Konstruktionssprachen: Überlegungen zur Periodisierung von Bautechnikgeschichte 9783035622317, 9783035622287

Architecture has its styles and epochs―but how can the history of the underlying construction methods be subdivided into

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German Pages 254 [256] Year 2020

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Table of contents :
Inhalt
Kon / struk / ti / ons / spra / chen. Eine Einführung
Reifung und Standardisierung von Systemen aus linguistischer Sicht
Vokabular
The Language of English Long-Span Timber Roofs 1600–1800
The Russian «Language of Building Iron Roofs» Genesis and Early Dialects
The Soul of Iron and its Revelation in Construction
Das Zusammenspiel von Industrie, Verwaltung und Wissenschaft bei der Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau
Grammatik
The Cathedral of Girona and the Language of Equilibrium
Baumeister und Ingenieure Konstruktives Verständnis und baupraktisches Handeln bei der Restaurierung von bedeutenden Kirchenbauwerken im 19. und 20. Jahrhundert
Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete Towards a Common Language in Western Europe in the First Half of the 20th Century?
Two Distinct Approaches to External Prestressing Germany and Belgium, 1930s to 1950s
Diskurs
Konstruktion und Konstrukt Diskursive Sprachschöpfungen im spätgotischen Gefüge
Some Thoughts on ‹Konstruktionssprache› Versus ‹Mode of Thought
Konstruktion und Sprache
»Reden wir über … Konstruktionssprache!«
Konstruktionssprachen: Ein sinnvolles Periodisierungsmodell?
Lust auf mehr Gedanken zur Zukunft des Konstruktionssprachenmodells im Rückblick auf die Tagung
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Konstruktionssprachen: Überlegungen zur Periodisierung von Bautechnikgeschichte
 9783035622317, 9783035622287

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Konstruktionssprachen Überlegungen zur Periodisierung von Bautechnikgeschichte

Kulturelle und technische Werte historischer Bauten Hg. von Klaus Rheidt und Werner Lorenz Band 5

Roland May, Volker Wetzk, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres (Hg.)

Konstruktionssprachen Überlegungen zur Periodisierung von Bautechnikgeschichte Eine Hommage an Werner Lorenz

Birkhäuser · Basel

Publiziert mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Graduiertenkollegs 1913 »Kulturelle und technische Werte historischer Bauten«, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg; Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung Erkner; Archäologisches Institut der Humboldt Universität zu Berlin.

Wissenschaftlicher Beirat Prof. Dr.-Ing. Matthias Beckh, Katerina Chalvatzi MAS ETH CS, Prof. Karen Eisenloffel M.Sc., Nicolas Janberg M.Sc.Eng., Dr.-Ing. Clemens Knobling MBA, Dr.-Ing. Christina Krafczyk, Prof. Dr. Mario Rinke, Prof. Dr.-Ing. Hermann Schlimme, Dr. sc. ETH Knut Stegmann, Prof. dr. Ir. Arch. Ine Wouters.

Konzept und Gesamtredaktion: Roland May, Volker Wetzk, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres, Mark Gielen Projektkoordination: Albrecht Wiesener, Sophia Hörmannsdorfer Lektorat: Johannes Althoff, William Hatherell Layout, Satz und Redaktion: Sophia Hörmannsdorfer Covergestaltung: Jörg Denkinger Druck und Bindung: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza Umschlagabbildung: Detail des Dachstuhls im Marmorpalast von St. Petersburg. Foto: Aleksandra Kosykh, 2017 Abbildung S. 251: Werner Lorenz auf der Appolinariskirche in Remagen, August 2019. Foto: Clara Jiva Schulte. Nachbearbeitung: Mark Gielen 2020. Library of Congress Control Number: 2020948115 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. Dieses Buch ist auch als E-Book (ISBN PDF 978-3-0356-2231-7) erschienen. ISBN 978-3-0356-2228-7 © 2020 Birkhäuser Verlag GmbH, Basel Postfach 44, 4009 Basel, Schweiz Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

987654321

www.birkhauser.com

Inhalt

Kon | struk | ti | ons | spra | chen. Eine Einführung Roland May, Volker Wetzk, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres Reifung und Standardisierung von Systemen aus linguistischer Sicht Regula Schmidlin

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Vokabular The Language of English Long-Span Timber Roofs 1600–1800 James W. P. Campbell

31

The Russian «Language of Building Iron Roofs» Genesis and Early Dialects Aleksandra Kosykh

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The Soul of Iron and its Revelation in Construction Bill Addis

61

Das Zusammenspiel von Industrie, Verwaltung und Wissenschaft bei der Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau Volker Wetzk, Karl-Eugen Kurrer

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Grammatik The Cathedral of Girona and the Language of Equilibrium Santiago Huerta, Paula Fuentes Baumeister und Ingenieure Konstruktives Verständnis und baupraktisches Handeln bei der Restaurierung von bedeutenden Kirchenbauwerken im 19. und 20. Jahrhundert Michael Maria Bastgen, Stefan Breitling Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete Towards a Common Language in Western Europe in the First Half of the 20th Century? Sabine Kuban

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131

165

181

Two Distinct Approaches to External Prestressing Germany and Belgium, 1930s to 1950s Bernard Espion, Roland May

Diskurs 215

Konstruktion und Konstrukt Diskursive Sprachschöpfungen im spätgotischen Gefüge Norbert Nußbaum

221

Some Thoughts on ‹Konstruktionssprache› Versus ‹Mode of Thought› Tom F. Peters

225

Konstruktion und Sprache Jürg Conzett

231

»Reden wir über … Konstruktionssprache!« Gespräch zwischen Albrecht Wiesener und Werner Lorenz

241

Konstruktionssprachen: Ein sinnvolles Periodisierungsmodell? Schlussdiskussion des Kolloquiums

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Lust auf mehr Gedanken zur Zukunft des Konstruktionssprachenmodells im Rückblick auf die Tagung Werner Lorenz

Kon|struk|ti|ons|spra|chen Eine Einführung

Bautechnikgeschichte ist eine verhältnismäßig junge Wissenschaftsdisziplin. Kern ihres For­schungs­ gebiets, das Überschneidungen insbesondere mit Ingenieur-, Architektur- und Technik­geschichte aufweist, sind Prozesse und Produkte des Bauwesens von (überwiegend) technischem Charakter sowie hiermit verbundene wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Phänomene. Diese Definition des Forschungsfelds gilt heute auch international, die Bezeichnung ‹Bau­technik­ geschichte› allerdings muss jenseits der deutschen Sprachgrenzen als Sonderfall angesehen werden. Maßgeblich beeinflusst durch die Pionier­ arbeiten der auf das Jahr 1983 zurückgehenden britischen Construction History Society konnten sich dort vielmehr das deutlich enger gefasste Signum Construction History bzw. direkt daraus abgeleitete Termini in den jeweiligen Landes­ sprachen (Historia de la Construcción, Histoire de la Construction, História de Construção…) durchsetzen. Im Ausdruck Construction History – also Kon­ struk­ti­ons­geschichte – wird überdeutlich, welche besondere Rolle der Erforschung von Entwicklung und Umsetzung von Baukonstruktionen in dieser wissenschaftlichen Disziplin zukommt. Bau­ kon­struk­ti­onen beeinflussen Struktur und Er­schei­ nung von Bauwerken häufig ganz entscheidend. Mindestens ebenso häufig sind sie aber auch den Blicken der Öffentlichkeit verborgen und entwickeln dort ein stilles Eigenleben. Folgerichtig gehen formale und technische Innovationen im Bau­wesen keineswegs immer Hand in Hand. Gleichwohl steht der Bau­technik­geschichte für eine zeitliche

Periodisierung aber letztlich nur das in der Ar­chi­ tek­tur­ge­schich­te übliche System der Stil­epochen zur Verfügung, das sich primär an der äußeren Erscheinung festmacht. Wie also soll man mit dem Phänomen umgehen, dass sich hinter den Fassaden in Tragwerk und konstruktivem Detail zeitgebundene Aus­prä­gun­ gen ausmachen lassen, die uns andere und ganz eigene Informationen zur Baugeschichte unterschiedlichster Bauaufgaben liefern können? Genau vor diesem Problem stand vor gut 30 Jahren auch der junge Bauingenieur Werner Lorenz, als er im Rahmen der Arbeit an seiner Dissertation Bauen mit Eisen im Berliner Raum 1797–1850 (erschienen 1995 in Buchform unter dem Titel Konstruktion als Kunstwerk1) die rasante, von den vorgeblendeten historistischen Fassaden praktisch völlig unabhängige Entwicklung der frühen Eisenbaukunst erforschte. Als Lösungs­ versuch ersann er den Begriff der ›Kon­struk­ti­ons­spra­che‹. Die Wortschöpfung war keineswegs exklusiv. Man nutzt sie beispielsweise schon seit dem frühen 20. Jahrhundert regelmäßig für die Umschreibung einer besonders »ingenieurmäßigen« und nüchternen Ar­chi­tekt­ur­spra­che. 2 Anwendung fand und findet sie etwa auch für solch unterschiedliche Gegenstände wie die verfremdende Sprache der Poesie3 oder die rechnerinterne Modellbildung im Rahmen des computeraided design.4 Diese mannigfaltige Verwendung des Begriffs ›Kon­struk­ti­ons­sprache‹ liegt u.a. darin begründet, dass neben der Sprach­analo­gie bereits der Wortstamm Konstruktion vielschichtige Inter­pre­ta­tions­mög­lich­kei­ten eröffnet. Das aus

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Roland May, Volker Wetzk, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres

dem lateinischen Terminus con-struere abgeleitete Wort »konstruieren« bedeutet im wörtlichen Sinne zwar zunächst schlicht »zusammenschichten«, »zusammenfügen« oder einfach »errichten«. Das Wort »Konstruktion« hat dessen ungeachtet verschiedene Bedeutungen: »Bauart, (zeichnerische) Darstellung, Aufbau, Zu­sam­men­ord­ nung usw.«5 Für das Bauwesen von Interesse ist neben der Anwendbarkeit des Begriffs sowohl für theoretisch ersonnene als auch praktisch ausgeführte Gebilde insbesondere seine Be­deu­tungs­ dualität im Hinblick auf Prozess (die Ausübung des Konstruierens) und Produkt (das Resultat des Konstruierens). Die Lorenz’sche hypothetische Kategorie ›Kon­ struk­tions­sprache‹ bietet darüber hinaus sowohl aus geistes- als auch ingenieurwissenschaftlicher Sicht einigen Raum für weitere interessante Betrachtungsweisen und Deutungen. Ursprünglich verfolgte Lorenz mit dem Einsatz dieses Begriffs in seiner Dissertation im Wesentlichen wohl zwei klar umrissene Ziele. Zum einen sollte er einen spezifisch ingenieurmäßigen Zugang zum frühen Konstruieren mit Eisen charakterisieren, der sich insbesondere von der architektonischen Konzeption der ›Tektonik‹ abgrenzte, weil diese »nicht gleichbedeutend mit Konstruieren« sei.6 Zum anderen sollte sich darin die Entwicklung völlig eigenständiger Konstruktionsweisen im Eisen- bzw. Stahlbau widerspiegeln – eine Kon­struk­ti­ons­kultur, »die mit traditionellen Ver­bin­dungs­tech­ni­ken des Holzbaus nichts mehr gemein hatte«7, sondern vielmehr »mit eigenem Vokabular, den Halbzeugen und Details, und eigener Grammatik, den Regeln des Zusammenfügens zum zuverlässigen Tragwerk«8, aufwartete. Rund 15 Jahre später erwachte im Rahmen der Forschungen zu den eisernen Dächern der Ere­mi­tage in Sankt Petersburg in Lorenz offenbar der Wunsch, »Kon­struk ­ti­ons­sprache« zu einem über den Stahlbau hinausreichenden, allgemein­gültigen Konzept für die bautechnik­ historische Kategorisierung weiterzuentwickeln. 2005 umriss er die Idee, Bau­technik­geschichte

als eine Geschichte von Aufstieg, Konsolidierung und gegebenenfalls neuerlicher Fortschreibung immer neuer Kon­struk ­ti­ons­sprachen zu interpretieren.9 Im folgenden Jahr konkretisierte er dieses Ansinnen im gemeinsam mit Bernhard Heres verfassten Aufsatz »Archäologie des Konstruierens – Untersuchungen zur Entstehung von Konstruktionssprachen an den Eisen­trag­ werken der Eremitage St. Petersburg«.10 Darin wurde Kon­struk­ti­ons­sprache definiert als die Gesamtheit spezifischer Sichtweisen, Leitbilder, Wissensbestände, Praktiken und Regeln, die sich mit der Einführung und Verbreitung einer bestimmten Einflussgröße […] im Zusammenfließen unterschiedlicher Konstruktionsstile herausbilden.11

Der Gefahr von zweifelhaften Vereinfachungen oder falschen Gleichsetzungen war sich Werner Lorenz dabei offenkundig sehr bewusst, schließlich stellte er sich mit dem Begriff der »Kon­ struk­ ti­ ons­ sprache« in eine bereits umfassend praktizierte Tradition der Charakterisierung spezifischer kultureller Akte des Menschen durch Sprachanalogien. Im Gegensatz zu Wörtern wie »Musiksprache«, »Kunstsprache« oder »Ar­chi­tek­ tur­sprache«, die schon seit langem zum Repertoire feuilletonistischer wie auch wissenschaftlicher Diskurse gehören, gründete sein Ansatz aber nicht auf der Auffassung, dass solche kulturellen Akte eine Aussage transportieren wollen oder sollen. Das Konzept der Lorenz’schen ›Kon­struk­ti­ ons­sprache‹ gründete dementsprechend nicht auf der Idee implizit oder explizit »sprechender« Konstruktionen, vielmehr sah er in der Struktur von Sprachen das primäre Potential für eine Analogie zum Bauen: Ungeachtet dessen, dass Sprache sich genuin in Hinblick auf Kommunikation ausbildet, ist hier zunächst weniger ihre kommunikative Funktion von Interesse als vielmehr ihre Struktur – Vokabular, Grammatik, Syntax etc.12

Sinn der Struktur von Sprachen ist es allerdings, mittels bestimmter Codierungen eine weitgehende Objektivierung subjektiver Wahrnehmungen, Gedanken oder Absichten zu erreichen, um so die Weitergabe von Informationen zu ermöglichen.

Kon | struk | ti | ons | spra | chen

Diese empfangen, verarbeiten und interpretieren kann nur diejenige Person, die die Codierungen »verstehen« bzw. »lesen« vermag. Walter Gropius bemerkte hierzu treffend, man müsse nun einmal, um »eine Sprache zu sprechen, […] ihre Worte kennen und ihre Grammatik, dann erst können wir den eigenen Gedankeneinfall anderen wahrnehmbar machen.«13 Über dieses zentrale Element gegenseitiger Verständigung hat die kommunikative Funktion von Sprachen letztlich auch im Konzept der »Konstruktionssprache« ihre Bedeutung. Bestimmte Konstruktionspraktiken oder -schulen können sich also nur herausbilden, wenn es mehrere »Sprechende« einer neuen Kon­struk­ti­ons­ sprache gibt. Der Verlauf der Sprach­ent­wick­lung wiederum stand für Lorenz in einer elementaren Wechsel­beziehung zur Sprachumgebung: Wie sich Sprachen in Abhängigkeit von verschiedenen Randbedingungen zu ganz unterschiedlichen Ausformungen entwickeln, so entwickeln sich auch die Konstruktionssprachen in ihren Abhängigkeiten von unterschiedlichen Einflussgrößen – seien es die Potentiale der verfügbaren Materialien, seien es deren gesellschaftliche oder kulturelle Gebrauchsformen, seien es makroökonomische Spezifika.14

Für die Beschreibung und Analyse des Prozesses der Entwicklung von Konstruktionssprachen schlugen Lorenz und Heres dabei ein in vier Phasen gegliedertes Modell vor, in dem sie zeitabhängig einen Innovationsgrad aus einer qualitativen Summen­funktion des Entwicklungsgrads ableiten (Abb. 1). Interessanterweise finden wir letztere Funktion im Umfeld der Sprachwissenschaften auch zur Darstellung des Sprachwandels: A given change begins quite gradually; after reaching a certain point […], it picks up momentum and proceeds at a much faster rate; and finally tails off slowly before reaching completion.15

Gemäß Abbildung 1 steht zu Beginn der Aus­bil­ dung einer Konstruktionssprache stets eine ge­ne­ alo­gi­sche Früh­phase stark variierender zeitlicher Ausdehnung, in der kaum signifikante Ent­wick­ lun­gen zu beobachten sind. In der anschließenden Phase der beginnenden Sprach­ent­wick­lung

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dringen bestimmte Elemente einer sich entwickelnden Konstruktionssprache mit zunehmender Intensität in die Praxis des Bauens ein – ein Prozess, der den Übergang zur eigentlichen Sprach­ent­wick­lung einleitet. Nun nehmen Anzahl und Umfang von Spezifika eines neuen Bauens derart zu, dass sich ein eigenständiger Kon­struk­ ti­ons­kanon zu entwickeln beginnt. Diese Phase ist durch hohe Kreativität, einen beträchtlichen Innovations­grad sowie eine breite Palette neuartiger konstruktiver Lösungen für das Bauen charakterisiert. Erst in der folgenden Phase der Sprachreifung beginnt sich ein Regel­kanon zu verfestigen. In der Reifephase sind zwar nach wie vor Entwicklungsprozesse vorhanden, die aus den die Veränderung hervorrufenden Einflussgrößen gespeiste Innovationskraft scheint jedoch ausgereizt.16

1  Entwicklungsphasen von Konstruktionssprachen nach Werner Lorenz und Bernhard Heres.

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Roland May, Volker Wetzk, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres

Seit der Formulierung dieser fraglos dis­kus­si­ ons­würdigen Thesen sind nun abermals nahezu 15 Jahre verstrichen. Doch obwohl sich der Begriff ›Kon­struk­ti­ons­sprache‹ zwischenzeitlich sukzessive auch in Beiträge anderer Autor*innen eingeschlichen hat17, musste Lorenz mit Blick auf die Periodisierung der Bau­technik­ge­schich­te noch vor kurzem konstatieren, dass eine »genauere Untersuchung und Verifizierung der Leistungs­ fähigkeit des Ansatzes« noch ausstehe.18 Die Herausgeber*innen nahmen daher die Pensionierung von Werner Lorenz als Professor für Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung an der BTU Cottbus-Senftenberg zum Anlass, einen Versuch genau in diese Richtung zu unternehmen. Im Rahmen einer kritischen Untersuchung der tatsächlichen Anwendbarkeit des Begriffes für die bautechnikgeschichtliche Forschung sollte dabei insbesondere untersucht werden, inwiefern das Phasenmodell für Konstruktionssprachen einer kritischen Auseinandersetzung standhält und vielleicht tatsächlich eine autonome Periodisierung von Bautechnikgeschichte ermöglicht. Außerdem sollte geprüft werden, ob der Begriff über die historische Forschung hinaus auch für das aktuelle Baugeschehen und die aktuelle Konstruktionspraxis von Bedeutung sein könnte. Hierzu wurden Expert*innen der Bau­technik­ geschichte zum 4. Querschnittskolloquium des DFG-Gra­du­ier­ten­kollegs 1913 »Kulturelle und technische Werte historischer Bauten« nach Cottbus eingeladen, das vom 26. bis 28. September 2018 statt­fand. Die internationale Zusammensetzung der Teilnehmenden stellte die Herausgeber*innen dabei zunächst noch vor ein ganz andersgeartetes sprachliches Problem. Die oben angesprochene Mehrdeutigkeit des Wortes ›Konstruktion‹ im Hinblick auf Prozess und Produkt ist keineswegs einzig ein deutschsprachiges Phänomen, sie findet sich etwa auch im französischen Wort construction, im italienischen costruzione oder im türkischen konstrüksiyon. Im Englischen, das für Kolloquium und Publikation neben Deutsch als zweite Sprache vorgesehen war, ist die Lage hingegen etwas

anders. Dort ist der Begriff construction primär dem Bauprozess zugeordnet, während Prozess und Produkt ingenieurmäßiger Planungsarbeit eher als design, die ausgeführte Tragkonstruktion hingegen üblicherweise als structure bezeichnet werden. Ebenso wird »Konstruktiver Ingenieurbau« in der Regel mit Structural Engineering übersetzt. Die Übersetzung von »Konstruktionssprachen« als Structural Languages oder Languages of Structure würde somit den Prozess zu sehr ausklammern. Im Bewusstsein der Schwierigkeit einer angemessenen Übersetzung und nach intensiver Rücksprache mit englisch-erstsprachlichen Personen haben sich die Herausgeber*innen daher letztlich für die ebenfalls nicht ganz stimmige Übersetzung Languages of Construction entschieden. Ungeachtet dieser sprachlichen Fallstricke wurden auf dem Kolloquium sowohl der Begriff ›Kon­struk­tions­sprache‹ selbst diskutiert als auch seine Leistungsfähigkeit in verschiedenen Fall­ studien beispielhaft untersucht. Eröffnet wurde die Veranstaltung am Abend des 26. September 2018 im Kunst­museum Dieselkraftwerk Cottbus durch Regula Schmidlin, die an der Universität im schweizerischen Freiburg das Fach Germanistische Linguistik vertritt. In ihrem Beitrag Reifung und Stan­dar­di­sie­rung von Systemen aus linguistischer Sicht nahm sie sich dankenswerterweise des Wunsches der Veranstalter*innen an, die Aneignung der Sprachmetapher aus dem originären Blick­winkel der Linguistik zu beleuchten. Am Anfang steht die Auseinandersetzung mit der grundsätzlichen Frage, was überhaupt eine Sprache ausmacht. Hierfür orientiert sich Schmidlin teilweise an der vor bereits gut 100 Jahren von Ferdinand de Saussure entwickelten Definition des Sprachbegriffs als Dreiheit aus langage, langue und parole, in der sich – stark verkürzt – die Elemente der (menschlichen) Sprachfähigkeit, der Einbindung in Sprachgemeinschaften sowie der in Sender und Empfänger aufgegliederten Sprach­tä­tig­keit wiederfinden. Anschließend geht sie – in stetiger Abgleichung mit dem Lorenz’schen Modell – ausgewählten Aspekten

Kon | struk | ti | ons | spra | chen

in der Entwicklung von Sprachen nach, darunter den auch im Bauwesen bedeutsamen Effekten Standardisierung, Konvergenz und Divergenz. Hierbei ergeben sich manche unerwarteten und ausgesprochen anregenden Anknüpfungspunkte zwischen den zunächst wenig kompatibel erscheinenden Themen eines linguistischen Blicks auf Sprache und die diachrone Betrachtung von historischer Bautechnik. Zwar steht am Ende im Hinblick auf das für Kon­struk­tions­sprachen bedeutsame Element der Reifung ein großes Fragezeichen, manche Übereinstimmung deutet sich hingegen beim doppelten Wesen von Sprache als Natur- wie auch als Kultur­phänomen sowie in Bezug auf ihre grundlegende Struktur an. Den folgenden Tag eröffnete Clara Jiva Schulte mit Erläuterungen zu Geschichte und Bedeutung des Begriffs ›Konstruktionssprachen‹, die auch die Grundlage dieser Einführung bilden. Anschließend standen in vier Tagungsblöcken für eineinhalb Tage vielfältige Beiträge von internationalen Weg­begleitern sowie Schüler*innen von Werner Lorenz aus dem Gebiet der Bautechnikgeschichte im Fokus. Zum Teil in thematisch zusammengestellten Teams spürten sie in einer Reihe von Vorträgen den Möglichkeiten nach, das Kon­ struk­ tions­ sprachen-Modell in ihren eigenen Arbeitsbereichen herauszuarbeiten und anzuwenden. Bereits im Verlauf der Tagung zeigte sich, dass die hierfür an linguistischen Kategorien orientierte Gruppierung der Beiträge (Sprachentwicklung – Sprachreifung – Diffusion und Verdrängung – Konvergenzen und Divergenzen) zu eng gefasst war. Für die Buchpublikation wurden die Beiträge daher in Anlehnung an Kategorisierungen von Werner Lorenz in drei Kapiteln neu gegliedert. Das erste Kapitel trägt den Titel »Vokabular«. In der Linguistik umschreibt dieser Begriff sowohl den Wortschatz eines Sprechenden als auch die Gesamt­ heit aller Wörter einer Sprache. Das Vokabular auf dem Feld der Konstruktionssprachen bilden nach Werner Lorenz insbesondere Halbzeuge und Details. Besonders charakteristisch tritt dieses

Vokabular bei Konstruktionen aus stabförmigen Bauteilen in Erscheinung, also zumeist aus Holz oder Eisen/Stahl zusammengefügten Gebilden. Sie stehen hier dementsprechend im Zentrum der Betrachtungen. Herkunft und Entwicklung typischer Kon­ struk­ ti­ onen von weitgespannten Dachwerken im England des 17. und 18. Jahrhunderts erläutert James Campbell (Cambridge) in seinem Beitrag The Language of English Long-Span Timber Roofs 1600–1800. Getrieben durch den zunehmend geweiteten Bil­dungs­ho­ri­zont englischer Architekten kam es hier zu einem Wandel von traditionellen zimmer­manns­mäßigen Kon­ struk­ti­on­en hin zu Dach­bin­dern, die aus italienischen Vorbildern weiterentwickelt wurden. An den markanten Produkten dieser Entwicklung – den Binder­formen des King Post Truss und des Queen Post Truss mit ihren vielfältigen Variationen in Struktur und Detail – spürt Campbell dem Vokabular und auch der Grammatik im Sinne des Kon­struk­ti­ons­spra­chen­modells nach. Dachkonstruktionen in Holz spielen im Aufsatz The Russian «Language of Building Iron Roofs»: Genesis and Early Dialects von Aleksandra Kosykh (Cottbus) ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie bilden neben den zeitgenössischen Technologien im Schmiedewesen entscheidende Ausgangspunkte für die Herausbildung einer eigenen Kon­struk­ti­ ons­sprache eiserner Dachtragwerke im Russland des 18. Jahrhunderts. Deren teilweise von lokalen Eigenheiten geprägte Entwicklung erläutert Kosykh detailliert anhand von vier Fallstudien. Dem gleichen Material und einem ähnlichen Zeitraum widmet sich im Anschluss auch der Artikel The Soul of Iron and its Revelation in Construction von Bill Addis (London). Sein Blick auf die Entwicklung früher Eisen­ konstruktionen – also genau jene baulichen Gebilde, die Werner Lorenz einst zur Schöpfung des Begriffs der Konstruktionssprachen veranlassten – folgt jedoch einem völlig anderen Ansatz. Bill Addis betrachtet vier grundlegende Merkmale genauer, die Ingenieur*innen etwas über die Verwendung des Baustoffs Eisen

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Roland May, Volker Wetzk, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres

und seine – von Addis als »Seele« bezeichneten – inhärenten Eigenschaften »erzählen« können: die Art, wie das Material in seine endgültige Form gebracht wurde, wie die Teile miteinander verbunden sind, wie sie ihre statisch-konstruktive Aufgabe erfüllen und wie sie in Kombination mit anderen Materialien verwendet werden. Der Autor entwickelt seine Argumente zwar anhand von Beispielen aus dem britischen Eisen­bau ab der zweiten Hälfte des 18. Jahr­hunderts, strebt aber nach allgemeingültigen Aussagen. Ganz anders wiederum nähern sich schließlich Volker Wetzk (Cottbus) und Karl-Eugen Kurrer (Berlin) dem Thema des Vokabulars von Kon­struk­ ti­ ons­ sprachen. In ihrem gemeinsamen Beitrag Das Zusammenspiel von Industrie, Verwaltung und Wissenschaft bei der Formierung einer Kon­struk­ti­ ons­sprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau prüfen sie die Anwendbarkeit des von Lorenz aufgeworfenen Phasen­modells am konkreten Beispiel der Entwicklung von eisernen und stählernen Brücken­ lagern. Eingebettet in den technikgeschichtlichen Kontext werden unterschiedliche Impulse der wechselwirkenden Hand­lungs­ebenen Industrie, Verwaltung und Wissenschaft auf die Sprach­ent­ wick­lung dargestellt. Unter Beibehaltung zentraler Analogien zwischen menschlicher Sprache und Kon­struk­ti­ons­sprache stellen die Autoren ein modifiziertes »In­no­va­ti­ons­modell« für den speziellen Fall der Lagertechnik zur Diskussion. An die verschiedenen Betrachtungen zum Vo­ka­ bu­lar schließt sich das zweite, der »Grammatik« von Kon­struk­tions­sprachen gewidmete Kapitel dieses Buchs an. Unter Grammatik versteht man in der Linguistik insbesondere das zugrundeliegende Regelwerk, daneben aber auch die Theorie über eine bestimmte Sprache. Werner Lorenz orientierte sich für die Konstruktionssprachen an ersterer Definition und verstand deren Grammatik als jene Regeln, die das Zusammenfügen konstruktionssprachlicher ›Vokabeln‹ zu einem zuverlässigen Tragwerk ermöglichen. Im Zentrum steht hier somit nicht das ganz konkrete Verbinden einzelner

Teile, sondern ein stärker abstrahierender Blick auf deren Kombination zu Systemen. In ihrem gemeinsamen Beitrag The Cathedral of Girona and the Language of Equilibrium diskutieren Paula Fuentes (Brüssel) und Santiago Huerta (Madrid) zeitgenössische Sicherheitskonzepte am Beispiel der Kathedrale im katalonischen Girona. Hierbei kommen sie zum Fazit, dass die Kon­struk­ ti­ons­sprache der Gotik vor allem eine Sprache des Gleichgewichts sei. Eine gänzlich andersartige systemische Be­trach­ tung von Baukonstruktionen zeigt die an­schlie­ ßende Studie Konstruktives Verständnis und bau­ prak­ ti­ sches Handeln bei der Restaurierung von be­deu­ten­den Kir­chen­bau­werken im 19. und 20.  Jahr­ hun­dert von Michael Maria Bastgen (Cottbus) und Stefan Breitling (Bamberg). Ihr liegt der ungewöhnliche Ansatz zugrunde, die konstruktive Instand­ setzung von Bau­denk­malen als eine eigenständige Disziplin des Konstruierens zu betrachten. Dabei untersuchen die Autoren anhand exemplarischer In­stand­set­zungs­maß­nah­men den technischen und konzeptionellen Wandel unter Berücksichtigung sich verändernder denk­mal­pfle­ge­ri­scher Leitbilder und ge­sell­schaftlicher Rah­men­be­din­gun­gen. Für die sich hierbei heraus­schälenden Kon­struk­ti­ons­ sprachen werden abschließend Möglichkeiten der Periodisierung vorgeschlagen. Steht bei den ersten beiden Beiträgen dieses Kapitels Mauerwerk im Zentrum, so konzentriert sich Sabine Kuban (Esslingen) in Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete: Towards a Common Language in Western Europe in the First Half of the 20th Century? auf den Baustoff Stahlbeton. An konkreten Beispielen und unter Berücksichtigung der jeweiligen Rollen der Haupt­akteure Bauunternehmer, Ingenieur und Architekt analysiert sie Herausforderungen und Schlüssel­momente im Prozess der Einführung und Etablierung des Baustoffs und geht der Frage nach, ob es eine Konstruktionssprache für den Baustoff Stahlbeton geben kann. Das Kapitel beschließt der Aufsatz Two Distinct Approaches to External Prestressing: Germany

Kon | struk | ti | ons | spra | chen

and Belgium, 1930s to 1950s von Bernard Espion (Brüssel) und Roland May (Berlin). Darin stellen sie umfassend die Pionier­leistungen bei der Heraus­ bildung einer Variante des Spannbetons – nämlich extern vorgespannter Konstruktionen – in Deutschland und Belgien vor. Eine gewisse Skepsis durchdringt ihre Schlussfolgerungen zur Frage, inwieweit das Lorenz’sche Modell der Kon­struk­ tions­sprachen als Hilfsmittel für die Analyse und Einordnung in solch speziellen Fällen überhaupt geeignet erscheint. Die von den Veranstalter*innen eingeforderte kritische Auseinandersetzung mit den Vorzügen und Chancen des Denkmodells »Kon­struk­ti­ons­ sprachen« wurde in einigen Tagungs­beiträgen derart konsequent umgesetzt, dass Betrachtungen zum Modell im Vergleich zum ursprünglichen bau­technik­geschichtlichen Thema stark in den Vordergrund rückten. Sie finden sich in der Buch­ publikation daher in einem letzten Kapitel mit Titel »Diskurs« wieder, dem auch die Dokumentation der die Tagung beschließenden Dis­ kussions­ veranstaltungen zugeordnet ist. Den Auftakt macht der Beitrag Konstruktion und Konstrukt: Diskursive Sprachschöpfungen im spätgotischen Gefüge von Norbert Nußbaum (Köln). Anhand von Beispielen spätgotischer Architektur reflektiert er die methodische Grundlegung des Begriffs Konstruktionssprache im Rahmen eines diskursiven Wechselspiels mit dem etablierten Terminus der Architektursprache. Weil es in der Natur von Sprachen liege, auszuschließen oder zumindest zu beschränken, stellt Tom F. Peters (Poschiavo) in seinem Beitrag Some Thoughts on ‹Konstruktionssprache› Versus ‹Mode of Thought› die Idee einer Sprachanalogie generell in Frage; der experimentelle und erfahrungsorientierte Charakter des Konstruierens spiegele sich besser im Unschärfe zulassenden Begriff »Denkweise« (mode of thought) wider. Jürg Conzett (Chur) schließlich unternimmt in seinem Aufsatz Konstruktion und Sprache einige Betrachtungen zum Verhältnis dieser beiden

Begriffe, wobei er der Frage regionaler Dif­fe­ren­ zie­rung besondere Beachtung schenkt. Den auf spezielle Aspekte des Kon­struk­ti­ ons­sprachenmodells fokussierenden Essays folgt die Dokumentation der beiden das Kolloquium abschließenden Diskussionen. Den Auftakt gibt ein Gedankenaustausch zwischen Albrecht Wiesener (Cottbus) und dem ›Erfinder‹ des Modells, Werner Lorenz. Aus verschiedenen Perspektiven diskutieren und reflektieren sie darin unter dem frischen Eindruck der vielfältigen Impulse aus den Tagungs­beiträgen Probleme und Potenziale des Modells. Im direkten Anschluss bietet die nun auf den gesamten Kreis der Tagungsteilnehmenden ausgeweitete Diskussion weitere spannende und neue Blickwinkel auf Modell und Begriff der Kon­struk­tions­sprachen. Zum Abschluss und zur Abrundung dieses Bandes erhält schließlich nochmals Werner Lorenz selbst das Wort. Lust auf mehr ist sein Beitrag betitelt. Aus der zeitlichen Distanz von nunmehr zwei seit dem Kolloquium vergangenen Jahren wagt er darin einen verhalten optimistischen Ausblick auf die Zukunft des Konstruktionssprachenmodells. Mit seinem diachronen Ansatz und der interdisziplinären Zusammensetzung war das Quer­schnitts­ kolloquium »Konstruktionssprachen« beispiel­haft dem holistischen Anspruch des DFG-Gra­du­ier­ten­ kollegs 1913 »Kulturelle und technische Werte historischer Bauten« verpflichtet, im Spannungs­feld zwischen Kunst, Technik und Gesellschaft neue Blickachsen in die wissenschaftliche Aus­ein­an­der­ setzung mit dem historischen Bauwesen zu schlagen. Die Tagung und insbesondere die abschließende Diskussion boten zugleich eine bemerkenswerte Bestandsaufnahme etablierter wie auch neuer Tendenzen und Zugänge in der europäischen Bau­technik­geschichte. Be­dauer­licher­weise fehlt die wichtige Stimme von Stefan M. Holzer (Zürich), dessen als Gegenstück zum Vortrag James Campbells fungierender Beitrag zu schweizerischen Dach­ trag­werken des 17. und 18. Jahrhunderts für diesen Band leider nicht ausgearbeitet werden konnte.

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Roland May, Volker Wetzk, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres

Der Dank der Herausgeber*innen gilt zunächst dem DFG-Graduiertenkolleg 1913 »Kulturelle und technische Werte historischer Bauten«, das sowohl die Durchführung der Tagung als auch die Produktion dieses Bandes ermöglichte. Ausdrückliche Er­wäh­ nung verdient Albrecht Wiesener, dessen En­ga­ ge­ment im Rahmen von Vorbereitung und Reali­ sie­rung weit über seine institutionelle Rolle als wissen­ schaft­ licher Koordinator des DFG-Gra­ duier­ ten­ kollegs hinausreichte. Ein besonderer Dank gebührt außerdem Sophia Hörmannsdorfer. Mit wachem Auge bei Satz und Redaktion und außer­gewöhn­lichem Engagement unterstützte sie das Heraus­geber*innenteam während der Buch­ produktion. Auf die Gewissenhaftigkeit unserer Lektoren Johannes Althoff und William Hatherell war auch unter Termin­druck Verlass. Weit mehr als ein unermüdlicher Helfer bei technischen und gestalterischen Fragen war Mark Gielen; er hat den gesamten Prozess seit der Entwicklung erster konzeptioneller Gedanken kontinuierlich begleitet und in vielerlei Hinsicht bereichert.

Karin Schwarz stand uns stets auf unbürokratische Weise zur Seite, wenn Hilfe bei Problemen organisatorischer Art benötigt wurde. Die beiden Letztgenannten waren darüber hinaus liebe Kolleg*innen am Lehrstuhl für Bau­technik­ geschichte und Trag­ werks­ erhaltung der BTU Cottbus-Senftenberg, jener Einrichtung, die allen Mitgliedern des Heraus­geber*innenteams einstmals – das starke Wort ist hier nicht übertrieben – Heimat war. Mittelpunkt dieses außergewöhnlichen kleinen Universums wahrhaft akademischen und interdisziplinären Teamworks war Werner Lorenz. Seine herausragenden Verdienste um das Fach Bau­technik­geschichte auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene sind an anderer Stelle bereits mehrfach gewürdigt worden.19 Hier soll daher nur noch dem von Herzen kommenden Dank für die weit über fachliche Zusammenhänge hinausgehenden Impulse Platz eingeräumt werden, mit denen Werner Lorenz nicht nur das berufliche Leben jedes einzelnen Mitglieds des Heraus­ geber*innenteams nachhaltig geprägt hat.

Cottbus, Berlin und Esslingen im Oktober 2020 Roland May, Volker Wetzk, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres

Kon | struk | ti | ons | spra | chen

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Lorenz 1995. Siehe etwa Worringer 1911 oder Kästner 1925. Šklovškij 1971, 33. Lossack 2006, 61. Herkunftswörterbuch 2015, 475. Zu Bedeutungsebenen und -wandel von »Konstruktion« vgl. Banse / Friedrich 2000. Lorenz 1995, 123; vgl. hierzu Sekler 1967. Lorenz 1995, 271. Lorenz 1995, 71. Lorenz 2005.

Banse / Friedrich 2000 G. Banse / K. Friedrich (Hg.): Konstruieren zwischen Kunst und Wissenschaft – Idee, Entwurf, Gestaltung (Berlin 2000). Bailey 1973 Ch.-J. N. Bailey: Variation and Linguistic Theory (Arlington 1973). Gropius 1923 W. Gropius: Idee und Aufbau des Bauhaus, in: Staatliches Bauhaus Weimar, K. Nierendorf (Hg.): Staatliches Bauhaus in Weimar 1919–1923 (Weimar, München 1923) 7–18. Herkunftswörterbuch 2015 Das Herkunftswörterbuch: Etymologie der deutschen Sprache [Duden; Bd. 7]. 5., neu bearb. Aufl. (Berlin 2015). Kästner 1925 W. Kästner: Dortmunder Architekten, Moderne Bauformen 24 (1925), 145–147. Knippers / Menges 2015 J. Knippers / A. Menges: Fasern neu gedacht – auf dem Weg zu einer Konstruktionssprache, Detail 55, 2015, 1238–1242. Kurrer 2011 K.-E. Kurrer: Materialgerechtes Planen und Konstruieren, in: R. Pawlitschko et al. (Red.): schlaich bergermann und partner – Interdisziplinäres Konstruieren zwischen Kontinuität und Innovation (München 2011) 46–48. Lorenz 1995 W. Lorenz: Konstruktion als Kunstwerk – Bauen mit Eisen in Berlin und Potsdam 1797–1850 (Berlin 1995).

10 Lorenz / Heres 2006. 11 Lorenz / Heres 2006, 163. 12 Lorenz / Heres 2006, 163. 13 Gropius 1923, 13–14. 14 Ebd. 15 Bailey 1973, 77. 16 Lorenz / Heres 2006, 164. 17 Siehe etwa Kurrer 2011 oder Knippers / Menges 2015. 18 Lorenz / Heres 2018, 145. 19 Siehe insb. Wetzk 2013 und May / Wetzk 2019.

an den Eisentragwerken der Eremitage St. Petersburg, Forum der Forschung 2006, Nr. 19, 163–170. Lorenz / Heres 2018 W. Lorenz / B. Heres: Tüfteln, Testen, Besser machen. Die Großbaustelle Eremitage um 1840, in: K. Rheidt / W. Lorenz (Hg.): Groß Bauen. Großbaustellen als kulturgeschichtliches Phänomen (Basel 2018) 133–146. Lossack 2006 R.-S. Lossack: Wissenschaftstheoretische Grundlagen für die rechnerunterstützte Konstruktion (Berlin et al. 2006). May / Wetzk 2019 R. May / V. Wetzk: Professor Dr.-Ing. Werner Lorenz retired from university, in: Proceedings of the Institution of Civil Engineers – Engineering History and Heritage, 172, 2019, Nr. 2, 90–91. Sekler 1967 E. F. Sekler: Struktur, Konstruktion und Tektonik, in: G. Kepes (Hg.): Struktur in Kunst und Wissenschaft (Brüssel 1967) 89–96. Šklovškij 1971 V. Šklovškij: Die Kunst als Verfahren, in: J. Striedter (Hg.): Russischer Formalismus (München 1971) 3–35. Wetzk 2013 V. Wetzk: Werner Lorenz 60 Jahre, Bautechnik, 90, 2013, 142– 144. Worringer 1911 W. Worringer: Formprobleme der Gotik (München 1911).

Lorenz 2005 W. Lorenz: Archäologie des Konstruierens – Eremitage, Walhalla, Neues Museum in Berlin, in: Bundesingenieurkammer (Hg.): Ingenieurbaukunst in Deutschland – Jahrbuch 2005/06 (Hamburg 2005) 172–181. Lorenz / Heres 2006 W. Lorenz  /  B. Heres: Archäologie des Konstruierens – Untersuchungen zur Entstehung von Konstruktionssprachen

Abbildungsnachweis 1

Lorenz / Heres 2006, 164.

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Reifung und Standardisierung von Systemen aus linguistischer Sicht

Regula Schmidlin

Als Sprachwissenschaftlerin ist man einigermaßen überrascht, zu einer Konferenz für Bautechnik­ geschichte und Tragwerkserhaltung eingeladen zu werden, an der es z.B. um Eisenbau im 19. Jh. oder Holzdächer des Barock geht. Entsprechend zögerte ich einen Moment mit einer Zusage, denn von Architektur verstehe ich wenig und von Bautechnik kaum etwas. Das Konzeptpapier zur Konferenz, das mir Dr. May dann zustellte, hat mich jedoch überzeugt, dass ein kulturwissenschaftlicher, diachroner Blick auf Bauwerke und Bautechnik und ein linguistischer Blick auf Sprache durchaus Anknüpfungspunkte bieten, geht es doch in beiden Fällen um die Herausbildung und Verbreitung von Systemen, die sich aus sozial relevanten Praktiken ergeben. Dass überdies mein Vater mit Vornamen Werner heißt und mein Mann mit Vornamen Lorenz, hielt ich für ein gutes Omen, der freundlichen Bitte des Organisationsteams nachzukommen und am Festkolloquium zu Ehren von Prof. Werner Lorenz mitzuwirken, denn wir Sprachwissenschaftler glauben an die Macht der Wörter. In diesem Sinne: Herzlichen Dank für die Einladung nach Cottbus! Wenn die Geschichte der Bautechnik als Aufstieg, Konsolidierung und Fortschreiben immer neuer Konstruktions­sprachen verstanden werden kann, wobei es zu Konvergenzen und Divergenzen dieser Sprachen kommt – welche Analogien gibt es dann zu diesem Modell aus linguistischer Sicht? Um diese Frage zu diskutieren, gliedere ich meinen Beitrag in folgende Kapitel: 1. Was ist Sprache? 2. Können Sprachsysteme reifen? 3. Zur Standardisierung von Sprachsystemen.

Was ist Sprache? Mit Sprache wird das für Menschen spezifische Kommunikationssystem bezeichnet, mit dem wir Informationen austauschen und unsere Gedanken organisieren. Sprache dient uns also als Kommu­ni­ kations­medium und als kognitives Werkzeug gleichermaßen. Zudem erfüllt Sprache auch affektive Funktionen, da sie uns erlaubt, Emotionen auszudrücken und Handlungen zu vollziehen, die die Beziehungen mit unseren Mitmenschen regeln: loben, tadeln, um Verzeihung bitten, zur Rede stellen, Zuneigung oder Wut zeigen. Besonders prädestiniert für letzteres sind Ausdrücke, die sich der Arbitrarität entziehen, die sonst für sprachliche Zeichen grundsätzlich gilt. Dass der Tisch Tisch heißt und der Baum Baum, kann wohl auf frühere Sprachstufen zurückverfolgt werden; Tisch ist aus lateinisch discus entlehnt, das wiederum aus griechisch diskos ›Scheibe, Wurfscheibe‹ entlehnt ist1; Vorformen von Baum lassen sich bereits im Altnordischen belegen. Die Verbindung zwischen den sprachlichen Zeichen Tisch und Baum und ihrer jeweiligen Bedeutung war und ist aber rein willkürlich. Nicht so bei Ausdrücken, die im affektiven Bereich verwendet werden, wozu Interjektionen wie pfui oder ach gehören, bei denen oft eine lautmalerische Komponente auszumachen ist, die eine enge Verbindung zwischen dem Sprach­zeichen und seiner Bedeutung nahelegen. Begegnet man dem Wort Sprache in verschiedenen Kontexten, zeigt sich seine Vieldeutigkeit2: »Haben Affen eine Sprache?« »Fritz beherrscht viele Programmiersprachen.« »Ein drei Monate altes

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Regula Schmidlin

Kind verfügt noch nicht über Sprache.« »Anna Meyer ist mehrsprachig.« »Sie bringt ein Problem zur Sprache.« Denken wir an die Sprache der Affen. Obwohl bislang kein nicht-menschliches Kommunikations­ system entdeckt worden ist, mit dem alles Erdenkliche und Mögliche gesagt werden kann, mit dem über das Hier und Jetzt hinausgegangen werden kann, auf andere, mögliche und nichtmögliche Orte und Welten Bezug genommen werden kann, ist der Begriff Sprache auch in Bezug auf die Kommunikation bei Affen nicht abwegig. Er bezeichnet hier zumindest ein Inventar an Zeichen, die für die Kommunikation genutzt werden. Mit dem Begriff Programmiersprache als Fachbegriff der Informatik liegt eine künstliche, formale, zweckgebundene Sprache vor, die innerhalb des Systems konstant bleibt und damit über ein wichtiges Merkmal nicht verfügt, über das menschliche Sprachen verfügen: Variation, d. h. die Möglichkeit, sprachliche Einheiten unterschiedlich, d. h. mit verschiedenen Varianten, zu realisieren. Am Beginn jeden Wandels einer Sprache, dies sei hier schon vorweggenommen, steht nämlich ihre Variation. Wenn wir, als weiteres Beispiel für die Ver­ wendung des Begriffs Sprache, sagen, dass ein drei Monate altes Kind noch nicht über Sprache verfügt, so beziehen wir uns hier auf die Sprach­ fähig­keit, zu welcher zwar alle Menschen veranlagt sind, die aber gut drei Jahre braucht, um sich in ihren Grund­zügen beim Individuum zu manifestieren. Wenn ich von einer Person berichte, die mühelos Deutsch, Französisch und Englisch spricht und somit mehrsprachig ist, beziehe ich mich bei dieser Verwendung des Begriffs Sprache auf eine Ausprägung der natürlichen menschlichen Sprache in Form von Einzelsprachen. Diese haben sich historisch in einer bestimmten Sprach­gemein­ schaft herausgebildet und sind ein prominenter Bestandteil von deren Kultur. Wenn ich von einer anderen Person berichte, dass sie in einer Sitzung auf den Tisch haut und

fordert, dass die Unpünktlichkeit einer Mitarbeiterin endlich zur Sprache gebracht werden soll und sie noch am selben Vormittag mit ihr sprechen wird, so zielen diese Begriffs­verwendungen von Sprache und sprechen auf die Sprach­tätigkeit in einem bestimmten Kontext ab, auf einen Sprechakt, der einen Sender und einen Empfänger hat und von diesem verarbeitet wird. Es sind diese letzten drei Begriffs­verwen­dungen, die in der Trichotomie des Sprachbegriffs des Genfer Sprach­wissenschaftlers Ferdinand de Saussure von 1916 aufscheinen.3 Saussure gilt als Gründer des linguistischen Strukturalismus. Er gliedert den Begriff Sprache in folgende Teilbegriffe: Unter langage versteht Saussure eine Tätigkeit, die charakteristisch ist für die menschliche Spezies und der eine nur den Menschen eigene Fähigkeit zugrunde liegt. Unter langue versteht er Systeme von Einzelsprachen, z.B. Französisch oder Deutsch, die an eine bestimmte Sprach­gemeinschaft gebunden ist. Langue ist die einzelsprachliche Ausprägung der langage. Unter parole schließlich versteht Saussure die konkrete Ausübung der Sprach­tätigkeit, ihre Aktualisierung unter Befolgung von Konventionen, die sich historisch herausgebildet haben. Aus dem Verhältnis von langage und langue ergibt sich das janusköpfige Wesen der Sprache. Einerseits gehört Sprache zur biologischen Aus­ stattung des Menschen und ist damit ein Natur­ phänomen. Normalerweise lernen alle Menschen in ungefähr dem gleichen Kindesalter ihre erste Sprache, ohne dass sie, über den üblichen Umgebungs­kontakt hinaus, dazu angeleitet worden wären. Analoges kann von Kultur­techniken, sei es Geige spielen, Brücken bauen oder Dächer decken, nicht gesagt werden. Gleichzeitig ist aber Sprache Bestandteil der Kultur einer Sprach­gemein­ schaft und somit ein historisch gewachsenes Kultur­phänomen, mit dem sich ihre Sprecherinnen und Sprecher identifizieren. Gesteigert wird dieser kulturelle Wesenszug von Sprache in Schrift­ gesellschaften durch die Ausbildung von Schrift­ sprachen, die als Hochsprachen verwendet werden. Zwar sind auch Hochsprachen kein Artefakt wie

Reifung und Standardisierung von Systemen aus linguistischer Sicht

eine Brücke oder ein Dachgewölbe, aber sie unterliegen in stärkerem Maße sprachplanerischen Eingriffen, als dies natürliche, im Sinne von nur als gesprochene Sprachen verwendete Systeme tun, z. B. Dialekte. Durch dieses doppelte Wesen der Sprache als Natur- und Kulturphänomen betrifft die Disziplin der modernen Sprach­wissenschaft, deren Vorläufer in der Indogermanistik des 19. Jhs. zu finden sind, sowohl die Natur- als auch die Kultur­wissenschaft – vielleicht nicht unähnlich den Bautechnik­historikern an der Schnittstelle der Ingenieur- und Kultur­ wissenschaft. Wie nun ist eine Sprache im Sinne von langue gebaut? Auf die Frage, woraus Sprache besteht, antworten die meisten Menschen spontan: aus Wörtern! Werfen wir aber einen genaueren Blick auf Sprache. Da wir die Struktur gesprochener Sprache aufgrund der Beschränkung unseres Gedächtnisses nicht so gut als Untersuchungs­gegenstand festhalten können, arbeitet man in der Linguistik mit Transkripten, also mit verschrifteter Sprache, und überführt für die Analyse die akustischen in visuelle Zeichen. Sprache ist ein gegliedertes System von analysierbaren und kombinierbaren Einheiten. Betrachten wir nämlich Wörter näher, zeigt sich, dass auch sie nicht die kleinsten Einheiten sind.4 Sie sind aufteilbar in noch kleinere Einheiten, man spricht beim Wortbau von grammatischen (z. B. mache) und lexikalischen Morphemen (analog mache). Man benutzt dazu Metaphern, die Fachleuten der Ingenieur­wissen­schaften vertraut vorkommen dürften. Man spricht vom Aufbau eines Worts, von Fugen­elementen zwischen den Mor­phe­men, welche als Bausatz der Wörter fungieren (z.B. Tages-licht, Un-brauch-bar-keit) und unterschiedliche Formen der Abhängigkeit voneinander zeigen, die sich schließlich auf die lexikalische Bedeutung auswirken. Auch die Morpheme aber sind noch nicht die kleinsten Einheiten. Es sind die Laute und ihre distinktiven Merkmale, die sozusagen die sprachlichen Atome bilden. Aus Lauten werden Morpheme gebildet, aus Morphemen Wörter, aus Wörtern Sätze, aus Sätzen Texte, aus Texten Diskurse, aus Diskursen

Textkulturen, die schließlich epochenbildend sein können. Auf allen Ebenen, außer der Lautebene, sind die resultierenden Ausdrücke bedeutungshaft. Die Kombinationen von Bausteinen der jeweils tieferen Ebene in der nächsthöheren Ebene kann ihrerseits wieder zu Bausteinen für neuere, größere Kombinationen eingesetzt werden. Aufgrund der deutschen Wort­bildungs­prozesse ist die Zahl der potentiellen Wörter jedoch unendlich: Schiff, Schifffahrt, Schifffahrtskapitän usw. Auch große Wörterbücher können daher nie vollständig sein. Unüberschaubar werden die Kombinations­ möglichkeiten auf der nächsthöheren Ebene. Die Zahl der möglichen Sätze oder Texte des Deutschen sind unendlich, was mit dem Prinzip der Rekursivität gefasst wird. In der Linguistik versteht man unter Rekursivität die sprachliche Universalie, mit einem endlichen Inventar von Elementen und einer endlichen Menge von Regeln eine unendliche Menge von Sätzen erzeugen zu können. Dabei kann eine grammatische Funktion aus Elementen mit denselben Funktionen bestehen. Auf der Satzebene kann dies eindrücklich gezeigt werden. Ein Satz enthält verschiedene Teile, die selbst aus einem Satz bestehen können, welche Teile enthalten, die wiederum aus Sätzen bestehen. Folgendes Beispiel zeigt eine Nebensatz-Rekursion5: a. [dass Sprache ein System ist] b. [Saussure sagt, [dass Sprache ein System ist ]] c. [der Professor weiß, [dass Saussure sagt, [dass Sprache ein System ist ]]] d. [der Student glaubt, [dass der Professor weiß, [dass Saussure sagt, [dass Sprache ein System ist ]]]]

Ein weiteres Beispiel zeigt die Rekursion innerhalb einer Nominalphrase: a. [Das Geschenk] b. [Das Geschenk [auf dem Tisch]] c. [Das Geschenk [auf dem Tisch [unter dem Weihnachts­ baum]]] d. [Das Geschenk [auf dem Tisch [unter dem Weihnachts­ baum [in der Stube]]]]

Nach diesem Blick auf einige grundlegende strukturelle Eigenschaften des Sprachsystems können wir uns nun fragen, wie sich dieses kommunikative Hochleistungs-System der menschlichen Sprache entwickelt hat.

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Regula Schmidlin

Während man in der Baugeschichte aufgrund von archäologischen Funden – so stelle ich mir das zumindest vor – weit zurückgehen kann zu den Anfängen menschlicher Bautätigkeit, hat man leider keine Daten, die den Anfang der menschlichen Sprechtätigkeit belegen. Da es an Mitteln der Hypothesenüberprüfung fehlt, kann über den genauen Ablauf der Glottogenese nur spekuliert werden. Haben sich die menschlichen Sprachen aus einer gemeinsamen Ursprache heraus entwickelt oder sind sie mehrfach und unabhängig an verschiedenen Orten entstanden? Wie kann man sich die Entwicklung von Lauten, die Zeigegesten begleiteten, hin zu komplexen verbalen Zeichen vorstellen? Wann und wie geht die biologische in eine kulturelle Entwicklung über? Entsprechend der teleologisch geprägten Sprachgeschichtsschreibung der Aufklärung entwickeln sich Einzelsprachen im besten Fall von einem Zustand roher Natürlichkeit zu einem Zustand der Kultiviertheit und Vollkommenheit. Eine besondere Verbreitung fand die organische Vorstellung von Einzelsprachen im 19. Jh. So beschrieb Herder den Aufstieg und Niedergang von Sprachen mit einer Blumenmetapher: Sprache »keimt, trägt Knospen, blüht auf und verblühet.«6 Nach Wilhelm v. Humboldt durchläuft jede Sprache in ihrer Entwicklung – wie der Mensch – verschiedene Altersstufen und reift heran.7 Dem Konzept von Sprache als selbstgesteuertem Organismus stand die Vorstellung gegenüber, dass es einzelne, herausragende Persönlichkeiten sind, die eine Kultursprache erschaffen (vergleiche »die Sprache Voltaires« oder »die Sprache Goethes«). Daneben, und interessanterweise oft bei denselben Autoren, begegnen uns pragmatischere Erklärungen des Sprachwandels. Eine gewisse Ver­brei­tung erreichte Johann Augustin Egenolff mit seiner Historie der Teutschen Sprache 1716.8 Sprach­ wandel begründet er zunächst durch die Erfindung neuer Dinge, durch die Nachahmung von »demjenigen Volcke, das vor andern berühmt gewesen«, durch Sprach­kontakt

(Handel und Krieg); mit diesen Begründungen kann man auch aus heutiger Sicht einverstanden sein. Egenolff sieht aber weitere Gründe in den Unterschieden der geographischen und sonstigen physischen Lebensbedingungen der Mitglieder einer Sprachgemeinschaft.9 Je nachdem, ob der Boden »fett oder mager, leimicht oder sandicht« ist, wirke die unterschiedliche Nahrung in je verschiedener Weise auf die »Lebens-Geister« der Menschen ein, was sich u. a. auch auf ihre Rede­ weise auswirke. Der vierten Erklärung liegt eine ganz bestimmte Theorie zugrunde, auf die gelegentlich als Klimatheorie Bezug genommen wird. Danach korreliert eine jeweilige Einzelsprache mit den physischen Lebensbedingungen der Sprecher, vor allem mit dem Klima. So behauptete Egenolff, die Schweizer sprächen das Deutsche deshalb »so langsam und übel« aus, weil sie alle Kröpfe hätten, also krankhafte Veränderungen der Schilddrüse, die wiederum vom harten Wasser des Landes herrührten. Ein weiteres, nicht minder abenteuerliches Beispiel für Versuche, sprachliche Veränderungen mit der natürlichen Umwelt in Verbindung zu bringen, ist die topographische Erklärung der zweiten Laut­verschiebung10, die im Süden des deutschen Sprach­gebiets ihren Anfang nahm, wo die Landschaft gebirgiger ist. Wenn man das unverschobene Appel ausspricht und dabei im Gebirge hinauf- und hinunterrennen muss, ergibt sich, da man dabei leicht außer Atem gerät, die Affrizierung von Appel zu Apfel und somit die Lautverschiebung von p zu pf von alleine! Weder ein Naturphänomen noch ein durch Genies herbeigeführtes Artefakt sieht der Düssel­ dorfer Germanist Rudi Keller in der Sprache, sondern ein Phänomen der dritten Art, geschaffen von der unsichtbaren Hand.11 Der Begriff invisible hand wurde ursprünglich von Adam Smith 1776 verwendet,12 um das ökonomische Prinzip zu erklären, wonach die individuelle Verfolgung des Eigen­interesses oft der ganzen Gesellschaft nützt, ohne dass dieser allgemeine Nutzen intendiert gewesen wäre. Bei der Übertragung auf andere

Reifung und Standardisierung von Systemen aus linguistischer Sicht

Phänomene der unsichtbaren Hand ist entscheidend, dass das Resultat eines Prozesses nicht intendiert ist, jedoch als Nebenprodukt eines anderen Prozesses entsteht. Wenn Keller diese Theorie auf den Sprachwandel überträgt, ergibt sich dieser aus den Handlungsmaximen der Sprecher, die a) verstanden werden wollen, die b) sich möglichst sparsam und c) gleichzeitig möglichst differenziert ausdrücken wollen, die d) sich mit Sprache aber auch zu profilieren suchen und e) ihre Ausdrucksweise dem Kontext entsprechend variieren. Sprachvariation ist die Voraussetzung für Sprachwandel. Jeder einzelne Sprechakt ist im Hinblick auf die Konvergenz einer Sprachvarietät zu einer andern hin oder im Hinblick auf die Divergenz einer Sprachvarietät von einer anderen weg bedeutsam. Ein Beispiel für Konvergenz ist, wenn lokale Elemente von Dialekten durch standardsprachliche Elemente ersetzt werden, die Dialekte konvergieren also in Richtung Standardsprache. Ein Beispiel für Divergenz ist, wenn sich aus dem lateinischen Varietätenkontinuum, also einem Nebeneinander von eng verwandten, gegenseitig verständlichen Sprachen oder Dialekten, eigene romanische Sprachen entwickeln, die sich voneinander wegentwickeln. Das Streben nach Modernität und sozialem Aufstieg, der in manchen Sprachgemeinschaften mit der Beherrschung der Standardsprache verbunden ist, sowie die Bezeugung der Solidarität mit der sozialen Gemeinschaft, in der man lebt, können im Widerstreit stehen und sind entscheidend für die Wahl von Varianten in jedem Sprechakt. Die Variantenwahl in einzelnen Sprechakten ist für sprachliche Konvergenz und Divergenz also maßgeblich. Hat der Sprecher in seinem mentalen Lexikon für eine Bedeutung mehrere Sprachzeichen zur Verfügung (z.B. Junge, Knabe, Bub), müssen diese Varianten auf ihre soziale Bedeutung hin überprüft werden, bevor es zu einer Selektion kommen kann. Welcher sozialen Gruppe zeigt man sich durch eine bestimmte Variantenwahl (z.B. Plural Jungen oder Jungs) als zugehörig?

Der Sprachwandel, so Rudi Keller, entsteht als Sekundäreffekt. Aus den bereits erwähnten Handlungsmaximen ergibt sich Sprach­ wandel nebenbei. Bezogen auf die Sprach­ standardi­ sierung bedeutet dies, dass es nicht große Geister einer Kultur­ sprache sind, die aus der anonymen Masse von Sprechern hervorstechen und mehr oder weniger intentional ihre Mutter­ sprache und deren Entwicklung als Standardund Kultur­sprache eigenhändig (sozusagen mit sichtbaren Händen) formen, wie es die romantische Personalisierung der Kultur­sprach­geschichte will. Aus einer solchen Sicht hätten z. B. Chaucer, Shakespeare und Dr. Johnson das Englische, bzw. Luther, Gottsched und Goethe das Deutsche als Kultur­sprachen erschaffen. Vielmehr ist die Entwicklung einer Kultur­sprache als Sekundär­ effekt gemeinsamen menschlichen Handelns zu sehen. Damit sei nicht in Abrede gestellt, dass große Geister in der Sprache ihre sichtbaren Spuren hinterlassen haben. Denken wir nur an Luthers oder Schillers Redewendungen oder Sprichwörter, die in den Allgemein­wortschatz eingegangen sind, z.B. auf Sand bauen, die Axt im Haus erspart den Zimmermann. Weiterreichende Konsequenzen hatte jedoch das gemeinsame Handeln in der Gemeinschaft, später dann im Kontext der aufstrebenden Nationen, was zur Bündelung vormaliger Varietäten­spektren führte. Das heißt: Ein Kontinuum an gegenseitig gut verständlichen Varietäten z. B. im slawischen, romanischen oder germanischen Raum wurde überdacht durch eine Standard­sprache – ich werde auf die Standardisierung als Beispiel für sprachliche Konvergenz par excellence zurückkommen. Die fließenden Übergänge der Verständlichkeit machen es u. a. so schwierig zu entscheiden, wann man nun von einer anderen Varietät oder schon von einer anderen Sprache sprechen soll. Ein Beispiel: Obwohl Tschechisch und Slowakisch oder West­nieder­deutsch und Ost­nieder­ländisch eine hohe gegenseitige Verständigungs­möglichkeit und nahe Verwandtschaft aufweisen, werden sie aufgrund nationaler Landesgrenzen manchmal

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Regula Schmidlin

zu verschiedenen Sprachen erklärt. Gleichzeitig werden Sprachen mit nicht oder nicht mehr vorhandenem gegenseitigem Verständigungsfluss als zum gleichen Sprach­system gehörig gesehen, z. B. Nieder­deutsch, wie es in Ost­friesland gesprochen wird, und Alemannisch, zu dem die Schweizer Dialekte gehören. Und dies notabene, obwohl sich ein Ostfriese und ein Schweizer, wenn sie ihre Dialekte sprechen, schlechter verstehen dürften als ein Tscheche im Gespräch mit einem Slowaken. Wir sehen, dass bei der Erfassung der Eigenständigkeit von Sprachen politische Kriterien oft stärker ins Gewicht fallen als linguistische.

Können Sprachsysteme reifen? Wenn von der Reifung von Sprachsystemen die Rede ist, kann diese einerseits, aus der ontogenetischen Perspektive, auf das Individuum bezogen werden. Wie entwickelt sich die Sprache beim Menschen? Andererseits kann der Begriff Reifung, aus soziogenetischer Sicht, auch auf das Sprach­system selbst bezogen werden. Wie entwickelt sich eine Einzelsprache unter den sozialen Gegebenheiten einer Sprachgemeinschaft? Während bei der ontogenetischen Entwicklung der Begriff Reifung durchaus passt – handelt es sich doch um eine zunehmende Annäherung des sprach­erwerbenden Kindes an die Zielsprache und somit um die Überwindung von Fehlern im Sinne von lernsprachlichen Phänomenen –, passt der Begriff Reifung auf das Sprachsystem nur unter bestimmten Prämissen. Der Begriff Reifung impliziert nämlich eine Wertung, die die neuere deskriptive Linguistik zu vermeiden sucht. Eher spricht diese vom Wandel von Systemen als von ihrer Reifung. Anders hielt es die Philologie des 18. und 19. Jhs. – ich habe Herders Blumenmetapher für Sprachen und ihre Entwicklung bereits erwähnt. Die Indo­germanistik und damit die historisch-vergleichende Sprach­wissenschaft begann mit der Hypothese, dass Sanskrit sowie Latein, Griechisch, Gotisch, Keltisch und Persisch eine gemeinsame

Wurzel hätten. Diese Hypothese formulierte der englische Jurist und leidenschaftliche AmateurLinguist Sir William Jones (1746–1794). Jones erfand die vergleichende Sprach­ wissenschaft nicht allein. Die Gründe für die Entwicklung der Sprach­genealogie müssen vielmehr im allgemeinen Klima der Romantik gesucht werden, welches ein Interesse am Ursprung der Sprache mit sich brachte. Besondere Erwähnung verdient hier Friedrich Schlegels berühmter Aufsatz Ueber die Sprache und Weisheit der Indier.13 Der konkrete Sprachen­ vergleich beginnt auch bei Schlegel mit dem gängigen Nachweis auffälliger Übereinstimmungen zwischen einzelnen Wörtern. Beispiele für Vergleichs­paare SanskritDeutsch: shrityoti – er schreitet; vindoti – er findet; Bhruvo – die Brauen der Augen; Tandovon – der Tanz. Von solchen Wortvergleichen geht Schlegel zum Vergleich der grammatischen Struktur über. Schlegel sagt z. B., dass es zwischen dem Deutschen und dem Sanskrit Übereinstimmungen in der Akkusativ­kennzeichnung durch n oder in der Genitiv­kennzeichnung durch s gibt. Ein anderes Beispiel: In der Konjunktiv- und in der Imperfekt­ kennzeichnung der starken Verben gibt es weitere Gemeinsamkeiten, nämlich den Wechsel des Wurzel­vokals – wie er heute noch in deutschen Verb­paradigmen existiert: singen, sang, gesungen. Ähnlichkeiten sieht er auch in der Verwendung des Wortbildungs­morphems -tum – wie im Wort Brauchtum –, das dem indischen -tvon entspreche. Wo das durch solche Vergleiche hypothetisch rekonstruierte Proto-Indoeuropäische bzw. die indogermanische Ursprache beheimatet war, ist umstritten. Als wahrscheinlich gelten Hypothesen, die eine Urheimat in den Gegenden rund um das Schwarze Meer annehmen: die Steppen mit der Kurgankultur im Norden, Transkaukasien im Osten oder Kleinasien (Anatolien) im Süden. Der systematische Sprachenvergleich, der auffällige Übereinstimmungen zwischen einzelnen Wörtern und Formen verschiedener Sprachen aufdeckte, führte, neben Spekulationen über das ProtoIndoeuropäische, zur genealogischen Darstellung

Reifung und Standardisierung von Systemen aus linguistischer Sicht

der historischen Entwicklung von Sprachsystemen, so z. B. bei August Schleicher (Abb. 1). Die Sprachfamilien wurden in Stammbäumen aufgezeichnet, mit Eltern, Tochter- und Schwester­ sprachen. Das ist sehr anschaulich, jedoch ist bei der Interpretation Vorsicht geboten. Wenn das Proto-Indoeuropäische Elternsprache für Latein, Griechisch und Sanskrit ist, Romanisch und Germanisch Geschwister sind und Deutsch und Latein sozusagen Cousinen, dürfen diese Begriffe, die die Verwandt­schafts­metapher impliziert, nicht allzu wörtlich genommen werden. Eine Eltern­sprache lebt nach der Geburt einer Tochter­ sprache nicht weiter, es handelt sich eher um die Transformation von Sprachen im Laufe der Zeit. Sprachen tauchen nicht so plötzlich auf, wie es das Bild der Geburt vermittelt. Zudem sind die empirischen Kriterien, um über die Ähnlichkeit von Sprachen zu urteilen, diskutierbar. Eine nicht-triviale Frage ist, wo eine Sprache, der man so etwas wie Reifung und bestimmte Verwandtschaftsbeziehungen mit einer anderen Sprache attestiert, anfängt und wo sie aufhört. Das bereits erwähnte Kriterium der Verständlichkeit innerhalb von Varietätenkontinua ist dabei nur ein Kriterium von vielen. Durch den Kontakt zwischen Menschen, die verschiedene Sprachen sprechen, kommen die Sprach­systeme unweigerlich miteinander in Berührung und beeinflussen einander gegenseitig. Ein wichtiger Faktor für die sprachstrukturellen Konsequenzen des Sprach­kontakts sind die Machtverhältnisse zwischen den Sprach­ gruppen. In der Antike wurde das Lateinische zum Superstrat; als Sprache der Eroberer beeinflusste es die angestammten Sprachen. Nach der Eroberung Galliens durch Cäsar nahm das Gallische viele Fremdwörter auf, bis sich schließlich eine gallo­ lateinische Mischsprache herausbildete.14 Als Folge des Kontakts zwischen benachbarten Sprachen kann der Wortschatz dieser Sprachen durch Adstrat­ wörter15 erweitert werden. So nahm das Lateinische aus dem Griechischen auf, das Mittelhochdeutsche aus dem Französischen, das Mittelenglische aus dem Franko­normannischen und Nordischen, die

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1  Stammbaum der indogermanischen Sprachen nach A. Schleicher.

nordischen Sprachen aus dem Niederdeutschen durch die Hanse16. Im Mittelalter wurde infolge der normannischen Eroberung Britanniens das Formen­system des Angelsächsischen durch den Einfluss des Französischen derart umgestaltet17, dass Aussagen über die Entwicklung der beteiligten Einzel­sprachen schwierig werden. Soll man in Britannien nun von der Reifung des Englischen oder Französischen sprechen? Ist hier das eigentliche Englische innersprachlich vom Französischen verdrängt worden, sozusagen verblüht? Oder aber reifte es durch Sprach­kontakt zu einer neuen Form heran? Was sich hier zeigt: Das Konzept der Reifung impliziert die Homogenität eines Systems, das in der Sprach­wirklichkeit nicht vorliegt. Daher ist die Stammbaummetapher zur Visua­ lisierung der Verwandtschaft von Sprach­systemen, so hübsch sie ist, in Bezug auf die Entwicklung oder eben Reifung einer Sprache nicht ganz treffend. Die Ent­wick­lungs­stadien von Sprachen sind nicht so klar umrissen, wie es ein Stamm­baum vermuten lässt. Sprachwandel geht nicht glatt und einförmig vor sich.18 Nicht alle sozialen Gruppen einer Sprach­ gemeinschaft reagieren zudem gleich auf unterschiedliche Veränderungen. Latein durchdrang die deutsche Schrift­sprache des Humanismus, nicht aber den Sprach­ gebrauch aller Mitglieder der Sprach­gemeinschaft. Außerdem entwickeln sich die Zweige einer Familie nicht völlig unabhängig

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voneinander. Es kann durchaus auch später noch Berührungs­punkte zwischen ihnen geben. Sprachen können sich voneinander entfernen, aber auch wieder annähern. Konvergenzen und Divergenzen von Systemen können mehrfach auftreten. Das sieht man z. B. am mehrfachen Sprach­ kontakt zwischen Latein und Deutsch in der deutschen Sprach­geschichte.

Standardisierung, Konvergenz und Divergenz In Bezug auf Sprachsysteme passt der Begriff Reifung am ehesten dann, wenn es, um es mit Heinz Kloss19 zu sagen, um den Ausbau einer Sprache geht, wenn also Varietäten einer Sprache gemeint sind, die als Standard- bzw. Hoch­sprachen zum Medium einer Schriftkultur werden. Standard­ sprachen sind kodifiziert, d. h. in Grammatiken und Wörter­büchern festgeschrieben. Sie zeichnen sich durch Stabilität aus und ihre Beherrschung ist in der Regel mit hohem sozialem Prestige verbunden. Die Normierung in Bezug auf Grammatik, Orthographie und Wortschatz wird dann nötig, wenn eine Sprache für wissenschaftliche und literarische Texte, als Amts- bzw. National­sprache verwendet wird. Durch die Nationen­bildung im 19. Jh. wurde die Kodifizierung der Standard­sprachen beschleunigt. Die Normierung wird in sog. Kodizes festgeschrieben, dazu gehören Wörterbücher, Grammatiken und Sammlungen von Recht­schreib­ regeln. National- und Kultur­sprachen sind jedoch keineswegs untrennbar miteinander verbunden. Einerseits gibt es Sprachen, die in mehreren Staaten als Amts­sprachen verwendet werden – man spricht dabei von plurizentrischen Sprachen.20 Andererseits gibt es auch Dialekte, die als Ausbau­sprachen oder Ausbau­varietäten gelten. So werden die alemannischen Dialekte in der Deutsch­schweizer DiglossieSituation21 auch als gesprochene Sprache der Wissenschaft, Politik und Verwaltung verwendet, solange die Deutsch­schweizer unter sich sind, ohne dass dies zu einer Normierung des Alemannischen geführt hätte. Da als Standardsprache bereits

das Hoch­ deutsche existiert, drängt sich eine Normierung des Alemannischen auch überhaupt nicht auf. Lexikalisch und syntaktisch sind die Dialekte selbst in der Deutsch­schweizer Diglossie genügend ausgebaut, um auch in formellen Situationen als Kommuni­kations­system leistungsfähig zu sein. In Varietäten­konstellationen, die keine Diglossie, sondern ein Kontinuum22 zwischen Standardsprache und Dialekt darstellen, ist dies hingegen meistens nicht der Fall. In der Mehrheit der Fälle handelt es sich bei Dialekten also nicht um ausgebaute Sprachen im Sinne von Heinz Kloss, da sie vor allem in kleinen Kommunikations­ radien verwendet werden. Ein Extrembeispiel des Ausbaus eines Dialekts ist das Luxemburgische. Das Lëtzebuergesch, ein mosel­fränkischer Dialekt, wurde im Zuge der Luxemburgischen Staaten­bildung als Ausbausprache besiegelt. Auch das Jiddische ist eine ausgebaute Klein­sprache. Meist ist mit dem Ausbau auch eine Erweiterung des Wortschatzes verbunden. Autoren, die solchen Varietäten aus politischen oder sprach­wissen­schaftlichen Motiven den Status von Einzelsprachen absprechen, verwenden die Bezeichnungen Ausbaudialekt oder Kulturdialekt. Die Unterscheidung zwischen Sprache und Dialekt, die hier vorausgesetzt wird, ist sprachwissenschaftlich problematisch und bräuchte einen längeren Exkurs, auf den hier verzichtet werden muss. Eine wichtige Voraussetzung für die Stan­ dar­di­sie­rung des Deutschen war die Aufwertung der Volks­sprachen und die Funktions­erweiterung des Deutschen gegenüber dem Lateinischen. Die Didaktisierung des Deutschen als Schreibsprache unterstützte den Kodifizierungs­prozess und ist daher ein wichtiger Baustein der Vereinheitlichung des Deutschen als weiträumige Schreib­sprache. Einigkeit herrscht in der Geschichts­schreibung über die Wichtigkeit des Ostmittel­deutschen (als Drucker­sprache), die durch Luthers Modelltexte im 16. Jh. gestärkt wurde, wenn auch das Ostmittel­ deutsche keineswegs den alleinigen Anspruch einer Leit­varietät stellen kann. Letztlich trugen verschiedene Regionen bzw. Schreib­landschaften zur

Reifung und Standardisierung von Systemen aus linguistischer Sicht

Entwicklung einer geschriebenen Gemeinsprache bei.23 Das, was wir heute mit sprachlichen Normen vielleicht als erstes assoziieren, nämlich die Recht­ schreibung und die korrekte Aussprache, sind noch junge Aspekte der Sprachnormierung. Zu konkreten Bemühungen um orthographische und orthophonische Vereinheitlichung kam es erst nach der Reichs­ gründung 1871. Sie wird gemeinhin als Voraussetzung für die spätere Durchsetzung gesamt­deutscher Sprach­standardisierungen in Orthographie und Hochlautung angesehen.24 Die anderen deutschsprachigen Staaten gestanden sich dabei gewisse Sonderentwicklungen zu, so auch die Deutschschweiz. In den niederdeutschen Gebieten wurde das Hochdeutsche quasi als Fremdsprache gelernt – Niederdeutsch ist dem Holländischen näher als dem Hochdeutschen. Paradoxerweise, kann man sagen, kam die Aussprache des Hochdeutschen, wie sie auf Theater­bühnen und später in den Medien gebräuchlich wurde, aus einem Gebiet, wo die Menschen Hoch­deutsch als Fremdsprache und in Verdrängung ihrer niederdeutschen Ausgangs­varietät erlernt hatten. Wenn von Standardisierung die Rede ist, dann bedeutet dies nicht die vollständige Ver­ einheitlichung und Homogenisierung einer Kultur­ sprache. Auch innerhalb der Standard­sprache gibt es sog. Varietäten, die in einem Spannungs­feld von Divergenz und Konvergenz stehen. Im deutschen Sprachraum ist die Standard­sprache, wie sie in Printmedien verwendet wird – der mediale Sprach­gebrauch hat für eine Gesellschaft nachweislich Modellcharakter – schätzungsweise zu 95% übereinstimmend, es haben also strukturelle und lexikalische Konvergenz­bewegungen stattgefunden. Eine Restvariation bleibt jedoch bestehen, die im Sprachgebrauch als Divergenzen empfunden werden können. Am deutlichsten wahrnehmbar sind die Divergenzen beim mündlichen Gebrauch des Standard­deutschen. Linguistisch gesehen sind es vielleicht wenige Variablen, sie prägen aber die lautliche Wahrnehmung stark. So artikulieren z. B. Deutsch­schweizer Sprecher

den r-Laut mehrheitlich apikal, also vorne mit der Zungenspitze gerollt, und nicht uvular, also hinten mit vibrierendem Halszäpfchen. Zudem vokalisieren Deutsch­ schweizer, im Gegensatz zu den meisten deutschen Sprecherinnen und Sprechern, den r-Laut im Auslaut seltener oder gar nicht – sie sagen also, schriftnäher, »seltener« (und zudem mit stimmlosem s im Anlaut) und nicht »seltena« (mit stimmhaftem s im Anlaut). Diese und einige weitere Aussprache­merkmale sind frequent genug, dass Varietäten als eigene Lautsysteme wahrnehmbar sind, was es möglich macht, die Herkunft eines Sprechers zu erraten. In Bezug auf die Konvergenz oder Divergenz zu Nachbarvarietäten haben die einzelnen Sprecherinnen und Sprecher freilich Spielraum, solange die gegenseitige Verständlichkeit nicht gefährdet wird. Und dieser Spielraum ist größer, als viele meinen. Sozio­linguistische Studien haben gezeigt, dass bei der Verwendung der Standard­ sprache im deutschen Sprachraum nicht nur die inter­individuelle Variation beträchtlich ist – auch die Nord­deutschen sprechen nicht alle das genau gleiche Hoch­deutsch –, sondern auch die situative Variation. Je nach Adressaten­kreis, Formalitäts­grad oder Öffentlichkeit der Kom­mu­ni­ka­tions­situation können manche lautlichen Variablen vom selben Sprecher unterschiedlich realisiert werden. Wenn man also die Frage nach der Entwicklung von Sprach­systemen stellt, darf die individuelle und situative Dynamik des Sprachgebrauchs nie vernachlässigt werden.

Schluss und Ausblick Ich habe vom doppelten Wesen der menschlichen Sprache als Natur- und Kulturphänomen sowie von Merkmalen ihrer Struktur berichtet, wozu beispielsweise die Rekursivität gehört. Ich habe den Begriff Reifung in Bezug auf Sprache hinterfragt und die These vertreten, dass er nur eingeschränkt auf Sprachen angewandt werden kann, nämlich dann, wenn dabei vom Ausbau einer

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Schrift- und Kultursprache im Sinne eines kanonischen Systems die Rede ist. Dass bautechnische Begriffe in der Linguistik gerne herangezogen werden, um Sprachsysteme zu beschreiben, dürfte aus meinen Ausführungen ebenfalls hervorgegangen sein. Man spricht vom Satzbau, von Fugen­morphemen, vom Sprach­ ausbau, von Sprachschichten – um nur einige Beispiele zu nennen. Inwiefern der linguistische Blick auf Sprach­systeme fruchtbar gemacht werden kann für die Beschreibung von sog. Konstruktions­sprachen in der Bautechnik, sei dem Urteil der Expertinnen und Experten überlassen. Schließen möchte ich mit einer Reihe von offenen Fragen. • Sind Konstruktionssprachen der Bautechnik auf der Ebene der Langue, also des Systems einer Einzel­sprache, oder der Parole, also des situativen Sprach­ gebrauchs, anzusiedeln?

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Kluge 1989, 730. Vgl. Lehmann 2018. Saussure 1916, 14–23. Für einen Überblick über die sprachlichen Gliederungs­ ebenen s. z. B. Linke et al. 2004, 8–9. Alternativ zur Klammerdarstellung wird die sprachliche Rekursion bzw. Rekursivität oft in Form von Baum­ diagrammen dargestellt, vgl. z. B. Meibauer 2015, 34–37. Herder 1767, 181. Humboldt [1820] 1905, 2–3. Egenolff 1716. Gardt 1999, 225. Unter der zweiten (oder: deutschen) Lautverschiebung versteht man einen regelhaften Wandel der Konsonanten zwischen dem 5. und 8. Jh., durch den sich die hochdeutschen Dialekte von den übrigen germanischen Varietäten unterscheiden, z. B. dt. Apfel vs. (unverschoben) engl. apple oder dt. Zahn vs. (unverschoben) holländisch tand. Keller 2014. Smith 1776, 35. Schlegel 1808, 6–27. Euler 2016, 175.





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In­wie­fern sind sie sogar als Langage im Sinne einer ur-menschlichen Ausdrucks­fähigkeit zu ver­stehen? Wenn Langue oder Parole zutrifft: Wie sind Konstruktionssprachen voneinander abzugrenzen? Wie misst man Nähe und Distanz zwischen den Konstruktionssprachen? Inwiefern sind Konstruktionssprachen ein Phä­ no­men der unsichtbaren Hand, indem ihre Veränderung von Ökonomisierung, Differen­ zierung und Profilierung der Konstruk­teure geleitet werden? Gibt es unter den Varietäten von Konstruktions­ sprachen eine Standardsprache? Kann die Analogie zwischen Konstruktions­ sprachen und der menschlichen Sprache in Bezug auf den Wandel von Systemen auch übertragen werden auf die synchrone Mehr­ sprachigkeit?

Während Superstrat bzw. Substrat sich auf die vertikale Beeinflussung zwischen Eroberer- und Besiegten­ sprache beziehen, bezeichnet Adstrat ein horizontales Nebeneinander zweier langjährig benachbarter Spra­ chen (Bußmann 2002, 49). Euler 2016, 175. Ebd. Weiterführend dazu Bailey 1973, der die Ausbreitung von Sprachwandel in einem Wellenmodell erfasst und den zeitlichen Verlauf der Übernahme von neuen sprachlichen Merkmalen in einem ∫-Kurvenmodell darstellt: »A given change begins quite gradually; after reaching a certain point (say, twenty per cent), it picks up momentum and proceeds at a much faster rate; and finally tails off slowly before reaching completion. The result is an ∫-curve: the statistical differences among isolects in the middle relative times of the change will be greater than the statistical differences among the early and late isolects« (Bailey 1973, 77). Kloss 1978. Clyne 1992; Ammon 1995. Der Begriff Diglossie (Ferguson 1959) bezieht sich auf die parallele Verwendung einer Hochsprache und eines

Reifung und Standardisierung von Systemen aus linguistischer Sicht

Dialekts bei allen Mitgliedern einer Sprachgemeinschaft. Hoch­sprache und Dialekt werden für bestimmte kommunikative Funktionen jeweils bevorzugt. 22 Das Kontinuum bezeichnet fließende Übergänge zwischen zwei Varietäten. So bewegen sich Sprecher in Bayern zwischen sog. tiefem Dialekt und der Hoch­sprache

quasi stufenlos, während in einer Diglossie eher die Metapher des Kipp­schalters angebracht ist. Hier wird entweder Dialekt oder Hoch­sprache gesprochen, aber nichts dazwischen. 23 Weiterführend Haas 2003. 24 Polenz 2020, 134–141.

Ammon 1995 U. Ammon: Die deutsche Sprache in Deutschland, Österreich und der Schweiz (Berlin / New York 1995).

Kluge 1989 F. Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache (Berlin 1989).

Bailey 1973 C.-J. Bailey: Variation and Linguistic Theory (Arlington 1973).

Lehmann 2018 C. Lehmann: Grundbegriffe der Linguistik, Kapitel 1.1., 2018, https://www.christianlehmann.eu/ling (21.1.2019).

Bußmann 2002 H. Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft (Stuttgart 2002). Clyne 1992 M. Clyne: Pluricentric languages (Berlin / New York 1992). Egenolff 1716 J. A. Egenolff: Historie der Teutschen Sprache (Leipzig 1716). Euler 2016 W. Euler: Sprachenvielfalt der Indogermania im Wandel der Geschichte (Wien 2016). Ferguson 1959 C. Ferguson: Diglossia, Word 15, 1959, 325–340. Gardt 1999 A. Gardt: Geschichte der Sprachwissenschaft in Deutschland (Berlin 1999). Haas 2003 W. Haas: Die deutsche Schriftsprache und die Regionen – Die Regionen und die deutsche Schriftsprache, in: R. Berthele / H. Christen / S. Germann / I. Hove (Hg.): Die deutsche Schrift­ sprache und die Regionen (Berlin 2003). Herder 1767 J. G. von Herder: Von den Lebensaltern einer Sprache, in: Ueber die neuere Deutsche Literatur. Band 1 (Riga 1767).

Linke et al. 2004 A. Linke / M. Nussbaumer / P. Portmann: Studienbuch Linguistik (Tübingen 2004). Meibauer 2015 J. Meibauer: Einführung in die germanistische Linguistik (Stuttgart 2015). Polenz 2020 P. Polenz: Geschichte der deutschen Sprache. 11., überarbeitete Auflage von Norbert Richard Wolf (Berlin, New York 2020). Saussure 1916 F. Saussure: Cours de linguistique generale (Paris 1916). Schlegel 1808 F. Schlegel: Über die Sprache und Weisheit der Indier. Ein Beitrag zur Begründung der Alterthumskunde (Heidelberg 1808). Schleicher 1876 A. Schleicher: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen, 4. Aufl. (Weimar 1876). Smith 1776 A. Smith: An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations (London 1776).

Humboldt [1820] 1905 W. von Humboldt: Über das vergleichende Sprachstudium in Beziehung auf die verschiedenen Epochen der Sprach­ entwicklung [1820], in: Wilhelm von Humboldts Gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band IV (Berlin 1905) 1–34. Keller 2014 R. Keller: Sprachwandel. Von der unsichtbaren Hand in der Sprache (Tübingen 2014). Kloss 1978 H. Kloss: Die Entwicklung neugermanischer Kultursprachen seit 1800 (Düsseldorf 1978).

Abbildungsnachweis 1 Schleicher 1876, 9.

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Vokabular

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Carpentry in England before 1600 Before looking at carpentry in the 17th century, it is important to understand what it followed: the crafts in England maintained their medieval structures up until 1600.1 Timber buildings were usually constructed entirely by carpenters. 2 Stonemasons were responsible for the small number of stone buildings, which were always more prestigious. Carpenters were still involved in stone projects, building the cranes, scaffolding, and temporary works, and constructing the timber parts of the building.3 By the end of the 16th century the popularity of timber panelling in houses had led to the rise of another set of timber craftsmen to provide more delicate timberwork: the joiner.4 The rise of the joiner led to disputes over who was responsible for those areas of work that fell between the two crafts, principally doors, windows, and staircases.5 As these were genuinely lucrative items, traditionally produced by the carpenter, there was considerable resentment when the work was taken over by joiners. Long-running demarcation disputes broke out in London between the guilds for the two trades.6 Structural work, however, was always the province of the carpenter. Guilds The provision of trade guilds for building workers was well-established in England by the 16th century.7 The number of guilds varied considerably from town to town. The larger cities were by modern standards very small (they rarely had more

than 30–40,000 inhabitants). These cities would generally have a carpenters’ guild, which might be combined with other woodworking trades, often under the general term ‹wrights› (cartwrights, housewrights, wheelwrights, etc).8 The very largest urban centres might have separate guilds for joiners and carpenters. In urban areas membership of the relevant guild was essential to practise the craft and only gained after a prolonged period of training, typically an apprenticeship of seven-to-eight years.9 Carpenters’ work was hard manual labour and apprentices were generally between sixteen and eighteen years old at the start of their training. While on the continent there were sometimes traditions of travelling at the end of one’s apprenticeship and the production of «masterpieces», no such tradition existed in England, where the master simply signed to say that the apprenticeship had been completed and that the apprentice was now eligible to be «made free» and to join the guild upon payment of a fee. After a period of time, the former apprentice (now a free carpenter) would then be allowed to take on their own apprentices. In practice most could not afford to set up on their own and worked for others as «journeymen», a term thought to be derived from the French jour in reference to the fact that they were paid by the day.10 Master carpenters tended to be the sons of successful carpenters, the business being handed down from father to son.11 The guild structure would break down entirely in the late 17th century, but notions of apprenticeship were preserved.12

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1  The roof of Westminster Hall (14th century), London, the largest spanning roof in medieval Britain (top) compared with the roof of the Sheldonian Theatre (1664–69), Oxford, designed by Christopher Wren (bottom).

Responsibility for Carpentry Design in 17th-Century England In the medieval building tradition, each building site had its own master craftsmen – on a stone building, a master mason and a master carpenter. Although they worked together, there were clear lines of responsibility. The master carpenter was responsible for designing and building the roof, and the master mason would not expect to be consulted or involved in that aspect of the design, except as needed to coordinate the work. What is interesting is that although that control continued to be exercised in continental Europe well into the 18th and 19th centuries by master carpenters, this was certainly not the case in England where the emergence of the architect in the 17th century saw an extraordinary ceding of control over the design of structural carpentry, the carpenter becoming a mere contractor building to the designs of the architect.15 To understand how this came about we need to briefly explore the emergence of the architect in Britain, which happened much later than elsewhere in Europe.

The Invention of the Architect Structural Forms of Long-Span Roofs The language of long-span roof design had changed little in England for centuries. The longest spanning roof in England was the great hammer-beam roof over Westminster Hall (fig. 1) in London, which still survives.13 Hammer-beam and arch-braced roofs remained the structures of choice for long spans. These structures were huge steep-sided roofs and their dramatic timberwork was visible from within the building. Excellent late examples can be seen in Middle Temple Hall, London constructed in 1573 and the dining hall of Trinity College, Cambridge built in 1605. In houses, the roofs were typically either flat and covered in lead or made up of multiple parallel small span collar-braced roofs with valley gutters in between.14

While architects were well established in continental Europe by the late 16th century, the idea was relatively slow to be adopted in the British isles.16 The social situation was entirely different in England from that on the continent of Europe. In the Elizabethan period the wealthy merchants and aristocrats were not necessarily well-educated men and the emulation of Italian models was more complicated for a nation proud of its anti-Catholic Protestantism. Elizabethan architecture was thus an extraordinary concoction of styles and had a strong emphasis on novelty.17 It was only under the Stuart monarchs (particularly James I and Charles I) that the court became truly interested in Italian art, and it was in this conscious imitation of Italian architecture that the idea of the architect took hold. In this sense the first true architect in England was Inigo Jones.18

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Inigo Jones It is difficult to over-emphasise the extraordinary role Inigo Jones played in transforming the image of what an architect should be in England in the early 17th century. John Summerson’s book from 1965 is still the best introduction to his life.19 Jones was from a relatively humble craft background but he managed to travel to Italy around 1603. The education in art, the Italian language, and theatre, and the connections that he gained during this first visit, put him at a huge advantage when he returned to England and within a few years he had established himself at court as a stage designer for court masques and ultimately as chief adviser on art. A second trip to Italy in 1613–14, this time specifically to study the buildings of Andrea Palladio, armed with his own copies of the books of Serlio and Palladio which he annotated as he travelled, further cemented his knowledge of Italian building practice and the classical language of architecture. 20 On his return he was made Surveyor of the King’s Works and proceeded to produce a series of Italianate buildings which were shocking in the English context for their boldness. However what is interesting in the present context is that Jones not only took control of the external and internal appearance of the buildings, but also produced detailed drawings for, and directed the construction of, the roof structures. 21 In doing so he introduced an entirely new type of roof to England in his designs for the Banqueting House. The Banqueting House Roof In 1619–22, Inigo Jones designed and oversaw the construction of the Banqueting House in the Palace of Whitehall. The Palace was the official home of the monarch. It was a huge rambling complex of tiny courtyards and small buildings, whose most impressive architectural feature was a great Tudor gatehouse – the brick Holbein Gate that had been constructed in 1531–32 in the Gothic style by Henry VIII. The new Banqueting House was constructed as a venue for court masques. It was

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next to the gate and completely overshadowed it in style and magnificence. Jones always intended it as the first part of a complete rebuilding of the palace in the grand Palladian style, and drawings survive for unbuilt schemes which would have been larger than the Escorial near Madrid, Spain. As it was, the Stuarts were short of funds and the Banqueting House remained isolated, a lone reminder of Jones’s grand intentions, but after the addition of ceiling paintings by Rubens it was no longer used for court masques and became the official throne room, the principal room in the palace. It was, without doubt, one of the most important buildings constructed in the first half of the 17th century in England.22 The Banqueting House was a Palladian box. Externally the roof was concealed behind a parapet, and the façade was read as a great rectangular stone surface punctuated by carefully proportioned windows. Internally the first floor consisted of a single huge room, covered by a flat ceiling. Jones’s challenge was to cover this space with a roof shallow enough to be concealed from the ground. It is clear from the outset that Jones

2  The roof of the Banqueting House (1619–22) in Whitehall redrawn from the original drawing by John Webb (Inigo Jones’s assistant and pupil). The main roof trusses (bottom) were king post trusses (note the diagonal iron rods which were an unusual feature of this roof). At each end of the roof the principal rafters were supported at the hips by small queen post trusses (top). These were perhaps the earliest queen post trusses in England.

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designed this roof. Detailed drawings for it survive.23 The structure he chose was modelled on roofs he could have seen in his travels in Venice and the Veneto, where king post trusses were commonly exposed from beneath in church roofs. These themselves were based on antique precedents. What is interesting is that the Banqueting House roof (fig. 2) is only superficially like those roofs. In the Italian roofs there is often (but not always) a gap between the bottom of the king post and the tie beam, which is bridged only by an iron strap. In the Banqueting House roof the king post is firmly attached using a mortice and tenon to the middle of the tie beam, and the joint is reinforced with an iron strap. In the Italian examples the head of the king post truss is shaped but within the depth of the king post, while in Inigo Jones’s design the top of the king post is splayed to receive the ends of the principal rafters. And the two types of trusses also differ in the positioning of the purlins and arrangements of common rafters. There are many possible sources for these eccentric features, but the most likely is a tiny illustration in Book VII of Serlio’s books on architecture.24 The extent to which Jones had the chance to examine trusses on his Italian trips close up is unclear. What is clear is that the overall shape and form of the trusses and the extensive use of iron is Italian in its derivation. The differences that subsequently arise, as we shall see, are in matters of detail. Jones’s career was cut short by the death of Charles I (who was executed in front of the Banqueting House, which was seen as a symbol of his extravagance). It was only after the Restoration in 1660 that grand building projects again took off, most notably under the leadership of a new Surveyor of the Kings Works, Sir Christopher Wren. Sir Christopher Wren Wren was one of the most prolific English architects of all time and he built a large number of long-span structures, including palaces, theatres,

town halls, dining halls, churches, and libraries. Like Jones, Wren received no direct training in architecture and was entirely self-taught. Jones had travelled abroad and gained experience of building construction through his initial training as a joiner and his later set-building. Wren’s father had been interested in building, but Wren was an academic from a family of extremely well-connected churchmen (his father was Dean of Windsor Castle and his uncle a bishop). Wren moved from an early age in court circles and was an Oxford Professor of Mathematics and Astronomy. His interest in architecture was thus inspired by books and scholarly study. He took a keen interest from the beginning in long-span structures. Indeed one of his very first buildings, the Sheldonian Theatre, was celebrated at the time for its exceptional longspan roof structure. The Sheldonian Roof The University approached the City of Oxford about purchasing the land on which to build a new theatre for holding university degree examinations and ceremonies in March 1663. The young Christopher Wren had returned to Oxford as Savilian Professor of Astronomy in 1661. Bishop Sheldon, later Archbishop of Canterbury, put up an initial £1,000 towards the cost of the new building in 1664, and when other subscriptions were not forthcoming paid for the whole thing. The foundation stone was laid on 26 July 1664, but the building was not completed until 1669. From early on, the design of the roof attracted attention. The roof had a span greater than the roof of Westminster Hall (s. fig. 1).25 It had to support a completely flat ceiling, which was painted. To add to the already complicated brief, the roof was also to be used for storage by the University Press. Wren’s drawings show his design, which used many pieces of wood that interlocked to create the large span reinforced by iron plates, straps, and a large number of bolts. Most remarkably, it was modest in height so that the roof was not prominent and mostly hidden behind a parapet. Wren was so

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proud of the design he had it engraved. The roof itself succumbed to damage by death watch beetles and has been replaced, but the engravings give us a clear idea of its structural form. After the Great Fire of London Wren switched from academic work to architecture. The Sheldonian roof was never repeated, but he established a substantial office that produced detailed specifications and drawings for roofs.26

Contracts, Models, and Drawings Three types of document survive that help to establish who designed the carpentry in any structure: contracts, models, and drawings. A surprising number of contracts survive.27 The largest collections are those associated with the Office of Royal Works. Many contracts also survive for the churches of the City of London. While other survivals are more haphazard, enough contracts survive to show that Wren and his assistant Hawksmoor sought to control the design of roof structures.28 Most give detailed descriptions, including lists of scantlings (the cross-sectional dimensions of the various timbers), and make reference to carrying out the work according to the drawings attached.29 Sometimes they make reference to a model. This term must be deciphered with caution in this period because the word could often just mean a design, but in some cases the contract is clearly referring to a physical model. We know that a great many physical models were used during the design process. Elsewhere I have shown that there were more than 80 for St Paul’s Cathedral, including models of the roofs.30 At Pembroke College, Oxford a model actually survives, which shows in great detail the joints of the carpentry and the relationship of the various members.31 It is so painstakingly made that it even includes tin straps where iron was to go in the real roof. Drawings rarely survive.32 However a particularly good example survives in Worcester College, Oxford for the roofs of All Soul’s College, Oxford.33

The drawing’s annotations provide full dimensions for all the parts and make it perfectly clear that the craftsmen must not deviate from the instructions given. All these pieces of evidence show clearly that the architect had taken over responsibility for the design of the carpentry work. The Architect versus the Carpenter By examining the surviving documents and models it becomes clear that the second half of the 17th century marks a turning point in the design of roof carpentry. From this point onwards in Britain, the architect rather than the carpenter is expected to produce the drawings for the roofs of buildings. The reason for this switch appears to be that the new structures were considered too daring by the carpenters of the time, who were used to steepsided tall structures. As a result they expected the architects to design the structures and by so doing to take responsibility for any failures that might occur. When there were no architects involved in the early part of the period (1660–1700) they resorted to traditional solutions, but as the roof types became established and widely disseminated a new set of forms became the established standard solutions — a new language developed and became engrained. By the middle of the 18th century the same forms were being used regardless of the involvement of an architect, but if an architect was involved he was still expected to provide drawings for the roof. This is particularly interesting when we consider that all the structures being discussed were invisible to the users of the buildings as they were hidden behind plaster ceilings.

Establishing a New Language of Carpentry Apprenticeship is a naturally conservative method of training. The master teaches his apprentice how to be a carpenter and some (but not usually all) of the secrets he has learnt over a lifetime of practice. The craftsman has an intimate knowledge

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3  Surviving king post roofs by Wren surveyed by the author, at the same scale.

of problems of working the materials involved and the problems that typically occur. However the premise was that one was working within an established way of doing things. Changes were incremental, not revolutionary. The change thus had to be driven from a disruptive force: in this case a new architecture introducing a new profession, the architect. The late 17th century saw long-span roofs settling into two new types: the king post roof and the queen post roof. The King Post Truss The king post truss was the simplest solution to producing a low ridge line in structure strong enough to span long distances and support the often considerable loads of the flat ceiling suspended from the tie beam. The triangulation of the truss and the firm anchoring of the ends of the principal rafters allowed the forces to be distributed in such a way that the king post could act in tension, reducing the sag in the tie beam induced by the ceiling as the tie beam could also be scarfed. The standard length of oak timbers in England in this period was 20 feet, and 30-feet timbers were very difficult to procure. By scarfing two 25-feet timbers together, spans of 40+ feet could be achieved with cross sections of only 1 x 1 foot (30 x 30 cm). Wren used king post trusses in most of his buildings (figs. 3 and 4).34 The Vocabulary of the King Post Truss All these structures were unique, but there was such a remarkable similarity in their details that it would not be unreasonable to speak of a language of 17th-century king post trusses. The key features have already been alluded to above. The top of the king post has a characteristic flare, with joggles that mean that the principal rafters lift up the king post (fig. 5). There is no longitudinal member at the ridge: no ridge piece.35 At its base the king post has another joggle36 which supports diagonal raking braces splaying out to the centres of the principal rafters to reduce the bending of these members induced by the weight of the roof

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4  King post roofs redrawn from surveys by John Clayton 1848/49.

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5  The splayed head of the king post, which becomes typical for trusses in Britain in the 17th and 18th centuries. Note there is no ridge piece (longitudinal member at the ridge).

7  The detail at the foot of the principal rafters for Pembroke College Chapel, Cambridge (1663); Emmanuel College Chapel, Cambridge (1668–73); Trinity College Library, Cambridge (1676–84); and St Paul’s Cathedral Choir, London (1692), all by Wren. The joints are reliant on the iron strap. The in-line butt purlins usually mean that the tie beam cannot over-run the end of the joint, which creates a weakness that is solved in later designs (St Paul’s bottom right).

6  The typical detail at the foot of the king post called a joggle, which supports the base of the raking braces. The bottom of the king post is tenoned into the tie beam and the joint is reinforced with an iron strap, which usually is bent to go around the wider tie beam but may pass through slots in it.

8  Types of purlin. Left: Clasped purlin, common before the 17th century; middle: Back purlin, common in France, usually with cleats, and elsewhere but rarely used in Britain in the 17th century except where common purlins are used by Wren (lots of small purlins instead of common rafters, a detail which is found in Italy); right: Butt purlin, the most common type used in Britain in the 17th century, where they are typically «staggered», i.e. do not line up.

The Language of English Long-Span Timber Roofs 1600–1800

covering (fig. 6). There is always a huge iron stirrup at the base of the king post, which is always joined to the tie beam with a mortice and tenon joint fixed by two pegs. The lower ends of the principal rafters are wider that than the tops – sometimes they taper along their complete lengths and sometimes they step out near the bottom. They are fixed to the tie beam with a family of joints that all have basic common features: there is a central wooden tenon that fits into a slot cut in the upper surface of the tie beam (fig. 7). The principal rafters are then cut into the top of the tie beam to try to reduce the risk that the force of the principal rafters might sheer off the end of the tie beam. To further reduce this risk and to prevent the risk of the joint lifting out and breaking apart, the whole is fixed together by a huge bridle strap of iron.37 Purlins are typically butt-jointed (fig. 8), that is, they go directly into the sides of the principal rafters.38 They are typically staggered so that the joints do not align. Their upper edges are lower than the upper edge of the principal rafter so that the back of the principal rafter is in line with the back of the common rafters. French carpentry uses back purlins supported on clefs on the back of the principal rafters, but this feature is never found in England in this period. The only other form that does occur is the common purlin, an overtly Italian form of carpentry that Wren particularly favoured but that remains relatively uncommon. The Queen Post Truss The alternative to the king post truss was the queen post truss.39 From the outside a queen post roof, with its steep sides and flat top, could easily be mistaken for a French mansard structure, but the two forms are entirely different inside.40 The queen post appears to have been first used to support hip rafters of king post hipped roofs.41 However under Wren it became a commonly used structure for larger spans. It was particularly useful for buildings with wings, where buildings of different widths could be joined at right angles

39

9  Three queen post roofs by Wren with cross-bracing.

10  Three queen post roofs by Wren without cross-bracing.

40

James W. P. Campbell

and the ridge line and eaves kept at the same height without changing the pitch of the roof, the differences being accommodated by simply varying the flat roof on top.42 It also potentially allowed a large useable space in the roof, but there are very few examples where the roof space was used for anything practical. The structure did, however, find a use inside walls where trussed partitions could be used to build rooms in the space above particularly large rooms. Wren used queen post roofs in a number of his buildings (figs. 9 and 10). The Vocabulary of the Queen Post Truss The queen post roof used much of the same vocabulary as the king post roof. The joints between the tie beam and the principal rafter were exactly the same. The position of the purlins was the same. A diagonal brace supported the middle of the principal rafter. The joint at the bottom of the king post with the tie beam is identical. The queen post roof had two queen posts joined by a straining beam which supports the flat roof above. The bottom of the queen posts is joggled, but only on one side. Sometimes the queen posts have cross-bracing between them, but often they have small diagonal braces to the underside of the straining beam. Iron stirrups at the top tie the queen posts to the straining beam. Otherwise the features are almost identical to those in the king post truss.

Dissemination of the Technology The queen post truss technology began in the Office of Works under Jones and then continued after the Restoration by Wren and Hawksmoor. The Office of Works trained architects and craftsmen, so it is not surprising that the forms became widely used by the end of the century.43 They were, however, hidden from view, so they could only be seen by those working on them. They thus remained largely unknown until the forms began to be published.

The first carpentry manuals did not appear until 1733 when two appeared at once: Francis Price’s Treatise on Carpentry (fig. 11) and James Smith’s The Carpenter’s Companion.44 Thereafter the floodgates opened and the rest of the century saw a series of books produced by those who knew about the subject and those who didn’t.45 Batty Langley was one of the most prolific and definitely in the latter category. Langley’s pattern books were richly illustrated with examples for patrons, designers, and builders to copy. As well as showing pictures of fanciful decorative designs for gardens and buildings (Langley was a garden designer by trade), he included many pages of designs for roof trusses (fig. 12). Many of these appear to be highly impractical. They were almost certainly just decorative designs dreamt up by Langley to provide a greater variety than his competitors. It is not surprising that if some of the more impractical ones were built that they no longer survive. Most of Langley’s illustrations were, however, simply variations on king and queen post roofs, which both reflect the fact that these forms were generally in use (and indeed they are commonly found in buildings of this period) and helped to further cement the forms as the standard solutions.

The Developing Language of English LongSpan Carpentry Wren used iron tension members in some of his roof trusses, and Hawskmoor’s drawings include a number of sketches for iron tension members in roofs, although only one survives.46 As the 18th century progressed, however, we see increasing development of iron details to strengthen these basic forms. The development can be seen in the pioneering books on building construction of Peter Nicholson (Fig. 13), which set the tone for the following century.47 What is remarkable, however, is how the king post and queen post roof forms persisted, even if their details changed. It was as if there was an established language of carpentry that had

The Language of English Long-Span Timber Roofs 1600–1800

11  An illustration from Francis Price, The British Carpenter, London, 1733, one of the two earliest English books on carpentry which were critical in disseminating the new forms.

become so accepted that it was difficult to imagine roofs in any other form. The members became thinner and lighter from the 18th to the 19th century, the king post or tie beams were replaced with iron tension rods, the bolts changed to hexagonalheaded screw threads, ridge pieces appeared, and purlins moved to the back of the principals rafters on cleats, but the overall proportions remained the same.48 It is not difficult to imagine this as a language of construction. The Role of Calculation There is a great temptation to apply modern thinking to the interpretation of roof structures in this period and look for how they «calculated» the forces in the members. It is important to understand that designers of roofs in this period had no

41

12  An illustration from Batty Langley, City and Country Builder’s Treasury of Designs, London, 1740.

13  An illustration from Peter Nicholson, The Carpenter’s New Guide, London, 1808.

42

James W. P. Campbell

way of calculating any of the forces. For masonry structures they used large scale models made up of lots of small pieces.49 This worked well for masonry because they could make two workable assumptions: first that crushing strength was irrelevant and second that the joints had little or no strength, which worked fine for structures based on compression (but of course ignored wind load). They did, however, understand that timber models did not scale up and the models of timber structures are designed to communicate the disposition of members, but not to replicate the scale. Instead the designer relied on rules of thumb to size the members. This sometimes led to strange conclusions, such as the belief in the early 18th century that softwoods like pine were stronger than oak because they were lighter.50 Only later were structural loading tests on timber baulks attempted, although Hooke did attempt some small-scale load testing in the 17th century in front of the Royal Society with unsatisfactory results.51 The designers of 17th-century roof structures thus had no way of estimating timber sizes or calculating the forces in members, and they did not try. Even the architect Christopher Wren, who was regarded as one of the most brilliant mathematicians of his day, had no calculations that he could use to help him in his designs, and there are no written documents suggesting he ever tried to do so. The Role of Shape If you cannot calculate the strength of a member and you cannot physically model it, how do you know your design is safe? One method was building a full-size mock-up of part of the building and load-testing it. The renowned British 19th-century engineer Isambard Kingdom Brunel still relied on load testing of full-scale models in the 19th century. There is no evidence, however, of such mockups being made and tested in the 17th century, even though it would have been perfectly possible to do so. Indeed the lack of testing did lead to failures. We know of at least two such failures

that Wren was involved in, the most serious being a large collapse at Hampton Court Palace.52 In the absence of testing and calculation, the designer was forced to rely on working on and with what had worked before, only using new things where absolutely necessary. You measured and drew an existing structure, and then copied and where necessary modified it to the new circumstances. You looked for structures that worked in similar situations and repeated them with as few changes as possible, as changes introduced risk. You copied what you could see and measure, which was the shape: the morphology. Thus 17th-century and 18th-century roof designs can be understood as exercises in repetitive variations on the same morphology. Or to put it another way, if you stand back and look at them they share the same language of parts. They are built up of the same elements with minor variations. In this sense English long-span carpentry is undoubtedly a wonderful example of what Werner Lorenz calls a «language of construction» and moreover much of its vocabulary is taken from Italian sources – it is thus a language in translation. A translation with a heavy English accent imposed. However, before we end on this very positive note it is perhaps necessary to inject one last element of caution.

The Use and Limitations of the Analogy of Language of English Long-Span Carpentry What must always be kept in mind when we are talking about «languages of construction» is that we are making an analogy. Like all analogies, this is not a complete equivalent. So when we are looking at English long-span carpentry there are certainly aspects that are like a language. There is as we have seen a definite vocabulary of forms that quickly becomes established everywhere. Individuals show variations but they are variations within a language of forms. This language is limited by place, and elsewhere in Europe the languages are decidedly different.53 However there

The Language of English Long-Span Timber Roofs 1600–1800

are aspects of this that do not lend themselves to being compared with language. Firstly, this new «language» came about quite suddenly, and languages rarely do that. We generally use different analogies to describe technical change (e.g. «paradigm shifts», «evolution», «adaptation»). Secondly, language is ultimately about communicating something, but this is not the case here. This roof carpentry is hidden: it is not meant to be seen or understood or interpreted. It is meant to do its job and nothing more. In this sense the «language of carpentry» cannot be used to «say» anything. It is not trying to communicate a message. That aspect, an important aspect of any language, is absent. If it is a language, it is not one that attempts to say anything to anyone.

This discussion of the development of long-span carpentry hopefully shows that this construction practice provides a good example of what we might mean by a «language» of construction. In the 17th century two new forms of carpentry appear in England adapted from structures seen and translated from elsewhere, but much is changed or lost in the translation and the forms

that appear are notably different from their foreign originators. What is intriguing is how consistent these new forms become in their details. There seems to be an agreed way of making the various parts that is copied and copied, and becomes a standard way of doing things: becomes what we might call a «language of construction». This does not mean there are no variations. Indeed the opposite is true: there are hundreds of tiny differences between each roof and each one is unique, but they belong to a recognisable family; they share a common vocabulary (kit of parts) and grammar (rules as to how they are to be put together). You can instantly spot an English roof and distinguish it from its foreign counterpart. If this is what Professor Lorenz means by a «language of construction», then long-span timber roof structures in this period in England might seem to provide a prime example. In this one area at least the analogy appears useful. How far we can wisely take this linguistic analogy in the broader analysis of construction history is, however, a discussion for another occasion. Just because it works well in this instance does not mean it necessarily works elsewhere, or that we can use the analogy to move beyond a tool for identifying regional variations to one that allows us to draw broader conclusions about construction history itself.

This paper focuses on one particular area: long-span carpentry. The contribution in the Konstruktionssprachen conference on which this paper is based was split into two parts: this first part looked at the situation in Britain (or more specifically in this period in England) while the second part, presented by Professor Stefan Holzer, looked at the way the same design problem was solved in Switzerland, Germany, and Austria in the same period. As this showed, the solutions found in Britain and in these other European countries could hardly be more different. This paper concentrates on the British side of the story. The subject of long-span roofs and their forms in this period has been the study of a number of works. David Yeomans (1986) identified Inigo Jones’s role in introducing the king post truss

and his subsequent book (Yeomans 1992) remains the best introduction. The work on Jones has been expanded recently by Prosser 2018. My doctoral thesis (Campbell 1999) measured a large number of roof trusses at the time of Wren. It looked in more detail at guilds in the period and in more depth at accounts, contracts, and drawings, leading to Campbell 2002a, 2002b, 2007, and 2017. Valeriani 2006 provides useful information on Italian examples, supporting the Italian origin of the trusses and examining in more detail the textual sources discussed in Campbell 1999, themselves an expansion of Yeomans 1986a and 1992. Further studies of Italian roof trusses can be found in Guardigli 2019 and Holzer 2015. These then are the key secondary sources for the period on which this paper is based.

Conclusion

43

44

James W. P. Campbell

1 Brunskill 1994; Hewett 1969, 1980, 1982, 1985; for limitations of Hewett see Campbell 2019. 2 Campbell 2002b, 215–218. 3 Campbell 1999, 58–61; Cambell 2002b, 215–218. 4 Campbell 2002b, 215–218. 5 Campbell 2002b, 215–216. 6 Luow 1989. 7 Salzman 1952, 33; Woodward 1995. 8 For a full list, see Campbell 1999, 49; Campbell 2002b, T. 1. 9 Campbell 1999, 52–56; Campbell 2002b, 220–221. 10 Campbell 2002b, 221–222. 11 Campbell 2002b, 222. 12 Campbell 2002b, 220. 13 Waddell 1999; Heyman 1967; Mainstone 1997. 14 Campbell 1999, 115–124. 15 Campbell 1999, 82–113; Campbell 2002a, 50–51; Yeomans 1992, 71–94. 16 Colvin 2008, 15–31. 17 Girouard 2009. 18 Colvin 2008, 24. 19 Summerson 1965. 20 Colvin 2008, 586. 21 Yeomans 1986b; Prosser 2018. 22 Colvin 1963. 23 Yeomans 1992, fig. 3.7. 24 Campbell 1999, 142. 25 Campbell 2002a, 51. 26 Campbell 1999; 2002.

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27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53

Yeomans 1992, 71–94; Campbell 1999, 82–113. Campbell 1999, 98–101. Campbell 1999, 98–101. Campbell 2012. Campbell 1999, 103. For examples see Campbell 1999, 104–112. Yeomans 1992, fig. 5.6; Campbell 1999, 112. Campbell 1999, 174–181. Campbell 1999, 156. Yeomans 1992, fig. 9.1. Campbell 1999, 181. Campbell 1999, 155–157. Yeomans 1992, 61–67; Campbell 1999, 190–197; Campbell 2002a, 57–59; Campbell 2017. Campbell 1999, 124–129. Yeomans 1992, fig. 3.7; Campbell 1999, 192–193. Campbell 1999, 124–129; Campbell 2002a, 57–59. On dissemination of the forms see Yeomans 1992, 95–116; expanded in Campbell 1999, 211–252. Harris 1990, 38–40. For a full list see Campbell 1999, 225–226. Yeomans 1992, fig. 5.6. See Yeomans 1992. Yeomans 1992. Campbell 2007, 144. Campbell 1999, 228–229. Campbell 1999, 39. Colvin 1976, 158–159. Holzer / Köck 2008.

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The Language of English Long-Span Timber Roofs 1600–1800

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Image Sources

1–10  Drawings by James Campbell. 11 Price 1733, plate H. 12 Langley 1740, plate 13. 13 Nicholson 1808, plate 43.

45

The Russian «Language of Building Iron Roofs» Genesis and Early Dialects

Aleksandra Kosykh

The formation of a «construction language» is strongly influenced by a wide range of social, cultural, and technical factors that create an environment in which new production techniques, construction methods, and design approaches can emerge and develop.1 Understanding this process and its activating factors provides a deep insight into the nature of the language and gives us an ability to «speak and read» the language. The multiplicity and complexity of the design and construction approaches developed over the centuries require us to identify and understand a process of structuration. The concept of «construction languages» gives historians an alternative way to describe and explain the evolution of different building practices. Aiming to evaluate the applicability of this approach, this paper focuses on the genesis of iron roofs in Russia in the 18th century. Highlighting these structures and the environment that surrounded their emergence, this paper views early practices of building with iron through the lens of the formation of a «construction language».

Background of Iron Roof Construction in Russia The development of a new building practice is often related to the emergence of a new construction material and to the technical progress that makes the new material available for wide use. The evolution of iron into a commonly used building material was no exception. In Europe the

wide use of metal in the building industry started in the first half of the 19th century. Growth in the use of cast and wrought iron was largely driven by increased production of these materials through the introduction of coke fuel and new production methods and equipment, such as puddling and steam engines.2 In Russia these innovations were widely adopted in the second half of the 19th century;3 nevertheless the first Russian iron roofs emerged as early as the mid-18th century. The nascence of these iron systems was made possible by the extensive development of the Russian metallurgical sector that started in the early 1700s. Within a few decades metals were available on the domestic market and used in construction and architecture. The Development of Russian Metallurgy Before the 17th century Russian iron was produced in bloomery furnaces. The first Russian ironworks employing the two-stage technology were built in the Tula region in the 1630s. The two-stage method involved the smelting of iron ore with charcoal in the first stage; formed in transportable pieces, the intermediate product was repeatedly smelted to reduce the material’s carbon content and hammered to press out slag. Iron produced using this method was purer and more ductile than bloomery iron. Furthermore, the introduction of blast furnaces and the transition from handicraft to manufactory production increased the scale of production. By the end of the 17th century the collective output of all Russian ironworks reached 150,000 poods (2,457 t) per annum,4 but it was not

Aleksandra Kosykh

48

of pig iron, five times the production output of 1700. In 1750 the Russian output of pig iron rose to 2,009,000 poods (32,909 t), and in 1800 it reached 9,908,000 poods (162,300 t).8 Although these large quantities of iron were mainly used for military purposes and exported, the material’s increased availability gave rise to its wider use in construction.

160

140

Thousand tonnes

120

100

Other Russian Regions

Ural

Sweden

England and Scotland

80

60

40

20

0

1700

1720

1740

Year

1760

1780

1800

1  Production of pig iron in Russia, Sweden, England and Scotland. There is no data for Sweden for 1720 and 1780.

enough to cover the growing needs of the Russian military sector. At the beginning of the 18th century the new centre of Russian metallurgy was established in the Ural region, which lay more than 1,000 kilometres east of Moscow and was abundantly endowed with ore deposits, forests, and rivers. The area’s virtually unlimited natural resources enabled the construction and technical development of numerous ironworks. The first Ural plants emerged in 1701; 44 ironworks had been built by the 1740 and 76 more by the end of the century.5 The new factories were erected near large dams and equipped with elaborate hydraulic systems, which allowed factory workers to increase the size of the blast furnaces. In the 1760s the blast furnace of the Nevyansk ironworks was 13.5 m high,6 which was almost twice the height of the antecedent blast furnaces in Tula that were no higher than 7.5 m in the 1670s.7 The continuous development of Russian metallurgy throughout the 18th century made the country the world’s leading producer and exporter of iron (fig. 1). In 1720 all Russian ironworks collectively produced 700,000 poods (11,466 t)

Iron as a Construction Material The wider use of iron in building structures was due to its greater strength, durability, and fireresistance compared to timber. Nevertheless, iron did not immediately become the common construction material, mainly because of its high cost and limited availability. Wood was readily available in many Russian regions, but high-quality iron was not always in stock due to high demand for the material, the seasonal nature of its production, and long delivery times. The transportation of iron from the Ural to Moscow took several months; because travelling was impossible in winter, transporting goods from the Ural to Saint Petersburg could take a year and half.9 Furthermore, metals were more expensive than timber. Records documenting the cost of these materials in Saint Petersburg in the mid-18th century illustrate this point. According to Lyubomirov, 100 three-sajen (≈ 6.39 m; 1 sajen = 2.13 m) pine logs with a diameter of 10 inches (≈ 25.4 cm) cost around 14 roubles,10 meaning that the logs would cost approx. 2 kopecks (1 rouble = 100 kopecks) per metre and 75 kopecks per tonne. During the same period a pood of strip iron cost around 60 kopecks,11 and therefore a tonne of this iron would cost roughly 38 roubles (50 times more expensive than timber) and a metre of a strip with cross-sectional dimensions 5 × 1 cm would cost 15 kopeks (7.5 times more expensive than timber). Because of the high cost of iron and high demand for the material, the origin of the first Russian iron roofs was closely related to the country’s wealthy citizens, like the members of the Royal family and factory owners that used iron from their plants.

The Russian «Language of Building Iron Roofs»

49

2  Examples of iron elements used in Russian buildings before the 18th century. Top left: Ties used in Russian buildings from the 15th to 18th centuries; top right: The ceiling structure in the Saint Basil’s Cathedral in Moscow, 16th century; bottom: The dome of the Resurrection Church, Kadashi, late 17th century. Structure and details. The dome’s height is 7.85 m, its nominal diameter is 5.87 m.

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Iron in Russian Buildings before the 18th Century The earliest iron elements found in Russian buildings can be dated to the 12th century. At first, metals were used in the form of cramps and reinforcements in masonry walls. In the 15th century iron was used for the first time in the construction of vaults. In the 1470s wrought-iron ties were installed in the Dormition Cathedral of the Moscow Kremlin under the direction of the Italian architect Aristotele Fioravanti. After this precedent had been set, iron ties started to supplant their timber counterparts. The forged iron profiles used in Russian buildings were rectangular with sides of around 3–7.5 cm; thicker cross-sections could be formed by forging several profiles together. For the purposes of extension and connection, the builders commonly formed the ends of the ties in the shape of rings or hooks that could be inserted one into another (fig. 2 top left).12 Research conducted by the Russian engineer and restorer Vasil’ev suggested that the first Russian example of a load-bearing iron system emerged in the 16th century. The innovative ceiling structure covered the eastern hall of the Saint Basil’s Cathedral in Moscow (fig. 2 top right).13 The system was surveyed in the mid-20th century; it comprised horizontal bars of approximately 2.4 m in length that were installed at a vertical distance of about 0.8 m. Every pair of horizontal elements on the upper and the lower levels was linked by a pair of struts. This system supported the attic floor and the underlying masonry ceiling. According to Vasil’ev, the ceiling was the first Russian example of an iron structure that contained elements that worked in tension, compression, and bending.14 This conclusion was countered by Cherny’shev, who stated that the smooth surfaces of the struts on the upper level and the diagonals indicated that they could not have been produced before the 19th century.15 Nevertheless, the authors agreed that the horizontal rods on

the lower level and the masonry ceiling beneath belong to the 16th century. In the 17th century the range of applications of iron in Russian buildings was broadened to include use in the assembly of onion domes. One such structure – the onion dome over the Resurrection Church in Kadashi, Moscow – was described in the book by Cherny’shev, who had earlier surveyed the system.16 The surface of the dome was formed with curved ribs. The ribs were linked to horizontal bars that spanned radially from the central post to the ribs at three vertical levels. The structure rested on an iron ring that was linked to the upper section of the central post by several struts (fig. 2 bottom). The frame had a height of 7.85 m and a maximal diameter of 5.87 m. The elements of the structure were joined using cramps and wedges. The connectors were widely used in iron roofs throughout the 17th and 18th centuries, because the production of nuts and bolts was a technically complex task.

Iron in Russian Buildings in the 18th Century The earliest known example of a complete iron roof emerged in the Ural region due to the influence of the powerful iron moguls, the Demidovs. The Nev’yansk Tower in the Ural This iron roof was constructed to cover the porch over the leaning tower in Nev’yansk. The building stood next to the plant that Tsar Peter the Great (1682–1725) handed over to the patriarch of the family, Nikita Demidov (1656–1725). Nikita was a talented and entrepreneurial blacksmith from Tula who earned the trust of Tsar Peter the Great and established his ironworks in Tula in 1696. The first family factory in the Ural region, the Nevy’ansk ironworks, was built in 1701 and became an important part of the Demidov mining empire, which reached its zenith in the mid18th century. To highlight the importance of the plant, Nikita Demidov started the construction of

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3  Left: The truss over the porch of Nev’yansk Tower, 1722–the 1740s. Section and details. The span of the roof is 8.6 m, its nominal height 7.6 m. Hexagonal bolts in detail A must be a result of a later repair; right: A timber truss in Saint Michael’s Church, Sittard, the Netherlands, 1668. Dimensions of the roof were not specified.

the Nevy’ansk tower in the 1720s. The work was finalised by his son, Akinfij Demidov (1678–1745), in the early 1740s. This building has survived up to the present and is remarkable for the ample amount of iron used in its structure and decoration. The floor tiles, balustrades, and door frames are made of iron. The tower’s porch is remarkable for its wroughtiron roof. Covering an area of around 100 m², the structure spans approximately 8.6 m and reaches 7.6 m in height. The system comprises rafters, collars, and central posts suspended from the ridge. All elements are made of flat iron with dimensions of around 2 × 7 cm, most of the iron elements connected using wedges and bolts. The system stands on cast-iron plates anchored to the underlying masonry walls17 (fig. 3 left). The roof’s steep slope and design were rarely seen in Russian buildings, but these features were commonly seen in the architecture of the Nether­ lands (fig. 3 right). The emergence of a Dutchstyle roof in the distant and undeveloped Ural could hardly be surprising: to develop the region’s metallurgy, many European professionals came to the Ural in the beginning of the 18th century. Dutch masters were highly valued by Peter

the Great, who first visited the Netherlands in the late 1690s. The wrought-iron roof structure is not the tower’s only innovation. The building is remarkable for the composite beams installed on its second level. Spanning roughly 6 m, the beams have nominal cross-sectional dimensions of around 19 × 14.5 cm. Each item was made of cast iron with a groove on its underside, into which a wroughtiron bar with sides of 6 × 3.6 cm was inserted to improve the beam’s performance in tension.18 The names of the builders responsible for the design and assembly of the Nevy’ansk Tower’s iron structures remain unknown. Those masters showcased their excellent understanding of the mechanical properties of wrought and cast iron by succeeding in combining the materials in a single load-bearing element. Because the tower was made possible by the ironwork that attracted highly skilled professionals in the fields of mineralogy, iron production, and metalworking, it is possible that the structure was produced by these skilled factory workers. Both Nikita and Akinfij Demidov were said to be experts in metallurgy, so it is likely that they took part in the tower’s construction.

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4  Top: Section of the roof over the Nikolas-Zareckij church, built between 1773 and 1803. The rafters cover a distance of 15.8 m; the roof’s nominal height is 5 m. Details C and D belong to the hipped part which is not visible from the section. Bottom: The timber roof over the building of the Collegium of Foreign Affairs in Moscow, the 1750s. 21 The rafters cover a distance of 25.4 m; the roof’s nominal height is 6.6 m. Considering the slenderness of the vault,one can assume that the posts stand above the transversal wall.

The Nikolas-Zareckij Church in Tula Another iron structure attributed to the Demidov family is the roof over the Nikolas-Zareckij Church in Tula. The construction of the building was initiated by Akinfij Demidov, who had decided to erect the new church near his father’s grave. The building was completed in the 1730s. Notably it housed a crypt, where some members of the Demidov family, including Akinfij and his wife, were buried. The roof over the Nikolas-Zareckij Church was originally made of timber. The structure was rebuilt in iron sometime between 1773 and 1803. Evidence from

the period would suggest that the construction work was funded by Akinfij’s nephews, Ivan and Nikita Demidov, and by their equally famous fellow parishioners, the successful industrialists Andrej (1731/32–99) and Ivan Batashev (1741–1821).19 The roof over the church’s nave has survived to the present. The wrought-iron structure occupies an area of around 420 m². It comprises rafters, purlins, the ridge, and struts that prop the principal rafters and the purlins. The rafters cover a distance of roughly 15.8 m and are spaced at 0.9–1.1 m centres. Every third axis of the rafters is a set of principal rafters. The principal rafters are linked to the purlins, which are spaced at about 2.3 m centres. The struts that support the rafters and the purlins reach 5 m in height. These struts are arranged in a chaotic manner that can be explained by the builders’ intention to place the elements over the load-bearing masonry structures of the upper storey and by the complex shape of the underlying vaults (fig. 4 top). Furthermore, some struts could fail in buckling, because of their considerable lengths and slender cross-sections.20 The roof components are made of solid rectangular iron bars. The cross-sectional dimensions of the common rafters are 2 × 3.5 cm, and those of the principal rafters and the struts 3 × 5 cm. Surviving archival records do not reveal the names of the builders who designed and assembled the iron roof. Because the Nikolas-Zareckij Church lay in the «blacksmithing district», which was historically occupied by Tula’s masters of gun smithery, the building’s iron roof could have been built by local metalworkers. These masters were considered the best in Russia. Possessing no architectural knowledge, they produced a structure with simplified geometry by adopting principles used in wooden purlin roofs. Notably the posts to support the purlins and rafters seems to have been used in timber roofs of the time as well (fig. 4 bottom). The roof-truss components were linked using techniques employed in earlier onion domes.

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Most of the elements were attached using forging, cramps, and wedges. The ridge and the longitudinal bars at the base of the structure were extended using bolts, which were small in number compared to wedges. The type of structure that was developed to cover the roof over the NikolasZareckij church could be seen in several iron roofs built in Tula in the second half of the 18th century. The arrangement of these structures could be observed in coeval iron roofs that emerged in other Russian regions and became distinctive features of the unique «Tula style» of building iron roofs.22 The Church of Saint Sergius in Sergiev Posad The Nikolas-Zareckij Church was far from the only church to be covered with iron in the 18th century. A few decades before its emergence, an impressive iron structure covered the nave of the Saint Sergius church in Sergiev Posad.23 The building was a part of the monumental complex of the Holy Trinity Saint Sergius Lavra. In the 18th century the monastery was an important religious and educational centre for Russia; it was especially favoured by Empress Elizabeth the Great (1709–62). After

the big fire of 1746 destroyed most of the monastery’s timber roofs, it was decided, not surprisingly, to reconstruct these structures using iron.24 The construction of the roof over the building’s nave started in the summer of 1748 and was finished by October of 1749. The iron roof covers an area of around 1,000 m² and has a width of roughly 20 m. The wrought-iron structure comprises gable and hipped parts. The gable portion consists of 39 trusses spaced at 0.8–1.7 m centres with a total height of more than 9 m, including struts. Each truss is composed of rafters, posts, and struts joined with bolts, rivets, wrapping, and forging (fig. 5).25 The design of this large-scale system was directed by the architect Ivan Zhukov (1715– after 1770), an apprentice to the famous Moscow architect Ivan Michurin (1700–63). The production and assembly of the structure were handled by the artillery blacksmith Vasiley Eremeev. The two masters combined their knowledge of architecture, engineering, and metalwork to create the pioneering structure. The design of the truss was probably a combination of basic schemes used

5  The roof over the nave in Church of Saint Sergius, the 1740s. The structure covers a distance of about 20 m and has a total height of 9 m including struts.

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6  Section of the iron roof covering the eastern part of the Marble Palace. A truss belonging to this structure is shown in figure 7.

in the construction of timber trusses.26 The connections of the system are not reminiscent of carpentry joints but are arranged using bolts and rivets commonly found in artillery goods. Produced under the direction of ingenious blacksmiths, the truss over the nave astonishes onlookers with its complex geometry and elaborate junctures. Even after 270 years of service life, the structure is in safe operating condition. The Marble Palace in Saint Petersburg Standing on the bank of the Neva river, the Marble Palace in Saint Petersburg was created as a present from Empress Catherine the Great (1729–96) to her beloved, Count Grigorij Orlov (1734–83). The building was erected in 1768–85. For better safety and strength, it was covered with iron in the 1770s.

The large-scale roof has survived to the present. It covers an area of around 4,000 m². The wrought-iron system comprises trusses that span 12–13.6 m, spaced at around 2.8 m centres. The trusses embrace every third axis of rafters; the intermediate, or common, rafters are supported by a system of transversal bars and by purlins held by the struts transmitting the load to the trusses (fig. 6). The roof-truss components are made of solid rectangular iron profiles with cross-sectional dimensions varying from 3 × 4 cm in side posts to 5 × 6 cm in rafters.27 The design and assembly of the structure were supervised by roof-truss and carpentry masters Franz Eggers and Ivan Seger. As both Eggers and Seger were carpenters, it is not surprising that the design of the iron truss was reminiscent of a timber structure (fig. 7). A similar geometrical pattern can

The Russian «Language of Building Iron Roofs»

be found in the famous treatise of the Italian architect Sebastiano Serlio (1475–c. 1554);28 this book was well-known and used in Russia in the 18th century.29 The iron and the timber trusses have a similar geometry but differ in the configuration of their struts. In Serlio’s truss, the struts were linked to the posts. They propped up the rafters and stiffened the structure. In the iron truss, the rafters were supported by the purlins which transferred the load to the trusses via struts. An extra pair of diagonals run between the central post and the tie-beam to transfer the load from the post to the tie-beam’s ends. A similar arrangement of the diagonals can be seen in the drawing of a timber truss designed to cover the Great Throne Hall of the Winter Palace, which stands a short distance from the Marble Palace. In 1758 the structure was drafted by the architect Francesco Bartolomeo Rastrelli (1700–71). With a height of around 8 m, the timber truss had to cover the span of roughly 27 mand supported the underlying ceiling structure. Although the Great Throne Hall’s timber truss comprised a larger number of posts, collars, and struts, the geometrical pattern that was used to design this truss was similar to the pattern used in the iron roof of the Marble Palace. These similarities would suggest that the drawing of the Great Throne Hall’s timber truss or the structure realised upon this design served as the inspiration for the design of the iron roof over the Marble Palace. The production of the Marble Palace’s iron truss was handled by metalworkers Christian Wegener and Stephen Weber. Probably supervised by the carpentry masters, the metalworkers linked the roof truss components using classical woodworking techniques. Despite the greater complexity of the processing of iron as compared to that of wood, the elements were shaped into pieces analogous to timber building components of the period (fig. 8). The iron roof-truss components were linked to each other using wedges, bolts, and forging. The resultant connections were bulky, cumbersome, and in some cases unstable. Notably the weakest joints were those that had no carpentry precursors.

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Early Approaches to Building Iron Roofs The first known examples of iron roofs emerged in Russian buildings between the 1740s and 1800. These structures originated in different parts of the country (fig. 9) and differed in scale, structural arrangement, and joining techniques. The builders of these systems were probably not familiar with each other’s work and thus concomitantly developed different types of iron roof structures. Lacking both commonly accepted techniques and theoretical treatises on the structural use of iron, the masters used approaches drawn from their professional backgrounds and skill sets.

7  Roof trusses. Top: Over the Marble Palace, the 1770s. The struts supporting the purlins are shown in dashed lines. The span of the truss is 12.4 m, its nominal height 3.3 m. Details A–D are displayed in figure 8. Middle: From Serlio’s book, 16th century. Dimensions were not specified. Bottom: Over the Winter Palace’s Great Throne Hall, Saint Petersburg, the 1758 design drawing by Rastrelli. The span of the truss is 27 m, its nominal height roughly 8 m.

D B A C

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Apparently the masters of carpentry and metalworking had the strongest influences on the design of the early iron structures. Carpentry Influences Timber has been widely used in Russian buildings since ancient times. Most of the country’s houses, fortresses, and engineering structures were made of wood that was easily available and simple to process. Notably wood has long remained the country’s main material for roof construction, even after the first iron roofs emerged in Russia in the 18th century. A timber truss could be designed

8  Left: Joints of the Marble Palace’s truss (Details A–D); right: Their timber analogues.

based on patterns from architectural books or by imitating the arrangement of an existing structure. By contrast the design and production of iron roofs was a new practice in the 18th century. Only a few iron structures had been built by then and no recommendations on the constructive use of iron could be found in architectural and construction treatises of the time. Consequently the first Russian iron roofs emulated techniques that were used in timber architecture. The geometrical arrangement of all the iron structures discussed in this paper was probably copied from timber construction patterns. The extent to which the elements of the timber designs were used for a particular roof depended on the role of carpenters in the construction process. The roof truss and carpentry masters who supervised the assembly of the roof over the Marble Palace closely matched the geometry and joints of traditional timber trusses in their iron copies. The iron truss profited from the use of the well-known geometrical schemes of woodworking, but the application of carpentry joining techniques in an iron structure was a convoluted and impractical task. The notches, holes, narrow pieces, and complexly shaped elements that were typical of wooden roofs were difficult to reproduce in iron, which was harder than timber and could only be worked after being heated. Because of these complexities, smithery and metallurgical masters suggested innovative approaches for the design of iron structures. The structures that appear to have been produced without the help of a carpenter adopted elements from timber roofs to a much lesser extent. The masters of Tula and Nevyansk limited the use of wooden designs to the adoption of geometrical patterns while developing novel methods of connection to attach simply shaped elements. The absence of carpenters played a positive role in the construction of the iron roof covering the nave of the Saint Sergius church. Free from the influence of impractical woodworking techniques, the builders used their architectural and engineering knowledge to produce a novel

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Marble Palace, the 1770s Svir‘ St. Petersburg

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Nikolas-Zareckij Church, between 1773 and 1803

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9 Location of some of the iron roofs built in Russia in the 18th century and the dates of their construction.

design and junctures that befitted an iron struc­ ture. Consequently the iron roof over the nave of the Saint Sergius church showed the greatest deviation from the classical timber trusses and became the most advanced iron truss of its time. Smithery Influences While well-established carpentry traditions were present in all parts of Russia, the country’s metalworkers dominated particular regions, including Tula, Moscow, and Olonets, which lay not far from Saint Petersburg. In the early 18th century many masters from these areas moved to the Ural region, which would soon become the metallurgical centre of Russia. Unsurprisingly the first Russian iron roofs emerged in the country’s metalworking regions and in the Russian capitals, Moscow and Saint Petersburg, which were the biggest recipients of iron products. The local Russian blacksmiths were mainly involved in the

production of armaments, but they also had experience in manufacturing a variety of iron goods, such as housewares, tools, decorative works, and building elements, including ties and connectors for masonry structures. These iron products may have become sources of inspiration for builders of iron roofs. Notably techniques to produce the first iron roofs were similar to those used in earlier iron structures. Some of the roof truss components with hooks at the ends were similar to the iron ties used in masonry structures. T-shaped ends used for wrapping around or accommodating horizontal members, wedges, or cramps could be seen in earlier iron ties and domes. These joining techniques were not used by the metalworkers that produced the iron roof over the Marble Palace. Because these masters were likely not Russian, one can assume that they were not familiar with the earlier Russian examples of iron structures.

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Iron’s ductility and strength gave the builders of iron roofs new opportunities for the shaping and linking of iron roof-truss components and provided the impetus for the development of innovative designs and joining techniques. The nature of these innovations depended on the qualifications of the metalworkers. Tula’s masters of gun smithery used their ingenuity and metalworking expertise to develop novel joining techniques based on the known methods of shaping and attaching iron elements. The connections they produced were not analogous to those found in contemporaneous timber roofs. The artillery blacksmith who produced the roof over the nave in the Saint Sergius Church assembled the truss using bolts and rivets, which were commonly used to produce artillery goods but were rarely seen in building structures because of the technically complex production of these connectors. The remote and undeveloped Ural region could not do much to attract famous architects and roof masters, but the region’s ironworks succeeded in attracting the best European and Russian professionals from the fields of metallurgy and metalwork. Possessing in-depth knowledge of the production and processing of iron, these masters developed innovative engineering structures that were beyond the expertise of ordinary masters of gun smithery and had no equal in the world.

Methods versus Dialects At the dawn of the 18th century, the extension and rapid development of Russian metallurgy increased the country’s production output of iron. At first, the material was mainly used for military purposes but became more available for civil use after the end of the Great Northern War (1700–21). The wider use of iron in construction triggered the emergence of the first Russian iron roofs. The empirical methods used to produce the innovative iron structures

were influenced by local, social, economic, and historical factors. The early approaches to building iron roofs imitated techniques commonly used in timber construction. The experience that blacksmiths of the time had in producing iron ties, military products, houseware, and tools spurred the detachment of iron construction practices from the techniques of woodworking. Notably this change in production techniques progressed slowly and did not reach the forefront of architecture until the 19th century. The introduction of structural theory into building practices and the advent of more advanced methods for the production of iron and steel paved the way for the increased use of metals in construction and the sophistication of iron structures. Characterised by the presence of an activating factor, localised development, the replication of more commonly used practices, and the slow process of development beyond these techniques, the emergence and development of the approaches to building iron roofs in 18th-century Russia fit within the concept of the formation of a construction language. The diverse and geographically distant iron structures can be considered repositories of «early dialects of iron roof construction», which emerged independently and did not show any sign of qualitative development. These dialects adopted the vocabulary of the more widely spoken «language of timber construction», which was modified and complemented by the introduction of new elements and rules introduced by smithery masters and architects. The resultant dialects differed from each other due to the unique influence of each master charged with their creation. The Russian dialects of building iron roofs were interconnected in the 19th century. The development and sophistication of the language that they formed led to the emergence of the modern «language of steel construction», which can be fully understood, spoken, and read through the comprehensive study of the history of its formation.

The Russian «Language of Building Iron Roofs»

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established by Peter the Great. 22 Kosykh 2020, 20, 25–27. 23 The Church of Saint Sergius was built in the 1680s and was originally covered with timber. The building has two main parts: the nave and the tholobate. The Church became famous for its refectory hall that served for festive dinners and ceremonial receptions. The room has a clear span of 15.2 m and is covered with a vault that canopied the room without the use of any intermediary supports. Because of the refectory hall, the Church of Saint Sergius is also referred to as the Refectory Church or as the Church of Saint Sergius with a refectory. 24 Kosykh 2019, 349–351. 25 Kosykh 2019, 343–346. 26 The idea of combining basic patterns and single elements to form a more complex structure was used to design timber trusses in the 17th–18th centuries. In the 19th century, this method found use in design of iron trusses. More information on the method, known as the method of overlapping or superimposing, can be found in Peters 2012 and Rinke et al. 2013. 27 Kosykh et al. 2018, 809–813. 28 Serlio 1566, 197. 29 Mikhajlov 1954, 254–255.

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Image Sources

1 Graph by A. Kosykh based on Alekseev / Gavrilov 2008, 327, 354 and Strumilin 1954, 180, 201. 2 top left Cherny'shev 2007, 22. 2 top right Drawing by A. Kosykh based on Vasil'ev 1956, 45. 2 bottom Cherny'shev 2007, 33–34. 3 left Drawing by M. Gielen, Chair of Construction History BTU C-S, 2015. 3 right Drawing by A. Kosykh based on Janse 1989, 288. 4 top Chair of Construction History BTU C-S 2020. 4 bottom Drawing by A. Kosykh based on Mikhajlov 1954, 275. 5 Drawing by M. Gielen, Chair of Construction History BTU C-S, 2015. 6 Drawing by M. Gielen, Chair of Construction History BTU C-S, 2017. 7 top Chair of Construction History BTU C-S, 2017. 7 middle Serlio 1566, 197. 7 bottom Archive of the State Hermitage, Saint Petersburg, OR 17014, 3. 8 left Chair of Construction History BTU C-S, 2020. 8 right Drawing by A. Kosykh based on Kiselev 1990, 60–90. 9 Chair of Construction History, BTU C-S, 2020.

The Soul of Iron and its Revelation in Construction

Bill Addis

The Soul of a Material

How Iron is Made and Formed into Components

The idea that a material has a soul often underlies a sculptor’s or a jeweller’s purpose.1 Many traditional craftsmen in the construction industry – stone masons, carpenters, metalsmiths – also talk of their feelings about a material: an intimate understanding of its properties, what it is capable of, its strengths, its limits. One of the very few engineers who has articulated his feeling for materials, and his constant aim to express the inner nature or soul of the materials he worked with, was the Irish engineer Peter Rice, who, for example, crafted the Centre Pompidou in Paris with its huge cast-steel ‹gerberettes›. 2 A construction material communicates something of its inner characteristics when observed by someone. Just what it may communicate will vary according to who is observing. To an architect, a material used in a building may convey solidity, delicacy, hardness, softness, brightness, colour. To a craftsman or engineer, it can convey these things also but, in addition, it will convey something about how the material was formed into its final shape, how one piece is connected to another, how it performs its structural duty, and how it is used in combination with other materials. These four types of characteristic set the structure for this paper. Examples are drawn largely from cast-iron construction in the UK from 1770 onwards although, of course, the argument in the paper applies to iron construction anywhere.

Iron became commercially viable for widespread use in construction during the 19th century only because of the ever-increasing quality and quantity of iron made for the manufacture of all the artefacts that fuelled the Industrial Revolution – water wheels, machine tools, factory machinery, steam engines, and boilers. However, there were two qualities of iron that particularly attracted builders and engineers to use it in buildings as a replacement for traditional construction materials. They were its high stiffness and strength in compression and tension, and its resistance to fire, especially compared to timber and masonry. Gradually, during the period between about 1750 and 1860, iron came to replace traditional materials for each structural element of a building – the walls, floors, foundations, façades, and roofs, as well as to provide overall stability and resistance to wind loads. Before considering the ways iron has been used, which give clues to its soul, it is important to understand the physical and engineering properties of the material. The iron that has been used in buildings at different periods of history was one of three alloys of the chemical element, iron, combined with different proportions of carbon, from nearly zero to about 4 %. It is truly remarkable how minute differences in the quantity of carbon affect the mechanical and chemical properties of the resulting alloys (Table 1). Most significant is that wrought iron and steel are both ductile and equally strong in tension and compression, while cast iron is brittle and relatively weak in tension.

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Wrought Iron

Grey Cast Iron

Mild Steel

Proportion of carbon

%

0.02–0.05

2.5–4.0

0.2–1.0

Temperature to manufacture

°C

1 000

1 130–1 200

1 500

First use in Europe

c.1500 BC

14th c.

mid-19th c.

First use in European buildings

c.500 BC

1770s

1870s

Fracture behaviour

  

Ductile

Brittle

Ductile

Tensile strength

N/mm²

280–370

120

350–450

Compressive strength

N/mm²

240–310

600–800

350–450

Stiffness (Young's modulus)

kN/mm²

155–220

85–90

210



Very good

Good

Castability Corrosion resistance

Good

Very good

Poor

Internal structure

Fibrous

Crystalline

Amorphous

Weldability

Possible

Difficult

Very good

Table 1  Properties of the principal alloys of iron.

The dates of their first use reflect the times when progressively higher furnace temperatures were first achieved.

Cast Iron The process of casting had been used since ancient times for large bronze artefacts and was used for making canons in the 14th century, initially of bronze and soon of cast iron as a cheaper alternative. First a full-size model of the artefact is made in wood, called the pattern. This is embedded in sand and the mould is split at predetermined places to allow the pattern to be removed. Molten metal is poured into the void through holes made for the purpose and entrapped air is allowed to escape through other holes. Ancient founders also devised a technique for producing partially hollow components such as large pots and statues. A core of clay is placed inside the large void which defines the outside surface of the artefact, held in place by a few clay or metal supports. This leaves a thin void between the inside surface of the mould and the outside of the core. After casting, the core is chipped out using hammer and chisel. There was thus nothing

new about the technology needed to produce the first building components made of cast iron in the late 18th century. The advantage of the casting process is that it is possible to make nearly any shape you want. It is also very easy to make many identical components using the same wooden pattern. This quickly encouraged iron workers to seek effective ways of ensuring they were using as little iron as possible, and the shapes of columns and beams soon corresponded to their structural duty. As furnace technology was improved so the price of cast iron came down, and it began to be used for non-military applications from the late 17th century, including agricultural implements and domestic items such as cooking pots and fire backs. Perhaps the earliest use of cast iron as a structural material was in 1752 in the Cistercian monastery at Alcobaça, some 100 km north of Lisbon, not far distant from the Portuguese navy’s canon foundry. Six columns, 1.8 m tall and 18 cm in diameter, support wrought-iron beams 2.75 m long and 14 cm deep, on which is built a brick chimney some 12 m tall.3 However, this was an isolated example, and the mainstream use of cast iron began only in the 1790s in the English Midlands.

The Soul of Iron and its Revelation in Construction

These various processes lead to visible characteristics in iron components that can be recognised or read by someone who understands these processes. And it is up to the designer of the components to decide whether the characteristics are deliberately accentuated to make them more visible or, perhaps, played down to hide or disguise them. Ultimately these characteristics are the clues to the soul of the cast iron (and, in turn, they also vary according to the particular method of casting, as well as when it was made): • the shapes and sizes that can be made by casting – volume, thickness, length, the nature of curves, hollow sections, etc.; • the surface texture, depending on the type of mould (different sands, clay, free surface); • the sharpness of detail, depending on the viscosity of the liquid iron; • evidence of fettling; • the three-dimensional and sculptural qualities of cast-iron components (fig. 1). Wrought Iron Until the late 18th century wrought-iron components were made using forging hammers, handheld or driven by water wheels. Short lengths of bar could be forge-welded together to make longer bars. The first rolling mills, powered by water, were made in Sweden in the 1750s to produce square and rectangular sections. Within a few decades wrought-iron plates a square metre or so in size could be rolled and joined using rivets to make the boilers for steam engines. Rolled wrought-iron sections for use in the construction industry, in the form of an L or a T, were first made in the mid-1840s by riveting lengths of these sections together with flat plates; large girders and columns could be built up to form an I-section or a rectangular box section. This technique remained the standard practice using wrought iron and, from the 1870s, steel, right up to the early 1900s when large rolled I-sections became available.

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1  Detail of cast-iron foundation for aqueduct, Longdon-on-Tern, 1796. Engineer: Thomas Telford.

The various means of producing wrought iron led to its characteristic appearance, sizes, and shapes: • the various shapes and sizes made by hand forging / machine forging / mill rolling; • the surface texture – hammer and tool marks, grain (from a rolling mill); • radii of curvature achieved by bending or from the rolling mill; • the sharpness of detail like re-entrant angles.

How Iron Components are Connected As a consequence of their different material properties and characteristics, cast- and wrought-iron components need to be connected in different ways. Cast Iron When used in compression (in arches) adjacent components could be connected simply by geometrical interlocking. When some resistance to rotation or tension was needed, a dovetail might be used, such as in the iron bridge at Coalbrookdale (1779), or an interlocking method, made tight using wedges (fig. 2). The latter method was used at the

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2  Detail of roof truss, Custom House, Dublin, c.1820. Engineer: John Rennie. Cast-iron diagonals in compression; vertical and horizontal wrought iron ties in tension.

Crystal Palace (1850–51) for connecting the castiron girders to the column (fig. 3).4 From the 1820s bolts became more common in iron machines and their use was soon adopted in construction. Being very brittle, cast-iron components were hardly ever connected using rivets since the hammering impact during riveting was likely to fracture the cast-iron component. For two rare exceptions, see figure 10 below. Wrought Iron Wrought iron is ductile and becomes much more ductile when heated to a red heat (500–600 °C). Forge welding of short wrought-iron pieces was mainly used from Roman times to create long members of relatively small cross section for use as ties for many purposes and, from the 1750s, in roof trusses.5 From the mid-18th century, the forging was often carried out using water-powered forges and, from the 1820s, using steam-powered forges.6 Each process left its own imprint on the iron. The riveting of iron plate developed from the mid-18th century with the growing use of iron boilers for steam engines. Holes were punched in the iron plate and perhaps hand-reamed to make a

3  Detail of connection between cast-iron girder and column in the Crystal Palace (1850/51). Wedges of either oak or cast iron (small, diamond-shapes labelled T) were made tight using hammers. Column sections above and below the connector section were fixed using four (wrought-iron) bolts with nuts.

more precise hole. Rivets were heated to a red heat, placed in the hole and hammered by hand (fig. 4). A hand-closed rivet bears the signs of this process. From the 1840s hydraulic riveting machines were developed, which forged the rivet to form a standard smooth surface that conveyed an image different from a hand-closed rivet. Nevertheless, many locations were not suitable for hydraulic riveting and hand riveting survived until the 20th century.7

The Soul of Iron and its Revelation in Construction

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How Iron is Suited to Different Structural Actions and Forms Iron was very expensive and from the earliest days, in the 1770s, there was considerable economic advantage in using as little as possible. Unlike the traditional materials – stone and timber – which iron replaced, both of which were cut down to size, iron was built up from (theoretically) nothing.8 Cast Iron The great advantage of cast iron was that it could be made into any shape, in particular, the most efficient shape. The very earliest uses of cast iron in the 1770s, for example in stationary steam engines and rails for wheeled trucks, have structural forms entirely unknown in traditional materials, and must have appeared very unusual. It would not be until more than a decade later that such forms were used in buildings or bridges, and put on show to the public and non-mechanical engineers.9 Being very strong in compression and relatively weak in tension, cast iron was best suited for columns, and for voussoir arches such as in the many elegant bridges by Thomas Telford. The earliest columns in the 1790s were of solid round sections or of a cruciform section, both being easy to cast. By 1800 the technique for casting hollow columns had been developed and circular hollow sections – a more efficient structural cross section – began to be used; these also had the advantage of being used to distribute steam through the building for heating and cleaning purposes. The first H-shaped column section was not built until the mid-1840s (fig. 5 top). This chain of development illustrates how engineers came to learn how best to use this new construction material – how to understand and reveal its soul. When used for a beam, cast iron could be cast in a structurally efficient shape, reflecting the bending moment diagram in the longitudinal elevation, and with the lower (tension) flange of the beam thicker than the upper (compression) flange. The structural ironwork from Armley Mill (1803) is typical of its day. It has a hog-backed beam with an

4  Riveting wrought-iron boilers for a ship, c. 1850.

inverted-T section. In plan, the sides are parallel. As well as giving a structurally efficient form to the beam, the casting includes the means by which two adjacent beams are connected at their ends. Each beam spans between two columns, and at each end of the beam is a C-shaped cup that locates with the circular column. The beams are tied together by a wrought-iron ring that fits over a D-shaped spigot on each beam. Furthermore, the casting includes three holes on the upper side into which wroughtiron ties between parallel beams are fixed, and also two brackets to which pulleys or shaft bearings, forming part of the system by which mechanical power is distributed throughout the factory, are fixed using bolts (fig. 6). It will also be noted that the cast-iron column has bespoke forms at each end, for the footing and location of the column above, as well as intricate details for supporting the beams, and a cast-in outlet pipe and flanged end to enable the steam distributed through the columns to be tapped off for use on the factory floor. Such components were an entirely new concept in building

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construction and revealed the nature of the new material in every detail and, not least, in their overall size, being much smaller than the timber equivalents that would have been used a decade earlier. Between about 1795 and 1830, the cross sections of beams were a variety of quite efficient inverted T or Y sections. Nevertheless, some engineers thought that the properties of cast iron could be exploited even more effectively. One such development was to improve the quality of the iron to achieve greater strength and, in particular, to remove the inclusion of particles of impurities in the iron which could initiate a fracture at a stress much lower that the full strength. Also motivated by the need for economy, William Fairbairn and Eaton Hodgkinson conducted a large number of tests on many different forms of beam during the 1820s, culminating with what they called the ‹rational beam› (fig. 5 bottom).10 The resulting structural ironwork for a factory was noticeably more economical (by around 30 %) (fig. 7). The beams, especially, were more slender and, for the first time, were thickened towards midspan in plan view – the purpose of this thickening was to resist the lateral loads that could be imposed by the brick arches, especially during construction or in the event that a brick arch collapsed, and cause

lateral bending or lateral buckling of the beam. The cross section of the beam was an I-section – indeed the first I-section – with an upper flange, to resist lateral bending and buckling, and with a lower (tension) flange six times the area of the upper (compression) flange, reflecting the ratio of compressive to tensile strength of cast iron. Wrought Iron The wrought-iron tie revolutionised roof trusses and led to the introduction of a new vocabulary and a new language of structures – the statically determinate structure – in which all members act either in pure tension or pure compression, and the connections between them are pin joints, ensuring that no bending could arise in the truss members. Apart from the new lexicon of details, the very lightness of the structures created a great contrast to traditional timber roof structures. For columns and girders, the versatility of the riveting process was astonishing. Even knowing how it was done, it is today hardly possible to imagine the effort and skill involved in achieving many riveted structures from the 19th century. Using the riveting process, it was possible to make an almost infinite variety of shapes, from an I- or H-shaped cross section up to a few metres deep,

5  Evolution of sections of cast-iron columns (top) and beams (bottom), c. 1785–1845.

The Soul of Iron and its Revelation in Construction

6  Armley Mill, Leeds, 1803. Structural ironwork. 7  Orrell’s Mill, 1834. Structural ironwork with Fairbairn / Hodgkinson ‹Rational beam›.

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8  Detail of riveted wrought-iron box girder for the Britannia Bridge, 1848. Engineers: William Fairbairn / Robert Stephenson.

The Soul of Iron and its Revelation in Construction

9  Cast-iron beam, reinforced with wrought-iron trussing rods. Warehouse, Portsmouth dockyard, 1844. Span 11.8 m, 84 cm deep, bottom flange 33 cm wide. Wrought-iron trussing rods 11 by 5 cm.

to a fish-belly girder of almost any size from a few metres in length to many tens of metres. Again, this was an entirely new language of structures, which first became familiar to the public in railway stations from the 1840s. It also led to spans of unprecedented size such as Fairbairn and Stephenson’s Britannia Bridge (1845–49), which had two main spans of 140 m (fig. 8).11

How Iron is Used in Combination with Other Materials As already noted, iron is usually used in combination with other materials. Neither cast nor wrought iron by themselves fulfil the performance requirements of bridges or buildings. Just as the inner

characteristics of iron are expressed in the components for which they are used, so too their characteristics are conveyed implicitly in how they are used in combination. A common example, which reflects the inner characteristics of both cast and wrought iron, was to use the two materials in combination, making best use of the best characteristics of each. The weakness of cast iron in tension was combined with the strength in tension of wrought iron, both in roof structures (fig. 2) and in long-span, or heavily loaded beams (figs. 9 and 10). This combined use became a fundamental aspect of the language of iron construction from the early 1800s until the 1860s, when cast iron fell out of use for most applications because of its weakness in tensions and, in particular, its brittleness.

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10  Cast-iron beams reinforced with wrought-iron, c. 1845.

A similar structural combination involving both cast and wrought iron was the common use of both materials together with timber in a wide variety of roof structures.12 An equally common combination of materials was found in the iron (mainly wrought iron) and glass structures that characterised much construction from the 1820s to the 1900s – including countless glass houses, railway stations, museums, covered shopping arcades, and early glazed façades, such as the Crystal Palace in London.13 The use of glass to enable iron to be used to create the building envelope demonstrates equally the inner character – the soul – of both iron and glass. Each of the many combinations of cast and wrought iron with other materials – timber, glass, brick, stone, concrete – developed its own unique language of structural design, with its own vocabulary of details, and forms of individual components and whole structures.

What Drove these Developments in the UK? It is, finally, worth reflecting on what drove these various new developments in using iron, from its modern beginnings in the 1750s to its full maturity in the 1880s. Fundamentally it was, first of all, to provide structures with improved properties – greater

strength and stiffness, longer spans, new functions (e.g. the non-loadbearing building envelope). There were also other benefits, including resistance to fire and corrosion, and economic manufacture of identical components by means of casting and the many industrial processes developed for wrought iron. Deliberately expressing the characteristics – the soul – of the materials only developed as users learned about the new material and took it, so to speak, to new places undiscovered by uses of the traditional materials that iron replaced. In the transitions from the older technologies to the newer ones, we see patterns familiar in other design revolutions.14

Conclusion All materials have their own unique set of characteristics that their users are able to exploit for functional reasons and also to express a certain design aesthetic, sometimes following logic, sometimes more personal. As Wittgenstein so clearly showed us, the words, syntax, and grammar of a language earn their status and meaning by virtue of how they are used, used in a language game – they have no independent existence.15 So it is also with construction languages. The purpose of language is to communicate, and the precise nature of the language depends on who is communicating what and to whom. In the case of architects and their buildings, they are primarily communicating with the users of the building, by means of space, materials, colour and so on. They are also communicating to a more technically educated observer who will better understand the historical and contextual aspects of a design. In the case of constructors and engineering designers it is often less obvious to whom any ‹meaning› or soul is being communicated; often it may be to other constructors and engineering designers. Many non-technical observers are likely not to be aware of the significance of exactly what they are seeing in, for example, a trussed cast-iron beam, as in figure 9. But the messages are there, nonetheless, for those able to read them.

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Image Sources 1, 2, 5, 9, 10  Bill Addis. 3 Downes [1851] 1971, Plate 8. 4 Abbott 1851, 727. 6 Fitzgerald [1988] 1997, 132. 7 Fitzgerald [1988] 1997, 141. 8 Clarke 1850, 937.

Das Zusammenspiel von Industrie, Verwaltung und Wissenschaft bei der Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

Volker Wetzk, Karl-Eugen Kurrer

Mit der Einführung des Eisens als Konstruktions­ werkstoff im Zuge der Industriellen Revolution hatten sich dem Brücken- und Hochbau ungeahnte Dimensionen in Entwurf, Berechnung, Konstruktion, Montage und Nutzung eröffnet, die ein neues Denken der Ingenieure erforderten. So wurden Bewegungen eiserner Überbauten, insbesondere durch Temperaturveränderungen, nicht mehr als unerwünschte und zu unterdrückende Begleiterscheinung verstanden, sondern als integraler Bestandteil des Konstruierens mit Eisen zugelassen. Damit avancierte auch die Lagertechnik zum Spiegel eines neuen Denkens, wie es Werner Lorenz bereits 1990 am Beispiel der Entwicklung des Dreigelenksystems aufzeigte: Sicherheit durch Beweglichkeit.1 Die Generation der eisernen – später stählernen – Lager sollte bis nach dem Zweiten Weltkrieg ein technisches Stamm-Inventar des Konstruktiven Ingenieurbaus bilden.2 Aufbauend auf einer Darlegung des technikgeschichtlichen Kontextes sowie der Einführung von Lagern in den Brückenbau thematisiert nachfolgender Beitrag die Ausprägung einer Kon­struk­ ti­ ons­ sprache für eiserne bzw. stählerne Lager. Den methodischen Leitfaden bilden die schematischen Hand­lungs­ebenen Industrie, Verwaltung und Wissenschaft3 mit ihrem triadischen Zusammenspiel und ihren unterschiedlich motivierten Impulsen auf die Sprach­entwicklung. Letztere ist nicht linear, sie folgt aber im entwicklungsgeschichtlichen Sinne einer Reifung bzw. Optimierung, um nach einem Stillstand schließlich durch die spezifische Kon­struk­ ti­ons­sprache einer neuen Lagergeneration abgelöst zu werden. Am hier aufgezeigten Beispiel wird

im Nachgang die Gültigkeit eines von Lorenz vorgeschlagenen allgemeinen Entwicklungsmodells für Konstruktionssprachen untersucht.

Begriffe Der interdisziplinäre Charakter des Symposiums Konstruktionssprachen – Languages of Construction mit seinem Thema an der Schnittstelle zwischen Ingenieur- und Sprach­wissen­schaft bedingt die Auseinander­setzung mit Grund­begriffen – auch und insbesondere unter Be­ zug­ nahme auf die Arbeiten von Werner Lorenz, der für die hier relevante bautechnik­ geschicht­ liche Forschung den Begriff ›Archäologie des Konstru­ierens‹ prägte. Konstruktion und Konstrukteure Der Begriff ›Konstruktion‹ ist ein in den Technik­ wissenschaften häufiges Fachwort. Auch im Bau­ wesen gehören Termini wie ›Baukonstruktion‹ und ›Trag­konstruktion‹ zum viel genutzten Begriffs­ kanon. Erstaunlicherweise jedoch wird ausgerechnet ein so gängiger Term wie ›Konstruktion‹ weder im Lexikon der Bautechnik4 noch im VDILexikon Bau­ingenieur­wesen5 erwähnt und erläutert. Hilfreicher ist der Blick in allgemeinere Lexika, die den Begriff ›Konstruktion‹ z. B. deuten als »… das Konstruieren [i.S.v. Entwerfen] bzw. das Konstruierte [i.S.v. das Gebaute]«6 oder auch »… gedanklicher und tatsächlicher Aufbau technischer Gebilde«7 und somit unter Konstruktion sowohl den Prozess des Konstruierens als auch das Produkt der Konstruktion subsummieren.

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Für unsere Zwecke von besonderer Bedeutung sind vor allem die Protagonisten, die Konstrukteure – die Im­puls­geber auf Prozess und Produkt. Sehen wir hier im frühen 19. Jh. den noch in handwerklicher Tradition der Bau- und Maschinen­technik stehenden Techniktyp, so fand mit Vollendung der Industriellen Revolution im Deutschland der 1860er Jahre auch die Profession des Konstrukteurs ihre klassische, wissenschaftsnahe Ausprägung; 1861 z. B. publizierte Franz Reuleaux seine Monografie Der Constructeur – eine operative Darstellung der wissenschaftlich-technischen Grundlagen des Maschinenentwurfs für »Maschinenund Bau-Ingenieure, Fabrikanten und Technische Lehranstalten«8. Damit kam ein seit Mitte des 18. Jhs. einsetzender Prozess zum Abschluss, der neue Aufgaben mit neuen Maßstäben in einem sich ändernden gesellschaftlichen Umfeld stellte, was letztlich zur Konstituierung des modernen (Bau-) Ingenieur­denkens sowie zur Ablösung der bis dato in Personal­union sowohl Prozess als auch Produkt verantwortenden Generalisten führte. Im ausgehenden 19. Jh. schließlich hatte sich die Profession der Bauingenieure von den Maschinenbauern getrennt, zudem war die Trennung von Ingenieur und Architekt vollzogen9: »Sache des Architekten ist das Produkt, der Ingenieur thematisiert den Prozess«, akzentuiert Lorenz 1999 deren wohl präg­ nanteste Unterscheidung. Der Ingenieur nun hatte sich im 19. Jh. wie niemals vorher ein Mann der Praxis, die exakten Wissenschaften angeeignet und sie zur Grundlage seiner Arbeit gemacht; aber er musste sich sagen, daß selbst die vollendetste Kenntnis dieser Disziplinen noch keinen Konstrukteur macht und daß das wichtigste für ihn jenseits des Meßbaren und Zählbaren liegt, in der schöpferischen Tätigkeit des Geistes10

betont Schnabel die herausgehobene Stellung des Konstrukteurs. Ein guter Konstrukteur muss nicht allein ein guter Theoretiker sein, sondern er muss ausserdem noch ein gewisses Extra besitzen, […] nämlich das angeborene oder anerzogene feine Gefühl für die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der von ihm zu schaffenden Formen. Mit

anderen Worten, der Konstrukteur muss beides, sowohl die Wissenschaft als auch die Kunst seines Faches beherrschen. Er muss im wahrsten Sinne des Wortes ein Baukünstler sein11

– so positioniert Georg Christoph Mehrtens um 1900 den Konstrukteur an der Schnittstelle von Theorie und Praxis sowie von Konstruktion als Produkt und als Prozess. Konstruktionssprache ist in erster Linie die Sprache des Konstrukteurs. Konstruktion und Sprache Lorenz fährt fort: Das Interessante daran ist nun, wie dieser Prozeß eine eigene, bestimmende Kraft auch für die Gestaltung der Brücken entwickelt – eine sublime Ästhetik des Prozesses, die davon erzählt, wie die Brücke […] entstanden ist.12

Damit formuliert er bereits den Grundgedanken einer Kon­struk­tions­sprache, den Brückenschlag vom Prozess zum Produkt oder die »sorgfältige Einheit von Konstruieren und Gestalten«13, wie Lorenz es seinerzeit nennt. Als er schließlich den Begriff Kon­struk­tions­sprache sukzessive in die Bau­tech­nik­geschichte einführt14, bezieht er ihn auf »das gesamte Geflecht spezifischer Sichtweisen, Praktiken und Regeln, die sich mit der Einführung und Verbreitung einer neuen bestimmenden Ein­ fluss­größe im Bauwesen herausbilden«15 und formuliert hierfür die relevanten Faktoren: »Es geht um den untergetauchten Teil des Eisbergs – nicht die sichtbaren Produkte stehen im Mittelpunkt, sondern die zunächst unsichtbaren Prozesse ihrer Entstehung«16; der Prozess also als zentrales Ent­ wick­lungs­moment jeder Kon­struk­ti­ons­sprache. Interessant ist im vorliegenden Zusammen­ hang die Analogie zwischen menschlicher Sprache und Kon­struk­ti­ons­sprache. Für Lorenz steht die Struktur einer Konstruktionssprache im Fokus, die sich in ihren Abhängigkeiten von unterschiedlichen Einfluss­ größen – seien es die Potenziale der verfügbaren Mate­ ria­lien, seien es deren gesellschaftliche oder kulturelle Ge­brauchs­formen, seien es makro­ökonomische Spezifika17

bildet und entwickelt; werkstoffinhärente Eigen­ schaften werden also durch gesellschaftlich-kultu-

Die Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

relle Einflüsse geformt. Ebenso wird bei der menschlichen Sprache eine naturgegebene Sprachanlage des Menschen durch kulturelle Einflüsse geformt, wie Regula Schmidlin in ihrem Eröffnungsvortrag zum Symposium das Wesen der Sprache erläuterte.18 Vor dem Hintergrund dieser Analogie liegt es nahe, dass auch Konstruktionssprachen – sei es das Konstruieren mit einem bestimmten Werkstoff oder die Ausformung eines konstruktiven Details – sich in unterschiedlichen Kulturkreisen bzw. Zeit­ epochen unterschiedlich ausprägen werden. Selbstverständlich hat jede Konstruktions­ sprache zudem eine kommunikative Dimension. Nonverbal erzählt das Produkt vom »untergetauchten Teil des Eisbergs«, lässt uns teilhaben am oft zähen Prozess des Ringens um eine angemessene Lösung für eine bestimmte Bauaufgabe in einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort. Um diese Aussage verstehen zu können, müssen – wie bei einer natürlichen Sprache – »Lesende« mit dem Sprachraum vertraut sein. So wird Kon­ struk­ti­ons­sprache am besten von Konstrukteuren gelesen und verstanden werden. Sie waren es, die die Informationen des Prozesses dem Produkt einschrieben – ihnen sind Lexik, Syntax etc. vertraut. Ihnen auch wird die Rückübersetzung am besten gelingen. Im Gegensatz zur Konstruktionssprache steht die Symbolsprache der Ingenieure. Die zunehmende Bedeutung der Theorie bei der Nachweis­ führung hatte im letzten Viertel des 19. Jhs. zur Vollendung einer ingenieurspezifischen Zeichen­ sprache – der Strichstatik – geführt. Mit zunehmendem Abstraktionsgrad unter Zuhilfenahme eines sich etablierenden Symbolkanons erlaubte die Strichstatik die Übersetzung eines realen Tragwerks in ein Trag­struktur­modell. Dieser »Umweg« bei der Bemessung jedoch verstärkte die Entkopplung des Prozesses vom Produkt, und fortan sollte die Nachweisführung am Modell mitsamt seinen Unschärfen nur noch entfernt mit der gebauten bzw. zu bauenden Realität zu tun haben und im besten Fall zu einer guten Näherungslösung führen. Die mit diesem Vorgehen einhergehende

Ausprägung eines neuen – deduktiv ausgerichteten – (Bau-)Ingenieurdenkens verstärkte zudem die Trennung des Ingenieurs vom induktiv arbeitenden Architekten. Vor allem aber war und ist die Strichstatik mit ihrer Symbolik ein Werkzeug und Kommunikationstool allein für einen ausgewählten Kreis von Spezialisten: die rechnenden Ingenieure. Trotz ihres zweifellos vorhandenen ästhetischen Potenzials fehlt der Strichstatik als künstliche und zweckgebundene, reine Prozesssprache der Brücken­schlag zum Produkt; an diesem bleiben etwaige baumechanische Nachweisführungen unsichtbar. Insofern ist die Zeichensprache des Ingenieurs keine Konstruktionssprache. Konstruktion und Reifung »Können Sprachsysteme reifen?« überschreibt Regula Schmidlin die entsprechende Aus­einan­der­ setzung im Eröffnungsbeitrag, formuliert Zweifel, zeigt aber auch Interpretations­spiel­räume auf, z. B. Reifung als »Annäherung des sprach­erwerbenden Kindes an die Zielsprache«19 oder als »Ausbau einer Sprache« zu einer Hoch- oder Standard­sprache.20 Beide Zugänge lassen Reifung im entwicklungsgeschichtlichen Sinne als Finalisierung verstehen, vergleichbar mit einer Optimierung. Ähnlich, nur mit konkretem Bezug auf das Bauen, verortet Lorenz die Reifephase einer Konstruktions­sprache im Nachgang der eigentlichen Innovations­phase: »In der […] Reifephase […] lässt die Entdeckungs­ intensität wieder nach, die Innovations­kurve verflacht, der Regel­kanon ist im Wesentlichen gefestigt und anerkannt«21 (vgl. Abb. S. 9). Gleichwohl verkörpern weder Regelkanon noch Standardsprache zwangsläufig ein gefundenes Optimum oder die Vereinheitlichung einer Sprache – sei es eine Kultur- oder Konstruktionssprache.22 Variationen sind üblich, und vor allem kulturelle Einflüsse sorgen für Divergenzen bzw. Konvergenzen. »Wenn man also die Frage nach der Entwicklung von Sprachsystemen stellt, darf die individuelle und situative Dynamik des Sprachgebrauchs nie vernachlässigt werden«23, resümiert Schmidlin und verweist erneut auf die Bedeutung des Prozesses.

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Für diesen nun waren ab dem 19. Jh. die Ingenieure zuständig – Konstrukteure, Spezialisten, die von ihren Handlungsebenen Industrie, Verwaltung bzw. Wissenschaft aus das Baugeschehen wechselseitig und mit sich ändernder Intensität begannen zu beeinflussen.

Kontext24 Das 19. Jh. war für Deutschland in vielerlei Hinsicht eine Epoche gravierender Veränderungen. Un­ge­ achtet der politischen Unruhen erfasste in der Jahrhundertmitte die Industrialisierung Deutsch­ land mit ihrer ganzen Kraft. Zwar war schon 1835 die erste dampfgetriebene Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth gefahren, verglichen mit Großbritannien war Deutschland zu jener Zeit aber ein rückständiges Agrarland, gebeutelt von politischer und wirtschaftlicher Zerrissenheit. Ergebnis dieser den industriellen Fortschritt hemmenden Bedingungen war auch die vergleichsweise späte Einführung des Eisens in das Bauwesen. So hatte Röder noch 1846 in seiner Brückenbaukunde einer ganzen Generation angehender Ingenieure prophezeit, sie werde »[…] wohl schwerlich so bald in den Fall […] kommen, eine eiserne Brücke bauen zu sollen«.25 Genau diese Generation aber sollte maßgeblich daran beteiligt werden, in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. das Netz der deutschen Eisenbahnen auf ca. 60 000 km (um 1900) auszubauen und dafür etwa 12 000 eiserne Brücken zu errichten. Diese um 1850 in Deutschland einsetzende Dynamik im Bau eiserner Brücken geschah nicht voraussetzungslos. Vor allem hatten soziale Entwicklungen und Interaktionen zwischen den Sektoren Industrie, Verwaltung und Wissenschaft den Weg für die nach der Jahrhundertmitte zügige Einführung von Eisen im Bauwesen geebnet. Wissenschaftliche und wirtschaftliche Emanzipation Ein wichtiger Faktor für diesen Prozess war in den Ländern des späteren Deutschen Reichs schon

im frühen 19. Jh. installiert worden. Die staatliche Förderung von Gewerbe und Industrie führte zur Einrichtung von Polytechnischen Lehranstalten und Gewerbeschulen, die sich an die Söhne von Fabrikanten, Handelsleuten, Technikern und sonstigen Gewerbe­ treibenden richteten, ausgerichtet auf Nutzen, Anwendung und praktische Verwirklichung technisch-wissenschaftlicher Erkenntnis. »Wo die Wissenschaft nicht in die Gewerbe eingeführt ist, da gibt es kein sicher gegründetes Gewerbe, da gibt es kein Fortschreiten«26, erklärte Beuth die Wissenschaft zur Grundlage des Fabrikwesens. Ein wesentlicher Erfolg dieser Bildungsreform war die wissenschaftliche Emanzipation Deutsch­ lands von Frankreich. Noch bis Mitte des 19. Jhs. hatte Paris als Metropole aller Wissenschaften gegolten, nicht zuletzt dank der 1794 noch als École centrale des travaux publics gegründeten École Polytechnique. In Paris hatte sich die erste Generation der deutschen Poly­techniker des 19. Jhs. Vorbilder und Anregungen geholt. Dem französischen System fehlte es jedoch an einer systemischen Verflechtung mit Industrie und Gewerbe, so dass wissenschaftliche Erkenntnis nur bedingt in Wirtschaft und Bauwesen Frankreichs hineinwirken konnte. Bezugnehmend auf die von Kurrer eingeführte Periodisierung der Baustatik wurde noch deren gesamte Vorbereitungs­periode (1575–1825) maßgeblich durch französische Wissenschaftler geprägt; die sich anschließende Disziplin­bildungs­periode (1825–1900) jedoch sollten – insbesondere nach 1850 – maßgeblich Deutsche wie z. B. Gerber, Culmann, Schwedler, Winkler, Mohr, Zimmermann, Müller-Breslau, Engesser und Weyrauch dominieren.27 Auf wirtschaftlicher Ebene hatte sich Deutsch­ land in der zweiten Jahrhunderthälfte bereits zu einem Exportland entwickelt. Die für die wirtschaftliche Emanzipation Deutsch­lands vor allem von England entscheidende Voraus­setzung war die Gründung des Deutschen Zoll­ vereins 1834 und damit die Schaffung einer inländischen Frei­ han­dels­zo­ne. Darüber hinaus sicherte ab 1844 ein

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Schutzzoll für Roh- und Walzeisen den deutschen Markt vor ausländischer Konkurrenz und schuf die Voraussetzung für den rapiden Aufschwung der deutschen Eisenindustrie – versinnbildlicht im rasanten Aufstieg des Unternehmens Krupp zu einem schwerindustriellen Zentrum des Kontinents. Die polytechnischen Anstalten als Kern der Bildungs­ politik sowie der Zollverein als Kern der Wirtschafts­ politik haben Großartiges, entscheidend Wichtiges geleistet […] für den immer schnelleren Aufstieg Deutschlands, dafür, dass Preußen-Deutschland um 1860 so sehr eine Wirtschaftswie […] Wissenschaftsmacht ersten Ranges war. 28

Auswirkungen im Brückenbau Bis zur Jahrhundertmitte war Deutschland auch auf bautechnischem Gebiet weitgehend auf Wissens­import angewiesen, was gut funktionierte. Einerseits wirkten ausländische Ingenieure als Gutachter in Kontinentaleuropa, andererseits zog es angehende Ingenieure insbesondere nach England, um neue Entwicklungen am großen Vorbild zu studieren. Ein Besuch der für ihre Zeit gigantischen Britannia-Brücke (1846–50) gehörte zum Pflicht­ programm eines jeden reisenden Ingenieurs, was auch in Deutschland zu einer Omni­präsenz der Brücke in Fachzeitschriften und -büchern führte und gleichzeitig die englische Vormacht­stellung im Bau eiserner Brücken noch bis weit in die zweite Jahrhunderthälfte nachhallen ließ. Die BritanniaBrücke stellte zweifelsfrei einen Höhepunkt im Bau eiserner Brücken dar; an ihr offenbarten sich jedoch die Grenzen des weitgehend empirischen Vorgehens englischer Konstrukteure. So bedauerte z. B. Culmann in seinem Reisebericht von 1852 bezüglich der im Vorfeld des Baus veranlassten und extrem aufwändigen Versuche zur Formfindung der »Röhre«, dass diese […] keinem theoretisch gebildeteren Ingenieur als Fairbairn übertragen wurden, der, von allen bis jetzt durch die Wissenschaft geförderten Wahrheiten nichts wissend, erst durch die Versuche selbst sich belehren musste, […] was längst in jedem Lehrbuch der Mechanik zu finden war. 29

Fast gleichzeitig belegte die bis 1857 errichtete Dirschauer Weichselbrücke, wie eine mit der Britannia-Brücke vergleichbare Stützweite mit geringerem Materialeinsatz überbrückt werden konnte. Natürlich hatte Lentze für deren Entwurf von den Erfahrungen an der Britannia-Brücke profitieren können – auch er hatte deren Baustelle besucht. Der Trägerquerschnitt musste aber nicht durch aufwändige Versuche ermittelt werden, sondern wurde aus theoretischen Überlegungen abgeleitet. Dieser Ansatz, der sich deutlich von der Konzeptionierung der Britannia-Brücke unterschied, war inzwischen möglich, denn dank des seit dem frühen 19. Jh. sich etablierenden höheren technischen Schulwesens stand nun in den deutschsprachigen Ländern eine gut ausgebildete Generation von Ingenieuren bereit, die sich gern der neuen Herausforderungen im Brückenbau annahm. Wenngleich der Übergang von empirisch geprägter Bauingenieurkunst zur Bauingenieurwissenschaft weder zeitlich noch örtlich an lediglich zwei Bauwerken festgemacht werden kann, so symbolisieren doch beide Brücken um 1850 diesen Wendepunkt im bautechnischen Schaffen.30 Einfluss auf Brückentheorie und -konstruktion Ein halbes Jahrhundert später, um 1900, konnte Rieppel positiv auf die Entwicklung des Eisen­ brücken­baus für Deutschland zurückblicken. Danach waren zwar die Bauwerke mit großen Spannweiten – den topographischen Verhältnissen geschuldet – in Nordamerika, England und Frankreich entstanden; die deutsche Brücken­bau­technik aber habe »die ihr gestellten kleineren Aufgaben benutzt, um die theoretische und konstruktive Durchbildung der Brückenträger in so gründlicher Weise zu vervollkommnen, dass sie […] darin gegen kein anderes Land zurücksteht«.31 In diesem Kontext sind sowohl die von Deutschland ausgehende peinlich genaue Knoten­punkt­ausbildung von Fachwerkträgern, das Bestreben nach System­optimierung aber eben auch die Optimierung der Auflager­bedingungen zu verstehen. Wenn Föppl 1878 Brückenlager als

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Organe des Trägers32 bezeichnet, veranschaulicht das beispielhaft die den Brückenlagern seit den 1870er Jahren zugeschriebene Bedeutung. Zur Situation in England und Frankreich kritisierte Rieppel, wie wenig man dort »diesem wichtigen Kon­struk­ti­ons­detail […] vielfach noch die gebührende Aufmerksamkeit schenkt. […] Die deutschen Konstruktionen bürgern sich jedoch mehr und mehr ein«.33 Auch die Konstruktion der Brücken­ lager betreffend war Deutschland zu einem Export­ land gereift. Zudem sollte für die Berechnung der Lager der entscheidende Impuls aus Deutschland kommen. Es war der deutsche Physiker Heinrich Hertz (1857–94), der sein aus der Theoretischen Physik stammendes Berechnungsmodell 1882 für ein gewerblichtechnisch interessiertes Publikum unter dem Titel Über die Berührung fester elastischer Körper […]34 veröffentlichte. Hertz legte damit die Grundlage für die im Bauwesen noch heute auch im internationalen Kontext übliche Berech­nungs­methode für Kontaktspannungen – die sogenannten Hertzschen Spannungen.35 Ingenieurwissenschaftliches Umfeld Die aufgezeigte Dynamik prägte maßgeblich das Selbstbewusstsein des sich in der Jahrhundert­ mitte formierenden Berufsstandes der Ingenieure. Noch bis weit ins 19. Jh. hinein standen dem praktisch tätigen – noch in handwerklicher Tradition stehenden – klassischen Techniker die durch den theoretisch tätigen Wissenschaftler repräsentierten Grund­lagen­disziplinen gegenüber. Deren Kooperation trat als Aufhebung des Methoden­ streits in den In­ge­nieur ­wissen­schaften bereits Ende des Jahrhunderts ins Bewusstsein der Ingenieure. So erschien die Verschmelzung von klassischem Technik­ t yp und technikwissenschaftlichen Disziplinen als wesentliches Moment in der Ausformung des Systems der klassischen Technik­wissen­schaften und ihrer Konsolidierung im Ensemble der Wissen­schafts­z weige. Das wachsende Selbst­bewusstsein der Ingenieure sowie ihr Wunsch nach gesellschaftlicher Anerkennung

gipfelte im Pro­ mo­ tions­ recht für Technische Hochschulen und deren Gleichstellung mit den Universitäten um 1900.

Sprachbildung Brückenlager fanden sich bereits an vorindustriellen Holzbrücken in Form von einfachen hölzernen Schwellen, um die Konstruktion trocken zu lagern. Neben der lastverteilenden Wirkung ermöglichten Schwellen die Durchbiegung des Tragwerks und vermochten durch ihr dämpfendes Verhalten, die Erschütterungen des Verkehrs auf das Tragwerk und den Unterbau zu reduzieren. Dieser willkommenen Eigenschaft bediente man sich auch bei den ersten Eisenbahnbrücken, z. B. für die stoßempfindlichen gusseisernen Barrenbrücken des frühen 19. Jhs. Die Längenänderung des Materials durch Temperaturschwankungen war bei diesen ersten eisernen Balkenbrücken noch kein Thema. Advent eines Konstruktionsdetails36 Seit den 1840er Jahren jedoch begannen sich die Bedingungen für die Lagerung balkenförmiger Brücken signifikant zu ändern. Die Etablierung des Puddelstahls als Konstruktionsmaterial sowie die Einführung neuer Trägersysteme ermöglichten größere Spannweiten, wodurch sich zunächst einmal die Belastung für die beliebten Holzschwellen unzweckmäßig erhöhte; die Unterzüge größerer Brücken­ träger legte man zunehmend direkt auf gusseiserne Unterlagsplatten. Vor allem jedoch erforderten die immer weiter spannenden und zunehmend filigranen Brückenträger nun die Berücksichtigung ihrer Längenänderung infolge Temperatur­gang. So häufen sich auch zur Jahrhundert­ mitte die Hinweise in der Literatur auf bewegliche Lager – zunächst Gleitlager – vor allem in und um England. Die Encyclopaedia Britannica z. B. beschreibt in ihrer Ausgabe von 1856 gleich mehrere Brücken; im Zusammenhang mit dieser Arbeit sind die Ausführungen zur High Level Bridge in Newcastle upon Tyne (eröffnet 1849) von Interesse:

Die Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

On the abutments all the bearings are allowed to expand and contract, but on the next bearings they are fixed firmly […]; on the next pier again they are free, and so on alternatively fixed and free. There are no rollers, but the bearings have sliding surfaces provided for the purpose. 37

Ebenso finden sich Hinweise auf erste Rollenlager; Abb. 1 zeigt eine frühe Anwendung an der 1848 erbauten Commercial Road Bridge in London im Zuge der Realisierung der London and Blackwall Extension Railway. Mit Bezug auf die Ausbildung einer spezifischen Konstruktionssprache scheint um 1850 der point of no return erreicht: Anzahl und Umfang der Spezifika des neuen Bauens nehmen sprunghaft zu. Auch der Ort des Geschehens wechselte: Vor allem bezüglich der theoretischen Grundlagen und konstruktiven Durchbildung der Brückenträger sollten die Impulse bald aus Deutschland kommen. Ausbildung eines Konstruktionskanons Die erste Form eiserner Brückenlager waren Flä­ chen­lager. Ober- und Unterteil der Lager berührten sich hier flächig in einer Ebene oder blieben – im Falle zwischen­gelegter Lagerwalzen – im parallelen Abstand (Abb. 1). Ein wesentlicher Mangel dieser Flächenlager zeigte sich bei Verformungen des Überbaus. Die Auflagerfläche reduzierte sich dann auf einen kleinen Bereich an der innenliegenden Auflager­kante. Das Problem war bekannt, die Lösungen waren unterschiedlich. Carl Lentze z. B. schlug 1855 für die Endauflager

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seiner Gitter­ träger­ brücken bei Dirschau und Marienburg hölzerne Schwellen als Zwischenlage vor. Hermann Lohse wollte bei einer weiteren Großbrücke jener Zeit, der Kölner Dombrücke (1856–60), die End­auf­lager so justieren, dass die der Öffnung zugewandten Rollen sich am Lastabtrag erst bei Durchbiegung des Überbaus unter Verkehr beteiligten. Und noch Anfang der 1860er Jahre probierte Emil Hermann Hartwich, selbigen Lastabtrag an der Brücke über den Alten Rhein in Griethausen durch ein geschicktes Eintreiben mehrerer Keile im Lagerbereich zu erreichen. Aber all das blieben Versuche, den gewachsenen Ansprüchen des Tragwerks mit einer inzwischen überholten Lagertechnik zu begegnen. Dem Streben der Ingenieure nach konstruktiver Klarheit konnten die Flächenlager nicht mehr genügen. Eine erste Herausforderung bestand in der Zentrierung des Auflagerpunktes. Hierfür finden sich ab der Jahrhundertmitte ganz unterschiedliche Lösungen. In Preußen z. B. setzte Johann Wilhelm Schwedler das Prinzip der ZapfenKipplager vermutlich erstmalig an seiner 1861 fertiggestellten Brücke in Czersk (s. Abb. 8) um. Im einige hundert Kilometer entfernten Bayern hatte Ludwig Werder für die Lager der 1857 eröffneten Großhesseloher Isarbrücke (s. Abb. 3) bereits einen ganz anderen Ansatz gewählt: Tangentiales Kippen anstatt der reibungsintensiven Zapfen­ lösung Schwedlers. Das Prinzip der vermutlich auch von ihm konstruierten Bolzen-Kipplager

1  London, Commercial Road Bridge, 1848. Links: Ansicht; rechts: Detail des Rollenlagers.

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für die Günzbrücke von 1853 griff er nicht mehr auf; letztere hatten sich offenbar nicht bewährt (Abb. 2). Auch der vom badischen Baumeister Robert Gerwig für die Rheinbrücke in Konstanz um 1860 entwickelte »selbstwirkende Com­pen­ sa­tions­apparat«38 zum Ausgleich etwaiger temperaturbedingter Ausdehnungen hat vermutlich nie bestimmungsgemäß funktioniert. Weitere Ansätze waren ihrer Zeit schlichtweg voraus, wie die Kautschuklager an der um 1850 eröffneten Saaleüberbrückung bei Grizehna.39 So stehen die 1850er Jahre symptomatisch für den Prozess der Sprachbildung im Lagerbau – eine große Bandbreite von Lösungen, von denen viele später wieder verworfen und vergessen werden – eine offene, noch regellose Zeit, in der die alten Muster aus tradierten Konstruktions­sprachen nicht mehr taugen, neue aber noch nicht bereitstehen. Der konstruktive Imperativ der Zeit ist Neugier40,

charakterisiert Lorenz die wohl innovativste Phase der Sprachbildung. Innerhalb weniger Jahre wurden die prinzipiellen Konstruktions­muster der eisernen und stählernen Lagertechnik angelegt (Idee), zudem bestand Konsens hinsichtlich der Sicherheit sowie der Vorteile beweglich gelagerter Tragwerke (Akzeptanz). Gleichwohl waren die nun existierenden Konstruktions- bzw. Sprach­muster noch geprägt von »logopädischen Schwächen« – sie waren gut, aber noch nicht gut genug, um den wachsenden Anforderungen zu genügen, die der Brückenbau im letzten Drittel des 19. Jhs. an die Konstrukteure stellen sollte.

Sprachreifung – Einfluss der Handlungsebenen Ab der Jahrhundertmitte bereits hatte das sich ändernde politische und technisch-wissenschaftliche Umfeld in den Ländern des späteren Deutschen Reiches langsam eine neue Wirkkraft des triadischen Zusammenspiels der Handlungs­ ebenen Industrie, Verwaltung und Wissenschaft hervor­ gebracht. Mit Bezug auf die besondere Stellung

2  Konstruktive Möglichkeiten zur Zentrierung des Auf­lager­ punkts. Links: Bolzen-Kipplager; Mitte: Berührungs-Kipplager (auch: Tangential-Kipplager); rechts: Zapfen-Kipplager.

der Industrie fasst Mehrtens um 1900 rückblickend zusammen: Im Laufe der Entwicklung ist die Arbeit des Entwurfes aus den Händen von Einzelnen in die Hände Vieler übergegangen und schließlich, im Drange der Zeit, die mehr und mehr hohe Anforderungen stellt, wie sie der Einzelne unmöglich mehr allein befriedigen kann, ist sie ein wohl gerechtfertigtes Monopol der Brückenbau-Anstalten geworden.41

Handlungsebene Industrie Im süddeutschen Raum kamen die hauptsächlichen Impulse aus den Brückenbauwerkstätten in Nürnberg und Gustavsburg mit ihren Pro­ta­ go­nis­ten Ludwig Werder (1808–85) und seinem Schüler Heinrich Gerber (1832–1912). Der gelernte Schlosser Werder prägte wie kaum ein anderer die innovative Phase der Sprachbildung42, der Bau­ ingenieur Gerber etablierte das von Werder gefundene Kon­struk­ti­ons­prin­zip von Brücken­lagern in der Brücken­bau­praxis und zur Standard­sprache in Süd­deutschland. Werder und Gerber hatten sich vermutlich in der Planungsphase zur Großhesseloher Brücke (1851– 57) mit ihrem von Friedrich August v. Pauli (1802– 83) entwickelten, linsenförmigen Trägersystem kennengelernt, an der Werder die ausführende Firma Cramer-Klett und Gerber die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen als Bauherr vertrat; letzterer war nach seinem Studium an den Poly­ tech­ni­schen Schulen in Nürnberg und München in den Bayerischen Staats­bau­dienst eingetreten. Nach Lehrjahren als Gehilfe der Bau­leitung wurde 1856 dem damals 24 Jahre jungen Gerber – unter

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v. Paulis Oberbauleitung – die Bau­führung für die Groß­hesseloher Brücke übertragen, einem der anspruchs­vollsten Brücken­bau­werke seinerzeit (Abb. 3). Ein solches Talent wollten sich Werder und Cramer-Klett für ihr Unternehmen nicht entgehen lassen – nach der Fertigstellung der Brücke gelang es ihnen, Gerber als leitenden Ingenieur für ihre Brücken­bau­abteilung zu gewinnen. Interessanterweise gehörte zu Gerbers ersten Projekten im Unternehmen die Erstellung einer Werbebroschüre Das Pauli’sche Trägersystem und seine Anwendung auf Brückenbauten43, erschienen 1859 mit dem Ziel, »dem Pauli’schen System durch sorgfältigste Ausführung eine möglichste Verbreitung zu verschaffen«.44 Die 21 Seiten umfassende, aber wenig verbreitete Publikation betont die wirtschaftlichen Vorteile des Systems und beschreibt konstruktive Details – in diesem Zusammenhang auch die Ausführung der Lager­ stühle in gebotener Tiefe. Zunächst wird die Rotationsfähigkeit der Haupt­träger im Auflagerpunkt hervorgehoben und somit ein Vorteil gegenüber zeitgenössischen Lager­aus­führungen betont: Die ganze Träger­kon­struktion liegt an jedem Ende mittels einer ebenen auf einer cylindrischen Stahl­fläche von großem Radius, welche Anordnung zum Zweck hat, die elastische Biegung des Trägers möglich zu machen, ohne einseitigen starken Druck auf die Stütz­flächen hervorzurufen oder hölzerne Unter­lagen nehmen zu müssen.45

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Im Weiteren geht Gerber auf die Sicher­stellung der Längen­änderung der Träger infolge Temperatur­ gang ein: Die unteren Stützplatten sind auf gußeiserne Stühle befestigt, von denen der eine unmittelbar auf dem Auflagersteine feststeht, während der andere, wegen der Längenveränderung der Brücke durch Temperatur­ wechsel, auf Stelzen steht, deren auf beiden Seiten angegossene Zähne zwischen entsprechende Zähne am Rollstuhl und an der Boden­platte eingreifen, um den Parallelismus zu erhalten. Die Cylinderflächen der Stelzen sind gedreht und wälzen sich auf abgehobelten ebenen Flächen.46

Vor allem aber – auch das war neu – wird ein erster, empirisch geprägter Bemessungs­ansatz für die Stelzen gegeben: Der Druck per Längeneinheit wurde proportional dem Radius r gesetzt und für die gußeisernen Stelzen zu 12 r Kgr. per lfd. Centimeter genommen, wenn r in Centimeter gegeben ist; innerhalb der Gränzen, in denen sich r bewegt, ist diese Annahme gewiß statthaft.47

Das Paulische Trägersystem in Großhesselohe muss die Fachwelt überzeugt haben, denn alsbald folgte ein weiterer Großauftrag: die Mainzer Süd­brücke über den Rhein (1860–62), nun mit dem noch keine 30 Jahre alten Gerber als verantwortlichen Ingenieur. Auch für die über 100 m spannenden Strom­öffnungen nutzte Gerber die linsenförmigen Pauliträger; wiederum folgte der Fertigstellung eine eigene Publikation Die

3  Isarbrücke Großhesselohe. Links: Teilansicht; Mitte: nach dem Abriss der Brücke gesicherte Auflagereinheit; rechts: Lagerdetail: In der Berührungsfläche des Kippteils wälzen unterschiedlich gekrümmte Flächen aufeinander ab.

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Eisen­bahn­brücke über den Rhein bei Mainz. Auf etwa 50 Seiten wird erneut die Leistungsfähigkeit der Pauli­träger dargestellt. Hinsichtlich der Lager­ aus­führung verschwendet Gerber keine Zeit mehr – lediglich ein kurzer Text, der sich eng am Text zur Isar­ brücke orientiert; der Berechnungsteil entfällt vollends.48 Gerber sah offensichtlich keine Notwendigkeit für grundsätzliche Änderungen, hatten sich doch die für die Isarbrücke entworfenen Werder’schen Tan­gen­tial­lager bewährt. Mehr noch, während seiner ganzen praktischen Tätigkeit sollte Gerber diesem Wirkprinzip vertrauen.49 Verfeinerungen finden sich nur im Detail; so lässt Gerber im Textteil für die Südbrücke als Alternative zu Stelzen nun auch die Verwendung von Walzen zu. Einige Jahrzehnte später sahen die Ende des 19. Jhs. unter Gerbers Leitung ausgearbeiteten Normalien50 für Auflager vor allem den Gebrauch von Walzen vor. Für die Abkehr von den aus statisch-konstruktiver Sicht vorteilhaften Stelzen dürften Erfahrungen im Lang­zeit­ ver­halten der Lager ausschlaggebend gewesen sein: Einerseits ließ sich der schmale Stelzen­z wi­ schen­raum schlecht reinigen, vor allem aber konnten Stelzen kippen und das Lager damit unbrauchbar machen.51 Während sich im Zusammenhang mit Gerbers unerschöpflichem Wirken52 die Berührungs-Kipp­ lager (Tan­gen­tial­lager) in Süddeutschland als Stan­ dard­sprache etablierten, sollte sich im Norden

Deutschlands mit den Zapfen-Kipplagern eine abweichende Mundart – ein eigener Dialekt – durchsetzen. Auch hier blieben Impulse zur Verfeinerung von den Konstrukteuren der Brücken­werk­stätten nicht aus. So gab es z. B. fertigungstechnische Probleme bei der Ausbildung der Kipp­vor­rich­ tung als Halb­zapfen (vgl. Abb. 4 zur Unter­schei­ dung Vollzapfen/Halbzapfen); zu groß waren die Schwierigkeiten, beide Lager­hälften pass­genau zu bearbeiten – auch unter Beachtung eines seitlichen Anschlags, um Quer­ver­schie­bungen des Über­baus zu verhindern. Vor diesem Hintergrund erbat 1872 die Firma Harkort – eine der maßgebenden, auch international agierenden Brückenbauanstalten jener Zeit – für die zahlreichen Lager der Elbbrücke bei Dömitz (1870–73) eine Abweichung von der geplanten Auflagerkonstruktion (Abb. 5), dass nämlich gestattet werde, an der Konstruction des Auflagers eine Änderung in der Weise vornehmen zu dürfen, daß die seitlichen Flansche am unteren Theile des Scharniers fortgelassen werden, weil diese in hohem Grade die Bearbeitung der cylindrischen Flächen erschweren. Der Fabrikant will die durch jene Flanschen beabsichtigte sichere Führung des Scharniers gegen Seiten­bewegungen dadurch erreichen, daß er ein schmiedeeisernes Keil­stück in den unteren Theil des Scharniers einschiebt, dessen Lagerflächen durch Hobeln genau hergestellt werden sollen und welches an einer Verschiebung in seiner Längs­richtung durch einen eingesetzten cylindrischen Dübel verhindert werden soll.53

4  Typische Zapfen-Kipplager. Links: mit Vollzapfen; rechts: vereinfacht mit Halbzapfen.

Die Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

Ein kleines, scheinbar nebensächliches Detail – die Idee jedoch sollte sich in Form einer festen Führungs­schiene als Queranschlag für diese Lager­ generation etablieren und wurde selbst für Ent­ wick­lungen des 20. Jh. übernommen (s. Abb. 17). So führten in den 1870er Jahren fertigungstech­ ni­sche Aspekte zu einer Optimierung des Ro­ta­ ti­ ons­punktes und sukzessive zur Aufgabe der herkömmlichen seitlichen Anschläge der Halb­ zapfen-Kipplager. Damit hatte sich deren Herstellung zweifellos vereinfacht. Nach wie vor jedoch blieb der Guss inklusive passgenauer Aufarbeitung der ineinandergreifenden Halb­ zapfen eine Herausforderung für die Hersteller. Daher sollten in den Folgejahren die Halbzapfen sukzessive zugunsten von Vollzapfen aufgegeben werden. 1894 schließlich empfahl der Minister für öffentliche Arbeiten per Erlass für den Bereich der Preußischen und Hessischen Staats­bahnen, »zweckmäßigerweise einen separaten Zylinder­ zapfen zwischen zwei hohl­z ylindrisch gegossenen und bearbeiteten Lager­stücken zu verwenden«; die Wortwahl lässt deutlich das Diktat der Industrie und gute Erfahrung im empfohlenen Vorgehen erkennen: Wenn diese Theile (mit entsprechender Sprengfuge) zunächst in einem Stück gegossen werden, so lässt sich das Loch für den Kipp­bolzen leicht sauber nachbohren; dieser selbst kann genau dazu passend abgedreht und nach Trennung der Lagerstücke eingefügt werden.54

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Kipplager dieser Art wurden zur Unterschei­dung von den Halbzapfenlagern in der zeitgenössischen Literatur gelegentlich als Voll­zapfen-Kipplager bezeichnet – später einfach Zapfen-Kipplager. Zusammen mit den Berührungs-Kipp­lagern im süd­ deu­ tschen Raum standen somit ab etwa 1880 zwei ganz unterschiedlich gereifte Muster für Kipp­lager zur Verfügung, deren prinzipielle Kon­struk ­ti­ons­sprache sich im Wesentlichen bis zur Ablösung der stählernen Lagergeneration ab etwa 1950 kaum ändern sollte, und die wir noch heute an zahlreichen historischen Brücken­ tragwerken vorfinden. Vertreter der HalbzapfenKipplager jedoch sind inzwischen rar geworden. Ein seltenes Beispiel – sogar mit seitlichen Anschlägen – findet sich an der 1889 eingeweihten Klimperbrücke bei Bautzen (Abb. 6); offensichtlich nutzten Gießereien vorhandene Gussformen noch lange für weniger prominente Bauwerke. Ein weiterer Grund für die Reifung und Etablie­ rung ungleicher Konstruktionsmuster im Lager­ bau waren unterschiedliche Strukturen in der Pla­ nungs­ phase größerer Brückenbauwerke. In Preu­ßen-Deutschland z. B. entstanden die Brücken­ ent­würfe nicht – wie in Bayern – von privaten Unter­ nehmen, sondern in staatlicher Regie55; insofern kamen hier wesentliche Impulse für die konstruk­ tive Ausprägung der Lager vor allem aus den Verwaltungen.

5  Elbebrücke bei Dömitz. Links: Ansicht; rechts: Detail des beweglichen Lagers, gut sichtbar der mittige Keil zur Verhinderung der Lager-Querverschiebung.

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Handlungsebene Verwaltung In Preußen – dem nach 1850 dominierenden Staat des Deutschen Bundes – unterstanden staatliche Bauverwaltung sowie Wasser- und Schienenwege ab 1848 dem Preußischen Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten bzw. ab 1878 dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Preußens Eisenbahnnetz wuchs in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. von etwa 5 000 km auf mehr als 26 000 km um 1890.56 In Anbetracht dessen ergab sich für jede Verwaltung bald die Notwendigkeit, »einen Stab von Ingenieuren, denen die Sorge für Bau und Unterhaltung der Eisenbrücken oblag, an sich zu fesseln.«57 Bezogen auf die innovative Phase der Sprach­ bildung wurde bereits im Abschnitt zur Ausbildung eines Konstruktionskanons das Bemühen der Bau­ beamten Lohse, Lentze und Hartwich – allesamt im Preußischen Staatsdienst – erwähnt, die ab etwa 1850 üblichen Flächenlager für Zwecke des Groß­ brücken­ baus anzupassen – mit nur mäßigem Erfolg. Der entscheidende Impuls für eine bewegliche Zentrierung des Auflagerpunktes kam schließlich von August Wöhler (1819–1914)58, der hierfür 1855 in der Zeitschrift für Bauwesen eine zusätzliche, bewegliche Kippplatte vorschlug59 (Abb. 7). Wöhler war als Obermaschinenmeister im Preußischen Staatsdienst, und es fällt auf, dass es mit Ludwig Werder und August Wöhler jeweils Schlosser bzw. Maschinenbauer waren, die zur Jahrhundert­mitte

7  Vorschlag Wöhlers für ein Kipplager. Die Innovation bestand aus a als zusätzliche Kippplatte.

die innovativste Phase der Sprach­ bildung der Brückenlager nachhaltig prägten. In diesem Zusammen­hang sei zudem August Borsig (1804– 54) genannt, der bereits 1847 die guss­ eiserne Schutz­kuppel der Potsdamer Nikolai­kirche mutig auf Walzenlager stellte und damit im Hochbau neue Maßstäbe setzte. Auch Borsig war Maschinenbauer, und es verwundert kaum: Die Bau­aufgabe hieß Beweglichkeit – ein Haupt­ charakteristikum der Objektwelt des Maschinen­baus, welches ihn von der des Bauingenieurwesens unterscheidet. Während Gerber für die Etablierung der Wer­ derschen Tangential-Kipplager in Süd­deutschland

6  Klimperbrücke bei Großpostwitz. Links: Ansicht; Mitte: Bewegliche Auflager Mittelfeld; rechts: Halbzapfen-Kipplager über drei Rollen.

Die Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

steht, kommt für den norddeutschen Raum Johann Wilhelm Schwedler (1823–94) entscheidende Bedeutung für die Etablierung der Wöhlerschen Zapfen-Kipp­lager zu. Schwedler verfolgte konsequent seine frühzeitig eingeschlagene Ver­wal­ tungs­laufbahn und sollte sich in der zweiten Jahr­ hun­ dert­ hälfte zu einem »Spitzenbeamten der preu­ßischen Bau­verwaltung«60 entwickeln. Den preu­ßischen Verwaltungen oblag die Aus­arbeitung und Durchführung aller staatlichen Bau­aufgaben; hier konnte Schwedler seine mathematisch-natur­ wissen­schaftliche Affinität gepaart mit einer baustatisch-konstruktiven Neugier produktiv einbringen. »Wie kein anderer prägte er die Kon­ struk­tions­sprache des Eisenbaus […] in der Eta­blie­ rungs­phase des Eisenbaus (1850–1875)«61, würdigte Kurrer 2016 sein Wirken. Schwedler nutzte das Prinzip der Zapfen-Kipp­ lager vermutlich erstmalig für die Brahe-Brücke bei Czersk (1861, Abb. 8). Er publizierte Entwurf, Di­men­ si­onie­rung und Konstruktion zeitnah und umfassend in der Zeitschrift für Bauwesen. Dem Auf­lager­detail räumte er gebührend Platz ein und gab Hinweise für die Dimensionierung des Walzen­satzes: Der Druck einer ebenen Guß­eisen­fläche auf einer Guß­ eisen­rolle kann pro Zoll Durchmesser der Rolle und pro Zoll Länge derselben 1 Ctr. betragen, ohne daß die Elasticität des Materials alteriert wird. Die 10 Rollen, à 20 Zoll lang und von 4 ½ Zoll Durchmesser, können mithin mit 900 Ctr. belastet werden, während der Maximaldruck

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nur 720 Ctr. beträgt. Die Rollen sind auf 1 ½ Zoll Breite abgeschnitten, gehobelt und mit Zapfen und Zarge versehen, um die richtige Aufstellung zu erleichtern.62

Die ausführliche Beschreibung der Lagerdetails mitsamt dem praxistauglichen Bemessungsansatz in der seinerzeit – neben der österreichischen Allgemeinen Bauzeitung – meistgelesenen deutschsprachigen Baufachzeitschrift schuf die Grundlage für die schnelle Etablierung der Zapfen-Kipplager im norddeutschen Raum. Eines verwundert: Als Mitarbeiter der preußischen Bauverwaltung publizierte Schwedler seine zahlreichen Schriften ab den 1850er Jahren praktisch ausschließlich in der Zeitschrift für Bauwesen, dem Organ des Preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten; zudem war er ab 1870 Mitglied der Redaktion. Somit sollte ihm – auch wegen der fachlichen Nähe – Wöhlers Beitrag zur Theorie rechteckiger eiserner Brückenbalken mit Gitter­wänden und mit Blechwänden bekannt gewesen sein, in dem Wöhler 1855 das Prinzip der Zapfen-Kipp­lager vorstellte. Die Realisierung an der Brahe­brücke erinnert denn auch sehr an Wöhlers Vorschlag, allein das Zapfendetail ist gespiegelt, und Wöhlers Walzen sind durch Stelzen ersetzt worden. Ein Hinweis auf Wöhler jedoch fehlt. Letzterem allerdings gebührt die Ur­he­ber­ schaft für das im Konstruktiven Ingenieur­ bau weit über Deutschland hinaus verbreitete Prinzip der Zapfen-Kipplager; Schwedler darf dessen

8  Brahe-Brücke bei Czersk. Links: Ansicht Brückenträger; rechts: Detail Halbzapfen-Kipplager.

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Verbreitung und Etablierung für sich beanspruchen. An seinen weiteren Brückenbauten sollte er das Prinzip der Halbzapfen-Kipplager ohne größere Veränderung übernehmen – wie sein bayerischer Kollege Gerber interessierte sich auch Schwedler mehr für eine Weiterentwicklung der Überbauten und weniger für deren Lager. Deren Optimierung überließ er beispielsweise seinen Mitarbeitern bzw. Nachfolgern. Georg Christoph Mehrtens (1843–1917) etwa, Mitarbeiter Schwedlers im Preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, war mit der Detaillierung der letzten großen, von Schwedler verantworteten Brücke betraut – der neuen Weichsel­­brücke in Dirschau (1889–91). Die dort vermutlich erstmalig in Deutschland eingebaute zweite Stelzenreihe zur Berücksichtigung der Quer­­aus­­deh­nung des Überbaus (Abb. 9) geht auf Mehrtens zurück.63 Sein Mitarbeiter John Labes (1851–1919) – ab 1911 oberster Bau­beamter im Preußischen Ministerium – schlug für die Brücke zudem ein Kippdetail mit einem Kontaktpunkt Kugel-Ebene vor.64 Offen bleibt, warum die Auflager in Dirschau nicht entsprechend ausgeführt wurden. So dürften die wenig später von Köpcke – zu ihm später mehr – am Blauen Wunder (1891–93) in Dresden realisierten Punkt-Kipplager zu den frühesten ihrer Art zählen.65 Interessanterweise finden wir die ZapfenLösung dieses Kippdetails bereits an der 1873 fertiggestellten Eisenbahnbrücke über die Nagold in

Unter­reichenbach (Schwarzwald)66, deren Über­ bau in der Maschinenfabrik Esslingen gefertigt wurde (Abb. 10).67 Hinsichtlich des Entwurfs­ verfassers führt eine Spur zum weitgehend unbekannten Julius Naeher (1824–1911)68, dem am 21. Dezember »als Belohnung seiner Projection, Kosten­veranschlagung, Ausführung und Ab­rech­ nung des auf gemeinschaftliche Kosten hergestellten Oberbaus der Nagold-Brücke an der Landes­grenze bei Unterreichenbach ein zusätzliches Honorar«69 ausgezahlt wurde – sicher ein willkommenes Weihnachtsgeld für den Vater von vier Kindern.70 Naeher hatte sich bereits Anfang der 1850er Jahre mit dem Bau der eisernen Gitter­ träger­brücke in Pforzheim einen Namen gemacht.71 In der Publikation zur Brücke schenkte der noch junge Naeher bereits damals den Auflagerdetails eine ungewöhnlich große Aufmerksamkeit, kommt wiederholt auf den Einfluss der Temperatur auf das Tragwerk zu sprechen und thematisiert mit einer für die Zeit außerordentlichen Tiefe die Träger­ durch­biegung.72 Möglicherweise war Naeher in der Planungs­phase zur Nagoldbrücke als Bau­beamter den Großherzoglich Badischen Staats­eisen­bahnen zugeordnet73, vielleicht auch dem Ministerium des Innern. Wie auch immer – der Impuls für die Kugelzapfen-Kipplager kam mit Naeher offenbar erneut aus der Handlungsebene Verwaltung.74 Vor dem Hintergrund des Aufgezeigten überrascht es nicht, dass auch hinsichtlich der bau­auf­

9  Zweite Weichselbrücke Dirschau. Links: Ansicht der ersten und zweiten Weichselbrücke; rechts: Zweiseitig bewegliches Stelzenlager.

Die Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

sicht­lichen Regelung an der Wende zum 20. Jh. die maßgeblichen Impulse aus Bayern und Preußen kamen. Die 1895 in Bayern veröffentlichten Grund­ lagen für die Herstellung eiserner Brücken- und Hochbaukonstruktionen enthielten bereits präzise Angaben zur konstruktiven Ausbildung von Brücken­lagern.75 Neu war in der Ausgabe 1900 ein Verweis auf die zur Jahrhundertwende in Bayern erschienenen Normalien für Brückenlager, welche die Gestaltung und Dimensionierung unterschiedlich großer Brückenlager bereits im Sinne einer Norm regelten.76 Für den Bereich der Preußischen Staats­eisenbahn erließ der Minister für öffentliche Arbeiten 1894 Allgemeine Bestimmungen für die Ausbildung von Brückenlagern. Anlass hierfür gaben die zur Prüfung vorgelegten Brücken­ entwürfe, bei denen die Lagerausbildung oft wesentliche Mängel zeigte.77 Die erarbeiteten Grundsätze sollten im Wesentlichen im Regelwerk der späteren Deutschen Reichsbahn aufgehen. Zwar fiel die Herausgabe und Einführung von Regelwerken in den Verantwortungsbereich der Verwaltungen, der Einfluss der Industrie auf deren Inhalte ist bereits im Abschnitt zur Handlungsebene Industrie aufgezeigt worden. Für Gerber z. B. war »die Nähe zu den mit dem Brückenbau befassten Zentralbehörden des Königreichs« im Jahr 1873 der Grund für die Wahl Münchens als Wohnort, Firmensitz78 und Beheimatung des Konstruktionsbüros.79

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Als Pendant zu Gerber und Schwedler agierte ab 1869 in Sachsen Claus Köpcke (1831–1911). Nach seinem Studium an der Polytechnischen Schule in Hannover begann Köpckes Verwaltungslaufbahn 1853 bei den Königlich Hannoverschen Staats­ eisen­bahnen, die ihn über einen »Abstecher« ins Preußische Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten und einer etwa dreijährigen Professur am Sächsischen Polytechnikum in Dresden schließlich 1872 ans Königlich Sächsische Finanzministerium in die für das Eisenbahnwesen zuständige Dienststelle führte.80 Wie Schwedler und Gerber gehörte auch Köpcke zu den schöpferischen Stahlbrückenbauern seiner Zeit. Für ihn jedoch waren Lager mehr als nur ein Bauteil, das lediglich auf Vorgaben aus dem Überbau reagiert. Bei Köpcke übernahmen Lager bei Bedarf einen agierenden Part innerhalb des Gesamtsystems Brücke – eine ganz neue Qualität. Beispielhaft sei hier nur die von Köpcke geplante und 1877–78 errichtete Elbebrücke in Riesa genannt (Abb. 11). Im Hinblick auf die Lagerung der Überbauten überrascht die über ein Hebelsystem an einem Ufer eingetragene Horizontalkraft, welche über die miteinander verbundenen und durchweg rollend gelagerten Hauptträger bis zum anderen Elbeufer weitergeleitet wurde. Damit waren die Hauptträger-Untergurte unter Eigengewicht theoretisch spannungslos.81 Das Tragwerk agiert als Maschine mit Lagern als vitalen, aktiven Organen.

10  Nagoldbrücke Unterreichenbach. Links: Ansicht; Mitte: Auflagerbank; rechts: Kugelzapfen-Kipplager.

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11  Elbbrücke Riesa. Links: Ansicht; Rechts: Vorspannmechanismus.

Handlungsebene Wissenschaft Die Konstruktionssprache des Eisenbaus in Son­ der­heit der Lager prägte sich auf der Hand­lungs­ ebene der Wissenschaft zunächst dadurch aus, dass das Lager als Problem der Kontakt­mechanik in den Fokus rückte. 1872 fasst Emil Winkler (1835– 88) den Stand der Lagertechnik zusammen und leitet unter Berücksichtigung weiterer Annahmen einfache Faustformeln für die Anwendung ab: Für gusseiserne Walzen: n·l·d = 20…39·D; für gussstählerne Walzen: n·l·d = 16…31·D mit n·l·d als Geometrie des Walzensatzes (n = Anzahl der Walzen; l = Länge der Walze in cm; d = Durchmesser der Walze in cm) und D als Auflast in Tonnen.

Diese empirischen Formeln fanden in der In­ge­ nieur­praxis weite Verbreitung und wurden bis in die 1920er Jahre angewandt. Neben Winkler publizierten unter anderem auch Köpcke (1869) und

12  Modellierung des Kontakts zwischen Lagerwalze und -platte. Links: nach Winkler mit geometrischem Zugang zur Verformung im Kontaktbereich; rechts: nach Hertz mit physikalischem Zugang.

20 Jahre später Tetmajer und Bach Faustformeln zur Bemessung von Lagern.82 Eine neue Stufe der Dimensionierung von Lagern erfolgte durch die im Abschnitt zum Einfluss auf Brückentheorie und -konstruktion erwähnte Arbeit von Heinrich Hertz über die Berührung elastischer Festkörper, von deren Wissenschaftlichkeit Johann Jakob Weyrauch (1845–1917) überzeugt war, und die er deshalb 1894 kalibrierte (Abb. 12).83 Die Praxis erwies sich auch hier als Real­labor84: Das Spannungsniveau differierte stark und lag oft über der Streckgrenze, für welche die Elas­ti­zi­täts­ theorie keinen Geltungs­ bereich beanspruchen konnte. Trotz dieser Grenz­überschreitungen und damit verbundenen Unsicherheiten war Weyrauch vom elastizitäts­theoretischen Paradigma des 19. Jhs. zutiefst überzeugt: So empfahl er die Hertzsche Theorie für die Praxis. Die Brechung der Herrschaft des Linearen auf der Seite des Material­gesetzes in Gestalt der Plastizitäts­theorie sollte erst in der Inventions­phase der Baustatik (1925–50) zögerlich einsetzen. Ein weiterer wichtiger Input der Handlungs­ ebene Wissenschaft erfolgte bereits im Zu­sam­men­ hang mit der Theoretisierung der In­ge­nieur­aus­bil­ dung. Die sich seit Mitte des 19 Jhs. formierende Strich­ statik zur abstrakten Darstellung realer Ge­bil­de in der Bau­technik und im Maschinen­ bau kulminierte in der 1875 von Reuleaux veröffentlichten Theoretischen Kinematik85; seine

Die Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

kinema­ti­sche Zeichen­sprache stellte einen Versuch dar, die gesamte In­ge­ni­eur­wis­sen­schaft deduktiv zu begründen. Reuleaux’ abstrakte Zeichensprache wurde auch für die Tragwerke des Bauingenieurs heran­ gezogen86 – mithin das Tragwerk als kinematische Maschine begriffen. Der kinematische Imperativ der Baustatik wurde von Robert Land (1857–1899) und Heinrich Müller-Breslau (1851–1925) Ende der 1880er Jahre mit der kinematischen Theorie der Stab­werke zur Ermittlung der Einflusslinien von Kraft­größen auf die Spitze getrieben (Abb. 13). Auch in der Zeichensprache Lands und MüllerBreslaus, die auch eine Zeichensprache der virtuellen Maschinen­bilder genannt werden kann,87 war der Prozess alles und das Produkt nichts. Mit der Entstehung der klassischen Baustatik (1875–1900) vollendete sich die zu statischen Systemen verdichtete Modellwelt der Strichstatik, einer technikwissenschaftlichen Zeichensprache, deren Zeichenvorrat aus Gelenken, Auflagerfesseln und elastischen Stäben besteht (Abb. 14). Damit war es unter Zuhilfenahme der Grammatik der Bil­ dungs­ge­setze möglich, nicht nur gegebene statische Systeme zu analysieren, sondern auch neue statische Systeme zu synthetisieren. Diese Dialektik von Tragstrukturanalyse und -synthese in Gestalt der technikwissenschaftlichen Zeichensprache der Strichstatik konnte sich nur auf Basis der realen Artefaktwelt der Konstruktionssprache des Eisenbaus und seiner »Organe« (Föppl), den Lagern, entfalten. Die im Ingenieur-Modell existierenden

Kausalzusammenhänge wurden zum Aus­gangs­ punkt der konstruktiven und technologischen Modellierung von Produkten und Prozessen. Erst dadurch konnte die Wechselwirkung des Analytischen mit dem Synthetischen, des Deduk­ ti­ven mit dem Induktiven, des Theoretischen mit dem Praktischen, des Abstrakten mit dem Kon­ kreten, des Rezeptiven mit dem Antizipativen und des Universellen mit dem Spezifizierenden praktisch zur Geltung kommen. Die Zeichensprache der Strichstatik sollte sich in der 1889 entworfenen eisernen Reichs­ tags­kuppel mit der Konstruktionssprache des Eisenbaus zur dialektischen Einheit von Prozess und Produkt verschränken. Der quasi-rechteckige Kuppel­grundriss mit der ca. 34 x 38 m großen Öffnung erforderte eine raffinierte Auflagerung des Raumfachwerks, nicht nur um das Ausdehnen und Zusammenziehen der Kuppel möglichst spannungsfrei zu gewährleisten, sondern um Auflager­kräfte quer zur Ebene des Tambour­ mauerwerks auszuschließen. Abbildung 15 veranschaulicht die Lagerungsbedingungen und deren technische Umsetzung durch zweiseitig bewegliche Wälzlager, vierseitig bewegliche kombinierte Gleit-/Wälzlager sowie allseitig bewegliche Wälzlager mit Kugelstelzen in den acht Eckpunkten, wobei für die Rotationsfähigkeit der Kuppel jeweils Kugelzapfen in den Auflager­ punkten vorgesehen waren. Der Entwurf stammte von Hermann Zimmermann (1845–1935), der 1891 im Preußischen Ministerium der öffentlichen

13  Kinematische Analyse eines statischen Systems nach Land.

14  Zeichensprache der Strichstatik.

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15  Reichstagskuppel Berlin. Links: Lagerplan; Mitte: Vierseitig bewegliche Auflager – eine Richtung per Stelzen, orthogonal dazu per Gleitebene; rechts: Allseitig bewegliche Lager der Ecken.

Arbeiten die direkte Nachfolge Schwedlers antrat. Die Zimmermann-Kuppel war »eine geniale Trag­ werks­maschine«88 und verkörperte beispielhaft den kinematischen Imperativ ihrer Zeit und die Synthese der Handlungsebenen auf dem Gebiet des Eisenhochbaus, weil Zimmermann unabhängig von seiner amtlichen Position als freier Berater Paul Wallots auch die Sichtweise aus der Industrie und Wissenschaft einnahm. Synthese der Handlungsebenen Wie am schematischen Ablauf der Handlungs­ ebenen gezeigt werden konnte, kamen die wesentlichen Impulse für die Entwicklung des Eisen- bzw. Stahlbrückenbaus im Allgemeinen und der eisernen bzw. stählernen Brückenlager im Besonderen zunächst aus der Industrie, gefolgt von der Verwaltung und schließlich aus der Wissenschaft89 – nie losgelöst, sondern mit wechselseitiger Befruchtung. Praktisch zeitgleich wandelten akademische Grundsatzdiskussionen, wie der Methodenstreit (vgl. Abschnitt zum ingenieurwissenschaftlichen Umfeld), zusammen mit folgenschweren Brückeneinstürzen, wie in Münchenstein (Schweiz), das Verhältnis von Empirie zur Theorie in den Ingenieurdisziplinen grundlegend und erforderten die systemische Verschmelzung der Handlungsebenen. Der Materialforschung als

technikwissenschaftliche Querschnittsdisziplin fiel hierfür eine Schlüsselrolle zu. Sowohl bei der empirischen als auch bei der theoretisch akzentuierten Forschung wurde nunmehr die Orientierung auf eine zweckmäßige Ver­ gegen­ständ­lichung in technischen Produkten und Prozessen Erkenntnisideal des Technik­ wissen­ schaftlers. So notierte Carl von Bach – einer der Pioniere der im letzten Drittel des 19. Jhs. entstehenden experimentellen Materialforschung – im Vorwort seiner 1889/90 publizierten Arbeit Elasticität und Festigkeit: Möge auch diese […] Arbeit, indem sie die Bedeutung der Erkenntnis des thatsächlichen Verhaltens der Materialien klarlegt und indem aus ihr erhellt, dass es nicht genügt, […] das ganze Gebäude der Elasticität und Festigkeit auf mathematischer Grundlage aufzubauen, dass es vielmehr für den Konstrukteur […] nothwendig erscheint, immer und immer wieder die Voraussetzungen der einzelnen Gleichungen […] im Spiegel der Erfahrungen […] sich zu vergegenwärtigen, und die auf dem Wege […] der mathematischen Ableitung gewonnenen Beziehungen hinsichtlich des Grades ihrer Genauigkeit zu beurtheilen […] und dass da, wo die letzteren […] nicht ausreichen, in erster Linie durch den Versuch [die] Fragestellung an die Natur zu erfolgen hat, zur Förderung der Technik und damit der Industrie beitragen.90

Bei den Ingenieuren stießen die auf Basis eines neuen Verhältnisses von Empirie und Theorie sich

Die Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

entfaltenden »Bemühungen um ganzheitliches Denken und die ›Erfassung des Gemeinsamen‹ […] auf ungeteilte Zustimmung«91, wie Dienel das verstärkte Ringen um eine synthetische Arbeitsweise rückblickend charakterisiert. So findet sich der synthetische Gedanke auch beim Konstruieren von Brückenlagern: Schon in den 1880er Jahren werden für die Berliner Stadtbahn Einrollenlager verbaut.92 Zudem taucht in der Fachliteratur mit den Pendel­ lagern ein neuer Konstruktionstypus auf, der – wie auch Einrollenlager oder später Ein­stelzen­lager – die Funktionseinheiten Rotation und Translation auf einfachste Weise zusammenführt (Abb. 16). Von Schmid 1886 zunächst nur für kurze Spann­weiten vorgeschlagen93, empfiehlt nach der Jahrhundert­ wende der Altmeister des deutschen Brückenbaus, Gottwald Schaper (1873–1942), deren Einsatz auch für größere Bauwerke. Ungeachtet dessen sind solche im deutschsprachigen Raum kaum zur Anwendung gekommen – die Gefahr des Pendel­ kippens schien offenbar zu groß.94 Auch hinsichtlich der Bemessung von Brü­cken­ lagern vertraute man ab der Jahr­hundert­wende der experimentellen Materialforschung, da – wie schon die Kontakt­mechanik von Hertz und ihre Rezeption durch Ingenieure zeigte – die reine elastizitätstheoretische Betrachtung der Kontaktbereiche mit den Erfahrungen der Ingenieurpraxis nicht im Einklang stand. Auf der anderen Seite waren auch die konkurrierenden empirischen Formeln der Lager­be­ mes­sung nicht mehr zeitgemäß. Pointiert fasste

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Cauer 1900 den Stand der Lagerbemessung zusammen, wonach man […] über die Beanspruchungen, die man Rollen oder Pendeln zumuten kann, sich durchaus im Unklaren ist und daher unter ängstlichem Hin- und Hertappen die Anzahl der Rollen oder Pendel nach sehr verschiedenen Grund­ sätzen, im allgemeinen aber wohl zu reichlich bemessen hat.95

Entwicklung nach 1900 Die Kluft zwischen Empirie und Theorie bei der Lagerbemessung konnte zur Jahrhundertwende kaum größer sein, und auch die experimentelle Materialprüfung vermochte nicht, den Weg der Hertzschen Theorie in die Ingenieurpraxis zu beschleunigen. Im Gegenteil – bald schon kamen erste Zweifel aus den Laboren. Ewald Rasch (1871– 1927) z. B. resümierte 1899 nach Versuchen an Guss­stahl­kugeln: »Man kann sich des Bedauerns nicht erwehren, dass sich die bewunderungswürdig tiefe Hertz’sche Arbeit auf […] hinfälligen Voraussetzungen aufbaut.«96 Zudem fanden großangelegte Laborversuche des VDI zur Ermittlung der Festigkeit und Beweglichkeit von Rollen- und Kipplagern nach einigen Unterbrechungen 1907 ein vorläufiges Ende; die Ergebnisse kamen erst 1915 zur Veröffentlichung. Ihr praktischer Nutzen war infolge des eingangs zu weich gewählten Materials, einer ungünstigen Versuchsanordnung und einer unzureichenden Messvorrichtung beeinträchtigt97

16  Links: Vorschlag von Schmid noch mit Halbzapfen; Mitte: Pendellager der früheren Wasserturmbrücke in Berlin-Ostkreuz (nach 1900); rechts: Beispiel eines Einstelzenlagers – hier in Geising/Erzgebirge.

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– ein im Nachgang ernüchterndes Ergebnis. So zeigten sich am Beispiel der Lagerbemessung nach 1900 die Grenzen der noch jungen Disziplin der experimentellen Materialforschung als Partner der Ingenieurpraxis. War es auf der einen Seite kaum möglich, die komplexen realen Ein­bau­ bedingungen im Versuchsstand nachzubilden, so fehlte auf der anderen Seite eine schlüssige Rahmen­theorie, thematisierte Hertz doch lediglich die Kontaktpressung ohne die gleichzeitig auftretende hohe Wälzreibung. Dieses Wechselspiel jedoch ist für jeden wissenschaftlichen Vorstoß zur Bemessung von Wälzlagern essenziell. Mit den Punkt-Kipplagern war die Entwicklung der eisernen und stählernen Lagergeneration zum ausgehenden 19. Jh. prinzipiell abgeschlossen. Arbeiten nach 1900 beschäftigten sich mit Details, um etwaige Unzulänglichkeiten zu beheben. Genannt sei z. B. die Entwicklung eines kippsicheren Stelzen­satzes für die Lager der Stubenrauchbrücke (1907–08). Zudem wurden Einrollenlager vermehrt eingesetzt – nun werkstofflich weiterentwickelt, z. B. aus Stahl oder als gepanzerte Betonrolle, als Lager mit Auf­trags­schweißung oder als Edel­stahl­ lager, letztere erst nach dem Zweiten Weltkrieg (Abb. 17). Aber aus welchem Material auch immer – diese Entwicklungen müssen als Fortschreibung der stählernen Lagergeneration gelesen werden. Ohne eine eigene spezifische Kon­struk­tions­ sprache versuchten sie, das Prinzip der stählernen

Lager­generation mit vermeintlich besserem oder preiswerterem Material umzusetzen.

Innovationsmodell für Lager Im Ergebnis der obigen Analyse der konstruktivtypologischen Entwicklung der eisernen und stählernen Lager kann das von Lorenz vorgeschlagene Phasenmodell für Konstruktions­sprachen in seinem Ansatz bestätigt werden. Auch bei den Lagern finden sich die Initialphase im Sinne einer genealogischen Frühphase sowie die Phasen der Sprachbildung und -reife. Mit konkretem Bezug auf die Lagertechnik jedoch schlagen die Autoren ein Innovationsmodell gemäß Abb. 18 vor. In Anlehnung an die Abb. S. 9 wird die Innovations­ dichte ID aus der Entwicklungsgrad-Funktion E abgeleitet (ID=dE/dt, infolge des mathematischen Zusammenhangs beschreibt die Fläche unterhalb der »Glocke« 100 % der Innovation). Zunächst entstehen in einer Initialphase verschiedentliche Prototypen, um das Potenzial einer Sprachidee auszuloten. Im konkreten Fall sind z. B. bewegliche eiserne Lager auf den Pylonen von Hängebrücken oder im Dach der Walhalla dokumentiert98; auf diese Frühphase konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden. Die 1840er und 1850er Jahre stehen für die Bildungsphase, in der die grundsätzlichen Sprachmuster angelegt

17  Einrollenlager. Links: Gepanzerte Betonrolle; Mitte: Lager mit Auftragschweißung; rechts: Edelstahllager.

Die Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

Zapfen-Kipplagern einen weiteren Dialekt oder Zungenschlag hinzuzufügen, seine Bauten fanden jedoch keine Nachahmung. Darauf aufbauend stehen die letzten beiden Dezennien des 19. Jhs. für die Ausbauphase, um auf zeitgenössische Entwicklungen zu reagieren. Die Innovationskraft lässt erneut spürbar nach und begrenzt sich auf die konstruktive Erweiterung der bekannten Lagertypen, z. B. für Zwecke der Quertranslation und -rotation. In diese Phase fällt auch der werkstoffliche Wechsel von Gusseisen zur vornehmlichen Verwendung von Stahlguss, der jedoch die prinzipiellen Konstruktionsmuster der Lager kaum beeinflusste. Der zeitgenössische Stand der Lagertechnik wird dann um etwa 1900 in ersten – explizit zur Lagertechnik erschienenen – Regelwerken erfasst und als Standardsprache festgeschrieben.

Zusammenfassung

18  Entwicklungsgrad- und Innovationsdichtefunktion für die Generation der eisernen/stählernen Brückenlager.

werden; im deutschsprachigen Raum konzentriert sich dieser Prozess auf die 1850er Jahre. Hier bereits führen gesellschaftlich-kulturelle Einflüsse zur Ausbildung unterschiedlicher Dialekte, die als Tangential-Kipplager im Süddeutschen und als Zapfen-Kipplager im Norddeutschen fortan die Kon­struk­tions­spra­che dieser Lagergeneration bestimmen werden. Etwa um 1860 lässt die Innovationsdichte nach – verdeutlicht auch im Wendepunkt der Ent­wick­ lungs­grad­funktion E. Die Kindsprache ist angelegt, die in den zwei Jahrzehnten bis etwa 1880 zur Ziel­sprache reift. Dabei werden der typologische Kanon ergänzt sowie logopädische Schwächen therapiert. Zudem versucht Köpcke, mit seinen Ideen den bereits etablierten Tangential- und

Die Entwicklung einer Konstruktionssprache für eiserne und stählerne Brückenlager geht einher mit der Entstehung des modernen Ingenieurberufs als neue technisch-industrielle Intelligenz sowie der Herausbildung der industriell-kapitalistischen Produktionsweise. In diesem Kontext folgt der Entstehungs- und Reifeprozess der Lager nicht nur statisch-konstruktiven Zwängen der zunehmend komplexeren Überbauten, sondern auch dem analytischen Paradigma der Zeit. Dieses lässt sich im technikwissenschaftlichen Umfeld unter anderem in der Trennung von Architekten und Ingenieuren, in den Spezialisierungen der Ingenieure in den Maschinen- und Bauingenieur einerseits sowie in den Handlungsebenen Industrie, Verwaltung und Wissenschaft andererseits oder in der systemischen Trennung einer vormals homogenen Brücke in Überbau und Unterbau ablesen. Auch an den Lagern als vermittelndes Bauteil finden wir anfangs klare Trennungen der Funktionen Rotation und Translation – letztere wiederum mit separierten Funktionseinheiten in Längs- und Quer­richtung.

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Volker Wetzk, Karl-Eugen Kurrer

Das Ziel war die Beweglichkeit des Trag­werks, erst nur in Brückenlängsrichtung, später auch in Querrichtung, je mehr desto besser; teilweise verzichtete man gänzlich auf feste Lager. Im kinematischen Imperativ der Zeit kamen die wesentlichen Impulse bei der Sprachentwicklung von Maschinenbauern, und innerhalb weniger Jahre entwickelten sich Walzen, Stelzen, Bolzen, Zapfen zu charakterisierenden Bestandteilen nicht nur der Lagertechnik, sondern ganzer Brückenbauwerke, die in ihrer Gesamtheit zunehmend als Trag­ werks­maschine begriffen wurden. Insofern ist die Entwicklung einer Konstruktionssprache für eiserne und stählerne Lager untrennbar verbunden mit der Profession des Maschinenbaus sowie mit der Entwicklung eiserner und stählerner Stabtragwerke. Mit der zunehmenden Verwendung von Flä­ chen­tragwerken im 20. Jh. jedoch sollte die durch Last­bündelungen gekennzeichnete »alte« Lager­ generation sukzessive ihre Bedeutung verlieren. Zwar kamen die wuchtigen Stahlgusslager noch bis zur Jahrhundertmitte zur Anwendung, vornehmlich jedoch im Zusammenhang mit stählernen Überbauten. Für die ab etwa 1900 auf den Markt drängende Eisenbetonbauweise suchten die Konstrukteure alsbald nach Alternativen – die eisernen und stählernen Lager passten nicht mehr zum monolithischen und synthetischen Charakter der neuen Bauweise. Spätestens ab den 1930er Jahren begannen die Verformungslager in Gestalt von Gummi- bzw. Elastomerlagern sukzessive und endgültig die Generation der eisernen und stählernen Lager abzulösen. Verformungslager sind abermals durch eine eigene spezifische Kon­struk­tions­ sprache gekennzeichnet.

Das von Lorenz vorgeschlagene allgemeine Phasen­modell zur Entwicklung von Kon­struk­ti­ ons­sprache (vgl. Abb. S. 9) kann in seinem prinzipiellen Ansatz bestätigt werden. Am konkreten Anwendungsfall Eiserne und stählerne Brücken­lager jedoch ergibt sich eine modifizierte Phasen­zuordnung, die von den Autoren dieses Beitrags als Diskussions­vorschlag verstanden werden will. Zudem fanden die Autoren die von Lorenz benannte Analogie zwischen menschlicher Sprache und Konstruktions­sprache am Beispiel der Lager­ entwicklung bestätigt. Hier wurden bereits in einer sehr frühen Phase die werkstofflichen Potenziale des Gusseisens für Zwecke des Brücken­baus regional unterschiedlich ausgeformt und damit der Grundstein für den Fortbestand zweier unterschiedlicher Sprachmuster im Lager­ bau gelegt, die für den deutschsprachigen Raum und darüber hinaus prägend werden sollten. Interessanterweise führten die spezifischen Rand­bedingungen in den USA wiederum zu einer abweichenden Konstruktions­sprache – zu einem spezifischen Dialekt.99 Noch im Wilhelminischen Deutschland entfaltet das systemische Zusammenwirken der Hand­lungs­ ebenen Industrie, Verwaltung und Wissen­schaft seine gesellschaftliche Wirksamkeit, und Lagerund Stahlbrückenbau entwickeln sich zur Hoch­ tech­no­logie in derselben Weise wie die Elektro­ technik und Technische Chemie: Das Konstruieren verschmilzt zur Einheit der elementaren Tätigkeits­ formen von Gestalten, Erkennen und Verantworten, welche den gesamten Prozess von der Invention über die Innovation bis zur Diffusion der Produkte im Markt arbeitsteilig im Blick haben.

Die Formierung einer Konstruktionssprache von Lagern im Eisen- und Stahlbau

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Lorenz 1990. Wetzk 2010, 54. Kurrer 1997. Peter 2001. VDI 1991. WDG-online. dtv 1999. Reuleaux 1861. Lorenz 1999, 107. Schnabel [1934] 1987, 442. Mehrtens 1900, 38. Lorenz 1999, 108, 109. Lorenz 1999, 109. Z.B. in Lorenz 1994, 323. Lorenz 2005, 172. Lorenz 2005, 176. Lorenz 2005, 172. Vgl. den Beitrag von R. Schmidlin in diesem Band, 18. Schmidlin in diesem Band, 22. Schmidlin in diesem Band, 24. Lorenz 2005, 172. Lorenz 2005, 172 sowie Schmidlin in diesem Band, 25. Schmidlin in diesem Band, 26. Wetzk 2010, 56–66; dort detaillierte Literatur­verweise. Röder 1846, 244. Manegold 1970, 18. Kurrer 2002, 211. Treue 1964, 226. Culmann 1852, 176. Wetzk 2010, 60–62. Rieppel / Frentzen 1898, 562. Föppl 1878, 8. Rieppel / Frentzen 1898, 567. Hertz 1882; ein bereits 1881 im Journal für reine und an­ge­wandte Mathematik veröffentlichter Beitrag blieb seiner­zeit unbeachtet. Wetzk 2017. Wetzk 2006, 722–725; dort detaillierte Lite­ra­tur­verweise. Encyclopaedia 1856, 605. Baumeister 1863, 234. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg sollte die Generation der Ver­for­mungslager die der eisernen und stählernen Lager ablösen. Lorenz / Heres 2006, 164. Mehrtens 1900, 39. Details hierzu in Wetzk 2010, z.B. 22, 51. Gerber 1859. Gerber 1859, Vorwort. Gerber 1859, 15. Gerber 1859, 15. Gerber 1859, 15. Gerber 1863, 13. Rieppel / Frentzen 1898, 566. Ein Hinweis auf Gerbers Verantwortung für die Normalien findet sich im Nachruf in Carstanjen 1912, 76. Hintergründe des Stelzenkippens z.B. in Riese 1887, 55.

52 Gerber verantwortete über 600 Brücken während seiner Tätigkeit in Nürnberg und Gustavsburg; Hilz 1993, 75. 53 Neuhaus 1872, 2–3. 54 MÖA 1894. 55 Hilz 1993, 119. 56 Hertwig 1950, 20. 57 Mehrtens 1900, 38. 58 Der relevante Beitrag ist schlicht nur mit »Wöhler« unterschrieben. Im Literaturverzeichnis des Jahrgangs wird der Artikel jedoch ausgewiesen für »Königl. OberMaschinenmeister Herrn Wöhler zu Berlin«. 59 Wöhler 1855, 140. 60 Kurrer 2016a, 350. 61 Kurrer 2016a, 357. 62 Schwedler 1861, 600. 63 Rieppel / Frentzen 1898, 576. 64 Labes 1889, 342. 65 Wetzk 2010, 23. 66 CWBl 1873. 67 Schlaich / Schüller 1999, 213. 68 Voormann 2014. 69 GLAK 1875. 70 Voormann 2014, 135. 71 Voormann 2014, 138. 72 Naeher 1852. 73 Voormann 2014, 138 Fußnote. 74 Gedankt sei Herrn Dr.-Ing. Friedmar Voormann für die wertvollen Hinweise zu Julius Naeher. 75 KBS 1895, 26–27. 76 KBS 1900, 26. 77 MÖA 1894, Vorwort. 78 Bezogen auf die Süddeutsche Brückenbau-AG. 79 Hilz 1993, 98. 80 Conrad 2010. 81 Wetzk 2010, 64. 82 Köpcke 1869; Tetmajer 1889; Bach 1889. 83 Weyrauch 1894. 84 Wetzk 2017, 70. 85 Reuleaux 1875. 86 Kurrer 2000, 7–21. 87 Kurrer 2015, 60–62. 88 Kurrer 2016b, 645. 89 Dieselbe historische Abfolge konnte für die Heraus­bildung der Stahlbetonbauweise im letzten Drittel des 19. Jhs. nachgewiesen werden; vgl. Kurrer 1997, 15–17 u. 45–46. 90 Bach 1889/90, VII–VIII. 91 Dienel 1997, 49. 92 Cauer 1900, 917. 93 Schmid 1886, 288. 94 Cohen / Wetzk 2016. 95 Cauer 1900, 918. 96 Rasch 1899, 320. 97 Stamer 1915; Schaper 1908, 351; Stahlwerksverband 1923, 535; Kollmar 1919, 53; Burkhardt 1939, 233. 98 Wetzk 2010, 16, 50. 99 Wetzk 2010, ab 178.

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Abbildungsnachweis

1 Engineer 1876, 390. 2, 13, 18 Zeichnung: Volker Wetzk. 3 links Historisches Archiv MAN Aktiengesellschaft, Augsburg. 3 Mitte Archiv Deutsches Museum, München. 3 rechts Winkler 1872, 266. Winkler 1872, 259–260. 4 5 links Scharnweber 1991. 5 rechts Häseler 1876, Bl. 656. Archiv BTU, Lehrstuhl Bau­technik­geschichte. 6, 10 Wöhler 1855, 140. 7 Schwedler 1861, Anhang Zeichnungen. 8 9 links Ramm 2004. 9 rechts Hertwig 1950, 22. 11 links Pottgießer 1985, 25. 11 rechts Mortensen 1969, 423. 12 links Winkler 1872, 255. 12 rechts Hertz 1882, 185. 14 Neuzeichnung nach Melan 1884, 101. 15 Mensch 1935, 107. 16 links Schmid 1886, 288. 16 Mitte u. rechts  Archiv BTU, Lehrstuhl Bau­technik­ge­schich­te. 17 links Burkhardt 1939, 233. 17 Mitte Weihprecht 1966, 89. 17 rechts Weihprecht 1966, 91.

Grammatik

The Cathedral of Girona and the Language of Equilibrium

Santiago Huerta, Paula Fuentes

Traditionally, the history of architecture in Europe has been divided into styles, with common characteristics applicable to different places. But even within the same style, architecture has sought different objectives and consequently has developed different languages. This is the case of Gothic architecture in south-east Europe, where a distinctive Gothic architectural language was developed in order to achieve different goals. While in central Europe vaults became geometrically more and more complex, efforts in the Mediterranean area concentrated on constructing large and sober spaces, leaving the sophisticated interlacing of ribs and mouldings to details (the tas-de-charge, the base of columns

etc.). In this region, it appears that the challenge for builders was to construct very large structures with wide vaults. In fact the widest nave in a Gothic cathedral was built in Girona, with a span of 23 and a height of 35 m; the largest nave (19 m span, 44 m height) is that of Palma de Mallorca; and the largest Gothic vault covers the Sala dei Baroni in Napoli, with a span of 26 m. These dimensions compare well with the great Roman thermae (fig. 1). This similarity, together with the austere decoration, led the Spanish architectural historian Torres Balbás to comment: «If from the Levantine temples the decoration and the ribs of the vaults are removed (…) they would look like great Roman rooms.»1

1  Comparison of the great nave of Girona (depth of buttress increased to actual size) with Maxentius Basilica in Rome (left) and Notre Dame in Paris (right).

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Santiago Huerta, Paula Fuentes

2  Abbey of Sylvànes.

3  Cathedral of Toulouse.

The Cathedral of Girona and the Language of Equilibrium

The Single-Nave Church In this context, a singular type of church was developed in the south-east of France and the northeast of Spain: the single-nave church. According to Viviane Paul, The single nave is much more than a structure without aisles, a simple box, or the nucleus around which the fundamental components of southern Gothic were distributed, it is an architectural construction system which, in pursuit of large open spaces and the lightness of Gothic, drew on the aesthetic and constructive traditions indigenous to the Mediterranean regions. 2

The development of single-nave churches started in the middle of the 13th century. These churches feature a wide single nave, with no transept and a simple apse, massive prismatic buttresses rising along the height of the building, and the characteristic sobriety of Mediterranean Gothic.3 Singlenave churches with spans around 14 and 15 m are very common in this area. But there was also an important number of churches with naves around 20 m wide. These naves are wider than the central naves of even the widest churches in northern France. Chartres Cathedral, with the widest nave in this region, has a span of 14.0 m between pillars. The precedents for the single-nave church are also found in south-east France and north-east Spain, in churches usually covered by a barrel vault and transverse arches. Some of the most important examples of these churches are discussed below. The church of the abbey of Sylvànes, built in the early 13th century, has a pointed barrel vault of almost 15 m (fig. 2). The old Romanesque cathedral of Saint-Pons-de-Thomières, dating from the mid-13th century, has a similar span. These are early examples covered by simple barrel vaults. Later, churches would assimilate the typical Gothic language and understanding of the structural behaviour of ribbed vaults, but obtain a completely different result compared with other European regions. The now-destroyed church of the abbey of Grandsèlve was built around 1250. There is not much information about how it looked, but some

descriptions from the 19th century picture a single-nave church, with a c. 20 m span.4 The old cathedral of Toulouse (fig. 3) represents the combination of local traditions such as the single wide nave, austerity, and brick construction with northern Gothic influences such as the use of the ribbed vaults and the tracery of the windows, which some authors have related to Reims cathedral.5 The earlier Romanesque cathedral, with a nave and two lateral aisles, was modified at the middle of the 13th century6 and replaced by a single nave spanning 18.5 m with very simple quadripartite brick vaults. A new project for the church for the Jacobins in Toulouse was conceived around 1275. One proposal, according to Sundt, was to span the chevet’s entire width (c. 19.6 m) with one rib vault (fig. 4).7

4  Toulouse, Church of the Jacobins. Construction phases; section comparing the single and two aisles solutions.

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5  Cathedral of Albi.

Eventually a two-nave solution was achieved by inserting an intermediate column, thus halving the span. Probably builders considered the buttresses too slender to support such a vault. The church was finished in 1390. At the end of the 13th century, Albi cathedral (fig. 5) was built with a single nave, spanning 17.7 m. A significant difference with the cathedral of Toulouse is the height of the nave; Albi is 29 m high, around 9 m higher than Toulouse. The cathedral of Albi has been considered a model for other buildings, such as Saint-Bertrand-de-Comminges with its 16 m span. The old Romanesque building with three naves was replaced by a church with a single nave and chapels between the buttresses in the first half of the 14th century.8 The cathedral of Perpignan was started in 1324 with three naves, but construction stopped and when resumed in 1433 a single-nave structure was constructed under the supervision of Guillem Sagrera.9 In this case, the single nave does not cover the three original naves (this would have meant an enormous nave of 37 m span). Instead, Sagrera increased the span of the central nave to 18 m.

In Catalonia and Mallorca, single-nave churches are common. Santa María del Pi, started in Barcelona around 1320, has a span of around 16.5 m, and Santa Caterina in Barcelona and San Francisco in Mallorca have spans of around 15 m.10 Some buildings from the 13th and 14th centuries have even larger single naves, but it is not always clear whether vaults were originally included in the design, or were built or rebuilt later. This is the case for the cathedral of SaintMaurice in Mirepoix, which has the widest nave in French Gothic architecture with its 21.6 m span,11 and Saint-Vicent in Carcassone with a span of 20.2 m.12 The highlight of this development is the cathedral of Girona, with a span of 23 m. The enormous single nave was almost completely ignored in the literature until the English architect George E. Street (1824–81) published his Some Account of Gothic Architecture in Spain in 1865. Street published the plan of the cathedral, indicating a possible chronology of construction, and called attention to the great nave – and its contrast with the choir – by showing a drawing of the interior (fig. 6).

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He also recorded and translated into English the proceedings of an expertise held in 1416 on the feasibility of continuing the construction of the enormous single nave started some 60 or 70 years before. This expertise has been quoted in many later works on medieval architecture. Girona was the culmination of this trend towards great single naves in the Mediterranean Gothic region (south-east France, Catalonia, and the Balearic Islands). Several authors have sought the reasons for this trend. Beyond aesthetic grounds, Lasteyrie summarised the ‹technical› arguments: the sober character is more appropriate for building in brick (as in the region of Toulouse; but Lasteyrie discounts this argument as this type of design is also present in areas with stone architecture); it is more economical and enables fast construction (and he quotes the Girona expertise of 1416); the internal space is better illuminated; and, finally, at a time of frequent wars the

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simple surfaces and buttresses may function as a fortification (s. fig. 5).13 A question rarely if ever mentioned is the technical challenge involved in the enormous increase in the size of the spans entailed in this new style, doubling the usual spans of around 10 m of the earlier Gothic cathedrals. It appears that these medieval masters considered that size was irrelevant for the safety of the design, and that it was possible to increase the span at will. The audacity of medieval master builders, of course, has been already demonstrated by the increase in height of the cathedrals during the 13th century, reaching the breath-taking 48 m of Beauvais. If we compare the section of Girona with a great Roman vaulted structure (Maxentius Basilica) and a Gothic cathedral (Notre Dame of Paris), we cannot but agree with the comment cited earlier by Torres Balbás that this is ‹Roman› Gothic (s. fig. 1).

6  Girona cathedral. Left: View of the great nave towards the apse; right: Plan with chronology of construction.

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It is important to note that the impulse towards innovation, to test and develop new technical devices, to break limits, was common to all activities in medieval times, as the historian of technology Lynn White Jr. showed in numerous essays published after 1940.14 However, the Romantic ideas of the 19th century have left us an image of some stonemasons working with insurmountable faith and enthusiasm, guided by a wonderful intuition whose origin is uncertain. Many of these 19th-century studies focused on investigating the almost magical power of certain geometrical figures tracing, on mostly non-accurate plans, detailed geometrical constructions. As Frankl puts it, the Romantics «surrounded and endowed these figures with the nebulous glory of extremely remote wisdom».15 Our intention in this paper is to look for specific evidence about the ideas and methods of medieval masters on structural design. The singular episode of the sudden appearance of the single great nave in the 14th century in Mediterranean Gothic offers such an opportunity. The design and building of the largest cross vault in Girona is extremely well documented. A large part of the original documents concerning the construction (account books, notary records) have survived, and a number of scholars have studied and published the most important documents. In particular, the feasibility and safety of the designed single vault were publicly questioned before the King. This stopped the work and triggered a long period of debate. Two congresses of experts were held, separated by an interval of thirty years, with the main purpose of investigating the safety of the design. The minutes of both congresses have survived and afford invaluable information on medieval structural design. Besides, one of the authors, Paula Fuentes, has recently made a laser scanner survey which provides for the first time an accurate description of the geometry and dimensions of the great nave.

Medieval Structural Expertises It was a common practice in the Middle Ages to ask for the opinion of foreign experts when there were doubts about a building project or the continuation of an important work. However, historical research on theories about Gothic structure is usually hampered by the scarcity and irregularity of documentary sources. An expertise, by its very nature refers always to a specific problem, a certain difficulty encountered during construction.16 The chapter of a cathedral, then, would turn to foreign masters who, together with the master of the work and other local masters, expressed their opinions, which were registered in a document. The problem for the construction historian is to put these opinions in a specific context. As an example we will briefly discuss one of the oldest surviving structural expertises, the one from the cathedral of Chartres. The document begins by stating the date («In the year 1316 on the Tuesday after the festival of the birth of the blessed Mary, the Holy Virgin») and its purpose («the report on the defects of the church, made by those who were commissioned to investigate those defects»).17 The text summarises its conclusions at the beginning: «Sirs, we say to you that [each of] the four arches that help to carry the vaults is good and strong, and the piers that carry the arches good, and the keystone that carries the keystone good and strong; and it will not be fitting to take down more than half of your vault, to the point where it will be seen what is to be done.»18 Then the names of the masters involved (two of them master carpenters) are given. Eventually the masters concluded: Firstly, we have seen the vault of the crossing: it assuredly demands repairs, and [if] one will not make them at once there could be great danger. Further we have examined the flying buttresses that support the vaults; the joints are sadly in need of sealing and of reinvestigation [repair] and if one will not do it at once there may well be great damage.19

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Then follows some advice about the scaffolding that should be used. The text addresses a specifically structural matter, the safety of a part of the building: the vault of the crossing and their flying buttresses. The four main arches are good and strong, as also is the keystone and probably, as discussed by Frankl, the section of the ribs. But the vault should be partially demolished. Why? The flying buttresses badly needed to be repaired, but we do not know if this was a result of degraded masonry or because they were incorrectly designed and therefore unstable. What could we learn about medieval structural thinking? We do not know anything about the context: neither the dimensions or type of vault, nor the specific problem which makes it urgent to demolish part of the vault. It is said that the «the four arches (…) help to carry the

vaults» and this implies, according to Frankl, an aspect of the function of the ribs. What else? The only sure thing is that the matter was considered serious enough to summon several foreign masters (two from Paris, one from Perugia) who probably received some money for travel and accommodation.

The Girona Expertises The case of Girona Cathedral is, in this sense, unique. A great part of the documents referring to the construction of the Gothic cathedral, which replaced the Romanesque one, have been preserved. Chapter proceedings, account books, and some notary records have permitted historians to trace in detail the cathedral’s construction

7  Choir of Girona Cathedral.

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history. Among these documents are two structural expertises in which the safety of the great nave was questioned and discussed. In the case of Girona, the expertises can be put into the more general context of the cathedral’s construction history First, let's briefly summarise the previous history. At the end of the 13th century, the old Romanesque cathedral had become too small and it was decided to build a new cathedral on the same site as the old one. In 1312 work began in the choir in classic Gothic style, with three naves, an ambulatory, and nine apsidal chapels, following the model of Barcelona cathedral. The choir was finished in 1347 (fig. 7). According to Freigang, the apse was completed around 1330, and the idea arose to continue the construction with a single nave that would span the three naves together.20 Freigang’s guess is confirmed by the chronology of the construction of the chapels of the cathedral, represented in figure 8, following the detailed chronology of Freixas.21 The chapels, paid for by important and wealthy families, were fundamental to finance the great work and were finished as soon as possible. The Expertise of 1386 In 1368 Pere Sacoma (or Coma) was appointed master of the work. In 1370 a foreign master, Vesian de Cadinhac, master of Narbonne Cathedral, was consulted about the design of the single nave. In 1384 the account books registered a payment to buy material to trace the vault,22 probably as part of preparations to begin the building of the first bay. At the same time, some masters and stonemasons were spreading the rumour that the work was extremely dangerous. The canons in charge of the work, the operarii, reported the matter to the King Pedro III who was visiting Girona. This forced the chapter to undertake a series of expert consultations. The principal masters of Girona and Barcelona were consulted and their answers were transmitted to the bishop. Finally, the chapter met

to decide whether the construction of the single nave should continue, or to demolish the work already completed and continue with a three-nave design. All the meetings were registered by a public (royal) notary, Pere de Ponte. The whole process was summarised by him in a document, in Latin, preserved in the Arxiu Històric de Girona. 23 It has an extraordinary interest for the historian of medieval construction. The alarming situation generated by the catastrophic predictions of the rumours triggered a process which paralysed the work for thirty years. The origin of the expertise is explained clearly at the beginning of the document. Two operarii (members of the chapter in charge of the work) addressed the bishop: seeing that it had reached to their ears that some stonecutters experts and architects have publicly declared, in front of worthy and dignified people, and also of the illustrious domino Peter, for the grace of God King of Aragon, that the work of said church of Girona, with a single nave, can neither be stable nor firm, nor can it stand for long time without great danger. Moreover, it was necessary to demolish what has been built of the single nave, and the work reduced to three naves, in the same way as the built choir (…) and that the firmness and beauty of this work is better and more secure if it is continued with three naves. 24

This was a terrible statement which could not be ignored, and made in presence of the King! Work on the single nave had begun more than fifty years earlier, and many chapels between the buttresses had been built. The chapels of the first two bays of the great nave had already been finished, and in 1386 the springings of the enormous buttresses of the great nave were already built. The height these buttresses reached is unknown, but was probably just enough to roof the chapels. The chapter decided, then, to consult the main master architects of Barcelona and Girona. All of them, it is said in the minutes, «made a visual inspection and examined the work, and afterwards discussed if the work should be continued or not». Afterwards the masters were questioned in public

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8  Dates of completion of the chapels in Girona cathedral in the first two bays of the great nave, after Freixas chronology.

under oath, one by one, about the stability of this work; if it should be continued with a single nave, as it was commenced, without danger; and, if continued in this way, if the work would be firm and stable.

There are two questions: if «it should be continued» and if it «would be firm and stable». This opened up the possibility that the work would not be pursued even if it were safe. Everything was registered so that «their vote [could] be written down and made public for perpetual memory». 25 The masters met on 23 February 1386 and their answers were registered by the royal notary. The masters congregated were: Pere Arvei, stonemason, master of Lonja of Barcelona; Bartomeu Asbert and Arnau Bargués, masters of houses of the city of Barcelona; Guillem Mieres, stonemason from Girona; Guillem Morei, stonemason and sculptor active in Girona, though originally from Mallorca; Pere Sacoma, stonemason and master of Girona cathedral; and Ramon Bosc, stonemason from Girona. Another master, Bernat Roca from Barcelona, was not present and declared on 12 December of the same year.

The four masters from Barcelona were clearly in favour of abandoning the single-nave design, and continuing the choir with three naves because the work would be more beautiful and safer. Besides, three of them remarked that the construction would be more economical, and the building would proceed faster. For Arnau Bargués, «the said work is neither proper nor firm, if it was done as it was begun, with a single nave, neither he sees nor knows that it can be sustained in any way without danger.»26 Bernat Roca was even more drastic about the great danger and mentions the great scale of the single nave as critical: this work, if continued with a single nave, such as it is now, and given its breadth and height, in no way can it stand without great danger (…) according to his advice, this work should be done with three naves, for the firmness and safety of the work, and to avoid any danger.27

By contrast, the masters from Girona were mostly supporters of the great single nave. Two of them, Pere Sacoma, master of the work, and Guillem Mieres, master stonemason, had no doubt that the single-nave solution was not only completely safe but also more proportionate and beautiful.

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The words of Sacoma in the minutes leave no doubt and show some exasperation because his authority as master of the work was questioned: the said work is stable and firm and without any danger if it is made and continued as a single nave (…) and that the same deponent in no way consents that the said work be altered, but that it must be done and follow as a single nave [our emphasis].28

A third master from Girona, Pere Ramon Bosch, also said that the single-nave solution was safe, but that the buttresses should be reinforced. Finally, for Guillem Morei, a sculptor from Mallorca resident in Girona, the single-nave solution was not safe. Thus, out of eight experts, five were against the single nave and three considered it safe (one of them insisting on reinforcing the buttresses). The situation was not clear, the matter was known by the King, and the decision affected the safety of the work, but above all it affected the prestige of the of the Church and the city. The decision process was long. First, on 25 October the Bishop had a meeting with the operarii and another canon from Girona in presence of the royal notary. The declarations of the masters were read aloud by the notary. On 26 October it was decided that each member of the Chapter, one by one, would say and express their opinion, about the continuation or not of the work with a single nave, as it was begun; or demolishing, making and continuing it with three naves, and each of them should write down his observation and statement and to be consigned by me, the mentioned notary.29

There were two aspects to consider: the structural aspect, which gave rise to the whole process, and the aesthetic one. In the struggle between the two sides for one and the other solution, the two arguments were mixed. The supporters of the threenave solution insisted on the imminent and certain danger posed by the great nave. The supporters of the single nave could not attack the three-nave solution from the safety angle (it was a much more conservative project), so in addition to passionately defending the viability of the single nave, they

tried to focus the debate on the aesthetic aspect: the great nave is more beautiful and remarkable, «pulcrius et multo notabilius». The majority of the masters were against the single nave, but there was no unanimity. In addition, the four masters from Barcelona showed a fierce opposition, which could have been due to the competition between the two cities. Perhaps they did not want to see their cathedral overshadowed with a great work like the one that was proposed. As a consequence, there was a lively dispute between the supporters and opponents of the great nave. Eventually, the bishop and the majority of the chapter decided on the three-nave solution. However, three canons showed a tenacious opposition and defended with passion the great single nave, presenting a written protest. They maintained that work on the single nave had begun more than forty years before, and that in that time many masters had seen it and none had doubted its safety (they quoted master Vesian from Narbonne). The decision to build the great nave had been already taken at the time after a long study. They demanded broader consultations and, in a clear reference to the Barcelona masters, claimed that those who did not know the quality of the stone and lime of Girona repeated the same words monotonously.30 If eventually the great nave was abandoned, another exceptional work should be built, a dome or bell tower that would make the cathedral famous.31 What happened over the next two decades is not known for certain. Guillem Morei, the only expert from Girona who defended the threenave design, was appointed master of the work straight after the expertise. It seems that the work began and two nave columns were built, but after that it was practically paralysed. In 1404 a decisive event took place: Guillem Bofill was appointed master of the work of the cathedral. Bofill had started working as a stonemason on the site in 1369 and would undoubtedly have participated in the popular debate that would have preceded and

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continued after the meeting of experts in 1386. Although he was an experienced master at the time, he was not called to testify. Twenty years later, Bofill revived the single-nave design. After so many years of interruption, the only way to start the project again was to hold another congress of experts, but this time with broader participation in terms of numbers of experts and different places of origin. In particular, the Barcelona–Girona polarisation that had occurred in 1386 was to be avoided (one of the demands of the three ‹rebellious› canons). The 1416 Congress of Experts The new congress of experts took place on 23 and 24 January 1416, and was attended by eleven architects (the text gives their names in Latin): Pascasius and Johanneses de Xulbe, the master of Tortosa Cathedral and his son; Petrus de Vallfogona and Guillermus de la Mota, masters of Tarragona cathedral; Bartholomeus Gual, master of Barcelona Cathedral; Antonio Canet, master of the city of Barcelona; Guillermus Abiell, master at the Pino church in Barcelona; Arnaldus de Valleras, of Manresa cathedral; Anthonius Antigoni, master of Castellón de Ampurias cathedral; Guillermus Sagrera, master of St. Jean of Perpignan; and Iohannes de Guinguamps, from the cathedral of Narbonne. Each of them had to answer three questions under oath. The chapter read the answers in September of the same year and, finding opinions divided, summoned the cathedral master Guillermus Boffiy on 8 March 1417 to answer the same questions. In what follows we will use Street’s English translation of the congress document,32 although we have made some modifications after checking with the original.33 This time the bishop and chapter wanted no ambiguities, and three questions were posed to the experts addressing in a straightforward way the possible options and arguments to continue the work: 1. If the work of one nave of the said cathedral church, commenced of old with a single

nave, could be continued, with the certainty of remaining secure and without risk.34 2. Supposing that the said work of a single nave is secure and without risk, it is not wanted, or not feasible, to continue the said work of one nave with safety, whether the work of three naves, continued on, would be congruous, sufficient, and such as would deserve to be prosecuted; or, on the contrary, if it ought to be given up or changed; and in that case unto what height it would be right to continue what is begun, and to specify the whole, in such sort as to prevent any mistake.35 3. What form or continuation of the said works will be the most compatible and the best proportioned to the Choir of the said church which is already begun, made, and finished.36 The procedure for answering the questions was established: «The masters and masons, before being asked these questions, must take their oath», and after having given their answers, the bishop and chapter would «elect two of the said masters, in order that they may form a plan or design, by which the work will have to be continued».37 The process would be registered by the notary of the chapter in a public document. The first question addressed directly the main issue, which was at the origin of the whole situation: the structural safety of the single nave. Crucially, in the text it is explicitly recognised that the work of the single nave had already been commenced. The second question addressed the possibility that if for whatever the reason the single-nave design is not continued (if the design is unsafe, but also if «it is not possible to continue» perhaps for economic reasons, or, simply that it is preferred to continue with the three-nave solution) in which way the continuation should be made. The possibility of demolishing what has been already constructed was considered. The third question tries to settle the question: what would be the best way, compatible and proportionate, to continue the work. The masters had

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to choose between the single nave or the threenave design. In contrast with the expert consultations of 1386, where a majority of masters considered that the single nave would not be safe, there was now unanimity on the safety of the single nave. In answering the first question, all masters affirmed that the work would be safe and that the buttresses already started would be sufficient (there was an error in Street’s translation that has caused some confusion: Street translates «respatles» with «foundations», when the correct translation is «buttresses»). Only two masters expressed their doubts about the capacity of the single nave to resist earthquakes or great winds. Guillermus de la Mota, stonemason and master of Tarragona cathedral, judged «that the plan of the church commenced with one nave could be well executed, and that the Crossing will be firm», but he warned «that it is observed in old works, that bulky buildings, as that of one nave would be, sink with earthquakes or with great hurricanes, and for these causes he fears that the work of one nave might not be permanent».38 However the next master consulted, Barto­ lo­meus Gual, affirmed: «No doubt the vault may remain firm over one nave, so that it may resist earthquakes, violent winds, and other mishaps which may occur.»39 The same question was posed to Antonius Antigoni: «Interrogatus: Whether the work of one nave, in case it were made, would run any risk of falling with hurricanes and earthquakes? – He said that there was no cause for fear.»40 The next master, Guillermus Sagrera, was also questioned about earthquakes and answered «that with the earthquakes which he has seen, and the winds which naturally prevail, there would be no danger that the said work should fall or become decayed».41 It is remarkable that for some masters the buttresses were even excessive. Arnaldus de Valleras says «that the buttresses which the said work has, and the rest which may be made like them, are good, and sufficient, to sustain the work of a single nave; and that, though they might not be so strong, they would be firm and secure».42 He

remarked also that compared with the buttresses of the cathedral of Manresa (where he was master of the work), those of Girona were less slender and built with stronger (i.e. heavier) stone. Finally, he recommended building the vaults with light stone. The second question concerns the modification of the plan to continue the three-nave design, barely commenced. Some masters gave detailed instructions, which are of interest, but that would distract our attention from the main topic of this paper. Question 3 is pertinent, as the masters were forced to choose between the two options once the matter of safety had been settled. Indeed this third question had sense if the two options were feasible. Here, though all the masters agreed that the single nave was safe, there was a disagreement about what was «the most compatible and the best proportioned» way of continuing the work. In fact, from the eleven masters consulted, seven considered the three-nave design to be more adequate. There must have been some debate about the best way to proceed because the chapter met eight months after the masters gave their opinions, on 28 September 1416. The notary read aloud the minutes of the consultation with the experts, but no decision was taken and the meeting was suspended. Eventually, six months later, on 8 March 1417, the master of the cathedral Guillem Bofill (Guillermus Boffiy in Latin) was called to answer the three questions, under oath and before the notary and two witnesses. Bofill, who was the main supporter of the great nave, answered that the work of the single nave, already initiated, could be prosecuted and that, if this was the case, «the work will be good, stable and safe, without any doubts», and that if the new buttresses were built like the ones already built «they will be good and firm enough to sustain the said work of one nave». He then added, «The said buttresses have one third more as necessary. And for this reason, they are stronger and without danger.»43 As Frankl notes, this remark is crucial as it presupposes the existence of a rule

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which gives a certain depth for the buttress; otherwise he could not have said that the existing depth was a third larger than necessary.44 Bofill concluded (in response to question 3) that the work of one nave is, without comparison, the most conformable to the choir of the church already commenced and made (…) And that, if the plan of one nave is carried out, it would have such grand advantages, and such grand lights, that it would be a most beautiful and notable work.45

The chapter met a week later, on 15 March, to take the final decision, which was «to continue with one nave the great old work of the said church of Girona». The reasons for this decision were explicitly given: • «if it is continued with three naves it is necessary to demolish the work already made until the level of the capitals of the columns.» • «the work of a single nave, already commenced, is firm, stable and safe and, if it is continued in the same way, neither an earthquake nor thunder nor the turbulence of the wind should be feared.» • «in the opinion of many of the above-mentioned experts, the work of one nave would be more solemn, more remarkable and more proportional to the chevet of the church already begun, than the work of three naves.» (Our emphasis; in fact, the majority considered the three-nave solution more adequate. However, the minority was also composed of a number of experts.) • «Greater clarity would shine, which would make it more cheerful and enjoyable.» (better illuminated than the three-nave solution) • «the work of one nave could be concluded at a much lower price than the work of three naves, and in a shorter time.»46 The first two bays were completed in the first quarter of the 15th century, the third bay in 1572, and the fourth in 1598. The great vaults have therefore been standing for several centuries, supporting the judgement of Bofill and the other supporters of the daring single-nave solution (fig. 9).

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How is it possible that the masters had this certainty in the absence of an example of similar dimensions? What common substrate of knowledge allowed them to make such a categorical judgment? Undoubtedly the Gothic masters who participated in the congress had some knowledge, a common theory, and according to this theory the buttresses had the correct dimensions. But what was this theory? Is it possible to establish a safe theory of structural design without any knowledge of the laws of statics and strength of materials?

9  Cathedral of Girona.

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The Medieval Science of Structures That the master builders of the Middle Ages had a science, an organised body of knowledge, to help them to design and erect their churches and cathedrals should be obvious. It would have been insane to embark on such an enterprise, which may last centuries and mobilise a substantial part of the economy of a whole city, without a rational faith in success. What kind of science was it? Not a science like ours, based in the laws of mechanics and strength of materials, and registered in monographs, handbooks, and codes of practice. Nonetheless it was a science based in critical observation and tested with experience. From the time of classic Gothic, the age of the explosion of Gothic building, the scarce documents which have survived are silent about structural matters. Around the year 1230 Villard de Honnecourt addressed a number of technical issues without mentioning structural design.47 It is during the Late Gothic period, roughly spanning the 14th to 16th centuries, when we find some documents that prove the existence of a set of procedures to design the important structural elements of a great church. Particular attention is given to obtain the depth of the buttresses. Indeed the buttressing system is the main essential element of

10  First geometrical rule. Left: Derand 1643; right: Martínez de Aranda (ca. 1590).

the Gothic structure: a buttress failure will trigger a catastrophic collapse. Besides, about 90% of the volume of masonry in a Gothic church can be found in the buttressing system. A detailed investigation of medieval structural rules has been made elsewhere.48 Three different rules for buttress design have reached us. Two of them are geometrical, the third is arithmetical. All are ‹proportional›, that is to say, the depth of the buttress is obtained as a fraction of the span, independently of size. Also, the three rules ignore the height of the buttress. The first geometrical rule is probably, the one which had widest diffusion: it appeared in Germanspeaking countries c. 1550 in the lost stonemason handbook by Baccojani49 and reappeared at the end of the same century in Spain in the stone-cutting manual of Martínez de Aranda.50 During the 17th century the rule appeared in several printed manuals, in particular in the ones by Derand and Blondel.51 Blondel explained the rule outside the context of Gothic design and misinterpreted it as a rule for simple arch design. In this ‹corrupted› form it was reproduced again and again in architectural and building manuals throughout the 18th and 19th centuries, and even down to the second half of the 20th century.52 The rule is based on the profile of the cross vault, represented by its transverse arch. According to Derand (fig. 10, left), the length of the arch is divided in three parts by the points (N), M; joining point M with the correspondent springing I, and taking the distance I(A) equal to MI along the line, we obtain the depth of the buttress. Martínez de Aranda gives an alternative version of the rule: trace a normal from g (marking ig as one third of the arch) to the springing line; then, the depth of the buttress is ih (fig. 10, right). Both constructions are equivalent. The second geometrical rule was discovered in the manuscript of Hernán Ruiz, c. 1550.53 It was also quoted by Ungewitter, without comment as to its origin, as a method to design the choir buttresses.54 That the same rule appeared in such

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distant places and epochs is a proof of the diffusion of the rule. The procedure is to trace a tangent at the middle point of the extrados of the transverse arch; the point where this line cuts the springing line defines the depth of the buttress (fig. 11). The depth of the buttress is dependent on the thickness of the transverse arch, but as the arch is designed also as a fraction of the span, the rule is still proportional. Finally, the third, arithmetical, rule appeared in three late-Gothic building manuals from central Europe.55 In this case, we have a consistent view of the structural design which is based in one single ‹great module›: the span of the choir. From this module all the dimensions of the structural elements are obtained. The wall thickness is ¹⁄₁₀ of this span, and the depth of the buttress (wall plus counterfort) is three times this quantity, that is ³⁄₁₀ (or 0.30) of the span of the choir (fig. 12). It is explicitly said that this depth is at the base and that it should be reduced with the usual stepping on height. The three rules give similar results for the usual proportions: the Gothic buttress, for a cross vault, is around ¹⁄₄ of the span, and this may be compared with the Renaissance or Baroque buttress (for barrel vaults) between ¹⁄₃ and ¹⁄₂ of the span.56 The huge difference between these rules is evident in the buildings themselves. Jacques Heyman has demonstrated that this kind of geometrical rules is precisely correct: modern limit analysis of masonry shows that the structural design of vaulted masonry architecture leads to geometrical statements.57 A building is safe if it has the correct geometry. Medieval masters arrived at the same conclusion, not using high mathematics and modern structural ideas, but by the critical observation of buildings already constructed or under construction. While Heyman’s modern theory of masonry is general (it can be applied to any type of masonry architecture, Roman, Byzantine, Gothic, etc.) the traditional structural rules were particular. Gothic structural rules should not be applied to Renaissance barrel vaults, and there is historical

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11  Second geometrical rule. Left: Hernán Ruiz (ca. 1550); right: Ungewitter (1859).

evidence of buildings ruined by the misapplication of the rules (this occurs mainly in transitions from one style to another). A warning is pertinent. The rules were a much-simplified codification of the masters’ knowledge: they could be used only in the context of their tradition and by qualified masters – who may decide to depart from them. Periods of transition from one structural type to another lead to accidents when ignorant masters applied the ‹old› rules to the ‹new› structures.

12  Third arithmetical rule superposed to a late Gothic drawing in the Wiener Sammlung.

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There is documentary evidence that the application of the Gothic rule of ¹⁄₄ of the span to barrel Renaissance vaults have produced ruins and collapses. As late as 1747, García de Berruguilla, a Spanish master builder, compared the two rules (fig. 13), and, noting the great difference, stated: Very old rules are one and the other, and the contradiction between the two rules is apparent to the eyes. This is why we are suffering ruins and mistakes in certain works in all the provinces of the World.58

Discussion: Girona’s Structural Design We may use Girona’s case as a touchstone to test geometrical ideas of stability. If we discard the heated argument during the first congress of experts of 1386 as being contaminated by the

rivalry between the cities of Girona and Barcelona (and some personal ambitions), we find in the second congress a general agreement among the masters which demonstrated their faith in proportional design. The buttresses (fig. 14) were commenced around 1330–40, and construction proceeded over several centuries with the conviction that the buttresses would support the thrust of the enormous vaults when eventually they were built. The argument to stop the work in 1386 was structural: the buttresses would not sustain the enormous vaults. One can imagine the concern of the nonexperts (the King, the bishop, the canons) and the irritation and anger of the master of the work, Pere Sacoma. But once the alarm was raised, it was not easy to stop. The great vaults had not been erected yet; those who contended that the ongoing

13  Comparison between the Gothic rule (first geometrical rule) and the Renaissance rule of one-third of the span.

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project was not safe did not assume any responsibility, while the supporters of the single nave assumed all responsibility in case of an accident. However in 1416, with a larger and more diverse panel of experts, the answers were unanimous: all the experts agreed in that the buttresses were adequate and that the great nave, when finished, would be completely safe. The arguments, then, turned to the field of ‹aesthetics›. We are not going to discuss this aspect which in any case has been studied at length by Freigang.59 Bofill’s statement that the buttresses were one third thicker than necessary demonstrates the existence of concrete rules related to the overall dimensions of the plan. What rule did the masters have in mind in 1416? We cannot know precisely. The three rules which have survived give similar proportions between the depth of the buttress

and the span, at the height of the vault springings, around ¹⁄₄ of the span. It seems that the arithmetical rule pertains to German central Europe, and Coenen in subsequent publications has demonstrated its application in particular churches.60 The first rule was the most widespread, especially in Spain and France, and this implies a general consensus as to its validity. Applying the first rule to some single-nave constructions we obtain a ‹good› agreement, as in the Sainte Chapelle in Paris (fig. 15 right). But we may also choose examples where the rule does not apply (as in Albi, fig. 4 above). A prerequisite to verify the application of a structural rule is to have a good survey of the building. In the case of Girona, the plan drawn by Street in his brief visit to the city and published in 1869, was considered ‹exact› until the 21st century.61 The

14  North façade of Girona Cathedral.

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sections drawn by Bassegoda twenty years later, in 1889, are based on Street and lead to slender Gothic buttresses. When one of the authors checked the application of the first geometrical rule to Bassegoda’s section, he was enthusiastic to find that the agreement was very good and in subsequent publications he has published the drawing in figure 15 left, as a proof of the employment, if not of this rule then of another equivalent, and stressing the Gothic character of Girona’s great nave.62 When co-author of this paper, Paula Fuentes, made an accurate laser scanner survey of Girona cathedral63 (figs. 16, 17) the result was different. Girona’s buttresses are thicker than those drawn by Bassegoda. As shown in figure 15 left, the depth of the buttress increases noticeably from CG to CH.

Fuentes’s survey also shows that there is a great difference between the two sections shown in figures 16 and 17. The first one (transverse section BB in fig. 16) is taken exactly through the transverse arch, and the buttress depth is increased with the half pillar; also, the north buttress is much larger than the south one. The second section (transverse section CC in fig. 17) is drawn through the middle of the bay, and the apparent depth is now defined by the wall nave. Before proceeding to the discussion, some remarks are pertinent. First, the interpretation of historic building dimensions is not an exact science. The geometry employed by the medieval masons is not precise and theoretical, following Euclid, but approximate and practical.64 The confusion of both geometries provoked a big mess. For

15  Application of the first geometrical rule. Left: Girona, in the first plane Bassegoda’s buttress; behind: The actual buttress; right: Sainte Chapelle of Paris. The sections are drawn to the same scale.

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16  Plan and sections of Girona cathedral after a survey with laser scanner.

Longitudinal Longitudinal SectionSection A-A A-A

Transverse Transverse SectionSection B-B B-B

B C B C

A

0 1 2 30 41 52 3 4 5

10 m

10 m

A

A

B C B C

A

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the medieval mason the diagonal of the square, an irrational number, supposed no problem; it could be obtained graphically as the square diagonal or arithmetically as the simple fraction ⁷⁄₅ – both methods are used by Lechler.65 In some cases, as in Milan, some adjustments in the measurements were made to adapt to a geometrical pattern involving irrational quantities (ad triangulum), but these were also approximate.66 Besides, the plan of the buildings had to adapt very often to

pre-existing constructions; the methods of construction imposed tolerances of centimetres or greater. In fact, part of the subtle art of masonry consisted in dissimulating these irregularities by certain tricks. The regular pattern of the crossedarch vaults of the Maqsura in Córdoba (10th century) cover a slightly irregular plan, and the master proceeded with slight adjustments in height so that for the observer the geometry is perfect;67 the irregularities with respect to the overall

17  Transverse Section CC through the second bay of Girona Cathedral (s. Fig. 16); on the north side in dashed line, the silhouette of the buttress between second and third bay.

Transverse Section C-C Transverse Section C-C

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dimensions are imperceptible. However, when the decoration permitted a visual detection, they were much more careful, reaching the modern precision of millimetres, as in King’s College Chapel in Cambridge.68 Medieval buttress rules, which control the safe equilibrium of the construction, focussed on the overall geometry. An ‹error›, a deviation, of several centimetres is irrelevant. Besides, medieval masters used the rules as a reference or guide, and structural rules should never be applied blindly (then and now). The rules fixed the relationship between the depth and the span. But this ratio varies depending on what is considered ‹depth› and ‹span›. We will have different ratios, for example, if we consider the half pillar which receives the vault ribs as part of the buttress or not. In figure 18 the dimensions are shown: on the north side the depth-to-span ratio is between ¹⁄₃ (0.34) and ¹⁄₂ ₇ (0.37); on the south side this ratio is between, roughly, ¹⁄₄ (0.27) and ¹⁄₃ (0.31). We may say then that the buttress design of the north is ‹Renaissance› and that of the south ‹Gothic›. However, it would be nonsensical to follow this train of thought. The structure is Gothic and it was designed by a Gothic master. There must have been a reason for making the north buttresses thicker – probably something related to the foundations (the vicinity of the old Romanesque cloister may have had some influence). Now we can discuss Bofill’s assertion that the buttresses have «a third more of depth than is required». Frankl stressed the importance of this statement as a proof that «Bofill knew a definite rule that prescribed a minimum measurement, as otherwise he would not have been able to say that the dimensions chosen (…) were a third larger than necessary».69 With reference to the dimensions in figure 18, if we consider the south buttress, including in its depth the half pillar attached to the wall, then there is a good agreement. The application of the first rule to the transverse arch70 leads to a ratio depth/span of ¹⁄₄ ₁₅ (a little less than ¹⁄₄), and the corresponding depth will be ²¹.⁹⁄₄ ₁₅ = 5.2 m.

18  Dimensions of depth of buttress and span after Fuentes’ survey. The span is divided in three parts. The dashed line corresponds to the first geometrical rule.

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The actual depth is 6.8 m, and if we compare both dimensions, ⁶.⁸⁄₅ ₂ = 1.31. The south buttress has indeed nearly one third more depth than the rule (or of any other equivalent Gothic rule). This is the reason why all the masters agreed on the safety of the buttressing system for the great nave, independently of its great scale. What the discussion has shown, we hope, is that this rule is a medieval rule which gives Gothic proportions. The second rule gives a similar proportion, slightly more slender, and the increased depth would be, again, roughly ‹a third more› than necessary. .

The Gothic Language of Equilibrium In general usage, ‹language› is taken as a means of communicating ideas or feelings. What ideas or feelings did the Gothic masters want to express? It would be presumptuous to try to answer this

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question. The origin, the driving force, was a deep religious faith: the main idea they wanted to communicate. As for the feelings, the kind of emotions they wanted to mobilise to achieve this overarching objective, we can only make guesses as it would be impossible to imagine the actual feelings of medieval people; this is a task for writers or poets.71 Some observations could be made, though they are based on the opinions of people offered centuries after the completion of Gothic cathedrals. First, we may speak of a sense of awe combined with fear. Gothic structures look delicate, almost on the verge of collapse. But their very survival for centuries has demonstrated their robustness beyond any doubt. Guarino Guarini (1624–83), the great Baroque architect, admired Gothic structures (indeed he systematically employed ribs in his vaults). Guarini said that the Gothic intended to build sturdily, but in such a way that it would appear very fragile, almost as though a miracle was needed for the building to stand up at all (…) and even if [the buildings] are not pleasant to behold, they astonish the intellect and leave the spectator dumbfounded.72

At about the same time, Milliet de Chales, at the beginning of his treatise of stereotomy published in 1674 within his Cursus mundus states: This treatise contains the most subtle and exquisite part of Architecture (…) is the formation of every sort of Arches and vaults, cutting their stones, and adjusting them which such artifice, that the same gravity and weight which should have precipitated them to the earth, maintain them constantly in the air, supporting one another in virtue of the mutual complication which links them, and in such a way close above masonry buildings with all safety and strength.73

In the first half of the 18th century, Frézier, after discussing with great insight the advantages of Gothic cross vaults, praising their lightness and economy, concludes: The architects of those times executed good and great constructions with much less expense than we do today, just because of the disposition of the arches of their vaults, but these were deformed.74

Around two decades later, Anne Robert Jacques Turgot (1727–81), a French statesman and economist, discusses «the mutual independence of taste and the mechanic procedures in the arts». He dislikes Gothic architecture – «There are no edifices of worse taste than the Gothic buildings» – but admires their audacity and boldness, which would have required great «activity and cleverness of practice in the means of execution». The medieval architects would have required extraordinary effort to achieve this mastery: [the] means could not be other than a succession of a multitude of trials, because the mathematical sciences were [still] in their childhood and the thrusts of the vaults and the roofs could not be calculated with precision.75

In England we can quote also James Essex (1722– 84), an English carpenter and architect, who in the introduction to his unpublished treatise on Gothic architecture, begun in 1769 and never finished,76 wondered «by what Principles of Architecture these masses are supported and by what contrivance they are made strong while they appear so light and airey». But Essex not only feels admiration but pleasure: But if those Buildings afford any pleasure to a curious Spectator, or instruction to the Studious Architect, surely it would deserve the attention of the Curious in General to endeavour to investigate the cause of that pleasure we find in viewing those venerable buildings.

To achieve this pleasure it is necessary to have a thorough understanding, to survey and measure the buildings, identifying their parts and establishing their relations: But this cannot be done upon a cursory view of them, some time must be spent in measuring their parts, comparing them with each other, and ascertaining the proportion they bear among themselves.

This is the only way to discover the principles which governed this architecture; the surveys should be completed with the critical study of the construction: by what Principles of Architecture these masses are supported and by what contrivance they are made strong while they appear so light and airey is not easily

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conceived nor can be well understood but by an exact survey of the several parts and a critical examination of their mechanical construction.

The plan of Essex is complete and, although as an architect he was a «classicist», in fact he measured and studied in detail several Gothic buildings.77 However, within the extensive literature on Gothic in the 19th century, masterfully analysed by Frankl,78 only one author attempted to answer this crucial question: what is the source of the survival of Gothic structures, which appear so fragile and delicate, over the centuries? Eugène-Emmanuel Viollet-le-Duc (1814–79) had to face the question of the safety of a real structure very early in his career. In 1840, when he was only 23 years old, he was commissioned to restore the basilica of Vézelay. The building was in an abandoned state and showed visible cracks and deformations. With scientific zeal and rigour Viollet-le-Duc studied and surveyed the different cracks and distortions, and looked for a rational explanation of their origin and importance. He observed in particular the cracking of the transverse arches and related it to the outward movement of the buttress system (fig. 19).

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Viollet-le-Duc found in this adaptability through cracking an explanation of the survival of Gothic structures in spite of the inevitable settlements of the foundations and a changing environment through history. Unfortunately he termed this property ‹elasticité› (elasticity) – a term which is usually associated with the deformation of continuous bodies, which deform under the action of a force and recover the original form when the force is removed. He mentioned this property briefly in a series of articles published in the Annales Archéologiques between 1844 and 1846. In his Dictionnaire, published between 1854 and 1868, it was a central argument. For example, Violletle-Duc affirmed: These transverse arches, a kind of permanent elastic centering, like any arch formed by a certain number of voussoirs, followed the movement of the supports, and were appropriate for their settlements.79

He combined the «elasticité» with the «équilibre» and in this way afforded a theory which, though unproven and only based on his extensive knowledge and experience on Gothic structures, explained the success and robustness of the Gothic structure. Among the numerous references

19  Cracking and deformation in the Basilique de Vézelay. Left: Transverse section; right: Geometry of the cracked transverse arch (Viollet-le-Duc 1854).

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within the Dictionnaire we believe that the following expresses better than any other the structural ideas of Viollet-le-Duc: Every building (…) is formed by a skeleton made solid by the combination of oblique elements and vertical weights against the thrusts, and a cover, which envelopes this skeleton (…). This skeleton is rigid or flexible, according to the need and the place; it yields of resist; it seems to be alive, because it responds to opposite forces, and its immobility is only obtained with the equilibrium of the forces, not only passive, but active.80

This theory was accepted by Auguste Choisy (1841– 1909) in his book Histoire de l’Architecture, which had extraordinary diffusion and influence. Choisy stresses the adaptation to the inevitable settlements of the foundations in such high buildings: There were (…) constructions of a hitherto unusual height, where enormous loads developed; one had to take into account the soil subsidence, the settlements that could occur in these masses: the solidity of the work had to be as far as possible independent of these causes of deformation, the masonry had to be elastic, so to speak.81

And a little later, focussing on the cross vault: The ribbed vault is flexible and deformable, so to speak. The supports may settle, the pillars lean, it will follow the movements.82

With reference to his last sentence, Frankl remarked: When an expert like Choisy said that, it is no wonder that whole generations of architects and art scholars calmly continued to live and theorize under Viollet-leDuc's influence, although they must all have known that Gothic transverse arches, ribs, and vaults were not made of rubber.83

Gothic vaults were not made of rubber, and masonry is not elastic, but the problem remained of explaining the mere survival of these structures. The critics of Viollet-le-Duc concentrated on the terms employed and ignored the problem investigated. Viollet-le-Duc was right, though his reasoning was based in intuitions rather than in any

rigorous theory. However, at least he posed the problem in a frank and direct way. The solution needed a new theoretical frame. One hundred years after, in 1966, Jacques Heyman published his seminal article The Stone Skeleton.84 Heyman showed that masonry architecture, including Gothic, could be analysed within the framework of Modern Limit Analysis of Masonry Structures. Within this theoretical frame, the safety of a masonry structure depends on its geometry. If the geometry permits the structure a ‹comfortable› state of internal forces in equilibrium with the loads, then this structure will never collapse. The structure may suffer different ‹aggressions›, for example the settlements alluded by Viollet-le-Duc and Choisy, and it will respond by cracking and moving – as if it were alive. As long as these distortions are ‹small›, and do not alter the global geometry of the structure, the building will remain in safe equilibrium. It will change the state of internal forces: sometimes the loads are transmitted through the ribs, sometimes through the webs, or a combination of the two mechanisms.85 This is both impossible to know and irrelevant. The geometry permitted infinite equilibrium states, and the structure will look for a comfortable state, and will find it! Medieval masters were aware of this. They knew that safe equilibrium is obtained by geometrical design. They arrived at this knowledge by critical observation of old buildings and of buildings under construction. This ‹language› of equilibrium was only known by the true masters. It has often been assumed that the progress of Gothic architecture was plagued by collapses and ruins, that the path of learning required the hard lessons of great failures.86 There were some collapses, but few in comparison with the number of successes. It was not a blind trial process, but one based in critical observation and knowledge. If the religious faith was the leitmotiv, it was the rational faith of the master masons which permitted the erection of these wonders of stone in equilibrium which are the Gothic cathedrals.

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We would like to thank the Cabildo of the cathedral of Girona for facilitating our work in the building. We would also like to thank the team from BTU Cottbus-Senftenberg carrying out the fieldwork in the cathedral with Paula Fuentes: Anke Wunderwald, Rex Haberland, Roland Wieczorek, and Steffen Cissek. 1 Torres Balbás 1952, 176. 2 Paul 1974, 23–24. It is curious that Paul does not cite any of the Catalan examples commented on below, not even the great nave of Girona. Biget / Pradalier 1986 stated: «Quand on examine l'art religieux du Moyen Age dans le Midi de la France, on aperçoit trés vite que, de ce point de vue, il n'existe pas de Pyrenees.» Quoted in Bonde 2000, 408. 3 For the French ‹gothique de midi› see: Lasteyrie 1926– 27, Lambert 1958, Drocourt 1974, Durliat 1974, Paul 1974, Paul 1988, Poisson 2002. The specific characteristics of Catalan Gothic architecture have been studied by Lavedan 1935, Torres Balbás 1952, Zaragozá Catalán 2003, and Fuentes / Wunderwald 2019, among others. 4 The description was in a monograph published by the Société Archéologique du Midi de la France in 1857, as explained in Cazes 1975, 54. 5 Paul 1974, 36. 6 Lambert 1958, 84–110 7 Sundt 1989. 8 Lambert 1958, 111–121. 9 Poisson 2002. Guillem Sagrera was a very important architect in this period. He participated in many projects, and as will be explained, he also participated in the second meeting of experts of the cathedral of Girona in 1416. 10 Carrasco Hortal 2002. 11 The vaults of the cathedral of Mirepoix were built in 1860 by Viollet-le-Duc, Brosse 1967, 86–87. 12 Paul 1988, 111, note 40. 13 Lasteyrie 1926–27. 14 White 1978. 15 Frankl 1945, 47. 16 Some of these expertises have reached us and are very important documents when it comes to understanding medieval construction. Perhaps the oldest is that of Chartres (1316) and in Italy that of the cathedral of Milan (c. 1400). In Spain, it is worth mentioning those of Zaragoza (c. 1500), Salamanca (1512), Segovia (c. 1530), and Girona (1386, 1416). 17 Frankl 1960, 58. 18 Frankl 1960, 58. 19 Frankl 1960, 59. 20 Freigang 1999, 206. 21 Freixas i Camps 2002, 318. 22 Serra i Rafols 1947–51, 4. 23 The document was discovered and published by Serra i Rafols 1947–51; it has been published recently by

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Domenge / Sureda 2017; for the translation into English we have used the Catalan translation, from the original in Latin, in Roura i Güibes 2009, 249–251. Roura i Güibes 2009, 249. Roura i Güibes 2009, 249. Roura i Güibes 2009, 249. Roura i Güibes 2009, 250. Roura i Güibes 2009, 250. Roura i Güibes 2009, 250. Roura i Güibes 2009, 251. There was a medieval spirit of exhibiting technical feats, either showing pendant capitals in the air as shown by Villard de Honnecourt or producing delicate works of tracery in improbable equilibrium, as in some vaults and spires, or just reaching enormous dimensions. We cannot help to record here what was said by one prebendado before the chapter of Sevilla cathedral when discussing the design for the new cathedral in 1401: «Hagamos una Iglefia tan grande, que los que la vieren acabada nos tengan por locos» («Let's make a church so big that those who see it finished will think we are crazy»), quoted by Ortiz de Zúñiga 1677, 265; the sentence has been quoted many times, for example in Piferrer 1856, 397. Street 1865, 501–12. We have consulted the transcription of the original document by Domenge and Sureda (2017, 130–39) and also the translation of the Latin part into Catalan by Gabriel Roura i Güibes, in Freixas i Camps 2002, 312–15. English translation in Street 1865, 502; Catalán translation: «si la obra de la dita seu pus altament a una nau antigament comensada se porà continuar ab intenció que fos ferma, quítia, e sens tota dubtansa.» (Freixas i Camps 2002, 312). English translation in Street 1865, 502; Catalán translation: «Item posat que la dita obra a una nau quitament e segura no·s posqués o no·s volgués continuar, si la obra derrerament de les tres naus continuada és còngrua e sufficient, e tal qui merescha ésser continuada o si mereix ésser cessada o mudada en altra forma; e al cas que·s haja mudar en altra forma, a quanta altura deu ésser cessada o mudada en altra forma; e al cas que-s haja mudar en altra forma, a quanta altura deu ésser pujada, specificant-ho per manera que no puixa desviar.» (Freixas i Camps 2002, 312). English translation in Street 1865, 502; Catalán translation: «Item qual forma o continuació de les dites obres seria pus competible e més proporcionable al cap de la dita seu ja comensat, fet e acabat.» (Freixas i Camps 2002, 312). Street 1865, 502. Street 1865, 505. Street 1865, 506. Street 1865, 509.

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41 Street 1865, 509. 42 Street 1865, 508. Here the translation by Street has «foundations» instead of «buttresses». 43 Street 1865, 512. 44 Frankl 1960, 85. 45 Street 1865, 512. 46 Freixas i Camps 2002, 315. 47 Hahnloser 1972. 48 Huerta 2004, 133–237 49 Müller 1990, 238. 50 Huerta 1990, 134. 51 Derand 1643, Blondel 1675–83. 52 Huerta 2004, 380. 53 Huerta 1990, 140. Navascués 1974. 54 Ungewitter 1859. 55 Coenen 1990. 56 Huerta 2004, 199. 57 Heyman 1995. 58 «Reglas muy antiguas son unas, y otras, la contradicción que hay entre las dos reglas, a los ojos está presente. De aquí nace, que estamos experimentando de todas las provincias del Mundo las grandes ruinas, que se experimentan y desaciertos en ciertas obras» (García Berruguilla 1747, 130). 59 Freigang 1999. See also Wendland 2019, which contains a complete list of references on Gothic design. 60 Coenen 2000. 61 The first correct plan has been published in Freixas i Camps 2002, 322. 62 Huerta 1998. 63 The geometric survey was conducted within the project The Art of Vaulting. Design and Construction of Large Vaults in the Mediterranean Gothic, conducted by Paula Fuentes and Anke Wunderwald, funded by German Research Foundation (DFG) in the framework of the Research Training Group 1913 «Cultural and Technological Significance of Historic Buildings», Branden­burg University of Technology Cottbus–Senften­berg. The geometric survey was conducted by Rex Haberland (Chair of Spatial Information Systems, BTU Cottbus–Senftenberg). 64 Shelby 1972. 65 Coenen 1990. 66 Heyman 1992. 67 Fuentes 2019. 68 Heyman 2018. 69 Frankl 1960, 85. 70 According to the survey, the transverse arch is pointed, with the centres obtained by dividing the span in three parts. 71 Perhaps the best description of the feelings, fears, and passions involved in Gothic building is in the novel The Spire by William Golding (1964). 72 Quoted by Gargus 1989, 122.

73 It was copied by Tomás Vicente Tosca in his Tratado XV. De la montea, y cortes de cantería dentro de su Compendio Mathemático (Tosca 1721–27, 81): «Comprende este Tratado lo mas sutil, y primoroso de la Architectura, que es la formacion de todo genero de arcos, y Bovedas, cortando sus piedras, y ajustandolas con tal artificio, que la misma gravedad, y peso, que las avia de precipitar azia la tierra, las mantenga constantes en el ayre sustentandose las unas a las otras, en virtud de la mutua complicacion que las enlaza, con que cierran por arriba las Fabricas con toda seguridad, y firmeza.» We have used Tosca’s text in our translation. 74 Frézier 1738, 103. 75 Turgot 1808, 325; quoted by Frankl 1960, 394. 76 Jerrold 1977, 62. 77 Stewart 1950. His survey of King’s College Chapel is an example. Essex also published one of the first technical studies on Construction History, Remarks on the Antiquity and the different modes of Brick and Stone Buildings in England (Essex 1776). 78 Frankl 1960. 79 «Ces arcs doubleaux, sortes de cintres permanents élastiques, comme tout arc composé d’une certaine quantité de claveaux, suivaient les mouvements des piles, se prêtaient à leur tassement.» Viollet-le-Duc 1854–68, IV, 14. 80 «Tout édifice (…) se compose d’une ossature rendue solide par la combinaison de résistances obliques ou de pesanteurs verticales opposées aux poussées, et d’une enveloppe, d’une chemise qui revêt cette ossature (…) Ce squelette est rigide ou flexible, suivant le besoin et la place ; il cède ou résiste ; il semble posséder une vie, car il obéit à des forces contraires, et son immobilité n’est obtenue qu’au moyen de l’équilibre de ces forces, non point passives, mais agissantes.» Viollet-le-Duc, 1854– 68, IV, 127. 81 «il s’agissait (…) de constructions d’une hauteur jusqu’alors inusitée, où se développaient des charges énormes ; il fallait compter avec les affaissements du sol, avec les tassements qui pouvaient survenir dans ces masses : la solidité de l’oeuvre devait être autant que possible indépendante de ces causes de déformation, il fallait des maçonneries pour ainsi dire élastiques.» Choisy 1899, II, 259. 82 «la voûte nervée est pour ainsi dire flexible et déformable : les points d’appui peuvent tasser, les piles se déverser, elle en suivra les mouvements.» Choisy 1899, II, 270. 83 Frankl 1960, 577. 84 Heyman 1966. See in particular Heyman 1968 and 1992. The whole theory in Heyman 1995. Collected papers 1966–95, Heyman 1996; collected papers 1996–2016, Heyman 2016. 85 Huerta 2009. 86 Recht 2006.

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Image Sources 1 left

Bassegoda 1889, plate facing page 48 (depth of buttress increased to actual size); Maxentius Basilica Durm 1905, 618. 1 right Bassegoda 1889, plate facing page 48 (depth of buttress increased to actual size); Notre Dame: Corroyer 1903, 58. Lasteyrie 1926–27, 119. 2 left 2 right Durand 1984, 86. Paul 1988, fig. 13. 3 left 3 right Photograph by Paula Fuentes 2017. Sundt 1989, fig. 4. 4 top 4 bottom Sundt 1989, fig. 23. 5 left Corroyer 1903, fig. 105. 5 middle Lasteyrie 1926–27, 122. 5 right Corroyer 1903, fig. 101. Street 1865, facing page 322. 6 left 6 right Street 1865, pl. 18. 7, 9, 14 Photographs by Roland Wieczorek 2017, BTU Cottbus– Senftenberg. 8 Freixas i Camps 2002, 318. 10 left Derand 1643, facing p. 2. 10 right Martínez de Aranda 1986, 6. 11 left Hernán Ruiz c. 1550. 11 right Ungewitter 1859, pl. 19. 12 Huerta 2006, 23. García Berruguilla 1747, plate 18. 13 15 Huerta 2004, 148. 16, 17 Drawings by Paula Fuentes 2019. 18 Drawing by Santiago Huerta 2020 after Fuentes’ survey. 19 Viollet-le-Duc 1854–68, 26–27.

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Baumeister und Ingenieure Konstruktives Verständnis und baupraktisches Handeln bei der Restaurierung von bedeutenden Kirchenbauwerken im 19. und 20. Jahrhundert Michael Maria Bastgen, Stefan Breitling

Als theoretische Grundlage für die historische Betrachtung, Periodisierung und Interpretation der technischen Entwicklungen im Bauwesen schlägt Werner Lorenz das Modell der »Kon­struk­ti­ons­spra­ chen« vor.1 Nach diesem entwickeln sich aus unterschiedlichen Anlässen heraus neue Formen des Konstruierens, die sich als ein komplexes System von materialspezifischen Einzelelementen und Regeln für deren Verbindung interpretieren lassen. In Analogie zur menschlichen Kommunikation verfügt somit auch die Kon­struk­ti­ons­spra­che über Vokabular, Grammatik und Syntax, die in »der Gesamtheit spezifischer Sichtweisen, Leitbilder, Wissens­bestände, Praktiken und Regeln«2 zum Ausdruck komme. Konstruieren sei die zielgerichtete, logische und kreative Anwendung dieses Kanons. Der Wert der Schöpfungen des Konstrukteurs liege deswegen nicht alleine in seinem Produkt, sondern sei umso stärker dem Prozess des Konstruierens immanent. Lorenz plädiert daher dafür, die »Konstruktion als Prozess« in den Fokus bautechnikgeschichtlicher Untersuchungen zu stellen und spricht sich darüber hinaus für eine allgemeine neue Wertschätzung des Konstruierens als eine komplexe Kulturleistung aus.3 Ein weiteres Wesensmerkmal der Kon­struk­ tions­sprachen besteht für Lorenz in deren lebendiger Dynamik. Der Prozess der Sprach­bildung sei dabei nicht allein von den spezifischen Werk­stoff­ eigen­schaften und den gegebenen physikalischen Gesetz­ mäßigkeiten abhängig, sondern würde ebenso von vielfältigen äußeren Parametern und praktischen Gegebenheiten beeinflusst, wie die Ver­füg­bar­keit von Materialien oder ökonomischen

Ressourcen, aber auch durch »neue gesellschaftliche Anforderungen oder Bilder von zu Bauendem«4. Durch die Einbeziehung des kulturellen Rahmens öffnet sich das Modell für die Betrachtung von Neben­schau­plätzen und Seiten­linien, die im zentralen Diskurs über bautechnische Innovation bisher nur wenig Berücksichtigung fanden.

Eine »Konstruktionssprache« des konstruk­tiven Bauerhalts? Im nachfolgenden Gedankenexperiment soll der Lorenz’sche Modellvorschlag auf seinen praktischen Nutzen für die Bautechnikgeschichte abgeklopft werden. Wir wollen am Beispiel von konstruktiven Maßnahmen an Kathedralen und anderen bedeutenden Kirchenbauten untersuchen, ob das Modell der »Konstruktionssprache« mit seinen allgemeinen Hypothesen neue oder erweiterte Erklärungsansätze für die Entwicklungen in der konstruktiven Baudenkmalpflege liefern kann. Dabei möchten wir sowohl die zugrundeliegenden technischen und konzeptionellen Innovations­prozesse als auch die vielschichtigen externen Einfluss­ faktoren beleuchten. Als eine gleichermaßen technische wie gesellschaftlich-kulturelle Aufgabe scheint der konstruktive Bauerhalt uns ein dazu geeignetes Untersuchungsfeld zu bieten. Auch die Denkmalpflege und Restaurierungspraxis mit ihren sich stets wandelnden Zielvorstellungen und Idealen stellen »Anforderungen« an das Ingenieur­ wesen und die Entwicklung des bautechnischen Instrumentariums. Gerade weil sie nicht im Zentrum

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Michael Maria Bastgen, Stefan Breitling

der von Giedion5 und anderen geprägten Erzählung von der Entwicklung des modernen Bauwesens stehen und ihre Leistungen zunächst einmal unbelastet von einem teleologischen Technikdiskurs scheinen, versprechen wir uns aufschlussreiche Einblicke. Zwei Perioden in der Restaurierung bedeutender Kirchenbauwerke halten wir für besonders geeignet, um dialektisch und, wie wir gerne bekennen, zuweilen etwas vereinfachend und überzeichnend die unterschiedlichen Möglichkeiten und Formen des Konstruierens im Bestand einander gegenüberzustellen. In einer fallweisen Betrachtung historischer Restaurierungsprojekte und Instandsetzungsmaßnahmen heben wir die Charakteristika der Akteure in ihrem technischkonstruktiven Verständnis, ihrer konzeptionellen Methodik und ihrem baupraktischen Handeln hervor. Der Fokus liegt auf Interventionen an Mauer­ werk und Gründung. Das »Baumeister-Modell« des 19. Jhs. eignet sich wegen der verschiedenen und gut bestimmbaren Einflussfaktoren für eine Studie zur Sprachbildung des konstruktiven Handelns in der Restaurierung, die bis heute große Teile der gültigen technischen Standards im Umgang mit mittelalterlicher Bausubstanz bestimmen. Die geschichtliche Entwicklung dieser Techniken ist ein Paradebeispiel dafür, wie aus einem aufkommenden kulturellen Bedarf heraus ein technisch-konstruktives Knowhow entstehen kann. Durch Analyse und Einfühlung in den historischen Gegenstand gelingt dem Baumeister die Herausbildung eines adaptiven Konstruktionsverständnisses, aus dem er sein baupraktisches Handeln ableitet.6 Die Pionierprojekte »ingenieurmäßiger In­stand­ setzung« zu Beginn des 20. Jhs. stehen für den Pa­ra­ dig­men­wechsel der Moderne. Mit den statischen Modellen, Techniken und Verfahren wurde der gesamte technische Kanon des inzwischen etablierten und einfluss­reichen Ingenieur­wesens entschieden und selbst­bewusst für die Sonder­aufgabe der In­stand­setzung großer Kirchen­bauten eingesetzt. Zugleich wurden die typischen Risiken einer zu regel­ haften Anwendung deutlich. Innerhalb

eines über­schau­baren Zeitraums übernimmt der Ingenieur die konstruktive Verantwortung in der Res­tau­rie­rungs­praxis.7 In synthetischen und vergleichenden Ge­dan­ ken­gängen möchten wir abschließend das allgemeine Potential des Kon­struk­ti­ons­spra­chen­modells für den bautechnikgeschichtlichen Er­ kennt­ nis­ gewinn und für die Periodisierung einer technischen Bauaufgabe am Beispiel des konstruktiven Erhalts von großen Kirchenbauten diskutieren. Die Abhängigkeit von gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen wird dabei ebenso thematisiert wie die technische und konzeptionelle Entwicklung. Lässt sich der Modellansatz der Kon­ struk­ti­ons­sprache über seine Funktion als theoretische Grundlage hinaus als Beschreibungs- und Analyse­methode nutzbringend für die Disziplin der Bautechnikgeschichte verwenden?8

Konstruktive Restaurierung von großen Kirchenbauwerken im 19. Jh. Die Restaurierung und die Vervollständigung der zum Ausgang des Spätmittelalters oft liegengebliebenen großen Kirchenbaustellen war in Europa über das ganze 19. Jh. hinweg eine der vornehmen Bauaufgaben von nationaler und internationaler Bedeutung.9 Die Restaurierung als Kulturleistung des Bauwesens Programme zur »Wieder­her­stellung« und Er­gän­ zung der bedeutenden mittelalterlichen Kirchen, wie sie etwa in Preußen nach den Napoleonischen Kriegen, bei der Neu­grün­dung von Königreichen wie z.B. dem Norwegischen 1814, in Frankreich während der Restauration ab den 1840er Jahren oder nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 aufgelegt wurden, dienten zur nationalen Selbstfindung und Vergewisserung des als staatstragend verstandenen kulturellen Erbes.10 Dabei war der kulturpolitische Anspruch von Anfang an hoch. Wie Sulpiz Boisserée (1783–1854),

Baumeister und Ingenieure

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alle für die Planung und Durchführung des gotischen Kathedralbaus notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vereint.13 Die Konzeption dieses bürgerlichen Baumeisters, den etwa Eugène Viollet-Le-Duc (1814–79) auf dem Frontispiz seines Dictionnaire (Abb. 1) gleichberechtigt, in seiner Aktivität gar überlegen, neben Ritter und Geistlichen stellt,14 enthielt durch das ganze 19. und 20. Jh. hindurch durchaus sozialutopische Züge. Der neue Typus des Baumeisters stand für eine wohlgeordnete bürgerliche Gesellschaft, in der Fähigkeiten und Leistung zählen, jeder seine bestimmte Rolle einnimmt und gemeinsam große Werke vollbracht werden. Dabei kam dem Konstruieren nicht nur im übertragenen Sinne besondere Bedeutung zu. Das technische Wissen, das zur Verwirklichung großer und komplexer Bauten notwendig ist, erfuhr eine hohe Wert­schätzung. Zur Bewältigung der neuen Anforderungen und in Annäherung an die historischen Rahmen­ bedingungen wurden an vielen Kathedralen und anderen bedeutenden Kirchen Bauhütten wieder­ eröffnet oder neu gegründet, so zum Beispiel in Köln 1823, die Ulmer Münsterbauhütte 1844, die Trondheimer Hütte 1869, die Hütte in Nürnberg 1  Viollet-le-Duc, Dictionnaire raisonné de l’architecture française du XIe au XVIe siècle, 1854–68.

der Initiator der Wiederaufnahme der Arbeiten am Kölner Dom, Anfang des 19. Jhs. formulierte, sollte in der Annäherung an die »geistige Haltung, das Lebensgefühl der Menschen und Baumeister der vergangenen Hochkultur« eine geistig-moralische Erneuerung begründet werden.11 Kern dieses Gedankens war die Rückbesinnung auf das mittelalterliche Bauhüttenwesen. 1816 hatte Goethe in seinem Aufsatz Kunst und Alterthum an Rhein und Main von der Bauhütte gesprochen.12 Mit seinem Portrait des für den Bau des Straßburger Münsters verantwortlichen Erwin von Steinbach schuf er 1773 den romantischen Prototyp des Baumeisters, der in seiner Person

2  Trondheim, Dombauhütte im unvollendeten Langhaus des Domes um 1910.

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Michael Maria Bastgen, Stefan Breitling

Anhand der Gegenüberstellung des vorgefundenen Bauzustandes aus dem Mittelalter mit Beispielen der konstruktiven Restaurierung durch die Baumeister des 19. Jhs. lässt sich die spezifische Art und Weise beschreiben, mit der sie unter Mischung eigener Bautechniken mit denjenigen ihrer Vorgänger die überlieferten Gebäude­kon­s truk­ti­onen im Äußeren wie auch ihrem Wesen nach erhalten wollten. Aus der Kombination ihres eigenen konstruktiven Verständnisses mit den Lehren, die sie aus der Analyse der mittelalterlichen Konstruktionen gewannen, wurden bis zum Anfang des 20. Jhs. Techniken baupraktischen Handelns entwickelt, die in der Baudenkmalpflege vielfach bis heute gebräuchlich sind. Kennzeichen der »Kon­struk­ti­ ons­sprache« des Baumeister-Modells ist ein integrierter, mehrdimensionaler und die Wissensund Erfahrungsräume unterschiedlicher Ebenen, der Empirie wie der handwerklichen Traditionen einschließlich der zeitgenössischen Bauregeln umfassender Ansatz bei Modell­bildung, Planung und Ausführung. 3  Châlons-en-Champagne. Innenansicht.

noch 1903 (Abb. 2). Sie sollten Orte des Forschens und des handwerklichen Experimentierens sein, aber auch die Traditionen insbesondere des Steinmetzwesens fortsetzen. Das Wissen um Konstruktion und baupraktische Herstellung, das man aus den wenigen schriftlichen Überlieferungen, vor allem aber aus der Beobachtung der bautechnischen Charakteristika der mittelalterlichen Bauten, aus Nachahmung und eigener Erfahrung erwarb, machte den Stolz der »Gotiker« aus.15 Sie fassten ihre Bautechnik als traditionell verankert, aber als aktuell, als material­gerecht und den »natürlichen« Konstruktionen nahe stehend auf und setzten sie ethisch der klassischen und besonders der barocken Baukunst entgegen.16

Der vorgefundene Überlieferungszustand: Die mittelalterlichen Mauerwerks­ konstruktionen Im Kern lässt sich die gotische Konstruktion auf die Tätigkeit des Steinmetzen zurückführen, der einen einzelnen Natursteinquader als Grundelement eines ganzen Kirchenbauwerks in Form bringt. Mit der Formgebung des Einzel­ blocks, z. B. als einfachem Quader oder als kompliziertem Tas-de-Charge, und seinem Versatz werden alle komplexen Bauformen und Gefüge gebildet. Auch wenn andere Gewerke wie das Zimmer­ mannswesen und die Glasherstellung bei historischen Kirchenbauten ebenso eine Rolle spielten, so betrachtete die Bauhütten-Tradition doch die Führungsrolle als beim Steinmetz liegend. Der Mauerwerksbau mit Naturstein und die gestalterische Profilierung von Steinblöcken sollen daher als paradigmatisches Beispiel für diese Untersuchung gelten.

Baumeister und Ingenieure

4  Eltmann, Pfarrkirche St. Michael und Johannes der Täufer, Mauerwerk der Nordfassade, 1835–37.

Das Sinnbild des aus einzelnen, jeweils mit eigener Form und »Charakter« versehenen Steinen fest zusammengefügten Kirchenbaus war für das 19. Jh. so verführerisch und von so hohem »volksbildendem« Wert, dass an vielen Domen durch Entfernen aller Putze eine Steinsichtigkeit hergestellt wurde, die gleichsam Einblick gewährte in die innere Struktur der Konstruktion. Während Auftraggeber wie etwa König Ludwig I. von Bayern, der 1828–39 den Bamberger Dom »purifizieren« ließ, der Auffassung waren, mit den aufwändigen Maßnahmen den historischen Wert der mittelalterlichen Architektur herauszustellen, erkennen wir heute in diesem Ansatz eine durchaus unmittelalterliche und positivistische Wertschätzung des Profanen. Auch die Darstellungen der mittel-

alterlichen Architektur in den Zeichnungen, beispielsweise noch in Dehio/Bezold 1884, stellen nicht in erster Linie einen sakralen Raum mit seiner Ausstattung und seinem Schmuck dar, sondern das aus vielen Einzelblöcken und Sonderformaten zusammengesetzte ideale steinerne, reich geformte Kon­struk ­tions­gefüge (Abb.  3).17 So ist eines der wesentlichen Res­tau­rie­rungs­ ziele des 19. Jhs. die Vorführung der Stein­kon­struk­ tionen, auf die sich diese Darstellung im Folgenden konzentriert. Die moderne Mauertechnik des 19. Jhs. ist vor allem klassisch geprägt. Das opus isodomum ist der Inbegriff für stabiles und schönes Mauerwerk, und man ist stolz, durch präzisen Steinschnitt perfekt gleich große Blöcke herstellen zu können (Abb. 4).

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Das mittelalterliche Naturstein-Mauerwerk dagegen ist uneinheitlich. Zwar teilten die mittel­ alterlichen Baumeister mit ihren Nachfahren im 19. Jh. die Begeisterung für Vitruv, das opus isodomum und den perfekten Steinschnitt, um den gleichmäßigen Eindruck hervorzurufen setzte man aber auf eine mit Steinmehl eingefärbte Kalkschlämme, die das Mauerwerk farblich vereinheitlichte und malte ein gleichmäßiges Fugenbild in weißen oder roten Linien auf. Verschiedene baupraktische Gründe führten zur Verwendung unterschiedlich großer Quader. Man ging sparsam mit dem Material um, nutzte die aus dem Steinbruch kommenden Blöcke möglichst vollständig und nach den individuellen Eigenschaften

5  Salisbury Cathedral, Kreuzgang, Joch 40, Wand 47 außen.

des Steinmaterials aus und verwertete auch Reste. Am Mauerwerk ist das zu erkennen an den innerhalb eines Bauabschnitts nach oben immer kleiner werdenden Formaten (Abb. 5). Nach einer neuen Steinlieferung begann man mit größeren Blöcken unten. Weitere Unregelmäßigkeiten entstanden dadurch, dass man sich in vielen kleineren Teams an verschiedenen Stellen gleichzeitig voranarbeitete, dass einzelne Teams einzelne Bauteile, wie etwa Fenstergewände oder Gebäudeecken und Pfeiler über den Winter vorfabrizierten, die dann von anderen in der Saison versetzt wurden, oder dass man den Baufortschritt an bestimmten Bauteilen forcierte (Stapeltechnik). In allen Fällen entstanden je nach wechselnden Versatzrichtungen Anschlussfugen, bei denen unterschiedliche Schichthöhen ausgeglichen werden mussten. Kosten spielten auf den Baustellen des späten 13. Jhs. eine entscheidende Rolle. Man reagierte, indem in den Bauhütten Spezialisten ausgebildet wurden. Die mittelalterlichen Werkleute waren sowohl sozial wie auch in Ausbildung und Lohnniveau stark ausdifferenziert. An der Kathedrale von Meaux beispielsweise wurden komplizierte Profilsteine aus besserem Material von teuren Steinmetzen aus Paris gehauen. Für den Versatz, das Füllmauerwerk und die Flickstücke dagegen wurden lokale Kräfte und ein lokal anstehendes Steinmaterial verwendet (Abb. 6). Die Grammatik der konstruktiven Reparatur von bedeutenden mittelalterlichen Kirchenbauwerken im 19. Jh. Als man nach oft langer Vernachlässigung im 17. und 18. Jh., nach den Zerstörungen der Fran­zö­si­ schen Revolution und der Napoleonischen Kriege schließlich während der Restauration der national­ staatlichen Monarchien Anfang des 19. Jhs. an die Restaurierung der mittelalterlichen Bau­ substanz von bedeutenden Kirchenbauwerken ging, stand man vor Konstruktionen, die den klassisch geschulten Handwerkern und Architekten in hohem Grade »exotisch« vorkamen. Vieles blieb

Baumeister und Ingenieure

6  Meaux, Südportal Innenansicht, Kartierung des Steinversatzes.

unverständlich. Dafür aber war die Begeisterung für die Leistungen der Altvorderen groß. In einer ersten Phase versuchte man v. a. die Kunstform in Wert zu setzen. Dies bezog sich nicht nur auf die Schaffung neuer Bauteile, wie etwa die »Verbesserungen«, die Viollet-Le-Duc am Chor von Notre-Dame de Paris vornahm,18 sondern auch auf Reparaturmaßnahmen, wie sie etwa am Trondheimer Dom stattfanden. Zwischen 1869 und 1872 wurde dort von dem Architekten Heinrich Schirmer (1814–87) und dem Bauinspektor Otto Krefting (1831–99) das Oktogon des NidarosDoms nach langen Phasen der Vernachlässigung

von späteren Bauten »befreit« und die mittelalterliche Bausubstanz »wiederhergestellt«.19 Die vorgefundenen Uneinheitlichkeit und insbesondere die Verformungen, wie eine starke Setzung des Oktogons nach Osten, sah man als Fehler, womöglich als konstruktive Bedrohungen, die es zu korrigieren galt. Interessanterweise blieb man dabei nicht bei der Sicherung des Bestandes durch die Verstärkung der vorhandenen und durch die Errichtung neuer Fundamente. Als gefährdet angesehene Bauteile, wie etwa die Ostwand der Ostkapelle, wurden vollständig abgebaut und unter weitgehender

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7  Trondheim, Nidaros-Dom, Oktogon, Nordkapelle, Ostwand innen.

Verwendung des ursprünglichen Steinmaterials wiederaufgebaut. Signifikant für den unbedingten Verbesserungswillen und den vor allem auch an der optischen Integrität orientierten Sanierungsansatz ist der Umgang mit den Innenwänden. Im Inneren der Nordkapelle kam man zu einem bezeichnenden Kompromiss zwischen Erhaltung der ehrwürdigen Bausubstanz und der Wiederherstellung von konstruktivem Gefüge und Ablesbarkeit der künstlerischen Form (Abb. 7, 8). Das Mauerwerk wurde schief belassen, Fugen wurden geschlossen, und durch Bearbeitung mit Meißel und Stockhammer wurde eine Steinsichtigkeit hergestellt, die es im Mittelalter nicht gab. Dadurch rückte man die Grundkonstruktion der Wände als wesentlichen Bestandteil des Erinnerungsgutes, seine Stabilität

8  Trondheim, Nidaros-Dom, Oktogon, Nordkapelle, Ostwand innen, Bauphasen.

einerseits und seine durch die Verformung dokumentierte Verletzlichkeit andererseits, in den Vordergrund. Die für die gefahrlose Nutzung, insbesondere aber auch für die ungestörte Wahrnehmung der Architektur wichtigen Elemente des Bodens, des Sockels und der reich gestalteten Blendarkaden wurden dagegen geradegerückt und durch neue Passstücke ergänzt. Am Beispiel der Restaurierung der Westfront der Kathedrale von Laon mit den berühmten, bereits bei Villard D’Honnecourt abgebildeten Türmen mit ihren vollplastischen KuhSkulpturen in den Ecktabernakeln, lässt sich nachvollziehen, wie die Einfühlung in die mittelalterliche Bautechnik und ihre Nachahmung zu einer Verschmelzung der vorgefundenen »exotischen« Konstruktionen mit den zeitgenössischen

Baumeister und Ingenieure

Mauertechniken führte. Ab 1857 nahm man unter der Leitung eines der führenden Denkmalpfleger der Zeit, Émile Boeswillwald (1815–96), die Stabilisierung der als einsturzgefährdet geltenden Türme in Angriff. Oberstes Ziel war eine Erhaltung der weltberühmten Turmarchitekturen unter Beibehaltung von möglichst viel originaler Bausubstanz. 20 Hierbei entschied man sich für ein auch heute noch praktiziertes Vorgehen, nämlich eine Ausweich- und Vermeidungsstrategie, bei der am Objekt selbst möglichst wenig getan wird, dafür aber seine Erhaltungssituation und Standsicherheit durch eine Stabilisierung des Umfeldes verbessert wird. Im Falle Laons bedeutete dies den Abriss und Neubau der Vorhallen sowie die Verstärkung und Teilerneuerung der Pfeiler und tragenden Wände in den unteren Geschossen der Westfassade. Das Mauerwerk der neuen Vorhallen zeigt nun eine interessante Form der Adaption der ursprünglich vorgefundenen unregelmäßigen Steinformate und Fugenhöhen des mittelalterlichen Mauerwerks. Obwohl man ein besonders festes Mauerwerk aus extrem präzise geschnittenen Quadern errichtete, variierte man etwas in den Steinformaten und erinnerte so an ein wesentliches Merkmal der ersetzten Konstruktion (Abb. 9). Einen Höhepunkt des Baumeisterprinzips stellt die sog. »Vollendung« des Westturms des Ulmer Münsters in den Jahren 1880–90 dar. 21 Ganz in mittelalterlicher Tradition übernahm 1882 Münsterbaumeister August Beyer (1834–99) nicht nur die Vorlage der Entwurfs- und Aus­füh­ rungs­varianten, sondern auch die Organisation der Bauhütte sowie die erforderlichen statischen Berechnungen. 22 Um herauszufinden, ob die vorhandenen mittelalterlichen Turmgeschosse das neue Oktogon und den nach Freiburger Vorbild durchbrochenen Turmhelm würden tragen können, der mit 161 m höher als jeder andere Kirchturm, höher v. a. als der Kölner Dom in den Himmel ragen sollte, studierte Beyer die historische Konstruktion mit ihren eisernen Ringankern

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genau und ermittelte in allen unterschiedlichen Grundrissen der verschiedenen Geschosse die horizontalen Querschnittsflächen. Für seine reinen Schwerlastberechnungen bestimmte er für die jeweilige Geometrie einen als tragend angenommenen reduzierten Lastquerschnitt. Die Lastermittlungen berücksichtigten das unterschiedliche Steinmaterial und die unterschiedliche Mauertechnik auf der jeweiligen Höhe. Ergebnis seiner Berechnungen war die Feststellung, dass die vorhandenen Quer­schnitts­flächen nicht ausreichen würden. Daher legte Beyer mehrere Varianten vor, wie durch Ein­ schroten neuen Mauerwerks und durch zusätzliche

9  Laon, Mauerwerk der Vorhallen des 19. Jhs.

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Bogen­ konstruktionen die erforderliche Trag­ fähig­keit hergestellt werden könnte. Die Folgen für die Erscheinung des Turmes, wie etwa verkleinerte Fenster in der inneren Wandebene, wurden ausführlich diskutiert. Schließlich wurden dort, wo es weniger auffiel, Verstärkungen eingebaut, die Durch­gangs­breite der Arkadenbögen der Turmhalle verringert und beispielsweise in der Ostwand ganze Öffnungsbereiche vermauert (Abb. 10). Um sich nicht auf die Meinung des Münster­baumeisters verlassen zu müssen, folgte man einem bereits im Mittelalter angewandten Prinzip und stellte zur Begutachtung und Ent­ schei­dungs­fin­dung eine Expertengruppe, eine Bau­kommission zusammen, die die Planungen von Beyer und den Bestand vor Ort drei Tage lang prüfte. 23 Ihr Gutachten wurde mit den Planungs­ varianten in den Münster­bau­blättern veröffentlicht. 24 Passend zum Schwer­last­modell Beyers

wurde eine besonders sorgfältige Auswahl des Stein­materials empfohlen. Dazu wurden Ma­te­ rial­proben der unterschiedlichen am mittelalterlichen Bauwerk vorgefundener Steinsorten genommen, die man in der Material­prüf­anstalt München auf ihre Festigkeit hin überprüfen ließ. Danach entschied man sich für die festeste, witterungsbeständigste Varietät mit hoher Druck­ festigkeit, den Schlait­dorfer Sandstein. Die umfangreichen Restaurierungs­maß­nah­ men an der Nürnberger St. Lorenz-Kirche 1903– 39 fassen viele Aspekte der Bau­mei­ster­kultur und ihrer spezifischen Verfahren hinsichtlich Prozess­ steuerung, Einzelfall- und Va­ri­an­ten­dis­kus­sion sowie objekt- und situationsangepasste handwerkliche Techniken zusammen. Unter Leitung der Architekten Josef Schmitz (1860–1936) und Otto Schulz (1877–1943) und des Stein­metz­meisters Johann Göschel (1857–1924) wurde eine Hütte

10  Ulm, Münsterblätter, Blatt mit Lastermittlungen durch August Beyer. Die Verstärkung ist dunkel gekennzeichnet, der als tragend angenommene Bereich ist gestrichelt markiert. Zu beachten: Fig. 4 und Rechnung (zu Fig. 3) gehören nicht direkt zusammen!

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gegründet und zunächst eine sehr umfangreiche und sorgfältige Dokumentation des vorgefundenen Zustandes mit Fotos, Kartierungen, Detail­ auf­nah­men, Schadens­aufnahme und Be­gut­ach­ tung erstellt.25 Das originale Steinmaterial sollte weitgehend erhalten bleiben. Insgesamt hatte die Bestands­ erhaltung Priorität, und man konzentrierte sich auf die kleinteilige, handwerkliche Reparatur. Dass diese als technisches Verfahren ernst genommen wurde, zeigt sich auch darin, dass für jeden Abschnitt gesondert wieder Vorzustands­do­ku­ men­ta­tionen, Ausführungs­varianten und Plan­ zeichnungen der Maßnahmen angefertigt wurden. Auch der z. T. weitgehende Ersatz stark geschädigter Blöcke, insbesondere auf den sichtbaren Außenseiten der Türme, stellte eine echte Reparatur dar: Die konstruktive Integrität der historischen Konstruktion wurde mit den Mitteln der historischen Technik wiederhergestellt. Allerdings wurden auch hier Verbesserungen nach dem modernen Kenntnis­ stand vorgenommen. Für die neuen Blöcke wurde statt des schlechteren originalen Burg­sand­steins, der lokal ansteht und mit seiner roten Farbe eigentlich das Gesicht Nürnbergs prägt, auf ausdrücklichen Wunsch der Kirchen­verwaltung der wesentlich dauerhaftere graue Wendelsteiner Quarzit verbaut. Das Ergebnis war konstruktiv ein Hybrid mit den unterschiedlichen bauphysikalischen Eigenschaften der Stein­varietäten und den daraus zu erwartenden Problemen, ästhetisch ergab sich ein »Flicken­teppich«, der das Bauwerk als ein repariertes erscheinen ließ (Abb. 11). Bei konstruktiv besonders relevanten Bauteilen, wie beispielsweise am Strebewerk, aber auch im Inneren der Türme, wurden »verbesserte« Varianten der historischen Versatztechnik oder gleich zeitgenössische Versionen der Mauerwerkstechnik ausgeführt. Das eigene Tun wurde ausführlich dokumentiert, auch durch eingeschlagene Jahreszahlen (Abb. 12) und erkennbare Fugen zwischen alt und neu am Bau markiert. Man sah sich in

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11  Nürnberg, St. Lorenz, Westfassade, Kartierung der zwischen 1903 und 1917 erneuerten Bereiche (dunkel markiert).

einer historischen Linie und schuf so wichtige Voraussetzungen für die richtige technische Einschätzung bei späteren Begutachtungen und Maßnahmen.

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12  Nürnberg, St. Lorenz, Kennzeichnung der erneuerten Bauteile 1905 und 1906.

Konstruktive Rekonstruktion und Ertüchtigung als Mittel der Restaurierung Bei der konstruktiven Restaurierung der mittelalterlichen Kirchenbauten spielten für die Bau­meister des 19. Jhs. die vorgefundenen Kon­struk­ti­ons­ weisen eine große Rolle. Die oben vorgeführten Beispiele zeigen deutlich, wie Einfühlung und Adaption in der Auseinandersetzung mit dem mittel­alterlichen Baubestand das eigene zeitgenössische Konstruktionsverständnis beeinflussten und wie dies zur Entwicklung neuer und angepasster Methoden führte. Um die Jahrhundertwende standen zahlreiche an der mittelalterlichen Architektur und Bautechnik geschulte technische Verfahren und baupraktische Hand­ lungs­ rou­ tinen für die nachhaltige und system­integrierte Restaurierung zur Verfügung. Eine besondere Bedeutung kam der Do­ku­ men­ tation und Analyse der vorgefundenen Zustände zu. In allen aufgeführten Fällen wurden aufwändige Vermessungen, Beschreibungen und Gutachten erarbeitet, die in den meisten Fällen auch publiziert wurden, um so die Öffentlichkeit an dem Geschehen teilhaben zu lassen und ihr

zugleich die historischen Bauten als wertvolle kunst- und kulturhistorische Quellen zu vermitteln. Die Ablesbarkeit und Markierung der neuen Bauteile hoben den archäologischen Quellenwert der Original­ substanz ebenso hervor, wie sie auch kommende Generationen auf die eigenen Leistungen hinweisen sollten. Das Wissen um die zeitlichen Dimensionen des Bauens ist eine der entscheidenden weiterführenden Lehren dieser Epoche, die im Umgang mit dem überlieferten Baubestand konzeptionell Berücksichtigung fand. Zugleich bilden das zwar einfühlsame, zugleich aber auch rationale historische Bewusstsein und die im Laufe des 19. Jhs. sich zunehmend steigernde Ver­wissen­schaft­lichung die Grundlage für den grundsätzlichen Bruch zwischen der als technisch überlegen verstandenen Gegenwart und der als defizitär empfundenen gealterten Vergangenheit, der die Moderne kennzeichnet. Die fachübergreifende, alle Sparten einbeziehende Erforschung des Bestandes, die Integration des bauhandwerklichen Erfahrungswissens über die Bau­hütten und die Hinzuziehung sowohl technischer als auch kunsthistorischer Expertisen führten zu einer im heutigen Sinne reichen Modell­bildung, die eine differenzierte und ob­jekt­an­ge­pass­ te Planung ermöglichte. Geprüfte Varianten und eine kleinteilige Maßnahmen­struktur sind bis heute Garanten für weitgehenden Erhalt. Planung und Ausführung lagen in einer Hand. Die Qualitäts­ sicherung erfolgte durch Ex­per­ten­kom­mis­sio­nen und den internationalen Austausch. An das integrative mittelalterliche Bauhüttenwesen knüpfte man an, die neuen Bauhütten und angewandten Techniken funktionierten aber völlig anders als ihre Vorgänger. Im Ergebnis wurde im 19. Jh. eine in sich konsistente Typologie der Restaurierungstechnik entwickelt, die eine signifikante und beeindruckend große Bandbreite der Handlungsoptionen zur Verfügung stellte. Von der kleinteiligen, weitgehend an die historischen Techniken angenäherten Reparatur oder der Rekonstruktion von Gestalt und Struktur bis hin zur Ertüchtigung

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und Ergänzung in historisierender oder zeitgenössischer Technik zeugen schon die wenigen untersuchten Beispiele. Nach inzwischen weit mehr als 100 Jahren können wir heute noch immer die hohe Kompetenz und Professionalität, aber auch die Effizienz und die Nachhaltigkeit der meisten Leistungen aus der Baumeister-Ära feststellen. Die vorgeführten Beispiele belegen aber auch den grundsätzlichen Widerspruch, überlieferte Bau­substanz durch Baumaßnahmen »erhalten« zu wollen. Ein Großteil der Veränderungen der mittelalterlichen Überlieferungszustände und damit verbunden auch der fortschreitende Verlust eines Teils ihres historischen Zeug­ nis­wertes wurde und wird durch »Res­tau­rie­ rungs­maß­nah­men« erst erzeugt. Der Wunsch, die überlieferten Bauwerke zu »retten«, würdevoll, heil und attraktiv vorzuführen, ruinöse Zustande auf keinen Fall zuzulassen oder wenigstens eine deutliche Verlangsamung des Al­ te­ rungs­ prozesses zu erreichen, führte zur Entwicklung eines Standardrepertoires der konstruktiven Reparatur mittelalterlicher Stein­ architekturen. In der Grammatik dieser Kon­ struk­ti­ons­sprache, die auch heute einen guten Teil des Instrumentariums der konstruktiven Bau­denk­mal­pflege darstellt, aber bleibt dieser Widerspruch unauflöslich enthalten. Alle Maßnahmen des 19. Jhs. an den mittelalterlichen Kirchen­bau­werken sind deutlich vom Original zu unterscheiden und somit authentische Produkte ihrer Zeit. Das schmälert zwar möglicherweise den Quellen­wert der Bauten als Zeugnisse der mittelalterlichen Baukunst, stellt aber zweifellos auch eine gewaltige Kulturleistung dar. Der hohe Grad an Durchdringung des Gegenstandes und seiner technischen Parameter, an Anpassung und In­te­gra­tions­kraft, die hohe handwerkliche Aus­ füh­rungs­qualität der eigenen Baumaßnahmen, ihre Haltbarkeit und ihre gestalterische wie konzeptionelle Qualität belegen die Wirksamkeit des Konstruierens nach dem »Baumeister-Modell« und zwingen uns bis heute zur Bewunderung.

Ingenieurmäßige Instandsetzung von bedeutenden Kirchenbauwerken in der ersten Hälfte des 20. Jhs. Die Aushandlungs- und Lernprozesse im Umgang mit historischen Bauten, aber auch die Architektur des Historismus führten während des 19. Jhs. zu einer Konsolidierung des Denkmalverständnisses mit einer besonderen Wertzuschreibung an die historische Bausubstanz. Aus der erhöhten Bedeutung von Zeugnis- und Quellenwert folgte eine verstärkte Forderung nach der Konservierung des überlieferten historischen Bestandes. Repräsentativ für die denkmalpflegerische Zielsetzung des größtmöglichen Erhalts, die in der ersten Hälfte des 20. Jhs. zu einem der führenden »Bilder von zu Bauendem« in der Denkmalpflege werden sollte, steht der viel zitierte Leitsatz: »Konservieren, nicht restaurieren«.26 Er bildet das Kondensat der Debatte um den Umgang mit dem Heidelberger Schloss, in der sich die konservative Schule um Georg Dehio (1850–1932) durchsetzen sollte.27 Die Gründung der Fachzeitschrift Die Denkmalpflege im Jahr 1899 und der erstmalige Tag für Denkmalpflege 1900 zeugen auch formal von der disziplinären Konstituierung der Denkmalpflege um die Jahrhundertwende. Auch für das Bauingenieurwesen war das 19. Jh. die Zeit der fundamentalen Ent­wick­lungs­ schrit­te. Die Methoden der Baustatik sowie neue Bau­tech­ni­ken und Werkstoffe wurden entwickelt bzw. standen erstmalig in für die Baupraxis relevanten Mengen zur Verfügung. 28 Aufgrund der schnellen Abfolge von bautechnischen Innovationen und realisierten Projekten bezeichnet Straub das Jahrhundert als »das ›heroische Zeitalter‹ des Ingenieurbaus«.29 Einen Meilenstein in der wissenschaftlichen Anerkennung des Ingenieur­wesens stellt die Verleihung des Diplomund Promotionsrechts durch Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1899 dar, mit dem die zuvor auf den Rang der Technischen Hochschulen gehobenen Polytechnika die formale Gleichstellung mit den Universitäten erhielten.30

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Ingenieure als neue Akteure in der Denkmalpflege Die Synthese dieser beiden aufstrebenden Dis­ zi­pli­nen um die Jahrhundertwende erscheint als eine logische Konsequenz: Gilt mit der Etablierung des denk­mal­pflegerischen Ideals des maximalen Sub­stanz­erhalts ein interpretativer Ersatz nicht länger als erste Option, ist vermehrt technische denn gestalterische Expertise gefragt. Zur praktischen Verwirklichung dieses neuen Paradigmas wurden im Falle konstruktiver Probleme zunehmend Ingenieure in Restaurierungsprojekte eingebunden, deren Aufgabe die Evaluierung der Standsicherheit und gegebenenfalls die Entwicklung von konstruktiven Si­che­rungs­maß­ nah­men war. Für ihre neue Aufgabe verwendeten die Ingenieure mit Selbst­ver­ständ­lichkeit ihre für andere Bauaufgaben entwickelten Methoden wie die statische Modellierung, das Verpressen und Vernadeln, die sie für die Anwendung in der konstruktiven Denk­mal­pflege bald zu optimieren begannen.31 Der Einsturz des Campanile di San Marco in Venedig hat dabei eine vergleichbare Bedeutung für die praktische Denkmalpflege, wie sie der Debatte um das Heidelberger Schloss für die theoretische Denkmalpflege innewohnte. Etliche Male sollte der Zusammensturz des Turmes in der Folge­zeit als ein mahnendes Beispiel herangezogen werden. Er diente nicht allein zur Legitimation konstruktiver Eingriffe, sondern war ebenso Argument für die Miteinbeziehung der als Experten angesehenen Ingenieure in die statischkonstruktive Bewertung und Instandsetzung.32 Innerhalb weniger Jahrzehnte wurde die Ver­ ant­ wor­ tung für die Standsicherheit von Denkmalen auf die Schultern der Ingenieure übertragen. So definierte der Ingenieur Theodor Lands­berg (1847–1915) in einem Vortrag in der Akademie des Bau­wesens 1910 die Aufgaben des Ingenieurs bei der Erhaltung der Baudenkmäler und sprach sich dabei für die Anwendung der in der allgemeinen Baupraxis bereits etablierten Arbeits­ teilung auch in der Denkmalpflege aus:

Das Arbeitsgebiet des Ingenieurs ist dabei hauptsächlich die Feststellung und Beseitigung der Erkrankungen wichtiger Gebäudeteile, welche den Bestand des Bau­werks von innen heraus bedrohen. Die durch äußere Einflüsse auftretenden Schädigungen dagegen werden wohl am besten dem Architekten zugewiesen, der auch sonst für die Unterhaltung des Bauwerks die Verantwortung trägt.33

Was Landsberg aktiv einforderte, konstatiert Klaus Rheidt retrospektiv.34 Zwei Folgen möchte er dabei für die praktische Baudenkmalpflege zu Beginn des 20. Jhs. identifizieren: die Stärkung der statisch-konstruktiven Belange in der Res­tau­rie­rungs­ praxis zum einen; zum anderen die allmähliche Überführung denkmalpflegerischer und ästhetischer Entscheidungen aus dem Ver­ant­wor­tungs­ bereich der Architekten in den der Kunsthistoriker. Dies führte zu einer Polarisierung in ein theoretisch-kunsthistorisches und ein praktisch-ingeniöses Lager und wird von Rheidt als »Verlust der Einheit zwischen Konstruktion und Form« kritisiert.35 Als den entscheidenden Impuls zur Neu­auf­ tei­lung der Verantwortlichkeiten mit einer spezifischen Rolle des Ingenieurs sieht auch Rheidt den verstärkten Wunsch nach der Konservierung des Bestandes. Dieser Einschätzung sei die zeitgenössische Meinung des Ingenieurs Georg Rüth (1880– 1945) entgegengesetzt, einem Schüler Landsbergs und dem zugleich wohl bedeutendsten Vertreter seiner Zunft in der damaligen Denkmalpflege.36 Für Rüth waren es vielmehr die fortgeschrittenen technischen Fähigkeiten und die ökonomischen Zwänge der Zeit, die den Wandel in der Herangehensweise herbeiführten: Frühere größere Wiederherstellungsarbeiten an alten, wertvollen Bauwerken erforderten meist bedeutenden Aufwand an Zeit und Geldmitteln, da […] stark beschädigtes Mauerwerk meist durch Abtragung und Neuaufbau wiederhergestellt werden mußte. […] Die Auswertung der modernen statischen Kenntnisse […], ferner die Verwendung moderner technischer Hilfsmittel und hochwertiger Baumaterialien ermöglichen […] auch in der heutigen Zeit wirtschaftlicher Not umfangreiche Sicherungsarbeiten durchzuführen, die nach den früheren Verfahren wohl nicht so leicht in Angriff genommen werden könnten.37

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Es werden dementsprechend wohl beide Motive gewesen sein, die wechselwirkend ihren Einfluss ausübten und den Ingenieuren ihre neue Aufgabe in der konstruktiven Denkmalpflege zuwiesen.

Zunächst galt es, den Bau in allen Teilen gründlich zu untersuchen, eine Aufgabe, die allen anderen vorangehen mußte, an die man bei den früheren Wieder­ herstellungs-Vorschlägen aber eigentlich noch gar nicht herangetreten war.41

Worms, Straßburg, Mainz: Ingenieurleistungen in der konstruktiven Sicherung in drei Jahrzehnten Exemplarisch für die konstruktiven Ingenieur­ maß­nahmen der ersten Hälfte des 20. Jhs., die unter Anwendung moderner Techniken und Materialien dem denkmalpflegerischen Leitbild der Konservierung folgten, sollen die Sicherungen des Wormser Doms, des Straßburger Münsters und des Mainzer Doms erläutert und dabei die einzelnen Ent­wick­lungs­schritte zwischen den Dekaden verdeutlicht werden. Die Instandsetzung des Westchors des Wormser Doms 1902–06 steht dabei paradigmatisch für die Zei­ten­wende in der praktischen Denk­mal­pflege um die Jahr­hun­dert­wende.38 Die Konservierung galt bereits als Leit­bild der Inter­ vention, die technische Um­setzung erfolgte unter Beteiligung führender Ingenieure – die realisierte Lösung kann trotzdem als Grenz­gänger zwischen den Jahrhunderten be­trach­tet werden. Bereits seit den 1870er Jahren hatten Risse, Abstürze und Verformungen an Westchor und westlichem Vierungsturm Anlass zu solcher Sorge geboten, dass eine Teilsperrung des Doms als notwendig erachtet wurde. In den folgenden Jahren sollten mehrere Architekten und Bauräte mit der An­fer­ti­gung von Gutachten und Gegengutachten beauftragt werden – doch noch in den 1892 gegründeten zehnköpfigen »Kunstrat« sollte nicht ein einziger Ingenieur berufen werden.39 Der schon zuvor beteiligte Wormser Stadt­bau­ meister und ab 1892 offiziell als Dombau­meister verantwortliche Architekt Karl Hofmann (1856– 1933), der sein Wirken ausdrücklich von der Praxis des Historismus abgegrenzt wissen wollte,40 betonte das Erfordernis einer eingehenden Zu­stands­ erfassung als Grundlage jeglicher Pla­nung:

Hofmanns systematische Herangehensweise mit einer umfangreichen, eingehenden Unter­suchung deckt sich dabei mit der Lehrmeinung Theodor Landsbergs, der die Maßnahmen in Worms statisch begleitete.42 Der Professor am Lehr­stuhl für Statik der Baukonstruktionen und Brücken­ bau an der TH Darmstadt verglich den Arbeits­ kanon des Ingenieurs am Denkmal lange vor Klaus Pieper (1913–95) und Fritz Wenzel (1930–2020) mit dem medizinischen Vorgehen des Arztes am Patienten.43 Die Untersuchung umfasste neben einer detaillierten Bauaufnahme ein umfassendes Boden­gut­ achten, das den Schluss zuließ, dass die Ursache der langen Schadensgeschichte in der unzureichenden Gründung zu suchen sei. Nachdem zuvor allein die Symptome bekämpft worden seien – im 18. Jh. etwa mit außen anliegenden Ringankern (Abb. 13) –, sollte nun die Ursache angegangen und die Fundamente im tragfähigen Kies neu gegründet werden.44 Folgten Leitbild und Herangehensweise bereits den zeitgemäßen Idealen, wurde in der Therapie noch zu einem konservatorischen Kompromiss gegriffen: Zu Beginn des neuen Jahr­hun­derts wurde der Westchor geordnet niedergelegt, um ihn anschließend unter Verwendung möglichst vieler der zuvor steingerecht aufgemessenen und gekennzeichneten Quader Stein für Stein wiederaufzubauen.45 Sogar einige bauzeitlichen Unregelmäßigkeiten wurden wiederhergestellt, während als nachträglich erkannte Verformungen – etwa die überdrückte zentrale Maß­werk­rose – nicht ohne Diskussion in den formalen Ursprungszustand zurückgeführt wurden. Bemerkenswert ist, dass sich das als gefährdet eingestufte Fundament als so solide erweisen sollte, dass von einem Abbruch abgesehen und eine Unterfangung und Ummantelung in Stampfbeton vorgenommen wurde.46

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Erst während der Abbauarbeiten offenbarte sich eine weitere Schadensursache: Die erstmals entdeckten hölzernen Ringanker um Westchor und Vierungsturm waren beinahe vollständig verfault. Die im Mauerwerk aufgefundenen Kanäle wurden beim Wiederaufbau für neue Ringanker genutzt, sodass seither drei Schlaufen aus einbetonierten Eisenprofilen um den Westchor und zwei Eisenbetonringe um die Vierungskuppel führen (Abb. 14).47 Wirkt die Maßnahme aus heutiger Perspektive radikal, wurde sie von Zeitgenossen als eine technische und denkmalpflegerische Großtat gefeiert. So betitelt Ferdinand von Reitzenstein die Maßnahmen 1907 als »eine der großartigsten Leistungen der Denkmalpflege […], vielleicht als die größte überhaupt«48, und Gabriel von Seidl wird 1906 indirekt wie folgt zitiert: Mit einer wahren Meisterschaft im technischen Können hat sich die Ehrfurcht vor dem alten Werke und seinen einzelnen Teilen verbunden, so daß das Ganze nicht den gefürchteten Charakter einer Kopie erhalten hat, sondern das Original geblieben ist, das allen so teuer und unantastbar erschien.49

13  Wormser Dom, Westchor vor der Niederlegung.

14  Wormser Dom, Einbau des Ringankers um die westliche Vierungskuppel.

Doch bereits 1933 schreibt Paul Clemen bezug­ nehmend auf die unterschiedlichen Einsatz­mög­ lich­kei­ten von Beton und Zement: »die damals abgetragene und in altem Material wiederaufgebaute West­apsis des Wormser Doms würde heute in situ mit diesen Techniken erhalten werden können.«50 Die neuen konservatorischen Ziele waren vergegenwärtigt, die technische Umsetzung wartete noch auf ihren Durchbruch. Im Jahr 1903 wurden die ersten Schäden am Straßburger Münster entdeckt, die zwischen 1910 und 1926 zur Unterfangung des südöstlichen Nordturmpfeilers führen sollten.51 Zunächst waren Risse und Absplitterungen am turmnahen nördlichen Hochschiffpfeiler (Pfeiler B, Abb. 15) bemerkt worden. Die genauere Untersuchung ergab, dass die Überlastung des Hochschiffpfeilers (B) von der Setzung des benachbarten Turmpfeilers (A) herrührte, dessen Holzpfahlgründung verfault war. Gemäß der statischen Analyse erzwang die

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15  Straßburger Münster, Nordturm, links: Sicherungsmaßnahme; rechts: statische Analyse.

Setzung des Turmpfeilers eine Bogentragwirkung im aufgehenden Mauerwerk, die die Lasten des Turmpfeilers auf den damit überforderten Hoch­ schiff­pfeiler übertrug (s. Abb. 15).52 Ziel der Maßnahme musste es somit sein, den direkten vertikalen Lastabtrag des Turmpfeilers in den Baugrund zu reaktivieren. In einem prominent besetzten Wettbewerb setzten sich 1910 Eduard Züblin (1850–1916) und Th. Wagner gegen die Baufirmen Dyckerhoff & Widmann sowie Wayss & Freytag durch. Ihr Konzept sah vor, die Last des Pfeilers temporär über einen umgelegten Eisenbetonmantel abzufangen und sodann auf

einem Fundament aus Eisenbeton neu zu gründen (s. Abb. 15). Die baubegleitenden, statischen Gutachten von Professor Heinrich Glöckner (1854– 1924), Lehrer für Statik und Bau­stoff­kunde an der Kaiserlich Technischen Schule in Straßburg,53 wurden von bekannten Ingenieuren wie Theodor Landsberg, Hermann Zimmermann (1845–1935) und Karl Bernhard (1859–1937) ge­prüft.54 Die Arbeitsschritte zur Unterfangung lassen sich anhand von Abb. 16 nachvollziehen.55 Nach der Bau­ gru­ben­sicherung durch Eisenbetonpfähle (A) und der Festigung des romanischen Fundaments sowie des kiesigen Untergrunds durch Zement­injektionen

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a Absteifung b Ringfundament c Pressen d/e achteckige Pyramide f Mantel um den Turmpfeiler g Konsolen h Schemel um den Turmpfeiler i Betonausfüllung k Grundkern

A  Baugrubensicherung durch Eisenbetonpfähle.

B  Ausführung des Ringfundaments.

C  Bau von pyramidenförmigem Sockel und Pfeilerummantelung. D  Anziehen d. Pressen, Ersatz d. Fundaments durch Schemel.

E  Herstellung des Fundamentkerns unterhalb des Schemels.

F  Abbruch des Eisenbetonmantels im Kircheninnenraum.

16  Straßburger Münster, schematische Darstellung der Bauabfolge bei der Unterfangung des Nordturmpfeilers.

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konnte noch unterhalb des sich am Pfeiler kreuzenden romanischen Streifen­fun­da­men­tes ein Eisenbetonring mit 125 m² Grund­fläche gegossen werden (B). Auf diesem wurde ein py­ra­mi­den­ förmiger Sockel aufgesetzt. Er trug den achteckigen Eisenbeton‐Mantel, der den gotischen Pfeiler im Kircheninnenraum umschloss und mit diesem über Verzahnungen sowie 600 eingebohrten und mit Zement verpressten Rundeisen verbunden war (C). Die Last des Pfeilers wurde anschließend mittels hydraulischer Pressen über den Mantel auf den Fundamentring übertragen. Danach wurde der Raum unter dem Pfeiler schrittweise ausgeräumt und von einem Eisenbeton‐Schemel untersetzt (D). In den letzten Schritten wurde ein »Kern« unter den Schemel betoniert (E). Alle Zwischenräume, etwa zwischen Turmpfeiler, Schemel und Kern, wurden unter Druck mit Zement verpresst. Seit dem sorgsamen Abbruch des oberirdischen Teils des Eisenbetonmantels (F) steht der Turmpfeiler im Innenraum wieder frei. Erst nach der erfolgreichen Neugründung des Turmpfeilers wurde der eigentlich schadhafte Hochschiffpfeiler B vollständig ersetzt. Während die ersten beiden Schritte schon während des Krieges vollzogen waren, konnten die Maßnahmen erst 1926 abgeschlossen werden. Der Einsatz von Eisen, Eisenbeton und Zement, die Injektionen und Vernadelungen, Pfahl­bohrungen und die Bodenverfestigung – die Ausführung belegt die bereits bestehende große Bandbreite des bautechnischen Repertoires der Ingenieure dieser Zeit. Die vielen verschlossenen Bohrlöcher im Werkstein des Pfeilers bezeugen dem Besucher noch heute diese meisterhafte Ingenieurleistung. Der Blick in die lange Instandsetzungs­ ge­ schich­te des Ostturms des Mainzer Doms verdeutlicht den ideellen und technischen Wandel in der konstruktiven Bauerhaltung.56 Bereits 1440 reagierte man auf Setzungen und Risse unterhalb des 1361 im gotischen Stil aufgestockten Turmhelms mit einer sehr raumprägenden additiven Ergänzung: Der östliche Triumphbogen wurde über einem zentralen Stützpfeiler ausgemauert (Abb. 17). Erneute Rissbildungen führten zwischen 1870 und 1875

– ganz im Sinne einer denkmalpflegerischen Sach­ ver­stän­di­gen­kommission – zu einer neuromanischen Umgestaltung des Ostturmes, bei der die erst 1828 von Georg Moller (1784–1852) errichtete eiförmige schmiedeeiserne Dachkuppel wieder entfernt wurde. Zudem wurde der spätmittelalterliche Stütz­pfeiler abgebrochen, der darüber liegende Triumph­bogen samt innerer Kuppel erneuert und um massige Strebepfeiler ergänzt.57 Nachdem es trotz deutlich verringerter Auf­last erneut zur Rissbildung kam, wurde zwischen 1909

17  Mainzer Dom, Ostturm vor 1870 mit dem Stützpfeiler unterhalb des Triumphbogens von 1440, Blick von Osten.

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18  Mainzer Dom. Oben: Grundriss des Stollensystem unterhalb der Fundamente. Links: Stollen unterhalb der romanischen Fundamente. Die Negativabdrücke der Holzpfähle sind noch heute an der Decke sichtbar. Rechts: Detail der Unterfangung der nördlichen Außenwand.

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und 1928 unter Dombaumeister Ludwig Becker (1855–1940) eine statische Sicherung vorgenommen, die stets in Absprache mit einem »kunst­ historisch und baukünstlerisch« versierten Denk­ mal­rat erfolgte.58 Die vorangehende ganzheitliche Untersuchung des Bauwerks schloss erstmals eine systematische Erkundung der Fundamente mit ein. Dabei offenbarte sich eine heterogene Gründung unterschiedlichen Alters, die teilweise auf den Fundamenten der bis in die Römerzeit zurück­ rei­chen­den Vorgänger­bauten, teilweise auf mittelalterlichen Holzpfählen ruhte. Seit der Grund­ wasser­pegel der Stadt abgesunken war, lagen die Pfahl­roste trocken und verfaulten, was zu ungleichmäßigen Setzungen und anhaltender Rissbildung am gesamten Oberbau führte.59 Nachdem die Schadensursache erkannt war, erfolgte die Unterfangung beinahe sämtlicher Fundamente der Kathedrale. Im Stollenvortrieb wurden die Gründungsmauern bergmännisch unterfahren und in Ortbeton gesichert (Abb. 18). Insgesamt wurden rund 10.000 m³ Beton­ fun­ da­men­te in 700 m langen Stollen unterbaut. Ab 1925, nach einer längeren, kriegsbedingten Bau­ unter­brechung, übernahm Georg Rüth in konstruktiven Fragen die Verantwortung. Er ließ die Arbeiten an den weiteren Fundamenten mit einem neuen hochwertigen und schnellabbindenden Zement der Marke Dyckerhoff-Doppel fortsetzen, der nach seiner Aussage in drei Tagen einen Bau­fortschritt ermöglichte, der zuvor zwei bis drei Wochen in Anspruch nahm. Rüth war überzeugt, dass der Erhalt des schweren, im 19. Jh. umgestalteten gotischen Turmhelms auf diese Weise möglich gewesen wäre.60 Trotz der erfolgten Unterfangung kam es er­neut zu Rissen. Die statische Analyse ergab, dass der Schub aus Kuppel, Turmhelm und Wind zu einem vertikalen Aufreißen des Tambour­ge­schos­ses führte. Rüth sah daher den Einbau von zwei Ring­ankern vor (Abb. 19) – den einen aus Eisen­beton in Höhe des Dachgesimses zur Aufnahme der schiebenden Kräfte der Dachbinder, den anderen aus einbetonierten Flacheisen im Boden der Turm­galerie zur

Aufnahme des Kuppelschubs. Mittels Keilen wurden die Flacheisen unter Spannung gebracht, ehe der Anker samt den Keilen in Beton eingegossen wurde. Die Sicherung von Gewölbe, Vierungs­gurt­ bögen und aufgehendem Mauer­werk erfolgte per Zement­injektion, »um den stark in Anspruch genommenen Bauteilen eine besonders hohe Trag­ fähig­keit zu verleihen«.61 Der Oberbau des restlichen Bauwerks inklusive der 1769–74 von Franz Ignaz Neumann (1733– 85) gestalteten Westgruppe wurde durch eine Vielzahl von Ankern, großflächige Torkretierung, umfangreiche Zementinjektionen oder den gänzlichen Austausch des Mauerwerks in Beton gesichert. Bemerkenswert ist der enorme Material­ einsatz, mit dem der eigentlich doch sensible Konservierungsgedanke verfolgt wurde: Insgesamt etwa 750 m Anker aus 35 t Eisen wurden verlegt, 38.000 l Zementmörtel in 1400 Bohrlöcher injiziert und 850 m² Mauerwerk mit Spritzbeton überzogen. Zuletzt wurden die in Eisenbeton ersetzten oder mit Spritzbeton überdeckten Bereiche farblich dem Mauerwerk entsprechend gefasst.62 Dass die Verwendung moderner Materialien – im Besonderen die des Eisenbetons – dem denkmalpflegerischen Zeitgeist entsprach, belegt eine in der Charta von Athen von 1931 explizit ausgesprochene Empfehlung.63 Nach ihr soll zeitgenössische Technik insbesondere dann zu Anwendung kommen, wenn der übliche Stein­ersatz Gefahrenzustände impliziere. Sie solle jedoch so zurückhaltend angewendet werden, dass das äußere Erscheinungsbild möglichst nicht beeinträchtigt werde – was die anschließende Beton­fassung in Imitation von Mauerwerk in Mainz zu rechtfertigen scheint. Die statische Analyse historischer Mauerwerkskonstruktionen Die vorgestellten, auf größtmöglichen Substanz­ erhalt abzielenden Eingriffe wurden erst durch die jeweils vorangegangenen statischen Be­rech­ nungen ermöglicht. Insbesondere das Stütz­linien­ verfahren etablierte sich dabei rasch als ein valides und zuverlässiges Mittel zur statischen Analyse

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19  Mainzer Dom, Sicherung des Ostturmes, Konstruktionsdetails der Ringanker von Georg Rüth.

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20  St. Georg in Köln. Links: »Von Bemalung freigelegter, gebrochener unterer Teil des Scheitels des östlichen Vierungs­ bogens«. Rechts: »Wiederhergestellter östlicher Vierungsbogen vor Ausbesserung der Brüche des Chorgewölbes«.

komplexer Mauerwerkskonstruktionen, das die Ingenieure zu gezielten lokalen Inter­ventionen befähigte. Kritisch weisen Santiago Huerta und KarlEugen Kurrer jedoch auf eine grundlegende zeitgenössische Entwicklung in der Baustatik hin, die auch auf das Stützlinienverfahren Einfluss nehmen sollte: den allgemeinen Siegeszug der Elastizitäts­ theorie, die zu Beginn des 20. Jhs. die unangefochtene Lehr­meinung darstellte.64 Maßgeblich zur Ökonomisierung des modernen Eisen­baus vorangetrieben, ist dieses Ingenieur­modell für diesen Werkstoff dementsprechend adäquat. Problematisch konnte es jedoch für Bau­denk­male werden, weil sich seine Anwendung auch im Mauer­ werks­bau durchsetzen sollte: »Die Elastizitäts­ theorie fegte die damals als ›alte Theorie‹ bezeichnete Gewölbe­theorie hinweg«.65 Spätestens seit dem Vortrag Emil Winklers (1835–88) Über die Lage der Stützlinie im Gewölbe66 vor dem ArchitektenVerein zu Berlin 1879 galt sie auch zur Analyse von Bögen und Gewölben als wissenschaftlich etabliert.67 Winkler modellierte den Gewölbebogen unter Idealisierung einiger wesentlicher Rand­ bedingungen: unverschiebliche Wider­ lager, ein homogen verteilter und erhärteter Mörtel, verformungs­ lose Lehrgerüste sowie konstante

Temperatur. Nur so war es ihm möglich, die »richtige«, die »eine« Stütz­linie zu errechnen. Erbracht ist ein elastischer Stand­sicher­heits­nachweis dann, wenn die Stütz­linie vollständig im inneren Drittel des Gewölbe­quer­schnitts verläuft. Tritt die Stütz­ linie aus dem inneren Drittel aus, kommt es zu Zug­ span­nun­gen und damit zu Klaffungen und Rissen im Gewölbe – das Modell erreicht bereits hier seine Grenzen. Winkler benannte diese eindeutig und bot zugleich weiterführende Lösungswege an. Trotzdem führte die Verbreitung elastischer Gewölbe­modellierungen zu teils unverhältnismäßige Eingriffen an Baudenkmalen. So wurde zu Anfang des 20. Jhs. in einigen Kirchen gezielt nach Rissen unterhalb des Putzes gesucht und – wenn denn gefunden – entsprechende Eingriffe eingeleitet. Dass Risse keineswegs mit dem Ende der Stand­sicherheit von Mauer­werks­kon­struk­tionen einhergehen – eigentlich ein fester Bestandteil bau­meisterlich tradierten Wissens –, gilt spätestens seit der durch Heyman im Jahr 1966 eingeleiteten Adaption der Trag­last­theorie vom Stahlbau auf den Mauer­werks­bau auch ingenieurwissenschaftlich als abgesichert.68 Als ein Kind seiner Zeit kann der frühe Wilhelm Schorn (1895–1968) angesehen werden. Der für seine enormen Leistungen bei der Sicherung,

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21  Kölner Dom, statische Untersuchung des Querschnitts durch das Langhaus nach Elastizitätstheorie durch Georg Rüth 1928.

Erhaltung und dem Wiederaufbau der romanischen Kölner Kirchen nach dem Zweiten Weltkrieg bekannte Ingenieur gewann schon in den 1920er Jahren Renommee in der Baudenkmalpflege.69 Über die von ihm geleitete Wiederherstellung von St. Georg verfasste Schorn eine Dissertation, die ausschließlich textliche Einblicke in seine statische Modellierung offenbart.70 Nach eigener Aussage modellierte Schorn die Bögen und Gewölbe nach der Methode Winklers. Um deren Zustand bewerten zu können, ließ er den Putz großflächig entfernen und den Mörtel aus den Fugen herauskratzen (Abb. 20).71 Aufgrund der beobachteten Fugen­ öffnungen im Scheitel – grundsätzlich ein sehr typisches, zu erwartendes Phänomen – bezeichnet er die Bögen wiederholt als »gebrochen«, was als eine Folge der Anwendung der Elastizitätstheorie interpretiert werden darf:

Die Festigkeitslehre beweist nun, daß ein statisches Gebilde zunächst dort zu Bruch geht, wo die Material­ spannungen an den konstruktiv schwächsten Stellen die Bruchgrenzen überschreiten.72

Interessanterweise beschreibt Schorn aber auch, dass sich das statische System durch die Wider­ lager­ ausweichung von einem dreifach unbestimmten Bogen zu einem Dreigelenkbogen geändert hat.73 Da Schorns Berechnungen zu St. Georg aus diesen Jahren leider nicht vorliegen, kann eine abschließende Bewertung nicht vorgenommen werden.74 Auch die Frage, ob die mit größeren Widerstandsreserven arbeitende Traglasttheorie einen Standsicherheitsnachweis geliefert hätte, kann nicht mehr beantwortet werden. Der bauliche Zustand der Gewölbe wurde von allen Beteiligten ausnahmslos als schlecht beschrieben, sodass die Notwendigkeit aus

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heutiger Perspektive nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden kann. Bei der Ausführung der Maßnahmen in St. Georg strebte Schorn nach der größtmöglichen Konservierung, die ihm die Ergebnisse seiner zeittypischen statischen Berechnungen gestatteten. Dabei ging er durchaus differenziert vor. So wurde nie der ganze Bogen, sondern nur die »gebrochenen« Scheitel­bereiche ausgetauscht. An anderen Bögen reichte ihm bereits eine Neu­ verfugung aus. Die Bögen des Hochschiffs wurden auf Empfehlung des Statikers Josef Pirlet (1880– 1961) »durch Winkel­eisen­rahmen gefaßt und an neuen Eisen­beton­über­zügen im Dachraum aufgehängt«75 – eine Maßnahme, deren System­ gerechtigkeit zumindest hinterfragt werden darf.76 An den Gewölben beschränkte sich Schorn auf die Reparatur durch Stein­austauch und Neu­ver­ fu­gung mittels Torkretierung. Am Beispiel des Kölner Doms kann belegt werden, dass aus statischen Modellierungen sehr unterschiedliche Schlussfolgerungen gezogen bzw. Maßnahmenkonzepte abgeleitet werden können.

In den 1920er Jahren wurden an den mittelalterlichen östlichen Vierungspfeilern Schief­stellungen, Rissbildungen und ein Ablösen der Dienste festgestellt. Zur Beurteilung der Ursachen wurde Josef Pirlet mit der statischen Untersuchung und Georg Rüth mit deren Prüfung beauftragt. Pirlet modellierte das Strebewerk der gotischen Kathedrale dabei gemäß der Elastizitätstheorie als statisch mehrfach unbestimmtes System. Rüth rechnete das elastische Modell nach (Abb. 21) und stellte darüber hinaus eigene grafische und analytische Untersuchungen auf Basis der Stützlinientheorie auf. Beide kamen zu dem Ergebnis, dass eine Intervention notwendig sei, auch wenn sie jeweils völlig andere Lösungs­ ansätze bevorzugten.77 So schlug Josef Pirlet vor, die auf die Vie­rungs­ pfeiler wirkenden Windlasten durch eine Rück­ver­ an­ke­rung des Vierungsturmes an die Westtürme und die Nord- und Südquerhausfassade zu reduzieren.78 Bei seiner für diesen Zweck vorgesehenen Eisenkonstruktion orientierte er sich explizit an dem filigranen Anker­system (Abb. 22), das er 1920 im Dachstuhl des Aachener Doms installieren ließ.79

22  Aachener Dom, Pirlet-Anker, Darstellung durch Joseph Buchkremer 1928.

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Georg Rüth hingegen, der viele Jahre für die Massiv­ bau­firma Dyckerhoff & Widmann tätig war, dachte viele seiner Lösungen in Zement und Eisen­beton.80 Er sollte sich mit einem Vorschlag durchsetzen, der eine deutliche Nähe zum Vorgehen in Mainz zeigte. In der Folge wurden an beiden Pfeilern je rund 1.000 Bohrungen vorgenommen und in jede einzelne der 80 Quader­schichten etwa 20 bis 100 kg Zement eingepresst. In die östlichen Vierungspfeiler wurden so circa 5 t Zement eingebracht. Zusätzlich wurden die Vierungspfeiler zur Verringerung des Risikos eines Ausknickens in einem Zementmörtelbett auf dem Boden der Triforien rückverankert.81 Die Divergenz der unterschiedlichen Lösungsansätze deckt sich mit der von Regula Schmidlin geäußerten These, dass die persönliche »Profilierung der Konstrukteure« wesentlichen Einfluss auf ihre Kon­ struk­tions­sprache nehmen kann.82 Ausblick auf die strukturellen Entwicklungen in der konstruktiven Baudenkmalpflege im Verlauf des 20. Jhs. Der Zweite Weltkrieg stellte wie für viele andere Bereiche gesellschaftlichen und kulturellen Lebens auch für die konstruktive Denkmalpflege eine Zäsur dar. Angesichts des Ausmaßes der Zerstörung, das neben dem großen humanitären Elend auch katastrophale Verluste und Schädigungen von wertvollen Baudenkmalen bedeutete, konnten die zuvor erarbeiteten Maßstäbe und die Pietät bei der Konservierung vorerst nicht aufrechterhalten werden. Zu viele Bauwerke benötigten eine schnelle konstruktive Intervention, um ihren Bestand vor dem Einsturz und weiteren Verfall zu sichern. Es folgte Jahre mit einer Vielzahl von Instandsetzungen und Wiederaufbauten, auf die im Folgenden ebenso wenig eingegangen werden kann wie auf die weiteren Instandsetzungsmaßnahmen bis Ende des Jahrhunderts. Stattdessen sei ein kurzer Blick auf den Prozess der Institutionalisierung und Akademisierung der konstruktiven Denkmalpflege im Ingenieurwesen gerichtet. So ist im Verlauf des 20. Jhs. zunächst eher eine lineare, durch einzelne Einrichtungen

und Persönlichkeiten geprägte Entwicklung zu beobachten. In der akademischen Ausbildung ist Georg Rüth, einst Assistent Theodor Landsbergs, mit seiner ab 1929 zunächst in Darmstadt und später in Dresden gehaltenen Vorlesung über die Sicherung gefährdeter Bauwerke hervorzuheben, der ersten ihrer Art. In dessen Tradition verstand sich sein Schüler Klaus Pieper, der wohl prägendste Ingenieur in der Denkmalpflege der zweiten Hälfte des Jahrhunderts.83 Mit seiner Berufung zum Ordinarius 1959 entwickelt sich in Braunschweig ein lokaler wissenschaftlicher Schwerpunkt in der konstruktiven Denkmalpflege, zu dessen herausragender Stellung auch die Forschung von Ferdinand Rostásy (1932–2018) beitrug. Der Pieper-Schüler Fritz Wenzel etablierte ab 1967 am Institut für Tragkonstruktionen der Universität Karlsruhe die konstruktive Denkmalpflege als einen wesentlichen For­schungs­schwerpunkt. Ab den 1970er Jahren ist ein stärker werdender For­schungs- und Entwicklungsdrang sowie eine zunehmende organisatorische Vernetzung der Akteure zu erkennen. Als Folge eines wachsenden gesellschaftlichen Wunsches nach öffentlicher Denkmalpflege, für den oftmals stellvertretend das Europäische Denkmalschutzjahr 1975 genannt wird, entstanden nach der Institutionalisierung und Legislation der Denkmalpflege viele technische und ingenieurwissenschaftliche Institutionen: Im Jahr 1978 erfolgte die Gründung des WTA (Wissenschaftlich-Technischer Arbeitskreis für Denk­ mal­pflege und Bauwerksanierung e. V.), 1981 folgte das Deutsche Zentrum für Handwerk und Denk­ malpflege in der Propstei Johannesberg, welches seitdem denkmal­spezifische Weiterbildung für Ingenieurinnen und Ingenieure anbietet. Pieper publizierte 198384 sein »bahnbrechendes Alterswerk über die Sicherung historischer Bauwerke«85, erstmalig erschienen Fachzeitschriften wie B+B: Bauten­schutz + Bau­sanierung86 und Standardwerke wie Der Altbau.87 Ein nicht zu überschätzender wissenschaftlicher Meilenstein war die Gründung des DFG Sonderforschungsbereichs 315 »Erhalten historisch bedeutsamer Bauwerke« im Jahr 1985,

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der Karlsruhe unter der Ägide von Fritz Wenzel bis ins Jahr 2000 zum ingenieurwissenschaftlichen Forschungs­zentrum für Denkmalpflege in Deutschland machen sollte. Bis heute ist die seit Jahrzehnten von Pieper, Wenzel und anderen geforderte Implementierung der Denkmalinstandsetzung in die Curricula des Bauingenieurstudiums nicht umfassend erfolgt.88 Immerhin wurde jüngst das Fach Bau­technik­ge­ schich­te vom Akkreditierungs­ver­bund ASBau e.V. als Empfehlung in den »Referenzrahmen für die Bachelorstudiengänge im Bauwesen«89 aufgenommen. Ein wichtiger Schritt und gleichzeitig ein Fingerzeig, dass die Entwicklung noch nicht zu einem Ende gekommen ist.

Konstruktives Denken und Handeln in der Denkmalpflege des 19. und 20. Jhs. »Wie steuern handlungsimplizite, wie ›theoretische‹ Wissens­bestände die Entwicklung einer Kon­ struk­ti­ons­spra­che?«90, fragt Werner Lorenz in einer seiner Leitfragen. Diesem Gedanken folgend haben wir die Entwicklung der »Konstruktions­sprache« für die spezielle Bauaufgabe des konstruktiven Erhalts von Kirchengebäuden in zwei Abschnitten beschrieben: Dem »Baumeister-Prinzip« des 19. Jhs. wurde die »ingenieurmäßige Denkmalpflege« des frühen 20. Jhs. gegenübergestellt. Dabei ist offensichtlich, dass sich weder die Technik noch das Konzept oder die Methodik bei der Instandsetzung großer Kirchenbauwerke konsequent nach Jahrhunderten oder nach unterschiedlichen Verantwortlichen wie Baumeister, Architekt oder Ingenieur unterteilen lässt. Sukzessive halten Tragwerksmodelle, technische Innovationen und neue methodische Konzepte Einzug in die Denkmalpflege. Die Übergänge sind prozesshaft, teils fließend, teils unstetig, nicht monoton, sondern dialektisch. So überrascht es nicht, wenn in beiden hier unterschiedenen Phasen sowohl theoretische Modellierungen als auch Erfahrungen aus praktischen Handlungsroutinen eine Rolle spielten.

Und doch zeigen die dargestellten Beispiele signifikante und möglicherweise typen- und periodenbildende Unterschiede in den angewandten Konzepten und Techniken. Sie belegen entscheidende Akkumulations- und Trans­for­ma­tions­ prozesse innerhalb einer »Sprach­ bildung« im Lorenz’schen Sinne. In der bauarchäologischen Auseinander­set­ zung mit dem überlieferten Baubestand wurden im 19. Jh. konstruktive Restaurierungstechniken entwickelt und erprobt, die man durchaus als eine bereits eigenständige »Konstruktionssprache« bezeichnen könnte. Die Konstruktion wurde adaptiv verstanden, Reparaturen erfolgten ergänzend sowie in Nachahmung und Weiterentwicklung der mittelalterlichen Bautechnik. Das technische Wissen und die notwendige Erfahrung wurden durch handlungsimplizites Einfühlen und Experimentieren in den wiederhergestellten Bauhütten gewonnen. Neben der Erhaltung der historischen Bausubstanz war die Ablesbarkeit der kunsthistorischen Form das wesentliche Ziel. Die architekturtheoretisch fundierte neue Wertschätzung der Gotik als »natürliche« Konstruktion führte zu einem immer besseren Verständnis für die Mauerwerks- und Bogenstatik. Die ebenfalls zeitgenössische Vorstellung von der »materialgerechten Konstruktion« ließ sich am überlieferten Baubestand festmachen, führte aber auch vermehrt zu Purifizierungsmaßnahmen mit einer ästhetischen Überbetonung des Mauerwerks und der Herstellung einer nie dagewesenen Stein­ sichtig­keit. Das historische Bewusstsein trennte scharf zwischen Gegenwart und Vergangenheit: Neu eingefügte Bauteile wurden im Unterschied zum Original markiert und bedenkenlos zeitgenössische Technik und Material eingesetzt, sofern man sich dadurch eine konstruktive Verbesserung versprach. Der Alterung wurden die gegenwärtigen technischen Mittel zur Erneuerung und Verstärkung entgegengesetzt. Im gleichen Maße, in dem die Kenntnis über die historischen Konstruktionsweisen wuchs, entstand auch ein Gefühl für die technischen Schwach­punkte und den gebrechlichen Zustand der mittelalterlichen

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Originale. Dies bildete die Voraussetzung für alle tief­grei­fen­de­ren Maßnahmen, ebenso aber auch für die Weiter­entwicklung der allgemeinen Mo­dell­vor­stel­lun­gen von konstruktiven Sach­ver­ halten. Die zeittypischen Verfahren und Techniken der Restaurierung hatten somit durchaus Rück­ wirkungen auf das zeitgenössische Bau­wesen und Konstruieren.91 Zusammen mit dem forschungs­ basierten Erkenntnis­ansatz und der naturwissenschaftlich-mathematischen Modell­bildung stellte die Akkumulation der Kenntnisse über das Bau­ wesen im 19. Jh. – zu der auch das Res­tau­rie­rungs­ wesen ihren Beitrag leistete – die Grundlagen für die Entwicklung des Bau­in­ge­nieur­berufes dar. Der dialektische Widerstreit unterschiedlicher denkmalpflegerischer Positionen führte im Laufe des 19. Jhs. zu einer immer stärker werdenden Forderung nach dem unveränderten Erhalt der Bauwerke in ihrem historisch überlieferten Zustand. Durch den Einsatz moderner Verfahren und Materialien konnte der Eingriff bzw. die zeitgenössische Veränderung möglichst gering gehalten werden. Dass so auch der finanzielle Aufwand reduziert wurde, war ein Aspekt, der gerade nach dem Ersten Weltkrieg überzeugte. Die zunehmende Bedeutung eines auf Konservierung abzielenden Leitbilds führte somit folgerichtig zu einer steigenden »Technisierung« der Baudenkmalpflege. Gleichzeitig verstärkten die wachsenden technischen Möglichkeiten die Tendenz zu ihrer Implementierung in die praktische Denkmalpflege. Instandsetzungen, die zuvor als technisch unmöglich erschienen, konnten nun erstmals in Angriff genommen werden. Das zunehmende Engagement der Ingenieure in der Bau­denk­malpflege kann folglich aus einer Wechsel­wirkung dieser und weiterer Motive heraus interpretiert werden. Die Beteiligung der Ingenieure änderte den Blickwinkel maßgeblich. Während die baumeister­ lich tradierte Methode die Konstruktion durch partiellen oder vollständigen Ersatz oder Addition wiederherzustellen versuchte, wandten die Ingenieure Konzepte der Applikation und Kon­so­li­die­rung an.

Zielten sie damit auf den Sub­stanz­erhalt ab, wurde die Integrität des Bau­denkmals gleichwohl beeinträchtigt: Bei der Torkretierung, spätestens aber bei der Zement­injektion wird das Bauteil strukturell und materiell irreversibel verändert. Nicht also die Substanz, sondern allein die Gestalt des Bauwerks bleibt ohne eine größere Änderung; die eigentliche Intention der Maßnahme, die Wahrung des historischen Quellenwerts, wird hingegen teilweise unterminiert. Bei der statischen Modellierung ereignete sich ein ähnlicher Wandel: Wurde bei der Turmvollendung in Ulm der Stand­ sicher­heits­nachweis noch mit Lastversuchen und Schwer­last­be­rech­nun­gen erbracht, wurden zur Analyse historischer Tragwerke nun vermehrt theoretisch-mathematische Berechnungsmethoden eingesetzt – was das Risiko mit sich brachte, auch die modernen Ansprüche an die rechnerische Tragsicherheit auf historische Bauten zu übertragen. Das Stützlinienverfahren etablierte sich rasch. In Köln wurde in den 1920er Jahren auch das bei klassischen Ingenieurbauwerken aus Eisen erprobte Elastizitätsmodell angewendet, was bei Mauer­werks­konstruktionen bis heute mit großen Schwierigkeiten verbunden ist. Die Adaptions­ prozesse verliefen folglich nicht ohne Reibung und Nachjustierung. Zusätzlich zeigte auch die nominell »verwissenschaftlichte« Herangehensweise noch immer eine stark persönliche Handschrift des verantwortlichen Ingenieurs. Eine objektivierte Instand­setzung bleibt auch unter Beteiligung von Bau­ingenieuren eine Illusion. Die zeitliche Überschneidung der »baumeisterlichen« und der »ingenieurmäßigen« Heran­ gehensweise wird durch die beinahe synchronen Beispiele St. Lorenz in Nürnberg und Wormser Dom zu Beginn des 20. Jhs. deutlich. Beide Maßnahmen verfolgten bereits die denkmalpflegerische Leitidee des Sub­stanz­erhalts und legten großen Wert auf eine ausführliche Zustands­ dokumentation – technisch und konzeptionell unterschieden sie sich jedoch deutlich voneinander. An St. Lorenz, wo noch 1903 eine Bauhütte gegründet wurde, erfolgte ein lokal begrenzter

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Steinaustausch und nahm dabei, in der Tradition des 19. Jhs. verankert, Verbesserungen von Material und Mauertechnik vor. Etwa zeitgleich wurden in Worms bei der geordneten Nieder­ legung und dem anschließend möglichst steingetreuen Wiederaufbau Elemente des modernen Ingenieur­wesens genutzt, als beispielsweise die Kanäle der im Mauerwerk aufgefundenen mittelalterlichen Holzanker für Ringanker aus Eisen oder Eisenbeton wiederverwendet wurden. Zwei weitere vorgestellte Begebenheiten stehen sinnbildlich für die Zeit des Wandels um die Jahrhundert­ wende: die Debatte um das Heidelberger Schloss und der Einsturz des Campanile di San Marco in Venedig. Auf die »konstruktive Restaurierung« durch die Baumeister im 19. Jh. folgte eine »ingenieurmäßige Instandsetzung« von Baudenkmalen. Ohne Frage waren große denkmalpflegerische Erfolge mit diesem nachhaltigen Paradigmenwechsel verbunden. So bewertete Paul Clemen die Aus­wir­kun­ gen der technischen Innovationen seinerzeit: »Was […] an solchen komplizierten Si­che­rungs­arbeiten auf deutschem Boden geleistet ist, wäre früheren Zeitaltern völlig unmöglich gewesen.«92 Die Würdigung der Leistungen dieser Spezialdisziplin, genährt durch die ingenieurwissenschaftlichen Errungenschaften in anderen Bau­sparten, übergab die Verantwortung zur statischen Bewertung der Bauschäden und ihrer konstruktiven Behebung dem Ingenieur der Moderne. Kontextualisierung: Ingenieurmäßige Instandsetzung im Lorenz’schen Phasenmodell Eine greifbare Hypothese im Kontext Kon­struk­ ti­ons­sprache ist der Vorschlag eines idealisierten Phasenmodells, mit dem sich nach Lorenz die Entstehung und Entwicklung einer solchen qualitativ beschreiben lassen soll.93 Im Nachfolgenden sei der explizite Versuch gewagt, das Phasenmodell zu einer Periodisierung und Kontextualisierung der »ingenieurmäßigen Denkmalpflege« von Bau­ denk­malen zu nutzen.

Als Impetus einer neuen Konstruktionssprache schlägt Lorenz nicht alleine die Entwicklung neuer Bau­stoffe und Verfahren vor: »Auch andere Momente wie etwa neue gesellschaftliche An­for­ derungen oder Bilder von zu Bauendem können Impuls­geber sein«.94 Dieser Impuls, dieses gesellschaftliche Moment ist in der Res­tau­rie­rungs­praxis nicht als eine plötzliche Veränderung zu verstehen: Nach und nach änderten sich im Laufe des 19. Jhs. sowohl die gesellschaftlichen Erfordernisse als auch die technischen Fähigkeiten der Akteure. Beim Versuch, die Entwicklung der ingenieurmäßigen Denkmalpflege mit dem Lorenz’schen Modell zu beschreiben, könnte also die Konstituierung von Denkmal­pflege und Ingenieurwesen im 19. Jh. als »genealogische Frühphase« identifiziert werden, »in der vereinzelt bereits bestimmte Elemente des künftig anderen Bauens praktiziert werden«.95 Die Frühphase endet mit dem Übergang in die »beginnende Sprachbildung« einer nun spezifisch ingenieur­mäßigen Denkmalpflege, die um die Jahrhundertwende verortet werden könnte, als die Forderung nach Konservierung und Substanz­erhalt verknüpft mit den sich aufdrängenden technischen und statischen Möglichkeiten die Übergabe der Verantwortung für die konstruktiven Fragen des Bauerhalts in die Hände der Ingenieure allmählich herbeiführte. Die an anderen Bauaufgaben entwickelten und erprobten Techniken und statischen Modelle wurden auf historische Bauten übertragen und für ihren nun denkmal­pflegerischen Zweck optimiert, womit »die eigentliche konzentrierte Ausbildung des neuen Kon­struk­tions­kanons« einsetzte.96 Als charakteristisches Merkmal der anschließenden dritten Phase der »eigentlichen Sprachbildung« definiert Lorenz: »In großer Dichte und rascher Folge werden nun die Spezifika des neuen Bauens formuliert.«97 In diesem Sinne könnte das konstatierte intensivierte Forschungs­streben ab den 1970er Jahren als Phase der »eigentlichen Sprach­bildung« einer ingenieurmäßigen Denkmal­pflege interpretiert werden: Die großen Forschungs­anstrengungen strebten nach originär denkmalgerechten Verfahren

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und versuchten, spezifische Fragen und Probleme der konstruktiven Denkmalpflege zu lösen. Aber folgt aus der erhöhten Forschungs­anstrengung tatsächlich auch ein gesteigerter Innovations­grad, wie es das Lorenz’sche Modell für die Phase der eigentlichen Sprach­bildung fordert? Viel eher scheint in der Zeit­spanne der technischen Adaptionen aus anderen Bauaufgaben zu Beginn des 20. Jhs. bereits der größte technische Fortschritt erzielt worden zu sein, in der mit großem Selbstbewusstsein viele der heute etablierten Verfahren erstmals angewendet wurden. Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung ist nicht unmittelbar abhängig von der Intensität der Forschung, die sich den kleinteiligeren und spezielleren Problemen widmet. Das »Machen«, das Anwenden seiner Techniken am historischen Bauwerk, brachte auch dem Ingenieur wichtige Erfahrungen und nachhaltige Erkenntnisse. Da die Übernahme und Übersetzung von Elementen aus bestehenden Kon­struk­ti­ons­spra­chen jedoch mit negativen Be­gleit­er­schei­nun­gen verbunden sein kann, muss die Adaptions­fähigkeit bestehender Techniken und Modelle auf historische Kon­struk­ tionen ständig überprüft und hinterfragt werden. Wo befindet sich die statisch‐konstruktive Denkmalpflege heute? Hat ihre spezifische Kon­ struk­tions­sprache die Perioden der Sprachbildung abgeschlossen und ist in eine »Reifephase« über­ gegangen? Lorenz zufolge setzt dies die Existenz eines »Regelkanons« voraus, der »im Wesentlichen gefestigt und anerkannt«, gar »ausgereizt« ist.98 Zweifel daran werfen die intensiven Forschungen in der statischen Modellierung von Mauerwerks­ bauten auf. Neben einer Renaissance der grafischen Statik, die – nun computergestützt und dreidimensional – in ihrem Prinzip an die Verfahren des 19. Jhs. anknüpft99, werden auch finite und diskrete Modelle weiter hoffnungsvoll optimiert. Eine feste Etablierung der statischen Modellierung von Mauerwerksbauten im Wissenskanon der praktisch tätigen Ingenieure ist jedoch bislang eher noch nicht zu konstatieren.

Unsere dialektische Gegenüberstellung der baumeisterlichen Restaurierung mit der ingenieurmäßigen Instandsetzung hat gezeigt, dass auf diesem Gebiet keine lineare technische Entwicklung vorliegt, wie sie die Moderne als teleologische Kulturtheorie formuliert hat und wie sie das Ingenieurwesen zu oft selbst konstituierend voraussetzt. Bewährte Techniken bleiben als Handlungsoptionen verfügbar oder können neu interpretiert werden. Umgekehrt können sich auch zumindest diskutable Verfahren über lange Zeit halten. Jede neu eingeführte Technik hat sich in ihren Ergebnissen mit denjenigen ihrer Vorgänger zu messen. An dieser Stelle darf an die aktuelle Rückbesinnung auf die »materialgerechte« Instandsetzung von Mauerwerk erinnert werden, deren Ansätze eher in tradiertem Wissen und in Erfahrung ihren Ursprung haben denn in einer Ableitung aus einem übergeordneten analytischen Modell. Ingenieure als Experten sind inzwischen multilateral. Die synthetische Berücksichtigung des Wissens über Handwerk, Bautechnik und Statik und eine historisch bewusste Konzipierung unter Einbeziehung mannigfaltiger kultureller Kontexte führt zu systemintegrierten und damit nachhaltigen Lösungen und ist heute anerkannter Stand der Technik. Insgesamt können die im 19. und 20. Jh. entwickelten Verfahren und Methoden der technischen Instandsetzung in diesem Sinne guten Gewissens als ein »gefestigtes und anerkanntes« Repertoire und als zur Verfügung stehende »Konstruktions­sprache« angesprochen werden. Voraussetzung dafür ist allerdings die Bereitschaft, den Technik-Begriff integrativ und offen weiterzuentwickeln. Ob und in welcher Weise das Potential des Konstruierens im Baudenkmal, wie es sich im 19. und 20. Jh. etabliert hat, nach wie vor ausgereizt werden kann, in welcher Weise es sich weiterentwickeln wird, oder ob der Wertewandel in der Denkmalpflege nach grundsätzlich neuen technischen Ansätzen verlangt, wird die Zukunft zeigen.

Baumeister und Ingenieure

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Vgl. Lorenz 2005; Lorenz / Heres 2006. Lorenz / Heres 2006, 163. Lorenz 2005, 179. Lorenz / Heres 2006, 164. Giedion 1941. Vgl. Abschnitt zum 19. Jh. von Stefan Breitling. Vgl. Abschnitt zum 20. Jh. von Michael Maria Bastgen. Vgl. Abschnitt »Konstruktives Denken und Handeln in der Denkmalpflege des 19. und 20. Jhs.«. Glaser 2018; Goege 1981. Jokilehto 2013; Glendinning 2013. Boisserée 1985, zitiert nach Hans-Schuller 2015, 805. Goethe 1816. Goethe [1773] 1997. Viollet-Le-Duc 1854–68. Vgl. Schnabel 1951, Clark 1950, Goege 1981 u. Glaser 2018. Brittain-Catlin et. al. 2016. Dehio / Bezold 1884–1901. Dujon-Attali Ben Mayer 2015. Im Vergleich der Bau­maß­ nah­men an den drei Kathedralen von Paris, Reims und Laon während des 19. Jhs. wird deutlich, welch hoher Stellen­wert der Absicht zur »Verbesserung« zukam. Ekroll 2015, 49–65. Schröck 2017, Dujon-Attali Ben Mayer 2015. Fink 1990. Beyer 1883. Die Zusammensetzung der Expertengruppe spiegelt das damalige Spektrum an Spezialisierungen wider, das im deutsch­sprachigen Raum zur Verfügung stand. August Beyer selbst war Stuttgarter Architekt und Professor an der Bau­ge­wer­ke­schule, Johannes Heinrich Friedrich Adler (1827–1908) berühmter Bauforscher und Architekt und ab 1877 preußischer Dezernent für Kirchenbau, Johann Bauschinger (1834–93) war Mathematiker und Bau­techniker und ab 1868 Professor für Technische Mechanik am Münchener Polytechnikum, wo er 1870 das »MechanischTechnische Laboratorium« einrichtete, Joseph von Egle (1818–99) Architekt und württembergischer Oberbaurat in Stuttgart, Oberbaurat Heinrich Freiherr von Ferstl (1828–83) war Professor der Baukunst am Polytechnischen Institut in Wien, Geh. Ober­bau­rat Adolph Funk (1819–89) war Eisenbahn-Bauer und Baudirigent in Köln und Grün­ dungs­mitglied des Architekten- und In­ge­nieur­vereins in Hannover, Professor Friedrich v. Laißle (1829–1906) war Ingenieur am Polytechnikum Stuttgart und ebenfalls für den Eisen­bahn­bau zuständig, und Friedrich Wilhelm Freiherr von Schmidt (1825–91) war einer der führenden Neu­gotiker und Denkmalpflege-Architekten der Zeit und seit 1863 Dom­bau­meister in Wien, wo er u. a. den Turm­ helm des Stephans­doms rekonstruiert hatte. Beyer 1883, Anlage D, 162–164. Popp 2014. Dehio 1905, 24. Schmidt 2008, 45–46. Eine kritische Reflexion der gängigen Narrative der Geschichte der Denkmalpflege liefert Scheurmann 2018.

28 Kurrer betitelt den Zeitraum 1825–1900 als Disziplin­ bildungsperiode der Baustatik (Kurrer 2016, 18). 29 Straub 1975, 291. 30 Manegold 1989, 229. 31 Maus 1989; Rheidt 1992, 102 u. 112. 32 So u. a. in Wundt 1927, 17; Bernhard 1926b, 313. 33 Landsberg 1910, 35. 34 Rheidt 1992, 103. 35 Rheidt 1992, 104. 36 Pieper bezeichnete ihn als »Wegbereiter denkmalgerechter Ingenieurmaßnahmen«, vgl. Pieper 1987. 37 Rüth 1929, 249. 38 Hofmann 1906; Wagner 1907; Rheidt 1990; Werner 2016, 285–286. 39 Wagner 1907, 368. Ausführliches zur Geschichte der Gutachten vgl. Rheidt 1990. 40 Hofmann 1906, 545. 41 Hofmann 1906, 545. 42 Kayser 1915, 575; Hofmann 1906, 549. 43 Landsberg 1910, 35; Pieper 1983, 19; Wenzel 1988, 7. Ähnlich auch Clemen 1933, 29. 44 Hofmann 1906, 545; Wagner 1907, 368–369. 45 Hofmann 1906, 549; Wagner 1907, 374. 46 Hofmann 1906, 545. 47 Hofmann 1906, 548; Rheidt 1990, 38–40. 48 Reitzenstein 1907, 10. Für weitere Bewertungen vgl. Rheidt 1990, 40–41. 49 Wagner 1907, 382–383; mit weiteren Bewertungen so auch zitiert in Rheidt 1990, 40–41. 50 Clemen 1933, 30. 51 Die historische Sicherung des Straßburger Münsters wird derzeit von Christiane Weber ausführlich bearbeitet. 52 Bernhard 1926, 314–316. 53 Weber 2014, 42. 54 Bernhard 1926, 315–317. 55 Bernhard 1926, 360–367. 56 Auch wenn die Maßnahmen auch das gesamte Bauwerk berührten und insb. die Intervention an der Westgruppe die umfangreichere war, soll vornehmlich die Sicherung des Ostturms betrachtet werden. 57 Vgl. Becker 1928, 8; Rüth 1928a, 26–29; Arens / Binding 1998, 10. 58 Rüth 1928a, 41. 59 Rüth 1928a, 22; Becker 1928, 7–14. 60 Rüth 1928a, 25–29; Knopp 1928, 70. 61 Rüth 1928a, 29; 1928b, 65. 62 Knopp 1928, 75–79; Rüth 1928b, 60. 63 ICOMOS 2012. 64 Huerta / Kurrer 2008, 375–377. 65 Huerta / Kurrer 2008, 376. 66 Winkler 1879/80. 67 Den Einfluss Winklers auf die Entwicklung der Gewölbe­ statik thematisiert Kurrer 2016, 240–242. 68 Heyman 1966. 69 Zu Schorns Wirken an den romanischen Kirchen Kölns vor und nach dem Krieg vgl. Krings / Schwab 2007.

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Schorn / Verbeek 1940. Schorn / Verbeek 1940, 91. Winkler 1879/80, 90. Schorn / Verbeek 1940, 90. Untersuchte Archive: Firmenarchiv Schorn, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, Historisches Archiv des Erzbistums Köln. Schorn / Verbeek 1940, 95. Die Bögen und die Auf­hän­ gung wurden im Krieg zerstört. Die Aufhängung von Bögen wird beispielsweise von Barthel nur in Ausnahmefällen und als lokaler Eingriff empfohlen (vgl. Barthel 2015, 124). Briefwechsel zwischen Josef Pirlet und Georg Rüth mit Dombaumeister Bernhard Hertel, Dombauarchiv Köln, LR 210 und LR 211. Im Archiv der Dombauhütte liegt Pirlets Konstruktion aus Aachen vor, der Vorschlag für Köln, den Pirlet nachweislich übersandte, ist leider nicht im Archiv überliefert (Pirlet, Josef 29.5.1927: Gutachten über die Standsicherheit der Vierung und des Chors am Kölner Dom, Dombauarchiv Köln, LR 212). Buchkremer 1928, 10.

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Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete Towards a Common Language in Western Europe in the First Half of the 20th Century?

Sabine Kuban

The linguistic metaphor has already been used in architectural history, mainly in retrospective analysis of different architectural styles as a tool to categorise historical developments and to discern general patterns. In his book Words and Buildings: A Vocabulary of Modern Architecture, Adrian Forty for example devotes a chapter to the «linguistic analogy», which he argues has been applied to explain architecture in various ways and on various levels: he discerns a difference between saying that architecture is like a language and that architecture is a language. While the latter approach tries to find analogies based on semantic aspects, the former relies more on a comparative approach, focussing on the evolutionary structures of a language.1 This paper offers the first attempt to apply the linguistic metaphor to the history of building with reinforced concrete. Forty’s ana­lysis clearly shows that the metaphor has been a fruitful concept in architecture, with diverse outcomes. However, one thing that is clear from previous attempts is that using metaphors will only be useful up until a certain point.

Talking Concrete Making Use of the Language Metaphor If we want to investigate how the language of construction of reinforced concrete has developed throughout the first half of the 20th century, it is important to give a basic account of how the linguistic metaphor can be understood. On the one hand the syntactic aspect of language can be used.

In this view, the letters correspond to the ingredients of reinforced concrete such as cement, rebars, gravel, water, and formwork. These letters already existed before (the language of) reinforced concrete was invented and were used in other construction (languages), yet the way they are then combined into words (columns, beams, slabs, etc.) and sentences is characteristic of reinforced concrete. The letters must be combined in a certain way to make sense: this corresponds to the composition of the mixture and the position of the reinforcement. The task of combining is mostly carried out by contractors yet following the engineer’s rules. For instance, if a contractor is inclined to add more water to simplify the pouring of the concrete, an engineer (such as Duff Abrams) might ask him to follow certain rules. These rules can be interpreted as the grammar. One could go even further into this «structural» analogy, saying that inflection or grammatical case (the function of a word within a sentence) corresponds to the function of a structural element within a building. While grammatical rules are primarily dealt with by engineers, pronunciation and stylistics primarily belong to the field of the architect. From this basic exploration of the linguistic analogy, it immediately comes to the fore that the language of reinforced concrete needs contributions by several actors: the contractors (taking care of the words/practical aspects like mixture), engineers (the grammar/structural calculation), and architects (style/design). On the other hand, and more in accord with the general interest of the symposium, we need to evaluate whether the metaphor (i.e. the structure

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of language) can be used to explain the evolution of reinforced concrete construction. This is based on the analogy that just like learning to build using a new construction method, the creation of a new language generally shows different phases. In the symposium an attempt to shape this analogy into a visual graph was vigorously discussed. For reinforced concrete this phase model can be applied as follows. In the first phase the rules about how to coin words and sentences (how to build elements and entire structures) are defined. In the second phase the language matures: the rules solidify and there is an increasing trend to standardisation, with only few moments of innovation. Thereupon, or rather simultaneously, a supposedly common «proto-language» develops into dialects related to different cultural contexts, while at the same time the common base of all these dialects becomes clearer. While applying the metaphor as much as possible, the practice of building with reinforced concrete is quite special. First of all the development of the practice is directly related to the characteristics of the material. Secondly the origin of reinforced concrete in the western industrialised building industry might include certain boundary conditions that had a specific influence on this development. Furthermore the fact that reinforced concrete has to date been used only over a very short period of time, compared to other materials, like masonry and timber, makes its history in retrospect appear very turbulent, as many things happened at the same time. Thus it seems necessary to first point out the main features of the material before investigating the metaphor further.

Position, Mix, Pour, Let Harden The Characteristics of Reinforced Concrete Defining the characteristics of reinforced concrete is, given the very nature of the material, not a straightforward task. The title of a 1963 article summarises this very well: «Concrete, the material that can do almost anything!».2 Admittedly,

the article was published in the British journal Concrete Quarterly, the main function of which was (and still is) to promote this material. The journal mainly stressed the versatility of the material – not unlike what Hennebique did in Le Béton Armé, although he focused more on practical and structural opportunities rather than on formal diversity. The claim about doing «almost anything» is rather biased, but there is a point to make. Notwithstanding the danger of oversimplifying, in general reinforced concrete seems to offer more structural, technical, and architectural possibilities than other building materials. Iron and steel lend themselves more easily to two-dimensional elements while concrete can also be used in the third dimension; in addition, reinforced concrete enables monolithic constructions, without any bolts, screws, or rivets. Masonry and bricks are ideal for vaults, columns, and other elements working in compression, yet cantilevering structures are more difficult to achieve. Masonry is also by definition or inherently visually characterised by the combination of bricks and joints, their size and colour, while concrete offers a much larger freedom regarding the presence or absence of joints, the texture, the colour, etc. Wood, which is the most common material used for formwork, seems – exactly for that reason – to mimic the possibilities of concrete the best. On the other hand, wood traditionally does not allow monolithic structures, does not have the same heaviness as solid concrete, and is less versatile structurally. Reinforced concrete (including all the various types such as pre-stressed, posttensioned, exposed) allows both linear structures and surfaces, straight and curved; you can emphasise the mass or the voids; it can be cast on site or precast in a factory, using monolithic or trilithic connections. When looking into the reasons of this versatility, the fact that reinforced concrete is not just one material immediately comes to the fore. It not only combines properties of metal, stone, and wood, allowing both daring cantilevers and massive

Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete

structures, both framed trusses and vaults, but it actually combines the very materials – reinforcement, gravel, and formwork. Because of this combination, it can be argued that various existing languages of construction related to the individual materials needed to be combined. As with architecture, «any new building technology usually starts off by abasing itself to the discipline’s traditions and fashions», therefore imitating or copying characteristics before becoming something truly specific.3 Or to use the words of a contemporary: The engineer was so accustomed to use those basic materials [n. b. a. timber and iron] which provide only onedimensional support that they became second nature to him, and restrained him from exploiting other possibilities. This was the state of affairs when reinforced concrete was introduced, and at first no change ensued.4

Introducing reinforced concrete posed greater challenges than with any previous building material. The language of reinforced concrete construction seems much more difficult to develop and to grasp than that of, for instance, a «natural» material like timber. Is that the reason why architects had such a difficult time in coming up with a proper architectural language for reinforced concrete at the turn of the 19th century, but rather settled for imitating other materials? Another question then still remains. Whether and how did the (both positive and negative) properties of reinforced concrete, and the time it took to properly understand and acknowledge them, influence the development of a characteristic language for reinforced concrete?

Joint Efforts From Invention to a Common Baseline It is indeed possible to discern roughly three periods in the development of this new, artificial material, which became the most widely used construction technique around the world in less than a century. At the end of the 19th century, reinforced concrete was invented several times in different

countries.5 The names generally associated with the early invention, development, and dissemination of reinforced concrete are Joseph-Louis Lambot, Joseph Monier, François Coignet, William Boutland Wilkinson, Thaddeus Hyatt, William Evans Ward, Ernest Leslie Ransome, Gustav-Adolf Wayss, and François Hennebique.6 Yet they all contributed in a particular way, often independently from each other: they used the same letters and created similar yet seldom identical words. And most of all their ideas are documented in various patents. Similarly to a language, sometime after the invention followed a kind of standardisation. But what does standardisation mean in the case of reinforced concrete? When standardisation is seen as a set of rules that eventually shapes the way structures are built (including calculation and design), then one could investigate either the history of patents or the history of regulations that superseded the early patents for reinforced concrete. Beginning with patents, their influence on standardisation is not as widespread as one might think. It appears that Hennebique dominated the European market around the turn of the 19th century. When investigating the history of reinforced concrete in Italy, Hermann Schlimme has pointed out that the widespread introduction of international patents […] [did] not necessarily lead to a standardisation […] of the construction industry. Rather, the learning of these procedures by the builders is a deeply locally bound process which functions with the involvement of local builders, their practical construction experience and existing value chains.

With the example of the licensee Giovanni Antonio Porcheddu, Schlimme showed that the practical experience gained during the implementation of the Hennebique patent on the construction site resulted in new patents, i.e. feedback from practice into theory. Increasing experience on the part of the builders led to a reduction in the number of execution documents. In the process, regional procedures were developed for the implementation of the designs.7

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The history of applying the Monier patent in Berlin follows a similar pattern. Wayss’s success was to personalise the building method from the beginning and through this approach to develop it further. Here also practical experience resulted in improving the original patents.8 In contrast to the history of the Hennebique patent, the changes made by Wayss resulted in a somewhat individual building method detached from the Monier patent. While relevant issued patents did not improve standardisation in general, one could argue that the very number of patents signifies the diversity of building with reinforced concrete at that time. Because of the various ways of applying reinforced concrete, many contractors and engineers in Switzerland and the German Empire called for a set of rules to prevent malpractice around the turn of the century.9 A fatal accident on a Hennebique construction site in Basel in 1903 became a starting point also for Swiss engineers and contractors to compile regulations for building with reinforced concrete. During the next decades, many other European countries followed their example. But it stands to question whether the first regulations on building with reinforced concrete published in 1904 in Prussia actually mark the beginning of a new phase – perhaps they do within the local or national context, but not for the international context. The content of the regulations and also their authoritative power differed, sometimes greatly, between individual countries.10 The process by which engineers defined common structural calculations, which were sometimes included in the regulations, in itself probably led more towards a unified construction method than individual regulations. With ongoing experiments, e.g. on load-bearing behaviour for shear loads, this process of unification was not quickly finished. But what is meant by standardisation? Is it regulations and guidelines that become effective? Is it the introduction of specialised machinery for a construction site or a unified construction process? Is it the introduction

of special reinforced concrete courses at universities? Is it an increased number of books and journals that are published? Or is it perhaps the start of themed international meetings or conferences? Thus it still stands to question whether or not this process of unification and standardisation was finished only recently with the promulgation of Eurocode EC2. Compared to the other early inventions, Hennebique’s patent was the first to visualise the groundbreaking idea of monolithic frame construction. This very much formed the basis to explore other fields of application like ribbed domes or large-span ceiling structures. Occasionally, a new word was invented (like the «mushroom» column) or innovative insights into the structural behaviour of the material were developed (e.g. leading to the invention of prestressed concrete), but in general, developments were slow (e.g. the growing understanding of carbonation leading to a slow but steady increase in the recommended concrete cover). Over the years reinforced concrete became a commonly used building material, and almost everyone within construction industries worldwide had a basic level of understanding and knowledge of it. It took another 50 years before international initiatives were set up, for instance with the Comité Européen du Béton (CEB), founded in France in 1953 by prominent engineers and architects11 from six European countries. The CEB issued the first international recommendations on the design and construction of reinforced concrete structures in 1964 in fifteen different languages. These recommendations can be considered a precursor of the later Eurocodes. Yet, at the same time, national dialects were further developed, with the Italian school of structural engineering being one of the most distinct examples.12 Having only roughly sketched some important facts within the general development of reinforced concrete, it becomes quite clear that an exact time frame of the change between the invention and the maturing of the language cannot be named.

Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete

Direction of Development Different Timelines for Contractors, Engineers, and Architects Investigating the standardising effects of patents and regulations does not reveal a straightforward picture. One reason for this is surely the involvement of different actors when building reinforced concrete and their non-simultaneity. Contractors, engineers, and architects discovered the material (and its inherent characteristics) at different speeds and focused on different aspects, with contractors being the first.13 Hence the title of this paper: in the historical narrative, practical aspects related to construction were developed before the calculation and design efforts. Each of them contributed to the invention of the language of reinforced concrete in their own way, paying attention to particular aspects and doing so at different moments of time. Thus they each had their own timeline while at the same time also inspiring each other. Although the contractor is often neglected – to the advantage of architects and engineers – in the historiography of the construction technique14, contractors are accepted as having been the first to experiment with reinforced concrete: The early key experiments and test series with concrete were primarily initiated by construction companies with commercial interests and not universities or other academic institutions.15

Especially in the era of proprietary systems, contractors were the main actors dealing with reinforced concrete.16 One of the most famous contractors in the early history of reinforced concrete was François Hennebique (1842–1921). Starting his career in the building industry in the North of France as a bricklayer and building supervisor, in 1867 Hennebique moved to Belgium and set up a contracting company, which was the basis for his future empire in reinforced concrete. Although he conquered the reinforced concrete world not as a contractor but as the head of a bureau d’études (populated by draftsmen and engineers

yet serving a legion of contractors as concessionaires), it is still very clear that he was not an engineer (although he is often presented as such) as he had «a holy fear of everything that smelled like science».17 Other iconic examples of early contractors’ involvement are books by Thaddeus Hyatt (1816– 1901) and Gustav Adolf Wayss (1851–1917). The former explains experiments that «had for their object a possible means of obtaining cheaper and more reliable fireproof constructions than those in common use» and was «printed for private circulation only».18 And although Hyatt, an American businessman, paid for and organised these experiments to be carried out in England, his 1877 publication never really became well-known in Europe. Wayss was a businessman and a contractor with an engineering background.19 For the publication of the so-called Monier Broschüre, which was widely distributed at 10,000 copies, he cooperated with structural engineer Mathias Koenen (1849–1924). The book not only includes accounts of experiments and building examples, but also a first design theory, giving the publication the scientific character necessary for a German readership. While contractors had already been working with reinforced concrete for at least 10 to 15 years, it seems that the engineers’ interest in the construction method only started around 1887. Emil Mörsch (1872–1950), one of the pioneers in the calculation of reinforced concrete, could not but admit that «practice has here been far ahead of theory»20. As for the architectural discourse on reinforced concrete, up until approximately 1905 or perhaps even World War I, the visible application of the material was in general considered only suitable for industrial structures: the new, amorphous material was resented for its lack of an inherent aesthetic value. Architects initially used reinforced concrete as an ersatz material, and the search for a proper architectural language was cumbersome and lengthy. The fact that reinforced concrete did not present itself with an inherent, proper form

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then, when all three worked together and had a similar advanced understanding of the material, did a truly unique form of construction appear, one that could only be realised using this new building material.

1  Left: Section of the dome of the tomb for Friedrich II, Potsdam; right: Detail of the Dome in Bank Brunner, Brussels.

limited interest among architects: without a proper form, it could convey neither a message nor culture.21 Only from the interwar period onwards was the formlessness interpreted as formability, giving rise to a new architectural style, or rather several architectural styles, based on the inherent properties of the material.22

Define or Default? Genuine Reinforced Concrete Structures The introductory period for reinforced concrete does not end suddenly. Neither is it clearly followed by a phase of standardisation. Perhaps the timeframe up until today is just too short to make out clear paths of development. Thus for the moment it seems more appropriate to concentrate on the emergence of new forms that signify the development of the language of reinforced concrete construction. Therefore three key moments within the process of introduction and solidification will be analysed below. These key moments only happen when all three actors – contractors, engineers, and architects – have at least some understanding of the material and join their experience and expertise to create iconic structures. To put it in the terms of the symposium, when all three started speaking the same language only

Ribbed Domes The design of reinforced concrete domes shows two different approaches. The first is similar to domes realised in masonry, only that the concrete domes featured two thin shell-like curved ceiling elements in two layers. These two layers of ceiling elements were stiffened by thin wall elements, and the space in between was filled with insulation material. The cross section in figure 1 shows on the left side such a thin stiffening wall (with a grid-like reinforcement) and on the right side the insulation material filling the void up to more than half its height. Similar structures were built in Munich and have been investigated.23 A second approach to designing reinforced concrete domes was the ribbed dome. Based on previous examples realised using masonry, with reinforced concrete the loadbearing structure of the dome became much more visible and can be described as a curved frame. The first ribbed dome, designed by Hennebique (s. fig. 1), was realised in Brussels. Here the dome shows its ribs but also includes quite a massive top and bottom part. The dome is not based on surrounding walls, but rather the bottom tension ring sits on top of additional radial-positioned, curved ribs that extend beyond the dome’s dimension to connect with the surrounding loadbearing walls. Its complex structure still shows the experience of reinforced concrete builders at that time and their good understanding of the material. Compared to ribbed masonry domes, the area that allowed light into the interior of the ribbed reinforced concrete dome was significantly larger. Especially after 1905 the intervals between ribs and horizontal beams could be entirely filled with glass elements. Despite the solid and compact material, it was possible to create a dome

Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete

that almost floated above the supports. It was only through the use of reinforced concrete in combination with glass elements that the dome appeared light and hovering from underneath (fig. 2). Of course this was also only possible with contractors being able to build up and service an elevated construction site that required not only cranes but also some experience in building the form work, delivering and positioning the reinforcement, and producing large amounts of concrete of a consistent quality. Furthermore it required an architectural design. In order to come up with an adequate design, the architect had to have at least some experience and conceptual knowledge about how to use the material in the designated way. Surely it is also very possible that the architect mainly focussed on the lighting concept and relied on the consulting engineer to find the best structural solution, but then nevertheless needed to be open-minded to finally design the holistic concept that is visible in the publications. Structurally the design of the solid ribbed dome of the Friedrichstraßen-Passage at that time could only be realised in reinforced concrete. Interestingly at the same time, apart from domes, architects neglected the material. The ribbed dome of the FriedrichstraßenPassage in Berlin (figs. 2 and 3) is one of the earliest examples of such a structure. The complex was privately financed and not only incorporated the Passage-Kaufhaus, a huge shopping mall, but also provided access to public transport above and underground. Franz Ahrens (1858–1937), a renowned architect from Berlin, and the company M. Czarnikow & Co. were commissioned to realise the building project. Ahrens and Czarnikow had previously worked together in the design and construction of another shopping mall in Berlin, the Kaufhaus Jandorf, which was also partly realised in reinforced concrete in 1905. Ahrens’s design for the Friedrichstraßen-Passage is comparable to the design of the Galleria Vittorio Emmanuele II, a masonry structure covered with an iron roof (including a dome) built in 1867 in Milan, Italy. In

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2  The ribbed dome of the Friedrichstraßen-Passage seen from inside and with glass elements in place.

3  The ribbed dome of the Friedrichstraßen-Passage during building.

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Berlin the use of reinforced concrete led to the realisation of one of the first truly unique structures: a ribbed dome made of a very solid material but delicate enough to allow a large amount of daylight into the interior. This can be seen as a key moment in the development of the language of construction in the German-speaking countries as details about the structure were published extensively. The contracting company Czarnikow has a long history in Berlin. Originally founded to produce garden architecture and sculptures in 1854, the company started exploring reinforced concrete around 1900. When Heinrich Becher (1870– 1926), a trained structural engineer, joined the company in 1902 it gained an experienced engineer among their staff, yet for the design of the dome they cooperated with Professor Müller from the Technical University of Berlin. In a publication dedicated to the design of the dome, Müller states that he was responsible for the structural design and technical calculations for the reinforced concrete ribbed dome: «Verfasser hat für die Firma Czarnikow die konstruktive Durchbildung und die statische Berechnung der Kuppelhalle durchgeführt.»24 It was the cooperation of experienced specialists that resulted in an exceptional structure. While for great parts of the Passage the reinforced concrete was hidden or made to look like natural

stone, in the hall beneath the dome the material was clearly visible. The transformation of the traditional form of a half circle, widely used in masonry before, now executed in a new material, allowed natural daylight to come through nearly unhindered. Its specific shape of ribs in combination with horizontal beams building a curved frame structure gave a glimpse of what was possible with this new material. When combining their expertise, contractor, engineer, and architect found a way to form a new language of construction for reinforced concrete. Mushroom Columns Parallel to the design of ribbed domes, another unique reinforced concrete structure was developed – mushroom columns. The historical period when reinforced concrete was introduced was also a time of industrialisation. New factory buildings and large-span structures were built. A columnfree floor plan was very much desired, especially for warehouses and factories, and by using reinforced concrete the dimensions of floors became increasingly larger, especially with adequate reinforcement of the slab. Beginning with the connection of columns and beams, similar to structures already familiar from timber construction25, mushroom columns made it possible to connect ceilings directly with columns without having to fear punching

4  Simplified design concepts of reinforcement for mushroom-column-supported ceiling slabs. From left to right: Turner, Lolejt, Maillart.

Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete

shear stress. The idea of widening the area of support in order to reduce the shear stress was first addressed in reinforced concrete through the use of haunched beams. These beams feature an increase in the height of the cross section shortly before connecting to a column. In order to simplify the design engineers and architects were looking for a solution that did not depend on beams. In order to do this the ceiling and the positioning of the reinforcement in the ceiling became important. Nowadays the historiography of the development of mushroom columns that allow large column-free spaces is linked to three systems named after three engineers: Claude Allan Porter Turner (1869–1955), United States of America; Artur Ferdinandovitch Lolejt (1868–1933), Russia; and Robert Maillart (1872–1940), Switzerland. These three engineers turned columns and slabs into a more active component in a structural system while making sure that the slab transmits its forces to the supports without the need of beams (fig. 4).26 When summarising Turner’s approach it should be noted that in his mushroom patent of 1906 he coined the name «mushroom columns». However his focus was on four-way reinforcement rather than the actual visible mushroom-shaped column head. Turner’s idea can be seen to have been more about an effective building process of the slab rather than structural behaviour since building the formwork for the columns head takes quite some time and requires experienced builders.27 In contrast Lolejts’s 1907 concept was not so much a single method, but rather a construction system adopted and built according to the needs of the specific building project. His initial concept was based on three layers of reinforcement, each having a specific function. The bottom layer was to compensate for the ceiling deformation and was positioned grid-like in the direction of the columns’ axes. The top layer was to distribute the loads, and an additional third layer was included in between to resist shear forces.

Finally, Maillart was more focussed on the actual mushroom-shaped column head. In the 1909 patent of Maillart & Cie. the same name was used, but in contrast to Turner the «mushroom» here did not refer to the positioning of the reinforcement but to the actual design of the column head. He broadened the supports and included a two-way reinforcement into the ceiling slab. By distributing the reinforcement throughout the slab Maillart activated the loadbearing capacity of the whole slab and made every part of the surface self-supporting. His focus was on reducing the horizontal elements while relying on a stiff ceiling slab distributing the forces to the column supports. 28 «The mushroom slab system is widely regarded as the first genuine reinforced concrete construction.»29 This statement can be slightly modified in the light of the discussion in this paper. Besides ribbed domes, mushroom columns, that is, mushroom slab systems, mark an important step in the development of the language of reinforced concrete construction. Although their development was mainly dominated by engineers (with their skills in advanced calculation and detailed understanding of internal forces), their success was again only possible with the contribution of contractors and architects. When analysing these early examples of mushroom columns one significant characteristic of reinforced concrete becomes apparent. The outside form of two structures might appear similar, but the internal reinforcement, the hidden load-bearing structure, can be quite different. Since introducing reinforced concrete the execution of the reinforcement was quite diverse and depended on the system used. At the same time the development of mushroom columns also shows the difficulties in framing the complex language of construction. While in the US, Russia and Switzerland mushroom columns were widely used after 1906, German authorities generally did not permit their use due to the insufficient calculation methods. And although two building

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projects using mushroom columns in Strasburg and Hamburg were realised as early as 1912, only with the publication of detailed theoretical treatises in the 1920s did it become easy to use these columns in construction in Germany.30 Besides their importance in the development of a new language, the example of mushroom columns also signifies an important aspect of the history of reinforced concrete. It has always been a mixture of proper knowledge of the material, adequate design theories, and onsite execution methods that shaped this history. The influence of public regulation when developing a new language of construction still needs to be investigated. Is significant development only possible «without strict regulation» or does it actually need at least a minimum of «bureaucratic limits»?31 Architectural Pre-Cast Concrete Despite their comparatively short history, monolithic frames offer the opportunity to investigate the development of reinforced concrete in general on a greater scale. From the outside, early frame structures in reinforced concrete represent copies of timber and steel frames, imitating known designs. Thus Hennebique’s idea of monolithic frames in 1892 was ground-breaking and became a starting point for further development. Looking more closely it becomes apparent that the change in positioning the reinforcement and the calculation of the connections between columns and beams signify this development on their own accounts.32 With industrialised production of raw materials, increased standardisation, more efficient design theories, and a more specific use in architecture, reinforced concrete had become much more visible, especially in the interwar period when an «increase of quantity, size and diversity in applications» could be noticed.33 While in the beginning reinforced concrete was made to look like natural stone, from the 1930s onwards architects worked more with its specific characteristic appearance. One could even say that after a

period of concentrating on more technical issues such as design theory or the production of raw materials and sites, it was now the architects’ turn to play with the material in terms of structure but also in terms of appearance and aesthetics. Thus the visual impact of reinforced concrete started to be explored in a wide range of ways, such as deliberate grain-size distribution or colours used as admixtures. In the post-war reconstruction period cheap building solutions were needed and reinforced concrete was often used as an inexpensive alternative for conventional bricks in social housing and modernistic garden suburbs. The simple design that was implicated by the casting and construction techniques was deliberately used by architects as a component of a new architectural style. The economic properties, but also the structural and formal possibilities were also explored extensively and utilized in other building types.34

The decades of the 1950s and 60s are generally associated with at least two aesthetic tendencies: béton brut and architectural pre-cast concrete. Yet again boundary conditions such as the political system had a huge impact on the development. 35 While for most contractors and engineers at that time reinforced concrete might have developed into a standardised building technique, certain actors were still in search of new applications. 36 Architectural pre-cast concrete finds its origin in plain pre-cast concrete wall panels manufactured by large prefab factories that tried to standardise mass production in order to reduce costs: The guarantee of a low cost price, greater precision and quality and faster execution, however went hand in hand with less attention for architectural design and aesthetics: the result was mostly drab and characterised by a lack of imagination and expression.37

While for industrial buildings this did not seem to be a problem, the manufacturers of course also tried to participate in markets such as commercial buildings where applications ideally needed to combine prefab and architectural design. This led

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5  Casting of elements in the Schokbeton factory.

to a change of application: «[a]rchitectural concrete did not present itself like a fashion article, but as the result of a technique adapted to modern constructive demands.»38 Above all in «office buildings, banks and corporate head offices [where there was] a striving towards originality and a refined, luxurious image [as part of the] corporate identity», architectural pre-cast concrete offered new opportunities, especially when pre-cast elements were produced through Schokbeton, a Dutch invention from 1931. The production of Schokbeton relies on castings that are mounted on vibrating tables. Once the concrete is poured into the casting, the vibrations ensure a very compact consolidation, resulting in exceptionally stiff and slender elements (fig. 5). Between 1955 and 1975, a number of outstanding buildings were realised that still today showcase the perfection of the technique. The starting point was the so-called Foncolin building in Brussels.39 Designed by the architect André Jacqmain (1921–2014), it was the cooperation with the engineer Degroodt that shaped the final result so strikingly. The latter proposed to use Schokbeton for the façade since the material combines «structural, aesthetic and technical requirements».40 The façade features frame-like

elements reminiscent of frame applications realised 50 years earlier. But now these frames were actually part of the architectural design and clearly visible from the outside. And since the façade was meant to be part of the loadbearing structure, it was at the same time possible to provide large open office spaces. Even though this first example showed a rather traditional rectangular form, it was the beginning of further exploration that was not limited to Belgium. Prefabrication allowed a variety of shapes and designs that were free from restrictions such as those that came from onsite manual labour (fig. 6). One could even say that this was a new interpretation of original reinforced concrete forms. This again was only possible through the cooperation of contractors, engineers, and architects. Apart from the architectural design, the solution required a sophisticated production process by contractors as well as a very good understanding of calculation methods. Again all three actors were up to date with their construction knowledge and thus the language of construction was enlarged. Some 70 years after first realising reinforced concrete structures, constructing and building in reinforced concrete looked quite different, yet specific forms such as structural frames were still very much part of the building œuvre.

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6  Summary of different shapes of façade elements in Brussels and London. Left: Banque Brusselles Lambert 1959–65; middle: Centre Point London 1963–66; right: CBR Watermaal-Bosvoorde (Brussels) 1967–70.

Conclusions Is there a language of construction for reinforced concrete and if so, has it developed? These questions are hard to answer and this paper will probably raise more questions than it answers. There are two main challenges. First there is no singular understanding of the term Konstruktionssprache. During the symposium discussions it became quite apparent that every participant had a different understanding of Konstruktionssprache. For some using the term ‹language› implies that the builder/engineer tries to communicate through the design, similar to architecture where an architect communicates through the building with the user, the owner, or the public in general. Other participants understand Konstruktionssprache as the work/design of engineers to find different solutions for a specific problem, and as such it is understood as engineers communicating with the material or the structure rather than another person. Initially Werner Lorenz explained the term by only focussing on the structure of a language. He

argued that languages develop in a specific way and wondered whether the specific structure of the development of a language could perhaps be applied as a role model for construction.41 After all, when talking about construction history the focus is on making things, that is, building things. But does one learn how to make things in a manner similar to learning a language? Second, it is quite challenging trying to point out a specific development in the timeframe of roughly 150 years of building with reinforced concrete. Compared to other ways of construction, this is a very short history. Nevertheless the early times – that is, the introduction of reinforced concrete – can be characterised in three phases: empirical exploration and patents; experimental standardisation and calculation; and standardised calculation and further improvement. Early reinforced concrete was very much a material for engineers and practitioners. With engineers and architects becoming more independent from each other in the 19th century it appears they were just waiting for such a material.

Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete

And although in the beginning construction relied on experiments and experience, the influence of engineers turned the material into a truly artificial one. On the basis of precise calculation reinforced concrete can be used in a more reliable and efficient way.42 For example once the loadbearing behaviour of structures such as large ceiling slabs or shells were understood and could be modelled, they were then also realised. Although it seems easy to divide the development of the language of reinforced concrete into several phases, it is nevertheless difficult to pinpoint when one phase ended or a new phase started. Key moments, with various actors involved, happened at different times in different countries. They make it difficult to see distinct patterns. With growing knowledge of onsite execution and the material’s characteristics, reinforced concrete was explored until, consistent with an increased understanding of structural calculation, new permanent forms emerged such as ribbed

domes and mushroom columns. When architects started to acknowledge the material a new architectural hierarchy became visible up to the point where early forms were «reinvented», as was the case with rigid frames. The period of introduction also already includes the beginnings of a standardisation process in parts. Thus with reinforced concrete it was perhaps not so much the standardisation that shows the maturing process of the language of construction but rather the closer collaboration of builders, engineers, and architects. By synchronising their interests the material could be applied best and thus individual forms emerged. It seems that we are exploring reinforced concrete even further today. We are still in the process of defining new applications, not only in form and theory but also in materials, for example the use of glass fibre concrete. Is this still part of the history of reinforced concrete or a completely new language?

I nitially work on this paper started as a cooperative project between Stephanie van de Voorde and me, Sabine Kuban. Having previously worked on a joint paper together with David Yeomans, this offered another opportunity to exchange knowledge on early reinforced concrete on a Europe-wide level – especially since Stephanie as an architect and I, a structural engineer, approach things from different perspectives. First ideas and the structure of the text were discussed as early as April 2018 during my research stay at the Vrije Universiteit Brussels (April–July 2018). Together we interviewed Adrian Forty in London in June 2018 and discussed our approach to this topic. Our sincere thanks go to Adrian for his willingness to meet and for actually taking the time. However, due to unforeseen reasons Stephanie was not able to contribute to the finalisation of this paper. Still, I would like to point out that a great deal of the content became apparent and was discussed during our personal meetings. Without Stephanie’s input this paper would read very differently. I would like to thank Stephanie for her initial willingness to cooperate and her open mind on this undertaking. I do hope that the final paper meets her approval and that there will be another opportunity to cooperate again in the future.

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Forty 2000, 62–85. Concrete Quarterly 1963, 13–16. Saint 2007, 223–24. Giedeon 1970, 451 quotes Maillart without giving a direct reference (parenthesis by Giedeon). Maillart, a Swiss engineer who trained with Hennebique, later became one of the few widely known designers for reinforced concrete. His mushroom slabs and even more so his bridge designs are still today known as a synonym of a new aesthetical construction. 5 Cf. Quatremère de Quincy whose view is that architecture, like language, was not invented by one person at a certain point in time, but was developed by human faculties wherever mankind existed. Forty 2000, 70. 6 The list of names is not in alphabetical order but rather in order of the professional activity of the person. Following is a short description of their input to the history of reinforced concrete. Joseph-Louis Lambot (1814– 1887) is well known for his design of a small reinforced concrete boat (around 1850) to be used on a lake within his family estate in the south of France. Joseph Monier (1823–1906) was a gardener who issued a number of

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Sabine Kuban

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patents on plant pots made of reinforced concrete. François Coignet (1814–1888) was involved in the family-run chemical factory and started experiments with concrete around 1840. When founding his own business in 1860 he issued patents involving reinforced concrete. Besides a number of French contributions the name of William Boutland Wilkinson (1819–1902) is prominently documented. Wilkinson was an English engineer who issued a patent on reinforced concrete ceiling structures in 1854. Reinforced concrete was also investigated by American entrepreneurs like Thaddeus Hyatt (1816–1901), who published the results of his experiments with reinforced concrete in 1877. Other American contributions are documented from William Evans Ward (1821–1900) and Ernest Leslie Ransome (1852– 1917). The latter was English-born but most successful in America. In 1884 he patented a reinforcement system that was used for the first arched reinforced concrete bridges. Gustav-Adolf Wayss (1851–1917) was a German engineer and entrepreneur who most successfully exploited the Monier patent in the German-speaking world. Lastly François Hennebique (1842–1921) issued a patent in 1892 for a monolithic frame structure. Schlimme 2014, 424. Kuban [2021]. Weidner 1905, 118–125. Van de Voorde et al. 2017, 345–356. The persons involved in building the CEB were André Balency-Béarn (France), Louis Baes (Belgium), Emile Nennig (Luxembourg), Hubert Rüsch (Germany), Euardo Torroja (Spain) and Georg Wästlund (Sweden). Iori / Poretti 2015. Stegmann 2015, 387–94 See Gubler 1993, 13 or Delhumeau 1999, 11–12. Stegmann 2015, 387–94. «Le béton armé a eu le sort de la plupart des inventions: un grand nombre de constructeurs l’ont appliqué sans y attacher beaucoup d’importance, jusqu’à ce qu’un jour le système après avoir été réinventé plusieurs fois, ait été apprécié et étudié de près pour être soumis à une exploitation rationnelle. […] Pendant que les ingénieurs doutaient et que les savants calculaient, les inventeurs ont appliqué et perfectionné et l’expérience, grâce à eux, s’augmente tous les jours de faits nouveaux.», Christophe 1902, II; Bussell 2001, 71. Hennebique 1899, 4. Hyatt 1877, 1, 3. Kuban / Stegmann 2017, 545–55. Mörsch 1902, 15. Parent 1993, 10–11. See also the discussion on style in Van de Voorde 2010. Rehm 2018, 175. Müller 1909, 3.

25 Mecenseffy 1911, 78. 26 More detailed accounts of the history of the invention and development of mushroom columns have previously been published. While Kierdorf 2006 describes all three actors, Rinke / Thuy 2018 focusses on Maillart and Turner. 27 Rinke / Thuy 2018, 1277. 28 Rinke / Thuy 2018, 1277, as well as Giedeon 1970, 452. 29 Kierdorf 2006, 1793. 30 Welsch / Held 2011, 106–108. 31 Kierdorf 2006, 1806. 32 Kuban 2018. 33 Van de Voorde 2011, 28. 34 Van de Voorde 2011, 29. 35 For example see Pugh 2015, 91. Here the author describes the challenges and difficulties of architects in the German Democratic Republic (GDR) when building residential buildings between 1956 and 1964. The analysis «consider[s] the effects of the SED’s hegemony by examining how particular issues of design and planning theory ignored or sidelined in official policy, were addressed» since the «discourse in the GDR was by no means fully open or free». The main objective was to overcome two deficiencies: shortage of raw materials and workers. Therefore solutions for standardised industrial-produced structures and building elements were very much sought after, rather than artfully designed architecture. These first initial ideas found their realisation in various large-panel buildings combined in complex urban developments, sometimes in stark contrast to buildings that already existed. Especially in inner city developments this posed a problem that only later on led to a change in design and architecture. 36 The analysis concentrates on office and commercial buildings realised in Belgium, England, and West Germany. Nonetheless it should be mentioned that also for example in Italy buildings with other purposes were realised in pre-cast concrete. Again the boundary conditions allowed a specific development whose core was identified by Iori / Poretti 2015, 347 as: «[a]n operator and a theoretician, the protagonist of the Italian School is a multi-faceted figure that is at the same time a scientist, an entrepreneur and a craftsman, a reincarnation of the 19th century engineer». 37 Van de Voorde 2011, 51. 38 Huyghe 1970, 377. 39 In Jacqmain 1959 a detailed description is given. Further­ more refer to Van de Voorde 2011. 40 Van de Voorde 2011, 64. 41 This is based on personal discussions during the preparation of the symposium. 42 The delicate dependencies between reinforced concrete and theory of structures has most recently been analysed by Kurrer 2018, 664ff.

Constructing, Calculating and Designing in Reinforced Concrete

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Sabine Kuban

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Image Sources 1 2 3 4

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Two Distinct Approaches to External Prestressing Germany and Belgium, 1930s to 1950s

Bernard Espion, Roland May

According to Werner Lorenz, the introduction of novel building materials can act as one of the key factors in establishing new languages of construction. Sabine Kuban deals with this process in relation to reinforced concrete in the previous paper of this book.1 But what happens if such a process leads to further radical innovations? Will they only enhance the «vocabulary», will they develop automatically into new languages of construction, or is the model perhaps inadequate for such a development? This paper considers these questions in relation to the early stages of the development of external prestressing. Prestressing of concrete was a reaction to a fundamental problem that had only been partially solved by reinforced concrete, namely the relatively weak ability of concrete to transmit tensile forces. For beam structures, for example, this capability was essential. In the composite material known as reinforced concrete, the task of transmitting tensile forces was almost exclusively assigned to the steel. Yet even loads creating relatively moderate tensile forces could cause fine fissures in the concrete. Such cracks were both an aesthetic and above all a stability problem, as water could penetrate through the gaps up to the reinforcement steel. As a result, the steel would corrode and, in extreme cases, lose its load-bearing capacity. Responding to this problem, the idea of applying additional tensile stress to reinforced concrete from the outset arose at an early stage. 2 This method would put the concrete under constant pressure and avoid the formation of cracks.

It was soon recognised that this method could also be used both to increase the performance of load-bearing structures and to counteract subsequent deformation effects caused by concrete shrinkage and creep. In 1928 the French civil engineer Eugène Freyssinet (1879–1962) provided the decisive impetus for the introduction of prestressed concrete into the building industry.3 In his patented procedure tendons were tensioned in a so-called prestressing bed between two anchorages and then coated with a (reinforced) concrete body. After the concrete had cured, the fixings were released so that the tensioned steel rods would set the concrete under pressure – either via adhesive effects or by means of end anchorages (fig. 1 left). Some ten years later a further patent by Freyssinet significantly extended the applicability of prestressing.4 Here the tendons were conducted through ducts before the (reinforced) concrete body was manufactured. In this case the tendons were tensioned only after the concrete had hardened (fig. 1 middle). Subsequently the ducts would be grouted with a special cement mixture (later on this step was sometimes omitted). This process of «post-tensioning» not only made it possible to use prestressing for in-situ construction, but also to align the tendons close to the bending moment line. In both pre-tensioning and post-tensioning, the tendons were placed within the (reinforced) concrete of the superstructure. The concept of external prestressing follows a different path. Here

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Bernard Espion, Roland May

1  Types and procedures of prestressing: Left: Pre-tensioning; Middle: Post-tensioning with/without bond; Right: external prestressing (Dischinger-type).

the tendons are located outside the solid concrete (fig. 1 right), allowing the extension of the principle of prestressing to other structural systems than beams, as already emphasised in a 1940 article by the German civil engineer Lutz Pistor (1898–1952) (fig. 2).5 If we stay with the idea of lan­ guages of construction, we could describe these basic systems as a kind of «grammar» that would define the framework for the development of different languages. In its early days – roughly the period from the 1930s to the 1950s – research and development

2  Basic «closed circle» structures with compression members and tendons according to Lutz Pistor: Top: Bow-string; Middle: Underspanned; Bottom: Suspended.

in external prestressing was particularly concentrated in two countries: initially in Germany and then in Belgium. In the following section, Roland May will present the most important concepts and individual innovators in the field of external prestressing in Germany, and then Bernard Espion will do the same for Belgium. We will then discuss to what extent one might identify the development of a specific language of construction for external prestressing based on the presented examples.

Main Protagonists of External Prestressing in Germany The early history of external prestressing in Germany is particularly tied to Franz Dischinger (1887–1953). After studying civil engineering at the Karlsruhe Polytechnic (Technische Hochschule) in the years 1907–11 and obtaining his first practical experience in a smaller construction company, Dischinger was hired in 1913 by the important building firm Dyckerhoff & Widmann (Dywidag). There, after World War I, he would embark on a steep professional career. As the decisive driving force behind the development of modern reinforced concrete shell construction in the 1920s, he was to achieve nothing less than worldwide fame.6 Somewhat overlooked in this context is Dischinger’s continuous engagement in bridge design during this time and his contribution of

Two Distinct Approaches to External Prestressing

several innovative ideas to this field of engineering.7 After his move to a professorship in concrete construction at Berlin’s Technische Hochschule in 1933, bridge construction finally became the main focus of Dischinger’s activities, and shortly afterwards external prestressing began to occupy a special place in his work. Over a period of almost 20 years, Dischinger developed a large number of suggestions for this type of prestressing,8 not least as a result of his critical examination of and differentiation from Eugène Freyssinet’s ideas. Most of these suggestions were immediately tested for their practical applicability in related project proposals. However, Dischinger did not succeed in establishing external prestressing as a serious alternative to Freyssinet’s concept of bonded prestressing, which was widely disseminated and applied in Germany by the firm Wayss & Freytag.9 As a consequence, even Dischinger himself partly abandoned the idea of unbonded prestressing – at least as applied to beam bridges – at the beginning of the 1950s.10 Among those deserving a particular mention in connection with the early development of external prestressing in Germany is also Ulrich Finsterwalder (1897–1988). After studying at the Technische Hochschule in Munich, from 1923 for ten years he worked in a tense but very productive work relationship with Dischinger in shell construction at Dywidag.11 Already at this time he demonstrated his increasing urge for independence through own proposals for bridge structures. In 1933 he was appointed to take over Dischinger’s position as the company’s chief engineer for structural engineering, advancing until 1948 to the position of general partner in the construction firm. In this period he was responsible for implementing some of Dischinger’s projects while at the same time developing own proposals for external prestressing. An entrepreneur who was more strongly committed to the profit-generating potential of his ideas, Finsterwalder nevertheless turned earlier than Dischinger to the seemingly unstoppable concept of bonded prestressing.

Shortly after the end of World War II, he developed the «System Dywidag» prestressing concept, which enabled the cantilever construction of prestressed beam bridges. In the following decades Finsterwalder would be among the world’s most influential engineers for prestressed concrete.12 In this phase, however, the concept of external prestressing no longer played a significant role in his design work.

Early German Projects with External Prestressing I: Underspanning Dischinger’s unquestionably most famous contribution to external prestressing derives from a patent application for beam bridges filed on 8 December 1934, in which the prestressing tendons are arranged below the carriageway in the form of polygonal hanging mechanisms.13 His primary goal was to reduce bending and shear stresses. This was to be achieved by a «full» pretensioning to reach – in Dischinger’s words – a «shaperetentive» (formtreu) state. Not least relevant in this context was the bypassing of Freyssinet’s patent which had been filed on 6 April 1929 in Germany14 and against which Dischinger, among others, raised substantial objections at that time.15 In contrast to Freyssinet’s method of using highstrength steel loaded with initial tensions of significantly more than 500 MPa, Dischinger suggested the use of much cheaper steel according to the German standards St 52 (fpy ≈ 350 MPa) or even St 37 (fpy ≈ 240 MPa). The significantly lower performance characteristics of this steel meant that the effects of subsequent changes in the shape of the concrete caused by creep and shrinkage – which were a major concern for both Freyssinet and Dischinger in those years – could not be tackled from the outset. Therefore Dischinger from the very beginning provided for the possibility of retensioning the tendons – a measure which inevitably required unbonded prestressing.

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Bernard Espion, Roland May

3  Dischinger’s patent from 1934: Section of an externally prestressed beam (top & bottom left); main forces acting in the support area (bottom centre); explanation of the tensioning method: increasing the distance (y) from the transverse walls (e) by a hydraulic jack (h) and securing of the increased distance by insertion of a pendular connector (f).

The method proposed by Dischinger for applying the tension was somewhat peculiar (fig. 3). A central role was played by deviator saddles of the movable-bearing type. The distance (y) from the transverse walls (e) was to be increased by hydraulic jacks (h) against the hardening concrete. When

4  Motorway overpass at Rheda by Finsterwalder, 1938. Top: View of the finished structure; Middle and bottom left: Sections; bottom right: Tensioning principle.

the tendons had been pulled sufficiently downwards, the increased distance was to be secured by inserting pendular connectors (f). Another interesting option for the application of prestressing force was provided by a Dywidag project for a motorway overpass near Rheda, implemented in 1938 under Finsterwalder’s supervision. Basically, the bridge’s structure, designed as a single-span beam, corresponded to Dischinger’s patent.16 Two times six round bars made of St 52 with ⌀ 65 mm served as tendons, arranged next to the main girders in two rows, each with three tendons. The concrete superstructure was divided into two parts, which were connected by a hinge and initially raised in the middle by means of a wedge-shaped element (fig. 4). In the course of decentring, the wedge was removed so that a pre-tension was automatically built up in the tendons, which were subsequently coated with concrete. The preload in the steel rods reached some 108 MPa with dead load and increased to roughly 152 MPa with full traffic load.17 At least one more motorway bridge was built using this concept.18 A year earlier, in 1937, a structure had been inaugurated over the railway station grounds in Aue under the name Adolf-Hitler-Brücke, a project in which Dischinger extended the idea of external prestressing beyond the single-span girder. Its section D (Bauteil D), which is also regarded as the first executed bridge with external prestressing, was a cantilever bridge with a drop-in span (a so-called Gerber girder). The 69-m main span was divided into two cantilevers of 18.75 m each and a suspended girder of 31.5 m length (fig. 5). The tendon alignment in the latter followed the arrangement for the single-span girder. In contrast, a pendulum roller bearing served as the central high point in the cantilever girders, which protruded over both sides of the supports. Corresponding to the high moments, additional auxiliary tendons were incorporated at these points. All tendons used were round rods of St 52 with ⌀ 70 mm, each of which was provided with an initial stress (σp0) of around 215 MPa.

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5  Railway Station Bridge at Aue by Dischinger, 1935–37. Top left: Finished structure; top right: Cross-section (left: suspended part, right: cantilevered part), bottom: Longitudinal section.

In order to apply the preload in this case, screw threads were welded onto the tendons (fig. 6). The tendons themselves were passed through the concrete slab in sheet metal tubes and were first fixed with nuts. Then they were successively stretched against the hardening concrete by means of hydraulic jacks. There are contradictory accounts of the extent to which this concept really worked. According to Karl Mautner, who had been associated with the competitor company Wayss & Freytag, there were massive problems with excessive sagging after execution.19 Finsterwalder, on the other hand, who had been responsible for the execution carried out by Dywidag, described the initial performance of the bridge as flawless.20 Apparently, however, during the war and in the post-war years, the retensioning that was essential for Dischinger’s system was only carried out sloppily, or even not at all, so that extensive repair work became necessary in the 1960s.21 Like Finsterwalder’s motorway overpass, the bridge finally had to be removed in the 1990s. Dischinger developed numerous other proposals based on his patent up until the end of

the 1940s. One of them was for a bridge over the Warta River in Poznan, which was conceived as a continuous girder using fully locked cables ⌀ 62 mm (fpy ≈ 1000 MPa).22 To our knowledge this bridge was the only additional structure actually

6  Railway Station Bridge at Aue by Dischinger, 1935–37. Screw threads used for applying the preload.

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Bernard Espion, Roland May

intended to be built based on Dischinger’s patent. However, although its construction was started, it never got even close to being finished due to the turmoil of war. Early German Projects with External Prestressing II: Bow-string Concepts Dischinger’s earliest documented involvement with the subject of prestressing dates significantly before the year 1934. Already in 1927, before Freyssinet’s legendary patent application, he developed such a concept for a Saale bridge in Alsleben, whose 68-m wide main opening was planned as a two-hinged tied arch in reinforced concrete.23 The objective of the prestressing in this case was the

elimination of additional bending moments in the arch caused by its shortening and the extension of the tie rod (fig. 7). The tendons were installed with an elevation of 40 cm, and each was made up of five riveted flat bars (560 x 18 mm) in the standard steel St 48 (fpy ≈ 330 MPa) that had been in use for only a short time. During the decentring a patented «pull-out device»24 was used to pre-stress the tendons over the dead load stress to around 200 MPa before they were embedded in concrete. Retensioning was not planned in this project, and in addition one wonders whether this concept already represents a «genuine» form of external prestressing. The bow-string principle would, however, be used more frequently by Dischinger in connection

7  Saale bridge at Alsleben by Dischinger, 1927/28: Top: Finished structure; «pull-out device» for applying prestress as designed (bottom left) and during use (bottom right).

Two Distinct Approaches to External Prestressing

with external prestressing. A particularly interesting example is a design of a single-span beam bridge for heavy railway use commissioned by the Reichsbahn in the early 1940s (fig. 8). The bridge was to be able to carry a so-called N-load train consisting of two tender locomotives with seven axles each with 25 t axle pressure and freight wagons attached to both the front and the rear. Given the large loads Dischinger was forced to use straight tendons in order to be able to apply higher tensions. The project, conceived as a hollow box girder with a span of 50 m and a system height of only 5 m, simply reversed the principle of the 1934 patent to a certain extent in order to ensure «shape maintenance». A lever arm for the tendons corresponding to the deadweight moments with respect to the neutral axis of the beam was created by a curved top chord and not by the tendons themselves, which were thought to consist of 30 high-quality bridge ropes with ⌀ 80 mm. They were to receive a prestressing force exceeding the «shape-retentive» prestressing resulting from their dead load in order to prevent any tensile stresses resulting from the traffic loads in any case. At the same time, the load-bearing structure could react flexibly to the dynamic loads, since only the stiffness distribution of the individual elements ultimately decides whether it mainly acts as an arch or a beam. According to Dischinger, the construction of a similar structure with a span of 40 m was started at an unknown location during World War II.25 If it had been completed, it would have been the world’s first prestressed concrete beam bridge for railway use. After 1945 Dischinger continued to refine this concept in various designs for the Soviet Military Administration in Germany (SMAD) and even applied it to spans of up to 80 m.26 However, none of these projects were implemented. The same fate was shared – as far as we know today – by all of the dozens of designs for externally prestressed bridges that Dischinger created for the SMAD between 1946 and 1948. Many of

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8  Design of a bridge for heavy railway use by Dischinger, c. 1941. Sections.

these projects, which have so far been only insufficiently studied, had hybrid structural concepts. A particularly notable example for these is «Project 14», developed in 1947 with the aim of creating a railway bridge over a navigable river with as little use of materials as possible.27 For the 160 m-wide main opening, Dischinger chose to use a Stabbogen system – a bow-string bridge concept known in the English-speaking world under different terms such as deck-stiffened arch, arch-supported beam or Langer beam. In contrast to arches with tension cords, the deck girders of such Langer beams not only have to cope with the tensile force generated by the arch thrust but also with a large part of the bending moments. As with conventional beams, the use of prestressing is a logical solution for eliminating the resulting tensile stresses. Back in 1936, Dischinger had presented his first proposal with external preload for this bridge type.28 In the present example he integrated the Stabbogen into a girder that ran continuously over three openings and designed the latter as a hollow box, whose high resistance moment permitted the introduction of high compressive stresses through prestressing (fig. 9). In total, Dischinger used three different elements for prestressing: Straight cables (Z₀) placed inside the main span’s stiffening girder counteracted the horizontal thrust of the arch ribs in a manner similar to that of the Saale bridge; the

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9  Design of an arch-supported beam bridge («Project 14») by Dischinger, 1947. Top left: Longitudinal section; top middle: Cross-section; top right: Detail of anchoring, showing the straight prestressing cables (Z₀) in the stiffening beam; bottom: Longitudinal section, showing overlapping tendons Z₁, Z₂ and Z₃, corresponding to the moment line.

crown lowering of the arches was to be achieved by shortening the hangers; and, ultimately, the bending moments in the continuous beam were to be eliminated by his established method of overlapping tendons, the course of which corresponded to the moment line (Z₁, Z₂, Z₃). Altogether

10  Competition design for the Dreirosenbrücke at Basle by Finster­ walder, 1930.

140 cables were to be used, each with a tensile force of 300 t, which matched the best Soviet cables available at the time. An interesting variant of the bow-string concept, which Dischinger would later describe as the «inversion of a two-hinge arch bridge»,29 was developed by Finsterwalder as early as 1930 in connection with a competition design for the Dreirosenbrücke in Basle. 30 The load-bearing structure here consisted of two cantilevered box girders connected in the middle by a pendulum hinge (fig. 10). Similar to Dischinger’s Reichsbahn beam bridge design, the compression boom (calculated here as a shell) followed the course of the bending moments in order to obtain a constant horizontal component of the compressive force. 42 locked cables, each to be tensioned to 590 MPa during decentring, acted as tieback in this case in order to keep the carriageway slab, which ran in the same axis, free of tensions. A retensioning device was envisaged but was only intended for use in emergency cases.

Two Distinct Approaches to External Prestressing

A concept based on this idea was proposed by Dischinger in 1949 in a bridge system for threehinged arch bridges, for which he received a patent in Switzerland.31 In this case, his aim was to reduce the friction between the foundations and the soil for flat arch bridges. For this purpose, the abutments were to be braced with cables, which were to be either arranged above the arch or conducted through it in the hollow spaces (fig. 11). These prestressing forces, which were to be applied via 16 cables that were each subjected to 450 t of prestressing, were to be diverted into the foundations by means of pendulums. Variations of this interesting principle were used by Dischinger in further proposals, but, according to current knowledge, never applied at the time.

Early German Projects with External Prestressing III: Suspended Structures Suspended structures form the third group of bridges in Germany for which external prestressing was proposed. The self-anchored suspension bridge with internally balanced horizontal forces seemed particularly promising. Parallel to his first proposals for prestressed bow-string bridges in 1936, Dischinger published

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11  Bridge system for three-hinged arch bridges by Dischinger, 1949.

for the first time a draft for such a self-anchored suspension bridge with a stiffening girder made of reinforced concrete and a central span of 200 m (fig. 12).32 The bridge was designed with a maximum tension in the main cables due to dead weight and traffic load of some 490 MPa. The main task of prestressing in this example was to reduce the vibration susceptibility to which suspension bridges are prone, especially with regard to the influences of traffic loads. Similar to the Stabbogen bridges, Dischinger used for this purpose the hanger rods, which were to be shortened by means of hydraulic jacks. In order to counter the effects of creep and shrinkage, the possibility of retensioning was also included from the outset for this solution.

12  Design of a self-anchored suspension bridge by Dischinger, 1936.

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13  Competition design of a suspension bridge over the Rhine at Cologne-Mülheim, 1948. Perspective (reconstruction).

On this basis, Dischinger developed over the next dozen years several other proposals for suspension bridges with reinforced concrete reinforcing girders that were less vibration-prone, including a railway bridge.33 In the process, however, he relinquished the original idea of arranging hinges in the central span, which would allow the suspension cables to carry the entire traffic load in this zone – just like in a «real» suspension bridge. The idea of dividing the main opening into different compartments was not taken up again by Dischinger until 1948, in the context of a competition for the rebuilding of the war-damaged suspension bridge over the Rhine at Cologne-Mülheim, in which a shipping opening had to be kept open during the construction phase.34 Moreover, the required central span of 315 m exceeded the maximum span calculated by Dischinger for selfanchored suspension bridges with reinforced concrete stiffening girders. Dischinger therefore

advanced the principle towards the self-anchored hybrid suspension cable-stayed bridge (fig. 13). Here, in the central part of the main opening, the traffic loads were again assigned to the suspension cables, while the two side parts were to be supported by inclined stays. The latter were to be pretensioned primarily by the dead weight of the stiffening girder and only additionally by hydraulic jacks (fig. 14). The distinct separation of the two load-bearing systems (suspension bridge versus cablestayed bridge), as well as a significantly higher prestressing of the stay cables, distinguished Dischinger’s proposal from previous designs for such hybrid bridges, which had already been developed in large numbers up until that time. They provided exceptional stiffness for suspension systems, which prompted Dischinger to carry out further investigations into the integration of stay cables, resulting in numerous further

Two Distinct Approaches to External Prestressing

14  Competition design of a suspension bridge over the Rhine at Cologne-Mülheim, 1948. Top left: Anchorage of the cables; bottom left: Tensioning device; right: Deflection saddles.

designs.35 By 1950, in the course of the competition for the Duisburg-Homberg Rhine bridge, he finally turned to the pure cable-stayed bridge. This design formed the basis for the Strömsundsbron (1953–55), which was developed shortly after Dischinger’s death. This bridge is commonly regarded as the first modern cable-stayed bridge and gave the starting signal for the further development of this particular bridge type using external prestressing.

The Development in Belgium After France and Germany, Belgium is the third country where prestressed concrete was developed. The concept of external prestressing appeared there very early (1943) and was particularly applied and promoted in the 1940s and 1950s.

Gustave Magnel and Blaton-Aubert: Segmental Girders with Precast Voussoirs The beginning of prestressed concrete in Belgium is commonly attributed to the desire of Professor Gustave Magnel of Ghent University to apply, from early 1941, the prestressing concepts proposed and the technological devices (tendons, anchorages, and jacks) patented by Eugène Freyssinet to «experimental» bridges to be built in Brussels for the railway junction between the North and South stations. Gustave Magnel (1889–1955) graduated in civil engineering from Ghent University in 1912. From 1914 to 1919 he lived in Great Britain and worked for the London contractor D. G. Sommerville. Back in Belgium, he began a career at Ghent University, gradually climbing all the steps of the academic ladder to become full professor in 1937.36 In 1922 he introduced the first course in an engineering

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curriculum in Belgium devoted solely to reinforced concrete. From 1926 onwards, he began to set up a laboratory for the study of concrete and reinforced concrete at the university which, on the eve of World War II, had become one of the largest and best equipped such laboratories in the world. Magnel was a much-loved and respected professor among his students, and an influential adviser who was listened to by both public authorities and private actors (contractors, engineering design offices, architects). In May 1940, the territory of Belgium was invaded by the German army, and the country was only gradually liberated by the Allied forces from September 1944 onwards. The invasion

15  The Sandwich system of tendon and anchorage.

in May 1940 was accompanied by the destruction of numerous bridges and other infrastructure, and the country’s reconstruction needs were great. However, building materials were immediately severely restricted to the strategic needs of the occupying forces. There remained therefore a favourable climate for the introduction of an innovative technique such as prestressed concrete, which allowed, compared to traditional reinforced concrete, significant savings of steel, cement, and formwork timber for non-priority constructions. From 1941 onwards, Magnel put all his energy into developing and promoting the application of prestressed concrete in Belgium to meet this demand. The occupying forces forbade him to teach at the

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university from 1943 – but he was allowed to continue to run his laboratory and to devote considerable efforts into this promotion. This work began with the previously mentioned «experimental» bridge project in the Rue du Miroir (Mirror Street) in Brussels. This railway bridge consisted of six independent decks in the form of solid concrete slabs with a span of 20 m and a width of 3.65 m. Two of these six slabs were built in prestressed concrete at Magnel’s initiative. The history of their construction has been reported elsewhere37 and therefore will not be detailed here. It should be recalled, however, that the initial project used the patented technology of Freyssinet, whose agent in Belgium was Auguste Goditiabois (1886–1946), and his Laboratoire de Cinématique. However, it soon became clear that the components of this technology were impossible to obtain during the occupation. Magnel then began to collaborate with the Brussels contractor Blaton-Aubert, that was in charge of the construction of this bridge, to develop a local technology that would be known later as the «Sandwich» or «Blaton-Magnel» system.38 Development of this technology had been begun in 1941 and already allowed the elaboration of preliminary designs for projects as early as 1942. It is based on the use, as with Freyssinet, of tendons (called cables at that time) made up of bundles of parallel wires in high-strength drawn steel wires with a diameter of 5 mm, whose tensile strength is approximately fpu = 1400 MPa (with a conventional elastic limit fpy0.2 = 1100 MPa), initially tensioned at σp0 =  850 MPa.39 The main difference between the Sandwich system and the Freyssinet system lies in the anchorages. At that time a Freyssinet cable contained usually 12 wires, all tensioned and anchored in one operation in cone-and-mortar anchorages heavily reinforced with steel hoops. In the Blaton-Magnel system, the wires are tensioned and anchored by pairs (two wires at a time) in machined steel blocks called «sandwiches», each block being capable of anchoring eight wires with four wedges (fig. 15). Sandwich cables developed

at this time could contain up to 88 wires, anchored in 11 sandwich blocks. The Blaton-Aubert construction company had been run since 1927 by the brothers Armand Blaton (1897–1988) and Emile Blaton (1902–70). On 21 March 1942 they filed a Belgian patent40 (later extended41 and also filed in France42) on their behalf, describing various applications of a wire anchoring system rather than applications to the production or design of prestressed concrete elements: the specificities of prestressed concrete, such as the use of high-strength steel and tensioning at a high level of initial stress, are not mentioned. Magnel was not a co-applicant for the patent but would always receive a fee from Blaton on each application of the Sandwich system for his advice.43 Similarly, Freyssinet also received remuneration through his agent in Belgium for each application of the system in Belgium (at least until 1948). In the fourth volume of his course on reinforced concrete published in 1942, but written in 1941, Magnel already devoted 45 pages44 to the state of the art of prestressed concrete. Due to the circumstances of the time, it was mainly devoted to the German applications. But Magnel also explained his basic design principles that would be used for all projects in Belgium for a very long time, namely the limitation of maximum normal stresses to so-called «admissible» values for steel and concrete in tension and compression, at prestressing and under full service load. In practice this meant that, as far as concrete normal longitudinal stresses resulting from bending and normal force were concerned, no decompression (no tensile stress) was allowed. With regard to shear, the favourable effect of prestressing was taken into account and a sufficiently moderate net shear stress was allowed so that the main tensile stress would not theoretically induce cracking of the concrete. The objective of this design approach was to achieve the absence of concrete cracking in all circumstances, which led to the conclusion that no additional reinforcement other than the

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16  Segmental girders constructed by Blaton-Aubert at the Dapsens Cement Works in 1943, Tournai. Top: Cross-section of the voussoirs and cable layout; bottom: Lifting the girders.

prestressing reinforcement would be needed. The method was definitively developed with the introduction of the famous «Magnel diagram» in an article published in 1946.45 In the pre-dimensioning process, this approach therefore did not consider the deflection of the beams, neither while prestressing, nor in the long term.

The «Blaton-Magnel» system and the design philosophy of prestressed concrete according to the principles set out by Magnel were validated publicly for construction professionals during a full-scale load test up to failure of a prestressed concrete girder with a span of 20 m on the Rue du Miroir construction site in June/July 1943.46 However, Magnel and

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Blaton-Aubert were already promoting prestressed concrete projects to public authorities and private clients long before the conclusion of this test, which is why Blaton-Aubert was already carrying out its second project, the extension of the Dapsens cement works in Tournai. This construction site is a perfect illustration not only of the Blaton patent of 1942, but above all of what prestressing can bring in terms of economic optimisation of scarce resources and speed of construction. It is also a pioneering project in the history of prefabrication. First of all, there were the cement silos themselves, cylindrical shafts 8 m in diameter and 16.72 m high, made by superimposing concrete rings, themselves made up of three levels of prefabricated concrete blocks 12 cm thick, 45 cm high, and 50 cm long, held together by circumferential prestressing cables. This innovative application is documented in all versions of Magnel’s book on prestressed concrete.47 The cement silos were completed by the summer of 1943.48 A second innovative application of prestressed concrete on this site, which for the first time in Belgium gave a practical application of the principle of external prestressing, was the construction of segmental girders with a span of 18 m composed of 1 m high by 50 cm wide prefabricated hollow concrete segments (caissons). The girders were assembled on the ground by prestressing by means of the tensioning of two straight cables of 20 wires ⌀ 5 mm and one trapezoidal raised cable of 36 wires of the same diameter, with the cables located inside the void of the caisson (fig. 16 top). Four of these girders were constructed and they are described in various editions of Magnel’s book. Their dead weight was 8.27 t. They were hoisted in place in December 1943 (fig. 16 bottom). Both the silos and the girders were still in existence in 2018. This principle of prefabricated segmental girders was later adapted by Magnel and Blaton to design a roof for industrial halls from October 1943, with nine roof girders with a span of 20 m for the Karlec steel works in St Niklaas Waver. Shortly before the Allied landings in Normandy,

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17  Test of a segmental girder with straight cable layout but variable eccentricity, c. 1947.

the shortage of building materials led to the halt of this project before the construction of these girders could proceed.49 However, the prefabricated segments for Karlec had been produced and would be reused by Magnel and Blaton-Aubert in a proposal for a structure consisting of four similar girders, 22 m long, each prestressed with two cables of 56 wires, which they offered to the Canadian Military Engineers who had to build a service bridge supporting a pipeline at Langerbrugge (Ghent-Terneuzen canal). These works were carried out from February to May 1945. These two applications of external prestressing, at Tournai and Langerbrugge, as well as the results of a laboratory load test on a 20-m segmental girder (fig. 17), are reported in a paper published by Magnel in 194750 and in all editions of his book. The girder in the laboratory test differs from the previous ones in its shape: The longitudinal axis (the line joining the centroïds of the cross sections) is no longer straight and horizontal, but an inverted V, leading to a variable eccentricity of the 48-wire cable, from zero at the supports to maximum in the middle. It is therefore almost a very flat bow with a rectilinear tie. In this application, the Sandwich blocks are not superposed, but juxtaposed in order to obtain maximum eccentricity. The principle of these segmental prestressed girders does not seem to have received any notable application for the construction of bridges in Belgium after 1945. There is, however, one exception worthy of note: the construction by SOCOL (Société Continentale et Coloniale de Construction) of

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been constructed with a travelling centering resting on the piles at the ends of each span. The segments were to be suspended from this centre and made integral by external prestressing with the cables passing inside the caisson. A continuity prestress would have been added between two successive spans above the supports (fig. 19). This interesting project, which prefigures the construction of large prestressed multi-span viaducts in Europe, was finally not chosen, as the bridge built from 1954 to 1956, 743.5 m long, was finally made of steel trusses with 66-m spans. 18  Bridge with 49.5 m span segmental girders at Hautrage, built 1950–52 (photo from 2018).

a bridge over the entrance of the dock at Hautrage (Nimy-Blaton canal), from 1950 to 1952.51 It is a skew bridge comprising 10 straight girders, with a span of 49.5 m, each consisting of 50 segments assembled by tensioning Blaton-Magnel type cables. The hollow segments prefabricated on site were placed on a steel centering in the final position they were to occupy (fig. 18). The internal depth of the box (2.34 m) made it easy to work and lay the steel wires to make up the cables (for each girder, two cables of 128 wires ⌀ 7 mm). The application of the prestressing then transformed the individual precast segments into a monolithic girder, with mortar placed on the joint faces. This project was selected by the Belgian Roads and Bridges Administration in preference to other prestressed beam bridge projects. This bridge, which was then in poor condition, was demolished in December 2019. A very interesting project by engineer Alexandre Birguer for a multiple-span mixed rail and road viaduct to be built over the Lualaba River at Zofu in Katanga (Congo), briefly described in the third edition of Magnel’s book on prestressed concrete,52 is also worth mentioning. It would have consisted of 60-m-span girders made up of 3.75 m high hollow box segments. The spans would have

Carlos Wets and SETRA: Prestressing with High Strength Steel Bars of Large Diameter In the spring of 1942 Magnel and Blaton began studying a project for a prestressed concrete footbridge with a 44.5 m span to be built at Malheide over the Charleroi-Brussels canal as a replacement for a concrete bow-string bridge destroyed in May 1940.53 Blaton’s project, which is presented in all editions of Magnel’s book, consisted of two large I-section girders with internal prestressing by means of three cables, each containing 88 wires. The tender had to be submitted by 1 October 1944 and, for this first project authorised by the Roads and Bridges State Department for a prestressed concrete structure in Belgium, Blaton proposed a price of Fr. 715,142 and came third in the tender. The second project in prestressed concrete was proposed by the SBB (Société Belge des Bétons) company for a price of Fr. 674,467 (with «Sandwich» cables). But the contract was awarded to the company that offered the lowest bid for a prestressed concrete project, the company SETRA from Brussels with a price of Fr. 375,590. The SETRA project was a slightly arched beam, with a straight tie rod made of high-strength steel bars of 40 mm diameter initially tensioned at 700 MPa. The project director, Carlos Wets (1910–69), graduated in civil engineering from the Université Libre de Bruxelles (ULB) in 1932 with a

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19  Project (unbuilt) for a rail and road viaduct with segmental 60-m span girders at Zofu (Katanga, Congo) over the Lualaba River. Bottom: Construction process.

brilliant student record. After starting his career as an independent consulting engineer, but also as a part-time assistant at ULB for the civil engineering course in 1935 and 1936, he founded the company SETRA (Société d’Etudes et de Travaux) in 1936. On 28 May 1943 he filed a Belgian patent54 (later on also a French one55) for «bow-shaped beams» with prestressed rectilinear tie rods (fig. 20). The purpose of the arched or bowed shape and prestressing tie is to introduce a state of internal stresses such that, whatever the loading (at prestressing or in service), longitudinal tensile stresses never appear in the concrete of the beam. In this sense

20  Top: Carlos Wets’s bow-shaped beam with tensioned tie: (1) tie, (2) anchorages, (3) intrados, (4) extrados, (5) line of the centroids; bottom: Distribution of bending moment: (6) under dead load, (7) under variable load, (8) under the combination of dead load and variable load.

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21  Load testing of a prestressed bow-shaped beam with 30-m span at Haren (photo from 1946).

Wets’s philosophy is similar to that of Magnel. It is interesting to note that the patent does not precisely describe the nature of the tie rod – which can be made up of «wires, cables or bars, arranged in layers, whether or not they are joined together, or even twisted» – nor does it stress the importance of tensioning this reinforcement at a high level of stress. It is also very interesting to note that Wets does not limit himself to the case of the simply supported girder, but also considers the case of statically indeterminate bridges with two and three spans, or even the case of arched roofs with prestressed tie rods, or the case of bowstring structures with prestressed tie rods. In retrospect one may wonder what the originality of such a patent is, which merely exploits a principle of structural design that we consider obvious today. But it must also be recognised that the applications considered in 1943 in this patent are absolutely pioneering and original in the history

of prestressing. They would unfortunately receive few applications by Wets himself. Wets’s project for the Malheide footbridge in October 1943 was therefore innovative but untested, whereas the Sandwich system had undergone a full-scale qualification test in July 1943. Before giving its approval for the start of work, the Roads and Bridges State Department required a load-bearing test of a prototype girder, the cost of which would be shared in equal parts by SETRA and the Department. Wets entrusted André Paduart (1914– 85), a civil engineer who had graduated from the ULB in 1936 and whom he had just hired in 1944 as technical director of SETRA,56 with the task of organising and directing this trial test, which took place in Haren (Brussels) in March 1946.57 The test girder, with a span of 30 m, had an inverted U-shaped cross-section, and the straight tie rod consisted of four bars ⌀ 40 mm with a length of 5 m and threaded ends, connected by means of

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22  Footbridge with 44.5-m span at Malheide, built in 1947 (photo from 2010).

threaded couplers. It should be pointed out that Wets and Paduart had carefully studied the characteristics of the steel for the tie, and chose heattreated steel bars with manganese additions that did not creep under sustained stress levels below 750 MPa.58 This indicates an awareness of the need to limit the loss of prestress by relaxation (or creep) of the prestressing reinforcement. They also performed fatigue tests on bars connected with couplers. The girder was loaded with layers of bricks up to 965 kg/m², twice the service load, at which point visible cracks were observed (fig. 21). As the test gave very satisfactory results, the SETRA company was authorised to build the Malheide footbridge using this principle, also with an inverted U-shaped section, but with a 44.5 m span, and whose tie rod was made up of 12 bars of 40 mm diameter. Concreting and prestressing took place in the summer of 1947.59 At the time of its inauguration in October 1947, it was the longest

prestressed concrete span for a beam in Belgium. This footbridge survives today and, as far as can be judged by visual examination, the tie rods are still the original bars (fig. 22). There is no known application of this technology to other bridges in Belgium. It anticipates the use of Finsterwalder’s «System Dywidag» bars by several years. In the important literature, only Möll describes this technology.60 The application of Wets’s patent can probably be linked to the construction by SETRA of a series of 13 aircraft hangars on military airfields in Belgium in 1950– 52.61 Their roof consists of flat barrel vaults with 60 m of opening and 5.75 m of boom, with tie rods made of high-strength steel bars. Detailed information is lacking to estimate the initial tension of these tie bars and the prestress they could have applied to the vault. Some of these hangars remain in service almost 70 years after their construction.

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Hoite C. Duyster and STRABED: Construction of Aircraft Hangars at Brussels Airport In May 1946, the Belgian Airways Authority (Regie der Luchtwegen/Régie des Voies Aériennes) put out to tender the project for the construction of a large hangar for the new Brussels International Airport. It was won by the company STRABED from Brussels, the only applicant that had considered the application of prestressed concrete to cover the large areas of these workshops. The hangar consists of four bays with an opening of 40 m (width) by 50 m (depth); the flat roof of each bay is supported by four large girders with a span of 50.9 m. The external prestressing of these box girders was carried out in 1948 by means of Sandwich cables with 7-mm diameter wires, initially tensioned at 900 MPa, for which it was the first application in Belgium.62 The STRABED (Société de Travaux en Béton et Dragages) company was the Belgian subsidiary of the Dutch HBM (Hollandsche Beton Maatschappij, The Hague) company. It was managed from 1937 to 1958 by Hoite C. (Cornelis) Duyster (1907–87), who graduated in civil engineering from TU Delft in 1928 and had been with HBM since 1930. In 1946 Duyster presented a doctoral thesis at the

23  Roof beams of an aircraft hangar at Zaventem (Brussels Airport), c. 1947.

University of Ghent on the design of concrete arch bridges. In 1945/46, STRABED built the second prestressed concrete bridge in Belgium, a 21-m-span beam bridge with internal prestressing using Sandwich cables. From 1945 to 1947, STRABED’s design office was managed by JeanMarie Pappaert (1912–94), who had graduated in civil engineering from ULB in 1935. The principle of externally prestressed beams supporting the hangar roof is very close to the one stated in the Wets patent of 1943,63 or in the girder with an inverted V-shaped longitudinal profile tested by Magnel64 – that is, external prestressing made with a rectilinear reinforcement acting as a tie rod, but with a variable eccentricity with respect to the centroïd of the section thanks to the shape of the beam. For each bay there are three box girders (12 girders in total) with trapezoidal cross-section and one box girder (4 girders in total) with rectangular cross-section on the façade. The 12 girders with trapezoidal cross section are of almost constant height, but their longitudinal profile is slightly polygonal (fig. 23 top). The tie consists of 424 wires ⌀ 7 mm, divided into seven cables;65 the initial prestressing force is 14,710 kN. Their weight is 300 t. They were cast and prestressed on the ground, then placed on their supports at a height of 9 m by lifting with jacks.

Two Distinct Approaches to External Prestressing

The four box girders with rectangular cross section supporting the sliding doors are of linearly variable height (2.7 m at mid-span) (fig. 23 bottom). The tie rod, slightly raised towards the supports, consists of 320 wires of 7 mm diameter, arranged in five cables;66 the initial prestressing force is 11080 kN. Their weight is 175 t. These girders were cast in a formwork placed on a timber centre, directly in their final location. There is a third external prestressing application in this hangar. Two of the bays were joined together during the execution of the project to form a large open space of 115 x 40 m, requiring the transfer of the reactions of six of the large trapezoidal box girders onto a box structure called a «bridge» with a span of 38.7 m, a depth of 6 m, and a width of 13.5 m. This structure is itself externally prestressed by numerous cables.67 The hangars at Zaventem,68 built in 1948, still exist in their original state and house an important service activity at Brussels International Airport. Duyster is also known for having proposed an original solution for the realisation, thanks to prestressing, of the famous Phillips Pavilion at the Brussels International Exhibition in 1958. After his return to the Netherlands, Duyster became a part-time professor at TU Eindhoven in 1967.

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Alexandre Birguer: The First Two-Span Continuous Prestressed Concrete Bridge In August 1948, the Roads and Bridges State Department put out to tender the project for the reconstruction of a two-span bridge over the Meuse River at Sclayn. The Department had envisaged a steel bridge with two statically determinate truss spans, but also accepted the submission of projects in reinforced or prestressed concrete. The tender call received 22 proposals (eight steel, eleven reinforced concrete, three prestressed concrete). The proposal submitted by Blaton-Aubert, based on the work of engineer Alexandre Birguer, was judged the most interesting financially and aesthetically.69 It is a continuous beam with two 62.7-m spans, with a three-cell box section and variable depth, the maximum height being at the level of the central support, located in the middle of the river (fig. 24). The name of Magnel, who was a privileged adviser to Blaton, is never mentioned in papers70 relating to this project. His role in this project is therefore unknown. It is certain, however, that the entire project was studied in great detail by Alexandre Birguer, who was an independent consulting engineer. Alexander Birguer (1901–81) obtained a degree in civil engineering in Moscow

24  The Sclayn Bridge still supported on its centering in 1949.

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in 1925 and moved to Belgium in 1928, where he completed his training during one year at ULB. He first joined the H. Thilly engineering office, then founded his own design office in 1936. In the 1930s he wrote several papers on methods for the analysis of statically indeterminate systems using displacement methods. But the Sclayn Bridge project was the first project that made Birguer known as a specialist in the calculation of complex prestressed concrete structures. Being the first project in Belgium for a continuous girder – a statically indeterminate structure – with variable cross-section in addition, it required a large number of calculations. The working site was installed on 1 February 1949 and concreting of the bridge began on 20 June. The wires were laid to form the cables from 27 July to 3 August. There were 36 cables of 48 wires ⌀ 7 mm to be prepared (i.e. disposing individually 1,728 wires over nearly 130 m). The upper flange of the box girder was then concreted to close the caisson and the casting was completed on 19 August. The cables were laid out in a straight line in each bay, but with a slight discontinuity in the slope at the central support: compared to their position at the end supports, the cables are 0.86 m higher in line with the central support. Prestressing took place from 25 August to 20 September, inducing a total prestressing force of 56,500 kN, the wires being tensioned to 850 MPa. The bridge was officially inaugurated on 10 February 1950. Its construction is the subject of a documentary movie directed by Gustave Magnel’s son.71 Regrettably neither Birguer72 nor Storrer73 describe the principles that led to this project, that is, those that governed the design of the beam shape, the choice of external prestressing, and the determination of the relative position of the tendons in relation to the centroïdal line. Birguer simply proved by calculations that his project satisfied the allowable stresses in the concrete (and it is interesting to note that tensile stresses of 1.5 MPa in the concrete were allowed here), and that the prestressing had the effect of relieving the

reaction on the central support, which was considered favourable in view of the reuse of an old river pier. It is also very clear74 that at that time, and in particular at the First International Congress on Prestressed Concrete held in Ghent in 1951 at the initiative of Magnel, the question of the role of statically indeterminate effects due to prestressing remained mysterious and much discussed. It would remain so for a long time to come. More than likely, the geometry of the intrados of the Sclayn girder is the result, first, of considerations relating to navigation on the Meuse River and, second, of the choice of external prestressing with an almost straight line due to economic construction considerations on the part of the contractor who had to commit himself to building the bridge in less than 300 days between February and October 1949. This is, moreover, the justification given by Birguer later.75 The very simple external prestressing proved to be a very judicious option when it was found, in the 1980s, that the corrosion of the cables was quite advanced. They were relatively easily replaced by unbonded tendons in 1990, and this bridge is still in service. In 1951 Birguer, together with the EHBA company, built a bridge similar to the Sclayn bridge over the Meuse River at Dinant;76 slightly smaller (110 m long), it is slenderer than the Sclayn bridge. Most importantly, the arrangement of the cables, which became polygonal with deviations, reflects Birguer’s evolving understanding of a more optimal cable layout in statically indeterminate prestressed concrete systems. This externally prestressed continuous beam bridge also remains in use.

Daniël Vandepitte: Prestressed Concrete Suspension Bridges The Ringvaart, a canal built to bypass Ghent, was built between 1950 and 1969. Numerous bridges had to be designed to cross this waterway, and a number of particularly innovative projects with external prestressing by Daniël Vandepitte

Two Distinct Approaches to External Prestressing

(1922–2016) should be highlighted here. All these bridges were built on centres while the canal was still being dug and before it was flooded. Daniël Vandepitte graduated in civil engineering from Ghent University in 1944. From 1946 to 1956 he was an engineer with the Roads and Bridges State Department, with a break from 1948 to 1949 when he was a master’s student at Yale University in the USA, where he studied particularly under Hardy Cross (1885–1959). In 1953 he presented a doctoral thesis on foundation engineering at Ghent University, and in 1956 he was appointed professor there to succeed Gustave Magnel in teaching courses on structural analysis and civil engineering constructions. He became full professor in 1960 and was Rector of his alma mater from 1969 to 1972.77 The first application of external prestressing conceived by Vandepitte for bridges for the Ringvaart in Ghent is for the so-called W7 and W9 bridges. These were the first continuous prestressed three-span bridges built in Belgium. Bridge W7 (Maaltebrug, Ghent) is a three-span bridge 26  m + 52  m + 26  m (total length 104  m) completed in 1954. For this bridge, the deck is supported by eleven I-shaped girders.78 In order to benefit from maximum eccentricity, the cables are external, each girder being prestressed with two cables comprising 104 wires of ⌀ 7 mm (Sandwich system). At the mid-span of the central span, the cables are located on either side of the bottom flange of the I-beams. The wires are tensioned to 850 MPa and, with regard to normal longitudinal stresses in the concrete, no decompression is allowed. The W9 bridge (Hutsepotbrug, Ghent) is quite similar (28.25  m + 56.50  m + 28.25  m), but with only nine girders instead of eleven.79 As early as 1950 Vandepitte became interested in the question of the maximum span of simply supported prismatic girders for prestressed concrete road bridges, which he estimated at about 101 m.80 In order to further increase the span, the prestressing tendons have to be disposed well below the bottom fibre of the girder, leading to

the concept of the underspanned beam. For bridges, however, this concept is not always interesting because it reduces the free height under the roadway. Vandepitte therefore came up with the concept of a suspension bridge with the cable anchored in the concrete deck at the ends.81 The bridge deck is submitted to longitudinal compression by the force in the cables and to bending by the forces transmitted by the hangers. The prestressing forces are generated by a vertical displacement of the pylons, which also has the effect of decentring the deck. It is therefore sufficient to provide at construction the possibility of lifting the pylons by means of jacks. Vandepitte’s philosophy reflects a thorough understanding of the concept of equivalent forces due to prestressing (fig. 25) – which only became popular in the 1960s with the publication of T. Y. Lin’s papers and of Guyon’s theorem of linear transformation of concordant cable layout.82 In fact, the only difference between a prestressed underspanned girder and a prestressed self-anchored suspension bridge is the direction of the forces in the vertical members (compression in the connecting struts of an underspanned girder and tension in the hangers of a suspension bridge). But without knowing it, Vandepitte also applied a concept patented by Freyssinet in 1926,83 which he used to build a two-span self-anchored reinforced concrete suspension bridge in Laon in 1927.84 But Freyssinet used ordinary steel hardened at 320 MPa working at 150 MPa in service to build up his cables, whereas in the 1950s Vandepitte used the ordinary prestressing wires available at that time, which worked at 750–800 MPa in service. Vandepitte designed three bridges based on this principle for the Ringvaart in Ghent. The first bridge, built in 1954/55, was the W13 bridge (Bergwijkbrug, Merelbeke), with a central span of 52 m and side spans of 26 m each. The width of the deck is 8.6 m. The cable consists of 510 parallel galvanised steel wires with ⌀ 5 mm. Its sag is 4 m. By raising the pylons 37 cm, an initial normal compressive force of 14,220 kN was

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25  Loads equivalent to prestressing acting on the deck of the W13 Bridge built at Merelbeke near Ghent 1954/55.

generated in the deck.85 The W13 bridge was, prudently for a prototype, a small bridge, at the lower limit of economically interesting spans. However, it proved to be 8.5 % cheaper than the lowest bid for a prestressed continuous girder bridge. Vandepitte also points out that at approximately the same span, but with almost double deck width, the force induced by prestressing in the deck of the Dinant two-span continuous beam bridge (and thus the amount of prestressing reinforcement) is four times larger than in the W13 bridge.86 The other two self-anchored suspension bridges with prestressed concrete deck designed by Vandepitte have a 100-m centre span and a wider deck. Their cable sag is 9 m. In the case of bridge W16 (Nieuwe Kalebrug, Mariakerke), the side spans are 40 m long and the width of the deck is 18 m. The bridge had to carry a streetcar railway line on one side, which determines the necessary prestressing. The cable consists of 2,070 wires ⌀ 5 mm, working at a maximum of 800 MPa, which corresponds to a maximum compressive force in the deck of 65,000 kN.87 The W16 bridge was completed in 1958.88 Bridge W12 (Ter Handbrug, since

2014 Vandepittebrug, Merelbeke) was completed in 1964.89 Its side spans have a length of 46 m, and the width of the deck is 21.56 m.90 The cable consists of 910 wires ⌀ 7 mm, a total steel area smaller than at bridge W16. Their maximum working stress is 782 MPa. The prestressing was achieved by raising the pylons by 67 cm (fig. 26). In the case of bridges W13 and W16, there is a single-looped cable. On bridge W12 the cables on each side of the deck are independent (without continuity). Bridges W7, W13, W16, and W12 were all built by the L. L. & N. De Meyer company (Zelzate). Bridge W12, the largest of them, now officially bears the name of its designer. All these bridges still exist. These self-anchored suspension bridges with prestressed deck were designed in the early 1950s, a period which also saw the emergence of the first modern cable-stayed bridges.91 The «Vandepitte»type bridges could have presented a very serious alternative to cable-stayed bridges for spans of more than 100 m, especially since they are much simpler to calculate than cable-stayed bridges. But this was not the case: in the international literature

Two Distinct Approaches to External Prestressing

they are only mentioned by Wittfoht92 and more recently by Taerwe.93 In a very interesting article Vandepitte94 emphasises the merits of external prestressing, and underlines in particular as an advantage the possibility of inspecting the condition of the prestressing reinforcement and, if necessary, allowing its replacement. This has been the case for several bridges in Belgium, such as, for example, the W7 bridge on the Ringvaart in Ghent. In Wallonia alone, 42 externally prestressed road bridges were still in service in 2018, the oldest being the Sclayn bridge. There were also three railroad bridges dating from the early 1960s, but which are no longer in service, although two of them have seen their prestressing cables replaced.95

Outlook: Did External Prestressing Create a Language of Construction? Freyssinet called pre-stressing «a revolution in the art of building». A trained eye immediately distinguishes a prestressed concrete structure from one in usual reinforced concrete. Prestressed concrete – being theoretically an uncracked material – allows for more slender and lighter structures, much more optimised in the use of concrete (and steel, but this is not visible), and concrete webs are also thinner than in reinforced concrete. In prestressed concrete the reinforcement plays an active role from the beginning, whereas it is passive in reinforced concrete as long as the construction is not cracked, which is often practically the

26  The W12 Bridge at Merelbeke near Ghent still supported on its centring, ready to be prestressed by lifting the pylons, c. 1963.

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Germany

Belgium

General idea

Principle of «shape maintenance»: layout according to the bending moment distribution to achieve only centric compressive stresses

Design procedure «Magnel’s diagram»: understanding prestressing as a normal force P with an eccentricity e, bending stresses only have to be limited to «admissible» values

Tendons

Initially use of ordinary structural steel (evasion of Freyssinet patent), later also higher quality cables

Use of high-grade steel

Stresses

Usually moderate stresses

Maximum admissible stresses

Re-tensioning Systems

Yes

No

Mainly based on traditional structural systems with external tendons

Partially use of specific structural systems for prestressed concrete

Table 1  Divergences and convergences in German and Belgian early external prestressing.

case under permanent loading. Prestressed concrete has made it possible to build concrete structures that are impossible with reinforced concrete. Therefore, yes, prestressing of concrete, with its specific technology and materials, with its specific specialised vocabulary known only by a certain number of initiates, not only in its beginnings but still today, has created at least a new language of forms. Much more difficult to answer, however, is the question of whether prestressed concrete – with its almost unmanageable number of design concepts and practical solutions – could have given rise to something like one or more languages of construction. And then what about the «suborder» (or would it be a «subclass»?) of external prestressing? External prestressing is an extension of the idea of prestressed concrete, which has the main advantage over internal prestressing of being able to achieve much greater eccentricities, leading de facto to even greater savings in materials, both concrete and steel. Cable-stayed bridges with concrete decks implement the idea of external prestressing. A significant practical advantage of external prestressing is the possibility to inspect the condition of the prestressing reinforcement and, if necessary, to replace it. But do these distinctive characteristics inevitably lead to the creation of specific languages of construction?

In the preceding sections an overview has been given of the early contributions to external prestressing of reinforced concrete in Germany and Belgium. In doing so, we have moved right to the beginning of the development of a new type of construction – just as Werner Lorenz did in his research on early iron structures. As was to be expected, the investigated engineering structures show a considerable array of «dialects» – if we would like to consider calling the variations of a similar theme in this «linguistic» manner. But, furthermore, the presented objects and designs also present some country-specific tendencies. This phenomenon, which could possibly be considered as being similar to the so-called «divergences» between different languages in linguistics, is roughly mirrored in Table 1. The comparative analysis shows that it may be very difficult to identify «convergences» between the more or less consecutive evolutions in the two countries – something that would be characteristic of the development of a language. In addition, even though external prestressing was certainly used quite frequently in Belgium during the 1940s and 1950s, the total number of projects carried out during this period internationally can be described as pretty modest if we compare it with that of the structures simultaneously erected using bonded prestressing. As a result, there

Two Distinct Approaches to External Prestressing

followed initially only very few significant further advances in the theoretical field. Among these, T.Y. Lin’s (1912–2003) load-balancing method deserves special mention. It was published in 1963 in the American Concrete Institute’s Proceedings by the engineer who had previously worked in Ghent as a Fullbright fellow in 1953/54.96 In addition to tension losses in the non-retensionable designs, the structures with external prestressing were particularly challenged by the fact that their exposed and usually inadequately sheathed tendons quickly experienced major corrosion problems. Towards the end of the 20th century, however, it became increasingly clear that the corrosion problem also affected constructions with bonded prestressing. In contrast to these, a replacement of the tendons is remarkably simple in buildings with external prestressing. In numerous Belgian structures, for example, they were successfully substituted by modern strands with

PVC sheaths, for instance in 1990 in the case of the Sclayn bridge. External prestressing, which actually already had looked like having lost the competition with Freyssinet’s concept of bonded prestressing, thus experienced an unexpected renaissance.97 Nowadays it is even used to prevent structures with bonded prestressing from their otherwise inevitable demolition. To what extent these latest developments, which are based on principles of the pioneers of external prestressing, led to an autonomous language of construction is beyond the focus of this paper. For the period under study it can be stated that the development of a comprehensive language of construction could not be proven. This conclusion, however, does not fundamentally call the applicability of Werner Lorenz’s concept into question; rather it raises the question for which kind of constructions it could be an appropriate instrument.

1 See the paper by Sabine Kuban in this volume (165–180). 2 Cf. e.g. Gasparini 2006; Sanabra-Loewe / Capellà-Llovera 2014. 3 Pat. Freyssinet / Seailles 1928a; Pat. Freyssinet / Seailles 1928b. 4 Pat. Freyssinet 1939. 5 Pistor 1940. 6 Cf. Specht 1987. 7 Cf. Lorenz / May 2013. 8 Cf. Schulte 2012. 9 Cf. Grote / Marrey 2000. 10 Dischinger 1950. 11 Cf. May 2012. 12 Cf. Dicleli 2018. 13 Pat. Dischinger 1934. 14 Pat. Freyssinet / Seailles 1929. 15 Mautner 1947b, 98. 16 Cf. Pat. Finsterwalder 1937. 17 The values were calculated by the author on the basis of data provided by Finsterwalder 1938, 495–496. 18 Passer 1943, 23–24. 19 Mautner 1947a, 148. 20 Finsterwalder 1967, 34. 21 Lippold / Spaethe 1965.

22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39

Stöhr 1941. Cf. Standfuß 2000. Pat. Dischinger 1928. Dischinger 1943, 1525. Dischinger 1949, 278–279. Dischinger 1947. Dischinger 1936, 779–781. Dischinger 1936, 762. Finsterwalder 1937/38, 125–126. Pat. Dyckerhoff & Widmann 1949. Dischinger 1936, 777–780. Dischinger 1949, 311–312. Dischinger 1949, 313. Cf. May 2018. Kurrer 2018, 1026. Espion 2009; Espion 2015; Espion / Hellebois 2017. Espion / Hellebois 2017. For the period covered by this paper, the unit of force customarily used on the continent is kgf. To convert to modern units, it has been uniformly assumed here that 1 kgf = 10 N (instead of 9.81 N), so typically 10 kgf/mm² = 100 N/mm² or 100 MPa. Similarly, 100 kgf = 1 kN, and 1 t (or tf) is 10 kN. 40 Pat. Blaton / Blaton 1942a.

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48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68

Pat. Blaton / Blaton 1942b. Pat. Blaton / Blaton 1943. Espion 2015. Magnel 1942, 134–189. Magnel 1946. Espion 2015. Magnel 1948a, 377–378; Magnel 1948b, 193–195; Magnel 1953, 46–473; Magnel 1954a, 305–307; Magnel 1954b, 305–307; Magnel 1956, 387–390. Espion 2015. Devos / Espion 2018. Magnel 1947. Capel 1952. Magnel 1953; Magnel 1954a; Magnel 1954b; Magnel 1956. Espion 2015. Pat. Wets 1943. Pat. Wets 1944. Espion et al. 2003. Paduart 1946; Wets 1946; Paduart 1948. Wets / Paduart 1947. Paduart 1948; Santilman 1948. Möll 1954. Espion et al. 2003. Duyster 1948; Benijaminavicius 1950. Pat. Wets 1943. Magnel 1947. Benijaminavicius 1950; Magnel 1953; 1954a; 1954b. Benijaminavicius 1950. Benijaminavicius 1950. The literature of the time identifies these hangars as being built at Melsbroeck, which until 1958 was the side of the airfield where the terminals were located. But this

Benijaminavicius 1950 P. Benijaminavicius: Les hangars en béton précontraint de l’aéroport de Melsbroeck, Annales des Travaux Publics de Belgique 103.1950, 6, 841–890. Birguer 1950 A. Birguer: Reconstruction du pont de Sclayn sur la Meuse, Travaux [Paris] 34.1950, 187, 315–324. Birguer 1951 A. Birguer: Quelques réflexions sur le calcul des poutres continues précontraintes à la lumière de notre étude du pont de Sclayn, in: International Congress of Prestressed Concrete, Ghent, 8–13 Sept. 1951 (Ghent 1951) Communication B01, 323–330. Birguer 1954 A. Birguer: Poutre continue précontrainte à deux travéesPont de Dinant sur la Meuse, Annales des Travaux Publics de Belgique, 107.1954, 6, 843–881. Capel 1952 J. Capel: Construction du pont sur le goulet de la darse d’Hautrage, Précontrainte — Prestressing [Brussels] 2.1952, 2, 75–82.

69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97

location is incorrect because these hangars were actually built on the side of the airport where the terminals have been located since 1958, i.e. in Zaventem. Storrer 1950. Birguer 1950; Storrer 1950. Magnel 1950; digitalised and available online. Birguer 1950; Birguer 1951. Storrer 1950. Birguer 1951. Birguer 1954. Birguer 1954. Kurrer 2018, 1072. Vandepitte 1954. Magnel 1953; 1954a; 1954b; 1956. Vandepitte 1951b; Vandepitte 1951c; Vandepitte 1955. Vandepitte 1951c. Vandepitte 1951a. Pat. Limousin 1926. Freyssinet 1928. Vandepitte 1955; Vandepitte 1957. Vandepitte 1955. Vandepitte 1955; Vandepitte 1959. Taerwe 2018. Taerwe 2018. Vandepitte 1965. May 2018. Wittfoht 1984. Taerwe 2016; Taerwe 2018. Vandepitte 1960. Rammer / Espion 2014. Lin 1963. Cf. Virlogueux 1990.

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Two Distinct Approaches to External Prestressing

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Bernard Espion, Roland May

Image Sources 1 left, 1 middle, 18, 22  Bernard Espion. 1 right  Adapted from Störfix, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Spannbeton,_externe_Vorspannung_ ohne_Verbund.png, CC BY-SA 2.0 DE (20 June 2020). 2 Adapted from Pistor 1940, 151. 3 Adapted from Pat. Dischinger 1934. 4 top, middle, bottom left, 6, 9 top left, top middle, bottom, 14 top left, bottom left  Adapted from Uni­ver­si­täts­archiv der TU Berlin, Nachlass Dischinger. 4 bottom right Grote / Marrey 2000, 31. 5 top left Archive Roland May. 5 top right, 5 bottom  Adapted from Schleicher 1990, Uni­ver­si­ täts­archiv der TU Berlin, Nachlass Dischinger, Nr. 423/110. 7 Adapted from Dischinger 1932. 8 Adapted from Dischinger 1943.

9 top right BTU Cottbus-Senftenberg, Lehrstuhl Bau­ technik­ge­schich­te (Rendering: Paul Brauer, 2011). 10 Adapted from Finsterwalder 1937/38, 126. 11 Adapted from Pat. Dyckerhoff & Widmann 1949. 12 Adapted from Dischinger 1937, 22. 13, 14 right BTU Cottbus-Senftenberg, Lehrstuhl Bau­ technik­ge­schich­te (Rendering: Stefanie Hampl, 2011). 15, 16 top, 17 Adapted from Magnel 1948b. 16 bottom, 24 Blaton Archives, Fondation CIVA. 19 Adapted from Magnel 1954a. 20 Adapted from Pat. Wets 1944. 21 Photo: Belgian Ministry of Public Works. 23 Adapted from Duyster 1948. 25 Adapted from Vandepitte 1957. 26 Gemeentebestuur Merelbeke.

Diskurs

Konstruktion und Konstrukt Diskursive Sprachschöpfungen im spätgotischen Gefüge

Norbert Nußbaum

Die Arbeit mit kommunikationswissen­schaft­lichen Begriffen ist keine Selbstverständlichkeit für den Blick der Ingenieurwissenschaft auf ihre Geschichte und deren Produkte. Umso bemerkenswerter ist der von Werner Lorenz unternommene Versuch, die Sprachmetapher für die Bautechnikgeschichte fruchtbar zu machen. Getreu der thematischen Zuspitzung dieser Tagung auf die Vorzüge und Chancen dieses Unterfangens soll mein Beitrag seine methodische Grundlegung reflektieren und Spielräume seiner Anwendung erkunden. Mit der Ausweisung von Konstruktions­ sprachen für die Bautechnikgeschichte bin ich in pragmatischer Hinsicht einverstanden, weil dieser Versuch die Arbeit erleichtern kann bei der Identifizierung von konstruktiven Sachverhalten in der longue durée. Freilich erfolgt mein Ein­ verständnis nicht ohne Vorüberlegungen: • Natürlich gibt es keine Sprache der Bau­ konstruktion, die wie Hegels Weltgeist die Geschichte durchstreift. Es sind am Ende die Ingenieure, die diese Sprache sprechen. Es ist deshalb naheliegend, die Akteure und ihre Netz­werke in die Theorem­bildung mit einzubeziehen und das Modell insofern kommu­ni­ ka­tions­theoretisch abzusichern. • Wenn Sprachfähigkeit sowohl um kommunikative als auch um kognitive Sachverhalte kreist, dann liegt im Verhältnis dieser beiden Komponenten zueinander und zum Ganzen vermutlich der Schlüssel zum Verständnis der Konstruktions­sprache als Kulturpraxis. Es wäre demnach ein elliptisches Modell anzustreben, in dem Kommunikation und Kognition die





Brennpunkte sind, deren Position zueinander gestaltbildend wirkt. Denken wir über die kommunikative Funktion der Konstruktions­sprachen nach, so wäre mit einem simplen Sender-Signal-EmpfängerDiagramm wenig geholfen. Die Mitteilungs­ absichten des Konstrukteurs kämen ebenso mit ins Spiel wie die Disposition des jeweiligen Rezipienten. Die Welt wäre mit einem Mal voller Präsumptionen, Sub-, Co- und Kontexte, ganz zu schweigen vom kommentatorischen Apparat zu diesen Artikulationen. Aus der Welt schaffen können wir jene nicht, denn sie bilden anscheinend die Dolmetscher aus der Konstruktionssprache in die Kultur­sprachen der gestalteten Form, die wir der Einfachheit halber einmal für die gebaute Form mit dem Begriff der Architektursprachen belegen könnten. Es wäre folglich im Einzelfall zu klären, in welchem Verhältnis die Behauptungen und Interpretationen der Architektursprache zu den Aussagen der Konstruktionssprache stehen. Nehmen wir den kognitiven Brennpunkt des angeregten Ellipsenmodells in den Blick, dann wird deutlich, dass Konstruktionen im Verbund der Architektur als in jene »eingebettete« Aussagen einen Bedeutungs­überschuss generieren, der über den ingenieur­techni­schen Sach­verhalt hinausweist. Dieser Über­schuss integriert die Aussagen der Kons­truk­tions­ sprache in Konstrukte bau­kultureller Sinn­ stiftung. Die Rede ist hier von Konstrukten statt von Konstruktionen, weil diese Sinn­stiftungen

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Norbert Nußbaum

zwar konstruktiv Beobachtetes und Mess­ bares aufeinander beziehen, aber nicht ausschließlich auf empirischen Sach­ verhalten beruhen, vielmehr gedankliche Konzepte des Wahrnehmens und Deutens spiegeln. • Wenn wir mit Werner Lorenz ein Phasenmodell der konstruktionssprachlichen Entwicklung akzeptieren, dann sollte spätestens nach der Herausbildung der »Hochsprache« eine Phase erkennbar werden, in der die Konstrukteure kritisch, nachdenklich und reflektierend auf den erzielten Standard rekurrieren (das Konzept einer Sprach»reifung« sehe ich wegen seiner biologistischen Konnotation als eher problematisch an). Anders formuliert: Die kognitive Komponente der Sprachlichkeit müsste an diskursivem, transformatorischem Potential hinzugewinnen, welches sich in mancherlei Verwerfungen niederschlagen mag. Die mögliche Dichotomie zwischen Konstruktion und Konstrukt wird am Steinmetz-Gliederbau der Hoch­gotik offenkundig: Zum Emporstemmen des verglasten Ober­gadens basilikal höhengestaffelter Räume bedarf es eines exorbitanten Strebe­werkes, das aus dem Raum verbannt ist.

1  Musikempore an der südlichen Chorwand von St. Martin in Landshut.

Gezeigt wird dort das angebliche Tragwerk aus Dienst und Rippe als lineares Zeichensystem. In Hallen­bauten nähern sich konstruktive und architektonische Sprache an: Die Schiffe gleicher Höhe bilden in sinnfälliger Weise ein räumliches Tragwerk, ausgesteift von raum­ umfassenden Mauern. Hallen können ihre Unabhängigkeit von Strebe­werk demonstrativ vortragen, indem sie auf offene Strebe­werke verzichten – sie müssen es aber nicht. Ebenso gut können sie sich überflüssigerweise in großartige Strebe­werke einkleiden, wenn sie die Wirkung ehrwürdiger basilikaler Kathedralen entfalten sollen. Das baukulturell sinnstiftende Konstrukt verhüllt die eingebettete Konstruktions­sprache in diesem Fall eher, als dass es sie zur Sprache bringt. Spezifisch für die mitteleuropäische Spätgotik sind solche Konstrukte, die Konstruktionen nicht verhüllen, sondern deren hybride oder destabilisierte Funktionalität behaupten. Jene sind erst recht Merkmale eines reflektierten und diskursiven Zugriffs auf die Sprachfähigkeit der gotischen Bauweise. Ein unspektakuläres, aber typisches Beispiel: In den 30er Jahren des 15. Jahrhunderts stattete Hans Stethaimer die Chorwand von St. Martin in Landshut mit einer kleinen Musikempore aus (Abb. 1). Die wuchtige Substruktion der Emporen­ brüstung wird von einem mittleren Keilstück durchstoßen, das sich leicht und dünnwandig über einem vorschwingenden Kielbogen erhebt. Die zierlichen Schwalbenschwanzenden des kleinen Stütz­gewölbes unter dem Keil­stück, die feinen Nasen an dessen Schild­bogen und das zarte Paneel an den Keil­wänden stammen aus einem gänzlich anderen Repertoire als die schweren Abkragprofile der Brüstung und deren vollplastisches Maßwerk. Das dialektische Verhältnis beider Elemente zueinander wird inszeniert durch den Kunstgriff der Durch­dringung: Das feinere Element durchdringt das massive. Es demonstriert damit die Schärfe seiner Kontur und zugleich auch die Üppigkeit des freigeschnittenen Abkrag­profils. Schwer und leicht, grob und fein, spitz und stumpf, aktiv und passiv

Konstruktion und Konstrukt

sind Eigenschaften, die einander kommentieren. Die Sprachfigur zur Bezeichnung dieses Zustandes ist das Hybrid. Ich beziehe mich hierbei auf Michail Bachtins Überlegungen zur Ästhetik des Wortes1: Demnach werden in einer sprachlichen Hybridbildung unterschiedliche Sprachkomponenten als Stile wahrgenommen. Ihr stilistisches Profil erscheint im Licht des jeweils anderen Profils schärfer und objektiver noch, als wenn es für sich allein stünde. Die wechselseitige Erhellung also ist der eigentliche produktive Zugewinn hybrider Bildungen gegenüber Objekten der Monokultur. Diese definitorische Festlegung hat den Charme großer Klarheit. Die Konstrukteure sind aufgefordert zu klären, welche Lasten in dem ungleichen Landshuter pas de deux von welchem Element abgetragen werden. Sollte es sein, dass er die kanonischen Krag­systeme pa­ro­ diert, indem er scheinbar das Filigrane tragen und das Massive lasten lässt? Zahlreiche Hybride zwischen Rippen­skelett und gekrümmter oder gewölbter Decke befassen sich mit einer ähnlichen Thematik der Kontrastierung und gegenseitigen Kommentierung. Es gibt Fälle, in denen sich das dialogische Verhältnis der Hybrid-Elemente auflöst in einer vollständigen Symbiose2. Peter Parler verbalisierte mit seinem 1372–73 am Südquerhaus des Prager Veitsdomes aufgeführten Treppenturm den Prozess der Hybridation als Übergang eines elementaren Typs in die Gestalt eines anderen, die sein wahres Ego verschleiert (Abb. 2). Der Treppenlauf ist vollständig in einen der Hauptstrebepfeiler der Fassade eingearbeitet und höhlt dessen Masse von vorne aus. Der Pfeiler wird im ganz materiellen Wortsinn substanzlos, seine Funktion als Widerlager des hohen Querschiffs höchst bedenklich. Da der Pfeilerkörper dreifach zurückgestuft ist, stehen die Stiegengeschosse nicht senkrecht aufeinander, sondern wachsen schräg übereinander auf. Mit jedem Pfeilergeschoß wechseln die Lauf­ richtung der Treppe und die Richtung der schräg ansteigenden Maßwerkbrücken am Gehäuse. Eine dreimalige Brechung der senkrechten Achsen und

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der Steigachsen kennzeichnet daher den gesamten Treppenturm. Die dadurch verursachte optische Destabilisierung lässt das Ganze noch fragiler erscheinen, als seine Konstruktion ohnehin schon ist. Das diskursive Sprachpotential solcher Kon­ struk­te dient nicht der Erklärung der Konstruk­tion, sondern ihrer Ikonisierung. In den späten Gefügen zwischen Rippe und gekrümmter Decke wird das Rippen­werk zerhackt, tordiert und zerschmettert, als wollte man ihm den Garaus machen. Die hybride Paarung von Rippe und Schale ist aufgekündigt, das Gewölbe als Flächentragwerk etabliert und das

2  Treppenturm an der Südfassade des Prager Veitsdomes.

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Norbert Nußbaum

3  Gewölbe der Reiterstiege zum Wladislawsaal auf dem Prager Hradschin.

Gerippe einem inszenierten Unglück überlassen, das an einen Bauschaden denken lässt (Abb. 3 u. 4). Unsere Nachkonstruktionen insbesondere an den Gewölben Benedikt Rieds auf dem Prager Hradschin um 1500 belegen – wie zu erwarten –, dass diese figurativen Katastrophen auf einem virtuosen Gebrauch der gotischen Baugeometrie basieren, doch mit Konstruktion als bausicherndem Metier haben sie nichts zu tun.3 Was ist hier geschehen? Die Architektur­sprache hat sich der Aufgabe entledigt, Konstruktions­ sprachliches in semantische Konstrukte des Bauens zu transformieren. Sie hat sich vollends in das Metier der Bildsprache davongemacht, indem sie Bilder­rätsel statt Übersetzungen präsentiert. Allein, weil sich an die Frage »Was ist das?« unweigerlich das Rätsel »Wie wurde das gemacht?« anschließt, sind die Synapsen zur bautechnischen Konstruktion nicht gänzlich gekappt.

Das Verhältnis von Konstruktion und Konstrukt in der Architektur scheint – diese Hypothese will ich wagen – radikalen Positionswechseln zwischen Nähe und Ferne, Konvergenz und Fliehkraft, Bezug­ nahme und Entfremdung unterworfen. Keinesfalls bildet die Konstruktionssprache in dieser Linguistik ein autonomes Idiom. Reizvolle Fragen und der größte Gewinn winken demjenigen, der die Transferleistungen erkundet.

1 Bachtin 1979. 2 Mit den folgenden Ausführungen zum Prager Treppen­ turm beziehe ich mich wörtlich auf Nußbaum 2004, 241– 247. 3 Bauer / Lauterbach / Nußbaum 2017.

Konstruktion und Konstrukt

4  Gewölbe der Böhmischen Kanzlei auf dem Prager Hradschin.

Bachtin 1979 M. M. Bachtin: Aus der Vorgeschichte des Romanwortes, in: R. Grübel (Hg.): Die Ästhetik des Wortes (Frankfurt/M. 1979) 302–337. Nußbaum 2004 N. Nußbaum: Konformität und Individualität in der deutschen Architektur nach 1350, in: J. A. Aertsen / M. Pickavé: »Herbst des Mittelalters«? Fragen zur Bewertung des 14. und 15. Jahrhunderts. Miscellanea Mediaevalia. Veröffentlichungen des Thomas-Instituts der Universität zu Köln, 31 (Berlin / New York 2004) 231–248.

Abbildungsnachweis 1, 2, 4 3

Foto: Norbert Nußbaum, Köln. Foto: Thomas Bauer, Dresden.

Bauer / Lauterbach / Nußbaum 2017 T. Bauer / J. Lauterbach / N. Nußbaum: Dekonstruktive Architektur­konzepte um 1500 und ihre rationalen Grundlagen. Teilprojekt: Gewölbe des Prager Hradschin, in: Gesellschaft für Bautechnik­geschichte (Hg.): Alltag und Veränderung. Praktiken des Bauens und Konstruierens. Tagungsband der Zweiten Jahrestagung der Gesellschaft für Bautechnikgeschichte vom 23. bis 25. April 2015 in Innsbruck (Dresden 2017) 285–287.

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Some Thoughts on ‹Konstruktionssprache› Versus ‹Mode of Thought›

Tom F. Peters

At the risk of appearing cantankerous, I feel distinctly uncomfortable with what I understand to be the concept of ‹Konstruktionssprache›. This may be an error in my assumption, but I find the term difficult to accept for the simple reason that the word Sprache, which I translate as language, implies – to my ear – a more or less consensually fixed system that consists of a priori agreed rules and elements. The same applies of course to the well-accepted term ‹Architektursprache›, on which ‹Konstruktionssprache› is based. In contrast to dominant architectural theory, I swim against the current here too and feel that this term implies the same limiting sub-text; we do not need to go down this route in construction history. This is a somewhat intemperate opinion, I realize, but it is worth considering for the following reasons. Such a «language» system is proscriptive in nature rather than open to creative interpretation. The contrast here is between «limiting» and «open». I feel that the term ‹Konstruktionssprache› is all too formulaic when it is applied to creating objects, because it implies that there is a «correct» and a less correct, or even a «wrong», way to go about the creative process, in contrast to the socially open and acceptable correct and an incorrect way to use spoken or written language. Here the contrast is between «hidden» and «open». It is this unintended but inherent hidden agenda in the term ‹Konstruktionssprache› that I object to. Of course languages are subject to regionally or socially defined variation and also to change over time as Professor Schmidlin explained at the symposium, and language is

also to a certain degree variable through individual creativity. So is construction. That is the support for the term ‹Konstruktionssprache›. But the potential variability does not contradict the fact that languages are essentially proscriptive or limiting by nature, and construction is – or should be – openly experimental and experiential. I would like to suggest a more flexible definition that avoids this problem. It defines the issue as ‹mode of thought›. This describes an open-ended way of thinking, or a trend that can be personally modified rather than defining limiting linguistic rules and elements. This is fuzzy thinking, a typically Anglo-Saxon approach rather than a Germanic one, and this too is an issue of the basic cultural difference between the use of German as a language and English. A ‹mode of thought› then becomes a ‹school of thought› through cultural consensus by building on experience. In construction this would be 1: material availability and use, for example in frame or masonry construction; 2: expectations of performance like loadbearing, permanence, or insulation; and 3: demands on use which are dependent on criteria like climate, culture, or social expectation. These would define construction as an allencompassing socio-economically as well as technically relevant field, whereas the term ‹language› in the sense of Konstruktionssprache appears to me to be confined to an exclusively technical aspect. As an example of a ‹mode of thought› in contrast to a Konstruktionssprache I can offer the following. The ETH Zürich, the former Eidgenössische

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Tom F. Peters

Polytechnikum, founded a Bauschule, a department of construction, in the mid-19th century that educated both architects and engineers. This followed the development of the École Centrale des Arts et Manufactures in Paris, a novel development that educated both professions for industry. However in contrast to the French school, the ETH graduates united in a common professional society with a common professional journal. The society and its journal remained common to both professions even after the ETH Bauschule split into two separate departments, one for architects (then Abteilung I, now DARCH) and the other for civil engineers (Abteilung II, now DBAUG). We note a slight difference of culture in the Swiss development. In contrast to professionals in other cultures, Swiss architects and Swiss engineers were in constant contact with one another’s thoughts,

methods, and work, and this has characterised Swiss architecture and engineering ever since. Why this unique situation developed and why it persists would be worthy of a research study, but the fact is that the situation is a cultural statement. It implies the attempt to understand one another’s concerns. More than this, the common professional journal, the Schweizerische Bauzeitung or Revue Polytechnique, founded in 1883, was bilingual and appeared with articles both in French and in German (fig. 1), frequently even juxtaposed on the same page. This meant that engineers and architects were not only conversant with each other’s jargon and thinking, but also with the slightly different cultural concepts as defined by the use of language and professional terms and their different shades of meaning in both languages. I am

1  Two pages from Schweizerische Bauzeitung, 18 February 1928, with an article about engineering in French and an article about architecture in German.

Some Thoughts on ‹Konstruktionssprache› Versus ‹Mode of Thought›

convinced that spoken language and written professional jargon influence how one thinks professionally. An example of such linguistic cultural subtleties that influence how one builds is the conceptual difference between the structural concepts ‹Platte› and ‹Scheibe› in German, which depends on how membranes resist forces, whether in-plane (Scheibe) or out-of-plane (Platte), and the corresponding common professional terms in English, ‹flat plate› and ‹shear wall›, which primarily describe their spatial orientation. Of course, ‹shear›, used as an adjective here, also links to structural behavior, but only secondarily, quasi as an afterthought. The defining noun is ‹wall›. The two terms in either language derive from conceptually fixed systems and their associations are completely different. In French it seems to be even more obscure: the word ‹dalle› suggests a horizontal position and the more general ‹plaque› is entirely generic and can be either a Platte or a Scheibe. Both terms imply thinness in the third dimension. It is only in German that the conceptual structural difference is unambiguous. There is definitely nothing even remotely Anglo-Saxonishly «messy» or «fuzzy» about it. Germanic clarity has its definite advantages: Robert Maillart thought in conceptionally clear German and could therefore conceive his

Nicolas Janberg and Volker Wetzk contributed information that helped me formulate my thoughts on this matter, for which I am grateful to them both. They do not necessarily share my radical concerns however!

innovative planar structures through their structural behaviour and not through their orientation. His obliquely positioned membranes are conceptually quite difficult to envision if one thinks in English, although perhaps more feasible through the linguistic ambiguity of plaque in French, which Malliart also spoke. However it is also clear that Maillart’s membranes did not derive from a Konstruktions­sprache; they originated in a mode of thought that differs radically from the AngloSaxon and also somewhat from the French in its linguistic background. Moreover, Maillart was also confronted weekly in the Schweizerische Bauzeitung with aesthetic, formal, spatial, and planning issues, just as his architectural colleagues were confronted with his technical and procedural issues. Such confrontations condition how both types of professionals think and how they understand their professions. It is recorded that Maillart was indeed intensely concerned with formal issues in his designs. The flexibility between languages and professional issues influences how builders like Maillart design and build. Therefore, in my view, a universal and common Kon­struk ­ti­ons­sprache that is defined independently of spoken language and culture does not seem to be really possible, or in fact desirable.

Abbildungsnachweis 1 Schweizerische Bauzeitung, Bd. 91/92 (1928), Heft 7, 84, 88, https://www.e-periodica.ch/digbib/volumes?UID=sbz-002 (29.9.2020).

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Konstruktion und Sprache

Jürg Conzett

Hochsprache und regionale Idiome Wenn ich nach Analogien zwischen dem Konstru­ ieren und dem Anwenden einer Sprache suche, denke ich daran, dass man auch im Konstruieren zwischen Hochsprache und regionalen Idiomen unterscheiden kann. Hochsprache: Im Ingenieur­bau besteht ja weltweit eine erstaunliche Einheitlichkeit, was die Anwendung von Theorien betrifft – jede Ingenieurin, jeder Ingenieur wird heute eine Bogen­brücke anhand einer Stützlinie dimensionieren und nicht mehr nach den Regeln des Alberti. Zwar gibt es auch innerhalb des Theoriegebäudes lokale oder nationale Eigenheiten – in der Schweiz ist etwa die Bemessung von Stahlbetonbauteilen nach der Methode der Spannungsfelder stärker verbreitet als anderswo –, aber die Grundsätze des Gleich­gewichts und der Elastizitäts- und Plas­ ti­zi­täts­theorie können gut mit einer allgemein verstandenen und angewandten Hochsprache verglichen werden. Nun schafft die Theorie allein keine Bauwerke, und ebenso wichtig wie die Kenntnisse der Theorie ist das Beobachten ausgeführter Bauten. Und hier kommt der regionale Aspekt ins Spiel. Letzthin hörte ich ein Radio-Interview mit einem Basler Wissenschafter, der über sein Leben berichtete und der darum bat, das Interview in Baseldeutsch führen zu dürfen, er sei dann »mehr bei sich«. Auch mir sind die Bauweisen der Region, in der ich lebe und arbeite, sehr vertraut: Wie oft habe ich die steinernen Viadukte der Rhätischen Bahn und die Holzkonstruktionen der Brüder Grubenmann inspiziert (um nur die prominentesten zu nennen), und

aus diesem Lernprozess an den Objekten kenne ich die Eigenschaften von Bruchsteinmauerwerk in Granit, Gneis und Kalkstein (die regionale Sprache) ebenso gut wie die weiter verbreitete Anwendung von Beton (die Hochsprache), während ich schon bei Sandsteinmauerwerk mangels entsprechender Kenntnisse eher Vorbehalte anbringen müsste, ganz zu schweigen von Konstruktionen aus Gusseisen. Die Ausbildung von Ingenieuren sollte diese zwei Arten von Werkzeugen berücksichtigen: die Vermittlung von theoretischem Rüstzeug einerseits, das Beobachten und Untersuchen bestehender Bauten andererseits. Beides zusammen wird gleichsam von selbst zu spezifischen Entwürfen führen. In der schweizerischen Architektur wurde in den letzten Jahren viel über »Regionalismus« diskutiert – das Interesse für lokale Bautraditionen und handwerkliche Eigenheiten und das Einbringen dieses Wissens in zeitgenössische Entwürfe prägt gegenwärtig die Entwürfe zahlreicher Architekten. Wir erkennen derartige Regionalismen auch sehr ausgeprägt in den Bauten der »Nationalen Romantik« zwischen 1900 und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Diese Haltung zeigte sich damals sowohl in der Architektur als auch im Ingenieurbau, besonders stark ausgeprägt in den bereits erwähnten steinernen Viadukten der Rhätischen Bahn. Ein schönes Beispiel für ein anonymes Bauen, das sich weitgehend unabhängig von Schulen entwickelte, zeigt sich im »versteiften Stabbogen« der Brücke über den Fluss Sitter im »Fuchssprung« nördlich von Appenzell (Schweiz). Hier praktizierte man das Prinzip des Überlagerns verschiedener

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Jürg Conzett

Tragwerkssysteme, wie es die Brüder Grubenmann vorgelebt hatten, bis in die Zeit der Moderne (Abb. 1). Aber über die kulturelle Komponente hinaus heißt Regionalismus auch ganz pragmatisch: sich damit beschäftigen, was man gut kennt.

Begriffe Eine wichtige Rolle der Sprache für den Entwurf von Bauwerken ist das Schaffen von Begriffen. »Dieses will ich Fachwerk nennen« schrieb Culmann in seinem Reisebericht über die hölzernen Brücken Nordamerikas1 und schuf damit die Grundlage für ein gemeinschaftliches Verständnis eines Systems für alle Ingenieurinnen und Ingenieure. Eine wichtige Rolle der Konstruktionsnormen ist die Definition von Begriffen, die eine unmissverständliche Kommunikation unter Berufsleuten ermöglichen. Umgekehrt kann sich das Fehlen von Begriffen fatal auswirken. So fehlt bis heute ein Begriff für das Tragwerk der Wye-Brücke bei Chepstow von Isambard Kingdom Brunel (erbaut 1852). Dieses Manko war bestimmt mitschuldig daran, dass man diese Brücke im Werk Brunels als eher zweitrangig betrachtete und sie in den

1960er Jahren durch einen vergleichsweise banalen Fachwerkträger ersetzte. Für mich ein tragischer Irrtum, denn diese Brücke war eine wirklich schöpferische Leistung und bedeutete ein Vordringen auf ein neues Gebiet. Aber was ist diese Wye-Brücke wirklich? Für ein Fachwerk sind die Feldweiten zu groß, ein Rahmen ist es schon gar nicht, und auch »Hängebrücke mit obenliegendem Druckgurt« trifft die Sache nur teilweise. Es ist tatsächlich ein unerhörtes Tragwerk, für das ein Begriff fehlt (Abb. 2).

Sprache als Mittel des Entwurfs Ich möchte als Fallbeispiel für die Hilfe der Sprache beim Konstruieren den Entwurf der »Dorfbrücke« in Vals (Graubünden) aufführen, bei der alle vorerwähnten Aspekte eine Rolle spielten. Aufgrund sich häufender Hochwasserereignisse, bei denen Schäden nur mit Notmaßnahmen abgewehrt werden konnten, war die Gemeinde Vals gezwungen, dem Valser Rhein ein neues Flussbett zu bauen. Durch die Anordnung vertikaler Mauern, die oben einen Meter über die bestehenden Uferstraßen vorstehen, war es möglich, das Durchflussprofil markant zu vergrößern und damit die Gefahr

1  Regionales Idiom: Sitterbrücke «Fuchssprung» nördlich von Appenzell / Schweiz.

Konstruktion und Sprache

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2  Isambard Kingdom Brunel: Wye Bridge at Chepstow, 1852.

des Überlaufens des Flusses zu bannen. Mit dem Neubau des Gerinnes war auch der Ersatz dreier Brücken nötig. Die wichtigste davon ist die sog. Dorfbrücke, die die einzige Zufahrtsstraße nach Vals mit dem zentralen Dorfplatz verbindet. Da die bestehenden Höhen des Platzes und der Straße beidseits des Flusses nicht verändert werden konnten, musste man die Brücke als hydraulische »Druckbrücke« ausbilden, bei der die geschlossenen Seitenwände des Trogquerschnitts zusammen mit den lokal erhöhten Brüstungen der Leitmauern entlang des Flusses ein Hochwasser am Ausbrechen hindern. Der dadurch entstehende Wasserstau erzeugt unter der Brücke eine Strömung mit erhöhter Geschwindigkeit, die damit trotz hier reduzierter Durchflussfläche ein Abfließen des Hochwassers sicherstellt.

Vals besitzt mehrere Steinbrüche, in denen Valser Gneis (Handelsname »Valser Quarzit«) abgebaut wird. Das Baugesetz der Gemeinde schreibt vor, dass sämtliche Dächer der Valser Gebäude mit Valser Stein gedeckt werden müssen. Angesichts dessen lag es nahe, auch die neue Dorfbrücke mit Valser Stein zu konstruieren. Nach einigen vergleichenden Studien war klar, dass die neue Brücke als Bogen tragende Wände in Stein aufweisen konnte. An diesen Steinbogen hängt eine aus hydraulischen Gründen möglichst dünne betonierte Fahr­bahn­ platte. Die Fahrbahnplatte wirkt auch als Zug­band des Steinbogens; sie ist aus diesem Grund in Längs­ richtung vorgespannt. Dieses Konzept vor Augen begannen wir, die Details des Brückentragwerks zu erarbeiten. Mit abenteuerlichen Klammern wurden Beton an Steine

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Jürg Conzett

angeschlossen, Löcher gebohrt, Spannstangen eingezogen – und alle diese Anstrengungen führten zu keiner wirklich befriedigenden Lösung. Es war nötig, sich nochmals auf die ganz grundsätzlichen Eigenschaften des Konstruierens mit Stein zurückzubesinnen. Und beim Betrachten der Bilder alter Mauerwerksbrücken erschien das Schlüsselwort »verzahnen«. Denn jeder Verband von Natursteinen oder Ziegelsteinen entspricht einer Verzahnung, bei der Elemente einander überlappen. In gemauerten Brückenbogen erfolgen diese Überlappungen – oder eben Verzahnungen – sowohl in radialer wie in transversaler Richtung. Wenn wir dann ein größeres Volumen eines derartigen Mauerwerks betrachten, verhalten sich die verzahnten Steine unter Druckkräften wie ein einziger Körper. Dieses »Verzahnen« löste eine Kette von Erinnerungen an Konstruktionselemente aus: nicht nur an die präzisen Steinschnitte französischer Schule des 18. und 19. Jhs. oder die Ausbildung der Mauerkronen alpiner Eisenbahnviadukte;

3  Dorfbrücke Vals. Verzahnung: Schema des tragenden Wandaufbaus.

auch über die Grenzen des Materials Stein hinaus erschienen die verzahnten Holzbalken der Brüder Grubenmann oder die verzahnten Ecken von Schubladen des Möbelbaus mit Massivholz als mögliche Vorbilder zur Lösung unseres Problems. Und dank »Verzahnen« gelang es, die Verbindung zwischen Holz und Stein auf eine ganz direkte Art und Weise vorzunehmen, ohne Bohrungen und ohne die Verwendung von Drittmaterialien (Abb. 3). Ein sprachlicher Begriff als Behälter einer Fülle von Konstruktionselementen war Voraussetzung dafür, die Konstruktionsprobleme der Valser Dorfbrücke auf überzeugende Art zu lösen.

1 C. Culmann: Der Bau der hölzernen Brücken in den Vereinigten Staaten von Amerika, Allgemeine Bau­zei­ tung, 1851 (Reprint Düsseldorf 1970) 86.

Konstruktion und Sprache

4  Dorfbrücke Vals: Während der Ausführung und die fertiggestellte Brücke.

Abbildungsnachweis 1, 3, 4  Fotos und Skizzen: Jürg Conzett. 2 Aus: H. Sternberg (Hg.): Sammlung ausgeführter Con­ struc­tionen schmiedeeiserner Brücken, Mannheim, o.J., ca. 1860, Blatt 34.

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»Reden wir über … Konstruktionssprache!«

Gespräch zwischen Albrecht Wiesener und Werner Lorenz Dieselkraftwerk Cottbus, 28. September 2018

Werner Lorenz: Ich habe mir heute Morgen einige Dinge überlegt, denn ich will hier ja kein schon Tage vorher vorbereitetes Statement abgeben, sondern eine Reflektion dessen darlegen, was ich jetzt – nach diesen drei Tagen Querschnittskolloquium – vielleicht etwas klarer oder auch unklarer sehe. Zu drei Aspekten möchte ich gerne kurz Stellung nehmen. Zunächst freue ich mich, dass mein skizzenhaft vor 10 oder 15 Jahren entwickelter Gedanke – und viel mehr war es ja eigentlich gar nicht – aufgegriffen worden ist und wir über Konstruktionssprachen gesprochen haben. Ich will noch einmal sagen, warum ich das damals sehr wichtig fand. Gestern deutete ich in der kleinen Diskussion mit Karl-Eugen Kurrer meine Schwierigkeit mit dem Fortschrittsbegriff an, den ich in seinen großen und wichtigen Werken meine erkennen zu können. Dies mindert überhaupt nicht die Leistung dieser Werke. Gerade die Geschichte der Baustatik1 ist eben eine Geschichte, in der man durchaus sehr schön den Fortschrittsfaden spinnen kann. Andererseits habe ich aber in diesen jetzt über 30 Jahren, in denen ich mich mit der Geschichte des Konstruierens beschäftige, immer mehr Respekt vor den Baumeistern und Konstrukteuren in allen Phasen der Geschichte bekommen. Mittlerweile habe ich hierdurch eine so große Distanz zu diesem Bild entwickelt, dass wir besser sind als jene es waren. Und ich finde, dass dieser Zugang zur Geschichte des Konstruierens eine große Chance bietet – stets zu sagen: Ich trete denen auf gleicher Augenhöhe entgegen. Denn dann verstehe ich den anderen besser, als wenn ich eigentlich immer ein bisschen denke: »Das war eine Entwicklungsstufe hin zu meiner heutigen umfassenden Kenntnis.« Und aus diesem Gedanken heraus vergesse ich erst einmal den Fortschritt. Dann gab es noch einen zweiten Impuls. Ich hatte das große Glück, Anfang der 1980er Jahre – ich rede also über das letzte Jahrtausend [Heiterkeit] – eine junge Frau kennenzulernen, die in gewisser Weise zu meinem Gegenpart wurde. Sie begann damals Psychologie und Philosophie zu studieren und obwohl ich schon ein junger Ingenieur war, ging ich mit ihr in Kurse an der Freien Universität, zum Beispiel in ein Seminar über Nietzsche, ein ganzes Semester lang. Als große Anhängerin von Michel Foucault, der damals sehr angesagt war, hat sie mir in diesem Zusammenhang seine Bücher quasi unters Bett gelegt: »Das musst du auch mal lesen!« Ich bin fern davon zu behaupten, ich würde Foucault wirklich kennen. Trotzdem haben mir diese Impulse gutgetan. Mit Hilfe von Foucault habe ich mir ein anderes Bild von Geschichte zurechtgelegt, nämlich: Geschichte ist eine Abfolge von immer wieder neuen, unterschiedlichen Praktiken. Damit ist erst einmal die Wertung heraus: »besser« oder »schlechter« oder »Fortschritt« – alles das ist draußen. Es bleiben die Praktiken. In unserem Fall bedeutet dies: Wie entwickeln Menschen mit ihren Werkstoffen, ihren Finanzierungs­ möglichkeiten, den Vorstellungen der Auftraggeber und ihren Zeitnöten eine Konstruktion? Im Rahmen dieses anderen Blicks auf Geschichte, nämlich als einer Abfolge von Praktiken, kam mir dieses Bild von der »Konstruktionssprache«. Natürlich auch, weil es den Begriff der ›Architektursprache‹ gibt. Aber ich fand

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Albrecht Wiesener und Werner Lorenz

und finde es immer noch ein passendes Bild, denn wir haben ja auch hier, bei dieser Konferenz, wieder gesehen: So wie sich Sprache immer weiter entwickelt, so entwickelt sich auch Konstruieren immer weiter. Sprache ist zu keinem Zeitpunkt »besser«. Wer würde denn behaupten, unsere heutige Sprache sei besser als Mittelhochdeutsch? Man konnte damit einfach etwas anders ausdrücken, hatte dafür wunderbare Worte und ähnliches zur Verfügung. Sprache verändert sich in Abhängigkeit von Randbedingungen. Wir hatten gestern das Beispiel, dass die Digitalisierung mit allem, was uns jetzt umgibt, eine völlig neue Sprache erschafft. Wenn man allein einmal bedenkt, wieviel Prozent der deutschen Sprache sich in den letzten 30 Jahren verändert haben – nur durch den Gebrauch neuer Begriffe, die jetzt auch besprochen und behandelt werden müssen. Da denke ich mir eben: Sprache ist ein Prozess, ein dynamisches System. Es gibt Phasen, in denen geht es ganz langsam, und dann passiert plötzlich etwas – wir hatten zum Beispiel die Phase nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihrer Amerikanisierung etwa in Deutschland oder in Frankreich angesprochen. Und dann gibt es wieder Phasen relativer Konstanz, bevor vielleicht wieder etwas Neues kommt. Das war also mein grundsätzlicher Ansatz. Das Zweite, was ich zum Einstieg ansprechen möchte: Mir hat dieses Kolloquium sehr viel gebracht, gerade unsere sehr lebendigen kontroversen Diskussionen am gestrigen Tag. Denn ich habe gemerkt, wie viele Facetten in diesem Bild der »Sprache« noch näher ausgeleuchtet werden müssen, wenn man es pflegen, damit eventuell die Konstruktionsgeschichte gliedern will. Ich habe heute etwa darüber nachgedacht, was dann jeweils den Referenzraum bildet. Und was würden wir in diesem Modell denn überhaupt als eine Sprache bezeichnen? Bernard Espion begann heute beispielsweise mit den Worten: »If you think that prestressing is a ›language‹ …«. Ich dachte mir darauf, dass sich dann folgende Chance eröffnen würde: Wenn man Konstruktionsgeschichte entlang solcher Sprachbilder schriebe, dann begänne »prestressing« irgendwann in der römischen Antike, als ein Anker warm gemacht wurde, sich anschließend zusammenzog und eine Vorspannkraft aufbrachte. Nun könnte man plötzlich eine Geschichte der Konstruktion entlang bestimmter Gruppen von Konstruktionen schreiben und so ganz neue diachrone Gemeinsamkeiten zwischen diesen Dingen entdecken. Diese würde man vielleicht gar nicht erkennen, wenn man der klassischen Aufteilung in Antike, Romanik, Gotik … folgt. Für den Gegenstand des Konstruierens finde ich dies gar nicht unvorteilhaft. Es gibt aber noch mehr Fragen, etwa: Was gehört zu einer Sprache? Wir haben alle gesehen, dass dieses einfache lineare, von mir einst »hingeworfene« Modell, das am ersten Tag mehrmals gezeigt wurde, allein noch nicht trägt. Trotzdem ist es wichtig, eine Idee zunächst auf etwas ganz Einfaches zu reduzieren. Dann bekommt sie Plastizität, wird natürlich auch angreifbar und hat trotzdem auch eine Stärke. Und darauf wollte ich hinaus: Ich habe hier viel gelernt, und ich freue mich darauf, diesen Begriff in Reflexion all dessen, was hier besprochen worden ist, weiter auszudifferenzieren. Das Dritte – vielleicht auch als Einführung in unsere Diskussion –, das ist der Begriff der ›Sprache‹ im engeren Sinne. Mir fällt weiterhin kein besserer Begriff ein, wir haben aber das Problem, dass ›Sprache‹ offenbar immer wieder zunächst – und das wurde hier ja mehrfach betont – mit Kommunikation verbunden wird. Das Primäre an einer Sprache ist nun einmal ihre Funktion der Kommunikation. Als ich mir damals überlegt habe, dass man im Zusammenhang mit Konstruktion den Begriff der ›Sprache‹ verwenden könnte, habe ich ganz bewusst diesen kommunikativen Aspekt ausgeblendet. Es war mir völlig klar: Architektursprache will etwas über Architektur erzählen, während Konstruktionssprache – in meinem damaligen Sinne – nichts erzählen will. Es ging mir allein um die Strukturbildung von Sprache. Ich denke hierbei etwa an das Chinesische, in dem man heute, wie ich gelernt habe, üblicherweise rund 1.500 Zeichen verwendet. So ein Zeichen ist kein Buchstabe, sondern immer gleich auch eine ganze Begrifflichkeit, fast schon eine Geschichte. Diese komplizierten Dinger muss man alle beherrschen und

»Reden wir über ... Konstruktionssprache!«

sie dann kombinieren können. Das ist dann aber auch schon die ganze Sprache: Eine Kombination dieser 1.500 Zeichen. Wir haben also einen Fundus, mit dem sich eine Vielfalt von Phänomenen beschreiben lässt – genau so ist doch Konstruieren! Im Beitrag zur Entwicklung der externen Vorspannung in Deutschland und Belgien von Bernard Espion und Roland May haben wir doch gesehen, dass es keineswegs nur zwei unterschiedliche Arten gab. In einem kleinen Teilbereich gab es vielmehr gleich vier, fünf verschiedene Arten. Genau hier liegt für mich die Stärke des Sprachbilds: Man hat viele Vokabeln, die aber trotzdem insgesamt etwas ergeben, mit dem man dann Konstruieren beschreiben kann. Zugleich nehme ich aber manche Fragen aus dieser Veranstaltung mit. Man kann die Problematik des Begriffs ›Sprache‹ nicht ignorieren und einfach ausblenden – das ist ja auch mehrfach in verschiedenen Referaten angeklungen. Bei Bill Addis war zum Beispiel die Frage ganz im Vordergrund: »Was drückt diese Konstruktion aus?« Hier ist mir noch einiges unklar, obwohl ich auch die Chance sehe, diese beiden Pole – Struktur und Kommunikation – vielleicht zusammenzubringen. Wir haben noch viele weitere Begriffe in den letzten Tagen gehört. Im ersten Vortrag von Regula Schmidlin war die Rede von den Begrifflichkeiten Langage, Langue und Parole, was ich sehr hilfreich fand. In einem Nebensatz fiel gestern mal der Begriff des ›Stils‹, und wir haben über die »Konstruktionskultur« gesprochen. Alle diese Begriffe sind natürlich mit Konstruktionssprache konnotiert und müssten dazu – wenn man das weiterdenkt – noch in Relation gesetzt werden. Diese drei Punkte wollte ich ansprechen. Erstens: Wie kam ich zur »Konstruktionssprache«? – Praktiken statt Fortschritt. Der zweite Punkt: Eine weite Welt tut sich auf, wenn ich jetzt wirklich näher darüber nachdenke. Und der dritte Punkt: Das Problem der Kommunikation, die einfach nicht ignoriert werden kann. So viel als Eingangsstatement und auch als mein Versuch einer Zusammenfassung. Albrecht Wiesener: Vielen Dank, Werner. Ich will jetzt keinen längeren Co-Kommentar machen. Vieles von dem, was du gesagt hat, würde ich auch sofort unterschreiben. Ich habe die Tagung allerdings sicher aus einer ganz anderen Perspektive wahrgenommen. Vieles habe ich gar nicht richtig verstanden. Viele technische Details sind mir unklar geblieben und müssen deshalb außen vor bleiben. Dafür habe ich ganz bewusst versucht, mich in eine andere Rolle zu begeben. Ich wollte sozusagen wie ein Ethnologe dabei zuschauen, wie Bautechnikhistoriker einen neuen Begriff erschaffen oder eine Wirklichkeit auf einen neuen Begriff bringen wollen. Und das auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Ich denke, von zentraler Bedeutung war, dass wir eine Reihe wunderbarer Vorträge gehört haben, die immer im Detail nach Aspekten einer Konstruktionssprache – oder auch einer Verfertigung von Konstruktionssprache – gesucht haben, ohne dabei natürlich von technischen Details und technischen Entwicklungen völlig abheben zu können. Manchmal wirkte dies wie ein großer Spagat, und manchmal war es wieder sehr eng beieinander. Bemerkenswert war, wie Norbert Nußbaum sich ganz bewusst von seinem ursprünglichen Konzept verabschiedete und seine ursprünglichen, detaillierten Erläuterungen zu zwei Dritteln verwarf – weil er merkte, dass diese Tagung die Chance bot, sich auf eine andere Ebene zu begeben. Eine Ebene, auf der man über sein eigenes fachgebundenes Arbeiten nachdenken kann. Karl-Eugen Kurrer hat diesen Aspekt während seines Vortrags auch mehrfach anklingen lassen. Ich finde deinen Ansatzpunkt unglaublich spannend, aus deiner Ingenieursperspektive Geschichte als eine Vielzahl von Praktiken, von unterschiedlichen Geschichten wahrzunehmen. Hier sind wir ganz eng beieinander. Mit diesen eigenen Ansätzen bist du in einer sich verändernden historischen Geisteslandschaft oder in einer sich verändernden Geschichtswissenschaft eigentlich wunderbar aufgehoben. Dies hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass wir, unter anderem dank Michel Foucault, seit rund 40 Jahren Geschichte anders auffassen. Zum Beispiel – wie wir vorhin kurz mit Mario Rinke besprochen

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Albrecht Wiesener und Werner Lorenz

haben – dass wir, bei allen unterschiedlichen Blickrichtungen und Dimensionen, im Zuge einer globaleren Perspektive nicht mehr versuchen, Geschichte nur von einem einzigen point de vue aus zu erzählen. Sondern, dass wir versuchen, unterschiedliche Geschichten nebeneinanderzustellen. Geschichten, die miteinander verbunden sein, aber auch unabhängig voneinander existieren können. Ich denke, man kann sagen, dass dies auch im Bereich der Geschichtswissenschaft state of the art ist. Trotzdem hat mich über die drei Tage des Kolloquiums und auch schon in der Vorbereitung immer die Frage umgetrieben: »Muss man jetzt wirklich noch einen neuen Begriff in die Diskussion bringen?« Im Bereich der Geisteswissenschaften können wir ja sozusagen vor lauter Begrifflichkeiten schon nicht mehr geradeaus laufen. Ständig haben wir neue Theorieansätze. Ich habe mir nun gestern Abend noch einmal deinen mit Bernhard Heres verfassten Schlüsseltext2 durchgelesen, und es wurde mir an dem konkreten Beispiel Eremitage durchaus klar, wie ihr zur Idee der »Konstruktionssprache« gekommen seid. Aber mich interessiert nun schon, ob dich diese Tagung darin bestätigt hat, an diesem Begriff oder vielmehr Theorem – denn es ist ja eigentlich mehr als ein Begriff – festzuhalten. Du hattest dies ja am Anfang unseres Gesprächs schon angedeutet. Und ich will gleich noch eine Frage hinterherschicken. Wir haben natürlich auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften, dort wo mit vergleichbaren Begrifflichkeiten gearbeitet wird, immer wieder dieses Problem mit Idealtypisierung einerseits und den konkreten historischen Kontexten andererseits. Und ich denke wir sind in den Debatten auf der Tagung manchmal ein wenig in die Diskussion einer Idealtypisierung abgedriftet, die sich dann auch verselbständigt hat. Aber was ist denn unser eigentlicher Impetus? Unser Impetus ist doch eigentlich, Historie zu erklären – wir wollen Veränderung erklären, wollen Geschichten konstruieren. Auch mit Hilfe von Idealtypen, aber das wirft sogleich die Frage auf, wie ich dann mit meinem Idealtypus umgehe. Wir haben zwar solch einen Idealtypus noch nicht gebildet, aber ich sehe darin natürlich eine gewisse Gefahr. Werner Lorenz: Hierauf habe ich zwei Antworten. Die Erste: Du kommst aus der Geschichtswissenschaft. Das ist letztlich eine völlig andere Perspektive. Meiner Meinung nach hat die Construction History, die Bautechnikgeschichte, leider überhaupt noch keine übergreifenden Begriffe. Mir ist zumindest keiner bekannt. Ausgehend von Pionieren wie Josef Durm oder Auguste Choisy untersuchen wir seit mehr als 100 Jahren Einzelfälle. Das zeigt sich auch heute noch auf den vielen Tagungen. Nehmen wir etwa den vor drei Monaten in Brüssel veranstalteten sechsten Weltkongress der Construction History. Da gab es ganz viele Vorträge zu einzelnen Phänomenen. Aber offenbar gibt es gar nicht den Anspruch, wirklich die großen Entwicklungslinien sehen zu wollen. Deshalb gibt es meiner Ansicht nach gerade in der Construction History überhaupt keine übergreifenden Begriffe. Dass einer Vielzahl von Begriffen nun noch einer hinzugefügt werden soll, würde ich daher deutlich verneinen. Die Zweite: Seit mehr als 20 Jahren diskutieren wir nun schon gemeinsam mit vielen Kollegen und Kolleginnen, von denen einige heute auch hier sind, was Bautechnikgeschichte eigentlich ist. 2003 gab es hier in Cottbus ein DFG-Rundgespräch Geschichte der Bautechnik. Und da hatten wir genau die Frage: »Was ist Bautechnikgeschichte?« Ist das eine Bewegung? Ist das eine Disziplin? Ist das nur ein Zweig von Baugeschichte oder Technikgeschichte? Ich habe den Eindruck, dass wir 15 Jahre später schon sagen können: Das mausert sich zu einem Wissenschaftszweig. Es ist eine Disziplin geworden. Das ist – und ich glaube, diese Meinung verbindet wohl uns alle hier – nicht mehr nur ein Anhängsel an die Baugeschichte oder die Architekturgeschichte oder die Technikgeschichte. Und damit stellt sich die Frage: Braucht eine wissenschaftliche Disziplin nicht irgendwie so etwas wie einen roten Faden? Wenn es eine Geschichtswissenschaft ist, braucht sie dann nicht auch Entwicklungsmodelle? Und das simpelste

»Reden wir über ... Konstruktionssprache!«

Modell ist das Praktiken-Modell. Bei Karl-Eugen Kurrer wabert Hegel durch sein ganzes Buch.3 [Gelächter] Da ist ein Fortschritt, der ist Wahnsinn. Aber das simpelste und reduzierteste und bescheidenste Modell, das mir zurzeit einfällt, ist das Praktiken-Modell. Darunter kommt nur noch die Betrachtung einer Summe von Einzelphänomen. Das kann man fraglos auch machen: Erkennen, Entwicklungen beschreiben. Es war ja großartig, was man im heutigen Vortrag von James Campbell und Stefan Holzer über ein einzelnes Phänomen sehen konnte: Wie sich ein italienischer Dachtypus allmählich in zwei verschiedenen Kultur- und Sozialkreisen durchsetzt. Das ist auch spannend. Aber – und da wäre jetzt vielleicht Tom F. Peters gefragt – ich weiß nicht, ob es von meiner katholischen Herkunft herkommt, dass ich dann so etwas immer auch irgendwie verstehen will. Ich will zumindest übergreifende Traditionen verstehen. Und dies bedeutet den Versuch, einfach mal neue Breschen durch 5.000 Jahre Konstruktionsgeschichte zu schlagen. Und hierfür finde ich das Praktiken-Modell nützlich. […] Ich würde diesen Ansatz gerne weiter ausprobieren. Aber ich habe überhaupt nicht den Ehrgeiz, dass er nun das dominierende Ding in der Bautechnikgeschichte werden soll. Ich würde ihn einfach gerne weiter ausprobieren. Albrecht Wiesener: Durch die heutigen Bemerkungen von Tom F. Peters bin ich noch einmal auf einen Punkt gekommen, der mich schon gestern Abend unterschwellig umtrieb. Da du jetzt gerade von 5.000 Jahren Bautechnikgeschichte gesprochen hast, stellt sich mir, etwas platt gesagt, die Frage: Ist das nicht eigentlich ein ahistorischer Versuch? Müssten wir nicht eher mit einem sehr fundierten historischen Vorverständnis auf – sagen wir mal – die letzten 1.000 oder 1.500 Jahre schauen und dabei auch erwägen, wo bedeutet Konstruktion auch menschheitsgeschichtlich etwas anderes? Und wo kommen auch Aspekte wie Religion, Neuzeit oder Hochmoderne als driving forces, als invisible hands dazu? Sodass wir vielleicht noch eine andere Form von Periodisierung berücksichtigen müssen. Ich finde es, auch weil es ja ein historischer Versuch ist, erst mal sehr spannend, mit dem Theorem oder mit dem Verständnis von Konstruktionssprache eine andere Periodisierung versuchen zu wollen, als wir sie in der Baugeschichte oder Kunstgeschichte nun ein Jahrhundert lang vorgebetet bekommen haben. Aber die Frage ist, ob wir uns dann nicht auch im Hinblick auf sozialgeschichtliche oder kulturgeschichtliche Entwicklungen noch weiter öffnen müssten. Und ein wesentlicher Aspekt ist natürlich auch das demiurgische Selbstverständnis des Menschen, das in der Neuzeit ein anderes ist als in der Antike und im Hochmittelalter. Das entspräche einer weiteren historischen Perspektive – wie gesagt, bin ich heute dank des Aspekts der Unterschiede zwischen katholischen und protestantischen Regionen noch einmal darauf gestoßen worden, dass man das vielleicht auch stärker berücksichtigen sollte. Wie ist deine Haltung hierzu? Werner Lorenz: Wir sprachen ja schon gestern Abend in der Diskussion zu Norbert Nußbaums Vortrag genau darüber. Er hat diese Forderung, »wir müssen unbedingt Netzwerke berücksichtigen«, weit ausgeführt. Unter anderem Andreas Kahlow hat dazu einen Wortbeitrag geliefert. Aber das Thema ist auch schon im Vortrag von Frau Schmidlin am Vorabend präsent gewesen. Natürlich fließt in dem Produkt Sprache ein fast unendlich breiter Strom von Einflussgrößen zusammen. Und man kann Bautechnik überhaupt nicht unabhängig lesen von den vielen Randbedingungen, die weit über Technisches hinausreichen. Dies zeigt sich gerade dann, wenn wir in wirklich andere Kulturräume gehen. Schauen wir etwa nach China, das auch Tom vertraut ist. Ich hatte das Glück, zweimal in Peking arbeiten zu können. Dort wird Holz ganz anders interpretiert als in den europäischen Beispielen, die wir heute gesehen haben. Hier bieten sich durchaus Chancen, wenn man etwa eine Konstruktionsgeschichte des Holzbaus aus dem Blickwinkel der Sprachentwicklung schreiben will. Da gibt es dann viele verschiedene Sprachen

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des Holzbaus, aber keinen »International Style« oder ähnliches. Schon dieses Beispiel zeigt, dass diese Einflussnahme von nicht-technischen Parametern völlig unbestritten ist. Das Problem ist nur, dass in meinen eigenen Schriften – in dem, was ich über die Jahre versucht habe zu schreiben – immer wieder die Frage auftauchte: »Wie breit fasst man das?« Und ich bin ein bisschen ein Anhänger davon, sich dann auf das zu beschränken, was ich wirklich kann – besser gesagt, das, was ich meine zu können. Und das ist das Verstehen und Interpretieren von Konstruktionen. Alles andere wird aus meiner Sicht sehr schnell und zwingend ein interdisziplinärer Prozess. Natürlich gibt es diese Entwicklungen auch – wobei einige von Euch sicher besser Bescheid wissen über die internationale Diskussion. Für mich – Andreas Kahlow wird das auch gut kommentieren können – zeigt sich das etwa am Beispiel, wie sich die History of Technology in den USA entwickelt hat. Diese ist eben zu einer sehr breit gefächerten Kulturgeschichte von Technologie geworden. Auch in Deutschland gibt es in der Gesellschaft für Technikgeschichte diese Tendenzen. Und ich weiß, dass sich viele Konstrukteure, also Leute, die vom praktischen Konstruieren kommen, da verloren fühlen. Will ich wirklich darüber reden, wie seinerzeit Bügeleisen vermarktet wurden? Ich will wissen, wie das Ding funktioniert. Das sind einfach zwei unterschiedliche Ansätze. Und wie die sinnvoll zusammenzubringen sind, da weiß ich keine wirkliche Lösung. Mir ist es jedenfalls sympathischer, nicht zu weit auszuholen. Albrecht Wiesener: Ich würde in diesem Zusammenhang gerne auf zwei Begriffe zu sprechen kommen, die in deinen Texten auftauchen, gerade auch in dem bereits viel zitierten Artikel4: ›Archäologie‹ und ›Genealogie‹. Damit wären wir dann bei Nietzsche, und ich finde es spannend, diese beiden unterschiedlichen historischen Herangehensweisen auch in einen Ansatz, der sich mit Konstruktionssprachen befasst, einzubringen. Für mich bedeutet die archäologische Herangehensweise dabei, auch vergessene Konstruktionsweisen überhaupt erst einmal ausfindig zu machen. Vor allem auch die Vielgestaltigkeit von unterschiedlichen Konstruktionsweisen. Anders ist der genealogische Ansatz, der bei dir in der Einteilung genealogischer Phasen auftaucht. Genealogie ist ja auch eine Art Geschichte. Aber, wie du schon zu Beginn ausgeführt hast, nicht mehr die lineare, auf einen Fortschritt ausgerichtete Geschichte, sondern eine Geschichte, die auch die Brüche mitberücksichtigt. Die eher Geschichten als Geschichte ist und Praktiken sowie Widerstände mit einbaut. Bei Foucault ist dies sehr schön und noch etwas deutlicher ausformuliert. Mir erscheint dies wichtig, weil ich deinen Anspruch nicht so interpretiere, dass du bei der reinen Archäologie stehen bleiben willst. Es geht dir also keineswegs nur darum, möglichst viele verschiedene und auf unterschiedliche Werkstoffe bezogene Konstruktionsweisen ausfindig zu machen und dann deren Konstruktionssprache zu definieren oder zu beschreiben. Bedeutung hat vielmehr auch, dass es darüber hinaus auch eine weitere Ebene der Interpretation gibt. Ohne dass man sich dabei, deinen vorherigen Wortbeitrag aufgreifend, ins Unendliche verliert. Der Resonanzraum wird immer derjenige bleiben müssen, der sich dann letztendlich bei der Verschriftlichung auch bewerkstelligen lässt. Werner Lorenz: Ich gebe dir prinzipiell Recht, muss aber ein bisschen weiter ausholen. Vor nun auch schon wieder mehr als zehn Jahren habe ich für die Festschrift zum 60. Geburtstag von Günter Bayerl einen Aufsatz geschrieben, der den Satz »Von Geschichten zur Geschichte« im Titel trug.5 Im Grunde ist darin der ganze Ansatz enthalten. Die Bautechnikgeschichte ist mittlerweile in einem Stadium angekommen, in dem schon ganz viele Geschichten – Einzelgeschichten – geschrieben worden sind. Und nun taucht langsam die Frage auf: Wie macht man daraus eine Geschichte? Keine nur auf den Fortschritt fixierte Geschichte, sondern durchaus eine mit vielen Brüchen. Das ist in dieser Entwicklungsphase

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der Construction History jetzt vielleicht die Aufgabe. Auch das habe ich schon damals in demselben Aufsatz geschrieben. Es gibt diesen wunderbaren Satz: »Es gibt keine Geschichte als die des Menschen, und zwar Geschichte im weitesten Sinne«. Das sagte Lucien Febvre, ein französischer Philosoph und Historiker, in den 1930er Jahren bei seiner beachtenswerten Antrittsvorlesung am Collège de France6 … Es gibt nur eine Geschichte und das ist die Geschichte des Menschen – wenn wir dies verinnerlichen, dann wird auch Konstruktionsgeschichte reizvoller. Machen wir uns doch nichts vor: Unsere Dischinger-Spannschlösser oder eine bestimmte Holzverbindung – das ist ja alles schön und gut. Aber, wen interessiert das denn eigentlich jenseits von vielleicht 20 Leuten? [Heiterkeit] Ja, das muss man doch auch mal offen aussprechen … Hier gibt es also die Chance mehr zu entdecken, und zwar etwas, von dem dann vielleicht auch deine Frau begeistert ist und sagt: »Das find’ ich jetzt aber interessant.« Albrecht Wiesener: … die ist schwer zu begeistern … [Gelächter] Werner Lorenz: Nun gut … [Heiterkeit] Aber zurück zum Thema: Natürlich haben auch Forschungen nach der Art von »Untersuchung von Schraubengewinden zwischen 1820 und 1822 im Hinblick auf die späteren Whitworth-Gewinde« oder ähnliches ihre Bedeutung. Das ist wichtig, aber das kann nicht alles sein. Deswegen haben wir, meiner Meinung nach, die Aufgabe, daraus eine Geschichte zu machen. Viele, vielleicht unterschiedliche Interpretationen zu erstellen und diese dann auch an andere Bereiche anzudocken. In diesem Zusammenhang stellt sich dann natürlich die Frage: Wo dockt man an? Viele von uns sind als Architekten oder vor allem auch als Bauingenieure tätig. Das ist ja auch meine Herkunft. Ich habe mich immer mit Geschichte auseinandergesetzt. Das muss man nicht. Aber mich hat dabei immer auch interessiert, was ich daraus für meine Praxis lernen kann. Stelle ich hierdurch eventuell gar meine Praxis, vermeintliche Selbstverständlichkeiten in Frage? Wir Bauingenieure sind heute davon überzeugt, alles richtig zu machen. Aber so gedacht haben wir immer in den letzten 40 oder 45 Jahren, in denen ich das Bauingenieurwesen verfolge. Wenn ich mir heute anschaue, welche Vorstellungen wir vor 45 Jahren davon hatten, was richtig ist … Vieles von dem, was ich in den 1970er Jahren an der Technischen Universität Berlin im Bauingenieur-Studium gelernt habe, ist heute längst obsolet. Aber wir haben das damals so gelernt und auch daran geglaubt. Wir fuhren hinaus zur Baustelle des »Steglitzer Kreisels«, einem der wenigen Hochhäuser in West-Berlin. Über 100 m hoch, Stahlbau, in der Mitte ein Kern. Mensch, was fanden wir das alle toll. Wir diskutierten aber überhaupt nicht, dass das ein korruptes Projekt war. Dieses Projekt, das heute geradezu beispielhaft für den ganzen Westberliner Korruptionssumpf steht – wir haben das bewundert! Albrecht Wiesener: Wurden hierfür nicht auch Teile des historischen Ortskerns abgerissen? Werner Lorenz: Richtig. Das wurde ebenfalls nicht thematisiert. Wir haben auch nicht gelernt, dass der Steglitzer Kreisel die größte Asbestruine nach dem Palast der Republik war. Eine Ruine, die jetzt kostenaufwändig saniert wird. Uns wurde das alles als toll verkauft – und wir haben das alle geglaubt. Solche Erinnerungen bestärken mich in der Auffassung, dass es unsere Aufgabe ist, immer wieder das, was im Ingenieurwesen gerade als gut und großartig gehandelt wird, in Frage zu stellen. Das ist die Aufgabe von kritischer Geschichtsbetrachtung. Dies gilt auch dann, wenn man sich bewusst ist, dass es so viele verschiedene Möglichkeiten gibt, dieselben Aufgaben zu lösen. Und genau bei dieser Aufgabe kann der Begriff der Konstruktionssprache helfen.

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Albrecht Wiesener: Ich hätte jetzt noch eine Frage, die auch etwas aufgreift, was Karl-Eugen Kurrer gestern in seinem Vortrag gesagt hat. Regula Schmidlin hatte uns ja das von dir schon angesprochene Saussure’sche Modell von Langage, Langue und Parole vorgestellt, das in den Sprachwissenschaften doch relativ einschlägig ist. Wenn man nun die Langue als eine selbstständige Sprache versteht und die Parole als etwas, das sich im Gebrauch stetig auch etwas verändert – wo wäre dann die Konstruktionssprache zu verorten? Außerdem haben wir gestern auch noch einen weiteren Begriff gehört, nämlich ›Metasprache‹. Karl-Eugen Kurrer hat eindringlich darauf hingewiesen, dass man – wenn ich das richtig verstanden habe – beim Betrachten historischer Konstruktionen auch ihren Metacharakter, der ebenfalls schon eine sprachliche Qualität hat, nicht unberücksichtigt lassen sollte. Werner Lorenz: Ich fand den gestrigen Hinweis auf die Metasprache auch sehr anregend. Weil sich darin die Entwicklung von etwas ganz Abstraktem, Eigenem widerspiegelt. Man könnte nun fast fragen, ob die Baustatik so etwas wie eine Konstruktionssprache des Bauens ist. Was wiederum Parole und Langue angeht: In unseren Gesprächen am Lehrstuhl, gerade mit Bernhard Heres oder in jüngerer Zeit mit Aleksandra Kosykh, haben wir uns oft gefragt: »Was sehen wir da eigentlich beim frühen russischen Stahlbau?« Da sprachen wir aber eher über Dialekte und Mundarten von Konstruktionssprache, denn eine Standardsprache ist in dieser so faszinierenden Zeit ja noch gar nicht vorhanden. Ohnehin ist mir noch nicht klar, in welche Richtung sich diese Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit Konstruktionssprache entwickeln könnten. Sie waren mir vorher nicht vertraut, und ich habe bislang noch gar keine Vorstellung davon. Mario Rinke hatte gestern Morgen angesichts der die Konstruktionssprache illustrierenden Kurve gesagt, dies sei doch ein viel zu simples Modell. Ich stimme Ihnen zu, Herr Rinke. Aber ich gebe zugleich zu bedenken, dass die Kurve keine gerade Linie war und als Summenkurve lediglich die unterschiedlichen Innovationsdichten zu verschiedenen Zeitpunkten veranschaulichen sollte. Der Vortrag von Aleksandra Kosykh und Bernhard Heres hat wunderbar aufgezeigt, welch unglaubliche Vielfalt in den frühen Versuchen des Bauens mit Eisen steckt. Eine Sprachentwicklung hat immer ganz viele Facetten – und trotzdem beginnt irgendwann eine Phase der Bündelung. Nehmen wir etwa den Stahlbauatlas, der seit vielen Jahrzehnten in gewisser Weise den jeweiligen state of the art in Deutschland zusammenfasst. Da hat sich schon so etwas wie ein Standard herausgebildet, der dann noch abgesichert wurde durch Eurocodes und ähnliches. Man kann eine gewisse Erstarrung erkennen, die Bildung eines Mainstreams, ja sogar eines »International Standard«. Vor 200 Jahren war die Situation noch völlig anders. Selbst vor 100 Jahren war der Stahlbau zwar auch schon ziemlich international, aber es existierten noch viele unterschiedliche »Parallelgesellschaften«. Heute hingegen, da sollten wir uns nichts vormachen, gibt es schon sehr starke Konsolidierungsprozesse. Albrecht Wiesener: Vielleicht eine letzte Frage, die in gewisser Weise auch durch Norbert Nußbaum angestoßen wurde. Meiner Erinnerung nach sagte er gestern sinngemäß, dass sich die Architektursprache – die ja zunächst auch ein Referenztheorem ist – der Semantik der Konstruktion entledigt habe. Die Frage ist daher: Wenn man eine Herangehensweise wählt, die am Ende bei standardisierten Konstruktionssprachen landet, wie kann man dann die Verluste beziffern, die mit einer Standardisierung oder zumindest mit einem gewissen fokussierten Blick darauf einhergehen? Muss man das in Kauf nehmen, um die vergangene Wirklichkeit historischer Konstruktionen überhaupt beschreiben zu können?

»Reden wir über ... Konstruktionssprache!«

Oder gibt es so etwas wie eine awareness, die mehr erreichen will, als dies bei »Architektursprachen« oder »Kunstsprachen« die Regel ist – sprich: sich auch für solche Themen zu öffnen, die in der reinen Verfolgung einer Standardisierung, eines Reifeprozess einer Konstruktionssprache vielleicht nicht unbedingt schon angelegt sind? Ich erinnere nur daran, dass wir auf der Tagung viel zu wenig über Bilder gesprochen haben. Norbert Nußbaum hat außerdem deutlich auf die Frage der Akteurs­ konstellationen hingewiesen. Sind solche Aspekte die Verluste, die wir als wissenschaftlich operierende Menschen am Ende in Kauf nehmen müssen? Oder vertrittst du die Meinung, dass man am Ende mit Konstruktions­sprachen auch breiter aufgestellt sein kann? Letztlich sind alle solche Begriffe Reduktionen der Wirklichkeit und gehen dementsprechend mit Verlusten einher. Deswegen sind die meisten von ihnen nach einer gewissen Modezeit dann auch wieder weg vom Fenster – ein Schicksal, das ich dem Begriff der Konstruktionssprache nicht wünsche. Werner Lorenz: … lange muss er nicht mehr durchhalten, ich bin ja nicht mehr lange im Dienst, nur noch zwei Tage … [Heiterkeit] Ich muss hier ein wenig weiter ausholen. Ich habe mich gefreut, dass Jürg Conzett zu unserer Tagung gekommen ist und auch einige Bauten vorgestellt hat. Wir haben in diesem Zusammenhang auch über seine »verzahnte« Brücke gesprochen. Mit Brücken beschäftige ich mich auch ab und an … Hierbei habe ich auch manche Sträuße mit der Deutschen Bahn ausgefochten – die Deutsche Bahn, die ihren Brückenbeirat abgeschafft hat und die reihenweise ihre eigenen Brücken abschafft. Stefan Holzer hat sich in seinem Vortrag zu Recht über einen unnützen Eingriff an einem Dachdetail empört, den er uns gezeigt hat – und es ist durchaus bekannt, dass es auch bei Bahnbrücken mit fadenscheinigen Argumenten ständig unnütze Verluste gibt. Aber was bauen sie dann als Ersatz? Der derzeitige Standard der Deutschen Bahn – für die Situation in anderen Ländern fehlt mir die Erfahrung – sind Betonbrücken. Und die sind fast immer klotzig und dick. Wenn man einmal mit wachen Augen durch die Bahnlandschaft fährt oder geht, dann sieht man, was für furchtbare Dinger 98% der Brücken sind. Das ist so ein Minimalstandard, der in absoluten Regelwerken gefasst ist. Es gibt 80 oder 100 Jahre Regelungsgeschichte bei der Deutschen Bahn, und heute ist alles dichtest geregelt, völlig verregelt. Je mehr Aufmerksamkeit ich dem Thema schenke, desto furchtbarer erscheint es mir. Dies geht bis zu dem Punkt, dass Beton natürlich eine wunderbare Oberfläche für Graffiti bietet – auf eine Fachwerkbrücke kann man ja nur schlecht ein Graffiti anbringen. Und so wandelt man durch diese elende Landschaft von Bahnbauten in Deutschland – Brücken, Bahnhöfe … Nehmen wir doch nur das neue Vorzeigestück der Deutschen Bahn, den Bahnhof Ostkreuz, den viele von Ihnen bei der Anreise durchfahren haben. Dessen Untergeschoss ist derart furchtbar: Man bewegt sich zwischen irgendwelchen Betonmonstern hin und her. Das ist der Baustandard der Deutschen Bahn. In Chemnitz wird immerhin der Viadukt nun erhalten bleiben. Doch der Erfolg wird dadurch deutlich getrübt, dass die kleineren Brücken auf demselben Streckenabschnitt abgerissen werden. Und was kommt als Ersatz? – Betonbrücken! Nun versucht die Denkmalpflege durchzusetzen, dass man zumindest die alten Brücken noch davorklebt. Weil die ja schöner sind … Das ist zurzeit unsere »Brückenbaukultur«! Gleichzeitig bewundern alle die guten Schweizer Bauten. In Deutschland wird zumindest jedes Jahr irgendeine Brücke mit dem Deutschen Brückenbaupreis ausgezeichnet. 98% der sonstigen Brücken sind aber das genaue Gegenteil hiervon. Solche Preise sind eine reine Legitimation: Man braucht ein paar Helden. Die werden dann herumgezeigt, und an denen ziehen wir Ingenieure uns auch hoch. Der Rest aber ist Ramsch, egal ob mit begründendem Konzept oder ganz ohne jede Baukultur. Und genau dies ist dann auch die Perspektive für die jungen Bauingenieure: Die dürfen dann auch vor allem solch

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einen Ramsch machen. Genau in dieser Situation könnte das Praktiken-Modell sehr hilfreich sein. Es zeigt nämlich auf, wie viele Variationsmöglichkeiten es gibt. Man kann vieles auf sehr verschiedene Art machen – aber man muss den Willen hierzu haben. Und man muss überhaupt erst einmal die mentale Offenheit dafür haben, wissen zu wollen, dass das so auch geht. Genau hier liegt die Relation zur heutigen Praxis: Wenn ich weiß, was für eine wunderbare Vielfalt von Optionen und Handlungsmöglichkeiten in der Geschichte zu finden ist, dann bin ich gegenüber der heutigen völligen Versülzung nach einem unangenehmen einheitlichen Standard doch vielleicht etwas skeptischer.

Im Gespräch erwähnte Literatur Febvre [1933] 1988 L. Febvre: Ein Historiker prüft sein Gewissen (1933), in: U. Raulff (Hg.): Lucien Febvre. Das Gewissen des Historikers (Berlin 1988) 9–26. Kurrer 2016 K.-E. Kurrer: Geschichte der Baustatik. Auf der Suche nach dem Gleichgewicht (Berlin 2016). Transkription: Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Volker Wetzk. Editorische Bearbeitung: Roland May. 1 2 3 4 5 6

Kurrer 2016. Lorenz / Heres 2006. Kurrer 2016. Lorenz / Heres 2006. Lorenz 2006. Febvre [1933] 1988.

Lorenz 2006 W. Lorenz: Von Geschichten zur Geschichte, von Geschichte zu Geschichten: Was kann Bautechnikgeschichte?, in: T. Meyer / M. Popplow (Hg.): Technik, Arbeit und Umwelt in der Geschichte. Günter Bayerl zum 60. Geburtstag (Münster et al. 2006) 221–237. Lorenz / Heres 2006 W. Lorenz / B. Heres: Archäologie des Konstruierens – Unter­ suchungen zur Entstehung von Konstruktionssprachen an den Eisen­tragwerken der Eremitage St. Petersburg, Forum der Forschung 2006, Nr. 19, 163–170.

Konstruktionssprachen: Ein sinnvolles Periodisierungsmodell?

Schlussdiskussion des Kolloquiums Dieselkraftwerk Cottbus, 28. September 2018

Tom F. Peters: Mir ist aufgefallen, dass wir, wenn wir über die Geschichte und die Sprache reden, immer über Probleme sprechen, die verschiedene Maßstäbe behandeln. Wie du, Werner, in Von Geschichten zur Geschichte geschrieben hast.1 Kleinmaßstäbliche Probleme und großmaßstäbliche Probleme sind für Technologen gleichwertig, nicht hierarchisch anders wie in der Wissenschaft, wo im Begriff des ›Details‹ leise die untergeordnete Bedeutung mitschwingt. Ich schlage eine andere Sichtweise vor: Dass wir mit unserer Denkweise die ganze Geschichte der Menschheit durchleuchten, und zwar mit der technischen Denkweise des »Machens«. Wenn wir nämlich betrachten, wie man etwas macht und was man macht, dann können wir sowohl Geschichten untersuchen als auch größere Fragestellungen angehen. Aber dafür benötigen wir dann kein übergeordnetes Schema oder System. Wir brauchen nur unsere spezifische Sichtweise. Dabei ist dann egal, ob es kleinmaßstäblich ist – wie »die Schraube von 1920 bis 1922« – oder ob es etwa um den Einfluss der Konfessionen auf den Brückenbau im 18. Jahrhundert geht. Hauptsache, wir beleuchten es, wie wir das als Macher – egal ob als Architekt oder Ingenieur – machen. Allein unsere eigene Sichtweise beleuchtet das Ganze, der Maßstab ist egal und spielt keine Rolle. Werner Lorenz: Ich stimme dir durchaus zu, Tom. Der Begriff des Machens, den du ja schon gestern eingeführt hast, ist mir nicht ganz neu. Tatsächlich organisierte ich schon nach meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Architekturfakultät der TU Berlin im Jahr 1990 mit einem Kollegen ein Symposium Kunst des Machens, an dem unter anderem Peter Rice und Jörg Schlaich teilnahmen. Es existiert hierzu auch ein kleines Heft.2 Damals schrieb ich schon an meiner Dissertation3 und setzte mich bereits mit Geschichte auseinander. Und wir wollten genau nur das wissen: Wie machen wir das eigentlich? Das ist doch das Wichtige und führt uns auch an den einzelnen Menschen heran – womit wir dann wieder bei Lucien Febvre sind … Jeder macht es anders. Das sind die interessanten Zugänge: Wie löst einer eine Aufgabe? Insofern bin ich mit dir d’accord, denn das ist spannend und sicher auch solider, als sich auf dieses fragile Feld der Konstruktionssprache zu begeben, wo viele Haken lauern. Dennoch meine ich, dass sich die beiden Sichtweisen nicht ausschließen. Bill Addis: I am going to make my contribution in English to make sure that some people don’t fall asleep … [Heiterkeit] It has been a fantastic discussion and I think everybody is enjoying it. I have to say that, as I remarked already yesterday, I am not convinced of the utility of the idea of a language of construction, Konstruktionssprache. Because I can’t see who is communicating with whom in a construction itself. And how they do it and why they do it. That’s very different in the case of an architectural language.

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Schlussdiskussion

Because there I think it’s quite clear that it’s the architect who has something in his head that goes through a very long process and eventually manifests itself in a building or something similar, which then, for example, communicates with the people who use it. This is where I have troubles – engineers and constructors do not have the same intentions as architects. But I completely agree with what Tom just said and what you also mentioned: that ultimately a history of construction has to have something to do with people. And I want to recall something that some people here certainly already know – but one or two people here are so young that they were not born when I wrote my PhD thesis … Werner Lorenz: I was the first who read it … [Heiterkeit] Bill Addis: Tomas S. Kuhn tackled a similar kind of question in the development of science. He did not look at a particular piece of science – from 1920 to 1922 or something like that – but at the whole of science. He introduced the term ‹paradigm› to the world in a new way,4 namely as a collection of beliefs and activities centred around some sort of focus point – perhaps a bit like Norbert Nußbaum’s idea of the focus in the ellipse, which he presented yesterday. In doing so, Kuhn described in an abstract way what a scientific community is, and he used this abstract concept to help understand the entire history of science. With a certain amount of modesty, I try to do the same for engineering design. However, I focused my historical studies on the activity of design rather than the physical actions of doing, but these are clearly linked. But maybe I’ll take a look at the construction for my next PhD. [Heiterkeit] In my thesis5 I described what a design community is or could be, what kind of challenges or beliefs – «paradigms» – they have, and especially about the transformation over time from one community to the next. All this is perhaps completely embedded in the idea of progress and innovation as a special part of progress, and so I used Thomas S. Kuhn’s idea of a ‹scientific revolution› in my world of engineering design – a «design revolution». So many of the examples we have seen here yesterday and today are partly design revolutions. But they are also construction revolutions, developing new ways of doing things that build on what was done before. They explore a new area that was not possible to explore using the old way of thinking, the old way of doing, and that is a certain definition of a revolution. There comes a point when you can’t get any further with this old Denkweise, this way of thinking. It has a limit, and you need a different way of thinking to get somewhere else. That was my idea of the design revolution, and I think that there could also be the idea of a «construction revolution». That would be a useful direction to explore. Werner Lorenz: I fully agree with most of what you have said. Ich denke allerdings, wir sollten ein bisschen vorsichtig damit sein, nur die Revolutionen zu betrachten. Denn es gibt auch viele kleine Schritte, und das ist dann doch etwas anderes. Bei einer meiner ersten Veröffentlichungen, über die Geschichte des Dreigelenksystems,6 war genau das die Frage. Auch ich habe seinerzeit mit Thomas S. Kuhn argumentiert. Es gab damals dieses Denken, dass ein Bauwerk dadurch nicht besser würde, wenn man es immer fester zurrt. Vielmehr wollte man es laufen lassen, atmen und sich bewegen lassen. Dies hat dazu geführt, dass man erste, noch in Schalen geführte Gelenke entwickelte und dann schließlich Gelenkkonstruktionen. Nun war plötzlich Weichheit und Flexibilität gut und nicht mehr immer größere Festigkeit und Starrheit. Hier gab es für meine Begriffe solch einen Paradigmenwechsel, und der war befördert durch den Stahlbau, aber auch andere Impulse. Dies erscheint mir als gutes Beispiel dafür, dass wir auch die kleinen Sachen betrachten sollten, und nicht nur die großen.

Konstruktionssprachen: Ein sinnvolles Periodisierungsmodell?

Bill Addis: I did not explain the whole story. There is something we can call a second level of change, below a revolution. Thomas S. Kuhn unfortunately called it an «anomaly» – not a very comfortable word in design and construction. [Heiterkeit] We need a different term for that. But that is exactly what you just mentioned. Roland May: Aufgrund des bisherigen Verlaufs der Diskussion möchte ich gerne noch einmal kurz einen Schritt zurücktreten. Vor ungefähr einem Jahr trafen sich die Mitarbeiter des Lehrstuhls Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung und sagten: »Wir müssen irgendetwas machen, wenn unser Chef in Ruhestand geht.« Also, was macht man da? Es gibt eine gute akademische Tradition: die Festschrift. Wegen der Breite der darin behandelten Themen werden Festschriften aber allzu oft zum »Artikelgrab«. Daher suchten wir nach einer thematischen Fokussierung. Nur, welche wäre für Werner Lorenz passend? So kamen wir auf den Begriff der ›Konstruktionssprache‹ – ein Begriff, mit dem wir uns am Lehrstuhl alle herumschlugen, obwohl eigentlich keiner genau wusste, was er wirklich bedeuten soll. Die Idee war nun, eine experimentelle Veranstaltung zu machen, um zu schauen, ob der Begriff trägt. Letzten Endes war dies nicht nur ein Experiment, sondern auch eine Provokation. Und tatsächlich hat der Begriff hier in den vergangenen Tagen wirklich etwas provoziert – etwas, was ich persönlich in dieser Art noch nicht in der Community der Bautechnikgeschichte erlebt habe: Eine Veranstaltung, auf der man sehr viel über das Selbstbild diskutiert hat. Ich bin der Meinung – und das sage ich als Nicht-Bauingenieur –, dass die von Werner vorhin angesprochene Forderung nach neuen Ansätzen sehr wichtig ist. Oder wie Bill Addis soeben sagte: »We need a different way of thinking to get somewhere else«. Es gibt noch viel zu wenig von diesen neuen Ansätzen in der Bautechnikgeschichte, obwohl sie so dringend gebraucht werden. Nämlich, um genau diese Geschichte des – nennen wir es mal: »Ingeniösen« im Bauen zu erzählen. Eine Geschichte, die in den nahe verwandten Geschichtswissenschaften zumindest für bestimmte Epochen sehr unterbelichtet ist. Fraglos beschäftigt man sich in der Baugeschichte besonders bei den älteren Objekten häufig auch mit konstruktiven Fragen; gerade in der Archäologie oder der Bauforschung sind diese vielleicht sogar zentrale Inhalte. Sobald es aber komplizierter wird, oder sobald nicht mehr nur das konstruktive Gefüge – das ja häufig am besten erhalten bleibt – sondern auch die Gebäudehülle – also die venustas – des Bauwerks noch da ist, treten konstruktive Fragen völlig in den Hintergrund. Ich habe das im Rahmen meiner eigenen Forschungen zum Neuen Bauen beobachtet. Die gesamte Architekturgeschichtsschreibung beruft sich dort immer auch auf die Tradition des Ingenieurs, die Bedeutung des Konstruktiven für die moderne Bauweise. Schaut man dann einmal nach, was denn wirklich zu den modernen Bauweisen in der Architektur- oder Baugeschichte geschrieben worden ist, dann findet man erschütternd wenig. Und man bemerkt, dass dort im übertragenen Sinne nur Fassaden errichtet wurden. Deswegen mein Plädoyer dafür, neue Ansätze zu stärken. Zugleich erscheint es mir, als ob viele Teilnehmer dieser Veranstaltung dem Missverständnis aufsitzen, dass wir nachher hier herausgehen und sagen sollen: »In Zukunft periodisieren wir die Bautechnikgeschichte mit Hilfe von Konstruktionssprachen.« Nein, denn das ist ein ganz persönlicher Ansatz von Werner Lorenz, wenn er auch – wie wir gemerkt haben – für viele andere Leute sehr anregend sein kann. Gerade nach dieser Veranstaltung stellt sich für mich vielleicht auch weniger die Frage, ob »Konstruktionssprache« für uns alle ein Weg zum besseren Verständnis von Bautechnikgeschichte sein könnte. Das scheitert schon daran, dass die Bautechnikgeschichte – und das ist ja auch ihre ganz große Stärke – zum Thema des, sagen wir mal, technischen Umsetzens diese Vielfalt von Zugängen hat. Ich möchte aber zumindest Werner Lorenz darin bestärken, diesen Weg weiterzugehen und sein Buch zu

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schreiben, denn der große Rundumschlag wurde bis jetzt eigentlich nur im Buch von Bill Addis gewagt. Es ist wichtig, hierzu auch andere Perspektiven zu bekommen – gerade auch für die Bauingenieure, die in einer gewissen Geschichtslosigkeit verharren. Stefan M. Holzer: Werner, du hast diese Diskussionen mit der Bemerkung eingeleitet, dass das Konzept der Vorspannung bis auf die Antike zurückgeführt werden könnte, als man anfing, Stäbe heiß zu machen. Ich glaube, hier liegt eines der Kernprobleme unserer ganzen Disziplin: Dass wir diese Unveränderlichkeit, diese unglaubliche Langsamkeit der Entwicklung haben, dass Konzepte und konstruktive Ideen schon vor 2.000 Jahren da waren und eigentlich heute immer noch da sind. Dadurch ergibt sich dann natürlich auch eine Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen und umgekehrt eine Gleichzeitigkeit von völlig verschiedenen Dingen, die zu unterschiedlichen Zeiten dann einmal die Oberhand gewonnen haben. Es ist klar, dass da eine Idee von linearer Entwicklung überhaupt nicht passt, dieser Gedanke ist naiv. Aber auch mit einer Periodisierung tut man sich manchmal schwer, denn wir haben ja dieses Problem, dass wir eine Geschichte beschreiben, die unglaublich langsam ist und manchmal sogar fast als totaler Stillstand bezeichnet werden kann. Beispielsweise ist der Backsteinbau von 2000 v. Chr., wie wir ihn in der Stadt Mohenjo Daro im Industal (heute Pakistan) sehen, eigentlich immer noch dasselbe wie der Backsteinbau von 1900. Darin liegt, meiner Meinung nach, die Problematik begründet, dass wir uns manchmal etwas schwertun mit klassischen Instrumenten der Geschichtsschreibung oder mit klassischen Konzepten, eine Geschichte zu beschreiben. Eine Geschichte, die eigentlich gar keine Entwicklung zeigt und so keine Periodisierung erlaubt. Man kann das natürlich machen, aber man scheitert immer wieder an dieser unglaublich langsamen Entwicklung oder der Langsamkeit des Bauens. Ein Ausweg ist eben dieses Konzept der Konstruktionssprachen. Ich halte es auch für ganz wichtig, zu erkennen, dass es eigentlich gleichzeitig immer ganz verschiedene Zugänge zum Konstruieren gibt, von denen mal der eine, mal der andere wichtig ist. Denn das gestattet es uns tatsächlich, wie du ja auch ausgeführt hast, unser eigenes Handeln einmal in eine Perspektive zu setzen. Allerdings haben wir nicht mehr dieses Verständnis vom Ende des 19. oder dem Anfang des 20. Jahrhunderts, dass das Ingenieurswesen eine Speerspitze des Fortschritts sei. Das heißt: Die Konstruktionsgeschichte, die es schon um 1900 mit Leuten wie Georg Mehrtens gegeben hat – diese Konstruktionsgeschichte ist tot. Wir suchen jetzt nach einer neuen Konstruktionsgeschichte, und da müssen wir uns ganz klar bewusst sein, dass die Problematik der zeitlichen Unveränderlichkeit oder der unglaublichen Langsamkeit für unser Metier ein ganz dominierender Aspekt ist. Werner Lorenz: Den Hinweis finde ich schön, allerdings würde ich es so artikulieren: Es gibt eine Parallelität der Geschwindigkeiten. Zwischendurch gibt es in bestimmten Phasen extreme Schnelligkeit und wirklich radikale Veränderung, auch in nur wenigen Jahrzehnten der Praxis. Ich habe mir gedacht, wenn ich jetzt dieses Projekt angehe, eine Konstruktionsgeschichte zu versuchen, dann schaue ich mir vorher erst einmal Charles Darwin an. Im Grunde versucht er ja die Vielfalt der Welt und die Geschichte ihrer Vielfalt mittels eines genealogischen Modells zu erklären. Auch hier geht es manchmal ganz schnell. Aber es gibt eben auch diese Konstanten über Jahrtausende und ganz langsame Entwicklungen. Mario Rinke: Ich fand den Hinweis von Tom Peters sehr wichtig. Wissenschaftliche Ansätze zur Mentalitätsgeschichte oder Ideengeschichte gibt es ja eigentlich schon. Man denke etwa an Hans Blumenberg, der sich sehr stark mit diesen Strömungen auseinandergesetzt hat: Wie wir die Welt sehen,

Konstruktionssprachen: Ein sinnvolles Periodisierungsmodell?

wie wir sie früher gesehen haben und so weiter. Ich tue mich daher manchmal mit diesen Versuchen der Abgrenzung schwer, wenn wir sozusagen die Kunstgeschichte und die Baugeschichte wegschieben und uns gewissermaßen »emanzipieren« wollen. Das ist zwar auch wichtig, gleichzeitig muss man aber versuchen, die Techniken, die es dort gibt, zu benutzen und einzubinden. Interessant fand ich in diesem Zusammenhang auch, dass man hier allgemein die Idee zurückwies, es gäbe die Geschichte. Dass man eher für die Geschichten plädierte, ist doch ein sehr anerkanntes Anschauungsbild. Da reden wir von Gleichzeitigkeiten, die permanent sind. Es gibt diese großen Ideen der Globalgeschichte, die auch nicht versuchen, eine große Weltformel der Ereignisse darzustellen. Ich denke da etwa an die große Geschichte der Renaissance von Roeck7 oder des 19. Jahrhunderts von Osterhammel8, in denen versucht wird, über den gesamten Erdball einzelne kleine Strömungen aufzuzeigen und diese dann zu vernetzen. Ereignisse, die die Dinge zusammenbringen. Da können wir bei uns auch ansetzen, etwa mit der Industriellen Revolution oder mit wissenschaftlichen Entwicklungen, die zu unterschiedlichen Zeiten in den verschiedenen Regionen wichtig werden. Besonders wichtig fand ich auch den Beitrag von Karl-Eugen Kurrer und Volker Wetzk zu den Brückenlagern, nämlich als Ausgangspunkt für die Diskussion im Detail, die Technik der Objektgeschichte. Es ist ein sehr wirkungsvolles Sprechen mit der Praxis, wenn man nicht am Bauteil selbst hängen bleibt und sagt: »Wir zeichnen jetzt die Entwicklungskurve für das Bauteil des Brückenlagers«. Vielleicht können wir nämlich sogar hier mehrere Konstruktionssprachen entdecken, die von verschiedenen Leuten entwickelt wurden – mit verschiedenen Zielen, zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten. Man könnte versuchen, an einem Objekt nachzuvollziehen, welche verschiedenen Denk-Bewegungen, Konzeptionen dahintergesteckt haben, und dann Verknüpfungen herzustellen. Letztlich ist es doch die große Kunst, bei den kleinen Dingen – selbst, wenn es die Schraube ist, die wir im Detail anschauen – die Einflüsse sichtbarmachen zu können. Tom F. Peters: Instead of looking at the whole thing as a historical dimension, which means timedependent, we should perhaps look at it the way we as engineers and architects see things: as problemsolving. In other words, exactly the article Werner Lorenz wrote about the three-hinged arch in which he realised that it was not about resisting forces, but about adapting to the forces, can be applied to the difference between a Western European view of structural safety and perhaps a traditional Chinese one: as an adaptation to forces – especially earthquake forces – rather than a resistance of forces. It is therefore a problem-oriented and not a time-related dimension that is perhaps our way of understanding and writing history. Because, as engineers and architects, we want to solve problems. The case study approach, then, is our way of understanding where we have been, where someone has been before us and where we should go. This is not time-dependent, but depends on how we understand the problem, formulate a problem, and solve a problem – through the course of time. It does not matter whether it was in the 10th century or whether it was yesterday. Werner Lorenz: Da würde ich dir zustimmen, Tom. Karl-Eugen Kurrer: Ich will zunächst nur anmerken: Geschichte ist Zerstörung des teleologischen Scheins. Das ist wirklich wichtig, denn das schließt im Grunde genommen die Finalisierung von Geschichte – oder sagen wir: von geschichtlicher Bewegung – in Natur und Gesellschaft aus. Und hier würde ich dir, Werner, widersprechen: Natur steht auch eine Geschichte zu. Es gibt eine Naturgeschichte, das finde ich ganz wesentlich.

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Zur Methodendiskussion möchte ich folgendes sagen. Das Buch von Bill Addis9 hat mich seinerzeit sehr beeindruckt. Ich habe mir gedacht: Endlich kommt mal jemand, der das Revolutionsmodell von Kuhn – das damals diskutiert wurde – schöpferisch auf unsere Gegenstände anwendet. Besonders interessierte mich der Übergang vom elastic design zum plastic design, das ist wirklich sehr gut beschrieben. Ich habe davon profitiert und es eigentlich auch ein bisschen rezipiert. In den 1980er Jahren war ich nämlich auf der Suche nach irgendwelchen Maßstäben von geschichtlicher Interpretation: Was ist denn Ingenieurwissenschaft, was ist denn Technikwissenschaft? Es gab damals kaum jemanden, der solche Fragen stellte. In der DDR aber, in Dresden und auch in Rostock, da beschäftigte man sich mit der Disziplingenese. Das war für mich ein praktischer, ein pragmatischer Ansatz, um irgendwie weiterzukommen, denn ich konnte nicht endlos auf Inspiration warten … Deshalb nahm ich dann Kontakt auf mit Forschern wie Thomas Hänseroth und Klaus Mauersberger in Dresden oder Andreas Kahlow vom Institut für Theorie, Geschichte und Organisation der Wissenschaft der Akademie der Wissenschaften. Dort gab es interessante Ansätze, die konnte ich sozusagen arbeiten lassen und mit ihnen eine Materialgestaltung machen. Aber … mehr zu machen aus dem ganzen positiven Wissen, das man da so anhäuft – das ist auch mein Bedürfnis. Und als ich dann zu diesem Symposium eingeladen wurde, da dachte ich: »Konstruktionssprachen« …, das ist mehr als eine Sprechweise – das ist eine Chance, die Geschichte der Bautechnik tiefer zu verstehen … da hat Werner wirklich mal etwas Großartiges gemacht … [Gelächter], du hast natürlich viele großartige Sachen gemacht, viele Revolutionen angestoßen … Zum Beispiel war dein Aufsatz zur Entwicklung des Dreigelenksystems im Stahlbau von 199010 völlig neuartig – weil er sich eines Konzepts bediente und nicht nur positives Wissen aneinanderreihte. Das ist doch eigentlich auch der Grund, weswegen hier eine Veranstaltung über Konstruktionssprachen stattfindet. Ich hatte sofort auch Assoziationen zum Stahlbetonbau: Wie der »Eisenbeton« in den 1920er Jahren zu sich selbst kommt, sozusagen Stück für Stück ein Selbstbewusstsein entwickelt – das ist ein Gestaltungsprinzip, das man richtig verfolgen kann. Das Konzept der ›Konstruktionssprachen‹ kann also wirklich sehr nützlich sein. Wir sollten unbedingt weiter darüber diskutieren. Apropos Revolutionen – das Thema war für mich natürlich immer sehr wichtig: Industrielle Revolution, wissenschaftliche Revolution … Hier war ich gezwungen, mich jenseits der Bautechnikgeschichte umzuschauen. In Die Mechanisierung des Weltbildes11 behandelte Dijksterhuis etwa die Geschichte der Impetustheorie. Aber, diese Theorie war ja falsch. Von einem falschen Ansatz ging auch das ebenfalls von ihm beschriebene ptolemäische Weltbild aus. Trotzdem waren die sich darauf beziehenden astronomischen Karten noch exakter als jene des 16. Jahrhunderts, etwa die von Tycho Brahe. Da stellten sich mir natürlich Fragen nach dem Wert von »Wahrheit«, nach Wesen, Erscheinung und ähnlichem. Wichtig waren auch die Beschreibungen der Revolutionen in der Wissenschaft von Volker Bialas’ Erdgestalt, Kosmologie und Weltanschauung.12 Oder Sibylle Krämer mit ihrer Idee des operativen Symbolgebrauchs. Alle diese Arbeiten deuten natürlich darauf hin, dass Geschichte nicht linear ist, nie linear sein kann, immer ein offenes Projekt ist. Teilweise wird sie auch von uns gemacht, aber wir sind eingeflochten in einen großen geschichtlichen Zusammenhang, auf den wir letztlich keinen Einfluss haben: Das Gravitationsgesetz und die Geschichte der Sternensysteme – die können wir nicht beeinflussen. Aber das ist auch Geschichte, und das muss man berücksichtigen. Wenn wir über Gesellschaft reden, müssen wir auch über solche Dinge sprechen. Genau diese Zusammenhänge zwischen Gesellschaft und Natur und Denken – das sind die Fragen, die mich in den 1980er Jahren wirklich bewegt haben. Stichwort: Selbstorganisation der Materie. Was ist denn das? Braucht man Gott oder braucht man ihn nicht …? Albrecht Wiesener: Aber, jetzt sind wir im Jahr 2018, Herr Kurrer … [Heiterkeit]

Konstruktionssprachen: Ein sinnvolles Periodisierungsmodell?

Karl-Eugen Kurrer: Richtig! [lacht] Ich bin auch gleich fertig. Ich will nur noch auf die Vorbildwirkung der ganzen Diskussionen im angelsächsischen Raum hinweisen, mit Imre Lakatos oder Paul Feyerabend etwa. Nach all dem war ich froh, dass der Kuhn endlich einmal die Wissenschaftsgeschichte anpackte und gewissermaßen endlich einmal konkret wurde. Als ich dann darüber nachdachte, ob es solch einen Ansatz auch bei uns – in der Bautechnikgeschichte – gibt, da hast du, Werner, mit deiner Arbeit debütiert. Das war fabelhaft – so erhellend und doch ganz einfach. Bill Addis: I tried to follow some of these German philosophers of technology or Technikgeschichte from the 1960s and 1970s, and it was also very illuminating for me. However then something happened again in the English-speaking world, especially in the context of the American magazine Technology and Culture, which is probably still the most famous periodical for the history of technology. When I started doing my research, it contained quite a lot of technical papers. If you look at it now, you won’t find anything at all about engineering any more. [zustimmendes Gemurmel] It is all sociology, anthropology, religion, and so on. And I think that’s one of the problems. Of course listening to Norbert Nußbaum developing his argument last night – that was just like a piece of poetry for me. Also, in the discussion afterwards, in which he talked – very similar to what you just said Karl-Eugen – about the very broad range of influences on construction and on construction history. One of the problems, however, is that you are likely to miss the point of your story if you use that all the time – it is a bit like looking at a forest and not paying attention to the tree. Of course I think it is very useful to be aware of this very big picture. But – coming back to Werner’s remark about the Brussels conference and our international conferences of the last fifteen years – I consider it wonderful that there are lots of individual trees and I believe that it is a different activity to start talking about the whole forest. Werner Lorenz: Perhaps we should think again about our academy … Es gibt hierzu ja Überlegungen. Last year we had several meetings to discuss the idea of founding an International Academy for Construction History. The idea of this academy was to offer a place where questions could be discussed that go beyond individual investigations and research. And the last two days were really a little bit like what I had imagined with this International Academy for Construction History. Not a competitor to the various congresses, but something additional, something different, a place where one has the opportunity to reflect. Maybe we really should take up the idea again. Andreas Kahlow: Just a brief comment on that. On the one hand, I think it is important that we integrate our discussions into existing debates and talk about theories that are already being discussed in other circles. And that we do not separate our discussions from other results already achieved. Bill Addis has already mentioned it, but after the revolution in science 40 years ago another development followed. We have to be aware of these other developments and discuss them. Maybe we can use the term ‹language›, maybe not, we will see that. But making that connection is very important. Then, in my opinion, the second point is, as Tom Peters already mentioned, to make case studies – and to use everything that our community can offer. Bill Addis: I just want to remark that we have Santiago Huerta sitting in the back of the auditorium, and I guess Santiago can say something about a topic we often talked about, which is the evolution of the discipline of the history of science since the 1910s and how that has inspired him.

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Santiago Huerta: Well, some 30 years ago we started to think about whether construction history could become an independent discipline. In the early 1980s the first thing I had done was to create a bibliography – a bibliography that I never finished. Very soon I discovered that there was a wealth of material in the journals for engineering, archaeology, architecture, or medieval studies. There was also a long tradition of scholars in the 19th century: Eugène Viollet-le-Duc, Robert Willis, Georg Gottlob Ungewitter, and there were also the handbooks, Handbücher, which contained the old traditions of building. And all this mass of material had been ignored. However it was very difficult to use this material because it was widely scattered. That’s why I felt the need to build a discipline, which I think in the meantime has been built. Of course I was aware of people like Tom F. Peters, Jacques Heyman, Rowland J. Mainstone, KarlEugen Kurrer, or Rainer Graefe due to their publications. But now the question was, how to establish this discipline? As Bill Addis said, we had an example, namely how the history of science had been built up. The history of science is an invention – an invention of the 20th century. Of course in every 19th-century handbook about electricity, about statics, whatever, there is a short historical overview of the subject. But the attitude of the scientists was: «I do science. I do not write about the history of science – because I am a scientist». So they disguised the history of science. It was a man in Belgium, George Sarton, who devoted himself to this task. He was not alone; of course there were other people. But I think he was determined to convert this scattered information into a discipline. In 1913 he founded Isis, then came the First World War. He hid, actually buried his books and materials in Belgium and went to the USA. After four years he came back and dug out his books again. He sold the company of his family, he worked hard, he dedicated his whole life to this task. In the 1930s and 1940s he taught at Harvard and had about eight PhD students a year, sometimes less. It was not until the 1950s that the discipline exploded – after 30, 40 years of work. After the Second World War there was plenty of money. The universities changed and then suddenly, when he was at the end of his career, Sarton had 100, 200 students. Like Noah or Moses – a long way through the desert. Well, I find this story inspiring. It is not easy. As a discipline we need a lot of effort, many ideas, many approaches to move forward. Our generation will not set the keystone; it will be the next generation that is also represented in this room now. Of course, it is like in the famous travels of Ulysses: there are a lot of perils. George Sarton also wrote – and he wrote a lot. Almost a third of Isis was written by himself; he wrote articles, he wrote reviews of books, he really wrote quite a lot. There was a series of articles he published on teaching history of science and the title was Is It Possible to Teach the History of Science?13 Over a period of 20 years he wrote a large number of excellent essays – well, there we have another problem for us. Probably each of us could give a proper lecture on a particular subject. But could we offer a comprehensive course on construction history, similar to the history of art or the history of the Renaissance? To some extent we would get into trouble, as some subjects are known to us, but many others are not. For some fields there is a lot of information, e.g. on Roman or medieval constructions there are thousands of books. But not on Islamic constructions. Information on this subject comes from archaeological journals. So if you want to know how the vaults of Islamic countries were actually built, then you have a problem. I mean, you need a lot of research just to find out who wrote what. And in this context, I think one danger might be to lose sight of the objective. And that’s exactly what happened in the history of technology. The history of technology flourished in the 1960s and 1970s and produced wonderful

Konstruktionssprachen: Ein sinnvolles Periodisierungsmodell?

books: Ladislao Reti, Rupert Hall, Derek J. de Solla Price – all these great personalities who published on the history of technology, it was a real pleasure. And today? Now technology itself no longer plays a role. Now there is sociology, typology, iconographic history, because they wanted to open the field. In fact Lynn T. White, one of the great historians of the 1960s, claimed that this would be a way to give the discipline a certain unity, because the field of technology was too broad. The «mortar» was supposed to be the idea of culture. That was the idea in the 1960s. I think we know they were wrong. And that’s a good thing for us, because we can see the mistakes that have been made in the previous experiences. I see very clearly that there is currently a particular period in our discipline in which we should try not to think in too many directions. Of course the idea of the language of construction is attractive and could be rejuvenating in some cases. But we should not lose sight of the fact that we are still in the process of building up something. We are climbing a mountain – maybe this is not the best place to philosophise. Werner Lorenz: Nehmen wir das als Schlusswort? Sabine Kuban: Yes, this was a very good closing remark, so to speak. However I would like to say once again, also with regard to Roland May’s contribution, that this conference has been an experiment. I think – and I am sure that I can say this on behalf of the whole working group organising the conference – that the outcome and the discussions have been more than we hoped for. So I would like to thank all of you for attending, also for staying with us the whole time of the symposium. But before we leave, Werner Lorenz would like to have the opportunity to say a few last words. Werner Lorenz: Entschuldigen Sie, dass ich diese Worte in Deutsch spreche. Ich spreche langsam, dann verstehen Sie es vielleicht auch. Ich will gar nicht mehr lange sprechen. Albrecht Wiesener hatte mich gefragt: »Willst du abschließend ein paar Worte sagen?« Und was habe ich mir hierfür heute Morgen aufgeschrieben? Ich bin richtig berührt, dass wir über drei Tage einen richtigen Diskurs geführt haben. Es war wirklich ein Diskurs. Wir haben gute fachliche Vorträge gehört – wir hatten ja auch großartige Gäste: Sie, Euch. Aber wir haben uns auch gestritten und wir hatten unterschiedliche Meinungen. Wie schön: Wir hatten unterschiedliche Meinungen! Das schlimmste ist doch, wenn alle immer die gleiche Meinung haben. Wir haben, wenn man so will, eine Metaebene von Bautechnikgeschichte berührt, ein bisschen über Theorie und Geschichte der Bautechnikgeschichte gesprochen. Das ist doch mal gut. Das war gut. Und wir sind immer und immer neu um den Begriff Konstruktion gekreist. Wir reden über construction und construction history und ich habe mir heute Morgen einfach noch einmal ein Zitat von Paul Valéry aus dem Rechner herausgesucht. Paul Valéry war ein Poet und Philosoph des späten 19., frühen 20. Jahrhunderts und hat unter anderem eine faszinierende Studie über Leonardo da Vinci geschrieben, die unter dem Titel Introduction à la méthode de Léonard de Vinci erschien.14 Diese Studie, die ich übrigens auch durch diese Freundin kennenlernte, die immer so kluge Vorschläge gemacht hat, wurde schon 1894 verfasst. Darin ist ein so schöner Satz: »[…] wer sich nie an das Abenteuer einer Konstruktion gewagt hat, […] wer nicht auf dem blanken Weiß der Seite ein Bild geschaut hat […] und wer nicht im lichten Luftraum ein nicht vorhandenes Bauwerk erblickt hat, wen nicht Schwindel angesichts des Abstandes von einem Ziel ergriffen hat […] – der kennt auch nicht […] den Reichtum und die Ergiebigkeit und die geistige Spannweite, die den Tatbestand des Konstruierens erhellt.« Diesen Lobgesang auf die Schönheit des Konstruierens wollte ich Euch noch mitgeben.

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Eigentlich wollte ich aber danken und das mache ich jetzt schnell. Am 1. Februar 1993 trat ich meine Professur an. Ich hatte mir das ausbedungen, weil es mein 40. Geburtstag war, denn ich wollte mir merken können, wann ich angefangen habe. An meinem 40. Geburtstag also. Und ich weiß auch noch, dass ich dann erst am Zweiten zum Dienstantritt erschien. Jetzt ist der Lehrstuhl also über 25 Jahre alt. Was mir in diesem Zusammenhang extrem wichtig ist, wissen alle, die hier sitzen: Dieser Lehrstuhl hat eine Geschichte der Menschen, die an ihm gearbeitet haben. Und das sind viele. Das sind die Mitarbeiter, die schon lange nicht mehr da sind. Es hat mich sehr gefreut, dass einige heute hier sind. Claudia Hennrich war Mitarbeiterin der allerersten Stunde, die erste wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl. Mittlerweile ist sie seit vielen Jahren in Quedlinburg sehr aktiv und engagiert im Denkmalbereich tätig. Es ist Michael Fischer da. Inzwischen betreibt er sehr erfolgreich ein eigenes Ingenieurbüro in Berlin, in dem ich nur noch Gast bin. Ich erinnere mich an seine schöne und viel beachtete Dissertation über Steineisendecken, die auch das repräsentiert, was diesen Lehrstuhl ausmachte: unseren Versuch, zwischen Geschichte und Praxis zu vermitteln. Lydia Hahmann sehe ich gerade erst dort sitzen, entschuldige, auch du warst ganz wichtig. Es sind andere vertraute Gesichter hier, ehemalige und noch aktuelle Doktoranden, die ich zum Teil lange nicht gesehen habe, wie zum Beispiel Johanna Mähner oder Thi Mai Hoa Häßler. All diese Menschen haben die Geschichte des Lehrstuhls geprägt und ihn, so glaube ich, in diesen 25 Jahren ganz erfolgreich gemacht. Alle waren sie wichtige Stützpfeiler, bis hin zu Mark Gielen, unserem wunderbaren Visualisator, der bisher allen Abwerbeversuchen widerstanden hat, selbst als man ihn in seine Heimatregion »zurücklocken« wollte. Und natürlich Karin Schwarz, die den Lehrstuhl organisiert hat. Mit ihr hatte ich unlängst »Silberhochzeit«. Wir waren 25 Jahre ein »Paar«: Sekretärin und Professor. Auch so etwas ist schon erstaunlich. Ihr macht es alle aus. Und dann natürlich auch das aktuelle Team, das diese Tagung vorbereitet hat, bitte ohne jede Reihenfolge: Roland, Volker, der gar nicht mehr zum Lehrstuhl gehört, Sabine, Clara, Bernhard, Michael, der vor eineinhalb Jahren zum Lehrstuhl hinzugekommen ist, und natürlich unser Koordinator Albrecht Wiesener. Ich möchte Euch wirklich ausdrücklich danken! Das war ein wunderbares Geschenk von Euch. Es ist besser als alles, was ich mir vorstellen kann: Eine Tagung, zu der freundliche, liebe und vor allem exzellente Leute kommen – und wir reden über Konstruktion! Ihr habt mit dieser Tagung bewiesen, dass ihr auf der internationalen Szenerie der Construction History mitspielen könnt. Und einzelne von Euch sind längst international angesehene Persönlichkeiten geworden. Volker Wetzk, der damals ganz wesentlich den Dritten International Kongress vorbereitet hat und den jeder in der Szene inzwischen kennt. Oder Roland May, der in Brüssel gleich zwei thematische Sessions angeboten hat. Das ist der Lehrstuhl. Und das Wichtigste ist: Wir haben es geschafft, so glaube ich, ein Team zu sein. Vielleicht haben wir uns zwischendurch auch mal nicht ganz so gut verstanden, aber insgesamt kam das einfach hin. Wir haben es geschafft, ein Team zu sein – das ist die schönste Geschichte dabei und dafür bin ich zutiefst dankbar. Es waren beruflich 25 fantastische Jahre. Ich danke natürlich auch allen, die die Mühe auf sich genommen haben, nach Cottbus zu kommen. Ihr seid gekommen, aus vieler Herren Länder, ihr habt euch vorbereitet – und wir haben die Veranstaltung zusammen machen können. Ausblick! Ich sagte vorhin schon, dass ich immer die Sorge hatte, die würden das alles nur machen, um sicherzustellen, dass ich dann auch wirklich weg bin. [Heiterkeit] Aber ich muss Euch enttäuschen. Wir haben nun eine Konstellation gefunden, in der ich weiterhin ein Verhältnis zur BTU haben werde. Es wird den neuen Lehrstuhlleiter geben: In drei Tagen tritt David Wendland zunächst einmal eine Vertretungsprofessur an. Ich hingegen werde – das hört sich so großartig an – einen wissenschaftlichen

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Hilfskraftvertrag bekommen. [Gelächter] Nun gut, ich werde auch noch Honorarprofessor. Den Titel habe ich am Donnerstag verliehen bekommen: Honorarprofessor für Bautechnikgeschichte. Das hört sich auch sehr gut an. Damit ich aber auch Vollmitglied der Universität sein kann, und das ist der Sinn der ganzen Angelegenheit, auch Geld verwalten kann, auch Drittmittel beantragen oder verwenden kann, muss ich irgendwie ein Beschäftigungsverhältnis haben. Und deswegen werde ich Honorarprofessor und wissenschaftliche Hilfskraft zugleich. Und ich weiß noch nicht, was ich in meine Email-Signatur unten hineinschreibe: »Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl Bautechnikgeschichte« oder »Honorarprofessor«, das ist noch offen. [Heiterkeit] Kurz und gut: Die Drohung ist wahr geworden, ich werde Euch weiter erhalten bleiben und ich hoffe natürlich auf ganz viele weitere Diskussionen. Letzter Satz. Ich wünsche allen, dass sie gut nach Hause zurückkommen. Herzlichen Dank – und auf ein Neues!

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Transkription: Michael Maria Bastgen, Bernhard Heres, Sabine Kuban, Clara Jiva Schulte, Volker Wetzk. Editorische Bearbeitung: Roland May. 1 2 3 4 5

Lorenz 2006. Oswalt et al. 1990. Lorenz 1995. Kuhn 1962. Addis 1986.

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Lorenz 1990. Roeck 2017. Osterhammel 2009. Addis 1990. Lorenz 1990. Dijksterhuis 1956. Bialas 1982. Sarton [1948] 1952. Valéry 1895.

In der Diskussion erwähnte Literatur Addis 1986 W. Addis: Theory and Design in Civil and Structural Engineering. A Study in the History and Philosophy of Engineering. Diss. Univ. of Reading (1986). Addis 1990 W. Addis: Structural Engineering. The Nature of Theory and Design, Ellis Horwood Series in Civil Engineering (New York 1990). Bialas 1982 V. Bialas: Erdgestalt, Kosmologie und Weltanschauung. Die Geschichte der Geodäsie als Teil der Kulturgeschichte der Menschheit, Vermessungswesen bei Konrad Wittwer 9 (Stuttgart 1982). Dijksterhuis 1956 J. E. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes (Berlin et al. 1956). Kuhn 1962 T. S. Kuhn: The Structure of Scientific Revolutions (Chicago, London 1962). Lorenz 1990 W. Lorenz: Die Entwicklung des Dreigelenksystems im 19. Jahrhundert, Stahlbau 59.1990, 1, 1–10. Lorenz 1995 W. Lorenz: Konstruktion als Kunstwerk. Bauen mit Eisen in Berlin und Potsdam 1797–1850 [Die Bauwerke und Kunst­denk­ mäler von Berlin, Beiheft 25] (Berlin 1995).

Lorenz 2006 W. Lorenz: Von Geschichten zur Geschichte, von Geschichte zu Geschichten: Was kann Bautechnikgeschichte?, in: T. Meyer / M. Popplow (Hg.): Technik, Arbeit und Umwelt in der Geschichte. Günter Bayerl zum 60. Geburtstag (Münster et al. 2006) 221– 237. Osterhammel 2009 J. Osterhammel: Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts (München 2009). Oswalt et al. 1990 P. Oswalt et al. (Red.): Architektur – Kunst des Machens = Architecture – art of making. Symposion, 6./7. November 1990, der Studenten an der TU Berlin. Hg. von der SymposionAG TU Berlin (Berlin 1990). Roeck 2017 B. Roeck: Der Morgen der Welt. Geschichte der Renaissance (München 2017). Sarton [1948] 1952 G. Sarton: Is It Possible to Teach the History of Science? (1948), in: G. Sarton: A Guide to the History of Science. A First Guide for the Study of the History of Scienc. With Introductory Essays on Science and Tradition (Waltham, Mass. 1952) 44–68. Valéry 1895 P. Valéry: Introduction à la méthode de Léonard de Vinci, La Nouvelle Revue 17 (95), 1895, 742–770.

Lust auf mehr Gedanken zur Zukunft des Konstruktionssprachenmodells im Rückblick auf die Tagung Werner Lorenz

Wie üblich erwies sich die Aufbereitung des Ta­gungs­bandes als ein langer und auch mühevoller Weg. Recht genau zwei Jahre liegt das Kon­struk­ tions­sprachen-Kolloquium inzwischen zurück; den Methoden der Geschichte der Bau­technik gewidmet, ist es schon selbst ein Teil dieser Geschichte geworden. Jetzt hat das Heraus­geber*innen­team das Werk vollbracht, der Band steht. Die mit großer Sorgfalt verschriftlichten Beiträge bieten mir Gelegenheit, das Spektrum der Texte und Thesen, Fragen und Kritiken noch einmal Revue passieren zu lassen und aus wohltuender Distanz die entscheidende Frage zu stellen: Was folgt daraus für den kon­struk­tions­sprachlichen Ansatz einer Historio­graphie der Bautechnik? Das Angebot der Herausgeber*innen für einen kurzen rückschauenden Ausblick nehme ich gerne an. Unverkennbar durchzieht einen Gutteil der Studien bei aller Sympathie für den »Cottbuser Weg« doch eine erhebliche Portion Skepsis gegenüber dem Konzept Konstruktionssprache. Sie betrifft zunächst Grundsatzfragen der Sprach­analogie. Tatsächlich sind die Un­zu­läng­lich­ keiten des bislang allenfalls skizzenhaft entwickelten und noch nicht wirklich erprobten Ansatzes ja offenkundig und nicht zu ignorieren: Wo beginnen, wo enden denn Konstruktionssprachen – sowohl bezogen auf ihren Sprachraum als auch auf ihre Entwicklung im Lauf der Zeiten? Und wie fasst man Sprachräume – wo liegen die Grenzen zwischen eigenständigen Sprachen auf der einen und lediglich variantengleichen Ausformungen im Sinne von Dialekten auf der anderen Seite? Lässt sich der Verlauf wohlbekannter historischer Prozesse

– etwa im Konstruieren mit Holz, Kunst- oder Naturstein – tatsächlich mit der vorgeschlagenen Periodisierung der Sprachentwicklung und den ihr zugehörigen Phasen abbilden? Und vor allem: Wenn die Analogie sich im Wesentlichen auf Struktur und Linguistik beschränkt, macht sie dann überhaupt einen Sinn? Zweck und Kern jeder Sprache ist doch die Kommunikation; ihr zu eigen ist die linguistische Dimension, gewiss, aber originär und primär doch die semantische: Warum gleichwohl Konstruktions»Sprache«? All diese Fragen können nicht überraschen – sie sind vielmehr ein Arbeitsauftrag. Darüber hinaus aber bezieht sich die Skepsis auf eine generelle Frage: Wozu überhaupt bedarf es einer wie auch immer gearteten übergreifenden Geschichts­ konstruktion? Es sei dafür schlicht noch nicht an der Zeit, so Santiago Huerta: Wir hätten eine Disziplin begründet, die zunächst einmal in einer Vielfalt von Einzel­studien ihren ganzen Reichtum entfalte und entfalten solle: Wir bestiegen gerade erst den Berg, da seien wir noch nicht am rechten Ort zum »philosophieren«. Ähnlich klingt es bei Bill Addis: »I consider it wonderful that there are lots of individual trees and I believe that it is a different activity to start talking about the whole forest.« Derartige Sichtweisen decken sich mit dem Bild, das etwa die Proceedings der seit 2003 ausgerichteten, inzwischen insgesamt sechs Internationalen Kongresse der Construction History hinterlassen. Mittlerweile weit über tausend oft beeindruckende Papers berichten von Bauten aus dem letzten Winkel von Raum und Zeit, auch Grundzüge einer belastbaren Methodik zeichnen sich ab. Die Frage aber, ob und wie sich diese

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vielen Geschichten zu einer Geschichte zusammenführen lassen sollten, ist ebenso wenig ein Thema wie jene, wem wir sie eigentlich erzählen und wozu. Diese Seite der Skepsis macht zutiefst nachdenklich, betrifft sie doch unseren grundsätzlichen Anspruch an Geschichtsschreibung. Mit aller Macht hat sich vor drei Jahrzehnten mit der Implosion des »Ostblocks« und dem Fall der Mauer das Undenkbare, das Unvorhersehbare in die Geschichte gedrängt. Aktuell sind wir Teil eines vor einem Jahr noch unvorstellbaren Phänomens – einer Pandemie, die aus dem Nichts alle Gewissheiten in Frage stellt. Wer lässt sich da noch zu Prognosen hinreißen, wer wagt da noch die große Erzählung? Immer neu zerbersten selbst deren erste neue Ansätze. Foucaults radikale Reduktion von Geschichte auf eine Abfolge von Praktiken war ja nichts anderes als ein Angebot in dieses Vakuum hinein, in dem wir uns bereits seit dem »Ende der Moderne« zu verlieren begonnen haben und in dem wir nach wie vor, aller Gewissheiten beraubt, nach Halt suchen. ›Archäologie des Konstruierens‹ und ›Genea­ logie der Praktiken‹: Albrecht Wiesener hat im Gespräch zu Recht darauf verwiesen, dass dies für mich zwei Schlüsselbegriffe historischer Arbeit in jenem Vakuum waren und sind. Und auch wenn die vielzitierten »scholars from all over the world« es nicht bewusst so nennen und benennen, beschreiben die beiden Termini letztlich recht genau eben das, was Bautechnikgeschichte momentan macht und ausmacht: Wir graben aus, und wir heften immer neue Geschichten an eine gewaltige Pinnwand namens Construction History. Und erfreulicherweise sind es längst nicht mehr nur Geschichten von Konstruktionen, sondern auch von dem, was ihnen vorangeht, dem Konstruieren. Das Verständnis von Geschichte als Schichtung von Bauten und Praktiken ist zur Grundlage der gegenwärtigen Praxis von Bautechnikgeschichte geworden. Gleichwohl ist der Begriff der Genealogie originär mit weitergehenden Ansprüchen verbunden. Genealogie will nicht nur dokumentieren. Sie will auch erklären, und ihr Resonanzboden ist das Heute:

Warum sind wir so geworden, wie wir sind – und ginge es auch anders? Vor diesem Resonanzboden entwickelt sie ihre Fragen. Erst daraus erwächst ihre Legitimation, erst damit macht sie Sinn, erst damit wird sie spannend auch für Menschen jenseits der eigenen Community. Wenn Michel Foucault historische Praktiken des Umgangs mit »Irren« oder Straftätern bis hinein in die Topographie der »Irrenanstalten« und Gefängnisse untersucht, dann ist seine Projektionsfläche doch stets die Gegenwart. So beiläufig dies erscheinen mag, so radikal verändert es nicht nur das Er­kenntnis­ interesse, sondern auch die Relevanz genealogisch orientierter Geschichts­arbeit. Einem derartigen Verständnis der Dialektik von Praktik und Genealogie freilich stellt sich Bau­ technik­geschichte bislang kaum. Ihre Resonanz­ böden sind Nachbardisziplinen wie die Architekturoder Technikgeschichte, ins Heute weist in der Regel allenfalls ihre Partnerschaft mit der Denkmalpflege. Zwar ist sie längst mehr als eine selbstbezogene Liebhaberei, im Konzert der Wissenschaften aber versteht sie sich am ehesten als Grund­lagen­ wissenschaft und hofft, tatsächlich als letztere zunehmend anerkannt, möglichst etabliert und weiterhin mehr oder weniger finanziert zu werden. Fragil freilich bleibt eine derartige Konstruktion allemal. Und vor allem kommt auch Grundlagen­ wissenschaft heute nicht umhin, ihre Relevanz immer neu unter Beweis zu stellen. Bautechnikgeschichte darf deshalb nicht nur im Sammeln von Praktiken verharren. Allen Vor­be­hal­ ten und Ungewissheiten zum Trotz muss sie versuchen, jene wenigstens zu Genealogien zusammenzufügen und damit (zumindest: auch) das Heute zu erklären. Welches Heute? Fast klingt es zu einfach: Die erste und wichtigste Gegenwart von Bau­ technik­geschichte ist die heutige Bautechnik. Man möge mir die altbackene Wendung verzeihen, aber gehört es nicht zu den vornehmsten Aufgaben unserer Disziplin, die immer wieder scheinbar selbstverständlichen Praktiken heutigen Bauens und Planens in ihrem Gewordensein zu erklären und vor allem in Frage zu stellen?

Lust auf mehr

Und ein Zweites gilt es zu beachten: Genealogie ist mehr als eine Zettelsammlung an der Pinwand. Sie ist weit davon entfernt, an die Stelle der alten, obsolet gewordenen großen Erzählungen eine neue zu setzen. Und doch bedarf sie einer Struktur – jeder Stammbaum hat eine Ordnung. Als deren Grundlage lassen sich für die Bautechnikgeschichte diverse Kategorien denken, so etwa Konstruktionskulturen, Konstruktionssysteme oder vielleicht gar einfach nur Konstruktionsweisen. Mich persönlich hat das Kolloquium jedoch gerade darin bestärkt, für eine solche genealogische Strukturierung von Praktiken das Konzept der Konstruktionssprache erst recht weiterzuverfolgen. Weitaus klarer als zuvor zeichnen sich seine Umrisse ab – sei es im Lichte der linguistischen Überlegungen Regula Schmidlins zur Reifung und Standardisierung von Systemen, sei es im Ergebnis der verschiedenen Erprobungen und Anregungen aus partiellen Referenzräumen, sei es in Auseinandersetzung mit den aus unterschiedlichen Sichten geäußerten Zweifeln. Und damit komme ich zurück zum eingangs benannten »Arbeitsauftrag«. Er fordert Antworten auf zwei zentrale Fragen, die hier abschließend zumindest skizziert seien. Die erste bezieht sich auf Struktur und Kenn­ zeichen des konstruktionssprachlichen Ansatzes: Wie lässt er sich präziser und widerspruchs­ärmer formulieren? Wir haben gesehen: Den Ausgangspunkt einer als Vielzahl von Konstruktionssprachen ver­stan­ de­nen Bautechnikgeschichte bildet die Beobach­ tung von Praktiken des Konstruierens entlang bestimmter Pfade. Sie verlaufen diachron durch die Jahr­tausende menschlichen Bauens und lassen sich wohl am ehesten an unterschiedlichen Werk­stoffen, vielleicht aber auch an übergreifenden Prinzipien wie etwa zugbasiertem Last­ abtrag oder Vor­spannung festmachen. Welche Konstruktionen entwickeln die Menschen entlang dieser Pfade, und wie tun sie dies? Der Ordnung der Beobachtungen dient dann die zunächst allein linguistisch genutzte Sprach­analogie. Indem sie

der Ausformung von Vokabular, Grammatik und Syntax des Konstruierens auf den einzelnen Pfaden nachgeht, gibt sie der Vielzahl und dem steten Zufluss weiterer beobachteter Praktiken Halt und Struktur. Gemeinsamkeiten und Traditionslinien, Unterschiede und Brüche werden erkennbar. Mit Bezug auf die Fragen von Regula Schmidt sind die Kon­struk­tions­sprachen auf der Ebene der Langue – also des Systems einer Einzel­sprache – zu verstehen, inhaltlich zunächst abgegrenzt entlang der unterschiedlichen Pfade; gegebenenfalls können regional signifikante Unterschiede jedoch auch ganz eigenständige Sprachräume definieren, die mehr sind als nur frühe Varietäten oder Dialekte. Die genauere Periodisierungsmethodik und das dazugehörige Phasenmodell werden noch zu klären sein. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die Frage, ob sich etwa für das Konstruieren mit Metall im Lauf der Jahrtausende sukzessive mehrere eigenständige Konstruktionssprachen ausgeformt haben, die jeweils in längere Zeit gültige kodifizierte Standard­ sprachen ausliefen, oder ob die gesamte Sprach­ genese nicht eher in einem einzigen, flexibleren Phasen­modell abgebildet werden sollte. Die zweite Frage betrifft den generellen Sinn der Sprachanalogie: Welche Chancen und Poten­ zi­ale eröffnen sich durch ihre Anwendung, oder, wie James Campbell es im Fazit seines Textes formuliert hat: Ist die Analogie nützlich, um über die Identifikation regionaler Ausformungen hinaus zu weiteren Erkenntnissen über die Entwicklung der Kon­struk­tions­geschichte an sich zu kommen? Offenkundig lassen sich gleich mehrere Qualitäten erkennen. So befreit die Beschreibung von Bau­ technik­ge­schich­te entlang technisch definierter Pfade sie endgültig von den Bindungen vornehmlich abend­ländisch geprägter baugeschichtlicher Epochen und bietet die Chance, die verschiedenen Kon­struk­tions­geschichten dieser ganzen Welt nicht mehr nebeneinander, sondern als Einheit zu lesen. Indem die Sprach­analogie sich dabei auch der semantischen Dimension öffnet und sich etwa auf das von Norbert Nußbaum benannte elliptische Modell mit den Brenn­punkten Kommunikation und

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Kognition einlässt, ergeben sich neue Möglichkeiten zur Untersuchung von Einflussfaktoren und Wechsel­beziehungen – zwischen Konstruktionsund Architektur­sprache ebenso wie zu der von Karl-Eugen Kurrer benannten Symbolsprache der Ingenieure; die von Volker Wetzk und ihm dargelegte Konstruktionssprache der Lager im Stahlbau gibt gerade dafür ein beredtes Beispiel. Vor allem aber nimmt die Sprachanalogie die Geschichte der Bautechnik konsequent aus der Sicht des Konstrukteurs in den Blick und kann unter Nutzung des Phasen- und Reifungsmodells zentrale Fragen jeder kon­struk­tions­ge­schicht­lichen Entwicklung behandeln. »Natürlich gibt es keine Sprache konstruktion, die wie Hegels Weltgeist der Bau­ die Geschichte durchstreift« postuliert Norbert Nußbaum – aber gibt es nicht doch eine Logik des Materials, einen vorgezeichneten Pfad der Sprach­ entwicklung, den es zu finden gilt? Mussten sich die genormten Standard­sprachen vielleicht letztendlich

so entwickeln, wie sie geworden sind? Wohl keine andere Dimension von Konstruktions­sprache eröffnet derartige Brücken zwischen Geschichte und Gegenwart. Diese kulminieren in der Frage: Wo steht denn heutiges Konstruieren? Das Modell der Konstruktionssprache bleibt ein fortdauerndes Experiment. Erst die Anwendung wird erweisen, ob sich daraus tatsächlich ein Theorem entwickeln lässt, das dazu beiträgt, (wie bereits in der Schlussdiskussion sei noch einmal Paul Valéry zitiert) »den Reichtum und die Ergiebigkeit und die geistige Spannweite, die den Tatbestand des Konstruierens erhellt«, in seiner ganzen historischen Vielfalt immer besser aufzuzeigen. Ich hoffe, dazu in den kommenden Jahren noch einiges beitragen zu dürfen – und dabei ungeachtet aller akademischer Systematisierungen doch das Staunen über und das Vergnügen an den immer neuen Facetten der Schönheit von Konstruktionsgeschichte nicht zu verlieren.