Integrationsmanagement - Onboarding neuer Mitarbeiter [2 ed.] 9783666403774, 9783525403778, 9783647403779


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Integrationsmanagement - Onboarding neuer Mitarbeiter [2 ed.]
 9783666403774, 9783525403778, 9783647403779

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© 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525403778 — ISBN E-Book: 9783647403779

© 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525403778 — ISBN E-Book: 9783647403779

Daniela Lohaus / Wolfgang Habermann

Integrationsmanagement – Onboarding neuer Mitarbeiter 2., unveränderte Auflage

Vandenhoeck & Ruprecht © 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525403778 — ISBN E-Book: 9783647403779

Mit 33 Abbildungen und 24 Tabellen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ­http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-40377-8 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de Umschlagabbildung: Michael D. Brown/shutterstock.com © 2016, 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen /  Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Umschlag: SchwabScantechnik, Göttingen Druck und Bindung: e Hubert & Co GmbH & Co. KG, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

© 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525403778 — ISBN E-Book: 9783647403779

Inhalt

Vorwort zur zweiten Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.1 Bedeutung der Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.2 Kapitelvorschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2 Integration: Begriffsklärung und Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Definitionen von Integration und Sozialisation . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Erläuterung verwandter Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Integration als Teil der Personalbedarfsdeckungskette und des betrieblichen Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14 14 17

3 Ziele und Nutzen der Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Indikatoren für Anpassung und langfristige Ergebnisse . . . . . . . . . . 3.2 Monetärer Nutzen systematischer Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Der ökonomische Wert der Leistung von Mitarbeitern . . . . . 3.2.2 Der ökonomische Wert von Integrationsmaßnahmen . . . . . .

26 26 31 31 38

23

4 Zielgruppen der Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 5 Theoretische Grundlagen der Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Phasenmodell der Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Balance zwischen Sozialisation und Individuation . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Integration und Psychologischer Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Person-Organisation-Fit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69 69 76 77 79

6 Studienergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6.1 Unternehmensvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6.2 Einfluss des Verhaltens von Vorgesetzten und Kollegen . . . . . . . . . . 86

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6

Inhalt

6.3 Einfluss von Merkmalen und Verhaltensweisen der neuen Mitarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 6.4 Erkenntnisse zur Gestaltung von Integrationsmaßnahmen . . . . . . . 96 7 Integrationsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Prinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Integrationsvorbereitung für spezielle Mitarbeitergruppen . . . . . . . 7.2.1 Auswahl der Mitarbeitergruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2.2 Vorbereitung der Integration behinderter Menschen . . . . . . . 7.2.3 Vorbereitung der Integration ausländischer Arbeitskräfte . . . 7.2.4 Vorbereitung der Integration von Auszubildenden . . . . . . . . . 7.3 Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.1 Betrachtung auf der Zeitschiene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Maßnahmen vor Eintritt in die Organisation . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Maßnahmen bei Arbeitsbeginn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.4 Maßnahmen nach Tätigkeitsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4 Evaluation von Integrationsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.1 Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.4.2 Systematische Evaluierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101 101 111 111 111 116 122 126 126 127 132 136 143 143 145

8 Praxisbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Auswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 COM Software GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Sparkasse Bensheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Infraserv GmbH & Co. Höchst KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150 150 151 155 159

9 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

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Vorwort zur zweiten Auflage

Mit dem demografischen Wandel kommen zusätzliche Aufgaben und neue Herausforderungen auf Personalabteilungen und Personalberater zu. Er verlangt die Ausnutzung aller Möglichkeiten der Nachwuchs- und Ersatzgewinnung von Arbeitskräften. Dabei werden Integration und Bindung immer wichtiger. Die allermeisten der mit der Integration neuer Mitarbeiter Beauftragten wissen aufgrund ihrer Ausbildung oder ihrer Erfahrung, worauf es dabei ankommt. Sie werden sich aber doch auch vergewissern wollen, ob die von ihnen aufgelegten Programme und durchgeführten Maßnahmen nicht noch ergänzt und damit effizienter gestaltet werden könnten. In diesem Buch haben wir das in unseren Augen Wichtigste und Aktuellste zur beruflichen Integrationsproblematik zusammengetragen und dazu viele klassische und jüngere Studien ausgewertet. Wir stellen Personalverantwortlichen damit ein bequemes Übersichtswerk zur Verfügung. Unternehmensleitungen sind immer an der Evaluierung der Prozesse in ihrem Verantwortungsbereich interessiert und – angesichts der mit dem demografischen Wandel einhergehenden Personalprobleme – verstärkt auch am Erfolg ihres Integrationsmanagements. Die ausführliche Behandlung des monetären Nutzens systematischer Integration kommt nicht nur diesem Interesse entgegen, sondern bietet auch konkrete Bewertungsvorschläge. Studierenden der Betriebswirtschaftslehre und der Psychologie mit dem Schwerpunkt Personal und Studierenden der Wirtschaftspsychologie, die sich für einen späteren Einsatz im Human Resources Management interessieren, empfehlen wir unser Buch als wertvolle Grundlage für Kompetenzaufbau in einem immer wichtiger werdenden Feld professioneller Personalarbeit. Wer aus wissenschaftlichem Interesse noch intensiver nach einzelnen Forschungsergebnissen sucht, findet in der Literaturliste eine große Zahl von in diesem Buch verarbeiteten – vor allem – aktuelle Studien, die auch zu vielen methodischen Aspekten detailliert Auskunft geben.

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Vorwort zur zweiten Auflage

Dass unser Buch in kurzer Zeit als zweite Auflage erscheint, bestätigt seinen Nutzen für Personalverantwortliche und Studierende, erübrigt aber zunächst auch eine Neubearbeitung. Wir bleiben bei unserer Hoffnung im Vorwort der ersten Auflage, dass man nicht aus leidvoller Erfahrung, sondern aus kluger Voraussicht zu ihm greifen möge. 

Wolfgang Habermann und Daniela Lohaus

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1 Einleitung

1.1 Bedeutung der Thematik Die Bedeutung des Themas »organisationale Integration« ist in der letzten Zeit gewachsen und wird in den nächsten Jahren noch zunehmen (vgl. Bauer, Bodner, Erdogan, Truxillo u. Tucker, 2007). Ein wesentlicher Grund dafür liegt in der zunehmenden Mobilität von Arbeitnehmern. Arbeitsplätze werden heute deutlich häufiger als früher auf eigene Initiative hin gewechselt, um beispielsweise Entwicklungsmöglichkeiten zu nutzen, das Einkommen zu verbessern oder um den Arbeitsort an die Bedürfnisse des Partners bzw. der Partnerin anzupassen. Nicht nur die durch Arbeitnehmer initiierten Arbeitsplatzwechsel spielen für die Bedeutung des Themas eine Rolle. Auch arbeitgeberseitig wird stärker als in der Vergangenheit eine sogenannte »atmende Belegschaft« angestrebt. Damit ist gemeint, dass der Personalbestand flexibel und kurzfristig an die jeweils aktuellen Bedürfnisse des Unternehmens angepasst werden kann. Befristete Arbeitsverträge und Einsatz von Zeitarbeitskräften sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Das heißt, Arbeitnehmer durchlaufen in ihrem Arbeitsleben mehr organisationale Integrationsprozesse als in der Vergangenheit und Unternehmen haben häufiger mit der unternehmensbezogenen Sozialisierung neuer Mitarbeiter zu tun als in den letzten Dekaden. Die Integration neuer Mitarbeiter ist deshalb ein so wichtiges Thema, weil sie großen Einfluss auf Einstellungen und Verhalten der Neuen sowie auf die Wahrscheinlichkeit ihres Verbleibs im Unternehmen hat. Effektive Integrationsprogramme bewirken Bindung an die Organisation und hohe Produktivität der neuen Mitarbeiter und beeinflussen deren langfristige Anpassung an das Unternehmen. Misslungene Integration kann dagegen einen Kreislauf in Gang setzen, der durch Misserfolg gekennzeichnet ist (Gruman u. Saks, 2011). Studien haben gezeigt, dass insbesondere die ersten Monate über die langfristige Entwicklung entscheiden. Neue Mitarbeiter passen sich speziell in den ersten vier Wochen stark an, und Erfolgsmaße für

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Einleitung

gelungene Integration verändern sich danach nicht mehr sehr stark (CooperThomas u. Anderson, 2005). Obgleich die Integration neuer Mitarbeiter entsprechend der zunehmenden Bedeutung für den Erfolg von Unternehmen ein zentrales Aufgabenfeld des Personalmanagements ist, wird es bei Weitem nicht in dieser Wichtigkeit wahrgenommen. Im Rahmen einer Studie von Beck und Bastians (2013) zum Image des Personalmanagements ergab eine Befragung von 400 Mitarbeitern des Personalmanagements und von über 1.000 Mitarbeitern (jeweils mit und ohne Führungsverantwortung) ein deutliches Bild: Nicht nur in der Einschätzung der HR-Angestellten schneidet die Unterstützung neuer Mitarbeiter im Vergleich zu anderen Funktionen des Personalmanagements nur mittelmäßig ab. Auch die Mitarbeiter nehmen diese Funktion von HR als eher schwach ausgeprägt wahr (siehe Abbildung 1). 2

HR organisiert die Werbung und Einstellung neuer Mitarbeiter professionell. In meiner Einarbeitungsphase habe ich alle nötigen Hilfestellungen von HR erhalten. HR wickelt meine Entgeltabrechnungen rechtzeitig und fehlerfrei ab.

2,8 2,2

1,3

3

1,7 2,4

HR schafft für mich attraktive Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. 1,9

In persönlichen, sozialen und finanziellen Problemsituationen bietet HR gute Beratung und Hilfe an. trifft voll zu

3,2 2,9 trifft gar nicht zu

Selbstbild HR

Fremdbild HR

Abbildung 1: Selbst- und Fremdeinschätzung der Stärken und Schwächen unterschiedlicher HR-Funktionen (Beck u. Bastians, 2013, S. 10)

In den letzten Jahren hat die Theorienbildung zum Thema deutlich zugenommen und hat im Vergleich zu früher zu differenzierteren Darstellungen des Prozesses der organisationalen Integration geführt. Es sind verstärkt Studien durchgeführt worden, um theoretische Annahmen zu überprüfen und zu belegen. Heute liegt eine Vielzahl von Forschungsergebnissen zu einem ganzen Bündel an relevanten Faktoren für den Erfolg der Integration neuer Mitarbeiter vor. Dazu gehören die Charakteristika von Unternehmen und zu besetzender Position, Merkmale, Einstellungen und Verhalten der neuen Mitarbeiter, das Verhalten von Vorgesetzten und Kollegen und die Bedeutung gezielter Integrationsmaßnahmen. Als Erfolgsmerkmale gelten zumeist die Arbeitsleistung in der neuen Position, die Integration in das Team der Kollegen, die Identifikation mit dem Unternehmen und das Geschick, angemessen im Unternehmen zu agieren;

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Kapitelvorschau

außerdem Arbeitszufriedenheit und die Absicht, im Unternehmen zu bleiben, sowie der faktische Verbleib. Moser, Soucek und Hassel (2014) weisen allerdings darauf hin, dass Arbeitsleistung und Zufriedenheit nicht unmittelbar Ergebnisse von Integrationsbemühungen sind, da sie von wesentlichen weiteren Faktoren abhängen. Das sind im Fall der Leistung beispielsweise Fähigkeiten, Intelligenz und Ausbildung und in Bezug auf die Zufriedenheit die Lebensumstände. Trotz dieser Vielfalt an Studien zu den genannten Merkmalen gibt es noch keine einheitliche Theorie der beruflichen Integration (vgl. Saks u. Ashforth, 1997). Während zu Beginn der Forschung zu diesem Thema die Aufmerksamkeit fast ausschließlich auf die Effizienz der Arbeitgebermaßnahmen gerichtet wurde, die den Anpassungsprozess bei den neuen Mitarbeitern in Gang setzten und steuern sollten, herrscht heute die Ansicht vor, dass der Integrationsprozess zweiseitig und als Interaktion zwischen Unternehmensvertretern und neuen Mitarbeitern gesehen werden muss. Das bedeutet, es werden nicht mehr Individuen isoliert betrachtet, sondern Interaktionen zwischen den Beteiligten, wie neuen Mitarbeitern, Teamkollegen und Vorgesetzten. Im Rahmen dieser interaktionistischen Betrachtungsweise des organisationalen Sozialisationsprozesses sind Initiative und Verhalten seitens der neuen Mitarbeiter stark in den Fokus gerückt (Harrison, Sluss u. Ashforth, 2011). Verschiedene Autoren (vgl. Changhong Lu u. Tjosvold, 2013) vertreten inzwischen die Ansicht, dass bei der Bewertung der Integration neuer Mitarbeiter die zwischenmenschliche Ebene und konkrete Interaktionen stärker berücksichtigt werden sollten.

1.2 Kapitelvorschau Da es eine schier unüberschaubare Anzahl von Studien gibt, die unterschiedliche Facetten der in Abbildung 2 dargestellten Variablen und Zusammenhänge zum Gegenstand haben, kann im Rahmen dieses Buchs nicht auf alle Erkenntnisse eingegangen werden. Der Fokus liegt darauf, die hierfür relevant gehaltenen Befunde zu allen in der Abbildung aufgeführten Aspekten darzustellen und dabei jeweils auf die Ergebnisse aktueller Studien Bezug zu nehmen. Kapitel 2 definiert zunächst die beiden zentralen Begriffe Integration und organisationale Sozialisation. Anschließend erfolgt eine Abgrenzung von weiteren Begriffen, die teilweise eng mit dem Kernthema verbunden sind und in der Praxis häufig mit ihnen assoziiert werden, wie zum Beispiel Paten und Mentoren. Das dritte Kapitel beantwortet die Frage, welche Ziele durch die systematische Integration neuer Mitarbeiter erreicht werden sollen. Hier werden die Indikatoren für die Anpassung neuer Mitarbeiter sowie die langfristig

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Einleitung

Einflussfaktoren auf die Integration

Indikatoren für Anpassung

Merkmale der neuen Mitarbeiter

Rollenklarheit

Verhalten der neuen Mitarbeiter

Selbstwirksamkeit Soziale Akzeptanz

Verhalten von Vorgesetzten und Kollegen

Langfristige Ergebnisse der Integration Leistung Akzeptanz im Team Politische Fähigkeiten Engagement Commitment Verbleib Arbeitszufriedenheit

Systematische Integrationsmaßnahmen

Abbildung 2: Übersicht des Wirkungsprozesses betrieblicher Integration

angestrebten Ergebnisse der Integration, wie sie im mittleren und rechten Teil von Abbildung 2 dargestellt sind, erläutert. Außerdem beschreibt das Kapitel, welche Gruppen in Unternehmen in welcher Weise von Integrationsmaßnahmen profitieren. Ferner wird der finanzielle Nutzen von Integrationsmaßnahmen auf der Basis theoretischer Überlegungen und von Rechenmodellen erläutert. Kapitel 4 befasst sich mit den verschiedenen Zielgruppen der Integration. Hier wird thematisiert, dass und wie auf die sehr unterschiedlichen zu integrierenden Personengruppen eingegangen werden muss, um ihnen bei der Gestaltung von Integrationsmaßnahmen in ihren jeweiligen Bedürfnissen gerecht werden zu können. Kapitel 5 erläutert die theoretischen Grundlagen der Integration neuer Mitarbeiter. Es werden verschiedene Ansätze präsentiert, die dem Leser das Verständnis des Anpassungsprozesses neuer Mitarbeiter erleichtern und die eine Grundlage für die Konzipierung von Integrationsmaßnahmen bieten. Das sechste Kapitel berichtet Forschungsergebnisse, die aus der Beobachtung von Integrationsmaßnahmen in der Praxis gewonnen wurden. Diese Studien decken die in Abbildung 2 auf der linken Seite aufgeführten Einflussfaktoren auf die Anpassung und den Erfolg von Integrationsmaßnahmen ab. Kapitel 7 befasst sich mit der praktischen Gestaltung von Integrationsmaßnahmen. In diesem Kapitel werden zunächst generelle Gestaltungsprinzipien dargestellt und anschließend vorbereitende Maßnahmen für unterschiedliche Zielgruppen. Den Hauptteil des Kapitels bilden Vorschläge für unterschiedliche Arten von Integrationsmaßnahmen. Hier wird nach formellen Programmen, die mehrere neue Mitarbeiter in Gruppen einbeziehen, und arbeitsplatzbezogenen

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Kapitelvorschau

Maßnahmen unterschieden. Bei diesen Varianten sind unterschiedliche und unterschiedlich viele aktuelle Mitarbeiter und Führungskräfte beteiligt. Den Abschluss des Kapitels bilden Konzepte für die Evaluation des Ergebnisses von Integrationsmaßnahmen. Konkrete Beispiele für Integrationsmaßnahmen aus der Unternehmenspraxis werden in Kapitel 8 ausführlich dargestellt. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für Frauen und Männer.

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2 Integration: Begriffsklärung und Abgrenzungen

2.1 Definitionen von Integration und Sozialisation Im Folgenden werden Begriffe erläutert, die in engem Zusammenhang mit der Integration neuer Mitarbeiter in die Organisation stehen. Durch ihre Abgrenzung soll der Fokus auf die Spezifika von Integration und organisationaler Sozialisation gerichtet und deren Verwechslung mit verwandten Phänomenen ausgeschlossen werden. Definition Integration neuer Mitarbeiter in die Organisation Die Integration neuer Mitarbeiter ist ein Thema, das viele Forschungsfelder im Gebiet des Verhaltens von Menschen in Organisationen tangiert. Daher gibt es annähernd so viele Definitionen wie es Forscher zu diesem Thema gibt (Feldman, 1981).

Der Begriff der organisationalen Integration meint den Wechsel (Transition) neuer Mitarbeiter vom Unternehmensexternen zum Unternehmensinternen (Bauer et al., 2007). Diese beschreibt den Prozess, in dem Neue zu angepassten, integrierten und akzeptierten Mitgliedern der Organisation werden (Sluss, Ashforth u. Gibson, 2012). Neue Mitarbeiter sind zunächst unsicher bezüglich der Leistungsanforderungen und ihres Standings im Unternehmen. Daher sind sie beständig auf der Suche nach tätigkeits- und organisationsbezogenen Informationen, die ihnen Klarheit über Tätigkeitsinhalte, Leistungsanforderungen, Verhaltenserwartungen und ihre Beziehungen zu Autoritäten im Unternehmen bieten. Sie sind im Integrationsprozess gestaltend tätig, indem sie Information suchen, Beziehungen aufbauen und ihr Verhalten an Erwartungen anpassen, und damit genauso aktiv wie das Unternehmen, das die Neuankömmlinge nach seinen Vorstellungen formen will. Das Ausmaß, in dem sie während der Integrationsphase lernen bzw. die relevanten Informationen aufnehmen, hängt mit ihrer Zufriedenheit und ihrer Absicht, im Unternehmen zu bleiben, zusammen (Cooper-Thomas u. Anderson, 2005).

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Definitionen von Integration und Sozialisation

Bei der Eingliederung neuer Mitarbeiter werden fachliche und soziale Integration unterschieden (Becker, 2004). Die fachliche Integration bezieht sich auf die tätigkeitsbezogene Einarbeitung, die das Ziel hat, dass neue Mitarbeiter die ihnen zugewiesenen Arbeitsaufgaben möglichst schnell beherrschen und ihre Position erfolgreich ausfüllen (siehe Abbildung 3). Mit sozialer Integration ist die Eingliederung in das Team aus Kollegen und Vorgesetzten und die Übernahme der Unternehmenskultur gemeint. Neue Unternehmensangehörige sollen die unternehmenstypischen Verhaltensweisen übernehmen und sich an bestehende Strukturen und Prozesse anpassen, damit sie in ihrer Tätigkeit von anderen Unternehmensmitgliedern akzeptiert werden. Mit der sozialen Integration verfolgen Arbeitgeber und neuer Mitarbeiter das gleiche Ziel: Letzterer soll sich sicher bewegen können, sich wohlfühlen und im Unternehmen bleiben. Fachliche Integration

Soziale Integration

Tätigkeitsbezogene Einarbeitung Ziel: rasche und erfolgreiche Bewältigung der Arbeitsaufgabe

Integration in das Team und die Organisation Ziel: Übernahme der Unternehmenskultur, Wohlfühlen, Verbleib im Unternehmen

Abbildung 3: Aufgaben und Ziele der Integration (verändert nach Becker, 2004)

Feldman (1981) fasst den Begriff der Integration detaillierter, indem er die während der Anfangsphase in einer neuen Organisation auftretenden Veränderungen bzw. Anpassungen als ein Zusammenspiel aus drei Komponenten beschreibt. Zum einen geht es für neue Mitarbeiter darum, Rollenklarheit zu gewinnen. Das bedeutet, die Ziele der Tätigkeit und die Zuständigkeiten zu begreifen. Arbeitsaufgaben müssen inhaltlich und in ihrer relativen Bedeutung sowie dem notwendigen zeitlichen Umfang verstanden und mit dem Arbeitsteam ausgehandelt werden. Zum anderen muss die Erledigung der Arbeitsaufgaben gelernt und zunehmend beherrscht werden, um Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten in der neuen Funktion zu gewinnen und die Position angemessen und zuverlässig ausfüllen zu können. Feldman bezeichnet das als Selbstwirksamkeit gewinnen. Die dritte wesentliche Anpassungsaufgabe ist das Erreichen sozialer Akzeptanz. Sie besteht darin, sich in die eigene Arbeitsgruppe zu integrieren. Dazu gehört, sich selbst wohlzufühlen, von den Teammitgliedern gemocht und akzeptiert zu werden und ihr Vertrauen zu erwerben. Das bedeutet auch, sich an die Werte und Normen der Kollegen anzupassen. Auf der Grundlage ihres Zusammenspiels haben Forscher häufig diese drei Aspekte als Indikatoren gelungener Integration gewählt (vgl. Bauer et al., 2007, siehe Abbildung 4).

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Integration: Begriffsklärung und Abgrenzungen

Selbstwirksamkeit

Rollenklarheit

Soziale Akzeptanz

Anpassung an die Organisation Abbildung 4: Indikatoren für die Anpassung neuer Mitarbeiter an die Organisation

Definition organisationale Sozialisation

Es gibt gewisse Überschneidungen zwischen den Konzepten der organisationalen Sozialisation und der organisationalen Integration, aber auch wesentliche Unterschiede. Gemeinsam ist beiden, dass sie sich auf die Phase nach Eintritt neuer Mitarbeiter in die Organisation beziehen und dass es um die Passung zwischen Mensch und Organisation geht. Der Eintritt in ein neues Unternehmen ist fast immer mit Unsicherheit bezüglich der Anforderungen verbunden, die speziell am Anfang von den meisten als Stress wahrgenommen werden (vgl. Wanous u. Reichers, 2000, S. 438). Während der Phase der Sozialisation ändern sich mit hoher Wahrscheinlichkeit Einstellungen und Überzeugungen der neuen Mitglieder. Nach Ansicht von Moser und Kollegen (2014) geht es im Wesentlichen um die Vermittlung bzw. Aneignung von Werten und Normen der Organisation. Sozialisation ist im Gegensatz zu Integration (letztere bei manchen Autoren auch »orientation« genannt, z. B. Wanous u. Reichers, 2000) weniger fokussiert. Sie ist auch nicht wie Integrationsmaßnahmen auf die erste Zeit nach Antritt der neuen Stelle beschränkt, sondern ist ein fortdauernder Prozess. Integrationsmaßnahmen sind stärker punktuell wirksam und werden daher besser nicht als Prozess, sondern als Ereignis und Event beschrieben. Während an der formalen

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Erläuterung verwandter Begriffe

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Integration relativ wenige Personen beteiligt sind, wie Kollegen und Vorgesetzte, Mitarbeiter des Personalmanagements, gegebenenfalls auch Betriebsrat, Mitglieder des Qualitätsmanagements, können zur Sozialisation, die eher informellen Charakter hat, alle Unternehmensmitglieder beitragen, mit der die Neuen Kontakt haben, unabhängig von deren Funktionsbereich, Hierarchiestufe und Macht. Sozialisation beschreibt einen Veränderungsprozess, in dem sich neue Mitarbeiter an Aufgaben, Prozesse und Verhaltenserwartungen anpassen. Da die stärker systematisch gestaltete Integration und die weniger fokussierte organisationale Sozialisation in der Praxis Hand in Hand gehen und nur konzeptionell zu trennen sind und viele Autoren sie in ähnlicher Bedeutung verstehen, werden auch in diesem Buch beide Begriffe verwendet, um den Anpassungsund Einarbeitungsprozess neuer Mitarbeiter zu beschreiben.

2.2 Erläuterung verwandter Begriffe Erläuterung Berufliche Sozialisation

Berufliche Sozialisation bezieht sich auf die Anpassung einer Person an die von ihr gewählte Berufstätigkeit. Damit ist ein Entwicklungsprozess gemeint, in dem Personen, meist Jugendliche bzw. junge Erwachsene, ihre Fähigkeiten und die Merkmale ihrer Persönlichkeit auf die für das angestrebte Tätigkeitsfeld gültigen Anforderungen, Werte und Verhaltenserwartungen ausrichten. Diese Sozialisation geschieht sowohl in der Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten im unmittelbaren und mittelbaren Umfeld des Berufs als auch durch die Ausübung der Tätigkeit (vgl. Winzen, 2007, S. 320). Der Prozess wirkt allerdings nicht nur einseitig beeinflussend, sondern es wird von einem wechselseitigen Einfluss von Berufstätigkeit und Persönlichkeit ausgegangen (vgl. Moser u. Schmook, 2006, S. 233 f.). In einem Selektionsprozess suchen Menschen nach einer Tätigkeit, die ihren Vorstellungen entspricht, und sie passen sich in einem Sozialisationsprozess an die Tätigkeit an. Eine schon vorher vorhandene grundsätzliche Passung kann durch diese Sozialisation stabilisiert werden. Es ist davon auszugehen, dass der Selektionsprozess durch die familiäre Erziehung bzw. Sozialisation beeinflusst wird. Wenn Eltern beispielsweise als Beamte Sicherheit oder als Selbstständige ein hohes Maß an Autonomie als herausragenden Wert ansehen, werden sie ihre Kinder in diesem Bewusstsein erziehen. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese im erstgenannten Fall eine Berufstätigkeit suchen, die ihnen Sicherheit bietet, und im zweitgenannten Fall als Selbstständige tätig werden wollen.

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Integration: Begriffsklärung und Abgrenzungen

Erläuterung Berufswahl

Die Berufswahl wird hier thematisiert, weil eine zu den Interessen passende Wahl als wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Berufstätigkeit angesehen wird. Neben den genannten familiären und gesellschaftlichen Sozialisationsprozessen spielen im Hinblick auf die Wahl der Berufstätigkeit berufliche Interessen eine maßgebliche Rolle. Nach Erkenntnissen von Bergmann (2007) ist die Tätigkeit selbst mit ihrem Handlungsspielraum, dem Abwechslungsreichtum, der Autonomie und der Passung zu sich selbst entscheidend für die Berufswahl. Erst an zweiter Stelle steht der wirtschaftliche Nutzen, das heißt ein angemessenes Entgelt. Den dritten Rang teilen sich das Bedürfnis nach sozialen Beziehungen sowie das Streben nach Sicherheit, welche die Berufstätigkeit erfüllen soll. Als Indikatoren für eine erfolgreiche Berufswahl werden berufliche Zufriedenheit und Stabilität, Fluktuation, Fehlzeiten, Tätigkeitswechsel und Bindung an die Organisation, für die gearbeitet wird, herangezogen (vgl. Bergmann, 2007; Moser u. Schmook, 2006). Wenn die organisationale Sozialisation nicht gelingt, kann das also auch bedeuten, dass die neu eingestellte Person das Unternehmen verlässt, um eine weiter zurückliegende falsche Berufswahl zu korrigieren und die Art der Berufstätigkeit zu wechseln. Erläuterung Berufsentwicklung

Vor dem gleichen Hintergrund ist die Erkenntnis zu sehen, dass Menschen mit ihrer Berufswahl zwar eine zeitpunktbezogene Entscheidung getroffen haben, sich während ihrer Berufstätigkeit aber zwangsläufig fortentwickeln. Berufliche Vorlieben und berufsbezogene Fähigkeiten und Erwartungen verändern sich als Folge von beruflichen Erfahrungen. Nach Super (1994) verläuft die berufliche Entwicklung von Erwerbstätigen in fünf Phasen, die er als Wachstum, Exploration, Etablierung, Erhaltung und Rückzug beschreibt (siehe Abbildung 5, die Altersangaben sind lediglich Anhaltspunkte). Jede der Phasen dieses großen Zyklus ist durch Herausforderungen bzw. Entwicklungsaufgaben gekennzeichnet. Beim Übergang zur jeweils nächsten Phase wird dieser große Zyklus in abgeschwächter Ausprägung und zeitlich kondensiert erneut durchlaufen. Dieser »kleine Zyklus« wird auch dann durchlaufen, wenn eine Person destabilisiert wird, zum Beispiel durch Krankheit, Veränderungen des Arbeitsangebots oder sozioökonomische Ereignisse. Das Konzept der beruflichen Entwicklungsstadien wird durch empirische Befunde gestützt (vgl. Bergmann, 2004; Super, 1994).

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Erläuterung verwandter Begriffe

Wachstum Aufbau wenig stabiler Vorstellungen von Berufen

Exploration

Etablierung

Entwicklung beruflicher Präferenzen durch Abklärung von Fähigkeiten, Interessen, Werten und der Arbeitswelt

Commitment zum Beruf mit ggf. Spezialisierung, ggf. Aufstieg, und Krisen

Erhaltung

Rückzug

Status erhalten bzgl. Beruf, Qualifikationsniveau und Organisation

Verlagerung von Aktivitäten nach der Pensionierung

Lebens-

Kindheit

Jugend

(bis ca. 14 J.)

(ca. 14–25 J.)

frühes bis mittleres Erwachsenenalter (ca. 25–45 J.)

alter spätes reifes Erwachsenenalter Erwachsenenalter (ca. 45–65 J.)

(über 65 J.)

Abbildung 5: Stadien der beruflichen Entwicklung (eigene Darstellung nach Bergmann, 2004, und Super, 1994)

Super postuliert, dass Erwerbstätige unterschiedliche Laufbahnmuster aufweisen. Er unterscheidet sechs typische Laufbahnmuster, von denen er zwei (unterbrochen, doppelgleisig) speziell für Frauen formuliert hat. Sie werden in Tabelle 1 vorgestellt (vgl. Bergmann, 2004). Tabelle 1: Typische Laufbahnmuster nach Super Laufbahnmuster

Beschreibung

Konventionell (entspricht dem Verlauf in Abbildung 5)

Zunächst werden verschiedene Tätigkeiten exploriert (die Information kann durch eigene Anschauung, z. B. in Form von Praktika, Ausbildung oder ersten Tätigkeiten, gewonnen werden oder durch intellektuelle Auseinandersetzung), dann wird eine gewählt und sich darin etabliert. Im späteren Verlauf kann sich eine Spezialisierung oder ein beruflicher Aufstieg anschließen.

Stabil

Nach Ausbildung oder Studium wird ein Beruf gewählt, den die Person für die Dauer ihrer Berufstätigkeit ausübt, ohne dass es nennenswerte Weiterentwicklungen gibt.

Instabil

Im Laufe des Arbeitslebens werden mehrere Berufe, evtl. auch ohne vorherige Ausbildung, ausgeübt.

Multipel provisorisch

Es finden häufige Tätigkeitswechsel statt, bei denen kurzfristige Tätigkeiten unsystematisch aufeinander folgen.

Unterbrochen

Die Berufstätigkeit wird aufgrund der Geburt und Betreuung eines Kindes für längere Zeit unterbrochen.

Doppelgleisig

Aufgrund der Geburt eines Kindes wird die Berufstätigkeit kurz unterbrochen, aber bald bei gleichzeitiger Haushaltsführung wieder aufgenommen.

Das tatsächliche Laufbahnmuster einer Person wird nach Ansicht Supers von persönlichen Merkmalen (wie Fähigkeiten, Interessen und Werten) und sozio-

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Integration: Begriffsklärung und Abgrenzungen

ökonomischen Faktoren (z. B. sozialer Status der Eltern) bestimmt sowie von Merkmalen des Arbeitsmarktes mit seinem Angebot an Tätigkeitsmöglichkeiten beeinflusst. Die Vielfalt in den Laufbahnmustern macht deutlich, dass eine misslungene Integration in die Organisation nicht notwendigerweise auf ungeeigneten oder nicht ausreichenden Maßnahmen der Organisation beruht. Möglicherweise wurden aber bei der Personalauswahl Hinweise auf eventuelle spätere Schwierigkeiten nicht entsprechend beachtet. Erläuterung Mentor versus Pate

Im Zusammenhang mit der Integration neuer Mitarbeiter wird gelegentlich empfohlen, ihnen einen Mentor oder Paten zur Seite zu stellen, der sie in der ersten Zeit als Ansprechpartner unterstützt. Der Begriff Mentor wird in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet. Schneider und Kollegen benennen die zu fördernde Person als »Neueinsteiger oder Berufsanfänger« (Schneider, Witzki u. Blickle, 2011, S. 197) und beschreiben den Mentor aber als eine höherrangige, einflussreiche Person im Arbeitsumfeld einer Nachwuchskraft, die über große berufliche Erfahrung sowie breites berufliches Wissen verfügt und der daran gelegen ist, die berufliche Entwicklung der Nachwuchskraft zu fördern und ihren Aufstieg zu unterstützen (vgl. Blickle u. Schneider, 2007, S. 395). Mentoren wirken demzufolge als Vorbild, beraten Nachwuchskräfte bei der Karriereplanung und machen deren Leistungen und Potenzial für Personen in einflussreichen Positionen sichtbar (vgl. Blickle u. Boujataoui, 2005, S. 1). Die Mentoren nehmen ihre Aufgaben parallel zu ihrer Tätigkeit für das Unternehmen wahr und werden dafür nicht gesondert entlohnt. Eby und Kollegen (Eby et al., 2013, S. 442) weisen deutlich auf die unterschiedliche Verwendung des Begriffs hin, bei dem einerseits eine ganz generelle Förderung gemeint ist und andererseits unter Mentoring gezielte Fördermaßnahmen für Nachwuchs(führungs-)kräfte mit Potenzial für beruflichen Aufstieg verstanden werden. Mentoring kann sich sowohl auf Berufs- und Unternehmenseinsteiger beziehen als auch Personen umfassen, die bereits länger im Beruf und im Unternehmen tätig sind und deren Potenzial, zum Beispiel durch Leistungsbeurteilungen von Vorgesetzten oder in Potenzial Assessment Centern, identifiziert und deren Förderung als Personalentwicklungsmaßnahme festgelegt wurde. Die Unterstützungsmaßnahme durch Paten bezieht alle Neueinsteiger unabhängig von ihrem Aufstiegspotenzial ein und ist auf deren Anfangszeit (einige Wochen bis Monate, oft spätestens endend mit der Probezeit) im Unternehmen beschränkt. Daher ist der Begriff Pate im Hinblick auf Integrationsmaßnahmen passender und wird im Folgenden auch entsprechend verwendet. Patenfunktion für neue Mitarbeiter übernehmen typischerweise Teamkollegen,

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Erläuterung verwandter Begriffe

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die direkt mit den Neuen bei der Erledigung der arbeitsplatzbezogenen Aufgaben zusammenarbeiten. Sie haben es deshalb besonders leicht, die Neuen zu begleiten, und können sie bei der Aufgabenerfüllung beraten und die sich während der Alltagsarbeit ergebenden Fragen rasch und unkompliziert beantworten. Damit ist auch der Inhalt der Patenaufgabe umrissen: Sie bezieht sich in erster Linie auf die fachliche Integration von neuen Mitarbeitern, so dass diese ihre Arbeitsaufgabe möglichst bald nach Eintritt effizient erledigen können. Sie schließt damit fast automatisch auch die soziale Integration in das Team der Kollegen ein. Während der Interaktionen werden natürlich auch unternehmenskulturelle Informationen übermittelt. Dies ist allerdings typischerweise kein expliziter Hauptzweck der Unterstützung durch Paten, sondern ergibt sich ganz selbstverständlich aus der Beobachtung des Paten durch neue Mitarbeiter, die aus dessen Verhalten auf angemessene und akzeptierte Vorgehensweisen schließen wollen. Wer die Patenfunktion übernimmt, ergibt sich aus verschiedenen Faktoren. Es können Personen sein, die selbst relativ neu im Unternehmen sind und sich daher noch gut in die Situation und die auftretenden Probleme Neuer hineinversetzen können. Oft werden aus diesem Kreis auch Personen zu Paten ernannt, um ihnen die Chance zu geben, Führungsfertigkeiten aufzubauen und sich dadurch für eine spätere Führungsposition zu qualifizieren. Die Funktion kann aber auch ebenso gut von deutlich erfahreneren Kollegen übernommen werden, die den Vorteil haben, sich sowohl bezüglich der Arbeitsinhalte als auch im Hinblick auf Ansprechpartner und den Umgang mit komplizierten Situationen sehr gut im Unternehmen auszukennen, und so den Neuen sehr hilfreich zur Seite stehen können. Erläuterung Integration versus Training

Trainingsmaßnahmen weisen einige Gemeinsamkeiten zumindest mit formalen Integrationsprogrammen auf, aber auch mehrere Unterschiede. Beide Programmformen zielen darauf ab, dass die Teilnehmer ihre Arbeitsanforderungen gut erfüllen können, und in beiden Fällen nimmt die Organisation stärker Einfluss auf die Teilnehmer als umgekehrt (vgl. Wanous u. Reichers, 2000). Auch ist es bei beiden schwierig, den Nutzen bzw. Erfolg der Maßnahme angemessen zu evaluieren. Training und Integrationsprogramme unterscheiden sich aber im Hinblick auf den Leistungsbezug. Training zielt typischerweise darauf ab, die aufgabenbezogene Leistung zu steigern, das heißt das Leistungsverhalten, das direkt auf die Arbeitstätigkeit bezogen ist und von Job zu Job variiert, zu verbessern. Im Gegensatz dazu dienen Integrationsprogramme in erster Linie, aber nicht nur, der Steigerung der umfeldbezogenen Leistung (Borman u. Motowidlo,

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Integration: Begriffsklärung und Abgrenzungen

1997), das heißt zielen auf das Leistungsverhalten, das unabhängig vom spezifischen Arbeitsplatz und daher ähnlich für alle Tätigkeiten im Unternehmen ist. Während im Training also eher Fertigkeiten und Fähigkeiten erworben werden, geht es bei Integrationsprogrammen darum, die Haltung und die Motivation neuer Mitarbeiter so zu beeinflussen, dass diese generell an einem effizienten und reibungslosen Ablauf des Organisationsbetriebs mitwirken, sich mit den Zielen der Organisation identifizieren, sich an Regeln halten, hilfsbereit sind, Initiative zeigen und Verantwortung übernehmen. Während Integrationsprogramme zu Beginn der Tätigkeit im Unternehmen stattfinden, können Trainings zu jeder Zeit eingesetzt werden, um Leistung zu erhalten oder zu steigern. Trainings können natürlich auch Bestandteile von Integrationsprogrammen sein, zum Beispiel dann, wenn bestimmte Fertigkeiten bereits zu Beginn der eigentlichen Tätigkeit vorhanden sein müssen. Beispiele dafür sind Kurse zum unternehmenseigenen Qualitätsmanagementsystem, zum Verhaltenskodex im Umgang mit unternehmensexternen Ansprechpartnern oder auf die spezifische Tätigkeit bezogene Seminare (in diesem Fall also aufgabenbezogene, und nicht kontextbezogene Leistung betreffend), zum Beispiel Produktschulungen. Erläuterung Coaching

Ebenso wie Mentoring ist auch der Begriff Coaching vielschichtig. Häufig werden damit generelle Beratungs- oder Unterstützungstätigkeiten für andere Mitarbeiter im Sinne einer professionellen Methode individueller Beratung im beruflichen Kontext beim Umgang mit Veränderungen in einem komplexen Umfeld (vgl. Thommen, 2005, S. 65) bezeichnet. Der Coach ist meist nicht Mitarbeiter des Unternehmens und er wird für seine Beratungstätigkeit entlohnt. Aufgrund der hohen Kosten, die mit dieser Eins-zu-Eins-Beratung verbunden sind, ist sie typischerweise Führungskräften oder Spezialisten vorbehalten, die mit besonderen Herausforderungen konfrontiert sind. Es handelt sich dabei also um eine Personalentwicklungsmaßnahme, die im Normalfall nicht Neueinsteigern angeboten wird. Eine weitere Form der Personalentwicklung, die häufig mit Coaching in Verbindung gebracht wird und von der Integration neuer Mitarbeiter abzugrenzen ist, ist das Vorgesetzten-Coaching. Dabei übernimmt die Führungskraft für ihre jeweiligen Mitarbeiter die Funktion eines Coaches. Mit einem entwicklungsorientierten Führungsstil ermutigen Vorgesetzte ihre Mitarbeiter in Abhängigkeit von ihrem Entwicklungsstand zu Initiative und eigenständigen Lösungsansätzen. Durch diese Form des Umgangs sollen Fachkompetenzen und Motivation der Mitarbeiter gefördert werden, damit diese zukünftig selbstständiger und auf höheren Qualitätsniveaus arbeiten können. Die Beschreibung

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Integration als Teil der Personalbedarfsdeckungskette

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macht deutlich, dass hier im Gegensatz zum klassischen Coaching die fachliche Entwicklung im Vordergrund steht. Von klassischem Coaching ist die Vorgehensweise außerdem dadurch unterschieden, dass der Coach nicht individuell gewählt werden kann, sondern sich aus dem organisatorischen Unterstellungsverhältnis ergibt. Daher kann nicht von einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Coach und Coachee ausgegangen werden. Da die Führungskraft natürlich neben der Coachingfunktion auch alle anderen Funktionen eines Vorgesetzten übernimmt (wie Leistungsbeurteilung, Entgeltanpassung) ist nicht damit zu rechnen, dass Mitarbeiter (wie beim klassischen Coaching) gezielt Einblicke in ihre Schwächen gewähren, um diese systematisch zu entwickeln. Von der Integration neuer Mitarbeiter ist dieses organisationsweit einsetzbare Personalentwicklungskonzept dadurch unterschieden, dass es sich nicht auf neue Mitarbeiter beschränkt, sondern alle Mitarbeiter unabhängig von ihrer Betriebszugehörigkeit einbezieht. Insofern kann auf den Begriff Coach im Zusammenhang mit der Integration neuer Mitarbeiter verzichtet werden.

2.3 Integration als Teil der Personalbedarfsdeckungskette und des betrieblichen Lebenszyklus Der Integration neuer Mitarbeiter gehen wesentliche Schritte der Personalbedarfsdeckungskette voraus (vgl. Becker, 2004, S. 514 und Abbildung 6). Diese beginnt mit der Meldung einer Stellenanforderung (als Neu- oder Ersatzbedarf), aufgrund derer die Anforderungen an zukünftige Stelleninhaber spezifiziert werden. Solche Anforderungen sind Grundlage für die Gewinnung potenzieller Bewerber innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Unter den Stelleninteressenten wird (typischerweise aufgrund ihrer Bewerbungsunterlagen) eine Vorselektion bezüglich ihrer formalen Eignung für die Stelle getroffen. Die danach in Frage kommenden Bewerber werden in einem dafür konzipierten Auswahlverfahren bezüglich ihrer Eignung und Passung zu Stelle und Unternehmen getestet. Nach dieser Eignungsdiagnose entscheidet sich das Unternehmen für einen Bewerber und bietet ihm einen Arbeitsvertrag an. Sofern der Bewerber sich seinerseits für das Unternehmen entscheidet, kommt es zur Einstellung (bei externen Bewerbern) bzw. Versetzung (bei internen Bewerbern). Die Einführung neuer Mitarbeiter stellt die vierte Stufe der Personalbedarfsdeckungskette dar (vgl. Berthel u. Becker, 2007). Zugleich mit ihr beginnt der normalerweise für die Dauer des Verbleibs im Unternehmen kontinuierlich stattfindende Personalentwicklungsprozess.

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Integration: Begriffsklärung und Abgrenzungen

Spezifizierung g der Anforderungen n an neue Mitarbeiter

Stellenanforderung

Personalbeschaffung durch Maßnahmen des internen und externen Personalmarketings

Gewinnung von Bewerbern

Personalauswahl durch Einsatz von Diagnoseinstrumenten, Entscheidung für Bewerber und deren Einstellung

Eignungsdiagnose und Einstellung

Personaleinführung

Personalentwicklung

Begleitung bei Einarbeitung

Abbildung 6: Position der Personaleinführung innerhalb der Personalbedarfsdeckungskette (Berthel u. Becker, 2007, S. 246)

Der tatsächliche Integrationsprozess neuer Mitarbeiter beginnt allerdings nicht erst am ersten Arbeitstag, sondern bereits vorher, manchmal bereits während des Personalauswahlprozesses, wenn sich abzeichnet, dass es zu einer Zusammenarbeit kommen könnte, spätestens aber mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags. Denn ab diesem Zeitpunkt ist es die Aufgabe der Organisation, neuen Mitarbeitern zu signalisieren, dass sie willkommen sind und sich die Organisation auf sie vorbereitet. Wie diese Phase zu gestalten ist, wird in Kapitel 7.3 ausführlich beschrieben.

Wie lange ein neuer Mitarbeiter als Neuling angesehen wird, hängt stark vom Organisationskontext ab (Nifadkar, Tsui u. Ashforth, 2012). Die Probezeit bietet nur einen vagen Anhaltspunkt dafür, wie lange ein neu eingestellter Mitarbeiter als »Neuer« betrachtet wird. Sie dauert bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen gewöhnlich von wenigen Monaten bis zu einem Jahr. In jüngerer Zeit dient die Probezeit häufig dazu, die Entscheidung über eine dauerhafte Beschäftigung lange hinauszögern zu können, um an ihrem Ende (vermeintlich) größtmögliche Sicherheit hinsichtlich Eignung und Passung zu haben. Dabei wird manchmal übersehen, dass Neue bzw. sogar schon Bewerber in einer sehr langen Probezeit Misstrauen gegenüber ihren Fähigkeiten und ihren Motiven erkennen könnten und dann mit Vorbehalten reagieren. Zugleich drückt sich in besonders langen Probezeiten – wahrscheinlich unbeabsichtigt – ein Misstrauen der Unternehmensleitung bzw. der Vorgesetzten in die Auswahlfähigkeiten des eigenen Personalmanagements aus. Unabhängig von der Probezeit werden aber in den meisten Arbeitssituationen sehr frühzeitig produktive Beiträge neuer Mitarbeiter erwartet. Betrachtet man die Studien zu Bedingungen und Erfolgen der Integration neuer Mitarbeiter, so entsteht der Eindruck, dass der stärkste Lern- und Anpassungsprozess innerhalb der ersten sechs bis neun Monate erwartet wird. Allerdings gibt es auch Autoren, die darauf hinweisen,

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Integration als Teil der Personalbedarfsdeckungskette

dass bis zum Ende des zweiten Jahres relevante tätigkeitsbezogene Lernprozesse stattfinden, die erfolgsrelevant sind (Jokisaari u. Nurmi, 2009). KammeyerMueller und Kollegen stellten fest, dass im zweiten Beschäftigungsjahr häufiger Änderungen im Aufgabenfeld sowie Konflikte zwischen Vorgesetzten und neuen Mitarbeitern auftreten (Kammeyer-Mueller, Wanberg, Glomb u. Ahlburg, 2005). Wird der Integrationsprozess im Zusammenhang mit dem betrieblichen Lebenszyklus von Mitarbeitern betrachtet (siehe Abbildung 7), so wird deutlich, dass die Einführungsphase mit geringerer Leistung und geringeren Leistungserwartungen im Vergleich zu späteren Beschäftigungsphasen verbunden ist. Während dieser Zeit stehen das Erlernen der neuen Aufgaben und die Entwicklung einer Bindung an das Unternehmen im Vordergrund. Leistung/ Potenzial

Wachstum?

„Misfit“ von Fähigkeiten/Leistung und Aufgaben/Position

Karriereplateau?

Interner Stellenwechsel/ Freisetzung

Karriere Stagnation? „Misfit“ von Fähigkeiten/Leistung und Aufgaben/Position?

Sozialisation, Aufbau von Commitment

Frühfluktuation? „Misfit“ von Fähigkeiten/Leistung und Aufgaben/Position?

Eintritt Einführung

Wachstum

Reife

Sättigung

Austritt

Zeit/ Phasen

Abbildung 7: Betrieblicher Lebenszyklus von Mitarbeitern (Darstellung verändert nach StockHomburg, 2010, S. 209)

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3 Ziele und Nutzen der Integration

3.1 Indikatoren für Anpassung und langfristige Ergebnisse Bezüglich der angestrebten Ergebnisse einer gelungenen Integration besteht eine große Schnittmenge zwischen verschiedenen Autoren. Wenngleich die Bezeichnungen häufig ein wenig voneinander abweichen, lassen sich mehrheitlich die in Abbildung 8 aufgeführten Faktoren identifizieren (vgl. z. B. Bauer et al., 2007; Feldman, 1981; Gruman u. Saks, 2011; Kammeyer-Mueller u. Wanberg, 2003). Sie beziehen sich sowohl auf das Verhalten neuer Mitarbeiter als auch auf emotionale Ergebnisse. Obwohl alle Kriterien als angestrebte Ergebnisse gelten, sind sie in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht unabhängig voneinander. In einigen Studien wird auch zwischen kurz- und langfristigen Ergebnissen unterschieden, allerdings ist die Zuordnung, welche Resultate kurzfristig erreicht werden und welche langfristig sind, nicht einheitlich. Nachstehend werden die einzelnen Erfolgskriterien beschrieben. Rollenklarheit: Dieses Kriterium bezieht sich darauf, dass neue Mitarbeiter verstehen, welche Arbeitsaufgaben mit welcher Priorität und welchem Umfang zu ihrer neuen Stelle gehören. In vielen Fällen werden diese Informationen einseitig von Vorgesetzten und Kollegen an den neuen Mitarbeiter vermittelt. Im günstigsten Fall können die Vorstellungen des neuen Mitarbeiters mit denen von Vorgesetzten und Teammitgliedern in Einklang gebracht werden. Beherrschung der Aufgaben: Aus Sicht der Organisation ist das wichtigste Ergebnis der Integration, dass neue Mitarbeiter ihre Arbeitsaufgabe beherrschen und die ihnen übertragenen Aufgaben in quantitativer und qualitativer Hinsicht auf dem erwarteten Leistungsniveau zuverlässig erfüllen. Als von der Beherrschung der Arbeitsaufgabe abgeleitetes Ergebnis wird die Zunahme der intrinsischen Arbeitsmotivation erwartet (Feldman, 1981). Integration in die Arbeitsgruppe: Der Beginn einer Tätigkeit in einer neuen Organisation ist mit der Anforderung verbunden, eine positive Beziehung zu den Mitgliedern der eigenen Arbeitsgruppe aufzubauen. Der Arbeitsgruppe wird ein

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Indikatoren für Anpassung und langfristige Ergebnisse

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besonderer Einfluss auf die Sozialisation neuer Mitarbeiter zugeschrieben. Sie dient nicht nur als Referenz für angemessenes Verhalten, sondern kann neuen Mitarbeitern auch Hilfe bei der Interpretation von Erlebnissen und bei der Lösung ihrer arbeitsbezogenen Probleme bieten sowie emotionale Unterstützung bei der Orientierung in der neuen Umgebung gewähren. Zur Organisation als Ganzes kann sie Gegengewicht sein und außerdem Schutz gegenüber der Einflussnahme anderer Abteilungen bieten. Damit diese Aspekte wirksam werden können, muss es dem neuen Mitarbeiter gelingen, Vertrauen zu gewinnen und akzeptiert zu werden. Dies wird im Allgemeinen erreicht, wenn er die Werte und Normen der Gruppe übernimmt. Generelle Arbeitszufriedenheit: Die Zufriedenheit eines neuen Mitarbeiters hängt stark von der Möglichkeit ab, seine Arbeitsrolle zu gestalten. Wenn es gelingt, die Arbeitsrolle klar und auch nach dessen eigenen Vorstellungen zu definieren und die Schnittstellen zu anderen Funktionen innerhalb der Organisation eindeutig festzulegen, trägt das zur Zufriedenheit bei. Weiterhin ist es für ihn wichtig, die Arbeitsanforderungen auch mit den Bedürfnissen seines Privatlebens (z. B. Berufstätigkeit des Partners, Arbeitszeiten und Arbeitsengagement) in Einklang bringen zu können. Bei der Betrachtung der Arbeitszufriedenheit im Zusammenhang mit der Integration neuer Mitarbeiter darf allerdings nicht vergessen werden, dass ein selbst initiierter Stellenwechsel zunächst mit einer hohen Zufriedenheit einhergeht, die allerdings im Laufe der Zeit abnimmt (Honeymoon-Hangover-Effect, Boswell, Boudreau u. Tichy, 2005; Boswell, Shipp, Payne u. Culbertson, 2009). Commitment/Loyalität: Die Anfangsphase der Tätigkeit in einer neuen Organisation bestimmt entscheidend die Stärke der Bindung, die neue Mitarbeiter zum Unternehmen entwickeln. Bindung an die Organisation bedeutet, ihre Werte und Ziele zu akzeptieren und sich für sie einzusetzen. Sie entsteht, wenn neue Mitarbeiter glauben, durch die Zugehörigkeit zur Organisation ihre eigenen Ziele verwirklichen zu können. Es werden drei verschiedene Arten des Commitments bzw. der Bindung unterschieden (Meyer u. Allen, 1997), die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und gemeinsam erklären, warum Mitarbeiter im Unternehmen bleiben möchten. Das affektive Commitment bezieht sich auf die emotionale Komponente und meint das Ausmaß, in dem neue Mitarbeiter positive Gefühle für die Organisation entwickeln und deshalb Teil der Organisation sein möchten (van Dick, 2004). Normatives Commitment beschreibt den Grad, in dem sich neue Mitarbeiter dem Unternehmen verpflichtet fühlen. Sie nehmen mehr oder weniger bewusst wahr, wie viel das Unternehmen in sie investiert hat, zum Beispiel durch Trainingsmaßnahmen, und wollen dem Unternehmen diesen Einsatz zurückgeben. Unter

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Ziele und Nutzen der Integration

kalkulatorischem Commitment wird die Abwägung der Kosten eines Wechsels für den Mitarbeiter verstanden. Wenn er sich beispielsweise sehr stark einarbeiten, sich Akzeptanz im Unternehmen erkämpfen musste und dafür sehr viel Zeit und Kraft aufgewendet hat, möchte er den Nutzen dieses Aufwandes ausschöpfen und nicht durch einen Wechsel auf eine andere Stelle diese Investition verlieren. Bei einem Tätigkeitswechsel wäre außerdem noch der zusätzliche Aufwand zu berücksichtigen, sich auch auf der neuen Position wieder einzuarbeiten. Je schlechter das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines Wechsels eingeschätzt wird, desto höher ist das kalkulatorische Commitment. Engagement: Von den ersten erwarteten Wirkungen von Integration, Beherrschung der Arbeitsaufgabe und Integration in die Arbeitsgruppe, wird angenommen, dass sie das Engagement des neuen Mitarbeiters beeinflussen. So gehen hohe Leistung und Erfolg bei der Bewältigung der neuen Arbeitsaufgaben mit hohem Engagement einher. Dazu tragen auch die gegenseitige Abhängigkeit der Teammitglieder bei der Erfüllung der Aufgaben und die gemeinsame Bearbeitung von Aufgaben sowie die Partizipation bei der Findung von Entscheidungen bei. Umgekehrt ausgedrückt (wie im Ansatz von Kammeyer-Mueller u. Wanberg, 2003) würde sich mangelndes Engagement darin zeigen, dass Aufwand vermieden wird, dass die Arbeitsleistungen unterhalb der Erwartungen liegen und dass Absprachen, wie beispielsweise vereinbarte Arbeitsgruppentreffen, nicht eingehalten werden. Verbleib in der Organisation: Verschiedene Studien haben einen Zusammenhang zwischen dem Verbleib in der Organisation und der generellen Zufriedenheit mit der Arbeitstätigkeit und mit dem Ergebnis der Vereinbarungen bezüglich der Arbeitsrolle des neuen Mitarbeiters aufgezeigt. Ob ein neuer Mitarbeiter das Unternehmen gegebenenfalls wieder verlässt, hängt natürlich auch von seinen Optionen am Arbeitsmarkt ab. Zusätzlich können für eine freiwillige Fluktuation auch nicht arbeitsbezogene Faktoren, wie der Tätigkeitswechsel des Partners oder andere Aspekte der privaten Situation, eine Rolle spielen. Politische Fertigkeiten: Von neuen Mitarbeitern wird auch erwartet, dass sie die informellen Netzwerke und Machtstrukturen im Unternehmen nutzen. Deren Kenntnis und das Geschick im Umgang mit ihnen stellen einen wesentlichen Erfolgsfaktor organisationaler Integration dar. Solche politischen Fähigkeiten bewirken nicht nur eine Bindung an die Organisation, sondern fördern auch eine spätere positive Gehaltsentwicklung und die Zufriedenheit mit der beruflichen Entwicklung und Karriere (vgl. Kammeyer-Mueller u. Wanberg, 2003).

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Indikatoren für Anpassung und langfristige Ergebnisse

Rollen-klarheit Politische Fähigkeiten

Beherrschung der Aufgaben

Angestrebte Ergebnisse der Integration

Verbleib im Unternehmen

Engagement Commitment/ Loyalität

Integration in die Arbeitsgruppe

Arbeitszufriedenheit

Abbildung 8: Erfolgskriterien für die Integration neuer Mitarbeiter

Was im Hinblick auf die einzelnen Erfolgskriterien zu bedenken ist: Nach Ansicht von Kammeyer-Mueller und Wanberg (2003) lassen sich die angestrebten Ergebnisse im Hinblick auf ihre zeitliche Erstreckung in nahe und ferne Resultate von Integrationsmaßnahmen unterscheiden. Während Rollenklarheit, Beherrschung der Aufgabe, Integration in die Arbeitsgruppe und politische Fähigkeiten in ihrem Konzept zu den früher auftretenden Ergebnissen zählen, sind Bindung, Engagement (bei ihnen als Ausmaß des Rückzugs von der Arbeitsaufgabe konzeptualisiert) und Verbleib im Unternehmen später zu erwartende Ergebnisse. Den Aspekt der generellen Arbeitszufriedenheit greifen sie im Gegensatz zu anderen Autoren (vgl. Bauer et al., 2007) nicht explizit auf. Feldman (1981) sieht zusätzlich Innovation und spontane Kooperation als weitere wünschenswerte Ergebnisse von Integrationsmaßnahmen. Dazu zählt er beispielsweise kreative Vorschläge, den Schutz von Organisationsmitgliedern und -eigentum vor Schaden und die Förderung eines positiven Unternehmenseindrucks in der Öffentlichkeit. Da diese Dimensionen Überlappungen zu Commitment bzw. Bindung sowie zu Rollenklarheit und Beherrschung der Arbeitsaufgabe aufweisen, werden sie hier nicht separat betrachtet. Mit der systematischen Integration neuer Unternehmensangehöriger soll sich natürlich auch die in sie getätigte Personalinvestition rentieren (Becker, 2004). Eine verzögerte, suboptimale oder gar gescheiterte Integration ist mit negativen (auch finanziellen) Konsequenzen verbunden (siehe Abbildung 9). Im günstigsten Fall äußert sich eine mangelhafte Integration nur in der ersten Zeit der Beschäftigung in einer im Vergleich zu einer gelungenen Integration

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Ziele und Nutzen der Integration

reduzierten Leistung des Mitarbeiters. Das mögliche und erwartete Leistungsniveau wird dann später als geplant erreicht. Setzen die Integrationsmaßnahmen zu stark darauf, neue Mitarbeiter zu formen und an Verhaltenserwartungen und bisherige Strukturen und Prozesse anzupassen, kann das negative Auswirkungen auf deren Innovationskraft haben. Wenn neue Mitarbeiter das Gefühl bekommen, ihre auf der Tätigkeit in anderen Organisationen basierende Erfahrung und ihre Verbesserungsvorschläge sind nicht erwünscht, werden sie unter Umständen sinnvolle Veränderungsmaßnahmen nicht anstoßen.

Misslungene Integration kann auch zu stiller oder innerer Kündigung führen. Die Wahrscheinlichkeit für eine innere Kündigung ist speziell dann hoch, wenn der neue Arbeitnehmer während der Integrationsphase den Eindruck gewinnt, dass (auch von ihm nur subjektiv wahrgenommene) Vereinbarungen arbeitgeberseitig nicht eingehalten werden (vgl. auch Kapitel 5, psychologischer Vertrag). Eine innere Kündigung macht sich dadurch bemerkbar, dass aufgrund mangelnder Zufriedenheit die Arbeitsmotivation gering ist und der Arbeitseinsatz auf das Notwendigste reduziert wird. Es handelt sich dabei nicht um offene Leistungsverweigerung, sondern darum, das Engagement so zu gestalten, dass die Arbeitsaufgabe noch formal erfüllt wird und so kein Anlass zur arbeitgeberseitigen Kündigung aufgrund von Minderleistung gegeben ist. Dies hat zur Konsequenz, dass die Arbeitsaufgabe nicht optimal erfüllt wird und das Leistungspotenzial des neuen Mitarbeiters nicht voll ausgeschöpft werden kann. Die innere, im Kontrast zur tatsächlichen, Kündigung ist speziell dann zu erwarten, wenn der neue Mitarbeiter die Arbeitsmarktlage, das heißt die Chancen auf eine alternative Beschäftigung, als ungünstig wahrnimmt oder wenn er negative Konsequenzen für seine zukünftige Employability befürchtet. Für letzteres könnte maßgebend sein, dass andere potenzielle Arbeitgeber eine kurze Verweildauer möglicherweise als gescheiterte Integration oder als arbeitgeberseitige Kündigung interpretieren. Sieht der Arbeitnehmer hingegen gute Alternativen am Arbeitsmarkt, wird er früh, wahrscheinlich bereits während der Probezeit, von sich aus kündigen. Dem Unternehmen entstehen dann Kosten für die Personalgewinnung und -auswahl eines Nachfolgers sowie dessen Einarbeitung (vgl. hierzu den späteren Abschnitt in diesem Kapitel zum monetären Nutzen der Integration). Weitere schädliche Wirkungen einer misslungenen Integration können in höheren Belastungen der Arbeitsgruppe, in schlechtem Arbeitsklima und gegebenenfalls auch Imageverlusten des Teams im Unternehmen oder des Unternehmens in der Wahrnehmung seiner Mitarbeiter liegen, die sich vielleicht

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Monetärer Nutzen systematischer Integration

ihrerseits wieder auf die Motivation und Bindung anderer Unternehmensmitglieder auswirken. Zumindest vorübergehende Leistungseinschränkungen Nichtnutzung des Innovationspotenzials

Imageverlust

Schlechtes Arbeitsklima und Demotivation

Risiken suboptimaler/ misslungener Integration

Zusätzlicher Aufwand für die Arbeitsgruppe

Innere Kündigung

Echte Kündigung

Abbildung 9: Risiken suboptimaler oder misslungener Integration

3.2 Monetärer Nutzen systematischer Integration 3.2.1 Der ökonomische Wert der Leistung von Mitarbeitern Maßnahmen zur Integration von Mitarbeitern machen sich für ein Unternehmen bezahlt, wenn der monetäre Ertrag den monetären Aufwand (die Kosten) der Maßnahmen übersteigt. Deckt der Ertrag gerade die Kosten, könnten die Maßnahmen auch unterbleiben, ohne dass deshalb der Unternehmenserfolg negativ beeinflusst würde. Das setzt aber voraus, dass auch alle Ertrags- und Kostenkomponenten erfasst und berücksichtigt wurden. Es wird immer wieder zur Sprache kommen, dass die Erfassung und Berücksichtigung der Kosten nach Arten und Höhe nicht das Problem sind. Buchhaltung und Controlling können prinzipiell alle erforderlichen Kostendaten liefern und ihre angemessene Berücksichtigung auch bei der Betrachtung längerer Zeiträume ist mit Hilfe gängiger betriebswirtschaftlicher Bewertungsmethoden, zum Beispiel Diskontierung, gut möglich. Probleme bereitet dagegen eine objektive Messung des monetären Ertrags von Mitarbeiterleistungen bzw. des Beitrags von Mitarbeitern zum Unternehmenserfolg. Mit objektiver Messung ist gemeint, dass die Kosten- und Leistungsrechnung bzw. das Controlling eines Unternehmens Zahlen zur Verfügung stellen kann, die nicht auf Einschätzungen von Personen, auch nicht von sachkundigen bzw. erfahrenen, beruhen.

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Ziele und Nutzen der Integration

Der Fall objektiver Messbarkeit scheint gegeben, wenn die Leistungen eines Mitarbeiters »nur« im Verkauf eines Produktes bestehen, allein für ihn vorteilhafte Begleitumstände (z. B. besonderer Kundenstamm) ausgeschlossen werden können und von seinen Aktivitäten keine Beeinflussung anderer Vertriebsbemühungen ausgeht. Letzteres ist aber schon nicht mehr gegeben, wenn große Verkaufserfolge bei einem Produkt zu Einschränkungen der Produktion anderer Produkte führen und die Verkaufserfolge der dafür zuständigen Vertriebsmitarbeiter nicht mehr nur von deren Einsatz abhängen. Der Fall objektiver Messbarkeit setzt aber auch voraus, dass die Leistung, im Falle eines Verkäufers zum Beispiel sein Deckungsbeitrag, schon erbracht wurde und festgestellt werden konnte. Wenn es darum geht zu entscheiden, ob sich eine Einstellung oder auch eine Bildungsmaßnahme »lohnt«, muss aber eine Vorhersage des monetären Ertrags im Sinne einer Einschätzung erfolgen. Bezüglich letzterer wird man sich gern auf Erfahrungen im eigenen Unternehmen verlassen oder ersatzweise auf die Ergebnisse von Studien zurückgreifen müssen, in denen Korrelationen früherer Leistungen, zum Beispiel Testergebnisse, mit Berufserfolg ermittelt wurden. Der genannten Schwierigkeiten wegen wird auch manchmal unterstellt, das einem Mitarbeiter gezahlte Entgelt entspräche seinem monetären Beitrag zum Unternehmenserfolg. Es ist offensichtlich, dass dieser Wert immer nur eine Untergrenze darstellen kann, da mit seinem Beitrag ja auch Fixkosten und Gewinn abgedeckt werden müssen.

Bevor wir auf die monetären Kosten und den monetären Nutzen von Integration eingehen, sollen die gängigen Verfahren zur ökonomischen Bewertung von Berufsleistung vorgestellt werden. Deren Grundlage sind Modelle der Nutzenanalyse, in denen eine Korrelation zwischen einem Prädiktor, gewöhnlich den Ergebnissen von Auswahltests, und der Berufsleistung gesucht wird. Gute Beschreibungen der drei bekanntesten Modelle finden sich zum Beispiel in Cascio und Boudreau (2011, S. 200 ff.) und Görlich und Schuler (2006, S. 810 ff.). Während die Modelle von Taylor und Russel sowie Nylor und Shine die Berücksichtigung monetärer Werte für Kosten und Nutzen nicht formelhaft einschließen, wird letzteres in dem Modell von Brogden, Cronbach und Gleser ausdrücklich versucht. Ausgangspunkt für das Brogden-CronbachGleser-Modell ist die Gleichung, die wir hier in einer verallgemeinerten Form wiedergeben:

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Monetärer Nutzen systematischer Integration

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(1) gezielter monetärer Berufserfolg = monetärer Berufserfolg ohne Maßnahmen + monetärer Berufserfolg durch Maßnahmen − Kosten der Maßnahmen oder als Formel: (2)    y = a + bx − K mit y als gezieltem monetärem Berufserfolg einer Person, a dem monetären Berufserfolg der Person ohne Maßnahmen, bx dem monetären Berufserfolg der Person durch Maßnahmen und K den Kosten der Maßnahmen für die Person. In dem Modell wird davon ausgegangen, dass es eine Menge von Prädiktoren P gibt mit P = {x|x ist Ergebnis von Vorleistungen, z. B. in Auswahltests} und eine Menge von Kriterien C mit C = {y|y ist monetärer Berufserfolg} und mit P → C derart, dass es zu jedem Element von P ein Element von C gibt (bijektive Zuordnung). Die Originalwerte der Ergebnisse von Vorleistungen werden aber häufig in standardisierte Werte umgerechnet, da der Einsatz der immer von den verwendeten Skalen abhängigen Originalwerten einen Vergleich mit anderen Untersuchungen erschwert. Die Umrechnung erfolgt so, dass für jedes Element von P die Differenz zwischen seinem Wert und dem Durchschnitt der Werte aller Elemente von P durch die Standardabweichung der Werte für alle Elemente von P dividiert wird. Man erhält dann eine Menge Z mit Z = {z|z ist Abweichung des Originalwertes vom Durchschnitt aller Originalwerte ausgedrückt als Anteil bzw. Vielfaches der Standardabweichung für alle Originalwerte}. Wird x in Gleichung (2) durch z ersetzt, erhalten wir (3)  y = a + bz − K Weiter wird nach folgender Logik vorgegangen: Während der monetäre Berufserfolg ohne Maßnahmen a als bekannt vorausgesetzt wird, muss der Faktor b als Teil des Produkts bz durch Regressionsrechnung ermittelt werden. Ergebnis der Regressionsrechnung ist (4) b = (Korrelationskoeffizient für die Korrelation zwischen x und y) (Standardabweichung für die y-Werte/Standardabweichung für die z-Werte) oder als Formel:

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Ziele und Nutzen der Integration

(5)  b = rxy(SDy/SDz) mit rxy als Korrelationskoeffizient, SDy als Standardabweichung für die y-Werte und SDz als Standardabweichung für die z-Werte. Da die Standardabweichung für z-Werte immer 1 ist, folgt (6)  b = rxy(SDy) und nach Einsetzen von (6) in (3) (7)  y = a + rxy(SDy)z − K Da wir hier am monetären (Zuwachs-)Erfolg von Maßnahmen interessiert sind, können wir (7) wie folgt umformulieren (8)  Dy = rxy(SDy)z − K mit Dy als dem allein durch Maßnahmen verursachten und um die dafür angefallenen Kosten berichtigten Berufserfolg. Wenn es nicht auf das individuelle Ergebnis einer Person ankommt, sondern ein allgemeiner Maßnahmenerfolg bestimmt werden soll, kann statt eines bestimmten z-Wertes auch der Durchschnitt aller z-Werte verwendet werden. Als Konsequenz erhält man für Dy dann natürlich auch keinen persönlichen Wert, sondern den Durchschnittserfolg der Maßnahmen. Im Brogden-CronbachGleser-Modell, wie eigentlich generell, werden standardisierte Test-Ergebnisse (z-Werte) Neueingestellter als Prädiktoren verwendet und deren Durchschnitt zd für die Vorhersage des durchschnittlichen Berufserfolgs Neueingestellter allein aufgrund des eingesetzten Auswahlverfahrens (der Maßnahmen) Dyd verwendet. Die Maßnahmen sind hier also Ergebnisse von Tests, die in unterschiedlicher Form eingesetzt werden können, zum Beispiel als Intelligenz-Tests, Interviews oder Assessment Center. Aus Gleichung (8) wird dann (9) Dyd = rxy(SDy) zd − K Dyd ist im Allgemeinen positiv, weil die aufgrund eines Auswahlverfahrens Eingestellten ja in diesem Auswahlverfahren überdurchschnittliche Leistungen gezeigt haben. Hätte man, statt ein leistungsbasiertes Verfahren zu verwenden, eine Zufallsauswahl getroffen, wäre zd ja Null und damit auch Dyd gleich Null.

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Monetärer Nutzen systematischer Integration

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Die Maßnahme Zufallsauswahl hätte also nichts (Positives) bewirkt. Dyd ist umso höher, je größer zd und SDy sind und umso enger die Korrelation zwischen z und y ist (je dichter rxy bei 1 liegt). Das ursprüngliche Brogden-Cronbach-GleserModell wurde in der Folge unter anderem erweitert um die Berücksichtigung von abgelehnten Stellenangeboten, die Fluktuation und die Abzinsung des maßnahmenbedingten Berufserfolgs, wenn letzterer über einen längeren Zeitraum verfolgt werden soll. Die Berücksichtigung abgelehnter Stellenangebote wirkt sich direkt nur auf zd aus (vgl. Görlich u. Schuler, 2006, S. 816). Die beiden anderen Ergänzungen sind aber mit wachsender Unsicherheit bezüglich des Ergebnisses verbunden. Der prognostizierte maßnahmenbedingte Berufserfolg kann durch einwirkende Umstände in der Zeit größer werden oder sich verringern. Der Effekt dieser Umstände müsste also vor einer Abzinsung eliminiert werden. Die Fluktuation sollte nur dann berücksichtigt werden, wenn sie maßnahmenbedingt ist. Dies ist aber nur schwer nachzuweisen. Das Hauptproblem bleibt die Bestimmung von SDy und rxy. Wenn die Mengen P und C (und natürlich auch K) bekannt sind, steht einer Berechnung von Dy nichts im Wege. Dies ist aber alles andere als selbstverständlich, wenn man als Prädiktoren nicht Testergebnisse verwenden kann bzw. will und im eigenen Unternehmen keine Kriterien zur Verfügung stehen, die einer Menge von Prädikatoren zugeordnet werden könnten. Wenn eigene Testergebnisse vorhanden sind und aus Studien Werte für rxy und SDy vorliegen, die übertragbar erscheinen, sowie der Betrag des Berufserfolgs bekannt ist, der auch ohne Maßnahmen erreicht wird, dann kann mit der Berechnung von Dy begonnen werden. In der Literatur zur Berechnung des monetären Nutzens von Maßnahmen wird der Bestimmung von SDy besonderes Augenmerk gewidmet. Dazu erläutern Cascio und Boudreau sechs Verfahren: ȤȤ Berechnung des Deckungsbeitrags (Cost accounting), ȤȤ 40 %-Regel (40 percent rule), ȤȤ Globale Leistungsschätzung (Global estimation), ȤȤ Gewichtete Leistungsschätzung (CREPID), ȤȤ Schätzung der überdurchschnittlichen Leistung (System effectiveness technique) und ȤȤ Schätzung des Einsparpotenzials bei Einsatz Überdurchschnittlicher (Superior equivalents technique). Die Berechnung des Deckungsbeitrags ist die einzige »objektive« Methode unter den aufgeführten sechs. Wenn direkt zurechenbare Deckungsbeiträge, wie im Fall bestimmter Verkäufer, und ein aussagekräftiger Korrelationsko-

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Ziele und Nutzen der Integration

effizient vorliegen, lassen sich SDy und – als Ziel – Dy zuverlässig berechnen. Zur Berechnung des Erfolgsbeitrags von Maßnahmen mittels Deckungsbeitrag vgl. auch Lohaus und Habermann (2011, S. 153–164). Alle übrigen Methoden basieren auf mehr oder weniger ausgeklügelten Schätzungen. Von diesen wird nachstehend die Gewichtete Leistungsschätzung vorgestellt, weil sich in ihr am ehesten Anhaltspunkte für die Kalkulation des monetären Nutzens von Integrationsmaßnahmen finden lassen. Die Gewichtete Leistungsschätzung ist eine Berechnung, die sich auf zwei von der Verwaltung zur Verfügung gestellte »objektive« Angaben und zwei Schätzungen durch Vorgesetzte stützt. Die Verwaltung stellt für die zu betrachtenden Mitarbeiter die Zeitanteile ihrer Teilaufgaben und ihre Gehälter bzw. Personalkosten zur Verfügung. Von den Vorgesetzten wird erwartet, dass sie sowohl die Bedeutung der Teilaufgaben für die Erfüllung der Gesamtaufgabe als auch die Leistung der Mitarbeiter bezüglich ihrer Teilaufgaben auf einer Skala bewerten können. Mit diesen Angaben kann für jeden Mitarbeiter sein Beitrag zum Unternehmenserfolg berechnet werden. Zunächst wird für jede Teilaufgabe der monetäre Wert der in Bezug auf sie erbrachten Leistung nach folgender Formel kalkuliert: Monetärer Wert der Leistung bei Teilaufgabe T = relative gewichtete Bedeutung der Teilaufgabe T mal Gehalt des Mitarbeiters für die Gesamtaufgabe mal Bewertung der Leistung des Mitarbeiters bei der Teilaufgabe T. Die relative gewichtete Bedeutung der Teilaufgabe ergibt sich als Division des Produkts aus Anteil der Teilaufgabe an der Gesamtarbeitszeit mal Bedeutung der Teilaufgabe für die Erfüllung der Gesamtaufgabe durch die Summe der Bedeutungen. Im zweiten Schritt werden die monetären Werte der Leistungen bei den Teilaufgaben addiert und die Summe mit dem Gehalt für die Gesamtaufgabe verglichen. Der Wert für erstere sollte über dem Gehalt liegen, da aus ihm ja auch noch Kosten und Gewinn gedeckt werden müssen. Ein Beispiel der Gewichteten Leistungsschätzung findet sich in Tabelle 2. Das gezahlte Gehalt bzw. Entgelt oder die Personalkosten bilden bei der Gewichteten Leistungseinschätzung die Grundlage für die monetäre Bewertung. Es ist leicht ersichtlich, dass es ohne diesen Rückbezug keine Möglichkeit gibt, den monetären Erfolgsbeitrag der Bewältigung einer Gesamtausgabe zu bestimmen, wenn diese acht komplexe Teilaufgaben umfasst, die vielleicht auch noch voneinander abhängig sind. Auch muss in Kauf genommen werden, dass die dafür verlangten Bedeutungsschätzungen und Leistungsbewertungen je nach Personenkreis, der sie vornimmt, voneinander abweichen können. Die meisten beruflichen Aufgaben umfassen aber eine Vielzahl von individuell

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0,029

0,118

0,059

0,029

0,176

0,999

C

D

E

F

G

H

Summe bzw. Gehalt

6

3

4

7

3

5

7

4

Bedeutung der Teilaufgabe für die Gesamtaufgabe auf einer Skala von 1–7

Differenz zwischen Leistung und Gehalt ist Erfolgsbeitrag

0,294

0,059

B

0,235

Anteil der Teilaufgabe an der Gesamtarbeitszeit

A

Teilaufgabe

5,585

1,056

0,087

0,236

0,826

0,087

0,295

2,058

0,940

Mit ihrer Bedeutung gewichtete Zeitanteile der Teilaufgabe

1,0000

0,1890

0,0156

0,0423

0,1479

0,0156

0,0528

0,3685

0,1683

Relative gewichtete Bedeutung der Teilaufgabe

50.000

9.450

780

2.115

7.395

780

2.640

18.425

8.415

Der relativen gewichteten Bedeutung der Teilaufgabe entsprechende Gehaltsteile

1,50

0,75

0,50

1,00

2,00

1,25

1,00

1,35

Bewertung der Leistung bei der Teilaufgabe auf einer Skala von 0–2

7.857,75

57.857,75

14.175,00

585,00

1.057,50

7.395,00

1.560,00

3.300,00

18.425,00

11.360,25

Monetärer Wert der Leistung bei der Teilaufgabe

Tabelle 2: Beispiel zur Gewichteten Leistungsschätzung mit Werten von Cascio und Boudreau (2011, S. 240–242) leicht modifiziert (Differenzen durch Runden verursacht)

Monetärer Nutzen systematischer Integration

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Ziele und Nutzen der Integration

beeinflussbaren Tätigkeiten, deren jeweiliger wie auch gesamter Erfolgsbeitrag nur äußerst vage zu bestimmen sind. Nur ausnahmsweise können für eine Tätigkeit der individuellen Leistung relativ direkt zurechenbare monetäre Ergebnisse angegeben werden, etwa Umsätze oder Deckungsbeiträge. Aber selbst wo das möglich ist, besteht die Schwierigkeit darin, von geplanten Maßnahmen auf aus ihnen resultierende Erfolgsverbesserungen zu schließen. In einem sehr günstigen Fall liegen Erfahrungen vor, wie sich die gleichen Maßnahmen in der Vergangenheit auf den monetären Erfolg ausgewirkt haben. Allerdings ändert sich im Zeitablauf naturgemäß der Personenkreis, für den Maßnahmen ins Auge gefasst werden, und mit diesem auch ein Teil der individuellen Bedingungen für den Erfolg. Außerdem sind auch die Begleitumstände nie absolut gleich. Ein solcher sehr günstiger Fall ist gegeben, wenn zu im Unternehmen vorliegenden Prädiktorwerten (z. B. Alter oder Krankheitstage) nach Abschluss einer betrachteten Maßnahme Kriterienwerte (z. B. Veränderung der erzielten Deckungsbeiträge) erhoben und mit den Prädiktorwerten dokumentiert wurden. Die Situation ist immer noch günstig, wenn zwar keine eigenen Erhebungen vorliegen, aber auf entsprechende Ergebnisse in anderen Unternehmen oder in Studien zurückgegriffen werden kann. 3.2.2 Der ökonomische Wert von Integrationsmaßnahmen Trotz aller praktischen Schwierigkeiten ergeben sich aus dem Bisherigen Anhaltspunkte für die monetäre Bestimmung des Nutzens von personellen Einzelmaßnahmen und des Wertes beruflicher Leistungen, die auch auf die monetäre Bewertung von Integrationsmaßnahmen angewandt werden können. Beim Versuch des Nachweises, dass gelungene Integration einen monetär messbaren Vorteil bringt, sind vor allem zwei Schwierigkeiten zu überwinden. Das erste Problem besteht in der Art des Integrationserfolgs (IE). Dieser ist selbst nur eins von vielen Argumenten in der Gleichung für den Aufgabenerfolg (AE) und er hängt seinerseits von anderen Faktoren ab: (10)  AE = f(…, IE(…), …) Die zweite Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass bei Integration kein Vergleich des monetären Erfolgs »vorher« und »nachher« möglich ist. Für die Überwindung dieser Schwierigkeiten gibt es keinen direkten Weg. Wir können aber über eine Eingrenzung der Kosten, die entstehen, wenn Integration nicht gelingt, Anhaltspunkte für die monetäre Bewertung des Integrationsnutzens gewinnen. Dazu betrachten wir die beiden Fälle »gelungene« Integration und »misslungene«

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Monetärer Nutzen systematischer Integration

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Integration mit den jeweils damit verbundenen Kosten für die Alternativen, dass der Mitarbeiter bei misslungener Integration nach der Probezeit das Unternehmen verlässt und dass er trotzdem im Unternehmen bleibt (siehe Tabelle 3). Tabelle 3: Gegenüberstellung der Kosten gelungener Integration und der Kosten misslungener Integration Integrationserfolg

Kostenkategorien

Gelungene Integration

Kosten aller eingesetzten Maßnahmen

Misslungene Integration: Mitarbeiter verlässt das Unternehmen nach der Probezeit

Kosten aller (vergeblich) eingesetzten Maßnahmen + monetäres Äquivalent für unkalkulierte Produktivitätsminderung in der Probezeit + erneute Rekrutierungs- und Einarbeitungskosten + Kosten der Integrationsmaßnahmen für den als Ersatz Eingestellten

Misslungene Integration: Mitarbeiter bleibt im Unternehmen

Kosten aller (vergeblich) eingesetzten Maßnahmen + Äquivalent für seine Produktivitätsminderung über die Dauer der Unternehmenszugehörigkeit

Der Wert gelungener Integration (Ig) kann als Differenz zwischen den Kosten bei misslungener Integration (Km) und den Kosten für gelungene Integration (Kg) berechnet werden. (11) Ig = Km − Kg Dieser Unterschied steht dem Unternehmen bei gelungener Integration für andere Aktivitäten zur Verfügung. Wenn wir bei den Kosten für misslungene Integration nach den Kosten unterscheiden, die entstehen, wenn er nach der Probezeit ausscheidet (Km,a), und die entstehen, wenn er im Unternehmen bleibt (Km,b), können wir schreiben: (12) Ig,a = Km,a − Kg und (12a) Ig,b = Km,b − Kg Wir wählen zur Illustration folgendes Beispiel mit eher sehr vorsichtigen Kostenschätzungen (vgl. Springer u. Stöcker, 2006): Die Kosten aller im Unternehmen für gelungene Integration üblicherweise eingesetzten Integrationsmaßnahmen mögen sich zu 10.000 Geldeinheiten summieren. Diesem Betrag wären gegen-

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Ziele und Nutzen der Integration

überzustellen die Kosten, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen nach der Probezeit verlässt (Tabelle 4). Tabelle 4: Kostenbetrachtung, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen verlässt Kostenkategorie

Kommentar

Wert in Geld­ein­heiten

Kosten aller vergeblich eingesetzten Maßnahmen

Entsprechen den üblichen Kosten bei gelungener Integration

10.000

Wert seiner unter den Erwartungen liegenden Produktivität in der Probezeit

Bei Personalkosten von jährlich 80.000 und einer wegen verfehlter Integration um 20 % unter den Erwartungen liegenden Produktivität in einer Probezeit von 6 Monaten

8.000

Mit seinem Austritt verbundene Kosten und Kosten der erneuten Rekrutierung

Austrittskosten Anwerbungskosten Auswahl- und Einstellungskosten Einarbeitungskosten *) (alle Kosten bezogen auf die Personalkosten)

Kosten der erneuten Integrationsmaßnahmen

Entsprechen den üblichen Kosten bei gelungener Integration

2 % 8 % 5 % 10 %

Summe

20.000

10.000 48.000

*) nicht kalkulierte zweite (aber zu erwartende) einarbeitungsbedingte Produktivitätsminderung

Der Wert gelungener Integration beläuft sich in diesem Fall auf 48.000– 10.000 = 38.000 Geldeinheiten. Wenn der Mitarbeiter nach der Probezeit im Unternehmen bleibt, ergibt sich folgende Rechnung (siehe Tabelle 5):

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Monetärer Nutzen systematischer Integration

Tabelle 5: Kostenbetrachtung, wenn der Mitarbeiter im Unternehmen bleibt Kostenkategorie

Kommentar

Kosten aller vergeblich eingesetzten Maßnahmen

Entsprechen den üblichen Kosten bei gelungener Integration

10.000

Wert seiner unter den Erwartungen liegenden Produktivität für die Dauer seiner Unternehmenszugehörigkeit

Bei einer Verbleibdauer von 10 Jahren und einem jährlichen Anstieg der Personalkosten um nur 1 % auf Einstiegspersonalkosten von 80.000 ergeben sich Personalkosten von durchschnittlich jährlich 83.700. Wenn seine Produktivität bei seinem Einstieg um 20 % und nach 10 Jahren noch um 5 % unter den Erwartungen bleibt, ergibt sich eine durchschnittliche Produktivitätsminderung um 12,5 %.

104.625

Summe

Wert in Geldeinheiten

114.625

Der Wert gelungener Integration beläuft sich in diesem Fall auf 114.625– 10.000 = 104.625 Geldeinheiten. Nach dem hier vorgestellten Beispiel liegt der monetäre Nutzen gelungener Integration zwischen 38.000 (wenn der Mitarbeiter nach der Probezeit ausscheidet) und 104.625 Geldeinheiten (wenn der Mitarbeiter im Unternehmen verbleibt). Für den (wahrscheinlichen) Fall, dass die Kosten misslungener Integration höher sind, wenn der Mitarbeiter im Unternehmen bleibt, lässt sich der monetäre Nutzen gelungener Integration formal so darstellen: (13) Ig,b ≥ Ig ≥ Ig,a bzw. (14) (Km,b − Kg) ≥ Ig ≥ (Km,a − Kg) Der bisher vorgeschlagene Weg zur Berechnung des monetären Wertes gelungener Integration basiert auf einer Kostendifferenz und scheint insoweit auf objektiven Angaben zu beruhen. Es darf dabei aber nicht übersehen werden, dass ein wesentlicher Kostenfaktor, nämlich der Prozentsatz der Produktivitätsminderung bei misslungener Integration, auf – wie auch immer fundierten – Schätzungen beruht. Die Feststellung, welchen monetären Vorteil gelungene Integration bringt, hängt – wie sich aus obigem Beispiel ergibt – auch von den dafür eingesetzten Ressourcen bzw. den für deren Einsatz entstandenen Kosten ab. Im Hinblick auf eine Optimierung dieser Kosten muss man aber wissen, ob eine mit Kosten verbundene (einzelne) Integrationsmaßnahme einen ihre Kosten übersteigenden

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Ziele und Nutzen der Integration

Produktivitätsgewinn bewirkt. Wenn nur darauf geachtet wird, ob Integration gelingt oder nicht, kann ja nicht ausgeschlossen werden, dass nicht die durchgeführten Maßnahmen, sondern Faktoren innerhalb der zu integrierenden Person oder externe Umstände dafür ursächlich sind. Konzentriert man sich aber auf einzelne Maßnahmen, entstehen zwar kaum Schwierigkeiten bei der Erfassung ihrer Kosten, wohl aber bei der Kalkulation des jeweils mit ihnen verbundenen Ertrags. Drei Beispiele mögen diese Problematik erläutern: Die bei der Durchführung einer Einführungsveranstaltung für neue Mitarbeiter anfallenden Kosten für Räume, Energien, Materialien und anteilige Personalkosten der Referenten lassen sich relativ leicht feststellen. Welchen Anteil aber diese Veranstaltung daran hat, dass die neuen Mitarbeiter sich schnell eingewöhnen und im Unternehmen bleiben, kann dagegen bestenfalls vage geschätzt werden. Selbst der Beitrag eines mit der Einweisung des neuen Mitarbeiters beauftragten unmittelbaren Kollegen zu Geschwindigkeit und Ergebnis der Einarbeitung lässt sich kaum beziffern. Ob ein Mitarbeiter im Unternehmen bleibt, obwohl er sich schlecht betreut fühlt, aber eine Gehaltserhöhung bekommen hat, oder ob die gute Betreuung durch Kollegen schwerer wiegt als eine als unangemessen empfundene Gehaltsanpassung nach der Probezeit, ist auch nicht leicht zu beurteilen. Aus dem Bisherigen ergibt sich, dass nicht nur die direkte monetäre Bewertung des Ergebnisses der Integration, sondern auch die des Erfolgs einzelner Integrationsmaßnahmen nicht möglich ist. Bei ersterem lässt sich aber – wie bereits dargelegt wurde – aus dem Vergleich der Kosten bei gelungener Integration mit den Kosten bei misslungener Integration eine Spanne für den monetären Wert erfolgreicher Integration bestimmen. Auch bezüglich letzterer muss deshalb der Weg über Kosten und Schätzungen zum Erfolg gesucht werden. Es kommt dabei insbesondere darauf an, ein systematisches Schätzverfahren anzuwenden. Theoretisch ließe sich das bewerkstelligen, indem bei zwei neu eingestellten absolut vergleichbaren Mitarbeitern der Maßnahmenkatalog für den einen eine Einzelmaßnahme weniger umfasste. Dann würde man nach einer gewissen Zeit den Integrationserfolg bei beiden Mitarbeitern durch schätzende Bewertung feststellen, »selbstverständlich« bei Gewährleistung ansonsten völlig gleicher Umstände bei der Durchführung der Maßnahmen. Anschließend könnte man noch bewerten lassen, ob der Unterschied im Integrationserfolg die Kosten der zusätzlichen Maßnahme rechtfertigt. Wenn diese Vorgehensweise bei vielen zur gleichen Zeit eingestellten passenden Personenpaaren angewandt würde, könnte man mit einiger Zuverlässigkeit auf den allgemeinen monetären Wert der betrachteten Maßnahme schließen. Bei einer großen Zahl von beobachteten

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Monetärer Nutzen systematischer Integration

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Paaren sollten sowohl das Problem, absolut vergleichbare Mitarbeiter zusammenstellen zu können, als auch die Schwierigkeit des bereits erwähnten »Selbstverständlichen« und der Sachverhalt, dass die Einzelmaßnahmen interagieren können, nicht mehr so stark ins Gewicht fallen. Da aber leider nicht davon ausgegangen werden kann, dass solche Daten zur Verfügung stehen, muss ein anderer Weg gewählt werden. Wir schlagen folgende Vorgehensweise vor: In einem ersten Schritt werden von Vorgesetzten und Mitarbeitern unter Einschluss der Personalabteilung die zeitlich gestaffelten Elemente einer gelungenen Integration gesammelt und als Erwartungen formuliert. Dabei gehen wir bei neu eingestellten Mitarbeitern zur Abgrenzung von Personalauswahl davon aus, dass geeignet erscheinende Bewerber bzw. die zu integrierenden Personen schon identifiziert wurden und die Betrachtung von Aufwand und Ertrag zu dem Zeitpunkt einsetzt, in dem eine ins Auge gefasste Person eine Zusage erhalten hat. Die nachstehenden Beispiele in den Tabellen 6–8 dienen nur der Illustration des Vorgehens und beanspruchen keine Vollständigkeit. Tabelle 6: Beispiel für die zeitlich gestaffelten Elemente einer gelungenen Integration Zeitpunkt

Kriterium

Nach 1 Monat

80 % der Aufgaben gut erledigt

Nach 3 Monaten

100 % der Aufgaben gut erledigt

Nach 3 Monaten

mit allen notwendigen Kommunikationspartnern in gutem Kontakt

Nach 6 Monaten

erfolgswirksame Verbesserungen eingeführt bzw. angeregt

Nach 6 Monaten

alle wünschenswerten informellen Kontakte geknüpft

Nach 6 Monaten

Unternehmenskultur übernommen

Nach 9 Monaten

mit Unternehmen identifiziert

Nach 1 Jahr

Unternehmensziele aktiv in der Öffentlichkeit vertreten

Nach 1 Jahr

keine Anhaltspunkte für Absicht, das Unternehmen zu verlassen

Danach werden von der gleichen Gruppe den einzelnen Elementen die im Unternehmen bisher eingesetzten Integrationsmaßnahmen zugeordnet und im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Erwartungen eingeschätzt. Eine Integrationsmaßnahme kann bei verschiedenen Erwartungselementen vorkommen. Parallel zu diesem Vorgehen können von der Personalabteilung in Zusammenarbeit mit dem Controlling die Kosten der Einzelmaßnahmen ermittelt werden. Am Ende eines Zeitabschnitts wird vom unmittelbaren Vorgesetzten und dem neuen Mitarbeiter bewertet, in welchem Maß die Erwartungen bezüglich des Elements erfüllt wurden.

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Ziele und Nutzen der Integration

Tabelle 7: Beispiel der Zuordnung von Integrationsmaßnahmen zu einem Integrationselement, ihre Bedeutung und ihre Kosten sowie die Einschätzung der Erwartungserfüllung Integrationselement: Nach 1 Monat 80 % der Aufgaben gut erledigt Termin: 1 Monat nach Einstellung Maßnahme

Kosten in €

Bedeutung in Prozent für das Integrationselement

Erwartungen bezüglich Integrationselement erfüllt zu x %

Einführungsseminar

10

300

Einweisung durch unmittelbaren Vorgesetzten

10

500

Einarbeitung durch unmittelbare Kollegen

75

1.000

Teilnahme an Abteilungsroutinen

5

0

90

Wenn auf diese Weise alle Integrationselemente bewertet wurden, kann eine Zusammenschau erfolgen, wie sie in nachfolgendem Beispiel für nur zwei Integrationsmaßnahmen vorgenommen wurde (Tabelle 8). Tabelle 8: Beispiel zum Vergleich von zwei Integrationsmaßnahmen über alle Integrationselemente (Prozente als Anteile ausgedrückt) Integrationselemente

A B

Erfüllung der Integrations­ erwartung an den Mitarbeiter bezüglich der Elemente

Relative Bedeutung der Maßnahme 1 für die Elemente

Kosten für die Gesamtdauer der Maßnahme 1 bzw. einschließlich Wiederholungen in €

Wert der Maßnahme 1 für die Elemente in €

Relative Bedeutung der Maßnahme 2 für die Elemente

Kosten für die Gesamtdauer der Maßnahme 2 bzw. einschließlich Wiederholungen in €

Wert der Maßnahme 2 für die Elemente in €

(I)

(II)

(III)

(I*II*III)

(IV)

(V)

(I*IV*V)



0,9

0,7

3.150

0,2

54

0,85

0,7

2.975

0,2

51

C

0,9

0,5

D

0,9

0,4

E

1

0

F

1

0,05

G

1

0

Summe Durchschnitt

2,35

5.000

2.250

0,1

1.800

0,05

27 300

13,50

0

0

0

250

0

0

0

0

0

10.425

0,55

0,936

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145,50

Monetärer Nutzen systematischer Integration

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Aus dem obigen Vergleich ergibt sich, dass der Wert von Integrationsmaßnahme 1 nicht mit 5.000 €, sondern mit 10.425 € veranschlagt werden sollte, sie also effektiv nicht 16,66 mal so wertvoll ist wie Maßnahme 2, sondern 71,6 mal. Dieses Ergebnis bedeutet natürlich nicht, dass die Integrationsmaßnahme in Höhe von 10.425 € zum Unternehmenserfolg beiträgt, aber doch, dass sie sich »rechnet«, da ihr Wert höher ist als die durch sie verursachten Kosten. Für Maßnahme 2 gilt das Gegenteilige. Zur Verdeutlichung seien noch zwei Extremwerte zu Maßnahme 1 angeführt. Wenn nur sie allein für 1 Element Bedeutung hätte (relative Bedeutung = 1) und die Erfüllung der Integrationserwartung 0 betrüge, wäre ihr Wert offensichtlich Null (würde sie nichts leisten). Wenn sie für alle Elemente die relative Bedeutung 1 hätte und die Erfüllung bei allen Elementen 1 ausmachte, erreichte ihr Wert rechnerisch 35.000 €. Bei Berücksichtigung aller Maßnahmen kann eine Rangfolge als Folge der monetären Werte der einzelnen Maßnahmen aufgestellt werden. Wenn genügend viele Integrationsprozesse betrachtet werden konnten, gibt die durchschnittliche Erwartungserfüllung bei den einzelnen Elementen über alle integrierten Personen gewissermaßen die »objektive Gesamtleistungsfähigkeit« des eingesetzten Maßnahmenpakets bezüglich der einzelnen Erwartungen wieder.

Es ist an dieser Stelle sinnvoll, einen methodischen Vergleich einzufügen. Die vorgetragenen Überlegungen bewegen sich gewissermaßen entlang der methodischen Linie, die auch im Verfahren der Gewichteten Leistungsschätzung (CREPID) verfolgt wird. Den dort unterschiedenen Teilaufgaben entsprechen die einzelnen Integrationsmaßnahmen. Der Bedeutung der Teilaufgaben für die Gesamtaufgabe in der Gewichteten Leistungsschätzung kommt hier die Bedeutung der Integrationsmaßnahmen für das Integrationselement gleich. In der Gewichteten Leistungsschätzung werden den Teilaufgaben Gehaltsteile zugewiesen; unsere Methode verwendet zur Bewertung der Integrationsmaßnahmen deren Kosten. Der monetäre Wert einer Integrationsmaßnahme wird analog dem Vorgehen in der Gewichteten Leistungsschätzung unter Verwendung von Bedeutungsgewichten und Leistungsgewichten bestimmt. Nachstehend werden die beiden Methoden noch einmal formal nebeneinandergestellt (Tabelle 9).

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Ziele und Nutzen der Integration

Tabelle 9: Synopse der CREPID-Methode und der Komponenten der vorgeschlagenen Vorgehensweise zur Berechnung des Wertes einer Integrationsmaßnahme Bezug

Gesamtaufgabe in CREPID

Betrachtung

Teilaufgabe i

Integrationsmaßnahme i

Faktor 1

Relative Bedeutung der Teilaufgabe i für die Gesamtaufgabe

Relative Bedeutung der Integrationsmaßnahme i für das Integrationselement j B(r)j,i

B(r)i Faktor 2

Gehalt für die Gesamtaufgabe G

Faktor 3

Einschätzung der persönlichen Leistung bei der Teilaufgabe i Li

Ergebnis

Monetärer Wert der Teilaufgabe i

Wi

Integrationselement j

Kosten der Integrationsmaßnahme i Ki Einschätzung des Integrationserfolgs des Mitarbeiters in Bezug auf das Integrationselement j Lj Monetärer Wert der Integrationsmaßnahme i in Bezug auf das Integrationselement j Wj,i

Nach CREPID errechnet sich der monetäre Wert der beruflichen Leistung in Bezug auf eine Gesamtaufgabe (WA) als Summierung über die Werte für die Teilaufgaben i: (15) WA = ∑ B(r)i × G × Li Unsere Methode bestimmt den monetären Wert einer Integrationsmaßnahme i (Wi) als Summierung über die Werte für die Integrationselemente j: (16) Wi = ∑ Lj × B(r)j,i × Ki Jetzt bleibt noch zu klären, ob die eingesetzten Ressourcen, bzw. die für sie veranschlagten Kosten, optimal sind. Vielleicht könnte man in obigem Beispiel den durchschnittlichen Integrationserfolg von 93,6 % auch mit einem geringeren Ressourceneinsatz von Maßnahme 1 erreichen oder mit einem verstärkten noch steigern. Zur Beurteilung dieser Situation müssen Annahmen getroffen werden. Die Grundannahme besteht in dem Sachverhalt, dass mit zunehmendem Ressourceneinsatz zunächst ein größer werdender Nutzenzuwachs entsteht, der aber ab einer bestimmten Menge wieder abnimmt. Bei einem noch größeren Quantum wird der Nutzenzuwachs null. Darüber hinaus wirkt jeder zusätz-

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Monetärer Nutzen systematischer Integration

liche Ressourceneinsatz nur noch kontraproduktiv. Dies ist natürlich nichts anderes als das aus Volks- und Betriebswirtschaftslehre bekannte »Ertragsgesetz bzw. Gesetz von erst zu- und dann abnehmenden Grenzertrag«. Darauf baut als zweite Annahme auf, dass es a) für sachkundige Beurteiler möglich ist, für wenigstens eine Einsatzmenge den Wirkungsgrad, das heißt den Nutzen, anzugeben, und dass sie b) außerdem einschätzen können, ab wann eine Erhöhung des Ressourceneinsatzes keinen zusätzlichen Nutzen stiftet. Aus diesen beiden Annahmen lassen sich einfache Kurven konstruieren, die den Nutzen einer Integrationsmaßnahme in Abhängigkeit von ihrer Intensität abbilden. Dies gilt allerdings nur für den Bereich wieder abnehmenden Grenznutzens. Wenn die Kurve auch den zunehmenden Grenznutzen einschließen soll, müsste c) noch angegeben werden können, bei welchem Ressourceneinsatz die Zunahme in eine Abnahme übergeht. Da es wahrscheinlicher ist, zu den Annahmen 2 a) und 2 b) auf Erfahrung basierende, also relativ zuverlässige, Daten zu bekommen als zu der Annahme 2 c), beschränken wir uns hier auf die Betrachtung des Bereichs abnehmenden Grenznutzens. In Abbildung 10 werden die Nutzenkurven von zwei Integrationsmaßnahmen in Abhängigkeit von ihrer Intensität dargestellt. Die Intensität bzw. die Menge des Ressourceneinsatzes wird der Vergleichbarkeit wegen durch die sie repräsentierenden Kosten ausgedrückt. Dies ist auch schon deshalb notwendig, weil die Mengenkomponenten komplexerer Maßnahmen nicht ohne (Geld-)Bewertung zusammengefasst werden können. 120 100

Nutzen in %

Seminar 80 60 Betreuung durch Kollegen 40 20 0 0

500

1000

1500

2000

4000

6000

8000

Kosten der Maßnahmen in Geldeinheiten

Abbildung 10: Nutzenkurven für zwei Beispiele von Integrationsmaßnahmen

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10000

12000

48

Ziele und Nutzen der Integration

In dieser Grafik werden die Integrationsmaßnahmen »Betreuung durch Kollegen« und »Seminarteilnahme« nebeneinandergestellt. Die dazugehörige Seminarkurve basiert auf der angenommenen Einschätzung, dass eine Seminarteilnahme, die einen Umfang bzw. Kosten von 2.000 Geldeinheiten übersteigt, keinen zusätzlichen Integrationsnutzen stiftet. Bezüglich der Betreuungskurve wird angenommen, dass ein Betreuungsaufwand bzw. damit verbundene Kosten von 10.000 Geldeinheiten ein Maximum an Nutzen bringen. Weitere Annahmen, außer der Grundannahme abnehmenden Grenzertrags, sind nicht in die Kurven eingeflossen. Ausgangspunkt für die nachstehende Betrachtung sind Seminarausgaben von 300 € und Kosten der Betreuung der zu integrierenden Person durch Kollegen von 5.000 €. Der mit der entsprechenden Seminarteilnahme verbundene Nutzen ergibt sich als 27,75 % des maximalen Nutzens. Der Nutzen einer mit 5.000 € Kosten angesetzten Betreuung durch Kollegen beträgt 75 % des maximalen Nutzens. Die allgemeine Gleichung zur Berechnung des Nutzens unter den bereits genannten Bedingungen lautet: (17)  y = ax − bx2 Der unterschiedlichen Wertebereiche wegen wurde eine Glättung der Kurven durch das Grafikprogramm gestattet, so dass die Kurve des Nutzens der Betreuung durch Kollegen in Abbildung 10 nicht durch den Ursprung zu gehen scheint. Der Kurve Seminarteilnahme liegen folgende Gleichungen zugrunde: (18)  100 = a(2000) − b(2000)2 (18a)  0 = a − 2b(2000) Die Kurve Betreuung durch Kollegen basiert auf den Gleichungen (19)  100 = c(10.000) − d(10000)2 (19a)  0 = c − 2d(10000) Aus diesen vier Gleichungen können die Parameter a und b bzw. c und d berechnet werden, mit deren Hilfe zu jedem Kostenbetrag ein bestimmter Nutzen angegeben werden kann. Mit beiden Maßnahmen könnte durch intensivierten Einsatz zusätzlicher Integrationsnutzen geschaffen, könnte die Integration erfolgreicher gestaltet werden. In welche Maßnahme sollten 1.000 € zusätzlich investiert werden, um ein Maximum an zusätzlichem Erfolg zu erzeugen? Aus der Grafik (und den

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Monetärer Nutzen systematischer Integration

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Kurvenformeln) ist ersichtlich, das 1.000 € mehr bei der Seminarteilnahme einen zusätzlichen Nutzen von 60 Prozentpunkten (PP) stiften (87,75–27,75 %), bei der Betreuung durch Kollegen aber nur von 9 Prozentpunkten (84–75 %). Für eine Entscheidung müssen die beiden Ergebnisse aber noch gewichtet werden. Wenn die Bedeutung der Seminarteilnahme für die Integration gemäß obigem Beispiel in der Summe 0,55 beträgt und die der Betreuung durch Kollegen 2,35, ergeben sich folgende Werte:  utzenzuwachs durch verstärkte Seminarteilnahme = 60 PP mal 0,55 = 33,0 PP N Nutzenzuwachs durch intensivere Betreuung durch Kollegen = 9 PP mal 2,35 = 21,2 PP In der beschriebenen Situation sollte also die Entscheidung zu Gunsten einer verstärkten Seminarteilnahme erfolgen. Aus dieser Betrachtung ergibt sich natürlich noch nicht, in welcher Größenordnung sich eine verstärkte Seminarteilnahme auf die durchschnittliche Erwartungserfüllung auswirkt. Wahrscheinlich ist allerdings, dass der Effekt größer ist als bei alternativem Einsatz von 1.000 € für eine intensivere Betreuung durch Kollegen. Zwar ließe sich eine formelhafte Verbindung zur Erwartungserfüllung herstellen, doch wäre deren Zuverlässigkeit in Anbetracht des ehedem schon hohen Einschätzungsanteils an den Faktoren fraglich. Bei Cascio und Boudreau (2011, S. 225) findet sich eine auf Boudreau und Ramstad (2007) zurückgehende interessante Parallele zu der hier vorgestellten Grafik. Sie vergleichen im Prinzip ebenfalls zwei Nutzenkurven, indem sie für zwei Tätigkeiten deren jeweiligen strategischen Wert in Abhängigkeit von der bei ihnen gezeigten Leistung darstellen. Die eine Kurve hat die Form einer erst steil ansteigenden und sich dann stark abflachenden Parabel, die zweite ist eine Gerade mit einer Steigung kleiner 1. Das Werteniveau der ersten Kurve ist in jedem betrachteten Punkt höher, aber ihr Wertezuwachs aus einer Leistungsverbesserung im relevanten Bereich niedriger als bei der zweiten. Die Tätigkeit, deren Nutzen durch eine Gerade abgebildet wird, wird als »pivotal«, also zentral, bezeichnet, weil hier jede Leistungssteigerung zu einem im Vergleich höheren Wertezuwachs führt. In der Rückschau muss noch einmal hervorgehoben werden, dass der monetäre Wert von individuellem Berufs- bzw. von Maßnahmenerfolg nicht den Daten der Kosten- und Leistungsrechnung bzw. des Controllings entnommen werden kann. Seine auf objektiven Angaben beruhende direkte Bestimmung ist offensichtlich nicht möglich. Es muss in jedem Fall auf die Einschätzung von Personen zurück-

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Ziele und Nutzen der Integration

gegriffen werden, im Allgemeinen ergänzt um die Berücksichtigung von Kosten. So auch in der von Görlich und Schuler (2006) zitierten Studie von Schuler, Funke, Moser und Donat, in der mit dem Ziel, eine entsprechende Standardabweichung zu berechnen, Vorgesetzte gebeten wurden, die Leistung ihrer Mitarbeiter in Geld zu bewerten. Cascio und Boudreau (2011, S. 230) kommen in ihrem Urteil bezüglich der Methoden zur Berechnung von Standardabweichungen beim monetären Berufserfolg zu folgender Aussage: »The complexity of those approaches led to newer approaches that rely on estimates from knowledgeable persons.« Sie zitieren außerdem die Autoren einer Übersichtsstudie mit dem Vorschlag, anstatt zu viel Mühe auf die Kalkulation von Standardabweichungen zu verwenden, sollten sich Forscher lieber darauf konzentrieren, was die berufliche Leistung ausmacht (Cascio u. Boudreau, 2011, S. 247).

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4 Zielgruppen der Integration

Soweit in der einschlägigen Literatur zu Personalpsychologie bzw. Personalmanagement überhaupt die Integration »neuer« Mitarbeiter thematisiert wird, geschieht das meist eher in Form einer theoriebezogenen Übersicht, wie zum Beispiel in Kieser (1995) oder Winzen (2007), und ohne nach Zielgruppen zu differenzieren (vgl. Nicolai, 2009). Um aber eine möglichst wirkungsvolle Integration zu erreichen, muss nach Qualifikation, Erfahrungsbereich und besonderer Situation der »Neuen« unterschieden werden. In Tabelle 10 sind die relevanten Qualifikationen, Erfahrungsbereiche und Besonderheiten einander gegenübergestellt. Je nachdem, welches ihrer Felder betrachtet wird, sind andere Integrationsmaßnahmen bzw. andere Maßnahmenintensitäten für eine optimale Integration zu empfehlen. Tabelle 10: Übersicht der Qualifikationen, Erfahrungsbereiche und Besonderheiten zu integrierender Mitarbeiter Qualifikation

Erfahrungsbereich bzw. Besonderheit des Mitarbeiters Berufserfahrene

Berufseinsteiger

Wiedereinsteiger

Rückkehrer aus dem Ausland

Im Ausland Angeworbene

Interne Wechsel

Führungskraft Fachkraft

Hilfskraft

Auszubildende

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Mitarbeiter mit Behinderung

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Zielgruppen der Integration

Nachstehend werden die in der Tabelle 10 aufgelisteten Qualifikationen und Erfahrungsbereiche erläutert. Die Beschreibung der Integrationsmaßnahmen in Kapitel 7 nimmt auf diese Detaillierungen Bezug. Führungskräfte

Unter Führungskräfte werden hier Personen verstanden, die andern gegenüber weisungsbefugt sind. Die Führungsspanne bezeichnet die Anzahl der Geführten, denen eine Führungskraft direkt Anweisungen geben darf. Sie kann von eins bis sehr viele reichen, besagt aber nicht viel über die hierarchische Position der Führungskraft. Ein Polier auf einer Baustelle teilt vielleicht 20 Maurern und Verputzern Arbeitsaufgaben zu; der Vorstand einer kleinen Bau-Aktiengesellschaft führt direkt möglicherweise nur seine Sekretärin und vier Abteilungsleiter, verfügt aber natürlich über die größere Führungstiefe (mehr Hierarchieebenen). In jedem Fall bestimmen Führungskräfte das Verhalten anderer (ihrer) Mitarbeiter und haben deshalb im Allgemeinen einen größeren Einfluss auf betriebliche Abläufe als die Geführten. Dieses Einflusses wegen wird bei der Einstellung von Führungskräften nicht nur auf die fachliche Qualifikation, sondern auch auf deren Fähigkeit zur Lenkung von Mitarbeitern geachtet (vgl. zu Führung z. B. Lohaus u. Habermann, 2012; Neuberger, 2002; Nicolai, 2009). Fachkräfte

Fachkräfte werden hier unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass sie einen beruflichen oder akademischen Abschluss besitzen (vgl. Dummert, Kubis, Leber u. Müller, 2014, S. 13) und nicht als Führungskräfte tätig sind. Im Allgemeinen haben sie eine mehrjährige Ausbildung in einem handwerklichen, technischen, kaufmännischen oder anderen Beruf oder ein Studium absolviert. In der betrieblichen Wirklichkeit gibt es aber selbstverständlich Fachkräfte, die auch Führungskräfte sind, zum Beispiel Industriemeister in einem chemischen Produktionsbetrieb. Der Unterschied zwischen Fachkraft und Führungskraft hängt auch nicht von der Vorbildung ab. Es gibt, zumindest es gab, Vorstände mit Abitur und anschließender Berufsausbildung und es gibt promovierte Vorstandsmitglieder. Akademiker können sowohl Geschäftsführer sein als auch als Spezialisten ohne Führungsaufgaben arbeiten, zum Beispiel als Informatiker in der Software-Industrie oder als Mathematiker in der Versicherungswirtschaft. Fachkräfte sind in den letzten Jahren in den Fokus des wirtschaftlichen und politischen Interesses gerückt, weil viele einen Mangel an Fachkräften in Deutschland sehen bzw. prognostizieren. Zur Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs vergleiche Zika und Helmrich (2011).

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Zielgruppen der Integration

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Hilfskräfte

Mit Hilfskräften sind Personen gemeint, die gewöhnlich keine systematische Berufsausbildung bzw. ein Studium absolviert haben, sondern für mehr oder weniger gleichbleibende Tätigkeiten angelernt werden. In diese Kategorie können zum Beispiel Monteure eingeordnet werden, die für Elektroinstallateure Leitungen bis zu den Anschlussstellen verlegen, Personen, die in Einzelhandelsgeschäften Regale auffüllen, und Arbeiter, die beim Aufbau und Abbau von Gerüsten helfen. Bezüglich der Vorbildung können unter Hilfskräften Personen sein, die die allgemeinbildende Schule ohne Abschluss verlassen haben, aber in seltenen Fällen auch Erwerbstätige mit einem abgeschlossenen Studium. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass in hochentwickelten Volkswirtschaften der Bedarf an Hilfskräften rückläufig ist. Entsprechend wird auch kein Mangel erwartet. Zika und Helmrich (2011, S. 164) fassen diesbezüglich in ihrem Vergleich von Studien zusammen: »Für Tätigkeiten, die keine Ausbildung benötigen, wird es also auch auf absehbare Zeit genügend Arbeitskräfte geben«. Auszubildende

Auszubildende in Deutschland absolvieren eine Berufsausbildung von in der Regel eineinhalb bis dreieinhalb Jahren (vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2013a, S. 116) im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG, 2005/2013) auf der Grundlage einer Ausbildungsordnung (§ 5 BBiG). Die Berufsausbildung endet mit einer Abschlussprüfung, in der die Auszubildenden ihre berufliche Handlungsfähigkeit nachweisen müssen (§ 38 BBiG). Letztere ist erreicht, wenn sie »die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten« (§ 1 BBiG) erworben haben. Das Besondere der Berufsausbildung in Deutschland ist ihr dualer Charakter, der sich aus den beiden obligatorischen Lernorten Betrieb und Berufsschule ergibt, wobei die Ausbildungszeiten im Betrieb überwiegen. Während dieses sogenannte Duale System der Berufsausbildung in Deutschland sehr geschätzt wird und man ihm hohen Anteil am nationalen wirtschaftlichen Erfolg zuspricht, ist es international keineswegs sehr verbreitet. Da es offensichtlich die Arbeitslosenquote von Jugendlichen niedrig hält, wird es zunehmend auch von anderen Ländern – zumindest in Elementen – übernommen. Abbildung 11 vergleicht die Arbeitslosenquoten von Jugendlichen (bis 25 Jahre) großer Staaten der Europäischen Union (EU). Deutschland kann auf die bei weitem niedrigste Quote verweisen.

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Zielgruppen der Integration

Deutschland

7,4

Großbritannien (Okt.)

20,1

28 EU-Staaten

23,2

Italien

41,6

Spanien

54,3 0

10

20

30

40

50

60

Abbildung 11: Jugendarbeitslosenquote im Dezember 2013 in Prozent (Eurostat Pressemitteilung 17/2014)

Dass die Übernahme des Dualen Systems der Berufsausbildung trotzdem noch zögerlich geschieht hängt auch damit zusammen, dass im internationalen Qualifikationsvergleich die duale Berufsausbildung schlechter bewertet wird als ein Bachelorstudium. Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) umfasst acht Stufen von Bildungsabschlüssen. Während ein Bachelor-Abschluss der sechsten Stufe zugeordnet wird, würde eine dreijährige berufliche Erstausbildung darin Niveau vier entsprechen (vgl. Vereinbarung … zum weiteren Vorgehen beim Deutschen Qualifikationsrahmen, 2012). Die Bemühungen der deutschen Landesregierungen, die Anzahl der Bachelorabsolventen zu steigern, werden zwar einerseits von Unternehmen gefordert und gefördert (vgl. z. B. die Erklärung Bachelor Welcome!, 2010 des Deutschen Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft), andererseits aber auch für problematisch gehalten, weil manche die Gefahr sehen, dass dadurch das Interesse an einer dualen Berufsausbildung nachlässt (vgl. Interview der Wirtschaftswoche mit Julian Nida-Rümelin, Knauß, 2013; Zika u. Helmrich, 2011, S. 162). Einerseits wird festgestellt, es lägen derzeit kaum Indizien für eine Konkurrenz von Bachelorstudiengängen und dualen Ausbildungsgängen vor (vgl. Hollmann, Schmidt u. Werner, 2010, S. 21). Andererseits ist eine deutliche Mehrheit von Experten der Meinung, die Attraktivität der Hochschulen sei größer als die der dualen Ausbildung (vgl. Pfeiffer u. Kaiser, 2009, S. 33). Es gibt zwar keine Altersbegrenzung für den Beginn einer dualen Berufsausbildung, doch kann in den meisten Fällen davon ausgegangen werden, dass sie nach dem Abgang (mit oder ohne Abschluss)

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Zielgruppen der Integration

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von einer allgemeinbildenden Schule, also im Alter von 16 bis 20 Jahren, aufgenommen wird. 2011 fielen fast drei Viertel aller Ausbildungsanfänger in diese Altersgruppe; 7,5 % waren zwischen 24 und 39 Jahren alt (Bundesinstitut für Berufsbildung, Datenreport zum Berufsbildungsbericht, 2013a, S. 157). Berufserfahrene

Berufserfahrung in dem hier verwendeten Sinn wird unterstellt, wenn eine Person davon überzeugt ist, die wesentlichen Inhalte einer Tätigkeit zu kennen, und meint, einen erheblichen Teil davon schon ausgeübt zu haben. Im Allgemeinen wird diese Selbsteinschätzung auch durch tatsächliche Erfahrung gedeckt sein. Es sollte nicht überraschen, dass an dieser Stelle nicht von nachgewiesener Berufserfahrung die Rede ist, sondern von der Meinung des neuen Mitarbeiters. Wie er sich Integrationsmaßnahmen gegenüber verhält, das heißt, ob er ihm angetragene Aktivitäten gern und offen annimmt oder als überflüssig bzw. gar demütigend unterstellt, wird hauptsächlich davon bestimmt, wie er sich einschätzt. Jemand mit Erfolgserfahrung wird Maßnahmen, die objektiv angebracht wären, an denen sich zu beteiligen er aber für unter seiner Würde hielte, nicht ernst nehmen und deshalb nicht optimal von ihnen profitieren. Dass solche Lernhindernisse auf allen Hierarchieebenen auftreten können, beschreiben Gino und Pisano. Sie fassen ihre Erkenntnisse in »Why Leaders Don’t Learn From Success« wie folgt zusammen: »Success can make us so overconfident that we believe we don’t need to change anything« (Gino u. Pisano, 2011, S. 71). Das Potenzial großer Selbstsicherheit kann so gerichtet auch einen destruktiven Anteil entfalten. In Bezug auf die Bedeutung der Berufserfahrung kann außerdem nicht davon ausgegangen werden, dass mehr Berufserfahrung in jedem Fall auch mehr berufliche Kompetenz bedeutet. Nach einer Statistik des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft für 2012 wird eine Berufserfahrung von drei Jahren bei Professionals am stärksten geschätzt. 35 % der Unternehmen wünschen sich diese Dauer der Berufserfahrung. Längere Berufserfahrung wird deutlich weniger geschätzt: Knapp 15 % wünschen sich vier Jahre Berufserfahrung, etwas mehr als 19 % fünf Jahre. Eine noch längere Berufserfahrung schätzen insgesamt weniger als 7 % der Unternehmen (vgl. Lopez, 2012). Nicht ganz so dramatisch, aber ähnlich, dürften sich die Berufserfahrungswünsche für Ingenieure darstellen. Berufseinsteiger

Keine Berufserfahrung liegt vor, wenn eine Person zum ersten Mal die wesentlichen Elemente einer Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt der Einkommenserzielung ausübt oder, unter Hintanstellung dieses Gesichtspunktes, dafür auf

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Zielgruppen der Integration

ein Entgelt verzichtet. Keine Berufserfahrung schließt nicht aus, dass vergleichbare Aufgaben schon unter Lernbedingungen bewältigt wurden, also etwa in einer Übungsfirma in der Schule oder als Praktikum in einem Unternehmen. In Bezug auf Letzteres ist der Übergang von »keine Berufserfahrung« zu »geringe Berufserfahrung« sicherlich fließend. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass berufliche Kompetenz nicht zwingend an längere Berufserfahrung geknüpft ist. Aber nur 23 % der in der zuvor erwähnten Statistik des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft enthaltenen Unternehmen hätten am liebsten nur ein oder zwei Jahre Berufserfahrung und alle gehen wahrscheinlich von einer gründlichen Ausbildung bzw. einem Studium aus. Eine solche Einschränkung gibt es verständlicherweise nicht bezüglich der Einstellung für Hilfsarbeiten. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Situation der Schüler, die mit oder ohne Schulabschluss zum ersten Mal in einem Unternehmen arbeiten. Der Übergang von der Schulwelt in den betrieblichen Alltag stellt viele vor ernste Probleme. Ausdruck dieser Schwierigkeiten ist sicherlich die in manchen Branchen sehr hohe Quote von schon innerhalb der Probezeit gelösten Ausbildungsverträgen. Der Datenreport zum Berufsbildungsbericht (2013a) berichtet für Deutschland folgende Anteile vorzeitiger Vertragsauflösungen an allen begonnenen Ausbildungsverträgen für das Jahr 2011 nach Zuständigkeitsbereichen (siehe Abbildung 12):

Abbildung 12: Anteil der in der Probezeit gelösten Verträge in Prozent aller gelösten Verträge (Darstellung nach Zahlen aus Bundesinstitut für Berufsbildung, Datenreport zum Berufsbildungsbericht, 2013a, S. 183)

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Zielgruppen der Integration

Heruntergebrochen auf die Berufe mit den höchsten Vertragsauflösungsquoten ergibt sich für Deutschland im Jahr 2011 folgendes Bild an Vertragsauflösungen bezogen auf die gesamte Ausbildungsdauer (Tabelle 11): Tabelle 11: Anteil der Auflösungen an den abgeschlossenen Verträgen nach Berufen (Darstellung nach Zahlen aus Bundesinstitut für Berufsbildung, Datenreport zum Berufsausbildungsbericht, 2013a, S. 188) Beruf

Anteil der Auflösungen an den abgeschlossenen Verträgen in Prozent

Restaurantfachmann, -frau

51,0

Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice

50,9

Fachkraft für Schutz und Sicherheit

49,5

Koch/Köchin

49,4

Servicekraft für Schutz und Sicherheit

47,0

Kosmetiker/Kosmetikerin

45,0

Gebäudereiniger/Gebäudereinigerin

44,3

Friseur/Friseurin

44,2

Fachkraft im Gastgewerbe

44,0

Berufskraftfahrer/Berufskraftfahrerin

43,7

Worin bestehen die Probleme des Übergangs von der Schule in den Beruf oder – anders gewendet – was sind die Ursachen für vorzeitige Vertragsauflösungen? ȤȤ »Bei 70 % lagen die Gründe in der betrieblichen Sphäre: Hier dominierten Konflikte mit Ausbilderinnen/Ausbildern oder Betriebsinhabern/ Betriebsinhaberinnen (60 %); für 43 % lag der Grund in einer schlechten Vermittlung von Ausbildungsinhalten, 31 % nannten ungünstige Arbeitszeiten und 26 % ausbildungsfremde Tätigkeiten als Grund für ihren Ausbildungsabbruch ȤȤ 46 % gaben persönliche Gründe an, die sie zum Ausstieg aus der Ausbildung bewogen hatten (Gesundheit, familiäre Veränderungen) ȤȤ Für jede(n) Dritte(n) stand der Abbruch in engem Zusammenhang mit der Berufswahl und der beruflichen Orientierung: Von ihnen gab jede/r zweite an, dass der Einstiegsberuf nicht dem Wunschberuf entsprochen hätte; 42 % hatten sich den gewählten Beruf anders vorgestellt, als er sich in der Ausbildungsrealität zeigte. Berufliche Perspektiven oder Einkommenserwartungen spielten dagegen eine eher untergeordnete Rolle« (Bundesinstitut für Berufsbildung, Gründe für den Ausbildungsabbruch, 2013b).

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Zielgruppen der Integration

Die Vertragsauflösungsquoten sowie die hier wiedergegebenen Gründe für eine vorzeitige Vertragsauflösung legen nahe, der Kommunikation zwischen Ausbildenden und Auszubildenden sowie den Gründen für die Berufswahl besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Studien, in denen Erfolgsfaktoren für einen gelungenen Übergang von der Schule in den Beruf gesucht werden, bestätigen viele auf den Erfahrungen von Lehrern und Ausbildern basierende Einsichten: Ein ausgeprägtes Bewusstsein, erfolgreich sein zu können, und gute Noten sind eine wichtige Voraussetzung, im Beruf zufrieden zu sein und Arbeitslosigkeit zu vermeiden (Pinquart, Juang u. Silbereisen, 2003). Wer ein gutes Praktikum absolvieren konnte, hat bessere berufliche Entwicklungschancen (Gamboa, Peixão u. Neves de Jesus, 2013), und wer seine beruflichen Ansprüche reduziert, findet leichter einen Ausbildungsplatz (Tomasyk, Hardy, Haase u. Heckhausen, 2009). Nicht nur Auszubildende, auch Hochschulabsolventen sind Berufsanfänger. Für ihre Integration ist besonders wichtig, ihre Interessenlage zu kennen. Für Universitätsabsolventen wurde festgestellt, dass diejenigen mit intrinsischen Karrierewerten nach zwei Jahren Berufstätigkeit erfolgreicher waren als andere (Sorthix, Dietrich, Chow u. Salmela-Aro, 2013). Becker, Ulrich und Staffel (2012) haben die Erwartungen von Hochschulabsolventen an zukünftige Arbeitgeber unter mehreren Aspekten empirisch untersucht, unter anderem im Hinblick auf kulturell-führungsbezogene Gesichtspunkte und wichtige Eigenschaften von Arbeitgebern. Bei den kulturell-führungsbezogenen Gesichtspunkten entfielen die meisten Wichtig-Urteile (auf einer Sechser-Skala von »weiß nicht« bis »wichtig«) auf abwechslungsreiche Teamarbeit, gefolgt von Work-Life-Balance und internationalen Einsatzmöglichkeiten. Bei den wichtigen Eigenschaften von Arbeitgebern rangierten Work-Life-Balance, abwechslungsreiche Teamarbeit und faire Vergütung im Vergleich zu Kollegen in dieser Reihenfolge auf den ersten drei Plätzen. Wiedereinsteiger

Wiedereinsteiger sind Personen, die temporär aus einem Unternehmen bzw. einer Organisation ausgeschieden waren und danach wieder in derselben rechtlichen Einheit eingesetzt werden. Es kann sich dabei um längere Zeit Erkrankte handeln, um Mitarbeiter, denen ein Sabbatical gewährt wurde, um Rückkehrer aus Erziehungszeiten, um Politiker, die sich aus ihrer Berufstätigkeit heraus um ein Mandat beworben hatten und mit denen eine Rückkehr im Falle der Nichtwiederwahl vereinbart wurde, und auch um Ruheständler oder Entlassene zur Überwindung eines nicht vorhergesehenen personellen Engpasses. Die

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Zielgruppen der Integration

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Abwesenheit kann dabei von einigen Monaten bis zu etlichen Jahren reichen. Es gibt zum Beispiel Unternehmen, die Mitarbeiterinnen Erziehungszeiten von mehr als zehn Jahren gewähren und sich zur anschließenden Wiedereinstellung verpflichten. Pagano und Pagano (2009) sehen keine ernsthaften Schwierigkeiten, wenn sowohl die Abwesenheit als auch die Rückkehr rechtzeitig geplant werden. Sie erwähnen zwar, dass Mitarbeiter, die sich für unentbehrlich halten, vor Sabbaticals zurückschrecken, thematisieren aber nicht das Problem, auf welchem Arbeitsplatz und in welcher hierarchischen Position der Wiedereinstieg erfolgt. Den von ihnen gegebenen Tipps in Bezug auf den Wiedereinstieg muss man entnehmen, dass diese Phase – zumindest in den von ihnen ins Auge gefassten Unternehmen – relativ unproblematisch verläuft. Die größte Gefahr der Gewährung von Sabbaticals erkennen sie darin, dass sich Mitarbeiter in dieser Zeit entschließen könnten, das Unternehmen zu verlassen. Rückkehrer aus dem Ausland

Rückkehrer aus dem Ausland kommen nach im Allgemeinen mindestens zwei Jahren in einer Auslandsniederlassung oder der Mitarbeit in einem Kooperationsprojekt wieder in das entsendende Unternehmen zurück. Sie sind zwar auch Wiedereinsteiger, haben aber in der Zeit der Abwesenheit ihre Berufstätigkeit nicht aufgegeben. Diese Gruppe nicht als intern Versetzte zu zählen, sondern separat zu behandeln, ergibt sich aus der Sinnhaftigkeit, ihre geschäftlichen und privaten Erfahrungen in einem anderen Kulturkreis bei dem Wiedereinsatz im alten Unternehmen zu berücksichtigen, und der Notwendigkeit, ihren durch Gewöhnung im Ausland häufig veränderten Ansprüchen begegnen zu müssen. In einem Bericht über Studien zur Mobilität von Führungskräften heben die VDINachrichten das Ergebnis hervor, dass viele Führungskräfte Auslandseinsätze scheuen, weil sie befürchten, in dieser Zeit im Stammhaus vergessen zu werden. In nicht wenigen Fällen sähen sich aus dem Ausland zurückkehrende Manager in ihren Karriereerwartungen enttäuscht, insbesondere, wenn sie diese nicht langfristig angelegt hätten (o. V., VDI-Nachrichten, 18/1995, S. 12). Andreason und Kinneer (2005, S. 110) berichten als Ergebnis nicht zufriedenstellender Wiedereingliederung von Kündigungsraten zwischen 15 und 40 %. Noch höhere Raten, über 44 %, werden von Jitendra (2011, S. 15) mitgeteilt. Andreason und Kinneer (2005) beschreiben persönliche Anpassungsprobleme und berufliche Schwierigkeiten. Bei ersteren unterscheiden sie die Überbrückung des Grabens zwischen dem, wie es in der Vergangenheit tatsächlich war, und dem, wie sie es nach ihrer Rückkehr antreffen, und außerdem die Bewältigung der Kluft zwischen einer idealisierten Vergangenheit und der neuen Situation. Rückkehrer aus dem Ausland sind bei ihrer Rückkehr nicht mehr dieselben Personen, die sie bei ihrer

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Zielgruppen der Integration

Entsendung waren. Ihre Persönlichkeit hat sich verändert. Sie möchten über ihre Erfahrungen reden, aber: »Virtually everyone who returns is shocked by the lack of interest of people at home. Friends say, ’I’m dying to hear all about Indonesia,’ but soon they switch the subject to last weekend’s football game« (Andreason u. Kinneer, 2005, S. 115, kursiv in der Quelle). Berufliche Schwierigkeiten ergeben sich häufig aus dem Verzicht auf die im Ausland genossenen Vorteile. Die neuen Aufgaben sind oft mit weniger Autorität, Verantwortung und Autonomie verbunden als es die Tätigkeit im Ausland war. Hinzu kommt, dass die Verarbeitung kultureller Unterschiede nicht selten schwierig und stressbelastet ist. Jassawalla, Connolly und Slojkowski (2004) untersuchten die Erfahrungen von 11 ins Ausland delegierten Mitarbeitern aus 8 Firmen und befragten darüber hinaus 9 Manager mit zurückliegenden Auslandsaufenthalten. Sie stellen in ihrer Studie enttäuschte Erwartungen bezüglich des neuen Arbeitsplatzes fest und finden als Ursache vor allem mangelhafte Planung des Human Resource Managements (HRM). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen Suutari und Brewster (2003), die als Ergebnis einer Langzeitstudie zu finnischen Auslandsdelegierten von überwiegend positiven Ergebnissen eines Auslandsaufenthalts berichten, aber feststellten, dass dies nicht auf die Weitsicht der Organisation, sondern auf den persönlichen Erfolg der Teilnehmer zurückzuführen war. Auch Jitendra (2011, S. 7) hebt hervor, dass die Organisationen die mit der Wiedereingliederung verbundenen schwerwiegenden Probleme nicht wahrnehmen oder ihnen zu wenig Aufmerksamkeit widmen. Im Ausland angeworbene Mitarbeiter

Im Ausland angeworbene Mitarbeiter müssen eine doppelte Anpassung bewältigen. Sie sollen und müssen sich rasch an die Gepflogenheiten im neuen Unternehmen gewöhnen und die ihnen übertragenen Aufgaben bewältigen. Parallel stellt sie das Organisieren ihrer Privatsphäre in einer mehr oder weniger kulturell fremden Umgebung vor zusätzliche Probleme. Der Verlauf dieser beiden Anpassungsprozesse hängt entscheidend davon ab, wie schnell und sicher sie sich in der Sprache des neuen Landes ausdrücken können. Es ist auch offensichtlich, dass die im Ausland erworbene Qualifikation Einfluss auf Geschwindigkeit und Umfang der Anpassung hat. Man wird unterstellen dürfen, dass ein Akademiker, der sich zumindest auch in einer dritten Sprache verständigen kann, leichter zurechtkommt als ein bisheriger Landarbeiter mit relativ kurzer Schullaufbahn. Zwar ist das Anwerben von Gastarbeitern Element mancher Unternehmensgeschichte, doch dürfte es kaum noch Mitarbeiter in den Personalabteilungen dieser Unternehmen geben, die mit deren Einstellung und Betreuung befasst waren.

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Der Anteil ausländischer Beschäftigter an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland im Juni 2011 betrug 7,3 %. Tabelle 12 enthält den Anteil der Nationalitäten an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland im Juni 2010. Tabelle 12: Anteil der Nationalitäten an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland im Juni 2010 in Prozent (Bundesagentur für Arbeit, Analytikreport der Statistik, Analyse des Arbeitsmarktes für Ausländer, 2012, S. 9) Staatsangehörigkeit

Anteil

Türkei

25,0

Asien

9,8

Italien

9,4

Polen

5,3

Griechenland

4,4

Kroatien

4,4

Serbien/Montenegro

4,2

Afrika

4,1

Frankreich

3,4

Österreich

2,9

Bosnien/Herzegowina

2,7

Nord- und Südamerika

2,7

Russische Föderation

2,5

Portugal

2,2

Rumänien

2,1

Tabelle 13 gibt den Anteil ausländischer Beschäftigter an allen Beschäftigten in den aufgeführten Wirtschaftszweigen im 2. Quartal 2011 sowie dessen Veränderung zum Vorjahr an.

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Zielgruppen der Integration

Tabelle 13: Anteil ausländischer Beschäftigter an allen Beschäftigten in den aufgeführten Wirtschaftszweigen (Bundesagentur für Arbeit, Analytikreport der Statistik, Analyse des Arbeitsmarktes für Ausländer, 2012, S. 19) Wirtschaftszweig

Anteil ausländischer Beschäftigter an allen Beschäftigten des Wirtschaftszweigs im 2. Quartal 2011 in Prozent

Gastgewerbe

22,4

Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent

Verhältnis der Veränderung zur durchschnittlichen Veränderung von 7 %

6,6

0,94

Land- und Forstwirtschaft

14,8

15,1

2,16

Wirtschaftliche Dienstleistungen

10,1

13,8

1,97

Verkehr und Lagerei

9,0

8,5

1,21

Sonstige Dienstleistungen und private Haushalte

7,7

4,2

0,6

Verarbeitendes Gewerbe

7,7

3,9

0,56

Baugewerbe

7,2

8,8

1,26

Gesundheits- und Sozialwesen

4,5

7,5

1,07

Die Anwerbung von Mitarbeitern im Ausland ist insbesondere für die Pflegeberufe (in Krankenhäusern und Pflegeheimen) interessant, weil dies eine effektive Maßnahme ist, auch kurzfristiger dringenden Personalbedarf zu decken. Ternes (2013) berichtet von einer Befragung der Hochschule Pforzheim, die ergeben habe, dass im Jahr 2012 29 % von 131 deutschen Krankenhäusern Pflegepersonal im Ausland angeworben hatten (Ternes, 2013, S. 4). Bemerkenswert erscheint, dass die in Südeuropa angeworbenen qualifizierten Pflegekräfte Wert darauf gelegt hätten, sofort mit der Arbeit zu beginnen und Schulungen nur begleitend wahrzunehmen (Ternes, 2013, S. 4). Ein sehr aktuelles Beispiel dafür, dass Integration nicht nur Einpassung in eine bestehende Organisation verlangt, sondern auch eine – manchmal sehr große – Herausforderung für Kunden bzw. Klienten bedeutet, ist die Anwerbung von Chinesinnen für deutsche Pflegeheime (vgl. z. B. Reifenrath, 2014). Interne Wechsler

Mit aus anderen Einheiten stammenden Mitarbeitern sind Personen gemeint, die aus einer Konzerneinheit in eine andere Einheit des gleichen Konzerns wechseln. Das können Führungskräfte aus dem Controlling sein, die Erfahrungen im Marketing sammeln sollen, oder Mitarbeiter aus einer kleinen Tochtergesell-

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schaft, die neue Aufgaben in der Konzernzentrale übernehmen. Die damit verbundenen und erwarteten Anpassungsleistungen sind noch größer, wenn die wechselnden Personen Wiedereinsteiger sind oder von einem Auslandseinsatz zurückkehren. Mitarbeiter mit Behinderung

Neue Mitarbeiter mit Behinderung sind keine unbekannte Gruppe für Unternehmen und Organisationen. Die gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland verlangen von privaten und öffentlichen Arbeitgebern mit mindestens 20 Arbeitsplätzen als Prinzip die Einstellung schwerbehinderter Menschen auf mindestens 5 % dieser Plätze. Für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz müssen sie eine Ausgleichsabgabe entrichten (vgl. Sozialgesetzbuch (SGB) IX, 2001/2015, §§ 71 und 70). Abbildung 13 zeigt für das Jahr 2010, in welchem Maß öffentliche und private Arbeitgeber die gesetzliche Quote erfüllt bzw. eine Ausgleichsabgabe gezahlt hatten.

Abbildung 13: Erfüllung der gesetzlichen Quote an Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte nach Arbeitgebern (eigene Berechnung nach absoluten Zahlen in Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarkt in Zahlen, Beschäftigungsstatistik, Schwerbehinderte Menschen in Beschäftigung (Anzeigeverfahren SGB IX), Deutschland 2010, 2013)

Die Zahl der Menschen mit Behinderungen und ihr Anteil an den Beschäftigten dürften nur wenigen geläufig sein. »2011 lebten in Deutschland 3,27 Millionen schwerbehinderte Menschen im erwerbsfähigen Alter« (Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeitsmarkt in Deutschland, 2013, S. 3). Die Zahl der gemeldeten

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schwerbehinderten Beschäftigten betrug in diesem Jahr 932.000; die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen im Folgejahr 173.000. Bemerkenswert ist, dass 2012 schwerbehinderte Arbeitslose im Mittel etwas höher qualifiziert waren als nicht schwerbehinderte Arbeitslose (vgl. Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeitsmarkt in Deutschland, 2013, S. 7 f.). Im Hinblick auf eine mögliche Erwerbstätigkeit dürfen aber nicht nur schwerbehinderte Menschen in den Blick genommen werden. Die Zahl der Menschen mit Behinderungen, die nicht zur Gruppe der Schwerbehinderten zählen, ist viel größer. Laut einer Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes, die Ergebnisse des Mikrozensus kommentierte, lebten 2009 in Deutschland 9,6 Millionen Menschen (11,7 % der Einwohner) mit einer amtlich anerkannten Behinderung, davon waren 7,1 Millionen schwerbehindert. Von allen behinderten Menschen in Deutschland waren 72 % 55  Jahre oder älter. Die Zahl der behinderten Menschen, insbesondere mit leichterer Behinderung, nimmt deutlich zu (vgl. Statistisches Bundesamt, 2011). Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, der Beschreibung der Integrationsmaßnahmen in Kapitel 7 die allgemeine Integrationsproblematik in Bezug auf Menschen mit Behinderung voranzustellen. Der Schlüsselbegriff dazu ist Inklusion. Er stammt aus dem Bereich der Sonderpädagogik und wird dort in seiner Abgrenzung zu Integration diskutiert. Wir können an dieser Stelle nicht auf diese Diskussion eingehen, meinen aber, mit einem Auszug (siehe Tabelle 14) aus einer Gegenüberstellung in Liesen und Felder (2004) Unterschiede zwischen Integration und Inklusion zu beleuchten. Tabelle 14: Unterschiede zwischen Integration und Inklusion im Schulsektor (Auszug der Darstellung in Liesen u. Felder, 2004, S. 5) Praxis der Integration

Praxis der Inklusion

–– Eingliederung behinderter Kinder in die allgemeine Schule –– Zwei-Gruppen-Theorie (behindert/nicht behindert) –– Individuumszentrierter Ansatz –– Spezielle Förderung für Kinder mit Behinderungen

–– Leben und Lernen aller Kinder in der allgemeinen Schule –– Theorie einer pädagogisch ununterteilbaren heterogenen Gruppe –– Systemischer Ansatz –– Gemeinsames und individuelles Lernen für alle

Es gibt eigentlich keinen Grund, die vorstehende Begrifflichkeit auf Schulen zu begrenzen, da sich Lernen und darauf bezogenes gemeinsames Arbeiten in allen seinen Facetten auch in Betrieben vollzieht und betriebliche Praxis ebenfalls (natürlich nicht nur) als Anwendung von Gelerntem verstanden werden kann.

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Zielgruppen der Integration

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Die Betriebe, die Menschen mit Behinderung beschäftigen, übertragen im Allgemeinen eher die Praxis der Inklusion auf ihre Arbeitsorganisation. Allerdings sind sie auch sehr vorsichtig bei der Entscheidung, behinderte Personen einzustellen. Sie wollen sichergehen, dass die Art der vorliegenden Behinderung eine solche Praxis der Inklusion ohne wesentliche Störung der Arbeitsabläufe zulässt. Diese Vorsicht führt aber dazu, dass etwa 2009 nur 70 % der Menschen mit Behinderung im Alter von 25 bis 44 Jahren erwerbstätig waren oder eine Tätigkeit suchten gegenüber 88 % bei gleichaltrigen Nichtbehinderten (vgl. Statistisches Bundesamt, 2011). Eine in etwa vergleichbare Zahl für die USA findet sich bei Run Ren, Paetzold und Colella (2008) mit einem Beschäftigungsanteil von 56 % der sich für arbeitsfähig haltenden Menschen mit Behinderung im Vergleich zu 81 % derjenigen ohne Einschränkung. In welchen Wirtschaftsbereichen behinderte Menschen in Deutschland überwiegend beschäftigt werden kann Abbildung 14 entnommen werden (Pfaff et al., 2006).

Abbildung 14: Anzahl der Erwerbstätigen mit Behinderung ab 15 Jahren nach Wirtschaftsbereichen im Jahr 2005 (in 1.000)

Von den 2012 in Deutschland 176.000 schwerbehinderten Arbeitslosen suchten 86.000 eine Tätigkeit auf Fachkräfteebene. Abbildung 15 zeigt die Verteilung auf die von ihnen angestrebten Berufe bzw. Tätigkeiten.

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Abbildung 15: Verteilung der Zielberufe bzw. Zieltätigkeiten von schwerbehinderten Arbeitslosen in Prozent (eigene Berechnung nach Daten in Bundesagentur für Arbeit, Der Arbeitsmarkt in Deutschland – Der Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen, 2013, S. 9)

In der akademischen Literatur werden eher die Hindernisse einer Eingliederung behinderter Menschen in den Arbeitsprozess in den Blick genommen und Maßnahmen zu deren Überwindung untersucht (vgl. Feldman, 2004; Jones, 1997) als Vorteile ihrer Beschäftigung thematisiert. »Very little research has focused on the positive aspects of hiring and promoting persons with disabilities« (Jones, 1997, S. 70 f.). Angesichts der Debatte um den tatsächlichen (oder vermeintlichen) Fachkräftemangel in Deutschland  – aber keineswegs nur aus diesem Grund  – erscheint es aber vor allem angebracht, die Potenziale behinderter Menschen in Bezug auf eine Teilnahme am Arbeitsleben zu beleuchten. Deren Beschäftigung hat häufig folgende betriebliche ökonomische Vorteile (dazu und zum unternehmensbezogenen Nutzen vgl. myhandicap.ch, Müller, 2013): –– Außergewöhnlich großes Engagement und überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft –– Kreative Denk- und Handlungsmuster –– Ideen für Produktvariationen, die angesichts einer alternden Gesellschaft und einer zunehmen Zahl behinderter Menschen neue Märkte eröffnen können Dazu kommt im Allgemeinen auch ein unternehmensbezogener Nutzen: –– Über mediales Interesse vermittelter positiver Reputations- und Imageeffekt –– Umgang mit behinderten Menschen fördert die sozialen Kompetenzen aller Mitarbeiter –– Höhere Loyalität, Identifikation und Bindung an das Unternehmen

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Eine Auswahl von Praxisbeispielen, die von der Realisierung obiger Vorteile berichten, findet sich in Böhm, Baumgärtner und Dwertmann (2013). Unter diesen ist das Integrationsmanagement der AUDI AG in Ingolstadt bemerkenswert, weil es – abgesehen von der Größe des Unternehmens und seiner Bedeutung für die Region – jedem Menschen mit Behinderung (den es einstellt!) zutraut, »dem Leistungsanspruch von Audi gerecht zu werden«, und das Ziel hat, den Mitarbeiter mit Behinderung »in die Lage zu versetzen, die AUDI Standardleistung (100 %) zu erbringen« (Munzel u. Neuhaus, 2013, S. 116). Darüber hinaus ermittelt es anfängliche relative Leistungsdefizite auf Arbeitsplätzen, die aber nicht als individuelle Minderleistung aufgefasst werden, sondern als Herausforderung der Führungskräfte, die Integration von Menschen mit Behinderung voranzutreiben. Ein anderes Beispiel macht deutlich, dass eine Behinderung zugleich eine besondere Begabung bzw. Qualifikation bedeuten kann. Das Informatik-Unternehmen Asperger Informatik AG in Zürich beschäftigt vorzugsweise Menschen mit dem Asperger-Syndrom, einer leichten Form des Autismus. Diese Menschen sind hoch intelligent, zeigen ein ausgeprägtes analytisches Denken und zeichnen sich durch eine strukturierte Vorgehensweise, hohe Detailgenauigkeit und starke Konzentrationsfähigkeit aus. Andererseits haben sie Probleme in der sozialen Interaktion und sind nur bedingt belastbar. Der Asperger Informatik AG ist es gelungen, aus einem (vermeintlichen) Handicap einen Wettbewerbsvorteil zu machen. Sie hält den Ansatz für übertragbar und ist überzeugt, dass jedes Unternehmen die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen kann (vgl. Conza u. Juric, 2013). Trotz der bereits beschriebenen Anreize, Menschen mit Behinderung einzustellen, schrecken viele Unternehmen davor zurück, in größerem Umfang als bisher das ökonomische Risiko ihrer Beschäftigung einzugehen (vgl. dazu Abbildung 13 zur Erfüllung der gesetzlichen Quoten). Dieses wahrgenommene ökonomische Risiko hängt mit der auf dem jeweiligen konkreten Arbeitsplatz erwarteten geringeren Produktivität zusammen, basiert aber auch auf Einstellungen zur Leistungsfähigkeit behinderter Menschen. Run Ren und Kollegen (2008) fanden in einer Metaanalyse unter anderem folgende Hypothesen bestätigt: ȤȤ Von Menschen mit Behinderung werden geringere Leistungen erwartet als von Menschen ohne Behinderung. Dies gilt verschärft für Menschen mit mentaler Behinderung. ȤȤ Menschen mit Behinderung werden bei Einstellungen weniger berücksichtigt als Menschen ohne Behinderung. Auch dieser Sachverhalt gilt verstärkt für Menschen mit mentaler Behinderung.

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Zielgruppen der Integration

Aber auch: ȤȤ Die Leistungen eingestellter Menschen mit Behinderung werden besser bewertet als die Leistungen von Menschen ohne Behinderung (Run Ren et al., 2008, S. 197). Hier vermuten die Autoren aber eher den Einfluss von positiven Einstellungen als von tatsächlichen Unterschieden (Run Ren et al., 2008, S. 199). Ganz offensichtlich könnte Aufklärung über die Einsatzmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung zu ihrer stärkeren Einbeziehung in erwerbswirtschaftliche Arbeitsprozesse führen. Man sollte aber nicht erwarten, dass eine daraus gewonnene positive Haltung zur Einstellung behinderter Menschen generell mehr Einfluss hätte, als der – zumindest vermeintliche – Zwang, aus Wettbewerbsgründen permanent Produktivitätsgewinne zu erzielen bzw. Kosten zu sparen. Die Einsicht, dass behinderte Menschen in vielen Fällen die gleiche Leistung erbringen können wie Menschen ohne Behinderung und unter bestimmten Bedingungen sogar bessere, wird sich hoffentlich trotzdem durchsetzen. Dazu könnten auch jüngste Ergebnisse aus der Leichtathletik beitragen. In einem Beispiel »gelebter Inklusion« hat ein unterschenkelamputierter Weitspringer an den deutschen Meisterschaften 2014 teilgenommen. Zur Überraschung aller ist er mit seiner Beinprothese aus Karbon weiter gesprungen als seine nicht behinderten Konkurrenten und wurde deutscher Meister. Zum Zeitpunkt seines Erfolgs stand noch nicht fest, ob in diesem Fall von gleichen Bedingungen, einer Behinderung oder sogar einem Wettbewerbsvorteil ausgegangen werden müsse. Das Vorliegen von Chancengleichheit wurde bezweifelt, weil eine biomechanische Messreihe ergeben habe, dass der Wirkungsgrad der Karbonfeder die Möglichkeiten eines menschlichen Fußgelenkes weit übertreffe (vgl. Geyer-Hindemith, 2014, S. 28). Unabhängig davon, worauf man die Leistung des deutschen Weitsprungmeisters 2014 zurückführt, ist sie aber ein Beispiel dafür, dass Menschen mit Behinderung bei Gewährung ausgleichender Hilfen – unter günstigen Umständen – die gleiche Leistung wie Kollegen ohne Behinderung erbringen können.

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5 Theoretische Grundlagen der Integration

5.1 Phasenmodell der Integration Die Integration neuer Mitarbeiter in die Organisation kann in drei Phasen beschrieben werden (Neuberger, 1994). Man unterscheidet die Phase vor Eintritt in die Organisation, die Phase des Eintritts sowie die sogenannte Metamorphose-Phase (siehe Abbildung 16). Sie weisen für die Organisation und die neuen Mitarbeiter unterschiedliche Merkmale auf. Vor-Eintritt-Phase: Aktivitäten auf Seiten der Organisation

Die erste Phase, die sogenannte »Vor-Eintritt-Phase«, ist für die Organisation dadurch gekennzeichnet, dass sie die sie interessierenden potenziellen Mitarbeiter auf sich aufmerksam machen und für sie attraktiv wirken muss. Dieses Feld wird im Unternehmen gewöhnlich vom Personalmarketing bearbeitet. Bei der Anwerbung, Ansprache und Gewinnung der Interessenten ist es wichtig, deren (mögliche) Vorerfahrungen und die sich daraus ergebenden Erwartungen im Blick zu haben. Diese können sich beispielsweise auf den Umgang mit Technologie, die bisher erlebte Unternehmenskultur und das erreichte Entgeltniveau beziehen. Im Rahmen der anschließenden Personalauswahl muss das Auswahlverfahren auf die gesuchte Persönlichkeit ausgerichtet werden, um deren Akzeptanz sicherzustellen. Besonders wichtig ist es, in der Auswahlphase eine realistische Tätigkeitsvorschau zu bieten. Damit ist gemeint, Bewerber aufrichtig über die Inhalte der Tätigkeit und die Arbeitsbedingungen zu informieren. Das heißt, es werden nicht nur die positiven, sondern auch die weniger günstigen Aspekte offen angesprochen. Während die Thematisierung der positiven Punkte verständlicherweise das Interesse und die Erwartungen der Bewerber steigert, kann negative Information bzw. solche, die als negativ empfunden wird, beides reduzieren. Das hat Vorund Nachteile. Der Vorteil realistischer, das heißt nicht zu hoher, Erwartungen liegt nachweislich darin, dass Bewerber, die die Stelle annehmen, eine stärkere

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Theoretische Grundlagen der Integration

Bindung ans Unternehmen erleben, zufriedener sind, und das Unternehmen nicht gleich wieder verlassen. Nach Philipps (1998) kann in diesem Fall außerdem mit einer höheren Leistung späterer Mitarbeiter und einer geringeren arbeitgeberinduzierten Beendigung von Arbeitsverhältnissen gerechnet werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist anzustreben, Bewerbern die weniger günstigen bzw. von Bewerbern möglicherweise als ungünstig empfundenen Bedingungen, die mit einer Tätigkeit im Unternehmen verbunden sind, nicht vorzuenthalten. Besonders gute Bewerber könnten natürlich durch das Ansprechen kritischer Punkte abgeschreckt werden und ihre Bewerbung zurückziehen. Das hätte die Konsequenz, dass in erster Linie Personen für das Unternehmen gewonnen werden können, die sich bei alternativen Stellen schlechtere Chancen ausrechnen oder Absagen erhalten haben. Forschungsergebnisse weisen bisher nicht darauf hin, dass negative Information tatsächlich zu einem Rückzug der Bewerber führt (vgl. Morse u. Popovich, 2009), aber es ist dennoch plausibel, dass negative Information beim Vergleich verschiedener Stellenangebote eine Rolle spielt. Da negativen Informationen im Entscheidungsprozess ein stärkeres Gewicht zukommt als positiven (Bretz u. Judge, 1998), hätte ein Unternehmen, das auch negative Aspekte offen kommuniziert, einen klaren Nachteil gegenüber Unternehmen, die ein ausschließlich positives Bild der späteren Tätigkeit zeichnen. Als problematisch hat sich allerdings erwiesen, falsche Erwartungen zu wecken, denn dann erlebt der spätere Mitarbeiter in der Einarbeitungsphase unter Umständen einen sogenannten Realitätsschock, der geringere als die erhofften Leistungen oder die arbeitnehmerseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge hat und so die Rentabilität dieser Personalinvestition gefährdet (Becker u. Brinkkötter, 2005). Eine Metaanalyse zur realistischen Tätigkeitsvorschau hat unterschiedliche Wirkungen für verschiedene Ergebnisvariablen und Bewerbergruppen gezeigt (Earnest, Allen u. Landis, 2011). So wurde bezüglich der Zielvariablen Fluktuation festgestellt, dass eine realistische Vorschau die Erwartungen und die wahrgenommene Attraktivität des Unternehmens reduziert, aber auch die Fluktuation neuer Mitarbeiter verringert. Bewerber bekommen mehr Klarheit über ihre Arbeitsrolle und nehmen das Unternehmen als ehrlicher wahr. Diese empfundene Ehrlichkeit hatte den stärksten Einfluss auf den Zusammenhang zwischen realistischer Vorschau und Fluktuation. Die Autoren schlussfolgerten, dass die wesentliche Bedeutung der realistischen Tätigkeitsvorschau darin liegen könnte, Bewerbern einen Eindruck von der Ehrlichkeit des Unternehmens und seiner Fürsorge gegenüber den Mitarbeitern zu vermitteln. Außerdem berichten die Autoren eine schwache positive Wirkung in Bezug auf die Annahme von Stellenangeboten. Im Hinblick auf unterschiedliche Bewerbergruppen hat sich

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Phasenmodell der Integration

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gezeigt, dass die gerade beschriebenen Wirkungen bei Führungskräften und bei Personen, die ein höheres Ausbildungsniveau haben, stärker sind als bei Berufseinsteigern. In zeitlicher Hinsicht scheint es am günstigsten zu sein, die realistische Vorschau kurz vor der Einstellungsentscheidung zu geben; und zwar lieber mündlich als schriftlich. Weniger nützlich ist sie ganz am Anfang des Rekrutierungsprozesses oder erst nach Unterschreiben des Arbeitsvertrags. Vor-Eintritt-Phase: Aktivitäten auf Seiten (potenzieller) neuer Mitarbeiter

Auf Seiten der Bewerber wirken sich in der »Vor-Eintritt-Phase« der Einfluss der Vorsozialisation und der Einfluss der antizipatorischen Sozialisation aus (Neuberger, 1994). Die Vorsozialisation bezieht sich auf die gesamte Lebensspanne der Bewerber, speziell auf die frühen Lebensphasen. Die Sozialisation im Rahmen der Familie und der Gesellschaft bestimmt wesentliche Wertvorstellungen, Haltungen, Sprache, Umgangsformen und Gewohnheiten von Menschen. Diese kommen dann im Kontakt mit dem Unternehmen, das heißt in Form der Bewerbungsunterlagen und während der Auswahlphase, zum Ausdruck. Die antizipatorische Sozialisation liegt zeitlich deutlich dichter am Eintritt in die Organisation. Sie beginnt möglicherweise mit der Entscheidung, sich für eine bestimmte Art von Tätigkeit und Organisation zu bewerben, typischerweise jedoch mit der Unterschrift unter den Arbeitsvertrag. Während der Rekrutierungsphase bilden sich durch die Interaktion mit Repräsentanten des Unternehmens und auf der Basis eventueller vorheriger Berufstätigkeiten Erwartungen über die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen heraus (Noe, Hollenbeck, Gerhart u. Wright, 2012; siehe auch Abschnitt zum psychologischen Vertrag) und spätestens nach Vertragsabschluss stellen sich neue Mitarbeiter gedanklich auf die Herausforderungen ein, die nach ihren Erwartungen mit der neuen Tätigkeit verbunden sind. Auch sind ganz praktische Vorbereitungen zu treffen. Für Studienabsolventen mögen sie damit verbunden sein, sich zum ersten Mal im Leben einen Anzug oder ein Kostüm zu kaufen, für andere vielleicht damit, sich ein Auto anzuschaffen oder umzuziehen, um den Arbeitsplatz gut erreichen zu können. In vielen Fällen wird der Lebensplan (z. B. eine Familie zu gründen) und das Anspruchsniveau (z. B. sich finanziell mehr leisten zu können als bisher) auf die neue Stelle ausgerichtet. Eintrittsphase: Aktivitäten auf Seiten der neuen Mitarbeiter

Die Eintrittsphase beginnt mit dem ersten Arbeitstag der neuen Mitarbeiter. Sie sind für die Unternehmensangehörigen, mit denen sie direkt zu tun haben, dadurch als »Neue« erkennbar, dass sie sich noch nicht auskennen und Unterstützung benötigen. Für die neuen Mitarbeiter ist diese Situation oft neben

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Theoretische Grundlagen der Integration

den positiven Empfindungen, wie Freude und Neugier auf den neuen Job und die Kollegen, auch mit negativen Gefühlen verbunden, wie Unsicherheit und Angst, Erwartungen nicht gerecht werden zu können. Häufig erleben sie Überraschungen und im Extremfall können Realitätsschock und destabilisierende Erfahrungen auftreten (vgl. Noe et al., 2012). Für die neuen Mitarbeiter ist diese Phase unabhängig von der konkreten Tätigkeit mit einer Vielfalt neuer Aufgaben verbunden. Sie müssen die Arbeitsinhalte erlernen, sich mit den wichtigen Ansprechpartnern verständigen und ein passendes informelles Beziehungsnetzwerk aufbauen, um Akzeptanz zu gewinnen und sich wohlzufühlen. Sie werden ihre Erfahrungen mit den zuvor entwickelten Erwartungen vergleichen, manche davon bestätigt finden und andere verwerfen müssen. Im Neuland der Tätigkeit werden Mehrdeutigkeiten und Konflikte bezüglich Aufgaben und Personen entstehen, die aktiv zu klären sind. Um die Anforderungen angemessen erfüllen zu können, müssen die eigenen Leistungseinschätzungen mit denen von Vorgesetzten und Kollegen abgeglichen werden. Das geschieht am besten durch das aktive Einholen von Rückmeldungen. Gegebenenfalls kann man auf dieser Grundlage Verhalten und Leistung anpassen. In dieser Anfangsphase geht es für die Neuen außerdem darum, im Unternehmen geltende explizite und implizite Belohnungsschemata zu erkennen. Wer begreift, welches Verhalten erwünscht ist und günstige Reaktionen nach sich zieht, und sich entsprechend verhält, wird leichter akzeptiert werden, seine Beschäftigung über die Probezeit hinaus sichern und vielleicht die Basis für eine günstige berufliche Entwicklung legen. Eintrittsphase: Aktivitäten auf Seiten der Organisation

Viele Unternehmen führen gezielt Integrationsmaßnahmen durch, um neuen Mitarbeitern die mentale und emotionale Orientierung zu geben, die für eine rasche und effiziente Eingliederung notwendig ist. Sie unterstützen sie dabei, sich im Unternehmen zurechtzufinden, was Räumlichkeiten bzw. Standorte und zuständiges Personal betrifft. Sie ermöglichen ihnen dadurch den Erwerb von Fertigkeiten und Routine zur Erfüllung ihrer Arbeitsaufgabe und vermitteln ihnen unternehmenskulturelle Standards. Auf dieser Grundlage gestatten sie es den Neuen, eine Position im Unternehmen zu gewinnen und sich selbst angemessen einordnen zu können. Im Rahmen ihrer Unterstützung neuer Mitarbeiter während der Eintrittsphase wenden Unternehmen verschiedene Strategien an. Drei generelle Vorgehensmuster werden in der Literatur diskutiert (Becker, 2004). Sie können nach dem Ausmaß, in dem die zukünftigen Arbeitsaufgaben übernommen werden, und dem Grad der Anforderungen an die neuen Mitarbeiter differenziert werden. Diese

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Phasenmodell der Integration

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drei Vorgehensweisen orientieren sich inhaltlich natürlich an der Tätigkeit, spiegeln aber auch die Unternehmenskultur wider. Das sind die »Schonstrategie«, das »Ins-kalte-Wasser-werfen« und die Strategie des »Grenzen aufzeigen«. Sie werden nachstehend beschrieben.

Die »Schonstrategie« stellt die geringsten Anforderungen an neue Mitarbeiter. Die zukünftige Arbeitsaufgabe wird zunächst nicht in vollem Umfang übernommen und der Beginn der Tätigkeit in der Organisation ist durch Trainingsmaßnahmen gekennzeichnet, die auf die Arbeitsaufgaben vorbereiten sollen. Innerhalb dieser Strategie sind drei Abstufungen zu unterscheiden. Beim vollzeitlichen Einführungstraining sind neue Mitarbeiter noch gar nicht im eigentlichen Arbeitsfeld tätig. Sie erhalten notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten »off-the-job« vermittelt. Diese Vorgehensweise ist vor allem dann sinnvoll, wenn Mitarbeiter auf dem neuen Arbeitsplatz viel unternehmensspezifisches Wissen benötigen, das sie erst nach Eintritt in die Organisation erwerben können, und wenn sie gleichzeitig viel Kontakt mit Personen außerhalb der Organisation haben werden. Ein Beispiel hierfür ist die Tätigkeit in einem Call-Center, in dem Kunden produktspezifische Anfragen stellen und Beschwerden vorbringen. Neue Mitarbeiter lernen dann im Training beispielsweise nicht nur die Produkte gut kennen, um Fragen einschätzen und adäquat beantworten oder weiterleiten zu können, sondern sie werden auch im Auftreten gegenüber Kunden geschult. Die trainingsbegleitende Aufgabenübernahme stellt eine Vorgehensweise dar, bei der Training und Aufgabenübernahme parallel laufen. Neue Mitarbeiter teilen sich ihre Arbeitszeit zwischen Arbeitsplatz und Trainingskursen auf. Zug um Zug bekommen sie notwendiges Know-how vermittelt und übernehmen dann die entsprechenden Arbeitsaufgaben. Die dritte Abstufung ist das arbeitsbegleitende Training. Hier hat die Erfüllung der Arbeitsaufgabe den größeren Zeitanteil im Vergleich zum Training. Das Training dient eher der Unterstützung der Einarbeitung und vermittelt Kenntnisse und Fertigkeiten, die nicht so leicht »on-the-job« im »Learning-by-Doing« oder durch Nachfrage bei Kollegen erworben werden können. Je stärker die Aufgabenübernahme durch Trainingsmaßnahmen gesteuert und begleitet wird, desto weniger Rolleninnovation ist von neuen Organisationsmitgliedern zu erwarten. Allerdings werden sie sich sicher fühlen, und – sofern das Training inhaltlich nicht überfordernd ist – wenig Stress empfinden. Schonstrategien können auch dadurch gekennzeichnet sein, dass neue Mitarbeiter lediglich einfache Aufgaben übertragen bekommen und großzügige Zeitvorgaben erhalten. Sie werden dann unterfordert. Das hat die negativen Konsequenzen, dass sich die neuen Mitarbeiter langweilen und ihnen die Chance genommen wird, sich zu

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Theoretische Grundlagen der Integration

beweisen. Das kann auf die Dauer zu einer Absenkung des Leistungsniveaus führen (vgl. Becker, 2013). Eine zweite Strategie wird »Ins-kalte-Wasser-werfen« bezeichnet. Sie stellt das häufigste Muster der Integration dar, speziell bei kleineren Unternehmen, die selten mehrere neue Mitarbeiter zum gleichen Zeitpunkt einstellen und daher keinen Bedarf an einem speziellen Integrationsprogramm sehen oder den Aufwand dafür scheuen. Bei dieser Strategie nehmen neue Mitarbeiter mit dem ersten Arbeitstag ihre Tätigkeit in vollem Umfang auf. Sie erhalten keine speziell konzipierte Unterstützung bei der Einarbeitung, sondern lernen das Notwendige, während sie die Aufgabe ausführen. Das hat zur Konsequenz, dass die Aufgabenerfüllung, zumindest zu Beginn, länger dauert und vermutlich wenigstens teilweise auch fehlerhaft ist. Sie muss durch entsprechendes Feedback von Vorgesetzten und Kollegen flankiert werden, damit neue Mitarbeiter aus Erfahrungen lernen können und nicht frustriert aufgeben. Diese Vorgehensweise ist für die neuen Unternehmensangehörigen mit Unsicherheit verbunden und kann Stress erzeugen. Ein großer Vorteil liegt aber darin, dass Neue schnell ein Gefühl für das angemessene Verhalten bekommen und Erfolge ihrer eigenen Initiative und ihrer Kompetenz zuschreiben können. Gute Ergebnisse werden entsprechend das Selbstvertrauen neuer Mitarbeiter fördern. Weiterhin ist vorteilhaft, dass auf diese Weise das Innovationspotenzial der Neuen gut genutzt werden kann. Je weniger aktive Unterstützung sie erhalten, desto stärker werden sie dazu neigen, in einem eventuellen vorherigen Job erworbene Erfahrung zu nutzen, die im aktuellen Unternehmen unter Umständen eine Neuerung darstellt. Sie werden vielleicht auch wagen, ganz neue Lösungsstrategien zu entwickeln. Eine dritte Strategie wird entweder als Strategie des »Grenzen aufzeigen« oder sogar als »Entwurzelungsstrategie« bezeichnet (vgl. auch den Abschnitt 7.1 zu formalen Gestaltungsaspekten von Integrationsprogrammen). Bei dieser Vorgehensweise geht es darum, neuen Mitarbeitern sehr schwere und unter Umständen kaum oder gar nicht lösbare Aufgaben zu geben. Sie sind dann gezwungen, sehr hart zu arbeiten und Hilfe von Kollegen oder Vorgesetzten einzuholen. Das damit einhergehende Gefühl der Unzulänglichkeit soll Selbstvertrauen dämpfen und neue Mitarbeiter anpassungswilliger machen. Die Beschreibung macht bereits deutlich, dass dieses Vorgehensmuster für die meisten Neuen mit einem hohen Stresslevel und der Unsicherheit verbunden sein wird, ob man den Leistungsanforderungen gerecht werden und mit einer Übernahme nach Abschluss der Probezeit rechnen kann.

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Phasenmodell der Integration

Metamorphose-Phase

Die dritte Phase der Integration neuer Mitarbeiter wird als Metamorphose bezeichnet. Während es bei der »Vor-Eintritt-Phase« um die Frage ging, wie sich Organisation und (potenzielle) Mitarbeiter auf den Eintritt und die anschließende Zusammenarbeit vorbereiten, lag bei der Eintrittsphase das Augenmerk darauf, wie der Übergang von außen nach innen so gestaltet werden kann, dass neue Mitarbeiter den Übertritt gut bewältigen können. Die Metamorphose-Phase zeichnet sich dadurch aus, dass neue Mitarbeiter nicht mehr als solche erkennbar sind. Sie haben sich zu diesem Zeitpunkt voll in das Unternehmen und die Arbeitsgruppe integriert, sind akzeptiert und erledigen ihre Aufgaben sehr weitgehend ohne Unterstützung. Streng genommen müsste dann die gesamte Dauer der weiteren Tätigkeit in dieser Position als MetamorphosePhase betrachtet werden. Im Zusammenhang mit der Integration neuer Mitarbeiter erscheint es aber sinnvoll, die Metamorphose eher als Status denn als Phase zu sehen. Die Integration ist zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Es sollte von beiden Seiten die Entscheidung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gefallen sein. Wie lange es dauert, bis diese Phase eingetreten ist, hängt von der Tätigkeit, den Merkmalen der neuen Mitarbeiter und denen der Organisation und den ihrer anderen Mitgliedern ab. Alle drei Phasen müssen allerdings abgeschlossen sein, damit ein neuer Mitarbeiter seinen vollen Beitrag für die Organisation leistet (Noe et al., 2012). (Potenzieller) neuer Mitarbeiter

Vor Eintritt

Eintritt

Organisation

Vor-Sozialisation: Entwicklung von Werten, Haltungen, Umgangsformen und Sprache

Personalmarketing unter Berücksichtigung von Vorerfahrung und Persönlichkeit gesuchter Bewerber

Antizipatorische Sozialisation: Bildung von Erwartungen, Treffen faktischer Vorbereitungen auf die Tätigkeit

Realistische Tätigkeitsvorschau

Bewältigung von Stress Fachliches und soziales Standing bekommen Abgleich von Leistungseinschätzungen

•  •  • 

Fachliche und soziale Integration unterstützen durch Strategien Schonen Ins-kalte-Wasser-werfen Grenzen aufzeigen/Entwurzeln

Belohnungsschemata erkennen

Metamorphose

Neue Mitarbeiter sind vollständig fachlich und sozial integriert und nicht mehr als „Neue“ erkennbar

Abbildung 16: Phasenmodell der Integration mit den inhaltlichen Schwerpunkten der verschiedenen Phasen

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Theoretische Grundlagen der Integration

5.2 Balance zwischen Sozialisation und Individuation Bei der Einführung neuer Mitarbeiter geht es grundsätzlich darum, eine Balance zwischen den beiden gegenläufigen Prozessen der Sozialisation und der Individuation zu gewährleisten (Jones, 1986; Neuberger, 1994). Sozialisation umfasst zwei wesentliche Bereiche (siehe Abbildung 17). Zum einen wird von Neuen erwartet, dass sie die Arbeitsrolle, für die sie eingestellt worden sind, erfüllen. Sie sollen die damit verbundenen Aufgaben und die dazugehörige Verantwortung so rasch wie möglich übernehmen und dadurch, zumindest bei Nachbesetzungen, die Arbeitstätigkeit weiterführen, wie sie bisher erledigt wurde. Zum anderen wird als Zeichen der erfolgreichen Sozialisation gesehen, wenn Neue die Kultur des Unternehmens für sich akzeptieren und übernehmen. Das bedeutet, dass sie die Strukturen und Prozesse kennen und respektieren, Gewohnheiten, wie Sprachstil, Dresscode und andere Umgangsformen, praktizieren und die im Unternehmen geltenden Werte beachten (vgl. Schein, 2010). In gewisser Weise gehört zu diesem Sozialisationsprozess der Rollenübernahme auch, vorherige Erfahrungen nicht zu thematisieren. Man kann sich leicht vorstellen, wie irritiert die Kollegen reagieren, wenn Neue wiederholt darauf hinweisen, dass eine vergleichbare Aufgabe im vorherigen Unternehmen aber ganz anders gelöst wurde. Mit diesem Beispiel wird auch die schwierige Situation neuer Mitarbeiter deutlich. Denn gleichzeitig zum Prozess der Sozialisation wird von Neuen auch ein Prozess der Individuation erwartet. Dies ist die Erwartung von Seiten des Unternehmens, eine Neusteinstellung möge mit einem Innovationsschub, Kreativität und neuem Gedankengut verbunden sein (Harris, Li, Boswell, Zhang u. Xie, 2013). Konkret bedeutet das, Neue sollen in gewissem Umfang ihre eigenen, auf vorherigen Erfahrungen in anderen Unternehmen basierenden oder während des Studiums gewonnenen Vorstellungen umsetzen und Neuerungen einführen, die eine Verbesserung gegenüber bisherigen Vorgehensweisen darstellen. Es wird demnach von Neuen auch die Initiative zur Rollengestaltung erwartet. Kommen keine neuen Impulse, erzeugt das beim Arbeitgeber Enttäuschung und das Gefühl, das Potenzial einer Neueinstellung nicht ausgeschöpft zu haben. Es geht also für beide Parteien, Unternehmen wie neue Mitarbeiter, darum, die Sozialisation so weitgehend zu gestalten, dass die Neuen gut von den bisherigen Mitarbeitern akzeptiert werden und die Arbeitsrolle reibungslos und effektiv ausfüllen. Gleichzeitig sollen aber auch Möglichkeiten der Individuation geboten und genutzt werden, damit das Unternehmen vom »frischen Wind« profitieren kann. Dieser Prozess der Rollenverhandlung im Spannungsfeld von Sozialisations- und Individuationserwartung (Neuberger, 1994) kann durch gezielte Maßnahmen, die in den Kapiteln 6 und 7 beschrieben sind, erfolgreich unterstützt werden.

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Integration und Psychologischer Vertrag

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Sozialisation  Rollenübernahme •  Reibungslose Erfüllung der Arbeitsaufgabe •  Anpassung an Struktur und Prozesse •  Übernahme der Unternehmenskultur

Individuation  Rollengestaltung •  Kreativität und Innovation einbringen •  Verbesserung aufgrund früher gewonnener Erfahrungen und Kenntnisse •  Durchsetzung eigener Vorstellungen Abbildung 17: Prozess der Rollenverhandlung im Spannungsfeld von Sozialisations- und Individuationserwartungen (nach Neuberger, 1994)

5.3 Integration und Psychologischer Vertrag Im Hinblick auf die Integration neuer Mitarbeiter ist auch das Konzept des psychologischen Vertrags relevant. Der psychologische Kontrakt bezieht sich auf die gegenseitigen Erwartungen, die (potenzielle) Mitarbeiter und Unternehmen im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit haben (Rousseau, 1990). Er umfasst die im formalen Arbeitsvertrag nicht enthaltenen und häufig auch nicht anders ausdrücklich artikulierten Versprechungen des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer (z. B. Arbeitsplatzsicherheit, Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten, Handlungsspielraum, positive Entgeltentwicklung) einerseits und die Erwartungen des Unternehmens gegenüber dem Arbeitnehmer (z. B. Loyalität, besonderes Engagement) andererseits (siehe Abbildung 18).

Der psychologische Vertrag entsteht typischerweise während der Bewerbungsphase und wirkt sich dann beispielsweise auf Unternehmensseite als Verpflichtung zur Anstellung und auf Bewerberseite als Ablehnung alternativer Stellenangebote aus. (Potenzielle) Mitarbeiter beziehen Informationen zum Inhalt des psychologischen Vertrags aus Aussagen von Unternehmensvertretern (Top Management, Recruitern, Vorgesetzten, Kollegen), aber auch durch Vorgehensweisen wie HR-Praktiken in Bezug auf Personalauswahl oder Leistungsbeurteilung. Der psychologische Vertrag erfüllt die Funktion, Unsicherheit zu

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Theoretische Grundlagen der Integration

reduzieren und Verhalten zu steuern. Seine impliziten, nicht schriftlich festgehaltenen Inhalte sind subjektiv. Daraus folgt, dass die Wahrnehmungen von Mitarbeiter und Unternehmen nicht übereinstimmen müssen (Raeder u. Grote, 2012). Die Vertragspartner verhalten sich häufig dennoch so, als seien die Wahrnehmungen deckungsgleich und das Verständnis gegenseitig (Rousseau, 2004). Charakteristisch für den psychologischen Vertrag ist im Gegensatz zum Arbeitsvertrag auch, dass er bei Nichterfüllung nicht einklagbar ist. Der Bruch des Vertrags (unabhängig davon, von welcher Seite er nicht eingehalten wird) hat demnach keine juristischen Folgen. Forschungsergebnisse zeigen aber, dass er erhebliche negative Wirkungen auf der Verhaltensebene hat. So wird die Nichterfüllung einer (vermeintlichen) Verpflichtung des Arbeitgebers von neuen Mitarbeitern nach Ansicht von Rousseau als Verlust oder Einbuße erlebt. Nach nicht Einhalten des psychologischen Vertrags wurden beispielsweise Rachegefühle und Fehlverhalten der Mitarbeiter (Bordia, Restubog u. Tang, 2008; Jensen, Opland u. Ryan, 2010), abnehmende emotionale Bindung an das Unternehmen und ein Rückgang innovativen Verhaltens (Ng, Feldman u. Lam, 2010), Leistungsrückgang, Kündigungsabsichten und verringerte Loyalität der Mitarbeiter (Orvis, Dudley u. Cortina, 2008) festgestellt. Während der Anfangsphase im neuen Unternehmen ist es daher besonders wichtig, Klarheit darüber zu bekommen, welche Erwartungen der neue Mitarbeiter an die Kooperation mit dem Arbeitgeber hat, und diese entsprechend zu berücksichtigen. Wenn deren Erfüllung unrealistisch ist, muss das entsprechend thematisiert, Verständnis dafür erzeugt und eine für beide Seiten akzeptable Lösung gefunden werden.

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