale inne, der gleichzeitig Lehnsmann des bergischen Grafen war. Die Einschätzung Schmales, bei der Belagerung von Damiette würden 27 Ministerialen Graf Adolfs III. von Berg in Erscheinung treten, muss revidiert werden. Stattdessen ergibt sich durch die Zeugenliste der Urkunde ein Eindruck von dem temporären Gefolge – und eben nicht nur der permanenten Dienstmannschaft – Adolfs, das den Grafen auf seinem Kreuzzug begleitete. ‚Gefolge‘ meint hier eine Gruppe von Personen, die sich (in der speziellen Situation des Kreuzzugs) freiwillig oder aus dienstlicher Pflicht an einem Großen orientierten 1353, der sich durch besondere Qualitäten – Sozialprestige und militärische Expertise sind nur zwei von vielen Eigenschaften – ausgezeichnet hat. 1352 S. Kap. 3.4.1.1. 1353 Andrew Spencer hat fünf Gründe zusammengetragen, warum sich Personen im Gefolge eines Grafen aufgehalten haben: Spencer, Andrew M.: The comital military retinue in the reign of Edward I, in: Historical Research 83 (2010), S. 46 – 59, S. 50: „Essentially, there were five ways in which a man might join a comital retinue, though they are not mutually incompatible and a retinue member might fall into two or more of these categories: familial relationship; ties of service; tenurial relationship; ties of neighbourhood; and military practicalities.“ Dabei bezog er sich auf „comital retinues“ während der Regierungszeit König Edwards I. von England (1272 – 1307). Auch wenn weder eine geographische noch
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Von ihm erwartete es erfolgreiche Führung und möglicherweise finanzielle Unterstützung, während er durch seine Akzeptanz der Gefolgsleute sowohl deren als auch sein eigenes Prestige steigerte; die Präsenz im Gefolge eines angesehenen und mächtigen Großen förderte das Ansehen des Gefolgsmanns, und ein großes Gefolge stellte die Bedeutung des Magnaten wirkungsvoll zur Schau. Gerade im Vergleich mit einer von Wilhelm III. von Jülich auf demselben Kreuzzug ausgestellten Urkunde aus dem Jahr 1218/191354 – beglaubigt von zehn namentlich genannten Zeugen, davon wahrscheinlich acht Ministerialen 1355 – ergibt sich der Befund, dass Adolf mit einem verhältnismäßig großen Gefolge unterwegs gewesen war, was seine führende Rolle (caput, dux et iudex) innerhalb des niederdeutsch-friesischen Kontingents neben seinen verwandtschaftlichen Vernetzungen, seinem Sozialprestige und seiner Belagerungs expertise zusätzlich dokumentiert, aber auch erklärt. Doch nicht nur die Größe seines Gefolges allein ist aussagekräftig. Die standesrechtliche Diversität bzw. die differenzierten dienstlichen Verbindungen der einzelnen Zeugen verändern die notwendige Schlussfolgerung aus der Liste: Während eine 27-köpfige Dienstmannschaft vor Damiette Ausdruck einer außerordentlich starken herrschaftlichen Durchdringung der bergischen Grafschaft gewesen wäre, gibt der hier erarbeitete Befund etwas anderes wieder: nämlich die auf den Kreuzzug bezogene Anerkennung eines bergischen Führungsanspruchs durch den Erzbischof von Köln, den Grafen von Sayn und linksrheinische Ritter. Die Akzeptanz dieses Anspruchs fußte auf der durch Verwandtschaft und politische Nähe geschaffenen Herrschaftskonstellation am Niederrhein, wo die Berger sowohl die bergische Grafschaft als auch den Kölner Erzbischofsstuhl besetzten und zu zahlreichen Großen der Region gute Beziehungen unterhielten, etwa zu dem Bischof von Münster, den Grafen von Loon und Geldern sowie den Herren von Heinsberg. Es gelang ihnen, mächtige Konkurrenten wie den Grafen von Sayn auf dem Kreuzzug an ihre Seite zu zwingen, wobei es unklar ist, welche Rolle dabei ein mögliches Konnubium zwischen den beiden Häusern spielte. Die Herrschaftsverhältnisse in der niederrheinischen Heimat können also dazu beitragen, das bergische Kommando vor Damiette zu erklären. zeitliche Nähe zum Niederrhein bzw. dem Fünften Kreuzzug besteht, ist es auffällig, wie sehr sich die Befunde ähneln. 1354 Lacomblet II, Nr. 82. 1355 Ibid.: (…) ministeriales et homines mei Arnoldus de giminich, Henricus bufo, Hermannus advocatus iuliacensis, Winandus de Gurcenich, Winmarus vrambalch, Walterus de irmrode, Petrus de Walde, Reinerus de Rotheim, et alii quamplures nobiles et ministeriales.
Adolf III. und der Fünfte Kreuzzug |
5.5.7 ZU KONTEXT UND RESONANZ DER URKUNDE ZUGUNSTEN DES DEUTSCHEN ORDENS
Die Urkunde zugunsten des Deutschen Ordens könnte mit dem nahenden Tod Adolfs III. von Berg zusammenhängen: Wie viele andere Teilnehmer des Kreuzzugs starb er wohl an einer Seuche, die im Jahr 1218 im Kreuzfahrerlager wütete.1356 Bis zu seinem Ableben hatte er allerdings die Möglichkeit gehabt, den Deutschen Orden bei dessen ‚Feuertaufe‘ im Kampf zu erleben.1357 Der militärische Beitrag dieses noch jungen Ordens war dabei auch Werbung in eigener Sache, denn potentielle Wohltäter würden sich umso großzügiger zeigen, je eindrucksvoller die Leistung der Ordensritter im Feld erschien, zumal die rechtliche Gleichstellung mit Templern und Johannitern – und damit eine umfassende Privilegierung – erst 1221 erfolgen sollte.1358 Auch darf nicht vergessen werden, dass der Deutsche Orden vor Damiette gemäß seiner zweifachen Natur als R itterund Hospitalorden ein Feldhospital betrieb.1359 Möglicherweise begünstigte Adolf die Ordensritter, weil sie in seiner Nähe kämpften sowie Kranke und Verwundete pflegten. Da Adolf wohl selbst schwer erkrankt war, liegt es im Bereich des Denkbaren, dass sich Adolf auf dem Krankenbett für eine Behandlung im Hospital der Deutschen revanchiert hat. Zudem passt diese letzte Schenkung angesichts der Vorliebe der Grafen von Berg, verhältnismäßig junge geistliche Institutionen zu fördern (1133 Zisterzienser in Altenberg, vor 1189 Johanniter in Burg) sowie ihrer regen Beteiligung an der Kreuzzugsbewegung sehr gut in das Bild, das von der persönlichen Frömmigkeit der bergischen Grafen entworfen werden konnte. Er bedachte im Sommer 1218 einen aufstrebenden Orden, der im Heiligen Land und in unmittelbarer Verbindung mit der Kreuzzugsbewegung entstanden war. Ähnlich war sein Vater Jahre zuvor verfahren, als er die Johanniter in Burg beschenkte. Mit dieser Schenkung machte Adolf den Deutschen Orden auch am Niederrhein ‚salonfähig’, nachdem jener in den Jahren vor dem Fünften Kreuzzug 1356 Gesta crucigerorum Rhenanorum, cap 6, S. 41: Infiniti eciam alii & theologi in pariensi fonte nutriti ex inordinata dieta, dissenteria comitante & calore cunctis febribus forciore, corpora sua Terre Sancte, animas vero filio Virginis reliquere. 1357 Favreau-Lilie, Marie-Luise: Studien zur Frühgeschichte des Deutschen Ordens, Stuttgart 1974 (Kieler historische Studien 21), S. 82f.; dies.: L’Ordine Teutonico in Terrasanta, S. 61. In Palästina hatten die Deutschordensritter bereits vor dem Aufbruch nach Ägypten bei der Befestigung der Templerfestung Atlit geholfen. Historia Damiatina, cap. 5, S. 169. 1358 Favreau-Lilie: Frühgeschichte des Deutschen Ordens, S. 81. 1359 Gesta crucigerorum Rhenanorum, cap. 6, S. 40f.
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in größtenteils traditionell stauferfreundlichen Gebieten begütert worden war, und dies auch nur in verhältnismäßig geringem Umfang.1360 So schenkte Sueder von Dingden, der Adolfs Schenkung vor Damiette bezeugt hatte, seinerseits dem Deutschen Orden in der Diözese Utrecht gelegene Güter 1361, Graf Wilhelm III. von Jülich überließ ihm 1218/19 das Reichslehen Bergstein zusammen mit den Kirchen zu Nideggen und Siersdorf 1362, und Bischof Hugo von Lüttich bestätigte 1220 eine Schenkung Graf Arnolds III. von Loon und Mathildes, der Äbtissin von Munsterbilzen, an den Deutschen Orden.1363 Auch Udo Arnold sah den Fünften Kreuzzug als wichtige Zäsur der Ordensgeschichte: „Die Teilnahme des Deutschen Ordens [am Fünften Kreuzzug, A. B.] in seiner Doppelfunktion als Spital- wie als Ritterorden machte ihn gerade bei den niederdeutschen Kreuzzugsteilnehmern bekannt und brachte ihm weitere Schenkungen ein (…).“1364 Auffälligerweise erwähnte Arnold die Schenkung des Bergers in der bei ihm folgenden Aufzählung der Zuwendungen an den Orden nicht. Bezeichnend für die Signalwirkung dieser Urkunde ist ihre im Dezember 1218 vorgenommene Bestätigung durch Friedrich II., die notwendig war, weil es sich bei diesem Hof nicht um ein bergisches Allod, sondern um ein Reichslehen handelte.1365 In jener Urkunde findet sich nicht nur die konkrete Bestätigung der Schenkung des Reichslehens, sondern darüber hinaus die generelle Erlaubnis, Reichslehen an den Deutschen Orden zu übergeben.1366 Adolf schuf durch seine Schenkung also den Präzedenzfall für die weitere Begüterung des Deutschen Ordens im Reich, und zwar über den Erwerb von Eigengütern des Adels hinaus. Die Gesta 1360 Favreau-Lilie: Frühgeschichte des Deutschen Ordens, S. 84. 1361 OB Utrecht 2, S. 130, Nr. 668; WUB III , 1, Nr. 122. Sueder erscheint ein weiteres Mal in den Urkunden des Stifts Utrecht im Zusammenhang mit den Kreuzzügen und dem Deutschen Orden: Am 9. April des Jahres 1231 schenkte er ihm ein Haus in Utrecht und andere Güter, um sein Kreuzzugsgelübde auf diese Weise abzulösen. OB Utrecht 2, Nr. 814, S. 240f. 1362 Lacomblet II , Nr. 82. Wilhelms gleichnamiger Sohn und Nachfolger bestätigte diese Schenkung 1225, übrigens offenbar seine erste Rechtshandlung nach Übernahme der Grafschaft. Lacomblet II , Nr. 132. Erzbischof Engelbert erweiterte die Schenkung im April 1220. REK III, Nr. 256. 1363 Codex diplomaticus Lossensis, Nr. 184. 1364 Arnold, Udo: Der Deutsche Orden im Rheinland, in: Niederwupper 18 (2000), S. 9 – 20, S. 11. 1365 MGH DD F I/3, Nr. 545 = Lacomblet I, Nr. 427; Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 80. 1366 MGH DD F II/3, Nr. 468. In dieser Urkunde lautet die Bezeichnung des Hofs Detern, womit aber Dieren in Gelderland, nicht Detern in Ostfriesland gemeint ist.
Adolf III. und der Fünfte Kreuzzug |
crucigerorum Rhenanorum vermelden abschließend, dass Adolfs Gebeine im „Hospital der Deutschen“ beigesetzt wurden, wahrscheinlich im Gegenzug oder als Dank für die Schenkung des Hofs Dieren.1367 Ob damit das Feldspital vor Damiette oder das Deutsche Hospital in Akkon gemeint war, lässt sich wohl nicht mehr klären.1368 5.5.8 ZUSAMMENFASSUNG
Wenn wir die Ergebnisse der Untersuchung zusammenfassen wollen, so ergeben sich folgende Befunde: In Bezug auf die Kreuznahme Adolfs scheint die Zeit unmittelbar nach der Krönung Friedrichs II. in Aachen am 23. Juli 1215 diejenige gewesen zu sein, in der sich der Graf das Kreuz anheftete. Wenn dies auch nicht mit völliger Sicherheit festgestellt werden kann, so spricht doch die frühe Privilegierung Altenbergs durch Friedrich II. und die nötige Demonstration der Herrschertreue für diesen Zeitraum. Da Adolf im Jahr 1217 als Kreuzfahrer urkundete, ist dieses Jahr der terminus ante quem. Die folgenden Urkunden lassen einen Eindruck von verschiedenen Aspekten der Kreuzzugsvorbereitung erkennen. Adolf legte großen Wert auf das Seelenheil seiner selbst und seiner Vorfahren, wobei er seinen Vater E ngelbert besonders hervorhob – alle seine Geschäfte mit Blick auf den Kreuzzug enthalten einen derartigen Passus, und die persönlichen Erfahrungen des bergischen Grafen mit kreuzfahrenden Verwandten, besonders seinem 1189 auf dem Kreuzzug verstorbenen Vater, lassen diese Bemühungen nicht bloß formelhaft erscheinen. Adolf musste außerdem Besitz zu Geld machen, was in dem Verkauf des Hofes Merheim an die Zisterzienser in Altenberg sichtbar wird, allerdings blieb der Hof sozusagen in der Familie, weil er an das Hauskloster der Grafen verkauft wurde. Zudem muss das außergewöhnlich große Gefolge Adolfs vor Damiette erwähnt werden, das seine Schenkung an den Deutschen Orden bezeugte. Es bestand aus freien Rittern, hochrangigen Dienstleuten des Kölner Erzbischofs, bergischen und saynischen Ministerialen. Dieser Befund 1367 Gesta crucigerorum Rhenanorum, cap 6, S. 40f.: (…) cuius ossa apud hospitale Theutonicorum venerabiliter sunt locata. 1368 van Eickels: Deutschordensballei Koblenz, S. 25. Ein auf dem Sterbebett erfolgter Eintritt in den Deutschen Orden wäre denkbar, ist aber nicht nachzuweisen. Zu den mit der Sepultur im Deutschen Hospital in Akkon verbundenen Problemen mit den Johannitern, die ihrerseits wegen der damit verbundenen Profite versuchten, Begräbnisse zu monopolisieren, siehe Favreau-Lilie: Frühgeschichte des Deutschen Ordens, S. 48 – 61.
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unterstreicht die von den narrativen Quellen überlieferte Führungsposition des bergischen Grafen innerhalb des Kreuzzugsheeres, die sich durch seine persönliche Belagerungsexpertise und die Herrschaftsverhältnisse in der Heimat erklären lässt. 5.6 ERZBISCHOF ENGELBERT VON KÖLN UND DIE KREUZZUGSBEWEGUNG
Engelbert, der jüngere Bruder Graf Adolfs III. von Berg, hatte im Jahr 1212 bereits am Kreuzzug gegen die Katharer in Okzitanien teilgenommen.1369 Obwohl er wahrscheinlich ebenfalls im Jahr 1215 das Kreuz genommen hatte 1370, begleitete Engelbert seinen Bruder diesmal nicht. Er war am 29. Februar 1216 zum Erzbischof von Köln gewählt und am 24. September 1217 geweiht worden.1371 Die Einarbeitung in seine Geschäfte sowie die Neuordnung des Kölner Erzstifts, dessen strukturelle Schwäche nach dem elf Jahre andauernden Thronstreit offenkundig war, forderten seine volle Aufmerksamkeit, weshalb eine weitere Kreuzzugsteilnahme auf absehbare Zeit ausgeschlossen war. Die Bedrängung des Erzstifts wird aus folgender Episode beispielhaft deutlich: Unmittelbar nach seiner Wahl war Engelbert gezwungen, eine Fehde gegen Herzog Walram von Limburg, dessen Sohn Heinrich, Schwiegersohn Adolfs von Berg, und Graf Dietrich von Kleve zu führen, die in die Rechte und Besitzungen des Erzstifts eingegriffen hatten. In diesem Zusammenhang zerstörte er auch eine Burg des Herzogs, die dieser auf erzbischöflichem Territorium errichtet hatte. Aus dieser Auseinandersetzung ging er zwar siegreich hervor, allerdings war das Verhältnis zwischen den Häusern Limburg und Berg derart gestört, dass die Berger sogar über eine Scheidung der Ehe zwischen Heinrich von Limburg und Irmgard von Berg nachdachten, zu der es aber letztendlich nicht kam.1372 Dennoch unterstützte Engelbert den Kreuzzug, indem er ein vornehmlich aus Ministerialen bestehendes Kontingent nach Outremer entsandte, an dessen Spitze die Inhaber der wichtigsten kölnischen Hofämter standen.1373 Er selbst sah 1369 S. Kap. 5.4. 1370 Zumindest war er während der Kreuzpredigten anlässlich der Krönung Friedrichs II. in Aachen anwesend. RI V, 1, 1, Nr. 815, 816; REK III, Nr. 252; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 135. 1371 REK III, Nr. 138, 179. Das Pallium erhielt er sogar erst im April 1218. REK III, Nr. 192. 1372 REK III, Nr. 145. 1373 S. Kap. 5.5.6.
Erzbischof Engelbert von Köln und die Kreuzzugsbewegung |
sich indessen nicht in der Lage, persönlich teilzunehmen, sodass er im Jahr 1219 die Lösung des Gelübdes anstrebte. Dazu sandte er den Dekan Hermann und den Kanoniker Gottfried nach Rom, doch gelang es ihnen nicht, das Anliegen des Erzbischofs durchzusetzen.1374 Dass Engelbert der Kreuzzugsbewegung dennoch nahe stand, zeigt seine Förderung der Johanniter und des Deutschen Ordens. So besiegelte er eine Urkunde des Edlen Dietrichs von Dorndorf, der dem Johanniterorden seine Pfarrkirche zu Herkenrath nebst weiteren Einkünften übertrug.1375 Auch die anschließende Ablösung des Pfarrers unterstützte der Erzbischof.1376 Zwischen 1219 und 1225 überließ er zudem den Johannitern auf Bitten des verstorbenen Grafen Gerhard von Are-Nürburg einen Rottzehnten im Wald Ache.1377 Engelbert bestätigte aber nicht nur fremde Zuwendungen, sondern trat auch selbst als Schenkender in Erscheinung: Frühestens im Jahr 1223 übertrug er in Lo gelegene Güter im Wert von 40 Mark an die Johanniter, wobei er die Besitzungen zunächst von seinen Lehnsleuten freigekauft hatte. Dies tat er pro remedio anime mee et omnium parentum meorum.1378 Der zitierte Passus weist auf den gewiss auch familiären Hintergrund der Zuwendung hin, denn bereits sein Vater Engelbert hatte die Johanniter begünstigt und sogar nach Burg eingeladen, womit er die Grundlage der späteren Kommende Herrenstrunden geschaffen hatte.1379 Auch im Fall des Deutschen Ordens konnte Engelbert auf familiäre Vorbilder zurückgreifen, denn sein Bruder gehörte zu den frühesten Förderern dieses jungen Ordens.1380 Engelbert gewährte im Jahr 1219 dem Deutschen Orden den Personat in den Kirchen zu Nideggen und Siersdorf 1381, die Graf Wilhelm von
1374 Dialogus miraculorum, 1, dist. III, cap. 23, S. 154: Anno praeterito, cum dominus Engilbertus Archiepiscopus Coloniensis Decanum Hermannum et Godescalcum eius concanonicum direxisset ad curiam Romanam pro absolutione crucis, et invenissent eundem Simonem in quadam grangia, sciscitati sunt ab eo de processu negotii. REK III, Nr. 252. 1375 REK III, Nr. 459. 1376 REK III, Nr. 460. 1377 REK III, Nr. 528. 1378 Lacomblet II, Nr. 130; REK III, Nr. 530. Heinrich von Limburg-Berg bestätigte die Schenkung im Jahr 1225. Lacomblet II, Nr. 126. Kraus ist der Meinung, dass Engelbert die Güter Heinrich von Limburg abgekauft habe. Zu dieser Annahme sehe ich keine zwingende Veranlassung. Kraus: Entstehung der Landesherrschaft, S. 110. 1379 S. Kap. 5.2.1; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 156 – 159. 1380 S. Kap. 5.5.7. 1381 REK III, Nr. 256.
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Jülich kurz zuvor an die Gemeinschaft übertragen hatte.1382 Im nächsten Jahr bezeugte er zwei Urkunden zugunsten der Ordensritter: Im April übertrug der Edle Heinrich von Isenburg (bei Neuwied) ihnen sein Recht an den Kirchen zu Mörlen und Holzburg 1383, und im Mai bestätigte Bischof Hugo von Lüttich eine Schenkung der Äbtissin Mathilde von Munsterbilzen an das Deutschordenshaus zu Altenbiesen.1384 Besonders einträglich war für den Deutschen Orden gewiss ein Privileg Engelberts aus dem Jahr 1224, das ihm gestattete, jährlich ein mit 100 Fässern Wein oder ähnlichen Gütern beladenes Schiff abgabefrei an seinen Zollstätten vorbeizuführen.1385 Die Nähe Engelberts zu beiden geistlichen Ritterorden ist deutlich zu erkennen. In Vorbereitung des lange angekündigten Kreuzzugs Friedrichs II. pflegte Engelbert als mächtigster Herr im Nordwesten des Reichs und Reichsgubernator enge Beziehungen mit den wichtigsten kaiserlichen und päpstlichen Gesandten, die das Reich seit der ersten Hälfte des Jahres 1224 bereisten. Auf dem Frankfurter Hoftag traf er wahrscheinlich mit dem Hochmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza 1386, zusammen, der den anwesenden Fürsten u. a. die kaiserlichen Vorstellungen den Kreuzzug betreffend vermitteln sollte.1387 Von dort aus begab sich Engelbert nach Köln, wo er am 7. Juni den Kardinallegaten Konrad von Urach, der von Honorius III. mit der Förderung der Kreuzzugsbelange im
1382 Lacomblet II, Nr. 82. 1383 REK III, Nr. 269. 1384 REK III, Nr. 272. 1385 REK III, Nr. 449. 1386 Zu ihm zuletzt Hechelhammer, Bodo: Mittler zwischen Kreuz und Krone: Hermann von Salza und der Kreuzzug Friedrichs II., in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte 61 (2007), S. 31 – 58; Arnold, Udo: Hermann von Salza 1209 – 1239, in: Ders. (Hg.): Die Hochmeister des Deutschen Ordens, Marburg 1998 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 40), S. 12 – 16; Kluger, Helmuth: Hochmeister Hermann von Salza und Kaiser Friedrich II. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Deutschen Ordens, Marburg 1987 (Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 37). 1387 Chronica s. Pantaleonis, anno 1224, S. 253: Heinricus iunior Rex circa medium Maium Frankinvorth curiam habuit; ubi nuncii imperatoris cum litteris ipsius affuerunt, intimantes regi et principibus, Herimannum magistrum hospitalis Sancte Marie Theutonicorum in epiphania Domini in Sicilia ad imperatorem venisse et de succursu Terre Sancte ad hoc eum induxisse, ut continuo pharum disponeret transire et versus Teutoniam venire et cum principibus de processu suo et Terre Sancte negocio ordinare. RI V, 1, 2, Nr. 3920a-3924.; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 328f.
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Reich betraut worden war, feierlich empfing.1388 Es lag im Interesse des Kardinallegaten, sich möglichst rasch mit dem Kölner Erzbischof in ein gutes Vernehmen zu setzen, denn jener war – wie gesagt – außerordentlich mächtig und bot aufgrund seines Anteils an der Reichsregierung Zugang zu Entscheidungsfindungen auf höchster politischer Ebene.1389 Engelbert unterstützte seinerseits die Kreuzzugspredigt des Legaten und hielt sich die nächsten Wochen in seiner Begleitung auf. Das gute Verhältnis zwischen Engelbert und Konrad von Urach mag nicht nur auf ähnlichen politischen Ansichten – z. B. der Ablehnung eines französisch-staufischen Bündnisses 1390 – beruht haben, sondern auch auf Verwandtschaft, denn Konrad wird in den Gesta episcoporum Traiectensium als cognatus Gerhards von Geldern bezeichnet.1391 Die traditionelle Nähe der Grafen von Berg zur Kreuzzugsbewegung wird sich ebenfalls positiv auf die Beziehungen zwischen Kardinallegat und Erzbischof ausgewirkt haben. Konrad hielt ein Konzil in Köln ab, das sich primär mit dem Kreuzzug beschäftigt haben dürfte. Die Quellen schweigen weitgehend über die Versammlung, doch wissen wir, dass der mit der Kreuzpredigt in Friesland betraute Oliver von Köln anreiste.1392 Nach Beendigung des Konzils begaben sich der Kölner Erzbischof und Konrad nach Nürnberg an den Hof Heinrichs (VII.), wo sie auch mit Hermann von Salza zusammentrafen.1393 An diesem Hoftag nahmen zahlreiche Große des Reichs teil, darunter Erzbischof Dietrich II. von Trier, dessen Amtskollege Eberhard II. von Salzburg, die Bischöfe von Metz, Regensburg, Passau, Freising und Augsburg, die Herzöge Ludwig von Bayern und Leopold von Österreich sowie Landgraf Ludwig von Thüringen.1394 Dort werden über die Urkundenzeugnisse hinaus die wichtigsten Angelegenheiten 1388 Chronica s. Pantaleonis, anno 1224, S. 253: Eodem anno Cunradus Portuensis episcopus et Sancte Rufine kardinalis a sede apostolica pro utilitate Sancte Terre in Theutoniam mittitur, et 6. feria post pentecostem Colonie cum honore suscipitur. Neininger: Konrad von Urach, S. 231; Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 329. 1389 Neininger: Konrad von Urach, S. 231. 1390 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 329. 1391 Gesta episcoporum Traiectensium, cap. 22, S. 412. 1392 Cronica Floridi Horti Emonis, cap. 64, S. 163f.: Quapropter reversus est Husdengum, et habita ibidem statione declaravit IIIIor iudices crucesignatorum, et rediit Coloniam obviam domno Conrado cardinali Portuensi, tunc legato tocius Teutoniae. Qui postmodum concilium proposuit cum episcopis celebrare, sed propter occursum Fretherici imperatoris dilatum est. RI V, 2, 3, Nr. 10006a; RI V, 2, 4, Nr. 10918, 10919. 1393 RI V, 1, 2, Nr. 3925a-3931. 1394 RI V, 1, 2, Nr. 3927, 3930.
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des Reichs verhandelt worden sein, also neben der Dänenfrage, der Bündnispolitik im Westen des Reichs und der Stiftung inneren Friedens vor allem die Kreuzzugsfrage, die mit allen anderen Themen eng verknüpft war.1395 Für die Verhandlung der Belange des Kreuzzugs bot sich dieser Hoftag besonders an, weil hier neben zahlreichen Großen mit Konrad und Hermann zwei Personen anwesend waren, die die Perspektiven des Papstes bzw. des Kaisers umfassend vertreten konnten. Von Nürnberg brachen Engelbert und Konrad in Begleitung des Königs nach Speyer auf, wo sie Ende Juli oder Anfang August eintrafen.1396 Dort trafen sie mit einem ehemaligen König zusammen, nämlich Johann von Brienne, der zu diesem Zeitpunkt die Regentschaft für seine Tochter Isabella ausübte, der unmündigen Herrscherin über das Königreich Jerusalem.1397 Johann befand sich auf einer Rundreise durch Westeuropa und das Reich, um die dortigen Herrscher auf die Not des Heiligen Landes hinzuweisen, was auch seinen eigenen herrschaftlichen Interessen bzw. denen seiner Tochter diente.1398 Am 14. August trafen Engelbert und Konrad gemeinsam mit Heinrich (VII.) und Johann in Köln ein, wo sie begeistert empfangen wurden.1399 Konrads Aufenthalt hing mit Sicherheit mit der Kreuzzugswerbung zusammen, und die persönliche Anwesenheit Johanns konnte seiner Sache nur dienlich sein.1400 Der Empfang zweier Könige 1401 in der Rheinmetropole war so außergewöhnlich, dass Caesarius von 1395 Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 334f.; Neininger: Konrad von Urach, S. 232. 1396 RI V, 1, 2, Nr. 3932 – 3935. 1397 Zu Johann zuletzt Perry, Guy: John of Brienne: King of Jerusalem, Emperor of Constantinople, c. 1175 – 1237, Cambridge 2013. 1398 Ibid., S. 128 – 156. 1399 Chronica s. Pantaleonis, anno 1224, S. 254: Item ipso anno Iohannes rex Ierosolimitanus causa peregrinacionis limina Sancti Iacobi visitat; cui in reditu filia regis Hispanie desponsatur; inde divertens versus Teutoniam, venit ad Heinricum regem, filium imperatoris, et cum eodem Coloniam profectus, ab Engilberto archiepiscopo et tota civitate in vigilia assumpcionis beate Marie cum mogno honore et gaudio suscipitur. Vita Engelberti, lib. 1, cap. 6: Iohannis rex Iherosolimitanus propter eum et cum eo Coloniam divertit. Ubi tam magnifice susceptus est, ut tam eius quam civitatis gloriam ammirari non sufficeret. Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 337 – 339; Neininger: Konrad von Urach, S. 233; Perry: John of Brienne, S. 125; REK III, Nr. 448. 1400 Neininger: Konrad von Urach, S. 233: „Hauptanliegen dieses Aufenthalts war sicher die Kreuzzugswerbung.“ 1401 Johann war zwar nur von 1210 bis 2012 aus dem Recht seiner Gattin Maria selbst König von Jerusalem gewesen, doch differenzieren weder die Chronica s. Pantaleonis noch Caesarius zwischen seiner eigentlichen Herrschaft und seinem Wirken als Regent.
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Heisterbach diese Gelegenheit nutzte, um Macht und Ruhm seines Helden auf den Punkt zu bringen. Er widmet dem Empfang der Könige ein eigenes Kapitel der Vita Engelberti, worin er Engelbert mit Salomo vergleicht: Wie im Fall des biblischen Königs seien Engelberts Weisheit und Macht so groß gewesen, dass ihm die Könige dieser Welt Geschenke darboten, um ihn zu sehen, zu hören und seine Freundschaft zu gewinnen. Der Ruf seines Namens und seiner Taten sei bis zu den fernsten Völkern gedrungen, und selbst die Sarazenen fürchteten ihn.1402 Wenngleich bei dieser Panegyrik gewiss manche Abstriche zu machen sind, bleibt doch der Eindruck bestehen, dass sich Engelbert zu dieser Zeit auf dem Höhepunkt seiner Macht befand.1403 Auch wenn Engelbert aufgrund der politischen Situation im Nordwesten des Reichs nicht persönlich am Kreuzzug gegen Damiette teilnahm, wird doch deutlich, dass er der Kreuzzugsbewegung weiterhin eng verbunden war. Er entsandte ein ansehnliches Truppenkontingent nach Outremer, dass er wohl dem Kommando seines Bruders unterstellte, und förderte die Johanniter und den Deutschen Orden. Dabei ist anzunehmen, dass bergische Familientraditionen die Entscheidungen des Erzbischofs beeinflusst haben. Schließlich unterstützte er den mit der Kreuzzugswerbung im Reich beauftragten Kardinallegaten Konrad nach Kräften.
1402 Vita Engelberti, lib. 1, cap. 6: Quod dictum est de Salomone, qui regnavit in Iherusalem, quod reges terre desidaverunt videre faciem eius et audire sapientiam eius et obtulerunt ei munera, etiam de ipso exponi potest. Cognita eius sapientia atque potentia, et quod potentior esset imperio, reges terre, Francie scilicet et Anglie, Dacie, Boemie et Ungarie, miserunt ei munera in auro et argento gemmisque pretiosis, eiusque aspectu et colloquio vel pro amicitia comparanda vel pro diversis causis et necessitatibus uti desiderantes. (…) Fama nominis eius et operum iam usque ad exteras nationes pervenerat, et timebant eum Saraceni. 1403 Zu Engelberts weiterem Engagement in der Reichspolitik Lothmann: Erzbischof Engelbert I., S. 339 – 375.
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6 WAS BLIEB? ZU DEN RÜCKWIRKUNGEN DER BERGISCHEN KREUZZUGSTEILNAHMEN Bei einem Grafenhaus, das zahlreiche Kreuzzugsteilnehmer hervorgebracht hat, stellt sich die Frage, ob und inwiefern sich dieser Aspekt seiner Geschichte jenseits von zeitnaher Historiographie manifestiert hat oder von späteren Generationen aufgegriffen wurde. Der Rekurs auf Vorfahren, die den Weg nach Palästina auf sich genommen oder an anderen Fronten gegen die Gegner der Kirche gekämpft hatten, war nämlich durchaus beliebt, diente er doch der Erhöhung des eigenen Ansehens.1404 Die Bezugnahme auf tatsächliche oder vermeintliche Kreuzfahrer-Ahnen konnte verschiedene Gestalten annehmen: sie konnte in schriftlicher Form erfolgen, etwa in einer dynastischen Geschichtsschreibung 1405, oder auf liturgische Weise im Sinne klösterlicher Memoria. Auch eigens geschaffene Erinnerungsorte, etwa Skulpturen oder Grabmäler, waren dazu geeignet, die Erinnerung an die frommen und tapferen Vorfahren wach zu halten.1406 Wie verhielt es sich nun bei den Dynastien, die den älteren Grafen von Berg in der Grafschaft folgten, also dem Haus Limburg oder dem Haus Jülich? Die Antwort ist durchaus überraschend: Im Fall der Grafen von Berg muss konstatiert werden, dass die Kreuzzugsvergangenheit der älteren Grafen für die folgenden Dynastien keine Rolle spielte. Levold von Northof zieht in seiner Chronik der Grafen von Mark, abgefasst 1357 – 1358, keinerlei Verbindung zwischen den älteren Grafen von Berg und den Kreuzzügen, obwohl ihm die bergischen Grafen sehr wichtig sind, allerdings primär aus genealogischen Gründen – schließlich waren sie Vorfahren der Märker.1407 Das Totengedenken der Abtei Altenberg umfasste zwar die älteren Grafen von Berg, doch kennzeichnet sie nichts als Kreuzfahrer. Auch der in der Abtei bestattete Adolf II. von Berg wurde, sofern er am Zweiten Kreuzzug teilgenommen hat, durch kein gesondertes Zeichen als Kreuzfahrer markiert.
1404 Dazu zuletzt Paul: Footsteps, S. 21 – 53. 1405 Beispielsweise bei den Grafen von Zimmern, s. Murray: Adelslegitimation, passim 1406 Das wohl bekannteste Beispiel aus Lothringen ist die bildhauerische Darstellung eines Kreuzfahrerehepaares aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, ausgestellt im Musée historique Lorrain, Nancy. EIne Abbildung findet sich bei Riley-Smith: First crusaders, S. IV. 1407 Levoldi de Northof chronica comitum de Marka, S. 24 – 27; Genealogia comitum de Marca, ed. Fritz Zschaeck, Berlin 1929 (MGH SS rer. Germ. N. S. 6), S. 100 – 104, passim.
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| Zu den Rückwirkungen der bergischen Kreuzzugsteilnahmen
Ein weiterer Aspekt der Rückwirkungen der Kreuzzüge besteht in einer möglichen Veränderung der heimatlichen Frömmigkeit durch zurückkehrende Kreuzfahrer, die Reliquien aus dem Heiligen Land in ihnen nahestehenden geistlichen Institutionen deponierten.1408 Reliquien aus dem Heiligen Land sind für die Kreuzzugsforschung von besonderem Interesse, bestand eine ihrer wichtigsten Funktionen doch darin, die Heiligen Stätten und die ersten Jahrzehnte christlicher Zeitrechnung im lateinischen Westen zu vergegenwärtigen, also die Mitte der Heilsgeschichte für die Gegenwart sicht- und erlebbar zu machen.1409 Aus dieser Funktion ergibt sich, dass die Zusammensetzung des 1408 Tebruck, Stefan: Kreuzfahrer, Pilger, Reliquiensammler. Der Halberstädter Bischof Konrad von Krosigk (†1225) und der Vierte Kreuzzug, in: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (Hg.): Kunst, Kultur und Geschichte im Harz und Harzvorland um 1200, Halle/Saale 2008 (Arbeitsberichte 8), S. 26 – 48; für Partikel des Wahren Kreuzes: Jaspert, Nikolas: Vergegenwärtigungen Jerusalems in Architektur und Reliquien kult, in: Bauer, Dieter u. a. (Hgg.): Jerusalem im Hoch- und Spätmittelalter. Konflikte und Konfliktbewältigung – Vorstellungen und Vergegenwärtigungen, Frankfurt a. M. 2001 (Campus Historische Studien 29), S. 219 – 270, S. 251 – 256. 1409 Die Literatur zum christlichen Reliquienkult im Mittelalter ist unüberschaubar. Ich verweise hier lediglich auf Arbeiten, die sich unmittelbar mit der Vergegenwärtigung der Heiligen Stätten mittels Reliquienverehrung beschäftigt haben. Reliquien von Heiligen, die nicht mit der zentralen „Heilstopographie“ in Verbindung gebracht werden können, sollen also keine Rolle spielen. Besonders interessant sind Arbeiten, die u. a. die Zeit der Kreuzzüge und deren Nachhall behandeln: Durand, Jannic: La relique et les reliquaires de la Vraie Croix du trésor de la Sainte-Chapelle de Paris, in: Ulianich, Boris (Hg.): La croce: iconografia e interpretazione: secoli I-inizio XVI: atti del convegno internazionale di studi, Napoli, 6 – 11 dicembre 1999, 3 Bde., 3, Neapel 2007, S. 341 – 368; García de la Borbolla García de Paredes, Angeles: El culto y la devoción al “lignum crucis” en los reinos occidentales de la península ibérica (VII – XV), in: Deuffic, Jean-Luc (Hg.): Reliques et sainteté dans l‹espace medieval, Saint-Denis 2005 (Pecia 8 – 11), S. 565 – 600; Dalena, Pietro: Gli itinerari delle reliquie della Passione, in: La sacra spina di Andria e le reliquie della corona di spine: atti del Convegno Internazionale di Studio “Memoria Christi”, Andria, 26 – 27 novembre 2004, Fasano 2005, S. 23 – 47; Pinto, Vincenzo: Le reliquie delle Sacre Spine in Italia, in: La sacra spina di Andria e le reliquie della corona di spine: atti del Convegno Internazionale di Studio “Memoria Christi”, Andria, 26 – 27 novembre 2004, Fasano 2005, S. 201 – 251; Billot, Claudine: Des Reliques de la Passion dans le royaume de France, in: Durand, Jannic / Flusin, Bernard (Hgg.): Byzance et les reliques du Christ: XX e Congrès International des Études Byzantines, 19 – 25 août 2001. Table ronde Les reliques de la Passion, Paris 2004, S. 238 – 248; Jaspert: Vergegenwärtigungen, S. 245 – 270; Martiniani-Reber, Marielle: Reliquientücher, Zeugnisse des Austauschs zwischen dem Nahen Osten und dem Abendland während des Mittelalters, in: Mayr, Markus (Hg.): Von goldenen Gebeinen. Wirtschaft und Reliquie im Mittelalter, Innsbruck 2001 (Geschichte
Zu den Rückwirkungen der bergischen Kreuzzugsteilnahmen |
Reliquienschatzes beispielsweise einer Kapelle oder eines Klosters Rückschlüsse auf eine besondere Verbundenheit mit dem Heiligen Land zulässt. Wenn sich eine Veränderung des Reliquienschatzes in der Zeit der Kreuzzüge feststellen lässt, direkte Verbindungen zwischen der geistlichen Einrichtung und Palästina aber ebenso wenig nachweisbar sind wie Ankäufe oder Tauschgeschäfte, dann ist es legitim, die Förderer der Einrichtung als Initiatoren der Veränderung zu vermuten. Tatsächlich ist ein interessanter Gegenstand auf uns gekommen, der eine Einflussnahme der Kreuzzugsbewegung auf die Frömmigkeit im Bergischen andeutet, nämlich ein im Bergischen Museum Burg an der Wupper ausgestelltes Reliquienkreuz: Der 6,1 x 3,0 cm große Hohlguss aus Bronze wurde auf zwischen 1000 und 1200 datiert.1410 Seine Ikonographie lässt eine Herstellung im byzantinischen Reich vermuten, sodass der Verdacht naheliegt, in diesem Reliquienkreuz ein Mitbringsel bergischer Kreuzfahrer zu erkennen. Die auf Vorder- und Rückseite abgebildeten Heiligen sind nicht sicher zu identifizieren, vielleicht handelt es sich um eine Mariendarstellung. Leider ist der Fundort des Kreuzes unbekannt 1411, sodass keine weiteren Schlüsse zulässig sind. Selbst wenn der Behälter im Bergischen, gar auf (Neuen-)Burg gefunden worden wäre, blieben auch andere Interpretationen denkbar, etwa eine fromme Schenkung eines friedlichen Pilgers an die Kapelle zu Burg. Allein dieses Stück nährt die Hoffnung auf vergleichbare Funde im Reliquienschatz des Klosters Altenberg. Ein anschließender Vergleich mit den Heiltümern einer ähnlichen Institution könnte weitere Rückschlüsse auf den Einfluss der Kreuzzüge auf die Frömmigkeit am Niederrhein erlauben. Im Fall
und Ökonomie 9), S. 111 – 134; Durand, Jannic: Reliquie e reliquiari depredati in Oriente e a Bisanzio al tempo delle crociate, in: Rey-Delqué, Monique (Hg.): Le crociate. L’oriente et l’occidente da Urbano II a San Luigi 1096 – 1270. Roma, Palazzo Venezia, 14 febbraio – 30 aprile 1997, Mailand 1997, S. 378 – 389; Molteni, Ferdinando: Memoria Christi: reliquie di Terrasanta in Occidente, Florenz 1996; Cardini, Franco: Reliquie e pellegrinaggi, in: Santi e demoni nell’alto medioevo occidentale, secoli V – XI, Spoleto 1989 (Settimane di studio del Centro italiano di studi sull’alto medioevo 36), S. 981 – 1036; Gauthier, MarieMadeleine: Les routes de la foi. Reliques et reliquiaires de Jérusalem à Compostelle, Paris 1983 (= Dies: Highways of the faith: relics and reliquaries from Jerusalem to Compostela, London 1986); Frolow, Anatole: La relique de la Vraie Croix. Recherches sur le développement d’un culte, Paris 1961 (Archives de l’Orient chrétien 7). 1410 Romerike Berge 60/2 (2010) (= Begleitheft zur Sonderausstellung „Familienbande. Die Grafen von Berg 1101 – 1225“), S. 16. 1411 Laut Auskunft des Bergischen Museums erfolgte der Ankauf über eine Galerie für antike Kunst in Köln, dort verliert sich dann die Spur.
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der Abtei Altenberg und ihren Stiftern und Protektoren, den Grafen von Berg, wäre es deshalb sinnvoll, die Abteien Altenberg und Kamp in Bezug auf ihren Reliquienschatz mit direktem Bezug zu den heiligen Stätten miteinander zu vergleichen: Beide geistlichen Institutionen gehörten dem Zisterzienserorden an, beide waren Töchter Morimonds, beide waren frühe Gründungen der Zisterzienser im Reich und beide Abteien lassen sich der Region Niederrhein zuordnen – die vorhandene große strukturelle Ähnlichkeit der beiden Abteien würde den Befund noch aussagekräftiger machen. Doch so vielversprechend der Ansatz erscheinen mag, so unmöglich ist seine Durchführung: Der ursprünglich überaus reiche Altenberger Reliquienschatz 1412 ist – um es mit den Worten Hans Moslers auf den Punkt zu bringen – „sozusagen nicht erhalten“.1413 Besonders während des Dritten Geldrischen Erbfolgekrieges (1543) und des Truchsessischen Krieges (1583 – 1588) litt die Abtei und damit auch ihr Reliquienbestand.1414 Der wirtschaftliche Niedergang der Abtei seit dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts machte des Weiteren umfassende Verkäufe aus Klosterbesitz notwendig, und diesen Verkäufen fielen die pracht- und wertvollen Monstranzen, Hierotheken und Reliquiare mitsamt ihrem Inhalt fast ausnahmslos zum Opfer.1415 In jüngster Zeit sind auch die wenigen verbliebenen Altenberger Heiltümer unter ungeklärten Umständen verschwunden: Im frühen 20. Jahrhundert gingen zwölf Ursulabüsten im Gewerbemuseum Düsseldorf verloren.1416 Zwei silberne Arme mit Reliquien sowie je ein Partikel des Heiligen Kreuzes und des hl. L aurentius, die bis in die 1950er Jahre in der Pfarrkirche St. Maximilian in Düsseldorf 1412 Zur Gesamtzusammensetzung der Reliquienschätze siehe Janke, Petra: Specificatio Reliquiarum. Das Altenberger Reliquienverzeichnis von 1528, Berlin 2012 (Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser 31); dies.: „Dat werde leve hiltom“. Zur Verehrung der Heiligen und ihrer Reliquien am Altenberger Dom, Berlin 2009 (Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser 29); Mosler, Hans: Der Altenberger Reliquienschatz, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 157 (1955), S. 64 – 83 (neu abgedruckt in: Altenberger Blätter 23 (2003), S. 7 – 32), S. 64 – 66. Caesarius von Heisterbach berichtet von über 1000 Heiligenleibern, die keine profanen Gebeine unter sich duldeten: Dialogus miraculorum 2, dist. VIII, cap. 88, S. 156: Retulit mihi monachus quidam de Veteri Monte in quo amplius quam mille dicuntur esse corpora, quod nullas falsas inter se esse patiantur reliquias. Ibid., cap. 89, S. 156: Mira res. Vix verba compleverat, et ecce os grande equinum cunctis videntibus de medio reliquiarum exiliens, extra Capitulum quasi turbine impulsum proiectum est. 1413 Mosler: Altenberger Reliquienschatz, S. 77. 1414 Janke: Verehrung der Heiligen, S. 180f. 1415 Ibid., S. 221 – 226. 1416 Janke: Specificatio Reliquiarum, S. 15f.; dies.: Verehrung der Heiligen, S. 226.
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aufbewahrt wurden 1417, sind mittlerweile unauffindbar.1418 Insofern entzieht sich der mittelalterliche und frühneuzeitliche Reliquienschatz Altenbergs leider einer kunsthistorischen Untersuchung, die Aussagen über Alter und Herkunft der Heiltümer oder zumindest der Reliquiare hätte treffen können. Dem Kamper Reliquienschatz 1419 erging es nicht besser: Bereits seit dem 15. Jahrhundert war die Abtei der ständigen Gefahr durch Plünderungen ausgesetzt, vor allem während der Kölner Stiftsfehde (1473 – 1480) und den Burgunderkriegen (1474 – 1477).1420 Im Vorfeld der Belagerung von Neuss 1421 durch Karl den Kühnen brachten die Mönche einen Teil ihres kostbaren Klosterschatzes in die besser geschützte Stadt Geldern, allerdings war der Erfolg dieser Aktion begrenzt – der Raub durch Soldaten war zwar verhindert worden, doch fielen diese Reliquien dem Stadtbrand von Geldern im Jahr 1475 zum Opfer. Der Reliquienschatz der Abtei scheint allerdings trotz dieses Verlustes immer noch als besonders wertvoll und daher schützenswert angesehen worden zu sein, denn im Zuge der 1483 erfolgten Visitation der Abtei durch Johannes von Cirey, Generalabt des Ordens, schärfte dieser dem Konvent ein, dass jeder Mönch ein Sakrileg begehe und dauerhaft des Klosters verwiesen werde, wenn er auch nur eine Reliquie verkaufe oder verschenke.1422 Auch die folgenden Jahre brachten Unglück über die Abtei. Zunächst gingen umfassende Besitzungen vor allem im Gebiet der Generalstaaten an die Reformation verloren.1423 Im Jahr 1580 verteilte sich ein Großteil des Konvents aus Sorge vor Überfällen auf den Kamper Hof in Neuss und Altenberg, wobei er viele bewegliche Güter mitnahm, und überließ die Abtei und die verbliebenen Mönche ihrem Schicksal.1424 Vier Jahre später siedelte der Rumpfkonvent nach Köln über, um den Risiken des 1417 Mosler: Altenberger Reliquienschatz, S. 78. 1418 Janke: Specificatio Reliquiarum, S. 15. Die freundliche Auskunft von Herrn Christian Deters, Küster in St. Maximilian, bestätigt den Befund. 1419 Mosler, Hans: Das Camper Reliquienverzeichnis von 1472, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 168/169 (1967), S. 60 – 101, S. 61 – 64. 1420 Zu diesen Kriegswirren und den Folgen für die Abtei siehe Dicks: Abtei Camp, S. 400 – 402. 1421 Zu dieser zentralen Belagerung der Burgunderkriege siehe Metzdorf, Jens: „Bedrängnis, Angst und große Mühsal“: Die Belagerung von Neuss durch Karl den Kühnen 1474/75, in: Wagener, Olaf / Laß, Heiko (Hgg.): „… wurfen hin in steine – grôze und niht kleine …“: Belagerungen und Belagerungsanlagen im Mittelalter, Frankfurt a. M. 2006 (Beihefte zur Mediaevistik 7), S. 167 – 188. 1422 Dicks: Abtei Camp, S. 371. 1423 Ibid., S. 438 – 441. 1424 Mosler: Camper Reliquienverzeichnis, S. 82; Dicks: Abtei Camp, S. 446.
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Truchsessischen Krieges zu entgehen. Diese Entscheidungen zeugten von Weisheit, denn das verlassene Kloster wurde tatsächlich 1585 von den Truppen Graf Adolfs von Neuenahr geplündert, die Altäre mit den eingelassenen Reliquien zerstört.1425 Bereits vorher war der Konvent aufgrund ausbleibender Einkünfte in finanzielle Schieflage geraten, weshalb zahlreiche Reliquien und Reliquiare zur Deckung der laufenden Kosten veräußert werden mussten – bis zum Jahr 1802 war der große Reliquienschatz der Abtei Kamp schließlich bis auf eine Handvoll Partikel zusammengeschmolzen.1426 Eine kunsthistorische Untersuchung erübrigt sich also ebenfalls. Zwar haben wir zwei Verzeichnisse vorliegen, die Auskunft über den jeweiligen Reliquienbestand geben, doch das Kamper Reliquienverzeichnis stammt aus dem Jahr 14721427, das Altenberger Pendant aus dem Jahr 1500 bzw. 1528.1428 Die Jahreszahlen deuten bereits darauf hin, dass die aufgeführten Reliquien ihren Weg irgendwann innerhalb des großen Zeitraums von etwa 250 bzw. sogar 300 Jahren in die Abteien gefunden haben, insofern lassen sich praktisch keine gesicherten Aussagen über eine bestimmte Reliquienfrömmigkeit zu einer bestimmten Zeitspanne jenseits der Jahre um 1472 bzw. 1528 treffen – lediglich Tendenzen ließen sich aufzeigen. Dies führt unmittelbar zum nächsten Problem: Die Verzeichnisse sind auch deshalb mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, weil sie nur punktuell über den jeweiligen Reliquienbestand Auskunft geben. Dass es erhebliche Veränderungen im Bestand gegeben hat, ist einleuchtend allein aus dem Umstand, dass Altenberg seine Tochtergründungen mit einem Grundstock aus Reliquien ausgestattet und dem Kloster besonders verbundene Institutionen und Personen mit Reliquien beschenkt hat, gleichzeitig aber auch zu verschiedenen Gelegenheiten neue Partikel an sich bringen konnte.1429 Für Altenberg hat Mosler unter anderem Jongelinus ausgewertet 1430, der um 1640 einen Augenzeugenbericht über den dortigen Bestand verfasst hat und zu anderen Befunden kam als das hier zugrunde liegende Verzeichnis – unter anderem
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Mosler: Camper Reliquienverzeichnis, S. 82; Dicks: Abtei Camp, S. 454f. Mosler: Camper Reliquienverzeichnis, S. 84. Ibid., S. 61. Im Jahr 1528 ist eine Überarbeitung des ursprünglich um 1500 angelegten Verzeichnisses vorgenommen worden. Janke: Specificatio Reliquiarum, S. 17 – 19; dies.: Verehrung der Heiligen, S. 105 – 117; Mosler: Altenberger Reliquienschatz, S. 66. 1429 Janke: Verehrung der Heiligen, S. 39 – 81 u. 101 – 105; Mosler: Altenberger Reliquienschatz, S. 69f. 1430 Mosler: Altenberger Reliquienschatz, S. 64.
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zählte er allein 483 Häupter auf den 26 Altären der Klosterkirche 1431, von denen das Verzeichnis kein einziges erwähnt. Sofern wir uns auf J ongelinus verlassen dürfen, blieb der Altenberger Reliquienbestand also auch nach der Inventarisierung ‚dynamisch‘. Die bereits erwähnte Aufforderung des zisterziensischen Generalabts Johannes von Cirey, Veräußerer von Heiltümern dauerhaft aus der Klostergemeinschaft zu entfernen, weist in die gleiche Richtung, denn eine derartige Reaktion ergibt sich erst aus dem vorhandenen Problem. Eine Veränderung der Reliquienfrömmigkeit im bergischen Herrschaftsbereich, die auf die Kreuzzugsteilnahmen der älteren Grafen von Berg zurückgehen könnte, ist also aus Überlieferungsgründen nicht nachweisbar. Im Bereich der Architektur, wo etwa Imitationen der Grabeskirche Ausdruck einer verstärkten Heilig-Land- oder Jerusalemfrömmigkeit darstellten 1432, lässt sich hingegen eine klare Aussage treffen: Sofern keine neuen archäologischen Erkenntnisse Gegenteiliges belegen, finden sich im Bergischen keinerlei Manifestationen einer derartigen Frömmigkeit. Weder erwähnen spätere Familienchroniken die Grafen von Berg als Kreuzfahrer, noch existieren Belege für eine Rückwirkung der bergischen Kreuzzugsteilnahmen in der Altenberger Memorialkultur. Ob die Frömmigkeit im Bergischen von den Kreuzzügen der Berger beeinflusst worden ist, lässt sich aus Gründen der Überlieferung nicht feststellen. Bauliche Rückwirkungen lassen sich ebenfalls nicht nachweisen. Umso erstaunlicher wirkt da die Rezeption einer bergischen Kreuzzugsteilnahme im spätmittelalterlichen Lüttich: Jean d’Outremeuse lässt 250 Jahre nach den Ereignissen des Zweiten Kreuzzugs Adolf iunior, den Sohn Graf Adolfs II. von Berg, die Nachhut des von Damaskus abrückenden Heeres führen und dabei ruhmreich untergehen:
1431 Notitiae abbatiarum ordinis cistertiensis per universum orbem liber II, Köln 1640, S. 16: (…) numeravi ego ipse quadringenta octoginta tria capita exposita in diversis huius amplissimae Ecclesie, Altaribus, quorum viginti sex in maiori Ecclesia (…). 1432 Jaspert: Vergegenwärtigungen, S. 219 – 244; Piva, Paolo: Die „Kopien“ der Grabeskirche im romanischen Abendland, in: Cassanelli, Roberto (Hg.): Die Zeit der Kreuzzüge. Geschichte und Kunst, Stuttgart 2000, S. 96 – 117; Kötzsche, Lieselotte: Das heilige Grab in Jerusalem und seine Nachfolger, in: Dassmann, Ernst / Engemann, Josef (Hgg.): Akten des XII. Internationalen Kongresses für christliche Archäologie, Bonn, 22.-28. September 1991 1, Münster 1995 (Studi di antichità cristiana 52 = Jahrbuch für Antike und Christentum. Ergänzungsband 20, 1), S. 272 – 290. Weitere Titel bei Jaspert: Vergegenwärtigungen, Anm. 6 und 8.
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Ilh oit al departir grande de siege batailhe, car li borgeois isserent fors, et corurent sus l’oust à le cove deriere; si faisoit l’ariere garde Adulphe, I tres fort jonecheaiz, le filh Adulphe, conte de Berge; chis defendit, luy et sa gens, l’oust, et occisent tant de borgois Sarasins que la terre en astoit couverte; mains ilh li meschaiit, car ilh fut là-meisme ochis.1433 Es kam beim Abzug von der Belagerung zu einer großen Schlacht, denn die Bewohner [von Damaskus, A. B.] kamen heraus und griffen das Heer von hinten an. Adolf, ein sehr tapferer junger Mann, der Sohn Graf Adolfs von Berg, führte die Nachhut; hier verteidigten er, er und seine Leute, das Heer, und sie töteten so viele sarazenische Bürger, dass die Erde von ihnen bedeckt war; aber das Unglück befiel ihn, denn er wurde ebendort getötet.
Tatsächlich gab das Kreuzzugsheer am 28. Juli 1148 die Belagerung von Damaskus auf und wurde in der Folge von stetigen Angriffen der Damaszener geplagt – König Konrad III. verlor sogar seine Zeltkapelle.1434 Jean gibt also in der Sache zutreffende Informationen jenseits der Schilderung der Kölner Königschronik. Macht dieser Umstand den Bericht des Lütticher Chronisten zu einer eigenständigen, zusätzlichen Informationsquelle über die Rolle Adolfs auf dem Zweiten Kreuzzug? Ein Vergleich mit der auf den ersten Blick ähnlich formulierenden Kölner Königschronik gibt Aufschluss: Auffällig sind die bei beiden Quellen auftretende Vergleiche des Kreuzzugsheeres mit den Griechen vor Troja und der Armee des Kyros, die Beschreibung von Damaskus als „edle Stadt“ mittels durch Kommata abgetrennter Apposition und die Anführung der Durchtriebenheit der Lateiner im Heiligen Land als Begründung des Scheiterns. Die folgende tabellarische Gegenüberstellung soll die Parallelen verdeutlichen:
1433 Ly myreur des histors. Chronique de Jean des Preis dit d’Outremeuse 4, ed. Stanislas Bormans, Brüssel 1877 (Commission royale d’histoire. Publications in-quarto 11, 4), liv. 2, anno 1148, S. 395f. 1434 Röhricht, Reinold: Geschichte des Königreichs Jerusalem (1100 – 1291), Innsbruck 1898 (ND Amsterdam 1966), S. 255f.
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Chronica regia Coloniensis Non ad excidium Troie tantam Grecia militiam misit, nunquam Cirus rex tanta hominum vallatus est acie, et heu proch dolor! quo plures et forciores erant, eo minora virtutis suae reliquere vestigia.1435 (…) Solum Damascum, nobilissimam Syrie urbem, bello aggressi sunt,1437 (…) Et cum iam civitas in manus regis Conradi tradenda esset, perfidia Ierosolimitanorum et quorundam principum avaricia seducti, ab ea sine victoria continuere manus.1439 1435 1436 1437 1438 1439 1440
Ly myreur des histors car la assise de la grant Troie ne fut mie tante de chevalrie de Gregois, ne Cirus le roy de Syrie, mie tante de gens contre Azie, que ons vuet que che fut li plus grande assemblee de monde.1436 (…) si entrarent en la terre des leurs ennemis et assisent Damas, I noble citeit,1438 et conquisent le promiers mures et les forbos, et l’awissent tote conquise et mis en la subjection de Romains, si ne fuissent alcons Jherosolimitans qui, par boisdie, les fisent aleir altre part.1440
Die Parallelen in der Schilderung des Zweiten Kreuzzugs sind zum Teil derart frappierend, dass man wohl davon ausgehen kann, dass Jean die Königschronik in Bezug auf den Grafensohn Adolf ausgeschrieben und -geschmückt hat. Die verzierenden Elemente entstammen wohl der Chanson de Roland, wobei er offenbar den heldenhaften Tod Rolands bei der Schlacht von Roncesvalles als ‚Role-Model‘ verwendete.1441 Dieser literarische Eingriff in die Überlieferung der 1435 1436 1437 1438 1439 1440 1441
CrC rec. I, anno 1147, S. 83. Ly myreur des histors, anno 1148, S. 395. CrC, anno 1147, S. 83f. Ly myreur des histors, anno 1148, S. 395. CrC, anno 1147, S. 84. Ly myreur des histors, anno 1148, S. 395. Die hier verwendete Ausgabe ist Duggan, Joseph J. u. a. (Hgg.): La Chanson de Roland – The Song of Roland: The French Corpus, 3 Bde., Turnhout 2005 (im Folgenden Chanson de Roland). Für Jeans Interesse am Rolandsthema siehe zuletzt Boutet, Dominique: La récriture de Roncevaux dans le Myreur des Histors de Jean d’Outremeuse, in: BazinTacchella, Sylvie / Carné, Damien de / Ott, Muriel (Hgg.): Le Souffle épique: L’Esprit de la chanson de geste, Dijon 2011, S. 327 – 336; ders.: Entre historiographie et roman épique: le ‘Myreur des Histors’ de Jean d’Outremeuse, in: Croizy-Naquet, Catherine (Hg.): Histoire et roman: actes du colloque du Centre d’Études Médiévales et Dialectales de Lille III. Université Charles-de-Gaulle – Lille 3, 1, 2 et 3 octobre 2002, Villeneuve d’Ascq 2004 (Bien dire et bien aprandre 22), S. 67 – 78; Stiennon, Jacques: Une trouvaille de Jean
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Königschronik war nicht weit hergeholt, denn zum einen ergeben sich tatsächlich einige Parallelen: Sowohl Roland als auch Adolf starben im Kampf gegen die Muslime, beide kämpften in Rückzugsgefechten, und nach den Quellenzeugnissen taten sich beide dabei durch besondere Tapferkeit hervor. Zum anderen war das Rolandsthema zur Zeit Jeans außerordentlich beliebt 1442, sodass sich die entsprechende Ergänzung der Königschronik anbot. Die Verknüpfung des Rückzugs des Kreuzzugsheeres 1148 mit der Heerfahrt Karls des Großen gegen die Mauren entsprach zudem der Tradition, Karl als Kreuzfahrer zu stilisieren und im historischen Gedächtnis der Zeit zu implementieren.1443 Die bei Jean d’Outremeuse aufgeführte Heldentat Adolfs ist ein rares Beispiel für die Verknüpfung von Kreuzfahrern aus dem Reich mit dem grundsätzlich verbreiteten Rolandsthema. Daraus ergeben sich gewisse Konsequenzen für die Wahrnehmung des bergischen Grafensohnes: In der Königschronik wird Adolf zwar als außerordentlich tapferer junger Kreuzfahrer dargestellt, doch unterscheidet er sich ansonsten nicht von seinen Mitkämpfern. Im Ly myreur des histors wird Adolf hingegen mit wenigen Ergänzungen zu einem ‚alter Rolandus‘ erhoben: Er ist hier nicht nur ein besonders tapferer Ritter, sondern, wie Roland, der Anführer der königlichen Nachhut. Indem Jean die eigentlich ungenannte Menge der von Adolf und seinen Leuten getöteten Feinde in unzählbare Bereiche erhöht – ihre Leichen bedecken nun die Erde –, verweist Jean weiter auf den Rolandsstoff, denn Durendal, das Schwert Rolands, habe ebenfalls derart viele Gegner getötet, dass sie sich zu Haufen aufschichteten.1444 Durch diese Ergänzungen blieb dem zeitgenössischen Leser der veränderten Passage wohl kaum etwas anderes übrig, als Adolf von Berg mit Roland zu assoziieren. Wenn man die Interpretation Adolfs als Roland annimmt und konsequent weiterdenkt, dann stellt Jean d’Outremeuse den Grafensohn auch d’Outremeuse: le combat de trois Ogier contre trois Roland, in: Bulletin de la Société Royale Le Vieux-Liège 13 (1994/99), S. 151 – 164 und ders.: Le portrait physique et moral de Roland par Jean d’Outremeuse, in: Bulletin de la Société Royale Le Vieux-Liège 12 (1990), S. 127 – 141. 1442 Dazu äußert sich ausführlich Bastert, Bernd: Helden als Heilige. Chanson de gesteRezeption im deutschsprachigen Raum, Tübingen 2010 (Bibliotheca Germanica 54), zu Nieder- und Mitteldeutschland siehe S. 333 – 367. 1443 Siehe dazu Jaspert, Nikolas: Von Karl dem Großen bis Kaiser Wilhelm: die Erinnerung an vermeintliche und tatsächliche Kreuzzüge in Mittelalter und Moderne, in: Weinfurter, Stefan u. a. (Hgg.): Konfrontation der Kulturen? Saladin und die Kreuzfahrer, Oldenburg u. a. 2005, S. 136 – 159, S. 141 – 146. 1444 Handschriften Lyon (83) und Paris (126). Zur Konkordanz ibid., S. 75.
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in einen heilsgeschichtlichen Kontext, in dem Konrad III . als Anführer des Zweiten Kreuzzugs die Rolle Karls des Großen übernimmt, der in der Chanson de Roland in der Nachfolge König Salomos und Jesu Christi steht.1445 Zudem wird auf diese Weise ein besonderes Verhältnis zwischen Konrad und Adolf konstruiert, das Verwandtschaft 1446 und eine überhöhte Form der ritterlichen Treue andeutet, denn Roland wird als einer der zwölf Paladine Karls dargestellt.1447 Mit dem auf dem Kreuzzug erlittenen Märtyrertod Adolfs als miles christianus führt Jean das Rolandsthema weiter – er lässt Adolf so sterben, wie Roland einst gestorben war, nämlich nachdem er tapfer und unablässig auf die Muslime eingeschlagen hat.1448 Auf diese Weise trägt er der beliebten Tradition Rechnung, die Kreuzfahrer besonders des 12. Jahrhunderts mit Roland und seinen Getreuen zu vergleichen.1449 Zumindest denkbar ist es auch, in der bereits durch die Chronica regia Coloniensis vorgegebene Begründung der Katastrophe, nämlich die perfidia Ierosolimitanorum und avaricia quorundam principum, den ‚Aufhänger‘ für die Einführung des Rolandsthemas zu vermuten, könnte Jean darin doch den die Niederlage Rolands auslösenden Verrat Ganeluns erkannt haben, der 1445 Bastert: Helden als Heilige, S. 338f. 1446 Roland wird als Neffe Karls beschrieben, siehe Weifenbach, Béatrice: Roland als Ritter der Chanson de geste und die Verbreitung seiner Verehrung in Europa, in: Pötschke, Dieter (Hg.): „vryheit do ik ju openbar…“. Rolande und Stadtgeschichte, Berlin 2007 (Harz-Forschungen 23), S. 64 – 89, S. 66. 1447 Eine Aufzählung der Paladine findet sich in Laisse 64 der Oxforder Handschrift. Chanson de Roland 1, Laisse 64, S. 142f. Für die Auflistung der Paladine in den anderen Handschriften sei auf die Konkordanz bei Chanson de Roland 1, S. 49 verwiesen. 1448 Die Belege für Rolands Tapferkeit in der Schlacht von Roncesvalles sind Legion. Zum Tod Rolands Oxford MS (176), die Konkordanz findet sich auf S. 79. Das Versprechen des Bischofs Turpin, die in der Schlacht Gefallenen werden direkt in den Himmel aufsteigen, findet sich in den Handschriften Cambridge (113), Châteauroux-Venedig 7 (104) und Paris (13). 1449 Weifenbach: Roland als Ritter, S. 67. Noch deutlicher tritt dies in Bezug auf die deutsche Variante der Chanson de Roland, das im 12. Jahrhundert im Umfeld Heinrichs des Löwen entstandene Rolandslied, zu Tage: Weifenbach: Roland als Ritter, S. 70, 74, 81; Richter, Horst: Militia Dei: a central concept for the religious ideas and the german Rolandslied, in: Sargent-Baur, Barbara Nelson (Hg.): Journeys toward God. Pilgrimage and crusade, Kalamazoo 1992 (Studies in medieval culture 30 = Occasional studies series 5), S. 107 – 126, S. 118 – 123. Eine besonders wichtige Rolle spielte dabei die im Pseudo-Turpin vorgenommene Wandlung Rolands vom tapferen Lehnsmann zum miles Christi, siehe Munzel-Everling, Dietlinde: Rolands Wandlung vom christlichen Ritter zum Symbol des kaiserlichen Schutzes, in: Pötschke, Dieter (Hg.): „vryheit do ik ju openbar …“. Rolande und Stadtgeschichte, Berlin 2007 (Harz-Forschungen 23), S. 90 – 106, S. 96.
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seinerseits wiederum auf den Verrat des Judas verweist.1450 Die grundsätzliche Bezugnahme Jeans auf den Rolands- bzw. Karlsstoff kann jenseits literarischer Traditionen auch in der geographischen Nähe der Städte Lüttich und Aachen sowie der Zugehörigkeit Aachens zur Diözese Lüttich gesehen werden.1451 Die Darstellung des Todes Adolfs von Berg auf dem Zweiten Kreuzzug durch Jean d’Outremeuse ist die einzige sicher belegbare Rezeption bergischer Kreuzzugsteilnahmen im Spätmittelalter. Dabei handelt es sich allerdings keineswegs um die gezielte Überhöhung bergischer Tapferkeit, sondern sie geschah wohl während der Auseinandersetzung mit der Kölner Königschronik, die Jean als Vorlage verwendete. Während dieses Prozesses erkannte er offenbar die Parallellen zwischen dem Ableben Adolfs und dem Tod Rolands und ‚aktualisierte‘ die Schilderung, indem er sie mit Elementen des Rolandsliedes anreicherte, was seinem persönlichen literarischen Interesse und der literarischen Mode seiner Zeit entsprach.
1450 Brault, Gerard J.: The Song of Roland: An Analytical Edition 1: Introduction and Commentary, London 1978, S. 36f.: „The Ganelon-Judas connection became a literally commonplace in the Middle Ages.“ 1451 Bastert: Helden als Heilige, S. 347.
7 ZUSAMMENFASSUNG Die Untersuchung der älteren Grafen von Berg als Akteure innerhalb der regio nalen Adelslandschaft hat in Bezug auf deren Kreuzzugsteilnahmen einerseits ergeben, dass diese Familie auf vier Kreuzzügen vertreten war. Die spirituelle Affinität der Berger zu den Kreuzzügen ist klar zu erkennen, doch war sie nicht vorbehaltlos – besonders regionale und auch überregionale politische Umstände waren dafür ausschlaggebend, ob sie sich auf einem Kreuzzug engagierten oder ob sie ihm fernblieben. Die politischen Verhältnisse zwischen den Großen des Niederrheins – das Netz aus Verwandtschaft und Freundschaft, Abhängigkeiten und Feindschaft – beeinflussten aber nicht nur die Entscheidung der Grafen von Berg, an einem Kreuzzug teilzunehmen, sondern sie wirkten auch direkt auf die bergischen Engagements von der Kreuznahme bis zur Heimkehr ein und prägten so die Kreuzzüge selbst. Andererseits lässt sich als ein Ergebnis festhalten, dass die Kreuzzüge über die Berger als Akteure auf die heimische Gesellschaft zurückwirkten, nämlich in Form von Veränderung der Herrschaftskonstellation, der spirituellen Landschaft und der Umverteilung von Gütern. Die älteren Grafen von Berg waren als Kreuzfahrer Akteure innerhalb des Nordwestens als Emergenzraum der Kreuzzüge, und sie trugen auch dazu bei, jene Region als Resonanzraum der Kreuzzüge zu verändern. Zunächst zu den verschiedenen Kreuzzugsengagements der älteren Grafen von Berg: Die Berger stellten zwischen 1147 und 1218 sicher vier Kreuzzugs teilnehmer: Adolf iunior war – möglicherweise in Begleitung seines Vaters Adolf II. – mit König Konrad III. nach Syrien gezogen, sein jüngerer (Halb-) Bruder Engelbert hatte sich mit Kaiser Friedrich I. Barbarossa auf den beschwerlichen Weg nach Palästina gemacht. Die Söhne Engelberts, Adolf III. und der spätere Erzbischof Engelbert, hatten gemeinsam auf dem Albigenserkreuzzug in Okzitanien gekämpft, und Adolf III . hatte sich einige Jahre später nach Ägypten eingeschifft, um von dort aus das Heilige Land von den Muslimen zurückzuerobern. Die von Kraus vorgeschlagene Teilnahme Adolfs des Älteren am Kreuzzug Heinrichs VI. erscheint unwahrscheinlich. Die Grafen von Berg engagierten sich also auf dem Zweiten und dem Dritten Kreuzzug, kämpften gegen die Albigenser sowie auf dem Fünften Kreuzzug. Mit ihrer Beteiligung am Dritten und Fünften Kreuzzug partizipierten sie auch an den Kampagnen, an denen zahlreiche andere Große des Kölner Lehnshofs ebenfalls teilnahmen, etwa die Bischöfe von Utrecht und Münster sowie die Grafen von Holland, Geldern und Kleve. Die bergische
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Mitwirkung am Zweiten Kreuzzug ist hingegen außergewöhnlich, weil der Adel im Nordwesten des Reichs – im Gegensatz zu anderen Bevölkerungsteilen – in der Mehrzahl aus verschiedenen Gründen offenbar noch nicht bereit war, die Heimat für diesen speziellen Dienst an Christus im Heer Konrads III. zu verlassen. Eine gewisse Vorsicht ist bei dieser Schlussfolgerung jedoch angebracht, wissen wir doch nicht, wie hoch die ‚Dunkelziffer‘ derjenigen ist, die zwar im Heer Konrads III. nach Palästina gezogen sind, deren Beteiligung allerdings an keiner Stelle überliefert worden ist. Der Albigenserkreuzzug scheint hingegen tatsächlich recht wenige Große aus dem Nordwesten des Reichs angezogen zu haben, denn die Überlieferungssituation ist für die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts deutlich dichter als für die Mitte des 12. Jahrhunderts, weshalb von einer geringeren Dunkelziffer auszugehen ist. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, in den Kreuznahmen der Berger und des Grafen von Jülich primär persönliche Bußleistungen zu vermuten. Das Engagement der Berger am Zweiten Kreuzzug ist insofern außergewöhnlich, als sich nicht viele andere Große des Niederrheins an dieser Kampagne beteiligten, und deshalb ist es erklärungsbedürftig. Eine frühe Verbindung zwischen den älteren Grafen von Berg und der Kreuzzugsbewegung bestand über die Zisterzienser, die 1123 in Kamp Fuß gefasst hatten. Bereits vor der Stiftung des Klosters Altenberg durch Graf Adolf II. im Jahr 1133 gab es verwandtschaftliche Beziehungen zu den weißen Mönchen von Morimond, und seit der Gründung des Altenberger Konvents existierte auch eine dauerhafte institutionelle Verbindung. Gerade die Zugehörigkeit Altenbergs zu dem Filiationszweig von Morimond – der Primarabtei, die dem Heiligen Land und der Kreuzzugsbewegung am nächsten stand – mag dazu beigetragen haben, die B erger für die Kreuzzüge zu sensibilisieren. Dazu kamen freundschaftliche Bande zwischen den bergischen Grafen in Gestalt Brunos von Berg und Bernhard von Clairvaux, der den Zweiten Kreuzzug energisch vorantrieb. Möglicherweise wirkte die Förderung der Kreuzzugsbewegung durch die Zisterzienser auf die Grafen von Berg ein, die Altenberg als ihr ‚Hauskloster‘ betrachteten. Deshalb liegt es nahe, in dieser spezifischen Konstellation eine Bedingung der bergischen Teilnahme am Zweiten Kreuzzug zu sehen. Studien über andere Dynastien, deren Verbindungen zu den Zisterziensern ebenfalls eng waren, könnten durch einen Vergleich mit dem bergischen Befund helfen, diese These zu überprüfen. Über das Engagement des jüngeren Adolf von Berg – und vielleicht seines Vaters – auf dem Zweiten Kreuzzug ist nicht viel in Erfahrung zu bringen, rührt die Kenntnis über seine Kreuzzugsteilnahme doch nur aus einer einzigen Quelle, nämlich der Kölner Königschronik. Ergiebiger als die aus ihr
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gewonnene Information, nämlich der Tod des Grafensohnes bei der Belagerung von Damaskus, sind die Umstände, die zu ihrem Niederschlag in der Chronica regia Coloniensis geführt haben: Die heimatlichen Herrschaftsverhältnisse – hier die bergische Vogtei über das Kloster Siegburg, wo der Entstehungsort der Chronik vermutet wird – beeinflussten die Darstellung des Zweiten Kreuzzugs dahingehend, dass der Spross der Berger als Kreuzfahrer positiv konnotiert überliefert wurde. Auch die Teilnahme Graf Engelberts von Berg am Dritten Kreuzzug ist nur spärlich überliefert: Direkte Informationen betreffen lediglich sein Engagement an sich und sein Ableben bei Kubin im Juli 1189. Die Beziehungen Engelberts zu Institutionen, die der Kreuzzugsbewegung und dem Heiligen Land eng verbunden waren, lassen sich hingegen besser nachvollziehen: Während seiner Regierungszeit traten die Johanniter in Burg neben die Zisterzienser in Altenberg. Zwei zentrale Bereiche bergischen Selbstverständnisses, Memoria und Herrschaft, waren damit dem Einfluss geistlicher Orden ausgesetzt, die sich für die Kreuzzugsbewegung einsetzten. Durch die Einladung der Johanniter nach Burg stellte Engelbert sicher, dass auch in den folgenden Jahren eine weitere geistliche Institution mit großer Nähe zur Kreuzzugsbewegung und dem Heiligen Land auf die Berger einwirken konnte. Anhand einer Kalkulation der Kreuzzugskosten des Bergers und deren Einbeziehung in den geschätzten finanziellen Spielraum Engelberts konnte der Nutzen der Kreuzzugsforschung für die Landesgeschichte verdeutlicht werden. Engelbert verfügte demnach über eine außergewöhnliche wirtschaftliche Potenz, die sich besonders unmittelbar im Vorfeld des Kreuzzugs ermessen lässt: Zu den 1189 oder kurz zuvor angefallenen, für sich genommen bereits hohen Ausgaben für Geschäfte in der Heimat entstanden zusätzliche kalkulierte Kreuzzugskosten von mindestens 350 Mark Silber. Die anscheinend mühelose Bewältigung solch einer schweren finanziellen Belastung lässt die kurz zuvor durchgeführten Geschäfte Engelberts noch beeindruckender erscheinen. Insofern trägt die Einbeziehung von Kreuzzugskosten in die Gesamtschätzungen bergischer Finanzkraft zum einen dazu bei, die finanziellen Möglichkeiten Engelberts von Berg zu präzisieren. Zum anderen konnte auf diese Weise ein ungefährer Eindruck davon erzeugt werden, in welchen Größenordnungen Engelbert bereit war, ökonomisches Kapital für einen frommen Zweck einzusetzen. Zudem ließen sich im Lauf der Untersuchung einige auch auf seiner wirtschaftlichen Macht basierende Strategien zum Schutz der bergischen Besitzungen für die Zeit ausmachen, in der der Graf von Berg diese Aufgabe bedingt durch seine Teilnahme am Kreuzzug nicht persönlich wahrnehmen konnte: Engelbert
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nutzte sein ökonomisches Potenzial nicht nur zur unmittelbaren Bestreitung der auf dem Kreuzzug selbst anfallenden Kosten, vor allem für Sold, Pferde und Verpflegung. Der Berger setzte sie auch zum Schutz der heimischen Besitzungen für die Zeit seiner Abwesenheit ein, beispielsweise um die Hückeswagener Konkurrenten an der mittleren Wupper in seinen Lehnsverband zu zwingen. Der Graf von Berg vertraute jedoch nicht nur auf seine eigene, auf Einkünften aus zahlreichen Herrschaftsrechten beruhende ökonomische Macht, um die Grafschaft während seines Kreuzzugs abzusichern, sondern nutzte auch seine persönlichen Beziehungen zum mächtigsten Herrn der Region: Gegen Konkurrenten wie die Grafen von Sayn, die besonders die bergische Position an der unteren Sieg bedrohten und nicht durch finanzielle Anreize botmäßig gemacht werden konnten, baute er wohl auf den Schutz durch den Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg. Das Verhältnis zwischen Engelbert und dem Metropoliten und Herzog war so gut, dass er in zahlreichen erzbischöflichen Urkunden für seinen Lehnsherrn testierte und ihm sogar in seiner Auseinandersetzung mit dem Kaiser beistand. Beide waren einander zudem durch Verwandtschaft verbunden, und im Fall eines Übergriffs auf bergische Prärogativen wäre P hilipp auch faktisch dazu in der Lage gewesen, ihre Sicherheit zu gewährleisten. Die Söhne Engelberts von Berg beteiligten sich ebenfalls an den Kreuzzügen, und sowohl ihre Kreuznahme selbst als auch ihre Vorbereitungen lassen sich in regionale Zusammenhänge integrieren. Gemeinsam nahmen Adolf III., Graf von Berg, und Engelbert, Dompropst in Köln, im Jahr 1212 am Albigenserkreuzzug teil. Eine Urkunde aus dem Jahr 1211 erwähnt nicht nur die Kreuzzugspläne Adolfs III., sondern überliefert vor allem die Kreuzzugsvorbereitungen des Ritters Bonifacius, der ein Lehnsmann des Bergers war. Durch die Einbettung der Urkunde in die regionalen Herrschaftszusammenhänge konnte ein komplexes Beziehungsgeflecht zwischen den an dem Geschäft beteiligten Parteien herausgearbeitet werden, woran erkennbar wird, dass die Kreuzzugsvorbereitungen des Ritters von allen Beteiligten auf verschiedene Weise zu ihrem jeweiligen Vorteil genutzt wurden: Während Bonifacius genügend Geld für die Teilnahme am Albigenserkreuzzug erhielt, konnte die Abtei Siegburg durch den Zukauf des Zehnts bei Gymnich ihre Position dort weiter ausbauen. Adolf III. schließlich trennte sich von peripherem Besitz , sicherte sich die Fürbitten der Benediktiner und betrieb eine Art Wiedergutmachung gegenüber der Abtei, die er während des Thronstreits arg bedrängt hatte. Der landesgeschichtliche Zugriff vertieft hier das Verständnis der Kreuzzugsvorbereitungen. Die Kreuznahme der Berger geht in diesem Fall vermutlich auf ihr pragmatisches Verhalten im Deutschen Thronstreit zurück. Die wechselnden
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Positionierungen Adolfs und auch Engelberts boten ihnen zwar die größtmöglichen Chancen auf den Erhalt der eigenen Macht, ließen aber gleichzeitig ein gewisses Desinteresse an römischen Direktiven erkennen, was die Kurie wohl verärgert hat. Insofern war die Kreuznahme wahrscheinlich eine Bedingung für die Rekonziliation mit der Kirche. Im Frühjahr 1212 nahmen die Grafen von Berg an zahlreichen Belagerungen des Albigenserkreuzzugs teil. Dabei zeichneten sie sich nicht durch außergewöhnlichen Eifer aus – sie kehrten nach Ablauf ihres für den Ablass notwendigen 40-tägigen Dienstes für Christus in die Heimat zurück. Doch selbst wenn sie länger in Okzitanien hätten kämpfen wollen, wären ihnen wohl die heimischen Verhältnisse im Weg gewesen: Die Kompetenzen des ‚kommissarischen Erzbischofs‘ Adolf von Altena waren unklar und es drohte eine Neuwahl, bei der die Berger im Fall ihrer Abwesenheit nur schwer hätten Einfluss nehmen können. Da die weitere Entfaltung der Grafschaft zu großen Teilen von der Gunst des Erzbischofs abhing, war ihre Präsenz bei einer Wahl angeraten. Insofern bestimmten übergeordnete, regional manifestierte politische Entwicklungen sowohl die Kreuznahme selbst als auch den Umfang der bergischen Kampagne. Wenn der persönliche Beitrag der bergischen Brüder auch nur von kurzer Dauer war, zeitigte er dennoch eine langfristige Wirkung, denn die Zisterzienser von Altenberg nahmen Graf Simon von Montfort, den Anführer des Albigenserkreuzzugs, in ihre Fürbitten auf. Dieses Gedächtnis geht sicher auf die Teilnahme der Berger an diesem Krieg zurück. Auch als sich Adolf III. wenige Jahre später, 1218, am Kreuzzug gegen Damiette beteiligte, beeinflussten regional- und reichspolitische Vorgänge bestimmte Aspekte seines Engagements. Bereits der Zeitpunkt seiner Kreuznahme war bedingt durch einen übergeordneten Konflikt, nämlich die Spätphase des Thronstreits. Wegen der Befreiung Bischof Ottos von Münster aus der Festung Kaiserswerth verspätet zur Krönung Friedrichs II. in Aachen erschienen, nahm er erst einige Tage nach dem König und zahlreichen Großen des Reichs das Kreuz. Die recht bald nach dem Rückzug Ottos IV. nach Braunschweig eingetretene politische Sicherheit am Niederrhein begünstigte schließlich die tatsächliche Abreise des Bergers, der nun zumindest keine Angriffe welfentreuer Großer mehr befürchten musste. Über die Vorbereitungen seines Kreuzzugs geben besonders einige Urkunden Auskunft: Adolf III. organisierte bei den Altenberger Mönchen finanzielle Mittel und stellte seine Frömmigkeit durch Begünstigungen verschiedener geistlicher Institutionen demonstrativ unter Beweis. Zudem sicherte er die bergische Grafschaft für die Zeit seiner Abwesenheit ab, indem er sie – ohne dass eine besondere Übereinkunft notwendig gewesen wäre – dem Schutz und
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Schirm seines Bruders Engelbert unterstellte, der inzwischen zum Erzbischof von Köln gewählt worden war. Engelbert war nicht nur als Berger, sondern auch als Erzbischof und Herzog an dem Erhalt einer starken bergischen Grafschaft gelegen, diente sie ihm doch als Brücke zu den kölnischen Gütern in Westfalen. Der Aufbruch Adolfs erfolgte im Frühjahr 1218. Ob er die Reise gemeinsam mit anderen westfälischen und niederrheinischen Großen antrat, lässt sich aufgrund mit der Datierung verschiedener Urkunden verbundener Probleme nicht mit Sicherheit feststellen. Falls die Annahme zutrifft, ließe sich ein Zusammengehen dieser Kontingente auf verwandtschaftliche Verbindungen zurückführen, nicht auf gleiche reichspolitische Positionen während des Thronstreits. Auch an dieser Stelle erweist sich der landesgeschichtliche Zugriff auf die Frage nach der Zusammensetzung von Kreuzzugskontingenten als fruchtbar. Die Augenzeugenberichte Olivers von Paderborn und des anonymen Verfassers der Gesta crucigerorum Rhenanorum weisen Adolf III. von Berg als militärischen Führer der niederdeutschen und friesischen Kontingente vor Damiette aus. Die Untersuchung der Machtkonstellation am Niederrhein und des Verhaltens Adolfs im späten Thronstreit machen es wahrscheinlich, dass der Berger aufgrund seiner verwandtschaftlichen Verbindungen, seiner Stellung innerhalb der Adelslandschaft im Nordwesten des Reichs, aber auch wegen seiner militärischen Expertise zu dieser Position gelangen konnte. Besonders die erfolgreiche und zügige Belagerung Kaiserswerths, einer modernen Festung inmitten eines großen Stroms, prädestinierte ihn für den Befehl beim Angriff auf den Kettenturm von Damiette, der eine taktisch ähnliche Herausforderung darstellte. Adolf III. von Berg urkundete kurz vor seinem Tod vor Damiette zugunsten des Deutschen Ordens. Anhand der prosopographischen Untersuchung der Zeugen dieses Diploms konnten sowohl ihre standesrechtliche Diversität als auch differenzierte, zum Teil dienstliche Verbindungen der einzelnen Zeugen nachgewiesen werden. Dieser Befund widerlegt die bisherige Deutung der Zeugen als Teil der bergischen Ministerialität. Die daraus zu ziehenden Schlüsse sind besonders für die Einschätzung der niederrheinischen Machtverhältnisse folgenreich: Eine von der älteren Forschung angenommene 27-köpfige Dienstmannschaft vor Damiette wäre ein Beleg für eine außerordentlich starke herrschaftliche Durchdringung der bergischen Grafschaft. Das hier identifizierte, herrschaftlich differenzierte Gefolge gibt allerdings vielmehr die auf den Kreuzzug bezogene Anerkennung eines bergischen Führungsanspruchs durch den Erzbischof von Köln, den Grafen von Sayn und linksrheinische Ritter wieder. Die Akzeptanz dieses Anspruchs basierte auf der durch Verwandtschaft und politische Nähe geschaffenen Herrschaftskonstellation am Niederrhein.
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Dort kontrollierten die Berger sowohl die bergische Grafschaft als auch den Kölner Erzbischofsstuhl und pflegten zu zahlreichen Großen der Region gute Beziehungen, darunter die Adeligen, deren Gefolgsleute oder Dienstmannen vor Damiette für Adolf III. von Berg testierten, etwa der Bischof von Münster und der Graf von Loon. Der Graf von Berg war zudem offenbar dazu in der Lage, Konkurrenten wie den Grafen von Sayn auf dem Kreuzzug an seine Seite zu zwingen, wobei es als alternative Deutung denkbar ist, dass ein bislang nur vermutetes Konnubium zwischen beiden Familien dabei eine Rolle gespielt hat. Der prosopographisch-landesgeschichtliche Zugriff auf die Urkunde Adolfs führt so zu einer Neueinschätzung der bergischen Herrschaftsverhältnisse, in der die Dienstmannschaft zugunsten weitreichender, differenzierter politischer Beziehungen zurücktritt. Gleichzeitig erlaubt er einen Einblick in das Zustandekommen militärischer Kommandos auf einem Kreuzzug, bei dem in diesem Fall Verwandtschaft, Freundschaft, Macht und persönliche Eignung bzw. militärische Expertise eine große Rolle spielten. Der Kölner Erzbischof Engelbert nahm – obwohl er das Kreuz im Jahr 1215 genommen hatte – zwar nicht persönlich am sogenannten Fünften Kreuzzug teil, entsandte allerdings ein schlagkräftiges Kontingent, dass er der Führung seines Bruders anvertraute. Die politische Lage in seiner Kirchenprovinz ließ seine eigene Teilnahme nicht zu. Er förderte zudem die Johanniter sowie den Deutschen Orden und unterstützte den Kardinallegaten Konrad von Urach in dessen Bemühungen, den Kreuzzug voranzubringen. Der persönliche Verzicht Engelberts auf eine weitere Kreuzzugsteilnahme bedeutete also keine Abkehr von der familienbedingten Nähe zur Kreuzzugsbewegung, sondern spiegelte die politischen Notwendigkeiten in der Heimat wider. Während zahlreiche Adelige aus dem Nordwesten des Reichs in den Quellen als Kreuzfahrer nachzuweisen sind, diese Region mithin als Emergenzraum der Kreuzzüge gut zu beschreiben ist, gestaltet es sich deutlich komplexer, sie als Resonanzraum der Kreuzzüge darzustellen. Die Kreuzzugsteilnahmen der älteren Grafen von Berg beeinflussten die Konstellationen in der Heimat auf verschiedene Weise: Am auffälligsten waren dabei sicher die dynastischen Folgen, die die Kreuzzüge für die Berger nach sich zogen. Adolf, ältester Sohn Adolfs II. von Berg und deshalb wahrscheinlich angedachter Erbe der Grafschaft, fiel in Syrien. Wegen seines Todes rückte Engelbert als Erbe des rheinischen Teils der Grafschaft auf, der zuvor wohl an Everhard gegangen wäre, der wiederum nun den westfälischen Teil erbte. Der Tod Engelberts während des Dritten Kreuzzugs veränderte ebenfalls die dynastische Entwicklung der bergischen Grafenhauses vorzeitig, denn sein Ableben ist wohl auch auf die zusätzlichen
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körperlichen Belastungen zurückzuführen, die ein Kreuzzug mit sich brachte. Das für die älteren Berger wohl folgenreichste Ereignis der Kreuzzüge bestand aber zweifellos im Tod Adolfs III. von Berg vor Damiette. Nach seinem überraschenden Verscheiden wäre die Grafschaft eigentlich über seine Tochter Irmgard an die Herzöge von Limburg gegangen, doch verhinderte sein Bruder Engelbert dies, indem er militärisch intervenierte und die Grafschaft Berg an sich brachte. Dieser Schachzug verschob die Machtverhältnisse am Niederrhein erheblich zugunsten des Kölner Erzbischofs, weil jener nun unmittelbar auf die umfangreichen bergischen Ressourcen zugreifen konnte. Erst mit der Tötung Engelberts im Jahr 1225 konnte die erzstiftisch-bergische Hegemonie am Niederrhein gebrochen werden, und die Limburger kamen zum Zug. Der aus spiritueller Perspektive verdienstvolle Tod auf dem Kreuzzug zeitigte für den Fortbestand der bergischen Dynastie eine katastrophale Wirkung: Innerhalb von zwei Generationen verstarben zwischen 1148 und 1218 ein Haupt erbe der Grafschaft und zwei amtierende Grafen von Berg als Kreuzfahrer. Mit dem Ableben Adolfs III . in Ägypten verschied auch der letzte vom Erzstift formal unabhängige Graf von Berg aus der älteren Linie. Damit beeinflussten die Kreuzzüge die Herrschaftskonstellation am Niederrhein ganz erheblich. Nicht nur die dynastischen Konsequenzen der Kreuzzüge wogen schwer. Die bergischen Kreuzzugsteilnahmen beeinflussten auch die spirituelle Landschaft in der Heimat. Die Schenkung des Reichshofs Dieren brachte den Deutschen Orden an den Niederrhein und hatte in zweierlei Hinsicht Signalwirkung: Zum einen folgten dem Beispiel Adolfs III. zahlreiche andere Große des Kölner Lehnshofs, etwa die Grafen von Loon und Jülich. Zum anderen initiierte er so die generelle königliche Erlaubnis, Reichslehen an die Ordensbrüder zu veräußern, was die Begüterung des Deutschen Ordens im Reich beträchtlich erleichterte. Auch ist es denkbar, dass die Einladung der Johanniter nach Burg nicht nur über die Kontakte Graf Engelberts in Italien zustande kam, sondern auch, weil die Berger eine Institution des Heiligen Landes wegen ihrer eigenen Teilnahme am Zweiten Kreuzzug besonders fördern wollten. Die Schenkungen Erzbischof Engelberts an die Johanniter und den Deutschen Orden sind ebenfalls Ausdruck einer besonderen, familiär begründeten Nähe zur Kreuzzugsbewegung, der die geistlichen Ritterorden eng verbunden waren. Mit der Rückwirkung auf die ‚Ordenswelt‘ des Niederrheins eng verbunden ist ein wirtschaftlicher Effekt der Kreuzzüge, nämlich die Umverteilung von Gütern zugunsten geistlicher Institutionen. Im Umfeld der Kreuzzugsvorbereitungen beschenkte insbesondere Adolf III. verschiedene Einrichtungen: Im Zuge der Präparationen seines Lehnsmanns Bonifacius schenkte er der Abtei Siegburg
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im Jahr 1211 einen Zehnt zu Gymnich pro salute nostra et parentum nostrorum, der den Mönchen auf dem Michaelsberg 45 Mark Silber wert war. Sechs Jahre später verpfändete der Berger den Hof Merheim für 100 Mark an die Abtei Altenberg unter der Prämisse, ihn bei seiner Rückkehr auslösen zu können – mit dem Tod des Grafen und dem Verzicht Graf Heinrichs von Limburg-Berg verblieb der Hof im Besitz der Zisterzienser. Die Prämonstratenser von Knechtsteden erhielten vor dem Aufbruch nach Ägypten die bergische Hälfte des Patronats zu Rommerskirchen. Das bis 1212 gleichermaßen von den Grafen von Hochstaden ausgeübte, dann an die Prämonstratenser übergebene Recht war offenbar sehr einträglich, denn einige Mitglieder jener Grafenfamilie wehrten sich noch jahrelang juristisch gegen die Schenkung der Hochstadenschen Hälfte des Patronats an die Abtei Knechtsteden. Die Schenkung des Reichshofs Dieren fand zwar nicht im Zusammenhang der Kreuzzugsvorbereitungen statt, doch ging das Reichslehen ebenfalls im Kreuzzugskontext an eine geistliche Einrichtung, nämlich den jungen Deutschen Orden. Erhebliche Werte gingen also in den Besitz verschiedener geistlicher Institutionen über, wobei die Differenzierung der Empfänger auffällt: Adolf III. von Berg ließ bei seinen Kreuzzugsvorbereitungen keine bestimmte spirituelle Präferenz erkennen, sondern wandte sich an Benediktiner, Zisterzienser, Prämonstratenser und die Johanniter, auf dem Kreuzzug selbst zusätzlich an den Deutschen Orden. Während die Kreuzzugsteilnahmen der älteren Grafen von Berg den Nordwesten des Reichs in vielerlei Hinsicht veränderten, ist ihre spätere Rezeption kaum feststellbar: Die Geschichtsschreibung nachfolgender bergischer Dynastien interessierte sich nicht für die älteren Grafen von Berg als Kreuzfahrer. Auch außerhalb der Schriftkultur ist nichts überliefert, was die Berger als Kreuzfahrer gekennzeichnet hätte. Für spätere Generationen verloren die Kreuzzüge der älteren Grafen von Berg offenbar rasch jegliche Relevanz. Lediglich in der literarischen Verfremdung der Kölner Königschronik durch Jean d’Outremeuse wurde an das bergische Engagement auf den Kreuzzügen angeknüpft; allerdings nicht, um die Berger zielgerichtet als Kreuzfahrer zu überliefern oder sie gar für ihre Taten in Outremer zu rühmen, sondern weil die Vorlage zufällig Adolf iunior als Heldenfigur vorgab. Der früheste nachweisbare Kreuzfahrer aus der bergischen Grafenfamilie war damit auch der einzige, an den sich die spätmittelalterliche Nachwelt erinnert hat. Der in dieser Studie verfolgte Ansatz, Landesgeschichte und Kreuzzugsforschung miteinander zu verbinden, hat sich als sehr fruchtbar erwiesen. Die Kreuzzüge des Hohen Mittelalters waren Phänomene der westlichen Gesellschaften. Dabei beeinflussten die spezifischen Konstellationen der Heimatregionen die
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Kreuzzüge maßgeblich, und zwar von der Entscheidung über die Kreuznahme bis hin zur Zusammensetzung einzelner Kontingente. Gleichermaßen wirkten die Kreuzzüge auf die Heimatregionen zurück und veränderten sie, wobei das Spektrum von der Umverteilung der Besitzverhältnisse bis zum Aussterben einer ganzen Dynastie reichte. Westliche Regionen waren spezifische Emergenz- und Resonanzräume der Kreuzzüge. Am Beispiel besonders der Herrschaftsgestaltung einer rheinisch-westfälischen Dynastie konnten die Kreuzzüge erstmals an eine Heimatregion rückgebunden werden. Dies hat zahlreiche Ergebnisse zu Tage gefördert, die zu einem tieferen Verständnis von Fragen der Kreuzzugsforschung gleichsam wie der Landesgeschichte geführt haben. Es wäre wünschenswert, wenn auch andere Dynastien desselben Raums – oder auch anderer Räume – in ähnlicher Weise untersucht werden würden, woran ein komparatistischer Zugriff anschließen könnte, der noch weitere Erkenntnisse verspricht.
8 VERZEICHNISSE 8.1 ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Stammtafel der älteren Grafen von Berg, S. 66. Abbildung 2: Niederrheinische Beteiligung am Albigenserkreuzzug, basierend auf Oberste: „Kreuzzug“, S. 11, S. 230. Abbildung 3: LA NRW, Abt. Rheinland, Urkunden Herrenstrunden, 121.04.00.5 (Ausschnitt). Druck: Lacomblet II, Nr. 66, S. 282.
8.2 VERZEICHNIS HÄUFIG GENUTZTER ABKÜRZUNGEN CrC
Chronica regia Coloniensis (Annales Colonienses maximi), ed. Georg Waitz, Hannover 1880 (MGH SS rer. Germ. i. u. s. 18), S. 1 – 196. Lacomblet Lacomblet, Theodor J. (Hg.): Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins oder des Erzstifts Köln, der Fürstentümer Jülich und Berg, Geldern, Moers, Kleve und Mark, und der Reichsstifte Elten, Essen und Werden 1 – 4, Essen 1840 – 1858 (Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen C 10). MGH Monumenta Germaniae Historica OB Oorkondenboek REK Oediger, Friedrich Wilhelm u. a. (Bearbb.): Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter 1 – 12, Bonn / Düsseldorf 1901 – 2001 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 21). RI Regesta Imperii UB Urkundenbuch WUB Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens (Hg.): Westfälisches Urkundenbuch 1 – 11, Münster 1847 – 2000.
8.3 QUELLENVERZEICHNIS Acht, Peter (Bearb.): Mainzer Urkundenbuch 2, 1: Die Urkunden seit dem Tode Erzbischof Adalberts I. (1137) bis zum Tode Erzbischof Konrads (1200), Darmstadt 1968 – 1971. Ad liberandam = Kanon 71 des IV. Laterankonzils, in: Wohlmut, Josef (Hg.): Konzilien des Mittelalters: Vom ersten Laterankonzil (1123) bis zum fünften Laterankonzil (1512 – 1517), Paderborn u. a. 2000 (Conciliorum oecumenicorum decreta – Dekrete der ökumenischen Konzilien 2), S. 267 – 272. Ad milites Templi. De laude novae militiae. An die Tempelritter – Lobrede auf das neue Rittertum, in: Winkler, Gerhard B. (Hg.): Bernhard von Clairvaux. Sämtliche Werke lateinisch / deutsch 1, Innsbruck 1990, S. 257 – 328.
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Alberici Aquensis Historia Ierosolimitana, ed. Susan B. Edgington, Oxford 2007 (Oxford medieval texts). Annae Comnenae Alexias, ed. Diether R. Reinsch u. Athanasios Kambylis, 1: Prolegomena et textus, Berlin 22001 (Corpus fontium historiae Byzantinae. Series Berolinensis 40/1). Annales Egmundani, ed. Georg H. Pertz, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 442 – 478. Annales Floreffienses, ed. Ludwig K. Bethmann, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 618 – 631. Annales Marbacenses, ed. Roger Wilmans, Hannover 1861 (MGH SS 17), S. 142 – 180. Annales s. Disibodi, ed. Georg Waitz, Hannover 1861 (MGH SS 17), S. 4 – 30. Annales Stadenses, ed. Johann Martin Lappenberg, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 271 – 379. Die Reichschronik des Annalista Saxo, ed. Klaus Naß, Hannover 2006 (MGH SS 37). Appelt, Heinrich (Bearb.): Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 10/1: Die Urkunden Friedrichs I. 1158 – 1167, Hannover 1975 (MGH DD F I). Appelt, Heinrich (Bearb.): Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 10/2: Die Urkunden Friedrichs I. 1158 – 1167, Hannover 1979 (MGH DD F I). Appelt, Heinrich (Bearb.): Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 10/3: Die Urkunden Friedrichs I. 1168 – 1180, Hannover 1985 (MGH DD F I). Appelt, Heinrich (Bearb.): Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 10/4: Die Urkunden Friedrichs I. 1181 – 1190, Hannover 1990 (MGH DD F I). Arnoldi abbatis Lubecensis chronica, ed. Johann M. Lappenberg, Hannover 1869 (MGH SS 21), S. 100 – 250. Bergmann, Werner (Bearb.): Urkundenbuch der Stadt Duisburg 1 (904 – 1350), Düsseldorf 1989 (Publikationen der Gesellschaft für rheinische Landeskunde 57). Beyer, Heinrich / von Eltester, Leopold (Bearbb.): Urkundenbuch zur Geschichte der jetzt die Preussischen Regierungsbezirke Coblenz und Trier bildenden mittelrheinischen Territorien 2: Vom Jahre 1169 bis 1212, Koblenz 1865. Böhmer, Johann Friedrich (Hg.): Acta imperii selecta, Innsbruck 1870. Caesarii Heisterbacensis monachi ordinis Cisterciensis dialogus miraculorum, ed. Joseph Strange, Köln u. a. 1851. Camps, H. P. H. (Bearb.): Oorkondenboek van Noord-Brabant tot 1312 I: De meierij van ’s-Hertogenbosch (met de heerlijkheid Hemert). Eerste stuk (690 – 1294), ’s-Gravenhage 1979. Canivez, Joseph Marie (Bearb.): Statuta capitulorum generalium ordinis Cisterciensis 1 – 8, Louvain 1933 – 1941 (Revue d’histoire ecclésiastique. Bibliothèque 9 – 14). Catalogus primus archiepiscoporum Coloniensium, ed. Hermann Cardauns, Hannover 1879 (MGH SS 24), S. 336 – 344. Catalogus archiepiscoporum Coloniensium cont. II auctore Caesario Heisterbacensi, ed. Hermann Cardauns, Hannover 1879 (MGH SS 24), S. 345 – 347. Chronique 1145 – 1275: Chronica Magistri Guillelmi de Podio Laurentii, hg. und übers. v. Jean Duvernoy, Toulouse 1996. Cronica Floridi Horti Emonis, in: Kroniek van het klooster Bloemhof te Wittewierum, edd. Hubertus P. H. Jansen / Antheun Janse, Hilversum 1991 (Middeleeuwse Studies en Bronnen 20), S. 2 – 285. Cronica presulum et archiepiscoporum ecclesie Coloniensium, ed. Gottfried Eckertz, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 4 (1857), S. 181 – 224.
Abbildungsverzeichnis |
Chronica regia Coloniensis (Annales Colonienses maximi), ed. Georg Waitz, Hannover 1880 (MGH SS rer. Germ. i. u. s. 18), S. 1 – 196. Chronica s. Pantaleonis, ed. Georg Waitz, in: Chronica regia Coloniensis (Annales maximi Coloniensis), ed. Georg Waitz, Hannover 1880 (MGH rer. Germ. i. u. s. 18), S. 197 – 299. Continuatio Admuntensis, ed. Wilhelm Wattenbach, Hannover 1851 (MGH SS 9), S. 579 – 593. Cronica S. Petri Erfordensis moderna a 1072 – 1335, ed. Oswald Holder-Egger, in: Ders. (Hg.): Monumenta Erphesfurtensia saec. XII. XIII. XIV., Hannover 1899 (MGH SS rer. Germ. i. u. s. 42), S. 117 – 369. De expugnatione Lyxbonensi, ed. Aires Nascimento, in: Ders. (Hg.): A conquista de Lisboa aos mouros, Lissabon 2001, S. 54 – 173. De expugnatione Lyxbonensi, ed. Charles W. Davis, New York 22001. De fundacione Bergensis cenobii, in: Levoldi de Northof chronica comitum de Marka, ed. Fritz Zschaeck, Berlin 1929 (MGH SS rer. Germ. N. S. 6), S. 108 – 115. De itinere Frisonum, ed. Reinold Röhricht, in: Ders. (Hg.): Quinti belli sacri scriptores minores, Genf 1879 (Publications de la Société de l’Orient Latin 2), S. 59 – 70. Dialogus clerici et laici contra persecutores ecclesiarum, in: Chronica regia Coloniensis (Annales maximi Coloniensis), ed. Georg Waitz, Hannover 1880 (MGH rer. Germ. i. u. s. 18), S. 316 – 322. Die Benediktsregel. Eine Anleitung zu christlichem Leben, hrsg. v. Georg Holzherr, Düsseldorf / Zürich 52000. Die Jüngere Hochmeisterchronik, ed. Theodor Hirsch Leipzig 1874 (Scriptores rerum Prussicarum 5), S. 1 – 148. Duggan, Joseph J. u. a. (Hgg.): La Chanson de Roland – The Song of Roland: The French Corpus, 3 Bde., Turnhout 2005. Eckertz, Gottfried: Necrologium Gladbacense II. et necrologium Siegbergense, in: Annalen der Historischen Vereins für den Niederrhein 8 (1860), S. 189 – 227. Ehlen, Ferdinand (Bearb.): Die Prämonstratenser-Abtei Knechtsteden. Geschichte und Urkundenbuch, Köln 1904. Ehmck, Dietrich Rudolf (Bearb.): Bremisches Urkundenbuch 1: Urkunden bis 1300, Bremen 1873. Ekkehardi chronicon universale, ed. Georg Waitz, Hannover 1859 (MGH SS 6), S. 33 – 231. Ennen, Leonard / Eckerts, Gottfried (Hgg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln 1, Köln 1860 (ND Aalen 1970). Ennen, Leonard / Eckerts, Gottfried (Hgg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln 2, Köln 1863 (ND Aalen 1970). Erhard, Heinrich August (Bearb.): Regesta historiae Westfaliae. Accedit Codex diplomaticus. Die Quellen der Geschichte Westfalens in chronologisch geordneten Nachweisen und Auszügen begleitet mit einem Urkundenbuche 2: Vom Jahre 1126 bis 1200. Mit Monogramm- und Siegelabbildungen. Münster 1851. Ernst, Simon Pierre: Histoire du Limbourg suivie de celle des comtés de Daelhem et de Fauquemont, des annales de l’Abbaye de Rolduc 3, Lüttich 1839. Ernst, Simon Pierre: Histoire du Limbourg suivie de celle des comtés de Daelhem et de Fauquemont, des annales de l’Abbaye de Rolduc 4, Lüttich 1839. Ex Rogeri de Wendover Floribus historiarum, ed. Felix Liebermann, Hannover 1888 (MGH SS 28), S. 3 – 73.
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Regesta Imperii IV. Lothar III. und ältere Staufer 1125 – 1197. 1. Abt.: Die Regesten des Kaiserreiches unter Lothar III. und Konrad III. Tl. 2: Konrad III. 1138 (1093/94) – 1152, bearb. v. Niederkorn, Jan Paul / Hruza, Karel, Köln 2008. Regesta Imperii V. Jüngere Staufer 1198 – 1272. Die Regesten des Kaiserreichs unter Philipp, Otto IV, Friedrich II, Heinrich (VII), Conrad IV, Heinrich Raspe, Wilhelm und Richard. 1198 – 1272, Bd. 1 – 3, bearb. von Ficker, Julius / Winkelmann, Eduard, Innsbruck 1881 – 1901 (ND Hildesheim 1971). Reineri annales, ed. Georg H. Pertz, Hannover 1859 (MGH SS 16), S. 651 – 680. Richards, Donald S. (Übers.): The Chronicle of Ibn al-Athīr for the Crusading Period from al-Kāmil fīl-ta’rīkh 3: The Years 589 – 629/1193 – 1231. The Ayyūbids after Saladin and the Mongol Menace, Aldershot 2008 (Crusade Texts in Translation). Rodenberg, Karl (Bearb.): Epistolae saeculi XIII e regestis pontificum Romanorum selectae 1, Berlin 1883. Rogeri de Wendover chronica sive flores historiarum, ed. Henry O. Cox, 5 Bde., London 1841 – 1844. Schmitz, Ferdinand (Bearb.): Urkundenbuch der Abtei Heisterbach, Bonn 1908 (Urkundenbücher der geistlichen Stiftungen des Niederrheins 2). Shirley, Janet (Übers.): The song of the Cathar Wars: a history of the Albigensian Crusade, Aldershot 2000 (Crusade texts in translation). Sibly, W. A. / Sibly, M. D. (Überss.): The chronicle of William of Puylaurens. The Albigensian crusade and its aftermath, Woodbridge 2003. Sigeberti Gemblacensis chronica cum continuationibus, ed. Ludwig C. Bethmann, continuatio Bergensis a. 1201 – 1237, Hannover 1849 (MGH SS 6), S. 438 – 441. Traditiones Werdinenses. Zweiter Teil, ed. Wilhelm Crecelius, in: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 7 (1871), S. 1 – 60. Vita Alberti episcopi Leodiensis, ed. Johannes Heller, Hannover 1880 (MGH SS 25), S. 135 – 168. Vita Altmanni episcopi Pataviensis, ed. Wilhelm Wattenbach, Hannover 1856 (MGH SS 12), S. 226 – 243. Vita Bennonis II episcopi Osnabrugensis auctore Norberto abbate Iburgensi, ed. Roger Wilmans, Hannover 1856 (MGH SS 12), S. 58 – 84. Vita Friderici ep. Leodinensis, ed. Wilhelm Wattenbach, Hannover 1856 ( MGH SS 12), S. 501 – 508. Leben, Leiden und Wunder des heiligen Engelbert, Erzbischofs von Köln (Vita, passio et miracula beati Engelberti Coloniensis Archiepiscopi), ed. Fritz Zschaeck, in: Hilka, Alfons (Hg.): Die Wundergeschichten des Caesarius von Heisterbach 3, Bonn 1937 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Landeskunde 43), S. 223 – 328. von Gladiss, Dietrich (Bearb.): Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 6: Die Urkunden Heinrichs IV. 1077 – 1106, Weimar 1959 (MGH DD H IV/2). von Ottenthal, Emil / Hirsch, Hans (Bearbb.): Die Urkunden der deutschen Könige und Kaiser 8: Die Urkunden Lothars III. und der Kaiserin Richenza, Berlin 1927 (MGH DD Lo III). Wiesflecker, Hermann (Bearb.): Die Regesten der Grafen von Görz und Tirol, Pfalzgrafen in Kärnten 1: 957 – 1271, Innsbruck 1949 (Publikationen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, 4. Reihe, 1. Abteilung). Willelmi chronica Andrensis, ed. Johannes Hiller, Hannover 1879 (MGH SS 24), S. 684 – 773. Wilmans, Roger (Bearb.): Westfälisches Urkundenbuch 3, 1: Die Urkunden des Bistums Münster 1201 – 1300, Münster 1859 – 1921.
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Winkelmann, Eduard (Bearb.): Acta Imperii inedita saeculi XIII 1: Urkunden und Briefe zur Geschichte des Kaiserreiches und des Königreiches Sicilien in den Jahren 1198 – 1273, Innsbruck 1880. Winkler, Gerhard B. (Hg.): Bernhard von Clairvaux. Sämtliche Werke lateinisch / deutsch 2, Innsbruck 1992. Winkler, Gerhard B. (Hg.): Bernhard von Clairvaux. Sämtliche Werke lateinisch / deutsch 3, Innsbruck 1992. Wisplinghoff, Erich (Bearb.): Urkunden und Quellen zur Geschichte von Stadt und Abtei Siegburg, 2 Bde., Siegburg 1964 – 1985. Wisplinghoff, Erich (Bearb.): Rheinisches Urkundenbuch. Ältere Urkunden bis 1100. Tl. 1: AachenDeutz, Düsseldorf 1972 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 57). Wolters, Mathias Joseph (Bearb.): Codex diplomaticus Lossensis ou Recueil et analyse de chartes servant de preuves à l’histoire de l’ancien comté de Looz, Gent 1849.
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| Verzeichnisse
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9 REGISTER 9.1 ORTSREGISTER A Aachen 57, 106, 134, 139, 145, 212, 234, 236, 237, 244, 246, 253, 254, 257, 293, 294, 312, 317 –– St. Marien, Stift 143, 212 Aarschot 288 Adenau 276 Agen 224 Agenais 224 Ägypten 12, 60, 147, 185, 212, 233 – 235, 244, 247 – 250, 256, 273, 287, 291, 313, 320, 321 Ahrgau 76, 77, 130 Akkon 49, 60, 205, 207, 208, 252, 257, 292, 293 Albi 221 Alcácer do Sal 60, 252 Alcántara 168, 182 Alfter 273 Alpen 50, 90 Alt-Bernsau, Burg 276 Altena, Burg 70, 91 Altenberg, Kloster 11, 23, 25, 73, 75, 77, 88, 90, 91, 95, 103 – 105, 114, 119, 123, 137, 140, 145, 149, 150, 152, 158, 160, 161, 172, 176 – 179, 182, 183, 187, 195, 198, 211, 212, 231, 233, 237 – 239, 274, 277 – 281, 287, 291, 293, 301, 303 – 307, 314, 315, 317, 321 Altenbiesen 295 Alt-Windeck, Burg 95 Alvor 49 Andernach 134, 145 Anger 198 Angermund 97 Apulien 74 Aquitanien, Hzm. 224 Ardennen 39 Are, Burg 103, 117 Arnheim 154, 155, 260 Arnsberg, Burg 103 Atlit, Burg 291
Augsburg 210, 297 Auvergne 221 Avis 182 B Balkan 207 Bamberg 139, 140 Banat 191 Bari 180 Bar-le-Duc 225 Bayern, Hzm. 86 Belgien 13 Belgrad 185, 191 Belmont, Kloster 181, 182 Bensberg 82 Berge, Burg a. d. Dhünn 68, 71, 72, 171, 194 Berg, Hzm. 23 Bergstein 291 Bernsau 275 Besançon 90 Bislich 271 Blankenberg, Burg 96, 203, 286, 287 Bocholt 270, 271 Bongart 274 Bonn 136, 137, 285 –– Dietkirchen, Stift 80 –– Gft. 80 –– St. Cassius, Stift 76, 77, 80, 82, 112, 117 Bonngau 130 Boppart 212 Borkum 62 Boslar 273 Bouillon 38 Bouvines 57, 143, 160, 161, 253, 282 Brabant, Htm. 268, 269 Braničevo 107, 191, 192 Braunschweig 317
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| Register
Brauweiler, Kloster 106 Breisig 213 Brindisi 61, 62 Broich 97 Brünen 270 Büchel 285 Burg a. d. Wupper 11, 26, 92, 93, 152, 193 – 195, 198, 204, 240, 274, 279, 280, 281, 291, 295, 303, 315, 320 Bürrig 110 Buscherhof 198 Byzanz 303 C Caesarea 270 Calatrava 168, 181 Cambrai 135 Cambrai, Bistum 133 Cambrai, Hochstift 133 Cambrésis 39 Cappenberg, Kloster 70, 71, 247 Carcassonne 222, 223 Chaumont, Burg 266 Clairvaux, Kloster 166, 180 – 182 Cluny, Kloster 40 Cruthoven 198 D Damaskus 91, 185, 186, 188, 190, 191, 307, 308, 315 Damiette 63, 147, 160, 185, 200, 206, 210, 234, 246 – 249, 251, 252, 256 – 260, 262, 265, 268, 272, 273, 284, 286, 289, 290 – 293, 299, 317 – 319, 320 Deutz –– Burg 76, 104, 138, 216 –– Kloster 68, 137 Deutzgau 75 Deventer 78 –– St. Lebuinus, Stift 130, 154, 272 Dhünhof 99, 197 Dhünn 202, 281 Dhünnbache 99
Dieren 106, 260, 261, 271, 272, 288, 292, 320, 321 Dieteren 261 Dingden 270, 271 Donau 192 Dörpe 99, 197 Dorpfeld 99, 197 Dorweiler 43 Dorylaion 44 Drau 192 Duisburg 194, 288 Dünnwald, Kloster 71, 76, 81, 82, 120, 279 Dürscheid 275, 277 Düsseldorf 198, 304 E Ebrach, Kloster 180 Echt 112 Edessa, Gft. 166 Ehingen 149, 151, 236 Eickenberg 198 Eifel 13, 83, 243 Eifelgau 83 Elbe 17, 166 Elberfeld 98, 110, 198, 201, 204 Emscher 71 England, Kgr. 56, 107, 125, 126, 159 Erft 203, 215 Erftstadt 217 Erpel 83, 102, 210 Essen, Reichsstift 71, 86, 156 Évora 168, 182 F Fitero, Kloster 181 Flandern, Gft. 37, 131, 179 –– Reichsflandern 38, 39 Flittard 93 Franken 126 Frankfurt 141, 150, 221, 296 Frankreich, Kgr. 15, 38, 40 Freising 297 Frielingsdorf 277 Friesland 13, 297
Ortsregister |
G Gaillac 222 Garsdorf 279 Gaza 64 Geilenkirchen 99 Gelderland 260, 261 Geldern, Gft. 14, 112, 130, 253, 263, 268, 269 Gelnhausen 54 Georgenberg, Kloster 72, 172 Gerresheim –– St. Hyppolit, Stift 122, 146, 151, 152, 160 Gevelsberg 65, 156 Gladbach, Kloster 137 Göksu 191 Gräfrath –– St. Maria, Stift 149, 151, 152, 160 Grünscheid 93 Gumiel, Kloster 182, 232 Gymnich 189, 211 – 213, 216 – 219, 238, 278, 316, 321 H Hagen 110 Harz 17 Hattin 49 Haute-Bruyères, Kloster 231 Heiliges Land – siehe Palästina Heinsberg 283, 288 –– Hft. 99 –– Kloster 247, 283 Heisterbach, Kloster 271 Heltdorf 97 Herbede 93 Herkenrath 295 Herkenrode 266 Herkenrode, Kloster 266 Herrenstrunden 295 Hilden 98, 110, 198, 201, 204 Hildesheim –– St. Mauritius, Stift 118, 123 Himmelgeist 198 Holland, Gft. 131, 132, 266 Holthausen 197, 288
Holtum 288 Holzburg 295 Homberg 283, 284 Hongen 198 Hörde 272 Hövel 91 Hückeswagen –– Burg 99, 197 –– Gft. 100 I Iberische Halbinsel 49, 168, 182 Italien 74, 89, 90, 92, 93, 97, 98, 106, 111, 113, 141, 158, 161, 194, 320 J Jerusalem 36, 37, 43, 49, 55, 62, 64, 111, 119, 163, 165, 166, 179, 185, 200, 233, 234, 238, 243, 261, 307 Jerusalem, Kgr. 298 Jülich –– Gft. 213 –– Hzm. 23 K Kaiserswerth –– Königspfalz 79, 97, 125, 145, 160, 212, 236, 253 – 259, 317, 318 –– St. Suitbert, Reichsstift 96, 97, 121, 151, 253 Kamp, Kloster 169, 304 – 306, 314 Kastilien, Kgr. 232 Kerpen –– St. Martin, Stift 137 Kleinasien 53 Kleve –– Gft. 112, 263 –– Hzm. 23 Knechtsteden, Kloster 240 – 242, 274, 275, 277, 278, 285, 321 Koblenz 134, 231, 253 –– St. Castor, Stift 72, 171 Köln 31, 37, 42 – 44, 52, 54, 56, 58, 60, 63, 67, 73, 74, 77 – 80, 82, 83, 85, 89 – 93, 98, 102,
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| Register
104, 106 – 108, 110, 111, 113 – 119, 124, 125, 130, 131, 134 – 140, 142 – 145, 150, 153, 154, 160, 172, 177, 179, 180, 186 – 188, 192, 200, 209, 213, 216, 221, 225, 232, 241, 242, 246 – 248, 253 – 255, 262 – 264, 273, 274, 279, 283, 294, 296 – 298, 303, 305, 316, 318 –– St. Aposteln, Stift 75, 131, 137, 142 –– St. Georg, Stift 76, 77, 83, 87, 91, 109, 119, 123, 130, 152 – 154, 283, 284 –– St. Gereon, Stift 72, 76, 77, 122, 137, 142, 153 –– St. Maria ad Gradus, Stift 82, 84 –– St. Martin, Kloster 137, 274, 279 –– St. Pantaleon, Kloster 76, 234, 235 –– St. Severin, Stift 73, 75, 137, 278 Konradsheim 217 Konzen 243 Koslar 273 Kreuzberg 43, 75 Kreuzfahrerherrschaften 15 Kubin 107, 185, 191, 192, 315 L Laacher See 112 Languedoc 18, 141, 167, 211, 220, 222, 229, 231, 233, 293, 313, 317 Lankarn 272 Lantershofen 98, 106 Lennep 284 León, Kgr. 182 Levante 15, 28, 59, 180, 185, 246, 294, 299, 321 Lienden 269 Limburg, Hzm. 147, 213 Lindlar 275, 277, 278 Linnich 273 Lippe 71 Lissabon 44, 45 Lo 295 Lobith 154, 155 Loccum, Kloster 118, 123 Lombardei 221 Loon, Gft. 56, 132 Lothringen 14, 40, 301
Löwen 128 Lüdenscheid, Dekanat 77 Lütgendortmund 288 Lüttich 14, 38, 55, 112, 114 – 119, 133, 170, 243, 267, 268, 307, 308, 312 Lützingen 213 M Maas 13, 112 Maastricht 83, 112, 127, 288 –– St. Servatius, Stift 83 Magdeburg 110, 111, 119 Mailand 92 Main 141 Maria Laach, Kloster 213 Markenberg 246 Mechelen (Antwerpen) 38 Mechelen (Limburg) 38 Meer, Kloster 273 Meindorf 285 Menden 110 Merheim 238, 239, 277, 278, 281, 293, 321 Messina 123 Metz 297 Minden 118 Miselohe, berg. Amt 277 Monheim 198 Monschau 243 Montcuq 224 Montégut, Burg 222 Montfort, Burg (Palästina) 62 Morava 192 Morimond, Kloster 72, 169 – 172, 176, 177, 179 – 183, 304, 314 Mörlen 295 Mosel 144 Mündelheim 97 Münster 154, 247, 253, 270 – 272 Münstermaifeld 144 N Namur, Mgft. 133 Neiderbreisig 274
Ortsregister |
Neuenberg, Burg (Lindlar) 277 Neuss 145, 203, 237, 305 Neuwied 295 Neu-Windeck, Burg 95, 96, 99, 158 Nideggen 292, 295 Niederlande 13, 14 Niederrhein 13 – 15, 20, 22, 28, 48, 57, 62, 68, 70, 72, 78, 79, 102, 106 – 108, 118, 125, 126, 131, 134 – 136, 139, 140, 142 – 145, 157, 159, 160, 161, 169, 178, 185, 190, 194, 201, 206 – 208, 212, 220 – 222, 225, 228, 234, 236, 237, 253, 255, 257, 262, 272, 280, 289 – 291, 303, 304, 313, 314, 317, 318, 320 Nil 233, 251, 256, 258 Nimwegen 80, 127, 269 Nordrhein-Westfalen 11 Nörvenich 217 Nürburg, Burg 103 Nürnberg 124, 297 O Oberpleis 216 Odenthal 68, 281, 287 Okzitanien – siehe Languedoc Oosterbeck 155 Opladen 275, 277 Ordensland – siehe Preußen Orsbeck 283 Osnabrück 154, 263 Österreich, Hzm. 86 Outremer – siehe Levante Overath 276, 277 P Palästina 27, 34 – 36, 39, 43 – 45, 49, 50, 53, 57, 61 – 64, 119, 163, 164, 166, 171, 175, 179 – 183, 190, 191, 193, 195, 196, 200, 202, 204, 207, 208, 234, 238, 240, 241, 244, 265, 291, 298, 301 – 303, 307, 308, 313 – 315, 320 Paris 58 Passau 297 Pavia 90 Penne d‘Agenais, Burg 224, 225, 227
Penne d‘Albigeois, Burg 224 Philippopel 254 Portugal, Kgr. 59, 182 Postel, Kloster 268 Preßburg 198 Preußen 208 Prüm, Reichsabtei 83, 154 Pulheim 123 Puylaurens, Burg 220 – 222 R Rabastens 222 Randerath, Burg 86, 282 Ratingen 97, 210 Regensburg 84, 86, 87, 200, 297 Reims 116, 133, 173, 175 Remagen 97 Remscheid 193, 194, 284 Reumont, Burg 133 Rhein 13, 42, 95, 116, 135, 141, 156, 158, 198, 212, 255, 258, 284 Rheinland 13, 45, 109, 205, 224, 244, 264 Ringenberg 270, 271 Rixtel 269 Rolshoven 235 Rom 84, 86, 104, 118, 165, 170, 203, 225, 243, 294 Rommelsheim 217 Rommersdorf, Kloster 141, 246 Rommerskirchen 238, 240 – 242, 274, 275, 277, 321 Roncesvalles 309, 311 Rüdesheim 243 Ruhr 12, 23, 71, 93, 97, 105, 158, 159 S Sachsen, Hzm. 86, 126 Saint-Antonin 223 Saint-Marcel, Burg 222, 226 Saint-Martin-Laguépie, Burg 222 Salvatio, Kloster 181, 182 Santiago de Compostela 44, 49, 170 Save 192
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Sayn –– Burg 80, 81 –– Gft. 25, 81, 96, 192 –– Kloster 285, 286 Scherf 281, 287 Scherfbach 281 Schönrath 285 Schwarzrheindorf 86 Schwelm 98, 110, 198, 201, 204 Seeland, Gft. 132 Seltz 106 Serbien, Fsm. 185 Setúbal 60 ’s-Hertogenbosch 127 Sieg 12, 76, 95, 96, 121, 158, 159, 190, 203, 215 Siegburg 150, 276, 285 –– Kloster 70, 96, 106, 137, 150, 151, 188 – 190, 192, 203, 211, 214 – 218, 276, 287, 315, 316, 320 Siersdorf 292, 295 Sinzig 106 Sizilien, Kgr. 117, 142, 229 Slawonien 221 Soest 110 Solingen 11, 92, 152 Speyer 134, 141, 297 Stablo-Malmedy, Reichsabtei 41 Steinbach, berg. Amt 276, 278 Steinfeld, Kloster 83, 89 St. Georgsberg 171 St. Gilles 170 Südfrankreich – siehe Languedoc Susteren 283 Syrien 186, 313, 319 T Teveren – siehe Tyvern Thüringen, Lgft. 72, 171 Tiel 254 Toulouse 224 Trani 74 Trier 52, 173, 286 –– St. Maximin, Reichsabtei 83
Tripolis, Gft. 181 Troja 308 Tunis 63 Turre 273 Tyvern 99 U Ungarn, Kgr. 191, 192, 198 Unna 231 Utrecht 71, 77 – 80, 83, 85, 93, 154, 208, 265, 269, 271, 272, 291 V Veluwe, Gft. 52, 95 Venedig 243 Vilich 285 –– Kloster 285 Vojvodina 191 W Wald (Solingen) 198 Wassenberg 56, 112, 139 Wattenscheid, Dekanat 77 Weißenburg 126 Werden, Reichsabtei 23, 69, 97 Werl, Gft. 157 Wermelskirchen 99, 202 Westerwald 246 Westfalen 12, 14, 15, 36, 70, 71, 91, 102, 103, 109, 110, 126, 142, 148, 156 – 158, 201, 244, 249, 264, 318 Wied, Gft. 81 Wipperfürth 146, 276, 278 Worms 117, 139 Worringen 210 Wupper 11, 26, 75, 97, 105, 122, 190, 194, 197, 202, 204, 280, 316 Würzburg 106 X Xanten 82, 127 –– St. Viktor, Stift 73, 76, 77, 271
Namensregister |
Z Zülpich 89, 216 Zülpichgau 76, 83
Zutphen 260 –– St. Walburgis, Stift 130, 154 Zyfflich –– St. Martin, Stift 89, 90
9.2 NAMENSREGISTER Die älteren Grafen von Berg wurden wegen der Häufung der Nennungen nicht in dieses Register aufgenommen. Die jeweiligen Kapitelüberschriften verweisen auf die dort behandelten Familienmitglieder.
A Achilles, Kreuzzugsprediger 63 Adalbero, Ebf. v. Bremen 46 Adalbert v. Sommerschenburg, Pgf. v. Sachsen 109 Adam, Abt v. Ebrach 171, 179, 180, 182 Adam v. Berge 105 Adelheid v. Lauffen 71, 87, 203, 249 Adolf, Gf. v. Neuenahr 306 Albert Avogadro, Patr. v. Jerusalem 206 Albert v. Aachen 39 Albert v. Büchel, sayn. Ministeriale 261, 285, 289 Albert v. Hörde, ebfl. Ministeriale 261, 272, 288 Albert v. Rethel 114, 115 Aldenhoven, Hrn. v. –– Bertram 282, 283 –– Wilhelm 283 Alexander –– P. (III.) 243 –– P. (IV.) 232 Altena, Gfn. v. 122 –– Everhard I. 119, 153, 177, 248, 249, 319 –– Friedrich II. 122, 142 –– Oda 249 Altena-Isenberg, Gfn. v. 156, 161, 247 –– Arnold 135, 138 –– Friedrich 65, 156, 246 – 249 Altena-Mark, Gfn. v. 301 –– Adolf I. 142 Altmann, Bf. v. Passau 36 Alvradis v. Bongart 274
Amilius, berg. Ministeriale 150, 263, 276, 278 Annalista Saxo 68, 69 Are, Gfn. v. 76, 83, 102, 112, 157, 158, 228, 265, 267, 268 –– Dietrich II. 88 Are-Hochstaden, Gfn. v. 111 – 113, 116 – 119, 321 –– Dietrich I. 112, 113, 117 –– Lothar I. 135, 138, 215 –– Lothar II. 266 –– Otto I. 112 Are-Nürburg, Gfn. v. 113 –– Gerhard I. 131, 135, 215, 295 Arnold Amalrich, Abt v. Cîteaux 167, 211 Arnold, Gf. v. Odenkirchen 75 Arnold, Hr. v. Bedburg 43 Arnold, Hr. v. Diest 266 Arnold I., Gf. v. Dassel 246 Arnold III., Gf. v. Aarschot 46 Arnold v. Schwarzenburg, Abt v. Morimond 169, 171, 179, 180, 182, 183 Arnsberg, Gfn. v. 78 –– Friedrich 70, 73, 78 –– Gottfried I. 78 –– Gottfried II. 59, 61, 156 –– Heinrich I. 103, 109, 110 –– Ida v. Arnsberg 78 Avesnes, Hrn. v. –– Jakob I. 49 –– Walter II. 32 Azemar Jorda, okz. Kommandeur 223
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B Bar, Gfn. v. 225 Bayern, Hze. v. 206 –– Heinrich IX. 180 –– Konrad v. Bayern, Sohn Hz. Heinrichs IX. 172, 180, 182 –– Ludwig I. 297 Beatrix v. Schwaben 232 Bernhard, Abt v. Clairvaux 43, 165 – 167, 169, 171 – 176, 179 – 181, 183, 186, 187, 314 Bernsau, Hrn. v., berg. Ministerialen 276, 277 –– Adolf 150, 261, 275 – 277, 289 –– Dietrich 275, 276 –– Heinrich 261, 275 – 277, 289 –– Rembod 261, 275 – 277, 284, 289 Berthold II., Gf. v. Henneberg 206 Bonifacius, berg. Vasall 211 – 214, 216 – 219, 316, 320 Boulogne, Gfn. v. 94 –– Maria v. Boulogne 94 –– Matthäus v. Elsass 94 Brabant, Hze. v. 118, 133 –– Heinrich I. 52, 53, 94, 95, 113 – 116, 119, 127 – 129, 132 – 135, 139, 140, 144, 155, 206, 207, 215, 235, 250, 266, 269 –– Margarethe v. Brabant 128 –– Mathilde v. Elsass 94, 129 –– Wilhelm v. Brabant, Bruder Hz. Heinrichs I. 127 Brandenburg, Mgfn. v. –– Albrecht I. 46, 109 –– Albrecht II. 32 Bruno de Holte 261, 287 – 289 Bruno Lupus (Wolf ) 261, 281 Burchard v. Köln, ks. Notar 192 C Caesarius v. Heisterbach 32, 101, 113, 122, 152, 154, 156, 219, 244, 271, 298 Cambrai, Bfe. v. –– Johannes III. v. Béthune 133, 134 –– Roger v. Wavrin 48 Cappenberg, Gfn. v.
–– Adelheid 78, 91 –– Gottfried II. 78 Christina v. Hulse 105 Clemens –– P. (III.) 41 Coelestin –– P. (III.) 115, 118, 123 Cuyk, Gfn. v. 73, 78 –– Heinrich II. 47, 127 D Dagsburg, Gfn. v. 133, 134 –– Albert II. 133 – 135 Daniel, Abt v. Schönau 168 Daniel, berg. Ministeriale 150, 263, 276, 278 Daniel v. Erkrath, berg. Ministeriale 275 Dassel, Gfn. v. 250 Dietrich, Hr. v. Dorndorf 294 Dietrich v. Koslar, ebfl. Ministeriale 247, 248, 261, 273, 283, 288 Dietrich v. Münchhausen, ebfl. Ministeriale 273 Dingden, Hrn. v., münst. Ministerialen 270, 271 –– Everwin 271 –– Gerlach 271 –– Sueder I. 261, 270 – 272, 289, 291 –– Sueder II. 271 Dodechin, Mönch in Disibodenberg 32, 44 Dodo, Hr. v. Cons-la-Grandville 39 Dürscheid, Hrn. v., berg. Ministerialen –– Gottschalk 277 –– Marsilius 277 –– Roland 277 E Eberhard II. v. Regensberg, Ebf. v. Salzburg 232, 297 Eberhard I. von Rohrdorf, Abt v. Salem 167 Eckbert v. Andechs-Meranien, Bf. v. Bamberg 235 Elger v. Meindorf, sayn. Ministeriale 261, 285, 289 Elsloo, Hrn. v. 265, 267, 268
Namensregister |
–– Arnold 266 –– Hermann 261, 265 – 267, 284, 288 –– Winand 265 Engelbert, Gf. v. Schwarzenburg 170 Engelbert v. Bensberg, berg. Ministeriale 150, 275 Engländer 49, 59 England, Kge. v. –– Eleonore Plantagenet 232 –– Richard I. 48, 52, 125, 207, 224 Eugen –– P. (III.) 42, 78, 79, 163, 166, 242 Everhard, Abt v. Kamp 170 Ezzonen, Pgfn. 67, 112, 157 F Flamen 48, 49, 59 Flandern, Gfn. v. 39, 64, 94 –– Balduin IX. 56 –– Balduin VIII. – siehe Hennegau, Gfn. v.:Balduin V. –– Clementia von Flandern 41 –– Johanna v. Flandern 155 –– Margarethe v. Flandern 94 –– Philipp I. 94 –– Robert I. Friso 36 –– Robert II. 36 – 38, 41 Florens, Gf. v. Lynden 62 Franco, Kreuzfahrer 38 Frankreich, Kge. v. –– Ludwig IX. 15, 63 –– Ludwig VII. 166, 185 Friedrich –– K. (I.) 12, 48, 50 – 53, 55, 84 – 86, 88, 89, 91 – 93, 96, 98, 99, 104 – 107, 191, 193 – 196, 198, 199, 201, 204, 207, 215, 254, 313 –– K. (II.) 54, 57, 60 – 63, 65, 124, 141 – 145, 154, 155, 160, 161, 229, 234 – 238, 249, 250, 253, 254, 292 – 294, 296, 317 Friedrich V., Hz. v. Schwaben 206 Friesen 38, 59, 62 – 64, 147, 251 – 253, 257, 258 Frumold, Kanoniker in Köln 31
G Gaspar Jongelinus 306, 307 Gebhard, Hr. v. Tarasp 32 Gebhard I., Gf. v. Wernigerode 246 Geldern, Gfn. v. 78, 79, 94, 130, 207, 290, 313 –– Adelheid v. Geldern, Schwester Gf. Ottos I. 94, 132, 268 –– Adelheid v. Geldern, Tochter Gf. Ottos I. 132 –– Gerhard III. 128, 142, 154, 155, 161 –– Gerhard IV. 297 –– Gerhard v. Geldern, Bruder Gf. Ottos I. 94, 129 –– Heinrich II. 78, 79 –– Margarethe 269 –– Margarethe v. Geldern 12, 94, 95, 107, 129, 130, 154, 158 –– Otto I. 47, 52, 94, 95, 105, 126 – 129, 132, 138, 139, 154, 206, 207, 215 –– Otto II. 269 Gerhard Unmaze, Kölner Zölner 98 Gerhard v. Are, Propst v. St. Cassius 76, 77, 82 – 85, 87, 88, 112 Gertrud v. Liedberg 81 Gisela v. Berg 171 Giselbert v. Mons 114 Görz, Gfn. v. 192 –– Engelbert II. 192 Goswin, Abt v. Altenberg 118, 123 Goswin, Hr. v. Randerath 43 Goswin IV., Hr. v. Valkenburg 105 Gottfried, Bruder Heinrichs v. Esch 39 Gottfried v. Bouillon, Hz. v. Niederlothringen 36, 37, 39, 41 Gottfried v. Meindorf, sayn. Ministeriale 261, 285, 289 Gottfried v. Straßburg 166 Gottfried v. Xanten 73 Gottschalk, Kreuzzugsprediger 39, 40 Gottschalk, Vogt v. St. Suitbert 97 Gregor –– P. (IX.) 61 –– P. (VIII.) 50
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| Register
Guda, Äbt. v. Gerresheim 122 Guido I. v. Pare, Kbf. v. Palestrina 285 Gymnich, Hrn. v., Reichsministerialen 212, 213, 247, 248 –– Arnold 212, 246, 273 H Hadewerck, Kreuzfahrer 38 Hadewig v. Wied, Äbt. v. Essen 86 Hadrian –– P. (IV.) 84, 89 Hardenberg, Gfn. v. 75, 82, 96, 97, 100, 158 –– Hermann 43, 46, 81 –– Nivelung, Bruder Gf. Hermanns 43, 96 Harlivus, limb. Truchsess 214 Hedwig v. Gudensberg 96 Heinrich –– K. (IV.) 39, 69, 79 –– K. (V.) 39, 70, 157 –– K. (VI.) 53 – 55, 98, 112, 113, 115 – 118, 123 – 125, 159, 185, 205, 207, 232, 237, 254, 313 –– K. [(VI.)] 47 –– K. [(VII.)] 152, 161, 212, 297, 298 Heinrich, berg. Notar 261, 264 Heinrich d. Schwarze v. Arnsberg 246, 247, 250 Heinrich, Hr. v. Danne 149, 151 Heinrich, Hr. v. Esch 39 Heinrich, Hr. v. Kaster 43 Heinrich, Hr. v. Kessenich 283 Heinrich I., Abt von Heisterbach 168 Heinrich II., Bgf. v. Isenburg 246, 295 Heinrich II., Gf. v. Berg (Ehingen) 236 Heinrich II. v. Veringen, Bf. v. Straßburg 235 Heinrich IV., Gf. v. Kessel 139, 215, 275 Heinrich IV., Gf. v. Luxemburg u. Namur 94 Heinrich v. Bonn, Ritter 45 Heinrich V., Hz. v. Kärnten 192 Heinrich v. Marcy, Kbf. v. Albano 50, 167 Heinrich v. Schönrath, sayn. Ministeriale 261, 285, 289 Heinrich v. Schwarzenburg, Abt v. Kamp 169
Heinrich v. Vilich, sayn. Ministeriale 261, 285, 289 Heinrich v. Volmarstein, ebfl. Ministeriale 109, 111, 247 Heinsberg, Hrn. v. 77, 86 – 88, 158, 248, 290 –– Dietrich I., Hr. v. Valkenburg 248, 266 Helmold v. Bosau 46 Hennegau, Gfn. v. 94, 107 –– Balduin V. 94, 114 – 116 Heribert II., Abt v. Werden 59 Herlaar, Hrn. v. 268, 270 –– Agnes 269 –– Dietrich 261, 268, 269, 284, 288 –– Dietrich v. Lienden 269 –– Petronella 268 Hermann II., Hr. v. Lippe 156 Hermann v. Alfter, ebfl. Ministeriale 246 – 248, 261, 272, 273, 288 Hermann v. Eppendorf, Kölner Vogt 139, 215 Hermann v. Hengebach, Dompropst 110 Hermann V., Mgf. v. Baden 235 Hermann v. Salza 296, 297 Hessen, Lgfn. v. 206 Hochstaden, Gfn. v. 112, 241 –– Adelheid v. Hochstaden 112 –– Gerhard I. 112 –– Gerhard II. 112 –– Lothar I. 135, 139, 210, 241 –– Lothar II. 241 Holland, Gfn. v. 78, 79, 207, 313 –– Ada v. Holland 131, 132, 266 –– Dietrich III. 35 –– Dietrich VII. 126 – 128, 131, 134, 266 –– Florens II. 73 –– Florens III. 47, 52, 206 –– Wilhelm I. 47, 59, 60, 131, 132, 144, 206, 207, 252, 257 Honorius –– P. (III.) 60, 151, 153, 296 Hückeswagen, Gfn. v. 99, 100, 158, 202, 204, 316 –– Arnold 100 –– Heinrich 99, 100, 197, 201, 202, 277
Namensregister |
Hugo v. Alfaro, Seneschall v. Toulouse 224, 227, 228 Hugo v. Are, Domkustos 81 – 83 Hyldemar v. Tycke 81 I Ibn al-Athīr 256 Ida v. Elsass 94, 129 Innozenz –– P. (II.) 173 –– P. (III.) 58, 59, 132, 134, 137 – 139, 141, 145, 215, 216, 228, 233 Irmgard v. Berg 121, 147, 148, 151, 153, 157, 160, 201, 243, 244, 268, 278, 294, 320 Irmgard v. Keppel 269 J Jakobus d. Ä., Hl. 44 Jakob von Pecoraria, Kbf. v. Präneste 232 Jean d'Outremeuse 307 – 312, 321 Jerusalem, Kge. v. –– Balduin I. 39 –– Balduin II. 39, 180 –– Heinrich I. 206 –– Isabella 297 –– Johannes v. Brienne 297, 298 –– Maria 298 Johannes, ebfl. Ministeriale 105 Johannes v. Cirey, Abt v. Cîteaux 305, 307 Johannes v. Ypern 48 Joscius, Ebf. v. Tyros 50 Jülich-Berg, Gfn./Hze. v. 208, 301 –– Adolf, Hz 177 –– Gerhard I., Gf. 177 –– Gerhard II., Hz 177 –– Wilhelm I., Hz. 11, 177, 208 Jülich, Gfn. v. 20, 212, 213, 248, 250, 285, 320 –– Arnold, Bruder Gf. Dietrichs III. 248 –– Gerhard v. Jülich, Neffe Gf. Wilhelms I. 43 –– Margarethe v. Jülich 248 –– Wilhelm I. 43
–– Wilhelm II. 47, 123, 135, 138, 139, 144, 206, 210, 215, 248 –– Wilhelm III. v. Hengebach 212, 213, 219, 221, 235, 236, 246 – 248, 273, 283, 286, 287, 289, 291, 292, 295, 314 –– Wilhelm IV. 279, 283 K Karl d. Große –– K. 310, 311 Karl I., Hz. v. Burgund 305 Kastilien, Kge. v. –– Alfons VIII. 232 –– Sancho III. 181 Kastilien u. León, Kge. v. –– Ferdinand III. 232 Kleve, Gfn. v. 20, 78, 79, 146, 207, 313 –– Arnold, Bruder Gf. Dietrichs III. 246, 248 –– Arnold I. 44 –– Dietrich I. 32 –– Dietrich III. 47, 48, 52, 206, 207 –– Dietrich IV. 148, 156, 294 –– Irmgard v. Kleve 177 Köln, Ebfe. v. –– Adolf I. v. Altena 32, 53 – 56, 108, 118, 119, 122 – 124, 127 – 129, 132, 134 – 136, 138 – 143, 145, 153, 159, 160, 178, 210, 215, 216, 229, 235, 243, 317 –– Anno II. 67, 68, 188 –– Arnold I. 47, 74 – 77 –– Arnold II. v. Wied 76, 77, 79 – 83, 86 – 88, 90, 158 –– Bruno IV. v. Sayn 135 – 137, 139, 140, 159, 215, 216, 229 –– Dietrich I. v. Hengebach 130, 140 – 142, 145, 146, 160, 210, 217, 218, 225, 228 –– Friedrich I. v. Schwarzenburg 70, 157, 169, 170, 177, 183, 192 –– Heinrich I. v. Müllenark 62, 273 –– Hermann III. von Hochstaden 67 –– Philipp v. Heinsberg 50 – 52, 87, 95, 97, 98, 104 – 110, 112, 113, 122, 138, 158, 193, 194, 198, 201, 203, 205, 231, 249, 316
369
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| Register
–– Reinald v. Dassel 91 – 93, 102 – 105, 108 – 111, 119, 156, 158, 194, 231, 242 –– Sigewin v. Are 67 Kölner 48, 49, 64, 98, 117, 138, 139 Konrad –– K. (III.) 42, 46, 47, 78 – 80, 85, 98, 164, 166, 183, 185, 190, 308, 311, 314 Konrad I., Gf. v. Dortmund 144 Konrad v. Staufen, Pgf. b. Rhein 110 Konrad v. Urach, Kbf. v. Porto u. S. Rufina 60, 168, 296 – 299, 319 L Lambert v. Scherf, berg. Ministeriale 261, 280, 281, 287 – 289 Levold v. Northof 170, 301 Liedberg, Gfn. v. 82 Limburg-Berg, Gfn. v. 301 –– Adolf IV. 96, 177, 287 –– Adolf V. 280 –– Adolf VI. 177, 208 –– Konrad, Dompropst 177 –– Wilhelm I. 177 Limburg, Hze. v. 64, 77, 87, 118, 133, 146, 148, 152, 153, 213, 244, 248, 249, 294, 320 –– Heinrich, Bruder Hz. Walrams IV. 135 –– Heinrich III. 48, 52, 53, 113, 116, 117, 119, 127, 131, 133 – 135, 139, 144, 212 – 215, 235, 237, 267 –– Heinrich IV., Gf. v. Berg 61, 62, 147, 148, 151, 156, 157, 160, 201, 235, 237, 239, 244, 249, 260, 267, 268, 277 – 279, 294, 295, 321 –– Isalda 248 –– Walram IV. 53, 126, 135, 139, 148, 156, 238, 243, 244, 267, 268, 294 Loon, Gfn. v. 94, 133, 266, 267, 270, 290, 320 –– Arnold III. 266, 267, 292, 319 –– Gerhard II. 94, 129, 268, 270 –– Gerhard III., Gf. v. Rieneck 48, 56 –– Heinrich 266 –– Ludwig II. 56, 126, 131 – 134, 235, 236, 265, 266
Lothar –– K. (III.) 73, 74, 79 Lucius –– P. (III.) 215 Ludolf, Abt v. St. Martin (Köln) 274 Ludwig I., Pgf. b. Rhein 213 Ludwig v. Dollendorf, Dompropst 130 Lüttich, Bfe. v. –– Albert I. v. Löwen 94, 114 – 116 –– Friedrich v. Namur 37 –– Hugo II. v. Pierrepont 127, 131, 235, 292, 295 –– Lothar v. Hochstaden 55, 112, 113, 115 – 117 –– Rudolf v. Zähringen 48, 94, 129 –– Simon v. Limburg 117 Lütticher 48, 49, 116 Luxemburg, Gfn. v. 107 M Magdeburg, Ebfe. v. –– Norbert v. Xanten 174 –– Wichmann v. Seeburg 109 Mainz, Ebfe. v. –– Heinrich I. 171, 172 –– Konrad I. v. Wittelsbach 117 –– Siegfried II. v. Eppstein 134, 137, 142, 229, 235 Margarethe v. Berg 100, 177, 278 Margarethe v. Ravensberg-Berg 177 Marsilius v. Dürscheid, berg. Ministeriale 261, 275, 289 Mathilde, Äbt. v. Munsterbilzen 266, 292, 295 Megen, Gfn. v. –– Dietrich 269 –– Wilhelm I. 269 Meißen, Mgfn. v. –– Dietrich 206 –– Konrad I. 46 –– Otto 109 Meyer, Claus 11 Montanus 171 Montfort, Hrn. v. 231
Namensregister |
–– Guido, Hr. v. Castres 222, 227 –– Simon V., Gf. v. Toulouse 167, 220, 222 – 224, 226 – 228, 231 – 233, 317 Münster, Bfe. v. 313 –– Dietrich III. v. Altena-Isenberg 142, 154, 156, 247 –– Erpho 36 –– Friedrich II. v. Are 83 –– Hermann II. v. Katzenelnbogen 48, 52, 53, 95 –– Otto I. v. Oldenburg 59, 145, 236, 237, 253, 254, 256, 270, 272, 290, 317, 319 N Namur, Gfn./Mgfn. v. 107 –– Philipp I. 131, 133, 134 –– Philipp II. 148 Niederrheiner 221, 225, 227 Nikolaus, Abt v. Siegburg 189, 192 Nörvenich, Gfn. v. 189 O Oliver v. Paderborn, Kbf. v. Sabina 58, 60, 147, 234, 251, 252, 257, 258, 260, 297, 318 Opladen, Hrn. v., berg. Ministerialen 277 –– Everhard 277 –– Gerhard 261, 275, 277, 289 –– Gyso 261, 275, 277, 289 Orsbeck, Hrn. v. 283, 284 –– Arnold 283 –– Reinard 283 –– Rembod 261, 281 – 284, 288 Osnabrück, Bfe. v. –– Arnold 48 –– Benno II. 35 –– Bruno v. Altena-Isenberg 154, 156 –– Engelbert I. v. Altena-Isenberg 153, 154, 156 Österreich, Hze. v. 206 –– Leopold VI. 219, 251, 258, 297 Otto –– K. (IV.) 56, 57, 123 – 127, 134, 135, 137, 139, 140 – 145, 159 – 161, 215, 221, 228, 237, 250, 253, 254, 317
Otto I., Hz. v. Meranien 235 Otto II., Gf. v. Bentheim 47 Otto I. v. Österreich, Bf. v. Freising 41, 167, 180, 182 Otto v. St. Blasien 199 P Peter, Abt v. Neuburg 168 Peter v. Amiens, Kreuzzugsprediger 39 Peter v. Dampierre, Bruder Gf. Rainalds III. v. Toul 39 Petrus I. von Corbeil, Ebf. v. Sens 133 Petrus Pitões, Bf. v. Porto 45 Petrus von Eboli 55 Petrus v. Vaux-de-Cernay 219 – 223, 225, 227 Philipp v. Altena-Isenberg, Domkustos 154, 156 Philipp v. Schwaben –– K. 57, 123, 124, 126, 134, 135, 137 – 140, 159 – 161, 206, 216, 232, 237, 250 Pilgrim, berg. Ministeriale 101, 277, 278 Portugal, Kge. v. –– Affonso I. Henriques 45 –– Affonso II. 59 –– Sancho I. 49 R Radulf, Kreuzzugsprediger 42, 43 Rahewin 90 Raimund, Abt v. Fitero 181 Raimund Roger, Gf. v. Foix 226, 227 Raimund VI., Gf. v. Toulouse 224 Raimund v. Le Puy, Ordensmeister d. Johanniter 195 Rainald III., Gf. v. Toul 39 Randerath, Hrn. v. 87 –– Gerhard II. 281 Reiner v. Lüttich 236 Rheinländer 49, 59, 63, 257, 260 Richardis v. Scheyern-Wittelsbach 95 Richolf, Abt v. Altenberg 137 Richwin Rusche, sayn. Ministeriale 261, 285, 286, 289
371
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| Register
Robert II., Hz. d. Normandie 39 Robert III. Poulain, Ebf. v. Rouen 222, 227 Robert II. v. Châtillon, Bf. v. Laon 222, 227 Roger v. Wendover 61, 234, 251, 252, 258 Roland, Paladin Karls d. Gr. 309, 310 – 312 Rupert v. St. Georgen a. d. Stiefing 32 S Sachsen, Hze. v. 206 –– Heinrich III. 46, 86, 103, 104, 110, 126, 311 Saffenberg, Gfn. v. 67, 77, 88, 110, 188 –– Adolf I. 75, 188 –– Hermann V. 109, 111 Saladin 256 Sayn, Gfn. v. 77, 80 – 82, 88, 96, 121, 137, 158, 159, 202, 203, 215, 228, 247, 250, 285 – 287, 316 –– Adelheid 249 –– Adelheid v. Sayn 192, 285 –– Bertha (v. Sayn?) 121, 159, 287 –– Everhard II. 202, 203 –– Heinrich II. 48, 121, 202, 203 –– Heinrich III. 121, 135, 144, 235, 236, 246, 248, 275, 284 – 286, 290, 318, 319 –– Mechtild v. Sayn 285 Seath, berg. Ministeriale 101 Sigfrid, berg. Ministeriale 101 Sigmar, Kreuzfahrer 38 Simon II., Gf. v. Saarbrücken 252 Sizzo III., Gf. v. Schwarzburg-Käfernburg 171, 172 Sophia v. Heinsberg 105 Sponheim, Gfn. v. 192 –– Engelbert I. 192 –– Gottfried II. 206 –– Gottfried III. 192, 246, 247, 249, 250 –– Richgard 249 Stade, Gfn. v. 46 Stammheim, Hrn. v., Ministerialen 275, 280 –– Adolf I., berg. Ministeriale 150, 261, 274, 275, 278 – 280, 284, 289 –– Adolf II. 274, 279, 280 –– Adolf III. 280 –– Adolf, Sohn Brunos 274, 279
–– Bruno, ebfl. Ministeriale 261, 274, 279, 280, 288 Stedinger 62 Stephan II., Gf. v. Blois 39 Suiker v. Lindlar, berg. Ministeriale 261, 275, 277, 278 Sybod Puls, berg. Ministeriale 150, 275, 276 T Tecklenburg, Gfn. v. 250 –– Otto I. 144, 246, 247, 249 –– Otto II. 156 –– Simon I. 249 Theobald I., Gf. v. Bar 225 Theobald I., Hz. v. Lothringen 235 Theoderich, berg. Ministeriale 101 Thüringen, Lgfn. v. 17, 95, 96, 158 –– Heinrich Raspe III. 95, 96 –– Hermann I. 141, 206, 235 –– Ludwig I. 96 –– Ludwig II. 109 –– Ludwig IV. 297 Trier, Ebfe. v. –– Bruno v. Lauffen 72 –– Dietrich II. v. Wied 297 –– Folmar v. Karden 53 –– Hillin von Fallemagne 81 –– Johannes I. 132, 285 Tyvern, Hrn. v. 99 –– Arnold 99, 197, 198, 201 U Ulrich II., Bf. v. Passau 235 Ulrich II. v. Tarasp, Bf. v. Chur 32 Ulrich, Propst v. Steinfeld 89 Urban –– P. (II.) 40, 41 Utrecht, Bfe. v. 313 –– Balduin II. v. Holland 48, 52, 95, 105 –– Dietrich II. v. Are 132, 134, 265 –– Hermann v. Hoorn 76 – 79, 85 –– Otto II. v. Lippe 59, 155, 161 –– Wilhelm I. 36
Namensregister |
V Viktor –– P. (IV.) 243 Volmar, ebfl. Ministeriale 189 W Walram I., Gf. v. Nassau 206 Walther v. Clairvaux, Abt v. Morimond 180 Warner, Gf. v. Grez-Doicau 39 Wenden 46, 166 Werl, Gfn. v. 71, 111 –– Ida v. Werl 71 Wibald v. Stablo 79, 90 Wied, Gfn. v. 76, 80, 86 –– Burkhard v. Wied, Hr. v. Olbrück 86 –– Dietrich I. 48 –– Georg 252, 257
Wikard v. Lennep, berg. Ministeriale 261, 275, 284, 285, 289 Wilhelm –– Ks. (II.) 34 Wilhelm, Archidiakon v. Paris 222 Wilhelm, Kreuzfahrer 38 Wilhelm v. Blois, Ebf. v. Reims 115, 116 Wilhelm v. Holland –– K. 255 Wilhelm v. Puylaurens 220, 225 Wilhelm v. Tudela 219, 220, 223 – 226, 228 Wolfram v. Eschenbach 166 Z Zähringen, Hze. v. 46 –– Berthold V. 55 –– Konrad I. 46
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EBERHARD ISENMANN
DIE DEUTSCHE STADT IM MITTEL ALTER 1150–1550 STADTGESTALT, RECHT, VERFASSUNG, STADTREGIMENT, KIRCHE, GESELLSCHAFT, WIRTSCHAFT
Die mittelalterliche Stadtgeschichte des Historikers Eberhard Isenmann erschien erstmals Ende der 1980er-Jahre. Das Buch ist als „Der Isenmann“ in Lehre und Forschung eingegangen und zu einem Standardwerk avanciert. 2012 hat der Autor eine um viele neue Themen erweiterte und aktualisierte Neubearbeitung seines Handbuchs vorgelegt. „Der neue Isenmann“ erscheint jetzt bereits in zweiter durchgesehener Auflage. Dieser Titel liegt auch für eReader, iPad und Kindle vor. 2014, 1133 S. GB. 170 X 240 MM. ISBN 978-3-412-22358-8 [BUCH] | ISBN 978-3-412-21643-6 [E-BOOK]
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KIRCHE UND KETZER WEGE UND ABWEGE DES CHRISTENTUMS AUS DEM NORWEGISCHEN ÜBERSETZT VON FRANK ZUBER
Bereits in der Antike, mit der Etablierung als Staatsreligion, führte das Christentum Maßstäbe religiöser Rechtsgläubigkeit ein, die keine Abweichung duldeten. Die strenge Abgrenzung gegenüber Andersdenkenden unterschiedlichster Art wurde zur Regel. Mehr noch, die gesamte Kirchenlehre scheint sich in Opposition dazu entwickelt zu haben. Für die Geschichte des Christentums und damit für die Geschichte Europas sollte diese Denkweise prägend werden. Nicht zuletzt, da es stets die Machthaber waren, die im Zusammenspiel mit der Kirche bestimmten, was als Ketzerei zu gelten hatte. Von der Spätantike bis heute lässt sich dieser Konflikt zwischen Kirche und „Ketzern“ verfolgen. Anhand zentraler Ereignisse aus fünfzehn Jahrhunderten Kirchengeschichte beleuchten die Autorinnen und Autoren dieses Buches Motive, Intentionen und Methoden der Kirche im Umgang mit Andersdenkenden. Sie vertiefen nicht nur unsere Kenntnisse über Häresiefälle der Vergangenheit, sondern zeigen auch, dass die „Ketzerrhetorik“ noch in der Gegenwart eingesetzt wird. 2010. 298 S. MIT 18 S/W-ABB. GB. MIT SU. 155 X 230 MM. ISBN 978-3-412-20465-5
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