Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 4.2, Dicotyledones 2

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Silit besonderer Demchsichtigung von CDeutschfand, Oesterreich und der (Schweiz. Zum Qebraucße in den c f chufen und zum ofefbstunter rieht.

Von

‘Dr. pßif. Qustav Çjtfegi, a. o. (Professor an der (U niversität Hlüneßen.

IV. f f and. 2 . f f f äffte.

£ä>. Œ ichfer 's ¿W itw e iteratur und Soehrm itteianstaft.

SjOien

V, (S i(argaretenp[atz 2.

Alle Rechte an Text und Bildern, insbesondere das Recht der Uebersetzung, Vorbehalten.

O. ö. Lande smu seiini L i n z a, D. Naturhistorische Abteilung*

Drude von Dr. F. P. Datterer & Cie., Freising»München.

IV. Band. 2. Hälfte.

Dicotylédones (IL Teil).

Von

Dr. Gustav Hegi, a. o. P rofessor an der U niversität München

unter Mitwirkung von Professor Dr. Robert Keller in Winterthur (Schweiz), Dr. Josias Braun-BIanquet in Zürich, Dr. Helmut Gams und Emil Schmid in München.

Volkstümliche Pflanzennamen gesammelt und bearbeitet von Dr. Heinrich Marzell in Gunzenhausen (Bayern).

124*

/3,9

497 Tafel 139.

Erklärung der Figuren. Fig.

1.

R e s e d a lu te a

( B d . I V , 1. H ä l f t e , p a g . 4 8 5 ) .

B lü ten sp ross. ))

11 11 11 11 11 71

1 a.

B lüte.

1 b.

K ro n b latt.

1 c.

Ju n g e r Fru ch tk n o ten .

1 d.

F ru ch tk n o ten

2.

D r o s e r a r o t u n d i f o l i a (p a g . 502). B lü h e n d e

2 a.

Sam en.

3.

D ro sera

im

Q u ersch n itt.

P flan ze.

Fig.

7J 11 11 11 11 11

6.

A ld r o v a n d a v e s ic u lo s a (p a g .5 0 6 ). H ab itu s.

6 a.

L au b b latt.

6 b.

F ru ch tk n oten

6 c.

E in z e ln e r N arb en zip fel.

im

L än g ssch n itt.

6 d.

W in terk n o sp e.

6 e.

D ro sera

in te rm e d ia

(p a g . 505).

N eben­

b latt. 7.

Sedum

ro seu m

(p a g .

526).

M än n lich e

P ilan ze. A n g lic a

(p ag .

504).

B lü h en d e

P ilan ze.

h

4.

D r o s e r a in t e r m e d ia (p a g . 505).

71

5.

D r o s e r a rotu n d ifo lia x A n g lic a (p a g . 506).

B lüh end e

P flan ze.

77 71 17 11

7 a.

Fru ch t.

8.

Sedum

8 a.

Fru ch t.

9.

C ra s su la

annuum

ru b en s

(p a g . 531).

(p a g . 514).

H ab itu s.

H ab itu s.

H ab itu s.

56.

Farn.

D r o s e r ä c e a e . *)

Sonnentaupflanzen.

Meist ausdauernde, feuchte Orte oder Gewässer bewohnende Kräuter. Hauph (oder Primär*)wurzel in der Regel frühzeitig absterbend, daher gewöhnlich fehlend. Spross kurz; unterirdischer Teil einfach oder zwiebelartig verdickt. Laubblätter verschieden gestaltet, meist zum Fangen und Verzehren von tierischer Nahrung eingerichtet, in der Regel spiralig, selten quirlständig angeordnet, im Knospenzustande nach einwärts gerollt, reizbare Drüsenhaare oder Tentakeln und kurze Verdauungs* (Digestions*)drüsen tragend, am Grunde ohne oder mit ver* schieden gestalteten Nebenblättern. Blüten strahlig, zwitterig, 4= oder meist 5- (selten mehr») zählig, zu wickeligen oder scheinährigen Blütenständen vereinigt. Kelch verwachsen oder getrenntblätterig, bleibend. Kronblätter frei, in der Knospenlage dachig. Staubblätter frei, meist 5, seltener 4 oder zahlreich (bis 20), zwischen den Kronblättern stehend. Pollenzellen zu Tetraden (Fig. 891 p) vereinigt. Fruchtknoten aus 5, seltener aus 2 bis 4 Fruchtblättern ver» wachsen, oberständig, Dfächerig, mit meist zahlreichen, wand* oder grundständigen, anatropen Samenanlagen. Griffel 3 bis 5 (selten 1), mit einfacher bis wiederholt gabeliger Narbe (Taf. 139, Fig. 6 b). Frucht eine meist ldächerige, klappig aufspringende Kapsel. Samen zahlreich, selten nur wenige (bis 3), mit kleinem, geradem, im Nährgewebe liegendem Embryo. Samenhaut membranös, fest oder locker anliegend, zuweilen nach 2 Seiten hin verlängert (Taf. 139, Fig. 2 a). Die Stellung der Familie der Droseraceen im System, so gut umschrieben die Familie auch ist, war längere Zeit strittig. D e C a n d o l l e stellte sie auf Grund der Hypogynie und der echt parietalen Placentation neben die Violaceen (1824), J u s s i e u (1789) schloss sie an die Resedaceen an, L i n d l e y an die Papaveraceen und Berberidaceen, später auch (ebenso wie H o o k e r und A g a r d h , 1858) an die Saxifragaceen. E n g l e r vereinigt sie zusammen mit den Sarraceniaceen und Nepenthaceen zu der Reihe der Sarraceniales (vgl. pag. 510). Wiederholt wurde die Gattung Parnassia (vgl. Saxifragaceae zu den D roseraceen gestellt, eine Einteilung, die nach G o e b e 1 und H e i n r i ch e r jedoch nicht aufrecht erhalten werden kann (vgl. E i ch i n g e r , Alfons. Beitrag zur Kenntnis und System. Stellung der Gattung Parnassia. Beihefte zum Botan. Centralblatt Bd. XXIII [1908J, Abt. 2, pag. 298 bis 317). Ebenso wurden auf Grund einer blossen oberflächlichen Habitusähnlichkeit die beiden Gattungen B y b l i s und R o r i d u l a , die scheinbar auch Insektenfang betreiben, den D roseraceen ein» gereiht. Neuerdings werden sie bei den Lentibulariaceen, Ochnaceen oder Pittosporaceen untergebracht. Aufjer der artenreichen Gattung Drosera gehören noch die drei fest begrenzten, monotypischen Gattungen Dionaea, Drosophyllum und Aldrovända (pag. 506) hierher, von denen die beiden ersten ein sehr eag umgrenztes Verbreitungsgebiet aufweisen. Alle 4 Gattungen treten völlig unabhängig voneinander auf, 9 Von griech. ÖQoßog [drösos] = Tau.

498 und machen den Eindrude einer erdgeschichtlidi sehr alten Familie. In Botanischen Gärten werden als Schul» beispiele für den Tierfang und Reizerscheinungen die beiden folgenden Pflanzen kultiviert; D i o n a é a m u s c i » p u l a Ellis { = Drosera sessiliflöra Raf., = D. uniflöra Raf.), Venus°Fliegenfalle, einheimisch auf Mooren der sandigen Kieferndistrikte (pine»barrens) des südatlantisdien Staates Carolina von Nordamerika (jedoch nicht in Florida). Pflanze ausdauernd, kahl, 15 bis 30 cm hoch. Laubblätter grundständig (Rosettenform), aus einem verbreiterten Stiel und aus einer zweiklappigen Spreite bestehend (Fig. 897 c, d). Blüten 4 bis 10, zu einer gedrungenen Wickel»Scheindolde vereinigt. Kronblätter weiss. A m Rande der „Klappen“ stehen zahlreiche steife Borsten, während auf der Innenseite kleine, sitzende, jedoch nicht schleimabsondernde Drüsen, sowie drei lange Reizborsten, die nahe am Grunde ein deutliches Gelenk aufweisen, vorhanden sind. Sobald ein Insekt (in der Kultur oft auch Spinnen und Asseln) mit einer Fühlborste in Berührung kommt, schlagen die beiden Abschnitte zusammen und die Borsten greifen ineinander, wodurch ein Entrinnen der Insekten unmöglich gemacht wird. Es steht ausser Zweifel, dass bei Dionaea eine echte Verdauung stattfindet. — D r o s o p h y l l u m L u s i t ä n i c u m (L.) Link ( = Drösera Lusitanica L., = Spérgula droseroides Brot.), „Portugiesisches Taublatt“, einheimischer Name (Portugal) herva penheira orvalhada. Heimat : Portugal, südwestliches Spanien "und nördliches Marokko, auf trockenen, sandigen Stellen. 15 bis 50 cm hoher Halbstrauch mit grasartigen, fast rosettig stehenden, 15 bis 2 5 cm langen und 1,5 bis 3 mm breiten, "oberseits etwas rinnigen Grundblättern; letztere wie die Blütenstiele dicht mit gestielten und sitzenden, jedoch nicht beweglichen Drüsen»Tentakeln besetzt. Blüten bis 3 cm im Durchmesser. Kronblätter schwefelgelb. In Portugal wird die Pflanze ähnlich den Leimruten zum Fangen von Fliegen verwendet und zu diesem Zwecke in Töpfen kultiviert. lieb er die sehr umfangreiche Literatur vgl. besonders Di e i s , L. in Engler’s Pflanzenreich, IV. 26. Heft. 112, ferner M o e s z , Gustav in Annales Musei Nationalis Hungarici Bd. V , 1907, pag. 324 bis 399 (Ueber Aldro» vanda vesiculosa L.). — B e n e c k e , W . Ueber thermonastische Krümmungen der Drosera»Tentakel (1909). — W a g n e r , A . Die fleischfressenden Pflanzen (1911). — F ü n f s t ü c k . « M. und B r a u n , R. Zur Mikrochemie der Droseraceen. Ber. der Deutsch. Botan. Ges. Bd. X X X IV (1916). — H o l z n e r , Georg und N a eg e i e , Fritz. Die Bayrischen Droseraceen. Ber. der Bayer. Botan. Ges. Bd. IX, 1904 (mit reichhaltigem Literaturnachweis). — S ch m i d t , Günther. Beiträge zur Oekologie der insectivoren Pflanzen. Flora, Neue Folge, Bd. IV (1912). — F e n n e r , C. A. Beiträge zur Kenntnis der Anatomie, Entwicklungsgeschichte und Biologie der Laubblätter und Drüsen einiger Insektivoren. Flora 'Bd. 94 (1904). — D e r n b u r g ' , K. G. Notiz betreffend die proteolytischen Enzyme der D rosera rotundifolia in Biochem. Zeitschrift LXXVIII, 1916.

1. Moor» und Sumpfpflanzen. Laubblätter nicht zusammenklappend, mit langen, reizbaren D haaren besetzt, in grundständiger R o s e t t e .............................................................................................D r o s e r a CC C LXX. 1*. Untergetauchte, schwimmmende Wasserpflanze. Laubblätter der Länge nach zusammenklappend, quirlständig . . . . . A l d r o v a n d a CCCLXXI.

CCCLXX.

Drosera

L.

Sonnentau.

F r a n z .: R o s s o li s , rorelle, h erb e à la

r o s é e , r o s é e du soleil, rissole, ro so laire, ro zalaira (W aadt), h e rb e à la goutte, r o se tte , oreille d e d ia b le ; engl. : D e w plant, sundew , jouthwort, lustwort, m o or^ g r a s s , r e d r o t; ital. : R o so lid a, rorella, rugiada del sole. Der Name S o n n e n t a u (im Böhmerwald als „Suntab“ volkstümlich) bezieht sich auf die glänzenden von den Blättern ausgeschiedenen Tröpfchen, die das Volk als „Tau“ ansah; vgl. übrigens auch Sinau (Alchemilla vulgaris). In den alten Kräuterbüchern wird die Pflanze dementsprechend als „rös sölis“ ( = Sonnentau) bezeichnet, ein W ort, das auch (durch die Apotheker) ins Volk drang: R o s s o l i (Niederösterreich), R o s ö l i e h r u t (Appen» zell). Ebenfalls auf die (fett») glänzenden Blätter beziehen sich P e r l k n ö p f , F o a s t e M a n d l n [ = Feiste Männer] (Südböhmen). Die Landleute verwenden den Sonnentau auch als Aphrodisiacum bei Haustieren, daher im Niederdeutschen: B u l l ( n ) k r ü t (Schleswig, Mecklenburg), S p ö e l k r u d (Ostfriesland).

Ausdauernde Kräuter mit spindelfaseriger Wurzel. Laubblätter langgestielt, in i dichter, grundständiger Rosette. Blattspreite unterseits kahl, oberseits mit langgestielten, gegen den Rand zu grösser werdenden, roten, reizbaren und beweglichen Verdauungsdrüsen besetzt, am Grunde des Blattstieles mit 5 bis 7 Nebenblattfransen (Tab 139, Fig. 6 e). Blüten strahlig, in verlängerten, scheintraubigen (wickeligen) Blütenständen. Kelchblätter 5, am Grunde verwachsen. Kronblätter 5, länglichskeilförmig, weiss. Staubblätter 5, mit nach aussen sich öffnenden Antheren. Pollenkömer meist zu 4 zu Pollentetraden zusammenhängend (Fig. 891 p). Fruchtknoten aus meist 3 (selten 4 oder 5) Fruchtblättern verwachsen, einfächerig, mit ebenso vielen wandständigen Plazenten

499 und zahlreichen Samenanlagen mit 2 Integumenten. Narben meist 3, zweischenkelig. Frucht eine 1«fächerige, fachspaltige Kapsel. Samen zahlreich, spindelförmig (Taf. 139, Fig. 2 a), von einer losen, dünnen Schale umgeben, mit eiförmigem Kern und kleinem Keimling am unteren Ende des Nährgewebes. Die Gattung Drosera ist mit 84 Arten über den grössten Teil der Erde verbreitet. Sie fehlt einzig in allen dauernd regenarmen Ländern (mit Ausnahme des Innern von Australien), ebenso in den Regenwald» gebieten des äquatorialen Brasiliens (der „Hylaea“) und des tropischen Westafrikas, in Polynesien, Abessinien, im gesamten pazifischen Amerika (ebenso auch in Mexiko) von zirka 35 0 nördl. Breite bis 4 0 0 südl. Breite (mit Ausnahme von Columbien), sowie im ganzen Mediterrangebiet. Das ganze boreale Florenreich, also die nörd» liehe gemässigte Zone (mit Ausnahme des atlantischen Nordamerika) besitzt einzig die auch in Mitteleuropa einheimischenArten; alle anderen vertei» len sich auf das ame» rikanische, afrika» nische und antark» tische Florenreich (Näheres bei den einzelnen Arten). Besonders reichlich sind sie in Brasilien, in Zentralafrika, im Kapland (liier auch grossblütige Arten wie D. c i s t i f l ö r a L. und D. p a u c i » f 1 ö r a Banks), im Monsungebiet, dann v o r allem in Austra» lien und Neu=See» land vertreten, wo in den Ecken des südlichen Australiens Fig. 891. D r o s e r a r o t u n d i f o l i a L. a Drüse des randständigen Tentakels, b Längsschnitt durch die­ die stattlichsten und selbe. c Querschnitt durch dieselbe, d Tentakel der Blattfläche, e Längsschnitt durch denselben. / Quer­ in gewissem Sinne schnitt durch denselben, g, h, i Sitzende Drüsen, k Laubblatt mit Adventivknospen. I Schema der Wuchs­ auch die komplizier» form. m Keimpflanze, n Laubblatt, künstlich in der in der Zeichnung angedeuteten Achse zurückgeklappt. o Blütendiagramm, p Pollentetrade. — D r o s e r a i n t e r m e d i a Hayne. q, r, s Keimpflanzen. testen Form en der t Nebenblatt, u Samen. — D r o s e r a A n g lic a Hudson X D. i n t e r m e d i a Hayne. v Habitus. — ganzen Familie auf» A ld r o v a n d a v e s i c u l o s a Monti. w Reizaufnehmendes Gelenk, x Reizborste, y Diagramm, z Reiz­ empfindliches Haar (Fig. a bis i nach F e n n e r ; k, l, m, n, t nach D ie ls ; w, z nach H a b e rla n d t). treten. Viele Arten sind ausgesprochen feuchtigkeitsliebend und bevorzugen die Moore (hier wiederum besonders die Sphagnum»Polster), Teichränder, den feuchten Sand, berieselte Felsen, während andere (namentlich australische Arten — ähnlich dem Droso» phyllum Lusitanicum — ) als eigentliche Xerophyten anzusprechen sind. Nach D i e l s verteilen sich die 84 Arten der Familie auf 12 verschiedene Sektionen, von denen 27 Arten, darunter auch die 3 mitteleuropäischen, allein auf d(e Sektion Rossolis entfallen. In den Kalthäusern der Botanischen Gärten werden gelegentlich kultiviert: D r o s e r a p y g m a e a DC. aus dem südöstlichen Australien, D. s p a t h u l ä t a Labill. aus dem östlichen Asien und Australien (am nächsten verwandt mit D. intermedia), D. C a p e n s i s L. aus dem südwestlichen Kapland, alle 3 A rten von der Tracht der D. rotundifolia, während D. b i n ä t a Labill. aus Ost»Australien durch gegabelte Laubblätter gekennzeichnet ist. Die unterirdischen Knollen der australischen D. W h i t t a k e r i Planch. (aus der Sektion Erythrorrhiza) enthalten einen roten Farbstoff. Bei der Keimung der Drosera»Arten treibt der Em bryo keine eigentliche Wurzel, sondern bildet an deren Stelle ein Hypokotyl (Protokorm), das als Haftorgan dient; eine Wurzelhaube fehlt (Fig. 891 q, r, s). Im Blatt findet man alle Form en vom ungegliederten Blatt bis zur kreisrunden Blattspreite, die vom Stiel deutlich abgesetzt ist. A m Grunde des Stiels finden sich i zerschlitzte Nebenblätter, sog. Stipularbildungen (Taf. 139, Fig. 6 e), die von C o h n als Blattfiedern betrachtet wurden, während sie C a s p a r y als einfache Anhänge des Blattstiels anspricht; nach N i t s c h k e handelt es sich um eine Ligula. — Alle Drosera»Arten besitzen an ihren Laubblättern Drüsen, Tentakeln und H aare in wechselnder Anordnung, die in den Dienst des Insektenfanges getreten sind. Die Keimblätter sind an ihrer Spitze als Saugapparate ausgebildet und entnehmen dem Nährgewebe die dem

500 Keimling notwendigen Nährstoffe; sie besitzen keine Drüsen. Die Funktion der fehlenden Hauptwurzel und des Protokorms übernehmen frühzeitig Adventivwurzeln, deren Zahl aber gering bleibt; ihre Insertion ist ohne Beziehung zu den Laubblättern. Mycorrhiza soll Vorkommen (S ta h l). Bei einigen Arten sind die Keimblätter sehr stark ausgebildet und dienen als Speicherorgane. Bei der Sektion Rossolis, zu welcher die drei in Mittel» europa einheimischen Arten gehören, ist die Blattspreite der jungen Laubblätter an ihrem Grunde umgeklappt und dem Stiel angedrückt; die Ränder sind von den Seiten her nach einwärts gebogen (Fig. 891 n). Die Primär» blätter besitzen meist wenige, grosse Randdrüsen; auch die flächenständigen Drüsen sind bei den Primärblättern nur in geringer Zahl vorhanden und können beim ersten Primärblatt sogar ganz fehlen (D. rotundifolia). Die vielfach diskutierte Frage, ob die Tentakeln Blattlappen oder Trichome darstellen, wurde von P e n z i g dahin beantwortet, dab weder das eine noch das andere anzunehmen ist, sondern dab es sich vielmehr um ein Ver» bindungsglied zwischen Phyllom und Trichom handle. Die hornstein; ausserdem im Fichtelgebirge am Schlossberg Berneck (angepflanzt 1). — In O es t e r r e i di in Salzburg im Pinzgau, Gastein und Lungau; in Steiermark in den Urgebirgsvoralpen, im Giglertal, Untertal, bei Schlad» ming, im Sattental bei KleimSölk, auf dem Hochreichart, im obersten Murtale bei Predlitz und St. Ruprecht, im Turracher Tal und auf dem Eisenhut, im Paalgraben bei Stadl; in Kärnten verbreitet und teilweise gemein; in Vorarlberg um Gaschurn, am Zeinis|och; in Tirol im Oberinntal im Paznaun, Venetberg, Pitztal, im ganzen Oetztal, auf dem Brunnenkogel (2734 m), in der Umgebung von Innsbruck ziemlich verbreitet, Tristenspitze bei Ratten» berg und im Zillertal, in Kitzbühel am Kleinen Rettenstein, auf der Jochberger Wildalpe und am Geisstein, im oberen Etschgebiet verbreitet, ebenso im oberen Eisakgebiet, im Pustertal, im Zentralalpengebiet des Drautalcs, in den Kalkalpen im Kreuzkofelgebiet, im Nonsberg am Monte Tonale, Pejo, Rabbital, Val Bresimo, Proveis, in der Umgebung von Bozen verbreitet, in Fassa und Fleims, Primör, Fedajaklamm, Cavälese, Canal San Bovo, im Adameilogebiet, im Urgebirgsgebiet zwischen Ävisio und Valsugana, im Val di Ledro, Monte Baldo. — In der S c h w e i z in den Zentral» und Südalpen verbreitet und häufig.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Pyrenäen, Alpen, Apenninen, Karpaten. Aendert ab var. g l a b r e s c e n s Willk. ( = S. Doelliänum Schnittsp. et Lehm., = var. Doellianum H. Jaccard, = S. heterotridium Schott). Fig. 922. Nichtblühende Rosetten meist eiförmig, an schattigen Stand» orten manchmal mit sternförmig ausgebreiteten Blättern. Spinnwebige Behaarung spärlich bis ziemlich dicht. Kronblätter leuchtend rot (Verbreitetste Form, besonders auf kalkarmem Gestein). Hieher: f. o l i g o t r i c h u m (Hampe) ( = f. glabrescens [Willk.]). Laubblätter nur an der Spitze mit einem zuletzt verschwindenden Büschel von Spinnwebhaaren besetzt (Standortsform). — var. t o m e n t ö s u m (Schnittsp. und Lehmann) (inkl.S. L a g g e r i Schott). Fig. 929 Pflanze oft robuster, bis 15 cm hoch. Nichtblühende Rosetten zuweilen grösser als bei subsp.

556 Doellianum, oben flach, didit aneinander gedrückt, sehr didit schneeweissfilzig behaart. Stengelblätter an der Spitze reichlicher behaart. An trockenen, sonnigen Standorten, besonders auch auf kalkreicher Unterlage. In Nordtirol z. B. bei Landeck, im Oetztal, mehrfach in Südtirol (besonders im Etsch» und Eisadctal), in der Schweiz im Wallis, im Tessin (Val Begus), in Graubünden (Engadin, Misox, Puschlav). Ueber die Begleitpflanzen im Festucétum Vallesiacae im En» gadin bei Zernez vgl. unter Alsine mucronata Bd. III, pag. 394. Mit der var. glabrescens ist die var. tomen» tosum durch eine gleitende Reihe von Uebergangsformen verbunden ; doch soll nach B e a u v e r d (in Bull. Soc. bot. Genève, 2 e sér., VI [1914], pag. 19/24) die var. tomentosum in der Kultur ihre Merkmale kon» stant beibehalten. Einzig die sterilen Rosetten vergrösserten sich anfangs bis aufs doppelte, um innerhalb 2 Jahren wiederum die normale Grösse zu erreichen. Die Behaarung schwindet Jedoch bei Kultur im Schatten derart, dass solche Pflanzen leicht für Bastarde mit andern Arten gehalten werden können. Die dichten Polster dieser Art haben ausser unter Endophyllum sempervivi auch unter der Konkurrenz von Flechten zu leiden. Besonders die Thalli von Diploschistes scrupösus und Parmélia conspérsa vermögen bei raschem Wachstum im Winter die Kugelrosetten zu überwachsen und zu ersticken (Gams). S. arachnoideum gehört dem mitteleuropäisch»alpinen Element an. Es ist besonders häufig in den Felsfluren der subalpinen Stufe der zentralalpinen Täler zusammen mit Asplénium Trichomanes und A. septen» trionale, Cystopteris fragilis, Juniperus Sabina, Lilium bulbiferum, Allium sphaerocephalum, Dianthus Caryo» phyllus subsp. Silvester, Alsine laricifolia (vgl. Bd. III, pag. 396) Sedum album, S. dasyphyllum, S. annuum und S. acre, Sempervivum montanum, Saxifraga Cotylédon, S. Aizoon und S. aspera, Potentilla grandiflora, Rham» nus pumila, Laserpitium Panax, Primula hirsuta, Thymus Serpyllum, Phyteuma Scheuchzeri, Aster alpinus, Erigeron alpinus usw. Weniger häufig ist die Art in der Schuttflur, auf Alluvionen, im Curvulétum, im Festucétum violäceae, auf trockeneren Weiden, besonders an Stellen, wo über Fels» oder Steinunterlage nur eine dünne Bodenkrume liegt, auf Humus im Vaccinietum Myrtilli, zwischen Legföhren, zwischen Grünerlen, im Lärchen» Arven»Mischwald, im Süden auch im Kastanienwald. An windexponierten, schneefreien Stellen werden die Rosetten hie und da vom Wind losgerissen und über weite Strecken als „Schneeläufer“ verfrachtet (J. Braun). Ueber das Vorkommen auf Sandboden, woselbst die Pflanze eine kräftigere Entwicklung zeigt, vgl. P e r r i r a z , J. Con» tribution à l’étude du Sempervivum arachnoideum in Bull. Soc. vaud. Sc. nat. 5 e sér., Nr. 181 (Dez. 1913). — Im Kanton Freiburg steht die Pflanze unter Naturschutz. — Die Blüten sind i ausgeprägt proterandrisdi. Nach S c h u l z sind Jedoch die Narben während des Verstäubens der letzten inneren Staubblätter noch empfängnis» fähig und es kann eine spontane Selbstbestäubung erfolgen. Nach G ü n t h a r t öffnen sich die Blüten bei Beginn der Anthese noch nicht vollständig. Die inneren Staubblätter beginnen zu stäuben und bewegen s ch gleichzeitig nach aussen, erreichen aber die äusseren Staubblätter nicht. Erst wenn diese sich (noch vor dem Oeffnen der Staubbeutel) etwas nach innen bewegt haben, stehen beide Kreise auf gleicher Höhe. Jetzt be» decken sich die äussern mit Pollen. Gleichzeitig spreizen die Griffel auseinander und die Kronblätter biegen sich nach aussen, hierauf auch die beiden Staubblattkreise. Die Narben gelangen dadurch an Jene Stelle, wo früher die Staubbeutel standen. Besucher sind Hummeln, Bienen, Fliegen und Falter. Die eigentümlichen spinnwebigen Haare von Sempervivum aradmoideum sind nach den Untersuchungen von M a r i e D i n t z l (vgl. Oesterr. Botan. Zeitschrift. Bd. XI, 1905) von den bei dieser Art — ebenso wie bei anderen Arten — auftretenden Drüsenhaaren abzuleiten. Die Entwicklung der Drüsenhaare und der spinn» webigen Haare ist anfangs ganz die gleiche; auch letztere bilden Drüsenköpfchen aus, welche ein klebriges Sekret absondern. Durch dieses werden die Spitzen benachbarter Rosetten miteinander verklebt. Das nun ein» setzende starke Längenwachstum der Drüsenhaare, verbunden mit einer Verdickung der Zellwände und Spannung durch die auseinander weichenden Blattspitzen, lässt aus den Drüsenhaaren die eigentlichen Spinnwebhaare her» vorgehen, die in mannigfacher Weise gedreht, losgelöst und zerrissen werden (Fig. 930 f bis k).

557 Audi bei dieser Art ist eine teilweise Umwandlung der Fruchtblätter in Staubblätter und der Staub» blätter in Fruchtblätter unter Bildung verschiedener Zwischengebilde beobachtet worden. Zuweilen werden auch Laubblattrosetten im Blütenstand gebildet.

Fig. 930. Stengelblätter mit Leitbiindelverlauf von a S e m p e r v iv u m L a g g e r i Schott, b S. a r e n a r i u m Koch, c S. N e i lr e i c h l i Schott, d S. P i t t o n i i Schott, e S. a c u m in a t u m Schott (nach Josef H o ffm a n n in Oesterr. botan. Zeitschr. 1896). — S e m p e rv iv u m a r a c h n o i d e u m L. / bis k Entwicklung der Spinnwebhaare in der Epidermis des Laubblattes, m Fertiges Spinn­ webhaar. n Junge Blattspitze mit untereinander verklebenden Drüsenhaaren (nach Marie D in tzl).

1404« Sem pervivum Alliönü*) Nym. ( = S. hirtum A ll.nonL., = S. hirsütumPoll.). Ital i eni sche Hauswurz. Ausdauernd, 10 bis 20 cm hoch. Rosetten ziemlich gross, bis 6 cm breit, kugelig geschlossen. Rosettenblätter lanzettlich, spitz, lebhaft hellgrün, meist ohne rotbraune Spitze, auf der Fläche beiderseits drüsig=behaart, am Rande von etwas längeren Drüsenhaaren gewimpert. Stengel drüsig*zottig. Stengelblätter aus breit abgerundetem, herzförmigem Grunde lanzettlich, spitz. Blütenstand reich* und dichtblütig. Blüten glockig zusammenneigend, mit 12 Staubblättern und 6 am Rande gefransten Kronblättem. Kelchblätter eilanzettlich, aufrecht. Kronblätter doppelt so lang als der Kelch, 15 mm lang, gelblichweiss, beiderseits drüsenhaarig. Staubfäden pfriemlicb, drüsig*behaart. — VIII, IX. An Felsen der südlichen Kalkalpen. Nur in O e s t e r r e i c h in Tirol auf dem Monte Bondone bei Trient und auf dem Monte Baldo; angeblich auch am Monte Tonale. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Sehr zerstreut in den Südalpen (von den Seealpen durch Piemont bis Südtirol und Monte Pastello bei Verona). 1405« Sem pervivum hirtum Just. ( =

S. globiferum Jacq. nec L). K u g e b H a u s w u r z . Fig. 931 c, d. Ausdauernd, 10 bis 25 cm hoch. Rosetten kugelig geschlossen, bis 5 cm breit. Rosetten* blätter verkehrt*eilanzettlich, spitz, hellgrün, meist ohne rote Spitze, 5 bis 6 mm breit, auf der Fläche kahl, am Rande derb und steif gewimpert. Stengel oberwärts drüsig*zottig. Stengel*5 5 Benannt nadi dem Botaniker Carlo A l l i ö n i , geb. 1725 in Turin, gest. daselbst 1804, der in seiner Flora Pedemontana die Pflanze zuerst beschrieb und auch abbildete. 128 H e g i, Flora. IV, 2.

558 blätter aus abgerundetem bis seicht herzförmigem Grunde eiförmig bis eilanzettlich, spitz, auf den Flächen drüsenhaarig, am Rande steif gewimpert. Blüten glockig, mit 6 am Rande gefransten Kronblättem und mit 12 Staubblättern. Kelchblätter eilanzettlich, spitz, auf der Fläche drüsig behaart, am Rande gewimpert. Kronblätter 15 bis 17 mm lang, doppelt so lang wie die Kelchblätter, beiderseits drüsenhaarig, blassgelb. Staubfäden drüsenhaarig. Fruchtknoten drüsenhaarig, allmählich in den Griffel verschmälert. — VIII, IX. An Felsen und an sonnigen, steinigen Hängen der A lpen; von der montanen bis in die alpine Stufe (zirka 1900 m). Nur in O e s t e r r e i c h . Fehlt in D e u t s c h l a n d und in der S c h w e i z gänzlich. In D e u t s c h l a n d vollständig fehlend. — In O e s t e r r e i c h angeblich in Salzburg bei Mauterndorf und auf dem Windsfeld im Lungau, in den nördlichen Kalkalpen von Ober«, Niederösterreich und Steiermark vom Dachstein und Toten Gebirge an östlich bis Wien nicht selten. Ausserhalb der Alpen in Niederösterreich noch zwischen Krems und Dürrenstein; in Steiermark ferner bei Kirchdorf nächst Pernegg, auf dem Lantsch und Schöckel, bei Gösting und im Andritzgraben bei Graz, in der Weizklamm, bei Pöltschach, bei Weitenstein, Stern* stein, Bad Neuhaus, auf dem Hum bei Tüffer, Römerbad, Trifail, im Gössgraben bei Leoben, auf dem Schloss* berg von Voitsberg, auf dem Zigöllerkogel und Kirchberg bei Lankowitz, angeblich auch bei Klein»Sölk, Gross* Sölk und im Stechengraben bei Rottenm ann; in Kärnten auf dem Cellonkogel, auf der Plöcken, Eberstein, Tiffen, Gurktal, Reichenau, Maltatal, Millstadt, im Mölltal, Malnitzer Tauern, angeblich auch auf der Saualm, Stangalm, Stuhleck bei Kanning, A chernach; in Krain bei Sagor, auf der Germada, dem Blegach, Krim und angeblich auf dem Nanos. Die Angaben aus Tirol gehören wohl teilweise zu S. montanpm, z. T. zu S. arachnoideum.

A l l g e m e i n e - V e r b r e i t u n g : Ostalpen, Westliche Karpaten, Illyrische Gebirge. Aendert ab : var. H i l l e b r ä n d t i i (Schott) Hayek. Stengelblätter breit, auf der Fläche kahl. Rosettenblätter 8 bis 12 mm breit, graugrün. Selten im Gurktale in Kärnten und auf Serpentin bei Kraubath in Steierp mark. — var. N e i l r e i c h i i (Schott als Art). Stengelblätter 5 bis 8 mm breit, auf der Fläche kahl. Rosetten* blätter 2 bis 3 mm breit, schmäler als die Stengelblätter. N ur in der Marienseer Klause am Fuss des Wechsel in Niederösterreich und in der Ebene von Reichenau in Kärnten. Nach G ü n t h a r t sind die Blüten homogam. Die Staubbeutel bleiben während der ganzen Blütezeit in der gleichen Lage in der Nähe der nur oben schwach gespreizten Griffel. Die Selbstbestäubung tritt zeitig ein und wird vielleicht durch Blattläuse, die auf den Staubbeuteln und Narben sitzen, unterstützt. Eine Ver* kürzung und Verkrümmung, besonders der äusseren Staubblätter, scheint hie und da vorzukommen. Die Rosetten der Ausläufer lösen sich leicht los und dienen so der vegetativen Vermehrung.

1406«

Sempervivum arenärium Koch non Schott ( = S. Köchii Facch.). S a n c D H a u s w u r z . Fig. 931 e bis g.

Ausdauernd, 8 bis 15 cm hoch. Rosetten kugelig, 1,5 bis 3 cm breit. Rosettenblätter lanzettlich, von der Mitte an gegen die Spitze allmählich verschmälert, 3 bis 4 mm breit, spitz, hellgrün, meist mit rotbrauner Spitze, nach dem Verwelken silbergrau, auf den Flächen kahl, am Rande kurz und etwas kraus gewimpert. Stengel oben etwas drüsig-flaumig. Stengelblätter aus schwach verbreitertem Grunde lanzettlich, spitz, so breit wie die Rosettenblätter, auf der Fläche kahl, am Rande steifborstig gewimpert. Blütenstand gedrungen. Blüten glockig, mit 6 am Rande gefransten Kronblättem (Fig. 931 f) und mit 12 Staubblättern. Kelchblätter lanzettlich, spitz, oberseits kahl, unterseits i dicht papillös, am Rande gewimpert. Kronblätter 13 bis 15 mm lang, mehr als doppelt bis 3 mal so lang als die Kelchblätter. Staubfäden kahl, kürzer als die Blumenkrone. Fruchtknoten etwas drüsenhaarig, in den Griffel allmählich verschmälert (Fig. 931 g). — VIII bis IX. An Felsen der Voralpen, nur selten bis in die alpine Stufe aufsteigend $ auf kalk= freiem Boden. Ursprünglich nur in O e s t e r r e i c h . In D e u t s c h l a n d nirgends spontan-, eingebürgert (durch F u n c k aus Antholz Felsen des Fichtelgebirges (Schlossberg Berneck, Oelsnitztal, Eisenleite auf Diabas). — In in Steiermark sehr zerstreut in den Zentralvoralpen: am W ege von der Weisswandalm Untertale zum Riesachachsee, am Schwarzensee in der Sölk, im oberen Murtale von Predlitz

angepflanzt) an Oesterreich im Schladminger bis gegen Unz*

559 markt, auf dem Eisenhut und auf der Frauenalpe bei Murau und bei Niederwölz; in Kärnten in der ganzen Zentralalpenkette verbreitet; in Salzburg im Lungau bei Windsfeld und auf der Reitalpe bei Hüttschlag’j in Tirol im Rienzgebiet im Lüsener® tale, im Pustertal, Taufertal, Rein® tal, Knuttental in Rein, bei Ant® holz, Antholzertal, Gsies (gemein zwischen St. Magdalena und St. Martin), Oberberg in Gsies, um Welsberg im Draugebiet ziemlich verbreitet. — In der S c h w e i z vollständig fehlend.

Allgemeine Ver* b r e i t u n g : Ostalpen; Kar* paten ? S. arenarium gehört dem ostalpinen Element an. Wie bei S. soboliferum lösen sich die Ro= setten der Ausläufer leicht ab und dienen so der vegetativen Ver® mehrung. — Nach V o 11 m a n n ist das Artrecht von S. arenarium recht fraglich. Vielleicht handelt es sich bei dieser Pflanze um eine hochalpine Form des S. sobo» liferum, von welcher Art die erstere fast nur durch die Rosettenblätter verschieden sein soll. Diese letz® teren werden nämlich bei S. arena» Fig. 931. S e m p e r v i v u m W u lfe n ii Hoppe, a Habitus, b Frucht. — S e m p e r v i v u m h i r ­ rium beim Verwelken silbergrau, tum Just. c Habitus. ¿Blüte. — S e m p e r v iv u m a r e n a r iu m Koch, e Habitus. /Kronblatt. bei S. soboliferum jedoch bräunlich g Fruchtknoten. — S e m p e r v iv u m s o b o lif e r u m Sims. ¿Habitus. i Blattrosette, k Kronblatt. — S e m p e r v i v u m m o n ta n u m L. Blütendiagramm (nach E i c h le r ). bis braungrau.

Sem pervivum soboliferum Sims ( = S. globiferum Rchb. non L., = S. hirtum Wimm, et Grab, et aut. plur. non L). S p r o s s e n * H a u s w u r z . Fig. 931 h bis k. Ausdauernd, 10 bis 25 (40) cm hoch. Rosetten 2,5 bis 4 cm breit, im Sommer etwas sternförmig ausgebreitet. Rosettenblätter heilig verkehrt*eiförmig bis verkehr bei lanzettlich, erst von ihrem obersten Drittel an in die Spitze verschmälert, 6 bis 12 mm breit, im vorderen Drittel am breitesten, hellgrün, an der Spitze meist braunrot, nach dem Verwelken bräunlichgrau, matt, beiderseits auf der Fläche kahl, am Rande kurz gewimpert; zwischen den Rosettenblättern meist kurze, bleiche Rosetten tragende Ausläufer entspringend. Stengel oberwärts spärlich drüsig* behaart. Stengelblätter lanzettlich, am Grunde nicht verbreitert, beiderseits kahl, am Rande gewimpert. Blütenstand reichblütig, dicht. Blüten glockig, mit 6 am Rande gefransten Krön* blättern und mit 12 Staubblättern. Kelchblätter lanzettlich, am Rande fransig gewimpert, auf den Flächen kahl oder fast kahl. Kronblätter mehr als doppelt bis 3 mal so lang als die Kelch* blätter, blassgelb. Staubfäden am Grunde drüsig*behaart. Fruchtknoten allmählich in den Griffel verschmälert, drüsig*behaart. — VII bis IX. Ziemlich zerstreut, aber stellenweise in grosser Menge an Felsen, auf sonnigen, trockenen Hügeln, in Kiefernwäldern, auf steppenartigen Triften, an Ufern, auf sandigen Feldern, an Mauern; öfters auch kultiviert auf Dächern und in Kirchhöfen. Von der Ebene bis in die subalpine Stufe der Mittelgebirge ansteigend (im Riesengebirge noch in der Kleinen Schneegrube). Mit Vor* liebe auf Sandboden und auf Urgestein.5 1407«

5 Vom lat. söboles = Spross und fdro = ich trage. 128*

560 In D e u t s c h l a n d einzig im Osten westlich bis zum Bayerischen Wald (Lusen; wohl angepflanzt), bis in den Fränkischen Jura (zerstreut), bis in das mittelfränkische Keupergebiet (Dinkelsbühl, Wassertrüdingen, früher auch bei Geldersheim und Haltenbergstetten), bis in das Unter fränkische Muschelkalkgebiet (Thüngersheim, Schwein» furt), in das Buntsandsteingebiet (Aschaffenburg), bis zur Rhön (Nordheim), zum Erzgebirge (z. B. Altenberg, Bärenstein, Zinnwald, Schlossberg zu Schwarzenberg), zum Rotstein bei Löbau in der Lausitz, zum Harz (Falkenstein, Kaltes Tal bei Luderode, Hampe), bis Ostbrandenburg, Frankfurt an der Oder »Wriezen »Ebers» walde « Chorin « Balm, Hinterpommern; in Schlesien, Posen, Ost« und Westpreussen zerstreut und streckenweise fehlend; in den übrigen Teilen Deutschlands hie und da kultiviert und selten verwildert, z. B. in der Pfalz bei Dürkheim, Fussgönheim und Forst, bei Erfurt. — In O e s t e r r e i c h in Oberösterreich bei Christianaberg im oberen Greiner Wald, auf dem Kasberge bei Mölln ; in Niederösterreich bei Hardegg, Drosendorf, zwischen Raabs und Waidhofen a. d. Thaja, zwischen Gross»Gerungs und Langschlag, Mitterschlag, Hermannschlag, St. Martin, Schrems, Litschau; in Böhmen und Mähren ziemlich verbreitet. — Fehlt in der S c h w e i z vollständig.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Nördliches Eurasien, nördlich und westlich bis Archangelsk, Haapanava, Ingrien, Ost* und Südbalten bis Hinterpommem, Harz, Rhön, Oberösterreich. Sempervivum soboliferum gehört dem pontischen Element an. breitung vgl. Alsine setacea Mert. et Koch Bd. III, pag. 395.

lieb er Pflanzen mit ähnlicher Ver»

Am häufigsten siedelt sich die Pflanze auf Felsen an, so im mittleren und südlichen Mähren (lieber die Begleitpflanzen vgl. Hesperts tristis Bd. IV, pag. 466), im Erzgebirge zusammen mit Festuca glauca, Silene nutans, Sedum reflexum und S. Telephium, Vincetoxicum officinale, Verbascum Lychnitis, Chrysanthemum corymbosum und Hieracium Schmidtii. In den steppenartigen Trockenwiesen von Südmähren erscheint sie zusammen mit Poa bulbosa, Festuca glauca und F. Vallesiaca, C arex supina und C. Michelii, Anthericum ramosum, Ranunculus Illyricus, Peucedanum Alsaticum, Statice A rm eria var. elongata, Asperula glauca u. a., ferner in lichten Kiefernwäldern auf Sandboden mit dünner Rasen» oder Moosdecke (so besonders in Nordostdeutschland), seltener auch auf sandigen Feldern, an Ufern, Teichdämmen und an Mauern. Hie und da wird S. soboliferum auch auf Dächern und auf Kirch» höfen als Grabschmuck kultiviert. — Bemerkenswert ist die reichliche vegetative Vermehrung durch die kugel* runden, leicht abfallenden Ausläuferrosetten, die durch den Wind leicht verbreitet werden. Bastarde sind in der Gattung Sempervivum ungemein häufig und, da sich diese auf vegetativem W ege sehr reichlich, meist reichlicher als die Stammarten vermehren, oft in grosser Individuenzahl und mit» unter selbst ohne die vermeintlichen Stammeltern zu treffen. Diese Bastardformen, die als solche lange nicht erkannt wurden, sind wiederholt als eigene Arten beschrieben worden und auf solchen basiert die Mehrzahl der von S c h o t t , L e h m a n n , S c h n i t t s p a h n , B a k e r , J o r d a n usw. aufgestellten zahlreichen Arten, von denen viele jetzt nicht mehr mit Sicherheit aufzuklären sind. Aus dem Gebiet sind bisher folgende Bastarde bekannt geworden: 1. S. t e c t o r ü m subsp. a l p i n u m X S. W u l f e n i i ( = S. W i d d é r i Schnittsp. et Lehm.). Rosettenblätter am Grunde meist rot, am Rande ge» wimpert, sonst kahl. In der Form zwischen beiden Stammeltern die Mitte haltend. Kronblätter gelb und gegen die Basis zu rot, oder gelb und rot gestreift. In der Schweiz und zwar besonders häufig im Oberengadin und im Puschlav. — 2. S. t e c t o r ü m subsp. a l p i n u m X S. m o n t a n u m subsp. m o n t a n u m ( = S. B æ t i c u m Brügger). Rosettenblätter schärfer und mehr plötzlich zugespitzt als bei S. montanum, auf der Fläche zerstreut drüsenhaarig, am Rande borstig gewimpert. Pflanze grösser und kräftiger als bei S. montanum. Blüten heller. (Ob er »Engadin). Hierher gehört wohl auch die Angabe von S. C o m ö l l i i Rota aus dem Berninagebiet im Ober» engadin (vgl. R ü b e 1, E. Pflanzengeographische Monographie des Berninagebietes in Engler’s Botan. Jahrbüchern Bd. XLVII, 1912). — 3. S. t e c t o r ü m subsp. a l p i n u m X S. a r a c h n o i d e u m var. D o e l l i a n u m ( = S. a n g u s t i f ö l i u m Kerner, = S. Heeriänum Brügger, = ? S. Schnittspähni Lagg., = ? S. Pilosella Schnittsp.). Pflanze hochwüchsig, bis 25 cm hoch. Rosettenblätter lineallanzettlich, plötzlich in eine feine Spitze zugeschweift, graugrün, auf der Fläche kahl oder nur gegen die Spitze fein drüsig»behaart, am Rande mit weissen, biegsamen Haaren und spärlichen Drüsenhaaren besetzt, an der Spitze mit einem Büschel von kurzen, weichen und welligen Haaren. Stengelblätter weichhaarig gewimpert und auf der Fläche drüsenhaarig. Stengel kräftig. Krön» blätter breiter als bei S. tectorüm, rosenrot mit dunklerem Mittelstreif. Unter den Stammeltern wohl überall, so in Bayern in den Allgäueralpen auf der Ochsenalpe und an den Hängen des Salober im Bärgündele auf Liashornsteinfelsen), in Tirol bei Landeck, Ober»Spiss und im vorderen Oetztal, wahrscheinlich auch bei Schmira, in der Schweiz im Samnaun (Compatsch), im Oberengadin und im Wallis. — Auch das auf den höheren Gipfeln des Französischen Jura schon unweit der Schweizer Grenze vorkommende S e m p e r v i v u m F a u c o n n é t i i Reuter stammt zweifellos von diesem Bastarde ab, wenn auch heute S. arachnoideum im Jura fehlt. Vgl. hiezu auch B e a u v e r d , G. Notes préliminaires sur quelques cultures de joubarbes in Bull. Soc. bot. Genève, 2 e ser., VI (1914), pag. 19 bis 24, wonach gewisse Bastardformen von S. arachnoideum (var. tomentosum) X tectorüm

561 von S. Fauconnetü morphologisch nicht zu unterscheiden sind. — 4. S. a r a c h n o i d e u m var. t o m e n t o s u m X S. t e c t o r u m subsp. a l p i r r u m. Dem vorigen Bastard ähnlich, aber kräftiger, mit stärkerer Behaarung der Blattspitzen. Im Wallis mehrfach. — 5. S. a r a c h n o i d e u m var. t o m e n t o s u m X S. t e c t o r u m subsp. S c h o t t i i ( = S. f l a v i p i l u m Hausm., = S. Hausmänni Lehm., = S. Metteniänum Hausm. non Sdmittsp.). Dem vorigen ähnlich, aber noch kräftiger, die Rosettenblätter niemals mit rotem Blattgrund. In Südtirol ziemlich häufig und überall, wo die Stammarten zusammen Vorkommen.— 6. S. m o n t a n u m subsp. m o n t a n u m X S. W u l f e n i i ( = S. r u p i c o l u m Kerner, = S. Hutäri Hausm., = S. Braünii Facch. non Funde, = S. Theobäldi Brügger). Rosetten 4 bis 5 cm b reit; Rosettenblätter länglich verkehrt»eiförmig, im oberen Drittel am breitesten, gegen die rötliche Basis allmählich verschmälert, vorne plötzlich kurz zugespitzt, oberseits kahl oder gegen die Spitze zu zerstreut drüsenhaarig, unterseits über die ganze Fläche zerstreut drüsenhaarig, am Rande kurz gewimpert. Stengel 8 bis 15 cm hoch; Stengelblätter an der Spitze rötlich, drüsig behaart. Blüten 10 bis 18 mm breit. Kronblätter hellgelb mit zahlreichen roten Strichen und Längsstreifen. Staubfäden rotgelb oder purpurn. Unter den Stammarten in Tirol häufig, besonders in Südtirol, in Nordtirol im Oberinntal, m Pitzta.1, am Birk« kogel bei Kühetai, in den Schieferbergen zwischen Oetztal und Seilrain, in der Umgebung von Innsbruck im Navistal, zwischen Navis und W attental; in der Schweiz im Oberengadin, Unterengadin und im Puschlav. — 7 . S. m o n t a n u m subsp. S t i r i a c u m X S. W u l f e n i i ( = S. P e r n h o f f ä r i Hayek). Dem vorigen ähnlich, doch meist kräftiger, von der subsp. Stiriacum verschieden durch die verkehrt=eilanzettlichen, schwächer drüsigbehaarten Rosettenblätter (grösste Breite über der Mitte), durch die längeren Kelchzipfel und durch die gelblichrote Farbe der Kronblätter, von S. Wulfenii verschieden durch die bis zur Spitze drüsig gewimperten, oft auch auf der Fläche drüsigen Rosettenblätter und die Farbe der Kronblätter. Selten in Steiermark und in Kärnten. — 8. S. a r a c h n o i d e u m var. g l a b r e s c e n s X S. W u l f e n i i ( = S. f i m b r i ä t u m Schott, = S. röseum Hüter). Rosettenblätter spatelig»zungenförmig, zugeschweift bespitzt, hellgrün, an der Spitze oft bräunlich, auf der Fläche kahl, an der Spitze mit einem Büschel von langen, schlängeligen Wollhaaren besetzt. Blüten gelb, trübrot gestreift bis trübrot mit gelbem Rand. Unterscheidet sich von S. arachnoideum durch die breiteren, plötzlich zugespitzten, an der Spitze nur mit einigen längeren Wollhaaren versehenen Rosettenblätter, von S. Wulfenii durch die Wollhaare der Blattspitzen und durch die roten Kronblätter. Unter den Stammarten in Steiermark auf dem Eisenhut; in Kärnten auf der Görlitzen, Pasterze, unter dem Cellonkogel in Plöcken (am Passe bei den römischen Inschriften), bei Bad Mandorf im G ailtal; in Tirol bei Trafoi, am Stilfserjoch, am Rabbi» joch, in Pfitsch, im Pustertal, im Drautal, im Nonsberg, im Fassatal; in der Schweiz im Engadin. — 9. S. G a u d i n i i x S. t e c t o r u m subsp. a l p i n u m . Selten im Wallis. — 10. S. G a u d i n i i X S. m o n t a n u m subsp. m o n t a n u m . Selten im Wallis. — 11. S. a r a c h n o i d e u m var. g l a b r e s c e n s X S. G a u d i n i i . Selten im Wallis. — 12. S. a r a c h n o i d e u m var. g l a b r e s c e n s X S. m o n t a n u m subsp. m o n t a n u m (? = S. b a r b u l ä t u m Schott, = S. Delasoiei Schnittsp., = S. Ausserdorffäri Hut., = S. Hausmänni Ausserd. non Hüter, = S. hybridum Brügg., = S. fimbriätum Wohlf. non Schnittsp., = S. Fünckii auctor. non F. Braun). Rosettenblätter lanzettlich, spitz, grün, beiderseits fein drüsenhaarig und am Rande drüsig gewimpert, an der Spitze durch wenige längere W ollhaare gehärtet. Blütenstand 3= bis 10»blütig. Kronblätter lanzettlich, spitz (spitzer als bei S. arachnoideum und breiter als bei S. montanum), bläulichpurpurn mit dunklerem Mittelstreif. Ueberall da, wo die Stammeltern Zusammentreffen, häufig. In Bayern in den Allgäuer Alpen am Laufbachereck (1950 bis 2000 m), hier auch ohne den einen Parens (S. montanum) vorkommend. — 13. S. a r a c h n o i d e u m var. t o m e n t o s u m X S. m o n t a n u m subsp. m o n t a n u m . Wie voriger Barstard, aber mit stärkerer Behaarung der Blattspitze. Im Wallis. — 14. S. a r a c h n o i d e u m var. g l a b r e s c e n s X S. m o n t a n u m subsp. S t i r i a c u m ( = S. N ö r i c u m Hayek, = ? S. barbulätum Schott). Unterscheidet sich von S. arachnoideum durch schwächere, wollige Behaarung der Blattspitzen und durch grössere, weniger lebhaft gefärbte Blüten, von S. montanum durch die an der Spitze durch Wollhaare bärtigen Rosettenblätter und durch die weniger langzugespitzten Kronblätter. Bisher nur sehr selten in Steiermark und Kärnten beobachtet. — Auch T r i p e l b a s t a r d e kommen bei Semper* vivum vor. Mit Sicherheit wurde S. a r a c h n o i d e u m X S. m o n t a n u m X S. W u l f e n i i auf dem Schönberg bei Luttach im Taufertal beobachtet. — Eine Pflanze hybrider Abkunft ist ferner zweifellos S. F ü n c k i i F. Braun. Fig. 926 g bis 1. Pflanze 10 bis 25 cm hoch. Rosetten Sternförmig ausgebreitet, 1,5 bis 5 cm breit. Rosetten» blätter aus verschmälertem Grunde verkehrt»eiförmig, plötzlich zugeschweift»zugespitzt, grasgrün, an der Spitze oft rötlich, auf der Fläche, besonders unterseits mit kleinen, bald verschwindenden Drüsenhaaren, am Rande mit langen, weissen, teilweise mit kleinen Drüsenköpfen versehenen Wimperhaaren, an der Spitze mit einem kleinen Büschel kurzer, geschlängelter Haare besetzt. Stengel reichlich drüsig»zottig. Stengelblätter zungenförmig, an der Spitze purpurn, dicht gewimpert und auf den Flächen drüsenhaarig. Blüten gross, sternförmig ausge» breitet, mit 12 Krön» und 12 Staubblättern. Kelchzipfel 5 bis 6 mm lang, am Grunde bärtig. Kronblätter gross, 3 mal so lang wie die Kelchblätter, lanzettlich, lang zugespitzt, rosenrot mit purpurnem Mittelstreif. Staubfäden kahl, purpurn; Antheren orangegelb. Fruchtknoten dicht drüsenhaarig, plötzlich in den an der Spitze purpurnen Griffel zusammengezogen.

Seit langem in fast allen Botanischen Gärten in K ultur; vor Jahren in Bayern im

562 Fichtelgebirge bei Berneck, Oelsnitz und am Rimlas auf Diabasfelsen, ferner zwischen Burgkundstadt und Theisau und bei Bayreuth (ob noch?) angepflanzt und eingebürgert (hier stellenweise ganze Flächen bedeckend und reichlich blühend). Alle Standortsangaben aus dem Alpengebiete sind irrtümlich und beziehen sich zumeist auf den Bastard S. arachnoideum X S. montanum. Sempervivum Funckii soll vom Mallnitzer Tauern in Kärnten stammen, wo es aber gewiss nicht wild vorkommt. Vermutlich ist die Pflanze dadurch entstanden, dass eine vom Mallnitzer Tauern stammende Pflanze (wahrscheinlich S. arachnoideum var. Doellianum X S. montanum subsp. Stiriacum) in Gärten eine hybride Verbindung mit einer dritten Art, vermutlich aus der Verwandtschaft des S. tectorum, einging.

5 8 . F arn .

Saxifragäceae.‘)

Steinbrechgewächse.

Bearbeitet von Dr. Josias B r a u n = > B l a n q u e t (Zürich).

Mehrjährige, selten einjährige Kräuter und Stauden, auch Sträucher und Bäume. Laub* blätter meist wechselständig, selten gegenständig (Chrysosplenium oppositifolium, Hydrangea, Deützia, Bauera), sehr verschieden gestaltet. Nebenblätter fehlend. Blüten meist zwitterig, selten (durch Verkümmern) eingeschlechtig, meist regelmässig aktinomorph (Fig. 932 n, p), seltener mit Neigung zur Zygomorphie (bei Saxifraga stellaris und S. sarmentosa [Fig. 932 o], Tolmiea, Hydrangea, Parnassia), bei unsern Arten einzeln oder in zusammengesetzten, traubigen oder trugdoldigen Blütenständen. Blütenkreise meist 5, seltener 4, pentamer, seltener tetramer oder mehr* (bis 10*)gliederig, in der Regel zwitterig, seltener eingeschlechtig (Astilbe, Ribes*Arten). Kelch und Krone meist 5= oder 4*blätterig, selten die Kronblätter durch Verkümmerung redu* ziert oder gänzlich fehlend (Chry* sosplenium [Taf. 144, Fig. 1 a], Hydrangea) und dann der Kelch zuweilen korollinisch gefärbt. Knos* penlage dachig oder klappig. Blüten* achse konvex, flach oder konkav, dann der Fruchtknoten unterwärts oder der ganzen Länge nach mit derselben verwachsen. Staubblätter obdiplostemon, haplostemon oder seltener zahlreich, ausnahmsweise durch Verkümmerung fehlend. Au* theren meist rundlich*nierenförmig oder länglich, durch Längsrisse seit* lieh oder nach innen sich öffnend. Fruchtknoten 1* bis 2* (seltener mehr*) Fig. 932. Keimpflanzen von: a und b Sedum album L. c Sedum acre L. d Sempervivum montanum L. subsp. Stiriacum Weitst, var. Braunii (Funck) fächerig, frei oder di mit dem Kelch Wettstein, e Saxifraga hypnoides L. /, ft Saxifraga muscoides All. g Saxi­ verwachsen. Samenanlagen meist fraga granulata L. h Chrysosplenium alternifolium L. i Parnassia palustris L. — Samenhüllen von: k Sedum album L. I Sempervivum montanum L. subsp. mehrreihig (Taf. 144, Fig. 6 b), wand* Stiriacum Weitst. — m Schnitt durch eine Kalkdrüse von Saxifraga Aizoon Jacq. — Diagramm von: n Saxifraga granulata L. — o Saxifraga sarmentosa L. ständig oder zentral,zurückgekrümmt p Chrysosplenium alte'rnifolium L. — Samen von: q Saxiiraga retusa Gouan. (anatrop); Plazenta meist ange* r S. biflora All. s S. Seguierii Sprengel, t S. aphylla Sternb. « S. petraea L. v S. Pedemontana All. w S. umbrosa L. x S. sedoides L. var. Hohenwarthii schwollen. Griffel gewöhnlich frei (Sternb.) Engler. y S. arachnoidea Sternb. z S. paradoxa Sternb. (Fig. h und i nach E i c h i n g e r , m nach T h o u v e n in , n, o und p nach E i c h 1er, die (Taf. 143, Fig. l b und 4 a). Frucht übrigen Originale). kapselig, vierklappig oder durch innere Nahtteilung zweiteilig oder aber Frucht beerenförmig (Ribes, Dichroa, Broussaisia) oder scheinfruchtartig (Colmeiröa). Samen klein und meist sehr zahlreich, öfter mit warziger oder stacheliger Schale (Fig. 932 q bis z). Embryo klein, gerade, mit reichlichem Nährgewebe. *) Vgl. die Gattung Saxifraga pag. 568.

142

563 Tafel 142.

Erklärung der Figuren. F ig .

1. S a x i f r a g a

a d sc e n d e n s { pag. 619)

H a b itu s .



2. S a x i f r a g a

m o sch a ta

(p a g . 6 0 6 ).

H a b itu s .

n

3. S a x i f r a g a

S e g u ie rii

( p a g . 6 0 4 ).

H a b itu s.



4. S a x ifr a g a



5. S a x ifr a g a



6. S a x i f r a g a

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7. S a x i f r a g a a s p e r a s u b s p . b r y o i d e s (p a g . 5 9 8 ). H a b itu s .

B u rs e ria n a a iz o id e s s te lla ris

F ig . 8. S a x i f r a g a o p p o s it ifo lia su b sp . a r c t o - a lp in a (p a g . 5 7 9 ). „

(p a g . 5 8 5 ). H a b itu s .

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(p a g . 6 2 4 ).

H a b itu s. H a b itu s .

H a b itu s .

8 a . S a x i f r a g a a s p e r a s u b s p . e l o n g a t a ( p a g . 5 9 7 ). H a b itu s.

„ „

9. S a x i f r a g a

ca esia

(p a g . 5 8 3 ).

H a b itu s .

10. S a x i f r a g a a n d r o s a c e a (p a g . 6 0 5 ). H a b itu s .



11. S a x i f r a g a

a p h y lla

(p a g .

6 0 2 ).

H a b itu s .



12. S a x i f a r g a

ex a ra ta

(p a g .

6 0 9 ).

H a b itu s .

Die Saxifragaceae zeigen zu mehreren Familien innerhalb der Rosales nahe verwandtschaftliche Be* Ziehungen. Die Crassulaceae, die sich den Saxifragaceae am meisten nähern, unterscheiden sich einmal durch den anatomischen Bau der Vegetationsorgane, dann durch den meist wickeligen Blütenstand (bei den Saxifragaceae selten wiekelig), ferner durch das schuppenförmige, drüsige Anhängsel am Grunde der Fruchtblätter. V on den Cunoniaceae weichen die Saxifragaceae durch wechselständige (sehr selten gegenständige) Laubblätter und das Fehlen der Nebenblätter ab. Die Rosaceae, die sich durch die Spiraeoideae den Astilbinae nähern, besitzen in mehreren Kreisen eine unbestimmte Anzahl Staubblätter, während bei den Astilbinae nie mehr als zwei Staubblattkreise Vorkommen. In der Ausbildung der Vegetationsorgane herrscht bei den Saxifragaceae grosse Mannigfaltigkeit. Besondere, die ganze Familie kennzeichnende Eigentümlichkeiten sind nicht vorhanden. Dasselbe gilt auch im allgemeinen für den anatomischen Bau. Dagegen können einzelne Untergruppen wie die Sektionen der Gattung Saxifraga anatomisch gut charakterisiert werden. Als wichtig für die Unterscheidung der Sektionen, Gattungen und selbst der Unterfamilien erweisen sich die Haare. So besitzen die Saxifragoideae 1= bis mehrreihige, mehr« zellige Haare, die Escallonioideae dagegen stets einzellige Haare. Auch die Hydrangeoideae haben meist ein» zellige unverzweigte Haare. Gerbstoffzellen sind u. a. vorhanden bei Saxifraga Cymbalaria und verwandten Arten, bei S. paradoxa, bei Chrysosplenium und Parnassia. Blütenbiologisch zählen die Saxifragaceae fast durchwegs zu den Insektenblumen, die bald an der Blütenachse, bald am Fruchtknoten Honig absondern. Eigentümliche Nektarien (Staminodien) mit langen Drüsen» fransen finden sich bei der Gattung Parnassia (Taf. 143, Fig. 7 a und Fig. 977). Weniger Uebereinstimmung als die Blütenökologie zeigt die Oekologie der vegetativen Organe. Eigentliche Schwimm» und Wasserpflanzen fehlen zwar, doch sind mehrere Saxifraga»Arten (S. stellaris, S. aizoides etc.) und Chrysosplenium»Arten (bei uns Ch. oppositifolium) fakultativ flutend. V on den klimatischen Lebensformen R a u n k i ä r ’s sind die Hemikryptophyten und Chamaephyten (ausdauernde Stauden, Halbsträucher, Rosetten» und Polsterpflanzen) am meisten vertreten ; spärlich dagegen sind die einjährigen Therophyten. V on hohem , blattwechselnden Sträudiern sind u. a. die Gattungen Ribes, Deützia, Hydrängea, Philad^lphus zu nennen. Macrophanerophyten, Bäume, finden sich bei verschiedenen Gattungen (z. B. bei Ix6rba, Hydrangea, D£dea, Polyösma). Das immergrüne Hartlaubblatt ist vertreten bei Colmeiroa, Br&xia, Anöpterus, Itea u. a. Gattungen, bei denen mehrfach eine auffallende Konvergenzbildung zu unserm Ilex»Blatt auftritt, so z. B. bei Polyosma ilicifölia und bei Itea ilicifolia aus China. Klettersträucher bietet die Gattung Decumäria. Selbst die Lianenform hat in der monotypen Gattung Roüssea auf Mauritius und in einigen Hydrangea»Arten der Sektion Cornidia aus dem tropischen und subtropischen Amerika ihre V ertreter gefunden. Die Familie kann somit weder systematisch noch ökologisch als einheitlich bewertet werden. Die Verbreitung und Fortpflanzung der einheimischen A rten geschieht hauptsächlich durch die kleinen, flugfähigen Samen. Das Gewicht derselben erreicht bei manchen A rten von Saxifraga kaum 0,1 mg, die Länge öfter weniger als 0,5 mm. Viele Samen besitzen eine warzig»stachelige Schale, die ein leichtes Anheften ge» stattet. Hiedurch sowie durch die drüsig»klebrigen, öfter sehr zerbrechlichen Fruchtstände, die leicht am Pelz der Vierfüssler hängen bleiben, können manche Arten verbreitet werden. W eitere „zoochore“ Anpassungen besitzen die Arten der beerentragenden Gattungen Ribes, Dichroa und Roussea. Vegetative Vermehrung durch kriechende Ausläufer kommt bei den Gattungen Saxifraga und Chrysosplenium häufig vor. Demselben Zweck dienen die grund» und blattachselständigen Brutknospen mancher Saxifraga Arten oder blattbürtige Sprosse wie bei Tolmi£a Menziesii (Fig. 938); ebenso sind bei manchen Saxifragen einwurzelnde Rosettenableger zu beobachten. A usser den unten beschriebenen Gattungen werden zahlreiche nicht einheimische Saxifragaceae als Kalthaus» und Gartenpflanzen kultiviert. Die wichtigsten sind: H y d r a n g ^ a 1) (Hortensia) Commers. mit etwa 45 A rten im subtropischen und gemässigten Ostasien und Nordamerika, leicht kenntlich an den gegenständigen jLaubblättern und an den (bei den Gartenrassen) durch ') V on griech. idcog [hydor] = W asser und ayyeiov [ängeion] = Gefäss; wohl in Bezug auf den grossen W asserbedarf der Pflanze, vielleicht auch auf die Kapseln, die einem Gefäss ähnlich sehen.

564 Verkümmerung der Fortpflanzungsorgane und des oft vergrösserten und petaloid entwickelten Kelches ent» standenen „gefüllten“ Blüten, die zu schneeballähnlichen, zusammengesetzt»trugdoldigen, weissen, blassblauen oder rötlichen Blütenständen vereinigt sind (Fig. 933 a und b). Sträucher, in den Tropen auch Bäume, mit gegenständigen Laubblättern. Kelch» und Kronblätter 4 bis 5. Staubblätter 8 bis 10. Griffel 2 bis 5, frei oder unterwärts vereinigt. Frucht (bei uns selten ausgebildet) eine 2 bis 5»fächerige Kapsel. Samen sehr klein, oft geflügelt. In den Wurzeln einiger Arten sind Glykoside festgestellt worden. Die heute so beliebten „Hortensien“ scheinen erst ziemlich spät, sicher nicht vor der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Mitteleuropa Eingang gefunden zu haben; denn aus den Zier» gärten des Mittelalters werden sie nicht aufgeführt. Hieher H y d r a n g e a ra d iä ta W a lt. ( = H. nivea Mich.). Fig. 933 ebisg. Strauch mit fast herzförmigen, unterseits silbergrau»filzigen Laubblättern. Stammt aus den Gebirgen von Georgia, Carolina und Tennessee in Nordamerika. — H. a r b o r é s c e n s L. Ein bis 3 m hoher Strauch mit unterseits weich» haarigen oder kahlen Laubblättern, mit schirmför» migem Blütenstand undzweigriffligem Fruchtknoten. Stammt aus den atlantischen Staaten der Union. — H. p a n i c u 1 á t a Sieb. Strauch oder kleiner Baum. Unterscheidet sich von den zwei vorigen Arten durch den grossen, pyramiden» bis kegelförmigen Blütenstand, der bis 25 cm im Durchmesser er* reicht, und durch den 3= bis 4»griffligen, halbober» Fig. 933. H y d r a n g e a H o r t e n s i a Sieb, a, b Blühende Sprosse, c Un­ fruchtbare Randblüte, d Fruchtbare Mittelblüte, h, i Schema des Blüten­ ständigen Fruchtknoten. Heimisch in Japan und im standes (nach E i c h le r ). — H y d r a n g e a r a d i a t a Walt, e Blühender südlichen Teile der Insel Sachalin. — H. H o r t é n s í a Spross. / Blüten, g Fruchtknoten mit Narben. Sieb. (— H. opuloides Koch, = Horténsía opuloides Lam., = Hortensia speciösa Pers.). Garten»Hortensie, Japanische Rose, Wasserstrauch (Fig. 933 a, b, c, d,h, i undFig. 934). Einheimisch in Japan und Nordchina. Ausdauernder, kahler, 90 bis 150 cm hoher, ästiger Strauch. Laub, blätter gegenständig, eirund»oval oder eirunddänglich, zu» gespitzt, gezähnt, kahl. Blütenstand trugdoldíg, ¿ abgeflacht (f. J a p ó n i c a hört.) oder gewölbt bis kugelig (f. mu t ä b i l i s Lour.), am Grunde ohne Hochblätter. Blüten (4 bis 6 petaloide Kelchblätter 1) weiss, rosa, karminrot, bläulich» violett, lila,, hellblau oder wechselfarbig, entweder wie bei der „SchneebalbHortensie“ alle oder fast alle unfruchtbar und stark vergrössert (Fig. 933 b, C ; Fig. 934) oder wie bei der Japa» nischen Hortensie die inneren unscheinbaren Blüten frucht» bar und nur die randständigen vergrössert und geschlechts» los (Fig. 933 a, d). Griffel 3 bis 4 (Fig. 933). Fruchtknoten unterständig. Diese — heute besonders als „Schneeball» Hortensie“ (f. mutäbilis) — als Kübelpflanze für Vor» gärten, Veranden u. dgl. oder als Topfpflanze für Zimmer allgemein kultivierte, sehr dekorative Art wurde 1767 von C o m m e r s o n i n China entdeckt und nach seiner Geliebten Hortense Barré, die ihn auf seinen Reisen als Jäger ver» kleidet begleitete, benannt. Im Jahre 1790 wurde sie durch B a n k s nach Europa gebracht, wo sie in vielen Blüten» färben und mit gefransten Kelchblättern, ebenso mit ge» fleckten und weissrandigen Laubblättern sowie in hoch» stämmigen Formen allgemein kultiviert wird. Sie war die u J Fig. 934. H y d r a n g e a H o r te n s ia Sieb.f. m u tä b ilis L o u r. Lieblingsblume der Königin Louise. Die Pflanze verlangt Phot Dr G H eg i München

565 viel Wasser und einen kräftigen Boden. Um blaue Blumen zu bekommen, werden der Erdmischung — und zwar eignet sich zu diesem Zwecke besonders Wiesenmoor» oder lehmige Ackererde — Eisenfeilspäne beigegeben oder die Pflanze wird mit Wasser begossen, in welchem längere Zeit altes Eisen gelegen hat. M o n n i e r und K u c z y n s k i haben den Nachweis erbracht, dass die auf einem von Kalkstein ganz freien Kieselboden, der viel in reinem Wasser lösliches Eisen enthält, kultivierten rosa Hortensien blaue Blüten hervorbringen. Wird diesem Boden aber etwas kohlen» oder magnesiumsaurer Kalk beigemischt, so werden dadurch die löslichen Eisenverbindungen ausgefällt, sodass der Boden dem Wasser kein Eisen mehr abgibt; die Hortensien werden dann nicht blau. In der Kultur werden die Hortensien, die bei uns keine Samen erzeugen, durch Stecklinge vermehrt. — Zuweilen werden vollständig „vergrünte“ Blüten (die Kelchblätter sind normal ausgebildet, während die Kronblätter ganz fehlen) angetroffen; auch kann am Grunde des Blütenstandes ein bei dieser Art sonst fehlendes Hochblatt Vorkommen. — Von den mit Haftwurzeln kletternden Arten wird gelegentlich H. s c ä n d e n s Maxim., aus der subalpinen Stufe von Japan stammend, kultiviert, ausserdem auch H. a c u m i n ä t a Sieb, et Zucc., H. h e t e r o m ä l l a Don und H. s er r a t a DC. Die Gattung D e ü t z i a *) ist mit etwa einem Dutzend strauchiger Arten im gemässigten Zentral» und Ostasien sowie in Nordamerika und auf den mittelamerikanischen Gebirgen zu Hause. Im Tertiär scheint die Gattung — nach Funden im Samlande zu schliessen — auch in Mitteleuropa verbreitet gewesen zu sein. Im Bayer. Allgäu (Kempten) werden die Sträucher „Birkenblumen“, in der Schweiz „Maierislistrauch“ benannt. Zweige stielrund wie die Laubblätter zuweilen mit l»zelligen Sternhaaren (Fig. 935 h, i) bedeckt. Blüten weiss, in zusammen», gesetzten Trugdolden. Blütenachse glockig, mit dem Fruchtknoten vereinigt, zur Zeit der Fruchtreife verdickt und hart. Griffel 3 bis 4, lang fadenförmig (Fig. 935 b, e). Frucht hart, kugelig, 3» bis5»fächerig, zuletzt von unten scheidewandspaltig (Fig. 935 m) aufspringend. Die 3=spaltigen Filamente (Fig. 935 c, d) dürften nach W e t t s t e i n nicht stipulare Zähne (Eichler) darstellen, sondern Je einem Bündel von 3 Filamenten entsprechen, von denen allerdings die seitlichen keine Antheren tragen und auf blosse Zähne reduziert sind. — Hieher: D. g r ä c i 1i s Siebold et Zucc. (Fig. 935 a bis e). Unterscheidet sich von verwandten Arten durch die unterseits fast kahlen Laubblätter. Dieselben sind länglich»lan= zeitlich, 3» bis 4 mal so lang als breit. Staubblätter kurz 2»zähnig, etwa halb so lang als die Kronblätter. Auf» rechter, kaum meterhoher Strauch. — D. s c ä b r a Thunb. (Fig. 935 k bis m) hat eiförmige bis eilanzettliche, 2» bis 2 1/i mal so lange als breite, beiderseits reichlich sternhaarige, beim Berühren rauhe, scharf gesägte Laub» blätter und kaum gezähnte Staubblätter 5 letztere meist nicht viel kürzer als die Krön» blätter. — Die ähnliche D. c r e n ä t a Sieb, et Zucc. (Fig. 935 f bis i) unterscheidet sich von der vorigen durch die gekerbten Laubblätter und durch die an der Spitze 3»zähnigen Staubblätter. — D. S i e b o l d i ä n a Maxim, Fig. 935. D e u tz ia g r a c i l i s Sieb, et Zucc. a Zweig mit gefüllten Blüten, b Fruchtknoten mit Kelchabschnitten, c, d Staubblätter, e (Jriffel. — D e u tz ia c r e n a t a Sieb, et Zucc. / Fruch­ ist in neuerer Zeit unter dem tender Zweig, g Diagramm (nach E i c h le r ). h, i Sternhaare (von der Unter- und Oberseite). Namen „scabra“ eingeführt — D e u tz ia s c a b r a Thunb. k Blühender Zweig. I, m Frucht. worden, hat aber auf der Blatt» Unterseite 4» bis 5»strahlige Sternhaare und meist ungezähnte Staubblätter, während die echte scabra unterseits 10= bis 15=strahlige Sternhaare aufweist. Alle vier sowie noch weitere Arten (z. B. D. parviflöra Bunge) stammen aus Japan oder aus dem gemässigten Asien. Mehrere Bastarde, so der Treibstrauch D. L e m o i n h Lern. ( = D. gracilis X corymbösa parviflöra) befinden sich häufig in Kultur, z. T. mit weiss, rosa oder rot gefüllten Blüten. *) Benannt nach dem Amsterdamer Ratsherrn Johann van der D e u t z , einem Förderer von Thunberg.

566 Von Sträudiern werden gelegentlich noch kultiviert angetroffen: J a m é s i a A m e r í c á n a Torr, et Gray aus den Rocky Mountains, sowie I t e a V i r g i n i c a L. aus dem atlantischen Nordamerika, in Kalthäusern strauchige, immergrüne Vertreter der Gattungen Itea (z. B. I. í l í c i f ó l í a Oliver aus China) und B a u é r a (B. r u b i o i d e s Andr., B. c a p í t á t a Ser. und B. s e s s í l í f l ó r a Ferd. v. Müller) aus dem gemässigten Ostaustralien. Eine beliebte Gartenzierpflanze ist ferner die spierstaudenähnliche A s t i l b e (= Hoteía) J a p ó n i c a (Morr, et Dec.) Miqu., Japanischer Scheingeissbart, eine Freilandpflanze aus Japan. Ueber 50 cm hohe Staude mit grossem, zusammengesetzt»rispigem Blütenstand und kleinen, weisslichen, 5»zähligen Blüten. Grundblätter 3 mal 3«zählig, zusammengesetzt. Verwildert bei Erfurt (Steigerforst am Haeselerweg) und in der Schweiz in Arosa (1915) auf Kompost. Verwandt sind A s t i l b e T h u n b é r g í í (Sieb, et Zucc.) Maxim, und A. g r a n di s Stapf aus China und Japan, A. r i v u l ä r i s Hamilt. und A. r ü b r a H o o k . et Thoms., letztere beide aus dem Himalaja. Die Arten dieser Gattung werden oft für Rosaceen (Aruncus) gehalten und von den Gärtnern meist auch als solche bezeichnet. Sie unterscheiden sich aber von Arüncus sofort durch die häutigen Nebenblätter und durch das Vorhandensein von bloss 2 Staminalkreisen. — E s c a l l ó n í a ( = Stereóxylon Ruiz. et Pav.) mit 45 strauchigen Arten von 1 bis 2 Va m Höhe in Südamerika. Bei uns als zierliche, immergrüne Blütensträucher des Kalt« hauses'geschätzt. Kelch« und Kronblätter 5. Staubblätter 5. Fruchtknoten unter« oder halbunterständig, 2« bis 3«fächerig; Griffel 1. Frucht eine vielsamige Kapsel. Laubblätter lederig, immergrün, eirund bis lanzettlich. — E s c a l l ó n í a r ü b r a Pers. Herbstblütiger Strauch mit hängenden, roten Blüten in wenigblütigen Trauben. Laubblätter verkehrt«eirund, gegen den Grund zu keilig verschmälert, lang zugespitzt, ungleich kerbig gesägt, unterseits harzig punktiert. Stammt aus Chile. — E. f l or i « b ú n d a H. B. et Kunth. Von der vorigen Art durch kahle (statt drüsig«zottige) Aeste verschieden. Blüten schneeweiss, in doldentraubigen, beblätterten Rispen. Laubblätter länglich, stumpflich, feingesägt. Aus den Anden von Südamerika. — Seltener sind E. O r g a n é n s í s Gardn., E. M o n t e v í d é n s í s DC. und E. p é n d u l a Pers. — D l c h r o a . Strauch mit dicken, runden Aesten. Laubblätter gegenständig, kurzgestielt, eirund oder lanzettlich, gesägt. Blüten anfangs weisslich, später bläulich oder lila, in pyramidaler Rispe, zwitterig, Kelch« und Kronblätter 5 bis 6. Staubblätter 10 bis 12. Fruchtknoten halbunterständig, unvollkommen 3« bis 5«fädierig. Griffel 3 bis 5, spreizend. Frucht eine einfächerige, blaue Beere. Nur die Art D. f e b r i f ü g a Lour., Fieber«Trug» blume. Schöne Gewächshaus« und Zimmerpflanze aus dem tropischen und subtropischen Asien. — B e r g é n í a c r a s s i » f ó l í a (L.) Engler ( = Saxífraga crassífolía L.). Wickelwurz. Fig. 936 und 937. Pflanze leicht kenntlich an den grossen, roten, 5«zähligen Blüten in wickeligen Blütenständen und an den grossen, bis über 10 cm breiten, derben, fleischigen, kahlen, etwas gezähnten Grundblättern; letztere wie bei allen Arten der Gattung mit eingesenkten Drüsen. Fruchtknoten 2 bis 3, nur am Grunde zusammenhängend. Blüht im ersten Frühling, in Südfrankreich während der Wintermonate. Stammt aus den Gebirgen von Zentralasien.. Bei uns sehr selten ver* wildert (Lindenberg bei Feuchtwangen in Bayern, Ahrens» bürg in Hannover, Kapuzinerberg bei Salzburg). — Aehnlich sind B. l i g u l ä t a (Wall.) Engler mit weissen Blüten und behaarten oder doch gewimperten Laubblättern (Himalaja), B. c o r dí f ól í a (Haw.) A. Br. mit hellrosa Blüten und welligen, Fig. 936. B e r g e n ia c r a s s i f o l i a (L.) Engler. a Habitus (>/s natürliche Grösse), b Fruchtknoten, c Kronblatt. grobgezähnten Laubblättern (Altai) undB. S t r a c h e y i (Hook, et Thoms.) Engler aus dem westlichen Himalaja. Unter den als immergrüne Rabattpflanzen kultivierten Arten finden sich manche Formen, die wahrscheinlich hybriden Ursprungs sind. Die Blätter der um 1705 aus Sibirien eingeführten B. crassífolía werden dort unter dem Namen „Tschaganischer Tee“ als Teesurrogat verwendet. — P e l t i p h y l l u m p e l t ä t u m (Torr.) Engl., Kali» fornisches Schildblatt. Staude mit sehr grossen, bis zu 60 cm breiten Grundblättern. Blüten trugdoldig, auf armblättrigem, bis 1 m hohem Stengel. Staubblätter 10. Fruchtknoten halbunterständig, mit 2 bis 3 am Grunde verwachsenen Griffeln. Eine dekorative Blattpflanze, die auch im Freien aushält. Verwildert in Vorarlberg bei Feldkirch (1919). — H e u c h é r a 1) mit zirka 20 Arten im atlantischen und pazifischen Nord» *) Benannt nach Professor J. H. von H e u c h e r , gest. 1747 in Wittenberg.

567 amerika sowie in den Gebirgen von Mexiko. Ausdauernde Kräuter mit horizontalem oder schiefem Wurzel» stock, mit zahlreichen, rundlich=herzförmigen,igelappten, gekerbten oder gezähnten Grundblättern. Stengel blattlos oder wenig beblättert. Blüten in lockeren oder gedrängten Trugdolden ¡ letztere eine oft drüsig»behaarte Traube oder Scheinähre bildend. Kronblätter ungeteilt, spatelförmig oder lanzettlich, genagelt, zuweilen fehlend. Staubblätter 5. H. A m e r í c á n a L. mit grünlichem, H. s a n g u í n e a Engelmann, „Purpur* glöckchen“, mit prachtvollem, blutrotem, seltener weisslichem Kelch (Kronblätter sehr klein; letztere Art seit 1891 eingeführt), H. r u b é s c e n s Torr, mit weissenBlüten. — T o 1m i é a M e n z í é s í í (Hook.) Torr, et Gray. Monotype Gattung aus dem pazi* fischen Nordamerika. Aehnlich den Heucherae, aber Stengel reicher beblättert. Kronblätter fädlich, länger als die Kelchzipfel, zurückgeschlagen. Auffällig durch die (nur 3) weit hervorragenden, ziegelroten Antheren. Laubblätter zuweilen mit Adventiv* knospen (Ffg. 938). — T é l l i m a g r a n d í f l ó r a (Pursh) R. Br., der vorigen Art habituell ähnlich, aber Blüten in einfachen Trauben. Blütenblätter gelblich, fiederspaltig, wie der Kelch i kurzdrüsig. Heimisch an der Westküste von Nordamerika. , r

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Fig. 937. B e r g e n i a c r a s s i f o l i a (L.) Engler, kultiviert.

Verwildert m Mecklenburg (Ludwigslust) und in Phot. Frau Isabella H egi-N aef, Rüschlikon (Schweiz). Brandenburg (Schönhauser Schlossgarten). — T í a * rél j l a c o r d í f ó l í a L., „Turbankapsel“, „Schaumblüte“, aus den Wäldern des atlantisdien Nordamerikas, mit lang* gestielten Grundblättern, einfacher Traube und schüsselförmiger Blütenachse (verwildert bei Memel [1882], Oliva» Spremberg und Schwerin), F r á n c o a a p p e n d i c u l ä t a Cav. und F. r a m ö s a Don mit grundständigen, an Sonchus erinnernden Laubblättern und verlängerter, weisser Blütentraube, ^ H t é l l a mit sehr kleinen, kurzgestielten, grün, liehen Blüten aus dem extratropischen Nordamerika (M. d i p h y 11 a L. und M. p e n t ä n d r a Hook.) und aus Japan (M. J a p ó n i c a Miq.), von denen die erstere in Schlesien bereits im 17. Jahrhundert kultiviert wurde, B o y k i n i a a c o n i t i f ö l i a Nutt. aus Virginien und Nordamerika sowie B. l y c o c t o n i f ö l i a (Maxim.) Engler aus dem mittleren Japan, endlich die interessante R o d g é r s í a p o d o p h y l l a A. Gray (-= R. Japónica Regel) aus den Waldungen Chinas und Japans, eine Staude mit handförmig»geteilten, 3» bis 5»zähligen, gezähnten, an die Blätter der Rosskastanien erinnernden Laubblättern, die von der reidiblütigen, zusammengesetzten Rispe überragt werden. Aehnlich sind R. p í n n á t a Franchet, R. a e s c u l í f ó l í a Batalin und R. t a b u 1á r i s Korn aus China. H r y n i e w i e c k j hat bei der letztem, einer mandschurischen Art, sowie bei einigen anderen Saxi» fragaceen einen neuen Spaltöffnungs»Typus festgestellt, dessen biologische Be» deutung unbekannt ist. — Von den sieben Unterfamilien der Saxifragaceae kommen für Mitteleuropa nur drei in Betracht, die Saxifragoideae mit den Gattungen Saxi* fraga, Chrysosplenium und Parnassia, die Hydrangeideae mit Philadelphus und die Fig. 938. Laubblatt von T o 1Ribesioideae mit der Gattung Ribes. m i e a M e n z i e s i i T orr. et Die ganze Familie umfasst über 800 Arten in etwa 75 Gattungen, die Gray mit Adventivknospen. zur Hauptsache über die nördliche gemässigte Zone verbreitet sind. Einen Haupt» entwicklungsherd scheint das östliche Zentralasien gebildet zu haben. Damit im Zusammenhang steht ein zweites Entwicklungszentrum im temperierten Nordamerika mit mehreren eigentümlichen Gattungen. Verschiedene Gattungen sind beiden Zentren gemeinsam (Mítélla, Tíarélla, Deútzia) und zeugen für die ehemalige (tertiäre) Landbrücke zwischen Nordamerika und Ostasien. Südamerika besitzt die eigentümliche Unterfamilie der Francoideae, die in zwei Gattungen mit wenigen Arten die Kordilleren von Chile bewohnen; auch die Gattung Escallónía mit etwa 50 Arten ist rein südamerikanisch. Die Escallonien der Anden vertreten dort unsere Alpenrosen und schon Alexander v. H u m b o l d t spricht von einer Region (Stufe) der Escallonien in den peruanischen Anden zwischen 8900 und 10400 Fuss (ca. 2900 bis 3370 m). Australien besitzt die Unterfamilie der Baueroideae mit bloss 3 Arten aus der Gattung Bauera. Vertreter der Saxifragaceae finden sich ferner auf Neuseeland, in Neukaledonien, auf Neu Guinea, im Indischen Archipel und auf den Sandwichinseln. Dagegen ist die Familie im schwarzen Erdteil nur sehr schwach entwickelt; der Westhälfte Afrikas fehlen die Saxifragaceen sogar voll* ständig. Die Gattung Saxifraga reicht vom östlichen Mittelmeergebiet südlich bis nach Abessinien. Im tropischen

568 Ostafrika wächst Váhlía mit 3 Arten. Die beiden Gattungen Montinia und Choristylis mit je einer A rt sind auf Südafrika beschränkt. Madagaskar und die benachbarten Inselgruppen (Seychellen, Mauritius, Bourbon) besitzen 5 endemische Gattungen (Grévéa, Bréxía, Roússea, Berenice, Forgésía), die alle auf ein hohes A lter deuten. Ihre Verwandtschaftsbeziehungen weisen aber nicht auf den benachbarten afrikanischen Kontinent, sondern vielmehr auf Malesien und Südaustralien. So bieten auch die Saxifragaceen biogeographische Belege für das Bestehen der versunkenen „lemurischen“ Landbrücke zwischen Madagaskar und Hinterindien. Ander» seits spricht das Fehlen der Familie in Südwestafrika für eine in der Erdgeschichte zum mindesten sehr weit zurückliegende Trennung von Südafrika und Südamerika.

CCCLXXV.

Saxifraga

L 1) 2) S t e i n b r e c h .

F ra n z .: S axifrag e, c a s s e -p i e r r e ;

engl.: S a x ifra g e ; ital.: san n icola. Ausdauernde und vieljährige (selten 1» bis 2=jährige), rasen* oder polsterbildende Kräuter und Stauden mit meist wenigblütigem (selten vielblütigem), niedrigem Stengel. Leit­ bündel von einer gemeinsamen Endodermis umschlossen. Laubblätter einfach oder i ein­ geschnitten handförmig-zerteilt, wechselständig, seltener gegenständig. Blüten regelmässig (Fig. 932 n), selten zygomorph (Fig. 932 o und 941), einzeln oder in rispigen oder zusammengesetztrispigen Blütenständen. Knospenlage dachig oder klappig, Kelch* und Kronblätter meist je 5, selten bis 9, Staubblätter meist 10, mit rundlichen oder länglichen, 2*lappigen Antheren. Fruchtknoten meist 2* (selten bis 5*)fächerig, frei oder mit der Blütenachse verwachsen. Griffel 2 (bis 5), zuletzt meist spreizend (Fig. 948 e, g). Fruchtkapsel 2* (bis 5*)fächerig, der Fächemaht entlang aufspringend. Samen sehr zahlreich, klein (Fig. 932 q bis z). Die vielgestaltige Gattung umfasst etwa 300 über die gemässigte und kalte Zone beider Hemisphaeren verbreitete Arten. Verhältnismässig wenige Arten reichen bis in die Subtropen, so Saxífraga trídactylítes L., S. Atlántica Boiss. et Reut., S. Oranénsís Munby u. a. bis Nordafrika, S. hederaefólía Höchst, bis Abessinien. Innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes in der gemässigten und kalten Zone zeigen die Saxifragen in doppelter Hinsicht eine ausgesprochene klimatische Abhängigkeit. Ihr Vorkommen ist einerseits ± an die Gebirge gebunden; andererseits fliehen auch die nicht orophilen Arten der Gattung die kontinentalen Tiefländer. Ein Blick auf die Verbreitungskarte der Saxifragen in Europa genügt, um diese Tatsache klar her vor treten zu lassen. V on den weit über 100 europäischen Saxifraga»Arten findet sich nur ein verschwindend kleiner Bruch» teil vorwiegend in der Ebene. In Mitteleuropa sind es von 45 Arten bloss 4 (S. trídactylítes, S. bulbifera, 5. granulata und S. decipiens). Das kontinentale Südosteuropa besitzt, von den Gebirgen abgesehen, nur die beiden S. bulbifera und S. trídactylítes ohne jeden Endemismus, während atlantische Gebiete, z. B. Grossbritannien ohne die Gebirge immerhin noch 8 Hauptarten mit mehreren kleinen Endemismen aufweist, welche Anzahl sich beinahe verdoppelt, wenn man auch die Mittelgebirge berücksichtigt. Polwärts und gipfelwärts dringt die Gattung, soweit überhaupt Blütenpflanzen zu gedeihen vermögen. Saxifraga oppositifolia wurde von L u n d a g e r am Hyde»Fjord in Nordostgrönland bei 83° 15', von L o c k w o o d

*) W i c h t i g e L i t e r a t u r : E n g l e r , A . Monographie der Gattung Saxifraga (1872). — v. H a y e k , A . Monographische Studien über die Gattung Saxifraga 1, Sektion Porphyrion in Denkschriften der Akademie der Wissenschaften Wien Bd. LXXVIII (1905), pag. 611 bis 709. — L u í z et, D. Contríbutíon á l’étude des Saxifrages du groupe des Dactyloides in Bull. Soc. bot. de France LVII (1910) bis L X (1913). — E n g l e r , A. et I r m s c h e r , E. Saxífragaceae»Saxífraga I, Sektionen Boraphila, Hirculus, Robertsonia, Miscopetalum, Cymbalaria, Trídactylítes, Nephrophyllum, Dactyloides in „Das Pflanzenreich“ IV. 117. I (1916). — N . B. W ährend der Bearbeitung erschien der zweite Teil der Monographie von E n g l e r und I r m s c h e r , umfassend die. Sektionen Trachyphyllum, Xanthizoon, Euaizoonia, Kabschia, Porphyrion, Tetramerídíum, Díptera nebst Anhang (Pflanzenreich IV. 117. II, 6. juni 1919). Die umfassende Arbeit konnte nur noch in beschränktem Masse benutzt werden. Gewisse Unter» schiede gegenüber der Bewertung mancher niederer Sippen durch die genannten Autoren mögen daher rühren, dass Engler und Irmscher öfters ganz bestimmten mess» und zählbaren oder sonst auffälligen morphologischen Merkmalen entscheidende Bedeutung beilegten, während für uns die Kombination aller fassbaren Charaktere — namentlich bei gleichzeitiger geographischer Sonderung der Sippen — bei der Bewertung ausschlaggebend waren. 2) V on lat. sáxum = Fels und frángere = brechen, weil die damit bezeichneten Pflanzen (a Saxifraga»Arten auch Silene Saxifraga u. a.) auf Felsen wachsen und diese scheinbar zerklüften können, vielleicht auch daher, weil die Pflanzen gegen Steinleiden angewendet wurden, wozu neben dem Standort auch die Knöllchen am Wurzelstock von Saxifraga granulata (diese A rt ist die eigentliche „Saxifraga* der Autoren des 16. und 17. Jahrhunderts) Veranlassung gegeben haben mögen.

569 in Pearyland bei 83° 24' nördl. Breite gesammelt. In den Alpen reichen mehrere Arten bis 4000 m hinauf (S. muscoides, S. mosdiata, S. aspera subsp. bryoides, S. biflora). Die zentralasiatischen Hochgebirge beherbergen zahlreiche Saxifragen noch oberhalb 5000 m ; einige, wie S. flagelläris Willd., S. Jacquemontiäna Decaisne, S. hemisphaerica Hook. fil. et Thoms. steigen im Himalaya bis zu 6000 m und wohl noch höher. Die hol» arktische S. Hirculus, eine Bewohnerin unserer Moore, erreicht dort 5600 m Höhe. Oekologisch wird die Gattung durch das Vorherrschen von Fels und Felsschutt bewohnenden Arten charakterisiert. Manche sind zugleich fakultative Rasenpflanzen; dagegen gehören eigentliche Rasenpflanzen zu den Ausnahmen. Auch Sumpf» und Moorgewächse sind selten (S. Hirculus L. auf Hochmooren, S. turfösa - Engler et Irmscher); zahlreicher sind hinwieder wasserliebende Begleiter der Quellfluren und Bachufer vertreten (S. stellaris, S. aizoides, S. aquätica Lap. etc.). Eine grosse Anzahl selbst weitverbreiteter Saxifraga»Arten ist phytosoziologisch und oekologisch scharf differenziert und zeigt in ihrem Vorkommen, ganz bestimmte Ansprüche an Pflanzengesellschaft, Klima und Boden. Neben der Grosszahl der „stenosynusischen“, d. h. nur in einer bestimmten oder in einigen wenigen Pflanzengesellschaften vorkommenden Arten ist die Anzahl der „eurysynusischen“ oder gesellschaftsvagen Arten verschwindend gering. Ganze Artengruppen verhalten sich in Bezug auf die soziologisch»oekologische Spezialisierung ähnlich. .So sind z. B. die Arten der Sektion Kabschia grex Mediae, Rigidae, Aretioideae aus» schliesslich kalkstete, chasmophytische Bewohner der Felsritzen, die der Sektion Porphyrion grex Biflorae Festiger des rutschenden Kalk» und Kalkschieferschuttes. Beide Gruppen sind auf die Gebirge beschränkt; die Biflorae sind selten ausserhalb der Thlaspi rotundifolium»Assoziation anzutreffen. Diese soziologisch=oekologische Spezialisierung höherer Sippen deutet auf ein beträchtliches Alter hin; sie gibt auch den Schlüssel zur Erklärung für manches pflanzengeographische Rätsel. So wird es z. B. verständlich, warum ein palaeogener Endemismus wie Saxifraga arachnoidea sich nur an wenigen Punkten der Kalkalpen von Judikarien bis in die Gegenwart hat zu retten vermocht. Wir können uns auch das merkwürdig zerrissene Gesamtareal der alten, wie auch E n g l e r annimmt, sicher tertiären Sektion Kabschia bei engster geographischer Sonderung der einzelnen Arten erklären. Die Gesellschafts» und Standortstreue scheint hier zum biologisch fixierten Merkmal geworden zu sein. Die Sektion Kabschia ist durch endemische Arten vertreten in den Pyrenäen, den Alpen, auf dem Balkan, m Kaukasus, in Afghanistan, im Himalaja und in den Hochgebirgen von China. Bei der grossen Verbreitungsfähigkeit der Samen kann die „Seltenheit“, d. h. die strenge Lokalisierung der einzelnen Arten nur aus der Gesellschafts» und Standortstreue erklärt werden, die hier als arealgestaltender Faktor hohe Bedeutung erlangt. Damit stimmt auch überein, dass der hohe Norden postglacial fast ausschliesslich von anpassungsfähigen Arten besiedelt worden ist (z. B. S. oppositi» folia, S. aizoides, S. stellaris, S. decipiens u. a.), während von den oekologisch eng angepassten, stenoecischen Arten nur sehr wenige eine weitere Verbreitung erlangt haben. Die geographisch»klimatische Sonderung, verbunden mit übereinstimmenden Lebensanforderungen, gelangt auch in den bezeichnenden „ L e b e n s » “ oder „ W u c h s f o r m e n “ zum Ausdruck;. Unter Wuchsform ist der oft trotz naher syste» matischer Verwandtschaft sehr verschieden geprägte Spross» aufbau mit seinen unendlich mannigfaltigen Ausbildungsformen zu verstehen. Die Wuchs» und Anpassungsform werden vor allem von klimatischen, aber auch von edaphischen und bio» tischen Faktoren bestimmt; sie stehen demnach unter dem Ein» fluss der verschiedensten, oft divergierenden Bedingungen. Unser Bestreben muss dahin zielen, aus der ungeheuren Mannig» faltigkeit gewisse, leicht fassbare Grundtypen herauszufinden, die den möglichst getreuen Ausdruck bestimmter Lebensver» hältnisse oder doch eines Teiles dieser Lebensverhältnisse dar» stellen und unter welche sich die übrigen Typenleichtzusammen» fassen lassen. Zu einer befriedigenden Aufstellung von „Lebens» formen“ als Ausdruck der Gesamtoekologie einer Pflanzewer» den wir wohl kaum je gelangen; dagegen ist es möglich „Wuchs» formen“ zu unterscheiden, worin sich wenigstens ein Teil der Gesamtoekologie, vorzüglich die klimatisch»edaphische Seite abspiegelt. So hat R a u n k i ä r eine Reihe von Wuchs» ... „„„ _ c hig. 939. S a x i f r a g a C o ty le d o n L., kultiviert, als Bei­ formen aufgestellt, die in erster Linie der klimatischen Ab» spiel des „Sempervivum-Typus“. Phot, f Inspektor B. hängigkeit der Pflanzengestalt Rechnung tragen. O th m e r, München.

570 Bei der Gattung Saxifraga lassen sich eine Reihe ± gut umschriebener Wuchsformen unterscheiden, von denen hier nur die wichtigsten angeführt sein mögen: 1. Der A r e t i a » T y p u s (Diels) ( = Kugelpolster nach Schröter) ist besonders bei den Sektionen Kabschia, Hirculus, Dactyloides, Trachyphyllum, Porphyrion und Tetra» meridium vertreten. — 2. Der S e m p e r v i v u m » T y p u s (Warming) (Kriechrosettenkissen), vorhanden bei den Sektionen Euaizoonia, Robertsonia, Hirculus. — 3. Der P r i m e h T y p u s (Warming), vorhanden bei den Sektionen Boraphila, Hirculus, Miscopetalum, Robertsonia usw. — 4. Der H y p n u m H y p u s (Luftkrautkissen von Hauri und Schröter), sehr schön entwickelt bei vielen Arten der Dactyloides, ferner bei den Sektionen Trachy6 phyllum, Xanthizoon, Porphyrion usw. — 5. Der B u l b i l l e n » T y p u s (Brutknöllchen»Typus), insbesondere bei der Sektion Nephrophyllum entwickelt. — 6. Der F r a g a r i a H y p u s (Flagellatentypus), repräsentiert durch einige Arten der Sektion Hirculus Gruppe Flagellares und der Sektion Diptera. — 7. Der M i k r o » T h e r o p h y t e n » T y p u s (kleine einjährige Arten) ist insbesondere bei der Sektion Tridactylites vorhanden. Der A r e t i a » T y p u s , prächtig ausgebildet bei den Arten der Sektion Kabschia (z. B. bei S. Vandellii, S. diapensioides und S. caesia), entsteht durch dichten Zusammenschluss der imbrikatlaubigen Nebensprosse von säulchenartigem Wuchs. Zwischen den Sprossen sammelt sidr Erde an, reich an den von den abgestorbenen Blättern herrührenden organischen Bestandteilen. Nebensprosse und Hauptspross entwickeln im Innern des Polsters öfter viele kleine Adventivwürzelchen, die zur Wasseraufnahme aus dem als Schwamm wirkenden Polster dienen. In ähnlicher Weise kommt der S e m p e r v i v u m » oder Kriechrosetten»Typus (Fig. 939) zustande bei S. Aizoon und den übrigen Arten der Sektion Euaizoonia; doch sind hier die Blattsprosse rosettig, nicht säulchenartig, die Grundblätter schliessen weniger dicht zusammen und sind mehr abstehend»ausgebreitet. Auch hier kommt es zur Ausbildung von zahlreichen Nebensprossen, die aber verlängert ausläuferartig sind und am Sprossende die Rosetten tragen. Im Gegensatz zu den Arten des Aretia»Typus sind die Arten des Sempervivum» typus befähigt, sich durch längere, später meist verwesende Stolonen peripherisch auszubreiten. Sehr ver» breitet ist der h y p n o i d e Typus, der öfters Uebergänge zum Aretia»Typus aufweist, in der Regel aber doch gut unterschieden werden kann. Hiezu gehören S. hypnoides, S. aizoides, S. biflora, manche Formen von S. exarata (während andere dem Aretia»Typus beizurechnen sind), dann sehr zahlreiche mediterramorophile Saxifragen. Aus den Achseln der locker rosettig angeordneten Grundblätter entspringen zahlreiche verlängerte Nebensprosse, die sich rings um den Hauptspross ausbreiten und ihrerseits wieder neue Sprosse zweiter Ordnung entsenden. So entsteht ein lockeres, lufterfülltes, dem Boden schwach anliegendes, moosartiges Polster, das meist leicht abgehoben werden kann und nur durch die Hauptwurzel fest verankert bleibt. Durch Fortwachsen der Sprosse in bestimmter Richtung kommen nicht selten guirlandenartige Gebilde zustande (bei S. oppositifolia, S. aspera u. a. A.). Der P r i m e D T y p u s , als dessen Vertreter S. stellaris, S. rotundifolia, S. hieraciifolia genannt sein mögen, ähnelt in seinem Aufbau vielen Arten der Gattung Pri» mula. Ein senkrechtes oder etwas schiefes, festes, unterirdisches Rhizom(Sympodium) mit zahlreichen Faserwurzeln trägt an der Spitze eine meist lockere Blattrosette. Kurze Neben» sprosse, die nach dem Absterben des Haupt» sprosses dessen Funktionen übernehmen, entwickeln sich in den Achseln der Grund» blätter. Uebergänge zum hypnoiden Typus kommen vor (z. B. bei S. stellaris). Zum B u l b i l l e n » T y p u s , der auch als Modi» fikation des PrimehTypus betrachtet werden kann, zählen von unseren Arten S. bulbi» fera, S. granulata und S. cernua. In den Blattachseln am Stengelgrund und oft auch in den Achseln der Stengelblätter entwickeln sich Zwiebelknöspchen (reduzierte Blüten» sprosse). Sie bestehen aus dünnen, fleischigen, chlorophyllosen, aber sehr stärkereichen rig. 940.

S a x i f r a g a „moschata“ als Beispiel des Hypnum-Typus (kultiviert).

Phot. j.

c.

Th. Uphof, Amsterdam.

,

..

Niederblättern, die fest Zusammenschlüssen.

Lösen sich diese Bulbillen von der Mutter» pflanze, so fassen sie leicht Wurzel und entwickeln sich zu neuen selbständigen Pflänzchen, indem die kleine, von den ‘fleischigen Nährblättern umhüllte Zentralknospe ausschlägt. Beim F r a g a r í a » T y p u s (S. flagel» larís,HS. sarmentosa, S. cuscutiformis) entspringen aus den Achseln der Grundblätter zahlreiche weitkriechende,

571 mit wenigen schuppenförmigen Blättchen versehene Ausläufer, die an der Spitze eine Knospe oder eine sich bewur» zelnde Laubblattrosette tragen. Entwickelt sich die Läuferrosette, so entsendet sie ihrerseits wieder neue Stolonen, während die alten, die sie noch.mit der Mutterpflanze verbinden, bald verwesen. Als V ertreter des Mi k r o » T h e r o p h y t e n » T y p u s sei S. tridactylites genannt, deren Samen über Winter keimen, um im ersten Frühling (März bis Mai) zur Blüte und Fruchtreife zu gelangen. Hierauf stirbt die Pflanze a b ; im Sommer ist sie ver» dorrt und unauffindbar. — Mit Ausnahme des sehr schwach vertretenen Mikro»Therophyten»Typus sind alle an» geführten Wuchsformen in hohem Masse an die extremen Bedingungen des Hochgebirges angepasst. Bei manchen nicht alpinen Arten bedeutet der Felsstandort einen Ersatz hochalpiner Verhältnisse. Besonders wirksame Anpassungen an das Hochgebirgsklima mit seiner kurzen Vegetationszeit, seinen starken und oft plötzlichen Feuchtigkeits» und Wärmeschwankungen, seinen heftigen Winden, seiner intensiven Lichtwirkung sind der Aretia», der Sempervivum» und der Hypnum»Typus. Die Grosszahl der Saxifraga»A rten gehören zu einem dieser drei Typen. A ber nicht bloss in den Wuchsformen ist der Orophytencharakter der Gattung deutlich ausgeprägt; auch in der anatomischen Struktur, in Behaarung, in der Drüsen» und Wachsbekleidung, der glänzenden Kutikula, der Kalkinkrustation der Blätter sehen wir orophytische Anpassungen, in erster Linie xerom orpher A rt, Schutz» mittel gegen übermässige Wasserabgabe, gegen starke Licht» und Windwirkung. Der anatomische Blattbau zahlreicher Saxifraga=Arten ist von L e i s t (1890) und kürzlich von L o h r (Untersuchungen über die Blattanatomie von Alpen» und Ebenenpflanzen. Dissertation, Basel 1919) untersucht worden. Die Laubblätter der Saxifragen sind fast durchwegs dorsiventral gebaut. Einen isolateralen Palisadentypus zeigen S. oppositifolia, S. moschata und S. m uscoides; doch können bei derselben A rt verschiedene Ausbildungs» arten beobachtet werden. Ob die Blätter dorsiventral oder isolateral gebaut sind, hängt in weitgehendem Masse von den Standortverhältnissen ab. Auch die Ausbildung von Mesophyll und Palisadenzellen ist sehr von lokalen Bedingungen abhängig. Dies zeigt sich besonders schön am Beispiel von S. stellaris. Exem plare aus einer Quelle (bei 2300 m) besassen eine einzige Palisadenschicht von 100 (u Dicke und ein Schwammparenchym von 308 ,u Dicke; Saxifraga stellaris auf feuchter Wiese gesammelt (bei 1980 m) zeigte 2 Palisadenschichten von zusammen 89 und eine Schwammparenchymschicht von 120 {¿. Bei Exemplaren von trockenem Verwitterungs» boden (bei 2750 m) waren 3 Palisadenschichten von zusammen 152 % Dicke und ein Schwammparenchym von bloss 84 fx Dicke entwickelt. Bei einzelnen Arten erreicht das Palisadengewebe eine ganz aussergewöhnliche Dicke. So wurden bei Sonnenblättern von S. moschata bis 224 fi, bei solchen von S. aizoides bis 235 von S. cuneifolia bis 247 ,u gemessen. Die höchsten Zahlen ergaben sich aber für S. Aizoon, nämlich 326 ,u, 483 p und 510 ¡j,. Bei S. Cotyledon sind bis 7, bei S. lingulata bis 5 Palisadenschichten gezählt worden. Ausschlag“ gebend für die Zunahme des Palisadengewebes sind in erster Linie die Belichtungs» und Feuchtigkeitsverhältnisse. Auch die Kutikula ist meist sehr kräftig ausgebildet, insbesondere bei den alpinen und hochalpinen Saxifragen. S. Aizoon zeigte in Südexposition bei 1980 m eine Kutikulardicke von 10 ,u, bei 2300 m von 19 {¿, bei 2420 m, von 40 Spaltöffnungen sind meist zahlreich vorhanden und finden sich, in der Regel auf der Ober» und Unterseite der Laubblätter. Bei S. rotundifolia, S. cuneifolia und S. Rudolphiana scheinen die Stomata durchwegs (ob ausschliesslich?) auf die Blattunterseite beschränkt. Im allgemeinen sind dieselben auf der Blattunterseite zahlreicher; doch kommt auch der gegenteilige Fall vor (z. B. bei S. aizoides). Bei verschiedenen Arten sind die Spaltöffnungen streng lokalisiert; so finden sie sich nach L e i s t bei S. Cotyledon nur in der Nähe der Blattspitze, bei S. caesia am Blattrande. Die Verringerung des Interzellularvolumens hat nach S t a h l infolge der Verkleinerung der inneren transpirierenden Oberfläche eine Herabsetzung der stomatären Transpiration zur Folge. Tatsächlich besitzen denn auch die an feuchten und schattigen Standorten gewachsenen Saxifragen ein bedeutend grösseres Interzellularvolumen als solche von sonnigen, trockenen Felsstandorten. Die alpine S. moschata hat im Mittel ein Interzellularvolumen von bloss 1 6 % des Gesamt»Blattvolumens, S. muscoides von 14% . Die xerom orphe Blattstruktur ist namentlich bei den hochalpinen Felsenpflanzen deutlich ausgeprägt. Eine Inkrustation der Blätter mit kohlensaurem Kalk findet bei den orophilen Sektionen Porphyrion, Kab» schia, Euaizoonia und Xanthizoon statt. Die Kalkausscheidung erfolgt durch Wasserspalten oder Hydathoden, die zwar auch bei den Arten der übrigen Sektionen vorhanden sind, doch ohne dass bei denselben Kalk ab» gelagert wird. Es handelt sich um sog. Epithemhydathoden, eirundliche Körperchen mit kleinen, chlorophyllosen oder chlorophyllarmen Zellen, an und zwischen denen die Hadromverzweigungen in eine, selten in mehrere (bei S. Aizoon und S. mutata) Wasserspalten auslaufen. Alle Arten der oben genannten Sektionen besitzen dicke, starre, fast knorpelige Laubblätter, deren Oberfläche am Rande und an der Spitze 1 bis viele grübchen» artige Vertiefungen aufweist, worin die Wasserspalten eingesenkt sind (Fig 932 m). Der Kalk gelangt in den Grübchen zur Ablagerung, erfüllt dieselben bald ganz und breitet sich als feiner, hellgrauer, schuppiger Ueberzug auf der Blattoberfläche aus. Dieser Ueberzug dürfte nicht nur die W asserabgabe erschweren; erw irkt auch für das subepidermale Gewebe als Schutz gegen eine allzu starke Lichtintensität und in gewissem Masse auch gegen die schleifende Windwirkung (vgl. hierüber B r a u n » B l a n q u e t , J. VegetationsVerhältnisse der Schneestufe etc.,

572 pag. 57 bis 64). Die Menge des ausgeschiedenen Kalks ist recht ansehnlich. Von 30 Blättern der S. Aizoon gewann U n g e r mehr als 0,5 g kohlensauren Kalk. Auffällig ist, dass die pflanzlichen Parasiten bei den stark inkrustierten Arten nicht häufig sind. So scheinen z. B. Rost« und Brandpilze bei den Arten der Sektion Kabschia zu fehlen. Die kurze Vegetationszeit und die lange Schneebedeckung bedingen bei den Hochgebirgs« Saxifragen eine weitgehende Oekonomie in der Ausbildung der Vegetationsorgane. Einjährige Arten fehlen fast ganz (vgl. S. adscendens). Der jährliche Zuwachs ist gering. Alle V ertreter der Sektionen Euaizoonia, Kab» schia, Porphyrion, Robertsonia, Trachyphyllum, Xanthizoon sowie die meisten Arten der Dactyloides (u. a. auch S. exarata, S. moschata, S. Seguierii, S. muscoides) u. a. A rten — also gerade die hochalpinen V ertreter der Gattung — überwintern mit grünen Stämmchenblättern teils an schneefreien teils an schneebedeckten Stellen. Nicht wenige Arten entwickeln sich unter der Schneedecke bis zur Bildung der Blütensprosse; kurz nach der Schneeschmelze sind sie schon blühreif. Eine ganz besonders weitgehende Anpassung an die kurze Vegetations» zeit aber finden wir bei der Sektion Porphyrion, deren V ertreter den Pflanzenwuchs bis an seine äussersten polaren und nivalen Grenzen begleiten. Saxifraga oppositifolia z. B. hat im Juli auch in den höchsten Lagen bereits abgeblüht; im August reifen die Samen, während in den Spätsommertagen bereits wieder neue Blüten» sprosse angelegt und noch im Laufe des Herbstes fertig gebildet werden. Im Innern der dachig zusammen» schliessenden, laubblattähnlichen Knospenhüllblätter finden wir nicht nur Kelch» und Kronblätter in nahezu normaler Grösse, sondern die letzteren sind bereits intensiv gefärbt; auch das Androeceum und Gynaeceum sind vollkommen differenziert. Eine geringe Streckung der Internodien, verbunden mit der Oeffnung der Knospen» hülle, bewirkt die Entfaltung der Blüte. Man trifft denn auch an warmen Oktobertagen nicht selten vereinzelte herbstliche Vorblüher (namentlich von S. oppositifolia). Andererseits habe ich S. oppositifolia bei 2900 m anfangs Juni hart am schmelzenden Schnee und sogar unter der Schneedecke blühend vorgefunden. Eine ähnliche weitgehende Vorbereitung ist auch bei S. biflora subsp. eu»biflora und subsp. macropetala sowie bei S. retusa zu beobachten. Nach W a r m i n g sind im hohen Norden auch S. Groenlandica, S. hieracifolia, S. nivalis und S. rivularis schon im Herbst sehr weit vorbereitet. Der Pollen ist aber nur selten ausgebildet und die Samenanlagen sind noch nicht entwickelt. Die Laubblätter der öfter an schneearmen oder gänzlich schneefreien Stellen überwinternden Arten (z. B. S. oppositifolia, S. Aizoon, S. exarata, S. moschata, S. aizoides) verfärben sich in der Regel und nehmen im Spätherbst und Winter eine- intensiv rotviolette oder braunrote Tönung an. Der Farbenwechsel ist auf eine reichliche Ausbildung von Anthocyan zurückzuführen. Auch die Blütensprosse und Blütenteile (Griffel, Fruchtknoten) sind nicht selten dunkelrot gefärbt, lieber die physiologische Bedeutung dieser Anthocyan» bildung ist man freilich noch nicht im Klaren. Während die einen ( K e r n e r ) den roten Farbstoff als Schutz gegen übermässige Belichtung betrachten, andere ( E n g e l m a n n , S t a h l u. a.) ihn nur für W ärm e absorbierend und nicht für chlorophyllschützend halten, sieht P a l l a d i n darin eine reine „Atmungsfärbung“. Unter der Schneedecke fand ich alle Saxifraga»Arten stets lebhaft grün; die Verfärbung findet hier nicht statt. Auch in den blütenbiologischen Verhältnissen der Gattung, die namentlich M ü l l e r » L i p p s t a d t , O. K i r c h n e r , A. G ü n t h a r t und E. W a r m i n g 1) näher untersucht haben, gelangt mit grosser Ueberein» Stimmung die Anpassung an die Gebirgsheimat zum Ausdruck. Die Saxifragen sind vorwiegend dichogam; Staubblätter und Narben entwickeln sich zu verschiedener Zeit nacheinander, sodass Selbstbestäubung meist ausgeschlossen und Fremdbestäubung notwendig scheint. Die Stembrechblüte ist dem Besuch kurzrüsseliger Insekten besonders günstig; der am Grunde des Fruchtknotens abgesonderte Honig liegt unmittelbar sichtbar, leicht zugänglich offen. Verschiedenfarbige auffällige Punkte oder Adern am Grunde der Kronblätter, besonders bei Arten der Sektion Euaizoonia, werden als Saftmale aufgefasst, die den Insekten den Weg zur Honigquelle weisen sollen. W ährend an und über der Baumgrenze Hymenopteren und Lepidopteren noch recht zahlreich fliegen, nimmt nach oben zu ihre Bedeutung rasch ab und die kurzrüsseligen Insekten, vorab Fliegen, bilden in höheren und höchsten Lagen weitaus die wichtigsten Blumenbesucher. Tatsächlich sind denn auch Fliegen die überwiegend vorherrschenden Blütengäste der Saxifragen. Noch bei 3000 m beobachtete H. M ü l l e r Fliegen auf Saxifraga androsacea schmausend und auch ich habe in Höhen von 2000 bis 3000 m zahlreiche Fliegen» besuche auf S. caesia, S. Aizoon, S. aspera subsp. bryoides (sehr zahlreich), S. aphylla und S. exarata fest» gestellt. Eine Ausnahme macht S. oppositifolia, die den Honig etwas tiefer birgt und auch Falter und Hummeln zu eifrigem Besuche anlockt. Die Möglichkeit einer spontanen Selbstbefruchtung bei ausbleibendem Insekten» besuch hat sich aber gerade bei dieser frühblühenden und hochansteigenden A rt mehr als bei anderen erhalten. Ameisenbesuch ist namentlich bei Saxifraga aizoides in den Alpen häufig zu beobachten. Zur Hauptsache sind die Steinbrecharten vormäünig (proterandrisch); Saxifraga Seguierii, S. androsacea, S. moschata, S. aphylla, S. Tombeanensis, S. diapensioides, S. Vandellii, S. Burseriana, S. aretioides, S. biflora, S. retusa u. a. sind (ob stets?) vorweibig (proterogyn). Die neueren Untersuchungen haben aber ergeben, dass die meisten dieser*) *) W a r m i n g , E. The structure and biology of A rctic flowering plants. I. Saxifragaceae. Meddelelser om Groenland. Vol. X X X V I (Copenhagen 1909).

573 dichogamen Blüten knospenhomogam sind, d. h. die Didiogamie ist im Knospenstadium noch nicht entwickelt; beide Geschlechter sind gleichweit vorgeschritten und erst beim Aufblühen entsteht durch Zurückbleiben der Narben oder der Antheren Proterandrie oder Proterogynie. H. M ü l l e r und A. G ü n t h a r t halten sich daher zu der Annahme berechtigt, dass die Didiogamie nicht von den Stammeltern der Saxifraga»Arten ererbt worden ist, sondern dass sich diese aus ursprünglich homogamen Blüten unter dem Einfluss des Insektenbesuches heraus» gebildet habe. Hiefür spricht auch der Umstand, dass die Bestäubungseinrichtungen mancher A rten recht schwankend sind. Ganz besonders variabel erweisen sich hierin die nordischen A rten, die öfters autogam sind .l) Die Fortpflanzung und Verbreitung der Saxifragen geschieht auf mannigfachste A rt und Weise. Nur durch Samen, die im allgemeinen sehr gut und rasch keimen, vermehren sich die Einjährigen wie S. tridactylites und S. adscendens. Auf Tonschalen am Licht zum Keimen ausgesetzte Samen letzterer A rt, die ich an einem der höchstgelegenen Standorte in den Schweizeralpen (Piz Tschüffer im Engadin, 2750 m) am 23. August gesammelt hatte, keimten im folgenden Frühjahr innerhalb eines Monats zu 96 °/o. Umso auffälliger ist es, dass in gleicher Weise behandelte Samen von S. oppositifolia, S. Aizoon, S. caesia, S. bryoides, S. muscoides, S. Seguierii, S. exarata, lauter vieljährige Polstergewächse, entweder gar nicht oder doch äusserst schlecht aufgingen (S. oppositifolia aus 2640 m Höhe mit 1 % , S. Aizoon mit 140/°)- Hieraus darf nun freilich nicht ohne weiteres auf Mangel an Keimkraft geschlossen w erden; wahrscheinlich ist, dass die A rt der Behandlung vor und während des Keimens die schlechten Ergebnisse wenigstens teilweise verschuldete (vgl. B r a u n » B l a n qu e t , J. 1. c. 1913, pag. 29). K i n z e l (Frost und Licht als beeinflussende Kräfte bei der Samenkeimung, Stuttgart 1913) fand die Keimkraft der relativ kurzlebigen Saxifraga nivalis zu 100°/o (in 13 Tagen, am Licht; im Dunkeln 0°/o), von S. rotundifolia zu 99°/° (am Licht; im Dunkeln nach 1 lfa Monaten zu 7 % ). Auch die Frosteinwirkung auf die Samen mag von Einfluss auf die Keimfähigkeit sein. An Stelle der Samenbildung tritt bei einigen Arten Fortpflanzung durch Brutknospen, so namentlich bei S. cernua, S. bulbifera und anderen Arten der Sektion Nephrophyllum sowie bei S. stellaris subsp. comosa, seltener und wohl bloss zufällig' bei S. nivalis und S. umbrosa. D e V r i e s (Mutationstheorie I, pag. 459) be» trachtet diese zufällige Erscheinung nicht als Anpassung an spezielle äussere Bedingungen, sondern als Hervor» treten „latenter A nlagen“ und sieht darin ein Beispiel regressiver Artbildung. S. cernua scheint die Fähigkeit Früchte und Samen auszubilden vollkommen verloren zu haben und sich ausschliesslich durch Brutknospen fortzupflanzen; für sie wie auch für die hochnordische S. stellaris subsp. comosa dürfte die de V ries’sche Auf» fassung kaum zutreffen. Eine allmähliche Anpassung an ungünstige äussere Bedingungen scheint in diesem Falle wahrscheinlicher. Zahlreiche Arten, namentlich der Porphyrion» und Dactyloides»Gruppe haben ein fast unbegrenztes Wachstum. Sie bilden häufig Adventivwurzeln, die nach dem Absterben der Hauptwurzel deren Funktionen zu übernehmen imstande sind. Abgerissene Polsterteile vermögen sich dank dieser Bewurzelungsart anderwärts einzuwurzeln, was besonders in Lawinenzügen beobachtet werden kann. So sorgt dieser Vegetationsmodus nicht nur für die Erhaltung, sondern (in geringerem Masse) auch für die Verbreitung der Arten. Ihr Fort» kommen wird dadurch selbst in Gebieten ermöglicht, wo eine Samenbildung nicht mehr regelmässig eintritt, wie auf den Alpengipfeln und im hohen Norden. Der Erhaltung und Verbreitung dienende rosettenbildende Ausläufer, die sich bewurzeln, kommen namentlich in den Sektionen Hirculus (S. flagellaris, S. microgyna), Euaizoonia (S. Aizoon, S. Hostii u. a.), aber auch in anderen Sektionen zahlreich vor. Es liegt, wie schon be= merkt, nicht am Mangel an Ausbreitungs» und Wanderfähigkeit, wenn viele Saxifraga»Arten nur ein ganz be= schränktes Verbreitungsgebiet besitzen; denn die Verbreitungsmittel der Samen sind mannigfaltig. In erster Linie sind diese infolge ihrer Kleinheit und ihres geringen Gewichtes an die Windverbreitung angepasst. Die Samen von S. oppositifolia wiegen nach V o g l e r bloss 0,1 mg, jene von S. aspera, adscendens, granulata u. a. kleinsamigen Arten wohl noch weniger. Zahlreiche Saxifragen sind „Wintersteher“, deren Fruchtstände dürr erhalten bleiben. Die im Spät» herbst noch ausreifenden Samen werden zum Teil mitsamt dem Fruchtstand als „Schneeläufer“ über die Winter» Schneedecke verfrachtet. Besonders häufig beobachtete ich in den Schweizeralpen S. Aizoon, S. aspera subsp. bryoides, S. moschata, S. exarata als „Schneeläufer", Arten, die an den schneefreien Felswänden, Gräten und Windecken allgemein anzutreffen sind. Ferner besitzen zahlreiche Samen Haftorgane in Gestalt von feinen Stacheln und Wärzchen, Emergenzen der Samenschale. Innerhalb der einzelnen Sektionen zeigt sich hierin meist eine grosse Uebereinstimmung. So sind z. B. alle unsere Arten der Sektion Kabschia mit Warzenstacheln versehen, wogegen die Arten der Sektion Porphyrion eine glatte Samenschale aufweisen. Die oft i spindelige Form der Samen, namentlich der Fels»Saxifragen (Sektion Kabschia) erleichtert ihnen das Eindringen in feine ’) In seiner neuesten Arbeit vertritt E n gl e r die Ansicht, dass die Hypogynie und die damit in Ver» bindung stehende Proterandrie bei den Saxifragen als das Ursprüngliche anzusehen ist. Die Autogamie wäre dann aus den Bewegungen der Staubblätter zu erklären, die teils durch ihr eigenes Wachstum teils durch das Wachstum des Blütenbodens bedingt sind. 129 H e g i , Flora. IV, 2.

574 Ritzen und Spalten (Fig. 932 q bis z). Sdiliesslidi sind alle daraufhin untersuchten Samen schwimmfähig und können also auch durdi das Wasser verbreitet werden. Am besten hiezu befähigt sind die meist grossen und glatten Samen der wasserliebenden oder an feuchten, quelligen Standorten wachsenden Arten wie S. aizoides, S. nivalis, S. stellaris und S. hieraciifolia. H e g i (Beiträge zur Pflanzengeographie der bayerischen Alpenflora, 1905) fand Samen von S. aizoides noch nach 17 Tagen schwimmfähig. Bei eigenen Versuchen erhielten sich die Samen mehr als 3 Wochen an der Wasseroberfläche. Von S. nivalis blieben viele, von S. stellaris eine Anzahl 17 Tage sdiwimmfähig. Auch von S. hieraciifolia schwammen nach 13 Tagen noch etwa die Hälfte, während in der gleichen Zeit so ziemlich alle Samen von S. Aizoon, S. bryoides, S. moschata und S. rotundifolia ge» sunken waren; ja die Samen von S. Aizoon und S. bryoides hatten schon nach zweitägigem Versuch ihre Schwimmkraft zur Hälfte eingebüsst. Von den untersuchten Fels»Saxifragen hielten sich nur die Samen von S. caesia teilweise 17 Tage über Wasser. Für die Hochgebirgs»Saxifragen kommt neben der Windverbreitung auch die Verbreitung durch Schmelz» und Regenwasser und durch Lawinen in Betracht. Zoochore (synzoische) Verbreitung der Fruchtstände durch Mäuse konnte bei S. oppositifolia (in Schweden) und bei S. biflora (in Graubünden), endozoische bei S. cernua beobachtet werden. Saxifraga oppositifolia und S. Hirculus sind in Glazialtonen zu Deuben bei Dresden von N a t h o r s t fossil nach gewiesen ; die erstere Art ist auch in den Dryastonen Dänemarks vorhanden. Wir haben hier also direkte Beweise für die Wanderungen alpiner und nordischer Arten während der Eiszeit. Ueber Abnormalien siehe bei den ein» zelnen Arten ) Zahlreiche Steinbrecharten befinden sich in K u l t u r und finden als Rabattenpflanzen, für Felsanlagen oder Steingruppen oder aber als Ampelpflanzen Verwendung. Ausser zahlreichen der später einlässlich beschriebenen Arten kommen als Felspflanzen namentlich in Betracht : S a x i f r a g a l o n g i f ö l i a Lap. aus den Pyrenäen, S. l i n g u l ä t a Bell, aus dem westlichen Mediterrangebiet, S. A i» z o o n L. subsp. c a r t i l a g í n e a (Willd.) Engl, et Irm. aus dem Kaukasus, S. m a r g í n á t a Sternb. aus dem Mittelmeergebiet und den Karpaten, S. por o» p h y l l a Bert, aus dem Mittelmeergebiet, S. m é d i a Gouan aus den Pyrenäen, S. s ä n c t a Griseb. aus Kleinasien und vom Athos bei Saloniki sowie S. j u n i p e r i f ö l i a Adams, aus dem Balkan und Kaukasus. Weitere Verbreitung in Gartenanlagen haben gewonnen: S a x í f r a g a C y m b a l ä r i a L. und S. H u e t i á n a Boissier. Erstere hat nieren» kreisförmige, grob 5= bis 13»zähnige Laubblätter, stets — auch zur Fruchtzeit — aufrecht abstehende Kelchzipfel, goldgelbe, den Kelch mehrfach über» ragende Kronblätter. Sie stammt aus dem Mittel» meergebiet und Kleinasien. S. Huetiäna Boiss., von andern Autoren als Varietät zur vorigen gezogen, unterscheidet sich von dieser Pflanze durch sehr stumpf 3» bis 7»lappige Laubblätter (Ostkarpaten, Kleinasien, Armenien, Kaukasus). Die verwandte S. S i b t h ö r p i i Boiss. aus Grie» chenland hat schon zur Blütezeit zurückgeschlagene Kelchzipfel. S. P e n s y l v á n í c a L. besitzt sehr kleine, grünlichgelbe, doldentraubige, zu langen Rispen angeordnete Blüten. Als Rabattenpflanzen, .. auf Friedhöfen usw. finden vielfach Verwendung: Fig. 941. S a x i f r a g a s a r m e n t o s a L . a Habitus (l/s naturl. Grosse), b Blute. S a x i f r a g a G e u m , S. u m b r o s a , S. h i r s u t a , S. d e c i p i e n s und S. h y p n o i d e s , seltener auch S. a j u g a e f ó l í a L., eine Felsschuttpflanze der Pyrenäen, S. g e r a n í ó í d e s L., ebenfalls aus denPyrenäen und S. tr i fu r c ä t a Schräder aus Spanien. Als Ampelpflanzen sehr

575 beliebt sind S. s a r m e n t ö s a L , Judenbart, französ. : Saxifrage sarm enteuse; engl.: Strawberry»Stone»break, aus China und Japan und die ähnliche, aber kleinere, wenigblütige S. c u s c u t i f ö r m i s Lodd. S. sarmentosa (Fig. 94-1 und 932 o) treibt am Grunde lange, fadenförmige, sich bewurzelnde Ausläufer. Grundblätter gestielt, rundlich, lederig, unterseits rötlich. Blütenstand vielblütig, rispig. Blüten zygomorph. Kronblätter weiss oder rötlich, 3 davon eirund, 2 lanzettlich, spitz, grösser. Die Vermehrung beider Arten geschieht vegetativ durch die Ausläufer. Die durch 2 stark vergrösserte Kronblätter und ein einseitig entwickeltes Nektarium ausgezeichneten Blüten sind proterandrisch. Nach L o d d bringt jeder Satz von gleichwertigen Blüten zunächst 4 bis 5 Tage im männlichen und dann 1 bis 3 Tage im weiblichen Stadium zu, ehe die nächstfolgende Blütengeneration die Antheren zur Reife bringt ; durch diese Einrichtung wird zweifelsohne die Xenogamie begünstigt. S. sarmentosa wurde adventiv in der Südschweiz (wieder» holt um Lugano, 1918) beobachtet. — In ähnlicher Weise ist für Gesimse und Ampeln S. F o r t u n é ! Hooker aus China zu empfehlen. Die Pflanze ist ausläuferlos, hat aber gleichfalls rundlidunierenförmige, gelappte Laub» blätter, blutrote, langbehaarte Blattstiele und weisse Blüten. Ausser den bei den einzelnen Arten aufgeführten Vorkommnissen sind als Seltenheiten a d v e n t i v beobachtet worden : S a x i f r a g a C y m b a l ä r i a L . aus dem Mittelmeergebiet in der Schweiz massenhaft ob der Bahnstation Stäfa und als var. H u e t i ä n a (Boiss.) Engler und Irmscher am Wasserfall von P aroyer zwischen St. linier und Sonvilier im Berner »Jura, S. t r i f u r e ä t a Schrad. aus den Pyrenäen bei Hitzkirch und A arau in der Schweiz, S. c a n a l i c u l ä t a Boiss. et Reuter aus den Pyrenäen bei A arau. 1. Laubblätter gegenständig, vorne abgerundet, stumpf oder i spitzlich und dann unterseits gekielt. Blüten violettrot. I. sect. Porphyrion Tausch . . . . . . . . . . . 2. V. Laubblätter wechselständig ........................................................................................................................................... 4. 2. Diskus am Grunde des Fruchtknotens breit. Stengel mehr» (bis 6»)blütig. Pflanze lockerkriechend. S. b i f l o r a nr. 1408. 2*. Diskus sehr schmal oder fast fehlend. Stengel 1» bis (bei S. retusa var. Baumgartenii) wenigblütig. Pflanze dicht polsterförmig .......................................................................................................................................................................3. 3. Laubblätter lanzettlich, von der Mitte an wagrecht zurückgekrümmt, glatt, glänzend, 5»punktig. Selten im Wallis, Tessin, Salzburg und Steiermark .......................................................................................S. r e t u s a nr. 1410. 3*. Laubblätter länglich»verkehrteiförmig, nur an der Spitze zurückgekrümmt, 1» bis 3»punktig (Fig. 9421). S. o p p o si t i f o H a nr. 1409. 4. Laubblätter starr und hart, dick, fleischig, ungeteilt, verkehrt»eilänglich bis lineabpfriemlich, oberseits grubig punktiert, kalkausscheidend..................................................................................................................................... 5. 4*. Laubblätter verschieden geformt, ohne Grübchen, nicht kalkausscheidend oder bei den Sektionen Xanthizoon und Trachyphyllum 1»grubig, ..................................................................................................................................... 15. 5. Stämmchen säulenförmig, dicht dachig beblättert, polsterförmig zusammenschliessend. Ausläufer fehlend. II. sect. Kabschia E n g l e r ........................................................................................................................................................... 6. 5*. Blätter der Stämmchen rosettig, flach, knorpelig berandet, vielpunktig, reichlich kalkausscheidend. Stämmchen mit Ausläufern. III. sect. Euaizoonia Schott......................................................................... .11. 6. Laubblätter klein, vom Grunde an oder doch an der Spitze zurückgekrümmt 7. 6*. Laubblätter nach vorwärts gerichtet, g r ö s s e r ...................................................................................................8. 7. Laubblätter lanzettlich, vom Grunde an zurückgekrümmt, meist 7»punktig. Kalkstete, verbreitete A lpen p flanze............................................................................................................................................................S. c a e s i a nr. 1411. 7*. Laubblätter i lineal, nur an der Spitze oder fast gar nicht zurückgekrümmt, kürzer und schmäler, 1» bis 5»punktig. Südöstliche K a lk a lp e n .......................................................................................S. s q u a r r o s a nr. 1412. 8. Stengel l=blütig. Laubblätter vom Grunde an in eine scharfe, stechende Spitze verschmälert. Krön» blätter rundlich»verkehrteiförmig. Oestliche K alk alp en ............................. . . S. B u r s e r i an a nr. 1413. 8*. Stengel mehrblütig. Kronblätter k eilig »verk eh rteiförm ig.......................................................... .9 . 9. Laubblätter allmählich in eine lange Stachelspitze verschmälert. Südöstliche Kalkalpen. S. V a n d e l l i i nr. 1414. 9*. Laubblätter stumpf oder mit kurzem, aufgesetztem S p i t z c h e n ................................................................10. 10. Blätter der Stämmchen vom Grunde an verschmälert, keilig, stumpf, mit aufgesetztem, kurzem Stachelspitzchen, 3» bis 5=punktig. Südöstliche K a lk a lp e n ........................................ S. T o m b e a n e n s i s nr. 1415. 10*. Blätter der Stämmchen über der Mitte am breitesten, 7» bis 9»punktig. Wallis. S. d i a p e n s i o i d e s nr. 1416. 11. Blüten gelb oder tiefrot . . . . S. m u ta t a nr. 1421. 11*. Blüten weiss .................................................................................................................................................................. 12 12. Rosettenblätter sehr gross, bespitzt. Stengel vom Grunde an rispig. Schweiz und Vorarlberg. S. C o t y l é d o n nr. 1420. 12*. Rosettenblätter schmäler. Stengel oberwärts rispig . . . . . . . 13129*

576 13. Rosettenblätter schmaUinealisch, ganzrandig oder sehr schwach gekerbt.

Südöstliche Kalkalpen. S. c r u s t a t a nr. 1417. 13*. Rosettenblätter breiter, gekerbt oder g e s ä g t * .................................................................................................. 14. 14. Rosettenblätter gekerbt oder, wenn gezähnt, an der Spitze herabgebogen, sehr gross (5 bis 7 cm lang und 7 bis 10 mm b reit: var. altissima). Südliche und östliche Kalkalpen . . . . S. H o s t i i nr. 1418. 14*. Rosettenblätter deutlich gezähnt, straff, gerade oder einwärtsgebogen . . S. A i z o o n nr. 1419. 15. Laubblätter der Stämmchen lineal»lanzettlich, spitz, einpunktig . . . .16. 15*. Laubblätter weder grannenspitzig noch grubig»punktiert........................................................................... 18. 16. Laubblätter in den Achseln keine Blattknospen tragend, dick, fleischig. Kronblätter gelb, orange oder tiefrot. IV. sect. Xanthizoon Grisebach. Einzige A r t ...................................................... S. a i z o i d e s nr. 1422. 16*. Laubblätter in den Achseln mit Blattknospen, starr, lang stachelspitzig. Kronblätter weiss oder gelbweiss. V . sect. Trachyphyllum G au d in ....................................................................................... ...................................17. 17. Kronblätter 1 so lang als die Kelchzipfel. Südöstliche Kalkalpen . S. t e n e l l a nr. 1424. 17*. Kronblätter 2= bis 3»mal so lang als die K e l c h z i p f e l ....................................... S. a s p e r a nr. 1423. 18. Stämmchen vieljährig, rasen» oder polsterbildend. Laubblätter einfach, länglich oder 2» bis mehrfach ............................. . . . .19. zerschnitten, überwinternd. VI. sect. Dactyloides Tausch 18*. Stämmchen und Laubblätter anders g e s t a l t e t .................................................................................................. 30. 19. Kronblätter sehr schmal, lineal, lang zugespitzt, 3=mal schmäler als die Kelchzipfel. Stengel l»blütig. ....................... S. a p h y l l a nr. 1427. Oestliche K a l k a l p e n ....................................................................................... . 19*. Kronblätter nicht lineal, breiter, nicht zu gesp itzt.............................................. . . . 20. 20. Alle Grundblätter ungeteilt, deutlich spatelig oder verkehrt»eilänglich . 21. 20*. Grundblätter 3» bis 5» (bis 9») spaltig oder ungeteilt und dann lineal . . 24. 21. Kronblätter reinweiss, doppelt so lang als die Kelchzipfel . . . . . . .22. 21*. Kronblätter blassgelb, so lang oder wenig länger als die K e lc h z ip f e l.............................................. 25. 22. Laubblätter breitkeilig, 3»zähnig, beiderseits dicht kurzdrüsig. Stengel bis ll»blütig. Südtiroler Dolomiten ......................................................................................................................................................S. d e p r e s s a nr. 1431. 22*. Laubblätter schmäler, meist ungezähnt, am Rande mit langen, bandförmigen Drüsenhaaren. Stengel 1» bis 3» (selten bis 5») blütig ........................................................................................................ S. a n d r o s a c e a n r . 1430. 23. Pflanze lockerrasig, kriechend. Laubblätter stachelspitzig. Oestliche Kalkalpen. S. s e d o i d e s n r . 1428. 23*. Pflanze dichtrasig»polsterförmig. Laubblätter stumpflich, kurzdrüsig. . S. S e g u i e r i i nr. 1429. 24. Alle Grundblätter lineal bis lineablanzettlich, die abgestorbenen vorne silb erg rau ....................... 25. 24*. Grundblätter 3» bis 9»spaltig, selten ungeteilt, aber dann die letztjährigen braun, nicht silbergrau . 26. 25. Kronblätter 1 ’/s» bis 2»mal so lang als die Kelchzipfel, 3»nervig . . S. m u s c o i d e s nr. 1425. 25*. Kronblätter wenig länger als die Kelchzipfel, 1»nervig oder undeutlich 3»nervig. Südtiroler D o lo m ite n .......................................................................................................................................................S. F a c c h i n i i nr. 1426. 26. Kelchblätter lineablanzettlich. Kronblätter gross, verkehrbeiförmig, keilig, benagelt. Einzig im Wallis. S. P e d e m o n t a n a nr. 1434. 26*. Kelchblätter eiförmig oder länglich eiförmig. Kronblätter nicht b e n a g e lt ........................................ 27. 27. Laubblätter i sta rr; die der sterilen Triebe mit Achselknospen (gemmae). Kelchblätter grannig» b e s p itz t................................................................................. . . . . . . . S. h y p n o i d e s nr. 1436. 27*. Laubblätter ohne A c h s e lk n o s p e n ..........................................................................................................................28. 28. Pflanze lockerrasig. Abgestorbene Laubblätter i entfernt, nicht dichtdachig. Kelchzipfel eiförmig» lanzettlich, spitz. Mitteldeutschland, Böhmen, M ä h r e n ................................... . . . S. d e c i p i e n s nr. 1435. 28*. Pflanze dichtrasig, polsterförmig. Kelchzipfel stu m p flich ........................................................................... 29. 29. Kronblätter doppelt so lang und breiter als die Kelchblätter, gelblichweiss. Laubblätter sehr selten (subsp. leucantha) teilweise ungeteilt, meist 3» bis 5= (bis 7»)spaltig. Blattnerven stark hervortretend. Pflanze klebrig»drüsig, harzduftend (vgl. pag. 6 1 0 / 1 1 ) ....................... ........................................................ S. e x a r a t a nr. 1433. 29*. Kronblätter meist wenig länger und schmäler als die Kelchblätter, i schmutziggelb oder blassgelb. Laubblätter meist wenigstens teilweise ungeteilt, selten (subsp. basaltica) mehr als 3»spaltig. Blattnervatur nicht oder nicht deutlich hervortretend, wenn vorhanden nicht bis in die Blattzipfel reichend (vgl. pag. 608/9). S. m o s c h a t a nr. 1432. 30. Grundblätter alljährlich absterbend, in den Achseln knollige Brutzwiebeln tragend. VII. sect. Nephrophyllum G a u d in .......................................................................................................................... . . . . 31. 30*. Pflanzen ohne Zwiebelchen in den Achseln der L a u b b l ä t t e r .............................................. .34. 31. Blüten zitronengelb. Stengel schwächlich, niederliegend, spinnwebig behaart. Südtirol. S. a r a c h n o i d e a nr. 1440. 31*. Blüten weiss.

Stengel aufrecht . . . .

.32.

577

32. Stengel l»blütig. Untere Laubblätter 5» bis 7»lappig bezw. »spaltig. Selten im Wallis, in Südtirol und S te ie rm a rk ..............................................................................................................' ..................................S. c e r n u a nr. 1439. 32*. Stengel vielblütig. Untere Laubblätter rundlich nierenförmig, g e k e r b t...............................................33. 33. Grundständige und stengelständige Laubblätter mit Zwiebelchen. Stengel vielblätterig. Mähren, Niederösterreich, Südtirol, W a l l i s ........................................................................................................S. b u l b if e r a nr. 1438. 33*. Stengelständige Laubblätter ohne Zwiebelchen. Stengel armblätterig. Verbreitet im Tieflande. S. g r a n u l at a nr. 1437. 34. Ein» oder zweijährige (monokarpische) Pflanzen ohne deutliche grundständige Blattrosette. VIII. sect. Tridactylites Haw................................................................................................. ................................................................................. 35. 34*. Pflanzen ausdauernd . ^.................................................................................................................................................37. 35. Untere Laubblätter rundlich, am Grunde nierenförmig. Stengel niederliegend. Südöstliche Kalkalpen. S. p e t r a e a nr. 1441. 35*. Untere Laubblätter keilig oder spatelig. Stengel a u f r e c h t ..................................................................... 36. 36. Grundblätter zur Fruchtzeit nicht mehr vorhanden. Blütenstiele 2» bis mehrfach länger als die Blüten, zart. Kronblätter klein, ca. 4 mm lang. Fruchtkapsel eiförmig . . . S. t r i d a c t y l i l e s nr. 1443. 36*. Grundblätter zur Fruchtzeit noch vorhanden. Blütenstiele dick, so lang oder kü Blüten. Kronblätter grösser. Fruchtkapsel bim förm ig..........................................................S. a d s c e n d e n s n r . 1442. 37. Blüten gelblich. Stengel reich beblättert. Laubblätter ganzrandig, länglich. Moorpflanze. IX. sect. . . . . . .. . S. H i r c u l u s nr. 1444. Hirculus Tausch. Hieher als einzige A r t ............................. 37*. Blüten weiss, grünlich oder rötlich ....................................................................................................................38. 38. Kapsel fast blasenförmig, über der Mitte oder bis fast zum Grunde aufspringend. Stämmchen unterirdisch. Laubblätter krautig, am Rande nicht knorpelig, bei unseren Arten verkehrt»eiförmig. Kelchblätter i verwachsen, an der Frucht zurückgeschlagen. X . sect. Boraphila E n g le r ................................................................39. 38*. (Vgl. auch 38**). Stämmchen oberirdisch, holzig. Stengel blattlos. Rosettenblätter rundlich oder verkehrbeiförmig, lederig, h knorpelig berandet. Fruchtknoten frei. Staubblätter keulenförmig. XL sect. Robertsonia Haw.............................................................................................................................................................................................. 41. 38**. Stämmchen unterirdisch. Stengel blattlos oder mehrblätterig. Laubblätter krautig, fast kreisrund, langgestielt, am Grunde herzförmig. Staubblätter fädlich oder pfriem lich..................................................................... 43. 39. Kronblätter grünlich oder dunkelpyrpurn, so lang als die Kelchzipfel . S. hi e r a c i i f o l i a nr. 1445. 39*. Kronblätter weiss, länger als die Kelchzipfel, selten fehlend (S. stellaris subsp. comosa) . . 40. 40. Kronblätter verkehrbeiförmig. Im Gebiet einzig im Riesengebirge . S. n i v a l i s nr. 1446. 40*. Kronblätter lanzettlich, spitz, doppelt so lang als die Kelchblätter S. s t e l l a r i s nr. 1447. 41. Rosettenblätter rundlich, am Grunde h herzförmig. Kultiviert . . S. G e u m nr. 1450. 41*. Rosettenblätter am Grunde keilig, nicht herzförmig . . . . .......................................................... 42. 42. Rosettenblätter verkehrbeilänglich. Blattstiele wollig bewimpert. Kapsel 3= bis 4=mal so lang als der Kelch. Kultiviert ............................................................................................................................... S. u m b r o s a nr. 1449. 42*. Rosettenblätter verkehrbeiförmig oder h rundlich, kleiner. Blattstiele kahl. Kapsel 2=mal so lang als der Kelch. Urgebirgsketten: Schweiz, Tirol ..........................................................S. c u n e i f o l i a nr. 1448. 43. Stengel aufrecht, kräftig. Kronblätter weiss, von der Blütenachse deutlich abgegliedert. Staub» blätter fädlich. XII. sect. Miscopetalum Haw. Hieher als einzige A rt . . . . S. r o t u n d i f o l i a nr. 1451. 43*. Stengel niederliegend oder knickig aufsteigend, zerbrechlich. Kronblätter grünlich, den Kelchblättern ähnlich, am Grunde breit, von der Blütenachse undeutlich abgegliedert. Staubblätter pfriemlich. XIII. sect. Discogyne Sternb. Hieher als einzige A rt aus Steiermark .und Kärnten. . . S. p a r a d o x a nr. 1452.

1408. Saxifraga biflöra All. (— S. rösea Lap., = Antiphylla biflöra Haw., = Evaiezoa biflora Rafin.). Z w e i b l ü t i g e r S t e i n b r e c h . Fig. 942 a bis g. Ausdauernd, mit zahlreichen, weitkriechenden, locker verzweigten Stämmchen guir* landenartig den Felsschutt durchspinnend, niemals polsterbildend. Laubblätter gegenständig, dick, fleischig, oft rot überlaufen, fast kreisrund oder rundlich*spatelig, zirka 2,5 bis 5 mm breit, am Grunde in einen kurzen Stiel zusammengezogen, ganzrandig, ohne (selten mit 1) gruben* artige Vertiefung, zerstreut drüsig-bewknpert oder kahl. Stengelblätter rundlich=spatelig, h: drüsig bewimpert. Blütenstand rispig*trugdoldig, (1*) 2® bis 6®blütig. Blütenstiele 2 bis 5 mm lang, dz mit langen, weissen Haaren besetzt und besonders oberwärts dicht drüsig*zottig. Kelch* zipfel (Fig. 942 d) eiförmig, stumpf, kurzdrüsig, doppelt so breit und halb so lang als die tief dunkellila bis purpurvioletten, 3* bis 5®nervigen, lanzettlichen oder verkehrt*eiförmigen Krön*

578 blätter. Fruchtknoten am Grunde mit breitem Diskus. Kapsel kugelig, mit kurzen, vorwärts abstehenden Griffeln. Samen eiförmig, braun, fein papillös, 11 bis 12 mm lan g .— VII, VIII. Auf Kalk und Kalkschieferschutt der Zentral a 1p e n , von etwa 2000 bis 4200 m. Fehlt den Urgebirgsketten. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Westalpen (von den Seealpen bis Savoyen), Piemont, Lombardei, Alpen der Schweiz, von Tirol und Salzburg. Für Steiermark (Eisenhut) zweifelhaft. Zerfällt in zwei Unter» arten I. subsp. eu-biflöra Engler et Irmscher ( — S. biflora auct. sens. strick). Fig. 942 c bis g (exkl. f). Pflanze bis 6»blütig. Kronblätter schmal, lanzettlidi, 3»nervig, öfters wenig länger als die Staubblätter, dunkel» purpurn, beim Trocknen fast schwarz werdend. Stengel und Laubblätter oft dunkelrot überlaufen. Dies ist die häu» figere, in den Kalkgebieten der Oesterreichischen und Schweizer Alpen ziemlich ver» breitete Unterart. Als be» standesfeste Begleiterin der Thlaspi rotundifolium»Associa» tion besiedelt sie den rut» sehenden Kalkschutt mit feudi» tem Untergrund und wächst an diesen durchwegs lange Fig. 942. S a x i f r a g a b i f l o r a All. subsp. m a c r o p e t a l a (Kerner) Rouy et Camus, a Habitus. schneebedeckten Standorten b Blüte./Kronblatt. — S a x i f r a g a b i f l o r a All. subsp. e u -b if lo ra E n g le r et Irmscher. c Habitus. im Verein mit Poa minor, ¿Kelch, e Laubblatt, g, Kronblatt. — S a x i f r a g a o p p o s i t i f o l i a L. subsp. a m p h ib ia (Sünder­ mann). ¿Habitus. /Kelch. ¿Kronblatt. l , m Laubblätter. — S a x i f r a g a o p p o s i t i f o l a L. subsp. Moehringia ciliata, Thlaspi R u d o lp h ia n a Rouy et Camus, n Habitus, o Sprosspitze. p Blüte, q Kelchblätter, r Laub­ rotundifolium, Arabis caeru» blatt. s Kronblatt. t Keimpflanze. lea und A. bellidifolia, Saxi» fraga oppositifolia, Doronicum grandiflorum, Leontodon montanus usw. Ihre Höhenverbreitung reicht im allgemeinen von zirka 2000 bis 3000 m. Sie steigt aber im Wallis (Matterhorn) bis 4200 m, in Graubünden (Hoch Ducan) bis gegen 3050 m, in Tirol (Serles»Kamm) bis 2840 m hinauf. — Aendert ab : var. C h a n o u s i ä n a Vaccari. Laubblätter vorne 3»kerbig. So am Kleinen St. Bernhard. Könnte in den Penninischen Alpen noch gefunden werden. Selten ist die weissblühende f. ä l b a (V acc.): Ollomont zwischen Vallee de Bagnes und A osta; Westalpen. II. subsp. macrop€tala *) (Kerner) Rouy et Camus (= S. Köchii auct. non Hornung, — S. biflöra var. Köchii [Hornung] Fiori et Paoletti). Pflanze (Fig. 942 a, b undf) in allen Teilen kräftiger, öfter l»blütig. Kronblätter breit, verkehrt»eiförmig, 5»nervig, stets bedeutend länger als die Staubblätter, rotlila bis hellpurpurn, beim Trocknen nicht schwarzrot werdend. — Lokal konstant, aber mit Uebergangsformen zur subsp. eu»biflora, die wohl kaum hybrid sind. Seltener als vorige Unterart und meist ohne dieselbe. In der östlichen Schweiz vor» zugsweise in den nördlichen Kalkketten, ziemlich verbreitet im Kalkgebirge der Berner» und Waadtländeralpen, ferner Bagnestal, Nicolai» und Saastal, Simplon, im Wallis (bis 5000 m ansteigend), Alpes de Bex, Sanetsch, Rawyl, Gemmi, Urkantone (Gitschen, Hasenstock, Widderfeld), in Glarus und St. Gallen auf den Kämmen gegen Graubünden (Sernftal, Calfeusertal), in Graubünden am Scopi (2940 m), Segnespass, Flimserstein, Piz Mirutta, Lavadignasgrat, Piz da Sterls (2900 m), Vanezfurka (2400 m), Krachenhorn, Fimberjoch. In Vorarlberg und Tirol selten: Schindlerspitze am Arlberg, Bilkengrat, Schwarzhorn, Sulzfluh, Muttekopf bei Imst, Sondestal in Gschnitz, Rollspitze am Brenner, Wildseespitze in Pfitsch, Windischmatrei, Kais. In Kärnten: Pasterze, Gamsgrube; in Salzburg: Hoher Gang über Ferleiten, Pfandlscharte (2700 bis 3000 m), Nassfeld bei Gastein. —■Kommt auch weissblühend vor.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Ausserhalb des Gebietes mit Sicherheit nicht nachge* wiesen; für Savoyen fraglich (Mont Vergy?). x) Gr. fj,ccxQos [makrös] = lang und nhaXov [pütalon] = Kronblatt.

579 Hinsichtlich der Standortsansprüche und Oekologie stimmen die beiden Unterarten miteinander über­ ein. Auch die subsp. macropetala bildet einen integrierenden Bestandteil der Thlaspí rotundifolium-Association, zu deren bestandestreuen Begleitern sie gehört. S. biflora besitzt gleich der folgenden A rt grüne Winterblätter und entfaltet gleich nach dem Wegschmelzen des Schnees ihre schon im Vorherbst fertig ausgebildeten, von wenigen Knospenhüllblättern umhüllten Blütenknospen. Beide Unterarten sind ausgeprägt p roterogyn ; spontane Selbstbestäubung ist beim Uebergang vom weiblichen zum männlichen Stadium durch Andrücken der Filamente an die Narben ermöglicht. Nach ihrer Wuchsform sind die Pflanzen zum hypnoiden Typus zu stellen. — Für Saxífraga biflora eigentümlich ist der Rostpilz P u c c í n í a F í s c h é r í Cruchet et Major. Auch P y r e n ö p h o r a c h r y s ö s p o r a Niessl, ein Ascom ycet, ist auf S. biflora nachgewiesen worden. Im Nivalgebiet von Grau» bünden fand ich Fruchtstände der Unterart macropetala verschleppt im Baue der Schneemaus (Arvícola niválís).

1409. Saxífraga oppositífólía L. ( = S. caerúlea Pers., = opposítífolía Fourr., =

Antíphylla caerúlea Haw., = A. Evaíézoa oppositífólía Rafín.). R o t e r S t e i n b r e c h . Taf. 142 Fíg. 8 ; Fíg. 942 h bis t, Fíg. 943, 944 und 945.

Nach den rötlichblauen Blüten und dem moosähnlichen Wuchs heisst diese A rt in Kärnten b l a u e s M i e s , b l a u e s S t e i n m o o s (vgl. Saxifraga caesial).

Ausdauernd. Kriechende Stämmcheh zahlreich, locker oder dicht zusammenschliessend und flache Polster bildend. Laubblätter dicht geschindelt, an den sterilen Trieben 4*reihig, starr, dunkel blaugrün, gegenständig, länglich verkehrHeiförmig, dl zugespitzt und an der Spitze zurückgekrümmt, steif bewimpert, auf der Oberseite am Rande mit 1 bis 3 kalkaus* scheidenden Grübchen (Fíg. 942 1, m, r). Stengel niederliegend bis aufsteigend, bis 4 cm, mit 2 bis mehreren gegenständigen Laubblattpaaren, einfach, stets 1»blütig, ± dicht und lang kraushaarig oder fast kahl. Kelchzipfel so lang wie die Kelchröhre, eiförmig, stumpflich, be* wimpert. Kronblätter rötlichlila bis tief weinrot, verkehrt*eiförmig, 5= (mit den gabeligen Ver* zweigungen) bis lOnervig, dreimal so lang als die Kelchzipfel. Antheren so lang wie die Griffel, orange, beim Trocknen grauviolett werdend. Fruchtkapsel eiförmig, kürzer als die nach vorwärts gerichteten Griffel. Samen eiförmig, ziemlich glatt, hellbraun oder schwärzlich, 1,0 bis 1,1 mm lang. — (II) IV bis VII. Weit verbreitet auf Felsen und im Felsschutt der A l p e n . Häufig in den Schweizer, Bayerischen und Oesterreichischen Alpen, von etwa 1800 bis 3540 m. Ausserdem noch am Bodenseeufer, selten im Riesengebirge (Riesengrund, Teufelsgärtchen, Kleine Schneegrube, Kesselkoppe, Aupafalle und zwar als Glazialrelikt), ferner im Hochjura am Colombier de Gex, Reculet. Auf Kalk* und Urgestein. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Alpenkette und Jura, Apennin, Pyrenäen, Sierra Nevada, Auvergne (Pas»de*Roland), Karpaten, Rhodopegebirge des Balkan; Nordeuropa: Grossbritannien, Skandinavien, Lappland; Nordsibirien; arktisches und subarktisches Nord* amerika, Rocky Mountains, Grönland (bis zum 8 3 0 2 4 ' nördl. Breite), Grinnelland, arktisch* amerikanischer Archipel, Inseln des nördlichen Eismeers.

S. opposítífolía ist eine der anspruchslosesten, weitverbreitetsten arktisch-alpinen Samenpflanzen jeder Unterlage, in jeder Exposition besiedelt sie unbesetzte Standorte: Gletschermoränen, Bachschutt, Geröll­ halden, G räte und Felsen, auch Pionierpolster und lichte Rasenbestände der Hochalpen. Sie reicht auch an natürlichen Felsstandorten sehr tief in die Täler hinab : bis 400 m an den Felsen der Cascata di Soladino (Tessin), bis 600 m in der Klus bei Landquart in Graubünden (hier in Gesellschaft von Sesleria caerulea, Prímula Aurícula, Aster Bellídíastrum usw.). Herabgeschwemmt findet sie sich auf den Kiesbänken des Rheins bei 550 m, der Rhone bei Bouveret 380 m, an der Salzach bei Salzburg 400 m. Anderseits steigt die subsp. arcto-alpina bis 3540 m am Triftjoch im Wallis, bis 3465 m am Piz Palü in Graubünden, bis 3250 m am Piz Buin an der Grenze zwischen Tirol und Graubünden (Br.-Bl.). In Steiermark wird die .A rt bis 2996 m, in Oberbayern nur bis 2680 m angegeben. Für unser Gebiet sind folgende gut charakterisierte Unterarten zu erwähnen : I. subsp. árctO-alpínaBr.-Bl. (= S. oppositifolia subsp. eú-opposítífolía Hayek pro parle). Fíg. 943 und 944. Pflanze dicht- oder lockerrasig. Blätter der Stämmchen verkehrt-eiförmig, ± spitz, selten stumpflich, über 2,5 mm lang, meist bis fast zur Spitze lang» wimperig (mit zahlreichen Wimpern), dachziegelig angeordnet, an der Spitze auswärts gekrümmt, 1-punktig (sehr

580 selten 3»punktig), unterwärts i scharf gekielt; zahlreiche sterile Blattknospen in den Achseln der Laubblätter ent» springend. Blüten fleischrot bis purpurviolett, selten weiss. Kronblätter verkehrt»eiförmig oder lanzettlich, 3» bis 5»nervig, spitz oder stumpf. Die allgemein verbreitete Form der mitteleuropäischen Hochgebirge, des nördlichen Europas und der Arktis, die sich in eine Reihe von Varietäten spaltet. Hi eher var. i m b r i c ä t a Ser. em. Br.»Bl. Laubblätter i reichlich und lang bewimpert, l»punktig. Kelch» blätter drüsenlos. Die in den östlichen Alpen verbreitete Form. — Von Wuchsformen seien genannt: f. c o n f é r t a Beyer. Kleinblütige, reduzierte Hochalpenform, habituell an die subsp. Rudolphiana erin» nernd; f. r é p t a n s Anders, et Hesselm. Stämmchen lang» kriechend, mit verlängerten Internodien. In schattigen, feuch» ten Schluchten. Eine gross» blütige Form mit über 10 mm Fig. 943. S a x i f r a g a o p p o s i t i f o l i a L. subsp. a r c t o - a l p i n a Braun-Blanquet. langen Kronblättern (f. g r a n d i » Phot. Dr. W. L ü d i, Bern. f l ó r a Gris, et Schenk) da und dort, nicht häufig; f. s t e n o p é t a l a (Hayek) Br.»Bl. Kronblätter lineaUanzettlich, 1,5 bis 2 mm breit/ zugespitzt; f. a l t e r n i f ö l i a Engler. Blühende Stämmchen mit wechselständigen Laubblättern; f. c a 1c í c o 1 a (Hayek) Engl, et Irm. Laubblätter sehr klein, mit starker Kalkkruste. Wuchs rasig. Auf kalkreichem Boden nicht selten; f. e r i c i f o l í a Engl, et Irm. Laubblätter 4 bis 5 mal länger ais breit, aufrecht, angedrückt. So besonders typisch am Manhart in Krain ; f. c í r c u m c í l í á t a Engl, et Irm. Pflanze dichtrasig. Laubblätter klein, ringsum lang bewimpert. — Geographisch gesondert scheint die var. d i s t a n s Ser. ( = S. Muríthíána Tissiere). Wimpern der Kelchblätter wenigstens teilweise drüsentragend. Laubblätter 1» (selten 5»)punktig, kurz (zirka 0,5 mm lang) und straff bewimpert. Wuchs meist lockerrasig. Westalpen und Pyrenäen. Oestlich bis zum Gott» h ard ; aber auch noch in den Tessineralpen und am Flimserstein in Graubünden (Br.»BL). Hiezu f. V a c c a r i ä n a Schinz ( = f. alternifölia Vacc.) mit wechselständigen Stengelblättern. Schweiz: an den Dents de Mordes und Diablerets. II. subsp. am phibia (Sündermann pro var., = S. oppositifolia L. auct. Bodan.) Br.»Bl. Fig. 942 h bis m und 945. Pflanze locherrasig, mit langkriechen» den, rötlichen Stämmchen. Laubblätter der Stämmchen breit=rundlich, eiförmig, flach, in den kurzen Stiel zusammengezogen, breit, abgestumpft, nur am Grunde langbewimpert (mit 5 bis 6 Wimpern), mit 3 (sehr Fig. 944. ¡S a x if r a g a o p p o s i t i f o l i a L. Phot. Dr. F. H in d e n , Basel. selten weniger) Kalkgrübchen, unterseits fast unge» kielt, vorne stärker verdicht als bei der subsp. arcto»alpina; ohne Laubblattknospen in den Blattachseln. Blüten gross, hellpurpurn. Kronblätter verkehrt»eiförmig, 5=nervig, stumpf, im Mittel 10 mm lang und 4 mm breit (Maximum: Blüten bis 2 cm im Durchmesser; Kronblätter 1 3 mm lang). Blüht von Februar bis Anfang April. Diese ausgezeichnete, von der subsp. arctp»alpina durchaus verschiedene, konstante und fast gar nicht variierende Unterart findet sich zerstreut an zahlreichen Lokalitäten am Bodensee und Untersee auf schweizerischem, badischem, württembergischem und bayerischem Gebiet, ebenso am Rhein bei Thiengen gegenüber der Aare» mündung. Sie zählt hier zu den Charakterarten der Litorella»Association (Fig. 945), deren Standort die zeit» weise überschwemmten Ufermoränen sind. Von Begleitpflanzen seien hervorgehoben: Deschampsia caespitosa var. Rhenana, Heleocharis acicularis, Juncus alpinus, Litorella lacustris und Myosotis scorpioides subsp. caespititia.

581 Nach der Blütezeit werden bei steigendem Wasserstand oft schon im Mai sämtliche Pflanzen über» schwemmt und bleiben bis etwa Ende August vollständig unter W asser. Bei sinkendem W asserstand, wenn ihre Standorte wieder aus den Fluten emportauchen, beginnt ihre eigentliche Wachstumsperiode, die sich bis in die Wintermonate hinein erstredet (vgl. namentlich B a u m a n n , E. Die Vegetation des Untersees, Supplementum. Archiv für Hydrobiologie, 1911, pag. 354 bis 360). Da die subsp. amphibia oder verwandte Form en im Eins zugsgebiet des Bodensees durchaus fehlen, kann schon deshalb an ein rezentes Herabgeführtwerden mit den Alpenflüssen nicht gut gedacht werden, wie H e g t annimmt. W ir dürften es hier mit einem Glazialrelikt zu tun haben, dafc sich den besondern Standortsbedingungen am Bodensee angepasst und zu einer morphologisch selbständigen Rasse herausgebildet hat. Es lässt sich nicht mit Sicherheit entscheiden, ob die direkten Stamm» eitern der subsp. amphibia nordischer oder alpiner Herkunft Waren; immerhin ist letzteres wahrscheinlicher. III. subsp. blepharophylla *) (Kerner) Vollmann. Laubblätter breit verkehrt=eiförmig, vorn abge» rundet oder fast quergestutzt (nicht zugespitzt) und wenig verdickt, reichlich (bisweilen ringsherum) lang gewimpert, an den Rändern etwas eingerollt, an der Spitze mit einem Kalkgrübchen, auf dem Rücken nicht gekielt. Kelch» blätter eiförmig, stumpf, drüsenlos gewimpert. Habituell der vorigen Unterart nicht unähnlich. — Endemismus der östlichen Urgebirgs»Zentralalpen, besonders verbreitet in den Niederen und Hohen Tauern, so in Salzburg: Weissbriachtal, Radstätter Tauern, Alpen des Lungau u sw .; Steiermark verbreitet von zirka 2200 bis 2863 m : Hochgolling, Schladminger Tauern, Hochwildstelle (2400 bis 2740 m), Lechkogel, Hochwart bei Oberwölz, Seckauer Zinken, Hochschwung bei Rottenmann usw., auf dem Bösenstein und der Hochhaide fehlend; K ärn ten : Schwarz» horn im Kleinen Elend des Maltatals. In Bayern nach H a y e k sicher fehlend. IV. subsp. Rudolphiäna 2) (Hornsch.) Rouy et Camus ( = S. oppositifolia L. var. Rudolphiana Kittel, = S. Rudolphiana Hornsch. ap. Koch). Pflanze dicht polsterförmig, in allen Teilen kleiner als die 3 vorhergehenden Unter» arten. Laubblätter dicht gedrängt, dachziegelig, verkehrt»eiförmig, stumpflich, 1,5 bis 2 mm lang. Spaltöffnungen nur auf der Blattunterseite. Obere Blätter drüsig gewimpert. Kelchzipfel reichlich drüsig. Blüten kleiner als bei den anderen Unterarten. Kronblätter freudig purpurn. — An Felsen und auf Felsgrus an schattigen, lange schnee» bedeckten Stellen; vorzugsweise auf Urgestein, doch auch auf Kalk und Serpentin, von etwa 2200 (selten schon bei 1710 m) bis 5230 m. Schweizer» und Oesterreichische Alpen. Fehlt in Deutschland vollständig. In der Schweiz äusserst selten, dürfte aber infolge ihrer habituellen Aehnlichkeit mit nivalen Form en der subsp. arcto=alpina da und dort übersehen worden sein. Sie wird angegeben vom Badus und vom Thäli (Avers) in Graubünden, Bondertal bei Adelboden 1 7 1 0 m (nach L o h r verifikationsbedürftig), Wandfluh (nicht Handfluh 1) in den Freiburger Alpen und Hohmatt oberhalb Melchsee»Frutt (2400 m). — In V orarlberg am Naafkopf und Hohen Rad. Häufiger in den Tiroler Zentralalpen: im Brennergebiet (Hühnerspiel, Finsterstem, Wildkreuzspitze, Wildseespitze usw.), im Pustertal und D rautal: Steineralpe, Glocknergebiet, Muntaniz, häufig mit A ndrosace alpina (2700 bis 3230 m) usw. In den Südtiroler Dolomiten isoliert am Sasso di R occa bei Canazei auf Augitporphyr von 2500 bis 2600 m. Mit dem Tirolerareal hängt das Vorkommen in Salzburg und Kärnten zu» sammen, wo die A rt mehrfach aus den Hohen Tauern (Kitzsteinhorn 3204 m, Gamskarkogel usw., Kreuz» kogel, Pasterze, Türschelwände, Schwarzkopf in der Fusch, Pfandlscharte, Grossglockner) angegeben wird. Ihre Ostgrenze erreicht sie in Steiermark (Hochgolling, Hochwart bei Oberwölz, Reiting). — Vielleicht selbständige Art. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Alpen der Schweiz, von Oesterreich und Oberitalien; angeblich auch in Savoyen (Maurienne und Tarentaise); Karpaten? S. o p p o s i t i f o l i a ist eine fakultative Polsterpflanze. An exponierten Fels» und Gratstandorten schliessen die Laubblattsprosse dicht polsterförmig zusammen (f. p u l v i n ä t a Anders, et Hesselm., = Aretia» Typus); in feuchten Schattenlagen, namentlich an tiefergelegenen Lokalitäten verlängern sich die Sprossinternodien (bis 1 cm lang) und überkriechen guirlandenartig den Felsschutt (f. r ä p t a n s Anders, et Hesselm.), treiben auch öfter Adventivwurzeln. Die dichtbeblätterten Blütensprosse entspringen zu 1 bis 2 an den kriechenden Stengelgliedern. Durch Lawinen oder heftige Winde weggerissene Polsterteile vermögen sich wieder anzu» wurzeln. Die Laubblätter sind Wintergrün; an schneefrei geblasenen Windecken, wo die Pflanze unbeschadet Temperaturen von 30 bis 4 0 0 C aushält, findet man die lebenden Sprosse durch reichliche Ausbildung von Anthokyan meist braunrötlich verfärbt. Schon im Spätsommer und im Herbst werden die Blüten für das nächste Jahr vorbereitet und zeigen oft eine sehr weitgehende Entwicklung. Als Knospenschutz dienen die obersten, zusammenschliessenden Laubblätter. Unter der Umhüllung trifft man sehr oft die nahezu ausgewachsenen rot» gefärbten Kronblätter und ausgebildeten Frucht» und Staubblätter. Im Oktober sind, besonders nach einigen *) Gr. ß/isipccgis [blepharisj = Augenwimper und gr. (pvllov [phyllon] = Blatt; nach den gewim» perten Blättern. a) Benannt nach Karl Asmund R u d o l p h i , geb. 1771 in Stockholm, seit 1797 Professor der Anatomie und Physiologie in Greifswald, seit 1810 in Berlin, gest. 1832. Botanisierte 1826 u. a. in den Radstätter Tauern, wo er die nach ihm benannte Splachnacee Taylöria Rudolphiäna (Hornsch.) Br. eur. entdeckte.

582 warmen Tagen, frisch erblühte Exemplare durchaus keine Seltenheit. Die Hauptblütezeit fällt in die Periode kurz nach dem Schneefreiwerden, also April, Mai. Es kann aber Vorkommen, dass sich einzelne Knospen schon unter der Schneedecke entfalten. S i m m o n s fand im Discovery»Hafen auf Ellesmereland bei 82° nördl. Breite die ersten blühenden Exemplare am 1. Juni. Die jungen Pflanzen gelangen meist erst nach einigen Jahren zur Blüte. Am Grunde des Fruchtknotens wird reichlich Honig ausgeschieden, der Fliegen, Hummeln und Schmetter» linge anlockt. Schon am 8. Juni fand ich Hummeln am Flimser» stein bei 2680 m eifrig blüten» besuchend, während ringsum an flachen Stellen und in Vertiefun» gen noch gewaltige Schneemengen angehäuft lagen. Die Blüten sind zuerst meist proterogyn, gehen aber bald zur Homogamie ü b e r; proterandrische Blüten, von Ek» s t a m aus Nowaja Semlja ange» geben, sind selten. Eine spontane Selbstbefruchtung erfolgt leicht und oft. Die kleinen und äusserst leichten, nach V o g l e r zirka Fig. 945. S a x i f r a g a o p p o s i t i f o l i a L. subsp. a m p h ib ia (Sündermann) Br.-Bl., im 0,0001 g schweren Samen sind Litorelletum bei Wasserburg am Bodensee. Phot. E. S c h m id , München. flugfähig und gelangen auch in ungünstigen Sommern noch in den höchsten Lagen zur Reife (Piz Linard, 3400 m). Der reichlichen Samen» Produktion verdankt die Pflanze wohl nicht zum wenigsten ihre weite Verbreitung. Sie wurde in den Alpen auch als Wintersteher und Schneeläufer beobachtet. Synzoische Verbreitung der Früchte durch Feldmäuse ist in Schweden beobachtet worden. Wie bei zahlreichen Saxifraga=Arten so kommen auch bei S. oppositifolia Blüten mit verkümmerten, pollenlosen Staubblättern vor. L i n d m a r k beobachtete in Schweden auch rein männliche Blüten mit reduzierten Griffeln. Auf Saxifraga oppositifolia lebt parasitisch M e l ä m p s o r a a l p i n a Juel, ein heteroecischer Rostpilz, dessen Uredo» und Teleutosporen Salix herbacea befallen. Nach H a n d s c h i n ist S. oppositifolia in der Nivalstufe der Alpen Futterpflanze für die Raupen eines Schmetterlings (Dasydia tene» bräria). — Unter dem Einfluss einer parasitischen Phytöptus=Art können die Blüten vergrünen. — Der rote Steinbrech ist im Bezirk Sonthofen in Schwaben gesetzlich geschützt.

Saxífraga retúsa Gouan ( = S. ímbrícáta Lam., = S. purpúrea All., = Antiphylla retusa Haw.). G e s t u t z t e r S t e i n b r e c h . Fig. 9 4 6 a bis d. Vieljährig, breite, schildartig fest zusammenschliessende Polster bildend. Grundblätter grün überwinternd, vierzeilig, dicht dachig, dunkelgrün, glänzend, eilanzettlich, spitzlich, von der Mitte an fast rechtwinklig zurückgekrümmt und flach ausgebreitet, am Grunde schwach be= wimpert, sonst kahl, unterseits gekielt und dadurch dl dreikantig, oberseits mit 5 kalkaus* scheidenden Grübchen am Blattrand; die alten Blätter lange erhalten bleibend, schwarzbraun. Blütentriebe aufsteigend, 1 bis 6 cm hoch, langdrüsig oder fast kahl und nur oberwärts spärlich drüsig, 1« bis 2* (selten bis 6*)blütig. Trag* und Vorblätter lineal, dl drüsig. Kelchzipfel eiförmig, etwas länger als die Kelchröhre, stumpf. Kronblätter purpurn, rundlich verkehrt* eiförmig (Fig. 946 d), 3=nervig, plötzlich verschmälert und lang benagelt (Nagel so lang als die Spreite). Kapsel länglich*eiförmig, rötlich; Griffel länger als die Kapsel. Samen eiförmig* elliptisch, gelbbraun, fein punktiert, 0,8 mm lang. — V bis VIII, später als S. oppositifolia. An windexponierten Gräten und schattigen Urgebirgsfelsen der Tessiner und Walliser A l p e n von etwa 2000 bis 3000 m (am Pic Garin im Aostatal bis 3455 m) sowie in Salzburg und Steiermark. Kalkfliehend. Fehlt in Bayern, Tirol, Kärnten, Nieder* und Oberösterreich. 1410«

583 A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g . : Pyrenäen, Alpenkette (vom obern Drancetal bis Steier* mark), Karpaten, Balkan. Bezeichnende Fels» und Felsschuttpflanze der Gneisketten zwischen Maggia» und Aniigoriotal (Tessin); hier zwischen 2000 m (im Onsernone) bis 2795 m (am Sonnenhorn), meist in Nordlage, nur an den obersten Gipfelstandorten auch in S=>SWJExposition üb er­ greifend oft an wintersüber schneefreien Gräten. Die bis über fussbreiten Flachposter vom Aretia» Typus sind äusserst windhart und gegen die Abrasion schleifender Schneekristalle Widerstands » fähiger als die meisten anderen Polstergewächse.

An windgefegten, wintersüber wohl fast stets schneefrei gehaltenen Gratrücken oberhalb Pia» naccio (Valle di Campo=Maggia) bei 2200 m wächst Saxifraga retusa in Menge zusammen mit vereinzelten, stark winderodierten Polstern von Carex curvula und Festuca Flalleri, sowie mit folgenden Arten : Juncus trifidus, Salix her» bacea, Polygonum viviparum, Silene acaulis, Mi» nuartia recurva (häufig), Trifolium alpinum, Loise» leuria procumbens, Vaccinium uliginosum, Pri» mula hirsuta All., Phyteuma hemisphaericum. Fig. 946. S a x i f r a g a r e t u s a Gouan. yar. A u g u s ta n a Vacc. «Habitus. Wie bei allen Arten der Sektion Porphyrion b, c Laubblätter, d Kronblatt. - S a x i f r a g a s q u a r r o s a Sieber et Tausch. wird die Blüte schon im Herbst und während des e, f Habitus, g Steriler Spross, h Stengelstück (vergrössert). I Keim­ pflanze. k Samen. Winters sehr weit vorgebildet und entfaltet sich bald nach dem Fortschmelzen des Schnees. Vom Winde oder von den Lawinen weggerissene Polsterstücke vermögen sich wieder anzuwurzeln und könnnen so zur Verbreitung dienen. In den westlichen Tessineralpen (Onsernone [hier bereits 1839 von B e r t o l o n i an» gegeben], Campo, Bosco) ist die Art verbreitet und stellenweise häufig, so namentlich in der Kette des Rosso di Ribbia und der Sonnenhorngruppe. Aus dem Wallis wird sie vom Pizzo Cervandone im Binntal, vom Simplon und Monte Rosa (hier von Eduard K r a u s s entdeckt: St. Vincent Hütte, 3150 m) angegeben; häufiger ist sie in den südlich angrenzenden Gebirgen des Aostatals. Zwischen dem westalpinen Areal, das östlich bis zum Maggiatal reicht, und dem ostalpinen in den Salzburgeralpen und Obersteiermark (Hochgolling, Schwarzkopf in der Fusch, Nassfelder Tauern, Hochreichart, Zirbitzkogel, Seckauerzinken, Reiting etc.) klafft eine weite Lücke. In der Schweiz nur die var. B a u m g a r t é n i i (Schott) Velen. (— S. Wulfeniäna Schott) mit niedrigem, 1» bis 2»blütigem Stengel und kahlen Kelchblättern. — Die westalpine var. A u g u s t a n a V acc. zeichnet sich aus durch höheren (bis 10 cm hohen) Blütenspross, mehr» (bis 6»)blütigen Stengel, reichliche Drüsenbehaarung und drüsigen Kelch. Im Gegensatz zu der weiterverbreiteten kalkfliehenden var. Baumgarténii ist var. Augustana (nach Vaccari) Kalk» pflanze. — Die Blüten sind ausgesprochen proterogyn und werden oft von Fliegen besucht; Autogamie ist möglich.

1411« Saxifraga cæsia L. ( — Chondroséa caesia Haw., = Evaiézoa caesia Rah, = Saxi* fraga caesia L. var. typica Fiori et Paol., = S. recurvifölia Lap.). B l a u g r ü n e r S t e i n b r e c h . Taf. 142, Fig. 9 und Fig. 947. Nach den moosähnlichen Polstern heisst diese und andere Arten (z. B. S. squarrosa) w e i s s e s S t o a n m i e s (Kärnten).

Vieljährige HalbkugebPolsterpflanze. Stämmchen sehr zahlreich, dicht schildförmig zusammenschliessend. Grundblätter dadtziegelig, rosettig, bogig zurüdegekrümmt, am Rande umgebogen, blaugrün, dick und starr, linealdanzettlich, spitzlich, oberseits am Rande mit 5 bis 7 (bis 9) kalkausscheidenden Grübchen, oft von einer hellgrauen Kalkkruste überzogen, gegen den Grund bewimpert, unterseits mit 2 tiefen Längsfurchen. Stengelblätter 3 bis 6, lineal* spatelig, kurzdrüsig oder kahl. Stengel aufrecht, 3 bis 12 cm hoch, U bis 5* (bis 8*)blütig, oberwärts zerstreut drüsig. Kelchzähne stumpflich, etwas länger als die Kelchröhre, drüsig. Kronblätter weiss, 2 bis 3*mal so lang als die Kelchzähne, verkehrt-eiförmig, 5=nervig. Kapsel rundlich, fast kugelig. Samen graubraun, rundlich*eiförmig, feinstachelig*warzig, 0,5 bis 0,6 mm lang. — VII bis IX.

584 Kalkstete Spaltenpflanze der alpinen Stufe; auch im Ruhschutt und in offenen Be* ständen von Carex firma und Sesleria caerulea. Verbreitet durch die ganze Al penket t e und nur in den zentralen Urgebirgsmassiven auf grössere Strecken hin fehlend (Gotthardmassiv und angrenzende Teile der Adulagruppe, Silvrettastock, Urgebirgsmassive von Südtirol). In den bayerischen Kalkalpen ausnahmsweise (am Königssee) bis 600 m herab* und bis 2470 m hinaufsteigend, in Tirol von 500 m (Kufstein) bis 2660 m (am Gipfel der Hohen Munde), in Niederösterreich am Oetscher bis 600 m herab, in der Schweiz von 760 m bis 3005 m, am Piz Nair (Ofenpass) (Br.*BL). Die tiefgelegenen Lokalitäten sind Lawinenzüge, feuchtschattige Felsschluchten usw. Herabgeschwemmt findet sich die Art in Oberbayern in den Isarauen von Lenggries bis Ebenhausen und im Berner Oberland an der Lütschine bis 700 m. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Pyrenäen, Alpenkette, Apennin, Karpaten, Illyrien. S. caesia ist ein alter, wenig veränderlicher Typus. Nach der Drüsenbekleidung lassen sich wie bei zahlreichen anderen Saxifraga»Arten folgende Formen unterscheiden: f. t y p i c a (Beck pro var.) Br.»Bl. Stengel kahl oder fast kahl, nur die Blütenstiele und Kelchblätter spärlich drüsig. Verbreitet. — f. g l a n d u l o s i s s i m a (Engler pro var.) Vollmann. Stengel, Stengelblätter und Blütenstand dicht drüsig»klebrig. So z. B. auf der Rax» alpe in Niederösterreich, am Piz Alv im Oberengadin, Berninaheutal, Täli im Avers, Umbrail (italienische Seite) u. a. — f. e g l a n d u l ö s a Br.»Bl. nova forma. Stengel, Blütenstiele und Kelch völlig drüsenlos. So bei Vättis (St. Gallen, 1100 m), Hutzelberg im Gschnitztal (Tirol) u. a. — Wuchsformen sind: f. s u b a c a ü l i s (Hausm. pro var.). Nied» rige, fast stengellose Zwergform. Stern» peljoch im Inntal, Stilfserjoch. — f. 1 a x i » f o l i ä t a Vollmann. Stämmchen ver» längert, locker beblättert. Laubblätter weniger grau. Geishorn, Reiteralpe, Reichenhall in Bayern, Piz Alv am Ber» nina, Unterengadin, Umbrail, Monte Tombéa im Val Vestino etc. — Eine grossblütige Abänderung var. B a l d e n s i s Massaongo mit Kronblättern, die 4= bis 5»mal so lang sind als die Kelchzipfel, am Monte Balclo. Saxifraga caesia mit ihrem festen Blattschild gehört zu den bestangepassten, windhärtesten Pflanzen der wintersüber schneefreien „Windecken“. Sie ist wie S. retusa sehr widerstandsfähig gegen Schneegebläse und Schneeschliff. Bei der Berasung und Festigung offener Kalk»Schuttböden der alpinen und subnivalen Stufe spielt sie eine wichtige aufbauende Rolle als Pionier der Carex firma»Assoziation in Gesellschaft von Sesleria caerulea, Festuca pumila, Carex rupestris, C. firma und C. mucronata, Salix serpyllifolia, Polygonum viviparum, Minuartia verna, Silene acaulis, Arenaria ciliata, Draba aizoides, Sedum atratum, Helianthemum alpestre, Viola calcarata, Anthyllis Vulneraria var. alpestris, Gentiana verna und G. Clusii, Bartsia alpina, Campanula cochle» ariifolia, Crépis Jacquinii etc. — Die Blüte ist ausgeprägt proterandrisch. Wie bei S. Aizoon so entwickeln sich auch bei S. caesia die Staubblätter einzeln nacheinander. Bei der Pollenreife biegen sich die Antheren nach der Mitte zu auf die noch unentwickelten Griffel, um sich nach der Entleerung wiederum aufzurichten. Neben Fliegen wurden auch Käfer, Hummeln, Schmetterlinge und Ameisen als Blütenbesucher verzeichnet. — Wie die verwandte S. squarrosa zählt auch S. caesia in Bezug auf die Wuchsform zum Aretia»Typus.

1412. Saxifraga squarrösa Sieber et Tausch ( = S. cæsia L. var. squarrosa Fiori et Paol., = S. cæsia Scop. non L., =• S. imbricäta Bert.). S p a r r i g e r S t e i n b r e c h . Fig. 946 e bis k und Fig. 947. Pflanze feste, vieljährige Polster bildend. Stämmchen zylindrisch, dicht dachig beblättert, die dürren Blätter lange erhalten bleibend, dunkelbraun. Rosettenblätter linealdänglich, starr, grau* grün, nur am Grunde bewimpert, stumpflich oder kurz bespitzt, gerade vorwärts gerichtet

585 oder nur an der Spitze i nach aussen gebogen, oberseits mit 1 bis 5 Kalkgrübchen, unter* seits am Rande mit zwei tiefen, parallelen Längsfurchen. Stengel zart, niedrig, 3 bis 8 cm hoch, kahl oder dl reichlich drüsenhaarig, 3* bis 6=blättrig. Blütenstand trugdoldig*rispig, 2* bis 7*blütig. Kelchzipfel eiförmig, stumpf, am oberen Rande trockenhäutig, dl kurzdrüsig gefranst oder drüsenlos, so lang als die Kelchröhre. Kronblätter weiss, rundlich verkehrt*eiförmig, 3* bis 5*nervig, doppelt so lang als die Kelchzipfel. Kapsel kugelig, mit spreizenden Griffeln. Samen eiförmig, zerstreut warzig*stachelig, 0,6 mm lang. — VII, VIII. Auf Felsen und Felsschutt, steinigen Weiden der südöstlichen Kalk alp en (Südtirol, Kärnten, Steiermark, Krain und Küstenland), zwischen 1200 und 2500 m ; an schattigen, feuchten Felswänden auch tiefer, so zwischen Pirkach und Zabrotgraben in Tirol noch bei 620 m. — Fehlt in D e u t s c h l a n d und in der S c h w e i z vollständig. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Ausserhalb des Gebietes nur noch in den benach* barten Venetianischen Alpen. Aendert wie S. caesia hinsichtlich der Drüsenbekleidung: f. gl a n d u l o si s si m a (Beyer pro var.). Stengel dichtdrüsig. So in Tirol am Monte Pavione im Fassatal und auch am Schiern. — f. g l a b r ä t a (Hausm. bei Dalla Torre et Sarnthein pro var.). Stengel ganz kahl, verlängert 4» bis 7»blütig, schlank. Fischeleintal in Sexten in Tirol und wohl noch anderwärts. S. squarrosa wird von einigen Autoren zu Unrecht mit S. caesia vereinigt, stellt aber sicher eine gute A rt dar, die sich von S. caesia schon durch die schmaUinealen, nicht lanzettlichen, gerade nach vorwärts gerichteten oder nur an der Spitze i zurüdegekrümmten Laubblätter mit 1 bis 5 (statt 5 bis 9) Kalkgrübchen hinreichend unterscheidet. Gleich wie S. caesia ist auch S. squarrosa kalkstet. Am Schiern wächst sie nach He g t an steinigen Rasenstellen zusammen mit Sesleria sphaerocephala, C arex firma, Salix serpyllifolia, Chamae« orchis alpinus, Anemone Baldensis, Draba aizoides, Erigeron uniflorus, Achillea Clavenae, Leontopodium alpinum u. a. Arten. — Die Blüten sind proterandrisch und werden meist von Dipteren besucht.

1413. Saxifraga Burseriana1) L. ( = Chondroséa Burseriana Haw., = Evaiézoa Burseriana Rafin.).

B u r s e r ’s S t e i n b r e c h .

Taf. 142, Fig. 4.

Ausdauernd, dichte, feste HalbkugehPolster bildend, mit zahlreichen nichtblühenden, dicht dachziegelig*anliegend beblätterten Stämmchen. Grundblätter 6 bis 9 mm lang, hell grau* grün, knorpelrandig, lineallanzettlich, scharf dreikantig, allmählich in eine feine Stachelspitze ver* schmälert, kahl, nur am Grunde steif kurzwimperig, 7*punk'tig, unterseits 2*rinnig. Stengel* blätter etwas kürzer, ähnlich geformt, zahlreich (5 bis 7), am Rande, namentlich gegen den Grund i drüsig bewimpert. Stengel aufrecht, einblütig, 3 bis 8 cm hoch, rötlich, dicht und langdrüsig. Kelchzipfel eiförmig, 4 bis 5 mm lang, zugespitzt, drüsig bewimpert, so lang oder kaum länger als die drüsige, rötliche Kelchröhre. Kronblätter verkehrt*eiförmig, vorn breit abgerundet, weiss mit dunkleren Nerven, am Rande schwach gekerbt, mindestens doppelt so lang als die Kelchzipfel. Staubfäden fädlich, wenig länger als die langen, nach vorwärts ge* richteten Griffel. Kapsel rundlich*eiförmig, kürzer als die Griffel. Samen hellbraun, eiförmig, glatt, 0,5 mm lang. — III bis VI. Kalkstete Felspflanze des östlichen Al penfl ügel s (vom Kaisergebirge in Nordtirol an östlich bis zum Wiener Schneeberg und vom Gardasee bis in die südöstlichen Dolomiten) ; zwischen 200 und 2500 m (auf dem Gipfel des Hochstadel). • A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Ausserhalb des Gebietes nur noch in den angrenzenden Venetianischen Alpen. Diese endemisch.alpine A rt besitzt zwei Hauptverbreitungsbezirke : einen ersten in den südöstlichen Kalkalpen, wo sie namentlich in den Südtiroler Dolomiten und in den angrenzenden Venetianischen Alpen ') von Kaspar Herzogtums Upsala und

Nach Joachim B u r s e r , geb. 1583 zu Kamenz in Sachsen, einem der erfolgreichsten Mitarbeiter Bau hin, dessen Entdeckungen dieser in seinem Pinax verwertete. Er bereiste 1620 einen Teil des Salzburg, wo er an den Radstättertauern unsere Pflanze entdeckte. Sein Herbar kam frühzeitig nach wurde dort von Linné ausgiebig benützt.

586 (Schiern, Fassatal, Umgebung von Trient) zahlreich vorkommt und durch Kärnten bis Krain reicht, einen zweiten im nordöstlichen Kalkalpenzug: selten in Südbayern (zwischen 600 und 1600 m in den Salzburger A lpen: Kampenwand, Brünnlingsalpe, Haaralpschneid, Untersberg, Engeret, Königsseeufer und Eiskapelle) und Nordtirol (Stripsenjoch, 1600 bis 2200 m), Salzburg, (tief im Buchweissbachgraben bei Saalfelden, 650 m), Obersteiermark, Oberösterreich, Niederösterreich (Oetscher, Schoberstein bei Steier, Schneeberg, am Notten des Hochkors u. a.). Die W estgrenze bildet im Norden der Inn, im Süden wie für Minuartia A ustriaca und Achillea Clavenae das Tal des Oglio (Val Camonica). Aus den Zentralalpen sind nur einige wenige verbindende Fundorte bekannt (Prissianer Tal im Vintschgau, Peitler, Gnadenalpe in den Radstätter Tauern), die wohl als Arealrelikte auf» zufassen sind (vgl. hierüber das bei der gleichfalls bharealen S. mutata Gesagte). Auf den Alluvionen bei St. Bartholomae am Königssee erscheint die A rt als „Schwemmling“ neben Trisetum distichophyllum, Gypso» phila repens, Arabis alpina, Hutdünsia alpina, Saxifraga caesia, Dryas octopetala, Athamanta Cretensis, Linaria alpina, Erica carnea, Galium Helveticum, Leontopodium alpinum, Petasites niveus, Rumex scutatus, Equisetum variegatum usw. Die gewöhnliche Form ist die var. m i n o r Sündermann mit ca. 5 bis S mm langen, am Grunde etwa 1 bis 1,5 mm breiten Laubblättern und 5 bis 9 mm langen Kronblättern. — Kultiviert anzutreffen ist die var. m a i o r Jenkins mit doppelt so grossen Laubblättern und bis 1 5 m m langen Kronblättern. Diese letztere findet namentlich in England vielfach als Schmuck von Steingruppen und zu Beeteinfassungen Verwendung. — S. Burseriana zählt zu den typisch aretioiden V ertretern der Gattung. Die Bestäubungseinrichtungen sind namentlich von G ü n t h a r t eingehend untersucht worden. Der Nektar ausscheidende Ring ist schm al; der Honig liegt ziemlich tief und wird von den untern Teilen der Filamente und den am Grunde aufsteigenden Kronblättern überwölbt. Die ausgesprochen proterogynen Blüten fand Günthart von zahlreichen Honigbienen besucht, auch Dipteren befliegen die Blüten, scheinen aber bei S. Burseriana die Kreuzung nur in sehr unvollkommener Weise zu vermitteln. Die Bienen fliegen meist auf die Mitte der Blume an, halten sich an den Griffeln fest und führen während der Ausbeutung des Nektars drehende Be» wegungen aus. Nach der Befruchtung färben sich die Griffel intensiv rot.

1414. Saxifraga Vandellii') Sternb. ( = S. Burseriana Sut. non L , = S. Burseriana L. var. Vandellii Don, = S. Burseriana L. ß spinösa Pers., = S. püngens Clairville, = Chondrosea Vandellii Haw., = Evaiezoa pungens Raf.). V a n d e l l i ’s S t e i n b r e c h . Fig. 948 a bis e und Fig. 957 a. Ausdauernd. Hauptwurzel Jcräftig, tief eindringend. Stämmchen zahlreich, dicht ge* drängt, feste Halbkugelpolster bildend, dicht dachziegelig anliegend beblättert. Grundblätter lange (6 bis 8 Jahre) erhalten bleibend, starr, lanzettlich, knorpelig berandet, allmählich in die steife Stachelspitze verschmälei t, 5 bis 7,5 mm lang und 1 bis 2 mm breit, am Grunde rötlich, auf der Innenseite mit 5 bis 7 grubenartigen Vertiefungen (Fig. 948 e), gegen den Grund i wimper* zähnig, sonst kahl, unterseits 2*rinnig. Stengelblätter 5 bis 10, lineal* lanzettlich, allmählich in die scharfe Spitze verschmälert, drüsenhaarig. Stengel aufrecht, 5 bis 6 cm hoch, dicht drüsen* haarig. Blütenstand gedrungen, 3* bis 6*, selten mehrblütig, d: trugdoldig zusammengezogen, fast ebensträussig. Blütenstiele 1* bis 2*mal länger als der Kelch, drüsig. Kelchblätter dicht* drüsig; Zipfel deutlich länger als die Kelchröhre, lanzettlich, stumpflich oder ± zugespitzt. Kronblätter milchweiss, 10 bis 12 mm lang, 2,5* bis 3*mal so lang als der Kelch, verkehrt* eiförmig, keilförmig in den Grund zusammengezogen. Kapsel kugelig*eiförmig, zirka 4 bis 5 mm lang; Griffel spreizend. Samen spindelförmig, bespitzt, fein langstachelig, 0,7 mm lang. — V, VI. Sehr selten in Ritzen sonniger Kalkfelsen der südöstlichen A l p e n ; zwischen 1000 und 2600 m an der Südostgrenze von Graubünden und Südtirol. Im Gebiet selbst bloss an wenigen Punkten Judikariens im südwestlichen Südtirol (Fig. 957 a ) .- Malga Stabolete im Val Daone, Cima del Frate, Stabol fresco, oberhalb Varassone, Clevel, Alpe Scortegada, Cleoba, Monte Bondol, Monte Resta. Im südöstlichen Graubünden bis hart an die Schweizergrenze (Val Fraele); ist möglicherweise auch noch auf Schweizer Boden aufzufinden. ’) Nach Domenico V a n d e l l i von Padua, der 1762 die Gebirge östlich des Comersees botanisch durchforschte und dabei die A rt entdeckte.

587 A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Ausserhalb des Gebietes in den Bergamasker Alpen zwischen Corner** und Gardasee, nordwärts bis Bormio und bis zum Ortlerstock vordringend, westlich bis zu den Comi di Canzo zwischen Lecco und Como. Die A rt zählt zu den Charakterpflanzen der Potentilla caulescens.Assoziation (südostalpine Fazies). In den an alten Endemismen reichen Gebirgen zwischen Comersee und V alBrem bana schmücken ihre graugrünen, stacheligen Halbkugelpolster die nackten, pflanzenarmen Kalkwände im Verein mit Sesleria microcephala, C arex refracta, Arabis pumila, Saxifraga caesia und S. mutata, Primula Auricula, Gentiana Clusii, Valeriana saxatilis, Campanula Raineri, Phyteuma comosum (so am Zucco di Campelli oberhalb Introbio). — S. Vandellii zählt zu den schönsten V ertretern des Aretia»Typus.

1415.

Saxifraga Tombeanensis1) Boiss. (= S. diapensioides auct. Tir. p. p.). T o m b e a n e r

S t e i n b r e c h . Fig. 948 f bis k und Fig. 957 b. Pflanze feste, vieljährige Polster bildend. Stengel aufrecht, 5 bis 12 cm hoch, dicht beblättert, dicht drüsenhaarig*klebrig. Sterile Laubblattriebe rosettig, fest zusammenschliessend, imbrikat* laubig (d. h. Blätter sich dachig deckend), zylindrische Stämmchen bildend. Rosettenblätter starr, länglich*eiförmig, gegen den Grund am breitesten, 2 bis 6 mm lang und 1 bis 2,5 mm breit, stumpflich, mit aufgesetztem, kurzem, einwärtsgebogenem Stachelspitzchen, knorpelig berandet und am Rande steif bewimpert, sonst kahl, oberseits konkav, am Rande mit 3 bis 5 Grübchen, unterseits konvex mit 2 tiefen Längsfurchen. Stengelblätter zahlreich (6 bis 12), lineal, zugespitzt, drüsigsklebrig. Blütenstand zusammengezogen, wenigblütig (1* bis 5*, meist 3*blütig), traubig oder fast scheindoldig. Blütenstiele so lang oder länger als die Blüten, drüsig. Kelchblätter drüsig, d: 5 mm lang, eilänglich, zugespitzt. Kronblätter 2* bis 3*mal länger, weiss, breit ver* kehrt*eiförmig, vom abgerundet, handförmig 5* bis 7*nervig, keilig in den Grund verschmälert. Kapsel kugelig*eiförmig. — V, VI. An Kalkfelsen der Judikarischen Alpen von S ü d t i r o l , zwischen 1200 und 2 3 0 0 m ; herabgeschwemmt im Bachbett zwischen Magasa und Carignano bis 600 m. Diese erst 1853 am Monte Tombea im Val Vestino entdeckte A rt hat ähnlich der Saxifraga arachnoidea ein höchst beschränktes Verbreitungsgebiet, das sich vom Idrosee östlich bis zum Lago di Garda erstreckt: Uebergang von Castell Thunn nach Fennberg im Nonsberg, Alpe Dablino bei Stenico, Val di Ledro: an den Kalkwänden der Alpen im Val Concei nicht selten, Lenzumo, B occa di Tratte, Monte Corone del Gui, zwischen Bocca di Saval und der Grotta Rossa u sw .; am Monte Baldo von zirka 1600 bis 1800 m in grossen, fussbreiten Rasen. Der am weitesten gegen die Zentralalpen vorgeschobene Fundort liegt am Mendelpass oberhalb Tramin. — Ihr nächstverwandt ist die westalpine S. diapensioides Bell., die in Tirol fehlt. — Abänderungen sind nicht bekannt.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Ausserhalb des Gebietes nur noch in den benachbarten Gebirgen der Lombardei am Idrosee: Felsen des Monte Cloch nahe Idro, 400 bis 600 m. Die A rt (Fig. 957 b) ist ein alter Endemismus, der die Eiszeiten in seinem heutigen Gebiet über= dauert haben dürfte. — Die Blüten sind proterogyn. Das erste weibliche Stadium dauert 2 bis 3 Tage, und genau in dem Moment, wo die erste Anthere sich öffnet, legen sich die Griffel zusammen. Autogamie ist jedoch noch möglich. — Die Polster zeigen den ausgesprochenen Aretia=Typus.

1416.

Saxifraga diapensioides2) Bell. ( =

S. glaüca Clairv., = Chondrosea diapensioides Evaiezoa diapensioides Rafin.). D i a p e n s i e n a r t i g e r S t e i n b r e c h . Fig. 948 1 bis q. Pflanze vieljährige, feste Polster bildend. Stämmchen zahlreich, dicht dachig*anliegend beblättert, zylindrisch. Grundblätter hellgraugrün, länglich verkehrt*eiförmig, stumpf, in den rötlichen, kurzbewimperten Grund keilig verschmälert, knorpelrandig, mit 7 bis 9 kalkaus* scheidenden Grübchen, unterseits schwach gekielt. Stengel 1 bis 10 cm hoch, wie die linealen Stengelblätter dicht* und langdrüsig (Fig. 948 n), 2* bis 9*blütig. Kelchzipfel eiförmig, stumpf* lieh oder kurz zugespitzt, so lang oder etwas kürzer als die Kelchröhre, dicht drüsig. Krön* blätter 6 mm lang und 3 mm breit, milchweiss, am Grunde hellgrün, mehrfach gabelnervig

Haw., =

*) Benannt nach dem Monte Tomb6a in Judikarien (Südtirol), woselbst die A rt im Jahre 1853 entdeckt wurde. *) Nach der äusseren Aehnlichkeit mit der Gattung Diap6nsia (siehe Ericales).

588 mit 6 bis 9 Endnerven, 2 Vs* bis 3=mal so lang als die Kelchzipfel, länglich verkehrt=eiförmig= keilig. Kapsel kugelig ^eiförmig, mit langen, vorwärts gerichteten Griffeln. Samen braun, elliptischuspindelig, an beiden Enden spitz, zerstreut kurzwarzig, 0,7 bis 0,8 mm lang. — VII, in den Südwestalpen schon IV bis VII. Sehr selten an Kalkfelsen der südlichen W alliseralp en , zwischen 1800 und 2300 m : Vallée de Bagnes près de Lourier, près de la Croix du Coeur, Pierre à Voir (2250 m), Grosser St. Bernhard. Wird auch von Zermatt angegeben. — Die Angaben aus Südtirol beruhen auf einer Verwechslung mit S. Tombeanensis und S. squarrosa.

Fig. 948. S a x i f r a g a V a n d e ll ii Sternb. a, b Habitus, c Blüte, d Kronblatt. e Laubblatt. — S a x i f r a g a T o m b e a n e n s is Boiss. /H abitus, g Blüte, h Kelchblatt. /Kronblatt. k Laubblatt. — S a x i f r a g a d i a p e n s i o i d e s Bell. / /»H abitus. «Stengelstück. o, p Laubblätter, q Kronblatt.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Westalpen: zerstreut von den Penninischen bis zu den Seealpen, aber fast ganz auf die zentralen Ketten beschränkt und gegen Südwesten zu an Häufigkeit zunehmend. In den Seealpen zwischen (850) 1800 und 2450 m 5 steigt irn oberen Durancetal bis 2800 m (Taillaute, massif du Viso), fm Aostatal bis 2820 m (Col Chaz=Seche). Die Art ist ein praeglazialer Endemismus der zentralen Westalpen, der die Eiszeit an Ort und Stelle überdauert haben dürfte. — Die Wuchsform von S. diapensioides zeigt den Aretia»Typus in schönster Aus« bildung. — Die Blüten sind schwach proterogyn. Nachher folgt Autogamie durch die Staubblätter des äusseren Kreises, während die Staubblätter des inneren Kreises der Fremdbestäubung dienen (S t a e g e r ) . — Es kommen auch Blüten mit 4 Krön» und 8 Staubblättern vor.

1417. Saxífraga crustáta Vest ( = S. incrustäta Vest, = S. crustácea Hoppe, = S. longi* folia Host var. minor Sternb.). K r u s t e n * S t e i n b r e c h . Fig. 949 und Fig. 950 a bis c. Ausdauernd, mit zahlreichen nichtblühenden Blattrosetten. Rosettenblätter lang und schmal linealísch, 1 bis 2 mm breit und 1 bis 5 cm lang, gegen den Grund verschmälert und rötlich gefärbt, im untern Drittel langhaarig bewimpert, oft fast vollständig von Kalk inkrustiert, an der Spitze bogig nach auswärts gekrümmt. Blattrand mit Grübchen, etwas eingerollt, sehr schwach kerbig oder fast ganzrandig. Stengelblätter kürzer, wenig zahlreich, gezähnelt. Stengel schlank, bis 40 cm hoch, drüsig. Blütenstand reichblütig, traubig=rispig, mit bis 10 cm langen, auswärts gebogenen untern Aesten. Kelch spärlich - drüsig; Kelchzipfel eilänglich, am Rande häutig und mit vereinzelten Drüsenhaaren besetzt. Kronblätter weiss, 2 bis 3=mal so lang

589 als die Keldizipfel, länglidi verkehrt=eiförmig, 3=nervig, vom abgerundet, weiss, selten rosa« färben. Kapsel fast kugelig, mit kurzen, spreizenden Griffeln, 4 mm lang. Samen eiförmig, schwarz, netzig=grubig. — VI bis VIII. An Kalkfelsen und steinigen Hängen der Südost a l p e n , von der montanen bis in die alpine Stufe (200 ) 600 bis 2400 m, von den Südtiroler Dolomiten (links der Etsch) östlich bis Krain. Fehlt D e u t s c h l a n d und der S c h w e i z vollständig. In der AizoomGruppe stellt S. crustata den östlichsten Zweig endemischer Herausbildung dar. Ihr am nächsten steht die den südwestlichen Alpenflügel bewohnende ökologische und systematische Parallelart S. c o ch» l e är i s Rchb. der Seealpen. — In den südöstlichen Kalkalpen findet sich S. crustata namentlich verbreitet in den Karnischen und Julischen Alpen. Krain: Steineralpen (Ojstrica, Rinka, Dolga njiva, Kankertal usw.), Karawanken (Starszic, Koschuta, Loibl, Belska planina, Bärentaler Kotschna, Mittagskuppe usw.), )ulische Alpen (Mangart, Travnik, Razor, Kredarica, Zarzeralpen usw.), mit den Flüssen aus Innerkrain bis in die Ebene bei Wippach (200 m) und Praewald; Kärnten: Obir, Dobratsch, Villacher Kotschna, Wischberg bei Raibl usw.; in Obersteiermark nur auf der Hohen Veitsch; Steiermark: Cilli, Sulzbach 650 m usw.; Tirol: östlich des Etschtals, namentlich in den Dolomiten: Pragser* gebirge, Sarikofel 2200 bis 2300 m, Toblachersee 1240 m, Cortina, Andraz, Sexten, Winklertal in Kartitsch (mit S. Burseriana), Fassatal, Primör, Monte Pavione 2050 bis 2338 m, Montalone usw., öfter in Gesellschaft von Phyteuma comosum; im Küstenland häufig und bis 2400 m ansteigend (Monte Coglians).

Allgemeine V erbreitung: Ostalpen bis zum Karst, ferner in Illyrien, Bosnien und Herzegowina und in Serbien. • Nach K i r c h n e r sind die Blüten aus= geprägt proterandrisch. — Wie alle Arten der Sektion Euaizoonia ist S. crustata zum Semper* vivum=Typus zu stellen.

1418. Saxifraga Höstii1) Tausch ( = S. longifölia Host nonLap., = S. elätior Mert. et Koch, = S. Besleri Stemb., = S. Aizoon Jacq. ß Hostii [Tausch] Fiori et Paol., = S. longifolia Host ß media Stemb.). H o s t’s S t e i n b r e c h . Fig. 950 d bis f. Ausdauernd; die zahlreichen, bis 10 cm breiten Blattrosetten rasig zusammen« schliessend, flachpolsterig. Rosettenblätter Fig. 949. S a x i f r a g a c r u s t a t a Vest. An Felsen bei Sulzbach (Sanntaleralpen) in Süd-Steiermark, ca. 650 m. Phot, f G. K r a s k o v i t s , Wien ausgebreitet, lineal, zungenförmig, 3 bis (Photographie aus dem Botanischen Institut der Universität Wien). 10 mm breit und bis 10 cm lang, schwach kerbig«gezähnt, stumpflich, hart und zerbrechlich, gegen den Grund zu meist rötlichviolett überlaufen und steifborstig, sonst kahl. Blattzähne nach vorwärts gerichtet; kalkabsondemde Grübchen den Blattrand einfassend. Stengel aufrecht, bis 60 cm hoch, reichlich beblättert, besonders oberwärts wie auch der Blütenstand drüsig «klebrig, mit vereinzelten langen, drüsen« losen Haaren. Trag« und Vorblätter linealisch, dl schwach«drüsig. Blütenstand traubig=rispig, x) Benannt nach Nie. Thomas H o s t (1761 bis 1834), Kaiserlicher Leibarzt in Wien, dem Verfasser der seiner Zeit massgebenden Flora Austriaca, 1827 bis 31. H e g i , Flora. IV, 2.

150

590 gedrungen und reichblütig, mit weit abstehenden, gebogenen, bis 12 cm langen unteren Aesten, an der Spitze durch Reduktion der Hauptachse übergipflig, doldighraubig, i ebensträussig. Kelchblätter drüsig; Zipfel eiförmig, vorn abgerundet, spärlich drüsig oder kahl. Kronblätter die Kelchzipfel 2 bis 3 mal überragend, milchweiss oder rahmgelb, öfter mit purpurnen Punkten. Kapsel kugelig. Samen schwarz, fein warzig, 0,8 bis 0,9 mm lang. — V bis VII. Auf Felsen und in Felsspalten der südlichen und östlichen Kalk a l p e n , von ca. 1300 bis 2500 m, zuweilen tiefer hinabsteigend (Peggau 450 m, Aflenz 500 m, Somplago 200 m). A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Südliche und östliche Kalkalpen (westlich bis zum Comersee, östlich bis zu den Karawanken). Zerfällt in zwei geographisch getrennte Unterarten, die einander morphologisch nahestehen, aber, wie es scheint, nicht durch eigentliche Zwischenformen verbunden sind. I. subsp. Raetica (Kerner) Br.»Bl. (— S. Aizoon Jacq. ß l'örigifölia Gaudin, = S. Hostü Tausch var. Raetica Engler) bewohnt die westliche Arealhälfte zwischen Corner» und Gardasee und reicht nördlich bis zum Order. Sie zeichnet sich aus durch schmablineale, lange, gegen den Grund verschmälerte und weinrot überlaufene Rosettenblätter, die im Mittel 4 bis 6 cm lang und 3 bis 5 mm breit sind. Blattkerben sehr undeutlich, flach- und lang, fast viereckig; Endzahn grösser als die seitlichen. Stengel schlank, zierlich. Im Gebiet bloss in der Ortlergruppe (Trafoi, Madatschferner, Tabaretta, Sulden usw.) und in Judikarien (Condino, Val Vestino usw.). Häufiger im obersten Veltlin (hier bis 2500 m [Val Vitelli] ansteigend) und in den Bergamaskeralpen (bis 600 m herab im Val Sassinal). — II. subsp. Dolomitica Br.»Bl. nov. subsp. ( = S. Höstii Tausch s. str., = S. Aizoon ß Hostii [Tausch] Fiori et Paol.) mit breiteren Laubblättern -, zerfällt in die Varietäten (Rassen): var. S t e r n b e r g i i Br.»Bl. var. nov. Rosettenblätter gegen den Grund wenig oder nicht verschmälert, weniger intensiv rot gefärbt '(im Mittel 3 bis 4 cm [ausnahmsweise bis 8 cm[ lang und 5 bis 7 mm breit). Blattkerben deutlicher, spitzer, fast zur Hälfte kleiner; Endzahn wenig grösser als die seitlichen. Stengel v dick (bis 0,5 cm), kräftig. So am Monte Baldo, um Trient (Lavarone,Brocconepass,Frazzone), im Fassatal (Primör, Val Doana, Alpe Neva, Monte Pavione 2000 bis 2100 m usw.), ferner in Kärnten (Plöckenpass, Karawanken, Palud» nig 1800 m, Osternig bis 1950 m, Golz von 1300 m an aufwärts), Steiermark (am Bacher, Sanntal, Ojistrica usw.), Krain (Wochein, Crna prst usw.) und Küstenland (von 200 bis 2200 m am Monte Cogliano) bis zum Karst. Einge» bürgert bei St. Prokop nächst Prag. — var. a 11i s s i m a (Kerner) Engler et Irmscher ( = S. elätior Maly). Fig. 950. S a x i f r a g a c r u s t a t a Vest. a, a\ Habitus (l /2 natürl. Grösse), b Kelch, c Kronblatt. — S a x i f r a g a H o s t ii Tausch subsp. D o lo m iti c a Br.-Bl. d Habitus, e Kelch. Diese Form ist von der var. Stern» / Kronblatt. — S a x i f r a g a C o ty le d o n L. g Habitus, h Blattspitze, i Blüte (von oben). bergii fast nur durch die grösseren k Keimpflanze. I Kapsel. Rosettenblätter mit spitzen, mehr abstehenden (nicht abgeflachten) und fast dreieckigen Zähnen mit grösserem Endzahn verschieden. Grund» blätter 5 bis 7 cm lang und 7 bis 10 mm breit (Exemplare der var. Sternbergii vom Plöckenpass. leg. Pichler)

591 weisen fast dieselben Grössenverhältnisse auf : 5 bis 6,5 cm Länge und 6 bis 8 mm Breite). Stengel kräftig, bis 60 cm hoch. Infloreszenz wie kräftige Sternbergii mit bogig aufstrebenden, reichblütigen Aesten. Nicht verwendbar ist das von manchen Autoren angeführte Merkmal, wonach die Kalkgrübchen bei altissima im Gegensatz zu Sternbergii und Raetica sich auf der Blattoberseite statt seitlich befinden. — Auf Kalkfelsen in der montanen und subalpinen Stufe der Obersteierischen und der Norischen Alpen (Hochschwab, Thörlgraben bei Aflenz, auf dem Lantsch, am Schöckel, Hagenbachtal, Badelwand bei Peggau, Raabklamm bei Arzberg, Stubalpe bei Feistritz usw.). — Oekologisch steht S. Hostil der verwandten S. Aizoon nahe und ersetzt dieselbe in einigen Gebiets* teilen (z. B. in der Grignagruppe und in den südwestlichen Bergamaskeralpen) vollständig. In den Gebirgen östlich vom Comersee besiedelt sie die Ritzen schattiger Kalkfelsen in Gesellschaft von Asplenium viride, Ses* leria caerulea, C arex refracta und C. Baldensis, Silene Saxifraga, Heliosperma quadrifidum, Kernera saxatilis, Potentilla caulescens, Laserpitium Siler, Horminum Pyrenaicum, Buphthalmum speciosissimum (Zuc di Angelón bei 600m ). — Als pflanzlicher Parasit ist auf S. Hostii der Rostpilz P u c c í n i a P a z s c h k é í Dietel nachge* wiesen worden.

1419. Saxifraga Aizoon Jacq. ( = S. Cotyledon s L. Sp. pl., = S. Cotyledon Suter et auct. div. non L., = S. maculäta Schrank, = Chondrosea Aizoon Haw.). T r a u b e n * S t e i n b r e c h . Franz.: Saxifrage toujours verte; engl.: White mountain saxifrage. Taf. 141, Fig. 5 ; Fig. 932m , Fig. 951 und 972 b, e, h, r, s. Der Nam e S t e i n b r e c h (ahd. steinbreha), der für die ganze Gattung gilt, ist eine Uebersetzung des lateinischen saxifraga (vgl. pag. 568 Anm.). Er ist auch volkstümlich. Nach den apfelähnlichen Blattrosetten heisst unsere A rt in Niederösterreich S t o a n ö p f l (Steinäpfel) (vgl. auch Sempervivum arachnoideum 1); S t e i c h ü m i (Steinkümmel) und S t e i r o g g ä (Steinroggen) (Schweiz: Waldstätten) beziehen sich ebenfalls auf den Standort. S i 1b e r m i e s (Silbermoos) (Salzburg) weist auf die von Kalkausscheidungen silberweiss gefärbten Blätter hin. Die äussere Aehnlichkeit mit dem Sanikel bezw. mit Hauswurz*Arten gab Veranlassung zu den Benennungen W i l d e r S c h a r n i g g e l (Kärnten: Bleiberg) und w i l d i H u s w u r z (Schweiz: St. Antonien). — Im romanischen Graubünden (Engadin) nennt man die A rt f l u o r s da c r a p .

Ausdauernd, rasig, mit zahlreichen sterilen Blattrosetten, oft breite Flachpolster bildend. Stengel steif aufrecht, 2 bis 45 cm hoch, meist reichlich drüsig, im oberen Drittel gedrungen rispig, mit bogig aufstrebenden, 2* bis 5*blütigen Rispenästen. Grundblätter starr, hell grau* grün oder bläulichgrün, lineal, etwas gegen den Grund zu verschmälert, 0,3 bis 5 cm lang und 0,2 bis 0,6 cm breit, scharf gezähnt, meist kahl, am Grunde steif bewimpert; Blattzähne nach vorwärts gerichtet, zusammenneigend, an der Spitze knorpelig, oberseits am Grunde je mit einem kalkausscheidenden Grübchen (Fig. 932 m). Stengelblätter entfernt, lanzettlich*keilig, an Grösse langsam abnehmend. Vor* und Tragblätter lineal, spitz, meist drüsig. Kelchzipfel eiförmig, vorne abgerundet, wenig länger als die Kelchröhre. Kronblätter weiss oder rahm* gelb, bisweilen mit purpurnen Punkten, verkehrt*eiförmig, vorne abgerundet, 3* bis 5*nervig, 2* bis 3=mal länger als die Kelchzipfel. Kapsel kugelig, mit kurzen, spreizenden Griffeln. Samen elliptisch, dunkelbraun, schwach warzig=höckerig, 0,7 bis 0,9 mm lang. — V bis VIII. Häufig in Felsritzen und auf Felsgesimsen, auf steinigen Alpentriften, in Rasenpolstern, auf Ruhschutt; vorzugsweise auf Kalk, doch auch auf Gneis, Granit und kalkarmen Schiefern. Durch die ganze Alpenkette und deren Vorberge verbreitet; ausserdem zerstreut im Mittelgebirge. In den Alpen von Bayern bis 2570 m, von Tirol bis 2740 m, der Schweiz (Rothorn in Findelen) bis 3415 m aufsteigend; zuweilen tief in die Täler hinabsteigend (Sparchen bei Kufstein 550 m, A uer bei Bozen 265 m, Doss Trento 230 m, A rco 250 m, Castione im Tessin 250 m, Bregenz 500 m, Hergiswil am Vierwald* stättersee 448 m, Schännis 440 m, Blattenberg bei Oberriet im Rheintal, Muggensturmfelsen bei Bischofszell). A usser der Alpenkette im Schweizer Jura (östlich bis zur Lägern), am Hohentwiel (ehedem im Bodenseegebiet nach H o e f l e auf Molassefelsen zwischen Wallhausen und Altbodmann und beim Friedinger Schloss), im Schwarzwald (Stallegg, Hörnle bei Röthenbach, Belchen, Feldberg, Hirschsprung, Utzenfeld), im Schwäbischen Jura zwischen 550 und 1000 m (vom Schloss Bronnen ostwärts bis zum Ulmer Lautertal und vom Lochenstein bei Balingen bis zum Michelsberg bei G^sslingen und Rosenstein im W endtal; auf dem Mühlberg bei Sigmaringen tief herab* steigend. Fehlt dem südlichen Teil der Alb und dem Randen), im mittelrheinischen Bergland auf Rotliegendem, Melaphyr, Porphyr und Schiefer, im Nahetal von Oberstein bis Rheingrafenstein im Huttental (Jedoch nicht in der Rhön [Eube] und nicht im Fränkischen Jura), ferner im Böhmisch=mährischen Berglande auf Kalk und B asalt: 130*

592 um Prag (St. Prokop, St. Ivan, Tetin), bei Leitmeritz, Dreiberg bei Triebsch, Ziegenberg bei Gross»Priesen um Brünn, Eibenschitz, Tisdmowitz, Oslawan, Kromau, Nikolsburger und Pollauer Berge, Stramberg und im Hochgesenke (Altvater, Peterstein, Fuhrmannsstein, Kiesgraben, Brünneiheide, Kessel). Dr. He gi .

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Besitzt drei getrennte Verbreitungsbezirke, wovon der eine ganz Mitteleuropa von den nordspanischen Gebirgen bis zum Balkan umfasst (Nord* Spanien, Pyrenäen, Mittel* und Südfranzösisches Bergland, in der Auvergne und den Sevennen [hier zwischen 1000 und 1880 m], Korsika, Apennin, Alpen, Schweizerische und Deutsche Mittelgebirge, Karpaten, Lysa Gora in Polen, Illyrien und Gebirge der Balkanhalbinsel bis Griechenland). Ein zweites Areal liegt in Skandinavien zwischen 59° und 67° nördl. Breite; das dritte umfasst Ost* und Westgrönland bis ca. 73° nördl. Breite, das arktische Nordamerika bis 72° 45 nördl. Breite, Baffinsland, Labrador und das östliche Kanada. Im Kaukasus ver* treten durch S. c a r t i l a g i n e a Willd. Sehr veränderlicher Typus. Aus unserm Gebiete werden eine grosse Anzahl von Abarten erwähnt, deren systematischer Wert aber keineswegs feststeht; zum grossen Teil handelt es sich sicher um blosse Standortsformen. Dies ist der Fall bei f. m i n o r (Koch pro var.) Br.»Bl. ( = f. brevifölia Engl.) mit gedrungener, arm* blütiger Infloreszenz und kurzen Rosettenblättern, die wenig länger sind als breit. So namentlich im Hochgebirge, wo die Pflanze oft zwerghaft bleibt (Stengel 2 bis 4 cm, 4* bis vielblütig, Durchmesser der Rosetten 0,5 bis 1,0 cm ); f. m ä i o r (Koch) Vollmann ( = f. robüsta Engl.). Kräftige, bis über 40 cm hohe Pflanze mit 5* bis 5=blütigen, abstehenden Aesten; Laubblätter 2 bis mehrere cm lang und 3 bis 6 mm breit. So besonders in tiefem Lagen.- Jura, Vogesen, Mähren, am Alpenfuss usw. Wichtiger erscheinen: var. p r a e a l p i n a Br.»Bl. var. nov. {— Chondrosea Beugesiaca et Ch. petrö» phila Jord. et Fourr. ?). Rosettenblätter dicklich, ledrig; äussere verkehrt»eilänglich, breit (0,5 bis 0,9 mm). Zähnung scharf zusammenneigend; Zähne ineinandergreifend, ± rechteckig, aussen abgeflacht. Knorpelrand schmal, Kalkgrübchen an der Blattoberseite fast randständig. Stengel kräftig, reichlich beblättert; Infloreszenz i zusammengezogen, öfter trugdoldig. Blüten gross. So in Süddeutschland: Vogesen: Hohneck, Wormspel usw.; Schwarzwald: Feldberg, Hohe Kelch, Belchen; Schwäbische A lb : Kleine Schröcke, Hohentwiel usw., sowie in M ähren: Kalkfelsen bei Stramberg; dagegen anscheinend nicht in den Alpen. — var. h i r t i f ö l i a (Freyn) Hayek. Laubblätter beiderseits mit borstigen Gliederhaaren bekleidet, fechmal zungenförmig oder (bei den mir vorliegenden Schweizer» exemplaren) vorn etwas spitzlich. Zähne deutlich, fast drei» Fig. 951. S a x i f r a g a A i z o o n Jacq. eckig, abstehend. In den»Eisenerzer Kalkalpen, im Engadin Phot, f E- D o p f e r, München. mehrfach (Pontresina, Sulsannatal usw.), an der Oberalp, im Wallis. — var. C a r i n t h i a c a (Schott, Nym. et Kotschy) Engl, et Irm. Stengel bis 20 cm hoch, kahl. Rosettenblätter schmal lineal, 1,5 cm lang und etwa 2,5 mm breit, tief gesägt; Sägezähne 1 mm breit, Endzahn spitz, länger und breiter als die übrigen. In Kärnten (Fundorte zu sichern) und am Monte Canfedin bei Trient. — var. g r ä c i l i s Engl. Der vorigen var. ähnlich, aber Stengel kurz» drüsig. Zähne an der Blattspitze 5 bis 9, statt bloss 5 (selten 7); Endzahn kleiner, 1 mm breit (Salzburger Alpen, Tirol usw.?). — var. S t u r m i a n a (Schott, Nym. et Kotschy) Engl, et Irm. Stengel 5 bis 15 cm hoch, kahl oder drüsig. Rosettenblätter keilig, bis 14 min lang und 2,5 bis 4,5 mm breit, spitz gesägt; Sägezähne entfernt, mit abstehenden, vorgestreckten, bewimperten Spitzen. Kronblätter unpunktiert. Zentralalpen von Tirol bis Steiermark. — var. d i l a t ä t a (Schott) Engl, et Irm. Stengel oberwärts zerstreut drüsig, unterwärts kahl. Rosettenblätter 2 bis 2,5 mm lang und 8 bis 9 mm breit, gesägt. Untere ^ägezähne spitz, aufrecht ab» stehend, obere genähert, übereinandergreifend; Endzahn wenig grösser, stumpflich. Blüten schmutzig weiss. S. A i z o o n ist eine Pionierpflanze par excellence. Ihre oberirdisch kriechenden Ausläufer tragen am Ende eine kleine Laubblattrosette, die sich bewurzelt. Auf berasten Felsgesimsen wächst die Art meist an der Peripherie, den Rasenhorst umkränzend, und es kann Vorkommen, dass die Rosettenläufer auf der Suche

593 nach neuen Wurzelorten über die Felswand herabwachsen. Durch Lawinen, Wildwasser oder Steinschlag losgelöste Polsterteile können sich leicht anderswo wieder anwurzeln. Die jungen Laubblattrosetten gelangen erst nach einigen Jahren zur Blüte. Wie bei allen verwandten Arten stirbt auch bei S. Aizoon die Laubblattrosette nach der Blüte ab. Die Keimfähigkeit der Samen scheint gering zu sein. Samen vom Calanda (2800 m) erwiesen sich als nicht keimfähig. Solche vom Parpaner Schwarzhorn (2650 m) keimten mit 4 °/o. Dagegen ist die vegetative Ver» mehrung durch Ausläufer eine äusserst reichliche. Die A rt wurde auch als Wintersteher und Schneeläufer be» obachtet. Sie ist nach übereinstimmenden Beobachtungen sehr frost» und trockenhart und liebt Standorte, die den Winter über schneefrei bleiben. Zahlreiche morphologisduanatomische Erscheinungen können als xero» phytische Anpassungen aufgefasst werden, so vor allem die aussergewöhnlich dicke Kutikula (bis 40 (j), welche noch durch eine Wachsschicht verstärkt ist, die verhältnismässig wenig zahlreichen, eingesenkten Spaltöffnungen, das mächtig entwickelte Palisadengewebe, dann die Wuchsform der Pflanze an und für sich. — Die Blüte ist deutlich prolerandrisch. Zuerst entwickelt sich die Endblüte ; erst später gelangen die seitlichen Blüten der Infloreszenz zur Entfaltung. Selbstbestäubung kommt nach W a r m i n g in der Arktis vor ; in den Alpen ist sie nach M ü l l e r sozusagen ausgeschlossen und Kreuzung die Regel. Der Besucherkreis ist sehr gross ; doch stellen auch hier Dipteren den grössten Teil der Bestäubungsvermittler. Die Staubblätter entwickeln sich nicht gleichzeitig, sondern eines nach dem andern. Nachdem sie ihren Pollen entleert haben, bilden sich erst die Narben aus. Gelegentlich findet man im Blütenstand an Stelle der Blüten kleine Blattrosetten. Die Standortsbedingungen und Begleitpflanzen der A rt bewegen sich innerhalb ziemlich weiter Grenzen und wechseln je nach Klima und Boden. In Bezug auf ihren Wuchsort ist Saxifraga Aizoon nicht sehr wählerisch. Sie ist allerdings vor allem Felspflanze, Chasmophyt und Exochomophyt, geht aber auch oft auf Felsschutt über und gefällt sich namentlich in der alpinen Stufe der Alpen gern in offenen Rasenbestänclen, im Festucétum variae, in der C arex firma»Assoziation, im Sesleriétum caerüleae usw. und zwar sowohl auf kalkreichem als auf kalk» armem Boden. In den Mittelgebirgen zeigt sie eine schon bedeutend engere Standortswahl, was wohl auf die schärfere Konkurrenz der Mitbewerber zurückzuführen ist. Im mittleren und nördlichen Schweizer»Jura finden wir sie hauptsächlich an etwas schattigen Felsen, direkt in Spalten oder auf schmalen Gesimsen als Einfassung von Sesleria caerulea»Horsten und dann gerne in Gesellschaft von C arex sempervirens, Kernera saxatilis, Draba aizoides, Atha» manta Cretensis, Primula Auricula, Gentiana Clusii, Euphrasia Salisburgensis, Globularia cordifolia, Hieracium humile, H. amplexicaule usw. Auf den Schwammkalken des Weissen Jura der Alb erscheint S. Aizoon wie Amelanchier ovalis, Draba aizoides, Arabis arenosa, Sedum album, Hieracium humile usw. an fast unzugänglichen Felswänden. Blumenliebhabern ist die A rt für Steingruppen zu empfehlen. Von pflanzlichen Parasiten sind zu erwähnen : E x o b a s i d i u m W a r m i n g i i Rostr., bekannt aus Tirol, Norditalien, Grönland usw. und die Uredinee P u c c i n i a P a z s c h k é i Dietel. V on S t ä g e r wurde Saxifraga Aizoon im Kiental (Berner»Oberland) als Ge» legenheits=Epiphyt auf dem Berg»Ahorn, von mir in den Sevennen auf Quercus sessiliflora beobachtet.

1420. Saxifraga Cotylédon1) L. ( = S. Aizoon Suter nec Jacq. p. p., = S. multiflöra Ehrh,, = S. pyramidalis Lap., = S. Montavoniénsis Kern., = Chondroséa pyramidalis Haw.). F e t t * b l a t t * S t e i n b r e c h . Franz.: Saxifrage pyramidale; ital. : Sannicola delle Alpi, sempreviva. Fig. 950 g bis 1; Fig. 939, Fig. 952 und Fig. 972 d, g, k. In der S c h w e i z wird die Pflanze im Reusstal F e l s e s t r u u s s , im V erzascatal (Tessin) g h i r l a n d a bi an c a bezeichnet.

Ausdauernd, mit bis 12 cm breiten, meist einzelnen Blattrosetten; Nebenrosetten sich bald abtrennend. Stengel bis 60 cm hoch, oft rötlich überlaufen, meist vom Grunde an locker* rispig, dichtdrüsig. Grundblätter dick, fleischig, kahl, breitlineal, bis über 6 cm lang und 0,5 bis 1,5 cm breit, bespitzt, regelmässig und fein gezähnt, mit vorwärts gebogenen, knorpeligen Zähnen, gegen den Grund verschmälert und steif bewimpert; am Grunde der Blattzähne kalkausscheidende Grübchen. Stengelblätter zahlreich, wie die linealen Vor* und Tragblätter drüsig. Rispe zusammengesetzt, pyramidal, mit vielblütigen, bogig aufstrebenden Rispenästen. Kelchzipfel lanzettlich, stumpflich, doppelt so lang als die drüsige Kelchröhre. Kronblätter dreimal so lang als die Kelchzipfel, weiss, selten mit purpurnen Flecken, eiförmig, dl plötzlich in den lang* keiligen, nagelförmigen Grund zusammengezogen, am Grunde öfter drüsig bewimpert. Kapsel länglich. Samen länglich*eiförmig, dunkelbraun, 0,8 mm lang, warzig*stachelig. — VI bis VIII. J) Gr. xoTvXiqdäv (kotyledön) bei Dioskorides Bezeichnung einer Steinbrechart (Saxifraga média Gouan var. Sibthorpiäna Griseb.?); griech. xozvXrjdajp = Knochenhöhle, Pfanne, weil die Blätter der Pflanze in der Mitte etwas eingesenkt sind. Bei Dioskorides auch Bezeichnung für das Nabelblatt (Cotylédon Umbilicus L.), vgl. pag. 515.

594 In warmen, feuchtigkeitshaltenden Ritzen der Urgebirgsfelsen, von 2 1 0 (Ponte Brolla im Tessin) bis 2615 m am Madone di Quadrella im Tessin (Br.=Bl.). Nur in den südlichen S c h w e i z e r a l p e n und in V o r a r l b e r g (alle übrigen Angaben aus Tirol, Kärnten und Steier= mark beruhen auf Verwechslung mit Formen von S. Aizoon oder S. Hostii). A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mittlerer Teil des südlichen Alpenzuges von den Grafischen Alpen und Savoyen bis in die Bergamaskeralpen (Val Varrone, Apricapass usw.), Zentralpyrenäen. Ein zweites sekundäres Areal besitzt die Art in Nordeuropa: Island, Nor= wegen bis zirka 70° nördl. Breite, Mittelschweden. Wenig veränderlidi. Nach der Wuchsform sind zu unterscheiden: f. p y r a m i d a l i s (Lap.) mit ver» längerten, bogig»aufstrebenden, vielblütigen Aesten und mächtiger, breit pyramidaler Rispe. So namentlich an feuchten, schattigen Felsen tieferer Lagen. — f. p a u c i f l ö r a (Ser.) Koch hat schmächtigen Wuchs und 1»blutige Rispenäste. In hohen Lagen und an trockenen, sonnigen Felsstand» orten. — Eine Farbenspielart ist f. p u r p u r ä t a (Gaud.) mit purpurnem Stengel und Rispen» ästen und rotgeaderten Kronblättern. So bei der Teufelsbrücke in der Schöllenen, bei Splügen, im Onsernone (Tessin). Durch zahlreiche Lieber» gänge mit der Normalform verbunden. — f. l o n g i f ö l i a (Bär). Laubblätter halb so breit als beim Typus, gegen die Spitze deutlich ver» schmälert, an S. Hostii erinnernd. Unter über» hängenden Felsen an mehreren Stellen im OnsernonesTal. In der Schweiz ist S. Cotyledon auf die Südketten beschränkt, wo sie von der submontanen bis zur alpinen Stufe kalkarme Gneis» und Granitfelsen besiedelt. Nur an wenigen Punkten hat sie die Hauptkette über» schritten und ist über die Pässe in die nach Norden mündenden Täler vorgedrungen, so in Zapport, im Ferreratal (Avers), in der Roffla, im hintersten Valsertal, im Val Viglioz (Somvix), im oberen Haslital (Bern), im Reusstal und seinen Nebentälern. Auch im Wallis ist sie zur Hauptsache auf die Südkette beschränkt und greift nur im Oberwallis auch auf die Bernerkette über. Während alle diese Standorte in direkter Verbindung mit dem Hauptareal stehen und eine rezente Einwanderung über die benachbarten Alpenpässe höchst wahrscheinlich erscheint, ist ihr einziges Vorkommen in Oesterreich vollständig isoliert. Sie wurde dort erst 1875 im Montafun (Vorarlberg) entdeckt, wo sie von Gaschurn bis Parthennen (zirka 900 bis 1050 m), bei Schönach und am Aufstieg zum Zeinisjoch bis 1700 m wächst. Es handelt sich bei diesem Vorkommen wohl nicht um neuere Samenübertragung, sondern um ein Arealrelikt aus der Eiszeit. In höheren Lagen der südlichen Urgebirgsketten ist Saxifraga Cotyledon ein fast ständiger Begleiter der Spaltenassoziation von Androsace imbricata und wächst hier als Chasmophyt neben Festuca ovina, Primula hirsuta All., Sedum roseum, Molopospermum Peloponnesiacum, Asplenium septentrionale, Draba dubia, Bupleurum stellatum, Sempervivum»Arten usw. An den Felsen der tiefen Täler erscheint sie öfters auch als Exochomophyt an der Gesteins»Oberfläche, namentlich an den vom Regenwasser berieselten Wänden. Sie siedelt sidi hier gerne in Moospolstern an, worin oft audi Sempervivum arachnoideum, Sedum annuum und S. album, Silene rupestris u. a. Arten sich eingenistet haben. Durch ihr Rosettennetz wirkt sie als Pionier, hält die Erde zusammen und trägt, sofern die Neigung der Felsoberfläche es erlaubt, zur Bildung einer Krume bei, die auch weniger petrophilen Rasenpflanzen das Fortkommen gestattet. W e t t e r gibt interessante Einzelheiten über den Lebenshaushalt der Pflanze. Im Maggiatal und bei Locarno konnte er zahlreiche junge Keimpflänzchen beobachten, deren Keimbeel Pölsterchen von Amphidium Mougeotü, Bryum alpinum und Brachythecium plumosum bildeten. In der sub» alpinen und alpinen Stufe keimten die Samen auch direkt in Spalten und auf grusbedeckten Absätzen. Die fleischigen Kotyledonen sind rundlich, verkehrbeiförmig; schon in diesem Stadium ist das primäre Würzelchen

595 verhältnismässig dick und lang, später tritt rasch Verholzung ein. Die Rosettenblätter bleiben sehr lange er» halten und bilden so einen Wasserspeicher und wohl auch einen Schutzmantel der inneren jungen Sprossteile gegen Kälte. Im Winter können uie Laubblätter monatelang steinhart gefroren bleiben ohne beim Auftauen Schädigungen aufzuweisen. Die vegetative Vermehrung geschieht durch Stolonen, die an der Spitze eine. Blatt­ rosette tragen. Die Ausläufer werden bis 20 cm lang und sind oft sehr zahlreich entwickelt. W e t t e r zählte an einem einzigen Exemplar in der Tessinschlucht bei Faido 13 Ausläufer mit Tochterrosetten. Die mächtigen, vielverzweigten Blütenrispen, herabnickend vom Fels am schäumenden Wildbach, gehören zum Schönsten, was der insubrische Süden an bezauberndem Landschaftsreiz und eleganter Blumenpracht bietet (Fig. 952). Der Blütenstand sondert reichlich Drüsenschleim ab und ist oft von hängengebliebenen Insekten, kleinen Dipteren u. a. dicht besetzt. Die Blüten sind proterandrisch und werden namentlich von Fliegen besucht. Auf S. Cotylédon lebt parasitisch der Rostpilz P u c c i n i a H u t é r i Sydow. — In den Gärten scheint die Pflanze schon lange in Kultur zu sein; so wird sie aus Schlesien bereits zur Zeit Ludwigs XIV . (1643 bis 1715), aus dem Botanischen Garten zu Eichstätt (1613) als Cotylédon minus angegeben. Ehedem war sie an der Ruine Grünstein im Fichtel­ gebirge angepflanzt, ist aber dort schon längst verschwunden. — C h r i s t beobachtete in einem Garten in Basel einen interessanten Fall von Proliferation ; an Stelle der Blüten hatten sich durchwegs Blattrosetten ausgebüdet.

1421.

Saxifraga m utàta1) L. ( =

Chondroséa mutâta Haw., = Evaiézoa mutata Rafin.). V e r ä n d e r t e r S t e i n b r e c h . Taf. 143, Fig. 1 und Fig. 972 q.

Im Zillertal heisst diese A rt (vgl. auch S. aizoides) wie viele andere Alpenpflanzen G a m s b l e a m l , in Niederösterreich (Lassingfall) f a l s c h e H a u s w u r z (vgl. Sempervivum tectorum).

Der vorigen Art habituell ähnlich. Zweijährig, die Blattrosetten nach der Blüte ab® sterbend. Stengel bis 60 cm hoch, mit weissen Haaren bekleidet, oberwärts wie der Blüten® stand reichlich drüsenhaarig. Grundblätter lineal, dick, fleischig, knorpelig berandet, stumpf, ungezähnt und fast ohne sichtbare Kalkgrübchen, am Grunde steif wimperig, kahl oder behaart. Stengelblätter zahlreich, spatelig, weisshaarig, wie die linealen Trag® und Vorblätter i drüsig. Blütenstand eine lockere, schlanke, pyramidenförmige Rispe ; Rispenäste 2® bis 10®blütig. Kelch* zipfel dreieckig=eiförmig, stumpflich, drüsig. Kronblätter zitronengelb bis tieforange, lineal® lanzettlich, zugespitzt, 3=nervig, doppelt so lang als die Kelchzipfel. Kapsel kugelig mit vor* wärtsgerichteten Griffeln und bleibendem Kelch (Taf. 143, Fig. 1 b). Samen dunkelbraun, eiförmig, spindelig, dicht feinwarzig*stachelig, 0,7 bis 0,8 mm lang. — VI bis VIII (IX). In feuchten Ritzen kalkreicher Gesteine, besonders an Nagelfluhfelsen, auf Geröll® und Sandboden, seltener auch im Bachkies. Durch die Alpenkette zerstreut bis Niederösterreich und bis in die Karawanken, auf den Molassevorbergen bis in die Bayerische Hochebene herab (am Lech bis Augsburg, an der Isar bis München) und Württemberg (im Schleifertobel an der Adelegg). Fehlt dem eigentlichen Jura, doch noch am Rhein bei Rüdlingen (seit 1900 nicht mehr beobachtet). A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Westalpen (selten, nur im oberen Dauphiné und in Savoyen), Zentral® und Ostalpen, Siebenbürgen (die subsp. de mi s s a [Schott et Kotschy]). Aendert wenig ab. An Formen wurden unterschieden: f. s t e n o p é t a l a (Ser.). Kronblätter lineal, sehr schmal, scharf zugespitzt, unpunktiert. — f. m a c r o p é t a l a (Ser.). Kronblätter eiförmig bis verkehrteiförmig, punktiert. — Die Verbreitung der A rt ist insofern von Interesse, als sie fast durchwegs den Aussenketten und den V orbergen folgt und nur ausnahmsweise (so in Zentraltirol: Gampenjoch, Prissianer Hochwald im Vinschgau, Brenner 1400 bis 1740 m, Valmingtal, Sengestal usw. und Graubünden: Züge bei Davos 1500 m, Versamertobel, Aclatobel in Safien) in die zentralen Täler eindringt. Dagegen ist sie sowohl in den nördlichen Kalkalpen und Molassebergen als auch im südlichen Kalkalpenzug verbreitet und steigt dort bis 1800 m am Calanda (Schweiz), bis 1770 m in Südbayern, bis 1900 m in Steiermark, bis 2200 m in Nordtirol an der Frauhitt. Das Fehlen im Zentralgebiet erklärt sich einerseits aus der relativen Seltenheit passender Standorte anderseits aber — und dies ist wohl das ausschlaggebende Moment — aus florengeschichtlichen Ursachen. Denn es darf mit grosser Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ihr nord» und südalpines Areal vor der Eiszeit zusammen­ hängender war und dass die grosse zentralalpine Lücke erst durch die mehrfache Vereisung der Zentralalpen ent­ standen ist. Als subalpine Pflanze konnte sich S. mutata im Innern der Alpen nirgends behaupten ; wo sie heute dennoch vorkommt, muss sie postglazial eingewandert sein. Sicher ist, dass alle ihre schweizerischen und Tiroler Standorte im Zentralgebiet zur Zeit der stärksten Vereisung vom eiszeitlichen Gletscher bedeckt ') Lat. mutätus =

verändert; lat. mutare =

verändern.

596 waren. Der Wiedereinwanderung aber stellen bei einer ökologisch so streng angepassten (stenoezischen) Pflanze grosse Schwierigkeiten im Wege. Als weitere Beispiele bbarealer Arten mit ähnlicher florengeschichtlicher Ver» gangenheit mögen Valeriana saxatilis und Primula Auricula, zwei häufige Begleitpflanzen von S. mutata genannt sein. Auf S. mutata lebt die Uredinee (Rostpilz) P u c c i n i a Hu t 6 r i S y d o w. Von Abnormitäten sind Stengelver» bänderung und putate Formen (aus den Achseln der Grundblätter entstehen durch Beschädigung der Haupt» achse mehrere Blütenstengel) bekannt. Letztere blühen öfters bis in den September.

1422. Saxifraga aizoides !) L. ( = S. autumnälis L , = Leptasea aizoides Haw., = Evaiezoa aizoides Raf.). F e t t h e n n e n * S t e i n b r e c h . Franz.: Saxifrage pain d’oiseau; engl.: Evergreen saxifrage, yellow*mountain saxifrage. Taf. 142, Fig. 5 ; Fig. 953 und Fig. 9721, p. W ieviele andere Alpenpflanzen heisst diese Art in Niederösterreich (Schneeberg) G a m s w u r z ; vgl. auch Saxifraga sedoidesl

Ausdauernd, lockerrasig. Stengel zahlreich, am Grunde kriechend, aufsteigend, stark verzweigt, 3 bis 30 cm hoch, von zahlreichen nichtblühenden, locker beblätterten Laubtrieben um* geben. Laubblätter dick, fleischig, lineal bis lineablanzettlich, vom abgerundet, knorpelig bespitzt, kahl oder i steibkurzwimperig; die stengelständigen zahlreich, an Grösse allmählich abnehmend. Blütenstand eine mehrblütige Scheintraube bildend, selten (durch Verkümmerung) l*blütig. Blüten» stiele wie auch der obere Teil des Stengels kurzhaarig=drüsig. Kelchzipfel eiförmig, stumpf, kahl. Kronblätter ausgebreitet, meist fast doppelt so lang als die Kelch* zipfel, undeutlich 3=nervig, zitro* nengelb bis dunkelorange. Kapsel eirundlich mit nach vorwärts gerichteten, an der Spitze spreizenden Griffeln. Samen braun, ei* länglich, 0,7 bis 0,8 mm lang, feinwarzig. — VI bis X. Auf feuchtem Ruhschutt, in Quellfluren, an nassen Felsen, an Bachufern, in Flach* m ooren; vorzugsweise auf Kalk oder auf kalkhaltigem Gestein, gerne auf mergeligem Boden. Durch die ganze Alpenkette verbreitet von etwa 800 bis 3030 m (am Monte Rosa). Oft längs der Flüsse tief herabsteigend, so im Rheintal bis zum Bodensee, mit dem Rhein bis Augst ob Basel, bei Schmerikon, am Muggensturmfelsen bei Bischofszell, mit der A aie bis Kiesen und Belpmoos, minder Reuss bis Bremgarten, mit dem Tessin bis Castione (240 m), im Misox bei Roveredo (300 m), am Genfersee, in Tirol bei Bozen (265 m), mit dem Lech bis Mering, mit der Isar bis München, mit der Salzach bis Osing bei Laufen, an der Sulzach bei Lauten. Ausserhalb der Alpen sonst nur noch im südlichen Schweizer Jura. Steigt im Wallis bis 3030 m, in Graubünden bis 2950 m, in Tirol bis 2700 m, in Südbayern bis 2470 m.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Alpen, Pyrenäen, Apenninen, Karpaten, Illyrien, Balkan. Ferner im Norden: Grossbritannien und Irland, Skandinavien; arktisches Sibirien, Nowaja Semlja, Spitzbergen bis ca. 80° nördl. Breite; Grönland bis 77° 80' nördl. Breite, arktisches und subarktisches Nordamerika. Aendert ab: f. r i p ä r i a (Kern.) Hayek. Bis 25 cm hoch; nichtblühende Sprosse sehr zahlreich. In Gräben flutend. — f. d e n t i f e r a (Bede) Hayek. Laubblätter breiter lanzettlich, entfernt zähnig, zugespitzt (Auf der Schncealpe in Niederösterreich). — f. a m p h i d ö x a (Bede). Obere Laubblätter verkehrt»eilänglich 9 Dem aeii^wov [aeizoon] (vgl. S. Aizoon), worunter die antiken Schriftsteller Sedum» (und Semper» vivum»)Arten verstanden, ähnlich (gr. ef&og [eidos] = Aussehen, Gestalt).

597 oder elliptisch, stumpf, abgerundet, 3 bis 5 mm breit. Kelchblätter oval, abgerundet (Auf dem Schneeberg bei Wien). — f. V a l l e s i a c a (Briquet). Pflanze 5 bis 10 cm hoch, fast rasenbildend. Laubblätter lineal, sehr klein, genähert. Blüten halb so gross als beim Typus (Im Wallis i Pierre ä Voir). — Nach der Blütenfarbe sind zu unter» scheiden: f. e r ó c e a (Gaud.) Hayek. Kronblätter orange, am Grunde purpurn gefleckt. — f. a t r o r ü b e n j s (Bert.) Engler ( = f. atripurpürea Sternb.). Kronblätter dunkelrot. S. aizoides leidet hie und da an Knospensucht, verursacht durch E r í ó p h y e s K ó c h í í Nal. et Thomas (Gailmilbe). Das Wachstum der Sprosspitze und der Blütenstände ist gehemmt; Blätter und Blüten sind miss» gebildet, erstere gelbgrün, löffelförmig, die Blüten vergrünt. — Ausserdem sind Blüten mit 3 Fruchtblättern, eine petaloide Ausbildung einzelner Kelchzipfel, durchwachsene Blüten, vergrünte und verlaubte Pistille, Antheren» bildung an den Carpellen, doppelspreitige Antheren sowie hexam ere Blüten beobachtet worden. Die A rt ist proterandrisch; die Narben reifen erst nach dem Verstäuben der Antheren. Nur während eines kurzen Zeit» raums am Schluss der Pollenentleerung ist Selbstbestäubung möglich. Als Bestäuber kommen in erster Linie Fliegen in Betracht. A ber auch Hummeln, Wespen, Bienen, Lepidopteren und Käfer finden sich auf S. aizoides ein. In den Alpen ist häufig Ameisenbesuch (Fórmica fúsca) zu beobachten (bis 2400 m im Val Tavrü). Die Ameisen halten die regulären Gäste, Dipteren und Lepidopteren, vom Besuch ab. Eine vegetative Ver» mehrung ist nicht selten. Der primäre Hauptspross stirbt nach Verlauf einiger Jahre ab und die mit vielen Adventivwurzeln versehenen Nebensprosse übernehmen die Aufgaben der Befestigung und Ernährung. S. aizoides ist auch als Wintersteher beobachtet w orden; die fleischigen Laubblätter sind Wintergrün. Als Begleiter alpiner Quellfluren, namentlich an kiesigen Stellen findet sich S. aizoides oft in Gesellschaft v o n : Tríglochín palustre, De» schampsia caespítosa, C arex frígida und C. ferruginea, Juncus triglumis und J. alpinus, Tofieldia calyculata, Caltha palustris, Saxifraga stellaris, Epilobium alpinum und E. alsínífolíum, Prímula farinosa usw. In hochalpin»nivalen Lagen geht die A rt auch auf (lange schneebedeckte) Geröllhalden mit feuchtem Untergrund über, wo sie sich mit Trisetum distichophyllum, Poa minor, Moehringia ciliata, Cerastium latifolium, Thlaspi rotundifolium, Doronicum grandiflorum usw. vergesellschaftet. Von pflanzlichen Parasiten der A rt sind zu erw ähnen: S y n c h y » t r í u m S a x í f r a g a e W . Rytz, P u c c í n í a j u e l í á n a Díetel, M e l á m p s o r a r e t i c u l ä t a e Blytt (heterözischer Pilz, dessen Uredo» und Teleutosporen sich auf Salix reticulata entwickeln), C a e ö m a S a x i f r a g a e (Strauss) Wint. und P y r e n ö p h o r a c h r y s ö s p o r a (Niessl).

1423«

Saxífraga áspera L. em. DC. ( = Cíliáría aspera Haw.).

Rauher Steinbrech. Taf. 142, Fig. 7 und 8 a ; Fig. 954 und Fig. 955. Ausdauernd, mit zahlreichen, moosartigen, lang- oder kurzkriechenden, gedrängten Stämmchen. Stengel aufrecht, 3 bis 20 cm hoch, 1* bis 10*blütig, in der oberen Hälfte dl drüsig. Grundblätter lineahlanzettlich, starr, grannig=zugespitzt, entfernt stachelig-bewimpert, sonst kahl, glänzend, gelblichgrün, am Grunde verbreitert, sitzend, in den Achseln meist Laub* blattknospen tragend. Stengelblätter entfernt; die oberen meist spärlich drüsig. Blütenstiele mehr* mals länger als die Blüten, drüsig. Kelchzipfel verkehrt*eiförmig, hautrandig, am Rücken drüsig oder kahl, stachelspitzig. Kelchröhre fast fehlend. Kronblätter rahmgelb, 2* bis 3*mal so lang als die Kelchzipfel, länglich verkehrt*eiförmig, 5*nervig, vorne abgerundet. Staubfäden fädlich, gegen die Spitze zu verschmälert, so lang wie die vorwärtsgerichteten, flachnarbigen Griffel. Staubbeutel goldgelb. Kapsel eiförmig. Samen eiförmig, schief abgestutzt, fein warzig* stachelig, 0,5 bis 0,6 mm lang, dunkelbraun. — VII, VIII. Zerfällt in zwei meist scharf geschiedene Unterarten: I. subsp. elongáta Gaudin ( = S. bryoídes L. var. laxa Rchb., = S. áspera subsp. eu»aspera Engler et Irmscher). Taf. 142, Fig. 8 a. Wuchs lockerrasig, mit zahl» reichen, gestreckten, kriech enden Stämmchen. Stengel bis 20 cm hoch, mehr» (bis 10=)blütig. Grundblätter locker stehend, lineal»lanzettlich, scharf zugespitzt, stachelwimperig und lang grannig»bespitzt, in den Achseln mit Laubblatt» knospen; letztere viel kürzer als das sie stützende Laubblatt. Stengelblätter zahlreich, steifwimperig, langgrannig bespitzt. An schattigen Felsen, auf Sturzblöcken, im Ruhschutt. Zerstreut in der Nadelholzstufe der zentral» alpinen U rgebirgstäler; meist nicht über die Waldgrenze ansteigend. Ausserhalb dieses Gebietes selten. Fehlt vollkommen auf Kalk. Oefters in Gesellschaft von Minuartia laricifolia, Sempervivum arachnoideum und Saxi» fraga cuneífolía. Auf Urgebirgsschutt oft auch im Festucetum variae an Steilhängen mit Silene rupestris, Alche» milla saxatilis, Viola Thomasiana, Astrantia minor, Galium pumilum usw. Fehlt in D e u t s c h l a n d vollständig. In Tirol nördlich bis zum Arlberg und Paznaunertal. In der Schweiz vorzugsweise in den zentralen Ketten von Graubünden, Tessin, Uri und W allis; fehlt z. B. in den Waadt» länder» und Freiburger Alpen, dagegen in St. Gallen bis zu den Curflrsten angegeben. Tiefstes V orkom m en: an der Cascata del Soladino im Maggiatal im Tessin 400 m mit zahlreichen Alpenpflanzen in der ewig feuchten

598 Sprühregenzone, bei Gaschurn im Montafun 950 m und am Umhausen er Wasserfall im Oetztal 1100 m. Steigt im Wallis bis 2800 m am Gornergrat, in Graubünden bis 2330 m, in Tirol bis 2500 m; im Mittel ist sie zwischen 1400 und 2200 m verbreitet. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g d e r U n t e r a r t : Alpenkette, nördlicher Apennin, Pyre» näen. — Die zahlreichen, verlängerten Nebensprosse schliessen zu lockeren Kissen „Luftkrautkissen“ (Schröter) zusammen. Sie zählen zu den besten Beispielen des hypnoiden Typus in den Alpen. Hieher gehört die etwas gegen die subsp. bryoides neigende var. in t er mé d i a (Hegetschw.) Gaudin von gedrängterem Wuchs, mit kürzerem, wenigblütigem Stengel, wenigen, gut ausgebildeten Stengelblättern und Laubblattknospen, die nur wenig kürzer sind als das sie stützende Laubblatt. Im Verbreitungsgebiet der Unterart zerstreut: Sandalp im Kanton Glarus, Avers, Bergün, St. Bernhardin, Maloja, Val Vergeletto (Tessin), Rittneralpe bei Bozen, bei Täufers im Pustertal. — var. s u b a c a ü l i s Brügger ( = S. Huguenini Brügger). Der var. intermedia genähert, aber Blüten grösser; nach dem Autor doppelt so gross als die vom Typus, sitzend oder kurz gestielt. Kelchblätter bewimpert. Von der subsp. bryoides verschieden durch doppelt so grosse Blüten mit breiteren, länglich»eirunden, am Rande sich berührenden Kronblättern und spit» zeren Kelchzipfeln ; längere Stämm» dien mit breiteren, stärker gewinn» perten Laubblättern. Bisher nur auf der Thälialp im Rheinwald und im hinteren Calancatal in Graubünden beobachtet. II. subsp. b ry o id es (L. Gaudin ( = S. aspera var. bryoides DC., = Ciliäria bryoides Haw.). Taf. 142, Fig. 7 ; Fig. 954 und 955. Pflanze dichtrasig, grosse Flachpolster bildend. Stämmchen sehr zahlreich, dicht gedrängt, kugelige Laubblatt» knospen die Länge der sie stützenden Laubblätter erreichend. Stengel 3 bis 6 cm hoch, Bblütig. Stengelblätter tragblattartig, kurz, fast wimperlos, stumpflich, mit kurzem, aufgesetztem Stachelspitzchen. — V erbreitete Hoch* alpenpflanze des Urgebirges von etwa 2000 m bis 4000 m (am Finsteraarhorn in den Berneralpen). Relativ euryozisch, sowohl als Chas* mophyt auf Felsen als im Fels» schuft und in lockeren Rasenbestän» den des Hochgebirges, doch ausschliesslich auf kalkarmen Gesteinen. Bildet einen Hauptbestandteil der obersten Pionierrasenpolster der Nivalstufe in den Alpen in Gesellschaft von Cetraria nivalis, Alectoria ochroleuca, Lophozia gracilis, Anlhelia» und Gymnomitrium»Arten, Desmatodon latifolius, Polytrichum piliferum, Poa laxa, Cerastium uniflorum, Minuartia sedoides, Draba Fladnizensis, Saxifraga exarata und S. oppositi» folia, Androsace alpina, Gentiana Bavarica var. imbricata, Chrysanthemum alpinum usw. Die Unter» art gehört auch zu den fast stets vorhandenen Konstanten der alpinen Oxyria digyna»Assoziation. Die Wuchsform der Polster ist entweder kompakt (Aretia»Typus), so überall in den höchsten Lagen, oder locker und etwas gegen den HypnurmTypus neigend. Die rosettentragenden Ausläufer können sehr weit Vordringen, auch wohl kleine Rinnen überbrücken, ohne sich von der Mutterrosette unabhängig zu machen. So zählte W e t t e r am Bätzberg bei Andermatt einer Rinne entlang nicht weniger als 87 Rosetten, die alle noch mit der ursprünglichen Rosette in Verbindung standen und von ihr aus ernährt wurden, da sie keine Wurzeln treiben konnten. Von diesen 87 Rosetten waren 61 grün, 3 in Blüte und 23 abgestorben. Die Ausläufer wachsen aber immer nach unten, nie nach oben. Die vegetative Vermehrung durch Nebenrosetten ist reichlich. Dagegen konnte ich (Braun) die Samenproben von zwei verschiedenen Fundorten nicht zum Keimen bringen. Wie S. Aizoon, S. oppositifolia u. a. so wächst auch S. bryoides oft an wintersüber schneefreien Gräten und hält dort unbeschadet Temperaturen von bis minus 40° aus. Die äusseren vertrockneten Rosettenblätter schliessen sich nach oben zusammen und bergen im Innern den grünen Zentralspross. Vom Winde, durch Steinschlag oder Tritt losgelöste Polster» teile können weggeweht oder sonst verfrachtet werden und scheinen sich, an günstigen Stellen abgelagert, wieder anwurzeln zu können. Die Pflanze ist auch als Wintersteher und Schneeläufer beobachtet worden.

599 ln den Alpen steigt die [subsp. bryoides nur selten in die subalpine Stufe herab, ausnahmsweise reicht sie bis 1350 m (am Gotthard.) Andererseits steigt sie bis 3410 m in Graubünden am Piz Linard (Br.=Bl.), in Südtirol bis 3460 m (Monte Care alto in der Adamellogruppe) hinauf; in Südbayern nur in den Allgäuer Alpen zwischen 1850 und 2240 m (Hinterer Fürschüsserkopf, Daumen, Hochvogel). Geht östlich bis zu den Norischen und den Julischen Alpen' und bis in die Karawanken. Die Unterart hat sjch auch als Relikt alpigener Herkunft in der Kleinen Schneegrube des Riesengebirges (mit Saxifraga moschata subsp. basaltica) seit der Eiszeit erhalten. — Das Verbreitungsgebiet der subsp. bryoides reicht über das Areal der subsp. elongata hinaus und umfasst ausser der Alpenkette die Ostpyrenäen, die Karpaten und die Gebirge der Balkanhalbinsel. Als Glazialrelikt findet sie sich ferner in der Auvergne (MonPDore, Cantal). In der Bewertung dieser Pflanze als Unterart schliesse ich (Br.=Bl.) mich G a u d i n an. Die S. aspera subsp. bryoides ist keineswegs einG'blosse Alpenform von S. aspera subsp. elongata. Dafür zeugt nicht nur ihre Verbreitung in den Mittelgebirgen, welchen elongata fehlt, sondern aüch der Umstand, dass sich die Unter» Scheidungsmerkmale in der Tiefe bei herabgeführten Stöcken und auch in Kultur nicht verändern. Anderer» seits hält mich das Vorhandensein von (allerdings der subsp. elongata genäherten) Zwischenformen (var. i n t e r mé d i a ) ab, die subsp. bryoides als selbständige Art aufzufassen. S. aspera subsp. bryoides ist zweifellos ein sehr alter Typus, dessen nächste A^er wandte S. b r o n c h i a l i s L. das nördliche Sibirien und Nordamerika bewohnt. Seine grösste Ausbreitung scheint er während der Eiszeit er» langt zu haben. S. aspera subsp. elongata dürfte sich wohl erst wäh» rend der Eiszeiten im südlichen Teile des Areals aus der subsp. bryoides herausentwickelt [haben. — [In den Blüten» und Bestäubungsverhältnissen stimmen beide Unterarten überein. Der untere Teil des Fruchtknotens ist angeschwollen, gelblich gefärbt und sondert Honigtröpfchen ab. Die Blüten sind ausgesprochen proterandrisch. Die Narben entwickeln sich erst nach dem völligen Abblühen der Antheren, sodass spontane Selbstbestäubung in der Regel ausgeschlossen ist. Kreuzungsvermittler sind namentlich Fliegen. — Beide Unterarten werden gelegentlich von einem parasitären Pilz ( E x o b a s i d i u m W a r m i n g i i Rostr.) befallen.

1424. Saxifraga tenélla Wulf. ( = S. arenarioides Brignoli, = Chondroséa tenellaHaw.). Z a r t e r S t e i n b r e c h . Fig. 956 a bis f. Pflanze lockerrasig, mit zahlreichen, dichtbeblätterten, kriechenden Stämmchen. Stengel zierlich, dünn, 3 bis 15 cm hoch. Grundblätter glänzend, lineaManzettlich, steif, 1»nervig, fein grannig bespitzt (Fig. 956 b), ganzrandig, am Rande ringsum schmal weisshäutig»knorpelig, dl drüsig be» wimpert, oft umgerollt, die vorjährigen silbergrau. Stengelblätter allmählich kleiner werdend, 4 bis 6 . Blütenstand rispig, 2 » bis 9»blütig, mit verlängerten, 1 » bis 2 =blütigen Zweigen. Kelch» zipfel dreieckig»spitz, begrannt, dl drüsig (Fig. 956 f), so lang als die rundliche, im drüsigen Kelch eingeschlossene Kapsel. Kronblätter rahmgelb, verkehrt»eiförmig (Fig. 956 d), l 1/2»mal so lang als dieKelchzipfel, dreinervig. Samen fein papillös, braun, 0,6 mm lang. — VI, VII. Schattige, moosige Nagelfluh», Kalk» und Dolomitfelsen und Felsschutt der Südostalpen, zwischen 700 und 2400 m. Kalkstet. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g ; Ausserhalb des Gebietes nur noch in den angrenzenden Venetianischen Alpen.

600 S. tenella ist eine durchaus selbständige, gute Art und als konservativer Endemismus praeglazialer Entstehung aufzufassen. Habituell hat die Pflanze grosse Aehnlichkeit mit Saxifraga aspera L .; sie ist jedoch zierlicher und kleinblütiger. Die Art fehlt in D e u t s c h l a n d und in der S c h w e i z vollständig. Auch die Angaben für Tirol sind irrig. Sie findet sich in O e s t e r r e i c h bloss in Steiermark: Gurktaler Alpen bei St. Lambrecht, Sanntaler Alpen auf der Raducha; Kärnten, Krain und Küstenland: Alpen um Tolmein, Monte Canin, Krebenzen, Wischberg und Fischbachalpe bei Raibl, Triglav, Sagor, bei Trifail u. a. O. Die Blüten sind proterandrisch; im ersten, männlichen Stadium sind sie wenig auffällig und nur 2 bis. 5 mm breit; am Ende der Blütezeit im weiblichen Stadium erreicht die Krone 6 bis 7 mm im Durchmesser.

1425.

Saxifraga m uscojdes All. (— S. planífólía [Lap.] Stembg.). Fig. 956 g bis i.

Moos-Steinbrech.

Pflanze ausdauernd, harzig duftend, dichte, feste Flachpolster bildend, mit zahlreichen, dachziegelig beblätterten Stämmchen. Stengel aufrecht, 0,5 bis 5 cm hoch, 1 * bis 3*blütig, dicht drüsig*zottig. Grundblätter lineal bis lineablanzettlich, 3 bis 7 mm lang und 1 bis 2 mm breit, stets einfach, ungezähnt, ganzrandig, vorne abgerundehgestutzt oder schwach ausgerandet, am Rande und oft auch auf den Flächen kurzdrüsig, 3=nervig; die letztjährigen vorne Silber* grau. Stengelblätter 3 bis 5, wie die Tragblätter lineal, dichtdrüsig. Kelchblätter eiförmig, vorne abgerundet, drüsig. Kronblätter blassgelb bis hellzitronengelb, beim Trocknen ver* bleichend, IV 2* bis 2 *mal so lang und doppelt so breit als die Kelchzipfel, breit verkehrt* eiförmig, vorne gestutzt und meist etwas ausgerandet, deutlich 3*nervig. Kapsel fast kugelig, mit feinen, vorwärts abstehenden Griffeln, die an Länge 2/3 der Kapsel erreichen. Samen glänzend schwarzbraun, elliptisch*spindelig, fast glatt. -— VI bis VIII. Pionierpolsterpflanze der zentralalpinen ITochgebirge. In den obersten Rasenpolstem und im Felsgrus, seltener in Felsritzen wurzelnd. Auf Gneis, Granit, Tonschiefer, Serpentin und ausgelaugtem Kalk, meist in Gesellschaft kalkfliehender oder in* differenter A rten; von (1800) 2300 bis 4200 m. Fehlt in D e u t s c h l a n d . Allgemeine Verbrei* t u n g ; Alpenkette (von den Cot* tischen Alpen bis Kärnten). Äendert wenig ab : f. c i t r i n a (Gaud.) Engler et Irmscher. Kronblätter lebhaft zitronengelb. — Die var. t r í f i d a Gaud. dürfte am ehesten zu S. moschata Wulf, gehören. — f. g l a n d u l o s i s s i m a Br.»Bl. Stengel dicht und lang drüsig.behaart; Gliederhaare deutlich länger (bis 2 1/2 mal so lang) als der Durchmesser des Stengels (Besonders typisch am Nordhang des Piz Be« verin ob Thusis in Graubünden, 2400 m und am Grat über der Alp Scharrüoin in Grau, bünden, 2600 m). Scheint lokal konstant. Die Art hat habituell grosse Aehn® Üchkeit mit S. moschata subsp. linifolia, unter» Fig. 956. S a x i f r a g a t e n e l l a Wulfen. «Habitus, b Laubblatt, c Blüte, d Kronblatt. e Frucht. /K elchblätter, — S a x i f r a g a m u s c o i d e s All. h Habitus. scheidet sich von dieser jedoch sofort durch ¿'Laubblatt, i Kronblatt. — S a x if r a g a F a c c h i n i i Koch, k Habitus. /Blüte. die lebhafte Blütenfarbe und die silbergrauen m, n Laubblatt, o Kronblatt. vorjährigen Laubblätter, Sie zählt zu den wenigen eigentlichen Hochalpenpflanzen, deren Hauptareal über 2400 m liegt und die nur ausnahmsweise bis zur oberen Baumgrenze herabreichen. Andererseits steigt sie am Matterhorn bis 4200 m, in Graubünden am Thälihorn im Avers bis 3050 m, im Tessin am Pizzo Centrale bis 2930 m hinauf. Sie ist in den zentralen und südlichen Schweizeralpen recht verbreitet, aber nirgends häufig. Nördlich geht sie bis in die Murgseealpen südlich des

601 Walensees (für die Curfirsten fraglich). In Tirol wird sie von Tonale, vom Schiern, vom Monte Baldo und vom Brenner angegeben, ausserdem in Kärnten, Salzburg und Oberösterreich. S. muscoides besiedelt mit Vorliebe Pionierrasenpolster an Gipfeln und Gräten und wächst in Gesell» schaft von Poa laxa und P. alpina, Trisetum spicatum, Carex nigra, Salix herbácea, Polygonum viviparum, Mínuartía sedoídes, Sílene acaulís, Arenaría cílíata, Draba Hoppeana, Saxifraga moschata, S. Seguierii, S. androsacea, S. aspera subsp. bryoides und S. oppositifolia, Ligusticum Simplex, Androsace alpina, Gentiana Bavaríca vár. imbricata und G. brachyphylla, Phyteuma Pedemontanum, Erigeron unifloras, Chrysanthemum alpinum und Flechten .(Cetraria Islándica, Thamnolia vermicularis, Stereocaulon alpinum), mit denen sie ansehnliche Polster» teppiche bildet (so am Valserhorn in Graubünden bei 2830 m). Sie findet sich eingestreut auch in den nivalen und sub» nivalen Strauchflechtenbeständen auf kalkarmen Grusböden. Neben einigen der oben angeführten Gefässpflanzen sind dort die Flechten Cladonia gracilis und C. silvática, Stereocaulon alpinum, Solorina crocea, Peltigera rufescens, Parmelia saxatilis, Cornicularia aculeata, Cetraria cucullata, C. Islándica, C. nivalis und C. juníperína, Alectoría ochroleuca, Thamnolia vermicularis ihre Begleiter (so am Flimserstein 2670 m, auf Verrucano). — Wie S. Seguierii so ist wohl auch S. muscoides ein alter, endemisch alpiner Typus, der sich von seinem Entwicklungsherd aus nicht viel weiter verbreitet hat. Die Art dürfte in den Zentralalpen höchst wahrscheinlich auch die Eiszeiten überdauert haben. Sie liebt winterlichen Schneeschutz und wurde auch als Wintersteher mit Samen beobachtet. Die Keim» fähigkeitsuntersuchung ergab jedoch ein völlig negatives Resultat. Die Wuchsform der Pflanze ist mehr oder weniger ausgeprägt arelioid. Nach K i r c h n e r zeigt die Blüte ausgesprochene Proterandrie; spontane Selbst» bestäubungistausgeschlossen. Ein Ascomycet P y r e n ö p h o r a c h r y s ö s p o r a (Niessl.) wächst saprophytisch auf den dürren Stengeln von S. muscoides. In sonst normalen Blüten wurde schon ein 5=gliederiges Pistill beobachtet.

Saxífraga Facch ín íí1) Koch ( = S. muscoides All. var. Facchinii [Koch] Engler). F a c = c h i n i ’s S t e i n b r e c h . Fig. 956 k bis o und Fig. 957 c. Ausdauernd, rasig, kleine Flachpolster bildend, mit zahlreichen nichtblühenden Rosetten. Grundblätter dünn, länglichdanzettlich oder lineal, gegen die Spitze verschmälert und abge* 1426.

Fig. 957. Verbreitungsgebiete einiger alpigener S a x i f r a g a - A r te n . a — SaxifragaVandellii Sternb. b = S. Tombeanensis Boiss. c S. Facchinii Koch, d = S. Seguierii Spreng, e — S. arachnoidea Sternb. (nach B rau n-B lan qu et).

rundet, die abgestorbenen vorn silbergrau, lange erhalten bleibend, auf der Fläche und besonders am Rande locker drüsenhaarig. Stengel verkürzt, wenig länger als die Blätter, 0,6 bis 3 cm hoch, mehrblättrig, wenig* ( 1 * bis 4*)blütig. Kelchzipfel eiförmig, drüsig bewimpert, stumpf. x) Benannt nach Francesco F . a c c h i n i , 1S21 bis 1837, Gemeindearzt in Vigo di Fassa, hochverdient um die floristische Durchforschung Südtirols.

602 Kronblätter bleichgelb oder purpurn, 1 = bis undeutlich 3=nervig, verkehrt*eiförmig, vorn gestutzt oder schwach ausgerandet, wenig länger als die Kelchzipfel (Kapsel und Samen nicht gesehen). —VII. Spärlich in Felsritzen und im feinkörnigen, grusigen Ruhschutt der S ü d t i r o 1e r D o l o m i t e n von Gröden bis zum Latemar, zwischen 2000 m und 3250 m. Endemisch. Die Art ist ein südostalpiner Endemismus von sehr beschränkter Verbreitung und bloss von wenigen Standorten aus dem Südtirol bekannt: Seiseralp, Schiern, Rosengarten bei Bozen, Antermojakogelscharte, Latemar,. Grasleitenpass, Boespitze 2000 m, Fassatal, Marmolata 3250 m Rosetta bei San Martino di Castrozza. Aendert ab: var. L e y b ö l d i i Engler et Irmscher. Untere Stengelblätter 3=spaltig; Seitenlappen 2* bis 4=mal kürzer und 2= bis 3=mal schmäler als der Mittellappen (Am Schiern zwischen 2300 und 2600 m). — Die Blütenfarbe variiert von trübweiss durch violett und rot bis ins Schwärzliche.

1427* Saxifraga aphylla Stemb. ( = S. stenopetala Gaud., == S. sedoides L. ß aphylla Fiori et Paol., = Muscäria stenopetala Haw.). B l a t t l o s e r S t e i n b r e c h . Taf. 142, Fig. 11 und Fig. 958. Ausdauernd, lockere, schlaffe Rasen bildend. Stämmchen zahlreich, schwächlich, nieder* liegend, locker beblättert. Grundblätter rosettig, hellgrün, lanzettlich, gegen die Spitze zu ver* breitert, meist 3* bis 5*spaltig, Mittellappen breiter und länger als die seitlichen, seltener fast alle Blätter ungeteilt und wie die Blattlappen vorne abgerundet, kahl oder spärlich kurzdrüsig. Blütenstengel schlaff, aufstrebend, dünn, fast fädlich, 1 bis 3 (seltener bis 5) cm hoch, meist Dblütig, selten gabelig verzweigt und 2 « bis 3*blütig, meist blattlos (daher der Name!), selten 1 «blätterig, zerstreut drüsig. Innovationstriebe aus den Achseln der grundständigen Laub* blätter entspringend. Blütenstiele verlängert, kurzdrüsig; Brakteen meist fehlend. Kelchblätter eiförmig«dreieckig, kurzdrüsig bis verkahlend, an der Spitze stumpflich. Kronblätter schmal* lineal, länger (bis doppelt so lang) als die Kelchzipfel, aber viel schmäler, blassgelb. Staub* blätter etwa von der Länge der Kronblätter oder wenig kürzer. Kapsel rundlich*eiförmig, 3 bis 5 mm lang; Griffel weit spreizend. Samen i 1 mm lang, eiförmig, uneben, glänzend. — VII bis IX. Ausschliesslich im Kalkgeröll der O s t a l p e n , in der alpinen und nivalen Stufe von 1900 bis 3000 m, vereinzelt auch noch höher bis 3200 (am Piz Uertsch, Albula [hier noch fruchtend] und am Titlis), ausserdem hie und da mit Lawinen hinabsteigend (so wohl im Hinterautal in Nordtirol). Allgemeine Verbrei tung: Ostalpen. Die Pflanze erreicht in der Schweiz ihre Westgrenze, die vom Berneroberland (Mönch im Lauterbrunnental [Lüdi briefl.]) durch die Urkantone zum Panixerpass, von dort zum Piz Beverin—Piz Michel im Ober* halbstem— Piz Padella — Sassalbo imPuschlav streicht. Oestlich dieser Linie ist die Art im Kalkgebirge oder auf kalkreichen Schiefern nicht selten, so in den Alpen von Bayern (zwischen 1700 und 2900 m), von Tirol (bis 2800 m), Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober« und Niederösterreich (östlich bis zum Wiener Schneeberg). — Es werden drei Formen unter* Fig. 958. S a x i f r a g a a p h y lla Sternb., im Kalkgeröll des Wettersteingebirges. schieden: f. t y p i c a (Beck) Engler et Irmscher. Phot. E. S c h m id , München. Laubblätter tief 3s, seltener 5steilig; Zähne dz gleich, eiförmig^oder länglich, dz zugespitzt, 2 bis 4 mm lang. Nur die meist verdorrten Niederblätter ungeteilt. — f. d e n t i f e - r a (Beck) Engler et Irmscher. Laubblätter ungeteilt, nur die der Blattsprosse hin und wieder an der Spitze kurzybszähnig. — f. B r e y n i ä n a (Beck) Engler et Irmscher. Alle Laubblätter ungeteilt und ganz* randig. Die ersten^beiden Formen verbreitet, die f. B r e y n i a n a selten und meist an hochgelegenen, wind* exponierten Gratstandorten, wo der Wuchs der Pflanze dichtspolsterförmig werden kann (Monte Garone, Livigno

603 bei 3030 m). — S. aphylla ist ein Schuttkriecher von meist hynoidem, seltener aretioidem Wuchs und gehört zu den bestandestreuesten Arten der Thlaspi rotundifolium.Assoziation. Mit ihr finden sich in der Schweiz gewöhnlich Poa minor, P. Cenisia, Trisetum distichophyllum, Cerastium latifolium, Arabis alpina, Hutchinsia alpina, Achillea atrata, Doronicum scorpioides, wozu im Grenzgebiet gegen Tirol noch der prächtige gelbe Alpenmohn (Papaver aurantiacum), Valeriana supina und Crepis pygmaea kommen, lieber die Begleitpflanzen in den Bayerischen Kalkalpen vgl. Bd. IV, I pag. 134. — Die Blüte ist ausgeprägt pro ter andrisch; spontane Selbstbestäubung ist nach M ü l l e r ausgeschlossen. Als Besucher beobachteten Mü l l e r und ich (Braun) noch in der Nivalstufe Fliegen. Die Art wurde auch als Wintersteher beobachtet.

1428. Saxifraga sedoides L. (— S. trichödes Scop.). F e t t k r a u t * S t e i n b r e c h . Fig. 959a (a bis d) und 932 x. Ausdauernd. Stämmchen zahlreich, stark verzweigt, niederliegend=kriechend, lockere Rasen bildend. Blühende Stengel schlaff aufsteigend, schwächlich, 1,5 bis 5 cm hoch, mit oder ohne Stengelblätter, von drüsigen Gliederhaaren der ganzen Länge nach besetzt. Grund* blätter hellgrün, locker rosettig, lanzettlich*spatelig, stachelspitzig, dl drüsenhaarig. Innovations* triebe aus den Achseln der Rosettenblätter entspringend, 1 bis 2,5 cm lang, die Blüten* stengel dadurch scheinbar seitenständig. Blütenstand locker, 1 * bis 4*blütig, mit langen, drüsenhaarigen Blütenstielen. Kelch* blätter zur Blütezeit fast horizontal ausge* breitet, dl dreieckig, zugespitzt, aussen dicht kurzdrüsig. Kronblätter lanzettlich bis eiförmig, 3*nervig, meist kürzer oder doch wenig länger und schmäler als die Kelch* zipfel, blass*grüngelb, zitronengelb oder an der Spitze rötlich. Staubfäden etwa so lang wie die Kronblätter, vom Grunde zur Spitze verschmälert; Staubbeutel rundlich, herznierenförmig. Kapsel 2 bis 3 mm lang. Samen länglich*elliptisch, beiderends kurz höckerig, bespitzt, 1,0 bis 1,7 mm lang. — VI bis IX. In Felsritzen und im feuchten Fels* schutt des Kalkgebirges, namentlich an nord* Fig. 959a. S a x i f r a g a s e d o i d e s L. a Habitus, b Blüte, c Kronexponierten Hängen, wo der Schnee lange blatt. d Laubblatt (vergrössert). — S a x i f r a g a S e g u i e r i i Sprengel. e Habitus. / Einzelrosette. liegen bleibt. O e s t l i c h e K a l k a l p e n , von 1600 bis 2800 m, selten tiefer und wohl bloss herabgeschwemmt. Fehlt in der Schweiz. In Bayern nur in den Funtenseetauem. Wie die verwandte und habituell ähnliche S. aphylla ist auch diese Art ein Schuttkriecher vom Hyp» num=Typus, der zur Festigung der Geröllhalden kaum beiträgt. Die Art ist kalkstet, fehlt auf kalkarmen Ge» steinen und zählt in den südöstlichen Kalkalpen (z. B. in den Bergamaskeralpen) im Verein mit Cerastium Carinthiacum, Doronicum Columnae, Achillea Clavenae u. a. Arten zu den Charakterarten einer sehr bezeichn nenden, der Thlaspi rotundifolium»Assoziation der Nordalpen nächstverwandten Pflanzengesellschaft. Die West» grenze der Art in den Alpen wird bezeichnet durch die Punkte: Grigna—Zucco di Campelli—Presolana— Kirch» bergerjoch in Ulten—Muttenjoch im Gschnitztal—Fuschertauern— Funtenseetauem—Tennengebirge— Totes Ge» birge; sie verläuft somit wie bei so mancher anderen ostalpinen Art schief Südwest»Nordost. Oestlich davon ist S. sedoides häufig namentlich in den Bergamasker Kalkalpen, Südtiroler Dolomiten, in Kärnten, Steiermark (Kersch» baumeralpe, Dobratsch, Kanaltal u. a.), Krain, aber auch in Salzburg (Tennengebirge, Fusch er», Radstädter», Heiligen» blutertauern), Oberösterreich (sicher nur auf demWarscheneck), Niederösterreich (Gesäuse, Hochschwab, Hochkar).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Ostpyrenäen, Ostalpen (vom Comersee an östlich), Illyrien (Bosnien, Herzegowina, Montenegro), Apennin.

604 Aendert ab: var. H o h e n w ä r t h i i (Sternb.) Engl. Blütenstengel beblättert. Kronblätter lineal, spitz, so lang oder etwas länger als die Kelchzipfel, hellgelb oder an der Spitze purpurn. Antheren rosa. — In den südöstlichen Kalkalpen : Südtiroler Dolomiten, Steiermark, Kärnten, Krain, Küstenland. Die Blüten sind proterandrisch ; spontane Selbstbestäubung ist ausgeschlossen.

1429« Saxifraga Seguiérii1) Sprengel ( = S. planifölia Sternb. y Seguiérii Sternb.) S e g u i e r s S t e i n b r e c h . Taf. 142, Fig. 3 ; Fig. 9 5 9 a (e,f), 932s, 959 b und 9 5 7 d. Ausdauernd, breite, flachte Polster bildend. Stämmchen dicht zusammenschliessend mit lange erhalten bleibenden, abgedorrt dunkelrotbraunen Grundblättern dicht besetzt. Grund« blätter dunkelgrün, lanzettlich, spatelig, allmählich in den langen, breitgeflügelten Stiel verschmälert, 0,6 bis 3,5 cm lang und 1 bis 3,5 mm breit, stumpflich und ganzrandig, mehrnervig, wie die (1 bis 2 ) kurzen Stengelblätter von ziemlich kurzen, drüsentragenden Gliederhaaren besetzt. Blattfläche öfters verkahlend. Stengel aufrecht, 0,8 bis 4 cm hoch, meist 1 « (selten 2 = bis 3«)blütig, i dicht kurzdrüsig. Kelchröhre dicht« und kurzdrüsig; Kelchzipfel eiförmig, stumpflich, am Rande sehr sparsam drüsig oder kahl. Kronblätter schmäler und so lang oder kaum länger als die Kelch« zipfel, länglich«eiförmig, vom abgerundet, 3*nervig, schmutziggelb. Staubfäden so lang wie die Krön« blätter. Fruchtkapsel verkehrt«eiförmig, von den lange erhalten bleibenden, vorwärtsgerichteten Kelch« blättern umgeben. Griffel kurz, etwas spreizend. Samen eiförmig«rundlich, dunkelbraun, 0,4 bis 0,5 mm lang, weitmaschig netzig«grubig, sonst glatt. — VII,VIII. Auf alten Gletschermoränen, feuchtem Felsgrus, in berieselten Runsen und Felsritzen, auch in Rasenpolstern, mit Vorliebe an schattigen, nach Norden exponierten Fig. 959b. S a x i f r a g a S e g u ie r ii Sprengel, in den 0 1 x 1 / 1 . . . . . . 0 . . . , Bündneralpen. Phot. Dr. Ed. R u b e l, Zürich. Stellen der A l p e n (verlangt winterliche Schneebedek« * kung). Kalkfliehend; doch auch auf kalkhaltigenSchiefem. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Ausserhalb des Gebietes nur noch im angrenzenden Oberitalien (Piemont, Lombardei) und an der italienisch«savoyischen Grenze. Die Art ist ein alter Endemismus der zentralen Urgebirgsketten zwischen dem Kleinen St. Bernhard und dem Brenner. Verbreitet und häufig namentlich in den Urgebirgsstöcken der Rätischdepontischen Alpen : Wallis 2200 bis 5250 m (Mont Velan bis 3700 m), Tessin 2000 bis 3150 m, Graubünden 2060 bis 3300 m (am Piz Linard), West» tirol 2100 bis 3200 m. Reicht in den insubrischen Alpen nur bis zu den südlichen Misoxerbergen (Gardinello dello Stagno zwischen Moesa und Comersee), in den Bergamaskeralpen bis zum Pizzo dei tre Signori, Der bei E n g l e r und I r m s c h e r (l. c. I9l6) angeführte Standort vom Monte Baldo (Seguier) erscheint zweifelhaft. Im nördlichen Alpenzug geht die Art bis in die Murgseealpen am Walensee und zum Zürsersee und Hohen Rad in den Vorarlbergeralpen. Fehlt in D e u t s c h l a n d vollständig. Vgl. Fig. 957 d. Die Westgrenze der Art verläuft vom Kleinen St. Bernhard und den Alpen von Cogne zum Bagnestal und zur Gemmi in den Berneralpen. Für Savoyen zweifelhaft. Die Ostgrenze wird durch folgende Punkte be* zeichnet: Rosskogel im mittlerenInntal—Widdersberg— Tribulaun— Lazins— Langkofel—Fedaja—Montalonein den Dolomiten. — Ihrer geschlossenen Gesamtverbreitung, ihrem hohen Ansteigen und ihren Standortsansprüchen nach zu schliessen, haben wir es mit einer der wenigen Alpenarten zu tun, die die Eiszeit höchstwahrscheinlich im Innern der Alpen überdauern konnten (vgl. B r a u n , J. Vegetation der Schneestufe [I9l3] pag. 317). Sie bildet b Benannt nach Jean François S é g u i e r von Nîmes (1705— 1784), dem Verfasser der grundlegenden Flora der weiteren Umgebung von Verona „Plantae veronenses“, 1754. Er besuchte mehrfach Südtirol und die benachbarten Grenzgebiete.

605 einen wichtigen Bestandteil der Schneebodenflora auf Urgestein (Assoziation von Solorina crocea in Gesellschaft von Solorina crocea, Anthelia julacea, Arenaria biflora, Cerastium filiforme, Minuartia sedoides, Gentiana Bavarica var. imbricata, Veronica alpina, Gnaphalium supinum-, so an der Plauncaulta [Gotthard] bei 2830 m) und der Dikotylen*Flacbpolster der höchsten Urgebirgsgipfel mit Poa laxa, Luzula spicata, Silene exscapa, Minuartia sedoides, Ranunculus glacialis, Saxifraga exarata und S. aspera subsp. bryoides, Gentiana Bavarica var. imbricata, Eritrichium nanum, Chrysanthemum alpinum, Musci, Lichenes (so am Campo Tencia*Gipfel im Zentral-tessin bei 3070 m). — Die Bestäubung der proterogynen Blüten wird noch in Höhen von 5000 m durch Fliegen vermittelt. Die Fruchtstände bleiben lange erhalten und entleeren sich teilweise erst im folgenden Som m er; ich habe sie auch als Schneeläufer beobachtet. Aendert nur unwesentlich ab in Bezug auf Drüsigkeit, Blatt* und Wuchsform. In hohen Lagen wird der Wuchs gedrungen, der Stengel Pblütig und die Grundblätter wenig überragend. Eine Form mit orange* gelben Kronblättern (f. a u r a n t i a c a [Ser.] Engler et Irmscher) wird von Zermatt und von der Grimsel an* gegeben. — Von parasitischen Pilzen sind zu erwähnen die Uredineen P u c c i n i a S a x i f r a g a e Schlechtendal und C a e ö m a S a x i f r a g a e (Strauss) Winter. Im nichtblühenden Zustand wird die Pflanze leicht mit S. androsacea verwechselt. Das beste Unterscheidungsmerkmal liefert die Behaarung, die bei S. Seguierii i dicht kurzdrüsig ist, während S. androsacea lange, bandförmig gegliederte Drüsenhaare aufweist.

Saxifraga a n d ro sacea1) L. ( = S. multinervis Dulac, = Evaiezoa androsacea Rafin.). M a n n s s c h i l d =S t e i n b r e c h . Taf. 142, Fig. 10 und Fig. 960. Ausdauernd, rasig und polsterbildend oder einzeln. Stämmchen kurz aufsteigend. Grundblätter dunkelgrün, lanzettlidr, spatelig, 0,6 bis 2 (selten bis 2 ,6 ) cm lang und 0,2 bis 0 ,6 cm breit, dicklich, in den breitgeflügelten Stiel verschmälert, vorn etwas zugespitzt, ganzrandig oder vom mit 3 bis 5 kurzen Zähnen, am Rande (selten auch oberseits) mit langen, band* förmigen, gegliederten Drüsenhaaren besetzt, netznervig. Stengelblätter 1 bis 3, wie die Brak* teen lanzettlich*eiförmig, drüsig. Stengel aufrecht, 1 bis 10 cm hoch, nach dem Verblühen etwas verlängert (bis 13 cm), mit langen, drüsigen Gliederhaaren, meist 1 * bis 2 *, selten 3* bis 5*blütig. Kelch dicht kurzdrüsig; Kelchzipfel eiförmig, stumpf, so lang oder etwas kürzer als die Kelchröhre. Kronblätter weiss, verkehrPeiförmig, vorn abgerundePgestutzt oder schwach ausgerandet, 3*nervig, doppelt so lang als die Kelchblätter. Kapsel rundlich, eiförmig, mit kurzen, spreizenden Griffeln, von den bleibenden Kelch* zipfein überragt. Samen ei* förmig, 0,6 bis 0,65 mm lang, glatt, bespitzt, schwarzbraun. — V bis VII. In Schneetälchen, im Ruhschutt und in durchfeuch* teten Rasen der alpinen Stufe, von zirka (1500) 1800 bis 3000 m. Durch die ganze Al penket t e auf Kalk und kalkreichen Gesteinen ver* breitet und meist häufig; stellenweise im Gneis* und Granitgebirge fehlend, so in Fig. 960. S a x i f r a g a a n d r o s a c e a L., auf humosen Stellen zwischen Kalkgeröll in den den südlichen Tessineralpen, Berchtesgadener Alpen. Phot. Franz S e i tz , Augsburg. in den Zillertaleralpen u. a. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mitteleuropäisches Gebirgssystem: Pyrenäen, Auvergne, (nur Puy Mary, Pas*de*Roland), Alpen, Karpaten; Altai, Ostsibirien. In den Apenninen durch die nahestehende S. t r i d e n s Jan (— S. androsacea auct. ital. centr. non L.) vertreten. 1430.

5 Wegen der Aehnlidikeit mit einzelnen Vertretern der Primulaceen*Gattung Androsace. H e g i , Flora. IV, 2.

131

606 Aendert abj f, i n t e g r i f ö l i a (Ser.) Engl. Pflanze mit ganzrandigen, lanzettlichen Grundblättern. — f. t r i d e n t ä t a (Gaud.) Engl, et Irm. Grundblätter vorn 2® bis 5szähnig oder spaltig. — Beide Blattformen sind nicht selten an ein und derselben Pflanze vorhanden. Eine in der Tracht recht auffallende Modifikation, die besser als Varietät aufgefasst wird, ist die var. p y g m a e a Hornung. Pflanze dichte, feste Polster bildend. Laubblätter breitseiförmig, sitzend, ± 8 bis 10 mm lang. Stengel verkürzt, blattlos oder einblättrig, wollig®drüsig behaart. So in Kärnten (Brennkogel, Hoher Kapponing), Tirol (Navistal, Velbertauern, Seiseralpe, Rotwand am Rosem garten), Südbayern (Zugspitze 2890 m bis 2920 m) und Graubünden (Monte Garone). S. androsacea steigt weniger hoch als S. Seguierii; sie erreicht 3000 m im Wallis, 3000 m in Grau» bünden, 2900 m in Tirol, 2920 m in Südbayern. Die Pflanze wächst meist gruppen® oder truppweise an etwas feuchten, lange schneebedeckten Stellen (Fig. 960) über Kalks and kalkreichen Silikatgesteinen, oft auch als Be® standteil des „Schneetälchenrasens“, auf Kalkboden in Begleitschaft von Rumex nivalis, Cerastium cerastioides, Ranunculus alpestris, Potentilla dubia, Alchemilla glaberrima, Viola calcarata, Ligusticum Mutellina, Soldanella alpina, Primula integrifölia usw.; andrerseits erscheint sie auch im ruhenden Feinschutt und an der Grenze der subalpinen Stufe im feuchtschattigen Ainus viridis=Gebüsch, wo sich dann der Stengel verlängert und die Pflanze den Primel sTypus annimmt. In höheren Lagen dagegen ist die Wuchsform oft polsterig und bietet Uebergänge zum AretiasTypus. Die A rt wurde auch als Wintersteher beobachtet. — Die Blüten sind proterogyn, haben aber die Möglichkeit spontaner Selbstbefruchtung. Die Narben bleiben frisch, bis sich die ersten Staubblätter geöffnet und ihren Pollen entlassen haben. Ein Teil davon kann sehr leicht auf die noch empfängnisfähige N arbe fallen, da sich die Staubblätter vor dem Aufspringen etwas nach einwärts biegen und die N arbe überragen. Das gelblichgrüne Nektarium sondert reichlich Honig ab, der von Fliegen genascht wird. H. M ü l l e r fand am Gipfel des Piz Umbrail noch bei 3010 m dieBlüten von Eristalis tenax beflogen. In der Zone der Bündnerschiefer, wo sich Kalks und Kieselflora mischen, trifft S. androsacea oft mit S. Seguierii zusammen und bildet mit ihr den Bastard S. P a d G l a e Brügger (vgl. pag. 632). Die A rt wird von^Syfn c h y t r i u m S a x i f r a g a e Rytz und P u c c i n i a S a x i f r a g a e Schlechtendal befallen.

1431«

Saxifraga depressa *) Stemb. ( = S. Fassäna Handel*Mazzetti, = S. androsacea L. var. depressa Eidienfeld).

Fassaner Steinbrech.

Fig. 9 62a, d und g.

Ausdauernd, lockerrasig, der S. androsacea habituell ähnlich, aber kräftiger. Grund® blätter rosettig, dicklich, 6 bis 10 mm breit und bis 3,5 cm lang, in den kurzen Stiel keilig verschmälert, vom meist tief 3*zähnig (Fig. 962 d), beiderseits dicht kurzdrüsig. Stengel® blätter 1 bis 2, wie die Trag® und Vorblätter i kurzdrüsig. Stengel aufrecht, 4 bis 10 cm hoch, 1® bis 7® (bis ll*)blütig. Blütenstiele und Kelch dicht kurzdrüsig. Kelchblätter eiförmig, stumpflich. Kronblätter weiss, 3®nervig (Fig. 962 g), doppelt so lang als die Kelchzipfel. Kapsel rundlich®eiförmig mit spreizenden Griffeln. Samen graubraun, feinwarzig, 0,6 mm lang. — VIII. In feuchtem Felsschutt, vorzugsweise in schattigen Lagen der S ü d t i r o l e r D o l o ® m i t e n ; auf Kalk, Schiefer und Porphyr. Einzig im Fassatal und in der Umgebung von T rien t: Col di Cuc 2500 bis 2550 m, Porta vescovo, Marmolata, Sasso di Dam und Sasso di Rocca bei A lba 2300 bis 2600 m, Ostfuss des Sasso N ero im Contrintal, Passo le Seile bei San Pellegrino, Cima di Bocche (an Porphyrfelsen), Monte Castellazzo (auf Dolomit) 2100 m, Colbriccone bei Paneveggio, Monte Montalone, Cima d’A sta usw.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Endemisch in den Südtiroler Dolomiten. Saxifraga depressa ist mit S. androsacea nächstverwandt, dürfte aber jüngerer Entstehung sein und scheint sich wenig über ihren Bildungsherd hinaus verbreitet zu haben. V on S. androsacea, mit der sie früher zusammengeworfen wurde, unterscheidet sie sich ohne weiteres durch die kräftige Statur, den meist vielblütigen Blütenstand, die Blattform und die abweichende Drüsenbekleidung.

1432« Saxifraga m oschata*2) Wulf. ( = S. caespitösa L. pro parte, = S. muscöides auct. non All., = S. värians Sieber, = S. muscösa Suter, = S. exaräta Vill. subsp. moschata Cavillier, = S. moschata Wulf. var. moschata Bumat). M o s c h u s ® S t e i n b r e c h . Taf. 142, Fig. 2 ; Fig. 961 und 962 h bis t. Pflanze vieljährige Polsterrasen bildend. Rosetten ± dicht zusammenschliessend; Rosettenblätter lineablänglich oder keilig, ungeteilt oder teilweise vom 2® bis 3® (selten mehr®) h Lat. deprCissus = niedergedrückt, niedrig. 2) Lat. moschätus = moschusartig riechend; von gr. [¿oo%og [möschos] =

Moschus, Bisam.

607 zähnig oder spaltig (Fig. 962 i, k), mit meist sehr ungleichen, stumpfen, nach vorwärts gerichteten, wenig spreizenden Lappen, wie der Stengel i kurzdrüsig oder kahl. Abgestorbene Grund= blätter lange erhalten bleibend, dunkelgraubraun, meist ohne hervortretende Nervatur oder die Nerven nur im untern und mittlem Blatteil deutlich entwickelt, gegen die Spitze zu verschwindend. Stengel zahlreich, 1 bis 12 cm hoch, an der Spitze rispig oder trugdoldig, 2 = bis 5* (selten bis 9*)blütig, oft bloss l*blütig, mit 2 bis 5 linealen, ungeteilten (selten 2* bis 3 *spaltigen) Laubblättern. Kelchzipfel 3*nervig, eiförmig, stumpf, etwas länger als die Kelch* röhre. Kronblätter lanzettlich, lineal oder schwach verkehrheiförmig, grüngelb oder schmutzig mattgelb, beim Trocknen meist intensiver gefärbt, 3*nervig, länger, bis doppelt so lang, aber schmäler, selten etwas breiter als die Kelchzipfel, nicht mit den Rändern sich deckend, selten Blütenfarbe schmutzig orange oder purpurn. Kapsel kugelig*eiförmig, mit kurzen, nach vorwärts gerichteten Griffeln. Samen graubraun, glänzend, fein papillös, eiförmig, 0,5 mm lang. — VII, VIII. Auf Kalk* und Schieferfelsen (selten auch auf Silikatgesteinen inkl. Basalt), auf ruhendem Felsschutt, in Pionierpolstem, auf steinigen Alpenweiden; zwischen 1500 und 4000 m, selten tiefer. Sehr verbreitet in den Kalkalpen der S c h we i z , von S ü d b ay ern und O e s t e r r e i c h ; in den Urgebirgsmassiven (hier durch S. exarata ersetzt) stellenweise selten oder fehlend (so im Kanton Tessin, in der Kesch*Vadretgruppe von Mittelbünden). Steigt am Finsteraarhorn angeblich bis 4000 m, in Graubünden bis 3200 m, in Südbayern bis 2760 m, in Tirol bis 3200 m (am Mitterkamp bei Gurgl) hinauf. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : In mehreren Unterarten in den Gebirgen von Mittel* und Südeuropa, Westasien und Sibirien: Pyrenäen, Auvergne (subsp. L a m o t t e i [Luiz.] Br.*Bl.), Alpenkette, Apennin (in den Abruzzen die subsp. a m p u l l ä c e a [Ten.] Engl, et Irmsch.), Karpaten, Illyrien, Gebirge der Balkanhalbinsel, Kaukasus, Armenien, Altai und Ostsibirien (hier in der subsp. T e r e k t e n s i s [Bunge] Br.*BL). Die Art ist gelegentlich Wintersteher und überwintert auch an schneearmen und schneefreien Stellen. Sie wird von C a e ö m a S a x i f r a g a e (Strauss) Winter (Uredinee) befallen. Eine äusserst veränderliche Art, deren Abänderungen sich sowohl auf Blattform, Nervatur, Blüten, grosse und Farbe als auf Wuchsform, Behaarung und Drüsigkeit erstrecken. E n g l e r und I r ms e h e r (1. c. pag. 415) unterscheiden die drei Varietäten» gruppen: O b l o n g i p e t a l a e , L o n g i » p e t a l a e und L a t i p e t a l a e nach der Form und Grösse der Kronblätter. Jede dieser durchaus künstlichen Gruppen zerfällt wie» der in eine Anzahl von Varietäten und Formen sehr verschiedener systematischer Wertigkeit. Wir sind mit L u i z e t (Contri» bution ä l’etude des Saxifrages etc. Bull. Soc. bot. FranceLV IIbisLX, 1910bis 1913) der Ansicht, dass die Gesamtart S. moschata eine Reihe schwierig zu umschreibender „neogener“ Rassen (Arten nach Luizet, Unterarten undVarietäten unserer Meinung nach) in sich schliesst, die auch geographisch i deutlich umgrenzt erscheinen. Die Zer» gliederung der Gesamtart erfordert sehr eingehende Spezialstudien im Sinne der gründlichen Arbeiten von Lui z e t , diesich auf die Untersuchung der Pflanzen am Stand» Fig. 961. S a x i f r a g a m o s c h a t a Wulf., im Steinernen Meer (Oberbayern). ort stützen müssen. Aus dem Gebiet kom» Phot. stud. Franz S e i t z , Augsburg. men als wichtigste Unterarten in Betracht: I. subsp. linifölia Br.»Bl. nov. subsp. ( = subsp. eu»moschäta Engler et Irmscher pro parte). meist niedrig (5 bis 10 cm), 1» bis wenigblütig. Rosettenblätter i lineal, meist ungeteilt, stumpf, seltener mit 131*

S

608 2 bis 3 kurzen, stumpfen, vorwärts gerichteten Zähnen, nervenlos, auf der Blattfläche oder wenigstens am Rande ± kurzdrüsig. Stengelblätter 1 bis wenige, schmablineal, ungeteilt. Kronblätter grünlichgelb, länglich» eiförmig bis verkehrbeiförmig, etwa 1 x/a mal so lang und schmäler oder kaum so breit als die Kelchzipfel. Fruchtkapsel verkehrt»eiförmig, mit vorwärtsgerichteten, zuletzt spreizenden Griffeln. Pflanze ohne Harzduft. Durch den östlidien Teil der Alpenkette bis zu den Freiburgeralpen verbreitet auf Kalkfelsen und kalkreichem Gestein. Wuchsformen sind : f. 1 ä x a (Sternb.) Fiori et Paol. Pflanze lockerwüchsig. Laubblätter verlängert, lineal, schlaff. — f. c o m p ä c t a (Mert. et Koch) Vollmann. Pflanze dichte, feste Polster bildend. Besonders an exponierten Gräten. — f. p y g m s e a (Haw.) Fiori et Paol. Niedrig, fast stengellos, Bblütig. — Wichtiger erscheint die var. a f f i n i s Br.»Bl. nov. var. Stengelblätter zahlreicher; Grundblätter oft in der Mehrzahl 3»spaltig mit schmal» linealen Lappen, am Grunde oft etwas nervig. Kronblätter schmal, schmutziggelb oder grünlich. Ostalpen: Raxalp, Wiener Schneeberg usw.? — Die Unterart ist in Tirol und Vorarlberg verbreitet, z. B. Grödnertal, Hühnerspiel, Hochriss der Rofanalpe am Achensee 2000 m, Mädelegabel, Rätikon; ebenso in den Kalkgebirgen

Fig. 962. S a x i f r a g a d e p r e s s a Sternberg, a Habitus, d Laubblatt, g Kronblatt. — S a x i f r a g a P e d e m o n t a n a All. b Habitus. c Laubblatt, e Blüte nach Entfernung der Kronblätter. / Kronblatt. — S a x i f r a g a m o s c h a t a Wulf, subsp. b a s á l t i c a Br.-Bl. h Ha­ bitus. i, k Laubblätter. I Blüte, m Kronblatt. n Frucht. — S a x i f r a g a m o s c h a t a Wulf, subsp. R h o d a n e n s is Br.-Bl. o Habitus. p, q Laubblätter, r Blüte, s, t Kronblätter.

von Graubünden zwischen 1800 und 3200 m (am Piz Uertsch); in den Nordschweizerischen Kalkalpen häufig (Säntis» gruppe, Glarner» und Schwyzeralpen, Pilatus, Niesen, Wandfluh in Freiburg usw.). Viel seltener in den zentralen Ketten des Tessin und anscheinend nicht mehr in den Penninischen Alpen. — Alles, was wir aus Saas, Zermatt sowie dem Bagnestal zu Gesicht bekamen, gehört zu folgender Unterart. II. subsp. R h o d a n e n s i s 1) Br.»Bl. nov. subsp. ( = S. exaräta auct. plur. non Vill.). Fig. 962 o bis t. Stengel kräftig; mehrblütig (meist 5= bis 4»blütig). Rosettenblätter keilig, verkehrt=eiförmig oder länglich=keilig, meist 2» bis 4»mal so breit als bei voriger Unterart, vorn breit abgerundet, ungeteilt oder (meist) 2» bis 3»spaltig, mit breiten, ungleichen Lappen, kahl oder fast kahl, die abgestorbenen heller braun und gegen den Grund mit deutlich hervortretender Nervatur. Stengelblätter 1» bis wenige, lineal oder schwach keilig, öfter an der Spitze 2» bis 3»spaltig. Kronblätter gelblichweiss, selten rötlich, länglich verkehrt=eiförmig, bis 6 mm lang, 2» bis 2 V2 mal so lang als die Kelchzipfel. Kapsel grösser als bei der subsp. linifolia, 6 bis 7 mm lang, länglich verkehrt» eiförmig, mit spreizenden, zuletzt fast wagrecht abstehenden, selbst zurückgebogenen Griffeln. So namentlich im Südwestjura vom Reculet bis zum Colombier de Gex (hier öfter als S. exarata angegeben), ferner in den westlichen Schweizeralpen: Saas, Zermatt, Col de Torr ent, Vallee de Bagnes, Montagne de Fully usw. und in den Savoyer Alpen: Jallouvre, Dent d’Oche! Hieher wahrscheinlich die als S. moschata var. longipetala von den Rochers de Fiz und dem Plate»Massiv angegebenen Pflanzen. Rötlich blühende Formen kommen vereinzelt im Wallis und anderwärts vor und können als f. pur » p u r ä s c e n s Br.»Bl. bezeichnet werden.*) *) Lat. Rhödanus = Rhone.

609 III. subsp. pseudoexaráta Br.«Bl. nov. subsp. Stengel meist mehrblütig, bis 12 cm hoch, spärlich kurzdrüsig oder fast kahl. Rosettenblätter mattgrün, in der Mehrzahl 3»spaltig mit mehr gleichmässigen Lappen, keilig verschmälert, gegen den Grund zu deutlich nervig, sehr spärlich kurzdrüsig oder meist k ahl; neben den 5«spaltigen stets auch ungeteilte lanzettliche und 2»spaltige Laubblätter vorhanden, dagegen gutausgebildete 5»spaltige Grundblätter (Unterschied gegenüber S. exarata) fehlend. Vorjährige, dürre Laubblätter dunkelbraun. Krön» blätter etwa l ‘/a bis 2 V2 mal so lang und gleichbreit wie die Kelchzipfel, grünlichgelb. Kalkfelsen der Ostalpen wohl verbreitet (Tirol, Kärnten, Steiermark, Niederösterreich). Diese Pflanze wird öfter mit S. exarata verwechselt, von der sie sich aber, abgesehen von der Blütenfarbe, auch durch spärliche Drüsenbehaarung, schwächere, nicht in die Blattzipfel reichende N ervatur, Vorhandensein meist zahlreicher ungeteilter Grundblätter, dunkle, matte Farbe der dürren Laubblätter u. a. unterscheidet. S. exarata subsp. leucanha, die gleichfalls ungeteilte Grundblätter besitzt, ist reich klebrig»drüsig; ihre Blattnerven reichen bis in die Blattzipfel usw. Hieher die var. C a r n i ö l i c a [Hüter] Br.»Bl. ( = var. grandiflöra Hüter in schedís, = var. cyclopétala Bede subvar. eu=cyclopetala Engl, et Irm.). Blütenstand gedrängt, kopfig«trugdoldig, 1» bis 7»blütig. Blüten gross. Kronblätter 1 Vs mal so breit und doppelt so lang als die Kelchzipfel. Laubblätter keilig, vorn 3» (5?)» spaltig, kurzdrüsig, mit deutlich hervortretenden Nerven. Kapsel eikugelig, 6 mm lang. Wischberg bei Raibl, an Kalkfelsen 2600 bis 2700 m (Kärnten), Grintovz und Kanker, Kotschna, Sanntaleralpen über dem Rinkator 2200 m in Steiermark. IV. subsp. basáltica Br.»Bl. nov. subsp. Fig. 962 h bis n. (icon. Engler et Irmscher 1. c. 1916 pag. 418 A). Grundblätter keilig, sehr selten einfach, meist tief eingeschnitten 3» bis 5= bis 7»spaltig mit ± divergierenden Lappen. N ervatur nur gegen den Grund d: deutlich hervortretend. Stengel kurzdrüsig, 2= bis 8»blütig, 3» bis 5=blättrig, mit tief 3= bis 5»spaltigen Stengelblättern. Kronblätter schmal, lanzettlich, 1 Vs mal so lang als die Kelchzipfel; letztere eilanzettlich, stumpflich, so lang wie die Kelchröhre. Weicht von allen alpinen Form en der A rt schon durch die Blattstruktur entschieden ab, zeigt dagegen mit einer von R ö m e r in den Transsilvanischen Alpen als S. m o s c h a t a var. R h é í (Schott) ( = S. moschata subsp. Rhei [Schott Anal, bot.]) gesammelten Pflanze nahe Verwandlschaftsbeziehungen. Die transsilvanische Pflanze ist indessen in allen Teilen noch kräftiger, höher, reichdrüsig, duftend; die Grundblätter sind stärker nervig, die Kelch« zipfel lineahlanzettlich spitz, 1 Vs mal so lang als die Kelchröhre, die Kronblätter eiförmig. In der Diagnose von S. Rhei bei Schur (Enum. pl. Transs. 1866, p. 236) wird der Kelchblätter „calyce ultra medium quinquefido“ und der ovalen Kronblätter besonders Erwähnung getan. Die Subspezies basáltica ist einer der interessantesten Neo« Endemismen der Sudeten, wo sie einzig und allein, wenn auch ziemlich zahlreich auf den Basaltfelsen der Kleinen Schneegrube des Riesengebirges vorkommt. Sie wächst dort in Gesellschaft von Woodsia Ilvensis subsp. alpina, Arabís alpina, Saxífraga nivalis und S. aspera subsp. bryoides, Androsace obtusifolia, Myosotis alpestris, alles eiszeitliche Relikte. Ihre Stammform dürfte im Diluvium aus den Karpaten (nicht aus den Alpen) eingewandert sein, wohin ihre Verwandtschaftsbeziehungen weisen.

1433« Saxífraga exaráta*) Vill. (= S. moscháta Wulf. var. exarata Burn., = S. exarata Vill. subsp. eu*exarata Cav., = Evaíézoa exarata Rafin.). F u r c h e n * S t e i n b r e c h . Taf. 142, Fig. 12. Pflanze vieljährige Polsterrasen bildend. Rosettenblätter länglichtskeilförmig, etwas fleischig, vom 3= bis 7=spaltig bezw. zähnig (sehr selten durch Verkümmerung einzelne Blätter auch ungeteilt oder 2*spaltig), mit stumpfen, hl spreizenden, symmetrisch angeordneten, un* gleich langen Abschnitten; der mittlere die seitlichen etwas überragend. Laubblätter von zahl* reichen, sitzenden Drüsen klebrig, harzduftend, die vorjährigen hl rot* bis gelbbraun, durch die vorspringenden Nerven meist deutlich gefurcht. Stengel drüsig, 2 bis 20 cm hoch. Stengel* blätter wenige, einfach, lineahlanzettlich oder vorn 3*spaltig. Blütenstand locker doldenrispig oder gedrängt trugdoldig, (1* bis) 2* bis 12=blütig. Kelchzipfel länglich, stumpf, etwas kürzer als die Kelchröhre, 3*nervig, drüsig. Kronblätter milchweiss oder rahmgelb, verkehrt*eiförmig, vorn abgerundet, 3*nervig, doppelt so lang und meist doppelt so breit als die Kelchzipfel. Kapsel rundlich=eiförmig. Samen dunkelbraun, eiförmig, fein papillös, 0,5 bis 0,6 mm lang. — VII, VIII. Felsritzen, Ruhschutt, Gratpolster in der alpinen und nivalen Stufe der Urgebirgs* a l p e n , zwischen 1800 und 3380 m ; selten bis in die Täler herabsteigend (bis 500 m). häufig.

Fehlt in D e u t s c h l a n d vollständig. — In den Urgebirgsketten der S c h w e i z sehr verbreitet und Steigt im Wallis bis 5300 m (Trugberg am Aletschgletscher), in Graubünden bis 5380 m am Piz Kesch.*) *) Lat. exarätus =

durchfurcht; nach den nervigen Blättern.

610 ln Tirol namentlich im westlichen und südwestlichen Teil: Stubaier*, Oetztaler* und Ortler A lpen; steigt hier am Habicht (Stubai) bis 5270 m hinauf. — Zweifelhaft sind die Angaben aus Vorarlberg und Appenzell bei Engler und Irmscher (Monogr. 1. c. pag. 407). Sicher irrig und auf einer Verwechslung mit S. moschata subsp. Rhodanensis beruhend ist das von denselben Autoren angeführte Vorkommen im Jura. Unter dem Namen S. exarata lagen mir (Braun*Blanquet) aus den Ostalpen östlich von Tirol nur S. moschata subsp. pseudoexarata vor.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mitteleuropäisches Gebirgssystem: Pyrenäen, Alpen (im Aostatal am Antener Erzthaupt ñadí V a c c a r i bis 3500 m), Apennin, Illyrien, Gebirge der Balkanhalbinsel-, Kaukasus, Armenien. Fehlt den Mittelgebirgen (siehe auch folgende Art). Sehr veränderlich. Im Gebiet 2 U nterarten: I. subsp. alpina Br.»Bl. ( = S. caespitösa subsp. Alliönii Gaud. p. p., = S. exarata var. Villarsi Engl, et Irm. p. p.). Die verbreitete Form mit 3* bis 7»spaltigen, stark keiligen Grundblättern und schmalen, i spreizenden, symmetrisch angeordneten Blattlappen. Ganzrandige, ungeteilte Laub* blätter fehlend, selten einzelne vorhanden. N ervatur meist deutlich, bis in die Blattspitzen reichend. Krön* blätter milchweiss oder rahmfarben, von wechselnder Form und Grösse. Hierher: f. d é n s a Engl, et Irm. ( = var. com pacta Koch p. p.). Pflanze dicht polsterförmig. Blätter der Stämmchen dicht geschindelt. Stengel verkürzt. Fast ausschliesslich in der hochalpinen und nivalen Stufe. — f. l a x a (Koch) Br.*Bl. Stengel verlängert. Blüten« stand locker, mehr* (bis 12=)blütig. — f. m a c u l é t a (Rchb.) Br.=Bl. Kronblätter weiss, unterwärts mit einem pur« purneiyFleck. Selten: Rhonegletscher, G rosser St. Bernhard. — f. r h o d á n t h a (Sternb.) Br.=Bl. Blüten etwas kleiner. Kronblätter purpurn. Wallis : Montagne de Fully, Zermatt. — Blütengrösse und Form der Krön« blätter, wonach E n g l e r und I r m s c h e r die zwei Varietätengruppen der M i c r o p é t a l a e und M a c r o * p é t a l a e unterschieden, zeigen innerhalb der gleichen natürlichen Gruppen eine solche Variationsbreite, dass ihr diagnostischer W ert fraglich erscheint. Die U nterart blüht im Juli und August. Sie findet sich im ruhenden Felsschutt und auf anstehendem Gestein in den Ritzen meist kalkarmer Schiefer, Gneise, Granite usw., oft im Verein mit Sesleria disticha, Poa laxa, Luzula spicata, Silene exscapa, Cerastium uniflorum, Minuartia sedoides, Minuartia recurva, Draba dubia, Saxifraga aspera subsp. bryoides und S. Aizoon, A ndrosace imbricata, Prímula hirsuta .und P. viscosa, Eritrichium nanum, Artemisia laxa usw. II. subsp. leucantha l) (Thomas) Br.*Bl. ( = S. leucantha Thom., = S. caespitösa subsp. leucantha Gaud., non S. exarata var. leucantha Engl, et Irm.). Meist ausgebreitetdockerrasig, üppig. Grundblätter schwach* keilig bis linealdanzettlich, vorn 5»zähnig mit grossem Mittellappen oder 2*zähnig. Ganzrandige, ungeteilte Grund* blätter stets zahlreich vorhanden, linealdanzettlich ; an den sterilen Trieben oft alle Blätter linealdanzettlich. Blatt* nervatur deutlich hervortretend, meist bis in die Blattzipfel reichend. Stengel 1* bis 3*blättrig, mit meist ungeteilten linealen Blättern, 1* bis 5*blütig. Blüten in gedrängter Trugdolde, gross. Kronblätter weiss, verkehrt*eiförmig keilig. .Blüht schon im Frühjahr. Glazialer Neoendemismus; an Silikatfelsen im Unterwallis zirka 500 bis 1000 m : bei V ernayaz, in der Trientschlucht, Mont Rosel 580 bis 1000 m, bei Brançon. Unterscheidet sich sofort von allen übrigen Form en unserer S. exarata durch das Vorhandensein zahlreicher steriler Blattbüschel mit ungeteilten, länzettlichen Laubblättern. Die Unterart ist anscheinend in den umliegenden Gebirgen nicht beobachtet, weshalb anzunehmen ist, dass sie sich unter dem Einfluss veränderter Aussenbedingungen postglazial aus dem alpinen Typus der S. exarata heräuseritwickelt hat. Ein Analogon zu S. oppositifolia subsp. amphibia vom Bodensee! Das Artrecht von S. exarata und S. moschata ist neuerdings mehrfach angefochten worden. B u r n a t (Flore des Alpes Maritimes. Bd. III, pag. 250) fasst beide als Varietäten einer A rt zusammen. C a v i l l i e r (Flore des Alpes Maritimes. Bd. V , 1, pag. 81) erhebt sie zum Range von Unterarten. Die Zusammenziehung geschah hauptsächlich mit Rücksicht auf die geringe Konstanz der bisher als Hauptunterscheidungsmerkmal an* gesehenen hervöftretenden Blattnervatur bei S. exarata. B r i q u e t (Sur la structure foliaire et les affinités des Saxifraga moschata Wulf, et exarata Vill., Ann. Conserv. Jard. bot. Genève XVIII, pag. 207 bis 214) gelangt nach eingehendem vergleichendem Studium der Blattstruktur beider Arten zum gleichen Resultat. Eine gleitende Reihe führt von der typischen starknervigen S. exarata zur schwachnervigen S. moschata. Nach eigenen Be* obachtungen in den Alpen und den Pyrenäen kann ich (Braun=Blanquet), soweit die N ervatur als Art*Unter» scheidungsmerkmal in Frage kommt, dieser Auffassung nur beipflichten. Die bis in die Blattzipfel reichenden, stark hervortretenden N erven sind auch bei sonst typischer S. exarata durchaus nicht immer deutlich ausgeprägt und nicht gerade selten trifft man Exemplare, denen die N ervatur überhaupt fast ganz abgeht. Andererseits zeigen mehrere Form en von S. moschata (z. B. subsp. Rhodanensis) i deutliche Nervatur, namentlich im untern Teil des Rosettenblattes. Dieser Umstand hat übrigens nichts Besonderes; zeigen doch die blattanatomischen Untersuchungen zur Genüge, in welch’ hohem Masse die Ausbildung der Festigungsgewebe von äussern Fak* toren wie Licht, Feuditigkeit, Nahrung beeinflusst werden kann und direkt beeinflusst wird. Das Vorhanden* sein oder Fehlen eines Sclerenchymmantels als Umhüllung der Leitbündel (Nervatur) in den Blättern kann daher als massgebendes Unterscheidungsmerkmal der beiden Arten nicht in Frage kommen, so nützlidi sich x) Gr. kevxôç [leukösl = weiss und ixv-0-oç |ánthos] = Blüte.

611 dieses diagnostische Merkmal im allgemeinen auch erweist. A ber auch die Blütengrösse und die Form der Kronblätter sind, wie schon oben hervorgehoben, nicht ausschlaggebend. Zu einer ausreichenden Charakteri» sierung der beiden Arten ist die Verbindung aller Merkmale unbedingt erforderlich. Dann aber fällt die Unter» Scheidung in der Regel nicht schwer. Unter Tausenden von Individuen aus den Zentral» und Ostalpen sind uns nur wenige intermediäre Pflanzen vorgekommen, die wir für Hybriden zu halten geneigt sind. Schwieriger und noch nicht ganz abgeklärt scheinen die Verhältnisse in den französischen Westalpen zu liegen und es ist begreiflich, warum gerade dort die Zusammenziehung der beiden Arten stattgefunden hat. Es seien kurz die wichtigsten Unterschiede der beiden Arten hervorgehoben. S. exarata unterscheidet sich von S. moschata durch die mehr keiligen, vorn breitem, stets i tief 5= bis 7»spaltig»spreizenden, dicht drüsig-klebrigen Rosettenblätter. Ungeteilte, ± lineale Grundblätter kommen nur ganz vereinzelt und höchst selten an sterilen Stämmchen vor (vgl. indessen subsp. leucantha) und sind als Reduktionsbildungen zu betrachten. Dagegen trifft man bei kräftigen Individuen öfter einen 6. und 7. Blattzipfel, während bei den alpigenen Form en der S. moschata stets wenigstens vereinzelte ungeteilte, dagegen niemals 5» bis 7-spaltige Rosettenblätter vorhanden sind (vgl. dagegen subsp. basaltica der Sudeten). Bei S. exarata sind die Blattzipfel beiderseits gleichmässig entwickelt, symmetrisch, die Nervatur der letztjährigen Blätter kräftig hervortretend und meist bis in die Blattzipfel reichend -, bei S. moschata sind beide Blatthälften der geteilten Blätter meist asymmetrisch, die N ervatur fehlt oder reicht bei i deutlicher Ausbildung doch nicht bis in die Blattzipfel. Die bei E n g l e r und I r m s c h e r (1. c. p. 418, A u. E) abgebildeteri S. moschata f. intermédia (Mert. et Koch) Engl, et Irm. mit 5» bis 7-spaltigen Rosettenblättern gehören zu subsp. basaltica (A) und zu S. exarata (E, die Pflanze vom Piz Languard. Am Languardkegel kommt überhaupt nur S. exarata vor). Der Blütenstand von S. exarata ist auch bei hochalpin»nivalen Form en stets 2= bis mehrblütig, meist aber 4= bis 8»blütig; bei S. moschata aus den Alpen sind 1= bis 3»blütige Stengel die Regel, mehr als 5»blütige selten. S. exarata hat weisse oder rosafarbene Kronblätter, die meist doppelt so lang und breit sind als die Kelchzipfel, während S. moschata intensiver gelbe, meist ins Grünliche spielende, seltener weissgelbe oder rötliche Kronblätter besitzt, die meist schmäler oder doch nicht viel breiter und selten doppelt so lang sind als die Kelchzipfel. S. exarata ist dicht langdrüsig, klebrig, i harzduftend, S. moschata meist arm» und kurzdrüsig, selten harzduftend. Die vorjährigen Blätter von S. exarata sind hellrotbraun oder gelbbraun, jene von S. moschata meist matt dunkelbraun oder graubraun. Oekologisch erweisen sich die beiden Arten insoweit verschieden, als S. exarata kalkarme, S. moschata aber kalkreiche Gesteine bevorzugt. Man kann erstere als mindestens kieselhold, letztere als kalkstet bezeichnen. M ü l l e r weist auf einen blütenbiologischen Unterschied hin, dessen Konstanz freilich in Frage steht. Während nämlich die Blüten von S. moschata deutlich vorweibig (proterogyn) sein sollen, sind jene von S. exarata ausgeprägt proterandrisch. Nun hat aber G ü n t h a r t bei S. moschata sowohl am Grossen St. Bernhard als in der Kultur ausgeprägte Proterandrie festgestellt und die Blüten sind soweit dichogam, dass spontane Selbstbestäubung ausgeschlossen erscheint. Dies beweist, wie wenig fixiert die G e­ schlechtsfolge auch bei S. moschata ist. Saxifraga exarata wird oft von der Uredinee C a e ö m a S a x i f r a g a e (Strauss) Winter befallen, deren intensiv orangegelbe Sporenlager schon aus einiger Entfernung auffallen.

1434. Saxifraga Pedemontana All. ( = S. Pedemontana All. subsp. eu =Pedemontana Briquet var. genuina Briquet, — S. Alliönii Baumg. a Pedemontana a normälis Terracciano). P i e m o n t e s e r S t e i n b r e c h . Fig. 96 2 b , c, e und f. Ausdauernd, grosse, lockere Rasen bildend, mit reichlich beblätterten Stämmchen. Stengel 5 bis 20 cm hoch, rispig=scheindoldig, 3* bis 10=blütig. Grundblätter beiderseits dl dicht kurzdrüsig, von fester Konsistenz, 3-, bis 5-lappig ; Lappen stumpfzähnig ; Spreite der Grundblätter plötzlich in den langen Stiel zusammengezogen, keilig, vielnervig; die Nerven nach dem Trocknen sehr deutlich hervortretend, gegabelt (Fig. 962c). Stengelblätter wenige, spatelig, vorne 3= bis 7*spaltig, mit tiefen Abschnitten. Kelchzipfel lineablanzettlich, drüsig, fast doppelt so lang als die Kelchröhre. Kronblätter weiss, länglich verkehrt-eiförmig, keilig, benagelt, 3*nervig mit verzweigten Seitennerven, 2- bis 5*mal länger als die Kelchzipfel. Kapsel kugelig, mit nach vorwärts abstehenden Griffeln, die länger sind als die Kapsel. Samen dunkelbraun, eiförmig, etwas gerieft, fein bekömelt, 8 mm lang. — VII, VIII. Felsspalten und Blockhänge der U rgebirgsalpen. Im Gebiet nur aus der S c h w e i z aus den südlichen Walliseralpen angegeben: Binntal; Ofental, auf der Distelalp bei Saas um 2700 m (dort aber seit langem nicht mehr aufgefunden und daher bestätigungsbedürftig). Erscheint zunächst wiederum am Südabfall der Penninischen Alpen (Val Tournanche usw.).

612

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Westalpen; einerseits in den Penninischen und Graji* sehen Alpen (an wenigen Standorten reliktartig), andererseits in den Seealpen (hier besitzt die Art ihr Verbreitungszentrum und ist zwischen 1850 und 2800 m verbreitet). In den Karpaten und in den Gebirgen der Balkanhalbinsel erscheint die naheverwandte S. c y m ö s a Waldst. et Kit. mit weichen, grob eingeschnittemgezähnten, schwachnervigen Laubblättern, auf Korsika die Parallelart S. c e r v i c ö r n i s Viv., die sich durch tief eingeschnittene, schmale Blattabschnitte auszeichnet. Beide Arten werden von einigen Forschern als Unterarten zu S. Pedemontana gestellt. Ihre Verbreitung und gene= tische Verwandtschaft, insbesondere auch das Vorkommen von S. cervicornis auf Korsika, einer seit Ende des Tertiärs vom Festlande abgetrennten Insel, deutet darauf hin, dass sich die drei Parallelarten von einer tertiären Urform abgespalten haben. — Nächstverwandt sind die prächtige S. P r ö s t i i Sternb., ein alter Endemismus der granitischen Südsevennen und S. g e r a n i o i d e s L. (inkl. Corbariensis TimbahLagrave) der Pyrenäen. Beide Arten zeigen auch ökologisch grosse Uebereinstimmung mit der Sippe der Pedemontanae. Sie sind Musterbeispiele der hypnoiden Wuchsform. Die Blüten von S. Pedemontana sind knospenhomogam, d. h. die Geschlechtsorgane sind in der Knospe gleichweit entwickelt. Beim Aufblühen entwickeln sich die Staubblätter sehr rasch und stäuben, während die Griffel auf dem Knospenstadium stehen bleiben und erst nach dem Verstäuben der Antheren befruchtungsfähig werden. Auto® gamie wird dadurch unmöglich gemacht.

1435, Saxifraga decipiens Ehrb. ( = S. rosacea J) Moench, = S. cae* spitösa L. subsp. rosacea Thellung, — S. caespitosa L. subsp. decipiens Engl, et Irmscher, = S. petrsea Roth non L.). R o s ' e n b l ü t i g e r S t e i n » b r e c h . Taf. 143, Fig. 5 und Fig. 963. Grosse, dichte oder lockere Rasen bildend. Stämmchen kriechend, rosettentragend. Stengel 10 bis 30 cm, aufrecht, spärlich drüsig. Rosetten* blätter breit keilförmig, in den flachen Blattstiel verschmälert, nervenlos, kahl oder i behaart, öfters dl drüsig, 3» bis 5* (bis 9*)spaltig, mit stumpflichen oder spitzen, nach vorwärts gerich* teten oder spreizenden Lappen, selten ungeteilt. Stengelblätter keilig, mit linealen Lappen. Blütenstand locker* rispig, 2* bis 9=blütig. Kelchzipfel eiförmigdanzettlich, spitz. Kronblätter verkehrt*eiförmig, weiss, 2* bis 3*mal Fig. 963. S a x i f r a g a d e c i p i e n s Ehrh., bei Rosenstein (Schwäbische Alb). so lang und breiter als die Kelch* Phot. Forstamtmann O. F e u c h t , Crailsheim (Württemberg). zipfel, 3*nervig. Kapsel eiförmig oder eiförmig*kugeli g. Samen braun, länglich=elliptisch, 0,6 bis 0,7 mm lang, kurzhöckerig. — V bis VII. An Felsen, auf Felsblöcken oder im Felsschutt; auf Kalk, Dolomit, Schiefer, Granit, Diorit, Diabas, Basalt, Porphyr, Melaphyr, Serpentin. Lat. rosäceus = rosenartig. Flös rosäceus = Rosenblüte, aus 5 oder mehr Kronblättern mit kurzem Nagel und breiter Platte, die nebst den Staubblättern der Blütenstandsachse (Cupula) aufsitzen.

/4 3

613

Tafel 143,

Erklärung der Figuren. 1.

S a x ifra g a

1 a.

B lü te

(v on

p

1 b.

B lü te

(o h n e

P

1 c.

L än g ssch n itt

Fig. P

P P P

m u ta ta

(p a g . 595).

H ab itu s.

ob en). K ron b lätter). du rch

den

1 d.

S tau b b latt.

2.

S a x ifra g a

H irc u lu s

3.

S a x ifra g a

trid a c ty lite s

F ru ch tk n o ten .

(p a g . 621).

H ab itu s.

(p a g . 620).

H a­

b itu s. P

4.

S a x ifra g a

P

4 a.

B lü te

P

5.

im

S a x ifra g a

(p a g . 612).

g r a n u l a t a (p a g . 615).

H ab itu s.

L än g ssch n itt.

F i g . 6.

S a x ifra g a

(p ag.

n iv a lis

623).

P

6 a.

F r u c h t m it K e lc h .

P

7.

P a rn a s s ia

P

7 a.

S tam in o d iu m .

P

7 b.

D rüsen k öp fch en .

P

7 c.

Fru ch tk n o ten .

P

7 d.

Q u ersch n itt d u rch

P

7 e.

S tau b b latt.

P

8.

S a x i f r a g a p a r a d o x a (p a g . 630).

P

8 a.

Sam en.

p a lu s tris

(p a g . 637).

den

H ab itu s.

H ab itu s.

Fru ch tk n oten .

H ab itu s.

d e c ip ie n s subsp. e u -c a e s p ito s a

H ab itu s.

In D e u t s c h l a n d im Süden in den Vogesen (Hartmannsweilerkopf, Ruine Heuenfluh ob Cernay), in Baden (Schwedenfelsen im Schluchtal; wohl angepflanzt 1), im Schwäbischen Jura (Seeburg=Gruorn, Rauhtal, am Hohenneuffen [ob noch?], Tiefental bei Blaubeuren, amMösselstein, Weissenstein, Scheueiberg, Rosenstein, Englenhäubei Langenau, Heidenheim im Wendtal, Königsbronn, Anhausen, Nattheim, Neresheim), im Fränkischen Jura (verbreitet im mittleren Teile von Dietfurt über Hersbruck bis Müggendorf und Gössweinstein), ziemlich verbreitet in Thüringen (fehlt aber im Oberharz), häufig im unteren Bodetal und in dessen Nebentälern (Rapp* und Luppbode), bei Oder* brück verwildert, im mittleren Saaletal (Burgk*Ziegenrück) bei Lobenstein, Schleiz, vereinzelt im Vogtland im Triebischtal bei Jocketa, zwischen dem Lochhause und den Gipphäusern und bei Pöhl, im Elstertal (im „Stein* nicht“ bei Cossengrün, 300m ), bei Stoibberg, Nossen (ob spontan?) und am Hohensteinfelsen im Elbsandstein* gebirge, vereinzelt am Hangenstein bei Giessen (270 m), Bodensteiner Lai bei Vilmar in Hessen*Nassau, Hatzfeld an der Edder, Mademer Stein bei Gudensberg in Niederhessen, bei Laasphe im Wittgensteinschen auf dem Hohen Stein in Westfalen, in der nördlichen Pfalz (Kusel, Steinalb, Langenwalder Fels, Rockenhausen am Donners* berg, Irzweiler, Niederalben), im mittelrheinischen Bergland, im Nahetal bei Kreuznach, Oberstein, Kirn, bei Sobernheim, Burg Sponheim, im Lahntal bei Limburg, Alsenz, Fischbachtobel bei Bockenau, in der Eifel bei Manderscheid und Birresborn, Rhenastein bei Malmedy, Reinhardstein im Warche*Tal; im Fichtelgebirge wohl nur angepflanzt, so an der Ruine Grünstein bei Gefrees, Wildensteinerfelsen, Amstein, Stein, an der Schwesnitz oberhalb Oberkotzau (hier zusammen mit Asplenium serpentini und A . adulterinum). — In O e s t e r r e i c h einzig in Böhmen und Mähren um Leitmeritz, Aussig, am Milleschauer 830 m, bei Bilin, Tetschen, im Beraun*, Mies» und Moldautale, im Oslawa* und Thayatal, in den Sudeten bei Dörnikau, bei Cudowa, zwischen W artha und Königshainer Spitzberg. — Fehlt in den Bayerischen und Oesterreichischen Alpenländern, auf der Schwäbisch» bayerischen Hochebene, im Schwarzwald, Böhmerwald, (Fichtel*?) und Erzgebirge, in der Oberlausitz sowie in der S c h w e i z gänzlich (Dr. Hegi ) .

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Deutschland, Oesterreich, Nordostfrankreich, Belgien (fehlt Holland), Grossbritannien, Shetland Inseln, Faer-Oer, Island, Norwegen, Grönland bis 64° 3 9 ' nördl. Breite. Im Norden (südlich bis Finnland, Mittelschweden und Norwegen) die verwandte S. c a e s p i t ö s a L. ( = S. decipiens Ehrh. subsp. eu=caespitosa Engl, et Irmscher). S. decipiens ist eine im boreabatlantischen Europa weitverbreitete, äusserst veränderliche Sammelart, die sich in eine Reihe ziemlich konstanter Lokalrassen von engerer oder weiterer Verbreitung spaltet. Für unser Gebiet kommen 4 Formenkreise als Unterarten in Betracht, deren Areale teilweise Übereinandergreifen: I. subsp. palmäta (Smith) Br.=Bl. ( = S. palmata Smith). Pflanze dichtrasig. Laubblätter und Stengel ± mit langen Haaren bekleidet. Grundblätter im Umriss halbrund, tief fussförmig 3* bis 5*spaltig, mit genäherten oder selbst etwas übereinandergreifenden, lanzettlichen, breiten, stumpflichen Lappen. Hieher die Varietäten var. E h r * b ä r t i i Sternb. ( = S. caespitösa L. ß villösa Celak.). Blattstiele von langen, weissen Gliederhaaren zottig. Ab* schnitte der Grundblätter breit. Grundblätter 5= bis 11» lappig (Bei Gudensberg in Niederhessen und im Harz). — var. S t e r n b e r g i i (Willd.) Engl. ( = S. Sternbergii Willd.). Stengel hoch, reichblütig. Grundblätter 5= bis 9»lappig, zerstreut behaart; Lappen stumpflich oder schwach zugespitzt. Kronblätter breit verkehrt*eiförmig (Im Fränkischen Jura an Dolomitfelsen nördlich Fischstein, Velden über Veldenstein und gegen Höfen und Pfaffen* hofen, Griesmühle und gegen Stöppach, Lichtenstein, bei Nürnberg usw.). — II. subsp. glabräta (Celak.) Br.»Bl.

614 Laubblätter zerstreut behaart bis verkahlend ; die grundständigen lief fussförmig 5= bis 9»spaltig, mit ± ge» näherten, spitzen oder stumpflichen Lappen. Blattstiel so lang oder 2» bis 3»mal länger als die Spreite, zer» streut behaart. Hieher : var. e u » g l a b r ä t a Br .»Bl. ( = S. caespitosa L. « glabrata Celak. ?). Blattspreite meist 3» bis 5»spaltig. Abschnitte zusammenneigend, spitz (In den Vogesen bei Sennheim, im Fränkischen Jura bei Pegnitz, im Harz, im Vogtland [Trichtal, Elstertal bei Plauen], in Böhmen und Mähren mehrfach [Mariaschein bei Aussig, Kahlenberg bei Leitmeritz, am Milleschauer usw.]). — var. r a n g i f e r i n a Engler et Irmscher. Blatt» spreiten öfter 7» bis 9»spaltig ; Abschnitte weniger zusammenneigend, stumpflich. Stengel bis 25 cm hoch, 3= bis 6 »blütig. Stengelblätt.er 3» bis 5»spaltig (Bei Schloss Herrenflueh im Eisass, bei Jocketa im Vogtländischen Berg» land). — III. subsp. Steinmannii (Tausch) Br.»Bl. Pflanze dichtrasig. Grundblätter zottig, ihr Stiel wenig länger oder kürzer als die eingeschnitten 3= bis 5»lappige Spreite ; Blattlappen schmal, spitzlich, nach vorwärts gerichtet. Blüten» stengel 10 bis 15 cm hoch, 3» bis 5=blütig. Kelchzipfel stumpflich, 2» bis 2 */2 mal kürzer als die verkehrt=eiför» migen Kronblätter (Nur im Böhmisdumährischen Bergland bei Aussig am Schreckenstein usw.). — IV. subsp. quinquéfida (Haw.) Br.»Bl. Stengel und Laubblätter fast kahl. Grundblätter meist 3= bis 5»lappig, mit schmalen und langgestreckten, i divergierenden Abschnitten; letztere zugespitzt und in eine ± deutliche Grannen» spitze auslaufend. Es sind auseinanderzuhalten : var. B o h e m i c a (Panzer) Engl, et Irmscher. Pflanze lodeerrasig. Grundblätter 5» bis 5=spaltig, mit schmalen, deutlich grannenspitzigen Lappen. Stengel 10 bis 15 cm hoch, 3» bis 7=blütig. Kronblätter 2 Vs» bis 3»mal länger als die Kelchzipfel, 5 bis 6 (selten 7) mm lang (Nur in den Sudeten und im Böhmisch»mährischen Gebirgsland bei Cudowa, zwischen W artha und Königshainer Spitzberg, am Mille» schauer, Schreckenstein bei Aussig, Beraun usw.). — var. S p o n h é m i c a (Gmel.) Br.»Bl. Pflanze kräftig. Stengel bis 25 cm hoch, mehrblütig. Kriechtriebe locker beblättert. Laubblätter 3» und 5=spaltig; primäre Lappen 6 bis 8 mm lang und 1,5 bis 2 mm breit. Kronblätter 3»mal so lang als die Kelchzipfel, 8 bis 9 mm lang und 2,5 mm breit (Spaa, Luxemburg, Bayerische Pfalz, Nahetal bei Kreuznach, Oberstein, Kirn, Burgsponheim, Herzogtum Nassau, ferner in den angrenzenden Gebieten von Belgien, Frankreich und Grossbritannien). — var. c o n d e n » s ä t a (Gmel.) Br .»Bl. Der vorigen Varietät ähnlich, aber niedriger. Stengel bis 15 cm hoch, armblütig. Kriech» triebe dicht beblättert.” Laubblätter 3»lappig. Grundblätter dicht rosettig, 3» bis 5»lappig; die primären Lappen etwa 1 mm breit. Verbreitung ähnlich wie bei der var. Sponhemica und öfters mit derselben zusammen (Nahe» tal [an mehreren Stellen], Herzogtum Nassau zwischen Runkel und V ilm ar; ferner im angrenzenden Belgien, in Ostfrankreich und in Grossbritannien). — var. H a s s i a c a Engler et Irmscher. Laubblätter weniger stark zerteilt, kleiner als bei vorigen Varietäten, zerstreut behaart. Abschnitte 3 bis 5, spitz, öfters grannig bespitzt, etwas breiter (Auf sonnigen Felsen am Hangenstein bei Giessen, 280 m). Die A rt wird oft in Gärten als Rabattenpflanze und auf Friedhöfen gezogen und ab und zu ver» wildert angetroffen, so bei der Ruine Grünstein im Fichtelgebirge, in der Pfalz, bei Hitzkirch in der Schweiz usw. S. decipiens bildet grosse hypnoide Polsterkissen (Fig. 963). — Die Blüten sind proterandrisch ; spontane Selbst» bestäubung ist ausgeschlossen, da nach G ü n t h a r t zwischen das männliche und das weibliche Stadium noch ein kurzes, neutrales, geschlechtsloses Stadium eingeschaltet ist. Wiederholt sind gefüllte Blüten, die durch Petaloïd» werden der Staubblätter oder aber durch Verwandlung der Kronblätter in Staubblätter entstehen, beobachtet worden.

1436. Saxifraga hypnoides1) L. M o o s * S t e i n b r e c h .

Franz.: Saxifrage mousseuse, gazon d’Angleterre ; engl. : Mossy Saxifrage. Fig. 964 a bis c. Pflanze grosse, lockere, vieljährige Polster bildend. Stämmchen rötlich, locker beblättert, in den Blattachseln gestielte, von trockenhäutigen Niederblättem eingehüllte, spinnewebig behaarte Blattknospen tragend. Laubblätter glänzend grün, langgestielt, etwas fleischig ; untere im Umriss rundlich, bis zum Grunde eingeschnitten 3dappig mit lanzettlichen, ganzrandigen oder + tief eingeschnittenen oder gezähnten, spreizenden, grannig bespitzten Abschnitten (Fig. 964 c), zer= streut drüsig. Stengel zahlreich, bogig aufsteigend, zierlich, wie die tiefspaltigen Stengelblätter spärlich drüsig behaart. Blütenstand hochgabeligdockerrispig, 3- bis 12=blütig. Kelchzipfel eiförmig2 dreieckig, spitz, dichtdrüsig, so lang wie die Kelchröhre. Kronblätter weiss, verkehrt=eiförmig, 3*nervig, doppelt so lang als die Kelchzipfel. Kapsel kugelig, mit nach vorwärts gerichteten Griffeln. Samen eirundlich, braun, kurzwarzig^stachelig, 0,5 mm lang. — IV bis VII. Moosige Felsen und Mauern, Felsblöcke ; auf Silikatgesteinen oft grosse lockere Polster bildend. Im Gebiet vielleicht nicht ursprünglich einheimisch. Ab und zu in der Nähe von Gärten und Friedhöfen verwildert, so bei Heidelberg, Nürnberg, Bayreuth, Behringersmühle und Michelfeld im Fränkischen Jura, in der Westschweiz bei Romont, G ruyère, Mézieres. b Lat. hypnoides =

moosartig,; gr. vni’ov [hypnon] =

Moos, eiö'oc [eidos] =

Aussehen, Gestalt.

615 A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Atlantische Art, von Portugal durch Mittel5 und Nord5 Spanien bis in die Gebirge von Mittel* und Südfrankreich, östlich bis zur Provence und zu den Vogesen, Belgien, Holland (eingebürgert), Grossbritannien, Island, Faer*Öer. Die A rt zerfällt in zwei deutlich unterschiedene Subspezies, wovon nur die eine, die subsp. boreäliSie ist ausgezeichnet durch weniger starre, grüne Blattknospen, die kleiner und weniger zahlreich sind als bei der uns fehlenden mittels und südfranzösischen subsp. continentälis Engler et Irmscher var. p ü n g e n s Engler et Irmscher. Knospenhüllblätter weniger dicht anliegend, spitz, aber nicht lang grannig zugespitzt, ± krautig, nicht weiss trockenhäutig. — Die subsp. continentälis findet sich angepflanzt am Hohneck, die subsp. boreali»atlantica bei der Ruine Amtstein im Fichtel» gebirge (ob angepflanzt?), wild nahe der Grenze unseres Gebietes an feuchten Felsen bei Longemer in den Vogesen. W ährend die A rt im nordwestlichen Europa bis zum Meeresspiegel herabreicht, hält sie sich im süd» liehen Teil ihres Areals an die regenreichen Gebirge und flieht die heissen Ebenen von Spanien und Südfrank» reich, auch hierin ihre ozeanische Signatur verratend. In den zentralfranzösischen Gebirgen hält sie sich zur Haupt» sache an die Weisseichen» und Buchenstufe. Mit Asplenium lanceolatum, A. septentrionale, A. Tridiomanes, Dianthus graniticus, Umbilicus pendulinus, Sedum hirsutum und S. rujpestre, Sempervivum tectorum, Anlir» rhinum Asarina, Centaurea pectinata gehört Saxifraga hypnoides zu den bezeichnenden bestandesholden und bestandesfesten Arten der Antirrhinum Asarina=Assoziation, wie sie namentlich in den Sevennen an Felswänden und Trockenmauern kalkarmer Gesteine typisch ausgebildet ist. — Die A rt ist nach K i r c h n e r ausgeprägt proterandrisch; die Blütenstiele sind vor dem Aufblühen nickend und krümmen sich auch bei Regen nach ab» wärts. Bildet prächtige hypnoide Polsterkissen.

atldntica Engler et Irmscher, Mitteldeutschland erreicht.

1437* =

Saxifraga granulata J) L. ( = S. granulata L. subsp. eu*granulata Engler et Irmscher,

Evaiezoa granulata Raf.). K n ö l l c h e n * S t e i n b r e c h . Franz.: Casse pierre, perce*pierre, herbe ä la gravelle. Taf. 143, Fig. 4.

Der Name S t e i n b r e c h für diese und die übrigen Arten der Gattung ist wohl nur selten richtig volkstümlich. Er wird von manchen auf den steinigen Standort der Pflanze gedeutet, während nach anderen die Verwendung des Krautes gegen Blasensteine für die Benennung massgebend gewesen sein soll. Im Volke wird unsere A rt, die übrigens nicht auf steinigem Boden und Felsen wächst, tatsächlich noch gegen Stein» Beschwerden verwendet, daher S t e i n k r a u t (Nordböhmen) genannt. Auf die Gestalt der Blätter beziehen sich G ö s e f o o t IGänsefuss] (Oberweser), vielleicht auf die mandelähnlichen Brutknollen M a n d e l b l o o m (Schleswig), auf die Farbe der Blüte S e m m e l m i l c h (Vogtland). Nach dem (oben) klebrigen Stengel heisst die Pflanze im Riesengebirgeweisse W e n s e h m e r b l u m e [ = Wagenschmierblume], vgl.dazu Viscaria Bd.III, pag. 276.

Ausdauernd. Stengel aufrecht, 20 bis 50 cm, einfach und im obern Teil locker rispig, wie die Laubblätter drüsig*klebrig, am Grunde mit zahlreichen rundlichen Brutzwiebeln (diese aus mehreren fleischigen Niederblättern bestehend, die von häutigen Niederblättem umhüllt sind). Stengelblätter wenige (2 bis 6), entfernt stehend. Grundblätter in lockerer Rosette, lang* gestielt, nierenförmig, tief gekerbt, die obem aus keiligem Grunde lappig*zähnig. Blütenstand trugdoldig. Kelchblätter länglich*eiförmig, stumpflich. Kronblätter eiförmig, keilig, milchweiss, 10 bis 17 (20) mm lang, 3* bis 5*mal so lang als die Kelchblätter. Staubblätter halb so lang als die Krön* blätter. Kapsel unterständig, rundlich*eiförmig. Samen länglich*eiförmig, 0,4 bis 0,5 mm lang, kurzwarzig. — V, VI (In den Sevennen schon III, I V ; in der Genfergegend IV, V). Gedeiht unter sehr verschiedenartigen Standortsbedingungen. Meist auf mittelfeuchten Wiesen, aber auch auf trockenen Weiden, in lichten Wäldern, an Mauern und auf Dämmen. Indifferent hinsichtlich der Bodenunterlage, im Süden (Süd* und Zentralfrankreich) kieselhold, im mittlern und nördlichen Verbreitungsbezirk stellenweise auch auf kalkreicheren Böden vorkommend. Verbreitet durch ganz Mitteleuropa (in Sachsen bis 1000 m aufsteigend), indessen stellenweise selten oder gänzlich fehlend, so im Walliser Rhonetal (die Angabe bei E n g l e r und I r m s c h e r , Monogr. I, pag. 250 „Branson“ dürfte sich auf S. bulbifera beziehen) und überhaupt in den Schweizerischen und Oesterreichischen zentralen Alpentälern, in den Bayerischen Alpen und im Thüringischen Muschelkalkgebiet; an der Ostseeküste bis zur Danziger Bucht spärlich, im nordwestlichen Deutschland nur eingeschleppt (nach B u c h e n a u von den Eisen» bahnen ausgehend) bei Papenburg (seit 1S77), Bremen, Lüneburg, Osnabrück (verwildert im Schlossgarten). Hält sich vorzugsweise an die wärmern Gebiete mit subozeanischem Klimaanstrich. *) Lat. granulätus = körnig-, wegen der am Stengelgrunde vorhandenen Knöllchen (lat. gränum = Korn).

616 A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Subatlantisch: Marokko (bis 2400 m), Portugal, Nordspanien, Frankreich (ausgenommen in der Mediterranregion), Grossbritannien, Belgien, Holland, Dänemark, Skandinavien bis zirka 64° nördl. Breite (adventiv noch bei Kiruna in Lappland zirka 67° 50' nördh Breite), Polen, Westrussland, nördlicher Teil der Balkanhalbinsel (Rumänien, Ungarn, Dalmatien), Italienische Halbinsel, Sizilien. In den südlicheren Gebietsteilen fast ausschliesslich auf die Gebirgsgegenden beschränkt, den Tiefebenen von Ungarn, Südfrankreich und Spanien fehlend. Verwandte Arten oder Unterarten finden sich in Griechenland (S. Graeca Boiss. et Heldr.), auf Korsika und Sardinien (S. Rússíí Presl), in Portugal und Spanien. Aendert wenig ab : f. g r a n di f i b r a C. Willi Christiansen. Kronblätter 17 bis 20 mm lang, 5 mal so lang als die Kelchblätter (Kiel, 1916). — Ausserdem wurde eine kronblattlose Form, deren Petalen in Staminodien umgebildet waren (lusus a p é t a l a d e c a p e n t á n d r a Roeper) wild bei Schwerin und Berlin (Picheiswerder) beobachtet, in Galizien eine solche mit grünlichweissen Blüten. In Gärten trifft man gelegentlich Pflanzen mit gefüllten Blüten ( l us us p l e n i f l b r a ) , d. h. mit petaloid ausgebildeten Staubblättern, oder solche, bei denen einzelne oder alle Kronblätter in Staubblätter umgewandelt sind. Ausserdem sind Blüten mit verlaubtem Kelch, solche mit 2 Kelchblättern und 3 Kronblättern oder solche, bei denen alle Blütenknospen in Bulbillen (f. b u b b i 11 á r i s Seringe) umgewandelt waren, festgestellt worden. — Die grossen, auffallenden Blüten sind proterandrisch. Ihre weisse Farbe lockt in erster Linie Schwebefliegen an. Selbstbestäubung ist ausgeschlossen. — Die Pflanze wird bereits im Jahre 1577 (Index Thalianus) als Saxífraga älba für den Harz aufgeführt. Von C. B a u h in wird sie als Saxifraga rotundifolia, von J. B a u h i n gleichfalls als S. alba rádíce granulósa beschrieben. Die etwas säuerlichsschmeckende Pflanze wird vom Vieh vera schmäht. Die Knöllchen waren früher offizinell und sollen Blasensteine zerstören. Von parasitischen Pilzen leben auf S. granulata : S y n c h y t r i u m r u b r o c i n e t um Magnus (Chytridíneae), P e r o n ó s p o r a C h r y s o s p l é n í i Fuckel und die Uredineen P u c c i n i a S a x i f r a g a e Schlechtendal und M e l ä m p s o r a v e r n ä l i s Niessl sowie P l e ö s p o r a h e r b a r um (Pers.) (Ascomyzet).

1438. Saxifraga bulbífera1) L. ( = S. veronicae* folia Pers., = S. vivípara Vest, = S. granulata Poll, non L., = Evaíézoa bulbífera Rafín.). Z w i e b e l * S t e i n b r e c h . Fig. 964 d bis g.

Fig. 964. S a x i f r a g a h y p n o id e s L. a Habitus (*/2 natürl. Grösse), b Blüte, c Laubblatt. — S a x i f r a g a b u lb ife r a L. ei Habitus, e Brutknospe mit Stützblatt. / Stützblatt, g Kelch. — S a x i f r a g a c e r n u a L. h Habitus, i Blüte.

Ausdauernd. Stengel 15 bis 50 cm hoch, straff aufrecht, wie die Laubblätter dicht drüsen* haarig=klebrig, reichlich (8 bis 16) beblättert. Stengel* blätter nach oben zu allmählich kleiner werdend. Grundständige und stengelständige Laubblätter in den Achseln zwiebelförmige Brutknospen tragend (Fig. 964 e, f). Grundblätter rundlich*nierenförmig, am Grunde gestutzt bis schwach*herzförmig, lang* gestielt, eingeschnitten gekerbt*gelappt mit grös* serem Endlappen 5stengelständige schmäler, kurz* bis ungestielt, die obersten lineahlanzettlich. Blütenstand endständig, wenigblütig, in eine dicht gedrängte, meist 3* bis 7=blütige Trugclolde zusammengezogen. Kronblätter milchweiss, gross, 6 bis 10 mm lang, länglich*verkehrteiförmig, 2 bis 3 mal länger als die stumpflichen, dichtdrüsigen Kelchzipfel. Fruchtkapsel unterständig, rundlich, 4 bis 6 mm lang. Samen fein papillös, länglich, 3 mm lang. — V bis VII.

Lat. bulbifera = knollentragend; lat. bülbus =

Knolle, Zwiebel und ferre = tragen.

617 Trockene Rasen, humose Felsspalten, lichte Eichengehölze, sandige Triften auf Kalk und Silikatgestein. S. bulbifera ist eine pannonisch»mediterrane Art, die unser Gebiet im Südosten und Süden erreicht : Mähren, Niederösterreich, Steiermark (Pettauerfeld und angrenzende Berge), Südtirol, Walliser Rhonetal.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Oesterreich, Ungarn, Balkanländer in + geschlossener Ver® breitung. Sprunghaft ferner in Norditalien, Wallis, Calabrien, Apulien, auf Sardinien, Sizilien und Korsika. Eine Form mit grünlich»gelben Kronblättern bei Bisenz in Mähren (f. o c h r o l e ü c a [Bubela] Engl, et Irm.). — Eine Standortsform ist f. r e d ü c t a Bolzon. Stengel niedrig, einfach, 1* bis 2»blütig. — Die A rt ist in Mähren (mehrfach um Brünn, bei Namiest, Ha) bei Bisenz usw.) und in Niederösterreich (Wiesen der Ebene und montanen Stufe häufig, um Wien sehr häufig) verbreitet. Aus Südtirol ist sie nur aus der Umgebung von Rovereto (Vallungä, am Cengialto und Drio Pozzo), Vallarsa und vom Monte Baldo bekannt (früher auch in Stadt* gräben bei Trient beobachtet). In der Schweiz ist S. bulbifera wie so manche pannonisch=mediterrane A rt auf den Walliser Föhrenbezirk beschränkt, wo sie an mehreren Standorten zwischen Salvan und Sitten (besonders in den Bromus erectus» und Agrostis tenuis=Wiesen) reichlich vorkommt (Folaterres, Fully, Charrat, Schlucht der Borgne gegenüber der Einsiedelei, Savieze, Sitten usw .; steigt bei Fully bis 1300 m hinauf). — Die Blüten sind proterandrisch.

1439.

Saxifraga cernua L. ( = S. bulbifera Gunnerus non L., =

Lobäria cernua Haw., = Miscopetalum cemuum S. F. Gray). N i c k e n d e r S t e i n b r e c h . Fig. 964h und i. Ausdauernd. Stengel einfach, aufrecht, zerbrechlich, hin® und hergebogen, weisslich, oben meist etwas nickend, 10 bis 35 cm lang, im obern Teil reichlich, unten spärlich stieldrüsig, reich ( + 10 ) beblättert. Grundblätter rundlich, herznierenförmig, stumpf, gelappt, langgestielt. Stengelblätter allmählich an Grösse abnehmend, wie die Grundblätter in den Achseln Brutzwiebeln tragend, kahl, glänzend, durchsichtig hellgrün; die unteren rundlich®herznierenförmig, stumpf® gelappt, langgestielt; die mittleren stumpf dreilappig, kurz gestielt; die oberen länglich*eiförmig, ungelappt, sitzend. Stengel an der Spitze eine einzige Blüte tragend, selten mit 2 bis 5 Zweigen (f. r a mö s a ) . Kronblätter weiss, verkehrt®eiförmig, gegen den Grund keilig zusammengezogen, 3®nervig, 8 bis 13 mm lang, 2,5 bis 4 mal länger als die kurzen, stumpfen Kelchzipfel. Kapsel verkümmert (reife Früchte nicht bekannt). — VII. Sehr selten an feuchten Felsen, an berieselten Stellen in schattigen Schluchten; sowohl auf Kalk als auf Gneis und Porphyr. N ur an wenigen Punkten in den O e s t e r r e i c h i s c h e n » und S c h w e i z e r » A l p e n von etwa 1SOO bis 2500 m. In Südtirol im F assatal: Cirelle di Contrin, Padon Fassano, Laghetto delle Seile, Rollepass, Travignolotal, Colbriccone, Cavallazzo unter nassen Felswänden; Steiermark : am Eisenhut bei Turrach, Sinabell bei Sdiladming, Hochwildstelle unter den Felswänden zwischen Obersee und N eualm scharte; Kärnten: in den Hohen Tauern, auf der Grossfragrantalpe, am Schober, Klein Zirknitz bei Döllach, Wintertal am Abhang gegen den Pressnigsee. — In der Schweiz am Sanetschpass an der Bernergrenze (ob noch?) in feuchten Felshöhlen, dann am Südabfall gegen das Rhonetal in den Felsen von Bellalui oberhalb Lens bei 1S00 und 2250 m und am Sublage (die Angabe Lens in den Raetischen Alpen bei K o c h [Synopsis] beruht auf einer Verwechslung mit Lens im Wallis).

v A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Seealpen (sehr selten), Wallis, Südostalpen, Karpaten, Schottisches Bergland (Ben Lawers), Island, Skandinavien, Nordrussland; Altai (nicht im Kau® kasus), Zentralasiatische Hochgebirge, Japan; Rocky Mountains bis 4000 m ; ferner durch die ganze Arktis verbreitet und meist häufig (zirkumpolar), auf Spitzbergen bis zum 80° nördl. Breite, Franz Josephs®Land, Grinnelland, Grönland, Pearyland bis zirka 82° nördl. Breite. Im Gebiet die Formen f. s i m p l i c i s s i m a Ledeb. Blütenstengel einfach, l»blütig, 10 bis 35 cm hoch, bulbillentragend (Die verbreitetere Form). — f. b u l b i l l ö s a Engler et Irmscher. Stengel niedriger. Tragblätter genähert, in ihren Achseln zahlreiche schwarze Bulbillen tragend. Endblüte verkümmert, mit Bulbillen. Ueberall mit voriger Form , in Südtirol häufiger als diese. S. cernua stellt einen alten arktischen Typus dar. Die wenigen Standorte am Südrande ihres Areals in den Alpen und Karpaten sind zweifellos als GlaziahReliktstandorte aufzufassen. Im hohen Norden wie in den Alpen wächst die A rt in kleinen Höhlen, in denen W iederkäuer (im Norden besonders Renntiere, im Wallis Ziegen) übernachten. Wahrscheinlich werden die Knöllchen, die auch vom fliessenden W asser verschwemmt werden, durch diese Tiere endozoisch (so nach E k s t a m auf Spitzbergen) verbreitet.

618 Die Art entwickelt ein kurzes Rhizom, das an der Spitze zahlreiche Laubblätter und eilängliche, be» wimperte Niederblätter trägt. In den Achseln der Laub» und Niederblätter werden weisse Brutknospen aus» gebildet, während die Bulbillen des Blütenstandes dunkelrot gefärbt sind. Die Bulbillen bestehen aus zahl» reichen, fest zusammenschliessenden, kleinen Blättchen von der Art von Niederblättern, mit einer Andeutung. von Blattspreite; sie enthalten Stärke. Diejenigen des Blütenstandes fallen zeitig ab und dienen der vegetativen Vermehrung; sie werden vom nor» dischen Schneehuhn gefressen und können auf diese Art auch gelegent» lieh verbreitet werden. — Die Blüten duften nach Mandeln; die endstän» dige Blute ist meist etwas unregeL mässig, d. h. die Kronblätter der einen Seite sind schmäler als die der anderen. Wie bei den meisten Saxifraga»Arten wird am Grunde des Fruchtknotens Nektar abgesondert, der die kreuzungsvermittelnden Dip» teren anlockt. Die Blüten sind in der Regel proterandrisdi; doch kann auch Selbstbestäubung stattfinden. Proterogynie scheint seltener zu sein. Die Samen scheinen nicht ausgebildet zu werden und die Vermehrung geschieht, soweit bekannt, ausschliess» lieh durch die Brutknospen. — Die Pflanze ist in Murau (Steiermark) gesetzlich geschützt.

1440. Saxifraga arachnoidea Sternb. Spinnew eben* S t e i n b r e c h . Fig. 965a bis c und Fig. 957 e. Pflanze ausdauernd, Fig. 965. S a x i f r a g a a r a c h n o i d e a Sternb. a Habitus, b Haare des Laubblattes. rasig. Stengel zart, niederliegend, c Kronblatt. — S a x i f r a g a p e t r a e a L. d Habitus, e Blüte (Kronblätter entfernt). kriechend, 10 bis 30 cm lang, stark verzweigt, wie die Laubblätter der ganzen Länge nach von langen, weissen Plaaren (Fig. 965 b) dicht spinnewebig überzogen. Grundblätter fast durchsichtig*zart, hellgrün, rundlich* verkehrt*eiför'mig, 3* bis 5* (selten bis 7*)lappig mit breiten, stumpfen Lappen, 1,5 bis 2 cm lang und 1 bis 1,5 cm breit, in den Blattstiel von Spreitenlänge keilförmig verschmälert. Stengel* blätter ähnlich geformt, fast sitzend. Blütenstand mit wickeligen, armblütigen Zweigen, spär* lieh spinnewebig. wollig oder fast kahl. Kelchblätter eiförmig, spitz oder stumpf, am Rande drüsenhaarig, 3=nervig. Kronblätter verkehrt*eiförmig, stumpf, zitronengelb, doppelt so lang als die Kelchblätter. Fruchtkapsel eiförmig, 3,5 bis 4,5 mm lang. Samen eilänglich, 0,7 bis 0,8 mm lang, breit*oval, stumpf, glänzend schwarz, fast glatt. — VII, VIII. In Felsnischen der südöstlichen Kalk a l p e n ; endemisch in den Gebirgen westlich vom Gardasee im südlichsten Zipfel von Judikarien zwischen 600 und 1700 m. In Südtirol im Val Ampola (hier zuerst von S t e r n b e r g 1804 aufgefunden), Valle Santa Lucia, häufig in den Gebirgen zwischen Val Ampola und Val Vestino, Val Lorina, Monte Tombea, Rocca pagana, Monte Tremalso, oberhalb Magasa, oberhalb Messane, Val di Ledro. Ausserhalb dieses Gebietes ist die Art nirgends beobachtet worden. — Die systematisch völlig isolierte Stellung der Pflanze (einziger heute existierender Vertreter der Gruppe Arachnoideae Engler et Irmscher), die sich zweifellos schon sehr frühzeitig vom Urtypus

619 der Sektion N e p h r o p h y l l u m abgetrennt hat und deren nächste Verwandte aus der Gruppe der I r r i g u a e (S. i r r i g u a Bieb., S. l a t e p e t i o l ä t a Willk.) in den Gebirgen der Krim und von Südostspanien gleichfalls nur spärlich Vorkommen, ferner ihr eng begrenztes Verbreitungsgebiet, endlich ihre besondern, eigenartigen Standortsansprüche (sie wächst unter überhängenden Kalkfelsen im Schatten auf feuchtem, feinpulverigem Kalk, mulm meist mit Hutchinsia procumbens var. pauciflora [Bd. IV, pag. 361] und Arabis alpina subsp. crispata zusammen), dies alles deutet darauf hin, dass wir es mit einem phylogenetischen Relikt aus dem Tertiär zu tun haben. Ihre Standorte liegen samt und sonders am Aussenrand der grössten eiszeitlichen Vergletscherung. Es ist daher anzunehmen, dass die Pflanze an ihren heutigen Standorten die Eiszeiten überdauert hat. Der er. starrte Typus, von dem keinerlei Abänderungen bekannt sind, scheint seine Ausbreitungsfähigkeit eingebüsst zu haben. — Nach K i r c h n e r s Untersuchungen sind die Blüten proterandrisch. Die Geschlechter sind soweit voneinander getrennt, dass spontane Selbstbestäubung unmöglich ist.

1441.

Saxifraga petraea L. ( = S. Pönae Sternb., = S. rupestris Willd., = S. geranioides

Host non L.). K a r s t * S t e i n b r e c h . Fig. 965 d und e. Pflanze zweijährig. Stengel zart, hin* und hergebogen, aufsteigend, 10 bis 25 cm, meist vom Grunde an verzweigt. Grundblätter rosettig angeordnet, im Umriss halbkreisförmig, am Grunde nierenförmig, in den langen Blattstiel verschmälert, mit langen, weichen Drüsen* haaren bekleidet, handförmig 3*lappig; Lappen grob eingeschnitten gezähnbgelappt, ei*länglich, keilig, stumpflich. Stengelblätter zahlreich; mittlere und untere langgestielt, obere fast sitzend, eiförmig. Vor* und Tragblätter lanzettlich*eiförmig. Blütenstand mit langen, weit abstehenden, mehrblütigen Aesten, wie der Stengel dicht* und langdrüsig. Kelchzipfel eilanzettlich, stumpflich, drüsig, so lang wie die Kelchröhre. Kronblätter weiss, verkehrt*eiförmig*keilig, vom breit gestutzt und etwas ausgerandet, 5* bis 5*nervig, 3*mal so lang als die Kelchzipfel. Kapsel fast kugelig. Samen graubraun, rundlich*eiförmig, kahl und glatt, nur längs der hervortretenden Mittelnaht kurzwarzig*stachelig, 0,5 bis 0,6 mm lang. — IV bis VII. An feuchten Kalkfelsen unter vorspringenden Wänden, in Höhlen und grottenartigen Vertiefungen der südöstlichen Kalkalpen (Südtirol, Krain, Küstenland), von etwa 200 bis 2000 m ; wohl kalkstet. Im Gebiete in Südtirol: Val Vestino, Monte Tombea 1500 bis 1700 m, Val d’Ampola, Fassatal am Monte Tatöga und Monte Pavione, bei Rovereto an den Felsen von Castelcorno, Cima di Nago 1900 m, V all’Aviana, Podestaria bei Ala u sw .; dann namentlich in Krain an zahlreichen Fundorten: bei Sagor, Laibach, am Lorenzi. berge bei Billichgraz, Adelsberg, Zirknitz, am Predil u. a. O .; Küstenland: Sabotina bei Görz, Grotten von St. Canzian bei Triest, unterhalb Visinada fast bis zum Meeresspiegel herabsteigend.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Von den Comi di Canzo bei Lecco am Comersee durch die südöstlichen Kalkalpen östlich bis Istrien und Kroatien. In der var. B e r i c a Beg. an den Berischen Hügeln (Colli berici) westlich Padua. Die A rt ist florengeschichtlich wie auch ökologisch und selbst habituell mit S. arachnoidea Sternb. verwandt und wie jene ein Tertiärrelikt von etwas weiterer Verbreitung, aber immerhin recht selten und lokalisiert. — Die Blüten sind ausgeprägt proterandrisch und sondern nur spärlich Nektar ab.

1442* Saxifraga adscendens L. ( = S. tridactylites L. var. ß alpina L., = S. controversa Sternb., = S. petraea L. ed. Spec. 2 , DC., Gaud. et auct. plur., = S. hypnoides Scop., = S. rupestris Lap., = Tridactylites petraea Haw.). A u f s t e i g e n d e r S t e i n b r e c h . Taf. 142, Fig. 1 . Pflanze einjährig, aufrecht, 3 bis 20 cm, drüsig. Stengel dunkelrot überlaufen. Rosetten über* winternd. Rosettenblätter gedrängt, verkehrt*eiförmig, keilig in den Grund verschmälert, vom stumpflich, 3* bis 5*zähnig, die jüngsten ganzrandig, spatelig; alle dicht kurzdrüsig. Stengelblätter mehrere, länglich, obere lanzettlich, ungezähnt. Blütenstand gedrungen, + kopfig oder trugdoldig* rispig. Blütenstiele kürzer als die Blüte, zur Fruchtzeit etwa so lang oder wenig länger als die Fruchtkapsel, wie der Kelch dicht drüsig. Kelchzipfel kurz, stumpflich, Va bis lh so lang als die Röhre. Kronblätter milchweiss, aus keiligem Grunde verkehrt*eiförmig, 3*nervig, doppelt so lang als die Kelchzipfel. Kapsel bimförmig, 4 bis 5 mm lang, allmählich in den Stiel ver*

620 schmälert. Samen 0,3 bis 0,4 mm lang, eiförmig, spitz, mit gestutztem Grunde, äusserst fein papillös, fast glatt. — VI bis VIII. Gratrasen, feuchter Schiefergrus, Weideplätze der Schweizer* und Oesterreichischen A l p e n , mit Vorliebe an Schaf* und Ziegenplätzen, von etwa 1800 m bis zirka 3100 m an* steigend. Kalkliebend. Fehlt in D e u t s c h l a n d . Aendert in der Verzweigung, in den Grössenverhältnissen und in der Drüsigkeil. Die Mehrzahl der unterschiedenen Form en sind blosse Entwicklungsstadien resp. Ernährungsmodifikationen, entsprechend dem mehr oder weniger düngerreichen oder hochgelegenen und trockenen Standort, s o : f. i n t e g r i f ö l i a (Gaud.) Engl, et Irm. mit einfachem, 1= bis 3*blütigem Stengel und winzigen, spateligen, ungezähnten Grund* und grösseren, länglichen Stengelblättern (mit dem Typus im Oberengadin, Eisenhut in Steierm arkusw .); f. d e n s a Engl, et Irmsch. Pflanze niedrig, mit bereits vom Grunde an verzweigtem Stengel, sehr kurz gestielten Blüten und Kronblättern, die doppelt so lang sind als die Kelchzipfel (In hohen Lagen); f. B e l l ä r d i (All.) Engler. Laub* blätter verkehrt*eiförmig keilig. Blüten auf fast fehlendem Stengel sitzend. Reduktionsform (Val de Bagnes); f. t e n u i c a ü l i s Engler et Irmscher. Stengel bis 20 cm, dünn, steif aufrecht, mehrblütig. Laubblätter relativ klein und schmal, bis 2,5 mm breit (In der subalpinen Stufe).

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Pyrenäen, Alpen, Apennin, Sizilien, Karpaten, Ge* birge der Balkanhalbinsel, Kaukasus; im subarktischen Europa und in Nordamerika: Norwegen bis 71° 5' nördl. Breite, Lappland, Schweden, Finnland, Estland (noch in der Umgebung von Reval); an der Hudsonsbay, in den Rocky Mountains bis über 4000 m ansteigend. Vertritt im Gebirge und im Norden die folgende A rt. In Mitteleuropa schliesst sich der Verbreitungs* bezirk der beiden Arten streng aus. S. adscendens geht in den Alpen nur ausnahmsweise in die subalpine Stufe hinunter (so z. B. am Silsersee 1800 m, Stöcklen in Tirol 1580 m, unter den Achnermauern in Nieder* Österreich 900 m ); sie steigt andererseits bis 3100 m im Wallis, 2800 m im Val Lavirums in Graubünden, 2700 m in Tirol. In der Schweiz und den anstössenden Alpengebieten ist die A rt fast ganz auf die Zentralketten be= schränkt und fehlt auch dort auf weite Strecken, so z. B. im Berner Oberland, in St. Gallen, Appenzell, Glarus ; im Kanton Tessin bloss auf den Kalklinsen am Lukmanier und Pizzo Molare. An ihren hochalpinen Stand“ orten fruktifiziert sie stets noch sehr reichlich und die Samen erwiesen sich bei der Untersuchung hochprozentig keimfähig. Sie liebt in höheren Lagen den kurzrasigen, humusreichen, über Winter schneefreien oder doch früh* zeitig schneefrei werdenden Elyna=Bestand und wächst darin gern an offenen, schwarzerdigen, durch das Klein* vieh gedüngten Stellen in Gesellschaft von Trisetum spicatum, Sagina sagínoídes, A renaría serpyllifolia subsp. Marschlinsü, Draba Carinthiaca, Gentiana tenella u. a. Arten. Die Blüten sind in den Alpen proterogyn, in Schweden dagegen homogam. Auch spontane Selbst* bestäubung ist möglich. Die Verbreitung erfolgt wohl auch endozoisch durch Wiederkäuer.

Saxifraga trídactylítes *) L. ( = S. trídactylítes L. a typica Fiori et Paol., = S. trífida Gil., = S. ánnua Lap., = Trídactylítes anima Haw.). D r e í f í n g e r í g e r S t e i n b r e c h . Franzos.: Saxifrage ä troís doígts, S. des muradles, perce=pierre; engl.: Three fingered saxifrage, three leaved saxifrage; ital.: Lucernicchia. Tafel 143, Fig. 3. Einjährige, zierliche, 2 bis 18 cm hohe, dicht drüsig*kurzhaarige Pflanze. Stengel auf* recht, meist rötlich, oft schon vom Grunde an verzweigt, eine wiederholt ästige, dichotom* traubenförmige Trugdolde tragend. Grundblätter rosettig, ganzrandig und spatelförmig oder schwach 3*lappig, zur Blütezeit abgedorrt; die stengelständigen zahlreich, + tief 3* bis 5*lappig. Blütensüele zur Blütezeit 2 bis mehrfach länger als der Kelch, nach der Blüte sich verlängernd, fadenförmig. Kelchzipfel dicht drüsig, aufrecht, elliptisch, stumpf, kürzer als die länglich*rund* liehe Kelchröhre. Kronblätter weiss, aus keiligem Grund verkehrt*eilänglich, vom abgestutzt, zweimal so lang als die Kelchzipfel. Kapsel eingeschlossen, eiförmig. Samen eiförmig, ent* femt kurz warzig*stachelig, 0,3 mm lang. — IV bis VI. An sonnig*trockenen (besonders kiesigen oder sandigen) Hängen, auf Mauern, moosigen Dächern, in Felsritzen, selten auf Brachland und Maulwurfshügeln. Insbesondere in den wärmeren, 1443«

*) Lat. trídactylítes = óáxTv'kog [dáktylos] = Finger.

dreífíngeríg, nach den dreispaltigen B lättern; griech. rgelg (treis) =

drei und

621 trockeneren Gebietsteilen verbreitet, aber auf grössere Strecken hin fehlend. Sehr selten z. B. in Niedersachsen, fehlt in Vorarlberg. In der Schweiz im Wallis bis 1550 m, in Graubünden bis 1050 m, in Tirol bis etwa 1000 m aufsteigend. Kalkliebend, aber nicht kalkstet. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Fast ganz Europa, aber im nördlichen Teil seltener werdend (in Norwegen bis 64° 13' nördl. Breite), noch im mittleren Schweden. Verbreitet und häufig im Mediterrangebiet, in den Gebirgen hoch ansteigend (im marokkanischen Atlas bis gegen 2400 m) ; Kleinasien, Armenien, Kaukasus. Aendert wenig ab : In Mitteleuropa einige systematisch unbedeutende, wohl durch besondere Stand» ortsbedingungen hervorgerufene Formen, so) f. é x i l i s (Poll.) Engler. Pflanze sehr zart. Stengel fadenförmig, 1= bis wenigblütig (Hungerform). — f. l i t o r ä l i s (Gaudin) Engler et Irmscher. Pflanze klein, stark beblättert. Laubblätter breit, vorn oft 5»teilig (Sandstrand am Genfersee zwischen Nyon und Promenthoux). — f. g r a c i 3 l i s t r i et a Engler et Irmscher. Stengel straff aufrecht, oberwärts verzweigt, d: dicht beblättert. Zweige straff, 1» bis 3»blütig. Eine reicher verzweigte, zierliche Form ist f. g r a c i l i r a m ö s a Engler et Irmscher. — Die meisten dieser Form en sind durch das ganze Gebiet i verbreitet. S. tridactylites zählt im Mittelmeergebiet zu den verbreiteten Erscheinungen der ephemeren Mikro» flora des ersten Frühlings. Mit Scleropoa rigida, Brachypodium distachyon, Carex nitida, Rumex bucephalo» phorus, Cerastium glutinosum, Silene conica, Velezia rigida, Minuartia tenuifolia, Draba verna, Helianthemum salicifolium, Trigonelia Monspeliaca, Medicago spec. div., Astragalus Stella, Asterolmum stellatum, Lithospermum Apulum, Linaria simplex, Plantago Psyllium, Valerianella spec. div., Hypochoeris glabra usw. bildet sie einen rasch dahin schwindenden Schmuck der dürren Weidetriften der Garigues. In Mitteleuropa, in der Schweiz und den an» grenzenden Gebieten sucht die A rt mit Vorliebe sonnig»trockene, felsige Standorte, Gesimse mit dünnerer, offener Erdkrume, auch Saatfelder, abgetorfte Moorstellen sowie die offenen, steinigen Stellen des Burstrasens (Assoziation von Bromus erectus) auf, wo sie (bei Saillon, Wallis) u. a. mit Poa concinna, C arex nitida, Cerastium semidecandrum, A renaria serpyllifolia var. leptoclados, Hutchinsia petraea, Draba verna, Alyssum calycinum, Caucalis daucoides, V eronica praecox, dann aber auch mit Stipa pennata, Festuca Vallesiaca, Fumana vulgaris subsp. procumbens, Euphorbia Seguieriana, Onosma Tauricum subsp. Helveticum u. a. Arten zusammentrifft. Auf Saxifraga tridactylites gedeiht der Pilz P l e ö s p o r a T r i d a c t y l i t i s Auersw. — Die Geschlechtsfolge der Blüten ist sehr variabel und scheint sich unter äussern Einflüssen rasch abzuändern. Nach Linné und Sprengel sind die Blüten proterandrisch, nach neueren Forschern meist schwach proterogyn mit früher und regelmässiger Selbstbefruchtung, aber in anderen Gebieten auch proterandrisch. — Im Index Thalianus (1577) wird das Pflänzchen als Dactyliobotanon niveo flore erwähnt. Ehedem wurde es innerlich und äusserlich gegen Drüsenverhärtungen empfohlen wie auch mit Bier gekocht gegen chronischen Ikterus verwendet.

1444«

Saxifraga Hircuhis1) L. ( = S. lütea Gilib., = S. nütans Adams, = S. refléxa St.*

Lag.,

= Hirculus ranunculoides Haw., = H. punctätus Raf., = Leptaséa Hircuhis Small). M o o r * S t e i n b r e c h . Franz.: Saxifrage jaune, Oeil de bouc. Taf. 143, Fig. 2 .

Ausdauernde, 10 bis 40 cm hohe Pflanze. Grundblätter lanzettlich*eilanzettlich, stumpflich, kahl oder fast kahl, ganzrandig, in den spreitenlangen Stiel verschmälert; Stielbasis von langen, braunroten Haaren zottig. Aus den grundständigen Blattachseln kurze, beblätterte Ausläufer entspringend. Stengelblätter zahlreich, einander genähert, lineablanzettlich oder schwach spatelig, spärlich bewimpert oder kahl, am Grunde lang kraushaarig. Blüten einzeln endständig oder zu 2 bis 5 in einer Scheindolde. Blütenstiele dicht und lang kraushaarig. Kelchblätter zurück* geschlagen, verkehrbeiförmig, stumpf, bewimpert. Kronblätter 2 V2* bis 3*mal länger als die Kelchzipfel, hellgelb, verkehrbeiförmig, mehrnervig. Kapsel länglich*eiförmig, etwa 1 cm lang, mit kurzen, spreizenden Griffeln. Samen 1 bis 1,2 mm lang, eiförmig*stumpf, netzig, kahl mit vereinzelten Gabelhaaren, glänzend. — VII bis IX. Selten in Torfsümpfen, im Uebergangsmoor, auf schlammigen Schwingrasen, in Sphagnumpolstem. Durch den Abbau und die fortschreitende Trockenlegung der Moore an manchen Lokalitäten dem Aussterben geweiht, an anderen bereits verschwunden. *) Deminutivform vom lat. hircus = Bock; bezieht sich auf den etwas unangenehmen Bocksgeruch der Pflanze. Scheint zuerst von D o d o n a e u s beschrieben worden zu sein. 132 H e g i , Flora. IV. 2.

622 In D e u t s c h l a n d namentlich in der norddeutschen Tiefebene ziemlich verbreitet und nicht gerade selten, scheint aber im nördlichsten Ostpreussen zu fehlen; um Hamburg früher bei Trittau und Elmshorn, sonst bei Harburg (Daerstorfer Moor), bei Stade (Wiepenkathen), bei Lehe (Veermoor) usw., bei Lesum unweit Bremen (hier noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts). In Mitteldeutschland grösstenteils fehlend, so in Thüringen (nach H a m p e noch 1809 bei Zorge), in Oberschlesien wohl ausgerottet (ehedem bei Gnadenfels, Beneschau, Cziensokowitz bei Ratibor). Selten und zerstreut in den südbayerischen M ooren in der Umgebung von Augsburg, Sulzschneid bei Markt Oberdorf, Gennachhausen bei Kaufbeuren (hier neuerdings wohl verschwunden), Bann» waldsee bei Schwangau, Gaissach, Ellbach, Schönramer Filz, bei Eschenlohe, früher auch Rothenstein bei Mein» mingen, Deining und Haspelm oor; in Baden und W ürttem berg: Klosterwald bei Sigmaringen, Taubenried bei Pfullendorf, Leutkirch, Tannheim, Wurzach, Federsee, Immenried, Schweinebach, Buchau (O. A. Riedlingen), Pfrungen, Dietmannsried (O. A. Waldsee) und Neutrauchburg (O, A. Wangen). — In O e s t e r r e i c h sehr selten in Salzburg: wenigstens früher in dem M oor bei Ursprung unweit Salzburg ( S a u t e r ) , bei Matt» see (nach M ie 1i c h h o f er), ferner in Schlesien : Stablowitz bei Troppau (nach Dr. He i n) . — In der S c h w e i z als grosse Seltenheit im M oor bei Einsiedeln und auf dem Geissboden bei Zug (Jetzt erloschen), ferner an mehreren Lokalitäten im westlichen Teil des M olasselandes.- oberhalb V evey (Waadt), Marais des Ponts, Semsales, Lac de Lussy (Freiburg) sowie auf den Jurassischen Mooren zwischen 800 und 1100 m : La Chaux d’Abelle, la Brévine, la Chatagne, les Ponts (1885), V raconnaz (1020 m, sehr selten), Brassus, Pré de Gimel, Marais de la Trêlasse usw.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Französischer Jura, Italienische Alpen (?): ein Stand* ort auf der Alpe Ælagna in Piemont (Fiori und Paoletti). Sehr selten in Grossbritannien (fehlt Irland), Holland (Drente; ob noch?), Mitteleuropa, Galizien, Westkarpaten, selten in Dänemark, Skandinavien, Lappland, Nordrussland; Kaukasus, Ararat, Zentralasiatische Gebirge (im Himalaja bis 56C0 m ansteigend) ; Rocky Mountains ; in der Arktis verbreitet, auf Spitz* bergen bis 80° nördl. Breite (Wahlenbergbucht), Nowaja Semlja, Ellesmere Land bis 76° 42', arktisch*amerikanischer Archipel bis 78° 10 ' nördl. Breite, Nordostgrönland. Im Gebiet nur die var. t y p i c a Engler et Irmscher. Kronblätter 5 bis 3 Va mal länger als die Kelch» zipfel. — Am Grunde des Blütenstengels entspringen zarte, kürzere oder längere, beblätterte Ausläufer, die sich bewurzeln. Stirbt der hintere Teil des kriechenden Rhizoms ab, so können die Adventivwurzeln die Funktion der primären Hauptwurzel übernehmen. Die Pflanze verharrt m ehrere Jahre in vegetativem Zustand, bevor sie genügend erstarkt ist und zur Blüte gelangt. Die grossen, gelben Blüten sind ausgeprägt proterandrisch und werden vorzugsweise von Dipteren besucht. A s c h e r s o n hat gefülltblütige Formen und solche mit einem petaloid ausgebildeten Kelchblatt beobachtet. Im südlichen Mitteleuropa gehört S. Hirculus wie Betula nana, Carex Heleonastes und C. chordorrhiza, Juncus stygius, Trientalis u. a. Moorpflanzen zu den Relikten der Eiszeit, die in raschem Rüdegang begriffen sind. Daran kann auch der Umstand nichts .ändern, dass die Pflanze mancherorts gesetzlich geschützt wird. Andrerseits dürfte die Pflanze auch durch übereifrige Sammler (Schlesien und Ursprung bei Salzburg) ausgerottet worden sein.

1445.

Saxifraga hieracüfölia J) Waldst. et Kit. ( = S. plantaginifölia Hook. ap. Parry, = Her*

mésia spicäta Hoppe, = Robertsönia hieracüfölia Link, = Micränthes hieracüfölia Haw.). H a b i c h t s k r a u t b l ä t t r i g e r S t e i n b r e c h . Fig. 966 a bis d. Ausdauernd, ohne sterile Triebe, mit schiefer, dunkler Grundachse. Grundblätter rosettig, eiförmig oder verkehrt*eiförmig, in den kurzen, geflügelten Stiel verschmälert, fast ganzrandig, dick, fleischig, am Rande von langen, krausen Gliederhaaren bewimpert. Stengel aufrecht, dick, fleischig, 5 bis 30 (50) cm hoch, blattlos, mit langen Drüsenhaaren dickt besetzt. Blütenstand gedrungen, oft fast kopfig, in ährenförmiger Traube. Traubenäste verkürzt, trug* doldig, armblütig. Blüten 5 bis 10 mm breit, meist sitzend oder sehr kurz gestielt. Kelchzipfel 3*eckig*eiförmig, stumpflich, nach der Blüte zurückgeschlagen. Kronblätter meist zusammen* neigend, grünlich oder purpurn, verkehrt*eiförmig, 3*nervig, so lang oder etwas kürzer als die Kelchzipfel. Kapsel rundlich, breiter als lang, meist schwarzrot, mit 2 bis 3 äusserst kurzen, dicken, an der Spitze zurüdegekrümmten Griffeln. Samen oval, braun, 1,1 bis 1,3 mm lang;, Samenschale uneben, aber Warzen* und stachellos. — VII, VIII. *) Die Blätter gleichen denen verschiedener Habichtskräuter (lat. Hieräcium).

623 Sehr selten in Schluchten, an feuchten Felsen und Bachufern. Nur an wenigen Punkten der östlichen Zentral a l p e n in Steiermark. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : In Mitteleuropa ausserdem bloss noch an drei Stellen in der Auvergne (Pas*de*Roland bei 1700 m, Roche*Taillade, Peyre=Arse), häufiger in den Karpaten (über der Waldgrenze auf Kalk und Granit), Nor* wegen, Nordrussland; Sibirien; Nordamerika, Nordostgrönland; auf den Inseln des nördlichen Eis* meeres. Zirkumpolar, reicht bis zum 80.° nördl. Breite auf Spitz* bergen (Teurenbergbucht). Die wenigen Fundorte der Art in Steiermark s Lantscher Alpe 1SO0 bis 2400 m, Stangalpenzug auf dem Eisens hut, Nordseite des Hodiwart 1700 m, Putzentalerseen bei Schladming, Hoch» Reichardt, Westgrat des Waldhorns, am Hochsdrwung auf Schiefer 1900 bis 2300 m verlangen teilweise Wieder* bestätigung. Die Pflanze wird in Mittels europa als Glazialrelikt betrachtet. Ihr Areal muss im Diluvium mehrere ge* trennte Zungen südwärts gesandt haben, wovon wir einen Rest in den karpatischs ostalpinen Vorkommnissen vor uns haben, während von einer westlicheren Verbreitungszunge die drei Fundorte in der Auvergne bis heute erhalten Fig. 966. S a x i f r a g a h i e r a c i i f o l i a Waldst. et Kit. a, b Habitus (‘/2 natiirl. Grösse). geblieben sind. — Ihrer Wuchs form nach c Kronblatt. d Blüte (vergrössert). — S a x i f r a g a c u n e if o lia L. e, f Habitus mit zählt S. hieraciifolia zum Primula»Typus. Blüten und Frucht, g Frucht (stark vergrössert). Sie entwidcelt ein kräftiges, reichbe* wurzeltes Rhizom. Die Laubblattrosette gelangt erst nach einigen Jahren zur Blütenbildung. Die proterogynen oder proterandrischen Blüten werden durdi Fliegen befruchtet; Selbstbestäubung ist in den meisten Fällen möglich.

1446.

Saxifraga nivalis L. ( = Robertsönia nivalis Link, = Micränthes nivalis Small). S c h n e e * S t e i n b r e c h .

Dermäsea nivalis Haw., = Taf. 143, Fig. 6 .

Ausdauernd, mit zahlreichen kurzen Faserwurzeln. Grundblätter rosettig, dicklich, fleischig, rundlich, verkehrt*eiförmig, spatelig, stumpfzähnig, gegen den Grund in den breit* geflügelten, kurzen Blattstiel verschmälert und ganzrandig, spärlich kurzhaarig oder fast kahl, unterseits meist purpurn überlaufen. Stengel aufrecht, dicklich, 5 bis 20 cm hoch, meist einfach oder an der Spitze gabelig, + kurz kraushaarig und besonders oberwärts dicht drüsig, blatt* los. Trag* und Vorblätter eilanzettlich, drüsig. Blütenstand meist mit gedrängten, fast kopfig genäherten Wickeln (vgl. subsp. tenuis). Kelchzipfel dreieckig*eiförmig, kahl. Blüten 5 bis 10 mm breit. Kronblätter weiss, verkehrt=eiförmig, 3*nervig, schmäler und etwas länger als die Kelch* zipfel. Kapsel rundlich*eiförmig, meist dunkelrot, mit dicken, vorn wagrecht zurückgekrümmten Griffeln. Samen oblong, dunkelbraun, rauhhöckerig, aber stachellos, 0,7 mm lang. — VII, VIII. Einzig in den S ude t e n an schwer zugänglichen Stellen der Kleinen Schneegrube; auf Basalt. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Als Glazialrelikt an wenigen Punkten der Gebirge von Grossbritannien. Ferner in Nordeuropa: Island, Faer*Oer, Skandinavien, Nordrussland, Lappland und in der Arktis (zirkumpolar); auf Spitzbergen bis zum 80° nördl. Breite, Franz 132*

624 Josephs Land, Grönland, Grinnelland (am Discovery Harbour auf Grinnelland noch bei 81 0 43' nördl. Breite beobachtet). In Nordwestgrönland nur bis zur Renselaer Bay 78° 37', von der Polaris Bay (81 0 6 ) irrtümlicherweise angegeben. Im Gebiete die subsp. eu-nivälis Br.=Bl. Stengel kräftig, behaart. Laubblätter ± lederartig. Blüten» stand gedrängt, kopfig. — subsp. tenuis (Wahlenberg) ( = S. tenuis H. Smith). Aeste des Blütenstandes verlängert, dünn. Pflanze zierlich. Stengel beinahe kahl, sehr dünn, niedriger (bis 10 cm hoch). In Skandinavien usw. Saxifraga nivalis gehört mit einigen andern Arten (z. B. Pedicularis Sudetica, Rubus Chamaemorus, Salix Lapponum L. 1) zu der Gruppe nordischer Glazialrelikte, die im Diluvium nicht bis zu den Alpen vorgedrungen sind und die in den Sudeten ihre südlichsten isolierten Vorposten besitzen. Sie wächst daselbst in Gesellschaft von Arabis alpina, Saxifraga aspera subsp. bryoides, S. moschata subsp. basaltica, Myosotis alpestris usw., in Skandinavien oft mit Saxifraga cernua und S. rivularis. — Die Wuchsform von S. nivalis ist der Primula»Typus mit dicht beblättertem Rhizom. Aus den Achseln des Blütensprosses entwickeln sich seitliche Nebensprosse, die nicht selten gleichzeitig mit dem Hauptspross zur Blüte gelangen. Die Laubblattrosetten überdauern den Winter an schneebedeckten Stellen in frischgrünem Zustand. Schon Ende August sind die nächstjährigen Blüten weit» gehend vorentwickelt; sie entfalten sich gleich nach der Schneeschmelze. Die Blüten sind meist etwas proterogyn; doch wurde auch Proterandrie und homogame Selbstbestäubung beobachtet. Kreuzungsvermittler sind Fliegen.

1447. Saxifraga stellaris L . *) ( = Robertsönia stellaris Link, = Spathuläria stellaris Haw., = Hydätica stellaris S. F. Gray). S t e r n b l ü t i g e r S t e i n b r e c h . Taf. 142, Fig. 6 und Fig. 967. Mehrjährig, mit mehreren grundständigen Blattrosetten und aufrechtem, 2 bis 30 cm hohem Stengel, öfter mit kurzen mit Niederblättem versehenen Ausläufern; letztere in eine Rosette endigend. Grundblätter verkehrt*eiförmig, keilig, vom + gezähnt, fleischig, glänzend, spärlich behaart oder kahl. Stengel blattlos, zerstreut langdrüsig oder verkahlend. Vor* und Tragblätter lineal, spitz. Blütenstand meist eine spreizend*ästige Trugdolde. Kelchblätter zurück* geschlagen, lanzettlich. Kronblätter 5 bis 6 , ausgebreitet, lanzettlich, zugespitzt, am Grunde kurz benagelt, weiss mit 2 zitronengelben Punkten, 2 * bis 2 1/2*mal so lang als die Kelchblätter. Aufrechte Blüten radiär, die horizontal gerichteten dagegen zygomorph. Fruchtknoten ober* ständig; Narben sitzend. Kapsel rundlich*eiförmig, zweispitzig. Samen eidänglich, seitlich ab* geflacht, graubraun, fein stachelig*warzig, 0,5 mm lang. — V I bis VIII. In Quellfluren, an Bachufem, im feuchten Gebüsche, an überrieselten Schutthängen und Felsen, in Schneelöchem der subalpinen und alpinen Stufe. Durch die ganze A l p e n kette zwischen 1200 und 3030 m auf Jeder Unterlage verbreitet, nicht selten herabgeschwemmt (Aare* insein bei Wildegg und Grono im Misox 300 m). Ausserdem in den Vogesen (Sulzer Beidien, Hochfeld, Hohneck, Diedoldshausen) und im Schwarz» wald zwischen 630 und 1400 m (Hornisgrinde, Beidien, Feldberg, Hofsgrund, Triberg, Schapbach, Kniebis, Elbachsee, Rippoldsauer W asserfall); fehlt dagegen dem Jura und dem Riesengebirge.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Portugal (Serra da Estrella), Spanische Gebirge, Pyrenäen, Sevennen, Auvergne, Forez, Korsika, Alpen, Apenninen, Karpaten, Gebirge von Illyrien ünd der Balkanhalbinsel, Grossbritannien, Skandinavien und Finnland, Lappland, Island. In der Arktis zirkumpolar verbreitet, insbesondere die subsp. c o m ö s a . Reicht auf Spitzbergen bis zum 80°, auf Grinnelland bis 81° 50' nördl. Breite (Shift Rudder Bay). Eine sehr veränderliche A rt, von der etwa 20 Form en und Varietäten beschrieben worden sind, die aber teilweise sicherlich nur Standortsabänderungen darstellen. Fü r unser Gebiet kommen etwa folgende in Betracht: I. subsp. genuina Br.»Bl. ( = var. typica Engler et Irmscher). Alle Blüten normal ausgebildet. Kelch» und Kronblätter vorhanden. — var. v u l g a r i s Ser. (incl. f. cuneäta Engler et Irmscher). Grundständige Laubblätter einander genähert, rosettig, verkehrt eiförmig»keilig, vorn gezähnt. Stengel aufrecht, verzweigt. Kronblätter gleich» gestaltet, eiförmig, am Grunde kurz benagelt. — var. p ü m i l a Gaud. Grundblattrosette fehlend. Laubblätter verkehrt eiförmig»keilig, vorn wenig und kurzzähnig. Stengel niedrig, 1» bis wenig»blütig, ganze Pflanze oft rot» überlaufen (Dies ist die Pflanze der hochalpin»nivalen Standorte). Bei der f. a c a ü l i s Hall. fil. ist der Blütenstand verkürzt, fast sitzend. Eine f. I m m a c u l a t a Br.»Bl. besitzt rein weisse, ungefleckte Kronblätter (Sertigpass, Engadin !) Lat. stelläris ■= sternförmig; lat. ställa =

Stern.

Nach der Gestalt der Blütenkrone.

625 2650 m, zahlreich an einer Stelle). — f. u n i f l ö r a DC. Pflanze mit Dblütigem, verkürztem Stengel. — f. p ä l l i d a Thell. Stengel, Aeste und Fruchtknoten weisslichgrün statt ro t; auch die Laubblätter blassgrün (Etiolement). Aroser Weisshorn 2650 m. — var. c a p i l l ä r i s Sauter. Grundblätter verkehrt»eiförmig, spitz, ringsherum tief gezähnt. Blütenstand reichblütig. Vorblätter lanzettlich, gezähnt. Kronblätter gleichgestaltet, eiförmig (Am Hohen Solstein bei Zirl in Tirol). — var. h i s p 1d u 1 a Rochel. Be» blätterte Grundachse 5 bis 10 cm lang. Grundblätter steiflich ab» stehend behaart. — var. p e g ä ) a G. Beck. Der vorigen var. ahn» lieh, aber nur zerstreut behaart, kräftig, bis 30 cm hoch (Nieder» Österreich). — var. r o b ü s t a Eng» ler ( = var. subalpina Brügger, = S. Clüsii auct. non Gouan). Wuchs locker. Beblätterte Grund» achse i verlängert, bis 10 cm lang, kriechend. Laubblätter ver» kehrt» eiförmig, langkeilig, zerstreut behaart. Blütenstand reichblütig. Kronblätter ungleich, 3 davon ei» lanzettlich, in den Grund ver» schmälert (Graubünden, Tirol und wohl auch anderwärts). Der systematische Wert obiger For» men und Varietäten verlangt eine noch eingehende Nachprüfung. — II. subsp. c o m ö s a (Retz.) Br.»Bl. ( = S. foliolösa R. Br.). Blütenstand an Stelle der Blüten zahlreiche Laubknospen tragend. Kronblätter völlig fehlend oder nur bei den Endblüten entwickelt. Im Gebiete nur die var. p r o l i f e r a Ser. mit schmalen, keiligen, im oberen Drittel kurz und scharf gezähnten Laubblättern und mit breiter Infloreszenz (In den Ostalpen von einigen Standorten aus Kärnten und Steiermark bekannt. Kärnten: Jurialm im obersten Gurktal, Saualpe, Klippitstörl, Kühwegeralpe, Heiligenblut in den Tauern, Koralpenzug; Steiermark: Seetaleralpen häufig, Glein» alpe, Turrach am Fuss des Eisenhut. — Verwandte Formen und Varietäten der gleichen Subspezies finden sich in den Piemontesischen Alpen, in Grossbritannien (Northumberland), namentlich aber im subarktischen und arktischen Europa, Asien und Amerika, wo die subsp. genuina auf weite Strecken hin vollkommen fehlt. Alle hocharktischen Standortsangaben beziehen sich auf subsp. comosa (Spitzbergen, arktisch=amerikanischer Archipel bis Grinnelland 81° 50', Nordwest»Grönland bis über 78° nördl. Breite). Ob die Unterart comosa mono» oder polytop entstanden ist, bleibt eine offene Frage. Im ersteren Falle wäre ihr Vorkommen in den Alpen durch glaziale Einwanderung zu erklären. An eine spezielle An» passungserscheinung an ungünstige Lebensbedingungen kann schon deswegen nicht gedacht werden, weil ihr alpines Areal klimatisch durchaus nicht ungünstig gelegen ist und eine reichliche Frucht» und Samenbildung gestattet. In den Alpen steigt die subsp. g e n u i n a bedeutend höher als die subsp. c o m o s a , welch’ letztere die nivale Stufe nicht erreicht. Die höchstgelegenen Vorkommnisse der subsp. genuina reichen bis 3030 m am Monte Rosa, bis 2970 m am Pizzo Combio in Graubünden, bis 2840 m an der Cima Tosa in Tirol. In den Bayerischen Alpen wird die Art bis 2460 m angegeben. Ihre maximale obere Grenze erreicht sie bei 3300 m in der Sierra Nevada Spaniens. Nicht selten findet sie sich herabgetragen im Bachgeschiebe, so bei Seilrain in Nordtirol (700 m), am Hintersee in der Ramsau und an der Weissen Traun bei Ruhpolding in Oberbayern und sogar bei 310 m auf den Alluvionen der Calancasca im Misox. Von B o l z o n wird sie als Glazialrelikt aus dem Moränenzirkus von Ivrea (zirka 250 m) angegeben. S. stellaris überwintert mit grünen, turgeszenten Laubblattrosetten an reichlich schneebedeckten Stellen. In höheren Lagen besiedelt sie den überrieselten Fein» Schutt in Gesellschaft von Arabls caerulea, Hutchinsia alpina usw. In ihrem eigentlichen Wohnbezirk, in der subalpin»alpinen Stufe, zählt sie zu den konstanten, selten fehlenden Begleitern der Assoziation von Montia rivularis und Cardamine amara und bildet an kalten Quellbächlein öfters fast reine Herden. Begleitpflanzen: Montia rivularis, Cardamine amara, Stellaria uliginosa, Epilobium alsinifolium, E. nutans und E. palustre, Caltha palustris. Deschampsia caespitosa, Carex frigida, Catabrosa aquatica, Bryum Schleichen, Philonotis fontana und P. seriata, Cratoneuron falcatum usw. Sie wagt sich auch als Verlandungspionier an langsam fliessenden, frischen Quellen

626 ins offene Wasser hinaus und man findet sie dann in flutender Form. Ab und zu wächst sie auch submers am Grunde seichter Tümpel; doch gelangen dann nur kümmerliche Blütenknospen zur Entwicklung. — In den Hochalpen und in den Gebirgen von Skandinavien ist die ganze Pflanze öfter dunkelrot überlaufen. — Nach ihrer Wuchsform zählt sie zum Primula=Typus. Sie bildet zahlreiche kurze Ausläufer, die an der Spitze Blattrosetten tragen und sich bewurzeln. So entstehen unter günstigen Wuchsbedingungen grössere, lockere Polster. Die Blüten sind fast durchwegs, sowohl in den Alpen als im Norden, ausgesprochen proterandrisch. Ausnahmsweise wurden in Schweden auch proterogyne Blüten beobachtet. Nach S t ä g e r stäuben die Antheren zyklisch und zwar eine nach der anderen, wodurch die Blütezeit bei schlechtem Wetter verlängert wird. In grösseren Höhen und im hohen Norden werden die Blüten häufig homogam und autogam. Wie bei verschiedenen anderen Saxifraga» Arten kommen auch 3=grifflige Blüten vor und die Zahl der Kronblätter steigt dq,nn auf 6 bis 8. Der oberständige Fruchtknoten trägt am Grunde ein ringförmiges, grünes oder purpurnes Nektarium, das reichlich Honig absondert. Als Blütenbesucher wirken hauptsächlich Dipteren. Gelegentlich ist die Gipfelblüte hexamer mit 2 bis 3 Griffeln. Die Art wird von einem parasitären Pilz, S y n c h y t r i u m S a x i f r a g a e W. Rytz be» fallen. — Nächst verwandt, aber morphologisch und ökologisch scharf geschieden ist die südwesteuropäische S. C l ü s i i Gouan, eine dicht drüsigddebrige, sehr zerbrechliche Felspflanze, die von den Portugiesischen Gebirgen östlich bis zu den Südsevennen (Vivarais) reicht.

1448. Saxifraga cuneifölia1) L. ( = Robertsönia cuneifolia Haw., = Lobäria cuneifolia Haw., = Hydätica cuneifolia Rafin.). K e i l b l ä t t e r i g e r S t e i n b r e c h . Fig. 966 e bis g und Fig. 968. Ausdauernd. Wurzelstock weit verzweigt, mit + dicht rasenförmig zusammen* schliessenden Laubblattrosetten. Stengel aufrecht, 8 bis 25 cm hoch, unbeblättert, der ganzen Länge nach mit kurzen Drüsenhaaren + reichlich bedeckt. Rosettenblätter gedrängt, zahlreich, dick und lederig, glänzend, kahl, knorpelig berandet, allmählich in den Stiel verschmälert, über* winternd, unterseits meist dunkel violettrot, verkehrt*eiförmig bis spatelförmig; Zähnung meist undeutlich, wenig tief oder auch fast fehlend. Blütenstand rispig, schmal, gedrängt; Zweige wenig* ( 1 * bis 4*)blütig. Blütenstiele und lineale Vorblätter kurzdrüsig. Kelchzipfel zur Blüte* zeit zurückgeschlagen. Kronblätter weiss, ausgebreitet, eiförmig*elliptisch, stumpf, am Grunde gelblich punktiert. Staubfäden an der Spitze verbreitert. Kapsel eiförmig bis ver* längert*eiförmig, 5 bis 6 mm lang. Griffel ein Drittel der Kapsellänge erreichend. Samen 1 mm lang, papillös. — VI bis VIII. Charakteristisch für die Fichtenwälder der subalpinen Stufe in den Urgebirgs a l p e n ; überzieht oft moosige Felsblöcke und offene, steinige Erdstellen. Tiefer auch an schattigen Fel* sen und auf Blöcken imKastanienwald; bis240m herab bei Ponte Brolla und Castione (Tessin), bis 280 m im Misox (Graubünden). Steigt anderer* seits bis 2200 m im Tessin und in den Waadt* länderalpen. Fehlt auf kalkreichem Gestein.

— Brünig — Freiburgeralpen.

Verbreitet namentlich in den zentralen Ur= gebirgsketten der S c h w e i z und von Ti rol , spärlicher im südlichen und nördlichen Alpenzug. Die absolute Nordgrenze wird bezeichnet durch die Punkte Kitz» bühel in den Nordtiroler Kalkalpen — Hoher Freschen in Vorarlberg — Guschakopf bei Ragaz — Engelberg Fehlt in D e u t s c h l a n d vollständig. Angepflanzt im Neuenburger Jura.

*) Lat. cüneus = Keil und fölium = Blatt; nach der Gestalt der Laubblätter.

627 A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mitteleuropäisches Gebirgssystem: Ostkarpaten und Transsilvanische Alpen, Illyrien, Kroatisches Bergland, Alpenkette, Apennin-, ausserdem ein kleines Reliktareal im Weisstannengürtel des Mont Lozère (1200 bis 1400 m) im südlichen Zentral* frankreich, ferner in den Pyrenäen und im Asturisch*Cantabrischen Gebirge. Aendert wenig ab : Bei uns die f. v u l g a r i s (Ser.) Engl, et Irm. Blattspreite i plötzlich in den Stiel zusammengezogen, gekerbt oder gezähnt. — f. s u b i n t e g r a (Ser.) Engl, et Irm. Laubblätter kleiner, weniger plötzlich in den Stiel zusammengezogen, schwach entfernt gezähnt. — N ur in Gärten die var. m u l t i c a ü l i s (Lange) Engl, et Irm. Rosettentragende Zweige der Grundachse verlängert, kriechend. Laubblätter schmäler und stärker keilig. — Die dürren Laubblätter bleiben längere Zeit am Spross erhalten. Durch mehr oder weniger enges Zusammenschliessen der Blattrosetten entstehen zusammenhängende, sempervivoide, flache Rosettenpolster. — Die Blüten sind proterandrisch ; spontane Selbstbestäubung ist ausgeschlossen.

1449« Saxifraga umbrösa L. ( = Robertsönia umbrosa Haw., = Hydätica umbrosa Rafin., = Géum umbrosum Moench). S c h a t t e n * S t e i n b r e c h . Franz. : Mignonette, amourette, déses* poir des peintres; engl. : None*so*pretty, Little Patridc’s cabbage, London pride. Fig. 969 a bis d. Die roten Punkte auf den Kronblättern vergleicht das Volk mit Wundmalen und nennt daher die Pflanze: He i l a n d s » , J e s u s l e i d e n s b l e a m l a (Schwäbische Alb), C h r i s t i » L e i d a » B l ü a m l i (St. Gallen), J e h o v a b l ü m c h e n (Pfalz), Li de C h r i s t i (Thurgau), J e s us » , He i l a n d s » , H e r r g o t t s » B l ü e m l i , V a t e r » u n s e r l i (St. Gallen). In Ostfriesland heisst man diese Zierpflanze J ü f f e r k e [Jüngferchenl, M e n i s t e n » J ü f f e r k e JMennonitenjüngferchen], in Schmalkalden J u n g f e r n n ä b e l c h e n . Im Oberharz ist sie als Z i 11 e r b 1ü m c h e n bekannt.

Ausdauernd, 10 bis 40 cm hoch. Grundblätter rosettig, lederig, unterseits purpurn überlaufen, verkehrt*eiförmig*spatelig, grobgekerbt oder kerbig*gezähnt, knorpelig berandet, in den kurzen, langbewimperten, geflügelten Stiel verschmälert. Stengel blattlos, + drüsig bis fast kahl. Blütenstand lockerrispig ; Rispenäste wenig* ( 1 * bis 5*)blütig, klebrig*drüsig. Kelchblätter zurückgeschlagen, eilänglich, stumpf, aussen spärlich drüsig. Kronblätter ausgebreitet, verkehrt* eilanzettlich, schmal, weiss, in der Mitte purpurn, am Grunde gelb punktiert. Staubfäden länger als die Kronblätter. Kapsel eiförmig, dunkelrot, von den halb so langen, spreizenden Griffeln überragt. Samen eiförmig, bespitzt, schwarzbraun, dicht warzig*stachelig, 0,7 bis 0,8 mm lang. — VI bis VIII. Schattige, moosige Stellen, an Felsblöcken, im Vacciniétum der Bergföhrenwälder (in den Pyrenäen); vorzugsweise auf Kalk. Im Gebiet aller Wahrscheinlichkeit nach nicht einheimisch; aber mehrfach eingebürgert, so in Ober» Österreich um Steyr, am Fuss des Schoberstein bei^ernberg mit Saxifraga rotundifolia, Ranunculus lanuginosus u. a., in Mähren (Zöptauer Park), Steiermark (Reitzenstein), Salzburg (Mönchsberg und bei Abtenau), in Oberbayern (Kloster Schäftlarn), in der Pfalz (Edenkoben) und im Harz (Oderbrück). Nicht selten als Einfassungspflanze in Gärten und Friedhöfen kultiviert und verwildernd.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Atlantisches Gebiet (vom nördlichen Portugal bis Nord* Spanien und bis zu den Pyrenäen; isoliert in Irland). Bei uns die var. t y p i c a Engler et Irmscher. Blattrand gekerbt. Wird wie die beiden folgenden Arten häufig — in Schlesien seit dem 17. Jahrhundert — zu Gartenbeeteinfassungen und zur Bewachsung künstlicher Steingruppen verwendet. In der Schweiz durch Verwechslung mit S. cuneifolia irrtümlich für Graubünden (Roffla» Schlucht) angegeben. — Am Grunde des Fruchtknotens wird in grossen Tropfen Honig ausgeschieden, der den Blütenbesuchern offen daliegt. Die Proterandrie ist nach G ü n t h a r t so ausgeprägt, dass Selbstbestäubung nicht eintreten kann. Gelegentlich wurde Stengelfasciation sowie eine verkürzte, kopfförmige Infloreszenz be» obachtet. — Der Wuchsform nach gehören S. umbrosa sowie S. Geum (nr. 1450) zum Sempervivum»Typus.

1450. Saxifraga Géum1) L. ( = S. gei'fölia St.*Lag., = S. Geum subsp. eu=Geum Engler et Irmscher, = Robertsönia Geum Haw., = Hydätica Geum Rafin., = Geum eréctum Moench). N e lk e n w u r z * S t e i n b r e c h , Spanischer Steinbrech. Franzos. : Saxifrage bénoite; engl. : None*so*pretty. Fig. 969 e, f. Ausdauernd, 10 bis 40 cm hoch. Stengel zerbrechlich, unbeblättert, rötlich, in der oberen Hälfte + drüsig behaart. Grundblätter rosettig, beiderseits + behaart, dick, fleischig, x) Vom Habitus der Nelkenwurz (Geum); siehe dort!

628 rundlich, am Grunde schwach herzförmig, langgestielt. Blattstiel etwa 2 * bis 4-mal so lang als die Spreite. Blattrand regelmässig gekerbt oder grob gezähnt, knorpelig. Blattnervatur handförmig zerteilt. Blütenstand wenig verzweigt; Zweige 3* bis 6 * blütig, 2 bis 6 cm lang. Hochblätter und Vorblätter + linealisch bis verkehrbeiförmi g• Blüten weiss, mit ausgebreiteten, verkehrt=eiför* migen, gelb und rötlich punktierten Kronblättem und mit zurückgeschla* genen Kelchzipfeln. Staubfäden so lang wie die Kronblätter, unter den Antheren verbreitert. Kapsel 4 bis 5 mm lang, + dreifach so lang als die Kelchblätter. Samen schwarz, rundlich eiförmig, warzig* höckerig, 0,7 bis 0,8 mm lang. — VI bis VIII. In Wäldern und Schluchten, an schattigen, feuchten Felsen und moosigen Felsblöcken. Heimisch in West* und Südwesteuropa.

Fig. 969.

S a x i f r a g a u m b r o s a L. «Habitus, b Kronblatt. c Keimpflanze, d Frucht. S a x i f r a g a G eum L. e, ei Habitus. /K ronblatt.

Bei uns sicher nur eingeführt, aber am Hohneck in den Vogesen bei 1300 m schon seit langem eingebürgert (daselbst v o n M o u g e o t angepflanzt). Oefters in Gärten als Einfassungspflanze kultiviert und ab und zu verwildert, so bei Bad Reichenhall (Oberbayern), Nymphenburg bei München, Weinheim in der Pfalz usw.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Gebirge des nördlichen (atlantischen) Teils der Iberischen Halbinsel, Pyrenäen (im westlichen und zentralen Teil bis zum Departement Ariege), Irland. Aendert ab : var. L a p e y r o ü s i i Sternb. Laubblätter gekerbt, wenig eingesdinitten, mit aufgesetztem, kurzem Spitzdien, am Grunde deutlich herzförmig (Dies die Form der Pyrenäen, die auch am Hohneck ein« gebürgert ist). — var. m o d 6 s t a (Reichb.) Engler. Blattspreite kleiner, eirund, spitz gezähnt. Kronblätter un* gefleckt. — Die Art wird in Schlesien bereits im 17. Jahrhundert als Gartenpflanze genannt. Eine sehr eigen* artige Missbildung, bei der zwischen dem inneren Kreis der Staubblätter und den normalen Fruchtblättern (wohl durch seriale Spaltung) ein Kreis von offenen Karpellen auftrat, wurde als Kuriosität beobachtet. — Der Art sehr nahestehend ist S. h i r s ü t a L. (= S. Geum L. subsp. hirsuta [L.] Engler et Irmscher), die in verschiedenen Varie* täten als Einfassungspflanze kultiviert wird und ab und zu verwildert. Sie unterscheidet sich durch die elliptisch* eilänglichen (nicht runden), meist fast kahlen, fiedernervigen Laubblätter und den breiteren, tiefgefurchten Blatt* stiel. Eine atlantische Art (England, Irland, Pyrenäen, Nordspanien). Im Gebiet aus ursprünglicher Kultur verwildert. In Salzburg eingebürgert am Untersberg und im Anlaufstal bis Gastein, in Oberösterreich bei Losen* stein und Steyr (var. s p h a e r o i d e a [Haw.] Engler et Irmscher), in Schlesien (Ziegenhals am Rehberge).

1451. Saxifraga rotundifölia L. ( = S. rotimdifolia L. subsp. eu*rotundifolia Engler et Irmscher, == Miscopetalum rotundifölium Haw., = Geum rotundifolium Moench). R u n d b l ä t t r i g e r S t e i n b r e c h . Franz.: Saxifrage ä feuilles rondes; engl.: Rounddeaved saxifrage; ital.: Erba stella. Taf. 141, Fig. 6 und Fig. 970. Wegen der äusseren Aehnlichkeit dieser Art mit dem Sanikel (vgl. Sanicula Europaea, Dentaria enneaphyllos [Bd. IV., pag. 330] und Saxifraga Aizoon) heisst diese Art in Niederösterreich S a n i gl , in der Schweiz (Waldstätten) nach der volksmedizinischen Anwendung L u n g e ( n ) » C h r u t .

629 * Ausdauernd. Grundachse kurz, knotig, wenig tief eindringend, ohne sterile Triebe. Stengel (10 ) 15 bis 70 cm hoch, spärlich beblättert, im oberen Teil drüsenhaarig, im unteren wie die Laubblätter mit weichen, gegliederten Haaren besetzt. Laubblätter weich, etwas fleischig, grob und ungleich eingeschnitten kerbig*gezähnt; grundständige herznierenförmig, rundlich, langgestielt, hellgrün. Blüten in lockerer, reichblütiger Rispe; Blütenstiele stieldrüsig. Krön* blätter weiss, am Grunde + gelb und rot punktiert, 2 * bis 3=mal so lang als die Kelchblätter. Kelchblätter zur Blütezeit aufrecht. Staubblätter halb so lang als die Kronblätter. Staubfäden lineal. Fruchtknoten fast oberständig. Kapsel eiförmigdänglich. Samen 0,6 bis 0,7 mm lang, schwarz, eiförmig, warzig bekömelt. — VI bis IX. An feuchten, schattigen Stellen der subalpinen Stufe, in Bachschluchten, Karfluren, auf kräuterreichen Waldlichtungen der A l p e n ; öfters herabsteigend, so in Vorarlberg bis 400 m, in Tirol bei Meran bis 320 m, im Wengentobel bei Kempten, Eistobel bei Riedholz in Bayern; anderer* seits im Schutze der Alpenerlen (Ainus viridis) bis in die alpine Stufe hinaufsteigend. In Tiro bei Vent im hinteren Oetztal noch zwischen 2200 und 2500 m (wohl näher der ersten Zahl!) angegeben. Indifferent in Bezug auf die Bodenunterlage. In Deutschland nur in den Bayerischen Alpen (verbreitet bis 2110 m) und in Württemberg (Ober» amt W angen: Grossholzleite an mehreren Punkten, Rohrdorf [Adelegg bei Eisenbach]). Durch den Schweizer Jura nördlich bis zum Kellenholz der Lägern. In den Oesterreichischen und Schweizeralpen sehr verbreitet und meist häufig; nur in den zentralen Tälern mit kontinentalem Klimaanstrich stellenwe se selten oder fehlend, so im Unterengadin (liier einzig im Seitental Scarl bei 1900 bis 2100 m), im hinteren Stubai» und vorderen Oetztal.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Mitteleuropäisches Alpensystem (durch die ganze Alpenkette bis Illyrien und Dalmatien), Apennin (im nördlichen und mittleren Teil bis zu den Abruzzen und Calabrien), Korsika, Sardinien, Sizilien, Gebirge von Burgos in Zentralspanien, Pyrenäen, Corbieres, mittelfranzösische Mittel* gebirge: Auvergne, Forez und Sevennen in der Buchen* und Tannenstufe nicht häufig (in Belgien bei Namur bei 250 m verwildert), Karpaten, Gebirge der Balkanhalbinsel bis Griechenland; Pontische Gebirge, Kaukasus, Russisch*Armenien. 1

Aendert wenig a b : Bei uns nur die gewöhn» liehe Form (var. v u l g a r i s Engler) mit 3 mehrlappigen. Grundblättern und mit breit kerbig»gezähnten Abschnitten In den südosteuropäischen Gebirgen (schon im Karst) die subsp. r e p an da (Willd.) mit fleischigen, dicht weisslich behaarten Grundblättern und breitkerbigen, stumpflichen Blattlappen. — Nahe verwandt ist S. h e u c h e r i f ö l i a Grisebach et Schenk der Karpaten und des Balkans, die sich durch ungelappte, ringsum i gleichmässig spitzlich gezähnte Grundblätter auszeichnet. Phytosoziologisch ist S. rotundifolia in erster Linie dem feucht=schattigen Unterwuchs der Ainus viri» disxAssoziation zuzuteilen, zu deren konstanten Be» gleitern sie gehört. Sie wächst hier in Gesellschaft gross» blättriger Hochstauden wie Festuca pulchella, Rumex Fig. 970. S a x i f r a g a r o t u n d i f o l i a L. arifolius, Stellarianemorum,Ranunculuslanuginosus, Aco» Phot. A. E i s e n l o h r , Aubonne (Schweiz), nitum paniculatum und A. Lycoctonum, Geum rivale, Peucedanum Ostruthium, Cerinthe alpina, Tozzia alpina, Adenostyles Alliariae, Achillea macrophylla, Senecio Fuchsii, Mulgedium alpinum usw. ¡¡Wir finden sie ferner in schattigen Schluchten an Waldbächen, in Karfluren in Begleitung üppiger Hochstauden, ausser den obengenannten auch Doronicum Austriacum (Berchtesgaden, Tirol, in den Sevennen), Arabis Cebennensis (in den Sevennen), Ranunculus aconitifolius sowie Chrysosplenium alterni»

630 folium und Viola biflora. Je extremer die klimatischen Bedingungen, umso enger ist die Art an den Strauch» und Waldschutz gebunden; in den subkontinentalen Zentralalpentälern wird man sie kaum in freier Lage finden, während sie in den Nordalpen viel weniger wählerisch erscheint. — Der Blattbau zeigt ein hygrophytisches Ver» halten. Die relativ grossen Blattflächen (die grössten der einheimischen Steinbrecharten) sind kahl oder schwach behaart; im Gegensatz zu den meisten anderen Arten liegen die Wasserspalten offen und scheiden reichlich Wasser aus. Die Blüten sind ausgeprägt proterandrisch. Der Honig wird in kleinen Tröpfchen von der fleischigen Basis des Fruchtknotens abgesondert und ist leicht zugänglich. Die Bestäubung geschieht durch kleine Fliegen, die sich oft in sehr grosser Zahl als Besucher einfinden. — S. rotundifolia wird von mehreren parasitären Pilzen befallen ( P u c c l n i a S a x i f r a g a e Schlechtendal, E x o b a s i d i u m S c h i n z i ä n u m Magnus, S p h a e r o t h e c a f u l i g i n e a Schlecht. Die Art wurde zuerst von Cl us i us als Sam'cula alpina maior Austriaca, später von C. B a u h i n als Sanicula alpina föliis rotündis beschrieben. In Schlesien wird sie zur Zeit Ludwigs XIV. (1643 bis 1715) unter dem Namen Sanicula montäna „Wildes Schellkraut“ oder „Weisser Sanikel“ als Gartenpflanze aufgeführt.

1452. Saxifraga p arad öxa Stemberg ( = Lobäria paradoxa Haw., = Zahlbrucknerax) para* doxa Rchb., = Oreosplenium Zahlbr. ex Endlicher, = Chrysosplenium rupestre Zahlbr., = Zahlbrucknera rupestris Zahlbr. nec Schiner, = Zahlbrucknera Amstriaca Maly). S e l t s a m e r S t e i n b r e c h . Taf. 143, Fig. 8 und Fig. 971. Mehrjährig. Stengel 5 bis 30 cm, schwach und zerbrechlich, niederliegend oder knickig* aufsteigend, wie die Blattstiele + zerstreut lockerhaarig. Faubblätter zart, durchsichtig hell* grün, rundlich*herznierenförmig (3- bis) 5* bis 7* (bis 9=)lappig, mit stumpfen oder spitzlichen Fappen, langgestielt, kahl. Nervatur handförmig zerteilt, schwachnetzig. Blüten langgestielt, einzeln (selten zu 2 ) in den Achseln der Laubblätter oder endständig. Kelchblätter l*nervig, lmeablanzettlich, spitzlich, kahl. Kronblätter unscheinbar, grünlich, lineal, etwa so lang und etwas schmäler als die Kelchblätter, spitz. Fruchtknoten 2 =fächerig. Kapsel abgeflacht, breit*elförmig, mit 2 nach vorwärts gerichteten, schwach spreizenden Griffeln von der halben Kapsellänge, mit einem Spalt (nicht Loch!) aufspringend. Samen schwarz, rundlich*elliptisch, bespitzt, höckerig* warzig, 0,6 bis 0,7 mm lang. — VI bis VIII. An schattigen, feuchten Stellen, namentlich in Höhlungen der Gneis* und Glimmerschieferfelsen zweier benachbarter Talgebiete von S t e i e r ma r k und Kär nt en. Ober»Steiermark: Gamsgraben bei Stainz, Sulzbacher Alpen, Gneishöhle am Ligister Bach bei Unterwald, Lassnitz=Klause bei Deutsch»Landsberg, Sallagraben (zirka 300 m), Teigitschgraben bei Voits» berg (450 m), Hudinagraben bei Weitenstein. Ost» Kärnten s Lavanttal bei Waldenstein, von Wolfsberg aufwärts gegen das obere Lavanttal an der Strasse hinter St. Gertraud, Lugsteinfelsen, Rasinggraben und Twimbergergraben bei Wolfsberg, gegen Preblau, gegen die Koralm. Für Tirol vom Tonalepass im Nonsberg sicher bloss irrtümlich angegeben. Irrig sind auch die Angaben aus Krain und Kroatien (vgl. D e r g a n c , L. Ueber die geographische Ver» Fig. 971. S a x i f r a g a p a r a d o x a Stemberg, in Kärnten. breitung der Z. p. Allgemeine Botan. Zeitschrift 1903, Phot. Dr. Rudolf S c h a r f e t t e r , Graz. pag. 5). Das Verbreitungsgebiet wird in Mittelsteier» mark durch die Umgebung des Salla» und Teigitsch» baches nächst Voitsberg und des südlicheren Lassnitzbaches bei Deutsch»Landsberg sowie im angrenzenden Ostkärnten durch das obere Lavanttal begrenzt. l) Vgl. Bd. VI. 1, pag. 377.

631 A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Oestlicher Flügel der Alpenkette ; ausserhalb des Ge= bietes nicht nachgewiesen. Die Pflanze wächst in der montanen Stufe oft in Gesellschaft von Moehringia diversifolia, Asplénium septentrionale, Oxalis AcetoSella und Circaea alpina. lieber die systematische Stellung der Art herrscht noch viel* ffach Unklarheit. Von zahlreichen Autoren (zuerst 1832 von L. R e i c h e n b a c h ) , u. a. auch von E n gl e r im Pflanzenreich, wird sie als eigene Gattung (Zahlbrucknera Rchb.) abgetrennt. Uns scheint die eingehende ver*

a Fig. 972. S’a x i f r a g a A i z o o n Jacq. X S. C o t y l e d o n L . a Habitus, c Laqbblatt. / Kronblatt. i Kelchzipfel. — S a x i f r a g a A i z o o n Jacq. b Laubblatt, e Kronblatt. h Kelchzipfel. — S a x i f r a g a C o t y l e d o n L . d Laubblatt. g Kronblatt. k Kelchzipfel. — S a x i f r a g a a i z o i d e s L . I Habitus, p Laubblatt. — S a x i f r a g a a i z o i d e s L. X S. m u t a t a L. n Habitus, m Blattrosette, o Laubblatt. — S a x i f r a g a m u t a t a L. q Laubblatt. — S a x i f r a g a A i z o o n Jacq. r, s Keimpflanzen.

gleichend morphologisch»anatomische Studie von S c h w a i g h o f e r (Sitzungsberichte der Akademie der Wissen* schäften Wien. Math.mat. Klasse Bd. CXVII. Abt. I, Januar 1908) die Zugehörigkeit zu Saxifraga und die Un* haltbarkeit der Gattung Zahlbrucknera zur Genüge erwiesen zu haben. Die Pflanze schliesst sich nicht nur eng an diejSektion Cymbaläria (besonders an S. hederäcea und S. Huetiäna Boiss.) der Gattung Saxifraga an, es müssen audVdie früher zur Trennung gegenüber Saxifraga verwendeten Unterscheidungsmerkmale als irrig dahin* allen. Einmal springt die Frucht, nicht wie meist angegeben, mit einem Loch auf, sondern wie bei Saxifraga, mit einem Spalt, sodann gibt es auch bei Saxifraga Arten mit breiter Ansatzstelle der Kronblätter (z. B. S. aphylla, S. mutata). Die systematisch isoliert stehende, habituell etwas an Saxifraga arachnoidea oder Linaria Cym* balaria erinnernde Pflanze ist zweifellos hohen Alters. Sie dürfte ähnlich wie Wulfenia Carinthiaca (Bd. VI,

632 pag. 64) als konservativer Endemismus praeglazialen Ursprungs, als Tertiärrelikt aufzufassen sein. Ihre Stand* orte liegen ausserhalb des im Diluvium vergletscherten Gebietes; sie kann daher sehr wohl an ihren heutigen Standorten die Eiszeit überdauert haben. Verbreitung wahrscheinlich durch Tiere endozoisch. B a s t a r d e sind bei den Saxifragen nicht selten und lassen sich in der Regel schon äusserlich un» schwer als solche erkennen. Besonders leicht bilden sich Mischlinge bei der Sektion Euaizoonia und zwischen Arten dieser und der Sektion Xanthizoon. Wo Saxifraga mutata und S. aizoides Zusammentreffen, kann man fast mit Sicherheit auf den Bastard rechnen. 1. S. b i f l o r a subsp. m a c r o p e t a l a X S. o p p o s i t i f o l i a subsp. a r c t o * a l p i n a ( = S. N ö r i c a Kerner). G larus: Altenorenstock; Graubünden: Segnes, Miruttagrat 2700 m, Flimserstein; Tirol: Muttekopf bei Imst, Schinder und Schwarzhorn in Nordtirol; Kärnten: an der Pasterze. Der Bastard S. macropetala X S. oppositifolia subsp. arcto*alpina var. distans ( = S. K ö c h i i Hornung) oberhalb Lenk. — 2. S. b i f l o r a subsp. e u * b i f l o r a X S. o p p o s i t i f o l i a subsp. a r c t o * a l p i n a ( = S. s p ü r i a Kerner, = S. Huteri Ausserd.). In den Schweizeralpen da und dort, namentlich in Graubünden, in Vor* arlberg, Tirol und Kärnten. S. biflora subsp. eu*biflora X S. oppositifolia var. distans (= S. B e r n a r d e n s i s Vacc.) im Wallis. — 3. S. c a e s i a X S. s q u a r r o s a ( = S. T i r o l i ^ n s i s Kerner). Tirol: Pustertal, Schiern, Fischeleintal in Sexten; Julische Alpen: Raibl, zwischen Jeserith Alp und der Wochein. — 4. S. c a e s i a X S. a i z o i d e s ( = S. a r e t i o i d e s Sternb., = S. pätens Gaud., = S. pallens Fritsch). Südbayern: Eiskapelle amKönigssee, Tegelberg, Isarkies bei Mittenwald. In Tirol an zahlreichen Fundorten. Radstatt in den Niederen Tauern. Schweiz, namentlich in Graubünden: Scarltal, am Ofenpass, Val del Botsch 2500m , Val Cluozza; Bargis ob Flims, zwischen Ausserferrera und der Schmelze. W aadt: Dent d’Andon; Wallis: Montagne de Fully, Oldenborn; B ern : Trümm* letental. — 5. S. s q u a r r o s a X S. a i z o i d e s ( = S. S o t c h 6 n s i s Engler, = S. Forojul6nsis Sündermann). Im Isonzotal oberhalb Sotcha am Weg zur leserithalp, am Raiblersee und im Machardgebiet. — 6. S. c a e s i a X S. mu t a t a ( = S. F o r s t e r i Stein). Nord=Tirol: Zwischen Zirl und Reith und oberhalb der Höttingeralpe. — 6. S. m u t a t a X a i z o i d e s ( = S. H a u s m ä n n i i Kerner [ = S. Girtanndri Brügg.], = S. Regelii Kerner, = S. inclinäta Kerner) .Fig. 972 m bis o. In verschiedenen, den beiden Eltern i näher stehenden Formen nicht selten in der nördlichen Schweiz; Südbayern: Rottenbuch, Lenggries; Tirol. — 7. S. A i z o o n X S. c u n e i * f o l i a ( = S. Z i m m e t e r i Kerner). Tirol: Zwischen Windischmatrei und Lienz etwa halbwegs zwischen den beiden Orten;Zermatt. — 8. S. A i z o o n X S. C o t y l e d o n ( = S . G au diniiB rü gger) Fig.972a,c,fundi. Wallis; Graubünden: Misox, Roffla, Maloja, Sasso della Paglia 2 2 0 0 m ; im Tessin an zahlreichen Lokalitäten; U ri: Meitschlingen im Reusstal, Maderanertal. — 9. S. C o t y l e d o n X S. c u n e i f o l i a ( — S. J a e g g i ä n a Brügger). Graubünden: Ausser Ferrara und in der Rofflaschlucht. — 10. S. A i z o o n X S. c r u s t a t a ( = S. p e c t i n ä t a Schott, Nym. et Kotschy). Flaschberg bei Ober»Drauburg; oberhalb der Valentinalpe bei Mauthen; Wischbachalpe bei R aibl; Canedulscharte. — 11. S. A i z o o n X S. H o s t i i subsp. D o l o m i t i c a ( = S. C h u r c h i l l i i Hüter). Tirol: Tabarettawand bei Trafoi. Graubünden: Vom Münstertal nach dem Wormserjoch (?). — 12. S. H o s t i i subsp. D o l o m i t i c a X S. c r u s t a t a ( = S. E n g l £ r i Hüter). Karawanken und Karnische Alpen: Valentinalpe bei Mauthen, Bärlahner am Wischberg; Krain: zwischen der Jeserithalpe oberhalb Sotcha und Trenta, Plöckenpass. — 13. S. s e d o i d e s x S . t e n e l l a ( = S. R e y n e r i Hüter). Krain: Wischberg bei Raibl, Manhartsattel. — 14. S. a n d r o s a c e a X S. S e g u i e r i i ( — S. P a d d l l a e Brügger). Graubünden: Bernina, Puschlav, Avers mehrfach [z. B. im Thäli ob Cresta], Rheinwald, Vals, Piz Tomül 2780 m, Thälihorn 2830 m usw. Tessin: Val Corno, Naret, Forca di Bosco, Valdöschpass. — 15. S. a n d r o s a c e a X S. d e p r e s s a (— S. V i e r * h a p p ö r i HandehMazzetti) im Padonzug (Südtirol). — 16. S. d e c i p i e n s X S. g r a n u l a t a ( = S. H a u s s * k n e c h t i i Engl, etlrm., = S. granulatoides Engl, etlrm., = S . decipientoides Engl, et Irm.) im Harz bei Treseburg.— 17. S. e x a r a t a X S. m u s c o i d e s ( = S. We t t s t e i n i i Brügger) im Wallis. 18. S. e x a r a t a subsp. a l p i n a X S. m o s c h a t a subsp. l i n i f o l i a ( = S. i m p e r f e c t a Br.*Bl. nov. hybr.). Zwischen den Stammarten die Mitte haltend. Pflanze reichlich klebrigodrüsig. Grundblätter meist dreispaltig, einzelne sterile Blatt* büschel mit linealen, ungeteilten Laub* blättern vorhanden, daneben aber Fig. 973. S a x i f r a g a u m b r o s a L. X S. A i z o o n Jacq. Blattrosetten: a von S. auch 1* bis wenige, 4» bis undeutlich umbrosa, c von S. Aizoon, b vom Bastard, ci Blattspitze von S. Aizoon. 5spaltige Laubblätter. Nervatur am Grund deutlich, gegen die Blattspitze zu verschwindend. Stengelblätter meist 3*spaltig. Blütenstand 1* bis 3»blütig. Kronblätter kümmerlich entwickelt, gelblichweiss, ± so lang als die Kelchzipfel. So an der Pizza Naira 2870 m (Graubünden), auf Kalkfelsen und Bandfluh ob Pürt im Avers (Br.»BL). — 19. S. d e c i p i e n s subsp. q u i n q u e f i d a

144

633 Tafel 144.

Erklärung der Figuren. Fig.

1.

C h ry s o s p len iu m

(p a g . 634).

a lte rn ifo liu m

H ab itu s. „

1 a. B lü t e .

Fig.

1 b. F r u c h tk n o te n .



4 b.L ä n g s s c h n i t t



4c.S am en .

d u rc h die F r u c h t .



2.

C h ry s o s p le n iu m

,,

3.

R ib e s



3 a. F r u c h t.



3 b. S t a u b b e u t e l.

Fig . 3 c. S a m e n .



6a.B lü te.



4.

( p a g . 653).



6 b. L ä n g s s c h n i t t d u r c h die B lü te .

R ib e s

o p p o s i t i f o l i u m (p a g . 633).

F ig . 4 a. F r u c h ts ta n d .

G ro s s u la ria

n ig ru m

(p a g . 645).

H ab itu s.

H ab itu s.



5.



5 a. F r u c h t s t a n d .



6.

R ib e s

R ib e s

ru b ru m

a lp in u m

( p a g . 648). H a b i t u s . F i g . 5 b.

B lüte.

(p a g . 651). H a b itu s .

var. S p o n h e m í c a X S. g r a n u l a t a ( = S. F r e í b é r g í í Ruppert) im Mittelrheinischen Bergland oberhalb Oberstein. Die Zahl der künstlich in Gärten erzeugten oder selbständig entstandenen Bastarde ist eine sehr bedeutende. Hierher auch S. umbrosa X S. Aizoon (Fig. 973). Insbesonders hat S ü n d e r m a n n in Lindau eine Menge schönblühender Hybriden gezüchtet und diese in der Allgemeinen Botan. Zeitschrift 1906 und 1915 beschrieben.

CCCLVI.

Chrysosplénium1)

L.

M ilzkraut.

Franzos.:

Do rine, c r e s s o n

doré, saxi frage d o r é e ; e n g l. : C h r y s o s p l e n e , gol den saxifrage. Niedrige, oft rasenbildende, 1 * bis mehrjährige Kräuter mit wechselständigen (Sektion Altemífólia Franchet) oder gegenständigen (Sektion Oppositifólia Franchet) Laubblättem, in der äusseren Tracht verschiedenen Euphorbia* Arten gleichend. Blattstiele mit nur einem Leitbündel. Blüten in dicht gehäuftem, trugdoldigem Blütenstand, von gelblichen Hochblättern eingefasst, eine Scheinblüte darstellend. Kelchblätter 4 (selten 5), mit dem Fruchtknoten verwachsen. Kronblätter fehlend (Taf. 144, Fig. 1 a). Staubblätter in 2 Kreisen, 8 (selten 10 oder durch Verkümmerung 4). Griffel 2 (Taf. 144, Fig. 1 b). Fruchtkapsel 1 «fächerig. Samenanlagen zahl* reich an wandständigen Plazenten. Samen länglich, glatt, bestachelt oder behaart. Die Gattung umfasst etwa 40 Arten, die in Europa (südlich bis Calabrien : Ch. m a c r o c ä r p u m Cham.), im extratropischen Asien, in der Arktis, in Nordamerika sowie im südlichen Chile und Patagonien vorkommen. — Die Blüten sind proterogyne Honigblumen, die hauptsächlich von kleinen Dipteren besucht werden. Der innere Staminalkreis, die 4 vo r den Perigonzipfeln stehenden Staubblätter verstäuben zuerst, später folgt der äussere, mit den Perigonzipfeln alternierende Kreis. Die vielsamige, grüne Kapsel bleibt auch nach der Samenentlassung grün. Bei der Reife streckt sich der obere Teil des Fruchtknotens beträchtlich, die W ände der Kapsel schlagen sich nach aussen um und bilden eine becherförmige Vertiefung, worin die Samen liegen. Diese werden durch Tropf» und Regenwasser aus der Kapsel herausgewaschen. Die Keimkraft der Samen ist unter normalen Verhältnissen sehr gut, doch nur so lange die Temperatur relativ niedrig bleibt. Bei höheren Temperaturen, schon bei 26°, ist die Keimfähigkeit stark verringert und die wenigen Keimpflänzchen zeigen ein kümmerliches Aussehen. Werden die Samen wieder unter tiefere W ärm egrade verbracht, so keimen sie sofort. W ie bei Parnassia so enthalten auch die Laubblätter von Chrysosplenium reichlich Gerbstoff. Auch das stärkereiche Rhizom besitzt Gerbstoffzellen. An den jungen Blättern und in den sich entwickelnden Blüten sind Drüsen vorhanden, die wahrscheinlich die jungen Organe vor der Gefahr des Vertrocknens schützen. Sie enthalten eine Flüssigkeit, die auf Myriophyllin reagiert (vgl. E i c h i n g e r , Alfons. Vergleichende Entwicklungsgeschichte von A doxa und Chrysosplenium. Mitteilungen der Bayer. Botan. Gesellschaft 1907). ....................... Ch. a l t e r n i f o l i u m nr. 1454. 1. Stengel 3-kantig. Stengelblätter wechselständig. Ch. o p p o s i t i f o l i u m nr. 1455. 1*. Stengel 4-kantig. Stengelblätter gegenständig..................................

1453. Chrysospleníum opposítífólíum L. S c h w e f e l * M i l z k r a u t .

Taf. 144, Fig. 2 .

Ausdauernd, oft grosse, sterile Rasenpolster bildend, 5 bis 15 cm hoch. Stengel vierkantig, schwach, kriechend und einwurzelnd, unten meist behaart, oberwärts kahl. Laubblätter rund* *) V on griech. xqvgoç [chrysós] = Gold und anXry [spien] = Milz; wegen der gelben Blüte und der Verwendung des Kräutchens gegen Milzkrankheiten. Zuerst anscheinend bei T a b e r n a e m o n t a n u s .

634 lieh, locker behaart oder verkahlend, schwach buchtig*gekerbt; die stengelständigen gegen* ständig, kurz gestielt, am Grunde gestutzt oder etwas keilförmig, die grundständigen rosettig angeordnet. Blüten kleiner als bei der folgenden Art. Samen rundlich eiförmig, schwarz* glänzend, sehr fein papillös, 0,5 mm lang. — V bis VII. An schattigen Wassergräben, Waldbächen und Quellfluren, oft grössere, fast reine Herden bildend. Eine subatlantische Art, die allmählich seltener werdend östlich bis Böhmen und Mähren vordringt, aber schon im nordöstlichen Deutschland fehlt. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Atlantisches und subatlantisches Europa: Spanien, Portugal, Frankreich (fehlt jedoch in der Mediterranregion und im Südosten, in den Ostpyrenäen bis 1870 m, in den Sevennen bis gegen 1600 m ansteigend), für Norditalien äusserst fraglich, Belgien, Holland, Grossbritannien, Dänemark, Küstengebiet von Südwestnorwegen: Bergen, Aalesund, Surendalen zirka 63° nördl. Breite. Wie Sedum Forsterianum, Polygala calcareum und P. serpyllaceum, Hypericum helodes, Centaurea nigra und andere „subatlantische“ Arten ist auch Ch. oppositifolium nur in den westlichen Gebietsteilen verbreiteter, ob» schon nirgends eigentlich häufig und fast überall seltener als Ch. alternifolium. In der Rheinprovinz und in Eisass» Lothringen wird sie von zahlreichen Standorten angegeben; so wächst sie u. a. in grösster Menge in den feuchten Schluchten und an bewässerten Felsen bei Bertrich. Auch im Schwarzwald und im ganzen herzynischen Bergland ist sie oberhalb 250 m verbreitet, fehlt dagegen im trockenen herzynischen Hügelland, kommt auch im Kalkgebiet der Schwäbischen Alb nur bei Zwiefalten vor. In Norddeutschland ist sie häufig in Schleswig=Holstein, selten in Mecklen» bürg, um Magdeburg, in Brandenburg (Sorau, Pforten), in Schlesien (Grüneberg) und Pommern und fehlt schon voll» ständig in Ost« und Westpreussen sowie in Posen. Dem mitteldeutschen Bergland mit ozeanischem Klimaanstrich folgt sie weiter östlich bis ins Riesen» und Jsergebirge (steigt aber nur ausnahmsweise in die niederschlesische Ebene herab), in den Böhmerwald, in das Franzensbader M oor, ins Brdygebirge in Mittelböhmen (600 bis 700 m) und bis Mähren, wo sie ihre absolute Ostgrenze erreicht. Das völlig isolierte Vorkommen der A rt in Steiermark bedarf der Bestätigung, ist jedoch nicht unmöglich, wenn man bedenkt, dass im Diluvium ein starker Vorstoss des atlantischen Florenelementes gegen Osten, südlich der Alpen, stattgefunden haben muss. H a y e k (Flora von Steiermark, pag. 722) erwähnt Ch. oppositifolium vom Bachergebirge bei St. Lorenzen und St. Heinrich (Murmann) sowie bei Ankenstein (Verbniak!). Das Ausrufzeichen bedeutet, dass er selbst Exemplare eingesehen hat. Da» gegen haben weder Prof. Dr. F r i t s c h noch Dr. Rudolf S c h a r f e t t e r steirische Belege gesehen; solche fehlen auch im Herbar der Universität G raz (Scharfetter briefl.). Die disjunkten südsteierischen Standorte stehen n keinerlei Verbindung weder zu den böhmisdi=mährisdien noch zu den nächstliegenden Schweizer Standorten. Die A rt fehlt sonst nicht nur ganz Deutschösterreich sondern auch den Bayerischen und Rätischen Alpen. Auf der Bayerischen Hochebene wird sie für Ergoldsbach und Andermannsdorf bei Rottenburg sowie von Lindau (Streitelsfingertobel) angegeben. In der Schweiz finden- wir sie bloss in den nordwestlichen und mittleren Teilen, dem Jura und dem Alpenvorland, Gebieten mit subozeanischem Lokalklima. B asel: bei Neunbrunnen, bei Grellingen, Binningen; Schaffhausen: Steinatal unterhalb R osbach; A a rg a u : um Zofingen mehrfach, Niederwyl, Bremgarten, Hinter»Wyl, bei Glashütten u. a . ; Solothurn: Gretzenbach; B e rn : Laufenbad, Krauchtal, bei Burg» dorf, bei Sigriswyl im Berner Oberland, Thun; Luzern: Brandtstobel; Zug: Walchwyler Allmend, Nordostseite des Zugerbergs oberhalb Neuägeri 900 m mit V erónica montana (östlichster Standort in den Alpen 1) Chrysosplenium oppositifolium ist etwas mehr feuchtigkeitsfordernd als Ch. alternifolium. Die Pflanze wächst ausschliesslich an wenigstens zeitweise überrieselten Stellen auf kalkarmer Unterlage. Zur besten Entwicklung und weitesten Verbreitung gelangt sie in den kristallinen Mittelgebirgen W esteuropas, wo sie namentlich gerne in Gesellschaft von Stellaría uliginosa, Cardamine amara, Montia rivularis, Epilobium palustre, Viola palustris, V erónica Beccabunga (Assoziation von Montia rivularis) an Quellbächlein wächst und oft grosse, ± flutende Rasen bildet. — Die vegetative Vermehrung durch Kriechsprosse ist sehr üppig. Die Ausläufer tragen weit auseinanderliegende Niederblätter und endigen in Blattrosetten, die sich bewurzeln. Das Kraut kommt in Frankreich als Salat auf den Tisch. V on parasitären Pilzen sind zu erwähnen: P u c c i n i a C h r y s o s p l é n í í G rev. und der Brandpilz E n t y l ó m a C h r y s o s p l é n í í (Berk, et Broome) Schroet., der auf den Laubblättern kleine, kreisrunde Flecken von schwachgelber Färbung bildet. — Im Hortus Eystettensis (1615) wird die A rt als Hepática palústrís (Wasserleberkraut) aufgeführt.

1454.

Chrysosplenium alternifolium

L. G o l d * M i l z k r a u t . und Fig 932 h.

Taf. 144, Fig. 1 ; Fig. 974

Die meisten Volksnamen dieser Pflanze beziehen sich auf deren feuchten Standort an Quellen, Bächen usw., den Aufenthaltsort der Kröten und Frösche (vgl. dazu M a r z e l l , H. Die Tiere in deutschen Pflanzen»

635 namen. Heidelberg 1913, pag. 169): K r o t ’ n k r a u t (bayrisdnösterreichisch), C h r o t t a b l ü e m l i (St. Gallen), F r ö s c h ä c h r u t (Churfirstengebiet); F r o s c h a c h a [Froschaugen] (Glatz); F r o s c h g ö s c h l e i n (Riesen® gebirge); C h r o t t a » , F r ö s c h a m ü l i (St. Gallen); M o k e s a u e r a m p e l [ = Krötensauerampfer] (Luxemburg). Zur Heilung von Hautausschlägen usw. (bayrisch»östereichisch Zit(e)rach(e), Bletz’n) und Krätze dient die Pflanze im Volke, daher Z i t t r i c h k r a u t (Tirol), H o a l p l e t z l (Salzburg), K r ä t z e n k r a u t , » b l e a m i (bayrisch»österreichisch). In Steiermark verwendet man die Pflanze gegen eine Viehkrankheit, den gelben Schelm (brandiger Rotlauf, vgl. Helleborus niger Bd. III, pag. 466), daher dort S c h e l m k r a u t , u v u r z genannt.

Wurzelstock lange, dünne, beschuppte Ausläufer treibend. Wuchs lockerrasig. Stengel dreikantig, 5 bis 20 cm hoch, oben mehrfach gabeligürugdoldig. Laubblätter langgestielt, herz* nierenförmig, grob gekerbhgelappt, mit breit abgestutzten Lappen, von einfachen, anliegenden Haaren locker bekleidet oder fast kahl, glänzend; die grund* ständigen + rosettig angeordnet. Stern gelblätter 2 bis 3, wechselständig, am Grunde gestutzt; die oberen keilig ver* schmälert. Blüten klein, gelblich oder grünlich, von zahlreichen, gelblichen Hochblättern umgeben. Staubblätter 2, 4 oder 8. Kapsel schon vor der völligen Fruchtreife offen, becherförmig, vom bleibenden Kelch eingeschlossen. Samen glatt, schwarzglänzend, eiförmig, vorne gestutzt, 0,6 mm lang. — IV bis VI. Fig.974. C h r y s o s p l e n i u m a l t e r n i f o l i u m L. Phot. O. F e u c h t , Verbreitet und meist häufig in Forstamtmann in Crailsheim (Württemberg). schattigen, feuchten Bergwäldern, in Flussauen, an Bächen, Waldsümpfen, auch an feuchten Mauern, in schattigen Obstgärten, unter Gebüsch. In steinigen, humosen Vertiefungen, wo der Schnee lange liegen bleibt, beträchtlich über die Waldgrenze ansteigend; andererseits auch tief herabreichend, so z. B. in den Donauauen bei Wien, in den südalpinen Tälern: Etschtal bei Bozen 270 m, Misox bei Leggia 330 m, Tessin­ tal bei Locarno 220 m. In Mittel- und Norddeutschland auch im Flachland. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Ganz Europa, ausgenommen die Südspitzen (Portugal, Balearen, Sizilien, Korsika, Griechenland), für Spanien zweifelhaft (Katalonien?); reicht nördlich bis Lappland (var. teträndrum). Ferner im Kaukasus, im arktischen und temperierten Asien bis zum Himalaja, auf Spitzbergen, Nowaja Semlja, den St. Lawrence und Pribilof Inseln, auf Unalaschka, im Arktisch-amerikanischen Archipel bis 76ü 28' nördl. Breite, im arktischen und subarktischen Nordamerika von Alaska bis Britisch Kolumbia. In den Rocky Mountains bis Colorado. Für Grönland fraglich. Die Angaben aus dem hohen Norden beziehen sich durch* wegs auf die var. teträndrum. Zerfällt in zwei geographisch geschiedene, aber durch Uebergänge miteinander verbundene Varietäten, 1 wovon im Gebiete bloss die eine, var. o c t ä n d r u m Br.»Bl. nov. var., vorkommt. Sie zeidmet sich aus durch kräftigeren Wuchs, lockere, nicht polsterartige Rasen, längere Ausläufer und durdr die Zahl der Staubblätter (8). In der Mediterranregion und im südwestlichen Europa ist die Pflanze ein ausgesprochener Gebirgs® bewohner und meist seltener als Chrysosplenium oppositifolium (fehlt z. B. den Südsevennen). In den Alpen» ländern trifft dagegen das Umgekehrte zu; Ch. alternifolium ist hier im Gegensatz zu Ch. oppositifolium ver» breitet und häufig und geht bis an den Fuss der Berge und in die Ebene. In Bayern steigt sie bis 1850 m, in der Schweiz in Graubünden bis 2450 m am Piz Beverin (im Wallis nur bis 1800 m angegeben), in Tirol bis 2100 m (Lizum im Wattental), in Steiermark bis 2000 m. In den Alpen ist Ch. alternifolium eine verbreitete Begleitpflanze der Ainus viridis»Buschwälder, deren lichtscheue Bodendecke sie im Verein mit einigen Lebermoosen, mit Dryopteris Linnaeana, Cystopteris fragilis, Poa nemoralis, Paris quadrifolius, Stellaria nemorum, Ranunculus nemorosus, Saxifraga rotundifolia,

636 Viola biflora, Oxalis Äcetosella, Veronica Chamaedrys, Ädoxa Moschatellina, Homogyne alpina usw. bilden hilft. Die var. octandrum reicht nördlich bis ins nördliche Schweden (Lappland). Die Pflanze des Nordens, var. t et rän» d r u m Lund ( = Ch. tetrandrum Fries) unterscheidet sich von der mitteleuropäischen Form hauptsächlich durch das Vorhandensein von 2 bis 4 (statt 8) Staubblättern, ferner durch die reiche Stolonenbildung, durch den schmächtigeren Wuchs usw. Sie ist mit letzterer durch eine gleitende Reihe von Liebergangsformen verbunden (vgl. S i mmo n s Vase. PL of. Ellesmereland. 1906, pag. 59/60). W a r m i n g (Arkt. Vaext. Biol. pag. 4) erklärt die StaubblatPReduktion direkt aus der Notwendigkeit der Selbstbestäubung. Die var. tetrandrum wäre eine geschlechtlich degenerierte, an die arktischen Lebensverhältnisse besser angepasste, wohl postglazial entstandene bezw. im Entstehen begriffene Rasse. Die Blüte ist homogam und wird von Fliegen besucht. Doch ist auch Selbstbestäubung möglich. E k s t a m fand auf Nowaja Semlja sowohl proterogyne als proterandrischhomogame Blüten. Während die var. octandrum reichlich Honig absondert, ist das Nektarium der nordischen var. tetrandrum verkümmert und wohl stets honiglos. Vegetative Vermehrung findet durch die sich bewurzelnden Ausläufer statt. Auf Chryso* splenium alternifolium leben parasitisch: P e r o n ö s p o r a C h r y s o s p l d n i i Fuckel, E n t y l ö m a C h r y s o * s p 1&n i i (Berk, et Broome) Schroet. und P u c c i n i a C h r y s o s p l e n i i Grev. Im Hortus Eystettensis (1613) wird die Art als Saxifraga aürea (Güldener Steinbrech), im Jndex Thalianus (1577) als Saxifraga aurea Dodonaei erwähnt. Wie Ch. oppositifolium war die Pflanze, die schwach nach Kresse riecht, ehedem als H e r b a C h r y s o » s p l e n i i vel N a s t ü r t i i pet r aei vel H e p ä t i c a e a ü r e a e "gegen Milzkrankheiten im Gebrauch. — Von Abweichungen werden erwähnt: Gelegentliches [Auftreten von Kronblättern, 5= und 6*zählige Blüten, 3sgliedriger Fruchtknoten, Unterdrückung eines Staubblattkreises, gegabelte Staubblätter. Angeblich soll auch ein Bastard Chrysosplenium alternifolium L. X Ch. o p p o s i t i f o l i u m L. Vorkommen.

C C C L V I I . Parnässia1). H e r z b l a t t . Mehrjährige, meist niedrige Kräuter mit zahlreichen Basalblättern und wenigen Stengelblättern. Blüten 5*zählig (Fig. 9771), an* scheinend radiär, doch etwas zygomorph (das erste Kelchblatt ist das grösste!). Kelch und Krone vorhanden. Staubblätter 5,abwechselnd mit 5 einfachen oder meist gefransten Stami* nodien (Taf. 143, Fig. 7 a). Antheren nach innen sich öffnend (intrors). Fruchtknoten ober* oder halbunterständig; Griffel sehr kurz oder fehlend; Narben 3 bis 4. Frucht* kapsel l*fächerig, vielsamig. Ovula von einem sehr dünnen Nährgewebe umgeben oder letzteres fehlend.

Fig. 975. P a r n a s s i a p a l u s t r i s L.

Phot, f W. H e lle r, Zürich.

') Zuerst bei d e L o b e i D i o s k o r i d e s (Mat. med. IV, 31) ägrostis]), das man — jedenfalls mit nach H e l d r e i c h auf dem Parnass

Die Gattung zählt 19, durch die gemässigte und kalte Zone der nördlichen Hemisphaere ver* breitete Arten. Nur wenige Arten reichen süd* wärts bis in die Subtropen (Afghanistan, Ostindien, Südstaaten der Union). In Europa nur unsere Art. Nächstverwandt sind P. p a r v i f l ö r a DC. aus den Rocky Mountains und P. K o t z e b u U Cha» misso aus dem arktisdien Nordamerika. Parnassia ist oft zu den Droseraceen ge* stellt worden, welchen sie sich durch den kurzen Sdiaft mit grundständiger Blattrosette, durch die

als Gramen Parnassi, bei T a b e r n a e m o n t a n u s als Parnassia aufgeführt. nennt ein „Gras vom Parnass“ {r ¿u Ua^yaaiTco aygeoaug [he en Parnassö Unrecht — auf unsere Pflanze deutet. Uebrigens kommt Parnassia palustris vor.

637 . hellglänzenden Drüsen der Staminodien, die an die Tentakeln von Drosera erinnern, durch ihr Vorkommen und ihre Blütezeit nähert. Diese Vereinigung hält aber einer näheren vergleichenden Untersuchung nicht stand, wie D r u d e , E i c h i n g e r , W e t t s t e i n u. a. nachgewiesen haben. Nicht nur ist der Befruchtungsvorgang hei den Droseraceen ein anderer, es sind auch noch eine Reihe weiterer tiefgehender Unterschiede vor» handen, die für eine Trennung sprechen: Im Gegensatz zu den Droseraceen sind bei Parnassia die Kotyledonen nicht zu einem Saugapparat umgestaltet (Fig. 932 i). Die Blattnervatur ist verschieden. Parnassia hat typischen Blatt» hau, die Droseraceen dagegen besitzen kein typisches Assimilationsgewebe und oft Chlorophyll in der Epidermis. Staminodien sind allen Arten von Parnassia eigen, den Droseraceen fehlen sie. Parnassia hat einfache Pollen» körner, alle Droseraceen besitzen Pollentetraden (Fig. 891 p). Die Droseraceen entwickeln einen kleinen, rundlichen, unvollständigen Embryo mit reichlichem Endosperm, während bei Parnassia ein gut ausgebildeter Embryo den fast endospermlosen Samen erfüllt (vgl. E i c h i n g e r , Alfons. Beihefte zum Botan. Centralblatt. Bd. XXIII [1908] II, 298). Für die Einreihung der Gattung unter die Saxifragaceen spricht das reichliche Vorkommen von Gerb» stoffidioblasten in der Epidermis aller Parnassia»Arten (auch bei Chrysosplenium, Lepuropetalon, Saxifraga Sekt. Cymbalaria kommen solche vor) und übereinstimmende Bestäubungsverhältnisse. Auch mit den Hypericaceen wurde Parnassia schon vereinigt, während H a l l i e r die Gattung als eigene Familie auffasst und in den Ver» wandtschaftskreis der Sarraceniaceen stellt. Nach den Untersuchungen von W e t t s t e i n ist nicht. jede einzelne Stieldrüse des Staminodiums — wie D r u d e annimmt — als ein durch „Chorise“ entstandenes Staubblatt auf» zufassen, sondern das ganze Staminodium stellt ein ungeteiltes Staubblatt dar und zwar entspricht der mittlere Strahl dem Staubfaden, die Gesamtzahl der Drüsenstrahlen einer Seite einem Antherenfache (Fig. 977 a und b).

1455» Parnassia palustris L. S t u d e n t e n r ö s c h e n , Sumpfherzblatt. Franz.: Parnassie des • marais, gazom ou foimdu=Parnasse, hépatique blanche, hépatique noble ; engl. : Grass of Parnassus, white buttercups; ital. : Parnassia, gramigna di Parnasso, grasson. Taf. 143, Fig. 7 ; Fig. 975, 976, 977 und 932 i. Der Name H e r z b l a t t , der sich auf die Gestalt der Blätter bezieht, ist nur wenig volkstümlich. Mehr ist dies der Fall bei der Bezeichnung S t u d e n t e r ös 1i (bes. im Alemannischen). Sie bezieht sich auf die Blütezeit der Pflanze anfangs September, wo die Studenten wieder die Schulen beziehen. Auf Form und Farbe der Blüten bezw. der Blätter gehen noch S t e r n l i , S t e r n a b l ü e m l i (St. Gallen), W e i s s i S c h m a l z » b l u m a (Niederösterreich), O a b l a t t [Einblatt] (Schwäbische Alb). Nadi dem Standorte auf feuchten Wiesen heisst das Herzblatt in Schleswig I h l e n b l o m ( = Egelblume). Im Riesengebirge verwendet man das St e c h» b l ü ml e i n gegen Seitenstechen. Die Bezeichnung T e u f e l s ü b e r s t r i c h (Nordböhmen) rührt wohl daher, weil die von unserer Pflanze bestandenen feuchten Wiesen nur geringwertiges Futter liefern.

Mehrjährig, mit dicker, schiefer Grundachse. Grundblätter zahlreich, rosettig, lang* gestielt, tief herzeiförmig, ganzrandig, dunkel punktiert, wie die ganze Pflanze kahl. Blütenstiel grundständig, steif aufrecht, kantig, 3 bis 45 cm hoch, im unteren Drittel mit einem laubblattähnlichen, umfassenden Vorblatt. Blüten einzeln, endständig, 1 bis 3 cm breit. Kelchblätter eiförmig, stumpflich, verschieden gross. Kronblätter porzellam weiss, sehr selten rötlich, 2 bis 3 mal so lang als die Kelchblätter, rundlidneiförmig, mehrnervig, vorne schwach ausgerandet. Staminodien auffällig, spatelig, langdrüsig gefranst, mit gelblichen Drüsenköpfchen (Taf. 143, Fig. 7 a und b). Kapsel an der Spitze 4*klappig aufspringend, mit 4 sitzenden Narben. Samen länglich, flach, etwas gekrümmt, feinhöckerig* furchig, von einem breiten Flügelrand umgeben. Fig. 976. P a r n a s s i a p a l u s t r i s L., im Flachmoor (mit Gentiana Wettsteinii Murbeck). Phot. Dr. G. He g i , München. — VII bis IX. Verbreitet und häufig auf Sumpfwiesen, Flachmooren der Ebene und Vorberge, auf feuchtem und trockenem Rasen, ab und zu selbst auf Felsschutt in der alpinen Stufe. Durch das He g i , Flora.

IV. 2.

638 ganze Gebiet verbreitet 5 steigt in der Schweiz bis 2700 m (im Beminaheutal), in Oberbayem bis 2320 m, in Tirol bis 2530 m hinauf. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Gemässigte und kalte Zone der nördlichen Halbkugelj südlich bis Marokko, nördlich bis Lappland und Ostfinnmarken. Im eigentlichen Mediterran* gebiet und in Westasien nur auf den Gebirgen (für Portugal nicht mit Sicherheit nachgewiesen). Wenig veränderlich. Im Gebiet kommen folgende Formen vors f. t y p i c a Br.=Bl. f. nov. Wuchs kräftig. Blüten bis 3 cm breit. Kelch* und Kronblätter deutlich nervig-, letztere 2= bis 3»mal so lang als die Kelchblätter (Die gewöhnliche Form der Ebene). — f. g r ä c i l i s Br.»Bl. f. nov. Stengel dünn, zierlich, 12 bis 30 cyn hoch. Grundblätter klein, kaum 1 cm breit. Kelchblätter schwach undundeutlich nervig, schmal. Blüten klein, 12 bis 20 (meist 15) mm breit (Auf Torfwiesen im Wollmatinger Ried bei Konstanz und wohl noch anderwärts). — f. a l pi n a (Drude pro var.) Br.*Bl. ( = var. pygmeea Bolzon an var. t£nuis Wahlenb. ?). Niedrige, 3 bis 10 cm hohe, klein* blütige Alpenform. Blüten 10 bis 15 mm breit. Blätter kaum 10 mm breit (Durch Uebergänge mit der f. typica verbunden). — f. c a ly c i n a (Rouy et Camus pro var.) Br.»Bl. Kelchzipfel oblongdanzettlich, spitzlich, länger als die Kronblätter. Im Gebiete noch nicht festgestellt, dürfte aber auch Vorkommen (Frankreich). — In Bezug auf den Wuchsort zeigt die Pflanze grosse Verschiedenheit. In tieferen Lagen liebt sie feuchte Wiesen und Flach* moore (Fig. 975 und 976). Im Moliniaried wächst sie in Gesellschaft von Deschampsia caespitosa, Carex Goodenovii, C. pallescens, C. panicea und C. lepidocarpa, Orchis incarnatus, Spiraea Ulmaria, Potentilla erecta, Lythrum Salicaria, Lysimachia vulgaris, Stachys officinalis, Succisa pratensis, Galium palustre usw. Im Hochgebirge da* gegen geht sie oft auf trockene Grashänge (Sesleria caerulea=Assoziation usw.) und selbst auf locker beraste Schutthänge über. Die Laubblätter zeigen bei den Pflanzen der Ebene meist einen dorsiventralen Blattbau, während jene der alpinen Stufe zum isolateralen SchwammparenchymsTypus zu stellen sind. Die Spaltöffnungen finden sich aus* schliesslich auf der Blattunterseite und sind nicht sehr zahlreich, etwa 50 bis 100 je nach Standort und Lage. Nach L o h r beträgt die mittlere Blattdicke etwa 290 /d, wovon reichlich 78 °/o auf das Palisaden» und Schwammparenchym, 10°/o auf die ober» und 8 °/o auf die unterseitige Epidermis und 4 °/o auf die beiderseitig ungefähr gleichstarke Kutikula entfallen. Die auffälligen, aus* gesprochen proterandrischen Blüten werden namentlich von Fliegen, seltener von Hymenopteren, Käfern und Faltern beflogen. Die kräftig gebauten An* theren und Narben dienen als Anflugstelle. Die als Gittervorrichtungen ausgebildeten Staminodien erschweren den Zutritt der Besucher zum Blüten* grund und sichern dadurch die Bestäubung. Als pflanzliche Parasiten finden sich auf Parnassia S y n c h y t r i u m a ü r e u m Schrot. (Chytidineae) und die heteroezische Uredinee P u c c i n i a u l i g i n ö s a juel, deren Uredo* undTeleutosporen auf Carex»Arten erscheinen. Die zahlreichen Besucher werden durch die vielen dunklen Köpf* dien der Staminodienfransen, die sich auf dem weissen Grund der Krön* blätter schon aus der Entfernung deutlich abheben, angelockt. Statt der ge* hofften reichen Ausbeute finden diese aber nur eine bescheidene Menge offenen Honigs; die Fransenköpfchen selbst sind völlig trocken. Die gesicherte Fremdbestäubung macht eine spontane Selbstbestäubung überflüssig; die Fähig* keit hiezu scheint verloren gegangen zu sein. Zur Zeit des Oeffnens der proter* andrischen Blüten (nach R. S t ä g e r sind diese im schattigen Zimmer homo* gam) sind die Staubblätter noch mit ganz kurzen Filamenten versehen, welche dem Fruchtknoten anliegen. Die Staubfäden strecken sich dann und zwar in einer ganz bestimmten Reihenfolge, worauf bereits Alexander Fig. 977. P a r n a s s i a p a l u s t r i s L. von H u m b o l d t hingewiesen hat, nämlich so, dass die Streckung bei dem a und b Formen normaler Nektarien. c Normales Staubblatt, d bis i Umgebildete vor dem ersten (grössten!) Kelchblatt stehenden Staubblatt beginnt. Hernach Blüte, /, m einer Blüte mit Angabe der folgt das seitlich von ihm im Abstand von 7® stehende als zweites und V erstäubungsf olge. P h i l a d e l p h u s zwar kann es entweder das rechts oder das links vom ersten stehende sein p a 11 i d u s Hayek, n Diagramm (Fig. I, nt (Fig. 977 1, m). Die so gestreckten Staubblätter biegen ihre extrors werdenden nach G o e b e l , die übrigen nach W e t t ­ Antheren dicht über die Spitze des Fruchtknotens, an welchem die Narben st ei n) . noch nicht ausgebildet sind und bewegen sich später nach aussen. Nach G o e b e l (Entfaltungsbewegungen, pag. 311) wird diese eigenartige Verstäubungsfolge offenbar durch die Ge* samtsymmetrie der Blüte — es ist hier die radiäre bezw. die spirotrophe und die dorsiventrale Symmetrieform

639 in der gleichen Blüte vereinigt — bedingt. — Blütenabnormitäten sind wiederholt von W e t t s t e i n (Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft [1900]), W y d l e r , R ö p e r , B e n n e t , C e l a k o v s k y , B u c h e n a u und durch V i l h e l m (Oesterr. Botan. Zeitschrift Bd. 51, 1901) beschrieben worden und zwar 4* oder 6*zählige Blüten, solche mit 6 Kelch* und 6 Staubblättern und mit 6, 5 oder 1 Staminodien, mit 6 oder 5 oder ganz fehlenden Staubblättern, mit 5, 3 oder 2 Karpellen, ferner „gefüllte“ (mit zahlreichen Kronblättern) und kleisto* game Blüten, solche mit am Grunde verlängerten, gelappten oder fiederförmig*eingeschmttenen Kronblättern, mit i petaloid ausgebildeten Kelchblättern, Umbildung eines Staminodiums in ein Karpell oder in ein blatt* artiges, an der Spitze eine Drüse tragendes Organ. W e 11 s t e i n hat allmähliche Uebergänge (Fig. 977 c bis i) vom fruchtbaren Staubblatt zu Nektarien verfolgt (Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft. Bd. VIII, 1890). Die Samen zeigen ein Gewicht von 0,00003 g. — Die Pflanze war früher als H é r b a et F l ö r e s H e p ä t i c a e ä l b a e seu P a r n a s s i a e offizineil und galt als vorzügliches Mittel gegen Herzklopfen; ebenso wird sie bei Augenkrankheiten angewendet und neuerdings als Mittel gegen Epilepsie aus Russland eingeführt (Dr. H e g i).

CCC LVI I I.

Philadélphus . 0

der, f a l s c h e r J asmin.

F a ls c h e r Pfeifenstrauch.

Spanischer Hol­

F r a n z. : Phi lade lphe , s er i n g a odorant, s e ri n ga d e s jardins,

s er i n g a magnifique, jasmin b â t a r d ; engl. : White syringa, m o c k

orange;

ital. :

F i or d’angiolo, g e l s o m i n o d e ’ frati. Mittelgrosse Sträucher mit rutenförmigen Zweigen, ungeteilten, eiförmigen, gegen* ständigen Laubblättern, traubigen Blütenständen und weissen Blüten. Kelchzipfel und Krön* blätter 4 (bis 5); erstere in der Knospenlage klappig, letztere in der Knospenlage zusammen* gerollt. Staubblätter 20 bis 40 (Fig. 977 n und Fig. 978 c). Griffel 3 bis 5, im unteren Teile verwachsen (Fig. 977 n und Fig. 978 b und c). Fruchtknoten unterständig, 4* (3* bis 5*)fächerig. Samenanlagen zahlreich, an dicken Plazenten hängend. Kapsel kreiselförmig. Samen länglich mit locker anliegender Samenschale. Zu dieser Gattung zählen etwa 43 Arten, die in Südeuropa, in Zentral* und Ostasien bis Japan, im gemässigten Nordamerika und auf den Gebirgen von Zentralamerika zu Hause sind. Ausser unserer A rt finden sich als Ziersträucher zahlreiche Arten und Bastarde, die oft schwer zu deuten sind, angepflanzt. W ir nennen als die wichtigsten.- P. c o r o n a r i u s L. Garten=Pfeifenstrauch, Deutscher Jasmin. Fig. 978. Nach einer ent* fernten Aehnlichkeit in Blütenform und Geruch heisst der Strauch ( f a l s c h e r , w i l d e r ) J a s m i n , mundartlich S c h u s s m i n (Bremen), S c h o s s e m i a u , S c h i s s m i (Anhalt), S c h i s mi l (Henneberg), S c h i e s s m i e , S c h i e s s m i e n e (obersächsisch), S c h e i s s a m i n (Niederbayern). Auf den starken, zimt* oder balsamähnlichen, in grösseren Mengen unangenehmen Geruch gehen Z i m m e t r ö s l i (Nordschweiz), B a l s a m b l ü e m l i (Zug), C h o p f w ê h b l ü e t e (Aargau), G u ( d ) n s t i n k a l a , s t i n k e t a H u i l a (Egerland). W eitere Bezeichnungen sind ferner S h i r u p s b l o m e (Oberneuland), S c h m e e r b l o m (Oberhessen), K a n d e l b l ü h [Kandis*] (Franken), B e c h e r h o l l a (Niederösterreich, Steiermark), S t u d e n t e s t r u c h (Zug), K u c h l m i c h l (Salzburg). Laub* blätter eiförmig*elliptisch, unterseits kahl oder fast kahl, nur auf den Hauptadern i behaart. Kelch kahl. Griffel so lang oder kürzer als die Staubblätter. Einjährige Zweigrinde in grossen Stücken sich ablösend, kastanienbraun. Blüten intensiv duftend. Als Kulturrelikt in der Nähe von Burgruinen und verlassenen Wohnstätten da und dort vollständig verwildert, so auf der Alb (Urach, Dettingen), im Fränkischen Jura (Kugelberg und Adamsberg bei Eich* stätt, Greifenstein, Neuburg a. D., Gietlhausen, Bertoldsheim), in Schlesien (Nimptsch, Annaberg), im Gesenke (Karlstal), in Niederösterreich (Scheibbs, im Tosshof nächst Altenmarkt), in Tirol (bei Innsbruck, Stubai), in der Schweiz bei Solothurn, Aetingen, Zofingen, Lenzburg, Neuchâtel, im Domleschg (Fürstenau), Locarno, Coglio, Lugano, Morbio usw. Ph. S c h r e n k i i Rupr. Laubblätter unterseits völlig kahl, nur selten am Grunde gewimpert, eiförmig, ausgewachsen derbhäutig. Blütenstiele i behaart, meist 5* bis 7=blütig. Rinde in grossen Stücken sich ab* lösend. Aus der Mandschurei. — Ph. P e k i n é n s i s Rupr. aus Ostasien (Mongolei, China, Korea, Japan) ist verwandt, unterscheidet sich aber durch kahle Blütenstiele. — Ph. l a t i f ö l i u s Schrad. Rinde der älteren Zweige hell aschgrau, die der jüngeren strohgelb, festhaftend. Laubblätter unterseits grauhaarig, breit eiförmig, deutlich gezähnt. Kelch dicht gleichmässig behaart. — Sehr ähnlich und vielleicht nicht spezifisch verschieden ist Ph. p u b é s c e n s Lois., wie vorige aus Nordamerika stammend. — Ph. i n o d ö r u s L. aus Nordamerika unterscheidet 9 Angeblich zu Ehren des Königs P t o l e m a e u s von Aegypten benannt, der den Beinamen P h i l a * d e l p h u s führte, da er seine Schwester zur Frau genommen hatte. Griech. g)ü^elp [philein] = lieben und fcdtAçpo? [adelphös] = Bruder, Schwester ; also bruderliebend, schwesterliebend. 133’

640 sich von den angeführten Arten durch die Griffel, welche die Staubfäden überragen und die breit keilförmigen Narben. Laubblätter eiförmig»elliptisch, ganzrandig oder fast ganzrandig und kahl oder nur schwach zerstreut behaart. Blütenstiele und Kelch kahl. Blüten gross, schwach wohlriechend. Die stärkeren Zweige von Ph. coronarius werden zu Pfeifenrohren verarbeitet, daher der Name „Pfeifenstrauch“. Die starkriechenden Blüten verwendete die Wiener Damenwelt im Mittel» alter zum Parfümieren der Plandschuhe. Der Bastard Ph. L e m o i n e i Lern. ( = Ph. coronarius X microphyllus) ist als sehr beliebter Zierstrauch mit wenig auf» dringlichem Geruch zu empfehlen.

1456. Philadelphia pällidus Hayek apud Schneider, Handbuch der Laubholzkunde ( = P. coronarius Maly et auct. non L., = Ph. coronarius L. var. salicifölius Dippel p.p.). B l a s s e r P f e i f e n s t r a u c h . Fig. 9 7 7 n. Strauch von 1 bis 3 m Höhe mit tiefbraunroten jungen und kastanienbraunen zweijährigen Zweigen. Laubblätter dünn, eiförmig*elliptisch, zugespitzt, schwach netzaderig, feingezähnt, unterseits meist völlig kahl oder in den Nerven winkeln schwach bärtig. Blütenstand traubig, D bis lOblütig. Blütenstiele kahl oder behaart. Kelch aussen meist kahl. Blüten stark duftend. Krone 2,5 bis 5 cm breit, weiss. — VI. Im Laubholzgebüsch warmer Felsschluchten-, selten in S t e i e r m a r k und in S ü d t i r o l . A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Steiermark, Oberitalien, Apennin, Siebenbürgen, Südrussland, Kau= kasus; Armenien (möglicherweise in abweichenden geo= graphischen Rassen). Mit H a y e k und C. S c h n e i d e r (Handb. Laubh. I, pag. 373 [1906]) sind wir der Ansicht, dass Linnes Ph. coronarius besser auf die Kulturformen beschränkt bleibt und die wildwachsende Pflanze besonders benannt wird. Wie ihr Formenkreis zu gliedern und ob die Pflanzen Armeniens und des Kaukasus mit unserem q Ph. pällidus übereinstimmen, muss noch untersucht werden. Ph. ...................... pällidus wächst in Steiermark nur in der Weizklamm nädist Graz, T-,. _ T»i ., . . . Fig. 978. P h i l a d e l p h u s c o r o n a r i u s L. «Habitus. b Kelch und Fruchtknoten, c Blütendiagramm (nach zahlreich bei zirka 6 0 0 m in Gesellschaft von Ostrya carpinifolia. Eichler). Gleich daneben findet sich eine Kolonie von Alpenpflanzen (Silene Saxifraga, Anemone alpina, Athamanta Cretensis, Achillea Cla» enae). Zu Ph. pällidus zu ziehen sind wahrscheinlich mehrere von D a l l a T o r r e und S a m t h e i n für Ph. coro» narius genannte Standorte in Südtirol (wie Corna calda bei Botte, V all’ Aviana, Val Ronchi, Revolto, Cengialto, Sarcatal, bei Sfenico, Umgebung von Trient u. a.). Der Strauch scheint auf den Weisseichen=Gürtel des Süd» Zipfels von Tirol beschränkt. Ob das Vorkommen in der Bozenergegend ursprünglich ist, bleibt noch zu unter» suchen. Dass der Pfeifenstrauch schon im Diluvium im südlichen Mitteleuropa vorhanden war, beweisen die fossilen Blattreste in den Tonen von Calprino bei Lugano (Tessin). Nach P e n c k (vgl. Penck und Brückner. Die Alpen im Eiszeitalter, Bd. III, pag. 821) sind diese Ablagerungen in der letzten Interglazialzeit (Riss=Würm) entstanden. Als Schutzanpassung gegen Austrocknung und Benetzung ist die Knospenausbildung unter der Rinde aufzufassen. Die Knospen treten dann erst im Frühjahr hervor. Von Abnormitäten werden bei Philadelphus beobachtet: 3»zählige Blattquirle, Doppelblätter mit gegabelter Spreite, verwachsene Blüten (durch Sprossung einer Sekundärblüte aus der Achsel eines Kelchblattes), gefüllte Blüten, verlaubte oder petaloide Kelchblätter, Vermehrung der Kronblätter auf 6 bis 8, Reduktion derselben auf 2, petaloide Staubblätter, teilweises Ver» wachsen derselben zu Bündeln. Dieses letztere Verhalten spricht nach W e t t s t e i n (Berichte der Deutsdien Botan. Gesellschaft. Bd. XI, 1893) ebenso wie die entwicklungsgeschichtlichen Studien von P a y e r dafür, dass die zahl»

641 reichen episepalen Staubblätter der PhiladelphusdBlüte aus Primordien und zwar durch radiale und tangentiale Verdoppelung hervorgehen. Gelegentlich können auch die inneren, epipetalen Staubblätter auftreten (Fig. 977 n)Im Hortus Eystettensis (1613) wird Philadelphus coronarius als Syringa flöre älbo erwähnt, aus Schlesien aus dem 17. Jahrhundert als „Springsbaum“.

CCCLIX.

Ribes1)

L. J o h a n n i s b e e r e . F r a n z . : G r o s e i l l e ; engl.: Curränt, g o o s e be rr y; ital.: Ri bes .

Mittelgrosse, kahle oder bewehrte Sträucher mit wechselständigen, einfachen, + ge* lappten, nebenblattlosen Laubblättern; letztere in der Knospenlage gewöhnlich gefaltet, sehr selten (R) aureum) eingerollt. Blütenstand traubig, büschelig oder Blüten einzeln, an der Spitze von Kurztrieben mit wenigen Niederblättern (Fig. 984 1 und 987 w). Blüten regelmässig, meist

Fig. 979.

Blattformen von: a R i b e s G r o s s u l a r i a L., b und c Ri b e s p e t r a e u m Wulf,, d Ri b e s r u b r u m L., a l pi nu m L., / R ib e s n i g r u m L., g und h Ri b e s a u r e u m Pursh, i Ri b e s s a n g u i n e u m Pursh.

e Ri b e s

(bei unseren Arten stets) unscheinbar, in den Achseln von Tragblättern, grünlich (bei aus* ländischen Arten auch weiss, gelb oder rot). Vorblätter zuweilen vorhanden. Kelch* und Kronblätter 4 bis 5 (Fig. 980 a, c, e), in der Knospenlage dachig, mit der glockigen oder becher* förmigen Blütenachse (Cupula) verwachsen (Taf. 144, Fig. 6 a und 6 b). Staubblätter 4 bis 5. Griffel 2, + verwachsen (Fig. 984 h). Fruchtknoten deutlich unterständig (am wenigsten deutlich bei R. nigrum), Gfächerig (Taf. 144, Fig. 4 b), mit meist 2 wandständigen Plazenten und meist zahlreichen Samenanlagen. Frucht eine Beere, verschiedenartig geformt, von dem vertrockneten *) Stammt aus dem Arabischen (zuerst bei Simon J a n u e n s i s 1290, der es nach dem Araber Rasis [Abu Bakr Arrazi] für einen immergrünen Strauch Syriens braucht) von Ribäs ( = Rheum Ribes L.), einer Rha= barberart, die auf dem Libanon und Antilibanon wächst, von wo aus sie, von den Arabern schon frühzeitig in Kultur genommen, als Arzneimittel (Rob Ribäs) Verwendung fand. Als dann die Araber bei der Eroberung von Spanien ihr „Ribäs“ nicht antrafen, belegten sie die dort vorkommende, gleichfalls säuerlich schmeckende Johannisbeere mit diesem Namen, woraus die mittelalterlichen Botaniker Ribos, Ribes machten.

642 Kelch überragt. Samen zahlreich, mit schleimiger äusserer und krustiger innerer Schale (Fig. 986 e). Embryo klein, von fleischigem Nährgewebe umgeben. Die Gattung zählt etwa 125 Arten, die über die ganze nördliche gemässigte Zone, ausserdem in den Gebirgen von Zentral» und Südamerika (Anden) bis Patagonien verbreitet sind. Alle Ribes»Arten entwickeln zweierlei Triebe, nämlich Kurztriebe, welche blühen, und Langtriebe, die den vegetativen Funktionen dienen (Fig. 984 a). Die ersteren beginnen mit Niederblättern, worauf wenige Laubblätter und dann die Hochblätter folgen, in deren Achseln die Blüten stehen (Fig. 981 b, c und Fig. 987 v, w). Bei Ribes alpinum wird die Laubblattbildung gewöhnlich übersprungen. Die Stacheln der Ribes»Arten sind wie bei den Rosen Emergenzen des Rindengewebes, auch die „subfoliaren“ Stacheln, die dicht unter dem Blattkissen ent» weder einzeln oder zu 3 (selten bis 5) entspringen (Fig. 981 b, c). W ährend bei der Gruppe Ribesia die Blüten» stände den Charakter von einfachen Trauben mit unverzweigten Nebenachsen und fehlender Gipfelblüte haben, reduzieren sich diese in der Gruppe Grossularia auf 1 bis 3 Blüten an einer gestauchten Primanachse. Nach G ü n t h a r t (Berichte der Deutschen Botan. Gesellschaft. Bd. XXXIII, 1915) sind alle Arten mit Aüsnahme von R. nigrum proterogyn und zwar besonders stark R. rubrum und R. Grossularia. Die Proterogynie kommt da» durch zustande, dass die Narben vor dem Oeffnen der Knospen empfängnisfähig werden, das Stäuben jedoch erst nach dem Oeffnen beginnt. Die Kreuzung erfolgt bei guter Witterung sehr frühzeitig, bereits während des halboffenen Zustandes, welch letzterer von Günthart als erbliches Merkmal angesehen wird. Selbstbestäubung ist nicht so verbreitet wie H. M ü l l e r annimmt, und nur bei R. nigrum als regelmässige Erscheinung fest» gestellt worden. Der Honig, der sehr reichlich auf der oberweibigen, ± deutlichen Scheibe des unterständigen Fruchtknotens — bei den langröhrigen Form en (R. aureum) auch an der inneren Basis des Rezeptakulums — abgesondert wird, ist bei den meisten Arten den Insekten leicht zugänglich. Einzig bei den langröhrigen Form en (z. B. Ribes aureum) kann derselbe nur von sehr langrüsseligen Bienen ausgebeutet werden (Fig. 980 c). Als Besucher kommen Dipteren und Hymenopteren in Betracht. Haare am Griffel und auf der Innenseite des Rezepta» kulums schützen den Nektar gegen kleine Insekten. Zuweilen kommt Gynodioecie vor, während die Blüten von R. alpinum unvollkommen zweihäusig sind. — Alle einheimischen und kultivierten Ribes»Arten wachsen auch als Gelegen» heits»Epiphyten auf alten Bäumen (Kopfweiden, Berg»Ahorn, Buche, Linde, Robinie), wohin die Samen leicht durch Vögel verfrachtet werden. — Fossil ist Ribes nigrum in quartären Kalktuffen von Schonen nachgewiesen worden. Die Gattung zerfällt in die beiden Sektionen oder besser Subgenera: 1. G r o s s u l ä r ia (A. Rieh, als Gattung) Jancz. Blüten einzeln oder zu 2 bis 3 büschelig, sitzend oder kurz gestielt. Blütenstiele am Grunde gegliedert. Beeren verhältnismässig gross, eiförmig. Strauch bestachelt (Fig. 984 a, b). — 2. R i b e s i a Pers. (als Sektion). Blüten in einer meist vielblütigen Traube. Beeren meist kugelig. Strauch stachellos. Neuerdings werden von J a n c z e w s k i in seiner Monographie des Groseilliers, Genf 1917 (vgl. auch S c h n e i d e r , C. K. Handbuch der Laubholzkunde) 6 Untergattungen (Ribesia, Berisia, Grossularioides, Grossularia, Calobotrya, Coreosma) unterschieden, die sich aber z. T. auf relativ geringfügige Merkmale stützen. A usser den unten angeführten werden im Gebiete zahlreiche Arten als Ziersträucher kultiviert. Die wichtigsten sind folgende und zwar aus dem Subgenus G r o s s u l a r i a : R i b e s r o t u n d i f ö l i u m Michaux. Dieser Strauch zeichnet sich aus durch fast kreisförmige, fein flaumhaarige, schwach dreilappige Laubblätter und hängende Aeste. — R i b e s n i v e u m Lindl., Weissblütige Stachelbeere, ist ein aufrechter, bis 2,5 m hoher Strauch mit glänzend kastanienbraunen jungen Zweigen, mit 2» bis 3»blütigem Blütenstand, weissen Kronblättern und blauschwarzer, bereifter Beere. Erstere A rt stammt aus den mittleren Staaten (Missouri, Illinois usw.), letztere aus den nordöstlichen Staaten (Washington, Idaho usw.) der Union. — R. o x y a c a n t h o i d e s L. ( = R. hirtdlum Michaux, = R. irriguum Dougl.). Weissdorn»Stachelbeere. E ngl.: Hawthorn gooseberry. H eim at: Britisch Nordamerika und nördliche Staaten der Union (bis 3000 m aufsteigend). Tracht von R. Grossularia, mit stacheligen Zweigen und gelappten, dem Weissdorn ähnlichen Laubblättern. Blüten zu 1 bis 3, grün» lich»rötlich. Frucht etwas grösser als die der roten Johannisbeeren, eiförmig, dunkelrot, bläulich überlaufen. Diese Art, die leicht mit anderen Arten bastardiert, wird als Stammvater der „amerikanischen Stachelbeeren“ angesehen. Sie wurde in England bereits 1705, in Deutschland 1748 kultiviert. Gegen den amerikanischen Mehltau scheint sie immun zu sein. V on ähnlicher Tracht sind R. C y n ö s b a t i L., R. l e p t ä n t h u m Gray, R. s e t ö s u m Lindl., R. d i v a r i c ä t u m Dougl., R. g r ä c i l e Michx. und R. M e n z i e s i i Pursh, alle aus Nord» amerika, sowie R. B u r e j e n s e F. Schmidt aus der nördlichen Mandschurei. — Aus dem Subgenus R i b e s i a mögen ge» nannt sein: R i b e s a ü r e u m Pursh ( = R. palmätum Desf.). Goldtraube, Goldribisel. Engl. (Nordamerika): Golden currant, Buffalo» oder Missouri»currant. Fig. 980 b und c und Fig. 979 g, h. Einheimisch in Auenwäldern an den Flussufern von Kalifornien, östlich bis an die Rocky Mountains (hier 1806 entdeckt). Leicht kenntlich an den leuchtend goldgelben, wohlriechenden, nach Nelken duftenden Blüten. Trauben 7» bis 15»blütig, aufrecht abstehend. Kelchblätter 10 bis 11 mm lang, zylindrisch, goldgelb. Kronblätter kurz, aufrecht, ge» zähnelt, vorne dunkelpurpurn. Frühblühender (IV, V), winterharter Zierstrauch (seit 1812 in Europa eingeführt) mit kahlen, beiderseits ± glänzenden, 3» bis 5»lappigen, meist nur am Rande bewimperten, im Herbst sich

643 schön rot färbenden Laubblättern ; letztere in der Knospenlage eingerollt, mit spreizenden, eingeschnittenen, wenig gezähnten Lappen. Untere Tragblätter länger als die Blütenstiele. Frucht bei der Stammform kahl, rundlich und schwarz, bei Gartenformen auch länglich sowie rot und gelb. Dieser in verschiedenen Formen neuerdings sehr beliebte Zierstrauch wird auch als Unterlage für hochstämmige Stachel* und Johannisbeeren verwendet. Selten auch verwil» dert, so in Brandenburg (bei Prenz» lau und Boitzenburg), bei Nürn» berg, in der Schweiz bei Oberdorf (Kt. Solothurn). — R í b e s s a n » g ü í n e u m Pursh ( = Calobótrya sanguínea Spach). Blutrote Johan» nisbeere. Engl. : Red courrant. Fig. 980 a, d, e und Fig. 979 i. Einhei» misch in den Bergwäldern des west» liehen Nordamerika ; daselbst 1787 von M e n z a s entdeckt. Präch» tiger, frühblühender (IV, V), 1 bis 2 (3) m hoher Strauch mit aufrech» ten, rotbraunen Aesten und gros» sen, 3» bis 5»lappigen, kerbig»ge» zähnten, am Grunde herzförmigen, unterseits graufilzigen, ± drüsigen Laubblättern (Fig. 979 i). Blüten schön purpurrot, selten weiss (f. á l b í d u m Paset.), dunkelblutrot (f. a t r o s a n g u i n e u m hört.) oder gefüllt, riechend, zu lockeren Trauben vereinigt. Tragblätter spatelförmig, gefärbt. Beeren blauschwarz, bereift, schwach Fig. 980. R i b e s a u r e u m Pursh. b Blühender Zweig, c Längsschnitt durch die Blüte. — Ri b e s s a n g u i n e u m Pursh. a Blüte. ¿Blühender Zweig, e Diagramm (nach E i c h ler). drüsig»behaart. Wird seit 1826 in Gärten angepflanzt, selbst noch in den höheren Alpentälern (z. B. im Engadin in Schuls und St. Moritz, 1800 m). Ab und zu auch verwildert, z. B. bei Bozen, in Schlesien (bei Oels, zwischen Schönbrunn und Kascherei), bei Nürnberg, in Mähren bei Kremsier, beim Bahnhof Eglisau (Schweiz) in einer Kiesgrube. — R. f l ó r í d u m L’Hér. Amerikanische Ahlbeere. Erinnert an die schwarze Johannisbeere oder Ahlbeere. . Strauch von 1 bis 2 m Höhe mit tief 3»lappigen, beider» seits gelbdrüsig punktierten Laubblättern, grünlichgelben Blüten in hängenden, vielblütigen Trauben und mit schwarzen Früchten von schwach wanzenartigem Geschmack. Stammt aus Kanada und aus den nördlichen Staaten der Union. — R. m u l t i f l ö r u m Kit. Strauch bis fast 2 m hoch, widerlich riechend. Laubblätter gross, 3» bis 5»lappig, unterseits filzig. Blüten hellgrün, in 6» bis 8»blütigen, hängenden Trauben. Beeren rot. Einheimisch in Italien, Illyrien und Griechenland. — Ausserdem mögen noch genannt sein: R. O r i e n t a l e Desf. aus Griechenland, Vorderasien und dem Himalaja mit gelblichen, klebrigen Blüten und roten, + borstigen Beeren, R. g l a c i a l e Wall, aus dem Himalaja und China (ähnlich dem R. alpinum), R. d i a e ä n t h u m Pall, aus Sibirien und der Mandschurei mit feinen, gepaarten Stacheln an den Zweigen, R. g l u t i n ö s u m Benth. aus Kalifornien (ähnlich dem R. sanguineum), R. c è r e um Dougl. aus dem westl. Nordamerika mit weisslichen oder leicht geröteten, etwas wachsigen Blüten, R. p r o s t r á t u m L’Hér. aus Nordamerika, R. b r a c t e ö s u m Dougl. aus Nord» amerika mit schwarzen, drüsenpunktigen Früchten und bleibenden Tragblättern. — Der Bastard R. a u r e u m Pursh X R. s a n g u i n e u m Pursh. ( = R. G o r d o n i ä n u m Lemaire) besitzt die Laubblätter von R. aureum, die aber drüsig und unterseits fein punktiert- sind. Die Kronblätter sind zuerst gelb, später rot. Diese in Eng» land entstandene Hybride wird bei uns neuerdings gern kultiviert. Von den einheimischen Arten werden namentlich R. Grossularia, R. rubrum (und R. vulgare), R. nigrum allgemein, in den Gebirgsgegenden auch R. petraeum als wertvolles Beerenobst kultiviert, dessen Verwendung als Tafelfrucht, zur Konfitüren», Sirup» und Beerenweinbereitung allgemein bekannt ist. Auch Schaumwein, Essig und Liköre werden aus Johannisbeersaft gewonnen (Näheres bei den einzelnen Arten). — Stachel» und Johannisbeeren sind in Bezug auf Klima und Boden sehr wenig anspruchsvoll. Allerdings wurde beobachtet, dass in nebelreichen Gegenden — so nach S t i t z e n b e r g e r am Bodensee um Rorschach und Romanshorn — hie Kultur durch das Ueberwuchern von Flechten (besonders Physcía pulverulénta) stark bedroht wird. Die

644 meisten Schädigungen werden durch Insekten verursacht. A m gefährlichsten wird den Stachel» und Johannis* beerkulturen die Larve (diese krümmt sich beim Erschrecken) der gelben Stachelbeerblattwespe ( N é m a t u s v e n t r i c ö s u s Klug., = Pterönus ribésii Scop.), deren Nahrung die Blätter der Ribes»Arten bilden. Der Verlust der Blätter hat eine Wachstumshemmung der Sträucher und namentlich der Früchte zur Folge, die oft unreif abfallen. Bestreuen der betauten oder bespritzten Blätter am frühen Morgen mit Aetzkalk, Bespritzen mit Chlorkaliumlösung, ferner Umgraben des Bodens um die Pflanzen im Herbst werden als beste Gegenmittel empfohlen. Aehnlich verhält sich die schwarzgelbe Stachelbeerblattwespe ( N é m a t u s l e u c o t r ö c h u s Htg., = Pterönus consobrinus Vollenh.) und die schwarze Stachelbeerblattwespe ( N é m a t u s p ä l l i p e s Lep.). — In trockenen, heissen Sommern treten die blaugraubereifte Stachelbeer»Blattlaus ( Aphi s G r o s s u l ä r i a e Kaltb.), die gelbe Johannisbeer»Blattlaus ( Aphi s Ri bi s L.), die Johannisbeer »Triebblattlaus ( S i p h o n ö p h o r a r i b i c o l a Kalth.) sowie eine Milbe (die Rote Spinne, B r y ö b i a r i b i s Thomas) oft herdenweise an der Blattunterseite und an den Triebspitzen auf und bringen dieselben zum Abdorren. Eintauchen der befallenen Triebe in eine Ab» kochung von 0,05 kg Quassiaholz und 0,200 kg Schmierseife in 10 Liter W asser vernichtet die Blattlauskolonien. Schwieriger zu vertilgen ist die in eingeschlossen liegenden Gärten gern auftretende Komma»Schildlaus (C ö c c u s c o n c h a e f ö r m i s Gmelin). Diese überzieht nicht nur die Zweigrinde, sondern saugt sich oft auch auf den Beeren fest. Am besten werden die infizierten Aeste abgeschnitten und verbrannt. Von weiteren Schädlingen fressen die weissen, schwarzgefleckten, unterseits gelben, beim Fortbewegen sich buckelig krümmenden Raupen des Stachelbeer=Spanners oder „Harlekin“ ( A b r ä x i s [Geométra] g r o s s u l a r i a t a L.) die Sträucher oft völlig kahl. Aehnlich verhalten sich die Raupen des Hecken»Wicklers ( T ö r t r i x r o s ä n a L.), des ledergelben Wicklers ( T ö r t r i x r i b e ä n a Hb.), von verschiedenen Bären, vom „Weissen C “ (V a n é s s a C * ä l b u m L . ) , vom Schwan ( P o r t h é s i a s i m i l i s Fürst.), vom Johannisbeer=Spanner ( T h a m n ö n o m a [Fidönia] w a v a r i a L.) sowie die Larven der Stachelbeer»Hüftblattwespe ( M a c r ö p h y a v i t i s Schrk.). Im August bohrt sich die Raupe des Johannisbeer»Glasflüglers ( S é s i a t i p u l i f ö r m i s LJ zuweilen in den Holzkörper ein. An den Zweigen trifft man zuweilen die hochgewölbten Schilder (unter denen eine weisswollige Wachsausscheidung erscheint) von der Johannisbeer»Schildlaus ( P u l v i n ä r i a r i b é s i a S i g n ) oder die anfangs flachen, erst später hochgewölbten (ohne erhebliche Wachsausscheidung) der Pfirsich»Schildlaus ( L e c a n i u m p é r s i c a e L.). Am Wurzelhals und an den stärkeren Wurzeln begegnet man zuweilen weisswolligen Flecken der Stachelbeer»Blutlaus ( S c h i z o n e ü r a g r o s s u l ä r i a e ) . — Von pflanzlichen Schmarotzern ist der Stachelbeer»Mehltau ( S p h a e r o t h é c a M o r s ü v a e Schw.) am gefürchtetsten. Die Heimat dieses Pilzes ist Nordamerika, wo er so verheerend auftrat, dass man die Kultur der befallenen grossfrüchtigen, aus England eingeführten Sorten aufgeben und andere kleinfrüchtige Formen auf einheimischen Ribes=Arten züchten musste. In Europa erschien der Pilz als Neueinwanderer ums Jahr 1900 und zwar zuerst in Irland (Withehall), hierauf in England, Schweden und Russland. Innerhalb zehn Jahren dehnte er sich sodann über den grössten Teil von Europa aus und drang ostwärts bis Tomsk in Sibirien vor. Sphaerotheca, die „Amerikanische Stachelbeerpest“, erscheint zuerst auf den Jungen Blättern; als feines, weisses Gewebe überzieht sie hierauf die reifenden Früchte, hemmt deren Fortentwicklung und macht sie für den Genuss unbrauchbar. Der Pilz ist Jedoch für den Menschen nicht gesundheitsschädlich. Zur Bekämpfung der Krankheit bedient man sich einer Lösung von 0,5 °/o Soda und 0,25 °/o Pottasche, der manchmal noch Arsenik beigefügt wird. Ausser Bespritzungen mit dieser Lösung wird auch wiederholtes Bestäuben der Sträucher mit Schwefelblumen empfohlen. Im Herbst oder Frühjahr sind alle befallenen Triebe abzüschneiden und gleich dem abgefallenen Laub zu verbrennen oder zu vergraben. Hierauf werden die Sträucher und die Erde mit 1 bis 3°/o Eisenvitriollösung bespritzt. Weniger gefährlich sind die pilzlichen Schädlinge des Johannisbeerstrauchs : G l o e o s p ö r i u m R i b i s Mont, et Des. und G. c u r v ä t u m E. et Hals., die als kleine, dunkelbraune Flecken auf der Blattfläche erscheinen und den Blattfall bewirken. Die kranken Sträucher sollten mit Bordelaiser Brühe bespritzt und ihr Laub entfernt und verbrannt werden. Zur Erhöhung der Beerenerträge wird eine zielbe» wusste Düngung und Anhäufeln der Sträucher empfohlen. Man erzielte mit dieser Methode sowohl bei Johannis» als bei Stachelbeeren per ein Mehrergebnis von 1000 kg. Die Uredinee C r o n ä r t i u m r i b i c o l u m Dietr. schädigt vor allem R. nigrum und R. aureum, tritt aber auch auf R. sanguineum auf, seltener und schwach auf R. Grossularia und R. rubrum. Neuerdings ist im Schweizer Jura der Pilz auf das wildwachsende R. petraeum übergegangen. Die Aezidien»Form dieses wirtswechselnden Pilzes erscheint auf Pinus Cembra und P. Strobus. Am Grunde der Äste erscheint zuweilen als Wundparasit P o l y p o r u s (Fomes) Ri bi s. — V on den Vögeln, die zur Zeit der Beerenreife die Pflanzungen zuweilen stark heimsuchen, sind vor allem die Stare, Amseln, Sperlinge und Nachtigallen zu nennen. M a u r e r machte hinsichtlich der Amseln die Beobachtung, dass diese zuerst die weissen, dann die roten und zuletzt, sofern um diese Zeit noch solche vorhanden sind, die schwarzen Johannisbeeren plündern, also genau in der Reihenfolge, in welcher der Säuregehalt der Beeren zunimmt. Die Anzucht ertragreicher Johannisbeersorten wurde namentlich in England, Frankreich und Holland betrieben. Die Fortpflanzung der Gartensträucher geschieht meist durch Ableger und Stecklinge. Bei Anzucht aus Samen gehen, wie bei allen anderen Obstsorten, die Vorzüge der Kulturvarietäten grösstenteils wieder ver»

645 loren. Für die Veredelung sowohl der Stachel» als der Johannisbeeren gibt die amerikanische goldgelbe Johannis» beere (Ribes aureum L.) die beste Unterlage ab. Der Name Johannisbeere, Ribes, erscheint erst zu Ende des 15. Jahrhunderts in der deutschen Literatur. Im „gut Ertzneybuchlin“ des Johann Tallat von Vochenberg (Wien 1497) heisst e s : „Ribos iohannis. Diss treublin gesoten mit sauerampferwasser ist gut wider den Durst und wider die pestilentz.“ 1. Strauch stachelig»bewehrt (Fig. 981b, c ; Fig. 984 a, b). Blüten einzeln oder in 2= bis 5=blütigen Trauben. Frucht eiförmig, g ro ss...........................................................................................R. G r o s s u l a r i a nr. 1457. 1*. Strauch wehrlos. Trauben vielblütig. Frucht rundlich, k l e i n ................................................ ..... . 2. 2. Laubblätter unterseits mit gelblichen Harzdrüsen (Fig. 979 f). Beeren sdiwarz. Strauch widerlich r i e c h e n d ......................................................................................................................................................R. n i g r u m nr. 1461. 2*. Laubblätter ohne H arzd rü sen ...........................................................................................................................3. 3. Trauben wenigblütig, aufrecht. Laubblätter klein, kurzgestielt (Fig. 979 e). Blüten unvollständig zweihäusig................................................................................................................................................ R. a l p i n um nr. 1460. 3*. Trauben mehrblütig, hängend. Laubblätter grösser, länger gestielt. Stiel so lang oder länger als die Spreite. Blüten zwitterig................................................................................................................................................ 4. 4. Blattlappen spitz (Fig. 979 b, c). Blattstiel länger als die Spreite. Kelchblätter gewimpert. Alpen und selten im M itte lg e b irg e ................................................................................................................ R. p e t r a e u m nr. 1459. 4*. Blattlappen stumpflich (Fig. 979 d). Blattstiel so lang als die Spreite. Kelchblätter kahl R. r u b r u m nr. 1458.

1457. Ribes Grossularia L.1) ( = Grossularia uva=crispa Mül., = G. üvi Scop., = G. vub gäris Spach). S t a c h e l b e e r e . Franz.: Groseiliier des haies, groseillier vert, g. epineux ä maquereau2); gresalei (franz. Schweiz); engl.: Gooseberry; ital.: Uva spina; uga spina (Tessin). Taf. 144, Fig. 3 ; Fig. 981, 982, 983, 984 a bis d und Fig. 979a. Der Strauch (bezw. die Beeren) wird wegen seiner Bestachelung als Stachelbeere bezeichnet: S t i c k b e e r e n , S t i c k e l b e e r , S t e c k (e) b e e r e (plattdeutsch); S t a c h e l l i t z e n (Schweinsburg, Kreis

Fig. 981. R i b e s Gr o s s u l a r i a L. «Fruchtender Zweig, b, c Junger Kurztrieb, Fruchtformen, h Längsschnitt durch die Frucht, i Same.

d bis ,g Verschiedene

Zwickau). S t a c h e l p u n z c h e n (Dresden); S t a c h e l h u t s c h e n (Meissen); S t a c h l e (Baden), S t e c h a » b e e r 1 e (bayr. Schwaben). Auf das lateinische spina = Dorn gehen zurück: S p u n s k e r (Thüringen), S p o n e l l e n , S p u n e l l e n (bayr. Schwaben: Memmingen). Im Alemannischen, Fränkischen und im Nieder» deutschen tritt uns eine Namensfamilie entgegen, als deren Hauptform K r ä u s e l b e e r e oder ähnliche Formen erscheinen. Ob diese Namen zu „kraus“ gehören (nach den gekräuselten Blättern) oder zu oberdeutsch „Krause“ *) Grossularia ist aus dem französischen groseille (bei Ruellius) gebildet, was wahrscheinlich ursprünglich den Weissdorn bedeutete. 2) Weil die Makrelenbrühe mit Stachelbeeren gewürzt wird.

046 = Krug (mit Bezug auf die krugförmigen Früchte; vgl. das schweizerische G u t t e r e b e e r e ) oder zu lateinisch grossularia gehören, mag dahingestellt sein. W as die letztgenannte Deutung betrifft, so ist es wahrscheinlicher, dass das lateinische „grossularia“, das erst im mittelalterlichen Latein auftritt, aus dem Deutschen entlehnt ist. Nicht selten sind die Namen an andere W örter angelehnt bezw. arg entstellt: K r ü s e b e e r j e (Ostfriesland), K r ü e s b e e r e (Oldenburg), K r i s s b e t t e n , =b e er (Westfalen), K r ö n s c h e l , G r i n s c h e l (rhein» und mosel» fränkisch), G r u s c h e l (Rheinpfalz, Hessen, Nassau), G r i s c h e l n , K r i e s c h e l (Eifel), K r ö n z e l , K r ä n s e l t e (Elberfeld), K r u s p e l (Nassau), G r o s s e i (Steiermark), R u s s e l e n [hieher?] (Innsbruck), K r o s c h e l , K r ö n s c h e l , G r e s c h l e , Kr e s c h e l h e c k (Lothringen), C h r u s e r l e , C h r ü s e l b e e r e , C h r u t z e r l e , C h r u t z e l e (Baden), K r u s e l ( s ) » , K r ü s e l s b e e r (Eisass), C h r u s e l » , C h r ü s e l b e e r i (Schweiz). Jedenfalls gehört K r i s t » , C h r i s t b e e r e (Weichseldelta, Schlesien) hieher, vielleicht auch das nassauische D r u s c h e i , D r u s c h u l e , D r i e s c h u l e , das rheinpfälzische D r u s c h e l e , das lothringische D r o s c h e 1 und das badische D r u s s » , T r u t z e i b e e r e (Rastatt). Möglicherweise hängen diese Form en mit Drüse ( = Geschwulst; vgl. unten Eiter» batzenl) zusammen. K l o s t e r b e e r e (Nassau), K l u s t e r b i e r n (Sachsenhausen) gehört vielleicht zu „Kluster“ = Klumpen (mit bezug auf die Beeren ; vgl. Kluusternälken Bd. III pag. 321). G u t t e r e » B e r i (Thurgau), G ü t t e r l i (Schaffhausen) leiten sich ab von „Guttere“ = (bauchige) Flasche, Kropf. Recht anschaulich, wenn auch nicht eben ästhetisch sind die bayrisch»österreichischen Benennungen O a t e r p a t z ’ n [ = Eiterbatzen] mit Beziehung auf den schleimigen, zähen Beereninhalt. Da die Beeren, besonders der wildwachsenden Formen, m t rauhen Haaren bedeckt sind, heissen s ie : R a u ( c h ) b e e r n (Nordostböhmen), R a u p b e e r e n (Schlesien), R e i c h l i n g , R a u c h l i n g , R e i d l i r i g e r (K ärnten: Mölltal). Der ominöse Name N o n n e n f a r z e n (Nassau), N o n n e n f ü r z l e (Schwaben, Baden), gemildert als A n n e n v e r z (hessisch), B r u n n e n » F ü r z l i (Zürich), S u n n e n » F ü r z e l e (Thurgau) mag in der Aehnlichkeit der Beeren mit dem gleichnamigen (besonders in Klöstern ge» fertigten) Gebäck seinen Grund haben. O der hat der Nam e gar einen realeren Grund nach dem Geräusch der zusammengedrückten Beeren, wie es die Benennungen S c h n e l l e r (Vorarlberg), K r a c h e i b e e r e (Eisass), G r a c h e l ( b e e r e ) (Steiermark) fast vermuten lassen? Harmlosere Namen sind S t r u k b e r t e n [Strauchbeeren] (Westfalen), H e c k e ( n ) b e r e (schwäbisch), B e t t l e r k e r s c h ’ n (Kärnten: Glödnitz). Oesterreichisch A g r a s s , A g r e s und Siebenbürgisch A g e r s c h , A e j r e s c h gehören zu mittellat. agresta (von acer) = saure Brühe, unreifes Obst. M a r g r e t e n (Nordböhmen), M o a g r e a t i t z p e a r l e i n (K rain: Gottschee) sowie J a k o b i b e e r (Niederösterreich) gehen auf die Reifezeit der Stachelbeeren im Juli. Schliesslich wären noch die Namen zu erwähnen: M e i s c h g l , M a u c h e l e , M a u c h e r l e n , M ä u s e r l i n g (Kärnten), M i g e t z e , M e i « k e t s c h e (Steiermark); H a a r e i l e n (Drautal), A i s c h l i t z e n (Pustertal), H e r c h e s b e e r e (Schmalkalden); H e r g e l b e r g e (hennebergisch). — Im romanischen Graubünden nennt man die Stachelbeere ü a d ’ s p i n a (Unterengadin), c a g l i a d e S. G i a n , die Frucht la s c h u a u n a (Bündner=Oberland).

Mittelgrosser, 60 bis 150 cm hoher, buschiger Strauch mit graubraunen Aesten. Laub* blätter an Kurztrieben in den Achseln von einfachen, 2* oder 3* (seltener 5*)teiligen (Fig. 981 b, c), spitzen Stacheln (Emergenzen), i behaart, halbkreisförmig, am Grunde gestutzt oder schwach herzförmig, handförmig 3- bis 5*lappig (Fig. 979 a ); Lappen dl tief gekerbt. Blüten zu 1 bis 5, büschelig. Blütenstiel kurz, am Grunde gegliedert, mit 1 bis 2 schmalen, öfter fehlenden Vorblättern und einem breiten, scheideartigen, behaarten Tragblatt. Kelch glockig $ Kelchzipfel verkehrt*eilänglich, stumpf, bald zurückgeschlagen, mehmervig, 2* bis 3*mal so lang als die verkehrteiförmigen, nach aussen gerichteten, weisslichen Kronblätter. Griffel zottig, 2*spaltig, nicht spreizend, kürzer als die Staubblätter. Frucht eine grosse, eiförmige oder eirundliche, hängende, rote, grüne oder gelbe, glatte, behaarte oder drüsigborstige Beere (Fig. 981 d bis g). — IV, V. Hie und da in Hecken, an Zäunen, in Auen, Gebüschen, lichten Wäldern, an Fels* blocken, buschigen Hügeln; öfter auch epiphytisch auf alten Bäumen (Buche, Ahorn) beobachtet. Durch das ganze Gebiet zerstreut; in Nordwestdeutschland nicht einheimisch. Allgemein auch angepflanzt und ab und zu aus der Kultur verwildert. Steigt in Bayern bis 830 m, in Tirol bis 1400 m, in Graubünden bis etwa 1400 m (in der Kultur bis 1600 m), im Wallis bis 1500 m hinauf. A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Fast ganz Europa (mit Einschluss der südlichen Halb* insein [in Portugal zwar nur kultiviert] und Grossbritanniens); in Skandinavien bis 6 3 0 nördl. Breite; adventiv in Schwedisch Lappland [Kiruna] bei 6 7 0 50' nördl. Breite (Hier bleibt die Pflanze halbstrauchig und gelangt nicht zur Samenreife); Nordafrika; Kaukasus, Zentralasien

647 (östlich bis zur Mandschurei und bis Nordchina). auf die Montanstufe beschränkt.

Im südlichen Teil des Verbreitungsgebietes

Aendert ab : var. u v a » c r i s p a (L.) Sm. ( = var pubescens Koch). Fruchtknoten mit kurzen, weichen, drüsenlosen Haaren; Beeren zuletzt kahl (wohl die Wildform). — var. g l a n d u l ö s o » s e t ö s u m Koch. Fruchtknoten und Beeren drüsenborstig und zu= gleich weichhaarig. — var. r e c l i n ä t u m (L.) Berl. apud Loud. ( = var. gläbrum Koch, = ? var. inermis Clos). Pflanze wenig bewehrt, kahl, höchstens die Laub» und Tragblätter sowie die Kelchzipfel etwas bewimpert. Beeren dunkelrot. Aeste häufig bogig gekrümmt. Wild im Kaukasus und in Südspanien; bei uns in Kultur. Vom pomologischen Standpunkte aus werden unterschieden: I. Rotfrüchtige Sorten mit fast kahler oder mit behaarter Schale. II. Grünfrüchtige Sorten mit fast kahler, mit wolliger oder mit behaarter Schale. III. Gelb» früchtige Sorten mit fast kahler oder mit behaarter Schale. IV. Weissfrüchtige Sorten mit fast kahler, mit wolliger oder mit behaarter Schale. Zur Anpflanzung in Haus» gärten werden empfohlen: Rote Eibeere, Rote Preis» beere, Sämling von Maurer, Beste Grüne, Hellgrüne Samtbeere, Marmorierte Goldkugel, Prinz von Oranien, Riesen »Zitronenbeere, Weisse Kristallbeere, Weisse Triumphbeere. Für den Massenanbau, zur Weinbereitung und zum Einkochen eignen sich Rote Eibeere (frühreifend), Sämling von Maurer (mittelfrüh), Rote und weisse Triumphbeere, Grüne Riesenbeere (spätreifend), Ameri» kanische Bergstachelbeere (die letztere mit 20 mm langen, 19 mm breiten und 4 gr schweren Beeren). Zum Grün» Fig. 982. R ib e s G r o s s u la r ia L., hochstämmig. pflücken kommen die amerikanische Stachelbeere, Grüne Phot. Frau Isabella H eg i-N aef Rüschlikon (Schweiz). Riesenbeere und die Rote Triumphbeere in Betracht. Zum Ganzeinmachen werden Grüne Flaschenbeere, Smaragdbeere und Späte»Grüne (London) sowie Früheste von Neuwied genannt. In der Grösse und im Gewicht schwanken die einzelnen Sorten zwischen 28 und 45 mm Länge, zwischen 22 und 37 mm Durchmesser und zwischen 4 und 33 gr Gewicht. Die englischen Sorten sind im allgemeinen sehr gross, die deutschen zuckerreich. Ribes Grossularia mit euro» sibirischer Verbreitung ist vielerorts als „Oekiophyt“ von natürlichen Stand» orten in Gärten und an Feldränder verpflanzt worden. Im Altertum war der Strauch selbst als wilde Pflanze noch gänzlich unbekannt. Zum ersten» mal wird derselbe im 12. Jahrhundert in einem französischen Psalmenbuch als „groiselier“ zur Bezeichnung eines Dor» nenstrauches (vielleicht ist aber darunter eher der Weissdorn zu verstehen) und im 15. Jahrhundert die Frucht vonTrou» vere ( = dem provenzalischen Trouba» clour) von R u t e b e u f als „groiselle“ er» wähnt. Eine spätere unzweideutige Er» wähnung des Strauches findet sich dann in dem 1536 in Basel gedruckten lateini» sehen Buche von J. R u e l l i u s (geb. 1474). In Deutschland bezw. in der Schweiz nennen ihn 1539 Hieronymus B o c k , 1542 Konrad G e s n e r , 1545 L. F u c h s , Fig. 983. R ib e s G r o s s u l a r i a L., auf Lavaboderi bei Niedermendig (Rheinprovinz). Phot. Dr. G. H e g i, München. 1585 W i g a n d , 1664 T i t i u s als eine

648 noch wenig bekannte Gartenpflanze und empfehlen den Strauch, die „Grosseibeere“, in erster Linie als Hedten» pflanze. In Württemberg wurde er zu Fuchs’ Zeiten noch nicht kultiviert. Allgemeiner wurde die Kultur in Deutschland erst im 16. Jahrhundert, zumal als man begann, bessere, grossfrüchtige Sorten zu züchten. Immerhin kannte man um die Mitte des 18. Jahrhunderts erst 5 Sorten; später kamen besonders englische Züchtungen hinzu. Ueber die Geschichte der Stachelbeere vgl. auch B u n y a r d , E. A. The Origin of the Garden Currant (Linn. Soc. London nr. 320, 1916), Die älteste bildliche Darstellung der Stachelbeere findet sich nach S. Ki l l e r = m a n n in dem aus der niederländischen (Genter) Miniaturenschule stammenden Breviarium Grimani (in der Markus» Bibliothek Venedig aufbewahrt), dessen Entstehung in die neunziger Jahre des 15. Jahrhunderts fällt. — Die Beeren enthalten 84 bis SS % Wasser, 6 bis 8 % Dextrose und Laevulose (keine Saccharose), 0,3 bis 0,57 % Ei» weiss, l,13o/o Pektinstoffe, 3,52 °/o Holzfaser, 1 , 4 2 % freie Säuren (in der Hauptsache Zitronen», Wein» und Apfelsäure, in unreifen Früchten auch Bernsteinsäure), Gerbstoffe, Gummi, 0,2 bis 0,55 °/o Aschenbestand» teile (besonders Alkali). Sie finden als Kompott, Gelee, als frisches Obst, Konserven sowie zur Beer» wein» und Essigbereitung allgemeine Verwendung. Nach A. v. H a l l e r gibt der Saft mit dem von Ribes nigrum gemischt unter Zuckerzusatz ein dem Mosel» wein sehr nahestehendes Getränk. Unreife Beeren, im Uebermass genossen, können schlimme Erschei» nungen, selbst mit tödlichem Ausgang zur Folge haben. — Die ziemlich unauffälligen Blüten, die wie diejenigen von Berberis riechen, sondern im Grunde des glocken» förmigen Kelchbechers Nektar ab. Der Zugang wird durch die Verengerung des Kelchsaumes sowie durch starre, vom Griffel senkrecht abstehende Haare ver» deckt. Ausser Zwitterblüten wurden unvollkommen weibliche Blüten festgestellt. Als Besucher werden Musciden, Syrphiden, Apiden, auch Bombus terrestris, Tenthrediniden und Vespiden beobachtet. E we r t (Par» thenokarpie bei der Stachelbeere. Landw. Jahrb. Bd. XXIX , pag. 465, 1910) stellte fest, dass sich bei Ver» hinderung der Bestäubung durch Ringelung der Zweige Fruchtentwickelung erzielen lässt. Die Früchte bleiben aber kernlos; sie gelangen etwa 14 Tage früher zur Reife als die normalen, kernhaltigen, von denen sie sich in chemischer Hinsicht dadurch unterscheiden, dass sie mehr Zucker und mehr Säure enthalten als Fig. 984. R i b e s G r o s s u l a r i a L. a Blattloser Zweig im Winter. die kernhaltigen. Von Abnormitäten sind spiralig ge» b Stacheln (vergrössert). c, d Traube (im Aufriss) mit 1 und 2 Blüten. — R i b e s a i p i n u m L . I Aufriss eines blühenden Sprosses, m Grund­ wundene Fasciationen, verwachsene Blüten und Früchte, riss desselben. — R i b e s n i g r u m L. A Längsschnitt durch die Blüte. tetramere Blüten sowie eine Längsverwachsung der r Blattdrüse (vergrössert). s Haar. — (Fig c, d, l und m nach E i c h 1e r). Kotyledonen bekannt. Besonders interessant ist das gelegentliche Auftreten der sonst fehlenden Vorblätter auf der Mitte des Fruchtknotens. Von sämtlichen Ribes» Arten belaubt sich diese Art im Frühjahr zuerst.

1458. Ribes rubrum (L.) em. Jancz. ( = R. Lithuänicum Jancz., = Grossularia rübra Scop.). R o t e J o h a n n i s b e e r e . Franz.: Groseillier commun, groseiliier ä grappes, g. rouge, raisin de mare, castillier, gadellier (vom Bretonischen gardiz = rauh, scharf); raisinet (Westschweiz); engl.: Red currant, wild currant; ital.: Ribes rosso; crosei (Tessin). Taf. 144, Fig. 5 ; Fig. 985, 986 und Fig. 979 d. Der Name (Sankt) J o h a n n i s b e e r e , der sich auf die Reifezeit der Früchte bezieht, taucht allgemeiner erst im 16. Jahrhundert auf. Im Volksmunde erscheint er oft stark zusammengezogen: J a n n s b e e r e , J a ns » d r u w e (niederdeutsch), G ’ h a n s d r a u w e (Hunsrück), K a n s t r a u b e (Rheinpfalz), S a n t i h a n s i : r i w e l i , H a n s i s t r i i w e l i , K a n z e l t r i w e l i , H a n s e t r i b i l i (Baden), S a n t i h a n s b e r i , »t rübl i (Schweiz), Ha nns » k i e s c h e (Niederrhein). Oft werden die Früchte auch kurzweg als (Wein») Träubdien bezeichnet: T r ü b »

649 (Sädcingen), T r ä u b l e (schwäb. Alb), W i m b e r e , W i e m e l t e r , W i m m e l e , B i m m e l e (zusammengezogen aus Wimbere) (Niederrhein), W e i n b e e r ( l ) (vielfach im Oberdeutschen), K r e n t e ( n s t r ü k ) |= Korinthe] (ber= gisch). Auf die fremde Herkunft (die Kultur der Johannisbeere scheint aus dem nordfranzösischen Gebiet zu stammen) geht wohl die schweizerische Benennung M e e r t r ü b e l i (nach D e C a n d o l l e angeblich über das Meer gekommen). In Westfalen werden die Johannisbeeren kurzweg K a s b i t e n , K a s s b e t e n (eigentlich = Kirschen) genannt. Vielfach ist der botanische Name „ribes“ in die Volkssprache übergegangen.- R i e b s (z. B. Braunschweig, Lübeck), R i w e l s (Eiderstedt, Stapelholm), R i b i s ( e ) l , R i w i s (e)l [(bayerisDereh („die 7 Brüder Jedi Kardasch“ genannt) soll Gottfried von Bouillon (1096) sein Zelt aufgeschlagen haben. Die Platane von Stanchio, deren Aeste auf 50 Säulen aus Granit und Marmor ruhen, wird auf 2000 Jahre geschätzt. In Mitteleuropa wird die ziemlich frostempfindliche Art viel seltener als P. acerifolia als Alleebaum oder Solitärbaum in Gärten und Parkanlagen angetroffen; dagegen ist sie in Süd= und Südosteuropa sehr verbreitet und ist bereits um Wien ziemlich häufig kultiviert anzutreffen. Aendert in analoger Weise wie P. acerifolia ab. 10. Farn. C o n n a r ä c e a e . Holzpflanzen mit unscheinbaren, radiären Zwitterblüten. Diese mit etwa 143 auf 20 Gattungen verteilten Arten über die Tropen beider Hemisphären verbreitete Familie steht den Leguminosen nahe, unterscheidet sich aber von denselben u. a. durch das regelmässige Fehlen von Nebenblättern. Auch zu den Anacardiaceen scheinen Beziehungen zu bestehen.

59.

Farn.

R osáceae.

Rosengewächse.

Holzgewächse, Bäume, Sträucher, ausdauernde oder mehrjährige Stauden, selten auch einjährige Kräuter. Wurzel bleibend oder frühzeitig durch Adventivwurzeln ersetzt werdend. Sprossachsen einfach oder ästig, zuweilen mit Sprossdornen (Fig. 996) oder bestachelt (z. B. Rosa). Laubblätter wechselständig (bei Rhodotypus und bei den Keimpflanzen von Kerria und Prunus gegenständig), einfach oder zusammengesetzt, sommergrün, seltener immergrün, lederartig. Nebenblätter meist vorhanden, zuweilen dem Blattstiel angewachsen (Fig. 999), blei= bend oder hinfällig, selten ganz fehlend (Aruncus). Blüten strahlig, selten zygomorph (Chrysobalanoideae), meist zwitterig, selten eingeschlechtlich, einzeln oder zu Aehren, Trauben, Rispen oder Trugdolden ver= Fig. 996. Sprossdornen: I. von C r a t a e g u s c u n e a t a einigt, meist gross und auffällig, seltener klein und Sieb, et Zucc., II. von P r u n u s s p i n o s a L. a Mutter­ spross, d Narbe des Stützblattes für den im Dorn (s) unansehnlich. Blütenhülle meist doppelt, selten Krom endigenden Zweig, b Blätter auf dem Zweigdorn, k Knospe blätter fehlend (Alchemilla, Sanguisorba). Kelchblätter (Fig. II nach P r a nt l ) . meist 5, selten mehr oder weniger (3, 4), mit breitem Grunde dem Rande des Achsenbechers (receptáculum, cúpula) aufsitzend, 3*eckig=lanzettlich, meist einfach oder mit Aussenkelch, krautig, meist bleibend, zur Fruchtzeit oft vergrössert, in der Knospenlage dachziegelartig, selten klappig. Kronblätter den Kelchblättern an Zahl gleich und mit diesen abwechselnd, am Rande des Achsenbechers sitzend, in den Grund ver= schmälert oder kurz genagelt, weiss oder farbig, jedoch selten blau oder violett, in der Knospe dachziegelartig, selten gerollt. Staubblätter 2 bis 4 mal so viele als Kelchblätter oder zahlreich, selten nur 1 bis 5, ebenfalls dem Rande des Recep= taculums entspringend, in der Knospe nach einwärts gekrümmt; Staubfäden frei, meist fadenförmig. Fruchtblätter so viele als Kelchblätter oder 2 bis 3 mal so viel oder zahlreich, selten 1 bis 4, meist frei, seltener unter sich oder mit der Innenwand des hohlen Blütenbodens verwachsen, einfächerig, meist mit 2, seltener mit einer oder mit mehreren hängenden oder aufsteigenden, umgewendeten Sa= menanlagen, von den Staubblättern meist durch einen f ‘g- " 7- Längsschnitt durch die Bluten von a R u b u s ° ’ I d a e u s L , ft D r y a s o - c t o p e t a l a L , c P r u n u s a v i u m d: breiten, mit einem drüsigen Diskusring ganz G d R o s a a r v e n s i s Hudson, e C y d o n i a ob l o n g a . Mili. (h Blütenstandsachse, verbreitert, erhöht oder becherförmig oder teilweise ausgefüllten Zwischenraum getrennt. ausgebildet). h Lat. rosa = Rose.

663 Griffel am Scheitel oder an der Bauchseite, selten an der Rückenseite der Fruchtblätter stehend, frei oder teilweise miteinander verwachsen-, Narbe meist klein. Blütenboden flach, schüsseb, becher* oder krugförmig, halbkugelig oder kegelförmig verlängert (Fig. 997). Frucht sehr mannigfaltig: eine Schliessfrucht, Steinfrucht oder Balgkapsel oder durch Vereinigung mit der vergrösserten und fleischig gewordenen Blütenstandsachse eine ,,Scheinfrucht“ oder aber eine „Sammelfrucht“ bildend. Samen meist klein, seltener gross, gewöhnlich ohne oder mit nur sehr wenig, selten mit reichlichem Nährgewebe. Keimblätter meist fleischig, plankonvex. Die Familie umfasst über 2000 Arten, die sich auf die folgenden Unterfamilien, Tribus und Gattungen ver» teilen (C. K. S c h n e i d e r unterscheidet neuerdings wiederum als Familien die Spiraeaceae, Rosaceae [im engeren Sinne], Pom aceae und Drupaceae [ = Prunoideae]). 1. Unterfamilie S p i r a e o f d e a e . Wehrlose Sträucher, selten Bäume oder Stauden mit meist ungeteilten, oft nebenblattlosen Laubblättern. Blüten meist klein, zu reidiblütigen Blüten» ständen vereinigt. Kelchblätter meist 5. Kronblätter in der Regel 5, weiss, rosa oder rot. Staubblätter 10 bis 20 oder v iele; Staubfäden am Grunde verbreitert. Fruchtblätter meist 2 bis 5, selten 1 oder 6 bis 12, quirlig stehend, dem flachen oder trichterförmigen Fruchtboden aufsitzend, aber nicht in denselben eingesenkt (Fig. 1010 f). Früchtchen 2» bis mehrsamig, selten l«samig, meist eine nach Innen aufspringende Balgfrucht darstellend (Fig. 1004 und 1010 g, h). Samen ohne oder mit sehr spärlichem Nährgewebe. — Hierher die Tribus : a) S p i r a e i a e . Sträucher und Stauden. Fruchtblätter frei oder nur am Grunde verwachsen (Fig. 1004 b und 1014 g, h). Früchte 2= bis mehrsamige Balgkapseln. Samen ohne Flügelrand. Diese Tribus umfasst die Gattungen P h y s o c ä r p u s ( = Opuläster) mit 13 Arten (pag. 680), N e i l l i a Don mit m ehreren A rten im Himalaya und Südchina, von denen N. t h y r s i f l ö r a Don und N. S i n e n s i s Hook. f. ab und zu als Ziersträucher kultiviert werden, S t e p h a n ä n d r a mit 3 Arten in Japan, Korea und China. Als Ziersträucher werden selten kultiviert: S t e p h a n a n d r a i n e i s a Zabel, verschiedene Arten der Gattung S p i r s e a (pag. 674), Si bi r aea (pag. 681), E r i o g y n i a ( = Suütkea) mit 1 A rt (E. pectinäta Hook.) aus dem nordwestlichen Amerika, A r ü n c u s (pag. 671), S o r b ä r i a (pag.681), S p i r a e ä n t h u s mit 1 A rt aus der Sungarei sowie Gi l l e n i a mit 2 Arten in Nordamerika (G. trifolidta [L.] ist eine bekannte Zierpflanze). — b) Q u illa ie a e . Sträucher und kleine Bäume. Laub» blätter ungeteilt, mit meist hinfälligen Nebenblättern, gewöhnlich immergrün. Blüten 5»zählig. Fruchtblätter 3 bis 5, Früchte Balgkapseln. Samen mit Flügelrand, meist ohne Nährgewebe. Hierher die Gattung Q u i 11 ä J a mit 3 Arten in Südamerika. Die in Chile, Bolivia und Peru einheimische, in Südeuropa kultivierte Q. s a p o n ä r i a Molina ist ein immergrüner, 15 bis 18 m hoher Baum mit ungeteilten diddederigen Laubblättern, achselständigen, weissen Blüten und sternförmig gespreizten, zweiklappig aufspringenden Früchten mit zahlreichen, langgeflügelten Samen. Sie enthält in der Rinde — doch auch im Holz und in den Wurzeln — bis 10o/o Saponin, ferner Sapotoxin, ein Lactosin»ähnliches Kohlehydrat, Quillajasäure, Calciumoxalat usw. Die Rinde wird seit langer Zeit als Seifen» oder Panamarinde verw endet; seit 1832 gelangt sie in Form von flachen Stücken, die fast ausschliesslich aus der hellen, holzigen Bastschicht bestehen und in der Kristalle von oxalsaurem Kalk glitzern, in den europäischen Handel. Sie wird in der Technik, besonders in der Wäscherei, als färben» schonendes Waschmittel verwendet, ferner bei der Herstellung von Kopf», Mund» und Haarwässern, gegen übelriechenden Schweiss usw. Auch wird ein mit Glaubersalz versetztes,- festes Extrakt („Panamin“) aus der Rinde hergestellt. Eine Abkochung bezw. ein Extrakt („Saponin“) aus der C ö r t e x Q u i l l ä j a e wird gegen ■chronischen Luftröhren» und Lungenkatarrh und Asthma angewendet. Die medizinische Bedeutung beruht auf der Anwesenheit der beiden glykosidischen Saponinkörper Quillajasäure und Sapotoxin, beides toxische Herzgifte. — K a g e n e c k i a mit 3 Arten in Chile. — L i n d l e y a mit 1 Art (L. m e s p i l o i d e s H. B. et Kunth) in den Gebirgen von Mexiko. Bei uns ein seltener Zierstrauch. — V a u q u e l i n i a mit 4 (?) Arten in Mexiko und Arizona, von denen sich höchstens V . c o r y m b ö s a Corr. in Kultur befindet. — E x o c h ö r d a mit 3 Arten in Mittelasien, davon E. A l b e r t i Regel und E. g r a n d i f l ö r a LdL altbekannte Zierpflanzen. — E u p h r ö n i a mit 1 A rt (E. hirtelloides Mart, et Zucc.) in Brasilien, c) H o lo d is c d a e . Sträucher mit ungeteilten Laubblättern. Blüten klein, 5»zählig, in zu lockeren Rispen zusammengestellten, reidiblütigen Trauben. Kronblätter wenig länger als die Kelchblätter. Staubblätter etwa 20. Fruchtblätter 5, zottig behaart, mit 2 Samenanlagen. Frucht eine Schliessfrucht. Samen mit dünnem Nährgewebe. Hierher die Gattung H o l o d i s c u s mit 4 A rten in Nord» und Mittelamerika, davon H. d i s c o l o r (Pursh) Maxim, bei uns zuweilen als Zierstrauch.

2. Unterfamilie P o m o i d e a e . K e r n o b s t g e w ä c h s e . Meist Bäume und Sträucher mit in der Reg geteilten, seltener gefiederten, sommergrünen, selten immergrünen Laubblättern und mit deutlichen Nebenblättern. Blüten einzeln oder in ± reichen Blütenständen, gross, seltener klein, weiss, rosa oder rot, meist zwitterig, seltener auch männliche. Kelchblätter 5. Kronblätter 5. Staubblätter meist 20 bis 30 (seltener 15 oder weniger). Fruchtblätter in der Regel 5 (selten 1 bis 4), r t weniger weit mit dem Achsenbecher und oft auch unter sich verwachsen, mit meist 2 (seltener 1 bis 20) Samenanlagen. Blütenachse becher» bezw. krugförmig oder zylindrisch. Frucht aus dem unteren Teil der Kelchblätter, der fleischig vergrösserten Blütenachse und den auf der Innen»

664 seíte häutigen, pergamentartigen oder steinigen Fruchtblättern eine Scheinfrucht („Kernapfel“ oder „Steinapfel“) bildend. Fruchtfächer 1» bis wenigsamig. Samen ohne Nährgewebe. Keimblätter plankonvex, meist fleischig. Die Pomoideae zerfallen ihrerseits wiederum in die beiden Tribus der M esp iléae mit 1 bis 5, zu getrennten Steinen auswachsenden, aussen grösstenteils von der fleischigen Blütenachse umgebenen Frucht* blättern und in die P í r é a e mit 2 bis 5, an der Innenseite häutig oder pergamentartig überzogenen Frucht« blättern. Hierher die Gattungen: Co t o« n e á s t e r (pag. 682), P y r a c á n t h a (pag. 688), N a g é l i a mit 2 Arten in Mexiko, O s t e o m é l e s mit etwa 11 Arten (die m ei­ sten in Südamerika), C y d ö n i a (pag.689), C h a e n o m é l e s (pag.695), D o c y n i a mit 1 bis 3 Arten im Himalaya, P i r u s (pag. 694), S o r b u s (pag. 705), Ma l u s (pag. 745), M í c r o m é l e s mit 6 Arten in Vorder* indien, China und Japan, R h a p h í o l é p í s mit 4 oder 5 Arten im subtropischen Asien (R. I n d i c a [L.] Lindl. und R. J a p ó n i c a Sieb, et Zucc. [ = R. umbel* läta Thunb.J mit immergrünen, einfachen Laubblättern werden in Kalthäusern als Ziersträucher kultiviert). E r í o b ó t r y a mit 1 Art in China und Japan : E r i o * b o t r y a J a p ó n i c a Lindl. ( = Crataegus Bibas Lour.), Japanische Mispel ; franz. t Néflier du Japon, bibacier; ital. : Nespole del Giappone. Fig. 998. Kleiner Baum mit sehr kurz gestielten, grossen, läng» liehen, am Grunde verschmälerten, grob gezähnten, oberseits glänzenden, unter» seits dicht gelbwollig»filzigen, lederigen, Fig. 998. E r í o b o t r y a J a p ó n i c a Lindl. a Blühender Zweig (Vs natürlicher Grösse), b Blüte, c Früchte, d, e Längs- und Querschnitt durch die Frucht. deutlich gefurchten Laubblättern. Blüten unscheinbar, in den traubig»rispigen, wolligen Blütenständen fast versteckt, öfter gefüllt. Kelchblätter 5, rundlich, bleibend. Kronblätter 5, rundlich ver» kehrbeiförmig. Fruchtblätter 5, miteinander vollständig verbunden, oben mit freier Gipfelfläche. Griffel frei, am Grunde wollig behaart. Scheinfrucht verkehrbeiförmig, etwas abgeflacht, kahl, glatt, gelb; Fruchtfleisch schwach säuerlichosüss, sehr saftig. Kerne meist 2 bis 3 (1 bis 7), gross, abgerundebeckig, glänzend braun, glatt; Keimblätter (selten 3) sehr dick. Die Pflanze wurde von J. B a n k s 1778 aus Japan nach England eingeführt und wird heute ausser in China, Japan, Indien und Chile auch in den Mittelmeerländern der essbaren Früchte wegen kultiviert ; die an» genehm schmeckenden Früchte reifen von April bis Juni, sind aber wenig haltbar. Aus dem Mittelmeergebiet werden sie nach Deutschland auf den Markt gebracht. Die reifen Früchte enthalten 6 % Invertzucker, 4,94 % Saccharose, 0,6 0/o Aepfelsäure (Jedoch keine anderen Säuren), 3,3 °/o Pektin und 6 ,3 % Pentosane, die Kerne etwas freie Blausäure, Amygdalin und Laurocerasin, die jungen Blätter ein Saponin. Nach Alfred E r n s t ergrünen die Samen bereits im Dunkeln, unabhängig vom Licht. P h o t i n i a mit etwa 20 Arten im südlichen und östlichen subtropischen Asien und wärmeren Nord» und Mittelamerika, von denen P. v í l l ó s a DC. und P. g l a b r a Maxim, ab und zu in Kalthäusern und in Gärten angetroffen werden, S t r a n v æ s i a mit 5 Arten in China, Tibet und im Himalaya, P e r a p h y l l u m mit 1 Art (P. ramosissimum Nutt. im nordwestlichen Amerika), M é s p i l u s (pag. 739), P o u r t h i æ a mit 5 Arten im Himalaya, in Ostasien und auf den Gebirgen der Sunda»Inseln, A m e l a n c h i e r (CCCLXXXIX) und C h a m a em él e s mit einer (Ch. c o r i á c e a Lindl.) im Erlöschen begriffenen Art auf Madeira. Ausführliches über die Pomoideae bei K o e h n e , E. Die Gattungen der Pomaceen, F)g - " 9- Laubblatt Berlin 1890. B u r g e r s t e i n , A. Vergleíchendahístologísche Untersuchungen des Holzes der blättern. Pomaceen. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften Wien. Mathem.»natur» wissenschaftl. Klasse. Bd. CIV Abt. I (1895) und Bd. CV Abt. I (1896). — F o l g n e r , V . Beiträge zur Syste* matik und pflanzengeographischen Verbreitung der Pomaceen. Oesterr. Botan. Zeitschrift. Bd. XLVII, 1897. — O s t e r w a l d e r , A. Blütenbiologie, Embryologie und Entwicklung der Frucht unserer Kernobstbäume. Land» wirtschaftliche Jahrbücher. Bd. X XX IX , 1910.

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5. Unterfamilie R o s o i d e a e . Sträucher, Stauden, seltener auch einjährige Kräuter mit ungeteilten meist geteilten Laubblättern. Nebenblätter stets vorhanden (Fig. 999). Blüten gross oder seltener klein und un» scheinbar, einzeln oder zu meist armblütigen Blütenständen vereinigt. Kelchblätter meist 4 oder 5. Aussenkelch sehr oft vorhanden. Kronblätter meist 4 bis 5, seltener mehr, gelb, weiss oder rosa. Fruchtblätter zahlreich, auf halbkugeligem oder kegelförmigem Fruditträger, seltener wenige oder 1, frei, in den hohlen Kelchbecher eingeschlossen. Samenanlagen 1 bis 2. Griffel häufig seiten» oder grundständig. Früchtchen nie aufspringend. Hierher die Tribus: a) R o s é a e mit krugförmiger oder röhriger, die Früchtchen einschliessender, zur Frucht» zeit sich erweichender Blütenachse. Mit 1 Gattung: R o s a (CCCCIV). b) K e r r í é a e mit flacher oder ge» wölbter Blütenachse, mit vielen, nach oben verschmälerten Staubblättern und mit wenigen, in einem Kreise stehenden Fruchtblättern. Hierher folgende Gattungen: R h o d ö t y p u s mit einer A rt: R. k e r r i o i d e s Sieb, et Zucc. ( = R. tetrapétala Mak.). Fig. 1000. Bis 2,5 m hoher Strauch mit gegenständigen, kurzgestielten, eiförmigen oder eilänglichen, zugespitzten, unregelmässig doppeltgesägten, mit krautartigen Nebenblättern versehenen, oberwärts ganz und unterwärts fast verkahlenden Laubblättern. Blüten meist einzeln, an kurzen, beblätterten Zweigen endständig. Kelchblätter 4, laubartig, grobgesägt, ungleich, bleibend; Aussenkelchblätter klein, lanzettlich. Kronblätter 4 (Fig. 1000 c und Fig.1003a), rundlich, kurzgenagelt, weiss. Staubblätter zahlreich. Fruchtblätter (2 bis) 4 (bis 6), vor den Kronblättern stehend, durch einen Ligula»ähnlichen Auswuchs des Achsenbechers überdeckt. Frucht rundlich eiförmig, mit glänzend schwarzer, harter Schale, mit nicht saftigem, schwammigem Epikarp. Samen mit reichlichem Nährgewebe. — V . In Japan einheimisch, bei uns häufig als Zierstrauch kultiviert. — K é r r i a , mit einer A r t: K. J a p ó n i c a DC. Nessel» oder Goldröschen. Fig. 1001. 1 bis 3 m hoher Strauch mit kriechender Grundachse. Laubblätter kurz gestielt, eilanzettlich, lang zugespitzt, doppeltgesägt. Blüten einzeln, an Kurz» trieben endständig. Kelchblätter 5, ganz» randig. Kronblätter 5, gelb, rundlich» verkehrteiförmig, kaum genagelt. Staub» blätter zahlreich. Fruchtblätter (4) 5 (6). Kelchbecher mit einem flachen Diskus. Früchtchen trocken, dunkelbraun. — V. In China einheimisch, in ganz Ostasien kultiviert, in Mitteleuropa meist mit ge» füllten Blüten in Gärten als Zierstrauch angepflanzt, zuweilen auch verwildernd. — N e v i ü s i a mit 1 Art (N. A l a b a » m é n s í s A. Gray) in Alabama vor» kommend. Selten in Gärten kultiviert. c) U lm ariéae. Blüten mit flacher oder schwach vertiefter Achse. Staubfäden ver» schmälert, fast keulenförmig. Hieher als einzige Gattung F i l i p é n d u l a (CCCCIII). d) P o ten tilléa e. Blüten mit flacher oder gewölbter, schüsselförmiger, seltener becherförmiger Achse, mit nach oben verschmälerten Staubblättern und meist zahlreichen, oft zu einem Köpfchen ver» einigten, selten wenigen Fruchtblättern. Fig. 1000. R h o d o t y p u s k e r r i o i d e s Sieb, et Zucc. a Blütenzweig (*/a natür­ licher Grösse), b Kelch von unten, c Blüte, d Blüte im Längsschnitt, e FruchtLaubblätter gefingert oder gefiedert, selte» ner einfach. Hierher die Gattungen Rü» stancL /Teilfrüchtchen. ^ Dasselbe längsgeschnitten. bus (CCCXC), F r a g á r í a (CCCXCIV), D u c h é s n e a (CCCXCIV), C ó m a r u m (CCCXCI), P o t e n tí 11a (CCCXCII, H o r k é l í a mit 5 Arten in Nord» amerika (Rocky Mountains und Calíforníen), H o r k e l í é l l a mit 3 Arten in Calíforníen, I v é s i a mit etwa 10 Arten in Nordamerika, Síbb áld ía(C C C X C III), P o t á n í n í a mit 1 Art (P. M o n g ó l i c a Maxim.) in der Mongolei, Ch a ma é » r h o d o s mit etwa 5 Arten in Sibirien und Nordwestamerika; W a l d s t e í n í a (CCCXCVIII), C o l ü r i a mit 12 Arten in Sibirien, G é u m (CCCXCVI), S í e v e r s í a (CCCXCV), F a l l ü g i a mit 1 Art (F. p a r a d ö x a [Don] Endl.) im nordwestlichen Amerika; C o w ä n i a mit 3 bis 4 Arten in Mexiko und im südwestlichen Nordamerika, von denen eine Art (C. Mexicana Don) ab und zu kultiviert wird; D r y a s (CCCXCVII). Die 6 letzten Gattungen

666 werden zuweilen zu einer eigenen Tribus der D r y a d in a e vereinigt, e) S a n g u í s o r b é a e . Blüten mit krug» förmiger, 1 bis 2 (selten mehr) Fruchtblätter einschliessender, zur Fruchtzeit verhärtender, seltener erweichender Achse. Aussenkelch zuweilen vorhanden. Staubblätter zahlreich bis wenige (zuweilen nur 1 bis 2). Hierher die ^ Gattungen: A l ehern i l l a (CCCCII), ä ’Ch', e A g r í m ó n i a (CCCC), A r e m ó n i a ^ ' (CCCIC), S p e n c é r í a mit 1 Art (S. ramaläna Trim.) im westlichen China, L e u c o s i d e a mit 1 Art (L. sericea Eckl. et Zeyh.) in Südafrika, H a g é n í a mit 1 A rt: H. A b y s » s í n i c a Willd. ( = Brayéra antheb míntíca Kunth, = Bankésía Abys» sínica Bruce). Ein bis 20 m hoher Baum mit grossen, schopfig stehenden Fiederblättern und grossen, ästigen, dicht drüsig»behaarten, bis Väm langen Blütenrispen. Blüten polygam, männ= lieh, weiblich oder zwitterig. Die trockenen, abgeblühten, rosavioletten weiblichen Blüten liefern die offizi» nellen (Pharm. Germ., Austr. et Helv.) Kosoblüten (F 1 ó r e s K ó s o ), die ein bekanntes therapeutisches Band* Wurmmittel (gegen alle Taenia»Arten) bilden. Besonders bei den Abes» siniern, die viel rohes Fleisch essen, spielt dieses Präparat, das 1822 nach Paris und 1834 nach Deutschland ge» bracht wurde, eine grosse Rolle. Die Droge enthält Kosotoxin (ein muskel» lähmendes Herzgift), Kosidin, Kosoin, Fig. 1001. K e r r i a J a p ó n i c a DC. a Blühender Zweig (‘/s natürlicher Grösse), b Blü­ Protokosin,Gerbstoff,Zucker, Gummi, hender Zweig mit gefüllten Blüten, c Kelch (von unten) d Blüte nach Entfernung der Harze, ätherisches Oel, Oxal», Essig» Kronblätter, längsgeschnitten, e Kronblatt. / Früchtchen (F ig ./n ach C. K. S c h n e i d e r ) . und Baldriansäure. Der Baum be» wohnt die höheren Stufen der ostafrikanischen Hochgebirge; am Kilimandscharo ist er von 1600 m an geradezu eine Charakterpflanze. — S a n g u i s ö r b a (CCCCI), P o t é r í u m mit 1 Art (P. spínósum L., ein niedriger, dorniger Busch im östlichen Mittelmeergebiet und in Italien), Mar » g y r í c á r p u s mit 1 oder mehreren Arten in den Anden von Südamerika, T e t r a g l ö c h i n mit 1 Art in Chile, P o 1y 1e p i s mit 33 Arten in den Gebirgen des tropischen Südamerika, A c a é n a mit etwa 40 Arten auf der südlichen Erdhälfte (Fig. 1002), Ben» c ó m í a mit 2 Arten auf den Canari» sehen Inseln und auf Madeira, C 1i f » f ó r t i a mit 40 Arten in Südafrika. — f) C ercocarp éae. Sträucher. Blüten mit vertiefter bis röhrenförmiger, wenig» stens teilweise an der Frucht blei» bender, meist erhärtender Achse. Staubblätter 15 bis viele, selten weniger. Fruchtblätter 1, seltener 2, in der Blütenachse grundständig, mit fast endständigem Griffel. Hierher die Gattungen: C e r c o c ä r p u s mit 5 Arten in Mexiko und in den Vereinigten Staaten. Als Ziersträucher werden kultiviert C. parvifölius Nutt. und C. betulaefölius N utt.$ A d e n ö s t o m a mit 1 bis 2 Arten in Kalifornien; C o l e ö g y n e mit 1 Art (C. ramosissima Torr.) im pazifischen Nordamerika; P ü r s h i a mit 1 Art (P. trídentáta DC.) im westlichen Nordamerika; C h a m a e b ä t i a mit 1 Art (Ch. foliolösa Bentham) in Kalifornien.

667 4. Unterfamilie. N e u r a d o i d e a e . Subtropische Wüstenkräuter mit buchtigen oder fiederschnittigen Laubblättern. Nebenblätter vorhanden. Kelchblätter 5. Kronblätter 5, gelb. Fruchtblätter 5 bis 10, unter» einander und mit dem Grunde der hohlen, zur Fruchtzeit vergrösserten und trockenen Blütenachse verwachsen, 1»sämig. Hieher die beiden Gattungen N e u r ä d a mit zwei Arten in Südwest» und in Nordafrika bis zur Arabischen Wüste und G r i é 1u m mit 4 Arten in Südafrika. 5. Unterfamilie. F r u n o i d e a e (Amygdaléae, Drupäceae). S t e i n o b s t g e w ä c h s e . Bäume oder Sträucher mit einfachen, ungeteilten, sommer» oder immergrünen Laubblättern. Nebenblätter meist hinfällig. Blüten strahlig. Blütenboden glockig, flach oder röhrenförmig vertieft (Fig. 997 c). Kelchblätter 5 (selten mehr), mit dem Kelchbecher abfallend. Kronblätter 5 (selten mehr oder fehlend). Staubblätter 10 bis 20 oder mehr. Fruchtblätter 1 (selten 2 bis 5), frei, grundständig, 1»fächerig, mit 2 hängenden, selten fast aufsteigenden Samenanlagen. Frucht eine Steinfrucht, in der Regel 1» (nur ausnahmsweise 2»)samig, mit saftigem, seltener lederartigem Fruchtfleisch und mit steinhartem Endocarp. Stein (putamen) rings von einer Naht umzogen, bei der Keimung 2»klappig aulspringend. Samen ohne Nährgewebe. Keimblätter fleischig. Viele Arten ent» halten in Rinde, Blättern und Samen ein Glykosid, das sog. „Amygdalin“, das sich durch gleichfalls vorhandene Fermente (Emulsin) leicht in Bittermandelöl und in Blausäure spaltet. Hieher gehören die Gattungen P r u n u s (CCCCV), N u t t ä l i a ( = Osmarönia) mit einer (N. cerasiförmis Torr, et Gray), bei uns selten in Gärten kultivierten Art, P y g e u m mit 18 Arten in den Tropen der alten Welt, M ad d é n i a mit 2 Arten im Himalaya, P l a g i o s p é r m u m mit 1 Art (P. Sinénse Oliv.) in Nord=China und in der Mandschurei, P r in s é p i a mit 1 Art im Himalaya und M a g n i s t i p u l a mit 2 Arten im tropischen Afrika. 6. Unterfamilie. C h r y s o b a l a n o i d e a e . Bäume und grosse, zuweilen kletternde Sträucher mit un» geteilten, immergrünen Laubblättern. Blüten meist unscheinbar und in reichblütigen Inflorescenzen, häufig i zygomorph. Staubblätter zahlreich, alle oder nur einzelne fruchtbar. Fruchtblätter 1 (nur abnormal 2), frei. Samenanlagen 2, aufsteigend. Griffel grund» ständig. Frucht eine Steinfrucht. Fruchtfleisch (Meso» carp) saftig oder mehlig. Samen ohne Nährgewebe. Hieher nur den Tropen und Subtropen angehörende Gattungen, deren Arten Holz, Gerbstoff, Farbe, ess» bare Früchte und Oel liefern oder infolge ihres Kiesel» Säuregehaltes bei den Eingeborenen in der Töpferei Verwendung finden. Die Chrysobalanoideae stellen die Verbindung der Rosaceae mit den Leguminosen her, indem sie einerseits den Prunoideae sehr nahe stehen (Unterschiede: zygomorphe Blüten, i ver» wachsene Staubfäden, Vorkommen von Kieselsäure» ablagerungen in den Zellmembranen usw.), andrer» seits durch die eben angeführten unterscheiden» den Merkmale sich den Leguminosen nähern. Fig. 1003. D i a g r am m e. a Rhodotypus kerrioides Sieb, et Zuce. b Spiraea salicifolia L. c Mespilus Germanica L. d Fragaria vesca Hierher die Gattungen: C h r y s o b ä l a n u s mit L. e Potentilla fruticosa L. / Sanguisorba minor Scop. 3 Arten in Westafrika und Amerika, von denen Ch. I c ä c o L., franz.: Icaquier, die Frucht franz.: prune»coton, engl.: Cocao plum, die essbaren Icaco» pflaumen liefert; G r a n g e r i a mit 3 Arten auf Madagaskar, Mauritius und auf den Sunda»Inseln; M o q u i l e a mit etwa 20 Arten in Süd» und Mittelamerika; L i c ä n i a [inkl. der Untergattung Parinariöpsis] mit 37 Arten in Süd» und Mittelamerika; L e c o s t ö m i o n mit 6 Arten in Süd» und Mittelamerika; S t y l o b a s i u m mit 3 Arten im südwestlichen Australien; H i r t e l l a mit etwa 40 Arten in Süd» und Mittelamerika, von denen eine Art sonderbarerweise auch auf Madagaskar vorkommt; C o u e p i a mit etwa 40 Arten in Südamerika; P a r i nä » ri-um mit etwa 50 Arten über den ganzen Tropengürtel verbreitet (mehrere Arten liefern essbare Früchte); A c i ö a mit 6 Arten (davon 5 in Afrika und 1 Art in Südamerika); A n g e l d s ! a mit 3 Arten auf den Sunda» Inseln und P a r ä s t e m o n mit 1 Art auf Malakka und Sumatra. Die Rosaceen sind fast über die ganze Erde verbreitet; arm an solchen sind fast nur Australien und die pazifischen Gebiete. Die meisten Arten, besonders die Spiraeoideen, Pomoideen und Rosoideen, bewohnen die Gebiete der nördlichen gemässigten und kalten Zone und stehen auf der Höhe ihrer Entwicklungsmöglichkeiten. Extreme Anpassungserscheinungen sind bei den Rosaceen selten. Xeromorph ist das in den Trockengebieten von Chile vorkommende Tetraglöchin strictum Kunze, ferner Margyricärpus setösus Ruiz et Pav. in Peru und M. alätus Gil. in Argentinien, Neuräda procümbens L. im Nordafrikamsch»arabischen Wüstengebiet, N. austro» africäna Schinz in der Namib von Südwestafrika (nach P a s s a r g e das niederschlagärmste Gebiet der Erde), Grielum» Arten in den Wüsten des westlichen Kapland und von Klein»Namaland (vgl. E ng l er, Adolf. Ueber Herkunft,

668 Alter und Verbreitung extrem er xerotherm er Pflanzen in Sitzungsber. der Preuss. Akademie der Wissenschaften. Bd. X X , 1914). A udi die extremen Hygrophyten sind in der Familie selten. Hierher zählen die Pygeum» A rten der tropischen Regenwälder von Asien und Afrika, die Maquíléa» und Lícánía», Parínáríum» und Chryso» bälanussArten der Hygrophyten»Wälder von Südamerika. Die Rosaceen Mitteleuropas sind meist Mesophyten. Viele sind baumförmig, so die meisten Pirus», Malus», Sorbus», Prunus» und ausnahmsweise auch Crataegus» A r ten. Uebergänge zu den Sträuchern bilden die Cydonia», Sorbus», Mespilus» und Crataegus»Arten, welche in tieferen und wärmeren Lagen auf fruchtbaren Böden baumförmig werden, in höheren Gebirgslagen sowie im hohen N orden jedoch nur die Strauchform erreichen. Von höheren Sträuchern sind Cotoneaster», Spiraea», Physocarpus», Sorbus», Crataegus», Amelanchier», Mespilus», Rosa» und Prunus»Arten zu nennen. Die einzigen Zwergsträucher der mitteleuropäischen Rosaceen sind Potentilla nitida und Dryas octop étala; neuerdings wird ein weiterer Zwerg» Strauch Cotoneaster microphylla Wall, aus der alpinen Stufe des Himalaya in Gärten vielfach kultiviert. Zu den Halbsträuchern leiten diejenigen Spiraea»Arten über, deren oberste Sprossteile während der kalten Jahreszeit regel» mässig zurückfrieren. Typische Halbsträudier sind nur schwach vertreten, hierher m ehrere Potentilla»Arten. Zu den Halbsträuchern müssen wohl auch die meisten mit ± stark verholzenden, zweijährigen Sprossen ausge» gestatteten Rubus»Arten gestellt werden. Bei diesen wird die vegetative Vermehrung durch Einwurzeln von weit» hin kriechenden oder bogenförmig auf den Boden herabhängenden Trieben bewirkt (Fig. 1085). Eine Mittelstellung zwischen Halbstrauch und Staude nehmen Comarum sowie zahlreiche A rten der Gattungen Potentilla, Alchemilla, auch Fragaria mit Wurzelstock oder Erdstode (Mesocormus) und mit dauernder oder frühzeitig schwindender Primärwurzel ein. Spärlich vertreten sind die Holzkopfstauden mit unterirdischer kurzer, verholzender Achse, welche jährlich aufrechte, krautige, im Herbst bis auf den Grund zurück absterbende Sprosse treiben (Alche» milla vulgaris, Ä runcus Silvester, Filipéndula Ulmaria). Auch die Zahl der „Hochstauden“ ist nicht gross (Sanguisorba officinalis und S. minor, Geum rivale und Geum urbanum). Die zweijährigen Kräuter sind ver» treten durch Potentilla supina, die ein» bis wenigjährigen durch Potentilla Norvegica und P. intermedia, Alche» milla arvensis. Besondere Anpassungen sind: Ausbildung von Wurzelbrut (z. B. bei Prunus», Pirus», Malus», Rosa»Arten, bei Sorbus aucuparia), Knospenschutz durch Schuppenblätter, Bewehrung durch Dornen (bei Pirus», Malus», Prunus», Mespilus» und Crataegus»Arten), Stacheln (bei Rosa» und Rubus»Arten), Mykorrhiza (bei Dryas octopetala und häufig auch bei Prunus spinosa). Über die Bedeutung der Bastardierung für Apogamie und Polymorphismus siehe bei Sorbus, Rubus, Potentilla, Alchemilla und Rosa. In den Pflanzenvereinen spielen die Rosaceen keine sehp-grosse Rolle und treten vielfach nur vereinzelt auf; nur die Arten mit einer reichlichen vegetativen Vermehrung (z. B. Sibbaldia procumbens, verschiedene Rubus», Potentilla» und Alchemilla»Arten) machen eine Ausnahme und verdrängen dann mit ihren energisch vordringenden, meist oberirdischen, dicht belaubten Kriechtrieben die konkurrierenden Arten. Die einheimischen Rosaceen»Arten zeigen hinsichtlich der Bestäubungsanpassungen eine grosse Mannig» faltigkeit. Ein ausgesprochener Windblütler ist Sanguisorba minor mit unscheinbaren, grünen Blütenköpfen und weit heraushängenden Staubblättern und Griffeln; eine Honigabscheidung fehlt wie bei allen typischen anemophilen Pflanzen. Pollenblumen mit reichlicher Pollenproduktion, mit zahlreichen Staubblättern und mit offenen, vielen Insektenklassen leicht zugänglichen Blüten sind z. B. A runcus, Rosa» und Filipéndula»Arten. Blüten mit halbverborgenem Honig besitzen viele Spiraea», Crataegus», Geum» und Potentilla»Arten, solche mit freiliegendem Honig die Gattungen Amelanchier, Alchemilla und Sibbaldia. Zur Klasse der Blüten mit völlig geborgenem Honig gehören Sorbus», Rubus», Comarum», Fragaria» und Prunus»Arten. Häufig sind gross» blütige Form en mit auffallenden, meist weissen, gelben oder roten Kronblättern oder Form en mit reichblütigen Infloreszenzen, die wirkungsvolle Schauapparate abgeben (Aruncus, Sorbus», Pirus»Arten usw.). Zahlreiche A rten locken durch einen eigenartigen Duft die Insekten a n ; andere sondern auf einer ringförmigen Stelle des Blütenbodens Honig ab. Häufiger als die nur bei mangelndem Insektenbesuche eintretende Selbstbestäubung ist die meist durch Proterogynie (selten durch Proterandrie) gesicherte Fremdbestäubung; Homogamie ist ver» breitet. Apogamie kommt u. a. bei Alchemilla»Arten v o r ; hier entwickelt sich der Same aus einer Embryosackmutter» zelle ohne vorausgegangene Befruchtung. Die meisten Rosaceen besitzen Zwitterblüten; immerhin ist bei ein» zelnen Gattungen (Sanguisorba, Chaenomeles, Dryas, Spiraea usw.) eine Neigung zur Trennung der Geschlechter bemerkbar. Letztere ist bei Aruncus Silvester durchgeführt (pag. 671). Die Samen weitaus der meisten Rosaceen keimen sehr langsam (viele brauchen gegen 2 Jahre) und die Keimung ist teilweise stark vom Licht, teilweise von der Wirkung des Frostes abhängig. Ausgesprochene Lichtkeimer sind Fragaria vesca, die meisten Poten» tilla»Arten, Sorbus aucuparia usw. Abweichend verhält sich nach K i n z e 1 einzig Agrimonia odorata, ein typischer Dunkelkeimer. Die Samen von Alchemilla arvensis keimen zwar leicht, werden aber doch noch stark vom Licht beeinflusst. Obstkerne, die vorher dem Froste ausgesetzt wurden, entwickeln sich wie der bei kühler Temperatur angekeimte Winterroggen bedeutend schneller und erzeugen kräftige und reichlich fruchtende Pflanzen. Allerdings geschieht die Fortpflanzung hochgezüchteter Obstsorten ja meistens durch Stecklinge, die dann gegen Krankheiten erfahrungsgemäss empfindlich sind.

145

669 Tafel 145.

Erklärung der Figuren. Fig.

1.

A ru n cu s

Silvester ( p a g .

ein er m ä n n lich e n „

1 a.

M än n lich e

671). B lü te n s p ro s s

B lü te (m it R e s te n d e r F r u c h t ­

k n o ten ). „

1 b. L ä n g s s c h n i t t



1 c.



2.



2 a.

du rch

Q u ersch n itt d u rch

F i g . 2 b. F r u c h t k n o t e n

P flan ze.

den den

F ru ch tk n oten .



2 c.



2d . Frucht



3.

d e r R eife) l ä n g s g e ­

Fruchtstand . län gsgesch n itten .

C o to n ea ster

to m en to sa

(p a g . 685).

B lü te

län gsgesch n itten .

Sam en.

C o t o n e a s t e r i n t e g e r r i m a ( p a g . 686). B l ü t e n ­

(n ach

sch n itten .



4.

C y d o n i a o b l o n g a ( p a g . 689). B l ü t e n z w e i g .

zw eig.



4 a.

B lü te

B lü te lä n g s g e s ch n itte n .



4 b. L ä n g s s c h n i t t

län g sg esch n itten . durch

die F r u c h t d e r v a r .

p irifo rm is .

Die Rosaceen sind reich an verschiedenen chemischen Stoffen (Alkaloide fehlen zwar), so vor allem an cyanogenen Glykosiden (Amygdalin, Laurocerasin, Fragarin, Gern usw.), an ätherischen Oelen (Nelkenwurz», Bittermandel*, Kirschlorbeer», Rosenöl), an fetten Oelen (besonders in den Samen), an organischen Säuren (in den Früchten), Enzymen, Kohlehydraten, ausserdem an Heliotropin, Vanillin (bei Spiraea und Rosa), Trime» thylamin (Crataegus), Asparagin und Cholesterin (Mandel), an Bitterstoffen, Quercetin, Lecithin, Hydrochinon, Kosin, Cumarin (Weichsel), Borsäure, Ti02 (im Holz vom Birn» und Apfelbaum), Phytosterin usw. (Nähere Angaben bei den einzelnen Arten). Blausäure abspaltende Glykoside sind bei sehr vielen Rosaceen nachge» wiesen worden. Fossile Reste der Gattung Crataegus sind aus der Kreide von Nordamerika und Grönland bekannt geworden, ebenso zahlreiche Form en der Gattungen Spiraea, Cotoneaster, Cydonia, Pirus, Amelanchier, Fragaria, Rhaphiolepis, Prunus, Chrysobalanus usw. aus dem Tertiär von Europa, Nordamerika und Columbien. Von noch lebenden Arten ist Prunus Amygdalus aus dem böhmischen Miozaen hervorzuheben. In den diluvialen Ablagerungen spielt als Leitfossil Dryas octopetala eine wichtige Rolle (siehe dort!). Die Rosaceen sind mit anderen Familien der Rosales nahe verwandt, so besonders mit den Saxifraga» ceen durch die Spiraeoideae (vgl. pag. 563) und mit den Leguminosen durch die Chrysobalanoideae (vgl. pag. 667), welch letztere häufig auch als selbständige Familie aufgefasst w erd en ; diese besitzen zygomorphe Blüten und i verwachsene Staubfäden, ausserdem im Holz Kieselsäureablagerungen. Lieber die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Familie vgl. J a c o b s s o n =S t i a s n y , Emma. Versuch einer embryologisch»phylogenetischen Be» arbeitung der Rosaceae. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften Wien, 1914. 1. Balgfrüchtchen nach innen aufspringend (Fig. 1004b), mehrsamig. Blüten klein, in meist sehr reich» blütigen, dichten, doldentraubigen oder rispigen Blütenständen. Unbewehrte Sträucher und Stauden mit unge» teilten, gelappten oder (Aruncus) doppelt gefiederten Laubblättern. (Vgl. auch Physocarpus, pag. 680.) . . 2. 1* Schein», Schliess» oder Steinfrüchte. Blüten i gross oder klein. Laubblätter ungeteilt, gefingert oder einfach gefiedert................................................................................................................................................... 2. Sträucher mit ungeteilten oder gelappten Laubblättern. Blüten zwitterig. S p i r a e a C C C LXXXI. 2*. Mehrjährige Stauden mit doppelt 3»zählig gefiederten Laubblättern. Blüten zweihäusig. A r u n c u s CCCLXXX. 3. Dornig bewehrte oder unbewehrte Bäume und i aufrechte S tr ä u c h e r .............................................. 4. 3*. Stachelige Sträucher, stachelige oder unbewehrte Halbsträucher, Stauden und Kräuter, niederliegende, unbewehrte Zwergsträucher (vgl. auch C o t o n e a s t e r ) ......................................................... 12. 4. Fruchtknoten 1, oberständig, frei. Steinfrucht. Laubblätter ungeteilt . . . . P r u n u s CCCCV . 4*. Fruchtknoten 2 bis 5, mit dem Blütenboden und meist auch untereinander verwachsen (Fig. 1023 d, e). A p f e lfrü c h te ................................................................................................................................................................................ 5. Niedrige (bis 2 m hohe), unbewehrte Sträucher mit einfachen, ganzrandigen, kurzgestielten, eirund» liehen Laubblättern. Blüten klein und unscheinbar in arm» (bis 12»)blütigen Trugdolden. C o t o n e a s t e r CCCLXXXII. 5*. Bäume und meist höhere Sträucher mit ganzrandigen oder meist gezähnten Laubblättern. Blüten gross, einzeln oder in Trugdolden oder klein und dann zu reichblütigen Trugdolden oder Trauben vereinigt. 6. 6. Bäume oder hohe Sträucher mit sehr kurzgestielten, ungeteilten, ganzrandigen, breit eiförmigen, oberseits verkahlenden Laubblättern und mit einzeln endständigen, grossen Blüten. Kelchblätter ganzrandig, kürzer als die Kronblätter (Fig. 997 e) . . . . Cy d o n i a CCCLXXXIII. H e g i , Flora. IV, 2. 135

670 6 *. Laubblätter gezähnt oder gelappt, wenn ganzrandig, langgestielt oder länglich und dann oberseits bleibend behaart. Blüten meist in ± reidiblütigen Blütenständen, wenn einzeln, dann Kelchblätter gezähnt und länger als die K ro n b lä tte r....................................................................................... 7. 7. Blüten einzeln, endständig. Scheinfrucht meist 5skernig . . . M e s p i l u s C C C LX X X V IL 7*. Blüten in ± reidiblütigen Inflorescenzen.................................................................................................................. 8. 8 . Laubblätter oval, beidendig abgerundet, anfangs weissfilzig. Blüten in + armblütiger Traube, vo r den Blättern erscheinend. Kronblätter verkehrt eilänglididanzettlich, in den Grund keilförmig verschmälert. Scheinfrucht b e e re n a rtig .............................................................................................................. A m e l a n c h i e r C C C L X X X IX . 8 *. Laubblätter spitz oder zugespitzt, wenn stumpf, dann am Grunde keilförmig. Blüten in meist ± reichblütiger, kurztraubiger oder rispiger Trugdolde. Kronblätter rundlich bis verkehrteiförmig, j t kurz genagelt.................................. 9. 9. Laubblätter ungeteilt, ganzrandig oder feingesägt, ± lang gestielt. Blüten mit 10 bis 20 mm langen selten kürzeren) Kronblättern. Früchte gross, meist über 2 cm im D u rch m esser.................................................... 10. 9*. Laubblätter gefiedert, gelappt oder ungeteilt mit doppelt gesägtem Rand. Blüten und Früchte kleiner 11. 10. Griffel am Grunde verwachsen. Frucht kugelig bis länglich, beiderseits vertieft, kurzgestielt. Fruchtfleisch ohne Steinzellen.................................................................................................................... M a l u s CC CLXXXV III. 10*. Griffel bis zum Grunde getrennt. Frucht am Grunde in den Stiel verschmälert oder abgerundet, (nicht vertieft, ziemlich lang gestielt. Fruchtfleisch um die Fruchtfächer mit Steinzellen . P i r u s C C C L X X X IV . 11 . Dornige Sträucher mit (bei den einheimischen Arten) kahlen oder fast kahlen Laubblättern. Fruchtfächer mit knochig erhärteter Wand. Frucht ein Steinapfel............................. C r a t a e g u s C C C L X X X V I. 11*. Unbewehrte Bäume und Sträucher mit wenigstens unterseits behaarten Laubblättern. Fruchtfächer mit derbhäutiger Wand. Frucht ein K e r n a p f e l ...................................................................... S o r b u s CCCLXXXV. 12. Stachelige Sträucher, Flalbsträucher oder Stauden (Rubus Idaeus) . . . . . . .15. 12*. W ehrlose, niedrige Zwergsträucher, Halbsträucher, Staiuden und K r ä u t e r ...................................14. 13. Laubblätter gefiedert; Teilblättchen klein. Blüten gross, einzeln oder in armblütigen Trugdolden. Nüsschen in den hohlen, krugförmigen, i fleischigen Achsenbecher (Hagebutte) eingesenkt. R o s a CCCCIV. 13*. Laubblätter meist gefingert, seltener gefiedert (und dann Blättchen gross) oder gelappt. Blüten meist in ± reidiblütigen, traubigen oder rispigen Blütenständen. Fruchtblätter dem gewölbten Blütenboden aufsitzend. Früchtchen steinfruchtartig, zu einer beerenartigen Sammelfrucht ± verwachsen. R u b u s CCCXC. 14. Laubblätter lederartig, ungeteilt, gekerbt, unterseits filzig behaart. Kronblätter meist 8, weiss. Griffel langfederig auswachsend. Niederliegender Zwergstrauch der Alpen. Kalkzeiger. . D r y a s CCCXCV II. . . . . . . . . 15. 14*. Laubblätter gelappt, gefingert oder g e f ie d e r t.............................. 15. Kronblätter fehlend . . . . . . . . . . . . . 16. 15*. Kronblätter v o rh a n d e n ....................................................................................................................................................17. 16. Laubblätter gefingert oder handförmig gelappt. Kelch mit Aussenkelch Ssblätterig. A l c h e m i l l a CCCCII. 16*. Laubblätter gefiedert. Kelch 4 » b lä tte rig ....................... ..... .................................. S a n g u i s o r b a CCCCI. 17. Blütenstand ährig. Kelchbecher durch einen dichten Kranz von hackigen Stacheln bewehrt. A g r i m o n i a CGCC. 17*. Blüten einzeln oder zu ¿ vielen beisammenstehend, aber niemals in A e h r e n ............................. 18. 18. Aussenkelchblätter fehlend. Laubblätter unterbrochen gefiedert....................... F i l i p é n d u l a CCCCIII. 18*. Aussenk elchblätter v o r h a n d e n .................................................................................................................................. 19. 19. Fruchtblätter 2. Staude mit unterbrochen gefiederten Laubblättern. Gattung mit nur 1 A rt in den Ostalpen und vereinzelt am O b e r r h e i n ................................... . . . . A r e m o n i a CCCIC. 19* Fruchtblätter zahlreich, mindestens 5 ............................................................... 20. 20. Griffel bleibend, zuletzt verlängert, langhaarig. Laubblätter unterbrochen gefiedert oder fieder* schnittig ....................... . .................................................... ................................................................................. .2 1 . 20*. Griffel hinfällig. Laubblätter 3»zählig, gefingert oder einfach gefiedert ...................................22. 21. Griffel gegliedert. Blütenstand mehrblütig . . . . . . . . . G e u m CC C XC V I. 21 *. Griffel nicht gegliedert. Blüten e in z e ln ................................................................S i e v e r s i a C C C X C V . 22 . Laubblätter 3«zählig. Fruchtknoten 3 bis 5. Früchtchen lederig mit 1 aufsteigenden Samens anlage. O s t a l p e n ............................................................................................................................... W a l d s t e í n í a CCCXCVIII. 22 *. Fruchtknoten zahlreich. Früchtchen hart, mit 1 hängenden S am en anlage........................................ 23. 23. Kronblätter nur bis 1,5 mm lang. Staubblätter 5. Laubblätter 3szählig gefingert. Gattung mit nur 1 A rt. Niederliegende Staude der Alpen und V o g e s e n .............................................. S í b b a l d í a CCCXCIII. 23*. Kronblätter mindestens 3 mm lang, meist viel länger. Staubblätter z a h lre ic h ............................. 24. 24. Fruchtboden bei der Reife fleíschígssaftíg. Laubblätter 3szählig. Fruchtblätter kahl. A eussere Kelchs blätter breit. Kronblätter weiss, gelblichweiss oder gelb (vgl. dann Duchesnea). . . F r a g a r i a C C CXCIV .

671 24*. Fruchtboden bei der Reife trocken oder schwammigdleischig, dann Blüten schwarzpurpurn . 25. 25. Kronblätter sdiwarzpurpurn, zugespitzt, bleibend. Fruchtblätter zuletzt schwammíg»fleíschíg. C o m a r u m CCCXCI. 25*. Kronblätter gelb, weiss oder rosa, dann südalpiner Zwergstrauch (bei ausländischen Arten auch rot), stumpf oder ausgerandet, hinfällig. Frucht meist trochen . ........................... ..... . P o t e n t í l l a CCCXCII.

CCCLXXX.

Arúncus1)

L.

(

Spirséa sect. Aruncus Seringe).

G e issb a rt.

Die Gattung umfasst nur 2 A rten; ausser der folgenden Art noch A r u n c u s a s t i l b o i d e s Maxim. ( = Spiraea astilboides hört.) aus Japan. Pflanze 20 bis 60 cm hoch, kahl. Laubblättchen tief, bis auf 1/s ein* geschnitten. Balgkapseln aufrecht. Hie und da als Zierpflanze in Gärten kultiviert.

1462, Aruncus silvéster Kosteletzky ( = Aruncus Aruncus Karsten,' = Spiraéa Aruncus L , = Astilbe Aruncus Trevir.). G e i s s b a r t , Ziegenbart, Franz.; Barbe de bouc, barbe de chevre* ital,; Barba di capra. Taf. 145, Fig. 1; Fig. 1004, 1005 und 1006. Die meisten Volksnamen dieser Pflanze nehmen auf den bartähnlichen (rispigen) Blütenstand Bezug : G e i s s b a r t (in verschiedenen Mundarten), B o c k s b a r t , W a l d b a r t (Schweiz), U n s e r s H e r g o t s » B a r t a l (Niederösterreich); F e d d e r b u s k (Bremen). Im Böhmerwald nennt man die Pflanze nach ihrer volksmedi* zinischen Verwendung bei Frauenkrankheiten B ä r m u t t e r s t r ä u s s e (vgl. auch Filipéndula Ulmaria), im Zürcher Oberland nach der hirseähnlichen Tracht der reifen Fruchtstände W i l d h i r s . Zu I mme * , B i e n l i k r u t (Baden), I m b e l i c h r u t (Aargau) vgl. Filipéndula Ulmaria.

Ausdauernd, (50) 90 bis 200 cm hoch. Wurzelstock kräftig, holzig, reichästig und reichlich mit Adventivwurzeln besetzt. Stengel steif, aufrecht, ein* fach, kahl. Laubblätter bis 1 m lang, doppelt bis 3*fach 3* bis 5*zählig gefiedert, an jene von Actaea spicata erinnernd, lang* gestielt; Stiel am Grunde etwas verdickt, rinnig. Blättchen breit* eiförmig oder länglich*eiförmig, kurzgestielt oder sitzend, am Grunde kurz keilförmig, gestutzt oder seicht herzförmig ausge* randet, meist in eine lange Spitze ausgezogen, scharf doppelt gesägt; Endblättchen gestielt, oft in der vorderen Hälfte breiter. Behaarung fehlend oder aus spärlichen, einfachen, unterseits auf den Nerven sitzenden, oberseits über die ganze Blattfläche ver* teilten Fiaaren bestehend. Nebenblätter fehlend. Blüten in langem (bis 50 cm), reichblütigem, endständigem, aus schmalen, langen Trauben rispig zusammengestelltem, zuletzt überhängendem, ziemlich dicht behaartem Blütenstand, auf reichlich behaarten, zirka lh mm langen, aufrecht abstehenden Stielen, eingeschlechtig, selten zwitterig, 2=häusig oder polygam. Männliche Blüten: Kelchblätter 5, dreieckig, spitz, 1h mm lang. Kronblätter 5, länglich keilförmig, vorne abgerundet, 1,5 bis 2 mm lang, gelblich*weiss. Staubblätter 20 bis 30, 3 bis 4 mm lang; Staubfäden einfach, Staubbeutel kugelig. Fruchtblätter reduziert (Taf. 145, Fig. la). Weibliche Blüten: Kelchblätter 5, dreieckig, V2 mm lang. Kronblätter 5, verkehrt* eiförmig*keilig, vorne abgerundet, reinweiss, 1,2 bis 1,5 mm lang. Staubblätter reduziert, fast so lang wie die Kelchblätter. Frucht* blätter 3, selten mehr, so lang wie die Kronblätter, kahl oder selten behaart. Balgfrüchte auf 1 bis 1,5 mm langen, herabgebogenen Stielen, frei, zirka 3 mm lang, schmallänglich, in den nach aussen gekrümmten, kurzen Griffel zugespitzt, kahl, braun, nach innen der Länge nach aufspringend (Fig. 1004 b). Samen lineaHanzett* lich, 2 mm lang, häutig berandet, braun. V bis v i l . letzky. a Fruchtstand. b Reife Balgfrucht. x) Vom lat. arüncus=Ziegenbart (bei Plinius). Die vorlínnéíschen Botaniker nannten die Pflanze Bárba cáprae. 135*

672 Zerstreut und stellenweise häufig an frischen, feuchten, schattigen, humosen Standorten in Wäldern, Schluchten, Gebüschen, auf Waldschlägen, in Hochstaudenfluren, an Bachufern, auf beschatteten W iesen; auf Humus, Felsen und Felsschutt. In der montanen und subalpinen Stufe (bei Bozen am Grödener Joch bis 1700 m, ebenso hoch am Südabhang des Churfirsten im Kanton St. Gallen) verbreitet, seltener auch in der Ebene. Auf allen Unterlagen, wenn eine isolierende Humusdecke vorhanden, auch auf Kalkboden, hier Jedoch seltener als auf Silikatgesteinsböden. In D e u t s c h l a n d in Süddeutschland in den Alpen und im oberen Teil der Schwäbis reiche Hänge, woselbst sie noch an sehr trockenen Felsen mit wenig Bodenkrume gedeiht; sie meidet dagegen schattige, feuchte Lagen und kalkarme, humose Unterlagen. Am häufigsten ist sie in gemischten Laubnieder» und »mittelwäldern, wo zu ihren regelmässigsten Begleitern (z. B. im Molasseland, Jura, Elbsandsteingebirge und an der Ost» seeküste) zählen : Sorbus Aria und S. aucuparia, Pirus communis, Prunus avium, Quercus Robur und Q. sessiliflora, Fagus silvatica, Carpinus Betulus, Corylus Avellana, Ulmus glabra und U. scabra, Tilia cordata und T. platyphyllos, A cer campestre, A . platanoides und A . Pseudoplatanus, auch Pinus silvestris. Viel seltener ist die A rt in reinen Buchen» Wäldern (z.B. Niederösterreich, Südsteiermark, Bakonywald, Karpaten, Illyrische Gebirge), Föhrenwäldern, Fichten» Wäldern (z. B. in den Ostalpen, am Hochschwab selbst im Krummholz) anzutreffen. Meist, besonders an schattigeren Stellen, vegetiert S. torminalis ohne zu blühen als Strauch oder niedriger Baum und erhält sich durch Stockausschläge. Die Wurzeln, die eine ektotrophe Mykorrhiza besitzen, bilden leicht Wurzelbrut. Selten und nur an günstigen, sonnigen Standorten auf nährstoffreichen, tiefgründigen, kalkreichen Böden erreicht der Elsbeerbaum seine volle Entwicklung und ein A lter von bis 100 Jahren. Sein forstwirtschaftlicher W ert ist deshalb auch nicht gross. Das sehr schwere, harte, zähe Holz wird von Tischlern, Drechslern, W agnern, Bildhauern usw. sehr ge» schätzt. Aus den Jungen Zweigen kann eine gelb» und eine rotbraune Farbe gewonnen werden. Die mispelähnlichen Früchte werden durch Vögel verbreitet. Im teigigen Zustand werden sie gegessen, sind Jedoch Jetzt nur noch in wenigen Gegenden (z. B. im Frankenjura) bekannt. Nach C l u s i u s wurden die Elsbeeren in Wien im Weinmonat auf den Markt gebracht und von Kindern und armen Leuten gekauft, ebenso nach S c h n i t z l e i n und F r i c k h i n g e r noch gegen 1S50 in Franken. Ihres Gerbstoff» gehalts wegen wurden sie schon im Altertum als zusammen» ziehendes Volksmittel gebraucht, besonders gegen die rote Ruhr. Als solches waren sie noch im 16. Jahrhundert im Harz sehr geschätzt. Noch heute hat sich der Baum hie und da in Kloster» gärten (z. B. in der Karthause Ittingen im Thurgau) und an Strassen als Kulturrelikt erhalten. Ausserdem werden die Eis» beeren wie die Früchte des Speierlings Obstweinen zugesetzt und auch zur Bereitung von Essig und Branntwein („Älizier»

Geist“ im Eisass) gebraucht.

1478. Sorbus Cham aem espilusl) (L.) Crantz ( = Pirus Chamaemespilus Pall., = Mespilus Chamaemespilus L , = Crataegus alpina Miller, = Crataegus Chamaemes* pilus Jacquin, = C. hümilis Lam., = Hähnia Chamae* mespilus Med., = Arönia Chamaemespilus Pers., = Aria Chamaemespilus Host, = Chamaemespilus hümilis Roemer). Z w e r g m i s p e l . Ital.*. Salciagnolo. Taf. 147, Fig. 3 ; Fig. 1048, 1049 und 1053f, i. In Graubünden heisst auch diese A rt M e h 1 b e e r i (vgl. Sorbus Aria, pag. 713). Rätoromanische Bezeichnungen sind f a g l i u d a s (Unterengadin) und f n e t l a (Oberengadin).

1 bis 3 m hoher Strauch mit graubraunen oder

Fig. 1048. S o r b u s C h a m a e m e s p ilu s (L.) Crantz. a Fruchtzweig p/a natürlicher Grösse), b Zweig mit Winterknospen, c Fertile Knospe, d Knospenschuppe. e Längsschnitt durch die Scheinfrucht. / Dieselbe quergeschnitten, g Samen.

rotbraunen Aesten. Zweige anfangs weisslich behaart, später kahl, braungrün. Knospen fast kahl (Fig. 1048 c, d und 1053 i), nur der Rand ihrer Schuppen bewimpert. Laubblätter bis 9 cm lang, elliptisch oder läng* lieh oder länglidwerkehrteiförmig, derb, fast lederartig, scharf knorpelspitzig einfach bis doppelt gesägt (besonders gegen die Spitze zu), oberseits besonders auf den Nerven feindrüsig punktiert, dunkelgrün, unterseits hellbläulichgrün, beiderseits kahl oder anfangs unterseits lockerfilzig be=

Der l) Gr. ^nyccd (chamai] am Boden, niedrig und ¡u.eoni'/.os [mespilos] Mispel, also Zwergmispel. Name wurde von den Autoren des 16. Jahrhunderts, z. B. Cordus und Clusius, eingeführt.

722 haart; Seitennerven jederseits 4 bis 8 (9). Blüten (Taf. 147, Fig. 3 a) in ziemlich dichten, eben® sträussigen oder gewölbten, trugdoldigen, ± dicht weissfilzig behaarten Rispen, mit schmalen, ' abfallenden Hochblättern. Kelchblätter schmal dreieckig, aussen meist kahl, innen weiss= filzig behaart, etwa 1,5 mm lang. Kronblätter (Taf. 147, Fig. 3 b) verkehrbeilänglich, keil* förmig in den Grund verschmälert, 4 bis 5 mm lang, aufrecht, rot. Staubblätter 2 0 , etwa 3 mm lang. Griffel 2 . Scheinfrucht kuge= lig*eiförmig, 10 bis 13 mm lang, 4« sämig (Fig. 1048 e, f), scharlachrot bis braunrot, essbar. Sa* men rundlich®birn® förmig (Fig. 1048 g), bis 6 mm lang, braun. — VI, VII. Ziemlich ver® breitet und häufig in Wäldern der Berg* föhre, Arve und Lär® che, in Legföhren«, Grünerlen« und Al= penrosengebüschen, an Felsen, auf Wei* den, in Schluchten, auf Schutt; von der Fig. 1049. S o rb u s C h a m a e m e s p ilu s (L.) Crantz, in den Berchtesgadener Alpen. montanen bis an die Phot. Dr. K. M a g n u s , Braunschweig. obere Grenze der subalpinen Stufe (im Wallis bis 2400 m und höher, im Engadin bis 2080 m, im Prättigau am Saaserberg bis 2200 m, in Tirol bis 2190 m), selten, besonders in feuchten Schluchten, auch tiefer (am Eibsee in Oberbayern bei 745 m, am Stadtschrofen bei Feldkirch in Vorarlberg schon bei 520 m). Vorwiegend auf kalkreicher Unterlage. In D e u t s c h l a n d in den Hochvogesen (z. B. Sulzer Beidien, Flohneck), im Schwarzwald (am Feldberg, Zastler Wand, Seebude, Belchen) und in den Bayerischen Alpen (bis 1850 m verbreitet). — In O e s t e r r e i c h im Riesengebirge (nur in der subsp. Sudetica) im Elbgrunde bei der Pantsch, am Aupafall, Kiesberg, am Koppenbache, Krkonos sowie im Teufelsgärtchen des Riesengrundes; in Salzburg, Ober« und Niederösterreich in den Kalk= alpen verbreitet, sonst zerstreu t; in Steiermark in den nördlichen Kalkalpen vom Dachstein bis zur Raxalpe verbreitet, sehr häufig in den Karawanken und in den Sanntaler Alpen (nach W u l f e n auch im Stangalpenzuge, von der Grünpichlälpe bei Turrach zu den Pirkerhütten); in Kärnten ziemlidi verbreitet; in Krain zerstreut; in Vorarlberg in den Kalkalpen verbreitet, am Rätikon bei Monteneu unweit Schruns; in Tirol in den Kalkalpen verbreitet, in den zentralen Ketten zerstreut und meist nur auf kalkreicher Unterlage. — In der S c h w e i z im Jura (vom Reculet bis zum Chasseral) und in den Kalkalpen verbreitet, in den Urgesteinsalpen zerstreut und stellenweise selten.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Pyrenäen, Mittel® und Südfrankreich, Französischer und Schweizer Jura, Alpen, Vogesen, Schwarzwald, Sudeten, Karpaten, Apenninen, Illyrische Gebirge. Aejndert ab : var. g l ä b r a Neilr. Laubblätter von Anfang an kahl oder unterseits auf den Nerven schwach behaart. Verbreitetste Form. — var. d i s c o l o r Hegetschweiler ( = var. tomentösa Godet, == Arönia Aria=chamaemespilus Rchb., = Aria ambigua Decaisne, — Sorbus ambigua Hedlund). Laubblätter unterseits lockerfilzig bis angedrückt filzig behaart, zuletzt fast ganz verkahlend. Selten; mit dem Typus im Jura, in

723 den Vogesen stellenweise auch allein. Vielleicht eine eigene Unterart. — subsp. S u d é t i c a Tausch ( = Cra» taégus pseud»áría Spach, = Pírus A ria var. rósea Tausch, = A ria Sudetica Bede, = A ria nivea X A . Chamae» mespilus? var. Sudetica Koehne, = Crataegus subäria Spach). Laubblätter grösser, eilänglich oder eiförmig, doppelt gesägt, jederseits mit 7 bis 10 Seitennerven, anfangs weissfilzig, später dünn» und lockerfilzig behaart. Blüten grösser. Kelchbecher filzig. Kronblätter verkehrt»eiförmig, aufrecht abstehend. Scheinfrucht rund« lieh eiförmig, i 1 cm breit. Vogesen, Schwarzwald (hier wie auch in den Vogesen zusammen mit dem Typus), Sudeten. Die Frage, ob die var. discolor und die subsp. Sudetica „hybridogene A rten “ oder höherwertige Rassen darstellen, ist noch unbeantwortet. Sorbus Chamaemespilus gehört dem mittel» und südeuropäisctnalpinen Element an. Die A rt besiedelt besonders frische bis ziemlich trodeene, sonnige Standorte. In den Nordalpen ist sie charakteristisch für Leg» föhrenbestände auf Kalk, wo sie z. B. (nach H a g e r ) im Bündner Oberland zusammen mit Salix grandifolia, S. hastata, Betula pendula, Rosa pendulina, Rubus saxatilis, Sorbus A ria und S. aucuparia, Rhododendron

Fig. 1050. S o r b u s l a t i f o l i a (Lam.) Pers. a Fruchtzweig, b Laubblatt, c Längsschnitt durch die Blüte, d Kronblatt. e Schein­ frucht. — S o r b u s H o s t ii (Jacq.) C. Koch. /Blütenzweig, g Laubblatt, h Längsschnitt durch die Blüte- i Blüte von oben, k Laub­ blatt von S o r b u s a u c u p a r i a L, / von S. a u c u p a r i a L. X S. A r ia (L.) Crantz, m von S. A r ia (L.) Crantz.

hirsutum, Vaccinium Myrtillus, Erica carnea, Daphne striata und D. Mezereum erscheint. Seltener ist S. Chamae« mespilus auch im Grünerlengebüsch anzutreffen. Dagegen findet sich die A rt sehr häufig im Zwergstrauchgürtel, wo sie in grösseren Beständen vorherrschend werden kann. Gelegentlich erscheint sie auch in lichten W äldern der Lärche, A rv e und Bergföhre auf humosem, kalkarmem Boden. Nach I s s l e r gedeiht sie in den Vogesen besonders , da, wo im Winter hohe Schneewächten lagern, zusammen mit A rten der Krautweide. In den Dolomiten»Tälern i vegetiert sie auch an trockenen, sonnigen Stellen in den Beständen von Pinus montana, zusammen mit Salix glabra, Arctostaphylos U va ursi, Erica carnea, Horminum Pyrenaicum, Stachys Alopecurus usw. — Die ziemlich unscheinbaren Blüten sind homogam oder i ausgeprägt proterogyn. Sie erzeugen reichlich Honig, sind aber infolge der aufrechten Kronblätter fast nur mittel» bis langrüsseligen Insekten (Bienen, Wespen, lang» rüsseligen Fliegen) zugänglich, die honigsaugend die Bestäubung vermitteln. Auch kleine Käfer, die Pollen fressen, sind als Bestäuber beobachtet worden. — S. Chamaemespilus kann ein Alter von nahezu 58 Jahren erreichen. Die essbaren Früchte werden durch Tiere verbreitet. — Im St. Antöniertal ob der Garschina»Alpe, wo S. Chamaemespilus in grosser Zahl vorkommt, heisst eine Weidestrecke „Mehlbeerecke“. Im Hungerjahre 1817 sollen die mehligen Früchte im Engadin (Zernez) unter Mehl vermengt zum Brotbacken verwendet worden sein. B a s t a r d e entstehen zwischen allen unseren Arten sehr leicht, sind aber oft schwer als solche zu erkennen und daher oft als eigene Abarten oder Arten beschrieben worden. Für uns kommen die folgenden in Betracht: S o r b u s A r i a ( L . ) Crantz X S. a u c u p a r i a L. ( = S. s e m i p i n n ä t a [Roth] Hedlund, = S. pinnatifida Borkh., vix Ehrh., = S. hybrida Koch et a u ct, non L .1), = S. quercifölia hört.). Fig. 10501. Die Mitte zwischen*) *) Sorbus hybrida L. ( = S. F e n n i c a [L.] Fries) ist eine nur in Fennoskandien von Südschweden, Bornholm und Finnland bis etwa zum 65. Grad nördl. Breite vorkommende Pflanze, die trotz ihrer grossen Aehn»

724 den Eltern haltend. Laubblätter am gleichen Individuum sehr verschieden gestaltet, eilänglich bis lanzettlich, nicht gefiedert oder im unteren Teile mit bis 6 Fiederpaaren; ungefiederter Teil unten geteilt; Lappen gegen' die Spitze zu an Grösse abnehmend, klein gezähnt; vorderer Blattteil unregelmässig gezähnt. Behaarung intermediär. Scheinfrucht länglich*eiförmig, etwa 11 mm lang, ziegelrot bis hellpurpurrot, bereift. Samen oft i fehlschlagend. Hin und wieder unter den Eltern. Die Nachkommen der primären, teilweise fruchtbaren Bastarde verhalten sich ausserordentlich verschieden; neben heterozygoten Kombinationen können auch homo» zygote entstehen. Die der S. Aria näher stehenden Kreuzungsprodukte (hierher z. B. var. T h u r i n g i a c a [Ilse] Hedlund vom Walperholz bei Arnstadt) sind gleich':idieser Art für Gymnosporangium tremelloides emp* fänglich, die intermediären und der S. aucuparia öenäherten nur zum kleineren Teil. Zu den letzteren gehören u. a. die folgenden: var. d e c ü r r e n s K o e h n e *i^ Sorbus lanuginösa Kitaibel, = S. decurrens Hedlund, = S. hybrida var. superaucupäria Zabel). Blättchen an der Blattspindel herablaufend, meist nur die obersten 3 bis 7 miteinander verbunden. Behaarung gelblichgrau*filzig, dichter als bei S. aucuparia. Scheinfrucht kugelig, korallenrot. Kultiviert in Gärten. Hierher gehörig vielleichtauch S. a u c u p a r i a L. var. i n t e g e r r i m a Koehne. Laubblätter ähnlich wie bei var. decurrens Koehne, aber die Blättchen ganzrandig. — S. s a t u r e i * f ö l i a (C. Koch als var. von S. aucuparia, Ascherson und Graebner als var. des Bastardes) Dippel. Nähert sich ebenfalls mehr der S. aucuparia. Blättchen nicht an der Spindel herablaufend, meist nur die 3 obersten miteinander verschmolzen, unterseits fast kahl. Schein* frucht etwa 12 mm lang, dunkel orange. Kultiviert in G ärten; ob auch wild ? — In der mittleren Eifel findet sich eine Form mit oberseits goldgelb und weisslich gefleckten Laubblättern (var. B e c k e r i H. Müller) in Kultur. — S. A r i a (L.) Crantz X S. M o u g e o t i i Soyer et Godron (— S. arioides Michalet?). Selten, z. BScbmärz bei Kaysersberg [Eisass], Unterwallis, Rothen* gübehFischenthal im Kanton Zürich [Herb. H e g i , det. Hedlund]. — S. a u c u p a r i a L. X S. M o u g e o t i i Soyer et Godron ( = S. D ä c i c a Borbäs, = S. semi* pinnäta Borbäs, non Roth). Nur schwer und zwar durch die Behaarung von S. Aria X S. aucuparia zu unterscheiden. Die Kreuzung mit S. Mougeotii var. typica vielfach in der Schweiz, mit var. Austriaca in Niederösterreich (z. B. auf der Reisalpe), in Ungarn und Kroatien. — S. a u c u p a r i a L. X S. t o r m i n a l i s (L.) Crantz (Baden: Isteiner Klotz).— S. A r i a (L.) Crantz X S. t o r m i n a l i s (L.) Crantz ( = S. l a t i f öl i a [Lam.] Pers.). Fig. 1051 und 1050 a bis e. In zahlreichen Fig. 1051. S o rb u s l a t i f o l i a (Lam.) Pers. 16 m hoher Baum Uebergangsformen zwischen den Eltern vorkommend. bei Seissen nächst Blaubeuren (Alb). Phot. Forstamtmann Hin und wieder im Verbreitungsgebiet von S. tor* O. F e u c h t , Crailsheim (Württemberg). minalis. Hierher die Formen: f. d e c i p i e n s Zabel ( = S. Aria x. S. torminalis f. dentäta Ilse). In der Mitte zwischen den Eltern stehend. Laubblätter bis 12 cm lang, im unteren Drittel bis 10 cm breit, am Grunde keilförmig, tiefer eingeschnitten und länger gestielt als bei S. latifolia. Griffel bis zum oberen Drittel oder Fünftel verwachsen. Scheinfrüchte länger als breit. So z. B. bei Waltershausen in Thüringen, bei Elgg in der Schweiz. — f C r o t u n d i f ö l i a Zabel. Laubblätter rundlich, an Langtrieben 9 bis 11 cm lang und 8 bis 10 cm breit. So am Burgberg bei Waltershausen und am Inseis* berg in Thüringen. S. latifolia soll nach H e d l u n d , D e c a i s n e u. a. eine selbständige Art sein; doch haben lichkeit mit S. Aria X S. aucuparia von den meisten skandinavischen Botanikern als Art anerkannt ist. Vielleicht ist sie aber ebenso wie S. Suecica doch hybridogener Abkunft, worauf die unvollkommene Entwicklung des Pollens beider „Arten“ deutet. Beide sind jedoch im Gegensatz zu neugebildetcn Bastarden samenbeständig und reichen viel weiter nach Norden als S. Aria. Wahrscheinlich war aber diese in der postglazialen Wärmezeit viel verbreiteter als heute, sodass ihre weniger wärmebedürftigen Abkömmlinge als Relikte gelten können (Dr. G am s).

725 die Untersuchungen von K o e h n e und B u r g e r s t e i n mindestens eine hybridogene Entstehung erwiesen. Die grossen goldgelben oder rötlichen bis bräunlichen, fleischigen Scheinfrüchte werden von Drosseln, vom Seiden* schwänz u. a. Vögeln gefressen und verbreitet. — S. A r i a (L.) Crantz X S. C h a m a e m e s p i l u s (L.) Crantz ( = S. Chamaemespilus yar. arioides Godet?). Ist S. Chamaemespilus subsp. Sudetica sehr ähnlich, aber Laub* blätter meist ± gelappt; Sägezähne ausgezogen und spitz. In den Alpen und im Jura. — S. C h a m a e m e s » p i l u s (L.) Crantz X S. M o u g e o t i i Soyer»Willemet et Godron ( = S. H ö s t i i [Jacq.J C, Koch, = S. Scandica var. falläcina Royer). Fig. 1050 f bis i. Strauch oder kleiner Baum. Laubblätter länglich»eiförmig, gegen den Grund zu keilförmig, deutlich und reichlich gelappt; Lappen doppelt gesägt, oberseits in der Jugend auf den Haupt* nerven etwas drüsig, unterseits graufilzig, später fast ganz verkahlend. Kelchblätter wollig behaart. Krön» blätter aufrecht, rosa, am Grunde wollig=bärtig. Scheinfrucht oval, 10 bis 14 mm lang, korallenrot. Zerstreut und selten mit den Eltern im Jura und in den Alpen. Dieser Bastard zerfällt analog der S. Mougeotii angeblich in die beiden V arietäten: S. Chamaemespilus X S. Mougeotii var. A u s t r i a c a und S. Chamaemespilus x S. Mougeotii var. t y p i c a (vgl. C. K. S c h n e i d e r , 111. Handbuch der Laubholzkunde, 1906).

C C C LXX X V I.

CratægUS1)

Weissdorn,

H agedorn.

L. ( = M éspilus Willd. z. T., = O xyacan th aM ed ik u s).

Franz.: Aubépin, épine blanche (die F ru ch t im U nter­

w allis: poire du se ig n e u r); engl.: Hawthorn, whiterthorn; dän.: Tjörn; ital.: B ia n co spino,

m arru ca bianca, arzaro lo

s e lv a tico ; im T e s s in : Spin

bianc, maniscieui.

Der Name W e i s s d o r n (für alle unsere Arten) bezieht sich auf die Blütenfarbe; er ist auch volks» tümlich, z. B. W i t d ö r e n , W i t t d ä n (plattdeutsch), W i s s d o r n (schwäbisch, schweizerisch). H a g e d o r n ge» hört zu althochdeutsch hag, das zunächst eine Einhegung bezeichnet, während das mittelhochdeutsche hac bereits auch für „Dorngebüsch“ gebraucht wird (auch Hain, Hecke gehören hierher). Manchmal wird dies „Hag“ auch an „Hahn“ angelehnt, vielleicht wegen der roten Früchte (roter Hahn!). Die hier angeführten Namen gelten zumeist für die Früchte (vgl. auch Hagebutte 1): H a d o r n (niederdeutsch) H a n d o r n , H a h n e d o r n (Eifel), H a d o r (Lothringen), H ä g e l a (Schwäbische Alb), H a a k ä s e n [ = =kirschen] (Westfalen), H a a n a p e l , H o h n * ä p p e l c h e n (fränkisch), H a g ö p f e l i (Baden), H â n k l ê s s c h e n [eigentlich Hahnhoden] (Thüringen). Zu Hiefe, (althochdeutsch hiufo, engl, hip ; vgl. auch Rosa canina) gehören (meist Verkleinerungsformen und Zu» sammensetzungen auf „Hag“): J îp (Schleswig), W i f k e , W i p k e , J e e p k e s , J ö b k e , H a g e w i e p k e s (Ost* friesland), W i b e l k e n , W u b b e l k e n , B i b e l k e n (Untere W eser), H a w e i k e , H ä w e i w e k e , H ä w e i f e , H ä w i w e k e (Göttingen). Da die reifen Früchte etwas mehlig sind, heissen sie M ü l l e r k e s (Untere W eser), M e e l w i e f k e n (Jever), M o l d e r b r ö d (Göttingen), M e h l k i e s c h [ = »kirsche] (Niederrhein), M e h l b e e r e (ober und mitteldeutsch), M e h l k ü b e l i (Bayer. Franken), M ä e l f ä s s e r (Thüringen), M e h l f ä s s l i (Schweiz). L u s b e e r e (Eisass), F e r k e s k i e s c h (Niederrhein), S c h w e i n s p i r c h e n [ = *beerchen] (Lothringen) sind wohl Ausdrücke der Geringschätzung für die Früchte. A ndere Bezeichnungen sind schliesslich noch S m ö 1 k e s ' (Emsland), S c h m a l z b e e r i , » ö p f ä l i (St. Gallen), H e i n z e i m ä n n e r c h e n (Gotha). — Rätoromanische Be* Zeichnungen für den Strauch sind g u r a t l é (Heinzenberg), t g a g i a s t r e t g (Oberland), t g a g l i a d’t g a g l i a * s t r e t g s (Oberhalbstein), c l a f u è r , c l a t u è r (Engadin), s p i n b o c , r a g a l d ä i r (Bergeil), für die Früchte g a r g l a u s , r a g a l d a (Bergeil), p o m i n d a l S i g n u r (Puschlav).

Sträucher oder Bäume mit hartem Holz und meist verdomenden Zweigen (Fig. 1052). Laubblätter ungeteilt, gelappt oder fiederteilig ; Blattrand einfach bis doppelt gesägt oder ganz* randig; Nebenblätter verschieden gestaltet, meist lanzettlich, besonders an den Langtrieben oft laubblattartig. Blüten in meist reichblütigen, trugdoldigen Blütenständen, selten einzeln. Kelchblätter meist kurz, i dreieckig, ganzrandig oder (besonders bei den amerikanischen Arten) ziemlich lang und drüsig gezähnt. Kronblätter meist kreisrundlich, ± deutlich genagelt oder nagellos, meist weiss, seltener rot. Staubblätter (5) 10 bis 20. Fruchtblätter 1 bis 5, an der Spitze, ebenso an der Innenseite bis fast zum Grunde frei, am Rücken entweder ganz mit dem Fruchtbecher verwachsen oder bis zur Hälfte frei. Samenanlagen Je 2 ; die obere unfruchtbar, die untere fruchtbare mützenförmig bedeckend. Fruchtfächer knöchern verhärtet, einsamig. Scheinfrucht eiförmig oder kugelig, von den bleibenden Kelchblättern oder den Resten der abgefallenen Kelchblätter gekrönt (Fig. 1054 f), rot, schwarz oder gelb, mehlig. x) V om griech. xçazcuyoç [krätaigos] = Name von Crataegus azarolus (?) bei den Griechen (Theo* phrast, Hesychios, Dioskurides). Derselbe Name und x ç a z a d y o v o ç [krataiögonos] = Krafterzeuger (?) wurde aber auch für ein Kraut (Pölygonum Persicaria?) gebraucht.

726

v

Die mit Mespilus sehr nahe verwandte Gattung (über den Pfropfbastard Crataegomespilus vgf. bei Mespilus 1) ist die grösste und am schwierigsten zu gliedernde der Pomoideen. Sie war schon im Tertiär auf der Nordhemisphäre weit verbreitet, wie zahlreiche fossile Vorkommnisse auf Grönland (daselbst und in Nord« amerika angeblich auch schon in der oberen Kreide), Spitzbergen und in Europa (z. B. am Niederrhein, in der Wetterau, in Steiermark und Kroatien) beweisen. Allein aus Nordamerika sind etwa 550 „Arten“ beschrieben worden; doch ist der Artwert vieler Formen sehr umstritten. Viele scheinen ähnlich wie bei Sorbus, Pirus, Rubus und Rosa hybriden Ursprungs zu sein. Eine umfassende neue Monographie der ganzen Gattung steht noch aus; in der älteren von J. L a n g e (Revisio specierum generis Crataegi. Kopenhagen, 1897), in der 48 „gute“ und 37 „zweifelhafte“ Arten angeführt werden, sind die Wild» formen zu wenig berücksichtigt. C. K. S c h n e i d e r (Hand» buch der Laubholzkunde, Bd. I) nimmt für die Gattung vor» läufig 55 Arten an, wovon in Mitteleuropa nur C. oxya» cantha und C. monogyna wild Vorkommen. Während Linné diese beiden noch zu einer einzigen Species C. oxyacantha vereinigt hatte, trennen die heutigen skandinavischen Bo» taniker innerhalb der Sektion O x y a c ä n t h a e als weitere Art C. c a l y c i n a Peterm. ab, C. A. L i n d m a n (in Botaniska Notiser, 1904 und in Svensk Fanerogamflora, 1918) ausserdem C. l a g e n ä r i a Fisch, et Mey. apud Ledeb. und die beiden neuen Arten C. P a l m s t r ü c h i i und C. c u r v i s é p a l a Lind» man (über die Unterschiede vgl. die Abänderungen von C. oxyacantha und monogyna). Die Kerne der einheimischen Arten werden nach H e i n t z e besonders durch Krähenvögel endozoisch verbreitet. — Die Wurzeln besitzen eine ektotrophe Mykorrhiza (S t a h 1). — Die mit C. azarolus L. nahe verwandte C. S i n a i c a Boiss. wird als der „brennende Dornbusch“ des Moses angesehen. Holzanatomisch ist Crataegus nach A. B u r g e r s t e i n folgendermassen charakterisiert: Markstrahlen im Tagential» schnitt 1» bis 3» (bei der verwandten Gattung Mespilus bis 4») reihig, im Querschnitt 13 bis 15 pro mm, mit meist 15 bis 19 ,« Fig. 1052. C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq. a Fertiler hohen Zellen. Gefässe ohne tertiäre Verdickungstreifen, meist Zweig, b Steriler Zweig, c Verdornter Zweig mit sterilen 38 bis 45 (U weit (bei Pirus 30 bis 40 ¿c). Winterknospen, d Fertile Winterknpspe. e Knospenschuppe. Sehr häufig werden die Sprossspitzen unserer Arten durch die Gallmücke D a s y n e ü r a c r a t a e g i Winn. deformiert. Durch die zahlreichen, anfangs gelblichen, später rötlichen Larven wird ihre Entwicklung gehemmt, sodass die Blätter zum Teil sehr klein bleiben und schopfartig gehäuft sind. Die Nebenblätter sind dagegen meist stark entwickelt. Alle Teile tragen köpfchen» förmige Auswüchse (Emergenzen); deren Ausscheidungen den Larven als Nahrung dienen (Fig. 1053 k). — Die Blattfläche zeigt häufig eine enge, feste, oft rötlich angelaufene Randrollung, in deren Innerem sich schwach keulen» förmige Haare finden. Aehnliche abnorme Haarbildungen von filzartiger Beschaffenheit finden sich bisweilen auf der Blattunterseite und wurden früher als E r i n e u m o x y a c ä n t h a e bezeichnet und zu den Pilzen ge» stellt. Beide Missbildungen werden aber durch die Gailmilbe E r i ö p h y e s g o n i o t h ö r a x Nah verursacht. Die Blattlaus M y z u s c r a t a e g i Koch ruft vielfach Missbildungen an Blättern hervor. Dieselben treten an ein» zelnen Blättern in Form von blasen» und beulenartigen, oft stark geröteten Auftreibungen nach oben auf und die Blattfläche ist meist längs des Mittelnervs nach unten zurückgebogen. Durch D e n t ä t u s c r a t a e g i Goot werden die Blätter der Sprossspitze in ähnlicher Weise missgebildet und erscheinen dann schopfartig gehäuft (H. Ros s ) . Von weiteren ausschliesslich auf Crataegus lebenden Tieren seien genannt: die Milbe Epitrimerus armätus, die Battlaus Aphis oxyacänthae, der Blattfloh Psylla crataegicola, die Zikaden Thamnotéttix fusco» venösus und Typhlöcyba crataegi, die Rüssel» und Blütenkäfer Otiorhynchus rügifrons, Anthönomus Chevro» läti, Antheröphagus pällens und die Raupen der Kleinschmetterlinge Nepticula regiélla, Lithocollétis oxyacänthae (beide auf der Blattunterseite minierend), Ornix anglicella (auf den Sprossenden), Blastodâcna hellerélla und Laspeyrésia ianthinäna (an den Früchten), Argyréstia nitidélla, Bucculâtrix crataegi, Spuléria aurifrontélla und Notocélia suffusäna. Die Aecidienlager der Rostpilze G y m n o s p o r â n g i u m c o n f u s um Plowr. und G. c l a v a r i i f ö r m e (Jacq.) deformieren Stengel», Blatt» und Blütenteile. Von Schlauchpilzen leben auf den Zweigen zahlreiche Arten der Gattungen Välsa (z. B. V.'crataegi [Allesch.j), Tympanis (z. B. T. crataegi Lasch), Lächnum u. a., Cucurbitäria crataegi Niessl, Calosphaeria crataegi (Mont.) usw. ; auf den Blättern Exoäscus crataegi

727 (Fuckel), Mycosphaerélla crataegí Fuckel, Podosphaéra oxyacánthae (DC.), Ventúría crataegi Aderh., Sclerotinia crataegí (Diedicke) Magnus u. a. # Als Zier sträudier finden sich im Gebiete hauptsächlich folgende Arten in Kultur : C r a t a e g u s c o c c í n e a L. ( = Méspilus coccínea Miller, = Crataegus flabelláta Bose, = Mespílus cuneáta Wender.). Fig. 1054. Scharlach» dorn. Engl. : Skarlet haw. Busdiiger Strauch oder bis 7 m hoher, aufrecht verästelter Baum. Junge Zweige anfangs schwach behaart, braungrün, ältere graubraun bis rotbraun, kahl, glänzend. Dornen leicht gekrümmt, 2,5 bis 5 cm lang. Laubblätter bis 7 cm Länge erreichend, auf bis 2 cm langen, behaarten und spärlich mit dunklen Drüsen besetzten, rinnigen Stielen, breit»eiförmig bis rautenförmig, am Grunde breit gestutzt, sehr seicht gelappt ; Lappen dreieckig, ± spitz, doppelt drüsig»gesägt. Laubblätter in der Jugend unter* seits (wenigstens auf den Ner» ven) ± behaart, oberseits mit etwas dichterer, anliegender Be» haarung, älter meist beiderseits verkahlend. Blütenstand auf» recht, 7= bis 10»blütig, wollig» zottig wie auch der Kelchbecher. Kelchblätter spitz =dreieckig, doppelt so lang wie der Kelch» becher, ¿ 7 mm lang und am Grunde gegen 2 mm breit, be= sonders auf der Innenseite be» haart, am Rande drüsig»gesägt. Kronblätter breít»eírundlích, i 10 mm lang, sehr kurz genagelt, am Rande etwas wellig, vorne in eine kurze, stumpfe Spitze ausgezogen, weiss. Staubblätter 10. Griffel 3 bis 5, auf der Spitze der Steine entspringend, am Grunde kahl oder behaart. Fig. 1053. Querschnitte durch die Blattknospen von a S o rb us . (Untergattqng A r o n ia ) a r Scheinfrüchte fast kugelig, i b u t i i o l i a (L.) Heynhold, b A m e la n c h ie r s p i c a t a (Lam.) Decaisne. c M é s p ilu s G e r ­ 12 mm im Durchmesser, schar» m a n ic a L. d C o t o n e a s t e r t o m e n t o s a Lindl. e C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq. / S o r bu s C h a m a e m e s p ilu s (L.) Crantz, g S. a u c u p a r i a L. und A S. A r ia (L.) Crantz (nach lachrot. — V. Heimat : Nord» F o l g n e r ) ,— ¿Knospe in Entfaltung von S o rb u s C h a m a e m e s p ilu s (L.) Crantz. — k Galle amerika (von Neufundland bis von D a s y n e u r a c r a t a e g i Winn. auf C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq. Manitoba, südlich bis Florida und Texas). Seit über 100 Jahren in Europa kultiviert und selten auch verwildert, z. B. in Norddeutschiand. Veränderlich und daher oft mit verwandten Arten verwechselt. — Aehnlich, aber in allen Teilen vollständig kahl ist C. r o t u n d í f ó l í a Borkh. ( = Méspilus rotundifolia Moench, — Crataegus glandulösa Willd., = C* coccínea L. var. oligändra Torr, et Gray). Dornen länger (4 bis 9 cm). Blattstiele etwa gleich lang wie die rautenförmige bis eckig»rundliche Spreite. Griffel unterhalb der Spitze der Steine befestigt. Heimat ¡ Atlan» tischcs Nordamerika. Bei uns seit langem kultiviert. Mit C. coccínea L. angeblich durdi alle Uebergänge ver» bunden. Zur Sektion der Coccineae gehört auch C. m ö l l i s Scheele ( = C. coccínea L. var. pubéscens Tausch, = C. c. L. var. mollis Torr, et Gray, = C. tomentösa L. var. mollis A. Gray, = C. subvillösa Schräder, = Méspilus tílíaefólía C. Koch, = M. mollis Aschers, et Graebner). Strauch oder kleiner Baum. Zweige von weichen Haaren weissgrau, zuweilen im untersten Teile kahl. Dornen sehr lang. Laubblätter ziemlich lang (1 bis 5 cm) gestielt, eiförmig bis breit»eiförmig, am Grunde meist abgestutzt oder sehr breit keilförmig, mit seichten, ± zugespitzten, ge» zähnten Lappen, oberseits nur in der Jugend stärker behaart, später etwas rauh, unterseits dauernd zottig. Blüten» stand reich» (bis 20=)blütig. Blüten gross, bis 2,5 cm im Durchmesser, weiss. Kelchblätter oft kaum so lang als der Kelchbecher, breít»dreíeckíg, gesägt, an der Scheinfrucht aufrecht. Staubblätter 20. Griffel etwas unterhalb der Spitze der Steine entspringend. Scheinfrüchte ± kugelig, bis 18 mm dick. — V, VI. Heimat: Atlantisches Nord» amerika. Bei uns häufiger Zierstrauch. — C. C r û s g á l l í L. ( = Méspilus Crus gallí Duroí, = M. Watsoníána Spach). Gemeiner Hahndorn. Engl.: Cock spur thorn. Vollständig kahler Strauch oder bis 10 m hoher Baum mit bis 6 cm langen, schlanken, zuweilen leicht gebogenen Dornen. Laubblätter ungeteilt, 2 bis 5 cm lang und 0,5 bis 1,3 cm breit, aus keilförmigem Grunde ± breit (var. o v a l i f ö l i a Fr. Zimmermann) oder schmaLJvar. pyr a« c ä n t hi f o l i a Ait, var. s al i ci f ó lia Fr. Zimmermann), verkehrt»eiförmig, kurz zugespitzt, einfach oder doppelt

728 gesägt; Sägezähne gegen die Spitze zu an Grösse zunehmend. Blütenstände 10= bis 20»blütig. Kelchblätter über doppelt so lang als der Kelchbecher, schmaldanzettlidi, jm unteren Teile gezähnelt, an der Schein» •' frucht i wagrecht abstehend. Kronblätter rundlich, am Rande etwas wellig, weiss. Staubblätter 8 bis 16. Griffel 2 (seltener 1 oder 3), an der Spitze der Steine oder etwas unterhalb derselben entspringend. Schein» früchte kugelig, zirka 9 mm im Durchmesser , fahlrot, oft schwach bereift. Steine glatt. — V (VI). Heimat: Atlantisches Nord» amerika. Im Gebiete seit langem in Gärten und Anlagen ange» pflanzt (wird auch auf unsere hei» mischen Weissdorne gepfropft) und bisweilen verwildert. — Aehnlich, aber die Laubblätter, Blütenstände und Kelchbecher behaart, ist C. p r u n i f ö l i a Bose ( = M. ovalifölia Hornem.). Fig. 1055. Sparriger Strauch mit kahlen, anfangs glänzend brau* nen Zweigen. Laubblätter ver* kehrteiförmig bis rundlich»eckig, grob doppelt oder ungleich ge* sägt, oberseits in der Jugend auf der Mittelrippe schwach zottig, unterseits auf den deut» lieh hervortretenden Nerven dauernd behaart. Blütenstände dicht wollig=zottig. Kelchbecher, Fig. 1054. C r a t a e g u s c o c c i n e a L. a Blütenzweig, b Fruchtzweig, c 'Blüte, d Blüte besonders im unteren Teile dicht (längsgeschnitten), e Kronblatt. / Scheinfrucht (längsgeschnitten), g, h Steinkern von der behaart. Kelchblätter (Fig. 1055 c) Rücken- und von der Vorderseite. drüsig»gezähnt. Steine auf der Innenseite mit 2 tiefen, unregelmässigen, schrägen Furchen (Fig. 1055 d). Heimat: [Atlantisches Nordamerika. Hin und wieder in Gärten, Anlagen, an Bahndämmen u. dgl. kultiviert. C. prunifölia Bose steht infolge der gefurchten Steine, der glänzend braunen Zweige sowie hinsichtlich der Ausgestaltung der Laubblätter der C. macracantha Koehne i nahe und wurde wohl auch bereits der Sektion Macracänthae Loud. beigezählt. — Auch der Bastard C. C r u s g a l l i L. x C . p r u n i f ö l i a Bose ist bei uns gelegentlich in Kultur anzutreffen.— Die wirkliche C. v i r i d i s L., beheimatet in den Südoststaaten der Union (ausgezeichnet u. a. durch sehr schwache und wenig zahlreiche Dornen, zarte Textur der unterseits in den Nervenwinkeln bärtigen Laubblätter sowie häufiges Abfallen der Kelchblätter an den Scheinfrüchten), findet sich im Gebiete nur äusserst selten angepflanzt; meist liegen hier Verwechslungen mit Formen von C. Crus galli L. vor. — C. p u n c t a t a Jacq. ( = Möspilus punctata Lois.). Breit verästelter Strauch oder bis 9 m hoher Baum. Zweige in der Jugend i behaart, später kahl, ockerfarben. Dornen kräftig, bis 5 cm lang. Laubblätter 4 bis 7 cm lang und 2 bis 5 cm breit, keilig* bis länghch»verkehrteiförmig, allmählich in den drüsenlosen, bis 1,8 cm langen Stiel verschmälert, einfach» oder doppeltgesägt oder etwas tiefer gesägt»gelappt, oberseits fast kahl. Blütenstände 12» bis 15»blütig. Blütenstiele und Kelchbecher meist dicht behaart. Kelchblätter fast oder vollständig ganzrandig, aus breitem Grunde schmal* lanzettlich, auf der Innenseite behaart, am Rande gewimpert, an der Scheinfrucht zurückgeschlagen. Staubblätter etwa 20. Fruchtblätter 2 bis 5. Scheinfrüchte eiförmig»kugelig, gelb, seltener grün, an der Sonnenseite meist ziegelrot überlaufen, zerstreut dunkler punktiert. Steine i glatt- Heimat: Südost»Canada, nordöstliche Staaten der Union. Bei uns seit langem kultiviert und ab und zu verwildert. — C. t o m e n t ö s a L. ( = Mespilus Calpodendron Ehrh., = Crataegus pyrifölia Ait., = Mespilus latifölia Lam., = M. pyrifolia Willd., == M. leucophlceos K. Koch). Filz=Weissdorn. Engl.: Pear haw. Strauch (?) oder meist bis 6 m hoher Baum mit breiter, flacher Krone und ± glatter Borke. Zweige in der Jugend + kurzfilzig, die einjährigen dunkelorange* braun, die älteren grauschwarz. Dornen spärlich vorhanden, bis 4 cm lang. Laubblätter aus i keilförmigem Grunde fast rundlich»rautenförmig, bis 10 cm lang und etwa 6,5 cm breit, 2» bis 3=fach scharf gesägt bis seicht gelappt, oberseits zerstreut behaart bis kahl, unterseits auf den Nerven kurzzottig. Blütenstände reichblütig. Blütenstiele und Kelchbecher dicht weichhaarig. Kelchblätter etwas länger als der Kelchbecher, schmallanzettlich,. drüsig gesägt, an der Scheinfrucht zurückgeschlagen. Kronblätter rundlich, am Rande flach gewellt. Staub»

729 blätter 17 bis 20. Griffel 2 bis 5. Scheinfrüchte ± elliptisch bis bimförmig, durchscheinend orange, oberwärts oft rötlich überlaufen. Steine an der Innenseite mit 2 tiefen, längs verlaufenden Aushöhlungen. — VI. Heimat ¡ Östliches Nordamerika. Im Gebiete seit langem kultiviert, aber offenbar nicht häufig. — C. m a c r a c ä n t h a Koehne ( = C. glandulösa Willd. var. macracantha Lindl., = C. macracantha Koehne var. minor Loud., = C. coccínea L. var. macracantha Dudley, = C. rotundifölia Borkh. var. minor Dippel). Sparriger Strauch oder bis 5 m hoher Baum mit sehr breiter, unregelmässiger Krone und ± schuppiger Borke. Zweige kahl, glänzend. Dornen 7 bis 14 cm lang, zahlreich. Laubblätter ähnlich denen von C. tomentosa, aber etwas grösser, von derberer Struktur und meist gröber gesägt. Blütenstände reichblütig, ziemlich spärlich behaart. Kelchbecher kahl. Kelchblätter länger als der Kelchbecher, ebenfalls kahl, grob gezähnt, im oberen Teile fast spitz=fieder» lappig, an der Scheinfrucht i wagrecht abstehend. Staubblätter 10 (8 bis 12). Griffel 2 bis 3. Scheinfrüchte kugelig, leuchtend karminrot. Steine wie bei voriger. — VI. Heimat: Atlantisches Nordamerika. Bei uns häufig in Kultur. — C. s u c c u l é n t a Link ( = Méspílus succulenta Sweet, = C. rotundífolía L. var. succulenta Dippel). Unterscheidet sich von der vorhergehenden, mit ihr sehr nahe verwandten Art hauptsächlich durch i auf* steigende Verästelung, kürzere (nur bis 7 cm lange) Dornen, kleinere, aber noch derbere Laubblätter, behaarten Kelch, drüsig gezähnte, an den Scheinfrüchten ± aufrecht abstehende Kelchblätter sowie durch die grössere Anzahl der Staubblätter (15 bis 20). Heimat: Nordöstliche Vereinigte Staaten. Bei uns ziemlich verbrei» teter Zierstrauch, aber häufig als C. Douglasii bezeichnet. — C. s a n» g u i n e a Pall. ( = C. purpúrea Bose, = Méspílus purpurea Poír., = M. sanguínea Spach). Blutroter Weiss» dorn. Strauch oder kleiner, bis etwa 7 m hoher Baum. Ausgewachsene Zweige stets kahl, glänzend purpurn. Dornen oft fehlend. Laubblätter häufig breiter als lang, breit=eiförmig oder verkehr Leiförmig, am Grunde keilförmig, seltener fast gestutzt, seicht oder (an den Langtrieben) ziemlich tief gelappt, oberseits oder auch unter» Fig. 1055. C r a t a e g u s p r u n if o li a Bose, a Fruchtzweig, b Laubblatt, c Blüte, post­ seits i borstig behaart. Blüten« floral. d Fruchtstein von der Vorderseite, e Scheinfrucht. /Querschnitt durch den Stein. stände locker, kahl oder die Achsen locker zottig. Kelchblätter kürzer als der Kelchbecher, ganzrandig oder mit wenigen langen Drüsenzähnen, an der Scheinfrucht zurückgeschlagen. Kronblätter rundlich=quadratisch, am Rande unregelmässig ausgebissen»gekerbt, weiss. Staubblätter 20. Griffel 2 bis 5, unterhalb der Spitze der Steine entspringend. Scheinfrüchte elliptisch, blutrot oder gelblich. Steine auf der Innenseite oben mit breiter, glatter, zackig begrenzter Fläche, seitlich je mit breiter, tiefer Furche. — V. Heimat: Oestliches Russland, durch Sibirien bis Kamtschatka und Sachalin, Nord» china. Bei uns seit langem kultiviert und hie und da verwildert. — C. D o u g l a s i i Lindley ( = C. punctata Jacq. var. brevispina Dougl., = C. sanguínea Pall. var. Douglasii Torr, et Gray, = C. sanguínea Nutt., = Anthoméles Douglasii Roem., = Méspílus sanguínea Spach var. Douglasii Wenz.). Strauch oder bis 13 m hoher Baum mit dichter, runder Krone. Zweige wie fast die ganze Pflanze kahl. Dornen kräftig, 1,5 bis 3 cm lang. Laubblätter zirka 5 bis 7 cm lang und 3 bis 5 cm breit, fast eiförmig bis verkehrt=eiförmig»keilig, am Grunde keilförmig ver» schmälert, grob einfach» bis doppelt=gesägt, im oberen Teile meist seicht gelappt, zart, oberseits glänzend, unter» seits heller und in den Nervenwinkeln spärlich behaart. Blütenstände ziemlich reich» (10» bis 20»)blütig. Kelch» blätter kürzer als der Kelchbecher, dreieckig, grobgezähnt, an der Scheinfrucht zurückgeschlagen. Kronblätter wie die ganzen Blüten ziemlich klein, fast kreisrund, mit etwas welligem Rande, sehr kurz und breit genagelt. Staubblätter 10. Griffel 5, auf der Spitze der Steine (Carpellel) entspringend. Scheinfrüchte länglich«rund, wie bei der ganzen Sektion der Douglasiänae schwarz, etwas bereift. Steine ventral seitlich grubig gefurcht, dorsal glatt. — V. Heimat: Pazifische Staaten der Union, östlich bis Wyoming und Nord»Michigan. Im Gebiete seit langem kultiviert. Wird sonderbarerweise oft mit C. succulenta verwechselt. — C. u n í f l ó r a Münchb. (=M és» pílus xanthocárpa L., = ? M. flexispina Moench, = Crataegus parvífólía Ait., = Méspílus parvifolia Willd., = Crataegus xanthocarpa Med., = C. axillaris Pers., = C. flexuösa DC., = Méspílus lacíníáta Walt.). Ein» blütiger Weissdorn. Niedriger Strauch, seltener bis 3 m hoher Baum. Zweige in der Jugend grauzottig»filzig, später verkahlend, braunrot, sehr dicht mit feinen Knötchen besetzt. Dornen meist zahlreich, schlank, bis 3 cm. Laubblätter nur 2 bis 4 cm lang und 0,7 bis 1,5 cm breit, i verkehrt»eiförmig, am Grunde keilig in den kurzen

730 Stiel verschmälert, grob gekerbt-gezähnt, oberseits zerstreut kurzborstig, unterseits stärker behaart, besonders auf den Nerven. Blüten meist einzeln, seltener bis zu 3, fast sitzend. Kelchblätter länger als der Kelchbecher, breit lineal, wie der Kelchbecher zottig behaart, am Rande dicht drüsig«gezähnt, an der Scheinfrucht zurückgeschlagen. Kronblätter oft kürzer als die Kelchblätter. Staubblätter 20. Griffel 3 bis 5, auf der Spitze der Steine entspringend. Scheinfrüchte ± kugelig, gelb oder grünlich. Steine nur schwach längsriefig, nicht gefurcht. — (IV) V bis VI. H eim at: Südöstliche Vereinigte Staaten. Bei uns nur selten und meist in der reichbedornten f. f l ö r i d a hört. ( = Crataegus florida hört.) kultiviert. — C. f l a v a Aiton. Strauch oder bis 7 m hoher Baum mit aufrechten Aesten und schwärzlicher, schuppiger Borke. Zweige kahl, die zweijährigen dicht mit feinen Knötchen besetzt. Dornen bis 3 cm, dünn. Laubblätter 2 bis 6 cm lang und 1,5 bis 4 cm breit, ziemlich zart, verkehrtaeiförmigakeilig, ziemlich lang gestielt, einfach» oder doppelt»gesägt, gegen die Spitze zu seicht gelappt, mit kleinen, schwarzen Drüsen bekleidet. Blütenstände 3» bis 5»blütig, ziemlich kahl oder sehr locker zottig. Kelchblätter länger als der Kelchbecher, aus breitem Grunde lanzettlich, drüsig gezähnt, an der Scheinfrucht i wagrecht abstehend. Kronblätter fast rundlicharautenförmig, sehr kurz und breit genagelt, am Rande i unregelmässig konturiert, weiss. Staubblätter 15 bis 20 (angeblich auch nur 10). Griffel 3 bis 4 (5), auf der Spitze der Steine inseriert. Scheinfrüchte rundlich-bimförmig, gelb oder bräunlich, oft rot angelaufen. Steine mit Längsriefen.— V. Heimat: Südoststaaten der Union. Neuerdings bei uns kultiviert. — C. e l l i p t i c a Aiton. Aehnlich der vorhergehenden A rt, aber die Zweige glatt, ohne Knötchen. Staubblätter etwa 10 (8 bis 13 oder 17 [?]). Griffel unterhalb der Spitze der Steine inseriert. Heimat: Atlantisches Nordamerika. Früher im G e­ biete kultiviert. —- C. n i g r a Waldst. et Kit. ( = Mespilus nigra Willd., = Crataegus m elanocärpa Bieb. var. polyphylla Lange). SchwarzfruchtaWeissdorn. Strauch oder kleiner, bis etwa 4 m hoher Baum. Zweige in der Jugend dicht weissfilzig, später verkahlend, rotbraun bis purpurn. Dornen ziemlich zahlreich, aber kurz (kaum 1 cm Länge erreichend). Laubblätter 5 bis 8 cm lang und 4 bis 7 cm breit, bis 3 cm lang gestielt, im Umriss eiförmig bis breit-eiförmig, tief fiederlappig bis fiederteilig; Lappen bezw. Fiederabschnitte stumpflich oder i spitz, grob gesägt; Oberseite der Laubblätter ¡h behaart, Unterseite dicht weisswollig-zottig. Blüten» stände 10= bis 14»blütig, dicht weisswolligafilzig. Kelchblätter bis s/4 so lang als der Kelchbecher, aus breitem Grunde dr verkehrt-spatelig, oben fast abgerundet, ± ganzrandig, besonders gegen die Spitze zu behaart, an der Scheinfrucht ± wagrecht ausgebreitet. Kronblätter rundlich, kurz und breit genagelt, mit etwas welligem Rande, weiss, im Verblühen trübrosa. Staubblätter 20. Griffel 5, etwas seitlich der Spitze der Steine ent­ springend. Scheinfrüchte kugelig, im Durchmesser ± 0,8 bis 1 cm, glänzend schwarz, etwas saftig. Steine ventral im unteren Teile beiderseits tief ausgehöhlt, durch die Grenzlinie zwischen verwachsenem unteren und freiem oberen Teil das obere Drittel schräg abgeschnitten erscheinend. — V , VI. H eim at: Zentral- und Süd» Ungarn, Bosnien, Herzegowina, Kroatien!?), Serbien. Im Gebiete seit 1819 in G ärten kultiviert und ab und zu verwildert. — C. a z a r ö l u s 1) L. ( = C. Maüra L. fil.?, = Mespilus azarölus Willd., = Crataegus Pöntica Koch, = Azarölus crataegoides Borkh., = Crataegus M aroccäna Pers.). Welsche oder Italienische Mispel. Ital.: Azzarolo, lazzafolo, pomo imperiale; in Istrien: A zaro j; im Tessin: Lazzarin. Strauch oder meist breit verästelter, bis 8 m hoher Baum. Zweige anfangs ± dicht weissfilzig, später kahl, graubraun. Dornen ± zahlreich, kräftig, bis über 1 cm lang oder (namentlich bei in Kultur befindlichen Exemplaren) fast oder ganz fehlend. Laubblätter 6 bis 7 cm lang, auf 5 bis 13 mm langen, filzig behaarten, rinnigen Stielen, von ziemlich verschiedenartiger Gestalt, im Umriss meist breit verkehrteiförmig bis fast rautenförmig, tief 3- (bis 5-[7-])spaltig; Abschnitte nur an der Spitze mit wenigen grossen Zähnen oder daselbst ± tief eingeschnitten, sonst ganzrandig; Textur der Laubblätter d erb ; Oberseite olivengrün, matt glänzend, schwach behaart oder kahl, Unterseite heller, reichlicher behaart, besonders auf den Nerven. Nebenblätter eilanzettlieh, dicht behaart. Blütenstände dichtblütig, aufrecht, zfc dicht grau- bis weissfilzig. Kelchbecher zottig-filzig. Kelchblätter kürzer als der Kelchbecher, fast gleichseitig-drei­ eckig, ganzrandig, auf der Innenseite ± kahl, der Scheinfrucht dicht angepresst. Kronblätter rundlich. Staubblätter 20. Griffel 2 bis 3, unter der Spitze der Steine (Carpelle 1) entspringend. Scheinfrüchte bis 2 cm (in der Kultur bis 4 cm) im Durchmesser, mispelartig, kugelig, orange oder gelb, zuweilen fast weissgelb, etwas behaart, essbar. Steine an der Innenseite glatt, nur in der unteren Hälfte miteinander verwachsen. — V bis VI. Einheimisch wohl nur im östlichen Mittelmeergebiet von Kreta bis Turkestan, jedoch im ganzen Mittelmeergebiet häufig kultiviert und verwildert, so schon in Istrien, seltener auch in Mitteleuropa. In Deutschland seit 1656 vereinzelt in Kultur und selten verwildernd. A m häufigsten ist die A rt wohl in Süditalien und auf Sizilien in Kultur anzutreffen. V on Neapel aus soll sie nach M a t t h i o l i in die Gärten der Kardinäle zu Rom verpflanzt worden sein. Die „Italienischen Mispeln“ werden sowohl roh als auch mit Zucker oder Honig eingemacht gegessen und finden auch als Volksmittel Verwendung, gelangen jedoch nördlich der Alpen wohl nirgends regelmässig zur Reife. — C. c o r d ä t a Aiton ( = Mespilus cordäta Miller, = M. Phaenopyrum Lf., = Crataegus acerifölia Moench, = Mespilus acerifölia Burgsd., = Crataegus populifölia Walt., = Mespilus corallina Desf., = Phälacros cordata l) Nach dem italienischen Volksnamen a z z a r o l o . Im Altertum hiess die A rt agwyin faronia], lat. aronia.

731 Wenz.). Herzblatt»Weissdorn. Engl. : Washington thorn. Fig. 1056. Strauch oder ± aufrecht verästelter, bis 9 m hoher Baum. Zweige kahl, die einjährigen glänzend kastanienbraun. Dornen ziemlich zahlreich und kräftig, bis 5 cm lang. Laubblätter ziemlich gross (an Langtrieben bis 7 cm lang und 6 bis 7 cm breit) und lang» (bis 2,5 cm) gestielt, am Grunde flach herzförmig, i tief 3» bis 5»lappig ; Lappen (besonders Endlappen) ± lang zugespitzt, einfach» bis doppelt»gesägt ; die beiden untersten Lappen häufig ungleich 2=lappigj Textur der Blätter ziemlich zart; Oberseite im ausgewachsenen Zustande vollständig kahl, lebhaft grün, Unterseite blässer, kahl. Blütenstände bis 25»blütig, kahl, Hb aufrecht. Kelchblätter so lang oder meist kürzer als der Kelchbecher (Fig. 1056 b), breit dreieckig, zugespitzt, ganz» randig, am Rande gewimpert, an der Scheinfrucht nach einwärts geknickt mit aufragenden Spitzen (Fig. 1056 c). Kronblätter kaum genagelt, rundlich, am Rande etwas unregelmässig konturiert, weiss. Staubblätter 20. Griffel 5 (bis 2), unterhalb der Spitze der Steine (an der Grenze zwischen deren ver» wachsenem und unverwachsenem Teil) entsprin» gend. Scheinfrüchte sehr klein (Sektion Micro» cärpael), zfc kugelig, am Grunde zuweilen etwas bimförmig, glänzend scharlachrot. Steine ohne Furchen, die Grenze zwischen dem unteren verwachsenen und dem oberen freien Teil gut erkennbar (Fig. 1056 d). — V , Vf (VII). Heimat : Nordoststaaten der Union. Bei uns seit langem in Kultur, aber ziemlich selten. — Noch sehr selten in Kultur findet sich bei uns C. a p i i f ö l i a Mchx. (=M éspilus apiifölia Marsh.). Sellerie»Weiss= dom. Engl. : Parsley haw. Diese zierliche, gleich der vorigen zur Sektion der Microcarpae ge» hörende und mit ihr nahe verwandte Art ist durch ihre sparrige Verzweigung, die lebhaft grünen, fein fiederschnittigen Laubblätter, die grauzottigen Blütenstiele, die lanzettlichen, drüsig»gesägten Kelchblätter, die länglichen Kronblätter sowie durch die kleinen, länglichen Scheinfrüchte sehr gut gekennzeichnet. Heimat: Südöstliche Staaten Fig. 1056. C r a t a e g u s c o r d a t a Ait. a Fruchtzweig (*/s natürlicher der Union. — C. t a n a c e t i f ö l i a Pers. (= Més» Grösse). * Blüte im Längsschnitt, c Scheinfrucht. d Fruchtstein.

pilus tanacetifolia Lam.). Ramfarn»Weissdorn. Strauch oder kleiner, bis 3 m hoher Baum mit aufrechten Aesten. Zweige in der Jugend dicht grauzottig, später verkahlend. Dornen oft nicht entwickelt. Laubblätter rh so lang wie breit, ziemlich klein, fiederschnittig mit fein gesägten Abschnitten, oberseits locker behaart, glänzend, unterseits graugelblich, ± dicht zottig. Blüten» stände dicht, 4» bis 8»blütig, grobfilzig behaart. Tragblätter mit langen Drüsenzähnen. Kelchblätter etwas länger als der Kelchbecher, spitz»dreieckig, seitlich oft mit je 1 grossen, spitzen Zahn, an der eigenen Spitze sowie an jener der beiden Zähne ein Drüsenköpfchen tragend, an der Scheinfrucht zusammenneigend. Kronblätter rundlich, kurz genagelt, weiss. Staubblätter 20. Griffel 5 (seltener 4 oder 3), fast auf der Spitze der Steine entspringend. Scheinfrüchte kugelig, bis etwa 2 cm im Durchmesser, gelb, ± behaart, oben mit meist 5 (entsprechend der Anzahl der Steine bezw. Carpelle)) der Länge nach verlaufenden, bis etwa zur Mitte herabreichenden Ein» schnitten. Steine höchstens mit Längsriefen, nicht gefurcht. — VI, VII. Heimat : Gebirge von Südosteuropa und des Orients. Bei uns beliebter Zierstrauch, jedoch selten typische Exemplare anzutreffen. — Ausführlicheres über die Gattung Crataegus in folgenden beiden, die neue amerikanische Literatur zusammenfassenden Arbeiten : B r o w n , H. B. The genus Crataegus, with some theories concerning the origin of its species. Bull. Torrey Club. X X X V II, 1910. — E g g l e s t o n , W. W. Sketch of the Crataegus»problem. Journ. New»York botanical Garden. XI, 1910. — Ferner auch: L é v e i l l é , H. Essai sur le genre Crataegus en France. Bull. Géogr. bot. XXII, 1912. 1. Laubblätter ± tief geteilt, unterseits stets mit Milbenbärten (Akarodomatien). Lappen aus gebogen, spitz (Fig. 1060 n). Blütenstiele behaart. Griffel 1 .......................................C. m o n o g y n a nr. 1480. 1*. Laubblätter nur seicht gelappt, meist ohne Akarodomatien. Lappen einwärts gebogen, meist stumpf (Fig. 1060 c). Blütenstiele kahl. Griffel 2 bis 3 ................................................ C. o x y a c a n t h a nr. 1479.

732 1479. Crataegus o x y a c ä n th a *) L. em. Jacq. ( = Mespilus oxyacantha Crantz, = Crataegus oxyacantha L. subsp. polygyna Leveille). S t u m p f g e l a p p t e r W e i s s d o r n . Franz.: Aubepin commun. 5 engl.: Commun hawthom; Taf. 147, Fig. 4 ; Fig. 1057, 1058, 1 0 6 0 a b i s k und 1061 a, b. Mittelgrosser Strauch oder kleiner (bis 12 m hoher) Baum. Junge Zweige rotbraun, anfangs weichhaarig, später verkahlend. Dornen meist nur 0,6 bis 1,5 cm lang. Lentizellen spärlich, klein. Knospen klein, eiförmig* kugelig; Knospenschuppen mit leicht ab* fallenden Wimperhaaren. Laubblätter auf 8 bis 15 mm langen, spärlich be* haarten oder kahlen, rinnigen Stielen, rautenförmig, rundlich oder verkehrt* eiförmig, bis d: 4 cm lang, in der vorderen Hälfte 3*, seltener 5*lappig (Fig. 1060 c) 5 Rand der Lappen ungleich* mässig gesägt. Laubblätter unterseits hell* bläulichgrün, anfangs auf den Nerven spärlich behaart, fast oder ganz verkahlend (meist ohne Akarodomatien), oberseits dunkler grün, anfangs auf den Nerven behaart, später verkahlend; Neben* blätter eiförmig bis lineallanzettlich oder halbherzförmig, drüsig gesägt, kahl. Blüten (Taf. 147, Fig. 4 a) in ziemlich reichblütigen, aufrechten Doldenrispen, auf kahlen, selten spärlich behaarten Stielen. Kelchbecher kahl. Kelchblätter breit*dreieckig, spitz oder stumpf, viel kürzer als der Kelchbecher, kahl oder meist auf der Innenseite behaart, an der Frucht erhalten bleibend. Kronblätter kreisrundlich bis breitlänglich, sehr kurz genagelt, weiss oder rosa, 5 bis 8 mm lang, kahl. Staubblätter zahlreich (meist 20 ). Griffel 2 bis 3, selten 1 , frei, kahl; Fig. 1057. C r a t a e g u s o x y a c a n t h a L. Blühender Weissdorn. Narbe flach, wenig breiter als der Phot. Forstamtmann O. F e u c h t , Crailsheim. Griffel. Scheinfrucht oft undeutlich kantig, eikugelig, an der Spitze von den Kelchblättern gekrönt (Fig. 1060d, e), bis 12 mm lang, rot (selten gelb oder weisslich); Steine 2 bis 3, knöchern verhärtet, ventral mit 2 tiefen, zacken* randigen, länglichen Gruben (Fig. 1060 g), ohne krustige Hülle, auf dem Scheitel dicht kurz* haarig, auf den Seiten nach unten zu abnehmend spärlicher behaart. Samen länglich, zirka 5 mm lang, hellbraungelb, etwas zusammengedrückt. — V , VI. Verbreitet und meist häufig, jedoch keineswegs überall, auf humosen wie auf mineralischen, frischen bis ziemlich trockenen Böden, besonders üppig auf schwerem, ') Gr. o£vuy.avfra [oxyäkantha] von o^vg [oxys] scharf und äxav& a [akantha] Dorn, Name verschiedener Dornsträucher im Altertum, z. B. bei Theophrast und Dioskurides. Nach diesem sowohl für nv^axcex&rj [pyracänthe] = Feuerdorn (vgl. Pyracantha pag. 688) wie für xvxoaßcaog [kynösbatos] = Hundsrosen gebraucht.

733 Lehmboden in lichten Gebüschen, Laubwäldern, Föhrenwäldern, Dünentälern, auf Alluvionen, in Hecken, an Zäunen und in Gärten ; von der Ebene bis in die montane Stufe steigend, im Bündner Oberland bis 1250 m, im Wallis (Outre*Rhöne) bis 1665 m. Im allgemeinen auf allen Unterlagen. In D e u t s c h l a n d meist verbreitet und häufig (bis 900 m aufsteigend). — In O e s t e r r e i c h ziemlich verbreitet in Salzburg, Ober» und Niederösterreich, jedoch weniger häufig als die folgende Art; in Steiermark, Kärnten und Krain zerstreut ; in Tirol zerstreut, häufiger wohl nur in Nordtirol. — In der S c h w e i z verbreitet im Jura und im Mittelland; in den Alpentälern und im Süden seltener als die folgende Art und meist nur in höheren, feuchteren Lagen.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa (nördlich bis Grossbritannien, Süd* und Mittel* Schweden [in Norwegen wohl nur verwildert], Kurland; angeblich auch in Südfinnland). Aendert stark ab: var. v u l g a r i s DC. ( = var. genuina Rouy et Cam.). Laubblätter 3» bis 5»lappig, mittelgross. Häufigste Form. — var. m a c r o c ä r p a (Hegetschw.) Gremli. Niedrig, nur strauchartig, sehr sparrig verzweigt. Laubblätter kleiner, bis zur Mitte der Spreite gelappt. Schein» früchte sehr gross, bis 1,2 cm lang und 8 mm breit, am Grunde 5»höckerig. Höhere Lagen der Alpen, z. B. in Vorarlberg (Koblach, Ardetzenkamm, Tisis), St. Gallen (Grünensteinwald und Luttern ob Marbach) und Schwyz (Etzel). Ist nach R. B u s e r (Bull. Herb. Boiss. V . App. I, 1897) eine eigene Art, nach O. B u s e r u n d B r ü g g e r jedoch ein Bastard von C. monogyna und C. oxyacantha. — var. i n t e g r i f ö l i a (Wahr.) ( = C. oxyacanthoides ThuilL, = C. oxyacantha L. var. obtusäta Ser., = C. oxyacantha L. var. oxyacanthoides Rchb.). Laubblätter verkehrt»eiförmig, am Grunde etwas schmäler keilförmig als beim Typus, ungeteilt oder 3=lappig, mit eiförmigen, Fig. 1058. C r a t a e g u s o x y a c a n t h a L. Hochweide im Fränkischen Jura. stumpfen, fein» und scharfgesägten Ab» Phot. Georg R ie d e l, Gunzenhausen. schnitten; der mittlere öfters fast ganz» randig. Hin und wieder mit dem Typus. — Hieher : f. gl a b r ä t a Sank) ( = var. levigäta Beck, = var. vul» gäris DC. f. integérrima Santo, = var. obtusiloba Schur). Laubblätter meist nur von der Mitte an gesägt. Zweige des Blütenstandes kahl. Ziemlich selten. — var. l a c i n i ä t a (Wahr.) ( = var. incisa Regel, = Méspilus intermédia Poir., = Crataegus spléndens hört.). Laubblätter rundlich»eiförmig bis breit»eiförmig, am Grunde Hh breit» keilförmig. 5» bis 7»lappig, meist bis über die Mitte geteilt, scharf einfach» oder doppelt=gesägt. Scheinfrucht dunkelscharlachrot, oft nur mit 1 Stein. Kultiviert und wohl (wenigstens in ähnlichen Formen) auch spontan im südlichen Teil des Gebietes, z. B. bei Neuburg a. D. — var. a u r i c u l ä t a Mérat. Laubblätter bis über 5 cm lang und bis 4 cm breit. Nebenblätter gestielt, gross, sdnef»halbmondförmig. Scheinfrucht grösser. Kultiviert in Gärten ; ob auch wild? — var. m é d i a (Bechstein) (— var. cotoneastriförmis Murr?). Laubblätter nur ± bis 17 mm lang, aus keilförmigem Grunde verkehrt»eiförmig bis eiförmig, ungeteilt oder seicht 5»lappig, gesägt. Blüten» stand und Kelchbecher kahl. Kelchblätter breit 3»eckig, spitz, auf der Innenseite seidenhaarig. Griffel meist 1. Kümmerform. In der Provinz Sachsen bei Wittenberg, in Vorarlberg am Schneifiserberg und wohl auch noch anderwärts. Hieher: f. K o e r n i c k e i (Sanio). Kurztriebe zottig behaart. Laubblätter etwas grösser, seicht 3» bis 5»lappig, gesägt, auf den Nerven beiderseits deutlich zottig. Griffel meist 2 (1 bis 3). Auf dem Rochus» berg bei Bingen. — 1. a ü r e a (Loud.) ( = Oxyacantha vulgaris var. xanthocärpa Roemer). Scheinfrucht gelb. — f. r u b r a hört. Kronblätter tiefrot mit weisslichem Grund. — f. G i r e o ü d i Spaeth. Junges Laub auf weiss marmoriertem Grunde mit zartem Rosa getönt. — Eine kleinfrüchtige Form (Crataegus transalpina Kerner) er» wähnt M u r r vom Ardetzenkamm in Vorarlberg. — Stärker abweichend, aber doch wohl kaum als Art zu trennen ist: var. P a l ms ’t r ü c h i i l) (Lindman als Art). Fig. 1061 c bis e. Einzelne Blattnervenwinkel unterseits wie bei C. monogyna (nicht wie bei typischen oxyacantha) mit Akarodomatien. Kelchblätter doppelt so lang (beim *) Benannt nach dem schwedischen Botaniker P a l m s t r u c h , anderen eine mehrbändige Flora von Schweden herausgab. H e g i , Flora.

IV, 2.

der mit S w a r t z ,

E. F r i e s 139

und

734 Typus nur ± so lang) wie breit, spitz (statt stumpf), abstehend. Laubblätter und Scheinfrüchte grösser als beim Typus. Bisher nur im südlichen Schweden unterschieden. In pflanzengeographischer Beziehung ist Crataegus oxyacantha als europäisch mit stark subatlantischem Charakter zu bezeichnen. Sie ist daher im Gegensatz zu C. monogyna + ausschliesslich Gebieten mit sub» ozeanischem Lokalklima: mit relativ geringen Temperaturschwankungen und entsprechender Luftfeuchtigkeit eigen, wie dies in erster Linie für die tieferen, niederschlagsreichen Lagen der Mittelgebirge und z. T. auch der Alpen zutrifft. In der Umgegend von München z. B. fehlt die Art. Eine weitere Folge ihrer subatlantischen Ansprüche ist, dass sie im Binnenlande — namentlich in Gegenden mit grösseren Temperaturschwankungen — stark kalkhaltige Böden meidet. Spontan tritt die Art meist einzeln, seltener in grösseren Beständen auf. Ihre hauptsächlichsten natürlichen Standorte sind Gebüsche, Waldränder und lichte Wälder (besonders Laub», aber auch sandige Kiefernwälder). So schmückt sie die warmen, buschigen Felsenhänge des Jura, weiters trifft man sie in den Corylus Ävellana=Beständen der Alpentäler (in ähnlicher Gesellschaft schon aus dem Pleistocän der Provence nachgewiesen), in Eichenwäldern, besonders im Quercetum sessiliflorae und dessen Abarten, wie sie z. T. für das Wallis, Bündner Oberland, den Jura und Ostböhmen bezeichnend sind, ferner in Laubmischwäldern (Auen» Wäldern), in Buchenwäldern (Molasseland, Westkarpaten), in sandigen Kiefernwäldern, in den Mischwäldern der Kiefer mit Laubhölzern, besonders mit Betula verru» cosa und Populus tremula (Dünentäler der preus» sischen Ostseeküste, Böhmen, Vorder» und Mittel» zug des Bayrischen Waldes), in den Beständen von Pinus nigra der Illyrischen Gebirge, auf Alluvionen sowie auf Triften. Am letzteren Standort bleibt sie trotz ihrer Dornen vom Weidevieh und auch vom Wild nicht unberührt und nimmt unter deren Einfluss, namentlich aber unter dem des Windes oft sehr eigenartige Gestalten (Fig. 1058) an. Vgl. Eng. W a r m i n g . Dansk Plantevaekst III (Botanisk Tid» skrift. Bd. X X X V , 1916 f 19], pag. 109 und 200). Ausser» dem geht C. oxyacantha auch auf künstlich ge» schaffene Standorte über und kommt gelegentlich auf Kahlschlägen, überwachsenen Lesesteinhaufen, in Hecken und an Zäunen vor. Endlich dient sie in Anlagen, Alleen, Gärten u. dgl. häufig als Zier» Strauch und wegen ihrer starken Ausschlagsfähigkeit zu Einfassungen. — Die Art wird, besonders in den Ostseeländern, oft baumförmig und kann ein beträcht» liches Alter erreichen. Ein 7 m hoher, unten 2,5 m Umfang aufweisender Baum im Casino»Garten zu Soest ist bereits aus dem 14. Jahrhundert bekannt. Im Küstergarten zu Varenholz steht ein 12 m hoher, auf dem Möhrenhügel in Oberfranken ein 9 7? m hoher Baum mit 2 7 2 m Stammumfang. — Das fleisch» rote, sehr feste und harte, aber schwerspaltige und stark schwindende Holz wird von Drechslern vielfach Fig. 1059. Hecke von C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq., Bahnhof Icking verwendet und zu verschiedenen Gegenständen (Isartal). Phot. E. S c h m id , München. (Werkzeugstiele, Dreschflegel, Spazierstöcke [falsche „Ziegenhainer“] u. a.) verarbeitet. Die Früchte stellen ein minderwertiges Obst dar und werden heute nur noch gelegentlich von Kindern gegessen. Das getrocknete Fruchtfleisch wurde früher als Mehlzusatz verwendet; nach L. R e u s s (Flora des Unteren Donaukreises. Passau 1831, pag. 128) wird an einigen Orten auch heute noch Brot daraus bereitet. Auch als Mastfutter für Schweine und als Vogelfutter dienen die Früchte ab und zu, ebenso gestampft und mit Malz vermischt zur Branntweinbereitung. Die gerösteten Kerne galten während des Weltkrieges als Kaffeeersatz, die Jungen Blätter als Tabakersatz. Letztere liefern einen angenehm schmeckenden, blutreinigenden Tee. Derselbe soll (nach Hugo S c h u l z ) monatelang getrunken allmählich eine dauernde Erniedrigung des pathologisch gesteigerten Blutdruckes herbeiführen, weshalb er zur Behandlung von Arteriosklerose empfohlen wurde. Ebenso wird ein aus den Kernen oder Blättern bereitetes Fluidextrakt bezw. Tinktur als Herztonikum verwendet, das eine Abnahme der Pulsfrequenz, eine Hebung der Herzenergie und ein Verschwinden vor» handen gewesener Oedeme zur Folge haben soll. Die Rinde und die Wurzeln geben mit Wasser und Lauge gesotten eine braune bezw. gelbe Farbe. In der Geest der Norddeutschen Küstengebiete umsäumen die „Knacks“,

735 hauptsächlich aus C. oxyacantha und C. monogyna, Prunus spinosa und Rosa spcc. gebildet, die Weideplätze, sodass dadurdi eine Beaufsichtigung der Tiere erspart wird. — Die offenen, unangenehm (nach Trimethylamin) riechenden Blüten sind als Honigblumen zu betrachten und werden meist von Fliegen und Käfern besucht. Sie enthalten nach A. G. P e r k i n und H u m m e l den gelben Farbstoff Quercetin (Cis Hio O 7 ). Die reifen Früchte werden durch Vögel verbreitet; nach A b r o m e i t wurden Steinkerne von C. oxyacantha im Gewölle von Krähen gefunden. — V on Missbildungen sind festgestellt worden: Auftreten von 3 Keimblättern, Verwachsung der Keimblätter, Verbänderung der Zweige, Vorkommen von 6 oder 4 Kelch» bezw. Kronblättern, Umwand» lung der Staubblätter oder der Fruchtblätter in Kronblätter (wobei der Achsenwall rückgebildet sein kann), seitliche Verwachsung von Staubblättern, auch solcher, die verschiedenen Wirteln angehören, ferner Umwand» lung von Staubblättern in Fruchtblätter, Vermehrung der Fruchtblätter, auch durch Hinzutreten eines zweiten Quirls von Fruchtblättern, Rückbildung des Achsenwalles, sodass dann die Fruchtblätter halb frei werden, endlich Durchwachsung der gefüllten Blüten durch petaloide oder staminoide Blättchen und ab und zu auch Hexenbeseribildung (verursacht durch Exoascus Crataegi [Fuckel]). Ueber weitere Parasiten der A rt vgl. pag. 726. Die zu dichten, undurchdringlichen Hecken verwendeten Kulturformen dienen oft schädlichen Insekten, z. B. Maikäfern als Nahrung und Unterschlupf und können so auch eine Gefahr für in ihrer Nähe befindliche Obst» bäume bilden. Näheres bei G ö r n e r , Der Weissdornzaun von Crataegus monogyna (3. Auflage, Berlin, 1888) und K e l l e r , Der Weissdornzaun (Weimar, 1883).

1480« Crataegus m onogyna b Jacq. ( = Méspilus monogyna All., = Crataegus apüfölia Medik. non Michx., = Méspilus élegans Poir., = Crataegus oxyacantha L. subp. monogyna Léveillé). E i n g r i f f e l i g e r W e i s s d o r n . Taf. 147, Fig. 5 und 6 ; Fig. 1053 e, k, 1059, 10601 bis z (exkl. y), 1061 f bis o und 1062. Mittelgrosser Strauch oder kleiner, selten bis 8 m hoher Baum. Junge Zweige braun* grün bis rotbraun, mit zerstreuten, kleinen Lentizellen, kahl oder anfangs ± dicht zottig be= haart; die älteren Zweige graubraun. Knospen klein, kugelig*eiförmig, an den Kurztrieben oft gehäuft; Schuppen rotbraun, unregelmässig zackig berandet, mit kurzen, leicht abfallenden Wimperhaaren. Dornen meist nur 1 cm lang, rötlichbraun. Laubblätter mit 1 bis 2 cm langen, kahlen oder oberseits auf der Rinne behaarten Stielen, von sehr wechselnder Form und Grösse, im Umrisse breiteiförmig oder rautenförmig, am Grunde keilförmig bis fast gestutzt, 3* bis 7* (9*)lappig bezw. *teilig (Fig. 1060n); unterste Einschnitte fast bis zur Mitte reichend; Lappen nur gegen ihre Spitze zu unregelmässig einfach oder doppelt gesägt, sonst ganzrandig ; Säge* zähne gegen die Spitze zu an Grösse zunehmend, die vordersten ziemlich gross, drüsig bespitzt. Laubblätter oberseits dunkelgrün, anfangs (besonders auf den Nerven) spärlich behaart, später verkahlend, unterseits hellbläulichgrün, in den Nervenwinkeln (Akarodomatien) dauernd behaart, sonst fast oder ganz verkahlend, am Rande zerstreut bewimpert oder kahl. Neben* blätter halbherzförmig oder halblanzettlich (Fig. 10601 f.), drüsig gesägt oder ganzrandig, meist kahl. Blüten in ziemlich reichblütigen, aufrechten Doldenrispen, auf spärlich behaarten oder kahlen Stielen. Kelchbecher spärlich behaart oder kahl; Kelchblätter dreieckig, vorne meist abgerundet oder lanzettlich und zugespitzt, kahl oder aussen behaart, an der Scheinfrucht zurück* geschlagen. Kronblätter 5 bis 6 mm lang, kreisrundlich, sehr kurz genagelt, kahl, weiss. Staub* blätter meist 20. Griffel 1, selten an vereinzelten Blüten 2, am Grunde behaart, sonst kahl. Scheinfrucht eiförmig oder kugelig, nie kantig, an der Spitze mit aufgesetztem Rand, h 7 bis 10 mm lang, rot (selten gelb oder weiss). Stein meist einzeln, knöchern verhärtet, ventral ohne oder meist mit 2 schwachen Furchen versehen. Samen eiförmig, flach, zirka 4 mm lang, hellbraun. — V bis VI, etwa 14 Tage später als die vorhergehende Art. Verbreitet in Gebüschen, Laubwäldern, seltener in Nadelwäldern, auf Felsenheiden, in Hecken, an Zäunen, in Gärten und Anlagen; von der Ebene bis an die obere Grenze der montanen Stufe; in Oberbayern (am Fockenstein) bis 1270m, im Bündner Oberland bis 1300 m, in Südtirol bis 1450 m, im Wallis (auf Jeur brûlée) bis 1525 m. Auf allen Boden« arten, aber am besten auf schweren, kalkreichen Lehmböden gedeihend. *) Gr. {uopog [mönos] = einzeln und yvvv [gyné] = Weib, Stempel; also eingriffelig.

139*

736 In D e u t s c h l a n d ziemlich verbreitet und in den meisten Gegenden häufig, nur im Fichtelgebirge, Ober» pfälzer» und Frankenwald fehlend, im Bayrischen Walde selten und nur im Vorderzuge, auf der oberen Schwäbisch» bayerischen Hochebene weit häufiger als C. oxyacantha, in Württemberg und Hohenzollern zerstreut, ziemlich zerstreut in der Rheinprovinz, in Westfalen stellenweise fehlend, auch in Thüringen seltener als die vorige Ä|;t. — In O e s t e r r e i c h in Böhmen, Mähren und Schlesien ziemlich verbreitet, aber seltener als die vorhergehende Art, in den Älpenländern allgemein verbreitet und häufig, ebenso im Karstgebiet. — In der S c h w e i z verbreitet und häufig, besonders in den Alpen.

Fig. 1060. C r a t a e g u s o x y a c a n t h a L. a Blühender Zweig, b Fruchtzweig, c Laubblatt. ¿ Scheinfrucht, e Diese von oben. / Steinkern von der Rückseite, g Derselbe von der Bauchseite, h Steinkern quergeschnitten mit Samen, i Samen. k Querschnitt des Steinkernes mit dem Samen. — C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq. I Blütenzweig, h Steriler Zweig (mit Nebenblättern), m Fruchtzweig, n Laubblatt, o Scheinfrucht, p Dieselbe von oben, q Dieselbe quergeschnitten, r und s Doppelfrucht (durch Verwachsung der Fruchtknoten entstanden), t Normale Frucht längsgeschnitten, u, v Steinkern von der Vorder- und von der Rückenseite, w Derselbe längsgeschnitten, .v Derselbe quergeschnitten. — y Laubblatt von C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq. X C. o x y a c a n t h a L. — C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq. z Querschnitt durch Frachtstein und Samen. z\ Samen längsgeschnitten. Z2 Samen.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Europa (in Südeuropa häufiger als im Norden), nörd­ lich bis Grossbritannien, Norwegen (nördlich bis Nordmöre), Schweden (bis Gestrikland und Wermland), Aland, Abo, Ingermanland, östlich bis Mittelrussland, Kasan, Orenburg; vom Kaukasus bis Armenien, Sibirien, Himalaya, Syrien; Nordafrika. In Skandinavien ist die Art nach Funden in Mooren und Kalktuffen in der jüngeren Föhrenzeit eingewandert (G. Andersson). Aendert noch stärker ab als die vorige A r t: var. t y p i c a Beck. Zweige meist wenigstens anfangs behaart. Laubblätter meist ± derb. Blütenstand H= schwach behaart. Receptaculum (Kelchbecher) am Grunde ziemlich dicht und kurz behaart. Verbreitetste Form ; nur im nordöstlichen Gebietsteil selten und stellenweise fehlend. Hierher: f. g e n u i n a Pospichal. Laubblätter meist nicht über die Mitte der Spreitenhälfte einge»

737 sdinitten, spärlidi, zuweilen nur unterseits auf den Nerven behaart. Dornen meist wenig über 1 cm lang. Sdieinfrücbte kahl oder fast kahl. Häufigste Form ¡ sehr veränderlich. — f. p r a e c o x Dippel. Dornen meist 2 bis 2,5 cm lang, kastanienbraun. Laubblätter unterseits graufilzig. Sdieinfrücbte meist dunkler gefärbt als beim Typus. Selten; meist kultiviert in Gärten. — f. f i s s a (Bose) ( = Crataegus díssécta Borkh., = C. laciniäta Stev.). Aeste und Zweige ausgebreitet; letztere an älteren Exemplaren überhängend. Laubblätter tief, teil» weise bis zur Mittelrippe eingeschnitten. Selten wild; in Gärten häufig kultiviert. Hierher: subf. f í l í c í f ó l í a (Koehne). Laubblätter kraus, breit, fächerförmig. In Gärten kultiviert. Hierher gehörig ausserdem noch andere Kulturformen. — var. s e m p e r f l ö r e n s Dippel. Pflanze meist niedrig, dicht buschig. Im Herbst blühend. Selten; meist kultiviert in Gärten. — var. e r i o e ä r p a (Dippel). Scheinfrüchte wollig behaart. Selten, z. B. Bischofs» walde bei Breslau, f. m i c r o p h y l l a Chenev. Laubblätter sehr klein. Südliches Tessin, Wallis. — Zahlreich sind die Kulturformen von C. monogyna. Es seien davon hier erwähnt: mut. v a r í e g á t a hört. Laubblätter weiss» oder gelbgefleckt oder »berandet oder selten grünweiss und gelb und rosa gefleckt. — mut. c o r a l l í na hört. Scheinfrucht korallenrot gefärbt. Auch dunkelpurpurrot, braunrot oder hellgelb gefärbte Sdieinfrüchte kommen vor. — Nach der Blütenfarbe werden (bei verschiedenen Varíe» täten) unterschieden: f. H ö r e ä l b o hört. (Blüten erst weiss, zuletzt röt» lieh), f. f l o r e c á n d i d o hört, (dau» ernd rein weiss), f. G u m p é r í hört. (weiss mit rotem Saum), f. f l o r e r ú b r o hört. („Rotdorn“), f. f l o r e kermesino hört. (scharlachrot, hierher z. B. Paul’s new scarlet), f. f l o r e c o c c í n e o hört, (ähnlich),: f. f l o r e p u n i c e o hört, (dunkel» rot). Alle Formen treten auch mit gefüllten Blüten (flore pleno) auf. — mut. f l e x u ó s a (C. Koch). Zweige stärker knickig, zuweilen fast kork» zieherartig gewunden. — mut. pé n» d u l a hört. ( = C. Reginae hört.). Aeste und Zweige hängend (kommt auch mit gelber Rinde vor). — mut. f a s t í g i á t a (C. Koch). Aeste und Fig. 1061. Laubblätter und Scheinfrüchte der von C. A. M. L i n d m a n unterschiedenen Zweige aufstrebend. Pflanze pyra» Kleinarten von C r a t a e g u s , a und b C. o x y a c a n t h a L. s. str. c bis e C. P a l m midenförmig. — mut. s t r i c t a s t r u c h i i Lindman. / b i s h C. m o n o g y n a Jacq. s. str. i bis l C . c u r v ' i s e p a l a Lindman. m C. c a l y c i n a Peterm. n, o C. l ä g e n a r i a Fisch, et Mey. (nach L i n d m a n ) . Spaeth. Wuchs schmal pyramidal. — var. h ó r r i d a Regel. Aeste meist sparrig abstehend; Zweige + überhängend. Dornen sehr stark und zahlreich, in Büscheln angeordnet. Blüten meist kleiner als beim Typus. Kronblätter weiss. Nur in Gärten (?). — Ferner sind von wildwachsenden Formen zu nennen: var. i n t e r m e d i a (Fuss) (= C. calycina Peterm .?; s. unten). Zweige ganz kahl. Laubblätter dünnhäutig, aus breitkeilförmigem Grunde rundlidi»eiförmig, spitzlich bis zugespitzt oder stachelspitzig, 3» bis 9» spaltig (bezw. »teilig); Lappen einander meist genähert, untere ab und zu spreizend, schräg aufwärts gerichtet, spitz, oberseits auf den Nerven behaart, unterseits kahl oder nur in den Nervenwinkeln zottig behaart. Blütenstiele, Kelchbecher und Kelchblätter kahl. Scheinfrüchte meist eiförmig, scharlachrot, ab und zu grüngefleckt. Zerstreut; im nordöstlichen Gebietsteile häufiger als der Typus. — var. k y r t o s t y l a 1) Beck. Zweige kahl. Laubblätter aus gestutztem, abgerundetem oder breit=keilförmigem Grunde breit»eiförmig, unterseits etwas behaart. Blütenstiele kahl oder nur an der Spitze etwas behaart. Kelchbecher kahl oder wenigstens teilweise etwas zottig. Griffel ganz oder nur unterwärts gewunden und dann im oberen Teile wagrecht abstehend. Schein» frucht am Grunde etwas eingeschnürt, granatrot, ungefledet. Zerstreut (im nördlicheren Gebietsteile ?); wohl oft übersehen. — var. h e t e r o p h y l l a Wenzig. Strauch fast oder ganz dornenlos. Laubblätter verschieden gestaltet; die unteren der Kurztriebe länglich, kurz zugespitzt oder abgestumpft, ganzrandig, nur an der Spitze seichter oder tiefer sägezähnig, die oberen verkehrt»eiförmig, vorne i tief 3»spaltig, mit spitzen, ¿ tiefgesägten Abschnitten. Laubblätter der Langtriebe eiförmig»rhombisch, fiederspaltig, mit spitzen, ± tief gesägten Ab» r) Vom griech. y.votog [kyrtös] =

gekrümmt und ovvlog [stylos] = Griffel.

738 schnitten. Im südlichen und südöstlichen Gebietsteil, z. B. in der Schweiz im Tessin (Intragna). — var. s p l e n d e n s (C. Koch). Laubblätter lebhaft glänzend, derb, pergamentartig, stark n ervig; Lappen spitzlidi oder meist stumpf oder abgerundet, ganzrandig oder spärlich gesägt. Langtriebe, Blütenstiele und Kelchbecher kahl. Scheinfrucht eiförmig, am Grunde stumpf. Häufig kultiviert; wild selten oder fehlend, wenn überhaupt typische var. splendens spontan vorkommend. H ieher: f. t r í f i d a (Wallroth). Laubblätter ziemlich klein, verkehrt»eiförmig, meist 3=lappig, einzelne auch 5»lappig=fiederteilig; N erven stark hervortretend; Nervenwinkel zottig. Scheinfrüchte ziemlich klein. So am Leopoldsberg bei Wien. — f. d e c u s s ä t a (Wallroth). Laubblätter aus gestutztem oder breit» keilförmigem Grunde rundlich»eiförmig, stumpf, 5» bis 7»teilig, mit fast bis zur Mittelrippe getrennten, fast wag» recht abstehenden, spitzlichen Lappen; das unterste Lappenpaar 2» bis 4»spaltig. Scheinfrüchte rund. In der Rheinprovinz: Netteufer bei Neuwied unterhalb Miesenheim. — Zu der var. splendens gehört auch ein grosser Teil der in Gärten gezogenen, sehr veränderlichen, weiss, rosa oder rot blühenden (Rotdorn), häufig auch gefüllt» Wütigen Formen. — var. b r e v i s p i n a Kuntze ( = var. microphylla Uechtritz). Niedriger, sparrig verzweigter Strauch. Dornen stark, 2,5 bis 3 cm lang, gerade oder etwas gekrümmt. Laubblätter kurz gestielt, etwas lederartig; rundlidueiförmig, meist 1,5 bis 2,5 cm lang, am Grunde abgerundet oder sehr breitkeilförmig. Scheinfrüchte meist nur etwa 7 mm breit. So in Tirol bei Innsbruck und Bozen; verwildert in Westpreussen im Kreis Schwetz zwischen Topolinken und Grutschno. — var. a z a r él l a (C. Koch). Blütenstand und Kelchbecher dicht zottig, fast wollig behaart. Laubblätter oberseits schwach oder auf den N erven stärker behaart, unterseits schwach behaart bis kahl oder nur in den unteren Nervenwinkeln zottig behaart. Scheinfrucht länglich»eiförmig. Zerstreut (ob im Gebiet ?); bei Charlottenburg wohl nur verwildert. H ieher: f. h i r s ú t a Schur ( = var. lanígera Bede). Junge Zweige und Laubblätter reichlicher behaart. Kelchbecher borstlich=zottig behaart. Wohl verbreitet. — V on C. A . M. L in dm a n und anderen skandinavischen Botanikern wird der Formenkreis der G esam tart in 4 Kleinarten (besser wohl Unterarten) zerlegt, die mindestens z. T. auch in Mitteleuropa Vorkommen, deren Verbreitung bei uns aber bisher noch nicht untersucht worden ist. Diese unterscheiden sich folgendermassen (vgl. auch Fig. 1061 f bis o): 1. Laubblätter dreíeckíg»eírund, mit kurzen, abgerundeten, kerbig gezähnten Lappen. Scheinfrucht breit»elliptisch oder kurz eiförmig, hellrot. Kelchblätter kurz und schmal, ± aufrecht abstehend. In Russland; vereinzelt bis Südschweden . . . C. l a g e n a r i a Fischer et M eyer apud Ledeb. ( = C. pinnatiloba Lange). 1*. Laubblätter breit oder abgerundet»eirund, mit + spitzen L a p p e n ..........................................................2. 2. Blattlappen durch ziemlich breite Buchten getrennt, schwach gesägt oder fast ganzrandig. Kelch» blätter kurz, kaum doppelt so lang wie breit, stark zurückgebogen. Scheinfrucht eiförmig, dunkel» oder bräun» l i c h r o t ................................................................................................................................................ C. m o n o g y n a Jacquin s. str. 2*. Blattlappen spitz, durch schmale, spitze Buchten getrennt, dicht und fein sägezähnig. Kelchblätter schmal, mehrmals so lang wie b r e i t ................................................................................................................................................ 3. 3. Scheinfrucht meist zylindrisch oder schwach prismatisch, hellrot. Kelchblätter de aufgerichtet. In Skandinavien weit verbreitet; mindestens bis Mitteldeutschland reichend. Häufig baumförmig. C. c a l y c i n a Petermann em. Lindman ( = C. orthosépala Haussknecht et Born.). 3*. Scheinfrucht meist eiförmig oder breit»länglich, dunkelrot. Kelchblätter abstehend bis zurückgebogen. Anscheinend weniger v e r b r e i t e t ....................... . .....................................................................C. c u r v i s é p a l a Lindman. C. monogyna gehört dem eurosibirischen Element an. Die A rt ist weit anpassungsfähiger und in Bezug auf Temperaturgegensätze, Luftfeuchtigkeit und Substrat bedeutend weniger empfindlich als C. oxyacantha. Daher vermag sie nicht nur in horizontaler Richtung nach Norden, Osten und Süden sondern auch in vertí» kaler Richtung viel weiter vorzudringen. Im grossen und ganzen schliesst sie sich ähnlichen Pflanzen vereinen an wie die vorhergehende A rt. So bildet sie (öfter^ zusammen mit C. oxyacantha) einen verbreiteten Bestand» teil der Assoziation von Corylus Avellana, wie sie uns in den Alpen, Pyrenäen und den Illyrischen Gebirgen entgegentritt. Ferner findet sie sich in den Felsenheiden der trockenen Alpentäler und des Jura, in Eichen» Wäldern (z. B. in Spanien, Podolien und in den Illyrischen Gebirgen), in Wacholdergebüschen, im trockenen Karstwald, in Laubmischwäldern (z. B. in den Alpenländern und in Südmähren), in Buchenwäldern (Alpen, West» karpaten, Illyrische Gebirge), in den Alneta incanae Nieder Österreichs, in Kiefernwäldern (z. B. Osarhügel um den Starnberger See), in den Schwarzföhrenbeständen der Illyrischen Gebirge. Seltener erscheint sie auch in Fichtenwäldern (z. B. längs des Oberlaufes der Weichsel) und in Fichten»Tannenwäldern (Illyrische Gebirge). Nicht selten geht die A rt in zoogene und anthropogene Gesellschaften über und ist a u fLWeidetriften, auf überwachsenen Lesesteinhaufen u. dgl. anzutreffen; an den ersteren Standorten entstehen dann wie bei der vorigen A rt oft eigentümliche Verbissformen. Die praktische Verwendung von C. monogyna stimmt im allgemeinen mit der von C. oxyacantha^überein. Als Zierstrauch (oder »bäum) und zu Einfassungen wird sie — wohl in erster Linie wegen ihrer grösseren Anspruchslosigkeit — der letzteren oft vorgezogen. In München und Um» gebung z. B. findet sich zu diesen Zwecken wohl ausschliesslich C. monogyna verwendet. Besonders beliebt ist der „Rotdorn“, d. h. die Spielarten mit roten, meist gefüllten Blüten. Die Exemplare von C. monogyna

739 ertragen das Schneiden sehr gut und liefern dichte’Hedcen zur Einfassung von Gärten, Bahnhofanlagen (Fig. 1059), Eisenbahnlinien, Landstrassen usw. — An Missbildungen sind beobaditet worden : Umbildung aller Achselsprosse in reichverzweigte Dornen, Laubblätter mit gegabelter Spreite sowie verwachsene Blüten. Ueber die Formen mit gefüllten Blüten vgl. obenl Bastardi C. m o n o g y n a )acq. X C. o x y a c a n t h a L. (Fig. 1060y). Griffel teils 1, teils 2. Früchte nur teilweise ausgebildet. Laubblätter sehr verschieden. Zerstreut und vereinzelt (häufiger z. B. stellenweise in Norddeutschland und Dänemark) zwischen den Eltern; in Hecken ab und zu über» wiegend. Hierher gehörende Formen sind : var. p s e u d o l a c i n i d t a (Sanio) ( = C. média Bechstein). Laubblätter ähnlich wie bei C. oxyacantha, aus ab» gerundetem oder breit=keilförmigem Grunde rundlich» eiförmig, stumpf, 5»spaltig; Lappen spitzlich. Griffel 1, an vielen Blüten 2. Hieher: f. l i o c ä l y x Sanio. Blütenstiele, Kelchbecher und Kelchblätter kahl. — f. e r i o c ä l y x Sanio. Kelchbecher zottig behaart. — var. i n t e r m i x t a (Wenzig) ( = C. intermixta Beck, = C. oxyacantha L. var. pseudomonögyna Sanio). Der C. monogyna näherstehend. Hieher : f. g 1ä b r a Sanio. Blütenstiele, Kelchbecher, Kelchblätter (aussen) kahl. — f. v i l l ö s a Sanio. Kelchbecher, meist auch Blütenstiele und Kelchblätter (aussen) behaart. — In der Kultur spalten die Bastarde in der mannigfaltigsten Weise auf. Sehr wahrscheinlich sind viele der von un» seren Arten beschriebenen Formen und vielleicht auch einige der „Arten“ L i n d m a n s aus solchen Kreu» zungen hervorgegangen. Auch das Auftreten von „Knospen»Mutationen“ (L. B e i s n e r , C. Ha mma r » l and) ist vielleicht auf Bastardnatur zurückzuführen. Ueber Gattungsbastarde von Crataegus vgl. bei Pirus (pag. 705) und Mespilus (pag. 742).

CCCLXXXVII. Méspilus') L. M i s p e 1.

Fig. 1062.

C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq.

Phot. B. H a l d y , Mainz. Die Gattung umfasst nur die folgende Art. Von der nahe verwandten Gattung Crataegus unter» scheidet sie sich hauptsächlich durch folgende Merkmale: Markstrahlen des Holzkörpers 1» bis 4»schichtig; Blüten gross (zirka 5 cm im Durchmesser), einzeln stehend; Kelchbecher kreiselförmig; Kelchblätter gross, laub» blattartig; Fruchtblätter 5, bis zur Spitze miteinander verbunden, auch am Scheitel vom Fruchtfleische ( = ver» grösserte Achsencupula) bedeckt; Scheinfrucht an der Spitze am breitesten.

1481.

Mespilus Germánica L. ( = M. vulgárís Rchb.). E c h t e Mi spel .

Franz.: Néflier, nèfle (im Schweizer Jura: niple, nippllie); engl.: Mediar; ital.: Nespolo (im Tessin: Venespar, münispür; im Puschlav: Venespuli). Taf. 146, Fig. 4 ; Fig. 1063 und 1064. M i s p e l (althochdeutsch mespila) ist ebenso wie das italienische nespola und das franz. nèfle ent» lehnt aus dem lateinischen mespilus. Mundartliche Formen sind z. B. M e s p e l ( t e ) (bergisch), M i s p i e (Schweiz), Ne s ( c h) p( e ) l (bayerisch»österreichisch), N ä s c h p l e (Baden), N e s p l e (Schweiz), N i s c h p e l (Baden), N i s t e l (Thurgau), A s p e r l , E s p e r l , E s c h p a l i n g (Oesterreich), H e s p e l (Steiermark), H ä s c h b e l e (Baden), Wi s p e l (niederdeutsch, Meissen, Oberhessen), W i s p e l b e e r e n (Oldenburg). Nach einem drastischen Vergleich (änus apértus) heissen die wie aufgesprungen aussehenden Früchte A a p e n e e r s , A p e n i e r s c h e n (plattdeutsch), H u n s ä ä s c h (Lothringen: Bolchen), ferner A ä p e n t ü e t (Untere W eser); in Frankfurt nennt man die mürbig und teigig werdenden Früchte D r e c k s ä c k .

Dorniger (in der Kultur meist wehrloser), bis 3 m hoher Strauch oder (in der Kultur) bis 6 m hoher Baum. Zweige in der Jugend filzig behaart. Laubblätter bis 12 cm lang, lanzettlich oder verkehrtdanzettlich, in den etwa 2 mm langen, zottig behaarten Stiel keilförmig*) *) Name der Mispel bei den Römern (z. B. bei Plinius). bei Theophrast.

Griech. ¡zsani^rj [mespile] findet sich u. a.

740

V

verschmälert oder unten ± abgerundet, vorne stumpflich oder zugespitzt, (fast) vollständig ganzrandig oder nur gegen die Spitze zu oder den ganzen Rand entlang feingezähnt (Fig. 1063 b, c); Zähne drüsig bespitzt (Fig. 1063d); Oberseite der Laubblätter dunkelgrün, spärlich (am meisten noch auf den Nerven) kurzhaarig oder kahl, Unterseite graugrün, reichlich (be* sonders auf den Nerven) behaart. Nebenblätter breit verkehrbeiförmig bis rundlich, mit auf* gesetzter, + breit*drei* eckiger Stachelspitze, am Rande drüsig ge* wimpert, teilweise mit sitzenden Drüsen, sonst kahl (Fig. 1063e). Blü* ten an den Kurztrieben einzeln endständig, re* lativ gross, am Grunde mit einem blassgrünen Hochblatt versehen. Kelchbecher zottig*filzig behaart 5 Kelchblätter bis 16 mm lang, spitz* dreieckig * lineallanzett* lieh, auf der Aussen* Seite wie der Kelch* becher zottig=filzig (Fig. 1063 f), auf der Innen* Seite angedrückt filzig, am Rande drüsig, an der Scheinfrucht auf* Fig. 1063. M e s p ilu s G e r m a n ic a L. a Fruchtzweig (‘/s natürlicher Grösse), b, c Laubblätter. d Blattzähne mit Drüsenspitzen, e Nebenblatt. / Blüte (längsgeschnitten), g Kronblatt. h Schein­ recht abstehend oder frucht. i Querschnitt durch den Fruchtknoten. di zusammenneigend. Kronblätter dl 12 mm lang, rundlich oder sehr breit verkehrteiförmig, kurz genagelt (Fig. 1065 g), weiss. Staubblätter 30 bis 4 0 ; Staubbeutel rot. Fruchtblätter 5 (seltener 4), an der reifen Schein* frucht zum grossen Teil knöchern verhärtet, vollständig mit dem Fruchtfleisch verwachsen, ein* sämig (Fig. 1063i); die 5 bezw. 4 Griffel frei oder bis zur Mitte miteinander verbunden (Fig. 1063f). Scheinfrüchte (Fig. 1063 h) 2 bis 3 cm lang, dl bimförmig bis fast verkehrbkegel* förmig, oben von den verlängerten, laubblattartigen Kelchblättern gekrönt, dl behaart, unreif grün, reif bräunlich oder braungrün, hart, erst bei beginnender Fäulnis weich und geniessbar werdend, mit 2 bis 5 Steinkernen. — V, VI. Sehr zerstreut und meist nur vereinzelt verwildert und eingebürgert (in den Südalpen vielleicht wild) an sonnigen Hängen, Felsen, in Gebüschen, Laubwäldern, Hecken und an Gartenzäunen, meist nur in der Nähe menschlicher Wohnungen*, in der Ebene und Bergstufe (im Wallis bis 110 0 m). In wärmeren Lagen häufig kultiviert; an der Bergstrasse bei Heidel* berg sich vollständig spontan fortpflanzend. In D e u t s c h l a n d sehr zerstreut in Mittels und Süddeutschland (nördlich bis zum Niederrhein, Thüringen und Sachsen). — In O e s t e r r e i c h häufiger nur in Niederösterreich und bei Bozen, in Kärnten fehlend, in Vorarlberg nur am Ardetzenberge bei Feldkirch, sonst zerstreut. — In der S c h w e i z zerstreut.

A l l g e m e i n e V e r b r e i t u n g : Süd* und Südosteuropa; Vorderasien, Turkestan(?). Kultiviert und verwildert im wärmeren gemässigten Europa und in Nordamerika. Aendert ab: f. m a c r o c ä r p a hört. Pflanze mittelgross. Scheinfrucht sehr gross, plattgedrückt. — f. g i g a n 16 a hört. Pflanze hochwüchsig. Scheinfrucht sehr gross (noch grösser als bei der vorhergehenden

741 Form), flachgedrückt. — f. a b o r t i v a Kirchner ( = Mespilus apyrena Delauny). Scheinfrucht ohne Steinkerne.— f. a ür e o » v a r i ^ g ä t a Zabel. Laubblätter gelbgefleckt. — f. a r g £ n t e o =v a r i e g ä t a Zabel. Laubblätter weiss» gefleckt. — Die wilde Pflanze ist wenig veränderlich. lieber die Geschickte der Mispel ist verhältnismässig yenig bekannt. Aus Griechenland nennt sie bereits A r c h i l o c h o s von Paros um 700 v. Chr. T h e o p h r a s t (und nach ihm Plinius) unterscheidet dreierlei Mispeln, wovon die eine wahrscheinlich eine' Cotoneaster»Art ist. Nach Italien soll die Mispel erst um 200 vor Chr. nach dem Makedonischen Kriege gekommen sein; zu Cato’s Zeiten war sie noch unbekannt. Eine Darstellung der Mispel findet sich auf den Wandgemälden zu Pompeji. In Südfrankreich wurde die Art wohl von der Griechischen Kolonie Massilia aus verbreitet, wo die Römer die Pflanze bereits vorfanden. Letztere pflanzten den Baum auch in ihren Kolonien in Nordfrank» reich und Südwestdeutschland. Im Mittelalter war er daselbst ein beliebter Obstbaum; daraufhin deutet auch die Erwähnung im Capitulare de villis Karls des Grossen sowie in der Pflanzen» liste des St. Galler Klostergartens (820). Diese häufige Kultur der Pflanze im Mittelalter dürfte die Ursache gewesen sein, dass sie sich bei uns verschiedenerorts eingebürgert findet und so stellen die heutigen Vorkommnisse in Mitteleuropa fast durchwegs Kulturrelikte dar. Dieselben sind aus» schliesslich auf die Nähe von menschlichen Woh» nungen bezw. auch ehemaligen Siedelungen be» schränkt, wo M. Germanica in lichten Gebüschen und Hecken, hauptsächlich in Gesellschaft von Juniperus communis, Quercus», Crataegus», Rosa» Arten usw. anzutreffen ist. Im Steigerforste bei Erfurt, wo der Strauch seit zirka 1860 beobachtet wird, ist er durch Kahlschlag fast ganz vernichtet. Im südlichen Tessin sind als häufige Begleit» pflanzen Quercus pubescens und Ostrya carpini» folia zu beobachten. — Die Ansprüche der Art an Licht sind mässig, die an den Boden sehr gross. — In den grossen, duftlosen Blüten neigen die Staubbeutel nach innen und nur die innersten stehen tiefer als die Narben; die übrigen dagegen gleich hoch und höher. Es kann daher, um so mehr noch als die Staubbeutel auch nach innen Fig. 1064. M e s p ilu s G e r m a n ic a L. Fruchtender Baum. aufspringen, regelmässig spontane Selbstbestäu» Phot. B. H a ld y , Mainz. bung erfolgen. Die anfangs beisammen stehenden Griffel spreizen zuletzt. Anomalien im Blütenbau sind: Verwachsung mehrerer Blüten; Verlaubung der Kelch» blätter, Auftreten von blattähnlichen Gebilden am Kelchbecher, Verdoppelung des Kelchblattkreises oder des Kronblattkreises sowie florale Durchwachsung. Als Obstbaum wird die Mispel entweder unveredelt oder gepfropft (auf Pirus, Cydonia oder Crataegus) gezogen. Die Anzucht aus Samen dauert sehr lange. Das gelblichbraune Holz ist sehr zäh und daher von Drechslern und Tischlern geschätzt; auch liefert es eine gute Kohle. „Das Holtz wird gebraucht zu den Jäger» spiessen und Geisslen; man macht auch darauss Bengel und Knüttel zum fechten und kämpffen, die sind nach der Lehr Herrn Camerarii auch fast gut den bösen Weibern damit die Lenden zu schmieren“ ( Zwi ng e r ) . — Rinde, Laubblätter und Junge Früchte sind reich an Gerbstoffen und sind daher ausser zum Gerben auch als Heilmittel gebraucht worden gegen Blutungen, Nierensteine (natürlich besonders die „Steine“) usw., sowie gegen Halsleiden (in Form von Gurgelwässern). Ferner geben letztere einen guten Obstwein (Cyder). Sie werden im Spätherbst (besonders nach Frost, aber auch durch längeres Liegen) „teigig“, d. h. beginnen zu faulen, und sind erst in diesem Zustande auch roh geniessbar; sie schmecken dann angenehm säuerlich. Das Fruchtfleisch ent» hält verhältnismässig wenig Wasser (nur 74,66 °/o), ausserdem 10,57 °/o Invertzucker, 5,84 °/o sonstige Stickstoff» freie Extraktstoffe, 7,51% Rohfaser, 1,38 % Apfelsäure, etwas Borsäure usw., die Kerne 2,5 % fettes Oel. Da die Früchte auch reich an Pektinstoffen sind, gelatinisieren sie leicht und werden daher auch zu Marmeladen verarbeitet, wozu sich, allein oder in Mischung mit Aepfeln, Wein, Zucker usw., besonders die kernlose f. abortiva eignet. Die Kultursorten sind grossfrüchtig und werden nach ihrer Form als Apfel» oder Birnmispeln unter»

742 schieden. Die ertragreichste Sorte ist die Holländische Riesenmispel. — T h e o p h r a s t berichtet, dass in alten Früchten auffallend grosse Insektenlarven leben. Von B a s t a r d e n ist in erster Linie der Gattungsbastard C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq. X Me s p i l u s G e r m a n i c a L. ( = Crataegoméspilus Bronvaüxii hört), franz. : néflier de Bronvaux, hervorzuheben, der in Bronvaux bei Metz entdeckt wurde und neuerdings von der Firma S i mo n * L o u i s frères in Metz unter dem Namen „Br on v a u x * H y b r i d e n “ in verschiedenen Formen, die teils der einen teils der anderen Stammart näher stehen, in den Handel gebracht wird. Von den letzteren sind die beiden wichtigsten und einander wohl am extremsten gegenüberstehenden Formen: f. D a r d ä r i 1) (Simon»Louis) Koehne ( = Mespilus Germanica X M. monogyna A. Dardari Aschers, et Graebner, = Crataegomespilus Dardari Simon«Louis, = C. Dardari Simon* Louis var. mespiloides Zabel). Wohl die der Mespilus Germanica am nächsten stehende und habituell ähnlichste Form. Zweige anfangs dicht weisslich zottig, mit zahlreichen Dornen. Laubblätter sehr kurz gestielt (Stiele höchstens 5 mm lang), ungelappt, schmal bis breit»länglich, seltener (an Langtrieben) verkehrt=eiförmig, am Grunde herzförmig, seltener i keilförmig, vorne spitz, seltener zugespitzt, ganzrandig oder gekerbt, in letzterem Falle mit braunen Drüsen an den Kerbzähnen, beiderseits anfangs dicht weichhaarig, später nur mehr unterseits, [besonders auf den Nerven i behaart. Blüten in 6* bis 7» (bis 12»)blütigen, ziemlich lockeren Doldentrauben, mit 1,5 bis 2,5 cm langen, dicht wollig»filzigen Stielen, von je 2 lineablanzettlichen Hochblättern gestützt. Kelch* becher und Kelchblätter dicht wollig*filzig ; letztere 9 bis 12 mm lang, an der Scheinfrucht verlängert, aufrecht oder etwas zusammenneigend. Kronblätter bis 2 cm lang, rundlich»eiförmig, weiss. Staubblätter 15 bis 20. Griffel 1 bis 2. Schein* früchte mispelähn» lieh, aber nur 12 mm lang und etwa 17 mm im Durchmesser auf» weisend, lederbraun. Neuerdings ab und zu in Gärten anzu» treffen. — f. A s ni» è r é s i i 2) (Koehne) ( = Crataegomespi* lus Jules d’Asnières SimomLouis a. a. O., = C. Dardari var. crataegoides Zabel). Fig. 1065 e bis k. Wohl die der Cra» taegus monogyna am nächsten stehende Fig. 1065. P i r u s c o m m u n is L. x S o r b u s A ria (L.) Crantz (Sorbo-Pirus). a Blühender Zweig, b Laub- und habituell ähn* blatt. c Blüte, d Längsschnitt durch dieselbe. — C r a t a e g u s m o n o g y n a Jacq. X M e s p ilu s G e r m a - Fchste Form Laub» n ie a L. j— Crataegomespilus Bronvaüxii hört. f. Asnièresii [Koehne]). e Fruchtzweig, von Kurztrieben, i Längsschnitt durch die Blüte, k Scheinfrucht.

f , g , h Laubblätter

blätter ziemlich lang gestielt (Stiele 5 bis 16 mm lang), im Umriss breit eiförmig oder rhombisch, seltener (an Kurztrieben) verkehrteiförmig, am Grunde breit keilförmig bis fast abgestutzt, jederseits mit 1 bis 3 kurzen, breit abgerundeten oder kurz zugespitzten Lappen versehen (an Kurztrieben manchmal ungelappt [Fig. 1065 e bis h])j Lappen ganzrandig oder klein gekerbt; vereinzelte Kerbzähne Drüsen tragend. Behaarung der Laubblätter wie bei f. Dardari. Blütenstand i dolden» rispig. Blüten mit 1,3 bis 3,7 cm langen Stielen, nur ab und zu mit einem einzigen, fast fadenförmigen Hoch* blatt versehen. Kelchblätter kurz, dreieckig, gleich dem Kelchbecher wollig=filzig, schon zur Blütezeit zurück* geschlagen. Kronblätter kreisrund, 1 cm lang, weiss, zuletzt zart rosa. Staubblätter etwa 30. Griffel (Fig. 1065 i) 1 bis 2, manchmal am Grunde verbunden. Scheinfrüchte (Fig. 1065 e, k) 1 bis 1,1 cm im Durchmesser, kugelig, lederbraun, etwas silberig schillernd. Wie vorige in Gärten, aber seltener.. Wie es scheint, gelangen bei sämtlichen Crataegomespilus»Formen die Eigenschaften von Mespilus Germanica durchwegs in der äusseren Tracht stärker zum Durchschlag als jene von Crataegus monogyna. So ist zweifellos die habituelle Aehnlichkeit zwischen Mespilus Germanica und der ihr wohl am meisten genäherten f. Dardari bedeutend grösser als diejenige zwischen Crataegus monogyna und der ihr wohl am meisten genäherten

*) So benannt nach dem Entdecker D a r d a r , Grundbesitzer zu Bronvaux bei Metz. 2) So benannt nach dem verstorbenen Gutsbesitzer Jules de Carrey d’A s n i è r e s auf Schloss Vi aux»bois bei Conflans=Jarny (Dep. Meurthe»et»Moselle).

743 f. Asnieresü. Sämtliche dieser Form en stammen von einer über 100 Jahre alten, auf einem Stamme von Cra» taegus monogyna veredelten Mespilus Germanica zu Bronvaux bei Metz. Dieser seltsame Baum, auf welchen zuerst sein Eigentümer, der Grundbesitzer D a r d a r , aufmerksam wurde, trägt am Grunde Crataegus monogyna» Aeste, im oberen Teile MispekAeste, während er in seinen mittleren Partien Bastard ist (Näheres hierüber siehe A s c h e r s o n und G r a e b n e r , Synopsis der Mitteleuropäischen Flora. Bd. VI [1906— 1910], pag. 45). Die Crataegomespili sind somit keine echten Bastarde, sondern sog. „Pfropfbastarde“ und zwar handelt es sich bei ihnen nach den neueren Untersuchungen von W i n k l e r u. a. um „Periklinaldiimären“, bei denen das innere Gewebe von Crataegus monogyna, das äussere von Mespilus Germanica Stammt. Bei der f. Dardari ist letzteres mindestens 2 Zellschichten mächtig, bei f. Asnieresü dagegen auf die Epidermis beschränkt. Die Abkömmlinge sind dementsprechend stets homozygot und die Pfropfbastarde lassen sich nur vegetativ vermehren. Ein neuer derartiger Pfropfbastard ist 1909 von Lucien D a n i e l in den Compt. rend. A cad. Paris CXLIX (1909) be» schrieben worden. Vgl. hierüber L. W i t t m a c k in Gartenflora LIX (1910), pag. 228. — In Bezug auf die Emp» fänglichkeit für Gymnosporangium konnten Ed. F i s c h e r und G. S a h l i folgendes feststellen: W ährend Crataegus monogyna sowohl für Gymnosporangium clavariaeförme wie für G. confüsum leicht empfänglich ist, wird Mespilus nur von letzterem gelegentlich befallen. Dementsprechend sind beide Crataegomespili für G. confüsum emp» fänglich, für G. clavariaeförme dagegen nur C. Asnieresü. Ein ähnliches Verhalten konnte K l e b a h n (Flora, 1918. Festschrift für Stahl) auch für die Empfänglichkeit der Solanum»Pfropfbastarde für Uredineen feststellen. — Als echter Bastard zwischen Crataegus oxyacantha oder C. monogyna und Mespilus Germanica gilt C r a t a e » m e s p i l u s g r a n d i f l ö r a (Smith) Camus ( = Mespilus lobäta Poiret, = M. Smithii DC.), eine Gartenpflanze unbekannter Herkunft. Die Anatomie des Holzes stimmt Jedoch vollkommen mit der von Mespilus überein, ( Bu r g e r s t e i n ) , sodass die Vermutung nahe liegt, dass hier Mespilus das innere, Crataegus dagegen das äussere Gewebe geliefert hat. Nach G i l l o t (Bull. Soc. bot. de France, 1876), C. K. S c h n e i d e r u. a. soll diese Pflanze allerdings einen echten Bastard darstellen.

C C C L X X X V I I I.

Malus1)

Hill.

Apfelbaum.

Hohe Sträucher oder meist mittelgrosse Bäume. Nebenblätter hinfällig. Laubblätter wechselständig, in der Knospenlage meist gerollt, seltener (nur bei M. coronaria typisch) ge® faltet, sommergrün, gestielt, ungeteilt. Blüten in armblütigen Doldentrauben, gross, zwitterig. Kelchblätter 5, meist kurz, i dreieckig. Kronblätter 5, länglich=elliptisch, deutlich genagelt, weiss, rosa oder aussen rot, innen weiss, schwach behaart. Staubblätter 20 bis 50. Frucht® blätter 5, pergamentartig, am Rücken und oben mit dem Blütenboden verwachsen, seitlich und am Grunde miteinander verbunden. Griffel + verwachsen. Frucht eine ,,Apfelfrucht“ (Schein® frucht). Fruchtfleisch ohne Steinzellen. Fruchtfächer 5, mit je 2 Samen. Die Gattung umfasst etwa 12 in Europa, Asien und Nordamerika einheimische Arten. Von den* selben werden im Gebiet hauptsächlich folgende gelegentlich als Ziersträucher kultiviert: M. b a c c ä t a Borkh. ( = M. Rössica Med., = M. Sibirica Borkh., = Pirus m icrocärpa Wendland). Beerenapfel, Kirschapfel. Heimat: Himalaya, Sibirien, Ostasien. Bis 10 m hoher Baum oder grosser Strauch mit kahlen Zweigen. Laubblätter bis 3,5 cm lang gestielt, elliptisch=eilänglich, bis 6 cm lang, am Grunde keilförmig, vorne kurz zugespitzt, scharf gesägt, kahl oder anfangs auf den Nerven behaart, oberseits auf dem Mittelnerven mit zahlreichen Drüsen. Blüten in arm» (bis 8»)blütigen Doldentrauben, auf bis 4,5 cm langen Stielen. Kelchblätter fast doppelt so lang wie der Kelchbecher, ebenfalls kahl. Kronblätter länglich oder verkehrteiförmig, weiss. Griffel kahl oder am Grunde wollig behaart. Scheinfrüchte kugelig, kirschengross, bis 1 cm im Durchmesser, oben und unten nabel» artig vertieft, gelb, an der Sonnenseite rot überlaufen. Als Zierbaum ziemlich verbreitet, selten auch ver» wildernd. Die A rt ist zusammen mit Malus communis an der Bildung zahlreicher Kulturäpfel beteiligt. — M. f l o r i b ü n d a Siebold ( = Pirus Kaida X P. baccäta und P. Ringo x P. spectäbilis X P. baccata Wenzig, = P. Toringo X P. baccata hört., = Malus b accata X M. Toringo C. K. Schneider = Malus Scheideckeri Zabel, = Pirus pulchärrima Aschers, et Graebner). Korallenstrauch. Heim at: Japan. Bis 3 m hoher, vom Grunde an abstehend verzweigter Strauch, selten bis 4 m hoher Baum. Zweige anfangs behaart. Laubblätter länglich bis fast lanzettlich, bis 10 cm lang, dicht und spitzig gezähnt, anfangs beiderseits behaart, in der Knospenlage scheinbar gefaltet (die eine Blatthälfte nur wenig über die andere hinübergreifend). Blütenstände armblütig. Kelchbecher am Grunde behaart. Kelchblätter kahl, so lang wie der Kelchbecher. Kronblätter bis 18 mm lang, eiförmig, anfangs dunkel* rot, später aussen rot, innen weiss. Griffel in der unteren Hälfte wollig behaart. Scheinfrüchte abgeplattet» kugelig, bis 1,2 cm dick, am Grunde mit nabelartiger Vertiefung, gelbgrün, auf der Sonnenseite rötlich. In An» *) Lat. malus =

Apfelbaum ; lat. malum, griech. ¡xrXov [melon] =

Apfel.

744

V

lagen und in Gärten zuweilen angepflanzt; selten verwildert. — M. c o r o n ä r i a (L.) Mill. Heimat: Mittleres Nordamerika. Bis 10 m hoher Baum oder grosser Strauch mit ausgebreiteten Aesten und kahlen oder anfangs gelblichweiss»filzigen, später dunkelroten Zweigen. Laubblätter auf 1 bis 4 (5) cm langen Stielen, eiförmig, am Grunde meist herzförmig, 4 bis 6 cm lang, ungleich einfach bis doppelt kerbig»gesägt, anfangs behaart, später db vollständig verkahlend; die der Langtriebe seicht gelappt. Blülenstände arm» (3» bis 6»)blütig. Blüten zirka 4 cm im Durchmesser, weiss oder hellrosa, duftend. Kelchbecher und Kelchblätter behaart oder kahl. Krön» blätter rundlich»eiförmig, am Grunde zottig behaart. Griffel bis zur Mitte kurz behaart. Scheinfrüchte kugelig, beiderseits nabelartig vertieft, 2,5 bis 3,5 wachsglänzend, auf schlankem Stiele überhängend. Bei uns seit langem (oft auch mit gefüllten Blüten) kultiviert; selten verwildert. — M. s p e c t a b i l i s (Ait.) Borkh. ( = M. Sinensis Dum.). Heimat: Japan, China. Grosser Strauch oder kleiner, bis über 8 m hoher Baum mit anfangs filzig behaarten Zweigen. Laubblätter bis 10 cm lang, länglich» elliptisch, beidendig spitz, feingesägt, anfangs behaart, später r t vollständig verkahlend. Kelchbecher am Grunde dicht filzig behaart; Kelchblätter kahl, kaum so lang wie der Kelchbecher, an der Scheinfrucht aufrecht abstehend. Kronblätter ziemlich lang genagelt, an» fangs dunkelrot, später lebhaft rosa. Scheinfrüchte kugelig, bis 2,5 cm im Durchmesser, nur an der Spitze nabel» artig vertieft, schwefelgelb. Beliebter Zierstrauch der Gärten, besonders in der gefülltblütigen Form. — M. pruni » f ö l i a (Willd.) Borkh. ( = M. hybrida Lois., = *M . pümila Mill. var. X baccata b. M. prunifolia C. K. Schneider). Heimat: Nordchina, Sibirien. Bis 10 m hoher Baum mit anfangs filzig behaarten Zweigen. Laubblätter eilänglich, gekerbt»gesägt, unterseits anfangs zerstreut behaart, ver» kahlend. Kelchbecher weissfilzig; Kelch» blätter lanzettlich. Kronblätter kurzge» nagelt, weiss. Scheinfrüchte kugelig, grünlichgelb, an der Sonnenseite rot oder ganz rot. In Gärten kultiviert, be= sonders in der f. pendula hört, mit hän» genden Zweigen. Auch diese Art soll Fig. 1066. M alu s c o m m u n is Lam. subsp. s i l v e s t r i s (Miller), a Fruchtender Zweig na