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German Pages 48 [52] Year 1898
von Stadt und Land.
Geh. Medhinalrat Prof. Dr. M. Aubner Direktor der hygienischen Institute zu Berlin
München und Leipng. Druck und Verlag von R. Oldenbourg.
Nach einem am |o. Januar {898 zu Berlin gehaltenen vortrage.
Unsere Gesundheit ist ein so werthvolles Gut, daß man mit dem lebhaftesten Interesse auf ihre Erhaltung und Mehrung bedacht sein sollte. Leider erfreut sie sich aber nicht überall der nöthigen Pflege; erst wenn man sie eingebüßt hat, in den Tagen der Krankheit ergreift manchen die Sehnsucht nach ihr, dann ist man zu (Opfern bereit, welche an gesunden Tagen keine Macht der Bered samkeit abgerungen hätte. Es geht mit der Gesundheit zumeist wie mit den Pflanzen in der Natur. Sie wachsen vielfach wild und ohne alle Fürsorge; aber sie gedeihen doch wieder nicht an allen (Orten mit gleicher Kraft. Sie können veredelt werden, wo es an der fürsorgenden Hand nicht gebricht zu vollster Schönheit sich entfalten und ihre Fruchtbarkeit zu ungeahnter Größe steigern. Die Pflege der Gesundheit ist die weiseste Fürsorge für das Alter und gegen das Altern; die Gesundheit erschließt uns viele Genüsse und macht empfänglich für alle äußeren Eindrücke. Man spricht so viel über Ge sundheit und mancher opfert ihr auch Mühe und Zeit; Hübner. Hygienisches von Stadt und tand
,
schade,
nur
man
daß
richtiger Zeit,
noch
die
oft
so
Opfer
weder
zu
auch in richtiger Meise zu bringen
bereit ist. lver seine Gesundheit pflegen, schützen und fordern will, muß ein wachsames Auge haben, denn rings um geben uns Gefahren in tausendfältiger Form. Mit Unrecht richtet man den Blick, wenn man von
Bedrohung der Gesundheit spricht, immer nur nach den
großen
Epidemien und Leuchen,
welche Schrecken
und
Verwirrung über ganze Länder und Erdtheile verbreiten. Seuchen wie Pest und Cholera sind aber noch lange nicht die
für
Hauptfeinde
durch
Leben
diese
alltäglichen
Gesundheit,
und
begegnen wir solchen,
tagtäglich
Dinge
sondern
und der Schaden, der wird,
hervorgerufen
ist
in seiner Gesammtheit und Ausdehnung weit größer als die Verwüstungen der gefürchtetsten Epidemien. Tausende gehen an den Gesundheitsgefahren des täglichen Lebens
so
lange
Stand
und
Beruf
Gefahren.
Eine
scharf
eigenartige
Uebelstände
gleichgiltig
vorüber,
nicht selbst
sie
fühlbar
betroffen werden.
Zeder
Menschen
bietet
seine
besonderen
begrenzte Kategorie
der durch
an
ihrer Gesundheit
bedrohten
stellt der Städter vor; und wenn auch ein
großer Gegensatz der hygienischen Lebensweise in Stadt
und
Land
seit
Alters
her,
man
mochte
sagen
fast
sprichwörtlich geworden ist, so giebt es doch nur Wenige,
welche
sich
dieser Nachtheile
in
vollem
Umfange
be
wußt, zu einer energischen Bekämpfung der Uebelstände aufraffen.
3 Von der Ueberzeugung, daß unser modernes Städter leben für Jung und Alt Nachtheile mit sich bringt, ist
die Masse -er Bevölkerung' weit entfernt, und selbst in den gebildeten Klassen ist sie durchaus nicht so in Fleisch
und Blut übergegangen,
um eine kräftige Reaktion zu
erzeugen und zu einem Kampfe gegen die Nachtheile des Stadtlebens aufzumuntern.
Des Städters wankende Ge
sundheit wird allmählich zum Schaden für die Nation, und es ist Zeit, einmal diese Verhältnisse gebührender Beachtung zu unterziehen.
Zur Entschuldigung der weit
verbreiteten Indolenz kann man allerdings sagen,
die
Störungen unserer Gesundheit in den Städten sind durch
aus nicht so einfacher Natur, um sie leicht zu erkennen;
sie sind so mannigfach und lassen sich auch nicht in einige wenige Schlagworte kleiden. So anregend und behaglich das Leben in der Stadt
auch sein mag, so birgt es doch gesundheitliche Nachtheile. Diesen näher nachzugehen, hat besonders für unsere Zeit
ein
aktuelles Interesse,
raschem
Wachsthum
weil
begriffen
die modernen
Städte in
früher
bescheidene
und
Dörfer und Marktflecken jetzt in die Zahl der Städte ein
gerückt sind. {688 waren nach London in England die größten
Städte Bristol und Norwich
mit 28000—29000 Ein
wohnern und außer London hatten nur {( (Orte über
4000 Einwohner,
heute hat London allein so viel Ein
wohner als die Schweiz oder Dänemark und als das ganze
Königreich England im {5. Jahrhundert.
Vor fünfzig
Jahren hatte Nordamerika {:/2 Millionen Städter, heute
20 Millionen. r-r 1 ai
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