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German Pages 289 [292] Year 2012
Justinian
Neue Wege der Forschung
Justinian Herausgegeben von Mischa Meier
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. © 2011 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Umschlaggestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart Umschlagabbildung: Kaiser Justinian. Detail eines Mosaiks im Chor der Basilika San Vitale in Ravenna, 6. Jh. n. Chr. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-534-23001-3 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): 978-3-534-70555-9 eBook (epub): 978-3-534-70556-6
Inhalt Mischa Meier Justinian – zur Einführung .............................................................7
I.
Justinian in der Forschung ........................................................13 Hartmut Leppin (K)ein Zeitalter Justinians – Bemerkungen aus althistorischer Sicht zu Justinian in der jüngeren Forschung ...........13
II.
Herrschaft und Religion ............................................................39 Karl Leo Noethlichs Quid possit antiquitas nostris legibus abrogare? Politische Propaganda und praktische Politik bei Justinian I. im Lichte der kaiserlichen Gesetzgebung und der antiken Historiographie .............................................................................39 Roger D. Scott Malalas, the Secret History, and Justinian’s Propaganda .............58 Hartmut Leppin Zu den Anfängen der Kirchenpolitik Justinians ...........................78 Karl-Heinz Uthemann Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe...................100
III.
Herausforderungen und Bewährungsproben ........................174 Geoffrey Greatrex The Nika Riot: A Reappraisal ....................................................174
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Inhalt
Karl-Heinz Leven Die „Justinianische“ Pest............................................................216 Mischa Meier Das Ende des Konsulats im Jahr 541/42 und seine Gründe. Kritische Anmerkungen zur Vorstellung eines ,Zeitalters Justinians‘ ...................................................................................250
Auswahlbibliographie ................................................................287
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Justinian – zur Einführung Antike und mittelalterliche Herrschergestalten leben in der Erinnerung einer breiteren Öffentlichkeit vor allem dann weiter, wenn sie sich als Kristallisationsobjekte für liebgewonnene Assoziationsmuster eignen, wenn sie sich als Projektionsflächen bewähren: Augustus, der Friedenskaiser und Begründer der römischen Monarchie; Traian, der energischste Feldherr unter den Caesaren; Konstantin, der erste christliche Herrscher über das Imperium Romanum; Theoderich, der friedliebende, auf Integration zielende Ostgote im vormals römischen Italien; Heinrich IV., der sich gegen den Papst auflehnte. Häufig funktioniert dieser Mechanismus auch dann, wenn die geläufigen Assoziationen höchst zweifelhaft oder längst widerlegt sind, so etwa beim ‚wahnsinnigen‘ Caligula, beim ‚Brandstifter‘ Nero oder auch beim ‚Vater Europas‘ Karl d. Gr. In solchen Fällen überlagern sich populäre Herrscherbilder, die aber letztlich erst die Popularität bestimmter Herrscher und damit ihr Fortleben in der Erinnerung sichern, mit den Ergebnissen neuerer historischer Forschung. Kaiser Justinian I. (527-565) gehört in die Reihe dieser Persönlichkeiten. Er gilt weithin als grandioser Gestalter und Vollender, als Bindeglied zwischen dem antiken Römischen und dem mittelalterlichen Byzantinischen Reich, als Herrscher, dem in einer entscheidenden Phase der römischen Geschichte noch einmal Leistungen von dauerhafter Geltung gelungen seien. Ganz in diesem Sinne zog der Byzantinist Herbert Hunger im Jahr 1965, anläßlich des 1400. Todestages Justinians, eine Bilanz der zurückliegenden Forschungen und faßte die wichtigsten Leistungen dieses Kaisers wie folgt zusammen: Die Wiederherstellung des Römischen Reiches, verwirklicht in den großen Rückeroberungskriegen in Afrika, Italien und teilweise auch auf der Pyrenäenhalbinsel. Die Baupolitik, deren zeitlose Bedeutung sich vor allem in der Hagia Sophia manifestiere. Die Kodifikation des römischen Rechts, das sog. Corpus Iuris Civilis.1 In einer der neueren Justinian-Biographien liest man gleich eingangs genau dasselbe. Noch immer ist Justinian eine strahlende Lichtgestalt am Ausgang der Antike, die als überragende Persönlichkeit und zugleich getrieben vom Strudel einer unerbittlich in Richtung Mittelalter treibenden diffusen Schicksalhaftigkeit ein letztes Mal die Kräfte des alternden
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Römerreiches bündelt und unter dem Zeichen des Christentums zu letzter, wenngleich kurzfristiger Größe emporhebt.2 Die Mehrzahl der Historikerinnen und Historiker, die sich mit Justinian und dem 6. Jahrhundert befasst haben, sieht dies mittlerweile etwas differenzierter. Nicht nur, dass man generell und offensiv die Frage stellt, ob denn überhaupt eine einzige Herrscherpersönlichkeit einer ganzen Epoche ihren Stempel aufdrücken kann und – wenn dies tatsächlich möglich wäre – wie dann diese Epoche eigentlich gefasst werden müsste (zeitlich, räumlich, kulturell, religiös, mentalitätsgeschichtlich usw.). Vor allem die Erkenntnisinteressen und Gewichtungen beim Zugriff auf das vielbeschworene ‚Zeitalter Justinians‘ haben sich markant verschoben. Das hat mehrere Ursachen: Zum einen wäre eine veränderte Perspektive auf die Quellen zu nennen, die mit guten Gründen von Prokop als zentralem Referenzautor für das 6. Jahrhundert zunehmend abrückt und andere Autoren (aber auch verstärkt archäologisches, papyrologisches und numismatisches Material) heranzieht, wodurch sich markante Akzentverschiebungen und wichtige neue Einsichten ergeben (etwa in der geringeren Gewichtung der Kriege, die Ostrom unter Justinian geführt hat, sowie in der stärkeren Betonung von Sonderentwicklungen in den einzelnen Regionen des Reiches). Zum anderen wäre auf neuere Ansätze und gewandelte historische Fragestellungen zu verweisen, in denen nicht mehr Ereignis- und Politikgeschichte sowie die ‚Taten‘ einzelner Persönlichkeiten im Vordergrund stehen, sondern der Blick auf unterschiedliche Milieus innerhalb der Reichsbevölkerung gerichtet wird. Man untersucht Ideologien (auf unterschiedlichen Ebenen), Religiosität (in verschiedenen Erscheinungsformen und keineswegs auf eine Christen-Heiden- bzw. ‚orthodoxhäretisch‘-Dichotomie reduziert), Handlungsformen und ihre Motivationen, Familien- und Geschlechterordnungen, Lebensweisen, Bildungsmöglichkeiten, Karrieremuster usw. Sozial- und wirtschaftshistorische Gesichtspunkte haben die Forschungen der letzten Jahre ebenso geleitet wie kultur-, religions- und mentalitätshistorische Ansätze; man hat nach dem Funktionieren der römischen Verwaltung jenseits des Kaisers gefragt und die Ebenen darunter verstärkt in den Blick genommen: Regionen, Städte, Gemeinden, die Landsitze mächtiger Herren. Rechtshistoriker haben die unter Justinian erfolgte Kodifikation des römischen Rechts historisch verortet, und die Frage nach der Bedeutung des 6. Jahrhunderts – sowie insbesondere der Herrschaftszeit Justinians – für den Transformationsprozeß von der Antike zum Mittelalter wurde unter Rückgriff auf neuere, zunehmend differenzierte Modelle intensiv behandelt.
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Und schließlich verdankt sich das neue, mehrschichtige Bild von der zur Diskussion stehenden Phase auch einem veränderten Umgang mit den Nachbarn des Römischen Reiches; sie werden jetzt nicht mehr vorwiegend als Objekte römischer Politik wahrgenommen, sondern als eigenständige Akteure mit eigenen Interessen, die es zu eruieren und als Motivationen für ganz spezifisch zu analysierende Handlungen in Betracht zu ziehen gilt. Wie so oft, wenn Historiker sich über vermeintlich klare Sachverhalte hermachen und zu differenzieren beginnen, ist das Ergebnis höchst diffus: Die strahlende Lichtgestalt Justinian ist hinter einen Schleier zurückgetreten, der sich als komplexes Gewebe aus neuen Fragen, Erkenntnissen, Umorientierungen und Neubewertungen darstellt; in gleicher Weise hat auch das ‚Zeitalter‘, das dem Kaiser bisher seinen Namen verdankte, herbe Einbußen erfahren müssen, insofern nicht nur mit größerem Nachdruck auf die Schattenseiten der Herrschaftszeit Justinians hingewiesen wurde, sondern die Kohärenz eines ‚Zeitalters Justinians‘ sogar generell infrage gestellt wurde. All dies lässt die Aufgabe, aus wichtigen Beiträgen der jüngeren Forschung eine einführende und konzise Aufsatzsammlung zusammenzustellen und sich dabei auf einen knapp bemessenen Raum zu beschränken, wie die Quadratur des Kreises erscheinen, gilt es doch, zentrale Aspekte des traditionellen Justinianbildes und seiner Verankerung in der Literatur mit neueren Ansätzen der Forschung zusammenzuführen. Daß dies nicht ohne Auslassungen möglich ist, die mancher als schmerzlich empfinden mag, ist mir durchaus bewußt. Die Festlegung von Kriterien für die Aufnahme von Untersuchungen führte zu einer ebenso knappen wie strikten Auswahl. So war es nicht mehr möglich, etwa die Außenpolitik Justinians, seine ersten Jahre in Konstantinopel unter Justin I. (518527), die Baupolitik, die Rechtskodifikation, die Rolle Theodoras oder auch das Nachleben des Kaiserpaares als eigene Abschnitte zu behandeln. Stattdessen wurde der Akzent gezielt auf einzelne Aspekte gesetzt, die auf den ersten Blick den Eindruck einer gewissen Idiosynkrasie erwecken mögen; sie scheinen mir aber – und auch darin wiederum keinesfalls vollständig – wichtige Perspektiven zukünftiger Forschungen zu Justinian und dem 6. Jahrhundert aufzuzeigen; in ihnen habe ich die leitenden Kriterien meiner Auswahl gesehen, nicht im Bemühen, ein möglichst umfassendes oder gar abgerundetes Justinian-Bild erstehen zu lassen (was angesichts der mittlerweile hochgradig ausdifferenzierten Forschung in Gestalt einer Aufsatzsammlung auch gar nicht mehr realistisch ist). Zentrale Tendenzen der jüngeren Justinian-Forschung finden sich gebündelt und leicht zugänglich aufbereitet in dem groß angelegten
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Literaturüberblick, den Hartmut Leppin im Jahr 2007 vorgelegt hat und der auch drei Jahre später noch immer aktuell ist. Die wichtigsten Tendenzen derzeitiger internationaler Forschungstätigkeit werden hier umfassend und kompetent von einem der besten Kenner des 6. Jahrhunderts referiert. Der Literaturbericht eignet sich sowohl als Einführung für Studierende und interessierte Laien wie auch als Ausgangspunkt vertiefter Auseinandersetzungen mit Justinian. Er bildet gleichsam die Basis des vorliegenden Bandes, der deshalb auf eine differenzierte Darlegung der aktuellen Forschungen in der Einleitung ebenso verzichten kann wie auf ein allzu ausführliches Literaturverzeichnis. Unter der Überschrift „Herrschaft und Religion“ versammelt der folgende Abschnitt vier Aufsätze, die wichtige Aspekte der Herrschaftskonzeption Justinians, seines Selbstverständnisses (soweit faßbar) und seiner Repräsentation thematisieren und die zentrale Rolle von Religion und Kirchenpolitik während des 6. Jahrhunderts beleuchten. Karl Leo Noethlichs betont dabei insbesondere Justinians weitgehende Unabhängigkeit von Traditionen und entzieht damit zwei verbreiteten Klischees den Boden: Zum einen erscheint das Bild vom ‚Klassizisten‘ Justinian in differenzierterem Licht, zum anderen wird die Vorstellung einer vom Kaiser angeblich seit seinem Herrschaftsantritt geplanten renovatio imperii in Form der Rückeroberung ehemals römischer Gebiete einer berechtigten Kritik unterzogen. Wie sich die kaiserliche Selbstdarstellung in unterschiedlichen Quellenzeugnissen spiegeln kann – zum einen wertneutral bzw. eher positiv aufgenommen (in der Chronik des Johannes Malalas), zum anderen polemisch verzerrt (in den Anekdota Prokops) –, führt der Beitrag von Roger D. Scott beispielhaft und methodisch vorbildlich vor; zugleich wird dabei auch deutlich, wie wichtig die literarische Überlieferung jenseits von Prokop ist – u.a. zur Korrektur unseres durch die traditionelle Prokop-Rezeption verfestigten Bildes vom 6. Jahrhundert. Zentrale Fragen von Religion und Kirchenpolitik behandeln schließlich die Untersuchungen von Hartmut Leppin und Karl-Heinz Uthemann. Leppin zeichnet den Kaiser anhand seiner Position im Konflikt zwischen Chalkedoniern und miaphysitischen Chalkedon-Gegnern zumindest für sein erstes Herrschaftsjahrzehnt als aufrichtig an einem Kompromiß in kontroversen religiösen (christologischen) Fragen interessierten Moderator und sucht so den bekannten Vorwurf vom religionspolitischen ‚Zickzackkurs‘ Justinians zu revidieren;3 Uthemann geht den theologischen Haltungen des Kaisers nach und gelangt dabei zu dem Resultat, dass auch im religiösen Denken Justinians von einer außerordentlichen Konsistenz und Kohärenz über Jahrzehnte hinweg ausgegangen werden müsse – auch wenn sich dies in ganz verschiedenen, mitunter widersprüchlichen politischen Handlungsweisen
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gespiegelt habe. Die Untersuchung Uthemanns, die einen tiefen Einblick in die Komplexität der theologischen Dispute in der Spätantike ermöglicht, verlangt dem Leser einiges ab; aber sie zeigt in ihrem Ergebnis zugleich auch auf, wie wichtig es für das Verständnis dieser Epoche ist, auch kirchenhistorische Sachverhalte und Probleme mit einzubeziehen. Unter dem Titel „Herausforderungen und Bewährungsproben“ wurden drei Studien aufgenommen, die sich einzelnen Momenten der Herrschaftszeit Justinians widmen, die besondere Bedrohungssituationen darstellten, die dabei aber gleichzeitig Probleme offenlegen, die grundsätzlicher Natur sind: Geoffrey Greatrex behandelt mit dem NikaAufstand gegen Justinian (Januar 532) nicht nur die größte und gefährlichste Revolte gegen diesen Kaiser, sondern schneidet auch grundsätzliche Fragen nach Akzeptanz und Akzeptanzentzug an, verhandelt also u.a. die Frage, wie und warum sich ein Kaiser überhaupt an der Macht halten konnte – ein vielschichtiger Problemkomplex, der gerade in der neueren Forschung zur Spätantike (und darüber hinaus) eine wichtige Rolle spielt. Einen einführenden Überblick über die Pest des Jahres 541/42 gibt der Medizinhistoriker Karl-Heinz Leven, der nicht nur die unmittelbaren Auswirkungen der Epidemie thematisiert, sondern in einem Ausblick auch auf ihre mögliche Rolle im Transformationsprozeß vom Römischen zum Byzantinischen Reich eingeht. In der Tat scheint die Pest nicht nur als kurzfristige Katastrophe, sondern vor allem in ihren mittel- und langfristigen Auswirkungen von größter Bedeutung gewesen zu sein: Sie führte nicht nur zu Hungersnöten, Rekrutierungsproblemen und aussterbenden Ortschaften, sondern bewirkte auch im religiösen und mentalitätsgeschichtlich relevanten Bereich entscheidende Veränderungen, die bereits auf das byzantinische Mittelalter hinweisen (die sog. Liturgisierung der oströmisch-byzantinischen Gesellschaft). Zugleich zerschlug sie – im Verbund mit weiteren Katastrophen – die Herrschaftszeit Justinians in zwei Phasen, deren Signaturen unterschiedlicher nicht sein können. Auf diese Zäsur geht der letzte, vom Herausgeber selbst verfaßte Aufsatz ein; er weitet zugleich die Perspektive auf die späteren Jahre Justinians, die nicht nur aus Platzgründen, sondern aufgrund eines generellen Forschungsdefizits zu diesem Zeitraum keine separate Berücksichtigung im vorliegenden Band mehr finden konnten. Die in der Auswahlbibliographie aufgeführten Titel dienen einer raschen Weiterorientierung und können eine umfassende Bibliographie zu Justinian und dem 6. Jahrhundert nicht ersetzen; überdies sollten sie, wie angedeutet, im Zusammenhang mit der im einleitenden Forschungsüberblick genannten Literatur verwendet werden.
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An den Beiträgen, die in den Band aufgenommen wurden, sind keine Kürzungen, Ergänzungen, Korrekturen o.ä. vorgenommen worden (abgesehen von offenkundigen Tippfehlern und Irrtümern). Redaktionelle Angleichungen wurden auf ein Minimum beschränkt. Mit diesem Vorgehen sollte sichergestellt werden, daß die Beiträge nicht in ihren z.T. komplexen Gedankenführungen beschnitten und zugleich weiterhin zitierfähig bleiben. Ohne vielfältige Hilfe, die ich von unterschiedlicher Seite erfahren habe, hätte dieser Band nicht zustandekommen können. Der Mühe des Korrekturlesens haben sich Nicola Zwingmann, Sonja Völker, Miriam Girshovich und Peter Zeller unterzogen; dafür sei ihnen ganz herzlich gedankt. Vor allem aber geht mein Dank an Nadja Kimmerle, die mit großer Energie und Sorgfalt die abschließende Einrichtung und Korrektur der Texte unternommen hat. Anmerkungen 1 2
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H. Hunger, Kaiser Justinian I., in: ders. (Hg.), Das byzantinische Herrscherbild. Darmstadt 1975, 333-352 (erstmals 1965). O. Mazal, Justinian I. und seine Zeit. Geschichte und Kultur des Byzantinischen Reiches im 6. Jahrhundert. Köln/Wien/Weimar 2001. Mazals Buch stellt allerdings über weite Strecken eine Kompilation aus älteren Handbüchern dar, beruht nicht auf eigenständigen Forschungen und ist wissenschaftlich nur bedingt ernstzunehmen. Dieser Vorwurf geht zurück auf E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians, in: W. Eltester/H.-D. Altendorf (Hgg.), Eduard Schwartz. Gesammelte Schriften, Bd. 4: Zur Geschichte der alten Kirche und ihres Rechts. Berlin 1960, 276-328, hier 276; 289.
I. Justinian in der Forschung Hartmut Leppin: (K)ein Zeitalter Justinians – Bemerkungen aus althistorischer Sicht zu Justinian in der jüngeren Forschung, in: HZ 284 (2007), S. 659-686. © Oldenbourg, Ȃünchen
Hartmut Leppin
(K)ein Zeitalter Justinians – Bemerkungen aus althistorischer Sicht zu Justinian in der jüngeren Forschung Justinian, der scheinbar überaus machtvolle Kaiser, ist wie nur wenige andere der Namengeber einer Epoche geworden und geblieben. Die Rede vom Zeitalter Justinians oder Age of Justinian, die auch der Selbstdarstellung des Kaisers entspricht, kommt einem wie selbstverständlich über die Lippen;1 noch kürzlich ist ein sehr verdienstvoller Sammelband unter diesem Titel erschienen. Und der energischste Generalangriff auf die Justinian-Forschung der letzten Zeit spricht lediglich von einem „anderen Zeitalter Justinians“.2 Die neutralere Bezeichnung „Sechstes Jahrhundert“ ist zwar gebräuchlich, wird aber sehr viel seltener gewählt.3 Dabei geht es nicht nur um den bloßen Namen, vielmehr kreisen die Arbeiten zum 6. Jahrhundert tatsächlich in einem bemerkenswerten Maße um die Person Justinians. Dies ist um so erstaunlicher, als Teile der Geschichtswissenschaft sich seit langem gegen übermäßige Personalisierungen sträuben. Ein Ausdruck wie „Zeitalter Justinians“ mag schon von daher altertümlich anmuten. Darüber hinaus lösen sich in der modernen Geschichtsforschung die festen Konturen der Epochen auf. Gedanken wie der der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen haben schon lange Konjunktur. Der Epochenbegriff ist radikal entontologisiert worden.4 Das prägt auch die Erforschung des 6. Jahrhunderts. Es ist daher zwar mit guten Gründen und interessanten Ergebnissen in der letzten Zeit verschiedentlich die Frage gestellt worden, ob das Zeitalter Justinians ein Ende oder einen Anfang markiere oder ob es eher der Alten Geschichte oder der Byzantinischen Geschichte zugehöre; doch ändert dies nichts daran, daß beide Fragen perspektivisch sind und ihrerseits andere Definitionen von Zeitaltern
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voraussetzen, die forschungsstrategisch nützlich, aber nie verbindlich sein können, da sie mit modernen Ordnungsbegriffen, nicht mit Wesenheiten der Geschichte argumentieren. Mehrere Sichtweisen können in der Forschung nebeneinander existieren. So spielt das 6. Jahrhundert sowohl in der Cambridge Ancient History als auch in der Cambridge Medieval History eine Rolle. Meine Absicht ist es nicht, hier eine neue Begrifflichkeit einzuführen oder eine gebräuchliche als zwingend zu erweisen, sondern das Konzept des Zeitalters Justinians in seinem Gebrauch zu beobachten, zu überlegen, inwieweit es weiter in der Lage ist, den empirischen Befund zu erschließen oder ob es mit seiner personalisierenden Tendenz den Blick auf wichtige Zusammenhänge eher verstellt oder öffnet. Anders gewendet: Ist die weitverbreitete, wenig reflektierte Verwendung des Konzepts „Zeitalter Justinians“ Ausdruck einer notorischen methodischen Zurückgebliebenheit der Alten Geschichte und der Byzantinistik oder steht etwas anderes dahinter? Dabei werde ich deutlich zu machen versuchen, wie einerseits die Konturen, andererseits die scheinbare Homogenität des justinianischen Zeitalters sich vor dem Blick der jüngeren Forschung auflösen, daß aber gerade auf dieser Grundlage die Bedeutung der Persönlichkeit Justinians wieder in den Vordergrund getreten ist. Unmöglich ist es, die Forschungen zu Justinian insgesamt zu erfassen; wenig hilfreich erscheint es mir auch, eine kommentierte Bibliographie vorzulegen. Jeder einigermaßen kundige Leser wird sofort Lücken in den bibliographischen Angaben feststellen und zu der Auffassung kommen, daß Unverzichtbares nicht erwähnt sei.5 Vollständigkeit ist indes um so weniger nötig, als in der letzten Zeit zwei Sammelwerke von herausragender Qualität erschienen sind, die den modernen internationalen Forschungsstand angemessen reflektieren; Arbeiten, die dort erwähnt werden, führe ich nur ausnahmsweise an, dann nämlich, wenn ich ausführlicher auf sie eingehe.6 Zu nennen ist zum einen der von Averil Cameron, Michael Whitby und Bryan Ward-Perkins herausgegebene Band 14 der bewährten Cambridge Ancient History. Er setzt weit vor Justinian an und endet deutlich nach seiner Regierungszeit, so daß er dessen Namen auch nicht im Titel führt. Die Ereignisgeschichte wird sehr gerafft behandelt, während strukturelle Faktoren im Zentrum stehen und die verschiedenen Lebensbereiche systematisch abgehandelt werden. Ziel ist es nicht, ein geschlossenes Bild der Epoche zu zeichnen, sondern einen Eindruck von der Vielfalt der Gegenstände und der Forschungsperspektiven zu vermitteln. Erwähnt habe ich schon, daß die vor kürzerer Zeit erschienene Cambridge Medieval History I auch die Geschichte des
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Ostens im 6. Jahrhundert behandelt, wenn die Reihe auch stärker auf den Westen ausgerichtet ist.7 Der zweite wichtige Sammelband für das Zeitalter ist der von Michael Maas verantwortete Band Age of Justinian. Dieser verzichtet so gut wie vollständig auf Ereignisgeschichte und konzentriert sich ganz auf strukturelle Faktoren; zwar steht der Name Justinians im Titel, doch einige Einzelbeiträge sprechen in ihren Überschriften vom „Sechsten Jahrhundert“. In einem stärkeren Maße als in der Cambridge Ancient History findet eine Auseinandersetzung mit der Forschung statt. Beide Werke erheben keinen synthetischen Anspruch, sie streben nicht danach, durch kühne Thesen zu provozieren, sondern bieten ein Panorama, wobei natürlich allein schon in der Zusammenführung der Einzelforschungen ein wesentlicher Fortschritt liegt. Die Ergebnisse und Tendenzen, die darin impliziert sind, herauszuziehen erscheint als eine lohnende Aufgabe. Zu erwähnen ist neben diesen beiden Sammelwerken trotz seiner Kürze der meisterhafte, viel zu wenig beachtete RAC-Artikel zu Justinian von Karl Leo Noethlichs, der in eindrucksvoll kondensierter Form die wesentlichen Quellen zu Justinian aufarbeitet und auch konzeptionelle Fragen stellt.8 Ferner ist zu verweisen auf den vorzüglichen, die ganze Epoche der Spätantike übergreifenden Einführungsband von Cécil Morrisson.9 Angesichts dieser Literaturlage von gravierenden Forschungslücken zu sprechen, wäre vermessen, doch gibt gerade sie den Anstoß, über konzeptionelle Entwicklungen der Forschung nachzudenken, da in ihnen eben die Synthese zurücktritt. In diese Richtung will ich denken und dabei einerseits die verschiedenen Beiträge unter neuen Gesichtspunkten ordnen, zum anderen bestimmte Werke, die besonders weitreichende, teils auch provozierende Entwürfe beinhalten, erörtern. Ferner möchte ich auf einige Forschungsdefizite hinweisen, die meines Erachtens nach wie vor bestehen bzw. gerade durch die Entwicklung der jüngeren Forschung deutlicher geworden sind. Doch derartige konzeptionelle Fragen lassen sich nur sinnvoll behandeln, wenn die Basis, die die Quellen bieten, gesichert ist. Und in diesem Bereich hat die Forschung markante neue Perspektiven entwickelt, die eigenartigerweise in den genannten Sammelbänden nicht explizit behandelt werden, so daß ich hier etwas genauer auf Einzelheiten eingehe.
I. Quellen Aus althistorischer Sicht ist die Quellenlage für das 6. Jahrhundert ungewöhnlich günstig. Die Hauptquelle und ein Hauptproblem der Epoche
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bildet nach wie vor Prokop von Kaisareia. Dessen klassizistische Attitüde brachte ihm bei einer überwiegend säkular orientierten neuzeitlichen Historikerzunft einerseits einen großen Vertrauensvorschuß ein. Andererseits äußerte der Historiograph ganz unterschiedliche Urteile zur Zeitgeschichte, wenn man etwa die Äußerungen der Bella, der Anekdota oder von De aedificiis vergleicht, so daß er bisweilen wie ein Heuchler dastand. Gerade wegen der seinem Werk inhärenten Multiperspektivität ist Prokop indes eine vorzügliche Quelle für sein Zeitalter und bildet in der Tat den Strang, nach dem man gewöhnlich die Geschichte der justinianischen Epoche erzählt.10 Um so wichtiger ist eine gründliche Auseinandersetzung mit seinem Œuvre, die den Ansprüchen der klassischen Quellenkritik wie auch denen einer modernen Literaturwissenschaft genügt. Hier hat es bedeutsame Entwicklungen gegeben, die den Quellenwert Prokops auf der faktologischen Ebene schmälern, einerseits durch eine immanente Analyse, andererseits durch eine stärkere Berücksichtigung anderer Quellen. Dafür gewinnt er an Bedeutung als Repräsentant eines bestimmten Milieus in Konstantinopel, das noch einer näheren Bestimmung bedarf. Ausgangspunkt für die Gesamtdeutung ist nach wie vor das bekannte Prokop-Buch von Averil Cameron.11 Camerons Werk zielt vor allem darauf, Prokop als Produkt seiner eigenen Zeit verständlich zu machen, die Gemeinsamkeiten der Werke herauszuarbeiten und sie zu kontextualisieren. Dafür ordnet sie die Schriften unter Rückgriff auf literaturwissenschaftliche Konzepte gattungsgeschichtlich ein. Auch wenn Cameron den Klassizismus Prokops nicht als eine bloße Tünche verstehen will, sondern ihm durchaus einen Einfluß auf die Denkweise zuspricht, interpretiert sie Prokop als einen konventionellen, christlich geprägten Zeitgenossen – der indessen eben dadurch, daß er seinen Werken eine klassizistische Form gibt, nicht in der Lage ist, die eigene Zeit angemessen zu betrachten. Insgesamt schlägt Cameron eine gewissermaßen unitarische Deutung Prokops vor; seine unterschiedlichen Werke repräsentierten Facetten der Epoche. Auf quellenkritischer Ebene erweist es sich als wichtig, daß Cameron sowohl vor einem übermäßigen Vertrauen als auch vor einem übermäßigen Mißtrauen gegenüber Prokop warnt. Diese Erkenntnisse wurden bald Gemeingut der Forschung. Einen scharfen Gegenangriff hat als Byzantinist Anthony Kaldellis unternommen,12 der ebenso wie einst Cameron von einer literaturwissenschaftlichen Fragestellung inspiriert ist, in seinem Falle von der Intertextualitätstheorie und narratologischen Ansätzen. Er bewundert Prokop und sieht ihn weitaus souveräner mit der klassischen Tradition
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umgehen, als Cameron es beobachtet hat. Durch eingehende Lektüre der Texte vermag er noch deutlicher, als bisher erkannt, nachzuweisen, in welchem Umfang Prokop bei seiner Leserschaft (oder einem Teil von ihr) die Kenntnis antiker Historiographen, namentlich Thukydides und Herodot, voraussetzt. Zahlreiche Einzeldeutungen führen dies vor. Die Bewunderung, die Kaldellis für Prokop hegt, weckt in ihm indes gerade kein Vertrauen in seinen Quellenwert. Im Gegenteil, Kaldellis rechnet damit, daß Prokop bewußt Tatsachen verdreht bzw. stilisiert, um sie seinen literarischen Vorlagen anzupassen. Auf der diskursiven Ebene ist nach Kaldellis Prokop mithin ein vorzüglicher Autor, nicht aber auf der faktologischen. Das warnt den modernen Historiker davor, diesen Schriften einen allzu hohen Quellenwert beizumessen. Kühn und sehr strittig ist die Behauptung von Kaldellis, Prokop sei Heide gewesen und nicht der einzige unter den Autoren der Zeit. Wenn Kaldellis mit seinen Beobachtungen zu den intertextuellen Bezügen recht hat, so ist Prokop keineswegs repräsentativ für seine Zeit. Denn diese waren nur für eine elitäre, hochgebildete Gruppe nachvollziehbar. Prokop wäre eine marginale Stimme, was bei seiner althistorischen Deutung stets zu beachten wäre. Dies ist nur einer der vielen Diskussionsanstöße des Buches, das mit Verve, bewußt provozierend geschrieben ist. Obgleich somit die Versuchung groß ist, einem Autor wie Prokop, der in so eindringlicher, für den Althistoriker vertraut wirkender Form die Ereignisgeschichte der Regierungszeit Justinians überliefert, zu folgen, ist es daher vor allem wichtig, sich die Grenzen Prokops zu vergegenwärtigen, vielleicht auch einmal zu erwägen, welches Bild des Zeitalters sich ergäbe, falls Prokop nicht überliefert wäre. Was würde man über Theodora denken? Welche Vorstellung von der Bedeutung Belisars hätte man? Wo lägen die Schwerpunkte der kaiserlichen Politik? Um so wichtiger ist der Blick auf die anderen Quellen für die justinianische Zeit, die erfreulicherweise in den letzten Jahren durch eine Vielzahl von Monographien erheblich besser erschlossen worden sind – auf Aufsätze kann ich aus Raumgründen leider nur ausnahmsweise hinweisen. Agathias stand vielfach im Schatten von Prokop, obwohl er schon 1970 monographisch behandelt worden war. In der letzten Zeit ist noch deutlicher geworden, daß er eine ganz eigene Herangehensweise an die Geschichtsschreibung hat, auch wenn sein Werk sich als eine Fortsetzung Prokops gibt. Wichtige neue Gesichtspunkte führt Dariusz Brodka ein, der Prokop, Agathias und Theophylakt Simokattes unter ideengeschichtlichen Gesichtspunkten vergleicht, doch auch den Hintergrund in der literarischen Tradition herausarbeitet.13 Dabei wird nicht allein das
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Profil Prokops geschärft – den Brodka als Christ betrachtet –, sondern auch die Eigenart des Agathias sehr deutlich, der sich stärker auf ethische Fragen konzentriert und die Willensfreiheit des Menschen betont.14 Was in der Forschung als klassizistische Historiographie firmiert, war somit keineswegs uniform. Die methodische Subtilität der Prokop-Forschung strahlt auch auf die Behandlung der übrigen Quellen aus, indem sie nicht allein als Steinbrüche, sondern als Werke mit je eigenen Tendenzen behandelt werden.15 Stärker gewichtet gegenüber diesen Geschichtsschreibern werden in ihrem Quellenwert die Chroniken, die lange mit einer gewissen Verachtung betrachtet worden sind. Dies gilt schon seit geraumer Zeit für den zuvor als Inbegriff eines törichten Chronikenschreibers geltenden Johannes Malalas, wobei dank der bedeutenden Textedition von Thurn die Arbeit trotz mancher Idiosynkrasien der Editionsprinzipien auf eine neue Grundlage gestellt worden ist.16 In jüngerer Zeit hat der Chronikschreiber Marcellinus Comes, der mit seiner illyrischen Herkunft ein lateinischsprachiges Milieu von Flüchtlingen in Konstantinopel vertritt, zu dem auch Persönlichkeiten italischer Herkunft gehörten, mehr Aufmerksamkeit gewonnen;17 von daher ist eine erheblich nuanciertere Deutung seiner Darstellungsintentionen möglich. Die anderen Chroniken, allen voran Victor Tunnunensis,18 würden eine ähnlich intensive Behandlung verdienen. Diese Texte gelten jetzt vor allem als wichtige Quellen, um die Stimmung in ihrer jeweiligen Umwelt zu erfassen, so daß ihnen inzwischen oft der Vorzug vor Prokop gegeben wird. Ebenso wichtig für die modernen Historiker sind die Repräsentanten anderer Gattungen: Schon immer fanden die politischen Traktate der Zeit Berücksichtigung; als Fachschriftsteller wurde Johannes Lydos viel genutzt. Die jüngere Forschung deutet ihn nicht mehr als rückwärtsgewandten Antiquar, sondern als Repräsentanten der spätantiken Bürokratie mit ihren teils traditionalistischen Vorstellungen, die sich mit den justinianischen Reformen auseinanderzusetzen hatte.19 Der schwierige Epiker Corippus ist vor allem durch italienische Kommentare erheblich besser erschlossen worden.20 Romanos Melodos hat als Zeuge der Liturgisierung Bedeutung gewonnen.21 Nicht zuletzt ist der Kirchenhistoriker Evagrius Scholasticus übersetzt und kommentiert worden, der eine aufschlußreiche regionale Perspektive bietet und so der Fixierung auf Konstantinopel, die durch die Quellenlage bedingt ist, entgegenwirkt.22 Eine besondere Gunst der Quellenlage für das justinianische Zeitalter stellt es dar, daß zahlreiche Zeugnisse erhalten sind, die als Verlautbarungen des Kaisers daherkommen. Das sind zuallererst die Gesetze. Deren Inhalt ist durch Juristen und Historiker gut aufgearbeitet; ver-
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schiedene Sektoren der Gesetzgebung haben Aufmerksamkeit gefunden. Zunehmend werden bei der Behandlung von Rechtstexten auch ideologiegeschichtliche Gesichtspunkte erörtert und ihre Bestimmungen historisiert.23 Eine angemessene Auswertung der Konzilsakten durch Historiker steht noch aus.24 Da der Kaiser selbst theologisch tätig wurde – auch diese Schriften sollten als Teil der kaiserlichen Repräsentation gelesen werden –, ist die Notwendigkeit, die theologischen und die politischen Debatten noch stärker zusammenzuführen, dringend. Daß dezidiert theologische Schriften durchaus wichtige zeitgenössische Bezüge haben können, ist am Beispiel des Junillus Africanus gezeigt worden,25 wie auch bei Johannes Philoponus der kirchenpolitische Kontext deutlicher geworden ist.26 Das wäre auch bei anderen Autoren zu prüfen, wie etwa Liberatus oder Kyrill von Skythopolis.27 Nur hinweisen möchte ich darauf, da es zu diesem Thema eigene Ausführungen gibt, daß die orientalischen Quellen, namentlich die syrischen, weitaus weniger erschlossen sind als die griechischen. Der Wert gerade dieser Quellen liegt darin, daß sie wie Evagrius Scholasticus auch wieder die Perspektive der Regionen deutlich werden lassen und der Konstantinopelzentrierung entgegenwirken. Ebenfalls diese Sicht unterstützen die nicht-literarischen Quellengattungen, die in den letzten Jahrzehnten wie für alle Epochen der Alten Geschichte einen beträchtlichen Materialzuwachs erlebt haben. Hier sind zunächst archäologische Quellen zu nennen. Die neuen Befunde aus Konstantinopel bleiben trotz der Fortschritte bei der Rekonstruktion des Palastes28 notwendigerweise bescheiden; dagegen sind eine Reihe von Städten erheblich besser aufgearbeitet worden.29 Doch auch unscheinbarere Funde haben ihre Bedeutung. So ist die Entwicklung einer verbesserten Chronologie der Keramik in der Spätantike ein bedeutender Fortschritt, der sowohl die Datierung anderer Funde als auch die Rekonstruktion von Handelskontakten gestattet. Hinzu kommen die Inschriften; auch sie sind aus Konstantinopel in vergleichsweise geringer Zahl überliefert. In der letzten Zeit sind aber auch in den Provinzen ganz zentrale Dokumente erschlossen worden, die auf der Ebene der Administration und der Repräsentation Aufschlüsse erwarten lassen.30 Die Verhältnisse einer speziellen Region erschließen in herausragender Weise die Papyri, unter denen der Komplex jener, der sich auf die Apionen bezieht, nur der wichtigste ist.31 Entscheidend an der Entwicklung der Forschung zu den Quellen scheint mir zu sein, daß Prokops Geschichtswerk seine Sonderstellung als Meistererzählung eingebüßt hat. Damit gelangen nicht nur andere Quellen, sondern auch andere Themen in den Blick: Waren zuvor die
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Entwicklung in Konstantinopel bis in die vierziger Jahre und die Kriege gut erforscht, so werden jetzt auch die Regionen viel genauer erfaßt, auch wenn der Ertrag der Forschung noch nicht systematisch in die Darstellungen des Zeitalters einbezogen ist. Die späten Regierungsjahre, für die die Chroniken besonders wichtig sind, finden hingegen nach meinem Eindruck nach wie vor nicht die verdiente Aufmerksamkeit.
II. Konzeptionen Der Begriff des „Zeitalters Justinians“ kann mindestens zweierlei implizieren, zum einen, daß die Epoche klar abgrenzbar und homogen sei, aber auch, daß es eine prägende Persönlichkeit gebe. Beide Voraussetzungen sind durch die Forschungen der letzten Jahre problematisiert worden. Zunächst zur Abgrenzbarkeit und Homogenität der Epoche: Nachdem der Blick auf die Spätantike lange vom Konzept der Dekadenz bestimmt worden war, ist in den letzten Jahrzehnten der Begriff der Transformation in den Vordergrund getreten,32 unter anderem durch ein EU-Projekt (Transformation of the Roman World), das zahlreiche Sammelbände hervorgebracht hat, die die Zeit ungefähr von 300 bis 900 unter einer Vielzahl struktureller Gesichtspunkte behandeln und von denen viele die Regierungszeit Justinians bei der Erörterung längerfristiger Prozesse einbeziehen. Der Begriff der Transformation hat vor allem zwei Vorzüge: Er lenkt den Blick ab von einzelnen Ereignissen, so daß Prozesse, damit auch die Kontinuitäten und längerfristigen Entwicklungen, sichtbar werden, und er vermeidet anachronistische Wertungen, da teleologische Interpretationen der Entwicklungen bewußt vermieden werden.33 Gleichwohl ist der Begriff nicht unumstritten geblieben. Zum einen hat er in der Zurückhaltung gegenüber Wertungen bisweilen den etwas peinlichen Geruch des politisch Korrekten; dagegen ist in der letzten Zeit wieder vehement der zivilisatorische Bruch hervorgehoben worden.34 Zum anderen droht er von vornherein die Bedeutung des historischen Akteurs und kontingenter Faktoren – wie etwa Naturkatastrophen – gegenüber strukturellen Prozessen zu minimieren. Dennoch besteht kein Zweifel, daß die Perspektive der Transformation in einem hohen Maße geeignet ist, historische Gegenstände zu erschließen. Verbunden mit dem Begriff der Transformation, der die Komplexität von Entwicklungen in den Vordergrund rückt, ist nicht nur ein zeitlicher Faktor, sondern auch ein geographischer, insofern als der Horizont des Römischen Reiches überschritten und der Blick von den Zentren auf die Peripherie gelenkt wird. So lassen sich zwei scheinbar gegensätzliche
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Perspektiven, die der Mediterranisierung und die der Regionalisierung, beobachten. Im Zeitalter der (oft modischen) area studies besteht eine allgemeine Tendenz der historischen Wissenschaften, den Blick auf den Mittelmeerraum als Ganzes zu richten. Hierdurch gewinnen die Austauschprozesse in der Region erhöhte Aufmerksamkeit, solche militärischer, intellektueller und wirtschaftlicher Natur. Dabei wird nicht mehr eine klare Hierarchie zwischen einem gebenden Römischen Reich und empfangenden Nicht-Römern gesehen, sondern die Wechselseitigkeit des Verhältnisses betont. Das bedeutet zugleich, daß die Peripherie, über die die Austauschprozesse gingen, eine größere Aufmerksamkeit gewinnt. Dies ist offenkundig bei der Behandlung der sogenannten justinianischen Pest, die naturgemäß an politischen Grenzen nicht Halt machte und für die daher zu Recht die Bezeichnung Mediterranean Plague vorgeschlagen worden ist.35 Überhaupt werden die allgemeinen Wandlungen der natürlichen Bedingungen schärfer gesehen, zumal in der Diskussion um die Arbeit Joel Gunns, deren Horizont weit über den Mittelmeerraum hinausreicht,36 sowie die einen weiteren zeitlichen Horizont eröffnende Arbeit von Dionysios Stathakopulos.37 Ebenso deutlich ist das im Bereich der Wirtschaftsgeschichte.38 Einerseits läßt sich beobachten, daß weiträumige Verbindungen innerhalb des Mittelmeerraums, aber auch mit seiner Peripherie weiterbestehen, teils auch neu entstehen; andererseits formieren sich regionale Wirtschaftsräume neu, deren Entwicklung erheblich voneinander abweichen kann. Entscheidend für die Erforschung ist vor allem das neugewonnene archäologische Material, hinzu kommt die geldgeschichtliche Analyse von Münzen.39 Es wird weithin anerkannt, daß man von einem allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang nicht sprechen kann, daß vielmehr die Entwicklungen von Landschaft zu Landschaft sehr verschieden waren. Michael McCormick, dessen primäres Forschungsinteresse im Frühmittelalter, namentlich der karolingischen Zeit liegt, hat eine sehr weite zeitliche Perspektive gewählt und einen breiten Horizont eröffnet, da er nach der Entstehung einer „Europäischen Wirtschaft“ fragt.40 Indem er im Grundsatz an die Problemstellungen von Alfons Dopsch und Henri Pirenne anknüpft, zeichnet er lange Linien der wirtschaftlichen Entwicklung nach, wobei er keine Scheu hat, den Begriff der Transformation mit dem des Niedergangs zu verbinden. Er sieht ein zunächst stärkeres Gewicht des Ostens in der Spätantike, allerdings einen tiefen Einschnitt mit der Pest und anderen Katastrophen. Die Persönlichkeit Justinians tritt bei ihm natürlich stark in den Hintergrund. Strittig bleibt auch nach den Forschungen McCormicks allerdings, was für die regionalen Nieder-
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gangsprozesse entscheidend war, und hier spielen zwei Katastrophen immer wieder eine Rolle, die Pest und die Kriegsereignisse.41 Einen grundlegend anderen, neuen Ansatz vertritt die wenig rezipierte Arbeit von Jairus Banaji.42 Er zeichnet vor allem aufgrund einer intensiven, allerdings exemplarischen Auswertung archäologischer, numismatischer und papyrologischer Quellen ein modernistisches Bild der Wirtschaft, das die Bedeutung der stabilen Goldwährung und damit auch der Geldwirtschaft für die Spätantike in den Vordergrund rückt. In einem Großteil der Regionen erkennt er eher eine Intensivierung der wirtschaftlichen Produktion. Diese ganze Entwicklung hat auch Auswirkungen auf die soziale Struktur, indem nach dem Bilde Banajis die Aristokraten wirtschaftlich aktiv erscheinen und die Bedeutung der Lohnarbeit wächst. Die Frage nach dem mediterranen Charakter der Spätantike ist dadurch noch komplexer geworden, weil ein geographisch anschließender Raum auch aus aktuellen Gründen stärker in den Blick gelangt ist, der Nahe Osten,43 dessen Erforschung dadurch behindert wird, daß man dafür eigentlich eine Vielzahl von Sprachen beherrschen müßte und daß eine große Zahl von teils sehr spezialisierten Fachdisziplinen sich zuständig fühlt, die nicht immer leicht zusammenzuführen sind. Die Geschichte der Region ist vor allem durch kriegerische Auseinandersetzungen gekennzeichnet, aber auch durch friedlichere Austauschprozesse. Zumal die Grenzregionen verdienen eine noch größere Berücksichtigung, da sich zunehmend Kontakte über die politischen Grenzen hinweg aufzeigen lassen; insbesondere griffen viele religiöse Gemeinschaften darüber hinaus. Auch hierbei ist die Erschließung syrischer Quellen von wesentlicher Bedeutung. Größere Aufmerksamkeit als früher genießt die multiethnische Struktur des Reiches. Die Identität etwa der Syrer und Ägypter wird durch die bessere Aufarbeitung ihrer Schriftquellen, teils auch durch die differenziertere Erörterung religiöser Konflikte, deutlicher sichtbar; die religiösen Identitäten verbinden sich oft mit ethnischen, die häufig eine lange Tradition haben oder mindestens imaginieren.44 Welche Sprengkraft ethnisch-religiöse Identitäten entfalten konnten, zeigt das Beispiel der Samaritaner, die unter Justinian eine ungeahnte Bedeutung gewannen und deren Selbstverständnis stärker sichtbar geworden ist. Eine Entwicklung von herausragender universalgeschichtlicher Bedeutung bildet die Geschichte der arabischen Völker, unter denen der Islam entstehen und sich zuerst ausbreiten sollte. Auf diesem Felde haben sich zuletzt sehr bedeutende Forschungen entwickelt, und die aktuellen politischen Probleme lassen noch mehr erwarten.45
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Daß die Frage der gemeinsamen oder getrennten Geschichte von Mittelmeerraum und Nahem Osten für ein Europa, das sich mit Migranten aus dem Mittelmeerraum und mit der Frage einer Erweiterung der Europäischen Union auseinanderzusetzen hat, von unmittelbarer und untypischer Gegenwartsbedeutung ist, liegt auf der Hand. Dies erhöht die öffentliche Aufmerksamkeit, bringt allerdings auch Bedrohungen mit sich, denn die Geschichtswissenschaften laufen in Europa Gefahr, als Sinnstifter für politisch gewünschte Einigungsprozesse mißbraucht zu werden. Die spezifische Form und Bedeutung der Stadt gilt seit jeher als eine Eigenart der Antike in vergleichender Perspektive, der Wandel und Bedeutungsverlust der Stadt als ein wesentlicher Faktor des Übergangs von der Antike zum Mittelalter. Auch hier läßt sich feststellen, daß das archäologische Material, zugleich die stärkere Berücksichtigung urbanistischer Fragestellungen zu erheblichen Fortschritten geführt haben. Dabei bringen der Zufall der Überlieferung und der Ausgrabungsgeschichte es mit sich, daß bestimmte Städte von eher regionaler Bedeutung wie etwa Caesarea Maritima eine große Aufmerksamkeit genießen, während eine herausragend wichtige Stadt wie Alexandria trotz spektakulärer Neufunde in jüngster Zeit uns in vielerlei Hinsicht unbekannt bleibt und bleiben wird. Auffällig sind in vielen Städten die großen Stadthäuser einzelner Vornehmer. Einen wichtigen Schritt in der Entwicklung bilden vielerorts zudem die Verdichtung der Innenstädte und die Aufgabe der großen, öffentlichen Plätze – das neu gegründete Justiniana Prima erhielt allerdings auch ein Forum. Die Verdichtung wird teils interpretiert als Schritt zur Entstehung des arabischen Suq. Strittig ist, wann der Wandel zu datieren ist, auch hier ist mit erheblichen lokalen Unterschieden zu rechnen.46 Immerhin läßt sich der archäologisch vielerorts nachgewiesene Prozeß gut mit Beobachtungen zur Entwicklung lokaler Eliten zusammenbringen, die in der letzten Zeit intensiver erforscht worden sind. Dabei zeichnet sich zum einen für die gesamte Spätantike eine Verengung des Kreises der weltlichen Funktionsträger auf eine schmale Gruppe von Notabeln ab, zum anderen eine weitere Zunahme der Bedeutung von Bischöfen, die immer stärker an die Stelle der bisherigen städtischen Eliten traten. Wie einschneidend dieser Wandel war, der etwa von Liebeschuetz als Ende der antiken Stadtkultur gedeutet wird, ist strittig. Eine ganz besondere Stadt war Konstantinopel, die Hauptstadt, die zu Recht intensiv erforscht worden ist,47 auch wenn hier das archäologische Material in einem Mißverhältnis zur Bedeutung der Stadt steht. Deutlicher als früher sieht man die kulturelle Vielfalt in Konstantinopel. Da ist zunächst das lateinische Milieu zu nennen, für das Marcellinus Comes
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als Illyrer und Cassiodor als Italiker stehen. Für andere Gruppen – dies läßt sich besonders gut im Falle der Syrer greifen – waren die Mönche wichtige Kristallisationspunkte gewesen. Deren Interaktion, Rivalität und Selbstverständnis ließe sich durch eine breitere Lektüre von theologischem Schrifttum noch weitaus besser erforschen. Die Geschichte der Institutionen ist lange hinter die kulturgeschichtlichen Fragestellungen zurückgetreten; dies scheint sich allmählich zu ändern. Eine merkwürdig geringe Rolle spielen jedoch in der Forschung die sozialen Eliten Konstantinopels,48 obwohl mit der PLRE III ein wertvolles Arbeitsinstrument vorliegt, zu dem weitere Prosopographien hinzugetreten sind,49 und zahlreiche Quellen, auch solche literarischer Natur wie Kleindichtung, hier wichtige Aufschlüsse vermitteln könnten; das scheint auch Ausdruck des in den verschiedensten historischen Disziplinen zu beobachtenden Rückgangs des Interesses an der Sozialgeschichte zu sein; die Unterschichten genießen derzeit ein noch geringeres Interesse.50 Immerhin hat die erwähnte Arbeit Banajis insofern bedeutende Auswirkungen auf die Sozialgeschichte, als sie die wirtschaftlichen Aktivitäten unter ein anderes, nachgerade kapitalistisches Licht stellt. Viele Bereiche der kaiserlichen Verwaltung, die sich immer stärker ausweitete, sind schon seit geraumer Zeit gut erschlossen, so daß auf diesem Felde lange Zeit weniger Forschung stattfand, abgesehen von solchen, die durch epigraphische oder papyrologische Neufunde angestoßen waren.51 Doch hat sich hier in der jüngsten Zeit einiges getan. Ein Meilenstein in der Forschung ist sowohl in der Aufarbeitung vieler Details, womit sie fast Handbuchcharakter annimmt, als auch in der Erweiterung der Perspektive Wolfram Brandes’ Arbeit über „Finanzverwaltung in Krisenzeiten“. Sie ist aus byzantinistischer Sicht geschrieben und blickt von späteren Jahrhunderten auf die Zeit Justinians zurück. Entgegen dem vorherrschenden Trend der Forschung warnt diese Arbeit davor, zu viele Kontinuitäten zwischen der justinianischen Zeit und späteren Jahrhunderten herzustellen.52 So zeigt er, daß zahlreiche Ämter des 9. Jahrhunderts, die gerne auf das 6. Jahrhundert zurückgeführt werden, keine Kontinuität besitzen. Das hat natürlich Bedeutung für die Benutzung sämtlicher byzantinischer Quellen, die sich auf die Zeit Justinians beziehen, namentlich solcher aus der Zeit der Makedonischen Dynastie, die oft Kontinuitäten herstellen, die sich als Rückprojektionen erweisen lassen. Mit einem ganz anderen Ansatz untersucht Christopher Kelly die bürokratische Elite Ostroms, ihr Selbstverständnis und die Wandlungen, die durch Modi der Bezahlung entstanden. Hier versucht er deutlich zu
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machen, welche Spannungen innerhalb der funktionalen Elite des Reiches bestanden. Die starke Konzentration auf die Bedeutung Konstantinopels, so berechtigt sie ist, bringt Schwierigkeiten mit sich: Eine Reihe von epochenübergreifenden Prozessen lassen sich vor allem oder besonders gut am Beispiel dieser Stadt mit ihrer im Hinblick auf literarische Quellen überaus günstigen Quellenlage identifizieren. Angesichts der Unterschiede zwischen den Regionen, die allenthalben hervortreten, muß man jedoch stets vorsichtig mit Verallgemeinerungen sein; es ist keineswegs zwingend, daß die Entwicklungen, die sich für Konstantinopel beobachten lassen, andere Städte und Landschaften ebenfalls betreffen. In religionsgeschichtlicher Hinsicht wurde die Spätantike lange als eine Epoche des Verlustes der Pluralität gesehen; als byzantinischmittelalterlich gilt eine vollständig christianisierte Welt, die sich unter Justinian herauszubilden schien, die vorchristliche beeindruckte hingegen durch ihre Vielfalt. In der letzten Zeit ist die Pluralität der justinianischen Zeit herausgearbeitet worden, auch wenn der Prozeß der Christianisierung sich fortsetzte. Ausdruck der umfassenden Christianisierung des Lebens ist alles das, was unter dem Stichwort der „Liturgisierung“ behandelt worden ist. Hier sind in den letzten Jahrzehnten ganz wesentliche neue Erkenntnisse erzielt worden, gerade im Grenzbereich zwischen Geschichtswissenschaft und Theologie. Die verstärkte Rhythmisierung des Alltags durch christliche Feste ist sichtbar geworden, die Bedeutung der gemeinsamen, die Stadt integrierenden Rituale, der Prozessionen, die auch den städtischen Raum oft unter christlichen Vorzeichen strukturierten, ist eindrucksvoll aufgearbeitet worden, ebenso daß auch die mit dem Kaiser verbundenen Prozessionen sich immer stärker auf Elemente der christlichen Topographie bezogen, die ebenfalls den städtischen Raum neu prägten.53 Strittig ist, wann man es beginnen lassen soll; zunehmend erweist es sich als sinnvoll, bis in die theodosianische Zeit zurückzugehen. Dabei könnte künftig als analytisches Konzept der Begriff der „Akzeptanz“ eine größere Rolle spielen:54 Die Macht des Kaisers war zwar institutionell kaum beschränkt, aber er mußte mit seinem Verhalten akzeptiert werden, um sich an der Macht zu halten. Für die Kommunikation mit dem Volk hat er sich christlicher Motive zu bedienen, so daß hier Liturgisierung und kaiserlicher Anspruch zusammenkommen. Unter der Vielzahl dissidenter Stimmen sind die der Heiden am leichtesten zu identifizieren. Die Maßnahmen gegen sie zeigen, daß sie mindestens auf dem Lande und in intellektuellen Zirkeln noch präsent waren. Das Denken und Handeln von Heiden zu kontextualisieren ist von wesentlicher Bedeutung; die scheinbar so weltabgewandten Philosophen
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sind eben auch Zeitgenossen.55 Allerdings sollte man hier sorgsam unterscheiden und sich nicht allein von der Dichotomie Heiden – Christen leiten lassen. Vorhanden war nach wie vor ein Lebensgefühl, das dezidiert nicht-christlich war, wie es sich in manchen Epigrammen und in den Elegien Maximians56 niedergeschlagen hat. Unstreitig ist zudem die traditionalistische Orientierung bedeutender, wenn auch offenbar abnehmender Teile der Elite im 6. Jahrhundert.57 Keineswegs auszuschließen ist, daß diese Orientierung sich mit einem wie auch immer gearteten Bekenntnis zum Christentum vereinbaren ließ; ein nicht-christlicher Sprachgebrauch mußte ja – das ist schon lange bekannt – nicht unbedingt ein anti-christlicher Sprachgebrauch sein. Umgekehrt konnte eben diese traditionalistische Strömung in strengen christlichen Kreisen, auch vom Kaiser selbst, als heidnisch interpretiert werden. Essentialistische Definitionen von Religionen helfen in der Spätantike nicht weiter, denn Selbstbeschreibung und Fremdbeschreibung dieser Gruppen sind nie identisch; es muß mehr darum gehen, die Kommunikation über Religion und die darin sichtbar werdenden Semantiken zu diskutieren. Das gleiche gilt für die Geschichte des Christentums, das durch eine Vielzahl von Gruppen gekennzeichnet ist; gerade unter Justinian bilden sich neue religiöse Identitäten heraus.58 Die zeitgenössischen Quellen bedienten sich im Sinne der „Mosaischen Unterscheidung“ (Jan Assmann) auch innerhalb des Christentums dichotomischer Kategorien, die wahren und falschen Glauben trennen sollen. Die Historiker haben sich schon lange abgewöhnt, dies zu reproduzieren, doch sollte hier mit noch größerer begrifflicher Konsequenz verfahren werden, Begriffe wie „katholisch“ oder „orthodox“ sollten nicht mehr als Ordnungsbegriffe dienen. Wichtig erscheint vielmehr, sich um eine möglichst neutrale Begrifflichkeit zu bemühen, was inzwischen auch in einem großen Umfang geschieht, indem die Rede von „orthodox“ durch „chalkedonisch“ bzw. „neu-chalkedonisch“ ersetzt wird; oder statt „monophysitisch“, das in einem polemischen Sinne verstanden werden kann, „miaphysitisch“ bzw. „antichalkedonisch“ gesagt wird. So einleuchtend der Grundgedanke erscheint, so schwierig ist seine Umsetzung. Denn auch die Selbstbezeichnung und die Fremdbezeichnung dieser Gruppen differieren, zumal bei den zahlreichen Abspaltungen, die fortwährend vorkamen. Es wäre sinnvoll, hier eine einigermaßen überzeugende, historisch adäquate Terminologie zu entwickeln. Ferner wäre zu prüfen, inwieweit sich hybride Identitäten feststellen lassen, die oft durch die Polemiken strenger Theologen verdeckt werden. Die Grundlagen für eine differenziertere Begrifflichkeit sind gelegt worden, durch eine bessere Durchdringung theologischer Kontroversen.59 Wichtig ist aber auch, daß die nicht-chalkedonischen Theologen
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größere Aufmerksamkeit genießen. Auch das hat übrigens mit der Aufarbeitung von Quellen in nicht-klassischen Sprachen zu tun und mit der Regionalisierung der Perspektive. Wie in allen historischen Epochen spielen auch für die Spätantike geschlechtergeschichtliche Forschungen eine große Rolle.60 Dabei sind die Debatten um die Geschlechteridentitäten und deren Wandelbarkeit – das Christentum dachte sich ja im Prinzip Mann und Frau als gleich – rekonstruiert worden ebenso wie die sich verändernden Handlungsmöglichkeiten von Frauen, zumal wenn sie Askese trieben. Dieser Transformationsprozeß schloß die Regierungszeit Justinians ein, die allerdings eine Besonderheit aufweist, nämlich die als überaus mächtig geltende Kaiserin Theodora. Auch hier hat Prokop zunächst einen maßgeblichen Einfluß ausgeübt, indem er in den Anekdota ein monströses Bild der Herrscherin zeichnete, das für viele populäre Darstellungen Stoff geliefert hat und liefert; die neuere Forschung betont stärker die Normalität ihrer Erscheinung.61 Den literarischen, politischen und religiösen Veränderungen ist eines gemein: Das 6. Jahrhundert läßt sich – wenn man an die Verfestigung der religiösen Gruppen oder an die westlichen Königreiche denkt – als eine Zeit der neuen Identitäten beschreiben; es kann ebenso aufgefaßt werden als eine Epoche des Sichtbarwerdens von Identitäten – das mag für manche ethnische Gruppen gelten –, schließlich auch als eine der Neuentdeckung von Identitäten; hier wären wieder die Samaritaner zu nennen, vielleicht auch die Juden, die sich anscheinend stärker, vielleicht auch gezwungenermaßen, auf ihre eigensprachliche Tradition besannen.62 Auch wenn sich manche dieser Transformationsprozesse, die zentrale Elemente des Römischen Reiches betreffen, unter Justinian verdichten oder beschleunigen, ist unbestreitbar, daß es in dieser Hinsicht keine festen Konturen gibt; ebensowenig kann man von Homogenität dort sprechen, wo gerade die je spezifische Entwicklung der Regionen und die Vielfalt der Identitäten sichtbar geworden sind. Ähnliche Phänomene sind auch dort zu vermuten, wo die oft einseitige Quellenlage sie nicht zu bestätigen vermag. Das Bild, das sich abzeichnet, entspricht gerade nicht dem gegenüber Byzanz gehegten Vorurteil, alles sei uniform, im Gegenteil, es zeichnet sich eine neue Vielfalt ab, gerade auch innerhalb des Christentums. Weder der Glaube noch die Lebensformen werden vereinheitlicht. Der andere wichtige Gesichtspunkt, auf den die Rede von einem justinianischen Zeitalter verweist, ist die Persönlichkeit des Kaisers. Die Regierungszeit Justinians bietet sich für personalisierende Interpretationen an, nicht nur, weil antike Quellen ohnehin personalisieren, sondern
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auch weil die Gesetzgebung dieses Kaisers in ungewöhnlicher Dichte überliefert ist und den Eindruck eines energischen Reformers vermittelt. Wie außergewöhnlich sein Verhalten tatsächlich war, ließe sich besser ermessen, wenn wir das Handeln anderer Herrscher vergleichbar gut dokumentiert hätten. Diese Unsicherheit wird, so scheint mir, nicht immer hinreichend beachtet. Auf jeden Fall aber bedürfen gerade angesichts der Gewalt der Transformationsprozesse, von denen eben die Rede war, die Handlungsspielräume des Herrschers einer näheren Analyse; denn wenn eines bei der Erörterung vergleichbarer Regime, etwa absolutistischer Herrschaften oder moderner Diktaturen, durch Neuhistoriker deutlich geworden ist, dann sicherlich, wie begrenzt die Handlungsmöglichkeiten auch scheinbar souveräner Herrscher waren; ferner wird vor allem am Beispiel des Kaisertums der hohen Kaiserzeit schon lange eine Diskussion darüber geführt, ob der römische Kaiser reaktiv war; diese Debatte läßt sich auch für die Spätantike fruchtbar weiterführen.63 Wie gering die Durchschlagskraft des kaiserlichen Handelns war, zeigt sich nämlich schon daran, daß Justinian auf einem Gebiet, das ihm wirklich ein Anliegen war, der Religionspolitik, gerade scheiterte. Einiges spricht auch dafür, daß die später zum Corpus iuris zusammengefaßten Rechtsbücher, ohne Zweifel eine Großleistung des Kaisers, sich nur langsam im Rechtswesen durchsetzten, daß sie keineswegs in der Lage waren, die lokalen Rechtsbücher zu ersetzen. Hier sind naturgemäß ägyptische Papyrusurkunden wesentliche Quellen, die indes mit dem bekannten quellenkritischen Problem, der Frage ihrer Repräsentativität, belastet sind. Gerade weil strukturelle Faktoren lange eine dominierende Rolle gespielt haben, scheinen mir die Defizite bei der Erörterung der Handlungsspielräume besonders schwerwiegend zu sein. Dabei sind mir zwei Gesichtspunkte wichtig, zum einen die Frage danach, wie Justinian die Transformationsprozesse perzipierte und darauf reagierte, zum anderen, inwieweit das Handeln des Kaisers, das in der Selbstdarstellung äußerst konsequent und durchgeplant erscheint, intentional war. Bereits Veränderungen in der Selbstdarstellung selbst verdienen indes durch eine nuanciertere Interpretation entsprechender Medien, namentlich der Gesetzestexte, vielleicht doch auch der Münzen, noch größere Aufmerksamkeit. Bei der Erörterung der Perzeption von Transformationsprozessen und der kaiserlichen Reaktion darauf kommt es insbesondere auf mikrohistorische Analysen an, die natürlich in vielen Bereichen unternommen worden sind. Beispiele für gelungene mikrohistorische Analysen bilden verschiedene Arbeiten zum Nika-Aufstand,64 demgegenüber fällt um so mehr auf, daß die Unruhen der Schlußphase der Regierung Justinians
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weitgehend unbeachtet bleiben. Sie ließen sich ebenso wie die bisweilen bezeugten Attentate als Symptome eines Akzeptanzverlustes des Kaisers deuten. Exemplarisch kann man Entscheidungsprozesse aufgrund der guten Quellenlage bei religiösen Konflikten studieren, namentlich durch die Auswertung von Heiligenviten und der – wie ich erwähnt habe, sträflich vernachlässigten – Konzilsakten, die Verhandlungen sehr detailliert dokumentieren. Der Kaiser hatte die christliche Forderung, die von ihm die unbedingte Durchsetzung des wahren Glaubens verlangte, und taktische Erfordernisse, die auf die innere Befriedung des römischen Reiches zielen mußten, zu berücksichtigen. Seine Entscheidungen erfolgten offenkundig nicht autokratisch, sondern durch komplexe, wenig berechenbare Prozesse, in welchen der Kaiser, seine Gattin, die höfischen Berater, charismatische Mönche, Äbte und Bischöfe mit ihren gegenläufigen Interessen, die städtischen Massen sowie die außerreligiösen Interessen der Funktionseliten zusammenwirkten, all das muß von der Forschung gegeneinander abgewogen werden.65 Die kaiserlichen Verbote in religiösen Angelegenheiten sind schon oft analysiert worden; sie wären im Lichte jüngerer Forschungen zu den römischen Rechtstexten zu betrachten, die diese stärker als Indikatoren denn als Lösungen von Problemen lesen; ihre Wirksamkeit wäre am besten dadurch zu überprüfen, daß man die Entwicklungen verschiedener Regionen und Metropolen vergliche, insbesondere solcher, in denen der Kaiser wenig Einfluß hatte. Zu denken ist hier nicht nur an Alexandria, wo der Kaiser oft Mißerfolge erlitt. Mit solchen Ansätzen ist vielleicht das komplette Scheitern des Kaisers auf diesem Gebiet zu erklären, der hier eher ein Katalysator der Konflikte gewesen zu sein scheint als ein Friedensstifter. Zugleich ist zu erwägen, inwieweit sich die Ergebnisse auf andere Bereiche kaiserlichen Handelns übertragen lassen. Auch hier ist, wie angedeutet, wieder der Blick in die Provinz sehr wichtig. Die Verhältnisse dort vermitteln einen Eindruck von der Durchschlagskraft der kaiserlichen Politik, die offenbar begrenzter war, als man erwarten würde, auch wenn Justinian durch seine Baupolitik, die wieder durch jüngere archäologische Funde besser faßbar wird, seine Präsenz fühlbar machte und möglicherweise eine Militarisierung der Städte vorantrieb. Hinzu kommen die Provinzialgesetze, mit denen Justinian seinen Regelungsanspruch unterstrich, ohne daß man sicher sein kann, daß er sich realisieren ließ. Ob seine Herrschaft bei den Transformationsprozessen hier hemmend oder beschleunigend wirkte, wäre durch vergleichende Einzelstudien zu untersuchen, bei denen keineswegs ein einhelliges Bild entstehen muß.
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Das Problem der Intentionalität besitzt besonders in jenem Bereich Bedeutung, in dem das aktive Handelns des Kaisers am deutlichsten wirkt und wo eine klare Linie sich abzuzeichnen scheint, in der Eroberungspolitik. Das berühmteste Stichwort der kaiserlichen Selbstdarstellung, Recuperatio imperii, suggeriert ein klares Konzept der kaiserlichen Politik, besonders in der äußeren Politik, die auf eine zielgerichtete Wiederherstellung des Römischen Reiches hinauszulaufen scheint. In der modernen Forschung sind gegenüber der Vorstellung, Justinian habe einen klaren Plan gehabt, Vorbehalte geäußert und die kontingenten Umstände – die jeweiligen dynastischen Probleme bei den Germanenreichen – herausgestellt worden. So gesehen, wäre Kaiser Justinian selbst in der Außenpolitik in einem weitaus stärkeren Maße ein reagierender Herrscher gewesen, als es gemeinhin erscheint und seine Selbstdarstellung suggeriert. Aufs Ganze gesehen, haben die militärischen Eroberungen in der letzten Zeit indes eine geringere Aufmerksamkeit genossen als früher,66 wobei auch hier die Frage der Stilisierung durch Prokop neu zu stellen wäre, da er die Hauptquelle für die Rekonstruktion der militärischen Ereignisse bildet. Erneut verbindet sich somit ein quellenkritisches mit einem konzeptionellen Problem. Die Veränderung der Politik Justinians ist eines der ganz wesentlichen Themen der letzten Zeit; die vierziger Jahre werden weithin als Bruch empfunden. Der wohl schon früher einsetzende Wandel der Münzbilder hin zu streng christlichen Symbolen spricht dafür, aber auch seine ganze Politik scheint sich in den vierziger Jahren zu ändern. Dafür sind verschiedene Ursachen namhaft gemacht worden: etwa der Tod Theodoras oder das Scheitern der Integrationspolitik. Die Verdichtung und Beschleunigung jener Prozesse, die die Regierungszeit Justinians übergreifen, wäre vielleicht eine Folge dieses Wandels. Einen wesentlichen Anstoß erhielt diese Diskussion durch die bereits erwähnte Arbeit Mischa Meiers „Das andere Zeitalter Justinians“, die es unternimmt, das kaiserliche Handeln als die Reaktion auf einen Transformationsprozeß und auf Krisenphänomene zu deuten, die ihrerseits von Meier neu bestimmt werden, indem er mentalitätsgeschichtliche Entwicklungen aufarbeitet.67 Es ist danach unbestreitbar, daß diese Sorgen und Ängste in jenen Jahren um sich griffen. Wie weit sie die Gesellschaft insgesamt erfaßten, steht dahin. Meier bewegt sich weniger auf der Ebene der Ereignisgeschichte als auf jener der Zeiterfahrung in der Vergangenheit; er richtet sein Augenmerk einerseits auf die apokalyptische Grundstimmung, die weite Kreise im Römischen Reich zu Beginn des 6. Jahrhunderts erfaßt hatte, aber auch auf die Zeitwahrnehmung durch Justinian, der so gesehen Indikator und Faktor des Transformationsprozesses ist. Das christliche Bekenntnis
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Justinians nimmt Meier auch insofern ernst, als er dessen Wahrnehmung von Erfolg und Mißerfolg, die in der Sicht des Kaisers Zeichen des Wohlwollens oder Unwillens Gottes waren, stets im Blick hat. So entsteht folgendes Bild: Zunächst mußte Justinian sich durch die vielen Erfolge – dazu gehören nicht nur die militärischen Siege, sondern auch die Vollendung der Gesetzessammlung – in seiner Politik bestätigt fühlen. Um so schwerer müssen ihn die Rückschläge und Krisen getroffen haben, die sich in den vierziger Jahren häuften, die militärischen Niederlagen und die Katastrophen, allen voran die Pest. Diese kontingenten Ereignisse haben, so Meier, in Justinian das Gefühl einer Schuld erweckt, auf das er mit einer starken Konzentration auf theologische Fragen antwortete. Daher seien die weiteren Jahre der Regierungszeit Justinians durch geringere Aktivitäten gekennzeichnet gewesen. Dies bedeutet eine extreme Personalisierung der Darstellung. Justinian wird in der Tat, wenn auch als reagierender Kaiser, zur Schlüsselgestalt. Anders als bei dem von Fergus Millar entwickelten Konzept des reaktiven Kaisers ist hier jedoch die religiöse Orientierung des Kaisers entscheidend; pointiert gesagt: Justinian reagiert nicht auf die Eingaben seiner Untertanen oder auf offenkundige Probleme, sondern auf die Strafen Gottes. Sein Zeitalter ist nicht das eines letzten großen Glanzes des Römertums, sondern das einer dichten Folge von Katastrophen. Meiers Buch, das international noch zu wenig rezipiert ist (was auch mit dem elaborierten Deutsch und der Überladung durch Anmerkungen zu tun hat) stellt den wohl innovativsten Beitrag der Justinian-Forschung der letzen Jahre dar. Wenn aber gerade der Bruch für die Regierungszeit entscheidend ist und der Kaiser ihn miterlebt, wenn nicht sogar verstärkt, dann wäre die Rede vom Zeitalter Justinians eben deswegen sinnvoll, weil die Inhomogenität und Veränderung seine Signaturen wären. Dabei muß man vom Diskussionsanstoß Meiers ausgehen. Vor allem wäre die Frage der Repräsentativität jener Texte zu stellen, die die apokalyptisch-pessimistische Grundstimmung transportieren. Welche Haltung nahmen die traditionalistischen Milieus ein? Konnten sie sich dieser Stimmung entziehen? Oder trug weniger die kaiserliche Verfolgung als das grassierende Sündenbewußtsein zum Niedergang ihrer Welt bei? Welche Bedeutung haben jene Theologen wiederum, die den apokalyptischen Vorstellungen nicht anhingen? Ebenso dringlich ist die Frage der geographischen Repräsentativität. Gerade angesichts der zunehmenden Bedeutung regionalistischer Perspektiven ist hier weiterzudenken, obgleich die apokalyptische Stimmung auch in den Provinzen gut belegt ist. Sehr vieles, was man über die kaiserliche Politik sagen kann, bezieht sich, wie gesagt, auf Konstan-
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tinopel. Wenn die Regionen immer stärker eine eigene Entwicklung nehmen, so kündigt sich da vielleicht schon das Zusammenschrumpfen des Reiches im 7. Jahrhundert an. Schließlich gilt auch für Meiers Werk, daß es – entsprechend seiner Fragestellung – die nähere Analyse der Entscheidungsprozesse um den Kaiser vernachlässigt. Hier liegen fruchtbare Forschungsfelder offen. So könnte man entsprechende Analysen der Bürokratie einbeziehen, die ihrerseits vor dem Hintergrund von Texten zu lesen wären, die sich in der einen oder anderen Weise auf hohe Würdenträger beziehen und Rückschlüsse über ihr Selbstverständnis zulassen. Zu denken ist an erhebliche Teile des Geschichtswerks Prokops, aber auch an die Johannis Coripps. Wenn man solche Texte mit älteren Dokumenten der funktionalen Elite, die anderswo erhalten sind (Statthalterinschriften, Himerios) in Beziehung setzen würde, könnte man die Eigenart des Zeitalters wohl noch schärfer fassen. Damit will ich zusammenfassen: Die Erforschung des Zeitalters Justinians steht in dem Kontext einer intensiven und fruchtbaren Erforschung von Transformationsprozessen der Spätantike und des Frühmittelalters. Fünf Gesichtspunkte scheinen mir als Themen und Herausforderungen der jüngeren Justinian-Forschung besonders wichtig: die Befreiung von Prokop als maßgeblicher Quelle; die Regionalisierung der Perspektive; der Versuch, vor allem bei religiösen Konflikten terminologisch zeitgenössische Begrifflichkeiten zu überwinden; die Unsicherheit in der Beurteilung des kaiserlichen Verhaltens zwischen Intentionalität und Reaktivität; die Bereitschaft, wieder eine personalisierende Interpretation vorzunehmen. Gerade das letztere aber verlangt die präzise ereignisgeschichtliche Rekonstruktion und macht eines deutlich: Es muß noch viel Arbeit an der Basis geleistet werden, bevor die große Darstellung zu erwarten ist. Insgesamt dürften solche Studien wie auch die stärkere Berücksichtigung der Transformationsprozesse und ihrer Wirkung das Bild eines reagierenden Kaisers ergeben, der allerdings in der Wahrnehmung der Zeit nicht allein auf menschliches Handeln, sondern auch auf göttliches Wirken reagieren mußte; andererseits ließen bestimmte Gegebenheiten – wie etwa überraschende Ereignisse – dem Kaiser beachtliche Handlungsspielräume. In der – auch universalhistorisch bedeutsamen, aber entsprechend den spezifischen historischen Bedingungen einer Epoche zu untersuchenden – Frage nach dem Verhältnis von Individuum und Geschichte behält der Begriff „Zeitalter Justinians“ zumindest eine forschungspragmatische Bedeutung.
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Zugleich Besprechung von: Michael Maas (Ed.), The Cambridge Companion to the Age of Justinian. Cambridge/New York/Port Melbourne, Cambridge University Press 2005. XXVII, 626 S., £ 45,–; The Cambridge Ancient History [künftig: CAH]. Vol. 14: Late Antiquity. Empire and Successors A. D. 425-600. Ed. by Averil Cameron, Bryan Ward-Perkins and Michael Whitby. Cambridge 2000 (Ndr. 2005). Es muß nicht mit der Regierungszeit Justinians identisch sein, so definiert Michael Maas, Roman Questions, Byzantine Answers. Contours of the Age of Justinian, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 3-27, 3 das Zeitalter als die Jahrzehnte von der Ankunft Justinians in Konstantinopel um 500 bis 602. Mischa Meier, Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr. (Hypomnemata, Bd. 147.) 2. Aufl. Göttingen 2004. Pauline Allen/Elizabeth Jeffreys (Eds.), The Sixth Century. End or Beginning?. Brisbane 1996; Richard Hodges/William Bowden, The Sixth Century. Production, Distribution and Demand. Leiden/New York 1998. Zum Problem von Epochenbezeichnungen exemplarisch Renate Dürr/Gisela Engel/Johannes Süßmann (Hrsg.), Eigene und fremde Frühe Neuzeiten. Genese und Geltung eines Epochenbegriffs. (HZ, Beihefte, NF., Bd. 35.) München 2003. Die CD-ROM Bibliographie der Byzantinischen Zeitschrift 1990-2005 ergibt bei der Suchangabe „Justinian“ 346 bibliographische Einheiten. Naturgemäß tritt dadurch die nicht-englischsprachige Forschung stärker in den Vordergrund. Andrew Louth, The Eastern Empire in the Sixth Century, in: Cambridge Medieval History. Vol. 1. Ed. by Paul Fouracre. Cambridge 2005, 93-117. Der Artikel reflektiert nicht den althistorischen Forschungsstand. Karl Leo Noethlichs, Art. „Iustinianus (Kaiser)“, in: Reallexikon für Antike und Christentum. Bd. 19. Stuttgart 1999, 668-763. Cécil Morrisson (Ed.), Le monde byzantin. Vol. 1: L’empire romain d’Orient (330-641). Paris 2004. Vgl. nur die Vielzahl von Biographien: John Moorhead, Justinian. London/ New York 1994 (Ndr. 1997); Carmelo Capizzi, Giustiniano I: Tra politica e religione. (Saggi, studi, testi/Accademia Angelica Costantiniana di Lettere Arti e Scienze, Vol. 1.) Soveria Mannelli 1994; James A. S. Evans, The Age of Justinian. London/New York 1996; Guy Gauthier, Justinien. Le rêve impérial. Paris 1998 (populär); Pierre Maraval, L'empereur Justinien. Paris 1999; Otto Mazal, Justinian I. und seine Zeit. Geschichte und Kultur des Byzantinischen Reiches im 6. Jahrhundert. Köln/Wien/Weimar 2001 (kompilativ); Mischa Meier, Justinian. Herrschaft, Reich und Religion. München 2004; Georges Tate, Justinien. L’épopée de l’Empire d’Orient (527-565). Paris 2004 (apologetisch); James A. S. Evans, The Emperor Justinian and the Byzantine Empire. London 2005.
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Averil Cameron, Procopius and the Sixth Century. London/New York 1985 (Ndr. 1996); vgl. zur Einordnung etwa Shaun Tougher, Cameron and Beyond. Review-Discussion of Averil Cameron: Procopius and the Sixth Century, in: Histos 1, 1997 (http://www.dur.ac.uk/Classics/histos/1997/index. html). Anthony Kaldellis, Procopius of Caesarea. Tyranny, History, and Philosophy at the End of Antiquity. Philadelphia 2004. Darius Brodka, Die Geschichtsphilosophie in der spätantiken Historiographie. Studien zu Prokopios von Kaisareia, Agathias von Myrina und Theophylaktos Simokattes. (Studien und Texte zur Byzantinistik, Bd. 5.) Frankfurt am Main/Berlin/Bern/Brüssel/New York/Oxford/Wien 2004. Vgl. Mischa Meier, Prokop, Agathias, die Pest und das „Ende“ der antiken Historiographie. Naturkatastrophen und Geschichtsschreibung in der ausgehenden Spätantike, in: HZ 278, 2004, 281-310, der die Verdüsterung des Agathias betont. Zum Kontext allgemein Claudia Rapp, Literary Culture under Justinian, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 376-397. Ioannis Malalae Chronographia. Hrsg. v. Hans Thurn. (Corpus Fontium Historiae Byzantinae, Bd. 35.) Berlin/New York 2000. Brian Croke, Count Marcellinus and his Chronicle. Oxford/New York 2001. Vgl. aber die Neueditionen von Carmen Cartell de Hartmann. (Corpus Christianorum, Series Latina, Bd. 173 A.) Turnhout 2001, und Augusto Placanica. Florenz 1997 (vgl. dazu Wolfram Brandes, in: ByzZ 92, 1999, 278f.); ferner Elio Dovere, „Praecepta principum“ e „leges“ nei „Chronica“ di Vittore di Tunnuna, in: Studia et Documenta Historiae et luris 69, 2003, 629-643. Michael Maas, John Lydus and the Roman Past. Antiquarianism and Politics in the Age of Justinian. London/New York 1992; Christopher Kelly, Ruling the Later Roman Empire. Cambridge, Mass. 2004; vgl. ders., John Lydus and the Eastern Praetorian Prefecture, in: ByzZ 98, 2005, 431-458. Vgl. etwa den Kommentar zum Buch 1 der Iohannis von Maria A. Vinches. Neapel 1983; zu Buch 3 Chiara O. Tommasi Moreschini. Florenz 2001; George W. Shea (Ed.), The Iohannis or De bellis Libycis of Flavius Cresconius Corippus. (Studies in Classics, Vol. 7.) Lewiston/New York 1998; ferner Jean U. Andres, Das Göttliche in der „Iohannis” des Corippus. Antike Götterwelt und christliche Gottesvorstellung im Widerstreit?. Trier 1997; Vincent Zarini, Berbères ou barbares? Recherches sur le livre second de la Johannide de Corippe. (Études anciennes, Vol. 16.) Nancy 1997; ders., Rhétorique, poétique, spriitualité. La technique épique de Corippe dans la Johannide. Turnhout 2003. Vgl. neben der einschlägigen Literatur zur Liturgisierung die erläuterte Übersetzung: Romanos Melodos, Die Hymnen. Übers. u. erl. v. Johannes Koder. Halbbd. 1. Stuttgart 2005. The Ecclesiastical History of Evagrius Scholasticus. Transl. with an introd. By Michael Whitby. Liverpool 2000; vgl. Hartmut Leppin, Evagrius
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Scholasticus oder: Kirchengeschichte und Reichstreue, in: Mediterraneo antico 6, 2003, 141-153. Caroline Humfress, Law and Legal Practice in the Age of Justinian; Charles Pazdernik, Justinianic Ideology and the Power of the Past; Joseph D. Alchermes, Art and Architecture in the Age of Justinian, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 161-184, 185-212, 343-375; vgl. aus romanistischer Sicht mit der Frage nach der Vulgarisierung des Rechts Detlef Liebs, Roman Law, in: CAH, Vol. 14 (wie Anm. *), 238-259. Als wichtige Edition des Syrisch-Römischen Rechtsbuchs ist die von Walter Selb/Hubert Kaufhold (Wien 2002) zu nennen. Hier sei einmal auf ältere verdienstvolle kirchenhistorische Forschungen verwiesen, da sie kaum rezipiert werden: Jakob Speigl, Das Religionsgespräch mit den severianischen Bischöfen in Konstantinopel im Jahr 532, in: AHC 16, 1984, 264-285; ders., Die Synode von 536 in Konstantinopel, in: Ostkirchliche Studien 43, 1994, 105-153; ders., Formula Iustiniani. Kircheneinigung mit kaiserlichen Glaubensbekenntnissen (Codex Iustinianus I 1,5-8), in: Ostkirchliche Studien 44, 1995, 105-134. S. jetzt auch Florian Bruckmann, ё̴̩̮̥̭ ̦̝̤’ ѿ½ң̮̯̝̮̥̩. Die ersten zehn Anathematismen des fünften ökumenischen Konzils (Konstantinopel 553) als Dokument neuchalkedonischer Theologie, in: AHC 36, 2004 (erschienen 2006), 1-166, 259-388. Michael Maas, Exegesis and Empire in the Early Byzantine Mediterranean. Junillus Africanus and the „Instituta regularia divinae legis”. Tübingen 2003. Uwe M. Lang, John Philoponus and the Controversies over Chalcedon in the Sixth Century. A Study and Translation of the Arbiter. Löwen 2001. Vgl. immerhin etwa Kai Trampedach, Reichsmönchstum? Das politische Selbstverständnis der Mönche Palästinas im 6. Jh. und die historische Methode des Kyrill von Skythopolis, in: Millennium 2, 2005, 271-295. Joseph D. Alchermes, Art and Architecture in the Age of Justinian, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 343-375. Vgl. etwa den Ansatz der Materialvorlage zu bestimmten Bereichen von Paola Carità, Problemi di urbanistica giustinianea. Le città della Siria e della Mesopotamia. (Notebooks on Medieval Topography, Vol. 4.) Oxford 2004. Etwa aus jüngerer Zeit: Denis Feissel, Les édifices de Justinien au témoignage de Procope et de l'épigraphie, in: Antiquité Tardive 8, 2000, 81-104; ders., Un rescrit de Justinien découvert à Didymes (1er avril 533), in: Chiron 34, 2004, 285-365; Constantin Zuckerman, The Dedication of a Statue of Justinian at Antioch, in: Thomas Drew-Bear (Ed.), Actes du 1er Congrès International sur Antioche de Pisidie. Lyon 2002, 243-255. Constantin Zuckerman, Du village à l’empire. Autour du registre fiscal d’Aphroditô (525/6). (Centre de recherche d’histoire et civilisation de Byzance, Monographies, Vol. 16.) Paris 2004; Roberta Mazza, L’Archivio degli Apioni: terra, lavoro e proprietà senatoria nell’Egitto tardoantico. Bari 2001. Auch außerhalb Ägyptens, etwa in Petra, sind einige Papyrus-Funde zu verzeichnen.
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Vgl. die von Peter Brown herausgegebene Reihe „The Transformation of the Classical Heritage“ (Berkeley 1981ff.). Eine die Grenzen zwischen Altertum und Mittelalter überschreitende Perspektive wählt auch das seit 2004 erscheinende Jahrbuch Millennium sowie die entsprechende Reihe von Studien (http://www.degruyter.de/rs/265_754 3_ ENU_ h.htm). J. H. Wolfgang G. Liebeschuetz, The Decline and Fall of the Roman City. Oxford/New York 2001; besonders eindringlich dargestellt, naturgemäß mit einer Konzentration auf den Westen bei Bryan Ward-Perkins, The Fall of Rome and the End of Civilization. Oxford 2005. Peregrine Horden, Mediterranean Plague in the Age of Justinian, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 134-160. Zu erwarten in den Millennium Studien ist die schon lange vorbereitete Monographie von Karl-Heinz Leven zu dem Thema. Joel D. Gunn, The Years without Summer. Tracing A. D. 536 and its Aftermath. Oxford 2000. Dionysios C. Stathakopoulos, Famine and Pestilence in the Late Roman and Early Byzantine Empire. A Systematic Survey of Subsistence Crises and Epidemics. (Birmingham Byzantine and Ottoman Monographs, Vol. 9.) Aldershot 2004. John F. Haldon, Economy and Administration: How Did the Empire Work?, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 28-59. Hodges/Bowden, The Sixth Century (wie Anm. 3). Michael McCormick, Origins of the European Economy. Communications and Commerce, A. D. 300-900. Cambridge/New York 2001. Vgl. auch Michael Whitby, The Successors of Justinian, in: CAH, Vol. 14 (wie Anm. *), 86-111, der die weiter bestehende Macht des Reiches betont. Jairus Banaji, Agrarian Change in Late Antiquity. Gold, Labour, and Aristocratic Dominance. Oxford 2001. Geoffrey Greatrex, Byzantium and the East in the Sixth Century, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 477-509. Lucas van Rompay, Society and Community in the Christian East, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 239-266. Lawrence I. Conrad, The Arabs, in: CAH, Vol. 14 (wie Anm. *), 678-700; Fred M. Donner, The Background to Islam, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 510-533. Kenneth G. Holum, The Classical City in the Sixth Century. Survival and Transformation, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 87-112; J. H. Wolfgang G. Liebeschuetz, Administration and Politics in the Cities of the Fifth to the Mid Seventh Century (425-648), in: CAH, Vol. 14 (wie Anm. *), 207-237. Brian Croke, Justinian’s Constantinople, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 60-86; s. auch Franz A. Bauer, Stadt, Platz und Denkmal in der Spätantike. Untersuchungen zur Ausstattung des öffentlichen Raums in den spätantiken Städten Rom, Konstantinopel und Ephesos. Mainz 1996.
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Vgl. aber Haldon, Economy and Administration (wie Anm. 38); zu den Bürokraten s. unten. Salvatore Cosentino, Prosopografia dell’Italia bizantina (493-804). Vol. 1-2. Bologna 1996/2000 sowie die Bände der Prosopographie chrétienne, Rom 1999ff. Vgl. immerhin Marco Melluso, La schiavitù nell’età giustinianea. Disciplina giuridica e rilevanza sociale. Paris 2000, s. dazu auch Fausto Goria, in: ByzZ 95, 2002, 150-152. Wichtige Aspekte bei Denis Feissel/Jean Gascou, La pétition à Byzance. (Centre de Recherche d’Histoire et Civilisation de Byzance, Monographies, Vol. 14.) Paris 2004. Wolfram Brandes, Finanzverwaltung in Krisenzeiten. Untersuchungen zur byzantinischen Administration im 6.-9. Jahrhundert. Frankfurt am Main 2002. Derek Krueger, Christian Piety and Practice in the Sixth Century, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 291-315. Methodisch wichtig Stefan Diefenbach, Frömmigkeit und Kaiserakzeptanz im frühen Byzanz, in: Saeculum 47, 1996, 35-66. Anne Sheppard, Philosophy and Philosophical Schools, in: CAH, Vol. 14 (wie Anm. *), 835-854; Christian Wildberg, Philosophy in the Age of Justinian, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 316-340. Vgl. die Prokop-Deutung von Kaldellis, Procopius of Caesarea (wie Anm. 12), der zu Recht (namentlich 212f.) auf das Vorhandensein von Nicht-Christen im Konstantinopel Justinians aufmerksam macht. Wolfgang C. Schneider, Die elegischen Verse von Maximian. Eine letzte Widerrede gegen die neue christliche Zeit. Mit den Gedichten der Appendix Maximiana und der Imitatio Maximiani. Interpretation, Text und Übersetzung. (Palingenesia, Bd. 79.) Stuttgart 2003. Angesichts der Bedeutung des Mono- bzw. Henotheismus im Heidentum scheint mir die Bezeichnung „Polytheismus“ nicht hilfreich. Patrick T. R. Gray, The Legacy of Chalcedon. Christological Problems and their Significance; Lucas van Rompay, Society and Community in the Christian East; Claire Sotinel, Emperors and Popes in the Sixth Century. The Western View, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 215-238, 239266, 267-290; vgl. Pauline Allen, The Definition and Enforcement of Orthodoxy, in: CAH, Vol. 14 (wie Anm. *), 811-834. Grundlegend Alois Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche. Bd. 2/2: Die Kirche von Konstantinopel im 6. Jahrhundert. Freiburg/Basel/Wien 1989 (engl. 1995, zahlreiche weitere Übersetzungen); teils deutlich andere Akzente setzt Karl-Heinz Uthemann; s. seine überwiegend mit der Zeit Justinians befaßte Aufsatzsammlung Christus, Kosmos, Diatribe. Themen der frühen Kirche als Beiträge zu einer historischen Theologie. Berlin/New York 2005.
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Leslie Brubaker, The Age of Justinian. Gender and Society, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 427-447; vgl. Andrea Giardina, The Family in the Late Roman World, in: CAH, Vol. 14 (wie Anm. *), 392-415. Vgl. Hartmut Leppin, Kaiserliche Kohabitation: Von der Normalität Theodoras, in: Christiane Kunst/Ulrike Riemer (Hrsg.), Grenzen der Macht. Zur Rolle der römischen Kaiserfrauen. Stuttgart 2000, 75-85; Clive Foss, The Empress Theodora, in: Byzantion 72, 2002, 141-176. Nicholas de Lange, Jews in the Age of Justinian, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 401-426. Hans-Ulrich Wiemer, Einführung, in: ders. (Hrsg.), Staatlichkeit und politisches Handeln im Römischen Reich. Berlin 2006, 1-40. Neben Geoffrey Greatrex, The Nika Riot: A Reappraisal, in: JHS 117, 1997, 60-86; Mischa Meier, Die Inszenierung einer Katastrophe: Justinian und der Nika-Aufstand, in: ZPE 142, 2003, 273-300; Klaus Nickau, Justinian und der Nika-Aufstand bei Romanos dem Meloden. Zum Kontakion 54 M.-Tr. (= 54 Gr.), in: ByzZ 95, 2002, 603-620. Beobachtungen in diese Richtung bei Michael McCormick, Emperor and Court, in: CAH, Vol. 14 (wie Anm. *), 135-163; Sam Barnish/A. Doug Lee/Michael Whitby, Government and Administration, in: CAH, Vol. 14 (wie Anm. *), 164-206; Greatrex, Byzantium and the East (wie Anm. 43), macht deutlich, daß Militärs durchaus die kaiserliche Außenpolitik sabotieren konnten. Greatrex, Byzantium and the East (wie Anm. 43); Walter Pohl, Justinian and the Barbarian Kingdoms, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 448-476; zu den in letzter Zeit in den Vordergrund getretenen militärgeschichtlichen Aspekten vgl. A. Doug Lee, The Empire at War, in: Maas (Ed.), Age of Justinian (wie Anm. *), 113-133, und Giorgio Ravegnani, I bizantini e la guerra. L’età di Giustiniano. Rom 2004. Meier, Das andere Zeitalter (wie Anm. 2), 45-100.
II. Herrschaft und Religion Karl Leo Noethlichs: Quid possit antiquitas nostris legibus abrogare? Politische Propaganda und praktische Politik bei Justinian I. im Lichte der kaiserlichen Gesetzgebung und der antiken Historiographie, in: ZAC 4 (2000), S. 116-132. © de Gruyter, Berlin
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Quid possit antiquitas nostris legibus abrogare? Politische Propaganda und praktische Politik bei Justinian I. im Lichte der kaiserlichen Gesetzgebung und der antiken Historiographie Im dritten Kapitel der ,Geschichte des byzantinischen Staates‘ von Georg Ostrogorsky, betitelt ,Das justinianische Restaurationswerk und sein Zusammenbruch‘, findet sich folgender Satz: „Die Wiederherstellung des römischen Universalreiches war die ewige Sehnsucht der Byzantiner. Dieser Sehnsucht hat die Restaurationspolitik Justinians den großartigsten Ausdruck verliehen.“1
Über die „ewige Sehnsucht der Byzantiner“ will ich mich hier nicht äußern, aber den zweiten Satz möchte ich grundsätzlich in Frage stellen. Er entspricht, soweit ich sehe, einer verbreiteten Auffassung von Justinians Plänen, das römische Weltreich alter Art wieder herzustellen, ein Ziel, dem laut Bertold Rubin2 die gesamte Rechts- und Kirchenpolitik von Anfang seiner Regierung an untergeordnet gewesen sein sollen. Gemäß dem Motto dieses Historikertages, ,Intentionen – Wirklichkeiten‘, und unter der Fragestellung dieser Sektion: ,Renovatio Imperii aus dem Geist des Christentums…‘ wäre demnach zu prüfen, ob wir es bei Justinian mit einer idealen Koinzidenz von politischer Intention und Realisierung bei Kaiser und Bevölkerung zu tun haben. Dies soll anhand folgender Quellen geschehen: Für die Frage nach der Intention werden Justinians propagandistische Äußerungen herangezogen. Sie liegen vor insbesondere in den Proömien, z.T. aber auch in anderen Textteilen seiner Novellen, in den Ein-
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führungsedikten zu Institutionen, Digesten und zu beiden Auflagen des Codex, in den Institutionen selbst sowie in einigen vollständig in den Codex aufgenommenen Erlassen (Cod. Just. I 17,1f.; 27,1f.). Die Münzen sind weniger ergiebig und bieten nur Konventionelles.3 Der Ebene der sogenannten ,Wirklichkeit‘ versuche ich mich auf zwei Wegen zu nähern: Einmal durch die Reflexionen und Reaktionen Justinians selbst auf manche seiner Maßnahmen, zum anderen durch zeitgenössische und spätere Autoren wie Procopius, Euagrius, Johannes Malalas, Johannes Lydos, das Chronikon Paschale und Theophanes. Es ergeben sich somit vier Fragen, auf die im folgenden eine Antwort gegeben werden soll: I.
Inwieweit spiegelt Justinians Propaganda ,Restaurations‘- bzw. ,Renovationspläne‘ wider (ich verwende beide Begriffe hier synonym), d.h.: wie ist sein Verhältnis zur römischen Geschichte und zur Vergangenheit überhaupt, und welche Rolle spielt dabei das Christentum? II. Welche konkreten gesetzlichen Maßnahmen sind die Folge dieser Propaganda? III. Wie bewähren sich diese Maßnahmen in Justinians eigenem Urteil? IV. Wie bewerten Zeitgenossen und spätere Autoren Justinians Politik unter dem Aspekt einer renovatio?
1 Justinians Propaganda Hier möchte ich nach Außen- und Innenpolitik differenzieren:
1.1 Zur Außenpolitik Vielleicht von den beiden letzten Lebensjahren des Kaisers abgesehen hat Justinian die gesamte Regierungszeit hindurch Kriege geführt, auch Mehrfrontenkriege.4 Man müßte also hier besondere Kriegspropaganda erwarten, die sich zu Anfang seiner Regierung auch tatsächlich findet. Welcher Art war diese Propaganda? War es eine aggressive Kriegstreiberpropaganda, entsprechend den angeblich von Anfang an verfolgten Rückeroberungsplänen im Westen? In Const. ,Summa‘ von 529 heißt es: Die Macht des römischen Staates beruht auf Waffen und Gesetzen, wodurch das felix Romanorum genus in der Vergangenheit Herr über alle Nationen wurde und dies in Zukunft mit Gottes Hilfe auf ewig (in
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aeternum) bleiben wird. In dieser Formulierung vermag ich allerdings kein wirkliches Eroberungsprogramm zu erkennen, vielmehr die Hoffnung auf Bewahrung des status quo. Es folgt dann 533/534 der Vandalenkrieg, für den sich, wie übrigens auch für alle weiteren Kriege, nie eine gezielte Vorweg-Propaganda findet. Die Vernichtung der Vandalen wird mehrfach in Gesetzen erwähnt. Interessant sind die unterschiedlichen Formulierungen, mit denen an dieses Ereignis erinnert wird: Die Constitution ,Tanta‘ vom Dezember 533 nennt zuerst den ,ewigen Frieden‘ mit Persien, dann die Vernichtung der Vandalen, wodurch Karthago, ja sogar ganz Libyen mit dem Römischen Reich wieder verbunden sei: Libyam … Romano imperio iterum sociatam, also eine ,Wiedervereinigung‘. In Cod. Just. I 27,1 gilt die Vernichtung der Vandalen als eine „nach 105 Jahren wiedergewonnene Freiheit“. In Novelle 1 von 535 beschäftigt den Kaiser die Sorge, ob die Perser Frieden halten, Vandalen und Mauren gehorchen, die Karthager ihre alte, wiedererworbene Freiheit behalten, ebenso die Tzanen, die erstmals mit Gottes Hilfe unter römische Herrschaft kamen. Es geht also um ,Bestandssicherung‘. Novelle 8 (Kap. 10,2) vom 20. April 535 ermahnt die Bürger, pünktlich und vollständig ihre Steuern zu zahlen, die für die Kriege gebraucht werden. Denn der Kaiser kann es nicht zulassen, das Römische Reich verkleinert zu sehen,5 er, der ganz Libyen erworben (ж̨̩̝̦̯̣̮̝ҝ̴̩̩) und die Vandalen versklavt hat und erhofft, von Gott noch Größeres zu erlangen – der Gotenkrieg in Italien hatte begonnen. Schon einige Tage vorher, am 14. April 535, spielt Justinian in Novelle 11 auf Erfolge an der Donau an, wo einige jenseits des Flusses gelegene Städte mit Gottes Hilfe wieder unter römische Kontrolle gelangt sind: deo auctore … nostrae iterum dicioni subactae sint. Novelle 30 von 536 fordert die Statthalter auf, ihre Untertanen ,anständig‘ (̦̝̤̝̬Ԗ̭) zu behandeln. Denn zur Verbesserung der Lage der Bevölkerung hat Justinian all die Anstrengung der Kriege auf sich genommen, wobei ihm Gott Frieden mit Persien geschenkt hat, dazu die Unterwerfung der Vandalen, Alanen und Mauren, die Eroberung ganz Afrikas und darüber hinaus Siziliens.6 Und es besteht die begründete Hoffnung, daß Gott auch den Besitz der übrigen Gebiete7 versprechen möge, die die ,alten Römer‘ (̫ѣ ½қ̧̝̥ ԏ̴̨̝Ӻ̫̥) bis zu den Grenzen beider Ozeane beherrschten, aber durch Nachlässigkeit nacheinander wieder verloren haben. Hier ist nicht etwa von einem propagandistischen Rückeroberungsanspruch die Rede, was schon die Erwähnung erst am Schluß dieser behördeninternen Novelle unterstreicht. Der Bezug auf die ,alten Römer‘ zeigt eine relativ große Distanz Justinians zu früherem römischen Terri-
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torialbesitz, der durch den Lauf der Ereignisse, damit meist durch Kriegs- oder Vertragsrecht, sich römischem Anspruch mittlerweile entzogen hat; schließlich gab es unter Zenon einen unbefristeten Friedensvertrag mit den Vandalen.8 Der Hinweis auf weitere Eroberungen, so auch schon in der o.g. Novelle 8 – gemeint ist der laufende Gotenkrieg –, wird als Hoffnung auf göttliches Versprechen formuliert. Rubin9 sieht in dieser „gigantischen Vision des regenerierten Reiches der alten Römer von Ozean zu Ozean“ einen Beweis für die Okkupationspläne Justinians von Anfang an. – Novelle 131 von 545, § 4 unterstreicht die Bischofsrechte (ж̴̡̬̲̥̬̮ҥ̩̣) für die Diözese Karthago Justiniana, „seitdem Gott uns diese wiedergegeben hat“:10 hier ist also wieder die ,Rückgewinnung‘ angesprochen. – Append. Nov. 2 von 541 enthält ein Gebet, daß Gott den Staat und den Kaiser bewahren möge und daß er, der Kaiser, denjenigen zu mehr Glück als in früheren Zeiten verhelfen möge, die er dem Joch der Vandalen entrissen habe: quos a iugo subripuimus Vandalorum. – Schließlich erwähnt Append. Nov. 9 von 558 die Zeit, „als unser glückliches Heer die Provinz Africa mit Gottes Hilfe unserer Herrschaft unterworfen hat“.11 – Hingewiesen sei noch auf das Epigramm zur Einleitung der Digesten, wo es unter anderem heißt: „Die Menschen Asiens, des ,speergewonnenen‘ Libyen (̠̫̬̰̦̯ҟ̯̫̰ ̡̯ ̥̞̈ҥ̮̮̣̭) und Europas gehorchen dem Gebieter des gesamten Erdkreises“. Ich resumiere: Bezüglich der Außenpolitik Justinians, die sein Reich immerhin um ca. 50 % vergrößerte, lassen seine Äußerungen meines Erachtens keinen von Anfang an und dann konsequent immer weiter verfolgten Rückeroberungsplan erkennen. Alle Zeugnisse machen zudem kriegerische Erfolge letztlich allein von Gottes Hilfe abhängig, auf die man keinen Anspruch hat. Daß Afrika und gewisse Gebiete an der Donau früher zum Römischen Reich gehörten, wird an einigen Stellen klar gesagt, aber eine unmittelbare Anknüpfung an die ,alten Römer‘ ergibt sich nicht als historisches Vermächtnis. Andere Äußerungen behandeln Africa als reine militärische Neueroberung. Der Gotenkrieg hingegen stellt sich in allen Äußerungen als ,Rückeroberung‘ dar; so z.B. auch in einem bei Procopius erwähnten Brief Justinians an die Frankenkönige, worin diese aufgefordert werden, als Katholiken am Krieg in Italien gegen die arianischen Goten teilzunehmen. Es heißt dort: „Die Goten haben ,unser Italien‘ mit Gewalt genommen“.12 In den juristischen Texten finden sich insgesamt nur wenige Anspielungen. So ist in der ,Pragmatischen Sanktion‘ (Append. Nov. 7) von 554 in Kap. 6 vom ius postliminii die Rede, cum …, deo propitio, nostro
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imperio sint omnes restituti, oder in Kap. 13 von inimicis deo propitio diversis expulsis provinciis. Justinian bleibt bei allen Eroberungen das Werkzeug Gottes, und Hinweise etwa auf eigene militärische Tüchtigkeit finden sich überhaupt nicht. Bemerkenswert scheint mir auch eine hin und wieder formulierte Zurückhaltung in der Frage, inwieweit es Gott war, der Rom von Anfang an unterstützt und es groß gemacht hat. So z.B. Novelle 18 von 536: „Der große und, wie man sagen könnte (ҋ̭ к̩ ̯̥̭ ̡Ѧ½̫̥), von Gott wohlgeordnete Staat der Römer…“. Neben einem gewissen Stolz auf die Gebietserweiterungen sah Justinian mehr und mehr allerdings auch die Schattenseiten: In einem „beide Teile der Welt umfassenden Reich vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang“13 vergrößern sich proportional auch die Probleme: Die umwohnenden Barbaren nehmen an Zahl zu, damit auch die Kriege und damit die Kosten.14 Ein Konzept von renovatio würde ich das nicht nennen. Dagegen spricht auch die starke Friedenspropaganda Justinians, die sich z.B. schon 530 in der Constitution Deo auctore findet (pacem decoramus) und meist mit den kriegerischen Erwähnungen als Hoffnung verknüpft ist. Man sollte also beide Elemente, das kriegerische und pazifistische, in der Propaganda sehen, wobei es natürlich offenbleibt, ob beide gleichermaßen ernst gemeint waren. Wenn in Cod. Just. VI 51,1 vom 1. Juni 534 die caduca, die dem Fiskus verfallenden Erbschaften, abgeschafft werden, da diese Einrichtung den Bürgerkriegen entstamme und nicht mehr in die jetzige friedliebende Zeit passe (in pacificis nostri imperii temporibus ab orbe Romano recludere), muß z.B. Rubin getreu seiner o.g. These diesen „befremdlichen Topos der Friedfertigkeit“ als „pharisäisches Gesetz“ einstufen, mit dem den italischen Goten Sand in die Augen gestreut werden sollte.15
1.2 Innenpolitik In der Innenpolitik, insbesondere im Privat- und Prozeßrecht, sei Justinian, so betont Rubin, ein „romantisch-antiquarischer Restaurator“ gewesen, der bei jeder Gelegenheit auf republikanisches und klassisches Recht zurückgegriffen und eine besondere Vorliebe für die Zwölf-Tafeln gehabt habe.16 Dies ist allenfalls teilweise richtig und stark zu modifizieren. Generell läßt sich sagen, daß Justinians Verhältnis zum tradierten römischen Recht prinzipiell negativ war. Ich habe mich dazu schon an anderer Stelle geäußert.17 Ein pauschales Urteil muß lauten, daß für den Kaiser das herkömmliche Gesetzesrecht samt der römischen Jurispru-
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denz seit angeblich 1400 Jahren18 heillos verworren erscheint und neuer Präzisierung und Systematisierung bedurfte. Dies zu erreichen gab es drei Möglichkeiten: a) altes, verschüttetes Recht wieder zu beleben, was man unter Umständen mit renovatio gleichsetzen könnte, wenn es dabei nicht ein gewisses Problem bei Justinian gäbe, dazu unten; b) altes Recht verbessern, ‚heilen‘ (emendare), wie es oft bei Justinian heißt, und c) neues Recht schaffen, das sich um das Herkömmliche nicht kümmert bzw. Lücken füllt, die bisher rechtlich überhaupt nicht abgedeckt sind. Wir finden vorwiegend im Personen-, Familien-, Testaments- und Erbrecht alle drei Wege beschritten. Das Besondere bei Justinian ist aber, daß er niemals traditionelle Rechtsregelungen als solche anerkennt, sondern Recht, altes oder neues, für ihn nur dadurch Gültigkeit hat, daß der Kaiser es als das seine proklamiert. Daher rührt das verkürzte Motto der Überschrift meines Beitrages, entnommen der Constitution ‚Deo auctore‘ vom 15. Dezember 530, § 7, die den Auftrag zur Abfassung der Digesten enthält und auch in den Codex übernommen wurde (I 17,1). Es heißt dort: „Da … wir wollen, daß die gesamte Rechtsordnung als ganze die unsere ist, was könnte da die alte Zeit unseren Gesetzen anhaben?“19 Ich gebe im folgenden für jede der drei Arten, mit der Vergangenheit umzugehen, zunächst einige leitmotivische Äußerungen Justinians, die einen direkten Bezug zur späteren Umsetzung in gesetzliche Maßnahmen haben:
1.2.1 Hochachtung vor der Vergangenheit Das ‚Altertum‘ genießt große Verehrung, weshalb die Namen der Juristen in den Digesten alle erhalten blieben (Const. ‚Tanta‘ § 10). Nichts aus der Vergangenheit soll völlig in Vergessenheit geraten (Inst. II 10,1). In dem lateinischen Vorspann zur Novelle 17 (von 535) heißt es: Vieles ist in den alten Schriften, die das römische Recht enthalten, über die mandata principum geschrieben worden. Dies soll erneut eingeschärft werden, in Lateinisch und Griechisch, da Justinian daran gelegen ist, alles Alte, das schon teils verschwunden, teils ‚vermindert‘ worden ist, wiederherzustellen.20 Bestimmte Regelungen der Zwölf-Tafeln sind vorbildlich, weil hier das Prinzip der Einfachheit herrscht, die „eine Freundin der Gesetze ist“.21 Rom hätte nie ein Weltreich werden können ohne besondere Statthalter (praetores) mit ziviler und militärischer Ge-
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walt (Novelle 24, pr. von 535). Die Würde der alten Namen wie proconsul, praetor, moderator erhöht das Ansehen der Statthalter (Novelle 102 von 536). Das Altertum soll mit größerem Glanz in das Reich zurückgeführt und der römische Name mit Ruhm umgeben werden (Novelle 24,1).22 Jedes gute Werk wird mit Gottes Hilfe von Justinian begründet oder, falls schon existent, aber verdorben, vom Kaiser in den alten Zustand (̡Ѣ̭ ̯Ҟ̩ ж̬̲̝ҡ̝̩ ̯қ̪̥̩) zurückversetzt (Novelle 59 von 537).
1.2.2 Verbesserung von ‚altem‘ Recht Justinians Begeisterung für die Vergangenheit ist immer eklektisch. So finden nur solche Gesetze Aufnahme in den Codex, die sich für Rom durch consuetudo bewährt haben. Dabei schließt ‚Rom‘ auch das ‚neue Rom‘ ein, das mit Gottes Hilfe unter besseren Bedingungen gegründet wurde als das alte.23 Schon die Vorfahren, insbesondere der Jurist Julian, wußten, daß kein Gesetz oder Senatsbeschluß von Anfang an perfekt ist, sondern seit der Republik bedarf alles der Verbesserung (ц½̝̩ң̴̬̤̮̥̭: Novelle 74 von 538). So ist auch der Kaiser immer auf der Suche herauszufinden, was der ,Natur‘ entspricht (die sich permanent verändert, dazu unten) und wie man Altes verbessern kann.24 Verbesserungsfähig sind für Justinian aber nicht nur die Regelungen seiner Vorgänger seit der Gründung Roms, sondern auch die eigenen bereits erlassenen Gesetze: So heißt es in Novelle 22 von 536: Viele Gesetze wurden erlassen auch zur Verbesserung der eigenen Gesetzgebung. Wir „erröten nicht“ (̫Ѿ̦ ц̬̰̤̬̥Ԗ̨̡̩), schreibt der Kaiser, das, was als ,besser‘ erkannt wurde, zum Gesetz zu erheben und die Verbesserung nicht anderen zu überlassen. Auch Novelle 127 betont, daß der Kaiser immer bemüht ist, seine Gesetze zu verbessern.
1.2.3 Neues Recht schaffen Warum muß es immer auch neues Recht, warum muß es so viele Gesetze geben? Weil permanent unvorhergesehene, ,paradoxe‘ Probleme auftauchen (̯Ԗ̩ ж̡Ҡ ½̝̬̝̠ң̴̪̭ ж̨̩̝̱̰̫ҝ̴̩̩), die mit den bereits geschriebenen Gesetzen nicht ,behandelt‘ werden können (̡̤̬̝½̡ҥ̡̮̤̝̥), weshalb neue Gesetze mit neuen Gegebenheiten in Einklang gebracht werden müssen (̨̮̰̱ң̩̫̰̭ ̯̫Ӻ̭ ½̬қ̨̟̝̮̥ ̯̥̤ҝ̩̝̥ ̩ң̨̫̰̭: Novelle 60 von 537). Schuld daran ist die Natur (̱ҥ̮̥̭), die ständig Neuerungen hervorbringt (Novelle 84 von 539).
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2 Gesetzliche Umsetzung der Propaganda Auf der Grundlage der bisher geschilderten allgemeinen Propaganda Justinians sollen nun einige konkrete Maßnahmen genannt werden, die Ausfluß und Konsequenz dieser Propaganda waren, differenziert nach den o.g. drei Arten, mit Tradition umzugehen (Rückgriff, Verbesserung, Neuerungen), und gegliedert nach den Bereichen: 1. Rechtswesen, 2. Verwaltung, 3. Religionspolitik:
2.1 Zum Rechtswesen. Rückgriffe auf altes Recht Es geht hier nicht um die Frage der sachlichen Korrektheit, die bei Justinian eigentlich überhaupt nie zutrifft, wie in der Forschung längst gezeigt wurde,25 sondern nur um des Kaisers Behauptung, sich auf Traditionen zu berufen. Solche finden sich in verschiedenen Bereichen: Das Verbot der Kuppelei (Novelle 14) geht auf frühere römische Kaiser zurück, ebenso das der Kastration (Novelle 142). Die Abschaffung der verschiedenen Freiheitsgrade, die durch eine einzige und einfache Form der Freiheit ersetzt werden, bedeutet Rückkehr zu den Ursprüngen Roms.26 Daß man Sklavenkinder nicht nach dem Sachenrecht wie biologische ,Früchte‘ behandeln kann, gilt seit der Prätur des Marcus Junius Brutus (142 v.Chr.), und schon bei Cato steht, daß Sklaven bei Adoption frei werden (Inst. I 11,12). Erbunterschiede zwischen Männern und Frauen abzuschaffen gebietet nicht nur der gleichmäßige Anteil beider an der Fortpflanzung des Menschengeschlechtes, sondern auch der Blick auf die Zwölf-Tafeln (Inst. II 13,5), wonach alle Kinder gleichermaßen erbberechtigt waren. Schließlich noch ein Beispiel, wie durch Altes auch scheinbar Neues begründet werden kann: Es geht um eine Reform der Datierung: Die wichtigen historischen ,Gründer Roms‘ waren alle ,Könige’: der Trojaner Aeneas, Romulus, Numa, Caesar, Augustus. Von daher ergibt sich die Berechtigung für die neue Form des Datums: Der Kaisername muß immer zuerst genannt werden (Novelle 47 von 537).
2.1.1 Verbesserung des Traditionellen Um mit den Zwölf-Tafeln zu beginnen: Diese sind nun keineswegs in jeder Hinsicht vorbildlich. So glaubt Justinian z.B., die Frist für Ersitzung (usucapio) verlängern zu müssen: nobis melior sententia resedit
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(Inst. II 6, pr.). Ferner bevorzugen die Zwölf-Tafeln im Erbrecht die Nachkommen der Männer. Dies wurde durch die Prätoren, dann durch Claudius, dann durch das SC Tertullianum (unter Hadrian) allmählich abgebaut. Die bisherigen Bestimmungen werden alle nun noch weiter verbessert: nostris constitutionibus omnia corrigentes (Inst. III 3, pr.-§ 2). Überhaupt ist das Erbrecht ein besonderes Feld justinianischer Verbesserungen, worauf hier im einzelnen nicht eingegangen werden kann,27 ferner das Ehe- und Kinderrecht (Novelle 15; 18; 89) sowie die Freilassung, die mit Novelle 78 der freien Geburt gleichgesetzt wird. Dazu ein kurzes Zitat (Kap. 1): „Denn wir haben keine ängstlichen Skrupel bezüglich dessen, was früher geschehen ist, sondern bestätigen vielmehr alles Geschehene, daß es gültig sein soll, so wie es geschehen ist.“ (Kap. 5): „Wir verordnen aber nichts Neues, sondern folgen unseren hervorragenden Vorgängern“: So wie Antoninus ,Pius‘28 allen in der (römischen) Gemeinschaft lebenden Untertanen das Bürgerrecht und Theodosius II. allgemein das ius liberorum verlieh, so verleiht Justinian jetzt allen das volle Bürgerrecht in Form des ius aureorum annulorum und der natalium restitutio. Eine spezifische Form der rechtlichen Verbesserung besteht darin, bereits von früheren Juristen diskutierte Möglichkeiten jetzt zum Gesetz zu erheben, so z.B. wiederum im Erbrecht (Inst. II 14, pr.; II 10,10). Andererseits werden aber auch Meinungen der alten Jurisprudenz komplett verworfen (Inst. II 6,7: Diebstahl an Grund und Boden): abolita est enim quorundam veterum sententia existimantium…, womit wir zum nächsten Punkt kommen:
2.1.2 Schaffung neuen Rechts Neben der schon genannten dauernden Veränderung der Lebensumstände nennt Justinian sogar ein traditionelles Argument, neue Regelungen zu legitimieren, so z.B. wenn es um das hohe Rechtsgut der Freiheit geht: Denn schon die alten Gesetzgeber bestimmen vieles gegen die allgemeinen Regeln zugunsten der Freiheit: cuius favore (sc. libertatis) et antiquos legislatores multa et contra communes regulas statuisse manifestissimum est! Solche Neuregelungen betreffen z.B. die Mitgift: Novelle 98 von 539 enthält Regelungen zur dos, „die sich um die früheren nicht kümmern“. Bei der Erbfähigkeit der Sklaven (Inst. I 6,2) können alle bisherigen Diskussionen getrost der Vergangenheit überlassen bleiben (antiquitatem quidem haec altercantem relinquendum est), weil die jetzige Regelung Ausfluß einer neuen Art von Humanität ist: nova
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humanitatis ratio. Ebenfalls der Humanität verpflichtet sind die Aufhebung der Begrenzung testamentarischer Freilassung aufgrund der Lex Fufia Caninia (Inst. I 7), die Neuregelung der adquisitio per ius adcrescendi (Inst. II 7,4) und Beschränkung der Eigentumsrechte des pater familias (Inst. II 9,1). Vermächtnisse mit Bedingungen werden jetzt erlaubt (Inst. II 20), denn solche Empfindlichkeit (der früheren Zeit) gefiel uns nicht (huiusmodi scrupulositas nobis non placuit) und paßt nicht in die Grundsätze meiner Zeit: huiusmodi testatorum dispositiones valere secta temporum meorum non patitur. Ähnlich wird die Aufhebung des SC Claudianum (Sexualverkehr von freien Frauen mit Sklaven) begründet: indignum nostris temporibus esse existimantes et a nostra civitate deleri…concessimus (Inst. III 12,1).
2.2 Öffentliche Verwaltung Hier finden sich Rückgriffe bzw. vermeintliche Rückgriffe auf republikanische Verhältnisse bei Statthalterschaften mit der Wiederbelebung alter Bezeichnungen (Edict. 4) wie praetor, proconsul, comes, moderator, für dessen griechische Entsprechung з̨̬̫̮̯ҟ̭ sogar ausdrücklich eine Anleihe beim alten Sparta gemacht wird (Novelle 28,2), und Kombination von ziviler und militärischer Befugnis, so für Pisidien (Novelle 24), Lycaonien (Novelle 25), Sizilien (Novelle 75 bzw. 104), Paphlagonien (Novelle 29), Cappadocien (Novelle 30), Thracien (Novelle 26), Isaurien, Galatia und Phrygia Pacatiana (Novelle 27). Zu beachten ist aber, daß alle diese neu belebten ,alten‘ Bezeichnungen den Zusatz ,Justinianus‘ tragen, ein Zeichen für die schon genannte Auffassung Justinians, daß alles Recht, alt oder neu, nur durch seine besondere Zustimmung gültig ist und sich nie anders, etwa durch Alter, legitimieren kann. Weitere hier zu nennende Maßnahmen sind die erneute Zusammenlegung von Helenopontus und Pontus Polemoniacus, so wie es die Vorfahren schon sinnvoll (̧̦̝Ԗ̭) geregelt hatten (Novelle 28). Hier spielt der ,Geist des Christentums‘ expressis verbis eine Rolle: Der neue Provinzname ,Helenopontus‘ nimmt ausdrücklich bezug auf Helena und die Auffindung des Heiligen Kreuzes, während ,Polemon‘ abgeschafft wird, weil er Krieg und Schrecken bedeutet und man lieber christliche oder kaiserliche Namen verwenden sollte. In Edict. 13 von 535 werden für den Senat ehemalige angebliche praetores senatus, für das Volk praetores plebis / populorum reaktiviert, und dies aufgrund eigener kaiserlicher historischer Forschung: ѓ̨̡Ӻ̭ ½қ̩̯̝ ̡̡̠̥̬̰̩ҧ̨̡̩̫̥ ̯Қ ̡̟̩ң̨̡̩̝ ½̬ң̡̮̤̩.
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2.2.1 Verbesserungen alter Regelungen Solche betreffen z.B. die früheren defensores civitatum (ъ̦̠̥̦̫̥: Novelle 15), neue Mitwirkungsmöglichkeiten des Senats, an dessen große Rolle für die Grundlegung römischer Herrschaft bis zur Einrichtung des Kaisertums erinnert wird (Novelle 62), und die Kostenbeschränkung für den seit fast 1000 Jahren bestehenden Konsulat (Novelle 105) nach dem Motto der Vorfahren: medium est optimum.
2.2.2 Neue Regelungen Hierzu sei nur eine Bemerkung Justinians aus der Novelle 80 zitiert: Die Schaffung neuer Ämter ist eine wichtige Herrscheraufgabe, so z.B. die Einrichtung des Quaesitors für Konstantinopel.
2.3 Religionspolitik Die justinianische Religionspolitik bezieht sich auf zwei Ebenen: a) außenpolitisch: hier gibt es sicher auch Verbindungen mit kriegerischen Konzeptionen im Sinne Rubins. Allerdings geht es dabei nur um Grobkategorien Christ – Heide (bzw. Jude) oder orthodox – arianisch. Beispiele für den Einsatz der Religion in der Außenpolitik finden sich bei Justinian eine ganze Reihe. Hier nur wenige Hinweise: Der Vandalenkrieg war (auch) ein Kampf gegen den Arianismus (Procop., bell. Vand. I 10), ebenso der Gotenkrieg (Procop., bell. Got. I 5,8f.). Justinian stützt die christlichen Lazen gegen die Perser (Procop., bell. Pers. I 12,2-6). Mehrere Randvölker an der afrikanischen und persischen Grenze oder zumindest deren Führer wurden getauft und damit an Byzanz gebunden, so die Tzani (Procop., aed. III 6,12; bell. Pers. I 15,25), mehrere Stämme in Libyen (Procop., aed. VI 2,18f. 22f.; 3,9f.), der Lazenkönig Ztathius,29 ein Nobaditenkönig in der Thebais,30 der Herulerfürst Greper31 und der Axumitenkönig Adad.32 Dies alles geschah aber nicht aufgrund eines Konzeptes von wirklicher renovatio imperii, denn dann hätte Justinian kaum versuchen können, die Franken, die schließlich auch auf ehemals römischem Boden saßen, gegen die Goten zu mobilisieren. Es handelte sich wohl mehr um die Schaffung defensiver militärischer Pufferzonen.
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b) Auf einer anderen Ebene spielte sich die innenpolitische Religionspolitik ab. Hier ging es um komplizierte Theologie im Anschluß an die Diskussionen in Chalcedon und einen neuen ,Origenismus‘. Da konnte es wenig renovatio geben, weil die Probleme alle neu oder zumindest nicht mehrheitlich geklärt und entschieden waren. Versuche einer Einheit, die Justinian bis zu seinem Lebensende immer wieder unternahm, kennzeichnen ihn m.E. als wirklich Suchenden. Nur so erklärt sich auch das Verhältnis zu Theodora und die unterschiedliche Politik verschiedenen theologischen Richtungen gegenüber durch das kaiserliche Ehepaar. Nichtsdestoweniger enthält das erste Gesetz des Codex Justinianus, das von Justinian selbst stammt, I 1,5, ein propagandistisches Bekenntnis zur Unveränderbarkeit des katholischen Glaubens mit anschließendem Glaubensbekenntnis. Cod. Just. I 1,8 von 533, ein Antwortschreiben des römischen Bischofs Johannes I., zitiert einen Brief Justinians an ihn mit der Versicherung: nihil penitus immutantes de ecclesiastico statu (§ 14). Der Kaiser versichert Johannes sogar, er habe sich bemüht, dem Heiligen Stuhl die gesamte Ostkirche zu unterwerfen und mit Rom zu vereinigen (omnes sacerdotes universi orientalis tractus et subicere et unire sedi vestrae sanctitatis properavimus), was auch immer das genau heißen soll. Die gängige Deutung, hier sei die von Anfang an geplante Rückeroberung Italiens religionspolitisch vorbereitet worden, möchte ich in Frage stellen. Es ging Justinian, wie ich meine, in erster Linie um die innere Einheit der katholischen Welt, wozu er den römischen Bischof brauchte, der notfalls mit Gewalt auf die theologische Linie Justinians gebracht werden sollte. Man denke nur an Silverius und besonders an Vigilius, der am 22. November 545 während einer Belagerung Roms durch Totila von byzantinischen Gesandten nach Sizilien verschleppt wurde, um von da die Reise nach Konstantinopel anzutreten.33 Ferner ist zu bedenken, daß der Westen im sechsten Jahrhundert keineswegs eine bedingungslose ‚Papstkirche‘ darstellte, wie der ‚DreiKapitel-Streit‘ zeigt.34 Aber es gibt bei Justinian auch andere Formen von religiösem Traditionalismus, so Novelle 6,6 von 535: Diakonissinnen, die mit Männern Geschlechtsverkehr haben oder, falls vorher verheiratet, eine zweite Ehe eingehen, erleiden die Todesstrafe nach dem Vorbild der Vestalischen Jungfrauen: „Wenn nämlich in den alten Gesetzen den ‚Jungfrauen‘, wie sie bei ihnen in ihrem Irrtum genannt wurden, die sich vergangen hatten, die Todesstrafe drohte, um wieviel mehr sollen wir dasselbe gegen die verhängen, die die Wahrheit über Gott kennen?“ Verbesserungen finden sich z.B. in Novelle 7, pr. von 535 bei Regelungen zum Kirchenvermögen.
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Zur Frage nach neuen Regelungen im kirchlichen Bereich genügt vielleicht der Hinweis auf Justinians letzte Novelle (137) vom 26. März 565. Wenn sich der Kaiser schon kraft seiner von Gott geschenkten Macht soviel Mühe bei weltlichen Gesetzen gibt, heißt es im Proömium, um wieviel mehr muß er sich bei den kirchlichen Regelungen anstrengen, die wichtiger sind als weltliche Gesetze, weil es um unser aller Seelenheil geht, ein Aspekt, der jüngst von Klaus Bringmann betont wurde.35 Insbesondere der Klerus muß immer wieder kontrolliert werden, weil viele von den Vorschriften der Kanones abweichen. Also auch hier, wen wundert es, bringt die ‚Natur‘ offenbar auch permanent Neues hervor, und wenn Justinian selbst gegen Lebensende einen letzen theologischen Einigungsversuch mit dem sogenannten ‚Aphthartodoketismus‘36 machte, zeigt dies deutlicher als alles andere, wie wenig an Orientierungshilfe in dieser Hinsicht aus der Tradition zu holen war. Der ‚Aphthartodoketismus’ war nun wirklich kein Konzept von renovatio!
3 Bewährung oder Scheitern in der ‚Wirklichkeit‘ Justinian hat über viele seiner Maßnahmen selbst reflektiert, insbesondere auch aufgrund praktischer Erfahrungen, durch die er sich belehren ließ und die durchaus zur Folge haben konnten, daß von ihm eingeführte Regelungen wieder abgeschafft wurden. Ich fasse diese Reaktionen als einen Teil von ‚Wirklichkeit‘, die dann im folgenden Kapitel mit einigen außerjustinianischen Zeugnissen ergänzt werden soll. Rücknahmen eigener Änderungen gab es auf folgenden Gebieten: – Novelle 111 schafft die 100-jährige Verjährungsfrist für die römische Kirche (Novelle 9) aus Gründen der Impraktikabilität ab. – Mehrere Änderungen in der Provinzverwaltung mußten aus ebendiesem Grund zurückgenommen werden (Edict. 8; Novelle 145). Hier erwies sich vor allem die Kombination von ziviler und militärischer Amtsgewalt, vordem als besonderer Garant der Größe Roms gepriesen, als unkontrollierbar und daher problematisch. – In der Religionspolitik konnten die Samaritaner durch Intervention des Bischofs Sergius von Caesarea kaiserliche Verzeihung erreichen (Novelle 129 von 551). Der Kaiser, so Justinian, verzeiht (im Laufe der Zeit) alles!37 – Bei bestimmten Kleriker- und Beamtenzahlen, die Justinian selbst erhöht hatte, gab es Reduzierungen auf den früheren Stand.38 Alles spricht im übrigen auch dafür, daß er mit dem Aphthartodoketismus gescheitert wäre, hätte ihn nicht ein gnädiger Gott, so die Deutung
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schon der Zeitgenossen, schnell sterben lassen.39 Hier hatte Justinian die östliche und westliche Kirche gleichermaßen gegen sich und schaffte so, am Ende seines Lebens, ironischerweise für kurze Zeit immerhin eine ‚negative‘ Kircheneinheit!
4 Das Zeugnis der außerjustinianischen Quellen Eine knappe Übersicht über außerjustinianische Äußerungen zu Justinians Regierung soll die Beurteilung dieses Kaisers als renovator oder restaurator prüfen. Ich fasse die Ergebnisse der von mir eingangs genannten Autoren zusammen.40 Vorweg sei kurz darauf verwiesen, daß zahlreiche weltliche und kirchliche gesetzliche Maßnahmen Justinians in der Überlieferung erwähnt werden. Man kann also davon ausgehen, daß die Kaisererlasse bekannt waren und, z.T. wenigstens, mit großer Härte durchgesetzt wurden. Folgt man dem Eindruck der Quellen, so handelte es sich um ein Zeitalter der Furcht, die allerdings im Innern weitgehend ‚Frieden‘ bescherte (so das Chronikon Paschale § 334), eine Zeit religiöser und moralischer Zwangsmaßnahmen, eine Zeit von Vertreibungen aus Städten in entlegene Gebiete (z.B. bei Häretikern) oder (mehr oder weniger) freiwilliger Flucht ins Ausland (z.B. von Philosophen nach dem Lehrverbot). Zuerst sei allerdings gesondert auf das Zeugnis des Procopius eingegangen, nicht nur, weil er die ausführlichste Quelle in diesem Zusammenhang ist, sondern weil hier der singuläre Fall vorliegt, daß ein und dieselbe Person ein und dasselbe Phänomen, nämlich ‚Justinian‘ und dessen Umfeld, in verschiedenen Schriften mit diametral entgegengesetztem Ergebnis bewertet hat. Sind aber nun beide Urteile über Justinian, wie sie etwa in den Bauten und in der Geheimgeschichte vorliegen, wirklich so ganz unterschiedlich? Hier die offizielle panegyrische Auftragsarbeit, dort die gänzlich andere ‚wahre‘ Meinung? Für die Frage nach der renovatio will ich lediglich zwei Äußerungen des Procopius gegenüberstellen: In den Anecdota 6,21 heißt es: Justinian legte keinen Wert darauf, bestehende Einrichtungen zu erhalten; statt dessen ersann er immer Neuerungen und war, um es mit einem Wort zu sagen, der größte Zerstörer der erprobten Ordnung! In den Bauten I 1,7f., wo die Großtaten Justinians aufgezählt werden, zitiert Procopius einen Ausspruch des Themistokles, der sich gerühmt habe, aus einer kleinen Stadt eine große machen zu können. Justinian hingegen, so heißt es weiter, „ist trefflich geübt darin, Staaten völlig zu verändern“.41 Konkret belegt wird dies dann mit den Eroberungen, mit
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Städtegründungen, der Abschaffung aller religiösen Irrtümer und der Bereinigung der bisherigen gesetzlichen Widersprüche. Die Grundaussage ist in beiden Fällen dieselbe: Justinian ist ein ‚Neuerer‘, aber nicht ‚Erneuerer‘. Dies ist auch der gemeinsame Tenor aller anderen Überlieferung, die allerdings nur die Sicht einer kleinen Oberschicht, etwa einer ‚middleupper-class‘ darstellt.42 Festzuhalten bleibt, daß sich insofern das Urteil der Umwelt mit dem Selbstverständnis Justinians absolut deckt: Der Kaiser wollte ein ‚Neuerer‘ sein, und dies scheint er weitgehend in die Realität hat umsetzen können.
5 Schlußauswertung Zur Beurteilung justinianischer Propaganda bezüglich der Außenpolitik ist ein Blick auf die zeitliche Verteilung der Novellen, der Hauptquellen für unsere Fragestellung, aufschlußreich: Der eindeutige Schwerpunkt liegt in den Jahren 535-539. Bis 537 spielen die Kriege im Westen eine gewisse Rolle. In der Propaganda der Außenpolitik wird allerdings ‚Geschichte‘ kaum legitimatorisch eingesetzt, also kein Rückeroberungsrecht historisch begründet, sondern Freiheit und Orthodoxie sind die Schlagworte. Zur Beurteilung justinianischer Propaganda bezüglich der innenpolitischen Inhalte ist ein Blick auf die Adressaten der Novellen wichtig. Eine unmittelbare propagandistische Wirkung konnte nur von Gesetzen ausgehen, die sich direkt an die Öffentlichkeit wandten. Dies sind im Codex Justinianus nur I 1,6 von 533 (eine Darlegung der wahren Religion mit Glaubensbekenntnis und Verurteilung von Häresien) und in den Novellen lediglich sechs, die, zumindest in der erhaltenen Form, direkt an das Volk von Konstantinopel gerichtet waren: Nr. 13 (Über die Prätoren des Volkes) und Nr. 14 (Gegen Kuppler), beide von 535, Nr. 69 von 538 (Über die Regelung des Rechtswesens in den Provinzen), Nr. 77 ohne genaues Datum (535/539?: Über unnatürliche Unzucht und Gotteslästerung), Nr. 132 von 544 (Über den wahren Glauben und gegen die Häresien) und Nr. 141 von 559 (Gegen Homosexualität). Daraus ergeben sich die thematischen Schwerpunkte justinianischer populärer Propaganda aus seiner eigenen Sicht: 1. religiöse Inhalte: Definition des wahren Glaubens und Abgrenzung von Irrlehren. 2. Kontrolle der allgemeinen Sexual-Moral. 3. Verbesserungen der Verwaltungsstruktur zum Nutzen der Bürger.
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Als Motive seiner Gesetzgebung wurden im Bereich der Außenpolitik schon Freiheit und Orthodoxie genannt, für die innenpolitischen Maßnahmen mit Ausnahme der religiösen führt Justinian selbst fast immer praktische Gründe an. Hier sollte also keine spezielle Ideologie durchgesetzt werden. Und die Praxis mußte der sich stets verändernden Natur entsprechend immer angepaßt werden. Was die religionspolitischen Motive betrifft, so zeigt sich ganz deutlich ab 541 (mit Novelle 109) eine verstärkte Hinwendung des Kaisers zu Gott als seiner alleinigen Hilfs- und Rechenschaftsinstanz. Diese Entwicklung gipfelt in seiner letzten Novelle 137 von 565, wo die Sorge um Kirche und Klerus als der wichtigste Inhalt kaiserlicher Aufgaben bezeichnet wird, weil es um das Höchste, nämlich das Seelenheil des Einzelnen, geht.43 Es gibt also kein politisches ‚Staatsziel‘ mehr, und damit außenpolitisch auch immer weniger Interesse an Eroberungen oder Rückeroberungen, sondern nur noch ein religionspolitisches, das nicht aus der Tradition her begründet werden konnte. Nichts zeigt diese Unabhängigkeit des Kaisers von der Tradition besser als der Aphthartodoketismus, der als extreme Außenseitermeinung eines Julian von Halikarnaß nun mit jeglicher Diskussion der Mehrheitstheologie brach, und wo nun endgültig klar wird, daß Justinians Religionspolitik keinem politischen Konzept verpflichtet war. Es war der Schritt vom ц½ҡ̮̦̫½̫̭ ̯Ԗ̩ ц̦̯ң̭ zum ц½ҡ̮̦̫½̫̭ ̯Ԗ̩ ц̩̯ң̭ und damit das Ende jeglicher renovatio. Lassen Sie mich schließen mit je einer knappen Antwort auf die eingangs gestellten vier Fragen: 1. Inwieweit spiegelt Justinians Propaganda ‚Renovationspläne‘ wider, und welche Rolle spielt dabei das Christentum? Antwort: Trotz mancher verbaler restaurativer Elemente außen- und innenpolitischer Propaganda lassen sich keine wirklichen Pläne einer Rückkehr zu früheren Zuständen des Römischen Reiches aufweisen. Dies verhinderte Justinians Grunderfahrung dauernder Veränderung der Natur insgesamt zu immer Neuem und das Gefühl moralischer Überlegenheit seiner Zeit. Der wesentliche Grund für diese Überlegenheit war für ihn das (orthodoxe) Christentum. 2. Welche konkreten gesetzlichen Maßnahmen sind die Folge dieser Propaganda? Antwort: Auf einigen Gebieten des Familien-, Erb- und Verwaltungsrechts schafft Justinian neues Recht oder ändert, ‚verbessert‘ bisheriges und begründet diese Änderungen als Rückkehr zu alten, historischen Regelungen. Allerdings hat Vergangenes für ihn nie eine Legitimation
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an sich, sondern alles, Altes wie Neues, bedarf besonderer kaiserlicher Bestätigung. Insofern ist überhaupt keine seiner Maßnahmen unmittelbarer Ausfluß einer Renovatio-Propaganda. 3. Wie bewähren sich diese Maßnahmen in Justinians eigenem Urteil? Antwort: Justinian stand seiner eigenen Gesetzgebung durchaus skeptisch gegenüber und war bereit, aus der Erfahrung zu lernen, wenn nötig auch eigene Maßnahmen zu ändern oder zu widerrufen. Gerade eigene Regelungen in der Provinzverwaltung, die sich propagandistisch besonders auf eine angebliche Bewährung in der römischen Geschichte beriefen, scheiterten in der Praxis. Ihre Änderung, ihr Widerruf bedeutete für Justinian keine Schande, sondern Ansporn, selbst Abhilfe zu schaffen und Verbesserungen nicht andern zu überlassen. 4. Wie bewerten Zeitgenossen und spätere Autoren Justinians Politik unter dem Aspekt einer renovatio? Antwort: Keiner der von mir herangezogenen Autoren behauptet ernsthaft, Justinian sei ein ‚Renovator‘ oder ‚Restaurator‘ gewesen, im Gegenteil: Der Kaiser gilt allen als Neuerer, der die alte Ordnung, was auch immer die einzelnen Autoren darunter verstanden haben mögen, veränderte oder gar zerstörte. In der Einschätzung als ‚Neuerer‘ stimmt Justinians eigene Einschätzung mit der der Außenwelt weitgehend überein. Insofern besteht zwischen Intention und Wirklichkeit in der Tat kein Unterschied. Ein solcher ergibt sich erst bezüglich der Bewertung der ‚Neuerungen‘. Anmerkungen 1
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Georg Ostrogorsky, Geschichte des byzantinischen Staates. München 31963, 59. Als neuere Gesamtdarstellung zu Justinian verweise ich nur auf J.A.S. Evans, The Age of Justinian. The Circumstances of Imperial Power. London/New York 1996. Bertold Rubin, Das Zeitalter Justinians, Bd. I. Berlin 1960, 113 und passim, vgl. auch unten Anm. 9. Zur Münzprägung unter Justinian vgl. Cécile Morrisson, Catalogue des monnaies byzantines de la bibliothèque nationale I: D’Anastase Ier à Justinien II (491-711). Paris 1970, 57-122; Wolfgang Hahn, Von Anastasius I. bis Justinianus I. (491-565) einschließlich der ostgotischen und vandalischen Prägungen, in: Robert Göbl (Hg.), Moneta Imperii Byzantini 2/1. Wien 1973, 39-76.
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Grundlegend zu den Kriegen unter Justinian B. Rubin, Justinian I. (wie Anm. 2), 245-373 (Perserkriege); ders., Das Zeitalter Justinians, Bd. II, hg.v. C. Capizzi. Berlin/New York 1995, 16-58.73-138.162-200 (Vandalen- und Gotenkrieg); 138-162 (Balkankriege). Über einen Zwang oder Plan zur Vergrößerung ist damit allerdings nichts gesagt. ̝̯̝̦̯̇ҟ̮̝̮̤̝̥: hier ist also nicht von ,erneuter‘ Besitznahme die Rede. Oder ,der übrigen Völker‘ (̯Ԗ̩ ̧̫̥½Ԗ̩)? Procop. bell. Vand. I 7,26. B. Rubin, Justinian I (wie Anm. 2), 164. ̡̬½̫҅ ̪ۈѳ ̡̤Ң̭ ̯̝ҥ̯̣̩ ѓ̨Ӻ̩ ж½̫̦̝̯ҝ̡̮̯̣̮. Quo … felicissimus noster exercitus Africanam provinciam, auxiliante Deo, nostro imperio vindicavit. Procop. bell. Got. I 5,8. So Novelle 69,1 von 538. Novelle 147, pr. von 553. Rubin, Justinian I (wie Anm. 2), 162f. Rubin, Justinian I (wie Anm. 2), 89. K.L. Noethlichs, ›Imperatoria Interpretatio‹. Zum Umgang der spätrömischen Kaiser mit Gesetzestexten, in: G. Schöllgen/C. Scholten (Hgg.), Stimuli. Exegese und ihre Hermeneutik in Antike und Christentum. FS E. Dassmann, JbAC.E 23. Münster 1996, 210-227. So Const. ‚Deo auctore‘ § 5, Const. ‚Tanta‘ pr. Nos vero … sanctionem omnem … nostram esse volumus, quid possit antiquitas nostris legibus abrogare? Nobis reparantibus omnem vetustatem iam deperditam, iam deminutam… Simplicitas legibus amica: Inst. III 2,3a. In der lateinischen Übersetzung des Authenticums heißt es: antiquitatem rursus cum maiori flore ad rempublicam reducentes. Cum melioribus condita est auguriis: Const. ,Deo Auctore’ vom 15.12.530 = Cod. Just. I 17,1, § 10. ̡̡̬̫̮̪̰̬̍ҡ̡̮̦̥̩ ж̡Ҡ ̯ӭ ̱ҥ̡̮̥ ̡̯ ж̦ң̧̫̰̤̫̩ ̦̝Ҡ ̯Қ ½̬ң̡̮̤̩ ц½̝̩̫̬̤̫ҥ̨̡̩̫̩. K.H. Schindler, Justinians Haltung zur Klassik. Versuch einer Darstellung an Hand seiner Kontroversen entscheidenden Konstitutionen. Köln/Graz 1966. A primis urbis Romae cunabulis una atque simplex libertas: Cod. Just. VII 5,1; VII 6,1; Inst. I 5,3. Z.B. Inst. I 6,7; II 20,23; III 1,14.16. Caracalla trug nach dem Tod des Septimius Severus auch den Titel: Imp. Caes. M. Aurelius Severus Antoninus Pius, so daß hier kein Irrtum Justinians vorliegen muß, vgl. nur ILS 448-453. Joh. Mal. 17,9, § 412f.; Chron. Pasch. § 332 zum Jahr 522; Theoph. a.m. 6015; Cedren. § 638f.; Zonar. XIV 5,24; Joh. v. Nikiu 90,40. Mich. Syr. chron. 9,31 (2,266f. Chabot). Theoph. a.m. 6020; Joh. Mal. 18,6, § 427; Cedren. § 643.
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Joh. Mal. 18,15, § 433f.; Theoph. a.m. 6035; Cedren. § 656; dazu H. Brakmann, Art. Axomis (Aksum), RAC Suppl. 1. Stuttgart 1992, 718-810. Jaffé/Wattenbach u.a., Regesta Pontif. Rom. 1. Leipzig 1885, 118f. (= Nr. 912). Dazu K.L. Noethlichs, Art. Justinian I., RAC Lfg. 149/150. Stuttgart 1999, 668-763. Klaus Bringmann, Imperium und Sacerdotium. Bemerkungen zu ihrem ungeklärten Verhältnis in der Spätantike, in: P. Kneissl/V. Losemann (Hgg.), ‚Imperium Romanum’. Studien zu Geschichte und Rezeption. FS für Karl Christ zum 75. Geburtstag. Stuttgart 1998, 61-72. R. Draguet, Julien d’Halicarnasse et sa controverse avec Sévère d’Antioche sur l’incorruptibilité du corps du Christ. Louvain 1924; M. Jugie, L’empereur Justinien a-t-il été aphthartodocète?, EOr 35, 1932, 399-404; H.G. Beck, Kirche u. theologische Literatur im byzantinischen Reich. München 1959, 390; M. van Esbroeck, The Aphthartodocetic Edict of Justinian and its Armenian Background, StudPatr 33, 1997, 578-585. Vgl. aber den Widerruf von Justin II. in Novelle 144. Novelle 3: Der Klerus in Konstantinopel soll ohne Entlassungen auf 425 Kleriker + 100 Ostiarier ‚gesundschrumpfen‘; Novelle 10: Reduzierung der referendarii von 14 auf 8; Novelle 35: adiutores des quaestor werden, wie früher, auf 26 beschränkt. Euagr. h.e. IV 41; Theoph. a.m. 6057; Mich. Syr. chron. 9,34 (2,281 Chabot). Ausgewertet wurden: Procop. hist. arc.; bell. Vand.; bell. Got.; aed.; Euagr. h.e. IV; Joh. Malalas § 428-495; Agathias; Joh. Lydos mag.; Chron. Pasch. § 334-373 und Theoph. a.m. 6019-6057. ̌Ѿ̦ ж̨̡̧ҝ̯̣̯ң̭ ц̮̯̥̩ ц̨½̫̬ҡ̢̡̤̝̥ ½̧̡̫̥̯ҡ̝̭ ч̯ҝ̬̝̭. Vgl. dazu die Auswertung bei T.F. Carney, Bureaucracy in Traditional Society. Romano-Byzantine Bureaucracies Viewed from Within. Lawrence/Kansas 1971, II 163-187. Vgl. Bringmann, Imperium (wie Anm. 35).
Roger D. Scott: Malalas, the Secret History, and Justinian’s Propaganda, in: DOP 39 (1985), S. 99-109. © Harvard University Press, Washington DC
Roger D. Scott
Malalas, the Secret History, and Justinian’s Propaganda ȉhe hostile description of the Emperor Justinian I in Procopius’ Secret History is well known.1 The bland but generally favorable account of the same Emperor in the eighteenth and final book of Malalas’ Chronographia has received rather less attention.2 There Malalas gives us a jumbled mass of information with no apparent attempt at imposing any kind of order, other than chronological, on the material. We are told of the Emperor acting as sponsor at the baptism of barbarian kings, providing largesse for cities struck by earthquake, and conducting occasional persecutions of pagans, heretics, homosexuals, and astrologers, not to mention citizens who rioted at the horse races. Malalas also gives us rather brief and generally uninformative accounts of the Emperor’s campaigns against Persians, Saracens, Huns, Vandals, and others.3 In short, it is a jumbled but favorable account of the sorts of things that any decent emperor should be doing. The object of this paper is to suggest first that much of Malalas’ information about Justinian is derived from the Emperor’s own propaganda (though the chronicle itself is not propaganda) and that Procopius’ abuse represents the opposing version, though we cannot tell which side initiated the propaganda and which responded to it. The starting point for this discussion is the frequency with which Malalas and the Secret History refer to the same or similar events for which they give opposing interpretations. That is, Malalas’ odd jumble of information corresponds with the very topics which Procopius uses in his attempt to demonstrate Justinian’s wickedness,4 for it is on these matters that the Emperor’s reputation will have rested, a matter which is itself noteworthy. The correspondence in subject matter is not in itself enough to demonstrate that there was interplay between the two writers (or their sources), though it is enough to allow the suggestion. The suggestion, however, can be strengthened by looking at other passages in Malalas’ chronicle and the operation elsewhere in the Byzantine tradition of similar imperial propaganda and counter-propaganda. I attempt here to do this and then to examine some aspects of this propaganda, the social
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conflict behind it, and the implications of this for the literary history of Justinian’s reign and for the later social fusion, which, as has recently been suggested, took place under Justinian’s successor, Justin II.5 Procopius’ attack falls easily into the tradition of emperor-criticism. That Malalas’ bland statements, on the other hand, could be based on imperial propaganda is less obvious. I have argued elsewhere6 that much of Malalas’ source material for contemporary events consisted of official imperial notices, and thus he reveals not so much the common man’s view of the Emperor, as is generally assumed,7 but rather the official interpretation of events presented by the court. It can be shown that various emperors of the fifth to seventh centuries did indeed publish brief official versions of some events; that their official notices were distributed widely among the cities of the Empire and sometimes placed on church and city notice boards; and that chroniclers did indeed use these official notices for their accounts of contemporary events, at least on some occasions.8 I have also argued elsewhere that it is a characteristic of Byzantine historical writing to give an appearance of bland, straightforward reporting while in fact being highly apologetic or partisan.9 Alexander Kazhdan, though discussing a later period, has recently shown how Byzantine emperor-criticism takes a particular piece of information and subtly distorts it. “The Byzantines were capable of understanding the political implications of [imperial] propaganda, although concealed usually between very vague expressions and images. They were capable as well of counter-propaganda, of the re-interpretation of imperial symbols and words, of imposing over them a perverse meaning.”10 The devastating effect of a subtle change can be illustrated by the story of the Emperor Michael III and the poor woman, published under Michael’s successor, Basil I. Here we can detect precisely how Michael’s own propaganda was perverted into emperor-criticism without any alteration of fact. Since this ninth-century example provides a specific illustration of a process which we can only argue must also have taken place in the sixth century, it is worth quoting in full. The chronicler tells the story to show Michael’s abysmal depravity. Having begun with Michael and the hippodrome, he goes on: “But I will relate something even worse. It is not enough to call it improper, it is completely contrary to imperial dignity. One day Michael met a woman, whose son was his godchild, coming away from the baths with her jug in hand. Leaping off his horse and dismissing all but a few intimates in his suite, he went with her on foot. ‘Don’t be alarmed,’ said he. ‘Won’t you invite me in? I would enjoy some bread and white cheese.’ The poor woman was so overwhelmed by the presence of the Emperor under her
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roof that she was quite helpness. So it was Michael who had to lay the table (or rather the stool as she did not own a table), and for a cloth he used the damp towel. Next he asked her for the key of the cupboard, and so the Emperor was all at once the one to lay the table, to be cook and host. And when he had eaten with her he returned to the palace on foot.”11 Such is the chronicler’s story, and there can be no doubt that there was a body of opinion which agreed with him that the story was shocking. But, as Mrs. Karlin-Hayter shows, public opinion as a whole did not react this way. One of the variants reveals, unwittingly, that the story was originally told, as it would be today, to Michael’s credit. This variant, after recounting his preparing food and then partaking of it with the poor woman, continues that this was “in imitation of Christ.”12 This original version was doubtless part of Michael’s own propaganda, especially when one remembers that ̨ҡ̨̣̮̥̭ ̡̫̅ԉ, “imitation of God,” was required of the emperor. The version put out by his successor Basil simply used the same story to try to discredit Michael by showing that he lacked imperial dignity. Bearing in mind that the official notices of early Byzantine emperors were certainly used as source material by early chroniclers, and taking into account the technique of subtle distortion among later Byzantines to produce counter-propaganda, we can now note where the chronicler Malalas refers to the same or similar events as does the imperial critic Procopius. First there are the instances where Malalas and the Secret History agree on the facts, while offering opposing interpretations of them. They agree on Justinian’s gifts of money to barbarian leaders and his use of such people as allies.13 Here Malalas stresses their conversion to Christianity, whereas Procopius protests the waste of money on such dubious friends. They agree on Justinian’s great building activity, though Procopius stresses its extravagance and denies that Justinian repaired essential structures such as aqueducts.14 They agree on his confiscation of senatorial property, but Malalas limits this to the Nika riots and to the example of Priskos (also used in the Secret History) before going on to refer to the restoration of property during Justinian’s consulship of 533 (a suitable year for exploiting a royal pardon to the full).15 They both record the Emperor’s compassion toward his critics, though in the Secret History this is considered evidence of Justinian’s unstable character.16 They both report that citizens of low rank could now be compelled to give evidence even against their will.17 To Malalas this represents Justinian’s determination to establish the truth; in the Secret History it means, not the removal of civil liberties, but the willingness of the Em-
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peror to rely upon dubious, low-class evidence. The attempt to save prostitutes from sin is reported as a successful measure by Malalas, as a dismal failure in the Secret History.18 They have similar accounts of the punishment of homosexuals,19 heretics,20 pagans,21 and probably astrologers22 and refer to the confiscation of their property. I shall return to this shortly. Next, there are the instances where Malalas and the Secret History refer to the same kind of material, but disagree about the facts. In Malalas we find an example of a prisoner of war having his ransom paid by the imperial authorities.23 In a Secret History example Justinian refuses to pay the ransom and, indeed, appropriates the ransom offered by relatives for his own use.24 Malalas stresses Justinian’s aid to cities affected by earthquake,25 including “an act of divine generosity to the people of Antioch, Laodicea, and Seleucia, providing that their liability to taxes be remitted for three years.”26 The Secret History, which records earthquakes as part of the catastrophe of Justinian’s reign, makes no mention of imperial assistance, but states that Justinian allowed no remission for those affected by the plague27 and in fact reduced from seven years to one Anastasius’ remission for cities that had suffered invasion.28 The Secret History refers to the property which governors acquired by dubious means in their provinces,29 whereas Malalas mentions a law prohibiting magistrates from acquiring such property.30 The Secret History tells of Justinian’s debasement of coinage, the gold nomisma; claimed by Bury as the only instance in the Secret History where Procopius can be convicted of making a statement which has no basis in fact.31 Yet, even in this regard, we learn from Malalas that the coinage was debased in 553, but that the Emperor, because of rioting, ordered it restored to its former value.32 The Secret History records several stories about Justinian forging wills.33 Malalas relates a lovely story of the Emperor piously accepting a will, against the advice of his accountant, who pointed out that it would involve him in considerable expense.34 But I shall discuss this in more detail later. These examples are sufficient to show that for a number of Procopius’ criticisms of Justinian there existed an alternative view. We cannot of course prove that the versions accepted by Malalas go back to the imperial office. But, given the existence of imperial notices and their use by chroniclers as source material, this must be the most likely origin. Whether Procopius is then distorting imperial propaganda or vice-versa cannot be established. There must also be a possibility that much else in Malalas’ account of Justinian and contemporary events is derived from
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an official source. I wish now to look at just two issues, inheritance and the treatment of social deviants. Unlike the material taken from official notices, the story of Eulalios would seem to be oral in origin: In the same period a certain Eulalios, a count of the household, went from riches to poverty in the following manner. After a fire had burned down his house, he fled naked with his three daughters. Since he was in great debt, and on the point of death, he made out his will to the emperor. The will read: “Let the most pious Justinian provide for my daughters a daily allowance of 15 folles. When they are of a proper age and have come to marriage, let them each have ten pounds of gold as a dowry. Let my debts be discharged from my inheritance.” Thereupon Eulalios died. The will was brought to the emperor by the curator. Justinian commanded him to take care of the will, but the curator went to the house where Eulalios had lived and made a catalogue of his property which was found to amount to 564 nomismata. So the curator went away and told the emperor his valuation of the property and the legacy bequeathed to him. Still the emperor commanded Macedonius the curator to discharge the will. And when the curator objected that the value of the legacy was insufficient to discharge the will, the emperor retorted, “Why are you preventing me from discharging the will when I piously wish to do so? Go away and pay all his debts and the legacies that he willed. I command that the three daughters be brought to the empress Theodora to be cared for in her private household and that each be given twenty pounds of gold as a dowry and the full amount that their father bequeathed them.”35
As I suggested above, this kind of story must be oral in origin. Again, I cannot prove it, but the narrative style is quite different from the dull, bland catalogue of the Emperor’s other activities. It is lively, with a nice human touch in dialogue, and the story line is sustained – if only for a page. If it does go back to an official document, then certainly Malalas has jazzed it up pretty thoroughly. It is comparable to that other great story in Book 18 of the dog, which, among other marvelous tricks, could accurately point out pregnant woman, brothel keepers, adulterers, misers, and braggarts;36 this surely is based on the oral tradition. One can also point to Malalas’ account of the Nika riots which reveals similar skills in story telling and which is generally assumed to be based on oral sources.37 Eulalios’ story was obviously very good publicity for Justinian. That the question of inheritance was an important and lively issue in Justinian’s reign can also be demonstrated. For of the 168 Justinianic novels published from 535, and so dealing with issues that had not (much to Justinian’s chagrin) been settled by the Code, some twenty-two deal
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directly with questions of inheritance, another eight indirectly, and another eighteen deal with transfers of property among private citizens.38 This is by far the most frequent issue. We should also note the frequency of novels on the transfer of church property,39 even though this is the period of Justinian’s great provincial reorganization which also produces its crop of legislation.40 Inheritance, too, is an issue on which Procopius criticizes Justinian frequently. Indeed, it seems to be his most frequent criticism. Procopius accuses Justinian of forging wills,41 of trumping up charges so that he can grab people’s property,42 of changing the laws of inheritance in a way that amounts to the imposition of a hefty death duty;43 and of doing all this while hypocritically claiming he was acting piously,44 which of course ties in nicely with Malalas’ story of Eulalios. Procopius also links this criticism to Justinian’s alleged meanness, his attacks on the family, and so on.45 Clearly, inheritance was a big issue and one on which Justinian must have faced widespread and frequent censure. Hence, the importance to Justinian that such stories as Eulalios’ become as widespread as possible. It is certainly possible that the Eulalios story is simply a folk image of Justinian, but given its value to him and the importance of the issue, there can be little doubt that, whatever Malalas’ immediate source, the story originated in the imperial office. The Emperor undoubtedly made use of oral stories, for which I suggest below (p. 107) one possible method of dissemination. There is another group of stories for which comparison between the Malalas and Procopius versions is worth considering. These are the accounts of Justinian’s varied measures against heretics, pagans, Jews, homosexuals, and astrologers.46 Malalas and Procopius basically agree that Justinian did his best to stamp out all these evils. Procopius, however, interprets the measures partly as evidence of Justinian’s cruelty and partly as a means to enrich himself through large-scale confiscations from those found guilty of wrongdoing. The connecting thread in this part of Procopius’ account (Chapter XI) is the terror and disturbance brought by Justinian upon peaceful and settled communities. He describes Justinian as having “the one thought in mind that the earth should by many a device be filled with human blood”; so “he contrived another massacre of his subjects on a large scale” (XI,13). Procopius says of heretics that “no previous emperor had ever disturbed them” (XI,18); that following Justinian’s measures “the whole Roman empire was filled with murder and with exiled men”. (XI,23); that “indiscriminate confusion swept through Palestine” (XI,24), where “one hundred thousand perished in the struggle and the land became in consequence destitute of farmers” (XI,29); that prosecutions against sodomy were
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carried out recklessly (XI,35); that attacks on astrologers involved even old men and others who were respectable (XI,37); and so, in a concluding passage, “a great throng of persons were fleeing constantly, not only to the barbarians, but also to those Romans who lived at a great distance, and it was possible to see both in the country and every city great numbers of strangers. For in order to escape detection they readily exchanged their respective native lands for foreign soil, just as if their home country had been captured by an enemy” (XI,38-39). Malalas’ account of these same measures agrees with Procopius in substance, but is written in that bland, matter-of-fact style which I associate with official notices. Be that as it may, what interests me is that Malalas even agrees with Procopius that the result was fear. But the important difference is that Malalas quite obviously sees a reign of terror as proper and right. For the clearest indication of this we need to make use of Theophanes’ chronicle, which, though of the ninth century, in some places preserves a more detailed version of the original Malalas than survives in our one abbreviated manuscript. At the end of the Nika riots, for instance, with its 35,000 casualties, Theophanes states that there was much fear and the city was quiet (̱ң̞̫̭ ½̧̫Ҥ̭ ̦̝Ҡ ѓ̮ҥ̡̲̝̮̩ ѓ ½ң̧̥̭).47 Likewise, following Justinian’s punishment of pederasts, there was both fear and security (̱ң̞̫̭ ½̧̫Ҥ̭ ̦̝Ҡ ж̮̱қ̧̡̥̝).48 That is, fear exists along with such blessings as peace and security; we meet the same formula in what for us is the more natural context of Justinan’s victories over the Bulgars and Huns, who out of fear kept the peace, leaving the Empire secure.49 So, when Malalas tells us that much fear followed the punishment of homosexuals,50 and appeared again after the Palestinian riots had been ferociously quashed,51 he views this fear favorably. It implies that the emperor, as God’s representative on earth, is doing his job properly, making his Christian world a better place for all of us. Similarly, Justinian’s violent and summary punishment of wrongdoers, be they private citizens52 or magistrates,53 must be seen as having Malalas’ full approval. Fear was, then, acceptable in Byzantine society of the sixth century. The meaning of ̱ң̞̫̭ is admittedly complex, especially in the phrase “the fear of God.”54 Clement of Alexandria contrasts the Christian version (where ̱ң̞̫̭ means ̝Ѣ̠ҧ̭, “respect” or “reverence”) to the Hebrew version where, he claims, fear is more akin to ̨Ӻ̮̫̭, “hatred.”55 Malalas, however, seems to lean more toward the Old Testament version, stressing rather the fear of punishment, which was contrasted likewise by Maximus Confessor to the proper Christian fear of God.56 That is, we have here in Malalas the suggestion of a return to Old Testament values. In later Byzantine literature also there are sporadic indications of
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the acceptance of fear as a good quality in society. On the other hand, this phenomenon may be most notable in Justinian’s reign (though other Old Testament attitudes continued), for Theophanes contrasts the terror instilled by Chosroes to Heraclius’ gentle care for his subjects,57 while Averil Cameron has drawn attention to the humility of Justin II’s abdication speech as something unthinkable under Justinian.58 In the matter of Justinian’s reign of terror, therefore, the Secret History and Malalas do agree on the basic facts; their differences simply reflect their different attitudes toward it. It is Malalas who gives the plain, orthodox view of sixth-century man – the view that can be published. Procopius, on the other hand (who, we must remember, is generally accused of revealing in his Secret History the prejudices of the wealthy, conservative, landowning class),59 may, in fact, support a much more liberal and less punitive society, one that even tolerated Judaism.60 But his was an old-fashioned view no longer acceptable, at least at court. He can include it only in this warped and fanciful attack on Justinian (which is what the Secret History is), but the range and detail of his material suggest that there must have been others also who held similar views. All these counter-interpretations of parallel situations in Malalas and the Secret History suggest that each author has access to one or the other side of the propaganda for or against the court. The range of issues covered is considerable, varying from the relatively trivial to matters of great importance, but their treatment is limited and superficial, as is to be expected for the kind of material that avoids any examination of what lies beneath a piece of propaganda or an abuse. The concern over inheritance perhaps at least helps identify a level of society, since it is likely to have been an issue only among the relatively affluent property owners. Procopius’ concern over Justinian’s persecutions may reflect, too, the old aristocracy’s fear of a changing society. But just mentioning these issues does not disclose their general context. It is worth noting here an oddity about the literary history of Justinian’s reign. Most of our sources were published either late in his reign or early in the following reign of Justin II, but they deal mostly with the early period of Justinian’s reign, or reveal odd gaps in their authors’ careers. Thus, John Lydus’ De Magistratibus, Book III, is specifically about his own time. We can date its publication to between 554 and 565, yet it breaks off in 532.61 Agathias, whose subject matter officially begins where Procopius left off and covers 552 to 558, still manages to include a good deal of earlier material in digressions, for the length and irrele-
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vance of which he finds it necessary to apologize.62 Further, the Camerons have demonstrated that Agathias’ Cycle was published under Justin II, though many of its poems, by various poets, had been written during Justinian’s reign.63 Corippus’ Johannid deals nominally with the period 546-48, but refers also to the 530s.64 It was written very soon after 548, but then there is a gap of nearly twenty years till his In Laudem Justini, written in 566 or 567.65 Dioscorus of Aphrodito, a lawyer by training who was born about 520, admittedly wrote at least four poems under Justinian, but, again, it was not until the reign of Justin II, when he was presumably at least in his forties, that his literary career prospered.66 Peter the Patrician, fragments of whose History demonstrate his competence in the approved literary language, wrote his report on his diplomatic mission to Persia so colloquially that Menander Protector found it necessary in the late sixth century to translate it into something more Attic. That Peter never refined his account of his mission may have been because he died before he could undertake it rather than because of a reluctance to publish, but we cannot be sure.67 As to Malalas, the break in his method of work is so extreme that scholars have generally proposed two authors.68 In our one manuscript Malalas takes fifty-four pages to cover the first six years of Justinian’s rule (527-33) and only eighteen to deal with the next thirty years, i.e., he cuts down from about nine pages to a little over half a page per year (a threefold break should perhaps be suggested, since Malalas devotes six pages to the last two years, leaving only twelve pages for the middle twenty-eight). Oddly enough, the arguments for a change of authorship do not draw attention to this reduction in coverage, but concentrate rather on a supposed shift of interest from Antioch to Constantinople and from monophysitism to orthodoxy. Even granted this likely change of author, Malalas’ brevity on the middle and later part of Justinian’s reign is very odd, given that most chroniclers become much more loquacious as they reach their own time. The abruptness of the change also rules out an explanation based on the onset of old age (if Malalas is indeed the author of the last section), unless we assume a long break between the writing of the earlier and later sections. That we are dealing with an abbreviated text will not do as an explanation, since later chroniclers such as Theophanes, who would have had access to the full text, are similarly succinct about the period from 535 to 560.69 Admittedly, our main source for Justinian’s reign, Procopius’ Wars, cannot easily be fitted into this pattern, for his first seven books, covering the period to 550, were published in 550-51. But even here the eighth and last book, published in 553 or 557, is rather more general in scope, covering Italy, Africa, and the East for 550-52.70 Nor can I be precise about the dating of the bulk of the material in the
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Secret History. Although I have the impression that there is more datable material referring to the early period, the Secret History certainly deals quite specifically, also, with the middle and later years of Justinian’s reign. Still, Procopius apart, we do have an odd clash between the dates of publication of our sources and the material they cover. There is probably no simple explanation. But the upheaval within Byzantine society has been brilliantly discussed by Averil Cameron. I cannot here even try to do justice to Professor Cameron’s detailed yet wide-ranging argument on how Constantinople, as the center of government, pulled through the crisis of the seventh century.71 For her, the late sixth century was crucial: It was a time when the Byzantine emperors in the capital presided over a process of cultural integration by which the elite and its rulers came to be fully identified. In this society such integration could only be expressed in religious terms. So it happened that classical culture for a time quietly took a back seat. Still practised by the elite of Justinian’s day, it had even then been dangerously associated with paganism. Such a luxury could no longer be permitted. Imperial historians and poets who had previously striven to keep up “classical” styles of writing now presented their subjects unblushingly within the terms of Old Testament typology; when classical culture came back into fashion, after the years of struggle, it was less a real alternative than a scholarly revival. The sixth-century emperors lent their active patronage to religious developments already under way; they were quick to ally icons with imperial ceremony, and to foster the emergence of the Virgin as the protectress of Constantinople by making her their own protectress too. Their own ceremonial increased in impact and complexity, and set the imperial players in a scenario ever more religious in tone.72
The great importance of Cameron’s article for my purpose is that she dates this cultural and social fusion to the time of Justin II, and that she emphasizes the initiative taken by the Emperor and his advisers (of whom we might note in passing the two most important are Anastasius, who commissioned Corippus’ propaganda poem In Praise of Justin, and Patriarch John Scholasticus, who has been the leading contender in attempts at identifying Malalas, albeit on somewhat implausible grounds).73 It is Cameron’s dating of this cultural fusion that is important, plus the initiative taken by the Emperor. Here Cameron points out that this is the outcome of a long struggle, a struggle which took place under Justinian, and mentions some of Justinian’s attempts to christianize ceremonial and to remove its secular, classical aspects.74 We must think of this in terms of a struggle between the Emperor and his court, the new aristocracy, against the old-fashioned, cultured, classically
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trained though Christian elite of society, a clash between two groups both of which knew the value of propaganda and had the necessary skills to create and distribute it. I want to make three suggestions here. First, that the resurgence of publication in the late years of Justinian and the early years of Justin II reflects the liberalizing of society once the fusion remarked by Cameron had been achieved – not that it can be dated precisely, but rather that there was a gradual regaining of confidence among the writers. What was being published was largely material which, though written earlier, in the years of repression, no one had felt confident to publish. This reluctance to publish might explain the attention to early material in Malalas and Lydus especially, the unpolished state of Peter the Patrician’s work, the break in Corippus’ career, the delay in publishing Agathias’ Cycle, and Dioscorus of Aphrodito’s late flowering. I am not suggesting that there had been actual censorship of material. The subject matter of these writers was not politically sensitive, and in the case of Malalas might well be considered pro-imperial. Rather, the problem was that to be a writer at all, especially in a classical genre, was to run the risk of being labeled a Hellene. My second suggestion is that Book 18 of Malalas’ Chronographia, with its odd farrago on the activities of the Emperor, reflects Justinian’s desperate efforts to advertise his new style of government and so to help implement it. This, I suggest, was done by means of numerous public notices about his measures and achievements, which Malalas somehow collected and included as a strange hotchpotch of undigested material. (I am not, of course, suggesting that the chronicle itself is propaganda; rather, that it is based on propaganda). Many of Justinian’s activities were of course perfectly traditional – but both these and the changes in style met with opposition, and stories reflecting this opposition apparently circulated widely. The Secret History, then, reflects opposition; in particular the opposition to Justinian’s new style of government. Though it is difficult to pin this down precisely, the most general theme of criticism in the Secret History is that Justinian is innovative, meddling with what was old and established, introducing new laws, new customs, and thus challenging the way of life of the Byzantine establishment.75 It is the victory of this new style of government that Averil Cameron shows to have taken place with the accession of Justin II in 565. But the battle took place under Justinian, and Malalas and the Secret History at least describe the weapons for us, even if they evade the real issues. My third suggestion concerns the oral sources, which I raised with the story of Eulalios. If an emperor wanted to spread a rumor by word of
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mouth, one group stands out as an obvious medium for that purpose – the circus factions – they have access to both the emperor and the court on the one hand and to the crowds on the other. And they play an important role in the new cultural integration. To quote Averil Cameron again: “It is the most natural thing of all that precisely during these years [i.e., the reign of Justin II] that most agonistic feature of Justinianic society – the circus factions – was drawn securely into imperial ceremonial, even imperial ceremonial at its most fully religious.”76 It is of course virtually impossible to trace the source of a rumor with precision, but two passages at least certainly have some connection with the hippodrome: the action of Narses, during the Nika riots, in distributing money to the Blue faction to persuade them to chant pro-imperial slogans, and the quarrel and reconciliation between Justin II and his son-in-law, a story (set significantly in the imperial stables) obviously intended for wide circulation.77 There remains one last comparison between Malalas and the Secret History. Near the beginning of Book 18 Malalas includes one of those odd calculations of dates in which chronographers sometimes indulge: The total period from the rule of the Augustus Octavian Imperator until the completion of the second consulship of the Emperor Justinian in the seventh indiction was 559 years; i.e., the total period from Adam to the same indiction amounts to 6097 years, which tallies with the number of years found in the computations of Clement, Theophilus, and Timotheus, whose chronographies are in accord. In the years of Eusebius, the pupil of Pamphilus, I found the number of years from Adam till Justinian’s consulship of the seventh indiction to work out as 6032. Those who follow Theophilus and Timotheus have set out their chronographies much more accurately. Yet, there is complete agreement that the sixth millennium of the world has passed.78
It is this last sentence which is the key. The Byzantines, we must recall, believed that the world was created exactly 5,500 years before Christ.79 They also had their fundamentalist streak. If, as Malalas himself reminds us, a thousand years is but a day in the eyes of the Lord, then Christ was born half-way through the sixth day.80 Did that give mankind a divine half-day (500 years in human terms) to repent before the Lord rested at the end of the sixth day? Or would that be the Day of Judgment or the Second Coming which Malalas appears to have expected.81 I am not sure whether it is with a certain sense of relief or of disappointment that Malalas can assure his audience that the sixth millennium had definitely passed. Eschatological literature allows for various interpretations, nota-
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bly a period of troubles, usually of three and a half years, but sometimes longer, caused by the Antichrist, followed by a thousand years of peace and happiness. However, given the prevalence of this kind of thinking (and it was widespread),82 what an opportunity it provided for Justinian to promote his reign (possibly entirely sincerely), if not quite as the Second Coming, then at least as the moment of rebirth and renewal. And that, as we know, is exactly what the Emperor did with enormous energy and vigor in the early part of his reign, whether in regaining the lost western part of the Empire, in recodifying the laws, in rebuilding the cities, or, above all, in reeducating his people to live a proper Christian life. Or so Justinian would have us believe, at least up to the mid 530s, and we get a glimpse of this in the pages of Malalas. But there was another way of looking at the period and at the end of the sixth millennium, especially from the vantage point of the latter part of his reign. In the course of the reign the good old ways were abandoned, the established laws changed, the administrative system upset, the important cities of Syria, including Great Antioch – Theoupolis, the City of God, as it had just been renamed by Justinian – were invaded and captured by the Persians, and there were long, expensive wars in Africa and Italy, which left both those countries desolate; riots and the plague killed tens, perhaps hundreds, of thousands of innocent citizens, and earthquakes, sent by God, destroyed many a fine city. God works in mysterious ways. Perhaps the millennium marked not the moment of rebirth, but the arrival for us sinners of the Antichrist, the Demon King.83 Such, then, were the calamities which fell upon all mankind during the reign of the demon who had become incarnate in Justinian, while he himself, as having become Emperor, provided the causes of them. And I shall show further how many evils he did to men by means of a hidden power and of a demoniacal nature. For while this man was administering the nation’s affairs, many other calamities chanced to befall, which some insisted came about through the aforementioned presence of this evil demon and through his contriving, while others said that the Deity, detesting his works, turned away from the Roman Empire and gave place to the abominable demons for the bringing of these things to pass in this fashion.84
Procopius, for all his sophisticated classical veneer, was as superstitious as any sixth-century Christian (there is evidence enough of that even in his respectable works);85 so if he had it on the incontrovertible evidence of a Holy Man that Justinian was the Prince of Demons, then as a reputable historian (which indeed Procopius was) he must take notice.86 He
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had also heard, admittedly indirectly, that at meetings of the council Justinian’s head became separated from his body, which wandered headless round the room.87 This was the report of Justinian’s own counselors, grave men whose observations were not to be taken lightly, and there were many more such reports, if not always based on sources which a historian likes to use without corroborative evidence. Procopius, however, may well have felt that the evidence was clear enough. His Secret History is a serious work by a serious historian. When asked to write The Buildings – a panegyric for the Emperor – he could hardly refuse, but, with the advantage of hindsight, was it not all the more incumbent on him to write a reassessment of his interpretation of the millennium? I have shown above that many of the topics raised by Malalas and the Secret History correspond to each other. I ask now whether the two differ mainly on the question of whether Justinian was God’s representative, preparing the way for the Second Coming, or the Prince of Demons sent to chastise us? Further, is it not just possible that the arrival of the millennium had its effect too on an equally superstitious Justinian and, in consequence, really did affect the course of history? Anmerkungen 1
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For convenience, references are given by chapter and sentence, the system used in both the main edition, Procopii Caesariensis Opera Omnia III, eds. J. Haury-G. Wirth (Teubner. Leipzig, 1963), Historia Arcana, and in the translations which I have taken from H. B. Dewing, Procopius, VI (Loeb. London and Cambridge, Mass., 1935), The Secret History. On the nature of Procopius’ criticism, B. Rubin, “Zur Kaiserkritik Ostroms,” Studi Bizantini e Neoellenici (Atti del VIII congresso internazionale di Studi Bizantini. Palermo, 1951), 7 (1953), 453-62; idem, “Der Fürst der Dämonen,” BZ, 44 (1951), 469-81; idem, Prokopios von Kaisareia (Stuttgart, 1954), rpr. in RE, 23.1 (1957), cols. 527-72; idem, Das Zeitalter Iustinians (Berlin, 1960), 197226, 440-73; F. H. Tinnefeld, Kategorien der Kaiserkritik in der byzantinischen Historiographie (Munich, 1971), 29-36. Malalas, Chronographia, ed. L. Dindorf (Bonn ed., 1831). The translations are drafts from the Australian Malalas project. Book 18 occupies 72 of the 496 pages of the Bonn edition. Sponsor at baptism, Malalas, op. cit., 427, 431, cf. 434; largesse, 428, 431, 436, 440-41, 443, 448, 450, 452, 456, 458, 467, 478; pagans, 449; heretics, 428, 468, 471; homosexuals, 436; astrologers, cf. note 22 infra; chariot race riots, 473-77, 483-84, 488, 490-91. Persians, 427, 441-42, 453, 460-72, 480; Saracens, 434, 445; Huns, 431-32, 437-38, 450, 472; Vandals, 459-60; Goths, 480, 483, 485; Avars, 490; Slavs, 490; Moors, 496; Samaritans, 447.
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Secret History, xix, 11-12, has a brief summary of these topics. A. M. Cameron, “Images of Authority: Elites and Icons in Late SixthCentury Byzantium,” Past and Present, 84 (1980), 3-35, rpr. in her Continuity and Change in Sixth-Century Byzantium (London, 1981), XVIII, and in M. E. Mullett and R. D. Scott, eds., Byzantium and the Classical Tradition, University of Birmingham Thirteenth Spring Symposium of Byzantine Studies, 1979 (Birmingham, 1981), 205-34. R. D. Scott, “Malalas and Justinian’s Codification,” Byzantine Papers, ed. Elizabeth and Michael Jeffreys and Ann Moffatt (Canberra, 1981), 12-31. There I argued (pp. 14-17) that the very bland language used in the legal passages was, because of its formulaic character, derived from official notices. The most obvious case comes from the Chronicon Paschale, I, ed. L. Dindorf (Bonn, 1832), 630-34, where the bland formulaic preface introduces the text of CI, I.1.6, which is based on a more reliable copy of the text than the one made available to Tribonian and his fellow law commissioners. K. Krumbacher, Geschichte der byzantinischen Literatur (2nd ed., Munich, 1897), 319; G. Moravcsik, Byzantinoturcica, I (2nd ed., Berlin, 1958), 330; H. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner, I (Byzantinisches Handbuch, Handbuch der Altertumswissenschaft, XII.5.1 [Munich, 1978]), 321-24. Scott, art. cit., 17-20. Examples include Heraclius’ victory letter, Justinian’s confession of faith, the text of CI, I.1.6 (all in Paschal Chronicle); Verina’s proclamation of Leontius (Malalas); the Nika riot (Marcellinus Comes). Scott, “The Classical Tradition in Byzantine Historiography,” M. E. Mullett and R. D. Scott, eds., op. cit., 61-74. A. P. Kazhdan, “Certain Traits of Imperial Propaganda in the Byzantine Empire from the Eighth to the Fifteenth Centuries,” in G. Makdisi, D. Sourdel, and Janine Sourdel-Thomine, eds., Prédication et Propagande au Moyen Age: Islam, Byzance, Occident, Penn. Paris, Dumbarton Oaks Colloquia III, Session des 20-25 Octobre 1980 (Paris, 1983), 27. Pseudo-Symeon, Annales, 17, 660-61 (PG, 109), cols. 721C-724A. I owe both the reference and the translation to Patricia Karlin-Hayter, to whom I am also indebted for much helpful discussion. Theophanes Continuatus, Chronographia, IV, 37, 200 (PG, 109), col. 213D. Malalas, 428, 1-4; 431, 2-5, 16-21. Secret History, viii, 5-6; xi, 5-10; xix, 610, 13-17. Malalas, 426, 1-5; 427, 14-17; 430, 18-19; 435, 18-436, 2; 445, 8-9; 477, 13; 479, 21-22; 486, 1-9; 489, 19-490, 5; 492, 3-6; 495, 9-14. Secret History, xxvi, 23-25. Malalas, 449, 12-14 (Priskos); 478, 18-21 (recall of exiles). Secret History, viii, 9-11; xi, 40-xii, 12; xvi, 10; xvii, 4-5; xix, 11-12; xx, 17; xxi, 5; xxvi, 16; xxvii, 25. Malalas, 438, 21-439, 7. Secret History, xviii, 1-3, 13-19. Malalas, 437, 15-16. Secret History, xi, 35.
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Malalas, 440, 14-441, 7. Secret History, xvii, 5-6, contrast Procopius, Buildings, I.9.3. Malalas, 436, 3-16; Secret History, xi, 34; xix, 11. Malalas, 428, 5-7; 468, 1-9; 478, 12-15. Secret History, xi, 15, 24; xix, 11. Malalas, 449, 3-11; 491, 18-20. Secret History, xi, 31; xix, 11. Reading ж̨̮̯̬̫̩̫ҡ̝̩ for the doubtful ̩ң̨̨̥̝ at Malalas, 451.18, in line with an unedited chronicle in the Vatican (Codex Vaticanus Graecus 163, fol. 26v, lines 25-27); cf. Scott, art. cit., 22. Secret History, xii, 6-11. Malalas, 438, 14-16. Secret History, xii, 6-11. Malalas, 436, 21-437, 2; 443, 13-15; 444, 1-4; 448, 3-5, 17-19; 485, 8-23. Idem, 444, 1-4. Secret History, xxiii, 20-21. Ibid., xxiii, 6-7. Ibid., xxi, 9-14. Malalas, 437, 5-9. Secret History, xxii, 38; xxv, 11-12. J. B. Bury, History of the Later Roman Empire from the Death of Theodosius I to the Death of Justinian, II (London, 1923), 427 note 1. Even here Bury admits “it may be doubted whether Procopius had not some actual temporary of local fact in mind.” Malalas, 486, 19-22. Secret History, xii, 1-11. Malalas, 439, 8-440, 13. Malalas, 439, 8-440, 13. Prof. Fairy Von Lilienthal has pointed out to me the similarity between this story and the popular St. Nicholas story of the three daughters. Justinian did build and dedicate a church to St. Nicholas which was much frequented (Procopius, Buildings, I.6.4, op. cit., III.2.29). This is the earliest known St. Nicholas church and probably the earliest reference to St. Nicholas. Malalas, 453, 15-454, 4. J. B. Bury, “The Nika Riots,” JHS, 17 (1897), 94. I cannot claim to have done much more than to have perused the Novels, many of which treat a variety of topics. My assignation and count is thus somewhat arbitrary. Nevertheless, I find direct references to inheritance in the following novels: 1, 2, 18, 39, 48, 53, 66, 68, 84, 89, 92, 97-98, 101, 1078, 117-18, 127, 158-59, 164; indirect references in the following: 17 (section 12), 22, 38, 74, 119, 150, 155; and private transfers of property in: 4, 32-34, 61, 91, 100, 112, 115, 121, 135-36, 138, 156, 162, 166-68. Transfer of church property: Novels 7, 40, 46, 54-55, 65, 67, 120, 131. Provincial reorganization: Novels 3, 8, 15, 21, 23-31, 36, 50, 69, 102-4, 145. Secret History, xii, 1-11. Ibid., xxi, 15; cf. xi, 3 and xxi, 5. Note, in contrast, Novel 134.13.2 (556 A.D.) which states that the property of anyone executed cannot be confiscated but must pass to the normal heir. Given that this novel contradicts ancient laws accepted in Justinian’s codification in 534 (CI, IX.49.1-10, espe-
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cially 10 of 426 A.D.), as well as common practice through the history of the Roman Empire, one must wonder whether the novel was introduced to combat popular criticism. Presumably where the death sentence included confiscation of property this novel did not apply. Secret History, xxix, 19-21. Ibid., xxix, 25. Ibid., xii, passim. Secret History on heretics, xi, 15, 24; on pagans, xi, 31; on Jews, xxviii, 1617; on homosexuals, xi, 34; on astrologers, xi, 37. For Malalas, see note 3 supra. Malalas, Book 18, contains no specific reference to measures against Jews, but the normal hostile attitude can be discerned. Theophanes, Chronographia, AM 6024, ed. C. de Boor (Leipzig, 1883), 186.1. Idem, AM 6021, op. cit., 177, 17. Idem, AM 6032, op. cit., 219, 12-14. Malalas, 451, 13-15. Malalas, 436, 15. Idem, 488, 2. Idem, 451, 19-21; 468, 8-9; 488, 9-12. Idem, 447, 13-19. Cf. G. W. H. Lampe, ed., A Patristic Greek Lexicon (Oxford, 1961-68), s.v. ̱ң̞̫̭, whence the following examples are taken. Clement of Alexandria, Paedagogus, I.9.87.1, ed. O. Stählin (GCS, 1936), 140.29-141.6. Maximus Confessor, Capitum de caritate quattuor centuriae, I.81, PG, 90, col. 960. Theophanes, most notably at AM 6114, op. cit., 306-8, where even the phrase “the fear of God” (op. cit., 307, 3) again means “respect for God” rather than “terror caused by God.” A. M. Cameron, “An Emperor’s Abdication,” Byzantinoslavica, 37 (1976), 161-67. Rubin, “Zur Kaiserkritik Ostroms,” 454; idem, Prokopios von Kaisareia, 301-4; Tinnefeld, op. cit., 21-22. At any rate the Secret History does object to Justinian’s unfair treatment of Jews (xxviii, 16-19). Toleration of Judaism, with sporadic exceptions, as a religion vouchsafed by its antiquity, was a characteristic of Roman paganism, which in theory, though not in practice, survived even Constantine’s establishment of Christianity. See E. M. Smallwood, The Jews under Roman Rule (Leiden, 1976), 544. The Christian Byzantine attitude toward Judaism was consistently intolerant. For Justinian’s position, see Novel 146 together with the codification of previous emperors’ decrees at CI, 1.9-10. R. Wünsch, ed., Ioannis Lydi de Magistratibus Populi Romani (Leipzig, 1903), Praefatio, vi-vii. Agathias, Historiae. Preface 21; I, 2-7; II, 25-32; III, 1; IV, 24-30, ed. R. Keydell, CFHB (Berlin, 1967), 7; 11-19; 73-83; 84-85; 153-63.
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A. D. E. and A. M. Cameron, “The Cycle of Agathias,” JHS, 86 (1966), 625. B. Baldwin’s counter-argument, “Four Problems in Agathias,” BZ, 70 (1977), 295-305, is not convincing. See Averil Cameron, “The Career of Corippus Again,” CQ, n.s. 30 (1980), 537. J. Diggle and F. R. D. Goodyear, Iohannidos Libri VIII (Cambridge, 1970). Averil Cameron, ed., Corippus, In Laudem Iustini Augusti minoris Libri IV (London, 1976), 1-2. For detail we must await Dr. L. S. B. MacCoull’s forthcoming study of Dioscorus. Dr. MacCoull kindly supplied me with her most recent estimate of the number of Justinianic poems. See her important survey “The Coptic Archive of Dioscorus of Aphrodito,” Chronique d’Égypte, 56, III (1981), 185-93. Menander Protector, frag. 12, ed. C. Müller, FHG, 4 (Paris, 1851), 217; Excerpta de Sententiis, ed. U. P. Boissevain (Berlin, 1906), 19. Cf. H. Hunger, “The Classical Tradition in Byzantine Literature: The Importance of Rhetoric,” in M. E. Mullett and R. D. Scott, eds., Byzantium and the Classical Tradition, op. cit. (supra, note 5), 46. The clearest summary of the Malalas question is still J. B. Bury’s review of Krumbacher in CR, 11 (1897), 207-13. See also N. Pigulevskaja, “Theophanes’ Chronographia and the Syrian Chronicles,” JÖBG, 16 (1967), 5859. H. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur, I, 320. Theophanes devotes a little over 12 pages to the period 527/28 to 533/34, i.e., almost two pages per annum. Then he has a long excursus on the Vandal war under the year 534/35 (30 pages) and another 25 pages for the period 535/36 to 564/65 (i.e., under one page per annum), despite a further, longish excursus drawn from Procopius and an increasing use of an ecclesiastical source for material not supplied by Malalas. It is clear that Theophanes found it necessary to supplement Malalas as his chief source for the latter part of Justinian’s reign. J. A. S. Evans, Procopius (New York, 1972), 41-43; Rubin, Prokopios von Kaisareia, 80-81. A. M. Cameron, art. cit. (supra, note 5). Eadem (Past and Present), 4; (Mullett and Scott), 206. J. Haury, “Johannes Malalas identisch mit dem Patriarchen Johannes Scholastikos?”, BZ, 9 (1900), 337-56. H. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur, I, 321. Malalas’ lack of interest in theology makes the identification improbable, while his precise knowledge of the business of the Comes Orientis in Antioch suggests a position on his staff, as B. Croke has pointed out to me. A. M. Cameron, art. cit. (Past and Present), 6-18; (Mullett and Scott), 20816. Secret History, e.g., viii, 26; xi, 1; xxx, 21-24. A. M. Cameron, art. cit. (Past and Present), 5; (Mullett and Scott), 206. Malalas, 476, 3-7 (Narses bribing the Blues); Theophanes, AM 6065, op. cit., 246, 11-26 (Badouarios, wrongly described by Theophanes as Justin’s
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brother; cf. A. M. Cameron, “The Empress Sophia,” Byzantion, 45 [1975], 10). P. Karlin-Hayter in her work on Michael III also suggests the hippodrome as the place where the Emperor’s agents provocateurs deliberately spread their gossip and propaganda. Malalas, 428, 8-19. The text here is in some doubt. Dindorf gives the figures 6497 and 6432. In the first case, the additional 400 is certainly in a second hand, as J. B. Bury pointed out, “The Text of the Codex Baroccianus,” BZ, 6 (1897), 221. Here the original scribe, presumably expecting a figure in the hundreds column, left a gap. In the second case, it is unclear whether the upsilon (400) is original or not as it has at least been touched up by a second hand and may have been created out of the original scribe’s flourish on the end of the digamma (6000). That is, the second hand, having noticed the gap in the first figure, may have filled it from the simplest paleographic change to the second figure, in which case the 400 carries no authority other than of paleographic neatness. The omission of the 400 has the support of the Slavonic version, M. Spinka and G. Downey, The Chronicle of John Malalas, Books 8-18, Translated from the Church Slavonic (Chicago, 1940), 135-36. Inclusion of the 400 not only makes nonsense of Malalas’ interest in whether or not the sixth millennium had been completed, but conflicts with standard Byzantine calculations of the years since Creation, including those of the three survivors of Malalas’ named sources here, Theophilus, Ad Autolycum, III.28, ed. and trans. R. M. Grant (Oxford, 1970), 142-44; Clement, Stromateis, I.147, PG, 8, col. 880 B-C; Eusebius, Chronicon, Preface, ed. R. Helm (GCS, Berlin, 1956), 14-18, though neither Clement nor Eusebius provide sufficient information for us to be certain about their conclusions. The inclusion of the 400 would also seem to conflict with Malalas’ own calculations in Book 10. Cf. Malalas, 227-29, especially 227.10-228.8. Unfortunately, the text of Malalas’ calculations in Book 10 is in dispute. H. Gelzer, Sextus Julius Africanus und die byzantinische Chronographie, II (Leipzig, 1885), 130-32, drawing on arguments first made by Hody in 1691, argued that Malalas dated the birth of Christ to anno mundi 5970 (and the Crucifixion to 6000), not 5500. Gelzer’s suggestions were adopted by A. Schenk von Stauffenberg, Die römische Kaisergeschichte bei Malalas (Stuttgart, 1931), 11. A full discussion is out of place here. It is clear that two distinct systems of chronology survive in the Baroccianus manuscript, but whether the confusion goes back to Malalas or was introduced later in the tradition (for instance, by the epitomator) is unclear. Gelzer’s arguments, though persuasive, require too many changes to be convincing and also place Malalas at odds with both his own sources and with the general Byzantine tradition. But even if Gelzer’s emendations for the numerals in Book 10 are accepted, they still will not tally with Dindorf’s figures in Book 18. The problem is slippery, but for the present it seems safer to accept the manuscript figures in Book 10 and the first scribe’s figures in Book 18.
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Cf. C. Mango, Byzantium, the New Rome (London, 1980), 191-92; O. P. Nicholson, Lactantius in Prophecy and Politics in the Age of Constantine the Great (unpub. D.Phil. thesis [Oxford, 1981]), 147-68. Malalas, 228, 15-17. Cf. Psalm 90:4; II Peter 3:8. Malalas, 228, 21-229, 12. C. Mango, op. cit., 201-5; O. P. Nicholson, op. cit., 220-21, 339-70. G. Podskalsky, Byzantinische Reichseschatologie (Munich, 1972), passim (but his treatment of Malalas is weak, op. cit., 72). P. J. Alexander, “Historiens byzantins et croyances eschatologiques,” Actes du xiie Congrès International d’ Etudes Byzantines, Ochride 10-16 Septembre 1961 (Belgrade, 1964), vol. 2, 1-8; A. A. Vasiliev, “Medieval Ideas of the End of the World: West and East,” Byzantion, 16 (1942-43), 462-502; W. Bousset, The Antichrist Legend (London, 1896). Both von Stauffenberg, op. cit., 215-16, and Rubin, Das Zeitalter Iustinians, 452, express surprise at the absence of any reference to the Antichrist or the millennium in Malalas. For a contemporary description of the Antichrist appearing in the guise of a tyrant (or emperor?) who will deceitfully pretend to be Christ, build a church, perform false miracles, and then spread terror, cause earthquakes, death, affliction, exile, etc., see Romanos, Kontakion 34, “On the Second Coming,” ed. P. Maas and C. A. Trypanis, Sancti Romani Melodi Cantica, Cantica Genuina (Oxford, 1963), 266-75. This makes it easier to understand how any suggestion that Justinian was preparing for the Second Coming could easily be turned against him later, when his early successes turned sour. Agathias, Historiae, 5.5.2, ed. R. Keydell, CFHB (Berlin, 1967), 169, records that some believed that the end of the world was at hand in December 557. Secret History, xviii, 36-37. Cf. xii, 14, 27; xviii, 1-4; xxx, 34, which is Procopius’ final paragraph. Rubin has pointed out the Secret History’s identification of Justinian as the Antichrist on several occasions, but did not associate this with the millennium, although that is an integral part of Antichrist literature. Rubin, “Der Fürst der Dämonen,” 469-81; idem, Das Zeitalter Iustinians, 441-54; idem, “Der Antichrist und die Apokalypse des Prokopios von Kaisareia,” ZDMG, 110 (1961), 55-63. Cf. Procopius, Persian Wars, I.7.5-11; II.11.14-23; II.13.13-15; 20-22; op. cit., I. 31-32, 200-201, 210-11, 238. For a full treatment we await Averil Cameron’s forthcoming book on Procopius. In the meantime note her “The ‘Scepticism’ of Procopius,” Historia, 15 (1966), 466-82; eadem, “The Sceptic and the Shroud,” Inaugural Lecture at Kings College, London, April, 1980 (London, 1980), both reprinted in eadem, Continuity and Change in Sixth-Century Byzantium (London, 1981). Secret History, xii, 24. Ibid., xii, 20-23; cf. K. Gantar, “Kaiser Justinian als kopfloser Dämon,” BZ, 54 (1961), 1-3.
Hartmut Leppin: Zu den Anfängen der Kirchenpolitik Justinians, in: HansUlrich Wiemer (Hg.), Staatlichkeit und politisches Handeln in der römischen Kaiserzeit, Berlin/New York 2006, S. 187-208. © de Gruyter, Berlin
Hartmut Leppin
Zu den Anfängen der Kirchenpolitik Justinians Zoras ließ sich nicht alles bieten: Mehrere Jahre hatte der Miaphysit als Stylit in der Region um Amida verbracht, da erschienen – es muß Anfang der dreißiger Jahre des 6. Jahrhunderts gewesen sein1 – Anhänger des Konzils von Chalkedon unter seiner Säule und zwangen ihn, von dort herabzusteigen, so berichtet sein Hagiograph, Johannes von Ephesos.2 Zornentbrannt faßte Zoras daraufhin den Entschluß, zum Kaiser zu gehen, um ihn über den wahren Glauben zu unterrichten; zehn Schüler begleiteten ihn. Verhindern konnte man Zoras’ Marsch auf Konstantinopel offenbar nicht, doch Briefe gingen an die Hauptstadt, um das Eintreffen eines Störenfrieds anzukündigen. Was war zu tun? Sollte man die kleine Asketentruppe einfach zurückschicken? Sollte der Kaiser sie ignorieren? Schließlich hatte Justinian mehr als genug zu tun: Die Verhältnisse an der Ostgrenze erforderten seine ständige Aufmerksamkeit, die Arbeiten an seinen Gesetzessammlungen waren im Gange, im Vandalenreich zeichneten sich vielversprechende Veränderungen ab. Doch der Kaiser verhielt sich ganz anders, als man erwarten würde: Er bereitete den Empfang des Heiligen Mannes gründlich vor, denn er verpflichtete Senatoren zum Kommen und versammelte zahlreiche Bischöfe.3 Als der Asket vor dem Kaiser erschien, legte der Herrscher ihm, wie ausdrücklich gesagt wird, in versöhnlicher Weise seine theologischen Auffassungen dar.4 Was ein rechter syrischer Mönch ist, läßt sich indes von freundlichen kaiserlichen Worten nicht einwickeln. Er kümmert sich auch nicht um die Übrigen, sondern er spricht direkt den Kaiser an. Das tat auch Zoras, in keiner Weise von der Kulisse eingeschüchtert. Er trat also nicht dem Kaiser als einem Repräsentanten von etwas Größerem gegenüber, sondern – in der Manier eines alttestamentarischen Propheten – dem Herrscher als einem einzelnen.5 Dabei machte er ihn in grotesk überzogener Weise für die Verfolgung der Kirche Gottes, für das Blutvergießen und für das Konzil von Chalkedon verantwortlich.
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Der Kaiser jedoch wagte es nicht, ihn zu schlagen, sondern erklärte mit geballter Faust, man dürfe Chalkedon nicht schmähen, und verlangte von dem Mönch ein Wunder, um seine Behauptungen zu beweisen. Doch Zoras schmetterte ihm entgegen, daß der wahrhaft Gläubige nicht nach Zeichen frage, daß Justinian aber am eigenen Leib ein Zeichen erleben werde. Unter diesen Worten verließ er den Kaiser – offenbar ungehindert. Justinian wurde am nächsten Tag am Haupt getroffen und verlor den Verstand, vor allem aber bildete sich eine entstellende Schwellung am Kopf, so daß Theodora ihn im Palast verbergen mußte.6 Erst das Gebet des Zoras vermochte den Kaiser von dem Leid zu erlösen, der zum Dank den Anhängern des Asketen Versammlungsfreiheit gewährte. Zoras selbst, der in der nächsten Zeit auf der anderen Seite des Bosporos als religiöse Autorität residierte, blieb im Kontakt mit dem Kaiser.7 Eine Anekdote wie die eben referierte Auseinandersetzung zwischen Kaiser und Heiligem Mann zeigt Justinian in einer vermeintlich ungewohnten Rolle.8 Der Kaiser, der im neuzeitlichen Geschichtsbewußtsein wie kein anderer den Machtanspruch des spätantiken Kaisertums verkörpert, nimmt es hin, daß ein schwacher Mönch ihn tadelt – ein Mönch, der sich überdies seinen dogmatischen Vorstellungen verweigert. Gerade dies scheint mir aber typisch für die Kirchenpolitik nicht nur in den frühen Jahren Justinians zu sein, zu der ich einige Überlegungen anstellen möchte. Justinians Position war, so wird im allgemeinen behauptet, zu Beginn seiner Regierung, wie es sein Onkel vorgegeben habe, von einer energischen Verfolgungspolitik bestimmt, die in den dreißiger Jahren kurzzeitigen Aussöhnungsversuchen mit den Miaphysiten gewichen sei, doch um 536 habe der Kaiser wieder eine hart chalkedonische Linie verfolgt.9 Mit einem von Eduard Schwartz eingeführten Bild spricht man gerne von einem Zickzackkurs.10 Einen anderen Ansatz hat jüngst indes Karl-Heinz Uthemann verfolgt, indem er in überzeugender Weise die Kohärenz der theologischen Position Justinians während der ersten Jahre herausgearbeitet hat.11 In diese Richtung möchte ich weiterdenken,12 indem ich aufzuzeigen versuche, daß die Politik Justinians während der ersten Jahre durchaus konsistent war,13 und zwar insofern, als er zum einen nach einer gemeinsamen Linie von Miaphysiten und Chalkedoniern suchte, zum anderen den Habitus eines demütigen Herrschers einnahm, der sich von Glaubensautoritäten belehren lassen wollte; man könnte in diesem Sinne von einer reaktiven Grundhaltung sprechen. Noch als Caesar formulierte Justinian in einem Brief an den Papst Hormisdas eine theopaschitische Lehre,14 also die Lehre, daß einer aus der Trinität gelitten habe. Diese Lehre wird mit den Aktivitäten sky-
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thischer Mönche in Verbindung gebracht, die sich um eine antinestorianische Interpretation der Beschlüsse von Chalkedon bemühten und insofern den Miaphysiten entgegenkamen; indes wurden die Lehren dieser Mönche vom Papst abgelehnt. Bereits hier zeigt sich somit Justinians Neigung zum Ausgleich mit den Miaphysiten. Vasiliev erkennt sogar einen mildernden Einfluß Justinians auf die Politik Justins, sieht aber in einem Häretikergesetz, das offenbar 527 während der gemeinsamen Regierungszeit Justins und Justinians entstand, einen Ausdruck der Verschärfung. Doch fällt bei diesem Gesetz auf, daß es die Miaphysiten nicht ausdrücklich nennt.15 Und das scheint ein spezifisch justinianisches Element zu sein: Bestimmungen zu religiösen Fragen ergehen während der ersten Regierungsjahre Justinians in dichter Folge.16 Als er 527 die Alleinherrschaft antrat, tat er etwas, was an Theodosius den Großen gemahnte: Er veröffentlichte bald ein Glaubensbekenntnis.17 Zwar klingt darin auch die theopaschitische Formel an,18 doch nicht in der klassischen, im Streit gewissermaßen verbrauchten Version. Auch sonst sind die Formulierungen des Textes dergestalt, daß eine eindeutige Festlegung auf bestimmte, besonders umstrittene Schlagworte vermieden wird; vor allem das Wort ̱ҥ̮̥̭, das in der Debatte so wichtig war, wird vermieden.19 Als essentiell definiert Justinian in der Praefatio seines Gesetzes gegen die Häretiker das Homoousios und den Glauben, daß Maria Theotokos, die Gottesgebärerin, sei, worin ein eindeutig anti-nestorianisches Bekenntnis liegt. Anders als Theodosius benennt Justinian auch keine Normalbischöfe, andererseits aber explizit bestimmte häretische Gruppen bzw. ihre Anführer. Darunter findet sich zwar mit Eutyches (§ 3) jemand, den Chalkedonier gerne den Miaphysiten zuschlugen – aber dieser Lehrer wurde gewöhnlich auch von den Miaphysiten abgelehnt. Anders als in einem späteren, 541 vorgelegten Häretikerkatalog,20 der die Anhänger des Severus anführt, werden keine Miaphysiten ausdrücklich genannt. Damit war, und darin setze ich mich von der üblichen Interpretation ab, die scharf antimiaphysitische Politik Justins21 zwar nicht formell zurückgenommen, faktisch aber aufgehoben. Justinian signalisierte wohl, ohne seinen Onkel zu desavouieren, ein Ende der harten Repressionspolitik gegenüber den Miaphysiten. Dieser Öffnung gegenüber den Miaphysiten korrespondierte eine Verschärfung der Politik gegenüber den eigentlichen Häretikern im Sinne Justinians, aber auch Manichäern – gegen die er besonders streng vorging –, Juden und Samaritanern, die er zunehmend unter diesem Begriff faßte. Ihnen wurden wesentliche bürgerliche Rechte genommen und die Religionsausübung untersagt.22 Was in diesen Edikten angelegt ist, prägte die Politik Justinians für die nächsten Jahre: Dogmatische
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Äußerungen, sofern er sie überhaupt machte, blieben vage, dafür wurden gemeinsame Gegner von Chalkedoniern und Miaphysiten mit ungewöhnlicher Energie bekämpft. Heiden gerieten vor allem 529/30 unter Druck, wobei es Justinian inzwischen nicht mehr allein um die Praktiken des Heidentums, sondern um die Gesinnung der Menschen ging.23 Die bekannteste Folge der kaiserlichen Politik bestand darin, daß die Akademie in Athen allmählich ein Ende fand und die Philosophen zunächst in das Persische Reich zogen.24 Die Samaritaner wurden ebenfalls hart bedrängt – nicht zuletzt aufgrund der Anklagen eines Mönches;25 diese Politik mündete in einen verheerenden Aufstand. Auf der anderen Seite erschienen 528 zwei Barbarenfürsten in Konstantinopel, die sich und damit ihr Volk zum Christentum bekehren ließen.26 Der Kaiser war somit offenkundig bestrebt, die Erwartung, er müsse ein Vorkämpfer des Glaubens sein, zu erfüllen. Darin eiferte er dem Vorbild seines Onkels nach, doch mit einem erkennbar moderateren Kurs gegenüber den Miaphysiten, die er, wenn ich recht habe, nicht mehr als Häretiker bezeichnet sehen wollte. Für 531 hört man zwar davon, daß die Miaphysiten von Antiocheia und überhaupt im Osten sich bedrängt gefühlt hätten, doch ging dies auf die Initiative eines – in seiner Region durchaus mächtigen – Bischofs zurück, des entschieden anti-miaphysitischen Ephraim.27 Unter den Verhältnissen des 6. Jh.s ist nicht zu erwarten, daß die kaiserliche Religionspolitik in allen Reichsteilen unmittelbar wirksam wurde; formell aufgehoben waren die Regelungen Justins ja nicht, und das Häretikergesetz Justinians erlaubt vielfältige Deutungen, so daß Ephraim sich ganz im Recht gefühlt haben kann. Jedenfalls steuerte Justinian ohne Zweifel in Konstantinopel weiter einen anderen Kurs: Der miaphysitische Historiker Ps.-Zacharias Rhetor berichtet, daß der Kaiser im fünften Jahr seiner Regierung Miaphysiten aus der Verbannung zurückgerufen, somit eine Maßnahme seines Vorgängers rückgängig gemacht habe.28 Dies lag in der Konsequenz der bisherigen Politik Justinians und steht in einem engen zeitlichen, bei Zacharias sogar in einem darstellerischen Zusammenhang mit dem Nika-Aufstand. Ob auch ein kausaler Zusammenhang bestand, muß offen bleiben. Immerhin war seit diesem Ereignis der Faktor städtische Bevölkerung, die zu einem großen Teil miaphysitische Tendenzen handgreiflich bekämpft hatte, besser unter Kontrolle – insofern hatte der kaiserliche Handlungsspielraum sich erweitert. Möglicherweise gehört der Marsch des Zoras nach Konstantinopel und sein Aufenthalt dort in jenen Kontext, auch wenn Johannes von Ephesos etwas anderes glauben machen will.29 Nicht alle Miaphysiten hatten indes bereits so viel Vertrauen zum Kaiser und dem unruhigen
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Mob von Konstantinopel gefaßt, daß sie sich tatsächlich in die Hauptstadt begaben; Severus von Antiocheia, ihr Exponent, etwa blieb zunächst fern. Immerhin stand denen, die kamen, jetzt ein verläßlicher Treffpunkt zur Verfügung, der kaiserliche Palast, in dem Theodora über die Sicherheit ihrer Glaubensfreunde wachte,30 auch später noch, als sie ungleich stärker bedrängt wurden. Einen weiteren Versuch eines Ausgleichs zwischen den theologischen Richtungen bedeutet es, daß Justinian einige der Miaphysiten, abgesetzte Bischöfe aus dem Antiochener Patriarchat sowie ausgewählte Chalkedonier für 532 zu einem ungefähr paritätisch besetzten Religionsgespräch nach Konstantinopel einlud.31 Die Quellenlage für dieses Ereignis ist einzigartig: Wir haben einen chalkedonisch orientierten Bericht des Innocentius von Maroneia, eines der Teilnehmer, in Briefform32 sowie einen miaphysitisch ausgerichteten eines unbekannten Autors, den Sebastian Brock vor einiger Zeit entdeckt hat und der durch einen zweiten, kürzeren, der schon länger bekannt war, ergänzt wird.33 Aus den Gemeinsamkeiten der Texte läßt sich der Verlauf der Verhandlungen im Groben rekonstruieren.34 Die Debatten, denen Gespräche des Kaisers mit beiden Gruppen vorausgingen, erstreckten sich über drei Tage. Sie wurden nicht vom Kaiser, der dies ausdrücklich ablehnte (I, § 5), geleitet,35 sondern von Strategius, einem Angehörigen des höchst einflußreichen Geschlechts der Apionen, der den magister officiorum vertrat und es später zum comes sacrarum largitionum bringen sollte.36 Am dritten Tag nahm der Kaiser, der sich an den Abenden immer hatte über den Stand der Gespräche informieren lassen,37 das Gespräch auf, in der Hoffnung, eine kompromißbereite Gruppe vorzufinden, doch blieb die Distanz zwischen den Diskutanten erhalten. Es versteht sich, daß die Verfasser der jeweiligen Texte darüber unterschiedlicher Ansicht sind, welche der beiden Gruppen die stärkeren Argumente vorgetragen habe. Ebenso wenig überrascht es, wenn nur Innocentius zu berichten weiß, daß mit Philoxenus von Doliche sich ein Miaphysit bei diesem Anlaß zum Chalkedonismus bekehrt habe. Wichtig sind für meine Fragestellung die Unterschiede in der Darstellung der Rolle des Strategius und des Kaisers. Innocentius, der Chalkedonier, berichtet über eine an die Orientales, die Miaphysiten, gerichtete Einleitungsrede des Strategius. Darin heißt es, der Kaiser habe das Gespräch einberufen non ex auctoritate principali, sed paterna et sacerdotali compunctione (I, § 8), nicht aufgrund seiner kaiserlichen Autorität, sondern aufgrund seiner väterlichen und priesterlichen Gewissensnot. Der Kaiser will also hier nicht als Herrscher in Erscheinung treten. Allerdings ist sein Anspruch, aus väterlicher und priesterlicher Gewissensnot – gemeint ist natürlich die Ge-
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wissensnot über die Lage der Kirche – ein Religionsgespräch einzuberufen, in gewisser Weise noch höher, da der Kaiser hier nicht zwischen der weltlichen und der kirchlichen Sphäre trennt, sondern sich mit den Priestern in eins setzt,38 wenn er sich mit dem Adjektiv paternus nicht sogar über sie stellt. Strategius selbst berichtet den Gesprächsteilnehmern von der Bekehrung seines eigenen Vaters zum chalkedonischen Glauben – Chalkedon wird ausdrücklich erwähnt – durch die Kaiser39 und setzt damit einen deutlichen Akzent, auch wenn er die Beteiligten zu einem friedlichen Gespräch auffordert,40 wie es der Kaiser schon im Vorgespräch gegenüber den Chalkedoniern getan hatte (I, § 4f.). In den miaphysitischen Quellen bleibt diese Rede unerwähnt; bei ihnen erscheint Strategius indessen als jemand, der verschiedentlich in die Debatten gezogen wird, während er zufolge des Eindrucks, den Innocentius vermittelt, nach seiner Einführungsrede gar nicht mehr eingreift. So lehnt er den Wunsch der Miaphysiten ab, ein Protokoll führen zu lassen, mit der Begründung, er sei dazu nicht befugt (H, § 11). An anderer Stelle kommt Strategius den Miaphysiten entgegen, indem er ihnen die Verlesung eines für die dogmatischen Debatten wichtigen Briefes gestattet (H, § 19). Ganz verschieden wird der dritte Tag geschildert. Laut Innocentius sucht der Kaiser zunächst das Gespräch mit dem Bischof von Konstantinopel, Epiphanios, und mit den Chalkedoniern, wobei – wie anläßlich der Auseinandersetzung mit Zoras – der Senat zugegen ist, an dessen Seite die chalkedonischen Bischöfe sich niederlassen dürfen. Auch jetzt geht es offenbar darum zu zeigen, daß der Kaiser nicht für sich allein stehe, sondern etwas Größeres repräsentiere. Danach lädt Justinian die übrigen Teilnehmer hinzu und spricht mit ihnen, wie Innocentius beteuert, bemerkenswert mild (I, § 80) – obwohl die Sitzverteilung ja schon ein eindeutiges Signal der Zurücksetzung ist. Einmal mehr versucht Justinian, seine theopaschitischen Vorstellungen ins Spiel zu bringen, denen die Chalkedonier unter ausführlichen Qualifizierungen zustimmen (I, § 83-86). Nach Abschluß dieser Gespräche lädt der Kaiser die Chalkedonier erneut in den Palast, um dort zu berichten, daß er im MichaelsOratorium41 für eine Einigung der Kirche gebetet und so Philoxenus gewonnen habe (I, § 87-89). Fortan habe der Kaiser, so schließt Innocentius, durch seine Güte noch viele Miaphysiten, wenn auch keine Bischöfe bekehrt. Das chalkedonische Schreiben endet also mit der Verheißung, daß das Religionsgespräch Grundlagen für ihre weitere Stärkung geschaffen habe. Während in der chalkedonischen Version der Abschlußtag zu einer Feier kaiserlicher Milde wird und der Kaiser als weitgehend zurückhal-
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tend in dogmatischen Fragen erscheint, zeigen die Miaphysiten, die den dritten Tag erheblich ausführlicher, allerdings nicht ohne Unterschiede schildern, Justinian stärker in die Auseinandersetzungen verstrickt. Ihre Berichte atmen das Gefühl der Benachteiligung, andererseits zeichnen sie ein lebendiges Bild vom Kaiser bei seinen Bemühungen, einen Kompromiß zu finden. Der Kaiser versucht, eine Brücke zu bauen, indem er erklärt, daß die Miaphysiten eigentlich rechtgläubig seien und sich lediglich in der Abendmahlsfrage störrisch anstellten (H, § 36). Die Miaphysiten antworten ausweichend. Danach fordert der Kaiser die Miaphysiten auf, sich mit den Bischöfen von Rom, Alexandreia, Antiocheia und Jerusalem in Verbindung zu setzen, um deren Position zu eruieren. Auch dies stößt auf Ablehnung (H, § 38-43). Schließlich fragt der Kaiser enttäuscht, welches Mittel die Bischöfe denn vorschlagen würden, um einen Kompromiß zwischen den vier Patriarchaten zu erreichen, und erhält keine Antwort (H, § 40f.). Als der Kaiser das Verhältnis der Miaphysiten zum Patriarchen von Alexandreia zu eruieren versucht, bricht der Text ab. Der geraffte miaphysitische Text berichtet wie H, daß der Kaiser die Miaphysiten dazu zu bringen sucht, sich mit den vier Patriarchaten in Verbindung zu setzen (S, § 3), ebenso wird erwähnt, daß der Kaiser um einen Vorschlag bittet, den Frieden in den Kirchen zu erreichen (S, § 5). Ansonsten bringt die kürzere Fassung – die möglicherweise dem verlorenen Teil des detaillierten Berichtes entspricht – ganz andere Aspekte. So versucht der Kaiser hier, den Bischöfen die Zusage abzugewinnen, daß sie keine Weihen oder Taufen außerhalb ihres Kreises vornehmen würden; doch diesem Ansinnen entziehen sie sich.42 Justinian macht noch einen sehr weitgehenden Kompromißvorschlag, nämlich das Konzil von Chalkedon insofern zu akzeptieren, als es Eutyches verurteilt habe43 – womit er zwar im Geist seiner bereits referierten Gesetzgebung weiterdenkt, doch mit dem großen Unterschied, daß jetzt der Begriff „Chalkedon“ auftaucht. Wieder verweigern sich die Bischöfe. Als der Herrscher auf eine persönliche Unterredung mit ihrem Oberhaupt Severus drängt, behaupten die Bischöfe, sie würden seinen Aufenthaltsort nicht kennen (S, § 4). Zwar wird der Ton zeitweise gereizter; der Kaiser droht mit Verbannung, doch geht das Motiv in der weiteren Debatte unter. Wie die Diskutanten auseinandergehen, wird nicht mehr berichtet. Gemeinsam ist beiden miaphysitischen Texten, daß die Miaphysiten sich auf Argumentationen nicht einlassen, sondern den kaiserlichen Wünschen mit formalen Einwänden – sie wüßten bestimmte Dinge nicht, sie könnten anderes nicht entscheiden etc. – entgegentreten. Zwar wird deutlich, daß die Miaphysiten sich benachteiligt fühlen, doch ein
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hartnäckiges Bemühen des Kaisers um einen Kompromiß wird ebenfalls sichtbar. Es ist schwer zu entscheiden, welcher Quelle im Einzelnen zu folgen ist – ich neige insgesamt mehr den allem Anschein nach weniger stilisierten, die eigenen Vertreter nicht immer in ein vorteilhaftes Licht rückenden miaphysitischen Texten zu, die trotz ihres polemischen Untertons ein stimmiges Bild des kaiserlichen Verhaltens bieten –, doch ist eines klar, und das sei noch einmal betont: Der Kaiser ist selbst in der miaphysitischen Version, die ihn natürlich als Freund der Chalkedonier zeichnet, nicht das dogmatische Rauhbein, als welches er später erscheint. Er ist vielmehr jemand, der es zu vermeiden sucht, in die inhaltlichen Debatten hineingezogen zu werden. Justinian gerät auch nicht in Erregung über das Verhalten der Miaphysiten, das durch Starrheit und Ausweichmanöver gekennzeichnet ist. Er verzichtet darauf, die kaiserliche Macht auszuspielen; die typische Untugend des Herrschers, die Neigung zum Zorn, bricht nicht durch. Offenbar gebärdete Justinian sich, diesen Schluß erlauben beide Versionen, nach wie vor als der Kaiser, der bereit war, alle anzuhören. Allerdings nahm er anscheinend für sich in Anspruch, in einer Nahbeziehung zu Gott zu stehen, wie sein Gebet im Michaels-Oratorium verdeutlicht und letztlich auch die Motivation der Einladung zum Gespräch. Vergleicht man den Verlauf dieses Religionsgesprächs mit dem eines anderen, nämlich jenem von Konstantinopel 383, zu dem Theodosius der Große geladen hatte,44 so werden bemerkenswerte Unterschiede deutlich. Theodosius hatte laut dem Kirchenhistoriker Sokrates aufgrund des Rats eines Novatianers das Verfahren vorgegeben, indem er die Teilnehmer aufforderte, auf der Grundlage der Väter eine Debatte zu führen, wobei er offenbar anwesend blieb. Nachdem auf diese Weise eine zielführende Debatte nicht zustande gekommen war, hatte er von allen teilnehmenden Gruppen Glaubensbekenntnisse eingefordert, sich zurückgezogen und war die Texte unter Gebet durchgegangen. Schließlich verlieh Gott ihm die Erkenntnis, daß das Nizänische Bekenntnis das richtige sei. Justinian war da weitaus zurückhaltender. Weder griff er so massiv in das Verfahren ein, noch hatte er sich Glaubensbekenntnisse vorlegen lassen, geschweige denn, daß er kraft eigenen Glaubens darüber entschieden hätte; er beschränkte sich vielmehr auf einige Kompromißvorschläge. Auch wenn Justinian die persönliche Nähe Gottes gesucht hatte45 – wie sie ja jedem Christen offensteht –, so hatte er lediglich für die Einigung unter den Gesprächsteilnehmern gebetet. Falls Justinian von dem Religionsgespräch unter Leitung des Theodosius wußte, muß es ihm zu denken gegeben haben, daß das Projekt 150 Jahre zuvor gelun-
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gen war, so daß seither die Gegner von Nizäa im theodosianischen Reich keine Gefahr mehr darstellten – während sein Religionsgespräch in einen Fehlschlag mündete. Das Scheitern des Religionsgesprächs von Konstantinopel 532 führte zu keinen rabiaten Aktivitäten Justinians, doch erließ er 533 an die Bewohner Konstantinopels und einer Reihe anderer Städte, nicht aber Alexandreias, eine Konstitution, in der er sich unter Berufung auf die Lehre der Kirche und ihrer Priester eindeutig gegen Nestorius und Eutyches wie auch Apollinaris wandte, bei der positiven Formulierung des Glaubens jedoch weiterhin auf alle Formeln verzichtete, welche die Miaphysiten provozieren konnten, während er die theopaschitische Formel bestätigte.46 Allerdings verwies er in zeitgleichen Schreiben an den Patriarchen von Konstantinopel Euphemios und an Papst Johannes II. von Rom auch einmal auf die vier Konzilien, womit die Miaphysiten nicht einverstanden sein konnten.47 Eine Abweichung vom bisherigen Kurs bedeutet das indes nicht, weil ja schon auf dem Religionsgespräch des Jahres 532 Justinian die inhaltlich entleerte Akzeptierung von Chalkedon angeboten hatte. Beide Schreiben wurden übrigens in den Codex Iustinianus aufgenommen, so daß man nicht unterstellen darf, der Kaiser habe ein doppeltes Spiel getrieben. Von einer schweren, systematischen Bedrängung der Miaphysiten kann auch in diesen Jahren keinesfalls die Rede sein; der Kaiser wurde zwar aktiver, aber er schlug die Tür nicht vor ihnen zu.48 Weitaus härter griff er die Akoimeten an, Mönche, die eine besonders radikale, den Theopaschismus verwerfende Deutung des Chalkedonismus vertraten und die versucht hatten, den Papst gegen Justinian in Stellung zu bringen.49 Zu einem Ausgleich gelangte Justinian mit dem wichtigsten Exponenten der chalkedonischen Gegenseite, Papst Johannes II., denn dieser konnte sich wenigstens zu einer indirekten Anerkennung der theopaschitischen Formel in einer leicht umakzentuierten Gestalt und einer Abkehr von den Akoimeten verstehen.50 In den Kirchen Konstantinopels sollte ferner künftig auf kaiserliche Anordnung ein Hymnos gesungen werden, der eine theopaschitische Wendung enthielt und der auch den Severianern genehm war.51 Damit hatte das chalkedonische Lager eine größere Geschlossenheit gewonnen, ohne sich zu deutlich gegenüber den Miaphysiten abzugrenzen. Etwas anderes trat alsbald in den Vordergrund. Im November 533 war es bei einem Erdbeben in Konstantinopel zu einem Massenauflauf von protestierenden Gegnern des Chalcedonense gekommen,52 was man als Indiz ihrer Stärke nehmen konnte. Vor allem aber wartete man darauf, daß Severus nach Konstantinopel komme. Es bestand die Chance, daß
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der Kaiser selbst mit dem wichtigsten Miaphysiten spreche, wie er es ja ausdrücklich wünschte. Als der abgesetzte Bischof von Antiocheia 535 endlich eintraf,53 wurde er vom Kaiser mit allen Ehren empfangen und scheint ihn nachhaltig beeindruckt zu haben. Schon dies muß die Chalkedonier irritiert haben. Überdies gelangte 535 mit Theodosios ein Freund des Severus dank massiver Unterstützung vom Hof auf den Bischofstuhl von Alexandreia – allerdings war sein Konkurrent ebenfalls ein Miaphysit aus der Richtung der Julianisten; ein Chalkedonier spielte bei den Auseinandersetzungen keine Rolle. Vor allem aber bestieg, ebenfalls 535, Anthimos den Bischofsstuhl von Konstantinopel, der sich als unsicherer Kantonist erwies. Zuvor hatte er als Bischof von Trapezunt an dem Religionsgespräch von 532 auf der Seite der Chalkedonier teilgenommen, jetzt erweckte er jedoch den Eindruck, er sei ein Severianer. Die Waage schien sich zu Ungunsten der Chalkedonier zu neigen. Da trat Anfang 536 unversehens ein dritter kirchlicher Akteur auf den Plan, Agapet, der neue Bischof von Rom, ein entschiedener Anhänger Chalkedons, der vom ostgotischen König Theodahat in diplomatischer Mission in den Osten geschickt worden war. Er sollte – die Vorbereitungen zum Gotenkrieg waren im Gange – darum bitten, daß die kaiserlichen Truppen, die Italien bedrohten, abgezogen würden. Mit diesem Anliegen, das er möglicherweise auch gar nicht offensiv vertreten hat, drang er nicht durch; mit einem anderen erzielte er dafür einen um so größeren Erfolg:54 Agapet, der schon zuvor wegen kirchenorganisatorischer Fragen mit Justinian in Streit geraten war, war von Mönchen, zu denen viele strenge Chalkedonier zählten, über die kirchenpolitischen Zustände in der Hauptstadt unterrichtet worden. Da gab es ja nach wie vor Zoras mit seiner Anhängerschaft,55 und da gab es eben einen Bischof, dessen Bekenntnis zu Chalkedon nicht eindeutig schien. Agapet trug dies dem Kaiser vor, der daraufhin die Absetzung des Konstantinopolitaner Patriarchen verfügte; dies wurde, durchaus nachvollziehbar, damit begründet, daß Anthimos durch die Translation von einem Bischofssitz auf den anderen und somit in unkanonischer Weise zum Amt bestellt worden war.56 Eine dogmatische Frage verknüpfte sich mit einer kirchenrechtlichen, und Agapet scheint dies genutzt zu haben. Agapet inszenierte sich bei dieser Gelegenheit, wenn man dem Liber pontificalis, der in dieser Passage eine zeitnahe, allerdings westliche, von Sympathie für Agapet erfüllte Quelle repräsentiert,57 trauen darf, in ähnlicher Weise, wie wir es bei Zoras gesehen hatten: Er zeigte Parrhesie und beschimpfte den Kaiser nach Kräften, ja, er ging so weit, daß er diesen als neuen Diokletian bezeichnete.
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Ein schlechter Kaiser hätte angesichts solcher Anwürfe mit Zorn reagiert, aber Justinian tat dies genauso wenig wie im Falle des Zoras. Bemerkenswert ist, was der Liber pontificalis über dieses Ereignis schreibt: Tunc piissimus Augustus gaudio repletus humiliavit se sedi apostolice et prostravit ante papam Agapetum. „Da demütigte sich der tieffromme Kaiser, von Freude erfüllt, vor dem apostolischen Sitz und warf sich vor dem Papst Agapet nieder.“ Was hier geschildert oder wenigstens imaginiert wird, ist eine Facette des Justinian-Bildes, die man nicht unbeachtet lassen sollte: Man traute dem Kaiser zu, sich ähnlich zu erniedrigen, wie es Theodosius vor Ambrosius getan hatte58 – daß nicht jeder es ihm zutraute, zeigt sich darin, daß die Handschriften auch die vagere Lesart adoravit statt prostravit anbieten; das humiliavit aber ist textkritisch gesichert. Der Kaiser hätte somit, ganz gleich, wie man die Lesung auffaßt, seinen Richtungswechsel in Konstantinopel damit motiviert, daß er von einem geeigneten Mann, eben Agapet, belehrt worden wäre. Das war nach christlicher Auffassung untadelig. Allerdings geht aus späteren Bemerkungen Justinians hervor, daß er durchaus noch Anthimos zur Umkehr zu bewegen versucht hatte,59 daß die Entscheidung also keineswegs schlagartig erfolgte.60 Welches Ansehen Agapet dennoch genoß, zeigen Glaubensschriften Justinians und des Patriarchen Menas, des Nachfolgers von Anthimos, die Agapet vorgelegt wurden, der im übrigen in seiner zustimmenden, auch die Zugeständnisse des Johannes im wesentlichen bestätigenden Antwort kühl hervorhob, daß einem Laien keine Lehrautorität zustehe.61 Ein solcher Triumph, wie ihn Agapet erzielt hatte, mußte unter Chalkedoniern als Ausdruck überlegener Heiligkeit gewertet werden. Ps.-Zacharias Rhetor indes, der Miaphysit, schreibt den Erfolg der Tatsache zu, daß Agapet wie Justinian lateinischsprachig gewesen sei, außerdem habe Justinian ihn aufgrund der Bedeutung Italiens begünstigt.62 Das ist angesichts der kriegerischen Entwicklungen sicherlich nicht von der Hand zu weisen, wäre aber doch zu kurz gegriffen, zumal Justinian auch in kritischen Situationen seiner Italienpolitik keine Scheu hatte, hart gegen Päpste vorzugehen.63 Man sollte eine personalisierende Interpretation nicht von vornherein ausschließen: Offenbar war Justinian von der Gestalt des Papstes nachhaltig beeindruckt – andererseits hatte Anthimos stillschweigende Übereinkünfte mit Severus und Theodosios I., dem Patriarchen von Alexandreia, getroffen,64 so daß Justinian allen Grund hatte, diesem Personenkreis zu mißtrauen. Alles schien nach dieser Begegnung auf eine ideale Beziehung zwischen Kaiser und Papst hinauszulaufen, da geschah etwas Unvorhersehbares: Agapet starb am 22. April 536. Hier hatten die Zeitgenossen gewissermaßen die Nagelprobe für das Wirken des Heiligen Mannes vor
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sich. Der rasche Tod eines Beteiligten in einer entscheidenden Phase stellte die Wahrhaftigkeit seiner Lehren evident in Frage. Die Gefolgsleute des Zoras wußten zu berichten, daß ihr Held Agapet für seine lasterhaften Äußerungen eine mehrere Meter lange Zunge in den Hals gebetet habe, an der er erstickt sei.65 Rasches Handeln war angesichts solcher Trimphgefühle gefordert. Die Anhänger Agapets ließen sich in der Tat nicht lähmen, sie drangen auf ein Konzil der in Konstantinopel präsenten Bischöfe, auf eine Endemousa. Die vereinigten Mönche Konstantinopels sowie Vertreter vor allem palästinischer Klöster, die einen Stützpfeiler des Chalkedonismus bildeten und von deren Brüdern eine nicht geringe Zahl in der Hauptstadt lebte,66 setzten sich an die Spitze dieser Bewegung. Wieder sind wir über die Versammlung recht gut unterrichtet, da Protokolle und Dokumente des Konzils vorliegen.67 Der Kaiser hatte es einberufen, der noch von Agapet geweihte Nachfolger des Anthimos, Menas, stand ihm als Ortsbischof vor. Eröffnet wurde es bereits am 2. Mai 536, wenige Wochen nach Agapets Tod. Man bemühte sich um formale Korrektheit: Die Mönche fragten eigens, ob sie eintreten dürften, ebenso der Vertreter der Politik, der Referendar Theodoros (§ 57), der erläuterte, daß der Kaiser eben auf Bitten der Mönche das Konzil einberufen habe, und das entsprechende Schreiben verlesen ließ:68 Der Brief berichtet nach langen Bekundungen der Loyalität, wie zu erwarten, daß Anthimos zu Unrecht Bischof geworden sei und Unfrieden gestiftet habe. Dann folgt eine bemerkenswerte Beschreibung der kaiserlichen Rolle: Er hätte natürlich die Häretiker vertreiben können, erklären die Mönche, doch habe er es vorgezogen, den kanonisch korrekten Weg zu gehen und den Priestern zu gehorchen, zumal dem Urteil des Bischofs von Rom. Da habe Gott Agapet nach Konstantinopel entsandt.69 Dieser habe, von den Mönchen über die schlimmen Zustände informiert, das Gespräch mit Anthimos verweigert. Überdies hätten andere Bischöfe und Mönche den Kaiser um die Bekehrung der Häretiker oder ihre Vertreibung aus Kirche und Stadt ersucht (Z. 21ff.). Diesen ganz berechtigten Bitten sei Agapet zuvorgekommen, indem er die Häretiker abgesetzt habe und die Bitte der Mönche an den Kaiser, das zu Ende zu führen, was die Mönche erbeten hätten, weitergeleitet habe (Z. 36ff.). Nach der Darstellung des Briefes der Mönche, der, wie gesagt, an den Kaiser gerichtet und von ihm weitergeleitet worden war und daher gewiß nicht das Ziel haben konnte, den Kaiser als Schwächling dastehen zu lassen, ist eindeutig Agapet der Motor der Geschehnisse. Agapet ergreift die Initiative, der Kaiser folgt ihm. Das Handeln des Papstes
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zwang demnach den Kaiser zu einer Reaktion. Offenbar erwartete man, daß Justinian diese Deutung teile, und das erscheint auch nach dem, was wir gesehen haben, durchaus plausibel: Der Kaiser hatte bislang stets seinen Respekt vor religiösen Instanzen demonstriert, er hatte sie um ihren Rat ersucht – was innerhalb seiner bisherigen Politik konsistent war. Im zweiten Teil des Briefes wird kurz der Tod Agapets erwähnt (S. 133, 1-3); der Kaiser solle jetzt, da Agapet Gott näher sei, seine Maßnahmen zur Vollendung führen, dann werde Gott ihm alle Feinde unterwerfen und ihn im Himmel vielfach belohnen. Man könnte diese Konzilsdokumente als Belege für die politische Schwäche des Kaisers lesen, doch sind sie offenbar Spiegel kaiserlichen Wollens. Er war demnach, wie sich erneut zeigt, nicht bestrebt, als derjenige zu erscheinen, der sich in kirchlichen Belangen kraft eigener Gewalt durchzusetzen vermochte. Dementsprechend war die Kirchenversammlung umgekehrt nicht zuletzt eine Inszenierung von Loyalität gegenüber dem Kaiser, dessen Rechtgläubigkeit und guter Wille allenthalben hervorgehoben wurde. Allerdings blieb als eine Peinlichkeit bestehen, daß es nicht gelang, des abgesetzten Anthimos habhaft zu werden, der den Vorladungen keine Folge geleistet hatte,70 daß also in diesem Punkte die Grenzen der Macht des Kaisers in der Hauptstadt sichtbar wurden. Die Beschlüsse als solche entsprachen den Vorstellungen Agapets und nunmehr wohl auch des Kaisers. Anthimos, Severus und andere Miaphysiten wurden als häretisch gebrandmarkt. Der Kaiser sanktionierte diese Beschlüsse am 25. Juli 536 mit der Novelle 42, wobei er im Proömium ausdrücklich erklärt, daß er sich dem Votum der Priester anschließe;71 mit dieser Novelle bekannte der Kaiser sich überdies ausdrücklich zu Chalkedon und verbannte eine Reihe von Miaphysiten – darunter übrigens auch, namentlich genannt, Zoras72 – aus Konstantinopel und überhaupt den bedeutenderen Städten. Auch in den nächsten Jahren setzte er sie mit Härte und relativ großer Konsequenz durch. Die Miaphysiten wurden aus der Öffentlichkeit gedrängt.73 Es wäre unangemessen, hier mit Eduard Schwartz von einem Triumph des Kaisers zu sprechen.74 Er hatte zwar jetzt für sich eine Lösung gefunden, doch der integrative Ansatz, den er fast zehn Jahre lang erprobt hatte, war gescheitert. Es war kein langgehegter Plan des Kaisers, ein bestimmtes Dogma zu etablieren, der hier durchgesetzt wurde. Offenbar hatte er vielmehr nach seinen langen Bemühungen den Eindruck gewonnen, daß letztlich eine klare Positionsbestimmung die Grundlage des Erfolges sei, und mochte sich durch das Charisma Agapets einerseits,
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die Tricksereien von Anthimos und seinen Freunden andererseits bestätigt fühlen. Diese Politik exekutierte er fortan mit zunehmender Härte. Es hat sich gezeigt, daß die ersten neun Jahre der justinanischen Religionspolitik im Zeichen der Kontinuität stehen. Von Anfang an zielte der Kaiser darauf, die Miaphysiten einzubinden und damit auf ihr Erstarken zu reagieren, nicht so sehr darauf, das eigene Bekenntnis in aller Schärfe zu verbreiten, zumal dies in den Provinzen ohnehin kaum möglich war. Der aggressive Tonfall der antihäretischen Gesetze täuscht, denn er richtet sich gar nicht gegen die Miaphysiten, sondern gegen gemeinsame theologische Gegner. Sie gehören in den Kontext anderer Gesetze, die gegen Gruppen wie die Heiden oder Samaritaner gerichtet sind. Die Identifizierung gemeinsamer Feinde sollte wohl eine gemeinsame Identität begründen. Kontinuität bestand auch darin, mit welchem Habitus der Kaiser seine Religionspolitik praktizierte. Zwar spürte er offenbar, und das entsprach nun einmal der kaiserlichen Rolle, die Verpflichtung, sich für den wahren Glauben einzusetzen, zwar hatte er ohne Zweifel auch bestimmte Vorstellungen davon, wie der wahre Glaube aussehe – das Konzil von Chalkedon war für ihn wenigstens formal nicht antastbar, die theopaschitische Formel vertrat er mit Konsequenz –, doch besaß er eine prinzipielle, zumindest zur Schau getragene Bereitschaft, sich belehren zu lassen. Hierin wird eine gewisse Widersprüchlichkeit in der Rolle des christlichen Kaisers sichtbar: Er mußte den wahren Glauben vertreten, aber er war, jedenfalls für ernsthafte Theologen, nicht derjenige, der den wahren Glauben von sich aus zu erkennen vermochte. Die Rolle dessen, der sich belehren läßt, nahm Justinian so ernst, daß er bei religiösen Konflikten stets als der zuhörende, zur Buße bereite und nicht zornmütige Herrscher auftrat;75 selbst im Falle des Zoras, der die Miaphysiten in provozierender Weise vertrat und dessen Begegnung mit dem Herrscher selbst durch eine feindselige Quelle in dieser Weise geschildert wird. Justinians Milde ging so weit, daß sie auf der Synode von 536 sogar sanft getadelt wurde.76 Was sich wandelte, waren die Methoden. Schien es Justinian zunächst ausreichend, die gemeinsamen Feinde zu identifizieren, so zeigt das Religionsgespräch von 532, daß er nunmehr zu inhaltlichen Aussagen gelangen wollte. Doch all das scheiterte; es befriedete die Verhältnisse nicht. Erst die Begegnung mit Agapet und der Betrug der Miaphysiten scheint einen Bruch bewirkt zu haben, und es mußte der Eindruck entstehen, daß die Endemousa 536 schließlich zu einem klaren Ergebnis geführt hatte. Wurden nicht Unruhestifter wie Zoras vertrieben? Hatte
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der Kaiser sich nicht klar auf die Seite der Chalkedonier gestellt? Hatte der Kaiser nicht zu einem klaren Bekenntnis gefunden? Tatsächlich wurde die Synode von 536 zeitweise in eine Reihe mit den vier großen, Ökumenischen Konzilien gestellt, tatsächlich agierte Justinian nun ungleich selbstbewußter als zuvor: Das Mönchtum wurde diszipliniert, Papst Vigilius merklich härter angefaßt als seine Vorgänger, in Alexandreia ein konsequent chalkedonischer Kurs gesteuert. War damit die Religionspolitik Justinians zu einem Zielpunkt gelangt? Für einige Jahre mochte es so scheinen, doch der Eindruck verflüchtigte sich bald, nicht nur weil der Versuch, in Alexandreia Ruhe zu schaffen, scheiterte. Seit den vierziger Jahren griff Justinian verstärkt mit theologischen Argumenten in die Kirchenpolitik ein.77 Einen ersten Höhepunkt erreicht dies im origenistischen Streit.78 In dem 542/3 publizierten Edikt gegen die Origenisten forderte er etwa, nachdem er sich eingehend zu theologischen Problemen geäußert hat, die Einberufung einer Endemousa, um diese Fragen entsprechend zu behandeln;79 anders als in der Novelle 42, mit der er auf das Konzil von 536 reagierte, erklärte er hier nicht, daß er sich dem Votum der kirchlichen Autoritäten anschließe. Vielmehr nahm er die Lehrautorität eines Laien in Anspruch, die der verehrte Agapet ausdrücklich abgelehnt hatte.80 Es war nicht mehr eine kurze Kompromißformel wie die theopaschitische, um die es hier ging, sondern eine ausführliche theologische Erörterung. Von einem völligen Wandel der Politik Justinians ist indes auch für die spätere Epoche nicht auszugehen. Das Beharren auf der theopaschitischen Formel in den Anfängen Justinians zeigt, auch wenn die Wendungen Kompromißcharakter hatten, daß der Kaiser an bestimmten Überzeugungen festhielt; umgekehrt lassen sich auch in der späteren Zeit immer wieder Versuche des Kaisers beobachten, mit Vertretern anderer Richtungen ins Gespräch zu kommen; immer wieder ließ er sich offenkundig auch von einzelnen Christen beeindrucken, selbst wenn er ihren Lehren ablehnend gegenüberstand.81 Doch eine religiöse Integration führte er nicht herbei; vielmehr bildete sich gerade unter seiner Herrschaft eine eigene miaphysitische Kirche heraus. Noch seine Hinwendung zum Aphthartodoketismus am Ende seines Lebens mag ein Versuch gewesen sein, Chalkedonier und Miaphysiten aneinander anzunähern. Eben dadurch aber isolierte der Kaiser sich vollends, der nunmehr auch bei den Chalkedoniern als Häretiker galt.
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Für Hilfe danke ich insbes. M. Keßler (Frankfurt/Main), A. Luther (Berlin) und M. Meier (Tübingen). Vgl. dazu W. H. C. Frend, The Monks and the Survival of the East Roman Empire in the Fifth Century, P&P 54, 1972, 3-24, hier: 20f. J. A. S. Evans, The Age of Justinian. The Circumstances of Imperial Power. London/New York 1996, 111 bringt die Ankunft des Zoras in Konstantinopel ohne Begründung mit der Ankunft des Severus dort 534/5 in Zusammenhang; S. Ashbrook Harvey, Asceticism and Society in Crisis. John of Ephesus and The Lives of the Eastern Saints. Berkeley/Los Angeles/London 1990, 84 denkt an 535. Hg. und übers. von E. W. Brooks, PO 17-19. Paris 1923-1925. Beat. Or. 2 ist die Vita des Zoras. Ein vergleichbarer Fall ist Berenicianus, s. Ps. Zach. Rhet. 8, 5. Zu Zoras vor allem Ashbrook Harvey, John of Ephesus (wie Anm. 1), 44 f. Ehrenvoller war indes der Empfang des chalkedonischen Sabas, dem Wagen und Bischöfe entgegengesandt wurden, s. Cyr. Scyth. V. Sabae 71. Daß dies versöhnlich geschehen sei, glaubt nicht jeder: Das entsprechende Wort in der syrischen Quelle (mschin’iș) wird vom Übersetzer Brooks (wie Anm. 2), der es mit „gently“ wiedergibt, angezweifelt: „There is perhaps some error here. If it is right, the intention must be to charge the Chalcedonians with lukewarmness.“ (23 Anm. 1). Johannes bezieht sich auf 1. Reg. 22, 31. Das Zitat paßt nach modernen Kriterien nicht ganz, denn es handelt sich um das Gebot des syrischen Königs an den Obersten der Streitwagen, der nur gegen den König Israels, Ahab, kämpfen soll. Wie weit die Szene stilisiert ist, zeigt sich schon daran, daß Zoras für das Griechische eigentlich eines Dolmetschers bedurfte (s. Joh. Eph. Beat. Or. 44 [PO 18, 663]), ein direkter Schlagabtausch zwischen Kaiser und Mönch also nicht möglich war. Möglicherweise wird diese Nachricht von Prokop bestätigt: H. A. 12, 23, wo lediglich von einer gewaltigen Schwellung die Rede ist, aber nicht von Zoras. Ashbrook Harvey, John of Ephesus (wie Anm. 1), 180 Anm. 171 möchte die eingehender erzählte Episode Proc. Aed. 1, 6, 5 darauf beziehen. Doch ist das Krankheitsbild, das in den Aedificia blaß bleibt, in den Anekdota dem näher, was bei Johannes von Ephesos geschildert wird. Beat. Or. 2, PO 17, 25f. Daß ein Mönch einer anderen Glaubensrichtung vom Kaiser mit Freundlichkeit empfangen werden konnte, zeigt auch die Begegnung zwischen Anastasius und dem Chalkedonier Sabas, s. Cyr. Scyth. V. Sab. 51, wo der Kaiser als ̧̨̱̥̫ң̩̝̲̫̭ bezeichnet wird, oder unter Justin I.: Paul von Elusa, Encomium de Sancto Theognio 21, hg. von S. Vailhé, AB 10, 1891, 78-113. Vgl. aber zur Zugänglichkeit des Kaisers Proc. H. A. 13, 1-3; 15, 12. Grundlegend nach wie vor E. Stein, Histoire du Bas-Empire. Paris/Brüssel 1949, Bd. 2, 369ff.; vgl. ferner R. Haacke, Die kaiserliche Politik in den Auseinandersetzungen um Chalkedon (451-553), in: A. Grillmeier/H. Bacht
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(Hgg.), Das Konzil von Chalkedon. Geschichte und Gegenwart, Bd. 2: Entscheidung um Chalkedon. Würzburg 31974, 95-177, hier: 152 ff.; J. Meyendorff, Imperial Unity and Christian Divisions. Crestwood 1989, 207ff.; immer noch nützlich H. S. Alivisatos, Die kirchliche Gesetzgebung des Kaisers Justinian I. (Neue Studien zur Geschichte der Theologie und der Kirche 17). Berlin 1913; W. H. C. Frend, The Rise of the Monophysite Movement. Chapters in the History of the Church in the Fifth and Sixth Centuries. Cambridge 1972, 255ff.; vgl. O. Mazal, Justinian I. und seine Zeit. Geschichte und Kultur des Byzantinischen Reiches im 6. Jahrhundert. Köln u. a. 2001, 203ff. E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians, SBAW 1940, Nr. 2, 32-81, hier: 32; auch in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 4. Berlin 1960, 276-326, hier: 276; grundlegend auch ders., Kyrillos von Skythopolis (Texte und Untersuchungen 49, 2). Leipzig 1939; dort ist 395 von der „unsicher schwankenden Passivität des Kaisers“ die Rede. S. zum Bild des Zickzackkurses die Belegsammlung bei M. Meier, Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr. (Hypomnemata. Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben 147). Göttingen 2003, 274 Anm. 215, der sich seinerseits davon distanziert. K. H. Uthemann, Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe, Augustinianum 39, 1999, 5-83, hier: 46f. Der Aufsatz bietet eine sorgsam aufbereitete Darstellung der Stationen von Justinians Kirchenpolitik mit ausführlichen Literaturhinweisen; weniger nuanciert ist P. T. Gray, The Defense of Chalcedon in the East (451 – 553). Leiden u.a. 1979, 53ff.; seine Position ist zusammengefaßt in „The Legacy of Chalcedon. Christological Problems and their Significance“, in: M. Maas (Hg.), The Cambridge Companion to the Age of Justinian. Cambridge 2005, 215-238. Gray schlägt vor, von AntiChalkedoniern zu sprechen; das aber würde auch Dyophysiten bzw. Nestorianer einschließen. In manchem ergeben sich Berührungspunkte zu K. L. Noethlichs, Iustinianus (Kaiser), RAC 19, 1999, 668-763, hier 689. Meyendorff, Imperial Unity (wie Anm. 9), insbes. 246, wendet sich zwar auch gegen das Bild vom „Zickzack“, indem er die konsequent chalkedonische Orientierung Justinians herauszuheben versucht, beurteilt aber sein Verhältnis zu den Miaphysiten ganz anders, als es hier getan wird. Üblicherweise sieht man 531 einen Bruch oder jedenfalls Wandel, s. z. B. Schwartz, Kirchenpolitik Justinians (wie Anm. 10), 39-284; J. Speigl, Die Synode von 536 in Konstantinopel, OS 43, 1994, 105-153, hier: 108f., der 108 von einer „Wiedervereinigungspolitik seit 531“ spricht. Meier, Zeitalter Justinians (wie Anm. 10), 278, der in den 30er Jahren lediglich eine „kurzfristige Gesprächsbereitschaft“ erkennt oder 288 eine dauerhaft antimonophysitische Politik erkennt. Zu ihnen A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. II 2: Die Kirchen in Konstantinopel im 6. Jahrhundert. Freiburg u.a. 22004, 338ff.; J. Speigl, Formula Iustiniani. Kircheneinigung mit kaiserlichen Glau-
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bensbekenntnissen (Codex Iustinianus I 1, 5-8), OS 44, 1995, 105-134, hier 106ff. Meier, Zeitalter Justinians (wie Anm. 10), 215ff. betrachtet die Formel als ungeeignet für eine Kompromißfindung, urteilt aber dabei möglicherweise zu sehr ex eventu, da sie in der Tat die Einheit nicht herbeiführte. Doch das war in den ersten Regierungsjahren nicht absehbar. CJ 1, 5, 12; 1, 5, 12, 17 trifft eine Sonderregelung für arianische Goten. A. A. Vasiliev, Justin the First. An Introduction to the Epoch of Justinian the Great (DOP Studies 1). Cambridge/Mass. 1950, 132ff., insbes. 221ff. Vgl. M. Maas, Roman History and Christian Ideology in Justinianic Reform Legislation, DOP 40, 1986, 17-31, hier: 25; Speigl, OS 43, 1994 (wie Anm. 13), 111ff.; Meier, Zeitalter Justinians (wie Anm. 10), 200. CJ 1, 1, 5; die Formulierungen sind weitaus vager als im Henotikon Zenos (Evagr. H. E. 3, 14; anders Haacke, Chalkedon [wie Anm. 9], 154). Die Datierung – gewöhnlich wird 527 angegeben – ist nicht ganz gesichert; als Teil des Codex Iustinianus muß der Text aus den Anfängen der Regierung stammen; CJ 1, 1, 6, 3 verweist offenbar darauf zurück. Ohne Begründung datiert Mazal, Justinian (wie Anm. 9), 205 den Text auf 533 und meint daher, daß Justinian zu Beginn seiner Regierungszeit anti-miaphysitisch gesonnen gewesen sei. Zu der theologischen Offenheit vgl. Noethlichs, Iustinianus (wie Anm. 12), 689, der die Nähe zu den Debatten des Konzils von Ephesos hervorhebt; zu Theodosius I. vgl. H. Leppin, Theodosius der Große – Auf dem Weg zum christlichen Imperium. Darmstadt 2003, 68ff. § 1. Anders akzentuiert bei Grillmeier, Jesus der Christus (wie Anm. 14), 355. Möglicherweise ist auf diese Passage die Äußerung Vict. Tun. s. a. 529 (MGH AA XI, 197) zu beziehen, der seiner Grundhaltung gemäß hier Theodora am Werke und Verfolgungsmaßnahmen eingeleitet sieht. Das muß auch Speigl, OS 43, 1994 (wie Anm. 13), 113 anerkennen, obwohl er bemüht ist, dem Text ein klares Bekenntnis Justinians zu entlocken. Nov. Iust. 109 pr.; vgl. 115, 3, 14 (542), wo ausdrücklich von den Akephalen, eine verbreitete Bezeichnung für die Miaphysiten, die Rede ist, und zwar in Ergänzung von CJ 1, 5, 19 von 529. Vgl. Stein, Histoire II (wie Anm. 9), 230ff.; Haacke, Chalkedon (wie Anm. 9), 141ff. CJ 1, 5, 12 (dafür, daß es noch in der Zeit der gemeinsamen Herrschaft erlassen worden ist, spricht CJ 1, 5, 18, 4); auch die anderen antihäretischen Bestimmungen haben zunächst keinen spezifisch anti-miaphysitischen Akzent, s. CJ 1, 5, 13-22; Nov. Iust. 11, 5; 17, 11; 37, 5-1, s. den Überblick bei Alivisatos, Justinian (wie Anm. 9), 32ff. Vgl. dazu Meier, Zeitalter Justinians (wie Anm. 10), 203ff., der zu Recht betont, daß mit diesen Verfolgungen auch politische Zwecke erfüllt werden sollten; vgl. Theoph. a. m. 6022; Mal. 18, 42 Thurn; Proc. H. A. 11, 31f. Vgl. dazu Al. Cameron, The Last Days of the Academy at Athens, PCPhS n. s. 195, 1969, 7-29; R. Thiel, Simplikios und das Ende der neuplatonischen Schule in Athen (AAWM 1999, Nr. 8). Stuttgart 1999; Meier, Zeitalter Justinians (wie Anm. 10), 207ff.
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Cyr. Scyth. V. Sab. 71. Der Heruler Grepes bzw. Gretes (PLRE IIIA, 555) sowie der Hunne Grod (PLRE IIIA, 557 f.); vgl. zum komplexen Zusammenhang zwischen äußerer Politik und Religionspolitik K. L. Noethlichs, Quid possit antiquitas nostris legibus abrogare? Politische Propaganda und praktische Politik bei Justinian I. im Lichte der kaiserzeitlichen Gesetzgebung und der antiken Historiographie, ZAC 4, 2000, 116-132, hier: 126. Mal. 18, 64 Thurn; bei Joh. Eph. Beat. Or. werden verschiedentlich (21 [PO 17, 293f.]; 35 [PO 18, 620f.]; 58 [PO 19, 224]; vgl. 24 [PO 18, 522f.]; 50 [PO 19, 153]) ausdrücklich Kirchenleute, zumal Ephraim von Antiocheia, nicht aber Justinian verantwortlich gemacht. Das läßt sich nicht allein aus der prinzipiell loyalen Haltung des Autors gegenüber dem Kaisertum erklären, da er bisweilen – etwa im Kontext der Vita des Zoras – auch Kritik am Kaiser übt. Zach. Rhet. H. E. 8, 5; vgl. 8, 4; 9, 15; vgl. Joh. Eph. Beat. Or. 35 (PO 18, 619 f.), der von einer Erlaubnis spricht, in das alte Kloster zurückzukehren. Vgl. etwa Schwartz, Kyrillos (wie Anm. 10), 392f.; Speigl, OS 43, 1994 (wie Anm. 13), 109. Eine plastische Schilderung bei Joh. Eph. Beat. Or. 47 (PO 18, 676-684); vgl. Ashbrook Harvey, John of Ephesus (wie Anm. 1), 86ff. Ihren Einfluß sollte man indes keinesfalls überschätzen, zumal sie das eindeutige Bekenntnis zu Chalkedon nicht verhindern konnte, s. H. Leppin, Theodora und Iustinian, in: H. Temporini-Vitzthum (Hg.), Die Kaiserinnen Roms. Von Livia bis Theodora. München 2002, 437-481; H. Leppin, Kaiserliche Kohabitation: Von der Normalität Theodoras, in: C. Kunst/U. Riemer (Hgg.), Grenzen der Macht. Zur Rolle der römischen Kaiserfrauen. Stuttgart 2000, 75-85. S. P. Brock, The Orthodox-Oriental Conversation of 532, Apostolos Barnabas 41, 1980, 219-228; auch in: ders., Syriac Perspectives on Late Antiquity. Aldershot u. a. 1984, Nr. XI; J. Speigl, Das Religionsgespräch mit den severianischen Bischöfen in Konstantinopel im Jahre 532, AHC 16, 1984, 264-285; Grillmeier, Jesus der Christus (wie Anm. 14), 244ff.; 361ff.; Uthemann, Augustinianum 39, 1999 (wie Anm. 11), 27ff. Zum Datum Stein, Histoire II (wie Anm. 9), 378. – Frend, Monophysite Movement (wie Anm. 9), 260ff. vermutet, daß der Wunsch der Miaphysiten, eine Kirchenorganisation durch eigene Weihungen u. ä. aufzubauen, der Anlaß für Justinians Maßnahme war. E. Schwartz (Hg.), Acta conciliorum oecumenicorum, 4 Bde., Berlin – Leipzig 1914-1984, im folgenden zitiert als ACO mit Angabe des Bandes und des Faszikels, hier: ACO IV 2, 169-184. Es handelt sich um die lateinische Übersetzung eines griechischen Briefes. S. Brock, The Conversations with the Syrian Orthodox under Justinian, OCP 47, 1981, 87-121; auch in: ders., Studies in Syriac Christianity. History, Literature and Christianity. Aldershot u. a. 1992, Nr. XIII) sowie PO 13, 192196, der geraffte Text, bei Brock a.a.O. 113-117. Mit Brock benenne ich die längere Version als H, die kürzere als S, den Brief des Innocentius als I.
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Vgl. die Übersicht bei Brock, OCP 47, 1981 (wie Anm. 33), 118f. Nicht einmal dem Wunsch der Miaphysiten, ihr Glaubensbekenntnis vor ihm und hohen Würdenträgern verlesen zu lassen, kommt er nach, sondern erklärt, er werde es lesen, wenn er die Zeit dafür finde (H § 1) – allerdings sorgt er dafür, daß die Chalkedonier es zur Kenntnis nehmen (H § 2). PLRE II, 1034-1036. Nach Auskunft der Miaphysiten taten dies allerdings allein die Chalkedonier, s. H § 33 f. Papst Vigilius erkennt allerdings Justinian auch noch einen sacerdotalis animus zu (Coll. Av. 92, 2), und dieses Zeugnis ist nicht isoliert, so daß man jener Äußerung kein zu großes Gewicht beimessen sollte. Zu Apion (2), der sich unter Anastasius als Miaphysit hervorgetan hatte, PLRE II, 111f. Die Hintergründe der Konversion sind nicht klar. Wobei das Gespräch von vornherein nicht ganz symmetrisch ist, weil die Miaphysiten lediglich Fragen an die Chalkedonier stellen sollen. Zu seiner mutmaßlichen Lage im Bereich des Palastes s. R. Janin, La géographie ecclésiastique de l’empire byzantin. Bd. I 3, Paris 1953, 355. S § 4; vgl. zum Thema H § 10. S § 7. Damit verzichtete er letztlich auf die theologischen Inhalte der Konzilsbeschlüsse, vgl. Grillmeier, Jesus der Christus (wie Anm. 14), 438. Socr. H. E. 5, 10, 6-28; vgl. R. Lim, Public Disputation, Power and Social Order in Late Antiquity. Berkeley/Los Angeles/London 1995, 202f.; M. Wallraff, Der Kirchenhistoriker Sokrates. Untersuchungen zu Geschichtsdarstellung, Methode und Person (Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 68). Göttingen 1997, 275ff., der gegenüber den Einzelheiten des Berichtes skeptisch ist; Leppin, Theodosius (wie Anm. 17), 83f. Wie sehr Justinian Respekt vor den Prärogativen kirchlicher Institutionen in dogmatischen Dingen zeigt, betont W. Enßlin, Justinian I. und die Patriarchate Rom und Konstantinopel, SO 35, 1959, 113-127. CJ 1, 1, 6; vgl. Grillmeier, Jesus der Christus (wie Anm. 14), 362f.; Speigl, OS 44, 1995 (wie Anm. 14), 116f. bezieht die ̯̥̩қ̭ des § 1 auf die Akoimeten, die die Hauptzielscheibe der Kritik gewesen seien – möglicherweise zu Recht. Gray, Legacy (wie Anm. 11), 231 will den Einfluß des Leontius erkennen. CJ 1, 1, 7; vgl. Speigl, OS 44, 1995 (wie Anm. 14), 118ff.; s. auch Coll. Av. 84, 17. Hierin folge ich Uthemann, Augustinianum 39, 1999 (wie Anm. 11), 34ff. Speigl, OS 44, 1995 (wie Anm. 14), 117; vgl. Mazal, Justinian (wie Anm. 9), 206. Grillmeier, Jesus der Christus (wie Anm. 14), 357; Speigl, OS 44, 1995 (wie Anm. 14), 122ff.; Uthemann, Augustinianum 39, 1999 (wie Anm. 11), 34ff. Der Bedeutungsverlust der Akoimeten beschleunigte sich, s. Uthemann a.a.O., 35. Zur Umakzentuierung vgl. L. Abramoswki, die Mosaiken von S. Vitale und S. Apollinare in Classe und die Kirchenpolitik Kaiser Justinians, ZAC 5, 2001, 289-341, hier: 312f.
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Theoph. a. m. 6028; vgl. Uthemann, Augustinianum 39, 1999 (wie Anm. 11), 38f. Chron. Pasch. 629 B/C Dindorf. Zur Datierung Stein, Histoire II (wie Anm. 9), 382 Anm. 1; vgl. Joh. Eph. Beat. Or. 48 (PO 18, 687). Ps.-Zach. Rhet. 9, 19 und Evagr. H. E. 4, 10 führen den Empfang des Severus auf den Einfluß Theodoras zurück, doch das ist nicht nötig, wenn man das Verhalten Justinians beim Religionsgespräch 532 vor Augen hat, wo er ja schon nach Severus verlangt hatte. Zu Agapets Wirken in Konstantinopel E. Caspar, Geschichte des Papsttums. Von den Anfängen bis zur Höhe der Weltherrschaft, Bd. 2: Das Papsttum unter byzantinischer Herrschaft. Tübingen 1933, 221ff. Zu den Angriffen Agapets auf Zoras, vgl. Joh. Eph. Beat. Or. 2 (PO 17, 26ff.). Schließlich verwünschte Zoras ihn zu Tode. Nov. Iust. 42. Joh. Eph. Beat. Or. 48 (PO 18, 685f.); vgl. Joh. Eph. H. E. 1, 42, wo er sicherlich zu Unrecht suggeriert, Anthimos habe von sich aus auf den Thron verzichtet. Zur Agapet-Vita im Liber Pontificalis s. L. Duchesne, Introduction, in: ders., Le liber pontificalis. Texte, introduction et commentaire, Bd. 1 (BEFAR 3, 1). Paris 1886, I-CCLXII, hier: XLVIII, der zeigt, daß sie von einem Zeitgenossen verfaßt sein muß; zum Autor auch P. Hildebrand, Die Absetzung des Papstes Siverius (537). Eine quellenkritische Untersuchung, HJb 42, 1922, 213-249, hier: 217, der ihn auf kurz nach 538 datiert. Bei der Begrüßung des Sabas durch Justinian taucht schon früher in einem vergleichbaren Kontext der Ausdruck ½̡̬̫̮̦ҥ̡̩̣̮v auf, vgl. Cyr. Scyth. V. Sabae 71. Caspar, Papsttum II (wie Anm. 54), 225, der den Bericht des Liber pontificalis anzweifelt, sieht hier lediglich eine kurzfristige Unterbrechung von Justinians in seinen Augen cäsaropapistischem Vorgehen. Nov. Iust. 42 pr. Agapet berichtet selbst in einem Brief an den Bischof Petros von Jerusalem von diesem Ereignis (ACO III, 152f.) – wobei er sich auf die Unterstützung der ̧̡̞̝̮̥Ӻ̭ – also offenbar auch Theodoras – beruft (153, Z. 1f.; vgl. 10 zur Einsetzung des Menas). Coll. Av. 89-91, insbes. 91, Z. 3 mit Speigl, OS 44, 1995 (wie Anm. 14), 130ff. Ps.-Zach. Rhet. 9, 19. Vgl. Noethlichs, ZAC 4, 2000 (wie Anm. 26), 126f. Vgl. den Brief des Severus an Theodosius bei Ps.-Zach. Rhet. 9, 23. Welche Triumphgefühle der Tod Agapets bei seinen Gegnern auslöste, zeigt der Bericht bei Joh. Eph. Beat. Or. 2 (PO 17, 30f.). – Ich sehe kein Indiz dafür, daß Justinian sich in dieser Situation als Testamentsvollstrecker Agapets gefühlt habe (so Schwartz, Kirchenpolitik Justinians [wie Anm. 10], 287). Zu ihnen K. Trampedach, Reichsmönchtum? Kyrill von Skythopolis und das politische Selbstverständnis der Mönche Palästinas im 6. Jahrhundert, Millennium 2, 2005, 271-295. ACO III, 27-189.
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Zu ihm PLRE IIIB, 1248. ACO III, 132, Z. 4 ff. Laut Joh. Eph. Beat. Or. 48 (PO 18, 686) hatte Theodora ihn verborgen; allerdings ist der Bericht über Anthimos von zahlreichen Fehlern durchsetzt. In Nov. Iust. 42, 3, pr. erklärt er in Hinblick auf Zoras, daß das Votum der Priester allein ausreiche und durch das des Kaisers lediglich verstärkt werde. Nov. Iust. 42. Bemerkenswert die Bewertung durch Liberatus Brev. 159 (ACO II, 5, 138, Z. 32f.): Hoc ergo modo unitas facta est ecclesiarum anno X imperii gloriosi Iustiniani Augusti. Bei den chalkedonischen Mönchen Palästinas wurde diese Synode in eine Reihe mit den vier Ökumenischen gestellt, s. Schwartz, Praefatio zu ACO III, S. X; vgl. auch das Lob bei Evagr. H. E. 4, 11. Schwartz, Kirchenpolitik Justinians (wie Anm. 10), 290. Selbst gegenüber den Manichäern gab es Gesprächsversuche, s. Lim, Public Disputation (wie Anm. 44), 105f. Noethlichs, ZAC 4, 2000 (wie Anm. 26), 126 betrachtet die ganze Regierungszeit Justinians als die eines „wirklich Suchenden“. ACO III, 43, Z. 19-24. Vgl. Meier, Zeitalter Justinians (wie Anm. 10), 278f. Der Streit, der von gebildeteren Mönchen ausging (vgl. E. Schwartz, Kyrillos [wie Anm. 10], 388 sowie D. Hombergen, The Second Origenist Controversy. A New Perspective on Cyril of Scythopolis’ Monastic Biographies as Historical Sources for Sixth-Century Origenism. Rom 2001, 231ff., der allerdings hervorhebt, daß auch auf der Gegenseite Gebildete standen), brachte eine Intellektualisierung der Debatten mit sich, die möglicherweise Justinians Vertrauen in seine eigenen geistigen Gaben stärkte. ACO III, 189-214, insbes. 207, Z. 30-208, Z. 17. Natürlich waren auch an diesen Maßnahmen Bischöfe nicht unbeteiligt. Justinian handelte, so heißt es, auf Initiative Ephraims von Antiocheia, setzte dann seine Schrift auf und überließ sie Menas und seiner Synode zur Zustimmung, s. Cyr. Scyth. V. Sab. 191. Coll. Av. 91, 3; vgl. Meiers Deutung der Religionspolitik in dieser Phase: Zeitalter Justinians (wie Anm. 10), 273ff. Seine Bereitschaft, auf Heilige Männer zu hören, bleibt auch später bestehen, selbst im Falle von Miaphysiten, s. Joh. Eph. Beat. Or. 47 (PO 18, 680); die Provokationen des Mares, die nach 536 erfolgt sein dürften, nahm er gelassen hin, s. Joh. Eph. Beat. Or. 36 (PO 18, 428ff.).
Karl-Heinz Uthemann: Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe, in: Augustinianum 39 (1999), S. 5-83. © Institutum Patristicum «Augustinianum», Rom
Karl-Heinz Uthemann
Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe Wie Kaiser Justinian (527-565) auf dem Mosaik der Nordwand in der Apsis von San Vitale in Ravenna dem Betrachter als die im Bild verwirklichte Idee des byzantinischen Herrschers entgegentritt, so begegnet er den Zeitgenossen und der Nachwelt in allem, was er schriftlich hinterlassen hat, als Kaiser in dem ihm von Gott bestimmten Auftrag. Dieses gilt nicht nur für seine Gesetze, sondern auch für seine theologischen Schriften, die immer auf seine Tätigkeit als Gesetzgeber hingeordnet bleiben. Wie ihn das Mosaik von San Vitale darstellt, durch Nimbus und Diadem, den Symbolen einer im Transzendenten begründeten Wirklichkeit, von seinem Hofstaat abgehoben und insofern allem Menschlichen entrückt, handelt er für die Menschen vor Gott und repräsentiert die Einheit von Römischem Reich und Oikumene. In seinen theologischen Schriften begegnet der Kaiser in seiner Sorge für den inneren Frieden des Reichs. Als Kaiser bemüht er sich um die Gemeinschaft der Kirchen und „den richtigen Glauben“, die Orthodoxie, die für alle Menschen Heil und Rettung bedeutet und so in der Wertordnung für den Kaiser an erster Stelle steht: „̬̍ҧ̯̣̩ ̡Ѩ̩̝̥ ̴̮̯̣̬ҡ̝̩ л½̝̮̥̩ ж̩̤̬ҧ½̫̥̭ ѓ̟̫ҥ̨̡̤̝ ̯Ҟ̩ ̯Ӭ̭ Ѳ̬̤Ӭ̭ ½ҡ̴̡̮̯̭ ѳ̨̧̫̫̟ҡ̝̩“ (CPG 6878). Zwei Dimensionen verbinden sich im Streben nach kirchlicher Einheit: Die Propagierung der Reichsidee und die reale Politik. Justinians theologische Schriften dienen seinem Willen, expansiv die Restauration des Imperium zu verwirklichen. In ihnen ist kein individuelles Bekenntnis intendiert, und dennoch entdeckt man in ihnen ähnlich wie beim Mosaik von San Vitale, das kein Porträt sein will und doch individuelle Züge bietet, an bestimmten Formeln Justinian mit seiner Individualität und persönlichen Geschichte. Justinian, der ursprünglich Petrus Sabbatius hieß und um 483 in dem Dorf Tauresium in der Gegend von Naissus in der Provinz Dacia mediterranea geboren wurde, betrat, als sein Onkel mütterlicherseits 518 zum Kaiser gewählt wurde, mit 35 Jahren die politische Weltbühne. Kaiser Justin I. (518-527) hat seinem Neffen viel Einfluß auf die Reichspolitik zugestanden. Mit gehäßigem Unterton behauptet Prokop
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von Kaisareia in seinen Anekdota (VI 19), Justinian habe unter Justin „schon die gesamte Regierung in Händen gehabt“. Diese Einschätzung wird heute weitgehend von den Historikern geteilt. Ausgesuchte allgemeine Bibliographie: H. Alivisatos, Die kirchliche Gesetzgebung des Kaisers Justinian I, (NSGTK 17), 1913. Nachdruck Aalen 1973; M. Amelotti, Giustiniano tra teologia e diritto, in: L’imperatore Giustiniano. Milano 1978, 133-160; J. Barker, Justinian and the Later Roman Empire. Madison 1966; R. Browning, Justinian and Theodora. London 1971; C. Capizzi, Potere e ideologia imperiale da Zenone a Giustiniano (474-527), in: L’imperatore Giustiniano. Milano 1978, 3-35; P. Gray, The Defense of Chalcedon in the East (451-553) [Studies in the History of Christian Thought 20]. Leiden 1979; ders., Justinian, Kaiser, in: TRE 17 (1988), 478-486 (mit ausführlicher Bibliographie); A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 2/2. Freiburg/Basel/Wien 1989, 333-499; S. Helmer, Der Neuchalkedonismus. Diss. Bonn 1962, 128-144; H. Hunger, Kaiser Justinian I. (527-565). Wien 1965; L. Perrone, La chiesa di Palestina e le controversie cristologiche. Dal concilio di Efeso (431) al secondo concilio di Costantinopoli (553) [Testi e ricerche di Scienze religiose 18]. Brescia 1980; W. Pewesin, Imperium, Ecclesia universalis, Rom. Der Kampf der afrikanischen Kirche um die Mitte des 6. Jahrhunderts. Stuttgart 1936; B. Rubin, Das Zeitalter Justinians I-II. Berlin 1960/1995; E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians, in: Gesammelte Schriften IV. Berlin 1960, 276-328 (aus: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Abt., N.F. 1940, 32-72); E. Stein, Histoire du Bas-Empire II, publié par J.R. Palanque. Amsterdam 1968.
1. Justinians erste Schritte in Kirchenpolitik und Theologie (518-527) Als Kaiser Anastasios I. (491-518) in der Nacht vom 8. auf den 9. Juli 518 starb, wurde schon am 9. Juli der Kommandeur der Palastwache Justin im Namen von Heer, Senat und Demen zum Kaiser gewählt und der Kandidat des Anastasios übergangen. Diese Wahl war vor allem eine Reaktion auf die schwelende Unzufriedenheit der Bevölkerung von Konstantinopel. Wohl hinterließ Anastasios eine gefüllte Staatskasse, doch hatte seine Wirtschafts- und Steuerpolitik zu häufigen Unruhen geführt. Hinzu kam seine Religionspolitik, seine offen zur Schau getragene Begünstigung der Monophysiten. Im Jahre 511 kam es in Konstantinopel zum Aufruhr wegen des in der Liturgie gesungenen Trishagion. Die in Konstantinopel weilenden Mönche aus den Patriarchaten Antiochien und Jerusalem fügten dem л̟̥̫̭ ѳ ̡̤ң̭, л̟̥̫̭ Ѣ̮̲̰̬ң̭, л̟̥̫̭ ж̤қ̩̝̯̫̭ die Worte „der für uns gekreuzigt wurde“ hinzu. Mit diesem ѳ ̴̡̮̯̝̰̬̤Ҡ̭ ̠̥ʲ ѓ̨ӝ̭ bezogen sie die dreimalige Anrufung nicht mehr
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auf die Trinität, sondern auf den inkarnierten Logos und schrieben somit Gott das Leiden am Kreuz zu. Der Protest der Konstantinopler Mönche führte zu Prügeleien und schließlich zum Sturz des Patriarchen Makedonios II. (495-511) und zu Unruhe in der Bevölkerung. Diese Unzufriedenheit erlaubte es 513 Vitalian, dem militärischen Befehlshaber von Thrakien, als Vorkämpfer für die chalkedonische Orthodoxie einen Aufstand gegen den Kaiser anzuführen und in den folgenden Jahren drei Mal mit Heer und Flotte Konstantinopel anzugreifen.
1.1. Eine neue Politik: Konstantinopel im Juli 518 In der Woche nach der Wahl von Justin zeigte es sich, wie gespannt damals die kirchliche Situation in Konstantinopel gewesen ist. Als am Sonntag, den 15. Juli, der seit dem 17. April 518 amtierende Patriarch Johannes II. Kappadox zum Gottesdienst in die Hagia Sophia einzog, begann das Volk mit lauten Zurufen vom Patriarchen die Aufnahme der kirchlichen Gemeinschaft (̴̦̫̥̩̩ҡ̝) mit Rom, die Exkommunikation des führenden Kopfs der Monophysiten, Severos, seit 512 Patriarch von Antiochien, und ein offenes Bekenntnis zum Konzil von Chalkedon zu fordern. Dieses geschah alles mit dem deutlichen Hinweis: „Es siege der Glaube des Kaisers“. Der Patriarch stieg auf den Ambo, um das Volk zu beruhigen, das die Kirchentüren geschlossen hielt, um seinen Rückzug zu verhindern und eine Entscheidung zu erzwingen. Er rief dem Volk zu: „Niemand wagt ein Anathem gegen Chalkedon“. Doch das Volk forderte mehr: Der Patriarch sollte für den folgenden Tag eine Liturgiefeier zur Erinnerung an das Konzil von Chalkedon halten. Nachdem dieses zögernd unter Hinweis auf den Willen des Kaisers zugestanden war, setzte das Volk einen Bannfluch gegen Severos von Antiochien durch. Am nächsten Tag wiederholte sich die Szene beim Einzug des Patriarchen in die Hagia Sophia. Das Volk erzwang nun, daß die Namen der von Anastasios abgesetzten Patriarchen Euphemios (489-495) und Makedonios (495-511), die in den Augen der Konstantinopler Märtyrer für das Bekenntnis von Chalkedon waren, sowie Papst Leo I. (440-461) in die Diptychen aufgenommen wurden. Am 20. Juli 518 sanktionierte die Konstantinopler Synodos endemusa das Geschehen. Mit dem Anathem gegen Severos verband sie seine Absetzung als Patriarch von Antiochien. Sie bat Johannes II. Kappadox, ihre Beschlüsse dem Kaiser vorzulegen. Was wie eine spontane Aktion der Bevölkerung begann, paßt so in das kirchenpolitische Konzept des neuen Kaisers, daß man wohl vermu-
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ten darf, daß die Ereignisse vom Juli 518 von jenen Leuten gesteuert waren, die auf ein Ende der Ära des Anastasios hingearbeitet hatten. Quellen: (1) Zum 15.-16. Juli 518: Collectio Sabbaitica 5,27, ACO III 71,3076,25, bes. 71,37-72,2; (2) zum 20. Juli: Collectio Sabbaitica 5,25, ACO III 62,1866,43. Lit.: A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 2/1. Freiburg/Basel/Wien 1986, 359-380. Zur weiteren Geschichte des „Chalkedon-Festes“ vgl. S. Salaville, La fête du concile de Chalcédoine dans le rite byzantin, in: Das Konzil von Chalkedon II, A. Grillmeier/H. Bacht (Hgg.). Würzburg 1953, 677-695. Zum politischen Hintergrund vgl. E. Stein (siehe Bibl.) II, 219-273; A.A. Vasiliev, Justin the First. An Introduction to the Epoch of Justinian the Great. Cambridge, Mass. 1950.
1.2. Das Ende des Akakianischen Schisma Am 7. September 518 ergreift Konstantinopel die Initiative, um das 515 mit dem Scheitern der Synode von Heraklea abgebrochene Unternehmen wieder in Gang zu bringen und die Kirchengemeinschaft mit Rom herzustellen, die seit der Veröffentlichung des Henotikon von Kaiser Zenon (CPG 5999) von Seiten Roms aufgehoben worden war. Drei Briefe wurden an diesem Tage an Papst Hormisda (514-523) ausgefertigt, um diesen um eine Gesandtschaft zu bitten (Collectio Avellana 143; 146-147). Kaiser Justin verwendet einen Begleitbrief zum Schreiben des Patriarchen, in dem dieser sich zur Synode von Chalkedon bekennt und darauf hinweist, daß die Namen von Papst Leo I. und Hormisda wieder in die Konstantinopler Diptychen aufgenommen worden sind. Einzig Justinian spricht das eigentliche Problem an, wenn er schreibt, daß „über den Namen des Akakios“, des früheren Patriarchen von Konstantinopel (472-488), kein Konsens bestehe. Er bittet den Papst, selbst nach Konstantinopel zu kommen. Mit dem Hinweis, er kenne den Standpunkt, den Hormisda und seine Vorgänger in ihren Briefen vorgetragen haben, kündet er vorsichtig an, daß die sog. Formula Hormisdae, an der Verhandlungen unter Kaiser Anastasios gescheitert waren, für den neuen Kaiser kein prinzipielles Hindernis darstellen. Ende März 519 treffen die römischen Legaten in Konstantinopel ein. Sie überbringen die Antwort Hormisdas, die andeutet, daß er Justinians Hinweis verstanden hat (CA 148,1). Der Auftrag der Legaten ist im Blick auf die genannte Formula Hormisdae streng umrissen: Sie dürfen die Kirchengemeinschaft einzig aufnehmen, wenn Akakios und, sofern durchsetzbar, seine Nachfolger anathematisiert, auf jeden Fall aber alle
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diese Patriarchen aus den Diptychen gestrichen werden. Dieses geschieht am 28. März 519, ohne im Anathem einen der Nachfolger des Akakios beim Namen zu nennen. So kann Kaiser Justin zu Ostern, am 31. März, das Ende des Schismas verkündigen. Quellen: (1) Collectio Avellana (= CA) 143 (CPG 9207; CPL 1620); 146 (CPG 9208); 147 (CPG 6865; 9209), hg. v. O. Günther, CSEL 35,2, 587,16-588,9; 591,5593,22; (2) Auftrag der Legaten (CPG 9221; CPL 1683; Jaffé 805): CA 158, 605,9607,9; (3) Antwort des Papstes (CPG 9213-9215; CPL 1683; Jaffé 804; 806; 808): CA 148-150, 593,24-599,30; (4) zum 28. März 519: CA 159, 607,11-610,12. Dieser an Papst Hormisda adressierte libellus des Patriarchen Johannes II. Kappadox wird in der Literatur die Formula Hormisdae genannt. Gemeint sind dabei die entscheidenden Sätze CA 159, 3-6, 608,15-609,26, die Hormisda schon 505 seinen Gesandten für die von Kaiser Anastasios angeregte Synode von Heraklea mitgegeben hatte (CA 116b, 520,28-522,3: CPG 9173-9174; CPL 1683-1684). Weitere Exemplare der Hormisda-Formel nennt O. Günther in CSEL 35,2, 800. Im Jahre 536 wird die Formel im wesentlichen wieder aufgegriffen: CA 89-90, 338,14-342,21 (vgl. S. 131). Lit.: E. Schwartz, Publizistische Sammlungen zum Acacianischen Schisma [Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-hist. Abt., N.F., Heft 10, 1934]. München 1934; J. Speigl, Die Synode von Heraklea 515, in: Annuarium Historiae Conciliorum 12 (1980), 47-61; D. Wyrwa, Drei Etappen der Rezeptionsgeschichte des Konzils von Chalkedon im Westen, in: Chalkedon: Geschichte und Aktualität, hg. v. J. van Oort/J. Roldanus. Leuven 1997, 147-189.
1.3. Das Dossier zum Akakianischen Schisma Justinian kannte, wie er gegenüber Hormisda angedeutet hat, das Dossier der Korrespondenz mit Rom. Für Rom ging es bei diesem Schisma vorrangig um Personen, vor allem um die Person des Akakios. Dieser hatte die Kirchengemeinschaft mit dem alexandrinischen Patriarchen Petros Mongos (482-490) nicht aufgekündigt und war darum von Papst Felix II. auf einer Synode im Jahre 484 exkommuniziert worden. Für Rom kam hinzu, daß Akakios nach der Vertreibung des antiochenischen Patriarchen Kalandion (479-484) dessen Nachfolger Petros den Walker, der zum dritten Mal auf den Thronos von Antiochien zurückgekehrt war (485-490), anerkannt hatte. Felix II. hatte 484 das vom Kaiser Zenon (474-491) im Jahre 482 erlassene, von Akakios verfaßte Henotikon (CPG 5999), auf dem die Kirchengemeinschaft zwischen Alexandrien und Konstantinopel begründet war, nicht genannt, wohl aber auf eine Gesinnungsgemeinschaft zwischen Akakios und Petros Mongos geschlossen und Akakios beschuldigt, die Häresie des Eutyches zu begüns-
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tigen. Auch die Formel des Hormisda geht auf das Henotikon nicht ein, sondern verurteilt Akakios einzig wegen seiner Gemeinschaft mit Petros Mongos, den sie mit dem Erz-Monophysiten Timotheos Ailuros in einem Atemzug nennt. Quellen: (1) Brief von Papst Felix an Kaiser Zenon (CPG 9143; CPL 1606, ep. 11): CA 70, CSEL 35,1, 155,13-161,11; (2) Henotikon (CPG 5999): (2a) hg. v. E. Schwartz, Codex Vaticanus gr. 1431, eine antichalkedonische Sammlung aus der Zeit Kaiser Zenos [Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-philol. und hist. Kl., Band 33, 6]. München 1927, 52-54; (2b) in Evagrios Scholastikos (CPG 7500) III 14: hg. v. J. Bidez/L. Parmentier, Euagrius. The Ecclesiastical History. Amsterdam 21964, 111-114; (2c) lat.: Liberatus, Breviarium 17, ACO II,5, 127-129; (2d) syr.: Zacharias Rhetor (CPG 6995) V 8: hg. v. E.W. Brooks, Historia Ecclesiastica Zachariae Rhetori uulgo adscripta I, CSCO 83, 227231; 87, 157-159; (3) Zitat aus Formula Hormisdae: CA 159, CSEL 35,2,609,9-14. Lit.: E. Schwartz (siehe 1.2); A. Grillmeier (siehe 1.1), 278-358; W.H.C. Frend, The Rise of the Monophysite Movement. Cambridge 1972, 174-183; H.Chr. Brennecke, Chalkedonense und Henotikon, in: Chalkedon: Geschichte und Aktualität, hg. v. J. van Oort/J. Roldanus. Leuven 1997, 24-53; D. Wyrwa (siehe 1.2).
1.3.1. Die Bedeutung des Henotikon Diese in der Forschung wenig beachtete Tatsache hat ihren Grund. Das Henotikon war offen für eine Rezeption der Synode von Chalkedon, wollte aber auf keinen Fall ein implizites Anathem gegen dieses Konzil aussprechen, wie entsprechende Reaktionen von Kaiser Zenon und Patriarch Akakios sowie eine Aussage in einem Brief von Petros dem Walker an Akakios zeigen. M.a.W. mit dem Henotikon vollziehen Kaiser und Patriarch keine kirchenpolitische Wende. Dieses gilt m.E. unabhängig von der Frage, ob die beiden Kola є ц̩ ̧̝̲̣̠̇ң̩̥ є ц̩ ̫ѥӛ ̠ҟ ½̡̫̯ ̮̰̩ң̠Ԕ im Anathem des Henotikon, wie H.Ch. Brennecke vermutet, eine spätere Interpolation sind, die gut zu einer monophysitischen Interpretation des Henotikon passen, oder zum ursprünglichen Text gehören. Denn der Sache nach handelt es sich hierbei nicht um ein Anathem gegen Chalkedon, sondern gegen irgendwelche Teilnehmer an dieser oder irgendeiner anderen Synode, die eine andere Christologie vertreten. Das Henotikon betont, daß Nestorios und Eutyches zugleich auf Grund der zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 5317) verurteilt sind. Doch legt es sich nicht fest, ob diese Bannflüche Kyrills im Konzil von Ephesos (431) oder gar von Chalkedon (451) rezipiert wurden. Das Henotikon bekennt mit dem Symbol von Nikaia (325), daß der Gott
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Logos Mensch geworden ist. Er ist das eine Subjekt der Inkarnation. Der inkarnierte Logos ist Jesus Christus. Damit bezieht das Henotikon, ohne es ausdrücklich zu sagen, Stellung gegen die Auffassung, der inkarnierte Logos und Jesus Christus seien jeweils „ein anderer“ (к̧̧̫̭ ̦̝Ҡ к̧̧̫̭), nämlich zwei getrennte Hypostasen. Damit grenzt sich das Henotikon nicht nur gegen Nestorios ab, sondern auch gegen eine Interpretation der Definition von Chalkedon, die das dort genannte Subjekt des Bekenntnisses, „unseren Herrn Jesus Christus“, nicht mit dem inkarnierten Logos identifiziert. Das Henotikon begründet diese Aussage mit einer Sicht der Einheit Christi, die sich, ohne den Tomus Leonis zu nennen, von diesem distanziert: „Wir bekennen, daß der … Menschgewordene … einer ist und nicht zwei. Denn wir sagen, des einen sind die Wunder und die Leiden, die er aus freiem Willen im Fleisch erlitten hat (ч̩Ң̭ ̟Қ̬ ̡Ѩ̩̝̥ ̨̡̱̝̩ ̯қ ̡̯ ̤̝ҥ̨̝̯̝ ̦̝Ҡ ̯Қ ½қ̤̣ ̧̦̯.)“. In seinem Tomus ad Flavianum betont Papst Leo I. nicht die Einheit des Subjekts im unterschiedlichen Wirken Christi, sondern spricht von der Gemeinschaft zweier Wirklichkeiten, nämlich der in Phil. 2,6-7 genannten göttlichen und der menschlichen Gestalt oder forma Christi, im Wirken: „Eine jede der beiden formae wirkt in Gemeinschaft mit der anderen das, was ihr eigen ist: Der Logos, was dem Logos eigen ist; die Sarx (Joh. 1,14), was der Sarx eigen ist. Das eine von diesen glänzt durch Wunder, das andere erfährt Schmach und Unrecht“. Der Logos und die Sarx werden hier als zwei Naturen aufgefaßt, die „in Gemeinschaft“ jeweils etwas Eigenes wirken. Der Sache nach geht es um die christologischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen des Neuen Testaments, die sog. ̴̱̩̝ҡ oder voces. Das Henotikon will mit der Betonung des einen Subjekts beider Klassen von Aussagen zwei Extreme abwehren, zum einen Nestorios’ Trennung der Naturen als zwei verschiedene Subjekte des Handelns bzw. der Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen (̠̥̝ҡ̡̬̮̥̭) und zum anderen Eutyches’ Aufhebung des Menschlichen in der göttlichen Natur (̮ҥ̟̲̰̮̥̭ є ̱̝̩̯̝̮ҡ̝). Doch die Abwehr des Nestorianismus steht deutlich im Vordergrund, und so bestreitet das Henotikon die den Nestorianern unterstellte Auffassung, durch die Menschwerdung sei die Trinität um eine vierte Person, das eine Prosopon Christi, erweitert worden. Denn „Einer der Trinität, der Logos Gottes, ist Fleisch geworden“. Für Akakios, den Verfasser des Henotikon, konzentriert sich das Bekenntnis zu Christus auf das eine göttliche Subjekt (̡ѩ̭ ̯Ӭ̭ ̯̬̥қ̠̫̭) der Inkarnation, d.h. all dessen, was die Evangelien über die Wunder und die Passion Christi berichten. Diese Sicht, die von Begriffen wie Hypostase und Natur absieht, kann man, wie es H.Ch. Brennecke tat, als „einen Rückschritt hinter das in Chalkedon theologisch Erreichte“ verstehen. Doch kann man sie auch als einen Fortschritt, als einen Versuch
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sehen, das eigentliche Anliegen der Definition von Chalkedon zu verdeutlichen. Denn diese wollte die Christologie Kyrills von Alexandrien rezipieren und den Tomus Leonis in diese einbinden. Das Henotikon bezeugt jenes an Kyrill orientierte Verständnis der Definition von Chalkedon, das die Union von 433 und den Tomus Leonis nur um des kirchlichen Friedens willen, nicht aber als adäquate Formulierung des christologischen Bekenntnisses akzeptieren konnte, wie ja schon die in Chalkedon selbst geführte Diskussion um die Rezeption des Tomus Leonis zeigt. Durch die Unterscheidung von zwei Naturen und einer einzigen Hypostase war für die Rezeption des Konzils von Chalkedon im Geiste Kyrills und darum für eine authentische Interpretation der Definition Chalkedons ein Problem vorgezeichnet, wollte man zeigen, wie „die Eigenheit einer jeden der beiden Naturen gewahrt blieb“ und doch „in einer einzigen Hypostase zusammenkam“. Diese eine Hypostase mußte aus Kyrills Sicht der Inkarnation des Logos interpretiert werden. Der Begriff der einen Hypostase bedurfte einer näheren Bestimmung und Auffüllung, um so jene Aufgabe zu lösen, die Chalkedon offen gelassen hatte und die darin bestand, die una persona Augustins und Leos, aber auch „das eine Prosopon“ der antiochenischen Tradition in Kyrills Sicht zu integrieren. Der Sache nach ging es dabei um die Wahrung der beiden Naturen als Begründung für zwei Klassen von Aussagen, für die Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen. Das Henotikon verschwieg dieses Problem und darum den Begriff der zwei Naturen, der mit dem Kyrillischen Bekenntnis zu „der einen inkarnierten Natur des Gott Logos“ zumindest formal unvereinbar erscheinen mußte. Hatte Chalkedon aus Kyrillischer Sicht argumentiert, doch nicht „den ganzen Kyrill“ akzeptiert? Wie ist in diesem Zusammenhang die Tatsache zu verstehen, daß das Henotikon die Rezeption der zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 5317) betont? Das Henotikon bot ein Bekenntnis, das so offen formuliert war, daß es auch eine monophysitische Interpretation zuließ und dann nicht nur als Waffe gegen den Tomus Leonis, sondern auch gegen die Definition von Chalkedon gebraucht werden konnte. Und dennoch fand es auch bei den Monophysiten keine unbedingte Zustimmung, wie z.B. ein Bericht zeigt, Severos von Antiochien habe das Henotikon ein Kenotikon und Dihairetikon – eine entleerende und die Kirchen spaltende Formel – genannt. Wurde das Henotikon monophysitisch interpretiert, dann konnte es selbstverständlich jenen Kirchen nicht genügen, die mit Chalkedon und dem Tomus Leonis, wie z.B. Papst Symmachus (498-514) feststellte, in der duarum naturarum traditio standen. Seine Adressaten, Bischöfe des Illyricum, konfrontierten ihn 512 mit dem Vorschlag eines Mittelwegs
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zwischen Nestorios und Eutyches, der bewußt die Frage der „zwei Naturen“ aufgriff und insofern über das Henotikon hinausging. Sie akzeptieren, ohne das Henotikon anzusprechen, daß Akakios von Rom „wegen seiner Freundschaft mit den Alexandrinern“ gebannt wurde, nennen ihn aber dennoch ihren Vater. Als via media schlagen sie zwei Formeln vor, die sie für gleichwertig halten. Sie möchten zum einen von „der (untrennbaren) Einheit zweier Naturen in ein und derselben Person Christi“ sprechen, zum anderen von „der einen Person aus und in zwei Naturen“, d.h. von der einen Person, die sowohl aus zwei Naturen besteht, als auch in zwei Naturen erkannt wird. Chalkedon hatte zwar die Formel ц̦ ̠ҥ̫ ̱ҥ̴̡̮̩ abgelehnt, doch der Sache nach bleiben die Illyrer Chalkedon treu. Denn sie verwerfen die Formel „aus zwei Naturen eine einzige Natur nach der Einigung“ (ex duabus naturis unam naturam post adunationem). Mit der Bekenntnisformel „aus zwei Naturen“ meinen sie jene Wirklichkeiten, „aus denen die Einheit besteht“ (ex quibus subsistit unitas). Die Einheit wird hier als Ergebnis einer Synthesis aufgefaßt: Sie ist ein Resultat (ж½̫̯ҝ̧̡̨̮̝). Die Einheit der Person wird nicht wie in der Formel von Chalkedon durch die Eigenheiten der beiden Naturen, sondern wie schon im Kyrillischen Florileg vom Jahre 482 durch die Naturen selbst konstitutiert. Nicht von den Naturen, sondern von der Einheit selbst sagen sie dabei ein subsistere aus. Was dieses heißt, zeigt sich darin, daß sie zwar die chalkedonische Formel aufgreifen, daß Christus in zwei Naturen erkannt wird, doch ablehnen, daß dieses in duabus naturis subsistentibus geschehe, nämlich in einer getrennten Existenzweise, die auf einen Nestorianismus hinauslaufe. Dabei bleibt diese Aussage letztlich zweideutig, sofern sie das Wort substantia sowohl für natura als auch persona gebrauchen. Auffallend ist vor allem, daß sie die Erkenntnis Christi „in zwei Naturen“ auf den Christus der Herrlichkeit bzw. auf die erlösende Tat Christi einschränken: Hier zeigt sich jeweils das Zugleich von Gottheit und Menschheit. „Denn weder konnte die reine Gottheit für das Leben der Welt gekreuzigt werden, noch die bloße Menschheit, die dem Tod unterworfen ist, durch den Tod (den Teufel) täuschen“. Die Antwort von Papst Symmachus ist unbefriedigend. Sie geht mit keinem Wort auf den Vorschlag der Illyrer ein, die duarum naturarum traditio in einer media via zu wahren. Quellen: Siehe zu 1.3, ferner (1) Tomus Leonis (CPG 8922; CPL 1656, ep. 28): hg. v. C. Silva-Tarouca, S. Leonis Magni Tomus ad Flavianum episc. Constantinopolitanum (epistula XXVIII) additis testimoniis patrum et eiusdem S. Leonis M. epistula ad Leonem I imp. (epistula CLXV). Romae 1959, 20-33 (zitiert Z. 94-95); hg. v. E. Schwartz, ACO II,2,1 24-33; griech.: ACO II,1,1 10-20; (2) Brief der Il-
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lyrer an Papst Symmachus: hg. v. A. Thiel, Epistolae Romanorum Pontificum genuinae et quae ad eos scriptae sunt I. Brunsbergae 1868, 709-717; (3) Antwort von Papst Symmachus (CPG 9164; CPL 1678, ep. 13): ebd., 717-722; CA 104, hg. v. O. Günther, CSEL 35,1, 487,11-493,13; (4) Florileg vom Jahre 482: hg. v. R. Hespel, Le florilège cyrillien réfuté par Sévère d’Antioche [Bibliothèque du Muséon 37]. Louvain 1955. Lit.: Siehe zu 1.3, ferner (1) zur Kyrillischen und Leonischen Rezeption von Chalkedon: K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus, in: Studia Patristica 29, 1997, bes. 379-383; ausführlicher: ders., Christus – „Gott und Mensch“ oder „menschgewordener Gott“? Von den Bedenken gegen den Tomus Leonis in Chalkedon zu dessen Apologie bei Papst Leo I., in Vorbereitung.
1.3.2. Die Bedeutung der Formula Hormisdae Im folgenden Jahr (513) warf sich, wie oben schon erwähnt, Vitalian, von Geburt ein Skythe, d.h. Gote, gegen Kaiser Anastasios zum Verteidiger der Zwei-Naturen-Lehre auf und forderte ein Konzil unter dem Vorsitz des Papstes. In zwei Briefen wandte sich der Kaiser im Dezember 514 bzw. Januar 515 an Papst Hormisda, um eine Synode nach Heraklea am Marmarameer einzuberufen, da in Skythien, d.h. im östlichen Illyricum, „gewisse Zweifel über die rechtgläubige Religion“ zu Unruhen geführt haben. Das geplante Konzil scheiterte nicht daran, daß der dritte Angriff Vitalians auf Konstantinopel im Herbst 515 erfolglos blieb und der Kaiser nicht mehr an einem Konzil interessiert gewesen wäre, sondern daran, daß Konstantinopel nicht bereit war, die Formula Hormisdae zu akzeptieren, die für Rom conditio sine qua non für die Wiederherstellung der Kirchengemeinschaft war. Wie der Kaiser im Winter 515 gegenüber dem Papst erklärte, seien die Beschlüsse von Chalkedon von ihm und seinen Vorgängern anerkannt, und er selbst habe die Alexandriner oft beschworen, ihr Anathem gegen Chalkedon und den Tomus Leonis zurückzunehmen. Doch sähe er in einer Anerkennung der Formula Hormisdae die Gefahr, daß diese andere scandala für die Kirche provozieren könnte. Darum hält er, wie die einleitende Formel der Verwunderung zeigt (miramur), das Verhalten des Papstes für unangemessen (CA 125,7-10). Rom zeigte sich jedoch diesem Argument nicht zugänglich, so daß der Kaiser schließlich resigniert feststellt, daß das Vergeben von Sünden „Anfang und Basis“ (initium) christlichen Glaubens sei; doch, wenn sich die nicht daran halten, die in der Nachfolge der Apostel stehen, dann wisse er nicht, „wo uns das
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magisterium eines barmherzigen Herrn und Gottes noch begegnen kann“ (CA 138,1.4). Justinian kannte, wie er an Hormisda geschrieben hat, dieses Dossier. Wie Anastasios sah er, daß die Anerkennung der Formula Hormisdae der Preis für die kirchliche Gemeinschaft mit Rom war. Wollte der Kaiser diesen Preis zahlen, dann gefährdete er die Gemeinschaft Konstantinopels mit den Patriarchaten des Ostens, es sei denn, er war davon überzeugt, die Anerkennung des Konzils von Chalkedon in Alexandrien und Antiochien durchsetzen zu können. Die prochalkedonische Politik der neuen Herrscher richtete sich gegen Severos von Antiochien, der noch im Jahre 518 aus seinem Amt enthoben wurde und nach Ägypten floh, wo er vielen in Konkurrenz zum Patriarchen Timotheos IV. (Oktober 517 - 7. Februar 535), einem gemäßigten Vertreter Kyrillischer Christologie, als der eigentliche Patriarch galt. Der erste Versuch, nach der Beilegung des Schismas mit Rom in Antiochien einen Patriarchen zu inthronisieren, der die Interessen von Kaiser und Papst durchsetzen konnte, war ein Mißgriff, wie schon der Beiname zeigt, mit dem der neue Patriarch in die Geschichte einging. Schon 521 wurde Paul der Jude von Euphrasios abgelöst. Quellen: Siehe zu 1.2, ferner (1) Briefe des Kaisers Anastasios an Hormisda vom 28.12.514 (CPG 9166) und 12.1.515 (CPG 9167): CA 109, CSEL 35,2, 501,21502,14; CA 107, ebd. 499,10-500,8; (2) Brief vom Winter 515 (CPG 9175): CA 125, ebd. 537,16-540,12; (3) zur Reaktion Roms vgl. die Antwort von Hormisda (CPG 9179; CPL 1684: CA 112, 504,11-506,16), die sehr viel deutlicheren Worte des Senats (CPG 9180: CA 114,5, 509,9-14) sowie die letzten Briefe, die der Papst am 3. bzw. 12. April 517 in dieser Angelegenheit geschrieben hat (CPG 9188-9191; 9194: CA 126-130, 540,14-552,4); (4) letzter Brief des Anastasios (CPG 9199); CA 138, ebd. 564,15-565,16 (zitiert: 564,17-20. 565,5-9); (5) Brief der römischen Legaten zur Ordination von Paul von Antiochien (CPG 9241-9242): CA 216,4, ebd. 675,1020; CA 217,2-4, ebd. 677,13-29. Lit.: Siehe zu 1.2, ferner C. Capizzi, Sul fallimento di un negoziato di pace ecclesiastica fra il Papa Ormisda e l’imperatore Anastasio I (515-517), in: Critica storica 17 (1980), 23-54; J. Speigl, Die Synode von Heraklea 515, in: Annuarium Historiae Conciliorum 12 (1980), 47-61; A. Grillmeier (siehe 1.1), 351-358, dessen Darstellung darunter leidet, daß er einseitig Partei für den römischen Standpunkt ergreift und die Formula Hormisdae über ihren Wortlaut hinaus als „das Gegenprogramm zum Henotikon“ interpretiert.
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1.4. Die theopaschitische Formel als eine authentische Interpretation von Chalkedon Kaum war die Einheit mit Rom wieder hergestellt, so wurden die neuen Herrscher mit der Frage einer „authentischen Interpretation“ der Christologie Chalkedons konfrontiert. In Konstantinopel traten skythische Mönche auf, die mit Vitalian in Kontakt standen, der seit 518 als magister militum praesentalis seine Machtposition in Konstantinopel selbst ausgebaut hatte. Sie brachten Unruhe in die Stadt, da sie chalkedonisch gesinnte Bischöfe ihrer Heimat wie Paternus von Tomi auf der Krim, aber auch Konstantinopler Kleriker wie den Diakon Viktor und Mönche verdächtigten, die Zwei-Naturen-Lehre Chalkedons im Sinn des Nestorios zu interpretieren.
1.4.1. Die skythischen Mönche im Widerspruch zu Roms Legaten „Auf Befehl des Kaisers und Vitalians“ wurden die noch in Konstantinopel anwesenden Legaten des Papstes Hormisda genötigt, an einer Verhandlung dieser Frage teilzunehmen. Wie sie am 29. Juni 519 berichten, behaupteten die Skythen, das Bekenntnis von Chalkedon lasse sich nicht gegen die nestorianische Ketzerei abgrenzen, wenn man nicht zugleich bekenne, daß der Gott Logos selbst gekreuzigt wurde und gelitten hat: unus de trinitate crucifixus est. In der Auffassung der Skythen wird die Definition von Chalkedon nur dann authentisch interpretiert, wenn man den zwölften Anathematismus Kyrills, die sog. theopaschitische Formel, einbringt: „Wer nicht bekennt, daß der Gott Logos im Fleisch gelitten hat und im Fleisch gekreuzigt wurde und im Fleisch den Tod gekostet hat …, der sei im Banne!“ Für die römischen Legaten war dieses nichts anderes als Widerspruch zur Tradition (novitas): „Was nicht in den Akten der vier Synoden steht und was nicht von Papst Leo geschrieben wurde, akzeptieren wir nicht“ (CA 217, 9). Denn zu einer authentischen Interpretation genügen „die Briefe von Papst Leo, die das Konzil von Chalkedon bestätigt hat“, insbes. der Tomus ad Flavianum (CA 216, 8). Quellen: (1) CPG 9241-9242: CA 216-217, CSEL 35,2, 675,3-679,18; (2) zu Viktor (CPG 9254; 9264): CA 189,3, 647,5-6; CA 224, 2-6, 685,13-686,12; (3) zwölfter Anathematismus Kyrills (CPG 5317): ACO I,1,1, 42,3-5.
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1.4.2. Justinian als Parteigänger der skythischen Mönche Da die skythischen Mönche bei diesen Konstantinopler Verhandlungen nicht die Zustimmung der römischen Legaten fanden, sandten sie eine Delegation zu Papst Hormisda. Mit ihrem Bericht vom 22. Juni 519 warnen die Legaten den Papst, und am selben Tag schreibt Justinian im gleichen Sinn nach Rom. Doch wenige Tage später schickt er mit Eilpost einen zweiten Brief ganz anderen Inhalts und reagiert damit auf ein Schreiben Vitalians, das nicht mehr erhalten ist. Er bittet nun Hormisda, den Mönchen schnell zu antworten und zwei derselben nach Konstantinopel zurückzuschicken, ohne die Ankunft des ersten Briefs abzuwarten. Was geschehen war, läßt sich nicht mehr sagen, auch wenn es klar ist, daß Justinian und Vitalian hier als Konkurrenten im Kampf um die Macht handelten – ein Kampf, der Vitalian im Jahr 521 das Leben kosten sollte. Die römischen Legaten beschweren sich über Vitalian, daß er ihre Initiativen gegen die skythischen Mönche behindere. Die nach Rom gesandten Skythen mißtrauen Justinian; sie weigern sich, nach Konstantinopel zurückzukehren. Was sie nicht wissen, ist die Tatsache, daß Justinian von nun an die von ihnen vorgetragene Interpretation der Definition von Chalkedon vertreten wird. In einem Brief vom 15. Oktober 519 schneidet er gegenüber Hormisda das Problem an: „Gewisse Leute behaupten, daß man Christus, den Sohn Gottes, unseren Herrn, der um unseres Heiles willen gekreuzigt wurde, als ‚Einen aus der Trinität‘ verkündigen muß“. Justinian will wissen, ob man dem zustimmen könne und wie dieses genauer zu verstehen sei. Die Tragweite dieser vorsichtigen Anfrage zeigt sich erst angesichts dessen, was einer der römischen Legaten mit gleichem Kurier an Hormisda über das berichtet, was inzwischen in Konstantinopel geschehen ist. Die skythischen Mönche haben unter Vorlage eines libellus fidei behauptet, wie es der Legat verkürzt wiedergibt: „Non sufficit synodus (Chalcedonensis) contra Nestorium“. Gemeint ist, daß die Definition von Chalkedon mit ihrer Zwei-Naturen-Lehre eine nestorianische Interpretation nicht eindeutig ausschließt. Chalkedon berief sich auf Papst Leos Tomus ad Flavianum und „die Synodalbriefe Kyrills“, wie die Gegner der Skythen, insbes. der Diakon Viktor, betonen. Doch genügen diese den Skythen nicht, es sei denn, man füge hinzu: „unus de trinitate crucifixus“. Die Definition von Chalkedon sei nur eindeutig gegen Nestorios’ Lehre abzugrenzen, wenn als Subjekt der Inkarnation der Gott Logos bekannt und darum „der ganze Kyrill“ mit seinen gegen Nestorios gerichteten Anathematismen (CPG 5317) anerkannt wird. Nur so werde Chalkedons Definition ihrer ausdrücklichen Intention nach rezipiert, d.h. authentisch interpretiert.
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Daß im Jahre 519 die Frage, wie Chalkedon und Kyrill zugleich zu rezipieren sind, nicht nur wegen der skythischen Mönche brisant war, sondern vor allem wegen der Vorgänge im Patriarchat von Antiochien, zeigt der Bericht der römischen Legaten, daß dort öffentlich polemisiert wurde: „Wer Gemeinschaft mit dem apostolischen Stuhl (von Rom) hält, ist Nestorianer“. Wie bedrängend diese Frage für die chalkedonische Reichskirche war, zeigt Justinians Brief vom 9. Juli 520 an Hormisda, worin er sein Unverständnis für die Haltung Roms äußert, das sich in Bezug auf Antiochien nicht mit dem zufrieden geben will, was mit dem Ende des Akakianischen Schisma erreicht worden war. Nachdrücklich fordert er (magis magisque deposcimus), daß der Papst der theopaschitischen Formel zustimmt. Denn, so begründet er unter Hinweis auf I Petr. 4,1 (̬̥̮̯̫̓ԉ ½̝̤ң̩̯̫̭ ̮̝̬̦ҡ), dem locus classicus für die theopaschitische Formel, daß Christus im orthodoxen Bekenntnis als „Einer in der Trinität mit dem Vater und dem Heiligen Geist herrscht“. Quellen: (1) Brief Justinians vom 22.6.519 (CPG 6867; 9240): CA 187, hg. v. O. Günther, CSEL 35,2, 644,5-645,17; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale, Scritti teologici ed ecclesiastici di Giustiniano [Legum Iustiniani imperatoris vocabularium, Subsidia III]. Milano 1977, 8; (2) Brief Justinians von Anfang Juli 519 (CPG 6869; 9253): CA 191, 648,11-649,5; M. Amelotti/L. Migliardi Zingale, a.a.O., 9; (3) Brief Justinians vom 15.10.519 (CPG 6868; 9263): CA 188, 2-3, 645,26-646,12; M. Amelotti/L. Migliardi Zingale, a.a.O., 10f.; (4) Brief Justinians vom 5.7.520 (CPG 6870; 9282): CA 196, 655,3-656,30; M. Amelotti/M. Migliardi Zingale, a.a.O., 11f. (zitiert: 2-5, 655,6-656,5); (5) Brief der römischen Legaten vom 29.6.519 (CPG 9242; CPL 1620): CA 217, 677,4-679,18 (zitiert: 11, 679,7-12, ferner 3, 677,19-20); (6) Brief von Hormisda an Justinian vom 2.9.519 (CPG 9255; CPL 1683; Jaffé 829): CA 190, 647,12-648,10 (zitiert: 3,647,22-25); (7) Brief des römischen Legaten Dioskur vom 15.10.519 (CPG 9264; CPL 1620). CA 224, 685,3-687,26 (zitiert: 3, 685,17; 4, 685,19-685,5; 7, 686,14-15; ferner 3, 685,15-16; 4, 686,1-2); (8) Libellus der Skythen, von Johannes Maxentius (CA 224, 11, 687,19-22) verfaßt (CPL 656): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 3-10; hg. v. F. Glorie, Maxentii aliorumque Scytharum monachorum necnon Ioannis Tomitanae urbis episcopi opuscula, CCSL 85A. Turnhout 1978, 5-25.
1.4.3. „Unus de trinitate“: Persona und subsistentia Da die Formel „unus de trinitate“ nicht eindeutig sei, wenn nicht der Name Christi genannt werde, bringt Justinian unter Berufung auf Zitate aus Augustinus, die er vermutlich teils dem schon genannten, von Jo-
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hannes Maxentius verfaßten libellus fidei der Skythen entnommen hatte, den Begriff der persona ein. Die Skythen hatten in jenem libellus gesagt, daß sie unter dem unus de trinitate, der das Subjekt des Bekenntnisses zu Christus ist, eine der drei göttlichen Hypostasen (usus de tribus subsistentiis unius deitatis) verstanden. Um zu zeigen, daß sie sich mit diesem Bekenntnis von Nestorios unterscheiden, hatten sie Augustinus zitiert, mochte dieser auch, wie sie sagen, weniger eindeutig sein als des Proklos von Konstantinopel (434-446) Tomus ad Armenios (CPG 5897). Sie unterschieden dabei im Hinblick auf die Definition von Chalkedon einen zweifachen Begriff von persona. Sie lehnen jene Interpretation von Chalkedon ab, die den Begriff persona dem Menschen Jesus Christus vorbehält und den Begriff subsistentia oder Hypostase auf den Gott Logos bezieht. Denn diese führe, wenn auch nicht offen, die Lehre des Theodor von Mopsuestia und des Nestorios von den „zwei Hypostasen oder zwei Personen“ ein, als ob Christus „gleichsam etwas außerhalb der Trinität“ sei. In diesem Sinn lehnen sie ein Verständnis der Einheit in Christus als eine personalis unitio ab und setzen ihr mit Kyrills drittem Anathematismus (CPG 5317) den Begriff eines „Zusammengehens zu einer naturhaften Einheit“ (conventus ad unitatem naturalem) entgegen, von dem aus sie die chalkedonische Formel von „der einen Hypostase oder Person der zwei Naturen“ bzw. „in zwei geeinten Naturen“ begreifen. Kyrills Hauptformel von „der einen inkarnierten Natur des Gott Logos“ widerspreche darum nicht der Definition von Chalkedon, wie schon Flavian von Konstantinopel (CPG 5934) dargelegt habe. Die Skythen akzeptieren den Begriff der persona nur, wenn er als subsistentia aufgefaßt wird und die Hypostase des Gott Logos bedeutet, die „Fleisch geworden ist“ (Joh. 1,14). Hierin stimmen für sie Kyrill und der Tomus Leonis überein: „Gott ist Christus geworden, nicht aber ist Christus Gott geworden, wie die Anhänger des Theodor von Mopsuestia, des Lehrers von Nestorios, sagen“. „Ein und derselbe ist Gott und Mensch“, und diesem „einen sind die Wunder und die Leiden zu eigen“. In dieser Formel, mit der Akakios im Henotikon seine Sicht zusammengefaßt hatte, sehen die Skythen eine angemessene Interpretation des Tomus Leonis. Sie zitieren nicht Leos Aussage über das gemeinsame Wirken der göttlichen und menschlichen Natur, sondern eine Stelle, die in Zukunft immer wieder angeführt werden wird, da sie Gott als Subjekt der Menschwerdung und des Leidens bekennt: Impassibilis deus non dedignatus est homo fieri passibilis, et immortalis mortis legibus subiacere. Denn hier zeige sich, daß Leo mit Kyrills zwölftem Anathematismus (CPGP 5317), der die theopaschitische Formel sanktioniert hat, übereinstimmt.
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Quellen: (1) Brief Justinians an Papst Hormisda (CPG 6870; 9282): CA 196 (siehe 1.4.2), bes. 656,5-19; (2) Johannes Maxentius, Libellus fidei, bes. (a) IX, 14, 182206, hg. v. F. Glorie, CCSL 85A, S. 14f.; (b) X, 17, 207-209, S. 15; XI, 20, 254-263, S. 17; (c) IX, 14, 177-185, S. 14; (d) VIII, 12-13, 152-168, S. 12f. mit VII, 11, 125129, S. 11.; (e) zur Übereinstimmung von Kyrill und Leo: XII 24-25, 304-321, S. 20, greift nach dem ersten Anathematismus Kyrills (XII 23, 299-303) den Tomus Leonis (C. Silva-Tarouca Z. 88) auf; ferner XIII 26, 329-339, S. 21; (3) 3. und 12. Anathematismus Kyrills (CPG 5317): ACO I,1,1, 35,17-21; (4) Libellus Flavians an Kaiser Theodosios (CPG 5934): ACO II,1,1 35,17-21; lat. ACO II,3,1, 5,17-20; II,5, 116,30-34; auch bei Innozenz von Maroneia (CPG 6846) ACO IV,2, 175,12-15; (5) Tomus Leonis (CPG 8922; CPL 1656, ep. 28): hg. v. C. Silvia-Tauroca (siehe 1.3.1), Z. 88; hg. V. E. Schwartz, ACO II,2,1, 28,5-6. Die gleiche Stelle zitiert Innozenz von Maroneia in seinem Bericht „über jene, die ein Bekenntnis zu Christus als unus ex trinitate ablehnen“ (CPG 6847), 7, ACO IV,2, 69,31-32, zur Rechtfertigung von Proklos’ Tomus ad Armenios (CPG 5897). Auch er meint, daß Leo wie Proklos lehre: unius filii tam passiones quam miracula esse (33, 74,26-27). Lit.: V. Schurr, Die Trinitätslehre des Boethius im Lichte der „skythischen Kontroversen“. Paderborn 1935; B. Altaner, Zum Schrifttum der „skythischen“ (gotischen) Mönche, in: Historisches Jahrbuch 72 (1953), 568-581, bes. 568-572; Fr. Glorie, CCSL 85A, S. XXXVf.; A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Band 2/2. Freiburg/Basel/Wien 1989, 333-355.
1.4.4. Justinians Formel „Christi persona in trinitate“ als Absage an die Skythen? Die Formel der Skythen „Einer aus der Trinität ist gekreuzigt worden“, die sie aus Proklos’ Tomus ad Armenios (CPG 5897) aufgriffen, will eine authentische Interpretation Chalkedons gewährleisten. Sie richtet sich gegen jene Chalkedoniker, die ihr in den Augen der Skythen nestorianisches Bekenntnis quasi ex auctoritate synodi beweisen. Die Formel ist nach Johannes Maxentius nicht zweideutig, sofern sie auf Christus gezogen wird: „Unus est Christus de trinitate, qui pro nobis passus est carne“. Diesem Standpunkt schließt sich Justinian, wie schon gesagt, in seinem Brief vom 9. Juli 520 an. Zu dieser Tatsache ist wegen eines verbreiteten Mißverständnisses in der Forschung eine zusätzliche Bemerkung angebracht. Justinian legt nämlich die Formel „Iesus Christus unus in trinitate“ so aus, daß sie mit der Formel „eius persona in trinitate“ gleichwertig ist. Nun geht E. Schwartz, gefolgt z.B. von F. Glorie und A. Grillmeier, davon aus, daß Justinian sich hier gegen die Skythen abgrenze und der Auffassung des
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römischen Legaten Dioskur anschließe. Denn dieser wollte, wie man der Antwort, die Maxentius auf einen Brief des Papstes Hormisda (CA 231) verfaßt hat, entnehmen könne, die Formel „Christus est una persona ex trinitate“, nicht aber „Christus est unus ex trinitate“ zulassen. Diese Auffassung greift Maxentius als Häresie an. Denn er stellt fest, daß Dioskur damit einzig sagen wolle, „Christus hat die persona des Gott Logos“, nicht aber „Christus ist der Gott Logos“, nämlich wirklich unus ex trinitate. Maxentius sagt nicht, daß die Formel Dioskurs einfachhin nestorianisch ist, sondern nur, daß sie dieses ist, wenn sie die Formel der Skythen ausschließen soll. Denn wer glaubt, daß der Gott Logos Christus ist, der akzeptiert beide Formeln: „Der Gott Logos ist Christus, und Christus ist der Gott Logos“. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch des Maxentius’ Dialog mit einem Nestorianer, in dem der des Nestorianismus verdächtigte Chalkedoniker seine Ausgangsposition („Christus est unus ex trinitate“) mit der Formel „Christus est una persona ex trinitate“ genauer faßt. Maxentius läßt diese Antwort nicht gelten, da hier ein zweifacher Personbegriff im Spiel sei. Denn er unterstellt seinem Gegner, daß für diesen Christus „das eine Prosopon, das aus der gnadenhaften Verbindung zweier Personen“, des Gott Logos und des Menschen Jesus Christus, entstanden sei, nicht aber „eine Person aus zwei naturhaft geeinten Naturen“ ist. Mit „naturhaft geeint“ will er ausschließen, daß die menschliche Wirklichkeit Christi zu irgendeinem Zeitpunkt eine eigene Existenz besaß. Denn, wie Maxentius im Dialog mit dem Nestorianer auch sagt, die menschliche Natur ist so von der Person des Gott Logos angenommen, daß „sie seine Natur geworden ist“ und in ihr – „in der einen Person der Naturen des Logos und des Fleisches“ (Joh. 1,14) – existiert. Der Skythe unterscheidet offensichtlich einen zweifachen Begriff, je nachdem ob jemand „eine persona hat“ und ob jemand „eine persona ist“. Damit stimmt überein, daß, wie oben schon gesagt wurde, PersonSein für die Skythen subsistentia bedeutet. Person im eigentlichen Sinn ist, was „in der eigenen subsistentia bleibt“. Der Terminus subsistentia gibt das Wort ѿ½ң̮̯̝̮̥̭ wieder: Jede subsistentia ist persona. Doch eine Natur kann „eine persona haben“, ohne „eine persona oder subsistentia zu sein“. Interessant wäre es für uns zu erfahren, ob und wie der römische Legat bzw. der von Maxentius in seinem Dialog angegriffene Krypto-Nestorianer den Begriff „persona“ interpretiert haben und ob dabei, wie E. Schwartz vermutet hat, der Personbegriff von Papst Leo eine Rolle gespielt hat. Wie es auch mit dem Personbegriff Dioskurs bestellt gewesen sein mag, Justinian grenzt sich von diesem eindeutig ab. Denn er versteht
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unter persona in trinitate den Gott Logos, unus in trinitate. Dieser ist mit Christus identisch und hat darum „im Fleisch gelitten“ (I Petr. 4,1). Am 9. September 520 schickt Justinian eine Gesandtschaft nach Rom, um „eine vollständige Antwort“ des Papstes zu erhalten, ohne aber etwas zu erreichen. Hormisda weist in zwei langen an Kaiser Justin gerichteten Schreiben vom 26. März 521 die Formel „unus de trinitate“ zurück, schweigt aber zur Formel „Christus una persona de trinitate“. Justinian selbst erhält keine Antwort. Seine Enttäuschung hat er nicht verschwiegen: „ignoramus, quae difficultas provenerit“. Quellen: (1) Johannes Maxentius, Libellus fidei (CPL 656; siehe 1.4): III 4, 4451, S. 7; XI 21, 262-263, S. 17; (2) ders., Responsio adversus epistulam Hormisdae (CPL 662): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 46-62; hg. v. F. Glorie, CCSL 85A, 123144 (zitiert I 8, XXVI-XXVII, 348-380, CCSL 85A, S. 134f.); (3) ders., Dialog mit einem Nestorianer (CPL 661): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 14-44; hg. v. F. Glorie, CCSL 85A, 51-110 (zitiert: II, XXI, 1001-1020, CCSL 85A, S. 105f.); (4) Justinians Brief an Hormisda vom 5.7.520 (CPG 6870; 9282): CA 196, 655,3656,30; M. Amelotti/M. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2) 11f. (zitiert: 6, 656,11-15); (5) Justinians Brief an Hormisda vom 9.9.520 (CPG 6873; 9295): CA 235, 715,5716,15; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 14; (6) Justinians Brief an Hormisda, geschrieben nach 9.9.520 (CPG 6872; 9296): CA 243, 743,1-14; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 15; (7) Hormisdas Briefe an Kaiser Justin I. (CPG 9300; 9302; CPL 1683; Jaffé 857; 860): CA 236, 716,16-722,18; 238, 734,1-738,8. Lit.: E. Schwartz, De Iohannis Maxentii libellorum codice unico, ACO IV,2, Praefatio 1, S. X; F. Glorie, CCSL 85A, S. XXXV; A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 340-342.
1.4.5. Der Standort Justinians – eine lateinische Christologie? Nach A. Grillmeier ergibt sich aus den Schriften der skythischen Mönche „ein Gesamtbild einer lateinischen Christologie …, die für Justinian gewissermaßen zum Modell und zum Inhalt seiner weiteren Politik werden konnte“. Es ist nicht zu bestreiten, daß Justinian aus dem lateinischen Sprach- und Kulturgebiet des Balkan stammt. Diese Herkunft könnte eines der Motive gewesen sein, warum ihm und seinem Onkel, Kaiser Justin, schon zu einer Zeit, in der niemand eine Restauration des Imperium im Westen vorhersehen oder anstreben konnte, eine kirchliche Gemeinschaft mit Rom so wichtig war, daß sie dafür mit der Anerkennung der Formula Hormisdae einen Preis zahlten, den Anastasios nicht bereit gewesen war zu zahlen. Doch daß sein Einsatz für die skythischen Mönche mit seiner Herkunft zusammenhängt, läßt sich nicht beweisen
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und ist m.E. eher unwahrscheinlich, wie seine erste Reaktion auf das Auftreten der Skythen nahe legt. Was ihn mit den skythischen Mönchen verbindet, ist sein Anliegen, eine authentische Interpretation Chalkedons sicher zu stellen. Unbestreitbar hat sich Justinian die Formel „Einer aus der Trinität“ zu eigen gemacht, um das Subjekt seines Bekenntnisses zu Christus als dem inkarnierten Gott Logos in aller Deutlichkeit anzugeben. Dadurch unterschied er sich von Zeitgenossen wie Johannes Grammatikos, die dasselbe Anliegen hatten, Chalkedon und Kyrill zugleich gerecht zu werden, ohne aber die Formel „Einer aus der Trinität“ zu gebrauchen. Doch warum hat Justinian sich diese Formel zu eigen gemacht? Diese Frage läßt sich nicht beantworten. Vielleicht empfand er sie als eine Konstantinopolitanische Formel, war sie doch schon von Proklos im Tomus ad Armenios (CPG 5897) und von Akakios im Henotikon (CPG 5999) benutzt worden. Die Kirchenpolitik Justinians verfolgte von Anfang an das Ziel, die Anerkennung von Chalkedon im Reich durchzusetzen. Hatte Severos von Antiochien in den Jahren 512 bis 518 über die Grenzen seines Patriarchats hinaus dafür gesorgt, daß ihm gleichgesinnte Bischöfe eingesetzt wurden, so standen die Jahre seit Juli 518 im Zeichen einer Gegenbewegung, die E. Honigmann als „Ausrottung der severianischen Hierarchie (518-538)“ beschrieben hat. Lit.: A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 343f.; E. Honigmann, Evêques et évêchés monophysites d’Asie antérieure au VI siècle, CSCO 127, Subsidia 2. Louvain 1951; W.H.C. Frend, The Rise of the Monophysite Movement. Cambridge/London 1972; zur Vertreibung der Monophysiten aus den Klöstern Palästinas vgl. L. Perrone, La chiesa di Palestina e le controversie cristologiche. Dal concilio di Efeso (431) al secondo concilio di Constantinopoli (553) [Testi e ricerche di Scienze religiose 18]. Brescia 1980, 186f.
2. Justinian als Autokrator – Kirchenpolitik bis zum endgültigen Bruch mit den Monophysiten (527-536) Justinian war seit April 527 offiziell Mitkaiser und wurde nach dem Tod seines Onkels (August 527) Alleinherrscher. Doch läßt sich seine Politik, vor allem die Kirchenpolitik, nicht ohne den Einfluß, den die Kaiserin Theodora ausübte, verstehen. Der byzantinische Chronist Zonaras kennzeichnet die Regierungsform bis zum Tod Theodoras (548) als eine Doppelherrschaft. Nach Evagrios Scholastikos, dem Kirchenhistoriker, vertrat Justinian die Sache der Chalkedoniker, Theodora die Interessen der Monophysiten (IV 10). Mancher Zeitgenosse wird sich wohl dem
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Urteil Prokops von Kaisareia angeschlossen haben, der in diesem Vorgehen eine klug bedachte Strategie sah. „Denn solange sie lebten, tat keiner etwas ohne den anderen“, und insbesondere im Umgang mit den Anhängern und Gegnern von Chalkedon hätten sie ihr Handeln stets aufeinander abgestimmt.
2.1. Nestorianer in Konstantinopel Ins Frühjahr 527 noch zu Lebzeiten Justins I. fällt eine Episode, die auf die Existenz religiöser Randgruppen und die Anwesenheit von aus Persien stammenden Nestorianern in Konstantinopel hinweist. Ein Lehrer der Manichäer, Photeinos, mußte „auf Geheiß der beiden Herrscher“ vor dem Stadtpräfekten von Konstantinopel seine Überzeugungen in einem Disput gegen einen christlichen Theologen, Paul der Perser genannt, verteidigen. In drei Diskussionsrunden über den Ursprung der Seele, über den Gegensatz zwischen der manichäischen Auffassung zweier ewiger ungewordener Prinzipien des Guten und Bösen und der christlichen Schöpfungslehre sowie über die Bibel als gemeinsames Fundament beider Religionen, vor allem über die Bedeutung des Alten Testaments blieb Photeinos des öfteren die Antwort schuldig und verstummte. Als Ketzer war er von vornherein in einer aussichtslosen Position. Schließlich gab er sich geschlagen und schwieg. Daraufhin wurde ihm das Protokoll seiner Aussagen verlesen, das wohl mit der Wiedergabe des Disputs identisch ist (CPG 7010), die Paul der Perser in sein umfangreiches Dossier aufgenommen hat. Im Disput insistierte Paul darauf, daß die Taufe Jesu Christi den entscheidenden Einschnitt in der Heilsgeschichte bedeutet. Denn mit ihr ist das Ende des Alten Testaments und „der Beginn der Gnade“ eingetreten. An dieser Stelle zeigt sich, wie schon G. Mercati bemerkt hat, eine Abhängigkeit von einer Sicht der Heilsgeschichte, wie sie Theodor von Mopsuestia in seiner Katastasenlehre vertreten hat. Darum dürfte Paul der Perser ein Nestorianer und, wie der Name sagt, ein Untertan des Persischen Reichs gewesen sein. Vermutlich war er und kein Konstantinopler Theologe zu diesem Disput aufgefordert worden, weil er zum einen auf Grund seiner Herkunft mit der Verteidigung der christlichen Schöpfungs- und Erlösungslehre gegen einen metaphysischen Dualismus vertraut und zum anderen in Hofkreisen Konstantinopels bekannt war. Letzteres legt es nahe, daß er auch der Verfasser eines Schulbuchs gewesen ist, einer „Einleitung in die biblische Theologie“, die der quaestor sacri palatii Junillus (bzw. Junilius) zwischen 541 und 548, wahrscheinlich aber noch, bevor 543 die Frage der Drei Kapitel akut
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wurde, für den in Konstantinopel weilenden Bischof Primasius von Hadrumentum übersetzt hat (CPG 7015). Der Verfasser des Handbuchs ist ein Lehrer der Schule von Nisibis gewesen, an der nach der Schließung der Schule von Edessa unter Kaiser Zenon (489) der hohe Klerus der nestorianischen Kirche Persiens im Geist der antiochenischen Exegese ausgebildet wurde. Manche Forscher haben ihn mit Paul von Basra, dem späteren Metropoliten von Nisibis (554-571/3), identifiziert, dem wir noch als Gesprächspartner Justinians nach dem Frieden von 561 begegnen werden. Ob es sich aber bei dem im Frühjahr 527 in Konstantinopel weilenden Perser Paul und Paul von Basra um dieselbe Person handelt, läßt sich durch keine Quelle belegen. Doch sei angemerkt, daß Mar Aba, der spätere Katholikos der persischen Kirche (540-552) und Lehrer Pauls von Basra, in eben dieser Zeit eine Reise in den Westen unternahm, in Alexandrien, wie Kosmas Indikopleustes kurz nach 544 bezeugt, exegetische Vorlesungen im Geist Theodors von Mopsuestia hielt und danach über Konstantinopel, wo er ein Jahr lang „den wahren Glauben“ gelehrt haben soll, 531/532 nach Persien zurückkehrte. Er soll, wie es heißt, Konstantinopel verlassen haben, um sich einem Religionsgespräch mit Justinian zu entziehen. Quellen: (1) Paul der Perser, Disput mit dem Manichäer Photeinos (CPG 7010): PG 88, 529-552; (2) Dossier von Paul dem Perser (CPG 7011-7013): PG 88, 552574; (3) desselben Einleitung zur biblischen Theologie (Instituta regularia divinae legis: CPG 7015): hg. v. H. Kihn, Theodor von Mopsuestia und Junilius Africanus als Exegeten. Freiburg 1880, 465-528; (4) Kosmas Indikopleustes, Topographia christiana (CPG 7468): hg. v. W. Wolska-Conus, Cosmas Indicopleustès. Topographie chrétienne, I-III, SChr 141, 159, 197. Paris 1968-1973 (zitiert: II, 2-4, SChr 141, 307-309); (6) Vie de Mara Aba, hg. v. P. Bedjan, in: Histoire de Mar-Jabalaha, de trois autres patriarches, d’un prêtre et de deux laïques nestoriens. Paris/Leipzig 1895, 206-274, bes. 221f.; (7) Histoire nestorienne, hg. v. A. Scher, PO 7,2, 154170, bes. 156. Lit.: G. Mercati, Per la vita e gli scritti di „Paolo il Persiano“. Appunti da una disputa di religione sotto Giustino e Giustiniano, in: Note di letteratura biblica e cristiana antica [Studi e Testi 5]. Città del Vaticano 1901, 180-206; P. Peeters, Observations sur la vie syriaque de Mar Aba, catholicos de l’église perse (540552)[Studi e Testi 125]. Città del Vaticano 1946, 69-112 (Subsidia hagiographica 27. Bruxelles 1951, 117-163); A. Vööbus, History of the School of Nisibis, CSCO 266, Subsidia 26. Louvain 1965; A. Guillaumont, Justinien et l’église de Perse, in: Dumbarton Oaks Papers 23/24 (1969/70), 39-66, bes. 45-48; J.M. Fiey, Nisibe, métropole syriaque orientale et ses suffragants des origines à nos jours, CSCO 388. Louvain 1977, 51-55; W.A. Bienert, Die „Instituta regularia“ des Junilius (Junillus) Africanus. Ein nestorianisches Kompendium der Bibelwissenschaft im Abendland,
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in: M. Tamcke/W. Schwaigert/E. Schlarb (Hgg.), Syrisches Christentum weltweit. Festschrift Wolfgang Hage [Studien zur Orientalischen Kirchengeschichte 1]. Münster 1995, 307-324, bes. 314-318.
In derselben Zeit verließen die Lehrer der platonischen Akademie in Athen das Byzantinische Reich, um in Persien, wenn auch nur für kurze Zeit, eine neue Heimat zu finden. Kaiser Justinian hatte ihnen als Heiden 529 das Lehrrecht entzogen und die Akademie geschlossen. Damit verlor die pagane Tradition ihre letzte institutionelle Basis. Als Hort philosophischen Denkens blieb nach 529 nur mehr Alexandrien, dessen Lehrer sich als Christen verstanden und sich weitgehend, sieht man von Johannes Philoponos ab, auf das Kommentieren des Aristoteles beschränkten.
2.2. Versuch einer Annäherung: Die Collatio cum Severianis im Jahre 532 Für die Bevölkerung von Konstantinopel stand das Jahr 532 unter dem Schock des Nika-Aufstands, der am 18. Januar, einem Sonntag, mit einem furchtbaren Blutbad geendet und Justinian beinahe Thron und Leben gekostet hat. Von der Öffentlichkeit unbemerkt, fand in jenem Jahr im Hormisdas-Palast ein vom Kaiser organisiertes Religionsgespräch zwischen Vertretern der chalkedonischen Reichskirche und der von ihren Sitzen vertriebenen monophysitischen Hierarchie des Patriarchats Antiochien statt, über das wir durch Berichte beider Parteien gut informiert sind. In jenem Jahr 530, in dem die Offensive Belisars im Osten erste Erfolge brachte, die zum „ewigen Frieden“ mit Persien (532) führen sollten, zeigten Unruhen gegen den antiochenischen Patriarchen Ephräm (527-545), daß die Sympathien weiter Kreise, vor allem der Mönche, nicht dem Bekenntnis von Chalkedon galten. Darum startete Justinian einen Versuch, einen Prozeß der Annäherung einzuleiten und vielleicht einen modus vivendi zu finden, der zwei konkurrierende Hierarchien vermied. Ersteres mißlang, letzteres scheint nicht ohne jeden Erfolg gewesen zu sein, auch wenn dieser nur von recht kurzer Dauer gewesen ist. Zu diesem Zweck organisierte Justinian in Konstantinopel ein Religionsgespräch. Den Vertretern der Reichskirche gab der Kaiser den Auftrag, sich mit denen, „die sich mit dem Bischof Severos von der Kirche getrennt haben, über das, was sie anders auffassen (ambigunt), in aller Friedfertigkeit und Geduld zu vergleichen (ut … conferatis)“. Da
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Severos der Einladung des Kaisers nicht gefolgt war, konnte die Collatio als Versuch eines Vergleichs nicht auf Topniveau durchgeführt werden. Justinian versicherte sich zuerst der Mitwirkung der Monophysiten. Er hatte mit den in syrischen Klöstern untergetauchten Bischöfen in zwei Schreiben Kontakt aufgenommen. Erst nachdem sie in Konstantinopel eingetroffen waren, bestimmte er die chalkedonischen Gesprächspartner unter der Leitung des Bischofs Hypatios von Ephesos. Da nur drei dieser Bischöfe zu diesem Zeitpunkt in Konstantinopel anwesend waren, dauerte es einige Tage bis zur Eröffnung der Collatio, die der Kaiser nutzte, um mit den Monophysiten persönlich in zwei Treffen zu verhandeln. Dabei übergaben ihm die Monophysiten eine kurze Erklärung ihres Glaubensbekenntnisses, ½̧̣̬̫̱̫̬ҡ̝ bzw. ъ̡̦̤̮̥̭ genannt. Der Kaiser nahm dieses Dokument nicht offiziell zur Kenntnis, sondern sagte: „Ich will es lesen, wenn ich Zeit dazu finde“. Doch gab er es an Hypatios von Ephesos und den Patriarchen Epiphanios von Konstantinopel (520-535) weiter und legte zugleich die Verfahrensweise der Konferenz fest, auf der er sich selbst durch den Patrikios Strategios vertreten ließ, der zu diesem Zeitpunkt die Geschäfte des magister officiorum wahrnahm. Dessen Vater hatte sich von einem Gegner zu einem Anhänger von Chalkedon bekehrt, wie Strategios zu Beginn der Konferenz, an die Syrer gewandt, erzählt. Der Patriarch von Konstantinopel wurde bei der Collatio von seinen beiden Synkelloi und dem einflußreichen Presbyter Eusebios, dem Schatzmeister der Hagia Sophia, und jener von Antiochien durch seine Apokrisiare, d.h. seine in Konstantinopel anwesenden Geschäftsträger, vertreten. Ferner nahm am Gespräch Leontios, der Apokrisiar der Mönche Palästinas, teil; ob er vom Kaiser dazu eingeladen war, um den Patriarchen von Jerusalem zu vertreten, ist in der Forschung umstritten. Durch diese Geschäftsordnung war vermieden, daß der Kaiser und die chalkedonische Reichskirche zum einen durch den Gang der Konferenz und zum anderen im Nachhinein zu dieser publizistisch in Schwierigkeiten gebracht werden konnten. Sollte die Collatio aber zu einer Annäherung der Standpunkte führen, dann konnte sie Ausgangspunkt für künftige Gespräche sein. Nach dem Willen des Kaisers sollten die syrischen Bischöfe ihre Kritik an Chalkedon vortragen, und die chalkedonische Delegation sollte ihnen Rede und Antwort stehen. Der Gang der Konferenz muß hier nicht im einzelnen dargestellt werden. Die Monophysiten forderten eine Antwort auf die Ekthesis, die sie dem Kaiser übergeben hatten. Hypatios sah im Angriff die beste Verteidigung. Mit seinem Versuch, die Monophysiten auf eine Verurteilung des Eutyches festzulegen und gegen die zweite Synode von Ephesos (449) und somit gegen Dioskur von Alexandrien auszuspielen, ging es
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ihm darum, die Syrer zum Eingeständnis zu bringen, daß die Synode von Chalkedon „zurecht einberufen worden war“. So aber lief die Konferenz am zweiten Tag auf eine offene Konfrontation hinaus. Die Syrer versuchten zu Beginn dieser Sitzung mit dem Verlesen ihrer Ekthesis auf das vom Kaiser festgelegte Thema zurückzukommen. Unvermeidlich kam es so zu einer Diskussion über das von ihnen vorgelegte Florileg zu Kyrills ̨ҡ̝ ̱ҥ̮̥̭ ̯̫ԉ ̡̤̫ԉ ̧ң̟̫̰ ̴̡̨̮̮̝̬̦ҝ̩̣. Diese lief auf die Frage hinaus, wie die von Kyrill mit den Orientalen 433 geschlossene Union zu verstehen und in welchem Umfang Kyrill selbst zu rezipieren sei. Hypatios ließ nur die durch die Synode von Ephesos bestätigten zwei sog. Synodalbriefe Kyrills (CPG 5304; 5339), die in der Einleitung zur Definition von Chalkedon ausdrücklich genannt worden waren, als Norm gelten und wies damit den dritten Brief Kyrills an Nestorios mit seinen zwölf Anathematismen (CPG 5317) zurück, der in Chalkedon gegen den Tomus Leonis geltend gemacht, doch nicht in die Definition aufgenommen worden war. Unentscheidbar ist, ob diese durch das Florileg der Syrer angeregte Diskussion vor oder nach jener Auseinandersetzung um die Frage stattfand, ob die Synode von Chalkedon den Brief des Ibas von Edessa an den Perser Mari (CPG 6500) akzeptiert und Theodoret von Kyros trotz seiner nach 433 verfaßten Schriften gegen Kyrills Anathematismen (CPG 6214) in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen hat. Nach Hypatios hat das Konzil von Chalkedon beide Fragen „strenger geprüft, als es Kyrill getan hat“. Doch will er in diesem Zusammenhang nicht Theodoret verteidigen, sondern das Konzil von Chalkedon. Wahrscheinlich stimmt der Bericht der Syrer, daß Hypatios am folgenden Tag ein patristisches Florileg vorlegen wollte. Doch nun griff Justinian ein. Das Gespräch wurde am dritten Tag nicht fortgesetzt. Vielmehr wurden die Parteien zu einer Audienz beim Kaiser eingeladen. Innozenz von Maroneia berichtet nichts Inhaltliches über den Verlauf dieses die Konferenz abschließenden Empfangs. Er konnte deshalb davon absehen, weil er seinem Adressaten die Kopie eines Briefes beigelegt hat, den der Kaiser an den Patriarchen Ephräm von Antiochien geschickt hatte. Nach dem im Syrischen überlieferten Bericht ließ sich Justinian nicht auf eine Diskussion der Ekthesis und des Verlaufs der Collatio ein, sondern suchte die Meinung der monophysitischen Bischöfe zu erkunden, unter welchen Bedingungen sie „eine Union aller Patriarchen“ für möglich hielten. Auf diese Frage geht der von F. Nau edierte Bericht näher ein. Der Sache nach halten die Syrer an den Bedingungen fest, die sie in ihrer Ekthesis und am ersten Tag der Konferenz genannt hatten. Sie fordern ein Anathem gegen die Zwei-Naturen-Lehre, gegen den Tomus Leonis und gegen das, „was in Chalkedon gegen den wahren
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Glauben geschah“, nämlich die Rezeption des Briefes, den Ibas von Edessa an den Perser Mari geschrieben hat, und die Aufnahme von Ibas und Theodoret in die kirchliche Gemeinschaft. Doch schlagen sie darüber hinaus einen ersten Schritt vor: Die libelli der Römer, die von allen zur Zeit amtierenden Bischöfen unterschrieben wurden, sollten nicht mehr gelten. Unter „zwei Naturen“ versteht die Ekthesis der Syrer „zwei Hypostasen“, so daß sie diese Formel mit dem Namen des Nestorios verbindet. Sie selbst bekennt sich zu „der einen Natur und Hypostase des inkarnierten Gott Logos“. Die hypostatische Einung, das Bekenntnis zum ̬̥̮̯̓Ң̭ ̮ҥ̡̩̤̯̫̭, schließe eine „Trennung“ (̠̥̝ҡ̡̬̮̥̭) und darum Chalkedons „in zwei Naturen“ aus. Dem entspricht bei Innozenz von Maroneia ihre Aussage, daß die Formel „aus zwei Naturen“ nichts anderes bedeute als Kyrills ̨ҡ̝ ̱ҥ̮̥̭ ̯̫ԉ ̡̤̫ԉ ̧ң̟̫̰ ̴̡̨̮̮̝̬̦ҝ̩̣ und daß Chalkedons „in zwei Naturen“ zwei Personen und zwei Hypostasen meine. Dem Agit enim utraque forma des Tomus Leonis stellt die Ekthesis die Formel der „einen Energie (̨ҡ̝ ц̩ҝ̡̬̟̥̝) des Gott Logos“ entgegen, die sowohl in den göttlichen Taten Christi (̯Қ ̡̤̫½̡̬½Ӭ) als auch in den Niedrigkeitsaussagen (̯Қ ̯̝½̡̥̩қ ̡̯ ̦̝Ҡ ж̩̤̬ҧ½̥̩̝) erkannt wird. Obwohl Justinian einsehen mußte, daß der Versuch eines Vergleichs gescheitert war, gab er sich nach dem von F. Nau edierten Bericht nicht geschlagen. Er bot eine eigene Unionsformel an. Er nannte die Erfüllung von sechs Bedingungen: (1) Außer Nestorios und Eutyches sollten auch Diodor von Tarsos, Theodor von Mopsuestia, Theodoret von Kyros und Ibas von Edessa verurteilt werden. (2) Kyrills dritter Brief an Nestorios mit seinen zwölf Anathematismen (CPG 5317) sollte für eine authentische Interpretation der Definition von Chalkedon akzeptiert werden. (3) Kyrills Bekenntnisformel von der ̨ҡ̝ ̱ҥ̮̥̭ ̯̫ԉ ̡̤̫ԉ ̧ң̟̫̰ ̴̡̨̮̮̝̬̦ҝ̩̣ sollte zugleich mit jener von den „zwei geeinten und untrennbaren Naturen“ gelten, so daß nestorianische Ansichten eindeutig ausgeschlossen sind. (4) Die Synode von Chalkdon sollte akzeptiert werden, sofern sie Eutyches verurteilt hat. Doch sollten die Monophysiten nicht verpflichtet sein, die eigentliche Definition von Chalkedon zu übernehmen. Im Zusammenhang mit der dritten Bedingung heißt dieses, daß sie nicht den Wortlaut der Definition, wohl aber eine Interpretation derselben akzeptieren sollten, die ein nestorianisches Verständnis ausschließt. (5) Die Monophysiten sollten ihr Anathem gegen den Tomus Leonis zurücknehmen.
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(6) „Die libelli der Römer“ sollten nicht suspendiert werden. M.a.W. die seit 519 wieder hergestellte kirchliche Gemeinschaft mit Rom sollte nicht gefährdet werden. Daß dieser Katalog von Justinian zusammengestellt wurde, ist nicht unglaubwürdig. Er paßte in seine Auffassung einer authentischen Interpretation der Definition von Chalkedon und suchte einen Minimalkonsens zu umschreiben, der das eigentliche Anliegen beider Parteien festhielt und darum von jeder Konfession Zugeständnisse verlangte. Der Katalog forderte von beiden Gruppen ein realpolitisches Denken und darum Bereitschaft zum Kompromiß. Es wundert darum nicht, daß er bei den Syrern auf Ablehnung stieß. War eine Annäherung der Standpunkte in der Frage des Glaubensbekenntnisses ausgeschlossen, so scheint es dennoch nach Abschluß der Collatio zu einer Art Vertrag gekommen zu sein, der für eine kurze Zeit dazu führte, daß die von ihren Sitzen vertriebenen syrischen Bischöfe aufhörten, Kleriker für jene Städte zu weihen, in denen chalkedonische Bischöfe saßen. Auch wenn der Bericht des Innozenz von Maroneia nichts zu dieser Frage berichtet, so dürften die syrischen Quellen glaubwürdig sein. Zumindest spricht die hagiographische Überlieferung zu Johannes von Tella, einem der syrischen Bischöfe, die an der Collatio teilgenommen haben, dafür. Dieser hatte solche Weihen vorgenommen und prophezeit, daß eine Zeit käme, in der diese Weihen nicht mehr stattfinden könnten. Diese Prophezeiung hat sich nach Johannes von Ephesos in den auf die Collatio folgenden Jahren erfüllt. Was dieses konkret heißt, ist eine andere Frage. Sollte sich Justinian nach der Collatio mit den syrischen Teilnehmern tatsächlich in der Frage der Weihen geeint haben, so war eine solche Absprache schnell durch die Ereignisse der folgenden Jahre überholt, die zum Aufbau einer monophysitischen Gegenkirche führten. Die Absicht des Kaisers, mit der Collatio eine Annäherung der Standpunkte zu erreichen, war nicht nur an den Syrern gescheitert. Dieses zeigt sich vor allem bei der Diskussion der Anathematismen Kyrills. Wie an Justinian berichtet worden war, hatten sich die Chalkedoniker geweigert, die sog. theopaschitische Formel „der Gott Logos hat im Fleisch gelitten“ zu akzeptieren und zu bekennen, daß „die Wunder und die Leiden“, d.h. die biblischen Hoheits- und die Niedrigkeitsaussagen, „ein und derselben Person“ zuzuschreiben sind bzw. von dieser gewirkt wurden. Dieses führte zu einem Nachspiel. Justinian bat Hypatios von Ephesos und den Patriarchen Epiphanios von Konstantinopel zu sich und forderte von Hypatios eine Rechtfertigung. Hypatios unterscheidet in seiner Antwort zwischen der Person Christi und den Naturen: Wunder und Leiden sind von ein und derselben Person Christi auszusagen. Das
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Leiden vollzieht sich „im Fleisch“, nicht in der Gottheit. Doch das Bekenntnis zum „Einen aus der Trinität“ entspricht dem ѳ̨̫̫ҥ̮̥̫̭ ̯ԗ ½̝̯̬ҡ des Symbols von Nikaia und gilt der Person Christi „im Hinblick auf seine Gottheit“. Hypatios unterscheidet die Prädikate (̦̝̯қ ̯̥), spricht aber nicht über das Subjekt der Aussagen (̦̝̯қ ̯̥̩̫̭). M.a.W. er betrachtet die Formel unus ex trinitate als Prädikat, das secundum divinitatem ausgesagt wird, nicht aber als Subjekt, über das Göttliches secundum divinitatem, Menschliches secundum humanitatem ausgesagt wird. Als Subjekt nennt er die Person Christi. Insofern kann er sich zur theopaschitischen Formel der skythischen Mönche bekennen. Ob er aber „den Einen aus der Trinität“ auch als „die eine Person und Hypostase“ von Chalkedon und die Person Christi als die menschgewordene Hypostase des Gott Logos im Sinn Kyrills aufgefaßt hat, bleibt offen, auch wenn er auf Grund von Kyrills zweitem Brief an Sukkensos (CPG 5346) Chalkedons Definition als eine Aussage über „zwei in einer Person existierende Naturen“ rechtfertigt, wobei es ihm primär um die duae naturae existentes bzw. subsistentes ging. Diese Undeutlichkeit wird vernachlässigt, wenn man Hypatios einfachhin als einen „strengen Chalkedoniker“ kennzeichnet. Justinian scheint das, was Hypatios nicht gesagt hat, nicht bemerkt zu haben. Denn nach Innozenz’ Bericht hat er dieser Darstellung des Hypatios nichts entgegengesetzt oder hinzugefügt. So wird es verständlich, warum er den Bischof von Ephesos mit dem Bischof Demetrios von Philippi im Juni 533 zu Papst Johannes II. (533-535) schickte, um Roms Anerkennung der theopaschitischen Formel sicher zu stellen. Quellen: (1) Innozenz von Maroneia, Epistula ad Thomam presbyterum Thessalonicensem de collatione cum Severianis habita (CPG 6846; 9311): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 169-184; (2) Pleriphoria sive epistula episcoporum monophysitarum ad Iustinianum imperatorem (CPG 6849, 9310) bei Ps. Zacharias Rhetor (CPG 6995) IX 15: hg. v. E.W. Brooks, Historia Ecclesiastica Zachariae rhetori uulgo adscripta II, CSCO 87. Louvain 21953, 115-123 (syr.); 88. Louvain 21953, 79-84 (lat. Übers.); verbesserte Übersetzung: W.H.C. Frend, The Rise of the Monophysite Movement. Cambridge 1972, 362-366; (3) Bericht der Severianer in Codex Harvard syr. 22, hg. v. S. Brock, The Conversations with the Syrian Orthodox under Justinian (532), in: Orientalia Christiana Periodica 47 (1981), 92-113; (4) vom Standpunkt der Severianer verfaßter Bericht im Codex British Library Add. 12.155, hg. v. F. Nau, Documents pour servir à l’histoire de l’Église nestorienne II: Textes monophysites, PO 13 (1919), 192-196, neu übersetzt von S. Brock, a.a.O., 113-117; (5) Antwort des Severos an Kaiser Justinian: Ps. Zacharias Rhetor (CPG 6995) IX 16, hg. v. E.W. Brooks, CSCO 88. Lovanii 1924, 85,1-90,15 (zitiert: 80,22; 81,3-5); (6) zur zitierten Formel des Tomus Leonis siehe 1.31; (7) zu den von Johannes von Tella vorgenommenen
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Weihen vgl. (a) Elias, Vita Iohannis episcopi Tellae, hg. v. E.W. Brooks, Vitae virorum apud Monophysitas celeberrimorum, CSCO 8. Louvain 21955, 38,34-39,4; (b) Johannes von Ephesos, Vita Iohannis Tellae, hg. v. E.W. Brooks, John of Ephesus, Lives of the Eastern Saints, PO 18,4 (1924; 21983) 524. Lit.: S. Brock, The Conversations with the Syrian Orthodox under Justinian (532), in: Orientalia Christiana Periodica 47 (1981), 87-121; J. Speigl, Das Religionsgespräch mit den severianischen Bischöfen in Konstantinopel im Jahre 532, in: Annuarium Historiae Conciliorum 16 (1984), 264-285; A. Grillmeier (siehe 1.1), 370-375; ders. (siehe 1.4.3), 244-262. – Zum Datum der Collatio E. Honigmann (siehe 1.4.5), 150; E. Stein (siehe Bibl.) II, 378. Zur Beurteilung des Nika-Aufstands und Prokop, Anekdota, X 15-18: A. Cameron, Circus Factions: Blues and Greens at Rome and Byzantium. Oxford 1976; G. Greatrex, The Nika Riot: A Reappraisal, in: Journal of Hellenic Studies 117 (1997), 60-86. Zur Rezeption Kyrills in Chalkedon, bes. zu CPG 5317 vgl. K.-H. Uthemann oben zu 1.3.1. Zur Frage der Aussagenlogik vgl. ders., Definitionen und Paradigmen in der Rezeption des Dogmas von Chalkedon bis in die Zeit Kaiser Justinians, in: Chalkedon: Geschichte und Aktualität, hg. v. J. van Oort/J. Roldanus. Leuven 1997, bes. 83-87.
2.3. Die Wende Roms in der Frage der theopaschitischen Formel Justinian hatte am 15. März 533 zur Abwehr des Nestorianismus bzw. einer nestorianischen Interpretation der Definition von Chalkedon in einem als Edikt veröffentlichten Glaubensbekenntnis die theopaschitische Formel betont: Christus ist „der Eine aus der Trinität (̡ѩ̭ ̯Ӭ̭ ̯̬̥қ̠̫̭), der … gekreuzigt wurde“. Justinian begründet diese Formel aus der hypostatischen Union (ѓ ̦̝̤’ ѿ½ң̮̯̝̮̥̩ ы̴̩̮̥̭), die eine Trennung in zwei Subjekte, in den Gott Logos und in Christus, ausschließt. In dieser Einheit liegt begründet, daß wir erkennen, daß die Wunder und die Leiden, d.h. die Hoheits- und die Niedrigkeitsaussagen der Schrift, „ein und demselben“ – dem ̡ѩ̭ ̯Ӭ̭ ̯̬̥қ̠̫̭ – „gehören“, d.h. über diesen auszusagen sind. Weil die Nestorianer diese Einheit des Subjekts leugnen, erweitern sie mit ihrem Bekenntnis zu Christus die Trinität zur Tetrade. Damit greift er ein in der Polemik gegen Nestorios und seine Anhänger stereotyp wiederholtes Argument auf. In seinem Brief an Papst Johannes II. vom 6. Juni 533, den er Hypatios von Ephesos mit auf den Weg gegeben hat, wiederholt Justinian diesen Gedankengang. Für seine Sicht der hypostatischen Union interessant ist die Tatsache, daß er diesen Terminus als „Einheit in einer Hypostase“ (in una subsistentia unitas) übersetzt. Aus diesem Brief erfahren wir auch, daß es sich bei den bekämpften Nestorianern um Verteidiger des Konzils von Chalkedon handelt, nämlich um die
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Akoimeten in Konstantinopel, denen eine nestorianische Interpretation der Definition dieser Synode unterstellt wird. Sie haben sich an den Papst gewandt, um ihn für ihre Ansicht zu gewinnen. Den Schlüssel zu einem authentischen Verständnis der Definition von Chalkedon sahen sie nicht in der Rezeption der Christologie Kyrills, sondern in einem Bekenntnis zu den zwei Naturen, zu Christus als „Gott und Mensch zugleich“, und damit in einer antiochenischen bzw. Leonischen Rezeption von Chalkedon. Dieses dürfte damit zusammenhängen, daß die Klostergemeinschaft der Akoimeten sich aus drei Sprach- und Kulturräumen rekrutierte, die „das ewige Gebet“ in ihren Chören verwirklichten: Sie bestand aus Griechen, Lateinern und Syrern. E. Schwartz nannte ihr Kloster „die traditionelle Trutzburg der streng chalkedonischen mit Rom in enger Verbindung stehenden Fronde gegen Hof und Patriarchat von Konstantinopel“. Darum erstaunt es, daß Papst Johannes II. in seiner Antwort an Justinian vom 25. März 534 den Akoimeten die kirchliche Gemeinschaft aufkündigt und sich dem Kaiser und dem Patriarchen von Konstantinopel, der die Akoimeten schon 533 exkommuniziert hatte, anschließt. Zur unmittelbaren Vorgeschichte, die zu diesem Vorgehen gegen die Akoimeten geführt hat, gehört höchst wahrscheinlich die jüngste Schicht der fingierten Korrespondenz mit und über Petros den Walker (CPG 6525), mit der gegen die theopaschitische Formel polemisiert wurde. Im Jahre 533 auf 534 sahen R. Riedinger und A. Grillmeier das Schicksalsjahr der Akoimeten, das „jähe Ende“ ihres Einflusses in Konstantinopel. Diese Aussage wird der Geschichte der Akoimeten nicht gerecht, deren Gemeinschaft schon vor 533 nicht mehr die Dynamik der drei ersten Generationen besaß und auch nach 533 weiter existierte, ja mit ihrer hervorragenden Bibliothek im Streit um die Drei Kapitel eine nicht unbedeutende Rolle spielen sollte: Facundus von Hermiane hat dort 546/548 seine Argumente pro defensione trium capitulorum zusammengestellt, und der Diakon Rusticus hat um 565 ebenda das umfangreiche Material für sein Synodicon gefunden. Hatte im Jahre 520 Justinian von Papst Hormisda keine Antwort erhalten, als er sich für die theopaschitische Formel einsetzte, und hatte Hormisda damals gegenüber Kaiser Justin I. und dem neuen Patriarchen von Konstantinopel, Epiphanios, deutlich zur Kenntnis gegeben, daß es genüge, sich auf die Aussagen des Konzils von Chalkedon zu beschränken, so vollzieht Papst Johannes II. mit seinem Brief vom 25. März 534 eine Wende. Wie sehr er sich der Begründung Justinians anschließt, zeigt eindrücklich sein Brief an den römischen Senat am Hof in Ravenna. Mit Zitaten aus Bibel und Vätern belegt er die Rechtgläubigkeit von Justinians Sicht der theopaschitischen Formel: Christus ist „Einer aus der Trinität“, nämlich eine der drei göttlichen Personen, und darum hat
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„Gott im Fleisch gelitten“. Inzwischen hatte Rom Kyrill ein wenig aus den Übersetzungen des Dionysius Exiguus kennengelernt, und der Papst zitiert aus diesen Kyrills zwölften Anathematismus (CPG 5317). Er scheint selbst die Formel „aus zwei Naturen“ nicht vermeiden zu wollen, die in Chalkedon für Rom noch Stein des Anstoßes gewesen ist: „Christus unser Herr ist, wie wir oft gesagt haben, Einer der heiligen Trinität, aus zwei Naturen zu erkennen“. Der Papst will jede nestorianisierende Interpretation des Subjekts des Christusbekenntnisses – des unus ex trinitate – ausschließen. Darum lehnt er eine Präexistenz der menschlichen Wirklichkeit Christi, mit Joh. 1,14 „Fleisch“ genannt, vor der hypostatischen Einung ab. Nicht im voraus zur Einung mit der Hypostase des Gott Logos, sondern zugleich mit der Einung wurde der Mensch Jesus geschaffen. Der Sache nach ist dieses der Gedanke, daß die menschliche Natur Christi einzig „in der Hypostase des Logos existiert“, und der Ausgangspunkt für den von Theologen des 6. Jahrhunderts benutzten Begriff der Enhypostasie. Selbstverständlich betont der Papst die Autorität seines Vorgängers Papst Leo I. Doch interpretiert er in seinem Brief an den Senat den Tomus ad Flavianum als Vorläufer der theopaschitischen Formel. Er zitiert eben jene Stelle, die schon Justinian angeführt hatte: Impassibilis deus non dedignatus est homo fieri passibilis. Rom hat sich 534, als Belisar nach dem siegreichen Feldzug gegen die Vandalen (533) zur Rückeroberung Italiens ansetzte, jener Rezeption der Synode von Chalkedon geöffnet, für die sich die skythischen Mönche und Johannes Grammatikos, Justinian, die Patriarchen Ephräm von Antiochien und Epiphanios von Konstantinopel und die Kirche von Jerusalem je auf ihre Weise eingesetzt hatten. Eine einheitliche Interpretation der Definition von Chalkedon schien sich nun allgemein bei den Anhängern des Konzils durchgesetzt zu haben, sollte die römische Position für den ganzen Westen verbindlich sein. Quellen: (1) Brief Justinians vom 15.3.533 (CPG 9313): Codex Iustinianus, I,1,6, hg. v. P. Krüger, Codex Iustinianus (Corpus Iuris Civilis, vol. II). Berolini 1877, 7f.; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 32-35 (zweisprachige Ausgabe; griechisch aus Chronicon Paschale (CPG 7960), ed. L. Dindorf, I. Bonn 1832, 630-633, wiedergegeben in PG 92); (2) Brief Justinians vom 26.3.533 an Patriarch Epiphanios (CPG 9314): Codex Iustinianus I,1,7, hg. v. P. Krüger, a.a.O., 8-10; (3) von Hypatios überbrachtes Schreiben Justinians an Hormisda vom 6.6.533 (CPG 6874; 9315), zitiert in Hormisdas Antwort (CA 84, CSEL 35,1, 320,12-328,5; in: Codex Iustinianus I,1,8 hg. v. P. Krüger, a.a.O., 10-12): CA 84, 7-21, 322,6-325,11 (wiederholt im Brief von Papst Agapet I. im März 536: CA 91, 8-22, 344,25-347,19; vgl. CPG 9320); (4) Brief von Papst Hormisdas an Justinian vom 25.3.534 (CPG
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9316; CPL 1692; Jaffé 884): CA 84 (siehe unter 3); (5) Brief desselben an den Senat vom 25.3.534 (CPG 9317; CPL 1692; Jaffé 885): hg. v. E. Schwartz, ACO IV,2, 206-210; (6) Epiphanios von Konstantinopel, Exkommunikation der Akoimeten: V. Grumel, Les regestes des actes du patriarcat de Constantinople I. Paris 1972, 224a; (7) jüngste Schicht der fingierten Korrespondenz mit Petros Knapheus (CPG 6525), bes. Brief 8-10, ACO III, 18-25 (vgl. E. Schwartz, ACO III, S. XIII-XIV); (8) aus früheren Briefen Justinians bzw. Hormisdas werden zitiert: (a) CPG 6873; 9295: CA 235; (b) CPG 9300-9301 (CPL 1683; Jaffé 857; 861): CA 236-237. Lit.: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians, in: Gesammelte Schriften IV. Berlin 1960, 276-328 (aus: Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Abt., N.F. 1940, 32-72); ders., Publizistische Sammlungen (siehe 1.2); L. Perrone, La chiesa di Palestina (siehe 1.4.5); A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 355-360. Zu den Akoimeten: R. Riedinger, Akoimeten, TRE 2 (1978), 148-153 (subjektiv, sofern Zusammenfassung eigener Forschung); wichtig bleibt: J. Pargoire, Acémètes, in: Dictionnaire d’archéologie chrétienne I (1924), 307-321. Zu Begründung und Begriff der Enhypostasie: K.-H. Uthemann, Definitionen (siehe 2.2).
2.4. Auf dem Weg zum endgültigen Bruch mit den Monophysiten War ein solches Verständnis von Chalkedon, das durch das Edikt vom 15. März 533 als Reichsgesetz gelten mußte, geeignet, eine Brücke zu den Gegnern von Chalkedon, insbes. zu den Anhängern des Severos von Antiochien, zu schlagen, nachdem der Versuch eines Vergleichs mit der Konferenz des Jahres 532 gescheitert war? Bei den Historikern unserer Tage läßt sich für die Jahre 531 bis 536 geradezu ein Konsens nachweisen, Justinian habe in dieser Zeit zugunsten einer Einigung mit den Monophysiten zumindest keinen eindeutigen Kurs verfolgt. Kennzeichnend ist die Aussage von E. Schwartz, der für die genannten Jahre von einem „kaiserlichen Zickzackweg“ spricht, der wohl auf den Einfluß der Kaiserin Theodora zurückgehe, auch wenn sich letzteres „quellenmäßig“ nicht beweisen lasse. Das Chronicon Paschale (CPG 7960) berichtet, daß im November 533 Konstantinopel durch ein furchtbares Erbeben heimgesucht wurde: Die betende Menge rief zu Christus „Nimm und verbrenne das von den Bischöfen der Synode von Chalkedon verfaßte Dekret“. Sollte Justinian unter den Druck der Straße geraten sein? Sollte er um eines Kompromisses willen unsicher geworden und nicht mehr an einer authentischen Interpretation von Chalkedon interessiert gewesen sein? Im Herbst 534 verließ Severos von Antiochien seinen Zufluchtsort in Ägypten und begab sich nach Konstantinopel. Um Kaiserin Theodora
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begann sich ein Kreis monophysitischer Bischöfe zu sammeln, die seit 518 von ihren Sitzen verbannt waren und sich bis dahin in Klöstern versteckt gehalten hatten. Diese bewegten sich nun zum Ärgernis manches Frommen öffentlich auf den Straßen Konstantinopels. Die Zeiten der chalkedonischen Restauration unter Kaiser Justin I. schienen vergessen zu sein.
2.4.1. Der Hymnus ѹ ̡̫̩̫̟̩̉ҟ̭ und das Ende einer liturgischen Gemeinschaft In eine solche Situation scheint nicht schlecht zu passen, was der Chronist Theophanes im 9. Jahrhundert zum Jahre 535/536 berichtet. Justinian habe angeordnet (½̝̬ҝ̴̡̠̦̩), in den Kirchen den Hymnus ѹ ̡̫̩̫̟̩̉Ҟ̭ ̑ѣҢ̭ ̦̝Ҡ ̈ң̟̫̭ ̯̫ԉ ̡̫̅ԉ zu singen. Noch heute wird dieses Troparion in der Vormesse sowohl der byzantinischen als auch der jakobitischen Liturgie gesungen. In der letztgenannten wird es Severos von Antiochien zugeschrieben. Nach V. Grumel weist die Tatsache, daß beide Liturgien diesen Hymnus kennen, darauf hin, daß das von Theophanes genannte Datum nicht verkehrt und der Hymnus vor dem endgültigen Bruch im Jahre 536 entstanden ist. Da sich im Bericht des Innozenz von Maroneia über das Nachspiel zur Collatio cum Severianis (532), in dem Hypatios sich rechtfertigen mußte, kein Hinweis auf einen liturgischen Gebrauch der Formel „Einer aus der Trinität“ findet, scheint der Hymnus erst nach dieser Konferenz in die Liturgie eingeführt worden zu sein. Wer ist der Verfasser des Hymnus? In der byzantinischen Überlieferung wird Justinian und nicht wie in der jakobitischen Severos genannt. Sollte Justinian ihn von Severos übernommen haben? Oder sollte der Hymnus weder von dem einen noch von dem anderen verfaßt worden sein und, nachdem er noch vor dem Bruch in die Liturgie eingeführt worden war, später, als die monophysitische Kirche sich etabliert hatte und beide Konfessionen miteinander konkurrierten, Justinian bzw. Severos zugeschrieben worden sein, um ihn als Ausdruck des eigenen Bekenntnisses der anderen Konfession abzusprechen? Die Frage ist eigentlich nicht zu entscheiden, auch wenn es merkwürdig bleibt, daß der Hymnus mit dem Namen Justinians verbunden wird, der sich im Unterschied zu Severos keinen Namen als Verfasser liturgischer Poesie gemacht hat. Auf jeden Fall gibt der Hymnus gut wieder, was Justinian selbst 533 in seinem Edikt und in seiner Korrespondenz mit Rom vorgetragen hat. Der Hymnus lautet:
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ѹ ̡̫̩̫̟̩̉Ҟ̭ ̑ѣҢ̭ ̦̝Ҡ ̈ң̟̫̭ ̯̫ԉ ̡̫̅ԉ ж̤қ̩̝̯̫̭ ѿ½қ̴̬̲̩, ̡̦̝̯̝̠̪қ̨̡̩̫̭ ̠̥Қ ̯Ҟ̩ ѓ̨̡̯ҝ̬̝̩ ̴̮̯̣̬ҡ̝̩ ̴̮̝̬̦̤Ӭ̩̝̥ ц̦ ̯Ӭ̭ з̟ҡ̝̭ ̡̤̫̯ң̦̫̰ ̦̝Ҡ ж̡̥½̝̬̤ҝ̩̫̰ ̝̬̉ҡ̝̭, ж̯̬ҝ½̴̯̭ ц̴̩̝̩̤̬½ҟ̮̝̭ ̴̡̮̯̝̰̬̤ҡ̭ ̡̯, ̬̥̮̯̓Ҝ ѳ ̡̅ң̭, ̤̝̩қ̯Ԕ ̤қ̩̝̯̫̩ ½̝̯ҟ̮̝̭, ̡ѩ̭ Ҍ̩ ̯Ӭ̭ з̟ҡ̝̭ ̯̬̥қ̠̫̭, ̮̰̩̠̫̪қ̨̡̩̫̭ ̯ԗ ½̝̯̬Ҡ ̦̝Ҡ ̯ԗ з̟ҡԔ ½̡̩ҥ̨̝̯̥ ̮Ԗ̮̫̩ ѓ̨̝̭.
Eingeborener Sohn und Logos Gottes, du nahmst es, obwohl du unsterblich bist, auf dich, um unseres Heiles willen inkarniert zu werden aus der heiligen Gottesgebärerin und immerwährenden Jungfrau Maria. Unwandelbar bist du doch Mensch geworden; und gekreuzigt, Christus Gott, hast du den Tod durch deinen Tod zertreten, der du Einer bist der heiligen Trinität, gemeinsam verherrlicht mit dem Vater und dem heiligen Geist, rette uns!
Alle Prädikationen sind auf den flehenden Ruf „Christus Gott, rette uns!“ hingeordnet. Zugleich trennt der Anruf ̬̥̮̯̓Ҝ ѳ ̡̅ң̭ die beiden Kola der theopaschitischen Formel: ̡ѩ̭ ̯Ӭ̭ ̯̬̥қ̠̫̭ - ̴̡̮̯̝̰̬̤ҡ̭. Dieses entspricht der Art, wie Justinian auch sonst gern die Formel in zwei Aussagen und darum weniger provokativ als z.B. die skythischen Mönche vorgetragen hat: „Christus ist der Eine aus der Trinität“ – „Gott wurde für uns gekreuzigt“. Der Hymnus vermeidet die kontroversen Begriffe „Natur“ und „Hypostase“ und spricht das religiöse Anliegen an, das Chalkedoniker und Monophysiten verband. Zugleich betont er, daß Christus als Subjekt des Bekenntnisses der erlösende Gott Logos ist, und zwar nicht nur der Christus der Herrlichkeit, sondern auch jener, der um des menschlichen Heiles willen gelitten hat. Damit aber schließt der Hymnus aus, was man damals als eine nestorianische Interpretation Chalkedons ansah, und sichert auf diese Weise ab, was Justinian stets mit der Formel vom „Einen aus der Trinität“ festhalten wollte. Quellen: Troparion (CPG 6891): hg. v. W. Christ/M. Paranikas, Anthologia graeca carminum christianorum. Lipsiae 1871 (Nachdruck Hildesheim 1963), 52; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 44; ferner in den Editionen der Chrysostomosliturgie, z.B. in jener von P. De Meester, La divine liturgie de notre père S. Jean Chrysostome. Rome/Paris 21925, 32. Lit.: V. Grumel, L’auteur et la date de la composition du tropaire ѹ ̡̫̩̫̟̩̉ҟ̭, in: Echos d’Orient 22 (1923), 398-418.
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2.4.2. Die Affäre des Patriarchen Anthimos Am 5. Juni 535 starb Patriarch Epiphanios von Konstantinopel, und Kaiser Justinian bestellte als seinen Nachfolger „einen outsider, den Bischof Anthimos von Trapezunt“. Diese dem kanonischen Recht zuwiderlaufende Entscheidung wurde von den Patriarchen von Antiochien und Jerusalem ohne Widerspruch hingenommen. Anthimos hatte auf Seiten der Chalkedoniker am Religionsgespräch mit den Severianern 532 teilgenommen. Will man den Standpunkt der Kirchenpolitik Justinians nach der mit Papst Johannes II. erreichten Übereinkunft beurteilen, dann hängt viel davon ab, wie man Justinians Haltung zu Anthimos und Anthimos’ Aussagen zur Christologie interpretiert. Dieser stimmte zur Zeit seiner Inthronisation gewiß mit den Ansichten Justinians überein, wie das Fragment einer feierlichen Ansprache, die Anthimos an den Kaiser gerichtet hat, zeigt, das in den Akten der 6. Ökumenischen Synode unter den Testimonia haereticorum bewahrt geblieben ist (CPG 7086). Auch Patriarch Ephräm von Antiochien akzeptierte damals in zwei Briefen, die an Justinian bzw. Anthimos gerichtet waren (CPG 6908), die Synodika, mit der Anthimos seine Ernennung mitteilte, fand aber das Anathem gegen Eutyches ein wenig vage formuliert. Schon kurze Zeit danach nahm Anthimos die kirchliche Gemeinschaft mit dem in Konstantinopel weilenden Severos von Antiochien und mit dessen Parteigänger, dem Patriarchen Theodosios von Alexandrien, auf. Die Einzelheiten kennen wir aus dem Bericht jenes monophysitischen Mönchs aus Amid, der die Kirchengeschichte des Zacharias 569 fortgesetzt hat. Dieser fügt an seinen Bericht ein Dossier hinzu. Es enthält die Korrespondenz des Anthimos mit Severos und Theodosios, der sich in dieser Zeit, durch die staatliche Gewalt gestützt, nur mit Mühe gegen Gaianos, den Bischof der Anhänger Julians von Halikarnaß, in Alexandrien behaupten konnte. Den ersten Schritt taten Anthimos und Severos bewußt ohne Kenntnis des Kaisers „in aller Heimlichkeit“ (CPG 7070,7). Anthimos nennt dabei als Norm für das Bekenntnis zu Christus insbes. die Synode von Ephesos (431) mit den zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 5317) und akzeptiert „alle Werke“ Kyrills sowie das Henotikon (CPG 5999), das er, sollte es sich nicht um eine Interpolation handeln, wie die Monophysiten als eine Entscheidung gegen Chalkedon und den Tomus Leonis auffaßt. Doch nur im Schreiben an Severos, nicht aber in der Synodika an Theodosios spricht er einen Bannfluch gegen das Konzil von Chalkedon und Leos Tomus aus. Wollte man die kirchliche Gemeinschaft mit Alexandrien wieder herstellen, dann konnte man das Henotikon nicht einfach übergehen. Alles hing davon ab, wie man es
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intepretierte. Indem Anthimos hervorhob, daß das Henotikon seiner Intention nach nicht nur eine Kritik am Tomus Leonis sein wollte, was man kaum leugnen konnte, sondern auch gegen die Definition von Chalkedon gerichtet war, wurde eine Rezeption des Henotikon für alle Anhänger von Chalkedon unannehmbar. Dieses gilt umso mehr, als Anthimos im Kontext eine Christologie vertrat, die sich mit jener des Severos von Antiochien deckte, sofern die Begriffe „naturhafte Einung“ (ы̴̩̮̥̭ ̱̰̮̥̦ҟ) und „hypostatische Union“ (ы̴̩̮̥̭ ̦̝̤’ ѿ½ң̮̯̝̮̥̩) – mit einem Bekenntnis zur ̨ҡ̝ ̱ҥ̮̥̭ ̯̫ԉ ̡̤̫ԉ ̧ң̟̫̰ ̡̮̮̝̬̦ҧ̨̡̩̣ – synonym gebraucht wurden. Doch unvermittelt steht in diesen Dokumenten zugleich, daß „eine jede der (beiden) Naturen unvermischt (ж̮̰̟̲ҥ̴̯̭) in der unteilbaren Einung (ы̴̩̮̥̭) erhalten geblieben ist“. Die Einung wird als eine solche „aus zwei Naturen“ beschrieben, und am „Unterschied (̠̥̝̱̫̬қ) der Naturen, die zu einer Einheit zusammengekommen sind“, wird festgehalten. Doch die Formel „in zwei Naturen“ wird nur mit einer Trennungs-Christologie in Zusammenhang gebracht und darum abgewiesen. Formal wird mit der Aussage „Wir trennen den Einen nicht in zwei Naturen (̡Ѣ̭ ̠ҥ̫ ̱ҥ̡̮̥̭ є ц̩ ̠ҥ̫ ̱ҥ̡̮̮̥̩)“ nichts gegen die Definition von Chalkedon vorgetragen, da „trennen“ hier die nestorianische Trennung (̠̥̝ҡ̡̬̮̥̭) unterstellt. Doch der Sache nach ist dieses ein Schritt hinter Chalkedon und die Union von 433 zurück, da das chalkedonische „in zwei Naturen erkannt“ hier nur als ̠̥̝ҡ̡̬̮̥̭ im Gegensatz zur ̠̥̝̱̫̬қ interpretiert wird. Mit der Wahrung des Unterschieds der Naturen wird begründet, daß „der Eine aus der Trinität“ im Fleisch leidensfähig war und tatsächlich gelitten hat. Damit soll hier nur die Lehre des Julian von Halikarnaß abgewiesen werden. Sollte Anthimos im Konsens der Severianer und der Anhänger Chalkedons gegen die Gaianiten eine Chance für die Aufnahme einer kirchlichen Gemeinschaft mit Alexandrien gesehen haben? Erstaunlich ist, daß er mit seiner Interpretation des Henotikon nicht nur bereit war, den Tomus Leonis aufzugeben, sondern auch die Definition von Chalkedon. Denn damit stand er im Jahre 535 in der chalkedonischen Reichskirche allein. Zwar blieb das im Jahre 569 vom Continuator des Zacharias veröffentlichte Dossier, das vom Herbst auf den Winter 535 entstanden sein muß, zunächst geheim. Nirgends wird es in den folgenden Monaten zitiert. Doch scheint das ein oder andere durchgesickert zu sein. Eine Gruppe Konstantinopolitaner Mönche verdächtigte nämlich Anthimos der Konspiration mit den monophysitischen Bischöfen in der Umgebung der Kaiserin und verlangte von ihm ein öffentliches Bekenntnis zur Definition von Chalkedon und den Tomus Leonis sowie einen Bannfluch sowohl gegen Nestorios und Eutyches als auch gegen Dioskur von Ale-
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xandrien. Denn dieses habe auch das Konzil von Chalkedon getan (CPG 9325,2). Da Chalkedon Dioskur gewiß nicht wegen seines Glaubens anathematisiert hatte, mußte dieser Angriff mißlingen. Daraufhin wandten sich die Mönche nach Rom (CPG 9325,3) und gewannen Papst Agapet I. (535-536), als dieser Ende Februar oder Anfang März 536 im Auftrag des Königs der Goten Theodahad nach Konstantinopel kam, um Justinian zu bitten, die byzantinischen Truppen aus Sizilien wieder abzuziehen. Justinian ließ angesichts dieser Koalition Anthimos fallen und im Palast Theodoras bis zum Tod der Kaiserin (548) einen Unterschlupf finden. Als Nachfolger wurde der Konstantinopler Presbyter Menas bestellt und von Papst Agapet am 13. März 536 geweiht. Wie der Papst selbst diese in der Geschichte Konstantinopels einmalige Ordination empfand, zeigt sein Brief an den Jerusalemer Patriarchen Petros, in dem der triumphale Ton kaum zu überlesen ist. Drei Tage danach überreichten Kaiser und Patriarch dem Papst ein Glaubensbekenntnis, worin sie Chalkedon und die Formula Hormisdae bestätigten. Und wiederum zwei Tage später bekräftigte Papst Agapet in einem Brief an Justinian die unter seinem Vorgänger 533 erreichte Übereinstimmung in Bezug auf die theopaschitische Formel und den Ausschluß der Akoimeten. Dabei wies er den Kaiser darauf hin, daß dieser ein Laie sei und daß „Laien kein Lehramt (auctoritas praedicationis)“ zustehe. Mit diesem Wort, das widerspiegelt, wie manche Zeitgenossen Justinians Eingreifen in die Kirchenpolitik empfunden haben, bleibt Agapet vorläufig eine einsame Stimme. Man sollte sich hüten, Anthimos’ Christologie einfachhin, wie es das 6. Ökumenische Konzil tat, als Monophysitismus zu interpretieren. E. Honigmann hat vermutet, daß Anthimos die Definition von Chalkedon nur als eine dialektisch zu interpretierende Verurteilung des Eutyches und des Nestorios, nicht aber als eine positive Lehraussage aufgefaßt hat. Für Anthimos wäre also nicht der Wortlaut, sondern die Intention der Definition entscheidend gewesen. Dagegen könnte jedoch Anthimos’ Synodika an Theodosios (CPG 7088) sprechen, sollte dort die Rezeption des Henotikon ursprünglich gegen Chalkedon gerichtet gewesen sein. Auf jeden Fall zeigt das oben schon zitierte Fragment einer an Justinian gerichteten Ansprache des Anthimos (CPG 7086), daß seine und Justinians christologische Auffassungen übereinstimmen, sofern beide mit demselben Argument ein Nichtwissen Christi, insbes. ein Nichtwissen des künftigen Gerichts (Mark. 13,32), ablehnen. Quellen: (1) Brief Justinians an Papst Agapet vom 14.3.536 (CPG 6875; 9320), genannt im Brief Agapets vom 18.3.536 (CPG 9323; CPL 1611; Jaffé 898): CA
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91,6-23, hg. v. O. Günther, CSEL 35,1, 344,6-347,27; (2) an Agapet adressierter Libellus Justinians vom 16.3.536 (CPG 6876; 9321): CA 89, ebd. 338,16-340,21; (3) Justinian, Constitutio adversus Anthimum, Severum et alios ad Menam sive Novella 42 (CPG 6877; 9330): Collectio Sabbaitica, hg. v. E. Schwartz, ACO III, 119-123; hg. v. R. Schöll/W. Kroll, Novellae (Corpus Iuris Civilis, vol. III). Berolini 1895, 263-269; (4) Anthimos von Trapezunt, Ansprache an Justinian (CPG 7086): (4a) Akten des Konzils von 680/1, 10. Sitzung (CPG 9429), hg. v. R. Riedinger, Concilium Vniversale Constantinopolitanum Tertium, ACO, series II, vol. II,1, 370,18-372,21; 11. Sitzung (CPG 9430), ebd. 508,20-24; 512,1-15; (4b) zwei Fragmente in syrisch, von denen das zweite teils jenem der zuvor genannten Akten entspricht (372,2-5): hg. v. A. van Roey/P. Allen, Monophysite Texts of the Sixth Century [Orientalia Lovaniensia Analecta 56]. Leuven 1994, 63-65; (5) Bericht des Ps. Zacharias Rhetor (IX 19, hg. v. E.W. Brooks, CSCO 88, 93,3-17) mit Dossier: (5a) Brief des Anthimos an Severos (CPG 7087): IX 21, 96,18-100, 19; (5b) Synodika an Theodosios (CPG 7088): IX 25, 111,5-113,34; (5c) Antwort des Severos (CPG 7070,6): IX 22, 100,21-105,28; (5d) Antwort des Theodosios (CPG 7149): IX 26, 114,3-117,15; (5e) Brief des Severos an Theodosios (CPG 7070,7): IX 23, 105,30107,25; (5f) dessen Antwort (CPG 7148): IX 24, 107,27-111,3; (5g) Brief des Severos an Orientalen (CPG 7070,5): IX 20, 95,4-96,17, über die Aufnahme der kirchlichen Gemeinschaft (96,7-12); (6) Ephräm von Amid (CPG 6908): Photios, Bibliothek, cod. 228, 247 a 12-20, hg. v. R. Henry, IV. Paris 1965, 119f.; (7) Bericht der Mönche von Konstantinopel an die Endemusa vom Jahre 536 (CPG 9325,2): Collectio Sabbaitica, hg. v. E. Schwartz, III, 134-136 (zitiert: 134,27-39); (8) an Papst Agapet überreichter Libellus der Mönche in Konstantinopel (CPG 9325, 3): ebd., ACO III, 136-147 (zitiert: 141,30-35); (9) Brief von Papst Agapet an Patriarch Petros von Jerusalem (CPG 9319; 9325,5; Jaffé 897): ebd. ACO III, 152-153 (zitiert: 153,16-21); (10) an Agapet überreichter Libellus des Patriarchen Menas vom 16.3.536 (CPG 6923; 9322): CA 90, hg. v. O. Günther, CSEL 35,1, 340,24-342,21; (11) Brief von Papst Agapet an Justinian vom 18.3.536 (CPG 9323; CPL 1611; Jaffé 898): CA 91, ebd., 342,23-347,31 (zitiert: 343,8-344,5). Lit.: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3); ders., Kyrillos von Skythopolis (TU 49,2). Leipzig 1939, bes. 396-398; V. Grumel, Les regestes (siehe 2.3), 228231; E. Honigmann, Patristic Studies [Studi e Testi 173]. Città del Vaticano 1953, 185-193; A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 379; 383-385; K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus (siehe 1.3.1), bes. 392f.
2.5. Eine Zwischenbemerkung: Justinians Edikt gegen die Agnoeten In einem syrisch überlieferten monotheletischen Florileg, das vermutlich ein Anhänger der chalkedonischen Reichskirche nach 638 aus ihm schon in syrischer Übersetzung vorliegenden Testimonia zusammengestellt
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hat, liest man ein Zitat aus einem Edikt Justinians gegen die Agnoeten. Dieses Edikt dürfte nicht, wie es Michael der Syrer in seiner Chronik behauptet, die eine jakobitische Quelle zitiert, in den Kontext des 5. Ökumenischen Konzils (553) gehören. Denn es paßt gut in die Jahre 535/536 bis 540, ohne daß sich diese Datierung auf Grund von Quellen beweisen ließe. Die Frage, ob Christus ein Nichtwissen – im Sinn einer Niedrigkeitsaussage – zuzuschreiben ist, war nicht nur unter den Severianern aktuell, sondern auch im Lager der Chalkedoniker, wie vor allem die Erotapokriseis des Ps. Kaisarios (CPG 7482), eines Akoimeten, bestätigen. Es ging dabei um die Einheit des Bewußtseins Christi als des einen inkarnierten Logos. Für die Monophysiten ging es um die Wahrung „der einen Natur des inkarnierten Logos“, für die Chalkedoniker um das Verständnis der „einen Hypostase“ desselben. Unter den Monophysiten Alexandriens kam es 538 zu einer offenen Kontroverse, als der Diakon Themistios für ein Nichtwissen Christi eintrat. Er berief sich darauf, daß Christi Wirken nur als „die eine gottmenschliche Tätigkeit“ (̨ҡ̝ ̡̤̝̩̠̬̥̦Ҟ ц̩ҝ̡̬̟̥̝) des Inkarnierten zu verstehen sei. Dem halten seine monophysitischen Gegner wie Patriarch Theodosios entgegen, daß dem inkarnierten Logos nur „die eine göttliche Wirksamkeit“ (̨ҡ̝ ̡̤ҡ̝ ц̩ҝ̡̬̟̥̝) zu eigen sei und daß er darum ein göttliches Wissen oder Bewußtsein besitze, das jedes Nichtwissen ausschließe. Sie werfen Themistios vor, er vertrete mit seiner Auffassung ein Nebeneinander von zwei Energien oder von einem zweifachen Wissen, einem göttlichen und einem gottmenschlichen. Dieses aber bestreitet Themistios. Denn auch für ihn wäre eine solche Sicht nichts anderes als nestorianische Häresie, eine Trennung in zwei Subjekte, den Logos und Christus. Diese Diskussion, deren Einzelheiten hier vernachlässigt werden dürfen, wirft ein Licht auf das Fragment aus Justinians Edikt gegen die Agnoeten. Denn dort heißt es: Auf Grund dessen, daß der Gott Logos, „der Eine der heiligen Trinität“, inkarniert wurde, ist ihm die Seele Christi zu eigen. Sie ist seine Seele, d.h. „Seele des Logos“. Darum „besaß sie das ganze Wissen des Logos“. Auch Anthimos schließt in seiner Ansprache an Justinian jedes Nichtwissen der Seele Christi wegen der hypostatischen Einung mit dem Logos aus. „Wenn (Christus) die eine Hypostase und die eine Natur des inkarnierten Gott Logos ist“ und ihm darum „ein Wille und ein Wirken (ц̩ҝ̡̬̟̥̝)“ zukommt, „dann existiert auch sowohl eine Weisheit als auch eine Erkenntnis von beiden zugleich (̯̫ԉ ̨̮̰̩̝̱̫̯ҝ̬̫̰)“, nämlich von Gottheit und Seele Christi. Für Anthimos ist „die eine Hypostase“ von Chalkedon und des dritten Briefs Kyrills an Nestorios (CPG 5317) – ̨ҡ̝ ѿ½ң̮̯̝̮̥̭ ̴̡̨̮̮̝̬̦ҝ̩̣ – die angemessene Deutung der
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monophysitischen Formel Kyrills. Damit verbindet er Kyrills Lehre von der ̨ҡ̝ ц̩ҝ̡̬̟̥̝, die der Inkarnierte durch göttliches und menschliches Handeln – entsprechend den biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen – zeigt. Darum verweist er wie andere Chalkedoniker seiner Zeit auf Kyrills Kommentar zum Johannesevangelium (CPG 5208). Diese eine Energie ist für ihn „die eine gottgemäße (̡̤̫½̡̬½ҟ̭) Energie“ des einen Christus, die als „ein und dieselbe Energie“ das eine Wirken von Gott und Mensch zugleich (̯̫ԉ ̨̮̰̩̝̱̫̯ҝ̬̫̰) ist. „Ein Wirken beider zugleich“ aber bedeutet „ein Bewußtsein“, „das eine Wissen um alle Dinge“. Energie meint hier wie in anderen Quellen des 6. Jahrhunderts einen konkreten Vollzug des Wirkens, nämlich das eine Wirken, das von „dem einen Christus“ als dem einen Subjekt ausgesagt wird. Energie kann dann auch das Resultat dieses Wirkens, nämlich die Wirkung bedeuten, sofern Vollzug und Wirkung zusammengehören. So will Anthimos, wie das im Syrischen überlieferte Fragment (CPG 7086) zeigt, eine nestorianische Zwei-Naturen-Lehre mit „getrennten Wirkungen und Idiomata“ vermeiden. Mit diesen Worten schließt er nicht „unterschiedene Wirkungen“ (̠̥қ̱̫̬̫̥ ц̩ҝ̡̬̟̥̝̥) dessen aus, der Gott und Mensch zugleich ist (ѳ ̨̮̰̩̝̱ң̡̯̬̫̭). Implizit nimmt er hier zum Agit enim utraque forma von Papst Leo Stellung. Im uns vorliegenden Fragment aus Justinians Edikt gegen die Agnoeten, das wegen der Unaufmerksamkeit eines Kopisten nur unvollständig bewahrt ist, fehlt leider eine Reflektion auf den Zusammenhang von hypostatischer Einung und Wirken. Wie wir auf Grund von Justinians Aussagen zum Tomus Leonis noch sehen werden, steht er Anthimos’ Auffassung nicht fern, distanziert sich aber mit Worten Kyrills (CPG 5215) von einer naturhaften Interpretation „des einen Wirkens“: Das Wirken ist für ihn ein Wirken der Hypostase und keine ̨ҡ̝ ̱̰̮̥̦Ҟ ц̩ҝ̡̬̟̥̝. Die Seele Christi besitzt „das ganze Wissen des Logos“, da sie ihm hypostatisch geeint und Organ seines Wirkens (CPG 6879) ist. Quellen: (1) Justinians Edikt gegen die Agnoeten: hg. v. S. Brock, A Monothelete Florilegium in Syriac, in: C. Laga/J.A. Munitiz/L. van Rompay (Hgg.), After Chalcedon. Studies in Theology and Church History Offered to A. van Roey [Orientalia Lovaniensia Analecta 18]. Leuven 1985, 38f.; (2) Justinians dogmatischer Brief an Zoïlos (CPG 6879), Fragment in den Akten des 6. Ökumenischen Konzils, 10. Sitzung (CPG 9429), hg. v. R. Riedinger, ACO ser. II, II,1 352,11-356,15; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 58-61 (siehe 3.1.3); (3) Zitat aus CPG 5215 (32, PG 75, 453 B 13-C 3; ACO II,5, 147,27-29): ebd. ACO 354,5-8; M. Amelotti/L. Migliardi Zingale, 58,17-21; im selben Kontext auch zitiert im Fragment aus Justinians Schrift gegen die Nestorianer und Akephalen (siehe 3.1.3): hg. v. R.
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Riedinger, ebd. 350,20-22; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale, 38,19-21; (4) Anthimos (CPG 7086), siehe 2.4.2 (zitiert: 65,6-10). Lit.: A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 379-400; A. van Roey/P. Allen, Monophysite Texts of the Sixth Century [Orientalia Lovaniensia Analecta 56]. Leuven 1994, 3102; B. Lourié, Un autre monothélisme: le cas de Constantin d’Apamée au VIe Concile Oecuménique, in: Studia Patristica 29 (1997), 290-303, bes. 298ff.; K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus als Vorbereitung des Monotheletismus, ebd. 373-413.
2.6. Der endgültige Bruch mit den Monophysiten Justinian griff im Frühjahr 536 die Propaganda auf, die sowohl von Konstantinopler Mönchen und dem neuen Patriarchen als auch von den Geschäftsträgern der Lauren und Klöster Palästinas und zufällig in der Kaiserstadt anwesenden Bischöfen des Patriarchats von Antiochien gegen die unter dem Schutz Theodoras in Konstantinopel weilenden „ErzMonophysiten“ Severos von Antionchien, Petros von Apameia und den Mönch Zooras aus Palästina betrieben wurde. Er ließ nach dem Tod von Papst Agapet (22. April 536) zu, daß der vor der Synode des Menas am 2. Mai 536 gegen den gestürzten Anthimos eingeleitete Prozeß von anwesenden Jerusalemer Mönchen benutzt wurde, um in der ursprünglich als Abschluß geplanten Sitzung vom 21. Mai ein Verfahren gegen die drei genannten Monophysiten in Gang zu bringen. Sie erhoben am Ende der Verhandlung eine Anklage, die an Justinian weitergeleitet wurde, da Patriarch Menas meinte: „Es gehört sich, daß nichts, was in der heiligen Kirche geschieht, gegen (des Kaisers) Willen und Befehl geschehe“. In der nach dem Willen Justinians am 4. Juni 536 durchgeführten Schlußsitzung der Endemusa erreichten die Palästinenser ihr Ziel, den endgültigen Bruch mit den о½̫̮̲ҡ̮̯̝̥ ̦̝Ҡ о̦ҝ̧̱̝̫̥. Am 6. August 536 bestätigte Justinian die Beschlüsse dieser Synode mit einer an Patriarch Menas adressierten Constitutio (̥́қ̯̝̪̥̭), die als Gesetz unter die Novellen Justinians aufgenommen wurde. Justinian nennt seine Constitutio einen „kaiserlichen Beitrag zum Beschluß“ (̧̡̞̝̮̥ҡ̝ ̮ҥ̨̳̣̱̫̭) der Bischöfe, zur ̯Ԗ̩ ѣ̡̬ҝ̴̩ ̳Ӭ̱̫̭, um ein Zusammenstimmen der göttlichen und der menschlichen Ordnung zu einer einzigen ̴̨̮̰̱̩ҡ̝ zu verwirklichen. Die entscheidende Rechtfertigung der ̳Ӭ̱̫̭ gegen Severos sieht er in einer negativen Dialektik, nämlich in der Abwehr der beiden sich gegenseitig widersprechenden Auffassungen des Nestorios und des Eutyches. Severos sei paradoxerweise in beide Extreme verfallen. Justinian akzeptiert, daß eine Versöhnung mit den Monophysiten nicht erreichbar ist. Am Ende formuliert er
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das Bekenntnis der chalkedonischen Reichskirche mit jener Formel, die das Subjekt der Inkarnation und damit des Bekenntnisses hervorhebt: „Christus, der Eine der Trinität, der eingeborene Logos Gottes“. Diese Constitutio zeigt keine Kursänderung, keinen „rätselhaft erscheinenden Umbruch“ (E. Schwartz), auch kein Ende einer Krise, wie man bei A. Grillmeier liest. Vielmehr bezeugt sie die Kontinuität in Justinians Politik und theologischem Denken. Seit der Auseinandersetzung um die von den skythischen Mönchen vertretene authentische Interpretation der Definition von Chalkedon ist für Justinian „Christus, der inkarnierte Logos“, das eine Subjekt „der Wunder und Leiden“, der darum „in zwei Naturen erkannt wird“. Im Versuch einer Annäherung zeigte sich einzig im Kontext des Religionsgesprächs von 532 eine Kompromißbereitschaft, die an die Grenze, vielleicht auch schon über die Grenze dessen ging, was sich auf Grund dieser Interpretation Chalkedons rechtfertigen ließ. Quellen: (1) Justinians Constitutio gegen Anthimos, Severos von Antiochien, Petros von Apameia und den Mönch Zooras (CPG 6877; 9330; Novelle 42): Collectio Sabbaitica, hg. v. E. Schwartz, ACO III, 119-123; hg. v. R. Schöll/W. Kroll, Novellae (Corpus Iuris Civilis, vol. III). Berolini 1895, 263-269; (2) Akten der Synode von Konstantinopel: (2a) der 4. Sitzung vom 21.5.536 (CPG 9328), bewahrt durch die Akten der Jerusalemer Synode vom 19.9.536 (CPG 9331): Collectio Sabbaitica, hg. v. E. Schwartz, ACO III, 169-181 (zitiert: 181,20-36); (2b) der 5. Sitzung vom 4.6.536 (CPG 9329): Collectio Sabbaitica, ACO III, 27-119. Lit.: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3); A. Grillmeier (siehe 1.4.3) Band 2/2, 366-372; W. Blum, Justinian I. Die philosophische und christologische Fundierung kaiserlicher Herrschaft, in: St. Otto (Hg.), Die Antike im Umbruch. München 1974, 109-125.
3. Justinians Weg zur chalkedonischen Reichskirche im Zeichen der restauratio imperii (536-553) Nach dem endgültigen Bruch mit den Monophysiten sind die wichtigsten Unternehmen von Justinians Kirchenpolitik der letztlich zum Scheitern verurteilte Versuch, auch im Patriarchat von Alexandrien eine chalkedonische Hierarchie durchzusetzen (3.1), und die Verurteilung der sog. Drei Kapitel und damit der antiochenischen Christologie, um die Reichskirche auf eine eindeutige Rezeption von Chalkedon festzulegen (3.2). Mit dem zuletzt genannten Unternehmen verband sich in der Kirche Palästinas von Anfang an der Kampf gegen die Origenisten und deren mythische Denkform, ohne daß ein innerer Zusammenhang deut-
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lich wird, sieht man einmal davon ab, daß gerade Theodor von Mopsuestia den exegetischen Methoden und den Aussagen des Origenes nicht gewogen war. In diesen Konflikt wird Justinian hineingezogen. Er sieht sich veranlaßt, den christlichen Glauben gegen die heidnischen Mythologumena eines Origenes und der Origenisten Palästinas zu verteidigen (3.3). Aus diesen Jahren sind uns umfangreichere Schriften Justinians bewahrt, die uns den Kaiser als Theologen näher bringen. Entgegen dem von E. Schwartz propagierten Urteil, er sei als Theologe ein Dilettant gewesen, erweist er sich in diesen Werken als ein guter Kenner der Probleme, der mit einfachen Formeln den Konsens in der reichskirchlichen Theologie seiner Zeit festzuhalten sucht. Daß er dabei durch Anathemata gegen Vergangenes und gegen Tote Probleme der Gegenwart lösen wollte, scheint, vom Standpunkt des modernen Betrachters aus gesehen, eine verhängnisvolle Illusion. Doch unterstellt ein solches Urteil, daß dieses Vergangene zur Zeit Justinians keine Lebenskraft mehr besaß.
3.1. Justinians Programm für Alexandrien: „Kyrills Sieg in Chalkedon“ Justinian vertrat von Anfang an, wie wir gesehen haben, eine Interpretation der Definition von Chalkedon aus dem Geiste Kyrills von Alexandrien, um diese gegen eine Rezeption zu verteidigen, der er, wie es damals auch andere Anhänger von Chalkedon und nicht nur Monophysiten taten, einen Krypto-Nestorianismus unterstellte. Eine ausführliche Begründung aus seiner Feder ist uns erst aus der Zeit nach dem endgültigen Bruch mit den Monophysiten erhalten.
3.1.1. Der historische Hintergrund Im Oktober 536 versuchte Justinian aus der Einsicht, daß der Bruch mit den Monophysiten endgültig vollzogen war, nun auch die Probleme von Alexandrien zu lösen. Er ließ den Patriarchen Theodosios nach Konstantinopel bringen, absetzen, durch die Endemusa anathematisieren und zunächst in einer Festung internieren, dann aber als Schützling Theodoras in der Nähe von Konstantinopel mit Hilfe des eifrigen Jakob Burde’ana (Baradai) ungehindert eine monophysitische Hierarchie und Kirchenorganisation aufbauen. Anstelle des Theodosios († 566) ließ er
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einen Mönch des Klosters Tabennesi, Paulos, in Konstantinopel zum Patriarchen von Alexandrien weihen, mußte diesen aber schon zu Beginn des Jahres 540 wegen seiner Lebensführung und wegen des Verdachts, an einem Mord beteiligt gewesen zu sein, durch eine in Gaza auf der Grenze zum Patriarchat Alexandrien tagende Kommission absetzen lassen. Außer den Patriarchen Ephräm von Antiochien und Petros von Jerusalem sowie Hypatios von Ephesos gehörten zu dieser Kommission einige Personen, die in den kommenden Jahren eine entscheidende Rolle in der Kirchenpolitik spielen werden: Pelagius, der Apokrisiar Roms in Konstantinopel, und der schon erwähnte Presbyter Eusebios, der Schatzmeister der Hagia Sophia. In Gaza wurde als Nachfolger für Paul von Tabennesi ein Mönch aus Palästina namens Zoïlos gewählt (540-551). Wie sein Vorgänger konnte er sich nur unter militärischem Schutz in Alexandrien halten und mußte 546 wegen eines Aufstands nach Konstantinopel flüchten, wo er wegen seines Widerstands gegen die Verurteilung der Drei Kapitel 551 abgesetzt wurde. An Zoïlos sandte Justinian vermutlich noch im Jahre 540 einen „dogmatischen Brief“, von dem durch die Akten des 6. Ökumenischen Konzils ein Fragment erhalten geblieben ist. In diesem nimmt Justinian ebenso wie in einem zweiten von diesem Konzil zitierten Text, der aus einer „Abhandlung gegen Nestorianer und Monophysiten“ stammt, zur Aussage des Tomus Leonis Stellung, daß „eine jede der (beiden) Gestalten (Christi) in Gemeinschaft mit der anderen wirkt“ (agit enim utraque forma cum alterius communione). Um diese Fragmente in ihrem Kontext verstehen zu können, ist es sinnvoll, zunächst einen dogmatischen Traktat Justinians zu lesen, den dieser 542 oder 543 an eine Gruppe von Mönchen im Enaton bei Alexandrien geschickt hat, die Zoïlos für das Bekenntnis von Chalkedon gewonnen hatte. In diesem Traktat weist er auch auf eine Abhandlung hin, die er zuvor schon an Zoïlos geschickt hat. Ob es sich dabei um den gerade aus den Akten des 6. Ökumenischen Konzils zitierten und auch bei Niketas Choniates bewahrten „dogmatischen Brief“ oder um eine andere Schrift handelt, läßt sich auf Grund dessen, was Justinian mitteilt, weder beweisen noch ausschließen. Quellen: (1) Justinians dogmatischer Brief an Zoilos (CPG 6879): siehe unten 3.1.2.3; (2) Justinians Abhandlung „gegen Nestorianer und Monophysiten“ (fehlt in CPG): siehe unten 3.1.2.3; (3) Justinians Traktat an die Mönche im Enaton, allgemein genannt „Contra Monophysitas“ (CPG 6878): hg. v. E. Schwartz, Drei dogmatische Schriften Justinians [Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Philos.-hist. Abt., N.F. Heft 18]. München 1939 (Nachdruck: Milano 1973), 7-43; M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 64; englische Überset-
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zung mit Verweis auf die Kapiteleinteilung von E. Schwartz: K.P. Wesche, On the Person of Christ. The Christology of Emperor Justinian. Crestwood N.Y. 1991, 27107 (in 3.1.1 zitiert: 1, S. 7,13-21; 169, S. 36,30-34). Lit.: Zu CPG 6878: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3), bes. 290-293; P.T.R. Gray, The Defense of Chalcedon in the East (451-553) [Studies in the History of Christian Thought]. Leiden 1979, 154-164; A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 373-378; J.L. Macdonald, The Christological Works of Justinian, Diss. Catholic University of America. Washington D.C. 1995, 24-188. Zur Datierung von CPG 6878 M. Richard, Léonce de Jérusalem et Léonce de Byzance, in: Mélanges de science religieuse 1 (1944), 45 (in Opera minora III. Turnhout 1977, 59).
3.1.2. Justinians dogmatischer Traktat an die Adresse der Mönche des Enaton In seinem Schreiben an die Mönche des Enaton will Justinian aufweisen, daß die Definition von Chalkedon, nicht aber die Lehre der Monophysiten dem Bekenntnis Kyrills von Alexandrien entspricht und daß Kyrill mit der Bibel und den Vätern übereinstimmt. Die Kirche akzeptiert „alles, was Kyrill gesagt hat“, die Monophysiten jedoch nur die Formel von der ̨ҡ̝ ̱ҥ̮̥̭ ̯̫ԉ ̡̤̫ԉ ̧ң̟̫̰ ̴̡̨̮̮̝̬̦ҝ̩̣, die sie als Bekenntnis zu „einer einzigen Natur der Gottheit und des Fleischs“ und damit verkehrt begreifen. Sie sehen nicht, daß Kyrill mit dieser Formel nur Nestorios’ Lehre von den zwei Söhnen ausschließen wollte, nicht aber ein Bekenntnis zu „der hypostatischen Union der beiden Naturen“.
3.1.2.1. Justinians Verständnishorizont – Nichts Neues unter den Apologien für Chalkedon Was Justinian zur Begründung anführt, bewegt sich in Gedankengängen, die man schon in den zu Beginn des 6. Jahrhunderts entstandenen Apologien für Chalkedon lesen kann. Er setzt von Anfang an auf jene dialektische Position, die sowohl Nestorios’ Trennung des Göttlichen und Menschlichen (̠̥̝ҡ̡̬̮̥̭), als auch Eutyches’ Aufhebung des Unterschieds zwischen Göttlichem und Menschlichem (̮̰̩̝ҡ̡̬̮̥̭ і̟̫̰̩ ̮ҥ̟̲̰̮̥̭) ausschließt und auf diese Weise eine Mitte sucht – eine Mitte zwischen Nestorios’ Betonung der Transzendenz des Gott Logos gegenüber dem Menschen Jesus und Eutyches’ Immanenz des Gott Logos in der Oikonomia (̮̰̩̫̰̮ҡ̴̮̥̭). Wir bekennen ein Zweifaches, nämlich Wunder und Leiden, Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen, von ein und
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demselben Subjekt, dem inkarnierten Logos. Damit greift Justinian zum einen fast wörtlich auf jene Aussage des Henotikon (CPG 5999) zurück, die als eine Korrektur der Leonischen Rezeption von Chalkedon gedacht war, und interpretiert sie im Sinn der Definition von Chalkedon als Bekenntnis zur ̨ҡ̝ ѿ½ң̮̯̝̮̥̭ des inkarnierten Logos und zum Unterschied (̯Ң ̠̥қ̱̫̬̫̩) der Naturen. Zum anderen unterscheidet er damit, wie es längst zur Verteidigung der zwei Naturen und der einen Hypostase in Chalkedons Definition üblich geworden war, im Sinn der Aussagenlogik zwischen dem Subjekt, „über das etwas ausgesagt wird“ (̦̝̯қ ̯̥̩̫̭), und „der Rücksicht, unter der etwas vom Subjekt ausgesagt wird“ (̦̝̯қ ̯̥). Der inkarnierte Logos wird vom Glaubenden „in dem erkannt, aus dem er ist“ (ц̪ ґ̩ ц̮̯̥̩, ц̩ ̝Ѿ̯̫Ӻ̭ ̝Ѿ̯Ң̩ ̡Ѩ̩̝̥ ̴̟̩̬ҡ̢̨̡̫̩). Die chalkedonische Formel „in zwei Naturen erkannt“ impliziert keine nestorianische Trennung (̠̥̝ҡ̡̬̮̥̭), sondern „wahrt die unvermischte und untrennbare Einung (ы̴̩̮̥̭)“. Sie schließt nicht die Formel „aus zwei Naturen“ aus, vielmehr gibt sie dieser ihre Eindeutigkeit. Denn sie zeige, daß das Bekenntnis zu Christus als einer „Zusammensetzung (̮ҥ̡̩̤̮̥̭) aus Gottheit und Menschheit“ diese nicht als eine Aufhebung (̮ҥ̟̲̰̮̥̭) der menschlichen Natur im Göttlichen verstehe. Der eine Christus wird „in zwei Naturen erkannt, aus denen er zusammengesetzt ist (̡̮̰̩̯ҝ̤̣)“. „In zwei Naturen erkannt werden“ heißt „in zwei Naturen existieren“, aus denen das Resultat (ж½̫̯ҝ̧̡̨̮̝) als Synthesis besteht. Christus, der inkarnierte Logos, ist dieses Resultat einer Synthesis. Damit wiederholt Justinian nur, was für die Apologeten Chalkedons seit Johannes Grammatikos selbstverständlich ist, ohne daß sich eine größere Nähe zu einer der uns erhaltenen Schriften aufweisen ließe. Quellen: Zu CPG 6878 siehe 3.1.1 (zitiert nach der Edition von E. Schwartz: 158, S. 33,12-26 mit 16, S. 10,23-27; 1, S. 7,17-20; 5, S. 8,24-26.32-34; 7-14, S. 8,4010,12. Zum Zusammenhang mit dem Henotikon (CPG 5999): 5, S. 8,24-25 mit 11. Anathematismus (199, S. 43,16).
3.1.2.2. Kyrill von Alexandrien und die Auffüllung des Begriffs der Hypostase Von hier aus versucht Justinian zu zeigen, daß die Monophysiten Kyrills Aussagen über die ̨ҡ̝ ̱ҥ̮̥̭ ̯̫ԉ ̡̫̅ԉ ̧ң̟̫̰ ̴̡̨̮̮̝̬̦ҝ̩̣ mißdeuten und daß Kyrill mit dem Begriff der ̨ҡ̝ ѿ½ң̮̯̝̮̥̭ in der Definition von Chalkedon übereinstimme, „in der die beiden Naturen gewahrt werden“ (̝ѣ ̠ҥ̫ ̱ҥ̡̮̥̭ ... ц̩ ̯ӭ ̨̥Ӟ ѿ½̫̮̯қ̡̮̥ ... ̮ԗ̢̫̩̯̝̥). Zur Begründung
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verweist Justinian auf die theopaschitische Formel. Mit ihr füllt er in einem ersten Schritt den Begriff der einen Hypostase auf: Die eine Hypostase Christi ist für ihn der Gott Logos, „der Eine der Trinität“, von dem wir Leiden und Leidensunfähigkeit zugleich bekennen. Da ̯Ң ½қ̤̫̭ und ѓ ж½қ̡̤̥̝ sich gegenseitig unter derselben Rücksicht ausschließen (̯Қ ж̧̧ҟ̧̫̥̭ ц̩̝̩̯ҡ̝) und darum als Prädikate nicht von ein und derselben Natur als Subjekt ausgesagt werden können, gewinnt Justinian auf Grund der Aussagenlogik eine erste Möglichkeit, den Begriff der „einen Hypostase“ von jenem der „einen Natur“ abzugrenzen. Im Unterschied zu Johannes Grammatikos und anderen Verteidigern Chalkedons läßt er sich nicht auf eine Diskussion ein, die klären könnte, inwiefern auch die göttliche und die menschliche Natur und nicht nur die eine Hypostase Subjekt christologischer Aussagen sein kann. Daneben stellt Justinian einen zweiten traditionellen Zugang zum Begriff der Hypostase: „Sie zeigt sich, wenn man zum ‚Allgemeinen‘ (̦̫̥̩ң̩) die ‚individuellen Eigenheiten‘ (Ѣ̠̥ҧ̨̝̯̝) hinzufügt“. Doch bleibt es undeutlich, wie Justinian diesen Begriff christologisch anwenden will. Einerseits schließt die Einzigkeit Christi eine Anwendung dieses Begriffs aus, auch wenn der Name Christi „nicht ohne Idiomata bekannt wird“, anderseits wird er „über ein Prosopon, d.h. über eine Hypostase, bekannt“. Doch was bedeutet dieses im Hinblick auf eine Bestimmung der Hypostase durch Idiomata? Der Kontext der Aussage ist das anthropologische Paradigma der Christologie. In einem ersten Schritt hat Justinian aufgewiesen, daß es sich um ein Paradigma handelt und darum nicht in jeder Hinsicht von dem gelten kann, zu dessen Veranschaulichung es benutzt wird. Kyrill habe das Paradigma nur gebraucht, um eine nestorianische Trennung in zwei Hypostasen zu widerlegen. Christus wird in zwei Usien erkannt und kann darum keine ̨ҡ̝ ̮ҥ̡̩̤̯̫̭ ̱ҥ̮̥̭ sein, eine Auffassung, die Justinian als ein durch apollinaristische Fälschungen entstandenes Mißverständnis bzw. als Lehre der Manichäer entlarvt. Zulässig ist für ihn einzig die Formel vom ̬̥̮̯̓Ң̭ ̮ҥ̡̩̤̯̫̭. So definiert er Christus im Blick auf Chalkedons Definition als das Resultat (̯Ң ж½̫̯ҝ̧̡̨̮̝), zu dem „die beiden Naturen zusammengehen“ (̝ѣ ̠ҥ̫ ̱ҥ̡̮̥̭ ̡̧̮̰̩̤̫ԉ̮̝̥ ... ̬̥̮̯̓Ң̩ ̮ҥ̡̩̤̯̫̩ ж½̡̯ҝ̧̡̮̝̩). Wie Justinian dieses versteht, zeigt vor allem seine Exegese von Phil. 2,5-7. Wenn Paulus einerseits ѵ̭ ц̩ ̨̫̬̱ӭ ̡̤̫ԉ ѿ½қ̴̬̲̩ und anderseits ̨̫̬̱Ҟ̩ ̠̫ҥ̧̫̰ ̧̝̞ҧ̩ sage, dann unterscheide er zwischen der Hypostase des Logos, die in der Gestalt Gottes, nämlich in der Usie des Vaters, existiert, und der Usie des Menschen. Denn hätte er wie Nestorios gedacht und von der Annahme eines schon im voraus zur Annahme existierenden Menschen, also vom homo assumptus, sprechen wollen,
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dann hätte er sagen müssen: ̯Ң̩ ѿ½қ̬̲̫̩̯̝ ц̩ ̨̫̬̱ӭ ̠̫ҥ̧̫̰ ̧̝̞ҧ̩. Für Justinian verkündet Paulus, „daß die zwei Naturen in der einen Hypostase, d.h. in dem einen Prosopon Christi“ erkannt werden und existieren. Im Blick auf die menschliche Wirklichkeit Christi, die Sarx (Joh. 1,14), heißt dieses: „Sie kam in der Hypostase des Logos zum Existieren (̯Ҟ̩ ҃½̝̬̪̥̩ ъ̡̮̲̩)“. Die Konsequenz lautet: „Ein und derselbe, in einer einzigen Hypostase existierend (ѿ½қ̴̬̲̩), wird in einer jeden der beiden Gestalten, d.h. Naturen, erkannt“. Diese Aussage ist nichts anderes als eine Zuspitzung der gegen Nestorios verteidigten Gottesmutterschaft Mariens: Der Gott Logos hat sich im Schoß Mariens eine menschliche Existenz erschaffen, die ihm selbst völlig zu eigen ist. Darum ist diese vom ersten Moment ihres Bestehens an ganz und gar die Wirklichkeit Gottes – im Logos –, nicht aber göttliche Wirklichkeit oder in Gottes Natur aufgehoben („vermischt“). Darum hat es niemals eine Zweiheit des Subjekts (к̧̧̫̭ ̦̝Ҡ к̧̧̫̭) gegeben und ist die Unterscheidung zwischen „Gott Logos“ und „Christus“ ausgeschlossen. Der Sache nach kommt diese Auffassung Justinians auf den Begriff der Enhypostasie hinaus: „Der Logos existiert in einer Hypostase. In dieser kam die Sarx zum Existieren.“ In ihr schuf sich der Gott Logos eine menschliche Wirklichkeit. So wurde er Christus, der inkarnierte Logos, der in zwei Naturen existiert und in beiden erkannt wird. Dadurch wird der zunächst leere Begriff der Hypostase für die religiöse Anschauung aufgefüllt: Nicht nur in den Wundern und Hoheitsaussagen des Neuen Testaments, sondern auch in der menschlichen Gestalt und ihren menschlichen Worten und Taten wird der Gott Logos erkannt: ц̩ ч̦̝̯ҝ̬ӛ ̱ҥ̡̮̥ ̴̟̩̬ҡ̢̡̯̝̥ ̡ѩ̭ ̦̝Ҡ ѳ ̝Ѿ̯Ң̭ ц̩ ̨̥Ӟ ѿ½̫̮̯қ̡̮̥ ѿ½қ̴̬̲̩. Dieses ist die konkrete Erkenntnis des Namens Christi, der nicht ohne Idiomata oder „individuelle Eigenheiten“ erkannt wird. Doch ausdrücklich sagt Justinian Letzteres nicht. Quellen: Zu CPG 6878 siehe 3.1.1 (zitiert nach der Edition von E. Schwartz: 1516, S. 10,12-17.23-24; 21-22, S. 11,20-12,9; 24, S. 12,13-14; 57, S. 16,18-30). Zur Formel „Einer der Trinität“: 5, S. 8,25-26; zu apollinarischen Fälschungen: 58-66, S. 16,31-17,28; 70-89, S. 18,11-23,28; zum Vergleich mit Manichäern: 89-93, S. 23,28-24,3; 121, S. 27-24; zu ̝ѣ ̠ҥ̫ ̱ҥ̡̮̥̭ ̡̧̮̰̩̤̫ԉ̮̝̥ ... ̬̥̮̯̓Ң̩ ̮ҥ̡̩̤̯̫̩ ж½̡̯ҝ̧̡̮̝̩ (70, S. 18,9-10): 11. Anathematismus 199, S. 43,13-15; zu Phil. 2,5-7: 141, S. 29,34-30,2 mit 7-9, S. 9,3-18; 14, S. 10,9-11. Lit.: Zum anthropologischen Paradigma (22-27, S. 11,30-12,28): K.-H. Uthemann, Definitionen (siehe 2.2), 76,80 (Bibliographie); zur sog. Enhypostasie ebd. 90-94; 97-101.
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3.1.2.3. Der inkarnierte Logos als Subjekt der Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen Auffällig ist, daß Justinian in dieser Schrift an die Mönche im Enaton den Tomus Leonis nicht erwähnt und daß er nur dort, wo er in seinem Florileg auf Kyrills Begründung für die mit den Orientalen 433 vollzogene Union zu sprechen kommt, diese zitiert, doch nicht interpretiert oder mit seiner eigenen und Kyrills Sicht konfrontiert, die den Gott Logos als das eine Subjekt zweier Klassen von Prädikaten, der Hoheitsund Niedrigkeitsaussagen, betont. Kyrill hatte darauf hingewiesen, daß die Orientalen in ihrer Exegese nicht mit Nestorios übereinstimmen, da sie zwar von einer Dihärese (divisio vocum, ̠̥̝ҡ̡̬̮̥̭ ̴̱̩Ԗ̩) sprechen, doch nur eine Unterscheidung (̠̥̝̱̫̬қ) meinen. Kyrill sieht die Rechtfertigung seiner Interpretation darin, daß die Orientalen drei Klassen solcher christologischer Aussagen der Bibel oder ̴̱̩̝ҡ kennen. Außer der Dihärese der Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen, die auf die beiden Naturen bezogen sind, kennen sie solche, die beides zugleich beinhalten, Göttliches und Menschliches, und insofern eine Gemeinschaft oder Gemeinsamkeit (communio, ̴̦̫̥̩̩ҡ̝) bedeuten. Doch ebenso wie diese werden die beiden ersten Klassen, die Hoheits- und die Niedrigkeitsaussagen, „auf ein und dasselbe Subjekt bezogen (½̧Ҟ̩ ̡Ѣ̨̬̣ҝ̩̝̭ ½̝̬’ ч̩Ң̭ ̦̝Ҡ ̯̫ԉ ̝Ѿ̯̫ԉ)“. Für Kyrill ist dieses eine Subjekt der inkarnierte Logos, für die Antiochener jedoch Christus als „Gott und Mensch zugleich“. Wenn sie von diesem „Göttliches und Menschliches zugleich“ aussagen, dann sprechen sie, wie es in der sog. Antiochenischen Formel heißt, über seine Person (ҋ̭ ц̱’ ч̩Ң̭ ½̬̫̮ҧ½̫̰). Doch wenn sie Göttliches oder Menschliches von ihm aussagen, dann sprechen sie nicht über seine Person, sondern über eine der beiden Naturen (ҋ̭ ц½Ҡ ̠ҥ̫ ̱ҥ̴̡̮̩). Die Erkenntnis von „Göttlichem und Menschlichem zugleich“ begründet für die Orientalen den Namen Christus, „den gemeinsamen Namen“ (̯Ң ̦̫̥̩Ң̩ Ѷ̨̩̫̝). Die Einheit von Göttlichem und Menschlichem im einen Prosopon ist für sie einzig eine „Gemeinsamkeit“ (̴̦̫̥̩̩ҡ̝) im Erkennen des Gläubigen – im ̦̫̥̩̫½̡̫̥Ӻ̩ ҋ̭ ц̱’ ч̩Ң̭ ½̬̫̮ҧ½̫̰ –, nicht aber im Gott Logos selbst. Darum kann sie nicht dessen Sein ̦̝̤’ ѿ½ң̮̯̝̮̥̩ betreffen. Nun hatte Kyrill in seinem vierten Anathematismus, den Justinian der Sache nach wiederholt zitiert, eine Christologie abgelehnt, welche die ̴̱̩̝ҡ auf zwei Subjekte „verteilt“, indem sie diese, „sofern sie dem Wesen Gottes entsprechen (ҋ̭ ̡̤̫½̡̬½̡Ӻ̭), einzig auf den Gott Logos bezieht“, alle anderen Prädikate aber – d.h. die Niedrigkeitaussagen – einem Menschen zuschreibt, der „gleichsam in seiner Eigen- und Selb-
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ständigkeit (Ѣ̠̥̦Ԗ̭) neben dem Gott Logos gedacht wird“ (CPG 5317). Wie Kyrill selbst die Subjekteinheit auffaßt, zeigt sich in seiner positiven Darstellung: Wenn der inkarnierte Gott Logos auf eine einzig Gott angemessene Weise (̡̤̫½̡̬½Ԗ̭) wie z.B. in Joh. 10,30 und 14,9 über sich selbst spricht, „dann erkennen wir seine göttliche Natur“. Wenn er aber sich selbst wie in Joh. 8,40 einen Menschen nennt, dann erkennen wir denselben Gott Logos, wenn auch „aus seinen menschlichen Verhältnissen“. Denn er selbst ist das Subjekt der Kenose (Phil. 2,7), so daß alle ̡Ѿ̡̧̝̟̟̥̦̝Ҡ ̴̱̩̝ҡ auf „das eine Prosopon, die eine inkarnierte Hypostase des Logos“ zu beziehen sind. Diese Auffassung hat Kyrill im Brief an Akakios von Melitene (CPG 5340) wiederholt und im Blick auf die Antiochenische Formel um eine dritte Klasse von ̴̱̩̝Ҡ wie Hebr. 13,8 und I Kor. 8,5-6 erweitert, „die eine mittlere Ordnung einnehmen, indem sie offenbaren (ц̨̱̝̩ҡ̢̫̰̮̝̥), daß der Sohn zugleich selbst Gott und Mensch ist“. Für Kyrill ist es wichtig, daß diese ̴̱̩̝ҡ der mittleren Ordnung die Einheit des Subjekts anzeigen (ц̨̱̝̩ҡ̢̫̰̮̝̥), sofern göttliche und nicht-göttliche Prädikate trotz ihres Gegensatzes auf das eine Subjekt der Aussage bezogen sind (̯̫ԉ ч̩Ң̭ ̯Қ̭ ̡̤̫½̡̬½̡Ӻ̭ ̦̝Ҡ ̨ҝ̩̯̫̥ ̯Қ̭ ж̴̩̤̬½ҡ̩̝̭ ̴̱̩қ̭). Genau genommen führt Kyrill also keine dritte Klasse christologischer Aussagen ein, sondern kennt auch nach der Union von 433 nur Hoheitsund Niedrigkeitsaussagen. Justinian hat diese Kontinuität im Denken Kyrills gesehen (CPG 6878: 167). Mit ihr rechtfertigt er seine eigene Darstellung von Kyrills Lehre vom Unterschied (̠̥̝̱̫̬қ) der Naturen, „in denen“ Christus auf Grund menschlicher Selbstaussagen wie Joh. 12,27 und göttlicher wie Joh. 10,18 „erkannt wird“ – ц̩ ̠ҥ̫ ̱ҥ̡̮̮̥̩ ̴̢̟̩̬̥ң̨̡̩̫̭. Aussagen über das Wirken Christi konfrontieren unmittelbar mit der Unterscheidung der biblischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen. Als auf dem Konzil von Chalkedon die Bischöfe Illyriens und Palästinas Kyrills Christologie gegen den Tomus Leonis geltend machten und insbes. Leos Sicht des Wirkens Christi, sein Agit enim utraque forma cum alterius communione angriffen, legte die Konzilsleitung als parallele Aussage Kyrills Interpretation der Antiochenischen Formel aus dem Brief an Akakios (CPG 5340) vor. Der Protest der Illyrer und Palästinenser ging davon aus, daß der Tomus Leonis hier nicht mit Kyrills Verständnis des einen Subjekts alles Wirkens und darum aller ̴̱̩̝ҡ übereinstimmt, insbes. nicht mit dem vierten Anathematismus Kyrills. Justinian läßt sich nicht auf eine detaillierte Diskussion ein, bezieht aber mit der Bekenntnisformel des Henotikon (CPG 5999), ohne das Henotikon beim Namen zu nennen, Stellung. Mit Worten Kyrills (CPG 5230) sagt er ausdrücklich, daß der inkarnierte Logos das Subjekt des
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Wirkens ist: Er wirkt durch seinen Körper, der deshalb „göttlich und jenseits unserer menschlichen Maßstäbe“ ist, ohne aber die Transzendenz der göttlichen Natur aufzuheben. Denn diese bleibt in der Inkarnation unverändert und geht keine Synthese ein, sondern wahrt ihre Einfachheit. Gottes Transzendenz wird also für Justinian durch die in der Menschwerdung vollzogene hypostatische Synthesis nicht in Frage gestellt. Quellen: Zu CPG 6878 siehe 3.1.1: Justinian zitiert zum einen zwei Aussagen der Antiochener, die Kyrill 433 akzeptiert hatte: (1) 163, S. 34,29-35,15: die sog. Antiochenische Formel (ACO I,1,4, 17,9-20) mit einem Stück aus dem Laetentur-Brief Kyrills (CPG 5339: ACO I,1,4, 16,21-17,25); (2) 165-166, S. 35,20-40: aus der zweiten in Alexandrien gehaltenen Homilie des Abgesandten der Orientalen, Paulos von Emesa (CPG 6366: ACO I,1,4, 13,16-21), mit dem Beginn der Antwort Kyrills (CPG 5247: ACO I,1,4, 14,26-15,3). Zum anderen führt Justinian einen Text Kyrills an, in dem dieser die Antiochenische Formel interpretiert: 161, S. 34,6-19 aus CPG 5344: ACO I,1,4, 36,13-37,2. Der Sache nach geht es in diesen Testimonien um die ̡Ѿ̡̧̝̟̟̥̦̝Ҡ ̦̝Ҡ ж½̧̫̮̯̫̥̦̝Ҡ ½̡̬Ҡ ̯̫ԉ ̦̰̬ҡ̫̰ ̴̱̩̝ҡ, von denen Kyrill in seinem vierten Anthematismus handelt (CPG 5317: ACO I,1,1, 41,1-4). Zur Art und Weise, wie Kyrill die Dihärese der Orientalen als eine Unterscheidung (̠̥̝̱̫̬қ) interpretiert, „sofern die (Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen) auf zwei Naturen bezogen sind“, vgl. man den Brief des Johannes von Antiochien, in dem dieser den Orientalen die Union erläutert (CPG 6346: ACO I,1,7, 156,27-37). – Aus Kyrill werden zitiert (1) CPG 5317: ACO I,1,1, 38,4-22 mit 41,1-4; (2) CPG 5340: ACO I,1,4, 27,1828,21. – Aus CPG 6878 werden aus der Edition von E. Schwartz zitiert: (1) 167, S. 35,41-36,1 mit 11-14, S. 9,36-10,11; (2) zur Formel des Henotikon (CPG 5999): 5, S. 8,24-25 mit dem 11. Anathematismus (199, S. 43,16); (3) zu CPG 5230: 68, S. 17,37-18,5 (die von Justinian zitierte Aussage über das Wirken durch den Körper fehlt im ansonsten längeren Fragment im Kyrillischen Florileg vom Jahre 482: hg. v. R. Hespel, Le florilège cyrillien [siehe 1.3.1], 78, S. 141. Vgl. auch Doctrina Patrum (CPG 7781), c. 20 V, hg. v. F. Diekamp, 125). – Aus dem Tomus Leonis wird zitiert: Z. 94-95, hg. v. C. Silvia-Tarouca (siehe 1.3.1). Vgl. in Chalkedon: ACO II,1,2, 82,12-16 mit 82,20-22 (aus CPG 5340: ACO I,1,4, 27,22-24).
3.1.2.4. Kyrills Unterscheidung der Naturen Die Unterscheidung der Naturen ist etwas, was der Mensch nur mit seiner Vernunft erkennen kann. Denn nur so ist ihm die Gottheit in der Inkarnation zugänglich (̯Ӭ̭ ̨Ҝ̩ ̮̝̬̦ҧ̴̡̮̭ ̝Ѿ̯̫ԉ ̨̱̝̥̩̫ҝ̩̣̭, ̯Ӭ̭ ̠Ҝ ̡̤ң̯̣̯̫̭ ̝Ѿ̯̫ԉ ̨ң̩Ԕ ̯ԗ ̩ԗ ̴̡̨̤̬̫̰ҝ̩̣̭). Dieses habe Kyrill gemeint, als er sagte, daß die Weise der Menschwerdung „einzig mit den
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Augen der Seele geschaut werden“ kann, oder als er von einer Erkenntnis der Naturen „rein in Gedanken“ (ц̩ ц̩̩̫ҡ̝̥̭, ц̩ ̴̡̤̬ҡӛ) sprach. Es sei einfach ein Mißverständnis der Severianer, wenn sie unter Berufung auf diese Aussagen Kyrills ein Bekenntnis zu den zwei Naturen Christi ausschließen und so mit den Worten „Gottheit“ und „Menschheit“ nicht die jeweils gemeinte Wirklichkeit (̯Қ ̦̝̯’ ж̧ҟ̡̤̥̝̩ ½̬қ̨̟̝̯̝) verbinden. Quellen: Zu CPG 6878 siehe 3.1.1: zitiert werden 18, S. 10,34-11,3 (aus CPG 5345: ACO I,1,6, 153,23-154,3); 168, S. 36,26-27. Analoges gilt für das anthropologische Paradigma: 51-52, S. 15,3-27 (aus CPG 5346: ACO I,1,6, 162,4-9).
Der Bruch mit den Monophysiten ist für Justinian eindeutig vollzogen. Er weist ihren Anspruch zurück, ihr Bekenntnis zur „einen inkarnierten Natur des Gott Logos“ stehe in der Tradition Kyrills und der Väter. Nimmt man „den ganzen Kyrill“ ernst, dann bezeugte dieser das in Chalkedon definierte Bekenntnis zum inkarnierten Logos, „der einen Person aus der Trinität“. Quellen: CPG 6878: 198, S. 42,11-23; ferner 5, S. 8,25-26 mit dem vierten Anathematismus Justinians: 199, S. 42,35.
3.1.3. „Die verschiedenen Energien der einen Hypostase“ Den Aussagen der an die Mönche des Enaton adressierten Abhandlung widersprechen nicht die beiden oben schon genannten Fragmente aus Justinian in den Akten des 6. Ökumenischen Konzils, in denen er Papst Leos I. Aussage Agit enim utraque forma cum alterius communione verteidigt bzw. als Begründung für die Formel des Henotikon zitiert und von Kyrill her interpretiert, um so, wie er es schon gegenüber den Mönchen des Enaton tat, zu begründen, daß „der eine Christus“ als „die eine Hypostase“ leidet und nicht leidet. Denn auf Grund der Wunder erkennen wir die Gottheit Christi, auf Grund des Leidens seine Menschheit, und doch sehen wir sowohl in den Wundern als auch in der Passion, daß das Göttliche und das Menschliche zugleich – das eine nicht ohne das andere – wirken. Denn dieses sei die Lehre Kyrills, der eine ̨ҡ̝ ̱̰̮̥̦Ҟ ц̩ҝ̡̬̟̥̝ ablehnt, da diese den Unterschied der Naturen aufhebt (CPG 5215). Da nach Kyrill der Gott Logos das Subjekt des Wirkens ist, der im Leiden seinen Körper und seine Seele wie ein Instrument (Ѷ̬̟̝̩̫̩) gebraucht und so Menschliches wirkt, im Wunder aber – wie in der Auf-
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erstehung – Göttliches verwirklicht, sind für Justinian „die Energien der beiden Naturen“ Energien „der einen Hypostase oder der einen Person Christi unseres Gottes“. Justinian spricht nicht von zwei Energien, sondern von den göttlichen und von den menschlichen Energien, durch die der inkarnierte Logos zeigt, daß er in zwei Naturen existiert. Auf diese Aussage beschränkt sich auch Justinians Verteidigung von Leos Agit enim utraque forma in der vom 6. Ökumenischen Konzil zitierten Abhandlung gegen die Nestorianer und Akephalen: Justinian lehnt die Formel der „einen Energie der Gottheit und Menschheit“ ab und bekennt sich zu „unterschiedenen Energien (der Gottheit und Menschheit) des Einen, unseres Herrn Jesus Christus“. Bestritten wird in beiden Fragmenten die von Severos von Antiochien vorgetragene Begründung einer ̨ҡ̝ ̱̰̮̥̦Ҟ ц̩ҝ̡̬̟̥̝, wobei Kyrill die entscheidende Autorität ist. Wie Justinian den Plural „Energien“ genauerhin versteht und wie Kyrills Aussagen wie jene über eine ̨ҡ̝ ̠̥’ ж̨̱̫Ӻ̩ ц̩ҝ̡̬̟̥̝, läßt sich auf Grund der Fragmente nicht sagen. Eines aber ist deutlich: Die Frage der Energien gehört für Justinian in den Kontext der Unterscheidung zwischen christologischen Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen. Dabei bleibt Justinian der Kyrillischen Sichtweise treu. Insofern dürfte A. Grillmeiers Aussage, daß Justinians Auffassung sich mit jener des Tomus Leonis decke, einer Korrektur bedürfen. Quellen: (1) Justinians dogmatischer Brief an Zoïlos (CPG 6879): Fragment in den Akten des 6. Ökumenischen Konzils, 10. Sitzung (CPG 9429), hg. v. R. Riedinger, ACO ser. II, II,1, 352,11-356,15; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 58-61; Fragment aus dem Thesaurus des Niketas Choniates: PG 86,1, 11451150 (PG 140, 88-89); (2) Justinians Abhandlung gegen Nestorianer und Monophysiten (fehlt in CPG): Fragment in den Akten des genannten Konzils, 10. Sitzung, hg. v. R. Riedinger, a.a.O., 350,6-352,8; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 37-40; (3) aus CPG 6878 (siehe 3.1.1) zitiert: 21, S. 11,26-29; (4) zum Zitat aus CPG 5215 (32, PG 75, 453 B 13-C 3; ACO II,5,147,27-29) siehe 2.5. Lit.: A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 379; 400f.; K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus (siehe 1.3.1), bes. 389f.
3.2. Das Anathem gegen die antiochenische Christologie als Absicherung einer authentischen Interpretation Chalkedons Nach der 433 vollzogenen Union der Alexandriner und Antiochener hatte Kyrill auf einer Reise nach Jerusalem vernommen, daß die Orientalen nun statt Nestorios dessen Lehrer Theodor von Mopsuestia verehrten (CPG 5370). Da seiner Meinung nach zwischen den Auffassungen
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des Nestorios und des Theodor keine wesentlichen Unterschiede bestehen, ging er publizistisch gegen diese „Nestorianer“ und damit gegen die antiochenische Christologie vor. Doch lenkte Kyrill ein, als sich im August 438 zeigte, daß das Ende der Union von 433 und somit ein neues Schisma drohte. Kyrills Schrift gegen Diodor von Tarsos und Theodor von Mopsuestia, die Schulhäupter Antiochiens (CPG 5229), fand eine Antwort in der von Theodoret von Kyros verfaßten Apologie (CPG 6220), hinter der ebenso wie bei der vor der Union von 433 erschienenen Widerlegung der zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 6214) der Patriarch Johannes von Antiochien als Auftraggeber stand. Der Verdacht, daß die Orientalen Krypto-Nestorianer seien, wurde im Streit vor und nach Chalkedon immer wieder angesprochen. Da einerseits die Gegner des Konzils von Chalkedon in der Definition dieser Synode nichts anderes sahen als die Rezeption der antiochenischen Zwei-Naturen-Lehre und andererseits manche Verteidiger von Chalkedon wie z.B. die skythischen Mönche weiterhin unter Berufung auf Kyrill insbes. Theodor als Lehrer des Nestorios verketzerten, um die Definition von Chalkedon gegen eine nestorianische Interpretation zu schützen, wirkte der 438 nicht ausgetragene Streit unterschwellig fort und wurde im 6. Jahrhundert höchst aktuell, als ihn Kaiser Justinian 543 und 544 mit seinen beiden ersten Edikten gegen die Drei Kapitel aufgriff, um eine eindeutige Interpretation der Definition von Chalkedon durchzusetzen, die schließlich vom 5. Ökumenischen Konzil 553 bestätigt wurde.
3.2.1. Justinians Motiv oder Motive in westlicher Sicht Angesichts der politischen Situation im Westen, vor allem angesichts der Erfolge Totilas in Italien und der nicht gesicherten Reconquista bleibt das Vorgehen des Kaisers unbegreiflich, wie vor allem der Widerspruch des lateinischen Westens zeigt, der in der Verurteilung der Drei Kapitel einen Angriff auf das Konzil von Chalkedon sah. Denn Kyrills Christologie war dem Westen fremd geblieben, und die 533 in Rom vollzogene Anerkennung der theopaschitischen Formel blieb im Westen, sieht man von den Päpsten ab, weitgehend unbeachtet. Im Vorgehen Justinians konnte man darum im Westen, wie es Zeitgenossen bezeugen, einen Versuch sehen, die Monophysiten in die kirchliche Gemeinschaft zurückzuführen, und zwar einen Versuch, der nicht auf Grund einer realistischen Einschätzung des kirchenpolitisch Möglichen unternommen wurde, sondern einzig, wie diese Zeitgenossen Justinians meinten, auf dem Hintergrund von Intrigen am Hofe Justinians zu verstehen war.
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Die Protagonisten sind in dieser Sicht zwei Rivalen um die Gunst des Kaisers: Pelagius, der Geschäftsträger des Papstes in Konstantinopel, und Theodor Askidas, ein aus der Neuen Laura in Palästina stammender Mönch, der 536 nach Konstantinopel gekommen war und dort die Gunst des Kaisers gewonnen hatte. Als Pelagius 540 wegen der Affäre des Paul von Tabennesi in Gaza weilte, war er von Mönchen darüber informiert worden, daß unter den Mönchen Palästinas Spekulationen die Runde machten, die sich an Origenes’ Schriften orientierten. Ihm war von den Gegnern dieser Origenisten zum Beweis ein Florileg, das vor allem aus Zitaten aus Origenes’ Schrift ̡̬̍Ҡ ж̬̲Ԗ̩ bestand, übergeben worden. Nach seiner Rückkehr aus Gaza berichtete er das Gehörte dem Kaiser und übergab ihm das Florileg, das vermutlich jener Zitatensammlung zugrunde liegt, die Justinian im Jahre 543 seinem Edikt gegen Origenes und die Origenisten hinzugefügt hat. Für Zeitgenossen wie den Afrikaner Liberatus sah es danach aus, daß Pelagius den Kaiser dazu veranlaßt hatte, Origenes zu verurteilen. Nun war sein Konkurrent um die Gunst des Kaisers, Theodor Askidas, selbst ein Verehrer des Origenes. Er gehörte zu jener Gruppe der Origenisten, die von ihren Gegnern Isochristen genannt wurden. Wie Liberatus sagt, habe er aus „Schmerz über die Verurteilung des Origenes“ auf eine Verurteilung der Drei Kapitel, insbes. des Theodor von Mopsuestia, hingewirkt. Dometian von Ankyra, des Askidas damaliger Verbündeter, nennt später in einem Brief an Papst Vigilius (CPG 6990) als Motiv „die Rache für Origenes“. Nach Liberatus hatte Askidas eigentlich zwei Motive, um beim Kaiser auf ein Anathem gegen den Mopsuestener anzudringen. Als Origenist habe er dessen gegen Origenes und die allegorische Exegese gerichtete Schriften bekämpft, als Monophysit aber die Synode von Chalkedon. Denn diese hatte den Brief des Ibas von Edessa an den Perser Mari (CPG 6500) als rechtgläubig akzeptiert und damit auch das Loblied auf Theodor von Mopsuestia gutgeheißen, das in Ibas’ Schreiben zu lesen ist. Gewiß ist das zweite genannte Motiv, das den Origenisten Askidas als einen Monophysiten ausweisen will, nichts anderes als eine Konstruktion des Liberatus. Aus der Sicht dieses Afrikaners konnte ein Anathem gegen die Drei Kapitel nur den Monophysiten und ihrem Kampf gegen Chalkedon dienen. Doch die Christologie der Origenisten unterscheidet sich eindeutig von monophysitischen, aber auch chalkedonischen Auffassungen. Denn für die Origenisten ist Christus das einzige Vernunftwesen (Nus), das sich nie von Gott abgewandt hatte und darum stets mit dem Gott Logos geeint geblieben war, nämlich jene Seele Christi, von der Origenes in ̡̬̍Ҡ ж̬̲Ԗ̩ handelt. Die Inkarnation war ein Werk der Seele Christi, nicht
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aber des Logos. Nun konnten zwar Aussagen über die Einung des Christus-Nus mit dem Gott Logos, auf die wir noch zurückkommen müssen, einen Außenstehenden veranlassen, eine Verwandtschaft mit dem vergöttlichten Christusbild der Monophysiten zu vermuten. Dieses gilt gerade für die sog. Isochristen, die man deshalb zumindest für Gesinnungsgenossen, wenn nicht sogar Parteigänger der Monophysiten halten konnte. Sie erwarteten, daß die erlösten Seelen im Eschaton, wenn „Gott alles in allem“ sein wird (I Kor. 15,28), mit Gott eine solche Einung in einer „seinshaften Gnosis“ eingehen, daß sie Christus-Gleiche werden und wie Christus „in Gottes Sein aufgehen“: Wie die Seele Christi von Gottes Feuer durchglüht, um ein Bildwort des Origenes zu gebrauchen. Für Außenstehende lag es wohl nicht allzu fern, in solchen Aussagen ein monophysitisches Christusbild zu entdecken, auch wenn für die Origenisten im Eschaton jede Form der Inkarnation – jede Leibhaftigkeit – im reinen Nus vernichtet werden sollte. Diese Sicht der Ursachen für den Ausbruch des Drei-Kapitel-Streits, die Justinians Vorgehen als Ergebnis von Hofintrigen und als einen von Monophysiten inspirierten Angriff auf Chalkedon interpretiert, den der Kaiser merkwürdigerweise, wie die Quellen eindeutig ausweisen, im Namen Chalkedons durchführt, dient der Rechtfertigung des Kampfs pro defensione trium capitulorum. Der Kaiser erscheint in einem merkwürdigen Zwielicht: Er handelt und begründet sein Handeln als Verteidigung des Konzils von Chalkedon, doch spielt er mit seinem Handeln nur den Monophysiten in die Karte, ja wird von einem Kryto-Monophysiten „aus Rache für Origenes“ zum Handeln bewegt. Mit der im Westen herrschenden Auffassung über den Hintergrund und die Intention der Verurteilung der Drei Kapitel hängt eine Frage zusammen, die sich bis heute in den Darstellungen von Kirchenhistorikern greifen läßt. Denn bis heute ist ein Verständnis des Drei-KapitelStreits durch die Frage belastet, wie das Handeln von Papst Vigilius (537-555) zu beurteilen ist und wieweit er schließlich in einen Gegensatz zur Autorität eines Ökumenischen Konzils geraten ist. Quellen: (1) Liberatus, Breviarium (CPL 865), 23-24, hg. v. E. Schwartz, ACO II,5,138,24-141,11; (2) Dometian von Ankyra, Brief an Vigilius (CPG 6990): Fragment bei Facundus von Hermiane, Ad Iustinianum IV, hg. v. J.M. Clément /R. Vander Plaetse, CCSL 110A. Turnhout 1974, 126. Lit.: A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 439-441. Zu den Vorgängen nach der Union von 433: L. Abramowski, Der Streit um Diodor und Theodor zwischen den beiden ephesinischen Konzilien, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 67 (1955/6), 252-287.
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3.2.2. Justinians eigenes Zeugnis über sein Motiv In einem Schreiben an das 5. Ökumenische Konzil, das vom 5. Mai bis 2. Juni 553 in Konstantinopel tagte, stellte Justinian seine Politik der Drei Kapitel dar (CPG 6887). Es sei ihm dabei um die Wiederherstellung der kirchlichen Gemeinschaft „ab Oriente usque ad Occidentem“ und um die Verteidigung von Chalkedon gegen die Anhänger des Eutyches und des Nestorios gegangen. Letztere hätten versucht, über Theodor von Mopsuestia die Lehren des Nestorios durchzusetzen und über Theodoret von Kyros sowohl das Konzil von Ephesos (431) als auch Kyrills zwölf Anathematismen zu entwerten. Schließlich hätten diese Krypto-Nestorianer behauptet, der Brief des Ibas von Edessa an den Perser Mari (CPG 6500), der Theodor von Mopsuestia und Nestorios „lobt und rechtfertigt“, sei vom Konzil von Chalkedon akzeptiert worden. Sie hätten dieses behauptet, um die Autorität Chalkedons zu „mißbrauchen“ und dadurch, so darf man wohl hinzufügen, in Frage zu stellen. Nach diesem Dokument aus dem Jahre 553 ist es gut, einen Blick auf ein frühes Zeugnis Justinians zu werfen. Der Kaiser hatte – vermutlich vor seinem ersten Dekret (543) oder anläßlich desselben – die Bischöfe der chalkedonischen Reichskirche befragt, wie sie über die Drei Kapitel denken. In einem Schreiben an eine Gruppe von Bischöfen, vermutlich eine Synode, teilt er mit, daß er allgemein Zustimmung gefunden habe, doch bei seinen Adressaten auf Widerspruch gestoßen sei (CPG 6882). Wo diese Synode zuhause ist, erfahren wir nicht und können wir auch nicht aus der captatio benevolentiae Justinians erschließen, die Bischöfe seien „aus jenem Land, in dem bisher der rechte Glaube stets untadelig gewahrt wurde“. Die Bischöfe berufen sich auf einen nicht weiter vom Kaiser beim Namen genannten Lehrer (̠̥̠қ̧̮̦̝̫̭), der die von ihnen mit einem Glaubensbekenntnis vorgelegten „Kapitel“ verfaßt hat. In einer ersten Reaktion hatten sie sich auf die Verteidigung des Theodor von Mopsuestia beschränkt. Zumindest ist dieses dem Hinweis Justinians zu entnehmen, daß er darauf schon in einem anderen Schreiben eingegangen sei. In ihrer Antwort, von Justinian als ̡̧̦̱̝̝̥̫̟̬қ̱̥̫̩ zitiert, hatten die Bischöfe auch eine Rechtfertigung des Briefes vorgetragen, den Ibas von Edessa nach 433 an den Perser Mari geschrieben hatte (CPG 6500). Sie vermuten, daß Justinian auf die Verurteilung der Drei Kapitel andringe, um den Monophysiten entgegenzukommen, und fragen, ob damit nicht die Geltung des Konzils von Chalkedon in Frage gestellt ist: „Wie sollen wir den Ägyptern“, d.h. den Monophysiten, „antworten“, wenn wir Theodor und den Brief des Ibas anathematisieren?
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Justinian bestreitet jedoch, daß es ihm darum ginge, „die Monophysiten mit solchen Manövern zu gewinnen“. Denn diese lehnen die Definition von Chalkedon ab, um deren rechtes Verständnis es ihm aber gehe und mit der sich die Drei Kapitel nicht vereinbaren lassen, die von einigen Leuten mißbraucht werden, um nestorianische Auffassungen durchzusetzen, ohne den Namen des Nestorios zu nennen. Quellen: (1) Justinians Schreiben an das 5. Ökumenische Konzil (CPG 6887): hg. v. J. Straub, ACO IV,1, 8-14; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 142-148; griech. bei Georgios Monachos: hg. v. C. de Boor, II. Leipzig 1904, 633-639; übernommen v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 150-156; griech. bei Kedrenos (PG 121, 724 C-729 C; PG 86, 1, 1035-1041); (2) Justinians Brief an ein Syonode wider die Drei Kapitel (CPG 6882): hg. v. E. Schwartz, Drei dogmatische Schriften Justinians (siehe 3.1.1), 47-69; engl. Übersetzung: K.P. Wesche, On the Person of Christ (siehe 3.1.1), 115-158. Lit.: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3), bes. 301; A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 442-445.
3.2.3. Justinians Argumente für eine Verurteilung der Drei Kapitel Will man Justinian verstehen, dann muß man seine Argumente daraufhin prüfen, wie er mit diesen die Definition von Chalkedon interpretiert. Dabei zeigt sich, daß der zitierte Brief (CPG 6882) mit den beiden Edikten, in denen er 544/545 (CPG 6881) und im Juni 551 (CPG 6885) die Drei Kapitel verurteilt, übereinstimmt und im Vergleich zu seinen früheren christologischen Aussagen nichts wesentlich Neues bietet. Ein Fortschritt von einer Position, die einfach Chalkedons Formel wiederholt, sei es im Sinn einer „früh-neuchalkedonischen Manier“ Chalkedon zu verteidigen (P. Gray), sei es im Sinn eines „strengen Chalkedonismus“ (A. Grillmeier), zu einer „geschlossenen Christologie“, die den Neuchalkedonismus „gemäßigt“ (A. Grillmeier), vielleicht aus Leontios von Jerusalem rezipiert (P. Gray), ist nicht nachzuweisen. Im Edikt vom Juni 551 (CPG 6885) gebraucht Justinian zwar öfter als sonst die Formeln ̡ѩ̭ ̯Ӭ̭ ̯̬̥қ̠̫̭ und ̡ѩ̭ ̬̥̮̯̓Ң̭ ̮ҥ̡̩̤̯̫̭ und begründet dort ausführlicher und umfassender als im Brief „über die Drei Kapitel“ (CPG 6882), der in die Anfangsphase der Kontroversen um die Drei Kapitel gehört. Doch argumentiert er im Edikt auf dieselbe Weise wie in seiner Schrift an die Mönche des Enaton (CPG 6878) aus Kyrills Perspektive. Vergleicht man beide Texte, dann erweist sich das Edikt als eine umsichtiger und deutlicher formulierte Darstellung. Doch neue Gedankengänge und Termini führt das Edikt nicht ein.
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Justinian lehnt ein jedes Bekenntnis zu Christus ab, das nicht die biblische Lehre von der Menschwerdung des Logos, wie sie „die Väter“ interpretiert haben, ernstnimmt. Es ist auffällig, daß Justinian bewußter als Zeitgenossen auf die Bibel zurückgreift. Er liest sie in der Perspektive von Kyrills Christologie. Das Subjekt des Bekenntnisses zu Christus ist der inkarnierte Logos und somit „der Eine der Trinität“ (̡ѩ̭ ̯Ӭ̭ ̯̬̥қ̠̫̭), der Mensch geworden ist und dennoch in keiner Weise ein Mensch ist wie die anderen Menschen, die der Erlösung bedürfen. Sonst wäre das Heil der Menschen (ѓ ̴̮̯̣̬ҡ̝) nicht gewährleistet: „Wie kann jemand der Retter der Menschheit sein, der selbst gerettet wurde?“ Darum lehnt Justinian ein Bekenntnis zum homo assumptus ab, das eine Menschwerdung des Logos ausschließe, sofern es den Gott Logos und Jesus Christus als zwei Subjekte auffasse. Denn dadurch werde die Trinität um ein viertes Prosopon, jenes Christi, erweitert. Der Logos ist das Subjekt der Kenose; er hat sich nach Phil. 2,6-7 „selbst entleert“ und alles, was zur menschlichen Wirklichkeit Christi gehört, „mit seiner eigenen Hypostase geeint und wurde nicht mit einem im voraus erschaffenen (½̬̫̠̥̝½̧̡̝̮̤ҡ̭) Menschen geeint“. „In seiner eigenen Hypostase hat er für sich… eine menschliche Natur geschaffen (ц̨̠̣̥̫ҥ̡̬̟̣̮̩)“. Unter ̱ҥ̮̥̭ ж̴̩̤̬½ҡ̩̣ versteht Justinian hier die konkrete Wirklichkeit des Menschen aus Körper und Seele. Diese ist „die Sarx“ nach Joh. 1,14. Der Sache nach vertritt Justinian hier wie schon in seiner Abhandlung an die Mönche im Enaton (CPG 6878) den Gedanken der Enhypostasie. Es genüge darum nicht, sich mit Theodor von Mopsuestia oder dem Brief an den Perser Mari, der nicht von Ibas geschrieben worden sei, oder mit den Adressaten von Justinians Brief „gegen die Drei Kapitel“ (CPG 6882) zu Christus als der einen Person (щ̩ ½̬ң̴̮½̫̩) und zu seinen beiden Naturen zu bekennen. Denn deren Bekenntnis zu Christus als dem einen Sohn Gottes und „zur einen Person des Gott Logos und Christi“ meine nur die Ehre der Sohnschaft Gottes, die dem Menschen Jesus zuteil wurde, nämlich eine ̴̦̫̥̩̩̥қ, die einzig im Namen „Sohn Gottes“ begründet sei. Ihr Bekenntnis meine keine Einung der Naturen in der Hypostase des Logos. Denn sie bekennen nicht die eine Person des inkarnierten Logos als eine ̦̝̤’ ѿ½ң̮̯̝̮̥̩ ̯Ԗ̩ ̠ҥ̫ ̱ҥ̴̡̮̩ ы̴̩̮̥̭. Nur wenn man die Einung der Naturen in der Hypostase des Gott Logos bekennt, gelten sowohl die Hoheits- als auch die Niedrigkeitsaussagen „von dem einen inkarnierten Gott Logos“, der „eine zusammengesetzte Hypostase“ ist (̨ҡ̝ ̮ҥ̡̩̤̯̫̭ ѿ½ң̮̯̝̮̥̭). Doch das Bekenntnis Theodors von Mopsuestia und der Nestorianer zu „der einen Person des Gott Logos und Christi“ schreibe die Hoheitsaussagen dem Logos, die
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Niedrigkeitsaussagen dem Menschen zu. Darum sei ein Bekenntnis zur „einen Person“ nicht eindeutig; es muß gegen eine Einheit abgegrenzt werden, die einzig in einem Bekenntnis zu Christus als ̦̫̥̩Ң̩ Ѷ̨̩̫̝, in der ̴̦̫̥̩̩ҡ̝ von „Gott und Mensch zugleich“ begründet ist. Es muß wie bei Kyrill Hoheit und Niedrigkeit von dem einen inkarnierten Logos bekannt werden, wenn auch unter je einer anderen Rücksicht: ̦̝̯Қ ̯Ҟ̩ ̡̤ң̯̣̯̝ – ̦̝̯Қ ̯Ҟ̩ ж̴̩̤̬½ң̯̣̯̝. Mit dem Begriff „der einen zusammengesetzten Hypostase“ wendet sich Justinian nicht nur gegen eine nestorianische Interpretation, sondern auch gegen die Formel „der einen zusammengesetzten Natur“ der Severianer, nicht aber gegen Kyrills ̨ҡ̝ ̱ҥ̮̥̭ ̯̫ԉ ̡̤̫ԉ ̧ң̟̫̰ ̴̡̨̮̮̝̬̦ҝ̩̣, die man durchaus orthodox verstehen könne. Insofern hält er auch 551 an einem Verständnis der Definition Chalkedons fest, das dialektisch einem Mittelweg folgt und sowohl die nestorianische Trennung als auch die eutychianische Aufhebung ausschließt. Indem Justinian die Hoheits- und Niedrigkeitsaussagen auf die eine Hypostase des inkarnierten Logos bezieht, füllt er den Begriff der Hypostase auf. Er verbindet ihn so mit der entscheidenden Formel des Henotikon, ohne selbstverständlich über das Henotikon zu sprechen: ы̩̝ ̦̝Ҡ ̯Ң̩ ̝Ѿ̯Ң̩ ̦ҥ̬̥̫̩ ѓ̨Ԗ̩ Ѫ̣̮̫ԉ̩ ̬̥̮̯̓Ң̩ ̯Ң̩ ̯̫ԉ ̡̤̫ԉ ̧ң̟̫̩ ̴̮̝̬̦̤ҝ̩̯̝ ̦̝Ҡ ц̴̩̝̩̤̬½ҟ̮̝̩̯̝ ̦̝Ҡ ̯̫ԉ ̝Ѿ̯̫ԉ ̯қ ̡̯ ̤̝ҥ̨̝̯̝ ̦̝Ҡ ̯Қ ½қ̤̣, л½̡̬ ч̦̫̰̮ҡ̴̭ ѿ½ҝ̨̡̡̥̩̩ ̮̝̬̦ҡ, ѳ̨̧̫̫̟̫ԉ̨̡̩. „Ein und derselbe“, der inkarnierte Logos, „leidet und rettet“, d.h. er vollzieht Menschliches und Göttliches, und zwar als eine hypostatische, nicht als eine naturhafte Synthesis: „Aus den zwei Naturen“ ist der eine Christus zusammengesetzt (̡ѩ̭ ̬̥̮̯̓Ң̭ ̮ҥ̡̩̤̯̫̭). Insofern ist er Resultat einer Synthese (ж½̫̯ҝ̧̡̨̮̝). Darum erkennt der Glaubende „die zwei Naturen in der einen Hypostase“. Der Sache nach vertritt Justinian auch hier den Gedanken der Enhypostasie. Dabei sucht er nicht nach einer Definition des Begriffs der Hypostase im Unterschied zum Begriff „Natur“. Vielmehr füllt er den Begriff konkret mit religiöser Anschauung auf: „Ein und derselbe“, die Hypostase des Gott Logos, „leidet und rettet“. „In ihr“ existieren somit beide Naturen, aus denen Christus „zusammengesetzt“ ist, d.h. die absolut einfache göttliche Natur und die aus Körper und Seele zusammengesetzte des Menschen. In dieser Synthesis der Inkarnation ist keine „zusammengesetzte Natur“ entstanden, wohl aber eine „zusammengesetzte Hypostase“. Die Verurteilung der Drei Kapitel soll diesen Begriff der ̮ҥ̡̩̤̯̫̭ ѿ½ң̮̯̝̮̥̭ als Subjekt der Kenose absichern, nicht aber einen positiven Beitrag zum Verständnis der Person Christi liefern.
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Quellen: (1) Edikt Justinian gegen die Drei Kapitel vom Jahre 544/545 (CPG 6881): Fragmente, zusammengestellt aus Facundus von Hermiane, ad Iustinianum (siehe 3.2.1) und Pelagius, Pro defensione trium capitulorum ([Studi e Testi 57]. Città del Vaticano 1932) auf der Basis von W. Pewesin, Imperium, Ecclesia universalis, Rom. Der Kampf der afrikanischen Kirche um die Mitte des 6. Jahrhunderts. Stuttgart 1936, 150ff., bei E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3), 321328; Fragmente nach Facundus bei M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 130-135; (2) Justinians Brief an eine Synode (CPG 6882): siehe 3.2.2; (3) Justinians Edikt wider die Drei Kapitel vom Juni 551 (CPG 6885): hg. v. E. Schwartz, Drei dogmatische Schriften Justinians (siehe 3.1.1), 72-111; englische Übersetzung: K.P. Wesche, On the Person of Christ (siehe 3.1.1), 163-198. Die im Text angeführten Aussagen lassen sich sowohl aus CPG 6882 als auch CPG 6885 belegen. Lit.: P.T.R. Gray, The Defense of Chalkedon (siehe 3.1.1), 154-164; A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 446-459; J.L. Macdonald, The Christological Works of Justinian (siehe 3.1.1), 189-255; zum Begriff der Enhypostasie siehe 3.1.2.2.
3.2.4. Kyrills zwölf Anathematismen und die authentische Interpretation der Definition von Chalkedon Wollte Justinian zeigen, daß seine Interpretation der hypostatischen Einung der beiden Naturen der Definition von Chalkedon entspricht, dann ging es auch darum, welche gegen Nestorios gerichtete Aussagen Kyrills Chalkedon bestätigt hatte. Justinian behauptet nun sowohl in seinem Brief „über die Drei Kapitel“ (CPG 6882) als auch 544/545 in seinem Edikt gegen die Drei Kapitel (6881), daß sowohl Papst Coelestin und die Synode von Ephesos (431), als auch Papst Leo und das Konzil von Chalkedon (451) die zwölf Anathematismen Kyrills (CPG 5317) „angenommen und bestätigt haben“. Historisch stimmt dieses nicht, und zwar stimmt dieses umso weniger, als Justinian behauptet, daß die Anathematismen „als solche“ und „ohne eine bestimmte Interpretation“ bestätigt worden seien. Im Kontext geht es darum, ob Kyrill mit der Union von 433 seine Anathematismen zurückgenommen hat, wie es Ibas von Edessa in seinem Brief behauptet hatte, oder neu interpretiert hat, wie Justinians Adressaten annehmen. Um zu zeigen, daß „Kyrills Glaube“ jener Roms ist, behauptet er, Papst Leo habe in einem Brief an das Konzil von Chalkedon die Anathematismen bestätigt; und Justinian zitiert Leos Worte: „Die Definitionen, die von Kyrill, dessen Andenken uns heilig ist, gegen Nestorios vorgetragen wurden, sollen in Geltung bleiben“. Doch soviel wir wissen, hat Papst Leo niemals die Anathematismen Kyrills anerkannt, wohl aber in einem Satz, der jenem
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gleicht, den Justinian zitiert hat, gefordert, die Geltung der Beschlüsse von Ephesos (431) gegen Nestorios nicht in Frage zu stellen. Gewiß setzt Justinian voraus, daß die Definition von Chalkedon sich „gegen Nestorios und Eutyches“ richtet. Doch scheint ihm die Gefahr eines Krypto-Nestorianismus, der sich auf die Definition Chalkedons beruft, nicht ausgeräumt, solange die Bedeutung der zwölf Anathematismen – „der ganze Kyrill“ – für ein rechtes Verständnis von Chalkedon und damit für den Glauben der Kirche nicht anerkannt wird. Nach Justinian führte die Bestätigung der Anathematismen Kyrills in Ephesos (431) und Chalkedon (451) dazu, daß mit Nestorios sein Lehrer Theodor von Mopsuestia und dessen Symbol (CPG 3871) verurteilt wurden. Gemeint ist die von Charisios in Ephesos (431) überreichte Glaubenserklärung, die in den Akten dieses Konzils nichts mit Theodor zu tun hat. Doch das Konzil von Chalkedon, welches die Glaubenserklärung des Charisios aus den Akten des Latrocinium (449) übernimmt, bezeugt nach Justinian die Verurteilung von Theodor (̝̐ԉ̯̝ ̠Ҝ ц̩ ̯̫Ӻ̭ ѳ̡̬̥̮̤Ӻ̮̥̩ ѓ з̟ҡ̝ ц̩ ̧̝̲̣̠̇ң̩̥ ̮ҥ̩̫̠̫̭ ц̪ҝ̡̤̯̫). Von hier aus könne man erst das Verfahren des Konzils von Chalkedon gegen Ibas von Edessa und Theodoret von Kyros begreifen. Sie seien wieder aufgenommen worden, nachdem sie die Anathematismen Kyrills anerkannt hätten. Doch stimmt dieses so? Theodoret hatte, wie Justinian weiß, in Chalkedon einem Anathem gegen Nestorios zugestimmt. Für Ibas mußte „der Beweis“, daß der nach der Union von 433 verfaßte Brief an den Perser Mari (CPG 6500) nicht von ihm stammte, das entscheidende Argument liefern: Nach der Union von 433 habe Ibas nach eigener Aussage nichts mehr gegen Kyrill vorgetragen und somit implizit die Anathematismen Kyrills anerkannt. Auf jeden Fall hätten beide, Theodoret und Ibas, die Definition von Chalkedon unterschrieben. Das Anathem, auf das Justinian andringt, gelte nur dem nicht von Ibas verfaßten Brief an Mari und stelle darum nicht die Autorität des Konzils von Chalkedon in Frage, das Ibas wieder in die Kirche aufgenommen hat. Die Tatsache, daß die römischen Legaten in Chalkedon den Inhalt des Briefs als rechtgläubig akzeptierten und dabei auf keinen wesentlichen Widerspruch stießen, findet bei Justinian merkwürdigerweise keinen Widerhall. Schließlich gehe es bei dem Kapitel über Theodoret nicht um ein Anathem gegen seine Person, sondern einzig um ein Anathem gegen seine Schrift gegen Kyrills Anathematismen (CPG 6214). Die ebenfalls gegen Kyrill gerichtete Schrift Pro Diodoro et Theodoro (CPG 6220) wird nicht erwähnt. Für Justinian erschließt sich die Definition von Chalkedon, sofern es um den Ausschluß eines jeden nestorianisierenden Mißverständnisses geht, aus Kyrills Anathematismen. Dieses ist sein eindeutiger Stand-
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punkt in den beiden Texten aus den Jahren 543 bis 545 – ein Standpunkt, der gewiß keine Wende bedeutet. Nur die Rezeption der Anathematismen oder des „ganzen Kyrill“ garantieren eine authentische Interpretation der Definition Chalkedons. Sie sind auch der Maßstab, an dem er den Tomus Leonis mißt, den er in seinem Brief „gegen die Drei Kapitel“ (CPG 6882) in einem kleinen Florileg zitiert, in dem er aufweisen will, daß die Väter die Menschwerdung des Gott Logos gelehrt, d.h. Christus als den inkarnierten Logos bekannt haben. Auffälligerweise zitiert er jene Stelle aus Leos Tomus ad Flavianum, welche die Skythen und Papst Johannes II. geltend gemacht hatten: ѹ ж½̝̤Ҟ̭ ̡̤Ң̭ ̫Ѿ̦ ж½̣̪ҡ̴̡̮ ½̝̤̣̯Ң̭ ̡Ѩ̩̝̥ к̴̩̤̬½̫̭. Umso auffälliger ist, daß im Edikt vom Juni 551 (CPG 6885) die zwölf Anathematismen zwar genannt werden, doch in den Hintergrund treten. Über eine Bestätigung durch Papst Leo liest man nichts mehr. Auch wenn die Anathematismen Kyrills nicht besonders betont werden, so verändert sich für Justinian nichts daran, daß für ihn einzig von Kyrill her eine authentische Interpretation von Chalkedon gewährleistet ist, die jeden Krypto-Nestorianismus vermeidet. Darum kämpft er für eine Verurteilung der Drei Kapitel, für die Anerkennung einer von Kyrill getragenen authentischen Auslegung von Chalkedon, wie sie von der 5. Ökumenischen Synode 553 in ihren Kanones umrissen wird. Quellen: Zu CPG 6881 siehe 3.2.3, zu CPG 6882 siehe 3.2.2. (1) Zu Justinians Behauptung, Leo hätte die Anathematismen Kyrills anerkannt (CPG 6882: 54, S. 61,33-36. CPG 6881: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik (siehe 2.3), 321; Fragment 4, hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale, 131) vgl. Leos Brief 34, hg. v. C. SilvaTarouca, Z. 43-45, S. 84; Ep. 52 bei E. Schwartz, ACO II,4, 52,25-27; (2) zur Verurteilung des sog. Symbolum Theodori (CPG 3871) vgl. Justinian CPG 6882: 61, S. 64,1-4; CPG 6881: bei E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik, 322; Fragment 6 bei M. Amelotti/L. Migliardi Zingale, 131; CPG 6885: 100, 30-36. Zur historischen Frage vgl. L. Abramowski, Der Streit (siehe 3.2.1), 257.
3.3. Wider den Mythos der Origenisten Justinian wurde nach den uns noch erhaltenen Quellen von zwei Seiten – durch den römischen Apokrisiar Pelagius (540) und einen libellus, den ihm 542 der Jerusalemer Patriarch Petros (524-552) geschickt hat – mit der Tatsache konfrontiert, daß unter den Mönchen Palästinas, vor allem in der Neuen Laura, eine Theologie Eingang gefunden hatte, die sich auf Origenes’ Proto- und Eschatologie und deren Rezeption durch Evagrios Pontikos berief. Doch der Zusammenhang mit Evagrios war Justinian
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und seinen Informanten nicht bekannt. Für ihre Anhänger, die Origenisten, ging es um eine Begründung ihrer Spiritualität und Lebenspraxis. Ihre Gegner wie Justinian sahen in ihren Thesen nur eine Rezeption des paganen Mythos der Präexistenz und der Reinkarnation sowie eine Absage an die Heilsbedeutung der Menschwerdung des Gott Logos.
3.3.1. Origenisten in Konstantinopel Es gehört wohl zur frommen Legende, daß Justinian schon 531 vom greisen Sabas, dem geistlichen Vater der Großen Laura Palästinas, wie dessen Biograph behauptet, um eine Verurteilung des Origenes gebeten wurde. Sabas war damals kurz vor seinem Tod (5. Dez. 531) in einer politischen Mission in Konstantinopel. Dabei entdeckte er in seiner Begleitung einen Origenisten, Leontios, der aus Byzanz stammte und Mönch der Neuen Laura war. Dieser habe seine origenistischen Auffassungen durch sein Eintreten für das Konzil von Chalkedon zu verbergen gesucht. Vermutlich ist dieser Leontios mit jenem Leontios zu identifizieren, der als Konstantinopler Geschäftsträger der Mönche Palästinas am Religionsgespräch des folgenden Jahres (532) und an der Endemusa gegen Anthimos und Severos (536) teilgenommen hat. Sollte er auch der Verfasser jener christologischen Abhandlungen sein, die unter dem Namen eines Leontios von Byzanz überliefert sind (CPG 6813-6817), dann fällt auf, daß sich in seiner Verteidigung Chalkedons keine eindeutigen Hinweise auf eine origenistische Nus-Christologie finden. Über Leontios, den Origenisten der Sabas-Vita, finden die auf der Endemusa des Jahres 536 in Konstantinopel anwesenden origenistischen Mönche Theodor Askidas, der führende Kopf (ц̪қ̴̬̲̩) der Neuen Laura, und Dometian, der Hegumenos der Laura des hl. Martyrios, Eingang bei Eusebios, dem einflußreichen Presbyter und Schatzmeister der Hagia Sophia, und als dessen Protégés beim Kaiser. Auch von ihnen heißt es, sie seien unter dem Vorwand, Chalkedon zu verteidigen, nach Konstantinopel gekommen. Beide unterschrieben zwar das Edikt, mit dem Justinian 543 im Anschluß an die Synode des Patriarchen Menas (536-552) Origenes verurteilt hat (CPG 6880). Doch setzten sie sich die kommenden Jahre energisch für die Interessen der Origenisten ein. Dieses gilt vor allem für Askidas. Denn Dometian scheint, wie es sein schon erwähnter Brief an Papst Vigilius nahelegt (CPG 6990), den Origenisten die Gefolgschaft aufgesagt zu haben und schon bald, wie Kyrill von Skythopolis berichtet, an Wassersucht gestorben zu sein.
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Quellen: (1) Justinians Edikt gegen Orignes (CPG 6880; 9334): hg. v. E. Schwartz, ACO III, 189-214 (Synode des Menas: ebd. 207,29-208,2); nachgedruckt bei M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 67-119; neun Anathematismen aus CPG 6880: hg. v. H. Görgemanns/H. Karpp, Origenes. Vier Bücher von den Prinzipien. Darmstadt 1976, 822-824; (2) Liberatus, Breviarium (CPL 865), 23-24: siehe 3.2.1; (3) Kyrill von Skythopolis, Vita Sabae (CPG 7536; BHG 1608): hg. v. E. Schwartz, Kyrillos (siehe 2.4), 175f.; 188-192; (4) Dometian von Ankyra, Brief an Vigilius (CPG 6990): siehe 3.2.1. Lit.: D.B. Evans, Leontius of Byzantium. An Origenist Christology [Dumbarton Oaks Studies 13]. Washington D.C. 1970, 147-185 (berechtigte Kritik z.B. bei B. Daley, The Origenism of Leontius of Byzantium, in: Journal of Theological Studies n.s. 27 (1976), 333-369); A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 403-408; L. Perrone, La chiesa di Palestina (siehe 1.4.5), 190-193; 203-213.
3.3.2. Justinians Edikt vom Jahre 543 Zu Beginn des Jahres 543 und nicht, wie Kyrill von Skythopolis berichtet, des Jahres 542 erließ Justinian sein Edikt gegen Origenes (CPG 6880). Auffällig ist, daß der Kaiser und seine Informanten bei den Origenisten jene Origenes-Rezeption voraussetzen, die sich in den Dokumenten der ersten, im Jahre 399 entbrannten Origenistischen Kontroverse widerspiegelt. Der Brief des Hieronymus an Avitus von Vienne hat für Justinian, wie G. Sfameni Gasparro gezeigt hat, weitgehend den Leitfaden seiner Darstellung geliefert. Ferner hat H. Crouzel vermutet, daß die Übereinstimmung von Justinians Zitaten aus Origenes’ ̡̬̍Ҡ ж̬̲Ԗ̩ mit Hieronymus auf die Mitarbeit des Apokrisiars Pelagius zurückgeht, m.a.W. daß Pelagius’ Kenntnis des Hieronymus die Quelle für Justinians Zitate sei, die sich so auffallend von der Übersetzung des Rufinus unterscheiden. Doch ist Hieronymus nicht die einzige Quelle aus dem ersten Streit um den Origenismus, die im Edikt Justinians ihren Niederschlag gefunden hat. Selbst die Aussagen über die Kugelgestalt des Auferstehungsleibs, die sich als solche nicht auf Origenes zurückführen läßt und in der A. Guillaumont einen ersten Hinweis auf die spezifische Spekulation der Origenisten des 6. Jahrhunderts sah, wurde schon von Theophilos von Alexandrien (CPG 2612) als These des Origenes genannt. Justinian bestreitet in seinem Edikt von 543 eine Präexistenz der Seele Christi in jener Perspektive, in der er sich bisher um eine authentische Interpretation der Definition von Chalkedon bemüht hat: Im zweiten und dritten Anthematismus lehnt er jede Präexistenz, sei es der Seele Christi, sei es des Körpers Christi, vor der Inkarnation des Gott Logos ab. Denn
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eine solche stünde, wie er im Text des Edikts kurz begründet, im Gegensatz zur hypostatischen Einung. Denn diese bedeutet, daß „der Eine der Trinität“ die menschliche Natur bei der Inkarnation „seiner Hypostase nach mit sich selbst geeint“ und nicht, wie Justinian es mit Worten des Athanasios (CPG 2095) sagt, als etwas schon Geschaffenes angenommen hat. M.a.W. Justinian weist die Präexistenz der Seele Christi mit demselben Argument zurück, mit dem er eine nestorianische Interpretation der Zwei-Naturen-Lehre bestreitet. Doch liegt im Edikt von 543 auf diesem Thema nicht die Betonung. Das eigentliche Argument liefert nicht die Christologie, sondern die Anthropologie: Jede Präexistenz einer Seele, aber auch eines Körpers widerspricht den Vätern und der Bibel. Quellen: (1) Justinians Edikt vom Jahre 543 (CPG 6880; 9334): siehe 3.1; (2) Hieronymus’ Brief an Avitus: Epistula 124, rec. I. Hilberg, Pars III, CSEL 56, 1918 (21996), 96-117; (3) Theophilos von Alexandrien, Brief aus Konstantinopel (CPG 2612): hg. v. M. Richard, Nouveaux fragments de Théophile d’Alexandrie, in: Opera Minora II. Turnhout 1977, 39. Lit.: F. Diekamp, Die origenistischen Streitigkeiten im sechsten Jahrhundert und das fünfte allgemeine Concil. Münster i.W. 1899; A. Guillaumont, Les „Kephalaia Gnostica“ d’Evagre le Pontique et l’histoire de l’origénisme chez les Grecs et chez les Syriens [Patristica Sorbonensia 5]. Paris 1962; F. Carcione, La politica religiosa di Giustiniano nella fase iniziale della „seconda controversia origenista“ (536-543), in: Studi e ricerche sull’oriente cristiano 8 (1985), 3-18; G. Sfameni Gasparro, Il problema delle citazioni del Peri Archon nella lettera a Mena di Giustiniano, in: Origeniana Quarta, hg. v. L. Lies. Innsbruck 1987, 54-76; H. Crouzel, L’apocatastase chez Origène, in: Origeniana Quarta, 282-290, bes. 283 mit Anm. 12; A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 408-421.
3.3.3. Unterwegs zum 5. Ökumenischen Konzil (547-552) Nach dem Tod des Nonnos im Februar 547, der nach Kyrill von Skythopolis die Mythologumena der Origenisten ersonnen hat und der geistige Inspirator der origenistischen Bewegung gewesen ist, wurde nach außen sichtbar, daß die Origenisten in zwei Parteien zerfielen. Jene der Laura des hl. Firmin nannten die Mönche der Neuen Laura „Christusgleiche“ (Ѫ̮ң̲̬̥̮̯̫̥), diese aber die ersteren „Ersterschaffene“ (̴̬̯̍ң̦̯̥̮̯̫̥) und „Verehrer einer Quaternität“ (̡̯̬̝̠̐Ӻ̯̝̥). In diesen Jahren nahm die Macht der Neuen Laura im Patriarchat von Jerusalem auf Grund des politischen Einflusses von Theodor Askidas mehr und mehr zu. Darum sahen sich die Protoktisten ins Abseits gedrängt
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und schlossen mit den Anti-Origenisten unter Führung der Großen Laura 551/552 ein Bündnis. Dabei schworen sie „dem Dogma der Präexistenz“ ab. Gemeinsam zogen die neuen Verbündeten nach Konstantinopel, nachdem noch zu Lebzeiten von Patriarch Menas († 24. August 552) das 5. Ökumenische Konzil einberufen worden war. Die Protoktisten betonten gegenüber den Isochristen, daß zwischen Christus als Nus (½̴̬̯ң̦̯̥̮̯̫̭ ̩̫ԉ̭) und den Erlösten als Vernunftwesen (Noes) ein Unterschied besteht, und dieser erlaubte es ihnen vermutlich, in der Frage der Präexistenz mit den Anti-Origenisten einen Kompromiß zu schließen. Wie aber verstanden sie die nur dem Christus-Nus im Proton und Eschaton zukommende Einung mit dem Gott Logos? Wie das Schimpfwort „Tetraditen“ nahe legt, vertraten sie eine Auffassung, die für die Isochristen auf den von Monophysiten und Chalkedonikern bestrittenen Nestorianismus hinauslief. Sie unterstellten den Protoktisten eine Erweiterung der Gottheit zur Tetrade: Der Gott Logos und Christus sind und bleiben in der Einung jeweils eigene Hypostasen oder Seiende (к̧̧̫̭ ̦̝Ҡ к̧̧̫̭). Der auf Grund der Quellen kaum definierbare, doch wohl für ihre Vertreter schwerwiegende ideologische Gegensatz zwischen Isochristen und Protoktisten führt in der Forschung zu sehr verschiedenen Auffassungen: F. Carcione betont, daß wegen der Aussagen über die Seele Christi in ̡̬̍Ҡ ж̬̲Ԗ̩ die Origenisten eher für einen Monophysitismus offen gewesen seien als für eine nestorianische, besser adoptianische Christologie. Dieser aber ordnen Autoren wie A. Guillaumont, B. Daley und L. Perrone, aber auch Georg Hieromonachos im 7. Jahrhundert (CPG 7820) den Christus-Mythos der Origenisten zu. Analoge Diskussionen scheinen schon die Origenisten des 6. Jahrhunderts gespalten zu haben, doch mit dem Unterschied, daß für Isochristen und Protoktisten das Subjekt der Inkarnation die präexistente Seele Christi, nicht der Gott Logos ist. Die Spannung zwischen beiden Polen beherrscht, was hier nicht ausgeführt werden kann, die OrigenesRezeption des Evagrios Pontikos, die Quelle der Origenisten Palästinas, die ihnen seit 512 durch einen Flüchtling aus Edessa, den Mönch Stephan Bar Sudaïli, erschlossen worden war. Mit der Vorbereitung des 5. Ökumenischen Konzils verstärkten Justinian und die Reichskirche den Druck auf die Origenisten. Im Dezember 552 unterschrieb der Metropolit Theodor von Skythopolis, der frühere Hegumenos der Neuen Laura, der auf Betreiben von Askidas Staurophylax der Kirche von Jerusalem und Metropolit geworden war, einen libellus, in dem er in zwölf Anathematismen seinen Irrtümern abschwört. Neun von diesen greifen Justinians Bannflüche vom Jahre 543 auf. Was neu hinzugefügt wurde, verurteilt vor allem die Lehre der Isochristen, Theodors Partei.
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Quellen: (1) Kyrill von Skythopolis, Vita Sabae (siehe 3.3.1): 197; (2) Georg Hieromonachos, De haeresibus ad Epiphanium (CPG 7820): hg. v. M. Richard, Le traité de Georges hiéromoine sur les hérésies, in: Révue des Etudes Byzantines 28 (1970), 239-269 (Opera Minora III. Turnhout 1997, 62); (3) Theodor von Skythopolis, Libellus de erroribus Origenianis (CPG 6993): PG 86,1, 232-236. Lit.: F. Diekamp (siehe 3.3.3), 59-62; 125-129; A. Guillaumont (siehe 3.3.3); B. Daley (siehe 3.3.1); L. Perrone (siehe 1.4.5); F. Carcione (siehe 3.3.3).
3.3.4. Die Verurteilung des Origenismus im Jahre 553 Noch vor der ersten Sitzung, mit der die 5. Ökumenische Synode am 5. Mai 553 die Frage der Drei Kapitel anging, hatte Justinian in einem synodalen Akt den Origenismus der Isochristen in 15 Anathematismen verurteilen lassen. Später sahen byzantinische Kirchenhistoriker wie Evagrios Scholastikos und Häresiologen in diesem Geschehen einen Akt des Ökumenischen Konzils. Mit einem Begleitschreiben, das bei Georg Monachos und Kedrenos bewahrt geblieben ist, schickt Justinian eine Glaubenserklärung (ъ̡̦̤̮̥̭) mit Anathematismen an die Synode. Während die Ekthesis verlorenging, sind uns die Anathematismen in einer Wiener Handschrift noch erhalten. Diese Dokumente zeigen, daß Justinian inzwischen eine detailliertere Information über den vor allem aus Evagrios Pontikos schöpfenden Mythos der Origenisten seiner Zeit besitzt. Im Mittelpunkt steht die Henade („Einsheit“) der Vernunftwesen (Noes) im Proton und Eschaton: Anfang und Ende sind identisch, wobei sich von den Verheißungen des Eschaton her der Anfang erschließt. Im Anfang und Ende sind die Vernunftwesen ihrem Sein (̫Ѿ̮ҡ̝), Wirken und Vermögen nach identisch und darum weder der Zahl noch dem Namen nach unterschieden. M.a.W. sie sind rein immaterielle Seiende, d.h. nackte Vernunft, die durch ihre Einung mit dem Gott Logos und d.h. durch Gnosis wesentlich – im eigentlichen Sinn seiend – geworden sind. Evagrios spricht von der wesenhaften Erkenntnis (̫Ѿ̮̥ҧ̠̣̭ ̟̩Ԗ̮̥̭). In dieser Gnosis extistieren sie ohne Namen und Zahlen, d.h. ohne jene Unterschiede, welche die Individualität in der materiellen Welt kennzeichnen. So bilden die Vernunftwesen eine Henade, in der auch Christus, d.h. jener Nus, der niemals aus dieser Henade und damit aus der Liebe und Anschauung Gottes herausgefallen ist, keine besondere Würde zukommt – wie zumindest die Isochristen lehren: In der Henade besteht kein Unterschied „weder im Wesen noch in der Erkenntnis noch im Vermögen noch im Wirken“ (̫҂̡̯ ̯ӭ ̫Ѿ̮ҡӛ ̫҂̡̯ ̯ӭ ̟̩ҧ̡̮̥ ̫҂̡̯ ̯ӭ ̠̰̩қ̨̡̥ ̫҂̡̯ ̯ӭ ц̡̡̩̬̟ҡӛ).
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Dieser Christus-Mythos steht in den Anathematismen Justinians im Zentrum. Dem ewig im voraus zu allen materiellen Welten präexistierenden Christus, der nicht auf ewig Fleisch angenommen hat und der nicht selbst der Gott Logos ist, stellt Justinian als Subjekt der Inkarnation, der Kenose nach Phil. 2,6-7, den Gott Logos entgegen, „den Einen der heiligen Trinität“, der selbst im eigentlichen Sinn und nicht nur im übertragenen Sprachgebrauch, wie die Origenisten meinen, Christus ist. Dieses ist der Ausgangspunkt eines von Kyrill her verstandenen Bekenntnisses zu Christus. Auffällig ist, daß Justinian dieses Argument nicht weiter ausführt. Wahrscheinlich sah er nun im Unterschied zum Edikt des Jahres 543 in der Christologie der Origenisten, genauer der Isochristen, keinen Hinweis, eine Analogie zum Nestorianismus zu vermuten. Quellen: (1) Justinians Brief an die Synode (CPG 6886; 9351): (1a) bei Georg Monachos, PG 110, 780-784 (hg. v. E. de Muralto. St. Petersburg 1859); hg. v. C. de Boor, II. Leipzig 1904, 630-633; wiederholt bei M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 122-124; (1b) bei Kedrenos: PG 86,1, 989-993 (nach Mansi IX 533537); (2) Anathematismen gegen die Origenisten (CPG 9352): hg. v. J. Straub, ACO IV,1, 248-249; hg. v. H. Görgemanns/H. Karpp, Origenes (siehe 3.3.1), 824830. Synoptische Ausgabe der Anathematismen und des Begleitbriefs Justinians (CPG 6886) bei F. Diekamp (siehe 3.3.3), 90-96; (3) Evagrios Scholastikos (CPG 7500) IV 38: hg. v. J. Bidez/L. Parmentier, The Ecclesiastical History of Evagrius. Amsterdam 21964, 188,14-189,29. Lit.: F. Diekamp (siehe 3.3.3); A. Guillaumont (siehe 3.3.2); A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 422-430.
4. Epilog: Auf dem Höhepunkt weltlicher Macht (553-565) Seit 552 verlief die byzantinische Reconquista in Italien erfolgreich. Narses vernichtete das Reich der Goten. Justinian sah seinen Traum der restauratio imperii Wirklichkeit werden. Die Symphonie von weltlicher Herrschaft und geistlicher Gewalt im gesamten Reich schien durch das 5. Ökumenische Konzil garantiert, nachdem dieses auch von Papst Vigilius anerkannt worden war. Dessen Nachfolger Pelagius I. (556561), der frühere Apokrisiar in Konstantinopel, stand trotz seiner vor dem Konzil veröffentlichten Schrift Pro defensione trium capitulorum zu den dogmatischen Beschlüssen des Ökumenischen Konzils. An der Ostgrenze des Reichs herrschte Ruhe, auch wenn man dieser nicht trauen durfte. Der „Ewige Friede“ mit Persien (532) hatte nicht gehalten. Seit 540 hatte Chosrau I. (531-579) den Krieg gegen Byzanz wieder
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eröffnet und 544 sogar Edessa belagert. Doch erkaufte sich Justinian durch Tributzahlungen den Waffenstillstand bzw. zwei Mal dessen Verlängerung und 561 selbst einen festen Friedensvertrag.
4.1. Ein Religionsgespräch mit Paul von Nisibis Im Frieden von 561 war den Christen im persischen Reich die freie Ausübung ihrer Religion zugesichert worden. Justinian versuchte damals, wie nestorianische Quellen berichten, mit der Kirche Persiens ins Gespräch zu kommen. Er soll sich deshalb sowohl an den Leiter der Schule von Nisibis als auch an Chosrau selbst gewandt haben. Daraufhin schickte die persische Kirche eine Gesandtschaft unter Leitung des schon erwähnten Metropoliten Paul von Nisibis zu einem Religionsgespräch mit Justinian nach Konstantinopel. Von diesem ist auf syrisch ein Teil des Protokolls bewahrt geblieben. Der Text bietet einige Probleme, die hier nicht behandelt werden können. Doch die Position beider Gesprächspartner ist eindeutig zu erkennen. Justinian vertritt auch hier den Gedanken der Enhypostasie, ohne den Begriff einzuführen: Der Gott Logos hat sich in der Inkarnation den aus Maria geborenen Körper „in einer unteilbaren Einheit“ (ж̠̥̝ҡ̡̬̯̫̭ ы̴̩̮̥̭) zu eigen gemacht (̫Ѣ̡̦̥̫ԉ̮̤̝̥), so daß „die menschliche Natur in der Hypostase des Logos subsistiert (ѿ½̫̮̯Ӭ̩̝̥ oder ѿ½қ̡̬̲̥̩)“. Die menschliche Natur bedeutet hier die konkrete Natur eines Individuums und nicht die abstrakte Natur oder das Eidos, auch wenn Justinian für die Unterscheidung zwischen individueller Natur und Hypostase keinen eindeutigen Begriff findet. Paul von Nisibis hat die Position Justinians genau erfaßt, kann sie aber nicht akzeptieren. Die Auffassung, daß der Logos sich so inkarniert hat, daß seine menschliche Wirklichkeit, die „Sarx“ nach Joh. 1,14, in seiner Hypostase, nicht aber in einer eigenen Hypostase subsistiert, scheitert für ihn daran, daß die Hypostase eines Geschöpfs nicht ungeschaffen sein kann. Denn „jede Hypostase wird entsprechend ihrer Natur erkannt“. Die Einheit der zwei Naturen und zwei Hypostasen Christi sieht er in dem „einen Prosopon“ beider Naturen und Hypostasen begründet. Den Einwand Justinians, er führe mit diesem „einen Prosopon“ neben der Trinität eine vierte Person oder Hypostase ein, findet er einfach unbegreiflich. Um seinem Gesprächspartner zu zeigen, daß die Hypostase des Logos jene der menschlichen Natur Christi ist, da letztere „in ihrer göttlichen Hypostase existiert“, geht Justinian auf das Wirken Christi ein. Die menschliche Natur Christi erkennen wir „nicht getrennt mit einer eige-
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nen hypostatischen Tätigkeit und Energie. Denn einzig dem Sohn, der sie angenommen hat und der in ihr Mensch werden wollte, kommen das Vermögen und der Wille zum Handeln zu, so daß jedes hypostatische Wirken (ѿ½̫̮̯̝̯̥̦Ҟ ц̩ҝ̡̬̟̥̝) in der Oikonomia vollkommen gewesen ist.“ Diese Aussage Justinians stimmt mit dem zusammen, was er früher zum Agit enim utraque forma aus dem Tomus Leonis gesagt hatte. Was er dort „die verschiedenen göttlichen und menschlichen Energien“ (im Plural!) genannt hatte, entspricht hier dem Terminus „jede hypostatische Energie“. Das Wirken des inkarnierten Logos ist im konkreten Vollzug und im Resultat (ж½̫̯ҝ̧̡̨̮̝) Wirken der Hypostase, d.h. ein hypostatisches Wirken: ц̩ҝ̡̬̟̥̝ meint hier nicht eine Potenz zum Handeln, die im Wesen eines Seienden – in seiner Natur – begründet ist, sondern Wirken als Handlung im Vollzug und Resultat. In „jedem hypostatischen Wirken“ des Inkarnierten erkennen wir eine göttliche und eine menschliche Natur, doch keine von beiden – dieses liegt in der Logik des Gedankens – mit einer eigenen hypostatischen Energie. Dieser Begriff ist bei Justinian neu. Doch der Gedanke, mit dem er den Begriff der „einen Hypostase“ aus der Definition von Chalkedon aufzufüllen sucht, ist bei ihm nicht neu: Es ist die Hypostase des inkarnierten Logos, die im Fleisch leidet und die in ihrer göttlichen Macht Wunder wirkt und rettet. Quellen: Fragment des Protokolls der Diskussion Kaiser Justinians mit dem Metropoliten Paul von Nisibis: hg. v. A. Guillaumont, Justinien et l’église de Perse, [Dumbarton Oaks Papers 23/24] (1969/70), 62; nachgedruckt bei M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 188-192. Lit.: A. Guillaumont, a.a.O. 39-62; A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 487-489; K.-H. Uthemann, Der Neuchalkedonismus (siehe 1.3.1), 190f.
4.2. Justinians letztes Edikt – ein ungelöstes Rätsel Nach Evagrios Scholastikos hat Justinian am Ende seines Lebens „das sogenannte Edikt an die Römer“ verfaßt. Darin habe er gelehrt, daß der Körper Christi „unvergänglich“ (к̱̤̝̬̯̫̩) gewesen sei und in keiner Weise jenen Erfahrungen ausgeliefert war, denen ansonsten jeder menschliche Körper von Natur aus unterliegt, ohne daß der Mensch sich durch diese Erfahrungen, die er erleidet, schuldig macht. In der Sprache des 6. Jahrhunderts heißen diese Erfahrungen ̯Қ ̱̰̮̥̦Қ ̦̝Ҡ ж̠̥қ̧̞̣̯̝ ½қ̤̣. Da schon Julian von Halikarnaß diese ½қ̤̣ für den inkarnierten Logos ausgeschlossen hatte, lag es nahe, in Justinians Edikt nichts anderes als eine Anerkennung von Julians Lehre zu sehen und mit dem polemischen Terminus „Aphthartodoketismus“ zu kennzeichnen. Es wird
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damit unterstellt, daß die Julianisten ein doketisches Christusbild haben: Christi Körper ist nur scheinbar ein Körper wie der vergängliche, den alle Menschen besitzen. Evagrios Scholastikos veranschaulicht in diesem Sinn für seine Leser die von ihm zitierte Auffassung Justinians: Daß der Körper Christi „unvergänglich“ gewesen sei und ohne die natürlichen Erfahrungen, welche einen Körper in seiner „Vergänglichkeit“ kennzeichnen, bedeutet, „daß der Kyrios vor seiner Passion so gegessen hat, wie er nach seiner Auferstehung aß“ (Luk. 24,43; vgl. Luk. 24,30; Joh. 21.12-15). Nach Evagrios findet dieses Ende 564 oder Anfang 565 publizierte Edikt keinen Anklang beim Episkopat; es stößt vor allem auf den Widerstand des Patriarchen von Antiochien, Anastasios I. (559-570; 591598). Nur der Tod des Kaisers am 14. November 565 verhinderte dessen Verbannung. In der Chronik Michaels des Syrers, die hier vermutlich vom verlorenen Teil der Kirchengeschichte des Johannes von Ephesos abhängig ist, wird das Schreiben der von Anastasios einberufenen Synode, das mit einem Florileg endet, überliefert. Diese Synodika greift, ohne Namen zu nennen, die Beweisführung des Severos von Antiochien gegen Julian von Halikarnaß auf. Wie jedoch Severos schon Julian nicht gerecht wurde, der ein echtes Leiden Christi, wenn auch als Paradox beschreiben, nicht leugnen wollte, so dürfte die Synodika auch keine adäquate Antwort auf Justinians Edikt sein. Die Nachricht, der Kaiser sei durch einen Julianisten, den Bischof von Joppe in Palästina, heute Jaffa, zum Aphthartodoketismus verleitet worden, stammt aus der Chronik Michaels des Syrers. Inwiefern diese Auskunft wahr ist, wird man nicht mehr eruieren können. Auf jeden Fall dient sie jener Interpretation von Justinians Edikt, die auch die Synode von Antiochien vertreten hat. Der Patriarch Eutychios von Konstantinopel (552-565) wurde, wie es sein Biograph Eustratios darstellt (CPG 7520), von Justinian abgesetzt, weil er sich einer Anerkennung „des Dogmas der Aphthartodoketen“ widersetzt habe. Auch wenn historisch gesehen die Verbannung des Eutychios andere Gründe hatte, so dürfte Eustratios’ Bericht dennoch glaubwürdige Details enthalten. Zu diesen gehört auch die kurze Formel, mit der er das neue Dogma des Kaisers umschreibt: „Der Körper des Herrn ist auf Grund seiner Einung (ы̴̩̮̥̭) unvergänglich.“ Wie Justinian die körperliche ж̱̤̝̬̮ҡ̝ – im Unterschied zu jener ж̱̤̝̬̮ҡ̝, die Sündenlosigkeit bedeutet – als Folge der hypostatischen Union verstanden hat, läßt sich aus den uns erhaltenen Quellen nicht mehr genauer bestimmen. Auch andere Chalkedoniker konnten sich für den Gedanken der Unverweslichkeit des Körpers Christi und einer entsprechenden „Leidlosigkeit“ erwärmen, wie z.B. eine Schrift des Leontios von Byzanz „gegen die Aphthartodoketen“ (CPG 6813) oder
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die Lazarus-Predigt des Leontios von Arabissos (BHG 2219u) beweisen. War Christi Leichnam im Grab nicht unverwest geblieben? War der menschliche Körper im Paradies vor dem Sündenfall nicht unvergänglich? Was der Natur oder Potenz nach vergänglich ist, kann im paradiesischen Urzustand aus Gnade, in Christus auf Grund der hypostatischen Union „tatsächlich unvergänglich“ (ц̡̡̩̬̟ҡӛ к̱̤̝̬̯̫̩) sein – eine Auffassung, die Anastasios Sinaites im Hodegos (CPG 7745) referiert. Wie ein Anhänger Chalkedons letzteres mit dem Bekenntnis zum Leiden und Kreuzestod Christi verbinden konnte, bleibt unbegreiflich, rechnet man nicht mit dem Paradoxalen religiöser Logik. M. van Esbroeck will zwischen dem Edikt Justinians und dem Einfluß, den die Julianisten „im Jahre 555 wahrscheinlich schon früher“ auf die armenische Kirche ausgeübt haben, einen Zusammenhang entdecken. Im Kontext geht es auch darum, das Fest der Hypapante am überlieferten 14. Februar und nicht am 2. Februar zu feiern. Mit dieser Frage verbindet sich jene, ob ein in zwei georgischen Handschriften als Homilie überlieferter Text, der Justinian als Verfasser und die Kirche von Jerusalem als Adressat nennt (CPG 6892), ursprünglich ein Brief des Kaisers Justinian aus dem Jahre 562 gewesen ist oder, wie A. de Halleux meint, ein „Amalgam“ aus zwei anonymen Schriften darstellt, dem der Name Justinians angehängt wurde. Der Streit kann hier nicht entschieden werden. So muß darum auch die Frage unbeantwortet bleiben, ob 562 von Justinian in Jerusalem das Weihnachtsfest am 25. Dezember eingeführt wurde. Wie dem aber auch immer sei, der Hinweis von M. van Esbroeck auf einen Zusammenhang zwischen Armenien und dem Edikt Justinians vom Jahre 564/565 verdient, weiterhin verfolgt zu werden. Die bei Evagrios unterstellte Beziehung zwischen dem Edikt und Rom ist unwahrscheinlich. Auf jeden Fall kennen wir keine Reaktion von Papst Johannes III. (561-574). Daß Justinian versucht haben sollte, mit den Gaianiten Alexandriens eine kirchliche Gemeinschaft herzustellen, wird man mit Gewißheit ausschließen können. Warum sollte Justinian alles bisher Erreichte wegen der Gaianiten in Frage stellen? Wie kann man mit P. Gray annehmen, daß Justinian mit einem solchen „tollkühnen Schritt“ hoffte, „das monophysitische Schisma zu heilen“? Um das Edikt Justinians zu begreifen, tut man m.E. gut daran, die Chronisten Johannes Malalas (CPG 7511) und Jakob von Edessa ernstzunehmen, die für das Jahr 562 ein Edikt Justinians über die ZweiNaturen-Lehre nennen. A. Grillmeier bringt dieses mit dem in der Doctrina Patrum überlieferten Zitat aus einem nicht näher benannten Edikt Justinians (CPG 6890) in Zusammenhang. Doch beweisen läßt sich dieser nicht. Da Justinian hier das Bekenntnis einer „wesenhaften (̫Ѿ̮̥ҧ̠̣̭) oder naturhaften Einung“, welche „die zwei Usien oder
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Naturen zu einer einzigen Hypostase eint“ gegen eine monophysitische Sicht der „einen Natur Christi“ verteidigt, scheint dieses Edikt an die Kirche von Jerusalem adressiert zu sein. Denn in Palästina bevorzugte man den Terminus ы̴̩̮̥̭ ̫Ѿ̮̥ҧ̠̣̭. Mehr läßt sich m.E. nicht zum historischen Hintergrund dieses Zitats vermuten, das eine Interpretation der Definition von Chalkedon darstellt. Auch unabhängig von diesem in der Doctrina Patrum überlieferten Zitat ist es unwahrscheinlich, daß Justinian mit seinem Edikt vom Jahre 564/565 Chalkedon in Frage gestellt hat. Insofern hat E. Schwartz recht, daß Justinian sein Leben lang „auch bei genauerem Zusehen“ Anhänger dieses Konzils geblieben ist. Doch ist sein Hinweis, des Kaisers „letzte Unbegreiflichkeiten“ müsse man „als Symptom senilen Verfalls“ ansehen, keine befriedigende Antwort. Wenn M. van Esbroeck als Motiv für das Edikt „die Angst eines alten Kaisers im Angesicht seines Todes“ nennt und einen Zusammenhang mit Justinians Pilgerreise zum Heiligtum Michaels in Germai (Galatien) im Oktober 564 sieht, dann löst er damit nicht das Rätsel. Justinian starb am 14. November 565 im Alter von 82 Jahren. Er hatte mit dem Willen zur restauratio imperii und zur Verwirklichung einer Symphonie zwischen Irdischem und Himmlischem in der Reichskirche nach Hohem gestrebt und Bedeutendes realisiert. Für sein eigenes und seiner Zeitgenossen Bewußtsein spricht ein Wort, das ihm bei der Einweihung der Hagia Sophia 537 in den Mund gelegt wird: „̡̩̊ҡ̦̣̦қ ̡̮, ̧̨̫̫̏Ԗ̩“ – „Ich habe dich besiegt, Salomo.“ Editionen: (1) Quellen zum Edikt Justinians vom Jahre 564/565: (1a) Evagrios Scholastikos (CPG 7500), IV 39-41, hg. v. J. Bidez/L. Parmentier, The Ecclesiastical History of Evagrius. Amsterdam 1964, 189,17-192,1; (1b) Eustratios (CPG 752): Eustratii Presbyteri Vita Eutychii Patriarchae Constantinopolitani, hg. v. C. Laga, CCSG 25. Turnhout/Leuven 1992, Z. 1013-1117, S. 34-37; (1c) Chronique de Michel le Syrien, hg. und übers. v. J.B. Chabot. Paris 1901: IX 34, franz.: Band II, 272-281; syrisch: Band IV, 325-331; (1d) Johannes von Nikiu (CPG 7967): 94, hg. v. H. Zotenberg, Chronique de Jean, évêque de Nikiou [Notices et extraits des manuscrits de la Bibliothèque nationale XXIV/1]. Paris 1883 (²1935), 399; (2) Sermo de festis (CPG 6892): georgisch, (2a) hg. v. K. Kekelidze, Monumenta Hagiographica Georgica. Pars Prima, Keimena, Tomus 2. Tiflis 1946, 67-71; (2b) hg. v. I. Abuladze, Mravalthavi [Bulletin de l’Institut Marr de langue, d’histoire et de culture matérielle 14]. Tiflis 1944, 302-307; (2c) übersetzt ins Latein: M. van Esbroeck, La lettre de l’empereur Justinien sur l’Annonciation et la Noël en 561, in: Analecta Bollandiana 86 (1968), 356-362; wiederholt bei M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 171-177; (3) Fragmentum edicti (CPG 6890), in: Doctrina (CPG 7781), 21, VI, hg. v. F. Diekamp, Doctrina Patrum de Incarnatione Verbi. Münster i.W. 1907, 134; hg. v. M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (siehe 1.4.2), 194
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(ebd. 193 dem „editto sull’aftartodocetismo“ zugewiesen); Johannes Malalas, Chronographia (CPG 7511): 18, PG 97,716 B 4-7; (4) Weitere genannten Quellen: (4a) Leontios von Byzanz, Adversus Aphthartodocetas (CPG 6813): PG 86,1 1316 D-1356 C; (4b) Die Lazarus-Predigt des Leontios von Arabissos (BHG 2219u), hg. v. K.-H. Uthemann, in: Byzantion 59 (1989), 291-353; (4c) Anastasios Sinaites (CPG 7745), hg. v. K.-H. Uthemann, CCSG 8. Turnhout/Leuven 1981, II 5, 123126, S. 57. Lit.: Zu (1): M. Jugie, L’empereur Justinien a-t-il été aphthartodocète?, in: Echos d’Orient 31 (1932), 399-402; G. Weiss, Studia Anastasiana I [Miscellanea Byzantina Monacensia 4]. München 1965, 14-22; F. Carcione, L’„Aftartodocetismo” di Giustiniano: Una mistificazione strumentale del dissenso politico-religioso, in: Studi e ricerche sull’oriente cristiano 7 (1984), 71-78; A. Grillmeier (siehe 1.4.3), 489-495; M. van Esbroeck, The Aphthartodocetic Edict of Justinian and its Armenian Background, in: Studia Patristica XXXIII, 1997, 578-585; ferner: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians (siehe 2.3), 277; P. van den Ven, L’accession de Jean le Scholastique au siège patriarcal de Constantinople en 565, in: Byzantion 35 (1965), 320-352; P. Allen, Evagrius Scholasticus the Church Historian [Spicilegium Sacrum Lovaniense, Etudes et documents, fasc. 41]. Leuven 1981, 204f. Zu (2): M. van Esbroeck, La lettre de l’empereur Justinien sur l’Annonciation et la Noël en 561, in: Analecta Bollandiana 86 (1968), 351-371; ders., Encore la lettre de Justinien. Sa date: 560 et non 561, ebd. 87 (1969), 442444; ders., La lettre de Justinien pour la fête de l’Hypapante en 562, ebd. 112 (1994), 65-83; H. Brakmann, Ein unbeachtetes Echo des Hypapante-Briefes Kaiser Justinians, in: Jahrbuch für Antike und Christentum 34 (1994), 104-106; A. de Halleux, Un discours héortologique de Justinien?, in: Analecta Bollandiana 110 (1992), 311-328.
III. Herausforderungen und Bewährungsproben Geoffrey Greatrex: The Nika Riot: A Reappraisal, in: JHS 117 (1997), S. 60-68. © Cambridge University Press, Cambridge
Geoffrey Greatrex
The Nika Riot: A Reappraisal The uprising which took place in Constantinople in January 532 has long attracted the attention of scholars, the first significant contribution being J.B. Bury’s magisterial article of 1897.1 My present aim is to reexamine the Nika riot, and to set it in its wider context: it will be argued that the significant place assigned to it in accounts of the reign of Justinian distorts the reality of late fifth-sixth century Constantinople. The riot was by no means an isolated outbreak of popular discontent, but just one in a whole series of bloody confrontations in the capital.2 It has engaged the interest of historians more than other disturbances for the same reason that Justinian’s reign attracts such frequent biographies, while Anastasius’ remains neglected: the wealth of sources available for the riot of 532 is much greater than for any other such event. Constantinople, like the other major cities of the eastern empire in the early sixth century, was a violent place.3 This stemmed in part from the existence of bands of partisans whose activities reached their peak in this period; these will be discussed more fully later. More general causes can be traced, however. A general increase in population has been observed, which was eventually brought to a sudden halt by the plague that swept the empire in 541-2 and at regular intervals thereafter.4 The imperial capital was the destination of many provincials – to such an extent that Justinian was forced to create a new post in 539, that of quaesitor, in order to check the large numbers arriving in Constantinople. In 532 it is known that there had recently been an influx of provincials into the capital, who may have come in part to protest at measures being implemented by the praetorian prefect John the Cappadocian.5 As the seat of imperial power Constantinople differed from cities such as Antioch and Alexandria, for it was here that the emperor had his resi-
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dence throughout almost all of the fifth and sixth centuries. A riot in Antioch might result in the death of the comes Orientis, but inevitably another would follow, along with bloody reprisals. The ruler of the entire empire might, however, be threatened by disturbances in Constantinople: hence riots there were of particular concern to the emperor (as well as to historians, chroniclers and excerptors, as a result of which we are much better informed about rioting in the capital than anywhere else in the empire).6 Such a situation has been well documented for a later period by Eric Hobsbawm. He regards the relationship between the urban poor and the rulers in large pre-industrial cities as ‘equally compounded of parasitism and riot’.7 His analysis of such cities in the seventeenth and eighteenth centuries can well be applied to Constantinople. Of the three typical features he identifies in riots in pre-political societies two may readily be observed in the disturbances discussed below: (1) a claim to be considered – that is, the ‘mob’ expected to accomplish something by rioting, and that the ruler(s) would heed its demands; (2) rioting was directed against the rich and powerful; the third feature, a hostility for foreigners, was less often in evidence in Constantinople.8 Three further aspects of Hobsbawm’s study of ‘the city mob’ should be mentioned. He underlines the conservative nature of the mob, emphasising its underlying loyalty to the ruler, who is seen as symbolising the people. The ruler is thus generally viewed as being a just governor, even if this characteristic is not observable in his servants; it is supposed that he would rectify any such injustices as soon as he were made aware of them. The corollary of this is that this loyalty may dwindle if the ruler fails to respond when these injustices are brought to his attention; and if he fails to rectify them, like Tsar Nicholas II of Russia, then he risks losing popular support altogether.9 Second, Hobsbawm stresses that the mob did not consist ‘simply of the scum’ of the city, but of all the lower orders of society; despite the lack of evidence about the composition of the mob in ancient cities and the prejudice of many ancient sources, this point should be applied to the crowd in Constantinople (and Rome).10 Finally, the motivation behind rioting. This is viewed by Hobsbawm as a mechanism by which popular grievances are aired, to which the ruler would respond. If he failed to satisfy the mob, it would continue to riot until he did. In Constantinople, however, the relationship between emperor and people was more complex; and, as Justinian discovered, concessions to the people might not always win the day.11 The particular features of imperial policy towards rioters will be explored in this article. A particularly late Roman feature of urban unrest must not be passed over. The circus factions were crucial to the riot of 532 and to many of the disturbances which preceded and followed it. Thanks to the works of
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Alan Cameron it is now generally accepted that the factions had little to do with political or religious interest groups, and much more with a genuine fanaticism for horse racing in the hippodrome and other entertainments. The factions were established in cities throughout the eastern empire and incorporated members of every stratum of society. By the sixth century a significant element within the factions had become notoriously violent, ever eager to seize an opportunity to murder members of the opposing faction.12 Their fanaticism frequently resulted in outbreaks of violence between the two major factions, the Blues and the Greens, usually in the hippodrome itself, sometimes through much of Constantinople.13 But the violent struggles between Blues and Greens do not account for all the unrest witnessed by the capital in this period. The reign of Anastasius was marked by several large disturbances protesting against his increasingly open opposition to the Council of Chalcedon: in 512, for instance, a crowd rampaged around the capital in protest at Anastasius’ addition of the words ‘crucified for us’ into the Trisagion.14 In this consideration of the Nika riot, two lines of argument will be pursued. First, the differing attitudes of Anastasius, Justin and Justinian to the factions will be explored. It will be argued that Anastasius maintained an uncompromising stance towards them for the first decade of his reign, although he became more tolerant later on; this did not lead to a decrease in the number of disturbances, however, which tended then to be directed against his anti-Chalcedonian policies.15 Under Justinian the license of the factions went without serious check; the emperor’s nephew, Justinian, played a considerable role in intensifying their rivalries by giving massive support to the Blues in this period. Once on the throne, however, Justinian reverted to the position of Anastasius, and attempted to take a hard line against the partisans. After some three decades of unrestricted, even encouraged, activity, the Blues and Greens did not believe that Justinian would maintain his stance; and hence the emperor had such difficulty in imposing order on the capital in 532.16 Second, it will be shown that little took place during the Nika revolt that had not occurred before – for instance, the uniting of the factions or the near-flight of an emperor. In fact, the behaviour of both Justinian and the rioters in 532 went along a well-worn course already familiar from previous disturbances, until a new emperor was hailed in the hippodrome.17 The importance of the hippodrome as the scene for the acclamation of a rival emperor should be underlined. The hippodrome was the focal point in relations between the emperor and the people, and played a central role in many of the riots which broke out in the capital: these could take place in the hippodrome even if no games were being held, as happened in 550. The emperor could be urged to attend the games if he
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were absent, and he in turn could summon the people there by an appearance in the royal box (kathisma). Here the people had the opportunity of putting their demands to the emperor, and he of responding positively, or ignoring them, or of sending in the troops against agitators. The seriousness with which the acclamations of the crowd were treated is underlined by a law passed under Leo, directed against interpellatio tumultuosa and those stirring up the people. To know how to deal with the demands and clamours of the people assembled in the hippodrome was, as will be seen, one of the toughest challenges facing an emperor. It is appropriate and unsurprising therefore that it was here that the Nika riot had its beginning and end.18
*** Before the Nika riot is treated in detail, a distinction between various types of riots is necessary. Three sorts may be distinguished for our purposes, which certainly do not exhaust all the possibilities.19 The first is that of riots over ecclesiastical affairs, which were particularly prevalent under Anastasius (and non-existent under Justin and Justinian). At first sight it might be thought that these were nothing to do with the factions – and Cameron is surely right in denying any straightforward linkage between Greens and Blues and supporters and opponents of Chalcedon20 – but this does not imply that the partisans were not involved.21 Although this category of riot does not have a direct bearing on the consideration to be given to the Nika revolt, it is worthwhile at least to note a few cases where partisans were probably involved in such disturbances. In 496, for instance, there was a riot in favour of the deposed patriarch Euphemius – in the hippodrome.22 In 512 there was more serious and widespread rioting in the capital against the opponents of Chalcedon, in which the pro-Chalcedonian former magister militum per Orientem Areobindus was acclaimed emperor. When Anastasius succeeded in pacifying the riot, he entreated the rioters ‘to stop murdering and attacking people at random’. Whilst doctrinal matters could undoubtedly lead to the murder of selected opponents, the notion of random killings is much more associated with the partisans.23 An outbreak of unrest as a result of discontent over religious policy thus provided the partisans with an ideal opportunity to carry out killings of their own. The second type of riot is the relatively straightforward mêlée which was associated with the chariot races, likened by Cameron to modernday football hooliganism. This would generally pit one faction against
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another, and could be sparked, for instance, by success in the races: thus, the Greens at Antioch were inspired to indulge in great bloodshed in 507 following Porphyrius’ victory in the hippodrome there.24 Likewise in 501 the Greens ambushed the Blues in the theatre of Constantinople during the Brytae festival, and killed three thousand of them (although this seems more premeditated). The cancellation of games or other forms of entertainment could also lead to general disturbances.25 This second sort of riot, in which the violence of the partisans was directed chiefly against other partisans, while a nuisance to the emperor, and disruptive of the tranquillity of the capital, hardly endangered his rule.26 The third and final type, however, involves the anger of the partisans being directed against the authorities, which therefore presented far more of a threat to the régime. There was always a danger that the second type of riot might lead to the third: inter-factional fighting causes serious loss of life, so the troops are sent in; whereupon the aggrieved faction complains at this heavy-handedness, demands the release of those arrested, and may proceed to riot further.27 Two key players may be singled out in the reaction of the authorities to unrest in the capital. The emperor is of course the prime figure, but the city prefect is also of great importance. The maintenance of order in Constantinople was the prefect’s responsibility, and he could impose harsh measures (including the death penalty) on rioters. Ultimately, however, his position depended on the emperor: in times of riots the dismissal of a prefect was often demanded, and was an easy concession for the emperor to make. It was also just as easy to unmake, as is shown by how quickly the praetorian prefect John the Cappadocian was restored to his position after his dismissal in January 532: he was back in office before the end of the year.28 Thus, quite vigorous measures against rioters could be implemented by a prefect, probably at the emperor’s insistence; and should these attract more criticism than desirable, a more popular appointment could be made to the prefecture and hostility towards the emperor readily deflected.29 The relation of these two figures to the factions could be of some significance to the occurrence and intensity of riots. Clearly the primary aim of the emperor and his ministers was to avoid riots of the third type distinguished above; a certain amount of inter-partisan fighting need not have caused them any great concern.30 Hence the easy option for an emperor was to give his support to one of the two major factions, thereby ensuring that half of the partisans at any rate would be inclined to throw in their lot with him rather than make common cause with their enemies. Thus, Theodosius II openly backed the Greens, and in the forty-two years of his reign only one riot is recorded.31 Marcian, on the
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other hand, backed the Blues, and took punitive measures against the Greens following riots; whether these riots were occasioned by imperial favour for the Blues after Theodosius’ partiality for the Greens, is unclear. Leo’s sympathies are uncertain, though he was once thought to have supported the Greens, while Zeno is known to have backed the Greens. Justinian took this option to a marked extreme during much of the reign of Justin, but once on the throne his support for the Blues abated.32 The more dangerous alternative was to strive for impartiality and back neither faction. Anastasius, for instance, decided to back one of the two minor factions, the Reds.33 Clearly this could increase the chances of the Blues and Greens uniting, although this is not attested as having occurred under Anastasius (save in Alexandria).34 His measures in dealing with riots were often harsh, but in 498 he seems to have been forced to make some concessions following a disturbance in the hippodrome. When he refused to release some Greens who had been arrested, a riot broke out. The troops were then sent in, many buildings were burnt down, and the emperor himself was nearly killed. But it is reported that in the end he appointed Plato, who was patron of the Greens, as city prefect: even if the prisoners were not released, this must have been a popular move with the Green faction at least.35 Thus, while Anastasius maintained his neutral stance towards the Blues and Greens, he could improve his relations with one faction or the other through an appropriate appointment to the post of city prefect. At the opening of Justin’s reign comes the first sign of the potential danger of the factions in the capital uniting: in this case they jointly requested various favours from the emperor while he was absent from the hippodrome, all of which he granted. The partisans then rampaged around the capital in delight.36 Justinian for his part combined the worst elements of the policies of Anastasius and Justin. During the reign of his uncle he gave overwhelming support to the Blues, exacerbating the interfactional rivalry in the capital. While Justinian was ill for a short period in 523, Justin sought to clamp down on the violence, and appointed a more hard-line city prefect, Theodotus. His measures against the Blues proved too harsh, however, and he was soon dismissed by the emperor; Procopius alleges that Justin then had to conceal him in Jerusalem for his own safety. Clearly the power of the factions had reached unprecedented heights.37 From the mid-520s, however, Justin and Justinian tried to curb the excesses of the partisans. According to Procopius the Blues became ‘the most discreet men in the world’, having lost Justinian’s support. Procopius also reports that no direct action was taken against the partisans, however. Once
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Justinian had become co-emperor in April 527, further measures were undertaken: Malalas describes Justinian’s actions thus:38 ̦̝Ҡ ̡Ѣ̭ ½ӝ̮̝̩ ½ң̧̥̩ ̯Ӭ̭ ԏ̴̵̨̝̦Ӭ̭ ½̧̡̫̥̯ҡ̝̭ ½̫̥ҟ̮̝̭ ̨̡̟қ̧̣̩ ̦̝̯қ̮̯̝̮̥̩˶ ̦̝Ҡ ц̩ ч̦қ̮̯Ӫ ½ң̧̡̥ ̦̝̯ҝ½̡̨̡̳ ̡̤ҡ̝̭ ̮қ̦̬̝̭, ҏ̡̮̯ ̴̨̯̥̬̣̤Ӭ̩̝̥ ̯̫Ҥ̭ ж̯̝̪ҡ̝̭ є ̱ң̩̫̰̭ ½̫̥̫ԉ̩̯̝̭, ѳ½̫ҡ̫̰ ̠’ и̩ ѿ½қ̴̬̲̮̥ ̨ҝ̬̫̰̭, ҏ̡̮̯ ̨Ҟ ̧̨̯̫ӝ̩ ̯̥̩̝ ̯̫ԉ ̧̫̥½̫ԉ ̯Ҟ̩ ̫ѣ̝̩̠ҟ½̡̫̯ ж̯̝̪ҡ̝̩ ½̫̥Ӭ̮̝̥, ̱ң̞̫̩ ц̡̩̠̥̪қ̨̡̩̫̭ ̡Ѣ̭ ½қ̮̝̭ ̯Қ̭ ц½̝̬̲ҡ̝̭. ц̩ ̠Ҝ о̡̩̯̥̫̲ҡӛ ̯ӭ ̨̡̟қ̧Ӫ ½̬Ң̭ Ѳ̧ҡ̟̫̩ ̦̝̥̬Ң̩ ц̟ҝ̩̫̩̯̫ ц̩ ̧̱̥ҡӛ ̫ѣ ̠Ӭ̨̫̥. He established a secure, orderly condition in every city of the Roman state and despatched sacred rescripts to every city so that rioters or murderers, no matter to what faction they belonged, were to be punished; thus in future no one dared to cause any kind of disorder, since Justinian had struck fear into all provinces. For a short period the factions of Antioch were on friendly terms. Malalas 422.14-22, tr. Jeffreys-Scott (n.2) 242-3
It may be no coincidence that once they were faced by equal severity, the factions became more inclined to unite. Thus, they did so in January 532, when the city prefect Eudaemon was holding in custody partisans of both Blues and Greens – an obvious incentive to the two sides to unite, particularly when one representative of each faction escaped the hangman’s noose.39 Justinian, however, remained true to his rescripts of 527 and refused to acquiesce in the demands of the factions to release the two partisans; and for this stance he reaped the reward for the indulgence shown to the partisans over the preceding years.
*** In order to put the course of the Nika riot into a wider perspective, it would be helpful to compare it with other disturbances. We are here most concerned with the third type of faction riot distinguished above, in which the wrath of the partisans was directed chiefly against the government, but parallels from both the second and third types will be cited. If we take the case of the Nika riot as a paradigm for a faction rising against the authorities, it will be possible to illustrate both how it was similar to and different from other such riots; it will also be seen how typical the actions of both sides were, and how in the end they led to such an atypically large effusion of blood. For the sake of convenience the sequence of events of the Nika riot will be split up into a number of phases.
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Phase one: the execution of the partisans. The city prefect Eudaemon had arrested some partisans, and found seven of them guilty of murder. He decided to have them executed at Sycae, across the Golden Horn, by various means, but one Green and one Blue were saved from hanging by the breaking of the scaffold. The reaction of the bystanders was to ‘acclaim the emperor’ upon witnessing this, and to rescue the two partisans; in light of the conservative nature of ‘the mob’ noted above, such a loyal acclamation should not occasion surprise. Some monks from the monastery of St Conon then took the two partisans across to the church of St Laurence, where they were put under surveillance by the prefect’s troops.40 These events took place on Saturday 10 January 532, and on the following Tuesday (13 January) the factions clamoured for the pardon of these two men, still trapped in the church of St Laurence. Justinian’s refusal to acquiesce in their demands – in fact to give any response whatsoever – led to the first serious outbreak of rioting.41 Parallels may easily be found. In the great riot at Antioch in 507 the praefectus vigilum had attempted to arrest some troublemakers from the Green faction. These sought refuge in a church outside the city, but were seized by the prefect Menas nonetheless; one of them was even murdered in the church itself. Not surprisingly this led to a full confrontation between the vigiles and the Green faction; the Blues in this case sided with the vigiles, however, such was the rivalry between the factions in Antioch at the time.42 Even closer to the situation in 532 was that faced by Anastasius in 498, when the Greens appealed to him during the chariot-races to release some members of their faction who had been imprisoned by the city prefect ‘for throwing stones’. Anastasius’ reaction was more stolid than Justinian’s: he refused their demands, and immediately sent in the troops when the factions then proceeded to riot. The crowd in the hippodrome was surrounded by the soldiers and resorted to extensive incendiarism. Although much of the centre of the city was damaged, many were arrested and punished; Anastasius sensibly offered a sop to the Greens, however, by replacing the previous prefect with Plato, their patron.43 One further interesting parallel may be offered. In 607, during the celebrations held to mark the wedding of the comes excubitorum Priscus to the Emperor Phocas’ daughter Domentzia, the emperor took offence at the action of the demarchs of the Blues and Greens: they had set up the laurata of the couple alongside the imperial ones, and so Phocas ordered that the demarchs, Theophanes and Pamphilus, be beheaded. But when they had been ordered to stand naked at the stama in the hippodrome, the crowd shouted ‘Long live our merciful emperor!’, and clamoured incessantly for the release of the men; and for once Phocas
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proved clement. Here again the chief factions were united in their appeal for mercy, since the leader of each one was under threat, and Phocas wisely bowed to their wishes.44 Justinian’s reaction, however, trod an unfortunate middle course between acquiescing in the demands of the factions and sending in the troops. His failure to respond in any way to the demands made has at least one precedent in the early empire – but, rather ominously, that of Domitian, who also ordered the crowd to be silent.45 Anastasius in effect brought matters to a head right away by launching the troops against the factions in the hippodrome. Much of the centre of the capital was burnt down in the ensuing tumult – in fact, almost exactly the same buildings as were destroyed in 532 – but Anastasius had at least seized the initiative from the start of the riot of 498. Phase two: widespread rioting. The factions cried out for the pardon of the partisans until the twenty-second race (out of twenty-four), and when Justinian consistently refused to answer them, they all of a sudden united; their watchword was ‘Nika’, a typical acclamation of the factions.46 It should be stressed that this was not the first time that the two major factions had joined forces: this is known to have occurred twice before, once under Anastasius and once under Justin. While both of these instances are known to us from Malalas, it is only in the text preserved in the Excerpta de insidiis that the reconciliation of the factions is reported. The occasion in Anastasius’ reign dates from 515/16 and took place in Alexandria; it pitted partisans against soldiers and many buildings were destroyed in the course of it.47 The second occasion of which we are aware comes early in Justin’s reign. On this occasion (in 520), according to the excerptor, the factions united after the soldiers had intervened to quell a disturbance in the hippodrome. But as has been noted above, they then joined forces in revelry, which was further heightened on the following day when the emperor granted them the favours they had requested.48 That Justinian can have been unaware of the potential danger of the factions uniting is therefore impossible. The experience of his uncle may have strengthened his resolve not to bow to the demands of the crowd, since, when Justin had granted their wishes, the factions had rioted nonetheless. So far, however, there was nothing in the course of events which need have worried Justinian unduly: measures could always be taken against the ringleaders among the factions at a later stage. While the rioting was taking place, the emperor and his entourage – probably including the historian Procopius – took refuge in the palace. This was an easy move to make, since the imperial palace was con-
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nected to the kathisma in the hippodrome. In the face of a riot in favour of the patriarch Macedonius in 510 Anastasius had likewise shut himself inside the palace.49 Phase three: the attack on the praetorium. On the evening of Justinian’s refusal to give a response in the hippodrome (Tuesday 13 January), members of the factions surrounded the praetorium of the city prefect Eudaemon, demanding the release of the two partisans. When no response was forthcoming, they set fire to the building, which was situated on the MesƝ. It was probably now that the crowd succeeded in liberating the prisoners housed in the praetorium. Thereafter no more is heard of requests for the sparing of the two partisans; the issue had now been eclipsed by the actions of the partisans.50 Again, there was nothing new in rioters singling out for attack the headquarters of the city prefect. Protesters against a grain shortage in 408 burnt down the praetorium of the city prefect Monaxius, while a closer parallel to the situation in 532 may be found in 603, when partisans did the same to the praetorium of the city prefect Leontius.51 Phase four: Justinian’s attempt to continue the games on the morning of Wednesday 14 January. This proved to be a failure, and was met by further outbreaks of incendiarism.52 There are no obvious parallels to this move of Justinian, but it is possible to conjecture his line of thought. On the one hand, he felt it necessary to stand firm in refusing the demand to release the two partisans; on the other, he wished to defuse the situation by a gesture of some sort. In the past, emperors or city prefects had cancelled races as a result of factional violence, often sparking further bloodshed;53 in this instance Justinian was attempting the reverse – to win back the favour of the people by circenses at least. Still, there was no sign that the riot was any more serious than previous disturbances. What was beginning to become apparent, however, was Justinian’s vacillation between a hard-line, Anastasian, policy (send in the troops) and the more indulgent attitude of his uncle (assent to the demands of the factions). It was this evident hesitation on the part of the emperor which emboldened the rioters and hardened their stance towards the government. It also made a massacre almost inevitable, if the emperor was ever to regain full control of the capital. Phase five: new demands from the rioters. When the rioters failed to be mollified by Justinian’s offer to restart the games, they proceeded to set fire to the hippodrome. They then shifted their demands, now calling for the dismissal of certain officials, namely the praetorian prefect John, the
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city prefect Eudaemon and the quaestor sacri palatii Tribonian. It is at this point that some scholars wish to distinguish the Nika uprising from previous riots: the demand for Tribonian’s dismissal is seen as indicative of senatorial manipulation of the rioters. According to this view, the riot had now become a full-scale attempt to bring down the emperor, rather than an ordinary faction disturbance.54 Yet there was nothing new in an emperor being assailed with demands for the removal of unpopular officials: as recently as under Justin, the hard-line city prefect Theodotus was removed from office, as was mentioned earlier, and left for Jerusalem for his own protection.55 In fact it is possible to account for the rioters’ choice of officials. Eudaemon was an obvious target for the wrath of the factions, having condemned seven of their number to death and then refused to release two from this sentence. To some scholars John is an unlikely object of the rioters’ hatred: for he was, supposedly, a man of the people, and a keen backer of the Green faction.56 To Procopius, however, John’s wicked policies were largely responsible for the uprising, as it seemed also to his contemporary John the Lydian. Whatever view is taken of John’s policies (and bearing in mind that he had not held office for very long by 532), it is clear not only from John the Lydian and Procopius, but also from Zachariah of Mytilene, that he was regarded as the chief adviser to the emperor. Hence, like many praetorian prefects before him, he incurred wrath for the unpopular policies of the emperor, for which he may or may not have been responsible.57 The fact that he is regarded by John the Lydian as a supporter of the Greens, and popular with the lower elements of the population, will hardly have been of help to the prefect: for, if he was indeed a backer of the Greens, they will have been unimpressed by his failure to obtain the release of the Green partisan held by the city prefect.58 Finally, and most problematically, Tribonian. It is usually argued that, being heavily occupied in preparing the Digest at this time, he can hardly have been an unpopular official in the eyes of faction rioters.59 Several factors should be borne in mind, however. First, Procopius accuses him of venality in both the Wars and the Anecdota: he would alter laws to suit the highest bidder, and was also in the habit of flattering the emperor exorbitantly.60 While the first of these qualities might have had more impact on the bidders – hence, presumably, the wealthy – the second is of greater relevance to the rioters. For it implies that he too, like John, was viewed as a close associate of the emperor, and could therefore reasonably be viewed as responsible for his policies.61 The three officials named by the crowd were, in effect, the three highest government officials resident in the capital: the magister officiorum,
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Hermogenes, was away in the East most of the time, occupied in negotiations with the Persians. Furthermore, legal scholarship had not spared previous eminent jurists from the twists and turns of politics: Ulpian was murdered by the Praetorian Guards, having held great influence with the young Alexander Severus. Both he and Paulus may also have suffered banishment under Elagabalus.62 Thus, it is not so surprising that demands were made for Tribonian’s removal, as well as for that of John and Eudaemon: they were viewed as the architects of Justinian’s refusal to agree to the earlier request for the factions. Phase six: the supine imperial response to the demands. So far Justinian had refused to pardon the condemned partisans, but equally had failed to oppose the destruction taking place in the city. Now he shifted his policy and dismissed all three officials, just as had been demanded of him. A few points require examination here. First, why did Justinian bow to the crowds at this point, having previously stood firm? Any response must take into account the fact that probably on the same day as the officials were removed, troops were despatched to break up the riots. The lacunose text of the Chronicon Paschale may profitably be consulted here. When the text resumes after the lacuna it reads as follows: ҋ̭ ъ̡̯̰̲̩˶ ж̧̧’ ѷ̡̯ ½̧̧̫Ҟ ̟ҝ̩̣̯̝̥ ж̩қ̟̦̣, ̯ң̡̯ ½̡̫̥Ӻ̭ й ц̧̡̞̫̰ҥ̴̮. ̦̝Ҡ ̡Ѩ½̡̩ ̝Ѿ̯̫Ӻ̭ ѳ ̧̡̞̝̮̥ҥ̭, ь̪ҝ̧̡̤̝̯ ̫̩҄ ̦̝Ҡ ̨қ̡̡̤̯ ̯ҡ̩̫̭ ̲қ̬̥̩ ̮̯̝̮̥қ̢̫̰̮̥̩. ‘… at random. But when a serious emergency arises, then you do what you have decided.’ The emperor said to them, ‘Go out and discover why they are rioting.’ CP 620.14-16, tr. Jeffreys-Scott (n.2) 27663
Thenceforth, like Malalas but generally at greater length, the Chronicon Paschale goes on to tell how the emperor sent out Basilides, who was deputising for the magister officiorum Hermogenes, together with Constantiolus and Mundus, to ascertain the demands of the crowd. The rioters demanded the resignations discussed above, and Justinian, upon hearing the news, replaced the officials. Tryphon replaced Eudaemon as city prefect, Phocas took over from John the Cappadocian as praetorian prefect, while Basilides received Tribonian’s post.64 There has been some debate as to who the speaker is when the text resumes in the passage of the Chronicon Paschale quoted above. It has been suggested that it is the empress Theodora, who is reported by Procopius to have urged her husband to stand his ground. Various factors
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make such a view unlikely. Theodora’s speech, according to Procopius, was delivered on the final day of the uprising – Sunday 18 January – and this receives some confirmation from Theophanes.65 Secondly, the advice offered in the Chronicon Paschale seems to be of a more conciliatory nature than that of Theodora, since the emperor’s response was to send out emissaries to the crowd. Furthermore, Justinian spoke to them (̦̝Ҡ ̡Ѩ½̡̩ ̝Ѿ̯̫Ӻ̭), which points to several advisers – most probably those whom he then despatched to the rioters, i.e. Constantiolus, Mundus and Basilides.66 The procedure of using intermediaries to gauge the will of the mob was not unusual. A good example is provided by a riot in 408, also reported in the Chronicon Paschale, in which the rioters had burnt down the praetorium of the city prefect Monaxius. In response to this two magistri militum, along with a consul and two other officials, went to meet the crowd; they defused the situation by immediately agreeing to the demands of the rioters.67 Such encounters might not always be successful, however: in 512 a crowd rebuffed an attempt at conciliation by the magister officiorum Celer and the magister militum praesentalis Patricius by showering them with stones.68 Thus, Justinian’s emissaries were no doubt selected from those who would be acceptable to the rioters; the two military figures among those sent out, Constantiolus and Mundus, had spent little time in the capital, while the other, Basilides, was sufficiently popular to be promoted to take the place of one of the ousted officials.69 Phase seven: the troops are sent against the rioters. When the dismissal of Eudaemon, John and Tribonian failed to calm the crowds, Justinian finally had resort to force. The chronology here is rather confused: it is unclear whether Belisarius was ordered against the rioters on Wednesday 14 January or on the following day. The other event which took place at this point, most probably on the Thursday, was the ‘rush to the house of Probus’.70 The crowd made for the house of the youngest nephew of Anastasius and hailed him as emperor; Anastasius’ two elder nephews, Pompey and Hypatius, were still encamped in the palace with Justinian. Once it emerged that Probus was not at home, the people set fire to his house. First, the chronology of these events. Bury argued that Belisarius’ sortie should be placed on the Thursday, since otherwise this seems like an eventless day in the middle of the riot.71 But the Chronicon Paschale states that Belisarius ‘cut down many [rioters] until evening’ (621.17), which appears to indicate that we are here dealing with events on the same day as the dismissal of the officials, that is on the Wednesday. In
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response to Belisarius’ sortie the crowd set fire to much of the centre of the city, either on the Wednesday evening or on the Thursday.72 Then on Thursday the rioters moved to acclaim an alternative emperor, and sought out Probus: hence it is not an empty day, as Bury thought.73 Next, the rationale behind these developments. Justinian had followed the advice of his advisers (whoever in fact they were), and accepted the demands of the crowd. Yet this had failed to improve his position: the mob remained outside the palace.74 He therefore decided that it was at last time to have resort to the military option: Belisarius, whose loyalty was above suspicion, was sent out with a force of Goths, who could also be depended on not to defect to the rioters. Although his force succeeded in killing many, the remaining rioters responded by setting fire to more buildings.75 Justinian’s calling out of the troops against rioters dispersed through much of the city (it must be presumed) was a new development: usually they were deployed against crowds in the hippodrome, where they could be most useful. For there the crowd was hemmed in, and had difficulty in escaping from the soldiers.76 But in more dispersed urban fighting, the troops would tend to be at a disadvantage, their discipline being counteracted by the rioters’ knowledge of the city’s topography: thus, Gaïnas’ Goths had been massacred by the crowds in 399.77 The acclamation of Probus is a puzzle indeed. The episode of the rush to his house is very reminiscent of the attempt to enthrone Areobindus in 512: in that year a crowd gathered at Areobindus’ house, in the course of a major riot against Anastasius, and acclaimed him emperor. Like Probus, he wisely was not at home, and so the crowd saw fit to burn down his house. But the parallel ends there. The disturbance in 512 was inspired by Anastasius’ increasing opposition to Chalcedon, and Areobindus was a fitting replacement for him, being a staunch supporter of the Council.78 Probus, on the other hand, was indubitably an opponent of the Council: hence it is rather surprising that he should be acclaimed emperor only twenty years later, especially given the pro-Chalcedonian attitude of most Constantinopolitans. His only claim to the throne in fact was his relationship to Anastasius.79 It may be suggested that he was chosen on account of the lack of any other suitable candidate: all other high-ranking figures were either in the palace with Justinian or outside the capital altogether. It is possible that his cousin, Pompey, suffered the same fate in 512, when his house was burnt down by the mob; he was a supporter of Chalcedon, and hence he too may have been acclaimed emperor (to replace his own uncle) through the lack of any other suitable candidates.80 Bury believed that the hailing of Probus as emperor marked a turningpoint in the riot: henceforth the object of the rioters was to overthrow
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Justinian altogether.81 Yet, as has been shown, not only was Probus hardly a plausible candidate, but he had also avoided the acclamation of the mob. More importantly, when Justinian later made his appeal to the people in the hippodrome, many of them received his speech favourably; in the case of the disturbance under Anastasius, the people were actually pacified by such an entreaty, and no more is heard of Areobindus. It is preferable therefore to see in this development a desire to provide the riot with some focus – to intimidate the emperor still more, to extract further concessions. And in the short term, with both Anastasius and Justinian, this is what was accomplished.82 Only if the candidate acclaimed actually took up the gauntlet – as Hypatius later did – was the character of a riot transformed and the overthrow of the emperor became a serious possibility. Probus, moreover, suffered only a brief exile after the riot, and was still alive to provide shelter for the zealous antiChalcedonian John of Ephesus during his visit to the capital in the early 540s.83 Phase eight: continued incendiarism on the part of the rioters. On Friday 16 January the rioters burnt down the praetorium of the praetorian prefect, and the whole area around St Sophia suffered extensive damage from the fire. The archives housed in the praetorium were destroyed, a development much to the advantage of known trouble-makers among the rioters.84 No imperial response was forthcoming, but Justinian must by this stage have ordered troops stationed in Thrace to march to the capital. They arrived the following day and proceeded to engage the rioters. Phase nine: the arrival of the garrisons of Thrace. They entered the city, presumably from the west, on Saturday 17 January. A fierce mêlée with the rioters ensued, in which many buildings adjacent to the MesƝ were burnt down.85 At the close of day the troops probably retired into the palace, where debate among Justinian’s advisers will have been as fierce as ever, since the arrival of troops from Thrace had failed to bring the disturbances to an end. Indeed more of the city had been destroyed in the last two days than in the early stages of the riot, or in any riot that had taken place under Anastasius. A new strategy was required if the situation was to be mastered. At this stage in the riot not only does the pace of events quicken but the quantity of available evidence also increases markedly. Procopius’ account is heavily weighted towards the events of Sunday 18 January, and the Chronicon Paschale and Malalas both offer detailed accounts. Theophanes too is of use, offering important information not to be found
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elsewhere. The difficulty comes in establishing a chronology for the events of Saturday evening and Sunday: any sequence of events proposed will depend heavily upon the interpretation placed on Justinian’s and Hypatius’ actions. The following account attempts to make use of all the various pieces of evidence, but necessarily remains a hypothesis. Phase ten: the final suppression of the riot. The various stages to the conclusion of the Nika riot will be examined individually, starting with the developments on the Saturday evening. (1) As Bury argued, and has generally been accepted, it was on the Saturday evening (rather than the Sunday) that Justinian dismissed Hypatius and Pompey from the palace. What still remains disputed is the reason for this step: Justinian was well aware that the crowd might compel them to assume the throne since the brothers themselves pointed this out to him, while beseeching him not to dismiss them from the palace. One thing is clear, however: Procopius’ suggested motive – that Justinian feared an assassination attempt by the brothers if they remained in the palace – is highly unconvincing, and even in his own account is put forward only as an alleged reason.86 If either of the brothers had ever wanted to murder the emperor, then they were hardly likely to do so now that he had the backing of the troops from Thrace. Another reason must then be sought. The key figure in this explanation is Hypatius: it will be argued that he did in fact act as Justinian’s agent in suppressing the riot, although this was never officially acknowledged by the emperor.87 How this fits with the events of the following day will be examined below. (2) Very early on the morning of Sunday 18 January Justinian made an appearance in the hippodrome. As has been noted by others, he seems to have been attempting a repeat of Anastasius’ successful appeal to the rioters in 512 to desist from their activities. In that year Anastasius had appeared in the imperial box (the kathisma) without his diadem, and thereby sufficiently impressed the rioters to bring the disturbances to a halt. Justinian, while not bareheaded, bore the Gospels with him, and frankly acknowledged his own error in not assenting to the demands of the factions at the start of the riot. He offered to pardon the rioters, and received a favourable response from some quarters. But others hurled abuse at him, and he withdrew into the palace. He then dismissed the senators who remained with him, ordering them to guard their own residences.88 Conciliation had manifestly failed. If the crowd would not be assuaged by its emperor appearing with the Gospels, then there was only one option remaining: to suppress the rioters by force. And there was
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only one way that they could be crushed by armed force – inside an enclosed space, i.e. the hippodrome. Now Justinian could have had troops standing by in case his appeal should be unsuccessful, and they could then have proceeded to massacre those they found there. But this would mean an indiscriminate slaughter for which he would bear direct responsibility, endowing his reign with a notoriety from which it might never recover; in such a way Tsar Nicholas II’s popularity was irreparably damaged in the wake of the massacre of unarmed civilians in 1905.89 Furthermore, the presence of troops might give the populace cause to doubt the sincerity of his apology in the first place. Hence another mechanism for assembling the people in the hippodrome was required, and here Hypatius could serve Justinian’s cause. For Anastasius’ nephew was apparently faced with an impossible situation once confronted by the rioters: failure to accept his acclamation could lead to death, while acceptance of it would be manifestly disloyal to Justinian. This assumes, however, that he did not have some sort of understanding with the emperor, whereby he would accept the acclamations of the partisans if the emperor’s appeal to the crowd failed. Such an arrangement is heavily hinted at in the sources: in the Chronicon Paschale Hypatius declares to Justinian after the suppression of the riot ‘Master, it was a great labour for us to assemble the enemies of your power in the hippodrome’. Likewise Procopius recounts how Hypatius urged his brother to be of good heart despite their predicament following the suppression of the riot, since ‘in the beginning they had been forced by the people against their will, and afterwards they had come to the hippodrome with no thought of harming the emperor.’90 Further traces of such an arrangement will be noted below, as the later events of Sunday are recounted. (3) Following Justinian’s withdrawal from the hippodrome the people came upon Hypatius and greeted him as Augustus. He was taken to the Forum of Constantine, where he received some improvised imperial regalia, and from there proceeded to the hippodrome, together with his brother Pompey and the former praetorian prefect Julian.91 Once he took his place in the kathisma he was once again acclaimed by the crowds as Augustus. Justinian, informed of these developments, moved to have the palace (which was connected to the kathisma) sealed off. So much we are told by the Chronicon Paschale, which presents a viewpoint from outside the palace.92 Procopius, on the other hand, offers a glimpse of what was taking place inside the court, and this can be combined with the reports of Theophanes and the Chronicon Paschale here.93
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According to Procopius Justinian now considered evacuating the capital by ship. A few lines of Theophanes should be brought to bear in this context; he states that ѳ ̠Ҝ ̧̡̞̝̮̥Ҥ̭ ̡̱̫̞̣̤Ҡ̭ ђ̤ҝ̧̡̣̮ ̧̡̞̝Ӻ̩ ̡Ѣ̭ ̠̬ң̴̨̩̝ ̯Қ ̲̬ҟ̨̝̯̝ ̦̝Ҡ ц̡̧̡̪̤Ӻ̩ ц½Ҡ ̯Ҟ̩ ̬̅Ӝ̦̣̩ ы̴̭ ћ̧̡̬̝̦ҡ̝̭, ̧̡̦̝̯̝ҡ̳̝̭ ̧̱̰қ̡̯̯̥̩ ̯Ң ½̧̝қ̯̥̫̩ ̯Ң̩ ̧̮̯̬̝̯̣қ̯̣̩ ̫̉ԉ̩̠̫̩ ̨̡̯Қ ̯̫ԉ ̰ѣ̫ԉ ̝Ѿ̯̫ԉ ̦̝Ҡ ,̟ ж̩̠̬Ԗ̩ ̦̝Ҡ ̴̩̮̯̝̩̯̥̇ң̧̫̰, ̦̝Ҡ ̯̫Ҥ̭ ̧̦̫̰̞̥̦̫̰̝̬ҡ̫̰̭. The emperor, in terror, wanted to load his money on to a dromon and get away as far as Herakleia in Thrace, leaving the magister militum Moundos to guard the palace, along with Moundos’ son, 3,000 men, Konstantiolos and the cubicularii. Theophanes 184.27-30, tr. Mango-Scott (n.41) 279
Bury believed this entry was misplaced and that it refers to deliberations at an earlier stage of the riot. Others have wished to shift Procopius’ scene of Justinian’s deliberation and Theodora’s harangue back to an earlier phase. There is no need to tamper with the sources in this instance, however. For the Chronicon Paschale, at its most detailed here, confirms that at just this stage there was indeed talk in the palace of a pull-out by the emperor. According to its account, to be considered more fully below, it was reported to Hypatius that Justinian had fled the capital, although the information was incorrect. There is no reason therefore to reject the placing of Procopius’ and Theophanes’ information here.94 What are we to make of Justinian’s contemplated flight? It is clear from Procopius and Theophanes that the emperor had by no means lost the will to fight; rather, it may be suggested, he wished not to be present in the capital when the final struggle against the rioters took place. This stemmed in part perhaps from uncertainty as to whether he would prevail against those in the hippodrome, but may equally have been due to a desire to distance himself from the carnage which would ensue no matter who won. For there can have been little doubt that in any confrontation in the hippodrome the several thousand soldiers of the emperor (as is evident from Theophanes’ passage) would easily outmatch the disorganised crowd. If, however, Justinian could return from Heracleia in the wake of a slaughter of the people, he could claim that his troops had over-reacted and sack a few commanders to redeem his reputation. Such a view of Justinan’s motives for abandoning the capital is in line with his constant attempts to find a peaceful solution to the riot; it also accords with Procopius’ description of the emperor in the Anecdota, where his ‘easy-going disposition’ and accessibility come in for criticism. ‘For even men of low estate and altogether obscure had complete freedom,
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not merely to come before this tyrant, but also to converse with him and to enjoy confidential relations with him.’ It would not be surprising therefore if Justinian were unwilling to risk massive unpopularity by being held directly responsible for a massacre in the hippodrome.95 (4) At this point whatever arrangement Justinian had with Hypatius was effectively nullified. Hypatius sent a candidatus Ephraem to the palace to report to Justinian that the people were gathered in the hippodrome (and hence, presumably, the troops could be launched against them). The news brought back by Ephraem, which he had acquired from the emperor’s doctor Thomas, must have shocked Hypatius. For Thomas told Ephraem that Justinian had left the capital and that the way lay clear for Hypatius to make himself emperor. Once Ephraem relayed the news to Hypatius, the pretender ‘seemed to sit more confidently in the imperial box’ and to give ear to the popular outcries against Justinian. Armed Greens arrived in the hippodrome, ready to force their way into the palace to install Hypatius.96 The most plausible explanation for these developments is that they represent a breakdown in communications. Thomas mistakenly inferred from the talk of an evacuation that Justinian had actually left, and informed Ephraem of this in good faith. Given that Thomas was, according to the Chronicon Paschale, ‘dearly loved by the emperor’, it is difficult to suppose that he was seeking to betray his master. Alternatively, Justinian may have propounded the news himself, in order to lure on Hypatius; but this is unlikely, given that he had his enemies assembled in the hippodrome now anyway. Thomas paid a heavy price for his inaccurate information: he was executed when Justinian learnt of his report to Ephraem. Ephraem was banished to Alexandria.97 (5) Decisive action was now unavoidable for Justinian. An attack on those in the hippodrome was required, and plans were carefully laid for the onslaught. Narses was sent to divide the factions and gather support for Justinian among the Blues. Then Belisarius and others approached the kathisma from within the imperial palace. Mundus and Mauricius, however, parted company from Belisarius en route, and made their way around the SphendonƝ, taking up positions by the gates of the hippodrome nearest to its southern end. Belisarius’ brief was to enter the kathisma from the palace and capture Hypatius; he was foiled, however, by the refusal of the soldiers in the kathisma to open the doors to him. Since by now everything was staked upon putting the riot down by force, and the other commanders were awaiting Belisarius’ arrival in the kathisma to launch their attack, Justinian was forced to order his commander to enter the hippodrome by another route. Hence Belisarius had to make his way around the northern end of the hippodrome and enter it
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through the stoa of the Blues. Once he launched his attack from here, the other commanders followed suit and an indiscriminate slaughter followed. By the end of the day some 30,000 people lay dead, Blues as well as Greens, innocent as well as guilty: the Chronicon Paschale notes the detail that ‘even Antipater, the tax-collector of Antioch Theopolis, was slain’.98 (6) On the day after the suppression of the riot, in the morning of Monday 19 January 532, Pompey and Hypatius were executed. The property of rebellious senators was confiscated. Although Justinian proceeded to take measures against any remaining partisans who had acted against him, the officials appointed during the riot remained in place. The capital was tranquil for some time, and the emperor hastened to inform all the other cities of what had taken place in Constantinople: he had overcome the usurpers, thereby justifying the drastic method by which the riot had been suppressed.99 Henceforth the factions would never unite again – save, on occasion, to oppose foreign invaders, such as the Persians who attacked Antioch or the Kotrigur Huns who threatened the capital in 559. An emperor such as Maurice or Phocas might try to rally the factions to his support, but invariably the backing of one entailed the enmity of the other.100 Nor would the factions ever threaten the régime again, although rioting took place quite frequently from the late 540s onwards. The factions played only a minor role in the downfalls of Phocas and Maurice: the army was of much greater importance.101 Thus, while Maurice fell, Justinian survived – chiefly on account of the enduring loyalty of his commanders and soldiers: very few troops defected to Hypatius, although others took a neutral stance.102
Conclusion The Nika riot was both typical and atypical of popular disturbances in the capital in this period. It began routinely enough, as has been shown, with demands for the release of partisans, and then for the dismissal of officials. It even ended typically, in an assault on the hippodrome; what was unusual was the bloodiness of the onslaught. Nearly all the actions and reactions of the mob and the emperor had precedents in the recent past, yet the scale and length of the riot were without parallel. It has been the aim of this article to argue that the chain of events which made the Nika riot unique was for the most part accidental: the relationship between ruler and people broke down through a series of misunderstandings. Justinian constantly gave off different signals to the populace, at
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one moment seeming lenient, at another uncompromising. Hence it seemed to the rioters that if they persisted in their rioting an initial ‘no’ might become a ‘yes’; this continued for a long time, but once the rioters had spurned his final attempt at conciliation on the Sunday morning, the emperor could not longer tolerate the situation.103 Central to this interpretation of the riots is the conduct of the emperor. A comparison with the behaviour of Justinian’s predecessor Constantine on two separate occasions is instructive. On one occasion Constantine found himself the object of jeers from the Roman populace, as Libanius relates. He consulted his brothers as to what course of action he should pursue. One advised that he send in the troops forthwith, and volunteered to take charge of the operation himself. The other thought it preferable to ignore them altogether, and it was this course which the emperor followed.104 At another time, according to Eunapius, Constantine was distressed at how little applause he drew in the theatre at Constantinople; it was suggested to him, however, that the cause of this was one of his advisers, Sopater. The emperor did not hesitate; his counsellor was executed.105 Whatever the truth of these anecdotes, they illustrate neatly occasions on which it was prudent to react and on which it was not. General discontent could safely be ignored, provided that there was no particular focus of dissatisfaction. A reaction of some sort, however, was required when specific grievances were aired. An emperor such as Gaius, apparently unconcerned at popular opinion, might instantly despatch troops to arrest all the ringleaders when there were demonstrations during games. Such stern measures, for all their brutality, were effective, and reduced the people to silence.106 A few emperors ventured to refuse popular demands, doing so by having their herald silence the crowd; no further violence appears to have been needed.107 But most emperors were more receptive to the will of the people: they could be prevailed upon either to spare a criminal or to execute a hated official. Thus, for instance Tiberius bowed to the demands of the people to free a certain comedian and Otho gave way to demands for the execution of Tigellinus.108 Justinian was embarking on a dangerous course therefore when he failed to offer any response whatever to those demanding the pardon of the two partisans. He may have had in mind the injunction of Diocletian contained in the Codex Justinianus, the first edition of which had been issued less than three years previously: Vanae voces populi non sunt audiendae nec enim vocibus eorum credi oportet quando aut obnoxium crimine absolvi aut innocentem condemnari desideraverint.
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The worthless voices of the people should not be listened to. Nor is it right to give credence to their voices when they demand either that the guilty should be acquitted or that the innocent should be condemned.109
Date
Event
Phase
Saturday 10 Jan.
The execution of the partisans from which two escape
1
Tuesday 13 Jan.
Widespread rioting Attack on the praetorium and liberation of prisoners
1-2 3
Wednesday 14 Jan.
Justinian tries to continue games New demands of the rioters Justinian accedes to the demands Belisarius’ sortie against the rioters
4 5 6 7
Thursday 15 Jan.
The rioters acclaim Probus
7
Friday 16 Jan.
Further incendiarism
8
Saturday 17 Jan. (evening)
Arrival of troops from Thrace Hypatius and Pompey dismissed
9 10.1
Sunday 18 Jan.
Justinian appears in the hippodrome Hypatius acclaimed emperor Justinian contemplates flight Hypatius hears of this in the hippodrome Justinian decides to assault the rioters in the hippodrome
10.2 10.3 10.3 10.4 10.5
Monday 19 Jan.
Execution of Hypatius and Pompey
10.6
SUMMARY OF EVENTS DURING THE NIKA RIOT
Such a policy may have suited the soldierly Diocletian, who spent little time in imperial capitals, but it ran quite contrary to usual imperial practice, as has been seen. The emperors Valens and Valentinian, on the other hand, as also reported by the Codex, were clearly more inclined to countenance clemency:
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Geoffrey Greatrex Indulgentia, patres conscripti, quos liberat notat nec infamiam criminis tollit, sed poenae gratiam facit. A pardon, Conscript Fathers, brands those whom it frees; it does not take away the infamy of crime but grants remission of punishment as a favour.110
Justinian was ill suited to follow the precedents of Gaius, Diocletian or Anastasius. He was easily approachable, ready to spare his enemies, and eager for popularity: his consular games in 521 had been on a most lavish scale.111 Hence his initial firmness soon gave way to a desire to placate the mob, but the people reacted badly to his change of heart. One parallel for such inconsistent behaviour may be found in the brief principate of Vitellius, who was enthusiastically acclaimed by the people of Rome in the summer of 69 AD, and yet whose death in December of the same year was also joyously received.112 It has been argued convincingly that the cause of this swift fall from popularity was ‘the inconsistency of his political actions. He frequently followed two contradictory policies at once…’. Vitellius constantly sought to gain the approval of the people, but as his fortunes waned, and Vespasian’s generals drew near to Rome, he could not decide how to react: three times he tried to lay down his throne, but by his third attempt he was no longer believed to be acting in earnest.113 The events of 10-18 January could not be undone by the emperor. He could, however, seek to justify his actions by the way in which the disturbances were reported: the blame could thus effectively be shifted onto others. Over a period of time several justifications were developed. The first has already been touched on: the riot was presented as a straightforward attempt at usurpation by the nephews of Anastasius, with significant senatorial support. As has been seen, however, the role of the senators appears to have been limited, and our principal sources make little mention of them.114 Only one year later the family of Anastasius was rehabilitated, and by the 550s a rather different picture of the riot was being presented. Procopius and John Lydus, our two sources from this decade, put the blame chiefly on John the Cappadocian, who is even accused by John of harbouring imperial ambitions.115 In conclusion, the uniqueness of the Nika riot lies more with the emperor than with the ‘mob’: had Anastasius ever shown such hesitation, he too could have been unseated. Comparison with the disturbances studied by Hobsbawm and Rudé, as well as with those of the early imperial period, has shown how rulers and ruled were expected to adhere to certain patterns of behaviour in their dealings with one another. Consis-
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tency and decisiveness were important attributes for an emperor; Justinian possessed neither. He was no more unpopular than Anastasius, it should be emphasised; but he was more concerned for popular opinion, and consequently unprepared to match uncompromising rescripts with firm action.
Appendix: the conflagrations during the riot Archaeological discoveries have added much to our knowledge of the topography of Constantinople since the appearance of Bury’s article. Hence the map (fig.1) differs in several respects from that of Bury; the purpose of this appendix, it should be noted, is neither to review nor propound new theories as to the location of monuments or buildings, but merely to offer a chronological analysis of the fires during the riot based on recent research.116
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Bury divided the various fires which struck Constantinople during the riot into three conflagrations. He argued that the first of these took place during 13-14 January and destroyed the buildings around the Augustaeum and St Sophia; the second, on Friday 16 January, hit the region north of St Sophia, while that of the following day (Saturday 17 January) devastated the MesƝ and the buildings on either side of it.117 There is no need to challenge his placing of the final two conflagrations, but the first is rather more problematic. That there was some incendiarism on Tuesday 13 January is clear, for Malalas reports that the crowd burnt down the praetorium of the city prefect; and this should probably be connected with Procopius’ mention of the liberation of prisoners from the ̴̡̨̠̮̯ҟ̬̥̫̩.118 This praetorium should be placed along the MesƝ, between the Augustaeum and the Forum of Constantine; it was the headquarters of the city prefect.119 Difficulties then arise as to whether the rioters embarked on any further acts of arson on this day: Malalas’ account goes on to relate the burning of the Chalce, St Sophia and the public colonnade as if they took place immediately after the destruction of the praetorium. The Chronicon Paschale, however, places the destruction of these monuments, as well of the nearby Senate house, on the night of Wednesday 14 January and/or Thursday 15 January.120 This conflict is best resolved in favour of the Chronicon Paschale, by far the most detailed and reliable source available.121 Since there is no contradiction with the Chronicon Paschale, it is possible to credit Malalas’ statement that on the morning of Wednesday 14 January, in response to Justinian’s attempt to restart the games in the hippodrome, the crowd set fire to part of the structure itself; the fire then spread to the porticoes by the Baths of Zeuxippus.122 This should be treated as a separate conflagration since there is no evidence that it spread elsewhere; likewise the attack on Thursday on the house of Probus, situated near the Harbour of Julian, is a separate, and rather less important, fire.123 The city thus suffered most in the last three days of the riot. Probably on the night of Wednesday 14 January and the following day the Chalce, the Portico of the scholarii, protectores and candidati, the Senate house, the Augustaeum and St Sophia were burnt down.124 The next day saw the destruction of the area near the praetorium of the praetorian prefect; the fire spread to the bath of Alexander, the hospice of Eubulus, the basilica of Illus, two imperial houses, the church of St Irene and the hospice of Samson.125 Finally, on Saturday 17 January, it was the turn of the soldiers to indulge in arson: they set fire to the Octagon in order to dislodge the rioters there, but in the process ignited the whole region around the church of St Theodore of Sphoracius. The fire spread westwards along the MesƝ, destroying the Portico of the Silversmiths, the House of Symmachus, the church of St Aquilina, as far as the Arch in the Forum of Constantine.126 The rioters, apparently fleeing eastwards, responded by setting fire to the Magnaura palace and the Liburnon, situated to the east of the Augustaeum, and evidently still intact; the fire was soon extinguished, however.127
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The sequence of conflagrations can perhaps best be summarised by a table. THE CONFLAGRATIONS DURING THE NIKA RIOT Date
Area destroyed
(Phase)
1
Tues. 13 Jan.
Praetorium of city prefect
3
2
Wed. 14 Jan.
Part of hippodrome; porticoes by Baths of Zeuxippus
4
Night of Wed. 14 Jan. - Thur. 15 Jan.
Chalce, Portico of the scholarii, protectores, candidati; Senate House, Augustaeum, St Sophia
7
3(b)
Thur. 15 Jan.
House of Probus
7
4
Fri. 16 Jan.
Praetorium of praetorian prefect, two imperial houses, Bath of Alexander, Hospice of Eubulus, St Irene, Basilica of Illus, Hospice of Samson
8
Octagon, St Theodore of Sphoracius, Portico of Silversmiths, House of Symmachus, St Aquilian, Arch in the Forum of Constantine
9
Liburnon and Magnaura
9
3(a)
5(a)
5(b)
Sat. 17 Jan.
Sat. 17 Jan.
Anmerkungen 1
‘The Nika riot’, JHS xvii (1897) 92-119, cf. J.B. Bury, History of the later Roman empire from the death of Theodosius I to the death of Justinian ii (New York-London 1958) 39-48. There is a detailed treatment of the uprising by A.A. Chekalova, Konstantinopol’ v VI veke. Vosstanie Nika (Moscow 1986, henceforth Konstantinopol’), cf. eadem, ‘Narod i senatorskaja oppozitsija v vosstanii Nika’, Vizantiskij Vremennik xxxii (1971) 24-39; note also the review of the book by F. Tinnefeld in JÖBG xxxviii (1988) 442-4. Mention should be made of the extensive discussion of the riot in C.
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Gizewski, Zur Normativität und Struktur der Verfassungsverhältnisse in der späteren römischen Kaiserzeit, Münchener Beiträge zur Papyrusforschung und antiken Rechtsgeschichte H.81 (Munich 1988), who considers the riot from a sociological perspective. Briefer accounts may be found in E. Stein, Histoire du bas-empire ii (Paris 1949) 449-56, J. Martindale, Public disorders in the late Roman empire, unpublished B.Litt. thesis (Oxford 1960) 32-5, A. Cameron, Circus factions: Blues and Greens at Rome and Byzantium (Oxford 1976) 278-80, J. Moorhead, Justinian (London 1994) 44-9 and, most recently, J.A.S. Evans, The age of Justinian: the circumstances of imperial power (London 1996) 11925. I am grateful to Cyril Mango, James Howard-Johnston, Sam Lieu, John Matthews, Michael Whitby and Thanos Fotiou for comments on this paper; it has also benefited significantly from the comments of the anonymous readers. Riots elsewhere will not for the most part be considered here, though it should be noted that factional strife was by no means confined to the capital, cf. the bloody riots in Antioch under Anastasius: Malalas, Chronographia (henceforth Mal.) ed. L. Dindorf (Bonn 1831) 395-8 (tr. E. Jeffreys, M. Jeffreys and R. Scott, John Malalas. The chronicle [Melbourne 1986] 222-3), cf. Cameron, Circus factions, 198-201 on factions throughout the east. For a catalogue of riots elsewhere, cf. Gizewski (n.1) 206. Cf. e.g. Cameron, Circus factions, 294, on the ‘relatively high level of popular disorder’ tolerated by Roman emperors, noted too by P. Veyne, tr. B. Pearce, Bread and circuses (Harmondsworth 1990) 392-3 and W. Nippel, Public order in ancient Rome (Cambridge 1995) 112; cf. also E. Patlagean, Pauvreté économique et pauvreté sociale à Byzance, 4e-7e siècles (Paris 1977) 213 and Averil Cameron, The Mediterranean world in late antiquity (London 1993) 171-4. From 500 it may have become yet more violent as a result of the closure of the theatres and the consequent unification of theatre and circus rowdies, cf. Cameron, Circus factions, 225-7 and id., Porphyrius the charioteer (Oxford 1973) 232, 239; but as Patlagean, op. cit., 211, notes, Anastasius’ measures were not wholly successful. Gizewski (n.1) 206-9, argues (not altogether persuasively) for an underlying discontent with the imperial system behind the incidences of violence, while conceding that no effort was ever made to change it. On the population rise and the influx into the cities cf. R. Fossier (ed.), The Cambridge illustrated history of the Middle Ages (Cambridge 1989) 164-7, Patlagean (n.3) 302-3 and Cameron, Mediterranean world, 172, 180. On the plague, cf. J. Durliat, ‘La peste du VIe siècle’ in Hommes et richesses dans l’empire Byzantin i, V. Kravari, J. Lefort and C. Morrisson (eds.) (Paris 1989) 107-19 with the remarks of J.N. Biraben, ibid. 121-5. John Lydus, De magistratibus, ed. R. Wünsch (Leipzig 1903), tr. A.C. Bandy, Ioannes Lydus on powers (Philadelphia 1983) iii 70 (p.162.10-13), Zachariah of Mytilene, tr. F.W. Hamilton and E.W. Brooks (London 1899)
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ix 14; Stein (n.1) 442-9 on John’s measures and the influx, cf. Gizewski (n.1) 168-9, Chekalova (n.1) 38 and Evans (n.1) 125. Given that John had held the prefecture for less than a year by January 532 (cf. Prosopography of the Later Roman Empire iii, ed. J. Martindale [Cambridge 1992, henceforth PLRE iii] s.v. Ioannes 11), the impact of his measures by this stage should not be exaggerated: he and his policies were a convenient scapegoat for later writers, below n.96. Note too that early in 1789 Paris ‘was flooded with unemployed country workers and urban poor’, yet in general they ‘played only a minor, marginal role in the disturbances of that year’ (G. Rudé, The Crowd in History, revised edition [London 1981] 200). On Justinian’s measures later in the 530s, cf. Justinian, Novellae (R. Schoell and W. Kroll [eds.] [sixth edition, Dublin-Zurich 1954]) 13 (535) and 80 (539) with Stein (n.1) 455-6 and A.H.M. Jones, The Later Roman Empire (Oxford 1964) 692. The importance of the excerptors under Constantine Porphyrogenitus should be underlined: our text of Malalas lacks many of the details concerning factions to be found in the Excerpta Historica: de Insidiis, C. de Boor (ed.) (Berlin 1905), as will be noticed from the footnotes below. John of Antioch, the other chief source, survives entirely through the labours of the excerptors. His fragments are cited from the edition by C. Müller, FHG iv (Paris 1851) and v (Paris 1870). The sources for the Nika riot are amply dealt with by Bury, ‘Nika riot’, 92-106, supplemented now by M. Jeffreys, ‘Bury, Malalas and the Nika riot’ in The sixth century: end or beginning?, E. Jeffreys and P. Allen (eds.) (Sydney 1996), 43-6. E. Hobsbawm, Primitive rebels. Studies in archaic forms of social movement in the 19th and 20th Centuries (Manchester 1959) 115. Hobsbawm (n.7) 111-12 for these features. The hostility of rioters in 512 towards the former praetorian prefect Marinus was, however, in part based on his being an easterner: Mal. 407.13 cf. 407.17-18. Hobsbawm (n.7) 118-19 with Rudé (n.5) 226, 228-9, 241 on the conservatism of the crowd; cf. also D. Field, Rebels in the name of the Tsar (Boston, MA 1989) ch.1. Under the Roman republic the people assembled at games tended to be more conservative than those who took part in contiones, cf. P.J.J. Vanderbroeck, Popular leadership and collective behavior in the Late Roman Republic (c. 80-50 BC) (Amsterdam 1987) 78. On the unpopularity of Nicolas II in the wake of the attack on a peaceful demonstration in St Petersburg in January 1905, cf. J.N. Westwood, Endurance and endeavour. Russian history 1812-1986 (third edition, Oxford 1990) 155-6. Note also John Lydus, De mag. iii 69 (pp.160-1), stressing Justinian’s ignorance of John the Cappadocian’s wrongdoings. Hobsbawm (n.7) 114 and Rudé (n.5) 198-200 with P.A. Brunt, ‘The Roman mob’, Past and Present xxxv (1966) 23-4, repr. in M.I. Finley (ed.), Studies in ancient society (London 1976) IV (98-9) and T.W. Africa, ‘Urban violence in imperial Rome’, Journal of interdisciplinary history ii (1971) 3-4. Rioting partisans in Constantinople may actually have targeted some of the poorest people, cf. Mal. fr. 43 (p.171.2-3) and Chronicon Paschale, L. Din-
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dorf (ed.) (Bonn 1932) (henceforth CP), tr. M. and M. Whitby, Chronicon Paschale 284-628 AD (Liverpool 1989) (henceforth CPW) 622.18-20, if ½̴̡̝̬̝̦̩̯ҟ̭ means riff-raff, as translated by Jeffreys-Scott, 233, cf. C. DuCange, Glossarium ad scriptores mediae et infimae Graecitatis (Lyon 1688), 1107. It may, however, refer rather to ‘informers’ (cf. G.W.H. Lampe, A Patristic Greek lexicon [Oxford 1968] s.v. ½̡̝̬̝̦̩ң̴), as C. Mango has suggested to me. Hobsbawm (n.7) 115-6, cf. Cameron, Mediterranean world, 174 and Nippel (n.3) 83, 86-7. Cameron, Circus factions, esp. sections IV and VI and 272-3. Also id., Porphyrius, and ‘Bread and circuses: the Roman emperor and his people’, King’s College, London, inaugural lecture (London 1973), and the similar conclusions of G. Dagron, Naissance d’une capitale: Constantinople et ses institutions de 330 à 451 (Paris 1974) 363-4. For a survey of reactions to Cameron, cf. G. Vespignani, ‘Il circo e le fazioni del circo’, Rivista di Studi Bizantini e Slavi v (1985) 85-6; also A.S. Fotiou, ’Byzantine circus factions and their riots’, JÖBG xxvii (1978) 6-7 (backing Cameron’s interpretation). Recently D. Misiou has sought to portray the Blue faction as the shocktroops of Justinian, ‘̥̌ ̞ҝ̡̩̯̫̥ ̮̯̝̮̥Ԗ̡̯̭ ̮̯̣̩ ̡½̫̲ҟ ̯̫̰ ̫̰̮̯̥̩̥̝̩̫̆ҥ’ in C. Maltezou (ed.), ̄ ̨̡̦̝̤̣̬̥̩ҟ ̴̢ҟ ̮̯̫ ˿̢̰қ̩̯̥̫ (Athens 1989) 43-73; but her view that Procopius is describing only the Blues in Anecdota, J. Haury (ed.), rev. G. Wirth (Leipzig 1963) 7.8-14 is not convincing. See too C. Roueché, Performers and partisans at Aphrodisias in the Roman and late Roman periods (London 1993) 138-40 and 154-5, on the pervasiveness of the faction groupings throughout society and the consequent increase in the scale of riots. As she notes, ibid. 132, some partisans identified themselves (in the hippodrome) by their profession, while others, presumably the most fanatical, were seated simply as Blues or Greens. Cf. e.g. the disturbances at the Brytae festival in 500/1, on which cf. Martindale (n.1) 28, apparently not in the hippodrome; the riot of 498, however, reported in Mal. 394 and CP 608, started in the hippodrome, cf. Martindale (n.1) 27, but then spread all over the capital. Martindale (n.1) 30 assembles the evidence, cf. CPW 102 n. 321. Gizewski (n.1) 205-6, also offers a brief catalogue of disturbances. For this division of Anastasius’ reign, cf. Cameron, Porphyrius, 236-43. On Justin’s attitude to the factions, cf. A.A. Vasiliev, Justin I. An introduction to the epoch of Justinian the Great (Cambridge, MA 1950) 115-19, and below. Martindale (n.1) 85 suggests that Justin changed his stance in 525 rather than 527, from the time of his appointment of Theodotus as city prefect to control the factions (Proc. Anecd. 9.37-46). A fragmentary philosophical work, the De scientia politica dialogus, which may well date from the 520s, lays great stress on the power of the partisans at this time – ̡Ѣ̭ к̦̬̫̩ ̡̠̰̩̝̮̯ҡ̝̭ (v 101); cf. Menae patricii cum Thoma referendario De scientia politica dialogus, ed. C.M. Mazzucchi (Milan 1982) v 97-101 (pp.32-3). Mazzucchi, xiii, places the work between 507 and 535; A. Fotiou, ‘Recruit-
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ment shortages in sixth-century Byzantium’, Byzantion Iviii (1988) 67 n.14 suggests that the work was set (if not composed) in the period leading up to the Nika riot. Cameron, Circus factions, 183-4 and ‘Bread and circuses’, 12-13, aptly cites Hobsbawm (n.7) 115: ‘Both sides knew how far they could go [in their rioting]’ – but in 532 the rioters went too far. The acclamation in the hippodrome of a rival emperor, selected by the crowd, had no precedents in Constantinople. Cf. also Rudé (n.5) 242 on disturbances tending to follow a traditional pattern. Mal. 484 for a riot in the hippodrome when no games were taking place; id. fr. 43 (in de Insidiis pp.170-1, tr. Jeffreys-Scott 232), for the factions asking for Justin to come and watch the races in 520. Mal. 407-8 for the people flocking to the hippodrome when they hear of Anastasius’ appearance there (in 512). For demands made by the people in the hippodrome, cf. Cameron, Circus Factions 185-7; also Theophylact Simocatta, History, C. de Boor (ed.), rev. G. Wirth (Leipzig 1972), tr. M. and M. Whitby (Oxford 1986) viii 7.9 (with p.220 n.33 in the translation) for an example of a chant of the factions with certain demands. On the hippodrome as the focus for relations between people and emperor, cf. Z. Yavetz, Plebs and princeps (Oxford 1969) esp. 18-20, F. Millar, The emperor in the Roman world (London 1977) 36975, K. Hopkins, Death and renewal (Cambridge 1983) 16-19, Veyne (n.3) 400-1, Cameron, Circus factions, section VII, Dagron (n.11) 302-3 and esp. 314-15; also Patlagean (n.3) 212-3, and the law of Leo, Codex Justinianus (henceforth C.J.) P. Krueger (ed.) (eleventh edition, Berlin 1954) ix 30.2 (466). Cf. Cameron, Circus factions 271, for his four-fold distinction; I omit from consideration here those riots over economic factors (e.g. famine), and have altered his other categorisations somewhat. Circus factions ch.VI. As Cameron countenances, Circus factions 153. Theodore Anagnostes (= Theodore Lector), G.C. Hansen (ed.) Kirchengeschichte (Berlin 1971) 455; cf. Stein (n.1) 166. Mal. 408 for the killings at random; cf. Proc. Anecd. 6.25, for his emphasis on such random murders by the partisans. Cameron, Porphyrius 243 and Circus factions 277 (on the events of 507), ibid. 293-4 on the analogy with hooliganism. Gizewski (n.1) 186, also has a category for this type of disturbance, although he includes religious riots in it as well; cf. T. Gregory, ‘Urban violence in late antiquity’ in Aspects of Graeco-Roman urbanism, BAR International Series 188, R. Marchese (ed.) (Oxford 1983) 143-5. John of Antioch fr. 214b.2 on the cancellation of games in 493, 214c on the Brytae massacre, cf. Marcellinus comes, Th. Mommsen (ed.), MGH AA XI.1 (Berlin 1893) a.501.1-3 (reprinted with translation in B. Croke, The Chronicle of Marcellinus [Sydney 1995]); John of Antioch, fr. 214e.12 on the cancellation of races in 514). See also Martindale (n.1) 28 and the list of Cam-
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eron, Porphyrius 233-4. Many more examples of inter-factional fighting could be provided from later in Justinian’s reign (e.g. Mal. 490-1 on riots in 562). Cameron, Circus factions 294-5, stresses that ‘the typical faction riot was not a protest, it was a battle between the two colours.’ For instance, the riot in Antioch in 507 involved an attempt to arrest some partisans following an earlier disturbance, Mal. 396.16-397.6; also the riot in Constantinople in 498 (on which below n.43), sparked by Anastasius’ refusal to release some Green partisans. This type of riot could also arise independently of the factions, it appears, such as in the case of the massacre at Thessalonica in 390 or the riot in Rome in 355: both of these took place following the arrest of charioteers, cf. Cameron, Porphyrius 236. See also Gizewski (n.1) 186-7, noting how disturbances may become uprisings against the régime. Cf. PLRE iii s.v. Ioannes 11; the fact that Theodorus qui et Teganistes 57, PLRE ii, J. Martindale (ed.) (Cambridge 1981), was prefect of Constantinople four times also implies a swift turn-over in city prefects, even if it is not possible to date all his periods in office. On the powers and role of the praefectus urbi (city prefect), cf. Gizewski (n.1) 164-5, Dagron (n.12) 281-5 and Nippel (n.3) 98-100. In the early empire praetorian prefects such as Sejanus and Plautianus likewise had been sacrificed to public opinion, cf. Millar (n.18) 374 and Nippel (n.3) 88. A good example of such a dismissal is that of Julian, dismissed c. 491 for being too harsh in his suppression of the rioters, John of Antioch fr. 214b.2 and PLRE ii s.v. Iulianus 14. As Cameron, Circus factions 184 and 294, notes. This may, of course, be due in part to the nature of the sources of the period, as Cameron, Circus factions, 184-5, and Martindale (n.1) 79-80, note. Mal. 351-2 on Theodosius’ sympathies, cf. Dagron (n.12) 351-2; Marcellinus comes a.445.2, for the riot. Veyne (n.3) 393 argues that in the early empire the emperors usually backed the Blues. On Marcian’s sympathies, cf. Mal. 368 with Dagron (n.12) 352; on Zeno’s, Mal. 379; on Leo’s, Cameron, Circus factions 104 and 129. On imperial sympathies generally, Porphyrius 232-3. From accounts of riots late in Justinian’s reign, it appears that the emperor continued to favour the Blues to some degree – cf. e.g. Theophanes, C. de Boor (ed.) (Leipzig 1883) 236.1516 (Justinian takes a long time to be reconciled with the Greens after rioting in 559) and Mal. fr. 51 (pp.175-6, translation in Jeffreys-Scott 305-6), where troops intervene specifically against the Greens; also Theophanes 243.5-9, where Justin II menaces the Blues by reminding them that Justinian is no longer alive. Mal. 393 and cf. Cameron, Porphyrius 241 and n.2. In 516, cf. Mal. fr. 41 (pp.169-70), Theophanes 162.27-163.16, Theodore Lector 522, with Martindale (n.1) 10. Mal. 394 and fr. 38 (p.168), CP 608; below n.43.
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Mal. fr. 43 (pp.170-1) and cf. Vasiliev (n.16) 116-17 and the notes of Jeffreys-Scott (n.2) 232. Vasiliev, loc. cit. suggests that the factions united in favour of Vitalian, which is possible (though the state of the text makes the connection uncertain); if this view is correct, the parallel with the Nika riot would be strengthened. The restlessness of the factions was of some importance during the deliberations over Anastasius’ successor, it should be remembered: cf. Constantine Porphyrogenitus, De cerimoniis, J.J. Reiske (ed.) (Bonn 1829) i 93. Justinian’s support for the Blues: Proc. Anecd. 7.1-7; 22-33; 39-42 (with Patlagean’s comments [n.3] 227-8); also 8.2 (Justin witnesses this license in the hippodrome but fails to pay heed to it) and Evagrius, Ecclesiastical History, J. Bidez and L. Parmentier (eds.) (London 1898), iv 32. Anecdota 9.3542 for the case of Theodotus (in the Loeb translation of H.B. Dewing ‘the Emperor’ is given in place of ‘Justinian’ at §39 on p.115), cf. PLRE ii s.v. Theodotus 11 and Bury (n.1) 22 and n.6. On his measures, cf. also Vasiliev (n.16) 117. Theophanes 166.26-33 (cf. Mal. 416), states that the license of the factions went unchecked for five years from 519/20, until the sixth year of Justin’s reign. There is an interesting independent account of Justinian’s backing for the Blues in this period in John of Nikiu, The Chronicle of John, Bishop of Nikiu, tr. R.H. Charles (London 1916) 90.16-23 (pp.134-5): according to John, Theodotus arrested Justinian for his activities, but released him when he fell ill. The people then called for a good emperor and for new officials, whereupon Justin sought to regain popularity by replacing Theodotus with Theodore; Theodore, along with the new comes Orientis, Ephraem, then proceeded to put an end to the inter-factional strife. Cf. the account of Mal. 416-17 and the comments of Jeffreys-Scott (n.2) 235. Mal. 417, for measures against the factions in 524/5 (cf. Theophanes 170.2428), noting too the banning of spectacles and dancers throughout the East. But cf. R. Scott, ‘Malalas, the secret history, and Justinian’s propaganda’, DOP xxxix (1985) 99-104 for Mal. reflecting official sources rather than reality – a not unlikely possibility in this case, cf. Patlagean (n.3) 211. On the Blues becoming ̴̮̱̬̫̩ҝ̮̯̝̯̫̥, cf. Anecdota 7.3 with Vasiliev (n.16) 119 n.14; also Scott, art. cit. 103-4, on the fear (̱ң̞̫̭) said by Mal. here to have prevailed at this time. Mal. 473 and Theophanes 184.4-15, for the bungled execution of two of the partisans; Theophanes states that the scaffold broke twice. Gizewski (n.1) 238 discusses this episode in detail. Mal. 491.16, referring to the aftermath of factional violence in Constantinople in 562, states that some partisans ‘were even beheaded’ (̯̥̩Ҝ̭ ̠Ҝ ̦̝Ҡ ж½̡̨̯ҟ̤̣̮̝̩); this would seem to imply that the execution of partisans was rare, and hence that Eudaemon’s measures were unusually harsh, cf. John Lydus, De mag. iii 70.2 (p.162.17-18). It is possible that the partisans had been restive on account of the lack of the consular games usually held in early January (on which cf. Bury (n.1) 347 and n.2): no consuls had been appointed in the east since Justinian held the office in 528 (with the possible exception of Decius in 529), cf. PLRE iii
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1457. For another good example of factions uniting in the face of repressive measures, cf. Theophanes 230.5-14: the Samaritans, in the face of Justinian’s measures against them, combined to form a Green-Blue faction in 555 (Prasinovenetoi – the same word used in the Nika riot). Mal. 473-4; Theophanes 184. Cf. Theophanes 115, where (in 467) the crowd approves of the response of the arraigned philosopher Isocasius to the praetorian prefect Pusaeus; they therefore acclaim the emperor (Leo), who spares Isocasius when this comes to his attention. Cf. also Rudé (n.5) 228-9; the interpretation of Gizewski (n.1) App. XV, 238, who thinks it impossible that the crowd can have genuinely acclaimed the emperor, should be rejected. Sycae was a frequent site of executions, cf. CP 565, 694 with CPW 143 n.403 (also on the nearby monastery of St Conon). On the location of the church of St Laurence (in the Pulcherianae), cf. R. Janin, Le Siège de Constaninople et le patriarcat oecuménique. iii Les églises et les monastères (Paris 1969) 301-4. Stein (n.1) 450 n.1 on the initial events taking place on Saturday. It seems highly improbable that the Akta dia Kalopodion – the record of an altercation between a mandator of Justinian and representatives of the Blues and Greens reported in Theophanes, 181-4 – should be placed on the Saturday as well; if they do belong in 532, the disunity of the factions only three days before they collaborated is striking. Bury, ‘Nika riot’ 118, places the Akta on Sunday January 11, 532 (followed by Evans [n.1] 123); Stein (n.1) 450 n.1 corrects the day. Against the placing of the Akta at this point cf. B. Baldwin, ‘The date of a circus dialogue’, REB xxxix (1981) 305 and M. Jeffreys, ‘Appendix: A lacuna in Theophanes’ text of Malalas?’ in E. Jeffreys, R. Scott and B. Croke (eds.), Studies in John Malalas (Sydney 1990) 271, and Martindale (n.1) 31. Cameron, Circus factions 327, prefers to place them earlier in Justinian’s reign, while P. Karlin-Hayter favours keeping them in 532, ‘Les т̦̯̝ ̠̥Қ ̧̝̝̇½ң̠̥̫̩ – le contexte réligieux et politique’, Byzantion xIiii (1973) 101. She wants to separate the Akta, however, from the uprising, cf. ‘Factions, riots and acclamations’, Study III in Studies in Byzantine Political History (Aldershot 1981), 8-9, but cf. CPW 113-4. See now PLRE iii s.v. Calopodius 1 and C. Mango and R. Scott with G. Greatrex, The Chronicle of Theophanes Confessor (Oxford 1997) 281 n.8 for a discussion of the dating. Mal. 396.16-397.6, cf. Cameron, Circus factions 151. Mal. 394-5, cf. CP 621 (a.498) and above n.35; see also CPW 100 n.316 for a discussion of the dating of this riot (perhaps to be placed in 507), though Cameron, Porphyrius 234, is satisfied with CP’s dating to 498, cf. also Martindale (n.1) 27, 29. Cameron, Circus factions 286, notes the similarity between the appeals of 498 and 532. The release of prisoners was a ‘common issue in disturbances’, cf. Cameron, Circus factions 276, citing instances in 498, 532 and 563. For this incident, cf. Theophanes 294 and John of Antioch, fr. 218e; also PLRE iii s.v. Theophanes 3.
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Cameron, Circus factions 166-7 and below n.107. Stein (n.1) 451 n.1 ascribed the choice of this term (as opposed to tu vincas in Latin) to a desire to avoid infiltration by the troops; but it is in any case frequently found at the start of inscriptions of the partisans – ̩̥̦Ӟ ѓ ̯ҥ̲̣…, cf. S. Borkowski, Inscriptions des factions à Alexandrie (Warsaw 1981) 76, Cameron, Porphyrius 76-80 and Roueché (n.12) 4 and no.46 (pp.99-117). Mal. 474.7-10 on the clamours at the races and cf. CPW 115 n.347 (for the probable total of twenty-four races). The suddenness and unexpectedness of the riot is rightly stressed by Gizewski (n.1) 151, cf. Procopius Wars, J. Haury (ed.), rev. G. Wirth (Leipzig 1962-3) i 24.1. References at n.34. References at n.36. Proc. Wars i 24.10, on Justinian’s withdrawal; Theophanes 154.15-16 for that of Anastasius, on which see Martindale (n.1) 29-30. Procopius’ presence is accepted by Bury, ‘Nika riot’, 94 and Martindale (n.1) 32, but (in the author’s view, unconvincingly) denied by N.J. Austin, ‘Autobiography and history: some later Roman historians and their veracity’, History and historians in late antiquity, B. Croke and A.M. Emmett (eds.) (Sydney 1983) 62. On the connection between the kathisma and the imperial palace cf. R. Guilland, Études de topographie de Constantinople byzantine i (Berlin 1969) 463 with the map by C. Mango in G. Dagron and C. Mango (eds.), Constantinople and its hinterland (Aldershot 1995) 319. On the attack on the praetorium (of the city prefect) in 532, cf. Mal. 474.1416, Theophanes 184.12-15; before the assault the crowd refers to the two partisans at St Laurence, who must therefore have still been under guard in the church. Proc. Wars i 24.7 on the release of the prisoners, cf. Cameron, Circus factions 276 and Dagron (n.12) 239. Cf. also Theophanes 239.12-13: in a riot of 563 partisans again broke into the prison. On the location of the praetorium see the Appendix below. CP 571 (a.412) with CPW 62 n.210 on the case of Monaxius; CP 695 (a.603), for Leontius, with CPW 145 n.407. Note also Theophanes 297 and John of Antioch fr. 218e, for an occasion in 609 when the Greens burnt the praetorium and other government buildings in response to executions by the city prefect Cosmas (Cosmas 19 in PLRE iii). On the tendency for the praetorium of the city prefect to be targeted for destruction, see Cameron, Circus factions 276, J.F. Matthews, Western aristocracies and imperial court, A.D. 364-425 (Oxford 1974) 19-20 and Dagron (n.12) 238-9. Mal. 474.20-475.1 (not in CP, which has a lacuna here). J. Bardill alerts me to the fact that Mal. does not specifically place this fire on the Wednesday; it merely takes place ‘at daybreak’ following the events of (Tuesday) 13 January. But since the next event in Mal. is the demand of the mob for the dismissal of certain officials, which (it will be argued below) took place on Wednesday, the date of the fire seems secure. The fires of TuesdayWednesday constitute my first and second conflagrations, cf. the Appendix. By this point the riot had gained a certain momentum of its own, indepen-
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dent of the demands which had been made to the emperor; cf. Gregory (n.24) 145 for another case of demands being lost in the escalation of violence and Rudé (n.5) on 242-3 on the remarkable momentum which might develop in a disturbance. Note Cameron, Circus factions 275 on Justinian’s offer at this point; also ibid. 276 and n.6, where he cites instances of rioting following the cancellation of races, from John of Antioch fr. 214b.2, and Mal. 484 (with the additions of the Tusculan fragment, cf. Jeffreys-Scott [n.2] 290). The second of these cases, however, merely concerns a mêlée in the hippodrome between partisans: they had congregated there when no races were being held (but not because they had been cancelled). A second instance can be supplied nonetheless, from John of Antioch, fr. 214e.12 (when Anastasius cancelled races in 513). Cf. also the riots which broke out when the city prefect Helias forbade the celebration of the Brytae in 500, also reported by John of Antioch, fr. 214c. So Cameron, tentatively, Circus factions 186 ‘almost certainly senatorial agents’, cf. 279. Martindale (n.1) 87, suggests that agitators among the partisans may have put forward the name of Tribonian. Gizewski (n.1) 163-4, sees the riot as moving from a ‘mobilisation’ phase to a reforming one, while Chekalova (as Tinnefeld [n.1] 443 notes) even seeks to distinguish separate senatorial groups. Rudé (n.5) 243-4, however, rightly stresses the role of chance developments in disturbances, which may later be perceived as the work of conspirators. Anecdota 9.37-42 on Theodotus; cf. also Anastasius’ frequent dismissal of city prefects (such as Iulianus 14 [in 491], Helias [in 500] and Constantinus 13 Tzuruccas [501], all in PLRE ii), and see Cameron, Circus factions 185-7, for earlier instances. Although we are not specifically told that their removal was demanded by the factions, it is most likely that they were dismissed on account of their harshness in combatting the partisans. A prefect could also be removed, it appears, for failing to act sufficiently vigorously – cf. the case of Zemarchus in 565, Mal. fr. 51 (p.176, tr. Jeffreys-Scott (n.2) 305-6). The tendency of crowds to focus their complaints on individuals is noted by Rudé (n.5) 240-1, and cf. P. Brown, Power and Persuasion in Late Antiquity (Madison, WI 1992) 87. Cf. e.g. Cameron, Circus factions 102. Cameron, Circus factions 186 and Nippel (n.3) 88 for other instances, e.g. Elagabalus’ prefect Eubulus in 222, or Severus’ prefect Plautianus, above n.28. In 512 the house of the praetorian prefect Marinus had been set upon by an angry mob, incensed by his anti-Chalcedonian views, above n.8; and in 602 Constantine Lardys, a former praetorian prefect, was killed by supporters of Phocas, cf. CP 694 with CPW 143 n.403 and PLRE iii s.v. Constantinus qui et Lardys 33. On John’s prominence as an adviser of the emperor, cf. Proc. Wars iii.10.7-18 and John Lydus De mag. iii 69 (p.160) quoted by Cameron, Mediterranean world 121.
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John Lydus, De mag. iii 62 (p.152) for John’s support for the Greens. Whitby and Whitby plausibly suggest that John only became an enthusiastic supporter of the Greens following his re-instatement to office, in order to avoid being dismissed again, CPW 116 n.349. So Martindale (n.1) 86-7. Anecdota 13.12, Wars i 24.16, cf. 25.2; cf. also T. Honoré, Tribonian (London 1978) 53-5, who is not surprised at the demands for Tribonian’s removal. Whether or not Procopius’ allegations are accurate is less important than that they were made in the first place: Tribonian was perceived to be venal and sycophantic. Honoré (n.60) 53-4 and n.118 suggests that the frequency of changes to the law may have reinforced this impression. On Ulpian, cf. T. Honoré, Ulpian (Oxford 1982) 37-46; on Paulus, OCD3 785-6 (‘Iulius Paulus’). Cf. the translation of CPW 115; but й ц̧̡̞̫̰ҥ̴̮ is perhaps better translated as ‘what you have resolved’ than ‘as you are advised’. On the text of CP at this point, cf. CPW 115 nn.346-8; also Bury, ‘Nika riot’ 98-9 (esp. 98 n.3) and Cameron, Circus factions 324-5. CP provides the names of the new officials, absent from Mal., but mistakenly has Rufinus in place of Tribonian, cf. CPW 116 n.349 and Mal. 474-5. Mal.’s text concerning the despatch of Basilides, Constantiolus and Mundus is somewhat unclear: these three go out in order to silence the rioters, who are demanding the dismissal of the three officials, perhaps with armed assistance (̨̡̯Қ ̡̞̫̣̤ҡ̝̭ [475.2]). Meanwhile the senators sent out to ascertain the wishes of the crowd relay them to Justinian, who accedes to the demands. It seems as though Mal. believed that two groups were sent out the palace with slightly differing briefs, surely mistakenly; cf. Bury, ‘Nika riot’ 99, who argues that our text of Mal. here is the work of an epitomator. Proc. Wars i 24.33-8 (Theodora’s speech), Theophanes 184.27-30 (preparations for flight, discussed below). This is against the view of Whitby and Whitby, CPW 115 n.348. Michael Whitby has argued that the advice to Justinian is too blunt to be that of advisers (pers. comm.); I would, however, draw attention to (e.g.) Proc. Wars i. 11.16-18, a speech by the quaestor Proculus, addressing Justin and Justinian in forthright terms (and using the second person singular for the emperor). CP 571 with the comments in CPW 62 n.210. Marcellinus comes, a.512. On the background to this incident, cf. G. Greatrex, ‘Flavius Hypatius, quem vidit validum Parthus sensitque timendum’, Byzantion lxvi (1996) 125. Cf. PLRE iii s.v. Constantiolus (in the East in 531 investigating the defeat at Callinicum), Mundus (usually in the Balkans, even if, according to Mal. 466, he was appointed magister militum per Orientem after Callinicum), and Basilides.
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So described by Bury, ‘Nika riot’ 119, reported by CP 622 and Theophanes 184.21-4, cf. CPW 118 n.352. ‘Nika riot’ 107, cf. Gizewski (n.1) 155; CP 621.15-17 on Belisarius, cf. Mal. 475.9-10. This conflagration, while devastating, was scarcely more so than that which had occurred during some of the earlier riots in the capital, it should be noted: the area around the hippodrome had suffered greatly in the rioting of 498. On the buildings destroyed in this fire, see the Appendix (conflagration 3[a]). The acclamation of Probus takes place in CP (622) immediately before the events of Friday 16 January: hence they most likely took place on Thursday. Thus the main event of Thursday, rather than being Belisarius’ sortie from the palace, as Bury argued, was the acclamation of Probus (in response to Belisarius’ attack). CP 621.14-15. CP 621.15-622.2 and cf. the Appendix below for a discussion of the topography of the buildings destroyed by the fire. Cf. the events of the Sunday, and also Mal. 394.22, where it is expressly stated that the people were hemmed in (in 498). Note also Zonaras’ belief (xiv 6, vol.3, L. Dindorf (ed.) (Bonn 1870) 272.22-4) that the crowd were unwilling to enter the hippodrome for fear that they would be trapped there, Bury, ‘Nika riot’ 105. Zosimus, Histoire Nouvelle iii F. Paschoud (ed. and tr.) (Paris 1986) v 19.3-4 with J.W.H.G. Liebeschuetz, Barbarians and Bishops (Oxford 1991) 11718; Gaïnas’ forces may not have been exclusively Goths, cf. A. Cameron and J. Long, Barbarians and politics at the Court of Arcadius (Los Angeles 1993) 205-6. In 562 imperial troops likewise had considerable difficulty in putting down a riot which spread across the Golden Horn to Sycae, Mal. 490-1. Cf. PLRE ii s.v. Fl. Areobindus Dagalaiphus Areobindus 1 and Greatrex (n.68) 127-8. Theophanes 159.14-19 reports that the crowd hailed Vitalian (rather than Areobindus), and notes that Anastasius took refuge on an estate near Blachernae, such was his fear of the rioters. Vasiliev (n.16) 136-48 provides an excellent account of the jubilation of the people of Constantinople at the accession of a pro-Chalcedonian emperor in 518. On Probus’ relationship to Anastasius (and Hypatius and Pompey), cf. most recently R.W.B. Salway, ‘What’s in a name? A survey of Roman onomastic practice from c. 700 BC to AD 700’, JRS Ixxxiv (1994) 142-3. As I have argued elsewhere (n.68) 130-1. Origenes, mentioned by Procopius (Wars i 24.26-30) as a senatorial opponent of Justinian, is nowhere else attested and is clearly not a significant figure, cf. PLRE iii s.v. Origenes. ‘Nika riot’ 119, cf. Gizewski (n.1) 164 and Evans (n.1) 122. It is possible that certain sections of the crowd directed the rioters to Probus’ house, cf. Rudé (n.5) 208-9 for the course of a riot being diverted by the involvement of new elements. Gizewski (n.1) 178, while accepting that the
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move to Probus’ house could be part of a crowd dynamic or an attempt to wrest further concessions from the emperor, prefers to view it as part of a wider senatorial plot. But given the precedents for this development, I think Gizewski’s other options more plausible, above nn.53, 55 on the momentum which can develop in disturbances and the role of chance factors. Cf. Greatrex (n.68) 129 and PLRE ii, s.v. Fl. Probus 8. CP 622 with CPW 118 n.353 on the storage of archives, noting a parallel incident in 608 (alluded to above, n.48, and placed in 609); cf. the Appendix for the location of this praetorium (of the praetorian prefect). CP 621-2 with the comments on the buildings destroyed in CPW 120 nn.356-7. This is conflagration 5(a) of the Appendix below. For soldiers setting fire to buildings to gain control of the streets cf. Herodian, K. Stavenhagen (ed.) (Leipzig 1922) vii 12.5-7, who notes the massive destruction caused in the process (at Rome), with Brunt (n.10) 10 (= 82-3). Wars i 24.19-21; the other reason he mentions is that it was ordained that this should happen. On the dismissal of the two from the palace on Saturday evening, cf. Bury, ‘Nikia riot’ 108. Procopius’ explanation is, however, accepted by Stein (n.1) 453, effectively just paraphrasing Procopius. The brothers may nevertheless have been reluctant to perform the task entrusted to them, cf. Proc. Wars i 24.20. If the compliance of Hypatius is rejected, it may be supposed that Justinian simply miscalculated (as so often during the riot) in releasing the two brothers. CP 623-4, Mal. 475.12-16, with CPW 121 nn.358-9. Above n.9 on this event; Justinian would be in an even worse position than Nicholas, since he would have been present at the slaughter in person, and hence could not avoid responsibility for it. Alternatively, the emperor may have overestimated his chances of calming the assembled people. CP 627.4-6, cf. 624.22-3, Hypatius’ first message to Justinian, ‘See, I have assembled together all your enemies in the hippodrome; do what you command’; Proc. Wars i 24.56. CP 624 on these events. CPW, 122 n.360 on Julian, with PLRE iii s.v. Iulianus 4 – he had preceded John the Cappadocian as praetorian prefect. Only CP records his involvement here, and in terms which fail to make it clear whether he was a willing or unwilling participant; his fate after the riot is unknown. Cameron, ‘The House of Anastasius’, GRBS xix (1978) 264-7, ascribes two epigrams concerning Hypatius to this Julian, cf. also id., ‘Some prefects called Julian’, Byzantion Ixvii (1977) 47 and id. and Averil Cameron, ‘The cycle of Agathias’, JHS lxxxvi (1966) 12-13. CP 624.13 and above n.49 on the connection between the kathisma and the imperial palace. Proc. Wars i 24.32-53. Theophanes 184.27-30; Proc. Wars I.24.32. Bury, ‘Nika riot’ 104, points out that the sentence after the one quoted in Theophanes belongs on Saturday. But the sentences following that one clearly refer to the events on Sunday and Hypatius’ acclamation in the hippodrome. More likely, therefore, the
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sentence which intervenes between the one quoted and the account of Sunday’s events is misplaced. Whitby and Whitby, CPW 115 n.348, wish to place Procopius’ episode earlier on, but see n.62 above for a rejection of this view; cf. also J.A.S. Evans, ‘The ‘Nika’ rebellion and the Empress Theodora’, Byzantion liv (1984) 381-2 (with id. [n.1] 124) on the speech of Theodora at this point, which owes much to classical models and probably little to what may actually have been said at the time. Another good example of an emperor’s withdrawal (by a dromon laden with imperial treasures) is furnished by Maurice, who escaped with his family thus in the night of 22 November 602, Theophylact viii 9.7 with the translation of Whitby and Whitby (n.18) 223 n.47. Anecdota 15.11-12 (tr. Dewing) for the quotation and cf. also the passage cited by Cameron, Mediterranean world 125 (Anecdota 13.1-2), as well as her comments there. Honoré (n.60) 23-4, also draws attention to the emperor’s accessibility and Procopius’ criticisms of this; Justinian’s character will be considered further in the conclusion below. Gizewski (n.1) 160 n.232 believes Justinian intended the troops merely to maintain control of the palace, while reinforcements were summoned; but, as he notes (155 n.220), 3000 men was a sizeable force, which could certainly therefore have quelled the riot by itself (even if some forces had taken the side of the rioters, CP 626.12-14). CP 624-5, 625.8-11 for the quotation (from CPW 122). On the armed Greens who arrived to aid Hypatius, cf. Theophanes 185.6-8, CPW 123 n.362; they came either from the Flacillianae palace (Theophanes, cf. Proc. Wars i 24.30) or Constantianae (CP), both of which lie not far from the Church of the Holy Apostles (indicated on the map). The Helenianae palace, near the Troadesian porticoes, had also lapsed from imperial control, cf. Proc. Wars i 24.30. CP 628.8-11 for the fate of Thomas and Ephraem with PLRE iii s.v. Ephraemius and Thomas 5. That Thomas was executed in no way precludes the idea that he made an unwitting mistake: Justinian could still regard him as guilty in part for causing Hypatius to turn against him. The two were also useful scapegoats for diverting responsibility from the emperor. On the numbers killed, cf. Stein (n.1) 454 n.2; on the various figures given cf. CPW 125 n.366, rightly stressing what a large proportion of the population of the capital even 30,000 was (perhaps as much as 10%). CP 626 on the indiscriminate nature of the troops’ actions and the presence of Antipater in the hippodrome. I intend to deal more fully with the topography of the assault on the hippodrome elsewhere. That the assault on the hippodrome depended on the appearance of Belisarius is clear from Proc. Wars i 24.52, where Mundus only engages when he has seen Belisarius break into the hippodrome. Although Procopius may seem to be overemphasising the role of Belisarius here, a co-ordinated attack was clearly vital to the success of the operation.
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CP 628, Mal. 476-477.1; also Theophanes 185.27-186.2, where he notes the exile of eighteen patricians, cf. CPW 126 n.369. Property was also confiscated, but that belonging to Probus, his cousin Olybrius, and the children of Hypatius an Pompey was returned early in 533: Proc. Wars i 24.57-8, Mal. 478.18-21 and cf. Cameron, ‘House of Anastasius’ 266-7. For Gizewski (n.1) esp. 148, 177-8 and Chekalova (n.1) 25-6, and Konstantinopol’ (e.g.) 135-6, senatorial opposition to Justinian is crucial; yet, as Gizewski admits himself, 183, the figure of eighteen is not large, even in the Senate of the sixth century (on which cf. Jones (n.5) 529 and 1221-2 n.16); see further below, p. 83. Note also the stress in CP 627.20-22 and Mal. 476.22-477.1 on the imperial pretensions of Hypatius, well brought out by Gizewski (n.1) App. XVII, 239. Note the disputes which broke out at Phocas’ accession, Theophylact viii 10.10, as well as the divisions between the factions when Heraclius was nearing Constantinople, John of Antioch fr. 218f.3-5 with CPW 151 n.423; and cf. the support which the imperial troops in Antioch received from the Blues while trying to subdue the rioting Greens there in 507, Mal. 397. A minor exception to the statement above is the occasion in 607, described in n.44; but there the factions, although united in their demands, did not have recourse to violence. See also n.39 for (Samaritan) Greens and Blues uniting in Caesarea in 555. As Cameron argues, Circus factions 265. Proc. Wars i 24.39, 47 and CP 626.12-14, on the defection of some forces. Clearly, however, most remained loyal to the emperor; on the forces available to the emperor, cf. CPW 115 n.351 and 121 n.363 with Gizewski (n.1) 155 n.220 and 172. As Rudé (n.5) 266 remarks, ‘It would seem […] to be almost a truism that the key factor in determining the outcome of popular rebellion and disturbance is the loyalty or disaffection on the armed forces at the government’s disposal’. For a similar verdict, cf. Cameron, Circus factions 280 and id., ‘The House of Anastasius’ 264: the Nika riot, he states, was ‘a sorry tale of vacillation and misjudgement’. Cf. Bury (n.1) 39 on how the riot on Saturday would ordinarily have been quelled without difficulty. Rudé (n.5) 263-4 notes how fatal a hesitant policy towards the crowd could be. Libanius, Or. xix 19, vol.2, R. Foerster (ed.) (Leipzig 1904), cf. A.F. Norman, Libanius. Selected works ii (Cambridge, Mass. 1977) 281 and note a, an anecdote noted by Nippel (n.3) 92. Eunapius, Vitae sophistarum, J. Giangrande (ed.) (Rome 1956) vi 2.7-11 (462-3), noted by Millar (n.18) 374. It is unclear whether the suggestions were made to Constantine in the theatre itself. Josephus, Antiquitates Judaicae xix 4.25-6, vol.4, S.A. Naber (ed.) (Leipzig 1893) with Dio Cassius lix 13.4, vol.2, U.P. Boissevain (ed.) (Berlin 1898), Africa (n.10) 10-11 and Cameron, Circus factions 162-3; cf. Anastasius’ prompt resort to armed force, noted above. At the very end of his reign Justinian followed a similar line, cf. Mal.’s approving verdict on the harsh
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measures of the city prefect Julian in 565, fr.51 (pp.175-6, tr. Jeffreys-Scott [n.2] 305-6). Millar (n.18) 68 and 371-2 on this behaviour of Domitian and Hadrian, with Cameron, Circus factions 166-7. Millar (n.18) 373-4 and Africa (n.10) 10-11. C.J. ix 47.12, precise date uncertain; see Millar (n.18) 374 (for the translation) and n.44. Jones (n.5) 477 for the date of publication of the first edition (7 April 529). Cf. Roueché (n.12) 133 on the laws in the Theodosian Code against governors seeking the favour of the crowds by means of lavish games (Codex Theodosianus, T. Mommsen and P. Meyer [eds.] [Berlin 1905] xv 5.1; also xv 5.2.1 and 9.2). C.J. ix 43.3, with the comments of Gizewski (n.1) 165 n.245 on the right of an emperor to offer pardon to those condemned by law. Translation from C. Pharr, The Theodosian Code (New York 1952) ix 38.5. On Justinian’s consular games (in 521), cf. Marcellinus comes a.521 with Vasiliev (n.16) 93-4: 288,000 solidi were spent on them. His munificence as consul in 528 was no less remarkable, cf. CP 617 with Croke (n.25) 124. See above p. 78 on the accessibility of Justinian, and note also the passages cited by Roueché (n.12) 6-7, C.J. xi 41.1 and esp. Nov. 105.1 (536), in which Justinian encourages spectacles for the people. His clemency was displayed on numerous occasions; note, for example, his sparing of the plotters Artabanes and Chanaranges in 548/9 (Proc. Wars vii 32.51) and of a Green partisan in the 560s, Mal. fr. 50 (p.175, tr. Jeffreys-Scott [n.2] 305). Cf. Z. Yavetz, ‘Vitellius and the “Fickleness of the Mob”’, Historia xviii (1969) 557, with Tacitus Historiae, E. Koestermann (ed.) (Leipzig 1969) ii 55 and iii 85. Yavetz (n.112) 559, for the quotation; 560 and 564-8 on his efforts to win popular favour and his vacillation over his resignation. Also Tacitus Historiae, iii 70: by the end, according to Tacitus, he was no longer an emperor, only a cause for war. Marcellinus comes a.532 for the emphasis on the role of the senators and the nephews of Anastasius, with the comments of Croke (n.25) 126, Gizewski (n.1) 239 and Bury, ‘Nika Riot’ 93. See above n.99 for the reports of CP and Mal. on this. Bury, ‘Nika riot’ 94, for the throwing of the blame onto John the Cappadocian, cf. G. Greatrex, ‘The composition of Procopius’ Persian Wars and John the Cappadocian’, Prudentia xxvii (1995) 4-5. John Lydus, De mag. iii 62.1 (p.152.22-3), on John’s unlikely imperial aspirations. The partisans also came to be assigned much of the blame: cf. Proc. Wars i 24.1-6 and Mal. 474.8-10 (the Devil inspiring the factions to unite). Bury’s discussion of the topography of the city, ‘Nika riot’, 109-14, map on p.110. For more recent discussions of the location of monuments cf. (e.g.) Guilland (n.49) i-ii, C. Mango, Le développement urbain de Constantinople2 (Paris 1990), id., Studies on Constantinople (Aldershot 1993) and J. Bardill, ‘The palace of Lausus and nearby monuments in Constantinople: a topo-
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graphical study’, AJA 101 (1996) 67-95. I am much indebted to Jonathan Bardill for advice on topographical matters and for the preparation of the map which accompanies the article. Bury, ‘Nika riot’ 114-15. Malalas 474.17 and Proc. Wars i 24.17 (clearly at the outset of the riot) with Dagron (n.12) 239 and above n.50. Cf. Dagron (n.12) 239, Mango, Studies (n.116) Addenda 1. Malalas 474.18-19, CP 621.20-622.2. CP is slightly unclear here as to whether the buildings were burnt down on the Wednesday or the Thursday; it was apparently in reaction to the attack of Belisarius, on which see above phase seven. Theoph. 184.26 places the destruction of St Sophia on the Friday; despite Mango-Scott (n.41) 284 n.40, CP should be followed here. Cf. the comments of Jeffreys-Scott (n.2) 276 and CPW 112-13, 117 n.351. As Whitby and Whitby note, CP is here probably the best witness to the original text of Malalas, despite Bury’s doubts on this, ‘Nika riot’ 100. Malalas 474.20-475.1 and above n.52. CP 622.4-6, according to which the fire at the house of Probus was soon extinguished (but note Theoph. 184.23-4). Guilland (n.49) ii.7 places the house near the harbour of Julian, cf. R. Janin, Constantinople byzantine2 (Paris 1964) 416 and CPW 118 n.352. CP 621.20-622.2, above n.120. CP 622.6-15 with CPW 118 n.353. On the location of the praetorium of the praetorian prefect, in the Forum of Leo, Mango, Studies (n.116) Addenda 23; it is referred to by CP as the ‘praetorium of the prefects’, 622.7-8, and is so labelled on the map. It was a natural target in the wake of the demands for the dismissal of John the Cappadocian. Cf. also Bardill (n.116) 84. CP 622.21-623.9 with CPW 120 n.356 and Bardill (n.116) 84-5. On the destruction along the MesƝ, cf. John Lydus, De mag. iii 70 (p.163.21-2). See n.85 above for another instance of soldiers having resort to arson in order to defeat the inhabitants of a large city. CP 623.9-11. On the location of these two places cf. CPW 120 n.357, C. Mango, The Brazen House (Copenhagen 1959) 57-8 and A. Berger, Untersuchungen zu den Patria Konstantinupoleos, Poikila Byzantina 8 (Bonn 1989) 268 and n.219 (who interprets CP as referring only to the Liburnon being burnt).
Karl-Heinz Leven: Die „Justinianische“ Pest, in: Jahrbuch des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch-Stiftung 6 (1987), S. 137-161. © Hippokrates-Verlag, Stuttgart
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Die „Justinianische“ Pest „Damals brach eine Seuche aus, die fast die gesamte Menschheit dahingerafft hätte“.1 Lapidar charakterisiert der griechische Geschichtsschreiber Prokop von Kaisareia (um 500-nach 562) in seinen Perserkriegen die Auswirkungen eines der verheerendsten Seuchenzüge aller Zeiten. Es handelt sich um die sogenannte „Justinianische Pest“, die ihren Beinamen nach dem damals regierenden Kaiser Justinian I. (527-565) erhielt. Wenn im folgenden die Begleitumstände und Auswirkungen dieser ersten gesicherten Pestepidemie der Geschichte untersucht werden, ist das Hauptaugenmerk auf den östlichen Mittelmeerraum gerichtet: Zum einen existieren hierfür reiche Quellenzeugnisse, und zum anderen ist das „rhomäische“ oder (früh-)byzantinische Reich mit seiner Hauptstadt Konstantinopel das Musterbeispiel für eine hochentwickelte Zivilisation, die von einer nicht beherrschbaren Epidemie nachhaltig geschädigt und verändert wird.2 Justinian hatte sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, die in der Zeit der Völkerwanderung zerbrochene Einheit des Römischen Reiches wiederherzustellen. Unter großem Aufwand wurden Flottenexpeditionen in den Westen zum Angriff auf die germanischen Königreiche gesandt. Die Vandalen in Nordafrika erlagen dem ersten Ansturm (534). Die Kämpfe mit den Ostgoten in Italien endeten nach wechselhaftem Verlauf erst 553 mit der Vernichtung der gotischen Macht. Schließlich konnten die Rhomäer seit 554 einen großen Teil der spanischen Mittelmeerküste von den Westgoten zurückgewinnen. Damit war die Einheit des Mittelmeerraumes unter der Herrschaft des (ost-)römischen Kaisers zum letzten Mal verwirklicht. Die Pestepidemie fällt in die Zeit der Gotenkriege.3 Anhand der Quellenaussagen und unter Berücksichtigung der modernen Forschung sollen Ursprung, Ausbreitung sowie zeitliche und geographische Verbreitung der Seuche betrachtet werden. Von medizinischem Interesse sind die Details der einzelnen Erkrankungen und die verschiedenen Verlaufsformen. Beachtenswert sind ferner die Auswirkungen des Massensterbens auf die Gesellschaft im sozialen, wirtschaftlichen und religiösen Bereich. Diese Aspekte sind eng verknüpft mit den
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demographischen Folgen der Pest. Schließlich ist zu fragen, wie sich die Seuche auf das Lebensgefühl („Mentalität“) der Zeitgenossen auswirkt, welchen Sinn und welche Bedeutung sie in dieser Heimsuchung zu erkennen glauben. Stets spielt auch die literarische Gestaltung der jeweiligen Pestschilderung eine wichtige Rolle, ist doch das Thema „Pest“ – verstanden im Sinne einer beliebigen verheerenden Seuche – seit der frühesten Zeit in der Literatur nachweisbar.4 Die vorliegende Studie versucht, unter weitgehender Beschränkung auf eine einzige Seuche und einen bestimmten Raum eine Vielzahl von relevanten, nicht voneinander zu trennenden Aspekten zu berücksichtigen. Dies eröffnet zugleich die Möglichkeit, neuere Ergebnisse, etwa aus dem Bereich der experimentellen Pestforschung, mit literarischen Quellenzeugnissen zusammenzuführen.5 Es existieren drei ausführliche zeitgenössische Beschreibungen der Pest des 6. Jahrhunderts.6 Sie stammen von dem eingangs bereits zitierten Prokop, der in den Perserkriegen7 und in den Anekdota/Historia arcana8 auf die Pest eingeht, ferner von dem Kirchengeschichtsschreiber Euagrios Scholastikos (535/36-nach 593)9 und von Johannes von Ephesos (ca. 507-ca. 587), der ebenfalls eine Kirchengeschichte verfaßte.10 Es handelt sich vornehmlich um historiographische Quellen, während im medizinischen Fachschrifttum dieser Zeit nur bescheidene Spuren der Pest zu finden sind.11 Nach Prokop12 trat die Pest erstmals 541 in der ägyptischen Hafenstadt Pelusion auf, verbreitete sich von dort nach Alexandreia und Palästina und erreichte im Frühjahr 542 die Hauptstadt Byzantion/Konstantinopel, wo der Geschichtsschreiber zu dieser Zeit selbst weilte.13 Euagrios hingegen behauptet, daß die Pest ihren Ursprung in Äthiopien hatte, und verweist auf Thukydides,14 der seinerseits Äthiopien als Ausgangspunkt der berühmten „Pest“ in Athen nennt.15 Wenn Euagrios sich hier auf Thukydides bezieht, so verbirgt sich dahinter mehr als eine bloße Übereinstimmung hinsichtlich des Ursprungs der Seuche.16 Die byzantinischen Historiker orientieren sich bis ins 15. Jahrhundert an den Werken der klassischen Geschichtsschreiber, insbesondere an Thukydides und Herodot, welche für sie musterhaften Charakter haben.17 Die formale, stilistische und selbst inhaltliche Nachahmung („Mimesis“) geht etwa bei Prokop häufig so weit, daß in der modernen Forschung gelegentlich bezweifelt wurde, ob er überhaupt Christ war.18 Die heidnische „Färbung“ resultiert jedoch lediglich aus der Mimesis und drückt keineswegs die „Weltanschauung“ Prokops aus.19 Bezüglich der Pestschilderung ist bei ihm nur eine allgemeine Beeinflussung durch Thukydides erkennbar, schildert doch Prokop ein ganz anderes Krankheitsbild.20 Interessanterweise läßt sich auch der Kirchenhistoriker
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Euagrios – entgegen anderen Behauptungen21 – durch die „profane“ Darstellung des Thukydides inspirieren, wie noch mehrfach zu zeigen sein wird. Die Pest benötigte für den Weg von Alexandreia nach Byzantion ein halbes Jahr. Offensichtlich wurde sie durch den Schiffsverkehr an den Küsten des Mittelmeeres verbreitet.22 Die Zeitgenossen beobachteten, daß die Krankheit jeweils an der Küste, d. h. in den Hafenstädten, begann und dann ins Binnenland emporstieg.23 Gleichwohl erkannten sie nicht, daß Schiffe die eigentlichen Träger des Unheils waren. Bis zum Jahr 543 erfaßte die Pest das gesamte Reich sowie die angrenzenden Regionen,24 „die gesamte bewohnte Welt“.25 Am schlimmsten betroffen waren die Kernländer der Mittelmeerkultur, Kleinasien, Syrien/Palästina, Ägypten und Nordafrika.26 Für die antike Medizin war es seit Hippokrates eine vertraute Vorstellung, daß Krankheiten in Abhängigkeit von Umweltfaktoren auftraten, etwa von Wasser- und Bodenbeschaffenheit, Jahreszeiten, Winden, insgesamt Faktoren, welche sich von Ort zu Ort unterscheiden und eine „Geographie der Krankheiten“ schaffen.27 Insofern mußte eine Krankheit, die von Ort zu Ort wanderte, die Menschen besonders erschrecken. Als krankheitsauslösend bzw. -beeinflussend galten in der Antike weiterhin die Lebensführung (Diaita) und die persönliche Konstitution. Alle diese Theorien erwiesen sich angesichts der Pest als belanglos. Die antike Medizin war nicht in der Lage, diese Krankheit befriedigend zu erklären.28 So schreibt Prokop: Darauf möchte ich indessen hinweisen, daß die angesehensten Ärzte vielen den Tod voraussagten, die kurz darauf wider Erwarten gesund wurden, während sie vielen die Genesung in sichere Aussicht stellten, die dann alsbald sterben sollten. So entzog sich die Ursache dieser Krankheit jeder menschlichen Berechnung.29
Diese Worte offenbaren nicht etwa Schadenfreude über falsche Prognosen von Ärzten, sondern zeigen, wie das Weltbild des gebildeten Griechen erschüttert wurde. Die Pest trat entgegen allen Theorien zu jeder beliebigen Jahreszeit, an allen möglichen Orten auf und befiel alle Bevölkerungsgruppen in gleicher Weise, unabhängig von Alter, Geschlecht, Lebensweise, Wesensart oder Beschäftigung.30 Zwar blieben manche Städte von ihr verschont, in anderen wurden nur wenige Haushalte befallen,31 aber auch dies entzog sich jeder Voraussage. Als „noch widersinniger“ erscheint es Euagrios, daß Einwohner aus verpesteten Städten, die in andere Städte flüchteten, dort von der Seuche dahingerafft wurden, während ihr Zufluchtsort verschont blieb.32 Die
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Pest wütete nach eigenem Gesetz, auch wenn Johannes von Ephesos glaubhaft versichert, sie habe sich in Konstantinopel zunächst auf die Armen gestürzt. Erst nachdem sie diese weitgehend dezimiert habe, habe sie auch die Reichen heimgesucht.33 Nun waren die Lebensumstände der unteren Bevölkerungsschichten in der Stadt mit ihren elenden hygienischen Bedingungen der Ausbreitung der Pest sicher förderlich, bedenkt man nur die Verbreitung von Ratten und Flöhen.34 Außerdem dürfte für die Anfälligkeit der Faktor (Mangel-)Ernährung eine Rolle gespielt haben.35 Es handelte sich jedoch lediglich um eine zeitliche Verzögerung, mit der alle Bevölkerungsschichten befallen wurden, so daß sich letztlich eine unterschiedslose Durchseuchung der Gesamtbevölkerung ergab. Diese nie gekannte Krankheit zeigte eine erschreckende Eigenart: Sie schien zu handeln wie ein Individuum, welches mit Bedacht das Reich heimsuchte. Prokop, dem man gewöhnlich eine „nüchterne“, abgeklärte Sichtweise zuschreibt,36 konstatiert: Man konnte nämlich den Eindruck gewinnen, als ob die Seuche nach einem festgelegten Plane verfahre und in jedem Land eine bestimmte Zeit verweile.37
Er fügt hinzu, die Pest habe von jedem Landstrich den ihr „rechtlich zustehenden“ Tribut (an Toten) eingefordert.38 Eine Art von eigenem Willen erkennt auch Euagrios bei der Pest.39 Von dieser Sichtweise wird unter dem Aspekt der „Sinngebung“ noch zu sprechen sein. Wie nun verlief die Erkrankung im Einzelfall? Nach der Schilderung Prokops sahen viele Menschen „Gespenster“, von denen sie geschlagen zu werden glaubten. Im gleichen Moment sei auch die Krankheit an ihrem Körper ausgebrochen.40 Diese Visionen beschreibt besonders eindrücklich Johannes von Ephesos.41 Andere „hörten eine Stimme, die ihnen ankündigte, daß sie unter die Zahl der dem Tod Verfallenen eingetragen seien“.42 Bei den meisten jedoch begann die Krankheit ohne derartige Erscheinungen. Das erste Symptom war ein leichtes Fieber, welches weder die Befallenen noch die hinzukommenden Ärzte beunruhigte. Indessen entstand teils noch am gleichen, teils am darauffolgenden Tage, teils auch wenige Tage später eine Schwellung („bubon“), und zwar nicht nur dort, wo auch der Bubon genannte Körperteil am Unterleib sich befindet (i.e. die Leistengegend), sondern auch in der Achselhöhle, bei einigen sogar neben den Ohren und irgendwo an den Schenkeln.43
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Prokop betont, daß bei allen Kranken zunächst der Krankheitsverlauf gleich war; offensichtlich traten also stets Bubonen auf.44 Erst im weiteren Verlauf differenzierte sich das Krankheitsbild, wobei Prokop nicht zu sagen weiß, ob der verschiedenen Körperbeschaffenheit auch die Verschiedenheit der Zustände entsprach oder ob sich diese nach dem Willen dessen richteten, der die Krankheit geschickt hatte.45
Im wesentlichen waren zwei Verlaufsformen mit unterschiedlichen Komplikationen zu beobachten:46 Ein Teil der Kranken fiel ins Koma; sie bedurften intensiver Pflege, andernfalls starben sie. Andere wurden von Geistesverwirrung befallen und bereiteten den Pflegepersonen viele Mühen. Die Kranken rasten und mußten ständig davor behütet werden, sich selbst zu schaden, indem sie sich aus dem Bett wälzten oder versuchten, sich ins Wasser zu stürzen. Viele von denen, die nicht betreut wurden, kamen so zu Tode. Die zerebralen Symptome sind klassische Folgen der Intoxikation des Nervensystems durch das Bakterium Yersinia pestis. Sie wurden auch während des „Schwarzen Todes“ im späten Mittelalter beobachtet.47 In den geschilderten Fällen starben also die Menschen nicht direkt an der Erkrankung, sondern weil sie nicht gepflegt wurden. Doch war meist die Krankheit an und für sich tödlich: Die Bubonen wurden brandig, und die Kranken starben unter heftigsten Schmerzen. Prokop fügt hinzu: Es starben aber die einen sogleich, andere erst nach vielen Tagen; dabei war der Körper bei einigen von linsengroßen, schwarzen Blasen übersät, und diese Kranken lebten keinen einzigen Tag mehr, sondern verschieden alle auf der Stelle. Eine Menge bekam auch noch Bluterbrechen, was den raschen Tod herbeiführte.48
Johannes von Ephesos beobachtete ein „Zeichen, an dem diejenigen, die zum Tode bestimmt waren, unterschieden werden konnten von den Menschen, die zu leben auserwählt waren“.49 Auf der Haut der Hohlhand vieler Menschen wurden drei schwarze Flecken sichtbar, die anzeigten, daß der Betroffene innerhalb weniger Stunden, spätestens jedoch innerhalb eines Tages sterben würde.50 Die exakte Schilderung der Augenzeugen erlaubt die klinische Diagnose Pest, verursacht durch Yersinia pestis.51 Die Pest ist primär eine Krankheit der Nagetiere. Der häufigste Übertragungsweg zum Menschen verläuft über den infizierten Rattenfloh, durch dessen Stich die Erreger in die menschliche Blutbahn gelangen. Von der Infektionsstelle wandert Yersinia pestis in die nächstgelegene Lymphknotenstation, wo
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sich hämorrhagisch veränderte Schwellungen, die „Bubonen“, ausbilden. Die Bubonen heilen entweder ab, brechen nach außen auf oder sind Ausgangspunkt einer generalisierten septikämischen Infektion. Wenn bei der Pestsepsis die Erreger in den kleinen Blutkreislauf gelangen, kommt es zur Lungenpest. Die Lungenpest ist die tödlichste und ansteckendste Seuche, die es gibt. Sie verbreitet sich über Tröpfcheninfektion, so daß aus der heterologen Infektkette von der Ratte über den Floh zum Menschen eine homologe wird mit direkter Infektion von Mensch zu Mensch. Doch können beide Infektketten auch nebeneinander bestehen.52 Umstritten ist in der neueren Forschung der Anteil der Beulen- und Lungenpest an der Seuche von 542.53 Hierbei handelt es sich nicht um ein rein medizinisches Detail, sondern aus der Gewichtung ergeben sich epidemiologische und demographische Konsequenzen. Prokop erwähnt, daß die Pest vier Monate in Konstantinopel herrschte, „drei davon stand sie auf ihrem Höhepunkt“.54 Die Lungenpest ist außerordentlich kontagiös und verbreitet sich bei einer Inkubationszeit von ein bis zwei Tagen wie ein Lauffeuer. Ihre Letalität beträgt nahezu 100 Prozent. Eine primäre Lungenpest hätte sich in Konstantinopel über die besagte Frist nur halten können bei einer Bevölkerungszahl von rund 500000 Menschen. Für die Beulenpest hingegen mit ihrer vektoriellen Übertragung und einer Inkubationszeit von zwei bis fünf Tagen, bei einer Letalität von etwa 50 Prozent, wäre auch eine sehr viel geringere Bevölkerungszahl ausreichend gewesen.55 Schließlich war auch die septikämische Verlaufsform zu beobachten, bei der am Körper schwarze Flecken auftreten. Die Pestsepsis ist als Variante der Beulenpest aufzufassen, in dem Sinne, daß die Lymphknotenstationen durch besonders virulente Erreger „überrannt“ werden. Die innerhalb von Stunden tödlich endende Sepsis hinterläßt oft nur geringe Krankheitszeichen, so daß der Tod scheinbar eben noch Gesunde dahinrafft.56 Gerade dieses unfaßbare Faktum kann in seiner Wirkung auf das Lebensgefühl der Menschen kaum überschätzt werden.57 Bei der Pest in Konstantinopel scheint jedoch die Bubonenform überwogen zu haben,58 zumal Prokop explizit darauf hinweist (s. o.). In der neueren Forschung hat man versucht, aus Euagrios’ Schilderung auf eine starke pneumonische Komponente der Seuche zu schließen.59 In der Tat beschreibt Euagrios kaum eine Beulenpest, vielmehr glaubte er, mehrere verschiedene Krankheiten zugleich zu bemerken.60 Seine Schilderung lehnt sich jedoch deutlich an Thukydides an,61 weshalb sie als originales Zeugnis kaum demjenigen des Prokop gleichkommt. In diesem Falle beeinträchtigt somit die Mimesis klassischer Vorbilder den Quellenwert.
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Wie stellte Euagrios sich die Übertragung der Seuche vor? Er schreibt: Die einen zogen sich alleine durch Zusammenwohnen und -leben das Verderben zu, andere durch Berühren, wieder andere, indem sie das Haus (sc. von Kranken) betraten, und manche auch auf dem Marktplatz.62
Kann man jedoch hierin einen Hinweis auf eine Lungenpest-Epidemie sehen, wie dies behauptet wurde?63 Zwar sind auch in dieser Passage wieder Anklänge an Thukydides spürbar,64 gleichwohl erscheint Euagrios’ Schilderung glaubhaft. Geht man von gleichzeitiger Beulenund Lungenpest aus, so sind alle erwähnten Übertragungswege plausibel. Dies trifft jedoch auch dann zu, wenn man ein Vorherrschen der Beulenpest annimmt: Hierbei sind die Lebensbedingungen der spätantiken Städte zu berücksichtigen. Wie die Zivilisation ist auch die epidemische Seuche ein Produkt der Stadt, wo viele Menschen auf engem Raum unter allgemein ungünstigen hygienischen Bedingungen und geplagt von blutsaugenden Ektoparasiten zusammenleben.65 Ratten sind natürliche „Parasiten“ des Menschen. In den Städten waren sie stets reichlich vorhanden, was als so selbstverständlich galt, daß es in den Quellen kaum je erwähnt wird.66 Im Griechischen gab es nicht einmal ein Wort für „Ratte“, sondern man nannte sie „große Mäuse“ oder verwendete den Begriff „Maus“ unterschiedslos für beide Tierarten.67 Johannes von Ephesos beobachtete, daß sowohl Haustiere als auch wilde Tiere erkrankten, darunter Hunde und Reptilien, „ja selbst Mäuse (bzw. Ratten) mit den Drüsenbeulen krank dalagen“.68 Zeigt dies aber ein Wissen um die epidemiologische Bedeutung der Ratten? Daß Johannes hier eine Rattenpest registriert (die nach modernen Erkenntnissen der Pest unter den Menschen meist vorausgeht), bedeutet in dieser Hinsicht eigentlich nichts. Im Krankwerden der Tiere drückt sich für Johannes vielmehr die unheimliche Gewalt der Seuche aus. Er sieht jedoch keinen kausalen Zusammenhang mit der Pest unter den Menschen. Als die Pest im Jahr 1347 in Konstantinopel grassiert, bemerkt der Geschichtsschreiber Nikephoros Gregoras gleichfalls, daß die Krankheit auf Tiere, darunter Mäuse bzw. Ratten, übergreift.69 In beiden Fällen ist zwar ein tatsächlich beobachtetes Phänomen anzunehmen, doch mag auch hier das Vorbild des Thukydides, der ebenfalls eine Anthropozoonose schildert,70 eine Rolle gespielt haben. Genau wie die Ratten gehörte auch Ungeziefer zur „normalen“ Lebensumgebung früherer Zeiten. Flöhe, die nach moderner Erkenntnis die Pest übertragen, sind kleiner und schwieriger zu bekämpfen als andere Insekten.71 Auf der schwarzen (Haus-)Ratte (Rattus rattus), die offen-
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sichtlich seit der Antike im östlichen Mittelmeerraum beheimatet ist,72 parasitiert der Rattenfloh (Xenopsylla cheopis), der auch auf Menschen überspringt und so die Pest überträgt. Die besten Lebensbedingungen findet der Rattenfloh in der warmen Jahreszeit, während er im Winter eine Art „Winterschlaf“ hält. Eine durch Rattenflöhe unterhaltene Pestepidemie flaut also im Winter ab, was für die Justinianische Pest eindeutig zutrifft.73 Dagegen ist die primäre Lungenpest eine Krankheit des Winters.74 Der Menschenfloh ist jedoch ebenfalls von großer epidemiologischer Bedeutung: Pulex irritans ist ein „gleichwertiger“ Überträger der Pest, dessen Lebenszyklus keine so ausgeprägte jahreszeitliche Periodik aufweist wie derjenige des Rattenflohs.75 So ist es wahrscheinlich, daß die Pest in Konstantinopel in erster Linie eine Beulenpest war, während pneumonische und septikämische Verläufe zwar spektakulär, jedoch kaum von breiterer Bedeutung waren.76 Die infizierten Ratten- und Menschenflöhe eines Haushaltes waren in der Lage, nacheinander ganze Familien auszulöschen, so daß es dem ahnungslosen Augenzeugen erscheinen konnte, als erfolgte die Übertragung allein durch die räumliche Nähe zu Kranken. Die außerordentliche Tödlichkeit auch der Bubonenpest wiederum war darauf zurückzuführen, daß ein sehr virulenter Erreger eine immunologisch völlig ungeschützte Population überfiel.77 Die These, daß es sich hauptsächlich um Beulenpest handelte, harmoniert auch mit einer anderen Nachricht Prokops: Weder Arzt noch Privatmann wurde von dieser Seuche befallen, wenn sie die Kranken oder Toten berührten, und viele, die unausgesetzt auch gänzlich fremde Menschen bestatteten oder pflegten, blieben wider Erwarten verschont, während eine Menge anderer Leute ohne weiteres von der Krankheit ergriffen wurde und sogleich dahinstarb.78
Für Prokop handelte es sich demnach um eine nicht-„ansteckende“ Krankheit. Eine primäre Lungenpest ist damit ausgeschlossen.79 Streng genommen ist die Beulenpest tatsächlich nicht ansteckend: Man kann gefahrlos mit den Kranken umgehen, sofern sie nur keine infizierten Flöhe beherbergen.80 Letztere Voraussetzung ist allerdings unter den Bedingungen einer Massenerkrankung höchst unwahrscheinlich. Insofern mag Prokops Behauptung aus heutiger Kenntnis vielleicht verwundern, doch entspricht sie durchaus antiken medizinischen Theorien: Seuchen wurden nicht als übertragbar aufgefaßt, sondern sollten in einer durch schädliche Ausdünstungen („miasmata“) verdorbenen Atmosphäre entstehen.81 Prokop läßt diese Theorie auch in anderem Zusammenhang anklingen: Die Unzahl der Toten wurde in behelfsmäßigen Massengräbern, den Türmen der Umwallung des Stadtteiles Sykai (Galata),
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aufgestapelt. „Infolgedessen drang ein übler Geruch in die Stadt und belästigte die Einwohner um so mehr, wenn auch noch Wind aus dieser Richtung wehte“.82 Dies meint nicht eine „Geruchsbelästigung“ im heutigen Sinne, sondern dahinter steht das Konzept von der krankmachenden Wirkung übler Ausdünstungen, eine Vorstellung, welche sich bis in die Neuzeit verfolgen läßt; folgerichtig versuchte man seit der Antike, die „miasmata“ durch Verbrennen aromatischer Substanzen zu neutralisieren.83 Wie andere bakterielle Infektionen hinterläßt die Pest eine nicht absolute Immunität.84 Immunität kann naturgemäß nur beobachtet werden, wenn man die betreffende Krankheit auch überlebt. Die Pest von 542 war zwar verheerend, doch war auch Genesung möglich. Die Eiterung der Drüsenbeulen galt als Zeichen der Gesundung, die allerdings in manchen Fällen von bleibenden Schäden begleitet war.85 Der prominenteste Fall war der Kaiser Justinian selbst, der schwer an Beulenpest erkrankte, aber wieder genas.86 Die Immunität nach überstandener Pest ist jedoch nicht sicher. Dementsprechend notiert Euagrios Mehrfacherkrankungen, die gelegentlich tödlich endeten.87 Dem aufmerksamen Beobachter fiel dies sicherlich besonders auf, weil Thukydides eigens darauf hinweist, daß während der „Pest“ in Athen keine tödlichen Zweiterkrankungen auftraten.88 Ein Gefühl der Sicherheit für die Davongekommenen gab es somit in Konstantinopel – anders als seinerzeit in Athen – nicht, was für das Lebensgefühl der Menschen bedeutsam war, blieben sie doch unter ständiger Todesbedrohung. Ein großes Rätsel bedeutete für die Zeitgenossen das Verschontbleiben von der Seuche. Die Pest befiel einige Landstriche zunächst nicht, um später dorthin zurückzukehren und nur sie zu verheeren, während benachbarte Gebiete nun frei blieben. Euagrios bemerkte dies „bei genauem Hinsehen“.89 Für Prokop zeigte sich darin das unerklärliche, jedes Menschen Einsicht übersteigende Wesen der Pest, was ihr einen besonders bösartigen Charakter verlieh.90 Es gab Fälle, in denen verzweifelte Menschen, die alle Angehörigen verloren hatten, mit Eifer versuchten, sich durch engsten Kontakt mit Kranken anzustecken, und eben dies nicht gelang, weil die Pest „sich diesem Willen widersetzte“.91 Zwar gibt es beim Menschen keine primäre, natürliche Immunität gegen die Pest,92 doch ist hier an Kreuzimmunität mit anderen Infektionen, etwa Typhus abdominalis und Fleckfieber, zu denken.93 Die Ärzte standen der Seuche ratlos gegenüber. Sie meinten, der Krankheitsherd müsse in den Geschwülsten liegen, und entschlossen sich daher, die Leichen zu untersuchen. Sie öffneten einige Geschwülste und fanden jeweils darin einen sehr großen Karbunkel.94
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Wie es scheint, nahmen die Ärzte lediglich Inspektionen an Toten vor und öffneten Bubonen, was keineswegs mit Sektionen gleichzusetzen ist.95 Im übrigen konnten aus den Untersuchungsergebnissen keine Schlüsse gezogen werden, die eine wirksame Behandlung ermöglicht hätten. Alle Heilmittel, von denen nur Bäder erwähnt werden, erwiesen sich als wirkungslos: Kein Mittel war gefunden, mit dem ein Mensch der Krankheit vorbeugen oder nach Erkrankung sein Leben erhalten konnte, vielmehr trat die Seuche ohne jede Veranlassung auf und ebenso vollzog sich das Überleben von selber.96
Infolge des Massensterbens verwilderten die Bestattungsbräuche. Während zunächst noch jede Familie ihre eigenen Toten beisetzte, ging man alsbald dazu über, Leichen in fremde Gräber zu werfen. Andere Tote – darunter Reiche und Vornehme – blieben unbestattet liegen, weil alle Angehörigen und die Dienerschaft krank oder gestorben waren. Justinian beauftragte einen hohen Beamten, sich mit der Palastgarde dieser unversorgten Leichen anzunehmen.97 Über eine vergleichbare Verwilderung der Bestattungsriten berichtet schon Thukydides,98 jedoch mit einem wichtigen Unterschied: Der Staat von Athen scheint sich nicht um die Beseitigung der Toten gekümmert zu haben, eine Aufgabe, die den Bürgern der Stadt oblag. Überhaupt waren Einrichtungen der öffentlichen „Wohlfahrt“ in der griechischen Antike eine Seltenheit.99 Die von den Byzantinern des 6. Jahrhunderts geschilderten Massengräber um die Stadt herum und in den Türmen der Mauer von Sykai sowie der Abtransport der am Meeresufer aufgehäuften Leichen zu Schiff waren nur unter zentraler Regie des Kaisers möglich und effektiv.100 Trotz der apokalyptischen Zustände gelang es den bezahlten Bestattungstrupps, die Stadt schrittweise von den Leichen zu säubern.101 Doch handelte es sich nicht nur um die Frage der großen Zahl mit den daraus folgenden Ansprüchen an eine gute Organisation. Das Massensterben veränderte auch das Lebensgefühl der Menschen, ließ sie abstumpfen und profanierte den einzelnen Sterbefall zum Problem der „Abfallbeseitigung“.102 Johannes von Ephesos schildert die Situation in einer Weise, die hinsichtlich ihres cruden Detailrealismus nichts zu wünschen übrig läßt: […] mit aufgetriebenem Bauch, offenstehendem Mund boten sie (i.e. die Pestleichen) den Betrachtern einen furchtbaren Anblick, und mit verdrehten Augen und aufwärts gerichteten Händen spieen sie einen Schwall von
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Der Chronist stand am Meeresufer und sah aufgetürmte Leichenberge, „aus denen Eiter hervorbrach und Blut ins Meer floß“.104 Die Leichen von Mädchen, Jünglingen und Erwachsenen lagen durcheinander und nackt da, „als wenn sie nicht Menschen, sondern Tiere wären“.105 Einige verbarrikadierten sich aus Angst vor der Krankheit in ihren Häusern und öffneten nicht einmal mehr ihren Freunden.106 Das vorherrschende Lebensgefühl war die persönliche Todesfurcht. Johannes von Ephesos schreibt: Denn wenn es Abend wurde, glaubten wir, daß uns der Tod in der Nacht holen würde. Wenn es aber wieder hell wurde, erwarteten wir den ganzen Tag über unser Ende.107
In Konstantinopel und Alexandreia hängte sich jeder, der das Haus verließ, vorher ein Schrifttäfelchen um Hals oder Arm.108 Auf diese Weise ließen sich die Toten bei den Massenbeisetzungen identifizieren, wenn einen der Tod außer Haus ereilte. Vielleicht ging diese „Ausweispflicht“ auf eine Vorschrift der Regierung zurück, die einen Überblick über die Menschenverluste – zumindest in den Städten – gewinnen wollte.109 In typischer Weise addierten sich die Effekte der „neuen“ Krankheit auf die Gesellschaft: Zu den verheerenden direkten – „medizinischen“ – Auswirkungen gesellte sich beim einzelnen die alles beherrschende Furcht vor dem Unbekannten.110 Während Justinian versuchte, die Katastrophe durch administrative Maßnahmen auf empirischer Basis beherrschbar zu machen, dominierte beim Individuum das Gefühl der Angst. Doch fehlten in Byzanz bemerkenswerterweise die „psychosozialen Auswirkungen der Angst“, wie sie während des Schwarzen Todes im christlichen Abendland auftraten, Judenverfolgungen und Geißlerfahrten.111 Vielleicht blieben derartige fanatische Massenbewegungen in Byzanz aus, weil es dort keinen ausgeprägten Millenarismus gab.112 So scheint in Konstantinopel zur Zeit Prokops anstelle von Fanatismus eher Resignation geherrscht zu haben. Das öffentliche Leben in der Hauptstadt kam zum Erliegen: Damals konnte man hingegen kaum einen Menschen auf dem Markt in Byzanz sehen, sondern alle, die gesund waren, saßen daheim und pflegten die Kranken oder beklagten die Toten. Wenn man aber wirklich jemand treffen konnte, der sich in die Öffentlichkeit herauswagte, dann trug er eine Leiche.113
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In Konstantinopel ruhten das Handwerk und sämtliche Arbeiten.114 „So herrschte in einer Stadt, die großen Überfluß an allen möglichen Gütern hatte, schwere Hungersnot.“115 Die Großstadt Konstantinopel war darauf angewiesen, aus der Umgebung, insbesondere jedoch durch Getreidelieferungen aus Ägypten, versorgt zu werden.116 Die Pest wütete derart auf dem Land, daß Gehöfte und ganze Dörfer ausstarben.117 Die Kombination von Pest und Hungersnot wurde sprichwörtlich.118 Von Syrien bis Thrakien sah Johannes von Ephesos auf seiner Reise herrenloses Vieh, reifes Getreide auf dem Halm, das niemand erntete, und reife Trauben, die noch im Winter an den Rebstöcken hingen.119 Bedingt durch die hohe Sterberate gewann die einzelne Arbeitskraft ungeahnten Wert. Die in Konstantinopel mit den Bestattungen Beauftragten heuerten Arbeiter an, die gegen Bezahlung in Gold und Silber die Leichen wegtransportierten. Für eine einzige Fuhre wurden fünf bis zehn Denare bezahlt.120 Justinian erließ im Jahr 544 ein Gesetz, in welchem er Lohn- und Preiserhöhungen infolge der Pest auf das Zwei- bis Dreifache des vorherigen Niveaus als Habgier brandmarkte. Er verordnete, daß in Zukunft wieder die alten Löhne und Preise gelten sollten.121 Man findet keinen Hinweis, daß Menschen in größerer Zahl aus der Stadt geflüchtet wären. Euagrios bemerkt, daß „einige, die aus verpesteten Städten flüchteten, selbst verschont blieben, die Krankheit jedoch in den nicht befallenen (Städten) verbreiteten“.122 Es kam jedoch, wie bereits erwähnt (s. o.), auch der umgekehrte Fall vor, daß die Geflohenen an ihrem Zufluchtsort, wo die Seuche nicht wütete, an der Pest starben. Die Flucht aus der Stadt spielte keine besondere Rolle: Die Menschen waren auf die familiären, religiösen und berufsbedingten Bindungen angewiesen.123 Die Einwohner von Konstantinopel bedurften der Nahrung aus den kaiserlichen Getreidespeichern, die durch ägyptische Kornschiffe gefüllt wurden. Überdies erwies sich Flucht als nutzlos, denn die unberechenbare Krankheit holte ihre Opfer an jedem Ort ein. In Konstantinopel trugen auch die reichen Leute – im Sinne eines kollektiven Trauergestus – nur einfache Gewänder. Man verhielt sich still, insbesondere, als der Kaiser erkrankte.124 Zum rhomäischen Heer, das an der Ostfront gegen die neupersischen Sassaniden stand, drangen Gerüchte, der Kaiser sei gestorben. Nachdem Justinian wieder genesen war, wurde der Oberkommandierende, Belisar, denunziert, über die Nachfolge des Kaisers spekuliert zu haben. Man zitierte ihn nach Konstantinopel und enthob ihn seiner Ämter.125 Diese Episode erweist einerseits, daß die Erkrankung des Kaisers bei den Zeitgenossen höchste Aufmerksamkeit erregte, weil mit seiner Person das Geschick des Reiches untrennbar verknüpft war.126 Zum anderen wurden auch in dieser Zeit der Seuche politische Folgerungen aus dem Vorfall gezogen. Dies
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spricht dafür, daß die Pest die Verwaltung des Reiches nicht irreversibel schädigte. In dem eben erwähnten Gesetz stellt Justinian fest, daß die Pest nunmehr – im Jahre 544 – beendet sei.127 Er erweckt den Eindruck, bei der Seuche habe es sich um ein akut verheerendes Geschehen gehandelt, nach welchem man zum gewohnten Leben zurückkehren könne. Im weiteren soll die Frage untersucht werden, ob diese vom Kaiser verbreitete Sicht der Dinge mit den anderen Quellenzeugnissen in Einklang steht. Hierbei interessieren besonders die demographischen Auswirkungen der Pest.128 Wieviele Menschen das Gebiet des (früh-)byzantinischen Reiches in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts bewohnten, entzieht sich jeder genauen Kenntnis, da es an demographisch verwertbaren Daten mangelt.129 Exakte Angaben im Sinne heutiger Bevölkerungsstatistik sind nicht möglich, doch enthalten die Quellen eine Fülle von Hinweisen auf die Bevölkerungszahlen. Die Pestschilderungen erfüllen hier einen doppelten Zweck: Einerseits geben sie Auskunft über die Höhe der Menschenverluste, andererseits gestatten sie hierdurch Rückschlüsse auf den Umfang der Gesamtbevölkerung.130 Bei der Justinianischen Pest beziehen sich jedoch fast alle Zahlenangaben auf Konstantinopel. Immerhin kann man versuchen, wenigstens für die Hauptstadt absolute und relative Zahlen zu gewinnen. Welche Problematik jedoch den Quellenangaben anhaftet, wird sogleich ersichtlich. Die Nachrichten des Prokop erscheinen zunächst recht kompliziert: Die Seuche dauerte in Byzanz vier Monate lang, drei davon stand sie auf ihrem Höhepunkt. Anfangs lag die Zahl der Sterbefälle nur wenig über dem gewohnten Maß, dann aber nahm das Unheil weiter zu, bis die Todesopfer täglich etwa fünftausend und schließlich zehntausend und mehr erreichten.131
Dies ist die einzige Angabe von absoluten Zahlen, die Prokop bezüglich der Pest in Konstantinopel macht, und wir nehmen einen Augenblick an, es seien die einzigen zur Verfügung stehenden. Eine verläßliche Anleitung der Gesamtzahl der Toten ist nicht möglich, weil Prokop nur die tägliche Mortalität – und auch diese nur annähernd – angibt, außerdem nicht erwähnt, in welchem Zeitraum welche Sterblichkeit herrschte. Es ist allenfalls eine Schätzung möglich. Wir vermuten also – ausgehend von der zitierten Passage Prokops –, daß während dreier Monate täglich zwischen 5000 und 10000 Menschen starben, und vernachlässigen die Behauptung noch höherer Sterblichkeit. Nimmt man nun in einer weiteren kühnen Hypothese an, daß während zweier Monate täglich 5000 und
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während eines Monats täglich 10000 Einwohner von Konstantinopel umkamen, so ergibt sich eine Gesamtzahl von 600000 Toten im Sommer 542, eine auch aus heutiger Sicht wahrhaft astronomische Größe!132 Da es sich mit großer Wahrscheinlichkeit überwiegend um Beulenpest handelte, deren Letalität etwa 50% beträgt, müßte man eine Gesamtzahl von 1200000 Erkrankten in Konstantinopel postulieren. Trotz der hohen Kontagiosität erkranken nicht alle Menschen, so daß man eine Gesamtbevölkerung der Stadt zwischen 1,2 und 1,5 Millionen annehmen müßte. Sind diese Schätzungen jedoch wahrscheinlich oder auch nur möglich? Auf der Basis einer mathematischen Theorie der Seuchenerkrankungen versucht T. H. Hollingsworth, die Zahl der Pesttoten und der Gesamtbevölkerung Konstantinopels zu errechnen.133 Er nimmt in einer ersten Hypothese an, es habe sich überwiegend um Lungenpest gehandelt, und zweitens, daß die Hälfte der Gesamtbevölkerung gestorben sei. Anhand der Angaben Prokops errechnet er eine Gesamtbevölkerung von 508000, von denen 244000 starben. Doch diese Rechnung ist nicht haltbar. Sie geht von der falschen Voraussetzung einer primären Lungenstatt einer Beulenpest aus. Noch schwerwiegender erscheint, daß unterstellt wird, Prokops Zahlen seien absolut zuverlässig: Hollingsworth postuliert eine maximale Todesrate von 10500 täglich, „denn wenn sie 11000 erreicht hätte, würde Prokops dies erwähnt haben“.134 Gleichwohl findet diese Hochrechnung in der Forschung ihre Anhänger.135 Doch was sollte man dann von Prokops Behauptung halten, daß in Libyen allein „fünfhundert mal zehntausend Tote“ zu beklagen waren136 und im gesamten Reich „tausend mal zehntausend mal zehntausend“.137 Dies wären wörtlich genommen 100 Milliarden Menschen. Die byzantinischen Autoren neigen – wie mittelalterliche Chronisten allgemein – zu grotesker Übertreibung bei Zahlen, die nicht einfach zu überschauen sind.138 Überdies bedeutet das griechische Wort für „zehntausend“ (myrioi) zugleich auch „ungezählt viele“ im Sinne von „unzählbar viele“. Es mag erstaunen, daß ausgerechnet Prokop, der als gut informierter und sachlicher Beobachter gilt139 und medizinische Einzelheiten der Pest exakt aufzeichnet, hinsichtlich der Zahlenangaben derartig „irrt“. Dies verwundert um so mehr, als sein literarisches Vorbild Thukydides geradezu eine Obsession für exakte Zahlen hat: An der „Pest“ in Athen starben insgesamt 4400 Hopliten (Schwerbewaffnete) und 300 Ritter.140 Zu Anfang des Peloponnesischen Krieges verfügte Athen über 13000 Hopliten,141 so daß die Pestverluste etwa ein Drittel der wehrfähigen Männer ausmachten. Fehlen auch Angaben über die Gesamtverluste, so erhält man doch anhand dieser Verhältniszahlen einen verlässlichen Eindruck von den demographischen Auswirkungen der „Pest“ in Athen.
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Vergleichbares gibt es nicht für die Justinianische Pest. Nach Johannes von Ephesos forderte die Pest in der armen Bevölkerung Konstantinopels täglich bis zu 16000 Opfer.142 Dabei erweckt er noch den Anschein der Authentizität: „Es standen nämlich Männer an […] den Toren der Stadt, welche die Zahl notierten“.143 Johannes glaubte, allein auf den Straßen, „wenn einer zählen wollte“, mehr als 300000 Leichen liegen gesehen zu haben; „diejenigen aber, welche die Zahl registrieren sollten, stellten das Zählen ein, als sie bei 230000 angelangt waren, da sie sahen, daß jene (sc. Toten) unzählbar viele waren“.144 Am Meeresufer lagen die Leichen in Haufen „zu mehr als zweitausend, dreitausend und fünftausend, ja in ungezählter Zahl aufgetürmt“.145 Es fehlten Gräber, weshalb Massengräber ausgehoben wurden, „deren jedes einzelne 70000 Leichen aufnehmen konnte“.146 Justinian stellte Mittel bereit, um 600 Tragen für den Leichentransport zu beschaffen.147 Als die Pest 558 ähnlich verheerend zurückkehrte, spendete er tausend Tragen, „und als diese nicht ausreichten, befahl er, sehr viele Wagen herzurichten, gab dazu zehntausend Zugtiere, um die Leichen abzutransportieren“.148 Die phantastischen Zahlen der byzantinischen Chronisten führen auch zur Verwirrung in der modernen Forschung. So ist es nicht zulässig, die von Johannes genannten 230000 Todesfälle in Relation zu einer realistischen Schätzung der Gesamtbevölkerung von 400000 (s. u.) zu setzen, was eine Mortalität von 57% ergäbe.149 Es wird auch behauptet, die Mortalität (nicht Letalität) der Pest habe 50% betragen,150 gestützt auf eine Aussage Prokops: Dieser schreibt nämlich, bei Überschwemmungen und Erdbeben seien ganze Städte vernichtet worden, und fährt fort: „Hinzu kam […] die Pest; sie raffte etwa die Hälfte der restlichen Menschheit hinweg“.151 Solche Äußerungen dürfen nicht wörtlich genommen werden.152 Prokop offenbart einen „Hang zu Superlativen“, er „trägt gern stark auf“.153 In seinem „Rundgemälde der verwüsteten Oikumene“ spielt das „Entvölkerungsmotiv“ eine wichtige Rolle.154 Es scheint auch gewagt, aus der Angabe des Chronisten Theophanes Homologetes über die Pest von 558, daß „die Lebenden nicht ausreichten, um die Toten zu bestatten“,155 schließen zu wollen, die Mortalität habe 50% betragen.156 In den zitierten Quellenzeugnissen wird nach heutigem Verständnis überhaupt nicht „gezählt“. Den Chronisten liegt kaum daran, die Zahl der Seuchenopfer exakt zu bestimmen. Sie möchten vielmehr einen Eindruck von der Vernichtungskraft der Pest geben. Die angeführten Zahlen sind demnach nicht als quantitative Angaben aufzufassen, sondern sie drücken eine Qualität aus.157 Sie sind damit auch Zeichen des Entsetzens, das die Seuche verbreitete.158 Es gibt kaum verläßliche Schätzungen der Einwohnerzahl Konstantinopels. Die Zahlenangaben der Quellen führen zu Ergebnissen, die von
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Experten als phantastisch überhöht angesehen werden.159 Konstantinopel war im frühen und hohen Mittelalter eine der ganz wenigen Großstädte im Mittelmeerraum, sie war die Stadt schlechthin und zudem „das Byzantinische Reich in nuce“.160 Man hat versucht, aus indirekten Angaben – dem Getreideverbrauch und topographischen Daten – die Einwohnerzahl zu erschließen.161 Aus diesen Angaben resultiert, daß Konstantinopel am Vorabend der Justinianischen Pest etwa 375000 Einwohner hatte und wohl zu keiner Zeit die Grenze von 400000 überschritt.162 Damit sind die anhand von Prokop „errechneten“ Zahlen außerhalb jeder Diskussion.163 Die Quellen enthalten auch Hinweise auf die langfristigen demographischen Auswirkungen der Pest. Die Seuche dezimierte stärker die städtische als die ländliche Bevölkerung, und von allen Städten wurde am schlimmsten Konstantinopel betroffen, gefolgt von Alexandreia.164 Die erste Pestwelle (ab 541) befiel alle Menschen in gleicher Weise, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Lebensweise. Doch bereits bei der nächsten Pestepidemie, die Konstantinopel 558 erreichte, fiel eine Besonderheit auf: Der Augenzeuge Agathias Scholastikos stellt zunächst fest, daß das Bild der Erkrankung demjenigen der ersten Welle sehr ähnlich war, und fährt dann fort: Zwar wurde jede Altersgruppe stark dezimiert, doch am meisten die Heranwachsenden und Jugendlichen und unter diesen mehr die männlichen; die Mädchen nämlich wurden nicht in gleicher Weise betroffen.165
Andere Chronisten verzeichneten bei derselben Epidemie eine höhere Sterblichkeit der Kinder.166 Natürlicherweise traf die Pest nach dem Intervall von 16 Jahren (zwischen 542 und 558) die nach der ersten Welle Geborenen besonders heftig, während die älteren Menschen durch Immunität teilweise geschützt waren.167 Hierbei ist ein weiteres Faktum zu berücksichtigen, das auch nach der ersten Welle des Schwarzen Todes (1348) auftrat: In den auf das Massensterben folgenden Jahren stieg die Zahl der Ehen unter den Überlebenden steil an (Wiederverheiratung) und dementsprechend die Geburtenrate. Die Kindersterblichkeit hingegen war deutlich geringer als unter „normalen“ Umständen, u.a. weil infolge des „Menschenmangels“ ein relativer Überschuß an Nahrung bestand.168 Dieses Phänomen kann man auch im Byzanz des 6. Jahrhunderts vermuten. Der Anteil der Kinder und Heranwachsenden an der Gesamtbevölkerung war nach 16 seuchenfreien Jahrgängen gegenüber früher deutlich angestiegen. Da nun diese nicht-immunen Individuen bei der zweiten Welle bevorzugt umkamen,
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mußte es den Zeitgenossen scheinen, als ob die Pest – aus unerklärlichen Gründen – vornehmlich Kinder dahinraffte. Die proportional höhere Sterblichkeit der Jugendlichen wirkt sich schlimmer aus als eine zahlenmäßig gleiche von Kleinkindern und alten Menschen, hat es doch einen demoralisierenden Effekt auf die Zeitgenossen, ausgerechnet die kräftigsten und gesündesten Mitglieder der Gesellschaft sterben zu sehen.169 Die Beobachtung, daß die Pest bevorzugt Kinder und männliche Jugendliche dahinrafft, hat sich auch bei neuzeitlichen Epidemien bestätigt.170 Während die Anfälligkeit der Kinder immunologisch erklärbar ist, gilt dies kaum für männliche Jugendliche gegenüber weiblichen. Ist statt dessen die unterschiedliche Lebensweise von Frauen und Männern – im Sinne eines anderen Expositionsrisikos – die Ursache?171 Die byzantinischen Frauen verbrachten die meiste Zeit (eingeschlossen) im Haus,172 während vorwiegend Männer am öffentlichen Leben teilnahmen.173 Doch gab es in Zeiten der Pest in jedem Haushalt infizierte Ratten und Flöhe, und zudem spielte sich auf dem Höhepunkt der Seuche kaum mehr öffentliches Leben ab. Somit ist ein signifikanter Unterschied hinsichtlich des Expositionsrisikos zwischen Frauen und Männern eher unwahrscheinlich. In neuerer Zeit hat man festgestellt, daß die Anfälligkeit für Pest positiv korreliert ist mit der Höhe des Serumeisenspiegels.174 Da junge Frauen im allgemeinen einen weit niedrigeren Eisenspiegel haben als Männer, in der zur Diskussion stehenden Epoche noch verstärkt durch eine Mangelernährung, könnte dies erklären, warum Frauen vergleichsweise glimpflich davonkamen.175 Die Pest beeinflusste auch die militärischen Operationen des Reiches und damit seine politische Zukunft. Die Aussichten am Vorabend der Pest waren außerordentlich günstig gewesen: Die Staatskasse war gut gefüllt, es standen genügend Truppen zur Verfügung, und die Bewohner der Westgebiete begrüßten die rhomäischen Expeditionen als Befreier.176 Justinian versuchte kaltblütig, aus der ersten Epidemie noch einen strategischen Vorteil an der Ostfront zu ziehen. Als er erfuhr, daß die Seuche 543 Persien erreichte, befahl er seinen Truppen anzugreifen, „denn kein Gegner werde ihm – darüber war er sich völlig klar – in den Weg treten“.177 Die Rhomäer erlitten jedoch wegen taktischer Fehler eine Niederlage.178 Das rhomäische Heer umfasste im 5. Jahrhundert etwa 350000 Mann, bei Justinians Tod – im Jahre 565 – zählte es nur noch 150000, von denen ein Großteil in Sold genommene „Barbaren“ waren.179 Die Pest schmälerte zum einen die Rekrutierungsbasis des Heeres, zum anderen verminderte sie die Steuereinkünfte des Reiches, zwei Effekte, die sich hinsichtlich der militärischen Stärke in ihrer negativen Wirkung addier-
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ten.180 Angesichts des Zweifrontenkrieges – im Osten gegen die Perser, im Westen gegen Goten und Berber – war dies besonders bedrohlich.181 Während vor der Pest Heeresgruppen von bis zu 25000 Mann operierten, galten den byzantinischen Feldherren späterer Jahrhunderte Armeen von 5000 Mann bereits als sehr stark.182 Wenn man Prokop Glauben schenkt, versuchte Justinian ungeachtet der Pestverluste, die Steuereinnahmen rücksichtslos aufrechtzuerhalten: Die jährliche Steuereintreibung wurde nicht unterbrochen, im Gegenteil, sie geschah nicht nur in der üblichen Höhe, sondern auch der Anteil der zugrunde gegangenen Nachbarn wurde noch dazugeschlagen.183
Dieser polemischen Äußerung liegt als wahrer Kern vermutlich zugrunde, daß die Pestopfer nicht oder nicht vollzählig bzw. unmittelbar von den Steuerlisten gestrichen wurden.184 Es gab in dieser Zeit weder Mittel noch Interesse, statistisch verwertbare Daten zu sammeln, was offenbar selbst für vitale Bereiche wie das Finanzwesen des Staates galt.185 Die Reichsgrenzen hatten sich infolge der Rückeroberungen Justinians enorm verlängert, mußten jedoch gegen Ende seiner Regierungszeit von einem dramatisch verkleinerten Heer bewacht werden. Es war nur eine Frage der Zeit, wann die verlustreich errungenen Gebiete wieder – und diesmal endgültig – verloren gehen würden. Drei Jahre nach Justinians Tod, 568, drangen die Langobarden in Italien ein, etwa zur selben Zeit siedelten sich Avaren auf dem Balkan an. So war das letztliche Scheitern von Justinians Einigungsbestrebungen zu einem erheblichen, wenn auch schwerlich quantifizierbaren Anteil auf die Pest zurückzuführen.186 Nach der ersten Pest-Pandemie überzog die Seuche in den folgenden zwei Jahrhunderten periodisch wiederkehrend bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts die Mittelmeerländer.187 Eine verheerende Beulenpest in Konstantinopel schildert Theophanes Homologetes für die Jahre 746-48, „so daß ganze Haushalte mit einem Schlag ausgelöscht wurden und keiner da war, die Toten zu beerdigen“.188 Die Stadtkultur von Byzanz erwies sich als besonders verletzlich gegenüber der Pest. Dabei wären die Menschen nicht fähig gewesen, die für die Seuche verantwortlichen hygienischen Umstände grundlegend zu verändern, selbst wenn sie die Rolle der Ratten und des Ungeziefers erkannt hätten.189 Zwar wurden auch die „Barbaren“ im Westen (Goten und Franken) und Osten (Araber) von der Pest nicht verschont, doch machte der geringere Organisationsgrad der Gesellschaft sie insgesamt unempfindlicher.190 Dies galt wohl besonders für die nahöstlichen Beduinen. Die syrisch-palästinensischen Städte und der seßhafte Bewässerungsfeldbau wurden von der Pest verwüstet. Hin-
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gegen vermutet man, daß die arabischen Nomaden infolge ihrer Beweglichkeit und unabhängigeren Lebensweise der Epidemie meist erfolgreich ausweichen konnten. Sichere Aussagen über die vor-islamische Geschichte der arabischen Beduinen sind angesichts fehlender zeitgenössischer Quellen jedoch nicht möglich. Die frühesten Berichte über die Justinianische Pest aus arabischer Sicht sind in spätmittelalterlichen, nach dem Schwarzen Tod verfaßten Pestschriften enthalten. Sie stützen sich ihrerseits auf Autoren, die etwa in der Mitte des 9. Jahrhunderts die Justinianische Pest schilderten.191 Deshalb sind die folgenden Aussagen eher hypothetisch. Die Stadtkultur wurde durch die Seuche erodiert, die Beduinengemeinschaften aber blieben wohl weitgehend intakt.192 Man hat oft gerätselt, warum die islamische Expansion sich in den 30er Jahren des 7. Jahrhunderts, rund 100 Jahre nach der ersten Pestwelle, problemlos Palästinas und Syriens bemächtigen konnte.193 Fast keine Stadt leistete den arabischen Eroberern nachhaltig Widerstand. Hierfür waren nicht nur politische und religiöse Unzufriedenheit mit der Reichszentrale verantwortlich, sondern auch ein vorausgegangener, allgemeiner Niedergang der Stadtkultur. Von dem durch die Pest verursachten demographischen Einbruch erholten sich die Städte nie mehr. Der Übergang des Nahen Ostens ins „Mittelalter“ unter islamisch-arabische Herrschaft wäre demzufolge als Konsequenz und Abschluß einer langfristigen Entwicklung und nicht als deren Ursache aufzufassen.194 Sobald die Araber die städtische Kultur annahmen, wurden sie ihrerseits nun Opfer der späteren Pestwellen.195 Das demographische Desaster war auch in Griechenland spürbar. Bezogen auf die erwähnte Pest von 746-48 beklagte im 10. Jahrhundert Kaiser Konstantinos VII. Porphyrogennetos: Das ganze Land verslawte und wurde barbarisiert, als der Pesttod die gesamte bewohnte Welt überzog.196
Mangel an Menschen wurde in der Zeit der Pestepidemien zu einem Hauptproblem der Politik.197 Den Bevölkerungsverlusten suchten byzantinische Kaiser und umaiyadische Kalifen durch Umsiedlungsaktionen zu begegnen, was zu ethnischen und sozialen Umwälzungen ganzer Regionen führte.198 Insgesamt schätzt man, daß während der ersten Pestepidemie 541-44 etwa 25 % der Gesamtbevölkerung des Mittelmeerraumes umkamen und bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts die Population etwa halbiert wurde.199 Der demographische Niedergang der Mittelmeerländer bewirkte indirekt auch den allmählichen Aufstieg Europas weiter nördlich gelegener
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Machtzentren.200 Man hat auch vermutet, daß der Niedergang des byzantinischen Geisteslebens in diesem „dunklen Zeitalter“201 eine Folge der wiederholten Seuchenzüge war, indem Fatalismus und „blinder religiöser Glaube“ sich durchsetzten.202 Angst vor der Pestansteckung und Unfähigkeit, die Krankheit in irgendeiner Weise beherrschbar zu machen, kennzeichneten das Lebensgefühl der Zeitgenossen. Die ungeheure Zahl der Opfer mußte unweigerlich die Frage nach dem Sinn und der Bedeutung dieser Heimsuchung aufkommen lassen. Justinian sah Hunger, Erdbeben und Pest als Ausdruck von Gottes Zorn über häretische Umtriebe im rhomäischen Reich, die der Kaiser dementsprechend bemüht war, energisch zu bekämpfen.203 Die Anschauung, daß überirdische Mächte Naturkatastrophen aller Art über die Menschen schicken, um diese zu züchtigen, war sowohl im Christentum als auch in anderen Religionen weitverbreitet.204 Justinian spricht euphemistisch von der „Züchtigung (paideusis) aus Menschliebe Gottes des Herrn“ und meint damit die Pest.205 Zur Heilung der Gott mißfallenden Zustände erklärt sich der Kaiser bereit. Doch konnte die Pest auch gerade als eine Strafe für den Herrscher gedeutet werden. So schreibt Theophanes Homologetes, daß der Pesttod kam, […] um den frevelhaften Konstantinos [i.e. Kaiser Konstantinos V. „Kopronymos“, 741-775] zu züchtigen und ihn von seiner Raserei gegen die heiligen Kirchen und die ehrwürdigen Ikonen abzubringen.206
Euagrios hält sich dagegen mit Spekulationen zurück und stellt bezüglich des häufigen Wiederkehrens der Seuche nur fest: Die Zukunft liegt im Dunkeln, es wird sich entwickeln, wie es Gott gefällt, der auch die Ursachen kennt.207
Nach dem Vorbild des alttestamentlichen Propheten Jeremias beklagt der Monophysit Johannes von Ephesos die Verwüstung der Pest, die als Strafe über die sündige Menschheit gekommen sei. Wie „eine Weinpresse, […] die schöne Trauben unbarmherzig stampft und auspreßt“208, als „grausame Peitsche“209 und Zeichen des „göttlichen Zorns und gerechten Gerichts“210 stellt sich ihm die Seuche dar.211 Laut Prokop hatten viele Menschen zu Beginn der Erkrankung Dämonenerscheinungen. Die Betroffenen hätten versucht, die Erscheinungen von sich abzuwehren, indem sie die heiligsten Namen anriefen und nach Möglichkeit die übrigen frommen Bräuche übten; indes
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Klassizistisch umschreibt Prokop hier christliche Riten, die sich für ihn angesichts der Pest als nutzlos erweisen. Schon Thukydides beklagte, daß während der „Pest“ in Athen zugleich mit der Furcht vor den Göttern auch die Gesetzestreue der Bürger schwand.213 Einen bemerkenswerten Standpunkt, den man als „agnostisch“ bezeichnet hat,214 nimmt Agathias Scholastikos ein: Er weiß sowohl von Spekulationen astrologischer Natur über die Ursachen der Pest als auch von der Betrachtung der Krankheit als Zorn Gottes, doch vermeidet er eine eigene Stellungnahme. Er läßt den Leser im Ungewissen, ob er die richtige Antwort selbst nicht weiß, oder ob er sie zwar weiß, es aber nicht für opportun hält, sie preiszugeben.215 Ähnlich überließ es auch Thukydides Laien und Ärzten, über die Ursachen der „Pest“ zu spekulieren, und beschränkte sich darauf, sie genauestens zu schildern.216 Gleichwohl betonte er, daß auch seine Zeitgenossen glaubten, einer göttlichen Strafe zu unterliegen.217 Selbst Perikles habe diese Vermutung öffentlich ausgesprochen.218 Worin sieht nun aber Prokop, der „Kronzeuge des sechsten Jahrhunderts“,219 Ursprung und Sinn der verheerenden Pest? Offensichtlich orientiert er sich an Thukydides, wenn er gegen „physiologische“ Spekulationen polemisiert und fortfährt: Für dieses Unglück jedoch kann man einen Grund weder nennen noch ausdenken, außer man sucht ihn bei Gott.220 Jeder mag nun seine Ansicht darüber äußern, Gelehrter und Himmelsdeuter, so wie er gerade denkt, ich jedenfalls will nun daran gehen und berichten, von wo diese Krankheit ihren Ausgang nahm und wie sie die Menschen austilgte.221
Die Thukydides-Imitation ist hier offensichtlich.222 Doch bleibt Prokop nur nüchterner Beobachter der Katastrophe? Er verzeichnet ein merkwürdiges Phänomen: Die aufsässigen Volks(ver)führer ließen während des großen Sterbens von ihrem Treiben ab, und alle, die früher Gefallen daran gefunden hatten, bei schimpflichen Verbrechen dabei zu sein, gaben ihre ungesetzliche Lebensweise auf und befleißigten sich gewissenhaft eines gottesfürchtigen Wandels.223
Dies taten sie jedoch nur aus Angst vor dem drohenden Tod, ihre Natur hatte sich keineswegs gebessert. Als die Gefahr für sie vorüber war, fielen sie in ihre frühere Verderbtheit zurück.
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Denn wenn auch nur mit Widerstreben, muß man es wohl als wahr bezeichnen, daß die Pest, sei es zufällig, sei es absichtlich, gerade die schlechtesten Menschen genau aussuchte und am Leben ließ.224
Der Schlüssel zum Verständnis dieser zutiefst pessimistischen Sichtweise liegt in Prokops Anekdota. Diese Geheimgeschichte ist ein wüstes Pamphlet gegen Justinian und Theodora, die er in seinen anderen Werken stellenweise enkomiastisch preist.225 In den Anekdota ist Justinian ein Meister in der Verstellung, tückisch, heuchlerisch, unergründlich in seinem Zorne, zweideutig, ein schrecklicher Mensch, dabei ein vollendeter Schauspieler,226 […] als habe die Natur die Schlechtigkeit aller anderen Menschen zusammengenommen und in die Seele dieses Mannes eingeschlossen.227
Der „Kaiser ohne Schlaf“ ist ruhelos damit befaßt, täglich neue Übel für seine Untertanen zu ersinnen.228 Prokops Polemik gipfelt in der Vorstellung von Justinian als dem „Fürsten der Dämonen“, der gemeinsam mit seiner mörderischen Gemahlin Theodora das Reich zugrunde richtet.229 Die in den Perserkriegen geheimnisvoll umschriebenen „schlechtesten Menschen“ sind der Kaiser und seine Kreaturen.230 Das offizielle byzantinische Herrscherbild erfährt hier „seine eindrucksvollste Umkehrung“.231 Erdbeben und Pestilenz sind mit Justinians dämonischem Regime untrennbar verknüpft. Während seiner Regierung über die Römer ereigneten sich viele niegekannte Katastrophen, von denen die einen behaupteten, sie seien auf die Gegenwart und Wirksamkeit des bösen Dämons zurückzuführen, während andere der Auffassung waren, die Gottheit habe aus Zorn über seine Verbrechen sich vom Römerreich abgekehrt und das Land den verderblichen Dämonen ausgeliefert, damit sie auf solche Art ihr Spiel mit ihm trieben.232
Hinter Prokops „zur Schau getragenem Klassizismus und rationalem Agnostizismus“233 verbirgt sich die christliche Vorstellung vom Antichrist, den der Autor in Justinian verkörpert sieht. Die dämonische Pest ist ein Werkzeug des dämonischen Kaisers. So erklären sich auch die bei einem „nüchternen“ Historiker überraschenden, beängstigenden Attribute der Pest, etwa die unberechenbare Wanderbewegung und ihr Zurückkehren an vorher verschonte Orte. Während die Pest wie ein gewissenhafter Steuereintreiber den Tribut an Toten einfordert, preßt Justinian erbarmungslos die Überlebenden mit seinen finanziellen Forderungen aus. In dieser Hinsicht ergänzen sich Pest und Kaiser in furchtbarer Wei-
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se. Für Seuche, Hungersnot und Naturkatastrophen gibt Prokop dem Kaiser und Theodora die persönliche Schuld.234 Die phantastischen Zahlen der Opfer sind im Zusammenhang der Dämonologie eine „wohlverständliche Übertreibung“.235 Deshalb also sind die Zahlen Prokops mit denjenigen des Thukydides nicht vergleichbar. Es handelt sich weniger um eine Unfähigkeit, derart riesige Quantitäten richtig abzuschätzen, als um bewußte Übertreibung. Folglich sind sie als konkrete demographische Daten nur mit großer Vorsicht zu verwenden. Die in der Regierungszeit Justinians unaussprechlichen Schrecken verbreitende Seuche hat vielleicht den Nachruhm dieses Kaisers gemindert.236 Daß man sie stets als „Justinianische“ Pest bezeichnet, wäre sicherlich im Sinne Prokops. Anmerkungen 1
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Proc. bell. pers. II 22, 1 (Text und Übersetzung hier und im folgenden nach der Edition von O. Veh, Prokop. Perserkriege, Griechisch-deutsch. München 1970, hier S. 305). Die wörtlichen Zitate werden mit genauer Stellenangabe und Seite/Zeile der benutzten Edition versehen, Paraphrasen lediglich mit Stellenangabe. Alle griechischen und lateinischen Quellentexte werden im folgenden in deutscher Übersetzung zitiert. Die Übersetzungen stammen – außer bei Prokop – vom Verfasser. Sprachliche Betrachtungen – etwa zur Terminologie der Seuche – unterbleiben somit in der vorliegenden Arbeit. H. E. Sigerist, Krankheit und Zivilisation. Frankfurt a. M./Berlin 1952, S. 125, nennt die Justinianische Pest „die Demarkationslinie zwischen zwei Epochen“. Zur politischen Geschichte vgl. G. Ostrogorsky, Geschichte des byzantinischen Staates. Byzantinisches Handbuch, Teil 1, 2. 3. Aufl. München 1963, S. 57ff. J. Grimm, Die literarische Darstellung der Pest in der Antike und in der Romania. Freiburger Schriften zur Romanischen Philologie, VI. München 1965. S. 14ff.; vgl. K. Büchner, Die Pest. Ihre Darstellung bei Thukydides, Lukrez, Montaigne, Camus. In: Ders., Humanitas Romana. Heidelberg 1957, S. 64ff. Eine neuere, umfassende Studie zur Justinianischen Pest in deutscher Sprache existiert nicht. Neben einschlägigen Standardwerken sind bibliographisch wertvoll J.-N. Biraben, Les hommes et la peste en France et dans les pays européens et mediterranéens, Vol. 2. Paris 1976, S. 196-413, und H. Kupferschmidt, Die Pest in der medizinischen Fachliteratur 1879-1985. Eine Bibliographie ausgezogen aus dem Index Medicus. Medizinhistorisches Institut der Universität Zürich. Zürich 1987. P. Allen, The „Justinianic“ Plague, Byzantion 49 (1979), S. 5f. Vgl. Anm. 1.
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Prokop, Anekdota. Griechisch-deutsch, ed. O. Veh. 3. Aufl. München 1981. The Ecclesiastical History of Evagrius with the Scholia, Edd. J. Bidez/L. Parmentier. London 1908 (repr. 1964). Joannis episcopi Ephesi Syri monophysitae commentarii de beatis orientalibus et historiae ecclesiasticae fragmenta, edd. W. J. van Douwen/J. P. N. Land, Verhandelingen der Koninklijke Akademie van Nederland, Afdeeling Letterkunde, 18, Amsterdam 1889. G. Sticker, Abhandlungen aus der Seuchengeschichte und Seuchenlehre, Bd. I, 1. Gießen 1908, S. 7; P. Diepgen, Geschichte der Medizin, Bd. 1. Berlin 1949, S. 240; vgl. G. Keil, Seuchenzüge des Mittelalters, in: B. Herrmann (Hrsg.), Mensch und Umwelt im Mittelalter. Stuttgart 1986, S. 115. Proc. bell. pers. II 22, 6. Proc. bell. pers. II 22, 9. Euagr. H.E. IV 29 (S. 177, 9 Bidez). Thuk. II 48, 1. T. L. Bratton, The Identity of the Plague of Justinian. Parts I.II, Trans. Stud. Coll. Physicians Philadelphia 3 (1981), S. 115. H. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner, Bd. 1, Byzantinisches Handbuch, Teil 5, 1. München 1978, S. 251; vgl. ders., Thukydides bei Johannes Kantakuzenos. Beobachtungen zur Mimesis, Jb. Österr. Byz. 25 (1976), S. 181. B. Rubin, Prokopios von Kaisareia. Stuttgart 1954, Sp. 56 (hier zitiert nach dem Sonderdruck aus Pauly-Wissowas Realencyclopädie XXIII [1957], Sp. 273-599), widerlegt dies jedoch. A. M. Cameron, The „Scepticism“ of Procopius, Historia 15 (1966), S. 480f.; vgl. Hunger, Literatur (wie Anm. 17), S. 298. Hunger, Mimesis (wie Anm. 17), S. 185; vgl. G. Soyter, Die Glaubwürdigkeit des Geschichtsschreibers Prokopios von Kaisareia, Byz. Ztschr. 44 (Festschrift F. Dölger), 1951, S. 542. So Allen (wie Anm. 6), S. 6. Bratton (wie Anm. 16), S. 116. Proc. bell. pers. II 22, 9. E. Stein, Histoire du Bas-Empire, Vol. 2, Publ. par J. R. Palanque. Paris, Bruges 1950 (repr. Amsterdam 1968), S. 758f.; Biraben (wie Anm. 5), Vol. 1, S. 27ff.; ebd. auch die westlichen, lateinischen Quellen zur Pest, auf die hier nicht eingegangen wird; vgl. auch Sticker (wie Anm. 11), S. 25ff. Euagr. H.E. IV 29 (S. 177, 9f. Bidez); vgl. Proc. bell. pers. II 22, 3. Vgl. die Karte bei Biraben (wie Anm. 5), S. 34. E. H. Ackerknecht, Geschichte und Geographie der wichtigsten Krankheiten. Stuttgart 1963, S. 1f. L. I. Conrad, The Plague in the Early Medieval Near East, Ph.D. Thesis. Princeton University 1981 (Ann Arbor, Univ. Microfilms Intern. 1983), S. 456. Proc. bell. pers. II 22, 32 (S. 263 Veh).
240 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
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Proc. bell. pers. II 22, 3-5; Joh. Eph. H.E. frg. E (S. 228, 5-1 Van Douwen); Euagr. H.E. IV 29 (S. 177, 14-19 Bidez). Euagr. H.E. IV 29 (S. 177, 19-21 Bidez). Euagr. H.E. IV 29 (S. 177, 25-30 Bidez). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 234, 1ff. Van Douwen); vgl. Allen (wie Anm. 6), S. 10. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 358ff. S. R. Ell, Immunity as a Factor in the Epidemiology of Medieval Plague, Rev. Infect. Dis. 6 (1984), S. 874f. Cameron (wie Anm. 19), S. 466; Rubin, Prokopios (wie Anm. 18), Sp. 62, Sp. 70. Proc. bell. pers. II 22, 6f. (S. 357 Veh). Proc. bell. pers. II 22, 7f. Euagr. H.E. IV 29 (S. 179, 8 Bidez). Proc. bell. pers. II 22, 10; vgl. Auszüge aus dem sog. „Megas Chronographos“, Ed. P. Schreiner, Die byzantinischen Kleinchroniken, 1. Teil, Corpus Fontium Historiae Byzantinae XII, 1. Wien 1975, S. 42. Joh. Eph. H.E. frg. E (S. 229, 17ff. Van Douwen). Proc. bell. pers. II 22, 13 (S. 359 Veh). Proc. bell. pers. II 22, 17 (S. 359 Veh). Proc. bell. pers. II 22, 18. Dies ist für die Diagnose und für die epidemiologische Einordnung bedeutsam, s.u. Proc. bell. pers. II 22, 18 (S. 359 Veh). Prokops erste Vermutung entspricht den Lehren der zeitgenössischen Medizin; aus seiner zweiten Äußerung spricht die Vorstellung einer persönlich für die Pest verantwortlichen Macht – Gottes? (s. u.). Proc. bell. pers. II 22, 19-26. Allen (wie Anm. 6), S. 9; vgl. Bratton (wie Anm. 16), S. 118. Proc. bell. pers. II 22, 30f. (S. 363 Veh); dem „Megas Chronographos“ (vgl. Anm. 40) zufolge starben diejenigen, die Blut erbrachen, schnell; andere jedoch, bei denen schwarze Bläschen den Körper bedeckten, seien „unverzüglich dem Tode überantwortet worden“. Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 234, 26-28 Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 234, 29-32 Van Douwen). Bratton (wie Anm. 16), S. 113. E. Wiesmann, Medizinische Mikrobiologie, 4. Aufl. Stuttgart 1978, S. 167f.; S. R. Ell, Interhuman Transmission of Medieval Plague, Bull. Hist. Med. 54 (1980), S. 503f. Bratton (wie Anm. 16), S. 113. Proc. bell. pers. II 23, 1 (S. 365 Veh). Bratton (wie Anm. 16), S. 114. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 12, S. 91. E. Seidler, Seuche und Sucht, in: H. Markl (Hrsg.), Natur und Geschichte. München, Wien 1983, S. 198.
Die „Justinianische“ Pest 58 59 60
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Bratton (wie Anm. 16), S. 124; vgl. J. C. Russell, That Earlier Plague, Demography 5 (1968), S. 179. Allen (wie Anm. 6), S. 7f. Euagr. H.E. IV 29 (178, 17ff. Bidez). Auch der „Megas Chronographos“ (vgl. Anm. 40) spricht von einer Krankheit mit vielfachen Ausdrucksformen: Nach dem Fieber habe sich die Krankheit in die komatöse bzw. die mit Geistesverwirrung einhergehende Form differenziert. Nur bei derjenigen ohne Irrsinn seien Bubonen aufgetreten, wobei keinerlei Hinweise auf die relative Verteilung gegeben werden. Der „Megas Chronographos“ schildert keine Beulenpest aus eigenem Erleben, sondern kompiliert aus seinen Quellen eine Notiz, die zwar alle tatsächlichen Charakteristika enthält, jedoch ein falsches Gesamtbild wiedergibt. Vgl. Thuk. II 49, 2f. Euagr. H.E. IV 29 (S. 178, 30-179, 1 Bidez). So Allen (wie Anm. 6), S. 8. Vgl. Thuk. II 51, 4f. Sigerist (wie Anm. 2), S. 48f.; Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 358ff. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 402ff.; zur Problematik dieses „argumentum ex silentio“ vgl. Ell, Transmission (wie Anm. 52), S. 502. Ratten sind in der mittelalterlichen Literatur, Kunst und in Sachresten kaum nachzuweisen, vgl. D. E. Davis, The Scarcity of Rats and the Black Death: An Ecological History, Journ. Interdisciplinary Hist. 16 (1986), S. 462-470. J. D. F. Shrewsbury, The Plague of the Philistines and other MedicalHistorical Essays. London 1964, S. 26. Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 234, 23 Van Douwen). Niceph. Greg. Byzantina Historia, Vol. 2, Ed. L. Schopen, Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae, Vol. 9. Bonn 1830, S. 798, 8-12. Thuk. II 50. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 409. Flöhe sind zwar die wichtigsten Pestüberträger, doch können auch andere Insekten wie Läuse und Wanzen den Erreger verbreiten, vgl. Ell, Transmission (wie Anm. 52), S. 498. Davis (wie Anm. 66), S. 456-58; ob und inwieweit das Vorherrschen der schwarzen Ratte gegenüber der braunen Ratte (Rattus norvegicus) epidemiologisch entscheidend war, ist bis heute noch ungeklärt, vgl. Ell, Transmission (wie Anm. 52), S. 500f. Bratton (wie Anm. 6), S. 117; vgl. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 316f.; Davis (wie Anm. 66), S. 459; nach Ell, Transmission (wie Anm. 52), S. 499f., unterliegt analog auch die Rattenpopulation einem jahreszeitlichen Zyklus mit einem Höhepunkt im Sommer. Ell, Immunity (wie Anm. 35), S. 867. Ell, Transmission (wie Anm. 52), S. 502f.; Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 16-19. Bratton (wie Anm. 16), S. 123f. Die fast absolute Tödlichkeit und das schnelle Sterben in Fällen von Lungenpest bzw. septikämischer Form mag
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einige Chronisten dazu verleitet haben, diese Verläufe hervorzuheben, obwohl sie zahlenmäßig wohl eher gering imponierten. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 314. Proc. bell. pers. II 22, 23 (S. 361 Veh); vgl. Euagr. H.E. IV 29 (S. 179, 2-5 Bidez). Bratton (wie Anm. 16), S. 119. Ebd. V. Nutton, The Seeds of Disease. An Explanation of Contagion and Infection from the Greeks to the Renaissance, Med. Hist. 27 (1983), S. 5f., S. 12; vgl. Sticker (wie Anm. 11), S. 8f. Proc. bell. pers. II 23, 11 (S. 367 Veh). A. Corbin, Pesthauch und Blütenduft. Eine Geschichte des Geruchs. Berlin 1984, S. 29, 88. Wiesmann (wie Anm. 52), S. 168; Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 28. Proc. bell. pers. II 22, 37-39. Proc. bell. pers. II 23, 20; Proc. hist. arc. IV 1-3; „Megas Chronographos“ (vgl. Anm. 40). Euagr. H.E. IV 29 (S. 178, 26-28 Bidez). Thuk. II 51, 6. Euagr. H.E. IV 29 (S. 177, 23-25 Bidez). Proc. bell. pers. II 22, 8. Euagr. H.E. IV 29 (S. 179, 5-9 Bidez). Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 33. Ell, Immunity (wie Anm. 35), S. 868, S. 875. Proc. bell. pers. II 22, 29 (S. 363 Veh). Ackerknecht (wie Anm. 27), S. 9, sieht hier einen Beleg für Leichenöffnungen, welche man im Altertum ansonsten abgelehnt habe. Doch ist letztere Behauptung nicht haltbar, vgl. L. Edelstein, Die Geschichte der Sektion in der Antike, Quellen u. Stud. Gesch. Naturwiss. Med., Bd. 3, Heft 2. Berlin 1932, S. 100-156; für die byzantinische Zeit vgl. L. J. Bliquez/A. P. Kazhdan, Four Testimonia to Human Dissection in Byzantine Times, Bull. Hist. Med. 58 (1984), S. 554-557. Die Frage, ob man für diese Epochen zwischen anatomischen und pathologischen Obduktionen unterscheiden kann und muß, mag hier offenbleiben. Proc. bell. pers. II 22, 34 (S. 363 Veh). Proc. bell. pers. II 23, 3-8; vgl. Joh. Eph. H.E. frg. F (S. 236, 27-31 Van Douwen). Thuk. II 52, 4. H. Bolkestein, Wohltätigkeit und Armenpflege im vorchristlichen Altertum. Ein Beitrag zum Problem „Moral und Gesellschaft“. Utrecht 1939 (repr. Groningen 1967). In den Maßnahmen des Kaisers zur Säuberung der Stadt drückt sich eine Haupttugend des byzantinischen Herrscherideals, die „philanthropia“, aus, vgl. O. Treitinger, Die oströmische Kaiser- und Reichsidee nach ihrer Gestaltung im höfischen Zeremoniell. Jena 1938 (repr. Darmstadt 1969), S. 229.
Die „Justinianische“ Pest 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112
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Proc. bell. pers. II 23, 9-12; vgl. Joh. Eph. H.E. frg. F (S. 236, 32ff. Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. F (S. 237, 4f. Van Douwen). Vgl. Proc. bell. pers. II 23, 12. Joh. Eph. H.E. frg. E (S. 228, 11-14 Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. F (S. 235, 26f. Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. F (S. 236, 1 Van Douwen). Proc. bell. pers. II 22, 12. Joh. Eph. H.E. frg. F (S. 231, 24-26 Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 237, 30-32 Van Douwen). Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 433. W. R. Albury, Historical Reaction to „New“ Diseases, Austr. Journ. For Sciences 18 (1985), S. 5f. Seidler (wie Anm. 57), S. 199f. M. W. Dols, The Black Death in the Middle East. Princeton 1977, S. 294f.; die „Apokalypse“ des Neuen Testaments wurde von der byzantinischen Theologie eher stiefmütterlich behandelt, vgl. H. G. Beck, Kirche und theologische Literatur im byzantinischen Reich, Byzantinisches Handbuch Teil 2, 1. München, 2. Aufl. 1977, S. 471f. Zudem dürfte das latente Fortwirken der altgriechischen Tyche-Vorstellung, eines blind zuschlagenden Schicksals, eine Rolle gespielt haben, vgl. etwa Rubin (wie Anm. 18), Sp. 56-59. Dols, s. o., sieht als Parallele den islamischen Fatalismus der Pestzeiten. Auch im Islam sei es nicht zu kollektiven Gefühlsausbrüchen wie im Abendland gekommen. Proc. bell. pers. II 23, 17f. (S. 369 Veh). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 235, 4-7 Van Douwen). Proc. bell. pers. II 23, 19 (S. 369 Veh). J. L. Teall, The Grain Supply of the Byzantine Empire. 330-1025, Dumb. Oaks Pap. 13 (1959), S. 91. Joh. Eph. H.E. frg. F (S. 231, 26f. Van Douwen); vgl. Proc. hist. arc. XXIII 20. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 470f. Andererseits kann eine Hungersnot eine Pestepidemie nach sich ziehen, indem durch Unterernährung die Resistenz des Körpers abnimmt und es durch Beischaffen aller Nahrungsreserven zum Kontakt von pestinfizierten Nagern mit Menschen kommt, vgl. Dols (wie Anm. 112), S. 22. Joh. Eph. H.E. frg. F (S. 232, 2-9 Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 236, 34-237,2 Van Douwen). Corpus Iuris Civilis, Vol. III, Rec. R. Schoell/W. Kroll, Novella 122, S. 592f. Euagr. H.E. IV 29 (S. 179, 1f. Bidez). Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 460ff. Proc. bell. pers. II 23, 20. Proc. hist. arc. IV 1ff.
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Dies zeigt sich etwa beim „Megas Chronographos“ (vgl. Anm. 40) darin, daß er in seiner Pest-Notiz als erstes Erkrankung und Genesung des Kaisers („durch Gottes guten Willen“) anführt. Novella 122 (vgl. Anm. 121). Eigentliche historische Demographie ist angesichts des Fehlens der Hauptquellen derselben, nämlich Kirchenbücher, in diesem Fall nicht möglich, vgl. etwa A. E. Imhof, Einführung in die historische Demographie. München 1977, S. 97; N. Bulst, Der Schwarze Tod. Demographische, wirtschafts- und kulturgeschichtliche Aspekte der Pestkatastrophe von 1347-1352. Bilanz der neueren Forschung, Saeculum 30 (1979), S. 51ff., erörtert die Schwierigkeiten, die demographischen Folgen der spätmittelalterlichen Pest abzuschätzen, obwohl die Quellenlage hier wesentlich günstiger ist als für die Justinianische. J. Koder, Der Lebensraum der Byzantiner. Historisch-geographischer Abriß ihres mittelalterlichen Staates im östlichen Mittelmeerraum. Byzantinische Geschichtsschreiber, Erg.-Bd. 1. Graz/Wien/Köln 1984, S. 150ff.; vgl. Allen (wie Anm. 6), S. 10. Zur Methode vgl. T. H. Hollingsworth, Historical Demography, 2. Aufl. Cambridge 1976, S. 355. Proc. bell. pers. II 23, 1f. (S. 365 Veh). Man könnte jedoch Prokops Bemerkung auch so auffassen, daß eine Todesrate von 5000 oder gar 10000 nur an einigen wenigen Tagen als Maximum aufgetreten wäre. Unter dieser Annahme ist obige Rechnung hinfällig, aber das ist sie gleichwohl. Hollingsworth (wie Anm. 130), S. 266f.; er folgt hier N. T. J. Bailey, The Mathematical Theory of Epidemics. New York 1957 (inzwischen 2nd Ed.: The Mathematical Theory of Infectious Diseases and its Applications. London 1975). Hollingsworth (wie Anm. 130), S. 367. Allen (wie Anm. 6), S. 10f. Proc. hist. arc. XVIII 8. Proc. hist. arc. XVIII 4. Bratton (wie Anm. 16), S. 175. „Unmögliche“ Zahlen finden sich häufiger bei byzantinischen Geschichtsschreibern: Michael Psellos (1018-nach 1078) spricht von den „ungezählten Myriaden“ an westlichen Feinden des Reiches (Michaelis Psellis Scripta minora, Vol. 1, Edd. E. Kurtz/F. Drexl. Mailand 1936, S. 39); bei Anna Komnene folgen allein Peter dem Eremiten (1096) „etwa zehntausend Normannen“ (Alexias X 6, 1, Ed. B. Leib, Tome 2. Paris 1967, S. 210); laut Johannes Kinnamos kapitulieren die „Untersekretäre“ Kaiser Manuels vor der Zahl der Kreuzfahrer (1147): „Nachdem sie neunhunderttausend (neunzig Myriaden) gezählt hatten, konnten sie nicht mehr weiterzählen“. (Ed. A. Meineke, Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae, Vol. 23, 1. Bonn 1836, S. 69, 19f.) Rubin, Prokopios (wie Anm. 18), Sp. 40. Thuk. III 87, 3.
Die „Justinianische“ Pest 141 142 143 144
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Thuk. II 13, 6. Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 234, 1-3 Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 234, 3f. Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 234, 8-10 Van Douwen). Hier herrscht bereits ein offensichtlicher Widerspruch zwischen den von Johannes geschätzten 300000 Toten, die er selbst gesehen haben will(?), und den „offiziell“ registrierten 230000. Außerdem wurden die Leichen möglichst schnell abtransportiert, so daß Johannes keinesfalls alle 300000 gleichzeitig in den Straßen hätte sehen können. Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 235, 25f. Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 236, 35 Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 236, 28f. Van Douwen). Die Zahl der Tragen mag immerhin größenordnungsmäßig korrekt sein. Georgius Cedrenus, Vol. 1, Ed. I. Bekker, Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae, Vol. 32. Bonn 1830, S. 676, 1-3. Vgl. etwa Allen (wie Anm. 6), S. 11; J. Ruffie/J. L. Sournia, Die Seuchen in der Geschichte der Menschheit. Stuttgart 1987, S. 26, nennen die Angabe von 300000 Todesfällen bei Euagrios (in Wirklichkeit Johannes von Ephesos) „plausibel“. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 118, S. 418. Bei einer Mortalität von 50% wären in der Epidemie von 100 Einwohnern 50 gestorben, während eine Letalität von 50% bedeutet, daß von 100 Erkrankten 50 sterben. Proc. hist. arc. XVIII 44 (S. 165 Veh). Bratton (wie Anm. 16), S. 174. Rubin, Prokopios (wie Anm. 18), Sp. 72. Rubin, Prokopios (wie Anm. 18), Sp. 275. Theophanis Chronographia, Vol. 1, Rec. C. de Boor. Leipzig 1883, S. 232, 14f. So Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 419. J. L. Teall, The Barbarians in Justinian’s Armies, Speculum 40 (1965), S. 306. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 457. P. Charanis, Observations on the Demography of the Byzantine Empire, in: Ders., Studies on the Demography of the Byzantine Empire. Collected Studies. Reprint London 1972, I, S. 5 f.; vgl. D. Jacoby, La population de Constantinople à l’époque byzantine: un problème de démographie urbaine, Byzantion 31 (1961), S. 84f. P. Schreiner, Byzanz. Oldenbourg Grundriß der Geschichte, 22. München 1986, S. 6. Weitere Großstädte dieser Epoche waren das ägyptische Alexandreia und Antiocheia am Orontes, welches allerdings 526 von einem schweren Erdbeben verwüstet worden war, vgl. Charanis (wie Anm. 159), S. 6f. Jacoby (wie Anm. 159), S. 86ff.; Teall, Grain (wie Anm. 116), S. 134. Jacoby (wie Anm. 159), S. 107. Vgl. Bratton (wie Anm. 16), S. 178. Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 237, 24f. Van Douwen).
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Agath. V 10, 4; zitiert nach Agathiae Myrinaei Historiarum libri quinque, Rec. R. Keydell, Corpus Fontium Historiae Byzantinae, Vol. 2. Berlin 1967, S. 176. Georg. Cedr. (vgl. Anm. 148), S. 676, 10f.; Theophan. (vgl. Anm. 155), S. 230, 17. Russell (wie Anm. 58), S. 180; vgl. Ell, Immunity (wie Anm. 35), S. 867. Dieses Modell ist am Beispiel der französischen Ortschaft Givry anhand des erhaltenen Pfarreiregisters aufgezeigt von P. Gras, Le registre paroissal de Givry (1334-1357) et la Peste noire en Bourgogne, Bibliothèque de l’Ecole des Chartes 100 (1939), S. 302-305. E. Patlagean, Pauvreté économique et pauvreté sociale à Byzance, 4-7 siècles. Paris 1977, S. 89; Ell, Immunity (wie Anm. 35), S. 871, S. 876. W. H. McNeill, Plagues and Peoples. Garden City, New York 1976, S. 69, glaubt zudem, daß Verluste unter Jugendlichen kaum wettzumachende Auswirkungen auf den Altersaufbau der Bevölkerung gehabt hätten, doch projiziert diese These eher (post-)moderne Vorstellungen von der „Zwei-KinderFamilie“ ins Mittelalter, welches eine dichte Geburtenfolge in den einzelnen Familien aufwies. Ell, Immunity (wie Anm. 35), S. 872. Ell, Immunity (wie Anm. 35), S. 872; Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 36; Bratton (wie Anm. 16), S. 120f. Vgl. z. B. die Klage eines Mädchens bei Agathias Scholastikos in der Anthologia Graeca V 297 (Ed. H. Beckby, Bd. 1, München 1957, S. 429): „Uns aber wehrt man sogar, die Sonne zu schauen; in dunklem Grübeln, verschlossen im Haus, zehren wir müde uns ab.“ Vgl. Ph. Kukules, Byzantinon bios kai politismos, T. 2, 2. Athen 1948, S. 170f. Bratton (wie Anm. 16), S. 120f. Ell, Immunity (wie Anm. 35), S. 872ff. Ell, Immunity (wie Anm. 35), S. 876. Doch beansprucht diese These nicht, die einzig mögliche und richtige Erklärung für dieses Phänomen zu sein. Russell (wie Anm. 58), S. 177f. Proc. bell. pers. II 24, 10 (S. 373 Veh). Proc. bell. pers. II 24, 25. Russell (wie Anm. 58), S. 182; Teall, Barbarians (wie Anm. 157), S. 322. Teall, Grain (wie Anm. 116), S. 93. Stein (wie Anm. 24), S. 760. Teall, Grain (wie Anm. 116), S. 109. Proc. hist. arc. XVIII 21 (S. 197 Veh). Die tatsächlichen Verhältnisse stark vereinfachend kann man sagen, daß seit den Reformen Diokletians eine Kopfsteuer („capitatio“) und eine an der landwirtschaftlich genutzten Fläche orientierte „iugatio“ erhoben wurden. Da die Dörfer kollektiv für die Steuersumme hafteten, erschien es legitim, zumindest die „iugatio“ auf die Überlebenden umzulegen, vgl. J. Karayannopulos, Das Finanzwesen des frühbyzantinischen Staates. München 1958, S. 28ff., S. 236ff.
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Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 430f.; Bratton (wie Anm. 16), S. 174. Alljährlich wurde von der kaiserlichen Verwaltung die Höhe der Steuerleistung jeder Präfektur festgesetzt, d. h. der erwartete Betrag mußte von den vorhandenen Steuerzahlern eingetrieben werden, vgl. Karayannopulos (wie Anm. 184), S. 89. McNeill (wie Anm. 169), S. 127. Biraben (wie Anm. 5), S. 27-32; Allen (wie Anm. 6), S. 13f.; Russell (wie Anm. 58), S. 179. Nach L. I. Conrad, Ta’un and waba’. Conceptions of Plague and Pestilence in Early Islam, Journ. Econ. Soc. Hist. Orient 25 (1982), S. 288f., verschwindet für die Zeit nach 749 das von den arabischen Autoren für die Pest verwendete Wort (ta’un) aus den Quellen. Theophan. (vgl. Anm. 155), S. 423, 20-22; „Megas Chronographos“ (vgl. Anm. 40), S. 45; vgl. Teall, Grain (wie Anm. 116), S. 101. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 413, S. 456. Bratton (wie Anm. 16), S. 179. Dols (wie Anm. 112), S. 18f.; vgl. Conrad, Ta’un (wie Anm. 187), S. 273. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 466ff.; Russell (wie Anm. 58), S. 182. H. Kennedy, The last Century of Byzantine Syria. A Reinterpretation, Byz. Forsch. 10 (1985), S. 147. Kennedy (wie Anm. 193), S. 182 f.; vgl. McNeill (wie Anm. 169), S. 127. Nach Dols (wie Anm. 112), S. 20-26, verzeichnen die arabischen Chronisten vor dem Schwarzen Tod fünf Pestepidemien in der islamischen Ära, beginnend 627/28 (Jahr 6 Hedschra). Die zweite Pest habe 638/39 (17/18 A.H.) das in Syrien gegen die Byzantiner kämpfende Heer dezimiert. Für Dols, ebd. S. 27f., sind die zyklischen Pestwellen zwischen 688/89 und 744/45 (69-127 A.H.) ein Grund für den Niedergang der Umaiyaden. Die islamische Chronistik habe gar den Untergang der Umaiyaden und die Machtübernahme durch die Abbasiden (749/132 A.H.) mit dem Verschwinden der Pest in ursächlichen Zusammenhang gebracht. Costantino Porfirogenito, De thematibus. Introduzione, testo critico, commento a cura di A. Pertusi, Studi e testi, 160. Città del Vaticano 1952, S. 91. Hier spielt der Kaiser auf die Masseneinwanderung von Slawen nach Griechenland an, vgl. Charanis (wie Anm. 159), S. 10f. Teall, Grain (wie Anm. 116), S. 95f. Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 485f. Charanis (wie Anm. 159), S. 13; Bratton (wie Anm. 16), S. 179; Allen (wie Anm. 6), S. 18; Russell (wie Anm. 58), S. 180. Bulst (wie Anm. 128), S. 45f., glaubt, daß die Justinianische Pest aufgrund der dünneren Besiedlung des Mittelmeerraumes und der weniger verheerenden Beulenpest gegenüber dem Schwarzen Tod („wohl noch immer die größte Katastrophe, die die in Europa lebenden Menschen je getroffen hat“) bedeutungsmäßig zurücksteht. Allen (wie Anm. 6), S. 20; McNeill (wie Anm. 169), S. 128. Hunger, Literatur (wie Anm. 17), S. 331. Russell (wie Anm. 58), S. 181 f.; vgl. Bratton (wie Anm. 16), S. 179f. Novella 77, 1 (vgl. Anm. 121), S. 382.
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Vgl. den Kommentar von Veh, Prokop. Anekdota (wie Anm. 8), S. 314f.; Conrad, Plague (wie Anm. 28), S. 450. Novella 122 (vgl. Anm. 121), S. 592; und Edictum VII, ebd., S. 764. Der zeitgenössische Chronist Johannes Malalas sieht in der Pest das „Mitleid (eusplanchnia) Gottes“ (Chronographia, Rec. L. Dindorf, Corpus Scriptorum Historiae Byzantinae, Vol. 11, Bonn 1831, S. 482, 11). Theophan. (vgl. Anm. 155), S. 423, 1-3; vgl. Theophylacti Simocattae Historiae, Edd. C. de Boor/P. Wirth. Stuttgart 1972, S. 271. Euagr. H.E. IV 29 (S. 179, 12-14 Bidez). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 228, 4f. Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 229, 7 Van Douwen). Joh. Eph. H.E. frg. G (S. 229, 30 Van Douwen). Dieselbe Deutung findet sich auch in den von Johannes verfassten Heiligenviten, vgl. John of Ephesus, Lives of the Eastern Saints. Syriac Text ed. and transl. by E. W. Brooks, Patrologia Orientalis 17, 1. Paris 1923, S. 212. Auch Johannes Malalas erscheint die Pest als Strafe Gottes für menschliche Sünden (Chronographia, vgl. Anm. 205, S. 482, 4-6). Proc. bell. pers. II 22, 11 (S. 357 Veh). Thuk. II 53, 4. Allen (wie Anm. 6), S. 20. Agath. V 10, 7. Thuk. II 48, 3. Thuk. II 54, 1-5. Thuk. II 64, 2. B. Rubin, Der Fürst der Dämonen. Ein Beitrag zur Interpretation von Prokops Anekdota, Byz. Ztschr. 44 (Festschrift F. Dölger), 1951, S. 469. Proc. bell. pers. II 22, 2 (S. 355 Veh); vgl. ebd. II 22, 18. Proc. bell. pers. II 22, 5 (S. 355 Veh). Allen (wie Anm. 6), S. 20. Proc. bell. pers. II 23, 14 (S. 367 Veh). Proc. bell. pers. II 23, 16 (S. 369 Veh). Hunger, Literatur (wie Anm. 17), S. 294ff.; vgl. F. H. Tinnefeld, Kategorien der Kaiserkritik in der byzantinischen Historiographie von Prokop bis Niketas Choniates. München 1971, S. 18. Proc. hist. arc. VIII 24 (S. 73 Veh). Proc. hist. arc. VIII 27 (S. 75 Veh). Proc. hist. arc. XIII 32. Proc. hist. arc. XII 14; vgl. ebd. XII 26. Rubin, Prokopios (wie Anm. 18), Sp. 123. Rubin, Dämonen (wie Anm. 219), S. 469; vgl. Tinnefeld (wie Anm. 225), S. 30ff. Proc. hist. arc. XVIII 36 f. (S. 161 Veh). Rubin, Dämonen (wie Anm. 219), S. 481. Proc. hist. arc. XII 17; vgl. ebd. XVIII 1f. Rubin, Dämonen (wie Anm. 219), S. 471.
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Allen (wie Anm. 6), S. 20, spricht von der „universally unfavourable posthumous reputation“ Justinians. Für die byzantinischen Quellen späterer Zeit trifft dies jedoch kaum zu, vgl. die differenzierte Darstellung von G. Prinzing, Das Bild Justinians I. in der Überlieferung der Byzantiner vom 7. bis 15. Jahrhundert, in: D. Simon (Hrsg.), Fontes Minores VII. Frankfurt a. M. 1986, S. 1-99.
Mischa Meier: Das Ende des Konsulats im Jahr 541/42 und seine Gründe. Kritische Anmerkungen zur Vorstellung eines ,Zeitalters Justinians‘, in: ZPE 138 (2002), S. 277-299. © Habelt, Bonn
Mischa Meier
Das Ende des Konsulats im Jahr 541/42 und seine Gründe Kritische Anmerkungen zur Vorstellung eines ,Zeitalters Justinians‘ Im Jahr 541 bekleidete der hochangesehene Aristokrat Anicius Faustus Albinus Basilius1 das Konsulat.2 Es war das letzte Mal, daß dieses altehrwürdige Amt regulär besetzt wurde.3 In der Folgezeit erscheinen nur noch Kaiser im ersten Jahr nach ihrem Herrschaftsantritt als Konsuln – so etwa Justin II. im Jahr 566.4 Die Frage nach den Gründen für diese faktische Abschaffung des Konsulats durch Kaiser Justinian wird in der Forschung seit längerem diskutiert, doch scheint ein abschließender Konsens noch immer nicht erreicht zu sein. Im folgenden sollen einige Aspekte behandelt werden, die sich möglicherweise als relevante Faktoren in der Frage nach den Ursachen für das Ende des Konsulats erweisen.
I Grundsätzliche Einigkeit besteht darüber, daß das Konsulat im 6. Jahrhundert keinerlei politische Bedeutung mehr besaß; es war finanziell ruinös5 und sollte in erster Linie Geldspenden und Spiele für das Volk der Hauptstadt gewährleisten.6 Justinian zufolge diente das Amt einzig noch der ̧̨̱̥̫̯̥ҡ̝/largitas („Freigebigkeit“) seiner Inhaber, die es allerdings in moderate Bahnen zu lenken gelte.7 Bereits J. B. Bury folgerte aus diesem ‚Niedergang‘ des Amtes, daß seine Abschaffung den hohen Kosten für die Amtsinhaber Rechnung getragen habe; das Konsulat sei schlichtweg nicht mehr finanzierbar gewesen, und Justinian habe einfach keinen Kandidaten mehr finden können, der die Bürde freiwillig habe auf sich nehmen wollen.8 Dieser These widersprach E. Stein,9 der darauf hinwies, daß zum einen die von Prokop auf 2000 Goldpfund veranschlagten Kosten eines Konsulats zu großen Teilen vom Kaiser
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übernommen worden seien,10 daß zum anderen aber ohnehin auch noch genügend vermögende Personen existiert haben müßten, die in der Lage gewesen seien, die Aufwendungen zu tragen, zumal diese von Justinian in der Novelle 105 vom 28. Dezember 537 ja auch ausdrücklich begrenzt worden seien. Auch die neuere Forschung lehnt Burys These als allzu simplifizierend ab. Zwar seien die oströmischen Aristokraten insgesamt nicht so vermögend gewesen wie ihre Standesgenossen im Westen, doch seien auch im Osten die erforderlichen Mittel und Ambitionen durchaus noch vorhanden gewesen.11 Spekuliert wurde zudem darüber, daß das Konsulat im 6. Jahrhundert möglicherweise auch seine letzte Funktion von einiger Bedeutung verloren habe, nämlich die Bezeichnung des laufenden Jahres durch die amtierenden Konsuln.12 Wegen einer Reihe von Unregelmäßigkeiten im 5. Jahrhundert, insbesondere wegen ausbleibender Besetzungen des Konsulats sowie verspäteter Bekanntgaben der Namen der jeweiligen Konsuln in den Provinzen, habe sich das Amt als Datierungskriterium zunehmend als unpraktisch erwiesen und sei allmählich von den Indiktionenzyklen verdrängt worden. Auch diese Erklärung vermag jedoch allein nicht zu überzeugen; denn zum einen dauerten die besagten Unregelmäßigkeiten um die Mitte des 6. Jahrhunderts schon längere Zeit an13 – man müßte bei einer einseitigen Betonung dieses Aspektes also eher fragen, warum das Konsulat überhaupt bis 541 überlebt hat. Zum anderen schrieb Justinian im Jahr 537 ausdrücklich vor, daß fortan alle offiziellen Dokumente nach Herrscherjahr, Konsul und Indiktion zu datieren seien.14 Zwar gibt der Kaiser im Text ein konkretes Bespiel für das gewünschte Formular, in dem nicht nach einem regulären Konsulat, sondern ausgerechnet nach dem Postkonsulat Belisars (cos. 535) datiert wird;15 dies bedeutet jedoch nicht, daß Justinian grundsätzlich eine Datierung nach Postkonsulaten (anstelle von Konsulaten) vorschwebte, sondern erklärt sich hinreichend aus der spezifischen Situation des Jahres 537, in dem das Konsulat zum zweiten Mal hintereinander nach 535 nicht mehr besetzt worden war. Aus dem Tenor der Novelle geht jedenfalls eindeutig hervor, daß die Beibehaltung des Konsulats als Datierungskriterium und damit auch seine künftige Wiederbesetzung weiterhin geplant war.16 Nur wenige Tage vor dem Amtsantritt des Konsuls für das Jahr 538 wurde die 105. Novelle, in der Vorgaben für das maximale Maß an Aufwendungen und repräsentativen Auftritten der Konsuln festgelegt werden, promulgiert: Bei dem neuen Konsul, in dessen Amtszeit die Regelungen zum ersten Mal greifen sollten, handelte es sich um den praefectus praetorio Orientis Johannes den Kappadoker, einen der wichtigsten Mitarbeiter Justinians.17 Im Jahr 541 fiel Johannes jedoch in
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Ungnade und wurde gestürzt.18 Ausgerechnet seit dem Folgejahr wurde das Konsulat nicht mehr besetzt. Es liegt auf den ersten Blick nahe, das Ende des Konsulats in irgendeiner Weise mit der Person des Johannes zu verknüpfen. Ein Erklärungsmodell in diesem Sinne hat E. Stein angeboten.19 Seinen Vermutungen zufolge habe Justinian sich schon in den 30er Jahren mit dem Gedanken getragen, das Konsulat abzuschaffen, denn er habe die hohen finanziellen Zuschüsse für die Amtsinhaber lieber für andere Projekte verwenden wollen. Im übrigen könne man auch davon ausgehen, „daß ihm an sich ein Amt keine Freude bereitete, das von seinen Untertanen ebenso wie von ihm selbst bekleidet wurde“.20 Die Novelle 105 mit ihren Einschränkungen im Bereich der Aufwendungen stehe dem nicht entgegen, denn Justinian betone ausdrücklich, daß das Kaiserkonsulat – d.h. nicht das Untertanenkonsulat – ewig andauern werde.21 Einzig Johannes der Kappadoker habe sich gegen die drohende Abschaffung des Konsulats gestemmt, zum einen, weil er selbst das noch immer mit großem Ansehen verbundene Amt wenigstens einmal habe bekleiden wollen, zum anderen, weil er dem Volk die damit einher gehenden Wohltaten nicht habe entziehen wollen. Er habe also seinen Einfluß beim Kaiser geltend gemacht und die Wiederbesetzung des Konsulats für das Jahr 538 mit seiner Person erreicht. „Andererseits wollte er nicht allzu tief in die Tasche greifen; um dem Vorwurf des Knauserns zu entgehen, ließ er die konsularische Freigebigkeit durch den Kaiser auf ein bescheidenes Maß beschränken.“22 Die 105. Novelle jedenfalls sei nicht von der Person des Johannes zu trennen.23 Daß Justinian bereits in den 30er Jahren das Konsulat kassieren wollte, ist indes nicht nur unwahrscheinlich und überhaupt nicht zu belegen, sondern wird sogar durch die bereits erwähnte 47. Novelle (a. 537), in der das Konsulat als Datierungskriterium für die Zukunft festgeschrieben wird, widerlegt. Auch die enge Verbindung, die Stein zwischen der 105. Novelle und der Person des Johannes sieht, wird in der neuen Forschung zu recht in Frage gestellt. Um die entsprechenden Argumente nachvollziehen zu können, ist zunächst ein kurzer Blick auf die in der Novelle getroffenen Regelungen erforderlich.24
II Der Kaiser beginnt mit einem kurzen Überblick über die Geschichte des Konsulats (beginnend bei den prisci Romani), den er in die Feststellung münden läßt, daß dieses Amt mit der Zeit auf eine reine Freigebigkeit reduziert worden sei, bei welcher jedoch maßvolle Grenzen zu setzen
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seien. Da es aber in der Vergangenheit immer wieder zu Exzessen gekommen sei, befinde sich nunmehr der Name der Konsuln in Gefahr (ц½̡̥̠Ҟ ̯̫ҡ̩̰̩ ѳ̬Ԗ̨̡̩ ̡̦̥̩̠̰̩ԉ̫̩ ̠̥̝½̡̡̮Ӻ̩ ̯Ң ̯Ԗ̩ ѿ½қ̴̯̩ Ѷ̨̩̫̝ […] – quia igitur videmus periclitari consulum nomen), weshalb die nachfolgenden Bestimmungen die Kosten des Konsulats beschränkten, damit das Amt auch weiterhin erhalten bleibe und „allen tüchtigen Männern der Zugang offen steht, die wir einer solchen Ehre für würdig befinden“ (л½̝̮̥ ̠Ҝ ̯̫Ӻ̭ ж̟̝̤̫Ӻ̭ ж̩̠̬қ̮̥̩ ѿ½қ̬̲Ӫ ̞̝̯Ҟ ̫ҁ̭ ̯Ӭ̭ ̯̫̥̝ҥ̯̣̭ ѓ̨̡Ӻ̭ ж̪ҡ̫̰̭ ̡Ѩ̩̝̥ ̨̯̥Ӭ̭ ц̟̦̬ҡ̨̡̩̝̥̩ – omnibus autem bonis viris existat accessibilis quoscumque huiusmodi nos dignos esse honore decreverimus).25 Im folgenden wird zunächst auf ein der Novelle beigefügtes Verzeichnis der genauen Maßgaben und Maximaltarife verwiesen, das jedoch nicht erhalten ist.26 Daraufhin werden die repräsentativen Feierlichkeiten, Spiele und Umzüge auf insgesamt höchstens sieben Gelegenheiten reduziert, wobei auch hier wiederum zur Mäßigung gemahnt wird.27 Die zentrale Bestimmung der Konstitution findet sich im zweiten Kapitel: Den Konsuln wird strikt und unter Androhung von Strafe untersagt, unter der Bevölkerung Gold zu verteilen, denn dies sei allein dem Kaiser vorbehalten. Das Ausstreuen von Silber hingegen sei allen Konsuln gestattet, und zwar in beliebiger Höhe.28 Im folgenden werden die genannten Bestimmungen immer wieder von neuem ausgeführt und eingeschärft, wobei erneut die Sorge um den Erhalt des Untertanenkonsulates artikuliert wird. Denn da es [sc. das Gesetz] einzig aus diesem Grunde erlassen worden ist, damit nicht aufgrund der Maßlosigkeit der Spender das Konsulat eingehe, und wir deshalb jene überflüssigen Schenkungen und Aufwendungen eingeschränkt und die Umzüge, die sich in die Menge ergossen haben, und Schauspiele auf ein leicht übersehbares Maß zurückgeführt haben, und da wir vielleicht auch etwas Gefälligeres hinsichtlich der Zahlen ersonnen haben, indem wir es dem Dafürhalten der Konsuln selbst anheimgestellt haben, Silber auszuwerfen oder gar nichts zu geben, damit uns noch mehr Männer bleiben und sie durch die nach ihnen ausgerichtete Bezeichnung die Zeit zieren, so dürfte derjenige, der die Verordnung übertritt, wohl mit Recht als einer, der unser Gesetz überschreitet, einer Strafe würdig sein. Denn so werden durchgängig Konsuln vorhanden sein […].29
Die Novelle erscheint nur dann überhaupt sinnvoll und relevant, wenn Justinian tatsächlich angestrebt hat, das Konsulat wiederzubesetzen. Da – wie gesagt – auch aus der 47. Novelle eine ähnliche Intention ersichtlich ist, kann nunmehr sicher davon ausgegangen werden, daß die Abschaffung des Konsulats in den späten 30er Jahren in der Tat kein Thema war. Ein diffizileres Problem stellt hingegen die Frage nach den
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Beschränkungen der Aufwendungen dar. War das Konsulat wirklich zu teuer? Dieser These steht der Novellentext selbst eindeutig entgegen: Der Kaiser verbietet zwar das Ausstreuen von Gold, erlaubt aber das Verteilen von Silber, und zwar in beliebiger, d.h. in unbeschränkter Höhe! – Mit anderen Worten: Die Konsuln besaßen durchaus auch weiterhin die Möglichkeit, hohe Summen unter das Volk zu bringen, nur eben nicht mehr in Gold, sondern in Silber. Das Verteilen von Gold aber ist dem Kaiser vorbehalten. Es geht hier offensichtlich weniger um maximale Geldsummen als vielmehr um Prestige. Der Kaiser suchte, so scheint es, nach einem wirkungsvollen Distinktionskriterium gegenüber wohlhabenden Aristokraten und fand dieses in der Monopolisierung der Goldspenden. Steins Rückführung der 105. Novelle auf den Einfluß und die persönlichen Interessen des Johannes vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. In der neueren Forschung wurde zu recht eingewandt, daß Justinian, um Johannes ein Konsulat zu ermöglichen, ja auch schlichtweg einen großen Teil von dessen Aufwendungen hätte übernehmen können, wie es Prokop zufolge ohnehin üblich war; ein spezielles Gesetz sei dafür jedenfalls nicht erforderlich gewesen.30 Im übrigen hätte der ambitionierte Johannes doch wohl kaum eine Novelle initiiert, die zwar ihm selbst den Zugang zum Konsulat erleichtert hätte, aber eben auch vielen anderen nach ihm.31 Aus all diesen Gründen liegt es nahe, als Initiator der 105. Novelle nicht Johannes den Kappadoker, sondern Justinian selbst anzusehen. Bagnall, Cameron, Schwartz und Worp schließen aus der Konstitution auf eine beträchtliche Eifersucht Justinians gegenüber wohlhabenden Aristokraten32 – eine konkretere Umschreibung des Sachverhalts, den Stein schlicht als ‚Eitelkeit‘ bezeichnet hatte.33 Wie im folgenden zu zeigen ist, läßt sich mit dieser These der Hintergrund der 105. Novelle in der Tat zur Genüge erhellen; in der Frage nach den Gründen für das Ende des Konsulats bietet sie jedoch nur eine unbefriedigende Teilerklärung.
III Rivalitäten und Prestigekämpfe zwischen ansässigen Aristokraten, einflußreichen und wohlhabenden Personen und den oströmischen Kaisern besaßen ungeachtet der institutionell überragenden Stellung letzterer in Konstantinopel, das seit dem frühen 5. Jahrhundert zugleich ständige Residenz des Herrschers und Zentrum der Senatsaristokratie war,34 eine längere Tradition. In der Forschung wurde auf das Beispiel Zenons
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(474-491) hingewiesen, der nur wenige Untertanenkonsuln tolerierte (Illus [478], Trocundes [482], Eusebius [489], Olybrius [491]),35 daneben aber das Konsulat jeweils zweimal an sich selbst (475 und 479) und an seinen Bruder Longinus (486 und 490) sowie einmal an den Ostgotenkönig Theoderich (484) vergab.36 Es war ebenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach Zenon, der neben dem ordentlichen Konsulat das Honorarkonsulat einführte. Die Kandidaten hatten dafür 100 Goldpfund zur Instandhaltung der Aquaedukte zu entrichten, durften sich exconsul nennen, standen aber im Rang den ordentlichen Konsuln nach.37 Das Honorarkonsulat erfreute sich rasch einiger Beliebtheit38 und wird in der Forschung mitunter als Entwertung und somit als wichtiger Schritt zum Ende des ordentlichen Konsulats angesehen.39 Zenon jedenfalls wußte offensichtlich um das hohe Ansehen des Konsuls und seiner (ehemaligen) Inhaber sowie die davon ausgehenden Gefahren; der Usurpator Basiliscus (475-476) und der aufständische Illus (484-488) waren immerhin zuvor Konsuln gewesen,40 Basiliscus im Jahr 465,41 Illus im Jahr 478.42 Während es unter Anastasius zu einer deutlichen Konsolidierung des Konsulats kam,43 änderten sich die Verhältnisse erneut unter der Herrschaft Justins I. und vor allem Justinians, der das Konsulat zunächst nur sporadisch besetzte und schließlich – Ausgangspunkt unserer Überlegungen – überhaupt nicht mehr vergab.44 Auch Justinian dürfte den Konsuln Mißtrauen entgegengebracht haben: Hypatius, Pompeius und Probus, die Neffen des Anastasius, spielten gerade aufgrund ihrer Popularität prominente Rollen im Nika-Aufstand 532 – sie alle waren ehemalige Konsuln.45 Daß in der Tat Rivalitäten, Konkurrenzdenken und Eifersucht sich in der letzten Phase des Konsulats im Osten wiederholt als problematische Faktoren erwiesen,46 geht insbesondere aus einem Vergleich mit den Verhältnissen im Westen nach dem Ende des Hesperium Imperium hervor. Allein der reine statistische Befund gibt hier bereits aufschlußreiche Anhaltspunkte:47 Zwischen 480 und 534 (dem Jahr, in dem im ostgotischen Italien der letzte Konsul amtierte)48 gab es im Osten immerhin 21 Jahre ohne Konsul, im Westen dagegen nur 10, wobei letztere Zahl sich z.T. aus Spannungen zwischen den Ostgoten in Italien und der oströmischen Führung, d.h. aus konkret politischen Gründen erklärt. Zudem waren von 47 Westkonsuln dieser Phase immerhin 46 Privatleute, während das Verhältnis im Osten deutlich anders gelagert ist (36 : 21 [Verwandte der Kaiser zu den Kaisern gezählt]). In der Forschung wurde dieser Befund plausibel erklärt:49 Zum einen bezeugt die – gemessen an den äußeren Umständen – auffallend kontinuierliche Liste der Konsuln im Westen das weiterhin hohe Ansehen des Amtes trotz politischer Bedeutungslosigkeit und trotz hoher finanzieller
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Belastungen; obwohl letztere diejenigen im Osten bei weitem übertrafen, wurden sie von den Aristokraten des Westens ohne weiteres getragen. Während Prokop ausdrücklich konstatiert hatte, daß der Kaiser immerhin den größten Teil der durchschnittlich 2000 Goldpfund, die ein Konsulat im Osten verschlang, übernahm (s.o.), hatte Symmachus als praetor im Jahr 401 dieselbe Summe vollständig selbst aufgebracht, und der Senator Maximus spendete anläßlich der Prätur seines Sohnes sogar das Doppelte.50 Zum anderen – und dies ist der in unserem Zusammenhang entscheidende Punkt – resultierte aus dem Umstand, daß Odoaker, die gotischen Könige oder ihre Verwandten in der Regel keinen Anspruch auf das Konsulat erhoben (Ausnahme: Eutharich, cos. 519),51 eine neue Konzentration der Konsuln auf die stadtrömische Aristokratie, wie sie seit langem nicht mehr festzustellen war, „at least as not since the days of the Republic“.52 Die germanischen Herren, die ohnehin nicht in Rom residierten, konnten so nicht in Konkurrenz mit der Aristokratie Roms geraten, ließen den Konsuln in ihrer Freigebigkeit, ihren patronalen Gesten und ihrem generellen Auftreten gegenüber der Bevölkerung Roms freie Hand und zeigten sich im Umgang mit ihnen zuvorkommend und voller Achtung.53 Im Osten herrschte dagegen noch immer ein römischer Kaiser, der überdies stets in der Hauptstadt, dem Forum konsularer Aktivitäten, präsent war. Die aus diesem zentralen strukturellen Unterschied zum Westen resultierende Konkurrenzsituation spitzte sich insbesondere unter Justinian entscheidend zu, der in den 20er und 30er Jahren ohnehin notorisch mit der ansässigen Aristokratie rivalisierte. Einige Beispiele mögen dies illustrieren: Eine zentrale Strategie in der Spätantike, die eigene Freigebigkeit in der Tradition des klassischen Euergetismus zu demonstrieren und dabei zugleich auch noch die eigene Frömmigkeit als besondere Tugend herauszustellen, bestand in der Stiftung von Kirchenbauten. Justinian stattete dementsprechend bereits vor seiner Alleinherrschaft eine Apostelkirche in Konstantinopel aus.54 In besonderer Weise manifest wird sein Bestreben, die Leistungen der zeitgenössischen Aristokraten selbst als Alleinherrscher noch zu übertreffen, jedoch ausgerechnet im Prachtbau der Hagia Sophia, die 537 zum ersten Mal und 562 (nach dem Einsturz der Kuppel 558 infolge von Erdbeben) ein weiteres Mal geweiht wurde. Nachdem 1960 die Reste der Polyeuktoskirche in Istanbul zutage getreten sind und eindeutig identifiziert werden konnten,55 kann mittlerweile sicher davon ausgegangen werden, daß Justinian mit dem Bau seiner Hagia Sophia die Polyeuktoskirche, bis dahin der größte Kirchenbau der Stadt, in den Schatten stellen wollte. Die Polyeuktoskirche war im frühen 6. Jahrhundert (zumindest teilweise noch während der Herrschaft
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Justins I.) monumental ausgestaltet worden.56 Die dazu erforderlichen Mittel hatte Anicia Iuliana gestellt, eine Tochter des weströmischen Kaisers Olybrius, Enkelin Valentinians III. und somit Angehörige des römischen Hochadels,57 die sogar mit Papst Hormisdas u.a. über die Aufhebung des Akakianischen Schismas korrespondierte58 und damit konkurrierend in eine Diskussion eingriff, deren erfolgreichen Abschluß Justin und Justinian gerade als ihre ureigenste Leistung angesehen wissen wollten. In der Überlieferung ist die Rivalität zwischen Iuliana und dem Kaiser überdies noch klar faßbar.59 Iulianas Kirche sollte – wie aus dem Epigramm, das den Bau ursprünglich schmückte, hervorgeht – den biblischen Tempel Salomons nachempfinden.60 In diesem Zusammenhang ist der berühmte, jedoch nur in später Tradition überlieferte Ausspruch Justinians „Ich habe dich übertroffen, Salomon!“ (ц̩ҡ̦̣̭қ ̡̮, ̧̨̫̫̏ҧ̩) zu sehen.61 Dem Kaiser war es gelungen, Iulianas Prachtbau in den Schatten zu stellen. Auch andere Quellenzeugnisse zielen auf den Vergleich der Hagia Sophia mit Salomons Tempel ab.62 Vor diesem Hintergrund sollte die isolierte Nachricht Prokops, wonach Justinian den Kirchenbau im gesamten Reich für sich monopolisiert habe, zumindest als tatsächlicher – wenn auch nicht umgesetzter – Anspruch ernst genommen werden.63 Ganz im Rahmen aristokratischer Selbstdarstellung bewegte sich daneben auch Justinians energische Unterstützung der Zirkuspartei der Blauen und ihre Funktionalisierung als Terrororganisation in der Phase vor seiner Alleinherrschaft, ein Vorgehen, das immerhin zu derartigen Exzessen geführt haben soll, daß der spätere Kaiser angeblich sogar kurzfristig inhaftiert wurde.64 Das berühmteste Beispiel für Justinians Umgang mit Personen, in denen er Konkurrenten um Popularität und Ansehen sowie eine potenielle Gefahr für die Stabilität seiner Herrschaft sah, stellt indes das von Höhen und Tiefen gekennzeichnete, letztlich aber traurig endende Schicksal Belisars dar. Ohne auf Einzelheiten einzugehen (eine umfassende, dem neuesten Forschungsstand Rechnung tragende BelisarBiographie steht noch aus),65 seien kurz die in unserem Zusammenhang wichtigsten Stationen in der Vita dieses erfolgreichen Feldherrn aufgeführt: Bereits nach der Niederringung der Vandalenherrschaft in Afrika wurde Belisar, der erstmals mit seinem Sieg über die Perser bei Dara (530) einen Erfolg von epochaler Bedeutung hatte verzeichnen können,66 im Jahr 534 mit ersten Usurpationsgerüchten in Verbindung gebracht.67 Sein riskantes und noch immer schwer zu beurteilendes Täuschungsmanöver in Italien zum Abschluß des Gotenkrieges (bzw. – wie sich erst später herausstellen sollte – nur seiner ersten Phase) im Jahr 54068 ließ beim Kaiser weitere Schatten auf seine Person fallen. Wahr-
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scheinlich um 542 geriet der Feldherr erstmals in ernsthaften Mißkredit,69 549 wurde er infolge der stagnierenden Kriegführung gegen die Goten seines Kommandos (in Italien) endgültig enthoben.70 Als im Jahr 559 kutrigurische Scharen Konstantinopel bedrohten, schien die Lage aussichtslos zu sein. In dieser prekären Situation wurde der mittlerweile greise Feldherr noch einmal mit einem militärischen Kommando betraut und vermochte die Stadt trotz fehlender Verteidigungs-Ressourcen dennoch zu retten, was ihm noch einmal einen hohen Prestigegewinn eingetragen haben muß.71 Wenig später, im Jahr 562, wurde er jedoch in die Marcellus-Verschwörung gegen Justinian verwickelt und fiel in Ungnade, wobei seine Rolle und die Frage einer tatsächlichen Beteiligung an diesem Komplott auch in diesem Fall wiederum unklar bleiben.72 Zwar wurde Belisar am 19. Juli 563 formal wieder rehabilitiert, starb aber bereits im März 565, wenige Monate vor Justinian.73 Seine militärischen Fähigkeiten und seine Erfolge müssen die oströmische Öffentlichkeit in böswillige Neider (wohl vor allem innerhalb der Senatsaristokratie) und ergebene Verehrer polarisiert haben. Letzteres scheint der Kaiser als Gefahr für sein eigenes, ohnehin nie uneingeschränkt hohes Ansehen empfunden zu haben. Er war jedenfalls stets darum bemüht, den Ruhm und die daraus erwachsende Popularität seines Heerführers nicht allzu sehr anwachsen zu lassen, so daß die Karriere Belisars mehrere Brüche aufweist. Im populären Belisar-Lied lebte die Erinnerung an den Feldherrn als Inbegriff des treuen, aber immer wieder durch kaiserliche Mißgunst gedemütigten Soldaten bis in die spätbyzantinische Zeit weiter.74 Diesem Verhalten entspricht die grandiose Inszenierung des ersten Konsulats Justinians im Jahr 521 (also während der Herrschaft seines Onkels Justins I. und unmittelbar im Anschluß an Konsulat und Ermordung Vitalians,75 des einzigen gefährlichen Rivalen Justinians um den Kaiserthron),76 womit der zukünftige Augustus die bis dahin im Osten bekannten Maßstäbe gesprengt haben soll. Marcellinus Comes berichtet, Justinian habe 288000 solidi für sein Konsulat aufgewendet, eine Summe, die 4000 Goldpfund entspricht – gemessen an den Verhältnissen des Westens nicht einzigartig, im Osten bis zu diesem Zeitpunkt jedoch unerreicht.77 Damit praktizierte Justinian vor seinem Herrschaftsantritt genau das, was er als Kaiser in der 105. Novelle einzudämmen versuchte: Unmäßige Freigebigkeit, um Popularität und Ansehen in der Bevölkerung Konstantinopels zu gewinnen.78 Sieht man einmal von dem Konsulat des Jahres 528 ab, das zu bekleiden für den seit 527 allein herrschenden Augustus den zeitgenössischen Usancen entsprach,79 so zeigt sich, daß Justinian auch seine beiden weiteren Konsulate (533, 534) gezielt zur Selbstinszenierung und zur Zentrierung aller bis dahin erreichten Erfolge auf seine Person instrumentalisierte. So wird in der
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programmatischen Konstitution Tanta vom 16. Dezember 533 anläßlich der Promulgation der Digesten in deutlicher Weise die Bedeutung des Konsulates des Kaisers akzentuiert:80 leges autem nostras, quae in his codicibus, id est institutionum seu elementorum et digestorum vel pandectarum posuimus, suum optinere robur ex tertio nostro felicissimo sancimus consulatu, praesentis duodecimae indictionis tertio calendas Ianuarias, in omne aevum valituras et una cum nostris constitutionibus pollentes et suum vigorem in iudiciis ostendentes in omnibus causis, sive quae postea emerserint sive in iudiciis adhuc pendent nec eas iudicialis vel amicalis forma compescuit. Quae enim iam vel iudiciali sententia finita sunt vel amicali pacto sopita, haec resuscitari nullo volumus modo. Bene autem properavimus in tertium nostrum consulatum et has leges edere, quia maximi dei et domini nostri Ihesu Christi auxilium felicissimum eum nostrae rei publicae donavit: cum in hunc et bella Parthica abolita sunt et quieti perpetuae tradita, et tertia pars mundi nobis adcrevit (post Europam enim et Asiam et tota Libya nostro imperio adiuncta est), et tanto operi legum caput impositum est, omnia caelestia dona nostro tertio consulatui indulta. Wir bestimmen aber, daß unser Gesetzeswerk, das wir in diesen Büchern festgelegt haben – d.h. die Institutiones oder Grundlagen und die Digesten bzw. Pandekten –, seine Gültigkeit am Ende unseres dritten höchst segensreichen Konsulates erhält, in der momentanen 12. Indiktion, und zwar am 30. Dezember, und daß es dann für alle Ewigkeit in Kraft bleibt, zusammen mit unseren Konstitutionen gilt und seine Gültigkeit vor Gericht in allen Fällen demonstriert, sei es in Verfahren, die später einmal entstehen, sei es in solchen, die momentan noch anhängig sind und die noch keine gerichtliche oder gütliche Einigung beendet hat. Denn diejenigen, die entweder durch ein Gerichtsurteil oder durch gütliche Einigung zum Abschluß gebracht worden sind, wollen wir auf keinen Fall wieder neu aufleben lassen. Gut aber haben wir daran getan, uns so zu beeilen, noch für unser drittes Konsulat auch dieses Gesetzbuch herauszugeben, weil der segensreichste Gunsterweis des höchsten Gottes und unseres Herrn Jesus Christus dieses [Konsulat] unserem Staat geschenkt hat: Denn in ihm wurden die Perserkriege beendet und ewigem Frieden zugeführt, der dritte Teil der Welt ist uns hinzugewachsen (nach Europa und Asien ist nämlich auch ganz Libyen unserem Reich angegliedert worden), und ein so gewaltiges Gesetzeswerk hat sein Haupt erhalten – alles himmlische Geschenke, die unserem dritten Konsulat gewährt worden sind.
Die Promulgation der Digesten, der ‚ewige‘ Friede mit den Persern und die Eroberung des Vandalenreichs stellten für Justinian also Erfolge dar, die gezielt von Gott in das dritte Konsulat des Kaisers gesetzt worden waren. Auch das Folgejahr 534, in dem es die Niederringung der Vanda-
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len zu feiern galt, bot Anlaß für hohe Erwartungen; Justinian ließ es sich daher nicht nehmen, auch in diesem Jahr das Konsulat zu bekleiden.81 In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß der berühmte Triumph über die Vandalen des Jahres 53482 keinesfalls – wie in der Literatur immer wieder zu lesen ist83 – ein Triumph Belisars war, sondern vielmehr ein Triumph des Kaisers. Die Forschung ist bei der Beurteilung der Zeremonie zumeist der Suggestionskraft der ausführlichen Darstellung der Szene bei Prokop erlegen,84 der freilich in erster Linie seinen verehrten Helden Belisar in den Vordergrund rücken wollte. Aus parallelen Zeugnissen geht jedoch klar hervor, daß der Triumph einzig Justinian selbst galt und Belisar lediglich als fügsames Werkzeug des Kaisers präsentiert wurde,85 eine Darstellungsweise, die in der demütigen Proskynese des glorreichen Feldherrn vor Justinian am Ende der triumphalen Prozession ihren besonderen Ausdruck fand.86 Hier wurden die Hierarchien klar benannt. Letztlich hat auch Prokop selbst diese Verhältnisse deutlich gesehen und in seiner Beschreibung des Triumphes indirekt kritisiert. Denn er konstatiert, daß Belisar sich in einem Festzug durch die Stadt bewegt habe, „den die Römer Triumph nennen“87 – bringt also gezielt den terminus technicus für die alte, seit sechs Jahrhunderten88 in dieser Form nicht mehr durchgeführte Zeremonie an, um sogleich einschränkend hinzuzufügen: „aber nicht nach alter Sitte“.89 Denn Belisar mußte zu Fuß von seinem Haus durch die Stadt bis zum Kaiserthron im Hippodrom ziehen;90 ein feierlicher adventus und der traditionelle Triumphwagen blieben ihm also versagt.91 Auch die abschließende Demutsgeste vor dem Kaiser entsprach nicht herkömmlichem Brauch. Belisar wurde demzufolge äußerlich ein Triumph in altrömischer Tradition gewährt, jedoch ohne die eigentlich konstituierenden Elemente. Der von Justinian in gezielter Anlehnung an altrömische Triumphzeremonien für republikanische Feldherren oder für Kaiser wie Titus und Traian (die anders als Justinian noch selbst ins Feld gezogen waren)92 inszenierte ‚Triumph Belisars‘ war in den Augen des Historikers also eine Farce. Mit umso größerer Genugtuung kann Prokop dann jedoch festhalten, daß Belisar wenig später doch noch einen Triumph nach alter Sitte feiern konnte (Ѳ̧ҡ̟Ԕ ̠Ҝ ̡̮̯̬̫̩҃ ˿̡̧̥̮̝̬ҡԔ ̦̝Ҡ ѳ ̤̬ҡ̨̝̞̫̭ ̦̝̯Қ ̠Ҟ ̯Ң̩ ½̧̝̝̥Ң̩ ̩ң̨̫̩ ̡̡̧̪̰̩̯ҝ̮̤̣) – allerdings nicht im Rahmen einer vom Kaiser minutiös geplanten Zeremonie: Er sei nämlich zum Konsul des Jahres 535 ernannt worden, habe sich von Kriegsgefangenen durch die Straßen tragen lassen und die Beutestücke aus dem Vandalenkrieg – darunter auch goldene Gürtel (̢ҧ̩̝̭ ̲̬̰̮қ̭) – von der sella curulis aus unter das Volk verteilt; jetzt erst schien die alte Sitte wieder zu neuem
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Leben erwacht (̦̝ҡ ̯̥ ̯Ԗ̩ ̫Ѿ̦ ̡Ѣ̴̤ң̴̯̩ ж̡̩̝̩̫ԉ̮̤̝̥ ̯ԗ ̲̬ң̩Ԕ ъ̡̠̫̪).93 Nachdem Justinian beim Triumph des Jahres 534 in der skizzierten Weise darauf gesehen hatte, den Erfolg über die Vandalen einzig als Ergebnis seiner eigenen kaiserlichen Sieghaftigkeit zu präsentieren und Belisar lediglich als ausführendes Organ darzustellen, mußte dessen prunkvolle Konsularprozession, die eine beträchtliche Erhöhung des ohnehin großen Ansehens des Feldherrn zu Folge gehabt haben wird, erheblichen Unmut beim Kaiser provoziert haben. Es ist daher kaum verwunderlich, daß dieser das Konsulat für die folgenden beiden Jahre zunächst nicht mehr besetzte und unmittelbar vor dem Amtsantritt eines neuen Konsuls am 1. Januar 538 das Austeilen von Gold, womit Belisar u.a. seine Popularität gewonnen hatte, verbot.94 Auch die Beschränkung der Gelegenheiten zur Demonstration üppiger Freigebigkeit für die Konsuln läßt sich auf das Verhalten Belisars zurückführen und wird angesichts dessen Auftritts in Syrakus nach der Annexion Siziliens zu Beginn des Gotenkrieges (31. Dez. 535) verständlich:95 ̧̡̞̝̮̥ҥ̭ ̡̯ ц̦ ̯̫ԉ̡̠ ̡̧̥̦̏ҡ̝̩ ѷ̧̣̩ ц̭ ̱ң̬̫̰ ж½̴̝̟̟Ҟ̩ ̦̝̯ҟ̦̫̫̩ ̡Ѩ̡̲. ̯ԗ ̠Ҝ ˿̡̧̥̮̝̬ҡԔ ̯ң̡̯ ̡̦̬Ӻ̮̮̫̩ ̧ң̟̫̰ ̡Ѿ̯ҥ̨̲̣̝ ̪̰̩̣̩ҝ̲̤̣ ̡̟̩ҝ̮̤̝̥. ̯Ӭ̭ ̟Қ̬ ѿ½̡̝̯ҡ̝̭ ̧̝̞Ҧ̩ ̯Ң ж̪ҡ̴̨̝ ц½Ҡ ̯ԗ ˿̝̩̠ҡ̧̫̰̭ ̡̩̩̥̦̣̦ҝ̩̝̥, ̯̝ҥ̯̣̭ ъ̯̥ ц̲ң̨̡̩̫̭, ц½̡̥̠Ҟ ½̡̝̬̮̯ҟ̮̝̯̫ ̡̧̥̦̏ҡ̝̩ ѷ̧̣̩, ̯ӭ ̯Ӭ̭ ѿ½̡̝̯ҡ̝̭ ѿ̮̯қ̯Ӫ ѓ̨ҝ̬ӛ ц̭ ̯Қ̭ ̰̬̝̦̫̏ҥ̮̝̭ ̡Ѣ̮ҟ̧̡̝̮, ½̬ң̭ ̡̯ ̯̫ԉ ̮̯̬̝̯̫½ҝ̠̫̰ ̦̝Ҡ ̴̡̧̥̦̥̯̏Ԗ̩ ̦̬̫̯̫ҥ̨̡̩̫̭ ц̭ ̯Қ ̨қ̧̥̮̯̝ ̦̝Ҡ ̩ң̨̨̥̮̝ ̲̬̰̮̫ԉ Ԉҡ½̴̯̩ л½̝̮̥̩. ̫Ѿ̦ ц̡̪½ҡ̡̯̣̠̭ ̨ҝ̩̯̫̥ ̝Ѿ̯ԗ ½̡½̫ҡ̣̯̝̥ ̯̫ԉ̯̫, ж̧̧қ ̯̥̭ ̯ԗ ж̩̤̬ҧ½Ԕ ̪̰̩ҝ̞̣ ̯ҥ̲̣ ½ӝ̮̝̩ ж̴̨̩̝̮̮̝ҝ̩Ԕ ̯Ҟ̩ ̩Ӭ̮̫̩ ԏ̴̨̝ҡ̫̥̭ ц̡̦ҡ̩Ӫ ̯ӭ ѓ̨ҝ̬ӛ ц̭ ̯Қ̭ ̰̬̝̦̫̏ҥ̮̝̭ ц̡̧̧̮̣̝̦ҝ̩̝̥, ̯ҟ̩ ̡̯ ̯Ԗ̩ ѿ½қ̴̯̩ ж̬̲Ҟ̩, ̫Ѿ̲ ҿ½̡̬ ̡Ѣҧ̡̤̥ ц̩ ̯ԗ ˿̢̰̝̩̯ҡ̫̰ ̧̡̞̫̰̰̯̣̬ҡԔ, ж̧̧’ ц̩̯̝ԉ̤̝ ̡̨̦̝̯̝̤ҝ̩Ԕ ц̪ ѿ½қ̴̯̩ ̡̟̩ҝ̮̤̝̥. ˿̡̧̥̮̝̬ҡԔ ̨Ҝ̩ ̫̩҄ ̴̫̯҃ ̠Ҟ ̡Ѿ̨̡̣̬Ӭ̮̝̥ ̪̰̩ҝ̡̯̰̲̩. Der Kaiser besaß seitdem ganz Sizilien als tributpflichtige Provinz. Belisar aber wurde damals ein Glück zuteil, das in Worten kaum beschreibbar ist. Da er nämlich die Würde des Konsulats für seinen Sieg über die Vandalen erhalten hatte, und dieses auch noch innehatte, als er ganz Sizilien erobert hatte, zog er am letzten Tag des Konsulats in Syrakus ein; und während er von seinem Heer und den Sikelioten in besonderer Weise gefeiert wurde, verteilte er Goldstücke unter die Menge. Dies ist nicht gezielt arrangiert worden, sondern einem Zufall war es zu verdanken, daß der Mann, der die ganze Insel für die Römer gesichert hatte, an jenem Tag in Syrakus eingezogen ist und das Konsulamt nicht – wie gewöhnlich – im Senat von Byzanz, sondern dort niedergelegt hatte und exconsul wurde. Ein solches Glück wurde Belisar zuteil.
Aus der Beschreibung Prokops geht deutlich hervor, in welch überragender Stellung Belisar sich fern von Konstantinopel feiern ließ. Zu-
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gleich verrät seine besondere Akzentuierung des Zufalls, der zu dieser Situation geführt hatte, aber auch, daß die Prozession des Feldherrn durch Syrakus vom Kaiser offenbar nicht sonderlich positiv aufgenommen worden war und gerechtfertigt werden mußte. Unvorhergesehene Feierlichkeiten zu Ehren eines Konsuls, noch dazu außerhalb Konstantinopels, sowie das freigebige Verteilen von Gold sollten nach der Promulgation der 105. Novelle folgerichtig nicht mehr möglich sein. Die Bestimmungen der 105. Novelle schienen sich zunächst zu bewähren96 und erlaubten es Justinian sogar, nach dem Abtritt des Konsuls von 538, Johannes des Kappadokers, die Würde nacheinander an drei reiche Aristokraten zu vergeben;97 zu übermäßigen Akten konsularer Freigebigkeit und Selbstinszenierung jenseits des in der 105. Novelle vorgegebenen Rahmens ist es dabei offenbar nicht gekommen. Insofern stellt sich nunmehr von neuem die Frage, warum das Konsulat trotz dieses Erfolges seit 541 plötzlich überhaupt nicht mehr besetzt wurde.
IV Die neuere Forschung hat diese letztlich entscheidende Frage bislang nicht befriedigend zu beantworten vermocht. Verwiesen wurde darauf, daß die drei Nachfolger des Johannes im Konsulat zwar durch die 105. Novelle in ihren repräsentativen Aufwendungen eingeschränkt worden seien, als Angehörige der wohlhabendsten Familien des Reiches jedoch die verbleibenden Möglichkeiten der Selbstdarstellung durchaus genutzt hätten, ein Umstand, der sich u.a. in wertvollen (für alle drei Konsuln erhaltenen) Konsulardiptychen manifestiere.98 Daneben wurde erneut auf Belisar verwiesen, dem Justinian nach seiner Rückkehr aus Italien 540 zwar einen Triumph verweigert habe, der sich aber trotz allem von der Bevölkerung Konstantinopels glanzvoll – vielleicht ein wenig zu glanzvoll – habe feiern lassen.99 Und schließlich sei auch das Schicksal Johannes des Kappadokers nicht ohne Bedeutung, der sich noch unmittelbar vor seinem Sturz in einer großangelegten Prozession durch die östlichen Provinzen von den Massen habe feiern lassen.100 Aus diesen Überlegungen wurde daher gefolgert: „Each of the two great ministers saw the other as his rival, and Justinian was suspicious of both. It would not be surprising if they had confirmed his worst fears about the dangers of the consulate. Justinian naturally became more anxious about the possibility of rivals for popular favor the more his own popularity declined. The continuation of wars on all fronts and increasing austerity at home left less money for games, and in the remaining 25 years of his
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reign Justinian never took the consulate again himself. If the emperor could not afford to be consul, it was clear that no one else could be allowed to“.101 Die Aporie ist offenkundig: Wurden in der neueren Forschung die Ansätze Burys und Steins, wonach das Ende des Konsulats auf seine allzu hohen Kosten bwz. auf den Sturz Johannes des Kappadokers zurückzuführen sei, auf der einen Seite kritisiert und zu recht in Frage gestellt, so dienen letztlich exakt dieselben Thesen trotz allem weiterhin als Erklärung für die faktische Abschaffung dieses Amtes. Dies kann nicht befriedigen.
V Um eine neue Deutungsperspektive zu erarbeiten, erscheint es angemessen, von den unmittelbar personalen Faktoren zu abstrahieren und die Gesamtsituation des Oströmischen Reiches zur Zeit der Abschaffung des Konsulats in den Blick zu nehmen. Dabei zeigen sich zunächst entscheidende Veränderungen der allgemeinen Lage, wenn man die frühen 40er Jahre mit den 30er Jahren vergleicht. Die 30er Jahre waren für Ostrom und insbesondere den Kaiser eine Phase, in der überwältigende Erfolge einander ablösten.102 Der Perserkrieg, den Justinian als schweres Erbe der Herrschaft Justins I. weiterzuführen hatte und der die Ressourcen des Ostens in gefährlicher Weise überzustrapazieren drohte, konnte nach dem überraschenden Erfolg Belisars bei Dara (530) und der temporären Schwäche des neuen Perserkönigs Chosroes, der sich nach dem Tod des Kabades zunächst gegen Widerstände im eigenen Reich durchzusetzen hatte, mit dem ‚ewigen‘ Frieden des Jahres 532 beigelegt werden.103 Die Promulgation der mit gewaltigem Aufwand erstellten Digesten bereits im Jahr 533 sowie die überraschend kurzfristige Intervention im Vandalenreich, die mit der Wiedereingliederung Nordafrikas in die römische Herrschaft 534 endete, wurden ebenfalls – wie bereits angedeutet – als besondere Geschenke Gottes für den Kaiser gefeiert. Der Nika-Aufstand hatte zu einer Konsolidierung der Herrschaft Justinians und zu einer massiven Schwächung senatorischer Widerstände geführt, der Prachtbau der Hagia Sophia konnte bereits im Jahr 537 geweiht werden. Selbst der Gotenkrieg schien nach Belisars Einzug in Ravenna und der Internierung des ostgotischen Königs Witigis im Mai 540 nach erstaunlich kurzer Zeit erfolgreich abgeschlossen.104 Die Aufbruchsstimmung jener Jahre spiegelt sich in den Zeugnissen justinianischer Repräsentation allenthalben.105
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Noch im Jahre 540 begann jedoch eine Phase katastrophaler Rückschläge, die all die errungenen Erfolge und die großartigen Leistungen in kurzer Zeit zunichte zu machen schienen. In Italien hatte Belisar durch sein politisch unkluges Taktieren keinesfalls für klare Verhältnisse gesorgt, sondern der Neuformierung gotischen Widerstandes nach seiner Abberufung nach Konstantinopel lediglich Vorschub geleistet. Unter den neuen Königen Hildebad sowie insbesondere Totila begann eine energische gotische Reconquista; Italien, das man 540 bereits wieder als Bestandteil des Reiches angesehen hatte, ging binnen weniger Monate erneut verloren.106 Im selben Sommer brach Chosroes im Osten den ‚ewigen‘ Frieden und fiel in den römischen Osten ein. Obwohl dieser Schritt absehbar war – ein Hilfegesuch des Witigis an Chosroes, die Römer in einen Zweifrontenkrieg zu verwickeln, war durchaus bekannt107 –, trafen die Perser auf nahezu überhaupt keinen Widerstand. Mehrere römische Städte fielen in ihre Hand und wurden dem Erdboden gleichgemacht, darunter Antiocheia, die Metropole des Ostens – eine Katastrophe sondergleichen, die bei den Zeitgenossen tiefen Eindruck hinterließ.108 Der Persereinfall des Jahres 540 stellte indes lediglich den Beginn neuer kräftezehrender Auseinandersetzungen im Osten dar, die wichtige Ressourcen banden.109 Die größte Katastrophe folgte schließlich im Jahr 541/42 mit dem Ausbruch der Pest, die sich seit Herbst 541 von Ägypten aus im Reichsgebiet auszubreiten begann und noch im selben Jahr die Hauptstadt erreichte, wo sie Todesopfer in bis dahin nicht gekanntem Ausmaß forderte.110 Vorausgegangen waren ihr ein schwerer Kutrigureneinfall im Jahr 539/40111 sowie eine Reihe zermürbender Erdbeben.112 In Konstantinopel kam das öffentliche Leben für einige Zeit vollkommen zum Erliegen,113 zumal sogar der Kaiser selbst erkrankte.114 Johannes von Ephesos, von dem wir die ausführlichste Schilderung der Ereignisse besitzen, durchreiste zum Zeitpunkt der Epidemie das Oströmische Reich; er berichtet von Landstrichen, die wegen des Verlusts der Bewohner verödet waren,115 und will sogar Dörfer gesehen haben, die von der Pest vollständig entvölkert worden waren.116 So banal es zunächst klingen mag: Nach diesen Katastrophen hatte sich das Gesicht des Oströmischen Reiches nachhaltig gewandelt, wobei sich eine spezifische Tendenz beobachten läßt: Altrömische Traditionen, auf die insbesondere Justinian in den 20er und 30er Jahren bekanntlich bevorzugt zurückgriff – ein Umstand, der in der Forschung als klassizistische bzw. archaistische Haltung des Kaisers beschrieben wurde117 –, werden seit den frühen 40er Jahren zunehmend zurückgedrängt bzw. durch christliche Symbolik überformt. Christlich-religiöse Ausdrucksformen und Elemente beginnen seit der Spätzeit Justinians, die kaiserli-
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che Repräsentation, die Literatur sowie alle übrigen Aspekte, in denen wir das private und öffentliche Leben fassen können, deutlich zu bestimmen. Es handelt sich dabei um einen komplexen Entwicklungsprozeß, dessen Erforschung noch in den Anfängen steht, der aber immerhin bereits anschaulich von Av. Cameron beschrieben worden ist.118 Das Ende des Konsulats – so die im folgenden vertretene These – scheint einen Teilaspekt dieser Entwicklung darzustellen, die im folgenden anhand signifikanter Beispiele ansatzweise zu skizzieren ist: Bereits ein oberflächlicher Blick auf die politischen Aktivitäten Justinians zeigt deutlich, daß es in den frühen 40er Jahren zu erheblichen Veränderungen gekommen sein muß. Aus dem quantitativen Befund der Novellen ergibt sich, daß die gesetzgeberische Aktivität seit 542 merklich zurückgeht.119 Dies allein auf überlieferungsbedingte Verluste zurückführen zu wollen, scheitert zum einen an der Tatsache, daß in diesem Fall keine plausible Erklärung für den Umstand gegeben werden kann, daß ausgerechnet die späten Novellen Justinians zu großen Teilen verloren gegangen sein sollen. Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß nicht nur die Anzahl der Novellen zurückgeht, sondern auch ihre Gestaltung sich wandelt; die vielbeschworenen klassizistischen Tendenzen lassen sich nach 542 nur noch sporadisch greifen, ein Umstand, der in der Forschung zwar seit langem bekannt ist,120 der bislang aber stets mit dem Tod des zuständigen quaestor sacri palatii Tribonian 542 erklärt wird.121 Auch das gleichzeitig zu beobachtende generelle Nachlassen des kaiserlichen Reformeifers wurde in der Forschung auf personale Faktoren, insbesondere das Ausscheiden Johannes’ des Kappadokers aus der Prätorianerpräfektur, zurückgeführt.122 Dabei wird jedoch stets übersehen, daß auch das Handeln des Kaisers selbst seit dieser Phase deutliche Veränderungen aufweist; sie lassen sich pointiert in der Feststellung zusammenfassen, daß aus einem an theologischen Detailfragen interessierten Herrscher nunmehr ein Theologe wird, der seine überragende Stellung zur uneingeschränkten Durchsetzung seiner eigenen dogmatischen Präferenzen benutzt. Zwar hatte Justinian bereits in den 20er und 30er Jahren auf die unbedingte Umsetzung seiner kirchenpolitischen und theologischen Vorgaben gedrungen, doch geschah dies im wesentlichen auf dem Wege der – für seine Gegner freilich stets ergebnislosen – Diskussion.123 Demgegenüber ist seit den frühen 40er Jahren eine deutliche Verhärtung in der Wahl der Mittel erkennbar, die in der entwürdigenden Behandlung des Papstes Vigilius in Konstantinopel ihren Höhepunkt findet.124 Mit dem Jahr 543 beginnt zudem die Phase des Origenisten- und des Drei-Kapitel-Streits, in denen signifikanterweise Probleme behandelt wurden, die bereits seit längerem
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bekannt waren, in den 30er Jahren jedoch noch keinen Anlaß zu Konflikten auf höchster Ebene boten. Bereits vor 542 galt die selbst für einen spätantiken Kaiser außergewöhnliche Frömmigkeit Justinians als sprichwörtlich.125 In der Folgezeit wird sie zum wesentlichen und offenbar einzig handlungsleitenden Signum des Kaisers.126 Bezeichnenderweise tritt Justinian seit den frühen 40er Jahren mit selbständigen theologischen Traktaten hervor.127 Als Tribonian 542 (wohl an der Pest) starb, besetzte der Kaiser das einflußreiche Amt des quaestor sacri palatii nicht mehr mit einem Nachfolger, der an die klassizistischen Tendenzen Tribonians anzuknüpfen vermochte, sondern fand in Junilius einen frommen Laien, der zwar unmittelbar zuvor mit einer Einführung in das Bibelstudium hervorgetreten war, der aber dem – zugegebenermaßen gehässigen – Urteil Prokops zufolge die Rechtswissenschaften nur unzureichend und das Griechische gerade einmal gebrochen beherrschte. Seine theologischen Neigungen, die sich mit denen des Kaisers trafen, genügten in dieser Phase offenbar als Qualifikation für die Quästur. Prokop berichtet überdies, daß der Kaiser nächtelang über theologische Detailfragen debattierte.128 Zeitgenossen vermerken (freilich erst nach Justinians Tod) eine Stagnation auf den übrigen Feldern der Politik, die einerseits mit dem Alter des Kaisers, andererseits aber auch mit seiner Konzentration auf theologische Probleme erklärt wird;129 in caelum mens omnis erat konstatiert Coripp kurz und prägnant nach Justinians Tod.130 Im Kontext dieser Verchristlichung und Theologisierung der kaiserlichen Politik seit den frühen 40er Jahren, die freilich – wie Av. Cameron gezeigt hat – in Wechselwirkung zu gesamtgesellschaftlichen Entwicklungsprozessen stand131 (verwiesen sei z.B. auf die Entfaltung des Bilderkultes seit der Spätzeit Justinians),132 ist eine zunehmende Loslösung von antiken Traditionen zu beobachten, die auf unterschiedlichen Ebenen greifbar ist. Zum einen sei an dieser Stelle auf die Repräsentation des Kaisers verwiesen, die sich im Verlauf der Herrschaft Justinians merklich von antiken Traditionen zu entfernen beginnt und dabei zunehmend von christlicher Symbolik geprägt erscheint. Dieser Prozeß läßt sich besonders klar verfolgen, wenn man das panegyrische Schrifttum zu Ehren des Kaisers aus dessen Frühzeit sowie aus dem Ende seiner Herrschaft prüft. Während Agapet, der zu Beginn der Herrschaft Justinians einen ‚Fürstenspiegel‘ in Form einer in gnomologischer Tradition stehenden Sammlung von Ratschlägen verfaßte,133 die Herrschaft des Kaisers zwar bereits deutlich unter den christlichen Gedanken der ̨ҡ̨̣̮̥̭ ̡̤̫ԉ stellt,134 trotz allem aber noch einmal zentrale Tugenden des antiken Herrscherideals Revue passieren läßt, erscheint Justinian in der
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Ekphrasis, die anläßlich der Wiedereinweihung der Hagia Sophia 562 von Paulos Silentiarios verfaßt wurde,135 als transzendente Gestalt,136 die „wie Gott“ (ҏ̮½̡̬ ̯Ң ̡̤Ӻ̫̩)137 auf das Handeln der Untertanen hinabblickt, deren Sphäre sie nunmehr merklich entrückt ist, und die als überirdischer Mittler bei Gott selbst um Vergebung für die Menschen vorstellig wird.138 Einen weiteren Komplex von Quellen, an denen die Veränderung seit den 40er Jahren in anschaulicher Weise deutlich werden, stellen die Proömien der Novellen zur Provinzialreform der Jahre 535-538 dar.139 Die in diesem Zuge getroffenen Neuregelungen brauchen uns hier im einzelnen nicht zu beschäftigen. Von Bedeutung ist lediglich, daß die entsprechenden Proömien die einzelnen Maßnahmen durch ausführliche Rückgriffe in die römische Vergangenheit (bzw. in historisierende Konstrukte, die als römische Vergangenheit präsentiert werden) legitimieren; sie sind im einzelnen von M. Maas ausführlich analysiert worden.140 Ein besonders signifikantes Beispiel stellt dabei das Proömium der 25. Novelle (a. 535) dar, in der das Amt des praetor Lycaoniae eingeführt wird und durch eine in ganz spezifischer Weise konstruierte alte Zeit gerechtfertigt wird: ̐Ң ̰̦̝̈ң̴̩̩ ъ̤̩̫̭ ̨̡ҡ̢̫̩̥ ̯Ӭ̭ vԉ̩ ̫҂̮̣̭ ж̬̲Ӭ̭ ̨̦̝̯̝̦̫̮Ӭ̮̝̥ ̠ҡ̦̝̥̫̩ ӈҟ̨̡̤̣̩, ж½̧̫̞ҝ½̡̫̩̯̭ ̡Ѣ̭ ̯Қ̭ ½̬ҧ̯̝̭ ж̬̲Қ̭ ѷ̡̤̩ ̝Ѿ̯Ң ̮̰̮̯Ӭ̩̝̥ ½̝̬ҝ̠̫̮̝̩ ѓ̨Ӻ̩ ̫ѣ ̯Қ ½̧̝̝̥Қ ̮̰̟̟̬қ̱̫̩̯ҝ̭ ̡̯ ̦̝Ҡ ̠̥̣̟̫ҥ̨̡̩̫̥, ̦̝Ҡ ѷ̯̥ ̡̮̰̟̟̩ҝ̮̯̝̯ң̩ ц̮̯̥ ԏ̴̨̝ҡ̫̥̭ ̦̝Ҡ ̡̮̲̠Ң̩ ц̦ ̯Ԗ̩ ̝Ѿ̯Ԗ̩ ̮̰̩Ԕ̨̦̥̮ҝ̴̩̩ ½̬̫̱қ̴̡̮̩. ̰̦̈қ̫̩̥ ̟Қ̬ ̯ԗ ½̬ҧ̣̩ о̬̦̝̠ҡ̝̭ ̯Ӭ̭ ц̩ э̧̧қ̠̥ ̡̧̡̞̞̝̮̥̰̦ң̯̥ ̦̝Ҡ ̯Ҟ̩ ԏ̴̨̝ҡ̴̩ ̫Ѣ̦Ӭ̮̝̥ ̟ҝ̡̟̫̩ ̟Ӭ̩, ̦̝Ҡ ̯̫Ҥ̭ ½̬ҧ̣̩ ̌Ѣ̩ҧ̯̬̫̰̭ ½̧̬̫̮̝̞ң̩̯̥ ̯ӭ ԏ̴̨̝ҡ̴̩ ж̬̲ӭ ̠̫ԉ̩̝̥ ½̬̫̫ҡ̨̥̫̩ (̨̱̝Ҝ̩ ̠Ҝ ̯̝ԉ̯̝ ̠Ҟ ̯Қ ½̧̝̝̥Қ ̯Қ ½̧̧̫ԗ ̯Ԗ̩ ˾Ѣ̡̩ҡ̫̰ ̡̯ ̦̝Ҡ ԏ̴̨ҥ̧̫̰ ̲̬ң̴̩̩ ½̡̬̮̞ҥ̡̯̬̝), ̦̝Ҡ ж½̫̥̦ҡ̝̩ ц½Ҡ ̯Қ ̯ӭ̡̠ ̡̮̯ҡ̧̝̩̯̥ ̨ҝ̬̣ ̨̫Ӻ̬қ̩ ̯̥̩̝ ̯Ӭ̭ ̥̮̥̠̍ҡ̝̭ ж̡̧̱ҝ̮̤̝̥, ̯̝ҥ̯Ӫ ̡̯ ̠̫ԉ̩̝̥ ̯Ҟ̩ ̝Ѿ̯̫ԉ ½̬̫̮̣̟̫̬ҡ̝̩ ̰̦̝̫̩̈ҡ̝̩ ̡̯ ц̪ ̝ѿ̯̫ԉ ̧̦̝ҝ̮̝̥ ̯Ҟ̩ ̲ҧ̬̝̩. ́ҡ̦̝̥̫̩ ̯̫ҡ̩̰̩ и̩ ̡Ѧ̣ ̦̝Ҡ ̝Ѿ̯Ҟ̩ ж̬̲ӭ ̨̦̝̯̝̦̫̮Ӭ̮̝̥ ̯Қ ½̧̝̝̥Қ ̯Ӭ̭ ԏ̴̵̨̝̦Ӭ̭ ̯қ̴̡̪̭ ц½̨̥̟̬̝̱̫ҝ̩Ӫ ̮ҥ̨̧̞̫̝, ̦̝Ҡ ̯̫Ҥ̭ ̩ԉ̩ ̝Ѿ̯Ӭ̭ ѓ̨̟̫̰ҝ̩̫̰̭, ̯ң̩ ̡̯ к̬̲̫̩̯̝ ̨̱̝Ҝ̩ ̯Ҟ̩ ½̧̫̥̯̥̦Ҟ̩ ж̬̲Ҟ̩ ̯ң̩ ̡̯ ц̡̱̮̯Ԗ̯̝ ̯̫Ӻ̭ ѷ½̧̫̥̭, ̡Ѣ̭ ы̩ ̯̥ ̡̮̰̩̝̟̝̟Ӻ̩ ̦̝Ҡ ̯ӭ ̯̫ԉ ½̬̝ҡ̴̯̬̫̭ ̨̦̫̮Ӭ̮̝̥ ½̬̫̮̣̟̫̬ҡӛ. Ѷ̨̩̫̝ ̟Қ̬ ̯̫ԉ̯̫ ½қ̯̬̥̫̩ ̯ӭ ԏ̴̨̝ҡ̴̩ ж̬̲ӭ ̦̝Ҡ ½̬ң ̡̟ ̝Ѿ̯Ԗ̩ ̯Ԗ̩ ѿ½қ̴̯̩ ̦̝̯Қ ̯Ҟ̩ ̨̡̟қ̧̣̩ ̯Ԗ̩ ԏ̴̨̝ҡ̴̩ ½̧̡̫̥̯̰̮қ̨̡̩̫̩ ½ң̧̥̩. ԏ̴̨̝Ӻ̫̥ ̟Қ̬ ̫ѣ ½қ̧̝̥ ̯̫Ҥ̭ ̮̱Ԗ̩ ̝Ѿ̯Ԗ̩ ̮̯̬̝̯̣̟̫Ҥ̭ ½̬̝ҡ̴̯̬̝̭ Ҋ̩ң̨̢̝̫̩, ̯Ԗ̩ ̡̨̮̯̬̝̯̰қ̴̯̩ ̡̯ ѓ̡̟Ӻ̮̤̝̥ ½̡̝̬Ӻ̲̫̩ ̦̝Ҡ ̯̫Ӻ̭ ѿ½’ ̝Ѿ̯Ԗ̩ ̨̟̬̝̱̫ҝ̩̫̥̭ ц½̡ҡ̤̫̩̯̫ ̩ң̨̫̥̭˶ ̦̝Ҡ ј̩ ж̬̲ҟ ̯̥̭ ц̪ ж̨̱̫Ӻ̩ ̡̨̦̦̬̝ҝ̩̣ ̦̝Ҡ ц̩ ч̝̰̯ӭ ½̡̬̥̱ҝ̬̫̰̮қ ̡̯ ̦̝Ҡ ̡̠̥̦̩ԉ̮̝ ̯ҟ̩ ̡̯ ц̩ ̯̝Ӻ̭ ½̝̬̝̯қ̡̪̮̥̩ Ѣ̮̲Ҥ̩ ̯ҟ̩ ̡̯ ц̩ ̯̫Ӻ̭ ̩ң̨̫̥̭ ̡Ѿ̨̦̫̮ҡ̝̩. Wir haben es für recht befunden, das Volk der Lykaonier mit einem höheren Statthalter zu zieren, als es im Augenblick der Fall ist, wobei wir Rücksicht genommen haben auf die ersten Anfänge, aus denen uns die Ge-
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Mischa Meier schichtsschreiber und Schriftsteller über die alte Zeit seinen Ursprung herleiten, weil es ferner besonders mit den Römern verwandt ist und beinahe aus denselben Gründen entstanden ist. Lykaon nämlich, der einst Arkadien in Griechenland als König beherrscht hat, bewohnte auch das Land der Römer, und als er die einstigen Oinotrier an sich gezogen hatte, machte er den Anfang der römischen Herrschaft (wir können nämlich behaupten, daß diese längstvergangenen Geschehnisse viel älter sind als die Zeiten des Aeneas und des Romulus), und indem er eine Kolonie in die Gegenden dort entsandte, nahm er einen Teil von Pisidien, gab diesem seinen Namen und nannte das Gebiet nach sich selbst Lykaonien. Es dürfte somit recht sein, dieses mit einer Magistratur zu zieren, die gekennzeichnet ist durch die alten Zeichen römischer Ordnung, und seine jetzigen Vorsteher, d.h. den Zivilstatthalter und den Militärgouverneur, zu einem Amt zusammenzuführen und mit der Bezeichnung „Praetor“ zu schmücken. Dieser Name nämlich gehört der römischen Herrschaft seit alters her an und diente sogar schon vor den Konsuln selbst zur Verwaltung der großen römischen Republik. Denn die alten Römer nannten ihre Heerführer Praetoren, übergaben ihnen das Kommando über die Truppen und gehorchten den von ihnen gegebenen Gesetzen; das war somit eine Magistratur, die gewissermaßen aus beidem gemischt war und in sich die Stärke in Schlachten und die gute Ordnung in den Gesetzen beinhaltete und demonstrierte.
Wir brauchen auf dieses eigentümliche historische Konstrukt und seine Funktion als Legitimation der geplanten Reform nicht näher einzugehen.141 Festzuhalten ist lediglich, daß der Kaiser und sein quaestor sacri palatii Tribonian hier und auch an anderen Stellen ausführliche historisierende Digressionen verfaßt haben, in denen sich deutlich eine Orientierung an der altrömischen Vergangenheit – wie auch immer sie gesehen und interpretiert wird – spiegelt. Einige Maßnahmen der 30er Jahre wurden jedoch in den 40er und 50er Jahren wieder zurückgenommen bzw. korrigiert.142 In diesen Kontext gehört auch die 145. Novelle (a. 553), in der nunmehr jedoch jegliche Bezugnahmen auf eine vermeintliche Vergangenheit fehlen:143 ̯̫Ӻ̭ ж̡Ҡ ½̡̨̝̬½ҡ½̯̫̰̮̥ ̯Ҟ̩ ½̬̫̮ҟ̦̫̰̮̝̩ ч̦қ̡̮̯̫̯ ̡̤̬̝½̡ҡ̝̩ ̡ѿ̬ҡ̡̮̦̫̩̯̭, ц½̡̥̠Қ̩ ̯Қ ̯Ӭ̭ ̡̲̬ҡ̝̭ ½̝̬ҝ̧̤Ӫ, ½қ̧̥̩ ̯Ӭ̭ ½̬̫̯ҝ̬̝̭ ̟̥̩ң̨̡̤̝ ̯қ̴̡̪̭, ̨ҝ̲̬̥ ̨ң̩̫̰ ̯̫ԉ ½̡½̫̩̣̦ң̯̫̭ ̯Ҟ̩ Ѣ̡̝̯̬ҡ̝̩ ѣ̮̯Ԗ̡̩̯̭. ѳ½̫Ӻ̫̩ ̠ҟ ̯̥ ̦̝Ҡ ѳ ½̝̬Ҧ̩ ѓ̨Ԗ̩ ̡̤Ӻ̫̭ ̞̫ҥ̧̡̯̝̥ ̩ң̨̫̭. Ѳ̧ҡ̟Ԕ ̟Қ̬ ½̬ң̡̯̬̫̩ ̯̫ԉ̯̫ ̨Ҝ̩ ж̯̝̪ҡ̝̭ ̨̠̣ҧ̡̠̥̭ ̯̫ԉ̯̫ ̠Ҝ ̧Ӫ̮̯Ԗ̩ ц½̨̥̠̬̫Қ̭ ̦̝̯Қ ̬̰̟̒ҡ̝̩ ч̦̝̯ҝ̬̝̩ ̦̝Ҡ ̥̮̥̠̍ҡ̝̩ ̟ҡ̡̩̮̤̝̥ ̨̝̤ң̡̩̯̭, ҋ̭ ½̧̫̥̯̥̦Ҟ̩ ̠̥̫ҡ̦̣̮̥̩ ц̦̞̝ҡ̡̩̥̩ ̯Ҟ̩ ̯̫ԉ ½̬қ̨̟̝̯̫̭ ц½̨̥ҝ̧̡̥̝̩, ̯̝ҥ̯̝̥̭ ̡̯ ̦̝Ҡ ½̬ң̭ ̡̟ ̰̦̝̫̩̈ҡӛ ̦̝Ҡ ̰̠̈ҡӛ ̴̮̯̬̝̯̥̯̥̦Ҟ̩ ж̬̲Ҟ̩ ц½̡̮̯ҟ̨̡̮̝̩, ̠̫ԉ̦̝ і̯̫̥ ̴̧̞̥̫̦ҥ̯̣̩ Ѳ̨̩̫қ̡̮̝̩̯̭ ̯Ң̩ ц½Ҡ ̯̫ҥ̯̫̰ ̯̫ԉ ̨ҝ̬̫̰̭ ̡̨̯̯̝̟ҝ̩̫̩. ж̧̧Қ ̦̝Ҡ ̩ԉ̩ ½̬̫̮Ӭ̧̤̫̩ ѓ̨Ӻ̩ ̫ѣ ̬̰̟̒ҡ̝̩ ч̦̝̯ҝ̬̝̩ ̦̝Ҡ ̥̮̥̠̍ҡ̝̩ ̫Ѣ̦̫ԉ̡̩̯̭ […].
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Da wir gegen das, was jeweils vorfällt, jedesmal das geeignete Heilmittel finden, kommen wir – nachdem sich ein Bedürfnis eingestellt hat – wieder auf die alte Ordnung zurück, indem wir nur bei dem Kranken eine Behandlung bereitstellen. Etwas Derartiges will auch dieses unser gegenwärtiges kaiserliches Gesetz. Denn da wir vor kurzem erfahren haben, daß teils Unruhen unter der Bevölkerung, teils Übergriffe von Räubern sich in den beiden Provinzen Phrygien und in Pisidien ereignen, haben wir, da die Sorge um diese Angelegenheit den Bereich der Zivilverwaltung überschreitet, für diese und ferner auch für Lykaonien und Lydien eine Militärverwaltung eingerichtet, wobei wir den für diesen Bereich aufgestellten Beamten dux oder biocolyta genannt haben. Aber auch jetzt haben sich die Bewohner der beiden Phrygien und Pisidiens an uns gewandt […].
Die altrömische Vergangenheit besitzt in diesem Proömium keinerlei Relevanz mehr. Maas versucht diesen unübersehbaren Wandel auf drei Gründe zurückzuführen, von denen die ersten beiden jedoch nicht sonderlich überzeugend erscheinen:144 Zum einen vermutet er, Justinian sei sich in den 50er Jahren seiner Herrschaft derart sicher gewesen, daß ausführliche Argumentationen und Begründungen seiner Maßnahmen für ihn nicht mehr erforderlich gewesen seien. Zum anderen sei mit Tribonian im Jahr 542 auch „his enthusiasm for classical antiquity“ gestorben. Die Herrschaft Justinians beruhte jedoch bereits in den 30er Jahren auf einer sicheren Basis, nachdem im Nika-Aufstand jegliche Ansätze eines Widerstandes erstickt worden waren. Demgegenüber verlor der Kaiser gerade seit den 40er Jahren infolge der schweren Einbußen und Katastrophen massiv an Akzeptanz; so läßt sich etwa Prokops Panegyricus auf den Kaiser, die Bauten (entstanden in den frühen 50er Jahren),145 geradezu als Verteidigung des Herrschers gegen Vorwürfe, das Reich und seine Bevölkerung seien nicht mehr sicher, interpretieren.146 Hätte Justinian die historisierenden Proömien vornehmlich als Mittel zur Herrschaftssicherung einsetzen wollen, so müßten sie sich jedenfalls eher in den Gesetzen seiner späteren Herrschaftsphase als in den Texten aus den erfolgreichen 30er Jahren finden. Daß darüber hinaus auch der Tod Tribonians nicht allzu hoch zu bewerten ist, sollte u.a. daraus hervorgehen, daß nicht nur auf dem Gebiet der Gesetzgebung, sondern auch in anderen Bereichen seit den frühen 40er Jahren eine Abwendung von altrömischen Traditionen zu konstatieren ist – verwiesen sei exemplarisch auf den adventus des Jahres 559 (s.u.). Den entscheidenden Faktor dürfte daher derjenige Punkt darstellen, den Maas an dritter Stelle zur Erklärung des skizzierten Befundes betont und selbst als „most important“ hervorhebt, nämlich ein Stimmungsumschwung in Konstantinopel, der durch die zahlreichen Rückschläge der
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letzten Jahre bewirkt worden sei: „The spirit of the empire had markedly changed.“147 Als letztes Beispiel dafür sei noch einmal auf den Triumph des Jahres 534 zurückgekommen. Wie bereits angedeutet, wurde diese Zeremonie von Justinian offenbar ganz gezielt in Anknüpfung an altrömische Triumphzüge ausgestaltet, ein Umstand, der sich in der Darstellung Prokops in aller Deutlichkeit spiegelt. Wir kennen aus der Herrschaftszeit Justinians jedoch nicht nur diesen Triumph, sondern auch noch eine weitere triumphartige Zeremonie, nämlich einen adventus des Kaisers, der wohl in das Jahr 559 nach der Niederschlagung des gefährlichen Kutrigureneinfalls durch Belisar zu datieren ist. Justinian hatte sich zur Beaufsichtigung der Erneuerungsarbeiten an den von den Kutriguren überrannten Anastasios-Mauern persönlich nach Selymbria begeben und kehrte im August 559 nach Konstantinopel zurück.148 Eine bei Konstantin VII. Porphyrogennetos beschriebene Zeremonie aus justinianischer Zeit,149 offenbar aus einem offiziellen Protokoll exzerpiert,150 bezieht sich offensichtlich auf dieses Ereignis,151 das im Text ausdrücklich als Triumph charakterisiert wird.152 Die Unterschiede zu den Vorgängen des Jahres 534 sind indes augenfällig. Assoziationen an die altrömische Vergangenheit werden an keinem Punkt des adventus des Jahres 559 mehr geweckt; statt dessen tritt der christlich-religiöse Hintergrund umso deutlicher hervor. Denn der „fromme Kaiser“ (̡Ѿ̡̮̞Ҟ̭ ̧̡̞̝̮̥ҥ̭) hielt durch das Charisios-Tor Einzug in die Stadt, wo er von den Senatoren und dem Stadtpräfekten empfangen wurde, um sich dann aber zunächst zur Apostelkirche zu begeben, wo er am Grab seiner Frau betete und Kerzen entzündete.153 Erst danach schlossen sich weitere hohe Würdenträger, Paraderegimenter und schließlich das Volk dem Zug an und begleiteten ihn bis zum Palast.154 Höhepunkt der Zeremonie – dies ist der Beschreibung klar zu entnehmen – ist die Szene in der Apostelkirche am Grab der verstorbenen Kaiserin, derer Justinian gottesfürchtig gedenkt. Von dem Bild, das sich aus der Darstellung des Triumphs des Jahres 534 bei Prokop selbst dann noch ergibt, wenn man dessen Stilisierung Belisars und die inhärente Kritik an Justinian in Rechnung stellt, ist dieser adventus denkbar weit entfernt. Auch und gerade in der Kunstgeschichte ist längst gesehen worden, daß die Herrschaftszeit Justinians sich in zwei ganz unterschiedliche Perioden gliedert. E. Kitzinger zufolge wird dabei die Synthese klassizistischer Attitüden und christlich überformter, dennoch vielfach traditionell-römischer Ausdrucksformen allmählich durch religiös überfrachtete, transzendente, häufig auf das Eschaton ausgerichtete Monumente abgelöst, die eher im Kontext der frühbyzantinischen präikonoklastischen Kunst als in spätrömischer Tradition zu sehen seien.155 Die alt-
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historische Forschung hingegen steht noch immer unter dem bestimmenden Einfluß der Vorstellung eines ‚Zeitalters Justinians‘, die in den bekannten größeren Justinian-Monographien, wie etwa den Büchern von B. Rubin oder J. A. S. Evans,156 aber auch etwa in H. Hungers berühmtem Justinian-Aufsatz157 ihre Fundierung und weitere Tradierung erfährt. Es sollte jedoch bereits aufgrund der vorliegenden, notgedrungen unvollständigen und in vielen Punkten vereinfachenden Skizze deutlich geworden sein, daß von einem kohärenten, in sich geschlossenen Zeitalter Justinians kaum gesprochen werden kann. In einer Phase, die ohnehin von verbreiteten Endzeiterwartungen158 und damit einhergehenden ungewöhnlich starken Naturkatastrophen gekennzeichnet war, stellten insbesondere die schweren Rückschläge der frühen 40er Jahre – vor allem im Kontrast zu den überwältigenden Erfolgen der 30er Jahre – Kontingenzerfahrungen dar, die zu gravierenden Veränderungen auf unterschiedlichsten Ebenen des politischen, religiösen und gesellschaftlichen Alltags führten.159 Diese Veränderungen manifestieren sich insbesondere in der Überformung nahezu aller für uns greifbaren Lebens- und Ausdrucksbereiche durch christliche Symbolik und der damit einhergehenden Zurückdrängung altrömischer Traditionen, die in den ersten Jahren Justinians noch einmal zu besonderer Bedeutung gelangt waren. Das Ende des Konsulats im Jahr 541/42 fügt sich in diese Entwicklung ein. Im Römischen Reich, wie wir es seit den frühen 40er Jahren des 6. Jahrhunderts greifen können, gab es für diese Institution keinen Raum mehr. Zwar kann Iordanes noch Mitte des 6. Jahrhunderts das Konsulat als summum bonum primumque in mundo decus bezeichnen, doch bezieht er sich hierbei bereits rückblickend auf das Konsulat Theoderichs im Jahr 484.160 Prokop nimmt das Ende des Konsulats zur Gelegenheit, den exzeptionellen Geiz des Kaisers noch einmal mit deutlichen Worten zu tadeln, da Justinian zunächst nur einen Konsul für längere Zeit (gemeint sein dürfte Belisar) ernannt habe, bevor er das Amt endgültig habe eingehen lassen.161 Ob der grundsätzlich an klassischen Vorbildern und Traditionen orientierte Autor mit dieser gezielt in den unmittelbaren Kontext der Anekdota (Geldgier und Geiz des Kaisers) eingebetteten Interpretation die Meinung breiterer Bevölkerungskreise wiedergibt, dürfte jedoch zu bezweifeln sein. Einen regelrechten Abgesang auf das Konsulat stellt schließlich eine Passage bei Johannes Lydos dar; der Antiquar erinnert noch einmal an die großartige Geschichte dieses Amtes, um dann jedoch die aktuellen Verhältnisse in versöhnlichem Ton hervorzuheben und positiv zu interpretieren. Für ihn ist der Kaiser aufgrund seiner wohltuenden Reformen und seiner Geschenke an das Volk ohnehin Zeit seines Lebens Konsul, ganz unabhängig davon, ob er offiziell die Würde bekleide, deren Über-
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gang einzig auf die Person des Kaisers somit eine natürliche Entwicklung in der Geschichte dieses Amtes darstelle. Das Konsulat erscheint somit nicht als abgeschafft – dies wäre der Etablierung einer Tyrannis gleichgekommen –, sondern seine Segnungen werden nunmehr zu einer Eigenschaft des Kaisers:162 ц̪ӫ̬̣̯̝̥ ̠Ҝ ѷ̴̨̭ ̦̝Ҡ ½қ̮̝̭ ж̩̝̞ҝ̡̞̣̦ ̯Қ̭ ж̬̲Қ̭ ѓ ҃½̝̯̫̭ ̨̯̥Ҟ ̦̝Ҡ ̯ӭ ̨Ҝ̩ ̠̰̩қ̨̡̥ ̯Ӭ̭ ц½̝̬̲ң̯̣̯̫̭ ̨̡ҡ̴̩, ̯ӭ ̠Ҝ ̨̯̥ӭ ̨̡ҡ̴̢̩. ѓ ̨Ҝ̩ ̟Қ̬ ̯Ҟ̩ ѷ̧̣̩ ̠̥ҝ½̡̥ ½̧̡̫̥̯ҡ̝̩, ̫Ѧ̡̦̫̤̩ ̨Ҝ̩ ̫Ѿ̠Ҝ̩ ½̝̬ҝ̲̫̰̮̝, ̯Ң ̠Ҝ ̨̠̣ң̮̥̫̩ ̠̥̫̥̦̫ԉ̮̝˶ ѓ ̠Ҝ ½̧̫ԉ̯ң̩ ̡̯ ̞̝̤Ҥ̩ ̫Ѧ̡̦̫̤̩ ̩̥̱қ̴̠̩ ̠ҡ̦̣̩ ц̧̪̝̰̝̦ҡ̢̡̥ ̯̫Ӻ̭ ½̧̫ҡ̯̝̥̭ ̦̝Ҡ ̯ԗ ̲̬ң̩Ԕ ̯Ҟ̩ ½̬̫̮̣̟̫̬ҡ̝̩ ̲̝̬ҡ̢̡̯̝̥ ̦ж̦ ½̧қ̩̣̭ ж½̧̧̝қ̡̯̯̥ ̯Қ ̧̧̮̰̩̝қ̨̟̝̯̝, ½̧̫ҝ̨̫̰̭ ̨Ҝ̩ ̯Ң ̧̫̥½Ң̩ ̫Ѿ̦ ж̡̨̩̝̠̲̫ҝ̩̣, ̨ҟ̯̣̬ ̠Ҝ ҏ̮½̡̬ ̯Ӭ̭ ԏ̴̨̝ҡ̴̩ ц̧̡̡̰̤̬ҡ̝̭ ̯̰̟̲қ̩̫̰̮̝˶ ц̩̝̩̯ҡ̴̭ ̟Қ̬ ъ̡̲̥ ½̬Ң̭ ̯̰̬̝̩̩ҡ̠̝ ̦̝ҡ, ̦̬̝̯̫ҥ̮̣̭ ц̡̦ҡ̩̣̭, ̫Ѿ̲ ѿ̱ҡ̮̯̝̯̝̥˶ ̯̫̥̟̝̬̫ԉ̩ л̨̝ ˿̬̫ԉ̯̫̭ ѳ ̯Ӭ̭ ̴̮̱̬̫̮ҥ̩̣̭ ъ̠̥̦̫̭ ̦̝Ҡ ̯Ӭ̭ ц̧̡̡̰̤̬ҡ̝̭ ѿ½ҝ̨̬̝̲̫̭ ̯Ҟ̩ ҃½̝̯̫̩ ц̪ҝ̧̨̡̝̳ ̨̯̥ҟ̩, л̨̝ ̝̬̦̐ҥ̩̥̫̭ ѳ ̯ҥ̬̝̩̩̫̭ ж½̴̧ҧ̧̡̥. ѳ ̠Ҝ ѓ̨ҝ̡̯̬̫̭ ½̝̯ҟ̬ ̡̯ л̨̝ ̦̝Ҡ ̧̡̞̝̮̥Ҥ̭ ѓ̨̡̬ҧ̯̝̯̫̭ ̯̝Ӻ̭ ̨Ҝ̩ ц½̝̩̫̬̤ҧ̡̮̮̥ ̯Ԗ̩ ½̨̬̝̟қ̴̯̩ ̦̝Ҡ ̴̡̠̬̝Ӻ̭ ̯Ԗ̩ ѿ½̣̦ң̴̩ ҃½̝̯ң̭ ц̮̯̥̩ ц̱’ ѷ̮̫̩ ц̮̯ҡ̩, ̯ӭ ̠Ҝ ̧̮̯̫ӭ ̟ҡ̡̩̯̝̥ ѷ̯̝̩ ̨̡̦̫̮Ӻ̩ ̯Ҟ̩ ̯ҥ̲̣̩ ц̡̧̤ҟ̮̫̥, ̨̞̝̤Ң̩ ж̩ҧ̡̯̬̫̩ ̧̡̞̝̮̥ҡ̝̭ ̯Ҟ̩ ҃½̝̯̫̩ ̨̯̥Ҟ̩ ѳ̢̬̥ң̨̡̩̫̭. Dennoch herausragend und alle anderen Ämter übersteigend ist die Konsulwürde, an politischer Macht zwar geringer als die Präfektur, an Ansehen jedoch größer. Die eine nämlich (d.h. die Präfektur) versorgt das ganze Staatswesen, ohne aus eigenen Mitteln etwas zu gewähren, sondern indem sie die öffentlichen Gelder verwaltet; die andere jedoch verteilt unter den Bürgern tiefen Reichtum aus eigenen Mitteln nach Art von Schneeflocken, gewährt der Zeit die Benennung und befreit Geschäfte vom Irrtum, wobei sie in Zukunft keine Kriege mehr auf sich nimmt, gleichsam eine Mutter der Freiheit der Römer. Sie steht im Gegensatz zur Tyrannis und ist, wenn jene stark ist, nicht vorhanden. Daher ließ Brutus, der Anwalt der Besonnenheit und Vorkämpfer der Freiheit, in dem Moment die Konsulwürde aufleuchten, als Tarquinius der Tyrann zugrundeging. Doch unser Vater und zugleich mildester Kaiser ist durch seine Verbesserungen der Verhältnisse und seine Geschenke für die Untertanen Konsul, solange er lebt, und er ist es im Ornat, wann immer er sein Glück ausschmücken möchte, da er die Konsulwürde für eine höhere Stufe als die Kaiserwürde hält.
Anmerkungen 1
PLRE IIIA 174f. (Basilius 3); vgl. auch Al. Cameron/D. Schauer, The Last Consul: Basilius and His Diptych, JRS 72 (1982), 126-145.
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R. S. Bagnall/Al. Cameron/S. R. Schwartz/K. A. Worp, Consuls of the Later Roman Empire. Atlanta 1987, 7; 617 (im folgenden: CLRE). Die communis opinio, nach der Basilius Konsul im Osten und nicht im Westen war, wird neuerdings von Al. Cameron, Consular Diptychs in their Social Context: New Eastern Evidence, JRA 11 (1998), 385-403, bes. 393, bezweifelt. Cameron begründet seine These plausibel in einer noch nicht publizierten neuen Studie zum Basilius-Diptychon, die er mir freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Da Basilius sowohl als Konsul des Ostens als auch als Konsul des Westens von Justinian eingesetzt worden sein muß, ist das Problem für unsere Fragestellung allerdings nicht relevant und kann daher hier ausgeklammert bleiben. Vgl. Chr. Courtois, Exconsul. Observations sur l’histoire du consulat à l’ époque byzantine, Byzantion 19 (1949), 37-58; R. Guilland, Études sur l’histoire administrative de l’empire byzantin, Byzantion 24 (1954), 545578, bes. 549. Coripp Laud. Iust. 2,351-353; dazu Flavius Cresconius Corippus. In laudem Iustini Augusti minoris libri IV. Edited with Translation and Commentary by Av. Cameron. London 1976, 175. Vgl. auch E. Stein, Post-consulat et ̝Ѿ̯̫̦̬̝̯̫̬ҡ̝, Annuaire de l’Institut de philologie et d’histoire orientales 2 (1933/34), 869-912 = ders., Opera Minora Selecta. Amsterdam 1968, 315358; Guilland, Études (wie Anm. 3), 550. Zu den Summen, die anläßlich eines Konsulates in der Spätantike vom Amtsinhaber aufzubringen waren, vgl. M. F. Hendy, Studies in the Byzantine Monetary Economy c. 300-1450. London/New York u.a. 1985, 192f. Vgl. J. B. Bury, History of the Later Roman Empire from the Death of Theodosius I. to the Death of Justinian I., Bd. 1-2. London 1923, ND 1958, 347; Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 137 = CLRE 7. Nov. Iust. 105 pr. Bury, HLRE (wie Anm. 6), II 346-348; in eine ähnliche Richtung argumentieren Guilland, Études (wie Anm. 3), 547f.; A. H. M. Jones, The Later Roman Empire 284-602. Oxford 1964, ND 1973, 533 und A. Demandt, Die Spätantike. München 1989, 200 (der daneben auch auf die dem Kaiser suspekte Popularität der Konsuln hinweist). Auch Justinian selbst äußert sich auf den ersten Blick in diese Richtung, wenn er betont, daß die Höhe der Aufwendungen potentielle Kandidaten vor dem Amt zurückschrecken lasse und dieses so in seinem weiteren Bestand gefährde, vgl. Nov. Iust.105,2,3. Diese Gefahr bestand jedoch zu keinem Zeitpunkt, vgl. Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 140. E. Stein, Justinian, Johannes der Kappadozier und das Ende des Konsulats, ByzZ 30 (1929), 376-381 = ders., Opera Minora Selecta. Amsterdam 1968, 248-253, hier 380 (252). Prok. HA 26,12-13.
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Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 138f.; CLRE 7; 9. Zur finanziellen Situation der Senatoren in den beiden Reichsteilen vgl. Jones, LRE (wie Anm. 8), 554ff.; 706; 782ff. Vgl. dazu H. Fichtenau, „Politische” Datierungen des frühen Mittelalters, in: ders., Beiträge zur Mediävistik. Ausgewählte Aufsätze, Bd. 3. Stuttgart 1986, 186-285, bes. 202ff. Vgl. Th. Mommsen, Ostgothische Studien I: Die Consulardatirung des getheilten Reiches, in: ders., Gesammelte Schriften, Bd. 6 (= Historische Schriften, Bd. 3). Berlin u.a. 21965, 363-387, bes. 373ff.; Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 137f.; CLRE 7. Nov. Iust. 47,1 pr.: ̧̡̞̝̮̥ҡ̝̭ ̯̫ԉ̡̠ ̯̫ԉ ̡̤̥̫̯қ̯̫̰ ˾Ѿ̟̫ҥ̮̯̫̰ ̦̝Ҡ ̝Ѿ̯̫̦̬қ̯̫̬̫̭ ъ̯̫̰̭ ̯̫̮̫ԉ̡̠, ̦̝Ҡ ̨̡̯’ ц̡̦Ӻ̩̝ ц½̥̱ҝ̡̬̥̩ ̯Ҟ̩ ̯̫ԉ ѿ½қ̯̫̰ ½̬̫̮̣̟̫̬ҡ̝̩ ̯̫ԉ ̦̝̯’ ц̡̦Ӻ̩̫ ̯Ң ъ̯̫̭ Ѷ̩̯̫̭, ̦̝Ҡ ̯̬ҡ̯̣̩ ̯Ҟ̩ ц½̥̩ҝ̨̣̮̥̩ […] – imperii illius sacratissimi Augusti et imperatoris anno toto, et post illa inferre consulis appellationem qui illo anno est, et tertio loco indictionem […]. Zum Hintergrund dieser Novelle (Unsicherheiten in der Zeitrechnung aufgrund enttäuschter Naherwartungen) vgl. M. Meier, Zur Neukonzeption chronologisch-eschatologischer Modelle im oströmischen Reich des 6. Jh. n. Chr. Ein Beitrag zur Mentalitätsgeschichte der Spätantike, in: W. Geerlings (Hg.), Kalender im Wandel der Zeiten. Paderborn 2002 (im Druck). Nov. Iust. 47,1,1. So auch Fichtenau, Datierungen (wie Anm. 12), 203. PLRE IIIA 627-635 (Ioannes 11); CLRE 611. Die abenteuerlich anmutende, im einzelnen nur in Johannes-feindlicher Überlieferung dokumentierte Geschichte findet sich ausführlich Prok. BP I 25; vgl. Prok. HA 1,14; 2,15-16; 17,38; Joh. Lyd. mag. 3,69. Johannes ist als praefectus praetorio Orientis zum letzten Mal am 7. Mai 541 belegt (Nov. Iust. 109). Zusammenfassung der Ereignisse um seinen Sturz bei J. A. S. Evans, The Age of Justinian. The Circumstances of Imperial Power. London/New York 1996, 196f. Zum folgenden vgl. Stein, Konsulat (wie Anm. 9), 380f. (252f.); ders., Histoire du bas-empire, tome II, publié par J.-R. Palanque. Paris/Bruges 1949, ND Amsterdam 1968, 461f. Stein, Konsulat (wie Anm. 9), 380 (252). Stein bezieht sich dabei auf Nov. Iust. 105,2,4: […] ҋ̭ ̦̝Ҡ ѓ ̯Ӭ̭ ̧̡̞̝̮̥ҡ̝̭ ѿ½̡̝̯ҡ̝ ̠̥Қ ½қ̴̩̯̩ ъ̮̯̝̥ ж̧̦̫̫̰̤̫ԉ̮̝ ̯̫Ӻ̭ ̮̦ҟ½̯̬̫̥̭ – […] ideoque et imperii consulatus per omnia sit sequens sceptra. In dieser Textstelle wird zwar das Kaiserkonsulat eigens erwähnt, jedoch als Alternative neben dem Untertanenkonsulat. Verschiedene Passagen in derselben Novelle weisen im übrigen klar darauf hin, daß Justinian auch weiterhin an die Fortführung des Untertanenkonsulates dachte (z.B. Nov. Iust. 105,2,2; vgl. auch Nov. Iust. 105 pr. mit ähnlicher Tendenz). Stein, Konsulat (wie Anm. 9), 380 (252). Stein, Konsulat (wie Anm. 9), 380f. (252f.); ders., Histoire (wie Anm. 19), 462; ähnlich Fichtenau, Datierungen (wie Anm. 12), 203.
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Ältere Regelungen, die (konsularische) Freigebigkeit betrafen, kommentiert Hendy, Studies (wie Anm. 5), 193f. Nov. Iust. 105 pr. Dieses Verzeichnis wird mehrfach erwähnt, vgl. Nov. Iust. 105,1; 105,2,4. Nov. Iust. 105,1. Nov. Iust. 105,2,1: ̫Ѿ ̨Ҟ̩ ̲̬̰̮ҡ̫̩ Ԉҡ½̡̯̥̩ ц̱ҡ̡̨̡̩ […], ж̧̧Қ к̬̟̰̬̫̩, ̦̝̤қ½̡̬ ̡Ѣ½ң̡̩̯̭ ъ̨̡̱̤̣̩, ̨ң̩̫̩ ̯ң ̨Ҝ̩ ̟Қ̬ ̲̬̰̮ҡ̫̩ ̠̥̝̬̬ҡ½̡̯̥̩ ж̡̩ҡ̴̮̤ ̯ӭ ̧̡̞̝̮̥ҡӛ, ҿ½̡̬ ̨ң̩Ӫ ̦̝Ҡ ̲̬̰̮ҡ̫̰ ½̡̡̬̥̱̬̫̩Ӻ̩ ѳ ̯Ӭ̭ ̯ҥ̲̣̭ ̠ҡ̴̠̮̥̩ Ѷ̟̦̫̭˶ к̬̟̰̬̫̭ ̠Ҝ ѳ ̨̡̯Қ ̲̬̰̮Ң̩ ̡Ѿ̤Ҥ̭ ̨̯̥̥ҧ̯̝̯̫̭ ̟ҝ̩̫̥̯̫ и̩ ̦̝Ҡ ̯̫Ӻ̭ к̧̧̫̥̭ ѿ½қ̯̫̥̭ ̧̨̱̥̫̯̥ҡ̝ ½̬ҝ½̫̰̮̝. […] ̯ԗ ̠Ҝ ½̬қ̨̟̝̯̥ ̨ҝ̯̬̫̩ ѓ ̯̫ԉ ̠̥̠ң̩̯̫̭ ̠ҥ̨̩̝ҡ̭ ̡̯ ̦̝Ҡ ½̬̫̝ҡ̡̬̮̥̭, ҏ̡̮̯ є ̨̣̠’ ѳ̯̥̫ԉ̩ є ̨ҝ̯̬̥̫̩ є ѿ½̡̬̞̝Ӻ̩̫̩ ̠̥̝̠̫ԉ̩̝̥ ̯ԗ ̠ҟ̨Ԕ. – non tamen aurum spargere sinimus […], sed argentum, sicuti praediximus, solum. Aurum enim spargere revolvatur imperio, cui soli etiam aurum contemnere praestat fortunae fastigium; argentum vero, quod mox post aurum pretiosissimum fiet et aliis consulibus largitas decens. […] sitque rei mensura dantis virtus et voluntas sive nihil aut mediocre aut transcendens populo erogandi. Nov. Iust. 105,2,2: ̡Ѣ ̟Қ̬ ̦̝̯Қ ̯̝ҥ̯̣̩ ̠Ҟ ̨ң̩̣̩ ̯ҝ̡̤̥̯̝̥ ̯Ҟ̩ ½̬ң̱̝̮̥̩, ѧ̩̝ ̨Ҟ ̯ӭ ̯Ԗ̩ ̨̠̥̠̫ҝ̴̩̩ ж̨̡̯̬ҡӛ ̯Ң ̯Ԗ̩ ѿ½қ̴̯̩ ц̧̡̦ҡ½̫̥, ̦̝Ҡ ̠̥Қ ̯̫ԉ̯̫ ѓ̨̡Ӻ̭ ̯Қ̭ ½̡̬̥̯̯Қ̭ ц̡̦ҡ̩̝̭ ̠ң̡̮̥̭ ̡̯ ̦̝Ҡ ̠̝½қ̩̝̭ ̡̡̮̰̩̮̯ҡ̧̨̡̝̩ ̦̝Ҡ ̯Қ̭ ̡Ѣ̭ ½̧Ӭ̤̫̭ ц̡̨̦̦̲̰ҝ̩̝̭ ½̬̫ң̠̫̰̭ ̡̯ ̦̝Ҡ ̤ҝ̝̭ ̡Ѣ̭ ̡Ѿ̮ҥ̩̫½̯̫̩ ђ̟қ̨̡̟̫̩ ̨ҝ̯̬̫̩, ̦̝Ҡ Ѧ̴̮̭ ̯̥ ̦̝Ҡ ̯Ԗ̩ ̴̧̟̝̱̰̬̯ҝ̴̬̩ ½̡̬Ҡ ̯̫Ҥ̭ ж̨̬̥̤̫Ҥ̭ ½̡̬̫̮̩̩̫ҟ̨̡̮̝̩ ̯Ң Ԉҡ½̡̯̥̩ к̬̟̰̬̫̩ є ̨̣̠’ ѳ̯̥̫ԉ̩ ̠̥̠ң̩̝̥ ̯̝Ӻ̭ ̝Ѿ̯Ԗ̩ ̯Ԗ̩ ѿ½қ̴̯̩ ж̡̡̩̝̯̤̥̦ң̡̯̭ ̟̩ҧ̨̝̥̭, ѷ½̴̭ ѓ̨Ӻ̩ ъ̮̫̩̯̝̥ ½̧̡ҡ̫̰̭ ̦̝Ҡ ̯ӭ ½̝̬’ ч̝̰̯Ԗ̩ ½̬̫̮̣̟̫̬ҡӛ ̯Ң̩ ̲̬ң̩̫̩ ̨̦̫̮̫Ӻ̡̩, ѳ ̯Ң ̡̨̠̥̝̯̯̝̟ҝ̩̫̩ ц̦̞̝ҡ̴̩̩ ̡Ѣ̦ң̴̯̭ и̩ ҋ̭ ̯Ң̩ ѓ̨ҝ̡̯̬̫̩ ½̝̬̝̞̝ҡ̴̩̩ ̩ң̨̫̩ к̪̥̫̭ ̡Ѧ̣ ½̫̥̩Ӭ̭. ̴̫̯҃ ̟Қ̬ ѓ̨Ӻ̩ ъ̮̫̩̯̝̥ ̡̠̥̣̩̦Ԗ̭ ҃½̝̯̫̥ […] – si enim pro hac tantummodo posita est occasione, ne dandorum inmensitate consulatus desint, et propterea nos superfluas illas dationes et expensas adbreviavimus et in populum effusas processiones et spectacula ad bene se habentem deduximus mensuram, rite aliquid decentius de numeris considerantes, id est spargere argentum aut neque quicquam dare eorundem consulum dimittentes voluntatibus, ut nobis sint amplius et semper ex suo vocabulo tempus adornent: qui quod dispositum est transcendit, rite utpote nostram praevaricatus legem dignus est poena. Sic enim nobis erunt iugiter consules […]. CLRE 10; vgl. Prok. HA 26,13. CLRE 10. CLRE 10. Vgl. in ähnlichem Sinne bereits Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 141. Vgl. Stein, Konsulat (wie Anm. 9), passim; ders., Histoire (wie Anm. 19), 461 („vanité“); ähnlich Guilland, Études (wie Anm. 3), 549, der diesen Ansatz mit Burys These einer finanziellen Überbelastung der Kandidaten zu verbinden sucht. Vgl. dazu St. Diefenbach, Frömmigkeit und Kaiserakzeptanz im frühen Byzanz, Saeculum 47 (1996), 35-66.
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CLRE 491; 499; 513; 517. PLRE II 586-590 (Illus); 1127f. (Trocundes); 433 (Eusebius 28); 795 (Olybrius 3). Das Konsulat des Armatus (PLRE II 148f.) im Jahr 476 (CLRE 487) steht im Zusammenhang mit der Usurpation des Basiliscus. Stein, Histoire (wie Anm. 19), 461; Guilland, Études (wie Anm. 3), 647; Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 140; CLRE 9. Cod. Iust. 12,3,3,1; vgl. dazu Stein, Histoire (wie Anm. 19), 68f.; Jones, LRE (wie Anm. 8), 533; 1225, Anm. 26; CLRE 9. Eine Liste der Honorarkonsuln findet sich PLRE II 1246; vgl. auch Courtois, Exconsul (wie Anm. 3), 37ff.; Guilland, Études (wie Anm. 3), 550ff. So z.B. von Jones, LRE (wie Anm. 8), 533; aufgegriffen von Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 140 und in CLRE 9. Vgl. in diesem Sinne auch Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 140. CLRE 465. CLRE 491. Vgl. die Konsulnliste PLRE II 1244f. sowie CLRE 519-571. Stein, Histoire (wie Anm. 19), 461; Guilland, Études (wie Anm. 3), 547. Vgl. die Konsulnliste PLRE IIIB 1457 sowie CLRE 591-617. Justinian (cos. I 521) bekleidete innerhalb des ersten Jahrzehnts seiner Herrschaft immerhin dreimal selbst das Konsulat (528, 533, 534). In den Fasten des Ostreichs findet sich daneben Flavius Decius (PLRE IIIA 391 [Decius 1]; CLRE 592593), bei dem allerdings unklar ist, ob er Konsul im Westen oder im Osten war; es folgen Belisar (cos. 535), sowie die vier Konsuln nach der Reform des Konsulats durch Nov. Iust. 105: Johannes der Kappadoker, Apion (PLRE IIIA 96-98 [Apion 3]), Justin (Sohn des Germanus, eines Cousins Justinians: PLRE IIIA 750-754 [Iustinus 4]; PLRE II 505-507 [Germanus 4]), Basilius. Hypatius: cos. 500, vgl. PLRE II 577-581 (Hypatius 6); CLRE 535 – Pompeius: cos. 501, vgl. PLRE II 898f. (Pompeius 2); CLRE 537 – Probus: cos. 502, vgl. PLRE II 912f. (Probus 8); CLRE 539. Zur Rolle dieser Männer im Nika-Aufstand vgl. G. Greatrex, ȉhe Nika Riot: A Reappraisal, JHS 117 (1997), 60-86. Vgl. auch Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 140. Die folgenden Zahlen stammen aus Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 138, mit Anm. 90, sowie – darauf basierend – CLRE 7, mit Anm. 47. Infolge der unsicheren politischen Situation in Italien im Vorfeld des 535 ausbrechenden Gotenkrieges und der anschließenden Kampfhandlungen wurde das Konsulat im Westen in den Folgejahren nicht besetzt. Vgl. Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 138; CLRE 7f. Olympiod. fr. 44 FHG IV 67-68 = fr. 41,2 Blockley (R. C. Blockley, The Fragmentary Classicising Historians of the Later Roman Empire. Eunapius, Olympiodorus, Priscus and Malchus, Vol. II: Text, Translation and Historiographical Notes. Liverpool 1983, 204-206); PLRE II 1046f. (Symmachus 10). Vgl. dazu CLRE 9. Den sogar im 6. Jh. noch beträchtlichen Reichtum
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römischer Senatoren betont auch Totila nach seiner Einnahme Roms 546, vgl. Prok. BG 7,21,12. Vgl. Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 138 = CLRE 8. – Theoderich hatte Eutharich (PLRE II 438) mit seiner Tochter Amalasuntha verheiratet und baute ihn als eigenen Nachfolger auf, was von Ostrom anerkannt wurde, indem Justin Eutharich zum Waffensohn adoptierte (Cassiod. var. 8,1,3) und gemeinsam mit ihm das Konsulat 519 bekleidete, vgl. CLRE 572f.; H. Wolfram, Die Goten. Von den Anfängen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. München 31990, 328f. Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 138 = CLRE 7. Vgl. etwa Cassiod. var. 9,22 u. 23 (Athalarich an Paulinus [PLRE IIIB 973f.] und den Senat anläßlich der Ernennung des Paulinus zum Konsul 534); daneben auch Cassiod. var. 2,2; 6,1; weitere charakteristische Zeugnisse finden sich in CLRE 8f., mit Anm. 55. Die Kirche wird Coll. Avell. 187 (Juni 519) und 218 (Juni 519) erwähnt; es handelt sich wohl um die Prok. aed. I 4,1 erwähnte Kirche der Apostel Petrus und Paulus; vgl. auch R. Janin, La géographie ecclésiastique de l’empire byzantin I.3. Paris 21969, 451. Bei den Ausgrabungen fanden sich Inschriftenfragmente, die sich als Teile von Anth. Graec. 1,10 erwiesen. In diesem Epigramm, das ursprünglich in der Kirche angebracht war, werden u.a. die Leistungen der Stifterin Anicia Iuliana sowie ihre hohe Abstammung gelobt (Anth. Graec. 1,10,7-8 u. 45). Vgl. C. Mango/I. Ševcenko, Remains of the Church of St. Polyeuktos at Constantinople, DOP 15 (1961), 243-247. Mango/Ševcenko, Remains (wie Anm. 55), 244f. vermuten, die Bauzeit habe sich über die Jahre 524-527 hin erstreckt; dagegen geht G. Fowden, Constantine, Silvester and the Church of S. Polyeuctus in Constantinople, JRA 7 (1994), 274-284, hier 275, von zwei Bauphasen ca. 509-511 und ca. 517-521 aus. Zur Polyeuktoskirche vgl. die umfassende Monographie von R. M. Harrison, Ein Tempel für Byzanz. Die Entdeckung und Ausgrabung von Anicia Julianas Palastkirche in Istanbul. Stuttgart/Zürich 1990 (engl. Original: 1989). Zum Versuch Justinians, diesen Bau durch die Hagia Sophia in den Schatten zu stellen, vgl. ebd., 137ff., bes. 139; vgl. ferner auch dens., The Church of St. Polyeuktos in Istanbul and the Temple of Solomon, in: C. Mango/O. Pritsak (Hgg.), Okeanos. Essays Presented to Ihor Ševcenko on His Sixtieth Birthday by His Colleagues and Students. Cambridge (Mass.) 1983, 276-279; Evans, Age of Justinian (wie Anm. 17), 216f. PLRE II 635f. (Anicia Iuliana 3); vgl. auch C. Capizzi, Anicia Giuliana (462 ca - 530 ca). Ricerche sulla sua famiglia e la sua vita, RSBN 5 (1968), 191226; Harrison, Tempel (wie Anm. 56), 35f. Vgl. Coll. Avell. 164; 179; 198. Greg. Tur. glor. mart. 103 PL 71,793B-795A. Vgl. dazu Harrison, Tempel (wie Anm. 56), 36-40. Iulianas Sohn Olybrius (PLRE II 795 [Olybrius 3]) wurde (wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Nika-Aufstand) exiliert,
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durfte aber 533 zurückkehren, vgl. Malal. p. 403,43-45, in: I. Thurn (Ed.), Ioannis Malalae Chronographia. Berlin/New York 2000 = L. Dindorf (Ed.), Ioannis Malalae Chronographia. Bonn 1831, p. 478,18-21. Anth. Graec. 1,10,47-48. Script. Orig. Const. p. I 105,4-5 (Th. Preger [Ed.], Scriptores Originum Constantinopolitanarum, Fasc. I-II. Leipzig 1901/1907, ND Leipzig 1989). Romanos Melodos 54,21 p. 470 (in: P. Maas/C. A. Trypanis [Edd.], Sancti Romani Melodi Cantica. Cantica Genuina. Oxford 1963, ND 1997) = 54,21 p. 492-494 (in: Romanos le Mélode. Hymns. Introduction, texte critique, traduction et notes par J. Grosdidier de Matons, Tome V. Paris 1981 [SC 283]); Anonymi in Hagiam Sophiam Hymnus p. 141-147 (in: C. A. Trypanis [Ed.], Fourteen Early Byzantine Cantica. Wien 1968). Prok. aed. 1,8,5. Natürlich ist dies auch als Ausdruck einer demonstrativen Frömmigkeit zu werten, die sich in der Sorge des Kaisers um die Gotteshäuser im ganzen Reich äußert. Prok. HA 7,1-7. 22-32. 39-42; 8,2; Evagr. HE 4,32; Greatrex, Nika Riot (wie Anm. 45), 66, Anm. 37. Zur Verhaftung: Joh. Nik. 90,16-19 (= The Chronicle of John, Bishop of Nikiu. Translated from Zotenberg’s Ethiopic Text by R. H. Charles. London/Oxford 1916, 134); vgl. dazu F. Tinnefeld, Die frühbyzantinische Gesellschaft. München 1977, 81; PLRE II 1104f. (Theodotus 11). Nach T. Honoré, Tribonian. London 1978, 8 benutzte Justinian die Anhänger der Blauen „as the nucleus of a private force of personal supporters in the cities of the empire“. Zu den Zirkusparteien im spätrömischen Reich vgl. allgemein Al. Cameron, Circus Factions. Blues and Greens at Rome and Byzantium. Oxford 1976, ND 1999. Die phantasiereiche, allerdings vielfach die Basis der Quellen verlassende Arbeit von L. M. Chassin, Bélisaire. Généralissime byzantin (504-565). Paris 1957, vermag diese Lücke nicht zu füllen. Zur Orientierung sei einstweilen auf den ausführlichen biographischen Artikel PLRE IIIA 181-224 verwiesen; einen kurzen Überblick bietet F. Tinnefeld, DNP 2 (1997), 552f., s.v. Belisarios. Vgl. dazu G. Greatrex, Rome and Persia at War, 502-532. Leeds 1998, 169ff. Prok. BV 4,8,1-8. Um in der ostgotischen Königsstadt Ravenna einziehen zu können, war Belisar angeblich auf den Vorschlag gotischer Gesandter eingegangen, sich zum Kaiser des Westens ausrufen zu lassen. Welche Pläne Belisar damit – sofern die Geschichte in der überlieferten Form überhaupt als authentisch genommen werden kann – wirklich verfolgt hat, ist nach wie vor umstritten, vgl. Wolfram, Goten (wie Anm. 51), 348f.; B. Rubin, Das Zeitalter Iustinians, Bd. 2, aus dem Nachlaß hg. v. C. Capizzi. Berlin/New York 1995, 132f. Die Glaubwürdigkeit der Prok. HA 4 ausführlich geschilderten Intrige ist unsicher; allerdings wird die Tatsache, daß Belisar zumindest kurzfristig in Mißgunst geriet, durch das Zeugnis Marc. com. ad ann. 545 (Chronica
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Minora Saec. IV. V. VI. VII., Vol. II, ed. Th. Mommsen. Berlin 1894, ND München 1981 [= MGH AA XI], p. 107) grundsätzlich bestätigt. PLRE IIIA 215f. mit den Belegen. Agath. 5,11ff.; PLRE IIIA 218. PLRE IIIA 219. PLRE IIIA 219. H.-G. Beck, Geschichte der byzantinischen Volksliteratur. München 1971, 105-153. PLRE II 1171-1176 (Vitalianus 2). CLRE 575 (Vitalian); 577 (Justinian). Marc. com. ad ann. 521 = Chron. min. II 101-102 Mommsen: famosissimum hunc consulatum Iustinianus consul omnium Orientalium consulum profecto munificentior his liberalitatibus edidit. nam ducenta octoginta octo milia solidorum in populum inque spectacula sive in spectaculorum machinam distributa, viginti leones, triginta pardos exceptis aliis feris in amphitheatro simul exhibuit. numerosos praeterea faleratosque in circo caballos iam donatis quoque impertivit aurigis, una dumtaxat ultimaque mappa insanienti populo denegata. Marcellinus betont also ausdrücklich, daß die Höhe der Aufwendungen nur im Osten eine Besonderheit darstellte; von den „aufwendigsten Schauspiele[n] seit Menschengedenken“ (so Demandt, Spätantike (wie Anm. 8), 197) kann somit keine Rede sein. K.-L. Noethlichs, RAC 19 (1999), 668-763, s.v. Iustinianus (Kaiser), bes. 674; 714f. vermutet, daß dieser hohe Aufwand zum Erlöschen des Konsulats nach 541 beigetragen habe. Vgl. A. Cutler, The Making of the Justinian Diptychs, Byzantion 54 (1984), 75-115, bes. 102ff. CLRE 591. C. Tanta 23. Vgl. CLRE 603. Vgl. M. McCormick, Eternal Victory. Triumphal Rulership in Late Antiquity, Byzantium and the Early Medieval West. Cambridge/Paris 1986, ND 1990, 65: „one of the most frequently cited and least understood of late antique triumphs“; vgl. ebd. 125: „one of the most widely cited and misapprehended victory celebrations of the period“. Z.B. G. Ostrogorsky, Geschichte des byzantinischen Staates. München 3 1963, 59; H.-J. Diesner, Das Vandalenreich. Aufstieg und Untergang. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1966, 103; Rubin/Capizzi, Zeitalter Iustinians (wie Anm. 68), 32. Vgl. Prok. BV 4,9. Auf dieser Darstellung basiert, vielfach in wörtlicher Anlehnung, Theoph. a.m. 6026 (= C. de Boor [Ed.], Theophanis Chronographia, Vol. I. Leipzig 1883, ND Hildesheim 1963, p. 199,10200,15). Auch Kedren. 649 PG 121,108-109 und Zon. 14,7,8-45 berufen sich ausdrücklich auf Prokop. Vgl. etwa Joh. Lyd. mag. 2,2 (Justinian erscheint als ̩̥̦̣̯ҟ̭, während Belisar nicht einmal erwähnt wird); Malal. p. 403,46-48 Thurn = p. 478,22-479,3
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Dindorf (keine Erwähnung Belisars im Zusammenhang mit dem Triumph); vgl. auch Iord. Get. 171-172; Joh. Lyd. mag. 3,55; daneben Marc. com. ad ann. 534 = Chron. min. II 103-104 Mommsen; Vict. Tonn. ad ann. 534 = Chron. min. II 198 Mommsen; Mar. Avent. ad ann. 534 = Chron. min. II 235 Mommsen; Ps.-Zach. IX 17 (Die sogenannte Kirchengeschichte des Zacharias Rhetor, übers. von K. Ahrens/G. Krüger. Leipzig 1899); Coripp. Ioh. III 17-22; Joh. Eph. in der Chronik von Zuqnîn [Ps.-Dionys.] p. 82 Witakowski (Pseudo-Dionysios of Tel-Mahre. Chronicle, Part III, transl. by W. Witakowski. Liverpool 1996). Vgl. auch Coripp. Laud. Iust. 1,292, wo sogar – allerdings in panegyrischem Kontext – von den proprii triumphi Justinians gesprochen wird. Auch das Prok. aed. 1,10,15-18 beschriebene, zwischen 540 und 548 entstandene Chalke-Mosaik stellte Justinian als Sieger in den Mittelpunkt und zeichnete Belisar nur als dessen ergebenen Feldherrn, vgl. bes. Prok. aed. 1,10,16: ̦̝Ҡ ̩̥̦Ӟ ̨Ҝ̩ ̧̡̞̝̮̥Ҥ̭ Ѫ̫̰̮̯̥̩̥̝̩ң̭ […]; zum ChalkeMosaik und einer möglichen Rekonstruktion vgl. C. Mango, The Brazen House. A Study of the Vestibule of the Imperial Palace of Constantinople. Kopenhagen 1959, 32-34. Zur untergeordneten Rolle Belisars in den von Prokop unabhängigen Quellen zum Triumph des Jahres 534 vgl. auch McCormick, Eternal Victory (wie Anm. 82), 125f., mit Anm. 197. Prok. BV 4,9,12 mit McCormick, Eternal Victory (wie Anm. 82), 127f. Prok. BV 4,9,3: […] ц̩ ̨ҝ̮Ӫ ½ң̧̡̥ ц½ң̨½̡̡̰̮̩, ѵ̩ ̠Ҟ ̤̬ҡ̨̝̞̫̩ ̧̦̝̫ԉ̮̥ ԏ̴̨̝Ӻ̫̥. Prok. BV 4,9,2. Prok. BV 4,9,3: ̫Ѿ ̯ԗ ½̧̝̝̥ԗ ̨ҝ̩̯̫̥ ̯̬ң½Ԕ. Prok. BV 4,9,3. Vgl. McCormick, Eternal Victory (wie Anm. 82), 125 mit dem Hinweis, daß noch im 5. Jh. erfolgreichen Feldherren ein feierlicher Einzug in die Stadt gewährt wurde. Vgl. Prok. BV 4,9,1-2; McCormick, Eternal Victory (wie Anm. 82), 129. Prok. BV 4,9,15-16. Allerdings entsprach natürlich auch die Konsularprozession Belisars nicht einem altrömischen Triumph; der festliche Einzug, die Präsentation des gefangenen Königs u.a. waren auch in dieser Situation nicht möglich. Auch Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 141 und CLRE 10f. beziehen das an Untertanenkonsuln gerichtete Verbot, Gold zu verteilen, in der 105. Novelle auf Justinians Erfahrungen mit dem Konsulat Belisars. Prok. BG 5,5,17-19 mit Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 141 und CLRE 11. Anders Noethlichs, Iustinianus (wie Anm. 77), 714, der angesichts des Erlöschens des Konsulats nach 541 davon ausgeht, daß die Nov. Iust. 105 getroffenen Regelungen zu spät gekommen seien. Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 141; CLRE 11. Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 142; CLRE 12. – Cos. 539: Apion (PLRE IIIA 96-98 [Apion 3]; CLRE 613), Diptychon bei R. Delbrueck, Die Consulardiptychen und verwandte Denkmäler, Bd. 1 (Text) und 2
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(Tafeln). Berlin/Leipzig 1929, 150f. Nr. 33 mit Taf. 33; W.F. Volbach, Elfenbeinarbeiten der Spätantike und des frühen Mittelalters. Mainz 31976, 41 Nr. 32 mit Taf. 16 u. 17. Cos. 540: Justin (PLRE IIIA 750-754 [Iustinus 4]; CLRE 615), Diptychon bei Delbrueck, a.a.O., 151-154 Nr. 34 mit Taf. 34; Volbach, a.a.O., 41 Nr. 33 mit Taf. 17. Cos. 541: Basilius (PLRE IIIA 174f. [Basilius 3]; CLRE 617), Diptychon bei Delbrueck, a.a.O., 100-103 Nr. 6 mit Taf. 6; Volbach, a.a.O., 31 Nr. 5 mit Taf. 3. Delbrueck und Volbach beziehen das Diptychon auf den Konsul des Jahres 480; dagegen vgl. aber Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 127-131 sowie das in Anm. 2 genannte, noch unpublizierte Manuskript von Al. Cameron mit weiteren plausiblen Argumenten. Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 142; CLRE 12. Vgl. Prok. BG 7,1,3-6. Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 142; CLRE 12, mit Hinweis auf Joh. Lyd. mag. 3,62-63. Vgl. auch Stein, Histoire (wie Anm. 19), 480ff. CLRE 12 (= Cameron/Schauer, Last Consul (wie Anm. 1), 142). Vgl. Honoré, Tribonian (wie Anm. 64), 17: „age of hope“. Greatrex, Rome and Persia (wie Anm. 66), 139ff. Daß der Gotenkrieg mit der Besetzung Ravennas und der Gefangennahme des Witigis für Ostrom bereits als beendet galt, geht aus unterschiedlichen Zeugnissen klar hervor: Iordanes z.B. läßt die Geschichte des Ostgotenreiches mit dem Jahr 540 enden (vgl. Iord. Get. 313-316, bes. 313); das ChalkeMosaik zeigte die gefangenen Könige Gelimer und Witigis nebeneinander vor dem siegreichen Kaiserpaar (Prok. aed. I 10,17); in der offiziellen Sprachregelung des Kaiserhofes erscheint Totila – im Gegensatz zu den Königen bis Witigis – als tyrannus (vgl. bes. Append. Nov. VII [a. 554]; Wolfram, Goten (wie Anm. 51), 350. Vgl. den Überblick bei Honoré, Tribonian (wie Anm. 64), 5ff. mit Belegen. Vgl. Wolfram, Goten (wie Anm. 51), 349ff.; Rubin/Capizzi, Zeitalter Iustinians (wie Anm. 68), 162ff. Prok. BP 2,2; BG 6,22,17. Den Feldzug der Perser beschreibt im einzelnen Prok. BP 2,5ff.; die Eroberung Antiocheias bei Prok. BP 2,8-9; dazu G. Downey, A History of Antioch in Syria from Seleucus to the Arab Conquest. Princeton 1961, 533ff. Minutiöse Nachzeichnung und Kommentierung der Geschehnisse: B. Rubin, Das Zeitalter Iustinians, Bd. 1. Berlin 1960, 324ff. Zum Eindruck des Ereignisses bei den Zeitgenossen vgl. etwa Prok. BP 2,10,4-5; Joh. Lyd. mag. 3,54; Joh. Eph. in der Chronik von Zuqnîn [Ps.-Dionys.] p. 64 Witakowski; Men. Prot. fr. 11 FHG IV 207-208 = fr. 6,1 Blockley. Vgl. Rubin, Zeitalter Iustinians (wie Anm. 108), 335ff. Dieses einschneidende Ereignis fand nachhaltigen Widerhall bei Zeitgenossen und in der modernen Forschung. Einen neueren Forschungsüberblick bietet D. Stathakopoulos, The Justinianic Plague Revisited, BMGS 24 (2000), 256-276.
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Prok. BP 2,4,4-11; Joh. Eph. in der Chronik von Zuqnîn [Ps.-Dionys.] p. 8283 Witakowski. Joh. Eph. in der Chronik von Zuqnîn [Ps.-Dionys.] p. 82 Witakowski. Prok. BP 2,23,17-21; Joh. Eph. in der Chronik von Zuqnîn [Ps.-Dionys.] p. 88 Witakowski. Prok. BP 2,23,20; HA 4,1-3. Joh. Eph. in der Chronik von Zuqnîn [Ps.-Dionys.] p. 81 Witakowski. Joh. Eph. in der Chronik von Zuqnîn [Ps.-Dionys.] p. 75; 77; 80-81 Witakowski. F. Pringsheim, Die archaistische Tendenz Justinians, in: ders., Gesammelte Abhandlungen, Bd. 2. Heidelberg 1961, 9-40 (erstmals publiziert 1929); K.H. Schindler, Justinians Haltung zur Klassik. Versuch einer Darstellung an Hand seiner Kontroversen entscheidenden Konstitutionen. Köln/Graz 1966; Honoré, Tribonian (wie Anm. 64), 251ff. Stein, Konsulat (wie Anm. 9), 378 (259) spricht sogar von „den Fesseln der Traditionen, die dem ganzen Staate jener Zeit ein so müdes, greisenhaftes Gepräge geben“. Vgl. Av. Cameron, The Theotokos in Sixth-Century Constantinople. A City Finds its Symbol, JThS 29 (1978), 79-108, bes. 80-82; 107f. sowie die grundlegende Arbeit dies., Images of Authority: Elites and Icons in Late Sixth-Century Byzantium, P&P 84 (1979), 3-35. Zur Entwicklung des Kaiserzeremoniells ist aufschlußreich J. L. Nelson, Symbols in Context: Rulers’ Inauguration Rituals in Byzantium and the West in the Early Middle Ages, in: D. Baker (Hg.), The Orthodox Churches and the West. Papers Read at the Fourteenth Summer Meeting and the Fifteenth Winter Meeting of the Ecclesiastical History Society (= Studies in Church History 13). Oxford 1976, 97-119. Die Entwicklung der Geschichtsschreibung behandelt Mi. Whitby, Greek Historical Writing after Procopius: Variety and Vitality, in: Av. Cameron/L. Conrad (Hgg.), The Byzantine and Early Islamic Near East, Vol. I: Problems in the Literary Source Material. Princeton 1992, 25-80. Av. Cameron deutet die erwähnte Entwicklung als komplexen Integrationsprozeß, bei dem sich die Reichsbevölkerung (bes. die Eliten) und der Kaiser durch eine ‚Liturgisierung‘ sämtlicher Kommunikationsformen gemeinsame Identifikationspole geschaffen und der Gesellschaft dabei eine Struktur gegeben hätten, die eine Anpassung an gewandelte äußere Bedingungen ermöglicht habe. Es dürfte dabei insbesondere die nachhaltige Erfahrung der Pest in Verbindung mit einer Reihe nahezu zeitgleicher weiterer schwerer Katastrophen gewesen sein, die eine neue innere Restabilisierung der oströmischen Gesellschaft erforderte, ein Prozeß, der – wie vor allem Av. Cameron deutlich gezeigt hat – vielfach in den Quellen greifbar ist, jedoch nicht erst seit der nachjustinianischen Phase (so mit Nachdruck Cameron), sondern bereits in der Spätzeit dieses Kaisers. Der 534 in Kraft getretene Codex Iustinianus repetitae praelectionis (Neuauflage des ersten Codex Iustinianus von 529) enthält – je nach Zuordnung einzelner Passagen – ca. 360-400 justinianische Konstitutionen (vgl. F. Ebrard, Die Entstehung des Corpus Iuris nach den acht Einführungsgesetzen
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des Kaisers Justinian, Schweizer Beiträge zur allgemeinen Geschichte 5 (1947), 28-76, hier 44: 403 Konstitutionen – Noethlichs, Iustinianus (wie Anm. 77), 704f.: ca. 360 Bestimmungen aus ca. 290 Gesetzen); hinzu kommt seit 535 eine beachtliche Anzahl von Novellen, die jedoch nicht mehr vollständig erhalten sind, da Justinian seinen ursprünglichen Plan, auch die Novellen in einer eigenen Sammlung zusammenzufassen (C. Cordi 4), nicht ausgeführt hat. Von den erhaltenen 168 Novellen (zu denen noch 13 Edikte und eine Appendix mit weiteren Konstitutionen treten) stammen 155 von Justinian; aus dieser Gruppe wiederum entfallen drei in die Zeit vor der Promulgation des Codex Iustinianus repetitae praelectionis. Von den verbleibenden 152 Novellen gehören allein 106 in die 30er Jahre; nach 542 geht die gesetzgeberische Aktivität deutlich zurück; für die Jahre 547, 549, 550, 557, 560, 561, 562 und 564 sind sogar überhaupt keine Novellen überliefert. Vgl. im einzelnen dazu L. Wenger, Die Quellen des römischen Rechts. Wien 1953, 668ff.; tabellarische Übersichten bei Honoré, Tribonian (wie Anm. 64), 133; 135 und H. Krumpholz, Über sozialstaatliche Aspekte in der Novellengesetzgebung Justinians. Bonn 1992, 212. Honoré, Tribonian (wie Anm. 64), 252. Vgl. etwa Wenger, Quellen (wie Anm. 119), 668; Honoré, Tribonian (wie Anm. 64), 26; 77f.; 252; P. E. Pieler, Byzantinische Rechtsliteratur, in: H. Hunger, Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner, Bd. 2. München 1978, 341-480, hier 409; H. Jones, Justiniani Novellae ou l’autoportrait d’un législateur, RIDA 35 (1988), 149-208, hier 149f.; 208. Vgl. etwa Stein, Konsulat (wie Anm. 9), 379 (251). Am bekanntesten ist das Religionsgespräch mit den Severianern (gemäßigten Monophysiten); vgl. dazu J. Speigl, Das Religionsgespräch mit den severianischen Bischöfen in Konstantinopel im Jahre 532, AHC 16 (1984), 264-285. Zur Religions- und Kirchenpolitik Justinians vgl. die Überblicksdarstellungen von E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians, in: W. Eltester/H.-D. Altendorf (Hgg.), Eduard Schwartz. Gesammelte Schriften, Bd. 4: Zur Geschichte der alten Kirche und ihres Rechts. Berlin 1960, 276-328; R. Haacke, Die kaiserliche Politik in den Auseinandersetzungen um Chalkedon (451553), in: A. Grillmeier/H. Bacht (Hgg.), Das Konzil von Chalkedon. Geschichte und Gegenwart, Bd. 2: Entscheidung um Chalkedon. Würzburg 4 1973, 95-177; H.-G. Beck, Die frühbyzantinische Kirche, in: H. Jedin (Hg.), Handbuch der Kirchengeschichte, Bd. II.2. Freiburg i. Br. 1975, ND 1985, 392, bes. 15ff., sowie – sehr aufschlußreich im Hinblick auf das Verständnis der theologischen Detailfragen – A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. II 2: Die Kirche von Konstantinopel im 6. Jahrhundert. Freiburg/Basel/Wien 1989, 333ff. und K.-H. Uthemann, Kaiser Justinian als Kirchenpolitiker und Theologe, Augustinianum 39 (1999), 5-83. Vgl. Prok. HA XIII 12, wonach Tribonian einmal seiner Befürchtung Ausdruck verliehen haben soll, daß Justinian wegen seiner Frömmigkeit irgendwann unversehens in den Himmel auffahren könne.
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Vgl. das von Prokop in den Anekdota – freilich aus verzerrender Perspektive – angeführte programmatische Diktum des Kaisers: ъ̤̫̭ ̟қ̬ ̨̫̥ […] ̯қ ̡̯ ѷ̮̥̝ ̦̝Ҡ ̡Ѿ̡̮̞Ӭ ½̬қ̡̯̯̥̩ (HA 29,25). Zum theologischen Schrifttum Justinians vgl. den Überblick von H. S. Alivisatos, Die kirchliche Gesetzgebung des Kaisers Justinian I. Berlin 1913, ND Aalen 1973, 9ff.; ergänzend dazu Noethlichs, Iustinianus (wie Anm. 77), 752ff., bes. 754f.; Uthemann, Kaiser Justinian (wie Anm. 124), passim. Die theologischen und kirchenpolitischen Texte Justinians liegen vor in den Editionen von E. Schwartz (Ed.), Drei dogmatische Schriften Justinians, 2. Aufl. besorgt von M. Amelotti/R. Albertella/L. Migliardi. Mailand 1973 (= Legum Iustiniani Imperatoris Vocabularium. Subsidia II); M. Amelotti/L. Migliardi Zingale (Edd.), Scritti teologici ed ecclesiastici di Giustiniano. Mailand 1977 (= Legum Iustiniani Imperatoris Vocabularium. Subsidia III). Zwar existieren bereits aus den frühen Jahren Justinians Zeugnisse, in denen sich der Kaiser auch zu theologisch-dogmatischen Fragen äußert (z.B. einige Briefe an die Päpste, die religionspolitischen Erlasse des Jahres 533 [Cod. Iust. 1,1,6-8] oder die Konstitution gegen die abgesetzten Monophysiten [Nov. Iust. 42, a. 536]), doch bilden in diesen Texten theologische Implikationen lediglich den Hintergrund für kirchenpolitische Entscheidungen oder Vorgaben. Dies ändert sich in den Traktaten seit den frühen 40er Jahren, in denen theologisch-dogmatische Erörterungen ein eigenständiges Gewicht erhalten. Die Reihe dieser Schriften beginnt mit einem Brief an den neu eingesetzten Patriarchen von Alexandreia Zoilos; der zwischen 540 und 542/43 verfaßte Text ist wie ein etwa gleichzeitig entstandener Liber contra Nestorianos et Acephalos fragmentarisch erhalten (Texte bei Amelotti/Migliardi Zingale, a.a.O., 57-63 [Brief an Zoilos]; 37-40 [Fragment des Liber contra Nestorianos et Acephalos]. Dem Zoilos-Brief folgte wenig später ein umfangreicher Traktat an einige alexandrinische Mönche, die Zoilos für das chalkedonische Bekenntnis hatte gewinnen können (Text bei Schwartz, Drei dogmatische Schriften, 5-79). Das eigenständige theologische Schrifttum Justinians hat also nicht erst mit dem Origenisten- und dem Drei-KapitelStreit eingesetzt, sondern der Kaiser ging seit den frühen 40er Jahren grundsätzlich und selbständig dazu über, seine theologischen Präferenzen schriftlich niederzulegen und zu diskutieren. Tod Tribonians: Honoré, Tribonian (wie Anm. 64), 64; 134; 137. Das Urteil Prokops über Junilius (PLRE IIIA 742): Prok. HA 20,17. Junilius’ Instituta regularia divinae legis entstanden wohl 542 (E. Stein, Deux questeurs de Justinien et l’emploi des langues dans ses novelles, in: ders., Opera minora selecta. Amsterdam 1968, 359-384, bes. 374f.), allerdings – entgegen der These Steins – noch vor der Berufung Junillus’ in die Quästur (Honoré, Tribonian [wie Anm. 64], 238f., vgl. auch M. Maas, Junillus Africanus’ Instituta Regularia Divinae Legis in Its Justinianic Context, in: P. Allen/E. Jeffreys (Hgg.), The Sixth Century. End or Beginning?. Brisbane 1996, 131144, hier 138). – Zu den nächtlichen theologischen Diskussionen Justinians vgl. Prok. BG 7,32,9.
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Vgl. Coripp. Laud. Iust. 2,260; Agath. 5,14,1-2; Men. Prot. fr. 4 FHG IV 203 = fr. 5,1 Blockley. Coripp. Laud. Iust. 2,267. Vgl. Cameron, Images (wie Anm. 118), passim. Dazu M. Meier, Zur Wahrnehmung und Deutung von Naturkatastrophen im 6. Jahrhundert n. Chr., in: D. Groh/M. Kempe/F. Mauelshagen (Hgg.), Naturkatastrophen und ihre Wahrnehmung in der Geschichte der Menschen. Tübingen 2002 (im Druck). Text: PG 86.1,1163-1186. Einführend vgl. P. Henry III, A Mirror for Justinian: The Ekthesis of Agapetus Diaconus, GRBS 8 (1967), 281-308; I. Kapitánffy, Justinian and Agapetus, Acta antiqua et archaeologica 26 (1994), 65-70. Vgl. Agap. Ekth. 3; 21; 37; 40; 45; 63. Text: Johannes von Gaza, Paulus Silentiarius und Prokopios von Gaza. Kunstbeschreibungen justinianischer Zeit, herausgegeben und erklärt von P. Friedländer. Hildesheim/New York 1969 (erstm. 1912/1939). Vgl. zu dieser Schrift bes. Ma. Whitby, The Occasion of Paul the Silentiary’s Ekphrasis of S. Sophia, CQ 35 (1985), 215-228; R. Macrides/P. Magdalino, The Architecture of Ekphrasis: Construction and Context of Paul the Silentiary’s Poem on Hagia Sophia, BMGS 12 (1988), 47-82. Einschlägig ist in diesem Zusammenhang das an Justinian gerichtete Proömium der Schrift Paul. Silent. Ekphr. 1-80, bes. 40-65. Paul. Silent. Ekphr. 47. Paul. Silent. Ekphr. 52-53. M. Maas, Roman History and Christian Ideology in Justinianic Reform Legislation, DOP 40 (1986), 17-31. Vgl. die vorige Anm. Vgl. Maas, Roman History (wie Anm. 139), bes. 19f. Zur Geschichte Lykaoniens vgl. K. Belke, Galatien und Lykaonien. Wien 1984, 50-57. Vgl. dazu Jones, LRE (wie Anm. 8), 294; Stein, Histoire (wie Anm. 19), 747ff., bes. 751, Anm. Nov. Iust. 145 pr. Maas, Roman History (wie Anm. 139), 28. Vgl. G. Greatrex, The Dates of Procopius’ Works, BMGS 18 (1994), 101114, 113f. In diesem Sinne dürfte insbesondere die zusammenfassende Schlußbemerkung Prok. aed. VI 7,17 zu verstehen sein, die Justinian ausdrücklich wegen seiner Verteidigungsmaßnahmen lobt (ж̨̱ҡ̧̡̦̯̫̩ ̠Ҝ ̫Ѿ̠Ҝ̩ ̟ҝ̡̟̫̩̩, к̧̧’ ъ̧̩̠̣̫̩ ж̩̤̬ҧ½̫̥̭ ̠̥̝̱̝̩Ԗ̭ ½ӝ̮̥̩, ҋ̭ ц̦ ̯Ԗ̩ чԕ̴̩ ѳ̬ҡ̴̩ к̲̬̥ ц̭ ̠ҥ̫̩̯қ ½̫̰ ̯Ң̩ ї̧̥̫̩, й ̠Ҟ ½ҝ̬̝̯қ ц̮̯̥ ̯Ӭ̭ ԏ̴̨̝ҡ̴̩ ж̬̲Ӭ̭, ̫Ѿ̦ ц̬ҥ̨̝̮̥ ̨ң̩̫̥̭, ж̧̧Қ ̦̝Ҡ ̴̮̯̬̝̯̥̯Ԗ̩ ̧̱̰̝̦̯̣̬ҡ̫̥̭ Ѫ̫̰̮̯̥̩̥̝̩Ң̭ ̧̡̞̝̮̥Ҥ̭ ̯Ҟ̩ ½̧̡̫̥̯ҡ̝̩ ц̦̬̝̯ҥ̩̝̯̫). Auch zu Beginn von Buch 2, mit dem die Schilderung der Bauten Justinians außerhalb der Hauptstadt einsetzt, macht Prokop unmißverständlich klar, daß die Sicherung der Reichsgrenzen durch Justinian das eigentliche Thema des Folgenden darstellt (Prok. aed. II1,2: ̯Ң
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̠Ҝ ̧̫̥½Ң̩ ц½Ҡ ̯Қ ц̬ҥ̨̝̯̝ ѓ̨Ӻ̩ Ѣ̯ҝ̫̩, ̫ѩ̮½̡̬ ̯Қ̭ ц̮̲̝̯̥Қ̭ ½̡̬̥ҝ̧̡̞̝ ԏ̴̨̝ҡ̴̩ ̯Ӭ̭ ̟Ӭ̭). Vgl. auch die in diesem Zusammenhang signifikante Bemerkung im Proömium Prok. aed. I 1,11: ж̧̧Қ ̦̝Ҡ ̞̝̬̞қ̬̫̥̭ ½̝̩̯̝̲ң̡̤̩ ѿ½̡̨̫̦̥ҝ̩̣̩ ̯Ҟ̩ ԏ̴̨̝ҡ̴̩ ж̬̲Ҟ̩ ̴̮̯̬̝̯̥̯Ԗ̩ ̡̯ ½̧ҟ̡̤̥ ц½ҝ̴̡̬̬̮ ̦̝Ҡ Ѳ̴̨̲̰̬қ̴̯̩ ̫Ѣ̨̦̫̠̫ҡ̝̥̭ з½қ̮̝̭ ̝Ѿ̯Ӭ̭ ̯Ӭ̭ ц̮̲̝̯̥Қ̭ ц̡̯̥̲ҡ̮̝̯̫). Maas, Roman History (wie Anm. 139), 28. Theoph. a.m. 6051 p. I 234,3-6 de Boor. De caerim. append. ad I p. 497,13-498,13, in: I. I. Reiske (Ed.), Constantini Porphyrogeniti Imperatoris De Cerimoniis Aulae Byzantinae Libri Duo, Vol. I. Bonn 1829. McCormick, Eternal Victory (wie Anm. 82), 67. Der Zug verfolgte eine für einen adventus bis dahin untypische Route; möglicherweise war dies der Grund dafür, daß das Protokoll überhaupt überliefert worden ist, vgl. McCormick, a.a.O., 208f. Stein, Histoire (wie Anm. 19), 818f. De caerim. append. ad I p. 498,9 Reiske: ̦̝Ҡ ъ̡̦̬̝̪̩ ̯Ң ̨̡̤̬̥̝̞̰̯қ̧̥̫̩. De caerim. append. ad I p. 497,13-19 Reiske. De caerim. append. ad I p. 497,19-498,7 Reiske. E. Kitzinger, Byzantinische Kunst im Werden. Stilentwicklungen in der Mittelmeerkunst vom 3. bis zum 7. Jahrhundert. Köln 1984, 202ff., bes. 202 („Das ästhetische Ideal der frühjustinianischen Zeit war kurzlebig. […] Die folgende Periode bis zum Ausbruch des Bildersturmes in Byzanz […] bietet ein weit weniger klar umrissenes Bild als irgendeine der voraufgegangenen. […] In der Kunstgeschichte stellt die Periode eine Zeitenwende dar“); 206 („Wir müssen also mit einer ziemlich tiefgreifenden Veränderung innerhalb der byzantinischen Kunst um das Jahr 550 rechnen. Das üppige Sprießen, die dicht gedrängten organischen Formen, die Betonung von Dingen, die wachsen, die leben und sich bewegen, ist verschwunden. Es ist kühl geworden, die Landschaft ist kahl, die Figuren sind erstarrt“); 210. Vgl. Rubin, Zeitalter Iustinians (wie Anm. 108); Evans, Age of Justinian (wie Anm. 17). H. Hunger, Kaiser Justinian I., in: ders. (Hg.), Das byzantinische Herrscherbild. Darmstadt 1975, 333-352 (erstm. 1965). Dazu W. Brandes, Anastasios ѳ ̠ҡ̦̫̬̫̭: Endzeiterwartung und Kaiserkritik in Byzanz um 500, ByzZ 90 (1997), 24-63. Dies im einzelnen zu veranschaulichen und zu begründen, ist Ziel meiner in Vorbereitung befindlichen Habilitationsschrift zu dem Thema ‚Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jh. n. Chr.‘ Iord. Get. 289. Prok. HA 26,12-15. Joh. Lyd. mag. 2,8.
Auswahlbibliographie Für einen Überblick über die aktuelle Literatur zu Justinian und zum 6. Jahrhundert sei vor allem auf den einleitenden Beitrag von H. Leppin „(K)ein Zeitalter Justinians“ verwiesen. Näheres lässt sich aus den Literaturverzeichnissen der dort behandelten Titel sowie der jüngeren größeren Arbeiten zu Justinian leicht erschließen. An erster Stelle sei dabei genannt: M. Maas (Hg.), The Cambridge Companion to the Age of Justinian. Cambridge 2005 (wichtigstes neueres Einführungswerk; nicht chronologisch, sondern systematisch gegliedert und im Zugriff weit über Justinian und das 6. Jh. hinausführend) Neuere Monographien: J. A. S. Evans, The Age of Justinian. The Circumstances of Imperial Power. London/New York 1996 (gelungener Überblick) P. Maraval, L’empereur Justinien. Paris 1999 (hervorragende Einführung auf knappstem Raum) K. L. Noethlichs, Reallexikon für Antike und Christentum 19 (1999), 668-763, s.v. Iustinianus (Kaiser) (sehr guter Überblick mit umfangreichen Quellenangaben) M. Meier, Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr. Göttingen 22004 (Infragestellung eines ‚Zeitalters Justinians‘) M. Meier, Justinian. Herrschaft, Reich und Religion. München 2004 Außenpolitik/Kriege: B. Rubin, Das Zeitalter Iustinians, Bd. 1. Berlin 1960 (konzeptionell veraltet, aber für die Ereignisgeschichte und verschiedene Einzelaspekte weiterhin wichtig) B. Rubin, Das Zeitalter Iustinians, Bd. 2, aus dem Nachlaß hg. v. C. Capizzi. Berlin/New York 1995 H. Wolfram, Die Goten. Von den Anfängen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. München 31990 G. Greatrex, Rome and Persia at War, 502-532. Leeds 1998 Religions- und Kirchenpolitik: E. Schwartz, Zur Kirchenpolitik Justinians, in: W. Eltester/H.-D. Altendorf (Hgg.), Eduard Schwartz. Gesammelte Schriften, Bd. 4: Zur Ge-
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Auswahlbibliographie
schichte der alten Kirche und ihres Rechts. Berlin 1960, 276-328 (die weiterhin grundlegende Arbeit zu Justinians Kirchenpolitik) W. H. C. Frend, The Rise of the Monophysite Movement. Chapters in the History of the Church in the Fifth and Sixth Centuries. Cambridge 1972 R. Haacke, Die kaiserliche Politik in den Auseinandersetzungen um Chalkedon (451-553), in: A. Grillmeier/H. Bacht (Hgg.), Das Konzil von Chalkedon. Geschichte und Gegenwart, Bd. 2: Entscheidung um Chalkedon. Würzburg 41973, 95-177 P. Gray, The Defense of Chalcedon in the East (451-553). Leiden 1979 A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. II 2: Die Kirche von Konstantinopel im 6. Jahrhundert. Freiburg/Basel/Wien 1989 (die wichtigste Darstellung theologischer Probleme aus der Perspektive eines Theologen) V. L. Menze, Justinian and the Making of the Syrian Orthodox Church. Oxford 2008 (behandelt die Kirche(n) des Ostens unter Justinian) F. Millar, Rome, Constantinople and the Near Eastern Church under Justinian: Two Synods of C.E. 536, in: Journal of Roman Studies 98 (2008), 62-82 S. Corcoran, Anastasius, Justinian, and the Pagans: A Tale of Two Law Codes and a Papyrus, in: Journal of Late Antiquity 2 (2009), 183-208 M. Maser, Die Päpste und das oströmische Kaisertum im sechsten Jahrhundert, in: K. Herbers/J. Johrendt (Hgg.), Das Papsttum und das vielgestaltige Italien. Hundert Jahre Italia Pontificia. Berlin/New York 2009, 39-68 Wirtschaftsgeschichtliche Aspekte: P. Sarris, Economy and Society in the Age of Justinian. Cambridge 2006 Theodora: J. A. S. Evans, The Empress Theodora. Partner of Justinian. Austin 2002 H. Leppin, Theodora und Iustinian, in: H. Temporini-Gräfin Vitzthum (Hg.), Die Kaiserinnen Roms. Von Livia bis Theodora. München 2002, 437-481 Justinians frühe Jahre unter Justin I.: B. Croke, Justinian under Justin: Reconfiguring a Reign, in: Byzantinische Zeitschrift 100 (2007), 13-56
Auswahlbibliographie
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Nika-Aufstand: M. Meier, Die Inszenierung einer Katastrophe: Justinian und der NikaAufstand, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 142 (2003), 273-300 ‚Justinianische Pest‘: L. I. Conrad, Die Pest und ihr soziales Umfeld im nahen Osten des frühen Mittelalters, in: Der Islam 73 (1996), 81-112 D. Stathakopoulos, The Justinianic Plague Revisited, in: Byzantine and Modern Greek Studies 24 (2000), 256-276 (Forschungsüberblick) D. Stathakopoulos, Famine and Pestilence in the Late Roman and Early Byzantine Empire. A Systematic Survey of Subsistence Crises and Epidemics. Aldershot 2004 P. Sarris, The Justinianic Plague: Origins and Effects, in: Continuity and Change 17 (2002), 169-182 M. Meier, „Hinzu kam auch noch die Pest ...“. Die sogenannte Justinianische Pest und ihre Folgen, in: M. Meier (Hg.), Pest – Die Geschichte eines Menschheitstraumas. Stuttgart 2005, 86-107; 396400 L. K. Little (Hg.), Plague and the End of Antiquity. The Pandemic of 541-750. Cambridge 2007 Die späten Jahre Justinians: Av. Cameron, Images of Authority: Elites and Icons in Late SixthCentury Byzantium, in: Past and Present 84 (1979), 3-35, ND in: Av. Cameron, Continuity and Change in Sixth-Century Byzantium. London 1981, XVIII M. Meier, Sind wir nicht alle heilig? Zum Konzept des „Heiligen“ (sacrum) in spätjustinianischer Zeit, in: Millennium 1 (2004), 133-164 (zum Phänomen der ‚Liturgisierung‘)