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German Pages 1153 [1156] Year 1992
Diels - Usener — Zeller Briefwechsel Erster Band
Hermann Diels Hermann Usener Eduard Zeller Briefwechsel Herausgegeben von Dietrich Ehlers Erster Bartd
Akademie Verlag
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Diels, Hermann: Briefwechsel/Hermann Diels; Hermann Usener; Eduard Zeller. Hrsg. von Dietrich Ehlers. - Berlin: Akademie Verl. I S B N 3-05-001124-6 NE: Usener, Hermann:; Zeller, Eduard:; Ehlers, Dietrich [Hrsg.]; Diels, Hermann: [Sammlung]; Usener, Hermann: [Sammlung]; Zeller, Eduard: [Sammlung] Bd. I (1992)
I S B N 3-05-001-124-6 Bandi © Akademie Verlag GmbH, Berlin 1992 Die Akademie Verlag GmbH ist ein Unternehmen der VCH-Verlagsgruppe. Gedruckt auf säurefreiem Papier. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren — reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. All rights reserved (including those of translation into other language). No part of this book may be reproduced in any form - by photoprinting, microfilm, or any other means - nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publishers. Satz: deutsch-türkischer fotosatz, Berlin Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Münzer" GmbH, O-5820 Bad Langensalza Einbandgestaltung: Ralf Michaelis, Berlin Printed in the Federal Republic of Germany
Inhaltsübersicht
Erster Band Vorwort 7 Korrespondenz Teil I H . Diels und H . Usener · Briefwechsel 1870-1905
21
Zweiter Band Korrespondenz Teil II H . Diels und E. Zeller · Briefwechsel 1877-1908 7 Korrespondenz Teil III H . Usener und E. Zeller · Briefwechsel 1879-1903 397 Anhang Zur Uberlieferung und Auswertung der Diels-Korrespondenz 412 Dokumentation zum Unternehmen der griechischen Aristoteles-Kommentare 429 Zeittafel 435 Bibliographie 453 Register 485
Vorwort
Die mit Hermann Usener und Eduard Zeller geführte Korrespondenz übergab Hermann Diels am 3. Januar 1921 der damaligen Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin mit der Bestimmung, daß die Benutzung und eventuelle Veröffentlichung zu seinen Lebzeiten ihm, nach seinem Tode dem Sekretariat (d.h. den vier Sekretaren, die sich halbjährlich im Vorsitz ablösten) zu erlauben zustehen sollte. Heute wird sie im Zentralen Archiv der Akademie der Wissenschaften (AAW) Berlin als Diels-Nachlaß 1 und 2 aufbewahrt. Zu ihrer möglichst vollständigen Publikation trugen die Universitätsbibliotheken Bonn und Tübingen aus den Beständen ihrer Handschriftensammlung bei; mit den Usener-Zeller-Briefen, einer Karte Useners an Diels und einer größeren Anzahl solcher Diels-Briefe, die versehentlich (wie einige Briefe an Zeller) bzw. als Material für die damals geplante Usener-Biographie bei den Erben der Empfänger verblieben waren. Vorliegende Ausgabe enhält insgesamt 725 Briefe; darunter 43 Postkarten, einige Telegramme und Drucksachen sowie einen zur schriftlichen Mitteilung an den Empfänger genutzten Abschnitt einer Paketadresse (1,95). Davon gehören 399 zum Briefwechsel Diels-Usener (I), 312 zum Briefwechsel Diels-Zeller (II) und 14 zum Briefwechsel Usener-Zeller (III). Ihre Verteilung auf die jetzigen Standorte und den Mindestverlust zeigt die Tabelle. Die Signatur der Bestände und der Standort der einzelnen Briefe können dem Inhaltsverzeichnis entnommen werden. Die Bonner und Tübinger Stücke der Diels-Briefwechsel sind durch Sternchen hinter den Briefnummern kenntlich gemacht. Unter „Sonstige" fallen Briefe, deren Empfänger oder Absender Dritte sind; z.B. die über einen Besuch Zellers berichtende Karte von Diels an seine Frau (11,2), der Brief Erwin Rohdes an Usener (1,324; der einzige, der nicht im Original, sondern in einer von Diels veranlaßten und überprüften Abschrift vorliegt), die Telegramme zum Ableben Useners (1,398) und Zellers (11,312) oder die als Doppelblatt gestaltete Todesanzeige (1,399), die eine Drucksache blieb, weil Frau Usener das für persönliche Mitteilungen gedachte freie Blatt ungenutzt ließ. Als unmittelbar zur Diels-Korrespondenz gehörig wurden solche Fälle gezählt, in denen Familienmitglieder im Auftrag der durch 7
A A W Berlin
U B Bonn
Verlust
Σ
Diels an Usener
170
53
30 (12%)
253
Usener an Diels
170
1
57(25%)
228
Σ
340
54
87(18%)
481
U B Tübingen
Verlust
Σ
1 (0,6%)
171
5 (3,6%)
140
6(1,9%)
311
I
Sonstige II
5 AAW Berlin
Diels an Zeller
161
Zeller an Diels
135
Σ
296
Sonstige III Usener an Zeller Zeller an Usener
9 -
9
7 U B Bonn
U B Tübingen 6
-
8
-
Verlust ? ?
Krankheit verhinderten Briefpartner schrieben. Die Tabelle gibt ferner die Anzahl der unter Verlust zu verbuchenden Stücke an, soweit aus dem Inhalt der vorhandenen mit Sicherheit auf fehlende Briefe bzw. Postkarten geschlossen werden konnte oder entsprechende Notizen, die Usener manchmal über Empfang und Beantwortung (am Briefrand links oben) machte, zu diesem Schluß berechtigten. Datierung und Art der fehlenden Stücke (K = Postkarte) folgen. Diels an Usener: 1872, zwischen 25. und 28.6.; 1877, 13.Ζ (Κ), zwischen 5. und 13.11. (K); 1878, vor 6.5., vor 1.8. (Brief + K), vor 25.11.; 1880, vor 11.3. (K), vor 11.5.; 1881, vor 1.8.; 1882, vor 6.1., 3.12. (K); 1885, vor 5.8.; 1886, 171., vor 12.3., vor 15.9. (2 K), vor 16.10., vor 22.10. (K), vor 20.12. (K); 1887, 14.4. (K); 1893, vor 21.2. (K), vor 26.2. (K); 1896, 4.6. (K (und Teleg r a m m » ; 1898, (Brief + K) vor 9.1. (Brief + K); 1900, 712. (K), vor 13.12. (K); 1902, vor 3.1. (K); 1904, zum 23.10. Usener an Diels: 1870, zwischen 18.7 und 3.8., zwischen 3. und 9.8.; 1871, 3.1., 3.2., 5.11., 31.12.; 1872, 12.2., 2.3.; 1873, 3.7, 18.9., 16.10.; 1874, 26.4., 13.11., 18.11.; 1876, 2.1. (K); 1877, 19.5., 23.7, 25.7, zwischen 4. und 15.12.; 1878, 23.1. (K), 19.2., vor 24.4., 1.5., 12.8., 13.10.; 1879, vor 3.2., vor 4.4., vor 13.4., 19.10. (K), vor 24.12. (K); 1880, vor 4.1., 12.2., 5.3. (2 K), vor 278. (K); 8
1883, 15.1. (Κ), 3.2., 15.2. (Κ), 22.3., vor 9.4.; 1884, vor 14.5., 3.6. (K); 1885, vor 3.3., vor 10.9., 8.11.; 1886, 10.4. (K), 22.9. (K); 1887, 9.8.; 1889, vor 21.4. (K); 1891, vor 18.8. (K), vor 16.12., 1712. (K), vor 1.1.92; 1892, vor 18.11. (K); 1893, vor 29.1., 1Z5. (K); 1904, vor 9.5. Diels an Zeller: (22.71894 (Telegramm)); 1896, Dezember; (an Frau Zeller zum 30.11.1903 und an A. Zeller ca. 3.1.1904) Zeller an Diels: 1877, vor 22.1.; 1878, vor 22.7. (2 Briefe); 1880, vor 5.5.; μα τον άέρα τον αναπνέω etc., deren Tendenz etc. ich nachweise, wobei auch auf einige Heraklitfragm. ein anderes Licht fällt. Wilamowitz hatte mir vor Jahren seine Idee von dem pythagoreischen Urevangelium, das Euripides vorlag, entwickelt. Ich hatte ihm mündlich gesagt, das solle er doch ja nicht drucken lassen. Er meinte, „gerade; dann hätte ich ja Gelegenheit ihn zu widerlegen." So stehts denn auch Eur. Her. I 28. Ich muss also jetzt ihm diese Widerlegung angedeihen lassen, obgleich er selbst im Register II 301"' die eine Hälfte revocirt hat. Wil[amowitz] schrieb mir neulich äusserst wehleidig; er hatte die Absage nach Bonn noch nicht verwunden. Er bedarf offenbar der Ausspannung und neuer Eindrücke die ihm seine jetzige Reise wol geben wird. Die befremdende Notiz, die in Halle zuerst producirt worden ist, wie es scheint, wo ja Leute, die die Universität gar nichts angeht, mit der Besetzung der Professuren sich beschäftigen; man legt der Sache keine Bedeutung bei, obgleich sie allerdings einen ernsten Hintergrund hat, den Sie richtig angedeutet haben. Mündlich davon mehr, da ich Ihren Plan, uns hier aufsuchen zu wollen, mit inniger Freude bereits vorkoste. Hoffentlich begleitet Sie Ihre 1. Frau, deren Erkrankung mich mit Sorge erfüllt. Ich wünsche baldige und völlige Genesung. Semestermüde bin ich eigentlich noch nicht; ich habe durch allerlei Versäumnisse soviel Stunden in meiner Litteraturgeschichte eingebüsst, dass ich 402
jedenfalls noch etwa 14 Tage lesen werde. Die Untersuchung einzelner Suidasvitae hat mich von neuem in Suidasstudien geführt (in Verbindung mit meiner Vorlesung), die mich veranlasst haben in Verbindung mit Mommsen die histor. philologische Preisaufgabe der Akademie, die im Juli 90 auf 3 Jahre gestellt werden soll (M. 5000) auf Suidas zu lenken, wobei auch an Deboor gedacht wird. Die Sache ist noch nicht officiell angenommen und wird erst Juli publiciert. Ich teile sie aber diskret schon jetzt mit, um geeigneten Ortes aufmerksam darauf zu machen. An Ihrem Misgeschick die Lübbert'sche Professur betreffend nehme ich den innigsten Anteil. Elters Candidatur ist wol nicht wegen seiner Gesinnung so sehr als wegen des entschiedenen Misfallens, den sein Horazaufsatz bei Vahlen, sein Gladiatorenaufsatz bei Mommsen gefunden hat, hier schlecht angeschrieben. Und sein grosses Buch ist immer noch nicht erschienen. Über Maass habe ich kein vollkommen treffendes Urteil, da er mir gegenüber sich offenbar nicht frei hat gehen lassen. Ich kenne ihn von der liebenswürdigsten Seite, aber ob er auf die Dauer und bei intimerem Verkehr sich so weiter gezeigt hätte, weiss ich nicht. Denn andere klagten über unterofficiersmässiges Benehmen und auch den Studenten gegenüber soll er sich als Pommer öfter ungeschickt benommen haben. Auch in der Ihnen bekannten Klagesache contra Frau Vahlen ist er rücksichtslos aufgetreten, obgleich er in der Sache gewis recht hat. Jedenfalls aber ist er ein Mann, der Zukunft hat, und seinen Studien nach sich den Bedürfnissen Ihrer Stelle gut anpassen würde. Besten Dank für Ihre Anecdota, deren fata ich mit lebhaftem Bedauern höre. Gelesen habe ich sie noch nicht. Ihr Urteil über das Sibyllinum hat mich mit ganz besonderer Freude erfüllt. Wie wenige wissen doch, worauf es ankommt, und was über den Trojaner V 69 von unsern beiden römischen Historikern mir mitgeteilt worden ist, zeigt, dass sie weder Griechisch noch meine Methode verstehen. Leider habe ich zu spät erfahren, dass ich eine deutsche Uebersetzung hätte zufügen müssen. Die Phlegonstelle die ich S. 5 behandele, hat sich nun in so weit aufgeklärt, dass Hirschfeld ganz recht hat, den Sextos Carminius oben einzusetzen. Denn eine vor einigen Jahren gefundene Inschrift (Ann. d. Inst. 1885, 253) lehrt ihn als Collegen des L. Lamia Aelianus kennen. Hirschfeld war sie entgangen. Mommsen meinte schadenfroh: „Sehn Sie das kommt davon, wenn Sie Josef Klein etwas glauben!" Nun bin ich doch zu einem Briefe gekommen, aber nun muss ich zurück zu meinen Studenten, zu einer grossen Varroarbeit, die den Servius gründlich aufarbeitet und morgen in meinen Uebungen vorkommt. Cumont ist mit Philo περί αφθαρσίας sprachlich, sachlich, textlich beschäftigt. Hätte er nur die Geheimnisse des griech. Accents heraus! Schmitthenner hat eine Preisaufgabe über die Ehrenkränze (inschriftl.), die ich gestellt, gut gelöst. Aber nun kommt ihm ein Leipziger zuvor. Ich weiss noch nicht, was er nun beginnt. 403
Meine Frau lässt Sie und bes. Ihre 1. Frau herzlich grüssen. Wir hoffen bald Näheres über Ihre Pläne zu hören. Einstweilen bleibe ich Ihr treulichst ergebner H . Diels
237.
Diels an Usener Berlin W 22. X . 90 Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Herr Geheime Rat, Ich habe sehr bedauert, dass Sie mich bei Ihrem uns freundlichst zugedachten Abschiedsbesuche verfehlt haben. Ich danke Ihnen hierfür herzlichst wie für Ihren ganzen lieben Besuch, der mich erfrischt und erfreut hat mehr als ich sagen kann. Heute wollte ich nur anfragen, ob Sie Höpfner getroffen und welchen Bescheid Sie für Corssen erlangt haben, damit ich mich andernfalls selbst erkundigen kann. Ich hoffe, dass Sie die Reise glücklich überstanden und erfrischt in den Kreis Ihrer Lieben zurückgekehrt sind. Paul hat mit der neuen Erkrankung des andern Ohres schlimme Tage gehabt. Jetzt gehts etwas besser. Mit bestem Grusse an die Ihrigen Ihr H. Diels.
238.
Diels an Usener Berlin W 20. X I . 90 Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Herr Geheime Rat, Für heute nur eine Anfrage. Ich habe für das der Kgl. Bibl. gehörige Exemplar des Simplicius de anima Venedig 1527 Aldine im J . 1879 die Unterschrift gegeben.- Nun kehrt bei den Zettelerneuerungen im jeden Semester dieser Zettel mir immer wieder, und ich muss dann dem betr. Beamten den Sachverhalt auseinandersetzen. Prof. Stern, der jetzt der Hüter des Zettels ist, hat mir nahe gelegt, die Sache so zu ordnen, dass das Exemplar Ihnen direct geliehen wird. Ich frage nun an, ob Sie dies thun wollen. Dann würde Ihnen ein Formular zugesandt werden, vorausgesetzt, dass man keinen Anstand nimmt auch ohne das 404
Buch in natura gesehen zu haben den Zettel anzunehmen. Sollte aber Anstand sein, so genügt ja wol Wilmanns Intervention, um dies unnötig zu machen. Oder aber ob Sie vorziehen das Buch jetzt zurückzusenden, um die Verantwortung nicht unnötig zu tragen und später, wenn Sie die Ausarbeitung beginnen wollen, das Exemplar zurückerbitten. Mir wäre es lieber, Sie wählten den ersten Modus, da Sie vielleicht in freieren Stunden zu Alexander geführt und dann der Aldine mit den Collationen schwer entraten können werden. Anbei lege ich ein Excerpt aus Hippolytos, das ich in Folge eines Gespräches mit Harnack mir näher angesehen und mit Ihren Daten und historischer Entwickelung unvereinbar gefunden habe. Ich weiss nicht, ob Sie es bereits kennen. Jedenfalls würde es mir zur Beruhigung gereichen, wenn sich jene Stelle als interpolirt oder das ganze Elaborat als gefälscht erweisen liesse. Weiteres heute zu schreiben verbietet der Donnerstag der zu 2 im Ganzen 6 stündigen Sitzungen ruft. Hoffentlich gehts Ihnen und den Ihrigen gut. Ihre Tochter amüsirt sich und st.udirt mit voller Kraft. Der Versuch ihrer habhaft zu werden ist uns bereits einmal mislungen. Wir werden sie hoffentlich nächstens doch kriegen. Unser kleiner Junge hat seit Montag mit dem Schulgehn wieder einen Versuch gemacht, möge er gelingen! Mit frdl. Grusse Ihr H . Diels. [Exzerptbeilage : ] 'Εκκλησιαστική 'Αλήθεια περίοδος δευτέρα Τόμος Α Μαίος - 'Οκτώβριος Konstant. 1885 τ.ά. Ιππολύτου περί οράσεως του προφήτου Δ α ν ι ή λ λόγος Δ p. 56, 10 ή γάρ πρώτη παρουσία του κυρίου ήμών ή ένσαρκος έν η γεγέννηται έν Β η θ λ ε έ μ , έγένετο προ όκτώ καλανδών Ιανουαρίων, ήμέρα τετράδι, βασιλεύοντος Αυγούστου τεσσαρακοστόν και δεύτερον έτος, από δέ 'Αδάμ πεντακισχιλιοστω και πεντηκοσιοστω έται' έπαθε δέ τριακοστω έτει προ οκτώ καλανδών άπριλιών ημέρα παρασκευή όκτωκαιδεκάτω έτει Τιβερίου Καίσαρος ύπατεύοντος Τ ο ύ φ ο υ και Τουβελλίωνος.
405
239.
U s e n e r an D i e l s B o n n , 14 dec. 1890
M e i n lieber freund, w i e d e r ist eine w o c h e dahingegangen, o h n e dass ich die briefschuld I h n e n gegenüber von m i r a b g e w ä l z t hätte, und auch eben k a n n ich n u r in der k ü r z e Sie w e n n n i c h t z u f r i e d e n stellen, d o c h hoffentlich begütigen. M i t I h r e m Vorschlag, von m i r aus einen schein an die B e r l i n e r Staatsbibliot h e k via W i l m a n n s z u senden, bin ich natürlich einverstanden. D i e s e Zeilen w ä r e n längst geschrieben, w e n n der b r i e f an W
sich s o k u r z hätte
abthun
lassen. D a s w i r d so geschehn, dass der b r i e f am dienst, v o r m . in W's h a n d ist. Von G R . H ö p f n e r , den ich tags vor der abreise n o c h sprach, h ö r t e ich zwar, dass n i c h t er das decernat f ü r die B e r l i n e r anstalten habe, aber er w a r d o c h u n t e r r i c h t e t ; er theilte m i r m i t , dass er [d.h. C o r s s e n ] sich selbst die aussichten u n d das e n t g e g e n k o m m e n dadurch verscherzt habe, dass er eine i h m angetragene a d j u n c t u r a m J o a c h i m s t h . g y m n a s i u m ausgeschlagen habe. I c h vertheidigte C . lebhaft, u n d trug i h m die entscheidenden gründe vor, u n d er sprach sich d a n n geneigt aus. I m m e r h i n w ä r e es w ü n s c h e n s w e r t h , w e n n auch bei d e m z u ständigen
referenten
(er w a r damals n i c h t anwesend,
den
namen
weiss
ich
d a r u m n i c h t ) schritte gethan w ü r d e n . A u c h m i t H a r n a c k h a b e ich n o c h von der sache geredet, u. natürlich bestes e n t g e g e n k o m m e n gefunden. D i e frage ü b e r H i p p o l y t o s - stellen Sie die im ernste? D i e H i p p o l y t o s n o t i z (nicht m i t b u c h a n g a b e ) war lange b e k a n n t . E r s t hatte ich vor 1 , als anhang z u k a p . I I I diese a p o k r y p h e n angaben (einiges wird n a m h a f t g e m a c h t p. 2 1 4 , 1 ) v o r z u f ü h r e n u n d a b z u s c h l a c h t e n . Ich h a b e es dann unterlasssen, weil es m i r überflüssig schien. D i e neue p u b l i c a t i o n , die Sie ausschreiben, k a n n t e ich nicht, sie ist w o h l auch n i c h t hier. Ich m ö c h t e w o h l etwas ü b e r den sonstigen inhalt der hs. wissen, d e m die angabe e n t n o m m e n ist. I c h b i n durch A r i s t o p h a n e s u n d daneben mehrere auf der bibl. z u
copie-
rende hss. sehr beschäftigt. E i n e n grossen s c h m e r z h a b e n m i r dieser tage A . W i r t h ' s (eines ehemaligen schülers, freilich sehr h a l b - s c h ü l e r s ) A c t a N e r e i
et
Achillei g e m a c h t ; diese sorte von edition w i r d m a n m i r z u last legen. M ö g e bei I h r e m j u n g e n , t r o t z der b ö s e n kälte, das o h r e n ü b e l allmählich sich bessern! M i t herzlichsten grüssen auch an die I h r i g e n Ihr H . Usener
1 [Hs.:] vorher
406
240.
Usener an Diels
Bonn, 2 Mai 1891 Vorm. Mein lieber Diels, Sie sind doch immer der vorderste, wenn gelegenheit ist mir etwas liebes zu thun. Das haben Sie auch diesmal an dem tage bewiesen, wo ich auf dem katheder mein 51tes Bonner semester antrat. Sie waren buchstäblich der erste, der mit einem angebinde ankam. Ihre schrift, mit schöner Symbolik in weisses pergamen gekleidet, war auch die erste, die ich in der mussestunde nach tisch verschlang, als richtigen festnachtisch. Sie haben ausser der feststellung der worte, über die wir im letzten herbst sprachen, Ihrer abhandlung einen besonderen werth noch durch die heranziehung des vergessenen kapitels der Amphilochien zu geben gewusst, das mir von grossem interesse war. Doch ist wohl nicht nöthig die von mir aufgrund von Treu's unzulänglicher widergabe falsch aufgefassten worte zu ändern (Δύσερις' δυσέριστος): es genügt, wie auch Bücheler spontan bemerkte, was deutlich dasteht und auch Sie zu p. 244 bereits gelesen haben: ου ,,Δύσερις" φησίν „ουκ εριστικός" - (näml. άλλα χαλεπώς ελεγχόμενος zb., im gegensatz gegen die übliche auslegung φιλόνεικος - bei Hes. und Suid.). Bald darauf folgten Ihre beiden abhandlungen, die „Zwei Funde" und der Epimenides. Ganz neu war mir das merkwürdige Athenische aktenstück zur geschichte des κήπος; Sie haben es vortrefflich behandelt und ich wüsste fürs erste nichts zuzusetzen. Aber die krone gebührt dem Epimenides. Der hat mirs angethan und mich förmlich elektrisiert. Die unmittelbar einleuchtende auflösung des Widerspruchs zwischen Aristoteles und Piaton durch den geschichtlichen und litterarischen dh. fictiven Epimenides ist eine klärende that. Und ganz besonders bin ich persönlich Ihnen für die feinen bemerkungen auf p. 3f. verpflichtet als dankbarer Schüler; Sie haben damit nach meinem ermessen die religionsgeschichte um ein gutes stück gefördert, oder, wenn Sie wollen, die welche zwischen den zeilen zu lesen verstehn sie fördern gelehrt. Nur in einem nebensächlichen punkte, den Sie p. 14 behandeln, möchte ich widersprechen. Sie beziehen den ausspruch des Aristoteles rhet. 3, 17 auf den litterarischen und fictiven Epimenides, und werden dadurch zu einer künstlichen erklärung gedrängt. Warum wollen Sie bei demselben Aristoteles, an dessen hand Sie den geschichtlichen Epimenides zur anerkennung gebracht haben, nicht auch an jener stelle den geschichtlichen voraussetzen? Der war kein prophet und orakelschmied für zukünftige dinge; er war sühnpriester und als solcher übte er seine Sehergabe an γεγονότα μεν άδηλα δέ. Das άγος wird dem menschen erst in seinen thatsächlichen Wirkungen gegenständ besorgter ahnung; worin es bestand, welche götter dadurch verletzt wurden, das zu bestimmen fällt dem zur sühung berufenen seher zu; von seiner divination των γεγονότων μεν άδήλων 407
δέ hängt die wirkung seiner procuratio ab. Ich finde also in der andeutung der Arist. rhetorik nicht nur keine Schwierigkeit, sondern eine höchst treffende Charakteristik der von dem geschichtlichen Epimenides geübten thätigkeit. Ich bin Ihnen aber auch einen kurzen bericht schuldig, wie es am letzten dienstag weitergegangen. Zur eröffnung meiner Vorlesung über Demosthenes kam es nicht. Der feierliche empfang, der mir im auditorium bereitet wurde, nöthigte mich zu einer ansprache, und von dieser fand ich es passend an dem tage nicht überzugehn zur alten rhetorik. Zu hause suchte mich dann gegen 12 eine deputation des Phil. Seminars auf, um mir ein buch zu überreichen an dem alle ord. mitglieder des letzten winters (ausser einem körperlich leidenden) durch beiträge sich betheiligt hatten: Schedae philologae. Später fand sich eine abordnung des Philol. Kreises (der jetzt sehr zusammengeschmolzen ist) um mir Rabe's durch Sie veranlasste schrift zu überbringen; Sprecher war Rabe, der mich in einer sehr geschickten und strammen lat. ansprache andonnerte; dann aber ergriff Joachim (aus Hamburg) das wort, um mir eine ganz ungeahnte ausserordentliche Überraschung zu bereiten. Ich hatte einmal im winter bei tisch erzählt, dass ich schon seit jähren daran dächte, sobald ich einmal freie zeit hätte um mich der sache zu widmen, philol. studierende zu einer öffentlichen aufführung des Aesch. Agamemnon (nach vWil. Übersetzung) zu veranlassen und dass ich schon wiederholt versucht hätte componisten zur herstellung der erforderlichen musikalischen begleitung zu gewinnen. Es wurde über theatralische aufführungen von studierenden und von gymnasialschülern hin und her gesprochen, und ich freute mich zu sehn, dass mein gedanke, wenn ich einmal damit ernst machen wollte, auf freudiges entgegenkommen würde rechnen können. Aber wer konnte ahnen, dass dieser hingeworfene gedanke so energisch aufgenommen würde? Genug, Joachim lud mich im namen seines Kreises auf samst. 16 mai zur aufführung des Agam. im saale der Lese ein! - Zuletzt kam unsere philol. section, vollzählich einschl. der extraord. und docenten, geführt vom decan Nissen, der mich in sehr herzlicher weise ansprach. - Die Übersetzung der Άΐ>. πολ. ist mir gleichfalls seiner zeit unter dem titel eines angebindes zur 25j. thätigkeit in Bonn zugegangen; eine schrift des Phil. Vereins, [Abraxas] von d r Dieterich verfasst, steht noch aus. Doch nun habe ich genug von mir gesprochen. Und muss es noch mehr thun, indem ich noch einmal auf das j. 1883 zurückkomme. Seitdem ich (im anf. der ferien) den gegenwärtigen stand der von Ihnen angeregten Stiftung erfahren hatte, war ich entschlossen nun die erforderlichen schritte zu thun, um die nutzbarmachung der Stiftung herbeizuführen. Zu dem ende habe ich das beifolgende rundschreiben abgefasst und mit den nöthigen beilagen versehn. Ich bitte Sie, nach durchsieht und erwägung des zu erwägenden, diese papiere, am besten mit Ihren bemerkungen begleitet, damit die nachfolgenden die ansieht der Vordermänner kennen lernen, weiterzugeben. Ich habe die sen408
dung der Sicherheit halber einschreiben lassen; das wird wohl im weiteren nicht nöthig sein; ein brief in dem format geht nicht verloren. Sagen Sie mir nur ganz offen, wenn Ihnen in dem Statutentwurf etwas nicht behagt; dieselbe Offenheit erwarte ich von allen anderen; denn ich empfinde es als pflicht diese bindenden bestimmungen nur in voller Übereinstimmung mit Ihnen festzusetzen. Ein § mit ausführungsbestimmungen (form und adresse der Zahlungsanweisung udgl.) muss noch hinzukommen, aber diese würden für Sie ohne interesse sein, und ich muss das erst mit juristischen freunden berathen. Mit herzlichstem dank und gruss Ihr getreuer H U s e n e r E s würde mich freuen, etwas über den gesundheitszustand Ihres sorgenkindes zu erfahren. Grüssen Sie mir bestens Ihre liebe frau und die herrn söhne.
241.
Diels an das Usener-Comité 1 Berlin W 6.V91. Magdeburgerstr. 2 0 . m
Indem ich den früheren Mitgliedern des Usener-Comités einer Aufforderung unseres verehrten Lehrers folgend die Akten der Usener-Stiftung und die Bestimmungen über die Stiftung, welche Usener neuerdings entworfen, vorlege, bin ich nicht in der Lage, was in dem Schreiben an mich gewünscht war, Modificationen zu jenem Entwurf vorzubringen. Denn mir scheint alles so wie es dasteht gut und zweckentsprechend. Ich habe nur den einen Wunsch, dass Usener bereits in diesem Jahre die Freude haben könnte, das Capital von M . 5000 voll zu sehen, damit so das Jubilaeum seiner 25jährigen Thätigkeit in Bonn bedeutungsvoll abgeschlossen würde. Vielleicht wird die geplante Agamemnonaufführung, die man vor zahlendem Publicum wiederholen will, dazu führen. Sollte dies nicht zum Ziele
1 [Auf dem Umschlag:] Circuliert bei den Herren Director Dr. H. Müller Berlin Professor Dr. G. Kaibel Strahsburg Professor Dr. F. Leo Göttingen Director Dr. C. Reinhardt Frankfurt 7M. Den letzten Herrn bitte [ich] um gef. Rücksendung des einliegenden Circulars an mich und der Stiftungspapiere an Usener. 409
führen, so würde ich dafür sein die geringe Summe in dem Kreis der Intimi aufzutreiben. Ich bin bereit s. Z. mich in dieser Sache an die 4 Freunde zu wenden und Weiteres zu beraten, wäre aber bereits jetzt dankbar, wenn einer von ihnen mir ein Exemplar der damals gedruckten Geberliste verschaffen könnte. Mit herzlichem Grusse H. Diels Gef. Meinungsäusserungen hierüber bitte hier verzeichnen zu wollen: Empfangen 6/5, weiterbefördert 7/5. 91. Mit allem einverstanden. Die Geberliste habe ich selbst nie gesehen. Herzlich grüßend H. I. Müller. Mit dem Statut-Entwurf bin ich einverstanden, ebenso zu Beiträgen behufs Abrundung der Summe bereit. Eine Liste habe ich ohne Zweifel in Besitz, vermag sie aber augenblicklich nicht aufzufinden. Strassburg 10. V 91. Kaibel. In jeder Hinsicht einverstanden. Nach der Liste würde ich auch vergeblich suchen. Göttingen 13. 5. 91 Leo Erhalten 14. V, weiterbef. a. s. T. Ich hoffe im Einverständnis mit den vorstehenden Herren, insbesondere mit Herrn Prof. Diels zu handeln, wenn ich Herrn Prof. Usener bei Rücksendung der Stiftungspapiere ausspreche, daß alle ehemaligen Mitglieder des Komitees sich mit dem Entwurf der Bestimmungen einverstanden erklärt haben und keiner einen Anlaß zu Änderungen gefunden hat. Mit der Sammlung von weiteren Beiträgen bin ich von Herzen einverstanden. Ein Exemplar der Geberliste ist mir nicht mehr zu Händen. Mit herzlichem Gruße Reinhardt.
410
242.
Diels an Usener Berlin W 1ZV91. Magdeburgerstr. 20. 111
Lieber Herr Geheime Rat, Es hat mich innerlich gefreut, dass Ihnen meine bescheidene Gabe einen so freundlichen Eindruck gemacht und ganz so aufgefasst worden ist, wie sie gemeint war - von Herzen zum Herzen. Es war ganz hübsch, dass einer der ersten dieser 25jährigen Reihe sich unter den ersten dankbaren Gratulanten einstellen durfte. Die Jugend, die Sie beglückwünschend umdrängte, wird ihre Huldigung begeisterter vorgebracht haben, aber an innerer Wärme lassen wir Alten uns nicht übertreffen. Es war uns ganz aus der Seele gehandelt, dass bei dieser Gelegenheit die Stiftung wieder zur Sprache kam. Ich hatte meinerseits auch etwas dazu thun wollen, bin aber, da ich von andern Dingen hörte, zurückgetreten. N u n hoffe ich, dass auf dem einen oder anderen Wege das Ziel bereits in diesem Jahre erreicht und die Höhe des Fonds hergestellt wird, die an eine Verwirklichung des Planes denken lässt. Mittlerweile wird Ihr Memoire den Kreislauf der 5 Freunde zurückgelegt und an Sie zurückgekehrt sein. Sie werden daraus ersehen haben, dass wir nichts zu- und abzuthun wissen und dass wir uns freuen werden, wenn nun der Gedanke der Stiftung sich verwirklichen wird. Leider wird die Freude an unserem Berufe, die Freude an dem Erziehen der philologischen Jugend bitter getrübt durch die unverständige, fast wahnsinnige Art, wie von oben und unten diese blühende Flur, der Stolz der deutschen Cultur verheert wird. Während wir hier sonst noch einigermassen Zuspruch hatten, ist gerade in diesem Sommer eine wahre Flucht vor der Philologie zu constatiren. Die alten Semester kommen noch, aber junger Nachwuchs bleibt aus. Welcher Vater kann denn auch, bei so ungewissen Zuständen seinem Sohne raten dies Fach zu ergreifen! Ich verbürge Ihnen folgendes Vorkommnis. Kürzlich war die Siebenercommission bei Nero eingeladen. „Hören Sie mal," sagte jener, „das Englische muss obligatorisch werden, mit dem faculativen Kram ist nichts gethan." „Aber wir fürchten, Majestät" nahm Schräder das Wort, „dass dann der Hauptzweck unserer Reform nicht erreicht wird: Entlastung der oberen Klassen." „ N u n dann streichen Sie doch das Griechische aus!" Was die Sieben darauf geantwortet, wird nicht berichtet. Αιλινον αιλινον είπέ, το δ' εύ νικάτω. Ihre freundlichen Worte über meine beiden kleinen Aufsätze haben mich sehr erfreut. Dass Sie die wichtigen Dinge, die ich im Epimenides angedeutet habe, sofort in den vollen Umrissen erfasst haben, durfte ich hoffen. Es werden leider nicht viele sein, die es thun werden. Es peinigt mich hier und an hundert andern Punkten, dass ich Dinge nur antippen kann, die zur vollen 411
Klarlegung Bücher beanspruchen würden. So muss ich mich begnügen άείδειν ξυνετοϊσιν. Ihre ενστάσεις sind berechtigt. Die Herstellung oder vielmehr Rettung der Ueberlieferung in Δύσερις [ist] evident. Ich hatte meine δευτέρα φροντίς wegen des Anklangs an die anderen Grammatiker vorgezogen. Mit Unrecht, wie ich jetzt sehe. Die Aristotelesstelle habe ich übers Knie gebrochen. Ihre Erklärung ist sehr beachtenswert, aber die Worte sind noch nicht ganz verständlich, namentlich das έπιστητόν ήδη και τοις μάντεσιν. Auch was Vahlen mündlich und P. Corssen, der hier nun warm bei Director O . Richter gebettet ist, mir darüber sagten, ist noch nicht genügend. Hoffentlich finde ich noch die vollkommene Lösung. Ich bin während der Pfingstferien mit der Aufstellung der Studemund'schen Bücher (3 000 Nummern) und der Hiller'schen Bibliothek 7200 Bände, die wir für M. 8 000 gekauft haben, beschäftigt. Diese ca 10000 Bände werden als philologische Abteilung mit der Bibl. des Instituts für Altertumskunde vereinigt und ich selbst trete wahrscheinlich als III Director in das Institut ein, da sonst die Verwaltung zu complicirt würde. Althoff, der uns M. 10 000 verschafft, hat sich generös benommen. Die Bibliothek wird nicht ausgeliehen und wird von morgen bis Abend auch NichtStudenten (Gymnasiallehrern) geöffnet sein. Dann werden wir so ziemlich die unleidlichen Bibliotheksverhältnisse überwunden haben. Die Opfer an Zeit und Mühe freilich, die ich bereits darauf verwendet habe (jahrelang ohne Erfolg) und die ich noch darauf verwenden muss, sind sehr gross. Ich bin dabei, die Beri. Fragm. der A. Pol. nach dem neuen Texte zu revidiren. Die Trostlosigkeit der Erhaltung stellt sich dabei noch deutlicher heraus. Es sind aber keine Excerpte, sondern vollständiger Text, wahrscheinlich ein äusseres Blatt eines Binio (Buchformat). Für den Text kommt nichts heraus. Ich hoffe, dass die gestrige Aufführung, die ich so gern gesehen hätte, gut ausgefallen ist. Es ist eine eigenartige und liebenswürdige Huldigung, die schönste, die Ihnen dargeboten worden ist. Doch ist vielleicht damit diese Reihe noch nicht abgeschlossen. Die Berliner wollen auch was thun, das Ei wird eifrig bebrütet. Wenn die Berechnung nicht trügt und alles gut geht, fliegt am 4. Juni Abends der Vogel aus und zu Ihnen. Nehmen Sie ihn dann freundlich auf! Verzeihen Sie die Bustrophedonschrift und behalten Sie lieb Ihren getreuen H . Diels.
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Usener an Diels Bonn, 6 juni 91 vorm.
Mein lieber freund, D e n vogel, den Sie räthselvoll wie Ihre Sibylle vorgemeldet hatten und programmgemäss pünktlich wie ein vorwissender gott am abend des 4 abfliegen Hessen, hatte ich freilich nicht erwartet. Ich war gerade damit beschäftigt mich von 2Vi stündigen vorträgen (416—6 kirchengeschichtl. Übungen privatissime, 6 - 7 seminar) etwas auszuruhen und für eine grosse abendgesellschaft tauglich zu machen, als mir das telegramm eingehändigt wurde. Ich erwartete schrekkensbotschaft und riss es angsterfüllt wie ein weib auf. D a war der inhalt freilich lindernder baisam, oder vielmehr eine art lebenselexier. Haben Sie und alle freunde, die sich für diese wähl [zum Korrespondierenden Mitglied der Berliner A d W ] interessiert haben, dafür herzlichsten dank und Sie noch ganz besonderen für den schreck, den Sie mir gemacht haben. Dass Sie mir einstimmigkeit der wähl berichten konnten, war mir natürlich eine ganz besondere genugthuung. Heute abend komme ich nun schon seit aprii auf dem präsentierbrett stehender jubelgreis endlich zu ruhe. D a soll noch ein commers mir gegeben werden; der Salamander mag dann das dicke punctum machen für diese festwochen. Sehr vermisst habe ich Ihre und einiger anderer freunde anwesenheit bei der Agamemnon-aufführung. Sie würden Ihre helle freude gehabt haben. Besonders die zweite Vorstellung im theater (am vorigen samstag [30. 5.]) war äusserst gelungen, ebenso fürs ohr wie fürs auge. Das bild der beiden nach dem zuschauerraum hin divergierenden reihen weiss gekleideter choreuten und der hinter ihnen im portal des pallastes imponierend aufgepflanzten Klytemnästra (in blau) ist geradezu unverwischbar. In die recitation der chorpartien hatten sich hr Joachim aus Hamburg (ganz vorzüglich) und HSchoene getheilt. Klytemnaestra (Rabbow) und Kassandra (Ziehen jun.) waren unübertrefflich. Kassandra spielte in einer weise, dass die musikalische begleitung, die ich für unerlässlich gehalten hatte, kaum am orte gewesen wäre. Das theater war ausverkauft, und der beifallssturm, der den jungen leuten am ende zu theil wurde, zeigte, dass die gewaltige tragoedie wenigstens auf den überwiegend grössten theil der doch meist der antiken litteratur fremden Zuschauer die erhoffte Wirkung vollständig geübt hatte. Es war eine grosse leistung dankbarer anhänglichkeit, welche der numerisch kleine kreis mir da gegeben hat. F ü r Ihren lieben brief muss ich Ihnen noch nachträglich danken. D i e letzte zeit war sehr unruhig, sonst hätte ich das schon früher gethan. Ich weiss mir diesen sommer kaum zu helfen vor arbeit. Einen aufsatz über incubation in der christl. kirche möchte ich gerne schreiben, so lange die eindrücke der lectüre noch frisch sind. A b e r dabei muss ich deutsche rechtsge413
schichte lernen und weisthümer rottenweise verschlingen, um für meine Vorlesung über vergi, sitten- und rechtsgeschichte mich einigermaassen vorzubereiten. Daher für diesmal ein kräftiges Vale für Sie und Ihr haus von Ihrem alten H . Usener
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Diels an Usener
[Postkarte]
Wiesbaden, 18 Aug. 1891.
Verehrter Herr Geh. R., Ihre liebenswürdige Karte erreichte mich auf einer kleinen Schweizerreise, die ich mit meiner Frau machte und von der ich gestern hierher zurückgekehrt bin. Morgen gedenke ich zu meiner Schwester zu reisen und am Sonnabend (22. Aug.) über Köln hierher zurückzukehren. Ihrer freundlichen Aufforderung, nicht minder aber eigenem Drange folgend würde ich gern bei Ihnen am Sonnabend vorsprechen, wenn ich wüßte, ob ich Sie treffe und genehm wäre. Vielleicht haben Sie die Güte mir darüber ein Wort zu schreiben u[nter] d[er] Adresse Frau Major E Meyer Beaumarais bei Wallerfangen Saarlouis. In der Hoffnung baldigen Wiedersehens Ihr H . Diels.
245. *
Diels an Usener Berlin W 21. X I . 91 Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Herr Geheime Rat, Ich sende Ihnen anbei eine N o . der Litteraturzeitung, die hier grosses Aufsehn macht. D a Sie das Buch von Fränkel genauer gelesen haben, so wäre es mir lieb, wenn Sie mir Ihren Eindruck schreiben wollten. Ich sehe nur, dass es auf den Verf. einen vernichtenden Eindruck gemacht hat, der hoffentlich seinen leidenden Gesundheitszustand nicht dauernd bestimmt. Sonst würde eine Katastrophe zu befürchten sein. Falls Sie wie ich das Urteil K[aibel]s für objectiv unrichtig oder wenigstens sehr übertrieben und die Gesinnung unqualificirbar halten, würden Sie mit einer kurzen Zuschrift den unglücklichen Mann trösten, ja vielleicht erhalten können. 414
Leider bin ich augenblicklich, wie Sie leicht denken können, sehr beschäftigt; sonst würde ich Ihnen mehr und erfreulicheres schreiben. Leid hat es mir gethan, dass ich Ihren Ehrentag im September post festum erfahren habe. Sonst würden Sie von mir gehört haben. Hoffentlich gehts Ihnen allen gut. Bei uns gehts recht leidlich und die Enthaltung von aller Wissenschaft scheint mir gut zu bekommen. Mit herzlichem Grusse Ihr H . Diels
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Usener an Diels
[Postkarte]
[Bonn, 24. 11. 1891]
L. D., in aller eile nur Ihnen eben vor dem seminar eine kurze antwort. Sie haben mir eine schlimme Überraschung bereitet, u. ich danke Ihnen dafür dass Sie mich so bald in Kenntniss davon gesetzt haben. K[aibel]'s auftreten ist mir schwer fassbar, fassbar nur als act der räche, für was, weiss ich nicht, etwas jedenfalls für Fabr[icius]. Aber ich bin empört, dass so förmlich wegelagerersitten zum durchbruch bei uns kommen. Es ist der verhängnisvolle einfluss eines tonangebers, der hier seine früchte trägt. Ich werde Ihnen morgen eingehender schreiben; an Fr[änkel] selbst direct kann u. darf ich nicht, da ich mit briefen vorsichtiger zu sein wohl oder übel gelernt habe. Aber Sie können dann mit meinem an Sie gerichteten brief zu Fr. gehn und ihn trösten. Ich überlege mir was ich thun könnte. K. privatim zu rede zu stellen fühle ich mich nicht berechtigt, er ist sui iuris, und eine wirkung nach aussen, wie widerruf könnte das nicht heben. Am besten wäre eine parallele recension, aber zu der habe ich keine zeit. Ich denke, ob es vielleicht in form einer miscelle, beiträgen zu irgend einer der Perg. inschrr., möglich wäre ein wort der abwehr und richtigerer Würdigung zu sagen. Dies nur Ihnen! morgen mehr. Ihr H . Us.
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Usener an Diels Bonn, 25 nov. 1891
Lieber Diels, die Kaibelsche recension, die ich durch Ihre güte erheblich früher erhalten habe als sie mir sonst vor die äugen gekommen sein würde, hat auch mich heftig erregt und betrübt, nicht nur des angegriffenen, nicht nur der ge415
rechtigkeit, sondern auch der guten sache wegen. Mir ist in meinen lebzeiten diese tonart, ausser bei menschen die schreiben dürfen was sie mögen, weil sie vogelfrei sind und jeder anständige mensch ihnen den rücken dreht (wie Lucifer der Russe), nicht vorgekommen, und es sollte mir bitter leid thun, wenn dieser raubrittermässige brauch, einen ehrenwerthen arbeiter, der des weges zieht, zu überfallen und mit aufgedrücktem brandmal weiter zu schicken, um sich griffe. Ich habe darum schon aus diesem weiteren gesichtspunkt das gefühl, dass dergleichen nicht ungerügt durchgehn dürfe. Die recension macht durchaus den eindruck eines überlegten und beabsichtigten angriffs, wie ihn nur die räche (ich weiss nicht, wofür) eingeben konnte. Selten ist mir eine so planmässig ungerechte beurtheilung vor äugen gekommen. Von der hingebenden, liebevollen und erfolgreichen arbeit, die von jeder seite bezeugt wird, ist mit keinem worte die rede. Statt dessen werden versehen und missgriffe aufgestochert, die nicht verdeckt zu werden brauchten, aber gegenüber dem grossen Verdienste der leistung nachsicht und entschuldigung fordern durften. Wir sind allzumal menschen, und der beste ist in dem, was er am besten weiss, einmal zu irren fähig. In dem tadel selbst hat sichs K[aibel] überaus leicht gemacht. Denn leicht ists einen fehler finden und aufmutzen, schwerer es besser machen. In einem falle (p. 1706) wird bei nr. 240 mit unglaublicher leichtfertigkeit dem verf. das gegentheil von dem vorgeworfen, was er sagt. Oder bin ich es der Fr.'s worte p. 138b (unten) nicht versteht:„Unsere inschrift muss noch der zeit der pergam. Selbständigkeit oder mindestens der unmittelbar folgenden angehören" (eine inschr. nämlich in der το Εύμένειον erwähnt wird) ? Was h m Frfänkel] betrifft, so kann ich nur wünschen und ihn eindringlich bitten, dass er diese invectiven sich nicht bis zum herzen gehen lassen sondern abschütteln möge, wie man regentropfen an seinem gummimantel ablaufen lässt. Ich habe mir längst angewöhnt recensionen wo möglich gar nicht zu lesen, weil ich finde, der guten stunden im leben sind so wenige, dass man sie sich nicht durch solchen unnöthigen vermeidbaren ärger verkürzen lassen soll. Ich finde aber, dass ich mich noch mehr über die günstigen wie über die ungünstigen zu ärgern gefahr laufe, weil ich bei jenen immer den beweis erhalte, dass ich nicht einmal ordentlich gelesen worden bin. Mit herzlichsten grüssen an die Ihrigen, auch an hrn Fränkel Ihr alter H . Usener
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Diels an Usener Berlin W 2 7 X 1 . 9 1 Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Herr Geheime Rat, Herzlichen Dank für Ihren Brief, der ganz so ist, wie ich ihn erwartete. In der That wird schliesslich die Recension hauptsächlich dem Urheber schaden abgesehen von einer kleinen Schaar, die aber auch der Belehrung zugänglich sein wird. Ich dachte sofort, ich wollte es Ihnen aber nicht meinerseits unter den Fuss geben, dass eine Miscelle mit kurzer Rückweisung der beste Weg sei. Das macht ganz andern Eindruck als eine Parallelrecension, zu der Sie natürlich jetzt schwerlich Zeit fänden. Es sähe dann auch leicht zu absichtlich aus. Der Miscelle kann man ja durch Versenden an die, auf die es ankommt, die nötige Verbreitung geben. Ich werde natürlich Fränkel nichts von dieser Ihrer Absicht sagen. Auch Ihren Brief werde ich höchstens noch seinen Quasi-Vorgesetzten Conze und Schöne zeigen, falls sie nicht selbst im Stande sein sollten zu sehn, quid distent aera lupinis. Haben Sie schon Paton & Hicks The inscriptions of Cos Oxf. 1891 gesehen? Stattliches Corpus, aber mit allerlei Schrullen. Die Calendersachen im Anhang werden Sie besonders interessiren. Sagen Sie doch bitte Bücheler gelegentlich, dass die angeblich uneditirte Nannakosinschrift bei Paton 160 mit der von mir ihm kürzlich mitgeteilten Ergänzung Ν]αννάκ[ου steht. Ich sandte sie ihm aus der Νέα Σμύρνη wegen Herodas. Dr. Rabe schrieb mir neulich aus Rom. Er hat den Philoponus de aetern. verglichen und will ihn herausgeben, aber sein Ton gefällt mir nicht. U m stolz zu sein, müsste er etwas mehr können und wissen. Die Proclussachen von Bethe sind ja capital. Ich hatte eine grosse Freude dran. Ich habe eben [Dieterichs] Abraxas angefangen. Offenbar ein genialer Kopf. Wenn er nur seinen Stil im Zaum halten könnte. Curtius feiert 22. Dezember d. J. sein 50jähriges Doctorjubiläum. Ich denke, es ist Ihnen im Andenken an Ihre Göttinger Studienzeit u. seine Topographie lieb es zu wissen und seiner zu gedenken. Er ist doch trotz alledem ζώων άξιος ημιθέων. In Eile, aber in Lieb und Treue Ihr H . Diels Herzliche Grüsse an die Ihrigen, bei uns gehts leidlich, doch ist man, da der 40 t e Teil Berlins influenzirt ist, ängstlich.
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Diels an Usener
17/XII erh. u. beantw. durchpostkarte
Berlin W 16. XII. 91. Magdeburgerstr. 20.111
Hochverehrter Herr Geheime Rat, Ich lasse umgehend die Correctur zurückgehen, obgleich ich ausser einem Punkte S. 156 nichts zuzuthun oder abzuthun wüsste. (Die Bemerkung über τον λιβανωτόν und παραγένηται hatte ich ihm s. Z. mündlich gemacht, aber wie es scheint nicht eindringlich genug.) Der Angegriffne [Fränkel] wird finden, der Angreifer [Kaibel] sei zu glimpflich fortgekommen (er betrachtet ihn ja als Mörder), aber da Sie Anstand lehren, so finde ich Ihre noble Art Ihrer und seiner Sache dienlicher. Besten Dank für Ihre promte und mannhafte Abwehr und herzliche Wünsche für die bevorstehenden Weihnachtsferien. Ad vocem Ferien ist A[lthoff] in sich gegangen und brütet über einem neuen Entwürfe? Mehr Ferien, aber ganz bestimmte Anfangs- u. Endtermine. Wunderlicher Mensch! Ich selbst bin längst Ihrer Mahnung getreu alles Wissenschaftliche von mir fern zu halten und leise κάθαρσις των παθημάτων bekommt dem innern Menschen wie ich hoffe sehr gut. Es wird da manches reifen. Uber Mahaffy habe ich so bestimmt geurteilt, weil meine Anhaltspunkte mit den selbständig gefundenen Gomperz's, der in der Allgem. Z. darüber berichtet hatte, wundersam zusammentrafen. Ich weiss, dass man die Sache auch anders anfassen kann, aber da ein Jüngling in meinen Übungen mir vorige Woche Veranlassung gab die Dinge noch einmal zu überlegen, so glaube ich auch iteratis curis daran festhalten zu müssen. Die Vermeidung des Hiats denke ich mir unwillkürlich entstanden, da man ja in alexandr. Zeit jeden anständigen Schriftsteller davon möglichst befreit zu sehen wünschte. Das lag ja in der Gewöhnung der Schule. Das Jubiläum von Curtius (22. Dez. 50jähr. Doctor) macht mir als Decan, Mitglied des Senats, Mitglied zweier Gesellschaften, die allerlei zu dem Tage vorbereiten, zu thun. Aber es macht mir Freude dem lieben Collegen seinen wol letzten Ehrentag schmücken zu helfen. Mit herzlichen Grüssen an die l[ieben] Ihrigen auch von meiner Frau, die Ihren Aufsatz mit Befriedigung gelesen hat Ihr H. Diels
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Diels an Usener
[Postkarte]
Berlin, W
1 . 1 . 9 2 . 10 Uhr Ab. Magdeburgerstr. 20.
Hochverehrter Herr Geh. R., Ich habe durch allerlei thörichte Geschäfte, wie sie der 1. I mit sich zu bringen pflegt, namentlich aber durch die Ordnung der Vorlesungsanzeigen für den Sommer, die bei 79! Säumigen reclamirt werden müssen, soviel zu thun gehabt, dass ich weder gestern noch heute meinen Vorsatz ausführen konnte Ihnen zum heutigen Tage Glück zu wünschen und Ihnen für Ihren lieben Brief nebst Sendung noch einmal warm die Hand zu drücken. Ihr Aufsatz hat bei F[ränkel] vollkommen sein Ziel erreicht und auch die Mässigung hat wider m. Vermuten volles Verständnis bei ihm gefunden, so dass nun diese Sache auf die für alle Beteiligten glimpflichste Weise ausgeglichen ist. Leider geht die D . L . Z . mit dem heutigen Tage ein und der arme Fresenius] schwebt nun in der Luft. Er fühlte längst die Unhaltbarkeit seiner Situation, aber was nun? Wir sind alle erschüttert durch Kroneckers rasend schnellen Hingang. Sie kannten den liebenswürdigen Mann ja auch. Curtius erzählte mir von Ihrem schönen Briefe. Das Ereignis des Tages war eine formvollendete und sehr warme Ansprache Mommsens! Mit herzl. Grüssen an die Ihrigen Ihr H . Diels.
2 5 1 . D i e l s an Usener Berlin W 8. V 92. Magdeburgerstr. 2 0 . m Hochverehrter Herr Geheime Rat, Ich muss Ihnen gleich auf Ihre Platonica schreiben, um Ihnen den mächtigen Eindruck zu schildern, den Ihre kunstvoll sich steigernde Beweisführung mit dem überraschenden Schlüsse auf mich gemacht hat. Ich erkenne ja die alten Ideen wieder, die vor Zeiten, wenn auch weniger entwickelt, bereits bei Ihnen feststanden. N u n aber schliesst sich hier alles so fest zusammen, dass man sich dem Ringe nicht entwinden kann. An Atticus habe ich immer geglaubt, Tyrannio ist mir bei der Varrolectüre vorigen Winter (d. 1. 1.) aufgegangen, nun aber alles so nahe, mit Händen zu greifen, da müsste man ein ganz verstockter Sünder sein, wenn man nicht glauben wollte. N u r schüchtern bringe ich einige Bedenken vor, die Sie gewis zerstreuen können und die die Hauptsache nicht treffen. Erstens ist ja doch das sicherste in Bezug auf Apellikon, dass Androni419
kos den eigentlichen Aristotelestext aus jenem Exempl. mindestens berichtigt hat. Wäre nun die Provenienz aus den ipsissima volumina des Aristoteles resp. seiner Schule anerkannt gewesen, so begreift man nicht, warum alexandrinische Lesarten denen des Andronikos später vorgezogen wurden. Abgesehen davon muss doch auch etwas an der Nachricht sein, dass ein Teil nach Alexandrien gekommen sei (bei Athen.). Ein zweiter Punkt ist die Uberlieferung der Attikiana. Ich kann mich nicht überzeugen, dass Σ so turmhoch über der andern Uberlieferung steht, halte vielmehr unsere Hdss. incl. Σ für gradweise verschieden contaminirt aus der guten Ueberl. und der Vulgata, aber selbst die Atticiana muss schon bös ausgesehen haben an einzelnen Stellen, wofür mir abgesehen von anderem gerade die Midiana Beweis ist. Ich kann mich nicht davon überzeugen, dass die nach d. schol. od. Σ gegebne alte Lesart έπ' άστράβης δέ όχούμενος άργυρος της έξ Ευβοίας echt sein soll. Was soll der Artikel, was soll Euboea? Als ob man damals dergleichen Luxusdinge aus Euboea bezogen habe. Ja wenns noch Schwerter wären! Meine Bedenken teilt u.a. Weil, dem ich in Bezug auf attischen Stil etwas zutraue. Ich muss annehmen, dass αργυράς richtig ist und dass "Αργουρα της Ε υ β ο ί α ς in alter Zeit in den Text geraten und Confusion angerichtet hat. So kann man also sagen, dass Π Υ Ω ebensowol älter ist als die Lesart von Σ wie umgekehrt. Dieselbe Anschauung habe ich jetzt von Mahaffyschem Platotext. Dass εύήθης an der Hauptstelle Unsinn ist, kann meines Erachtens nicht geleugnet werden, ob άνδρ. richtig oder aus der späteren Stelle herangezogen ist, mag zweifelhaft bleiben. Ich hatte s. Z. den Eindruck Platonischer παρρησία. Es ist möglich dass ich mich getäuscht habe und dass ich unter dem Eindruck einzelner Scheinbeweise falsch geurteilt habe. Ja gegenüber Ihrer gründlichen Untersuchung ist mir dies jetzt sogar wahrscheinlich. Aber auch jetzt kann ich mich noch nicht zu dem Optimismus, den Sie verteten, aufschwingen, da ich von den Schranken des Wissens, die den alten Grammatikern gezogen waren, viel ungünstiger denke. Es ist ein eigner Zufall, dass Ihr hochgerühmter Herodian (und er verdient auch cum grano salis dies L o b ) jene Midiassteile in der corrupten Uberlieferung έξ Ά ρ γ ο ύ ρ α ς της Ε υ β ο ί α ς las, was wie Sie sehen der ursprünglichen Form der Interpolation noch näher steht als alle unsere Hdss. Wollte Gott, unsere Kritik wäre so einfach wie K. Lehrs im Homer, Sauppe im Demosthenes annahm. Ich kann mich noch nicht wieder auf das Faulbett legen obgleich ja Ihre Ausführungen mich von nun an zu noch strengerer Prüfung und Selbstprüfung veranlassen werden. - Was sagen Sie zu Nissens Aristoteles? N . schreibt ganz gute und ganz schlechte Sachen. Mir scheint der Aufsatz zu letzterer Klasse zu gehören. Könnte ich doch entgegnen, aber da die Aufgeblasenheit des Tons nicht milde behandelt werden kann und ich unmöglich so meinem Lehrer gegenüber treten kann, χαιρετώ. Mit meiner Gesundheit gehts mir wunderbarer Weise viel besser wie seit Jahren. Schade dass Sie Ihre liebe Frau nicht begleiteten. Jedenfalls 420
komme ich im Herbst an den Rhein und hoffe Sie zu treffen. Grüssen Sie die lieben Ihrigen und haben Sie nochmals besten Dank für Ihre Abhandlung, deren κέντρον in mir noch lange nachboren wird. In Liebe und Treue Ihr H . Diels
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Usener an Diels
Bonn, 9 Mai 92 Mein lieber Diels, In Goettingen hat man mir so schlecht wort gehalten, dass ein aufsatz für die Gesellsch. d. Wiss., dessen schluss schon am 5 Febr. in den händen des h m secretärs war, erst ende letzter woche gedruckt an mich zurückgelangt ist. Ich schickte Ihnen das erste convertierte exemplar, und Sie haben es hoffentlich schon gestern erhalten. Es war weniger der Widerspruch, in den ich mich zu Ihnen gesetzt sah nach dem urtheile, das Sie mündlich und in der anzeige von Mahaffys werk ausgesprochen und dann brieflich bestätigt hatten, als der grimm über die in der ersten hälfte des winters an mich gelangten auseinandersetzungen A. Schoene's bei gelegenheit von Thukydides, was mir den Stachel ins fleisch drückte, der mich antrieb diese Piatonfrage von neuem aufzunehmen. Schoene spricht in einem so überlegenen tone der Weisheit, dass es mich ordentlich verdrossen hat, zumal er es besser hätte wissen müssen; im herbst 1880 habe ich ihm auf seinem zimmer in paris angesichts der Isokratesblätter von Marsaille genau dasselbe entwickelt, was ich jetzt zu sagen hatte. Gegen ihn speciell ist s. 186 f. gerichtet. Der Kern des gegensatzes, in dem wir uns befinden, ist die beurtheilung der Alexandrinischen grammatik. Ich habe, um diese grundfrage in einer Sie überzeugenden weise aufzuklären, die mühe auf mich genommen den ganzen Herodianos durchzublättern. U n d ich gebe mich der hoffnung hin, dass, wenn Sie erst, was unerlässlich ist, die Alexandriner etwas vorurteilsloser und freundlicher ansehn werden, für das übrige eine Verständigung leicht zu finden sein wird. Die erscheinung dieser fabelhaft raschen Verschlechterung eines festgefügten textes ist so wunderbar nicht. Die griechischen handschriften des evangeliums haben, bevor dasselbe abschliessende gestalt erhielt und dann durch kanonische geltung einen schütz fand, einen noch rascheren process der entstellung und umbildung erfahren (Relgesch. unters. 1, 93 f.). 421
Was ich im II theil gegeben, sind im gründe ,olle kameilen', seit reichlich 20 jähren oft vorgetragene Überzeugungen. Sie werden daraus entnehmen, dass es mir ein brennendes anliegen sein musste, über die natur des neuen fundes zur klarheit zu gelangen, um etweder umzulernen oder die alten Überzeugungen zu befestigen. Sie bewegen sich inzwischen auf lachenderen gefilden. Von Bücheler höre ich, dass Sie im Herondas stecken. Mögen Sie dabei schöne erleuchtungen haben. Meiner frau haben Sie sich während ihres Berliner aufenthaltes wieder so liebenswürdig angenommen, dass es mich drängt dafür Ihnen und Ihrer lieben frau auch meinen ganz besonderen dank auszusprechen. Sie ist wieder merkwürdig erfrischt von Berlin heimgekehrt. Ein paar wochen in Berlin bekommen ihr thatsächlich besser als eine badereise. Mir geht es nicht ganz so. Wie steht es bei Ihnen mit der frequenz? Mir will es scheinen, als ob die Welle sich wieder zu heben beginne. Was macht Fränkel? Hoffentlich hat er mir nicht übel genommen, dass ich ihm seine interpellation über den Asiat, kalender nicht so wie er es gewünscht beantwortet habe. Aber ich habe keine lust, eine vorläufige briefliche äusserung wieder gedruckt zu sehn über einen gegenständ den ich selbst im Zusammenhang behandeln muss. Mit herzlichstem gruss von haus zu haus Ihr alter HUsener Interessiert hat mich in den Osterferien eine Berliner dissert, von Piasberg über den Hortensius, eine wohlthuend saubere arbeit, aber an dem hauptpunkt, der grossen rede Ciceros, scheint seine kraft erlahmt; der theil ist sehr unbefriedigend ausgefallen. Ich habe eine kleine ree. darüber an die Gött. gel. Anz. geschickt; da der mann mein urtheil über das ganze u. einzelne zu hören wünschte, habe ich vorgezogen das durch den druck zu thun. Er deutete im brief ari, dass die diss, von der fac. sehr schmeichelhaft beurtheilt worden: was hat er für elogium erhalten? - Aufgefallen ist mir, dass er zu Ihnen in kein verhältniss gekommen scheint. Ist das etwas von Vahlenschem antagonismus?
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Usener an Diels Bonn, 11 mai 92
Mein lieber Diels, der „Preussische feiertag" erst gibt mir zeit, Ihren lieben brief, der eine stunde nachdem der meine der post übergeben war, eintraf, zu beantworten. 422
,Bis dat qui cito dat' haben Sie gedacht, und das war schön von Ihnen. Denn Sie können sich denken, wie sehr mich gerade Ihr entgegenkommendes eingehn auf meine arbeit gefreut hat. Gestatten Sie mir kurz Ihre einwendungen zu berühren. Dass ein theil der Apellikonischen bibliothek nach Alexandreia gekommen sei, wird meines wissens nirgends überliefert. Bei Athen. I p. 3 b wird unmittelbar an die nennung des Neleus als erben der Theophrastischen Sammlung der satz geknüpft παρ' ού πάντα, φησί, πριάμενος ... (Ptolemaios Philadelphos) μετά των Ά'θήνη'θεν καΐ των άπό 'Ρόδου εις την καλήν Άλεξάνδρειαν μετήγαγε. Das ist eine behauptung, welche mit dem bericht des Andronikos (vgl. auch noch Poseidonios bei Athen. V p. 214d) im strictesten Widerspruch steht und nicht den geringsten anspruch auf berücksichtigung erheben kann. Sie steht in einem nur durch den letzten epitomator erhaltenen abschnitt; und es bleiben nur die zwei möglichkeiten: entweder ist die erwähnung eines anderen grossen büchersammlers aus dem anfang des III jhdts verloren gegangen, an dessen nennung sich der satz παρ' ού ursprünglich anschloss; oder der epitomator hat eilfertig gelesen und confundiert, wofür sich dann mehrere möglichkeiten darbieten. Sie sprechen von Alexandrinischen lesarten, die denen des Andronikos später vorgezogen wurden bei Aristoteles. Wie viele lesungen des Andronikos sind uns bezeugt? Und glauben Sie, wenn solche bezeugt werden, dass dieselben der ausgabe und nicht commentierenden bemerkungen desselben entnommen sein mussten? Das ist sicher der fall bei Simpl. in phys. I p. 440, 14 und es entspricht der gepflogenheit der commentatoren. So wenig nun aber geläugnet werden kann, dass die von Andron. empfohlene und erklärte lesung eben die der ausgabe sein konnte, so möglich ist es anderseits, dass Andr. eine conjectur vortrug. Die textmischung aber und das hervortreten älterer vulgata ist eben der typische verlauf der textgeschichte im alterthum, der Ihnen seinerzeit am texte der Arist. Physik klargeworden ist und offen vorliegt bei Homer und bei den grossen prosaikern. Apollonios Dysk. citiert den Homer nach seiner vulgaths., die rhetoren lesen den Demosthenes in hss. der Alexandrin. vulgata. Versetzen wir uns in die situation. Eine neue ausgabe, eine von Atticus, wird auf den markt geworfen: der autor ist in zahlreichen hss. längst aller orten verbreitet. Man beginnt den werth des neuen textes zu würdigen: was ist die folge? Werden die vorhandenen hss. über bord geworfen? Nein, man braucht sie ruhig weiter, und nur nach dem verschiedenen grade von verstand und gewissenhaftigkeit setzen die besitzer bessere lesungen aus der neuen quelle ein, wie umgekehrt vermöge der vis inertiae, welche den schulmeister an seinem gewohnten texte halten lässt (denken Sie an unsere gymnasialdirectoren mit ihrem Horatius, an die theologen mit dem NT), muss auch der bessere text Veränderungen nach dem althergebrachten sich gefallen lassen. Das typische 423
exempel für diese Vorgänge ist die geschichte der Hieronymianischen Bibelübersetzung, der sog. vulgata. Es gibt keine hs., welche diese wirklich rein überlieferte. Lassen Sie sich über diese dinge von E Corssen berichten. Sie haben darum ganz recht, wenn Sie die kritik des Demosthenes für schwerer halten als Sauppe sie nahm, usw. Zwischen dem original und unserem besten zeugen, den Σ liegt fast ein Jahrtausend. Absolute fides ist bei den producten menschlicher schwäche nirgends zu erwarten. Es handelt sich also, und konnte auch für mich so selbstverständlich dass ich darüber nicht nöthig hatte ein wort zu sagen, sich nur handeln um relative fides. Die grundlinien, die um eine norm zu gewinnen abgesteckt sein müssen, können nur όλοσχερέστερον gelten, und dürfen nimmer uns der Verpflichtung, in jedem einzelnen falle selbst zu prüfen, entheben. Und so bitte ich auch aufzufassen was ich über die leistungen der antiken philologen gesagt: dem irrthum ausgesetzt waren sie so gut wie wir; aber wenn es zugegeben werden kann dass sie es in gewissen hinsichten noch mehr waren als wir (zb. bei beurtheilung Homerischer sprachformen), so dürfen wir doch auch nicht vergessen, dass sie in anderen und wichtigen dingen durch das lebendige sprachbewusstsein und durch die reichhaltigkeit und unmittelbarkeit ihrer hilfsmittel sehr im vortheil waren. Die stelle der Midiana § 133, mit der Sie gegen mich operieren, bitte ich Sie etwas schärfer anzusehn Σ, schol. άργυράς της εξ Ευβοίας ΥΠΩ άργούρας της έξ Ευβοίας AFB έξ Άργούρας της Ευβοίας, und genau so Herod, μ. λ. 13, 20 nur mit der corruptel άγούρας, wie auch vorher in Άργουρα (άγουρα cod.) πόλις Ευβοίας, während in Arcadius das ρ erhalten ist. An der alten lesung verstehe ich nicht recht wie Sie u. Weil anstoss nehmen können: ,auf silberbeschlagnem sattel, den er sich in Euboea zugelegt'; es ist ein wirksamer pinselstrich, durch den der aufzug des M. damit weiter coloriert wird, dass er sich erst während des feldzugs den bequemeren sitz angeschafft; der artikel erinnert an das aufsehn, das er damit im heere gemacht. Von der ree. der Plasbergschen Hortensius diss, habe ich inzwischen die correctur gehabt; sie wird also wohl bald kommen. Dass Sie sich bei Ihrer gehäuften arbeit so wohl fühlen, ist ein schönes zeichen Ihrer gesundheit u. rüstigkeit; erhalten Sie sich das, aber spannen Sie den bogen nicht zu straff. Ihrer ankunft an den Rhein sehe ich mit freude entgegen; aber um eins bitte ich oder vielmehr wir alle: sorgen Sie von vorn herein für etwas mehr zeit als die letzten male; Sie sind uns stets ein Je länger je lieber. Mit herzlichstem gruss von haus zu haus Ihr HUs. 11/V 92 Ich muss doch noch ein blatt anlegen wegen Ihrer bemerkungen über Nissen. Überrascht bin ich nicht von Ihrer indignation. Auch mir macht der erhabene 424
orakelton die abhandlung nicht gerade angenehmer. Und es ist mir auch diesmal nicht gelungen N . von irgend welcher thorheit, in die er sich verrannt, abzubringen; das liegt in seinem schleswigholsteinernen köpf, dass er sich nichts ausreden lässt. Als er mir vor vielen jähren im Vollgefühl des neuen funds auseinandersetzte, wie in der sage von den alten herren Latiums die 5 schöpfungstage der Genesis sich widerspiegelten, hatte ich meinen einsprach dadurch zu büssen, dass er mich einen monat lang mit Verachtung strafte: im Templum p. 121 ist der unsinn dann verewigt worden. Ich habe ihn, da er sich durch keine gründe abbringen Hess, fast kniefällig beschworen, die proben von hellseherei, die auf p. 198-200 der jetzigen abhandlung vereinigt sind, nicht dem spotte der öffentlichkeit preiszugeben; geholfen hat es nichts. Aber dergleichen macht mich doch nicht irre in der Werthschätzung des wesentlichen, was N . bringt, und was ich durch fast tägliches gespräch mit ihm kannte; und das finde ich in der Verknüpfung (nicht des entwurfs u. der Sammlungen selbst, wohl aber) der abschliessenden bearbeitung und herausgabe der Politien mit den politischen zielen Alexanders, und in der damit zusammenhangenden Zeitbestimmung. Was er über die 'Αμμωνίας sagt, ist ein ερμαιον - wenigstens so lange nicht eine neue seeurkunde aus dem j. 324/3 es umstösst. Im übrigen hat er mich keineswegs davon überzeugt (gegen mich sind einige Seitenbemerkungen gerichtet), dass die Ά θ . πολ. von der hand des Arist. selbst sei oder gar sein müsse, und noch weniger ist es ihm gelungen den grossen zug des Ar. auf geschichtliche erkenntniss als solche aus der weit zu schaffen. Entsetzt war ich über die gestalt, die er der Philodemstelle gegeben; an der entscheidenden stelle hatte ich ihm gegeben ( 2 - 9 ) εξέστη λοιπόν δ[ή] usw. Übrigens bin ich inzwischen da weiter gekommen, indem ich den anfang der seite richtiger fassen konnte, und ich gebe Ihnen das (ohne im einzelnen zu scheiden, was von Sudhaus herrührt), weil daraus eine wichtige bestätigung für Nissen hervorspringt: p. 321 Sudh. (vol. II ist längst fertig gesetzt), col. LUI ζ. 2 ff.
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και δεινή [ς] έπ[ει]ράτο νεμ[έσεως και [δυσμ]ενεία[ς] ε[ϊτε των [ά]φ' Ίσοκράτου[ς εϊ-
,neid u. feindseligkeit' Theopomp, Kephisodotus
τ' έν[ίω]ν άλλων σοφιστών. πώς [δ'] ουχί θαυμ[ασ]μ[όν ένέφ[η]νε μέγαν της δ[υνάμεω[ς, έ]ξ οΰ γ' ώλιγώρ[ει] της οικείας πραγμα-
wie Anaximenes etc.
τείας και δια ταϋτ' έφωράτο τους τε Νόμους κτλ.
gewaltsam, Sudh. hat inzwisehen auch hier nachgeholfen.
dies ώλιγώρει ist noch
etwas
Doch addio. Ihr H U s .
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[Am Rand:] Sudh[aus] muss inzwischen wieder einmal 2 monate lang soldat spielen; da muss denn alles andre ruhn.
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Diels an Usener Berlin W 12. V 92 Magdeburgerstr. 20.111
Hochverehrter Herr Geh. Rat, Ich muss Ihnen gleich auf Ihren lieben Brief, den ich eben vorfinde, antworten, obgleich ich heute am Donnerstag nur 1 Stunde für mich habe. Ich danke Ihnen herzlichst für die richtige Weise, wie Sie meinen teilweisen Widerspruch aufgefasst haben. Sie hatten hauptsächlich im Auge die Güte der Uberlieferung aufzuzeigen, ich bin seit Jahren mehr bestrebt gewesen (die Güte der Urquelle zugegeben) die vielfache Contamination nachzuweisen, die alle Archetypi an einzelnen Stellen illusorisch macht. So begegnen wir uns heute, wie sich unsere Briefe freundschaftlichst begegnet haben. In Bezug auf die Midiana, wo mir der genaue Apparat im Augenblick nicht zur Hand war, sehe ich die Sache noch an wie früher. Wenn objectiv Ihnen die Frage vorgelegt wird bei der besonderen Natur der Dem.'sehen Ueberlieferung: was ist wahrscheinlicher, dass ein silberner Sattel als der berühmte aus Euboea bezeichnet wird oder dass Argura, das eben genannt und ausserhalb Athens und Griechenlands unbekannt war mit einer Interpretation versehen wird, so müssen Sie antworten: das letztere. Nun kommt aber die Autorität von Σ, die Sie in die Wagschale gelegt haben wollen. Hier scheiden sich unsere Wege. Ich sage mir: Σ hat so oft die Interpolationen der andern Klassen aufgenommen, steht so oft als der allein interpolirte den schlechteren Hdss. gegenüber, dass man nicht auf das Recht der besseren Hdss. pochen soll, ausser wenn die ratio versiegt. Und die Ratio ist, ich kann mir nicht helfen, hier gegen den Zusatz aller Hds. betreffs Euboeas. Ich weiss, dass man mit einer Lesart nicht entscheidet, aber wenn wir einmal gelegentlich zusammen den Demosthenes vornehmen wollen, werden wir leicht uns einigen. In Bezug auf Nissen verstehe ich Manches nicht. Wie kann er denn die Köhler'sche Untersuchung über die Bed. d. Namen in jenen Listen ignoriren. Oder wenn er es besser weiss, warum sagt er nicht, wie man sich das denken soll. Ferner wenn die Beziehung auf Alexander noch einen Sinn hat in den früheren Jahren (und da lässt sich ja mit Not eine solche Anregung denken), wie soll denn Aristóteles] in den letzten Jahren nach Kallisthenes und dem Antipaterbriefe und der offenbaren Desavouirung seiner politischen Ratschläge Lust gehabt haben in usum Delphini resp. Regis zu Schriftstellern? Und nun diese 426
haarsträubenden Interpretationen, die die Demagogen des V Jahrh. auf das IV bezieht etc. Ich kann Nfissen] nur verstehen, wenn ich ihn (das Wort ist ja modern) als Prophet auffasse. Uber die Ammonios vgl. übrigens was neuestens B. Keil in der neuesten Nummer der Belger'schen Wochenschr. sagt. Ich verstehe platterdings nicht, wie ein Cult, der vor Al. so gut für Athen (officiell) bezeugt ist, absolut mit Alexander in Beziehung gesetzt werden soll. In Bezug auf Athen, nahm ich an, dass eine Ubertreibung vorliege, aber es ist auch möglich, dass es einfaches Misverständnis ist sei es des Ath. sei es der Epitomatoren. Für die Ergänzung der Philodem'sehen Stelle besten Dank. Mit Herodas habe ich mich nur in den Intervallen einer freien Ferienwoche beschäftigt, animi causa, da ich nichts zusammenhängendes anfangen konnte. D a ich später sah, dass das beste Blass und Crusius ohne Verständnis des Zusammenhangs herausgepickt hatten, so dachte ich, es könne nun doch auch andern nützen vom Ganzen ausgehend das Einzelne zu erfassen. Das Aufsätzchen wird heute ausgegeben und ich werde es Ihnen wol im Separatabzug nächstens senden können. Heute ist Heibergs Simpl. d. caelo im Ms. angekommen. Es kommt bald in Druck und dann mein II Phys. Die Frequenz der Philologen ist hier wie beim S.S. zu erwarten wieder beträchtlich gefallen. In den Uebungen, an denen im W 15 teilnahmen, sind jetzt 8 und lauter Anfänger oder Dummköpfe. Piasberg ist vermutlich von mir angeregt, aber da er früh ins Seminar trat und ich Seminaristen nicht in meine Ü b . aufnehme, weil ich sonst bei V[ahlen] für allen Unsinn verantwortlich gemacht werde (vgl. Sudhaus), so hat er wie Sie aus dem ganzen Tenor und dem Verzichte auf die Sache einzugehen (die neuen Fr. aus Albert. M., die ich auch hatte, gestatten ja hübsche Schi, auf Arist.) erkennen, nichts mit mir zu thun. Sein Nachweis (Nachl. im Mittelalt.) scheint mir bedenklich; um die Textgesch. der Cicerón, philos. Schriften hat er sich nicht gekümmert etc. Mit Corssen verkehre ich öfter und gerade über Ihre Frage. Sed magnus est cessator. Grüssen Sie die lieben Ihrigen herzlich. Ich lese eben Hatzidakis und W Schulze. Beides scheinen mir sehr brauchbare Bücher zu sein. Doch nun in die Sitzungen. Ihr getreuer H . Diels
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255.*
Diels an Usener Berlin, den 26. Juli 1892. W Magdeburgerstr. 20.111
Hochverehrter Herr Geheime Rat, Obgleich ich sofort bei Erscheinen des Bulletin mir die Epicurea abgeschrieben und so gut es in der Eile ging ergänzt hatte, bin ich doch erst gestern im Stande gewesen einen Blick auf Ihre Epicurea zu werfen. Soviel Arbeit häuft sich gerade auf die letzten Wochen des armen decanus. Bei dem ersten Lesen der merkwürdigen Inschriften dachte ich gleich, wenn doch Usener sich der jämmerlich verfahrenen Sache annehmen wollte! Wie kann man eine so wunderschöne Sache so verhunzen. Schon die ganze Art herumzustöbern, ein paar Steine herumzudrehen, dann wieder alles zuzuwerfen, illustrirt den verdammten Raubbau, durch den die französische Schule von Athen sich überall einen so verhassten Namen gemacht hat. Und dann sitzen die Laffen jahrelang darüber und brüten nachher den hellsten Blödsinn aus. Natürlich aus internationaler Höflichkeit darf man dies nicht laut sagen. Aber die ganze Ausgrabung wird, fürchte ich, noch einmal gemacht werden müssen. Dr. Körte war eben hier und redete mit mir. Wenn man erst weiss, was die Österreicher vorhaben, wird sich zeigen, was zu thun ist. Ich habe ihm gerathen an Benndorf zu schreiben. Jedenfalls muss da, von wem auch immer, reinlich aufgearbeitet werden. Sie haben jedenfalls durch Ihre herrliche Reconstruction das allgemeine Interesse geweckt, das sich nun nicht mehr beruhigen lässt. Uber die Verteilung möchte ich, bevor ich zuverlässigeres Material gesehen, nicht mit Bestimmtheit urteilen, doch ist Ihre Auffassung zunächst sehr einleuchtend. In der Herstellung freue ich mich nicht bloss in dem Selbstverständlichen, sondern auch dem stärker Entstellten öfter mit Ihnen zusammen getroffen zu sein z.B. S. 427 A c 10 Β 61. An anderen Stellen war ich weiter gegangen z.B. S. 428 12 a 9 hatte ich ουδέ φρίττω την μή δήσιν ένθυμούμένος την του σώματος γε προς την σύνοικον. άίδιοι γαρ τής ψυχής αϊ γ' άρεταί μόναι. μή δήσις ist ja sprachlich möglich und durch Epikureische Doctrin und S. 448 a 9.10 nahe gelegt. Das weitere natürlich nur andeutungsweiser Versuch. S. 429 A 6 so muss es doch wol heissen γράφω τής. Denn der Steinmetz der OCCÜ statt NOCCO etc. setzt, lässt ja viel aus. Auch Β 11 (u.) würde ich αν μή für das ursprüngliche halten. N . 15 hatte ich dem franz. Herausg. folgend als anschliessend an 13 betrachtet άν δέ μή διαγένωμαι δοθ[έντας πόν]ους οτι [ήδιστα] φέρε[ιν προαιρούμαι,. οΰτω [δέ] πο[ιών] και ου πολειτευόμενος u.s.w. Ich sehe im Augenblick nicht was im Wege steht. Aber Sie werden ja dergleichen erwogen und mit Grund verworfen haben. 428
S. 432 e hatte ich versucht τά της σωτηρίας προσ[άψαι φάρμα]κα ών δη φα[νεράν την] πεΐραν ημείς [έδίδομεν], εί δη φανε[ρά τάδε' τους] γάρ ματαίως λυ[πούν]τας ήμ[ει]ς φόβου [όλως ά]πελυσάμεθα" των γάρ κτλ. Vorher hatte ich Β a 3 πάν wie Sudhaus. S. 440, 24 Anf. habe ich genau so wie Sie geordnet, ebenso d 1, 2. N u r am Schlüsse habe ich Β Α Τ Α Γ Ε Σ für verschrieben aus βάσταγες gehalten „die Träger" βαστάζω βάσταξ, βάσταγες, ά ρ π ά ζ ω άρπαξ άρπαγες. 25 (S. 441 u.) 2 . 6 möchte ich κερκειδος d.i. κερκίδος (Stab) lesen. Vielleicht steht das auch da, denn ich traue einem so grossen Schafskoppe nicht einmal in Epigraphicis viel zu. S. 445 (29,2) hatte ich και παιδεύομεν έν θεραπεία geschrieben. S. 447 ο. εστι δέ τά της ψυχής π ά θ η της γεγεννηκυίας αυτά αιτίας μακρω μείζονα. Das Folgende wage ich nicht zusammenhängend zu fassen καταφλέγον λιμένας και πόλεις. Δυσεπιλόγιστος (vgl. c 11)? S. 452,11 warum nicht αλλ ψ τι - vi? S. 455, 41, 8 έκεινο εγώ μάλλον, ώ Διόγενες, (vgl. oben) πώς εί άπ' άνάγκης εσται, δύναιτ' άν τι είναι δίχα του ja jetzt haperts. O b der allerdings altertümliche und altepikureische Brief wirklich von Epikur herrührt, hatte ich Cousin nicht recht geglaubt, da mir als Niederschlag der Biographie wenigstens soviel glaublich erschien, dass der Schulstifter in dürftigen Verhältnissen aufwuchs. Der vorliegende Brief lässt das Gegenteil annehmen. Aber da Ihnen dies kein Bedenken erregt hat, so wird man sich ja dabei beruhigen dürfen. Das neueste Heft des rheinischen] M[useums] enthält neben Ihrem Beitrag auch manches andere interessante, so was Rabe in Messina aufgestöbert hat (von Oros?), das mit dem ähnlichen Sabbaitischen Lexicon von Pappadopulos Kerameus eine ausserordentlich reiche Vermehrung unserer Tragiker- und Komikerfragm. ergibt. Das Thema der Demosthenischen κρίσις, das ich in meinem letzten, wie mir nachher bewusst wurde, allzu flüchtig und mit Beiseitelassung der besten Argumente niedergeschrieben hatte, beschäftigt mich innerlich das ganze Semester. Da dies der einzige Punkt in unserer gesammten Wissenschaft ist, wo ich von Anfang an d.h. von der Veröffentlichung Ihrer Vermutungen zur Cheriphontea an (Ihre Vorlesung habe ich ja nicht gehört), mich nicht von Ihnen habe überzeugen lassen können und da ich glaube, dass der von Blass eingenommene Standpunkt, den er freilich schwächlich und inconsequent vertritt, der Wahrheit näher liegt, so greift mich dieser innerliche Widerspruch schwer an. Ich werde versuchen zunächst mir selbst durch ziffern- und aktenmässige Zusammenstellung des Materials jede Möglichkeit subjectiver Deutung der Thatsachen wegzuräumen. Ich hoffe dazu in den Ferien zu kommen. Ferien, schöner Gedanke! Die Meinigen sind seit 3 Wochen in Wiesbaden, wo sie der wässrige Himmel bis jetzt begünstigt hat. Wann ich dazu kommen 429
werde, ist sehr fraglich, da ich bis jetzt noch vergeblich einen Ersatzmann suche. Denn der einzige, der nach Mitte August hierbleibt ist Sachau, der einzig wirklich eklige College unseres Collegiums, den ich nicht bemühen möchte. Wie haben Sie denn die Frage des lat. Index beantwortet? Bei uns alle Fac[ultäten] für Beibehaltung. Wenn mich die Fama nicht trügt, werden Sie im August nach Norderney gehen. Ich hätte, da mich die deutsche Nordsee nicht anzieht, Lust nach Belgien oder Holland zu gehen. Aber bei meiner Frau und meinem wechselnden Befinden ist es thöricht Pläne zu machen. Doch wäre mir es auf alle Fälle lieb zu wissen, wie Sie Sich die Ferien zurecht gelegt haben. Möge Sie das dicke Ende des Semesters nicht allzu schwer bedrücken. Ich erwarte mit grosser Spannung Ihren Tyrannio, der wie die Fama berichtet, im Begriffe ist hervorzutreten. Mit freundlichen Grüssen an Ihre liebe Frau und die Ihrigen, soweit sie bei Ihnen versammelt sind, Ihr treulichst ergebner H . Diels
256.
Usener an Diels Bonn, 31 juli 92
Mein lieber Diels, der monat soll wenigstens nicht ablaufen ohne Ihnen auf Ihren in Ihrer bedrängten läge doppelt hoch anzurechnenden Brief geantwortet zu haben. Die zweite hälfte der woche ist diesen sommer immer meine stärkst belastete zeit, desshalb musste ich den sonntag abwarten. Dass Körte, der für eine solche arbeit bestens vorbereitet ist, sich mit jugendlichem eifer das ziel vorgesteckt hat den schätz von Oinoanda ganz zu heben, hat mich natürlich sehr gefreut. Aber ich habe mich verpflichtet gehalten ihm die Sachlage klar zu machen (meinen brief hat er Ihnen wohl mitgetheilt? ich schliesse das aus einem ausdruck, den Sie gebrauchen). Meines erachtens ist der plan nur so ausführbar, wenn K. sich der nächsten österr. expedition anschliesst und (formell genommen) sich in deren dienste stellt: wobei nicht ausgeschlossen sein würde, dass von uns aus K. zu dem zwecke mit besonderen geldmitteln ausgerüstet würde. Die arbeit muss vollständig neu gemacht werden, oder vielmehr in erweitertem maasstabe planmässig durch absuchung des ganzen ruinenfelds durchgeführt werden. Ihre entrüstung über die herrn von der École franç. d' Athènes theile ich natürlich vollständig. Cousin ist nicht fähig gewesen auch nur zu lesen; natürlich, wie kann man schwierigere steine lesen und copieren, wenn man von dem was darauf steht nichts 430
versteht! Bezeichnend ist doch auch, dass es weder hrn Homolle noch hrn Cousin, der doch fleissig mit meinem Epicurea herumkutschiert, eingefallen ist mir einen Separatabzug zuzusenden. Ich erfuhr von dem fund erst, als mir mein exemplar des Bulletin, das ich mir direct durch Wilberg seit jähren liefern lasse, ins haus kam (23 mai). Aber ehe ich mich an die sache machen konnte, hatte ich erst ein grösseres neuplaton. anekdoton (Studemund hat es abgeschrieben, d r Kroll aus Breslau theilte mir die papiere mit) durchzuarbeiten. Unter Ihren besserungsvorschlägen ist einiges einleuchtendes, am meisten freut mich φάρμα]κα, wo ich τελι]κά gesetzt hatte. Anderes hatte ich erwogen, aber bei seite gelegt, wie κερκίδος st. όρκείδος. Was dachten Sie sich p. 428 bei μή δήσιν? etwa μή δέσιν? das können Sie noch auf meinen correcturbogen finden; die herstellung haben ERohde und WSchmid unabhängig von einander besorgt: μύδησιν, ,Verwesung'. Dass ihm der gedanke άίδιοι γαρ της "ψυχής αϊ γ' άρεταί μόνοι zugemuthet worden, das wird Ihnen der alte Epikur, der in solchen dingen sehr eklig war, nicht leicht verzeihen. Cousins hypothese über die anordnung ist wahnschaffen; überlegen Sie sich die sache. Der faden der untersten zeile mit den Κύριαι όόξαι ist thatsächlich der faden, der durch das ganze labyrinth dieses trümmerhaufens sicher leitet. Aus ihm folgt gleiche behandlung der oberen streifen. Wenn Sie auf Demosthenes zurückkommen wollen, bitte ich Sie dringend, von einer „ziffern- und aktenmässigen Zusammenstellung des materials" zunächst ganz abzusehn, und statt dessen sich einer vorurtheilsfreien durchprüfung der einen und anderen rede hinzugeben: das material gibt Ihnen am besten Voemel. Die leistung von Blass ist mehr als traurig, sie ist polizeiwidrig. Im vorigen sommer hat mir eine Vorlesung gelegenheit gegeben, nähere bekanntschaft mit diesem verballhornten Dem. zu machen, auch mit seiner deutschen erkl. ausgabe; es sind mir selten in einem schriftsteller, der verhältnismässig so klar und sicher vorliegt wie Dem., so viele hässliche Verstösse wider den gemeinen menschenverstand vorgekommen als da. Hätte ich die bekannte ader von MHaupt, so würde ich mir Bl. als prügelknaben zugelegt haben. Aber woher in aller weit wissen Sie, dass ich am Tyrannion arbeite? Es ist wahr, aber stellen Sie sich nicht zu viel vor. Nachdem ich gegen ende juni die correctur der Epikurinschrift erledigt hatte, bin ich dermaassen durch dinge aller art (preisarbeiten, seminar und Vorlesung, examina, facultätsdinge etc.) in anspruch genommen gewesen, dass ich nur ganz fragmentarisch jene abhandlung fördern konnte und zufrieden sein muss unter anderem das schwierigste und längste kapitel, die discussion der einzelnen fragmente, erledigt zu haben. Ich strebe das ganze vor dem aufbruch fertig zu stellen, muss aber auch noch einen aufsatz zur kirchengeschichte Palaestinas vorher schreiben. Jetzt fange ich an zu zweifeln, ob das gehn wird. Vorher habe ich auch noch eine fac.sitzung auszuhalten, wie sie mir in mei431
ner 31jährigen praxis noch nicht vorgekommen ist: wir müssen unseren dekan maassregeln und seinen helfershelfer oder spiritus rector den Ihnen ja rühmlichst bekannten Novidomius abschlachten. Dieser kerl leidet an grössenwahn, er glaubt die incarnation der Facultas, ja der Vniuersitas zu sein! und hat uns ein jähr lang mit seinen bogenlangen exercitien angewandter logik geödet; er kann aus falschen praemissen alles beweisen und ist dummdreist genug zu verlangen, dass weil er es sagt, wir die falschen praemissen als wahre annehmen. Doch die leute sind für Sie belangloser als die dinge hinten in der Türkei. Wir werden am 13-14 august nach Norderney gehn, und dort bis mitte September bleiben. Worauf ich fest gerechnet hatte, dass ich Sie in der zeit vom 1-13 august hier sehn würde, das scheint nach Ihren letzten äusserungen zu wasser zu werden. Gönnen Sie sich nur diesmal eine sehr gründliche auspannung; Sie haben sie sehr nöthig, wenn Sie auch im fortgesetzten drang der arbeit und geschäfte das weniger empfinden. Mit herzlichsten grüssen, Ihr alter HUsener
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Diels an Usener Berlin, den 1. August 1892. W Magdeburgerstr. 20. 111
Geehrter Herr Geh. Rat, Mit wenigen Worten möchte ich Ihnen für Ihre freundlichen Zeilen danken. Über Körte stimmen wir völlig überein. Er hat mir Ihren Brief nicht gezeigt und davon keine nähere Mitteilung gemacht. N u r als ich das Wort Raubbau erwähnte, meinte er, das sei auch Ihre Meinung. Es ist ja wohl die allgemeine in Deutschland. Dass Cousin Ihnen kein Exemplar gesandt finde ich sehr undelicat, wie denn überhaupt diese jungen Franzosen jetzt von einem Mangel an Tact sind, der alles übertrifft. Haben Sie z.B. Gersal (rectius Legras) L'Athènes de la Sprée gelesen? Das ist Typus dieser Sorte! Wenn Sie in Norderney etwas haben wollen, was die Galle wolthätig anregt, lesen Sie das. μύδησιν ist natürlich richtig, μή δήσιν (so mit der in der späteren Gräcität über Hand nehmenden Verwechslung εΰρεσις εϋρησις, εύρεσιλόγος, εύρησιλόγος, εΰρεμα εύρημα, δέμα δήμα (so noch jetzt cyprisch wie ich aus Hatzidakis lerne) etc etc) passt, wie ich jetzt einsehe, schlecht in den Zusammenhang; noch schlechter freilich die άίδιοι άρεταί, die ich gegen Epicur mich allerdings zu verteidigen getraute, da mich seine bekannten Anathemata in contrariam partem nicht schrecken. Epicur ist hier, da er gegen Aristipp steht, inconsequent und er würde sich zwar nicht so stoisch ausgedrückt haben, aber der 432
Inhalt seiner Lehre streift hart heran. Hoffentlich finden Sie, was da wirklich gestanden hat. Gomperz Proben sind flüchtig hingeworfen und merkwürdig unglücklich. Im Demosthenes verstehen wir uns nicht. Natürlich suche ich an einer oder der anderen Rede vorurteilsfrei meinen Standpunkt zu gewinnen. Da ich dieses Semester 4stündig die Kranzrede lese und mich jedesmal genau darauf präparire, so fehlts mir nicht an Stoff. Aber obgleich ich gar keine Prädilection für irgend eine Klasse habe, fürchte ich doch wenn ich nun alles überschlage ira et studio zu verfahren, da ich eben alle Hdss.klassen ohne Ausnahme von der Pest ergriffen und alle Hdss. wechselweise davon frei sehe. N u n will ich doch diese gradweise Corruption irgendwie concret fassen. Wie soll ich das anders anfassen als dass ich die schlagenden Fälle zähle? Und dann will ich einmal sehen, wie sich die Sache stellt. Ich halte Demosthenes für gar nicht leicht, da der „gesunde Menschenverstand" bei ihm gerade nicht ausreicht. Man muss sich in sein Pathos versetzen, psychologisch ihm nachfühlen können, was z.B. Cobet und die ihm folgen nicht versucht haben. Blass ist oberflächlich und gewaltsam aber er hat das grosse Verdienst, was ich ihm hoch anrechne, uns von der Orthodoxie errettet zu haben. Es wird wenig oder nichts von seinen Neuerungen übrig bleiben, aber negativ schätze ich seine Unbefangenheit hoch. Über Tyrannio hat mich Rabe unterrichtet. Ich hoffe dass Sie ihn über der Kirchengeschichte nicht aus dem Auge lassen. Denn er ist als Supplement zu Ihrem Aufsatze über Atticus notwendig. Schade, dass wir vermutlich an einander vorbeifahren werden, da ich wahrscheinlich bis zum letzten Schluss ausharren muss. Heute ist Wahl. Es wird friedlich, wie bei uns immer, hergehn. Mit herzlichen Wünschen für Ihre Erholung und freundl. Grüssen für Ihr Haus Ihr H . Diels
258.
Usener an Diels Bonn, 12 nov. 1892
Lieber Diels, das beikommende krammetsvöglein ist mir gestern ganz zufällig ins garn gelaufen, als ich mich zu meiner Vorlesung vorbereitete; ich hab es gleich hergerichtet und erlaube mir es Ihnen vorzusetzen. Wenn Sie's schmackhaft finden, so können Sie's Ihrer Akad. vorlegen oder auch (denn dafür ist es wohl zu unbedeutend auch an umfang) es mir zurücksenden fürs Rh. M.; finden Sie's unschmackhaft, so lassen Sie mir die blätter wieder zugehn, aber belehren Sie mich auch eines besseren. 433
Wir urtheilen Sie über ERichters Xenophontea? Einigermaassen stecken doch wohl Sie selbst dahinter? Ich habe leider eben nicht musse um die aufstellungen nachzuprüfen, die mir theilweise etwas wunderbar erscheinen. Sagen Sie mir doch, wie ist das mit Ihren Sitzungsberichten? Ich glaubte bisher und nahm das bei meinen hiesigen collegen wahr, dass die auswärtigen corr[espondierenden] mitglieder dieselben, wenn auch nicht gerade regelmässig, zugesandt bekämen. Aber ich habe bisher weder im j. 1891 noch 1892 irgend ein heft zu sehn bekommen. U m so mehr freue ich mich der Aristotelica, von denen unlängst mir wieder eine besonders erwünschte Sendung, der zweite theil und abschluss von Bruns' Alexander zugegangen ist: ich spreche meine verbindlichsten dank aus. Gomperz' entgegnung hat mich empört, ich kanns nicht leugnen. Nicht sein Widerspruch, μα Δία, sondern die gewöhnliche advokantemässige praktik die er anwendet und auf die ebenso willkürliche wie beleidigende behauptung gründet, dass ich voreingenommen (am ende gar aus widerspruchslust gegen Αυτόν) an die Untersuchung herangetreten sei. Hatte ich unbefangen auch die Vorzüge des papyrus aufgesucht und anerkannt, so heisst es hier: er kann mit seinen eignen waffen geschlagen werden. Auf diese sorte von polemik gehe ich nicht ein, hoffe auch dass sie nicht üblich werden möge. Ich muss diesen winter theologisches treiben. Denn ich habe das dringende bedürfniss meinen arbeitstisch von diesen dingen zu räumen und zeit für das zu gewinnen, was mir mehr am herzen liegt. Was haben Sie denn in den langen Ferien begonnen, um den staub Ihres geschäftsreichen decanatsjahres abzuschütteln? Lassen Sie doch einmal etwas von sich hören. Ich sehne mich danach. Wir haben in Norderney ganze sechs wochen ausgehalten, und ich absolut gefaullenzt, nachdem ich vorher noch die abhdl. über lyrannio und einen kleinen theol. scherz für Weizsäckers 70" geburtstag fertig gestellt hatte. Inzwischen dann theologica, eine fronarbeit für die Bollandisten, und der h. Tychon mit allem was drum und dran hängt. Dann kommt das Weihnachtsfest an die reihe. Freilich werden mir dazwischen Münchener u. Wiener hss. viel zeit kosten. Wenn ichs noch nicht wüsste dass ich alt werde, müsste ichs an den dedicationen merken, die allmählich etwas überhand genommen haben. Es ist eine förmliche arbeit da nachzukommen. Aber erfreuendes und erwärmendes hat es doch. Wenn man alt wird, zieht man wohl im winter gern einen pelz an. Soweit schrieb ich am samstag, ehe ich die feder zu dem kleinen aufsatz ansetzte, nach römischen briefstil das zukünftige als geschehen voraussetzend, weil ich bedürfniss hatte mit dem zu plaudern, an den ich bei den n o t w e n d i gen nachprüfungen und controllbetrachtungen vorzugsweise gedacht hatte. Die hoffnung aber, die günstigen tage, sonnt, u. mont, zur völligen erledigung nutzen zu können, wurde durch eine reihe von hemmnissen, unerfreuliche und 434
angenehme, getäuscht. So habe ich mit ewiger Unterbrechung diese armseligen blätter zu stände gebracht, die ich nun etwas leidmüthig vor Ihr kritisches auge sende. Was ich oben Ihnen einräumte, die blätter der Akademie vorzulegen, muss ich Sie nun ersuchen nicht zu thun. Ich möchte die sache nicht öffentlich berühren, ohne mit den nun gewonnenen anschauungen den ganzen Laertius nochmals aufmerksam durchgelesen zu haben. Denn ich habe bisher doch nur mit zufälligen Wahrnehmungen gearbeitet. Mit bestem gruss - ich muss mich rasch zum seminar vorbereiten u. auf dem wege den brief abgeben - von haus zu haus Ihr H. Usener
259. Telegramm aus Berlin 35 W
Diels an Usener 1892 den 17ten 11 um 11 Uhr 15 Min. V mitt.
Darf ich Ihre Entdeckung, die auch seit vier Jahren meine ist, heute Nachmittag vorlegen? Diels
260. Diels an Usener Berlin, den 17. November 1892. W Magdeburgerstr. 20.™ Lieber Herr Geheime Rat, Sie glauben gar nicht, welches Vergnügen mir Ihr Brief nebst Inhalt gemacht hat. Ich antworte sofort, ehe Ihre telegraphische Antwort da ist, weil sonst dieser Brief nicht mehr zur Abendpost mitkäme. Denn wir haben ausser der Academiesitzung noch eine epigraphische Commission, wo eine seit Jahren schwärende Beule aufgeschnitten werden soll. Ich bin begierig, wie die fatale Sache laufen wird. Und nun zu Ihrem Nikias. Als ich Ihnen telegraphirte, wusste ich nicht, wo ich die Sache angedeutet hatte. Jetzt fällt mirs ein. Es ist Hermes XXIV 324, was ich Ende 1888 niederschrieb. Ich sandte (wegen des Borbonicus) den Aufsatz an Wachsmuth, der scharf gegen meine ohne Dilemma gegebne Vermutung und Interpretation opponirte. Daraufhin liess ich mich soweit einschüchtern, dass ich seine letzte Deutung als (grammatisch) möglich bezeichnete und mir im Stillen vornahm, für die meines Erachtens 435
selbstverständliche Interpretation Material zu sammeln. Etwas Schlagendes habe ich seitdem nicht gefunden, aber Ihre Platostelle genügt ja vollkommen für den, der kein griechisches Gefühl hat. Ich halte es nun für durchaus richtig, dass Sie sobald wie möglich Ihre Beweisführung, die in den Grundlinien natürlich auch meine sein musste, abdrukken lassen. Sie haben ja Gelegenheit in einer Fussnote auf mein zaghaftes Präcedens hinzuweisen, wobei Sie vielleicht auch die Note über Antisthenes noch einmal nach Vergleichung von Verhandlungen der Stettiner Philologenvers. S. 103 Anm. 24 (wo Philo de Providentia II 13 fehlt) u. Zeller Sitzungsber. der Beri. Ak. 1883 S. 1067) auf die Haltbarkeit der Nietzsche'schen Hypothese prüfen werden. Falls Ihre Abhandlung heute vorgelegt wird, erhalten Sie Sonntag früh (falls die Sonntagsruhe nicht dazwischen tritt) die I Correctur, die dann Montag hier wieder eintreffen würde. Ich bitte Sie dann die Revision, die bei griechischem Drucke unerlässlich ist, an mich adressiren zu wollen. Sie wird Dienstag mir vorgelegt und dann ist Donnerstag den 24. alles fertig. Ist Ihnen die Sache nicht so eilig, so schreiben Sie bitte nach Empfang der Correctur an die Reichsdruckerei, dass der Aufsatz erst ins nächste Heft der (Klassen)sitzung kommt. Nach Empfang der Correctur, da sonst erst spät angefangen wird zu setzen und Sie mit der Correctur ins Gedränge kommen. (Ich sehe eben, dass nach § 8 die auswärtigen Correcturen den Verzicht auf Erscheinen ihrer Mitteilungen nach 8 Tagen in sich schliessen. Ich werde sehen, ob sichs doch machen lässt.) Ich freue mich ganz ausserordentlich, dass wir in diesem wichtigen Punkte der Laertiusfrage so unerwartet zusammengetroffen sind; so hoffe ich, dass unsere Harmonie sich auch auf andern Punkten allmählich bewähren wird, wenn die Aufregung der Neuheit vorbei ist und neue Funde (wie der von Mahaffy gefundene Text des Laches) neues Licht verbreiten. Die Zeit ist ja doch der beste Lehrer. Dass Gomperz in empfindlicher Jüdelei schreiben würde, war vorauszusehen, aber ehrenrühriges ist nicht darin. Denn die Voreingenommenheit bezieht sich natürlich darauf, dass Sie von einer bestimmten theoretischen Anschauung aus an den Fund herangetreten und daher nach seiner Auffassung nicht völlig frei von Befangenheit waren, die natürlich nur unbewusst, nicht bewusst zu denken ist. Das ist keine Ehrenkränkung, da sich wol jeder dabei ertappt, das Einzelfactum durch seine Gesammtauffassung hindurch anzusehn. Und für gewisse Dinge ist das sogar bei der trümmerhaften Überlieferung die einzig mögliche Art zu einem Urteil zu kommen. Dass Ihnen die Sitzungsberichte nicht zugegangen sind, ist ein Skandal, den ich sofort abstellen werde. Warum haben Sie mir nur nicht gleich geschrieben? Es ist eben bei uns alles etwas baufällig: das Haus (Musis et Mulis), die Sekretare, von denen Curtius seit einem Jahre fehlt (es war neulich eine neue Augenoperation notwendig, die eine chronische Augenentzündung zurückgelassen 436
hat, die ihn am Lesen hindert. Doch hält er seine „Vorlesungen" bis jetzt ab.) Ausserdem ist der Archivar, der die Versendung besorgen soll, ein alter Schwätzer (Kunstmann), so dass jedesmal die ärgerlichsten Schlappereien vorfallen. Dass Sie in Norderney Sich diesmal gefallen haben (verzeihen Sie die Berliner Construction), hat mir schon Leo mitgeteilt, mit dem ich einmal im Grunewald gewesen bin und dabei waren wir freilich mehr in Bonn als in jenem sogenannten Walde. Er erzählte mir, dass Sie besonders froh waren über die Vollendung Ihrer Arbeiten, unter denen ich den Thrasyll, wie ich schon schrieb, sehnsüchtig erwarte. Bei Ihren weiteren Plänen erlaube ich mir ganz verschämt an Alexander zu erinnern, der ja jetzt nach Bruns mühevoller Arbeit (über die ich coram Ihnen allerlei mitteilen könnte), kein allzugrosses Hinderniss mehr haben wird. Freilich ich weiss noch gar nicht, ob die Commentatoren nicht eines jähen Todes sterben werden. Reimer, der jährlich M. 3000 zusetzt, strikt. Die Regierung, die um Extrabewilligung dieses Zuschusses angegangen worden ist, strikt. Die Akademie ist kalt wie Eis. Bei ihr liegt nun der Antrag jene Summe aus dem freiwerdenden Corpus latinum herüberzustellen. Aber da Mommsen, ich weiss nicht durch wen, eine grosse Verachtung gegen diese Commentatoren hegt, so wirds Mühe kosten. Vor Weihnachten wird sichs entscheiden. Ich bin entschlossen, die Sache nicht fallen zu lassen selbst unter der bitteren Notwendigkeit persönliche Opfer zu bringen. Jedenfalls Simplicius de caelo ed. Heiberg und Simplicius Physika II ed. Diels sind im Druck und noch gesichert. Das weitere Di bene vortant! Die Dedicationen, die Sie fortdauernd erhalten erfreuen mich als ob ich selbst daran teil hätte. Leider kann ich das von den meinigen nicht stets sagen. Richters einfältige Sachen habe ich nicht gelesen, da ich aus dem einzigen Passus, den ich gelesen (am Schlüsse), gesehen habe, dass er nicht einmal das was man ihm sagt, richtig wiedergeben kann. Er zeigte mir eine Probe im Ms., die ich ihm corrigirte, aber doch vernünftig fand, danach nahm ich ohne das Ganze gesehen zu haben seine Dedication an. Denn das ist seine ganze freude, die Schriftstellerei, während seine Anstellung als Lehrer sich noch Jahre hinausziehen kann. So sind hier die Verhältnisse. Er hat meine Vorlesung über Xenophon nicht gehört und die ganze Sache, wie ich aus dem, was andere mir mitgeteilt haben, urteilen muss, dumm angefangen. So mag ich sein Zeug gar nicht in die Hand nehmen. Ich habe vor nach Weihnachten zwei Excerpte aus Menons δόξοα ίατρικαί, die mir Blass abgeschrieben und Kenyon zur Edition überlassen haben aus dem Londoner Anonymus περί νόσων, der Akademie vorzulegen. Das eine ist 'Ιπποκράτης κατ' 'Αριστοτέλη (di. Menon) nach meiner Meinung Pseudhippocrates, aber sehr interessant à la Diogenes Apoll., bisher unbekannt, und ein langes Excerpt über Philolaos Medicin. 437
Mit meiner Gesundheit gings dies Jahr besser wie die früheren. Doch habe ich augenblicklich wieder meine Periode. Ich war einen Monat weg teils in Wiesbaden und, als die Hitze anfing, mit meiner Frau in Blankenberghe. Es ist uns gut bekommen, wenn auch meine Frau keine dauernde Erholung zu bekommen pflegt. Die Harnackschen Publicationen über Petrus Evang. und Apocalypse werden Sie wol bekommen haben. Ich habe leider den Text prima et unica vista corrigiren müssen. Es wird noch manches fehlen. Aber wie haben sich die Franzosen hier wieder blamirt! Ich begreife das nicht. Dillmann will heute den Henochtext vorlegen. Aegypten wird doch wol noch auch auf diesem Gebiete den Schlüssel liefern. Dem kindischen Apostolicumstreit stehe ich wie Ihr Schwager als Zuschauer gegenüber. Aber die Gegenströmung ist doch ungeheuer stark. Dies und der Trierer Rock, der selbst Gierke imponirt hat, sind signaturae temporis, die meinen Optimismus lügenstrafen. Es geht wirklich überall bergab. Halten Sie Sich nur wol bei diesen Zeiten und grüssen Sie herzlichst die Ihrigen. Ihr H. Diels
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Diels an Usener Berlin, den 18. Nov. 1892 W Magdeburgerstr. 20.™
Anbei sende ich Ihnen, lieber Herr Geh. Rat, Ihr Ms. auf Ihre Karte hin zurück. Ich habe in der Academie Ihre Entdeckung kurz vorgetragen und dabei bemerkt, dass der Druck noch nicht sofort beginnen könne. Ich habe sodann mit dem Factor der Druckerei gesprochen und die Zusicherung erhalten, dass Ihr Ms. sofort nach Einreichung gesetzt wird. Wünschenswert ist es nur, dass das nicht mehr zu lange aussteht. Ich selbst kann augenblicklich nicht einmal das Notwendige (die letzten Seiten des Simplicius Physik) vollenden, da Doctor- und Prüfungs- und Stipendienarbeiten mich im Atem halten und das zunächst in Betracht Kommende habe Sie ja vollkommen erschöpft. Also erwarte ich Ihr auch durch die Klarheit der Darlegung besonders anmutendes Aufsätzchen bald zurück und werde mich der Sache dann, wie ich bereits mitgeteilt, weiter annehmen. Ist das Ms. bis Mittwoch 23. Morgen wieder in meinen Händen, so garantire ich Vollendung des Druckes bis zum 1. Dezember. Mit herzlichen Grüssen Ihr H. Diels. 438
Die epigraphische Commission, die sich mit Freund K[öhler] beschäftigte, ist wieder einmal freundschaftlich gerührt auseinander gegangen. Die Supplemente sollen nun anno 1893 erscheinen. (?).
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Diels an Usener
[Postkarte]
Berlin, W 18. X I . 92 Magdeburgerstr. 20.
Soeben, wo ich Ihren Aufsatz auf die Post bringe, fällt mir ein, ob Sie auch Diog. I 21 (Potamo) verwertet haben. Ich erinnere mich nicht es gelesen zu haben, aber bei erneuter Leetüre wird es Ihnen ja von selbst in die Hände laufen. Ausser Zeller Illa 6181 2 hat darüber zuletzt Wilamowitz Philologische] Untersuchungen] IV 327 8 gehandelt. Ihr H D .
263.
Usener an Diels Bonn, 22 nov. 92 (dienst, früh)
Haben Sie herzlichsten dank, liebster Diels, für Ihre eingehenden mittheilungen und Ihre treuen bemühungen um den kleinen vogel, der unseren verkehr in so frische bewegung gebracht hat. Um Ihrer Erwartung zu entsprechen und die Arrangements, die Sie in meinem Interesse zu treffen so gütig besorgt gewesen waren, nicht zu stören habe ich meinem herzen einen stoss gegeben und so manche frage, die ich zu meiner aufklärung und beruhigung gerne weiter verfolgt hätte, bei seite geschoben, um gestern das manuscript druckfertig zu machen, das Ihnen hiermit zugeht. Von den Bollandisten erhielt ich gestern eine schwere correctur von über zwei bogen angekündigt, die mich mehrere tage in anspruch nehmen wird. Heute früh ist diese Sendung eingetroffen, und so muss ich froh sein den Laertius aus dem weg geräumt zu haben. Was Sie über die Commentatores schreiben, bewegt mich stark, wie Sie sich denken können. Sie wollen vor Weihnachten Entscheidung herbeiführen: können Sie das nicht noch etwas hinausschieben? Schon lange dachte ich daran einmal (doch Sie wissen wie es mit meiner armen zeit und meinen endlichen kräften bestellt ist) etwa für die Preuss. Jahrb. einen aufsatz zu schreiben, um die stille geräuschlose thätigkeit, mit der dies riesenwerk ausgeführt wird, ins licht zu setzen und weiteren kreisen einen begriff von seiner bedeutung zu geben. Ihr wort traf mich wie eine schwere gewissensmahnung. Ist es noch zeit 439
dazu? Und was würden Sie über form und ort der Veröffentlichung für räthlich halten. Die Pr. Jahrb. haben denselben Verleger: wäre das nicht anstössig? Aber wo sonst? In einer polit, zeitung verrauscht das zu schnell. Aber was steht sonst zur Verfügung? Auf die neuen funde bin ich höchst gespannt. Mehr noch als auf den Laches, der unseren text geben soll also jünger sein muss als die Phaidonblätter, auf die medicinische Doxographie, von der mir Herrn. Schöne erzählte: dieser ist sehr in aufregung, weil er mit der Verfolgung medicinischer doxographa in Galen beschäftigt ist. Von Harnacks neuen funden wusste ich nur durch eine zeitungsnotiz, der nicht zu entnehmen war, ob die publication schon erfolgt sei. Gesehn habe ich nichts, unsere theologen ebenso wenig. Sie pflegen uns überhaupt in der kenntniss neuer erscheinungen um 16—1 jähr voraus zu sein. Im ausland bekümmert man sich nicht um deutsche provincialen. Glauben Sie zb. dass herr Cousin oder Homolle mir seiner zeit wenigstens einen abzug der inschrift von Oinoanda gesandt hätte? Sie meinen das vielleicht, weil ich die Franzosen so zart behandelt habe. Nein, ich erhielt die erste ahnung, als mir mein exemplar vom buchhändler (dh. Wilberg in Athen) geliefert wurde. Wissen Sie, dass die Franzosen sich Körte gegenüber sehr kühl ablehnend benommen haben; sie halten sich eine neue expedition offen. Gott bewahre uns. Ich meine, es muss doch grenzen internationaler höflichkeit geben. Aber ich fürchte, die Oesterreicher werde darauf rücksicht nehmen wollen. Ich muss schliessen und an meine Vorlesung denken. Gott mit Ihnen und den Ihrigen! Halten Sie die ohren steif in dieser traurigen zeit. Ihr alter HUsener
264.
Diels an Usener
[Postkarte]
Berlin, W 23.XI.92 Magdeburgerstr. 20.
Ich bin Ihnen sehr dankbar, verehrter Herr Geh. R., dass Sie meinem Wunsche so pünktlich entsprochen haben. So als rasch abgeschlossene Skizze erregt es keine Erwartungen. Würden Sie tiefer hineingehen - und ich weiss, welcher Abgrund da gähnt - würden Sie schwerlich in diesem Jahre wieder auftauchen. Ich habe Ihren Druck dem Factor persönlich ans Herz gelegt. So hoffe ich, dass Sie Sonnabend bereits Correctur haben. Ich habe dem Factor auch gesagt, dass ich die Revision lese. Ihr Vorsatz die Commentatoren in usum scientium et nescientium zu beleuchten erfüllt mich mit Freude. Ich hatte selbst schon daran gedacht, aber ich 440
kenne die von Aristoteles gelobte Isokrateische Kunst über sich selbst zu sprechen zu wenig. Hinausschieben kann ichs nicht, da M. 3000 soeben frei geworden sind, die es zu fassen gilt; sonst ist alle Hoffnung verloren! Aber selbst wenn die Entscheidung günstig ausfiele, würde Ihr Wort und gerade Ihres unendlich wertvoll sein. Denn unsere Sekretare beide hatten offenbar gedacht, die Collationen würden sich sofort durch riesige Anecdota bezahlt machen, etwa wie die Limesexpedition! Uber d. Laches sagt Mahaffy: in a hand quite different from that of the Phaedo, but with the same unmistakable signs of great antiquity. Warten wir's ab. Ihre Nachrichten betreffs Körte thun mir leid. Könnte der nicht vielleicht unterdessen an Epikur Π. φύσεως denken? Harnacks 2 Aufs, sind in No. 44.45 der S.B. gedruckt. Er wird sie Ihnen wol nach Fertigstellung der Separatabdr. zusenden. Original: Mém. p. bl. de la Mission arch, franc, au Caire t. IX 1. Mit frd. Grüssen Ihr H. Diels.
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Diels an Usener
[Postkarte]
Berlin, W 24. XI. 92 Magdeburgerstr. 20.
Die Frage betr. der Pr. Jahrb., die Sie, verehrter H. G. R., stellten, kann ich erst heute beantworten, da ich mich über die, wie mir bekannt, in der Veränderung begriffene Zeitschr. erst orientiren musste. Die Sache liegt so: Am 1. Jan. n. J. geht das Eigentum der Pr. J. an Prof. Delbrück, der Verlag an Walter & Apolaut Berlin über. Die Zeitsschr. wird doppelt so stark durch Zufügung eines wissenschaftl. Teils (Abdrücke aus Fachzeitschr.). Somit scheint gar kein besseres forum für Ihre Absicht gefunden werden zu können als jene Z. Delbrück wird gewiss mit Freuden Ihren Beitrag ins Januarheft aufnehmen. Es handelt sich auch mehr um die allgem. Gedanken, wobei namentlich auch ausgeführt werden könnte, dass eine Reihe grosser dringender Aufg. wie Fragments. d. gr. Philosophen, die z.T. schon bearbeitet vorliegen, nicht eher hervortreten können als bis die Commentatoren in zuverl. Texten vorliegen. Gründe der finanz. Schwierigkeiten sind haupts. der enorm, fast aufs doppelte gestiegene Setzerlohn, die ungew. Vermehrung der Zeitsschr.-Litt., die die Fonds der Kl. Bibl. aufzehrt etc. Ob übrigens die Ac[ademie] die Frage vor Weihn. entscheiden kann, ist mir jetzt fraglich, da die abschlägige Antwort des Ministeriums] erst officios der Ac. mitgeteilt ist. In Verehrung Ihr H.D. 441
Schreiben Sie mir doch, ob Schöne die Texte des Lond. Pap. aus Menon hat. Ich wollte im Februar darüber lesen, möchte ihn aber nicht stören. Kenyon hat mir die Erlaubnis der Pubi, gegeben.
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Usener an Diels Bonn, 27 nov. 92 sonntag nm.
Liebster Diels, das nenn ich fixigkeit. Dienstag morgen brachte ich das mscr. zur post, in der nacht von samst. auf sonntag habe ich bereits die correctur besorgt bis auf die revision des letzten citats. Ärgerlicher weise waren auf den blättern nicht die Seitenzahlen des künftigen drucks angegeben; so musste ich die mühe, die vorkommenden Verweisungen auszufüllen, Ihnen vorbehalten; um Ihnen das zu erleichtern, habe ich mit rother tinte die Ziffern des sonderabzugs eingetragen. Da meine äugen müde waren, fischen Sie aber vielleicht auch noch einige „druckfehler" auf; der setzer ist nicht ohne geist, er Hess über die quelle des Laertius einen „We/tstreit" ausbrechen, den geschlichtet zu haben uns denn doch eine grosse genugthuung sein muss. Für Ihre cartularische mittheilung über die Preuss. jahrbb. meinen besten dank. Aber hören Sie ein anderes projekt. Beim ersten versuch des schreibens schon fühle ich, dass der plan für den leserkreis der Pr. Jhrb. doch seine bedenken hat, und gewisse specielle kenntnisse und interessen voraussetzt die nicht vorhanden sind. Wie wäre es, wenn ich eine zusammenfassende übersieht für gelehrte kreise in die Göttinger gel. Anz. schriebe? Idh zweifele nicht, dass man dort in dem besonderen falle mich nicht lange auf den abdruck würde warten lassen. Es ist ein Vorschlag den ich Ihnen unterbreite. Ich werde es machen so wie es Ihnen am willkommensten ist und am geeignetsten scheint. Ich bin gestern gleichzeitig durch die unerwartete correctur meines aufsätzchens und durch Harnacks publication überrascht worden. Das evangelienfragment ist - auro contra carius. Έ φ ρ ι ξ ' ερωτι, περιχαρής άνεπτάμαν. 1 Es gibt tage, wo so viel glück auf uns einstürmt, dass uns die kraft es zu ertragen versagt. So ergieng mirs gestern. Kaum hatte ich die erste flüchtige leetüre des evangeliums beendet, da klopfte es und Sudhaus trat herein, mir den vorläufigen restitutionsversuch einer Philodemischen rolle zu finden. Sudh. in seiner bescheidenen tüchtigkeit ist mir die helle freude; er ist jetzt auf dem punkte die früchte mühsamer arbeit zu pflücken. Stellen Sie sich vor, er hat zu dem unselig verstümmelten papyrus, der die kapitale stelle über Aristoteles' 1 [Einige Buchstaben unleserlich; darunter:] (der bart hat das ausgewischt!)
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polit, werke enthält (p. 321 f. seiner ausg.), die andere hälfte gefunden, welche den oberen theil der Seiten enthält wenigstens für eine stattliche (über 30) anzahl von seiten. Und was ist das ergebniss? Im ersten theil wird Nausiphanes durchgehechelt, und es soll sich zeigen, dass Naus. schon für Metrodoros' schrift Προς τους άπό φυσιολογίας λέγοντας αγαθούς ρήτορας γίγνεσθαι das stichblatt war. Im zweiten theil wird ebenso eine schrift des Aristoteles vorgenommen, referiert und widerlegt. Aus dem was S. mir erzählte, folgt mir mit gewissheit, dass ein dialog und zwar der so wenig bekannte Gryllos der gegenständ der erörterung ist. Was sagen Sie dazu? Ich habe heute morgen nur eben anfangen können mit den sehr schwierigen und zum theil wenigstens noch nicht aus dem rohen herausgearbeiteten blättern mich zu beschäftigen. Aber Sie können denken, wie mich das packt und freudig erregt. - Sudh. möchte aus diesen dingen und einem schon fertigen aufsatz über Alexinos ein selbständiges schriftchen „Herculanische beiträge zur gesch. d. phil." oder ähnlich machen. Ich habe das bedenken, dass der buchhändler doch nicht gut besonders drucken und bezahlen kann, was nachher ja doch im II bd des Philodem wiederholt werden muss. Vielleicht hat S. aber doch recht. An Harnack habe ich noch in der letzten nacht geschrieben, um ihm einige berichtigungen zu geben. Pudet piget paenitet, dass er sich ein monstrum grammaticum wie σκελοκοφθη geleistet, während die correcte form in der hs. steht. Indess die theologen haben ihr besonderes griechisch. Zur herausgabe griechischer kirchenväter aber möchte ich sie nicht bestellen. Vale Tu cum Tuis meque ama. Tuissimus HVsener Die raschheit Ihrer publication sticht vortheilhaft von den Münchenern ab. Meinen anf. august abgeschlossenen Tyrannio habe ich anf. october an Christ gesandt, er wollte ihn 5 nov. der Akad. vorlegen, noch hat der druck keinen schatten voraus geworfen. Ich kenne das zeug schon nicht mehr, wenn endlich eine correctur an mich gelangen wird.
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267.
Diels an Usener
[Postkarte]
[Berlin, 28. 11. 1892]
Verehrter Herr Geh. R., Ihr Gedanke an die Gött. Gel. Anz. scheint mir vortrefflich. Die Sache ist noch schlimmer als ich dachte, weil unsere Forderung concurrirt mit Mommsen - Imhoffs Corpus nummorum, das jetzt flott werden soll. Da ist keine Hoffnung, wenn nicht ein Wunder geschieht. Vielleicht bewirken Sie es. Wir leben ja im Zeitalter der Wunder. In Harnacks eiliger Publication sind noch mehr pudenda der von Ihnen geschilderten Art. Er gab mir sein Man. mit unleserlichen Noten. Ich sagte ihm gleich σκελοκ. ist gegen das praec. Scaligeri. Ja sagt er, ich lasse vieles vorläufig stehen. Ich hatte keine Ahnung, dass es richtig in der Hds. steht. Ich freue mich, dass Sudhaus solche Resultate erhält. Offen gestanden hatte mich der Ertrag des I B. bei so colossaler Bemühung enttäuscht. Gryllos passt ja wundervoll in den Zusammenhang. Sie haben mir wegen Schöne noch nicht geantwortet. Hat er denn Material v. Kenyon bekommen? Mir schrieb er, er sei absolut nicht im Stande jetzt den schwierigen Text zu entziffern, da er eine wichtigere Aufgabe für den Winter erhalten haben. Mit bestem Grusse I h r H . Diels. Die Seitenzahlen können in den Fahnen leider nicht gegeben werden. Das lässt sich absolut nicht ändern.
268.
Usener an Diels
[Postkarte]
[Bonn, 6. 12. 1892]
L. fr., eben kommt mir von Bechtel in Gt. die zusage, meinem kleinen aufsatz über die Comm. Ar. eine stelle in der letzten jahresnummer (26) einzuräumen. Ich hoffe, trotz starker hemmnisse, den anschluss zu erreichen. Aber ich möchte Ihnen eine frage vorlegen, um Ihnen nicht Unbequemlichkeiten zu bereiten. Mir schien, angesichts der Schwierigkeiten, mit denen Sie zu ringen haben, es weise, diejenigen stücke, die aus dem plane von 1878 gestrichen werden könnten ohne den zweck des Unternehmens zu schädigen, geradezu zu nennen; und ich wollte darum Vol. X X I (namentlich die rhetorica sind nur als denkmale ihrer zeit von interesse) und X X I I , sowie VI,1 (Syr. in met.) als allenfalls entbehrlich' bezeichnen, um die vo])e ausführung des übrigen um so nach444
drücklicher fordern zu können. Würden Sie damit einverstanden sein? Ich möchte wie gesagt, solche äusserungen nicht thun ohne Ihres einvernehmens gewiss zu sein. Bin zur Stunde wieder sehr durch heterogene dinge geplagt, werde aber alles einsetzen um rechtzeitig fertig zu werden. Ihr HUs.
269.
Diels an Usener
[Postkarte]
[Berlin,] 7 XII. 92.
Verehrter Herr Geh. R. Ich möchte Sie bitten, von der Discussion der Entbehrlichkeit gütigst Abstand nehmen zu wollen. Wir beraten eben darüber im Schosse der Commission und gedenken z.B. V 1 - 4 und X X I I zu streichen. Aber X X I 2 macht äusserl. Schwierigkeiten, und das alberne Zeug enthält doch anschaulich alte Reste (Fragmente vgl. Sie nur den Index zu Nauck F.T.), deren handschr. Grundlage gegeben werden muss. VI 1 macht äusserl. Schwierigk., da VI 2 schon heraus ist. Aber da lässt sich helfen. Vor allem aber haben wir unsern Antiaristotelikern gegenüber einen besseren Stand, wenn von uns aus die Streichung beantragt wird. Thun Sie es, so heisst es: „Das haben wir ja längst gesagt, dass das Programm blödsinnig ist." Ausserdem ist zu bedenken, dass die von Ihnen vorgeschlagenen Streichungen kaum einen Band füllen; für die ganze Sache also, die im Jahre 1905 fertig werden soll, nicht in Betracht kommt. Die Sache macht hier merkwürdige Sprünge. Das neueste ist, dass der Sekretarius [Mommsen] hoffentlich bona fide verschwiegen hat, dass uns der Minister [Bosse] das Geld aus der verwendbaren Summe des C.I.L. zugeteilt wissen will! Wer weiss, wie das läuft! Ich freue mich jedenfalls, dass Bechtel Ihnen zu willen ist, so dass Ihr Artikel wol noch ad festum kommt. Mit bestem Grusse und herzl. Dank z. voraus Ihr H. Diels.
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270.
Usener an Diels Bonn, 17 dec. 92 abends
Mein lieber Diels, mit meinem versprechen ist mirs nicht ganz nach wünsch gegangen. Die besten arbeitstage, auf denen alle hoffnung ruhte, sind mir durch einen tückischen schnupfen geraubt worden, der mich gerade da überfiel, als ich mich zum schreiben anschicken wollte. Aber, ich habe zu der bestimmten frist dem redacteur wenigstens eine abschlagszahlung absenden können; und da er nicht remonstriert hat, darf ich glauben dass ich zu gnaden angenommen und mein missgeschick mir zu gute gehalten worden ist. Heute, wo ich bequem zur post hätte fertig werden können, legt sich mir ein langes oberlehrerexamen unbequem in den weg. Aber nun bin ich fertig, der rest ist durchgesehn und der begleitbrief geschrieben. Ich hoffe wirklich, wenn ich rechtzeitig komme, etwas geholfen zu haben, insofern ich kein mittel gescheut habe die Ak. fest zu legen. Einiges wird von denen, die dem unternehmen unfreundlich gegenüberstehn, vielleicht sogar unangenehm vermerkt werden, in der weise dass man vielleicht sich nicht entblödet Sie zum moralischen und intellektuellen urheber des aufsatzes zu machen und das aus einzelnen thatsächlichen angaben beweisen zu wollen. Eben deshalb sehe ich, so leid es mir thut, absichtlich und reiflich erwogen, davon ab Ihnen eine correctur zu senden. Ich würde Ihnen manche berichtigung, vielleicht auch zusätze verdanken; das kommt nicht in betracht gegenüber dem vortheil, dass Sie völlig reines gewissen haben und bewahren. Wie der gedanke selbst längst von mir gefasst war und spontan auf Ihre andeutungen hin hervorsprang, so müssen Sie auch an der ausführung völlig unbetheiligt bleiben, damit nöthigen falls Sie wie ich der Wahrheit gemäss das bestätigen können. Sie werden mir darin recht geben. H. Schoene hatte ich an demselben tag, wo Ihre karte ankam, gelegenheit zu sprechen. Er wird Ihnen unterdessen selbst geschrieben haben, und damit die sache erledigt sein. Nein davon war und kann keine rede sein, dass Sie die beabsichtigte Veröffentlichung der neuen reste aus den Μενώνεια unterliessen, Sie Doxographe Sie! Haben Sie Robinsons herrliche bearbeitung des Petrusevangeliums gesehn? Das ist ein kapitaler kerl, er hat mich zu bewunderung fortgerissen. Ja so einen mann brauchen wir für die griech. kirchenväter. Und wie ist er spürig und findig in bezug auf hsl. quellen. Kennen Sie die von ihm herausgegebenen Texts and studies? Um nochmals auf den Commentatorenaufsatz zurück zu kommen, erwarten Sie ja nicht viel. Das beste, was ich dabei thun wollte zu meiner inneren befriedigung, musste aus mangel an zeit und räum jammervoll übers knie gebrochen werden. Ich hatte eine wirkliche geschichte der Aristotelesexegese geben und 446
dabei auf die einzelfragen eingehn wollen. D a z u hätte ich studieren müssen, so wie ichs längst vorhatte, und meine alten reminiscenzen durch neue anschauungen und Wahrnehmungen beleben und weiter gestalten. Wie gerne hätte ich das gethan. Aber es hätte wochen und monate gefordert. So habe ich nur einen dürftigen schattenriss geben können. Ich erzähle erst ausführlich die geschichte der Unternehmung (von 1816 an), gebe einzelne proben von den ergebnissen, und beantworte dann die frage nach dem wissenschaftl. werth Ihrer Sammlung unter den drei gesichtspunkten 1) der fragmentar, litteratur, 2) der Aristot. textgeschichte und -kritik und 3) der allgemeinen Wichtigkeit für die geschichte der Wissenschaft (dabei die skizze der geschichte der exegese). Zum schluss das Supplementum Arist. Meinen kleinen scherz über die Perle haben Sie hoffentlich erhalten, versparen Sie die lectüre auf die weihnachtstage, zu denen ich Ihnen und Ihrer ganzen familie rechte freude und volle gesundheit wünsche. Ihr H . Usener
271.*
Diels an Usener Berlin, den 19. X I I 1892. W Magdeburgerstr. 20. 111
Herzlichen Dank, verehrter Herr Geh. Rat, für Ihre beiden Sendungen: die Perle und Ahrens sowie Ihren lieben Weihnachtsbrief. D i e Perle habe ich natürlich schon verschluckt. Sie regte in Bezug auf die „Idea" doxographische Träume an, in Bezug auf das Mythologische mußte ich an Trümpel denken „die Muschel der Aphrodite" Philologus 51 H . 3 S. 385, wobei ich wieder erkennen konnte quid distent aera lupinis. Uberhaupt macht dieses Philologusheft einen vollständig Leutsch'schen Eindruck. E s muß an dem alten Verlag liegen oder ich weiß nicht wo. Schöne hat mir liebenswürdigst concedirt und ich fühle mich nun besonders genötigt etwas Gutes zu liefern. Leider beginnt der Druck des Simplicius gerade jetzt (solang hat Freund Heylbut gezögert, obgleich der Verleger schließlich furchtbar hetzte - es ist doch ein perverser Kopf und wird es immer mehr). Heute hat Kenyon mit rührendster Liebenswürdigkeit Teil II gesandt. Teil I soll direct von Bonn mir zugehen. Hoffentlich kommts bald, denn ich habe nur die Weihnachtsferien dazu, die bei uns erst Donnerstag beginnen und am Donnerstag d. 5 wieder aufhören. Denken Sie, ein Berliner Doctor namens Fuchs, der über Erasistratus eine kreuzdumme Dissertation geschrieben hat; (ich habe nichts damit zu tun - flos R. Seminarii), hat in Paris eine Excerpthds. (Medizinisches) gefunden wovon er 447
wegen eines Democritfragm. bei Zeller (!) anfragte. Der gabs mir und ich sah, es ist der reine Soran, die teilweise vollständigere Fassung, die Coulins Aurel, vorlag; Democrit natürlich aus einer unechten Schrift, wie Soran bei Coulins andeutet, aber wie der Finder anmerkte, ist die Hds. voll unbekannter Medizinerexcerpte. Leider ist der Mensch so dumm, daß er wie er an jenem Fragment zeigte, nicht einmal die dümmsten Fehler verbessern konnte, ja sogar Dummheiten hineincorrigirte. So etwas lernt man ja hier nicht in R. Seminario. Man wird nun abwarten, bis das Schaf rectius Schwein mit seiner Perle herauskommt. Uber Ahrens Buch hatte auch ich mich gefreut. N u n ist's mir lieb, daß Sie ihn so warm eingeführt haben, zumal der Briefwechsel zwischen Lachmann und Haupt (der mich innerlich anwidert) auch auf diesen braven Mann etwas geworfen hat. Wegen Ihres Aufsatzes haben Sie vollkommen recht. Ich muß aus dem Spiel bleiben. Natürlich wird das Unangenehme schon so gehalten sein, daß es nicht die entgegengesetzte Wirkung hat. Sie verstehen ja das so hübsch zu machen. Die Sache scheint sich hier in die Länge zu ziehen, also kommt Ihr Stück wol noch ante festum. Ich wünsche Ihnen gedeihliche Brumalia und Ihrer 1. Familie ein vergnügtes Fest. In Eile Ihr getreuer H . Diels
272.
Usener an Diels Bonn, 26 dec. 92
Mein lieber Diels, Das sind die schönen tage, in denen die Ribhavas in der gemeinschaft der seligen schlafen — und schlafen dürfen, wenn sie vorher recht fleissig gewesen sind und sich weidlich abgelaufen haben. Wir feiern die tage in grossem behagen, alle wohl und munter, sogar meine frau hat die anstrengungen der vorausgegangenen zeit ohne gefährdung überstanden; es fehlt uns nur Hans, der diesen Winter in München physikalische Studien unter Boltzmann fortsetzt und nur so kurz hätte hier sein können, dass es die weite reise hin und her nicht gelohnt hätte. Der erste feiertag dem hause, der zweite den freunden! U n d zuerst sollen Sie die längst fällige antwort auf Ihren letzten brief erhalten. Betreffs der bitteren pillen, die ich angekündigt habe, können Sie vollkommen ruhig sein. Sie sind absolut thatsächlicher natur. Ich habe so zu schreiben gesucht, dass die anständig denkenden collegen der Akad. sich festgelegt und gebunden fühlen. Zu dem ende bin ich auf die geschichte der Unternehmung eingegangen. D a ist nun 448
mancherlei detail, was gewisse leute, die anderen zuzutrauen geneigt sind was sie selbst üben, vielleicht gern als von Ihnen suppeditiert ansehn und als handgreiflichen beweis einer von Ihnen bestellten schrift hinstellen möchten. Aus diesem gründe wünschte ich, dass Sie ganz unbetheiligt blieben. Für alle fälle können Sie jeden, der sich selbst unterrichten will, einladen die beiden früheren briefe von mir einzusehn. Aber ich wünsche und hoffe nicht dass das nöthig wird. - Gleichzeitig mit Ihrem letzten briefe traf eine karte von Bechtel ein, der mir meldete, dass das mscr. seit vorigen montag in der hand des setzers sei; es kommt in die letzte nummer des jahres: die beiden ersten monate von 93 waren schon besetzt (in der that habe ich schon vor einigen tagen stücke aus Nr. 1 in Separatabzug zugesandt erhalten). H . Schoene wird Ihnen seine abschrift des ersten theils von Kenyons papyrus wohl inzwischen gebracht haben. Es ja ganz ausserordentliches, was sich daraus auch für die geschichte der Hippokratischen schriftstellerei ergibt. Ich wünsche Ihnen von herzen glück zu der ehre, das veröffentlichen zu können. Nicht wenig haben mich Ihre nachrichten über die Pariser Soranos-excerpte erfreut. Was in dieser bibliothek noch alles steckt. Ich weiss auch davon zu erzählen. Ich hoffe bald mit merkwürdigen stücken daraus vorzukommen. Zwei bisher nur nach namen und thaten bekannte leuchten der kirche kann ich in die reihe der erhaltenen schriftsteller einfügen. Von einem werde ich freilich nur auszüge geben; den ganzen band abschreiben mögen jüngere. Inzwischen ergeht ein besuch nach dem anderen über mich; darunter OHense, der mit dem II theil des Stobaeus so gut wie fertig (gedruckt) ist. Ich muss schliessen, und thue es mit den herzlichsten grüssen und besten wünschen zum neuen jähre von haus zu haus. Ihr H . Usener
273.*
Diels an Usener Berlin W 2 7 X 1 1 . 9 2 Magdeburgerstr. 2 0 . m
Eine beglückende Galene halkyonischer Tage erglänzt in Ihrem lieben Weihnachtsbriefe, verehrter Herr Geheimerat; eine wahre Feststimmung, an der ich gerne teil nehme, da auch wir wohl und munter die Festtage verbracht haben. Die Kinder waren alle vergnügt um den Baum versammelt und die glückliche Zufriedenheit der sorglosen Jugend teilt sich von selbst auch den sorgenvollen Elternherzen mit. Ludwig, der älteste, hat sich nun entschieden für Botanik erklärt und damit langjährigen Zweifeln ein Ende gemacht. Trotzdem interessirt er sich auch für unsere alten Sachen. Er hat mir den Londoner Papyrus 449
abgeschrieben und dabei den Sport des Lückenfüllens weidlich getrieben. Trotzdem glaube ich nicht, dass er später von der Natur zum Geist umsatteln wird. Ich glaube nun wirklich, dass Ihr Commentatorenessay noch ante festum kommen wird. Haben Sie denn gehört, dass Göttingen seine Akademie bekommen soll? D a man also keine Geld hat, der alten genügende Fonds zu geben, so gründet man eine neue. Divide et impera. Es wird immer schöner. Übrigens wird Ihnen die Idee ganz besonders einleuchten, da sie von Ihrem Freunde Lagarde mit soviel Wärme und Selbstlosigkeit zeit seines Lebens gepredigt worden ist. Herr Schöne war bei mir und wir haben die vielen schweren Aporien hin und her gewälzt, die durch diese Dinge neu angeregt werden. Den Aristotelischen „Hippokrates" erkenne ich in dem Verf. der natura pueri etc. wieder, wenigstens ist dies sein nächster Geistesverwandter, sodann der Verf. von de flatibus. Aber diese Iatrosophisten können doch unmöglich etwas mit dem „grossen Hippokrates" zu thun haben. Also hat sich Menon geirrt, was allerdings als σχολικόν αμάρτημα bemerkenswert ist. Wenn Aristoteles und seine Schule Leukippos und Dem. im Corpus Abderiticum unterscheiden konnten, sollte man denken, dass sie auch so grosse Unterschiede im Hippokr. bemerkt haben sollten, zumal die Tradition (durch Arist. Vater) hier noch unmittelbarer scheint. Die Auskunft Schönes an Hippokrates II resp. III zu denken, ist ja aus mehreren Gründen unmöglich. So ist alles, was man hier anfasst, schwierig und bedenklich. Aber ich stehe ja erst im Anfange des Lernens. Die Soranexcerpte habe ich jetzt. Sie übertreffen weit meine Erwartung. Man kann jetzt von jeder Krankheit fast eine Doxographie herstellen. Von diesem doxographischen Standpunkte will ich die Sache zunächst behandeln. Dabei bleibt für fernere Studien überall noch soviel zu thun, dass ich gewiss weiss, Hrn. Schöne nicht zu beeinträchtigen. Denn hier ist Weide für viele. Ich finde aber bei Galen das Democritische νομιστί als Erklärung von νόμω bei Galen I 417 Ich erinnere mich nicht die Stelle bei Ihnen gefunden zu haben. Ich schreibe sie daher hin auf die Gefahr Ihnen bekanntes zu sagen. Uberhaupt ist mir die Leetüre der Mediciner für meine Vorsokratiker sehr wertvoll. Gestern fand ich im Oribasius auf einmal zwei neue Fr. (nicht wörtliche) des Alkmaion und Empedokles, wo der Index von Daremberg versagt! So plätschere ich vergnügt im weiten Meere umher. Wenn nur nicht Doctorarbeiten (eine Curtianische über die σπονδή) und mehrere Oberlehrerarbeiten dräuend im Hintergrund ständen. Eben kommen Gäste (auch dies ist ja ein Vorrecht der Halkyonischen Tage). So schliesse ich mit den allerherzlichsten Wünschen für Sie und Ihre liebe Familie insbesondere für Ihre Frau auch von der meinigen als Ihr getreuer H . Diels. 450
Haben Sie schon die Euripidesra«sz& aus Pap. Rainer Bd. V, die in Separatabdrücken schon versandt wird? Dann würde ich um leihweise Ubersendung freundlichst bitten. Die Gräcität des Londoner Doxogr. ist wunderlich. Ist Ihnen τίνος αιτίας Antwort δήλον οτι sonst aufgestossen?
274. *
Diels an Usener
[Postkarte]
Berlin, 16. 1. 93.
Lieber Hr. Geh. R., Sobeben trifft Ihr Enkomion ein und ich will wenigstens mit einem Worte danken. Mehr gestattet der durch Oberlehrerprüfungen besetzte Tage nicht. Mit einem Worte „sehr schön", genau so, wie ich es von Ihnen erwarten durfte. Eindringlich, beredt, die sittliche Seite ohne Aufdringlichkeit aufweisend, auf höhere Aufgaben hinweisend, kurz vortrefflich. Von der Gelehrsamkeit sage ich nichts. Ich habe viel dazu gelernt und im Augenblick nichts gesehen, was vergessen wäre. Ich hatte nur das eine beschämende Gefühl, wieviel besser und würdiger die Sache unter Ihrer Leitung geworden wäre als ich es vermochte. Der medicinische Pap. liegt nun ergänzt da, einzelne Partien gehen zu Kenyon, der nun von neuem lesen muss, τίνος αιτίας ist natürlich Unsinn. Es muss τίνος αίτία heissen, das Sie als Aequivalent von δια τί aus der Gräcität der Kaiserz. kennen. Der Verf. ist dürftig, aber wichtig weil er zeigt dass die Medicin bereits vor Galen scholastisch d.h. interpretando betrieben wurde, wie wirs ja auch aus Galen wissen. Die weltgesch. Bedeutung der Methode des Andronikos tritt auch hier hervor. Die Auszüge aus Erasistr. und Asclepiades sind sehr wichtig für die naturwissensch.-exacte Methode der alex. Wissenschaft. Ihre Anthusa habe ich noch nicht lesen können (abgesehen vom Vorworte). Ich sende Ihnen die Tafeln des Hypereides c. Athenogenes zu, da der Narr Revillout (den ich leider früher nicht kannte) mir 2 Exemplare zur Verfügung gestellt hat. Der Text ist - egyptisch. Der Liebe Mühe war umsonst. Ihr dankbarer H . Diels [Am oberen Rand:] Der Minister [Bosse] hat der Akademie nun M. 7000 gegeben, dahinein sollen sich Aristoteles, Corpus Nummorum und Pauli's Etrusk. Corpus teilen! Praeda leonina! Sie kommen also à propos. Den Paris. Soran wird der Finder zuerst „ediren".
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275.
Usener an Diels Bonn, 21 jan. 93 citissime
Liebster Diels, haben Sie herzlichsten dank für Ihre umgehende postkarte, die mich um so mehr verpflichtet hat als sie unter so erschwerenden umständen geschrieben war, und dann für das prächtige geschenk das Sie mir mit der franz. Originalausgabe des neuen Hyperideum gemacht haben. Man könnte neidisch werden, was Ihr Berliner herren alles zugesandt erhaltet. Aber Sie verdienens auch. Was Sie mir über den aufsatz in aller eile schmeichelhaftes gesagt haben, würde mich beschämen, wenn ich es nicht dem unmittelbaren eindruck einer ersten und einmaligen lectüre zu gut halten dürfte. Dass Sie gar mit sich selbst hadern darüber dass nicht ich an Ihrer stelle stände, der casus macht mich lachen. Dass unter führung von Bonitz die akademie seiner zeit mich ohne ein wort zur seite gedrängt hat, das hat mich freilich geschmerzt. Auch die Vorbereitung des Unternehmens hätte ich vielleicht mit grösserem erfolg durchgeführt als es Torstrik bei seinem etwas engen blick vermochte. Aber die leitung des Unternehmens wäre nicht meine sache gewesen. Dazu wäre ich zu langsam gewesen: in einem gewissen lebensalter haben sich allmählich so viele aufgaben und pläne angesammelt, dass es nicht mehr angeht die selbstentäusserung durchzuführen, die zu pünktlichem und raschem fortschritt eines grossen Unternehmens unerlässlich ist. Dazu bedurfte es einer jungen und frischen kraft. Es freut mich hintennach von VRose zu hören, dass er vor Torstrik officiell befragt worden sei und entschlossen abgelehnt habe; es ist mir das darum eine besondere freude, weil ich ihn ohne peinigenden nebengedanken mit aufrichtiger bewunderung Ihrer thätigkeit folgen sehe. - Begierig bin ich natürlich zu hören, wie der aufsatz auf die betheiligten herrn gewirkt hat. Schreiben Sie mir doch, wann herr Auwers wieder einmal erster Vorsitzender Ihrer akademie ist. Ich habe dieser tage, als ich auf der bibl. die eben angekommene letzte lieferung der Sitzungsberichte sah und constatierte dass sie die zeit vom 12 mai bis juli 1892 umfasste, den oberbibl. dazu bestimmt, ein schreiben an die akademie zu erlassen, um eine pünktlichere Zusendung zu erwirken, ihm aber gerathen auf Auwers' praesidium zu warten (an ECurtius hatte er sich bereits umsonst gewandt). Ich muss zur bibliothek um mich andächtig in das leben aller heiligen zu versenken. Addio. Ihr H . Usener
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276. *
Diels an Usener Berlin, den 29. Januar 1893. W Magdeburgerstr. 20.™
Es ist rührend, lieber Herr Geheime Rat, dass Sie mich sogleich an Ihrer Herzensfreude teilnehmen lassen. Ja das ist sehr hübsch und erfreulich nicht bloss für die Sache, sondern auch für Elter selbst, der sich durch sein Drucksen lange selbst im Wege gestanden hat. Aber dies, was er jetzt gibt, ist meisterhaft, obgleich Jemand, der solange dieselben Wege gegangen ist, wie er, ein „Wenn" und „Aber" bei manchem bereit hat. Dass Plutarch ein dem Stobäus ähnliches Gnomologium excerpirt hat, haben schon Andere gesehen und Kiessling mündlich vor längerer Zeit mit mir durchgesprochen. Ich war von meinen ursprünglichen Gedanken (Theophilos den Elter nescio cur ignorirt) allmählich abgekommen und hatte mir die Meinung gebildet, dass die einzelnen Philosophen der Popularphilosophie d.h. Theophrast etc. Chrysippos und der ihn erweiternde Posidonios, die ja alle anthologisiren, das bequeme Material der im II Jahrh. p. Chr. anzusetzenden Hauptsammlung geliefert hätten. Dass es daneben auch ältere Florilegien aber beschränkteren Umfangs gegeben habe (Theognis ist ja ein altes Beispiel für die Elegie) durfte man annehmen und beweist das Mahaffysche Fragment (mit dessen Behandlung ich keineswegs einverstanden bin). Dass Stobäus den Chrysipp selbst benutzt, nimmt ja auch E. selbst nicht an. Und so kann ich ihm schliesslich beistimmen, wenn ich Chrysipp mit seinem collosalen Excerptenstoff als Hauptquelle annehme aber nicht eine Uranthologie, wie er sie sich vorstellt, sondern alle Schriften des Mannes, welche dann nach den betr. Kapiteln von den späteren Anthologen klein gespalten worden sind. Wichtiger als die Hauptfrage scheint mir was abfällt für die Form der Citate spec. Homer. Denn was z.B. noch Ludwich und Andere jüngst in dieser Beziehung geleistet haben, schreit zum Himmel. Hier thun sich neue Bahnen auf. Nicht minder erfreut und spannend erregt hat mich Ihr Tyrannio. Abgesehen von Aristoteles, wo Sie über die Differenz nicht eher wegsehen und sich mir anschliessen können, bis ich Ihnen den Andronikos, wie ich ihn auffasse, vordemonstrirt habe, bin ich vollkommen überzeugt. Ich hätte nur gewünscht, dass Sie einem Einwand etwas ausführlicher entgegengetreten wären, den mancher machen wird. Das Rätsel der Vierzahl, wie es wol zuerst in phythagoreischen Köpfen entsprungen ist, hat zuerst den Flachkopf Empedokles zur Ausweitung der 3 heraklitischen Elemente verführt. Sein System hat die Welt erobert. Zunächst die Medicin mit den 4 Grundsäften, dann die Aristotelische Physik, die die Folgezeit bestimmte (ähnlich wie die Dekas der Pythagoreer die Kategorienzahl bestimmte, dann die 10 Tropen, die 10 Redner etc. erzeugte). 453
Wie die Vierzahl wirkte, sieht man an den 4 Kategorien der Stoiker etc. Wenn nun schon Protagoras von dem Schematismus des V Jahr, ergriffen die 4 Modi εύχωλή έρώτησι,ς άπόκρισις εντολή aufstellte, wenn dann bei Aristoteles die 4 genera verbi erscheinen ονομα ρήμα άρθρον σύνδεσμος, so konnte, wird man Ihnen einwerfen können, auch ohne Tyrannio eine Reihe der von Ihnen gesammelten Quaternionen unter Nachwirkung der alten Vorbilder spontan entstehen. Aber es ist ja nicht schwer, diesen Einwurf zu entkräften, da ja Ihr Beweismaterial erdrückend ist. Ihre Schutzschrift für die Commentatoren hat hier wohlverdienten Beifall gefunden. Die sofort auftauchende Bemerkung „bestellte Arbeit" habe ich mit Ernst zurückgewiesen und überall den Eindruck gehabt, dass der gute Zweck auf ausgezeichnete Weise erreicht worden ist. N u r Mommsen hat die Sache wenig tangirt, weil er nach seiner Gewohnheit die Arbeit nach dem Titel in die Ecke geworfen (er hatte Ihren Namen gar nicht gesehn) und dann durch gute Freunde mangelhaft von dem Inhalt unterrichtet worden ist. Dass nun auch die Lateiner noch dran sollen, scheint ihm über den Spass. Aber im kleinen Kreise nahm ich mit andern ihn dazwischen und wir bewiesen ihm, dass, wenn die Commentatoren den Boethius nicht retteten, so müsse er in den Monumenta Germ, ihn beurteilen, da er ja doch mit einem deutschen Fürsten in Verbindung gestanden habe. U n d als ich dann bemerkte, dort werde er jedenfalls leichter als bei uns zu einer seiner würdigen Ausstattung kommen, so machte er gute Miene zum bösen Spiel. Am nächsten Donnerstag in 8 Tagen sollen die finanziellen Verhältnisse soweit geklärt sein, dass wir erfahren, ob und wieviel wir bekommen. Mommsen meinte aber, dass wir uns schon jetzt darauf einrichten könnten, mit dem Zuschüsse zu rechnen. Mommsen hat sein Amt als Sekretär niedergelegt, ebenso Curtius, dessen Augen ihm den Dienst fast völlig versagen. Mommsen wird gebeten werden unter solchen Umständen zu bleiben. Für Curtius werden wir wol Vahlen wählen. Der Grund des Rücktrittes Mommsens ist, dass er sich für den von Wien entrirten Academienbund engagirt hat, der bei der n[atur]wissenschaftlichen] Klasse keine Gegenliebe findet. Aber er wird jedenfalls sich bereden lassen, die Geschäfte weiter zu führen. Ausser meinem Wunsche Ihnen das endgültige Resultat der CommentatorenKrise mitteilen zu können, hat mich zum Warten besonders auch veranlasst, dass ich an ausführlicheren Briefen Zeit und Stimmung ordentlich künstlich mir abstehlen muss. Die Oberlehrerprüfungen dauern noch fort (Morgen 2 volle, mit 2 Arbeiten), daneben habe ich seit Neujahr Pindar zu lesen begonnen, was ganz neu und recht schwer ist (in den Lyrikern; Kirchhoff liest Pindar nicht mehr.). Daneben kommt der medicinische Papyrus und eine darüber am Ende des Monats zu haltende akademische Abhandlung, ferner Doktorarbeiten und Prüfungen und die „Saison". Kurz ich werde froh sein, wenn ich 454
aus diesem Reinigungsmonate, in dem man die Sünden des ganzen Jahres gründlich abbüsst, wieder auftauchen kann. Ihr Beispiel, das zur Freude aller Ihrer Freunde, gerade in letzter Zeit ein Muster unbegreiflicher Arbeitsleistung und Arbeitsfreudigkeit aufstellt und in scheinbar müheloser Production die Ernte langgereifter Saat darbietet, ist mir jetzt wie immer Vorbild. Daneben hoffe ich die körperlichen Kräfte nicht unsinnig zu strapazieren, da ich mich gerade in diesem Winter verhältnismässig recht munter fühle. Ich lege ein kürzlich entstandenes Bild bei, das mich nicht jünger aber auch nicht verfallener darstellt, als Sie mich in der Erinnerung haben werden. Zugleich sende ich Ihnen herzliche Grüsse und Wünsche zu diesem Examensmonate, der aber doch bei Ihnen wenigstens einen Einschnitt hat, die Fastnacht. Grüssen Sie auch freundlichst von meiner Frau und mir die Ihrige und Ihre Kinder und behalten Sie in treuem Gedenken Ihren H. Diels
277.
Usener an Diels Bonn, 21 febr. 93
Mein lieber D., ich muss mich recht schämen, dass ich Ihren herzlichen eingehenden brief bisher ohne antwort gelassen. Ihre postkarte, will sagen, ihr äusserer anblick, brachte mir das versäumniss zum bewusstsein, und ich eile wenigstens Ihre neuen fragen umgehend zu erledigen. Es ist von grösstem interesse die vorstadien der Epikureischen terminologie mit zu überblicken; was mir gelegentlich aufstiess, habe ich anzumerken nicht unterlassen, Stratonisches habe ich thörichter weise nicht durchsucht; es wird mich freuen von Ihnen beiträge in der richtung zu empfangen. Zum Tyrannion haben Sie mir ein lange liste von viertheilungen, die ich hätte berücksichtigen sollen, in sehr höflicher form der praeteritio vorgeführt. Gewiss sollten sie als äusserungen des gleichen triebes anerkannt werden. Aber sie lagen sämmtlich ausserhalb des gesichtsfeldes meiner betrachtung, die ausschliesslich auf die spuren durchgeführter viertheiliger systematik gerichtet sein konnte. Dass Ihre publication der alten medic, doxographie sich verzögert, ist schade. Vielleicht aber gut, wenn Sie dadurch veranlassung erhalten τον εις Κόρινθο ν πλουν ποιήσασθαι. Das würde Sie so nahe an Bonn vorüberführen, dass Sie den seitenabstecher nicht unterlassen dürften. Also Mommsen haben Sie wirklich zurücktreten lassen? Gab es kein mittel ihn zu halten? Ich fürchte, es wird arges gerede über intriguen und gott weiss was in der bösen weit geben. Und unter diesem gesichtspunkt kann ich nur halbe freude darüber empfinden, wenn wir am freitag lesen werden, Diels und 455
X sind zu secretaren der Akad. an stelle von M[ommsen] und C[urtius] erwählt worden. Ich hätte [mich] über diese anerkennung, die Ihnen über kurz oder lang sicher war, so gerne rein und voll gefreut. Indessen ist mir der hergang selbst noch dunkel; und ich werde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie mir gelegentlich näheres mittheilen wollten. WDilthey pflegt nur bei positivem anlass zu schreiben. Gestatten Sie mir auf früheres zurückzukommen. Ich habe mehrfach in briefen an Sie meiner privaten empfindung über diesen und jenen unmittelbaren ausdruck gegeben; so erinnere ich mich einer äusserung über Harnacks philologisches vermögen. Ich bitte Sie dringend, von dergleichen äusserungen in keiner weise irgend welchen gebrauch zu machen, auch nicht näheren freunden gegenüber. Man kann nie wissen, was daraus entsteht, wie und mit welchen entstellungen das weiter erzählt wird. Mommsen hat mir auf diese weise mehr als einmal einen schlimmen dienst erwiesen. Haben Sie von dem papyrusblatt „vom herzen und dem herzbeutel" in Berlin (Wilcken im Hermes 2 8 , 1 6 2 anm. 1) kenntnis genommen? Hier gehts leidlich, aber zum arbeiten, ausser an hss. auf der bibl., bin ich in diesem Jahre noch nicht gekommen; die examina und, wie Sie sagen, die saison! Man muss sehr im zuge sein, um über diese hemmnisse hinübergetragen zu werden; wenn einem aber solch teufelspack von recensionen auf dem halse liegt und die freude am dasein verdirbt, rückt nichts von der stelle. Nächstens werde ich vielleicht n o c h i i n e stufe tiefer sinken und feuilletonist werden. Mit bestem gruss und herzlichen wünschen zum 23 febr. (ich werde den daumen für Sie einschlagen) Ihr H . Usener
278.
Usener an Diels Bonn, 26 febr. 93
Mein lieber Diels, Ihre vorhin eingetroffene postkarte veranlasst mich zu sofortiger antwort um ein missverständniss klar und nett abzuschneiden. Sie suchen hinter meiner bitte oder frage hinsichtlich meiner brieflichen äusserungen über Harnack einen „bericht oder combination". Weder das eine noch das andere ist der fall. Sondern ich schrieb das einfach in dem missbehagen, mich vielleicht in unmittelbarer empfindung stärker geäussert zu haben als ich verantworten könnte. Wie ich dazu kam, will ich Ihnen sagen, damit Sie klar sehen. Vor einiger zeit Hess mir ein college (Schaarschmidt), der während des winters längere zeit in Berlin gewesen war und manche gelegenheit (z.b. in häufi456
gem verkehr mit Althoff) hatte Beobachtungen zu machen, durch meine frau die warnung zukommen, in meinen briefen nach Berlm vorsichtiger zu sein. Es ist nicht meine art, dergleichen dinge zu verfolgen, und ich würde es unter meiner würde halten den collegen nach der substanz seiner warnung zu befragen, zumal derselbe vielleicht durch angabe seiner gründe eine indiscretion begehen könnte. Wahrscheinlich geht das ganze auf einen oder zwei briefe an Mommsen zurück, der in einem falle einen unglaublichen vertrauensbruch sich auf meine kosten erlaubt hat: um Althoff zu ärgern, packte er einen brief, in dem ich meines herzens gefühle über unsere unterrichtsverwaltung sehr rückhaltlos geäussert hatte, einfach in ein couvert und sandte ihn an A. zu gefälliger kenntnissnahme. Dass ich in derselben angelegenheit auch an A. selbst sehr energisch schrieb, hat denselben schwerlich, obwohl er es behauptet, so verdrossen als der an M. gerichtete und von diesem weiter expedierte brief. Seitdem hüte ich mich freilich M. gelegenheit zu ähnlichen scherzen zu geben. Aber Sie begreifen, dass die allgemein gehaltene warnung, die mir zukam, mich ängstlich machte. Und gerade in dem betreffenden falle wäre es denkbar gewesen, dass Sie in der besten absieht, um Ihr eignes urtheil zu stützen, schwankenden collegen gegenüber sich auf meine äusserungen bezogen hätten. Das ist an sich etwas natürliches, dass es einer besonderen bitte werth zu sein schien, aus rücksicht auf die folgen, die es für mich haben könnte, davon abzusehn. Auch wenn Sie sich darüber beklagen, „dass ich dem 23 febr. (bezw. 9 märz) eine solche spitze gegeben", thun Sie mir unrecht. Ich war der meinung, dass, wenn eine neuwahl der secretare Ihrer klasse stattfinde, Sie als einer der vorzugsweise geeigneten in betracht kommen müssten, und wusste dass ich mit dieser meinung nicht allein stehe. Mit der krise Ihrer ak. habe ich diese personenfrage auch nicht im entferntesten in Zusammenhang gebracht; ich habe nur bedauert, dass das grosse publikum, uneingeweiht wie es ist, namentlich im ausland einen falschen causalnexus herstellen würde. Aber weit tiefer müsste ich freilich bedauern, wenn die Ursache von M.'s rücktritt ihre schatten auch auf den Wahlakt werfen und eine unbefangene wähl der an sich geeignetsten persönlichkeiten erschweren oder gar hintertreiben sollte. Wen Sie mit dem ,todtengräber£ meinen, weiss ich nicht. Wenn ich richtig rathe, so thut mir das ausserordentlich leid. Gerade die thüre habe ich mich redlich bemüht für vernünftigere auffassung der sache zu öffnen. Den höhepunkt der examenfluth habe ich gestern mit 4 stück, darunter zwei vollprüfungen (cl. phil. für alle classen) überwunden; heute laboriere ich am katzenjammer der Protokolle und Zeugnisse. Wie kommen denn Sie mit den von der realschule vorbereiteten Romanisten bei der Lateinprüfung für untere cl. aus? Das ist eine grausame plage. Mit bestem gruss von haus zu haus Ihr HUsener 457
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Diels an Usener 26. März 1893. London 36 Woburn Place Russel Square W C .
Verehrter Herr Geheime Rat, Die Ruhe des ersten Londoner Sonntags erinnert mich an den letzten im schönen Bonn verlebten Sonntag und erinnert mich daran, dass ich einige Aufträge für Sie in Empfang genommen habe. Leider kann ich Ihnen darüber nichts mitteilen, da Hr. Bywater in Italien (unbekannt wo) für die Osterferien verreist ist. Wegen der Oxforder Hdss. werden Sie Sich wol am besten direct an Hrn. Dr. A. Neubauer Bodleyon Library Oxford wenden, der solche Anfragen gerne beantwortet und amtlich dazu autorisirt ist. Hier konnte ich die Sache nicht mit Sicherheit constatiren. In Betreff des Dionysios wird es wol am besten sein Bywaters Rückkunft Ende April zu erwarten, der Ihnen jedenfalls den besten Rat erteilen wird. Das beste wäre freilich, wenn Sie herüberkämen. Ich habe es in meinem Board ganz gut getroffen und es ist rührend zu sehen, wie die zum Dinner versammelten englischen und deutschen Gäste meinem Englisch auf die Beine zu helfen suchen. Die Hauptsache ist das Arbeiten im Britischen Museum, das trotz seines Ruhmes meine Erwartungen doch übertroffen hat. Ich sehe zugleich, wie thöricht es war, von Berlin aus solche Reconstructionen zu unternehmen, wo der Augenschein von 10 Möglichkeiten, die man suggeriren kann, sofort 9 zu Boden schlägt. Ich habe 11 Columnen durchgemacht (von circa 40) und bin nur an ganz wenigen Stellen, wo überhaupt noch etwas zu hoffen war, im Zweifel geblieben. Von dieser Conjecturalarbeit freilich wird man später nichts sehen, und doch sitze ich manchmal eine Stunde über einem Worte. Der Londoner Nebel hat mich zweimal bös gehindert. Die ganze Luft war dunkelbraun und selbst in den Zimmern zum Ersticken. Das electrische Licht, das dann angezündet wird, hilft für meine Zwecke doch wenig. Die Temperatur ist sonst sehr behaglich ca. 15° und meistens sonnig. Die Stadt imponirt durch die Massen, aber ich habe noch wenig davon gesehen. Heute will ich mit einem jungen Englishman in die Westminsterkirche gehen, um das Gebäude und den Cultus mir anzusehen. Doch ich rieche schon den Spuk. Es klingelt zum ersten Frühstück (heute Vi 10 Uhr). So schliesse ich mit den besten Grüssen und meinem herzlichsten Dank für Ihre gastliche Aufnahme an Sie und Ihre liebe Frau. Auch Ihre Jugend bitte ich bestens grüssen zu wollen. Ihr dankbarer H. Diels
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280.
Usener an Diels
Bonn, 1 mai 1893 Lieber freund, zum Walpurgistag will ich Sie bewillkommnen, denn inzwischen haben Sie London im rücken gelassen, und sind mit reicher ausbeute beladen wieder in Berlin eingezogen. Während Sie fleissig waren, bin ich faul gewesen, abgesehn von meinen dummen legenden. Ich habe nur so eine art novelle geschrieben, ganz kurz, aber sie hat mir grosse mühe, weit mehr als ich ahnte, da ich munter zur feder griff, verursacht. Man muss zuweilen einen solchen versuch machen, um einen klaren begriff von der geistigen arbeit zu erhalten, die hinter den einfachsten und scheinbar sich von selbst ergebenden dichtungen auch prosaischer form liegt. Ich glaube, es war eine gute Vorbereitung zur interpretation des Symposion. Man kann ordentlich von einer sache doch erst reden, wenn man selbst hinter die hecke geguckt hat. Doch: haec inter nos. Zu lesen bekommen werden Sie das ding nicht, ich verstecke mich wohlweislich hinter einem pseudonymon. Vor Zeiten, als ich die Syrian-papiere an die akademie abzugeben hatte, verlangte man von mir alle Brandis'sche papiere, die ich hätte, und fand es nicht unbillig, dass ich auch solche stücke auslieferte, die mir Brandis privatim überantwortet und geschenkt hatte, und die mit den Arist. commentatoren in keinem Zusammenhang standen. So habe ich damals die von mir in 1 band zusammengestellten abschriften u. notizen zu (Alexandri) problemata eingesandt. Dieser tage aber fällt mir noch ein vergessener extravagant dieser art in die hände: collationen zu Laert. Diog. X: da die blätter keinen werth mehr für mich haben (Sie selbst sehen sie vielleicht einmal ein), übergebe ich sie Ihnen anbei, damit Sie dieselben zu den übrigen papieren von Brandis legen. Vorgestern erhielt ich durch einen stud, aus Florenz die wohlgelungenen platten von den 12 seiten des alten Florent, hemerologion, deren herstellung Vitelli überwacht hat. Und nun stände dem abschluss der arbeit nichts mehr im wege, wenn ich nicht das Weihnachtsbuch (von heft I—II ist nur noch ein exemplar vorhanden) vorab fertig stellen müsste. N u n aber erhebt sich eine Schwierigkeit. In Italien besteht eine ministerielle Verordnung, wonach von photographischen nachbildungen ital. handschriften die negativen eigenthum der bibliothek sein sollen. Der gute d r Rostagno in seinem dilemma zwischen amtspflicht und persönlicher Verpflichtung hat mir die platten überantwortet, aber nur auf kurze zeit. Ich muss möglichst bald suchen die phototypische nachbildung zu bewerkstelligen, um die negativen zurückliefern zu können. Was thun? Ich könnte frühestens im herbste nach Berlin kommen um in der Reichsdruckerei die anfertigung einzuleiten. Aber ich kann das nicht anders als wenn ich sicher weiss, in welcher weise die Veröffentlichung erfolgen soll. Ist 459
aussieht, dass die Akad. meine arbeit nicht nur unter die Abhandlungen aufnehmen, sondern auch zur herstellung der phototypischen tafeln (es sind ihrer 22, am liebsten hätte ich unter zugäbe einer palaeographisch wichtigen seite 23) bereit sein würde. Die auslagen für die negat. glasplatten (60 Gulden in Leiden und etwa 60 Mark in Florenz) sind mir dabei nebensächlich; ich würde gar nicht davon reden, wenn nicht prof. Loeschcke behauptete, es sei das principienfrage. Ich mag die frage nicht an Mommsen richten, der immer sehr eifrig ist, aber auch ebenso starke confusionen macht, und erlaube mir daher bei Ihnen anzufragen. Einreichen müsste ich aber die arbeit doch wohl an Mommsen, dem die fragen am nächsten stehn. Für heute genug. Meine frau ist nun schon wieder eine woche lang bei mir; sie hat 2 schöne wochen in Hamburg verlebt, wo Mariechen noch ist, die sich nun wohl via Rostock langsam auf Berlin zu bewegen beginnen wird. Herzlichste grüsse, und besten dank für Ihren Londoner brief von Ihrem H. Usener
281.
Diels an Usener
Antw. 17/Vpostk.
Berlin, den 6. Mai 1893. W Magdeburgerstr. 20.™
Lieber Herr Geheime Rat, Ich stecke so in meinem Papyrus, der mich nun seit Weihnachten Tag und Nacht beschäftigt, dass ich nur mit Gewalt herausgerissen werde. Sonst hätte ich Ihnen schon längst über London genaueres berichtet, was ich jetzt auf Wien verschiebe. Ich spreche heute nur von Ihren Chronologicis, deren baldige und würdige Herausgabe mir ja auch ein klein wenig am Herzen liegen muss. Ich habe zunächst eine Berechnung der Reichsdruckerei erbeten. Die Platten können nur als Phototypien (Lichtdrucke) hergestellt werden und kosten wenn der Rand des Pergaments vollständig kommt das Stück in der vorgeschriebenen Auflage von 450 Exempl. M. 85, wenn man sich bloss auf die Schrift beschränkt 75. Also 85 χ 23 = 1955 (resp. 75 χ 23 = 1725 M.) Dazu kommen selbstverständlich die Negativkosten M. 60 + Fl. 60 = M. 162 also S a S a r u m M. 2117 resp. 188Z Der Satz Druck Papier kostet etwa M. 100 pro Bogen 4°. Gestern sprach ich nun mit Mommsen. Er meinte, die Arbeit sei eine recht akademische. Aber es sei zweifelhaft, ob ihr Erscheinen in den Abhandlungen das rationellste sei. Unsere Abhandlungen seien buchhändlerisch tote Waare, da die Auflage zu klein ist um buchhändlerisch vertrieben zu werden. Das ist richtig. Die Dinge liegen vergraben. Zweitens werde der Herstellungspreis 460
durch die Verbindung mit der Reichsdruckerei unverhältnissmässig hoch. Das ist auch richtig. Allein die Platten, schätze ich, würden anderswo nicht viel über M. 1000 zu stehen kommen. Ich konnte Mommsen nun freilich nicht Ihre speciellen Erfahrungen mit Verlegern etc. mitteilen und erhielt nur am Schluss das Versprechen er würde für eine Subvention, die jedem Verleger eine anständige und vollständige Publication ermögliche, eintreten. Ehe ich nun in dieser Richtung weitere Schritte unternehme, wollte ich Ihnen dies mitteilen und um Ihre Directive bitten. Was die italienischen Negative betrifft, so hat die Sache weniger Eile. Denn wenn das Gesetz das Eigentum den ital. Bibl. reservirt, so verbietet es nicht das Leihen. Aber die ganze Ubersendung der Negative hatte eigentlich keinen Wert. Denn wie mir der Beamte der Reichsdruckerei mitteilt, können sie die Negative direct gar nicht brauchen, sie müssen immer vom Positiv ausgehen. Das Negativ hat also nur den Vorteil, dass man ev. bessere Positive sich machen lassen kann. Nur für den Fall, dass die Positive verblichen sind, wird man neue herstellen. Sonst sind gute Abdrücke durchaus als Unterlage der Phototypie geeignet. Ich würde also keine Schwierigkeit darin sehen, die Negative zurückgehen zu lassen, falls Sie gute Copien haben und durch tüchtiges Einhüllen in undurchsichtiges Papier resp. Aufbewahren in Blechkisten für ihre Conservierung sorgen können. Von den hiesigen Negativen wird man allerdings neue Abdrücke machen lassen müssen, aber das ist ja keine grosse Sache. Ich erwarte nun Ihre weitere Entschliessungen und werde mich, davon sind Sie wol überzeugt, der Sache in jeder Weise annehmen. Mit herzlichen Grüssen an die lieben Ihrigen in Eile Ihr H. Diels. Haben Sie Notiz genommen von den Ungezogenheiten Ihres alten Freundes Brieger? Für die Brandisiana besten Dank!
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Diels an Usener Berlin, den 23. Juli 1893. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrtester Freund, Soeben erhalte ich Bywaters Antwort, die so lange ausgeblieben ist, weil er nach endlosem Suchen festgestellt hat, dass von 230 Hdss., die im Catal. Codd. Angliae et Hiberniae als Besitz der Westminster Bibliothek verzeichnet sind (ich fragte nach einem Pindar) nur noch sechs vorhanden sind. Alle übrigen sind spurlos verschwunden! Was nun den Dionysios anbetrifft, so schreibt er wörtlich: 461
„As regards Usener's Dionysius, I suppose you refer to the edition of his literary works on which U . has been working. (Hatte ich gesagt.) I should think it an honour to our Press, if it could bring out such a book, and would gladly propose it to my Colleagues, though it is not quite certain that I should carry my proposal as we have a considerable number of pure ,Philistines' among us. Before making the proposal (it cannot be made before October) it will be necessary for me to have in my hands an autoritative statement as to the size and scope of the book - the size more especially, as we like to know beforehand the amount of money that will have to be reserved to print the book when ready." Mir scheint das so gut wie abgemacht. Denn daß Bywater als vorsichtiger Mann sich den Rücken deckt, ist begreiflich. N u n von den Geschäften zum Persönlichen. Ich hoffe, dass die wunderbaren Tage von Wien [24.-27 Mai] wie alle so auch Dich erfrischt und erfreut haben. Mir konnten sie nicht ganz so wol thun, weil mich sofort beim Eintritt hier eine grosse Menge von teils widerwärtigen teils lästigen Geschäften empfing, die mich ganz in Beschlag nahmen und z.B. mich versäumen Hessen mich nach Mariens Befinden, wie ich versprochen hatte, zu erkundigen. Hoffentlich ist sie jetzt wieder wohl und munter. Unsere Familie ist seit einigen Wochen gespalten. Meine Frau weilt in Wiesbaden mit den beiden jüngeren Söhnen und sie hat es da merkwürdiger Weise erträglicher als hier, wo eine satanische Hitze und jetzt Schwüle herrscht. Der Stud. bot. weilt unterdes hier bis Anfang August, wo wir auch nach Wiesbaden übersiedeln, um von dort meine Schwester in Freiburg 7Br. (Frau Oberstl. Meyer) und dann die Schweiz zu besuchen. Die Jugend bleibt dann bei den Grosseltern. Ein junger Gelehrter Hiller v. Gärtringen, der die Inschr. von Rhodos auf eigne Kosten gesammelt hat und sie nun als ersten Fascikel des Corpus Insularum herausgibt (das hat Mühe gekostet den alten Kirchhoff dazu zu bringen) hat mir eine astronomische Tafel vorgelegt, die ich Heiberg und Förster (für den letzteren die Umschrift der Zahlen) gezeigt habe ohne Erfolg. Vielleicht siehst D u auf den ersten Blick, worum es sich handelt. Ich bin dieser Tage auf einen Autor geführt worden, den ich vorher nicht einmal dem Namen nach kannte, Hermippos ed. Bloch (Hauniae 1830). Ein interessantes Cap. daraus hatte bereits J. G . Schneider Theophrast I publiciert (was Norden neulich benutzt hat wegen der Democritischen Tiertheorie). Mich interessiert ein, wie ich glaube, echtes Fragm. (resp. Bericht) Democrits über die Dämonen. Fabricius scheint den Autor des Hermippus ins 4. 5 Jahrh. zu setzen. Ich würde lieber ins 6. gehen, aber nicht später. Wenn Dir etwas näheres bekannt ist, was ich bei diesem Lieblingsgebiet voraussetze, so bitte ich freundlichst darum. Zum Capitel des französischen, philologischen Nachwuchses, worüber wir, glaub ich, einmal sprachen, liefert die neueste Revue de philologie S. 108 ein schönes 462
Beispiel. Mr. Couvreur entdeckt ein neues Fragment des Parmenides und leistet sich den Vers οΰτε γαρ ούνόματ' οΰτ' αυτού γ' εστίν λόγος ουδείς. Er weiss nicht dass jenes Citât bei Proci, in Crat. bereits bei Karsten steht und dass es sich auf Piatos Parmenides p. 142 A bezieht. Genau so unwissend ist das neueste Heft des Bulletin de Corr. hell., wo auf einer teilweise diabetischen Inschrift von Kos der dorische Genetiv auf ω (in der Datirung des Beamten!) als Dativ angestaunt wird und wunderschöne Epigramme der besten Zeit, weil sie nicht gelesen und ergänzt werden können von Homolle(!) als gefälscht bezeichnet werden. Ich bedaure das um so mehr als sie durch ihre Mittel und Verbindungen mit dem schönsten Materiale überschwemmt werden. Eine Überschwemmung mit alten Hdss. steht ja nun auch bevor, wenn die alten Königsgräber in Alexandreia sich aufthun. Bis jetzt freilich ist die Aufregung über die „Pergament" hdss. grösser in den nichtphilologischen Kreisen. Warten wir's ab, bis die Maus geboren ist. Du wirst jedenfalls durch Bücheler von dem Fortgang der Thesaurusangelegenheit unterrichtet sein. Ich freue mich, dass das Unternehmen an ihm die wissenschaftliche und moralische Stütze bekommen hat, obgleich ich seinen Optimismus Wfölfflin] gegenüber nicht teile. In den nächsten Wochen wird die constituirende Versammlung der Akademievertreter vermutlich stattfinden; es wäre mir persönlich nicht angenehm (was mir angedeutet ist) darunter sein zu müssen. Hoffentlich findet sich noch ein anderer, der bereit ist seine Ferienerholung auf dem Altar des Thesaurus zu opfern. H. Schöne, der jeden morgen präcis Ζ 30 in meiner Vorlesung antritt (ich lese um weiter zu kommen griech. Philosophie seit 14 Tagen von Ζ 30 präc. bis 9, was erfreulich fleckt) liest die Iatrica mit mir und ist mir durch seine Vorschläge, die freilich nur z. kleinen Teil acceptabel sind, nützlich. Denn wenn ich auch von dem Grundsatze ausgehe, den unbekannten Autor nicht schöner zu machen als er ist und daher vieles in seiner Borstigkeit stehen lasse, so ist doch ein solcher Mentor immer nützlich. Der Stolz der kleinen Ausgabe (ca. 5 Bogen) soll der Index werden, auf den ich jedenfalls viel Zeit verwende. Anbei folgt oder vielmehr geht voran der Wiener Vortrag. Leider habe ich keinen Separatabzug der M. Allgem. erhalten. Ich hätte ihn gern wegen meiner Vorlesung über Relig. im Winter gehabt. Denn bis Teubner die Verh. druckt und herausgibt, wird es 1894. Die schöne Geschichte vom Guine fortis steht bei Etienne de Bourbon ed. Lecoy Paris 1877, 325 ff. (Société de l'histoire de France 185). Ich habe das Buch ganz durchgelesen ohne sonst Originelles zu finden. Mit besten Wünschen für den Schluss des Semesters und freundlichen Grüssen an die Damen und Herren des Hauses Dein treulichst ergebner H . Diels.
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Usener an Diels Bonn, 31 juli 93
Mein lieber Diels, vielen dank für Deinen eingehenden und erfrischenden brief, vorab für die vermittelung bei Bywater. Dass ich nicht schneller geantwortet, hat seinen einfachen grund darin, dass es mir bei meiner heimkehr ebenso und noch schlimmer ergieng. Geschäfte aller art, lange buchförmige dissertationen, Prüfungsarbeiten, endlose facultätsverhandlungen mit ärger und besonderen berichten, und dazwischen Vorlesung und eine viele zeit und arbeit erfordernde seminaraufgabe (Lucanus seit vielleicht 20 jähren einmal wieder). Und in den ersten wochen hatte ich meinen lungenkatarrh auszucurieren, der sich in Wien und auf der Weiterreise ungehindert weiter entwickelt hatte. Ich fühle mich etwas müde und abgehetzt, werde mir aber morgen, wo ich das Symposion beendige und das seminar schliesse, ruhe schaffen, so dass ich für den rest der woche nur feste zu feiern habe - 75jähriges bestehn der Universität, nicht officiell, nur officios gefeiert. Heute abend gibt die Stadt ein gartenfest mit feuerwerk und obligatem regen, morgen abend fackelzug, mittwoch abend kommers, donnerstag dies aquademicus (3 aug.) mit Godesberger festessen - dann hat die arme seele ruhe. Was ich aber dann treibe, weiss ich noch gar nicht, vorläufig hatte ich nicht die Stimmung daran zu denken. Heraus muss ich wohl, schon um meine äugen auf grüne weide zu führen; noch nöthiger thuts meiner frau. Dass Du mich um den Wiener vortrag mahnen musstest, war mir arg. Ich war mit einer nachbestellung von exemplaren, die ich nicht an die directe adresse gerichtet hatte, sitzen gelassen worden. Erst Deine mahnung hat mich veranlasst an die expedition selbst zu schreiben, und da habe ich denn gestern das gewünschte erhalten. In dem zweiten druck wird eine ausführung über den heros Lykos (als beispiel) und, besonders für die Italiker,'genaue nachweisungen des inschriftl. stoffes in den anmerkungen zugegeben werden. Den dialog Eudemos kannte ich wohl, hatte ihn aber auch bei seite gelassen. Jetzt wo ich ihn anlas, gemahnten mich die ersten seiten zunächst an die Byzantinischen nachbildungen Lukians; aber je weiter ich las, desto mehr musste ich Dir recht geben, dass er in frühere zeit gehört. Es ist ein überraschend selbständig denkender Platoniker, der das schreibt. Aber das Christenthum ist allgemeiner glaube der zeit; vor 529 hätte eine Platoniker so nicht p. 11 f. geschrieben. Ich würde, bis festere anhalte gewonnen sind, die ich zunächst nicht habe, etwa an die zweite hälfte des VI jhdts denken, die noch schriftsteiler wie Agathias erzeugte. Die astron. inschrift von Rhodos ist äusserst merkwürdig. Ich möchte sie ganz verstehn, und meine, dass das möglich sein muss. War bei meinem astr.
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collegen Küstner um das einzelne mit ihm zu durchsprechen. Er hat sich Dein blatt zurückbehalten, und will weiter darüber brüten. Was sollen zb. κατά σχήμα διέξοδοι sein? Aus den zahlen, wenn sie auch unvollständig erhalten sind, muss sich das ergeben. Ich glaube, dass der Verfasser, der doch wohl vorhipparchisch ist, eine berechnung des grossen jahres auf stein verewigen wollte, zu welchem ende er die summe der umläufe jedes planeten genau aufzeichnete. Doch darüber kann erst aus genauerer discussion ein urtheil gewonnen werden. Bücheler schliesst morgen, um dann in München mit Wölfflin den Eurer commission vorzulegenden arbeitsplan etc. zu entwerfen. Warst Du in Coburg? Gründlich habe ich mich geärgert, als ich - nach Deiner abreise Deinen brief über die reproduction der hemerolog. photographien entdeckte, den ich mit Dir hatte durchsprechen wollen. N u n ist die schöne gelegenheit vorbei, und da Du südwärts strebst, haben wir am ende auch keine hoffnung Dich auf der reise hier zu sehn? Wenn dies von Dir abgewiesen wird, solltest Du mir aber doch von Wiesb. aus in aller kürze Deine weiteren pläne, so weit möglich, genau angeben, damit, wenn eine kreuzung Deiner pfade ausführbar ist, wir sie ins auge fassen können. Mit herzlichsten grüssen Dein H . Usener
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Diels an Usener Berlin, den 28. Septemb. 1893. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Obgleich ich noch keine Kunde erhalten habe, dass Du wieder in Bonn angekommen, ja nicht einmal erfahren habe, wo Eure diesjährige Reise hingegangen ist, so falle ich doch auf gut Glück ins Haus, da ich eine zwar nicht wichtige aber allein von Dir zu lösende Frage vorhabe. Meine Iatrika, die ich seit etwa 3 Wochen (nachdem ich mit meiner Frau angenehme Tage am Vierwaldstättersee und Interlaken verbracht und in der ersten Septemberwoche wieder heimgekehrt war) gefördert und nun im Drucke abgeschlossen habe (nur die sehr ausführlichen Indices, der Namenindex nach dem Muster v. Keil Plinius Secundus, sind noch im Satze), möchte ich für die Präfatio, die auf der rechten Seite ungeschickt ausläuft noch eine Frage als Lückenbüsser oder Epimetrum hinzufügen, nemlich nach dem über Νόσοι in dem freien Räume stehenden, halbverwischten Titel, wo ich (wie ich jetzt sehe) unmöglich [Αίτιο]λογικός vermutet 465
hatte. Eine bessere Photographie der Stelle lässt mich nemlich λα . ος erkennen und da ist mir der Gedanke gekommen in Erinnerung an die Excerpte beim Ammonius (L. 1822 S. 178) έτέρως περί βαρβαρισμού κατά πλάτος und περί σολοικίας κατά πλάθος, ob nicht [κατά π]λά[τ]ος νόσοι die Bemerkung des Schreibers bedeuten soll, dass er hier nicht kurz excerpirt, sondern in extenso seine Vorlage wiedergibt. Ich weiss dass πλάτος auch die fast entgegengesetzte Bedeutung hat ,summatim'; und D u hast ja „platice" diese dargelegt. Aber die andere ist doch in solchen Buchtiteln die übliche, wie namentlich die πλάτος ausgabe des Aelian (Lambros Suppl. Ar. I p. X I / X I I ) und Diog. VII 76 mir zu beweisen scheint. D a Du, wie ich aus späteren Gesprächen weiss, die Frage im Auge behalten, so wäre es mir lieb, wenn ich, ehe ich losschiesse, Dein Material und vor allem Dein Urteil nutzen könnte. Dass der Thesaurus durch Büchelers Weigerung, mit W[ölfflin] zusammenzugehen, zusammenfällt, wenigstens soweit wir damit zu thun haben, scheint mir ziemlich sicher. Ich hatte gehofft, dass B. die wissenschaftlichen und moralischen Defecte des Andern durch seinen Uberschuss decken würde, aber es scheint nicht zu gehen. U n d so wird denn die Sache vermuthlich nur südlich weiter gehen, was ich aus verschiedenen Gründen lebhaft bedaure. Ich schrieb Dir darüber, weil ich annehme, dass Bücheler Dich im Laufenden erhalten. U n d Dein Urteil hierüber wäre mir noch wertvoller als über das πλάτος. Ich hoffe, dass Dich die Sommerfrische von allen Überbleibseln der Pfingsterkältung gereinigt und gestärkt hat. Mir ist's unterwegs besser gegangen wie lange, aber in den ersten Tagen hier hatte ich ein Memento meines Leibübels zu bestehen, das mir zeigte, dass man trotz aller Proben von Philologenfestlichkeit und =festigkeit nicht allzu leichtsinnig werden dürfe. D a lob ich mir die Haut des alten Zeller, der aus seiner Sommerfrische gestern wieder völlig verjüngt zurückgekehrt ist. N u n wird er sich wol bald, da wol Stumpf uns sicher ist, aufs Altenteil zurückziehen; leider zieht das ewig Weibliche nach dem geliebten Schwaben, wogegen wir, namentlich] auch Dilthey, vergeblich ankämpfen werden. Mit freundlichen Grüssen auch von meiner Frau an das ganze Haus Usener Dein getreuer H . Diels
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Usener an Diels Bonn, Allerheiligen [1. Nov.] 1893
Liebster Diels, die Zeilen meiner frau vermag ich nicht ohne einen gruss von meiner hand abgehn zu lassen. Auch meinerseits muss ich für die liebenswürdige gäbe und die heimathlichen worte, mit denen D u sie begleitest, danken. Von Euren Verhandlungen u. beschlüssen hat mir Bücheler erzählt; er hatte für Deine organisatorischen und diplomatischen gaben sichtlich eine sehr günstige meinung mitgenommen. Er schien so weit befriedigt, auch mit seinem eignen entschluss zufrieden, nur dass ihm zweifelhaft war, ob nicht Wölfflin sein starkes missbehagen durch irgend eine tücke, beispielsweise rücktritt, bethätigen werde. Mir will bei Eurer anordnung das Homerische wort ουκ αγαθόν πολικοιρανίη nicht aus dem sinne. Freilich beim CILat. gab es auch ursprünglich einen Τρικάρανος an der spitze: Mommsen, C B de Rossi, Henzen; der eine hat auch mit diesen mitdirectoren zu herrschen gewusst. Irgendwie muss sich die dreiheit zu einer thatkräftigen einheit zuspitzen, wenn nicht morgen, dann übermorgen. Inzwischen werdet auch ihr mitten in der thätigkeit sein, ich seit heute vor 8 tagen. Ich kam erst in der nacht auf montag 23 oct. hier an, das reisefieber steckte mir noch so in den gliedern, dass ich einen tag weiter mir ruhe gab; meine meisten collegen begannen gar erst am donnerstag. - Dein anliegen betr. Bywaters zu besorgen war mir eine pflicht; ich schrieb an hrn Wilson lateinisch, nur über Bywater, eine abfällige kritik Rutherfords schien mir unzulässig. Es kreuzte sich damit ein directer brief Wilsons an mich, der mich zu einem urtheil über Ruth, aufforderte: das hab ich dann gegeben, ich hoffe, gerecht, u. dabei ausgesprochen, dass von deutschen gelehrten nicht wohl einer zweifeln werde dass des ,prof. reg.' Byw. der würdigere sei. Viel arbeit u. Zerstreuung. Lass es Dir und den Deinen wohlgehn. Mit treuen grüssen Dein H. Usener
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Diels an Usener Berlin, den 30. Dez. 1893. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Ich darf das ablaufende Jahr, das mir soviele glückliche Tage im Zusammensein mit Dir bescheert hat, nicht vorübergehn lassen, ohne Dir dafür recht von Herzen noch einmal gedankt und das Wenige berichtet zu haben, das seit Dei467
nem Weggange uns begegnet ist. Glücklicher Weise ist meine Familie im Ganzen gesund geblieben, namentlich die Kinder, dagegen habe ich nach der starken Erkältung die ich bereits zu Anfang des Semesters bekam, vor etwa 4 Wochen einen kurzen Influenzaanfall zu überstehen gehabt, der zwar rasch vorüberging, aber meinen Kopf und namentlich meinen Unterleib auf längere Zeit angegriffen hat. So bin ich wenig zu ernster Arbeit gekommen. Doch gab mir eine Untersuchung, zu der mich Kaibels Buch anstieß, Veranlassung die attische Prosalitteratur ziemlich ganz auf einen formalen Punkt hin durchzulesen, die richtige Beschäftigung für einen halbfrischen Kopf. Du wirst später sehen, wieviel oder wie wenig dabei herausgekommen ist. Die Sache selbst ist alt bei mir, nur hatte ich bisher keinen Anlaß sie im Zusammenhang zu behandeln. Sie gewinnt eben nur im größeren Zusammenhang soviel Bedeutung, daß man davon reden darf. Mit der Thesaurussache hatte ich noch viel Hin und Her, jetzt haben sich alle Akademien einstimmig dafür ausgesprochen. Es fehlt nur noch der nervus rerum. Gestern war Gercke bei mir. Er hat komische Kämpfe mit der Facultät dort zu bestehen gehabt. Aber er hat sich durchgekämpft und liest dort und leitet das Proseminar. Sehr rosig ist seine Stimmung nicht. Er will nun zunächst mit seinen Senecauntersuchungen (Quellenuntersuchungen u. Handschriftenclassirung) vorgehen. Er empfindet es schwer, daß er Deine Gunst nicht mehr wie früher besitzt. Ich konnte ihm den Grund nicht sagen, aber er dauert mich recht. Ich habe ihm früher von der Carriere abgeraten, nun aber glaube ich, da er sich den Leichtsinn etwas abgelaufen und auch wissenschaftlich, wie mir scheint ernster geworden ist, daß er eine Beförderung verdient. Wir kennen seine Schwäche, da wir ihn genauer beobachtet haben, aber es ist doch ein gescheuter u. fruchtbarer Mensch. Aber wenn ich mir hier unsere Privatdozenten ansehe, den kranken Rothstein, der nichts mehr producirt, nachdem er sein kleines Talentchen zur Privatdozentur und einer reichen Frau verbraucht hat, den ebenfalls kranken Thomas, der 15 Jahre über seinen paar Conjecturen und Rettungen gesessen, und mündlich einen äußerst dürftigen Eindruck macht, endlich den frechen Jüngling Fröhde, der die Wissenschaft mit Berliner Unverfrorenheit erobern will, so muß ich unsern Gercke doch höher stellen, wie auch Wilamowitz einen entschieden günstigen Eindruck von ihm erhalten hat. Er hat das Unglück gehabt die Anspielmethode, die andere unglücklich misbraucht hatten, nun durch seine Consequenzmacherei todt zu reiten. Dafür mußte er s.Z. büßen. Aber ich glaube doch, daß jetzt, wo brave Musikanten wie Gundermann und Rossbach vorankommen, auch an G[ercke] gedacht werden könnte. Mit herzlichen Wünschen für Deine ganze Familie und für Dich schließt Dein H. Diels Wie steht's mit Dionys und den Chronologica? 468
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Usener an Diels Bonn, 31 dec. 93
Mein lieber freund, Ich danke Dir von herzen, dass D u vor schluss des jahres so freundlich meiner gedacht hast. Ich empfinde das dankbar, wenn ich auch dadurch glühende kohlen unter die füsse bekommen habe. Schon längst liegt der abzug des Wiener vortrags bereit um an Dich abzugehn. Ich hatte keine rechte freude mehr daran, ihn an philologen mitzutheilen, seit ich an einem punkte die philologische schwäche klarer empfinde. Im übrigen ist es auch mir in diesen wintermonaten nicht nach wünsch gegangen. Meine frau war seit der zweiten dekade des november vielfach leidend, und hat zuletzt einen influenza-anfall zu bestehn gehabt (nachdem wir alle ausser Mariechen daran mehr oder weniger zu leiden hatten) mit der unangenehmen folge quälender neuralgischer gesichtsschmerzen, die sich nach einer pause von 4 tagen wiederholten und seitdem bis heute noch nicht gebannt sind. So habe ich mich in geschäftigem nichtsthun bewegt und zu dem zusammenhangenden schaffen, das allein befriedigung gewährt, weder zeit noch Stimmung gehabt. Anfangs trieb ich in mussestunden Dio Chrys., und habe mein entsetzen über die klägliche leistung von HvArnim gehabt; nun hat man die gruadlage, aber von dem was er daraus gemacht, ist zunächst das meiste wieder auf den hs.liehen status zurückzuführen. Das wimmelt von crassem nichtverstehn. Eine seminararbeit brachte mich dann auf Pindar, und das einzig erquickliche für „geist gemüth und publicität" was ich genossen verdanke ich Pindar und Aeschylus. Die mythologie quält mich sehr; wenn ich erst über den erratischen block hinüber wäre, der mir den weg verlegt! Aber ehe ich so weit komme, werde ich wohl vorher mein bestes, den gesunden schlaf, eingebüsst haben. Ich weiss nicht, ob ich mit Dir von diesen problemen gesprochen habe. Kaibels auseinandersetzung über Ar. stil habe ich mit grossem interesse und nicht ohne bewunderung gelesen. Er ist mächtig ausgewachsen. Freilich für meine ketzerische ansieht über den ursprung des werks hat er neue nahrung mir zugetragen. Dass D u damit beschäftigt bist, lässt mich hoffen, dass meine aufforderung an Bechtel, Dir die anzeige des buchs für die G G A n z . zu übertragen, nicht zu spät gekommen ist. Es sollte mich sehr freuen, wenn ich richtig conjiciere. Was D u über Gercke schreibst, hat mich recht gefreut. Es ist schon ein gutes zeichen, dass er es merkt, dass ich kühler gegen ihn geworden bin, obwohl ich in persönlicher berührung ihm dazu kaum gelegenheit gegeben habe. Aber früher wäre er zu einer solchen beobachtung kaum im stände gewesen, da er die freundlichkeit, rück- und nachsicht, die ich ihm entgegenbrachte des oheims [August Wilmanns'] wegen, seinem Verdienste beimass. Seine grossschneuzige
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manier ist mir allerdings mehr und mehr zuwider geworden; am meisten aber hatten mich die früchte seiner Theophraststudien (π. πυρός), die ich Vi jähr vor seiner habilitation mit ihm hier durchzusprechen hatte, entsetzt - es waren lauter taube nüsse, ein fortlaufender beweis, dass er sich in die denkweise alter physik nicht hatte hineinversetzen können. Alles andere ist nebensächlich. Aber er hat ganz richtig empfunden. Niemand wird sich mehr freuen als ich, wenn er sich die hörner abgestossen haben und bescheiden geworden sein wird, wie jeder in sich sein muss, aus dem was rechtes werden soll. Der herr prof, werden nächstens eine unerlaubte nascherei aus Bonn übersendet erhalten und nur ersucht jede vermuthung über den vermuthlichen autor zu unterdrücken. Etwaige kritiken und recriminationen können an meine adresse gerichtet werden; der bescheidene pseudonym [E. Schaffner] ist ein junger anfänger, der noch lernen möchte es besser zu machen und daher jede, auch scharfe kritik dankbar hinnehmen wird, wenn ich sie ihm appliciere. Zum neuen jähre wünsche ich Dir und den lieben Deinigen vor allem volle gesundheit und frische; möge es Euch recht viel schönes und gutes bringen. Das wünscht mit seinem ganzen hause Dein alter H . Usener
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Diels an Usener Berlin, den 8. Januar 1894. W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Deine Sylvesterstrena in dreifacher Gestalt hat mich sehr gefreut. Ich erneuerte in der Leetüre die schönen Wiener Tage und freute mich des neuen d. h. des Lykos, der mich auch schon, aber vergeblich gequält hatte. Der hoffnunsvolle junge Autor, dessen Märtyrerstücklein D u beilgelegt hast, hat mich mit seiner wirklich sehr hübschen Erzählung gerührt. O b unser gewöhnliches Publicum, wenigstens das norddeutsche ihn versteht, bezweifle ich. Warum macht er es auch nicht wie Ebers! Der kennt seine Leute beiderlei Geschlechtes. Mein Lob dem Autor durch Dich zu übersenden, unterlasse ich. Ich fürchte, D u würdest es machen wie unser Director Κ. Schwartz seligen Andenkens, der zugleich Schulrat war. Wenn er einen Brief erhielt, der nicht den Director sondern den Schulrat anging, setzte er den Hut auf und trug ihn einige Schritte weit auf die Regierung, wo er die Antwort schrieb. Solche Weitläufigkeit möchte ich Dir nicht zumuten. D u kannst aber ruhig sein. Das Schaffner'sche Geheimnis bleibt bei mir gewahrt. Sollte ich uneingeweihte Stimmen darüber hören, so werde ich s.Z. beichten. 470
Die Kaibel'sche Anzeige, die bei meinem Verhältnis zu ihm keine Recension sein konnte, ist gestern abgegangen. Ich habe 2,3 Punkte berührt, mehr nicht, und am Schlüsse auch das Problem der Autorenschaft mit Dir (natürlich pluraliter) verhandelt. So danke ich Dir nicht nur die Gelegenheit meine Gedanken, die ich dem Autor nur brieflich mitteilen wollte, an die grosse Glocke hängen zu dürfen, sondern auch die Gelegenheit ein wichtiges und, soviel ich bis jetzt sehe, exact nicht lösbares Problem zur erneuten Discussion (hoffentlich zur Anregung für Dich !) stellen zu können. Pindar und Aeschylus beschäftigten mich auch seit einiger Zeit mit Vorliebe. Ich gerate in Wut über die neuere Richtung beide Männer auf die ebenste Plattheit unserer entgötterten Welt- und Kunstanschauung herabzerren zu wollen. Dänen und Deutsche wetteifern darin und Wilamowitz ist auch nicht ganz frei von diesem Ton. Prometheus, den ich diesen Sommer und Herbst in der Graeca las, hat mich veranlasst, ihn für die Uebungen des Sommers aufs Programm zu setzen. Daneben ein Privatum über den Athenerstaat! Ich muss der Probleme Herr werden, wenigstens für mich, die Kaibel, aber namentlich Wilamowitz angeregt haben. Das kann man nur, wenn man sich zwingt, vor Andern über das Kleine und Grosse Rechenschaft abzulegen. Die nächsten Monate werden mir einige Preisarbeiten über die akademische Suidasaufgabe bringen. Ich mache bereits jetzt ein Kreuz davor. Die Nichtbestätigung des Sybel'schen Buches (Verdunpreis) (die übrigens noch nicht officiell ist) wirft einen bösen Schatten auf die 150jährige Gedenkfeier der Erneuerung unserer Academie, die durch die Anwesenheit S. M. beehrt werden sollte. Sybel war als Festredner vor 1 Monat ausersehen. Ich bin gespannt, wie sich das entwickeln wird. Für die freundlichen Neujahrswünsche danke ich mit dem ganzen Hause herzlich. Leider ist meine Frau wie ich nicht ganz frisch. Aber es wird vorübergehen wie sonst. Mit herzlichen Grüssen Dein getreuer H. Diels. Die chronologischen Beiträge sende ich mit bestem Danke zurück. Es war ein Misverständnis. Ich meinte die Chronologica im Bulletino oder wo sie sonst erschienen sind, die auf der Post s.Z. in Verlust geraten sind. Soviel ich weiss, hast Du davon keine Abdrücke mehr.
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Usener an Diels
[Postkarte]
[Bonn, 17. 2. 1894]
L. fr., ich habe heute nur die bitte an Dich, mir mit rücksicht auf zwei der Studien beflissene söhne (Walter ist eben schon mulus, und denkt historiker zu werden, aber mit einer richtung, für welche philologie die unerlässliche Voraussetzung mir scheint) Euren ind. lectt., deutschen oder lateinischen, zukommen zu lassen. Für Euer Zellerianum besten dank; die lösung des Diogenischen räthsels ist schön, aber nicht kynisch. Willst Du auch den Bion von den offen zur schau getragenen Schmutzflecken der familie und des Vorlebens befreien? Aber warum hören wir in der provinz nichts von solchen Veranstaltungen? Hintennach ist es zu blamabel sich zu regen. Semestermüde? Man hätte allmählich das recht dazu. Ich habe am aschermittwoch ein schweres stück arbeit hinter mich gebracht, das letzte was ich für Dionys. H. zu thun hatte; die ars reth. druckfertig zu machen. Ich denke, wir (ich + Radermacher) geben die geschichte zu herbst in druck um das ganze im frühj. 1895 Buechelero zu überreichen. Pst! versteht sich, nur Dir. Ich denke nun doch, ein kapitel meiner Mythologie vorab erscheinen zu lassen; diktiere jetzt meinem söhne. Addio, mit besten grüssen von haus zu haus Dein H Vs. Wann wird denn der rest Eurer Sitzungsberichte vom j. 1893 kommen?
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Diels an Usener Berlin, den 18. Febr. 1894. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrter Freund, Sobald der Lectionscatalog erscheint, werde ich mir erlauben, ihn Dir zu senden. Ich lese das nächste Semester aus verschiedenen Gründen Aristoteles Πολιτεία 'Αθηναίων, was die Collegen lesen, habe ich vergessen. Die Zellersache ist über Nacht gekommen. Vorigen Sommer hat er mir das Versprechen abgenommen alles was irgend auf eine Feier etc. hindeutet zu hintertreiben, er selbst werde nicht hier sein u.s.w. In letzter Stunde wurde er unter dem Versprechen, dass alles so geräuschlos wie möglich vor sich gehen sollte, hier gehalten und die Archivleute, unter denen ich (im Vertrauen gesagt) nicht mehr lange figuriren werde, haben erst 14 Tage vorher Ihre Aufsätze geschrieben. Was meine Bluette betrifft, so gebe ich ja selbst zu, dass Niemand 472
an der Schandthat bei einem Kyniker Anstoss nehmen wird u. dass er selbst sich einer solchen Heldenthat berühmt haben kann, und Bion oder überhaupt irgend einen Menschen weiss zu waschen ist nicht meine Art. Aber unverträglich ist damit die Verquickung mit dem Orakel. Also entweder ist die Sache so wie ich annehme oder es liegt ausserdem die Jugendsünde selbst und ausserdem ihr (ich weiss nicht warum) mit Delphi verquicktes Geständniss vor. Da die Sache mir so zu liegen scheint, dürfte die Entscheidung nicht schwer fallen zwischen diesen beiden Möglichkeiten. Semestermüde bin ich sehr. Denn bis vor 14 Tagen war ich durch ein wirklich bohrendes, seit Anfang December (Influenza) immer quälender werdendes Kopfweh gehindert selbst die dringenden Arbeiten zu erledigen. Nun kommt alles auf einmal, 2 dumme Doctorarbeiten, mehrere Schülerarbeiten, Correcturen von Simplicius, der bis zum VII Buch gediehen ist u.s.w. Auch der Thesaurus macht viel Arbeit. Gott sei Dank ist jetzt wenigstens überall das Geld bewilligt (in München die sich vorher am mausigsten machten „unter Vorbehalt" des trefflichen Dr. Dalier in Verhandlung, aber wol sicher). Nun wird geprobt und Pfingsten gehts los. Bis dahin heissts vorarbeiten, dass Hr. E. von Wölfflin nicht allein bestimmt. Der Rest der Sitzungsberichte ist vorige Woche erschienen und wird wol der nächsten Sendung, die nach auswärts geht, beigelegt. Die Expedition hat immer noch der alte Kunstmann. Da gehts halt langsam. Solltest Du ernstlich daran denken, Walter im ersten Semester hier herzusenden, so würde mich das ausserordentlich freuen. Ludwig wird jedenfalls hierbleiben. Nissens Trompetenstoss hat hier allgemein Verwunderung erregt, die Behandlung von Pernice sogar mehr wie Verwunderung. Hast Du die Rhapsodenilias (wol identisch mit Mahaffys Stück) von Nicole (Revue de Philologie 1894 Janvier) gesehen? Mit herzlichen Grüssen von Haus zu Haus Dein H. Diels.
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Diels an Usener Berlin, den 1Z März 1894. W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Ich danke Dir herzlich für die Anzeige der Krumbacher'schen Studien, die mich sehr interessieren. In Betreff des είσφρεόντες Sp. 404 ist mir dieser Tage ein είσέφρησα bei Joh. Philoponus de aetern. c. Proclum durch die Hände gelaufen. Ich schwitze nemlich darüber, die zahlreichen Citate im 8. Buche der Simpl. Physik (das ich heute im Ms. vollendet habe, der Druck ist bis VII Ende gelangt) mit Joh. Philoponus zu confrontiren, was saure Arbeit ist. In 473
Betreff der Mönchskleidung Sp. 405 interessiert mich der Zusammenhang mit der Antike, den ich Doxogr. p. 254 mit unzulänglichem Material und Überblick andeutete. Zweck meines heutigen Briefes ist hauptsächlich einen strebsamen dänischen Theologen Edv. Lehmann cand. theol. bei Dir anzumelden, der gründlichst Religionswissenschaft (zunächst bei der orientalischen anfangend) studirt und Dich während der Ferien (wenn nichts dazwischen kommt) aufsuchen will. Ferner wäre es sehr edel, wenn Du uns für unsere von Wallies zu besorgende Ausgabe des (Alexander) in sophisticos elenchos Deine Juntina 1521 ablassen wolltest. Wie Du die Gegenleistung gegeben wünschest, möchte ich Dir anheimgeben. Wir haben als Collationsexemplar ein (prachtvolles) Exemplar der Aldine von der Kgl. Bibl. entliehen, für den Druck aber sind wir ohne Deine Hilfe ratlos. Ich hoffe, dass Deine der Commentatorenausgabe schon so oft rettend erschienene Unterstützung auch diesmal beispringen wird. Hr. Dr. Kalbfleisch, ein wirklich mustergiltiger Collator, wird nach Ostern auf einige Monate nach Paris gehen, um jene Collationen und andere anzufertigen. Es wird ihm eine grosse Freude sein, wenn er sich Dir, den er bei mir vorigen October kennengelernt hat, irgend nützlich erweisen kann. Er hat den Winter täglich 4 Stunden Anatomie bei Waldeyer getrieben und will nun ausser den Aristotelica die Mediciner, die er besonders im Auge hat, in Paris studiren. V Rose kommt ja nun mit seinem Theodorus Priscianus heraus. In Teubners Mitteilungen hat er in einer entsetzlich stilisirten Ankündigung interessante Prolegomena gegeben. Verrückt ist dabei, dass er die Abh. de semine nicht geben will (s. S. 9). Vielleicht hast Du Gelegenheit ihn von diesem Spleen noch rechtzeitig zurückzuhalten. Ausser Simplicius wartet meiner die akad. Preisaufgabe über Suidas, die von einem strebsamen Giovane in bis jetzt 12 Bänden (weitere 6 sollen nach Ostern kommen) vorliegt! Wie hat sich denn das Schicksal Walters entschieden? Mit meiner Gesundheit gehts leidlich, doch fehlt mir die Motion des Semesters, namentlich des Sprechens. Mit besten Wünschen für Deine und der Deinigen Gesundheit und speciell den Dionysios und für die Ostern Dein getreuer H. Diels.
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Usener an Diels Bonn, 23 märz 94
Mein lieber Diels, charfreitag ist, ich weiss selbst nicht wie, herangekommen, ehe ich Dir Deinen erfreulich wie immer eingehenden brief beantworte. Aber die hauptsache hast Du doch wohl umgehend erhalten, den Alexander in soph. 474
el., den ich Dir sofort nach empfang Deiner Zeilen couvertierte. Es freut mich sehr Euch damit dienen zu können. Ich habe das nicht sehr schöne exemplar seiner zeit bei Spiro zu verhältnismässig hohem preise gekauft, weil ich bei der Seltenheit des buchs nicht hoffen konnte einmal ein besseres zu bekommen. Den preis selbst weiss ich glücklicher weise nicht mehr. Ihr habt mich durch die hochherzige dedication Eurer ganzen serie so sehr zum Schuldner gemacht, dass es mir eine wahre herzenserleichterung ist einmal eine kleine gegenleistung ausüben zu können. Also, hörst Du, schwamm darüber! Euere Vorlesungsverzeichnisse, für die ich beschämt genug bin erst bei dieser gelegenheit Dir zu danken, haben mir vor äugen geführt, was ich mir selbst hätte sagen können, dass die fülle bedeutender Vorlesungen bei Euch eine so ausserordentliche ist, dass sie für einen anfänger, der wie Walter, erst nach klarheit über richtung und ziel sucht, geradezu verwirrend werden und das gegentheil von dem wirken muss, was noth thut. Ich habe ihm zu seinem geburtstag die wähl gestellt, Strassburg oder Tübingen fürs erste semester zu besuchen. Strassburg war so gut wie gewählt, als wir von allen Seiten an die böse hitze des strassburger sommer erinnert wurden; da Walter bisher viel an kopfweh und nasenbluten zu leiden hatte und er derjenige von den 3 jungen ist, der noch körperlicher kräftigung bedarf, so war damit ein sehr ernstes bedenken gegen Strassb. gegeben, dem auch W. sich nicht verschloss. Er scheint nun fürs erste hier bleiben zu wollen, bis er sich klarer geworden ist. Dann mag er immerhin einmal für 1 - 2 semester nach Berlin gehn, um sich dort anregungen zu holen. Inzwischen - das war das hauptereigniss dieser woche - ist nun auch Hermann, der jüngste, nach oberprima versetzt worden, ein glück auf das verzichten zu müssen ich schon ganz gefasst war. Auch er selbst. Wie sehr er von dem unverhofften glück erfasst war, entnimm daraus, dass er die nacht zwischen Schlaflosigkeit und aufgeregten träumen durchlebte: alle leute aus Bonn fanden sich bei ihm glückzuwünschen ein und trugen ihren namen aufs plumeau ein. Der träum war so lebhaft und deutlich, dass er beim erwachen voll neugierde sich das plumeau betrachtete. Meine mythol. arbeit, der die ferien gewidmet sein sollen, schreitet langsamer fort als ich gehofft. Es ist ein starkes geduldspiel, diese knoten aufzudröseln und in eine so knappe form zu bringen, dass sie den plan des buchs nicht sprengen oder wenigstens nicht empfindlich stören. Im einzelnen und im ganzen wirds viel Widerspruch setzen. Die grundlinien der Scienza nuova, wenn ich diesen stolzen ausdruck unter vier äugen brauchen darf, stehn aber für mich unerschütterlich fest, und ich hoffe, an fortsetzung und ausbau wirds nicht fehlen. Auf Deinen der religionsgeschichte beflissenen bin ich begierig. Herrn Kalbfleisch werde ich für Paris vielleicht diesen oder jenen bescheidenen wünsch 475
vorzutragen haben und bin für sein liebenswürdiges anerbieten sehr dankbar; bitte darum, dass er mir, wenn er in Paris installiert ist, seine adresse mittheilt. Für ein gutes Osterfest die besten wünsche Dir und den Deinigen von Deinem H . Usener
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Paulus an Diels
Weilburg, den 11. Juni 1894. Sehr geehrter Herr Professor! In Erwiderung Ihrer geschätzten Zeilen vom 9. d.M. teile ich Ihnen ergebenst mit, daß die Geburtsstätte des Prof. Usener von mir festgestellt worden ist. Das ehemalige Usener'sche Haus ist aber mittlerweile zu zwei Häusern mit 2 verschiedenen Eingängen umgebaut worden, von denen das linksgelegene einem Metzger Kremer, das rechts befindliche dem Bierbrauer Kurz gehört. Der rechts von dem Kurz'schen Hause gelegene, früher Usener'sche Garten ist Wirtschaftsgarten geworden, und die in früherer Zeit zum Schutze gegen die Straße angebrachte Einfriedigungskette mit 2 Steinpfosten dem Haupteingang gegenüber ist beseitigt. Ich erwähne dieses alles, um Ihnen zur Erwägung zu geben, ob ein Bild des so umgeänderten Geburtshauses die Gefühle des alten Herrn nicht unsympathisch berühren dürfte. Die beiden Photographen heißen Flum und Härtel; ersterer soll im ganzen mehr auf der Höhe der Zeit stehen, wogegen letzterer sich grade vorzugsweise mit der Aufnahme von Häusern pp beschäftigt. Eine Aufnahme der hiesigen Aula durch Härtel für die Chicago-Ausstellung war recht gelungen. Mit vorzüglicher Hochachtung ganz ergebenst Gymnasial-Direktor Dr. Paulus.
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Usener an Diels
Bonn, 26 juli 94 Mein lieber freund, Durch die Zeitungen haben wir zu unserem grossen schmerz die nachricht von dem unglück erhalten, das Euch in Eurem söhne, offenbar dem zweiten [richtig: dem ersten], betroffen hat. D u wirst sofort nach Gossensass geeilt sein, um pflege und herstellung in die rechten bahnen zu lenken. Möchtest D u den zu476
stand des schwer verletzten tröstlicher gefunden haben, als Deine väterlichen sorgen es befürchten Hessen. Lass uns bald, wenn D u zurückgekehrt bist um das semester zu beschliessen, etwas näheres, hoffentlich besseres hören. In treuer theilnahme Euer H . Usener u. frau
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Usener an Diels Bonn, 10 oct. 94
Mein lieber D . , aus einer freundlichen Zusendung habe ich entnommen, dass D u längst wieder in Deine vier pfähle eingerückt bist, und ich nehme an, dass auch Eure sorge um den schwer verletzten söhn längst völlig gehoben ist; aber bestätigen möchte ich mir das doch gerne von Dir lassen. Ich komme heute mit einem schwer wiegenden anliegen zu Dir. Wir haben für diesen winter uns nun entschlossen, Walter nach Berlin zu senden, und er wird dort dann wohl auch den sommer bleiben. Ich brauche Dir nicht zu sagen, dass der gedanke an den halt und die förderung, die er durch Dich und an Dir wird finden können, ein entscheidendes motiv bei dieser wähl war. Er ist dem plane treu geblieben, geschichtliche Studien mit der richtung auf religion und philosophie zu betreiben, und hat sich nun auch davon überzeugt, dass für diese richtung es nur eine solide grundlage, classische philologie gibt. Eigentlich philologisches hat er, ausser Büchelers lat. grammatik, bisher nicht gehört; aber es war mir ein gutes zeichen, dass er Bücheler gern gehört hat. Aber das schwerste ist jetzt zu thun, und da hat er noch nicht recht angebissen: planmässige lectüre, ergänzung und Vertiefung der nicht gerade brillanten Vorbildung, die er von der schule mitgebracht. Es kann gewagt scheinen diese arbeit des stillen kämmerleins nach Berlin zu verlegen, wo so viele anregungen und Zerstreuungen für ihn bevorstehn und gewissermaassen auch bevorstehn sollen. Aber er muss einmal in die weit hinein, und das möglichst bald. Und auch wenn er in dem nöthigsten punkt nicht so weit kommen sollte als ich wünsche, wird es doch ein gewinn sein, wenn er mit dem nöthigen heishunger nach eignem quellenstudium in die provinz zurückkehrt. Nimm Dich seiner väterlich an, und denk in allem was D u ihm thust, dass D u es mir thust. E r ist ein in seiner art prächtiger junge, rein und unberührbar, von einer gewissen innerlichen Vornehmheit, aber etwas zugeknöpft und zurückhaltend. Pflichttreue und gewissenhafter fleiss werden bei ihm eine vielleicht etwas geringere begabung (ich weiss das nicht recht als vater, er war früher etwas langsam) aufwiegen. Ich bitte Dich also ihm seine privatstudien, zu denen er neben starker collegienlast noch zeit finden muss, ohne weiteres
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zu dirigieren und Dir von ihm rechenschaft geben zu lassen - in schonender weise natürlich zunächst, er wird wohl bald vertrauen zu Dir fassen. Könnte er nicht an Deinen Übungen, wenn auch zunächst nur als ,lausterer' theilnehmen? Das wäre mir sehr lieb, nicht nur weil er so in philol. arbeit hineinkommt, sondern auch weil er da gute bekanntschaften anknüpfen kann. Vielleicht wird er mit dem Dänen Lehmann zusammen wohnen, der grosses gefallen an ihm fand, wie wir an ihm. Einen Stundenplan für den winter haben wir vorläufig zusammen entworfen; lass Dir ihn zeigen, um eventuell einen besseren rath zu geben. Anfangs nächster woche soll er reisen, um sich vor beginn der vorl. orientieren zu können. Ich werde ihn quantocius zu Dir dirigieren. Vorläufig tausend grüsse von haus zu haus von Deinem stark in arbeit stekkenden H . Usener
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Diels an Usener Berlin, den 11. October 1894. W Magdeburgerstr. 20.™
Hochverehrter Freund, Es war mir eine grosse Freude, nachdem ich gestern Abend durch die alte Frau Kiessling, die ewig jugendliche, eine herzerquickende Schilderung ihres Bonner Aufenthaltes erhalten hatte, nun heute morgen direct von Dir und Deinem sowie Deiner Familie Wohlergehen zu hören. Mit ganz besonderem Stolze erfüllt mich die Nachricht, dass Ihr Euren Walter uns hierher geben wollt. Es versteht sich von selbst, dass ich mich seiner wie eines Sohnes annehmen werde eingedenk dessen, dass ich selbst dereinst in Bonn bei Dir wie ein Sohn empfangen und geleitet worden bin. Es würde mich herzlich freuen, wenn ich ihm auch nur ein klein wenig die Liebe zurückzahlen könnte, die ich erfahren. Ich habe im vorigen Semester einen ganz ähnlichen Bildungsgang zu beobachten gehabt: Gomperz' Sohn, der zuerst Jurisprudenz, dann Kirchengeschichte, dann Geschichte studirte, bis er einsah, dass ohne klassische Philologie kein Heil sei. So hatte ich ihn denn in meinen Übungen, (wo immer blutjunge Anfänger neben ausgelernten Doctoren gesessen haben), und ich muss sagen, dass er eine ganz hervorragende Beanlagung für Textcritik entwickelte und auch sonst gut einschlug. Soweit wäre sein Beispiel ermutigend. N u n kommt die specifische Differenz, dass das ήϋος des jungen Gomperz keineswegs angenehm ist, weil er im väterlichen Hause überbildet, mit blasirter σκέ•ψις genährt und mit väterlicher Anbetung übel verzogen ist. Und die zweite 478
böse und unbegreifliche Thatsache, dass der Alte ihm die Philologie als etwas eines grossen Geistes unwürdiges hingestellt hat. So zweifle ich, dass der schöne Anfang hier zu weiterem gedeihlichem Ziele führt. U m so mehr hoffe ich wird das bei Deinem Walter der Fall sein, der mich in seinem ganzen Behaben an unsern Ludwig erinnert, mit dem er sich hoffentlich trotz der verschiedenen Fächer befreunden wird. Er ist ja nun Gott sei Dank so ziemlich wieder hergestellt, obgleich die schwere Wunde noch stets in ärztlicher Behandlung ist und seine Nerven noch nicht ganz die olympische Ruhe wieder gefunden haben, die er früher zeigte. Er darf sich den Winter nur mit ganz leichten Dingen beschäftigen und wird so Zeit haben, namentlich zu Anfang sich als Cicerone der beiden Neulinge nützlich zu machen. Also Wohnung etc. suchen und die umständlichen Formalien der Immatriculation erleichtern etc., dazu wird er sehr gern bereit sein. Soviel ich weiss, beginnt die Philologie am 22. October. Es ist daher gut, dass er bereits anfang nächster Woche eintrifft. Wir haben dann auch Musse den Winterfahrplan zu bereden und ich hoffe, dass er eine glückliche Fahrt haben wird. An den Übungen (Ovids fasti) kann er auf alle Fälle teil nehmen, nur wäre es hübsch, wenn er bereits eine kleine Arbeit (etwa 10 Seiten kritisch-exegetischen oder litter. Inhalts) mitbringen könnte. Hat er nichts zur Hand, so werden wir gleich etwas überlegen, was bis Weihnachten abgeliefert werden kann. D a ich nur eine Sorte von Teilnehmern habe und ausserordentliche Mitglieder (der lästigen Amerikaner wegen) von jeher ausgeschlossen habe, wird er sich der Regel wol fügen müssen. Wie er dann privatim sich weiter fördert, welcher Art von wissenschaftlichem Vereine er sich am besten anschliesst, das wollen wir hier coram überlegen. Jedenfalls ist er mir und uns allen zu jeder Zeit hochwillkommen. Für heute nur dies Kapitel, nächstens mehr von Deinem getreuen H. Diels
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Usener an Diels Bonn, 14 oct. 94
Mein lieber Diels, Dein sonnig warmer brief hat wie mich so die meinigen erquickt und ich danke Dir für die gesinnung, die aus jeder zeile spricht und mir ein grosser trost ist. Dass sich unsere beiden söhne recht anfreunden mögen, ist auch mein lebhafter wünsch; und das freundliche anerbieten, dass der Deinige meinem jungen bei seinen ersten schritten ein beistand sein soll, nehmen wir dankend an. Seit heute hat sich die Wohnungsfrage sehr vereinfacht. Der Däne Lehmann hat 479
uns auf seine gute wirthin in vortrefflicher läge (Ν. Wilhelmstr.) hingewiesen, und nach der heute eingetroffenen karte der wirthin ist eine wohnung für W[alter] frei. Es wäre mir sehr lieb, wenn D u selbst den entscheidenden gang in diese wohnung mit ihm machen wolltest, damit der junge, der in äusseren dingen noch allzu unpraktisch ist, nicht überfordert und übers ohr gehauen wird, und wir die Überzeugung haben können, dass alles wesentliche dort ordentlich und in Ordnung ist. Vorher, ehe dort die wohnung betrachtet und gemiethet wird, wünsche ich, dass er mit Deinem söhne sich andere Wohnungen ansieht um einen maasstab zu haben. Die von Dir geforderte eintrittsarbeit ist ein schwer übersteigbarer berg. D u hast zu günstige Vorstellungen, und ich muss darum Dir die läge etwas deutlicher machen. Walter hatte in den 2 - 3 letzten jähren des gymnasiums ausgesucht schlechte lehrer in den alten sprachen, und daher nach dieser seite keine anregung; der einzige lehrer der ihn packte war dr Sonnenburg durch geschichte und deutsch. So bildete er sich die Vorstellung von seinem lebensberuf aus: historiker wollte er werden. Ich der ihn am liebsten in die verwaltungslaufbahn gelenkt hätte, suchte ihm klar zu machen, dass er als historiker vor allem suchen müsse eine feste unterläge durch jurisprudenz und staatswissenschaften zu gewinnen, in der hoffnung, er werden dann an diesen dingen freude gewinnen und dabei bleiben. Das gieng ihm stark im köpf herum, und beim nächsten spaziergang rückte er dann heraus, ich hätte ihn missverstanden, wenn ich glaubte, dass sein interesse der politischen geschichte zugewandt; es sei vielmehr die geschichte des menschlichen geistes, der religion und philosophie, was ihn anziehe. Vortrefflich, sagte ich, da schlägst D u ja ganz mir nach; dann aber, lieber freund, gibts für Dich keinen anderen weg als durch die klassische philologie. Das war ja leicht zu beweisen, und ich bin nicht müde geworden ihm das von allen Seiten klar zu machen. Die geistesgeschichte des M.A. liegt nicht in den nationalliteraturen beschlossen, zu denen der Romanist und der Germanist den schlüssel liefern - so etwas wäre dem jüngling viel bequemer gewesen - , sondern lediglich in der lateinischen litteratur. Ich habe ihm nun im ersten semester nach möglichkeit gelegenheit verschafft verschiedene gebiete kennen zu lernen; er hörte bei Gräfe Einleitung ins NTest., bei Seil kirchengeschichte I n theil (der hat ihn wenig gefesselt), bei Nissen Rom. geschichte, bei Bücheler Lat. grammatik, bei mir ein 2 st. publikum, das für ihn eigentlich zu schwer war, ,Symbol und mythus', fortsetzung meiner mythologie. Zu den Übungen des proseminars wollte ich ihn im I sem. um so weniger pressen, als wir statutarisch erst leute im II sem., nur ausnahmsweise schon im I sem. aufnehmen; ich wollte ihm möglichst freie hand lassen, um die Überzeugung dessen was ihm noth thue, in ihm selbst aufgehn, wachsen und reifen zu lassen. Damit er aber doch eigne arbeit schmecken lerne, Hess ich ihn an den historischen Übungen, die Koser für anfänger hielt ( X I I jh.) theilneh480
men (da hat er sein nicht ganz leichtes pensum mit ehren abgesponnen). So weit sind wir nun, er will class, philologie studieren, und ich hoffe auch dass es seiner energie mit einigem Zuspruch und gelegentlicher nachhilfe von freundesseite gelingen wird sich durch die harte äussere schale der philologie durchzubeissen, die für ihn doppelt hart ist, weil er nicht bloss anzuknüpfen, sondern auch nachzuholen hat. Das hauptgewicht muss auf die eigene lectüre fallen; ich habe ihm empfohlen sich zuerst in die tragiker, mit Aischylos begonnen, einzuarbeiten und sich daneben eine leichtere lectüre, die ihm rascher ein gefühl der Sicherheit geben kann und ihn in spräche und sachen fordert, zu halten. N u n wäre es ja freilich gut, wenn er gleich von vorn herein in Deinen Übungen auscultando lernen könnte, wie man es macht. Aber da Du, was ich verstehe, an der forderung einer arbeit festhältst, wird es gerathener sein, die betheiligung an diesen Übungen auf den nächsten sommer zu verschieben. Er ist noch zu sehr neuling, als dass ihm nicht eine vorzeitige arbeit mehr zeit kosten und innere unruhe verursachen müsste, als es dem ertrag und der inneren förderung entspricht. Ich schlug ihm ein kleines, leichtes und einfaches thema vor: die Γλαύκου κ' Διομήδους άριστεία als einziges erhaltenes episches lied der Griechen, von längerer selbständiger Überlieferung (vgl. Aristonikos zu Ζ 119) darzuthun und aus den Schäden des überlieferten zustands, den lücken der erzählung und den dittographien (vgl. Köchly) die geschichte des lieds aufzuhellen. Ja, das würde unser einer an einem vormittag ausführen. Aber ein fuchs, der noch kaum etwas ordentliches über Homer, frage gehört, der nichts von Scholien, nichts von mythologie und mythengeschichte weiss, kann das nicht ohne von schritt zu schritt geleitet zu sein. Hat er Kirchhoffs Odyssee gehört, dann wird er eine solche arbeit mit freude angreifen und mit innerem nutzen ausführen. So würde er als ehrlicher kerl in die grösste unruhe versetzt werden, weil er etwas leisten sollte, was er thatsächlich noch nicht kann, und würde ein opus operatum liefern, das Dir viele schmerzen, ihm einen reellen nutzen nicht bringen würde. Er muss erst Stoff in sich bekommen und einen halt zum stehn sich schaffen, das ist das erste, und dazu muss er mit ernst und nachhaltig sich in lectüre vertiefen. Dass er dann, sobald er ein gewisses gefühl der Sicherheit gewonnen hat, sich gern an selbständiger behandlung von problemen bemühen wird, bezweifle ich nicht. Dafür bürgt mir, dass er an Büchelers lat. gramm. freude hatte, und dass er von Gräfes wahrscheinlich ziemlich nüchternem vortrag gefesselt wurde (weil der in die probleme einführte), während ihn der rhetorisch glatte vortrag der kirchengeschichte kalt liess oder gar abstiess. Ich habe ihm in den letzten wochen zur anregung philologische musterarbeiten der methode, Ritschis plautin. excurse und Bernays' heraklit. Studien zu lesen gegeben; namentlich die letzten scheinen auch ihn beeindruckt zu haben, denn er holte sich dann Schleiermacher und Bywater dazu. Lieber freilich als dass er sich in 481
die fragmentlitteratur vertiefte, hätte ich gehabt, dass er ein stück des Aisch. durchgearbeitet hätte; ich drang darauf, aber die zeit war nicht recht mehr dazu angethan, der nahende aufbruch zum ersten schritt in die weit warf seine schatten voraus. So liegen die dinge. Du siehst dass er thatsächlich erst jetzt in die philologie eintreten soll. Hoffentlich tritt er hinein, und diese hoffnung setze ich in das feuer Deiner anregung, in Deine vorbildliche wirkung, in Deinen väterlichen Zuspruch. Dabei wollen wir es fürs erste bewenden lassen; durch Deine und der anderen collegen Vorlesungen wird er dann ja so viel von fragestellung und mittein der lösung lernen, um nachher mit besserem nutzen als mitglied in Deinen kreis eintreten zu können. Er wird morgen (mont.) abreisen, aber einen aufenthalt von 1 - 2 tagen in Göttingen bei seinem Onkel Karl D[ilthey] machen; sein erster morgensgang, nachdem er abends in Berlin eingetroffen ist, wird natürlich zu Dir hin sein. Also mit gott hinein in die weit und die Wissenschaft, möchte er Dir anlass geben ihn nicht bloss lieb zu gewinnen. Lass Dich zunächst nicht irre machen durch seine Schweigsamkeit, er nimmt, denk ich, dankbar auf. Mit herzlichsten grüssen auch an Deine liebe Frau und besten wünschen zur genesung Deines sohnes Dein HVsener Vseneri nouissimum opus si et perlegeris et concoxeris, Herculem Te spectabo, non hominem. [Randbemerkung von Lili Usener:] Lieber Freund, ich muß Ihnen mit herzl. Gruß auch sagen wie Ihre lieben Worte mich beruhigt & bei Walthers Weggehen mein ganzer Trost heute sind. Er ist so neu in Allem so unerfahren. Die ganze Scheu eines Kindes liegt noch über ihm & nun die Weltstadt! Sie verstehen was mich da alles bewegt. Grüßen Sie auch Ihre liebe Frau sehr, ich lege ihn auch ihr ans Herz, ich glaube ich bin diesen Winter noch einmal so gut & weich gestimmt mit allen Füchsen! Sie werden ihn einen graden ehrlichen durchaus zuverlässigen Jungen finden, wie wünsche ich seinem Vater daß er nun gerade ihm rechte Freude mache & in seine Fußtapfen trete in jeder Weise. Was Sie ihm darin sein werden, weiß ich. Wie freue ich mich daß er Ihren Sohn hat, wie schön wenn sie wie die Väter rechte Freunde würden, grüßen Sie ihn auch sehr & auch meinen Jungen der vorhin auch nicht leichten Herzens reiste. In Verehrung & Freundschaft Ihre Lili Usener. Postscr. mont, den 15 oct. Meine frau macht mich noch zu rechter zeit auf einen bei der entscheidung 482
über die wohnung zu beachtenden punkt aufmerksam, den ich Deiner aufmerksamkeit empfehlen möchte. Bei der wirthin an der Neuen Wilhelmstr. wird zwischen mehreren zimmern die wähl sein: bei der wähl wird erheblich in betracht zu ziehen sein, ob das zimmer nach nord oder süd liegt, und der süd oder süd-westseite der Vorzug zu geben sein. Auch falls anderwärts gewählt werden sollte, ist der punkt natürlich zu beachten. Zu den punkten, die vorher genau stipuliert werden müssen, gehört ausser den groben buchstaben des miethzinses bezw. der frühstückberechnung auch die feuerung. Du wirst ja ungefähr die preise kennen, welche Studenten in der regel zu zahlen haben, oder Dein söhn wird darüber leicht erkundigungen einziehen können. Vor einer stunde ist denn Walter abgereist, bei sehr unfreundlichem kaltem regenwetter. Es ist mir, als ob ein stück von mir gerissen wäre. Er war der sonnenschein in unserem hause.
298. *
Diels an Lili Usener Berlin, den 16. October 1894. W Magdeburgerstr. 20.™
Verehrte Freundin, Ich kann Ihnen lebhaft nachfühlen, wie es Ihnen in diesen Tagen zu Muthe ist. Ich wollte Ihnen nur die tröstliche Versicherung geben, dass die Weltstadt für junge Leute nicht ganz so schlimm ist als ihr Ruf. Mir ist unter den vielen jungen Leuten, die hier bei uns Philologie treiben und mit uns in Berührung gekommen sind, keiner bekannt geworden, dem Berlin gefährlich geworden wäre. Eher ist die Philistrosität eine endemische Krankheit unter unseren jüngeren Leuten. Es kommt eben alles auf die Kreise an, in denen der junge Mann verkehrt, und ich will so viel ich kann sehen, dass da das richtige geschieht. Mit der Wohnung wollen wir es gründlich nehmen; die Südseite ist sehr wichtig, da die normale Berliner Wohnung trotz alles Heizens, wenn das Thermometer unter 0 fällt, nicht warm wird. Aber es soll ja Ausnahmen geben und ich kenne selbst unter den Wohnungen meiner Collegen eine, die wirklich ohne amerikanische Ofen, die vor die Kachelöfen gestellt werden, warm wird. Ich hoffe, dass die N.Wilhelmsträsser Wirtin zu der begünstigten Minorität gehört. Uber die genaue Darlegung seines bisherigen Studienganges bin ich Ihrem 1. Manne sehr dankbar. Ich werde sehen, wie wir dem Jünglinge beikommen werden. Seine Schweigsamkeit schreckt mich nicht. Mein Ludwig, den ich schon in meinem vorigen Briefe als ähnlich geartet bezeichnet habe, ist in der 483
Beziehung ein vortreffliches Muster. Er heisst familiär bei uns der „Geheime Rat". Es wäre schön, wenn sich die beiden Schweiger anfreunden würden, obgleich die grossen Entfernungen in Berlin ein rasches Bekanntwerden und schnelles Anfreunden wesentlich erschweren. Der ganze Ton der jungen Leute ist, was für mich oft ärgerlich zu sehen ist, merkwürdig gelassen. Aber wir wollen das Beste hoffen und treue, aber nicht lästige, Wacht halten. Sie aber haben ja noch so viel Sonnenschein im Hause, dass Sie uns, die wir davon noch mehr brauchen können, Ihren Walter ohne Misgunst ein wenig leihen dürfen. In Verehrung und Treue Ihr H. Diels
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Diels an Usener Berlin, den 22. October 1894. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter, lieber Freund, Wenn der 23. October bisher in der Regel nur in der Stille von Deinen Freunden gefeiert worden ist, da Du bereits als junger Doctor eine Scheu vor Geburtstagsbanalitäten an den Tag legtest, indem Du das Datum Deiner Vita falsch stelltest, so muss doch heute, wo Du in Dein sechstes Decennium eintrittst, unser Glückwunsch etwas vernehmlicher zu Deinen Ohren klingen. Du siehst im Geiste Dich von zwei Generationen dankbarer Schüler umringt, die heute mit ganz besonderer Wärme all der Liebe gedenken, die sie von Dir stets erfahren haben, und die wünschen, dass Du auch in den nächsten Decennien die unvergleichliche Frische des Geistes und Körpers Dir erhalten mögest, die wir bis jetzt an Dir bewundern konnten. Vier ältere Freunde, die sich zufällig in dem Gedanken begegneten, haben mit der Erinnerung des heutigen Tages die Erinnerung an die schöne Jugendzeit verknüpfen wollen, die bei Dir stets so lebendig und erfrischend geblieben ist. Dein Geburtshaus ist, wie wir hören, durch entstellende Umbauten des alten Reizes entkleidet, aber der Blick auf das Schloss und „Gebäck" ist wohl noch derselbe wie damals, als Du aus Deiem Elternhause hinüberblicktest und immer lebhaftere Träume und Ahnungen Deiner künftigen Laufbahn in Dir aufstiegen. Das philologische Interesse, das den kleinen Buben erfüllte, als er seines älteren Bruders gepackte Bücher musterte und mit vorwurfsvollem Blicke ihm zurief: Du hast ja Deinen Ciceronis vergessen, wuchs mit den Jahren, bis er in demselben Ciceronis unter Fleckeisen in Tertia seine erste Conjectur machte, 484
und in demselben trefflichen Fleckeisen dann einen Leiter und Freund für das Leben fand. Das alles steigt mir lebendig bei dem Weilburger Bild auf, wie vieles, wie bedeutendes mag es Dir erst zu erwecken im Stande sein! Wir hoffen daher, dass unser bescheidenes Angebinde Dir willkommen sein wird um so mehr als zu unserer grössten Freude sich eben der Freund, der so wirksam in Deine Weilburger Jugend eingegriffen hat, mit Rat und That dabei in der liebenswürdigsten Weise beteiligt hat. Unterdessen ist Dein Walter in den Hafen einer, wie es scheint, brauchbaren Wohnung eingelaufen. Die Gegend, die er anfangs im Auge hatte, ist ja bequemer, aber auch geräuschvoller und durch die professionsmässigen Vermieterinnen etwas berüchtigt. Und die Adresse, die sein dänischer Freund ihm gegeben hatte, würde ich ganz abgesehen von allem anderen, schon der eigentümlichen Ausstattung wegen (à la Journal amusant) für nicht recht geeignet gehalten haben. Ich hoffe, dass er in der ruhigen und anständigen Westgegend sich wohl fühlen wird. Uebrigens habe ich jetzt, wo ich Walter etwas genauer kennen gelernt haben, noch weniger Sorge als früher. Er ist für sein Alter ungewöhnlich vorsichtig und umsichtig, fast ängstlich, und ich bin sicher, dass er durch die gewöhnlichen Studententhorheiten, denen auch wir beide nicht ganz uns entzogen haben, keine Zeit verlieren wird. Er beurteilt Menschen und Dinge auffallend treffend und wird gewiss seinen Weg ruhig und sicher zurücklegen. So kommt mir übrigens die ganze junge Generation vor, Ludwig, wie seine Freunde, erscheinen mir alle viel klüger und verständiger als ich und meine Freunde seiner Zeit waren, aber auch freilich etwas nüchterner. Ich habe Waltern auf eine Gesellschaft junger Philologen und Archaeologen aufmerksam gemacht, die wöchentlich einmal zu cursorischer Leetüre sich versammeln. Es sind alle Alter vertreten und die Zwanglosigkeit der ganzen Vereinigung (daher der Name Α ν ο μ ί α ) verhindert, dass der einzelne sich bedrückt fühle. Da die jungen Leute jetzt Tragiker lesen und demnächst mit Aeschylus beginnen und historisch auf Euripides und Aristophanes herabgehen werden, hielt ich diese Gelegenheit für Waltern besonders passend, aber er scheint zu fürchten, durch diese Verbindung zuviel Zeit zu verlieren. Er will sich aber bei dem augenblicklichen Vorsitzenden (Dr. Schräder Palaephatea, ein ganz ausgezeichneter Philolog, Archaeolog und - mod. Historiker!) genauer instruiren. Bis jetzt drückt natürlich der grosse Wirbel und Strudel noch auf ihn und ich habe daher selbst es für richtiger gehalten, dass er jetzt noch nicht an den Übungen teil nimmt. Ich werde ihn privatissime zu leiten suchen, ohne dass er (wie das in den Übungen nötig wäre) seine überwiegende Zeit dem zu widmen hätte. Ich bin nicht betrübt darüber, dass er die Hömeraufgabe nicht begonnen hat. Nach meiner Erfahrung wirkt dergleichen zu Anfang mehr verwirrend als befreiend. Wenn man vom Gröbsten ab weiter in die Sache eingeht, wird ja auch die Methode selbst bei unseren besten Forschern so subjectiv und will485
kürlich, dass ein junger Mann in seinem Gewissen bedrückt wird. Ich meine, man gehe vom Elementarsten am besten aus, das heisst von dem Verhältniss unserer Texte zur handschr. Uberlieferung. Die Operation der recensio sich zu verdeutlichen ist das erste Erforderniss und ich hoffe ihm im Anschluss an Demosthenes Gelegenheit geben zu können, selbständig und praktisch die erforderliche Einsicht in die Art der Tradition zu erwerben. Dein neues Werk, das Du geheimnisvoll ankündigst, vermute ich wird das über die Götternamen sein. Ich bin darauf, wie Du Dir denken kannst, unglaublich gespannt. Aber nach dem Pasparios bin ich nicht ganz sicher, ob ich überall werde mitgehen können. Bei unseren mündlichen mythologischen Gesprächen glaubte ich Dich meiner Art die Dinge zu sehen näher, während der Pasparios, wie mir schien, mehr der Anschauung der Vorlesung im WS. 1868/69 zu entsprechen schien. Aber - sed cum venerit - qualecumque erit gratum erit. Meine Frau erwidert die durch Walter vermittelten Grüsse Deiner 1. Frau herzlichst. Sie fand sich durch die unbefangene Art W's heimatlich berührt und ich hoffe, er wird bei uns warm werden. Feiert unterdessen recht vergnügt das Fest des jungen Depontanus (den unser unvergleichlicher Sanskritist Albrecht Weber hartnäckigst und ernstlichst von Deponite arma ableitet!) und denkt dabei auch ein wenig an Berlin. In treuer Verehrung Dein H. Diels
300.
Usener an Diels Bonn, 29 oct. 94
Mein lieber freund, Das war ein wundervoller einfall, in dem Ihr I U I viri Euch begegnet haben sollt, mich mit meinem alten Weilburger schloss anzubinden, in dessen täglichem anblick ich 18 jähre alt geworden bin; es war der erste und schönste gruss, den ich an dem morgen (gerade vor dem frühstück) von aussen empfieng. Habt den herzlichsten dank, vor allem Du, in dem ich trotz aller bescheidenen Verschleierung den spiritus rector gebührend verehre. Auf Deinen brief ist viel zu sagen, auch zu rectificieren. O wäre es doch so, wie Du schreibst, dass ich jetzt erst ,in mein sechstes decennium eingetreten' sei: ich spüre es nur zu gut in meinen knochen, dass es bereits das siebente ist. Auch habe ich in meiner Vita das geburtsdatum wirklich nicht [mit] absieht falsch gegeben, aber ich kann nicht leugnen, dass, als ich zu spät den fehler entdeckt, mich wegen gewisser freunde, die gewissenhaft geburtstage notierten und re486
spectierten, wie Fr. Hanow, des irrthums freute und mit wonne ihnen
ein
Schnippchen geschlagen habe. D a s muss ich denn doch zur Steuer der Wahrheit bemerken, um einen unberechtigten flecken von meiner moralität zu entfernen. I m übrigen kann ich Deine guten, von treuem herzen kommenden
wünsche
gar sehr brauchen. Ich wünschte, ich wäre frischer zu arbeit. Seit vollen 14 tagen habe ich an meinem buch nicht mehr als IV2 Seiten geschrieben, und mich, wegen der alten gerichtszeiten,
in die lectüre von weisthümern
und
oesterr. ,pantaidingen' versenkt, wobei nicht viel herausgekommen ist. Dass D u und auch D e i n e frau an Walter gefallen finden würdest, glaubte ich zwar vorher bis auf einen gewissen grad überzeugt sein zu dürfen, es thut aber dem eiternherzen wohl das bestätigt zu erhalten. Walter ist allerdings in folge ernster gewissenhaftigkeit wohl im stände ängstlich zu werden. Desshalb hatte ich selbst in dem brief, der seiner ankunft vorangieng, dazu gerathen für diesen winter von einer schriftl. arbeit abzusehn. E r fühlt sehr lebhaft, was ihm in folge der letzten übel berathenen gymnasialjahre an philol. Vorbildung fehlt. D u hast ihm nun, wie ich aus seinem letzten brief ersehe, für sein eignes Studium die I I I Philippica empfohlen. D a s ist ein sehr glücklicher gedanke. Ich werde ihm aber mit rücksicht darauf nun schreiben, dass er das, was ich ihm als dringendste pflicht auf die seele gebunden hatte, die lectüre der tragiker, fürs erste zurückstellt. E s schadet gar nichts, wenn er sich erst einmal in der prosa festmacht und sich tüchtig in die redner einarbeitet, theils in anknüpfung an Deine Vorlesung die beiden redenpaare des Aeschines u. D e m . , theils im Zusammenhang
an die Phil.
III
die D e m .
gleichzeitig lebendigere spachkenntniss
staatsreden
ordentlich liest
und eine aus quellen geschöpfte
und an-
schauung geschichtlicher zustände und Vorgänge gewinnt. W i r wollen ihm zeit lassen. Seine gesundheit ist noch nicht die festeste, und Berlin stellt fürs erste, bis er sich ganz eingelebt hat, ungewohnte anforderungen an seine körperliche und geistige leistungsfähigkeit. E i n glück ist es, dass durch die reise Kekulé's die frage von selbst gelöst ist, was er mit der Zwischenstunde von 10-11 anfangen solle; ich hatte ihm schon hier gerathen, diese stunde sich frei zu halten für bibliothek, museum und etw. hospitieren. W i e er es mit der A n o m i a halten will, habe ich ihm ganz anheimgestellt, indem ich ihm sagte, aus welchen gründen es mich freuen würde, wenn er beiträte. N u n er durch Deinen hinweis auf D e m . veranlasst ist seine ganze kraft der prosa zuzuwenden, wird es ganz gut sein, wenn er sich nicht zugleich an der tragikerlectüre betheiligt; ich meine
-
für ihn, wie er eben ist. G l a u b t er es zu k ö n n e n , dann u m so besser; aber drängen m ö c h t e ich ihn nicht, weil er die pflicht der Vorbereitung sehr streng nehmen und dadurch zu leicht dazu k o m m e n k ö n n t e an sich zu verzweifeln. W i r müssen sorgen nicht nur dass er in die philologie herein k o m m t , sondern auch dass er geschmack und freude daran gewinnt (die er vorläufig noch nicht mitbringt, die theoretische einsieht von der nothwendigkeit übersetzt sich nicht 487
so leicht in praxis): das ist die riicksicht, die Dir es verständlich machen wird, dass ich gar zu schonend vorzugehn scheine. Wie weit bist D u denn mit der einleitung zu Demosthenes? schon an den hss.? so dass W positiven anhalt hat? Soll ich ihm Spengels abhandlungen schicken, die er doch schwer von der bibl. haben kann? oder möchtest Du, um ihn nicht zu verwirren, dergleichen von ihm fern halten? D u kommst durch den Pasparios auf mein buch. Dass D u den kleinen aufsatz nicht recht verknusen kannst, ist kein wunder. Hätte ich ihn zu besonderer publication verfasst, so würde das aushängeschild ganz anders gelautet haben und die pointe besser herausgearbeitet gewesen sein. So aber ist das für einen ganz besonderen Zusammenhang (als glied in einer langen beispielreihe für begriffliche Wucherung') geschriebene stück aus Zweckmässigkeitsgründen ausgeschieden und, damit es noch an der betr. stelle citiert werden könnte, ohne redactionelle änderung sofort gedruckt worden. Wenn D u meinst, dass die dinge, die ich da lehren will, irgend welchen Zusammenhang mit dem vortrage von 68/69 hätten, bist D u im irrthum. Ich habe mit grossen schmerzen mein innerstes umdrehen müssen, und was ich dann auf dem neuen wege gelernt und gedacht, will ich geben, zunächst die lehre von der religiösen begriffsbildung (daher kurz: Götternamen). Ich gehe da von elementaren beobachtungen aus, komme immer tiefer in die probleme hinein, und versuche dann die bildung persönlicher gottesbegriffe und die genesis des monotheismus zu zeigen - alles auf dem wege empirischer beobachtung und analyse. Es ist mein eigentliches lebenswerk, dessen erstes kapitel ich abstosse, um zeit und kraft für den schwereren gang, der dann kommt, zu gewinnen, die lehre von den elementaren Vorgängen des unbewussten denkens, aus welcher dann die lehre von symbol und formen des mythos einfach abgeleitet werden kann. Ich hoffe, der erkenntnisslehre nicht nur ein wichtiges neues stück vorschuhen, sondern auch einen kräftigen anstoss geben zu können. Bis Weihnachten möchte ich mit den Götternamen fertig sein. Sie werden, fürchte ich, auch Dir wie zwei kilo wackensteine schwçr im magen liegen. Ergetzlich wird die lectüre nicht sein können; ich muss, um den faden nicht zu verlieren, bei der behandlung der einzelnen beispiele mich zur möglichsten knappheit und concentration anhaltend zwingen - das ist auch das aufreibende dieser art von arbeit, die ich gedacht hatte wie zur Übung des handgelenks abthun zu können. Aber ich habe schon zu lange von mir gesprochen. Es ist zeit und stunde zu schliessen, wenigstens für uns provincialen. Habe nochmals den herzlichsten dank für Dein freundliches gedenken und Deine guten wünsche, und bleibe dem guten Walter ein so treuer Mentor, wie D u es rasch geworden bist und er selbst es sehr lebhaft und dankbar empfindet. Mit den besten grüssen von haus zu haus Dein alter Depontanus 488
Im ernst, was meinst D u , wäre es in 3 jähren, wenn ich sie erlebe, nicht zeit de ponte praecipitari? Dann habe ich 40 dienstjahre - in Oesterreich braucht der univ.prof. nur 30 um anspruch auf pension mit vollem gehalt zu erheben.
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Diels an Usener Berlin, den 13. Nov. 1894. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrter Freund, Die Abhandlungen sind G . Reimer zum Verkaufe übergeben, an den ich soeben gepustet habe (ich soll möglichst wenig ausgehn, da ich seit 14 Tagen hartnäckig und schmerzhaft erkältet bin und nur zur Universität gehe). Er wird also Dir die 4 Exemplare direct senden, Eile habe ich ihm anbefohlen. Falls der Bestand aufgezehrt ist, wird es vergeblich sein bei den Antiquaren nachzufragen - das bleibt als letzte ratio - , vielmehr will ich dann Donnerstag in der Akademie den Antrag stellen, dass mir in Anbetracht des wissenschaftlichen Zwecks aus dem eisernen Bestände die Exemplare verabfolgt werden. Hoffentlich sind diese eisernen Exemplare nicht „verschwunden", wie sovieles in der jahrzehntelangen Anarchie. Uber Deinen 1. Brief vom 29. v. M. habe ich mich herzlich gefreut und nehme mit Dir das „sechste" Decennium als omen. Was Walter betrifft, so bin ich völlig Deiner Ansicht, dass er nur langsam herangezogen werden kann. Er besitzt nicht das Temperament seiner Eltern, sondern seiner Oheime und hat offenbar innerlich viel zu überwinden, was nach aussen nicht sichtbar wird. Wir gehen daher auch in unsern Sonntagsgesprächen nur ganz langsam vor, damit er nicht erschreckt wird. Nachher wenn er sich fester fühlt, wenn er selbst auftreten kann, wird er schon selbst nach reichlicherer Kost verlangen. Dazu kommt Berlin, das schon durch sein blosses Dasein soviel Kraft verbraucht. Es wird sehr gut sein, wenn Deine liebe Frau ihm die Acclimatisation erleichtern hilft. Denn sie hat ja die Fähigkeit in einer für uns Èingelebte rätselhaften Weise das Berliner Durcheinander mit Genuss zu überwinden. Wir freuen uns herzlich sie hier bald begrüssen zu können und bedauern nur, dass unsere Absicht sie und Walter am nächsten Sonntag bei uns zu sehen durch Kekulé's Vorwegnahme vereitelt worden ist. Aber die Pathin hat ja Vorrechte. Unser Ludwig besucht regelmässig die Vorlesungen, nur 2, aber für Berliner Verhältnisse characteristisch: sie kosten ihm fast den ganzen Tag, in Folge der weiten Entfernung (Invalidenstr.) und ungünstigen Lagen. Wissenschaftlich 489
und geistig ist er wieder der alte und auch seine Art ist allmählich traitabler geworden. Doch geht die Wunde alle 3 Wochen etwa wieder auf und bedarf daher noch sorgfältiger Pflege. Ganz besonders dankbar bin ich Dir für die Erläuterung Deiner „Götternamen". Da mir der Götternamen das schwierigste und undankbarste Gebiet der Religionswissenschaft schien, so hatte ich eine gewisse Angst, aber ich sehe, dass Du darunter die Begriffsbildung verstehst oder mitverstehst. So bin ich denn natürlich in äusserster Spannung und wünsche, dass uns dies Buch als Christkindlein überraschen wird. Mögest Du Stimmung und Gesundheit bis zu Ende frisch erhalten. Meine im Straton angedeutete Vermutung, dass Heron der römischen Zeit, vielleicht Kaiserzeit angehört, hat kürzlich eine interessante Bestätigung erfahren durch die Ausgabe (und Ubers.) der arabisch erhaltenen Mechanik (Hebel, Flaschenzug etc.), in der (wenn die leichte Emendation richtig ist; Psdomos die Hds.) Posidonios ό άπό της Στοάς citirt wird. Auch durch die da beschriebenen Maschinen lässt sich wie der Herausgeber Carra de Vaux (Journal Asiatique 94) nachweist, die spätere Abfassung darthun. W[ilhelm] Schmidt in Braunschweig ist mit der Collation der Hdss. für Pneumatik & Autom. beschäftigt. So kommt endlich diese Litteratur in Ordnung. Deine Andeutung betreffs der Pons und der 40 Dienstjahre verstehe ich nicht. Ich bin wol in dieser Beziehung zu sehr verberlinert und verstehe weder Büchelers noch Deine Sehnsucht nach Österreich. Verhältnissen, die dort selbst als Fluch empfunden werden. Doch das kann man nur coram besprechen. Falls ich den Zweck Deiner Edition d. Diac. Marcus richtig ahne, würde ich mich allerdings sehr freuen. Hier ist alles taub u. stumpf. Mit herzlichen Grüssen auch an D. 1. Frau Dein getreuer H . Diels
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Usener an Diels
[Postkarte]
[Bonn, 15. 11. 1894]
L. D., Deinem erfreulichen (abgesehen von den nachrichten über Dein befinden und Deinen söhn) brief, den gestern auch noch meine frau lesen konnte, folgte bereits heute Reimers Sendung. Habe vielen dank für Deine freundliche Vermittlung. Ich dachte die wichtige und lehrreiche Schrift durch unsere jungen leute für Bü[cheler] bearbeiten zu lassen (wahrscheinlich vom philol. kreis), wie ich den seminaristen, wenns noch geht, ein anderes ähnliches pensum geben möchte. Schade dass sich (Dion.) ars rh. dazu nicht brauchen lässt, mit der 490
ich eben die sodales exerciere; ich hoffe sie gut in trab zu bringen durch eine von der sonstigen regel abweichende behandlungsweise: sie haben die collation der einzigen hs., jeder muss i/io des ganzen bearbeiten - als interpretation und sein Vorgänger dient dann als opponent. Ich habe manchmal die freude von den jungens zu lernen, und das ist die grösste freude. - Meine frau ist heute abgereist und wird nach aufenthalt in Elberfeld morgen in Berlin eintreffen. Über W[alter] stimmen wir jetzt im wesentlichen überein. Ich hoffe, dass die eindringendere beschäftigung mit Demosth. u. rednerische prosa - hilf nur mitsorgen, dass er gehörig liest - mit beiläufiger (Anomia) dichterlectüre ihn zum gefühl der Sicherheit und Selbständigkeit zu führen sich geeignet erweisen wird. Mit den besten wünschen für Dich und Deinen söhn und besten grüssen Dein H U s . An Reimer habe ich sofort durch Postanweisung gezahlt.
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Diels an Usener Berlin, den 31. Dezember 1894. W Magdeburgerstr. 20. 111
Mein Neujahrsbrief, hochverehrter Freund, kann den Anschluss an den Nachtzug nicht mehr erreichen. Soviel Besuch und Anderes drängte sich auf den letzten Tag des alten Jahres zusammen. So mag der Wunsch nicht minder herzlich post festum an Dein Ohr klingen; gedacht haben wir hier natürlich diese ganze Zeit oft nach Bonn. Namentlich seitdem die ausnehmend lebendige Photographie des jungen Dilettanten, die mir Deine Frau mitgebracht, über meinem Sopha hängt, ist mir's oft als müsste ich laut zu Dir sprechen. Ich denke oft, wie weit jetzt wohl die Götter gediehen sind und ob Dirs wohl mit Deinem Buche geht wie mir mit dem Simplicius, den ich Neujahr ausgedruckt glaubte; und nun bin ich nicht einmal mit Index, geschweige Vorrede fertig geworden. Man wird alt und einfältig, wie meine Grossmutter zu sagen pflegte. Hoffentlich ist Dir's besser geglückt. Ich habe diesen Winter mich mit religionswissenschaftlichen Fragen von der römischen Seite her zu quälen, da ich mir die Fasti, an die ich sonst schwerlich sobald gekommen wäre, für die Übungen vorgenommen habe. Es ist erstaunlich, wieviel hier noch die Elemente im Dunkeln liegen. U n d Mommsen hat mehr verwirrt, als geklärt. Wie man über dies Ν und N F urteilt, über das zehnmonatliche Jahr und a. D., ist mir rein unbegreiflich. Könnte ich nur über diese Dinge mit Dir mich benehmen. D u hast soviel ich weiss alle diese Sachen neu behandelt. Es wäre schön, 491
wenn man das irgendwo einmal lesen könnte. Auch über Iden und Nonen und Kaienden habe ich meine eigenen opiniones, aber nur wer das ganze graecoitalische Kalenderwesen kennt - und das thue ich nicht - kann hier sich getrauen etwas wissen zu wollen. Vitelli hat mir einen netten Schüler Dr. Covotti geschickt, der im Plotin, Aristoteles etc. arbeitet. Er brachte mir heute ein merkwürdiges Excerpt des Riccardianus 63, das die Einleitung des Alexander έκ του λόγου του προς Ήρακλείδην enthält. Alexander wird wörtlich angeführt etwa eine Druckseite lang und meint, wenn dieser Stoiker in seiner Dissertation ότι διαφέρεται 'Αριστοτέλης προς Πλάτωνα έν τη περί θεών δόξη καί περί άθανασίας της φυχής. gegen Aristoteles polemisire, so habe er kein Recht dazu, wenn er sich nicht selbst erst auf die Seite des Piaton gestellt und dem Stoicismus abgeschworen habe. Was ist das nun für ein Herakleides? Das Tempus der Invective πώς ουκ αιδείται φιλόσοφος είναι λέγων κτλ. kann nichts entscheiden. Doch möchte ich eher glauben, dass er einen Zeitgenossen, nemlich den aus C. I. A. III 772 a bekannten Herakleides (ca. 180 soviel ich sehe) angreift (wie den Epikureer Zenobios) als den Tarsenser. Was meinst D u dazu? Dein Walter ist, nachdem er die Collation des Σ beendet, an die Frage selbst herangetreten. Nach dem etwas unruhigen December sind jetzt halkyonische Tage für ihn eingetreten. Ich bin begierig, was das Nest für ein Brut zeitigen wird. Unser Ludwig sitzt auch über seinen Eiern (Flora von Neuseeland) und da er sich nach soviel geistiger Abstinenz geistig ausgehundert fühlt, so hat er sich mit ängstlicher Energie auf seine Sache geworfen. Wir suchen ihn durch allerlei Kunstmittel vom Neste zu locken, was nur sehr teilweise glückt. Glücklicher Weise ist er geistig wieder ganz frisch, aber gesellschaftlich unbrauchbarer wie je. Die Weihnachtsfeiertage waren wir still im engsten Familienkreise und freuten uns so gesund im vollen Kreise vereint zu sein. Ihr werdet den einen abwesenden schmerzlich vermisst haben. In den Weihnachtsferien war Gercke bei mir, der an seinen Seneca- und Tacitusstudien druckt und wol bald damit zu Ende sein wird. Er hängt in Königsberg völlig in der Luft und ist natürlich trotz Galgenhumors nicht in der besten Stimmung. Er hofft nun aber doch durch die Schiebung, welche Wissowas Fortgang hervorruft, irgendwie zu landen. Wissowa wird vernünftigerweise durch einen Gräcisten ersetzt (das Nähere ist Dir wol bekannt), so hofft am Ende der Reihe auch er dran zu kommen. Was sagst D u denn zu Blass' St. Lucas? Hast D u zuweilen an Jemand gedacht, der Tuis auspiciis den Alexander de sensu bearbeiten resp. vorbereiten könnte? Der Dionys läuft ja prächtig und Deine Methode im Seminar ihn per vices behandeln zu lassen, wird gewis ergiebig sein. Ich werde es gelegentlich auch versuchen. Nächstens hoffentlich wird ein kleines Heronianum in der D . L . Z . von mir erscheinen. Kalbfleischius meus hat in Paris Galeni q. F πώς έμψυχούται τα έμβρυα 492
(unedirt) abgeschrieben und bearbeitet. Die Behandlung u. Citate sind interessant. Er hofft erweisen zu können, dass es von Porphyrios ist. Aber bitte sprich nicht davon, es wird vermutlich bald erscheinen. Mit herzlichen Grüssen von Haus zu Haus in alter Treue und Liebe Dein H . Diels
304.
Usener an Diels
Bonn, 31 dec. 94 Mein lieber freund, Es ist lange her, dass ich von Dir nur durch Walter und meine frau höre, und so D u von mir. Aber das alte jähr soll nicht ablaufen, ohne dass ich mich noch einmal zum worte melde, vor allem um Dir für die hingebende liebe und treue freundschaft zu danken, die D u mir in Deiner fürsorge für Walter erweisest. Dass D u mir bisher nicht über ihn schreiben mochtest, verstehe ich vollkommen, und ich bin weit entfernt Dich zu einer äusserung veranlassen zu wollen. Der junge hat eine schwere geistige mauserung durchzumachen, und das üble ist, dass dieser unumgängliche process sehr erschwert wird durch körperliches Unbehagen, vielleicht sogar leiden. Sein altes übel, das kopfweh, ist in Berlin, ich vermuthe, hauptsächlich in folge ungenügenden schlafs, neu erwacht, und hat ihm bisher energisches arbeiten, wie wir es getrieben haben und wie es nöthig ist um rascher über die nächsten Schwierigkeiten vorzudringen, meistens bald verboten. Meiner frau und mein drängen haben ihn endlich vermocht sich dem arzte zu stellen; das nähere haben wir bisher noch nicht gehört. Unter diesen umständen haben wir gegen seinen wünsch, einen theil der ferien bei einer nahen freundin unseres hauses in Hamburg zuzubringen, nichts einwenden können. Ich war anfangs ungehalten, dann entdeckte ich in dem briefe, worin er um erlaubniss bat, eine sorgfältig ausgestrichene stelle, die mir zu lesen gelang: er klagte darin etwas muthlos darüber, wie wenig wohl er sich fühle. Dass er uns den kummer nicht machen wollte, das nackt heraus zu sagen, hat mich gerührt, und wir haben ihm daraufhin ohne weiteres den urlaub ertheilt. Ich sage das nicht etwa, um Dich zu vermögen ihn etwa sanfter anzufassen und weniger von ihm zu fordern. Im gegentheil. Es ist ihm gewis nur heilsam, vor festen bestimmten forderungen zu stehn, die ihn hindern sich zu sehr nachzugeben und weichmüthig zu werden. Die hand eines dritten kann fester sein als die des vaters. Was ich Dir schrieb, soll nur dazu dienen Dir den jungen und seine wahrscheinlich sehr langsamen fortschritte verständlicher zu 493
machen. N u r Deinetwegen möchte ich das eine erbitten, dass Du Deine kostbare zeit sparsamer auf ihn verwenden mögest. D e n n ich muss fürchten, dass er D i r an den Sonntagen und in den ferien recht viele zeit gekostet hat. Mein buch schreitet nur langsam voran. Mit der schnellfingrigkeit des setzers zu wetteifern habe ich längst aufgegeben. D o c h hoffe ich mit dem nächsten kapitel (14) an eine partie zu kommen, die rascher und leichter erledigt werden kann. Dieser tage hatte ich grosse freude durch den unerwarteten besuch von A u g . Fresenius, der ganz geladen von Götheforschung war wie eine elektrische batterie, dergestalt dass die berührung fast gefährlich war. Wie geht es E u r e m L u d w i g ? M u s s er noch immer unter ärztlicher behandlung stehn? U n d wie geht es mit Deiner gesundheit? Denke, wenn D u arbeitest, etwas mehr daran, ehe es zu spät ist. Ich habe Dich einmal während Deines decanats gewarnt, D u wiesest meine sorge durch ein stolzes wort ab, allein Firnhaber pflegte zu seinen primanern zu sagen ,es findet sich alles in der letzten düte'. Wir haben frohe, aber stille Weihnachten verlebt. D e r gedanke an das kommende jähr erfüllt mich mit etwas beklommenheit: der eine söhn soll durchs abiturientenexamen, der andere den doctorhut aufsetzen, ich mein buch absolvieren, und den Dionysius H a i . drucken, und am ende zur Cölner Phil. Vers, schreiben. G e n u g für einen „gria-greis, der sich nicht zu helfen weiss". U m so ruhiger und fröhlicher aber darf ich D i r und den Deinen glückliches neujahr und alles schöne gute was Ihr begehren möget dazu wünschen Dein alter H . Usener
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Diels an U s e n e r Berlin, den 1. Januar 1895. W Magdeburgerstr. 20. 1 1 1
Herzlichen D a n k , verehrtester Freund, für die freundlichen Worte Deines Sylvesterbriefes. Ich antworte sofort, u m D i r zu sagen, dass ich Walters Zustand vollkommen begreife und daher, wie von A n f a n g an, nur ganz behutsam und gleichsam tastend vorgehe. D a s s er wirklich leidend ist, möchte ich nicht glauben, aber er hat vielleicht N e i g u n g zu H y p o c h o n d r i e verstärkt durch die Fremdheit der neuen Verhältnisse (vulgo Heimweh) und durch E r m ü d u n g in Folge des Berliner Wirrwarrs. H a m b u r g wird ihm gewiss gut thun. Zeit hat er mir bisher wenig gekostet, da er ja in der Regel nur bei mir nicht [mit] mir 494
arbeitete, und ich benutzte nur die Gelegenheit in ein paar anknüpfenden Worten auf dies und jenes hinzuweisen. Ich kann mich sehr wol in seinen Zustand versetzen, ich habe ihn hier in Berlin durchgemacht. Erst als ich an irgend einem Punkte ins Detail ging und mich selbst fand, ward es anders. Auch hatte ich, wie er, zu Anfang nervöses Unbehagen, durch die ungewöhnte Art des ganzen Lebens hervorgerufen. Das wird sich alles mit der Zeit entweder geben oder es zeigt sich, dass der Boden überhaupt nicht sich eignet. Dann wird Zeit sein zu rathen. Jedenfalls sieht Walter äusserlich genau aus wie vordem. Ich glaube daher nicht, dass es tiefer sitzt. Deine Äusserungen über das Buch etc. gehen den meinigen in meinem gestrigen Briefe parallel. Von Überarbeiten ist meinerseits nicht entfernt die Rede, zumal meine peripatetische Philosophie (mit Milchkur, selbst verordnet), die ich seit den Herbstferien durchzusetzen suche, eine bisher nicht dagewesene Verbesserung meines chronischen Leidens zuwege gebracht hat. Ich habe diese Kur gerade aus der Erfahrung meines Decanatsjahres abgenommen, wo das geschäftige Hin- und Herrennen mir ganz wunderbar gut bekommen war. Leider ist diese Art furchtbar zeitraubend und das ist der Hauptgrund, weshalb ich zu nichts komme. Das kommende Abiturientenexamen (Ottos) wirft auch bei uns seine Schatten voraus, da er ein komischer Kerl ist, dem im entscheidenden Augenblicke oft ailes versagt. Aber er wird ja wol durchkommen. An die Philologen-Vers[ammlung, 24.-28. 9. in Köln] denke ich noch nicht, obgleich mich Bücheler gepresst hat. Es freute mich zu hören, dass Aug. Fresenius bei Euch war. Dass er electrisch sein konnte, war mir neu. Mir war seine Art früher wie ein sanfter aber unermüdlicher Landregen erschienen. Offenbar hat ihn Weimar gesteigert. Wo er schliesslich landen wird? Mit nochmaligen Wünschen für Deine ganze Familie, in Sonderheit für den Doctoranden und den Abituriens, sowie für die Götterfnamen] und Dionys von ganzem Herzen Dein getreuer H. Diels. Uber Ludwig, nach dem Du fragst, habe ich wol gestern geschrieben. Ich füge zu, dass seine Wunde immer noch in ärztlicher Behandlung steht, da ein kleiner Punkt ab und zu sich öffnet und sekretirt. Aber der Arzt legt kein Gewicht darauf.
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Usener an Diels Bonn, 1 juni 95 morgens früh
Nein, mein lieber, so darf das nicht fortgehn. Einen pfingstgruss wenigstens sollst Du von mir haben. Eben schnallt mein junge das köfferchen zu, in einer halben stunde soll ich abfahren, um mich mit Carl D[ilhtey] zu einer Wanderung im Thür, wald zu vereinigen. Ich stehle den meinigen ein paar minuten um Dir zu schreiben u. Dich zu grüssen. Ich würde Dich einladen zu uns zu stossen, wenn ich eine ahnung hätte was mein schwager vorhat, mit dem ich mich in Bebra treffe. Wie ist mirs ergangen. Seit anf. jan. liegt der ausschnitt aus Rh. Mus. im couvert, adressiert, und der brief kam nicht dazu. Ich war in toller jagd. Seit mitte febr. ruht und schläft mein buch; seitdem habe ich nur pour le roi Prusse travailliert, bis auf mai mit den seminaristen u. für sie am Hypatios; nun hat mich Mommsen eingefangen, der mit einer grabesstimme, die steine erweichen müsste, die astronomischen Zeittafeln für seine Chronica minora heischt. Ich bin fertig mit text u. allgemeiner einleitung, aber werde noch eine woche daran zu thun haben. N u n bin ich über alle dem und manchem gram (mein jüngster hats fertig gebracht im abit.ex. durchzufallen!) etwas mürbe geworden u. eile die pfingsttage zu nutzen mich [et]was zu erfrischen. Fröhliches gutes pfingstfest Dir und den Deinigen. Dein H . Usener Uber Walter, den ich vorläufig sich selbst überlasse, werde ich Dir schreiben, sobald ich selbst etwas klarer sehe. Wilhelm D[ilthey] hat wohl recht, seine begabung wo anders als für philol. zu suchen.
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Diels an Usener Berlin, den 8. Juni 1895. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrter Freund, Deine Pfingstepistel hat mich tief gerührt, da ich das Gefühl hatte längst einen Brief schuldig zu sein. Aber auch ich hatte viel kleine, zerstreuende Arbeit und wußte, daß Du, wie immer, eine dreifache Last Dir aufgeladen hattest. N u n wird ja Büchelers Jubelfest bald vorüber und Deine Sorge darum verschwunden sein. Die pars maxima den Hypatios habe ich bereits erhalten, aber noch 496
nicht lesen können. Gerade vor Pfingsten warf der Thesaurus viel Arbeit und Angst voraus. Aber die Conferenz, die mir leider die Pfingstwanderung unmöglich machte, zu der D u Hoffnung erwecktest, ist schließlich glatter verlaufen als ich hoffte und die erfrischende Begegnung mit den Collegen namentlich Bücheler hat reichlich die Last aufgewogen. Leider habe ich die wenig beneidenswerte Stelle des Karnickels, da unsere verehrten Mitthesaurier meist die Ruhe lieben. Aber die Sache consolidirt sich und schließlich wird ja wol etwas dabei herauskommen. Von München aus besuchte ich Zeller in seinem Otium und fand ihn recht behaglich. Namentlich haben sich die Familienverhältnisse durch die reizende Schwiegertochter sehr nett gestaltet, so daß der Wechsel weniger schlimm ausgefallen ist als viele befürchteten. Über Walter stimmen alle seine hiesigen Freunde überein, daß Berlin nicht der geeignete O r t für ihn gewesen ist. Aber es hat sich während seines hiesigen Aufenthaltes überhaupt kein bestimmtes actives Interesse, sondern nur ein Leiden unter allerlei unangenehmen Empfindungen, eine Art von Dumpfheit herausgestellt, die er selbst wol am wenigsten irgend genauer präcisiren könnte. Er hatte Angst vor jeder ernsten Frage u. vor dem Umgange mit gleichstrebenden Genossen, am wohlsten scheint er sich bei den jugendlichen Spielen des Kekuléschen Hauses (wenn die Eltern fern waren) gefühlt zu haben. So meinte Kekulé. So möchte ich glauben, daß er trotz seiner Jahre innerlich noch nicht ganz reif für irgend ein Studium war. Er wird daher, möchte ich glauben, etwas mehr Zeit brauchen, aber bei seinem goldnen Character und seinem Verstände (den man durchfühlt) wird er gewis ans Ziel kommen. Ich habe dies ganz offen dargelegt, bitte Dich aber keinen weiteren Gebrauch davon zu machen. Ihn vorläufig sich selbst zu überlassen, wie D u schreibst, halte ich für das einzig richtige. So geht es uns ähnlich mit unserem Ältesten. Körperlich ist er ja jetzt wieder hergestellt, nachdem durch operativen Eingriff vor 4 Wochen 2 ziemlich große Knochensplitter entfernt worden waren. Aber in s. Studium geht er eigensinnig seinen eigenen auf speciellstes Fachstudium gerichteten Weg. Ich hoffe er wird aus der großen Arbeit, in die er sich gestürzt, einmal wieder auftauchen, aber bis jetzt ist er für alles andere als die Pflanzen und Geographie von New-Zeeland todt. Er ist so eigensinnig, daß er in allem Ernst seine botanische Tour, die im vorigen Jahre so bös unterbrochen wurde, bei der nächsten Station fortsetzen möchte, um den damals gefaßten Plan durchzuführen. Natürlich wird daraus nichts, aber es ist sehr schwer in diesen eisernen Schädel etwas anderes hineinzubringen. O t t o hat Chemie angefangen Landoltio duce, soll aber im Herbst sein ljähriges Jahr abdienen. Ostern ließ es sich leider nicht machen. Wie schwer Ihr alle an dem Misgeschick Eures Jüngsten zu tragen habt, hat uns Mariechen erzählt, die wir sehr munter u. frisch fanden. Nun wird sie bald die beiden Meere verbinden. Hoffentlich ist der Pfingst-
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ausflug ganz nach Wunsch ausgefallen. Freitag fuhr ich durch von Stuttgart kommend. Leider erhielt ich den Brief erst heute nach meiner Rückkehr, sonst wäre eine Begegnung möglich gewesen. Daß Du die astronomischen Tafeln für Mommsen übernommen, hat er mir ganz gerührt und glücklich mitgeteilt. Freilich neue Arbeit! Wie stehts mit dem Dionysios? Neulich wollte Jemand wissen, er erscheine nicht in Oxford. Das ist doch wol Irrtum? Hast Du Jemand für den Anonymus Neobarii, aber er müßte sofort anfangen können, weshalb Radermacher nicht zu brauchen ist. E. Richter hat seine Probe so schlecht gemacht, daß ich ihm die Arbeit abnehmen mußte. Und Rabe, den ich darum bat, macht soviel Wenn und Aber, daß ich Scheu trage mich mit diesem Miles gloriosus einzulassen. Er will übrigens Juli in Bonn studiren. Hast Du den Gedanken auch im Auge behalten für Alex, de sensu einen „Vorarbeiter" zu gewinnen? Die Sache brennt allmählich auf die Nägel, da ich kein Ms. in Vorrat habe und alle versprochenen Beiträge stocken. Und da sie mir immer meinen Fonds abknappsen wollen (wir haben 9 000 M. Schulden dieses Jahr in der Klasse), so muß ich wenigstens den Drucker stets beschäftigen. Sonst gehts schief. Mit bestem Gruß an alle die Deinen auch von m. Frau Dein getreuer H. Diels
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Usener an Diels
[Postkarte]
[Bonn, 30. 7. 1895]
L. frd., famoser fund Deines Kfalbfleisch]., Es ist freilich kein anekdoton, sondern Clement, hom. XII 10 δεϊ]γμα οτι (p. 262, 10 Dressel) bis 17 (p. 267, 5 Dr.) νεαζούση [τυγχάνων ηλικία. Lass mich wissen, an welche adresse ich das blatt zurücksenden soll. Von ferienausspannung kann bei mir keine rede sein: correctur der hand tafeln für Mommsens Chron. min., ausgabe von (Dion.) τέχνη für die Kölner phil. vers., und abschluss des mythol. buchs. Von Dionys, sind 5 bogen gedruckt (antheil von Radermacher), jetzt springe ich mit der Τέχνη ein, da er ruhe und erholung bedarf. Du kommst doch nach Cöln? Und wenn, so hast Du gewiss irgend eine nette kleine mittheilung für die section? Wir wollen (Bücheler ua.) ins Domhotel gehn, vergiss nicht Dich rechtzeitig anzumelden. Beste wünsche für die ferien. Dein Η Vs.
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Diels an Usener Berlin, den 8. Sept. 1895. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrtester Freund, Ich hätte Lust Deiner Aufforderung gemäß in der Section Vi St., höchstens Vi Std. anknüpfend an Kalbfleischs (Galen) π ώ ς ε μ ψ υ χ ο ύ τ α ι τα έμβρυα, das Dir zugegangen sein wird, und an Kühleweins Hippocrates I, über die Aufgaben der Philologie in Bezug auf die exacten Wissenschaften zu sprechen, falls D u noch Platz hast. Hauler hat mir geschrieben, daß er Dir genehm kommen wird mit einem Berichte über Fronto. Nach seinen Mitteilungen hegt er eine übergroße Meinung von der Wichtigkeit der Sache u n d ich fürchte, er wird vor lauter Folia, Quaternionen u n d solchem Krimskrams gar nicht zu seinen eigentlichen Resultaten kommen. Wenigstens sind so seine Briefe u n d der Wiener Vortrag wird Dir noch erinnerlich sein. Ich hoffe daher, daß D u ihm von vornherein eine möglichst kurze Frist gesteckt hast. Der Mann ist ein ausgezeichneter Tüftler, aber er m u ß stets die Peitsche über sich fühlen, sonst verbohrt er sich. Meine H o f f n u n g , nach dem Trubel von Köln noch einige ruhige Stunden in Bonn zubringen zu können, ist leider vernichtet worden. Als ich von einer kurzen Sommerfrische im Schwarzwald und Bodensee vor 14 Tagen hierher zurückkehrte und den Acker für den Winter bestellte namentlich was die Commentare anbetrifft, fand ich f ü r Themistius, der jetzt dran muß, so wenig Vorarbeit in dem Torstrik'schen Nachlaß und speciell über die zahlreichen und wichtigen Pariser Hdss. so ungenaue und confuse Angaben, daß ich, ehe ich die Hauptcodices hierher kommen lasse, an O r t und Stelle Musterung halten muß. So wird sich, da ich wenig Zeit habe, die Pariser Reise gleich an die Kölner knüpfen, was ich Dir schon jetzt mitteile einmal um Dich zu veranlassen Pariser Auskünfte f ü r mich zurecht zu legen und sodann u m die Frage anzuknüpfen, ob D u vielleicht Lust hast mitzukommen, da soviel ich weiß, D u gar nicht herausgekommen bist. Das würde die mich nicht sehr erfreuende Aussicht auf Paris f ü r mich in einem ganz anderem Lichte erscheinen lassen. Einstweilen herzliche G r ü ß e und auf frohes Wiedersehen in Köln Dein H . Diels
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Usener an Diels
Bonn, 10 Sept. 95 Liebster Diels, Vielen dank für den gestrigen brief, Dein anerbieten für die section nehme ich mit verbindlichstem dank entgegen. Eine wahre perle. Hauler kenne ich u. habe ihn auf 20 minuten festgenagelt. Dass D u nicht etwas zeit nach den heissen tagen der Phil. V erübrigen kannst, ist mir schmerzlich. Geht's denn nicht vorher? Das wäre mir sogar noch lieber, da ich nachher durchaus etwas ausspannen muss. Das messer steckt mir an der kehle. Näheres mündlich, habe jetzt keine zeit. Vielen dank an d r K[albfleisch] für den fabelhaft interessanten u. trefflich bearbeiteten fund. Auf frohes wiedersehn Dein HUsener
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Diels an Usener
Berlin 10. X I . 95 Verehrter Freund, Ich darf, trotzdem ich alle Hände voll zu thun habe, Dir doch nicht verschweigen, daß das Unerwartete geschehen ist und daß unsre Classe am vorigen Donnerstage [ZÌI.] zu ihrem philologischen Sekretär noch einen zweiten derselben Sorte sich gewählt hat. Meine Anstrengung Harnack durchzubringen ist am Theologen gescheitert und da mein nationalökonomischer Gegencandidat [Schmoller] meiner innersten Uberzeugung nach für unsere Akademie kein Heil bedeutet, so habe ich der Majorität (14:9) mit schwerem Herzen folgend angenommen. Abgesehen hiervon geht mir's gut, die Vorlesungen sind sehr besucht und Arbeit die Fülle, wie vermutlich auch bei Dir. Mit herzl. Gruß an Alle Dein H.D.
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Usener an Diels
Bonn, 11 nov. 95 Mein lieber freund, D u weisst dass ich nicht gerade rechthaberisch bin. Aber in dem fall wirst D u mir doch wohl die volle genugthuung und freude gönnen recht behalten zu 500
haben. Ich habe Dir das schon bei der M[ommsen]'schen krise [vgl. Brief I, 277] vorhergesagt, und damals nur darum das gegentheil gewünscht, weil ich Dich vor dem ΦΦόνος, einem unangenehmen heiligen, bewahrt sehen wollte. Auch würde damals Deine wähl schwerlich sich mit so siegreicher majorität vollzogen haben. Ich weiss es M[ommsen] dank, dass er damals es nicht zu einer ersatzwahl für sich kommen Hess und so dem dinge die wünschenswerthe frist zu gesunder reife gönnte. Also meine und meiner frau herzlichste glückwünsche zu dem ehrenkranze, den das vertrauen Deiner hohen collegen auf Dein zwar schon etwas angegrautes und erleuchtetes aber doch immer noch jugendliches haupt gedrückt hat. Wenn D u mich in starker arbeitsnoth denkst, so hast D u recht. Die 3 Wochen, die ich vor beginn des semesters zur erholung hatte, haben mir zwar sehr wohl gethan aber doch nicht ausgereicht mir volle frische wieder zu schaffen. Und der gedanke, vor der reise die 2 letzten kapitel des buchs zu schreiben, hatte sich als unausführbar erwiesen, allein schon wegen der Cölner nachzügler, die tag für tag störten, aber auch weil ich zu mürbe war um diese schweren, auf kürzeste und doch anständige form zu bringenden dinge gut zu erledigen. Es gieng mir wie immer; was ich leicht herunter zu schreiben hoffte, verlangte viele nacharbeit und ergänzung. Zurückgekehrt fand ich nicht nur das semester vor der thür, sondern auch eine masse geschäftlicher aufgaben. So bin ich nur langsam wieder in trott gekommen. Eben schreibe ich glücklich am letzten kapitel. Aber Verpflichtungen aller möglichen art, auch die leidige geselligkeit, zerreissen mich, und dazu schreien die Sosier, leider mit recht. Ich sende Dir unter Streifband den katalog der Clarendon-Press, damit D u auswählen und bestellen kannst. Thue es bald, um mitte des monats sollten von hier die bestellungen abgehn, und vergiss nicht den katalog zu ,retournieren', da er nicht mir gehört. Wenn Deine und Deiner freunde bestellungen zahlreicher ausfallen, so werde ich sorge tragen, dass das Berliner paket von Oxford aus direct an Dich befördert wird, damit das porto nebst Verpackung von Bonn nach Berlin gespart wird. Mariechen feiert heute (Martinstag) seinen geburtstag in Hamburg, wo sie wieder ein Vierteljahr bis Weihnachten sich höheren kunststudien widmet. Es fehlt mir viel, dass das kind nicht um mich ist. Mit Walter lese ich nun abends nach tisch Piaton. Es war die höchste zeit, denn es zeigt sich dass er noch weiter zurück ist in lebendiger kenntniss der spräche als ich fürchtete. Bei uns hat A[lthoff] die lat. indices schol. gestrichen, andere uniw. sind anders behandelt worden. Bei Euch hat er doch hoffentlich Vahlen respectiert und unangetastet gelassen? Grüsse gelegentlich den Schweiger WDilthey. Ich erwarte einen brief von ihm nicht, bevor ich ihm die bombe meines buchs in die stube geschleudert habe. Lässt sich gar nichts für FKoepp thun? N u n ist ihm auf so peinliche 501
weise Münster vor dem mund weggenommen worden. Enttäuschung über enttäuschung. Hoffentlich geht bei Dir alles gut. Grüsse mir die Deinigen bestens. Dein alter H . U s . Die ankunft Deiner grossartigen carmina ferrovialia habe ich noch vor meiner abreise erlaubt. Alle achtung vor Deinem sonettenbau.
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Diels an Usener Berlin, den 13. X I 1895. W Magdeburgerstr. 20. III
Verehrter Freund, Herzlichen Dank für Deinen lieben, eingehenden Brief, den ich leider heute, an meinem schlimmsten Tage, nur mit der Bitte beantworten kann bei der Clarendon Press für mich und meine Freunde (leider ist die Zeit zu kurz und Berlin zu lang, um mehr zusammen zu bringen) folgendes zu bestellen: 1 Ex. 1 Ex. 1 Ex. 2 Ex.
S. S. " S.
26 30 " 47
1 Ex. S. 27 1 Ex. " "
Allen Notes 5 s. Homer Scholia in Iliadem Dindorf 4 vols. 2 U 10 s in Odysseam 2 vols. 0.15. 6 Hatch a Concordance to the Septuagint Parts I—IV und später die folgenden Lieferungen Cramer Anecdota Oxoniensia 1 îi 2 s. Parisiens. 1 H 2 s.
Für D r FKoepp in Berlin 1 1 Ex. Head, Historia numorum
1 [von Usener hinzugefügt]
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2 ib 2 s.
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Usener an Diels
Bonn, 16 nov. 95 Liebster Diels, Eben war D r Förster, den ich gestern verfehlt hatte, als ich ihm unsere aufträge für die Clarendon Presse überreichen wollte, [hier] und theilte mir ein novum mit, dessen unkenntniss Du bei mir entschuldigen musst. Der Verleger, dem deutsche buchhändler Vorstellungen gemacht und mit boycott gedroht haben, hat erklärt den abnehmern, denen bisher die erzeugnisse der Cl. Pr. zur hälfte des ladenpreises abgegeben wurden, dieselben bedingungen auch ferner gewähren zu wollen, aber neue künden zu diesen bedingungen nicht mehr anzunehmen. Es ist daher ausgeschlossen, dass wir, wie ich gedacht, die Berliner sachen direct unter Deiner adresse bestellen. Da aber die expedition über Bonn nicht bloss umpacken, sondern auch erhöhung des portos (Bonn-Berlin dazu) bedingt, so schlägt hr E vor, Du mögest Deine bestellung, der ich Head (für Koepp) zugefügt habe, an den neuen Anglisten Eurer Universität prof. Brandl abgeben, der, wie dr E zufällig weiss, dieselben vortheile von der Ciar. Press geniesst. Der wird das ja gerne übernehmen, vielleicht auch selbst desiderien haben. Sollte Dir das nicht convenieren und Du auch Bywater nicht durch einen solchen auftrag belästigen wollen, so schicke mir Deinen bestellungsbrief nur zurück; es wird so lange gewartet werden, und Du erhältst dann die sachen via Bonn (für die noch lange nicht abgeschlossene concordanz des N.T. wäre das freilich eine starke erschwerung). Heute habe ich auch ausnahmsweise etwas, wozu Du mir gratulieren kannst. Gestern abend bin ich mit meinem buche fertig geworden. Es steht nur correctur von 2 kapiteln und redaction des registers aus. Du glaubst nicht wie wohl mirs ist, den klotz vom beine zu haben, der mich bei all den anderen anforderungen, Vita Hypatii, chronolog. tafeln, festschrift für Cöln empfindlich genierte. Mit herzlichem gruss Dein HUs.
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Diels an Usener Berlin, den 17. Nov. 1895. W Magdeburgers«. 2 0 . m
Verehrter Freund, Ich muss doch Abstand nehmen unter den angegebnen Bedingungen die Bestellungen aufzugeben. Erstens ist die Sache moralisch nicht ganz rein. Denn wenn ein alter Kunde neue Freunde unter seinem Namen einführt, so ist das eine Umgehung des Ubereinkommens, und wenn der Verleger den deutschen Buchhändlern aus Schwachheit diese Concession gemacht hat, so ist es gerade einem Engländer gegenüber wie ich empfinde, nicht richtig, auf Hinterthüren doch zum Ziele gelangen zu wollen. Zwischen Freunden mag ja alles gemein sein und insofern wird Prof. Förster gewiss Deine Bestellungen gern ausführen, aber die Freunde der Freunde der Freunde - das darf ich wenigstens ihm nicht zumuten. Zweitens der Weg durch Brandl ist zu Zeiten noch nicht gangbar. Wenn ich solche Mühewaltung ihm auflade (abgesehen von jenem point d'honneur), so binde ich mich ihm gegenüber, den ich erst einmal gesehen habe, sehr stark. Ich weiss, dass er allerlei Neuerungen hier im Sinne hat, bei denen ich ihm (sub rosa natürlich!) vielleicht amtlich entgegentreten muss, εσται καλώς, aber ich möchte die Hände frei haben. Die Bestellungen eilen nicht, ich wollte nur die Gelegenheit wahrnehmen, also möchte ich die Zeit abwarten. Vielleicht komme ich später zu B. in ein Verhältnis, vielleicht kommt er mir später sogar entgegen, wenn ich auf den Busch klopfe, jedenfalls möchte ich jetzt nicht vorgehen. Wir hatten hier in der Familie viel Sorge und Unruhe. Meine Schwägerin, die unverheiratete Schwester meiner Frau, die bei ihrer Mutter in Wiesbaden lebte, ist nach plötzlich vor 10 Tagen eingetretener Verschlimmerung ihres wie es damals schien nur nervösen Leidens, am 14. an Herzschlag gestorben und meine Frau ist zu ihrer Mutter geeilt, die nun allein steht. Die Sache wird complicirt dadurch, dass mein zweiter Sohn Otto augenblicklich in Wiesbaden diente und bei meiner Schwiegermutter in Halbpension war. Ich weiss noch nicht, wie sich die Dinge gestalten werden. Zu der Vollendung Deines Buches gratulire ich allerdings von Herzen, um so mehr als es mir fast unmöglich ist auch nur an die kleinste Arbeit zu kommen. Ich soll am 5. Dez. lesen und möchte meinen Alkman loslassen, aber es flutscht nicht und wenn man die Feder ansetzt, um das scheinbar Fertige darzustellen, zeigen sich erst die Schwierigkeiten. Mit besten Grüssen an Deine 1. Frau und die Herrn Söhne und besten Wünschen für die abwesende Marie. Dein H. Diels 504
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Diels an Usener Berlin, den 7 Dez. 1895. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrter Freund, Schon fast eine Woche liegen die Götternamen, die Schwager Wilhelm freundlichst auf den Tisch des Hauses niederlegte, vor mir, aber ich habe noch nicht hineinblicken können. Denn ich mag Dein Buch, von dem ich durch Dich weiß, was drin steckt, nicht durch lüsternes Anpicken entweihen. Ich lasse also erst die unheiligen Tage, die durch Staats- und Doctorprüfungen u.s.w. more solito ausgefüllt sind, vorübergehen und wenn dann die heiligen Nächte beginnen, werde ich Dein Götterbuch in die Hand nehmen. Denn ich werde und will es doch etwas anders lesen als die meisten Leser, die D u bekommen wirst. Ich lese es als ein Stück von Dir und hoffe die Stimmung dazu bald zu finden. Mythologie berührt mich eben kräftig bei Gelegenheit des Alkman'schen Parthenaions, das ich nun ganz commentirt habe und in der Akademie am vorigen Donnerstag vorgelesen. Aber ich lasse es noch etwas abdünsten. O b ich auf die Mythologica (Artemis Orthia) wirklich eingehen werde, weiß ich nicht. Bisher hält mich von jedem Aussprechen auf diesem Gebiet die Notwendigkeit zurück, mit dem breitesten Materiale analoger Erscheinungen zu arbeiten. Denn ohne dies überzeugt man nicht; eine Herausnahme einzelner Kapitel wie Herakles, Hephaistos wäre mir unmöglich, ja eine Art Entweihung. So werde ich also im Alkman vermutlich schweigen. Den Chor aber glaube ich herausgebracht zu haben und darüber werde ich ein wenig weitläufig werden müssen. Kalbfleisch ist durch Wilamowitz, der seine Schrift namentlich auch nach der kritischen Seite hin gewürdigt hat, Studniczka in Freiburg empfohlen worden. Er solle sich dort habilitiren und gleichsam eine Art Proseminar bilden, da es daran in Ffreiburg] fehle. Die Sache hat aber Schwierigkeiten, weil Schmidt und Hense nicht sehr entgegenkommend sein werden. Es kommt hinzu, daß Hense mit mir nicht steht in Folge eines alten Misverständnisses, so daß ich dort nicht recht eingreifen kann. Dürfte eventuell K[albfleisch], wenn er sich meldet, sich auf Dich berufen? Es wäre dann freilich von Studniczka, Wilamowitz pp möglichst zu schweigen, damit die beiden Fachvertreter nicht den Eindruck erhalten bevormundet zu werden. Indem ich Dir herzlich Glück wünsche zum Abschluss wenigstens einer Bürde und baldiges Vivat sequens rufe, schließt in herzlicher Dankbarkeit Dein Hermann Diels
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Usener an Diels
Bonn, 23 dec. 95 Mein lieber Diels, Erst am 23 dec. sehe ich aus der mir eben zugegangenen sinnigen gäbe Wendlands und Kerns, dass es gestern 25 jähre waren, dass D u Dir hier in Bonn den doctorhut geholt. Wie ein träum ist mirs, dass 25 jähre seitdem schon verflossen sein sollen, so lebhaft stehn die einzelheiten noch vor meinen äugen. Aber - facta locuntur. Nicht weniger als drei schwere sechspfünder docta Juppiter et laboriosa, und dazu die endlose Schaar der compagnieweise aufziehenden truppen levioris armaturae - das alles ist nicht ausserhalb der zeit und befreit von den bedingungen irdischen schaffens entstanden. Dein vor der zeit gebleichtes haar weiss längst von den unerhörten anstrengungen der Hamburger zeit zu erzählen. Auch Berlin brachte zunächst keine grosse erleichterung, da die Commentatoren bald hinzuwuchsen, bis die lücke, die der tod eines antipoden [August Mullach] verursachte, glücklich benutzt, Dir eine Stellung an der Universität schuf, die nun gewissermassen von selbst ausreifen und auswachsen konnte. Von den 25 jähren stand doch die bedeutend grössere hälfte unter einem glücklichen zeichen. Nicht bloss ich habe die Wahrnehmung gemacht, dass D u an der sonnenwärme einer für Dich wie geschaffenen (dh. im wesentlichen von Dir selbst für Dich geschaffenen) Stellung nach dem j. 1881 nicht nur aufgelebt und frischer geworden bist sondern Dich förmlich verjüngt hast. Es ist die mit freudiger hingebung geleistete forscherarbeit, die diese wirkung ausgeübt hat. Eine rastlosigkeit, die für andere kräfte verzehrend wirken müsste, wenn sie überhaupt dazu fähig wären, scheint auf Dich, bisher wenigstens, erfrischung, anregung, belebung zu bedeuten. So hast D u es verstanden in die spanne eines vierteljahrhunderts leistungen zusammen zu drängen, welche unter besonders günstigen umständen der arbeit eines ganzen reichen lebens entsprechen könnten. D u hast wahrlich gehalten was D u versprochen, indem D u die erwartungen, die selbst die freundschaftlichste werthschätzung hegen mochte, weit überboten hast. Etwas ruhiger wird in dem zweiten vierteljahrhundert, das D u mit so viel würde angetreten hast, die arbeit werden. Wenn ich, namentlich an Simplikios denke, so kommt mirs vor, als hättest D u Dir einen schönen grossen garten angelegt, in dem D u nun in der zweiten hälfte Deines forscherlebens die freude hast die heranwachsenden und reifenden früchte zu ernten - Fragmenta philosophorum, fragen Aristotelischer Überlieferung und was alles. Aber Deine Interessen reichen ja längst weiter. Wohin sie immer Dich führen, ich weiss dass wir nur immer reiferes, tüchtigeres, bleibenderes zu erwarten haben. Glücklicher weise bist D u von den naturen, die ihre keime nicht vorzeitig abstossen sondern bei sich zu halten vermögen bis zur reife. 506
Ich verbinde also den dank, und zwar den herzlichsten innigsten für das was D u in dem abgelaufenen viertel;ahrhundert der Wissenschaft, mir und den meinigen gewesen bist, mit den lebhaftesten glückwünschen zu dem angetretenen Zeitraum. Dein gestirn steigt noch an. Es ist gar nicht abzusehn, warum es nicht weitere 25 jähre immer weiter fröhlich ansteigen sollte und nicht jede neue leistung immer reifer und vollendeter ausfallen sollte. Damit das aber alles so werden könne, wünsche ich Dir eine feste, immer festere gesundheit, und dasselbe gut für die Deinigen, damit D u licht und wärme im hause hast. Übrigens darf ich aus der noth eine tugend machen. Ich hätte Dir zum 22 dez. schreiben sollen, sagt man. Nein doch, ich schreibe zum 24 Dez., denn auf den bescheerabend nicht auf den promotionstag kams damals dem jungen herrn d r an; was für ihn feststand, war, dass er am 24 Dec. in Wiesbaden als doctor philos, auftreten müsse. Ungesucht verbinden sich so mit meinen promotionsgedanken die herzlichsten glückwünsche an die gattin, die, wie ich vermuthe, morgen unter dem weihnachtsbaum die 25jährige wiederkehr des verlobungsfestes mit dem frischgebackenen doctor feiert. Ihr und den söhnen und nochmals Dir die herzlichsten glückwünsche auch von seiten meiner frau und tochter. Sie leben hoch, der glückliche kreis, der unter dem grünenden reis des tannenbaumes den reigen schwingt, ό δ ' εξαρχος Διλέσιος, εύοί. Das müsst Ihr morgen abend wirklich thun, wobei D u Deine sublimsten schritte machen wirst, gerade als wärest D u schon minister und machtest den fackeltanz mit. Entschuldige den brief, der vielleicht meinem herzen, aber schwerlich meinem verstand ehre macht. Ich habe einmal wieder einen richtigen schnupfen, und da bin ich nicht quarta mei pars. Also nimm mich auch noch am 24 dec., und trotz dieses schnupfens, freundlich an. Dein alter H. Usener
3 1 8 . D i e l s an Usener Berlin, den 28. Dez. 1895. W Magdeburgerstr. 20. 111 Mein verehrter Freund, Dich unter den Gratulanten zu dem Frühlingsjubiläum, wie es Frau Curtius sinnig taufte, zu erblicken, hat der Feier, der ich, wie D u mich kennst, etwas skeptisch gegenüberstand, einen ernsteren Hintergrund und eine tiefere Weihe gegeben. Ich dachte dabei mit Lebhaftigkeit an die eigentümlichen Umstände jener Promotion zurück, deren Einzelheiten auch mir noch lebendig vor Augen stehen. Freilich ist alles wie mit einem feinen Duft umgeben, der weniger von der zeitlichen Entfernung als von dem dumpfen Seelenzustand herrührt in dem 507
ich mich damals und geraume Zeit nachher noch befand. Freilich es war nicht der Eros, wie D u meinst (Du wirst verzeihen, dass ich zugleich im Auftrage meiner Frau diesen Anachronismus berichtige), sondern eine durch die Unsicherheit meiner damaligen Lage hervorgerufene Spannung. Es kam zu dem Innern, was mich quälte, auch ein Äußeres. Ich war im Juli nicht mehr zum Eintritt ins Heer zugelassen worden. Dann hiess es zum 1. Januar 1871 würden alle, die Ausstand hatten, unbedingt eingezogen. So wollte ich vor diesem Termin die Wäsche auf die Leine bringen, wozu nun doch freilich die Zeit nicht recht ausreichte, trotz Deiner mir damals erwiesenen, mir stets unvergesslichen Beihilfe. Freilich im Allgemeinen bin ich trotz der grauen oder fehlenden Haare noch nicht in dem Stadium rückwärts zu blicken und mich viel mit meiner Persönlichkeit zu beschäftigen. Die Gegenwart und Zukunft fordert ihren Mann und ich habe alle Gedanken nötig ihr zu genügen. So bin ich - ich muss es zu meiner Schande gestehen - noch nicht dazu gekommen, das bereits 8 Tage eingebunden vor mir liegende Götterbuch in die Hand zu nehmen. Ich fürchte vor Ende Januar wird es damit nichts werden, ich verspreche Dir aber es dann um so genauer zu lesen und zu berichten. Weihnachten ging sehr vergnügt diesmal vorüber, da unser zweiter Sohn Urlaub erhalten hatte und gerade zu jenem Tage hier ankam. So war die Freude gross. Meiner Frau, der es trotz ihres noch nicht überwundenen Schmerzes über ihre so rasch dahingestorbene Schwester körperlich nicht übel geht, schliesst sich meinen herzlichsten Wünschen für Dich und Deine liebe Frau sowie Kinder an. Einen besonderen Dank schulde ich noch Walter, über den ich viel erfreuliches durch Stud. Michaelis gehört habe, der zu den treuesten der augenblicklichen Schülertradition gehört. Mit herzlichsten Wünschen auch für Deine geistigen Kinder in ewiger Dankbarkeit Dein Hermann Diels
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Diels an Usener Berlin, den 3. März 1896. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrter Freund, Endlich nach drei Monaten, wo Dein Götterbuch reizend und mahnend zu meiner linken lag, habe ich es öffnen und in ziemlich ununterbrochenem Zuge durchlesen können. D a drängt es mich, Dir sofort treuen Bericht zu erstatten, wie es gewirkt hat. Ich fühlte mich gleichsam um 25 Jahre verjüngt, indem ich 508
Deinen wie ehemals gelehrten und begeisterten Worten lauschte und fühlte mich vor allem in allem Wesentlichen mit Deinem Standpunkt eins und viel mehr eins wie damals, wo doch in der Sache einige Skrupel zurückgeblieben waren. Du erwartest daher auch nicht, daß ich all dies was wir gemeinschaftlich glauben hervorhebe. Denn teils ist es Dein eigen, was ich als meine Uberzeugung betrachte, teils doch durch Deine Richtung und Anregung später selbständig und parallel mit Deinem Weitergehen hinzugefügt. Wenn ich Deinen jetzigen Zustand, wo Du durch dies Buch einmal Schicht gemacht hast, richtig nach eigenen Gefühlen beurteile, liegt Dir jetzt nicht soviel an der Ubereinstimmung und Bestätigung Deines Standpunktes im Einzelnen als vielmehr in der freimütigen Discussion dessen, wo eine verwandte und freundschaftlich gesinnte Anschauung nicht mitgehen kann. Von diesem also laß mich im Folgenden vornehmlich reden. Du wirst das nicht misverstehen und vielmehr meinen Wunsch darin erblicken, selbst sicherer zu werden und womöglich durch Widerlegung von Irrwegen zurückgebracht zu werden. Am meisten weicht meine Auffassung ab in der psychologischen Grundlage des Ganzen, wie sie sich bei Dir im Titel „Götternamen" ausspricht. Ich kann diesem Nominalismus von vornherein nicht die überragende Bedeutung zugestehn, die Du (ganz an M. Müllers Theorie erinnernd) der Entwickelung der Benennungen gibst. Ich verstehe den Standpunkt durchaus, aber ich halte ihn für eine durch unser philologisches Handwerk uns nahe gelegte Überschätzung des Formalen und sehe daher selbst in der Etymologie nicht das erste sondern letzte Mittel zum Verständnis der Entwickelung vorzudringen, sehe in der Radicalmetapher nur Zufälligkeiten die für die Mythologie etwa dieselbe Bedeutung haben wie die Bedingtheiten der philosophischen Systeme durch die Zufälligkeiten der Sprache (Ethik durch den Sprachgebrauch von είδέναι, dem Gleichklang von ευ πράττει/ν in beiden Beziehungen beeinflußt). Dazu kommt, daß die Etymologie heutzutage viel weniger festen Boden hat als vor 3 0 - 4 0 Jahren. Was damals sicher stand, ist umgestürzt; die groben Gesetze, die damals gehandhabt wurden, sind unendlich verfeinert und in ihrer Geltung eingeengt worden. Und wer bürgt dafür, daß das, was die Linguistik heute als correct ansieht, bei dem raschen Fortschreiten dieser Wissenschaft, morgen noch Bestand hat? Es ist, glaube ich, keinem der älteren classischen Philologen mehr möglich mit eigenem Urteil sich auf diesem Gebiete zu bewegen, so daß man notgedrungen wird resigniren müssen. Denn wenn die Herren Linguisten auch unter sich oft uneins sind, darin sind sie einig, daß das was wir Philologen gelegentlich vorbringen, heutzutage nur ganz ausnahmsweise stichhaltig sei. Also abgesehen von dem principiellen Bedenken, das ich gegen die nominalistische Methode, die Erneuerung der heraklitisch-stoischen Anschauung haben muß, (das auch Du wenigstens theoretisch S. 5 zu teilen scheinst, aber in praxi wiegt die Etymologie doch sehr stark vor) mutet das Einzelne oft etwas selt509
sam an. Doch davon später. Vielleicht wirst Du sagen: „Aber dann fällt ja mit meiner Methode Alles hin." Das glaube ich durchaus nicht. Sondern wenn ich dies weglasse, so sehe ich Deine wundervolle Analyse der Götterwelt: Augenblicksgötter, Sondergötter, Universalgötter für eine ganz außerordentlich wertvolle Bereicherung unseres mythologischen oder vielmehr religionsgeschichtlichen Wissens an. Aber um nun auf den Grund zu kommen. Ich möchte nicht mit Teilen der menschlichen Psyche, die doch die Religion als Ganzes geschaffen hat, operiren. Ich frage: Wie sind die Menschen, die lebendigen Menschen beschaffen gewesen, die dies und jenes glaubten und nach Glauben handelten? Welche Culturzustände haben eingewirkt oder mitgewirkt auf ihre Überzeugung und den Wandel derselben? Wie ich in der Semasiologie nicht davon sprechen möchte, dies oder jenes Wort hat seine Bedeutung gewandelt, sondern die Menschen haben die oder jene Veränderung ihres äußeren und inneren Zustandes erlitten, wodurch die Veränderung der Bedeutung bedingt oder mitbedingt wurde, so frage ich in der Religionsgeschichte: Wie kam's, daß unter 100 Augenblicksgöttern einer sich fixirte, unter 100 Sondergöttern einer universal wurde, wie kam's daß Νέμεσις eine andere Bedeutung gewann als Λάχεσις, Hera eine andere als Io u. dgl.? Wenn ich dieselbe Frage heute stelle: Wie kommt's, daß unter soviel Madonnen, die alljährlich neu aufkommen, in kurzer Zeit die von Lourdes über die ganze katholische Welt sich ausbreitete und in den kleinsten tirolischen Nestern siegreich mit der alten heimischen Barbara kämpft? so ist die Antwort nicht schwer. Es ist im Grunde außer anderen Factoren die Geschicklichkeit der Priesterschaft, die ein zufälliges Ereignis ausgebeutet hat und das gläubige Entgegenkommen einer so u. so gestimmten Bevölkerung, immer aber sind es viele menschliche Factoren, die helfen oder mithelfen. Der Name hilft nichts, aber die factische oder (was ja hier einerlei ist) geglaubte Kraft. Ich möchte daher neben Dein Buch eines stellen „Göttern^mina", glaube aber im Grunde, daß Du selbst nicht nur diese Art der Betrachtung für nützlich hälst, sondern als Ergänzung der zunächst sprachlich vorgehenden Methode selbst in Aussicht genommen hast. Denn fassen wir die Sache psychologisch auf, so springt ja wol in die Augen, daß Deine Kategorien lediglich die zeitliche Anschauung berühren. So sehr ich dies für richtig halte, so sehe ich doch nicht ein, wie man die zweite menschliche Anschauung die des Raumes zur Aufhellung der Genesis der Götter entbehren könne. Ortsgottheiten, Stadtgottheiten, Landschaftsgottheiten, Universalgötter, also verschieden abgestufte Localgottheiten müssen unterschieden werden und parallel und vielfach durchkreuzend neben den zeitlich differenzirten Göttern ihr Recht behaupten. Wenn ich also für eine mehr universelle Behandlung der Probleme eintrete, so bildet dies nur eine Ergänzung, keine Beeinträchtigung Deines hier mit der Energie der neuen Ideen vorgetragenen Anschauungen. Diese Energie, die ich 510
psychologisch verstehe, hat Dich dazu geführt, gewisse moderne Richtungen schärfer zurückzuweisen als es, glaube ich, notwendig wäre. Ich wenigstens möchte die monistischen Theorien von Lippert, Spencer, Rohde keineswegs vertreten, aber daß der Animismus auch bei den Griechen seine sichtbaren Spuren hinterlassen hat, schon im Cultus, ist wol nicht zu leugnen. Bei Dir entstehen Götter u. Heroen friedlich neben einander und aus einander. Aber wie verträgt sich damit die Thatsache, daß bis in die späteste Zeit der Unterschied des ΰύεσ-θαι ώς ή ρω ι und ώς ΐ)εω lebendig war? Ich muß annehmen, daß Du dafür eine Erklärung hast, die nicht durch gelegentliches zusammenfallen der Gott- und Heroennamen bei differenzirtem Cult gegeben ist. Denn wie es verschiedene Ζευς mit gegensätzlichem Culte gibt, so auch verschiedene Η ρ α κ λ ή ς , Ε λ έ ν η u.s.w, was ja eigentlich selbstverständlich ist bei der griechischen Entwickelung. Ich kann daher diese Verflüchtigung der Heroen in Lichtelfen nicht ohne Weiteres und allgemein mitmachen, zumal das Symbol der Schlange, das Du ja auch anerkennst, da wo wir noch reine Formen des Cultes vor uns haben, chthonische Bedeutung hat. Man hat die von Furtwängler senior aufgebrachte Deutung des Heroenpferdes als Totenpferd abgewiesen, aber die S. 251 vorgetragene Deutung „Reiter der himmlischen Heerschar" ist mir auch nicht wahrscheinlich. Wenigstens hätte ich gern eine kleine begründende Note gewünscht. Wie gegen den Animismus bist Du gegen den Totemismus, besser Theriolatria wie es scheint grundsätzlich eingenommen. Du berührst Dich darin mit Wilamowitz. Ich gebe zu, daß auch hier viel Uberflüssiges behauptet worden ist, aber alle diese einzelnen Richtungen müssen - das gibst Du ja auch selbst einmal zu — bis zur äußersten Consequenz verfolgt werden. N u r so sieht man, wie weit die Wissenschaft mitgehen darf. Aber ganz kann man doch auch in Griechenland nicht auf den Tierdienst verzichten und namentlich der dionysische Cult ist voll von Reminiscenzen, die doch nicht alle durch die Radicalmetapher d.h. durch einen religiösen Kalauer erklärt werden können. Ahnlich feindlich trittst Du wenn auch mehr durch absichtliches Unberücksichtigtlassen der Fick'schen Theorie der Hypokoristik entgegen. Ich glaube nicht, daß Du die Geltung dieser Theorie vollständig leugnen willst, die ja auch auf anderen Gebieten der indogermanischen Namenkunde (Nöldeke Persien!) mit großem Erfolge gehandhabt wird, aber jedenfalls verschmähst Du damit zu arbeiten. Ich gebe zu, die conséquente Durchführung des Systems bei Fick ist absurd wie jede conséquente Theorie in menschlichen Dingen, aber mir wenigstens leuchtet es mehr ein wie man z.B. Λύκομος und Δίομος auf diesem Wege erklären kann als auf dem umgekehrten Wege S. 213. Denn wie "Αλκιμος gebildet wird ist ja klar, aber Δίομος ist mir nicht ohne weitere Analogien klar. Und ferner die Thatsache, daß der Kurzname oft gleichsam als Reminiscenz des längeren Namens den letzten Consonanten verdoppelt. Τέλλις zu St. 511
τέλος u.s.w. erklärt sich doch wol auch nicht auf dem unbestimmteren umgekehrten Wege. Jedenfalls würde ich, ehe ich hier die bequeme Straße verlasse, gerne genauer über die Gesetze der „Wucherung" aufgeklärt sein. Was 'Αμφιάραος ist, kann man sich etwa denken. Was dagegen "Αμφις oder "Αμφιος ursprünglich bedeutet habe, gestehe ich nicht zu wissen. Friedrich ist mir verständlich, Fritz nicht. Soweit meine Generalbeichte, bei der ich zum Voraus um Verzeihung bitte, wenn ich Dich misverstanden habe. Niemand kann seine Apperceptionen los werden, und wer am tiefsten drinsteckt, am wenigsten. Ich möchte nun noch einige am Wege gepflückte Blumen zum Schlüsse überreichen. Die Aufklärung über Neleus, Neilos halte ich für ganz evident und für sehr fruchtbar. Da mich der Mann besonders interessirt, so bin ich hier besonders erfreut und hoffe die weitverzweigte Sache zu fördern. Wenn ich recht sehe, hast auch D u hier noch allerlei in petto, das hoffentlich meinen Ideen, die noch lange reifen sollen, zuvorkommen wird. Achilleus hat mich nicht überzeugt. Da: Ά χ έ λ η ς , 'Αχελώος zusammenhänge, ist möglich, aber wie setzt man sich über den Unterschied des mittleren Vocals hinweg? Wenn die Gemination des Stammauslauts mit Recht als ein Kennzeichen der Namensverkürzung angesehen wird, müßte Ά χ ι λ λ ε ύ ς Kurzform zu einem Doppelcompositum Ά χ ι — λ sein also meinetwegen Ά χ ί — λαΡος wie Ά ρ χ ί — λοχος. Ich weiß nicht, ob ein Moderner so erklärt hat (im Altertum hat man ja an άχος λαοί) gedacht), und lege auch bei einem so dunklen Namen keinen Wert auf die Etymologie, jedenfalls schreckt mich von Deiner Deutung der Name Forch[h]ammers zurück, der an der Thüre Wache steht. Die auffallende Unregelmäßigkeit, daß Α ί θ ή ρ als Femininum erscheint 38 33 wiederholt sich bei 'Αήρ. Ich habe keine Erklärung dafür. Denn ή κήρ (oder ή ραιστήρ nach der Vulgata Σ 477) konnte doch nicht analogisch wirken. Die Länge des υ in ϋειν ist wol für die Substantivbildung nicht ohne weiteres maßgebend (Schulze Quaest. ep. 334 ff.) und selbst beim Verbum findet sich die Kürze Herondas 745. Ist nicht die Demosthenesconjectur 61,14 etwas kühn? Dem[osthenes] sagt allerdings nachher μετά τά Πάνέαα aber ohne ύστεραία. Dindorfs Vorschlag scheint mir außerordentlich einfach, da έν aus dem Vorhergehenden sich eingeschlichen haben kann, und πανδίων statt πανδιον ist in der Dem[osthenes]Uberlieferung doch keine Änderung. Die Etymologien, die :: 'δημος mit djev in Verbindung bringen, werden bei den Linguisten scharfe Opposition erfahren. Ich sehe nicht, daß die religionsgeschichtl. Thatsachen diese Etymologie nötig machen. Interessant ist mir, daß auch Du den Pausanias unter die Schriftsteller stellst. Ich halte diese Annahme für unwahrscheinlich oder wenigstens für unerweislich. Warum hast Du Bedenken 512
gegen Έρυσιχθων (S. 141)? Wenn die Striegel έρυσίΌ·ριξ heißt, kann doch wol der Pflüger, der die Furchen im Boden zieht, mit jenem Namen belegt werden. Warum ist Μαλεάτας sachlich undenkbar? Ich will nicht widersprechen, aber ich bin über den Grund nicht genügend orientirt. Dagegen ist mir die allzufruchtbare V p u S. 153 von jeher antipathisch. Die Linguisten behaupten, das sei unmöglich. Jedenfalls wenn man die Grundform pavjavan für richtig hält, so liegt παύειν doch näher; der Schmerzenstiller αίετός V a v (is) = avjetos ist ganz ähnlich. Zu den typischen Sondergöttern stellt sich die Reihe bei Empedokles V 393 ff. in der wie bei der Νήστις gewis viel Lokales verwandt ist. Die Redensart „die Sonne geht zu Gott" 1782 und „folgt Gott" würde ich für christlich halten. Der Tote geht zu Gott d.i. er kommt in den Himmel scheint die Vermittelung zu bilden. Gegen die Erkl. von Τρωσί τε και Λυκίοισιν kann ich meine Bedenken nicht verhehlen. Man müßte denn ähnliche Wendungen wie καθ' Ελλάδα και μέσον "Αργός ähnlich erklären. Und die Danaer aus dem Rig zu erklären, gehört doch zu der von Dir fast ganz aufgegebenen Kuhn'schen Methode comparativer Mythologie. - Ist nicht die Variante Λυκόσουρα neben Λυκουράσιοι (S. 208) vielmehr zu beurteilen nach dem Kanon Ήλιου πόλις aber Ήλιοπολϊται, Νέα πόλις aber Νεοπολιται? Du kennst ja diese Dinge genauer, sodaß Dein Schweigen zeigt, daß hier keine Analogie herrscht. Aber ich möchte mich gern belehren lassen. Was ich gegen das S. 316 aufgestellte Gesetz „die Bedingung für die Entstehung persönlicher Götter ist ein sprach geschichtlich er Vorgang" principiell einzuwenden habe, deutete ich schon oben an. Die Thatsache, daß im Griechischen namentlich die persönlich hervortretenden Götter ihr sprachliches Verständnis und Verwendung als Appellation eingebüßt haben (mehr als sonst), erkläre ich gerade umgekehrt. Nachdem ein Gott durch die Bedeutung seiner Verehrer über die anderen emporgewachsen ist, wird der Name tabu, d.h. für den gewöhnlichen Sprachgebrauch nicht mehr verwendbar. Das sehen wir ja bei den „wilden" Völkern und bei den Juden. Erst nachdem Jahve durch die Tugend Israels aus dem kananitischen Göttergewimmel sich herausgehoben, wird sein Name sacrosankt und eine ähnliche Namenscheu ist ja bei den chthonischen Göttern und (verzeihe die unvermeidliche Verbindung) Heroen in Griechenland zu beobachten. Φάων ist wieder ein mir nicht einleuchtendes Etymon oder vielmehr es läßt sich wol ebenso gut anderes vermuten z.B. Zusammenhang mit den Phäaken, den göttlichen Fergen. Φάων = Φαίων ist lesbisch leicht erklärlich wie in allen Dialekten. Dagegen erwarte ich lesbisch Φαύων von \/fau (αΰως = άώς). Zu 367 Γήρας vgl. Herodas 2,71 ώ Γήρας, σοι θυέτω. Doch genug! Ich fürchte, Du wirst schon manchmal unwillig den Kopf geschüttelt haben u. trotz der guten Vorsätze S. 317 Et tu Brute gerufen haben. 513
Dem gegenüber nimm zum Schlüsse noch einmal die Versicherung, wie mächtig mich die aus warmer Persönlichkeit ausströmende Darlegung gepackt und gefördert hat. Ich sehe, wieviele Wege ich gar nicht gesehen oder als unfruchtbar unbetreten gelassen habe, die hier in weite, fruchtbare Gefilde führen. Das Semester, das zuletzt etwas viel Arbeit brachte - namentlich hat Diltheys Abwesenheit und die schwierige Verständigung auf so weite Entfernung hin wegen der Kantausgabe mir viel Last gemacht. In diesen Tagen wird das Wesentliche erledigt sein und so sehe ich mit Ende der Woche und dem Schlüsse der Vorlesungen endlich einmal wieder die Möglichkeit mich meinen Dingen (zunächst Empedokles) widmen zu können. D a ich in den letzten beiden Monaten hauptsächlich geschäftlich in Anspruch genommen war, was ja den eigentlichen Kopf nicht angreift, so fühle ich mich noch recht frisch und freue mich, nun gleich mich in den Strom stürzen zu können, sowie die letzten Jünglinge mit ihren Testirbüchern verschwunden sind. Unter diesen wird vermutlich ein gewisser Watzinger seine Aufwartung in Bonn machen. Er ist noch recht grün, hat aber guten Willen. Ich habe ihn an Dich adressirt. Vielleicht bringt er etwas zu Stande, was man bei Euch brauchen kann. Aber sicher oder wahrscheinlich ist's nicht. Indem ich Dir recht ergiebige Ferien wünsche und die freundlichsten Grüße unseres Hauses zufüge (Ludwigs Abhandlung, 6 Bogen, ist in Engler's Journal gedruckt, Anfang des SSem. promovirt er. Vom 1. April an ist er Assistent bei Engler) und hoffe, daß Ihr Euch alle besten Wohlseins erfreut, bitte ich doch mir gelegentlich ein Lebenszeichen zukommen zu lassen. In Treue Dein H . Diels
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Usener an Diels Bonn, 13 märz 96
Mein lieber Diels, für Deinen eingehenden brief, der den alten Spruch vom lange währen wahr zu machen gewusst hat, bin ich Dir um so aufrichtiger dankbar, je gewisser ich sein darf, dass D u mir ohne Schleier, mit gewissenhafter Offenheit sagst was D u denkst, und je seltener die männer sind die mit scharfem sachkundigem urtheil gleichzeitig wohlwollen und Offenheit verbinden. Ich schätze das so hoch, dass auch der scharfe einspruch gegen lieblingsansichten mir nicht, wenigstens nicht mit meinem willen und nicht auf die dauer, im stände sein kann eine Verstimmung zu verursachen. So liegt denn auch, was mir in Deinem briefe weh gethan hat, eigentlich ausserhalb dieser Sphäre. D u wirst es natürlich finden, dass ich Dir davon mit der gleichen Offenheit rede. Es handelt sich um die beurtheilung meiner absieht und letzten 514
anschauungen, die misszuverstehn ich jedem gern überlasse, nur Dir nicht. Du wirfst mir nominalismus vor, als ob, was ich in dem bande gebe, mein letztes wort über mythologie und nicht vielmehr ein streng umgrenzter abschnitt, die lehre von der begriffsbildung sein sollte. Ich habe absichtlich auf alle grundlegung verzichtet, auch auf psychologische, um die Vorgänge der begriffsbildung, zu deren ermittelung wenigstens ich keine andere quelle als die thatsachen des sprachschatzes kenne, auf empirischem wege zu ermitteln und so schritt für schritt tiefer in die sache einzudringen. Mit dem letzten kapitel sind wir durch die analyse der worte unmittelbar zu dem seelischen Vorgang geführt, den in der gleichen empirischen weise zu erfassen aufgabe des zweiten theils sein wird. Da wird allerlei, was Du mir fälschlich zuschiebst, zb. verkennung des theriomorphismus, seine erledigung in einer weise finden, dass der totemismus Dir als kinderei erscheinen wird. Aber freilich, was Du verlangst, analyse der menschen, aus deren innerem das alles sich hervorbildete, wirst Du auch da vergeblich suchen. Verwechseln wir nicht die aufgabe einer formenlehre der religiösen Vorstellungen mit der aufgabe der religionsgeschichte. Alles was Du bei mir vermissest, gehört in diese. Weil ich hauptsächlich mit griechischem material arbeite, da es eben der forschung den reichsten stoff bietet, will ich doch nicht griech. rel.gesch. u. mythologie schreiben, sondern ich greife dahin, wo die beobachtung einer erscheinungsform die ergibigste unterläge findet. Ich dränge nach kräften zurück, was nicht zu der gerade behandelten frage in unlöslichem Zusammenhang steht: das ist mir schwer geworden, ja geradezu aufreibend. N u r in einem falle habe ich eine ausnahme gemacht und mich etwas losgelassen (freilich auch da fest an der leine), in kap. 12. Danach solltest Du mein ziel und streben beurtheilen. In der ,formenlehre', die mir vorschwebt, hoffe ich zwar der psychologie, richtiger der erkenntnisslehre einen wesentlichen dienst zu erweisen, aber nicht dadurch dass ich von ihnen anleihen mache, sondern ihnen vorarbeite und neuen stoff liefere. Auf empirischem wege sollen die - ich will nicht anspruchsvoll sagen, gesetze, aber die Vorgänge der formbildung ermittelt werden, anders geht es nicht, und das muss mit sauberer umgrenzung der aufgabe geschehn, wie ich denn auch ohne alle Voraussetzungen begonnen habe. Was Du von den räumlich bestimmten götterarten, orts- Stadt- landschaftsvolksgottheiten sagst, ist völlig richtig, aber es berührt den Vorgang der begriffsbildung gar nicht. Ich war in kap. 20 in starker Versuchung, den Vorgang, dass der hauptgott eines stamms mit dem stamme selbst zu allgemeiner, schliesslich monotheistischer geltung gelangt, besonders zu betonen und an Jahve zu illustrieren, und ich habe es unterdrückt. Es Hesse sich über diese dinge noch viel sagen. Aber ich müsste dabei den schein der ruhmredigkeit fürchten und schweige lieber. Die drängende zeit und die schweren hemmnisse, die ich bei der arbeit erfuhr, indem ich dazwischen 515
den Kallinikos durch die schmutzige wäsche ziehn, die chronologischen tafeln Theons bearbeiten, Dionys, untergeschobne τέχνη herausgeben und an Dionys, de Lysia, Isocrate, Isaeo, Demosth. mitarbeiten musste, haben mich leider gehindert, wie ich wollte, statt des kurzen etwas herausfordernden Vorworts eine eingehende anleitung zu schreiben. In diesem mangel sehe ich den hauptanlass des missverständnisses, das D u und sehr ähnlich auch vWilamowitz dem buch entgegengebracht, obgleich ich mich durch s. 73 f. gedeckt zu haben glaubte. Dann ist mir hinterher, zuerst durch Fränkels brief, klar geworden, dass ich zwischen kap. 17 und 18 einen gedankensprung gemacht habe, der durch ein besonderes kapitel ausgefüllt werden muss ,synonyme götter' (ich werde es nächstens in einer Zeitschrift thun): dadurch wird in der that nicht nur die kette fester geschlossen sondern auch eine art von erscheinungen festgestellt, welche auch den voreingenommenen fachgenossen eine gangbare brücke schlägt. Ausserdem habe ich eine ganze entwicklungsreihe (viel davon war geschrieben), die nur s. 344 kurz angedeutet ist, aus dem buche herausgeworfen, weil sie den gang der Untersuchung störend durchkreuzt und eine verschiedene behandlungsart erfordert haben würde; es muss ein besonderes bändchen daraus werden: ,Vielheit und einheit', worin die erscheinungen der zweiheit, dreiheit, mehrheit eingehend behandelt und zb. die christl. dreieinigkeit als unvermeidliche vorstellungsform erwiesen werden soll. S. 104 ist eine vorverweisung auf diese erörterungen stehen geblieben (unter Wejopatis), weil damals der wegfall noch nicht entschieden war. In diesem theil wirst D u dann auch die antwort auf Deine mich überraschenden bedenken über "Αμφιος 'Αμφιάραος hoffentlich gehoben finden: die Vorstellung der zweiseitigkeit (ost - west = tag - nacht, morgen - abend) ist ebenso absolut zum ausdruck gekommen im ind. Yama und dem röm. Ianus geminus. Mein scharfer einspruch gegen die animisten ist durch die entrüstung über die ebenso frechen wie unwissenden folio-offenbarungen Furtwänglers hervorgerufen, theilweise auch antwort an einige schlaue collegen. Dass ich ,die Verehrung der todten eine reiche und wichtige quelle religiöser und abergläubischer Vorstellungen' ausdrücklich nenne (s. 254), darf genügen um mich von dem verdacht rein zu halten, als ob ich das kind mit dem bade ausschütten wolle. Ahnlich steht es mit der kurzworttheorie, gegen die mich die voreiligen anwendungen u.a. von Wilamow[itz] eingenommen haben. In einem fall hast Du, fürchte ich sehr recht mir zu widersprechen: bei Δ ί ο μ ο ς Λύκομος beruhigte ich mich zu vorschnell durch die lat. analogie - omo - umo - (dextumus usw.), gr. kann ich allerdings nur aε- · μο ιnachweisen, und daneben ganz vereinzeltes - υμο - in σκόλυμος. Ich habe mich zu vorschnell durch den eindruck, den jene combination auf unse516
ren sehr tüchtigen linguisten Solmsen zu machen schien, verführen lassen. Der geschlechtswechsel von Α ι θ ή ρ 'Αήρ ua. wird bei der personification seine einfache erledigung finden. - Bei Dem[osthenes] 61,14 sind auch mir nachträglich bedenken gekommen, und zwar (s. Symb. phil. Bonn.), weil die läge u. vertheilung der Dion, festtage in der zeit des Demosthenes einigermassen verschieden war von der früheren, die für jenes gesetz vorauszusetzen ist (archontat des Eukleides?). Μαλεάτης kann mit dem topograph, begriffe Malea nichts zu thun haben wegen der thatsachen seiner cultusverbreitung: er ist vor allem in Trikka zu hause. - Paieon könnte nur dann von παύειν abgeleitet werden, wenn es mit einem begriff wie schmerz, krankheit usw. zusammengesetzt sein könnte. - Die quantität bei Herondas ist nicht immer mustergiltig, aber für seinen anruf an Geras bin ich Dir dankbar. Dein erklärungsversuch für die undurchsichtigkeit der götternamen ist nicht annehmbar, für die Griechen passt er in keiner weise. Ich bin im winter nicht eben fleissig gewesen. Etwa l'A monate musste ich mich wegen eines Unfalls, der ein auge betroffen hatte, alles lesens so gut wie ganz enthalten, und seitdem habe ich es noch sehr schonen müssen. N u r einen durch vWilam[owitz] hervorgerufenen aufsatz über verhältniss von epos u. volkssage (3 beispiele: Axylos u. Kalesios, Amphios und Adrastos, Thersites) habe ich fast fertig gestellt, auch die mühsame correctur des beitrages zu Mommsens Chronica erledigt. Eine gründlichere ausspannung wird mir wohlthun. Ich denke mit frau u. tochter, hoffentlich heute in 8 tagen, nach Rom u. Neapel abzudampfen und bis gegen pfingsten fortzubleiben. Wenn ich Dir unterwegs irgend dienlich sein kann, so lasse mich es wissen. N u r werden wir in Genua kaum zeit haben, uns aufzuhalten. Sonst wird alles mit freude besorgt werden, was in meinen kräften und auf der route liegt. Unser d r ABrinkmann wird im herbst als extraord. nach Königsberg abgehn. Ich hoffe, dass wir an [seiner] stelle als seminarassistent d r LRadermacher bekommen werden, der gerne zur Universität Übergehn möchte und da wohl auch sehr gutes leisten wird. Ein stud. ph. E. Diehl beabsichtigt zu ostern für 2 - 3 semester nach Berlin zu kommen und bittet mich um eine empfehlung an Dich, die ich ihm gerne gewähre. Er ist ein tüchtiger, ernst strebender mensch, kein hochflieger, aber sorgfältig u. gewissenhaft. Er hat am Kallinikos mitgearbeitet, und D u wirst im letzten kapitel der Dionys. Τέχνη p. 124 ff., das er im seminar winter 94/5 zu bearbeiten hatte, seinen namen bei einigen treffenden besserungen als urheber genannt finden. Im letzten winter war er senior des sem[inars]. Von Schwager Wilhfelm Dilthey] hatte ich dieser tage einen ausführlichen brief. Gottlob hat er sich rasch erholt, scheint aber doch noch immer etwas nervös zu sein. Für Deine kräftige Unterstützung bei der Kantausgabe ist er Dir sehr dankbar, wie er mit vollen Worten aussprach. 517
Für den glorreichen studienabschluss Deines sohns wünsche ich Dir von herzen glück. Unser Hans wird nach ende der militärzeit nach Jena gehn, wo er im herbst am Phys. Inst, als assistent eintritt, während er im sommer bei freier Station sich einarbeiten kann. Walter feiert heute seinen 21 geburtstag, könnte ich nur sagen, dass er dem alter entsprechende energie entwickelte. Hermann steht vor dem abgang zur kriegschule, wir wissen nicht wohin. Habes mea omnia. Tu cum Tuis vale meque ama HVsenerum Tuum
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Diels an Usener Berlin, den 15. März 1896. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Ich danke Dir, hochverehrter Freund, für die Art wie Du meinen Brief aufgenommen hast nicht minder wie für die Aufklärungen, die ich ihnen entnehme. Dass Du mit dem abgeschlossenen Buche nicht alles erschöpft hast, was Du auf dem Herzen hast und was andere hierüber auf dem Herzen haben, habe ich selbst angedeutet in meinem Briefe und nur den Eindruck hervorgehoben, den die ausdrückliche oder stillschweigende Nichtberücksichtigung machen musste. Was die empirische Methode betrifft, so habe ich je länger je mehr die Erfahrung gemacht, dass damit eine gewisse Selbsttäuschung verbunden ist. Jeder Empiriker arbeitet unbewusst mit apriorischen Voraussetzungen und ein anderes Arbeiten ist auch gar nicht anders möglich. Dein Schwager hat auf psychologischem Gebiete denselben Kampf jetzt durchzufechten und ich muss trotz der pöbelhaften Art Ebbinghaus in seiner Bestreitung dieser sog. beschreibenden Psychologie recht geben. Zu diesen Voraussetzungen apriorischer Art gehört die Identität von Vorstellung und sprachlichem Ausdruck und wenn schon dies ein schwieriger Beginn ist, zumal die eigentliche Bedeutung der Worte auf diesem Gebiete erst durch eine vielfach trügerische Etymologie erschlossen werden muss, so ist diese Methode genau so hypothetisch wie alle andern. Ich meinerseits arbeite nun ebenfalls mit Axiomen und Hypothesen (wie könnte ich anders!), sehe aber das Heil der wissenschaftlichen Methode nicht in der möglichsten Evacuirung des empirischen Materials und Sublimirung zu einer „Formenlehre" d.i. was ich mit anderem Worte „Nominalismus" nenne, sondern in einer möglichst geschichtlichen Analyse des vollen religiösen Lebens, in welchem die „Begriffe" Fleisch und Blut gewonnen haben. Was bei Dir das letzte ist u. S. VI unten als No. V erscheint, ist bei mir das erste weil verhältnismässig am wenigsten abgewandelte. Und die sprachlichen Niederschläge des Gedanken und Wil518
len erregenden psychischen Prius oder Primum spielen in meiner Auffassung die letzte Rolle. Ich bin nun selbst hoch erfreut, wenn die umgekehrte Methode, die Du befolgst, mit solcher Energie und mit dem zwar nicht eingestandenen aber hervortretenden Anspruch auf Allgemein- und Alleingültigkeit durchgeführt wird; ich selbst kann dabei nur gewinnen, indem der eigne Weg sich dadurch begrifflich schärfer absondert und die Fruchtbarkeit durch Vergleichung erprobt wird. Jedenfalls ist mir schon jetzt klar geworden, was nach Durchlesung Deines Buches nicht sofort bewusst wurde, dass wir principiell uns vorläufig nicht einigen werden. Mir schwebt vor die geschichtliche Entwickelung bestimmter religiöser Gemeinschaften unter Benutzung aller möglichen Analogien genau zu erkennen und so von unten nach oben zu den „Müttern" aufzusteigen. Ist dies geschehen und in ähnlicher Weise ein möglichst vollständiger Kreis von Gemeinschaften in seiner Entwickelung erkannt, so ist es Zeit die differentiae specificae abzuziehen und die weitere Fruchtbarmachung für das psychologische resp. erkenntnistheoretische Endziel ins Auge zu fassen, das auch ich für das schliessliche Ziel unserer Geisteswissenschaften betrachte. Du siehst ich springe nicht so hoch, geschweige denn dass ich zu den „Hochfliegern" gehöre, aber jeder thut was er kann und schliesslich „Treff ist Trumpf". Jedenfalls, glaub ich, hast Du die Verpflichtung, um nicht den Schein von Einseitigkeit zu erregen, möglichst bald ergänzende Aufsätze und Bücher nachfolgen zu lassen. Auf die Einzelheiten will ich heute Deiner freundlichen Besprechung nicht nachfolgen. Mein Erklärungsversuch für die „Undurchsichtigkeit der Götternamen" richtiger für das Absterben des da verwendeten Wortes resp. Wurzel für die gewöhnliche Sprache ist, wie Du meinst „für die Griechen in keiner Weise passend". Aber gibt es nicht ein attisches Gesetz, das verbietet Namen von hist. Personen, die heroisirt worden sind, weiter zu verwenden? Haben wir nicht die erstarrten Äolismen im Epos besonders auf d. hieratischen Gebiete (Όεά etc.)? Von Deinem Unfälle, der ein Auge betroffen hatte, habe ich gar nichts gehört. Umsomehr bin ich erfreut, dass die Sache glimpflich vorübergegangen und dass Du den trefflichen Entschluss gefasst hast, die Osterferien u.s.w. im Süden zuzubringen. Nach den unerhörten Anstrengungen des vergangenen Jahres war ein völliges Ausspannen dringende Notwendigkeit. Ich danke Dir herzlich für Dein Angebot, aber ich glaube nicht, dass ich unterwegs etwas nötig hätte. Dass Brinkmann nach Königsberg kommt ist sehr erfreulich, für Königsberg wie für ihn. Freilich wird es ihn seltsam anmuten, wenn er seine Künste an zwei drei Leuten zunächst auszuüben haben wird. Falls sich Dr. Radermacher nicht als Ersatz gewinnen liesse, möchte ich auf Kalbfleisch aufmerksam machen, der allerdings zunächst an Freiburg denkt, wohin er gewisse Aussichten hat. Diehl's Name ist mir in der Dionys. Τέχνη bereits vorteilhaft aufgefallen, zumal der Name mir etymologisch anklang. Ich tractire Hippocr. de aere, das wird ihn vielleicht interessiren. 519
Für Deine Nachrichten aus dem Hause besten Dank. Am meisten freue ich mich, dass Deine liebe Frau und Tochter Dich begleiten nicht nur um ihretwillen, sondern auch deswegen weil sie dafür sorgen werden, dass einige Vitae sanctorum weniger abgeschrieben und einige Villen etc. mehr angesehen werden. Ich bitte sie freundlichst grüssen und beste Wünsche für die schöne Reise übermitteln zu wollen. Wir wollen über Ostern zu der durch den Tod meiner Schwägerin alleinstehenden Schwiegermutter in Wiesbaden reisen. Ich selbst habe freilich als Secretarius perpetuus nur 8 Tage Osterferien, aber die andern incl. des Doctoranden bleiben etwas länger. In alter Lieb und Treue Dein H. Diels
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Usener an Diels
Bonn, 31 mai 96 Mein lieber Diels, seit freitag vormittag endlich venimus larem ad nostrum, nach einem salto mortale von Florenz bis Bonn, der 36!/2 stunden erforderte, aber abgesehn von einem kleinen schnupfen gut bestanden wurde, auch von meinen damen. Die reise war herrlich, in jeder weise gelungen, auch durch menschliche berührungen höchst reich an angenehmen erinnerungen. Auf der hinreise haben wir in Genua das kaiserpaar begrüssen helfen, zu Pisa ein grossartiges ricevimento bei d'Ancona durch unsere gegenwart frappiert, in Rom 4Vi wochen geschwelgt, in idealischer wohnung auf dem Capitol (d. hospital), dann Neapel, Pompei (fast eine woche), Sorrent, Capri, zuletzt noch 10 tage in Florenz, wo wir die bekanntschaft des maiers Hillebrand und des maiers Böcklin machten und ich viel mit dem prächtigen Vitelli verkehrte. Von bibliotheken habe ich nur die Laurentiana besucht, nicht der bûcher sondern der menschen wegen. Du warst inzwischen, wie ich aus Büchelers abwesenheit schliesse, in thesaurus-angelegenheiten in Wien, ich darf Dich aber als heimgekehrt betrachten, wie ich Dich kenne. Und so richte ich denn in der Verzweiflung meines herzens an Dich eine anfrage. Ich besass eine von A. Holder angefertigte abschrift der in der alten Heidelberger hs. der encyklopaedie des sogen. Psellos enthaltenen dialektik. Heiberg, der zu Modena eine zweite alte hs. entdeckt hat und dem ich von meiner abschrift früher gesprochen hatte, bittet mich, im begriff zu reisen, um dieselbe, da er danach in Modena collationieren wollte. Ich habe heute viele stunden lang gesucht, einzelne theile meiner papiere sogar zweimal durchmustert, und nichts gefunden. Ich betrachte es nothgedrungen als sicher, 520
dass die abschrift sich zwischen meinen vier pfählen nicht befindet. Ich muss sie verliehen haben. U n d da ist der nächste gedanke, dass ich sie Dir, sei's mit rücksicht auf das Suppl. Aristot. sei's als hilfsmittel zur bearbeitung der logischen schultractate über Aristoteles, eingehändigt haben könnte. Bitte, sage mir, ob es so ist oder nicht, und schicke doch im bejahungsfalle die abschrift an Heiberg (Kopenhagen, Classensgade 13). Wie Dirs geht und was D u treibst, wie es in der familie steht, sehnt es mich zu hören. Mit bestem grusse Dein HUsener
323.*
Diels an Usener Berlin, den 1. Juni 1896. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrter Freund, Ich freue mich, dass D u mit den Deinen wieder glücklich nach einer herrlichen Reise im Vaterlande gelandet bist, und habe schon durch manche gemeinsame Freunde gehört, wie schön und genussreich sich diese ganze Fahrt für Euch gestaltet hat. Auch ich habe mich durch die Wiener Conferenz Thesauri causa etwas erfrischen können weniger durch die Stadt selbst, die wir, fast von morgens bis abends zu Sitzungen verdammt, wenig geniessen konnten, als durch die alten Freunde, namentlich durch Büchelers Liebenswürdigkeit, den ich ganz besonders frisch und anregend fand. D a unser Münchener Freund [von Wölfflin], der mir im letzten halben Jahre viel Verdruss bereitet hatte, sich völlig passiv und caduk hielt, so gings ja leidlich ab und ich habe zu meiner innigen Freude erreicht, dass Härtel von jetzt an das Scepter des Thesaurus und seine Kasse führt. Ich konnte es nicht mehr leisten und fühle mich jetzt wie neugeboren. Härtel hat sein Bureau, das ihn unterstützen kann, während ich alles allein besorgen musste und wegen des hässlichen Warners in München, der immer sein „sparsam" in undelicater Weise dazwischen warf, fremde Hilfe nicht heranziehen wollte. Leo hat sich zu meiner grossen Freude jetzt in die Thesaurusidee eingelebt, er fühlt sich jetzt sicher und dem Münchener Mitdirector technisch wie wissenschaftlich überlegen, so dass ich jetzt, zumal Bücheler diesmal entscheidend eingriff, über die Zukunft der Sache weniger besorgt bin wie früher. Was Deinen Psellos betrifft, von dem ich früher gelegentlich bei Dir hörte, so thut es mir leid, Deine Vermutung nicht bestätigen zu können. Weder die Tafeln meines Gedächtnisses noch die meiner beiden Kataloge verzeichnen den Tractat, den ich mich nicht erinnern kann überhaupt jemals gesehen zu haben. 521
Trotzdem will ich noch an Busse schreiben, der allein ihn, wenn er bei uns wäre, benutzen könnte. Dagegen besitze ich noch, wie ich mit einem gewissen Gefühle der Beklemmung erinnern möchte, Deinen Laertius Meibomii mit den Cobet'schen Collationen. Da ich jetzt, soweit die nicht abreissende Durchsicht von Doctordissertationen, Universitäts- und akademischen Preisaufgaben Zeit lässt, an den Philosophen arbeite, augenblicklich Parmenides, so möchte ich gern noch der Controle mich erfreuen. Ich darf also das Exemplar wol noch etwas behalten. Die Vorlesungen haben bei uns Philologen noch geringere Frequenz als je sonst ergeben, doch bin ich dadurch getröstet, dass die Übungen (ich lese Hipp, de aere etc.) übervoll sind und teilweise recht tüchtige Leute dazu erschienen sind. Die Pfingstfeiertage hatten wir den Besuch von unserm zweiten Sohne, der in Wiesbaden sein Jahr abdient. Der erste geht übermorgen ins mündliche Doctorexamen. Mit grosser Freude höre ich, dass die schöne Reise auch den Damen gut bekommen ist. Ich wünsche ihnen, dass sie sich nicht allzuschwer wieder eingewöhnen mögen und sende herzliche Grüsse auch von meiner Frau, der es eben leidlich geht, Dir und dem ganzen Hause von ganzem Herzen Dein H. Diels
324.
Rohde an Usener
[Abschrift]
Heidelberg 1. Juni 1896.
Erst spät, verehrter Herr College, komme ich dazu, Ihnen meinen Dank für die Uebersendung Ihrer ,Götternamen' aus zusprechen: ich habe jetzt erst die Muße gefunden zu einem genaueren Studium, wie der imposante Inhalt es erfordert. Nun habe ich es mit der reichsten Belehrung und ununterbrochener Theilnahme durchgelesen, belehrt aus der Fülle Ihrer Mittheilungen und den tiefen Blicken die Sie in das Werden und die Entwicklung vorweltlicher Göttergedanken thun lassen, auch da wo ich etwa Ihren Ausführungen nicht zustimmen, aus Ihrem Material nicht Ihre Schlüsse ziehen konnte (wie gleich Cap. 1, wo ich namentlich die jemals vorhandene Identität von ,Zeus' und ,Kronos' nicht nachgewiesen finde, Cap. 2, wo ich wohl die häufige gleichzeitige Setzung von männl. und weiblicher Gottheit Eines Namens aber nicht oder nur einzeln einmal - Ableitung des weibl. Wesens u. Namens aus dem männlichen bewiesen sehe etc.). Die Hauptsache wird auch Ihnen selbst doch 522
wohl der Nachweis der Priorität einer unübersehbaren Menge göttlicher appellativa, Benennungen von ,Sondergöttern' und ,Augenblicksgöttern' (eigentlich nur Auffassungen einzelner - einmaliger oder gleichmäßig oft wiederholter Actionen göttlicher Unsichtbarer, die nur als hinter den Actionen vorborgene vorausgesetzt, sonst aber weiter nicht selbständig und von den einzelnen Handlungen unabhängig lebendig ausgestaltet und festgehalten werden) — der Priorität dieser zahllosen kleinen Partialgeister vor den großen, Vieles und zuletzt alles umfassenden Hauptgöttern sein. Hier bin ich völlig überzeugt von der Richtigkeit Ihrer Ausführungen; Sie haben mit einem überwältigenden Reichthum von Thatsachen und Beobachtungen diesen von Ihnen so energisch festgehaltenen und zum Ziel gelenkten Grundgedanken der Entwicklung aus der Fülle dieser Einzeldämonen zu dem schon begrenzten Adel der homerischen (und dann auch im thatsächl. Cult vorherrschenden) Hauptgötter (ob deren Heraushebung und centrale, so vieles andre aufsaugende Bedeutung nun freilich allein oder auch nur sehr wesentlich auf ihrer nicht mehr appellativisch verständlichen Benennung beruht, wird doch wohl zweifelhaft bleiben: es kommen doch gewiß noch viele Gründe hinzu, die just diese Auswahl treffen ließen) und zuletzt einem völligen Monotheismus (dem aber doch, und früh schon, ein wechselnder Henotheismus vorausgeht) ein Fundament gegeben, daß man zuletzt Ihren Schlüssen nicht entfliehen kann. Ich für meine Person kann um so williger hier Ihrer Grundvorstellung beitreten, da ich eigentlich von jeher mir ähnliche Vorstellungen von einem Ausgehn der griech. Götterwelt von einem Ausgehn der griech. Götterwelt von einem Chaos kleiner Localdaemonen und einem immer enger nach einer schmalen Spitze zulaufenden, convergierenden Gang der Ausbildung und Auswahl gemacht habe. Ich erlaube mir, Ihnen eine Rede zu übersenden, in der ich solche Vorstellungen zwar (da ich wesentlich von anderem zu reden hatte) nur streifen konnte, aber doch einigermaßen verständlich angedeutet habe. Gestehen muß man schließlich doch wohl, daß ein eigentlicher Beweis für diesen Gang der Entwicklung allein aus dem Material der griechischen Mythologie sich nicht führen läßt, da in Griechenland alle Stufen der (vorausgesetzten) Entwicklung uns neben und durcbeinanderliegend begegnen; die zeitliche Stufenfolge bringen theils allgemeine Betrachtungen über die innere Nothwendigkeit des Entwicklungsganges heraus (die aber für mich etwas durchaus überzeugendes haben) theils die Betrachtung der Analogie in religiöser Entwicklung solcher Völker oder »Naturvölker', wie man recht unglücklich zu sagen pflegt bei denen sich das eher successive verfolgen läßt. Ich wenigstens kenne nichts überzeugenderes als die Betrachtung solcher Analogien, aus denen sich zuletzt Gesetze der Entwicklung unter Menschen überhaupt ergeben. Sie scheinen weniger von diesen anthropologischen Parallelen zu halten: um so schätzbarer, daß Sie zu dem gleichen Resultat kommen, das aus den Parallelen zu gewinnen wäre. Unter Grie523
eben ist alles so unerhört reich verzweigt, durchwuchert mit allen möglichen Nebentrieben und über- und durcheinandergewachsenen Parasiten - daß ein deutlicher, reinlich sondernder Schnitt fast niemals möglich ist. Man bedarf eben der Hilfe der Analogie hier noch weit mehr als anderswo. Auch in dem was Sie behandeln, geht doch ersichtlich der Gang der Entwicklung, so gewiß Sie im Allgemeinen ihn nach seiner Hauptrichtung richtig erfaßt und bezeichnet haben keineswegs so einfach und einheitlich nach Einer Richtung, wie man wohl glauben könnte, wenn man Ihrer Betrachtung völlig folgte. Aus den „Sondergöttern" heben sich die Hauptgötter hervor, aber es ist doch unleugbar, daß viele solcher Sondergötter dann immer noch neu erzeugt werden und stetig nachwachsen. Sie sind also zugleich älter und jünger als die Hauptgötter. Viele, sehr viele „Sondergötter" werden von Hauptgöttern aufgesogen und werden mit ihren Benennungen zu deren Epitheta, das weisen Sie ja aufs Reichste nach. Aber es ist doch unleugbar, daß es sehr oft auch umgekehrt ist, Epitheta großer Götter sich von diesen abgespalten und zu eigenen Wesen, neuen „Sondergöttern" resp. Dämonen oder Heroen verselbständigt haben. So gehn die entgegengesetzten Triebe durcheinander und gegeneinander: die Bewegung ist ebensogut centrifugal als centripetal. Radicalismus nach irgend einer Seite ist wie in jeder Theorie von griechischer Lebensthätigkeit nicht durchführbar, wäre, wenn man ihn durchführen wollte, nur eine Abtödtung der Einen, nur eben nicht ins Auge gefaßten Seite. Daß ich schließlich in der starken, fast völligen Zurückdrängung des Seelencults in Ihrem Inventar alter Cultgestalten einen Mangel sehn muß, werden Sie begreifen. Ich kann insbesondere nicht zugeben, daß die Heroen so gut wie alle nichts als gesunkene Dämonen seien. Mögen noch so viele (es waren ja in der That sehr viele) „Sondergötter" zu „Heroen" geworden sein, so sind darum die Heroen, als Classe von Geisterwesen, noch keineswegs depotenzirte Götter. Der Cult der Heroen verbietet dies zu glauben: das war ein Seelenca\t und Cult erhöhter Menschenstûen. Dämonen treten in die schon vorhandene Classe der ήρωες ein, aber nur, nachdem auch sie, die Daemonen, Menschen geworden sind. Wie man's auch betrachtet, die Heroen sind nicht gesunkene Götter, sondern erhöhte Menschen, und der Heroencult bleibt das stärkste Indicium für einen sehr bedeutenden alten SeelencxAt, Nehmen Sie nach diesen Einwendungen im Einzelnen um so entschiedener meine Zustimmung zu den Hauptsachen an, und den Dank den mit Allen auch ich für so nachdrückliche Förderung unserer Einsicht in das Werden dieses ganzen weiten Vorstellungsgebiets schulde. In vorzüglicher Hochachtung ergebenst E. Rohde.
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325.
Usener an Diels
[Postkarte]
[Bonn, 5. 6. 1896]
L. Diels, vielen dank für Dein telegramm und die heutige postkarte. Ich freue mich dass der flüchtling nun doch eingefangen ist, und bedaure nur dass ich auch Dir vielbeschäftigtem unruhe und sorge bereitet habe. Aber ich kann nichts dafür dass Heiberg plötzlich nach der abschrift begehrt. Heib[erg] will in Modena eine von ihm aufgefundene hs. des Ps. Psellos vergleichen und wünscht dazu das Heidelberger apographon als collationsexemplar zu benutzen. Sende ihm also dies ohne weiteres zu; wenn Ihr noch von einer weiteren hs. (Laur.) eine abschrift besitzt, so wird die ja herrn Busse für seine zwecke vorläufig genügen können; für Heiberg kann die letztere erst dann wünschenswerth werden, wenn er an die textbearbeitung geht. - Fast hätte ich in der eile vergessen Dir für den lieben brief zu danken, mit dem Du mich gerade am ersten morgen nach der heimkehr meiner frau erfreutest. Deinem söhn wünsche ich summam laudem, die wird er sich ja wohl holen. Mit treuem grusse Dein HVs.
326.*
Diels an Usener Berlin, den 4. Oct. 1896. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrter Freund, Durch einen hier durchreisenden amerikanischen Collegen und früheren Schüler Hendrickson hörte ich, daß es Dir nicht sonderlich mit den Augen geht. Da ich vermute, daß Du mit Deinem Dionysius beschäftigt bist, so denk' ich mir diesen Zwischenfall höchst fatal. Hoffentlich ist das Leiden rasch vorübergehend, vielleicht schon gehoben. Es wäre mir aber doch lieb, Auskunft zu erhalten und einer Deiner Söhne, von denen wohl zwei noch in den Ferien in Bonn sind, hat vielleicht die Güte zu berichten. Von uns läßt sich Gott sei Dank nur Gutes vermelden. Meine Frau war in den Sommerferien einige Wochen bei ihrer Mutter in Wiesbaden mit dem jüngsten (Obertertianer), kam aber nach Ablauf derselben ziemlich angegriffen zurück. Erst hier hat sie sich wieder erholt. Ich selbst bin immer hier gewesen, da ich keine sonderliche Lust hatte wegzugehen love minante und habe es auch nicht bereut. Dafür ist Ludwig recht ausgiebig auf Reisen gewesen. Er hat sich seinem Lehrer und Chef Engler (bot. Garten) angeschlossen und die aus 8 Botanikern bestehende Excursion ist von Salzburg aus über die Alpen bis nach Triest und von da über den Semmering nach Wien vorgedrungen. Trotz des 525
beispiellos schlechten Wetters hatten sie wenigstens an den Hauptpunkten gutes Wetter und da er seine Alpenfestigkeit besser als die anderen erprobt zu haben glaubte, kam er auch innerlich recht gestärkt zurück. Der zweite ist vorgestern als Reserveunterofficier aus der Wiesbader Garnison eingetroffen. Das Jahr ist ihm in körperlicher wie geistiger Beziehung gut bekommen. N u n tritt er hier sein chemisches Studium an. Die schöne Arbeitsmuße, welche die Ferien und das Regenwetter boten, habe ich sehr ausgeschöpft. Eine etwas größere Arbeit über Parmenides, bei der ich die ältere Litteratur im Zusammenhang durchgearbeitet habe, hat mich geistig wunderbar erfrischt und namentlich für das Problem, das mich besonders interessirt, die mystische Litteratur des 6. Jahrh. mir vielfach neue Einsichten eröffnet. Das Beste davon darf man freilich den Leuten doch nicht sagen oder noch nicht sagen, aber ich habe daran für einige Jahre zu kauen. Es erinnert mich dies an Dieterich, dessen neueste Aberciusschrift mich bekümmert. Ich sehe die Dinge ja nur von ferne, aber zwei stark in dem Centrum der Untersuchung befindliche philologische Fehler (Interpretation) haben mich doch betroffen gemacht. Ich wäre Dir dankbar, wenn D u mir Dein in diesen Dingen ja ganz anderes competentes Urteil mitteilen wolltest. Ich möchte dem Manne, auf den ich viel halte, nicht Unrecht thun. Marburg ist wegen der gegenseitigen Vergötterung, die dort getrieben wird, ein gefährlicher Boden für dieses Alter. Die Philologie hier ist durch die nun perfect gewordene Berufung Wilamowitzens in ein neues Stadium getreten. D a ich die Verantwortung für diese Berufung, die nicht von mir ausging, übernommen habe, so habe ich die Gelegenheit benutzt einige seit Jahren unleidlich gewordenen Zustände (namentlich das sog. Institut f. Altertumskunde) einer Reform entgegen zu führen. Ich habe Wil., der zuerst Miene machte als grand seigneur über den Wassern zu schweben, vermocht mit Hand anzulegen und so hoffe ich, daß für die hier in Folge der bekannten Eigenart unserer Obercollegen nekrotisch gewordenen Einrichtungen lebensvollere Organisationen eintreten werden. Ich hoffe, daß der Plan, der durchs Cultusm. durch ist und nur noch beim Finanzminister liegt (es sind auch bauliche Änderungen ziemlich eingreifender Art notwendig) glücklich durchdringt. Wenn das der Fall ist, werde ich Dir die Einzelheiten melden. Vielleicht kommst du aber selbst noch auf 14 Tage mit Frau und Tochter vor Eröffnung des Semesters hierher? Ich möchte gar manches coram besprechen und der October sieht ja etwas besser aus. Vielleicht machen Deine Augen eine Erholungsreise wünschenswert. In allen Fällen würde ich mich ungeheuer freuen. Indem ich die allerherzlichsten Grüße an die Deinigen auch v. meiner Frau sende, wünsche ich vor Allem gute Besserung, wie ich sie dieser Tage von Zeller gehört habe. In Treue Dein H . Diels 526
327.
Walther Usener an Diels Bonn, 6 Oct. [1896]
Verehrter Herr Professor, Mein Vater lässt Ihnen durch mich herzlichen Dank sagen für Ihren lieben Brief, der seine Dunkelkammer etwas erleuchtet. Kurz nachdem er dem Americaner [Hendrickson], dem Überbringer jener Nachricht Besuch gemacht hatte, fand der Arzt, dass zu dem Augenkatarrh eine Hornhautentzündung hinzugetreten sei; IV2 Wochen später dass sich diese zu einer Iritis erweitert habe. Seit Donnerstag ist er auf dunkles Zimmer beschränkt, hoffentlich nicht mehr lange. Leider wird nun aus unseren und kann aus Ihren so verlockenden Reiseplänen nichts werden. Mein Vater wollte nach Wiesbaden. Meine Mutter - zum Besuch der immer mehr alternden Freundin Frau Kiessling - zugleich mit meinem älteren Bruder und mir nach Berlin. Meine Schwester ist nämlich schon seit Anfang August in Gauting-München um dort etwas gründlicher als zu Hause möglichst das Malen zu treiben. Wir waren vorher 2 - 3 Wochen in der Eifel (Prüm) zusammen gewesen, wo wie der Arzt meint, Papa sich durch Infection die Hornhautentzündung kann zugezogen haben (quaeritur). Papa hatte dann sehr angestrengt zu arbeiten (Correctur der griechischen u. lateinischen Abiturientenarbeiten der Rheinprovinz), wobei jedenfalls das Übel verschlimmert wurde. Über Dieterich's Aberkios diktiert mein Vater: D.'s Schrift, das letzte was ich noch las, hat mir in der Hauptsache der Combination mit Elagabal sehr gefallen, aber es ist mir unverständlich geblieben, wie er sich dadurch zu so unglaublichen Thorheiten fortreissen lassen konnte, wie die Erörterung über Νήστις oder gar die Auffassung des ιχθύς παν μεγέθη ς κ α θ α ρ ό ς als eines Bestandteils der täglichen Mahlzeit trotz dem πανμεγέθης! Vermutlich treffen unsere Anstösse zusammen. Anderes, was ich auszusetzen habe ist jenem gegenüber nicht von Belang. Mutter und Vater tragen mir viel herzliche Grüsse auf besonders Mutter, sie würde gerne jetzt bei Ihnen in Berlin sein. Mit freundlichem Gruss und der Bitte mich Ihrer Frau empfehlen zu wollen W Usener.
527
328. *
Diels an Usener
Berlin, 9. X. 96. Verehrter Freund, Herzlichen Dank für Walthers Nachrichten, obgleich sie gar nicht erfreulich lauten. Möge sich die Dunkelkammer bald öffnen. Dass die Prüfungsarbeiten, über die ich bereits die Collegen von Göttingen und Greifswald klagen und jammern hörte, namentlich über die Qualität, auch Dir verderblich geworden sind thut mir besonders leid. Glücklicher Weise bin ich dieses Jahr frei von dieser Frohnde. Über Aberkios stimmen wir genau überein. Nur ist mir auch der Heliogabal sehr zweifelhaft, weil der berühmte Stein, der ihn verblendete, erst durch unnatürliche Interpretation die wünschenswerte Gestalt erhalten hatte. Brinkmann, der hier durchreiste, hatte mir seine Ansicht v. Aberkios mitgeteilt, die ich durchaus für richtig halte. Leider kommt er nicht dazu, darüber öffentlich zu reden. Mit seinem Texte gehts ja gut voran und ich hoffe, dass er Ostern das dazu nötige Stipendium nach Italien durchsetzen wird. Ich habe auch Wil[amowitz] dafür gewonnen, so dass der Minister] wol ja sagen wird. Für die freundl. Grüsse herzlich dankend senden wir heisse Wünsche baldiger Besserung. Dein H. Diels
329.*
Diels an Usener Berlin, den 29. Dez. 1896. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Lieber, verehrter Freund, Vor Schluß des alten Jahres, das sich Dir leider nicht erfreulich erwiesen, möchte ich Dir noch ein Lebenszeichen von uns zukommen lassen und Dir ausdrücken, wie oft ich an Dich und Deine Lieben denke, wie sehr ich namentlich besorgt bin, ob das langwierige Augenleiden nun endlich gehoben ist. Bei uns ist es im Ganzen leidlich gegangen. Ich war trotz gehäufter Arbeit das vorige Vierteljahr ganz frisch und ich hoffe, daß die Unterbrechung, die in meinem Wohlbefinden die Ferien gebracht haben bald ihren cyklischen Abschluß für geraume Zeit finden wird. Den Söhnen geht es gut. Der älteste ist unermüdlich in seinem Amte, der zweite im chemischen Laboratorium und der dritte ist Primus in Obertertia, die er zu Ostern zu verlassen gedenkt. Sie sind alle sehr still und so ist unser Leben, da jeder seine Arbeit hat, außerordentlich still und einförmig. 528
Mein Parmenides, der durch Übersetzung und Commentar leider über eine akademische Abhandlung, für die er bestimmt war hinausgewachsen ist, erscheint bei Gruyter (G. Reimer). Ein Bogen ist gedruckt. Damit das Heftchen als Buch nicht zu dünn erscheint, will ich ihm einen antiquarischen Excurs über antike Thüren und Schlösser anhängen, ohne den die parmenideische Thürbeschreibung nicht recht verstanden wird. In Bezug auf die Schätzung der Poesie wie die Textcritik werde ich vermutlich manchen überraschen. Aber ich habe mich immer mehr in meine pessimistische Anschauung verbohrt und komme nicht los. So werde ich an manchen Stellen unseren Bentley's ein Mumpsimus zu dulden scheinen. Die Aristotelescommentare sind in diesem Jahre mehr als je gefördert worden. Die Rhetorik-Commentare, die Comm. des Philoponus zu de anima und de generat. sind bis auf die Vorrede ausgedruckt. So brennt freilich jetzt der Mangel an Ms. auf dem Nagel, zumal der Themistius, den ich an verschiedene Cunctatores verteilt habe, nicht sobald abgeliefert werden dürfte. So kommt auch die Frage des Alexander de sensu näher heran. Es ist wohl nicht daran zu denken, daß Du selbst die augenangreifende Arbeit in den nächsten Jahren in die Hand nehmen würdest. Wäre es nicht möglich, daß ein Mann wie Radermacher, der den Dionys wol bald vollendet hat, angriffe? Oder wäre Hayduck, der allerdings etwas rasch arbeitet, geeignet den Text soweit fertig zu stellen, daß Du nur die Correctur mit ihm läsest. Er ist jetzt gerade frei und würde die Sache vermutlich gern übernehmen. Laß mich doch wissen, wie Du darüber denkst. Dümmler's jäher Tod ist mir sehr nahe gegangen, da ich in diesem Jahre wirklich die Uberzeugung gewonnen zu haben glaubte, daß er seines Übels vollkommen Herr geworden sei. Du Bois dagegen ist nur von langen und qualvollen Leiden erlöst worden. Mit ihm stirbt der Akademiker im Sinne Friedrichs] d[es] Gr[oßen] aus. Mit den herzlichsten Wünschen für Deine Gesundheit und den besten Glückwünschen zum neuen Jahre für Deine ganze liebe Familie von uns Allen Dein treulichst ergebner H. Diels
330.
Usener an Diels
[Diktat: Walther Usener]
Bonn 30 Dec. 96.
Mein lieber guter Freund, Dein warmer wohlthuender Brief von heute morgen soll der erste sein, den ich beantworte. Von mir kann ich so günstiges als Du erwartest leider noch nicht 529
berichten; an der überstandenen Trübsal gemessen klingt es freilich schon günstiger. Ende November trat nachdem die Iritis zurückgegangen war und die Besserung eingeleitet schien, plötzlich eine ganz neue auch den Ärzten seither unbekannt gebliebene infektiöse Entzündung der Hornhaut auf. Sie ist nun zum Stillstand gelangt und wir hoffen, dass sie sich zurückbilden wird. Inzwischen hat auch die Empfindlichkeit der Augen gegen das Licht sich erheblich verringert und seit etwa 14 Tagen helfen tägliche Spaziergänge, die ich in der Dämmerung, bei trübem Himmel auch um die Mittagszeit mache, mich allmählich dem Leben zurückzugeben. Ich hoffe nach Dreikönigen langsam meine Vorlesung (Griech. Litteraturg.) aufnehmen zu können. An wirkliches Arbeiten, Lesen und Schreiben werde ich vor Anfang des Sommers - günstigstenfalles - nicht denken dürfen. D u wirst die Frage wegen Alexander von Aphrodisias auf - es ist mir schmerzlich (denn bisher hatte ich an dieser Verpflichtung treu festgehalten) aber es ist wohl notwendig, diese Aufgabe aus meiner Hand zu geben. Nicht ohne Entsetzen denke ich an die 1Ά Bände Dionysius Hai. die ich noch abzuwickeln habe; die Herstellung einer kritischen Ausgabe mit der unfehlbaren Notencorrectur liegt wie ein unübersteiglicher Berg vor mir. Es ist nicht geraten mir für den Rest meines Lebens mehr dergleichen aufzubürden. D u hast vorsorglich auch das schon erwogen, wer an meine Stelle rücken könnte; da möchte ich nun Hayduck dringend abraten, - er ist vortrefflich einfachere Aufgaben rasch aufzuarbeiten. Hier handelt sich's um eines der kitzlichsten schwierigsten Probleme der Textkritik, das ich kenne; ohne rückhaltlose Versenkung in den Text und ohne feines Nachempfinden, das zu der einfachsten und einleuchtenden divinatorischen Textgestaltung führt, ist da gar nichts zu machen und handwerksmässige Arbeit kann nichts helfen. Ich würde Brinkmann in Königsberg empfehlen, wenn der nicht ein noch grösserer cunctator als ich selbst wäre; so stimme ich Dir ganz bei in der Wahl von Radermacher, die ausserdem den Vorteil bieten würde, dass ich die Arbeit überwachen und wenigstens teilweise den Text mit ihm gemeinsam durcharbeiten könnte; obwohl bisher seine Studien abgesehn von Euripides vornehmlich der rhetorischen Litteratur zugewendet waren, wird er sich leicht in Alexander einarbeiten, und ich kann eine tüchtige Leistung verbürgen. Nach den trüben Monaten haben uns die Weihnachten wohltuendes Licht gebracht. Während wir bis dahin selbdritt gehaust hatten, meine beiden treuen Pfleger, Frau und Walther der von seiner medicinischen Veranlagung gleich Gelegenheit hatte Proben abzulegen, und ich, so stiessen nun die übrigen drei Kinder aus der Ferne zu uns. Marie die Studentin der höheren Zeichenkunst und Malerei aus München, Hans aus Jena wo er Assistent am physikalischen Institut ist, und der vor der Ernennung zum Lieutenant stehende Fähnrich Artillerist Coblenz. Die frische lustige Gesellschaft um mich zu haben hat mir unbeschreiblich wohlgethan. 530
Ich und die meinen erwiedern Deine treuen Grüsse und Wünsche auf das allerherzlichste - möge Deine unverwüstliche einzige Arbeitskraft in dem neuen Jahre durch feste dauernde Gesundheit Dir bewahrt bleiben und dem Parmenides dem ich mit grösstem Verlangen entgegensehe die Genossen nachfolgen können. Mit den herzlichsten Grüssen und Wünschen zum Jahreswechsel Dir und den Deinen Dein H . Usener.
331.
Usener an Diels [Bonn, Mai 1897]
Mein liebster, auf dem nebenblatt eines amtlichen schreibens darf man wohl einen gruss schreiben. Es verlohnt sich zu wissen, wie Dirs in diesem bisher scheusslichen wonnemond ergeht. Ich halte mich leidlich oben, das auge verliert mehr und mehr an lichtscheu, und in bescheidenem maasse, in absätzen darf ich mir wohl erlauben etwas zu lesen u. zu schreiben; trotzdem sehne ich mich nach Sämisch, der noch immer (in folge einer operation) in Berlin ist. Sehr begierig bin ich, welche auskunft Dir das Asklepiadenorakel ertheilt hat, hoffentlich eine günstige. - Irgend eine arbeit wieder aufzunehmen darf ich leider noch nicht wagen. Ich helfe mir dadurch dass junge leute mir neue inschriftenpublicationen uä. vorlesen und nach meinen Weisungen excerpieren. Die anderen, Bücheler Nissen Löschcke, befinden sich bestens, Elter ist noch gegen schluss der ferien nach Rom auf 4 wochen abgedampft der glückliche. Mit bestem gruss von haus zu haus Dein H . Usener
332.
Diels an Usener Berlin, den 14. Mai 189Z W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrter Freund, Deine Zeilen waren mir wie die Taube mit dem Oelzweig, zum Zeichen, daß die Wasser der Trübsal nun sachte zu verrinnen beginnen und daß die Besserung, von der ich mich persönlich überzeugen konnte, anhält und Fortschritte macht. Auch bei mir setzt sich langsam wieder alles ins alte Geleise. Es hat zwar noch kein Asclepiadenorakel stattgefunden aber es hat eine Aussprache 531
mit dem Asklepiosjünger stattgefunden, die Weiteres in Aussicht nimmt. Vermutlich läuft das Endurteil auf Quod ferrum non sanat etc. hinaus, worauf ich gefaßt bin. Vorläufig hat der Anfang des Semesters mit seinen mancherlei Geschäften mich occupirt, Academie und Staatsprüfung, Facultät und Vorlesung hält in gewohnter Weise im Atem und die Neuordnung des Proseminars (21 ordentliche Mitglieder und 5 außerordentliche) und die neue Vorlesung, die mich zu der mir ungewohnten eidographischen Darstellung zwingt, gibt zu thun. Glücklicher Weise habe ich wieder den Kopf ganz frei und fühle mich in dem gewohnten Sausen des Rades wohl. Wilamowitz hat seine Thätigkeit hier begonnen, er ist zufrieden, doch ist sein Erfolg kein übermäßiger. Doch kann man ja jetzt noch nichts sagen. Er bemüht sich mir wie den andern Collegen gegenüber möglichst entgegenkommend zu sein. Schade daß er mit der Feder oft so ungeschickt ist, wie sein Alkmanaufsatz in der ganzen Polemik gegen meine Chorauffassung recht unüberlegt und im Einzelnen mehr als das ist. Z.B. soll δρω/ρ' am Ende einer Zeile wegen der von ihm behaupteten Synapsie unmöglich sein, aber das von ihm adoptirte όρώ/Ρ soll Katalexe ergeben. Als ich ihn nun mündlich fragte, wie das zuginge, meinte er Fk sei nicht enklitisch und Böckh habe im Pindar ebenso einmal μοι conjicirt! Schließlich gab er zu die Stelle sei doch wohl noch nicht in Ordnung. Gestern hat Kern den Ruf nach Rostock erhalten, den Brinkmann und Kretschmer abgelehnt hatten. Ich hatte den Rostockern über Kern das Lobenswerte und Mangelhafte unparteiisch auseinandergesetzt. Schließlich scheint der persönliche Eindruck des reinen und liebenswerten jungen Mannes auf Arnim die Bedenken niedergeschlagen zu haben. Da ich ihn seiner Zeit in ernsten Worten vor der akademischen Carriere gewarnt und auch jetzt meine Ansicht nicht verhehlt hatte, so trage ich keine Verantwortung, wenn es schief ausläuft. Jedenfalls hat er helle Begeisterung für sein Fach und weiß sie jungen Leuten mitzuteilen. So kommen in Rostock zwei unübertreffliche Schulmeister und unübertreffliche Philologen zusammen. Hoffentlich fehlt es nicht an der Hauptsache, an den Schülern! Meiner Frau ist die Reise über Erwarten gut bekommen. Sie fühlt selbst (was seit Jahrzehnten nicht vorgekommen) eine Art Erneuerung ihres inneren Menschen. Hoffentlich hält der Erfolg recht lange vor. Meinen Söhnen geht es gut. Indem ich Deiner lieben Frau und dem ganzen Hause, vor allem aber Deinen Augen das Beste wünsche (von Hermann schreibst Du nichts!) schließe ich mit den herzlichsten Grüßen auch meiner Frau Dein H. Diels
532
333.
Diels an Usener
19. VII. 97 Verehrter Freund, Michael Ephesius in Parva Naturalia soll nächstens collationirt werden. Du hast davon die Aldine 1527 in dem der Kgl. Bibliothek gehörigen Exemplare des Simpl. de anima und Alex, de sensu. Und in diesem stehen zu Michael kurze Collationen von Torstriks Hand. Du hast nun wahrscheinlich auch noch ein zweites Exemplar hinter d. Alexander d. s., das ohne Collation ist. (Aus Deinem Zettel kann ich das nicht mit Sicherheit constatiren). Ist das der Fall, so bitte ich Dich durch einen Studenten die kurzen Collationen Torstriks aus dem Bibliothekexemplar in das andere übertragen zu lassen. Es müsste aber möglichst bald - natürlich sumptibus academicis - geschehen und der betr. Stud, wird gut thun sich die dazu gebrauchten Stunden zu notieren. Dann möchte ich dies zweite Exemplar, getrennt von Alexander, hierher gesandt haben. Ist meine Vermutung, dass Du noch ein zweites Exemplar des Michael von uns hast, irrig, so bitte [ich] mir aus dem Ex. der Bibl. die betr. Coli, auf ein Blatt ausziehen zu lassen. Mit Deinen Augen ist es hoffentlich den Sommer leidlich gegangen. Meine Frau, die in Friedrichroda war, kehrt heute schon wieder zurück, da sie vermutlich das Clima nicht verträgt. M. b. Gr. f. d. Deinigen Dein HDiels
334.
Usener an Diels
Bonn 22/VII97 Mein lieber Diels, Zur Übersendung der von Dir gewünschten, mit den Torstrikschen probecollationen des Bibl. exemplars versehenen Aldina kann ich in der eile nur wenige begleitende worte beifügen. Stud. Michaelis hatte die freundlichkeit die Übertragung auf sich zu nehmen, die er, so weit ich sehe, mit Sorgfalt und Zierlichkeit ausgeführt hat; er hat dazu 4'h stunden gebraucht, die Du ihm berechnen kannst. Hier drängt sich, wie gewöhnlich, im juli alles, erlaubtes und unerlaubtes zusammen, und dazu kommen noch die fremden besuche und pflichten, die sie mitbringen. Bald kann ich Dir hoffentlich eine arbeit senden, die Dir theilweise freude, theilweise Verdruss, wie mir schäm bereiten wird. Ich habe den unsinn begangen in der zeit, wo ich noch nicht lesen und schreiben durfte, eine angefangene 533
arbeit zu vollenden, und hatte dabei grosse theile zu dictieren, darunter gedanken, auf die ich erst in der zeit des augenleidens gekommen war, die ich also selbst mit dem beweisstoffe, der mir präsent war, nur mühsam begründen konnte. So habe ich denn fast wie ein blinder mit der färbe gespielt; sobald ich mit hilfe anderer wieder antike lectüre begann (Pausan, u. Herodot), sind mir die belege so in hellen häufen zugeströmt und soviel klärendes detail, dass ich mich schämen muss die frage angeschnitten zu haben mit so viel Unwissenheit. Es handelt sich um p. 15 f. der abhdl. ,Ub. den Stoff des gr. epos'. Bist Du mir böse, wenn ich bei meiner zwar geminderten aber keineswegs aufgehobenen hilflosigkeit Dich zum drittenmale (!!) bitte um den quellennachweis für die prächtige άφοσίωσις für den getödteten bären? Die sache hat in mehrfachem Zusammenhang jetzt grosse Wichtigkeit für mich erlangt. Sonst nur befriedigendes aus dem hause zu melden. Hoffentlich gilt das gleiche von Deinem. Treulichst Dein H.Us.
335.
Diels an Usener Berlin, den 24. Juli 1897
Verehrtester Freund, Besten Dank für die schnelle und saubere Ausführung der Collationsübertragung und Ubersendung. Dem jungen Michaelis, dessen Adresse ich nicht kenne, bitte ich beifolgende 10 M. (falls Du das für ausreichend hältst, sonst ganz nach Deinem Belieben) übergeben und beifolgende (eventuell abzuändernde) Quittung unterschreiben lassen zu wollen. Auf Deine Arbeit bin ich sehr gespannt, sie wird mit Rücksicht auf die Entstehung mir doppelt wert sein. Über die Bärenfeste der Mansen etc. erinnere ich mich mit Dir gesprochen zu haben. Aber dass ich bereits zweimal um den Quellennachweis für die άφοσίωσι,ς des getöteten Bären gemahnt worden bin, ist mir völlig aus dem Gedächtnisse entschwunden, so sehr, dass ich nicht einmal ganz sicher bin, ob beifolgendes Material gemeint war. Es ist die französische durch meinen Freund Fürst Trubetzkoi angefertigte Epitome der Arbeit von Gondatti. (Die schauderhafte Orthographie des Fürsten habe ich nur teilweise verbessert. Ich bitte das also bei Lesen übersehen zu wollen.) Ich hatte Brückner gebeten, die Sache aus dem Russischen vollständig zu übersetzen. Aber er hat nur einen dürftigen Auszug mündlich vorgetragen (S. Z. d. Ver. f. Völkerk. 1894, 226) und offenbar gar nicht gemerkt, was das Interessante daran ist. 534
Hast D u noch vor, Deine Sammlungen über Haberfeldtreiben in Verbindung mit den betr. antiken Cultüberbleibseln zu bearbeiten? Es wäre schön, wenn D u es in die Hand nähmest. Mir ist der Stoff neuerdings wieder nahe getreten und habe daher den lebhaften Wunsch gehabt Dein Buch hierüber, das D u im Kopfe hast, benutzen zu können. Dass Deine Mitteilungen aus dem Hause gut lauten (ich darf Dich wol als des Hauses Haupt miteinschliessen) freut mich herzlich. Meine Frau war Anfang Juli nach Friedrichroda mit dem Jüngsten gegangen, hat aber dort eine Art Influenza attrapirt, die sie zwang vor 8 T. hierher zurückzukehren. Auch Paul ist seit gestern ergriffen. Ich hoffe, dass alles befriedigend verläuft und dass ich noch einige wenige Tage vom 3. Aug. an mit ihnen an die Ostsee gehn kann. Jedenfalls werde ich am 10. wieder zurücksein, da ich Wichtiges hier vorhabe (nichts Wissenschaftliches sondern Persönliches). Die beiden ältesten Söhne wollen nach Norderney um eine botanisch-chemische Arbeit über Strandpflanzen an O r t und Stelle auszuführen. Mit den besten Grüssen und Wünschen auch von Seiten meiner Frau an Dich und die Deinigen Dein vergesslicher H . Diels
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Usener an Diels Bonn, 2 6 / V I I 97
Mein lieber Diels, Deine pünktlichkeit ist nicht zu überbieten. Ehe ich dazu komme Dir die quittung von Michaelis zu übersenden, ist bereits Deine einzahlung (M. 10) eingetroffen, die ich morgen dem jungen manne (der zu herbst wieder Bonn verlässt um zu Euch zu kommen) einhändigen werde. Also alles in Ordnung. Für Alex, π. αίσί). ist die Aldina nicht mehr nöthig, da als druckmscr. natürlich Thurot's ausgabe herhalten muss. D u fragst nach meiner „volksjustiz". Merkwürdig, gerade am tag vorher hatte ich lebhaft an den gegenständ gedacht. Mommsens 80 r geburtstag, von dem es noch unheimlich still ist, gieng mir durch den köpf, und es wollte mir scheinen, ich müsse M. etwas zu dem tag schreiben, und der gegenständ sei passend, und die ausführung einschl. druck könne gelingen, wenn ich in den ferien fleissig daran wäre. Dann aber kamen mir bedenken, hauptsächlich ob das für M[ommsen] nicht mehr Verdruss als freude sein würde (eine fundamental verschiedene anschauungsweise der criminalrechtspflege!); dann ob ich nicht, wenn es sonst möglich gegen mich selbst die pflicht hätte etwas für 535
meine gesundheit zu thun. Was meinst Du zu dem ersten bedenken? Es ginge sonst ja auch so, dass ich nur die ersten bogen mit dedication ihm durch Dich überreichen liesse. Wie ungeschickt muss ich mich jüngst in der eile ausgedrückt haben. Ich wollte mich demüthigst entschuldigen, dass ich Dir noch einmal, zum drittenmal, glaube ich, mit der bärengeschichte mühe mache, und Du nimmst das als einen vorwurf gegen Dein wahrlich unschuldig haupt, als müsse ich Dich zum drittenmale mahnen! Habe vielen dank für die radikalste hilfe, die Du bringen konntest. Du gestattest dass ich die französ. skizze noch etwas behalte, um sie in musse ausziehn zu können. In diesen tagen komme ich dazu kaum. Mit bestem dank u. gruss von haus zu haus Dein H. Usener
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Diels an Usener Berlin, W 27 VII. 97 Magdeburgerstr. 20.
Verehrtester Freund, All right! - Was die Volksjustiz angeht, so wird sich M[ommsen] gewiss ungeheuer darüber freuen, wenn er auch principiell natürlich auf anderem Standpunkte steht. Aber so weiten Geistes ist er doch die Berechtigung und Fruchtbarkeit dieses Standpunktes anzuerkennen. Er pflegt dann nur zu sagen: ,Mir geht die Anlage dazu ab.' Die Berliner Kreise finden sich mit Lenbach's Bild [Mommsens] ab, indem sie den Outsiders sich anderswie zu regen überlassen haben. Ich bin damit gar nicht einverstanden gewesen, aber was hilft's. Kennst Du zu den Bärensachen die Abhandlung von Bachofen (Mutterrecht) „Der Bär in den Religionen des Altertums" Basel 1863. 4 und zur Volksjustiz O. Panizza „Die Haberfeldtreiben." Berlin 1897 (dumm, aber mit echtem, leider kastrirtem Material)? Beides steht Dir auf Wunsch sofort zur Verfügung. Ich brauche alle diese Sachen eben durchaus nicht, behalte also soviel u. solange Du willst und Deine Augen erlauben. Nicht wahr, gelegentlich klopfst Du auch einmal bei Radermacher auf den Busch wegen Alexander. Mit besten Grüßen u. Wünschen Dein H. Diels
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338.
Usener an Diels
Bonn 9/1 98 Mein lieber freund, Indem ich Dir für Deinen herzlichen und willkommenen neujahrsgruss herzlich auch im namen meiner frau danke, muss ich um freundliche nachsicht bitten, dass ich so selten und spärlich mich vernehmen lasse. Mit den äugen stehe ich leider noch immer auf gespanntem fusse; und wenn ich's nicht selbst fortwährend empfände, würde mir's der arzt sagen, dass die grösste Schonung vorläufig noch nothwendig sei. Sämisch hat mir für den winter eine halbe stunde als maximum für zusammenhangendes lesen zugebilligt! Ich halte mich nicht ganz daran, aber doch nur insofern ich zusammenhangendes lesen überhaupt nur in beschränktem maasse übe. Nun denke Dir wintertage, und gar solche, an denen der himmel verhüllt ist, nebel oder regen herrscht: da wage ich höchstens verstohlen einmal in ein buch zu blicken. So vergehn die wenigen hellen tagesstunden, die mir nach amtlichen ua. Verpflichtungen übrig bleiben, nur allzu rasch, und ich suche jede minute festzuhalten, um wenigstens die arbeiten, zu denen die Vorlesung anlass gibt, ein wenig zu fördern. Das ist herzlich wenig, mir kommt es wie anständige Spielerei vor. Auf diese weise kommt es denn aber unausbleiblich, dass meine briefschulden sich in bedenklicher weise häufen. Eine rechte freude hat mir Dein Empedocleum oder vielmehr Philodemeum gemacht, besonders durch die vorausgeschickten betrachtungen, die mit allen gesunden gedanken das gemein haben, dass sie sich als fruchtbar erweisen und erweitern lassen. Aber überrascht hat mich und meinen Vorleser Deine Entdekkung, dass die brieffragmente an die mutter mit Epikur nichts zu schaffen haben. Nachzuprüfen war ich noch nicht in der läge, wie ich mir auch bisher die durcharbeitung der neuen publication der Oinoandischen inschrift versagen musste. Dagegen habe ich Bakchylides theils mit den äugen theils mit den ohren zu meiner hellen freude genossen. Er steht tief unter Pindar, und ist doch ein echter dichter; ohne dass er unmittelbar viel neues lehrte, ist er mir doch unwillkürlich eine Offenbarung gewesen. Was nach einem monat Du enthüllen wirst, darauf bin ich begreiflicher weise recht neugierig. Empedokles? Oder ganz was neues? Gestatte dass ich die empfangsbescheinigung über Ammonius Bussii Dir zu gef. Übergebung an die richtige adresse beilege. Du würdest mich aber verpflichten, wenn Du mir mittheilen wolltest, unter welcher genaueren bezeichnung solche empfangsbescheinigungen an die Akad. zu adressieren sind. Dass wir nun B. Erdmann als nachfolger JBMeyers bekommen, ist uns allen oder doch den meisten sehr willkommen. Aber eine andere sorge regt uns auf. Es heisst, der nachfolger des demnächst in ruhestand tretenden bibliothekdirec537
tors Schaarschmidt sei bereits so gut wie ernannt, die nachfolge sei dem entsetzlichen ebenso unwissenden wie giftigen und gefährlichen Ständer in Breslau zugesagt. Wenn Du irgend etwas thun kannst um eine solche misshandlung Deiner alten aima mater zu hintertreiben, wirst Du Dir ein wahres verdienst erwerben. Doch die gattin ruft zu tisch. Ich muss schliessen, und thue das mit den angelegentlichsten wünschen für Dich und die Deinigen. Möge das neue jähr Dich bei voller gesundheit und froher Schaffenskraft erhalten, aber Dir auch die nöthige ruhe und erholung gönnen! Hüte Dich den bogen zu stark zu spannen und zu lange gespannt zu halten. Und nebenbei, falle nicht ins Siezen zurück, wie Dirs in der letzten karte ergetzlicher weise passierte. Dein alter H. Usener Wir sind seit dem 5 d.m. wieder selbdritt, Mariechen ist für den rest des winters nach München zurückgekehrt.
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Diels an Usener Berlin, den 10. Januar 1898. W Magdeburgerstr. 20. 111
Besten Dank, verehrter Freund, für Deinen Brief, der wenigstens verhältnismäßig Leidliches berichtet, wenn auch nicht das, was wir wünschen möchten. Um so dankbarer bin ich für die Zeilen, die mich trotz der resignirten Schilderung Deines jetzigen Wirkens doch durch die liebevolle Teilnahme an meinem armen Empedocleum erfreut haben. Von der Ketzerei betr. des Briefes an Epikur's Mutter habe ich Dir schon mündlich füher (nicht in Dresden) gesprochen. Es liegt ihr nicht viel mehr als Sentiment zu Grunde und ich habe die Frage nur aus zwei Gründen angeschnitten, erstens um der Lucrezphantasie, die Körte seitdem beseitigt hat, die Analogie zu entziehen und vor allem, um zu veranlassen, die höchst interessante Frage etwas genauer ins Auge zu fassen. Ich bin bereit, bei genauer Beweisführung, namentlich was die Lebensverhältnisse und die Dogmatik betrifft, wozu dann das Sprachliche hinzukommen würde, was Alles Du allein vollständig übersiehst, mich belehren zu lassen. Bis jetzt bin ich noch Skeptiker. Was sich in einigen Wochen enthüllen wird, ist nicht eine Fortsetzung der Empedoclea, auch nicht eine Restitution Philodem's περί των φιλοσόφων, an der ich mit Michaelis arbeite, auch nicht Bakchylidea, über die ich ungefähr wie Du denke, sondern eine Rede zum 27. Januar „Maupertuis und Friedrich d. Gr.", die mir sehr viel Zeit gekostet und mich auf 538
interessante Dinge (Leibniziana pp) geführt hat, von denen die Epideiktik leider so gut wie ganz schweigen muß. Es ist darum doch nicht verloren, sondern wird s.Z. auferstehen. Was den Jupiter Stator [Ständer] betrifft, der von der Oder an den Rhein fliegen soll, so bin ich auch aus anderen Gründen bereit Deinem Wunsche zu willfahren. Hoffentlich ist es noch Zeit. Wie denkst Du über Alexander de sensu? Ist es an der Zeit sich an Radermacher zu wenden? Oder steckt er noch zu tief in Anderem? Vielleicht sagst Du ihm ein Wort, da Du Dich nicht bemühen sollst. Bleibe Du und Dein Haus gewogen Deinem getreuen Hermann Diels
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Usener an Diels
Bonn, 29/1 1898 Mein lieber Diels, Endlich kann ich Dir anbei den werthvollen auszug der abhandlung über Sibirischen bärencultus zurückschicken, den ich erst in den letzten tagen zeit fand mir deutsch zu bearbeiten. Bis auf eine durch correctur unleserliche stelle scheint alles in guter Ordnung; vielleicht habe ich gelegenheit, wenn die originalpublication hier sich findet, mir durch Solmsen das concept revidieren zu lassen. Ich bin Dir äussert dankbar dafür, denn nicht nur die hauptsache, die άφοσίωσις, ist mir von grösstem werth, sondern auch vieles vom beiwerk, zb. die höchst merkwürdigen dramatischen aufführungen, und die religio der masken. Inzwischen habe ich einen vortrag über die sintflutsage in unserer Rhein, alterthumsgesellschaft gehalten, und bin dadurch angeregt die ergebnisse zu einer kleinen Schrift vorläufig zusammenzufassen. Freilich brennen mir täglich mehr die dringendsten probleme, personification u. metapher, auf die nägel, je näher der tag kommt wo ich damit wenigstens für die Vorlesung fertig sein soll. Deine epideixis ist nun auch gestiegen, vermuthlich parallel mit dem feuerwerk, das vWilam[owitz] laut den Zeitungen zu kaisers geburtstag abgebrannt hat. Ich hoffe, Du hast ein wärmendes feuer angezündet, das noch lange vorhält. Gestern kam W[ilamowitzen]'s schrift über Bakchylides, sie hat mich im wesentlichen sehr befriedigt, und so ziemlich formuliert was ich empfand. Schön dass er sofort gute Übersetzungsproben gab. Aber warum nimmt er solchen anstoss an der prächtigen naivität, in welche das gespräch des Herakles mit Meleagros ausläuft? In aller eile vor dem gang zum examen, mit herzlichsten grüssen von haus zu haus Dein alter H . Usener 539
341.
Usener an Diels Bonn, 24/1198
Mein lieber D., wieder muss ich Dich mit einer empfangsbescheinigung quälen, die ich hier beilege mit der bitte sie gelegentlich an die mir unbekannte (Du hast wenigstens, so viel ich mich erinnere, eine bezügliche frage mir nicht beantwortet) zuständige adresse zu befördern. Aber ich bin doch dem anstoss dankbar, eine zeile an Dich beizulegen. Deine festrede hat mich in höchstem, ophthalmologisch unzulässigem maasse gefesselt, ich habe sie in einem sitze verschlungen, gepackt von der tragischen trilogie die Du aufgerollt. Meinen herzlichsten glückwunsch und meine freude darüber hätte ich Dir längst ausgesprochen, wenn ich nicht nothgedrungen alle correspondenz, die nicht absolutes muss ist, zurückdrängen muss um die seltenen brauchbaren stunden des tags für mich festzuhalten. Was ist das für grausenhaftes wetter, nun schon in der vierten woche, immer trüb, mit seltenen ausnahmestunden, so dass ich, wenn ich am schreibtisch sitze, von bösem gewissen geplagt werde und hinterher auch zu bereuen habe; was soll man unter diesem himmel beginnen? Die ganzen carnevalstage sind so traurig verlaufen, ,in regen und schlämm ersoffen'. Gefördert habe ich während des winters natürlich sehr wenig, autoren mir vorlesen lassen und stoff gesammelt, ab und zu dictiert. Von Dir weiss ich glücklicher weise anderes, und ich freue mich im lauf der osterferien oder nachher die früchte hervortreten zu sehn. Eben erfreue ich mich an Deinem Alkman, dem meine äugen bisher mir nicht erlaubt hatten näher zu treten. Mit herzlichsten grüssen von haus zu haus Dein getreuer H. Usener
342.
Diels an Usener Berlin, den 25. Febr. 1898
Deine Anfrage, verehrter Freund, erledigt sich dadurch, dass jeder mögliche Weg uns genehm ist. Da jeden Tag der Bote die ankommenden Sachen abholt, so habe ich mit der Weiterbeförderung zu dem Archivar keine Last. Ich habe übrigens zufällig gestern den Beschluss zu Stande gebracht zur bequemeren Erledigung dieser Anzeigen präparirte Karten drucken zu lassen, die den Sendungen beigelegt werden. Ich bin sehr erfreut im Ganzen doch Leidliches von Deinem Befinden und Gehaben zu hören. Uns geht es hier abgesehen von dem Trubel der Geschäfte 540
und Geselligkeit, der nun hoffentlich jetzt ebbt, gut. Namentlich war unser Winter heller wie sonst, vielfach ganz italienisch. Mit den wissenschaftlichen Arbeiten geht es natürlich schwach, aber gleich nach Schluss will ich mich an einiges setzen. Dass Dir die Epideiktik vom 27. Januar nicht misfallen freut mich, auch halte ich an dem Wesentlichen des alten Alkman fest, wenn auch Wilamowitz in einer merkwürdig flachen Diatribe dagegen es besser weiss. Den Deinen geht's hoffentlich gut; meine Frau befindet sich seit Weihnachten wieder weniger gut und [es] hat sich zu ihren 100 anderen Leiden, die sich abwechselnd einstellen, neuerdings anhaltende Schlaf- und Appetitlosigkeit eingestellt. Die alleinhelfende Medizin, ein wenig Ausfliegen nach dem Süden, lässt sich leider aus vielen Gründen, häuslichen und geschäftlichen, nicht ausführen. D a heisst's Geduld! Mit herzlichen Grüssen und Wünschen Dein getreuer H . Diels
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Diels an Usener
Warnemünde, den 29. Mai 1898. Verehrter Freund, Meinen herzlichen Dank für Deinen schönen Aufsatz über göttliche Synonyme sende ich Dir von hier, wohin ich mich mit der Familie während der Pfingsttage zurückgezogen habe, um mich und die übrige ebenfalls etwas abstrapazirte Familie zu restauriren. Das schöne Mailüfterl, das wir hier haben, thut in der That seine Schuldigkeit, und so hoffe ich den Strapazen gewachsen zu sein, die ich bei meiner Rückkehr in der Thesaurusconferenz durchkosten werde. Die Dinge spitzen sich immer mehr zu, je mehr die eigentliche Action d.h. die Redaction beginnt und es ist mir recht zweifelhaft, ob die beständigen Kämpfe gegen die Contremine irgend einen Erfolg versprechen. Was Deinen Aufsatz betrifft, den ich wol teilweise auf mich beziehen darf, so bildet er eine sehr wertvolle Ergänzung Deiner Götternamen. Man wird nicht verlangen können, daß ein geschlossenes System alle möglichen Lösungen vereint, aber daß es in sich vollständig ist und bis zu den Prinzipien, die nicht bewiesen werden können und sollen, lückenlos hinaufführt, das darf man fordern. Insofern ist dieser Beitrag hochwichtig und auch im Einzelnen reich an schönen, lichtspendenden Aufklärungen. Man sieht ihm nicht an, daß D u mit veränderten Arbeitsbedingungen hast kämpfen müssen. So abgerundet bis in die Details erscheint mir der Aufsatz. 541
Ich hoffe, daß es Dir auch ferner gelingen wird Dein Lebenswerk vor allen Dingen noch auszuführen, da jedes zugefügte Glied das Verständnis der Übrigen erleichtert und das Denken in Deiner neuen mythologischen Sprache erleichtert. Ich selbst habe ein ziemliches Stück Empedokles zu Stande gebracht, was wegen der vollständigen Neubearbeitung aus den Quellen recht zeitraubend ist. Aber einiges zunächst Unbedeutende, aber in den Consequenzen Wichtige, hoffe ich ermittelt zu haben. Ende des nächsten Monats werde ich wol eine Probe Dir senden können. Unser gemeinsamer Schüler Michaelis hat in der vorigen Woche sein Rigorosum bestanden. Er ist kein Examenmensch und hat daher weniger gesagt als er wußte. Seine Arbeit aber hat, wie mir scheint, die Frage über den Ursprung der Homonymenlisten zu einem endgültigen Abschluß gebracht. Er hat völlig selbständig gearbeitet und ist einer der Wenigen, die ihre Dissertation nicht umzuarbeiten brauchen. Schöne's Sohn Hermann ist in der Habilitation, und ich freue mich, daß wir einen tüchtigen Privatdozenten in unserem Fache bekommen werden. Die übrigen sind unbrauchbar. Kekule haben wir in die Akademie gewählt und mir fällt die heikle Aufgabe zu, meinen verehrten Lehrer einzuführen (am Leibniztage). Sudhaus Ätna habe ich V4 gelesen, das Buch imponirt mir sehr durch seine Reife. Mit den herzlichsten Pfingstgrüßen auch meiner Frau an Dich und Dein Haus und besten Wünschen für Deine Gesundheit Dein H. Diels
344.
Diels an Usener Berlin, den 8. October 1898. W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrter Freund, Fränkel, der sehr erfrischt und erfreut von seiner Reise zurückgekehrt ist und Bonn als deren Höhepunkt bezeichnet, hat mir Grüße und willkommene Nachricht von Dir überbracht. Ich sehe aus seinen Berichten, daß die Ferienerholung ihre Schuldigkeit gethan, und er wußte nicht genug die Frische zu rühmen, mit der Du stundenlang das Gespräch geführt. Ich hoffe, daß dies für das lange, dunkle Semester vorhalten wird, obgleich ich es mir schwer denke mit so vielen Plänen im Kopfe sich an eine eiserne Zeitbeschränkung binden zu müssen, die doch nur mit den größten Gefahren außer Acht gesetzt werden könnte. Was Deine Pläne betrifft, von denen Du mit Fränkel gesprochen, so befinden sich ja darunter keine Editionsaufgaben, die Du jetzt bei Seite gelegt 542
hast. Aber in freundschaftlichster Weise hast Du doch für das einst übernommene Pflegkind, den Alexander, weiter zu sorgen versprochen. Die allein übrig gebliebene Möglichkeit, Radermacher, will mir doch, je mehr ich über die Sache nachdenke, um so weniger gefallen. Nicht als ob er nicht zumal in steter Beratung mit Dir der Sache Herr werden könnte - aber die Vorbereitung dazu, die er als gründlicher Mann nicht sich schenken würde, und die Sorgfalt und Vorsicht bei der Ausführung würden doch den Abschluß des Commentars soweit hinausschieben, daß ich in ernstliche Verlegenheit käme. Meine Reserven sind fast erschöpft und es wäre dringend zu wünschen, daß nachdem Alexander sonst fertig ist - die Meteorologie kommt jetzt in den Druck - dieser wichtige Commentar lesbar und zuverlässig vorgelegt würde. Da ist mir nun der Gedanke gekommen, da ich eben mit Empedokles abgeschlossen habe (Xenophanes ist auch druckfertig und Parmenides bedarf nur noch Buchbinderarbeit) andererseits vor nächsten Herbst nicht zum Druck kommen werde, da erst Kaibels Comici erwartet werden - in der Zwischenzeit den Alexander zu versuchen, der mich immer gereizt hat. Schreib mir doch, was Du darüber denkst! Uber uns wirst Du durch Fränkel Näheres gehört haben. Die Schweizer Ferienreise hat mir gut gethan und der September, den ich ungestörter Arbeit widmen konnte (ohne die täglichen Spaziergänge zu vernachlässigen) noch besser. Als πάρεργα der sauren Recensionsarbeit der Empedoclea sind einige hübsche Sachen abgefallen z.B. die Aufdeckung beträchtlicher Uberreste des Timäuscommentars des Poseidonios, dessen Erudition die späteren Commentatoren befruchtet hat. Auch die Composition der Katharmen ist mir, nachdem das ominöse dritte Physikbuch beseitigt ist, immer klarer geworden. Es war doch ein bedeutendes Buch und die neuen ethischen Ideen, die die Sophistik eben aufbrachte, haben offenbar zwischen 444-424 in den reagirenden Philosophen eine ähnliche, freilich conträr verlaufende Revolution angestiftet wie in seinem Schüler Gorgias. Er ist so ein interessanter Nebenläufer des Sokrates. Ich hoffe, daß es Dir und den Deinen wohl geht. Deinen ältesten hoffen wir nun bald einmal bei uns zu sehen. Den übrigen geht es wol nach Wunsch. Mit besten Grüßen an Alle auch von meiner Frau Dein H. Diels
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345.
Usener an Diels
[Postkarte]
[Bonn, 12. 10. 1898]
L. D., vielen dank für Deinen brief und seine erfreulichen nachrichten über Dich, die Deinen und Deine arbeiten. Ganz besonders erfreulich ist darunter Deine bereitschaft, den Alexander π. αισθ. selbst in die hand zu nehmen, nachdem mir es um der leidigen äugen willen unmöglich geworden. Radermacher hatte bisher nur sich orientierend damit befasst und die zusammenhangende arbeit in diesem winter beginnen wollen. Da er sich in ein bisher ihm fern liegendes gebiet einzuarbeiten gehabt hätte, so ist es ihm selbst eine erleichterung gewesen von Dir der Verpflichtung enthoben zu werden. Ich war sogleich am sonnt., nachdem ich Deinen brief erhalten, bei ihm. Leider hat er bisher erst einen theil des materials mir überbracht; ich warte mit der Übersendung, bis alles zusammen ist, um nicht 2 packete machen zu müssen. Übrigens habe ich ihn sofort bedeutet, dass es Dir wünschenswerth sein müsse nun auch den apparat so bald als möglich zu erhalten. Es ist eine trotz des ledernen inhalts ganz besonders reizvolle aufgabe der kritik, und ich wünsche Dir glück dazu, sie ist nun in bester hand. Mit den herzlichsten grüssen von haus zu haus Dein alter H Vs.
346.
Diels an Usener
Berlin d. 13. Oct. 1898. Verehrter Freund, Sehr erfreut durch Deine Einwilligung und gestärkt durch Deinen Zuspruch betr. Alexander bringe ich heute eine andere Bitte vor. Tycho Mommsen hat, wie mir Theodor dieser Tage sagte, den dringenden Wunsch seine Muße an der Herausgabe irgend eines griechischen Anecdotons zu bethätigen. Er hat sich die letzten Jahre fast ausschließlich mit spätgriech. Litteratur (bes. kirchlicher) abgegeben und eine Legende zu ediren würde ihm ein Leckerbissen sein. Hast Du nicht noch von früher her dergleichen liegen? Der Ubersendung des gesamten Materials durch Radermacher sehe ich entgegen. Mit besten Grüßen Dein H. Diels
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347.
Usener an Diels Bonn 15/X 98
S.VR.
Carissime, Endlich habe ich alle elemente vereinigt und kann dem packet seine postalische form geben. Nur nach einem stück habe ich bisher vergeblich gesucht, einer in alten Zeiten von mir zum zweck des künftigen drucks veranlassten abschrift der Aldina; da dieselbe angesichts des Thurotschen drucks für Dich keine bedeutung hat, so will ich ihretwegen die absendung des packets nicht hintanhalten; sie wird Dir und der Akademie nicht vorenthalten werden, sobald sie sich findet. Ich kann den schönen Stoff, der Dir morgen entgegen lachen wird, nicht anders als mit den worten entlassen utere felix. Ein blatt nebst brief, worin Du eine merkwürdige mittheilung über cod. Ν (b. Thurot) erhältst, empfehle ich Deiner beachtung. An 2 stellen hatte ich schon vorläufige versuche der textconstitution gemacht, den niederschlag wirst Du in den papieren finden. Den Frankfurter bruder Mommsens schätze ich zu hoch um ihm nicht in seinen bestrebungen, soweit ich überhaupt vermag, entgegenzukommen. Aber er müsste selbst auslesen, und das geht kaum ohne dass ich mündlich die nöthigen erläuterungen gebe. Auf unbestimmte zeit ihm alles zu senden, was ich habe, kann ich nicht wohl, da bei meinen eignen arbeiten jeden augenblick das bedürfniss sich einstellen kann dies oder jenes stück einzusehn und herauszuziehn. Du verstehst, dass fast jedes stück, was ich habe, diesen oder jenen haken hat. Bald ist es schon ediert, meist bedarf es weiterer hslicher mittel. Drei sachen habe ich bereits an andere abgegeben, und mit die interessantesten, Pachomius an EPreuschen, Tryphon und Theophilos (Teufelspact à la Faust) an Dieterich. Aber ich will gerne, wenn Du u. Mfommsen] es meint, an 1y[cho] Mfommsen] ein verzeichniss der hagiogr. anekdota senden, die verfügbar sind, damit er seine wünsche äussern, bezw. einmal herkommen kann. Mit herzlichsten grüssen von haus zu haus Dein H. Vsener [Auf demselben Blatt Diels an Mommsen:] Berlin 17/10 98 Hochgeehrter Hr. Professor, Ich sende Ihnen Useners Bescheid, damit Sie selbst ermessen was Ihrem Hrn. Bruder mitzuteilen wäre. Wenn er noch so rüstig ist wie Sie, so wäre ein Besuch bei Usener jedenfalls das einfachste. Ihr H D . 545
348.
Diels an Usener
Königliche Akademie der Wissenschaften.
Berlin, den 17 O c t . 1898
Verehrter Freund, Ich habe soeben die bei der Akademie befindlichen Zettel controlirt und schicke Dir dieselben anbei quittirt zurück. Nicht verificiren konnte ich die 3 mitfolgenden Zettel, von denen die Abschrift der Aldine von Dir notificirt ist. Damit hat es keine Eile. Dagegen bitte ich gütigst in Bezug auf die beiden anderen Sachen, namentlich Nieses Collation recherchiren zu wollen. Ferner bitte ich, da wir nun doch bei den Geschäften sind, Auslagen, die D u seiner Zeit für diese Sache gehabt hast, in einer Generalrechnung aufstellen und quittiren zu wollen. Es versteht sich, dass wenigstens dieser Teil der Mühe, soweit es irgend möglich ist, wiedererstattet werde. Ich weiss nicht, ob D u in Paris hierfür collationirt hast. Das würde natürlich auch zu veranschlagen sein wie Portis etc. Mit besten Grüssen Dein H.D.
349.
Usener an Diels
[Postkarte]
[Bonn, 19. 10. 98]
L . D . , Alles hat sich gefunden bis auf die Aldina, die bei einer umräumung nicht von mir — unglücklich verlegt worden sein muss. Es ist das ehemals von mir der Ak. überlassene exemplar, aus dem der Simplicius zu Ar. π. ψυχής ausgeschnitten ist, dessen Übersendung also nicht dringend ist. Ich halte die Sendung zurück, bis die Aldina hervorgekommen ist, denn, so unwesentlich zur controle die originalcollation des Marcfianus] von Niese sein mag, D u für den ersten anlauf mit der in die übersandte Aldina übertragenen collation zufrieden gestellt sein wirst. Die Berechnung für meine collation des Parisinus M. 1925 (in einem ex. des Thurot) bitte ich Dich selbst zu machen; ebenso wenig bin ich sicher, wie viele exemplare des Thurot auf mein conto kommen, ich glaube zwei: kannst du das nicht verificieren? In eile mit bestem gruss Dein H. Us.
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350.
Diels an Usener
Königliche Akademie der Wissenschaften.
Berlin, den 22. Oct. 1898.
Verehrtester Freund, Soviel ich aus den Rechnungen constatieren konnte, sind in der That 2 Exemplare von Dir besorgt worden. Die Berechnung der Collation ist schwierig, da ich nicht weiss, ob die Hds. leicht oder schwer zu lesen war. Brinkmann hat für Par. 1921 M. 120 erhalten. Vielleicht weisst Du noch wieviel Tage Du dazu (p. 161-367 Thurot) gebraucht hast, dann könnte man (à 20 Fr.) die Rechnung leicht aufstellen. Falls sich die Sache nicht mehr genauer ermitteln lässt, würde ich vorschlagen, M. 100 einzusetzen. Was den Modus betrifft, so würde ich vorschlagen den Check an Deinen Hans zu senden, der ihn auf der Deutschen Bank erheben könnte. Andernfalls lasse ich die Summe direct durch die D.B. an Dich auszahlen. Für mich ist es ganz gleich. Das Schema der Quittung habe ich auf S. 3 skizzirt. Der Preis des Thurotschen Bandes ist M. 14.40. Mit besten Grüssen Dein H. Diels Die restirenden Stücke eilen nicht. Beim Abstäuben wird sich wol alles finden. M in Worten: habe ich als Honorar für die Collation von Paris. 1925 Alex, de sensu p. 161,7-367,5 Thurot ( M.) sowie die Auslage von 2 Exempl. der Thurotschen Ausg. d. A. d. s. (à 14 M. 40 = 28 M. 80) aus d. Aristotelesfonds erhalten. Bonn
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Diels an Useners Berlin, den 22. Oct. 1898. W Magdeburgerstr. 20.™
Liebe Freunde, Soeben vom Briefkasten zurückgekehrt, wo ich ein officielles Schreiben geborgen hatte, treffe ich die Verlobungsanzeige, die den heutigen Tag zum höheren Festtag stempelt. Wir haben soeben bei Tisch auf das verehrliche Brautpaar angestoßen und meine Frau hat eine große Freude bezeugt, namentlich nachdem ich ihr die Tugenden des Bräutigams in das rechte Licht gestellt hatte. 547
Daß der Bräutigam ein Philogoge sein mußte, war mir immer klar gewesen und daß sich Dieterich in jeder erdenklichen Hinsicht dazu primo loco qualificierte ebenso. So wundre ich mich nur, daß die Würfel damals in Köln nicht gefallen sind, wo wir alle so bereit waren den Becher zu erheben und Vivant zu rufen. Aber freilich, es bildet sich nicht nur ein Talent, sondern auch ein Herzensbund in der Stille. Und so ist's ja wohl im Himmel beschlossen gewesen und auch auf Erden richtig. Indem ich Dich bitte Deiner lieben Frau, für die ich mich extra freue, und Mariechen selbst die herzlichsten Glückwünsche auszurichten, umart Dich glücklichsten aller Schwiegerpapas in spe und Papas in re Dein getreuer Hermann D .
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Usener an Diels
Bonn, 24 Oct. 98 Liebster D., anbei die gewünschte quittung. Ich bitte die bank, welche Euren fonds verwaltet, zu veranlassen den betrag an mich einzusenden. Da mein söhn eben erst gelder bezogen hat, wäre es eine blosse Verwicklung, wenn er den betrag erhöbe um ihn an mich zu senden, ganz abgesehn davon, dass er bei seiner festen amtlichen arbeitszeit den auftrag, persönlich zur bank zu gehn, nur mit Schwierigkeit ausführen könnte. Für Eure glückwünsche besten dank. Uns kam die sache auch als eine plötzliche Überraschung. Mariechen sollte am 15. d.m. (samst.) von Bernried nach München übersiedeln und dort zum ersten male ein eignes atelier beziehen, das meine frau noch hatte miethen geholfen. Da kommt freitag abend, während mir Lic. Lietzmann aus des heil. Augustinus generalbeichte die betrachtungen über den birnendiebstahl vorlas - ich war ganz allein im hause - , das telegramm, worin das plötzlich einig gewordene paar die Zustimmung der eitern erbat. Ich musste ins dunkle nebenzimmer abstürzen, um meiner bewegung einigermassen herr zu werden. Ja wir sind glücklich, da auch Marie es ist. Sie war gerade eine stunde im neuen atelier, und mit hilfe einer freundin bemüht auszupacken und einzurichten, als es an der thüre klopfte und die entscheidenden augenblicke kamen. So hat sie denn ihre siebensachen einfach wieder zusammen packen können; schon mittwoch abend traf sie bei uns ein, seit freitag ist Dieterich bei uns. Es war ein glücksreicher geburtstag, den wir gestern feiern konnten. Jetzt wünsche ich mir noch rechte lebenskraft und dauer, um des hinzugewonnenen sohnes in gemeinsamer arbeit mich freuen zu können. Mit herzlichsten grüssen von haus zu haus Dein alter HVsener 548
Eben [kommt] von MFränkel ein sehr lieber brief, für den ich Dich bitte ihm gelegentlich meinen und der meinigen warmen dank auszusprechen. Ich muss die brieffeder sparen.
353.
Usener an Diels Bonn 2 6 / X 98
Lieber Diels, Elter hatte, von der bürde seines nach abschluss und Veröffentlichung drängenden florilegienmaterials gedrückt, endlich den verständigen entschluss gefasst, für diesen winter urlaub zu nehmen und unter assistenz eines jüngeren gehilfen, der ihm die last der Maximus-collationen abnehmen sollte, in Italien und dem orient alle noch nicht verwertheten hss. auszubeuten. Ohne einen Zuschuss des ministeriums war das ja freilich unausführbar. N u n theilt er mir gestern mit, dass der minister zwar die geneigtheit ausgesprochen habe den urlaub zu bewilligen, aber jeden Zuschuss verweigere. So muss er nothgedrungen von dem plane zunächst absehn. Er gibt sich der hoffnung hin, dass, wenn inzwischen durch andere der hr. minister auf die bedeutung und nothwendigkeit des Unternehmens nachdrücklich hingewiesen werde, ein zweiter versuch für ein anderes halbjahr grösserer geneigtheit begegnen werde. Mir scheint das zweifelhaft, da gegenwärtig die Verweigerung von Zuschüssen zu wissenschaftl. Unternehmungen beurlaubter proff. grundsätzlich geübt zu werden scheint: das schliesse ich daraus, dass (entre nous) unser curator [Rottenburg] geradezu einen wischer dafür besehen hat, dass er das unterstützungsgesuch E.'s befürwortet hatte. Es drängt sich mir daher die frage auf, ob es möglich sein würde dass von Eurer Akademie für Elter ein reisezuschuss flüssig gemacht würde. D u übersiehst ja, ob überhaupt zu solchen zwecken [gelder] disponibel sind, bezw. zu welchem Zeitpunkt sie verfügbar würden, und ob mit einer gewissen aussieht auf erfolg von E. ein solcher antrag gestellt werden könnte. E[lter] selbst hatte daran nicht gedacht; er hatte auch die falsche Vorstellung, dass er durch eine akadem. Unterstützung in seiner publicationsfreiheit gebunden würde. So erlaube ich mir aus eigenem interesse an der sache und person an Dich jene fragen zu richten, die D u zunächst als ganz vertrauliche nehmen wirst. Heute habe ich zu lesen begonnen, vor recht dürftigem auditorium. Dieterich weilt noch bei uns, wird aber heute abreisen, da auch ihn die pflicht abruft. Wir haben ihn rasch als söhn schätzen gelernt, er ist eine prächtige natur. Von vWilam[owitz], an den ich mich verpflichtet hielt eine anzeige zu senden, habe ich eine karte erhalten mit dem significanten worte ,mit ergebenstem glückwunsch'. Aber sags nicht weiter. 549
Den druck des Dionys, habe ich nothgedrungen wieder aufgenommen, bd I (de ant. oratt. nebst adnexen und die beiden schrr. über Thuk.) wird im lauf des winters fertig sein und erscheinen. Mit bestem gruss von haus zu haus Dein H . Usener Mit der übersandten abrechnung wirst D u einverstanden sein?
354.
Diels an Usener Berlin, den 27 Oct. 1898. W Magdeburgers» 20. 111
Verehrtester Freund, Elters Sache ist ja gleichsam meine eigene und ich werde gern alles thun, was möglich ist. Aber zur Zeit ist völlige Ebbe eingetreten und der Weg zum nächsten Etat ist mit zurückgeschobenen und auf die nächste Flut vertrösteten Gesuchen gepflastert. Wenn nächstes Frühjahr einige Aussicht sein sollte, werde ich gern mithelfen. Aber unsere Leute, die den Aristotelescommentaren ans Leben wollten, für die Florilegien zu begeistern, wird besondre Mühe kosten, zumal οι περί Ιστορίαν και οίκονομίαν δυσχεραίνουσιν ώς διά τήν πολυφιλολογίαν πάντων των άλλων άμελουμένων. In der That hat de Boor, der mit 9monatlichem Urlaub soeben eine italienisch-spanische Reise angetreten hat, um den Georgios Monachos zu retten, 3000 M. bekommen, was für unsere jetzigen Finanzen sehr viel ist und so noch einige andere Philologen, während drei Historikergesuche seit einem Jahre hin und her geschoben werden. Es könnte sich Elters Sache also nur glatt abwickeln, wenn sie zufällig in eine Plethora fiele, die ich allerdings nicht absehe. Was D u Eltern auf sein Bedenken gesagt hast, ist vollkommen richtig. Aber auf der andern Seite ist unsere Klasse viel geneigter Unterstützungen in der Form auszusprechen, dass bei Ablieferung von 2 Exempl. so und soviel gezahlt wird. Es könnte sein, dass einer oder der andere unserer Akademiker, denen Elter bekannt ist, vor dem Cunctator warnte. Ich kenne einen sogar, der von jeher unserem Freunde wegen seiner Parerga Romana nicht grün ist. Man muss also sehr vorsichtig vorgehen. Dies alles darf ich nur Dir so intim mitteilen. Für Elter selbst wird es genügen den objectiven Thatbestand, wie er ist „völlige Erschöpfung der Kasse" als Hinderungsgrund anzugeben. Es wird sich aber empfehlen, etwa im Februar noch einmal zunächst privatim anzufragen. Ich werde dann vielleicht ungefähr sehen können, ob man den Versuch machen solle. Vor Mai könnte aber keinesfalls die Sache spruchreif werden, im günstigsten Falle. 550
Was das Ministerium betrifft, so ist mir von einer pricipiellen Anordnung betr. der beurlaubten Professoren nichts bekannt. Die Gesinnung, die aus dem Worte „Unterstützungsgesuch" spricht, kenne ich aus einer Scene, die ich ilio loco vor vielen Jahren hatte, als ich für einen hochangesehenen Collegen von auswärts, der ein wichtiges Ziel im Orient im Auge hatte, intercedirte. Davon nichts in Briefen. Dass D u den Druck des Dionys wieder aufnimmst, erfüllt mich mit Freude. So wird also der Laagerschatz nun doch noch in diesem Winter erscheinen. Aber in die Freude und Erwartung mischt sich doch ein banges Gefühl, dass D u Deinem Auge zuviel zutrauest. An Deinen Schwiegersohn, dessen Fixort ich nun endlich erfahre, habe ich heute einen Glückwunsch geschickt, damit die entsetzliche Kühle, die von den Berliner Bergen W E herweht, durch ein wärmeres Thallüfterl W ausgeglichen werde. Mit den herzlichsten Grüssen auch in das weisszeugnähende Frauenzimmer Dein H . Diels
355.
Usener an Diels
[Postkarte nach Interlaken]
Glessen 3/VIII 99
Liebster D., es wäre zu schön, wenn wir uns in der Schweiz, zb. am Vierwaldstädter See wieder sehn könnten. Ich hoffe darauf, bin aber zur zeit noch nicht im stände irgend einen Vorschlag zu machen. Wir brechen heute auf, zunächst nach Tübingen, wollten dann ein paar tage am Bodensee zubringen, und würden nach unserem ursprünglichen plane von da zunächst nach Winterthur, dann nach Engelberg gegangen sein. Aber die pläne sind ins wanken gekommen, und erst in Tübingen werden wir zu definitivem Beschluss kommen. Ich möchte Dich bitten, sobald Ihr Euren aufenthaltsort am Vierw. See bestimmt habt, mir nach Konstanz postlagernd nachricht zu senden. Mit besten grüssen, an denen sich wie meine frau so ADieterich und frau betheiligen, Dein alter H . Usener
551
356.
Usener an Diels
[Postkarte nach Wiesbaden]
Winterthur, Mittw. 23/VIII [1899]
L.D., In dem wünsch Dir correctes mittheilen und zuverlässiges proponieren zu können habe ich die gute zeit verstreichen lassen, und Du überraschtest mich durch die thatsache der abreise, ehe ich zum schreiben gekommen war. Die grosse hitze war zu blossen diversionen wenig günstig; jetzt haben wir ein rechtes herbstwetter, wonnig schöne tage mit sehr kühlen abenden und morgen. Wir werden morgen aufbrechen, um noch einige wochen in Engelberg zu verbringen; hoffentlich verläuft sich der heuschreckenschwarm, der bis jetzt das thai überfluthete, allmählich. Wie schmerzlich es mir ist Dich nicht einmal wieder gesehn und gründlich gesprochen zu haben, brauche ich nicht zu sagen, des gewesenen und des kommenden, was zur besprechung herausfordert ist sehr viel. Inzwischen kann ich nicht unterlassen Dir zu dem grünen lorbeerreis, das Du durch Deine Leibnizrede in Deinen kränz neu hineingeflochten, meinen aufrichtigen glückwunsch auszusprechen. Der volle genuss steht mir noch bevor; die Göttinger waren voll davon, und ich konnte beim abschiedsbesuch von Leo wenigstens aus der einleitung einen geschmack Deiner gravitas und μεγαλοπρέπεια mitnehmen. Auf das LMTum [d.h. Elementum] bin ich sehr gespannt, den Poetae philosophi wünsche ich gedeihlichen fortgang. Ich hoffe den winter dem Weihnachtsbuch widmën zu können. Wäre die pflicht nicht, so triebe es mich endlich einmal das problem der dreieinigkeit zu behandeln. Sonst sind wir, ich u. meine frau, leidlich munter und senden beide Dir und den Deinen herzlichste grüsse. Dein H Vs.
357.*
Diels an Usener Berlin, den 27. XII. 99 W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrter Freund, Leider komme ich erst heute dazu, was mit wendender Post hätte geschehen sollen, Dir und Deiner lieben Frau herzlichen Dank zu sagen für die freundliche Aufnahme, die Ihr dem winterlichen Stoßengel in Eurem warmen Neste bereitet habt. Der Grund meiner Verspätung ist eine abscheuliche Grippe, die sich bald nach meiner sonst ganz ungefährdeten Heimreise entwickelte und Kopf, Hals und Magen gleicher Weise ergriff. Erst heute kann ich die Feder wieder halten, wenn ich auch wol noch die Woche Hausarrest haben werde. 552
Mein Jüngster hat das wahre Wort gesprochen: „Wenn Papa nur das Reisen lassen wollte. Er kommt immer krank nach Hause." Ja, ich bin kein Virtuose des Reisens und bedaure nun, daß die schöne und sehnlichst gewünschte freie Zeit der Weihnachtsferien mit solchen Widerwärtigkeiten hingeht. U m so freundlicher strahlt die Erinnerung an den so recht „heimlichen" Abend am Freitag [22.12.], die mich auf der ganzen Rückkehr innerlich erwärmt hat. Unter vielem Anderen, was ich Dir zu erzählen vergessen habe, ist auch die Nachricht (die Du aber vielleicht schon weißt), daß Imhoofs Sammlung für ungefähr Vi Mill, angekauft ist d.h. Miquel hat auf eine zweite, sehr ausführliche Bitte unserer Akademie hin zugesagt, die Rate in den Etat zu stellen und da ein Mitglied des Centrums sich dabei wesentliche Verdienste erworben hat, so hält man die Sache für sicher. Wir sprachen u. A. auch über Joh. Schmidts Abh. über die griechischen Praesentia auf -ίσκιο. Sie steht in dem Γενεθλιακόν der (alten Buttmann'schen) Graeca, das Dir wol zugegangen sein wird, S. 83. Was dort fehlt und anderswo publicirt werden wird, hat (nach dem Auszug der S.B. 1899, 51 S. 921) den Inhalt, daß die Wörter wie μιμνήσκω die hochtonige Gestalt des Verbalstammes (skr. manäy-a-ti) an Stelle der tieftonigen (lat. mim-scor) ins Präsens übertragen. Ich hoffe, verehrter Freund, daß ich Dir Deine Erkältung mitgenommen und D u ungestörte, wahrhaft halkyonische Tage im erweiterten Familienkreise verlebt hast und verlebst. Grüße Alle recht herzlich von mir und meiner Frau und tretet vergnügt in das nächste Jahr und, si Dis placet, Jahrhundert hinüber. In dankbarer Treue Dein HDiels Birts zierlich alexandrinischer Reimspruch hat mich auf der Heimfahrt ergötzt. Er ist nicht nur höchst ergötzlich u. technisch virtuos, sondern auch, wie es für Alexandriner sich geziemt, auch belehrend. Es ist mir unter Birts Opuscula eins der liebsten. Besten Dank!
553
358.*
Diels an Usener
Berlin, 4. März 1900 Verehrtester Hr. Freund, Du erhältst umstehend die Einladung unserer philologischer Collegen, die um die lieben Collegen nicht in Stücke zu reißen, sich entschlossen haben am dritten Orte eine gemütliche Eröffnungsfeier zu veranstalten. Das officielle Programm mit „astronomischer" Genauigkeit alle Details bis auf die Toilette enthaltend wird Dir dieser Tage zugehen. Da erst vorgestern S. M., die alle Einzelheiten selbst bestimmt haben, fertig geworden sind, war eine zeitigere Mitteilung leider nicht möglich. Zu dem Begrüßungsabend am 18., der Oper am 19. und der Festsitzung am 20. werden die auswärtigen Damen eingeladen. Dagegen hat der Act am 19. im Weißen Saale das ewig Weibliche und Vi unseres sonst einzuladenden Männlichen ausgeschlossen. Die Correspondenten sind natürlich überall beteiligt und wir freuen uns, daß soviele liebe und interessante Leute unserer Einladung folgen wollen. Mit herzlichen Grüßen auch an Deine liebe Frau und Walter in alter Treue Dein H. Diels
[Akademiesiegel]
Berlin, den 3. März 1900.
Sehr geehrter Herr, Die unterzeichneten Mitglieder der Königl. Preussischen Akademie der Wissenschaften, die dem Fache der Alterthumsstudien im weitesten Sinne angehören, wünschen die auswärtigen Fachgenossen, die zum Jubiläum der Akademie (19./20. März) erwartet werden, vor dem Beginne der officiellen Feierlichkeiten mit einander bekannt zu machen. Sie erlauben sich daher zu einem einfachen Mittagessen auf Sonntag den 18. März 3 Uhr in das Restaurant „Heidelberger" ( N W Friedrichstr. 143-149), Zunftsaal, ergebenst einzuladen. Conze. Diels. Harnack. Kekule von Stradonitz. (Kirchhoff.) Mommsen. Johannes Schmidt. (Vahlen.) v. Wilamowitz-Möllendorff. ( ) werden leider durch ihren Gesundheitszustand verhindert nicht teilnehmen können. Gefl. Reiseanzug.
Gefl. Antwort an Prof. Diels Magdeburgerstr. 20, Berlin W 554
359.
Usener an Diels
[Postkarte]
Bonn 28/IV 1900
Lieber D . , Freudig überrascht und dem ehrenwerthen spender dankbar habe ich gestern das von D i r überwiesene trinkgeld für die Bittgänge in empfang genommen und unserem W damit ein nicht minder freudig aufgenommenes geschenk gemacht. Vielen dank für Deine mühewaltung damals und jetzt. D a s semester haben wir am 26. begonnen, vorläufig lässt es sich dürftig an. H o f fentlich hast D u , so viel möglich war, ausgespannt u m die überanstrengten nerven ein wenig auszuspannen. Wir sind erst 8 tage vor semesterbeginn zurückgekehrt, nachdem wir sehr schöne tage in H a m b u r g , Hildesheim (eine perle), Goslar, Halberstadt (hier stark 1 Vi wochen), zuletzt noch in Biebrich u. Wiesbaden verlebt hatten. D i e Berliner festtage waren doch grossartig; hoffentlich lässt Euer officieller bericht nicht zu lange auf sich warten. Mit bestem gruss von haus zu haus Dein H . Usener
360.
Usener an Diels
[Postkarte]
[Bonn] donnerst. 12/VII [1900]
Lieber frd., ich k o m m e mit einer eiligen bitte heute. Eine bei Euch in diesem jähre erschienene dissertation von Joh. Ziegler, de Cicerone historico quaestiones, die mir N i s s e n nachweist, könnte für eine frage, über die ich eben einiges niederschreiben will, etwas ausgeben. Würdest D u die güte haben sie mir leihweise zu überlassen oder falls D u noch ein verfügbares exemplar hast, zu vermachen? O d e r weisst D u davon, dass (abgesehn von gelegentlicher berührung der sache wie bei N i e b u h r R o m . Gesch. u. Soltau Philol. 56,119) neuerdings einmal planmässig das verhältniss von Cie. de re pubi, zu Polybios' b. VI erörtert worden wäre? D a s s π ρ ο δ έ χ ο υ gnade vor Deinen äugen gefunden, freut mich. Aber der andere heillose vers mit ητευχών wird auch durch Dein τετυχών nicht in Ordnung gebracht. Ich hoffe dass gelegentlich die copiae Cumontianae unverhofftes licht bringen, oder der Vaticanus, der auszuspüren sein wird. Mit bestem gruss von haus zu haus Dein H . Usener Heute kam Kern's Magnesia an, eine grosse freude! 555
3 6 1 . D i e l s an Usener [Postkarte]
Berlin 13. Juli 1900.
Verehrter Freund, Ich habe nur das eine beifolgende Exemplar der Hirschfeldschen Dissertation, die mit Ausnahme eines Capitels belanglos ist. Uber Cie. Rep. u. Polybios VI hat meines Wissens nach Schmekel Mittelstoa Niemand ausführlicher berichtet. Mit besten Grüßen Dein HD.
362.
Diels an Usener
Berlin 22. Aug. 1900 Verehrtester Freund, Die epigraphisch-numismatische Commission ist in der üblen Lage für das nordgr. Münzwerk, das die schofele Gesinnung und Niedertracht Picks seit zwei Jahren ins Stocken gebracht hat (als Strafe dafür, daß man ihn nicht zum Director des Berliner Münzcabinets gemacht hat) einen Fortsetzer zunächst für den II Band (Thrake) zu suchen. Unter den Gelehrten, an die man dabei zunächst gedacht hat, befindet sich der Bonner Strack. Ehe man sich an ihn wendet, möchten wir gerne Näheres wissen nicht über seine wissenschaftliche Qualification und Richtung, sondern über seine Persönlichkeit, Character, finanzielle Lage pp., da wir hierüber gar nichts wissen. Vielleicht ist es Dir möglich uns hierüber einige Andeutungen zugehen zu lassen. Ich bin, wie Du siehst, in dem schmorenden Berlin geblieben, um die doxographische Erweiterung der Poetae philosophi, die sich als wünschenswert herausgestellt hat, in der ungestörten Ferienmuße endlich einmal abzuschließen. Eine durch Zeitmangel etwas anstrengende Pariser Reise am Anfang des Monats, welche den Zweck hatte die erste Generalversammlung der „Association" vorzubereiten u. Statuten pp zu beraten, ist glücklich abgelaufen; ich habe auch in der Nationalbibliothek einige Tage dringende Aufgaben der Comm. Arist. erledigt, auch am Sonntag einen Blick in die Weltmesse geworfen, nun sitze ich seit 14 Tagen wieder hier und hoffe Anfang September so weit zu sein, daß ich ein wenig Erholung mir gönnen kann, ehe die Wintersaison beginnt. Vor allem hat meine Frau die Ausspannung nötig, da sie durch die Abreise unseres Ludwig, der heute wol in Capstadt ankommt (für 2 Monate, dann geht er nach Australien pp auf 2 Jahre), in ihren irritablen Nerven noch mehr als sonst 556
heruntergekommen ist. Wo wir uns hinwenden, wissen wir noch nicht. Es hängt auch vom Wetter ab und die Zeit von der Verabredung mit meinen akad. Collegen im Secretariat. Ich nehme an, daß Ihr unterdessen einen hübschen kühlen Fleck gefunden habt und daß dieser Brief Euch dort trifft. Mit den besten Wünschen für Erholung Dein H. Diels.
363.
Usener an Diels
Pr. 27/VIII 1900. Hrn. Prof. Mommsen s. v. r. eodem. Dfiels] Giessen (Südanlage 1711) 26. Aug. 1900 Liebster D., Dein brief hat mich hier bei meinem schwiegersohn erreicht, wo ich, nachdem ich zu Bonn die dringendsten angelegenheiten erledigt habe, mich ein wenig aufzumuntern suche. Ich eile Deine dringende anfrage zu beantworten. Die entwicklung des edlen Pick hat mich, so sehr ich sie um Eures grossen werks und dann um Imhoof-Blumers willen, der Pick gegenüber völlig blind war, bedauern muss, durchaus nicht überrascht. Er hat in Dresden, wo ich ihn kennen lernte, sowohl durch seinen vortrag über das Corpus num., worin er sich als den bahnbrecher verherrlichte mit planmässiger verschweigung Imhoofs und doch sehr geringe sachliche und methodische einsieht verrieth, wie durch seine ganze persönlichkeit auf mich einen denkbar ungünstigen eindruck gemacht. Es ist schliesslich kein verlust für das C. N., wenn er geht. Der erschienene band ist in den vorerörterungen zu den einzelnen Städten übermässig breit und lässt den maassstab für wesentliches und unwesentliches vermissen. D r Strack würde ich für einen sehr geeigneten mitarbeiter halten. Er ist ein wohlhabender Hamburger, von mütterlicher seite neffe des buchhändlers Hertz in Berlin. Nachdem er seine ersten semester als corpsstudent in Tübingen flott verbummelt hatte, kam er nach Bonn um philologie und namentlich unter Nissen alte geschichte ernstlicher anzufassen. Nach abschluss der Studien machte er aus eignen mittein reisen, deren hauptziel Aegypten war. Er habilitierte sich danach auf grund des bekannten buchs über die Ptol. dynastie, und hat als docent an unserer Universität alte geschichte, epigraphik und antike münz557
künde vertreten. Eine grosse aufgabe, wie die von Euch ihm gestellte, würde gerade zur rechten zeit kommen um seine kräfte zu voller entfaltung zu bringen. Doch würde ich ihm dazu einige monate Imhoof'scher Schulung wünschen, was jetzt, wo Imh.'s münzen von Winterthur nach Berlin übergesiedelt sind, wohl nicht mehr angeht. Denn aus eigner erfahrung weiss ich, welch grosser unterschied zwischen numismatischer arbeit, wie sie hier geleistet werden soll, und numismatischen Studien zu diesem oder jenem zwecke besteht. Str[ack] ist ein frischer, heiterer und umgänglicher mensch, und von regem eifer; für sein engeres forschungsgebiet, die Ptolemäerzeit, weiss er alle verfügbaren hilfsmittel sich nutzbar zu machen. Er ist überdies schwiegersohn eines vielfachen millionärs, unseres Orientalisten Prym, und wird darum wohl sein haus in Bonn ohne bedenken drangeben, wenn ihn eine grosse aufgabe ruft. Seinen neueren arbeiten bin ich nicht gefolgt, und muss mir darum ein urtheil über seine wissenschaftliche begabung versagen. Ich weiss nur dass Nissen sehr günstig über ihn urtheilt; wollt Ihr dessen votum einholen, so bemerke ich, dass N . eben einen badeaufenthalt auf der Ostfriesischen insel Spiker-Oog macht. Aber nach seiner ganzen art glaube ich überzeugt sein zu können, dass Strack, der ohnehin numismatischen Studien näher getreten ist, sich gut einarbeiten und die ihm gestellte aufgabe bestens lösen wird. [Fortsetzung auf neuem Blatt] Es hat mich sehr gefreut zu hören, dass Euer ältester seine grosse reise glücklich angetreten hat; möge sie ohne ernste gefahr verlaufen und er dereinst gesund und reich beladen in Eure arme zurückkehren. Deine doxographische arbeit wird eine rechte geduldsprobe sein. Aber die oft so willkürlich zurechtgestutzten angaben 4 r und 5 r hand, wie sie zb. bei den commentatoren und späten autoren umlaufen und den Sturz'sehen Empedokles anschwellen, wirst Du wohl auf das bescheidene maass, das ihnen zukommt, reducieren. Ich freue mich aber aus Deiner angabe zu ersehn, dass das werk der Poetae philosophi dann flott sein wird. Ich werde nach etwa einer woche über Biebrich-W[ies]b[aden] heimkehren und gedenke dann zu haus zu bleiben, um meiner frau noch eine ausspannung verschaffen zu können. Mein schwiegersohn und Mariechen lassen sich Dir bestens empfehlen, und ich wünsche Dir rasche befreiung von arbeit und Dir wie Deiner 1. frau eine recht gründliche erholung. Mit bestem gruss Dein H . Usener Schaarschmidt hat seine entlassung als bibl.dir. nun wirklich nachgesucht. Was wird werden, da Gerhard nun in Halle festgelegt ist? Gott bewahre uns vor Ständer! Dann müsste ich meinen abschied nehmen. 558
364.
Diels an Usener [Berlin] 27 V I I I . 1900.
[Postkarte]
Verehrtester Frd, Besten Dank für die umgehende Erledigung, die so umfassend und so erfreulich wie möglich ausgefallen ist. Da Imhoof nun zu sammeln begonnen, könnte immerhin eine Einführung dort geschehen. Eine Freude war mirs, mein hier zuerst alleinstehendes, nur auf 2 Briefen beruhendes Urteil über P[ick], das jetzt auch Mommsen teilt, dem ewig Blinden, trefflichen Winterthurer Freund gegenüber von Dir bestätigt zu sehen. Die Doxographie ist gestern Abend fertig geworden. Die Mühe lag gerade darin, die Commentatoren durchzulesen aber möglichst wenig, nur das Neue darin, aufzunehmen. Jetzt will ich versuchen, in den nächsten 8 Tagen noch das Phrynichus Fr. (Tetram., jonisch!) bei Grenfell II und die verkannte Quellenang. der Olympiatafel eben da in Ordnung zu machen. Die Sache habe ich 1 Jahr liegen, aber mir fehlten die Photographien, ohne die ich Pap. nicht gern behandele. Gestern sind sie angekommen, haben meine Conjecturen bestätigt (Grenfell hat hier schlecht gelesen, Blass dito). Die Sache ist principiell in beiden Fällen sehr wichtig. Dann soll's in die Ferien gehn. Grüsse D[ieterich] u. Frau herzlichst von Deinem H D .
365.
Usener an Diels
[Postkarte]
Bonn 11/X 1900
L . D . , ich darf mir Dich wohl als heimgekehrt und einigermassen von schwerer vorangegangener anstrengung erholt vorstellen. In der Ungewissheit, ob ich Dich erreichen würde, habe ich bisher gezögert Dir für Deine schöne bearbeitung der Ps. Ar. abhandlung über Xenoph[anes] etc. gebührenden dank zu sagen. Nur eines vermisste ich darin, die berücksichtigung der für ihre zeit recht erheblichen recension, die LSpengel von Mullachs ausgabe in den Münchener Gel. Anz. 1846 Nr. 2 4 - 2 6 gegeben hatte. Je unversöhnlicher ein andrer Berliner herr mit Sp. hadert, um so mehr empfinde ich wenigstens die pflicht diesem ausgezeichneten manne, der natürlich ein mensch war wie andre, die schuldige ehre zu erweisen. Neues würdest D u wohl nur wenig daraus gewonnen haben, aber doch die künde, dass er manches schon vor anderen richtig gesehn. - Ich möchte gerne den nächsten band des Rh. Mus. auf möglichste höhe litterarischen anstands und Verdienstes heben; willst D u mir nicht dazu 559
mithelfen und in erinnerung alter guter Beziehungen zu unserer zeitschr. uns etwas nettes und wäre es auch nur eine gemmula nitida et expolita stiften? Dafür würden Dir alle dankbar sein aber ganz besonders Dein alter HUs.
366.
Diels an Usener Berlin, den 15. Oct. 1900 W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrter Freund, Meine Absicht im September u. October mich etwas zu erholen ist sehr getrübt worden dadurch, daß meine an allerlei schweren Gebresten ihrer Jahre leidende Frau die Reise nicht vertrug, so daß wir nach 14 Tagen, nachdem wir es an verschiedenen Stellen probirt, zurückkehren mußten, um den Hausarzt zu consultiren. Es geht seitdem nicht viel besser, aber sie ist doch wenigstens zu Hause; und ich blieb ebenfalls hier, weil ich als eigentlicher Seelenarzt für ihr stark nervös sich ausprägendes Leiden unabkömmlich bin. So habe ich die schöne Muße vom 15 Sept. bis zum 12. d., wo ich für einige Tage Thesauri causa in München war und mit Bücheler namentlich intime und genußreiche Stunden hatte, in meum usum verwendet und dabei erprobt, daß wenn die Zeit vorhanden ist, auch die alte Arbeitskraft, an der ich in der entsetzlich zerfetzten übrigen Amtszeit oft zweifeln mußte, sich wieder einstellt. Ich habe die poetae philosophi ins Reine gestellt, (der Druck beginnt, sobald ich die nächste schlimme Complication aller möglichen Verpflichtungen bei Semesteranfang überwunden habe), habe einige Allotria nicht philologischer Art erledigt und außerdem eine neue Ausgabe des Heraklit in usum philosophorum griechisch u. deutsch nebst Beigabe des allerwichtigsten biographischen und doxogr. Materials und einigen das Neue rechtfertigenden Erläuterungen fertig gestellt. Ich habe nur wenig Emendationen gemacht und doch wird der Text durch die von Grund aus neugemachte Recensio (die aber in diese „Volksausgabe" nicht hineinkommt) an vielen Stellen ein verändertes Ansehn zeigen. Daraus könnte ich mit Leichtigkeit Dir für den Säcularband des Rh. M. etwas beisteuern, aber das Wichtigste (2 St. aus [Ar.] de mundo) bedürfen noch einiger Collationen, die ich vor Weihnachten wahrscheinlich nicht erhalte. Daher biete ich Phrynichos bei Grenfell Ox. P. II p. 59 an, falls das Rh. Mus. eine kleine Tafel (Phototypie des Fragm.) gestattet. Ich hoffe dann im November Zeit zu finden ein interessantes Problem zu stellen, wenn auch kein gemmula nitida et expolita. Zum letzteren fehlt mir leider die Zeit wie s.Z. zur Durcharbeitung der Litte560
ratur zu de M X G . Bei unsern Bibliotheksverhältnissen die Münchn. G . Anz. 1846 zu erhalten (auf 8 Tage!), was wenn es gelingt 3 Gänge zur Bibliothek kostet, habe ich in jener drängenden Zeit und bei meiner Absicht, nur die Recensio z u m Abschluß zu bringen, mir versagen müssen. Bücheler hatte G u tes von Dir berichtet. Ich hoffe solchen Fortgang für das beg. Semester und bleibe mit besten Grüßen für das ganze H a u s Dein HDiels
367.
Usener an Diels
Bonn 6 / X I 1 9 0 0 Mein lieber freund, Entschuldige wenn ich über einem schwall von pflichten Deinen lieben eingehenden brief vom 15/X fast übersehn hätte. Es war mir sehr schmerzlich daraus zu ersehn, wie wenig D u mit der gesundheit Deiner lieben frau zufrieden sein konntest. H a t bei diesem gemüthsdruck nicht die trennung von dem ältesten söhn und die sorge vor den gefahren, die ihn in der ferne bedrohen, einen starken antheil? Was D u trotz dieser inneren hemmnisse während der ferien wieder zu wege gebracht hast, ist ja erstaunlich - wenigstens für mich, der jetzt nicht einmal so viel kann als er will und sollte. E s ist schmerzlich auf die wenigen hellen stunden beschränkt zu sein, die der winter gestattet, und wie viel wird von diesen durch amtspflicht, ernährung usw weggenommen. D u bietest uns mancherlei fürs Rh. Mus. an: alles nehme ich froh und dankend an. Ein anekdoton wie Phryn. ist mit rücksicht auf das publikum besonders erwünscht, und, falls nicht dringendere Verpflichtungen Dich nöthigen es für die Akad. zu reservieren, acceptiere ich in unser beider namen mit dem besten dank. Die phototypische tafel wird keine Schwierigkeit machen. Wenn D u eine anständig fordernde dh. billig gesinnte firma in Berlin zur Verfügung hast, wäre es das beste, dass D u selbst sie besorgtest - doch halt, ich müsste doch vorher den ungefähren preis wissen, um (der form halber ist das nöthig) den verleger vorher um seine genehmigung bitten zu können. D e r druck des ersten heftes, bei dem Georgi unerlaubt bisher gebummelt hat, muss mit dampf gehn. Nach den Heraclitea lecke ich übrigens auch die finger. Ich stecke noch immer in allotria, muss eine anzahl alter Verpflichtungen für verschiedene Zeitschriften endlich mir vom halse schaffen. Meine frau ist eben etwas zu ihrer erfrischung in Berlin, aber es ist, wie es gegenwärtig bei Dir liegt, doch wohl besser, dass sie Euch nicht aufsucht und 561
nicht bei Deiner frau das gefühl einer Verpflichtung erweckt. Sie ist bei frau gehr. Kiessling, unserer alten freundin: wenn D u einmal zeit hast vorzusprechen, wird sie natürlich sehr sich freuen Dich zu sehn. Mit herzlichsten grüssen und besten wünschen zur baldigen Wiederherstellung Deiner lieben frau Dein alter H . Usener So gründlich Dein brief war, etwas hast D u vergessen zu berühren: wie es Eurem jungen Reisenden im Süden geht und wo er augenblicklich botanisiert.
368.
Diels an Usener Berlin den 14. Nov. 1900
Verehrtester Freund, Sofort als Dein lieber Brief ankam habe ich mich an den Phrynichos gesetzt, der mich etwas länger aufhielt als ich dachte, weil ich mir in den Kopf gesetzt hatte auch die verzweifelten ersten Zeilen herauszukriegen. Nun ich das Ganze abgeschlossen habe, tritt der Zweifel, ob das Zeug überhaupt sich sehen lassen kann und gar als Zierde des wahren Jubliäums= und Säcularjahrganges mit dienen soll, sehr lebendig vor die Seele. In Deine Hände befehl ich mein Geistesproduct und bitte Dich, ehe D u es weiter gibst, mir ehrlichen Rat geben zu wollen. Wilamowitz, dem ich das Ergebnis allerdings nur kurz mündlich vortrug, ließ sich nicht überzeugen, stand aber auch nicht Kopf. E r ist doppelt präoccupirt durch seine Erklärung der solonischen Jonismen und durch seine Verzichtleistung auf die Herstellung der Stelle, die er in der Anzeige Grenfells ausgesprochen. Robert dagegen, dem ich die Sache ausführlich erzählte, war überzeugt, schrieb mir von Halle aus sofort, er habe die Stelle nachgeprüft. Meine Herstellung sei bombensicher(!). Ich solle sie ihm nur für den Hermes schicken. D a ich Dir sie schon versprochen hatte, so konnte ich das nicht thun. Aber ich brenne überhaupt nicht damit und werde ruhig, wenn Dir die Sache nicht koscher scheint, neun Jahre warten. Deine liebe Frau habe ich zweimal bei Frau Kießling und Schmidts gesehen und mich ihrer alten Frische erfreut. Meiner Frau geht es etwas besser, aber sehr auf und a b . Die Zeit, wo Syrian im Commentatorencorpus gedruckt werden muß, naht heran. Ich habe daher den Paris. C von Kalbfleisch sorgfältigst nachcollationiren lassen und es ist eine wahre Freude und ein wirklicher Triumph der Wissenschaft, wie D u an unzähligen Stellen durch die Hds. bestätigt wirst. Ich will nun noch einige Hdss. der Vollständigkeit halber probevergleichen lassen. Aber 562
dann muß die Schrift iteratis curis heraus. Unter normalen Umständen verstünde es sich ja von selbst, wer der Editor sein muß. Aber ich darf Dir unter keinen Umständen diese Arbeit zumuten. Ich wünsche nur Deine Weisung zu erhalten, wer der Editor sein soll. Kalbfleisch, der einiges Hübsche de suo beigesteuert, ist unmöglich, da er seinen Simplicius in categorías immer noch nicht abgeschlossen hat. Überhaupt kann ich keinen cunctator und keinen mit anderen Dingen Belasteten brauchen, da ich mit MS. aufgebrannt bin. Also bitte, quid faciamus nos? Vielleicht Hayduck, der ja hier, wo er alles wesentliche vorgearbeitet findet, nichts mehr verderben kann? Was die Tafel zu dem Aufsatz betrifft, so bin ich von meiner ersten Meinung zurückgekommen. Denn Meisenbach verlangt für einen Lichtdruck M. 110(!) und das Fragment würde sich auch, wenn man die ganze Columne gäbe, auf dem großen Papier putzig ausnehmen. Auch läßt sich die Schrift nicht vergrößern. Im Gegenteil will sie der Autotypist etwas verkleinern. Ich rate daher dazu, einfach einen guten Zinkdruck für ein paar Groschen machen zu lassen, wenn auch die Feinheiten vermutlich flöten gehen. Sollte das Dir oder dem Verleger nicht gefallen, so kann das Facsimile ohne Schaden wegbleiben. Mit besten Grüßen von Haus zu Haus Dein Hermann Diels.
369.
Usener an Diels
[Postkarte]
Bonn 16/XI 1900
Mein lieber freund, für Deinen heute empfangenen aufsatz und den eingehenden brief eile ich Dir meinen herzlichen dank auszusprechen; auch Bücheler hat sich sehr darüber gefreut, als ich ihm vor seiner Vorlesung heute die nachricht gab. Dass Dich die Ionismen etwas bänglich machen, fühle ich Dir nach. Aber Du hast die sache so schön zu begründen verstanden, dass man auch zweifelnd Dir wünscht und hofft, dass weitere funde die entwicklungslinie, die Du gezeichnet, durch fest punkte markieren und sichern werden. Betreffs der photographie will ich mit dem zincographus reden (eine neue hiesige firma wird sehr gerühmt); nur zweifle ich ob gerade die finessen (bes. bei (JÜTHTI) genügend herauskommen werden: in diesem negativen fall wirds dann am besten sein von einer reproduction überhaupt abzusehn. - De Syriano quod refers ex conlatione Carnis Vitulinae [=Kalbfleisch] ualde gauisus sum. quid faciendum sit deliberabo. Ceterum censeo Bagolini uersionem iam in futura edi563
tione neglegi posse, ego olim Brandisio debere me existimabam ut adponerem, nec sane in incerta saepe codicum memoria inutilis erat. Sed die mihi, codicis Hamburgensis num exemplar inuentum sit, quod procul dubio Romae hodieque latet: quo inuento etiam hac chartae uiles abici poterunt. Vxorem Tuam ualde opto ut breui restitutam mihi nuntiam possis; mea iam Berolino relicto reuerti coepit, nunc Halberstadi moratur apud adfines amantissimos. Ad mus. Rh. LVI symbolas consulere praeter Te meque Dieterich Sudhaus Wendland Brinkmannus (atque hic quidem, ut solet si modo ex scriniis emittit, plane egregiam bonaeque frugis plenissimam de Gregorii ad Originem oratione). Vale meque ama Tuissimum H V Q u i d tandem fama mihi attulit, penes nos (ie Wilam[owitz]) chartas esse de ultimis horis uitae Platonicae? Tu ουδέ γρϋ: an απόρρητον?
370.
Usener an Diels
[Postkarte]
Bonn 6 / X I I 1900
Lieber freund, in dem punkte, worüber D u eine benachrichtigung von mir erwartest, hat Dein sonst so ausgezeichnetes gedächtnis Dich getäuscht. D u erinnerst Dich richtig, dass ich gelegentlich einer emendation zu einer Cicerón, briefstelle eine parallele aus Berner hss. beigebracht (Rhein. Mus. 1867 bd. 22, 460 anm.) habe; aber es handelt sich da nicht um die fehlergattung, welche Dich beschäftigt, sondern um die verschreibung von I I A Ö O C . Die correctur werde ich noch heute zur druckerei besorgen und mich der revision annehmen. Für die gewünschten abzüge (also 20 + 100) wird die officin Dir sorgen. Mit herzlichem gruss von haus zu haus Dein H Vs. Die kleine originalphotographie willst D u doch zurück haben. Dass D u den probedruck mir sandtest, war mir sehr willkommen und hatte ich selbst Dich darum bitten wollen, die phot, dagegen brauchte ich nicht mehr.
564
371.
Usener an Diels Bonn, 8/XII1900
Lieber freund, Deine heutige postkarte bedarf zwar keiner antwort, da sie auf eine vorhergegangene correspondenz κολοφώνα έ π ι τ ί θ η σ ι ν , aber ich habe seit gestern abend, wo ich endlich Radermacher ordentlich sprechen konnte, Stoff zu einer antwort, die ich nicht hintanhalten will. D u wünschtest einen geeigneten neubearbeiter des Syrianus genannt zu haben, der mit der nöthigen tüchtigkeit auch Dir aussieht auf rasche erledigung der aufgabe böte. Mir scheint in erster linie Kroll in Greifswald in betracht zu kommen, der sich sehr gut auf die Neuplatoniker versteht und für Deine aufgabe jedenfalls am besten vorbereitet ist, auch, wie ich von Raderm. hörte, mit seiner ausgabe des Proklos in Plat, rem pubi, so gut wie fertig ist (der druck steht in den indices). Er ist ein fixer arbeiter, und ich denke, wenn ihm auch nach abschluss des Proklos der zweite theil des Firmicus auf den nägeln brennen mag, wird er doch leicht sich bereit finden lassen den durch meine ausgabe und Deine collationen leidlich vorbereiteten Syrian, wenn D u das zur bedingung machst, sofort in angriff zu nehmen. N u r für den fall, dass er versagen sollte, möchte ich Dir empfehlen Dich an Radermacher zu wenden. Ich habe ihn gesprochen, und er erklärte sich bereit, wenn Kroll ablehnen sollte, die arbeit zu übernehmen. E r würde zweifellos seine sache gut machen; wenn er auch nicht gerade bisher sich in Neuplatonismus vertieft hat, so ist er doch kein neuling auf dem gebiet, er hat Kroll's Proklos von anfang an in den correcturbogen begleitet und manches verdienst darum. Dass er in jetzt nicht häufigem grade Griechisch versteht und nicht saumselig ist, weisst D u . Eben ist von ihm eine commentierte bearbeitung des Demetrios π. ερμηνείας im druck. Ich betrachte Rad.'s eintreten nur darum als einen nothbehelf, weil ihm zunächst andere aufgaben näher liegen, die ich lieber durch einen solchen auftrag nicht gestört sehe. So hoffe ich denn die baldige fertigstellung des Syrian einigermassen gesichert zu haben durch diese Vorschläge. Wer es dann wirklich unternimmt, kann von mir eine lexikalische Sammlung über den Sprachgebrauch des Syrian zur Verfügung gestellt erhalten, die ihm zwar eigene weitere beobachtung nicht ersparen aber doch schon ein gutes fundament geben wird. Mit herzlichen grüssen von haus zu haus Dein alter H . Usener Grosse freude habe ich an Croenerts Philonides gehabt, zu dem D u einiges hübsche beigesteuert hast. Ich habe gleich einen kurzen bericht fürs Rh. M. gemacht. 565
372.
Usener an Diels
[Postkarte]
Bonn 13/XII 1900
L. D., Den allerherzlichsten dank für Deine gestrige karte, die mir noch gerade ehe ich die correctur meiner miscelle an die druckerei zurückgegeben, einen geradezu unbezahlbaren hinweis brachte. Wie hätte ich den nachtrag UKöhlers kennen können, da er selbst es nicht der sache werth geachtet zu haben scheint ihn zu versenden. Glücklicher weise fand ich die nummer noch auf dem Lesezimmer; dank einer früheren energischen beschwerde bezieht (seit dem winter, wo Harnack's u. Dillmanns publicationen der apokrypha Petri u. Henochs erschienen) die Bibl. jetzt Eure berichte direct nummernweise. - Auf die erträgnisse für politische geschichte habe ich mich freilich nicht eingelassen, und nur für die geschichte der Epikurischen schule und was dahin gehört die mir entgegengetretenen bereicherungen hervorgehoben; Croenert hat ja auch solche dinge zusammengestellt, aber ein wenig sehr äusserlich. Mit bestem gruss und dank Dein H . U s . Gestern abend sandte mir auch Bücheler eine postkarte mit beiträgen zur herstellung, darunter einen kapitalen, den ich gleich auf der druckerei noch nachgetragen habe.
373.*
Diels an Usener
[Postkarte] Besten Dank, verehrter Freund, für den doppelten Weihnachtsgruss, den Philonides, der immer mehr Leben und Gestalt gewinnt, und den Bernays'schen Nekrolog (aus d. D . Biographie), der so mit dem Herzen und feiner Hineinversenkung in diese eigentümliche Seele geschrieben ist, dass ich wirklich bedaure mein Herz nicht noch nachträglich zu ihm hinwenden zu können. D u kennst ja meine Gesinnung, die sich nicht ändern lässt. Georg Bunsen, der mit grosser Liebe an ihm hing, hat mir viel Intimes von ihm erzählt. Es bestätigt z.B. was D u über die Intima S. 403 urteilst. Mit herzlichem Grusse an die weihnachtlich vollzählig versammelte Familie Dein H D . Bferlin] 22/12 1900 566
374.*
Diels an Usener
[Postkarte]
[Berlin] 22. III. 1901.
Besten Dank, verehrter Freund, für Deinen Typhon, der mir in allem sehr einleuchtet, obgleich mir die Persönlichkeit u.d. Anteil Hesiods dabei nicht ganz klar ist. Meinen Aufsatz über Heraklit hast D u wohl erhalten. Ich frage, weil ein Teil der Sendung auf der Post spurlos verschwunden ist. D a ich Dich wegen eines Punktes unnütz bemüht hatte, wäre es mir leid, wenn Dich der Aufsatz nicht erreicht hätte. Heraklit selbst (5 B.) ist ausgedruckt und wird Dir direct zugehen. Er enthält wenig Neues. Doch ist das von Tannery schlecht publicirte Fragment über die Siebenzahl wichtig. Wie konnte so etwas in München solange unbemerkt liegen? E s ist eine Schande, dass zwei Ausländer das uns wegnehmen. Ich bin 2 - 1 7 / I V in Paris. Kann ich Dir etwas besorgen? Mit b. Gruss Dein HD
375.
Usener an Diels
[Postkarte]
Bonn 24/III 1901
Verzeih, 1. fr., wenn ich nicht besonders gedankt habe für die Heraklit-abhandlung, die mir wie anderen Bonnern, mit denen ich davon sprach, richtig zugegangen ist und durch die ruhige Sicherheit der methode grosse freude gemacht hat. Aber ich war viel mehr in Deiner schuld: um die Weihnachtszeit hattest D u mir einmal einen ganzen fasciculus übersandt, der ein überraschendes bild von Deiner vielseitigen thätigkeit gab (Lateinunterricht u.a.). Z u Deinem aufenthalt in Paris alles glück und vergnügen: vielleicht hast D u gelegenheit unseren Lic. H a n s Lietzmann (Catenen udgl.), der um dieselbe zeit zu Paris arbeiten wird, kennen zu lernen und etwas interesse für ihn zu fassen; ich will ihn jedenfalls darauf aufmerksam machen, dass er gelegenheit sucht sich Dir vorzustellen. Ich würde gerne etwas fortgereist sein, aber der leidige feriencurs für gymnasiallehrer, der gerade in die osterwoche gelegt ist, hält mich fest. D e m bereits als abgeschlossen angekündigten Herakleitos sehe ich mit Spannung entgegen. Mit herzl. grüssen von haus zu haus Dein H . Usener ,Hesiod' ist mir nur als gattungsname geläufig. 567
376.
Usener an Diels
Bonn 2/XII1901 Liebster freund, Im begriffe an Dich zu schreiben werde ich heute morgen durch Deine Poesis philosophica, die mir der buchhändler in Deinem auftrag übersandt hat, auf das erfreulichste überrascht. Ich wusste ja wohl, dass Du damit beschäftigt warst, und der Parmenides konnte schon als prodomus gelten. Aber dass das werk in aller stille bis zum buchhändlerischen versand herangereift sei, ahnte ich nicht. Meinen herzlichsten glückwunsch also zu diesem probestück ausdauernder Sorgfalt, gelehrten scharfsinns und besonnener umsieht. Ich konnte mich nicht enthalten an verschiedenen orten nachzuschlagen und nachzuprüfen, und habe mich überall der eben gerühmten eigenschaften Deines werks erfreuen können, indem ich auch in fällen, wo ich glaubte besseres zu wissen, bei ruhiger erwägung Dir recht geben musste. Verzeih mir also, wenn ich fürs erste nur mit ein paar kleinigkeiten aufwarten kann. Emped. fr. 5,1 p. 107 werden alle Schwierigkeiten gehoben durch die leichte änderung von πέλει in μέλει, die Fr. Knatz quomodo Persei fabulam artifices — tractaverint (diss. Bonn 1893) sent. I vorgeschlagen hat; ebd. 3 διατμηθέντος vieil, nach analogie des lat. decidere zu erklären. Bei Xenophanes fr. 1 scheint mir v. 12 unerlässlich statt des indie, εχει einen modus der aufforderung εχοι herzustellen: hierdurch erst erhält die elegie volles leben. Schön ist übrigens die einfache hilfe die Du dem v. 20 gebracht hast. In fr. 2,4 muss statt πυκτοσύνην - εχων (darauf kommt es hier nicht an) geschrieben werden έλών in der von CDilthey in dem Zürcher programm Epigrammatum gr. Pompeis repertorem trias p. 5 ff. nachgewiesenen bedeutung. Mit grosser freude habe ich die vorrede und ihre schönen erinnerungsworte an Kaibel gelesen. Uber den stand der Comici antiqui, über denen er hingestorben ist, lässt sich aus dem Umschlag nichts ersehen. Ich glaubte, es habe der druck schon im j. 1899 bald nach ausgabe der Dorischen kom. begonnen, und das mscr. dieses theils sei bereits fertig gewesen. Eben wo ich gerade Aristophanes lese, empfinde ich den mangel sehr. Nun endlich wovon ich zu sprechen hatte schon bevor Dein neues buch mich überraschte. Vor einiger zeit, wenige tage vor dem eingang von Wendlands Alexander π. αίσΌήσ., krame ich einen lange nicht berührten theil meines schranks aus und entdecke zu meinem entsetzen einen ganzen convolut papiere zu Alex. Aphr. Ehe ich zeit hatte den inhalt zu prüfen, den ich an Wendland senden wollte, kommt sein buch. Inzwischen habe ich mich überzeugt, dass nichts darin sich befindet, was für Wendl. wesentlich gewesen wäre, und ich erinnere mich nun, schon bei der Übersendung darauf hingewiesen zu haben, dass die Neubauer'sche abschrift des Alex, mit zubehör noch fehle. Nun freut 568
michs Dir alles zurückliefern zu können, damit Du es zusammen mit den übrigen papieren etc. zu Alex. π. αισθ. dem archiv der Akademie einverleiben kannst. W[endland] hat, so viel ich sehn konnte, eine saubere und tüchtige arbeit geliefert, wie zu erwarten war. Aber warum ist die paginierung der editio princeps nicht angegeben worden? Ich habe in folge dieses deficits viel zeit verloren beim aufsuchen einzelner stellen, die ich controlieren wollte. Harnacks eintreten für Alt h [off] hat mich etwas gewundert. Die Berliner herrn, welche mit höchster achtung und sammethand zu behandeln A[lthoff] alle Ursache hat, sollten doch nicht übersehn, wie A. mit anderen Universitäten und collegen umgeht. Michaelis hat wirklich nicht zuviel gesagt, wenn es auch vielleicht der wirkung seiner worte abbruch thut, dass diese zu sichtlich odio Vatiniano tincta sunt. Wir haben seit juli die freude, St[ände]r als director der bibl. zu gemessen. Du erinnerst Dich vielleicht der botschaft die Du einst mir brachtest. Noch zu pfingsten liess sich Nissen, noch im juni wir alle (als plötzlich Zangemeister eine anfrage erhalten hatte) uns blauen dunst vormachen. Die sache stand seit jähren fest. Mensch ärgere Dich nicht. Wie gehts den Deinen? was habt Ihr für nachrichten von dem fernen söhne? Bei mir alles gut; Walter seit august erster u. einziger assistent der chirurg. abtheilung eines grossen neuen krankenhauses in Karlsruhe, wo er sich sehr glücklich in seinem beruf aber auch sehr angestrengt fühlt. Mit herzlichem gruss von haus zu haus Dein H . Usener
377.
Diels an Usener Berlin, den 14. XII. 1901 W Magdeburgerstr. 20.™
Du bleibst doch immer, verehrtester Freund, der einzige, der auf meine gelehrten Gaben nicht blos freundlich und freundschaftlich dankt, sondern auch weiter hilft und höhere Ziele steckt. Wie oft habe ich während der Ausarbeitung, wenn ich nicht mehr weiter konnte, an Dich gedacht! Aber ich durfte Deinem Auge diesen selbst für mich fast lebensgefährlichen Typus griechischer Schrift nicht anbieten. So entbehren die Poetae leider Deiner Besserungen, die wie die Proben zeigen mich vielfach gefördert haben würden. Sehr bestechend ist gleich das εχοι der ersten Elegie des Xenophanes. Es ist keine Frage, es kommt mit diesem Optativ ein ganz andres Leben hinein. Ich hatte bisher auch zuweilen Bedenken, hatte sie aber niedergeschlagen mit der Erwägung, daß die erste 569
Hälfte nirgends einen Imperativ oder Optativ gibt, sondern vielmehr das Symposion als solches in seinem ganzen Verlauf schildert. Denn der Weihrauch z.B. 7 gehört doch wol zum Opfer, das erst 12 zu beginnen scheint. So habe ich die Tendenz der Elegie bisher etwas anders gefaßt: „Das Symposion ist mit allem was dazu gehört ausgestattet und vollzieht sich nach unserer üblichen Sitte. Das ist alles ganz schön und gut. Aber (δέ) das Beste fehlt: die άρετή im modernen Sinne." Schade, daß ich Knatz μέλει bei Emp. 5,1 nicht kannte. Es ist viel einfacher als meine Vermutung, die freilich denselben Sinn ergibt. Der Stand der Comici ist der, daß für die alte Komödie das Material zusammen und von Kaibel auch durchemendirt und adnotirt ist. Aber die schwierige Ordnung und Einreihung nach historischen Gesichtspunkten fehlt. Das soll Körte in Greifswald machen, der gern darauf eingegangen ist aus dem nebulösen archäologischen Streifen auf das philologische Festland zurückzukehren. Eine freudig-schmerzliche Überraschung war Deine Wiederauffindung der lange versteckten Alexanderpapyri. Ich habe Wendland alles übergeben, da er so wie so Lust hat auf einige Probleme zurückzukommen. Zunächst hat er den Ertrag für Aristoteles selbst in einem Aufsatz zu Ehren von Gomperz (70 Geburtstag) niedergelegt, der eine hübsche Parallele zu meinen ehemaligen textcrit. Forschungen zu Ar. Physik bildet. Ich selbst habe für Gomperz das von Comparetti nicht entzifferte sog. Phanestäfelchen (Thurioi) bearbeitet, für das ich eine Photographie und ausgezeichnete von Siebourg, A. Dieterich und H. Schöne gemachte Abschriften zur Hand hatte. Das Rätsel der tollen Schrift löst sich ganz ähnlich wie die Graeca des Apuleius. Es steckt eine orphisch bearbeitete μήνις Δήμητρος darin, die für den Synkretismus der Religion im 4. Jahrh. (so alt ist das Täfelchen) und des Dialekts sehr interessant ist. Leider hatte ioh weder Zeit noch Platz, um die Sache pro dignitate gehörig zu repliciren. Am nächsten Donnerstag wird das Heft der S.B. ausgegeben, in dem die erste Frucht der Katalogisirungsreise H. Schönes betr. der Medici graeci veröffentlicht wird. Es ist gut, daß dieses neue ak. Unternehmen, das bestimmt ist de 1904 an die Stelle der Aristoteles-Commentatoren zu treten, sich sofort mit hübschen Entdeckungen einführt. Denn es gibt eine kleine Partei, die gern der philologischen Betriebsamkeit der Akademie ein Ende machen möchte. Schöne hat nämlich die nur in der lat. Übers, der 2. Iatrica bek. Schrift Galens gegen die Empiriker wiedergefunden (Bibl. Trivulziana Mailand), die an sich sehr interessant ist und als κειμήλιον das Demokritfragment enthält, dessen Wortlaut ich beilege. Kenyon hat eine Reihe von Fragm. zu den Menonia gefunden, die er ebenfalls in der nächsten Sitzung der Akademie vorlegen wird. Es werden dadurch einige Columnen besser ergänzt. Borchard[t] hat in Kairo einen Papyrus aus Christi Zeit gekauft, mit den Mitteln die auf Wilamowitz' und meinen Antrag die Regierung zu diesem Zwecke pro 1901 bewilligt hat. Es ist ein 570
Aristotelischer Commentar zu Platos Theätet (soviel sich aus d. kurzen Probe sehen läßt) der etwa d. 1. J. n. Chr. anzugehören scheint und populär philosophisch die Stelle Theät. 152 E erklärt, wo diese Hds. unbegreiflicher Weise in der Corruptel εξαίσιοι οί σοφοί statt έξης oí übereinstimmt mit dem Bodl. Doch bitte diese Mitteilung vorläufig als secret zu behandeln wie die folgende, daß 3 nicht ganz vollständige Gedichte der Sappho auf einem Pergamentblatt des 8. Jahrh., das bisher unbeachtet in der Samml. des aeg. Mus. lag, sich gefunden haben, die Schubart mit Wilamowitz eben entziffern. Sie sind nicht leicht zu entziffern und z.T. corrupt. Aber sie sind sehr schön und geben einen wirklichen Einblick in das Intime der sapph. Poesie. Meiner Familie geht's leidlich. Ludwig, dem es immer wohl erging, reist in diesen Tagen von Perth nach Tasmanien, dann nach Neuseeland pp weiter. Er wird August zurückkehren. Meiner Frau geht es abwechselnd, aber ziehmlich. Vorgestern ist Frl. Cl. Franke von ihren unsäglichen Leiden (Gehirnerweichung) durch den Tod erlöst worden. Kirchhoff ist nun ganz allein, aber er ist ziehmlich stumpf. Ich hoffe, daß es bei Euch auch gut geht. Sehr erfrischt habe ich mich in Göttingen bei Deinem Schwager, der geradezu ideal eingenistet ist. Alte Bilder, alte Bücher, alte Weine, alte Herzlichkeit - es war zu schön! Mit allerbesten Wünschen zum Feste in alter Treue Dein HDiels
378.
Usener an Diels
[Postkarte]
Bonn 15/XII 1901
L.fr., Deinen vorhin empfangenen ausführlichen brief kann ich nicht ohne ein rasches dankeswort lassen. Du hast mir durch die mittheilungen über die neuen funde, die Euch zuströmen, grosse freude bereitet. Ganz besonders aber, wie Du Dir denken kannst, bewegt mich die Wiederentdeckung der kapitalen Ύποτύπωσις εμπειρική Galens, die ich einst M. Bonnet in der lat. übers, zu bearbeiten (Bonn diss. 1872) veranlasste: ich war immer überzeugt dass der Originaltext nicht untergegangen sei, nun haben wir ihn. Das neue Demokrit-bruchstück ist prächtig, es wirft plötzlich helles Streiflicht auf Epikurische ausdrucksweise. Übrigens zu den in den ausgeschriebenen worten Galens vorausgehenden äusserungen Dem.'s möchte ich Dich an M. Aurel εις εαυτόν ^31 p. 86,24 f. (ed. Stich) und meine herstellung Rhein. Mus. 47, 437 (oben) erinnern. Mit herzlichen grüssen von haus zu haus und besten wünschen für die festliche zeit Dein HVsener 571
379.
Diels an Usener
[Postkarte]
B[erlin] 16/12 1901
Besten Dank, verehrter Frd., für Deine Karte und die Erinnerung ans Rh. M. 47, das ich allerdings notirt hatte. Aber die Schrift ist nicht die Hypotyposis, sondern ein Fragm. der in Περί των ιδίων βιβλίων c. 2 genannten Schrift Περί τής Ιατρικής έμπειρίας. Der Setzer hat leider den Druck des gr. Textes unschön gestaltet. Aber er muß nun so vor Weihnachten hoffentlich fertig werden. M. b. Gr. Dein HD
380.
Usener an Diels
[Postkarte]
Bonn 2 9 / X I I 1901
Lieber freund, so schmerzlich es mir auch ist Dir in diesen tagen gedrängter correspondenzpflichten mit einer eiligen anfrage zu kommen, wird mir eben eine solche zur pflicht. Ich höre mit ungläubigem staunen, dass unser d r Munzel, bibliothekar an Eurer Univ. Bibl., wegen ernstlicher erkrankung urlaub zu nehmen genöthigt worden sein soll. Die nachricht geht mir sehr nahe, doch hoffe ich immer noch, dass sie sich nicht bewährt oder in eine unerhebliche thatsache auflöst. Möglich wäre das ja bei den zumuthungen, die an die Beri. Univ. Bibl. herantreten und schon hrn Erm[an] die directorstellung verleidet haben, dass M. sich etwas überarbeitet hätte. Ich würde D i r sehr dankbar sein, wenn D u mir umgehend mittheilen wolltest, wie die sache steht. Ich benutze die gelegenheit Dir und den Deinigen die besten neujahrswünsche und -grüsse zu senden. Möge das neue jähr vor allem durch erstarkung und festere gesundheit Deiner lieben frau und durch die gesunde ertragreiche heimkehr Eures erstgeborenen Euer häusliches glück mehren! In alter gesinnung Dein getreuer HVs.
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381. Diels an Usener Berlin, den 30. XII. 1901 W Magdeburgerstr. 20.111 Verehrtester Freund, Bei der Vereinzelung, in der man in Berlin lebt, habe ich von Münzeis Urlaub gar nichts gehört. Vor einem Monat noch habe ich ihn äusserlich munter, aber innerlich bedrückt durch die Besetzung von Erman's Stelle gefunden, wo man ihn trotz meiner sehr angelegentlichen Empfehlung übergeht, weil er noch zu jung scheint und weil er durch Annahme, dann Ablehnung der Posener Stelle das Ministerium geärgert hatte (ganz unter uns!). Ich könnte mir nun denken, daß ihn diese ganze Sache so erregt hat, daß er um Urlaub eingekommen ist. Doch habe ich sofort, da ich heute nicht hinausfahren kann, an seine Frau geschrieben und um nähere Mitteilung gebeten. Ich werde Dir dann sofort Nachricht geben. Ich würde eine Erkrankung Münzeis jetzt doppelt beklagen, weil gerade jetzt seine Berufung an Eyssenhardts Stelle in Hamburg zur Frage steht. Ich h^tte Gelegenheit mich gutachterlich äussern zu dürfen und habe mich sehr energisch dafür ausgesprochen. Für Deine herzlichen Wünsche zum neuen Jahre danke ich mit den Meinen sie treulichst erwiedernd. Gerade eben kam ein Neujahrswunsch von Ludwig aus W Australien an. Jetzt wird er wol bereits in Tasmanien sein. Die letzten }A Jahre sind für uns die aufregendsten, da er keinen festen Sitz mehr hat und die Briefe 6 Wochen und länger dauern werden. Meiner Frau geht es bisher leidlich, und wenn alles wie bisher glatt geht, so hoffen wir im August den Ausreisser wieder zu haben und damit eine stete Quelle mütterlicher Besorgnis zu verstopfen. Ich selbst muss meine schönen Ferien damit zubringen eine Friedrichsrede zu zimmern, die an und für sich schwierig und unangenehm mir diesmal zu missraten scheint, weil das Thema, wie sich erst bei der Ausgestaltung zeigte, zu actuell und für akademische Gelegenheit vielleicht anstössig, auch zu weitgreifend zu prägnanter Umfassung zeigte. Du wirst ja sehen! Mit den allerwärmsten Wünschen zum Jahreswechsel für dich, Deine 1. Frau und Kinder schliesst in alter Treue Dein HDiels
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382.
Usener an Diels
Bonn 3/11902 Mein lieber freund, Es drängt mich Dir für Deine promte bemühung in der angelegenheit Münzel meinen allerherzlichsten dank rasch auszusprechen. Was ich bei dem ersten lautwerden der nachricht von Münzeis erkrankung und urlaub als eine möglichkeit ins auge gefasst hatte, bestätigt sich in einer weise, die ich nicht für möglich gehalten hatte. Mit satanischer kunst ist die lüge in die kreise hineingetragen worden, welche auf die berufung M.'s nach Hbg entscheidenden oder mitwirkenden einfluss haben konnten. Sein hiesiger warmer gönner, der alte Schaarschmidt, war davon überzeugt, dass M.'s zustand hoffnungslos sei, und dass von ihm bei der besetzung der Eyssenh.'schen stelle völlig abgesehn werden müsse. Ein hiesiger college, Vertrauensmann von Hamburger Senatoren, kam, durch den irrthum veranlasst, dass M. ein vetter von mir sei (Verwechslung mit FKoepp), zu mir (am tage meines ersten briefs, letztem sonntag), um mich vorsichtig anzuhören. Gleich darauf am selben tage hörte ich von Solmsen, dass ihm ein hiesiger bibliothekar dasselbe gesagt habe. N u n möchte ich doch ermitteln, wer der infame schweinhund ist, der diese lüge so geschickt nach Hamburg und Bonn zu verbreiten wusste; ich hoffe es durch die hiesigen herrn ermitteln zu können. Deine lakonische postkarte war so durchschlagend, dass ich sie sofort an meinen hiesigen collegen als urkunde sandte. Inzwischen hat mir Lina Koepp von Münster her, wohin sie zur Unterstützung ihrer geschwister bei einem umzug gereist war, Deine karte bestens bestätigt: Müijzel und frau waren noch am 1. weihnachtsfeiertag bei ihnen zu besuch, in ungeminderter gesundheit und fröhlichkeit! Nichts ist deutlicher als dass der erfinder und Verbreiter der lüge ein bibliothekar war, der unseren Münzel ausser concurrenz setzen wollte. N u n das persönliche auftreten M.'s wird ja die beste Widerlegung der bösen nachrede gewesen sein. Hoffentlich ist die sache damit nun (bis auf die quellenuntersuchung) endgültig erledigt. Mit treuem gruss Dein H . Usener
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383.*
Diels an Usener Berlin, den 20/5 1902 W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrter Freund, Mit dem größten Interesse habe ich Deinen Artikel über die Kindheitsgeschichte Jesu in der Encyclopaedia] B[iblica] gelesen. Es war mir vor allem interessant zu sehen, wie D u über die nach Deinen früheren Untersuchungen erschienenen und fortführend oder bekämpfend dazu Stellung nehmenden neueren Erscheinungen urteilen würdest; und die Sachen selbst, die mir in diesem Zusammenhange noch niemals so einleuchtend erschienen sind, sind mir zum Teil neu gewesen. O b Dieterich recht hat mit seiner zunächst blendenden Magierhypothese, wage ich noch nicht mit Sicherheit zu behaupten. Der Einfluß des hauptsächlich mündlich verbreiteten alexandrinischen d.h. also griechisch bearbeiteten Chaldäismus muß im 1. Jahrh. ungeheuer gewesen sein. Sonst kann ich mir z.B. die siegreiche und schnelle Verbreitung der siebentägigen Woche mit der sonderbaren Reihenfolge der Planetentage nicht erklären. Ich habe mich auch für eine Encyclopaedic einschlachten lassen, die in America erscheinen und hauptsächlich aus deutschen Originalartikeln oder Ubersetzungen hergestellt werden soll. D a ich den Manager Dr. Brönnle, für den ich früher vergeblich mich bemüht hatte eine Position zu schaffen und der nun hier äußerlich gut untergekommen ist, gern unterstützen wollte, habe ich nicht Nein sagen wollen und eine sehr kurze Einl. über griech. Philosophie geschrieben. Was ich durch diesen Journalismus gesündigt habe, büße ich reichlich ab durch die Fertigstellung meiner „Vorsokratiker", die trotz der Beschränkung auf das Nötigste, mich unendliche Mühe kosten. Ich habe fast die ganzen Osterferien an den Pythagoreern gesessen, obgleich ich alles unterhalb des alten Peripatos consequent wegwerfe, und bin nun, da das Wetter eine beabsichtigte Pfingsterholung zu Wasser gemacht hat, über Anaxagoras und seine Schüler zu Diogenes vorgeschritten, den ich hoffentlich noch unter Dach bringe. Dann soll der unterbrochene Druck wieder beginnen und unterdessen der größte und schwerste Brocken Leukipp und Demokrit im Ms. geschafft werden. Die Zahl der Capitel wird über 60 betragen und wenigstens eines schon äußerlich klar werden, wieviel Kräfte 2. u. 3. Ranges neben den paar Koryphäen an dem Aufbau der gr. Wissenschaft gearbeitet haben, die ich möglichst umfassend begreife, so daß die Arzte und Mathematiker, ja sogar der Kanon Polyklets seine Stelle findet. So wird man durch die Sammlung an der bisher in der Regel nur metaphysisch aufgefaßten ,Vorsokratik' hoffentlich ein richtigeres Bild erhalten. Bei meinen Sammlungen ist mir ein Fragment des Antilochos aufgestoßen, das, wenn ich nicht irre, in den Epicurea fehlt. D a D u eine zweite Auflage vorbereitest, wirfst D u vielleicht einen Blick darauf, ob es wirklich nicht drin steht. 575
Die Veröffentlichung der hiesigen Papyrusfunde hängt noch an verschiedenen Äußerlichkeiten. Es wird mit Weidmann eine große, mit Teubner eine kleine Ausgabe der „ B e r i . Klassikertexte" contrahirt. Der Druck wartet noch auf eine von der Reichsdruckerei neu herzustellende gr. Schrift. Das interessanteste, der Timotheos, ist trotz des Alters der Hds. (? IV s. a. Chr.) an wichtigen Stellen heillos corrupt. Aber Wil[amowitz], der die Restitution mit eifer betreibt, hat einiges genial erraten. Für dieses ingenium ist er wirklich die specifisch wahlverwandte Seele. Ich hoffe, daß Du trotz des Wetters mit den Deinigen angenehme Festtage verlebt hast und daß es Dir mit der Gesundheit leidlich geht wie uns. M. b. Grüßen an Alle Dein HDiels
384.
Usener an Diels
[maschinenschriftlich]
Bonn 5/1 1903
Mein lieber Diels Vorab wünsche ich, zugleich im namen meiner frau, Dir und den Deinen zum neuen jähre alles gute und schöne, vorab im sinne des alten skolion feste und frische gesundheit. Du kannst Dir denken, mit welchem schmerz wir beide bei unserer rückkehr von Coblenz erfuhren, dass Du vergeblich an unserer thüre geklopft hattest. Du scheinst genau mit demselben zuge von Köln angekommen zu sein, der uns nach Coblenz weiterführte. Um so ärgerlicher, als es uns nicht das geringste verschlagen haben würde, wenn wir erst mit einem späteren zuge gereist wären. Du siehst, dass es auch bei ebenmässig dahinlebenden alten leutchen nicht überflüssig ist sich vorher durch karte oder telegramm anzumelden. Verzeihe, wenn der kummer, Deinen zugedachten besuch nicht erhalten zu haben, mich schliesslich noch zu vorwürfen fortreisst. Wenn es Dir irgend möglich ist, die dinge die Du mit mir erörtern wolltest brieflich zur spräche zu bringen, so bitte ich Dich dringend darum, es nachzuholen. Sei mir nicht böse, wenn Du im nächsten heft des Rhein. Mus. einen aufsatz von mir findest, von dem Du keinen abzug erhalten. Es ist der anfang eines bandwurms, den zu evacuieren meine hauptsächliche wintersorge ist - die äugen langen bei den kurzen und oft so trüben tagen nicht weit. Ich will, sobald das heft ausgedruckt ist, sofort die fürs zweite heft bestimmte rate drucken lassen, um dann die beiden lieferungen zusammen zu versenden. Ich komme bei diesen Untersuchungen vielleicht Dir etwas ins gehege, aber ich darf hoffen, dass Du im wesentlichen einverstanden sein wirst. 576
Es ist ja jetzt eine mächtige bewegung in der philologischen weit. Es ist zeit dass die alten häuser sich zurückziehen, und ich habe einen anfang gemacht nebst Christ, dem im süden andere folgen werden, vorab aber in dem vorort der Intelligenz nachfolge zu wünschen wäre. 1 D a für B o n n A . Dieterich gewissermaassen durch mich selbst ausgeschlossen war, so freuen wir uns jetzt doppelt seiner Verpflanzung nach Heidelberg. E r findet dort eine schöne Wirkungsstätte und obendrein lohnenden arbeitsstoff. Walter, der sich in Karlsruhe als chirurgischer assistent eines grossen krankenhauses sehr wohl fühlt und noch länger aushalten will, bekommt auf diese weise seine schwester in nächste nähe. U n t e r den lichtem des weihnachtsbaums erhielten wir die erste künde von der berufung. D e r kleine enkel, der in den nächsten tagen sein erstes jähr abschliesst, entwickelt sich prächtig und ist uns eine unbeschreibliche freude. Dein ältester söhn, den Ihr schon im herbst zurückerwartetet, ist, wie ich hoffe, inzwischen nicht nur mit reicher ausbeute beladen, sondern auch gesund und erfrischt zu Euch zurückgekehrt; ich bitte D i c h sehr um nähere nachricht. Meine frau war nicht minder traurig als ich, Deine verwehte spur hier zu finden; mit ihr sendet Euch die herzlichsten grüsse und wünsche Dein alter H . U .
385.
Diels an Usener Berlin, den 7/11903 W Magdeburgerstr. 2 0 . i n
Mein lieber, verehrter Freund, Ich hatte das letzte Jahr in Folge wirklich allzuvieler und allzuintensiver Arbeit recht spärliche Nachrichten zu D i r gelangen lassen und die böse Kunde, daß D u zurückgetreten seist von dem A m t e , das für mich und soviele andere entscheidend für ihre Lebensrichtung geworden ist, bedrückte mich schwer, so sehr ich Deine Motive als berechtigt anerkennen muß. So hatte ich mir im Stillen vorgenommen bei der Pariser Reise, die erst im October, dann Ende des Jahres geplant war, Euch aufzusuchen und alles in Behaglichkeit durchzusprechen. Ich konnte Euch nicht schreiben, weil ich bis zuletzt nicht wußte, wie lange die schwierigen und delicaten Verhandlungen über den ungeheuerlichen 1 [Am Rand, hdsl.:] Hoffentlich springt bei dieser bewegung für Raderm[acher], der es wirklich verdient hat, endlich etwas heraus. Er überragt doch alle jüngeren weitaus an sicherer meisterschaft der spräche udgl., die schon einer älteren generation (man denke an AGercke) schon stark geschwunden war.
577
Leibnizplan der Association sich hinziehen würden. Da die Herrn Collegen in Paris, die wie die Kinder in diese Sache hineingegangen sind, sehr bald des trocknen Tones satt wurden, so kam ich nach einem mühsam zusammengebrachten Compromisse Sylvester los und hoffte Euch an diesem Tage selbstverständlich auf dem Neste zu finden. Aber das Adlerpaar war davon geflogen und so mußte ich, nachdem ich die Bonner Philologie a Buechelero usque ad Brinkmannum begrüßt und von Dir und den Deinigen Gutes erfahren hatte, wieder heimwärts segeln. Schmerzlich war mir, daß Elter, der in Würzburg sich vermutlich besser entwickelt hätte, blieb, um so erfreulicher aber, daß Dieterich nach Heidelberg gerufen ist, was der tappsige Hinneberg bereits dem Tübinger Urleder zugesprochen hatte. Ich hoffe, daß es ihm dort gelingt, aus der nun wirklich altbemoosten Palatina (trotz aller berühmter Namen) eine Hochburg moderner philologischer Wissenschaft zu schaffen. An angenehmen Beziehungen zu den Brüdern und den Eltern wird es ja Eurer Tochter (für die mich die Berufung noch besonders gefreut hat) nicht fehlen. Da liegt alles so reizend nahe und verlockend beieinander. Radermacher steht im hiesigen Ministçrium in erster Linie und da in Königsberg 2 neue Stellen zu besetzen sind (eine neugegründete, die Norden zugedacht war), so hoffe ich, daß er jetzt dorthin berufen wird. Aber ich habe seit Wochen nichts darüber gehört und weiß nicht, ob die Aspecten noch so stehen. Von Deiner Dreifaltigkeit verlautete in Bonn mancherlei, was mich reizte, wie Du Dir denken kannst. Aber ich warte natürlich gern, bis sich das Ganze geschlossen präsentirt. Für März und April, wo ich zufällig im Secretariat dies Jahr frei bin, hatte ich eine seit 20 Jahren geplante und stets vereitelte Reise nach Griechenland im Sinn. Aber ob sich das doppelt und dreifach unsichere Project realisirt, ist noch zweifelhaft. Auf alle Fälle hoffe ich „Die Vorsokratiker", die trotz abscheulicher Compression ein Wälzer geworden sind, vorher abzuschließen. Zwei Bogen sind etwa noch zu drucken. Es ist nicht das Schwerste, was mich dabei bedrückt. Unser Ludwig ist mit Australiens Schätzen beladen im August gesund und frisch bei uns gelandet, hat seine Vorlesungen, seine Bearbeitung des Materials, seine Stellung am Museum mutig angegriffen und wartet nun als der 10. hiesige Privatdozent der Botanik auf eine glückliche Fügung, die in 20 Jahren vielleicht eintreffen wird. An das Revirement im Vorort Berlin, von dem Du sprichst, ist nicht zu denken. Wir leiden entsetzlich darunter. Kirchhoff schleppt sich mühsam Donnerstags zur Facultät, um seine 9 Fritzen zu holen - und der andere Dioskur [Vahlen] hält wenigstens dafür feurige Reden im Ciceronischen Stil über das Thema o tempora! Wilamowitz, der in diesem Winter frischer war, als sonst, ist nun durch eine Influenza wieder stark zurückgeworfen, obgleich er mit heiserer Stimme gestern in der „Archaeologischen" gegen Dörpfelds Ithaka sprach. Sein Timotheos, der ebenso wie mein Didymos durch allerhand Zufälle zurückgehalten worden ist, soll nun dem Drucke übergeben werden. 578
Meine Frau, der es im vergangenen Jahre noch schlechter als sonst ging, hatte sich im Herbst etwas erholt und bis Weihnachten gehalten. Jetzt gehts auch wieder bergab. Mit den herzlichsten Wünschen für Deine und Deiner lieben Frau (die ich gern wiedergesehen hätte) Gesundheit und für die weitere Entwicklung Deines „Bandwurms" schließt in alter Treue Dein HD.
386.
Usener an Diels
Bonn 28/11 1903 Mein lieber Diels, Eine der wunderbarsten erfreulichsten Überraschungen hast Du mir vorgestern durch die Übersendung Deiner Vorsokratiker gemacht, und ich kann nicht Bonn verlassen (was heute nachm. geschehen soll, via Glessen nach Rom etc.) ohne Dir wenigstens ein kurzes wort des herzlichsten dankes zugerufen zu haben. Ich danke es Dir,' dass Du einen träum meiner jugend zur Wirklichkeit gemacht hast, zur schöneren und erfreulicheren, als es mir möglich gewesen sein würde. Und eine besondere freude ist mir dabei natürlich, dass Du dies stolze buch meinem schwager und alten freunde zugeeignet hast; gerade jetzt wird ihm das wohlthun. Mit meiner Dreiheit hat die scheussliche officin mich im Stiche gelassen. Seit einer woche sind die letzten correcturen besorgt, und als ich hinkomme um die letzten anordnungen zu treffen, wird mir kalt lächelnd eröffnet, dass der druck frühestens am 4 märz vollendet sein werde. Ich empfehle das kleine büchlein zu freundlicher aufnähme. Fange die lectüre wie ein Hebräer von hinten an. Den dritten theil habe ich, weil ich der sache überdrüssig war, übers knie gebrochen, und das vulgus wird vieles mir wichtige gar nicht sehen geschweige beachten. Das wird bei Dir nicht der fall sein. Mein auge hat jetzt ruhe nöthig. Ich habe im winter etwas darauf hinein gehaust. Wir denken etwa 3 monate jenseits der Alpen zu bleiben (adr. Roma, Inst. Arch. Germ.). Sorge auch Du - zu rechter zeit - gründlich für Deine erholung. Wie sagte doch unser alter college Fuchs? Der mechanismus ist unserem Herrgott gut gelungen, aber im Stoff hat er sich vergriffen. Daran haben wir zu denken, wenn wir über die 40 hinaus sind. Mit den herzlichsten grüssen und wünschen von haus zu haus Dein alter HVsener 579
387. [Postkarte]
Diels an Usener Palermo 2Z März 1903 Hôtel Trinacria.
Verehrter Freund, Du wirst schon in Giessen gehört haben, dass ich Deinem freundschaftlichen Rat gefolgt bin und gründlich ausgespannt habe. Ich wollte nach Sicilien, das ich noch nicht kannte durchfahren mit meiner Frau, aber ihr Befinden war so, dass sie in Neapel bleiben musste. Mein ältester Sohn hat sie dann dort abgeholt und sie nach Hause zurückgeführt. Jetzt geht es ihr wieder besser. Ich habe daher die Rundtour durch Sicilien beschleunigen müssen, aber doch Taormina, Syrakus, Girgenti und gestern bei herrlichem Wetter Segesta gesehen. Heute ist Scirocco. Das war also geglückt. Morgen reise ich via Reggio, Brindisi nach Athen, wo ich den April bleibe. Am 1. Mai ruft das doppelte Amt leider zurück (über Cpél!). In Neapel habe ich das Demeterorphicum collationirt. Siebourgs Abschrift ist tadellos. Es steht fast ohne Discrepanz alles so da, wie ich es publicirt. Nun bin ich darüber beruhigt. Mit besten Wünschen für Dich wie Deine liebe Frau in alter Liebe Dein HDiels.
388.
Usener an Diels
Bonn 31/XII1903 Mein lieber freund, Wir haben im abgelaufenen jähre, in folge unserer beiderseitigen frühjahrsreisen, weniger von einander gehört als mir lieb war. Da ist mir der Silvestertag eine willkommene mahnung dies schweigen zu brechen. Ich spreche vor allem Dir und allen den Deinen meine und meiner frau herzlichsten wünsche zum neuen jähre aus. Dann aber auch die bestimmte hoffnung, zum ersatz für den epistolographischen austausch Dich im laufe des neuen jahres persönlich hier zu sehen. Bei dem 50jährigen gedenkfest des Philol. Kreises darfst Du nicht fehlen, und hast zu unserer freude auch zugesagt wenigstens an den beiden pfingsttagen, vor Deiner reise zur akademienconferenz, hier zu sein. Es wird uns eine freude sein, und meine frau vereinigt ihre bitten darum mit den meinigen, wenn Du dabei unser Gast sein wirst. Auch Reinhardt und frau wirst Du hoffentlich bei uns finden, sonst niemand. Auf die bevorstehenden enthüllungen aus Euren Papyri bin ich höchlich gespannt. Ich selbst habe mir für diesen winter eine neue Vorlesung, Heortologie, aufgebunden, und sündige privatim religionsgeschichtliche Studien, die Dir vielleicht, wenn sie ans tageslicht treten, ein wenig interesse abgewinnen werden. 580
Haltet D u und die Deinen Euch gesund und frisch auch in dem neuen jähre, und sorge durch maasshaltung in der arbeit dafür dass wir Dich zu pfingsten in der alten freudigen frische wiedersehn. Mit bestem gruss von haus zu haus Dein alter H . Usener
389.
Diels an Usener Kleiststr. 21 III. Berlin W 62. 2/1 1904
Verehrtester Freund, Ich danke Dir herzlichst für Deinen warmen Neujahrsbrief und die guten Nachrichten, die er enthielt. Ich bin leider, wie D u fürchtest, so in Arbeitslast vergraben, dass ich bis jetzt noch nicht dazu gekommen bin Mensch zu sein und der lieben Menschen zu gedenken, mit denen man in diesen Tagen geistig verkehren möchte. Ausser der wissenschaftlichen Arbeit (z.Z. eine eingehende in der Sylvesternacht abgeschlossene Einleitung über Didymos' Demosthenescommentar, wo ich auch Deiner mannigfach gedenken - sein Commentar war tetralogisch angelegt! - und fast alle höheren Fragen der Scholien- und Demosthenesüberlieferung anschneiden musste) kamen viele unliebsame Störungen. So eine plötzliche Action Wölfflins, die mit der Besetzung seiner Stelle durch Weyman zusammenhängt und die Infamirung Vollmers und Zertrümmerung des Thesaurusbureaus bezweckte. Ich habe sofort heftig eingreifen, Härtel avertiren, W vorläufig zur Ruhe verweisen und mit Vollmer eine Contreaction einleiten müssen. Dieser Mensch wird selbst aus seinem Grab uns noch Stunk heraufsenden. Aber bitte Silentium! Wir haben alle herzlichst bedauert, dass Wilhelm Diltheys Ehrentag Dich und die Deinigen nicht hierherführte. Es hat ihm sehr wol gethan und wird ihn zum Abschluss seiner Arbeiten erfrischen. Wir sind viel mit einander wegen Leibniz, dessen erste Action (Catalog) nunmehr zu Ende geht. Das lastet auch geschäftlich auf mir wie der Mediziner-Catalog, der jetzt auch gedruckt werden soll, obgleich leider unsre Post 2 wichtige Sendungen von England im Weihnachtstrubel verkramt hat. Hoffentlich tauchen sie noch auf. An dem Objecte Deiner Vorlesung und Studien nehme ich innigen Anteil und bedaure nur, dass ich vorerst und vielleicht noch 1 - 2 Jahre durch anderweitige Dinge gehindert bin das, was ich auf diesem Gebiete in petto habe, zu bearbeiten und fester auf jene Forschung hinüberzutreten. Die leider zu kurze griechische Reise hat mir manche Blicke gewährt. Möchte bald die Stille eintreten, die man dazu braucht! 581
Ich halte an der Hoffnung fest Pfingsten nach Bonn zu kommen und danke von Herzen für Eure freundliche Einladung. Lieber wäre es mir, ich könnte behaglich weilen, so wird es, wie stets in meinem Leben, eine Hetze geben. Aber ich freue mich doch auf diese Stunden, da ich das Bedürfnis fühle mit Dir gar vielerlei zu besprechen, was auf mir lastet, und von Dir ebenso aperta et operta zu hören. Meiner Frau geht es leidlich, obgleich ihre Nerven ihr das Leben nicht leicht machen, die drei Söhne führen ein stilles Gelehrtenleben, jeder in seiner Klause, die sie sich in der neuen Wohnung nach ihrem Gusto eingerichtet haben. Der älteste ist 15. Privatdozent der Botanik der Universität, aber unverdrossen neben seinem Museumsdienst (täglich 6 St.) mit erfolgreichen Vorlesungen und Ausarbeitung seines Reisewerkes beschäftigt. Der I Bd. ist im Ms. fast fertig. Ihm gehts schneller ab wie mir. Der zweite will nach dem Feste seine Habilitationsvorl. vor der Facultät halten. Er ist in Fischers ehem. Laboratorium und sonst auch mit Vorlesungen und Übungen beschäftigt. Der dritte sitzt an seiner Dissertation als Germanist, indem er auf Rothes Rat ein wegen des Materials unfruchtbares und mühseliges Thema bearbeitet: Syntax der deutschen Glossen! Sein Hauptinteresse ist Sprachvergleichung, für die wir in W Schulze einen doch wirklich sehr bedeutenden Lehrer gewonnen haben. Seine Opera gehen freilich ins Gigantische. 70 Bogen Gött. Abh. über italische Namen! Unsre alten Leute Kirchhoff und Vahlen arbeiten noch immer im Seminar mit 4 - 5 Leuten nach alter Weise, obgleich der erste sich kaum aufrecht erhalten kann. Und doch brauchten wir dringend eine jüngere Kraft, da wir die Arbeit im Proseminar nicht mehr bewältigen können. So wird man alt, ohne je wirklich ins volle Wirken zu kommen. Wer weiss, was das neue Jahr bringt! Dir und den Deinigen hoffentlich nur Gutes! Mit besten Grüssen und Wünschen der Meinigen in alter Treue Dein HDiels.
390.
Diels an Usener
Berlin 9/5 1904 Verehrter Freund, Besten Dank für Deinen lieben Brief, der mich als Vorbote treulicher Zwiesprache zu Pfingsten begrüßt. Leider schwebt auch über diesem lange ersehnten Zusammensein ein Unstern. Die Engländer fangen schon Dienstag nach Pfingsten an, so daß ich Montag in London sein muß. Also muß ich Sonntag Abend noch von Bonn abfahren, da ich nicht mehr Nachts über den Canal 582
fahre. Ich habe damit zu schlechte Erfahrungen gemacht. Auf der andern Seite kann ich wahrscheinlich erst Samstag Nacht nach Bonn reisen, da mein zweiter Sohn, dessen Habilitation D u in freundlicher Weise erwähnst, seit zwei Monaten in America ist, um die chemische Gerätenausstellung in St. Louis im Auftrag des Ministeriums zu besorgen. Er wird wahrscheinlich erst jenen Samstag morgen hier eintreffen und ich möchte nicht gern vorher abfahren. So wird das eine sehr gehetzte Sache werden und die meisten anderen würden unter diesen Umständen darauf verzichten nach Bonn nur auf so kurze Zeit zu kommen. Aber ich halte durchaus daran fest und hoffe wenigstens Dich und die Deinigen zu sehen. Leider hat man mir noch kein Programm geschickt, so daß ich nicht genau Bescheid weiß. Hoffentlich kommt das noch. Deine Bemerkungen kommen mir noch gerade zu Paß zu der kleinen Teubnerausgabe, die wir eben drucken lassen. Έ ρ μ η ς δ' ό Μαίας 9,71 hat Bücheler erledigt. Dagegen ist 10,1 άν ήι πρόθυμος, das vorläufig nach Wilamowitz gegeben war, vermutlich noch nicht das Richtige. So wird noch gar manches mehr und weniger als in der Editio princeps erscheinen. Die Freude so unmittelbar am Quell zu sitzen ist unterschiedlich groß. Sie wird nur getrübt durch den Mangel an Zeit und die Weitläufigkeit des gottlosen Berliner Lebens. Auch leiden meine Augen unter der steten Anstrengung, so daß wir leider nicht soviel schaffen als wir sollten. Ich habe eine unbeschreibliche Sehnsucht nach Ruhe und doch kann ich aus den mir selbst umgelegten Fesseln nicht heraus. Sed clam venero! Mit Kenyons III 2 ist das Supplement abgeschlossen, da das von den Engländern gefundene Fragment des Protreptikos ganz klein ist und keinen besonderen Faszikel lohnt. O b in den 45 Cartonagekisten, die kürzlich von Rubensohn gefunden u. hierhergeschickt worden sind, ein Aristoteles steckt, werden wir sehen. Das wird freilich noch Jahrzehnte dauern bis das entwickelt ist. Also auf baldiges frohes Wiedersehen Dein alter HDiels.
391.
Diels an Usener
[Postkarte]
Berlin 30. Mai 1904
Verehrter Freund, Ich bin gestern Abend hierher zurückgekehrt. Die Woche war etwas anstrengend, aber da ich die Vicepraesidentschaft abgeben konnte, so ging es. Für den Thes. graecus, den Jebb und Bywater projectirten, haben wir eine Commission erwählt nicht promovendi, sed inhibendi causa. Der Titel der Severusvita lautet: Graffin-Nau Patrologia orientalis tome II fase. 1 Vie de 583
Sevère par Zacharie le scholastique texte syriaque traduit et annoté par Μ.-Α. Kugener. Firmin Didot 56 rue Jacob Paris 1903. gr. 8°. Mit bestem Dank für die freundliche Aufnahme und die angenehmen Stunden am vorigen Sonntag (22/5) und frdl. Grüsse an Deine 1. Frau Dein HDiels
392.
Usener an Diels Bonn 16/VII1904
Liebster D., während ich noch Deine überaus interessante Leibnizrede und die zum theil sehr lehrreichen eintrittsreden der neuen akad. mitglieder [Zimmer, Schulze, Brandl] mit Deinen aus vollem horn fliessenden erwiderungen langsam und sparsam aber mit um so vollerem genuss las, kommt plötzlich schon Deine kleine ausgabe des Didymos, [die] diesen köstlichen Zuwachs unseres gr. litteraturbestands rasch auch in weiteren Kreisen heimisch machen wird. Ich sage Dir von herzen dank, und finde überall eine kleine nachträgliche entschädigung für die kurze frist, die Du zu Pfingsten Bonn und uns zugemessen hattest. An dem festabend, der sich noch sehr heiter gestaltete (wir kamen erst um 1 uhr nach hause), habe ich dem plötzlich verschwundenen (,subito non apparuit') noch lange nachgetrauert. Von Euren neuen Akademikern hat besonders Zimmer und WSchulze ausgezeichnet gesprochen. Bei h m DSchaefer fiel es mir auf, wie viel er von sich zu sagen weiss. Aber warum in aller weit unterdrückt Dein college Vahlen seine erwiderungen? In Deiner rede hast Du p. 992 Dich zweiffellos von richtiger Wahrnehmung leiten lassen, wenn Du den Griechen eine gänzlich verschiedene Stellung zum himmel zuschreibst als den Orientalen. Man darf den satz verallgemeinern und mit den Griechen überhaupt die ig. völker zusammenfassen. Die einfache und ursprüngliche conception von der göttlichkeit des hellen tageshimmels ist für sie die grundlage der religion und der sittlichen lebensordnung geworden ( G N 177 ff.). Aber Deine negative formel über Verehrung von sonne und mond ist richtig nur unter einfügung ganz bestimmter cautelen. Beiliegend sende ich D i r einen aufsatz, dessen letzten abschnitt Du wie die meisten mit grauen lesen wirst. Es ist wohl die keckste paradoxie, die ich ausgesprochen habe, und es ist meinerseits nichts geschehn um die paradoxie zu mildern oder eingänglicher zu machen. Ich wollte den knaben, die jetzt die grossen entdeckungen über die helden des troianischen kriegs machen, einmal zu gemüth führen, dass es nicht so leicht ist auf diesem gebiet sich zu bewegen. Es wird prügel auf mich hageln, aber ich habe meinen rücken bereits 584
durch eine läge gummi elasticum gedeckt, wie es einst die schulknaben vor der execution machten. Die hitze ist gross hier am Rhein und sie drückt mich. Rette auch Du Dich nach semesterschluss baldigst in ein kühleres dasein. Mit herzlichstem gruss von haus zu haus Dein H. Usener
393.
Diels an Usener Kleiststr. 21 III. Berlin W62. 19/71904
Verehrtester Freund, Brief wie Abhandlung ist mir in gleicher Weise willkommen und zugleich ein Beweis gewesen, dass es Dir gut geht trotz der Hitze. Auch ich bin allmählich wieder in normale Bahnen eingelenkt, obgleich es eine harte Sache war (da ich die Osterferien verloren hatte) die ganze Rederei des Leibniztages zwischen der Münchener Thesaurusconferenz 11-12 Juni, die der Londoner auf dem Fusse folgte, und dem 30. als Leibniztag druckfertig zu liefern. Dazu kam, dass Hirschfeld mit seiner Sünden-langen Mommsenrede und Schäfer mit seinem endlosen Enkomion, was mir am 15. bereits bekannt war, mich abschreckten, mein eigentliches Thema zu behandeln zu dem die jetzige Festrede nur die Ouvertüre bilden sollte; so war ich genötigt zu guter letzt die ursprünglich nur allein beabsichtigten astronomischen Türme mit etwas wissenschaftlichem Inhalt anzufüllen. Trotzdem zwang die Kürze, die ich inne halten musste, zur unliebsamen Weglassung mancher Details, die präcisirt werden müssten, wenn diese Reden als völlig einwandfrei erscheinen sollten. So ist mir wol bekannt (z.Th. durch Deine eignen Untersuchungen), dass der Sonnen- und Monddienst in Griechenland nicht so einfach zu erledigen ist, aber die Sache en gros halte ich für richtig, wie Du sie ja auch in den GN. in anderem Zusammenhang zugegeben hast. Die Hellenen nannte ich hier, weil jedem die Ausnahmen hier einfallen würden und sie zunächst wegen der Wissenschaft in Betracht kommen. Aber dass ich die von Dir in Deinem Briefe geforderte Verallgemeinerung des Gedankens auf die indogermanischen Völker selbst vollzogen habe, zeigt der Zusammenhang des Vorhergehenden, wo ich von dem tiefsten Wesen indogermanischer Religion spreche. Freilich ist auch hier trotz der grossen Annäherung an meine Auffassung, die Deine neuesten religionsgesch. Arbeiten, namentlich auch das Programm im 1. H. des neuen Archivs, zeigen, trotzdem der Cult, der in Deinen G.N. als ein Hysteron an letzter Stelle erschien, nunmehr in die vorderste rückt und über Vorstellung und Sage gestellt und als 585
widerstandsfähiger, also primitiver anerkannt wird (289 u.) - trotz alledem glaube ich auch hier noch namentlich in der Behandlung der Ilionsage einen Reflex der etymologischen Auffassung zu erblicken, die ich mir so nicht aneignen kann. Ich erkenne einen Zusammenhang zwischen indischen und griechischen religiösen Vorstellungen nur in der Sache, nicht im Namen. Ich erkenne dieselbe urindog. Form des Gottesdienstes in dem in Indien früh zurückgetretenen Djaus und Varunasdienste wie im gr. Zeuscult. Aber die Namensidentität ist ebenso zufällig wie wenn diese Völker andere identische Dinge mit demselben namen benennen. So kann also auch "Ιλιον sehr wol sprachlich mit vilu identisch sein und Burg heissen, ohne dass nun für die weiteren mythol. Ausdeutungen daraus etwas folgt. Ja selbst die verschiedenen griechischen "Ιλια etc. brauchen innerlich ebensowenig zusammen zu hängen als die verschiedenen Idas. Was die Ausdeutung des pythischen Lokalmythus betrifft, so sehe ich noch nicht, warum die übliche Auffassung in dem Drachen Python den autochthonen Erdgott zu sehen, den der fremde Apollon verdrängt, aufzugeben sei. Oileus ferner ist mir nach Deiner Erklärung nicht ganz fassbar. Denn die Sage weiss doch von ihm als Sohn und Liebling des Apollon (Hesiod a.O.). Wie soll sich also der ermordete Gegner des Apollon nach S. 338 mit OileusIlos identificiren? Die Schlange des Aiax genügt doch dazu nicht, da jeder Heros dieses Tier beanspruchen kann. Dies ist doch anders als der Wolf des D o Ion, den D u sehr schön aufgeklärt hast. Dein Paradoxon ist nicht so arg als das Bethesche, gegen das ich mehr Bedenken im Ganzen und Einzelnen habe, aber man sieht, dass hier noch nicht fester Boden ist. Delos schwimmt noch. A m 3/8 denke ich nach Sassnitz zu verschwinden und 4 Wochen nichts zu thun. Vahlen hat trotz meiner Bitte die Publication seiner ganz harmlosen Reden abgeschlagen. Auch schon das vorige Mal. Ich vermute, es ist ihm zu Ohren gekommen, dass man einige Malicen, die er bei der Aufnahme von Lenz einfliessen Hess, übel vermerkt hat. Auch widerspricht es seiner Auffassung von Philologie sich in die Historie einzulassen. Er hat daher auch hauptsächlich von Meyers und Schäfers Stil gesprochen! Beste Wünsche f. d. Ferien! Dein H D
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Diels an Usener Kleiststr. 21 III. Berlin W62. 4. Febr. 1905.
Verehrter Freund, Wie ein glückverheissender Adler flog heute morgen Dein Blitz auf meinen Schreibtisch. Ich entnahm diesem Omen die erfreuliche Thatsache, dass wir 586
Dich nun wieder als ganz hergestellt und den Deinigen und der Welt zurückgegeben betrachten dürfen. Freilich wird die ungewöhnlich ungünstige Witterung dieses Winters Dich wol noch im Zimmer halten, bis vielleicht ein südlicherer Flug gewagt wird. Aber Du bist doch wieder dem wissenschaftlichen Studium zurückgegeben, von dem Du uns soeben eine so reife Frucht geschickt hast. Ich finde die Abhandlung, deren Keimzelle ich bereits in Deiner ersten Vorlesung sah, ganz besonders schön und instructiv und hoffe sogar, dass die vortrefflichen Scheuklappenforscher, die Du am Ende der Abhandlung unum pro multis vornehm zurecht gewiesen hast, hier capitulieren. Ich selbst habe viel Neues dazugelernt und es ist eine wahre Freude soviel Belehrung in so klassischer Durcharbeitung und Concentration dargeboten zu finden. Dieterichs Mutter Erde, die sich merkwürdig eng mit meinen Anschauungen berührt, hat mir Lust gemacht, eine Figur des eleusinischen Kreises die Baubo genauer darzulegen. Aber da diese Sache wegen des Gegenstandes unangenehm ist, bin ich noch nicht über die Form schlüssig. Vielleicht gehts lateinisch, obgleich das heutzutage für philisterhaft gilt. Der Theaetetcommentar, von dem ich Dir schrieb, soll nun nächstes in Druck gehen. Es wird etwa 5 - 6 Bogen beifolgender Probe werden. Wilamowitz hat mein Ms. durchgesehen, aber wenig zu den Desperata beitragen können. Es wird noch manches den Lesern übrig bleiben, und das ist gut; sonst macht es den Philologen keine Freude. Meine Bestimmung des Autors auf Gaius hat Wil[amowitz] gebilligt. Im Κεραυνός ist mir S. 18 aufgefallen, dass Du der bei Plut. Lys. auftretenden Version, dass der Meteorsteinfall von Aigospotamoi 405 falle den Vorzug gibst vor dem Ansatz des M. Par. 469/8. Ich glaubte die Verbindung mit Anaxagoras erkläre sich leichter, wenn er gerade diesen Fall, der sich zu seinen Lebzeiten ereignete, in seinem Buche genannt und als Document für die nicht von ihm herrührende Theorie der μύδροι διάπυροι benutzt habe (Vors. 46 A 11) gerade so wie er eine Sonnenfinsternis dieser Zeit (463. Vors. 309,29) erwähnt zu haben scheint. Dass der Fall später mit der Schlacht in Verbindung gesetzt und daher die Erwähnung bei Anaxagoras als Prophezeiung aufgefasst wurde, scheint mir leicht erklärlich. Mit den allerherzlichsten Wünschen und Grüssen auch für Deine 1. Frau und den hilfreichen Sohn (wenn er noch in Bonn ist) von uns allen in Treue Dein HDiels
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395.
Usener an Diels Bonn, 8 Apr. 1905
Mein lieber Diels, Schon lange treibt es mich, wenigstens schriftlich einmal wieder vor Dich zu treten und wie ein soldat nach langem urlaub mich zur stelle zu melden. Als ich am 11 Jan. aus dem hospital nach hause übergeführt wurde, lag noch ein weiter weg vor mir bis hierher: noch am 9. und 10. Jan. hatte sich wieder fieber bis zu über 39° eingestellt. Wie durch ein wunder war mit der heimkehr das fieber geradezu abgeschnitten. Aber was war noch alles auszuhalten und zu tragen?! Es ist hart wenn man als greis von 70 jähren noch einmal von vorn anfangen muss gehn zu lernen. Langsam zwar schritt die besserung voran, aber die fortschritte kamen. Ich bin nun so weit ohne besondere ermüdung Vi stunde und länger ohne Unterbrechung zu gehn. Den fortschritt hat nur leider nicht bloss das winterliche aprilwetter sondern auch eine hässliche Störung meiner gesundheit, eine krippe mit etwas fieber, unterbrochen. Wer weiss wie lange es noch dauern wird, bis ich wieder ans freie darf, und gar, wann wir daran denken dürfen ein wenig zu reisen, etwa nach Wiesbaden und Heidelberg! Indess ich habe überhaupt kein recht zu klagen, sondern nur des Wunders mich dankbar zu erfreuen, dass ich aus diesem langen kämpf zwischen leben und tod im wesentlichen gerettet und heil hervorgegangen bin. Die stete sorge meiner frau, deren bedeutung für mich D u in Deinem geburtstagsbrief so richtig gewürdigt hast, und die tag und nacht unablässig auf das grosse wie auf das kleinste gerichtete pflege des guten Walter (dem sein chef in hochherziger gesinnung vollen unbeschränkten urlaub an mein krankenbett ertheilt hatte) das waren die wichtigsten menschlichen Voraussetzungen meiner genesung. Nur langsam kehre ich zur arbeit zurück. Ich habe den h. Tychon (dh. Priap in Bischofstracht) mir vorgenommen, wozu eine kleine tücke der Bollandisten mich zwingt. Aber das bischen zeit, das ich für dergleichen benutze, wird mir alle augenblicke durch correspondenzpflichten geraubt, theils laufende, theils alte schulden vom letzten october, die mich drücken, wie der gegenwärtige fall. In wie rührender weise hast D u im october wieder Deine alte theilnahme für mich bethätigt. Deine laterculi Alexandrini waren das erste und sind auch das einzige von den geburtstagsgaben geblieben, das ich vor der erkrankung kennen zu lernen suchte. Jetzt habe ich es von neuem ruhiger vorgenommen, aber bedaure lebhaft Dir an den offen gelassenen stellen gar keine hilfe bieten zu können, nicht einmal p. 10,4. Es wäre zu geschmacklos, wenn ich mich für die eigne impotenz durch eine Sammlung von druckfehlern rächen wollte. Das fürchte nicht von mir. Aber eine belehrung wenigstens möchte ich mir erbitten: p. 3 z. 10 sagst D u : aus den - geleiteten Ausgrabungen „europäischer Gelehrten", das schliessende -r und -n ist für viele brave Deutsche eine crux; 588
meinem Sprachgefühl war es nie zweifelhaft, dass es „ - europäischer Gelehrter" heissen müsse. Sollte ich irren, so bitte ich dringend um belehrung. Und nun zum schluss noch ein grosses anliegen. Ich bereite eine reichlicher illustrierte neuausgabe der Dreiheit vor - die sich selbstverständlich auch jedes beitrags von Deiner seite nur freuen wird - , und da werde ich vornehmlich streben die vorstellungsformen der christl. dreiheit bekannter zu machen. Durch den „sorsologen" Hubert bin ich auf ein wichtiges bild des X V jh. hingewiesen worden, aber der mann führt eine solche schweineklaue, dass ich nicht einmal das ohne weiteres gebrauchen kann, was er geschrieben hat. Da habe ich denn die angelegentliche bitte an Dich, D u mögest Dir das auf beiliegendem blatt bezeichnete buch auf der Museumsbibliothek (oder im Kupferstichcabinet??) geben lassen und für mich einsehn, damit ich kennen lerne 1) den gegenständ (bezw. gliederung) des bildes 2) den genauen titel des buchs von Requin 3) den genauen Wortlaut der stelle aus dem contract. Verzeih mir diese bitte, die zu erfüllen Dir hoffentlich keine weitere mühe als den besuch des Museums kostet. Dass ich zu gegendiensten stets bereit bin weisst Du. Hoffentlich geht es Dir, Deiner verehrten frau und den herrn söhnen gut, und es wird uns freuen das recht bald einmal bestätigt zu erhalten. Von unserer familie kann ich gottlob nur das beste berichten; nur meine frau hat begreiflicher weise die schweren angriffe, welche die stete sorge um mich auf ihre gesundheit machen musste, natürlich noch nicht überwunden; ich hoffe, es lässt sich einrichten, dass sie einmal ganz ausspannt. Doch es ist zeit zu schliessen. Bewahre mir auch für den rest meiner tage Deine alte liebe, die mir immer in besonderem maasse trost und freude gewesen ist. Mit den herzlichsten grüssen auch meiner frau an Dich und die Deinigen Dein alter H. Usener
396.
Diels an Usener Baden-Baden 11. April 1905 Kurhaus Darmstädterhof.
Verehrtester Freund, Dein hochwillkommner Brief wurde mir bei meiner Ankunft hier gleich als erstes Willkomm überreicht. Ich bin erfreut durch ihn zu erfahren, dass nun alle Nachwehen des bösen Anfalls überwunden sind und dass D u nun Ernst damit machen kannst die Vita nuova zu beginnen, die nach den Berliner Erfah589
rungen für diejenigen anhebt, die den gefürchteten Aequator der 70 hinter sich haben. Meine Frühjahrsspritze hierher hat einen doppelten Zweck, erstens meiner Frau, die an den Nachwehen der Influenz schwer leidet, etwas rascher durch Klimawechsel auf die Strümpfe zu helfen, soweit das ihr eigentlich immer wenig befriedigender Gesundheitszustand zulässt, und sodann selbst durch Baden etwas für das Rheuma zu thun, das mich um Neujahr eklig gepackt hatte. Deshalb bin ich hierher in das Grossherzogliche Badehaus gezogen, wo ich bis gegen Ende des Monats zubringen will. D a ich dies Jahr keinen akademischen Vorsitz habe, kann ich (wenn auch mit Stirnrunzeln meines Obercollegen) mich während der Osterzeit absentiren. Ich hoffe Zeller hier zu treffen, der sich für nächsten Sonnabend angesagt hat. Wie wäre es, wenn D u und Deine 1. Frau zur Nachkur den aufopfernden Sohn (als Revanche) besuchtet und dabei auch hierher kämt? Ich würde dann Deine allzeit erprobte Akribie, die sich jetzt wieder in Restitution richtiger Genitive bewährt hat (Dein Ehrentag hat den Druck etwas beschleunigt, wie D u aus der Rückseite des Titels siehst und meine Aufmerksamkeit mehr auf den Text als auf die Vorrede gelenkt) ab und zu mit dem Theaetetcommentar behelligen, der jetzt hier erledigt werden muss, weil die Reichsdruckerei den ganzen März unnütz hatte verstreichen lassen. Ausserdem muss ich den Text der Vorsokratiker umarbeiten, da die 2. Auflage sofort neu gedruckt wird. Ich werde 2 Bände geben und den ersten Band in usum scholarum, den zweiten in usum doctorum mit Anm. u. Registern machen, wobei noch viel zu thun ist, was das erste Mal unterblieb. Deine Bitte betr. Requin werde ich einem Museumsfreunde schicken und hoffe (vorausgesetzt dass das Buch irgendwo dort ist, was mir zweifelhaft ist) baldigen Bescheid Dir direct zusenden lassen zu können. - Ich war auf 2 Tage bei meiner 86j. Schwiegermutter, die viel gesünder ist als meine Frau, und fand Wiesbaden in der Entwicklung ebensoweit vor Berlin voraus, als Baden vor Wiesbaden ist. Mit herzlichen Grüssen für Dich und D . liebe Frau von der meinigen und mir Dein treuer HDiels.
397.
Usener an Diels
[Postkarte]
Bonn 19/IV 05
Mein 1. D., es war mir eine grosse freudige Überraschung zu ersehn, dass D u mit Deiner verehrten frau diesmal ausgespannt hast und in Baden-Baden bei herrlichem wetter eingetroffen bist. Denk Dir, auch wir hatten geplant nach 590
Β.-Β. zu gehn, bekamen aber von so vielen seiten abmahnungen, dass wir von dem gedanken abkamen. Jetzt haben wir alles reisen auf unbestimmte Zukunft vertagt; das wetter ist für mich noch immer nicht sicher genug, und ich möchte mir vorher hier etwas mehr an frische und beweglichkeit errungen haben. Sehr leid ist mirs aber, dass ich Dir mit dem altfranz. bilde noch die mühe von correspondenzen gemacht, gerade wo D u den gewohnten secretariatspflichten glücklich entronnen warst. Die sache hat gar keine eile. Ich bitte also auch nicht in Berlin zu drängen. Also der Theaetet-commentar beschäftigt Dich eben? Ich hatte ganz vergessen Dir darüber zu schreiben. Er bietet wieder eine grosse Überraschung, leider diesmal nach negativer seite. Man ist über diese dünne dürftigkeit erstaunt. Oder holt er im weiteren verlauf etwas condition nach? Gestern habe ich die Maria Aegyptiaca, wenigstens in der ersten roharbeit, fertig gestellt, welche in eine sehr erweiterte neuausgabe der Pelagia-legende kommen soll. Frohe und vom wetter begünstigte Ostertage wünscht dir und Deiner verehrten frau mit herzlichsten grüssen auch seitens seiner frau Dein H . Usener
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Brinkmann an Diels
Telegramm aus bonn
1905 den 21 t e n 10 um 8 Uhr 15 Min.
usener ist heut nacht am herzschlag sanft verschieden brinkmann
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Lili Usener an Diels
[Drucksache] Heute morgen 3 Vi Uhr verschied sanft am Herzschlage mein geliebter Mann Professor Dr. Hermann Usener. Im Namen der tieftrauernden Hinterbliebenen Frau Lili Usener. Bonn, 21. Oktober 1905. Die Beerdigung findet statt am Dienstag den 24. Oktober 3Vi Uhr vom Trauerhause Baumschuler Allee 26 nach dem alten Friedhof. 591
Diels — Usener — Zeller Briefwechsel Zweiter Band
Hermann Diels Hermann Usener Eduard Zeller Briefwechsel Herausgegeb en von Dietrich Ehlers Zweiter Band
Akademie Verlag
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Diels, Hermann: Briefwechsel/Hermann Diels; Hermann Usener; Eduard Zeller. Hrsg. von Dietrich Ehlers. - Berlin: Akademie Verl. I S B N 3-05-001124-6 NE: Usener, Hermann:; Zeller, Eduard:; Ehlers, Dietrich [Hrsg.}; Diels, Hermann: [Sammlung]; Usener, Hermann: [Sammlung]; Zeller, Eduard: [Sammlung] Bd. II (1992)
I S B N 3-05-001-124-6 Band II © Akademie Verlag GmbH, Berlin 1992 Die Akademie Verlag GmbH ist ein Unternehmen der VCH-Verlagsgruppe. Gedruckt auf säurefreiem Papier. Alle Rechte, insbesondere die der Ubersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. All rights reserved (including those of translation into other language). No part of this book may be reproduced in any form - by photoprinting, microfilm, or any other means - nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publishers. Satz: deutsch-türkischer fotosatz, Berlin Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Münzer" GmbH, O-5820 Bad Langensalza Einbandgestaltung: Ralf Michaelis, Berlin Printed in the Federal Republic of Germany
Inhaltsübersicht
Erster Band Vorwort 7 Korrespondenz Teil I H . Diels und H . Usener · Briefwechsel 1870-1905
21
Zweiter Band Korrespondenz Teil II H . Diels und E. Zeller · Briefwechsel 1877-1908 7 Korrespondenz Teil III H. Usener und E. Zeller · Briefwechsel 1879-1903 397 Anhang Zur Uberlieferung und Auswertung der Diels-Korrespondenz 412 Dokumentation zum Unternehmen der griechischen Aristoteles-Kommentare 429 Zeittafel 435 Bibliographie 453 Register 485
Korrespondenz Teil II Hermann Diels und Eduard Zeller Briefwechsel 1877-1908
Inhalt
1Λ 3Λ 5 8 . 5 9 . 6 2 . ' · , 63.=·, 65.*, 66.*, 69.*: UB Tübingen, Md 747-138. 2., 4.-57, 60., 61., 64., 67, 68., 70.-312.: AAW Berlin, Diels-Nachlaß 2. 1.* 2. 3.:;4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.
Diels an Zeller, Hamburg, 22. 1. 1877 Diels an seine Frau, Hamburg, 12. 4. 1877 Diels an Zeller, Berlin, 22. 11. 1877 Diels an Zeller, Berlin, 5. 1. 1878 Zeller an Diels, Berlin, 5. 1. 1878 Zeller an Diels, Berlin, 12. 3. 1878 Zeller an Diels, Berlin, 28. 3. 1878 Diels an Zeller, Berlin, 2. 5. 1878 Zeller an Diels, Berlin, 31. 5. 1878 Zeller an Diels, Berlin, 1. 6. 1878 Diels an Zeller, Berlin, 4. 6. 1878 Zeller an Diels, Berlin, 7 6. 1878 Diels an Zeller, Berlin, 8. 6. 1878 Zeller an Diels, Berlin, 17 6. 1878 Zeller an Diels, Berlin, 7 7 1878 Diels an Zeller, Paris, 9. Ζ 1878 Diels an Zeller, Paris, 11. 7 1878 Zeller an Diels, Berlin, 14. 7 1878 Diels an Zeller, Paris, 19. 7 1878 Diels an Zeller, Paris, 22. 7 1878 Zeller an Diels, Berlin, 9. 8. 1878 Diels an Zeller, Berlin, 18. 8. 1878 Zeller an Diels, Engelberg, 23. 8. 1878 Zeller an Bonitz, Berlin, 15. 10. 1878 Diels an Zeller, Berlin, 6. 11. 1878 Zeller an Diels, Berlin, 17 2. 1879 Diels an Zeller, Berlin, 15. 2. 1880 Zeller an Diels, Berlin, 15. 2. 1880 Diels an Zeller, Berlin, 26. 4. 1880 Diels an Zeller, Berlin, 28. 4. 1880 Diels an Zeller, Berlin, 5. 5. 1880 9
17 17 18 19 19 20 20 20 21 21 22 23 23 24 24 25 27 28 29 29 31 31 32 33 33 34 34 36 37 39 39
32. Belger an Zeller, Berlin, 8. 5. 1880 33. Diels an Zeller, Berlin, 5. 6. 1880 34. Zeller an Diels, Berlin, 11. 8. 1880 35. Diels an Zeller, Berlin, 13. 8. 1880 36. Zeller an Diels, Schönmünzach, 20. 8. 1880 37. Diels an Zeller, Berlin, 22. 8. 1880 38. Zeller an Diels, Berlin, 3. 11. 1880 39. Diels an Zeller, Berlin, 12. 11. 1880 40. Diels an Zeller, Berlin, 20. 2. 1881 41. Diels an Zeller, Berlin, 31. 5. 1881 42. Diels an Zeller, Berlin, 1. 6. 1881 43. Diels an Zeller, Warnemünde, 21. Ζ 1881 44. Zeller an Diels, Berlin, 25. 7 1881 45. Diels an Zeller, Warnemünde, 29. 7 1881 46. Zeller an Diels, Berlin, 29. 7 1881 47. Diels an Zeller, Warnemünde, 30. 7 1881 48. Zeller an Diels, Berlin, 6. 8. 1881 49. Zeller an Diels, Berlin, 20. 1. 1882 50. Diels an Zeller, Berlin, 26. 3. 1882 51. Zeller an Diels, Berlin, 27 3. 1882 52. Diels an Zeller, Berlin, 28. 12. 1882 53. Diels an Zeller, Berlin, 30. 12. 1882 54. Diels an Zeller, Berlin, 8. 1. 1883 55. Diels an Zeller, Berlin, 9. 1. 1883 56. Diels an Zeller, Berlin, 23. 3. 1883 57. Zeller an Diels, Berlin, 11. 4. 1885 58.-'- Diels an Zeller, Chur, 25. 8. 1886 5 9 . D i e l s an Zeller, Berlin, 16. 11. 1886 60. Diels an Zeller, Berlin, 21. 10. 1890 61. Zeller an Diels, Stuttgart, 3. 4. 1894 6 2 . D i e l s an Zeller, Berlin, 6. 4. 1894 63.* Diels an Zeller, Berlin, 21. 7 1894 64. Zeller an Diels, Berlin, 23. 7 1894 65.* Diels an Zeller, Gossensass, 24. 7 1894 66.* Diels an Zeller, Gossensass, 26. 7 1894 67. Emilie Zeller an Bertha Diels, Berlin, 27 7 1894 68. Zeller an Diels, Berlin, 10. 8. 1894 69.* Diels an Zeller, Gossensass, 15. 8. 1894 70. Diels an Zeller, Berlin, 5. 9. 1894 71. Zeller an Diels, Stuttgart, 6. 9. 1894 72. Diels an Zeller, Berlin, 15. 9. 1894 10
40 41 41 42 43 44 44 45 45 47 47 47 48 49 50 50 51 51 52 54 54 54 55 55 56 56 56 57 57 58 58 59 59 60 60 61 61 62 63 64 66
73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113.
Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels,
Stuttgart, 17 9. 1894 Berlin, 19. 9. 1894 Stuttgart, 21. 9. 1894 Berlin, 6. 10. 1894 Stuttgart, 27 10. 1894 Berlin, 29. 10. 1894 Stuttgart, 14. 11. 1894 Berlin, 14. 12. 1894 Berlin, 30. 12. 1894 Stuttgart, 3. 1. 1895 Berlin, 7 1. 1895 Stuttgart, 13. 1. 1895 Berlin, 21. 1. 1895 Stuttgart, 25. 1. 1895 Berlin, 2. 2. 1895 Stuttgart, 20./21. 2. 1895 Berlin, 31. 3. 1895 Stuttgart, 8. 5. 1895 Berlin, 21. 5. 1895 Stuttgart, 23. 5. 1895 Berlin, 24. 5. 1895 Berlin, 9. 6. 1895 Stuttgart, 16. 7. 1895 Berlin, 20. 7 1895 Stuttgart, 28. 7 1895 Berlin, 29. 8. 1895 Stuttgart, 2. 9. 1895 Berlin, 22. 10. 1895 Stuttgart, 12./13. 11. 1895 Berlin, 16. 11. 1895 Stuttgart, 24. 11. 1895 Berlin, 15. 12. 1895 Berlin, 16. 12. 1895 Stuttgart, 28. 12. 1895 Berlin, 31. 12. 1895 Berlin, 19. 1. 1896 Stuttgart, 28. 1. 1896 Berlin, 24. 2. 1896 Stuttgart, 31. 3. 1896 Berlin, 12. 4. 1896 Stuttgart, 12. 5. 1896 11
68 69 70 71 72 73 76 77 78 80 82 84 86 87 89 90 91 93 95 97 98 99 99 101 103 105 107 109 112 114 116 117 120 120 123 124 126 128 130 132 135
114. 115. 116. 117. 118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154.
Diels an Zeller, Berlin, 21. 5. 1896 Zeller an Diels, Stuttgart, 9. 6. 1896 Diels an Zeller, Berlin, 13. 6. 1896 Zeller an Diels, Stuttgart, Ζ Ζ 1896 Diels an Zeller, Berlin, 12. Ζ 1896 Zeller an Diels, Stuttgart, 9. 8. 1896 Diels an Zeller, Berlin, 23. 8. 1896 Diels an Emilie Zeller, Berlin, 26. 8. 1896 Diels an Zeller, Berlin, 8. 9. 1896 Diels an Emilie Zeller, Berlin, 23. 9. 1896 Zeller an Diels, Stuttgart, 29. 9. 1896 Diels an Zeller, Berlin, 1. 10. 1896 Emilie Zeller an Diels, Stuttgart, 16. 11. 1896 Diels an Emilie Zeller, Berlin, 17 11. 1896 Zeller an Diels, Stuttgart, 29. 12. 1896 Albert Zeller an Diels, Stuttgart, 30. 12. 1896 Sigwart an Diels, Tübingen, 5. 1. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 16. 1. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 21. 1. 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, 11. 2. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 17 2. 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, 9./10. 3. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 25. 3. 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, 14. 4. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 14. 5. 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, 8. Ζ 1897 Diels an Zeller, Berlin, 9. Ζ 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, 24. 7 1897 Diels an Zeller, Berlin, 26. Ζ 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, Ζ 8. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 9. 8. 1897 Bertha Diels an Zeller, Berlin, 22. 8. 1897 Zeller an Diels, Baden-Baden, 25. 8. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 6. 9. 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, 10./11. 10. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 12. 10. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 4. 11. 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, 7 11. 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, 11. 12. 1897 Diels an Zeller, Berlin, 13. 12. 1897 Zeller an Diels, Stuttgart, 10. 1. 1898 12
138 140 142 145 148 150 151 154 155 157 161 162 164 165 167 169 170 170 171 171 173 174 175 177 178 180 181 183 185 186 188 188 189 190 191 193 195 195 196 198 199
155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171. 172. 173. 174. 175. 176. 177. 178. 179. 180. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188. 189. 190. 191. 192. 193. 194. 195.
Diels an Zeller, Berlin, 20. 1. 1898 Diels an Zeller, Berlin, 18. 2. 1898 Zeller an Diels, Stuttgart, 20. 2. 1898 Diels an Zeller, Berlin, 25. 3. 1898 Zeller an Diels, Stuttgart, 30. 4. 1898 Zeller an Diels, Stuttgart, 7 6. 1898 Diels an Zeller, Berlin, 8. 6. 1898 Zeller an Diels, Stuttgart, 17 6. 1898 Diels an Zeller, Berlin, 30. 6. 1898 Zeller an Diels, Liebenzell, 30. 7 1898 Diels an Zeller, Vitznau, 11. 8. 1898 Zeller an Diels, Stuttgart, 22. 9. 1898 Diels an Zeller, Berlin, 14. 10. 1898 Zeller an Diels, Stuttgart, 27 11. 1898 Diels an Zeller, Berlin, 29. 11. 1898 Zeller an Diels, Stuttgart, 30. 12. 1898 Diels an Zeller, Berlin, 2. 1. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 19. 1. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 25. 1. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 16. 3. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 1. 4. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 3. 4. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 4. 4. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 11. 4. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 13. 4. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 1. 5. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 4. 5. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 5. 5. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 14. 5. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 16. 5. 1899 Diels an Zeller, Interlaken, 4. 8. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 6. 8. 1899 Diels an Zeller, Vitznau, 16. 8. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 13. 9. 1899 Diels an Zeller, Wiesbaden, 7 10. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 16. 10. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 24. 10. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 27 10. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 26. 11. 1899 Diels an Zeller, Berlin, 27 12. 1899 Zeller an Diels, Stuttgart, 28./29. 12. 1899 13
201 203 204 205 208 209 210 213 214 215 217 218 220 222 223 226 228 228 231 233 235 236 237 237 238 238 239 243 244 245 245 246 246 247 248 250 250 252 252 254 256
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Diels an Zeller, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller, Zeller an Diels, Diels an Zeller,
Berlin, 20. 1. 1900 Berlin, 26. 1. 1900 Stuttgart, 2Z 1. 1900 Stuttgart, 7 2. 1900 Berlin, 26. 2. 1900 Stuttgart, 26. 3. 1900 Berlin, 27. 3. 1900 Stuttgart, 3. 4. 1900 Bozen Greif, 9. 4. 1900 Stuttgart, 30. 5. 1900 Berlin, 14. 6. 1900 Stuttgart, 4./5. 7 1900 Wiesbaden, 7 8. 1900 Stuttgart, 4. 9. 1900 Berlin, 19. 10. 1900 Stuttgart, 24. 12. 1900 Berlin, 30. 12. 1900 Berlin, 20. 1. 1901 Stuttgart, 5. 2. 1901 Berlin, 5. 4. 1901 Stuttgart, 14. 4. 1901 Paris, 16. 4. 1901 Stuttgart, 4. 6. 1901 19. 7 1901 Stuttgart, 8. 8. 1901 Berlin, 9. 9. 1901 Stuttgart, 20. 10. 1901 Berlin, 21. 10. 1901 Berlin, 2. 11. 1901 Stuttgart, 4. 11. 1901 Berlin, 1. 12. 1901 Stuttgart, 30. 12. 1901 Berlin, 20. 1. 1902 Stuttgart, 18./19. 2. 1902 Berlin, 10. 4. 1902 Stuttgart, 27 4. 1902 Berlin, 13. 7 1902 Stuttgart, 6. 8. 1902 Unspunnen, 9. 8. 1902 Stuttgart, 14. 10. 1902 Berlin, 26. 11. 1902 14
257 258 259 259 261 263 264 265 267 268 269 271 273 275 276 278 279 281 282 284 286 287 287 288 290 292 295 296 298 298 299 301 303 305 306 308 310 312 314 315 316
237. Zeller an Diels, Stuttgart, 2. 12. 1902 238. Diels an Zeller, Berlin, Ζ 12. 1902 239. Diels an Zeller, Paris, 30. 12. 1902 240. Diels an Zeller, Berlin, 20. 1. 1903 241. Zeller an Diels, Stuttgart, \\J\2. 2. 1903 242. Diels an Zeller, Berlin, 26. 2. 1903 243. Diels an Zeller, Berlin, 14. Ζ 1903 244. Zeller an Diels, Stuttgart, 21. Ζ 1903 245. Diels an Zeller, Berlin, 22. Ζ 1903 246. Diels an Zeller, Berlin, 26. Ζ 1903 247. Zeller an Diels, Stuttgart, 4. 9. 1903 248. Diels an Zeller, Berlin, 16. 9. 1903 249. Diels an Zeller, Berlin, 15. 11. 1903 250. Emilie Zeller an Diels, Stuttgart, 4. 1. 1904 251. Zeller an Diels, Stuttgart, 3./4. 1. 1904 252. Albert Zeller an Diels, Stuttgart, 5. 1. 1904 253. Diels an Zeller, Berlin, Ζ 1. 1904 254. Zeller an Diels, Stuttgart, 4. 2. 1904 255. Diels an Zeller, Berlin, 5. 2. 1904 256. Diels an Zeller, Berlin, 28. 4. 1904 257. Schönleber an Zeller, Bologna, 28. 4. 1904 258. Zeller an Diels, Stuttgart, 29./30. 4. 1904 259. Diels an Zeller, Berlin, 8. 5. 1904 260. Diels an Zeller, Berlin, 15. 5. 1904 261. Zeller an Diels, Stuttgart, 21. 6. 1904 262. Diels an Zeller, Berlin, 22. 6. 1904 263. Zeller an Diels, Stuttgart, 5. Ζ 1904 264. Diels an Zeller, Berlin, 13. Ζ 1904 265. Diels an Zeller, Berlin, 25. 12. 1904 266. Zeller an Diels, Stuttgart, 3. 1. 1905 267. Diels an Zeller, Berlin, 20. 1. 1905 268. „Graeca" an Zeller, Berlin, 20. 1. 1905 269. Zeller an Diels, Stuttgart, 30. 1. 1905 270. Diels an Zeller, Berlin, 18. 3. 1905 271. Zeller an Diels, Stuttgart, 29. 3. 1905 272. Diels an Zeller, Berlin, 31. 3. 1905 273. Diels an Zeller, Berlin, Ζ 5. 1905 274. Zeller an Diels, Stuttgart, 14. 6. 1905 275. Diels an Zeller, Berlin, 15. 6. 1905 276. Albert Zeller an Diels, Stuttgart, 21. 6. 1905 277. Albert Zeller an Diels, Stuttgart, 28. 6. 1905 15
316 318 321 322 324 326 326 328 329 330 333 334 335 337 337 338 339 340 341 342 343 344 345 345 346 347 348 348 349 352 353 354 354 355 356 357 358 359 360 360 361
278. 279. 280. 281. 282. 283. 284. 285. 286. 287. 288. 289. 290. 291. 292. 293. 294. 295. 296. 297. 298. 299. 300. 301. 302. 303. 304. 305. 306. 307. 308. 309. 310. 311. 312.
Diels an Zeller, Grindelwald, Ζ 8. 1905 Zeller an Diels, Stuttgart, 8. 8. 1905 Diels an Zeller, Unspunnen, 19. 8. 1905 Zeller an Diels, Stuttgart, 19. 10. 1905 Diels an Zeller, Berlin, 22. 10. 1905 Zeller an Diels, Stuttgart, 29. 10. 1905 Zeller an Diels, Stuttgart, 17 11. 1905 Diels an Zeller, Berlin, 31. 12. 1905 Zeller an Diels, Stuttgart, 9. 1. 1906 Diels an Zeller, Berlin, 20. 1. 1906 Zeller an Diels, Stuttgart, 28. 1. 1906 Diels an Zeller, Berlin, 1Z 3. 1906 Zeller an Diels, Stuttgart, 19. 3. 1906 Diels an Zeller, Berlin, 21. 3. 1906 Diels an Zeller, Berlin, 20. Ζ 1906 Zeller an Diels, Stuttgart, 22. Ζ 1906 Diels an Zeller, Schierke, 24. 8. 1906 Zeller an Diels, Stuttgart, 29. 10. 1906 Albert Zeller an Diels, Stuttgart, 29. 10. 1906 Diels an Zeller, Berlin, 30. 10. 1906 Zeller an Diels, Stuttgart, 6. 11. 1906 Diels an Albert Zeller, Berlin, 11. 11. 1906 Diels an Zeller, Berlin, 30. 12. 1906 Zeller an Diels, Stuttgart, 12. 1. 1907 Diels an Zeller, Berlin, 20. 1. 1907 Zeller an Diels, Stuttgart, 24. 2. 1907 Diels an Zeller, Berlin, 25. 3. 1907 Zeller an Diels, Stuttgart, 14. 4. 1907 Diels an Zeller, Berlin, 21. 5. 1907 Diels an Zeller, Berlin, 4. 11. 1907 Zeller an Diels, Stuttgart, 14. 11. 1907 Diels an Zeller, Berlin, 29. 12. 1907 Zeller an Diels, Stuttgart, 3. 1. 1908 Zeller an Diels, Stuttgart, 22. 1. 1908 Albert Zeller an Diels, Stuttgart, 19. 3. 1908
16
361 362 363 364 365 367 368 369 369 370 371 372 373 374 374 375 376 376 377 378 381 381 382 383 383 385 386 387 388 389 392 393 394 394 395
1.*
Diels an Zeller Hamburg Ottostr. 5 22/1 77
Verzeihen Sie, hochverehrter Herr Professor, daß ich auf Ihre überaus gütigen Zeilen nur wenige Worte des Dankes erwiedre. Da ich den ganzen Winter mit Arbeiten zu sehr überhäuft bin, habe ich überhaupt meine ganze Correspondenz eingestellt. Sonst würde ich Ihnen auch für Ihre mehrfachen Zusendungen gedankt haben. Doch hoffe ich Ihnen im Sommer wenigstens etwas über Theophrast als Zeichen des lebhaften Interesses, mit dem ich alle Ihre Schriften verfoge, schicken zu können. Ich habe mir nemlich im vorigen Frühjahr dies Theophrastfragment näher angesehen und bin zu abweichendem Resultate gekommen. Doch das hängt mit andern Philonianis zusammen, was ich einmal im Zusammenhang besprechen will. Auch für die freundliche Aufnahme, die Sie meinen Apollodorversuchen in Ihrer vierten Auflage gewährt haben, bin ich Ihnen herzlich verpflichtet. In den strittigen Fällen hoffe ich durch etwas weitere Ausführung meiner manchmal etwas zu kurzen Worte (Empedokles) Ihre Zustimmung noch erlangen zu können. Sed his dabitur alius dies. Mit wie freundlichen Worten Sie meiner gedacht, hatte schon Director Classen, mein väterlicher Freund, mir erzählt. Ich hoffe, daß die Schritte, die ich unter Ihren Auspicien in Göttingen thun will, mit Erfolg gekrönt sein werden, zumal da ich Prof. Sauppe persönlich bekannt und mit Prof. Wachsmuth befreundet bin. Ein langgehegter Wunsch ist, Sie in den nächsten Sommerferien in Berlin begrüßen zu können. Nehmen Sie aber vorläufig den Ausdruck meines vielfachen Dankes entgegen. Ihr ergebner H. Diels.
2.
Diels an seine Frau
[Postkarte nach Wiesbaden, Schillerplatz 2] Brief erhalten. Du hoffentlich auch den meinen. Ist Ludwig wieder ganz wohl? Du mußt auch einmal Seating laufen etwa mit Paula, das wäre gewiß gesund. Dagegen ist der A...r nicht gesund, den wirst Du künftig sein lassen, was auch geschehen mag. Mit Münders habe ich gesprochen, nach Verabredung! Deinen Gennadino wirst Du erhalten. Gestern Abend war Prof. Zeller hier, um mir 17
die Betheiligung an den Arbeiten der Akademie anzubieten. Natürlich dankbar angenommen. Es wird gleich angefangen. Aus Italien wird nichts. Bunge hat das Geländer machen lassen. Sonst nichts Neues. Dein H D . [Hamburg] 12. IV 7 7 .
3.*':"
Diels an Zeller Berlin Elisabethufer 59. 22. X I . 7 7 .
Hochverehrter Herr Professor, Ihre Abhandlung über Ar. Metaphysik habe ich mit dem größten Danke empfangen. Sie haben für Theophrast ungefähr dieselben Stellen angezogen, die ich in den Anmerk. zur Gesch. d. Physik angemerkt hatte. U m so angenehmer wird es mir sein, nun einfach auf Ihre abschließende Abhandlung verweisen zu können. Der Druck meines Buches hat begonnen, doch geht die Correctur sehr langsam, da ich auf der Kgl. Bibliothek nur 3 Werke jeden Tag erhalten kann. D a ich es nun für meine Pflicht halte, alle Stellen mit den besten Ausgaben noch einmal zu vergleichen, so zieht sich diese mühselige Arbeit bei jedem Bogen mehrere Tage hin und verursacht viel zeitraubende Lauferei. Auf den Rath von Hrn. G R . Bonitz, der wegen seiner amtlichen Stellung nicht gern für mich intercedieren möchte, wage ich Sie zu bitten bei Hrn. Prof. Lepsius anzufragen, ob mir zum Zweck jener Arbeit nicht einige Erleichterungen gewährt werden können. Ich dächte es dürfte keinen unübersteiglichen Hindernissen begegnen, mir eine etwas größere Maximalzahl anzusetzen. O b es aus dienstlichen Gründen unthunlich ist, während der Bibliotheksstunden ein Buch in dringenden Fällen auch ohne vorherige Bestellung verabfolgt zu erhalten, weiß ich nicht. Jedesfalls würde ich für die geringste Erleichterung außerordentlich dankbar sein, da meine dienstliche Stellung nur sehr bemeßne Zeit am Tage übrig läßt. Für jede Bemühung aber, die Sie dabei haben werden, können Sie des lebhaftesten Dankes meinerseits gewiß sein. Ihr ergebenster H . Diels.
18
4.
Diels an Zeller Berlin S.O. Elisabethufer 59. 5. Januar 78.
Geehrter Herr Geheimerath, Nach einer vorläufigen Durchsicht von Torstriks Papieren fällt mir auf, daß von Vitellis Collation ν. Alexanders Metaphysik Bogen 1. 2. 15. 18. 19. 38. 42. 43. 44. fehlen. Da ich nicht glaube, daß Vitelli diese noch in Händen hat (ich habe jedoch bei ihm angefragt), so würde wol eine Anfrage bei der Wittwe nothwendig sein. Ebenso scheint Torstrik ein Exemplar des Spengel'schen Dexippus mit Collationen versehen zu haben, diese Ausgabe findet sich aber, wie Sie Sich erinnern werden, nicht bei den übersandten Büchern. Es wäre mir angenehm, wenn Sie mir über diese Punkte Auskunft geben könnten. Falls mündliche Besprechung erwünscht wäre, würde ich Dienstag [8.1.] 12 Uhr zu Ihrer Verfügung stehen. Hochachtungsvoll H. Diels.
5. Zeller an Diels Berlin 5. Jan. 1878. Geehrter Herr Doctor! Die fehlenden Fascikel des Simpl. hat ohne Zweifel noch Vitelli; wie ich außer dem anliegenden Brief desselben an Torstrik auch daraus abnehme, daß er uns die Honorarberechnung für seine Arbeit bis jetzt nicht geschickt hat, was sicher geschehen wäre, wenn die Collation schon vollendet u. Torstrik übersandt worden wäre. Dagegen habe ich von Dexippus in Torstriks mir überlieferter geschäftlicher Correspondenz keine Spur gefunden. Man könnte deßhalb noch einmal in Bremen anfragen; wahrscheinlich ist's aber vergeblich, u. da Sie einmal an Vitelli geschrieben haben, wird man dessen Antwort wegen des Simpl. vorher noch abwarten können. Sollten Sie am Dienstag um 12 U. kommen wollen (was aber wegen dieser Sache nicht nötig ist), so träfen Sie entweder auf dem Sprechzimmer der Universität oder dem Lesezimmer der K. Bibliothek Ihren ergebensten Zeller.
19
6.
Zeller an Diels
Berlin 12. März 1878. Geehrter Herr Doctor! Ueber den Porphyrius finde ich eine Notiz in dem anliegenden Brief, p. 3. Es ist der erste, den ich von Torstrik erhielt, als ich während der Gymnasialferien 1875 Herrn Bonitz zu vertreten hatte. Da der Codex nicht an die Akademie, sondern an die Kgl. Bibliothek verliehen u. die Abschrift daraus hier gefertigt wurde, wie es scheint, so glaube ich nicht, daß ihn Torstrik überhaupt erhalten hat. Vielleicht läßt sich aus Kunstmann's (bzw. Bonitz') Rechnungen ermitteln, wer die Abschrift gefertigt hat, u. dann auch, ob das Original der hiesigen Bibliothek zurückgegeben worden ist. Ganz der Ihrige Zeller. Den Torstrik'schen Brief bitte ich mir nur ganz gelegenheitlich zurückzugeben.
7.
Zeller an Diels Berlin 28. März 1878.
Geehrter Herr Doctor! Da Herr Bonitz wieder hier ist, könnten wir jetzt vielleicht unsere längst geplante Aristoteles-Sitzung halten. Ich erlaube mir daher, Sie zu derselben auf Montag 1. April 5 '/i U. in das Sitzungszimmer in der Akademie ergebenst einzuladen; darf Sie aber vielleicht vorher noch um ein Wort darüber bitten, ob Sie an diesem Tage kommen können, u. ob es Ihnen möglich ist, uns schon die Disposition der einzelnen Bände - natürlich vorerst noch etwas im Groben ^ vorzulegen. Hochachtungsvoll der Ihrige Zeller.
8.
Diels an Zeller Berlin Elisabethufer 59 2 Mai 1878.
Geehrter Herr Geheime Rath, Herr Dr. Freudenthal war so freundlich mich trotz der Kürze seines Aufenthaltes aufzusuchen. Er wünschte wegen der Unsicherheit seiner künftigen Stel20
lung in keiner Weise öffentlich gebunden zu erscheinen und nachdem er sich von dem bereits vorliegenden Materiale zu Alexander bei mir einen Ueberblick verschafft hat, scheint er nicht geneigt zunächst die Metaphysik in Angriff zu nehmen, sondern eher Themistius, in dem er mehr gearbeitet habe und für dessen Metaphysik Λ er das hebräische hdschr. Material sich verschafft habe. Danach würde er ev. vorziehen mit Themistius u. zwar de anima anzufangen, zu dem wir ja auch schon die Collat. der Paris, besitzen. Aber vorläufig will er auch hierin freie Hand behalten und es würde deshalb in dem Prospect seine Nennung nur so zu erfolgen haben, daß man seine Bereitwilligkeit an dem Unternehmen mitzuwirken im Allgemeinen erwähnte. Natürlich müßte dann die Metaphysik unter den Schriften genannt werden, deren Vorarbeiten am Weitesten gediehen seien. Indem ich Sie bitte diese Correctur vor dem Drucke gef. vornehmen zu wollen zeichne [ich]ergebenst H. Diels.
9.
Zeller an Diels Berlin W Magdeburgerstr. 4 31. Mai 1878.
Geehrter Herr Doctor! Aus dem anliegenden Blättchen von Dr. Mau werden Sie sehen, daß nun auch für Alexander zur 1. Analytik das wesentliche Material bald in unsern Händen sein wird; u. so könnte man vielleicht auch seiner Ausgabe näher treten. Bei Ihrer Reise nach Paris bleibt es ja doch wohl? Hochachtungsvoll Ihr ergebenster Zeller.
10.
Zeller an Diels
Berlin l . J u n i 1878. Geehrter Herr Doctor! Haben Sie die Güte, Sich die beiliegende Correctur anzusehen, u. dieselbe dann an Kastellan Vogt (Akademiegebäude, Universitätsstr. 8 N W ) zu schikken. Sollte nicht bei Bd. II der Commentar zur Topik dem zu den soph, elenchi vorangestellt werden? Bejahenden Falls bitte ich Sie, die Veränderung vorzunehmen;· wenn Sie aber der Ansicht sind, die hier gewählte Ordnung sollte belassen werden, so widerspreche ich auch nicht. So eben wird mir vom Aus21
wärtigen Amt das Paket aus Rom signalisirt; Sie werden daher seinen Inhalt vom nächsten Donnerstag an auf der Akademie in Augenschein nehmen können. Hochachtungsvoll u. ergebenst, Zeller.
11.
Diels an Zeller
Berlin, 4 Juni 1878. Geehrter Herr Geheime Rath, Ihre beiden Mittheilungen habe ich erhalten und freue mich, wie die Sache allerwärts in Fluß kommt. Den Mau'schen Apparat werde ich mir auf der Akademie abholen, um ihn in Paris zur genaueren Bestimmung der 8 Parisini der Analyt. zu verwenden. Die Correctur ist an Hrn. Vogt abgegangen. Sophistici elenchi habe ich nach Ihrem Monitum umgestellt. Einen besonderen Grund für meine Anordnung hatte ich nicht. Herr Dr. Belger hat jetzt den ganzen Apparat zu Simplicius de anima, Philoponus, Sophonias detto. Er wird mir dann nach einer genauen Prüfung der Hdss. angeben, was noch collationiert werden muß. Cod. Paris. 1921 der für Michael Ephesius und Themistius de anima, außerdem für Theophrast wichtig ist, ist ebenfalls angekommen. Ich werde nach Beendigung der Collation des Theophrast das Notwendige daraus collationieren und abschreiben, event, abschreiben lassen, wozu ich vielleicht Hrn. Wallies benutzen kann, wenn er mit dem Asclepius fertig ist. Ich darf wol Ihre Zustimmung hierzu voraussetzen. An meiner Reise nach Paris halte ich fest. Ich habe die nöthigen Dispositionen zur Abreise Ende Juni getroffen. Ich möchte Sie nur bitten mir von der Akademie oder der Commission aus eine Empfehlung an die Botschaft in Paris zu besorgen, die mir die weiteren Empfehlungen an die französ. Behörde (der Bibliothek zunächst) vermitteln würde. Wie werden Sie es mit dem Versenden der Separatabdrücke halten? Werden Sie den Herren, die sich unter der Hand bereit erklärt haben, gleichzeitig eine officielle Aufforderung mit der Uebersendung zuschicken oder erwarten Sie auf die Sendung hin zuerst ein Angebot von jener Seite? Für alle Fälle theile ich Ihnen die Adressen mit: Dr. K. Fuhr Elberfeld Gymnasium. Dr. G . Heylbut Göttingen Universitätsbibliothek. Anbei lege ich die von Ihnen damals gewünschte Benachrichtigung an die Akademie bei. Hochachtungsvoll H . Diels. 22
12.
Zeller an Diels
B. 7/6 1878. Geehrter Herr Doctor! Erst aus der Inlage erfuhr ich heute, daß das Heft des Stobäus, das mir nach Torstrik's Tod geschickt wurde, nicht uns gehört, sondern einem Prof. Hense in Freiburg, der es jetzt wieder haben will. Für den Fall, daß Sie irgend etwas darin nachzusehen hätten, können Sie dieß ja wohl in der nächsten Zeit thun (ich kann mir freilich nicht denken, was es uns bieten könnte). Das Heft selbst befindet sich ja wohl in der Akademie, oder haben Sie es noch bei sich? Hochachtungsvoll Zeller.
13.
Diels an Zeller
B. 8. Juni 1878. Geehrter Herr Geheime Rath, Das Heft des Stobäus, welches Torstrik Hrn. Prof. Hense zuzustellen vergessen hat (wie alle andern privaten Aufträge aus Spanien), habe ich heute an seinen Eigenthümer zurückgeschickt. Mit den Angelegenheiten der Akademie steht es in keinem Zusammenhange. Sie werden unterdeß meinen Brief erhalten haben, dessen Sie in Ihrem letzten Schreiben vom 7ten noch keine Erwähnung thun. Dürfte ich Sie vielleicht bitten, Hrn. Vogt die Anweisung zugehen lassen zu wollen, mir Simplic. in categor. und Alexander (der von Mau geschickte) zu übergeben? Wann könnte ich Sie wohl in den nächsten Tagen in Ihrer Wohnung antreffen? Ergebenst H. Diels.
23
14.
Zeller an Diels
Nächsten Donnerstag [20.6.] soll wegen der Pariser Reise [28.6.] Beschluss gefasst werden. Inzwischen werden Sie aber auch aus Breslau einen Brief erhalten haben, der noch eine Mailanda in Aussicht nimmt. Hierüber wäre es mir erwünscht mich mit Ihnen vorher noch besprechen zu können. Sie treffen mich am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag 10 U. auf der Universität; könnten Sie aber erst um 11 U. kommen, so wäre ich bereit, mich um diese Zeit auf der Bibliothek einzufinden, bäte aber in diesem Fall (sonst nicht) um Benachrichtigung. Z. 17/6 78.
15.
Zeller an Diels Berlin W Magdeburgerstr. 4 Ζ Juli 1878.
Geehrter Herr Doctor! Ihre Karte kam heute, wie der Augenschein zeigt, in meine Hände; schon vor einigen Tagen theilte mir Herr Kunstmann Ihr Schreiben nebst der Rechnung u. dem Brief Vitelli's mit. Die erstere verursachte mir durch ihre Höhe einen gelinden Schrecken. Im gegebenen Fall· ist ja nichts zu machen: der Preis für jede der 65 Sedute ist der übliche. Für die Zukunft wird man sich aber allerdings überlegen müssen, ob wir bei größeren Arbeiten nicht am Ende billiger fahren, wenn wir sie durch jemand ausführen lassen, der von hier aus hinreist. Unter diesen Umständen war es mir nicht sehr bequem, gestern einen Brief von Vitelli zu erhalten, worin er schreibt, er sei bereit, Mitte d. Mts. nach Modena abzureisen u. den dortigen Simplicius De coelo zu collationiren. Da wir ihm außer den Reise- u. Aufenthaltskosten doch auch seine Arbeit selbst vergüten müssen, wird die Sache ziemlich theuer kommen. Indessen ist ihm der Auftrag (schon von Torstrik her) einmal ertheilt, u. ich weiß auch nicht, was wir anderes hätten thun können. Ich schrieb ihm daher, wir seien mit seiner Reise nach Modena einverstanden; die Bedingungen betreffend, so bestehe hierüber kein fester Usus bei der Akademie (ich glaube kaum, daß ein analoger Fall bis jetzt vorkam); deutsche Gelehrte pflegen blos die Reise- u. Aufenthaltskosten ersetzt zu bekommen; er habe natürlich außerdem auch auf eine Entschädigung für Zeit u. Arbeit Anspruch, die aber mit Rücksicht auf den Ersatz der Aufenthaltskosten doch etwas anders als bei den bisherigen Arbeiten zu bemessen sein werde; da ich aber den Umfang seiner Arbeit nicht beurtheilen könne, müßte ich ihm anheimgeben, unter Berücksichtigung aller 24
Umstände zu berechnen, was billig sei. Seine Addresse ist: Firenze Via S. Ambrogio 16 2° p°. Was denken Sie über Freudenthals Reise nach Mailand? Nach seinem letzten Brief (vom 11. v. Mts.) ist er erbötig, sie zu machen, macht aber die bestimmtere Entschließung noch von der Entscheidung über seine künftige akademische Stellung abhängig, die bis jetzt nicht erfolgt ist. Es wäre nun ohne Zweifel angezeigt, daß er diesen Herbst geht; vielleicht aber besser, dieß erst Ende August zu thun, wenn die schlimmste Hitze vorüber ist. Wie lange denken Sie denn, daß er sich etwa in Mailand aufzuhalten braucht? Ich muß mich heute auf diese geschäftlichen Dinge beschränken. Bitte, grüßen Sie Herrn Dr. Bruns von uns, lassen Sie Sich Paris gut bekommen u. seien Sie bestens gegrüßt von Ihrem ergebenen Zeller.
16.
Diels an Zeller Paris 9. Juli 1878 Hôtel de Strassbourg No. 19. Rue de Richelieu 50.
Geehrter Herr Geheime Rath, Ihre geehrten Zeilen haben mich glücklich erreicht, nachdem natürlich zuerst ein Franzose sie durch die Ungeschicklichkeit der concierge zugestellt erhalten hatte. Trotz dieser hier unvermeidlichen Unfälle sind wir hier ganz leidlich aufgehoben. Wir haben zwei Zimmer neben einander erhalten, die à 6 fr. berechnet werden. Vielleicht werden wir noch eine Treppe höher ziehen können, wenn diese Zimmer frei werden. Auch auf der Bibliothek haben wir uns eingewöhnt und man kommt uns wenn auch nicht immer höflich, so doch pflichtgemäß entgegen. Dies gilt von den Unterbeamten. Wie die höheren Beamten sind, wird sich erst noch herausstellen. Leider sind wir in unsern Arbeiten vorläufig auf die 6 Stunden von 10-4 beschränkt und obgleich ich in Berlin gebeten hatte, daß mir die Gesandtschaft hier ausdrücklich die nöthige Caution beim Entleihen von Handschriften ins Haus besorgen möchte, erklärte mir der Beamte der Botschaft (ich glaube er heißt Höhn): Eine solche Bitte sei von Berlin aus nicht an die hiesige Botschaft gestellt worden. Auch würden sie sie nicht unterstützen, da solche Gesuche erfahrungsmäßig aussichtslos seien. Mittlerweile habe ich von Prof. Schoene und Bonnet erfahren, daß das allerdings häufig sogar noch in der allerletzten Zeit vorgekommen sei und ich werde deßhalb morgen Grafen Wesdehlen selbst meine Aufwartung machen um die Caution der Botschaft zu erlangen. Hoffentlich habe ich einigen Erfolg, 25
da die Masse des hier auch nur in beschränktem Umfange zu Leistenden sehr bedeutend ist. Da sind zunächst 3 Sachen ganz abzuschreiben 1) Stephanus in Hermeniam aus der Schule des Ammonius (vor der eigentl. byzant. Zeit, von den Arabern citiert) 2) Ammonius in I Prior. Analyt. beides in einer uralten Handschr., die ich wegen der Schwierigkeit der Lesung selbst vorgenommen und von Stephanus, der 45 Blätter füllt 15 abgeschrieben habe. 3) Alexander in Posteriora. Dr. Bruns hat die kleineren Tractate bei Brandis vorgenommen, von denen es eine große Anzahl hier in abweichenden Recensionen gibt. Dies ist nothwendig um den Zusammenhang und die Verfasser dieser Abhandlungen herauszubekommen. Dann werden noch die Collationen von Porphyrius, Dexippus und Asclepius vorgenommen werden müssen abgesehen von den Handschr., die behufs umfangreicherer Proben vorgenommen werden müssen. Dr. Bruns geht es noch etwas langsam von der Hand, aber er gibt sich Mühe und macht es recht sorgfältig. Hier war, wie ich jetzt allenthalben höre, ein Collator nicht aufzutreiben. Vitellis Rechnung ist allerdings im Vergleich zu seinen früheren Leistungen und Maus Arbeiten etwas hoch. Aber da es zwei, stellenweise 3 Handschr. zum Theil unleserliche waren und namentlich das Exemplar sehr arg beschmiert ist an den Rändern, so kann man sich die Sache vielleicht erklären. Daß bei solchen Arbeiten ein gut geschulter deutscher Gelehrter billiger arbeitet, glaube ich auch. Aber freilich dieser Simplicius de caelo wird wol noch von ihm besorgt werden müssen. Wie lange Freudenthal in Mailand zu thun haben wird, läßt sich gar nicht berechnen. Ist Torstriks Vermuthung berechtigt, daß der Ambrosian. stellenweise Original ist also abgeschrieben werden muß, so wird der Aufenthalt kaum kürzer als einen Monat dauern können, wahrscheinlich länger. Ist die 'Hdschr. aber bloß Auszug also werthlos, dann wird eine Woche zur Besichtigung pp genügen. Vielleicht wäre es praktisch, 1 Monat anzusetzen und falls diese Zeit durch Alexander nicht ausgefüllt wird, eine Reihe wichtiger Collationen, die in Mailand vorgenommen werden müssen, durch ihn ausführen zu lassen. Freudenthal würde gewiß gern dazu erbötig sein. Aber freilich scheint er oder vielmehr die Regierung mit der Regelung seiner Angelegenheiten länger als man denken sollte zu zögern. Wird sich dies denn noch vor August entscheiden? So drängen sich plötzlich die Reisen für das Aristotelesunternehmen zusammen und ich kann mir denken, daß es für Sie nicht leicht sein wird, die nöthigen Dispositionen zu treffen. Aber ich glaube allerdings nicht, daß das Unternehmen wirklich in Fluß kommt, wenn nicht jetzt im Anfange den betreffenden Gelehrten wenigstens die Hauptsachen in die Hand gegeben werden können. Ich glaube daher, daß man auch für den Winter umfangreichere Arbeiten in Italien wird vornehmen müssen, wenn die Akademie die nöthigen Mittel 26
dazu disponibel hat. An Vitelli habe ich vor einigen Tagen meine Adresse geschickt. Er ist mit Allem für Modena versehen. Ich hoffe, daß er mir vorher noch einmal hier herschreibt. An Freudenthal werde ich (etwa Ende dieses Monats) den Apparat zu Alexander schicken, wenn nicht etwas anderes bestimmt werden sollte. Wenn es Sie nun zum Schlüsse interessirt, auch noch etwas über unsern hiesigen Aufenthalt zu hören, so können wir uns freuen, es recht günstig getroffen zu haben, da die Witterung sehr mäßig warm ist und die Stadt selbst der Ausstellung wegen sich sehr glänzend präsentiert. Die Preise sind eigentlich nur für die Wohnungen in die Höhe gegangen, aber freilich an und für sich ziemlich höher als bei uns. Über die Reichhaltigkeit der hiesigen Museen, zu denen noch die retrospective Ausstellung auf dem Trocadero dazukommt, können wir uns nicht genug wundern. Indem ich Sie bitte den andern Herren der Akademie sowie Ihrer Frau Gemahlin empfehlen zu wollen zeichne ergebenst H . Diels. Dr. Bruns trägt mir herzliche Grüße an Ihre werthe Familie auf.
17. [Postkarte]
Diels an Zeller [Paris, 11. Juli 1878] Hôtel de Strassbourg, 50 Rue de Richelieu
Ich war gestern auf der Botschaft, wo ich Graf Wesdehlen nicht traf. Der Beamte aber erklärte mir wiederholt, die Botschaft sehe in dem ChambregarniWohnen keine genügende Sicherheit, so dass sie die Garantie nicht übernähmen. Mr. Delisle aber der Director der Bibliothek sagte mir sofort zu, dass von ihrer Seite keine Schwierigkeiten gemacht würden, wenn die Ambassade garantierte. Wäre vielleicht in Berlin (Geh. R. Curtius kennt Hohenlohe) etwas zu thun, um die Botschaft nachgiebiger zu machen? Ergebenst H . Diels
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18.
Zeller an Diels Berlin W Magdeburgerstr. 4 14. Juli 1878
Geehrtester Herr Doctor! Auf Ihren Brief that ich hier zunächst keinen weiteren Schritt, weil ich hoffte, Ihr Besuch auf der Botschaft werde zum Ziel führen. Nach Empfang Ihrer Karte suchte ich sofort Curtius auf, konnte aber seiner erst gestern Abend habhaft werden. Er wollte nun gestern noch an Fürst Hohenlohe schreiben, u. ihm den Brief heute früh zuschicken. Hoffentlich ist er noch hier, u. macht es Ihnen möglich, die Handschriften in's Haus zu bekommen. Vahlen sagte mir, daß ihm dieß seiner Zeit, auf Empfehlung der östreichischen Botschaft, ohne allen Anstand gewährt worden sei. Von Freudenthal erhielt ich dieser Tage einen etwas eigenthümlichen Brief. Er verlangt Erlaubniß u. Mittel zu einer sechsmonatlichen Reise, um alle Handschriften von Alexanders Metaphysik selbst untersuchen zu können. Ich antwortete ihm nach Rücksprache mit den Herrn Bonitz u. Vahlen, über diesen Antrag können wir erst nach Ihrer Zurückkunft Beschluß fassen; bisher haben wir aber allerdings angenommen, daß die Auswahl der zu collationirenden Handschriften durch Torstrik getroffen sei, u. es wäre eine außerordentliche Erschwerung des ganzen Unternehmens, wenn jeder Herausgeber einer Schrift mit der Untersuchung der Manuscripte von vorn anfangen wollte. Da er andeutete, daß er eventuell seinen Auftrag der Akademie zurückzugeben bereit sei, fügte ich bei: wir legen zu großen Werth darauf, ihn von ihm besorgt zu wissen, als daß wir nicht nöthigenfalls noch etwas länger warten wollten; für den nächsten Winter könne meines Erachtens an eine so umfassende Reise keinesfalls gedacht werden, wogegen für die nach Mailand (die er aber, wie er schreibt, erst Mitte September antreten könnte - u. sind nicht am Ende im Oktbr. die italienischen Bibliotheken geschlossen?) die Mittel bereit liegen. Hier ist es im Augenblick sehr ungemüthlich: der Wahllärm, der von allen Seiten viel Schmutz aufrührt, das nasse Wetter, das ernstliche Sorge für die Erndte erweckt, u. s. w. Danken Sie Gott, daß Sie in Paris sind, überarbeiten Sie Sich nicht, bleiben Sie mit Hrn. Dr. Bruns freundlich gegrüßt von meiner Frau u. Ihrem ergebenen Zeller.
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19.
Diels an Zeller
[Postkarte] Wir haben die Wohnung gewechselt, weil die Botschaft, die nun endlich auf energische Intercession von Schoene sich anschickt uns die Garantie zu geben, wünschte, dass wir ein ihr bekanntes Hotel bezögen. Wegen der noch notwendigen Autorisation des CWtasministerium an das auswärtige Amt habe ich der Kürze wegen direct an Hrn. Geh. R. Goeppert geschrieben. Ich hoffe bis Ende der Woche im Besitze zu sein. Dann geht die Malice von Wescher an. Die Affaire Fr[eudenthal] hat mich höchlichst verwundert. Ich hatte schon die Notizen über Al. Met. Torstriks vervollständigt, als mich die Nachricht von Ihnen traf. Würde es sich nicht empfehlen, dass Hr. Fr. sich erst einmal das Material ansehe? Ich glaube nicht, dass von alten Hdschr. etwas übersehen ist und die spätem kann man ja von Italien wie von hier sich schicken lassen. Jedenfalls halte ich eine unvorbereitete Reise in diesem Herbste für wenig opportun. Ich halte den Apparat für Sie bereit, um ihn entweder direct an Fr. abzuschicken oder mitzubringen, was ich für besser halte, da ich hier keine Zeit habe um Torstriks Notizen aus den Notizbüchern abzuschreiben. Heute ist der Stephanos fertig geworden. Dr. Bruns hat einige Hdss. für Porphyrius verglichen. Er kommt sehr gut hinein. Mit frdl. Grüssen Ihr H. Diels. Paris 19 Juli 1878 Hôtel des Ambassadeurs, 45 Rue de Lille
20.
Diels an Zeller
[Paris], 22. Juli 1878. Geehrter Herr Geheime Rath, Die beiden Paquete sowie Ihre beiden Briefe sind glücklich in meine Hände gelangt. Indem ich Ihren dies sofort anzeige, theile ich Ihnen mit, daß es uns soeben geglückt ist 2 Handschriften (David und Dexippus) nach Hause zu bekommen. Sie haben Recht! Was für Weitläufigkeiten! Aber nur auf Seiten der deutschen Botschaft. Denn als ich Hrn. Delisle besuchte, bot er mir ohne daß ich davon geredet hatte, das Entleihen der Hdschr. an und als ich heute meine Autorisation einreichte, hatte der Beamte die Güte selbst Wescher zu bearbeiten, so daß er, was zu den Seltenheiten gehört, mir an demselben Tage noch die Handschriften überreichte und seine Bedenken gegen die Collectivautorisation fallen ließ. 29
Ich glaube es wäre sehr angezeigt, daß man von maßgebender Stelle aus die Botschaft darauf aufmerksam machte, daß der Akademie mit einer solchen Vertretung der deutschen Interessen im Ausland wenig gedient ist. Ich werde morgen Grafen Wesdehlen besuchen, um ihm zu danken. Vielleicht findet sich die Gelegenheit eine Bitte derart passend einfließen zu lassen. Unsre Arbeiten sind in der beschränkten Zeit nicht nach Wunsch gefördert worden namentlich weil sich sehr viel abzuschreiben gefunden hat. So ist z.B. Cramer dem Herausgeber] der Anecdota folgendes passiert. Er schreibt den Anfang von Davids Prolegomena, die bei Brandis jämmerlich verkürzt sind, ab, auf dem letzten Blatte heißt es mitten im Satz caetera desunt. Aber die betr. Hdschr. aus der Cramer schöpfte ist ganz vollständig und hat ca. 50 folia mehr! Es war offenbar dem gelehrten Herrn zu langweilig geworden abzuschreiben. In derselben Hdschr. befindet sich auch ein Commentar Davids zu den Categorien, der fast vollständig abgeschrieben werden muß. Dr. Bruns hat ihn jetzt auf seinem Zimmer. Ich bin nach Beendigung des Stephanos mit Dexippos und Simplicius zu den Kategorien beschäftigt. Von Vitelli hatte ich vorgestern eine Karte, worin er mir seine Ankunft in Modena Hotel reale meldet. Er ist dabei, mir von dem famosen Olympiodor in categor., von dem ich Ihnen früher erzählte, eine Probe(abschrift) zu machen. Sodann wird er sich an Simplic. de caelo machen, dessen Apparat in seinen Händen ist. Uber Weiteres (conti pp) hat er mir nichts geschrieben. Er sagte mir, daß Dr. Meyncke eben in Florenz sei und sich dazu bereit erklärt habe den cod. A Marcian. für Simplic. Phys. V - V I I I zu collationieren. Ich habe ihm geschrieben, daß die letzten Bücher, da sie eine gesonderte Ueberlieferung haben, vorläufig nicht von mir in Angriff genommen würden, daß also eine Collation nicht dringend sei. Ich hoffe dies in Ihrem Sinne gethan zu haben, da wir unsre Kräfte für die unmittelbar bevorstehenden Aufgaben concentrieren müssen. Sind die Abzüge aus den Monatsberichten schon fertig? Prof. Schoene wird in diesen Tagen an Sie geschrieben haben. Er wohnt ganz in unserer Nähe und ist uns für allerlei Dinge von Nutzen. Mit dem Wechsel unsrer Wohnung sind wir zufrieden, da für unsre häusliche Arbeit dieser Stadtteil ruhiger ist. Dr. Bruns dankt herzlich für Ihre Grüße. Er ist sehr fleißig und hat sich gut eingearbeitet. Mit den besten Grüßen für Sie und Ihre l[iebe] Familie Ihr ergebner Diels. Graux, den ich kürzlich gesehen, theilte mir mit daß Philop. d. anima von seinem Schüler Dulac halb verglichen sei. D a die Herren gern die Aufgabe los sein wollten, so habe ich den Auftrag zurückgezogen und Bruns wird die Collation beendigen. Sie sind wohl damit einverstanden.
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21.
Zeller an Diels
Berlin, 9. Aug. 1878. Geehrter Herr Doctor! Da ich morgen auf 5 - 6 Wochen verreise, kann ich Sie nur auf diesem Wege hier begrüßen. Gern hätte ich Ihre Rückkehr noch abgewartet; Sie werden aber auch ohne mich zurechtkommen. Nöthigenfalls finden Sie als Vertreter unserer Commission Herrn Prof. Vahlen; Herr G.R. Bonitz ist auch verreist. Ihre Rechnung bitte ich Sie mit Herrn Kunstmann zu liquidiren; was natürlich nur provisorisch geschehen kann. Freudenthal habe ich auf den anliegenden Brief geantwortet: Da wir jetzt nicht mehr in der Lage seien, über eine mehrmonatliche Reise von ihm Beschluß fassen zu können, u. dazu auch die Mittel augenblicklich nicht bereit liegen, sehe ich keinen anderen Ausweg, als die Frage zu vertagen. Zur Versendung unserer Ankündigung (von der Sie einige Exemplare in Paris erhalten haben werden, kam ich nicht mehr, nur Frau Torstrik habe ich sie geschickt. Vogt hat die Abzüge. Mit freundlichem Gruß Ihr ergebener Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, 18. Aug. 1878. S.O. Elisabethufer 59.
Geehrter Herr Geheimerath, Ihre Mittheilung, die mich bei meiner Ankunft am 11. d. M. freundlichst hier begrüßte, beantworte ich erst heute, da ich Sie nicht während Ihrer Wandertouren mit Geschäftlichem behelligen wollte. Unterdeß haben Sie, wie ich höre, einen dauernden Aufenthalt in Engelberg genommen und ich erlaube mir, indem ich alle übrigen Angelegenheiten auf Ihre Rückkehr aufspare, nur wegen einer Sache Sie um Ihre Meinung zu fragen. Herr Vogt übergab mir einen Pack S[eparat] A[bzüge] der Monatsberichte, von denen ich erst sehr wenige an fernerstehende Interessenten verschickt habe. Wünschen Sie nun, daß ich Exemplare davon an die betr. Zeitschr. mit der Bitte um Berücksichtigung in irgend einer Form einschicken soll? Ferner tritt die Frage der Mitarbeiter näher. Für Porphyrius und Dexippus ist das wesentliche Material von Dr. Bruns und mir in Paris beschafft worden. Wollen Sie nun, daß ich mit der Uebersendung eines Exemplars Herrn Dr. Fuhr in Elberfeld officiell frage, ob 31
er zur Uebernahme der betr. Schriftsteller zunächst des Dexippus (dessen Handschriftenfrage sehr einfach ist) bereit sei? Herrn Prof. Freudenthal werde ich nächstens einmal schreiben. Ich hoffe, daß nach günstigem Gebrauch des Bades ein gewisser Ton der Gereiztheit verschwunden sein wird, der in jenem letzten Briefe gewiß wider seinen eignen Willen durchklang. Ich werde ihm dann vorzustellen suchen, daß er Unrecht thäte nach einzelnen Versehen Torstriks, von denen ich ihm einmal sprach, die ganze Leistung einfach zu ignorieren und sich über die Dauer seiner Reisen näher auszusprechen, bevor er jenes Material näher betrachtet habe. Zuletzt ein Curiosum! Der von mir an Hrn. G.R. Goeppert gerichtete Brief ist vom auswärtigen Amt zurückgekommen mit abschläglichen Bescheide. Der Reichskanzler könne sich zur Garantie nicht verstehen, „weil die franz. Bibliotheksverwaltung an der Regel festhalte, Handschriften weder an Einheimische noch an Fremde in Privatwohnungen zu verleihen". Gott sei dank, traf mich der Brief in Berlin. Aber ich glaube die Sache dabei nicht bewenden lassen zu dürfen. Ich weiß nur nicht, ob ein Besuch bei Herrn G.R. Goeppert oder eine Vorstellung durch ihn an d. ausw. Amt zweckdienlicher ist. Ich sehe nicht ein, warum wir hinter den anderen Nationen zurückstehen sollen und wenn es auch jetzt für uns wenig Nutzen mehr haben kann, so liegt es doch im Interesse der deutschen Wissenschaft die deutsche Botschaft zu denselben liberalen Anschauungen zu bekehren, wie sie die französ. Behörden thatsächlich bekundet haben. Ihnen, verehrter Herr Geheime Rath wünsche ich in Ihrem jetzigen Aufenthalte vollständige Erholung. Ihr ergebner H. Diels.
23.
Zeller an Diels Engelberg 23. Aug. 1878.
Lieber Herr Doctor! Zunächst meinen Glückwunsch zu Ihrer glücklichen Zurückkunft. Was Ihre Fragen betrifft, so wird es zunächst, die Separatabzüge anbelangend, wie ich denke, ganz angemessen sein, wenn Sie an geeignete Zeitschriften, die solche Notizen zu bringen pflegen, wie das Liter. Centraiblatt, Exemplare versenden; mit einer Zuschrift dazu sich zu bemühen, wird kaum nöthig sein. Mit der Einladung des Dr. Fuhr zur Uebernahme des Porphyrius u. Dexippus bin ich vollkommen einverstanden. Doch möchte ich Sie bitten, mit Herrn Prof. Vahlen, als dem in Berlin anwesenden Mitglied unserer Commission, vorher Rück32
spräche zu nehmen u. die Aufforderung nur dann ergehen zu lassen, wenn er gleichfalls zustimmt. Der Bescheid des Reichskanzleramts hat mich sehr überrascht. Es wird zu erwägen sein, ob nicht die Akademie nach den Ferien eine Vorstellung an das Reichskanzleramt richten sollte, die wahrscheinlich Aussicht auf Erfolg hätte. Das Wetter ist uns hier nicht eben günstig. Vom 13.-23. zwei schöne, allerdings sehr schöne Tage, sonst, bei vorherrschendem Süd- u. Südwestwind, meist bewölkter Himmel, fast jeden Tag mehr oder weniger Regen. Doch sind wir sehr viel im Freien, haben gute Luft, gute Verpflegung, hübsche Umgebung u. angenehme Gesellschaft, u. so denken wir noch bis um die Mitte der nächsten Woche hier zu bleiben, unsere weiteren Pläne aber vom Jupiter pluvius abhängig zu machen. Mit unsern besten Grüßen Ihr freundschaftlich ergebener Zeller.
24.
Zeller an Bonitz Berlin W Magdeburgerstr. 4 15. Oktbr. 1878.
Verehrter Freund! Da ich gestern keine Gelegenheit hatte, Ihnen in der Sitzung unserer Klasse den beiliegenden Brief Freudenthals an Diels mitzutheilen, thue ich es heute, u. verbinde damit die Bitte, daß Sie übermorgen um 5 ιΛ U. nach der Akademiesitzung an einer Besprechung unserer Commission theilnehmen, in der Diels über seine Reise u. den Stand unserer Geschäfte berichten wird, u. wohl auch einige Beschlüsse werden gefaßt werden können. Mit freundschaftlicher Ergebenheit Ihr Zeller.
25.
Diels an Zeller
[Postkarte] Die Sammlung der fragmenta Theophrasti Φυσικών δοξών beginnt Doxographi graeci p. 473. Dr. Fuhr in Elberfeld hat seine Betheiligung für Porphyrius, Dexippus, Simplicius in categ. zugesagt. Ergebenst 6 Nov. 1878. HDiels. 33
26.
Zeller an Diels Berlin W Magdeburgerstr. 4 17 Febr. 1879.
Geehrter Herr Doctor! So eben komme ich aus der Sitzung der phil.-histor. Klasse der Akademie, der ersten, in der ich Ihren Antrag vorlegen konnte. Die Klasse ist nun auch ganz geneigt, denselben zu befürworten; nur wurde von ihren hierin erfahrensten Mitgliedern bemerkt, mehr als zwei Handschriften werde man weder von Paris noch von Venedig gleichzeitig erhalten, u. auch die Vermittlung des Auswärtigen Amtes kaum für mehr in Anspruch nehmen können, wogegen von Wien auch wohl drei zu bekommen sein würden. Ich bin daher beauftragt, Sie zu ersuchen, von den Pariser u. Venetianischen Handschriften je zwei zu bezeichnen, deren Benützung zur Zeit am wünschenswerthesten erscheint; wobei noch bemerkt wurde, daß man Handschriften verschiedener Werke leichter, als solche desselben Werks, gleichzeitig bekommen werde; u. ich will mich dieses Auftrags sofort entledigen, da wir dann vielleicht Mittwoch Abend darüber Rücksprache nehmen können. Ergebenst der Ihrige Zeller.
27.
Diels an Zeller Berlin 15 Febr. 1880 Elisabethufer 59 S.O.
Geehrter Herr Geheime Rath, Ich habe Ihre Genehmigung zu verschiednen Vornahmen betr. die Aristotelescommentare einzuholen. 1) Vitelli hat die Collation der letzten noch nicht verglichenen Handschrift zu Simpl. phys. (Laur. 85,5) geschickt mit der Rechnung (fr. 150). Ich werde die Rechnung Kunstmann vorlegen. 2) G.R. Bonitz theilte mir in seinem u. Pr. Vahlens Namen mit, daß sie nach Einsicht in Vitellis Arbeiten das Vertrauen hätten, daß er die ihm aufgetragene Arbeit gewissenhaft anfertigen würde. Ich möchte daher ihm Philoponus Physik I - I V (mit dem ungedruckten Commentar εις τα επίλοιπα) überschicken. Er wird selbst die nothwendige Collation der Florentiner und dorthin geschickten Marciani vornehmen können. Dagegen müssen wir wol die Collation des einen in einigen Büchern maßgebenden Vaticanus durch Mau oder einen andern der Capitolinischen Herren besorgen lassen. Ich habe angefragt, ob 34
dort jetzt Zeit ist, da diese Collation wol zuerst angefertigt werden muß. Fraglich ist es mir, ob Vitelli als Herausgeber für die Collation ein Honorar bekommt. 3) Hayduck war verhindert bisher an Simpl. de anima anzufangen, da ihm ein Exemplar zum Vorbereiten des Druckes fehlte. Er dachte an Abschreiben, aber es ist mir gelungen Usener dazu zu bewegen sein Exemplar abzutreten. Er wünscht dafür als vorläufigen Ersatz von der Akademie die Ausgabe von Alexander de sensu ed. Thurot, da dieser sich in demselben Bande befindet. Ferner nach Edition der neuen Akademie-Ausgabe ein Exemplar der in dem Bande enthaltenen Schriften. Wenn Sie in diese Bedingung willigen, werde ich Hrn. Kunstmann mit der Anschaffung des Thurot'schen Alexander beauftragen und zwar in 2 Exemplaren, da wir ja auch eines für die künftige Ausgabe haben müssen. 4) Schließlich eine allgemeine Frage. In der letzten Commissionssitzung war, soweit ich es verstand, von einem Honorar die Rede, welches den Mitarbeitern gewährt werden sollte. Dies steht nach meiner Erinnerung mit früheren Äußerungen im Widerspruch, wonach diese Arbeiten der Akademie honoris causa geliefert würden. Wenn die erstere Auffassung richtig ist, so würde ich es für passend halten, das den Mitarbeitern mitzutheilen. Ich hatte in meinen Mittheilungen bisher erwähnt, daß ein Honorar nicht gezahlt würde. 5) Freundenthal hat die Correspondenz wegen Averroes begonnen und ich selbst werde in Spanien und Paris Nachforschungen anstellen lassen. Ich habe ihm geschrieben, daß kleinere Recherchen ohne weiteres von ihm auf Kosten der Akademie angeordnet werden möchten, dagegen größere Unternehmungen vorher mit der Commission berathen werden müßten. Er schreibt mir auch, daß er im Besitze der Lösung von Philo de incorr. mundi ist. Keiner von uns beiden habe Recht, jedoch theilt er mir seine Ansicht nicht mit, nur möchte er „die Einheit des Ganzen nachzuweisen unternehmen". Ich habe noch nicht Zeit gefunden die Frage, die allerdings noch des arbiter harrt, aufs Neue vorzunehmen. Sie hängt damit zusammen, ob die entschiedene Nachahmung des echten Philo sich blos auf die von Ihnen ausgeschiedenen Stücke bezieht, oder, wie ich mich zu erinnern glaube, auch das Innnere incrustiert hat. Es wäre mir lieb, wenn Sie mir die Zeit, wo Sie auf der Universität zu sprechen sind, angeben wollten, um eventuell mit Ihnen die bewegten Punkte näher besprechen zu können. Hochachtungsvoll ergebenst H. Diels.
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28.
Zeller an Diels Berlin W Magdeburgers«. 4 15. Febr. 1880.
Geehrtester Herr Doctor! Mit Ihren Vorschlägen bin ich ganz einverstanden. Daß Vitelli die 150 Fr. zugeschickt erhält, versteht sich ohnedem; auch der Antrag, ihm die Herausgabe von Philoponus' Physik zu übertragen, hat ja aber nun die Zustimmung der Commission. O b er für die dazu nöthige Collation besonders zu honoriren, oder diese Bemühung bei der Feststellung seines Herausgeber-Honorars einzurechnen ist, müssen wir in der Commission noch besprechen. Was die deutschen Herausgeber betrifft, so verstand ich den sie betreffenden Theil unserer letzten Besprechung dahin, daß sie allerdings honorirt werden, nur der Betrag immer ein mäßiger, u. erst am Schluß der Arbeit festzustellender sein werde; vielleicht gibt mir aber morgen die Klassensitzung in der Akademie, die wir haben, Gelegenheit, mich mit Hh. Vahlen u. Bonitz noch darüber zu besprechen. Ihre Abmachung mit Usener kann uns nur erwünscht sein, u. die Anschaffung von 2 Ex. des Thurot'schen Alexander De sensu hat gleichfalls meine Zustimmung. Ebenso natürlich die Collation des Vaticanus von Philop. phys. durch einen der dortigen Gelehrten, u. Ihre Antwort an Freudenthal. Auf des letzteren Lösung der Frage über den Pseudophilo bin ich begierig. An die Einheit der Schrift glaube ich bis auf weiteres nicht, lasse natürlich aber über den Umfang der Eingriffe der zweiten Hand mit mir reden. Bernays, dem ich meinen neusten Artikel schickte, schwieg sich in seiner Antwort über diesen Punkt aus, scheint also darüber noch nicht mit sich im reinen zu sein. Die φϋοράν etc. κατηγοροϋντες του κόσμου, von denen Theophrast (in den φυσ. δόξαι) redete, sollen auf Demokrit gehen, dessen Gründe dann in der folgenden Auseinandersetzung von dem Vf. in's Stoische übergeführt worden seien. Auf die Universität komme ich alle Tage c. um 10 U . 10 Min. (Mittwochs erst um 11), bin nach 11 auf dem Sprechzimmer sicher zu finden, um 12 U . dagegen mit Sicherheit nur, wenn man mich gleich beim Beschluß meiner Vorlesung auf dem Weg vom Barakenauditorium nach dem vorderen Hof abfängt. Bestens grüßend Ihr Zeller.
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29.
Diels an Zeller
Berlin 26 April 1880 Geehrter Herr Geheime Rath, Ich theile Ihnen mit, daß Reimer sehr gern auf die vorläufigen Positionen eingegangen ist. Der Probedruck einer Seite Aldus (= 2 Seiten Octav), ist von mir corrigiert worden. Dieser ist in Typen und Format nach den Doxographi hergestellt worden. Allein da es wünschenswerth scheint eine zweite Probe zum Vergleich daneben zu haben, so proponierte Reimer eine zweite Probe desselben Blattes mit sog. Pindarschen Lettern, die ziemlich allgemein für die schönsten und stilvollsten griechischen Lettern gelten. Sie sind nur sehr wenig in Gebrauch, da sie bisher der Decker'schen Druckerei angehörten. Das Griechische der Lachmann'schen Lukrezausgabe (I Auflage) ist damit gedruckt und ich speciell habe ein Faible dafür; Reimer hat sich nur die Erlaubniß ausgewirkt, wenn beschlossen wird, diese Typen zu gebrauchen, die Schrift aus der Reichsdruckerei beziehen zu dürfen. Augenblicklich wird dort der betr. Probesatz angefertigt und es wird dann Sache der Akademie sein sich für das eine oder andere zu entscheiden und die entsprechenden etwaigen Aenderungen in bezug auf Einrichtung pp in Vorschlag zu bringen. Betreffs der Eudemusstelle bin ich jetzt zu einem mir wenigstens plausibeln Resultate gekommen. Es ist fr. VII (p. 11, 13) = XVII (p. 29, 21 Spengel) Πλάτων τε γαρ είσάγων (so die Hdss.) το δισσόν πολλάς απορίας ελυσε πραγμάτων (an der 2 ten Stelle επί των πραγμάτων) ών νυν οι σοφισταί καταφεύγοντες (so die Hdss.) ώσπερ επί τα εϊδη. Ich halte für sicher, daß auf den Inhalt des Sophistes angespielt wird, wo gegenüber den Vertretern των ειδών (τους των ειδών φίλους p. 248 A cf. ρ. 246 C etc.) d.h. also den Megarikern nach Schleiermachers Ansicht das δισσόν, worunter ich namentlich die zwiefache Natur des μή ov (aristotelisch άπόφασις & στέρησις) verstehe, bewiesen wird, wie namentlich auch Simplicius an der zweiten Stelle gerade auf den Sophist hinweist f. 53v. Was nun πραγμάτων oder vielmehr επί των πραγμάτων soll, ist klar. Gegenüber der Einseitigkeit der Megarischen εϊδη ist es die Rücksicht auf die φαινόμενα, welche das δισσόν Platos hervorrief. Ganz ähnlich ist das επί των πραγμάτων Aristot. de gener. et inter. I 8 p. 325 a 18. Was nun die Herstellung der Worte betrifft (denn daß νυν nach dieser Erklärung unhaltbar ist, leuchtet ein) so schlage ich nach ähnlichen Wendungen vor: Πλάτων τε γαρ είσαγαγών το δισσόν πολλάς άπορίας ελυσεν έπί τών πραγμάτων ο ήγνόουν ( 0 3 Ν Ν Υ Ν ) οί σοφισταί καταφεύγοντες ώσπερ έπί τα εϊδη. ώσπερ setzte er hinzu, um diese Sophisten von den andern im Sophisten vorkommenden und den Eleaten zu unterscheiden. In Betreff der Rohde'schen Hypothese ist bekanntlich das einzige Zeugniß neben Epikur in der Schrift π. Ξενοκρ. etc. Dies scheint man allgemein so zu 37
verstehen, als ob έν τοις Λευκίππου καλουμένοις λόγοις Schriften des Leukipp gemeint wären. Und Rohde schließt daraus S. 16, daß diese λόγοι nur καλούμενοι λόγοι Λευκίππου, in der That aber eines anderen gewesen seien. Den Unsinn, daß danach Leucipp Gorgias u. Empedokles citiert S. 16,1 übergehe ich. Ich leugne, daß die Worte etwas anderes bedeuten können als „in den sogenannten λόγοι des Leukippos". D.h. λόγοι ist ein technischer Ausdruck u. kann nicht Schrift bedeuten, sondern etwas anderes. N u n findet sich die verlangte Erklärung άντί τού κενού το διηρήσθαι λέγων wenn auch nicht verbotenus, so doch völlig klar bei Aristoteles de gen. et int. I 8 p. 325 a 10 τό μέν ... πλήρές έστι, τό δέ διηρημένον. Diese Erörterung steht in den einleitenden Bemerkungen zwischen der berühmten Stelle über Leucipp die anfängt p. 325 a 23 Λεύκιππος δ' εχειν φήθη λόγους οι τίνες προς την αϊσϋησιν όμολογούμενα λέγοντες und der andern όδω δέ μάλιστα και περί πάντων ένί λόγω διωρίκασι Λεύκιππος καί Δημόκριτος p. 325a 1. Die Zwischenbemerkung bezieht sich zwar auf die Eleaten und die angezogene Erklärung des διηρημένον ist nicht direct auf Leucippos bezogen, aber ich kann Jemand, dessen Genauigkeit in solchen Dingen zweifelhaft ist (vgl. das ύδωρ des Anaximander) und dessen Abhängigkeit von Aristoteles z.B. Metaphysik A in der Hesiodstelle u.A. klar ist, keinen besonderen Vorwurf daraus machen, daß er so ungeschickt die betreffende Stelle citiert καθάπερ έν τοις Λευκίππου καλουμένοις λόγοις γέγραπται, aber da der betr. Ausdruck λόγους bei Aristoteles soviel ich weiß, allerdings auffallend und vielleicht aus Leucipp selbst genommen ist, so glaube ich nicht an meiner Erklärung, die wie ich jetzt sehe, auch schon Foss geahnt hat, zweifeln zu dürfen. Die Form des Citâtes besagt also soviel als καθάπερ έν τω χωρίω γεγράπται ö έστι περί τους καλουμένους Λευκίππου λόγους, eine Kürze des Ausdrucks, die ich auch sonst bei peripatetischen Citaten finde so bei Aristot. p. 782 a 21 ε'ίρηται πρότερον έν ταίς αιτίαις ταϊς περί τά μέρη των ζφων d.h. wo ich über die αιτίαι handelte. Ähnlich Theophrast de sensu 84 (Dox. p. 525, 4) περί δέ χυμών' έν μέν τοις περί ύδατος τέτταρα λέγει ύδατος εϊδη, wo Timaeus gemeint ist. Da Ihnen diese Stelle des Schriftchens π. Ξ. ebenfalls ein Stein des Anstoßes ist, so wäre es mir sehr lieb, wenn Ihnen die Beziehung auf die Aristotelesstelle einleuchtete und ich bitte Sie Ihre Ansicht mir darüber mitzuteilen. Hochachtungsvoll Ihr ergebner H . Diels Haben Sie das neueste Teichmüllerianum in den Göttinger Gel. Anzeigen 1880 N . 9 gelesen?
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Diels an Zeller Berlin, 28 April 1880 Elisabethufer 59 11
Geehrter Herr Geheime Rat, Dr. Belger teilt mir mit, daß ihm von der Provinzialschulbehörde der Urlaub von Pfingsten bis zu den Ferien (Anf. Juli) bewilligt sei 1 , unter der Bedingung, daß nach dem Präcedenzfall Bormann die Akademie sich zur Tragung der Vertretungskosten (ca. M. 250) bereit finden lasse. Belger schreibt mir, daß ich diese Schwierigkeit zu regeln übernehmen möge und so bitte ich Sie, geehrter Herr Geheime Rat, die nötige Erlaubniß der Klasse, wenn sie nothwendig sein sollte und die Summe nicht qua Reisekosten aus dem dafür reservierten Fonds entnommen werden kann, erwirken zu wollen. Ihrer gef. Antwort sieht entgegen Ihr ergebner H . Diels
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Diels an Zeller Berlin 5 Mai 1880 Elisabethufer 59.
Geehrtester Herr Geheime Rat, Ich sende Ihnen anbei die Probeabzüge in gewöhnlicher und Pindarscher Schrift, in glattem und rauhem Papier. Ich habe eine Probe zurückbehalten, so daß Sie die übersandten nach Belieben verwenden können. Doch würde es mir angenehm sein, wenn ich unsern Mitarbeitern später ein Exemplar zustellen könnte, das als Muster der äußern Einrichtung dienen könnte. Belger, der mir vor einigen Tagen schrieb, wird wol unterdeß Gewißheit über sein Gesuch von Ihnen erhalten haben, über das ich Ihnen in meinem letzten Briefe schrieb. Für Ihren, diesen kreuzenden, Brief, der so eingehend und belehrend auf meine Fragen einging, sage ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank. Ihre Vermutung zu den Doxographi trifft den Nagel auf den Kopf und erklärt die schwankende Ueberlieferung genügend. Ebenso zweifele ich nicht an der Verbesserung ή θ ε ι in der Nikomachischen Ethik.
1 Im Ganzen würde er also ca. ein Vierteljahr abwesend sein, was wenn der codex ganz abgeschrieben werden muß, gerade ausreichen würde (die Stunde zu 2 Bonitz'schen Seiten veranschlagt.)
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Ich bin eben dabei den ganzen Simplicius in einem durchzuarbeiten, um die Citate verificieren und sie mit den in den ersten Büchern enthaltenen confrontieren zu können. Wenn diese Arbeit vollendet ist d.h. nach den Pfingstferien, kann der Druck beginnen und ich bin dann versichert, daß durch die spätem Bücher keine unliebsamen Ueberraschungen entstehen werden. Eudemos steckt übrigens voller Probleme. Was sagen Sie z.B. zu fr. 51 p. 74, 1 ω£ (Handschr. ώστε) πάλιν ταύτα (läßt die beste Hdschr. aus) ά ρ ι θ μ φ κάγώ μυθολογήσω το ραβδίον εχων ύμΐν καθήμενο ις οΰτω, (so zu interp.) και τα άλλα etc.? Ich vermute ώς τ φ πάλιν ά ρ ι θ μ φ und erkenne in dem darauf folgenden eine Beschreibung der augenblicklichen Situation des docierenden Eudemos mit dem Stäbchen in der Hand vor seinen dasitzenden Schülern. Daß die Peripatetiker von dem Gebäude und nicht dem περιπατειν ihren Namen haben steht ja wohl fest. Habe ich den Sinn der Stelle getroffen? Mit freundl. Grüßen Ihr ganz ergebner H. Diels
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Belger an Zeller Berlin N . Gartenstraße 14, III. d. 8. Mai 1880.
Hochverehrter Herr Professor! Für die freundliche Erledigung meines Anliegens sage ich Ihnen meinen besten Dank; ich werde am Montag mir erlauben, die angedeutete Anweisung von Ihnen abzuholen. Bis dahin wird wohl auch die officielle Beantwortung meines Urlaubsgesuches von Seiten des kgl. Provinzialschulkollegiums eingelaufen sein, welche bis jetzt noch nicht da ist, wiewohl der Herr Stadtschulrat mir persönlich bereits eine bejahende Antwort erteilt hat. Für alle Freundlichkeit sagt nochmals besten Dank Ihr ganz ergebener Chr. Belger [Notiz von Zeller:] 10/5 80. Anweisung auf 1 500 M, als Reisekostenvorschuß, Herr Dr. Belger übergeben. Z.
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Diels an Zeller
Berlin 5 Juni 1880 Geehrter Herr Geheime Rat, Ich bedaure ganz außerordentlich, daß ich durch den Besuch meiner Schwägerin aus Wiesbaden verhindert bin Ihrer freundlichen Einladung zu entsprechen, für die ich meinen verbindlichen Dank ausspreche. Herr Reimer zeigt mir neulich ein Exemplar des Contractes mit der Académie. Darin war gesagt, daß jeder Band getrennt verkauft werden könnte. Dadurch würde die Abgabe der einzelnen partes ausgeschlossen. Dann könnte also z.B. Alexander in Priora Analytica nicht eher veröffentlicht werden bis auch die Topik und in Soph, elench. fertig wäre? Wenn der Vertrag noch nicht ratificiert ist, ließe sich vielleicht dieser Punkt genauer feststellen. Ich erinnere mich wenigstens, daß die Herren der Commission sich damals sehr lebhaft für möglichst einzelnen Verkauf aussprachen, der freilich nicht im Interesse des Buchhändlers liegt. Außerdem bitte ich Sie mir von der erfolgten Ratificierung Kenntniß geben zu wollen, damit ich mich danach richten kann mit der Einsendung des Manuscriptes. Indem ich Sie bitte uns Ihrer Frau Gemahlin und der Familie Bruns freundlichst empfehlen zu wollen bin ich Ihr ergebenster H . Diels.
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Zeller an Diels Berlin W Magdeburgerstr. 4 11. Aug. 1880
Geehrtester Herr Doctor! In meinen Aufzeichnungen findet sich die Notiz, nach Simpl. De an. 64,b,unt. habe Alexander Aphr. gelehrt, daß der Nus nur die ε'ίδη unmittelbar, sich selbst dagegen nur κατά συμβεβηκός denke, sofern er jene denkt. Als ich diese Notiz dieser Tage verificiren wollte, konnte ich das Exemplar der öffentlichen Bibliothek nicht zur Einsicht erhalten, weil es ausgeliehen war. Das der Akademie befindet sich, wie mir gesagt wurde, in Ihren Händen. Sie würden mich nun sehr verbinden, wenn Sie nachsehen u. mir mittheilen wollten, ob jene Notiz richtig ist, eventuell, falls es nicht zu viele Umstände macht, mir die Worte des Simpl. auszuschreiben die Güte hätten. Für Ihre Abhandlung über Leucippus findet sich ein kleiner Beitrag wohl auch in den Phil. d. Gr. I 4 , 920 f. besprochenen anaxagorischen Fragmenten. 41
Nächsten Sonnabend Abend denke ich auf etwa 7 Wochen zu verreisen. Sollte es nothwendig sein, mir in dieser Zeit eine Mittheilung zu machen, so ist wohl das Beste, den Brief in meine hiesige Wohnung zu schicken u. auf der Addresse zu bemerken: „dem Addressaten nachzusenden". Nach meiner Zurückkunft hoffe ich Ihnen die 3. Auflage meines 4. Bandes überreichen zu können. Mit aufrichtigster Hochschätzung der Ihrige Zeller.
35.
Diels an Zeller Berlin 13 Aug. 1880 S.O. Elisabethufer 59.
Geehrtester Herr Geheime Rath, Ihr werter Brief vom 11. ist mir erst heute Morgen im Gymnasium überreicht worden, da der Briefträger das Compendium Elisabethuf. mit Elisabethstraße aufgelöst hatte. Ich beeile mich Ihnen die Stelle des Simplicius nach dem Exemplar der Akademie (das andre ist in Marienburg bei Dr. Hayduck) auszuschreiben, f. 64 v g. E. ού κατά συμβεβηκός τω τα νοητά εχειν καί είναί πως ό αυτός τοις νοούμενο ις ειδεσιν ώς προειγουμένως (so!) τά εϊδη άλλ' ούχ εαυτόν νοών ώς ó 'Αλέξανδρος βούλεται καί έαυτόν δέ νοών προηγουμένως, έπεί πόθεν ή (so!) ό 'Αλέξανδρος ή ήμεις περί αυτού τι γράφομεν μη νοούντος έαυτόν καί την νόησιν καί την ζωήν καί την ούσίαν εαυτοί', ϊνα καί νους ή, άλλα μη αϊσθησις προς άλλα άποτεινόμενος ... άλλ' ουδέν φησιν ό 'Αλέξανδρος αυτό /f. 657 ύφ' εαυτού πάσχει, το δέ νοεϊν έν τω πάσχειν τον νουν υπό του νοητού είναι έδόκει ούχ άπλώς. άλλά το τω αίσθάνεσθαι ομοιον. καί ο έτέρωθέν πως τελειούται καν αύτενεργήτως την έτέρωθεν παραδέχηται τελειότητα, κτλ. Für die Nachweisung Ihrer Besprechung des Anaxagoras bin ich Ihnen dankbar, doch hatte ich auch selbst schon sie mir angemerkt und benutzt. Leider bin ich noch nicht ganz fertig mit dieser Arbeit, da ich während der Ferien fast nur das Notwendigste thun konnte (Correctur des Simplicius), da ich durch (rheumatische ?) Rückenschmerzen an anhaltendem Arbeiten gehindert war. Jetzt ist infolge ärztlicher Verordnungen (Baden pp) mein Zustand erträglicher, aber die Ferienzeit ist leider ungenützt verflossen. Simplicius ist bis zum 5 ten Bogen vorgeschritten und da das Mathematische hinter mir liegt, so geht es jetzt wol erträglicher. Für Ihre Reise wünsche ich Ihnen alles Gute, vor allem besseres Wetter! 42
Der neuen Auflage des 4 t e n Bandes sehe ich mit großem Verlangen entgegen und danke im Voraus für das gütigst in Aussicht gestellte Geschenk. Ihr ergebner H. Diels
36.
Zeller an Diels Schönmünzach, O A Freudenstadt Würtemberg 20. Aug. 1880.
Geehrtester Herr Doctor! Indem ich Ihnen für die Gefälligkeit verbindlichst danke, mit der Sie meinem neulichen literarischen Bedürfniß entgegen kamen, schäme ich mich fast, Sie schon wieder um einen zweiten Dienst bitten zu müssen. Unter den Zusätzen meiner eben im Druck befindlichen 3 t e n Auflage von Phil. d. Gr. III,a findet sich auch eine Erwähnung des Stoikers Chäremon bei Apollon, in Bekker's Anecdota notirt, aber die Stelle, wo sie sich in den letztern findet, sollte erst bei der Correctur nachgetragen werden, da ich das Mscpt. hatte abschicken müssen, ehe es geschehen konnte. Unglücklicherweise vergaß ich diesen U m stand vor meiner Abreise u. versäumte es, die Notiz mitzunehmen. Ich wäre Ihnen nun außerordentlich dankbar, wenn Sie die Stelle aufsuchen u. mir auf einer Postkarte unter der obigen Addresse hieher schicken könnten. Von Ihrem Unwohlsein erfuhr ich erst am Tag unserer Abreise durch Ihren Brief; andernfalls würde ich nicht unterlassen haben, mich schon längst persönlich nach Ihrem Befinden zu erkundigen. Wir hoffen, das lästige Uebel habe inzwischen seinen Rückzug fortgesetzt. Wir befinden uns hier in einem Winkel des Schwarzwalds, im oberen Murgthal, unter erquickenden Tannenwäldern, recht wohl, u. waren auch bisher vom Wetter gut genug behandelt worden. Wir denken noch bis Ende des Monats zu bleiben; dann geht meine Frau wahrscheinlich in's Wildbad, u. ich zunächst mit unserem jüngeren Sohn [Heinrich] in die Vogesen u. später mit dem älteren [Albert] an die italienischen Seen. Mit aufrichtiger Hochschätzung grüßt Sie Ihr freundschaftlich ergebener Zeller.
43
37.
Diels an Zeller
[Postkarte]
[Berlin] 22. Aug. 1880
Geehrter Herr Geheime Rath, Ich freue mich, dass es Ihnen in Ihrer Sommerfrische so wohl gefällt u. danke für Ihre freundliche Theilnahme an meiner jetzt fast ganz gehobenen Indisposition. Ihren Wunsch zu erfüllen ist mir ein besondres Vergnügen und kostet mich nur einen Griff auf mein Bücherbrett. Hier folgt die Stelle: Apollonius Alexandrinus de coniunctionibus (Bekkeri Anecd. II 515,15) Έ τ ι δε καί τινές φασιν ού δεόντως αυτούς συνδέσμους είρήσθαι, ε'ίγε συνδέσεως λόγων ουκ είσίν αίτιοι. 15 Καί φησι Χαιρήμων ό Στωικός, ώς κατά τι ε'ίησαν αν σύνδεσμοι, σύνδεσμον γάρ φησι καλεισ&αι καί αυτήν την φωνήν [καί τό έξ αύ]τής δηλούμενον, φ λόγω καί τα ήμέτερα σχήματα, φαμέν τι πατρωνυμικόν καί τό εν χαρακτήρι πατρωνυμικόν καί εν δηλουμένω, καί ετι τα 20 κτητικά καί άλλα πλείστα τοιαύτα, u.s.w. ούτω καί αν τύπω ή ό παραπληρωματικός κεχορηγημένος συνδεσμικά), μή μήν 25 δηλουμένω, είρήσεται σύνδεσμος. Dieser Meinung ist auch Philoponus, der Z. 27 citiert wird, αύτούς Ζ. 13 nemlich τούς παραπληρωματικούς (particulae expletivae). Es würde mich ausserordentlich freuen, wenn ich Ihnen noch recht oft dienlich sein könnte. Indem ich Ihnen für Ihre weiteren Reisepläne das Beste wünsche bin Ihr ergebner H. Diels.
38.
Zeller an Diels Berlin 3. Novbr. 1880
Endlich, lieber Herr Doctor, kann das beifolgende Buch sich Ihnen vorstellen u. um freundliche Aufnahme bitten. Wenn Sie, wie ich nicht zweifle, da u. dort etwas zu ergänzen oder zu berichtigen finden, werden Sie mich durch seine Mittheilung zum Danke verpflichten. Unsere Verabredung in Betreff der Simplicius-Correctur ist von meinen Collegen selbstverständlich ohne Anstand genehmigt worden. Mit den besten Grüßen Ihr aufrichtig ergebener Zeller. 44
39.
Diels an Zeller Berlin 12. Nov. 1880
Geehrter Herr Geheime Rath, Ich bin gerührt, fast beschämt über den neuen Beweis Ihres Wohlwollens, den Sie mir durch Ihre Recension gegeben haben. Ist es schon höchst ehrenvoll für mich, daß Sie überhaupt sich der Mühe unterzogen haben eine Beurtheilung meines Buches abzufassen, so bin ich Ihnen für die wohlwollende und dabei doch so durchaus objective und ein wirkliches Bild gebende Art Ihrer Darstellung zu ganz besonderem Danke verpflichtet. Ich glaube, daß es unmöglich ist auf begrenztem Raum den Inhalt dieser Forschungen präciser darzustellen und hoffe, daß, wie schon begonnen worden ist, sich dadurch Manche diesem Studienkreise nähern werden, der noch soviel des Unaufgeklärten und Wichtigen enthält, das nur von vielen Seiten in Angriff genommen sich vollständig enthüllen wird. Vieles freilich wird und muß ewig controvers und dunkel bleiben. Doch wird schon für die Vereinfachung des gelehrten Apparates viel gewonnen sein, so daß ich hoffe und wünsche, daß wenn Sie nach vollendetem Kreislaufe durch die Serie Ihrer neuen Auflagen zum Anfange und zur fünften Auflage des ersten Bandes schreiten werden, Ihnen die mühselige Abfassung der Noten etwas erleichtert werde. Ich würde mich dann mit Vergnügen eventuell Ihnen zur Verfügung stellen, wie Sie denn überhaupt, hochverehrter Herr Geheimrath, völlig rechnen können auf die ergebne Dankbarkeit Ihres H. Diels
40.
Diels an Zeller Berlin 20 Febr. 1881 Elisabethufer 59
Geehrter Herr Geheime Rat, Nach dem was sich vorläufig und ganz approximativ über die Arbeiten des Rechnungsjahres April 1881/1882 sagen läßt, wird notwendig sein 1) Für Collationen a) Zur Vollendung der von Vitelli und Mau gefertigten Collationen zu Philoponus Physik b) Abschrift von (Sophonias) Categorien, Laur. 71,32, durch Vitelli. Die Herausgabe dieser Schrift hängt mit der bevorstehenden Edition von Sophonias de anima ed. Hayduck zusammen. a und b zusammen ca. 1 000 M. 45
2) Für Correctur ca. M. 150-200 3) Abschrift (Alex.) in Sophist. Elench., von welchem Druck-Exemplar fehlt ca. M. 160 4) Reisen a) nach Paris um die dortigen Hdssen für Alex. Topica zu vergleichen, deren Herausgabe sich an die Ostern vollendete Edition der Anal. Pr. durch Dr. Wallies schließen wird, der sich zur Bearbeitung der Topik erboten und auch zur Collation in Paris geeignet wäre. Dauer ca. 6 Wochen = ca. 800 M. b) nach Venedig zur Collation der 2 alten Hdss. für Simpl. Categoriae; mit der Sammlung des Materials für diesen wichtigen Commentar (er ist noch nicht da) muß begonnen werden. Vielleicht würde Vitelli in den Sommerferien dorthin gehen, wenngleich ein Einheimischer hierbei vorzuziehen wäre. Doch weiß ich noch Niemanden. Dauer ebenfalls ca. 6 Wochen = 700 M. a und b lassen sich nicht hier erledigen, da abgesehen von der wünschenswerten Einsicht in die übrigen Hdss. die hauptsächl. in Betracht kommenden Hdss. ihres Alters wegen nicht verschickt werden können. 5) Honorar a) Simplicius Physik I ca. 50-60 Bogen. b) " de anima " 27 Bogen. Ί c) Sophonias de anima etc. ca. 10 Bogen. > ^ d) Alexander in Priora ca. 25 B. d fraglich, ob bis O. 1882 fertig. Hierbei ist in Rücksicht zu ziehen, daß Dr. W die Abschrift des Exemplars selbst besorgt hat. Da Dr. Fuhr, der Porphyrius etc. übernommen hatte, durch anderweitige Pflichten vorläufig gebunden ist, so suche ich seit einiger Zeit nach einem geeigneten Vertreter dieser Aufgabe. Es ist mir bis jetzt Niemand eingefallen; glauben Sie wol, daß es rätlich wäre an Carl Meiser (den verdienstlichen Herausgeber von Boethius in Hermeniam) in München eine Anfrage zu richten? Ich höre, daß kürzlich ein Berliner Doctorand [Adolf Busse] über Aristoteles Politik geschrieben hat. Können Sie mir vielleicht Namen und etwas Näheres angeben? Ueber alle diese Fragen beabsichtigte ich am vorigen Freitag Nachmittag persönliche Rücksprache mit Ihnen zu nehmen. Auch wünschte meine Frau der Ihrigen einen Besuch abzustatten. Wir bedauerten lebhaft Niemand angetroffen zu haben. Unsre Karten, die wir beim Portier abgaben, werden Sie wol erhalten haben. Ihr ergebenster H. Diels 46
41.
Diels an Zeller
[Postkarte] Dieser Herennius cod. Vatic. 1442 und 1036 ist vermutlich der von Angelo Mai 1837 in Auctorum classicorum e Vatic. Codd. T. I X herausgegebne Neuplatoniker, der zwar recht interessant ist, soweit ich mich seiner entsinne, aber kein Commentar zur Metaphysik wie Bernays ausführlich gezeigt hat, was selbstverständlich ist für jeden Leser. (Monatsber. d. Ak. d. Wissensch, zu Berlin 1876 p. 55-63), eine Abhandlung, über die ich Ihnen vorgestern eine Mitteilung gemacht habe, dass das Wesentliche nemlich des Bernays'schen Aufsatzes von Albert Jahn vorweggenommen ist. Ich schrieb oben vermutlich, weil mir keine der citierten Abhandlungen zur Hand ist um die Zahlen der Codd. confrontieren zu können. Ihr ergebenster H . Diels Berlin 31. Mai 1881.
42.
Diels an Zeller
[Postkarte] A. Jahns Vergleichung von Herennius mit Philo περί μέθης, die Bernays angef. Orts S. 59 vornimmt, steht N . Jahrbücher für Philologie 10. Supplementb. (1844) S. 165-176. Wie ich sehe gibt auch Bernays, also wol auch Mai nicht die Hdss. an, aus denen H . ediert ist. Aber es kann an der Identität der Brandisschen Codices mit der Publication kein Zweifel sein. Ergebenst H . Diels. Berlini. Juni 1881.
43.
Diels an Zeller Ostseebad Warnemünde Hôtel Pavillon, 18 21. VII. 81.
Geehrter Herr Geheime Rat, Gestern erhielt ich einen Brief von Dr. Ivo Bruns aus Göttingen, der schon früher auf die kleineren Schriften Alexanders geraten war und nun speciell περί ψυχής und περί μίξεως im Auge hat. Er wäre erbötig eine Neuherausgabe 47
dieser Schriften, deren Texte nicht wieder neu erschienen sind, zu übernehmen, wenn die Akademie diesen Plan unterstützte. Nach einer vorläufigen Uebersicht ist das hdschr. Material gering und in Venedig concentriert. Da Dr. Corssen, der augenblicklich noch in Venedig die Collation des Simplicius in categorías zu Ende führt, später in eignen Angelegenheiten bis November nach Süditalien geht, so erbietet sich Dr. Bruns selbst, die zwei Venediger Hdschr. Alexander περί ψυχής und eine Haupthds. περί μίξεως in ca. 6 Wochen zu vergleichen. Falls die Akademie diese Unternehmung unterstützen will, so erbietet er sich, damit kein Verzug entsteht, die Reise im September/October zunächst auf eigne Kosten auszuführen, die ihm später ersetzt würden. Ich habe geglaubt Ihnen diesen Vorschlag unterbreiten zu sollen, da Sie es für wünschenswert erklärt haben, wenn allenfalls herantretende Bearbeitungen der nicht eigentlich zur Commentarliteratur gehörigen Schriften der Interpreten in dem Supplementum Aristotelicum Aufnahme fänden. Verzeihen Sie, daß Notizen Ihnen geben fang der Ferien über Schluß des Semesters chen.
ich von hier aus, ohne die nötigen zu können, schreibe. Aber Dr. Bruns seine Ferien disponieren zu können. die Aristoteles-Commission vielleicht
genaueren hdschr. wünscht vor AnAuch würde der unvollständig ma-
Indem ich Sie bitte, das Ihnen heute morgen übersandte Supplement der Doxographi freundlichst aufnehmen zu wollen, zeichne [ich] hochachtungsvoll H . Diels.
44.
Zeller an Diels Berlin W
Magdeburgerstr. 4 25. Juli 1881.
Geehrter Herr Doctor! Ihren Nachtrag zu den Doxographi habe ich mit Dank erhalten u. mit Interesse gelesen. Ihre Bemerkungen über Elter's Hypothese leuchten mir vollkommen ein; ebenso das weitere. Mit Ihrem Vorschlag, die Collation des Alexander π. ψυχής und π. μίξεως durch Dr. Bruns in Venedig vornehmen zu lassen, ist die Aristoteles-Commission einverstanden. Auch das Geld für die Reise steht uns zur Verfügung. H a ben Sie die Güte, Herrn Bruns mit der Nachricht von der Genehmigung des Reiseplans auch mitzutheilen, daß ihm gegen Einsendung einer Quittung diejenige Summe, welche er als Reisevorschuß, unter Vorbehalt späterer Verrechnung zu erhalten wünscht, zugesandt werden werde. N u r möge er sie mir bis 48
etwa zum 5. Aug. zukommen lassen, damit ich vor meiner Abreise, die möglicherweise schon am 8 t e n oder 9 t e n stattfinden wird, Kunstmann die erforderliche Anweisung geben kann. Vielleicht darf ich Sie noch bitten, mit meinem Gruß beizufügen, daß mir die Aurora in Venedig (welche ich aber in einem Bädeker von 1842 noch nicht finde) als billig, gut u. von angenehmer deutscher Gesellschaft besucht bezeichnet worden ist. Mit den besten Grüßen von Haus zu Haus, u. dem Wunsche, daß die See Ihnen u. den Ihrigen gut bekomme Ihr Zeller.
45.
Diels an Zeller Warnemünde bei Rostock 29. Juli 1881.
Hochverehrter Herr Geheime Rat, Ich danke Ihnen heute zunächst für die freundliche Mitteilung einer Auszeichnung, die ich nicht erwarten konnte und die mich fast beschämt. Denn meine bisherigen Arbeiten für die Wissenschaft im Allgemeinen und namentlich für die Akademie sind über ein redliches Wollen kaum hinausgekommen und so konnte ich eigentlich nicht hoffen unter eine so erlauchte Körperschaft aufgenommen zu werden ohne ihr thatsächliche Beweise meiner ihr gewidmeten Arbeiten gegeben zu haben. So darf ich denn wol diese Wahl nur als eine ehrenvolle Vertrauensbezeugung und einen Sporn ansehen mit Aufbietung aller meiner Kräfte der Akademie und damit der deutschen Wissenschaft dienstbar zu sein. Ihnen aber, verehrter Herr Professor, der Sie mir seit vielen Jahren so viele Beweise eines ungewöhnlichen Wohlwollens gegeben haben, darf ich wol auch in diesem Falle für Ihre einflußreiche Initiative meinen herzlichen Dank abstatten. Bewahren Sie mir, bitte, diese Ihre freundliche Gesinnung auch fernerhin und glauben Sie mich Ihren stets ergebnen H . Diels.
49
46.
Zeller an Diels Berlin, W den 29. Juli 1881. Magdeburgerstr. 4.
Lieber Herr Doctor! Es war mir eine große Freude, Ihnen Ihre Erwählung zum ordentlichen Mitglied der Akademie mittheilen zu können, u. ich konnte mir es nicht versagen, dieß gleich gestern, unmittelbar nach der Wahl, in telegraphischer Kürze zu thun. Einige Erläuterungen füge ich jetzt bei. Der Antrag war schon im letzten Winter [am 25.11.1880] bei unserer Klasse von Bonitz, Vahlen, Mommsen, A. Kirchhoff u. mir eingebracht worden; aber verschiedene Umstände, z.B. die durch die neuen Statuten nöthig gewordene Ausarbeitung eines Wahlregulativs, verzögerten die Wahl in der Klasse bis zum Ζ d. Mts. Nachdem Sie nun an diesem Tage, zugleich mit Tobler u. Wattenbach, gewählt waren, erfolgte gestern die Wahl im Plenum. Zum Abschluß der Angelegenheit ist noch die königliche Bestätigung der Wahl erforderlich, die nie ausbleibt, dießmal aber vielleicht, da alle Welt verreist ist, 1 - 2 Monate auf sich warten läßt. Ich hoffe, diese Auszeichnung werde (unter anderem auch durch den damit verbundenen Gehalt von 900 M) dazu beitragen, Ihnen das Leben in Berlin angenehm zu machen, u. worauf ich besonderen Werth lege, Ihnen den Uebergang an die Universität zu erleichtern. Als Akademiker sind Sie berechtigt, Vorlesungen zu halten, u. vielleicht finden Sie doch bald die Zeit, um von diesem Recht Gebrauch zu machen. Doch über alles dieses wird sich demnächst noch mündlich sprechen lassen; denn wenn wir auch vielleicht schon am 8.,9. oder 10. Aug. in die Ferien abreisen, werden Sie doch wohl vorher zurück sein. Meine Frau schickt Ihnen u. der Ihrigen die aufrichtigsten Glückwünsche u. die freundlichsten Grüße mit Ihrem freundschaftlich ergebenen Zeller.
47.
Diels an Zeller
Berlin [Warnemünde] 30. Juli 1881. Geehrter Herr Geheime Rat, Ihr soeben eingetroffener Brief, der mir die nähere Erläuterung des freundlichen Telegramms gibt, auf das ich gestern Ihnen schrieb, zeigt mir noch mehr als ich es ahnte, welche kostbare Auszeichnung es ist, die mir durch die Güte Ihrer akademischen Collegen und durch Sie selbst zu teil geworden ist. Namentlich die Berechtigung zum Lesen an der Universität wird einem lange von 50
mir gehegten Wunsche entgegenkommen. Sobald mein Simplikios Bd. I beendet ist, hoffe ich Gebrauch davon machen zu können, also von nächsten Ostern an. Ich hoffe Sie, wenn auch knapp, noch in Berlin anzutreffen, um Ihnen persönlich meinen innigen Dank abstatten und das Nähere mit Ihnen besprechen zu können. Von Dr. Bruns werden Sie unterdeß einen Brief erhalten haben. Die freundlichen Glückwünsche, die Ihre Frau Gemahlin uns sendet erwidern wir auf das herzlichste. Indem ich Sie ersuche den Herren Bonitz, Vahlen, Mommsen, A. Kirchhoff gelegentlich meinen vorläufigen Dank abzustatten, bleibe ich Ihr dankbar ergebenster H . Diels.
48.
Zeller an Diels
[Postkarte]
Berlin 6. Aug. 1881.
Wir reisen morgen schon ab, werden daher auf das Vergnügen, Sie vorher noch zu sehen, verzichten müssen. Vom 12 ten an bis auf weiteres denken wir in Kitzbüchel in Tyrol (an der Giselabahn) zu verweilen. Sollte je etwas geschäftliches vorkommen, so wäre Herr Prof. Vahlen, der hier bleiben will, zur Berathung da. Bestens grüssend Ε. Z.
49.
Zeller an Diels
Berlin 20. Jan. 1882. Geehrter Herr College! Das Manuscript, das mir heute gebracht worden ist, werde ich Herrn Vahlen mit Ihrem Billet schicken. Was den Titel unseres Werkes betrifft, worüber Hr. Bonitz mich gestern bat mit Vahlen zu sprechen, so ist dieser mit uns darüber einverstanden, daß zwar die Einzeltitel lauten: z.B. Simpl. comment, etc. Consilio et auctoritate Acad. etc. edidit H . Diels 51
dagegen der Gesamttitel Commentarla graeca in Arist. edita cons. et auct. Academiae etc. Wie immer der Ihrige Zeller.
50.
Diels an Zeller
Berlin 26. 3. 82 Geehrter Herr Geh. Rat, Ich bedaure Sie heute morgen nicht getroffen zu haben. Ich wollte Ihnen für die Uebersendung des Separatabdruckes und die Ueberlassung des Archytas danken. Namentlich aber wollte ich mit Ihnen die Liste besprechen, die für die Freiexemplare der Commentatoren aufzustellen ist. Indem ich die der Inscriptiones zufüge habe ich eine entsprechende aufgesetzt und bemerke zu den einzelnen Posten folgendes. 13. Venedig hat oft Mscr. nach Berlin und Florenz geliehen und wir sind nach dem italienischen Gesetz verpflichtet 2 Exemplare zu senden. Da diese Benutzung aber nicht für alle Bde. zutrifft, so werden sie entschieden mit 1 Exempl. der ganzen Serie zufrieden sein. O b 14 und 15 zu bedenken sind, bezweifle ich. In Florenz würde man an die Bibl. Nazionale denken können, die allein moderne Drucke hat, aber da die Hdschr. meist auf der Laur. sind und wir nur mit Vitelli, nicht mit dem Bibliothekar zu thun haben, so verzichtet man wohl darauf. 15 Rom scheint hinreichend bedacht, wenn 18 die Bibliothek des Arch. Instituts, das uns die Collationen besorgte, ein Exemplar erhält. 20-25 als Mitarbeiter. Bei 20 ist der ersten Sendung noch die betr. Anzahl von Freiexemplaren zuzufügen. 21 erhält nur Simpl. de anima, da ihm Physik in Aushängebogen zugegangen ist. 26-29 als Mitgl. der Commission. Wieviel Ex. mir als 1) Redacteur und 2) Herausgeber zustehen, weiß ich nicht. Dies ist wol in dem Vertrag mit dem Buchhändler ausgemacht. 30 erhält 1 Ex., weil er zu Bd. IX Beiträge, zu Bd. XI ein Exemplar der Aldina geliefert hat. 31 erhält Bd. IX, weil er einen Beitrag (Praefatio Supplementum II) geliefert hat. 32 wegen gelieferter unentgeltlicher Collation. 22. Hr. Freudenthal ist eben damit beschäftigt die Resultate seiner Alexanderforschung aus Averroes (mit Benutzung von hebr. Hdss. aus Paris), die sich auch auf die Physik erstrecken, zusammenzustellen, und den Aufsatz dann der Akademie zum Drucke zu unterbreiten. Es erscheint biljig, daß ihm die neuen Ausgaben dabei zur Verfügung gestellt werden. 52
Ich bitte Sie nun diese Liste revidieren zu wollen, damit auf Grund deren in der nächsten Sitzung (doch wol erst Classensitzung 13. April?) die definitive Liste vorgelegt werden kann. Hochachtungsvoll ergebenst H. Diels. [Beilage zu 50] Frei- Exemplare im Allgemeinen. 1. S. Maj. d. Kaiser [Wilhelm I.] 2. S. Kgl. Höh. Kronprinz [Friedrich Wilhelm] 3. Minister von Gossler Exc. 4. Akademie zu München 5. Wien 6. Paris 7. Petersburg 8. Pesth 9. Leyden 10. Kgl. Ges. Göttingen 11 Ges. zu Upsala 12 Smithonian Institution Washington 13 Bibl. zu Venedig 14. Kgl. Bibliothek zu Berlin 15. Archäol. Institut zu Rom 16. Akadem. Bibliothek 17. Herr Zeller " Bonitz 18 - Commission 19 " Vahlen 20 " Diels 21 " Prof. Usener Bonn 22 " Ingram Bywater Exeter-College Oxford 23--28 der betr. Herausgeber. 29 30
53
51.
Zeller an Diels
Berlin 27/3 82 Geehrtester Herr College! Daß Sie mich gestern verfehlten, bedaure ich um so lebhafter, da Sie infolge davon die Mühe des Schreibens hatten. Ich denke aber, wir können uns in der Sitzung am Donnerstag noch über die Sache besprechen, ohne dadurch von dem, was wir aus Weierstraß' Vortrag nach Hause nehmen würden, viel zu verlieren, und dann dieselbe gleich dem Plenum vortragen, da es doch wünschenswerth ist, daß sie noch vor den akademischen Ferien erledigt wird. Ich will Herrn G . R . Bonitz u. Herrn Vahlen bitten, um 4 Vi U. gleichfalls da zu sein. So eben erhalte ich die Exemplare meines Registers, von denen ich eines beilege. Mit freundlichem Gruß Ihr Zeller.
52.
Diels an Zeller
[Postkarte]
Berlin 28. 12. 82. 12 Uhr Mittags.
Die rasche und glückliche Geburt eines kräftigen Jungen zeigen wir hocherfreut an. Freundliche Grüße und Wünsche zum Jahreswechsel Diels u. Frau.
53.
Diels an Zeller
[Postkarte] Für Ihre und Ihrer Frau Gemahlin herzliche Teilnahme dankend, kann ich mitteilen, daß das Befinden meiner Frau sowohl als des kleinen Jungen bis jetzt vorzüglich ist. Ihre Grüße herzlich erwiedernd H . Diels Berlin 30. XII. 82.
54
54.
Diels an Zeller
Berlin. 8. 1. 83. Hochgeehrter Herr Geheime Rat, Durch Heylbut sind wir mit unseren Geldern etwas ins Gedränge gekommen. Herr Kunstmann hat schon etwas vorlegen müssen und nach meiner Berechnung sind, das honorarium Bonitzianum nicht gerechnet, noch etwa 2 000 Mark nötig, um die bis 1. April fälligen Posten bezahlen zu können. Die genaue Summe werde ich Ihnen in einigen Tagen mitteilen können. Falls Sie mit mir und Herrn Kunstm[ann] übereinstimmen, diese Frage dem am nächsten Donnerstage tagenden Geldverwendungsausschusse vorzulegen, so werde ich in diesem Sinne an Hrn. Mommsen schreiben. Falls Sie aber Mittel wissen, diese Summe privatim zu decken (Hr. Kunstmann hat vorläufig den Friedrichsfonds erleichtert, wie lange dies geht, weiß ich nicht), so könnte man bis zur neuen Bewilligung warten. Ich will daher bemerken, daß von den 2 000 Mark vielleicht die Hälfte durch Verständigung mit den Gläubigern bis in den April extrahiert werden kann. Ihrer baldigen Antwort entgegensehend, Ihr ergebner H . Diels.
55.
Diels an Zeller Berlin 9 . 1 . 83
Hochgeehrter Herr Geheime Rat, Ich freue mich, daß Sie auch damit übereinstimmen, schon jetzt die Mehrforderung zu verlangen. Ich kann jetzt die genaue Summe mitteilen: M. 2 300. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich vergaß Ihnen die Anzeige von dem richtigen Einlaufen des Krohn zu machen. Ich danke herzlich für Ihre zuvorkommende Aufmerksamkeit. Hat Ihnen Natorp aus Marburg seinen Aenesidem zugesandt? Ein naseweiser Geselle, der nicht versteht, was man will, und von historischer Auffassung wie von logischem Denken etwas mehr mitbekommen haben sollte. Von meiner Frau wie von meinem Neugeborenen kann ich fortdauernd das Beste melden. Ich hoffe, daß Ihre 1. Frau wieder hergestellt ist. Ist es notwendig Hrn. Bonitz u. Vahlen zu avertieren? Mit herzlichen Grüßen auch von meiner Frau Ihr ergebner H . Diels 55
56.
Diels an Zeller
[Postkarte] Bernays macht in s. Abhandl. zu Philo 264, 12 sein. Ausg. die Anmerkung: „πάλαι γάρ ώς εφην] Dieses Argument für die Schöpfung hat Leibnitz adoptirt p. 168 n. 68." Es scheint dass hier nicht eine Schrift von Leibnitz (Theodicee, Pièces div.) citiert, sondern auf ein Handbuch verwiesen werden soll. Da die Bibliotheken geschlossen, so ist es mir nicht möglich das Citat oder die Verweisung zu verificieren. Vielleicht gelingt es Ihnen, doch darf es Ihnen keine weitre Mühe machen. Mit freundlichem Grusse und Wunsche zum Feste Ihr H. D. B. 23. 3.83.
57.
Zeller an Diels B. 11/4 85.
Besitzen Sie vielleicht Becker Studia Apulejana (Beri. 1879) u. dürfte ich in diesem Fall darum bitten? Was ich neulich einmal über Philo von Byblus bemerkte, bezog sich auf die Mittheilungen bei Eus. pr. ev. I, 10, die wirklich einen Abgrund Euemeristischer Geschmacklosigkeit enthüllen. Woher wissen wir, daß Eu. selbst einen viel besseren Geschmack hatte? Sein Zeitalter gibt keine Bürgschaft: was haben nicht Kleanthes u. Chrysippus in entgegengesetzter Richtung an geschmackloser Mythenerklärung geleistet! Bestens grüßend Zeller.
58.*
Diels an Zeller
[Telegramm] Aufgegeben den 25. 8.1886 um 12 Uhr 5 Min. Erhalten von Chur um 1 Uhr 45 Min. Professor Zeller [in] P O N T R E S I N A Herzlichen Glückwunsch Diels 56
59.*
Diels an Zeller [Berlin] 16. X I . 86
Indem ich Ihnen, hochverehrter Herr Geheime Rat, den Antrag Dilthey betreffend unterschrieben zurücksende, bitte ich mit Pfleiderers Buch über Heraklit, falls Sie es nicht brauchen oder verliehen haben, für wenige Tage zur Ansicht aus. Das Buch macht einigen Rumor, und da möchte ich doch auch wenigstens hinein gesehen haben. Ihr ergebner H . Diels.
60.
Diels an Zeller Berlin W 2 1 . X . 9 0 Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Herr Geheime Rat, Ich habe soeben den gewünschten Prospekt an Paetel gesandt. Ihn vorher zu lesen würde Sie vermutlich ebenso wenig erfreuen als ihn zu verfassen. Ich glaube hierin Ihrer Auffassung sicher zu sein. Für die freundliche Ubersendung des Separatabdruckes, des Rh. Mus. und Ihrer ersten Auflage bin ich Ihnen sehr dankbar. Namentlich das letzte κειμήλιον ist mir sehr erwünscht aus mannigfachen Gründen. Die Aushängebogen und Probeprospecte folgen anbei zurück. Im Titel ist wol d a s / i n „Universität" zu ändern. Mit frdl. Grusse Ihr H . Diels.
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61.
Zeller an Diels Stuttgart Paulinenstr. 44 3. April 1894.
Lieber Freund! Zunächst lassen Sie mich Ihnen u. Ihrer lieben Frau unsern u. unseres Sohnes herzlichen Dank für das freundliche Telegramm übermitteln, mit dem Sie uns bei seiner Hochzeitsfeier erfreut haben. Es war ein schönes u. heiteres, von der angenehmsten Stimmung getragenes Fest, von dem wir Ihnen nach unserer Zurückkunft (in etwa 12 Tagen) mehr erzählen werden. Das junge Paar nahm seinen Flug nach Italien, u. wird heute wohl in Pallanga am lago maggiore sein. Ihr entferntestes Ziel ist Bordighera an der Riviera. In der hiesigen Frühlingsluft ist nun auch der Plan, hieher überzusiedeln, vollends ausgereift, u. da sich auf 1. August eine besonders angenehme Wohnung fand, wird er, wenn nichts unvorhergesehenes dazwischenkommt, Ende dieses Monats oder Anfang Septembers ausgeführt werden. Ich habe das Für und Wider reiflich erwogen, halte aber diesen Entschluß doch für den richtigen. Die Nat. Zeitung versichert, Curtius habe gute Aussicht auf Wiedererlangung der Sehkraft. Wenn dieß sich wenigstens einigermaßen bewähren sollte, wäre es ja ganz außerordentlich erfreulich. Sie u. Ihre liebe Frau grüßt die meinige herzlich mit Ihrem treu ergebenen Zeller.
6 2 . D i e l s an Zeller Berlin, 6 April 1894 Hochverehrtester Gönner und Freund, Die freundlichen Zeilen, die Sie mir aus Stuttgart senden, haben uns außerordentlich erfreut. Wir sind froh, daß das Fest, dem Sie wegen des Zustandes der Großmutter der Braut mit Befürchtungen entgegensehen mußten, einen ungestörten und heiteren Verlauf genommen hat. Solange Sie den Plan nach Stuttgart überzusiedeln noch hin und her erwogen, haben wir geglaubt Ihnen abraten zu müssen. Jetzt wo Ihr Entschluß gefaßt ist, haben wir nur den einen Wunsch, daß sich alle Ihre Hoffnungen, die Sie damit verbinden, in vollstem Maaße verwirklichen. Wir werden es schwer haben uns an den Gedanken zu gewöhnen. Gestern war bei allen Ihren Freunden in der Akademie, die es erfahren hatten, tiefe Trauer und Betrübnis. Es ist noch gar nicht zu ermessen, wieviel die Akademie, die Universität, die Facultät, die Graeca mit Ihnen verliert. Von unserm persönlichen Verluste nicht zu 58
reden! Es ist traurig die aufrichtigsten und allertreuesten Freunde scheiden zu sehen. Man möchte am liebsten mit einpacken, wenn man namentlich daran denkt, welche bis jetzt mühsam zurückgedrängten Persönlichkeiten sich jetzt ans Licht wagen werden. Curtius ist ja allerdings glücklich operirt. Ich war an dem ersten Tage da, wo er in der Klinik den Verband ablegen und zum ersten Male wieder Menschen erkennen konnte. Er war überglücklich. Aber leider legte er sich wenig Schonung auf und ich begreife nicht, wie der Arzt gestatten konnte in dem sonnendurchfluteten Zimmer (Südseite) der Marienstraße Curtius nur mit einer dünnen Klappe behängt sich aufhalten zu lassen. Dazu der beständige Besuch! In der That ist auch seit 8 Tagen, wo er in s. Wohnung weilt, die Entzündung eingetreten. Man muß nun abwarten, was daraus entsteht. Ich habe nicht viel Vertrauen. Aber ich wünsche dem lieben Freunde das Beste. Mögen Sie und Ihre 1. Frau und Schwägerin, denen wir beide uns herzlichst empfehlen lassen, recht erfrischt zurückkehren und genießen Sie noch recht des herrlichen Wetters. Ihr dankbar ergebner H. Diels
63. *
Diels an Zeller
[Postkarte]
[Berlin] 21. VII. 94. 6 Uhr N.
Soeben werde ich telegraphisch durch den Arzt an das „schwere" Krankenlager meines Ludwig in Gossensass gerufen. Genaueres weiss ich nicht. Ich reise sofort ab und werde Sie schwerlich vor Ihrer Abreise sehen. Verzeihen Sie diesen Abschied. Grüssen Sie Ihre Damen! Ihr H. Diels
64.
Zeller an Diels
Berlin 23. Juli 1894. Lieber Freund! Wir sind Ihnen unendlich dankbar für Ihr gestriges Telegramm: es hat uns einen Stein von der Seele genommen. Denn bei dem des dortigen Arztes hatten wir sofort an einen Absturz gedacht u. noch Schlimmeres befürchtet, als es mit Worten aussprach. Auch auf dem Sprechzimmer, bei Kirchhoff, Hirschfeld, Weinhold, Brunner u.s.w., u. gestern Abend schon bei Dilthey, war die Freude 59
allgemein, daß ich so viel besseres mitzutheilen hatte. Schlimm genug bleibt's ja, daß Ihr Sohn die Tücke der Berggeister gleich bei der ersten Bekanntschaft mit ihnen, in so empfindlicher Weise zu erfahren hatte. Aber wir hoffen, sein jugendlicher Organismus werde den schweren Eingriff in nicht zu langer Zeit ohne bleibende Nachtheile überwinden. Versichern Sie ihn unserer herzlichsten Theilnahme u. unserer innigsten Wünsche für seine Genesung. Sie u. Ihre liebe Frau werden nun Ihre Sommerfrische wohl auch an den Brenner verlegen. Bäder wären für Ihre Frau ja auch in Brennerbad zu finden, wo sie dem Sohne fast so nahe wäre als an Ort u. Stelle. Bei Helmholtz hatte sich gestern Nachm., wo ich außen war, nichts erhebliches verändert. Das Allgemeinbefinden nicht ungünstig, in der linksseitigen Lähmung eine kleine, recht langsame Besserung, die Klarheit des Bewußtseins fortwährend durch die Meinung, in Amerika zu sein, gestört. Meine Frau u. Schwägerin schicken Ihnen u. Ihrem lieben Patienten die theilnahmvollsten Grüße mit Ihrem Zeller.
65. *
Diels an Zeller
[Postkarte]
Gossensass bei Gröbner. 24. VII. 94
Hochverehrter Freund, Ludwig gehts allmählich besser, wenn auch sein Gemüthszustand noch sehr niedergeschlagen oder aufgeregt ist. Die Heilung der Stirnwunde ist normal verlaufend, Fieber seit gestern nicht mehr vorhanden. Gestern ist meine Frau (nebst Schwägerin) von Wiesbaden angekommen, was zur gegenseitigen Beruhigung wesentlich beiträgt. Leider ist der Ort so überfüllt, dass wir nur provisorisch und übel untergebracht sind. Mit besten Grüssen auch von Seiten meiner Frau an Sie und die Ihrigen Ihr H . Diels
66. *
Diels an Zeller
[Postkarte]
Gossensass (Gröbner) 26. Juli 1894
Hochverehrter Freund, Wir können auch heute von gutem Fortgange der Heilung berichten. Der Kräftezustand ist noch mangelhaft, was bei dem grossen Blutverluste sehr begreiflich ist. Meine Frau, die sich der Pflege eifrig annimmt, lässt herzlich Sie 60
und die Ihrigen grüssen. Wir haben gestern Abend (Mommsen) viel an Sie gedacht. In Treue und Dankbarkeit Ihr H. Diels
67.
Emilie Zeller an Bertha Diels
Berlin 27 Juli 94. Liebe Frau Professor! Wir sind Ihrem lieben Mann so vielen Dank schuldig für die treue Benachrichtigung über das Befinden Ihres lieben Sohnes, daß ich gern auch Ihnen unsern Dank aussprechen möchte und zugleich unserer Freude Ausdruck geben über die guten Nachrichten die uns in den letzten Tagen zugekommen sind. Daß die Kräfte erst langsam sich wieder einstellen ist ja sehr begreiflich aber bei seiner Jugend wird auch dieses bald erreicht werden. Wie glücklich und froh werden Sie sein bei ihm zu sein und ihn pflegen zu können und jeder tägliche Fortschritt wird Sie beglücken, ich kann Ihnen nur von Herzen Glück wünschen daß der ganze Verlauf sich doch noch so zum Guten gewendet hat und edle Menschen Ihnen zu Hilfe gekommen sind ehe Sie selbst anwesend sein konnten. Auch bei Helmholtz geht es zum Glück seit gestern wesentlich besser, so daß man sich beinahe der Hoffnung hingeben kann daß er sich völlig erholen könne. Mit meinem Mann grüßt Sie und Ihren verehrten Gemahl auf's herzlichste in treuer Theilnahme Ihrer gedenkend Emilie Zeller.
68.
Zeller an Diels
Berlin 10. Aug. 1894. Lieber Freund! Wir haben zu unserer Freude durch Weinhold gehört, daß die Fortschritte im Befinden Ihres Sohnes, von denen Ihre letzte Mittheilung berichten konnte, stetig andauere, u. daß er schon wieder mäßige Gänge wagen könne. Aber ein paar Wochen werden Sie Sich doch wohl noch in Gossensaß gedulden müssen, wo ich Ihnen nur bessere Wohnungszustände wünschen möchte. Wir hoffen, diese Zeit werde nach allem Anstrengenden u. Erschütternden, was Ihnen der Sommer gebracht hat, doch auch Ihrer u. Ihrer lieben Frau Erholung zugutekommen. Die Bergluft thut Wunder. 61
Hier haben wir die Berliner Augustluft, doch nicht von der schlimmsten Sorte. D.h. zwischen unerträglich schwüle Tage (einmal 27°, ein paarmal 24° R) kommt dann immer wieder eine Abkühlung durch Regen u. Gewitter. Wir denken am 25. abzureisen, u. nach einigen Aufenthalten am 30. in Stuttg. einzutreffen, wo wir am 1. Sptbr. Reinsburgstr. 56 einziehen zu können hoffen. Die Freunde hier thun alles, uns den Abschied zu erschweren, der uns ohnedieß schwer genug wird. Am meisten erschwert ihn uns aber die Sorge um Helmholtz. Es geht ihm ja in mancher Beziehung besser, aber nicht so durchgreifend, wie es der Fall sein müßte. Zeitweise fühlt er sich schwach u. ist gedrückt in der Stimmung, was um so natürlicher ist, da er sich von seinem körperlichen Zustand ein vollkommen klares Bild zu machen scheint. Ich fürchte, wenn Kohlr[ausch] im Frühjahr kommt, (dieß hat er sich auch ausbedungen) kommt er als Nachfolger von Helmh.; die Kundtsche Stelle würde dann wohl Lehmann (in Karlsruhe) ungetheilt einnehmen. Meine Frau u. Schwägerin grüßen Sie nebst den Ihrigen herzlich mit Ihrem Zeller.
69.*
Diels an Zeller
Gossensass, 15. Aug. 1894 Hochverehrter Freund, Mein Brief an Ihre Frau Gemahlin, der sich mit Ihrem lieben Schreiben v. 10. d. M. kreuzte, wird Sie von unserem hiesigen Leben und Hoffen unterrichtet haben. Seitdem ist trotz des kalten, regnerischen Wetters Ludwig's Zustand stetig besser geworden. Er kann ohne Ermüdung oder Erhitzung wieder mäßige Spaziergänge (nach Starzing, Brennerbad u.s.w.) hin und her zurücklegen, auch ist seine nervöse Stimmung etwas besser geworden. Die Wunde wird sich hoffentlich Ende der Woche schließen. Dann reisen wir jedenfalls ab. Es kommt jetzt vor allem auf Pflege an, die er in Wiesbaden bei der Großmutter in idealer Weise erhalten wird. Dorthin werden auch wir auf kurze Zeit gehen. Ende des Monats müssen wir Paul's wegen, der die Schule schon allzulange versäumt, zurückkehren. Aber wir werden Sie nicht mehr dort treffen, ein Gedanke, der uns die Rückkehr nach Berlin noch mehr versalzen wird. Ihre Befürchtungen Helmholtz betreffend teile auch ich und ich würde wenigstens das als glückliche Lösung begrüßen, was Sie andeuten, daß unser Physicus des. eine ihm offenbar zusagendere Stellung erhalten und zugleich unsere Facultät eine Vollkraft gewinnt. Anbei sende ich Ihnen eine Kleinigkeit, die, wie fast mein ganzes Schaffen, durch Sie angeregt ist. Es ist ein wehmütiges Gefühl es Ihnen in diesem Au62
genblicke darzubieten. Mögen Sie darin die Dankbarkeit, die ich Ihnen ewig schulde, zwischen den Zeilen lesen. Meine Frau und Ludwig grüßen Sie wie Ihre 1. Frau und Schwägerin von Herzen wie Ihr getreuer H . Diels Glücklichen Umzug!
70.
Diels an Zeller Berlin, den 5. Sept. 1894. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Es hat mir unbeschreiblich leid gethan, dass wir diesmal so nahe an einander vorbeigefahren sind. Ich hätte so gerne Ihnen und Ihrer lieben Frau noch einmal zum Abschied die Hände gedrückt. Nun hoffe ich, dass Sie in Stuttgart bereits über den rohesten Zustand des Chaos hinaus sind und begonnen haben, sich wieder heimisch zu fühlen. Sybel traf ich gestern unterwegs. Er meinte, er sei neugierig, ob Sie auch auf die Dauer den Heroismus beibehalten würden, den Sie auch zuletzt noch hier gezeigt hätten. Ich sagte, ich glaubte allerdings an Ihre Consequenz, aber es sei ja nicht ausgeschlossen, wenn es Sie gerade besonders hierher zurückziehe, in kürzester Frist wieder hier zu erscheinen und dadurch den Trennungsschmerz gegenseitig zu mildern! Ich habe die Rückkehr hierher als eine Wohlthat empfunden, da die Treibhausluft Wiesbadens mir gar nicht zusagte. Ich athmete ordentlich auf, als ich hier aus dem Waggon stieg. Ich bin daher auch sehr froh, dass meine Frau und Ludwig ebenfalls nächsten Samstag wieder hierher zurückkehren, da auch sie das Klima gar nicht recht vertragen. Ludwigs Nerven haben sich ja, Gott sei Dank, allmählich unter der sorgfältigen Pflege erholt, so dass er wieder normal denkt und fühlt, aber mit der Nervosität meiner Frau sieht es noch bös aus. Ich hoffe auf einen milden September, der uns gestattet recht viel im Freien zuzubringen, da auch meine Nerven leider noch nicht ganz wieder auf dem richtigen Punkte sind, wenn ich auch sonst körperlich mich viel wohler befinde als im Sommer. Die Collegen sind noch fast alle auswärts. N u r Hirschfeld und Lenz sind zurückgekehrt. Curtius hat durch den Portier einige Verwirrung in die vielerseits geplanten Überraschungen zu seinem 80. Geburtstag gebracht. Er hinterliess nemlich seinem Portier beim Weggehen die Mündener Adresse, die solange gelten solle, bis er eine andere sende. Da er nun vergessen hatte, seinen Uberzug nach Gastein hierher zu melden, so dirigirte der Portier alle Briefe, 63
Blumen etc. nach Münden, was mehreren Gratulanten den Spass verdorben haben wird. Dr. Kern (dessen Habilitation nicht berühmt gewesen zu sein scheint) ist mit der Olympiaadresse nach Gastein gefahren. Die Hauptsache also ist in solenner Weise erledigt worden. Friedberg, den ich dieser Tage aufsuchen wollte, liegt an leichter Erkältung im Bett. Ich hoffe ihn demnächst sehen zu können. Ihre Wohnung ist natürlich unvermietet. In den leeren Fensterhöhlen wohnt das Grauen. Uberhaupt steht hier unglaublich viel frei. Simplicius de caelo ist fertig gedruckt. Gestern erhielt ich das Letzte von Reimer. Auch von meiner Physik wird höchstens noch 4 Bogen voll ausstehen. Ich habe dann in den Ferien Zeit den Index und die Vorrede zu richten. Was werden Sie zunächst litterarisch beginnen? Wie hat Ihre 1. Frau u. Schwägerin den U m z u g überstanden? Ich habe in diesen Tagen soviel an Ihre Unruhe denken müssen. Meine Frau hat mir wie Ludwig herzliche Grüße für Sie alle aufgetragen. Möge Ihnen ein heitrer September das Einleben recht erleichtern! Von ganzem Herzen Ihr H . Diels.
71.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 6. Sptbr. 1894.
Lieber Freund! Eben wollt' ich Ihnen schreiben, als Ihr liebenswürdiger Brief ankam, der uns zunächst als Ausdruck Ihrer freundschaftlichen Gesinnung erfreute, dessen weitere Mittheilungen uns aber gleichfalls sehr zu Danke waren. Auch von Ihnen konnte er ja - zwar nicht blos Gutes, - aber doch manches Gute berichten. Vor allem über Ihren lieben Sohn. Wir hoffen, er werde die Nachwehen seines Unfalls bald vollends überwunden haben; wozu das Maßhalten in der Arbeit, das ich auch seinem Vater dringend empfehlen möchte, ein besonders zweckmäßiges Hülfsmittel sein wird. (Arist[oteles] definirt in einer verlorenen Stelle seiner Ethik den Fleiß als die Tugend, welche zwischen Müßiggang u. Ueberarbeitung die Mitte einhält, ώς άν ό φρόνιμος όρίσειεν.) Auch habe ich zu ihm das gute Zutrauen, er werde sich dessen nicht überheben, daß es ihm gelungen ist, in noch jüngeren Jahren, als selbst sein Vater, die Augen der Welt auf sich zu ziehen u. die öffentlichen Blätter von sich reden zu machen. Je mehr aber sein Befinden in den früheren Zustand zurückkehrt, um so mehr ist zu hoffen, daß auch bei seiner Mutter der Dank u. die Freude über den wiedergeschenkten Sohn ein wirksames Gegenmittel gegen die unvermeidlichen Einflüsse alles Erlebten auf die Gesundheit Ihrer lieben Frau bilden werde. 64
Wir hatten für unsere Reise, die wir in langsamen Etappen vollzogen, meist gutes Wetter, u. ebenso hier für's Auspacken, während diese Woche Gewitter u. Regen, heute einen completen Regentag, brachte. Sie in Frankfurt nicht sehen zu können, that uns sehr leid. Am 29. speisten wir in Cronberg, wo es sehr schön ist, liebenswürdig dort empfangen, u. sprachen mit Frl. v. Faber von Ihnen, fuhren Abends noch nach Heidelberg, u. am 30. hieher. Dann begann die Arbeit, aus dem Chaos, das uns zunächst empfing, einen Kosmos zu gestalten. Ganz ist's noch nicht gelungen, aber doch sind wir aus dem Gröbsten. Auch von meinen Büchern steht die größere Hälfte, alles was in meinem Arbeitszimmer war, in demselben wieder in Reih' u. Glied. Unsere Wohnung verspricht sich angenehm zu machen. Die Frage aber, wie ihre Bewohner sich in den so sehr veränderten Umgebungen zurechtfinden werden, kann nur die Zeit beantworten; vorerst sind wir noch zu sehr mit der Nothdurft des Augenblicks beschäftigt. Ebenso die Frage, was ich im Winter, u. ob ich überhaupt etwas arbeiten werde. Einen kleinen Artikel habe ich Erdmann für sein 2. Heft versprochen; dann wird mich der Jahresbericht über 1893 etwas länger beschäftigen. Hierauf vielleicht, wenn nicht vorher der für 94 an die Reihe kommt, die Sammlung der kleinen Arbeiten zur Geschichte der Philos., von der ich Ihnen schon gesagt habe. Erdmann verlangt mein u. Ihr Urtheil über die Titel der beiden auf Michaelis an's Licht zu fördernden Archive. Ich füge es auf einem abtrennbaren Blatt bei u. bitte Sie, das Ihrige dazu zu setzen u. mit den mir von ihm überschickten Beilagen ihm zugehen zu lassen. Meine Frau u. ihre Schwester schickt Ihnen, Ihrer lieben Frau u. Ihrem Sohn mit mir die herzlichsten Grüße. Wenn das Wetter wieder zur Vernunft kommt, denke ich in 1-2 Wochen - hoffentlich mit meiner Frau - noch etwas nach Baden zu gehen. Von Helmholtz bringt der Schwäb. Merkur heute sehr günstige, aber offenbar stark übertreibende Berichte. Doch hörten wir über sein Befinden an seinem Geburtstag auch von anderer Seite befriedigendes. Curtius habe ich nach Gastein telegraphirt. Wie immer der Ihrige Zeller.
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72.
Diels an Zeller Berlin, den 15. Sept. 1894. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Ihr letzter Brief hat uns die erfreuliche Sicherheit gebracht, daß Ihr U m z u g ohne Zwischenfälle verlaufen und daß Ihre bewundernswürdige Heiterkeit durch die unvermeidlichen Ärgernisse eines solchen Ereignisses nicht getrübt worden ist. Namentlich die Bereicherung des aristotelischen Nachlasses hat uns viel Freude gemacht. Es ist nur schade, daß die rechte Mitte für jeden verschieden ist, so daß wenn ich mich an Ihr Beispiel halten wollte, für meine Verhältnisse eine gefährliche άκρότης heraus kommen würde. D a Sie den Aristoteles, nicht nur den erhaltenen, sondern auch den verlorenen, so gut kennen, so lege ich Ihnen eine Stelle des Simplicius vor mit der freundlichen Bitte den Satz S. 1318, 15-18 prüfen zu wollen, ob das Citat aus den Fragmenten oder unserem Aristoteles stammt. Vielleicht ist Ihnen auch das Demokritfragment S. 1319,1 in der neuen Behandlung interessant. Auch hierüber wäre mir Ihr Urteil wertvoll. Die vielen Druckfehler, die die erste Correctur noch entstellen, bitte ich gütigst zu entschuldigen. Das Exemplar können Sie dort behalten. Ich denke mir, daß (wenn Ihre Reise nach Baden nicht dazwischen gekommen ist, da ja das Wetter hier etwas bessere Mienen aufgesetzt hat) Sie bereits wieder in altgewohnter Weise am Schreibtische sitzen. Die zwei Jahresberichte werden Ihnen zu thun geben. Wichtiger ist Ihre Sammlung der kleineren Aufsätze und noch wichtiger Ihre Biographie, wozu Sie hoffentlich recht viele gutgestimmte Stunden finden werden. Helmholtz, dessen Sie noch in Ihrem Briefe gedenken, ist nun [am 8.9.] zu den Mehreren versammelt worden, bei seinem Leiden ein wünschenswertes Ende. Ich war bei der Trauerfeier am Mittwoch [12.9.] anwesend. Sie war auffallend gering besucht, da offenbar noch viele fern sind. Die Universität war recht schwach vertreten. Ich fuhr mit Lenz und Harnack hin, die sich wol nicht mit Unrecht über die „protzenhafte" Aufbahrung und Ausschmückung aussprachen. Frommeis Worte waren nicht unpassend, aber ohne Schwung, und namentlich so matt vorgetragen, daß sie dort keine Wirkung hatten. Auch war durch die vorhergegangene intime Feier (am Montag) offenbar auch das Interesse der Hauptbeteiligten schon erschöpft. Für mich persönlich bleibt die hohe Verehrung, die ich für Helmholtz hege, im Leben wie im Tode in unangenehmer Weise verknüpft mit der Erinnerung an die taktlose Weise, wie gewisse Mitglieder seiner Familie ihn bei dergleichen Anlässen misbraucht haben. Curtius hat den 80. Geburtstag in kleinem, aber erlesenem Kreise gefeiert. Ribbeck soll dort eine wirklich hervorragend schöne Rede bei der kleinen Festtafel gehalten haben. Am anderen Tage passirte es ihm, daß er vom „Grünen 66
Baum" oder wie die Restauration heißt, zurückkehrend in der Dunkelheit der Nacht die Böschung etwa 5 Meter hinabstürzte. Er hatte sich natürlich nicht führen lassen, und hatte so den Weg verfehlt. Glücklicher Weise ist ihm nichts passirt und am folgenden Tag war er sehr unwillig, daß man überhaupt von der Sache sprach. Mir erzählte es der junge Kern, der Gratulirens halber dorthin gereist war. Kern hat in der Zwischenzeit seine Magnesischen Inschriften weiter entziffert und auf einem gänzlich versinterten Steine sind sehr interessante Angaben über die Gründungsgeschichte von Magnesia am Mäander zu Tage getreten. Man erfährt, daß die in den Νόμοι berührte Kolonie in Kreta ein Zwischenstadium war auf falscher Ausdeutung des delphischen Orakels beruhend. Nachher werden dann 3 ausführliche Orakel vollständig mitgeteilt, die die Colonie nach Kleinasien richtig gelenkt hätten. Sie ähneln sehr den Herodoteischen. Die mir übersandten Briefe und Druckproben habe ich sofort an Erdmann weiter gegeben. Ich habe mich Ihnen angeschlossen, aber natürlich gewünscht, daß ich auf dem systematischen Teile wegbliebe. Es hätte dazu Natorps Erinnerung nicht bedurft. Meine Frau, der es eben wunderbarer Weise leidlich geht und unser Sohn, dessen Wunde nun zwar definitiv geheilt ist aber noch unter der Aufsicht unseres Hausarztes steht, lassen Ihre Grüße herzlich erwiedern. Wir alle suchen, soweit es das abwechselnde Wetter gestattet, noch möglichst viel in der freien Luft zu sein. Aus Salzburg hatte ich durch Frl. v. Wendland Nachricht, daß es Weinhold's Frau, der es ja heuer so schlecht ging, anfange sich etwas wohler zu befinden. Frl. v. Wendland, die Sie vielleicht auch früher kennen gelernt haben, gehört zu den Damen, die wie z.B. auch Frl. v. Faber und deren Schwester die Gräfin Lüttichen in der rührendsten Weise für die Pflege Ludwigs, namentlich in der ersten Zeit, gesorgt haben. Es hat uns sehr gefreut, daß Sie in Cronberg einen schönen Tag verlebt haben und es ehrt die Kaiserin [Viktoria], daß sie sich Ihrer bei dieser Gelegenheit so liebenswürdig erinnert hat. Möge die mit soviel angenehmen Omina begonnene Stuttgarter Epoche Sie und Ihre 1. Frau in aller Weise befriedigen. Gedenken Sie dabei auch unserer zuweilen. Wir werden Zeit genug an Sie zu denken haben. Mit den allerherzlichsten Grüßen und Wünschen Ihr treu ergebner H . Diels.
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73.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 1Ζ Septbr. 1894.
Lieber Freund! Ab Aristotele principium. Das Citât bei Simpl. 1318, 17f. geht auf Metaph. 1,3. 984 a 18. b 9; ich glaube wenigstens nicht, daß wir eine anderweitige Beziehung zu suchen Anlaß haben. Im vorhergehenden würde mir statt des unmöglichen νεωτέρων Ζ. 14 πρεσβυτέρων dem Sinn nach gefallen, aber graphisch liegt es zu weit ab; passender wäre in dieser Beziehung ετέρων; aber των έτ.(statt: των άλλων oder ετέρων ohne Artikel) widerstrebt meinem Sprachgefühl u. wäre m. E. ohne Analogie. Ich möchte daher των |προγε]νεστέρων vorschlagen. Das Demokritcitat 1319,1 haben Sie, wie mir scheint, glücklich verbessert, u. auch der Sinn ist ein passender: daß die Bewegung der Atome eine räumliche sei, wird daraus bewiesen, daß ihnen ein περιπαλάσσειν als Folge ihres Fallens im Leeren beigelegt werde; dieses wird nämlich nach Ihren Nachweisungen = περιδινείσθαι sein. Wie für diesen so bin ich Ihnen auch für den weiteren Inhalt Ihres Briefs sehr dankbar. Was Sie von Ihrem u. der Ihrigen Befinden melden, hat uns sehr erfreut, u. wir hoffen auf weiteren guten Fortgang. Ueber Helmholtz' Beerdigungsfeier hat uns außer den Zeitungen auch Frau Scherer unterrichtet. Wenn dabei des äußeren Schmuckes zu viel u. mehr gethan wurde, als der Anspruchlosigkeit des großen Todten entsprach, u. wenn dieses auf Sie u. Andere einen unangenehmen Eindruck machte, ist dieß zu bedauern; H.s Tochter, von der die Anordnung dieser Dinge wahrscheinlich ausgieng, war aber dabei gewiß nur von der Absicht geleitet, ihrem Vater, dem sie sich seit seiner ersten Erkrankung in der hingehendsten Weise gewidmet hatte, bis zuletzt jede Ehre zu erweisen. Uns war es eine große Entbehrung, an dieser Feier nicht theilnehmen zu können; u. meine Frau, welche dieß besonders lebhaft empfand, hätte sich wohl kaum zurückhalten lassen, wenn sie nicht gerade in diesen Tagen an rheumatischen Schmerzen besonders stark gelitten hätte u. ich am 10ten von einem Fieber mit Verdauungsstörung befallen worden wäre, das sich zwar schon am folgenden Tag ohne Medicin wieder zurückzog, aber mir doch die Reise verboten hätte. Jetzt bin ich wieder ganz wohl u. habe gestern beim schönsten Wetter einen 2 Vi stündigen Gang auf prachtvollen Berg- u. Waldwegen ohne Uebermüdung mitgemacht. Gearbeitet habe ich aber noch nicht das geringste, u. denke auch noch an Baden. Unsere Wohnung u. unsere Einrichtung darin befriedigt uns u. namentlich meine Frau sehr. - Möchten Sie mir nicht gelegentlich nach dem neusten Addreßbuch die Wohnung von Dr. phil. Heinr. Benecke (dem Biographen Vatke's) mittheilen, der seit 12 Jahren ein Heft einer sonst completen Zeitschrift von mir hat? 1892 wohnte er Grunewaldstr. 117 Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus treulichst Ihr Zeller. 68
74.
Diels an Zeller Berlin, den 19. Sept. 1894. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Wie dankbar bin ich Ihnen, hochverehrter Freund, für Ihren wundervollen Beitrag zu dem Simpliciusbogen! Es freut mich, daß ich nun unsichere Vermutungen durch Beßres ersetzen kann. Ich hatte vor, Ihre Anfrage betreffs des Dr. Benecke sofort zu beantworten, aber der Adreßkalender versagte. Ein Dr. H. Benecke steht nicht da. Ich begab mich daher in das von Ihnen angegebene Haus Grunewaldstr. 117, wo ich nach einigem Hin- und Herfragen im Hinterhaus die Portière ermittelte. Sie behauptete, den Dr. Benecke habe sie gut gekannt. Er sei aber vor 3 Jahren an der Influenza hier im Hause gestorben und die Frau Dr. sei nach der Steinmetzstr. 50 verzogen. Ich würde nun dorthin gegangen sein, wenn ich den Titel Ihrer Zeitschrift gewußt hätte. Als ich nun aber zu Hause das Adreßbuch wieder aufschlage, finde ich unter den Frauen keine Wittwe Dr. Benecke, sondern eine Th., geb. Siebert, Hebamme W Steinmetzstr. 511. Ob die Portierfrau die Nummer verwechselt oder die Persönlichkeit irgendwie confundirt, wird sich ja durch einen Besuch leicht feststellen lassen. Vielleicht haben Sie die Güte mir den Titel mitzuteilen. Ich werde dann gern mein Heil versuchen. Es hat uns leid gethan, daß Sie beide, hoffentlich nur vorübergehend, unwohl waren und wir deshalb auf die Freude verzichten mußten, Sie bei Gelegenheit der Helmholtz'schen Beerdigung hier zu sehen. Es gibt, wie ich wünschen möchte, bald freudigere Gelegenheiten Sie hier zu begrüßen. Für jetzt möchte ich nur wünschen, daß nachdem der herbstlichen Witterung der Tribut gezollt ist, Sie nun Sich in Ihrer behaglichen Villa der wiedergewonnenen Heimat erfreuen und auch bei Ihrem Abstecher nach dem schönen Baden vom Wetter begünstigt sein mögen. Wir haben auch durch Schnupfen und Husten alle der Reihe nach das nahende Äquinoctium gefeiert, sind es nun aber glücklicher Weise alle los. Ludwig war am ärgsten ergriffen und der Husten hat die schon verschwundenen Rückenschmerzen, an denen er namentlich in Gossensaß viel litt, zeitweilig wiederbekommen. Aber sonst ist er munter und die Wunde, wie es scheint, definitiv geheilt. Gestern erhielt ich Gomperz' 3. Lieferung, worin ich neben manchem künstlich Construierten (nam. Zusammenhänge Leukipps mit Parm.) viel Schönes und Anregendes fand, nam. in den Kap. über die Historiker und Mediziner. Mit den besten Grüßen von Haus zu Haus Ihr treu ergebner H. Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 21. Septbr. 1894.
Lieber Freund! Es freut mich, daß meine Vermuthungen zu Simplicius Ihren Beifall gefunden haben. Hinsichtlich des ΝεΟΟΤ. wurde mir selbst erst nachträglich, als mir das προγεΝΒΟΓεΡΟΟΝ schon eingefallen war, deutlich, wie leicht es aus diesem entstehen konnte u. fast mußte, wenn das προγε von einem Abschreiber übersehen oder in seiner Vorlage unleserlich geworden war. Die große Mühe, welche Sie Sich mit der Aufsuchung des unseligen Dr. Benecke gegeben haben, thut mir sehr leid u. ich spreche Ihnen dafür meinen gerührtesten Dank aus. Aber alle weiteren Nachforschungen bitte ich Sie dringend einzustellen: ist Benecke schon vor mehr als 2 Jahren gestorben, so ist nicht die geringste Aussicht, das mir fehlende Heft (Jahrbücher d. Gegenwart 1847, Juli) wieder zu bekommen, selbst wenn seine Erben aufgefunden würden. Vielleicht hat Reisland unter seinen alten Ladenhütern noch ein Exemplar. Nach Baden-Baden kommen wir am Ende doch nicht, es müßten denn Freunde von uns dort mit uns zusammentreffen wollen, da wir hier auch gute Luft u. eine schöne, wenn auch nicht so schöne, Natur u. alles viel bequemer haben. Sie sehen, ich fange schon an mich in die specifische Tugend des Pensionärs, die Bequemlichkeit, einzuleben. Dreydorff zieht morgen nun wirklich nach Jena; für uns nach allem doch eine Ueberraschung. Eben lese ich in der Nat. Z., daß Prof. Fräntzel, unser vieljähriger Hausarzt, gestorben ist. Für ihn ist es eine Erlösung aus einem traurigen Zustand. Gomperz' neues Heft habe ich schon großentheils gelesen. Seine Bemerkungen über die Historiker u. Aerzte finde auch ich sehr werthvoll. Dagegen thut es mir leid, daß er die verkehrten Hypothesen des „trefflichen Forscherpaars" Brieger u. Lippmann über die Atomenbewegung bewundert, u. unbeachtet gelassen hat, was ich I, 619-953 über den Zusammenhang der mechanischen Physik mit Parmenides' Bestreitung der qualitativen Veränderung bemerkt habe. Mit den besten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 6. October 1894. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Aus Ihrem letzten Brief ersah ich mit Vergnügen, wie wohlig Sie Sich bereits in Ihrem neuen Heim fühlen, so daß Sie sogar die Reize Baden-Badens kalt lassen. Oder sind Sie doch noch hingegangen? Das Wetter war hier wenigstens nicht allzu verlockend, obgleich ich meine peripatetische Diät bisher consequent durchführen konnte. D a ich sowieso unterwegs sein muß, reizte es mich trotz Ihrer Abmahnung dem Rätsel der Dr. Benecke'schen Sache nachzugehen. Ich habe folgendes ermittelt. In der That hat das Adreßbuch wie jene Portierfrau recht: Steinmetzstr. 51 wohnt eine Hebamme Th. Benecke geb. Siebert und nebendem wohnt, ohne daß das Adreßbuch von ihr Notiz nimmt, Steinmetzstr. 5 0 i n in eigener Wohnung Frau Dr. Benecke W w e . Glücklicher Weise war die ehrenwerte Hebamme vor kurzem verzogen, so daß ich ihr nicht die Jahrbücher der Gegenwart abzufordern brauchte. Das that ich allerdings bei ihrer Nachbarin, natürlich in der vorsichtigsten und bescheidensten Weise. Aber jene Dame erklärte mir, sie habe leider alle Bücher an Gsellius verkauft und natürlich den Eigentümer jenes Heftes nicht gekannt. Ich dankte ihr für ihre Auskunft und spazierte gelegentlich zu Gsellius. Er bestätigte alle Bücher des Dr. Benecke übernommen zu haben, aber da es in dem letzten Kataloge nicht stünde und auch der Zettelkatalog es nicht aufweise, so sei es eben verkauft. So unwahrscheinlich mir dies auch vorkam, so war doch eben keine andere Auskunft zu erhalten. Aber mein Buchhändler Weber meinte, FuesReisland habe nach seinen Angaben höchst wahrscheinlich noch einzelne Bände und Hefte und so hoffe ich, daß der Herr sich Ihnen gegenüber ausnahmsweise nobel benehmen und zur Vervollständigung Ihres Exemplars jenes Heft ablassen wird. - Bei Fräntzels Hinscheiden haben wir Ihrer gedacht. Wir sprachen noch beim letzten Mittagessen bei Ihnen von ihm. Unser Pringsheim ist schwer an Lungenaffection erkrankt, was bei seinem Asthma bedenklich ist. Vor seinem Hause ist Stroh gestreut, ich habe aber heute keine neue Nachricht erhalten. Sein Nachbar Weinhold ist, wie ich finde, sehr angegriffen zurückgekommen. Der Zustand seiner Frau hat sich leider weder in Brennerbad noch in Salzburg wesentlich gebessert, so daß er mit Sorge dem Winter entgegensieht. Sie werden der Geselligkeit vollkommen sich entziehen. Gomperzen, dessen Sie gedenken, habe ich auch meinen Dissens in Bezug auf die grundlegende Abtrennung der Atomistik von Parmenides ausgesprochen. Er hat auf anderes, aber nicht hierauf geantwortet. Er hält uns offenbar für inkurabel. Mit den Commentatoren hatte ich vor 14 Tagen eine unangenehme Sache. Ich erhielt von Hayduck das vollendete Ms. des Philoponus de anima und wollte ihn in 71
den nächsten Tagen statt des vollendeten Simplicius de caelo in die Druckerei einstellen. Aber bei der Proberevision sah ich, daß unser alter Freund doch zu sorglos gearbeitet hatte. Die recensio wie die emendatio ist übereilt. Da war guter Rat teuer. Ich schlug ihm schließlich vor, nachdem ich ihm eine Probe meiner έπίκρισις eingesandt, die nötige Revision durch einen jungen Gelehrten, den ich den Sommer in die Commentatoren eingeführt hatte, besorgen zu lassen, da er als vielbeschäftigter Director doch keine ruhige Zeit so schnell erbringen könne. E r ging dankbar darauf ein und so hoffe ich, daß der Philoponus nun doch bald zum Druck gelangen kann. Von dem neuen Archiv muß nun bald das erste Heft erscheinen. Natorp hat mir einige Recensionen zugesandt, was mich als erwachendes Schicklichkeitsgefühl bei ihm gefreut hat. Haben Sie die neue dicke Epiktetausgabe (Arrian u. Encheir[idion]) von H . Schenkl gesehen? Unendlich mühsam gemacht, aber unbequem und unsicher in dem Äußeren. Der Index ist sehr wertvoll. Meiner Frau geht es augenblicklich leidlich, nur fühlt sie sich sehr matt. Ludwigs Wunde, die wieder etwas näßt, bedarf noch immer der Pflege, aber sonst ist er munter. O t t o wird etwas von dem kommenden Abiturientenexamen beschattet, hat sich aber doch diesen Sommer über körperlich und geistig gut entwickelt. Auch Paul ist der lange Aufenthalt in Wiesbaden gut angeschlagen. N u r hört er augenblicklich schlechter als im ersten Semester d. J . Ich hoffe, daß Sie fortdauernd wohl sind und daß auch Ihre liebe Frau die neulichen Anfälle überstanden hat. Mit der freundlichen Bitte sie und Ihre Frl. Schwägerin von uns allen herzlichst zu grüßen, bleibe ich in Treue Ihr H . Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 27 Oktbr. 1894.
Lieber Freund! Sie werden nun mit Vorlesungen u. Sitzungen wieder im vollen Zug sein; nur die Graeca wird, wie ich vermuthe, erst nächsten Freitag beginnen. Mir - ich bekenne es mit Beschämung - wird es ungleich leichter, auf die Vorlesungen u. Sitzungen zu verzichten, als auf die Graeca, die ich bei ihrem Wiederzusammentritt schönstens zu grüßen bitte. Am 15 ten haben wir der Universität treulich gedacht; daß am Tag vorher der neue Rektor [ O . Pfleiderer] gleich bei der Senatorenwahl sich mit einem kleinen, aber bezeichnenden Verstoß eingeführt habe, ist uns geschrieben worden. In demselben Brief leider auch, daß Eck's
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Gesundheit erschüttert sei; möge er sich bald erholen. Als Sie uns Pringsheims Erkrankung meldeten (d.h. wir Ihren Brief erhielten) brachte die Zeitung bereits das Telegramm mit der Todesnachricht. Für die Akademie kein unerheblicher Verlust. Er war auf den Tag hin gleichen Alters mit meiner Frau. d. 28. So weit war ich gestern, als ich unterbrochen wurde. Dann mußten wir über Land, um meiner Schwester zu ihrem 90 s t e n Geburtstag zu gratuliren. Einige körperliche Abnahme war doch an ihr zu bemerken, aber der Geist hell u. munter. Unter anderem erzählte sie mir von ihrem Verkehr mit E. Mörike in der Zeit von 1821-23, wo er noch Gymnasist u. angehender Student war. Sie hatten aber nicht zusammen gedichtet, sondern nur Dame gespielt. Ein dringender Hülferuf B. Erdmanns bewog mich, einen kleinen Artikel, den ich ihm für sein 2. Heft versprochen hatte: „über Metaphysik als Erfahrungswissenschaft", noch für's erste fertig zu stellen. Mommsen schickte mir seinen Nekrolog de Rossi's, der wieder sehr hübsch gemacht ist. Weniger erbaut hat mich in derselben Nummer der „Nation" Zieglers Angriff auf die Vorschulen der Gymnasien. „Die Kinder der Gebildeten sollen mit denen der Proletarier auf einer Bank sitzen." Das ist volksfreundlich u. gehört in ein freisinniges Wahlprogramm. O b bei dieser Mischung die Majorität von der Minorität mehr Bildung oder diese von jener mehr Unarten annehmen würde, u. ob die Volksschule 70-80 Kinder in der gleichen Zeit ebenso weit bringen kann, wie die gymnasiale Vorschule 30-40 unter günstigeren Bedingungen, hat der gesinnungstüchtige Socialpädagog nicht zu fragen. - Die Kanzler- u. Ministerkrisis, die so plötzlich, aber nicht unvorbereitet, hereingebrochen ist, hat uns, wie alle Welt, lebhaft erregt, u. wir sind gespannt auf das weitere. Ist denn etwas an der Angabe, daß an eine Maßregelung Treitschke's gedacht worden sei, weil er von Friedr. Wilh. IV nicht bewundernd genug rede? Bei Gott u. S. M. ist freilich kein Ding unmöglich. Meine Frau u. ihre Schwester grüßen Sie u. Ihre liebe Frau herzlich mit Ihrem treu ergebenen Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 29. October 1894. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Ich hatte Ihnen allerlei zu berichten, so daß ich gerade jetzt Ihnen schreiben wollte: da trifft Ihr lieber Brief ein, der mich im Laufe beflügelte: currentem instigat. In der That wir haben wieder an allen Ecken und Enden unsere Thä73
tigkeit angefangen in der Facultät, der Akademie, der Prüfungscommission und nun bald auch in der Graeca, in der Hr. v. Meyer wolpräparirt (er hat in Göttingen noch griechische Stunden genommen) erscheinen wird. O b die so äußerlich gestopfte Lücke doch nicht sich als dauernd klaffend bemerkbar machen wird, will ich lieber nicht prognosticiren. Jedenfalls wird uns der erste Abend etwas traurig anmuten. Aber wir wissen, daß Sie im Geiste bei uns sind. Der neue Rector hat seine eigentümliche Loosmethode mir zum Schaden angewandt. Denn ich bin versichert, das erste Mal hätte das Loos mich verschont. Allzuviel Mühe gibt ja das Amt freilich nicht, jedenfalls nicht den 100 ten Teil des Thesaurus-onus, das lauter Müh' und Plage ist in Folge der unqualificirbaren Eigentümlichkeiten des Hrn. von Wölfflin. Ich fürchte, die Sache geht noch schief. Was den neuen Magnificus angeht, so hat er seine Scharte ausgewetzt durch eine formell sehr hübsche und anziehend vorgetragene Rectoratsrede. Die historische Auffassung und die logische Distinction könnte für meinen Geschmack schärfer sein und daß die letzten 30 Jahre ausfielen und somit die Rede ebensogut 1864 gehalten sein konnte, ist auch von manchen mit Recht getadelt worden, aber die warme Pietät, mit der er von Baur sprach, warf einen warmen Schein über das Ganze und verhüllte das vielleicht minder Gelungene. Sie werden die Rede lesen. Er sagte mir, als ich ihm wünschte, Sie und Ihre liebe Frau hätten zuhören müssen, er würde Ihnen sofort den Druck zusenden, was unterdessen vielleicht geschehen ist. Nicht recht verständlich ist mir, daß und warum er so scharf über Strauß aburteilte. Aber ein praktischer Theologe hat ja wohl dabei andere Gedanken als wir. Daß Ecks Gesundheit erschüttert sei, wußte ich nicht. Ich erkundigte mich mehrmals ganz unbefangen und erhielt durchaus befriedigende Antwort. Er müßte also seinen Zustand (ich weiß nicht welchen) verhehlen. Pringsheim's Tod gehört auch zu den harten Schlägen dieses Jahres. Aber er erhielt wenigstens eine schöne Leichenrede von seinem Rabbiner, wie auch der Gesang künstlerisch höher stand als gewöhnlich und beides ergreifend wirkte. Hätte Virchow nicht eine von krankhafter Eitelkeit und Selbstbespiegelung strotzende Rede hinterdrein gegeben, wäre man harmonisch gestimmt von jener Trauerfeier heimgekehrt. Mommsens Nekrolog auf de Rossi fand ich wunderbar hübsch, warm und originell. Originell fand ich auch Ziegler aber weniger anmutig. Daß gegen Treitschke eingeschritten werden solle (Entziehung des „Hofhistoriographen" und der Archivbenutzung) munkelt man auch hier. U n d Thatsache ist, daß sein Buch allerhöchsten Ortes verstimmt hat, nicht wegen der Kritik F[riedrich] W[ilhelm]s IV, die ja auch Serenissimus selbst gelegentlich übt, als wegen der hineinzudeutenden Parallelen à la Caligula. Aber da jetzt andere Sorgen dazwischengetreten sind, die Kanzlerkrisis und die projectirte russische Reise, so wird jenes Wetterleuchten in der Nordd. A. Z. mehr 74
Zeichen des abziehenden als des aufziehenden Gewitters sein. Auf Treitschke selbst hat die Sache einen starken Eindruck gemacht, obgleich er natürlich erhaben ist über jede Gewitterfurcht. Welches Glück haben Sie, noch eine so rüstige Schwester im 90. Jahre beglückwünschen zu können, die sich noch ihrer Geisteskraft erfreuen und Ihre Nähe würdigen kann! Ich sehe das als ein glückliches Präcedens für Sie an. Der Titel Ihrer durch Erdmann beschleunigten Abhandlung interessiert mich sehr, vorläufig blickt er mich noch etwas oxymorisch an. Curtius ist sehr frisch und hat zu unserer großen Freude ein Festessen zu seinem am 6. Nov. stattfindenden 50jährigen Professorenjubiläum angenommen, das am Ζ Nov. 7 Uhr im Kaiserhof stattfindet. Es wird vermutlich groß und hübsch werden. Er hat am vorigen Donnerstag in der Akademie gelesen, wirklich gelesen und zwar so fließend, daß er fast zu schnell sprach (Gesch. Olympias). In der Akademie geht man daran, die Lücken, quoad eius fieri potest, zu ersetzen. Stumpfs Wahl in die 2. Philosophenstelle ist sicher. Dilthey hat den Antrag bereits eingesandt (er selbst erscheint erst am 24. Nov. wieder hier, soviel mir bekannt ist). Ferner soll die Stelle für neuere deutsche Litteratur mit E. Schmidt besetzt werden. Man hat allerlei Bedenken gegen die Person, aber das Offenstehen der doch eigens von der Regierung zur Verfügung gestellten Stelle scheint im Hinblick auf das beständige Contreminieren H . Grimm's geboten. Endlich soll Dillmann's Abgang (nicht Stelle; denn in diese ist Sachau eingerückt) durch Erman gedeckt werden. Diese beiden Wahlen, namentlich die E. Schmidts wird nicht ganz weiß durchgehen. Das Aussehen der Akademie wird sehr jugendlich werden und unsereiner fühlt sich etwas greisenhaft. Heiberg's Band haben Sie erhalten. Ich selbst drucke am Index. Die Vorlesungen sind bei uns, wie es scheint, noch schwächer besucht wie im Sommer. Wir werden bald den Nullpunkt erreicht haben. 660 Altphilologen stehen der Regierung noch zur Verfügung, 3 χ soviel wie von jeder anderen Gattung! Wo soll da der Mut herkommen, Philologie zu studiren? Freude macht mir aber der 2. Sohn Useners, den sein Vater mir hier in die Schule geschickt hat und der ganz meine Interessen teilt. Uhlig's letztes Heft war recht inhaltreich nützt aber wenig. Lesen Sie z.B. was Cauer in den Preuß. Jahrb. quasselt! In der theol. Facultät hat die Regierung neben den erbetenen Ordinarius [Baethgen] auch noch einen unerbetenen Extraordinarius für altt. Exegese [Gunkel] eingesetzt. Den Namen habe ich vergessen, er soll aber tüchtig und liberal sein. Es scheint also daß man dort immer 2 Stühle für jede Partei besetzen will. Doch nun habe ich mehr als genug geplaudert. Gute Nacht! Seien Sie mit Ihrer 1. Frau und Schwester von uns allen herzlich gegrüßt, namentlich von Ihrem Sie verehrenden Hermann Diels 75
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 14. Novbr. 1894 (Leibniz' u. Hegels Todestag).
Lieber Freund! Vor allem lassen Sie Sich für Ihren lieben inhaltreichen Brief vom 29. v. Mts. danken. Je mehr wir die Berliner Freunde vermissen, um so werthvoller ist uns jede Mittheilung über sie u. um so dankbarer erkennen wir es an, wenn Sie von Ihrer so stark in Anspruch genommenen Zeit bisweilen eine Stunde dazu verwenden, uns über die dortigen Dinge auf dem Laufenden zu erhalten. Sehr erfreulich waren uns die guten Nachrichten von Curtius. Zum 6 t e n habe ich ihm geschrieben u. am Ζ ein Telegramm geschickt, das ihm während des Festessens zukommen sollte. Indessen habe ich auch Curtius' Vortrag über Olympia erhalten. O b alle seine Combinationen richtig sind, kann ich ja nicht beurtheilen; aber er behandelt seinen Gegenstand im großen Stil mit einem Geist u. einer Frische, daß es eine Freude ist. Bei dieser Gelegenheit kam mir ein Einfall, von dem Sie mir werden sagen können, ob es, wie ich vermuthe, ein άνεμιαϊον oder etwas daran ist: ob nämlich Tantalus nicht am Ende nur dadurch zum conviva Deorum wurde, daß er in Sipylos, wie sein Sohn in Olympia, am Altar des Zeus verehrt wurde u. somit dessen σύσσιτος u. συνέστιος war. Pfleiderer's Rede, für die ich ihm leider noch nicht gedankt habe, hat uns durch die Wärme, mit der er von Baur spricht u. die unumwundene Anerkennung seiner Verdienste wohlthuend berührt. Strauß ist er allerdings nicht ganz gerecht geworden, wie mir dieß auch sonst bei solchen begegnet ist, welche das erste Auftreten des großen Kritikers nicht mit erlebt u. nicht an sich selbst erfahren haben, welche Revolution es bedeutete, daß die evang. Erzählungen endlich der geschichtlichen Beurtheilungen gewonnen wurden. Die Lücken, die Pfl[eiderer] an seiner Kritik hervorhebt, hat Strauß selbst im zweiten L[eben] Jesu [1864] als solche anerkannt, u. mit dem, was ich schon 1860 darüber bemerkte, (jetzt: Vortr. u. Abh. I 2 , 306 ff.) war er damals ganz zufrieden. Ueber Eck war uns geschrieben worden, er habe wegen einer Herzaffektion eine beabsichtigte Vorlesung unterlassen; nur um so besser, wenn die Sache nicht so schlimm, u. die Vorsicht rechtzeitig angewendet worden ist. Dilthey's, zur Zeit in Varese, wollen uns auf der Rückreise besuchen u. werden dann aus Autopsie über uns berichten können. Wann sie kommen, haben sie noch nicht geschrieben, es wird ja aber gegen Ende der nächsten Woche sein. Daß Ihnen Usener seinen Sohn geschickt hat, ist nett, u. daß dieser ein so fähiger junger Mann ist, sehr erfreulich. D a wird auch Ihr Ludwig etwas von ihm haben. Wir hoffen es gehe diesem wieder ganz gut. Die politischen Veränderungen, mit denen uns Berlin in der letzten Zeit
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überrascht hat, haben wir, wie jedermann, mit dem lebhaftesten Interesse verfolgt. Ich glaube ja, daß der bisherige Dualismus nicht mehr gut weiter gieng, u. es wäre am Platz, daß unser Volk wieder den Eindruck einer bewußten u. entschlossenen Leitung der Staatsgeschäfte erhielte. O b dieß aber in Zukunft der Fall sein wird, muß sich erst zeigen. Von Hohenlohe habe ich die beste Meinung; wäre er nur 10 Jahre jünger. Der neue Zar [Nikolaus II.] ist vollends unbekanntes Land. Ich hoffe er sei eben so friedfertig als es sein Vater [Alexander III.] in der letzten Zeit war, aber verlassen kann man sich darauf ja nie. Zur Senatorenwürde gratulire ich. Viel macht sie ja nicht zu thun. Aber daß ein so großer Theil Ihrer Zeit u. Kraft von dem thesaurus absorbirt wird, den man Ihnen als ein von seinen eigentlichen Eltern schnöde verlassenes Findelkind aufgehalst hat, thut mir von Herzen leid. Uns geht es sonst gut; nur scheint das noch sehr angenehme Herbstwetter meiner Frau für ihre Rheumatismen nicht zuträglich zu sein. Sie u. ihre Schwester sendet Ihnen u. Ihrer lieben Frau die besten Grüße mit Ihrem Zeller. Simpl. D e caelo habe ich bekommen. Meine Abhandlung im Archiv f. syst. Phil, verspricht wohl mehr als sie hält.
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Diels an Zeller Berlin, den 14. Dez. 1894.
W Magdeburgerstr. 20.™ Verehrtester Freund, Ich bin heute sehr beschäftigt gewesen, ich kann Ihnen daher nur inter caesa et porrecta d.h. zwischen Beendigung einer Correctur und der Graeca meinen herzlichsten Glückwunsch senden zur Ernennung als auswärtiges Mitglied unserer Akademie, wodurch sie ausdrücken wollte, daß sie keine andere als räumliche Trennung anerkennt und Sie in intimster Weise als ihr zugehörig betrachtet. Die Wahl ist einstimmig in beiden Classen erfolgt, was bei der eigentümlichen Confusion gewisser mathem. Köpfe, die zum B. gestern Schöne's Ehrenmitgliedschaft durchfallen ließen (ganz im Vertrauen natürlich), bemerkt zu werden verdient. Zugleich danke ich Ihnen herzlichst für Ihre wundervoll klare und überzeugende Abhandlung über die Metaphysik, die mich wahrhaft erbaut hat, und für den ausführlichen Brief vom 14. v. M., auf den ich, sobald ich nur kann, ausführlich antworten werde. Die Helmholtzfeier war über alles Erwarten schön und stimmungsvoll und es war nichts, was einen Misklang hervor-
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rief. Leider Schloß die schlimme Jahreszeit Ihre Hierherkunft aus. Sonst war alles, was mit Helmholtz bekannt u. befreundet war versammelt. Bezold sprach sehr schön und dem Publicum entsprechend, so daß auch meine Frau ein volles Verständnis mit nach Hause tragen konnte. Mit herzlichen Grüßen und Wünschen an Sie und Ihre Damen auch von meiner Frau einstweilen Ihr treulichst ergebner H . Diels
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Diels an Zeller Berlin, den 30. Dezember 1894. W Magdeburgerstr. 20.111 Abends.
Ein Jahr geht zu Ende, das für Sie, hochverehrter Freund, wie für uns ein aufregendes war. N u n sind die hochgehenden Wogen wieder ruhiger geworden und wir wünschen, daß Meeresstille und glückliche Fahrt die Uberschrift sei, die wir über das kommende Jahr setzen dürfen. Mit diesem herzlichen Glückwunsche verbinde ich die Fortsetzung meiner letzten allzukurzen Epistel. Sie regten in Ihrem letzten von Leibniz' und Hegel's Todestag datirten Briefe die Frage an, ob nicht Tantalos nur dadurch zum conviva deorum geworden sei, daß er in Sipylos am Altar des Zeus verehrt und vom σύνναος zum σύσσιτος avancirt sei. Ich möchte meinen, das läuft so ziemlich auf dasselbe hinaus. Das aber, was hinter diesem Cultus oder Mitcultus liegt, ist das, was mir vornemlich der Erklärung zu bedürfen scheint. Ich meinerseits habe den unleugbaren Zeuscultus, der im Pelopidenhause bis auf Agamemnon hinab herrscht, auf das Bestreben des Geschlechtes zurückführen mögen, als διογενές d.h. adelig im althomerischen Sinne dazustehen. Da die Präponderanz des Zeus bereits in der unmittelbar vor Homer liegenden Periode allenthalben in Griechenland, namentlich aber auch in Kleinasien anerkannt war, so hat es nichts auffallendes das achäische Fürstengeschlecht in seinen mehr oder weniger mythischen Vorfahren mit Zeus in Verbindung zu setzen. Da diese Vorfahren jedenfalls in der Vorzeit eines besonderen Cultus (Totencultus) genossen, so war es billig, als die Zeusreligion herrschend wurde und der Olymp sich aufthat, den Cult der Διογενεΐς zeitgemäß zu reformiren, was in der mannigfachsten Weise geschah. Aber Reste der alten chthonischen Anschauung sind bei dem Graumann (Pelops) wie bei Tantalos (Odyssee-Nekyia) genug geblieben. 78
Dilthey, dessen Sie gedenken, ist recht frisch hierher zurückgekehrt, freilich ohne uns autoptische Nachrichten von der Reinsburger Villa mitzubringen, was wir erhofften. Er hat unter zahlreicher Beteiligung seine Vorlesung angefangen und, wie mein Sohn berichtet, der ihn mit großem Vergnügen hört, eilt er mit Windesflügeln durch die Geschichte der Systeme. Hoffentlich hat er auch von seinem Buche im Süden etwas ordentliches zu Papier gebracht. In der Akademie drohen uns jetzt durch die Wentzel-Heckmann-Stiftung eine unerhörte Fülle von Geschäften. Alle die, welche auf das Geld der generösen Wittwe speculiren - sie hängt in schönen Photographien sammt ihrem Gemahle in der Akademie - halten es für nützlich, erst durch die Akademie den Segen sprechen zu lassen. So sind (außer dem Diltheyschen Kantplan und dem Harnack'schen Kirchenväterunternehmen) noch das Brunner'sche Deutsche Rechtslexicon und die Sachau'schen Monumenta arabica aufgetaucht. In der letzteren Sache haben wir unerquickliche Commissionssitzungen gehabt, die zur Vertagung und Umarbeitung des Projectes geführt haben. Wir bedauern alle, daß nun Dillmann fehlt, obgleich mir klar scheint, daß Sachau mit seinem ungeheuren Plane sich vor dessen Tode nicht hervorgewagt haben würde. Da der gute Schräder der einzige Orientalist ist, der in der Commission ist, so können Sie Sich die Dinge ausmalen, εΰΤ ώφελ' 'Αργούς u.s.w. Unser Weihnachtsfest war recht hübsch. Alle leidlich gesund, auch meine Frau, die sonst im Dezember ihre schlechteste Zeit hat. Ludwigs Wunde hat sich seit 8 Tagen wieder ein wenig geöffnet und gibt minimales blutiges Sekret. Unser Arzt meint, es käme später ein Splitterchen. Wir sind in Zweifel, ob wir nicht noch einen Chirurgen fragen sollen. Stein ist hier und sprach viel von dem Aufschwung, den die Philosophie in Bern genommen u. von der Stellung, die er einnehme. Trotzdem würde er, da Wien jetzt einen Physiker (Mach, Prag) auf den Lehrstuhl der Philosophie berufen hat, gern als Prof. der Gesch. der Philosophie hingehen. Es ist möglich, daß er Ihnen deswegen schreiben wird. Mit meinem Simplicius gehts zu Ende, aber langsamer als ich dachte, die Indices erfordern viel Nacharbeit, da sie durch lange Intervalle getrennt allmählich entstanden sind und darum der Gleichmäßigkeit entbehren. Ende des Monats wird aber das Ganze wol ausgedruckt sein. Hayducks Philoponus de anima und Busse's Ammonios in categorías gehen jetzt zur Druckerei. Hier eine erheiternde Bemerkung unseres neuen philosophischen Mußcollegen (Voss. Z. 1894, 564): „Lichtenberg macht einmal die Bemerkung: »Daß man soviel wider die Religion u. Bibel schreibt, geschieht mehr aus Haß gegen eine gewisse Klasse von Menschen. Wenn die Philologen anfangen sollten zu herrschen, so könnte leicht den alten Classikern Homer, Virgil, Horaz eine ähnliche Ehre widerfahren. Wir dürfen nur einmal einen philologischen Papst bekommen.« Es ist wol selten eine Prophezeihung genauer eingetroffen. Das philologische Papsttum der Schulze, Schräder, Eckstein, das hat den Haß er-
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regt. Daß dies Papsttum jetzt gestürzt ist, das ist doch das wesentlich Neue in der Situation seit 1891." So Paulsen; und das piquante dran ist, daß dieser Kryptopapist hier so thut, als ob Papsttum der Antichrist sei! οΐδ' έπ' άριστερά, οΐδ' επί δεξιά νωμήσαι βών. Das Heft, in dem Ihre Metaphysik erschienen ist, habe ich noch nicht erhalten. Reimer klagte neulich mal über die kleinliche Art des systematischen Rédacteurs [Erdmann] und lobte Steins Coulanz. In das noch übrig bleibende Eckchen will ich einen recht herzlichen Neujahrswunsch für Ihre 1. Frau und Schwägerin hinschreiben, an dem sich auch meine Frau und Kinder beteiligen. Bewahren Sie Alle auch im neuen Jahr und im neuen Heime Ihre alte Liebe Ihrem Sie verehrenden Hermann Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 3. Jan. 1895.
Lieber Freund! Für Ihre zwei werthvollen Briefe bin ich Ihnen zweifachen Dank schuldig. U m in der Beantwortung derselben von hinten anzufangen, so erwiedern wir beide Ihre Glückwünsche von ganzem Herzen. Jedes neue Jahr zeigt uns ja beim Rückblick auf seinen Vorgänger auf's neue, wie unsicher unsere Wünsche u. Hoffnungen sind; zum Glück aber auch, wie unsere begründetsten Befürchtungen doch oft durch den Erfolg widerlegt werden. Sie haben beides in dem abgelaufenen Jahre, vor allem im eigenen Hause, wir alle haben leider das erste, die Unsicherheit unserer Hoffnungen, an Freunden u. Collegen reichlich erfahren. Möge das beginnende Jahr ein ruhigeres u. ungetrübteres sein, in diesem Wunsch stimme ich mit Ihnen ganz überein. Meine Wahl zum auswärtigen Mitglied der Akademie konnte mir, wie es scheint, noch nicht notificirt werden, weil die Bestätigung noch fehlt, u. so muß ich meinen Dank dafür bis auf weiteres im Herzen behalten, das davon erfüllt u. namentlich von der Einstimmigkeit der Wahl erfreut ist. Daß unsere Klasse, mit solchem Nachdruck (wie uns anderweitig mitgetheilt wird) auf Schöne zurückkommt, lobe ich sehr: einen einstimmigen Antrag dieser Art unter Benützung zufälliger Umstände abzulehnen, war so illoyal, daß die Klasse die Beleidigung nicht auf sich sitzen lassen durfte. Von dem Unrecht gegen Sch. gar nicht zu reden. Wie geht es ihm denn mit seiner Gesundheit? Daß E. Schmid[t], der ja wohl nicht zu umgehen war, in die Akademie kommt, Grimm aber nicht, thut mir nicht blos um seinetwillen, sondern auch 80
deßhalb leid, weil seine Wahl das einfachste Mittel gewesen wäre, um der Agitation für eine „Deutsche" Akademie ein Ende zu machen, die ja gewiß sehr ungefährlich, aber doch immer unbequem ist. Treitschke dürfte man wohl zum Ehrenmitglied machen, wenn auch seine Taubheit dem ordentlichen im Wege steht; aber die, von denen der Antrag ausgehen müßte, werden ihn wohl nicht vorschlagen. Eigenthümlich nimmt es sich immerhin aus, wenn die preussische Akademie dem wirksamsten litterarischen Vorkämpfer Preussens eine Ehre versagt, deren der Göttinger Zerstörer der preussischen Legende, freilich noch vor seiner Secession, gewürdigt worden ist. Treitschke's neuer Band ist wieder sehr geistvoll u. bedeutend. Einzelne Auswüchse seiner subjektiven Geschichtsbehandlung muß man freilich immer mit in den Kauf nehmen. Aber seine Schilderung Friedrich] Wilh[elm]s IV finde ich meisterhaft u. in allem wesentlichen gerecht, u. so will ich es ihm verzeihen, daß er Strauß über seiner köstlichen Satire, dem Julian, übellaunig, u. den Julian betreffend mit sehr mangelhafter Sachkenntniß, schulmeistert, während sich aus seiner eigenen Darstellung ein ebenso vernichtendes Urtheil über den romantischen König ergibt. Sehr gefreut hat es uns, daß die Helmholtzfeier so schön u. erhebend verlief u. Bezold's Rede, die auch uns nach den Berichten wohl gefiel, allgemein, u. so namentlich auch Frau v. H., befriedigte. Es that uns sehr leid nicht dabei sein zu können, aber es gieng nicht, u. meine Frau, die am längsten an dem Gedanken festgehalten hatte, bekam gerade in diesen Tagen so heftige rheumatische Schmerzen, daß von einer Reise nicht die Rede hätte sein können. Ist es wahr, daß die Akademie eine Ehrenpension für Frau v. H . beantragt hat, u. wie verhielt es sich damit näher? Ihre Vermuthung über die Tantalossage leuchtet mir ein. Aber wenn T. auf diese Art zur Kultusgemeinschaft mit Zeus gelangte, wie kam es, daß er in der Folge unter die großen Verbrecher in der Unterwelt gerieth? Kürzlich erhielt ich das dreibändige Werk über Plato's Rep. von Jowett u. Campbell. Letzterer beschwert sich in der Beantwortung meines Dankschreibens, daß eine Arbeit, worin er schon 1867 die Priorität der Rep. vor dem Philebus dargethan habe, in Deutschland nicht beachtet worden sei. Ich hatte ihm nämlich bemerkt, daß ich mit dieser auch jetzt von ihm verfochtenen Annahme nicht einverstanden sei. Das Ganze werde ich schwerlich ja lesen; aber wer die Rep. erklären oder herausgeben will, darf es nicht versäumen. Ist Ihnen ein Buch von Max Krenkel (ref. Pastor in Dresden) „Josephus u. Lukas" zu Gesicht gekommen? Mir scheint darin unwiderleglich bewiesen zu sein, daß im 3. Evangelium u. noch mehr in der Apostelgeschichte (die ich um 120-125 ansetze) Josephus ausgiebig benützt ist. Fragen Sie doch gelegentlich Harnack, nebst meinem Gruß, was er dazu sagt. Ihre Mittheilung über Paulsen lautet recht erbaulich. Hoffentlich hat ihm zur Belohnung P. Nerrlich sein Dogma vom klassischen Alterthum geschenkt, mit dem er mich unnützerweise bedacht hat, denn ich lese es doch nicht. 81
Auf Ihren Simplicius II freue ich mich u. beglückwünsche Sie zur Vollendung der mühsamen Arbeit. Zur Zeit laborire ich für den Jahresbericht an Walters gründlicher aber viel zu dicker u. trockener Gesch. der Aesthetik in Alterthum. Nun aber genug für heute. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den Ζ Januar 1895. W Magdeburgerstr. 2 0 . n i
Ihr lieber Neujahrsbrief, hochverehrter Freund, hat mich außerordentlich gefreut; denn außer Ihrer liebevollen Gesinnung gegen mich und die Meinigen, die uns beglückt, sehe ich mit Genugthuung, daß Sie geistig in und mit Berlin weiterleben und an allem wie vordem den regsten Anteil nehmen. Dies gibt mir die Hoffnung, daß Sie als socius perpetuus nicht nur der Gesamtakademie, sondern auch der Aristotelescommission einen Blick auf die beiliegende Sendung Henri Weil's werfen, die mich etwas in Verlegenheit setzt. Man sollte denken, daß eine in Frankreich preisgekrönte Schrift dort auch gedruckt werden müßte. Und in den Rahmen unserer Editionen paßt das nicht recht hinein. Bliebe Beratung, ob die Classe eine Druckunterstützung dem Franzosen bewilligen würde. Wenn das möglich sein sollte, müßte man natürlich das Ms. erst sehen. Aber annehmen wie ablehnen scheint mir gleich schwer. Ich hoffe, Ihr Takt wird einen guten Weg finden. Ich lege die Abschrift eines jungen Italieners Dr. Covotti bei, die Sie interessiren wird. Vitelli sandte ihn mir. Er arbeitet sehr tüchtig in Aristoteles Plotin pp u. hat mir seine Copie auf einige Zeit anvertraut. Ich hoffe, wenn er sie nicht edirt, daß Bruns dies und andere Alexandrea vornimmt. Uber Schöne urteilen Sie völlig wie wir alle. Mit seiner Gesundheit gehts leidlich. Ihre Anschauung über Grimm und Treitschke werde ich mit Ihrer gütigen Erlaubnis vertraulichst einigen Freunden mitteilen. Es ist ja viel von solchen Combinationen jetzt die Rede, und Ihr Wort wird auch aus der Ferne von Gewicht sein. Auch ich finde Treitschke's Schilderung bedeutend und er bemüht sich wirklich um Objectivität, aber ich vermisse eine wirkliche Herausarbeitung der historisch treibenden Kräfte, nemlich des liberalen Bürgertums, das durch die Sturm- und Drangzeit von 1848 hindurch doch wesentlich Deutschland, wie es jetzt ist, gemacht hat. Wie soll man von Treitschkes politischem Standpunkt aus 1848 begreifen? Ich habe ja mit 1848 persönlich nichts weiter zu thun als 82
daß ich in der Stunde, wo das erste deutsche Parlament zusammentrat, geboren wurde (daher der Vorname!). Aber das weiß ich doch von meinen Angehörigen, die damals gekämpft und gelitten haben, daß man in einer großen Zeit zu leben glaubte und auf Ideale vertraute, von denen sich Tr[eitschke] nichts träumen läßt. Es ist wahr, daß zwar nicht die Akademie aber (am Tage nach Beginn der Weihnachtsferien) die einzelnen Akademiker dazu aufgefordert worden sind die Petition an den Kaiser für Frau v. Helmholtz zu unterschreiben. Die ganze Sache, ihre Inscenirung, Formulirung u.s.w. hat diejenigen Akademiker, die mit mir darüber gesprochen haben - es war ja das größte Geheimnis gefordert worden - etwas befremdet. Diese haben teils unterschrieben teils nicht unterschrieben, doch habe ich der Sache nicht weiter nachforschen wollen und weiß daher nicht die allgemeine Stimmung. Auch habe ich Harnack noch nicht wegen Krenkel fragen können. Ich meine mich zu erinnern, daß irgend ein Recensent nicht überzeugt zu sein angab. Ihr Hinblick auf Jowett & Campbell ist mir sehr dankenswert, da ich mich im nächsten Semester, wo ich attische Prosa lesen will, mit Plato etwas eingehender befassen muß. Über Tantalos (junge) Versetzung in die Unterwelt hat Wilamowitz Homerische Untersuchungen 201 gehandelt. Aber sein Resultat, das nicht präcis u. kurz gegeben werden kann, befriedigt mich nicht. Vielmehr glaube ich, daß dabei alter Seelencult das Local (den Hades), lokale Sage (am Sipylos ist die alte Tradition, daß er zwischen Himmel u. Erde schwebt, ein Felsblock wie Damokles' Schwert ihm zu Häupten, zu Hause) die Verwandlung in Höllenbuße zu wege gebracht hat. Die Ethik ist dann wie bei Niobe von selbst dazu gekommen. Ich habe eben angefangen Oldenberg's vedische Religion zu lesen und freue mich nach soviel ausgestandenem A. Weber'schen Gerede einen verständigen nüchternen und geschmackvollen Gelehrten sprechen zu hören über Dinge, die auch für unsere Religion wichtig sind. Die ganze Cultur der Veden wird einem historisch begreiflich und die stillen Beziehungen, die für indogermanische Religion überhaupt, sich zwischen den Zeilen finden lassen, machen mir das Buch interessant. Es bestätigt sich, soweit ich bis jetzt die Sache überblicke, meine sonstige Vorstellung, daß die indogermanische Mythologie auf sehr viel schwankenderem Boden steht als der indogermanische Cult. U n d hier wird die durch Max Müller in Verruf gekommene Religionsvergleichung, wie ich hoffe, sicherere Resultate gewinnen können. Usener druckt eben ein merkwürdiges Buch: „Griech. Götternamen". Es soll eine Art Systematik der Religionsgeschichte werden, eine Methodik der religiösen Begriffsbildung. Ich sehe dem Werk mit Spannung und einer gewissen Angst entgegen. Hoffentlich ist sie umsonst. Walters Aesthetik habe ich noch nicht zur Hand genommen. Ich weiß nicht, 83
ich habe bei den Titeln Ethik, Aesthetik d. Altert, eine gewisse Überwindung nötig. Aber ich werde die noch nicht gelesenen Bücher von Ziegler, Schmidt u. jetzt Walter nun doch einmal in die Hand nehmen müssen. Möge Ihnen die Anzeige des Buches nicht allzusauer werden. — Den Meinigen geht es wohl, Ludwig hat einen etwas standhaften Catarrh. Vor einigen Tagen ist ein kleiner Knochensplitter aus der Wunde gekommen. Ob nun diese sich schließt oder noch ein kleines Stück zurückgeblieben ist, wird sich bald zeigen. Besorgniserregend ist die Sache auf keinen Fall, nur langwierig. Es thut uns leid zu hören, daß Ihre 1. Frau ihre rheumatischen Schmerzen wieder fühlen mußte. Wir dachten schon, die Milde des Stuttgarter Klimas würde sie befreien. Nun wir hoffen das Beste vom rüstig aufsteigenden jungen Jahre, in dem ich mich mit den Meinen Ihrer treuen Freundschaft stets dankbar erfreuen werde. Mit herzlichen Grüßen an das alte und junge Zeller'sche Haus Ihr H. Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 13. Jan. 1894 [1895].
Lieber Freund! Sie hätten die Beilagen schon etwas früher zurückerhalten, wenn ich Ihnen über diesen M. Schwab etwas vernünftiges zu sagen gewußt hätte; was aber freilich noch immer nicht der Fall ist. Eine Aristoteles-Bibliographie wäre ja gewiß von großem Werth; aber, wie Sie auch bemerken: man müßte erst untersuchen, ob diese Arbeit den Anforderungen entspricht, u. das wäre keine kleine Mühe. In dem uns mitgetheilten Inhaltsverzeichnis machen mich namentlich die „Études" bedenklich, die fast in jedem Kapitel vorkommen. Wenn damit nur eine Bibliographie der über bestimmte Gegenstände erschienenen Abhandlungen gemeint ist, so ist's gut; sollten aber eigene Exkurse des Vf. damit bezeichnet sein, so giengen diese über seine Aufgabe hinaus u. wären eine Belastung seines Werks von zweifelhaftem Werth. - Ist nun aber auch die Arbeit des Drucks würdig: wie soll diese unserer Akademie aufgebürdet werden? Mit der längst abgeschlossenen Aristotelesausgabe läßt sich eine aristotel. Bibliographie so wenig als mit den Aristotelescommentaren in einen organischen Zusammenhang bringen, u. sie als selbständiges Werk drucken zu lassen oder ihren Druck zu unterstützen, würde bei dem Werk eines Ausländers m.E. der Akademie nur dann möglich sein, wenn dasselbe von besonderer Vortreff84
lichkeit wäre. E s fragt sich daher: wollen Sie die Prüfung des Manuscripts übernehmen? In diesem Fall könnten Sie Weil antworten, daß Sie erst nach Einsicht desselben Sich darüber entscheiden können, o b Sie die Sache der A k a demie vorzulegen im Stande sein werden, da sie aus den obigen Gründen nicht ohne Schwierigkeit sei. Anderenfalls wäre sie a limine abzuweisen. D a s Fragment aus Alex. π. της π έ μ π τ η ς ουσίας (wie natürlich zu lesen ist) muß jedenfalls irgendwo u. von irgend wem edirt werden; nöthigenfalls im Archiv, dem ein solches ineditum besser anstehen würde als die unfruchtbaren Erörterungen von G l o g a u u. Arleth, die das neuste Heft bringt. D e r Stoiker Herakleides, gegen den die Schrift sich richtet, wird wohl der Mitschüler des Panätius (Ph. d. Gr. l i l a , 48.568) sein. Abhandlungen für oder wider Schriften u. Schriftsteller der entfernteren Vorzeit kommen in diesen späten Jahrhunderten ja auch sonst vor: vgl. Plut. adv. C o l o t e m , D e Herod, malign. u . A . F ü r Ihre mir sehr interessanten Erörterungen über die Tantalossage u. Ihre Mittheilungen über Berliner Dinge danke ich bestens; ebenso dafür, daß Sie mich auf Oldenbergs Veden-Religion aufmerksam machen, die ich mir jedenfalls verschaffen u. viel - wahrscheinlich mehr als aus Deussens erstem Band, den ich übrigens auch nicht verachte - daraus lernen werde. Ein so klarer u. zuverlässiger Berichterstatter über diese Dinge ist unschätzbar. Mit lebhafter Theilnahme erfuhren wir die zwei Todesfälle, die sich in der letzten Woche unmittelbar folgten, von Frau Dillmann u. der vielgeprüften, aber immer ergebenen u. für die Ihrigen treu besorgten Frau H a r m s . Vielleicht können Sie durch Ihren Sohn erfahren u. mir schreiben, wie es dem jungen H a r m s geht, u. o b er sein Oberlehrerexamen nun gemacht hat. Heute komme. Grüßen haben u.
las ich in der N a t . Z., daß H ü b n e r s Sohn als a.o. Prof. nach Bonn Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie H ü b n e r bei Gelegenheit mit unsern an ihn u. seine Frau sagen wollten, daß wir uns sehr darüber gefreut ihnen dazu G l ü c k wünschen.
Sehr erfreulich war es uns, daß Sie alle das Jahr gut angetreten haben, u. wir hoffen u. wünschen von Herzen, daß es so fortmache. Auch uns geht es gut, u. meine Frau hat eben über ihre Glieder nicht zu klagen. D a s milde Stuttgarter K l i m a besteht aber hauptsächlich darin, daß wir von den Berliner Winden verschont sind; denn die Kälte stieg auch schon über -11°C. Uebrigens hätten wir eine schöne Winterlandschaft, wenn nur (meinte gestern eine Correspondentin meiner Frau) der Schnee nicht wäre, der allerdings 1 Vi' hoch liegt. Mit den freundschaftlichsten Grüßen von H a u s zu H a u s ganz der Ihrige Zeller.
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85.
Diels an Zeller Berlin, den 21. Januar 1895. W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Es trifft sich schön, daß man Ihnen heuer zu zwei schönen Dingen zugleich Glück wünschen kann, zum Eintritt in das 82. Lebensjahr und in die Würde des Großvaters, die einzige fast, die Ihrem gesegneten Leben bis jetzt noch fehlte. Mögen Sie mit Ihrer lieben Frau, der ich noch ganz besonderen Glückwunsch sende, der dritten Generation in ungetrübtem Glück froh werden und in der Ihnen neu aufkeimenden Liebe der Enkelin Ersatz finden für die viele Liebe, die Sie hier (wenigstens äußerlich betrachtet) aufgaben. Ihrem Sohn habe ich direct gratulirt, meine Frau nimmt freudigen Anteil an dem Ereignisse und w i r beide hoffen, daß Mutter und Kind die schwierige Anfangszeit, w o nach der alten Vorstellung die schädlichen Dämonen besonders eifrig sind, glücklich überstehen werden. Für die Auskunft Ihres letzten Briefes betr. d. Herrn Schwab bin ich Ihnen sehr dankbar. Auch ich fürchte mich vor den Études. Es wird, das meint auch Mommsen, nichts übrig bleiben, als das Ms. sich kommen zu lassen und zu sehen, ob es brauchbar ist. In Oldenberg bin ich schon etwas weiter gediehen und sehe freilich, daß er meine zwischen den Zeilen gelesenen Ideen im weiteren Verlaufe nicht sonderlich begünstigt. Er steckt doch noch etwas in M . Müller'schen Vorurteilen, wie auch eine Ree. im L. Centralbl. (wenn ich nicht irre) hervorhebt. Das ist freilich nur ein geringer Teil seines Buches, das sonst mir vortrefflich scheint, ganz anders als das postume Werk Iherings über den Zusammenhang des römischen Rechtes mit dem indoeuropäischen Urvolke. Trotz aller geistreichen Gedanken erscheint mir das Ganze nicht blos ein Phantasma, sondern in der rationalistischen stellenweise geradezu euhemeristischen Methode w i e ein Rückfall ins vorige Jahrhundert. Der Tod der Frau Dillmann war wol w i e eine Erlösung, da es ihr zuletzt wirklich zu elend ging. Was die Kinder nun anfangen, wußte man noch nicht. Nach allem was man hört, ist etwas Wunderliches bei ihnen. Auch Frau H a r m s ist einem Leben von Sorge und Entbehrung entrückt worden. Ihr Sohn ist Assistent bei Engler und soviel mein Sohn weiß, hat er das Oberlehrerexamen nicht gemacht und denkt auch nicht daran es zu machen, da er wol die Beamtencarriere am botanischen Garten zu ergreifen gedenkt. Die akademischen Wahlen Stumpf, E. Schmidt, Erman sind glatt durchgegangen. Schöne kommt noch einmal im Februar dran, es w i r d ein heißer Kampf werden, da die andere Klasse teilweise wenigstens entschieden dagegen ist und die Ehrenmitgliedschaft in illoyaler Weise als Umgehung einer unmöglichen ordentlichen Mitgliedschaft betrachtet. Sie scheint vergessen zu haben, 86
daß sie den Dom Pedro zum Ehrenmitglied gemacht hat. Von der Kantsache werden Sie durch Dilthey orientirt werden, die Classe hofft, daß Sie κ ά ν α π ώ ν ομως der Commission nicht Ihren Beistand versagen werden. Es soll nun mit Circularen an die Regierung und an die Kantgelehrten vorgegangen werden. Die Graeca erheitert sich an dem Lucianischen „Hahn", der wirklich recht witzig ist. Mommsen entzieht sich jetzt in der Regel dem Symposion, er hat neulich wieder eine Ohnmacht gehabt. Geistig finde ich ihn ganz frisch. Hrn. Covotti habe ich veranlaßt die Abschrift aus Alexander zu bearbeiten und ins Archiv zu geben. Hoffentlich thut er's. Wegen des Herakleides vergaß ich Ihnen mitzuteilen, daß ich ihn eher für den Zeitgenossen des Alexander halten möchte, über den ich Archiv IV 490 schrieb. Mit den besten Wünschen für Sie, Ihre liebe Frau und die ganze Familie, die Ihren Ehrentag recht heiter begehen möge, und mit herzlichen Grüßen meiner Frau u. meines Sohnes bleibe ich auch in Ihrem neuen Lebensjahre Ihr in Verehrung ergebner H.Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 25. Jan. 1895.
Lieber Freund! Für Ihre treue Theilnahme an den erfreulichen Erlebnissen, welche die letzten 8 Tage uns gebracht haben, spreche ich Ihnen u. Ihrer lieben Frau unsern herzlichsten Dank aus; dem unser Sohn u. seine Frau mich bitten den Ausdruck des ihrigen beizufügen. Unser kleines Enkelchen hat uns durch seine Ankunft eine große Freude gemacht; seine Mutter hatte dabei ziemlich viel durchzumachen; jetzt ist aber alles im richtigen Geleise. Meine Frau ist, wie sich nicht anders erwarten läßt, eine sehr zärtliche u. besorgte Großmutter u. hat in dem Kinde schon viele Gaben u. Tugenden entdeckt; aber auch ich muß anerkennen, daß es für sein Alter ein ganz niedliches Ding ist. Eine etwas problematische Haltung zeigt meines Sohnes Hund, welcher bisher das enfant gâté im Haus war. Einerseits scheint er noch nicht recht zu wissen, in welche Klasse von Geschöpfen er den neuen Ankömmling einreihen soll; andererseits aber ist er unverkennbar eifersüchtig auf denselben u. gibt diesem Affekt oft einen sehr drolligen Ausdruck. Es ist eben zu schade, daß die Thiere nicht sprechen können. Ihre Mittheilungen über Berliner Menschen u. Dinge finden an uns immer sehr dankbare Leser. In Bezug auf die akademischen Wahlen schreibt mir 87
Sybel, er habe sich bereit erklärt, den Antrag auf Treitschke als ord[entliches] Mitglied zu stellen, der auch, wie er höre, „in unserer Klasse glänzend durchgehen würde nach Kroneckers u. Pringsheims Tod"; was doch wohl heißen soll: nachdem Mommsen nicht mehr durch die Rücksicht auf sie veranlaßt ist, dem Antisemiten den Weg zu vertreten. Ich theile Ihnen dieß zu Ihrer Orientirung sub rosa mit. Schöne's Ehrenmitgliedschaft werde entgegengehalten: warum man ihn, wenn er diese verdiene, nicht zum ordenti. Mitglied wähle? Ich denke, darauf gibt sowohl Nr. 1 als Nr. 2 des § 21 der Statuten eine Antwort an die Hand. Oder hätte Moltke die Qualifikation zum ordentlichen Mitglied nicht gehabt. Meinen Arbeiten war die letzte Zeit nicht förderlich. Ich bin eben an einem nicht werthlosen, aber nicht selten einseitig u. übereilt, dazu viel zu breit, geschriebenen Buche von Pöhlmann, dem Erlanger Nationalökonomen: „Gesch. d. Kommunismus ... im Alterthum" 1. Bd. Ueber ein paar thörichte Ausfälle gegen mich werde ich ihm etwas den Leviten lesen. - Oldenbergs neue Schrift werde ich mir verschaffen. Auch Wellhausens Gesch. Israels sollte ich lesen, ich weiß nur nicht, wann. Sie glauben gar nicht, was für eine zeitraubende Beschäftigung das Nichtsthun ist. Der Heraklides, gegen den Alexander geschrieben hat, wird natürlich der von Ihnen entdeckte Stoiker sein. Ich hatte mich nur im Augenblick seiner nicht erinnert. Für die Mittheilung über Dr. Harms danke ich. Ich hatte so etwas vermuthet. Von Dillmann's Kindern haben gerade die Söhne ihrer Mutter Nervosität in verhängnißvoller Weise geerbt. Grundbrave, gute, fähige Leute finden sie nicht den Entschluß zu einer Berufsthätigkeit; ihre günstige ökonomische Lage ist für sie in dieser Beziehung fast ein Unglück. Weinhold kennt diese Verhältnisse. Und nun nochmals unsern herzlichsten Dank u. die freundschaftlichsten Grüße Ihnen u. den Ihrigen von meiner Frau, ihrer Schwester und Ihrem treu ergebenen Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 2. Febr. 1895. W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Herzlichen Dank für Ihren lieben Brief vom 25. v. M., der uns, wie wir es erwarteten, von der großen Freude berichtete, welche die Ankunft der Enkelin im großelterlichen Hause hervorgerufen hat. Möge das Weitere sich glücklich entwickeln! Bei uns ist wenig, das der Erwähnung wert wäre, vorgegangen. Der Angriff des Hrn. v. Stumm auf unsere Nationalökonomen, die wenig vornehme Art wie diese replicirt und was sich daran anknüpft, ist Ihnen wol aus den Zeitungen bekannt geworden. Es wird allgemein bedauert, daß die ärgerlichen Dinge, die damals die Facultät erregten, nun in etwas anderer Constellation sich in der Öffentlichkeit abspielen. Die Geburtstagsrede Pfleiderers, die unter seinen Collegen nicht ungeteilten Beifall gefunden, ist um so höher an maßgebender Stelle gewürdigt worden. Der Schluß der Rede, die Sie ja wol lesen werden, geht jedenfalls über das hinaus, was vorher an dieser Stelle gesagt worden ist. Von Sybel's Absichten habe ich noch nichts gehört. Aber auch mir scheint es wahrscheinlich, daß jene Wahl wenigstens in unserer Classe durchgehen wird. Auf die andere ist kein Verlaß. Hat doch der vereinzelte Widerspruch gegen Schöne sich so verdichtet, daß auch einzelne unserer Classe, die sich bei der einmütig erfolgten Neuwahl unterschrieben hatten, abgesprungen sind (darunter Dilthey). Und das Ganze, weil man sich vor dem Einflüsse des Ministeriums fürchtet. Als ob nicht stetig und ständig dieser Einfluß geltend gemacht würde und von Leuten ganz anderer Gesinnung als Schöne. Das Resultat ist, daß der Antrag nicht an die Gesamtakademie gebracht, sondern bei erneuter Beratung in der Classe begraben wird! Das Buch v. Pöhlmann hatte ich mir vor Zeiten angesehen, aber die unglaubliche Art wie er Plato auffaßt, hat mich empört. Ich habe mir das Buch daher nicht angeschafft. Wellhausen's Gesch. Israels steht mir auch noch bevor. Seine früheren Sachen kenne ich und bin daher sehr begierig. Der Simplicius ist ausgedruckt und wird Ihnen hoffentlich noch in diesem Monate zugehen. Hayducks Philoponus de anima hat begonnen und macht mir noch etwas Mühe. Als der erste Druckbogen zum Imprimatur an mich gelangte, bemerkte ich, daß Psellus de anima ein Excerpt aus Philo de anima ist. Ich habe daher dies noch hineinbringen müssen. Den Meinigen geht es befriedigend. Ludwigs Wunde scheint jetzt sich zu schließen, er arbeitet mit großer Freude mit Engler. Otto geht übermorgen ins schriftliche Examen, nicht ohne Beklemmung. Paul hat sich mit Erfolg dem 89
Eissport ergeben, der jetzt wieder zu Wasser werden will. Ob Hr. Schwab in Paris mir das Ms. schickt, ist noch zweifelhaft. Jedenfalls werde ich nur privatim mich dafür interessiren. I. Bruns soll nach den Zeitungen nach Marburg kommen. Ist das richtig? Er schrieb heute an mich, ohne das zu erwähnen. Meine Frau läßt freundlichst grüßen und ich selbst bleibe mit den herzlichsten Wünschen für Sie und die lieben Ihrigen Ihr treu ergebner H. Diels
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Zeller an Diels
Stuttgart 20./[2]l. Febr. 1895. Lieber Freund! Seit dem 2. d., von dem Ihr letzter Brief datirt ist, hat sich ja in Berlin u. in unserem dortigen Freundeskreis mancherlei Unerfreuliches zugetragen. Sehr erschreckt hat uns Curtius' Unfall bei der ersten Mittheilung der Zeitungen. N u n scheint ja aber doch keine unmittelbare Gefahr vorzuliegen. Ob jedoch der Arm wieder seine volle Brauchbarkeit erlangt, u. ob nicht seine bisher so höchst erfreuliche Rüstigkeit einen bleibenden Stoß erhält, wird sich erst zeigen müssen. Wie geht es ferner bei Schräder? Seit der ersten Mittheilung der Nat. Zeitung über seinen Schlaganfall, die wir mit lebhaftem Bedauern lasen, haben wir nichts mehr von ihm gehört. Nicht minder überraschend war uns Mommsens Rücktritt vom Sekretariat unserer Klasse. Hatte er einen besonderen Anlaß? oder ist es allgemeine Verstimmung, u. als solche vielleicht ein Beweis körperlicher Angegriffenheit? Den Gehalt wird er ja wohl gleichfalls behalten. Und wer wird sein Nachfolger? Ich weiß nur einen u. hoffe, daß dieser sich der Aufgabe nicht entzieht. - Ueber den Rückzug unserer Klasse in Sachen der Schöne'schen Wahl u. die Motive, bzw. Vorwände, desselben kann ich mich noch nicht beruhigen. Letztere beurteile ich wie Sie. Welchen Einfluß auf die Beschlüsse der Akademie kann denn ein Ehrenmitglied als solches ausüben? Bonitz war ordentliches, aber es hat uns nie geniert, daß er Ministerial rath war. Recht widerwärtig sind die Händel der Nationalökonomen. Daß Wagner solche Dinge taktlos u. leidenschaftlich behandelt, ist man gewohnt; aber von Schmoller hätte man schon aus Klugheit mehr Würde u. Ruhe erwarten sollen. Stumm hatte ihm eine überlegene Antwort so leicht gemacht, bei der er jedermann auf seiner Seite gehabt hätte. Besser gefiel mir seine Rede bei dem Commers u. noch mehr, abgesehen von ihrer Länge, die von Pfleiderer. An des letzteren Rektoratsrede war mir die Schlußpartie im Grunde das liebste; aber warum hat er sie nicht durch eine tiefere Auffassung des protestanti90
sehen Princips, als sie sich S. 9 findet, vorbereitet? Etwas flach, wenn auch ganz recht u. gut gemacht, ist überhaupt die Rede wie der Redner. Bei uns steht alles gut, während sonst zur Zeit eine, wenn auch ziemlich ungefährliche, Influenza hier sehr verbreitet ist. Dem Enkelchen, an dessen Ankunft Sie so freundlichen Antheil nahmen, u. seiner Mutter geht es bis jetzt gut; für meine Frau (u. ein wenig auch für mich) hat Stuttgart durch das kleine Wesen ein ganz neues Gesicht bekommen. Den endlosen Winter haben auch wir satt, wiewohl wir mäßig darunter gelitten haben. Seit einer Woche sind wir in großer Sorge um den älteren von den Brüdern der Frau Helmholtz, Gen. Major v. Mohl, der in Heidelberg sich einer schweren Operation unterziehen mußte. Sie ist zur Zeit dort. Nun aber sei's genug geschwatzt. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 31. März 1895. W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrtester Freund, Ehe das wenig erfreuliche Wintervierteljahr zu Ende geht, möchte ich doch mich meiner drückenden Briefschuld entledigen. Denn ich sehe zu meinem Schrecken, daß bereits länger als ein Monat verflossen ist, seitdem ich Ihre lieben Zeilen erhielt, die uns von Stuttgart und den lieben Ihrigen nur Erfreuliches zu melden wußten. Daß die kleine Enkelin den Mittelpunkt Ihres Kreises und einen neuen Reiz Ihres Stuttgarter Aufenthaltes bilden würde, war vorauszusehen. Wir empfinden mit Ihnen die großelterlichen Freuden und hoffen, daß sich das liebe Wesen entsprechend weiter entwickeln werde. In unserer Familie gings leidlich. Meine Frau hat der Modekrankheit den Tribut gebracht und war wochenlang recht zerschlagen, aber es geht doch jetzt wieder ordentlich. Die übrigen sind verschont geblieben. Glücklicher Weise sind einige schwere Fälle, die Freunde von uns getroffen, gnädig vorübergegangen. Ein ganz besonders heftiger Anfall, der in Lungenentzündung culminirte, hatte den Director des Grauen Klosters Bellermann (Bruder unseres Extraordinarius) ergriffen. Wochenlang rang er mit dem Tode. Jetzt ist er in langsamer Genesung. Weniger günstig ist die Krankheit bei unserem Collegen Rubo verlaufen. Wir werden den liebenswürdigen Mann schwer auf dem Sprechzimmer vermissen. Man sagte von ihm, es sei keinem Collegen geglückt ihn zuerst zu 91
grüßen. Erfreuliches kann ich dagegen von Curtius und Schräder melden. Schräder kann wieder Gehversuche machen und Curtius ist von seinem Knochenbruch vollständig geheilt und laborirt jetzt nur noch an Schlaflosigkeit, die sich aber auch nach und nach hebt. Am Mittwoch und Freitag stellte er sich wieder seinen Freunden Abends vor und nahm mit gewohnter Frische an Lukians Icaromenippus Anteil, wenn auch zuweilen, wie früher auch, der ούλος Ό ν ε ι ρ ο ς momentan ihn entrückte. Die letzte Graeca war bei Wattenbach, der auch nach unangenehmer Bronchialaffection wieder vollständig mobil ist. Leider ist sie jetzt eine Gräcula und wir beraten schon den ganzen Winter, wie wir die Zahl etwas heben könnten. Aber der Philhellenen gibts halt wenige. Das tägliche und stündliche Gespräch ist natürlich Bismarck und die Entrüstung setzt sich bis auf die Straße fort, wo die „Kameelnummer" des Kladderadatsch v. 24. d. M. reißenden Absatz findet. Ludwig ist mit 2 seiner intimen Freunde heute morgen nach Friedrichsruh oder vielmehr Hamburg abgereist. Es wird außer Bismarck, den er im Namen der Familie begrüßt, auch seine Vaterstadt sehen und einige alte Freunde, die ihm und seinen Commilitionen Unterkunft verschafft haben, was bei der Überflutung nicht gerade leicht war, zumal ja der anständige Hamburger soweit von der Stadt wohnt, daß dergleichen Logis nicht in Betracht kommen. Pfleiderer an der Spitze der Universitäten wird auch wol dort sein. Es wird ihm viel Mühe gemacht haben die Adresse so zu drechseln, daß keine der deutschen Universitäten Anstoß daran nimmt. Ich habe während der Ferien angefangen die Fragmente zu ordnen und bin mit dem Dichterischen des Xenophanes so ziemlich fertig. Meine Sammlung hat 49 Nummern, aber wenn auch bei Karsten noch viele fehlen, so ist doch bei mir kein absolut neues Fragment. Ich habe die Technik des Dichters studirt, bin aber weniger davon erbaut als ich mir früher einbildete. Man merkt selbst in seinen Elegien, daß er die Kunst des poetischen Ausdruckes doch nicht in dem Maaße besitzt wie z.B. Mimnermos und Theognis, ja selbst Solon ist schwungvoller. Durch diese Beobachtung, die sich ins Einzelne hinein bei Vergleichung der Formeln und Metrik bewährte, läßt sich mancher vergeblich emendirte Vers halten. Viel neues werde ich daher nicht zu bringen haben. Wie denken Sie z.B. über fr. 15 Karsten ταύτα δεδόξασται μεν έοικότα τοις έτύμοισι? Ist es nicht wahrscheinlich, daß Epicharm (bei Arist. Metaph. Γ 5. 1010 a 4) nach seiner Weise den Philosophen harmlos parodirt hat etwa so: Τάδ' έτύμοισιν ουκ έοικόί)', ώσπερ είπε Ξενοφάνης, Ά λ λ ' άλαϋέ' εστίν, was dann Aristoteles seinerseits umdrehte είκότως μεν λέγουσιν, ουκ αληθή δέ λέγουσιν? Dieses Citât scheint dann die Handhabe geboten zu haben Xenophanes' Lebenszeit bis unter Hieron zu erstrecken. Mommsen, der s[ein] Sekretariat fortführen wird, hat sich von seiner Influ92
enz wieder ziemlich erholt, aber seine Stimmung ist noch nicht sonderlich. Ein junger Bildhauer namens Pracht hat ihn etwa 10 Cent, hoch in ganzer Figur modellirt, was ihm als „Caricatur" sehr misfallen hat, sonst aber allgemein gelobt wird. Ich würde Ihnen das kleine Figürchen mitgeschickt haben, wenn ich nicht fürchten müßte, daß einer Ihrer Berliner Freunde oder Freundinnen mir damit zuvorgekommen ist. Denn ich finde das Kunstwerk bereits hier sehr weit verbreitet. Sollten Sie es noch nicht haben, so bitte ich Sie gütigst mir zu gestatten es Ihnen und Ihrer lieben Frau zu schicken. Es würde mir eine besondere Freude sein. Hr. Olivier wird Ihnen seine Dissertation über Kritolaos, die nicht allzuviel Neues, aber bequemes Material bietet, direct zugesandt haben. Er hegt den Wunsch Ihren Grundriß ins Französische zu übertragen (er ist Genfer) und hofft damit günstigere Resultate zu erzielen als der Ubersetzer Ihres großen Werkes, [E. Boutroux,] den Hachette hat stecken lassen. Ich glaube, daß er die Arbeit, wenn Sie dazu die Erlaubnis geben und Ihr Verleger [Reisland] nicht dawider ist, wol machen könnte. Vielleicht wird er demnächst sich direct an Sie wenden. Mit den besten Wünschen für Ihr und Ihrer lieben Familie Wohlsein und herzlichen Grüßen auch von meiner Frau und Söhnen (Otto ist jetzt angehender Stud, chemiae) in Treue Ihr H . Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 8. Mai 1895.
Lieber Freund! Eigentlich wollte ich Ihnen von Baden aus schreiben, wo wir sammt meiner (jetzt in Heidelberg befindlichen) Schwägerin vom 23. vorigen bis zum 4. d. Mts. waren; aber die Bade-Bummelei ließ zu nichts Zeit. Wir hatten dort sehr schöne Tage: meist gutes Wetter, der erste Einzug des Frühlings, die prachtvollen Wälder mit jedem Morgen wieder voller u. grüner u. was die Hauptsache war, die ganze Zeit über Curtius u. seine Frau, u. bei ihnen bald die Tochter aus Darmstadt u. der Sohn aus Thann, bald die Frau des letzteren, an deren frischem, munterem, aufgewecktem Wesen wir uns besonders erfreuten. Curtius fanden wir recht erholt; auch den Schlaf hat er in Baden wiedergefunden. N u r muß man ihn beständig vor Unvorsichtigkeit hüten. Einige Tage war auch Stein aus Bern da, der bei Frau Curt[ius] Glück hatte u. sich auch ganz gut 93
hielt. Er hatte uns hier besuchen wollen, u. hatte es dann noch bequemer als ich ihn nach Baden bestellte. Am Freitag kam Frau Helmholtz auf der Rückreise aus dem Süden zu uns auf einige Stunden nach Baden. Sie zeigte sich recht erholt, erkrankte aber inzwischen in Heidelberg, wo ihr Bruder, der General, nach einer sehr schweren Operation sich in der Reconvalescenz befindet, an einer Erkältung; doch will sie, wie ich so eben höre, morgen nach Berlin zurückreisen. Wir haben auch von Baden aus unseren Vetter, den Gen. Major v. Mohl, u. ich bei dieser Gelegenheit auch Bunsen u. K. Fischer besucht. Einen Collegen zu sehen ist für mich jetzt immer ein Fest. Im übrigen geht es uns gut hier. Gestern waren wir recht vergnügt bei der Hochzeit einer Großnichte, die einen Prediger in der Nähe, in Kepler's Geburtsort Weilderstadt, geheirathet hat. Unsere Kinder sehen wir natürlich täglich, u. unser Enkelchen bringt einen großen Theil des Tags in dem Garten hinter unserem Haus zu. Sie können Sich denken, was das für meine Frau bedeutet, zumal es ein sehr nettes u. gedeihliches Kind ist. Im nächsten Heft unseres Archivs wird nun endlich die größere Hälfte meines Jahresberichts über 1893 erscheinen, die zweite, so Gott will, im übernächsten. Es wäre sehr dankenswerth, wenn Sie für letzteres auch ein paar Seiten über die Ά θ . Πολ. niederschreiben wollten, auf die ich dann verweisen könnte. Höchst erfreulich ist es mir, daß Ihre Ausgabe der Vorsokratiker nun in Gang ist, der ein beschleunigterer sein wird, nachdem Sie von dem schweren Gepäck des Simplicius befreit sind, zu dessen Vollendung ich Ihnen u. der Wissenschaft aufrichtigst Glück wünsche. Daß das Wort Epicharms über X e nophanes, auf das Arist. Metaph. 1010 a 4 geht, sich auf Xenoph. Fr. 15 bezieht, halte ich für möglich; glaube aber nicht, daß es aussprach: „Dieß ist nicht blos wahrscheinlich, sondern wahr", sondern daß es von einem Satz des Xenoph., vielleicht einer seiner theologischen Behauptungen, bemerkte: „sie sei zwar unwahrscheinlich, aber wahr"; denn nur so erhalten wir einen klaren Gegensatz zu dem aristotelischen είκότως μεν ουκ αληθή δέ. Die Mommsenstatuette hatten wir bereits als Ihr Brief mit dem freundlichen Anerbieten kam, sie uns zu schicken, für welches wir Ihnen nicht minder dankbar sind, als wenn wir es hätten annehmen können. Wir u. alle, die sie bei uns sahen, sind entzückt von ihr. Mommsen's Stimmung soll sich ja, wie uns seine Lahrer Verwandten sagten, die wir in Baden traffen, wieder gebessert haben, u. so denke ich, er komme auch wieder in die Graeca. Grüßen Sie ihn u. wen sonst ein Gruß von uns freut. Wenn Herr Olivier meinen Grundriß übersetzen will, ist es njir ganz recht, nur muß er auch meinen Verleger fragen; ich glaube dieß wenigstens. Seinen Critolaus hat er mir geschickt, aber bis jetzt nicht geschrieben. Gelesen habe ich jenen noch nicht. Am Osterfest sahen wir auf einer kleinen Landpartie den ersten Storch. D a 94
ein paar junge Frauen dabei waren, beriethen diese sofort über die Bedeutung des Zeichens; u. richtig: als die eine der anderen auf den Kopf zusagte, es könne nur auf s i e gehen, bequemte sich diese zum Geständniß. Die Verhandlung war natürlich unter gänzlichem Ausschluß der Oeffentlichkeit u. aller βέβηλοι geführt worden. Aber wo gäbe es heutzutage noch ein Amtsgeheimnis? Ihnen aber theile ich den Fall als Beitrag zur wissenschaftlichen Würdigung der Augurien mit. Etwas muß doch daran sein. Antipater u. Posidonius wären an etwas so gut beglaubigten froh gewesen, u. wenn sich die Sache vor 2 000 Jahren zugetragen hätte, läsen Sie dieselbe bei Cie. De Divin. u. nicht nebst den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus - in diesem Brief Ihres Zeller.
91.
Diels an Zeller Berlin, den 21. Mai 1895. W Magdeburgerstr. 20.111
Hochverehrter Freund, Ihr liebenswürdiger und heiterer Brief hat uns mit Lenzesluft und Waldesduft angeweht und uns die erfreuliche Gewißheit gegeben, daß Sie Sich wohl fühlen im neuen Heime und die angenehme Nähe von Baden-Baden zu einer erquicklichen Diversion benutzt haben, die durch das Zusammentreffen mit Curtius sich ganz besonders erfreulich gestaltet hat. Unser alter, nun wieder völlig der alte gewordener Freund wird Sie wieder völlig in die Berliner Verhältnisse eingeweiht und Frau Professorin mit kundiger Zunge das etwa Fehlende ergänzt haben, so daß es für Ihre Berliner Correspondenten wenig Neues zu vermelden gibt. Unsere Facultät beschäftigt der Fall Arons früheren Angedenkens. Sie soll ihn „vernehmen" und dem Minister dann „Antrag" stellen: Natürlich ist unsere Facultät einig, daß nichts erfolgen kann und natürlich ist dann wegen dieser Einhelligkeit Gelegenheit zu den schönsten Debatten gegeben, wobei sich ein braver, aber etwas ungeschliffener Edelstein einer verletzenden Sprache gegen Collegen bedient, die meines Wissens vor Ihrem Abgang unerhört war. Ich wundere mich über den Decan [Richthofen], der für die Dekors nicht zu sorgen weiß. Freilich ist er seiner eigenen Sache so wenig sicher, daß man nicht zuviel verlangen darf. In der Akademie ist vorige Woche der erste Schritt geschehen Treitschke zu wählen, was Sie mit Genugthuung erfüllen wird. Leider hat er in einer Rede in der Facultät von einer „ekelhaften Verbindung von Lausbubokratie und Plutokratie" gesprochen, was in Verbindung mit anderen antisemitischen Schlagern Mommsen verletzt hat und er ist nun plötzlich, nachdem er vorher seine Neu95
tralität versichert hatte, wieder umgeschlagen und droht wieder mit Rücktritt pp. Es soll mich wundern, wie die Sache abläuft. Denn M[ommsen] hatte wieder so prächtig eingegriffen, die durch Kunstmann gänzlich verlotterten Etatsverhältnisse gründlich vorgenommen, einen neuen Plan vorgelegt, kurz [er] war auch sonst so gut im Zuge, daß es mir sehr leid wäre, wenn er [sich] nun wieder zurückziehen wollte. Was Ihren Jahresbericht anbetrifft, so wäre ich ja gern bereit über die Ά θ . Πολ. etwas zu schreiben. Aber wenn ich nicht irre, waren wir früher einig, daß unsere Leser über diese rein historische Schrift keinen Bericht erwarten werden. Vielmehr genügt es wohl auf den mit großer Ausführlichkeit und Sachkenntnis abgefaßten Bericht von V v. Schöffer zu verweisen, den er in Bursians Jahresbericht f. Altertumswissenschaft 1893 erstattet hat. Dazu ist im J. 1893 Wilamowitz-Möllendorff's Buch „Aristoteles u. Athen" 2 Bde. erschienen, das allerdings für Sie von Wichtigkeit ist, aber weniger wegen der Πολιτεία als wegen der Gesamtauffassung und der vielfachen Besprechungen aristotelischer Schriften (S. Register S. 418). Leider bin ich nicht in der Lage über dies Werk mich öffentlich aussprechen zu können, da man über einen befreundeten Gelehrten nur dann öffentlich reden soll, wenn man wenigstens in der Hauptsache einverstanden ist. Sonst schweigt man wol besser. Gleichzeitig ist auch Kaibels Buch: „Stil und Text der Πολ. Άθην." erschienen, über das ich mich in dem Ihnen bekannten Aufsatze der G. gel. Anzeigen 1894 293 ff. ergänzend ausgesprochen habe. Ihrer Ansicht über die Äußerung Epicharms über Xenophanes schließe ich mich jetzt vollkommen an, da sie nicht nur mit Gomperz Beitr[äge] z. Krit[ik] Sitz. d. W[iener] Ak. t. 79, p. 569, sondern auch mit Aristoteles selbst Poet. 25. 1460 b 35 vgl. 1461 b 15. 1456 a 24. 1402 b 8 und schließlich auch mit Epicharm übereinstimmt, dessen νους όρα doch wohl auf ούλος όρο. des X[enophanes] Rücksicht nimmt. Unsere Graeca, an der Mommsen wieder bis zuletzt und ohne an Mitternacht zu denken, Anteil nimmt, liest jetzt Homers Odyssee und Hr. von Meyer, weyland Curator von Göttingen, ist mit einem solchen Elan ins Feuer gegangen, daß 300 Verse erledigt wurden. Es scheint ein neues Mitglied in Sicht: der Jurist Rommel (Bismarck-Eulenburg'sehen Gedenkens), den Sie vielleicht kennen. Vorgestern wohnten wir der Freytagfeier im Rathhause bei; der Stern'sche Gesangverein trug Brahms Deutsches Requiem und Mozarts Ave verum sehr schön vor. Ein Wildenbruch'scher Prolog kam zum Vortrag, die Poesie fand mehr Anklang als sonstige Producte des Dichters. Sehr gut und gut vorgetragen war Erich Schmidts Rede, die nur nicht einfach genug disponirt und stilisi« war. Sonst würde sie noch mehr gewirkt haben. Es ist merkwürdig, wie dieser Virtuose des Stils an Gorgianischen Mätzchen fortdauernd Gefallen fin96
det. Wie er bei Lessing sich leistete: „Hier steht er im Freien der Befreier", so kam hier folgende des Ortes wie mir scheint unwürdige Wendung vor: „Freytag hielt sich alle Aushorcher vom Leibe: Kein Eckermännchen oder Eckerweibchen durfte ihn katechisiren." Oder rein stilistisch: „in tiefgründender und schönriindender Darstellung." Merkwürdig ist, daß solche Art eigentlich dem Character des vortrefflichen Mannes fremd ist. Aber die Mode! Daß Hr. Olivier nicht bloß Sie, sondern auch Ihren Verleger fragen muß, weiß er. Aber er hat nichts weiter von sich hören lassen. Ihre freundlichen Grüße habe ich der Graeca bestellt. Es wird stets von Ihnen gesprochen und es wird Ihnen Freitags arg in den Ohren klingen. Im Anfang der Pfingstwoche verreise ich nach München thesauri causa. Vielleicht werden wir bis Mittwoch fertig. Dann würde ich es vielleicht möglich machen können über Stuttgart zurückzufahren, falls ich versichert sein könnte, daß ich Sie träfe und nicht im Geringsten störte. Ich würde dann meine Plauderei coram fortsetzen und mich Ihres neuen Heimes und Ihrer so schön erweiterten Häuslichkeit erfreuen dürfen. Unterdessen wünsche ich das Beste für Sie und Ihre liebe Frau und für alle, die das von Ihnen berichtete Omen etwas angeht, und bleibe mit herzlichen Grüßen von meiner Frau u. den Söhnen Ihr getreuer H. Diels. Ludwigs Wunde ist vor 14 Tagen von Prof. Rinne in Narkose wieder aufgeschnitten worden und ist nun, nachdem 2 größere Splitter herausgezogen worden, per primam zugeheilt. Hoffentlich entspricht der weitere Heilungsproceß den Erwartungen.
92.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 23. Mai 1895.
Lieber Freund! Die Aussicht, Sie in der Pfingstwoche bei uns zu sehen, macht uns ganz glücklich; halten Sie nur ja fest an dem Plan, u. zwar unter allen Umständen, so daß Sie Sich gleich ein Rundreisebillet über hier nehmen. Sie haben von hier nach Berlin nicht weiter als von München (wenn man hier Morgens 9 - 4 7 abfährt, ist man, über Würzburg u. Ritschenhausen, Abends 10 Vi in Berlin); es handelt sich also nur um die 4 - 5 Stunden von München hieher, u. da hat man sehr bequeme Schnellzüge: 97
Ab in M. An in St.
7 - 1 3 V. 12-30 Ν.
1 - 1 0 Ν. 5 - 5 7 Ν.
4 - 3 5 Ν. 9 - 1 Ν.
Wir rechnen also mit aller Bestimmtheit auf Sie. Wir sind jedenfalls hier u. wären es auch ohne die erfreuliche Aussicht auf Ihren Besuch, u. unser Fremdenzimmer steht bereit. Kommen Sie nur direkt vom Bahnhof zu uns. Können Sie uns Tag u. Stunde vorher mittheilen, so ist's gut; können Sie's nicht, so sind Sie uns unangekündigt - wenn Sie's à la fortune du pot wagen wollen ebenso willkommen. Ueber alles andere u. noch verschiedenes mündlich. Nur das muß ich Ihnen schon jetzt sagen: ein vollkommener Augur sind Sie doch nicht, denn in der Person haben Sie Sich geirrt. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus u. den besten Wünschen für Ihren Sohn Ihr Zeller.
93.
Diels an Zeller Berlin, den 24. Mai 1895. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Herzlichen Dank, hochverehrter Freund, für die umgehende Antwort, die mich hoch erfreut. Leider werde ich Ihnen höchstens telegraphisch meine Ankunft melden können, da wol nicht vorauszusehen ist, wie lange sich die diesmal sehr zahlreichen und wichtigen Conferenzerörterungen hinziehen werden. Können Sie mir vielleicht sagen, ob man im Orientzuge 4. 35 ab München sicher Platz bekommt? Es wäre mir freilich lieber, wenn ich bereits 1. 10 am Mittag abdampfen könnte. Was meine Auguralkunst anbetrifft, so bin ich viel zu lange mit Orakeln und Augurn umgegangen, um nicht etwas von ihnen zu profitiren. Wenn Sie die Güte haben wollten meine Prophezeihung noch einmal anzusehen, so werden Sie finden, daß mein christlicher Wunsch ganz allgemein an den resp. die gerichtet war, die es anging. Κροίσος "Αλυν διαβάς. Meine Schuld ist es nicht, wenn er in allzuenger Weise aufgefaßt wird. Nichts für ungut; in der Hoffnung Sie und Ihre liebe Frau demnächst gesund anzutreffen Ihr H. Diels
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94.
Diels an Zeller Berlin, den 9. Juni 1895. W Magdeburgers«. 20. Ι Π
Hochverehrter Freund, Nachdem ich nach einer heißen und staubigen, aber pünktlichen Fahrt hier wieder angelangt bin, möchte ich Ihnen doch gleich nicht nur meine glückliche Ankunft melden, sondern Ihnen vor allem noch einmal recht herzlich für die schönen Stunden in Stuttgart danken, die nach der Aufregung der vorangegangenen Tage mich außerordentlich erfrischt und erfreut haben. Meine Familie traf ich wohl an, ich erzählte ihnen viel von Ihnen und sie nehmen an allem Teil bis herab zum vortrefflichen Zampa. Gestern hatte ich mit Geschäften und geschäftlicher Correspondenz von früh bis spat zu thun. Sonst hätte ich schon gestern geschrieben. Hoffentlich ist Ihnen allen der Ausflug am Donnerstag gut bekommen. Ich bitte Sie Ihre liebe Frau und Schwägerin sowie Hrn. u. Frau Professor freundlichst grüßen zu wollen. Die meinigen empfehlen sich Ihnen allen wie Ihr dankbar ergebner H . Diels
95.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 16. Juli 1895.
Lieber Freund! N u n sind seit Ihrem Pfingstausflug, dessen erfreulichen Abschluß der Besuch bei uns bildete, auch schon über 5 Wochen vergangen; am Ende eine kurze Zeit, aber in die Reihe unserer Collegen hat sie wieder zwei empfindliche Lükken gerissen. Tietjen's Tod [am 21.6.] that mir aufrichtig leid: stand ich ihm auch nicht näher, so erschien er mir doch immer als ein redlicher, bescheidener u. in seinem Fach ohne Zweifel recht tüchtiger Mann. Viel näher ging mir aber Zupitza's plötzliches Hinscheiden [am 6.Z], da ich mit ihm so lange in freundschaftlichem Verkehr stand u. sein frisches, rühriges Wesen sehr zu schätzen wußte. In Facultät u. Universität wird er - auch abgesehen von der Vertretung seines Fachs - eine fühlbare Lücke zurücklassen; bei der nächsten Rektorwahl wird sie sich freilich noch nicht bemerklich machen, da man, wenn ich nicht irre, schon bei der letzten darüber einig war, daß Brunner, wenn er jetzt nicht gewählt werde, dann der nächste an der Reihe sein solle. 99
Aber von welchem entsetzlichen Schlag ist der arme Vahlen betroffen worden! Ich habe ihm sogleich geschrieben, nehme es ihm aber nicht übel, wenn er lange nicht oder auch gar nicht antwortet. Bei seiner Gemüthsart ist doppelt zu fürchten, daß er sich nun vollends ganz in sich zurückzieht u. in seine Arbeit vergräbt, u. dagegen kann ja niemand unter seinen Freunden etwas machen. Gestern erhielt ich einen Brief von Dilthey, worin er über den Fortgang der Arbeiten für die Kantausgabe befriedigt berichtete. Nächsten Winter solle auch der Antrag auf die Wahl Erdmanns zum correspondirenden Mitglied gestellt werden, der gerade im Interesse der Kantausgabe schon im vorigen hätte gestellt werden sollen, was mir auch D. versprochen hatte. Ueber Treitschke's Wahl, schreibt D[ilthey], sei Virchow so außer sich, daß er im Plenum alles dagegen thun werde. Das fehlt eben noch, daß die Leute, welche Deutschland im Reichstag durch die Verwerfung der Ehrung Bismarck's unauslöschlich blamirt haben, auch der preussischen Akademie verbieten, den Historiker, welcher mehr als irgend ein anderer für Preussens Anerkennung in Deutschland gethan hat, in ihre Mitte aufzunehmen, weil er ihnen politisch nicht angenehm ist. Und wie ist gerade von dieser Seite s. Z. darüber geklagt worden, daß es etwas lange anstand, bis man sich entschloß, Virchow der von ihm so leidenschaftlich angegriffenen Regierung zum Rektor (der dann auch darnach war) zu präsentiren! Sie thäten mir einen Gefallen, wenn Sie Harnack nebst meinem Gruß fragen wollten, welches der Papst war, der in früheren Jahren Seeräuber gewesen sein soll, u. ob er dieß wirklich gewesen ist. So viel ich mich erinnere, war's der vom Constanzer Concil abgesetzte P. Johann XXIII; ich kann's aber in meinen Büchern nicht finden u. bedarf der Notiz doch. Vorige Woche litt ich an einem Magenkatarrh, von dem aber jetzt nicht mehr viel bemerkbar ist, so daß ich hoffe, für unsere Sommerreise kein Hinderniß zu werden. Wir wollen am 29. d. für ein paar Wochen nach Berchtesgaden gehen. Albert ist schon vorgestern mit Frau u. Schwiegervater in's Oetzthal abgereist, das sie zu Fuß durchwandern, dann auf den Mendelpaß u.s.w. gehen u. vor Mitte August zurück sein wollen. Ihr Kind ist mit Wärterin u. Zampa zur mütterlichen Großmutter gezogen, bringt aber jeden Nachmittag in unserem Garten zu. Daß Sybel wegen Unwohlsein nicht nach München u. somit auch nicht hieher kam, that uns sehr leid. Bitte, grüßen Sie Curtius, Mommsen, Dilthey u.s.w., u. seien Sie mit den Ihrigen herzlich gegrüßt von meiner Frau, Schwägerin und Ihrem Zeller.
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96.
Diels an Zeller Berlin, den 20. Juli 1895. W Magdeburgerstr. 20.™
Hochverehrter Freund, Ihr lieber Brief hat mich hoch erfreut, zumal ich daraus ersah, daß Ihre Indisposition, über die, wie es zu gehen pflegt, vergrößernde Gerüchte hier umliefen, glücklich behoben ist. Die beiden Todesfälle, die wir erlitten haben, trafen uns hart. Tietgen kannte ich etwas näher, da er Landsmann von Wellmann ist und dessen Biederkeit und Anspruchslosigkeit durchaus teilte. Zupitza fehlt uns natürlich aller Orten. Sein Hinscheiden traf uns wie seine Familie ganz plötzlich, obgleich die gesteigerte Heftigkeit seines Naturells, wie es im letzten Halbjahre öfter in den Facultätssitzungen explodirte, vielleicht Vorzeichen war. An die Stelle des Vicedecanates, das Zupitza solange Jahre treulichst verwaltet hat, schwang sich sofort mit hörbarem Geräusche Hermann Amandus Schwartz. Die freie Zeit, die ihm die Mathematik und die Hühner lassen, soll er nun mit Auswendiglernen der Facultätsparagraphen zubringen. Seitdem er Mitglied der Pariser, Bologneser und Upsaler Akademie geworden ist, wölbte sich sein Plastron noch mehr und er kann uns noch gefährlich werden. Du ridicule au sublime ce n'est qu'un pas. Namentlich für die andere Classe der Akademie, wo Dubois immer weniger die Geschäfte leiten kann, naht die Candidatur Schwartz mit Eilschritten. Zur Rectorwahl hatte man, um den Anspruch unserer Facultät alle 2 Jahre zu amtiren, nicht fahren zu lassen, Schulze aufgestellt, der sicher durchgegangen wäre. Er hat aber abgelehnt. Nun ist Brunner Candidat und von unserer Facultät Schmoller oder Landolt. Ich vermute, daß der erste durchgehen wird. Als Decan wird wohl Scheffer-Bfoichorst], dessen Gesundheit sich gehoben hat, gewählt werden. Treitschke ist am voriger Donnerstag [18.Z] mit Kohlrausch u. Warburg in die Academie gewählt worden. Er erhielt - mirabile dictu nach soviel Geschrei - 4 schwarze Kugeln unter 35! Seine Rede, die er gestern zu der etwas überflüssigen Kriegsfeier hielt, war so zündend, daß am Schlüsse allgemeiner Jubel entstand. Leider hatte s. Magnificenz [Pfleiderer] alles gethan resp. nicht gethan, um die Äußerlichkeiten zu verpfuschen. Anstatt den M i t g l i e d e r n ] der Facultäten und einer gewissen Anzahl v. Studenten anständige Plätze zu sichern - man hatte ja die Singakademie gewählt - , war alles dem Zufall überlassen und während die Unterbeamten einen schwunghaften Handel mit den Billeten trieben und die besten Plätze mit nicht zugehörigen Elementen angefüllt waren, mußte für die Minister und ersten Beamten erst in unanständiger Weise Platz geschaffen werden u. viele Ordinarli mußten stehen. Die Studenten kamen überhaupt nicht in den Saal, sondern auf die Tribüne, wo sie, wie meine 101
Söhne versicherten, nicht viel hören konnten. Glücklicher Weise riß Treitschke die Sache heraus. Aber die Misstimmung über Se. Magnificenz hat sich gegen E n d e ebenso verdichtet wie gegen Se. Spectabilität [Richthofen], die uns vorgestern zumutete u m 10 Vi noch den Fall Arons zu tractiren, der sich wie eine Seeschlange hinzieht. Als Nachfolger von Tietgen ist Bruns in Leipzig und I I o loco LehmannFilhés als Ordinarius vorgeschlagen. Als Nachfolger Zupitzas I o loco Brandl in Straßburg I I o K o l b i n g Breslau I I P Schipper Wien. Vahlen, der sonst so lebhaften Anteil an den Facultätsverhandlungen nahm, ist ganz geknickt. Ich habe ihn noch nicht anzusprechen gewagt. Dilthey ist sehr vergnügt über seine Organisation der Kantausgabe. Wir werden die Geschichte noch aufs Classenbudget nehmen, dessen Finanzen sich bedeutend besser stellen als wir noch vor kurzem annahmen. M o m m s e n mußte nach den verwahrlosten Büchern ein Deficit von M . 10 000 erklären. Aber nachdem durch Auwers' energische Mitwirkung die Bücher seit 1890 nachgetragen und Abschlüsse gemacht worden waren, stellt sich ein Überschuß pro 1895 von M . 10 000 und eine Reserve von M . 60 000 für die Klasse heraus, womit wir den Kant bezwingen können. Ich muß gestehen, wie Vahlen mit solchem Bücherwesen arbeiten mochte, ist mir unklar. D a ß M o m m s e n , der schon längst Abiturient ist, und am 1. O c t o b e r nun definitiv gehen will, sich nicht mehr u m diese Molesta kümmern mochte, ist eher begreiflich. In B e z u g auf Johann X X I I I lege ich einen Zettel Harnack's bei, der Ihre Vermutung bestätigt. Z u m Schlüsse muß ich Ihnen eine Mitteilung machen, die Sie betrüben wird. Aber ich kann nicht anders. Ich habe heute Stein mitgeteilt meinen N a m e n vom nächsten Bande an wegzulassen. Bei der U m ä n d e r u n g habe ich auf seinen dringenden Wunsch meine lange gehegte Absicht nicht verwirklicht, weil ich nicht den Anschein erwecken wollte, N a t o r p s wegen zurückzutreten. Jetzt fällt dieses Moment weg und ich muß meinem Gewissen folgen, das mir verbietet Scheinleistungen zu versprechen. Ich bitte Sie herzlich mir nicht b ö s e d r u m sein zu wollen. Ich habe Ihretwegen den Entschluß hinausgeschoben, solange es ging. Jetzt w o das Unternehmen so erweitert ist, wird der Fortfall eines unthätigen Mitglieds nicht einmal bemerkt werden. Dilthey dem ich es mitteilte, bat mich dringend und obgleich ich das Gewicht seiner Worte nicht unterschätze und es durch das Ihrer mir früher mitgeteilten verstärke, kann ich doch nicht anders. Ich hoffe, daß Sie meinen Entschluß wenn auch nicht billigen, aber verstehen werden, und bleibe, wenn dieser Stein des Anstoßes mir vom Fuße genommen ist, mit leichterem Herzen Ihr allzeit treulichst ergebner H . Diels
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Von meiner Frau habe ich befriedigende] Nachricht aus Wiesbaden. Aber meine Schwägerin leidet sehr an den Nerven. Ludwig u. Otto machen zusammen eine kleine Vogesen- u. Schwarzwaldtour, wobei sie meine Frau u. mich vermutlich in Titisee treffen werden, wo wir am 6. VIII eintreffen wollen. Mit besten Wünschen für Sie und die lieben Ihrigen und für Ihren Berchtesgadener Aufenthalt! M. Frau, die Ihren Brief las (in Wiesb.) läßt bestens grüßen.
[Beilage A. von Harnack's:] Der im Mai 1415 zu Konstanz endlich abgesetzte Papst Johann X X I I I - als Cardinal „Balthasar Cossa" - war ein gewaltthätiger Spitzbube im großen Stil. Unter den zahlreichen Anklagen gegen ihn - Mord, Raub, Erpressung, Nonnenschändung, zahlreiche Ehebrüche - figurirt auch die Behauptung, er habe in seiner Jugend „Seeraub" getrieben. Wie diese Anklage substanziirt gewesen ist, ist m.W unbekannt. Er stammte aus einer der vornehmsten neapolitanischen Familien; man wird daher wohl mehr an indirecten als an directen Seeraub zu denken haben, wenn die Sache überhaupt richtig ist.
97.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 28. Juli 1895.
Lieber Freund! Vorgestern brachten wir es hier auf 26°R, u. heute verspricht's ähnlich zu werden. (Nein noch ärger: 27.) Es ist daher kein Uebermuth, wenn wir morgen nach München u. übermorgen weiter nach Berchtesgaden fahren, um dort 3 - 4 Wochen in etwas frischerer Luft zu athmen; Hochgebirgsluft ist's freilich auch dort noch lange nicht. Pauline ist schon seit 8 Tagen dort; unser Sohn mit Frau vor 14 in's Tirol abgefahren, wo sie zuerst das Oetzthal durchwanderten, u. jetzt auf dem Mendelpaß liegen; auf dem Rückweg kommen sie vermuthlich auch noch auf einige Tage nach Berchtesgaden. Auch Frau v. Helmholtz u. ihre Tochter hoffen wir dort, u. vorher noch Diltheys in dem nahen Reichenhall, bzw. Hallthurm, zu sehen. Ueber Gneist's Tod [23.Z] u. Begräbniß haben uns die Zeitungen unterrichtet. Dem Lektionsverzeichniß entnahm ich, daß er für den Winter noch angekündigt hatte. Er ist nun in 11 Monaten der siebente von unsern Collegen u. Freunden, den wir in Berlin nicht mehr treffen würden: Helmholtz, Pringsheim, Gizycki, Friedberg, Tietjen, Zupitza, Gneist. 103
Für die Mittheilungen Ihres Briefs bin ich Ihnen dankbar, wie immer, u. bitte Sie, auch Harnack für seine belehrenden Zeilen meinen Dank auszusprechen. Aber daß Sie Sich dem Archiv definitiv entziehen wollen, thut mir allerdings sehr leid. Sollten Sie auch für Jahre zu wirklicher Mitarbeit keine Zeit finden, so wäre ihm doch schon Ihr Name auch ferner von unschätzbarem Werth, u. für die Redaktion konnten wir uns auch bisher schon nur sehr cum grano salis verantwortlich fühlen. Im neuesten Heft hat mir, so weit ich es bis jetzt kenne, Vaihingers Jahresbericht am besten gefallen. Mit Tannery's Artikel ist schon deßhalb nichts anzufangen, weil er dem alten Milesier [Anaximander] Antworten auf Fragen abpressen will, welche dieser sich gewiß nicht vorgelegt hat, u. andererseits (p. 447) die sichersten Zeugnisse über seine Lehre verwirft, weil so etwas „doch zu dumm wäre". Espinas hat mit seiner Erklärung der φρουρά vielleicht Recht, aber die Sache ist von keiner großen Erheblichkeit. Auch Rodier muß ich gegen Tannery Recht geben; um so weniger Arleth u. Joël gegen mich. Jener handthiert, wo es sich um Anaxagoras handelt, mit Immanenz u. Transcendenz, u. begreift nicht, daß er doch vor allem fragen müßte, ob diese Kategorien u. die Annahme ihres Gegensatzes sich auch im Kopfe des Anax[agoras] vorfanden; dieser entnimmt nach wie vor der großen Moral „aristotelische" Zeugnisse u. beweist die Unglaubwürdigkeit sämmtlicher sokratischen Reden damit, daß Aristfoteles] die Gespräche des Alexamenos μιμήσεις nennt. Mit mehr Vergnügen habe ich mich ein Stück weit in Hirzeis „Dialog" hineingelesen. Aber auf die Finger sehen muß man ihm auch: Die Vermuthungen verdichten sich ihm zu leicht zu Thatsachen, u. daß er (1,75) aus dem „geschichtlich treuen" Bericht in Plato's Parmenides die - freilich selbstverständliche - Thatsache beweist, daß Sokrates nicht als vollendeter Dialektiker zur Welt kam, hat mich etwas erschöpft. Das Recensionsexemplar von Döring's „socialem Reformsystem" des Sokr[ates] werde ich in der Hoffnung, über 1895 nicht mehr berichten zu müssen, wohl unaufgeschnitten lassen. Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet! Aber im Gegentheil: Das Gefieder wächst ihm immer dicker u. länger. Und weil jetzt eben die sociale Frage im Kurs ist, muß Sokrfates] (wahrscheinlich nach PL Symp. 216 A) in erster Linie Socialreformer, u. sogar im Besitz eines soc. Reformsjifews sein. Doch sat prata biberunt. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller. Treitschke's Rede muß ja eine ganz zündende Wirkung erzielt haben. Ich freue mich sehr darüber u. nicht minder über seine glänzende Wahl in die Akademie. Die Rede wird doch gedruckt werden.
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Diels an Zeller Berlin, den 29. August 1895. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Zwischen Ihrem letzten lieben Brief und meiner Antwort liegt unsere Ferienreise, die diesmal etwas kurz ausgefallen ist, wie die Umstände es mit sich brachten. Als ich am 2. Aug. nach Wiesbaden kam, fand ich meine Frau dort nicht sehr erholt vor. Hauptsächlich weil meine Schwägerin, die den vorigen Winter schwere Krankheit durchgemacht hat, noch an einer heftigen Neurose mit allerlei Complicationen leidet, die den Aufenthalt meiner Frau wenig erfreulich und gesundheitlich fördernd gestaltete. Wir hatten vor, Paul in Wiesbaden zu lassen und ihn dann Mitte August unter der Hut der beiden älteren Söhne, die eine kleine Vogesen- und Schwarzwaldtour vorhatten, nach Berlin zur Schule zurückzusenden. Aber ich sah bei meiner Ankunft gleich, daß auch für Paul dort des Bleibens nicht war. So nahmen wir ihn nach eingeholtem Urlaub auf unsere Reise, die nach Titisee bei Freiburg ging, mit. Wir trafen dort mit meiner in Freiburg wohnenden Schwester zusammen und verlebten da nicht sehr vom Wetter begünstigt 14 ruhige Tage, woran sich ein Ausflug an den Bodensee anschloß. Über Triberg kehrten wir dann nach Wiesbaden und vor einigen Tagen hierher zurück. Wir wären gern noch etwas länger draußen geblieben, aber Paul durfte die Schule nicht allzulang versäumen und ich selbst komme ja auch in einem Monate wegen der Kölner Philologenversammlung noch einmal heraus. Meine Frau freilich kann sich in Berlin noch nicht recht finden. Sie fühlt sich noch so kraftlos, trotzdem wir während unserer Reise beständig unterwegs waren. Berliner Luft und Schwarzwaldluft ist halt ein Unterschied. Ihr Bericht über die neuesten litterarhistorischen Erscheinungen hat mich gefreut, weil ich sehe, daß Sie auch in Stuttgart mit gewohnter Frische der litterarischen Production folgen. Ich bin etwas langsamer und trotzdem ich Hirzel im Koffer hatte, bin ich über die Hälfte des I B. nicht hinausgekommen. Was Ihnen auffiel, die wunderliche Auffassung aus Piatons dichterischen Gebilden historische Wirklichkeit zu erpressen, hat mich noch mehr erschöpft als Sie, weil, wie Ihnen bekannt ist, mein Standpunkt in dieser Frage noch radicaler ist als Sie wol zugeben wollen. Ich fasse den gesamten Sokratischen Dialog in erster Linie als Dichtung auf, die natürlich schon um der Illusion willen Personen und Thatsachen der Wirklichkeit vernützt. Aber die eigenen ästhetischen und philosophischen Absichten stehen doch so in erster Linie, daß man sich nie auf sie als auf eine historische Quelle berufen kann. Nur in dem Falle, daß etwas, was der eigenen Tendenz zuwiderläuft, berichtet wird oder in dem Falle, wo zwei Quellen ganz unabhängig von einander (denn die gegensei105
tige Imitation ist ja stark) und unabhängig von der Tendenz dasselbe berichten, wird man Grund haben, sichere historische Thatsachen vorauszusetzen. So hat meines Erachtens auch Aristoteles die Sache angesehen und es thut mir leid in einer so wichtigen Frage von Ihnen abzuweichen. Aber Joel's Erklärung der Poetikstelle halte ich für die richtige und bedauere nur, daß er die Sache ziemlich ungeschickt vorträgt, während Bernays (in s. Katharsisabh.: Zwei Abh. über die A. Th. d. Dr. 1880 S. 82) diese Auffassung wie mir u. Vahlen, den ich darum fragte, scheint, endgültig erledigt hat. Von diesem meinen Standpunkt aus gestaltet sich die Leetüre des Hirzelschen Buches für mich zu einer fortwährenden Marter. Nach zwei Seiten muß ich immer wieder Luft schöpfen, obgleich er seinen Standpunkt gar nicht consequent durchführen kann. Heute ist der erste Band von Kühleweins Hippokrates erschienen und er wird hoffentlich so gearbeitet sein, daß man endlich erfährt, was in den Hdss. steht. Von Collegen habe ich hier noch keinen getroffen, doch sah ich unterwegs in der Nähe von Ragaz unsern Freund Stumpf allein, bergmäßig ausgerüstet, um in der Churer Umgegend umherzukraxeln. In der Taminaschlucht - der weiteste Punkt unserer diesjährigen Reise - sah ich Eilhard Schulze mit seinem ältesten Sohne. Daß der Stuhl von Zupitza durch Brandl in Straßburg den Wünschen der Facultät entsprechend in fabelhaft kurzer Zeit besetzt worden ist, haben Sie gehört. Ebenso wohl auch den merkwürdigen Kampf um das Rectorat, bei dem ich mich vergeblich um Brunner bemüht habe. Daß W[agner] die Würde der Universität im Anfang des Jahres außer Acht gelassen, ist, wie diese Wahl zeigt, nur wenigen unserer Akademiker zum Bewußtsein gekommen und einige, die ich aufklärte, waren ganz verdutzt. So glaube ich leider, daß es mit unserer akademischen Selbständigkeit und Würde, die gerade die bedeutendsten Männer gering achten, bald vorbei sein wird. Leider! U n d jetzt, wo die anders denkenden immer geringer an Zahl werden, fehlt die Leitung und Führung. Es ist der reine Zufall, wenn die richtige Meinung durchdringt. Es ist die höchste Zeit, daß die Universität mit der Reinsburgstraße telephonisch verbunden wird. Davon verspräche ich mir noch eine Wirkung. Ich schreibe Ihnen diese Epistel nach Stuttgart, da ich nicht sicher weiß, ob sie Sie in Gastein trifft. Sie schrieben nur von Berchtesgaden in Ihrem letzten Brief. Aber die Fama behauptet Sie seien in Wildbach. Andernfalls wird Ihnen der Brief nachgesendet und es ist ja nichts dringliches darin. Indem ich Ihnen und Ihrer lieben Frau herzliche Grüße sende auch von meiner Frau, von Ludwig, der fleißig an seiner Doctorarbeit „über die Pflanzen Neuseelands in geographischer u. klimatolog. Beziehung" schreibt und auf Engler's Wunsch schon Mai 96 promoviren will, und Otto, der in Wiesbaden als Einjährig-Freiwilliger zum 1. October angenommen ist, sowie Paul, der 106
ganz von den Vorbereitungen für das Sadenfest [so!] eingenommen ist, das hier großartig gefeiert werden soll, bleibe ich Ihr getreuer Hermann Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 2. Sptbr. 1895.
Lieber Freund! Ihr Brief vom 29. Aug. traf uns schon wieder hier. Wir waren in Berchtesgaden nur drei Wochen, vom Wetter her nur theilweise begünstigt, da während der ersten 14 Tage dasselbe immer wieder durch Gewitter verstimmt wurde, denen heiße, drückend schwüle Tage vorangingen u. starke Abkühlungen folgten. Die Gegend fanden wir auch jetzt wieder wunderschön, aber die rechte Gebirgsluft hat man dort (570 m ü. M.) doch in der heißen Jahreszeit noch nicht. Meine Frau nahm Salzbäder, die ihr zusagten. Sehr angenehm war es für uns, daß unser Sohn u. seine Frau die letzten zehn Tage einer Tiroler Reise mit uns in B. zubrachten. Von München aus begleitete uns ferner Dreydorff, dem später auch seine Tochter folgte; meine Schwägerin war schon vor uns in B. eingetroffen; in der ersten Zeit sahen wir auch Frau Dilthey, die in dem nahen Hallthurm wohnte, ein paarmal; in der Folge gieng sie nach Kreut, wohin ihr Mann vorausgegangen war. Von dort auf einen Tag nach München zu kommen, wo wir auf der Heimreise uns ihm zur Verfügung stellten, hatte er keine Lust. In der letzten Woche unseres Aufenthalts in B. kam noch Arn. v. Siemens mit Frau u. Kindern, Frau Helmholtz u. ihre Klagenfurter Schwester mit Gemahl, u. wir hatten mit ihnen noch einige schöne Tage. Frau Dilthey fanden wir gut aussehend, aber ihr Lungenspitzenkatarrh sollte erst ausgeheilt sein, ehe sie nach Berlin zurückkehrt, u. es ist dringend zu wünschen, daß Kreut ihr diesen Dienst leiste. Hier wird heute die Sedanfeier mit einer Begeisterung begangen, der auch die Demokraten sich, wenigstens für den Moment u. den äußeren Anschein, nicht entziehen können. Die Stadt prangt im reichsten Flaggenschmuck, u. auf den Höhen, die sie umziehen, loderte gestern Abend ein ganzer Kranz von Bergfeuern. So ganz werthlos sind solche Feiern, wie diese u. die Bismarckfeier im Frühjahr, doch nicht, namentlich im Hinblick auf das heranwachsende Geschlecht. Eine unmittelbar greifbare Wirkung kann man ja von ihnen nicht hoffen; aber sie sind doch immer kleine Oasen in der Wüste unseres politischen Lebens. 107
Der aristotelischen Stelle poet. 1447 b 9 weiß ich allerdings für die Frage über die Geschichtlichkeit der σωκρατικοί λόγοι absolut nichts zu entnehmen; denn mit den Mimen Sophrons werden sie hier u. bei Athen. 505 b lediglich nach der formalen Seite verglichen, sofern beide λόγοι και μιμήσεις (was = λόγοι μιμητικοί) sind; dieß sind sie aber als historische Berichte gerade so gut, wie als freie Dichtungen: Das Porträt ist ja nicht weniger, sondern noch eigentlicher μίμησις als das Idealbild, Polygnot's Marathonschlacht nicht weniger als der Gigantenkampf. Joels Manier vollends, der ganze Berge auf jenes unsichere Fundament baut, ist ganz die des Rabbinen, gemäß dem Grundsatz: e quovis apice scripturae montes doctrinarum pendent. Von dem sonstigen Inhalt des letzten Hefts unsers Archivs war mir Vaihingers ungemein fleißiges u. formell geschicktes Referat das liebste. Tannery gibt sich wieder einmal Mühe, den ältesten Philosophen Antworten auf Fragen abzupressen, die für sie nicht existirten - ähnlich wie Kirchhoff den Candidaten im Doctorexamen, u. nicht viel anders macht es der langweilige Arleth. Besser bin ich mit den kleinen Arbeiten von Espinas u. Rodier zufrieden; wogegen das, was Bergemann u. Zahlfleisch brauchbares bringen, sich sehr viel kürzer hätte sagen lassen. Mir haben sich in die Arbeit an meinem Jahresbericht die Straußischen Briefe sehr störend eingedrängt, u. schließlich werde ich sie noch ein paar Monate liegen lassen müssen, um es möglich zu machen, daß jene noch vor Weihnachten erscheinen. Für die spätere Zeit würde mir jetzt schon vor Döring's dickem Buch über Sokrates grauen, wenn mich nicht der Gedanke tröstete, daß bis dahin ein anderer über diese Dinge zu berichten haben werde. Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet! Nach Köln werde ich wohl nicht kommen, so verlockend mir auch die Aussicht wäre, Sie u. einige andere Freunde dort zu treffen. Ich fühle mich wirklich, namentlich auch um meiner Augenschwäche willen, solchen Versammlungen physisch nicht mehr gewachsen. Hier haben wir alles gut getroffen. Grüßen Sie Ihre liebe Frau herzlich von uns allen. Hoffen wir, daß sie vor dem Winter die volle Kräftigung noch finde. Für Ihre Mittheilungen, die mir sehr interessant waren, danke ich schönstens u. grüße mit den Meinigen bestens als der Ihrige E. Z.
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100.
Diels an Zeller Berlin, den 22. October 1895. W Magdeburgers«-. 20.™
Verehrtester Freund, Ihr Brief stammt noch aus der heißesten Zeit dieses heißen Nachsommers und jetzt sitzen wir bereits wieder fröstelnd am Ofen. So rasch verfliegt die Zeit, namentlich wenn man so leichtsinnig währenddessen herumgeflogen ist wie ich. Als ich im September den Acker für den Winter bestellte und namentlich auch für unsere Commentare die nötigen Collationen zu bestimmen suchte, ergab es sich, daß unser verewigter Freund Torstrik in seinen Papieren für Themistius, der jetzt in Angriff genommen werden muß, gar wenig vorbereitet hatte. Es war mir unmöglich aus seinen Andeutungen eine Auswahl der zu vergleichenden Hdss. zu treffen und die complicierten Verhältnisse, die bei diesem vielgelesenen Schriftsteller vorliegen, zu überschauen. Da er außerdem unter den etwa 20 Hdss. der Pariser Bibliothek eine Reihe gar nicht beschrieben hatte (die sich nachher teilweise als wesentlich herausstellten), so mußte ich selbst, im Einverständnis mit Stumpf, der Ihr Nachfolger [in der Aristoteleskommission] geworden ist, in Paris Nachschau halten. Dies ließ sich unschwer an die sowieso beschlossene Kölner Reise anknüpfen. Und so bin ich vom 22. Sept. bis 15. Oct. von hier abwesend gewesen. Der Kölner Philologentag war nicht ganz befriedigend. Jäger selbst ließ in Folge einer bösen Krankheit dieses Frühjahres die nötige Frische schon in der Stimme vermissen. Und einige scharfe Worte in der Einleitung der Versammlung verstimmten. Er sprach, als ob nur klassische Philologen zusammengekommen wären und hatte am Schluß auch einige nicht ganz überlegte Worte für die Universitätsprofessoren übrig, so daß ein gewisses Unbehagen gleich von vorn herein sich zeigte, das dann in einem gedruckten Proteste der Realschulmänner einen durchaus ungehörigen Ausdruck fand. In dem ganzen Gebahren der Verhandlung herrschte die Pädagogik sehr vor, während z.B. die klassischen Philologen sich in einem engen, ungeeigneten Lokale zusammenpreßten u. freilich auch inhaltlich nicht eben bedeutendes leisteten. Sehr gut machten sich die Archäologen heraus, die unter der Leitung von Löschcke eifrig und erfolgreich in Köln u. Bonn tagten. Bücheler der neben Jäger präsidierte und Usener der der Section vorstand, fand ich etwas matt. Doch war ja das Zusammensein mit sovielen alten und jungen Freunden immer erfrischend, für mich wäre es noch erfrischender gewesen freilich, wenn nicht das unablässige Weintrinken, so sehr ich mich mit den kleinsten Quantitäten begnügte, mein dies Jahr sonst so gut behauptetes körperliches Gleichgewicht stark gestört hätte. Aber es ging ja schließlich alles leidlich ab und nach Schluß der Feierlichkeiten auf dem Drachenfels setzte ich mich auf den Kurierzug und 109
fuhr nach Paris, wo man von Köln aus nach 9stündiger Fahrt ankommt. Ich hatte nach meinen früheren Erfahrungen eine gewisse Angst vor dem Empfange daselbst. Aber die Verhältnisse scheinen sich doch sehr gebessert zu haben. Jedenfalls waren alle Leute, mit denen ich officiell und nicht officiell zu verkehren hatte, äußerst zuvorkommend, so daß ich keinen Augenblick wie im J. 1878 das Gefühl hatte ein Geduldeter zu sein. In der Rue Richelieu sind zwei Buchläden, die nur deutsche Bücher ausgestellt haben, in der Oper geben sie ein um den anderen Tag Wagners Tannhäuser oder Lohengrin und in den literarischen Cirkeln beschäftigt man sich sehr eifrig mit Sudermann. Der alte H. Weil, der jetzt 75 jährig ist, spricht noch ohne jeden französischen Accent Deutsch und sprach mit mir, wie seine Familie, sogar in Anwesenheit eines französischen Gelehrten, nur Deutsch. So hatte ich außerhalb der Bibliothekzeit, wo ich alles nach Wunsch erledigte, recht angenehme Unterhaltung. Namentlich bin ich öfter mit P. Tannery zusammen gekommen, dem man den Autodidacten doch stark anmerkt auch an der hartnäckigen Art, wie er gewagte Thesen verteidigt. Auf der Rückreise besuchte ich in Straßburg Dr. Landauer, der die hebr. Tractate des Themistius schon seit 10 Jahren übernommen hat, aber nichts abliefert. Ich habe ihm die Hölle heiß gemacht und Ablieferung bis zu Ende des nächsten Jahres ausbedungen. Hoffentlich hilft's nun. A m 15. morgens kam ich hier wieder an, eilte aber, wie Sie Sich denken können, nicht sofort auf die Universität, um der Ubergabe des Rectorats beizuwohnen. So versäumte ich den Abschluß Pfleiderer's, der vergaß Rector u. Senat pro 1895/6 zu verkünden und als er den neuen Rector vereidigen sollte, die Schwurformel nicht finden konnte. Es soll eine beängstigende Pause gewesen sein, bis die rotbemäntelten Pedelle hinausstürzten, alles im Rectorat untersuchten, aber mit leeren Händen nach einigen Minuten zurückkehrten. Schließlich griff Pfleiderer an seinen warmen Busen. Er hatte die Formel hinten in s. Manuscript gelegt und mit eingesteckt. Die studentische Corona amüsirte sich sehr über diese Lösung, zumal sie auf Pfleiderer, der die Lesehalleausschußmitglieder 8 Tage in's Career gesteckt hatte „wegen Beleidigung des Rectors" (ich habe dagegen gestimmt), besonders falsch sind. Nun kommt das Gegenteil: Wagner, der in seiner Antrittsrede, vielbewundert, vielgescholten, den socialistischen Bestrebungen der Jugend beängstigend weit entgegengeht. Natürlich Relata refero. Wir werden sehen, was daraus erwächst. Dilthey ist, wie Sie wissen, „zur Herstellung einer wissenschaftlichen Arbeit" diesen Winter beurlaubt. Es freut mich, daß Stumpf sofort in die Lücke gesprungen und die Geschichte der Philos, zu seiner Psychologie übernommen hat. Es waren schon eine Menge junger und alter Privatdozenten bereit über die Vorlesung und Stunde herzufallen. Die Akademie ist am 1Z durch Dubois R[eymond] eröffnet worden, der sich immer mehr als der Last der Geschäfte 110
nicht gewachsen herausstellt. Es geht wirklich nicht mehr. In unserer Klasse hat M[ommsen] nun wirklich Ernst gemacht. Wir werden übermorgen den Wahltag ansetzen müssen und da neben Vahlen ein Historiker am Platze ist, lenkt sich die Aufmerksamkeit auf Schmoller und Harnack. Ich bin begierig, worauf man sich einigen wird. Jedenfalls wünsche ich, daß der künftige Sekretär sich etwas um die Kasse kümmert, die in den letzten Jahren scandalös verwaltet worden ist. Curtius ist wieder um 10 Jahre jünger zurückgekehrt und nun durch die sinnreich gewählte Auszeichnung v. 18. Oct. ungemein erfreut worden. Bosse hat ihm dabei in besonders liebenswürdiger Weise die Honneurs gemacht. In der Graeca wollen wir am 1. Nov. wieder beginnen. Es wird uns schmerzlich sein es ohne Sybel thun zu müssen, der so ganz plötzlich aus unserem Kreise, den er verschönte, geschieden ist. Sie werden auch mit Wehmut des alten Marburger Freundes gedenken, dessen Liebenswürdigkeit und Tactgefühl selbst den ferner Stehenden wohlthuend berührte. U m so weniger tactvoll finde ich Hans Delbrücks Polemik (Octoberh. Pr. Jahrb.), der in das noch frische Grab hinein seinen Protest gegen Sybels Darstellung des Ausbruches des Krieges 1870 schleudert. Er bleibt doch stets der alte Tapps. Auch sachlich traue ich der Quellenkritik unseres alten Freundes etwas mehr als der Spürnase unseres Sommerdiplomaten und Sommerlieutenants. - Übrigens wird in unsere Graeca der berühmte Präsident Rommel bismarckischen Angedenkens eintreten. Ich sehe aus den Buchhändleranzeigen, daß Ihr Straußbuch, das ich erst zu Weihnachten erwartete, bereits demnächst erscheinen wird. Ich freue mich darauf nicht bloß des Buches und Ihres Anteils wegen, sondern auch weil ich weiß, daß es Ihnen manche angefangene Arbeit durchkreuzt hat und Sie nun dieser drängenden Last ledig sind. Ihre Sommerfrische, von der Sie uns halb befriedigt schrieben, hat heuer wie alle sommerliche Erfrischung dem energischen Nachsommer gegenüber schweren Stand gehabt. Ich hoffe aber, daß Sie wohl und munter mit Ihrer 1. Frau in das Wintersemester eingetreten sind. Meine Frau hat sich leider stark erkältet und leidet an einer bei ihr seltenen Heiserkeit. Es wird aber hoffentlich bald vorübergehen. Ludwig hat seine etwas verfrühte Doctorarbeit über die Struktur der Neuseeländischen Flora u. ihre Beziehung zu Klima und Bodenbeschaffenheit glücklich vollendet. Er scheint viel Material mit Verstand verarbeitet zu haben. Im nächsten Sommer will er sie präsentiren und nun den Winter zu weiteren Studien auf weiteren Gebieten (Geographie, Physik, Chemie), namentlich aber Philosophie benützen. Mit seiner etwas deprimirten Stimmung scheint es allmählich besser zu gehen. Auch fühlt er sich körperlich ganz munter. Otto ist seit 1. Oct. in Wiesbaden im 80. Füsilirreg. eingetreten. Er ißt bei meiner Schwiegermutter, die dadurch etwas Leben und Anregung erhält. Der Gamaschendienst behagt dem jungen Herrn noch nicht sonderlich, aber es 111
wird ihm körperlich u. geistig gut thun. Paul ist munter, hat in Untertertia mit Griechisch u. Algebra viel zu thun, behält aber doch viel freie Zeit zu allerlei Allotria übrig, wozu jetzt Muschelsammeln gehört. Da er eben sah, daß ich an Sie schrieb, trug er mir einen schönen Gruß auf, den ich ebenso wie die Grüße meiner Frau und Ludwigs an Sie und Ihre liebe Frau pünktlich bestelle. Ist Ihre Frl. Schwägerin wieder bei Ihnen? Wie geht es Ihrem Sohne und dessen Familie? Mit der Bitte uns ihnen herzlichst empfehlen zu wollen, schließe ich nun endlich dieses Triptychon als Ihr in Treue ergebner H. Diels
101.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 12/3 Novbr. 1895.
Lieber Freund! Unsern herzlichsten Glückwunsch zuvor zum Sekretariat unserer Klasse, deren Wahl uns für die Klasse u. die Akadamie mindestens ebensosehr, wie für Sie, u. dann auch deßhalb gefreut hat, weil es immer erfreulich ist, wenn überhaupt einmal in der Welt ausnahmsweise etwas vernünftiges geschieht. Daß die Wahl auf vorigen Donnerstag [7. 11.] anberaumt sei, hatte mir Curtius geschrieben; ihr Ergebnis erfuhren wir aber erst heute — rathen Sie durch wen? - durch den Aufruf für Kirchhoff, auf den ich deßhalb auch gleich morgen durch Uebersendung eines obolus reagiren werde. Curtius schrieb, daß die Orientalisten bei dieser Gelegenheit auch einmal an die Reihe zu kommen gewünscht haben. Das sieht ihnen gleich; verwunderlich war mir nur, daß sie für diesen Zweck nicht gleich nach Freund A[lbrecht] W[eber] gegriffen haben, von dem doch gewiß Leistungen zu erwarten gewesen wären, wie sie bis jetzt keine Auge gesehen u. kein Ohr gehört hat u. in keines Menschen Herz gekommen sind. Zunächst werden Sie freilich einige Arbeit haben, namentlich mit der Ordnung der Finanzen; aber es ist eine Gabe Gottes, wenn die Leitung unserer Klasse wieder in eine feste u. nach sachlichen Gesichtspunkten verfahrende Hand kommt. Ihre Pariser Reise hat uns sehr überrascht u. der Bericht darüber lebhaft interessirt; ebenso bin ich Ihnen für die Mittheilungen über die Kölner Versammlung dankbar. Wir haben die Hitze des Nachsommers ohne Schaden überstanden u. ich insbesondere mich während derselben mit dem Gedanken an den Wein, den sie ausbrüten, u. an die Erleichterung, die sie dadurch den 112
vielgeplagten Weingärtnern bringen werde, getröstet. Letztere haben nun auch, wenigstens hier zu Lande, meistens einen Herbstertrag von seltener Höhe gehabt; um so schmerzlicher für diejenigen, denen, wie den Stuttgartern, alles erfroren war. Die Strauß-Briefe werden nun wohl in den nächsten Tagen ausgegeben werden. Sie haben mich noch ziemlich im Athem gehalten, da der Druck so beschleunigt wurde, daß noch vor dem letzten Abschluß des Mscpts. täglich zwei Correcturbogen anrückten. Schließlich machte mir noch der Verleger (mit dem ich im übrigen, als am Materiellen des Geschäfts ganz unbetheiligt, nicht direkt verhandelt hatte) durch die Taktlosigkeit mit der er für das Buch Reklame machte, u. einiges andere Verdruß, den ich aber nicht zu schwer nahm. Daß die Sammlung selbst bei Verschiedenen eine verschiedene Aufnahme finden wird, versteht sich. Ich hätte auch manches besser machen können, wenn ich mehr Zeit u. weniger Rücksichten zu nehmen gehabt hätte. Indessen bin ich froh, die Sache rasch losgeworden zu sein, u. mich nun wieder anderen Dingen zuwenden zu können. Zunächst müssen dieß die ganz in's Stocken gerathenen Jahresberichte sein. Aber auch mit meiner Lektüre bin ich sehr in Rückstand gekommen. Aus der D. L. Z. erfuhr ich einiges über die neusten Bücher von Blaß, Maaß, Oldenberg; des letzteren Artikel in der Rundschau war mir sehr interessant u. belehrend, aber mit seinen religionsphilosophischen Voraussetzungen bin ich nur theilweise einverstanden, u. sehr gern hätte ich, wenn er die Mittel dazu hatte, über die Umbildung der vedischen Religion in die brahmanische etwas näheres erfahren. Maaß scheint in der Behandlung der schwierigen Probleme, mit denen er sich beschäftigt, lange nicht umsichtig genug verfahren zu sein, u. Blaß mit der Apostelgeschichte sich auf ein Gebiet begeben zu haben, von dem er, mit Ausnahme der Wortkritik, zu wenig versteht, um auch nur dem nachkommen zu können, was schon seit 40 u. mehr Jahren außer Frage gestellt ist. - Gomperz' 5. Heft hat mich einigermaßen enttäuscht. Ich hatte gedacht, er würde die Hypothesen, die er im Text mit einer dem Laien imponirenden Zuversichtlichkeit vorträgt, wenigstens in den Anmerkungen gegen die nächstliegenden Einwürfe zu vertheidigen versuchen. Statt dessen ignorirt er diese fast gänzlich; wird aber darum doch von Juden u. Judengenossen nicht blos wo er es verdient, sondern auch wo er es nicht verdient, als Entdekker gepriesen werden. Dilthey schrieb mir ganz empört über Ebbinghaus' Artikel gegen ihn, den ich zwar erhalten aber im Geschäftsgedränge noch nicht gelesen hatte. Ich fand ihn nun auch wirklich recht verletzend. Sachlich hat er ja nicht selten ganz oder theilweise recht, ohne doch irgend eines der psychologischen Probleme tiefer anzufassen. Aber er redet mit einer Gereiztheit, stellenweise einer Ungeschliffenheit, die ich nur bedauern kann, u. dabei mit einem Selbstgefühl, zu dem ihm seine bisherigen Leistungen entfernt kein Recht geben. Aus allem trat 113
mir die unangenehme Nachwirkung eines Mißverhältnisses entgegen, das mit E.s Abgang nach Breslau füglich hätte beiseite gelegt werden dürfen. Ich werde Dilthey in den nächsten Tagen darüber schreiben. Daß dem trefflichen Freund Krauel (doch wohl von einem seiner feinen Reisegefährten) Geld u. Uhr gestohlen worden sind, ist schändlich. Ich freute mich, vor ein paar Tagen in der Zeitung sein Lob singen zu hören u. hätte ihm diese erneuerte Gelegenheit dazu erspart gewünscht. Meine Frau, die für Ihre Wahl mit der vollen Lebhaftigkeit ihres Naturells Partei nahm, grüßt Sie u. die Ihrigen herzlich mit Ihrem Zeller.
102.
Diels an Zeller Berlin, den 16. November 1895. W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter, liebster Freund, Ist das nicht arg, daß Sie auf dem Wege eines, noch dazu ungeschickt gefaßten, Bettelbriefes von meiner Wahl zum Sekretär Kenntnis erhalten mußten, obgleich ich doch wußte, daß Niemand herzlicheren Anteil daran nehmen würde als Sie und Ihre liebe Frau? Ja es ist arg und nur dadurch entschuldbar, daß wir die letzten 8 Tage durch die rapid verlaufende Krankheit meiner Schwägerin in Wiesbaden in Atem gehalten wurden. Die Schwester meiner Frau, die im vorigen Winter eine Rippenfellentzündung durchgemacht hatte, konnte sich nicht recht erholen, aber abgesehen von Schlaflosigkeit und einem Schmerz im Bein war nichts Gravirendes zu entdecken. Da erhielten wir gerade an dem bewußten Donnerstag d. Ζ die Nachricht, daß eine plötzliche Verschlimmerung eingetreten sei. Der Arzt, der uns benachrichtigte, dachte an Schwindsucht; dann aber traten die Herzbeklemmungen so in den Vordergrund, daß er, wie es scheint, seine Ansicht änderte. Jedenfalls waren wir durch seine und meiner Schwiegermutter Briefe auf das Schlimmste gefaßt. Vorigen Donnerstag erhielten wir ein Telegramm, das meine Frau nach Wiesbaden rief. Sie traf ihre Schwester nicht mehr lebend an. Sie war am selben Tage gestorben. So ist bei uns die Freude, die wir hätten empfinden sollen über die unerwartete Ernennung, gedämpft .worden und es fehlte an Stimmung mit andern über diese Dinge zu reden. Ich hatte wie viele andere geglaubt, daß unsere Klasse von vornherein darauf verzichten würde einen zweiten Philologen zu wählen und hatte daher auch Joh. Schmidt, den die Orientalisten sich ausersehen hatten (er bekam auch wirklich 2 Stimmen) geradezu gesagt, ich hielte die Wahl eines 114
Philosophen oder Historikers für besser und trat selbst für Harnack ein, den auch Mommsen für geeignet hielt. Aber die Wahl selbst zeigte, daß der eigentliche Gegencandidat Schmoller war und da ich principieller Gegner der persönlichen Geschäftsgebarung bin, wie er sie auf seinem Gebiete ausübt, so war ich keinen Augenblick zweifelhaft, nach dem sich der Wahlkampf so zugespitzt hatte, die Wahl annehmen zu müssen. Ich habe es mit schwerem Herzen gethan, da ich weiß und besser weiß als die meisten andern Akademiker, welche Bürde das Amt ist und durch Vermehrung der Geschäfte noch mehr wird, und vor allem welcher geschäftliche und finanzielle Augiasstall da gemistet werden muß. Ferner droht das Ausscheiden Auwers'. Die Klasse wird vermutlich am nächsten Donnerstag an Dubois Stelle wählen. Je nachdem diese Wahl ausfällt (ich höre [Ε E.] Schulze und Schwendener als Candidaten nennen) wird Auwers am 1. Mai 96 niederlegen oder bleiben. So gehe ich mit keineswegs leichtem Herzen in das neue Amt hinein. Hoffentlich gelingt mir's mich anderweitig zu entlasten. Das Semester hat recht gut begonnen. Meine Vorlesungen über Herodot und griechische Philosophie sind recht gut besucht (ein seltener Anblick heutzutage für uns Philologen) und in den Übungen haben sich 15 zum Teil recht wackere Jünglinge beteiligt. Ich tractire Cicero de finibus. Dem Erscheinen der Straußbriefe sehen wir alle mit Spannung entgegen. Es thut mir leid, daß Sie trotz Ihrer Uneigennützigkeit mit dem Verleger unzufrieden zu sein Veranlassung hatten. Die vornehme Sorte wie unser (leider kürzlich um etwa 20 000 M. bestohlener) Freund E. Reimer stirbt leider immer mehr aus. Der immer brennender werdende Concurrenzkrieg verroht die Sitten zusehends. Dilthey hat ganz Recht über Ebbinghaus' Artikel empört zu sein. Ich habe mit ihm nicht darüber sprechen wollen. U m so mehr bin ich erfreut, daß Ihr Urteil für und gegen Ebbinghaus] beinahe verbotenus übereinstimmt mit dem, was ich mit wendender Post ihm selbst zurückgeschrieben habe. Ich habe ihn an die Discussion in Ihrem Hause erinnert und ihn einfach gefragt, ob er solche Ausdrücke wie „erschreckliche Trivialitäten" und andere saloppe Dinge der Art in Ihrem Salon Dilthey in's Gesicht gesagt haben würde. Eine Kritik aber, die nicht so gehalten ist, daß sie dem Gegner auch mündlich gesagt werden darf, hat den Ton verfehlt. Er hat mir heute mit 8 Seiten geantwortet, zugestanden daß er sich wol an manchen Stellen im Ton vergriffen hätte und seine gallige Stimmung zur Entschuldigung angeführt, die namentlich darauf zurückzuführen sei, daß D[ilthey] durch unlautere Mittel günstige Recension in seinem Journal herbeizuführen versucht habe und ferner daß er seinen persönlichen Einfluß an einer bestimmten Stelle zur Verhinderung der staatl. Subvention der neuen Richtung misbrauche. Das sind nun, wie ich annehme, leere Einbildungen und Verdächtigungen, die ich nicht unwidersprochen lassen 115
werde. Sie haben mir aber doch gezeigt, wie jene giftige Stimmung in Ebbinghaus entstehen konnte, die nun etwas tumultuarisch explodirt. Von Krau[e]l's Beraubung habe ich gehört. Glücklicher Weise triffts keinen Unvermögenden. Die Graeca war gestern recht zahlreich bei Dümmler versammelt. Wir lesen jetzt Odyssee mit viel Genuß. Mommsen blieb auch zum Essen da (ich ging fort) und war nicht zum Weggehen zu bringen. Ich habe ihn selten so heiter gesehen als in der letzten Zeit. Die Arbeit (Criminalrecht) scheint ihm vortrefflich zu schmecken. Curtius schont sich etwas (wegen uretischer Beschwerden vorübergehender Natur) ist aber sonst frisch und teilnehmend, wenn er nicht gerade einschläft. Neben Kirchhoff haben wir in diesem Semester noch zwei andere 50jährige Jubilare Weinhold und A. Weber. U m die Collegen nicht zu ermüden, beabsichtigt man den drei würdigen Freunden eine Gesamthuldigung Ende Januar zu teil werden zu lassen, die unser neuer sehr eifriger Decan Scheffer-B[oichorst] mit Macht vorbereitet. Kirchhoff wird das ziemlich kalt lassen, wenn er's überhaupt annimmt, aber die Büste macht ihm großen Spaß und sie kann recht hübsch werden, wenn der Künstler seinen Vorteil wahrnimmt. Doch nun muß ich schließen. Haben Sie besten Dank für Ihren lieben Brief und beglükken Sie uns bald durch einen ähnlichen. Mit b. Gruß an Ihre 1. Frau Ihr H . Diels
103.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 24. Novbr. 1895.
Lieber Freund! Die Nachricht, mit der Sie Ihren letzten Brief eröffneten, von dem Verlust, den Sie alle, u. vor allem Ihre liebe Frau, durch den unerwarteten Hingang Ihrer Frl. Schwägerin erlitten haben, hat uns in aufrichtiger Theilnahme schmerzlich bewegt, u. ich möchte dieß Ihnen u. Ihrer lieben Frau auch im Namen meiner Frau und Schwägerin aussprechen. Ihre Mittheilungen aus der Akademie waren mir sehr interessant. Daß es mit Dubois nicht mehr gegangen wäre, ist mir, auch nach anderweitigen Nachrichten, ganz glaublich. Aber wenn auch Auwers das Sekretariat niederlegt, würde ich dieß lebhaft bedauern, da ich seine Eigenschaften als Geschäftsmann, u. namentlich seine große Zuverlässigkeit, hoch anschlage. Auch Ihnen würde damit eine Stütze für das neue Amt entzogen werden. Recht erfreulich war mir, was Sie von Ihren Vorlesungen schreiben. Wie 116
steht's überhaupt mit den Aussichten der philologischen Studien zur Zeit? Beginnt nach der Ebbe, welche theils eine natürliche Folge der vorangegangenen Ueberproduktion an Philologen theils durch die si Diis placet Reformen von anno 92 künstlich gesteigert war, die Neigung zur klassischen Philologie noch nicht wieder zu steigen, u. haben sich die Aussichten für diejenigen nicht doch verbessert, welche jetzt mit dem Studium derselben beginnen? Die Straußbriefe sind ja nun erschienen, u. ich bin froh, daß wir so weit sind, wenn ich gleich meiner Pflicht als Herausgeber vollkommener hätte nachkommen können, wenn man mir etwas länger Zeit gelassen hätten. Leider sind unsere Freiexemplare zum größten Theil für diejenigen verbraucht worden, die uns Briefe zum Abdruck überlassen hatten, u. als der Rest zwischen mir u. Strauß' Kindern getheilt war, kamen an jedes so wenige, daß ich meine Freunde erst mit solchen der zweiten Auflage werde bedenken können, falls eine solche, wie es den Anschein hat, in absehbarer Zeit nöthig werden sollte. Zunächst will ich mich meinen unbillig zurückgesetzten Jahresberichten wieder zuwenden. Da steht aber gleich für 1893 die Ά [ θ η ν α ί ω ν ] Π[ολιτεία] wie ein Gespenst vor mir. Sie kann ich nach der neuen Last, die man Ihnen aufgehalst hat, nicht um Ihre Hülfe bitten. Könnten Sie mir aber nicht von irgend jemand wenigstens eine Zusammenstellung der Titel dessen verschaffen, was 1893 darüber erschienen ist? Das würde für meinen Zweck auch genügen, hier kann ich's aber nicht machen. Uns geht es zur Zeit mit Kindern u. Enkelchen gut. Seit gestern haben wir Schnee und Frost. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
104.
Diels an Zeller Berlin, den 15. Dez. 1895. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Mein lieber, verehrter Freund, Nachdem ich eine Arbeit über Alkman, die ich in der Akademie zu lesen hatte, glücklich hinter mir habe (sie wird noch nicht gedruckt), habe ich mich sofort an ihre Straußbriefe gemacht, die ich mit einem wahren Entzücken lese. Ich habe die Hälfte hinter mir und noch keinen langweiligen und unbedeutenden Satz gefunden. Was waren das für Kerle damals in Schwaben! und wie stehen sie leibhaftig vor einem die Rapp, Vischer, Märklin u.s.w. Die plastische Anschaulichkeit Strauß'scher Portraitirkunst ist hier oft fast dämonisch, und sich 117
kennt er fast so gut wie die Andern. Ich glaube, diejenigen, welche irgend in ihrer Jugend von dieser Luft angeweht worden sind, werden Ihnen von Herzen danken für diesen Schatz und ich danke Ihnen persönlich noch besonders für das richtige Gefühl, das den 174. Brief nicht unterdrückt hat. Aber ich muß doch sagen, Strauß hat Sie richtiger beurteilt als Sie in der Anmerkung zugestehen. Ich habe das immer als das schönste an Ihrem Wesen gefunden, daß Sie bei peinlichen Situationen durch Ihre Unbefangenheit alle befreiten und erhoben. Diese natura angelica hat außer Ihnen nur Curtius, nur daß man bei ihm nie weiß, ob ihm jene Peinlichkeit wirklich zum Bewußtsein gekommen ist. Ach der gute Curtius macht uns jetzt wieder Sorgen. A m vorigen Sonntag waren wir noch vergnügt zu seiner Frau Geburtstag bei ihm zu Tisch, am Montag Abend hielt er eine einstündige freie, formvollendete und geistvolle Rede auf dem Winckelmannsfest, worin er Gerhard's warm gedachte (lOOjähr. Geburtstag) und dann die Geschichte von Olympia in hellenistisch-römischer Zeit vortrug. Und am Mittwoch (oder Donnerstag?) auf dem Museum wurde er ohnmächtig und mußte, nachdem er sich erholt hatte, nach Hause gefahren werden. Dort wehrte er sich gegen die jungen Leute, die ihn beim Hinaufgehen unterstützten, wie es seine Art ist, legte sich aber doch zu Bett. Gestern Abend, als ich nachfragte, ging's leidlich. Er darf wieder aufstehen. Aber er fühlte selbst, daß es diesmal ein Knacks war, der von innen kam. Hoffentlich gehts vorüber. Mommsen ist recht frisch. In der Graeca trieb er allerlei Kurzweil und war nur schwer zum Aufbrechen (3/t 12) zu bewegen. Die Befreiung von dem Geschäft und vor allem die Arbeit am Kriminalrecht haben ihn neu aufleben lassen und nach der Hochzeit s. Sohnes, die Anfang Januar stattfindet, wird er bald sein Ränzel schnüren, um im Süden bis über den Sommer auszuhalten. Er erwähnte dies heute als ich mit ihm wegen der Sybel'schen Akademierede sprach. Da Treitschke sicher und Schmoller wahrscheinlich nicht dafür zu haben sind, dachte ich M[ommsen] werde vielleicht für s. Freund eintreten. Das ist nun wegen der Reise und aus andern Gründen für ihn unthunlich. Man begreift dies ja. Aber es liegt ihm daran, daß der Leibniztag nicht ohne Sang und Klang für Sybel vorübergeht. Er erinnerte daran, daß der junge Sybel sich an Sie gewendet und von Ihnen die Zusage erhalten habe, über seinen Vater etwas zu veröffentlichen. Da fiel mir ein und Mommsen ergriff es mit lebhafter Zustimmung, ob Sie nicht etwa am Leibniztage ganz in dem persönlichen Sinne wie Sie das wol auffassen würden, über ihn sprechen wollten oder falls Sie die Reise nicht unternehmen wollen, Ihren Nekrolog uns einschicken wollten. Ich fände diese Ehrung ganz besonders weihevoll. Sie stehen Sybel von allen unsern Akademikern am nächsten als Freund und in der Politik. Den Schriftsteller Sybel wird Niemand besser würdigen als Sie und die specifische, streng fachwissenschaftliche Bedeutung Sybels tritt gegen die persönliche und 118
universalhistorische so zurück, daß Sie gewis diese Aufgabe ohne allzuanstrengende Studien, die ich Ihnen gewis nicht auferlegt sehen möchte, und mit großem Genüsse erledigen würden. Dilthey besuchte mich heute und teilte mir mit, nachdem er schon vor einer Woche, als ich ihn besucht hatte, schwer geklagt hatte, daß sein Arzt ihm jede geistige Arbeit verboten und ihm geboten habe, so schnell als möglich nach dem Süden zu reisen. Sein nervöses Herzleiden habe sich sehr verschlimmert und er müsse nun alles stehen und liegen lassen, darunter auch die Kantsache, die ich nun geerbt habe und zwar gerade in dem entscheidenden Momente, wo die Circulare zu versenden und der Contract mit dem widerborstigen Adickes abzuschließen und die Classe die erheblichen Mehropfer für diesen „Ubermenschen" bringen soll, da Vaihinger abgelehnt hat und sonst Niemand da ist. Ich habe wirklich genug dergleichen um die Ohren, aber Dilthey, der wirklich elend ist, konnte ich es nicht abschlagen, und ich habe es nun bereits als mein Kismet erkannt auf dieser Erde das Sic vos non vobis in allen Tonarten zu spielen. Auch Stumpf, der ja der nächste dazu gewesen wäre, klagt, kann nicht schlafen u.s.w. Kurz die Philosophie krankt seit Ihrem Fortgehen und ich sehe den Augenblick nicht ferne, wo wir, um nicht Paulsen allein wursteln zu lassen, an Ersatz denken müssen; natürlich akut ist die Sache noch nicht, aber ich sehe sie kommen. Poland hat mir geschrieben, daß er Ihren Wunsch betr. 'Αθηναίων Πολ. mit besonderem Vergnügen nachkommen werde. U m auf Strauß zurückzukommen, so sagte neulich ein Schwabe, er wisse zuverlässig, daß Strauß an dem Tage, wo er den Tod seiner Frau erfahren habe, Abends in's Wirtshaus gekommen sei mit den Worten: „Heute müssen wir eine Flasche extra trinken. Meine Frau ist heute morgen gestorben." Das brachte in der Gesellschaft starkes Aufsehen hervor, ich begnügte mich zu sagen: „eine unglaubliche Rohheit", erinnere mich aber nichts bei Ihnen in Ihrer [Strauß-JBiographie [1874] gelesen zu haben und traue seiner freilich egoistischen und unharmonischen Natur dieses Nunc est bibendum nicht zu. Es sollte mir lieb sein, wenn ich aus den Briefen oder durch Sie das Apokryphe des Berichts feststellen könnte. Es läuft ja viel fabelhaftes über ihn um, so z.B. daß er gar nicht wirklich in unserem Jahrhundert gelebt, sondern im 15. Jahrhundert, wie ich zu meinem Erstaunen selbst in Ihren verbindenden Texten S. 27 dergleichen angedeutet gefunden habe. Der Teufel paßt dem Strauß halt scharf auf, und wenn's nur der Druckfehlerteufel wäre, dem ich bei der zweiten Auflage, die ich mit Ihnen erwünsche, mit Ihnen so einheizen werde, wenn Sie erlauben, daß er das Wiederkommen vergißt. „Horch zwölfe schlug es vom D o m e " . Ich muß daher schließen, sonst erscheint ein Geist, der mich mahnt. Besagter Geist, der durch den Tod meiner Schwägerin recht angegriffen war, befindet sich jetzt den Umständen und der 119
Jahreszeit nach verhältnismäßig wohl. Er ließe Sie und Ihre liebe Frau gewis freundlichst grüßen, wenn er eine Ahnung davon hätte, daß ich an Sie schriebe. Aber vielleicht träumt er von Ihnen wie ich es gewis heute nacht thun werde. In Treue Ihr H. Diels Ist es nicht merkwürdig, daß Sybel in s. Dissertation das Ira et studio (Briefe S. 114) als These aufstellte!
105.
Diels an Zeller
[Postkarte]
Berlin, W . 16. XII. 95 Magdeburgerstr. 20.
Hochverehrter Freund, Ich vergaß in meinem gestrigen Briefe Sie zu fragen, wer der gelegentlich von Treitschke citirte schwäbische Dichter ist, der ums J. 1830 folgende Verse gemacht hat: Adler Friedrichs des Großen Gleich der Sonne decke du Die Verlassenen, Heimatlosen Mit der gold'nen Schwinge zu! Ihr H. Diels Ich lese immer weiter im Strauß mit steigender Bewunderung seines Stils. Was für schlagende Bilder hat der Mann immer zur Hand!
106.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 28. Decbr. 1895.
Lieber Freund! Es war mir eine große Freude aus Ihrem letzten Brief zu sehen, mit welchem Interesse u. welchem Verständniß für Form u. Inhalt derselben Sie Sich in die Strauß-Briefe vertiefen. Mir war es während des langen u. innigen Verkehrs mit den Abgeschiedenen, in den mich die Beschäftigung mit ihnen hineinzog, 120
schließlich so zu Muthe, als ob ich selbst bereits zu ihnen gehöre - was ja auch nicht lange auf sich warten lassen wird; u. nur dadurch wurde es mir möglich, einiges mich selbst betreffende, dessen Aufnahme mich sonst große Ueberwindung gekostet hätte, unbedenklich abdrucken zu lassen: ich war mir selbst so gegenständlich geworden, als ob es sich um eine der Vergangenheit angehörige Person handelte. Es wäre mir aber freilich auch unerlaubt erschienen, das Bild des Freundes um schöne u. charakteristische Züge zu verkürzen, Σωκράτους άφανίσαι εργα, wenn auch keine υπερήφανα. Strauß wußte, als dieser Meister der Individualität u. Individualbildung, der er war, auch den Verkehr mit seinen Freunden, der ihm so viel war u. so viel ersetzen mußte, durchaus individuell zu gestalten, er hatte für jeden einen eigenen Stil. Wir haben uns bemüht, die mannigfachen Facetten dieses reichen Geistes möglichst vollständig zur Anschauung zu bringen. Zur Nachtseite der Litteratur gehört leider freilich der Dämon, welchen Sie mit tiefer Einsicht in die Welt des „unerfahrbaren Seins" als Druckfehlerteufel bezeichnen. Denn wenn mir nach der letzten Correctur S. 27 das richtig gesetzte 1842 in ein 1482, u. ebenso nach derselben S. 512, Br. 519 das „Conservationslexikon" des Onkel Hiller, dieses schwäbischen Onkel Bräsig, in ein schaales Conversationsl. verwandelt wird, dann kann man wirklich nur mit Justinus (Br. 89) sagen: „Das that der Teufel!" Strauß' angebliche Aeußerung nach dem Tod seiner Frau halte ich meinestheils für unmöglich u. würde Mühe haben, sie zu glauben, wenn mich ein sonst zuverlässiger Mann versicherte, daß er sie mit angehört habe. Wenn aber statt dessen nur ein Dritter mich versichert, „er wisse zuverlässig" u.s.w., u. wenn dieser Dritte zudem ein Mann ist, dem selbst in seinen wissenschaftlichen Arbeiten nicht ganz selten höchst problematische Sätze unter der Hand zu kategorischen werden, u. der vollends im täglichen Leben eine entschiedene Vorliebe für kritiklos aufgenommenen Klatsch hat, dann rechne ich jene angebliche Aeußerung lediglich zu den unnützen Reden, die sich mit Strauß auch in Darmstadt fortwährend abgaben, u. von denen sich im einzelnen Fall nicht leicht ausmitteln läßt, was daran reine Erfindung, was Entstellung u. Uebertreibung ist. Daß Ihr neues Amt Ihnen so viel Last u. Sorge macht, thut mir recht leid, u. wenn es mir möglich wäre, Ihnen die letztere durch Uebernahme des Vortrage über Sybel zu erleichtern, so thät ich's herzlich gern. Aber wie ich mir's überlegen mag: ich kann den Entschluß zur Uebernahme des Auftrags nicht finden. Sie haben keinen Begriff davon, wie schwerfällig ich nachgerade geworden bin, wie langsam mir alles von der Hand geht u. wie bald mich die Arbeit ermüdet. Eine Verpflichtung zu übernehmen, die auf einen bestimmten Tag eingelöst werden muß, während ich mit den alten für unser Archiv noch so sehr im Rückstand bin, wäre mir kaum möglich. Ludwig Sybel habe ich auf den 121
Wunsch, für einen Lebensabriß seines Vaters meine Marburger Erinnerungen an denselben aufzuschreiben, geantwortet, ich hoffe, daß mir dieß bis zum Herbst möglich sein werde. Aber dieß ist eine ungleich leichtere Aufgabe, als ein Abriß von Sybel's wissenschaftlicher Arbeit, für den mir auch wirklich die Fachkenntnisse fehlen, ohne die Sybels Verhältnis zu Vorgängern u. Zeitgenossen sich nicht befriedigend darstellen läßt. Der nächste hiezu wäre, wenn Treitschke nicht zu haben ist, m.E. Wattenbach u. ich bin überzeugt, er würde es ganz gut, auch Dümmler aber würde es nicht schlecht machen. Curtius' Erkrankung hat uns doch sehr erschreckt. Es ist ja vorerst, wie es scheint, glücklich vorübergegangen; aber man bangt notwendig immer vor schlimmeren Wiederholungen. Auch Dilthey bedaure ich sehr, sowohl wegen seines eigenen Befindens als wegen der Sorge um seine Frau, die nach unserer Ueberzeugung wirklich ohne ernste Gefahr in dieser Jahreszeit nicht hätte nach Berlin zurückkehren können. Er ist wohl schon abgereist; hat er die Kinder mitgenommen? Zu bedauern sind aber auch alle die Dinge, zu deren Förderung auf Dilthey's Eingreifen gerechnet war. Daß der nominelle Zweck seines Urlaubs, die Fertigstellung seines 2. Bandes, erreicht werden würde, hatte ich nie geglaubt. Aber auch den Kant hat er Ihnen auf dem Hals liegen lassen; u. was ich, gerade auch im Interesse des Kantunternehmens, ihm seit mehr als einem Jahr dringend an's Herz gelegt habe, der Antrag auf Haym's u. B. Erdmann's Wahl zu Correspondenten, wird nun wieder ad calendas Graecas vertagt sein. Ließe sich's denn nicht so machen, daß D[ilthey] in Meran, oder wo er ist, den Antrag auf Haym, Stumpf den auf Erdmann abfaßte, u. letzterer beide einreichte? Möchten Sie wohl mit Stumpf, den ich schönstens grüße, darüber sprechen? d. 29 s t e n . Von Mommsen's Frische u. Rüstigkeit, die sehr erfreulich ist, wurde uns auch von anderer Seite berichtet. Da er, auf der Reise nach Rom in Heidelberg Station machen will, hoffen wir immer, er reise von da an den Gotthard über hier. Schlechter geht's leider du Bois, dessen Abgang vom Sekretariat wenigstens in der äußern Physiognomie der Akademie doch manches ändern wird. Jetzt ist ja Waldeyer gewählt. Ob Auwers dieser oder ein anderer lieber sein würde, war aus Ihrem Letzten nicht zu erkennen; warten wir's ab. Ist Ihnen auch die Ankündigung der „Kosmopolis" zugegangen? Man hat mich auch als Mitarbeiter gewinnen wollen, ich antwortete aber, ich sei nicht mehr jung genug um neue litterarische Verpflichtungen übernehmen zu können, u. nicht Kosmopolit genug um mir vom Zusammenarbeiten mit M m e Adam etwas zu versprechen. Ich halte die ganze Geschichte für einen großen Schwindel, wobei man sich als Deutscher allen möglichen Verlegenheiten aussetzt. Es verdrießt mich deßhalb, daß Männer wie Mommsen u. K. Fischer auf diesen Leim gegangen sind; Erich Schmidt nehme ich's weniger übel u. von G. v. Bunsen finde ich's ganz in der Ordnung. 122
Sie werden, denke ich, vergnügte Feiertage gehabt haben. Bei uns sorgte dafür unser Enkelchen, dem zu Ehren wir zum erstenmal wieder seit dem Tod unsers Heinrich einen kleinen Christbaum angesteckt haben. Es ist ein sonniges Geschöpfchen, u. mir dient es nebenbei als Beobachtungsthier für Studien, d.h. bloße Privatstudien, über die Entstehung der Sprache. Das Gutachten von Hinschius scheint ja große Erregung hervorgerufen zu haben. Ich weiß nicht, ob ich den Protest dagegen mitunterschrieben hätte; um so lieber aber den Antrag, die Remotion eines Docenten von einem geordneten Verfahren vor dem Disciplinargericht abhängig zu machen. Gestern lasen wir in der neusten Rundschau Grimm's Lobrede auf Treitschke. Für letzteren freute mich diese warme Anerkennung; sonst enthält der Artikel neben manchem Schönen u. Treffenden auch ziemlich viel Schiefes; in der schriftstellerischen Form ist er vernachlässigt, u. die Geringschätzung der gelehrten Geschichtsschreibung erinnert nur zu sehr an den Fuchs u. die Trauben. Doch Sie werden schon längst ein Claudite rivos! vor sich hingebrummt haben. Also nur noch die herzlichsten Grüße von Haus zu Haus u. die besten Wünsche fürs kommende Jahr. Treulichst Ihr Zeller.
107.
Diels an Zeller Berlin 31. Dez. 1895
Hochverehrter Freund, Für heute nur herzlichen und innigen Dank für Ihren ausführlichen Brief, der mich wahrhaft erquickt hat. Besonders freuts mich, daß Sie mir die häßliche Geschichte weggewischt haben, die mich bei der mit steigender Bewunderung für Strauß und wachsender Dankbarkeit für seinen Herausgeber beendeten Leetüre doch beunruhigt hatte. Anbei ein Kärtchen, das Ihnen zeigt, daß auch andere Leute Ihnen den Schatz danken, den Sie gehoben. Wegen Sybel muß ich nun, wo ich das Nähere weiß, mit Bedauern Ihnen Recht geben. Freilich die Wahl Wattenbach oder Dümmler, beides ist sauer. Später mehr, wenn ich durch den arbeitsvollen Januar durch bin. Mit erneuten Wünschen für Sie u. Ihre liebe Familie Ihr getreuer H . Diels
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108.
Diels an Zeller
Berlin 19. Januar 1896 Hochverehrter Freund, Zu Ihrem Geburtstag sende ich die allerherzlichsten Glückwünsche. Mögen Sie noch manche solcher Jahre erleben, wie Sie das letzte gehabt haben, vom milden Abendschein umflossen und von der Liebe sovieler Verwandten und Freunde, die Ihnen in Verehrung zugethan sind, umgeben. Ich kann es Ihnen nachfühlen, was Sie in Ihrem letzten so überaus lieben Briefe, aussprechen, daß Sie Sich selbst immer gegenständlicher werden. Es ist das Gefühl des alten Mannes, wie ihm Wilbrandt in seinem „Meister von Palmyra", den wir zu Anfang des Winters im Deutschen Theater sahen, ergreifenden Ausdruck verliehen hat. Das Gefühl der Vereinsamung ergreift doch selbst den, der auf der Akme steht, immer mehr, je älter er wird. U n d wenn er nun gar über seinesgleichen in der eitlen und lächerlichen Rangscala des Lebens eine Stufe aufwärts tritt, sofort merkt er instinctiv bei sonst verständigen Leuten, wie sie abrücken und den Unglücklichen als Dalai-Lama allein lassen. Das habe ich empfunden als ich zur Universität überging, als ich in die Facultät eintrat, und jetzt wo ich in der Akademie dasselbe erfahre, frage ich mich, ob diese unfreie Art speciell deutsch oder allgemein menschlich ist. Jedenfalls leide ich innerlich um so mehr darunter als ich mich stets bemüht habe über die socialen und andern Unterschiede hinweg mit den Menschen als Menschen zu verkehren. Die akademischen Verhältnisse sind nicht in der besten Lage. Ich finde die numismatische wie die Kantsache in einer finanziell verfahrenen Situation und gegen das Project Diltheys Adickes für M. 8 000 auf 2 Jahre zu gewinnen hat sich scharfer Widerspruch erhoben. Es ist für mich schwer, da Dilthey fern ist und Stumpf der vorigen Sitzung fern blieb (er scheint zu glauben, daß er dazu besonders eingeladen werden müßte) die sachlichen Momente so scharf hervorzuheben, daß der Widerspruch verstummt. Der Geldverwendungsausschuß hat allerdings einstimmig dafür votirt, aber es wird jetzt vieles vom Contract abhängen, den wir mit Adickes schließen. Geht dieser unverschämte Patron (so schildert ihn Dilthey selbst) nicht auf unsre Position ein, so fällt diese ganze Sache. Auch die Correspondentenwahl, die Sie angeregt, wird durch Dilthey, wie Sie durch Stumpf erfahren, hingezögert. Wenn wir den Grundsatz hätten befolgen wollen, daß immer der Reihe nach alle die, die jedem Akademiker als die Würdigsten erscheinen, vorschlagen würden und daß die Wahl des Einen eine Misachtung des Andern bedeute, so wäre wol noch kein Correspondent auf unserer Liste. Das sind Ausflüchte, die ich lebhaft bedaure. Wir leben in der Zeit der Jubiläen. Kirchhoff, der sonst so abweisend sich zeigte, ist überglücklich über die vielen Beweise von Anhänglichkeit und unermüdlich allem zu entsprechen. Am 6. Januar war sein 70. Geburtstag, den es 124
nahe lag mit dem 4. Februar fallenden 50. Doctorjubliäum zu verbinden. Aber er will lieber den Becher schluckweise trinken. So hat er also am Geburtstag die Büste (die noch nicht fertig ist) von s. Freunden angenommen und ebenso die Glückwünsche der Griechheit, des Seminars u.s.w. Die älteren Schüler versammelten sich am Montag vor 8 Tagen zu einem Commers, wobei natürlich seine Specialcollegen ihn nicht allein lassen durften. N u n kommt noch die Adresse der Akademie, die ich Ihnen, wenn sie fertig ist, schicken werde und das Festessen, das die Facultät ihm geben will, wenn es Spectabiiis zu Stande bringt. Denn leider hat sich unser verehrter Freund Scheffer-Boichorst als ein etwas lahmes Roß gezeigt, der fast noch weniger als sein Vorgänger [Richthofen] sich in die Geschäfte schicken und, was der ganze Witz ist, das voraussichtlich Eintretende und Notwendige ermessen kann. So schweben drei oder vier Commissionen (Arons, Jastrow, Stenographen-Lectorat pp) schon monatelang und die kürzlich hinzugetretene Philosophenfrage wird vermutlich ebenfalls bandwurmartig sich hinziehen. Es soll an Ebbinghaus' Stelle ein anderer Extraordinarius erwählt werden. Uber einige der voraussichtlich in Frage kommenden Candidaten bin ich im Klaren, aber über Simmel und Busse in Marburg wüßte ich gern etwas. D a Schmoller in der Commission ist, wäre es namentlich gut etwas über S. zu erfahren. Falls Sie von auswärtigen jungen Leuten einen besonders tüchtigen und hervorragenden wüßten, würde mir das natürlich auch sehr erwünscht sein, zumal Dilthey abwesend ist und Paulsen für mich nicht mitzählt. Mit Sybels Gedächtnisrede wird es wol nichts werden. Schmoller will nicht, Treitschke auch nicht aus dem eigentümlichen Grunde weil es unschicklich sei, daß ein Neuaufgenommener über seinen Vorgänger spreche. Ich habe versucht ihn dazu zu bestimmen und seine Bedenken durch Analogien (Scherer, Frobenius) zu zerstreuen, aber es half nichts und der erste Satz, mit dem er mich empfing: „Sie kommen wol um sich mir als Sekretär vorzustellen" ist so unbegreiflich albern, daß ich natürlich sehr bald versucht habe aus dem Bannkreis dieses Mannes zu kommen, von dessen menschlicher Art ich bisher eine andere Vorstellung hatte. Ich werde nun das thun, was ich einem langjährigen Freunde und einem solchen Mann schuldig bin, ich werde am Schlüsse der Friedrichsrede, die ja diesmal besonders auf 1870 eingehen muß, da wo die Verluste des l[etzten] Jahres erwähnt werden, einen schlichten Kranz auf sein Grab niederlegen. Mögen andere sich dann mit der Pietät abfinden, wie es ihnen behagt. Wattenbach und Dümmler aufzufordern kann ich mich nicht entschließen. Wollen Sie es selbst thun, so wird man es dankbar annehmen. Ach, da rede ich nun lauter Geschäfte. stecke. Aber es kommt ja auch ab und zu mir sehr interessant am vorigen Samstag und den Kaiser aus unmittelbarster Nähe 125
Sie sehen daraus, wie sehr ich drin etwas anderes dazwischen. So war es der Feier im Schlosse beizuwohnen zu sehen und zu hören. Er hat ein
Gardelieutenantsorgan, wie Sie wissen, aber nachdem er den officiellen Teil gelesen, fügte er mit lauterer Stimme sein Gelöbnis hinzu und schwenkte dazu mit colosaler Kraft die alte Fahne, daß sein scharlachroter Mantel flog. Das hatte etwas Hinreißendes. Ich mußte an Fr. W IV denken. Die Rede selbst war offenbar Oel auf dies Telegramm an Krüger, das doch sehr unvorsichtig war. Dabei denke ich an unseren Krüger, der Freitag vor 8 Tagen noch frisch und munter die Graeca bei sich sah und acht Tage darauf seinem alten Übel erlegen ist. Krauel ist hier eingetroffen (aber nicht um ein Amt hier anzunehmen, er dementirte dies mir gegenüber), wir werden ihn am nächsten Freitag Wiedersehen. Mommsen ist unterwegs nach Italien. O b er dabei Stuttgart berühren will (er sprach einmal davon) weiß ich nicht. Meine Frau und Ludwig haben aufgetragen Ihnen ja ihre Glückwünsche zu übermitteln. Wir alle senden auch Ihrer 1. Frau und Schwägerin, sowie Ihren Kindern und dem Enkelchen Grüße, das wieder Licht nicht bloß an den Weihnachtsbaum, sondern auch in Ihr Leben gebracht hat. Möge Sie dieser Sonnenschein noch lange beglücken. Auch die Graeci haben mich beauftragt Ihnen Grüße und Wünsche zu Ihrem Geburtsfest zu übersenden. Wir denken jedesmal an Sie mit Wehmut, vor allem Ihr getreuer H . Diels.
109.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 28. Jan. 1896.
Lieber Freund! Zunächst lassen Sie mich Ihnen u. Ihrer lieben Frau für Ihre treuen Wünsche zu meinem Geburtstag meinen herzlichen Dank aussprechen. Wie der Freund selbst, so bedarf man auch ihrer guten Wünsche nur um so mehr, je mehr man deren schon empfangen hat, selbst wenn die bisherigen zu einem guten Theil in Erfüllung gegangen sind. Denn je baufälliger ein Haus wird, um so mehr Stützen braucht es, u. sich auf seinen völligen Abbruch zu freuen, kann man dem Bewohner, selbst wenn er ihn [urspr. „ihm"] mit vollendeter Gemüthsruhe erwartet, nicht zumuthen, es müßte ihm [Korr. „ihn" rückgängig gemacht] 1 denn ganz schlecht darin ergangen sein. Auch macht darin - mir eine erfreuliche Bestätigung religionsphilosophischer Ansichten - der dogmatische Standpunkt 1 D a sehen Sie, wie falsche Schreibungen entstehen. „Ihm erwartet" wollt' ich nämlich auch nicht schreiben, sondern „ihm entgegensieht;" u. nun dazu eine falsche Correctur a secunda u. nun a tertia manu - beide aber schon a prima.
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der Menschen, wenn sie sonst gesunder Art sind, kaum einen Unterschied. Als J. Kerner schon ganz erblindet zu Bett lag, nicht lange vor seinem Tod, erinnerte ihn ein befreundeter Prediger tröstend an das Wort: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen"; erhielt aber von dem Alten die mißmuthige Antwort: „Ach was! 's Doctors Haus in Weinsberg wär' mir noch lang gut." U n d meine 91jährige Schwester, die ziemlich stark im Glauben, aber durchaus gesund an Herz u. Verstand ist, bezeugte mir gleichfalls, daß sie recht gerne noch länger in dieser Welt bleibe, solange der liebe Gott sie darin lasse; die Ewigkeit, denkt sie wohl, werde ohnedieß lange genug währen. Ueber die akademischen u. die Facultätsangelegenheiten habe ich Stumpf geschrieben u. bitte ihn mit meinem Gruß, Ihnen die betreffenden Briefstellen mitzutheilen. Ich stecke zur Zeit noch mitten in meinem Jahresbericht, an dem ich (lachen Sie mich nicht aus) nur unter vielen Störungen u. durch mein langsames Schreiben, das sich durch Diktiren nicht ersetzen läßt, aufgehalten, fortarbeite. In demselben bin ich auch auf Siebeck's verfehlten Versuch eingegangen, im plat. Parmenides Bezugnahmen auf die aristotelische Kritik der Ideenlehre nachzuweisen. Eben erhalte ich nun seine Fortsetzung, worin er dasselbe mit dem Philebus versucht. Ich werde darauf erst später kommen können. Dieser Siebeck ist, ähnlich wie ehedem Ueberweg, einer von den Leuten, die vor Bäumen den Wald nicht sehen; die mit überklugen Hypothesen an dem Einzelnen herumdoktern, aber nie dazu kommen, sich über die Verträglichkeit derselben mit dem Rechenschaft zu geben, was uns über das Ganze des geschichtlichen Zusammenhangs bekannt ist, aus dem sie sich eine Theilerscheinung zur Bearbeitung herausnehmen. Den Philebus betreffend, wünschte ich schon lange, daß Jemand sein Verhältniß zu Rep. VI u. IX, worüber ich (vgl. Ph. d. Gr. II a, 548) nicht im Zweifel bin, ordentlich untersuchte. Es wäre ein vortreffliches Thema für eine Dissertation. Haben Sie keinen Schüler, welcher der Aufgabe gewachsen wäre? Uns geht es zur Zeit gut, u. unser Enkelchen hat sein zweites Lebensjahr in erfreulichster Entwicklung angetreten. Ich glaube, daß es einmal nicht blos ein munteres, wahrscheinlich auch hübsches, sondern auch ein recht kluges Ding wird. Mommsen war vor 8 Tagen mit seiner Tochter einen Abend bei uns u. fuhr andern Tags nach Winterthur. Befinden u. Stimmung waren vortrefflich. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller
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110.
Diels an Zeller Berlin, den 24. Februar 1896. W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrtester Freund, Endlich sind nach manchen Stürmen ein paar halkyonische Tage erschienen, an denen ich nicht bloß Geschäftsbriefe zu erledigen habe. Da darf ich Ihrer nicht vergessen, da ich Ihnen noch Antwort schulde auf Ihren letzten rührenden Brief. Sie haben ganz Recht. Grade der, der sein ganzes Leben das τεθνάναι μελετάν geübt hat, braucht die letzten Stadien des Wegs nicht heulend und zähneklappernd einherzutrotten. Wir machen jetzt so unsre Betrachtungen über unsern lieben Freund Curtius. Es ist kein Geheimnis mehr, daß sein Blasenleiden bösartiger Natur ist. Die Voruntersuchung, die vor acht Tagen statt fand, scheint die Gewisheit gebracht zu haben, daß eine Operation unmöglich ist. Man scheut sich das letzte Wort auszusprechen, aber er selbst wie seine Frau sind darauf gefaßt einer schlimmen Zeit entgegenzugehen. Trotzdem hält er sich wundervoll. Und während seine Frau ihn beschwor sich Ruhe zu gönnen (was in diesem Falle gar nichts nützen würde) hält er seine Vorlesungen und will uns übermorgen auch am Abend bei sich (in der Mittwochsgesellschaft) durch einen Vortrag über Olympia erfreuen. Bei jedem andern wie Curtius würde der Arzt sich ins Mittel legen. Aber der alte Körte hat seine Erlaubnis gegeben, weil er weiß, daß diese geistigen Erregungen gleich wie ein Narcoticum den auch jetzt schon mitunter durch starke Schmerzen geplagten Lazarus über seinen Zustand hinwegtäuschen. Neulich als er die Vorstellungen seiner Frau scharf abwehrte, mußte ich an Sokrates Ende denken. Auch Strauß' letzte Briefe fallen mir ein. Möge wenn nicht mehr zu helfen ist, seine Leidenszeit rasch vorübergehen! Von dem andern secretarius veteranus [Mommsen] hatte ich neulich einen sehr frischen Brief aus Rom. Er war so giftig gegen einen gewissen baro Monacensis, wegen dessen ich an ihn schreiben mußte, daß ich das beste Wohlsein und die alte Kraft aus dem Briefe mit Wohlgefallen erschlossen habe. Die Kantsache ist nun mit vieler Mühe und unendlichen Geschreibsel soweit gediehen, daß Adickes gewählt ist und nun die Circulare, die Dilthey noch vor seiner Abreise gedruckt hatte, versandt werden können. Sie werden dergleichen vermutlich in einigen Zeitungen sehen. Dilthey selbst, der an eine Erneuerung seines am 1Z d. M. ablaufenden Urlaubs nicht gedacht zu haben scheint, wird wohl erst Ende April zurückkehren nach dem, was er mir dieser Tage schrieb. Unsere Facultät ist dieser Tage durch ein neues Mitglied, Hans Delbrück, bereichert worden. Ehe er eintrat, hielt Treitschke eine in der Form allzustarke in der Sache aber richtige Philippica gegen die allmählich Mode werdende Art der Regierung. Wir werden manche wunderliche Rede von den beiden „Einge128
schobenen" [Paulsen und Delbrück] zu hören bekommen. Die Art wie der eine neulich bei Gelegenheit des Falles Jastrow seine jesuitische Waschlappenmoral darlegte, erregte allgemeines Murren, so daß er in der nächsten Sitzung fehlte. An Sybels Stelle wird Koser treten. Er ist zwar noch nicht officiell bestätigt, aber man glaubt nicht, daß noch etwas dazwischen träte. Lenz hatte sich Hoffnungen gemacht und es waren ihm Hoffnungen gemacht worden. Aber er ist jetzt definitiv aufgegeben, was ihm weniger um der Archivstelle leid thut als wegen der für den künftigen Archivar [der Preuß. Staatsarchive] aufbewahrten freien Stelle in der Akademie. Die Verhandlung wegen der außerordentlichen Professur (für Gizycki) rückt nicht von der Stelle. Es scheint, daß jeder einen andern will; und es ist schwer bei dem Mangel von wirklich wissenschaftlichen Capacitäten den relativ erträglichsten herauszufischen. Ich bin froh, daß ich nichts damit zu thun habe. Siebecks Aufsatz, den er mir sammt Fortsetzung geschickt hatte, ist auch mir verfehlt erschienen. Die Fußspuren Teichmüllers haben ihn offenbar nicht geschreckt. Ihr Thema, den Philebus betr., werde ich im Auge behalten. Es ist nicht leicht die hierzu nötige „goldene" Natur zu finden. Der gewöhnliche Schlag reicht an jene Probleme nicht heran. Die Privatdozentenangelegenheit, die durch die lebhafte Form der Controverse, namentlich innerhalb der juristischen Facultät, unangenehm zu werden droht, scheint mir im Sande zu verlaufen. Der geheime Entwurf, den die Regierung in Form eines Gesetzes den Facultäten resp. Rector u. Senat zur Begutachtung übersandt hat, wird vermutlich, wenn die Senate sich geäußert haben werden, wie das Feriengesetz u. dgl. als schätzbares Material in den großen Actenschrank Behrenstr. 72 wandern. Ich bedaure nur die Zeit, die das kostet. Die Facultät selbst war in der Emendirung des Gesetzes (im Sinne der bisherigen statutarischen Praxis) einig. Ich dachte oft an Sie. Denn Sie haben ja damals den allerkitzligsten Fall durchgemacht und es wäre sehr wichtig gewesen Ihr Urteil und Ihre Erfahrung zu verwerten. Die Anzeige Nerrlichs über Strauß' Briefe in der Nat. Zeit, vor einigen Wochen wird Ihnen wol zugegangen sein. Der Mensch ist mir fatal und was er am Schlüsse meint, das, was Sie wohlweislich weggelassen, sollte nun breitgetreten werden, zeigt, was derlei Volk erwartet. Es ist derselbe Hans Narr, der das „Dogma des klass. Unterrichtes" geschrieben hat. In der Familie geht es leidlich. Ludwig hat seine Arbeit, die Engler bereits in s[einem] Journal zum Abdruck bringt „Vegetationsbiologie von Neuseeland" vollendet. Es sind 6 Bogen. Ein Teil davon wird mit E.'s Erlaubnis im Mai als Dissertation eingereicht werden. Ich hätte gewünscht, er hätte sich mehr Zeit gelassen, aber da Engler großen Wert darauf legt, ihn als Assistenten zu haben (vom 1. April) und er brennend gern solche Stellung sich wünschte, so wollte ich nicht entgegen sein. 129
Wir freuen uns, daß Ihr Enkelchen sich so schön entwickelt. Mögen Sie immer mehr Freude daran haben! Mit besten Grüßen von uns Allen an Sie, Ihre 1. Frau und die Ihren sonst Ihr H. Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 31. März 1896.
Lieber Freund! Ihr lieber Brief (schon vom 24. v. Mts.!) hat uns durch seine Mittheilungen über Curtius' Befinden, welche gleichzeitig durch einen sehr besorgten Brief der Frau C . an meine Frau bestätigt wurden, auf's schmerzlichste berührt. Gerade Curtius ist eine von den Naturen, denen man nicht blos aus freundschaftlicher Theilnahme, sondern auch aus rein menschlichem Mitempfinden, als eine Forderung der poetischen Gerechtigkeit, ein ästhetisches Postulat, nach einem langen u. farbenhellen Leben einen ungetrübten Sonnenuntergang ganz besonders hätte wünschen mögen. Soll es ihm nicht so gut werden, so wird er freilich mit dem großartigen Idealismus, der bei ihm nicht ein Dogma, sondern Natur u. Charakter ist, auch als Dulder ein schönes Bild u. ein bewunderungswürdiges Vorbild sein. Aber unsäglich traurig ist es doch, u. es bleibt dieß, wenn man auch vollkommen begreift, daß dem nicht anders sein kann, daß auch den Edelsten u. Besten die Leiden nicht erspart sind, über die man sich innerlich erheben, denen man sich aber, wenn sie einmal kommen, physisch nicht entziehen kann. Wie ist doch unter unsern Freunden, die in der letzten Zeit uns verlassen haben, Friedberg u. Krüger u. auch Sybel - Helmholtz leider nicht - der Abschied um so viel leichter gemacht worden! Von uns habe ich auch nicht blos Gutes zu melden. Bei mir zwar vollzieht sich die unvermeidliche Abnahme der Kräfte so langsam, daß ich mich nicht beschweren kann, u. meine Frau erträgt die rheumatischen Schmerzen, von denen sie nach wie vor namentlich bei Witterungsumschlägen wie die der letzten Wochen geplagt wird, mit mehr Geduld als eigentlich in ihrer Natur angelegt ist. Aber unser Sohn macht uns durch Erscheinungen eines Unterleibsleidens Sorge, dessen wiederholtes, jedesmal mit heftigen Schmerzen verbundenes Auftreten in veranlaßt hat, sich an Kußmaul in Heidelberg zu wenden. Dieser hat ihm nun eine Diät verordnet, die für ihn, da doch auch seine ärztliche Thätigkeit fortgeht, mit manchen Unbequemlichkeiten verbunden, aber ihm doch bis jetzt im ganzen gut bekommen ist. Wir hoffen, das Uebel werde sich mit der Zeit wieder verlieren, aber so schnell wird dieß nicht gehen, u. sich zu 130
schonen wird er wohl noch lange allen Anlaß haben. Auch bei unserer Kleinen, dem sonnigen Geschöpfchen, gab's in der letzten Zeit einige, wie ich hoffe vorübergehende, Störungen. Von meinem Jahresbericht für 1893 habe ich den Schluß, der im nächsten Heft erscheinen wird, corrigirt, u. bin nun am Jahr 94, in dem zum Glück nicht sehr viel erschienen ist, was mich angeht. Ueber die 5 Αθ[ηναίων] Π ο λ ι τεία] für 93 schickte mir Poland eine Bibliographie, die ich erheblich beschneiden mußte; der gute Mensch scheint mir dieß aber nicht übelgenommen zu haben. Die ausführliche Anzeige von Useners Götternamen, die Maas[s] in der D.L.Z. veröffentlich hat, interessirte mich um so mehr, da ich wohl kaum dazu kommen werde, das Buch selbst zu lesen. Ufsener] scheint ja mit etymologischen u. anderen Combinationen sehr stark in's Zeug gegangen zu sein; aber des Anregenden u. Belehrenden findet man gewiß wieder sehr viel in seinem Buche. N u r schade, daß durch dieses Arbeiten auf einem ganz andern Gebiet der Abschluß der Epicurea immer weiter hinausgeschoben u. am Ende ganz verhindert wird. Unter dem, was die akad. Sitzungsberichte in der letzten Zeit gebracht haben, erfreute mich Wattenbachs Abhandlung über Widukind als ein Beweis seiner fortdauernden Arbeitskraft u. durch die Sicherheit ihrer Methode u. die Gesundheit ihres historischen Urtheils. In Dilthey's Individualitäts-Abhandlung fand ich im Einzelnen viel Treffendes, wenn ich mich nun aber nach dem Gesamtergebniß fragte, behielt ich nichts recht greifbares in der Hand. Köhlers Abhandlung über Xenophons Πολ. Λακ. interessirte mich auch; aber die Bekanntschaft mit Plato's Rep. läßt sich m. E. für diese Schrift nicht ebenso wahrscheinlich machen wie für die Cyropädie. Kürzlich machte ich in einem Schriftchen v. J. 1843, das genealogische Nachrichten über die Familie meiner Mutter, einer geb. Camerer (Camerarius) enthält, die Entdeckung, daß ich durch meine Mutter nicht allein (wie ich längst wußte) von dem schwäbischen Reformator Brenz, sondern auch von einer Schwester Melanchthons abstamme, u. daß diese sowie ihr Vater u. Großvater (weiter hinauf läßt sich die Familie anscheinend nicht verfolgen) sich bereits Schwarzerd schrieben; daß mithin die Vermuthung (Strauß Ges. Sehr. II, 337), sie hätten eigentlich Schwarzert (= Schwarzer) geheißen u. erst Reuchlin die Erde hineingebracht, nicht zutrifft. (Erzählen Sie dieß mit meinem Gruß Harnack, u. schreiben Sie mir, wie's in seiner Familie steht.) O b mit jener Seitenverwandtschaft die melanchthonische Natur zusammenhängt, deren Schwächen Strauß (Br. 531) in mir nicht verkennt, lasse ich unentschieden. Mit den schönsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr treu ergebener Zeller
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112.
Diels an Zeller Berlin, den 12. April 1896. W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrtester Freund, Ihr lieber Brief erreichte mich in Wiesbaden, wo ich mit den Meinen die Osterfeiertage vereint zubrachte. Wir fanden meine Schwiegermutter, die jetzt im 78. Jahre steht, gesünder und frischer als wir dachten und unser zweiter, Otto, der sein Jahr abdient und den Tag über sich bei ihr aufhält, ist dort wohl aufgehoben. Leider war der Kälterückfall während jener Tage nicht erfreulich, aber wir haben uns doch vom Spazierengehen dadurch nicht abhalten lassen. Auch Schmoller und andere Berliner Celebritäten waren anwesend, ich habe sie aber nicht zu sehen bekommen. Während der übrige Teil der Familie noch in Wiesbaden geblieben ist (sie kehren morgen zurück), mußte ich mit Ablauf der akademischen Ferien wieder an Ort und Stelle sein. Freilich war unsere vorige Sitzung sehr klein, da viele Akademiker verreist und leider auch zwei, Curtius und Treitschke, durch schwere Krankheit fern gehalten sind. Man liest in den Zeitungen wol von einer Besserung in des letzteren Befinden, aber wie mir H . Grimm gestern sagte, der ihn täglich besucht, ist die Diagnose: Brightsche Nierenkrankheit, die Gerhardt aufstellte, doch wohl richtig. Er selbst hat keine Ahnung davon. Auch mit Curtius wird es wol nicht mehr besser werden. Er leidet körperlich unsäglich, die Blutverluste schwächen ihn immer mehr und Schlaflosigkeit quält ihn. Aber er hält sich krampfhaft aufrecht, nimmt an allem Teil und beteiligt sich an den Unterhaltungen des „Casino" (so nennt meine Frau die allabendlich stattfindenden Empfänge des Curtius'schen Hauses, wo in der Regel in 2 Stuben 6 - 8 Personen gleichzeitig anwesend sind und leider auch meist gleichzeitig sprechen) mit großer Regsamkeit. Freilich sinkt er dann auch wieder erschöpft zusammen und es begegnet ihm öfter wie früher plötzlich einzuschlummern. Möge das Martyrium nicht allzulange dauern! Der Sonnenuntergang, von dem Sie sprechen, wird leider in Wolken stattfinden, wenn nicht alles trügt. Die Ferien haben mir bis jetzt wenig Erholung gebracht, da der Beginn des Rechnungsjahres viel Geschäfte verursachte. Einen hervorragenden Teil daran hat die stellvertretende Leitung der Kantanlegenheit, die nicht nur fast wöchentlich Briefe und officielle Gesuche nach Kiel, Königsberg, Riga pp mit sich brachte, sondern auch fast täglich zwei bis drei Dankschreiben für mehr oder minder wertvolle Mitteilungen von Archiven, Bibliotheken, Händlern u. Privatpersonen nötig machte. Es ist des Stoffes soviel, daß ich fürchte unser Freund Dilthey, der ja noch keine Ahnung hat, wird, wenn er nun hier ankommt, die Rolle des Göthe'schen Zauberlehrlings spielen! Leider schreibt er mir, daß seine Schlafloskeit und Nervosität noch immer nicht gewichen ist, 132
und ich habe jetzt deutlichere Anzeichen wie früher dafür, daß Ebbinghaus' Insulte ihn doch psychisch sehr mitgenommen haben. Er fühlt seine Stellung erschüttert, und wenn er auch ruhig und vornehm geantwortet hat, die Sache frißt innerlich um so tiefer; und Dilthey, der sich schon um nichtige Dinge unnötig quälte, wird diese Sache, fürchte ich, so leicht nicht verdauen. Dazu kommt die Ratlosigkeit, wie wir das philosophische Extraordinariat besetzen sollen. Dilthey möchte gern für Dessoir etwas thun, aber die Mitglieder der Commission können sich nicht für diesen doch wirklich recht oberflächlichen Menschen begeistern, und ein Psychologe, der in einer Ihnen wol nicht bekannten Schrift, ganz ohne N o t auf die Scheußlichkeiten der Päderasten in verdeckt-apologetischer Weise und ohne wissenschaftlichen Gewinn eingeht und noch unnötiger dabei seine statistischen Erhebungen über den Procentsatz cunnilingi bei den „bessern Dirnen Berlins" mitteilt, entbehrt doch des sittlichen Ernstes, den ein Professor, und namentlich der Philosophie, haben soll. Wir haben genug darunter zu leiden, daß ein Ordinarius [Paulsen] Ethik mit Schaukelmoral vorträgt; kommt nun noch ein Extraordinarius dazu, der im modernsten Stile seine Vorlesungen „interessant" macht, dann kann's gut werden. Es kommt hinzu, daß Dessoir das Fach, auf das ihn Dilthey dressirt hat, die Ästhetik, offenbar nur pro forma betreibt. Seine Schriftstellerei und sein Interesse ist offenbar ganz wo anders; und hat er erst eine gewisse Position, so wird er den Teufel nach diesen Dingen fragen. D a nun auch die andern hiesigen nicht zweifelsohne sind und die auswärtigen nicht so sehr überragen, daß sie ohne Schein der Unbilligkeit bevorzugt werden können, so liegt die ganze Sache verzweifelt, und ich beneide Dilthey nicht um die Position, die er hier vorfindet. Vielleicht wäre es ihm nicht unlieb gewesen, wenn die Entscheidung in seiner Abwesenheit und ohne seine Verantwortung gefallen wäre. Jetzt wird er nicht umhin können seine Autorität einzusetzen für eine Persönlichkeit, die ihm selbst nicht ganz geheuer ist. Die Berufung Kosers zum Archivdirector wird seine Wahl in die Akademie zur Folge haben. Man hält ihn geschäftlich und wissenschaftlich für gewachsen. O b er sich aber zu der nach oben und unten autoritativen Persönlichkeit auswachsen wird, die eine solche Stelle verlangt, ist nicht ganz sicher. Man bedauert in dieser Hinsicht, daß Lenz, der ebenfalls auf der Liste stand, diplomatischer Rücksicht auf die höchste Stelle weichen mußte. Man hält ihn für wissenschaftlich u. persönlich aussichtsvoller. Sicher ist, daß ihn natürlich Kosers Stellung zunächst drücken wird, weniger das Archiv als die Akademie. Das herannahende 200jährige Jubiläum hat Veranlassung gegeben an eine Geschichte der Akademie zu denken. Das unbedeutende Buch von Gebhardt W v. Humboldt als Staatsmann hat gezeigt, welche Schätze unser Archiv birgt. Es scheint, daß Harnack Lust habe diese schwierige aber reizende Arbeit zu übernehmen.133
Über Usener's Buch werden Sie aus Maass' Anzeige nicht ganz orientirt sein. Alle Philologen werden so urteilen wie Maass. Das ist richtig. Aber Usener will eigentlich nicht für die Philologen, auch nicht für die Religionshistoriker schreiben, sondern für die „Psychologen"! Das ganze Material ist ihm nur Exempel, um die Urprocesse der Begriffsbildung deutlich zu machen, und er meint dabei ganz voraussetzungslos, rein empirisch vorzugehen. Ich habe sehr ausführlich mit ihm correspondirt und ihm meinen abweichenden Standpunkt nicht verhehlt. Die ganze Auffassung ist eine auf Lazarus-Steinthal'schen Grundideen aufgebaute Construction, die durch die philologischen und historischen Thatsachen ebenso widerlegt wird wie durch die feststehenden Axiome einer nüchternen Psychologie. Das Buch ist um 30 Jahre veraltet, wie es Usener und Dilthey mit ihren allzulange herum getragenen Lieblingsideen mehrfach begegnet ist. Es thut mir leid auf dem Gebiet, wo Usener am meisten zu leisten glaubt, mich grundsätzlich von ihm trennen zu müssen, so sehr man natürlich im Einzelnen gefördert und durch den Widerspruch zur schärferen Auffassung der Probleme geführt wird. Was Köhlers Abhandlung betrifft, so merkt man, daß er sich gerade auf dem Gebiete der geistigen Concordanzen als Neuling bewegt. Ich stimme in der Frage nach d. Verhältnisse zu Piatons Republik durchaus mit Ihnen überein. Ihre Entdeckung über die Abstammung von der Familie Schwarzerd war mir sehr interessant nicht blos wegen der geistigen Filiation, die dadurch in überraschender Weise hergestellt wird, sondern auch wegen der philologischen Frage, die dadurch neu beleuchtet wird. Die Vermutung von Strauß ist ja neuerdings öfter bestritten worden, aber Ihre Dokumente sind doch durchschlagend. Ganz außerordentlich leid war es mir zu hören, daß Ihr Sohn sich unwohl befindet. Ich entnehme Ihren Mitteilungen, daß es sich wohl um ein chronisches nur augenblicklich heftiger hervortretendes Leiden handelt, bei dem eine rationelle Diät viel bewirken kann. Ich weiß das aus eigener Erfahrung, und weiß auch welche Opfer das auferlegt. Trotzdem halte ich seit mehreren Jahren consequent daran fest meine Milchkur nebst täglichem 2 - 4 stündigen Spaziergang zu bestimmten Stunden programmäßig durchzuführen. So gehen die unvermeidlichen Leidensperioden, deren eine, ziemlich heftige, ich soeben hinter mir habe, im Ganzen doch erträglich vorüber. Ich hoffe, daß auch bei Ihrem Sohn die Kußmaul'sche Diät gut anschlägt. Ebenso wünsche ich, daß die bei Ihrer verehrten Frau hervorgetretenen alten Leiden wie die neuen bei Ihrer liebenswürdigen Enkelin rasch vorübergegangen sind. Die scheußlich wechselnde Witterung wird ja endlich dem stetigeren Sonnenwetter weichen müssen, wodurch Sie erst in den Vollbesitz und Vollgenuß Ihrer herrlichen Villa gelangen werden. Sie selbst schreiben über Ihr Befinden so vertrauensvoll, daß wir Ihretwegen uns nicht zu sorgen brauchen. Ihren Jahresbericht werden Sie ja unterdessen beendet haben und so zu erfreulicheren Arbeiten übergehen 134
können. Ich selbst komme zu meinen Philosophenfr. fast gar nicht. Geschäfte und Nachlesen neuerer Litteratur, Vorbereiten der Vorlesungen, Correcturen von Arbeiten zehrt meine Zeit völlig auf. Das darf so nicht weitergehen und ich muß suchen mich zu entlasten. Das erste ist, daß ich Vorsitz und Kassenführung des Thesaurus 1. L. niederlege, eine undankbare Aufgabe, der sich nun einmal ein anderer Delegirter widmen kann. Die Kantsachen gehen so wie so auf Dilthey über. Im nächsten Vierteljahre habe ich auch mit der Akademie nichts zu thun. So hoffe ich denn etwa von Mai ab aufzuleben. Pfingsten führt mich die Thesaurusconferenz nach Wien, wo man doch wol noch etwas anderes zu sehen bekommen wird als Lexicazettel. Berlin steht im Zeichen der Ausstellung, die in Bezug auf Reclame für die Stadt characteristisch ist. Allen diesen Anpreisungen stehe ich sehr skeptisch gegenüber, und es kommt mir traurig vor, daß die ganze so furchtbar angepriesene Inscenirung auch nicht die kleinste Originalität aufzuweisen hat. Alt-Berlin ist eine Judengründung nach der Schablone Alt-Antwerpen pp, Kairo (was hat Kairo mit Berlin zu thun?) nach Paris pp. u.s.f. Aber der Berliner, obgleich die Verkehrsverbindungen jämmerlich sind, glaubt doch auf der Höhe des Jahrhunderts zu stehen. Der einzig sichere Erfolg des Jahrmarktes wird eine mindestens 10%ige Verteuerung der Lebensmittel (vielleicht auch der Mieten) für dieses Jahr u. wol auch die folgenden sein. Da die Teuerung der Lebensmittel u. Löhne nach den Nationalökonomen ein Zeichen von Wohlstand ist, so müssen wir uns eben fügen. Mit herzlichen Grüßen an Sie und die 1. Ihrigen Ihr treulichst ergebner H. Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 12. Mai 1896.
Lieber Freund! Heute haben wir Pankraz (dießmal zum Glück einen unschädlichen) d.h. d. 12. Mai, und auf Ihrem Brief steht der 12. April! Und was haben wir in diesen 30 Tagen wieder alles erlebt! Treitschke's Tod geht uns sehr nahe. Wir waren seit 1867 mit ihm u. seiner Familie nahe befreundet, u. was man auch an dem Politiker, selbst dem Historiker, aussetzen, wie oft man sich von dem Ueberschäumen seines Pathos, dem allzu diktatorischen Ton seiner Urtheile verletzt finden mochte: er war doch, alles in allem, ein ganz herrlicher Mensch, jeder Zoll ein Mann, furchtlos wie wenige, ohne jede Nebenrücksicht in der Sache 135
lebend, u. ebendadurch ein Lehrer, der die jungen Leute zu packen wußte, wie kein zweiter; unser farbenprächtigster Gesichtschreiber, von taciteischer Kraft der Charakteristik, u. was ich ihm sehr hoch anrechne, an Objektivität der Schilderung mit jedem Band wachsend. Sein Friedr. Wilhelm IV ist ein Meisterstück. Was gäbe ich darum, wenn wir von ihm eben solche Porträts der 1848er u. vor allem des alten Kaisers u. seiner Paladine, u. dann wieder L. Napoleons u. seiner Umgebung hätten! Ich zweifle nicht, er hätte auch hier selbst dem Längstbekannten immer noch neue Züge abzugewinnen, neue Lichter aufzusetzen gewußt. Wie mag es wohl der armen Frau u. der zweiten Tochter gehen, u. wie werden sie sich einrichten? Wir fürchten, er habe nicht so gut für die Seinigen sorgen können, als es bei seinen großen Einnahmen hätte der Fall sein müssen. Die vieljahrige Krankheit der Frau, u. dazu noch ihre (vielleicht bis zu einem gewissen Grad auch seine) wenig ökonomische Art u. Gewöhnung, verschlang zu viel. Hat man schon an seinen Nachfolger gedacht? Ich habe keine Ahnung davon, auf wen man kommen kann, nicht um ihn zu ersetzen - darum kann es sich überhaupt nicht handeln - sondern nur um sich wenigstens nicht allzusehr zu compromittiren; vollends da auch Koser, der ihm vielleicht der liebste gewesen wäre, nicht mehr zu haben ist. Oder findet das Ministerium vielleicht einen Ersatz überhaupt unnöthig, nachdem der Facultät der größte aller Kriegshistoriker u. historischen Politiker [Delbrück] schon zum voraus mit so zuvorkommender Freigebigkeit bescheert worden ist? Curtius' leidender Zustand macht uns recht traurig; die Geisteskraft ist bewunderungswürdig, mit der er des widerspenstigen Körpers immer noch Herr zu werden weiß. Bitte, wenn Sie ihn u. sie sehen, sagen Sie beiden unsere allerherzlichsten Grüße. Nach Baden sind wir dießmal nicht gekommen; es wäre uns zu schmerzlich gewesen, ohne Freunde dort zu sein, u. das Wetter war auch nicht darnach. Jetzt kommen wir auch vor Ende Juli wohl kaum mehr fort, haben aber auch bis dahin noch keinen bestimmten Plan. In der Pfingstwoche denkt unser Sohn zum Chirurgencongreß mit Frau nach Berlin zu kommen; um so weniger würde sich die meinige von dem Kinde trennen, welches jetzt auch wieder regelmäßig einige Nachmittagsstunden in unserem Garten zubringt. Im Ganzen geht es ihm gut, nur machen ihm die Backzähne etwas zu schaffen. Sehr gefreut hat es uns, daß Sie uns von Ihrem Wiesbadener Aufenthalt u. Ihrer Familie so gute Nachricht geben konnten. Hat Ludwig sein Doctorexamen noch vor oder schon hinter sich? Daß Sie nun auch einer etwas ruhigeren Zeit entgegensehen, ist mir sehr lieb; daß es der Ruhe nicht zu viel wird, dafür ist in Berlin ja gesorgt. Sie von dem Thesaurus, Gott gebe auf lange, (oder doch von seiner Leitung) entbunden zu wissen, ist mir besonders beruhigend: das war doch die reine Aufopferung für eine Sache, die Andere angezettelt hatten, um sie dann stehen zu lassen; dieser Sache selbst kam das Opfer ja sehr 136
zu gute; aber Sie brauchten doch nicht, wie Ritter Curtius sen., auf Nimmerwiederkehr in dem Schlund zu bleiben, in den Sie sich für's Vaterland gestürzt hatten. Wie viel Ihnen die Kantsache zu thun gemacht haben wird, kann ich mir lebhaft vorstellen; weniger deutlich, wie es Dilthey anfangen wird, um damit fertig zu werden. So viel aber ist mir klar, daß er nun wieder einen neuen Grund hat, seine zweiten Bände ungeschrieben zu lassen. Den Angriff von Ebbinghaus] so schwer zu nehmen, hätte er nicht nöthig: männlichere Naturen nehmen so etwas theils nicht so schwer, theils befreien sie sich davon leichter, indem sie den Angreifer vor die Klinge nehmen, oder wenn sie ihm diese Ehre nicht anthun wollen, ihn stehen lassen. Aber so viel Reizbarkeit u. so wenig Streitbarkeit ist für die Laufbahn des Schriftstellers keine viel bessere Ausrüstung als für die des Politikers. Wir hatten von Dilthey's Monate lang nichts gehört, u. wußten schließlich nicht mehr wo sie zu suchen seien; dann schrieb meine Frau aber doch auf Gut-Glück nach Meran, als D[ilthey] schon von dort abgereist war, u. erhielt von dort Antwort. Grüßen Sie bei Gelegenheit Stumpf u. Dilthey, u. wenn Sie ihn sehen Grimm von uns. Stein hatte sich uns für die Osterferien ankündigen lassen, kam aber nicht. War er dießmal nicht, wie sonst, in Berlin? Dem Archiv, bei dem ich über den Straußbriefen mit meinen Jahresberichten stark in Rückstand gekommen bin, werde ich nun den über 1894 demnächst schicken können. Viel interessantes gab's nicht drin zu besprechen; doch da u. dort Gelegenheit zu einem kleinen Beitrag für das Verständniß des Plato u. Arist[oteles], oder einer von den Erläuterungen, deren Nothwendigkeit man erst durch irgend ein Mißverständniß erfährt. Zunächst hab' ich dann L. Sybel einige Blätter mit Marburger Erinnerungen an seinen Vater zu füllen, u. dann erwartet mich der Jahresbericht für 1895. Sybel u. Treitschke in weniger als Jahresfrist, beide vor dem Abschluß - Tr. freilich sehr viel weiter entfernt vom Abschluß — eines Lebenswerks, u. was für ein Ersatz für sie! Jetzt kann man ja Lenz in die Akademie wählen. Wie geht es denn Schräder, u. Joh. Schmidt, u. Richthofen? Auch von diesen beiden hörte man ja in der letzten Zeit Beunruhigendes. Ihnen u. den Ihrigen die herzlichsten Grüße von meiner Frau, deren Schwester seit einigen Tagen in Heidelberg ist, und Ihrem Zeller.
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114.
Diels an Zeller Berlin, den 21. Mai 1896. W Magdeburgers«. 20. 111
Hochverehrter Freund, Ihr lieber Brief mit den schönen Worten über Treitschke traf uns gerade noch in tiefster Trauer um den unersetzlichen Verlust. A m vorigen Sonntag hatten wir eine studentische Nachfeier, die recht würdig verlief. Lenzens Worte, die Sie in den Preußischen Jahrbüchern lesen werden, trafen die Stimmung der Jugend recht gut, da die eigentlich wissenschaftlichen Fragen in den Hintergrund geschoben wurden und der Patriot und Mann in den Vordergrund trat. Als ich bereits die Versammlung verlassen hatte, fand ein eigentümliches Nachspiel statt, indem H. Grimm mit der übrigens sehr sympatisch ausgefallenen Todtenmaske auf die Bühne trat und über Treitschke kurz sprach, ergriffen und nicht wol zusammenhängend, dann aber sich aufraffend die Studenten aufforderte „Treitschke lebe hoch" zu rufen. Vereinzelte leisteten schüchtern Folge, die meisten schwiegen und die anwesenden Collegen waren peinlich berührt. Sie werden unterdessen schon gehört haben, daß für die Hinterbliebenen in vollkommen ausreichender Weise aus der Kgl. Schatulle gesorgt wird, zunächst wie üblich, auf 5 Jahre. Es freut mich, daß der Kaiser seine Verstimmung fallen gelassen, wie auch die Anwesenheit des Ministers u. seiner Räte bei der Studentenfeier sehr sympatisch berührte. Was sich in dem bekannten Blumenstrauß der jüdischen Zuhörer zu seinen Lebzeiten aussprach: „Man kann Dein Gegner, aber nicht Dein Feind sein", das zeigte sich nach seinem Tode noch deutlicher. Mommsen, der ihm stets im Leben gegenübertrat, zeigte sich sehr ergriffen und erschien ebenfalls (kaum zurückgekehrt aus Italien und kaum dem Ungeschicke des Radlers, der ihn überfahren, entronnen) in der Trauerversammlung, von Charlottenburg nach dem Friedrichshain - kein kleines Opfer! Dagegen Dilthey, sein großer Bewunderer, glänzte durch Abwesenheit wie die ganze med. Facultät! Mommsen ist ganz in alter Frische zurückgekehrt, interessirt sich wieder für alle Dinge und möchte den Finger wieder in alle Geschäfte legen, die er vor seiner Romfahrt mit Uberdruß von sich gestoßen hatte. Er sieht auch sehr gut aus und wir freuten uns sehr ihn bereits am folgenden Tage nach seiner Rückkehr in der Graeca, die bei uns stattfand, begrüßen zu dürfen. Curtius geht es augenblicklich leidlich, er sieht aber sehr schlecht aus und hat von 8 Tagen zu 8 Tagen schrecklich qualvolle Perioden durchzumachen. Zu helfen ist ja nicht, und der Zustand kann sich bei seiner Zähigkeit vielleicht noch ein Jahr lang hinziehen. Ihre Grüße habe ich vorgestern bestellen können. Sie waren beide in der Erinnerung an Baden tiefgerührt. 138
Die Frage, wen wir in der Facultät statt Treitschke bekommen werden, ist, soviel ich weiß, längst gelöst, insofern Hans Delbrück schon zu Lebzeiten Treitschkes gleichsam dessen Ersatz darstellte (so ist die Sache wenigstens dem Finanzminister, wie ich aus einigen Andeutungen vermute, glaublich gemacht worden) und Koser, der ja jetzt in die Akademie gewählt werden wird, dürfte auch sein Recht zum Lesen ausüben. D a es nun außerdem kein auch nur annäherndes Äquivalent für Trfeitschke] gibt, so müssen wir uns mit dem was wir haben begnügen und wir hoffen, daß Lenz, der ja immer noch etwas jugendlich gährend ist, in jene Stellung hineinwachsen wird. Seine Wahl an Tr.'s Stelle in die Akademie, die geplant ist, halte ich für sicher. Meine Frau ist dieser Tage nach Göttingen gereist, um als einzige Vertreterin der Familie der Hochzeit meiner Nichte (der Tochter ihrer Schwester) beizuwohnen. Wenn sie am Ende der Woche zurückkommt, werde ich mich zur Reise nach Wien Thesauri causa rüsten, was ich um deswillen bedaure, weil ich sonst den Versuch gemacht haben würde, Ihren Sohn und seine Frau während ihrer Anwesenheit zu sprechen. Jedenfalls entnehme ich diesem Plane die tröstliche Sicherheit, daß er von seinem Leiden wieder hergestellt ist. An Ihre Straußbriefe bin ich durch den mich nicht ganz befriedigenden Bericht von Dr. Künkler in Biebrich (der, glaub ich, einmal in Ihren Briefen vorkommt, aber verdruckt ist) i. d. Pr. Jahrb. erinnert worden. Man sieht, ihn wie viele andere seinesgleichen läßt die Neugierde nicht schlafen, die Ehemisère womöglich tagebuchartig kennen zu lernen; und dabei nennt sich so etwas langjähriger Freund! Stein habe ich nicht gesehen, er hat mir nur sein Buch über den ewigen Frieden zugeschickt. Sie werden gemerkt haben, wohin er zielt. Ich bin sicher, er hat Wege gefunden das Elaborat in das Cabinet Sr. Maj. zu schmuggeln und hofft nun so dem endlichen Ziele, das er unverrückt im Auge hat, näher zu kommen. Oder verkenne ich ihn? Unter der Litteratur, die Sie für das Archiv besprechen werden, wenn auch erst später, befindet sich auch Siebeck mit s. Aufsätzen über Piaton und Aristoteles. Ich habe noch keine Zeit gefunden mich gründlicher damit abzugeben, aber ich habe sie doch nebenhingelegt, da mich einiges, was ich las, frappirte. Dürfte ich vielleicht erfahren schon ehe das Archiv Ihre Meinung bringt, wie Sie jetzt zu der Frage stehen? Schräder, nach dem Sie fragen, befindet sich abwechselnd, aber doch leider so, daß man keine Hoffnung auf völlige Wiederherstellung haben kann. Das ist schlimm für uns, da uns der den Fachmännern verhaßte Breslauer Delit[z]sch schon jetzt quasi mortuo ilio bedrängt. Es wird schwer sein einen Ersatz zu finden, wenn man nicht in die jüngste Generation gehen kann, wo ja einige gute Köpfe sind. Joh. Schmidt hat sich, soviel mir bekannt, sichtlich erholt, nachdem er einen Monat zu Bett gelegen. Ich habe ihn aber seit 14 Tagen nicht mehr gesprochen. 139
Richthofen ist noch in letzter Stunde von dem Freund Ihres Sohnes Sonnenburg gerettet worden, indem er die schon weit vorgeschrittene Blinddarmentzündung mit dem glücklichsten Erfolge operirte. Er befindet sich bereits wieder außer Bett und hofft Pfingsten sich wieder als ziemlich heil betrachten zu können. Er hofft sogar eine Einladung von der New Jersy University in Princeton (bei New-York), die ihn zum 22. Oct. ihrem 150jährigen Jubiläum zum Dr. of laws ernennen will, annehmen zu können. Ich habe für die gleiche Ehre gedankt, da ich - von allem anderen abgesehen - zu jener Zeit den Vorsitz im Plenum der Akademie zu führen habe. Ich werde auch ohne jene Ehre weiter leben können. Ludwig, nach dem Sie fragen, war zu heute zur mündlichen Prüfung citirt, aber da der Decan die Philosophen zu sehr beschwert hatte, mußten die beiden jüngsten wieder zurücktreten. Er wird nun vermutlich gleich nach Pfingsten dran kommen. Seine Arbeit über die Vegetationsverhältnisse von Neu-Seeland ist günstig von Engler beurteilt und in dessen Archiv bereits gedruckt worden. Ich bin begierig, wie sein Examen abläuft, da ich über seine geistige Struktur in Folge seiner stillen Natur nicht ganz orientirt bin. Verstand hat er und Fleiß, aber ob er auch die für Höheres nötige wissenschaftliche Phantasie und speculative Begabung hat, ist mir nicht klar geworden. Das Examen wird ja wol zeigen, ob er bloß Kenntnisse oder auch bereits breitere und tiefere Zusammenhänge besitzt. Dilthey, den ich heute gesehen und der unter Kant seufzt, erwidert Ihre Grüße freundlichst und ich bleibe mit den besten Wünschen auch für Ihre 1. Frau Ihr H. Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 9. Juni 1896.
Lieber Freund! Vielen Dank für die Mittheilungen Ihres letzten Briefs, namentlich auch die über die Treitschkefeier u. die auf die Familie u. die Lehrstelle unsers unvergeßlichen Freundes bezüglichen. Eine Photographie Tr.'s auf dem Todtenbett ist uns von den Hinterbliebenen geschickt worden u. wird Ihnen ja auch bekannt sein. Sie gibt ein recht schönes u. würdiges Bild des Entschlafenen. Grimm's Ungeschick (oder vielleicht richtiger: übel angebrachtes u. fast nothwendig mißzuverstehendes aber beabsichtigtes Oxymoron) muß allerdings bei der sonst so schön verlaufenen Feier störend gewirkt haben. Die kaiserliche 140
Fürsorge für die Familie freut uns für den Geber nicht minder als für die Empfängerinnen. Wenn nur Frau von Tr[eitschke] dazu gebracht werden könnte, Zehlendorf, das mir (sub rosa) ein rechtes Ausbeutungsinstitut zu sein scheint, mit einem angemessenerem Aufenthaltsort zu vertauschen. Der Aufruf für das Denkmal, meinem Geschmack nicht durchaus entsprechend (ich möchte wissen, wer ihn stilisirt hat), ist mir vorgestern zugekommen u. ich will heute meinen Beitrag nach Berlin schicken. Bismarck's Name nimmt sich an der Spitze des Aufrufs gut aus u. wird hoffentlich auch materiell von Gewicht sein. Vor 10 Tagen habe ich das Mscpt. meines Jahresberichts für 1894 an Reimer abgeschickt u. denke in dieser oder der nächsten Woche die Correctur zu erhalten. Ueber etwas bedeutendes hatte ich nicht zu berichten; doch habe ich die Gelegenheit zu einigen kleinen Beiträgen für die Plato- u. Aristoteleserklärung benützt. Etwas Eigenes widerfuhr mir mit meinem letzten Bericht. Ich hatte dort S. 376 ff. die Schrift eines Dr. Elser, der Repetent an dem Tübinger kathol. Convict war, u. für einen solchen — Brentano u. der übrigen Neuscholastik gegenüber - wenigstens den Aristoteles ziemlich unbefangen aufzufassen wußte, wohlwollend besprochen u. schickte den Artikel in dem Gedanken, ihm damit eine Freude zu machen, nach Tübingen an ihn, erhielt ihn aber mit der Bemerkung auf dem Umschlag zurück: „Ist in Rom gestorben." „The rest is silence." In dem Bericht über 95 denke ich mich etwas eingehender mit Siebeck's Arbeit über den Sophisten u. Parmenides zu befassen, die ich freilich in der Hauptsache für verfehlt halte. Es ist ja an sich eine Frage, die sich hören läßt, ob nicht diese Gespräche eine Antwort auf die Einwendungen sein könnten, die Arist[oteles] noch bei Plato's Lebzeiten der Ideenlehre entgegengehalten hatte. Aber um sie zu bejahen, muß man nicht blos im Einzelnen eine Menge von gewagten Vermuthungen zu Hülfe, u. von Unwahrscheinlichkeiten in den Kauf nehmen, sondern man muß auch erklären, wie es kommt, daß die Ideenlehre des Sophisten von der letzten, uns durch Arist[oteles] bekannten, Form der platonischen Metaphysik am weitesten abliegt, während sie ihr doch nach S[iebeck] gleichzeitig sein müßte; um anderes zu übergehen. Kürzlich schickte mir Hultzsch, mit dem ich bisher keine persönlichen Beziehungen gehabt hatte, seinen Artikel „Astronomie" aus der neuen Bearbeitung der Realencykl. d. Alterth. Dieser Abriß der Geschichte der alten Astronomie war mir sehr willkommen; nur fiel mir auf, daß er meinte, die σφαίρα άνελίττουσαι des Aristfoteles] sollen die störende Einwirkung - nicht der obern Planetensphären auf die untern, sondern der untern auf die obern, aufheben. Ich machte ihn auf dieses Versehen aufmerksam, erfuhr dann aber durch seine ausführliche Antwort, daß es kein Versehen war, sondern wohl überlegt, um auf diese Art Metaph. I, 7 1074 a 13 die Zahl 47 aufrecht halten 141
zu können, die schon den alten Peripatetikern (nach Simpl. De coelo 503, 10 ff.) so viel Kopfzerbrechen verursachte. Ich setzte ihm darauf auseinander, daß seine Deutung der σφ. άνελίττ. für diesen Zweck allerdings ganz gut wäre, daß sie aber 1) mit allen Voraussetzungen der aristotelischen Kosmologie unvereinbar sei, denen zufolge nur die inneren Sphären von den äußern bewegt, u. somit auch gestört werden können, nicht umgekehrt; daß sie 2) der ausdrücklichen Aussage des Aristóteles] Metaph. 1073 b 38 ff. widerspreche; daß endlich 3) die Peripatetiker von Theophrast bis auf Simplfikios] ohne Ausnahme ihren Meister ebenso verstanden haben, wie wir; daß daher mit ihnen Metaph. 1074 a 13 entweder ein Versehen des Aristoteles oder ein sehr alter Schreibfehler anzunehmen sei. Hierauf habe ich noch keine Antwort. Mein Sohn u. seine Frau kamen sehr vergnügt von Berlin zurück, u. dem Ersteren hat die Reise nichts geschadet, wiewohl er die ihm vorgeschriebene Diät während derselben nicht genau einhalten konnte. Die Ausstellung hat ihnen sehr imponirt; fast noch mehr aber das Reichstagsgebäude, das ihnen gezeigt wurde, u. das Fest bei Kroll. Wir hatten mittlerweile hier den evangelisch-socialen Verein, bei dem aber nicht viel herauskam als eine Anzahl Reden, die meistens Beifall fanden. Die von Harnack u. Wagner gefielen auch meinen Damen. Ich selbst gieng nicht hin, um nicht in dieser Gesellschaft genannt zu werden, die sich hier zwar gut hielt; freute mich aber sehr, Harnack u. Wagner bei uns zu sehen. Grüßen Sie beide bei Gelegenheit, u. wer sonst nach uns fragt: Mommsen's, Dilthey's, Schmoller's u.s.w., mit besonderer Wärme aber Curtius', nach deren Ergehen ich kaum zu fragen wage; u. seien Sie mit den Ihrigen herzlich gegrüßt von meiner Frau (Pauline ist in Tübingen) und Ihrem Zeller.
116.
Diels an Zeller Berlin, den 13. Juni 1896. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Ich schicke Ihnen anbei die vollständige, in Engler's Journal erschienene, Arbeit Ludwigs, von der ein Teil als Doctordissertation gedruckt und heute von ihm verteidigt worden ist. Sein Examen hat er Donnerstag vor 8 Tagen magna cum laude bestanden und auch die vorliegende Arbeit ist mit einem löblichen Prädicat versehen worden. Wir sind froh, daß er nun die Tirocinien hinter sich hat und nun mit voller Kraft sich den theoretischen und praktischen Studien 142
seines Lieblingsfaches widmen kann. Denn auch die praktische Thätigkeit, wie er sie im Botanischen Museum und Garten und namentlich bei der Unterweisung der Pharmazeuten im Mikroscopiren unter Engler auszuüben hat, macht ihm ein großes Vergnügen. Alle diese Dinge, die ihn oft von Morgens 6 bis 8 Abends mit wenigen Stunden Pause beschäftigen, scheinen ihn gar nicht zu ermüden, so daß er, wenn er gesund bleibt, jedenfalls eine beneidenswerte Arbeitsfrische besitzt. Meine Sorge, die ich bisweilen bei seinen Studien hatte, er möchte sich zu sehr ins Einzelne vertiefen, ist, wie ich jetzt glaube, unbegründet gewesen. Denn die Art, wie er seine Arbeit angefaßt und durchgeführt (was abgesehen vom Thema wesentlich sein Werk und nicht das Englers ist, wie dieser mir selbst sagte), und namentlich auch die Art wie er heute in einer These eine allgemeine Frage (Nägeli's Progressionstheorie im Gegensatze zu Darwin) discutirte, zeigt mir, daß er nicht im Handwerk untergegangen ist, und ich bin so über den Abschluß seiner Studien im Ζ Semester um so mehr beruhigt als ich gern gewünscht hätte (was sich aus äußeren Gründen nicht durchführen ließ, da ihn Engler dringend als Assistent wünschte), daß er ein Jahr länger studirte. Ich hoffe, er wird auch so die nötige Ausbreitung im Auge behalten. Der Aufruf für das Treitschkedenkmal ist von Hopfen verfaßt und wird auch hier allgemein als mehr abschreckend wie anreizend aufgefaßt. Bismarck als Erster ist in der That ein τηλαυγές πρόσωπον, ob aber auch, wie Sie andeuten ein άργύρεον, wage ich noch nicht sicher hinzustellen. Zum Abschluß des Berichtes für 1894 gratulire ich bestens und bin recht begierig auf Ihren Bericht über Siebeck. Ihr Einwand, der von der Chronologie der Ideenlehre hergenommen ist, scheint mir fast entscheidend, wenn man nicht die Rücksicht auf Aristoteles von dem letzten uns durch A. selbst bezeugten Stadium zurückverlegen kann. Hultsch' Artikel hat er auch mir geschickt. Mir fielen eine Anzahl von einzelnen Fehlgriffen auf, aus denen ich Schloß, daß er doch nicht mehr auf der ganzen Linie mitarbeitet. Aber freilich wer anders könnte dies ungeheure Gebiet wie er übersehen? Cantor gewis noch weniger. In dem Punkte der σφαίρα άνελίττουσαι hat er ja principiell gesündigt. Er muß ja wol jetzt entschieden Ihnen Recht geben. In den letzten oder vorletzten Sitzungsberichten ist ein Artikel von Erman, der über das erste Vorkommen des Namens Israel auf ägypt. Inschriften berichtet. Es ist merkwürdig, daß die Zeitungen, die sonst jeden Q u a r k bringen, diese wichtige Notiz bisher unberücksichtigt gelassen haben. Deshalb wollte ich Sie aufmerksam machen. Ich selbst finde jetzt, wo Härtel mir Vorsitz und Kasse des Thesaurus abgenommen, eher Zeit an meinen Philosophen zu arbeiten. Ich habe den Parmenides vor, wo ich einige cruces interpretationis namentlich das ουδέ τ ι τήι μάλ143
λον, τό κεν εϊργοι μιν ξυνέχεσθαι, ουδέ τι χειρότερον, πάν δέ πλέον εστίν έόντος gegen Gomperz neuliche Conjecturen durchaus halten zu können vermeine. Die Sache ist aber zu lang, um sie Ihnen hier mitzuteilen. Ich werde diese Paralipomena gelegentlich Ihnen gedruckt vorlegen. Von dem socialen Verein hat mir Harnack, der sich Ihrer herzlich erfreut hatte, auch viel gutes erzählt. Ich mistraue der Sache, da die Führer so lange auf die Ultras einreden werden, bis sie - nemlich die Führer - von jenen überzeugt sind. Ein Misklang war leider die völlig unmotivirte Hereinziehung Stumms in den Vergleich mit Babel, der durch Wagners Erklärung nur verschlimmert wurde. Wenn der Rector so misverständlich seine Stellung präcisirt, haben wir nicht viel Gutes für die Universität zu hoffen und ihre Autorität, die durch Althoff allein verteidigt wird gegenüber der Privatdozenten- und Professorencensur, welche die übrigen Geh. Räte u. Minister vorhaben, kann durch solche Taktlosigkeiten nur leiden. Ich habe das vor einem Jahre den Herren vorausgesagt. N u n müssen wir abwarten, was werden wird. Der Fall Jastrow, der bandwurmartig sich hinzieht, wird nun wol nächstens in der Facultät zum Ziele kommen, aber schwerlich zu einem erfreulichen. Es sind eben gar manche Elemente, die das eras tibi fürchten, in der Facultät, die leider nur zu sehr ihren ehemaligen ruhigen Berater und Führer vermißt. In der letzten Sitzung wo ich wegen Ludwigs Prüfung fehlen mußte, schlugen die Wogen turmhoch zusammen, und Grimm's Gesetzlosigkeit (in aller Naivität), des Decans [Scheffer-Boichorst's] Statutenunkenntnis und Incorrectheit, Kekules von Stradonitz Felonie (ein Kunstwissenschaft Studirender, der über mittelalterliche Kunst promovirt, braucht kein Griechisch zu verstehen!), Vahlens unnötige Leidenschaft, Kirchhoffs Buchstabenpedanterie - das alles muß einen guten Mischmasch ergeben haben. Nach allem, was ich hörte, ist das eigentliche punctum saliens keiner Partei auch nur im Traum zum Bewußtsein gekommen. In der Akademie ist Koser am vorigen Donnerstag in der Gesamtakademie (gegen 6 schwarze Kugeln) gewählt worden. Wie Sie richtig vermuteten, wird die zweite durch Treitschke erledigte Stelle für Lenz reservirt. Die Wahl ist schon im Gange. Mommsen erscheint selten in der Akademie. Wir hofften, er würde als altes Mitglied der S[ächsischen] Gesellschaft] der Wissenschaften], die am 1. Juli ihr 50j. Stiftungsfest feiert, nach Leipzig gehen, aber er hat es mit triftigen Gründen abgelehnt. So werde ich vermutlich hingehen, da die Beziehungen des Thesaurus diese Wahl in der That nahe legten und ein anderes Opferlamm sich nicht fand. Glücklicher Weise wird die Sache absichtlich und wohlweise sehr einfach gehalten. Curtius habe ich Ihre Grüße bestellt. Es geht eben allenfalls leidlich, aber die Kräfte nehmen doch Zusehens ab und sein Aussehen ist bedauernswürdig. An Olympia wird mit rasender Schnelligkeit gedruckt und er hofft dies Werk noch vollenden zu können. Dilthey habe ich lange nicht zu sehen bekommen. Seine Frau ist, wie ich höre, jetzt hier eingetroffen. Sobald ich ihn sehe, werde ich ihm Ihre Grüße überbringen. 144
Bei Kirchhoff's fand am vorigen Mittwoch eine von seiner Schwägerin angeregte von Prof. Fleischer eingerichtete Aufführung des delphischen Apollohymnus statt. Es war ganz nach antikem Muster eingerichtet. Statt der Knabenstimmen, die man nicht hatte, sangen Damen und Herren unisono resp. in Octavendistanz und die Clarinette und Leier (Guitarre) spielte die Melodie (ohne Polyphonie) mit. Es klang vollkommen wie alte lat., oder noch besser griechische, Kirchenlieder, indem Tact und Harmonie wegfällt und das ganze sich lediglich als eine gehobene Recitation darstellt. Die Accente der Sprache (Acut, Circumflex) gaben gleichsam die Spitzen der Tonbewegung an, zwischen denen modulirt wird. Für unser Ohr schön war es nicht, aber es klang echt und die sehr zahlreiche Versammlung, in der die Musikgelehrten ein ansehnliches Contigent stellten, war sehr erbaut davon. Es freut mich sehr, daß Ihrem Sohn sich Berlin gut präsentirt hat und vor allem, daß es ihm gut bekommen ist. Der Einheimische verliert vielleicht das gerechte Urteil, wenn er sich täglich über den Unverstand ärgert, mit dem allerlei gethan und nicht gethan wird. Z.B. die Bendlerstraße und Magdeburgers«. waren das ganze vorige Jahr unpassirbar, weil sie wegen der nun endlich fertigen und mit 4 netten Herter'schen Bronzen verzierten Brücke höher gelegt wurden. Mitten im Winter wurden die Straßen endlich zu Ende planirt und gepflastert. Jetzt reißt man alles wieder auf, um Asphalt zu legen! ώ της προνοίας! Schwechten mit seinem Kameelrelief hat nicht ganz Unrecht. Doch ich sehe ich misbrauche meine Feder und Ihre Geduld. Erfreuen Sie mich bald wieder mit einem so schönen Briefe und seien Sie von uns Allen und Alle herzlich gegrüßt! Ihr H. Diels
117.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 Ζ Juli 1896.
Lieber Freund! Vor allem lassen Sie mich Ihnen u. Ihrem lieben Sohn - wollte sagen: dem Herrn Dr. — zu dem schönen u. vielversprechenden Abschluß seiner Studien unsern herzlichsten Glückwünsch, u. für die freundliche Uebersendung seiner Abhandlung meinen verbindlichen Dank aussprechen. Letztere machte auch mir, soweit ich sie zu lesen u. einigermaßen zu verstehen mir getraute, d.h. durch ihre einleitenden Erörterungen, den Eindruck einer selbständigen, methodisch vorschreitenden Untersuchung; das specifisch Botanische entzieht sich 145
meinem Urtheil ja gänzlich; das aber gefiel mir u. leuchtete mir ein, wie er die Modifikationen der pflanzlichen Typen aus denen ihrer Existenzbedingungen erklärt. U m von Ihrem Sohn auf unser Enkelchen zu kommen, so ist das anliegende Bildchen auf den Wunsch unserer Schwiegertochter für ihren Geburtstag angefertigt worden. Ich meinestheils könnte ihm die Ueberschrift geben: „Von der Universität zur Kleinkinderschule." Eigentlich wäre das aber schon zu viel; denn die Aufmerksamkeit des Kindes, die sein aufgehobenes Fingerchen anzeigt, galt nicht meinen Weisheitslehren, sondern dem Geschrei eines künstlichen Papagei's, den der Photograph spielen ließ. Unsere Freude an dem Kinde wurde in der letzten Zeit leider durch die Sorge um seinen Vater ernstlich getrübt. N a c h d e m er seit IV2 Jahren wiederholt von Blinddarmentzündungen heimgesucht worden war, die immer mit heftigen Schmerzen u. Fieber anfiengen aber sich nach einigen Tagen wieder verzogen, erlitt er vor 2V2 Wochen einen Anfall, der uns so erschreckte, daß wir Bruns von Tübingen zu Hülfe riefen, der aber f ü r sich nichts weiter zu thun fand. N a c h acht Tagen verließ Albert das Bett wieder, das er eigentlich noch länger hätte hüten sollen, da er in seinem Krankenhaus dringend gewünscht wurde, u. es hatte z u m G l ü c k keine nachtheiligen Folgen; gestern ist er auf den Rath von Kußmaul u. Czerny, die er in Heidelberg consultirte, mit seiner Frau für 4 Wochen nach H o m b u r g abgereist; die Kleine ist so lange bei uns. Einen operativen Eingriff fanden die Heidelberger zur Zeit nicht angezeigt, u. s o ist einige H o f f n u n g , daß das Uebel sich auch ohne einen solchen mit der zeit wieder verliert. Aber eine recht besorgliche Sache ist's u. bleibt's. Ihre Mittheilungen aus der Akademie, Universität, Facultät u. Stadt waren uns (denn meine Frau interessirt sich dafür, wie Sie Sich denken werden, nicht weniger als ich) sehr zu D a n k e , wenn auch inhaltlich nicht immer erfreulich. Was hat denn G r i m m in der Facultätssitzung, von der Sie schreiben, ungesetzliches verübt? Zuzutrauen ist ihm ja viel, denn der Formsinn des Kunstkenners scheint bei ihm, ähnlich wie es bei meinem Freund Vischer war, mit dem des Juristen, Mathematikers u.s.w. so ziemlich im umgekehrten Verhältniß zu stehen. - D a ß Wagner bei dem hiesigen socialen Kongreß ein Vertrauensvotum für Stöcker beantragte, u. daß er es nicht lassen konnte, seinem - an sich nicht unberechtigten - Groll gegen S t u m m in der unpassendsten Weise L u f t zu machen, ist beides ganz in seiner Art; u. ebenso das, daß ihn die Rücksicht auf seine Stellung an der Spitze der Universität weder von dieser noch sonst einer Taktlosigkeit zurückhielt. In letzterer Beziehung kann er sich freilich mit seinem Gegenfüßler Virchow trösten, dem sonst zwar diplomatische Künste u. Hofrücksichten gar nicht immer fremd sind, der aber s.Z. doch von der freisinnigen Gesinnungstüchtigkeit sich dazu fortreißen ließ, als Rektor der Berliner Universität in einer Volksversammlung zu erklären: er bewillige keine Soldaten 146
„zu einem Angriffskrieg gegen Frankreich" - weil nämlich von der Regierung gesagt worden war, man müsse im Stande sein, beim Ausbruch eines Krieges die Offensive ergreifen zu können. Es war damals eine besondere Gnade Gottes, daß kein französisches Blatt von dieser Aeußerung des Berliner Rektors etwas erfuhr. Die Verse des Parmenides (Ph. d. Gr. I, 560, 2), von denen mir nicht gegenwärtig ist, wo u. wie sie Gomperz emendirt hat, verstehe ich ohne Textänderung so, daß sie besagen wollen: Da das öv das, was es ist, an keiner Stelle in höherem oder geringerem Grade ist als an einer andern, so sei es in keine von einander verschiedene Theile getheilt u. daher seiner ganzen Masse nach continuirlich; sobald man es sich nämlich aus ungleichartigen Theilen zusammengesetzt (nicht als π ά ν όμοΐον) denkt, so würde immer, wenn ein Theil aufhört u. ein anderer anfängt, seine Continuität unterbrochen; andererseits könnte aber (wie Parmfenides] voraussetzt u. Zeno - a.a.O. 594 — ausdrücklich sagt) eine Unterbrechung derselben nur dadurch herbeigeführt werden, daß das öv durch ein von ihm selbst verschiedenes getheilt, Theile desselben auseinandergehalten würden, u. ein solches gibt es nicht. Zu einer Textesänderung sehe ich keinen Anlaß. Siebeck's Abhandlungen werden erst im Jahresbericht über 1895 an die Reihe kommen, u. dieser wohl kaum vor Ostern, frühestens Neujahr, 97 erscheinen. E. Pfleiderer hat ja nun auch endlich das dicke Buch über Sokrates u. Plato, mit dem er uns seit Jahren bedrohte, vom Stapel' gelassen. Ich habe es nach flüchtigem Einblick dem Buchhändler zurückgeschickt; denn 1) will ich es weder kaufen noch besitzen, werde es aber hier von der Bibliothek immer haben können; u. 2) könnte ich es mir nicht verzeihen, wenn ich meine Zeit - falls ich den Jahresbericht über 96 nicht mehr erlebte - an eine so unerquickliche Lektüre verschwendete. Es gibt wenige, deren Stil mir so zuwider ist, wie dieses wortreiche, selbstgefällige, mit Fremdwörtern der schlechtesten Sorte überladene Gewäsche. Eben lese ich Max Müllers „Theosophie" in der autorisirten Uebersetzung. Aber so mancherlei daraus, die Veden u. ihre Ausleger u. dieses ganze Gebiet betreffend, zu lernen ist, so hat es mich doch auf's neue in der mäßigen Meinung bestärkt, die ich bisher von M[üller]s Philosophie u. Religionsphilosophie hatte. So meint er z.B. S. 150 f., die Neigung der Menschen zur Beseelung der Natur daraus erklären zu können, daß die Namen der Dinge von Wurzeln herstammen, die sämtlich Handlungen bezeichnen. Als ob nicht gerade das das zu Erklärende wäre, wie es kommt, daß die Wirkungen der Dinge sich dem menschlichen Geist in dem primitiven Stadium, dem die Sprachbildung angehört, als Handlungen darstellen. Wie ich mir diese gemeinsame Wurzel der sprachlichen u. der mythologischen Personifikation deute, habe ich Vortr. u. Abh. II, 37 ff. auseinandergesetzt. 147
Während ich dieß schreibe, erhalte ich einen Brief von E. Schmidt in einer litterarischen Angelegenheit. Haben Sie die Güte ihm mit unsern besten Grüßen zu sagen, er möchte sich mit der Antwort darauf etwas gedulden. Leider schreibt er mir von Curtius' Gesundheitszustand das traurigste. Es ist entsetzlich diesen Mann mit solchen Leiden kämpfend zu wissen, u. mag der Heldenmuth, mit dem er dieß thut, noch so erhebend u. bewunderungswürdig sein: in der Gegenwart überwiegt für mein Empfinden das Mitgefühl für den Freund alles andere. Zum ästhetischen und moralischen Genuß dient ein solcher Kampf Menschen erst wenn er ausgekämpft ist; so lang er dauert, mag er ein spectaculum Diis dignum sein, doch müßten dieß Götter sein, wie ich mir keine wünschte. D a Sie doch Curtius bisweilen besuchen, darf ich Sie wohl bitten, ihm u. ihr unsere herzlichsten u. theilnehmendsten Grüße zu bestellen u. ihnen einiges von uns zu erzählen, etwa auch das Bildchen zu zeigen. Was ihnen durch Sie mitgetheilt wird, macht nicht den Anspruch beantwortet zu werden, u. kommt in keinem ungelegenen Moment. Grüßen Sie bei Gelegenheit alle, die ein Gruß von uns freut, u. seien Sie mit den Ihrigen herzlich gegrüßt von meiner Frau und Ihrem Zeller. Erman's Mittheilung über Israel hat mich sehr interssirt. Hat er kein weiteres Datum, was auf die Zustände ein Licht wirft, deren Nachbild sich in der Sage von Moses niedergeschlagen hat? Man wird die Besiegung Israels durch Menephtah in die Zeit nach der Vertreibung der Hyksos verlegen müssen. Aber ob sie sich damals schon Palästina's oder wenigstens eines Theils davon bemächtigt hatten?
118.
Diels an Zeller Berlin, den 12. Juli 1896. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Ich will heute nur ein Paar Zeilen auf Ihren langen und unaussprechlich lieben Brief senden, der mich wie das Bild zu Thränen gerührt hat. Sie werden verlangend sein über Curtius etwas näheres zu hören: Als ich am vorigen Mittwoch [8.Z] anklopfte, um ihm Ihre Grüße zu überbringen und ihn durch das reizende Bild zu erfreuen, wurde ich nicht vorgelassen. Es ginge recht schlecht, sagte das Mädchen und gestern morgen hörte ich, 148
der A r z t habe nun das E n d e innerhalb 8 Tage mit Sicherheit vorausgesagt. E s war eine völlige Änderung eingetreten. D i e Schmerzen seines Leidens waren nicht schlimmer geworden, obgleich sie schlimm genug waren die letzten M o nate, aber sein Appetit war völlig vergangen, selbst den Wein stieß er zurück und die geistige Arbeit und Erfrischung, die er bis zuletzt krampfhaft gesucht hatte, ekelte ihn an. D a war es aus. Gestern Nachmittag entschlief er sanft um 3!/2 Uhr. K u r z vorher hatte er sich zeitweilig von seinem Lager erhoben - er hütete nicht eigentlich das Bett - u m seine Muskeln, wie er sagte, nicht einrosten zu lassen. D a n n legte er sich ruhig hin. E i n Wogen der Brust, dann Schloß er energisch die Augen und sanft schlief er ein im Beisein seiner Frau und Pflegetochter. Ich sah ihn heute morgen auf seinem Sterbelager. Aller Schmerz ist gewichen, das edle H a u p t wie aus M a r m o r mit einem unaussprechlich hoheitsvollen Ausdruck liegt da, als o b er schliefe und eben einen herrlichen wissenschaftlichen Sieg errungen, dessen Lächeln im Traum die Züge verkläre. D i e häßliche gelbe Farbe, die sein Antlitz entstellte, ist gewichen - ein wirklich schöner A n b l i c k , den ich mich freue von ihm für die Zukunft bewahren zu können. M i t t w o c h findet die Beerdigung statt. Seine Tochter ist bereits hier, der Sohn wird heute A b e n d erwartet. Frau Curtius ist gefaßt. Sie lebt in dem großen Eindruck, den sein heldenmütiges Ausharren auf alle gemacht hat und sucht sich nach seinem Heroismus
zur
Stärke zu zwingen. Auch Beyrich ist [9.7.] sanft hinübergegangen. Als wir uns am vorigen D o n nerstag zur Sitzung versammelten kam die Nachricht, daß er, der bis zuletzt, mit wenigen
Ausnahmen,
erschienen
war, nicht
mehr teilnehmen
und
mit
freundlichem Kopfnicken den Candidaten ihr sustinuid u.s.w. bewilligen wird. G o t t sei D a n k , daß es Ihnen so trefflich geht, wie die Photographie zeigt (wenn sie nicht etwas corrigirt ist). D i e Kleine ist ganz allerliebst und ich hoffe, sie sollen noch viel Freude an ihr erleben. D a ß das Leiden Ihres Sohnes nicht beunruhigend ist, darf man ja wohl den Versicherungen der Autoritäten glauben und ich hoffe es wird sich von selbst mit der Zeit verlieren. F ü r Ihre Mitteilungen über Parmenides besten D a n k . Ich werde Ihnen vermutlich nächstens noch mehr darüber schreiben, da ich an einigen Stellen zweifelhaft bin. Ich habe jetzt alles übersetzt. D a s ist der gründlichste Weg, seines Nichtwissens inne zu werden. Meiner Frau gehts in Wiesbaden befriedigend, Ludwig wird Anfangs August, den ich jedenfalls hier bleiben werde, mit E n g ler u. zwei Altersgenossen eine botanische Excursion durchs Tirol machen. E r dankt herzlich für Ihre freundlichen Worte zu Eingang Ihres 1. Briefes. M i t herzlichsten G r ü ß e n an Ihre 1. Frau und Enkelin, die wol jetzt allein von der Familie anwesend sind, Ihr treulichst ergebner H . Diels 149
119.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 9. Aug. 1896.
Lieber Freund! Wir hatten uns allerdings, als die Nachricht von Curtius' Tod kam, nach baldigen näheren Mittheilungen gesehnt. Sie fühlten dieß, u. wir sind Ihnen für die zuvorkommende Erfüllung unseres Wunsches von Herzen dankbar. Was hätten wir darum gegeben, den entschlafenen Freund noch einmal sehen u. der Feier beiwohnen zu können! Aber es war ja nicht möglich. Inzwischen kam nun auch Dryanders Rede u. sie hat uns in hohem Grade befriedigt. Curtius' Wesen, u. im besonderen sein Verhältniß zum Christenthum, ist darin mit feinem Verständniß wiedergegeben. Was in der Nat. 2 . berichtet war, die es so darstellte, als ob C[urtius] nach Dr[yander] erst vom Griechenthum zum Christenthum gekommen wäre, davon steht nichts in der Rede. Was ich andererseits an dieser für meine Person nicht gutheißen würde, das war ganz in Curtius' Sinn. Denn auch er hat sich an diesem Punkt nie von der theologischteleologischen Geschichtsbehandlung freigemacht: er hat sich nie deutlich gemacht, daß man das Christenthum als Produkt eines geschichtlichen Processes zu begreifen hat, dessen einer Hauptfaktor der Hellenismus ist; daß man daher eigentlich nicht nach dem Christlichen im Hellenismus fragen darf, sondern nur nach dem Hellenischen im Christenthum. Sondern dieses war ihm, wie den Alexandrinern, die ideale Voraussetzung alles dessen, aus dem es selbst thatsächlich erst entstanden ist. Er erbaute sich daher auch ohne jedes kritische Bedenken mit Vorliebe an Erzählungen, welche das Christenthum als das Endziel des Hellenismus zu preisen bestimmt sind, wie die von Paulus' Rede im Areopag u. Joh. 12,20 f., mag sich auch die Tendenz der Schriftsteller, bei denen sie sich finden, beide aus dem zweiten Jahrh., noch so greifbar darin aussprechen. In allem diesem ist Dryander, wie ich glaube, ganz mit ihm einig. Frau Curtius hat uns dieser Tage einen schönen Brief geschrieben, in dem sich neben aller Fassung, wie es nicht anders sein kann, das Gefühl der Vereinsamung doch schmerzlich ausspricht. Unser Sohn kam vorigen Dienstag mit Frau von Homburg zurück; u. wiewohl er hier in der letzten Woche wieder einen - allerdings viel leichteren Anfall seines Uebels durchzumachen hatte, konnte er doch ziemlich gekräftigt in seine Thätigkeit wieder eintreten. Die Hauptfrage ist freilich, wie's weiter geht. - Wir wollen nun morgen für 3 Wochen nach Ragaz abreisen, wo ich meine Addresse (wahrscheinlich Hotel Lattmann) sofort auf der Post abgeben werde, daß Briefe mich finden. Mommsen hat ja nun seinen Wunsch mit Wilamowitz erreicht. Wie war's denn? ist die Facultät darüber befragt worden, u. was hat sie, wenn so, geant150
wortet? Eigenthümlich, wenn auch für keinen Eingeweihten überraschend, ist's immer, daß man solche Eile hatte, den Mann, dem man kaum erst die Göttinger wiss. Ges. auf den Leib zugeschnitten hatte, von dort weg zum Ersatz eines Lehrers zu berufen, der für seine beiden Hauptfächer schon bei Lebzeiten Nachfolger erhalten hatte u. von W[ilamowitz] überhaupt nur in der Professur der Eloquenz vertreten werden kann. Ich hätte es anständiger gefunden, ein Feigenblatt, das so wenig verdeckt, wegzulassen. Sonst ist ja an W[ilamowitz] für Berlin, u. ich denke auch für die Graeca, eine bedeutende Kraft gewonnen. In den Séances et Travaux der Pariser Acad. d. sei. morales findet sich S. 114 ff. ein von Selbstlob triefender Artikel Lutoslawski's, der aber mit so ächt slavischer Leichtfertigkeit, bzw. Liederlichkeit, gearbeitet ist, daß er gleich im Eingang erzählt, ich lasse den Sophisten u.s.w. peu de temps avant la mort de Socrate in Plato's 30. Jahr in Megara verfaßt sein; was denn doch auch dann himmelschreiend ist, wenn das avant ein Schreibfehler für après ist. Kürzlich veranlaßte mich ein Artikel in Hilgenfelds Zeitschrift, wieder für ein paar Tage zur theologischen Feder zu greifen. Ich werde Ihnen den kleinen Artikel aber erst in etwa 2 Monaten schicken können. Mit unsern herzlichsten Grüßen Ihr Zeller.
120.
Diels an Zeller Berlin, den 23. August 1896. W Magdeburgerstr. 20.™
Hochverehrter Freund, Zu Ihrem diamantenen Doctorjubiläum, das Sie das Glück haben in seltener Frische und Rüstigkeit zu feiern, bringe ich Ihnen den herzlichsten Glückwunsch dar. Mögen Sie noch oft die Wiederkehr dieses Tages erleben und sich dabei des unvergesslichen Festes erinnern, das vor zehn Jahren Ihre Freunde um Sie vereinte. Die Wünsche, die wir Ihnen damals zuriefen, sind zu aller Freude in schöne Erfüllung gegangen. Ihre Familie hat sich in der allerschönsten Weise erweitert und das Enkelchen bringt Sonnenschein in das Grosselternstübchen. Ihre wissenschaftliche Arbeit lässt kein Ermatten erblicken und die anmutigen Nebenschösslinge Ihrer Muse und Musse erfreuen die ganze gebildete Welt. So sind Sie auch in der Ferne den Freunden nahe, und mein specieller Wunsch ist es, dass Sie noch recht lange fortfahren mögen mir Ihre freundschaftliche Teilnahme zu bezeigen, die mich beglückt und in trüben Stunden erhebt. An solchen fehlt es auch jetzt nicht. Curtius Verlust wird uns 151
doch täglich fühlbarer und der Gedanke, dass er schrecklichen Leiden enthoben ist, wird überwuchert von dem Gefühle der Vereinsamung, das alle ideal Gesinnten nach seinem Hinscheiden mehr und mehr ergreift. Man vermisst seine hoheitsvolle Gestalt unter den vielen widrigen Gesellen, die mit ihren Eintagsgedanken und egoistischen Zielen sich den Ellbogenraum für ihre niedrige Thätigkeit erkämpfen. Die Berufung von Wilamowitz, die übrigens erst vorgestern perfect geworden ist, hat Curtius' Abgang nur zum Vorwand genommen. An sich war die Sache längst perfect; wenn die Facultät auf die auf ihn zugeschnittene Frage mit Ja geantwortet hat, so ist sie dadurch der Beschämung entgangen wiederum ein octroyirtes Ordinariat zu erhalten. Übrigens gewinnt die Facultät und noch mehr vielleicht die Universität und Academie an ihm eine bedeutende Kraft. Dies legte mir von vorn herein die Pflicht auf, um jeden falschen Schein zu vermeiden, mich kräftig dafür auszusprechen, obgleich ich mir wol bewusst bin, dass seine Thätigkeit zu 3/t auf meine Kosten sich entfalten wird. Ich habe, wie ich musste, davon vollständig abgesehen und meine Position nur zu Gunsten einer besseren Organisation des philologischen Unterrichtes auszunützen versucht. Ich hoffe diese Pläne verwirklicht zu sehen, die mir allerdings 2 St. privatissime et gratis zulegen und 4 St. Privatim (was ich daneben nicht durchführen kann) abschneiden werden. D a sich hierdurch und durch die inzwischen eingetretene und nunmehr natürlich noch mehr eintretende Verminderung des Collegienbesuches meine Einnahmen sehr wesentlich (um 3-4000 M.) gegen den Status, mit dem ich das Ordinariat antrat, verändert hat, so sehe ich nicht ohne Besorgnis in die Zukunft. Noch mehr drückt dies auf meine Frau, die sich schon so, um den Ansprüchen der immer kostspieliger werdenden Erziehung zu genügen, stark einschränken musste. Sie ist daher aus diesen Ferien, die sie zum Teil bei ihrer Mutter zubrachte, nicht erholt, sondern bedeutend verschlechtert zurückgekehrt. Zu den Magenbeschwerden haben sich Herzbeschwerden gesellt und ihre Stimmung ist sehr schlecht. Ludwig ist mit Engler und einer kleinen Botanikerkarawane seit Anfang dieses Monats auf einer Alpentour. Er ist bis jetzt sehr vergnügt und munter und wir sind ganz beruhigt, da Engler alles sehr gut arrangirt hat. Heute wird er in Triest sein, wo sie nachdem sie die Alpen von Kitzbühel aus durchquert haben herausgekommen sind. Wir erwarten ihn Anfang nächsten Monats zurück. Sie wollen jetzt noch durch den Karst etc. über Wien zurückkehren. Otto ist dieser Tage ins Manoeuvre gerückt. Er ist vor einem Monat zum Unterofficier avancirt und ist froh, die doch sehr anstrengende (und sehr kostspielige) Dienstzeit nun bald hinter sich zu haben. Er wird dann seine Studien bei Fischer fortsetzen. Unser Kleinster fühlt sich bei der Abwesenheit seiner Brüder, an denen er unglaublich hängt, etwas einsam. Aber er befindet sich (abgesehen von seinem unveränderten Ohrenleiden) wohl. 152
Ich selbst befinde mich leidlich wohl. Ich arbeite an meinem Parmenides, dessen eigentlicher Fragmentsammlung (die übernächstes Jahr erscheinen soll in d. Corpus poetarum) ich eine Erklärung vorangehen lassen möchte, welche diesen nicht bloss inhaltlich sondern auch formell wirklich ganz unglaublich schwierigen Text durch eingehende Interpretation verständlich zu machen sucht. Ich denke einem Abdrucke des Textes (ohne grossen krit. Apparat), eine deutsche Ubersetzung und dann eine hinten angefügte Erklärung zu geben. Das Ganze beabsichtige ich in den Akademieabh. drucken zu lassen, wenn es nicht zu umfangreich wird. Ich kann dann bei der späteren Sammlung einfach auf meinen Commentar verweisen. Das Buch von Ivo Bruns „Literar. Porträt der Griechen" habe ich erst begonnen zu lesen. Täuscht das Folgende nicht und nimmt mich die mir überraschend gekommene Dedication nicht zu sehr ein, so hat unser lieber Freund hier ein Werk geschaffen, das ganz seinem eigentlichen Wollen und Können entspricht. Die historische Auffassung tritt auch hier etwas allzusehr in den Hintergrund (trotzdem er sich bemüht), aber das Ästhetische scheint mir fein erwogen und der ganze Wurf originell. Bruns gehört mit dieser ästhetischen Anlage ganz in die Reihe, in der auch Curtius steht: Leute, die uns nicht ganz modern-wissenschaftlich erscheinen, und die doch so ausserordentlich sympathisch berühren mit diesen weichen Umrissen und diesem mysthischen Lächeln. Ihre Characteristik von Curtius ist vollkommen treffend. Er ist wie Müller-Strübing ihm vorgeworfen, wirklich Theologe und nicht blos in den religiösen Fragen starrster Dogmatiker. Die Glaubwürdigkeit des Pausanias war ihm so feststehend wie die der Evangelien. Hier war der liebenswürdige Mann Zelot, und selbst seine letzten Wochen trübte noch die Empfindung, dass Dörpfeld's topographische Hyothesen, die doch eine Blasphemie seien, an Boden gewännen. Frau Curtius haben wir gestern wieder einmal besucht. Sie ist in dem nervösen Zustande, sich immer mit allerhand Geschäften (Bibliothek) zu plagen, die ihre Unruhe vermehren, und doch ist Ruhe noch fürchterlicher. Sobald die Catalogisirung der Bibliothek beendet ist, gedenkt sie (Ende dieser Woche) nach Jugenheim zu gehen, wo sie ihrer Tochter nahe ist. Lutoslawski's Artikel hat er mir ebenfalls zugesandt. Den Mann habe ich vor einem Jahre hinauswerfen müssen, da er eine mir noch niemals vorgekommene Dreistigkeit und Zudringlichkeit bewiesen hat. Wir dürfen erwarten, dass nachdem seine That polnisch, russisch, deutsch und französisch verherrlicht ist, auch eine englische Bearbeitung erscheinen wird. Es ist wirklich ein Kerl, bei dem man zum Antisemiten werden müsste. Die Nachrichten, die ich Ihren Briefen über das Befinden Ihres Sohnes entnehme, lauten ja im allgemeinen beruhigend, aber die aufregenden Krankheitserscheinungen werden sich wol noch manchmal wiederholen, bis alles verwach153
sen und vernarbt ist. Hoffentlich wird das Decrescendo in erwünschter Weise bald zu einem völligen Verschwinden werden. Ihrer Reise aber, die wol Ihrer verehrten Frau wegen Ragaz als Ziel gewählt hat, wünsche ich bestes Gelingen. Die trübe Witterung, die ganz Europa bis tief nach Italien hinunter beherrscht (Vitelli schreibt mir gestern: Qui abbiamo fresco e qualque [!] volta addirittura freddo! Finora non abbiamo avuto estate) ist vielleicht für Ragaz, wo ich es im vorigen Jahre brennend heiß fand, ganz geeignet. Jedenfalls, ob schön ob Regen, wie der Berliner sagt, möge Ihnen und Ihrer lieben Frau das Bad gut bekommen. Erfreuen Sie uns bald wieder mit guten Nachrichten (wir bleiben während der Ferien hier) und feiern Sie den festlichen Tag vergnügt im Geiste vereint mit Ihren Freunden wie Ihrem Sie verehrenden Hermann Diels
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Diels an Emilie Zeller Berlin, den 26. Aug. 1896. Abends W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrte Freundin, Mit Schrecken lesen wir eben in der Zeitung die Nachricht von dem Unglücksfall, der Ihren verehrten Mann getroffen hat. Ganz in Festgedanken trifft uns die Botschaft doppelt schmerzlich. Gott gebe, daß die Sache leichter ist als die Nachrichten lauten und daß sie schnell und günstig verlaufe. Würden Sie oder Ihr Sohn, der wie wir hören, zu Ihnen geeilt ist, uns vielleicht mit zwei Worten melden, wie es geht? Meine Frau nimmt allerherzlichsten Anteil und sendet die heißesten Wünsche wie Ihr treulichst ergebner H. Diels
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122.
Diels an Zeller Berlin, den 8. Sept. 1896. W Magdeburgerstr. 20.™
Verehrtester Freund, Nachdem mich Ihr Sohn über das befriedigende Fortschreiten Ihrer Genesung durch mehrmalige freundliche Mitteilungen beruhigt, erlaube ich mir meine Zeilen jetzt an Sie direct zu richten, um ein wenig nach alter Gewohnheit zu plaudern et ab hoc et ab hac et ab illa. Die Ohren müssen Ihnen freilich schon ohnedem summen, da von Ihnen allenthalben und namentlich hier soviel gesprochen wird. In das tiefe Bedauern und die herzlichsten Wünsche mischte sich auch ein gewisser Unmut über die Art der Ragazer Verwaltung bei und nach dem Unglücksfalle. Ja eine Ihrer Verehrerinnen, die sich durch ein besonders lebhaftes Temperament auszeichnet, drohte, sie werde den Schweizer Gesandten deswegen coramiren. N u n ein Krieg wird wol deswegen nicht ausbrechen, aber schön ist's auch nicht, selbst wenn die heute Abend endlich erschienene Rechtfertigung der Kurdirection vollkommen correct sein sollte. Durch die Zeitungen werden Sie von dem Unglücksfall gehört haben, der Vahlen aufs neue getroffen hat. Seine Tochter, die einzige, die er noch hatte (denn Frau Maaß hat er im vorigen Jahre förmlich verstoßen) ist auf Besuch bei Verwandten in Manchester von einem Spaziergang nicht wieder zurückgekehrt. Ihre Leiche fand man im Wasser. Sie stand im 30. Lebensjahre. Ich weiß nichts weiter als was die Zeitungen berichten. Denn da der Vater zu einer Zeit, wo er die Nachricht haben mußte, bei einem geschäftlichen Besuche mit keiner Miene etwas von der Sache verriet, so habe ich vermieden ihm einen Condolenzbesuch zu machen. Er wird jetzt vermutlich noch zurückhaltender und eisiger werden als bisher. Für mich als seinen akademischen Collegen ist das besonders erschwerend, da man so vieles gemeinsam zu bereden hätte. Meine Thätigkeit als Sekretär der beiden Classen hat am 1. begonnen, und es ist doch täglich soviel und zum Teil sofort zu Erledigendes zu besorgen, daß ich sehr froh bin hiergeblieben zu sein. Das Wetter ist ja auch ausgezeichnet zum Arbeiten und bei Ihnen wird es nicht viel anders sein, so daß auch das Sie trösten wird. Denn woraus pflückt sich nicht ein Mensch, der zum Optimismus veranlagt ist, einen Blumenstrauß! Wie oft denke ich während meiner Arbeit an Parmenides an Sie! Es wird an vielen Stellen mein kleiner Commentar ein Zwiegespräch werden zwischen mir und Ihnen. O f t suche ich Ihre kurzen Bemerkungen ausführlicher zu begründen; manchmal versuche ich auch Sie zu bekehren. Im Ganzen aber erstaune ich immer von neuem mehr, wie schwer der gute Eleate oder wie er sich selbst genannt haben wird Ύ ε λ ή τ η ς (so stehts auf gleichzeitigen Münzen) sich und uns die Sache gemacht hat, öfter erstaune ich auch über unsere Unwissenheit. 155
So habe ich z.B. heute erst gelernt, daß das Wort ουδείς (abgesehen vom Neutrum) Homer unbekannt und bis Pindar fast ganz ungebräuchlich ist. Mit dem Text und der Übersetzung bin ich jetzt fertig. Eine kleine Einleitung will ich voranschicken über den Dichter Parmenides und dann hinter dem Texte sollen die Erläuterungen folgen. Hoffentlich wird das Ganze für die Abhandlungen nicht zu groß. Einen kleinen Excurs über die Thüre des Parmenides, die er ja mit tischlermäßiger Ausführlichkeit beschreibt, will ich zu einem besonderen Aufsatz „Althellenische Thüren und Thürschlösser" ausarbeiten, den vielleicht die Archäologische Zeitung (Jahrbuch) nimmt. Freilich Conze ist vorige Woche auf Vi Jahre nach Pergamum gereist, um die ausgegrabene Wasserleitung noch mehr auszugraben. Denn obgleich die frühere Untersuchung ein Meisterstück ist, so weiß man doch nicht, ob die dazu verwendeten Bleiröhren 3 oder 3 x/i Zoll dick waren. Und da dies von der größten Wichtigkeit ist, so hat die Akademie M. 1000 dafür bewilligt. Im Ernst gesprochen, ich fürchte, daß die peinliche Art mit der Freund Conze die Wissenschaft wie die Verwaltung führt und die bei der ganzen jüngeren Beamten- und Gelehrtenwelt immer drückender gefühlt wird, einmal unangenehm Schiffbruch leiden wird. Daß Curtius' Museumsstelle nicht wieder besetzt wird ebenso wie seine archaeologische Professur und daß somit alles hier in drei engverbündeten Männern concentrirt ist, geschieht gewis nicht zum Vorteil der Sache und wird vielleicht die Katastrophe, die einige Raben schon prophezeit haben, beschleunigen. Frau Curtius, die sich bei längerem Bleiben hier aufgerieben haben würde, ist nach Jugenheim gereist, wo sie in der Nähe ihrer Tochter (die wie Sie im Gipsverband liegt) weilt ohne dieser direct als Besuch lästig zu fallen. Die Bibliothek wird jetzt in America ausgeboten. Hoffentlich bleibt sie zusammen und trägt der Wittwe etwas ein. Ich sah gestern nach längerer Frist Mommsen. Er ist wieder etwas älter geworden von Ansehen, aber sonst ganz der Alte. Sehr häufig in der Bibliothek und sehr vergnügt, die älteste Tochter übers Jahr in Westend als Châtelaine begrüßen zu können! Freund Stein, der durch den Verlust seines Vaters und Schwagers (unverheirateter Bruder seiner Frau) in Trauer und wiederum riesig vermehrten Häuserbesitz versetzt worden ist, hat mich besucht und (unter uns gesagt) den Boden wegen Transferirung hierher sondirt. Glücklicher Weise merkte ich das, ehe er losschoß, und konnte daher ihm unbefangen von seinem Ziele abwinken. Ich hoffe, daß er wenigstens die Berliner Universität nun vom Programme absetzen wird. Vom Polytechnicum, worauf er dann sachte überging, habe ich ihm nicht abgeraten. Denn es ist ja klar, daß er Bern aufgeben wird. Da will ich denn nur hoffen, daß die weitere Bahn von Lazarus, die ich ihm möglichst abschreckend hingestellt habe, von ihm nicht betreten werden wird. Da ich vermute, daß er Sie aufsuchen wird, wollte ich Sie sub rosa doch auf diese Velleitäten aufmerksam machen. 156
Ludwig ist mit einem reichen Schatze von gesammelten Pflanzen und Erfahrungen zurückgekehrt. Dank der trefflichen Führung Englers ist er sehr gesund und in bester Condition hier eingetroffen und aus einem „Geheimrate" (so hieß er ja bei uns scherzweise) ist er „vortragender Rat" geworden. Hoffentlich bekommt auch Otto, der seit zehn Tagen in der Gegend von Coburg manoeuvrirt, diese Excursion gut. In 14 Tagen hoffen wir ihn nach abgedientem Jahre bei uns zu begrüßen. Er studirt dann weiter Chemie. Sein Platz bei Fischer ist schon bestellt. Meine Frau, die im August recht jämmerlich war, fängt jetzt, wie es scheint, an sich etwas zu erholen. N u n aber, lieber Freund, ists genug geplaudert - sat prata biberunt, seil, atramenti. Ich muß nur noch einen Strauß guter Wünsche Ihnen beim Scheiden aufs Bett legen: möge Ihr Bein schnell gesunden: ben zi bêna, bluot zi bluoda lîd zi geliden, sose gelîmidâ sin! Möge Ihre Frische unter dem nötigen Stilleliegen nicht auf die Dauer leiden! Mögen Ihre Nächte nicht allzupeinvoll für Sie sein! Ihrer lieben Frau aber, die wie ich weiß Tag und Nacht um Sie beschäftigt ist, möge Ihr Liebeswerk durch baldige Genesung belohnt werden! Wir wissen, daß sie wenig Zeit zum Schreiben hat, und bitten sie daher nur von Zeit zu Zeit eine kurze Nachricht durch Ihren Sohn, der uns bisher so treulichst berichtet hat, zukommen zu lassen. Indem ich bitte ihn mit freundlichem Danke herzlichst zu grüßen schließe [ich] mit den besten Wünschen von uns Allen Ihr treulichst ergebner H . Diels
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Diels an Emilie Zeller Berlin, den 23. Sept. 1896. W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrte Freundin, Wie dankbar sind wir Ihnen, daß Sie uns in so ausführlicher Weise Bericht erstattet haben über das, was uns täglich in Sorgen und Wünschen beschäftigt! Es ist nun unterdessen wieder eine Woche herumgegangen und Sie sind dem ersehnten, aber freilich noch nicht ganz nahen Ziele wieder ein wenig näher gekommen. Ich vermute trotz des vielen Zuspruchs, den Sie gewis haben, und der noch zahlreicheren Anfragen der auswärtigen Freunde, unter denen Sr. Maj. zu begegnen um seinetwillen wohl thut, schleicht Ihnen beiden die Zeit länger als sonst hin, während sie mir in unheimlicher Weise schnell entflieht, als würde sie gestohlen. Ich bin unterdessen, was Ihren lieben Mann interessi157
ren wird, mit meiner Arbeit über Parmenides fertig geworden. Stein, der sie neulich liegen sah, wollte sie sofort, rasch zur That, wie er ist, aufpacken um sie ins Archiv zu stecken, bis ich ihm begreiflich machte, er könne unmöglich ein ganzes Heft blos mit meinen, hauptsächlich das philologische, nicht das philosophische Verständnis bezweckenden Anmerkungen (obgleich beides sich nicht ganz trennen läßt) ausfüllen wollen. U m ihn nun nicht ganz mit leeren Händen abziehen zu lassen, habe ich ein kleines Aufsätzchen (Ά Bogen stark) über Anaximanders Distanzzahlen geschrieben. Wenn das richtig ist, wird sich die Geschichte der Philosophie nicht weiter damit abzuquälen brauchen. Ich arbeite außerdem auf der Bibliothek, wo mehrere Pariser Hdss. für unsere Aristoteles-commentare angekommen sind. Eine darunter eine prächtige Pergamenthds. des 11. Jahrh. hatte ich während meines Pariser Aufenthaltes im vorigen Jahre flüchtig angesehen und nun zur genaueren Prüfung hierherkommen lassen. Sie enthält Proclus in Timaeum und gibt nicht nur viele bessere Lesarten, sondern füllt auch alle paar Zeilen einige ausgefallene Wörter, ja bisweilen ganze Paragraphen aus, die bisher, meist ohne daß man die Lücken bemerkt hatte, den Ausgaben fehlten. Ich will das Wichtigste daraus zusammenstellen, um eine Notiz zu geben. Ich hoffe, daß sich dann Jemand findet, der auf Grund meiner Collation das doch nicht unwichtige Buch neu herausgibt. Doch verzeihen Sie, liebe Freundin, ich plaudere da Dinge, die Sie wahrhaftig auch nicht im mindesten interessiren können. Vielleicht darf ich Ihnen etwas von dem Frauencongreß erzählen, der hier seit Sonntag [20.9.] tagt. Sie wissen, ich interessire mich ein wenig für höhere Frauenbildung. Sobald ich daher am Sonntag aus der Zeitung erfahren hatte, daß dergleichen hier los sei, fuhr ich am Montag in aller Frühe nach dem Rathaus, um zu sehen, ob man teilnehmen könne. Ich hatte das Glück in der Pferdebahn von einer eingeweihten Dame aufgeklärt zu werden, daß in der That auch Herren ein Eintrittsbillet oder vielmehr eine Teilnehmer- (oder sagt man Teilnehmerinnen ? =) karte für so und so viel Mark lösen könnten. Die eingeweihte Dame und ich gelangten also ins Rathaus, wo es mir nach vielen Fragen gelang mich zum Bureau durchzufinden. Plakate, welche bei Männercongressen üblich sind um die Irrenden zurechzuweisen, sind natürlich bei der angeborenen Findigkeit der Damen hier überflüssig. Das Bureau bestand aus einer Dame in mittleren Jahren, die zuerst mir keine Karte verkaufen wollte, da sie nur noch eine habe. Aber endlich gab sie nach und nachdem sie mit einiger Anstrengung meinen Namen auf die Karte und ihre Liste eingetragen, nachdem sie den Obolus in ihre Kasse (ein Couvert darstellend) gelegt und die immer mehr Andrängenden auf später verwiesen hatte, wo es frische Karten gäbe, zog ich in den großen prächtigen Rathaussaal, der vollkommen gefüllt war - vielleicht 1500 Damen und 15 Herren, die Journalisten mit eingerechnet. Die große Masse des anderen Geschlechts erschreckte mich doch etwas, zumal es gar nicht als schwaches auf158
trat. Denn die zurechtweisenden Damen geboten mit soviel Nachdruck, während des Redens wurde die Thüre von den thürhütenden Engeln mit dem Flammenschwerte rücksichtslos geschlossen und wenn eine Rednerin begonnen hatte, so durchschritten rechts und links Walküren mit Kneifern auf der Nase die Schlachtreihen und geboten Sitzen und Stillschweigen. Ich hätte nun gerne gesessen, wenn nur noch Platz dagewesen wäre. D a aber dies nicht der Fall war, die Rednerin auch nicht zu verstehen war und ich kein Programm erhalten hatte, so trat ich etwas abgekühlt in meiner Congreßbegeisterung den Rückzug an. Im Vorsaal ergatterte ich endlich noch ein Programm und ersah nun daraus, daß Dienstag Nachmittag ein mich näher angehendes Thema „Universitätsstudium der Frauen" auf dem Programm stand. Ich bitte Sie, verehrte Freundin, aus diesem Titel nicht etwa schließen zu wollen, daß wir nun in den Universitäten auf die „Fräuleins" verzichten und nur mit den „Frauen" zu verkehren haben sollten. Bewahre! Die Frauen sind vielmehr erst recht die Unverheirateten. Das habe ich aus dem dicken Pack Schriften, das mir eine mitleidige Walküre, die sah, daß ich nichts hören konnte, mit auf den Weg gegeben hatte, gelernt. Die Sache ist recht amüsant. Ein streitbarer Gegner der Frauenbewegung hat nemlich die Behauptung aufgestellt, die Frau, die sich nicht verheirate, sei ein unvollkommenes Wesen. Das bezeichne die Sprache schon durch das Deminutiv „Fräulein". Darob kirschroter Arger bei den Frl. Doctores oder Doctrices, die Italiener sagen, wie ich da gelernt habe, dottoressa; und in den Gegenschriften wurde sehr giftig gegen jenes „Männlein" opponirt, das die unverheiratete „Frau" in so despectirlicher Weise behandelt habe. Seitdem ist das Wort „Fräulein" aus dem Lexicon gestrichen, wenn auch in der Präsenzliste noch ein Schwanken bemerklich ist, indem dieselbe Dame bisweilen doppelt einmal als Frau, dann auch als Fräulein aufgeführt wird. Aber wenn man 1200 Teilnehmer - oder -innen hat, kommt es natürlich darauf nicht an. A m Dienstag also war ich pünktlich 10 Minuten vor Anfang in den heiligen Hallen, wo man die Rache und den Krieg nicht kennt. Ich fand nemlich auf dem Platze, den ich noch unbesetzt fand, einen „Aufruf". Die Frauen sollten sich zu einer Friedensliga zusammenschaaren und dem erhebenden Beispiele der Spanierinnen und Italienerinnen folgen, welche in diesem Frühjahr die nach Cuba oder Eritrea ausrückenden Soldaten mit Gewalt zurückgehalten hätten. Bertha v. Suttner habe die richtige Parole: „Ewiger Frieden" ausgegeben, wenn Deutschlands Frauen sich der Liga anschlössen, so werde ein Krieg hier unmöglich werden und die ungeheuren Militärlasten hörten auf. Während ich diesen Aufruf mit Andacht, aber doch mit einiger Verwunderung studirte, trat eine Schlachtenjungfrau auf mich zu und fragte mit Brunhilds Stimme und Geberde: „Sind Sie Delegirter?" Ich verneinte dehmütig. Dann müssen Sie den Sitz aufgeben und sich in die hinterste Reihe bemühen. Nanu, dachte ich, das ist doch auf andern Congressen nicht, daß selbst die Plätze in der Mitte reser159
virt werden! So schlich ich von einigen hundert „Frauen"äugen, die triumphirend auf Brunhilde und mich blickten, von dannen und war nun glücklich wieder auf dem Platze, wo man nichts hörte. Nach akademischem Viertel ward die Sitzung eröffnet. Einige Rednerinnen redeten, ohne daß ihre Stimme über die Delegirtenbänke hinausdrangen. Endlich gelang es einer Wienerin durchzudringen. Jede Dame sprach etwa eine Viertelstunde, höchstens eine halbe Stunde, meist ablesend. Bei den Kraftstellen lauter Beifall. Der Inhalt war mir nicht neu. Discussion ward nirgends beliebt und offenbar von vornherein ausgeschlossen. Eine Frl. Dr. phil. Käthe Schirmacher, als deren Wohnorte „Deutschland und Paris" angegeben war, wurde mit demonstrativem Beifall empfangen. Das muß also ein Matador sein. Sie sprach frei, indem sie ihre schwarzen Handschuhe auszog und bald die schwarze Seite auf die weiße, bald umgekehrt wendete. Sie meinte, eine Frau könne heutzutage gar nicht genug wissen; deshalb müsse sie studiren, namentlich auch Jurisprudenz, damit sie im Stande sei die Frauensache, die ja doch von den Männern, selbst den besten, nur faul vertreten werde, selbst in die Hand zu nehmen. Wenn sie dann erst im Parlament säßen, würden sie die Gesetze, die jetzt nur von Männern für Männer gemacht würden, schon anders einrichten. Die Frl. Dr. sprach ziemlich gewandt, aber etwas selbstgefällig und salopp. Trotzdem tosender Beifall. Dann trat eine bald als Frau bald als Frl. bezeichnete Dame auf in hellgrünem Gewände Hermine v. Preuschen-Telman. Vermutlich die Malerin, die durch sensationelle Bilder Mors imperator pp. vor einigen Jahren Aufsehen erregte, von den Künstlern aber als Dilettantin abgelehnt wurde. Sie sprach über das Kunststudium der Frau. Mit der Malerei der Frauen gehe es reißend bergauf. Wenn die Malerinnen noch nicht aller Preise gewonnen hätten, so läge dies daran, daß man ihnen keine ordentliche Ausbildung gäbe. Der Staat müsse die Actsäle beiden Geschlechtern zugleich öffnen. Dann erst könne sich das Genie der Frau, das dem des Mannes gleich sei, und ihr Fleiß, der größer sei, wirklich entfalten. Trotzdem diese Dame durch ihre verhaltene Leidenschaft interessant war, hatte sie doch nur einen Achtungserfolg. Da mein eigentliches Thema „Universität" kaum berührt wurde, so verzog ich mich nach zwei Stunden, da das Stehen und halbe Hören zur Qual wurde. Ich habe den Eindruck, daß diese Damen sehr energisch den Kampf gegen uns aufnehmen werden und werde daher künftig mich etwas weniger für diese Dinge interessiren. Von Frau Curtius in Jugenheim hatte ich vorige Woche einen nicht sehr tröstlichen Brief. Sie war dorthin gegangen, um ihrer Tochter, die sich den Fuß verrenkt hatte und längere Zeit liegen mußte, nicht lästig zu fallen. Nun muß sie selbst in Folge eines entzündeten Fußes liegen. Dazu die nasse Witterung und das fremde Logis! Ich denke mir diese „Sommerfrische" wenig erfreulich. Von unseren gemeinsamen Bekannten habe ich Niemand seit längerer Zeit gesehen. Das Ende des Monats wird wol die Meisten wieder nach Hause führen. 160
Die Gewerbeaussteilung hat noch in dem letzten Monate, wo alle Register aufgezogen werden, mit der Ungunst dieses gänzlich verregneten Sommers zu kämpfen. Trotzdem sind augenblicklich merkwürdig viel Fremden hier. Die besseren Hotels sind alle über[be]setzt. Namentlich scheinen viele Amerikaner hier angelangt zu sein. Ich selbst habe vorige Woche zwei frühere Schüler, die mich aufsuchten, gesehen. Ich habe ihnen namentlich Curtius' Bibliothek ans Herz gelegt. Es wäre ja doch in jedem Betracht zu wünschen, daß America die Bücher kaufte. Sie würden dann zusammenbleiben und besser als hier bezahlt werden. Von sonstigen Berliner Neuigkeiten ist nicht viel zu melden außer, daß die Magdeburgerstr. von ihrem früheren Hause bis zur Brücke wiederum aufgerissen wird, nun aber gründlich. Das Asphaltpflaster nemlich, das bei Nr. 3 Halt gemacht und nicht bis zum Ufer fortgesetzt worden war, soll jetzt einheitlich durchgeführt werden. Schade, daß die nunmehr eintretende Geräuschlosigkeit Ihnen nichts mehr nützt. Hoffentlich ist es bei Ihnen in dem schönen Stuttgart doch nicht so trostlos naß und unfreundlich. So einige warme, heitere Tage, ehe die „gute" Jahreszeit scheidet, wären Ihnen doch zu gönnen. Dem Wein freilich nützt auch das nichts mehr. Der ist wohl für dieses Jahr verloren, was mir meiner Heimat wegen leid thut. Doch nun muß ich endlich schließen. Ich habe mich wirklich verplaudert. Es schlägt eben Mitternacht. Gute Nacht denn für Sie und Ihren lieben Mann, dem wir alles Beste von Herzen wünschen! Hoffentlich bekommen wir nun immer beßre Nachrichten und wenn Sie auch nur eine kleine Karte schreiben, sind wir Ihnen dankbar. Also mit den besten Grüßen der ganzen Familie an sie alle Ihr treulichst ergebner H . Diels
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Zeller an Diels
Diktat.
Stuttgart 29 Sept. 96 Reinsburgstr 56.
Lieber Freund, D a nächsten Donnerstag wenn ich nicht irre die Sitzungen in der Academie wieder beginnen, so gestatten Sie mir eine Bitte durch deren Erfüllung Sie mich zu lebhaftem Danke verpflichten werden. Haben Sie die Güte der phil. historischen Classe und ebenso später unserer Facultät in ihrer ersten Sitzung meinen wärmsten Dank für die freundlichen u. ehrenvollen Grüße auszusprechen, die 161
sie mir zum 25 August gesendet haben. Jeder Beweis des fortdauernden Wohlwollens meiner Hh. Collegen ist ja von höchstem Werth für mich und wird von mir treu u. dankbar aufgenommen. Daß ich meinen Dank nicht selbst schriftlich ausspreche wird man mir unter den gegebenen Umständen zugute halten. Vorigen Sonnabend wurde mein zweiter Gypsverband abgenommen und die Arzte waren mit der Verwachsung des Bruches wohl zufrieden, doch soll ich noch 14 Tage einen neuen Gypsverband tragen der aber nicht mehr über das Knie reicht, dann erst wird sich zeigen wie schnell und vollständig das Bein zu seiner Functionsfähigkeit zurückkehrt. Mein Kopf hatte diese ganze Zeit über Ferien; ich fürchte aber er hat dadurch auch nicht gewonnen, denn es bringt den Menschen nothwendig immer herunter wenn er sich monatelang blos mit seinen körperlichen Zuständen beschäftigen soll. Ihr Brief war uns Allen höchst erfreulich namentlich hat uns die Schilderung Ihrer Erlebniße mit den Berliner Ekklesiazusen großen Spaß gemacht. Es scheint mir aber doch, die attischen Frauenbefreierinnen seien ihren Colleginnen an der Spree sowohl in der Klarheit und Faßlichkeit der Ziele als in der Einfachheit der Mittel weit über. Treulichst Ihr Zeller. Meinen Dank möchte ich selbst auch noch aussprechen für Ihren äußerst liebenswürdigen Brief mit welchem Sie uns große Freude bereitet haben. Wir sind Alle sehr glücklich über das gute Befinden meines Mannes, obgleich er selbst eigentlich die wenigst günstige Empfindung hat, da er sich erst wieder an den neuen Verband gewöhnen muß, doch wird sich dieses täglich beßern. Sie und Ihre liebe Frau grüßt auf's herzlichste Ihre dankbar ergebenste E. Zeller.
125.
Diels an Zeller Berlin, den 1. October 1896. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Verehrtester Freund, Meine Frau, die sich in ihren Mußestunden mit Wahrsagen und ähnlichen Künsten abgibt, sagte gestern Abend beim Thee als es klingelte: „Das ist ein Brief von Zellers." So war es auch. Sie sehen daraus, wenn Sie als Philosoph das Wunderbare abstreifen, wie wir auf Nachrichten von Stuttgart gespannt 162
sind und wir haben uns alle herzlich gefreut, daß diese Nachrichten diesmal doch recht befriedigend lauten. Wieder ein Schritt dem ersehnten Ziele näher! Daß Ihr Kopf Ferien hat glaube ich nicht. Im Gegenteile, glaube ich, er hat gehörig mit dem Vorrate, der darin aufgespeichert ist, gewuchert und wenn Sie erst wieder wohlauf sind, so werden wir etwas erleben. D a Sie Sich jetzt wider Willen ans Dictiren gewöhnt haben werden, so werden Sie vielleicht in dieser Form fortfahren. Wer daran gewöhnt ist, lobt's ja sehr. Mir wäre es unmöglich, aber unser Freund Stein erzählt ja Wunderdinge, was er mit seinem Secretär alles fertig bringt. Daß auch Ihr Humor in der langweiligen Leidenszeit nicht eingerostet ist, zeigt mir der Schluß Ihres Briefes. In der That wir leben jetzt in der Zeit der Ekklesiazusen, und eine geschickte Bearbeitung des Stückes (zusammengearbeitet mit der Lysistrate!) sah ich in Köln während der Philologenversammlung aufgeführt. Der Dichter Wilbrandt hat das Moderne des alten Stoffes sehr geschickt herausgefischt, so daß ein großer Erfolg auch bei den Damen zu verzeichnen war. Die beiden Aufträge an die Akademie und die Facultät werde ich gewissenhaft ausführen, aber so pünktlich, wie Sie annehmen, sind wir doch nicht. Die Akademie beginnt erst am 22. und die Facultät wol erst zu Anfang des nächsten Monats, wenn nicht unsern neuen Decan Dames ein besonderer Feuereifer ergreifen sollte. In der Litteratur hat sich in neuester Zeit nicht viel zugetragen. Neuerdings hat sich Dieterich in Marburg (Verf. der Nekyia) wieder einmal in einer besonderen Schrift der Aberciusinschrift angenommen und sie für heidnisch erklärt. Er findet die Empedokleische Nestis in den verstümmelten Worten Παύλο ν εχων έποχ ... ιστιν und construirt daraus eine heidnische Sekte, die mit Heliogabal in Berührung gesetzt wird. Das ganze scheint mir von Anfang bis zu Ende mislungen, und ich selbst habe mich weder durch Harnack noch durch Dieterich davon überzeugen können, daß das heidnisch sein solle. E. Schwartz in Gießen hat mir „Fünf Vorträge über den griechischen Roman" geschenkt, die er in Frankfurt a/M. gehalten hat. Es scheint dies Buch ganz interessant zu sein, aber ich habe es noch nicht gelesen. Ich erwähne es nur, weil Sie vielleicht etwas der Art sich vorlesen lassen wollen. Die Röntgenstrahlen haben offenbar unsere Nachbarn jenseits des · Rheins verrückt gemacht. Ich bekam dieser Tage zwei Schreiben an die Akademie in die Hand, worin der eine Franzose seinen Anspruch geltend machte, die X strahlen, die er damals Z-strahlen genannt habe, bereits im [Jahre] 1887 erfunden zu haben! Beweise werde nicht mitgeteilt und das Ganze sieht etwas nach Einbildung oder Schlimmerem aus. Der andere Franzose beginnt mit dem Briefe einer Russin, die ihn zu seiner Entdeckung beglückwünscht. Sie besteht darin, mit dem eignen Lichte (risum teneatis) im Dunklen zu photographiren. 163
Der selige Reichenbach würde sich gewis gefreut haben, wenn ihm dieser Jüngling bekannt geworden wäre. Ihnen, hoffe ich, wird die nächste Beleuchtung Ihres Beines mit X-strahlen die vollständige Verwachsung zeigen! Bis dahin, verehrtester Freund, verlieren Sie die Geduld nicht mit Ihrer 1. Frau, die ich auch von meiner freundlichst zu grüßen bitte. In Treue Ihr H . Diels
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Emilie Zeller an Diels Stuttgart 16 Nov. 96. Reinsburgstr. 56
Verehrter Herr Professor! Es ist alle Zeit daß ich Ihnen wieder Nachricht gebe über das Befinden meines Mannes. Vor acht Tagen ist der Gypsverband abgenommen worden, der Bruch ist gut geheilt, das Bein war aber wie immer in solchen Fällen stark angeschwollen und noch sehr unbeweglich. Dieses beides hat sich aber schon erheblich gebessert so daß er von mir und einem Stock unterstützt von einem Zimmer in's andere gehen kann. Das Bein wird täglich gebadet und massirt und wir hoffen es werde ihm mit Hülfe dieser Behandlung möglich sein am 6 t e n December bei der Taufe unseres Enkelchens als Pathe zu functioniren. Das Letztere entwickelt sich ganz gedeihlich und die Schwester macht uns fortwährend große Freude und sie sieht jetzt auch den Großpapa als zu den Lebenden gehörig an und zeigt ihre Freude darüber. Mir wird es schwerer mich jetzt an die langsamen Fortschritte nachdem der Verband entfernt ist zu gewöhnen, ich dachte nach einigen Tagen müßte er doch stehen und gehen können, aber daran ist vorläufig nicht zu denken. Ich bin aber weit entfernt eine Klage darüber zu erheben, im Gegentheil das Gefühl der Dankbarkeit überwiegt alles, denn wir haben doch alle Hoffnung daß mein Mann in einigen Monaten wieder gehen lernt. „Mein Mann läßt Ihnen mittheilen daß er in den letzten Wochen unter vielfachen Abhaltungen die Schrift von Ivo Bruns schon zur größeren Hälfte gelesen hat. Im Ganzen mit Interesse; nur ist ihm die Darstellung nicht selten zu breit und in den Abschnitten über die platonischen Gespräche hat er wie Sie sich denken werden an ziemlich vielen Punkten seine Bedenken." Mit den herzlichsten Grüßen von meinem Mann und mir an Sie und Ihre liebe Frau Ihre ganz ergebene Emilie Zeller.
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Diels an Emilie Zeller Berlin, den 17 Nov. 1896. Abends W Magdeburgerstr. 2 0 l n
Hochverehrte Freundin, Wie sich doch Freudiges und Trauriges im Menschenleben seltsam verkettet! Der Briefbote legte eben zwei Briefe auf den Theetisch, einen von Wackernagel in Basel, der die Einzelheiten des jähen Ablebens von Ferdinand Dümmler meldet, der in Folge von plötzlich auftretenden Magenblutungen innerhalb von 24 Stunden gestorben ist, während hier seine Mutter mit dem Tode ringt. Und gleichzeitig trifft Ihr lieber Brief ein, der uns mehr als Sie ahnen können, erfreute. Denn hier waren in scheinbar eingeweihten Kreisen ganz andere Nachrichten verbreitet. Der Gypsverband sei abgenommen, aber sofort durch einen neuen ersetzt worden. Es habe noch gar kein Anwachsen stattgefunden, und wie die weiteren Ausmalungen alle lauteten, können Sie Sich denken. N u n berichten Sie, Gott sei Dank, so ganz anders; und ich habe darüber solche Freude, daß ich Ihnen sogleich danken und Glück wünschen muß. Daß das Gehen noch etwas Zeit brauchen wird, versteht sich von selbst, aber die Hauptsache ist ja nun trefflich gelungen und Ihnen damit nun, verehrte Freundin, ein schwerer Stein vom Herzen gefallen. Jetzt erst werden Sie Sich ganz der großmütterlichen Freude hingeben dürfen, und der 6. Dezember wird nunmehr ein ungetrübter Freudetag für Sie sein. Uns ist es inzwischen ordentlich gegangen. Meine Schwester aus Freiburg (Obristlieutnant Meyer) war auf 14 Tage zu Besuch hier und meine Frau glücklicher Weise so frisch, daß sie ihr allerlei in Stadt und Umgegend zeigen konnte. Ich selbst bin allerdings durch das mit allen möglichen Geschäften beginnende Semester stark in Anspruch genommen. Die Universität, die im Winter für uns ein etwas zahlreicheres Publicum zu stellen pflegt als im Sommer, ist mit ihren Vorlesungen im Zuge. Die Übungen sind stärker besucht als je und so fehlte es nicht an mannigfacher Arbeit, die befriedigt und darum gern ertragen wird. Auch die Akademie, deren Vorsitz mir dieses Vierteljahr zufällt, gibt viel zu thun, zumal ich wie früher als Dekan so jetzt als Secretar die nicht erfreuliche Aufgabe habe die Statuten neu redigirt drucken und zu einer handlichen Ausgabe zusammenfassen zu lassen. Auch die Sitzungsberichte wollen wir etwas praktischer einrichten. A m vorigen Donnerstag war eine bewegte Sitzung. Es handelt sich darum, ob die Akademie ihr Grundstück Dorotheenstr. 10 gegen ein gleichwertiges auf dem Charitékirchhof abtreten wolle, wo für den Chemiker Fischer ein neues unbedingt nötiges Universitäts-Laboratorium errichtet werden soll. Das Plenum einigte sich einstimmig den Tausch zuzugestehen, wodurch allein der Finanzminister zu dem Neubau gezwungen werden konnte. Morgen über 8 Tagen findet die endgültige Abstimmung über 165
Lenz statt, der in der Classe eine unerwartet große Majorität (19:2) erhalten hatte. Die Stelle von Curtius (Fachstelle für Kunstwissenschaft), die nicht etwa Wilamowitz reservirt werden kann, wird noch nicht besetzt werden, da man sich noch nicht klar ist, ob man einen zweiten Archäologen oder einen Vertreter der neueren Kunstwissenschaft (Bode, jedenfalls nicht H . Grimm) wählen solle. Ich schreibe Ihnen das, verehrteste Freundin, damit Sie es Ihrem lieben Mann mitteilen. Ich weiß ja, daß Sie an allen diesen Dingen lebendigen Anteil nehmen und Discretion zu bewahren wissen. Darum ist es nicht nötig, daß ich einen besonderen Bogen für den Herrn Gemahl zulege. Ivos Buch habe ich seltsamer Weise noch nicht über den Anfang hinaus lesen können. Es gebrach mir an Zeit und — ich will es gestehen - an Sammlung. Das was Sie hervorheben, die behagliche Breite, ist bei meiner jetzigen zerstreuten Lebensart nicht recht zu genießen. Ich denke, daß sich das in dem Frieden der Weihnachtsfeiertage eher machen wird. Meinen Parmenides (oder vielmehr ein kleines Stück daraus) habe ich vor 8 Tagen der Akademie vorgelesen. Aber da der Umfang über 15 Bogen Abhandlungsformat hinausgeht, muß ich leider ein besonderes Büchlein daraus machen, worauf es im Stil und der ganzen Behandlung gar nicht zugeschnitten war. Vielleicht druckt's G . Reimer oder vielmehr Dr. de Gruyter, der vom 2. Januar an das Geschäft Reimers übernimmt. Der junge Mann ist Germanist, hat aber auch in dem kaufmännischen Geschäft seiner Eltern längere Jahre gearbeitet. Er scheint bieder und in finanzieller Beziehung vollkommen solvent zu sein, so daß die alten Beziehungen der Firma wol überall unverändert fortdauern werden. Mit dem Thesaurus linguae Latinae habe ich jetzt weniger zu thun, doch muß ich den mit B. G . Teubner im Sommer verabredeten Vertrag, der den Verleger verpflichtet 105 000 Mark Honorar zu zahlen, nachdem allerlei Veränderungen angenommen sind, den Akademien zur Genehmigung vorlegen. 1900 soll der erste Band erscheinen - wenn alles gut geht. Härtel in Wien scheint mit dem Ministerium Gautsch zu wanken. Man redet davon, daß er fallen wird, hoffentlich bei seiner Geschicklichkeit die Treppe hinauf. Gomperz' Poetik habe ich gesehen. Vermutlich wird er mir ein Exemplar schicken. Dann will ich's zu lesen beginnen. Eben bin ich bei Kaibels Commentar zur Elektra des Sophokles, der sehr charakteristisch ist für den durch Vahlen hauptsächlich hervorgerufenen Umschwung in der philologischen Textbehandlung. N u n muß ich aber schließen und Sie, verehrte Frau Professor, um Entschuldigung bitten, daß ich Ihre Zeit so misbrauche. Meine Frau und Söhne lassen herzlichst grüßen und gratuliren und ich bleibe treulichst Ihr ergebenster Hermann Diels. 166
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 29. Dezbr. 1896.
Lieber Freund! Sie erhalten hier die gewünschte Unterschrift. Ich habe sie aber nur mit halber Gewissensfreudigkeit vollzogen. Die Eingabe unter der sie steht, ist ja mit großer Umsicht abgefaßt u. enthält nichts, dem ich nicht zustimmen könnte. Aber an der gleichen Umsicht wird bei der Ausführung des Planes energisch festgehalten werden müssen, wenn nicht etwas anderes daraus werden soll, als in unserer Absicht liegt. Fatal ist schon der in Skandinavien aufgekommene Name der Volkshochschule, dessen wir uns zwar nicht bedienen, dessen aber die Zeitungen u. das Publikum sich sofort bemächtigen werden um die widersinnige Vorstellung daran zu knüpfen, als ob eine Volksschule zugleich eine Hochschule, die Mittheilung wissenschaftlicher Ergebnisse an solche, denen die Vorbildung zum wissenschaftlichen Studium fehlt, Mittheilung der entsprechenden Wissenschaft selbst sein könnte; als ob daher ein beliebiger Schulmeister oder Buchbinder oder Arbeiter dadurch zum Professor werden könnte, daß er ein paar populärwisssenschaftliche Kurse bei einem Professor anhört. Daß man nur derjenigen Ergebnisse sich wissenschaftlich bemächtigt hat, die man aus ihren Bedingungen selbst zu erzeugen im Stand ist, ahnt selten ein Laie; sie sind heute noch wie die, von denen Aristoteles sagt, sie meinen Schuster zu werden, wenn sie ein Schuhwarenlager kaufen, oder wie die Bauern, die meinen, das Studium der Theologie bestehe im Abschreiben u. Auswendiglernen von Predigten. Die Hauptschwierigkeit wird aber in der Einhaltung der Grenze zwischen den Materien liegen, die für populärwissenschaftliche Vorträge geeignet sind u. die es nicht sind. Ihr Programm schließt solche Fragen aus, auf welche sich die politischen, religiösen u. socialen Kämpfe der Gegenwart beziehen, u. es thut wohl daran. Aber gerade diese sind es, worüber die Zuhörer in der Regel am begierigsten wären etwas zu erfahren; u. auch sachlich lassen sich viele Gebiete, wie Rechts- u. Religionsphilosophie, Nationalökonomie, die Geschichte der christlichen Welt von ihrer Entstehung an bis auf den heutigen Tag, nicht behandeln, ohne fortwährend bald die eine bald die andere von ihnen anzuschneiden. D a ist nicht blos für die jüngeren Docenten, auf welche bei dem geplanten Unternehmen vorzugsweise gerechnet wird, sondern für jeden die Versuchung eine große, gerade diejenigen Ansichten auseinanderzusetzen, welche seiner Ueberzeugung nach geeignet sind, Schwierigkeiten zu lösen u. bisher Unerklärtes zu erklären, welche aber vielleicht erst von wenigen getheilt, von der Mehrzahl bestritten werden, u. es bedarf vielen Taktes, um die Rücksicht auf fremde Standpunkte mit dem zu vereinigen, was man dem eigenen schuldig 167
ist. Wer nur in seinem Namen oder im Auftrag einer Partei spricht, hat es da leichter, als wer von einer Universität beauftragt ist. D . 30 s t e n . U m auch noch über uns einiges beizufügen, so kann ich mit meinem Befinden ja zufrieden sein: es geht langsam, aber doch immer etwas besser. Auf die Straße habe ich mich zwar erst einmal für wenige Minuten zu Fuße gewagt, seitdem war das Wetter zu schlecht; in meines Sohnes Wohnung ließ ich mich zur Christbescheerung wie früher zur Taufe des Enkels im Rollstuhl bringen. Aber doch kann ich ungehindert im Haus herumgehen u. seit 3 Wochen auch wieder am Schreibtisch sitzen, was mir selbst nach der Abnahme des Gipsverbands noch längere Zeit unmöglich war. Meine Frau u. Schwägerin haben wenigstens über nichts großes zu klagen, bei unserem Sohn steht's gut, sein kleiner Junge, dem sie meinen Rufnamen gegeben haben, ist ein gedeihliches kräftiges Kind, das Mädchen, welches nächstens sein 2 t e s Jahr vollendet, etwas zart, doch gesund u. schon sehr klug für sein Alter. Im weiteren Kreis von Verwandten u. Freunden, hiesigen wie Berlinern, fehlt's freilich nie an Erfahrungen, die unsere Theilnahme in Anspruch nehmen, u. während die Jungen ihre eigenen Nester bauen u. bevölkern, wie bei Mommsen u. Hirschfeld, scheidet von den Alten einer um den andern. D u Bois wird in seiner Familie doch sehr vermißt werden, u. war auch seine wissenschaftliche Arbeit wohl so ziemlich zu Ende (wie es die meinige ja auch ist), so verliert Berlin an ihm doch einen seiner berühmtesten Namen u. die Akademie insbesondere wird sich erst gewöhnen müssen sich ohne ihn zu denken. Mit Bunsen ist nun seit 2 Vi Jahren, mich mitgerechnet, das 6 t e Mitglied aus der Graeca geschieden, die Reihen lichten sich mit erschreckender Geschwindigkeit. Auch wer ihn für keinen großen Geist hielt, mußte doch seiner Bravheit, dem Adel seiner Natur u. seinem Sinn für gemeinnütziges Wirken Gerechtigkeit widerfahren lassen. Dümmler hat mir die Grabreden & c auf seinen Sohn geschickt. Hätten Sie die Güte ihm bei Gelegenheit meinen Dank dafür auszusprechen? Bei mir erneuerten sie die Trauer um den frühen Hingang des vielversprechenden Gelehrten u. die Theilnahme an dem tragischen Geschick von Mutter u. Sohn. Sie hat doch wohl seinen Tod nicht mehr erfahren? D a ich nun wieder schreiben kann (wenn auch etwas mühsam) erinnerte ich mich meiner Pflichten gegen das Archiv u. fieng an, für den Jahresbericht über 1895 Döring's Sokrates zu lesen, aber mit wenig Genuß. Gomperz hat ihn eigentlich noch viel zu glimpflich behandelt. Das Selbstgefühl, mit dem hier die eingebildete Mittelmäßigkeit sich breit macht, ist wahrhaft klassisch. Zum Vorstand der Gesellschaft für ethische Kultur scheint sich mir der Mann nach dieser Seite vortrefflich zu qualificiren. Schade, daß er schon eine Frau hat: was wäre Frau Lili v. Gizycki eine Partie für ihn! Meine Frau grüßt Sie u. die Ihre herzlichst u. wünscht Ihnen allen viel Glück im neuen Jahr mit Ihrem treu ergebenen Zeller. 168
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Albert Zeller an Diels
Prof. Dr. Zeller
Stuttgart 30. XII. 96. Rothebühlstr. 51
Hochverehrter Herr Geheimerath! Erlauben Sie mir zunächst, Ihnen u. Ihrer Frau Gemahlin für die freundlichen Wünsche zum neuen Jahr bestens zu danken u. dieselben von Herzen zu erwiedern. Ihre Anfrage wegen meines Vaters' 50j. Professorenjubiläum hat uns sehr überrascht, da wir keine Ahnung von dem Bevorstehen desselben hatten. Ich bin auch überzeugt, daß mein Vater an diesen Tag ebensowenig denkt, wie an den des verhängnisvollen 25. Aug., an dem er erst durch die Telegramme von Berlin daran erinnert wurde, daß sein 60j. Doktorjubiläum sei. Daß es ihn natürlich trotzdem sehr freuen würde, wenn er bei dieser Gelegenheit einmal wieder einen früheren Freund sehen u. sprechen dürfte, glaube ich wohl versichern zu dürfen u. ganz besonders, wenn die Wahl auf Sie selbst fallen würde. Wer mag denn aber an diesen Tag gedacht haben? Vermuthlich Jemand in Bern u. dann würde wohl Prof. Stein sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, hierher zu kommen. Wenn Sie darüber etwas wissen sollten, darf ich wohl noch um kurze Mittheilung bitten, da ich dann meine Mutter ins Vertrauen ziehen müßte. Das Befinden meines Vaters macht noch immer Fortschritte, im Zimmer kann er ohne Stock gehen, das Ausgehen verbietet mehr die Witterung als sein Zustand. Geschwollen sind beide Beine noch ziemlich, das wird aber noch eine ganze Zeit so sein, wenn es überhaupt wieder vergeht. Bei meiner engeren Familie geht es ganz gut, speciell der kleine Eduard erfreut uns durch die gleichmäßig fortschreitende Zunahme seines Körpergewichtes. Daß er daneben seine Lunge für den Rednerberuf vorzubereiten scheint, ist eine Zugabe, die ich ihm Nachts wenigstens gerne schenken würde. Mit freundlichen Grüßen auch von meiner Frau Ihr ergebenster AZeller.
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Sigwart an Diels
Tübingen 5. Jan. 1897 Hochverehrter Herr College, Für Ihre Mittheilung bin ich Ihnen sehr dankbar - ich hätte ohne Zweifel den Gedenktag übersehen, obgleich ich damals als junger Student den Abschied Zellers von Tübingen mitgefeiert habe. Ich habe sofort einen Beschluß der hiesigen Facultät veranlaßt, einen Deputierten zur Gratulation nach Stuttgart zu schicken. Wenn es mir angesichts eines hartnäckigen Katarrhs irgend möglich ist, werde ich selbst kommen, anderenfalls unser Decan Prof. Fischer. Vielleicht stellt sich auch die theologische Facultät ein, der Zeller als hiesiger D o cent angehörte. Jedenfalls aber werden wir uns auf eine kurze mündliche Ansprache beschränken. Ich werde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie mir Ihr Programm hinsichtlich der Zeit u.s.w. mittheilen wollten, damit wir uns danach richten und gemeinsam mit Ihnen vorgehen können, bin auch eventuell gern bereit, mit Frau Geheimräthin mich in Correspondenz zu setzen, um ihre Wünsche zu erfahren. Ich würde mich sehr freuen, wenn es mir möglich wäre, Sie bei dieser Gelegenheit persönlich zu begrüßen. Mit der Bitte, Dilthey gelegentlich meine besten Grüße zu bestellen in vollkommner Hochachtung Ihr ergebenster CSigwart.
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Diels an Zeller
[Postkarte]
[Berlin] 16/1 97
Hochverehrter Freund, Ich teile Ihnen mit, daß ich ganz bequem bin, wo ich alles wohl gefunden habe. In erstattet. Mommsen hat sich als Verfasser tenburg zu erkennen gegeben. Hoffentlich schöne Tage gut bekommen. M. v. Grüßen
und sonder Fährde hier eingetroffen der Facultät habe ich bereits Bericht des anonymen Telegramms Charlotist Ihnen und den lieben Ihrigen der Ihr H . Diels
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Diels an Zeller
Berlin 21.1.97 Hochverehrter Freund, Zu Ihrem Geburtstage sende ich die besten Glückwünsche und hoffe, dass das unter so freundlichen Auspicien begonnene Jahr für Sie in jeder Beziehung erfreulich verlaufen wird. Vor allem wünsche ich Befestigung und Fortdauer Ihrer Gesundheit, die Ihnen so wunderbar zurückgegeben worden ist, sodann dass Sie fortfahren an Ihren Kindern und Kindeskindern Freude zu erleben. Wenn sich dies auch auf die geistigen Kinder und Enkel bezieht, so ist das Geraten der ersteren selbstverständlich. Was die zweiten betrifft, so wünsche ich dasselbe, aber wenn ich auf meinen eben halb ausgedruckten Parmenides blicke, den ich als Ihr Kindeskind betrachten muss, so habe ich noch bange Zweifel, ob der Grossvater es als ein γνήσιον γέννημα anerkennen wird. In alle Wege bleibe ich mit herzlichen Grüssen an Ihre verehrte Frau und die übrigen Glieder der Familie auch von meiner Frau u. Söhnen Ihr getreuer H . Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 11. Jan. [Februar] 189Z
Lieber Freund! Morgen ist es gerade ein Monat seit dem Tage, der Sie zu uns führte, u. unter dessen erfrischendem Eindruck wir noch stehen. Sie haben uns durch Ihr Kommen eine Freude gemacht, die noch lange nachwirken wird, u. zu besonderer Beruhigung gereicht mir's, daß die Anstrengung, der Sie Sich so aufopfernd unterzogen, Ihnen doch, wie wir hoffen dürfen, nicht geschadet hat. Seitdem haben Sie mich mit zwei Gaben erfreut, für die ich beide bestens danke: mit Ihren guten Wünschen zu meinem Geburtstag u. mit Ihrer Abhandlung über Anaximander. In der letzteren hat mich die Wahrnehmung, daß die Größe von Fixsternhimmel, Mondsring u. Sonnenring = 9, 2x9 u. 3x9 Erdgrößen gesetzt werden, überrascht, u. ich räume ein, daß dieß nicht einer durch Beobachtung gefundenen, sondern einer rein spekulativen Bestimmung im Stil der hesiodischen Altersangaben fr. 50 gleichsieht. N u r möchte ich über ein Bedenken beruhigt werden. Sie beziehen die 9, 18, 27 Erdgrößen auf die Durchmesser der Erdplatte, des Fixstern- Mond- u. Sonnenrings, u. gewinnen dadurch u.a. auch den Vortheil, daß mein Bedenken (I, 224 5 ) A[naximander] 171
habe die Sonnen bahn nicht blos für 27mal so groß halten können als die Erdu. somit auch die Sonnenscheibe, zwar nicht beseitigt aber doch erheblich abgeschwächt wird; denn wenn der Durchmesser des Sonnenrings das 27fache des Durchmessers der Erdfläche (u. der Sonnenöffnung) beträgt, so beträgt sein Umfang das c. 85fache des ihrigen. Allein die Berichte sagen ausnahmslos, A[naximander] habe den Mond u. die Sonne für so u. so vielmal größer als die Erde, die Sonne (nach Hippol.) für 27mal so groß als den Mond gehalten. Kann das heißen, er habe die Durchmesser jener Körper in dieses Verhältnis gesetzt, u. nicht vielmehr: ihren Umfang? Wenn ich sage: „Der Ring A (Sonne) ist 27mal so groß als der Ring Β (Mond)", so meine ich doch nicht, ihre Durchmesser verhalten sich so, sondern sie selbst: wenn der Ring A zu einer Geraden entwickelt wird, sei diese 27mal so lang als die, welche man durch Entwicklung des Rings Β erhält. Ebenso aber auch, wenn ich sage: „Dieses Rad (Sonne) ist 27mal so groß als jenes Fünfmarkstück (Erde);" auch in diesem Fall kann sich die Vergleichung nur auf ihren Umfang, nicht auf ihren Durchmesser beziehen. Dann hätte (nach Aet.) Afnaximander] den Fixsternring 3 Erdbreiten von der Erde entfernt gesetzt, den Mondring 6, den Sonnenring 9, u. daraus, indem er den Umfang des Kreises nur im Groben 3 Durchmessern gleichsetzte, die obigen Bestimmungen erhalten. Ueber das Verhältniß des Sonnendurchmessers zur Länge der Sonnenbahn müßte er dann aber gar nicht reflektirt haben. Wenn Ihnen Dilthey seinen, für mich wieder sehr freundlichen, Artikel in der Rundschau geschenkt hat, so setzen Sie statt 1832 als das Jahr, in dessen Herbst ich die Universität bezog: 1837, hinter die Angabe aber, daß mir in Bern die Fenster eingeworfen worden seien, ein Fragezeichen. Dieß ist nämlich nicht wirklich geschehen; wohl aber befürchteten meine dortigen Freunde derartige u. noch schlimmere Attentate u. suchten mich dagegen zu schützen. Ich blieb aber unbelästigt. Bei uns geht zur Zeit alles seinen regelmäßigen Gang; unser Hildegardchen, das uns durch ein Katarrhfieber in Sorge versetzt hatte, ist auch wieder in Ordnung, ich mache in meiner Gehfähigkeit nur langsame Fortschritte. Meine Frau grüßt Sie u. die Ihrige auf's herzlichste mit Ihrem treu ergebenen Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 17 Februar 1897 W Magdeburgerstr. 20.111
Hochverehrter Freund, Ihres Briefes habe ich mich sehr erfreut, da er von Ihrem Befinden gutes Zeugnis ablegt und auch meldet, daß die Enkelin wieder munter ist. Besonders aber erfreut hat mich Ihre Ausführung über Anaximander, die allerdings auf eine Lücke meiner Darlegung hinweist. Ich hatte eine für selbstverständlich gehaltene Substitution zu rasch eingeführt und bin nun verpflichtet Ihnen meine Gründe nachzubringen. Da ich mir selbst, durch Ihren Widerspruch etwas unsicher geworden, nicht recht traute, habe ich Collegen Förster, der sich viel mit antiker Astronomie beschäftigt, gebeten, mir seine Meinung zu sagen. Er schreibt: „Hinsichtlich der Angabe des Verhältnisses der Ringe möchte ich mich vollständigst Ihrer Auffassung anschließen. Solange nicht erwiesen oder ausdrücklich gesagt ist, daß es sich um eine Verhältniszahl zwischen der Erdbreite (Durchmesser der Erdplatte) und den Umfangen der Ringe handelt, kann man nur annehmen, daß Verhältnisse der Durchmesser oder der Abstände (Halbmesser) gemeint sind. Verhältnisse an Umkreisen die übrigens; wie Sie richtig annehmen, bei kreisförmiger Peripherie genau identisch sind mit den Verhältnissen der Durchmesser, entbehren gänzlich der Anschaulichkeit, so lange sie nicht rectificirt d.h. in Fadenlänge mit Hülfe der Umspannung ausgedrückt sind. Es ist mir kein Fall erinnerlich, in welchem bei Schätzungen u. dgl. Größenverhältnisse von Körpern durch Umfangsverhältnisse ausgedrückt sind. Größenverhältnisse linearer Art werden stets nur durch geradlinige Dimensions-Elemente, Halbmesser, Durchmesser, Seitenlängen, Diagonalstrecken u. dgl. ausgedrückt, nie durch krummlinige Elemente, ebenso wie Größenverhältnisse von Flächen nur durch Quadrate, von Raumgehalten nur durch Würfel anschaulich gemacht werden." Bei uns geht es leidlich. Die herrschende Grippe ist noch nicht eingekehrt. Aber man sehnt sich doch nach den Ferien. In der Akademie kommt morgen H . Grimm's Candidatur auf das Papier, in die Fachstelle „Kunstgeschichte". Ich halte die Sache für aussichtslos, aber würde es bedauern, wenn man, ehe wenigstens die Classe sich entschieden, refüsiren wollte. Dilthey hat eine Empfehlung geschrieben, die so unakademisch wie möglich war und darum ad emendandum zurückgegeben werden mußte! Heute haben wir Kantsitzung. Ich bedaure von Herzen dieser anzugehören - der reine Zeittotschlag mit Nichtigkeiten! Mommsen ist sehr munter. Unser zweiter Sohn geht 1. März zum „Üben" nach Glessen. Den übrigen geht es gut. Mit besten Wünschen für die Ihrigen und besten Grüßen meiner Frau Ihr H . Diels 173
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Zeller an Diels Stuttgart, Reinsburgstr. 56 9./10. März 1897
Lieber Freund! Ueber Anaximander hat mich Försters Mittheilung so weit beruhigt, daß ich Ihrer Auffassung seines astronomischen Systems die überwiegende Wahrscheinlichkeit zugestehen kann. Seltsam bleibt freilich immer, daß er nicht bemerkt haben soll, welches Mißverhältniß entsteht, wenn die Oeffnung des Sonnenrings, also das, was wir als Sonne sehen, so groß sein soll, wie die Erdoberfläche, der Durchmesser desselben dagegen nur 27mal so groß als der ihrige u. somit auch nur 27mal so groß als der Durchmesser der Sonnenbahn, die bei ihm mit dem Sonnenring zusammenfällt. Indessen ist die Möglichkeit freilich nicht ausgeschlossen, daß der alte Milesier diese uns so unvermeidlich erscheinende Reflexion eben nicht angestellt hat. Höchst merkwürdig u. ergötzlich sind aber die neuen Bruchstücke des Pherekydes, über welche mich schon vor einigen Tagen Ihre Abhandlung unterrichtet hat, die mir dießmal der Sitzungsbericht früher zugänglich machte als der heute dankend erhaltene Separatabzug. Wer hätte gedacht, daß der alte Theosoph sich noch als Novellist entpuppen würde; worin ihm freilich Vater Homer mit der Geschichte vom Ida vorangegangen ist. Es scheint aber wirklich, in den ιεροί γάμοι liege ein Anreiz zur Novellistik u. zugleich zur Allegorik. Selbst der Hochzeit von Kana fehlt es ja weder an dieser noch an jener; denn der messianische γάμος του άρνίου (Apoc. 19,7. 21,2.9) wird hier einerseits zu einer wirklichen Hochzeit, auf der es munter genug zugeht, andererseits ist es die reine Allegorie, wenn das Wasser der jüdischen Ritualgesetze (Ev. Joh. 2,6) in den Wein des Evangeliums verwandelt wird. U m aber auf Pherekydes zurückzukommen, so scheint es doch, die Verfertigung des Brautschleiers u. seine Ausbreitung über die geflügelte Eiche bedeute ebenso die Bildung der Erde, wie die Hochzeit des Zas u. der Chtonie die Verbindung der oberen u. der unteren Theile u. Kräfte der Welt bedeutet. Ueber den Χρόνος u. den γόνος lasse ich mich belehren. Kürzlich kam mir in einem hiesigen Blatt eine von demselben abgedruckte Stelle aus der Vorrede von Harnack's altchristl. Litteratur Bd. II zu Gesicht, worin mir neben anderem namentlich die Behauptung unangenehm auffiel, daß im Ν . T. strenggenommen außer 2 Petri keine pseudonyme Schrift sei. Das bringen die Herrn nämlich so zu Stande: Wenn sie einräumen müssen, daß eine Schrift so, wie sie uns vorliegt, unmöglich von dem nominellen Verfasser ausgegangen sein könne, unterstellen sie, daß doch irgend etwas darin von ihm herrühre, u. künsteln mit Ausscheidung von Interpolationen, Versetzung von Stellen u. dgl. so lange daran herum, bis etwas herauskommt, was sich mit wenig Kritik u. viel gutem Willen zur Noth für ein - natürlich ganz farbloses 174
- Produkt des angeblichen Vf. ausgeben läßt, u. widerstrebte es auch solchen Operationen so hartnäckig, wie das 4. Evangelium, die Pastoralbriefe u. die des Petrus u. Jakobus. Mir ist an dieser den meisten Theologen u. namentlich den Ritschlianern in's Fleisch eingewachsenen Manier noch widerwärtiger, als die kritische Stumpfheit, die sich darin offenbart, die Feigheit u. Unehrlichkeit, der die schlechtesten Ausflüchte gut genug sind, nur um weder vor sich selbst noch vor Andern offen Farbe bekennen zu müssen. Von diesem Erbtheil, oder dieser erblichen Belastung, die sie von ihrem Meister übernommen haben, scheinen auch die Besten in der Ritschl'schen Schule sich nicht befreien zu können. Ad vocem Harnack: In der gestrigen Nummer des „Heidelberger Tageblatts" wird zu einer Benefizvorstellung „unseres beliebten Bonvivants, Herrn Adolph Harnack" eingeladen. In der Wahl dieses Namensbruders hat unsern Collegen seine gewohnte Vorsicht doch vielleicht verlassen. Jene N u m mer aber wurde mir zugeschickt, um mich mit der Anrede, welche einer von K. Fischer's Zuhörern in seiner letzten Vorlesung an ihn gerichtet hat u. Fischers Antwort darauf bekannt zu machen. In der letzteren aber findet sich eine gar zu offenherzige Aeußerung in den Worten: „Ich gieng den Weg, den mancher große Mann vor mir eingeschlagen hat." Ist es wahr, daß Dilthey für den Sommer Urlaub genommen hat? Für seine Gesundheit ist das ein schlechtes Zeichen, u. wenn Sie mit der Kantausgabe auf's Neue belästigt werden, thut mir dieß auch leid. Wo wollen Dilthey's denn hingehen? Von uns ist wenig zu berichten, was ja im Grunde das beste ist. Und so schließe ich mit unsern herzlichsten Grüßen an Sie u. Ihre liebe Frau, wie immer als der Ihrige E. Zeller
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Diels an Zeller Berlin, den 25. März 189Z W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrtester Hr. Geh. Rat, Ihr ausführlicher Brief vom 9.10. d. M. hat mich außerordentlich erfreut und Ihre Zustimmung zu gewissen strittigen Punkten hat meine geheimen Zweifel, die ich überall habe, wo ich nicht mit Ihnen gehen kann, beruhigt. Parmenides ist gestern Abend in der letzten Correctur vollendet. Er wird nun, hoffe ich, in etwa 14 Tagen seine Aufwartung bei Ihnen machen. Der letzten Tage Qual war groß, da ich alle Geschäfte und Jahresabschlüsse fertig zu stellen hatte, um heute mit meiner Frau, die seit Jahren geplante Reise nach dem gelobten Italien antreten zu können. Ich möchte meiner Frau die Haupt175
Städte Venedig, Florenz, Rom und Neapel zeigen, wobei natürlich von wirklichem genauerem Sehen keine Rede sein kann. Ich werde vielmehr nur das Wichtigste und Ergötzlichste aussuchen, damit sie den schwer erkämpften Entschluß nicht noch unterwegs bereut. Auf der Rückreise, die in der Woche nach Ostern über den Gotthard stattfinden soll, wollen wir meine Schwester in Bensheim (Bergstraße) und meine Schwiegermutter in Wiesbaden besuchen. Auch unsern Otto, der in Gießen „übt", werden wir wol unterwegs zu sehen bekommen. Zeit und Gelegenheit viel Gelehrte zu sehen werde ich nicht haben. Doch hoffe ich Vitelli und Tocco zu sehen. Wir haben heute noch in der Akademie eine Festfeier, die das großartige Centenarium [100. Geburtstag Wilhelms I.] nun endgültig abschließen soll. Es war ein doch über Erwarten schönes Fest. Im Anfang merkte man der Stimmung an, daß man sich bei dem eiskalten Wasserstrahl der neulichen allerhöchsten Rede vor d. Ständen etwas zurückhalten müsse, um nicht commandirt zu erscheinen. Aber die Bevölkerung ließ es sich nicht nehmen einen wärmeren Ton anzuschlagen, der auch nach oben durchschlug. So kann alles als sehr gelungen bezeichnet werden mit Ausnahme der Festvorstellung am Montag in der Oper. Das Wildenbruch'sche Stück eine „symbolische" Dichtung neuester Mode leistet an ästhetischer und ethischer Rohheit Unglaubliches. Der erste Akt, der die Verführung der Rheinbundsfürsten und die edle Zurückhaltung des „Willoheim" schilderte war abgesehen von der Rohheit auch so taktlos dem Parterre von Königen gegenüber, daß ich mich schämte. U n d trotzdem mußte man von 8—12 ausharren und mit uns die hohen Herren, die auch lieber etwas anderes getrieben hätten. Das Denkmal ist viel besser geraten als man befürchten mußte. Abgesehen von dem Platze, der zu eng ist, macht die (allerdings sehr barokke) Ausführung doch einen imposanten Eindruck. Die Hauptfigur ist sogar sehr gut. Unbeschreiblich reich und schön war die Ausschmückung der Stadt und die Illumination. Auch unsere Akademie zeigte einen vornehmen Schmuck. Die Gruppe Schapers, die die Mitte einnimmt Luise mit d. kl. Wilhelm auf d. Arm (frei nach der Madonna Sistina) ist sehr schön und verdiente Vervielfältigung. Diltheys sind seit 14 T. in Gries. Er hat sich zu sehr mit Kant abstrapazirt und kann nicht schlafen. Urlaub f. d. Sommer hat er aber noch nicht genommen. Ihre Bemerkung gegen Harnack ist leider nur zu wahr. Er ist aber in dieser Methode völlig ehrlich, da er sie auch auf spätere Zeit (Regenwunder etc.) genau ebenso anwendet. Schade daß ein solcher Kopf gebunden ist. Aber er wirkt trotzdem als Sauerteig. Denn seiner Consequenz kann weder er noch der ganze Protestantismus entgehen, μόνιμον ή αλήθεια. Mit den herzlichsten Wünschen für Sie und Ihr ganzes Haus v. Allen Ihr getreuer H . Diels Briefe erreichen mich durch Ludwigs Vermittlung u. m. alten Adresse. 176
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 14. Apr. 97
Lieber Freund! Diese Zeilen werden Sie wohl unter einem milderen Himmel aufsuchen müssen, als wir ihn diese ganze Zeit her hatten; erst seit gestern scheint der Frühling, der hier sehr schön zu sein pflegt, mit seinem Einzug ernst machen zu wollen, während bis dahin die Blumen u. die vereinzelten blühenden Bäume so fröstelnd dastanden, daß man ihnen hätte ein Almosen geben mögen, um sich etwas Warmes zu kaufen. Sie denke ich mir über die Feiertage in Rom, wo ja in dieser Zeit außer dem Papst noch viel anderes Merkwürdiges zu sehen ist. Wir bringen sie hier zu; für die Osterwoche „20-25. d." haben sich Dilthey's von Gries bei Bozen aus angekündigt; vorige Woche war Pfleiderer, der seines Bruders silberne Hochzeit in Tübingen mitgemacht hatte, u. Erich Schmidt bei uns. Letzterer ist noch hier, mit Uhlandstudien beschäftigt, hat sich aber noch nicht wieder bei uns blicken lassen. Ein anderer sehr erwünschter Gast aus Berlin war Parmenides. Der Alte hatte mich - damals von Bonn her kommend, u. von H. v. Stein an mich empfohlen - schon einmal besucht. Ich fand aber zu meiner Freude, daß ihn die Jahrzehende, die seitdem verflossen sind, nicht blos nicht älter gemacht, sondern ihn wahrhaft verjüngt haben. Er ist etwas voller geworden; u. wenn sich allerdings die eine u. andere Runzel in seinem Gesicht zeigt, die mir früher nicht auffiel, so mag dieß daher kommen, daß er bei seinem früheren Besuche noch nicht so sorgfältig rasirt war, wie bei dem dießmaligen. Er schien mir überhaupt weit größere Aufmerksamkeit auf sein Aeußeres zu verwenden als ehedem, u. gekleidet war er so fein, daß mir fast der Verdacht kam, er sei von seinem Schüler Empedokles in diesem Punkt angesteckt worden. Er wußte mir aber auch nicht genug zu rühmen, wie aufopfernd Sie Sich seiner angenommen, wie Sie ihn gepflegt, u. wie verständnißvoll Sie Sich mit ihm über alles, das was ist u. das, was scheint, unterhalten haben. „Gerade als ob die Ήλιάδες selbst ihn unterwiesen hätten," sagte er. Eine besondere Freude schien ihm die Sammlung griechischer Thürschlösser u. Schlüssel zu machen, mit der Sie ihn beschenkt haben. Solche Sammlungen, meinte er, habe es zu seiner Zeit noch nicht gegeben, u. die alten Hofschlosser von Tiryns u. Troja werden sich nicht wenig darauf einbilden, wenn er ihnen erzähle, wie jetzt in Berlin die Schlösser im Preis stehen, die man auf dem Markt von Elea nicht als altes Eisen hätte an den Mann bringen können. Nur in einem Punkt wurde ich nicht recht klug aus ihm. Als ich ihm nämlich vorhielt, warum er mir nichts von seiner Bekanntschaft mit Heraklit gesagt habe, von der er Ihnen doch erzählt haben müsse, that er sehr erstaunt u. behauptete, das müsse ein entschiedenes Mißverständ177
niß sein, er habe von Heraklit bei Leibesleben nichts gewußt u. auch im Elysium wolle er nichts mit ihm zu thun haben, weil er immer noch derselbe misanthropische Murrkopf sei, wie immer; auch die Wasserkur, die E. Pfleiderer mit ihm vorgenommen habe, um ihn zum Optimismus zu bekehren, habe nichts geholfen. N u n weiß ich nicht, haben Sie den Alten, der oft recht undeutlich spricht, wirklich mißverstanden, oder hat er nur die Marotte, mir beharrlich abzuleugnen, was er sonst aller Welt sagt. U n d nun nur noch die besten Wünsche für den Rest Ihrer schönen Reise u. die herzlichsten Grüße Ihnen u. Ihrer lieben Frau, von der meinigen und Ihrem Zeller. Stephan's Tod geht mir auch persönlich recht nahe; dagegen gönne ich dem armen Hoffory seine endliche Erlösung.
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Diels an Zeller Berlin, den 14. Mai 1897 W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrtester Freund, Ihr wunderschöner Brief, der von den verschiedenen Besuchen erzählt, die Sie erhalten, und dabei auch eines eleatischen Fremdlings gedenkt, der bei Ihnen abgestiegen, ist erst nach mancherlei Irrfahrten in meine Hände gelangt. Als er nemlich hier eintraf und hörte, daß ich noch im Süden weile, entschloß er sich in Anbetracht der hier annoch herrschenden Kälte mich in Lugano aufzusuchen. Aber wir waren just an dem Tage, weil auch dort das Wetter umgeschlagen, nordwärts durch den Gotthard gedampft. So kam denn der Reisende, nachdem er sich etwa eine Woche in dem dortigen Hôtel es sich hatte wol sein lassen, langsam hierher zurück, erregte aber hier um so größere Freude. Vor allem berichtete er von Ihrem und Ihrer lieben Familie Wohlsein, was uns unterdessen auch Erich Schmidt bestätigt hat. Uns ist es unterdessen recht gut und recht schlecht gegangen. Unsere italienische Reise, die hauptsächlich als Kur gedacht war für meine nervös sehr heruntergekommene und leistungsunfähig gewordene Frau, hat diesen Zweck wie es scheint vollkommen erreicht. Licht und Luft haben auf ihren Organismus wunderbar gewirkt, sie hat alle Mühen und Strapazen der Reise leicht ertragen und die ungewohnte Kost materieller und geistiger Art mit seltenem Appetit zu sich genommen. So haben wir Bozen, Venedig, Florenz, wo wir Vitellis, Tocco u.A. sahen, Rom, Neapel mit meist günstigem Wetter gesehen, sind dann über Rom und Genua, das sich 178
besonders schön präsentirte (Pegli) und Mailand zurückgekehrt, haben in Bensheim meine Schwester, in Wiesbaden meine Schwiegermutter und Usener gesehen und schließlich nach 5 Wochen währender Abwesenheit das Haus, in dem Ludwig meisterhaft gewaltet hatte, wohlbestellt vorgefunden. Tags darauf kam auch Otto nach 8wöchiger Übung aus Glessen mit dem Portepée (als Vicefeldwebel) zurück. So wäre alles herrlich gewesen, wenn nicht leider während der Reise mein altes Erbübel sich in bis dahin ungekannter Heftigkeit gezeigt und mir das Gehen fast zu Unmöglichkeit gemacht hätte. Wir mußten daher möglichst viel zu Wagen abmachen und ich habe mich bemüht meiner Frau gegenüber meine Plage zu verbergen, aber es war doch ein bitterer Wermutstropfen in dem Freudenkelch. O b gegen das Leiden nunmehr energisch eingeschritten werden soll, wird die Asclepiadenzunft zu erwägen haben. Vermutlich wird der alte Hippokratische Spruch Quod ferrum non sanat, zur Anwendung kommen müssen. Doch will ich meine Frau vorläufig, wo doch in dieser Richtung noch nichts geschehen kann, nicht beunruhigen. Ich bitte Sie auch mir darüber nicht zu schreiben, da sie Ihre Briefe mit besonderer Freude zu genießen pflegt. In der Akademie ist mittlerweile das Kantunternehmen mit 25 000 M. aus der Reserve der Classe dotirt und damit finanziell sicher gestellt worden, wenn nur auch die Leitung sicherer wäre. Aber Dilthey, der sich wieder Urlaub „aus Gesundheitsrücksichten" erbeten hat, weilt noch ferne und so rückt die Sache nicht recht voran. Wir müssen erwägen, ob bei diesem Zustande Dilthey's nicht eine neue frische Kraft für unsere Facultät gewonnen werden soll. Daß Althoff Director des M. geworden ist (aber ohne über Schöne zu stehen) und die Angriffe der Frankf. u.a. Zeitungen mit bekannter disinvoltura ertragen hat, haben Sie wol schon gehört. Neu ist sein Erlaß, daß nicht mehr vor dem Ζ Aug. attestirt werden darf, wodurch die Herren Professoren davor bewahrt bleiben mit ihren Kindern in den Sommerferien noch einige Tage zusammen zubringen zu können. Facultäten und Senat wollen remonstriren, m. M. nach vergeblich. Das Proseminar, das ich mit Wilamowitz eingerichtet habe, florirt. Es sind an 30 Mitgl., darunter 2 Damen [Johanna Hutzelmann und Emma Mielert], die in der ersten Stunde einen griech. Satz allein analysiren konnten, zur Beschämung der übrigen Mitglieder. Wil[amowitz] ist heute zum erstenmal in der Graeca, wo er ein Gegengewicht gegen die neuerdings überhand nehmenden Juristen (Rommel, Waldeck, v. Meyer, Broicher außer Pernice u. Eck) bildet. Meine Frau sendet herzl. Grüße an Sie, Ihre 1. Frau, Schwägerin u. Kinder wie Ihr H . Diels
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139.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 8. Juli 189Z
Lieber Freund! Ihr uns sehr willkommener Brief vom 15 Mai (!) ist leider über alle Gebühr lang ohne Antwort geblieben. Die Anlässe dieser Verzögerung - deren letzter Grund freilich meine zunehmende Langsamkeit u. Schwerfälligkeit ist - waren theils Arbeiten theils andere an sich erfreuliche Abhaltungen. Der für's nächste Heft versprochene Jahresbericht über 1895 wurde zwar nur zur Hälfte fertig; aber diese Hälfte kostete mich viele Zeit, da sie sich zu einer weit über die Grenzen eines Jahresberichts hinausgehenden Auseinandersetzung mit Döring, Apelt u. Siebeck gestaltete. Der letztere überraschte mich durch die Leichtfertigkeit seiner Beweisführung für eine Hypothese, die, um einigermaßen glaubwürdig zu erscheinen, der eingehendsten methodischen Untersuchung bedurft hätte. Aber so geht's, wenn Leute, die bisher nach redlichem Gewinn getrachtet u. damit etwas vor sich gebracht haben, nun auf einmal Lust bekommen, sich auf das Flügelroß der Phantasie zu setzen u. damit im Luftraum herumzutummeln: sie können das ungewohnte Reitthier nicht bemeistern u. so macht es gerade mit ihnen die tollsten Sprünge. An diese Recensionen Schloß sich dann eine kleine Abhandlung an, die aber erst im übernächsten Heft u.d.T. „Sprachstatistisches" erscheinen soll. Aber Zeit kosten mich nachgerade auch Dinge, die ich früher aus dem Aermel geschüttelt hätte, schon weil das Schreiben als solches viel langsamer von statten geht; u. doch kann ich mir's bei meiner Art der Produktion nicht gut von Andern besorgen lassen. Am 22. Juni feierten wir - was auch eine Abhaltung war - unsere goldene Hochzeit. Wir wollten den Tag in möglichster Stille u. Zurückgezogenheit begehen, verheimlichten ihn nach Vermögen, giengen am 20 sten in das Schwarzwaldbad Liebenzell, (an der Nagold, zwischen Calw u. Pfortzheim) wo unsere Schwiegertochter mit ihren Kindern längeren Aufenthalt genommen hat, u. waren dort mit wenigen unserer nächsten Familienangehörigen zusammen. Es war ein recht schöner Tag, so ernst auch der Hintergrund war, den ihm der Rückblick auf die Vergangenheit verlieh - die Zukunft überlassen wir gerne dem kommenden Geschlecht. Eben dieses war es auch, dessen fröhliche Blüthe uns den Tag in erster Reihe verschönerte. Insoweit war also unser Plan gelungen. Dann kamen aber die Zeitungen u. hängten die Sache an die große Glocke, u. da kam doch ein Theil Unruhe u. der Verpflichtungen nach, denen wir hatten ausweichen wollen. Eine wohlgemeinte Theilnahme ist ja immer erfreulich, aber - „jedes Ding hat zwei Seiten", bemerkte einmal Uhland, um einen Disput abzuschließen, worauf seine Frau beifügte: „außer Deinen Briefen, die ha180
ben nur eine." Der gegenwärtige freilich hat derer schon vier; dafür ist er aber auch nicht von Uhland. Ihre Mittheilungen über Ihre Osterreise waren uns sehr interessant, u. wir können uns lebhaft in das Interesse versetzen, das die Reise selbst namentlich für Ihre liebe Frau gehabt haben wird. Mögen auch die Nachwirkungen für Sie alle günstige sein! - Wir wissen noch gar nicht, was wir im Spätsommer thun werden, für den Sie Ihre Pläne wohl schon festgestellt haben. Große Sprünge werden wir wohl nicht machen, aber ich denke, wir gehen doch noch ein paar Wochen in den Schwarzwald. Meine Frau sollte nothwendig etwas für sich thun, da sie zur Zeit, wie eben heute, von ihrem Rheumatismus übel geplagt wird; aber sie kommt so schwer zu einem Entschluß, den auch verschiedene Umstände wirklich erschweren. Mit herzlichem Χ α ί ρ ε ι ν , ύγιαίνειν, dem sich meine Frau (ihre Schwester ist verreist) für Sie u. die Ihrigen anschließt, ganz Ihr Zeller. „Das römische Reich aber - , und seinen Nachfolger nebst dessen Spitze, daß Gott erbarm, sollte man nennen römisch A r m . " Was für Zustände, u. wie ohne Noth u. Vernunft heraufbeschworen! O tempora o mores!
140.
Diels an Zeller Berlin, den 9. Juli 189Z 6 U . Ab. W Magdeburgerstr.20. n l
Hochverehrter Freund, Ihr soeben eintreffender Brief hat mich von einer argen Sorge erlöst. Ihr Schweigen hatte mich etwas beunruhigt und wenn ich nicht ungewöhnlich stark angespannt wäre, hätten Sie schon unterdessen von mir gehört. Gottlob, daß Sie gesund sind und in Gesundheit und Heiterkeit das schöne Fest der goldenen Hochzeit feiern konnten, von dem ich eben erst durch Sie erfahre. So einsam leben wir hier, wie Sie sehen, und so wenig dringt das, was da unten vor sich geht, hier nach Babylon, wo die allgemeine Verwirrung in der That allmählich beängstigend wird. Die Dinge treiben offenbar zu einer Entscheidung und werden hoffentlich auf die Parteibildung von günstigem Einfluß sein. Der Kampf gegen das junkerliche Preußentum wird nun wieder beginnen, und wenn der Kampf auch gefährlich wird, besser als diese Versumpfung! Auf Ihre ausführliche Besprechung der Döring'schen, Apelt'schen und Siebeck'schen Abhandlungen freue ich mich sehr, zumal wenn sie ausführlich geworden sind. Ich selbst habe in das Archiv eine Kleinigkeit auf das Drängen 181
von Stein eingesandt, eine Vermutung der Genesis der Skepsis des Xenophanes, die am Schluß auch mit einem Worte die Freudenthal-Gomperz'sche Theorie betreffs des Monotheismus streift. Von dem monumentalen Werk Steins über die Socialphilosophie habe ich etwa Vi gelesen und belehre mich namentlich über die fleißig citirte Litteratur aus allen Ländern. Dagegen kommt mir die philosophische Begriffsbildung und überhaupt das Systematische des Werkes etwas oberflächlich vor. Bei uns gehts recht ordentlich. Die Erfrischung meiner Frau, die sie aus Italien mitgebracht hat, scheint anzudauern, obgleich ihr das glühend heiße Wetter etwas zusetzte. Sie ist am ersten Ferientage mit Paul nach Friedrichroda abgereist und obgleich das Wetter, wie üblich bei Beginn der Berliner Ferien umschlug, ist sie doch viel im Freien und streift mit Paul die schönen Thüringer Wälder ab. Ludwig und Otto sind durch die Universität gebunden wie ich selbst. Jene wollen eine gemeinschaftliche kleine Ferienreise unternehmen. Ich selbst werde voraussichtlich hier bleiben. In der Facultät haben wir gute Tage, da sehr wenige Doctoranden vorliegen und diese von dem gutmütigen Decan [Dames] alle auf das Ende verspart werden. In der Akademie haben wir das Kantunternehmen finanziell auf feste Füße gestellt, indem wir aus den aufgesparten Reserven 25 000 M. bereit gestellt haben. A m Leibniztage hat Köhler eine geschickte und wahrhafte Rede auf Curtius, Dames eine wahrhafte, aber weniger geschickte auf Beyrich gehalten. Vahlen hat die Begrüßung von Koser und Lenz übernommen. Sie werden sehen, daß er letzteren etwas malitiös behandelt hat. Wir haben Vitelli und Maspero (vorläufig in der Classe) zu Corresp. gewählt, gestern auch E. I. Bekker in Heidelberg und als Ehrenmitgl. Oskar II v. Schweden der im Sept. s. 25j. Reg. Jubiläum feiert. Die Orientalisten haben es angeregt, die ihm zu Dank verpflichtet sind. Dilthey's sind, ich weiß nicht wohin, in die Sommerfrische abgereist. Er klagte sehr über seine Augen, die er sich wieder am Schleiermacher verdorben habe. Ich hoffe, daß Ihre 1. Frau, die ich tausendmal zu grüßen und nachträglich wegen der „goldenen" zu beglückwünschen bitte, etwas ernstliches für ihr Rheuma thun wird, was zugleich auch Ihnen gut thun soll. Von Herzen Ihr H . Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 24. Juli 189Z
Lieber Freund! Dießmal will ich mich besser halten u. Ihren Brief vom 9 t e n heute schon beantworten. Soll ich dabei - wie der Mensch leider von Natur ein Egoist ist u. immer zuerst an sich selbst denkt - mit uns anfangen, so kann ich zu meinem Schmerz nur von meinem eigenen Befinden befriedigendes berichten. Dagegen ist meine Frau zur Zeit von neuralgischen Beschwerden in dem einen Bein so gequält, daß sie ihre Beweglichkeit in einem Maß eingebüßt hat, wie man es bei ihr gar nicht für möglich halten sollte. Die Aerzte - denn wir haben auch einen sehr erfahrenen u. sorgfältigen inneren Arzt beigezogen - wissen keine äußerlich wahrnehmbare Veränderung zu finden, u. so sagen sie denn, was sie immer sagen, wenn sie aus einer Sache nicht klug werden: es käme von den Nerven, u. verordnen unschädliche Mittel, ut aliquid fecisse videantur. Zu einer Luft- u. Badekur, wovon ich mir immerhin mehr verspreche, kommt es wahrscheinlich erst in 3 Wochen: theils, weil meine Frau im Augenblick wirklich kaum reisefähig wäre, theils wegen anderweitiger Dispositonen, die wir nicht gern ändern würden. Mein Sohn ist nämlich seit 8 Tagen bei Frau u. Kindern in Liebenzell u. will, wenn sie alle zusammen Ende dieses Monats von da zurückkommen, die 2 te Hälfte seines Urlaubs noch zu einer Reise in's Tirol verwenden, auf der ihn seine Frau begleitet. Da möchten wir während der größeren Hälfte seiner Abwesenheit die Kinder etwas übernehmen u. auch wieder an uns gewöhnen ehe wir gehen. Unser Plan ist daher, uns am 14. Aug. zuerst 14 Tage in den Luftkurort Breitenbronn zu begeben, der 800 Meter ü. M. im badischen Schwarzwald, 2 St. oberhalb Achern gelegen ist, u. dann noch den halben Septbr. in das Kiefernnadelbad Wolfach im oberen Kinzigthal. Es ist aber möglich, daß alles auch anders wird; ich gebe Ihnen darüber jedenfalls noch Nachricht. Und Sie wollen während der Ferien in Berlin bleiben? Ich kann mir den Grund wohl denken. Möge alles gut ablaufen, wie ich bestimmt hoffe! Vor einigen Tagen erhielt ich, von Campbell geschickt, die proposals for a new Lexicon platonicum; die Sie ja sicher auch bekommen haben; u. es wäre mir lieb, ehe ich darauf antworte, von Ihnen etwas darüber zu hören. Die Sache hätte sich ja viel einfacher machen lassen, wenn sie von Einer Stelle aus in die Hand genommen worden wäre; u. diese hätte eigentlich unsere Akademie sein sollen. Aber ich trug Bedenken, hier einen Antrag zu stellen, so lang unsere Mittel u. Ihre Zeit (u. wen sonst hätten wir zur Oberleitung dieser Sache gehabt? jetzt freilich wäre auch Wilamowitz da) von den Aristotelescommentaren so stark in Anspruch genommen waren u. Schanz' Ausgabe nicht 183
fertig war; was freilich so viel hieß, als daß ich überhaupt darauf verzichte, diesen Antrag zu stellen. Ich hoffte immer, der fanatismus lexicographicus werde in irgend einem Einzelnen stark genug werden, um ihn zu dieser Arbeit anzuspornen, deren freigebige Unterstützung ich dann der Akademie empfohlen haben würde. N u n sind uns die Engländer zuvorgekommen, u. bereits hat auch der Streber Lutoslawski, in dem doch auch ein gut Stück Schwindler steckt, seine Hände darin, was mir höchst fatal ist. Ist vielleicht auch an die Akademie schon eine Aufforderung ergangen, sich an dem Unternehmen zu betheiligen? Wenn es geschähe, würde man ja die Bitte weder abschlagen können noch wollen; ist es bis jetzt nicht geschehen, so würde ich diese Möglichkeit meinerseits Campbell gegenüber nicht berühren. Schon in meinem letzten Briefe wollte ich fragen, u. vergaß es: wem hat man einen Beitrag für das Lenbachsche Bild Mommsen's zu schicken? Ich habe nie eine Einladung dazu erhalten, sondern nur gelesen, daß es gemalt werde. In der letzten Zeit lasen wir Nietzsche's Biographie von seiner Schwester, so antipathisch mir der Mann ist, doch mit vielem Interesse. Die Biographin, die eine sehr gescheidte Person ist, so weit es nicht ihre Hausgötter u. deren Verehrung betrifft, muthet den Lesern allerdings ziemlich viel zu. Sie schreibt eigentlich nur für die Nietzschegemeinde, findet jede Zeile, die ihr Bruder geschrieben hat, bewunderungswürdig, schreibt - ächt Frauenart - über jede seiner Schriften einen hochtönenden Panegyrikus, sagt Einem aber nie, was eigentlich darin steht u.s.w. Aber sie gibt so viel zuverläßiges biographisches Material, daß man von dem Wesen u. der Entwicklung ihres Helden sich doch ein deutliches Bild machen kann. Vielseitig u. hoch begabt, aber ohne einen Mittelpunkt von durchschlagender Kraft, Musiker, Dichter, Gelehrter, Philosoph, ein Halbgenie von Hause aus, wird er von den Weibern, zwischen denen er aufwächst, u. den Freunden, denen er imponirt, hauptsächlich aber von sich selbst, frühe gewöhnt, sich für ein ganzes u. einzigartiges Genie zu halten, schwärmt für Schopenhauer, wird durch Ritschl's Empfehlung fast vom Studenten weg Professor, u. geräth dann - das eigentliche Verhängniß seines Lebens - unter den übermächtigen Einfluß R. Wagner's u. Cosima's. Nach vielen Jahren bricht er auch mit diesem, da keiner von beiden einen andern Gott neben sich erträgt, u. tritt als Führer der Menschheit in selbständiger Messianität auf; aber nur um von dem immer riesiger anwachsenden Größenwahn u. der Selbstsucht, die seine ursprünglich edle Natur wie eine Schlingpflanze erdrosselt, ohne daß sie doch eine gleich rücksichtslose Energie besäße, wie bei Schopenhauer u. Wagner, schließlich dem vollständigen Wahnsinn in die Arme geführt zu werden. Doch claudite rivos. Mit den besten Grüßen von Haus zu Haus der Ihrige Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 26. Juli 1897 W Magdeburgerstr. 20.111
Verehrtester Freund, So sehr es mich freut schon so bald wieder etwas von Ihnen zu hören, so leid thut es mir, daß es Ihrer lieben Frau so wenig gut geht. Leider muß ich Ahnliches von der meinigen berichten. In Friedrichroda, wo sie sich recht wohl fühlte, hatte sie, wie es scheint, die Influenz ergriffen. Zuerst wartete sie acht Tage auf Besserung, und als diese sich nicht einstellte, kehrte sie vor 8 Tagen zurück. Auch hier hat sich die Sache noch nicht viel gebessert, da ihre Halsschmerzen sich erneuert eingestellt und ihre Gliederschmerzen, die sie am Ausgehen hindern, überhaupt noch nicht verloren haben. Unter diesen Umständen will ich sehen, ob ich nächste Woche nach Schluß der Vorlesungen noch auf einige Tage bis zum 10. Aug. etwa mit ihr verreisen kann, falls sie reisefähig wird. Ich schreibe Ihnen gleich heute, um Ihnen mitzuteilen, daß mir Campbell die Aufforderung, die er auch Wilamowitz geschickt hat, nicht hat zukommen lassen. Ich vermute, daß Lutoslawski, den ich s. Z. wegen unerhörter Zudringlichkeit hinaus warf, meinen Namen absichtlich getilgt hat, und bin ihm sehr dankbar dafür. Denn der Index Platonicus ist zwar ein dringendes Bedürfnis der Wissenschaft, kann aber administrante Lutoslawskio (vgl. s. neuesten Artikel in Classical Review 1897 n. 6 On Stylometry (!)) nur ein Miswerk werden. Auch ich hatte längst erwogen, wie man etwa dieser dringenden Aufgabe gerecht werden könnte, halte aber, wie Sie, die Sache zunächst für aussichtslos, da Schanz seine Platoausgabe noch nicht vollendet hat und wahrscheinlich nicht vollenden wird, und da das Vollendete nach den jetzigen Anschauungen über Platotext und Platohdss. neugearbeitet werden müßte. Denn das Fundament B T genügt nicht und seine Kritik ist immer noch viel zu subjectiv. Man müßte also im großen Stile damit anfangen eine neue Platoausgabe mit ausreichendem kritischen Apparat herzustellen und damit die Verzettelung verbinden, auf der der neue Index beruhen würde. Ich kann daher meinerseits nur froh sein, mit dieser Misgeburt gänzlich verschont zu bleiben. Um so mehr werde ich dafür sorgen, wenn Wilamowitz in die Academie eingetreten sein wird, daß eine neue Platoausgabe etwa bei Gelegenheit der nächsten Charlottenstiftung (1899) angeregt wird. Ihr Referat über die Nietzsche-Biographie war mir sehr interessant, da mir die Persönlichkeit psychologisch ebenso anziehend wie sonst abstoßend ist. Von Frau Förster-Nietzsche habe ich einzelne Proben schon früher gesehen und ein hübsches, sympathisches Talent der Anempfindung bei ihr bemerkt. So wirft die Liebe dieser schwesterlichen Seele einen verklärenden Schimmer über 185
dies verwüstete Leben. Steins großes sociologisches Werk habe ich mit entschiedenem Nutzen gelesen. In den Grundfragen ist er offenbar unklar, aber sonst weiß er ein wirklich colossales Material lichtvoll zu gruppiren und mit modernsten Schlagwörtern pointirt zu characterisiren. Auch finde ich in den paar originellen Gedanken die er hat, namentlich der Betonung des philosophiegeschichtlichen Zusammenhangs, Brauchbares und Anregendes. Freudenthals Recension des Parmenides hat mich sehr wohlthuend berührt durch den warmen Ton der Anerkennung. In den Differenzpunkten sind wir beide, wie eine Correspondenz herausgestellt hat, nicht zu bekehren. In der letzten Classewsitzung haben wir Erdmannsdörffer und v. Cornelius zu Correspondenten gewählt, der dritte Historiker, für den Dümmler sich einsetzte, Bresslau fiel mit 10 schwarzen Kugeln durch. Als Rector wird voraussichtlich Schmoller als Decan der Facultät Kekulé gewählt. Mit den allerherzlichsten Wünschen für Sie, vor allem aber für Ihre verehrte Frau, die uns schrecklich leid thut, auch von Seiten meiner Frau getreulichst Ihr H . Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 Ζ Aug. 1897
Lieber Freund! Vielen Dank für Ihren lieben Brief u. namentlich für Ihre Mittheilungen in Betreff des Lex. Plat. Ich habe nun Campbell so geschrieben, daß ich mich nach keiner Seite hin band u. unsere Akademie natürlich ganz aus dem Spiele ließ. Ich schrieb ihm nämlich im wesentlichen: ich würde ein neues, den heutigen Anforderungen entsprechendes Werk dieser Art für sehr wünschenswerth halten, schlage aber auch die Schwierigkeiten (von denen ich die pekuniäre absichtlich unberührt ließ) nicht gering an. Denn 1) müßte man sich auf eine Arbeitszeit von mindestens 10 Jahren gefaßt machen: Bonitz habe zum Index arist. deren 20 gebraucht. 2) werde es recht schwer sein, den rechten Mann für diese Arbeit zu finden. 3) endlich fehle noch die Unterlage einer für alle plat. Schriften gleichmäßig durchgeführten genügenden Textesrecension. Ich möchte daher die Frage aufwerfen, ob es nicht besser wäre, sich vorerst mit einer in mäßiger Zeit herzustellen vervollständigenden Revision von Ast's Werk zu begnügen. Meine Antwort war mithin im ganzen sehr vorsichtig u. zurückhaltend. N u r bei Nr. 2 legte ich den Diplomatenstil einmal bei Seite u. sagte 186
Campbell unumwunden: wenn Lfutoslawski] diese Arbeit oder einen Theil derselben in die Hand bekäme, würde ich jedes Vertrauen zu ihrem Gelingen verlieren. Die Gründe werde ich im nächsten Heft des Archivs darlegen; was im 2. Artikel meines Jahresberichts für 1895 zu thun ich Gelegenheit genommen habe. Im 1. Art. hoffe ich Döring in aller Ruhe doch deutlich genug gesagt zu haben, was ich von ihm halte; aber auch Apelt u. Siebeck konnte ich Erörterungen nicht schenken, die ihnen vielleicht unangenehm sind. Mit dem Schluß desselben ist vielleicht auch Campbell nicht ganz zufrieden. Bei meiner Frau geht's noch nicht besser. Ich bin nun sehr gespannt darauf, ob nicht die Bergluft, die wir übermorgen in Breitenbronn im badischen Schwarzwald (Stat. Achern, 2 Stunden über dieser, 810 m ü. M.) aufsuchen wollen, eine Erleichterung bringt. Hier ist's zur Zeit wirklich sehr schwül, u. die hiesige Luft überhaupt Rheumatikern nicht zuträglich. Unsere Kinder zu verlassen, kostet uns Ueberwindung, um so mehr, da ihre Eltern noch auf 14 Tage in's Tirol gegangen sind. Indessen haben sie eine zuverläßige Wärterin, u. ihre mütterlichen Großeltern sind ja auch hier. Wie lange wir ausbleiben, u. ob ganz in Breitenbronn, wird von Wetter u. Umständen abhängen. Vorläufig haben wir uns auf 4 Wochen Abwesenheit gefaßt gemacht. Habe ich Ihnen geschrieben, daß uns vor einigen Wochen der Verkauf unseres Hauses drohte? Inzwischen hat sich zum Glück der Käufer wieder verzogen. Die Frage vergaßen Sie mir zu beantworten, wem man seinen Beitrag für das Lenbach'sche Mommsenbild zu schicken hat. Schmollers Erwählung scheint ja einiges Aufsehen gemacht zu haben. Mir ist's ganz recht, wenn man darin einen Protest gegen die Unverschämtheit eines Geldprotzen [Stumm?] sieht, die Universitäten bevormunden zu wollen; u. im Spiel war dieses Motiv doch wohl jedenfalls bei der Wahl. Ihren Xenophanes habe ich mit Interesse u. Zustimmung gelesen. Unter anderem weist das και τούτο bei der Iris allerdings darauf hin, daß vorher noch andere himmlische Götter für Gewölke erklärt worden waren. Sehr bedauert haben wir das Unwohlsein Ihrer lieben Frau. Wir hoffen, Ihr Ferienausflug werde Ihnen u. Ihr gut bekommen. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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Diels an Zeller
Berlin d. 9. Aug. 1897 Hochverehrter Freund, Für heute nur die s. Z. vergeßne Mitteilung, daß außerhalb Berlins wohnende Verehrer Mommsens eigentlich nicht mitthun sollen bei dem Lenbachbild. Ich selbst hatte, da ich in den Sitzungen nicht anwesend war, einige Circulare nach auswärts versandt, bin dann aber von der Beschränkung verständigt worden. Sollten Sie trotzdem einen Beitrag einsenden wollen, so wäre es an die Weidmann'sche Buchhandlung Berlin S.W Zimmerstr. 94. Ihre reizenden Platoaufsätze habe ich mit Vergnügen gelesen und das Maßhalten in der Form wie die Schärfe des Inhalts gleichmäßig bewundert. Campbell freilich wird sich nicht für überwunden erklären, weil Sie beliebige Wörter, er ausgewählte, bei denen kein Zufall obwalte, verglichen hat. Unser Ferienausflug ist unterblieben, da meine Frau als Nachwehen der Influenza an bisher noch nicht gehobener starker Schlaflosigkeit leidet, die sie sehr geschwächt hat. Wir bleiben also vorläufig hier und wünschen Ihnen im Schwarzwald beste Erholung. Mit den allerbesten Wünschen für Sie und vor allem Ihre verehrte Frau von uns beiden Ihr H . Diels
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Bertha Diels an Zeller
Berlin, Sonntag 22 August [1897], Hochverehrter Herr Geheimerath! Auf Wunsch meines Mannes theile ich Ihnen mit, daß die bewußte Operation am vergangenen Montag durch Herrn Prof. Körte in dessen Klinik ausgeführt worden ist. Die Operation selbst ist glücklich verlaufen, auch sind die Ärzte mit dem Befinden des Patienten soweit zufrieden, doch wird die Nachbehandlung noch recht langwierig werden, und wir wollen nur hoffen, daß sie ohne ernste Zwischenfälle von Statten geht. Hermann ist ein geduldiger Patient, er schickt Ihnen und Ihrer 1. Frau die herzlichsten Grüße und besten Wünsche zur Erholung in der Waldluft, denen sich von Herzen anschließt Ihre sehr ergebene B. Diels.
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Zeller an Diels Baden-Baden Gasth. z. Hirsch 25. Aug. 189Z
Lieber Freund! Die freundliche Mittheilung Ihrer lieben Frau, für die wir derselben unsern herzlichsten Dank auszusprechen bitten, hat uns gestern hier gefunden. Wir hatten nämlich d. 21. (Sonnabends) Breitenbrunnen verlassen u. uns hieher begeben: nicht weil es uns dort nicht gefiel, sondern weil meine Frau noch die hiesigen Bäder brauchen sollte. Wir sind im Hirsch sehr gut untergebracht, u. für meine Frau, der das Treppensteigen beschwerlich u. mit Schmerzen verbunden ist, hat es Werth, daß sie ihre Bäder im Haus u. sogar auf dem gleichen Stockwerk nehmen kann. Geholfen haben sie leider noch nicht viel, u. da wir nur kleinere Spatziergänge machen können, fehlt's an der Badlangeweile die übrigens sehr zuträglich sein soll - natürlich auch nicht. Seit gestern sind wir mit unsern Gedanken u. mit unsern wärmsten Wünschen unabläßig bei Ihnen. Wir hoffen, das Schlimmste sei nun überstanden; aber selbst in diesem Fall werden Sie die Tugend der Geduld, die Ihre liebe Frau an Ihnen rühmt, wohl noch einige Zeit nöthig haben. Wenn's aber gründlich hilft, wie wir hoffen, so wollen wir uns schließlich darein finden. Verkehrt ist es freilich vom Schicksal, daß es meint, nach dem ó μή δαρείς άνθρ. nicht bios den απαίδευτοι gegenüber verfahren zu sollen. Daran erinnert mich auch der heutige Tag, an dem mich voriges Jahr der Unfall in Ragaz traf. D a dieser aber leidlich vorübergegangen ist, u. da es der gleiche Tag ist, der mich vor 61 Jahren, wenigstens formell, in meine wissenschaftliche Laufbahn eingeführt hat, soll er mir doch kein dies nefastus sein. Wenn Sie mit meinen Plato-Artikeln zufrieden sind, freut mich dieß sehr. Campbell hat meine schriftliche Bemerkung über seinen Freund Lutosl[awski] (der freilich im nächsten Heft noch andere folgen werden) weniger empfindlich aufgenommen als er gekonnt hätte. Ich lege seinen Brief bei, dessen Zurückgabe so lang anstehen kann als es Ihnen paßt, da ich ihn nicht zu beantworten brauche. Meine Bemerkungen im Archiv werden ihn gewiß nicht bekehren, u. würden es auch nicht, wenn ich Raum u. Zeit gehabt hätte, den von Ihnen berührten Punkt zu erörtern. Meine Frau bittet mich, Sie ihrer wärmsten u. theilnehmendsten Wünsche für Ihr Ergehen zu versichern u. grüßt Sie u. Ihre liebe Frau auf's herzlichste mit Ihrem treu ergebenen Zeller. Wir denken etwa am 6. Sptbr. nach Stuttgart zurückzukehren.
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Diels an Zeller Berlin, den 6. Sept. 1897 W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Lieber, verehrter Hr. Geh. Rat, Ihr teilnahmsvoller Brief vom 25. hat uns sehr wohl gethan und Ihre Wünsche sind nicht ohne Erfolg geblieben, insofern die Heilung ohne Zwischenfall weitergeschritten ist. Heute war der Heilgehilfe zum letzten Male in meiner Wohnung, nachdem ich am 27 v. M. hierher aus der Klinik übergegangen war. Ich habe täglich 1 St. ausgehen dürfen und hoffe am Ende d. Woche aus der Hut des Arztes entlassen zu werden. Er wünscht noch etwas Erholung im Freien, nach der ich mich dringend sehne; und wir überlegen nun, wie die verschiedenen Interessen am besten sich vereinigen lassen. Ich wünsche sehr, daß meine Frau, deren Sommererholung so schnöde durch ihre Influenz abgeschnitten worden ist, gleichfalls noch etwas hinauskomme. Sobald unser Reiseziel feststeht, werde ich Ihnen das Nähere mitteilen. Baden ist gewis für Sie wie für Ihre verehrte Frau, an deren Befinden wir herzlichen Anteil nahmen, ein bequemerer Ort als Breitenbrunnen. Ihres dies festus nefastusque habe ich im stillen Kämmerlein wohl gedacht und die Errettung von dem scheußlichen Unfall dankbar gefeiert. Es war eine Kraftprobe, die für die öftere Wiederkehr dieses Tages das beste Prognostikon stellt. Campbell's Brief lege ich wieder bei. Er zeigt trotz aller Verbindlichkeit, daß die Dinge so laufen werden wie er sie sich in den Kopf gesetzt hat. Vielleicht ist es gut, wenn sich jene Richtung möglichst rein und unbeirrt entwickelt. Gewisse Dinge bringen sich selber am besten um. Ich sehe aber aus der Nachschrift Ihres Briefes, daß Sie heute schon wieder in Stuttgart eintreffen wollen. So muß ich also wünschen, daß Baden seine Schuldigkeit gethan und Ihrer 1. Frau vor allem die volle Frische und Beweglichkeit, die zu ihrem Wesen gehört, zurückgegeben hat. Möge auch Ihnen die Erholung dort gut bekommen sein. Neuigkeiten, die Sie interessiren könnten, sind nicht in meine Einsamkeit gedrungen. Gelesen habe ich auch nicht viel außer Taine hist, de la litt, anglaise 3 Bde. und allerlei Leibniziana und Maupertuisiana, die mich wegen einer am nächsten Friedrichstage zu haltenden akad. Rede interessiren (Weltsprache). So schließe ich mit den herzlichsten Grüßen meiner Frau und Ihres getreuen Hermann Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 10/11 Oktbr. 1897
Lieber Freund! Ihr 1. Brief vom 6. Sptbr. ist leider bis heute unbeantwortet geblieben. Erst wartete ich längere Zeit auf die Mittheilung über die von Ihnen noch beabsichtigte Erholungsreise, die er mir in Aussicht stellte; dann, - als ich mich eben darauf eingerichtet hatte, diesen Winter behaglich aufzuarbeiten, was das Archiv noch bei mir gut hat - überraschte mich Reisland mit der Mittheilung, es sei eine neue Auflage des „Grundrisses" nöthig, u. ich möchte je eher je lieber Manuscript schicken. Dieß nöthigte mich nun zu mehr u. emsigerer Arbeit, als man der neuen Auflage wohl ansehen wird (einer Arbeit, die auch erst zum dritten Theil erledigt ist) u. darüber blieb alles andere liegen. Nun beschleicht mich aber immer mehr die Sorge, es möchte bei Ihnen nicht alles in Ordnung sein, u. so will ich nicht länger zögern, Sie um eine Nachricht über Ihr Befinden zu bitten. Wir kamen am 4. Sptbr. aus Baden zurück. Mir ist der vierwöchige Müßiggang ganz gut bekommen. Auch meine Frau empfand doch eine günstige Nachwirkung von ihrer Kur, u. namentlich ihr Schlaf hatte sich verbessert. Aber die Ungunst der Witterung u. die früh eingetretene Kälte, mit denen wir seither mit Ausnahme von 8—10 Tagen zu kämpfen hatten, haben sie wieder um einen Theil der gewonnenen Vortheile gebracht. (Auch unsere Weingärtner leiden unter den Witterungsverhältnissen u. wollen morgen mit der Weinlese beginnen, da sie sich von einem längeren Aufschub bei diesem Wetter mehr Schaden für die Quantität als Nutzen für die Qualität des Erträgnisses versprechen.) Unsere Kinder u. Enkel sind wohl; der Junge hat dieser Tage sein erstes Lebensjahr vollendet. Er ist ein heiterer gedeihlicher Bursche, u. in seiner Entwicklung so weit voran als man von seinem Alter verlangen kann. Unseres Wattenbach rascher Tod gieng uns recht nahe. W i r waren mit ihm u. seinen Schwestern, seit uns das Jahr 1862 in Heidelberg zusammenführte, in herzlicher, ungetrübter Freundschaft verbunden, u. Sie wissen ja, wie sehr er diese verdiente. Die Reihen lichten sich mit erschreckender Geschwindigkeit, u. für die Gefallenen finden die Freunde, wenigstens wenn sie so alt sind, wie wir, keinen, auch die Wissenschaft u. die Universität aber lange nicht immer einen einigermaßen genügenden Ersatz. Meine Revision des Grundrisses gab mir Anlaß, Gomperz' „Griech. Denker" nunmehr im Zusammenhang u. unter Nachprüfung alles Einzelnen zu studiren. Es ist gewiß ein gehaltvolles u. bedeutendes Werk, m.E. das bedeutenste, was über die alte Philosophie als Ganzes seit langer Zeit erschienen ist. Aber doch drängte sich mir auf's neue die Bemerkung auf, wie schwer es ist, 191
mit einer u. derselben Darstellung den dreifachen Lorbeer: des gelehrten Geschichtsforschers, des geistreichen Essayisten, des populärwissenschaftlichen Schönredners u. Polyhistors, zu erringen. Die Zuversichtlichkeit, mit der G[omperz] nicht selten seine Vermuthungen als Thatsachen gibt, der Glaube an das αυτός εφην, der ihm über die gewichtigsten Einwendungen hinweghilft, übersteigt das Maß des Erlaubten. Moderne Analogieen u. positivistische Liebhabereien sind etwas unsichere Wegweiser: sie dienen oft zu schärferer Beleuchtung, dann u. wann aber auch zur Verkennung des Thatbestandes u. der hellenischen Denkweise. Im Einzelnen hätte ich vieles zu beanstanden. So außer der Theorie der Atomenbewegung u. den Entdeckungen über Protagoras namentlich auch die Behandlung des Anaxagoras, dessen Zusammenhang mit Parmenides G[omperz] am liebsten ganz aus der Welt schaffen möchte. Daß er, die Theologie des Xenophanes betreffend, Freudenthal Recht gibt, war von dem Juden nicht anders zu erwarten; komisch nimmt es sich aber aus, wenn er seine (bzw. Usener's) Vermuthung über die Entstehung von X.s Unglauben mittelst des Analogieschlusses beweist: „gleichwie die napoleonische Fremdherrschaft dem Kantischen Rationalismus ein Ende gemacht hat (was freilich durchaus nicht der Fall war), so hat die persische den des Xenophanes hervorgerufen"; in dessen Fragmenten aber sich davon keine Spur zeigt: das Ζεΰ φίλε θαυμάζω σε gehört doch Theognis. Auch hinsichtlich der rhapsodischen Theogonie hat mich seine Beweisführung nicht überzeugt: daß Eudemus sie nachweislich noch nicht kannte, ignorirt er, u. beweist mit den thurischen Goldplättchen, der Phanes sei schon dem 4. u. 5. Jahrh. bekannt gewesen. Als ob er nicht, wenn jene auch dem 3 t e n Jahrh. angehören, (gewiß wird man es nicht wissen) sammt der Umarbeitung der Theogonie, die ihn erfunden hat, im Zusammenhang mit dem Mysterienwesen jener Zeiten (Ph. d. Gr. III b, 79 ff.) gerade im 3. Jahrh. entstanden sein könnte. Zum Glück genügt es für den Grundrfiß] fast durchaus, meinen Dissens von G[omperz] dadurch auszudrükken, daß ich den Text unverändert lasse. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 12. October 189Z W Magdeburgers«. 20. 111
Verehrtester Freund, Es thut mir herzlich leid, daß Sie nach Ihrem 1. Brief von gestern auf Nachricht von mir gewartet hatten. Ich glaubte Ihnen so geschrieben zu haben, daß ich erst nach meiner Rückkehr Bericht in Aussicht stellte. Aber wie ich aus Ihren Zeilen sehe, muß ich mich anders ausgedrückt haben. Meine Vergeßlichkeit also will ich dadurch büßen - was ich übrigens von Herzen gern thue mit wendender Post zu anworten. Wir d.h. meine Frau, die der Erholung sehr bedürftig war, und ich reisten am 13. Sept. nach Wiesbaden, wohin uns meine Schwiegermutter dringend eingeladen hatte. In der That empfahl sich dies aus mehreren Gründen. Wir fanden die alte Dame (sie feiert hoffentlich nächstes Jahr ihren 80. Geburtstag) merkwürdig munter an Leib und Seele. Morgens und Nachmittags liefen wir, zum Teil mit meiner Schwiegermutter, in die Wälder und sonstige Umgebung der Stadt, wobei das unbeständige, aber warme Wetter uns nicht viel hinderte. Auch konnte ich die mir empfohlene Traubencur vorschriftsmäßig durchführen. So stellte sich in den 14 Tagen, die wir dort verlebten, mein Normalbefinden rasch wieder her und da ein Kälterückschlag meiner Schwiegermutter einen Anfall ihres alten Bronchialleidens brachte, der zwar gut vorüberging, aber doch Schonung betr. des Sprechens indizirte, so reisten wir am 28. Sept. ab und nahmen auf dem Rückweg die Philologenversammlung in Dresden mit, die uns mehrere alte Freunde wie Usener, Ribbeck u. A. zu sehen vergönnte und die sehr behaglich für uns verlief, weil wir die größtenteils langweiligen Vorträge nicht besuchten und statt dessen bei schönem, wenn auch etwas dunstigem Wetter, Dresden und die sächsische Schweiz, die wir beide nicht kannten, in Augenschein nahmen. Das Fest hatte einen ausgesprochen humanistischen Anstrich, wozu die formvollendete, in den Zeitungen (absichtlich?) entstellte Rede des Ministers v. Seydlitz, die er in Gegenwart des Königs am ersten Tage hielt, viel beitrug. Der Sitzung des Gymnasialvereins wohnte ich nicht bei, drückte aber meine Ubereinstimmung dadurch aus, daß ich an ihrem Festessen teil nahm und die Toaste ertrug. Die Toaste des folgenden Tages, bei dem eigentlichen Festessen, in denen sich die sächsischen Philologen als wahrhafte Logophilen ausgezeichnet haben sollen, gingen an uns vorüber. Ich kenne diese officiellen Herrlichkeiten sattsam, um nicht ohne Not teil zu nehmen. Sehr schön und vornehm, dabei ganz ungezwungen war das Stadtfest in den Sälen und dem Garten der großen Internationalen Kunstausstellung, wo die bildende und musikalische Kunst (Knabenchor der Kreuzschule, daneben Orchester) ein sehr wohlthuendes Gegengewicht gegen die kulinarische (übrigens ebenfalls 193
würdige) Darbietung bildete. Es sollen an 2000 Menschen an jenem Abend in den Sälen und dem illuminirten Garten anwesend gewesen sein. Dafür ging es ganz ungewöhnlich ruhig und harmonisch her, so daß ich (im Vergleich zu ähnlichen naturforschenden Fêten) auf unsere Philologen stolz bin. Nach Schluß der Festwoche kehrten wir hierher zurück; wir fanden die Kinder wohl und munter. Ludwig hatte mit der ihm angeborenen Würde des Hauses gewaltet. Aber ich fand sehr viel zu thun vor, namentlich Geschäftliches, was die vorige Woche ganz in Anspruch nahm. Ich stellte mich gleich meinem Operateur Dr. Körte vor, der sein Werk lobte und mich feierlichst entließ. Ich fühle mich in der That wie verjüngt und hoffe, daß das alte Leiden nicht wiederkehre. Es war mir in diesem Jahre so übel ergangen, daß ich ernstliche Befürchtung hegte, meinem Amte nicht mehr vorstehen zu können. So trete ich jetzt mit ganz anderer Zuversicht in das neue Semester ein. Es trifft sich gut, daß ich gerade griechische Philosophie u. in den Übungen die Fragmente der Vorsokratiker zu behandeln vorhabe. So werde ich mich auch mit G o m perz näher abgeben müssen. Ich glaube, daß auch ich im Wesentlichen bei meinen Uberzeugungen bleiben werde. Trotzdem ist das Buch in seiner „suggestiven" Form nicht zu verachten. Die populäre Form, die er gewählt, bringt die apodictische Darstellung leider fast mit Notwendigkeit mit sich und die Anmerkungen sind eigentlich ein unorganisches Anhängsel. Ich traf ihn in Dresden und fand ihn gleichsam mitten in seinem zweiten Band, im Antisthenes, wo er Dümmler etwas unvorsichtig folgen zu wollen scheint. Wattenbach's Tod ist uns allen nahe gegangen, obgleich wir uns schon seit Jahren sagten, daß sein Bronchialleiden und seine engbrüstige Constitution jeden gelinden Anfall gefährlich machen mußte. Er ist nun in Heidelberg, das er so liebte, beigesetzt. Seine Wittwe wird schwerlich hier bleiben, sondern vermutlich nach Göttingen überziehen. Aber sie ist noch nicht wieder da. In die Universitätsprofessur wird wol Niemand einrücken, da sein Fach (Hilfsw.) durch Tangl besetzt ist. In die akademische Stelle dürfte wol Wilamowitz gewählt werden, obgleich Scheffer-Boichorst, der schon bei Lenz' Wahl unverständig tobte, dies als neue Kränkung auffassen wird. Es war uns höchst erfreulich zu hören, daß Ihnen selbst die vierwöchentliche Reise wohlgethan hat und daß auch Ihre 1. Frau wenigstens für ihren Schlaf gewonnen hat, wie auch meine Frau ihre Schlaflosigkeit, die sich in Folge ihrer Krankheit im Sommer eingestellt hatte, wieder ziemlich verlassen hat. Leider ist die Witterung auch hier dem Jahre entsprechend ungünstig geblieben und am Rhein haben wir den ganzen Jammer der weinbauenden Bevölkerung miterlebt. U m so erfreulicher ist es, daß ungestört durch alle diese Dinge Ihre Enkel munter und lustig emporwachsen! Grüßen Sie von uns Allen bitte Ihre 1. Frau, der wir beste „Nachkur" wünschen, und Schwägerin sowie das junge Haus Zeller, insbesondere von Ihrem getreuen Hermann Diels 194
150.
Diels an Zeller Berlin, den 4. Nov. 189Z W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Unsere Freunde von der Graeca wollen Mommsen am 30. d. M. zu seinem 80. Geburtstage ihre Photographien stiften. Sie meinen Ihr Bild, obgleich entfernt uns doch so nah, dürfe darin nicht fehlen. Dürfte ich Sie bitten unserem Wunsche (und gewiss dem Mommsen's) entsprechend Ihr Cabinetbild mir zu senden? Mit besten Grüssen und Wünschen Ihr H . Diels
151.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 Ζ Novbr. 1897
Lieber Freund! Die Briefe, welche ich mit dem gegenwärtigen beantworte, waren uns beide sehr zu Danke: der erste, weil er uns über Ihr Befinden u. den Erfolg Ihrer Kur so erfreuliche Nachrichten brachte; der zweite, weil er mir die Möglichkeit verschafft an dem Geburtstagsgeschenk der Graeca für ihren aktiven Senior als auswärtiges Mitglied, oder „alter Herr", oder wie Sie's nennen wollen, theilzunehmen. Von denen, welche ich vor 25 Jahren in der Graeca antraf, gehören ihr nur noch zwei, weit die meisten aber gehören überhaupt nicht mehr dieser Welt an. Hat sie doch nur in den 3 Jahren seit wir hier sind, an Wattenbach ihr sechstes Mitglied verloren. Für Ihre Mittheilungen über diesen sind wir Ihnen sehr dankbar; erst ein paar Wochen später bekamen wir einen Brief von Frau Wittenbach], worin sie alles eingehend berichtete. O b sie in Berlin bleiben oder nach Göttingen gehen will, deutet sie nicht an; ich denke aber, so lange sie ihre Wohnung noch behalten muß, wird sie jedenfalls darin bleiben u. mithin Zeit haben sich die Sache zu überlegen. Daß Wattenbachs Stelle in der Facultät vorerst unbesetzt bleiben werde, vermuthete ich gleich, als ich von Tangl's Berufung nach Berlin las. Ihr theologischer College Schlatter geht ja nach Tübingen. Sie werden sich darüber trösten können. Aber die hiesigen Behörden (an deren Spitze freilich ein recht unbedeutender Kultminister steht) begreife ich nicht: eine Kerze von dieser Lichtstärke hätten sie wohl auch in Schwaben, u. um billigeren Preis, bekommen können. 195
Goedeckemeyer wird Ihnen seine Dissertation über Epikur's Verhältniß zu Demokrit natürlich auch geschickt haben. Ich las sie sofort, weil ich eben bei der Revision meines Grundrisses an Epikur war, u. fand sie sonst ganz lobenswerth; nur ist der gute Mann ein eingeschworener Anhänger der Brieger-Liepmannschen Hypothese über die Urbewegung der Atome u. dabei über die Fragen, um die es sich hier handelt, so wenig orientirt, daß er (S. 17) meint, die Atomisten haben bei der Schwere nicht an den Zug nach unten gedacht, sondern an das Gewicht. Er hat also offenbar schon Waagen gesehen, deren Schalen durch die Gewichte nicht nach unten, sondern nach oben, oder, wie seine Atome, im Wirbel herumgezogen wurden. Die Revision meines Grundrisses ist fertig, aber eine Correctur habe ich noch nicht erhalten. Reisland fürchtet sich offenbar mit dem Druck anfangen zu lassen, so lang er noch ein paar Exemplare der 4 t e n Auflage auf Lager hat. Bei uns steht's zur Zeit gut, auch bei meiner Frau, seit wir trockenes Wetter haben, ziemlich gut. Freuen Sie Sich mit uns Ihrer wiederhergestellten Gesundheit, aber treiben Sie keinen Mißbrauch damit, d.h. überarbeiten Sie Sich nicht. Denn „Maß zu halten - sagt Immermann - ist das Beste, Und sogar auch in der Tugend." Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
152.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 l l . D e c b r . 189Z
Lieber Freund! Unser Verkehr war in den letzten Wochen mehr durch die Presse als die Feder vermittelt. Aber ich will die letztere doch auch nicht ganz einrosten lassen. Zunächst aber von jener. Ihre Tischkarte hat uns u. mir im besondern großen Spaß gemacht; für das Speisenverzeichniß mußte ich aber ein paarmal das Lexikon zu Rath ziehen. Trockener als die fontes recentiores Ihrer Tischkarte ist allerdings die Abhandlung, welche ich heute im 49. Sitzungsbericht der Akademie erhalten habe; ich habe sie aber mit vielem Interesse gelesen u. nur bedauert, daß das Emp[edokles]-fragment nicht ausgiebiger u. seine Bedeutung nicht sicherer festzustellen ist. Könnte nicht vielleicht Z. 6.7 gelesen werden: οτε λέ[γ]ε[ι ο τ ι ' ] τον u.s.f.? Auch Wendlands Abhandlung ist eine hübsche Bestätigung Ihrer Annahmen über die vetusta Placita. Von meinen zwei Beiträgen für das letzte Heft des Archivs wird der zweite in den Lutoslawski gewidmeten Bemerkungen wohl Ihren Beifall haben. Dieser 196
selbst schrieb mir aus Coruña (was er dort thut, weiß ich nicht), er kündigt mir darin 1 Ex. der englischen Uebersetzung seines Buchs an, sucht sich gegen meine Urtheile mit sehr schwachen Ausreden zu vertheidigen, macht die unverschämte Bemerkung: er kenne außer Campbell u. Ueberweg überhaupt keinen Platoniker, der bescheiden wäre, u. legt eine an sich addressirte Postkarte zur Antwort bei. Ich schrieb auf dieselbe ganz kurz: sein Buch habe ich bis jetzt nicht erhalten u. von meinen Aeußerungen über ihn könne ich nichts zurücknehmen. Zu den sprachstatistischen Bemerkungen kam ich fast zufällig durch einige Vergleichungen, die ich zu meiner eigenen Information vornahm, u. deren Resultat mich selbst überraschte. Es gewährte mir dann aber Vergnügen, gegen die Sprachstatistiker, die sich mit der Unfehlbarkeit ihrer Methode so viel wissen, auch einmal die Offensive zu ergreifen. Wir lesen eben Just. Kerners Briefwechsel mit seinen Freunden. Die Sammlung wäre allerdings mehr werth, wenn sie um V> ihres Bestandes gekürzt worden wäre. Aber doch enthält sie recht schätzbare Beiträge zur Charakteristik vieler mehr oder weniger interessanten Persönlichkeiten, vor allem Uhlands; doppelt werthvoll natürlich, wenn man, wie wir, einen Theil dieser Personen selbst gekannt hat. Hier eine kleine Lesefrucht. Uhland schreibt an Kerner, es sei eine Schrift über die Anfertigung von Papierdrachen erschienen: „So ist nun diese Lücke in der Litteratur ausgefüllt." Die Mommsenfeier muß ja sehr schön u. erfreulich verlaufen sein. Schmoller, Frau Mommsen, Frau Scherer schrieben uns darüber, u. alle waren voll der Freude über die Frische u. geistige Belebtheit des Jubilars. Diese Freude theilen wir von Herzen u. ebenso die Ihrige über die Wiederherstellung Ihrer Gesundheit, welche ja jetzt wohl die Probe bestanden hat. Ihnen u. den Ihrigen die besten Grüße von meiner Frau u. Ihrem Zeller.
197
153.
Diels an Zeller Berlin, den 13. Dezember 189Z W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrtester Freund, Die vorigen Wochen, die wie Sie in Ihrem heute eingetroffenen Briefe richtig annahmen, im Zeichen Mommsens gestanden haben, waren gerade deswegen mit mannigfaltiger Rückerinnerung auch an Sie verbunden. Wir bedauerten, aber verstanden, daß Sie zu dem schönen Mommsenfeste bei Schmollers nicht kamen. Geistig schwebte Ihr Bild aber den ganzen Abend über dem Kreis. Noch lebendiger war dies Gedenken am vorigen Freitag, wo Mommsen zufällig gerade an der Reihe war die Graeca bei sich zu sehen. Wir lasen erst einige rührende Scenen aus der Odyssee, genossen dann einige Oden des Bakchylides, der als ein flacher, conventioneller Trabant Pindars erscheint, und feierten dann nachträglich Mommsen's Fest durch einige Reden, welche durch köstliche fontes recentiores (namentlich einen von einem Engländer gesandten Rüdersheimer 1868er) beflügelt wurden. Das Album, dessen τηλαυγες πρόσωπον (übrigens aus dem Jahre 1891 nicht 1893) Ihnen nicht unbekannt ist, stellt einen schweinsledernen Quartanten mit ledernen Schließen und rotem Schnitt vor. Das jüngste Mitglied, das darin erscheint, ist Erman. Auf der ersten Seite trägt es die beiliegende Widmung, die in Ihrer Sammlung der Preßerzeugnisse nicht fehlen darf. D a ich, wie Sie sehen, mancherlei in diesen Wochen habe drucken lassen, so wird es Sie nicht Wunder nehmen, wenn der akademische Aufsatz etwas dünn geraten ist. An λέγει, ότι habe auch ich gedacht. Aber da das Opus vielleicht von Philodem ist und dieser den Hiat meidet, habe ich dergleichen vermeiden wollen. Auch bietet das γ wirklich paläographische Schwierigkeiten nach dem, was Vitelli mitteilt. Über Ihre ganz außerordentlich frischen und wertvollen Beiträge zum letzten Heft des Archivs habe ich mich von Herzen gefreut. Lutoslawski ist, wie sich aus seinem Benehmen gegen Sie ergibt, stets derselbe unverschämte Lump, den man sich nur dadurch vom Leibe halten kann, daß man ihn zur Thüre hinauswirft, was ich vor einigen Jahren habe thun müssen. Mit meiner Gesundheit geht es fortdauernd nach Wunsch und besser als ich je erwartet hatte. Die „Volkshochschul"bewegung ist auch in dem neuen Senate wieder gefallen, da einige Freunde der Sache, auf die man sicher gerechnet hatte, im entscheidenden Augenblicke in das andere Lager übergingen. So Ihr Landsmann Pfleiderer, für den und sein Geschlecht mir dies Verhalten characteristisch erscheint. Sein Bruder muß ja ein wunderliches Buch über Piaton von neuem verbrochen haben. Ist denn Piaton ein so grundschlechter Kerl gewesen, daß er noch jetzt stets von neuem die grausamsten Folterungen ausstehen muß? 198
Ich lese eben 4stündig Geschichte der gr. Philosophie und daneben Leetüre der Vorsokratiker in einem zweistündigem Privatissimum. An ersterer Vorlesung nahmen 55, an den Übungen 15 (mehr nahm ich nicht auf) teil. Ich finde diese Einrichtung sehr praktisch, da die beiden Vorlesungen sich gegenseitig stützen und da ich meist ältere Leute habe, so kommt bei der Besprechung auch für mich öfter etwas heraus. In dem sog. Proseminar interpretiere ich Lucrez. Es nehmen daran 40 teil. So fehlt es nicht an Arbeit, die befriedigt. In den Weihnachtsfeiertagen muß ich an meine akademische Rede denken, die am 27 Januar zu halten ist. Da Maupertuis' 200jähriger Geburtstag in das Jahr 1898 fällt, so ist das Thema gegeben. An Stoff fehlt es nicht, da in vorigen Jahren viele echte Briefe von Friedrich d. Gr. u. A. an ihn teils hier teils in Frankreich zu Tage gekommen sind. So kann man hoffen einiges Neue und des Friedrichstages Angemessene zu bringen. Was die Volkshochschule (sit venia verbo) betrifft, so sind nach dem Scheitern im Senat anderweitige Pläne hervorgetreten, da die Hoffnung besteht, nicht nur das Cultusministerium, sondern auch das Finanzministerium für eine freie, alle Berliner Hochschulen umfassende, Organisation zu gewinnen. Schmoller ist hier wie in allen anderen Rectoratssachen seit Jahren der erste energische Mann, der hier ein adäquates Feld seiner Thätigkeit findet. In der Akademie bleibt Wattenbachs Stelle vorläufig unbesetzt, da die Philologen Wilamowitz, die Historiker Scheffer-Boichorst wollen. Morgen wird über die 2 te Kunstfachstelle abgestimmt. Conze schlägt Bode, Dilthey H. Grimm vor. Vermutlich fallen sie beide. Mit den besten Wünschen für Sie und Ihre 1. Frau sowie die ganze Familie zum Feste und besten Grüßen der meinigen Ihr getreuer H. Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 10. Jan. 1898.
Lieber Freund! Dieß ist zwar mein erster Brief an Sie aus dem Jahr 1898, aber doch trägt er schon das heutige Datum. Dafür kann ich ihn in größerer Ruhe schreiben als mir dieß in der ersten Woche des Jahres möglich gewesen wäre, in welcher das Knarren der Thürflügel immer noch nachzutönen pflegt, die Janus dem neu eintretenden Jahre geöffnet hat. Und unsere herzlichsten Wünsche für das letztere werden Sie auch jetzt noch freundlich aufnehmen. Ihre Mittheilungen über 199
die verschiedenen Mommsenfeiern waren uns sehr zu Danke. Von dem vielen Erfreulichen, was dieselben darboten u. für das Sie ja treulich mitgewirkt haben, ist das Erfreulichste doch immer die seltene Rüstigkeit des Gefeierten. Daß aber trotzdem kaum Aussicht ist, seinen 4. Band zu erhalten, darüber kann ich mich nicht beruhigen; u. sollte er ihn je später noch schreiben, so thäte mir's dann erst recht leid, wenn ich ihn nicht mehr erlebte. Erdmann hat sich ja nun doch bestimmen lassen, nach Halle [Bonn] zu gehen. Wir waren erst sehr überrascht von dieser Nachricht; ich vermuthete aber gleich, was er selbst mir sofort bestätigte, daß es der dringende Wunsch des Ministeriums war, dem er schließlich nachgab; wofür ihm denn natürlich auch gute Bedingungen geboten werden mußten. Abschließen wird aber seine akademische Laufbahn, wenn sie nicht vorzeitig Unterbochen wird, wie ich annehme, schwerlich in Bonn. Wird wohl Riehl sein Nachfolger in Halle? Was sagen Sie zu Stein-Chiappelli's Erklärung des neugefundenen Mosaiks, die unser nächstes, Ihnen vielleicht schon zugekommenes Heft des Archivs bringen soll? Mir hatte der Gedanke, daß wir es mit einer antiken „Schule von Athen" zu thun haben, viel Bestechendes; dann kam mir aber das Bedenken, daß die Leute mit der Toga bekleidet sind. Chiapp. schickte mir durch Steins Vermittlung eine Photographie des Bildes. Sehr erfreulich war mir was Sie von Ihren Vorlesungen berichten, nicht nur für Sie, sondern auch als ein Anzeichen dafür, daß es den Banausen, mit denen wir zu kämpfen haben, noch lange nicht gelungen ist, das Interesse am griechischen Alterthum zu zerstören. Auch sonst meinte ich in den letzten Jahren in dieser Hinsicht Spuren von Besserung zu bemerken. Vielleicht täusche ich mich aber auch darüber: mein hiesiger Horizont ist ohnedieß beschränkter als der in Berlin war. Es wäre ein dankbares Thema für einen der volksthümlichen Hochschulkurse (die unabhängig vom akad. Senat möglicherweise besser gedeihen werden), der Laienwelt über den Antheil der Griechen an unserer heutigen Kultur, das thatsächliche Fortleben der Antike in der Gegenwart, ein Licht aufzustecken. Als ein Hauptpunkt müßte dabei der Antheil der alten, namentlich der platonischen u. stoischen Ethik an der christlichen u. an der Umbildung des Judenthums zu einer Weltreligion hervorgehoben werden. N u r mit Vorsicht könnte man freilich berühren, wie viel Irrthum, Aberglauben u. Verkehrtheit das Christenthum aus dem Alterthum mit übernommen hat: wie stark der Polytheismus, der Heroënkultus, die Apotheosen nicht nur an der Heiligenverehrung sondern auch an der Christologie u. Trinitätslehre betheiligt sind; wie das katholische opus operatum wohl noch mehr aus der römischen als der jüdischen Gesetzesreligion entsprungen ist; wie genau Seneca's Schilderung Fr. 36 auf den heutigen Mariendienst, u. nicht allein in Rom, paßt u.s.w. Pfleiderers dickes Buch schien mir, so weit ich es bis jetzt kenne, ebenso leer als eigenliebig. Auf wissenschaftliche Erörterungen läßt er sich nicht ein, son200
dem spricht als unfehlbarer Volksredner vom Katheder. Seine Gegner nennt er nicht, sondern bezeichnet sie nur mit „man"; kann ihnen also ungestraft so viel Falsches nachsagen als er will. Da war mein alter Lehrer Steudel doch ehrlicher: Der sagt im Vorwort zu seiner Dogmatik: Damit man ihm nicht vorwerfen könne, er greife statt der Sache die Person an, nennt er keinen von den Gelehrten, die er bestreite, damit man aber doch wisse, wer gemeint sei, nenne er sie im Register. Hätten Sie wohl die Güte, Besteher zu sagen, er möchte mir das neuste Personalverzeichniß schicken. Ich habe mir diese ausdrücklich vorbehalten. Von uns u. den Unsrigen ist im übrigen gutes zu berichten; nur sind die vielen Nebel der letzten Wochen meiner Frau für ihre rheumatischen Beschwerden nicht gut bekommen. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus treulichst Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 20. Januar 1898. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Wie außerordentlich habe ich mich über Ihren lieben Brief vom 10. gefreut und über die guten Nachrichten, die er aus Stuttgart sandte! Uns ist es seitdem auch nicht schlecht ergangen. Die Weihnachtsferien verliefen allerdings mit vielen nützlichen und unnützlichen Geschäften, aber es blieb doch auch noch einige Zeit zu Allotria z.B. Bacchylides, der den Philologen manche Probleme aufgibt, den Philosophen aber durch eine bei einem Zeitgenossen des Aschylus und Pindar immerhin auffallenden Mangel an tieferen Gedanken enttäuscht. Ich habe Spasses halber eine der besten Oden in Platenscher Manier metrisch getreu übersetzt, da die moderne freie Art mit Reimen à la Heine einem Dichter wie Pindar oder Bacchylides gegenüber bankerott machen muß. Ich kehre eben von unseren Donnerstagssitzungen zurück. Es standen drei Wahlen zur Discussion: Pettenkofer als auswärtiges Mitglied, Engelmann als ordentliches Mitglied an Stelle von Dubois und Hermann Grimm als moderner Kunsthistoriker. Die erste Wahl wurde heute nur signalisirt, die zweite wurde fast einstimmig vollzogen, dagegen entspann sich bei der dritten eine principielle Discussion, die von Seiten der Gegner der Wahl sehr viel ungeschickter geführt wurde als von Dilthey und Brunner, die mit Wärme und bemerkenswertem Eindruck dafür auftraten. Natürlich waren die Mitglieder meist schon vorher entschlossen und so überraschte mich das Resultat 17 weiße und 23 schwarze Kugeln nicht. Ich meinerseits bedaure, daß es keine dritte Akademie 201
der großen Schriftsteller gibt, wo Männer wie Grimm an erster Stelle wirken könnten, die sich (ähnlich wie Treitschke) in der Akademie der Wissenschaft wie sie ist, nur deplacirt vorkommen können. Unser verehrter Freund Grimm ist übrigens in diesen Tagen der Gegenstand von lebhaften Huldigungen gewesen, die er mit der Eitelkeit des Künstlers kokett ausweichend um so lieber empfangen hat. Naiv ist es, daß er dem Rector schrieb, er solle die ihm mündlich zugedachte Begrüßung ihm schriftlich senden und noch naiver, daß er in der Antwort, die im Senat verlesen wurde schrieb, er könne nicht vollkommen antworten, da er Schmollers Brief an Sie geschickt habe! Und dabei muß man dieses unglaubliche Kind von 70 Jahren doch eigentlich gern haben. Die volksthümlichen Kurse sind, wie Sie wol schon gehört haben, durch Schmollers rastlose Thätigkeit im Begriff Wirklichkeit zu werden. Unser Minister hat dem Druck von oben und unten nachgebend die erbetenen 10 000 M. sogut wie bewilligt und ein aus 3 Hochschulen zusammentretendes Comité, das die officielle Verbindung mit der Universität mit Recht aufgegeben hat, wird nun die weiteren Schritte beraten. Ihre Skizze einer solchen Volksvorlesung hat mich sehr sympathisch ergriffen. Ich habe ähnliche Gedanken, wie Sie sie ausführen, schon in engerem Kreise (Mittwochsgesellschaft) ausgeführt. Doch verkenne ich nicht, daß diese Dinge mit ganz besonderem Tacte gerade allgemeinem Publicum gegenüber behandelt sein wollen. O b ich selbst die Zeit dazu erübrigen werde und die Kraft dazu haben würde (an Lust fehlt es nicht) bezweifle ich fast. Aber wir werden sehen. Sehr interessant war mir Ihre Characteristik des guten Edmund Pfleiderer, der mir jedenfalls lieber ist, wenn er mit „man" um sich wirft, als wenn er ehrenrührige Dinge Collegen mit Namensnennung nachsagt. Ich hörte heute, daß die Philosophen in Tübingen (also wol er?) mit einem Dr. Reitz (?) hineingefallen seien, der über die Raumvorstellung bei Aristoteles schreibend schamloses Plagiat an Bäumker verübt habe, was die Straßburger Facultät, bei der er sich habilitiren wollte, unserer mitteilte. Uber den unerwarteten Tod Erwin Rohdes sind wir doch betrübt gewesen, so wenig uns die kachektische Persönlichkeit des bedeutenden Gelehrten sympathisch war. Es freut mich, daß er seine großen Werke rein von jener unseligen Polemik gehalten hat, die seine Gegner als Spitzbuben aufzufassen liebte. Diese Zeitschriftenexpectorationen werden mit ihm begraben sein. Das Gute an ihm wird dauern. Leider sind Sie derjenige den er am schlimmsten behandelt hat. Denn Wilamowitz zu mishandeln war er einigermaßen wenigstens gereizt. U m so mehr freut es mich, daß dieser mit höchster Anerkennung von seinen Leistungen bei Gelegenheit des Todes sprach, während er selbst niemals, auch nur bedingt, von seinem Gegener etwas anerkannt hat. Ihre Freude über Erdmanns Berufung nach Bonn teile ich ebenso wie Ihre weiteren Hoffnungen. Denn trotz aller Hochachtung für unsern Collegen muß
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ich doch sagen, es fehlt der führende Geist in diesem Fache, der z.T. von äußeren Qualitäten abhängt, aber jedenfalls bei unseren feingearteten und liebenswürdigen Hauptvertretern vermißt wird, von dem breit hin wandelnden Hornvieh zu schweigen, für das wir nicht verantwortlich sind. In vierzehn Tagen hoffe ich Ihnen meine Jubiläumsrede über Maupertuis, die über 8 Tage (um 2 Uhr horribile dictu wegen des Ministeressens!) steigen wird, zuzusenden. Ich habe sehr den Zwang empfunden, Dinge, die ich wissenschaftlich durchforscht hatte, nun in ein paar Zeilen epideiktisch abzuthun und überhaupt über Dinge mitzureden, die man nicht versteht. Aber je älter man wird, um so unmoralischer wird man in dieser Beziehung. Jedenfalls müssen Sie Sich denken, daß ich mit dem Mantel über dem Kopf reden werde wie Sokrates im Phädrus. Nachher eine zweite, offene, wissenschaftliche, ausführliche Behandlung nachfolgen zu lassen, um sich zu rehabilitiren, dazu fehlt es mir an Zeit und Lust. Das Lesen des Bakchylides hat mich zu dem unglaublichen Compositionsfehler gebracht, von der eigentlichen Veranlassung meines Festgesanges gar nichts zu sagen. So erschalle denn von dieser Stelle aus um so lauter mein Ruf: Vivat 84 et sequentes! Der treffliche Besteher ist im Dezember gestorben und daher die Liste in Unordnung geraten. Sie werden nun alles erhalten haben. Tschorsch ist Nachfolger. Nun Sie werden sehen und nachsehen. Der milde Winter wird Ihnen und schließlich doch auch Ihrer 1. Frau bekömmlich sein. Mit den besten Grüßen an Ihre ganze 1. Familie von uns allen Ihr H. Diels
156.
Diels an Zeller Berlin, W 18/2 98 Magdeburgerstr. 20.
Hochverehrter Freund, Heute mitten aus viel Arbeit heraus eine kleine Frage! Wir können nicht mehr constatiren, wie es früher mit den Diplomen der auswärtigen Mitglieder gehalten worden ist. Wenn Sie vielleicht Ihr Diplom greifen könnten, würden Sie mich verbinden, wenn Sie mir mitteilen wollten, in welcher Form dies abgefaßt war, nemlich ob das gewöhnliche Mitgliederdiplom dazu benutzt oder ein besonderes zur Verwendung kam. Niemand, selbst Auwers nicht, weiß hier mehr Bescheid. Wir haben Pettenkofer in München gewählt. Mit besten Grüßen und Wünschen für Sie u. Ihre 1. Familie Ihr H. Diels 203
157.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 20. Febr. 1898.
Lieber Freund! Eben schickte ich mich gestern Nachmittag an Ihren Brief vom 20. v. Mts. zu beantworten, als mir der vom 18. d. überbracht wurde. Nach einigem Suchen fanden sich auch die beiden Diplome, vom Decbr. 1872 u. vom Jan. 1895, u. eine genaue Vergleichung derselben ergab, daß für beide dasselbe Formular verwendet worden ist. Denn sie stimmen nicht blos in ihrem sonstigen Tenor wörtlich überein, sondern es bezeichnet mich auch das zweite, wie das erste, einfach als Socium, nicht etwa als Soc. extraneum, der Akademie. Unterschrieben sind sie von den vier Sekretären, der Vorsitzende an erster Stelle. Mein Dank für den Brief, mit dem Sie mich an meinem Geburtstag erfreuten, hat sich bis heute verzögert; was Sie neben meiner sonstigen Schwerfälligkeit auch dem Umstand zugutehalten wollen, daß ich diese Zeit her theils mit der Correctur des Grundrisses theils mit der Fertigstellung meines Jahresberichts für's nächste Heft ziemlich in Anspruch genommen war. Von den 18 Seiten des letzteren ist die Hälfte Hirzeis Dialog gewidmet. Dieser Tage kam mir auch Gomperz' Anzeige von Campbell's Rep. (Ztschr. f. Philos. Bd. 109) wieder unter die Augen, die er Ihnen s. Z. auch geschickt haben wird. Ich legte sie damals, eben anders beschäftigt, bei Seite u. las sie jetzt erst; skandalisirte mich aber noch mehr als an der Fanfare, mit der er Siebeck's „siegreiche Beweisführung" feiert, an der Entdeckung, daß Plato zwischen Rep. u. Gesetzen eine skeptische Periode durchgemacht habe. Die Eingabe gegen das Privatdocentengesetz habe ich nicht unterschrieben, wäre aber sehr bereit gewesen es zu thun, wenn sie statt der Ablehnung des Gesetzes seine Verbesserung durch die jetzt von der Commission beantragte Bestimmung verlangt hätte, daß die Remotion eines Docenten nur auf Grund einer Verurtheilung durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgen könne. Auch dann nämlich, wenn dieß nicht zu erreichen ist u. es bei den Bestimmungen des Gesetzesentwurfs bleibt, wird die rechtliche Stellung der Docenten durch dieselben wesentlich verbessert. Sie erhalten für ihre Lehrfreiheit die gleichen Garantieen wie die Professoren, u. mehr können sie eigentlich nicht verlangen; so wünschenswerth es auch wäre, daß beide, u. die andern Beamten dazu, nur auf Grund eines Urtheils entlassen werden könnten, das von einem mit Richtern besetzten u. an ein streng richterliches Verfahren gebundenen Disciplinarhof gefällt wäre. Daß gegenwärtig, wie behauptet worden ist, ein Docent nicht removirt werden kann, wenn seine Facultät damit nicht einverstanden ist, glaube ich nicht: m. E. muß die Facultät zwar gehört werden, aber der Minister ist an ihr Gutachten nicht gebunden. Auch auf die Facultäten möchte ich 204
aber nicht unbedingt bauen. In Greifswald wurde vor Jahren ein Theolog, so viel ich mich erinnere auf Betreiben der Facultät, aus dogmatischen Gründen gemaßregelt; u. wenn Sie noch viele Greifswalder nach Berlin bekämen, wäre auch dort allerlei möglich. Dagegen bietet mir aber das Staatsministerium, in dem doch auch der Justizminister sitzt, immerhin bessere Garantieen, als der Kultusminister allein. Die Facultäten vollends sollten Gott danken, wenn man ihnen die gehässige Pflicht abnimmt, über die Remotion eines Docenten entscheiden zu sollen, der vielleicht mit einem Theil ihrer Mitglieder befreundet, vielleicht aber auch mit einem solchen gespannt oder ihm als akademischer Concurrent unbequem ist. Wie froh wären wir seiner Zeit gewesen, wenn wir den Dühring'schen Handel an einen Disciplinarhof hätten abgeben können! Kürzlich erfuhr ich aus Reitzensteins Anzeige von Wilamowitz' Kallimachus, daß ein gewisser Sallustius einen Commentar zu Kall, verfaßt hat. Fragen Sie doch W nebst meinem Gruß, ob er etwas dagegen hätte, wenn jemand diesen Sallustius für den Neuplatoniker aus Julian's Zeit (Ph.d.Gr. III b, 733 f.) hielte, dessen Schrift über die Götter wir noch haben. Vielleicht ist er aber auch selbst auf diese Vermuthung verfallen, u. ich konnte es nur der Recension nicht entnehmen. Meine Frau schickt Ihnen u. der Ihrigen die herzlichsten Grüße mit Ihrem treu ergebenen Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 25. März 1898. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Mit Schrecken sehe ich, indem ich das Datum Ihres letzten, lieben Briefes nachsehe, dass ich schon mehr als einen Monat habe verstreichen lassen ohne ein Lebenszeichen von mir zu geben. Aber je älter ich werde, um so mehr verschwindet der Zeitbegriff. Das rast nur so an mir vorbei, dass der Gedanke dieser Blitzzugbeschleunigung etwas Beängstigendes hat. Nimmt denn das immer zu im Alter, so dass man sich gemach an die zeitlose Ewigkeit gewöhnt, oder liegts daran, dass ich immer weniger freie Momente habe und so das Bewusstsein der Zeit, der αριθμός των νυν (würde vielleicht Aristoteles sagen) fehlt? Thatsächlich bin ich erst jetzt ungefähr soweit, mich auf mich selbst besinnen zu können. Der Ferienanfang ging noch mit Aufarbeiten alter Schulden 205
hin, die ich nun alle pflichtschuldigst erledigt habe: eine sehr ausführliche Besprechung der Leipziger Theophrastausgabe, die mir zuviel Byzantinisches als Theophrastisch ansieht, namentlich in den Definitionen, dann eine kürzere aber recht kräftige Abwehr des gegen Sie mit verhüllter Bosheit aber unverhüllter Ignoranz und Dummheit geschriebenen Buches von Bauer, den Stein wol zur Belohnung für seine Schreiberdienste bei s. Socialphilosophie (der Stil hat auch abgefärbt!) in seine Berner Studien aufgenommen hat. Andere meinen, da es der erste Christ sei, der ihm etwas für diese Studien angeboten, so habe er ihn nicht abweisen wollen. Wie dem auch sein mag, daß Buch ist ethisch, stilistisch, wissenschaftlich und sogar aesthetisch (Petitgriechisch zwischen Antiquacorpus gedruckt!) ein Greuel. Ferner habe ich noch, um nicht alle Juden mir auf den Hals zu laden, für den alten H . Weil, den einzigen Philologen in Frankreich, der wirklich Griechisch kann, einen Aufsatz (Empedoclea) geschrieben, der in einem Sammelbuch zu dessen 80. Geburtstag im Herbst erscheinen soll. Freilich ein anderer französischer Jude Th. Reinach wird mir noch die Ferien weiter verderben. Dieser junge Mann war von unserm Stumpf in s. Aufsatz über die ar. Probleme ruhig aber bestimmt wegen seiner wilden Kritik in diesen Problemen getadelt worden. Als Erwiederung hat sich Reinach die paar philologischen Theile der Stumpf'schen Abhandlung (Die pseudo-arist. Probi. Abh. 1897) aufs Korn genommen, behauptet dass das alles dummes Zeug sei und ohne Beweise geliefert zu haben schließt er seinen Artikel (Revue d. Et. grecques 1897, 402): „Les exemples cités suffisent à montrer combien M. Stumpf a été mal inspiré en livrant à la publicité ce travail mal digéré et l'Académie de Berlin, en lui accordant une hospitalité (!) et par cela même un prestige immérité." Stumpf wollte erst selbst antworten. Aber ich riet ihm ab, da dies in eine schiefe Situation bringt. Ich habe mich überzeugt, dass die Vorwürfe des Pariser Juden unberechtigt sind oder wenigstens stark übertrieben, und habe vor, wenn die Ferien langen, einen Aufsatz zu schreiben, der objectiv die Dinge richtig stellt und subjectiv in der allerhöflichsten Weise unser akademisches Hausrecht wahrt. Das will ich in unsere Sitzungsberichte geben. Ich hoffe, wenn es mir gelingt, etwas nicht allzuthörichtes ad rem zu bringen, den unwürdigen Angriff auf die Akademie u. sein Mitglied nebenbei so am wirksamsten zurückweisen zu können. Die Pariser Intellectuels sind jetzt (das ist die Folge des Zolaprocesses) von einer überströmenden Liebenswürdigkeit gegen Deutschland, als ob sie die Schmach der Processe ihrerseits gut machen wollten. Hirschfeld ist von den Académiciens jetzt eben dort mit ganz besonderer, ostentativer Freundlichkeit aufgenommen worden und die Academie bittet um die Prosopographia im Schriftenaustausch, obgleich wir das Buch gar nicht im Verlag haben. Aber wir schicken's natürlich doch.
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Ihre Bemerkungen über das Privatdocentengesetz finde ich vollständig gerechtfertigt, aber ich habe aus zwei Gründen unterschrieben: einmal weil das Gesetz ein Désaveu unseres Facultätsurteils ist in Sachen Arons, das ich billige, zweitens und hauptsächlich deswegen, weil die zielbewußte Absicht der Regierung dahin geht die vollständig freie Stellung der Privatdocenten in eine Art von Hilfslehrerprofessorentum umzuwandeln, um sie besser am Gängelbande zu haben. Hat man dann in den wichtigen Entwicklungsjahren durch Stipendien, durch Verleihung des Professorentitels, durch allerlei sonstige Munia und Immunia die künftigen Professoren gezüchtet, dann ist man (oder glaubt man sich) sicher, keine „professuri" mehr bei den Ordinarii zu finden. Es ist System in der Sache und eins, das meiner ganzen Richtung zuwider läuft. Vielleicht würden Sie auch anders die Sache ansehn, wenn Sie diese Principia, quibus obstandum est, an der Quelle sich entwickeln sähen. Der Greifswalder Fall ist hier unbekannt, auch trifft er nicht auf unsere Statuten, da der Betr. sich an das Ministerium wenden kann. Gegen den Verwaltungsgerichtshof lässt sich einwenden, dass diese zwar sehr genau wissen, was rechtens ist, aber nicht was akademische Sitte. Und darauf kommt ja doch in den meisten Fällen die Sache hinaus. Die Räte des Min. sind in der Hinsicht doch mehr orientirt, wenn auch freilich wieder von den politischen Strömungen oben abhängig. Ich finde alles in allem: unser Berliner Statut war ausreichend und gut. Uber Sallust hat sich Wilamowitz im Herakles I Aufl. I 197 schwankend aber im Ganzen der Identität günstig geäußert. Er legt Gewicht darauf, dass der Laurentianus die Hypothesis des O K so gibt Σαλλουστίου ύπόθεσις Πυθαγόρου (Endung abgekürzt, also Πυθαγορείου). Ihren Gruss habe ich bestellt. Wil[amowitz] ist in Italien, um sich von seiner Nervosität zu erholen (in ministerieller Mission!). Hätte ich nur meine Frau, die am gleichen leidet, mitschicken können! Aber sie mag ihn nicht recht. So muss sie mit mir hier bleiben. Haben Sie etwas davon gehört, dass man für Simmel eine Prof. f. Gesch. d. Phil, einrichten will? Mit den besten Ostergrüssen für Sie, Ihre 1. Frau und die ganze Familie von uns allen Ihr getreuer H . Diels
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159.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 30. Apr. 1898.
Lieber Freund! U m mit uns selbst zu beginnen, so geht es uns u. den Unsrigen zur Zeit gut. Auch meine Frau ist von den rheumatischen Schmerzen, die sie vor einigen Wochen in unangenehmster Weise heimsuchten, wieder so ziemlich befreit. Doch denke ich in etwa acht Tagen mit ihr auf einige Zeit nach Baden B. zu gehen, um uns mit etwas frischer Luft u. Bädern für den Sommer zu versehen. Vor Pfingsten werden wir aber jedenfalls wieder hier sein, da ich der Versammlung des Gymn.Vereins unter allen Umständen beiwohnen möchte, bei der ich eine Anzahl alter Freunde, wie Schräder, O. Jäger, Wendt, Uhlig, zu sehen hoffe. Wie schön, wenn auch Sie dabei wären! Aber bei Ihrer vielen Arbeit wird man sich, fürchte ich, darauf keine Rechnung machen dürfen. Nur diese Arbeit wird auch daran schuld sein, wenn Ihnen die Zeit neuerdings besonders schnell vergangen ist. Denn wiewohl die Geschwindigkeit derselben eigentlich - d.h. nach dem Zeugniß der Uhr u. des Kalenders - immer dieselbe ist, erscheint sie uns doch deßhalb so ungemein verschieden, weil wir den Zeitverlauf überhaupt nur dann bemerken, wenn wir darauf reflektiren. Je öfter wir unsere psychische Thätigkeit durch diese Reflexion unterbrechen, desto länger wird uns die Weile; je vollständiger wir uns in der Arbeit oder der Unterhaltung verlieren, um so schneller vergeht uns die Zeit, weil wir um so seltener auf ihrer Verlauf reflektirt haben. Ebendeßhalb aber kehrt sich dieses Verhältnis in der Erinnerung um: je langsamer uns die Zeit verstrichen ist, um so kürzer, je rascher, um so länger erscheint sie uns aus einiger Entfernung, weil wir da ihre Dauer nach der Fülle dessen schätzen, was wir in ihr erlebt haben. „Warum der aber - werden Sie sagen - nicht mehr liest, wenn er das Dociren doch nicht lassen kann?" Nun ja, die Katze läßt vom Mausen nicht, wenn sie auch nicht mehr viel fängt. Dießmal hat mich aber nur die löbliche Absicht verleitet, Ihnen zu beweisen, daß es nicht ein Zeichen des nahenden Alters, sondern ein Merkmal der άκμή ist, wenn jemand im Eifer des Schaffens den Schritt der Zeit überhört. Die letzten Wochen habe ich einer Anzeige von Bruns' litter. Porträt, B. III, für den Jahresbericht über 1896 gewidmet, mich an vielem Feinsinnigen darin auf's neue erfreut, aber auch einige Fragezeichen u. sonstige Randglossen nicht unterdrückt. Erfreut habe ich mich unter anderem auch an einem Zug, der mich an Curtius erinnerte: daß es nämlich unser menschenfreundlicher Kieler College in seinem Idealismus nicht über's Herz bringt, den Alten, die er verehrt, so viel Eisen im Blut zuzutrauen, um auch einmal rücksichtslos auf einander loszuschlagen. Nicht allein Plato darf bei seinem Euthydem beileibe nicht 208
an Antisthenes gedacht haben: auch Aristophanes soll fast alles, was er von Sokrates sagt, für wahr gehalten haben; denn wenn er wissentlich über ihn log, hätte er, I. Bruns, wenn er Agathon gewesen wäre, ihn gewiß nie mit Sokr. zusammengebeten. - Die Schriften von Bauer u. Reinach habe ich bis jetzt nicht gesehen u. sehne mich auch nicht darnach; um so mehr freue ich mich auf Ihre Kritik derselben. Für 1. April 1899, wenn wir ihn erleben, droht uns ein großes Uebel: ein Umzug, da unser Haus so gut wie verkauft ist. Bis dahin habe ich mir die Wohnung gesichert. Wir nehmen die Sache nicht leicht, namentlich wegen des Gartens, in dem jetzt wieder jeden Nachmittag unsere Enkelchen spielen, u. weil ein genügender Ersatz schwer zu finden sein wird; von dem Gräuel des Umzugs selbst nicht zu reden. Aber was ist zu machen? Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus ganz Ihr Zeller.
160.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 Ζ Juni 1898.
Lieber Freund! Etwas erfreuliches theilt man seinen Freunden gern mit, wenn man auch gerade keinen Brief zu beantworten hat; u. so will ich Ihnen nicht verhehlen, daß wir von der Wohnungsnoth, die uns für's nächste Frühjahr bedrohte, in unverhoffter Weise befreit worden sind. Die Eigenthümerin unseres Hauses, Frau v. Eyb, eine Schwester unseres Nachbars, des bisherigen hiesigen Reichstagsabgeordneten u. Großindustriellen, Geh. Commerzienrath Siegle, hatte dasselbe schon als wir es bezogen, zum Verkauf gestellt. Wir getrösteten uns aber der Hoffnung, daß sich nicht so schnell jemand finden werde, welcher ihr die 175 000 M., die sie haben wollte, dafür gebe. Da bequemte sie sich schließlich dazu, es einem Liebhaber, der sich zeigte, um 150 000 zu überlassen, u. der Kauf war schon so gut wie fertig, als Siegle, dessen Frau die meinige unsere Noth zu klagen Gelegenheit gefunden hatte, großartig in's Mittel trat u. seiner Schwester das Haus abkaufte, dessen ihm zustehende Hälfte er ihr nach seiner Mutter Tod geschenkt hatte. So werden wir nun darin bleiben können, bis man uns hinausträgt, worüber wir aus vielen Gründen nicht wenig erfreut sind. Die Versammlung des Gymn.Vereins, die wir vorige Woche hier hatten, verlief recht befriedigend, u. ich hoffe, sie habe dazu beigetragen, ihm bei den württemb. Gymn. Lehrern, die an ihr sich zahlreich betheiligten, (sie hatten 209
am folgenden Tag hier ihre Landesversammlung) etwas mehr Eingang zu verschaffen. Von Berlin waren die beiden Kübler hier, von denen auch die Notiz in der Nat. Z. herrühren wird; sonst von Auswärtigen: Schräder mit Sohn (u. Tochter), O. Jäger, Uhlig, Wendt u. einige Andere, unter denen ich mich freute einen Rektor Burkhard aus Basel kennen zu lernen, der zwar selbst Mathematiker ist, aber an seiner Anstalt das Griechische aus einem fakultativen wieder zu einem obligatorischen Fach gemacht hat. A m Mittagessen nahm mit anderen Damen auch meine Frau theil. Was sagen Sie zu Gomperz' neuster Kundgebung („über neuere Platoforschung")? Mich hat seine Bewunderung Lutoslawski's nicht überrascht: sie ist ganz im Stil des früheren Panegyrikus auf das „treffliche Forscherpaar" Brieger u. Liepmann. Merkwürdiger waren mir einige Anzeichen der Verlegenheit, in die er mit der sprachstatistischen Chronologie zu kommen anfängt. Denn wenn sich Plato's Stil in Curven entwickelt hat, wie etwa diese: Α " N / V Β so hört jede Möglichkeit auf, zu beweisen, daß von dem, was auf der Linie AB liegt, das eine der ersten, das andere der zweiten oder dritten Stilperiode angehört; u. wenn sich der Sprachcharakter des Phädrus mit G.s Theorie nur durch die Behauptung vereinigen läßt, er sei jünger als der Euthydem u. sage über Isokrates das gleiche, wie dieser, so hätte man allen Grund, sich über die Unfehlbarkeit eines Verfahrens, das zu solchen Ungereimtheiten führt, zu besinnen. Die neue Auflage meines Grundrisses ist längst fertig, u. ich habe sie auch seit acht Tagen. Sie aber vermuthlich noch nicht: Reisland scheint entschlossen, auch von den Freiexemplaren keines zu versenden, so lang er auch nur Ein Ex. der 4. Aufl. noch besitzt. Immer Sui (Genet.) similis. Möchten Sie Vahlen meinen besten Gruß u. Dank für seine heute erhaltenen Abhandlungen bestellen? Wann fangen die Berliner Gymn.ferien an? Unser Sohn will im Juli mit Frau u. Kindern nach Rügen, möchte aber dem ärgsten Reisestrom ausweichen. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 8. Juni 1898. W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Die feurigen Kohlen, die Sie auf meinem Haupte sammeln, brennen mich so, daß ich sofort antworte. Ihr vorletzter Brief teilte mir die erfreuliche Nachricht mit, daß Sie bis Pfingsten nach Baden-Baden mit Ihrer lieben Frau zu verreisen 210
gedächten und so wollte ich Ihre Heimreise abwarten. N u n kam aber Pfingsten mit allerlei Abhaltung für mich selbst dazu. Zunächst haben wir die Zeit vom „Pfingstheiligabend" bis Mittwoch sammt der Familie (nur Otto „übt" in Wiesbaden) in Warnemünde zugebracht, wo das Wetter meist hell und frisch, das Meer wunderschön war. So aufgefrischt konnte ich am Donnerstag den zweitägigen Debatten der Thesaurus-Commission geduldig beiwohnen, die diesmal hier tagte. Wir gingen alle mit den schlimmsten Befürchtungen in die Session, da Leo, Bücheler und mir die Unhaltbarkeit des ganzen dualistischen Systems klar geworden war. (Ribbeck, der schwer leidend von Nauheim zurückgebracht worden ist, konnte nicht teilnehmen.) Außerdem hat unser Münchener Freund Wölfflin seine Aufgabe nicht erfüllt, da er Allotria trieb und z.B. uns eine halbe Stunde wohlgefällig auseinandersetzte, er habe drei Monate verloren, weil er die „Millionenerbschaft" eines entfernten Verwandten zu reguliren unternommen habe. In den Einzelheiten z.B. in der Aufzählung der Silbergeschenke, die er dafür von den Erben erhalten hätte, war er durchaus sui (Dativ!) similis. Schließlich wurde man ungeduldig. Seine thörichten z.T. politischen Verdächtigungen riefen scharfe Gegenangriffe hervor, was eine wohlthätige Wirkung auf den Feigling hatte. Er zerriß seine injuriösen Notizen, erklärte zu Protokoll eigenmächtig gehandelt zu haben und nahm seine „auf eigene Kosten", wie es am Anfang hieß, autographirten Ergüsse „als nicht zur Einreichung in die Akten geeignet" wieder mit nach Hause. So mürbe gemacht, fiel ein Vorschlag Leos, die bisherige Organisation zu ändern, einen jungen Philologen, der tanti sei, an die Spitze zu stellen mit dem Auftrag, selbständig den Thesaurus zu redigiren, und die drei Directoren Bücheler, Leo und Wölfflin nur als beigeordnete Berater anzuerkennen, ferner ihm einen Stab von Assistenten u. Secretären zur Ausarbeitung des Lexicons zu bewilligen, bei Wölfflin auf guten Boden. In 'Λ Stunde war die ganze Sache abgemacht und als am Freitag Abend sich die Mitglieder bei uns zu Tische quasi re bene gesta einfanden, war es allen und nicht zum mindesten auch Mommsen, patri thesauri, als ob ein Stein vom Herzen gefallen wäre. Der Auserwählte, der allen drei Directoren gleicherweise gefällt, ist ein 33jähriger Schüler Büchelers, der sich praktisch und wissenschaftlich als ausgezeichneten Latinisten in engeren Kreisen bewährt hat. Er heißt Vollmer. Es trifft sich gut, daß er seine bisherige Stellung als Director des Deutschen Gymnasiums in Brüssel aufzugeben gesonnen ist. Härtel erzählte mir, daß Gomperz demnächst von der Universität zurücktreten will. Seine letzte Elucubration hat mich nicht überrascht, da seine mündliche Aufklärung der Widersprüche betr. des Isokrates - er war zu Ostern hier - mich noch mehr verwunderte als was er schrieb. Trotzdem bedaure ich es, daß Vahlen in seiner letzten in der That sachlich treffenden Entgegnung Gomperz persönlich beleidigt hat. Ausdrücke wie „Sykophant" sollte man in akade211
mischen Blättern nicht lesen, zumal Gomperz Vahlen hier aufsuchte und nach einer Aussprache die Gereiztheit bei ihm überwunden zu haben glaubte. Einige Mitglieder glaubten eine Zeit lang, man solle den einem correspondirenden Mitgliede zugefügten Affront nicht ruhig geschehen lassen, aber da Gomperz selbst nur mit Bedauern und keinen schärferen Maßregeln replicirt hat, so wird sich die Sache wol im Sand verlaufen. Es wird Sie interessiren zu hören, daß Mommsen sein Criminalrecht abgeschlossen hat und darüber in einer wonnevollen Stimmung ist. Ich bin begierig, was er jetzt beginnt. Zum Abschlüsse des Grundrisses gratulire ich von Herzen. Wenn Ihr edler Sosier geruht haben wird, mir das Exemplar zu senden, das Sie mir gütigst versprachen, werde ich gewis wieder Ihre emsige Nacharbeit bewundern. Wellmann ist mit der neuen Auflage Ritter-Preller auch fertig geworden. Er wird im ersten Teile einiges verändert zeigen. Unterdessen ist ein Buch wie ich es für Deutschland schon lange plane, in London erschienen: Fairbanks The first philosophers. Ich nehme an, er hat es auch Ihnen zugesandt. Der Text ist ganz unselbständig. Wer diese Fragm. von Grund aus neu bearbeitet, braucht mehr Zeit und Mühe. Mein Empedokles kostet mich beides mehr als ich dachte. Ende dieses Monats hoffe ich Ihnen meinen Akademievortrag, der am 16. gehalten werden soll, senden zu können. Sie werden darin eine urkundliche Bestätigung der Ahnung finden, die Sie über das Unzusammenhängende seiner Theologie S. 816 andeuten. So hoffe ich diesen Sommer mit dem Mann aus Akragas fertig zu werden, obgleich ich durch das Proseminar (wöchentlich vier Arbeiten) und die Staatsprüfung (alle 14 T. drei Arbeiten) bis zum Ende des Semesters ziemlich stark beschäftigt bin. Aber Gott sei Dank, fühle ich mich vollkommen frisch und durch die Arbeit beglückt. So eifre ich, nachdem ich vor kurzem die 50 überschritten, guten Mutes Ihren Idealen nach. Von Ihrer bewundernswürdigen Frische hat mir schon Kübler jr. erzählt. Ihr Brief bestätigt es und läßt ein gleiches für Ihre 1. Frau vermuten. Die Sommerferien sind hier v. 9. Juli bis 16. Aug. Besten Glückwunsch zu der wundervollen Lösung der Hausfrage. Mögen Sie dessen mit Ihrer verehrten Frau noch lange froh werden. Mit den herzlichsten Grüßen und Wünschen für Sie und Ihre ganze liebe Familie von uns allen Ihr in Treue ergebner H. Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 17 Juni 1898.
Lieber Freund! Das heutige Datum versuchte mich mit dem Gedanken, ich könnte mich recht wohl so anstellen, als ob ich statt des 18. Mai den 18. Juni für den Tag hielte, an dem Sie zur Würde des Mannes von 50 Jahren aufrücken sollten, u. Ihnen so in aller Unschuld jetzt sagen, was ich Ihnen schon vor einem Monat hätte sagen sollen. Weil aber Ehrlichkeit am Ende doch immer die beste Politik ist, will ich Ihnen lieber bekennen, daß ich mir die Bedeutung des 18. Mai zwar schon längst eingeprägt hatte; daß dann aber die Leitungsdrähte in meinem Kopfe, die eben nachgerade recht alt u. brüchig geworden sind, in Verwirrung geriethen, u. mir den 18. Mai als den Tag der Gymn.vereinsversammlung anmeldeten. Auch als dieser Irrtum als solcher erkannt war, kam die Ideenverbindung doch nicht sofort wieder in die richtige Ordnung. Darüber kam der Schrecken mit dem Hausverkauf u. die Reise nach Baden, wo wir auch am 18/5 noch waren, u. so fand ich erst in der vorigen Woche (doch noch vor Ihrem Brief) mit Hülfe des akad. Addreßkalenders mich wieder zurecht. N u n Sie nehmen mir's nicht übel - es ist ja mehr ein Unglück als ein Verbrechen, ein so löchrichtes Gedächtniß zu haben - u. lassen Sich auch post festum noch den Wunsch gefallen, daß Ihr Leben, wie in seiner ersten Hälfte so auch in der zweiten sich immer in aufsteigender Linie bewege u. Ihre Schaffenskraft so lange wie möglich nicht ermatte. Gestern erhielt ich von Vitelli die Mittheilung, daß seine Società degli Studi antichi mich zum Ehrenmitglied gewählt habe, u. gleichzeitig die drei bis jetzt erschienenen Hefte von Atene e Roma. Das erste von diesen bringt u.a. einen Artikel von Tocco gegen Lutoslawski, der die Sache ja weit nicht erschöpft, aber (abgesehen von der Berücksichtigung des Aristoteles im Sophisten u.s.w.) viel Treffendes enthält. In einer guten u. lichtvollen Abhandlung Schiaparelli's über die griech. Astronomie hat philologischer Irrthum ein paar Mißverständnisse herbeigeführt. Gestern wurden wir hier bei der Reichstagswahl von den Socialdemokraten gründlich geschlagen. Daß Bismarck mit seinem allgemeinen gleichen Stimmrecht, das sich jetzt nicht mehr rückgängig machen läßt, die großen Städte der Socialdemokratie u. das katholische platte Land dem Centrum ausgeliefert hat, ist u. bleibt der verhängnisvollste Fehler seiner inneren Politik, die sich überhaupt an Größe, Genialität u. allseitiger Kenntniß der Verhältnisse mit der äußeren nicht messen kann. Ihre Mittheilungen über den Thesaurus 1. L. u. die Verhandlungen mit dem Münchener Collegen haben mich sehr interessirt, u. der Ausgang mich befrie213
digt. In Sachen Vahlen contra Gomperz stimmt mein Votum mit dem Ihrigen überein. Fairbanks first philosophers sind mir noch unbekannt; um so lieber lasse ich mich von Ihnen darüber unterrichten. Noch lieber wäre mir freilich, Ihre first philosophers noch zu erleben. Ihre Notiz über die Berliner Ferien war uns sehr zu Dank. Mit den freundschaftlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 30. Juni 1898. W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrter Freund, Ihr nachträglicher Geburtstagsscherz hat mir viel Spaß gemacht. Glücklicher Weise hat die Sitte ein fünfzigjähriges Geburtstagsjubiläum in weiterem Kreise zu feiern, sich noch nicht weiter verbreitet. N u r unser College Geiger hatte einen pomphaften Artikel über seine Verdienste in der Vossischen, wenn ich nicht irre, von einem Glaubensgenossen erhalten, der zeitlich zusammentraf mit dem Goethetag in Weimar, wo sehr ernstliche Debatten stattfanden, der Miswirtschaft des Göthe-Jahrbuchs ein Ende zu machen. Namentlich hat sich Wilamowitz sehr scharf gegen G . ausgesprochen und andere Organisation verlangt, was aber den meisten Mitgliedern wegen der Schroffheit des Vorgehens misfallen zu haben scheint. Sein Vortrag hat mich in Bezug auf Moria nicht überzeugt. Sie werden ihn im Göthejahrbuch bereits genossen haben. Heute ist Leibniztag in der Akademie, wo du Bois und Wattenbachs Andenken von Engelmann und Dümmler gefeiert werden. Ferner werden Engelmann und Kekulé aufgenommen, wobei die Ablehnung Grimms stillschweigend zu motiviren ist. Ich bin etwas zweifelhaft, ob mir das gelingen wird, so daß nur der Eingeweihte und den es angeht Bescheid erhält, das große Publicum, das die Sache wenig angeht, nichts merkt. Zu Ihrer Wahl als Ehrenmitglied der Società degli Studi antichi gratulire ich bestens. Ich bin als ord. Mitglied beigetreten, weil ich der Ansicht bin, daß dem gemeinsamen, internationalen Radicalismus, der das Altertum abschaffen will, nur wirksam durch gemeinsame internationale Abwehr entgegengetreten werden kann. Uber die Wahlen denke ich wie Sie. Aber die Verblendung der Regierungskreise geht so weit, daß man erfreut ist, daß Preußen (um ein paar lumpige Stellen) besser abgeschnitten habe als die außerpreußischen Staaten, woran allerlei hohe Consequenzen geknüpft werden! 214
Meinen Empedokles werden Sie gleichzeitig erhalten haben. Ich hoffe ihn in den Ferien zu vollenden und dann die Poetae philosophi als erste Probe der first philosophers in den Druck zu bringen. Von Naumann erhielt ich die besten Nachrichten von Ihnen. Wir freuen uns alle, daß Sie und Ihre 1. Familie wohl sind. Hoffentlich bekommt die Hitze, die wir nun zeitweilig haben, Ihrer verehrten Frau gut. Die Graeca haben wir am vorigen Freitag bei Mommsen unter der Linde gehalten und geschlossen. Wir haben nach der Odyssee Herodot angefangen. Somit bleiben wir im Zuge der histor. Entwicklung. Ihr Grundriß ist heute endlich bei mir gelandet. Das Büchlein wird etwas beleibt, hat aber soviel ich sehe, die neuesten Errungenschaften quoad conducit verdaut. „ U n d so fortan" wie Göthe zu schließen pflegt, gelte für das Büchlein wie für Ihr ganzes Haus! Mit besten Grüßen meiner Familie, die bis Ende des Monats Juli hier bleibt, Ihr H . Diels
164.
Zeller an Diels Liebenzell, 30. Juli 1898.
Lieber Freund! In meinem letzten Brief hatte ich Sie um eine Auskunft über die Berliner Schulferien gebeten, die Sie mir auch umgehend zu ertheilen die Güte hatten. Schließlich hat es sich nun aber doch so gemacht, daß ich Sie umsonst bemüht habe, wofür ich mir Absolution zu ertheilen bitte, wenn auch von den drei kanonischen Bedingungen jeder Absolution: confessio oris, contritio cordis, satisfactio operis, in diesem Fall (wie übrigens in der Regel) nur die erste vorhanden sein sollte. Mein Sohn überzeugte sich nämlich am Ende doch noch, daß seine Kinder für die weite Reise nach Rügen eigentlich noch zu klein sind; u. bei dem stürmischen, naßkalten Wetter, über das seit Wochen an der ganzen Ostsee geklagt wird, sind wir recht froh darüber. So waren denn unsere Enkelchen erst eine Woche unter der Aufsicht ihrer Eltern in dem Bad Niedernau, zwei Meilen von Tübingen neckaraufwärts, u. von dort durch das Auftreten einer Scharlachepidemie vertrieben, befinden sie sich seit dem 19. d. hier unter der unsrigen, während sich unser Sohn mit seiner Frau im Tirol herumtreibt. Es ist dieß dasselbe, zwischen Calw u. Pforzheim an der Nagold gelegene, von Stuttgart in 2Ϋ2 St. erreichbare Schwarzwaldbad, in dem sie auch voriges Jahr waren u. uns dadurch Anlaß gaben, die Feier unserer goldenen Hochzeit hieher zu verlegen. Wir werden voraussichtlich noch acht Tage hier bleiben u. dann von unserer Schwiegertochter abgelöst werden, während unser Sohn seine 215
ärztliche Thätigkeit wieder antritt. Wir sind hier (im „unteren B a d " ) recht gut aufgehoben u. waren bisher auch vom Wetter begünstigt; seit gestern Nachmittag haben wir aber Regen, u. wenn dieser länger andauerte u. wir nicht mehr den ganzen Tag an der Luft sein könnten, welche in unserem schönen grünen Waldthal ausgezeichnet erfrischend ist, würden wir einige Mühe haben uns selbst u. die Kinder den ganzen Tag zu unterhalten. Mein Jahresbericht über 1896, dessen erster Artikel im übernächsten Heft unsers Archivs erscheinen wird, nöthigt mich auch zu einer kurzen Besprechung von Rehmke's Grundriß der Gesch. d. Philosophie]. Es kostete mich aber ziemliche Mühe, nur zwischen den Zeilen lesen zu lassen, was ich dem sonst ehrenwerthen Collegen direkt zu sagen zu höflich war: daß ich mich vergeblich nach einem zureichenden Grund für die Publikation einer so geistlosen Zusammenstellung bekannter Dinge umgesehen habe. Gefreut hat mich dagegen die neue Auflage der Preller-Wellmann'schen phil. gr. rom. theils an sich, weil sie, wie alles von Wellmann, mit immer gleich unverdrossener Sorgfalt u. Zuverlässigkeit ausgearbeitet ist, theils als ein Beweis des Interesse's, welches trotz aller Anfeindung der klassischen Studien die Gesch. der alten Phil, fortwährend findet. Von der hist. phil. gr. rom. geht doch wohl auch ein namhafter Theil in die außerdeutschen Länder? Gomperz' neustes Heft, das ich freilich erst theilweise gelesen habe, hat mir im ganzen gut gefallen, u. mir für meine Person war es auch gar nicht unlieb, daß er Xenophon so eingehend behandelt, wenn man auch an sich einen Widerspruch darin finden könnte, wenn eine Geschichte der griechischen Denker so ausführlich sich mit jemand beschäftigt lediglich um zu beweisen, daß er nicht zu diesen Denkern gehöre. Für einen großen Charakter habe ich Xen. auch nie gehalten, aber G[omperz] macht ihn mir doch etwas zu schlecht. Von uns ist wenig zu berichten. Mir geht es für meine Person gut; meiner Frau war dieser Sommer für ihre rheumatischen Beschwerden bis jetzt nicht zuträglich, u. daran hat auch die Schwarzwaldluft nichts geändert, die unsern Kleinen zu unserer Freude sichtbar gut bekommt. Ribbeck ist ja seinen Leiden nach hartem Kampfe nun erlegen - für die Wissenschaft kein kleiner Verlust. Wer ist wohl für seine Stelle in's Auge gefaßt? Daß Uhlig in Heidelberg bleibt, habe ich erwartet. Mit unsern herzlichsten Grüßen an Sie u. die Ihrigen Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Vitznau, den 11. August 1898. Rigibahnhôtel
Hochverehrter Freund, Ihr letzter lieber Brief führte uns ein liebliches Schwarzwaldbild vor, wo wir uns die Grosseltern sorgend um die lieben Enkelein vorstellten, während die Eltern sich erholten. Auch wir haben diese Freundlichkeit der Grosseltern öfter erfahren. Jetzt ist der Nachwuchs allmählich flügge geworden und wir haben das Glück ihn eben mit Ausnahme von Ludwig hier bei uns zu haben. Ich entrann der ewigen Sintflut Berlins, wo es auch jetzt noch giessen soll, bereits am 2 t e n , so dass ich von der Bismarckfeier, von Schmollers Rede u.s.w. nichts mehr persönlich erlebt habe. A m 3 t e n traf ich meine Frau und den jüngsten Sohn in Frankfurt. Sie waren am 19. Juli nach Wiesbaden geeilt, um meine nun auch 80jährige, aber sehr rüstige Schwiegermutter zu begrüssen und den zweiten Sohn Otto zu sehen, der als Vicefeldwebel dort übt d.h. sich im Mitmachen von „Liebesmahlen" ausbildet, wozu die angehenden Officiere befohlen werden. A m 8. d. M. wurde er entlassen und traf uns in Luzern, wohin wir vorgestern nach einer bei herrlichstem Wetter in Interlaken verlebten Woche eintrafen. Von dort fuhren wir bei Regen hierher, wo wir am liebsten am Vierwaldstättersee verweilen. Das Wetter klärte sich dann auf und wir zeigten gestern bei schöner Aussicht den Jungen die Axenstraße von Teilsplatte bis Flüelen, von wo wir gestern Abend hierher zurückkehrten. Heute sind sie hinauf auf den Rigi, da sie am Ende der Woche zurückkehren und alles Schöne mitnehmen müssen. Wir bleiben noch etwas länger und gedenken in der nächsten Woche nach Engelberg zu gehen. In Interlaken trafen wir ausser vielen anderen Bekannten gleich beim Landen Prof. Stein, der mit s. Familie in dem idyllischen Unspunnen zur Sommerfrische lebte. Er und sie und seine Kinder (die älteren beiden Jungen sahen wir nicht) waren sehr liebenswürdig. Wir mussten, um doch irgend etwas von ihm anzunehmen, seine Equipage öfter benutzen. Seine Frau ist hübscher geworden. Die Schweizer Luft ist ihr offenbar gut bekommen. In diesen Tagen ziehen sie auf ihr Berner Schloss, das wir liegen sahen, über. Wir sprachen viel von Ihnen und ich freute mich über sein Wesen, das sich hier ebenfalls zu verschönern scheint. Die demokratische Luft unterdrückt offenbar die Grossmannsucht, die ihm im Blut steckt. An Veränderung denkt er nicht mehr. Wellmann, dessen Sie in Ihrem letzten Briefe freundlich gedenken, weilte ebenfalls am Thuner See (Gunten), ich habe ihn aber hier nicht gesehen. Er hat sich mit der [Ritter-Preller'schen] H[istoria] Ph[ilosophiae graeco-romanae] viel Mühe gegeben und vorläufig wird das Buch auch namentlich in England seinen Platz behaupten. 217
Ribbecks Hinscheiden hat mir sehr leid gethan. E r hat ein schlimmes Martyrium seit A n f a n g dieses Jahres durchgemacht. Früher war G ö t z (Jena) als Nachfolger genannt worden, den er sich unzweifelhaft wünschte. O b L e i p z i g darauf eingeht ist nicht ganz sicher. Aber es fehlt an tüchtigen Latinisten sehr. Uhlig war wol für Pforte in Aussicht genommen? Ich habe davon auf dem Ministerium gehört, aber man glaubte nicht, dass er annehmen werde. Meine Frau, die sich erst in der Schweiz wieder etwas zu erholen beginnt, lässt Sie und Ihre liebe Frau, der das B a d hoffentlich gut bekommen ist, herzlichst grüssen. Ihr schliesst sich mit den allerbesten Wünschen für Ihre ganze Familie an Ihr treulichst ergebner H . Diels Von L u d w i g , der mit drei Botanikern, zu denen heute Engler selbst stösst, die Seealpen u. d. gr. Bernhard bereist und den wir hier noch zu sehen hoffen, hatten wir immer gute Nachricht.
166.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 22. Sptbr. 1898.
Lieber Freund! Jetzt sind Sie natürlich längst wieder z u H a u s e , u'. wir hoffen, daß die Erholung in der Schweiz Ihnen u. Ihrer lieben Frau - von den Söhnen versteht es sich von selbst - recht gut bekommen sei. F ü r Ihren Reisebericht, in dem uns neben allem andern besonders auch das Zusammentreffen mit Stein interessirte, danken wir bestens. Wir waren als wir ihn erhielten schon mehrere Tage aus Liebenzell zurück. Mein Sohn u. seine Frau kamen am Ζ A u g . dorthin, von ihren Kindern, namentlich Hildegardchen, mit rührender Freude begrüßt; er gieng dann am A b e n d mit uns hieher zurück, u. sie blieb noch fast drei Wochen mit den Kindern in L., w o die tropische Hitze des dießjährigen A u g u s t doch etwas erträglicher war als hier. Seit einem Monat sind wir wieder hier beisammen, doch nicht blos unter uns, denn wir haben dieses Jahr mehr liebe Besuche aus N o r d u. Süd theils gehabt theils noch in Aussicht als je. Frau Goldschmidt war VA Tage in Liebenzell bei uns; bald nach unserer Zurückkunft erschienen ganz unerwartet Auwers u. Frau auf der Durchreise in unserem Gesichtskreis; dann außer andern ein Berliner Maler v. Will[e]moes-Suhm, den wir dieses Frühjahr in Baden kennen gelernt hatten. E r bat mich ihm zu sitzen u. will nun mit allerlei andern Gemälden auch dieses in Berlin ausstellen. 218
Ich konnte es ihm nicht abschlagen ihm die Addresse einiger von meinen dortigen Freunden zu geben, von denen er es besichtigt wünscht, u. so wird er sich auch bei Ihnen mit der Einladung dazu einstellen. Ende der vorigen Woche kam Dreydorff mit Tochter auf der Rückreise nach Leipzig für drei Tage zu uns, gestern ebendahin zurückkehrend der Botaniker Pfeffer u. seine Frau, welche letztere wir seit 1894 nicht mehr gesehen hatten (diese aber nicht als Logirbesuch). Am Sonntag hoffen wir Schmollers zum Mittag bei uns zu sehen; für die letzten Tage dieses Monats hat sich eine heimreisende Hamburger Freundin angekündigt, u. Mitte Oktobers wird, wie wir hoffen, ehe wir einwintern, Frau Scherer ihren längst verheißenen Besuch bei uns ausführen. Im Augustheft der D . Rundschau berührte es mich eigenthümlich Bunsens Nekrolog auf Behr-Schmoldow zu finden, dessen Druck der Gute selbst nicht mehr erleben sollte. In dem gleichen Heft steht Paulsen's Auseinandersetzung mit dem Prager Pfaffen im Philosophenmantel [Willmann]. Was er sagt ist ja alles ganz wahr, aber auch alles viel zu matt, ohne eine Spur des Hasses u. der Verachtung, ohne deren Ausdruck mit diesen Herrn zu verhandeln eigentlich nicht erlaubt ist. Aber freilich: wo sollte der gläubige Schüler Janssen's u. der Adoptivschwiegersohn des Hrn. v. Gruner diese Gefühle her haben? Von diesem Gruner hat mir Curtius einmal etwas hübsches erzählt. Bald nach dem Beginn des Kulturkampfs klagte ihm einmal Brandis (der ja Sekretär der Kais[erin] Augusta war), daß seine Bemühungen, seine Herrin über die Natur jenes Konflikts aufzuklären, immer wieder durch einen ihm unbekannten Einfluß durchkreuzt werden. Eines Tags nun theilte er Curtius eine Denkschrift des Unbekannten gegen die Falk'sche Gesetzgebung mit, welche ihm die Kaiserin zu seiner Belehrung mitgetheilt hatte. Zufällig sah Dora Curtius dieses Manuscript auf ihres Vaters Schreibtisch liegen u. rief: „Ach das ist ja die Handschrift der" - u. nun kam der Name von Gruners Adoptivtochter, der späteren Frau Paulsen. Am Sonntag d. l l t e n hatten wir hier eine sehr besuchte u. gelungene Bismarckfeier, bei der uns namentlich der Festredner, der hiesige Gymn.prof. Hieber, durch einen ganz vortrefflichen Vortrag, ein rednerisches Meisterstück, erfreute. Derselbe ist jetzt auch in den Reichstag gewählt, u. wird dort hoffentlich die Schwaben, von denen im letzten fast nur Ultramontane u. Demokraten dort zu hören waren, wieder etwas zu Ehren bringen. Kennen Sie Schmoller's Bismarckbriefe (Ztschr. f. Socialpolitik), denen noch ein dritter folgen soll? Seine hier wohnende Schwester hat sie uns mitgetheilt sie sind sehr lesenswerth. Auch seine Rektoratsrede hat mich inhaltlich interessirt; doch ist auch einiges anfechtbares darin, u. wenn er sie vollständig vortrug, war sie viel zu lang. Meine Frau (deren Schwester gestern noch an den Bodensee abgereist ist) grüßt Sie u. die Ihrigen herzlichst mit Ihrem Zeller. 219
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Diels an Zeller Berlin W Magdeburgerstr. 20. 14/10 98
Hochverehrter Freund, Wir haben heute Abend feierliche Ubergabe des Rectorats gehabt und den neuen Senat gewählt (ich bleibe noch ein zweites Jahr drin). Das ist gleichsam der Silvesterabend zum morgigen Universitätsneujahr, das Magnificenz Waldeyer inauguriren wird. Das ist offenbar einer der gewandtesten Leute des Jahrhunderts, da er außer seinen Übungen und Vorlesungen für die Studenten, außer der Akademie und unzähliger Vereine auch noch Curse am Victorialyceum und in der „Volkstümlichen" halten wird. Anfang November soll mit sechs sechsstündigen (à Vh St.) Kursen begonnen werden. Der Cultusminister [Bosse] steht der Sache jetzt günstig, aber abwartend gegenüber. Aber der vorläufige private Versuch, der auf Grund eines unter uns zusammengeschlossenen Garantiefonds gemacht wird, soll dann die Regierung weiter zu activer Teilnahme veranlassen. Das entnimmt man den Rectorenconferenzberichten, die vertraulich mitgeteilt werden. An dem ersten Curs beteiligen sich außer Waldeyer von der Universität Schmoller (Handelsgesch. XVII, XVIII Jahrh.), Heubner (Säuglingspflege), Kahl (Reichsverfassung). Dazu kunsthistorische Vorträge (Denkmäler Berlins Prof. Meyer) und technische (Eisenhüttenkunde). Es wird anfangs schwer halten das richtige Publicum der untersten Stände zu gewinnen. Die Erfolge scheinen nicht glänzend zu werden. Aber erst Sonntag in acht Tagen wird an den Säulen und den Zeitungen die Sache bekannt. Bisher ist nur unter der Hand gewirkt worden. Schmoller wird Ihnen davon Näheres berichtet haben. Er wie seine Frau haben uns Ihre freundlichen Grüße überbracht und die besten Nachrichten über Sie, Ihre 1. Frau und die ganze Familie. Auch uns geht es recht leidlich. Das vollständige Ausruhen im August die täglichen Unterhaltungen in Engelberg mit Director Jäger waren nicht sehr angreifend - hatte in mir einen ziemlichen Arbeitshunger erregt, der sich dann auch im Bewältigen des Empedokles bewähren konnte. Anfang October habe ich den Kerl glücklich absolvirt. Es kommt kein einziges, eigentlich neues Fr. hinzu, aber keins wird ohne starke Veränderung (d.h. restitutio in integrum et traditum) bleiben. Ich stelle nun noch den Parmenides mit etwas ausführlicherem kritischen Commentar zusammen. Dann sollen die Poetae philosophi in der Wilamowitzischen Fragmentsammlung (Poetarum graecorum fragm.) erscheinen. Doch ist der Setzer wol noch bis nächsten Herbst mit anderem versehen, so daß meine Scherben ablagern können. In der Zwischenzeit darf man nicht feiern. Ich habe daher Usener gebeten, da er wegen seiner Augen den seit 15 Jahren versprochenen Alexander de sensu doch nicht machen kann, mir diese Aufgabe abzutreten. Er ist gern darauf eingegangen, und so wird der 220
Alexander hoffentlich übers Jahr ganz vorliegen. Hayduck hat die Meteorologie bearbeitet und der Druck könnte beginnen, wenn nicht Reimers Nachfolger seine Druckerei nach Trebbin verlegt hätte, wohin alle seine Lettern, aber leider nicht alle seine Leute mitgegangen sind. Die guten sind hiergeblieben, und nun werden wir uns einige Jahre plagen müssen. Eine sehr interessante Aufgabe ist Olympiodor in Meteora, wo der lückenhafte Text durch eine römische Hds. sehr schön ergänzt und verbessert wird. Daneben bleiben noch den Philologen herrliche Aufgaben zur Conjecturalkritik. Dr. Stüve in Flensburg, ein Schüler von Bruns, hat mir kürzlich eine Probe geschickt, die ich mit großem Vergnügen durchgearbeitet habe. Der junge Mann hat seine Aufgabe wacker angefaßt. Freilich die schwersten Nüsse wird er ungeknackt lassen. So habe ich gute Hoffnung, daß im nächsten Jahre auch dies Schifflein in den Hafen kommt. Stein, dessen Sie auch in Ihrem letzten Briefe gedenken, hat uns dieser Tage besucht. Vom Archiv hat er nicht viel vermeldet. Hr. von Willmanns-Suhm ist noch nicht bei mir gewesen. Ich bin sehr gespannt darauf, wie er Sie aufgefaßt und geschaffen hat. Bei uns bewegt die Universitätskreise noch immer die Helmholtzdenkmalangelegenheit. Durch allzugroße Noblesse des Rectors Brunner ist die Entscheidung frühzeitig der Universität aus der Hand gegeben worden und der Vorsitzende des Comités, der alte Minister Delbrück hat so wenig loyal die Verhandlungen geführt und durch einseitiges Vorgehen, vorzeitiges Bearbeiten S.M. pp die Universität in eine Zwangslage gebracht, so daß sie Ja und Amen sagen mußte. Der Vorgarten wird nun durch eine kolossale Statue (à la Hercules in Cassel), die in die Mitte den Weg versperrend gefaßt wird, entstellt. Und diese Statue soll dabei künstlerisch ebenso unbefriedigend ausgefallen sein als der sitzende Helmholtz auf der Potsdamer-Brücke, dem sein noch mehr misratener Freund Siemens entrüstet den Rücken zeigt. Die „städtische" Kunst ist (ganz abgesehen von der Wahl der Denkmäler für diesen Ort, zumal wenn Röntgen noch dazu kommt) nach allgemeinem Urteil noch bedenklicher als die staatliche. Ein eigentümliches Verhängnis aber trifft es, daß der edle Helmholtz wie in seinem Leben so auch nach s. Tode durch übereifrige Freunde (utriusque sexus) in schiefe Stellungen gebracht worden ist. Treitschke, dessen bescheidne Statue ursprünglich ein Pendant zu H. geben sollte, ist nun wieder ganz in den Hintergrund getreten. Der Vorgarten der Universität wird nun jetzt erst regulirt und dann wird man sehen, was für die di minorum gentium übrig bleibt. Mommsen ist sehr frisch. Da er sein Criminalrecht fertig hat, so plant er schon wieder etwas neues: Codex Theodosianus mit Krüger zusammen. Er war gestern Abend mit Wilamowitz u. a. Freunden bei uns zu Tisch, wo wir die beiden akademischen „Nymphen" Frau Dr. Schöne geb. Tobler u. Dr. Pernice geb. Pernice zum ersten male bei uns sahen. 221
Dr. Schöne hat, wie Sie wissen, sich habilitirt und hat seiner eigenen Neigung entsprechend und ein seit Wattenbach verwaistes Feld anbauend die Einführung in die griech. Paläographie übernommen. Wir haben auf dem Institut für Altertumskunde, das jetzt mit seiner Bibliothek u. ganzen Organisation recht gut functionirt, eine bes. Fachbibl. dafür eingerichtet. So brauche ich nicht mehr wie früher diese tirocinia zu leisten, wenn ich paläogr. Hilfskräfte heranziehen muß. Meine Frau u. Söhne lassen bestens grüßen und ich schließe mit den herzlichsten Grüßen an Ihre 1. Frau u. die ganze Familie Ihr getreuer H . Diels
168.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 27 Novbr. 1898.
Lieber Freund! Wir haben uns sehr gefreut, durch Ihren Brief vom 14. v. Mts. zu erfahren, wie gut Ihnen Ihre Ferien bekommen u. wie frisch Sie aus denselben zu Ihrer rastlosen u. nicht minder fruchtbaren Arbeit zurückgekehrt sind. Auf die poeta philosophi freue ich mich u. bedaure nur, daß sie noch so lang auf den Setzer, diesen ϋεός μαιευτικός, diese Eileithyia der Gelehrten, warten müssen. Sehr interessant waren mir, u. so weit sie nicht die Aristotelescommentare u. dgl. angiengen auch meiner Frau, Ihre reichhaltigen Mittheilungen über Berliner Menschen u. Dinge; u. wir sind Ihnen dafür um so dankbarer, je dürrer der Boden ist, den Sie damit erquicken. Sie wissen gar nicht, welches Verdienst Sie Sich um uns durch die Berichte erwerben, die es uns möglich machen, einigermaßen mit den Kreisen, denen unsere geistige Existenz doch fortwährend angehört, weiter zu leben. In unsern nächsten persönlichen Beziehungen haben uns die letzten Tage einen Verlust gebracht, über den wir freilich nicht klagen dürfen, den wir aber darum nicht weniger lebhaft empfinden. Am 23. d. ist meine Schwester, nicht lange nach Vollendung ihres 94. Lebensjahrs, gestorben. Sie hatte seit sechs bis sieben Wochen, mehr wegen zunehmender Schwäche als wegen eigentlicher Krankheit, das Bett hüten müssen; aber noch am 27 Oktbr., als wir sie an ihrem letzten Geburtstag besuchten, fanden wir sie geistig so klar, ihr Interesse an allem so unvermindert u. auch ihr Aussehen so wenig verändert, daß meiner Frau ihre Wiederherstellung doch nicht so unwahrscheinlich vorkam, wie dem Arzt und mir. Indessen lag es doch so, daß wir es ihr gönnen müssen, daß ein sanftes, fast unmerklich eingetretenes Ende sie vor der Verschärfung der Beschwerden, die sich am Ende doch einstellten, bewahrt hat. Sie war eine vor-
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treffliche Frau, kerngesund an Kopf und Herz, u. schrieb z.B. noch in ihrem letzten Jahr gehaltvolle untadelhaft stilisirte Briefe. Vorgestern haben wir ihr in ihrem Wohnort (Nürtingen, eine St. Eisenbahn von hier) mit vielen Verwandten, für die ihr Haus ein Sammelpunkt gewesen war, das letzte Geleite gegeben. Eigene Kinder hatte sie nicht; aber von den sieben Stiefkindern, die sie zum Theil von ihren ersten Lebensjahren an erzogen hatte (von denen sie aber drei überlebt hat), ist ihre Treue voll gewürdigt worden. Ich u. meine Frau, die sie sehr schätzte u. von ihr geschätzt wurde, verlieren viel an ihr; von neun Geschwistern, von denen ich freilich auch das zweitjüngste war, bin ich nun der letzte Rest. Zum Glück steht bei unserer jungen Familie zur Zeit alles gut. Die Kinder gedeihen; der Junge, jetzt auch über zwei Jahre alt, bringt bei ihren täglichen Besuchen Leben u. Lärm genug ins Haus, ist aber bei jedermann, u. besonders seiner Großmutter, wohlgelitten, da er ein lebhafter, aufgeweckter, gescheidter Bursche, immer guter Laune u. von glücklichem Naturell ist. Ich möchte wissen, was aus den kleinen Leuten einmal werden wird; da aber die Franzosen den Dreifuß der Pythia noch nicht wiedergefunden haben, muß ich mich mit Sokrates meines Nichtwissens getrösten. Schon vor einigen Wochen kam mir ein Aufruf zu, mich in das „Goldene Buch des Deutschen Volkes" einzuschreiben. Ich habe aber noch nicht darauf geantwortet, weil ich nicht recht darüber im reinen war, was ich thun sollte. Der prahlerische Titel stößt mich ab; auch scheint es mir, in ein solches Buch müßte man von Andern, die dazu legitimirt sind, eingetragen werden, aber selbst nicht dabei mitwirken. Andererseits sind in dem Komité viele ehrenwerthe Leute, gegen die man nicht ungefällig sein möchte. Was wissen u. halten Sie von der Sache? Mit unsern herzlichsten Grüßen an Sie beide Ihr treu ergebener Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 29. Nov. 1898. W Magdeburgerstr. 20.™
Hochverehrter Freund, Ich antworte auf Ihren lieben Brief sofort, um Sie und Ihre liebe Frau unserer herzlichsten Teilnahme zu versichern. Ihre heimgegangene Schwester hat ja ein schönes Ende gehabt, die wahre ευθανασία, wo das Licht, das bis zum letzten klar und hell gebrannt hat, mit einem Male verlöscht, aber trotzdem bleibt es für Sie schmerzlich und wehmütig die älteste der Familie nicht mehr unter den 223
Lebenden zu wissen. Möge der Segen der Urgesundheit, der in Ihrer Familie ruht, den Kindern und Kindeskindern ungeschmälert erhalten bleiben. Dann werden Sie, auch ohne Pythia zu sein, Ihren heranwachsenden Enkeln ein gutes Prognostikon stellen dürfen. Ja leibliche und geistige Gesundheit, wie sehr fehlt es heutzutage daran, wenn man um sich blickt! Es mutet einen alles oft so seltsam ungesund an, und es ist, als ob nicht bloß einzelne, sondern weite Kreise der Größenwahn erfaßt habe. Das „goldene Buch", über das hier viel gelacht worden ist, ist nur eines der vielen Symptome, wie man seine Nebenmenschen taxirt. Ahnlich ist die große Umfrage, die dieser Tage Stettenheim veranstaltet „Was ist die hervorragendste That (Erfindung pp) des Jahrhunderts?". Die eherne Antwort darauf im Sinne unserer Zeit erteilt die vorgestern enthüllte Potsdamer-Brücke, wo Gauss und Siemens auf der Linken, Röntgen(!) und Helmholtz auf der Rechten kauern. Denn so muß man die schreckliche Attitüde bezeichnen, in der diese Männer hier gebildet sind. Der allgemeine Unwille hatte die Entfernung der durch unsagbare Putti verunstalteten und überhaupt an dieser Stelle ganz unpassenden Stands, richtiger Hockbilder verlangt, aber man hofft offenbar, daß sich der Berliner daran gewöhnen wird. Während hier Helmholtz (von Klein) auf der Brücke prostituirt wird, hat Herter den Marmorkoloß (doppelte Größe!) für den Vorgarten der Universität aushauen lassen. Auch diese Statue misfällt unsern Aesthetikern (ich habe sie nicht gesehen), und das Unglück will, daß die Marmorarbeiter, die an den Füßen zu punktiren anfingen, bei Abarbeiten des Kopfes ganz zuletzt bemerkten, daß gräuliche blaue Adern die Denkerstirne und vor allem die Nase von Helmholtz durchzogen. Das Comité hat beschlossen das Werk nicht anzunehmen und einen neuen Block aushauen zu lassen. So wird sich die Enthüllung noch ein Jahr hinausziehen, und der Ärger der beteiligten Kreise, der bis jetzt schon überreichtlich war (über die illoyale Art, mit der der Vors. des Comités über alle Behörden hinüber direct mit dem Kaiser conferirt hat), hat noch lange keinen Abschluß. Kurz vor Weihnachten werden wir eine Bismarckfeier in der Universität veranstalten, wobei Lenz der Festredner sein wird. Die heute angeblich zur Ausgabe gelangenden Erinnerungen werden manchen Stoff geben. Die Auszüge sind z.Th. ja sehr interessant, wenn auch die Tendenz, seinen Anteil im Gegensatz zu dem beschränkten politischen Verstände Wilh.'s I. hervorzuheben, mich wie manches der Art beim Altreichskanzler peinlich berührt. Die Dinge sind ja in den Archiven, und er brauchte dem Historiker des X X . Jahrh. nicht vorzugreifen. Doch muß man ja nun das Ganze, das Sie heute schon in Händen haben werden als Stuttgarter, abwarten. Angenehm überrascht (bei der gemeldeten Entstehung aus zufälligen Dictaten und Gesprächen) der sorgfältige Stil und die Lebhaftigkeit des Tons. Nach einigen gegenseitigen Verfehlungen, wie das in Berlin üblich ist, habe ich vor acht Tagen Ihr Bild bei Willemoes-Suhm gesehen. Ich hatte Pernice, 224
der sich lebhaft dafür interessirte, mitgenommen und unser Urteil war, daß das Bild an Treue der Auffassung nichts zu wünschen übrig ließe. Keine Pose, die das Scheurenberg'sche Bild für Ihre genaueren Freunde etwas befremdlich macht, aber freilich auch keine übermäßig geistige Vertiefung. Aber ein sehr angenehmes Familienbild, wie Sie in der Erinnerung Ihrer Kinder und Enkel fortleben werden. Ob das etwas sehr gelbe Incarnat der aschgrauen Beleuchtung des Tages oder einer wirklichen Eigentümlichkeit des Colorits zuzuschreiben sei, konnten wir nicht entscheiden; auch, ob die etwas breit erscheinende Ausdehnung des Gesichts auf Ihrem neuerdings etwas voller gewordenem Aussehen oder auf einer Verzeichnung des Bildes (wie Schöne, der es auch gesehen, meinte) beruht, wollen wir ebenfalls dahin gestellt sein lassen. Jedenfalls wünsche ich dem Maler besten Erfolg zu seiner Ausstellung, die er vorhat und bin versichert, daß die Sympathie, die das Urbild bei allen in betracht Kommenden besitzt, dem Verfertiger des Abbildes zu Gute kommen wird. Dicht neben Ihnen steht Häckel aus Jena, in Bild und Wirklichkeit polarische Gegensätze, wie sie nicht besser gefunden werden können! In der Facultät spukt wieder der Fall Arons, der nun endgültig sei es mit uns (was Gott verhüte) oder wider uns vom Ministerium removirt werden soll. Unser jetziger Decan Hermann Amandus Schwarz reibt sich fast auf unter den Sorgen, die er sich um alle diese Dinge macht. Zu den köstlichen Stückchen, die von ihm umlaufen, ist neulich folgendes hinzugetreten, das durch die Indiscretion des Inspectors öffentlich geworden ist. Ich muß vorausschicken, daß er Kronecker, seinen Fachgenossen, in Umständlichkeit und Accuratesse noch übertrifft, so daß er in der Regel Donnerstags u. Freitags von 9-11 in s. Decanat zu thun hat. Neulich Dienstags war er aber bereits um 5 Uhr fertig geworden und saß vergnügt im Grunewald beim Mittagsmahl, als ihn ein Griff in die Tasche belehrte, daß er die Schrankschlüssel im Decanat hatte stecken lassen. Er geriet sofort in eine solche Aufregung - er hatte über 1000 M. in der Kasse - , daß seine Frau es für nützlich hielt mit ihm zur Universität zurückzufahren. U m 7 Uhr Abends stellten sie sich dem Inspector vor, der das Zimmer aufschloß. Aber siehe da, die Schlüssel fehlten! Nun war es mit der Fassung aus. Verzweifelt erklärte er seiner Frau, er müsse hier bleiben, um die vermutlich nächstens einbrechenden Entwender des Schlüssels abfassen zu können. Der Inspector stellte ihm vergeblich vor, man werde einen Diener dort schlafen lassen. Nichts rührte sein Herz. Er schickte seine Frau nach Hause und bettete sich auf dem Decanatssopha. Schon früh hörte man seine Tritte in der Universität und konnte nicht erwarten, bis die Pedelle kämen, um Näheres mitzuteilen. Endlich um 8 meldete eine Scheuerfrau, sie habe die Schlüssel am Tage vorher gefunden, abgezogen und vergessen sofort abzuliefern. Nun eilte der Inspector rasch hin, um Hermann Amandus zu erlösen. Doch ach! als die Schranktüren aufgeschlossen wurden, fehlte die Kasse! Spectabiiis, der nichts 225
zu Abend gegessen und gefrühstückt hatte, war einer Ohnmacht nahe. Endlich schlug er sich vor die große Denkerstirn: „Gott, ich habe ja die Kasse gestern eigenhändig auf die Quästur gebracht". Und dort fand sie sich denn auch um 9 Uhr wieder. Doch nun Adieu, sat prata biberunt. Mit herzl. Grüßen und Wünschen Ihr H.Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 30. Decbr. 1898.
Lieber Freund! Das Jahr 1898 soll doch nicht schlafen gehen ehe ich Ihnen für Ihren lieben Brief vom 29. v. Mts., u. namentlich für die theilnehmenden u. verständnisvollen Worte gedankt habe, in denen Sie des Verlustes gedachten, welchen wir durch den Tod meiner Schwester erlitten haben. Ihr war ja diese Euthanasie zu gönnen; aber niemand, der sie gekannt hat, wird ihrer ohne ein wehmüthiges have pia anima gedenken. Schon seit dem Oktober beschäftigt mich eine nun bald vollendete, etwa 3Î/2 Druckbogen füllende Abhandlung über Essener u. Orphiker, die ich Hilgenfeld für seine Zeitschrift f. wissensch. Theologie versprach, als er mir seine Manuskriptnoth allzu beweglich an's Herz legte. Ich benütze diese Gelegenheit, mich auch mit Gomperz über die orphische Theogonie auseinanderzusetzen. Sie erinnern Sich der Trompetenstöße, mit denen er (Gr. D. I, 69.429) der Welt die Niederlage ankündigte, die unsere Hyperkritik durch die Auffindung der thurischen Goldplättchen (Kaibel Inscript. etc. Nr. 638-642) erlitten habe. Auf einem von diesen finden sich Verse aus der rhapsodischen Theogonie, auf einem anderen eine Anrufung des Phanes. Ich traute der Sache nicht unbedingt, aber etwas, dachte ich, müsse doch daran sein. Als ich daher Kaibel's Inscriptiones selbst ansah, war ich nicht wenig erstaunt über den Sachverhalt, den ich da vorfand. Die „Anführung von Versen aus der Theogonie" beschränkt sich darauf, daß in einem thurischen Todtensegen (oder wie man diese Unterweltspässe nennen will) ein paar belanglose Ausdrücke vorkommen, die sich auch in einem Fragment der Theogonie finden. Noch viel schlimmer steht's aber mit der „Anrufung des Phanes". Der Name des Phanes kommt nicht nur in den thurischen Inschriften, sondern in dem ganzen Bande, der sie enthält, nicht vor. Was sagen Sie nun dazu? Erkläret mir, Graf Oerindur, dieses Räthsel. Sollte nach Kaibel's Inscriptiones (1890) noch eine Anrufung des Phanes gefunden worden sein? Dann würde ich Sie bitten, mir dieselbe nach226
zuweisen u. wo möglich abzuschreiben. Ich glaube aber nicht daß sie existirt, denn wie käme dann G[omperz] dazu, sie bei Kaibel gefunden haben zu wollen? Oder hat G. den Ε ύ β ο υ λ ε υ ς oder sonst einen Beinamen des Dionysos, der sich in den Todtentäfelchen findet, fälschlich auf den Phanes gedeutet u. sich nachher eingebildet, er habe diesen dort genannt gefunden? Wenn ich persönlich näher mit ihm bekannt wäre, könnte ich ihn selbst darüber befragen; da ich ihn nur einmal flüchtig gesehen habe, trage ich Bedenken dieß zu thun, zumal nach dem Tone, dessen er sich gegen mich bedient, den ich aber weder erwiedern noch erörtern werde. Ihr Bericht über die herzbewegenden Abenteuer Ihres d.z. Dekans hat uns vielen Spaß gemacht. An dem Tag, an dem er auf diese auszog, müssen seine Hühner weder getrippelt noch gefressen haben. Möchten Sie Brunner gelegentlich mit meinem Gruß sagen, ich danke ihm für seine Mittheilung, die mir sehr willkommen gewesen sei? Frau Goldschmidt hat uns die von ihr für Freunde gesammelten Briefe ihres Mannes geschickt, die wir mit vielem Interesse lesen. Gerade die Zeit vor unserer eigenen Bekanntschaft mit ihm, die uns bis jetzt beschäftigte, war uns besonders interessant. Was sagen Sie zu der Affaire Delbrück, die ja hoffentlich nicht ganz so viel Unheil stiften wird, wie die affaire Dreyfus? Ich kenne sie nur aus der Nat. Zeit., u. habe den Eindruck, daß er sich nicht beklagen könnte, wenn ihm die Regierung zu erkennen gegeben hätte, daß zwar jeder Staatsbürger das Recht habe, so viel politischen Unsinn auszukramen als er wolle, daß aber ein Beamter gegen die Staatsregierung keine solche Wendungen gebrauchen dürfe, wie er sie sich erlaubt hat. Dieß hätte, scheint mir, in einem einfachen Ministerialschreiben geschehen können, ohne den Eklat eines Disciplinarverfahrens, bei dem doch auch nichts anderes herauskommen kann als eine Warnung oder höchstens ein Verweis. Ein Besuch hat mich so lange hingehalten, daß ich schließen muß, wenn der Brief noch zur Post soll, also ein andermal von den Bismarck-Erinnerungen. Für heute nur noch die besten Grüße u. die herzlichsten Wünsche für's kommende Jahr. Möge es Ihnen u. den Ihrigen nichts als Gutes bringen, uns aber, wenn wir seinen Schluß noch erleben sollten, wieder so gesunde u. fröhliche Kinder unter den Christbaum wie dießmal. Dieß wünscht u. hofft mit seiner Frau Ihr Zeller.
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Diels an Zeller
Berlin, 2. Januar 1899 Verehrtester Freund, Soeben trifft Ihr liebenswürdiger Neujahrsbrief ein, den ich noch eingehend beantworten werde. Für heute nur die Mitteilung, daß Kaibel in seinem auch sonst nicht ganz zuverlässigen und vollständigen Werke die betr. Tafel ausgelassen hat, weil sie nicht ganz entziffert ist. Es erscheinen da wie Comparetti Journal of hellenic studies II 114, Notizie degli scavi 1879, 157 mitteilt die Namen Γή παμμήτωρ, Κυβέλη, Κόρη, Τύχη, Φάνης, Δημήτηρ vgl. Gomperz D . Literaturz. 1892 Nr. 51 col. 1644, Dieterich Nekyia (L. 1893) S. 86. Der Fall Delbrück lässt unsere Collegen ziemlich kalt. Wir denken wie Sie: Der Minister [Bosse], wenn er gern persönliche Verantwortungen übernähme, hätte ihn kommen lassen und ihm wegen der Form den Kopf waschen müssen. So wird ein feierlicher Apparat entwickelt, der H . Delbrück zu einem ungewöhnlichen Relief verhilft und im Ausland falsch verstanden wird. Natürlich kommt nur eine Verwarnung heraus. Die Thorheit des Extraord. Breysig (Zukunft), die Lehrfreiheit für bedroht zu erklären etc. ist noch thörichter als was er sonst schreibt, hat aber einen besonderen Hintergrund. Er hofft sich mit unseren Historikern zu ralliiren, deren Gunst er als Mitarbeiter von Harden verscherzt hatte. Einstweilen mit vielen Grüßen an die Ihrigen Ihr H . Diels
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Diels an Zeller Berlin, den 19. Jan. 1899. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Zu Ihrem Geburtsfeste stellen sich heute, da über die 80 hinaus nicht bloß die Zehner, sondern auch die Fünfer gezählt werden, Ihre Freunde von der Graeca ein, um ihrer Freude Ausdruck zu geben, daß ihr Haupt, wenn auch fern doch so nah, diesen schönen Tag erleben durfte. Die berühmtesten Dichter haben sich zu der schwerwiegenden Huldigung aus ihrer Mitte vereinigt und es wird Ihrer geübten Quellenkritik nicht schwer werden die gegenseitige Abhängigkeit und Priorität der Fassungen festzustellen. Ich will nur bemerken, damit Sie nicht glauben, daß wir Ihrem Hellenismus zu nahe treten wollen, daß der deutsche Text lediglich für Ihre liebe Frau bestimmt ist und der Dichter, der ihr ganz besonderer Freund ist, hat sich bemüht es ihr zu ganz besonderem 228
Danke zu machen. Ich lege eine Umschrift bei, damit Sie den gewichtigen Stein, der zufällig echter parischer Marmor ist, (Stück einer athenischen Inschriftplatte) nicht immer von der Wand zu nehmen brauchen, wenn Sie Sich unseres Sprüchleins freundlichst erinnern wollen. Was mich betrifft, so füge ich meine speziellen Wünsche hinzu und wünsche mir selbst zu erleben, Sie in diesem Jahre leibhaftig zu sehen und Ihres Wohlseins mich zu versichern. Vielleicht ist es Pfingsten möglich, wenn die Generalrevision in Göttingen und München, die mir aufgetragen ist, von der Thesauruscommission nicht alle Zeit auffrißt. Als Gegenstück zu Ihrem ολβιον γήρας sende ich Ihnen gleichzeitig ein Gedicht entgegengesetzten Inhalts, das als Curiosum nicht uninteressant ist. Man sieht es dem Ding nicht an, wieviel Arbeit allein das Lesen, dann aber auch das Verstehen (soweit das möglich ist) gekostet hat. Mit meinen Arbeiten bin ich ziemlich weiter gekommen. Die Poetae philosophi liegen nun sämmtlich fertig vor, ich habe eben die Vitae vorgesetzt und dabei einige ganz interessante Thatsachen bei der handschriftlichen Bearbeitung des Laertius herausgefunden. Wenn ich ganz fertig damit bin, werde ich's Ihnen mitteilen. Es ist doch wirklich ein Jammer, daß wir noch immer mit den interpolirten Editionen jenes Autors uns abgeben müssen und Wachsmuths Schüler Martini, der die Sache übernommen hatte, verplempert sich in Kleinigkeiten und wird nicht sobald fertig werden. Die Angelegenheit Delbrücks, die Sie in ihrem letzten Briefe berühren, läuft ruhig weiter, ohne daß sich der Collegen eine besondere Aufregung bemächtigt hätte, wie er erwartete. Ich machte ihm neulich, als er mich besuchte bemerklich, daß seine Angelegenheit den Publicisten Delbrück zunächst angehe, nicht den ex cathedra dozirenden Professor, und da, wie ich ihm andeutete, eine immer tactvolle und auf der Höhe der objektiven Wissenschaft stehende Berichterstattung ausgeschlossen erscheint, wenn man verpflichtet ist oder sich verpflichtet fühlt alle vier Wochen über alle laufenden Politica eine gedrängte Uberschau zu geben, so fiele meiner Auffassung nach das dem dozirenden Professor gewährleistete Privilegium freiester Meinungsäußerung weg. Daher könne ich diese Confusion incompatibeler Berufe, die selbst bei genialen Naturen wie Treitschke ihr Bedenken hatte, nicht besonders glücklich finden und teilte den Standpunkt Breysig's in der Zukunft, der diese Confusion zur Grundlage seines Räsonements macht, durchaus nicht. Was Paulsen darüber gesagt haben soll (ich weiß nicht wo), hat Delbrück ebensowenig wie die Andern befriedigt. Denn dieser verehrte College besitzt ja eine Meisterschaft darin sich zwischen die Stühle zu setzen. Bismarcks Memoiren habe ich in den Ferien gelesen und finde wie alle Welt, daß uns damit ein unerwartet schönes Geschenk hinterblieben ist. Die Eigenart des alten Recken tritt auch in dem weniger interessanten ersten Bande wunder229
voll hervor und die Darstellung des französischen Kriegsanfanges ist grandios wie der Ausblick auf die Zukunft und das politische Testament an die Adresse S.M. Der Stil ist ganz Bismarckisch, auch in einzelnen Actenwendungen:„das Maß von Vertrauen, welches pp", die uns jetzt steifleinen erscheinen. Daß die Memoiren nicht Geschichte sind (und sein dürfen) das freilich merkt man auf jeden Schritt. Aber es sind doch wohl nur noch wenige, die Xenophons kriegerische und philosophische Memoiren ganz wörtlich für Geschichte halten. Wir haben doch in den letzten dreißig Jahren in Deutschland wundervolle Memoiren, die uns früher fehlten, erhalten! In der Facultät macht uns jetzt die Besetzung der assyrischen Professur einige Sorge. Erman hat hauptsächlich vom Museumsstandpunkt aus Prof. Hilprecht in America (Ausgr. in Nippur) vorgeschlagen beim Ministerium, Schräder, der einen Ersatz für seine Professur selbst wünscht, ist doch gegen Hilprecht, weil er wissenschaftlich noch nicht genügend erprobt sei. Da Erman verreist ist und Sachau immer der Vater der Impromptus ist, so kann die Sache schön werden, wenn etwa die Regierung die Angelegenheit jetzt, wo Schräder an den Lehrstuhl gefesselt und geistig doch nicht ganz wie früher ist, und andererseits Erman in Aegypten weilt, an die Facultät bringen wollte. Hoffentlich zieht sichs noch hin. In der Akademie hat Mommsen neulich ein neues Unternehmen Herausgabe des Codex Theodosianus angesagt und sich selbst als Redakteur auf drei Jahre angestellt. Er ist seit einem Jahr von ganz wundervoller Frische und der Essig seines Wesens ist fast ganz verschwunden. Hoffentlich bleibt er noch lange so. Heute morgen fand ich ihn schon um neun Uhr im Handschriftenzimmer, wo er selbst die maßgebenden Hdss. nachvergleicht. Von Kiepert, der ein krebsartiges Leiden hat, erwartet man nicht mehr viel. Seine Frau hat nun auch noch der Schlag getroffen. Mit ihm wird diese Art von Geographie vermutlich aussterben. Dafür blühen die Entdeckergeographen. Drygalski, ein übrigens netter Mensch, hat vor einigen Tagen die „Spitzen" für ein antarktisches Nansenwerk begeistert, was ihm auch bei meinem Sohn und meiner Frau, die bei Kroll seinen Vortrag hörten, gelungen ist. Ich muß sagen für die vielen Millionen, die das kosten soll und da lediglich wissenschaftliche und Sportinteressen vorliegen, könnte man auf demselben Gebiete Praktischeres angreifen. Die Tübinger haben sich den Grönlandfahrer holen wollen. Er hat abgelehnt und ist hier sofort zum Extraordinarius ernannt worden. Der Kaiser hat nur noch zu unterschreiben. Ludwig interessirt sich wegen botanisch-geologischer Verhältnisse sehr für die Antarktis. Er möchte gern nach Neuseeland geschickt werden. Aber die Humboldtstiftung, die etwa in Betracht käme, hat sich auf drei bis vier Jahre auf die dreiäugige Hateris eine Art Eidechse festgelegt, die ein Dr. Thilenius in Auckland vor dem Aussterben bewahren soll. So wird er wol verzichten müs230
sen. Er hat einen größeren Abschnitt des großen Engler'schen Pflanzenwerkes „die Farne" in der unglaublich kurzen Zeit von dreiviertel Jahren fertig gestellt und denkt sich in diesem Sommer zu habilitiren. An Fleiß fehlts ihm nicht. Ob das Übrige langt, videant alii. Otto ist dabei seine chemische Doctorarbeit fertig zu stellen. Paul interessirt sich für allerlei: alte Geographie, neuere Geschichte, germanische Sagen und Parabeln. Ostern wird er Primaner. Ich bin begierig, wozu er sich entscheiden wird. Meiner Frau geht es den Winter über leidlich abgesehen von den Zähnen u. was daraus folgt. Ich hoffe Gutes von Ihnen und Ihrer lieben Frau zu hören, der ich zu diesem Tage, der auch ihr gehört, noch besonders gratulire. In Treue Ihr H. Diels
173.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 25. Jan. 1899.
Lieber Freund! Vor allem lassen Sie mich Ihnen u. unserer verehrten griechischen Gesellschaft für die treuen Wünsche u. für das sinnreich ausgedachte u. reizend ausgeführte Geschenk, womit Sie nicht blos mich, sondern uns alle, u. jedermann, der es gesehen hat, hoch erfreut haben, meinen allerwärmsten Dank aussprechen; den ich Sie sowohl der gesammten Graeca als allen denen, welche sich um diese Sache specielle Verdienste erworben haben, im besonderen in meinem Namen auszusprechen bitte. Ueber die schwierige Frage nach der Herkunft der Inschrift, sowohl in ihrer griechischen als in ihrer deutschen Fassung, ließ ich mir alsbald von den Gelehrten der Reinsburgstraße ein Gutachten erstatten, u. diese kamen zu einem für mich sehr überraschenden Ergebniß. Es müsse, sagen sie, zuerst untersucht werden, welche von den beiden Recensionen des Epigramms das Original sei, die griechische oder die deutsche. Und da spreche ihr Stilgefühl, von dessen Unfehlbarkeit sie so fest überzeugt seien wie der Papst von der seinigen, für die Priorität der deutschen. Auch würde der Verfasser der letzteren, wenn ihm die griechischen Disticha schon vorlagen, wohl nicht blos das eine derselben übersetzt haben. Sie glauben demnach, daß zuerst das deutsche Epigramm verfaßt, dieses aber bald darauf in's Griechische übertragen, u. um diese Uebersetzung für da« Original ausgeben zu können von ihrem Urheber das zweite griechische Distichon hinzugefügt worden sei. Die deutsche Recension glauben sie mit Bestimmtheit der Charlottenburger Dichterschule, die 231
griechische Bearbeitung der Berliner Philologenschule zuweisen zu können. Was das Marmorplättchen selbst betrifft, so stelle seine Technik außer Zweifel, daß es aus der Werkstatt des Lysippus, Buchenstr. 5, hervorgegangen sei. So weit das Gutachten; Sie werden mir ja nun sagen können, ob dieser Traum durch die hornene oder die elfenbeinerne Pforte gegangen ist. Mit Ihrer raschen Beantwortung meiner Anfrage über die Phanes-Inschrift haben Sie mir einen großen Dienst geleistet, für den ich Ihnen sehr dankbar bin. Ich konnte so stehen lassen, was ich vorher schon unter der Voraussetzung ihrer Authentia niedergeschrieben hatte, u. brauchte nur weniges beizufügen. Mein Mscpt. gieng dann an Hilgenfeld ab u. wird wohl schon in der Druckerei sein, aber erst im April das Licht der Oeffentlichkeit erblicken. Von den zwei Stücken, durch deren Zusendung Sie mich verpflichtet haben, hatte ich das über den ägyptischen Poeten bereits in den Sitzungsberichten, allerdings mit mehr Theilnahme für die meisterhafte Bearbeitung seiner Verse, als für diese selbst u. ihren Verfasser, gelesen. Die Nummer der D.L.Z., die ich mir selbst halte, war noch ungelesen. Ihre Bedenken gegen Fredrich's Schlußfolgerungen scheinen mir sehr begründet. Zu der baldigen Vollendung Ihrer Poetae philosophi gratulire ich Ihnen u. allen, denen das Studium derselben durch Sie erleichtert werden wird. Wir alle freuen uns sehr über die guten Nachrichten, die Sie uns von Ihrem u. der Ihrigen Befinden geben konnten; u. ich meinestheils weiß nicht, ob ich es nicht auch zu den guten Nachrichten rechnen soll, wenn Ihrem Sohn keine Gelegenheit gegeben wird, sich den Mühen u. Gefahren der antarktischen Argonautenfahrt auszusetzen; Gefahren wohl weniger von Seiten des Meeres u. der Eisfelder (denn auf Abenteuer à la Nannsen scheint es nicht abgesehen zu sein) als von Seiten des Klima, oder vielmehr der wechselnden Klimate. Und ob am Ende so viel für ihn herauskäme, daß es sich verlohnte drei Lebensjahre daranzusetzen? Höchst erfreulich ist uns die Aussicht, Sie an Pfingsten bei uns zu sehen; halten Sie nur fest an diesem Gedanken: ούρανόν ορίζω σε u.s.w. Wir haben den Sonntag recht vergnügt gefeiert, u. es geschah ja auch von entfernten u. hiesigen Freunden alles uns diesen Tag zu verschönern. Aber doch war schließlich ich, u. noch mehr natürlich meine Frau, ziemlich fertig mit unserer Kraft, nachdem von elf bis sieben Uhr, vor Tisch, bei Tisch u. nach Tisch, die Gäste, außer unseren nächsten Angehörigen lA Hundert, nicht einen Augenblick ausgegangen waren. Es hilft nun einmal nichts: sine multo nil natura labore dedit mortalibus aegris; u. um so weniger je älter man wird. Meine Frau trägt mir ihren besonderen Dank für Sie auf, u. grüßt Sie nebst der u. den Ihrigen herzlichst mit Ihrem Zeller. 232
[Das Epigramm von Diels (Quelle: AAW Nachlaß Zeller 89) lautet:] Liebling der Götter das Kind, dem rasch sie das Leben vollendet Liebling mehr noch der Greis, dem sie die Jugend bewahrt. Θεοίσι φίλος παις ήσθα, βίου τέλος φ τάχ' έδωκαν ' θεοισι δέ που φιλίων ος νέος έσσί γέρων. Ε λ λ α δ ι κ ό ς θίασος Ζελλήρω ταύτ' άνέΰηκε πέντε καί όγδώκοντ' έξανύσαντι ετη.
174.
Diels an Zeller Berlin, den 16. März 1899. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Das Semester ist so rasch abgelaufen, daß ich gar nicht gemerkt habe, wie lange ich Ihnen nicht geschrieben habe. Wir haben freilich erst gestern ganz officiell es zu Grabe getragen, indem wir noch eine Facultätssitzung hielten, um einen Habilitanden zu creiren und eine eilige secrete Sache zu erledigen, von der ich Ihnen als Mitglied der Facultät Mitteilung machen darf. Der Minister [Bosse] fragte nemlich anfangs des WS. an, ob sich der vielfach berufene Dr. L. Arons nun nicht nach Ansicht der Facultät als Privatdozent unmöglich gemacht hätte, da er trotz der früher erteilten Verwarnung der Facultät sich weiter als Socialdemokrat bethätigt und bei Parteitagen seine Stimme erhoben hätte. Die Facultät verneinte, da diese Agitation nicht die Schranken überschritten und seine Reden sich nicht auf bedenkliche Punkte bezogen hätten. Die bloße Zugehörigkeit zur soc[ial]d[emokratischen] Partei sei kein Grund, einen nichtangestellten und nichtvereideten Dozenten der Physik von der Universität auszuschließen. Darauf erließ der Minister] ein erneutes Schreiben, worin er der Fac[ultät] ins Gewissen redete, ihr Urteil umzustoßen, das entschieden verkehrt sei, wie ein uns abschriftlich mitgeteiltes Gutachten eines „bewährten" Juristen beweise. Die Facultät beauftragte ihre alte Commission ein neues Gutachten auszuarbeiten, das gestern zur Abstimmung gelangte. Es führte aus, das Gutachten des „bewährten" Juristen - es ist, wie mittlerweile bekannt geworden ist, der Universitätsrichter Daude - habe die Verhältnisse zur Zeit des Socialistengesetzes verwechselt mit den heutigen und gebe auch abgesehen davon Interpretationen des Gesetzes, die sich nicht halten ließen. Am Schlüsse wird der Min. gebeten 233
sich dem Votum der Facultät anzuschließen. Das Gutachten, das Schmoller sehr juristisch, aber zum Schluß im allgemeinen Teil zu höheren Gesichtspunkten sich erhebend abgefaßt hat, fand allgemeinen Beifall und wurde mit allen (25) gegen eine Stimme (Sachau) und zwei Enthaltungen (Bezold und Köhler) angenommen. Mir ist bei der ganzen Sache nicht wohl, weil die Stellung der Regierung und der gebildeten Gesellschaft überhaupt gegenüber der Socialdemokratie schwankend ist. Für mich kommt hauptsächlich der Standpunkt in Betracht, daß wenn die Regierung die offenbar vorliegende Absicht durchführt, den Professor zum gew. Beamten, den Privatdozenten zum Unterprofessor zu machen, wozu der erste böse Schritt das Privatdozentenstipendium war und wozu nun die Lex Arons als zweites hinzutritt, die bisherige Stellung der Universität stark beeinträchtigt wird. Denn wenn der Privatdozent eigentlich vollständig wie ein Regierungsreferendar behandelt wird, so hat die Regierung auch die Pflicht ihn bei Wohlverhalten u. Fleiß nach angemessener Frist zu befördern, was denn auch die Regierung bereits jetzt oft wider den Willen der Facultäten durchzusetzen sucht. Das wäre unser Ruin! In derselben Schlußsitzung wurde eine Commission eingesetzt, um für Kiepert eine Ersatzprofessur zu beraten. Der arme Mann leidet an einem unheilbaren Blasenleiden, aber trotzdem kann er sich von nichts trennen und möchte noch alle Arbeiten übernehmen, während er doch dazu ganz unfähig ist. Seine Frau, die vor mehreren Monaten der Schlag getroffen, ist wieder etwas besser. Man denkt an eine tüchtige Leipziger Kraft Sieglin, der aber schwer zu haben sein wird. Ihr letzter ausführlicher Brief hat mich und unsere griechischen Freunde, denen ich Ihr Gutachten vorgelesen, höchst ergötzt und erfreut. Das Urteil der Reinsburger Gelehrten ist völlig treffend, nur wohnt der Lysippus nicht Buchenstr. 5, sondern an dem beim Kopfe des Briefes angegebenen Orte. In der Zwischenzeit habe ich die Poetae philosophi beendet und bin zu dem 4 t e n , der nach dem Plane der Sammlung zugefügt werden sollte, Timon übergegangen, dessen oft treffende und stets elegante Verse eine Ergänzung, wenn man will, ein Satyrspiel nach der Trilogie darstellen. An einigen Stellen hoffe ich alte Cruces evident beseitigt zu haben, auch hoffe ich einige Erklärungen des Zusammenhangs besser geben zu können. Es scheint nehmlich, daß die Unterweltscomödie u. A. einen Teich oder einen Fluß geschildert, in dem die Akademiker schwammen, allen voran Piaton ό πλατίστακος (Moorbarbe). Dann Arkesilaos pp. Daran sitzt Zeno, der in seine Reuse die Fischlein einfangen will. Aber die Fische reißen diese um. Sie schwimmt davon, und das dumme alte Weib merkt nicht einmal den Schaden. Lucian hat im Piscator Ahnliches, sonst sind mir solche Piscinenscherze aus der alten Litteratur nicht erinnerlich. 234
Am Ende der vorigen Woche war ich mit meiner Frau in Göttingen, wo wir der Schwester die Tochter gefreit und die dazu üblichen drei Tage Zeit gebraucht haben. Da meine Frau sich ihrer Schwester und Nichte widmete, so suchte ich das Handwerk auf und hatte mit Kaibel und Leo lehrreiche Gespräche. In Folge der letzteren ist der Plan zu Pfingsten nach Göttingen und München zu gehen, unwahrscheinlich geworden und damit auch die Hoffnung, Sie auf dem Rückwege zu sehen. Ich habe ziemlich viel zu thun mit einem akademischen Vortrag (über die Geschichte des Begriffes στοιχεΐον) und einem weiteren Vortrag zur Leibnizsitzung (Geschichte und Aussichten des Projektes einer Weltsprache und Weltschrift mit bes. Rücksicht auf Leibniz, und Vorgeschichte seiner Characteristica universalis im Mittelalter u. Altertum), so daß ich meine Zeit etwas zu Rate halten muß. Ich hoffe, daß die erfreuliche Frische, die Sie bei Ihrem Geburtsfest nach den Briefen und Berichten bekundet, sich fortgesetzt erhält und ich schließe mit den herzlichsten Wünschen unserer ganzen Familie für Sie, Ihre 1. Frau und die lieben Ihrigen in treuer Ergebenheit Ihr H. Diels
175.
Diels an Zeller Berlin 1. April 1899
Nicht einen Aprilscherz, hochverehrter Freund, sende ich Ihnen, sondern eine Anfrage, ob Sie Susemihls beide im Rh. Mus. 53 (1898) erschienenen Aufsätze über den Theätet gelesen haben. Er will die neuerdings von vielen angenommene Hypothese Dümmler's, daß mit dem Materialisten Antisthenes gemeint sei, widerlegen und einiges hat auf mich Eindruck gemacht. Es handelt sich für mich nur um 201 E ff (wo ich auch Apelt Beitr. 205 f. nicht ganz verstehe). Es wäre für mich wertvoll, wenn ich auch fürder die mir einleuchtende Beziehung auf Antisthenes festhalten könnte. Mit besten Osterwünschen auch für Ihre 1. Frau Ihr H. Diels
235
176.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 3. April 1899.
Lieber Freund! Ihr Schreiben vom 16. v. Mts. hat mich recht lebendig in die Berliner Zustände zurückversetzt, an denen es mir Bedürfniß ist auch aus der Ferne wenigstens ideell mich fortwährend betheiligen zu können. Dem Bericht unserer Fakultät über Arons hätte ich ohne Zweifel ebenso zugestimmt wie vor fünf Jahren dem gleichlautenden, an dem ich damals in einer Commission mitgearbeitet habe. Aber es ist eine wahre Calamität, daß unsere Universitäten fortwährend gezwungen sind, zur Wahrung ihrer eigenen Stellung über den Thorheiten, die von einzelnen ihrer Mitglieder bald aus Humanitätsduselei bald aus Eitelkeit, Besserwisserei u. Rechthaberei begangen werden, ihr Schild vorzuhalten. Die Schuld an diesem verkehrten Zustand trägt neben jenen Mitgliedern wesentlich das Ministerium, das bei jeder vorliegenden oder zu befürchtenden Aeußerung allerhöchster Unzufriedenheit mit einem Universitätslehrer sofort den ganzen Apparat disziplinarischer Maßregeln in Bewegung setzt, ohne erst ruhig zu überlegen, ob der gegebene Fall auch dafür geeignet ist, u. wenn dieß, ob er sich nicht einfacher u. mit weniger Geräusch erledigen ließe. Ich danke Ihnen, daß Sie der Graeca meinen Dank übermittelt haben. Eine Betheiligung der Werkstatt in der Buchenstraße an der Bearbeitung des Marmorplättchens zu vermuthen, veranlaßte mich der Umstand, daß mir Schaper zu meinem Geburtstag telegraphirte. Dieß schien sich am leichtesten durch die Annahme zu erklären, daß er oder einer seiner Arbeiter irgendwie für denselben zu Hülfe gerufen worden sei u. dadurch von ihm erfahren habe. Daß Sie an Pfingsten Sich die Münchner Reise ersparen können, gönnen wir Ihnen doch nur mit halben Herzen, da wir uns schon sosehr auf Ihren Besuch gefreut hatten. Ich schreibe dieses unter dem Donnern u. Blitzen eines tüchtigen Gewitters, mit dem sich uns der Frühling ankündigt. O b wir von diesem, wenn er kommt, wieder einige Wochen in Baden zubringen werden, ist bis jetzt noch nicht ernstlich in Erwägung genommen. Von seiner Abhandlung über den Theätet hat mir Susemihl bis jetzt nur die erste Hälfte, S. 448-459, zugeschickt. Was er darin gegen die auch von mir schließlich (Arch. V, 182) gebilligte Beziehung einiger Theätetstellen auf Aristipp einwendet, scheint mir nicht überzeugend. U m so begieriger bin ich, ob seine weiteren Ausführungen wirklich geeignet sind, die Beziehung von Theät. 201 E ff. auf Antisthenes zu erschüttern, welche mir bisher durch die Ubereinstimmung der platonischen Aussagen mit den (Ph. d. Gr. II a, 293 f. zusammengestellten) aristotelischen gesichert zu sein schien. 236
Meine Erörterungen über Essener u. Orphiker, die sich am Ende auf 75 Seiten ausgedehnt haben, müssen seit 14 Tagen gedruckt sein, aber ich habe bis dato weder das Heft, in dem sie stehen noch meine Separatabzüge erhalten. Sobald ich diese habe, laß ich's Ihnen zugehen. Wir u. die Unsrigen befinden uns zur Zeit wohl. Harnack, dessen Besuch uns sehr erfreute, hat vielleicht inzwischen Gelegenheit gefunden, Ihnen unsere Grüße zu bestellen. Für heute Gott befohlen. Ihnen u. den Ihrigen alles Freundliche von meiner Frau u. Ihrem E.Z.
177.
Diels an Zeller
Berlin 4. 4. 99. Hochverehrter Freund, Soeben trifft Ihr 1. Brief ein, dem ich Ihr Wohlbefinden mit Vergnügen entnehme. Ich habe Susemihl gebeten Ihnen den Aufs. S. 527 dess. Bandes zuzusenden, da es auf den Wortlaut ankommt. Mir liegt nur an Antisthenes, namentlich p. 201 ff. Es wäre mir sehr lieb Ihr Urteil über Susemihls Auffassung des λόγος und den angebl. Widerspruch mit s. Monotheismus zu hören. Nächstens mehr! Mit besten Grüßen von Haus zu Haus Ihr H . Diels
178.
Diels an Zeller
B. 11/4 99 Hochverehrter Freund, Ich schicke Ihnen hier drei angebliche Platostellen im hebr. Themistius, die Landauer in Straßburg nicht verificiren kann. Auch mir fällt nichts ein. So möchte ich wenigstens, ehe ich ihm antworte, den Πλατωνικώτατον noch fragen, ob er uns helfen oder durch sein ουκ οιδα uns entlasten kann. Ich stecke tief in meiner Arbeit, die in 14 Tagen fertig sein soll und grüße Sie einstweilen mit den Ihren herzlichst Ihr H . Diels
237
179.
Zeller an Diels Stuttgart 13. Apr. 1899.
Hier, bester Freund, was ich von den Themistius-Stellen halte. Vorige Woche hörten wir Joachim mit seinem Quartett hier, natürlich mit höchster Andacht, u. sprachen ihn auch. Heute verabschiedete sich von uns unser neuer College Branco mit seiner Frau; Ende des Monats denken sie in Berlin einzutreffen. Weiter reicht es heute nicht mehr. Also nur noch die herzlichsten Grüße von Haus zu Haus. Wie immer der Ihrige Zeller.
180.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 1. Mai 1899.
Lieber Freund! Endlich kann ich Ihnen die beiliegende Abhandlung schicken, die ein volles Vierteljahr gebraucht hat um aus einer geschriebenen zu einer gedruckten zu werden. Sie werden ihr aber anmerken, daß ich nicht an allen Theilen derselben mit dem gleichen Vergnügen gearbeitet habe, da ich meinen theologischen Lesern zuliebe manches wiederholen mußte, was ich sonst schon gesagt habe, u. das ist immer langweilig. Was S. 209 f. steht, setzte ich vor Jahren einmal einem unserer theologischen Collegen auseinander, da er mir auch mit den Buddhisten am Nil angerückt kam; u. was antwortete er mir? „'s könnt' aber doch sein." Mir genügte diese Antwort, um mich zwar nicht über die ägyptischen Buddhagemeinden, aber über den Beruf unseres Collegen für historische Kritik in's Klare zu setzen. Mit Gomperz habe ich S. 248 ff. ziemlich gründlich abgerechnet, u. ihm in der Sache nichts geschenkt; über Ton u. Stil meiner Entgegnung wird er sich nicht beschweren können. Verdrießt sie ihn dennoch, so kann ich nicht helfen. Auch den leisen Ordnungsruf S. 254,6 v. u. konnte ich ihm nicht ersparen; wiewohl ich eigentlich der Meinung bin, daß er weniger darauf ausgieng, mir etwas unangenehmes zu sagen, als vielmehr nur schon als Jude - dem Reiz nicht widerstehen konnte, seine Wortspiele (Kritik u. Hyperkritik, Vorsicht u. Einsicht) an den Mann zu bringen. - Wie deuten Sie in den thurischen Täfelchen das seltsam lautende: εριφος εις γάλα επταν? Ich erkläre: „ich bin als Zicklein zur Milch, d.h. ich bin zu euch, ihr Götter der Unterwelt, so sehnsüchtig herbeigeeilt, wie das Zicklein zur Muttermilch." Das wäre eine Vergleichung, wie die mit dem schreienden Hirsch Ps. 42,2, u. 238
könnte schon den Ziegenhirten des Olymp u. des Pindus als Schiboleth für den Eintritt in den Palast des Zagreus mitgegeben worden sein. Graf York, der Sohn des vor etwa zwei Jahren verstorbenen Freundes von Dilthey, den auch wir kannten u. schätzten, schreibt mir, sein Vater habe eine nicht ganz vollendete Abhandlung über Heraklit hinterlassen, die sie zum Druck bringen wollen; ich möchte sie auch durchsehen. Das muß ich ja wohl, wiewohl der Gegenstand schon so erschöpft ist, daß ich mir kaum etwas Neues davon versprechen kann. Immer wollte ich Ihnen für Ihre Kritik des Bauerschen Buchs über die Pythagoreer D . L . Z . Nr. 3 danken u. vergaß es. Sie bewahrt mich vor der Versuchung, die Schrift zu lesen. Unser Freund Stein hat mit seinen „Studien" kein Glück. Gleich in Nr. 5 der L.Z. ist ein weiteres Heft derselben höchst abschätzig beurteilt worden. Muß denn aber auch jeder, der Seminararbeiten machen läßt, allen Schund, den seine Schüler ihm liefern, sofort zu Berner oder was für welche Studien zusammendrucken, nur um den Schein zu erwecken, als ob er das Haupt einer Schule von Athen sei? Von uns ist nichts neues zu berichten u. das ist das beste. Also nur die freundschaftlichsten Grüße von Haus zu Haus der Ihrige E. Z.
181.
Diels an Zeller Berlin, den 4. Mai 1899. W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Heute morgen traf Ihr sehnlichst erwarteter Aufsatz ein, der mich nach verschiedenen Seiten hin, wie Sie denken können, lebhaft interessirte und sogar in meine jetzige Untersuchung über den Begriff στοιχεϊον an einer Stelle 217 ff. eingriff. Die Thatsachen waren mir zwar bekannt, ich hatte mir aber den Nexus nicht so klar gemacht, wie er mir durch Ihre Ausführung geworden ist. Ich glaube, daß Sie mit Ihrem wirklich in jugendlich frischem Tone gehaltenen und durchweg spannenden Aufsatze nicht nur den Theologen, sondern auch andern Leuten einen großen Dienst erwiesen haben. Sie haben ja im Ganzen Ihre schon früher geäußerten Meinungen nicht geändert, aber hier in diesem Zusammenhange wirkte doch Vieles ganz neu auf mich und ich kann nicht leugnen, wenn es Ihre Absicht war in einem Punkte (in allen andern sind und waren wir ja stets einig) mich zu überreden (nemlich wegen der Posteriorität der Orphischen Phaneskosmologie), so ist Ihnen dies gelungen. Ich hatte mich früher durch die Annahme, daß mehrere Aristoteles u. Eudem unbekannte 239
(oder misachtete) Recensionen nebeneinander umliefen, und ferner durch die Annahme einer starken formellen Umarbeitung, deren Spur ja allerdings überall nachweisbar sind, zu der conservativen Auffassung bestimmen lassen. Aber je mehr ich den echten Ton der Poesie des 6. Jahrh. kennen zu lernen vermeine, um so mehr komme ich zu Ihrer Anschauung. Bisher war für mich allerdings ein Stein des Fundamentes wie für Gomperz der Phanes des Goldtäfelchens. Aber es ist mir gelungen auf der Photographie jenes Stückes, das ich anfangs wegen der ungeheuer schwer lesbaren Schrift gar nicht identificiren konnte, folgendes zu lesen: 1 ΓΗΜ ΑΤΗΡΓΗΠ AMM ΑΤΗΡΓΑΚ YB ΕΛΕΙA Β . . BA(Y)B (Ω) ΗΝΗΤΟΣΗ 2 ΠΛΙΨ . I . YHT . ΑΕΓΣΑ ΗΛΙΕΠΥΡΔΗΙΑΝΙ. ΣΤΗΙΝ ΤΑ ΚΑΤΟΝΝΙΚΑΙ 3 ΕΘΑΝΗΣ ΓΛΜΜΗΤ . . ΜΟΙΡΑΙΣΤΤΗΓΟΙΤΑΝΝΥΝ 4 unleserlich. Es ist soviel sicher, daß Comparetti weniger gelesen und mehr geraten hat als ich und daher gar keinen zusammenhängenden Text vorgelegt hat. Wahrscheinlich hat er den Schluß der Zeile ΝΗΤΟΣ mit ΦΑΝΗΣ in Verbindung gesetzt. Aber der Inhalt spricht ja von ganz anderem. Auch die übrigen Tafeln sind liederlich gelesen. Er hat ganze Verse ausgelassen und zum Teil ganz Unsinniges in Folge ausgelassener Verse drucken lassen. Das kann ich schon nach den Photographien beweisen. Aber ich will damit doch erst hervorkommen, wenn ich die Täfelchen selbst studirt habe (Neapel). Denn der Glanz des zerknitterten Goldes hat vieles auf den Photographien schwer oder gar nicht lesbar gemacht, was im Original herauskommen muß, wenn man mit deutscher Gründlichkeit der Sache sich annimmt. Jedenfalls nehme ich jetzt an, daß zwar die Täfelchen, von denen einige allerdings wol ins 4. Jahrh. hinaufreichen mögen (nach der Schrift), mit synkretistischen Mysterien, welche Demetercult und orphische Ideen ( κύκλος γενέσεως) mit einander verbinden, zusammenhängen. Aber für die orphische Mythologie sind diese Sachen ganz wertlos. Ihre Beweisführung hätte, wenn ich Ihnen vor einigen Monaten dies hätte mitteilen können, sich vermutlich geschlossener und weniger exponirt gestalten können, aber es ist ja immer gut noch etwas in petto zu haben. Jene Abhandlung über στοιχεΐον hat sich unter der Hand so ausgeweitet, daß ich sie nicht als Sitz.ber. drucken lassen kann. Da die Form der Abhandlung mit dem unschierigen Quart mir nicht sehr zusagt, so will ich sie irgendwie sonst einzeln veröffentlichen. Aber ich traue mich nicht recht damit hervor. Es sind so ungeheure Strecken verschiedenartigster Cultur zu durchmessen, daß unmöglich ein Mensch überall sachverständig sein kann. Darf ich sie vielleicht Ihnen einmal zur Ansicht senden? Ich würde dann mein Urteil mündlich bei Ihnen in der Pfingstwoche abholen. Denn mein Wunsch 240
[ist zwar gewesen], diese hier zuzubringen, um meine Leibnizrede (Leibniz und die Idee einer Universalsprache) auszuarbeiten. Aber da unsere Akademie mit allen gegen Virchows Stimme beschlossen hat, sich an der Münchener Pfingstconferenz der deutschen Akademien vorläufig zu beteiligen, um den selbständigen Anschluß an die geplante internationale Association der großen europäischen Akademien zu beraten (vom Cartell ist dabei nicht die Rede), und da die Akademie Auwers und mich delegirt und keinen anderen bereit gefunden hat, so durfte ich mich nicht entziehen, und hoffe mich nun für die Langeweile in München durch einen Besuch in Stuttgart zu entschädigen, wenn Sie nichts besseres vorhaben. Die Tage sind noch nicht bestimmt. Kieperts Tod [am 21.4.] war eine Erlösung. Trotz der namenlosen Leiden war er wie ein Drache auf seinen angefangenen Arbeiten und hoffte stets in der nächsten Woche sich wieder gesund und frisch an die Karten setzen zu können. Nun hat der vielgereiste brave Mann seine große Reise angetreten und ich will hoffen, daß er da oben sich nicht verirrt, was ihm unterwegs regelmäßig an der Hand seiner Karten passine, wie ich es vor längeren Jahren bei gemeinsamen Spaziergängen an der Mosel erlebte. In die erledigte Stelle möchten wir an der Universität einen sehr fähigen Leipziger Sieglin berufen, aber da der Finanzminister [Miquel] das Gehalt sofort eingezogen hat (es war als fortfallend bezeichnet) und da er für den Südpolfahrer Drygalski ein Extraordinariat bewilligt hat, so wird es schwer halten ihm begreiflich zu machen, daß eine so veraltete Wissenschaft wie die historische Geographie wieder besetzt werden muß. In der Akademie wird Wilamowitz in die Stelle einrücken, und gleichzeitig in die andere bisher nicht besetzte wol Scheffer-Boichorst vorgeschlagen werden. So war der Compromiß zwischen Philologen und Historikern. Die Facultät wird von unserem Hermann Amandus Schwarz fortwährend in wenig erfreulicher Weise geleitet. Taktlos nach allen Seiten und uns compromittirend, in der Verhandlung hilf- und uferlos, sehnen wir mit Ungeduld den з. August [Geburtstag Friedrich Wilhelms III. und Semesterschluß] herbei. Dazu liegen wirklich wichtige Dinge vor. Die Facultät wird demnächst [22. Juli] in erster Instanz über Arons zu entscheiden haben, und es steht zu erwarten, daß man sich über verschiedene Rücksichtslosigkeiten des Ministeriums wird beklagen wollen. So ist ohne jeden Grund eine wissenschaftliche Null Schmitt als ao. Pr[ofessor] der modernen Geschichte (bes. Seewesen!) u. dem Lehrauftrage für große öff. Vorlesungen uns octroyirt worden, ohne daß die Facultät oder einer der Collegen gefragt worden wäre. So hat man ohne Erman и. Sachau oder sonst irgend Jemand von der Facultät zu fragen (Schräder ist ja ganz schwach) den Prof. Delitzsch aus Breslau für Assyriologie berufen, der als Ohrwurm längst bekannt (auch bei mir hat er zu kriechen versucht, als Schräder den Unfall hatte) nun den Weg zum höchsten Ohre gefunden hat. 241
Leider ist mit einem Spectabiiis tarn non spectabilis keine wirklich wirksame Action einzuleiten, zumal Althoff sich nur langsam von seiner schweren Erkrankung erholt. In der Familie geht es recht leidlich. Die Nerven meiner Frau sind trotz mehrmonatlicher Zahnattaquen eher etwas besser als sonst; und den Jünglingen geht es auch gut. Es ist nicht viel von ihnen zu berichten, da jeder seine Arbeit und sein Ziel hat, dem er entgegenstrebt, ohne viel Wesens davon zu machen. Ludwig hat einen großen Plan zum Studium Neuseelands in botanischer Hinsicht der Humboldtstiftung überreicht und hofft 0[stern] 1900 berücksichtigt zu werden. Jetzt lebt er in China, da es ihm gelungen ist ein großes unbenutztes, herrliches Herbarium eines norwegischen Museums voll seltener chinesischer Pflanzen auf das botanische Museum hierher zu dirigiren, und er mit seinen Collegen bestimmen nun auf Noten. Engler hat ihm die Organisation der Sache ganz überlassen. Otto bereitet sich zum chemischen Dr. vor; er fürchtet sich davor. Seine Arbeit ist allerdings fertig und hat Fischers Beifall. Aber das mündliche und die „Vorsokratiker" jagen ihm bei seinem ängstlichen Gemüte Schrecken ein. Das Schlimmste weiß er noch nicht. Der Dr. r. techn. ist so gut wie fertig. Und wenn erst die techn. Hochschule die ehem. Doctoren creirt, dann werden unsere Universitätsdoctoren, die zwar Vorsokratiker kennen, aber keine praktischen Nebenfächer (Maschinenkunde, Bauberechnung pp) gehabt haben, in unseren Fabriken wenig gesucht sein und die grimmige Concurrenz der jungen Chemiker wird dann noch weit schärfer sich entwickeln. Unbekümmert um diese Sorgen und um alle Sorgen lebt nur Paul, der dritte, der sich lebhaft für alle möglichen Dinge (mhd. Litteratur, auch allerneueste hd. leider!) daneben Geographie, Mathematik und Naturwissenschaft interessirt, aber noch keinen Entschluß gefaßt hat, was er werden will. Sein Hörleiden, das (Gott sei Dank) nicht schlimmer geworden, aber doch recht störend ist, wird ihm leider die meisten Berufe verschließen. Für Ihre Themistiusstellen besten Dank! Wenn dies nur unsern Doppelsemiten [Landauer] beflügeln wollte! Vielleicht schreiben Sie mir gelegentlich, wie die theol. Zeitschrift heißt, in der Ihr Aufsatz erschienen ist. Diese Leute sind offenbar noch nicht soweit, daß sie darauf rechnen citirt zu werden. Sie haben ja vor langen Jahren einmal Semisch bei Gelegenheit des Semesterschlusses auseinandergesetzt, daß die Theologie immer hinter den anderen Facultäten drein komme, und Ihr theol. College, der Ihnen den Buddha vorritt (ich vermute, es war ein Landsmann) gehört auch trotz seines religiösen Liberalismus nicht zu den Schnelläufern. Was das Zicklein betrifft, so heißt soviel ich mich entsinne (ich habe die Photographie nicht bei mir) die Form: εριφος εις γάλα επετον (dor. = επεσον). Ich dachte das Schiboleth solle bedeuten, daß das Lamm jetzt in der Selig242
keit Fülle schwelge. Das Land wo Milch und Honig fließt, hat auch im Griechischen seine Analogien. Es gab z.B. in Theben einen Cuit des Apollo Γαλάζιος, auf den Pindar ein Cultlied gedichtet (Wilamowitz Herrn. 34 (1899) 224), da heißt es bei des Gottes Epiphanie hätten die Eingeborenen den Überfluß der Milch gemerkt (Plut. Pyth. or. 29) προβάτων γάρ εκ πάντων κελάρυζεν, ώς από κρανάν φέρτατον ΰδωρ, θηλάν γάλα. ταί δ' έπίμπλεν έσούμενοι πίθους, άσκός δ' οΰτε τις άμφορεύς έλίνυεν δόμοις, πελλαί δέ ξύλιναι π ί θ ο ι τε πλήσθεν άπαντες. Für die Mythen bedeutet also die Milch die ευδαιμονία και μακαριστής παρά τοις κάτω θεοΐς. Aber nun sei es genug, sonst rufen Sie εριφος ες το μέλαν επετεν. So habe ich Ihnen nur die herzlichsten Wünsche für Ihre und der Ihrigen Gesundheit auszusprechen und hoffe mich Ende des Monats persönlich von Ihrem Wohlergehen überzeugen zu können. Mit besten Grüßen auch von meiner Frau an Sie und Ihre 1. Frau Ihr treu ergebner H . Diels
182.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 5. Mai 1899.
Lieber Freund! Ihr Brief, den ich heute erhielt, hat mir große Freude gemacht. Erstens weil er von Ihnen u. den Ihrigen Gutes zu melden hatte. Zweitens weil er uns Ihren lieben Besuch, bei dem Sie natürlich unser Gastzimmer wieder beziehen, nun doch noch in Aussicht stellt; abhalten wird er uns von nichts, da wir um diese Zeit jedenfalls hier sind, u. auch noch gar keine Sommerpläne gemacht haben. Sehr erfreulich ist es mir 3) für meine Untersuchung über Essener u. Orphiker mich Ihrer Zustimmung getrösten zu dürfen. Was aus Anlaß der ersteren S. 209 ff. ausgeführt ist, gilt vor allem Hilgenfeld selbst, in dessen „Zeitschr. f. wissenschaftl. Theologie" Jahrg. 42 ( N . F 7) H . 2 die Abhandlung erscheint; von ihm hat, wenn ich nicht irre, auch Pfl[eiderer] die buddhistische Weisheit entlehnt. Die Orphica betreffend ist mir natürlich Ihre Entdeckung über das Phanestäfelchen höchst interessant. Es ist ein schöner Gedanke, daß ich mich mit Gomperz herumstreite, welcher Phanes auf demselben gemeint sei, u. 243
schließlich überhaupt keiner darauf steht. Bedauern kann ich meine Erörterung deshalb doch nicht, da sie jedenfalls darauf aufmerksam machen kann, daß die Erwähnung des Phanes, so lang ihr nicht nähere Merkmale zur Seite stehen, für die Bekanntschaft mit dem Phanes der Rhapsodieen noch gar nichts beweist. In Ζ. 1 des Ps.Phanestäfelchen könnte vielleicht an Γα Κυβέλεια gedacht werden; aber freilich, γή Κυβ. wäre bequemer. Den εριφος-Spruch hatte ich nur aus dem Gedächtniß citirt; um so lieber lasse ich mich von Ihnen belehren. Der Sinn bleibt ohnedieß in der Hauptsache derselbe. Wenn Sie mir Ihre Abhandlung über die στοιχεία schicken wollen, wird sie mich sehr interessiren; ob ich Ihnen aber irgend werde von Nutzen sein können? Was Sie mir von den Universitätsdingen schreiben, lautet ja nicht sehr erfreulich. Gegen allerhöchste Wünsche hat natürlich Bosse keine Widerstandskraft, u. strebsame Leute wissen das zu benützen. - Daß Wilamowitz in die Akademie kommt, freut mich. Ich schließe für heute, u. bin mit meiner Frau sehr glücklich in dem Gedanken, Sie bald bei uns sehen zu dürfen. Sind denn Dilthey's jetzt in Berlin? Mit unsern herzlichsten Grüßen an Sie u. die Ihrigen, vor allem Ihre liebe Frau, Ihr treu ergebener Zeller.
183.
Diels an Zeller Berlin 14. Mai 1899.
Hochverehrter Freund, Ich warte die ganze Woche auf Nachricht aus München, um Ihnen Näheres schreiben zu können. Da sie ausbleibt, so muß ich auf unbestimmte Gerüchte und anderweitige Erkundigungen hin meine Route feststellen. Ich gedenke Sonnabend d. 20 Ab. 8 22 abzureisen und 8 52 Pfingstsonntag bei Ihnen einzutreffen. Wenn ich nicht störe würde ich dann Sonntag über Nacht bei Ihnen bleiben und Montag früh nach München Weiterreisen, da Dienstag, soviel ich höre, die Sitzungen beginnen und ich vorher noch mit Leo und Härtel Fühlung suchen muß. Indem ich alles Weitere auf meine Ankunft verschiebe, auch die Verlesung einiger Kap. des Elementaufsatzes in Aussicht stelle, bin ich mit herzlichen Grüßen auch an Ihre verehrte Frau in der Hoffnung baldigen Wiedersehns Ihr H. Diels
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184.
Zeller an Diels Stuttgart 16. Mai 1899. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Wir werden uns sehr freuen, Sie am Morgen des Pfingstfest's bei uns begrüßen zu dürfen, u. so von der Geistesausgießung, die auf diesen Tag fällt, doch auch unser Theil zu erhalten, von der sonst hiesigen Orts nicht viel an uns kommen würde. Wir hoffen, Sie nehmen keinen Anstoß daran, wenn Sie eine kleine Einquartirung bei uns finden. Wir haben nämlich unserem Sohn u. seiner Frau, um ihnen einen Pfingstausflug zu ermöglichen, versprochen, ihre Kinder vom Freitag bis Montag zu uns zu nehmen. Unsern Verkehr werden aber diese nicht stören. Usener hat mir seine Fluthsagen geschickt, u. ich habe sie auch bereits gelesen, u. bin begierig, was Sie dazu sagen. In keinem Fall wird es das sein, was Hegel über ein Schriftchen sagt, worin Görres die Sündfluth die Taufe der Menschheit genannt hatte: „eine große Wassertaufe; Geist hat der Vf. nicht viel dazu gethan." Mir scheint es eher, unser Bonner Freund habe dessen da u. dort etwas zu viel dazu gethan. Mit den schönsten Grüßen von Haus zu Haus u. in der fröhlichen Aussicht, Sie bald zu sehen, treulichst Ihr Zeller.
185.
Diels an Zeller
[Postkarte]
Interlaken Deutscher Hof 4. Aug. 1899.
Hochverehrter Freund, Dem unerhört anstrengenden Semester bin ich so rasch es ging entflohen und sitze nun mit meiner Frau und Paul vereint bei herrlichem frisch-sonnigen Wetter auf der Heimwehflut. Wir senden Ihnen und Ihrer lieben Frau und Schwägerin die herzlichsten Grüße und hoffen, daß auch Sie an einem kühlen Plätzchen sitzen. Wir bleiben bis 9. hier und werden dann an den Vierwaldstättersee gehen. Lapis inevitabilis [Stein] ist hier, geht aber morgen zurück. Ihr H . Diels
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186.
Zeller an Diels
[Postkarte]
Stuttgart 6. Aug. 1899.
Schönsten Dank, lieber Freund, für Ihre gestern erhaltene Karte u. unsere herzlichsten Glückwünsche zu dem schönen Erfolg Ihres Otto, von dem uns Frau Curtius berichtet hat. Möge die Erholung in der Bergluft, die gewiß recht nöthig u. wohlverdient ist, Ihnen u. den Ihrigen wohl bekommen. Wir wollen uns übermorgen der Stuttgarter Hitze, die ein paarmal auf 34°C im Schatten anstieg, entziehen u. für 2 - 3 Wochen in Königsfeld (bad. Schwarzwaldbahn, zwischen Triberg u. Villingen) unsere Schwiegertochter in der Aufsicht über ihre Kinder ablösen. Mit unsern besten Grüßen Ihr E.2.
187.
Diels an Zeller
[Postkarte]
Vitznau 16. Aug. 1899. Hotel Rigibahn.
Verehrtester Freund, Es ist schön von Ihnen, daß Sie der Hitze zeitig aus dem Wege gegangen und im Schwarzwald Kühlung gefunden haben. Wir sind unterdessen über Interlaken und Luzern hier eingetroffen und wollen noch acht Tage hier verweilen. Wir haben zum Teil mit unseren Söhnen viel schönes bei herrlichem Wetter gesehen, sind vor einigen Tagen auf dem Pilatus gewesen und nun doch froh, daß die gestern unerträgliche Hitze durch einen gründlichen Regen abgekühlt wird. Meiner Frau geht es wohl. Sie sendet herzliches Grüße. Schade, daß wir Ihren Aufenthaltsort nicht früher wußten. Jetzt zwingt uns die Ειμαρμένη des Rundreisebillets über Basel zu fahren. Nächste Woche werden wir mit Aufenthalt in Auerbach (bei meiner Schwester) u. Wiesbaden (bei m. Schwiegermutter) langsam zurückkehren. Beste Grüße an Ihre liebe Frau! Stein war von der Form Ihres Rücktrittes entzückt.
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188.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 13. Sptbr. 1899.
Lieber Freund! Ihre Karte aus Vitznau vom 16. v. M. fand uns in Königsfeld, wo wir vom 8 . - 2 6 . mit unsern Enkelkindern verweilten: erst nur meine Frau u. ich, bald aber auch Pauline. Wir fanden dort trotz der Hitze sehr schöne Luft, nahen Wald, angenehme Wege; nur die Küche des Hotels, die voriges Jahr sehr gerühmt worden war, ließ unter der dießmaligen Verwaltung bei 6 M Pension recht viel zu wünschen übrig. Aber trotzdem war alles, wie auf dem ganzen Schwarzwald, so überfüllt, daß es schwer war ein Unterkommen zu finden, wenn man nicht vorher bestellt hatte. Ich hatte das Mißgeschick, gleich in den ersten Tagen bei einem schroffen Temperaturwechsel von einer mit Fieber verbundenen Knochenhautentzündung im rechten Unterkiefer befallen zu werden, durch die ich mehrere Tage an's Zimmer gefesselt wurde. Indessen ging's ohne weiteren Schaden vorbei. Unsern Kleinen, die 5 - 6 Wochen in Königsfeld gewesen waren, bekam ihre Sommerfrische vortrefflich, u. auch uns doch am Ende nicht schlecht; aber die Bummelei, in der ein solcher Aufenthalt besteht, wenn man keine größeren Gänge mehr machen kann, hatte ich gründlich satt. Sie wäre noch größer gewesen, wenn ich nicht die ganze Zeit über an Theob. Ziegler aus Straßburg wenigstens einen Menschen dort gehabt hätte, mit dem ich verkehren konnte. Als wir hieher zurückkamen, geriethen wir sofort in den Kriegszustand der Kaisermanöver, der uns aber wenig berührt. Vier Mann Einquartirung wurden uns zwar angesagt, doch nur eventuell, falls das Wetter u. die Kriegsereignisse es mit sich bringen würden. Bis jetzt sind sie aber nicht gekommen, u. wenn sie nicht etwa heute Abend noch erscheinen, werden sie auch nicht mehr erscheinen, u. meine Frau hat ihre Lagerstätte umsonst hergerichtet. Bald nach unserer Zurückkunft erhielt ich Ihre „Elemente", u. ich spreche Ihnen dafür meinen allerschönsten Dank aus. Ich las das Büchlein sofort u. bewunderte immer auf's neue die Arbeit u. Gelehrsamkeit, die darin steckt. Besonders interessant u. belehrend waren mir Ihre Nachweise über die astronomische u. astrologische Bedeutung der στοιχεία, u. sehr überraschend, schließlich aber auch ziemlich überzeugend, c. 7. - Ein paar Blätter, die mir Rodenberg für das 25jährige Jubiläum der D. Rundschau abgepreßt hat, hoffe ich Ihnen Anfangs Oktbr. schicken zu können. Im übrigen werde ich noch einige Zeit damit zu thun haben, meine Verpflichtungen gegen unser Archiv vollends abzuwickeln - gemächlich, wie nachgerade alles bei mir geht. Uhlig wird Ihnen seine Erklärung wohl auch zugeschickt haben. Ganz klar ist mir die Sache, die mir für ihn u. für die Sache, zu deren angesehensten 247
Vertretern er gehört, ungemein leid thut, dadurch nicht geworden. Er muß ja irgend einen Schritt gethan haben, der ihm verübelt werden konnte, u. bei dem ihm offenbar auch die Oberbehörde in Karlsruhe Unrecht gegeben hat, sonst würde sie ihn nicht so ohne Sang u. Klang pensionirt haben. Was das aber eigentlich war, konnte ich bis jetzt nicht erfahren, u. aus der Erklärung erfährt man es auch nicht. Wendt schriftlich darüber zu befragen trage ich Bedenken. Ist Ihnen genaueres bekannt? Vorigen Sonntag überraschte u. erfreute uns Tobler mit seinem Besuch. In den nächsten Tagen hoffen wir Stumpf hier zu sehen. Inzwischen, bis diese sie mündlich bestellen können, schriftlich die herzlichsten Grüße Ihnen u. den Ihrigen von meiner Frau u. Ihrem E. Zeller.
189.
Diels an Zeller Wiesbaden Hôtel Victoria Ζ Oct. 1899.
Verehrtester Freund, Ihr Rundschau-Aufsatz Uber Systeme und Systemsbildung hat mich auf der Fahrt hierher begleitet und so hatte ich Muße Ihre Gedanken in mich aufzunehmen und in der 9stündigen Fahrt bis Frankfurt in mir rumoren zu lassen. Ich fand es sehr hübsch, daß gerade Sie, dem man eine gewisse Antipathie gegen Systembildung in ferneren Kreisen zuschreibt, die Notwendigkeit philosophischer Systeme, aber auch zugleich ihre unendlich gesteigerten Schwierigkeiten ruhig und überlegen darlegen. Die Seitenblicke, die Sie dabei auf die sogenannten Systeme Schopenhauers und Nietzsches werfen, sind sehr interessant, weil sie den tieferen Grund enthüllen, warum unsere Zeit, welche die gemütlichen und künstlerischen Impulse höher wertet als die wissenschaftlichen, ihren Narren an den beiden Narren gefressen hat. Trotz alledem glaube ich sicher, daß die Zeit nicht allzufern ist, wo man es wieder einmal wagen wird eine wirkliche Integration der bisherigen Einzelergebnisse zu versuchen. Aber diese Strömung läuft erst noch dünn, so daß selbst eine so harmlose Universalität, wie die Akademien sie hier in Wiesbaden ins Werk setzen wollen, ernsten Gefahren begegnet. Wir werden ja sehen. Übermorgen beginnen die Verhandlungen. Ich bin als Reisemarschall unserer Akademie voraus geeilt, um die Äußerlichkeiten zu ordnen. Neun Akademien d.h. alle aufgeforderten, außer den deutschen: Wien, London Royal Soc., Paris Ac. des Sciences, Petersburg, Washington National Academy werden vertreten sein. N u r die Lincei haben aus nichtigen Gründen abgelehnt. Vermutlich weil 248
die neuerdings widerlich inscenirte Deutschenhetze (gegen das Institut und die deutschgesinnten Italiener) unter Führung des Ministers Baccelli sich auch hierauf erstreckt hat. Unsere Akademie wird durch Auwers und Virchow (außer mir) vertreten sein. Letzterer als europäischer Name und zur Beruhigung der Associationsgegner. Unterdessen macht diese Idee auch ohne dergleichen Congresse stille Fortschritte. Das französ. Ministerium des Unterrichts, nach Erledigung der „Affaire" beruhigt, daß Deutschland keinen Krieg darüber beginnen wird, wie der Dümmling Mercier ihnen eingeredet hatte, hat Homolle, den Leiter der École française d' Athènes beauftragt mit unsrer Akademie darüber zu verhandeln, daß die delphischen und delischen Inschriften von französ. Herausgebern in Verbindung] mit deutschen bearbeitet Consilio et auctoritate ministerii francogallici in unserem Corpus erscheinen. Wir sind damit zwei schwierige Brocken los und die Welt hat den Vorteil, daß diese Sachen nicht zweimal publicirt zu werden brauchen. Das ist das Modell, wie die großen Untersuchungen künftig international gelöst werden müssen. Und ich hoffe, daß die Abkunft, welche die Commission unter Präsidium von Kirchhoff in einer Viertelstunde getroffen hatte, von der Akademie ratificirt werden wird. Solche erfreuliche, und nicht bloß wissenschaftlich erfreuliche, Systeme wiegen manche bittere Erfahrungen auf, die ein ideales, über den Durchschnittshorizont sich erhebendes Streben immer machen muß. Die Versenkung in Leibniz, dessen Ideen Sie in Ihrem Aufsatz hübsch entwickeln, war mir in dieser Beziehung ein Trost, wenn überhaupt ein solcher Heros in Vergleich gezogen werden darf. Ihr ausführlicher Brief vom 13. Sept. hat uns sehr erfreulich über Ihre äußeren und inneren Erlebnisse orientirt. Uber Uhlig werden Sie mittlerweile Näheres gehört haben. Ich hatte auch lange nichts Authentisches gehört. Aber das letzte Heft der Zeitschrift mit dem letzten Referat gab mir einen Wink, aus dem ich die Sache fast erraten habe. Nun habe ich indirect von Zangemeister authentisch gehört, daß der Unglückliche versucht hat durch Autopsie von der Ausdehnung jener Jugendsünde bei seinen Schülern sich Kenntnis zu verschaffen. Natürlich in bester Absicht, aber leider ohne die Eltern und den Arzt heranzuziehen, und dadurch die allergehässigsten Insinuationen herausfordernd, die gerade an seine Verteidigung der Antike die scheußlichsten Verdächtigungen anknüpfen. Die Sache ist tief bedauerlich. Leute wie Nerrlich und Paulsen werden das nötige Capital schon daraus schlagen. Für Ihre freundlichen Worte über Elementum bin ich Ihnen um so mehr verbunden als der philosophische Faden absichtlich dünn gesponnen ist. Wenn man nicht wie Bäumker die ganzen Systeme aufrollen will, läßt sich schlechterdings die Sache nicht anders behandeln. Stumpfs Grüße habe ich bereits erhalten. Tobler habe ich noch nicht gesprochen. Ich bleibe hier und in München (Thesaurus-Conferenz) bis zum 15. 249
Stein habe ich kurz gesprochen. Er brachte ebenfalls Grüße, die ich herzlichst erwiedre und bitte, sie auch an Ihre verehrte Frau und Schwägerin gelangen zu lassen. Halten Sie Sich alle recht wohl und erfreuen Sie bald wieder durch einen Brief Ihren H . Diels
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Diels an Zeller
Berlin 16. Oct. 99 Hochverehrter Freund, Zu Ihrem 50 j. Professorenjubiläum, das zu erleben nur wenigen Sterblichen beschieden ist, sende ich auch privatim meine herzlichsten Glückwünsche. Möge der Tag Ihnen wenigstens zeigen, daß man daheim und draussen Ihrer nicht vergisst. Von der Wiesbader und Münchener Versammlung bin ich abgesehen von einer kleinen Erkältung heil zurückgekehrt und freue mich, daß beide schwierige Conferenzen zur Zufriedenheit ausgefallen sind. Die Association mit ganz einfacher Organisation ist mit neun Akad. gegründet, ein halbes Dutzend anderer wird noch zutreten. So ist der Boden geschaffen, auf dem langsam etwas nützliches reifen kann. In München wurde der Generalredactor Vollmer mit zehn Assistenten installirt. Der Druck des Thes. soll 1. Apr. 1900 beginnen. Das Material ist vollständig da. Grüssen Sie die Ihrigen herzlich von Ihrem getreuen H D .
191.
Zeller an Diels Stuttgart 24. Oktbr. 1899.
Lieber Freund! Sie haben auf zwei Briefe eine Antwort von mir gut, u. wenn mich nicht alles trügt auch noch auf einen dritten, der zwar nur Ihre Λ/zíunterschrift trägt, u. sich in so officieller Sendung u. einem so prächtigen Staatskleid bei mir einführte, daß ich an seiner Abkunft wohl hätte irre werden können, wenn seine Züge dieselbe nicht allzu deutlich verriethen. Es ist eine wunderschöne Ansprache, eben so vollendet in der Form als wohlthuend im Inhalt; u. sie hat nicht allein mir u. meinen Angehörigen eine außerordentliche Freude gemacht, sondern auch allen Andern, die sie gelesen haben, so gut gefallen, daß gestern einer von den Redakteuren des Schwab. Merkur zu mir kam u. sie sich neben 250
dem von S. M. (der Himmel weiß, wer es ihm gesagt hatte) an mich gerichteten liebenswürdigen Telegramm zum Abdruck erbat. Ich drücke Ihnen mit dem innigsten Danke die Hand. Daß man überhaupt auf diesen Gedenktag zurückgegriffen hat, war der Güte fast zu viel. Für mich war er allerdings von durchgreifender Wichtigkeit. Denn er entschied schließlich über meine Rückkehr nach Deutschland u. über meinen Eintritt in die philosophische Facultät. Nachdem ich nämlich im Frühjahr 1849 als o. Prof. d. Theologie nach Marburg berufen worden war, u. der Kurfürst nicht blos ein- sondern sogar zweimal diese Berufung im Ministerrath genehmigt hatte, überzeugte er sich in der Folge von meiner Religionsgefährlichkeit, oder vielmehr er benützte eine von Vilmar in's Werk gesetzte Agitation als Handhabe für das Vorgehen, daß er von ihr überzeugt sei, weil er darin ein Mittel fand seine Märzminister zu chikaniren; u. da er nie gewohnt war, sich durch sein Wort irgend gebunden zu finden (er war in dieser Beziehung der schamloseste Mensch, mit dem ich je zu thun gehabt habe), so setzte er es wirklich durch, daß mir Min. Eberhard sagen ließ: er werde mich zwar nie gegen meinen Willen in die philos. Fac. versetzen, wenn es aber sein Nachfolger thue, habe ich kein gesetzliches Mittel dagegen. So wurde ich Ordinarius der Philosophie. Indessen war die Metamorphose mir nicht gegen den Sinn, wie ich denn schon bei der ersten Anregung meiner Berufung nach Marburg Gildemeister geschrieben hatte, ob sie mich nicht lieber als Philosophen haben wollen; sie meinten aber den Theologen besser brauchen zu können. Auch nachdem ich mich zum Uebertritt in die phil. Fac. verstanden hatte, dauerte es aber noch fast zwei Monate bis es den kurhessischen Ministern gelang, durch eine von mir bei der Ständeversammlung eingebrachte Beschwerde unterstützt, ihrem Herrn die Unterschrift meines Anstellungsdekrets abzuringen. Ich saß indessen mit Frau u. Kind [Paul Ferdinand] in Marburg wie der Vogel auf dem Zweige, dem böse Buben das Nest zerstört haben. Dieß auch eines von den vielen Beispielen der segensreichen kleinstaatlichen Wirthschaft vor 1866. Ihre Mittheilungen über Wiesbaden u. München haben mich sehr interessirt u. die günstigen Ergebnisse der schwierigen internationalen Unterhandlung ebenso, wie der Fortschritt des Münchener Unternehmens, mich sehr gefreut. Eine Publikation der französischen Regierung in den Schriften unserer Akademie, was will man mehr? Uns und den Unsrigen geht es zur Zeit gut. Mit den schönsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr dankbar ergebener Zeller.
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192.
Diels an Zeller
[Postkarte] Berlin 27/10 99. Verehrtester Freund, Ich danke Ihnen herzlich für Ihren hochinteressanten Brief, den ich demnächst beantworten will. Für heute nur die Mitteilung, daß der Verf. der Adresse Stumpf ist. Ich konnte es Ihnen damals nicht mitteilen, weil ich verreist war und nicht wußte, ob der im Senat bestimmte auch wirklich den Auftrag ausgeführt hatte. Die Adresse findet auch hier allgemeinen Beifall. Hübsch ist es, daß S. M. sich erinnert hat. Mit besten Grüßen Ihr H D .
193.
Diels an Zeller Berlin, 26. Nov. 1899.
Verehrtester Freund, Ihr letzter Brief mit seinen interessanten Reminiscenzen an die blinden Hessen und ihren edlen Kurfürsten hat mich lebhaft in Ihren alten Kreis zurückversetzt und wiederum den Wunsch erregt, die interessantesten Perioden Ihres Lebens autobiographisch von Ihnen verewigt zu sehen. Es ist zu wichtig, dass wahrheitsliebende Männer Zeugnis ablegen von der damaligen Misère. Denn es gibt unglaublicher Weise Leute, die aus Particularismus jene Zustände ideal und Hassenpflug etc. übel verläumdet nennen. Dazu gehört z.B. unser Graecus Rommel, sonst ein wackrer Mann, aber in dieser Hinsicht ein nicht nur blinder, sondern auch fanatischer Hesse. In der Zwischenzeit ist nicht allzuviel begegnet. Arons ist dem erwarteten Schicksale verfallen und ein neues Opferlamm hat sich in dem Juden Preuss aufgethan. Ich will die Geschmacklosigkeit dieses eitlen Jünglings auch nicht entfernt verteidigen und die juristische Facultät hat recht daran getan ihn zu verweisen, aber dass die Kaiserin, und zwar ipsissima, sich in diese Dinge mischt, die Stadtverordneten coramirt und sogar den Rector [Waldeyer] auffordert seines Amtes zu walten (was doppelt thöricht ist) macht sehr böses Blut. Wir gehen den schlimmsten Tagen der Adelheid-Augustischen Bestrebungen entgegen. Und unser neuer Cultusminister [Studt] gilt selbst den Leuten des Ministeriums als ultraconservativ. Was den Fall Arons angeht, so hat Schmoller als Vertreter der Universität eine meines Wissens nicht glückliche Rede vor dem Disciplinarhof gehalten. Es war gut an die einheitliche Haltung der Facultät in dieser Frage seit vielen Jahren zu erinnern und die bedeutenden Namen zu nennen, die dafür s.Z. eingetreten waren. Aber der Schluß, der nach seinem eignen Referate in der Facultät lautete: „Ich will lieber mit Helmholtz und 252
Zeller unterliegen, als mit Elster siegen" war nach Inhalt und Form unangemessen. Darin ist die Stimmung in der Facultät ziemlich einig. Es ist schade, dass ein so eminenter Kopf nicht über das Persönliche und Pikante bei solchen Gelegenheiten hinauskommt. Ob eine geschicktere und weniger aggressive Vertretung der Universität auf den Disciplinarhof anders eingewirkt und Arons gerettet hätte, ist freilich mehr als fraglich. In der juristischen Facultät hat ein heftiger Kampf getobt veranlasst durch Liszts reclamehaftes und aggressiver Eintreten in die Universität. Schon Mitte October berichtete eine Haller Zeitung, Liszt würde seine Vorlesung in Berlin im Auditorium maximum halten; doch würde auch dieses den Zudrang nicht fassen können. Dann hiess es die „Antrittsvorlesung" (wie es unrichtiger Weise hiess) finde Freitag Abends statt. Endlich erschien der Tag und am morgen dieses Freitags brachte die T. Rundschau als bereits gehalten die Vorlesung Liszts, die er dann den Abend wirklich vortrug. In dieser Vorlesung war (ausser der bekannten Verherrlichung der Lombroso'schen Unzurechnungsfähigkeit) der Berliner Facultät vorgeworfen, dass sie dieses Fach seit längeren Jahren vernachlässigt habe und dass erst jetzt Abhilfe geschaffen werde etc. Kahl erwiederte in seiner Vorlesung auf die Provocation und Hess das ebenfalls in der Zeitung drucken. In der Facultät platzten dann die Geister selbst aufeinander und es muss ziemlich heiss hergegangen sein. Im Ministerium ist man unglücklich, da L[iszt] wider den Wunsch seiner Räte von Bosse selbst berufen wurde und alles was B[osse] gethan (es ist nicht viel) jetzt dort ganz besonders unbarmherzig kritisirt wird. In unserer Facultät hatten wir auch ein kleines Rencontre. Wilamowitz und ich beantragten für unser Proseminar, das 60 Mitglieder zählt, also nur zur Hälfte beschäftigt werden kann, eine Hilfskraft zu bewilligen, indem der seit sieben Jahren in Straßburg am Seminar beschäftigte Dr. R. Heinze, der Sohn des Philosophen, als Extraordinarius zu berufen sei. Vahlen hielt eine lange Ciceronische Rede dagegen, die darin gipfelte, man dürfe bei einer solchen Berufung nicht so ausgezeichnete Philologen wie Rothstein und Thomas übergehen. Der Antrag sei also abzulehnen. Leider konnten wir nicht vor der Facultät die anerkannte Nullität dieser Vahlenianer darlegen, wir begnügten uns darzulegen, dass wir nach gewissenhafter Prüfung Heinze unter den jüngeren Gelehrten als den für diese Stellung qualificirtesten erfunden hätten und daran festhielten. Die meisten enthielten sich der Stimme, der Antrag wurde mit 12 gegen 8 abgelehnt. Im Hintergrunde ist natürlich der Hass gegen das Proseminar, in dem Vahlen die Ursache des Rückgangs des kgl. Sem[inars] sieht. Wenn Kirchhoff von der Leitung desselben zurücktritt, was allerdings noch nicht sobald geschehen dürfte, gehen wir schlimmen Auseinandersetzungen entgegen. Glücklicher Weise hat Althoff (der jetzt zur Kur seiner noch nicht ganz wiederhergestellten Beine in Wiesbaden weilt), Heinze auch ohne Extraord. für 253
uns gewonnen. Er trifft nächste Woche ein, so dass wir etwas entlastet und im nächsten Semester wirklich erleichtert werden. Was sagen Sie zu Stein's Jahrhundert-Wende? Es scheint, als ob er jetzt, wo er in wissenschaftlichen Dingen nichts mehr zu gewinnen hoffen kann, nach dem R u h m des grand écrivain trachtet. Was ist das für eine Seichtbeutelei, die doch tief unter Lazarus steht, dem er offenbar nachtrachtet! Lesen Sie bitte einmal beifolgenden Essay der „Woche", die in derselben Nummer auch das Porträt bringt! Ich bitte beides dem Stuttgarter Papierkorb zu übergeben. In der wissenschaftlichen Welt findet man allerlei Neues. Der zweite Band der Oxyrhynchus-Papyri von Grenfell & Hunt enthält eine sehr hübsche und verständliche Schlussscene der berühmten Π ε ρ ι κ ε ι ρ ο μ έ ν η des Menander, merkwürdige alte Iliasschol. s. I p. Chr. und eine Olympiadentafel mit Daten aus dem 5. Jahrh., die für Pindar, Bakchylides und die große Kunst (Pythagoras, Polyclet) chronologisch sehr wichtig ist. Auch in Straßburg hat man aus Aegypten allerlei hübsches erworben. Eine Probe bringt die letzte Nr. der Sitzungsberichte, die Ihnen wol schon zugegangen ist. In der Akademie entfachen die Wahlen von ausw., corr. und Ehrenmitgliedern, die zum Jubilaeum ernannt werden sollen, viele Kämpfe und Leidenschaften. Die Zeit ist für die Sitzungen kaum mehr aufzubringen. Glücklicher Weise habe ich dieses Vierteljahr Ruhe. Aber das nächste bis zum 19. März, wo S. M . die Feier befohlen, wird noch Manches bringen. Jedenfalls richten wir uns darauf ein, dass Sie, wenn es Ihre Gesundheit erlaubt, zu jenem Tage bei uns erscheinen. Das würde für mich wie für Ihre Freunde die größte Freude des Festes bedeuten. Meiner Frau und den Söhnen geht es gut. Sie sind jeder in seiner Art thätig und fleissig. Trübe Nachrichten erhalten wir von Auerbach (Hessen), wo meine Schwester dem letzten Ende eines unheilbaren Leidens entgegen geht. Mit den besten Wünschen für Sie und Ihre liebe Frau, sowie für Ihre Frl. Schwägerin und die übrige Familie Ihr treugesinnter H. Diels
194.
Diels an Zeller Berlin, den 21XII. 99. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Ich darf die doppelt-heilige Zahl 99 nicht hinabtauchen lassen, ohne Ihnen und den lieben Ihrigen ein Lebenszeichen zu geben und die herzlichsten Wünsche zur Jahreswende zu senden. Von Jahrhundertwende redet man hier nicht gern 254
mehr, seit die commandirende Gesinnungsmacherei sich auch dieser harmlosen Sache bemächtigt und den wissenschaftlichen Nonsens einer Jahrhundertfeier 1900 selbst unseren wissenschaftlichen Corporationen einimpfen will. Die Universität hat dran glauben müssen und der Festredner Wilamowitz wird es vielleicht fertig bringen seine angestammte Loyalität mit seiner Wissenschaftlichkeit in Einklang zu bringen. Leider ist der Kelch, der anfangs an der Akademie vorüberzugehen schien, doch noch in einem von allerhöchster Stelle beeinflußten Ukas uns an den Kopf geschleudert worden. Wir haben nun noch versucht uns an eine Floskel des Ministerialschreibens klammernd „in der bei der Akademie üblichen Weise" vorzuschlagen, den gewünschten „Uberblick" am Friedrichstage zu geben, was sich ja ohne wissenschaftliche Blamage thun läßt. Aber ich habe wenig Hoffnung, daß Studt, der durch eine unvorsichtige Wendung seines Vortrags, wo er die Akademie (wie es scheint!) als Zeugin gegen die Säcularfeier aufgerufen hatte, das ganze Unheil angerichtet hat, uns dies nachlassen wird. An und für sich ist die Sache kleinlich und ohne Bedeutung, kann sich aber im Hinblick auf die 200 Jahrfeier der Akademie vielleicht zu einem Märzportal auswachsen, das jetzt durch Kirchners submissio laudabilis sein für beide Teile wenig rühmliches Ende gefunden hat. Unterdessen haben wir die Hälfte des Winters gut verbracht. Meine Frau wie Kinder waren gesund und der Weihnachtsbaum vereinigte im engsten Kreise unsere kleine und immer kleiner werdende Familie. Denn trübe Nachrichten erhalten wir von meiner Schwester der einzigen noch übrigen Vertreterin unserer Linie außer uns. Sie ist vor Jahren zweimal mit Erfolg operirt worden. Die Sache schien somit gutartig. Aber ein drittes nicht zu operirendes Recidiv hat die Natur der Krankheit gezeigt und wir erwarten täglich die Trauernachricht. Mein Schwager (Obristlieutenant Meyer in Auerbach, Hessen) ist verzweifelt, zumal auch die Tochter in ihrem Irrsinn immer weniger menschlich wird und der Sohn auf der Schule nicht vorankommt. Ich selbst hatte viel Aufregung mit dem Thesaurus 1.1. Härtel, der die Kürze seines Ministeriums voraussah, wollte den Vorsitz nicht abgeben, beauftragte mich aber mit der Vertretung, ohne die Kasse abzugeben. Da er die Dinge nicht im Auge haben konnte und eine neue Verwaltung in München sich installine, kamen starke finanzielle Verlegenheiten u.s.w., die mich im höchsten Grade beunruhigten u. mit nutzlosem hin- u. herschreiben belästigten. Schließlich mußte ich zwischen Schluß der Vorlesungen 21/12 und Weihnachten nach Bonn reisen, um dort mit Bücheler und Leo die Lage zu besprechen. Zurückgekehrt fing ich eine Grippe, die heute im Abflauen begriffen ist, mir und den Meinigen aber höchst fatal kam. Ich hoffe, es wird dieser Zustand, der Kopf, Hals und Leib in gleicher Weise ergriff, eine heilsame καϋάρσις των παθημάτων zur Folge haben, so daß ich als gereinigter Myste in das nächste Jahr hinübertreten kann, in das Jahr, wo die doppelten Nullen herrschen und das 255
ich mir aus vielen Gründen schon vorüber wünsche. Möge es Ihnen, Ihrer lieben Frau und den Ihrigen überhaupt ein recht friedliches und gesegnetes werden! Dies wünscht mit meiner Frau und den Kindern Ihr treu ergebner HDiels Ludwig schließt eben seine Habilitationsschrift ab, die er 1. Jan. abgeben will.
195.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 28/9 Decbr. 1899.
Lieber Freund! Eben hatte ich mich hingesetzt um Ihnen vor dem Schluß des Jahres (u. befohlenermaßen auch des Jahrhunderts) noch einmal Nachricht von uns zu geben, als Ihr Brief kam, u. so kann ich Ihnen für diesen u. den vom 26. Novbr. zugleich danken. Sonst war meine Correspondenz in der letzten Zeit vielfach durch traurige Veranlassungen bedingt. Mitte November starb der Schwager der Frau Helmholtz, v. Schmidt-Zabiérow, früher Landespräsident von Kärnthen, ein Verwandter, auf den wir alle viel hielten, in Volosca bei Abbazia, wohin er sich im vorigen Jahr zurückgezogen hatte, u. am Morgen des 2. Decbr. traf uns wie ein Schlag aus heiterem Himmel die Nachricht vom Tode der Frau Helmholtz, die nur 14 Tage vorher zur Stütze für ihre Schwester nach Volosca geeilt war. Die seltene Frau, meiner Frau u. Schwägerin seit ihrer frühesten Kindheit, auch mir seit ihren Mädchenjahren als Verwandte befreundet, war durch unser mehr als 30jähriges Zusammenleben in Heidelberg u. Berlin u. durch alles Erfreuliche u. alles Schwere, was wir mit einander getheilt haben, mit uns doch recht fest verwachsen, u. so hat ihr plötzlicher Hingang uns alle, namentlich meine Frau, tief erschüttert, u. in unsern Freundeskreis eine unausfüllbare Lücke gerissen. Marie v. Bunsen hat ihr in der Nat.Zeit., Frau Prof. Braun in München, eine Heidelberger Jugendfreundin von ihr, in der Münchner Allgemeinen einen Nachruf gewidmet. Beide gut u. ansprechend; aber doch nicht so, daß sie nicht Dilthey, welcher der D . Rundschau für's Februarheft einen Artikel über sie versprochen hat, zu einer noch erschöpfenderen u. psychologisch vertiefteren Darstellung Raum ließen. Mit inniger Theilnahme haben wir gelesen, was Ihr neuster Brief uns von Ihrer Sorge um die einzige Schwester u. dem Jammer in deren Familie mittheilt. Das sind Schicksalsschläge, die zu denen gehören, welchen es schwer ist, geduldig Stand zu halten u. den Glauben an die Vernünftigkeit der Welteinrichtung nicht zu verlieren, den wir doch nicht aufgeben können, ohne uns 256
selbst aufzugeben. D a hilft nur der Blick auf das große Ganze, in welcher F o r m sich auch seine Beziehung zu diesem dem Einzelnen darstellen mag, u. die Arbeit für's Ganze, wär' es auch im engsten Kreise. Mit lebhaftem Interesse habe ich aufgenommen, was Sie uns von den Berliner akademischen, Universitäts- u. sonstigen Dingen mittheilen, u. in der Beurtheilung derselben bin ich - z u m G l ü c k als minder direkt betheiligter Zuschauer - mit Ihnen ganz einverstanden. Wenn Sie aber dem Jahr 1900 mit der Bemerkung, daß die Nullen in ihm herrschen, etwas anhängen wollen, so würde dieses selbst Ihnen antworten: mit ihm könne man noch ganz zufrieden sein; bei der nächsten Jahrhundertwende, wenn diese nicht etwa, wie es consequent wäre, von Kaiser u. Papst auf Sylvester 1998 verlegt wird, haben die Nullen sogar eine 3A Majorität, u. die Welt werde doch weiter gehen, wie bisher, u. dieß sei auch gar nicht zu verwundern, da sie thatsächlich in ihr jederzeit mindestens eine 9 /io Mehrheit besessen haben. Eigentlich wollte ich Ihnen - nur zu Ihrem eigenen Genuß, nicht zur Widerlegung des Herrn R[ommel], denn so wunderliche Heilige sind weder zu belehren noch zu bekehren - einen kleinen Exkurs über den letzten Kurfürsten des heil, römischen Reichs beifügen, allein die Zeit reicht nicht mehr. Er sei Ihnen aber hiemit gutgeschrieben. U n d nun noch die allerbesten Wünsche für 1900, Ihnen u. den Ihrigen u. insbesondere dem D o c t o r legens in spe für A n f a n g u. Fortgang seiner akademischen Laufbahn. Mit den herzlichsten Grüßen von H a u s zu H a u s Ihr Zeller.
196.
Diels an Zeller Berlin, den 2 0 . 1 . 1 9 0 0 W Magdeburgerstr. 20 1 1 1
Hochverehrter Freund, Mit dem herzlichsten D a n k für Ihren humorvollen Sylvesterbrief, in dem Sie Ihre bekannte Meisterschaft die übelbeleumundetsten Subjekte in günstigerem Lichte erscheinen zu lassen, auch auf das nunmehr in die Erscheinung getretene Jahr mit den zwei Nullen anwenden, verbinde ich die wärmsten Glückwünsche zu Ihrem Geburtstage, den wir alle mit u m so froherem Gefühle feiern dürfen als Ihr eben ausgegebener Bericht im Archiv eine so unverminderte Frische zeigt, daß wir über Ihren körperlichen und geistigen Zustand daraus das allergünstigste Prognosticon in multos annos stellen dürfen. Ja es ist sogar in dem Hauptstück, der Abfertigung E. Pfleiderer's, eine so feine Urbanität und leichtmarkirte Ironie zu Tage getreten, die einem jüngeren Alter und viel257
leicht auch Ihnen in einem jüngeren Alter nicht so meisterlich gelungen wäre. Das schmeckt wie abgelagertster Liqueur der feinsten Crescenz. Schade, dachte ich, daß Sie diese Art von Schriftstellern im Archiv einstellen wollen. Aber vielleicht geben Sie anderswo die Fortsetzung bei Büchern, die Sie interessiren. Die Widerlegung Arnims, der nach Wien berufen ist, erscheint mir schlagend. Dagegen haben Sie Immisch vielleicht zu günstig beurteilt. Wenigstens hat Wilamowitz in den Gött. gel. Anz. 1895, 977-988 begründete Einwendungen gegen das ganze Gebäude im Kleinen und Großen erhoben. Mir erscheint der Axiochos in seiner Verbindung epikureischer Elemente (die z. Th. wörtlich bei Lucrez wiederkehren, also vielleicht auf epik. Litteratur des 1. vorchr. Jahrh. führen) und Platonischer Imitation nicht gut möglich vor Mitte des 2. Jahrh. n. Chr., sehr wol möglich aber sogar noch 100 Jahre später. Wilamowitz setzt das Ding S. 984 zwischen 200 und etwa Poseidonios. Meine Poetae philosophi, die soweit fertig waren, werden aus dem allgemeinen Plane der Sammlung heraus noch um einige Nebendichter bereichert, die wenig Freude und viel Mühe machen Pseudo-Thales Ναυτική άστρ., Cleostratos Astronomica, Crates etc. Sillen. Die dazu gehörigen Biographien (Edition der Laertiosvitae) kosten viel Zeit. Doch bin ich auch damit bald fertig. Inzwischen macht das herannahende Jubiläum, zu dem sehr große Beteiligung von auswärts zu erwarten ist, viel zu thun. Wie haben Sie und Ihre verehrte Frau Sich entschlossen? Wäre es nicht eine Gelegenheit, wenn das Wetter leidlich ist, Berlin wiederzusehen? Frau Bruns, auch eine alte Freundin Ihres Hauses, haben wir hier vor acht Tagen zu Grabe gebracht. Es war eine Erlösung. Bruns habe ich gesprochen. Es geht ihm im Allgemeinen, wie es scheint, gut. Bei meiner Schwester ist der Zustand unverändert. Mir selbst geht es wieder leidlich, ebenso den Meinigen. Ich hoffe das Gleiche von Ihnen und Ihrem Hause und wünsche, daß Sie des Tages im Kreise Ihrer Familie froh gedenken. Ihr H. Diels
197.
Diels an Zeller
[Postkarte]
Berlin, W 26/1 1900 Magdeburgerstr. 20.
Hochverehrter Freund, Althoff fragte dieser Tage, wo Aristoteles gesagt habe, dass der Stand des Pädagogen der erste sein müsse im Staate. Ich antwortete die Anschauung sei zwar platonisch, aber meines Wissens nicht Aristotelisch. Er erwiederte, es müsse doch irgendwo bei Arist. stehen. Wissen Sie mir zu helfen? 258
In der Hoffnung, dass Ihnen mein Brief zum 22. richtig zugegangen ist und der Bitte, nicht diesen, aber die Althoffsche απορία mir möglichst bald zu beantworten und fr. Grüssen für die Ihrigen Ihr H D .
198.
Zeller an Diels
[Postkarte]
Stuttgart 27 Jan. 1900.
L. Fr. Schönsten Dank für Ihre treuen Wünsche u. Ihren lieben Brief, dessen Beantwortung mir aber aus einem s.Z. mitzuteilenden Grund erst in einiger Zeit möglich ist. Daß der Unterrichtsminister der wichtigste Mann im Staat sei, erinnere auch ich mich nur bei Plato (Gess. VI, 765 E) gelesen zu haben. Bei Arist. kann es nicht stehen, weil dieser überhaupt einen höchsten επιμελητής της παιδείας als Einzelbeamten nirgends erwähnt, u. ich erinnere mich auch nicht etwas ähnliches bei ihm gefunden zu haben. Mit besten Grüßen von Haus zu Haus E.Z.
199.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 7 Febr. 1900.
Lieber Freund! Meine Karte werden Sie s.Z. erhalten, u. Althoff überzeugt haben, daß er sich nicht auf Aristoteles, sondern auf Plato zu berufen hat, wenn er seinen neuen Chef [Studt] in einem Trinkspruch als den wichtigsten Mann im preussischen Staate rühmen will. Ihn auch als den vernünftigsten zu rühmen gibt leider der Fall Weingart keine Veranlassung. Auch Weingart würde ich freilich, so ehrenwerth der Mann ist, dieses Prädikat nicht ertheilen. Wenn er gesagt hätte: „Die ursprüngliche Vorstellung der messiasgläubigen Juden über die Auferstehung' Jesu sei die gewesen, daß er in dem Leibe, der ins Grab gelegt war, dieses wieder verlassen u. sich sofort in den Himmel erhoben habe, u. von hier aus, wie später zu Paulus, so vorher schon zu Andern (1. Kor. 15,5) herabgekommen sei, erst später habe sich die Legende von dem 40tägigen Verweilen auf Erden u. der sichtbaren Himmelfahrt gebildet," so würde dieß dem Sachverhalt ohne Zweifel entsprechen. Wenn er aber statt dessen Keim nachspricht, Chr. 259
sei nach seinem Tode seiner geistigen Persönlichkeit nach in den Himmel gekommen u. habe von hier aus durch eine geistige Einwirkung die Christusvisionen bewirkt, so ist dieß eine Phantasterei; u. wenn er diese Vorstellung in das N.T. hineindeutete (wie es sich damit verhält, weiß ich nicht), so hieße dieß die Anschauungsweise der alten Christen gründlich verkennen, von denen sich ein geistiges Fortleben ohne leibliche Auferstehung - mindestens ein Jahrhundert lang - keiner außer den Gnostikern zu denken wußte, zu deren verabscheuenswerthesten Ketzereien die Leugnung der leiblichen Auferstehung gezählt wird. Aber wegen einer solchen dogmatisch-exegetischen Privatmeinung einen Geistlichen abzusetzen, mit dem seine Gemeinde zufrieden ist u. der segensreich in ihr wirkt, ist eine Abscheulichkeit u. zugleich eine kurzsichtige Thorheit, deren sich die Herren vom Kirchenregiment um so mehr enthalten sollten, da von ihnen selbst nur die Allerunwissendsten und Bornirtesten vor einem Ketzergericht, wie sie es handhaben, wenn man es genau nähme, mit ihrer Orthodoxie bestehen könnten. Aus meiner Anzeige Pfleiderers wird man wohl herausfühlen, daß ich ihn als Gelehrten überhaupt nicht ernsthaft zu nehmen weiß. Wenn ich mir in derselben eine möglichst objektive Haltung zur Pflicht machte u. jeder eingehenderen Polemik auswich, ist dieß mehr ein Ausdruck der Geringschätzung: ich wollte ihm nicht die Ehre erweisen, mit ihm ernsthaft zu verhandeln, u. mich der unangenehmen Beschäftigung mit seinem eigenliebigen, aufgeblasenen, weitschweifigen, ungemein geschmacklos u. nachläßig geschriebenen Buche möglichst rasch entziehen. Haben Sie bemerkt, was S. 278 angeführt ist, daß er Theokrit für älter hält, als Aristophanes? - S. 297 habe ich versucht, aus einer Wahrnehmung Teichmüllers, die diesem zu seinen von Pfleiderer u. Ritter begierig ergriffenen absurden Vermuthungen über die nikomachische Ethik Anlaß gab, eine annehmbarere abzuleiten; was halten Sie davon? Wilamowitz' Jahrhundert-Rede, die mir von der Universität zugeschickt worden ist, fanden wir sehr geistvoll. Möchte ich auch nicht jedes Wort derselben unterschreiben, so hat doch das meiste meinen Beifall, u. in dem Ganzen ist ein großer Zug u. rednerische Kraft. Eine zweite mir gestern zugekommene Zusendung, H. Schoene's Festschrift für seinen Vater, wird der Platoforschung keinen großen Gewinn bringen. Das beste darin ist m.E. S. 27-31, seine Annahmen über die platonischen Schriften dagegen sind in dem, was sie neues bringen, schwach begründet, u. einer von den Pfeilern seiner Deduktion, S. 20 f., bildet die verkehrte Vorstellung, daß die Verhandlung, zu der Sokrates am Schlüsse des Theätet geht, die Gerichtssitzung der Heliäa, die mit seiner Verurtheilung Schloß, u. nicht vielmehr eine Voruntersuchung vor dem Archon Basileus sei. Bei uns stände alles im übrigen gut, wenn mich nicht Reisland zu meinem Geburtstag mit der Mittheilung erschreckt hätte, die Bände der 3. Auflage der 260
Ph. d. Gr. gehen zu Ende: am frühesten 111,2, von dem 1200, nächstdem 111,1, von dem 1400, aber auch 11,2, von dem 1800 Ex. abgezogen worden waren. O b ein 2-300 Ex. „anastatisch" (was ist dieß?) nachgedruckt oder eine neue Auflage veranstaltet werden solle? Ich habe ihm noch nicht geantwortet, werde mich aber wohl dafür entscheiden, es zunächst mit der Vorbereitung einer neuen Auflage von 111,2 zu versuchen, u. dann, wenn ich noch athme u. arbeite, weiter zu überlegen, was zu thun ist. Allein die Sache ist mir sehr fatal. Ich hatte gehofft, wenn ich meiner Verpflichtungen gegen das Archiv ledig sei, eine Sammlung meiner kleineren Arbeiten zur Gesch. d. Phil, veranstalten zu können, für welche u.a. die über den Theätet um- u. zusammengearbeitet werden sollten. Das werde ich nun Anderen überlassen müssen. Nehmen Sie Sich der Waisen einmal als Obervormund an. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus, treulichst Ihr Zeller.
200.
Diels an Zeller Berlin, den 26. Februar 1900. W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Ihr letzter Brief wäre mir in jeder Beziehung hochwillkommen gewesen wie alles, was von Ihnen ausgeht, wenn er nicht über einen Punkt ein beredtes Schweigen beobachtete, der uns hier alle seit lange in Spannung hielt, ob Sie wohl zu unserem Jubiläum kommen und mit Mommsen die Generation vertreten würden, die zum Flor unserer Akademie das meiste beigetragen hat. Leider muß ich annehmen, daß Sie fürchten, die Tage würden Sie zu sehr angreifen und die Reise Ihnen schlecht bekommen. Das müssen Sie am besten wissen und ich bin der letzte, trotzdem ich mich so sehr auf Ihr Erscheinen gefreut hätte, der Ihnen deswegen Vorhaltungen machen würde. Das Fest selbst wirft seinen großen Schatten schon voraus. Jeden Tag werden in den höheren Sphären neue Projecte und neue Anordnungen aufgeworfen und so kann bis jetzt ein Programm noch gar nicht versandt werden. S.M. selbst hat in allerletzter Zeit Interesse an der Sache gefunden und wie er dem als Moderner Ausdruck verleihen wird, werden Sie staunend erleben. Ganz im Vertrauen kann ich Ihnen vom Äußeren nur mitteilen, daß die Hauptfeier am 19. März von S.M. selbst im Weißen Saale abgehalten werden wird, was uns natürlich große Schwierigkeiten macht, aber nach außen vielleicht gut wirkt. Die Beteiligung des In- und Auslandes ist sehr rege und insofern wird das Fest 261
einen neuen und interessanten Charakter erhalten. Hoffentlich geht neben der officiellen Rederei, bei der nichts herauskommt, auch eine tiefere Anregung von hier aus, namentlich da die Hauptvertreter der seit zwei Wochen officiell begründeten „Association der Akademien" sich hier einfinden. Ihre Entrüstung über Weingart teilt man hier, aber man urteilt über unser Ministerium milder. Man sagt sich, daß nach der selbständigen Stellung des lutherischen Hannoverschen Consistoriums die nach jener Ansicht ketzerische evangelische Behörde kein Recht habe einzuschreiten und einen Glaubenszwang wiederum auf jene auszuüben. Vielmehr halte ich und andere Collegen es für richtig, daß die dortige Gemeinde, wenn sie sich eins fühlt mit ihrem Hirten und die Tyrannei des Consistoriums nicht ertragen will, in corpore zur unirten Kirche übertritt. Von einer solchen Rectificirung von unten halte ich mehr als von einer von oben. Für Ihre Karte betr. der Pädagogik danke ich herzlichst. Meine Frage bezog sich aber nicht auf den Chef, sondern auf den ganzen Stand. Deshalb kann ich auch nicht annehmen, daß die Frage Althoffs auf einen Trinkspruch hinzielt. So mühsam vorbereitet sind dessen Toaste nicht. Die Nötigung, wieder in das alte Joch zurückzukehren und die Neubearbeitung der Auflagen Ihrer Ph. d. Gr. zu übernehmen, scheint mir doch überwiegend erfreulich. Vor dem anastatischen Verfahren warne ich. Es werden da die alten Bogen auf einen lithographischen Stein gelegt, angesäuert und mit scharfem Druck die alte Schwärze auf den Stein übertragen, der dann wie ein gewöhnlicher lithographischer Stein behandelt wird. Die Bogen sehen in der Regel sehr unscharf aus. Die Sache hat weiter keinen Vorteil als daß sie billig ist. Sie werden Sich unterdessen wol auch für Neubearbeitung entschieden haben, die ja in III 2 nicht so furchtbar viel zu thun geben wird. Wenn Sie in dieser oder in anderer Angelegenheit, namentlich auch wegen der „Waisenkinder" meiner Hilfe bedürfen, so werde ich sie gern jederzeit Ihnen zur Verfügung stellen und mit der diligentia patris familias des Amtes zu walten suchen. Den Meinen geht es leidlich. Eine Influenza hat die Nerven meiner Frau stark mitgenommen. Ludwig steht am nächsten Donnerstag vor der Facultät als Habilitandus. Hoffentlich ist es Ihnen, Ihrer lieben Frau und allen sonstigen Gliedern der Familie gut ergangen. Die Meinigen grüßen das Haus Zeller herzlichst und ihnen schließt sich treulichst an Ihr H . Diels.
262
201.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 26. März 1900.
Lieber Freund! Jetzt ist ja wohl die Hochfluth Ihrer Festfeier verlaufen u. Sie haben wieder Zeit Sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Die Feier selbst war ja nicht blos eine glänzende, sondern auch, wenn nicht alle Anzeichen trügen, eine allseitig befriedigende; u. das hat uns für die Akademie u. für alle ihre Mitglieder u. namentlich für diejenigen von denselben ungemein gefreut, denen an der Vorbereitung u. Durchführung der Feier ein so bedeutender Arbeitsantheil zugefallen ist, wie Ihnen. Aber in der Ueberzeugung hat mich alles, was wir darüber lasen, bestärkt, daß ich den Anstrengungen dieses Festes nicht gewachsen gewesen wäre. Ich bin eben nicht Mommsen (der auch fast vier Jahre jünger als ich ist). Mit der Feder in der Hand an meinem Schreibtisch oder in der Unterhaltung mit ein paar Freunden geht's ja noch. Aber von jeder etwas größeren Gesellschaft halten wir uns auch hier fern u. gehen Abends, so lange man nicht in's Freie sitzen kann, nie aus. Außer aller anderen Schwerfälligkeit nöthigt mich dazu namentlich die hochgradige Kurzsichtigkeit u. Empfindlichkeit meiner Augen, welche das Zusammensein mit vielen Menschen wegen der Schwierigkeit des Erkennens u. Wiedererkennens zur fortlaufenden Verlegenheit u. den Aufenthalt in stark beleuchteten Räumen zur physischen Unannehmlichkeit für mich macht; u. vollends zu dem Stück Repräsentation, dem ich mich in Berlin nicht hätte entziehen können, bin ich nachgerade ganz unfähig. - War denn Kuno Fischer nicht in Berlin? - hatte ich eben geschrieben, als ein Brief von Frau Scherer uns mittheilte, er sei dagewesen aber nicht zum Sprechen gekommen. Schade, denn gut gemacht hätt' er's gewiß. Ein Glück, daß Sie noch leidliches Wetter hatten u. nicht den Winter, der sich inzwischen wieder eingestellt hat. Mit diesem Wetter hängt es vielleicht auch zusammen, daß die Influenza noch immer fortfährt, hier Unheil anzurichten. Unser u. unseres Sohnes Haus hat sie zwar bis jetzt verschont; aber von unsern sonstigen Freunden sind die zwei ältesten u. uns zunächst stehenden mit ihren Frauen daran erkrankt u. beide nicht außer Gefahr: darunter mein vertrautester u. fast mein einziger noch überlebender Universitätsfreund, Bockshammer (früher der Vorstand des Collegiums, welches das württ. Gelehrtenschulwesen unter sich hat) mir seit 67 Jahren auf's innigste verbunden, auch bei meiner ersten Anwesenheit in Berlin, während des Winters 1836/7 mein Stubengenosse u. dann noch ein Vierteljahr mein Reisegefährte. Es ist eine schwere Sorge für mich u. meine Frau. Dieser Tage habe ich meinen letzten Jahresbericht an Reimer geschickt. Ich fürchte aber, daß Apelt, der an meine Stelle tritt, es bei dieser Arbeit nicht so 263
lang aushalten wird, wie ich. Das Jahr 96 war freilich ein besonders mühsames. Ich will nun, sobald einige Rückstände in anderen Geschäften aufgearbeitet sind, an meinen letzten Band gehen u. sehen wie weit ich damit komme. Pastor Weingart hätte durch den Uebertritt zur unirten Landeskirche für seine Person schwerlich viel gewonnen. Mir wenigstens ist es ebenso unzweifelhaft, wie allem nach ihm selbst, daß im Fall seiner Nomination für die Berliner Markuskirche die Positiven in der Gemeinde sofort protestirt u. beim Brandenb. Consistorium u. Oberkirchenrath, nach einem wiederholten Ketzerproceß, Recht bekommen hätten. Als gestern, wie jeden Sonntag, unser Sohn mit Frau u. Kindern bei uns zu Tische war u. ich unserer Schwiegertochter für einen kleinen Dienst, den sie mir erwies, dankte, wurde sie von ihrem 3!/2jährigen Jungen belehrt: „Mama, wenn der Großpapa sagt: Danke schön, mußt du sagen: Bitte schön" - eine Regel der guten Lebensart, die er sich ohne Zweifel aus der Beobachtung der Dienstmädchen selbst abstrahirt hat. Mit dem Wunsche, daß Ihnen die Ferien nach der Arbeit des Winters rechte Erholung bringen u. herzlichen Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
202.
Diels an Zeller Berlin, den 2Z III. 1900 W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Mit einem großen Gefühle der Erleichterung antworte ich Ihnen sofort auf Ihren lieben Brief. Denn das Fest, vor dem Sie Sich nicht mit Unrecht fürchteten, war auch für mich eine schwere Last nicht blos wegen des Anteils an der Vorbereitung, der schon seit Jahresfrist uns in Athem hielt, obgleich Auwers den Löwenanteil der Arbeit von Anfang bis zu Ende für sich in Anspruch nahm, sondern vor allem weil ich unmittelbar vor den Festtagen durch den Tod meiner einzigen Schwester in tiefe Trauer versetzt worden war. So konnte ich nicht mit frohem Herzen dabei sein. Es ist ja so ziemlich alles wohl gelungen, obgleich ich nicht mit allem was angeordnet wurde einverstanden war und auch ich bei meinen Maßnahmen nicht immer das Richtige getroffen haben mag. Der einzige schwere Fehler, der gemacht wurde, trifft nicht die Akademie. Die Universitäten hatten einen gemeinsamen Sprecher zu wählen. Dazu versammelten sie sich am 18. in der Aula der Universität clam nobis und wählten da - Fuchs „wegen der engen Beziehungen der Berliner Universität zur 264
Akademie"! Ich finde das lächerlich, da die Akademie zu Ve aus Universitätslehrern besteht und der Gruß des Rectors Fuchs, der zugleich Akademiker ist, erinnerte an die Rolle des Kutscher-Kochs in Molières Avare. Dazu kommt noch, daß Fuchs sich als der geistig dürftigste aller Rectoren durch seine Rectorats-Reden herausgestellt hatte und sich auch diesmal in einer abgelesenen oder vielmehr abgemurmelten Rede ein Armutszeugnis ausstellte. Wie schön wäre es gewesen, wenn Fischer als ehrwürdiger Vertreter der ältesten deutschen Universität das Wort ergriffen hätte! Ich würde es ihm keineswegs verdenken, wenn er die Rücksichtslosigkeit der Universitätscollegen bitter empfinden würde. Der Winter, der auch in den Jubiläumstagen noch nicht gewichen, ist jetzt wieder mit eisigem Ostwind zurückgekehrt. Ich habe vor, um endlich etwas südlichere Luft zu atmen und den bis zuletzt unerträglichen Plackereien des Amtes (zuletzt 1.-3. April Centraldirection des Arch. Instituts!) zu entgehen, während der 14 Tage akademischer Osterferien mit Frau und dem Jüngsten nach Bozen zu gehen. Selbst wenn es ganz schlecht dort sein sollte, braucht man doch nicht täglich einen Bericht pp. zu schreiben oder zu lesen. Ich beabsichtige demnächst die Schrift de Melisso Xenophane Gorgia mit neuen Collationen herauszugeben (in den Abh.). Auch über die Zeit der Abfassung bin ich zu neuen Ansichten gekommen, die ich sehr ausführlich begründen müßte, wenn Sie sie nicht paradox finden sollten. Uber die Einzelheiten des Festes, von denen ich nur einen kleinen Teil selbst genau gesehen habe, wird man sich am besten aus der ausführlichen Chronik unterrichten, die sofort in Angriff genommen ist. Für unsere Stellung nach oben haben wir viel gewonnen, die Folgen dieser Huld müssen wir zum Guten zu wenden suchen und froh sein, daß Schlimmeres an uns vorüber gegangen ist. Ihnen senden wir alle wie Ihrer 1. Frau und Kindern nebst Enkeln und des artigen Bübleins die besten Wünsche. Möge Ihnen auch Ihr alter Freund Bockshammer erhalten bleiben! Ihr H . Diels.
203.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 3. April 1900.
Lieber Freund! Die Nachricht vom Tod Ihrer einzigen Schwester haben wir mit inniger Theilnahme vernommen, u. es ist mir Bedürfniß Ihnen diese noch vor Ihrer Abreise auszusprechen. Und wie es so oft geht, müßte Ihnen das Schmerzliche noch 265
dadurch erschwert werden, daß es zu einer Zeit eintrat, in der Sie von allen Seiten durch praktische Aufgaben in Anspruch genommen in die peinliche Lage versetzt wurden, keinem der sich kreuzenden Eindrücke u. Antriebe Sich ungestört hingeben zu können. Auch ich war mehr als einmal in diesem Falle u. kenne seine ganze Schwere aus Erfahrung. Wir sind hier auch von nichts als Trauer umgeben. In der Frühe des vorgestrigen Sonntags ist mein Freund Bockshammer entschlafen. Heute nach Tische werden wir ihn begraben. Mir sinkt mit diesem letzten u. liebsten meiner Jugendgenossen ein ganzes Stück meines eigenen Lebens in's Grab. Und auch hier, welche unglückliche Verwicklung! Acht Tage vor B. erkrankte seine Frau, von der die Seuche wahrscheinlich auf ihn übergieng, u. ist nun nach begonnener Besserung auch wieder zurückgeworfen worden. Und ähnlich steht es bei unserem andern Freunde M. Planck, der, neun Jahre jünger als ich, erst Rektor eines hiesigen Gymnasiums, dann für ein paar Jahre Bockshammers Amtsnachfolger war. Auch ihn ergriff mit seiner Frau die Influenza. Gestern ist sie nun gestorben u. sein Aufkommen ist zweifelhaft, so daß am Ende diese werthvollen Freunde uns auch beide verloren gehen. Auch der hiesige Kultminister Sarwey, den ein Herzschlag plötzlich weggerafft hat, keiner unserer näheren Freunde, aber von seinem Elternhaus u. seinen Knabenjahren her mit mir u. meiner Frau gut bekannt, wird heute beerdigt. Ihre Mittheilungen über die akademische Feier waren uns eine interessante Ergänzung aller sonstigen Nachrichten. Fuchs' Wahl zum Sprecher u. K. Fischer's Uebergehung beurtheile ich ganz wie Sie. Mein kleiner Beitrag zu der Festschrift für Sigwart wird Ihnen zugekommen sein. Seinen nächsten Zweck, dem Gefeierten Freude zu machen, hat er, wie ich höre, erreicht. Sonst macht er weiter keine Ansprüche, wie er denn auch in wenigen, meinen letzten Jahresberichten mühsam abgesparten Tagen, ganz aus freier Hand u. ohne irgend etwas dazu nachlesen zu können, niedergeschrieben worden ist. Auf Ihre Abhandlung über De Xenophane u.s.w. bin ich begierig. Erst gestern las ich Paulsens Artikel über A. Reichensperger in der D.L.Z. vom 3. Febr. u. ärgerte mich auf's neue über die romantische Weichlichkeit u. mehr als Erasmische Mattherzigkeit dieses Gruner'schen Adoptivschwiegersohns, der vom eigentlichen Wesen des Protestantismus keinen Begriff hat u. im Grund seines Herzens die Reformation als ein Unglück für die Menschheit beklagt. Wenn er heute nach Rom gienge, würde ich ihm Glück auf den Weg wünschen. Aus einem andern Grund unerbaulich waren uns Grimm's Herzensergießungen im ersten Heft der Deutschen] Rundschau: zerstreute Gedanken über Alles u. noch Einiges, an Frey's Biographie C. F. Meyers angehängt. Es gehört doch eine ungemeine Mißachtung seiner Leser dazu, ihnen etwas so Formloses u. Ungekochtes vorzusetzen. 266
Und nun nur noch die besten Wünsche für die Erholung, deren Sie bedürftig sein werden, u. die herzlichsten Grüße von Haus zu Haus. Eben erhalte ich die akademische Medaille. Sie ist recht hübsch, besonders der Leibniz. Wie immer der Ihrige Zeller.
204.
Diels an Zeller Bozen Greif 9. April 1900
Hochverehrter Freund, Ihre teilnahmvollen Zeilen vom 3. haben uns noch in Berlin erreicht, von wo wir am 5. abreisten, um den Frühling jenseits der Alpen zu finden. Dies ist nun zwar nicht eingetroffen, denn der Himmel ist genau so verschlossen und stählern wie wir ihn im Norden verlassen und die Natur ist um mindestens vier Wochen gegen sonstige Jahre zurück. Aber wir haben gute Unterkunft hier gefunden, einige Bekannte, mit denen man ab und zu ein Wort reden kann und das Wetter ist heute wenigstens abwechselnd Sonnenschein u. Regen geworden, auch nicht mehr so eisig kalt, so daß wir hoffen wollen, daß die noch übrigen acht Tage sich etwas freundlicher anlassen werden. Wir wollen an einem einigermaßen hübschen Tage nach Meran, teils um dies uns unbekannte Städtchen zu sehen teils um uns nach Hirschfeld zu erkundigen, der bisher, wie es scheint, noch keine rechte Erholung von seinem rätselhaften Leiden gefunden hat. Ihr Aufsatz hat mir ganz außerordentlich gut gefallen. Gerade daß Sie ganz aus Sich schöpften, verleiht dem interessanten Gegenstand die innere Einheit und Geschlossenheit. Ganz besonders haben mich Ihre Ausführungen über die Dichtkunst gefesselt S. 213 ff. Interessant wären nun hier die Beziehungen des Willens zum Gefühle, wobei gewisse Parallelismen sich ergeben dürften. Über Paulsen ärgere ich mich längst nicht mehr. „Hab ich des Menschen Kern erst untersucht" u.s.w. Und da ich ihn untersucht und die Nuß taub gefunden habe, so warf ich sie weg. Viel scandalöser übrigens als jenes Reichenspergerianum war der Artikel über die Kgl. Pr. Akademie der W in den Preuß. Jahrb., Märzheft, wo er um Sie und mich zu ärgern bei Gelegenheit der Aristoteleskommentare seine Ignoranz und Unfähigkeit, den Zweck der Wissenschaft zu begreifen, auf das krasseste und krudeste bekundete. Habeat sibi! Übrigens zeigt sich in diesem Artikel die Selbstauflösung einer so betriebenen Quasi-Wissenschaft auf das Deutlichste. Auch Hermann Grimm ärgert mich nicht mehr. Das ist eine andere Art der Selbstauflösung der Wissenschaft. 267
Beide Männer werden aber einen großen Teil der Schuld tragen, wenn man in weiteren Kreisen den Glauben an die Wissenschaft verliert. Aber man kann sie doch nicht hinrichten. Die Leibnizmedaille, die uns Auwers bescheert hat mit seinem alles bedenkenden Gedächtnisse, hat auch mir gut gefallen. Sie ist viel besser gemacht als die deutschen Medaillen des letzten Jahrzehnts. Wie die vom Ministerium für uns bestellte Medaille, die nicht fertig geworden ist (wie alles dort am Vorabend angefaßt wird) ausfallen wird, mögen die Götter wissen. Ich erwarte nichts. Mit herzlicher Anteilnahme an dem Verluste alter Freunde und besten Wünschen für Sie, Ihre 1. Frau u. die Ihrigen auch von meiner Frau Ihr H. Diels
205.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 30. Mai 1900.
Lieber Freund! Habe ich Ihren Brief vom 9. April wirklich noch nicht beantwortet? Ich hatte mich in dieser Beziehung einer tadelnswerthen „fleischlichen Sicherheit" ergeben, bis ich ihn gestern in dem Fach für unbeantwortete entdeckte. Schuld daran ist ohne Zweifel, daß ich nun wirklich vor einiger Zeit mit der Revision meines letzten Bandes einen Anfang gemacht habe; u. da fand ich gleich beim ersten Abschnitt so viel zu lesen, zu überlegen u. nachzutragen, daß ich noch darin stecke. Hirzel, Natorp, Pappenheim u.s.w. es ist eine ganze u. nicht unerhebliche, kleine Litteratur. Ihre Krone ist aber Simon Sepp (ich weiß nicht, ob der Sohn oder sonstige Verwandte dessen, der vor 60 Jahren Strauß' Leben Jesu in einem vielbändigen Werk bekämpfte u. erst neuerdings sich mit den Ultramontanen überwarf, weil er den klösterlichen Erbschleichereien entgegentrat) dieser bairische Querkopf, der acht Jahre daran rückte, um aus Galen u. den andern alten Medicinern unermeßliches Material zusammenzubringen, mit dem er nun solchen Unfug treibt, daß Schmekel ganze Bände füllen müßte, wenn er alle seine Verkehrtheiten ebenso gründlich widerlegen wollte, wie seine Behauptungen über Cicero's Bekanntschaft mit Aenesidemus. Unter anderem hat er auch die schöne Entdeckung gemacht, daß die Skeptiker bei besonderen Veranlassungen (wie die Päpste bei der Tronbesteigung) ihre Namen zu ändern pflegten, u. sich dadurch die Mittel verschafft, nicht nur Gleichnamige, wie Plutarch's Neffen Sextus aus Chäronea u. Sextus Empirikus, sondern auch Ungleichnamige, nach Belieben zu identificiren. Ich werde mich natürlich nicht viel mit ihm abgeben. Die Chronologie betreffend, ist es mir jetzt das 268
Wahrscheinlichste, daß der Tubero, dem Aenesidem eine Schrift widmete, zwar der bekannte Freund Cicero's, daß aber diese Schrift erst nach oder kurz vor Cicero's Tod verfaßt, u. Aenes., der sich mit ihr zuerst von der Akademie lossagte, ein Menschenalter jünger als Tubero war. Den Αίνησ. καθ' Ή ρ ά κλειτον bin ich geneigt, mit Pappenheim (ohne daß ich in allem mit ihm gienge) auf einen jüngeren Halb-Pyrrhoneer zurückzuführen, der wenig älter sein mag als Soranus. Wie denken Sie darüber? Schließlich ist der Mai ja doch noch einigermaßen rehabilitirt worden, nachdem einer der kalten Heiligen, ich meine Pankraz, uns einen Schneesturm u. eine Frostnacht gebracht hatte, die an der selten prachtvollen Baumblüthe dieses Jahres erheblichen Schaden anrichteten. Auch in unserem Garten sind an den blüthenbedeckten Fliederbüschen viele, zum Theil starke, Zweige unter der Schneelast zusammengebrochen. Wir werden die nächsten Monate wohl noch hier bleiben, Ende Juli aber oder Anfangs August nach Freudenstadt am Kniebis gehen, um ein paar Wochen mit unsern Enkelchen Schwarzwaldluft zu athmen. Führt Sie Ihr Weg um diese Zeit nicht in diese, oder etwas später in die hiesige Gegend? Es wäre doch sehr schön, sich wieder einmal zu sehen. Oder gehen Sie zu den Philologen nach Bremen? Unser kleiner Eduard wurde unlängst gefragt, ob er auch Doktor werden wolle, wie sein Vater. „Nein - antwortete er - das ist mir zu schlecht: ich will Kutscher werden." Die Ideale der Menschen sind eben verschieden; Sunt, quos curriculo u.s.w. Im übrigen geht's uns u. den Unsrigen zur Zeit im Ganzen gut. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
206.
Diels an Zeller Berlin, den 14. Juni 1900 W Magdeburgerstr. 20.111
Hochverehrter Freund, Ihr letzter Brief hat mich erfreuliche und erheiternde Blicke in Ihre energische Neubearbeitung thun lassen, die schon das Staunen Ihres Freundes Strauß hervorrief und vor der wir Jüngeren, nunmehr auch Älteren, uns in Ehrfurcht bringen. Ja älter fühlt man sich, wenn man erleben muß, was wir auf der diesjährigen Schulconferenz erlebt haben, die Vernichtung des humanistischen Gymnasiums durch allmähliche Verblutung. Unter den neuen Punkten war nur einer einschneidend, d. achte. „In welchen Beziehungen erscheint eine Umgestaltung des Berechtigungswesens nötig?" Die Versammlung von etwa 50 Leu269
ten, auch Jäger, war fast einstimmig der Ansicht, daß allen drei neunklassigen Schulen der Zutritt zur Universität zu öffnen sei. Nur Mommsen, Dilthey und ich stimmten dagegen, weil die als Ersatz vorgesehene Einrichtung von Spezialkursen in Lat. u. Griech. für Nichthumanisten, die Jurisprudenz und Theologie studiren wollten (von klass. Philologie ganz abgesehen) entweder Blendwerk oder Chikane sein würde und in keinem Falle die humanistische Vorbildung für diese Fächer ersetzen könne. Leider hat Mommsen, der für uns sprach, nicht dies gesagt, sondern eine ganz verdrehte Ausführung über Bildung, worin er auch die Oberrealschulbildung als genügend anerkannte, wenn sie wirklich in den neuen Sprachen soviel leisteten wie das humanistische in den alten. Da dies nicht der Fall sei, so stimme er dagegen. Da nun Wilamowitz und Harnack schon vorher für den Regierungsplan eingefangen waren und Jäger an der Spitze des D. Gymnasialvereins in edler Donquichoterie das Harakiri der Gleichberechtigung vollzogen hat, so ist in Preußen das Gymnasium gefallen. Der Justizminister und das Consistorium werden Drillanstalten für die Modernen neben ihrem Fachstudium auf der Universität einrichten. Das wird zehn Jahre höchstens restringirend wirken, bis der Mummenschanz als nutzlos aufgehoben wird und der „technisch" gebildete Jurist in seiner Reinheit dasteht. Das nächste ist, daß sich die bisher künstlich durch das Privileg gehaltenen Gymnasien der kleinen Städte, die sich nur noch eben über Wasser halten, sofort in R. Gymn. u. Oberrealschulen umändern. Dann werden die Techniker ebenfalls „Curse" für die Gymnasiasten verlangen, worin ihnen geometr. Zeichnen u.s.w. beigebracht wird. Das wirkt auf die Gymnasien natürlich auch ein und da künftig keine kl. Philologen mehr gebraucht werden, so wird die Welt diese Bildungsart los. „Diese Race muß vertilgt werden". Sie kennen den Urheber dieses Wortes und sein Sieg wird bald wahr werden, wenn auch 99/ 100 unserer eigenen Vertreter nichts davon merken wollen. Gegenüber diesem entscheidenden Schlage sind die anderen Beschlüsse, daß man das Frankfurter Reformgymnasium nicht glatt einführen, sondern nur empfehlen will, daß man das Griechische nicht wahlfrei mit Englisch auf dem Gymnasium treiben will, daß man das Latein auf dem Realgymn. nicht verstärken will, unwesentlich. Die Reden, die am meisten Eindruck machten 1) von Wilamowitz über eine neue Art des griech. Unterrichts, der in vier Jahren mit Homer (Auswahl) beginnend, das Klassische möglichst beschneidend, die gr. Wissenschaft von Plato u. Euklid bis Galen u. Marc Aurel und die Religion mit Paulus u. Märtyreracten in einem Lesebuch zusammenstellen will und von Harnack, der ein Wort sr. Maj. paraphrasirend die Kaisergeschichte in den Mittelp. der alten Geschichte stellen will, hatten mit dem Centrum der Fragen nichts zu thun und konnten daher „mit Dank" zu den Acten genommen werden. Wir sind 1890 übel gefahren wie Sie wissen, aber 1900, es ist zum Verzweifeln. Ludwig wird nun wol (der letzte Entschluß der Ak. steht noch aus) mit der 270
Humboldtstiftung auf zwei Jahre nach Australien pp. gehen. Eine schwere Zeit für uns und namentlich für meine Frau, die unter den Leiden ihrer Constitution und ihrer Jahre jetzt ganz besonders geplagt ist. Wann und wie wir etwas Erholung finden werden, steht noch nicht fest. Mit den besten Wünschen von uns Allen an Sie und die lieben Ihrigen Ihr H . Diels
207.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburstr. 56 4./5. Juli 1900.
Lieber Freund! U m mit dem Erfreulichen zu beginnen, lassen Sie mich Ihnen zuerst unsere herzlichen Glückwünsche zu allem aussprechen, was Sie in der letzten Zeit an Ihren Söhnen, u. namentlich an Ihrem Aeltesten Frohes u. Aussichtsvolles erlebt haben. Ihre Gefühle, u. besonders die Ihrer lieben Frau werden allerdings bei der letzten Auszeichnung, die ihm durch Ertheilung des Reisestipendiums aus der Humboldtstiftung zutheilgeworden ist, etwas gemischter Art sein. Aber der Botaniker, vollends der systematische, muß reisen, u. was kann er sich da besseres wünschen, als daß ihm die Wege in einer so ehrenvollen u. vielversprechenden Weise geebnet werden? Zwei Jahre sind bald um, u. ehe Sie Sich's versehen, werden Sie an dem jungen Gelehrten noch viel mehr erlebt haben; gesetzt auch es sollte nicht ganz so schnell gehen wie bei meinem Freund u. früheren Zuhörer Hitzig in Zürich, der, selbst erst 57 jährig, seinen jetzt 32 jährigen Sohn schon seit ein paar Jahren als juristischen Ordinarius zum Collegen hat. Sonst haben wir in der letzten Zeit nicht viel Gutes erlebt. Von den Lücken, die der Tod in unserem hiesigen Freundeskreis gerissen hat, habe ich Ihnen erzählt; gar nicht beruhigen können wir uns aber über das entsetzliche Loos, welches die arme Frau Scherer betroffen hat. Meine Frau ohnedieß nicht; aber auch mich hat in vielen Jahren nichts so tief erschüttert wie dieses ganz ausgesuchte Unglück. Und nun die öffentlichen Angelegenheiten! Unglücksfälle wie der schauerliche Schiffsbrand bei New-York, Scheußlichkeiten, wie die in China, wo die Europäer ja freilich, wenn, wie ich hoffe, ihr gemeinsames Interesse sie zusammenhält, die gelben Barbaren niedergeschlagen werden, wo Einem aber jeder Blutstropfen leid thut, der dafür geopfert werden muß, u. die Verlegenheiten u. Gefahren dann erst recht anfangen. Von den Buren nicht zu reden, denen ja freilich nicht zu helfen war, deren Unterjochung aber meiner Ueberzeugung 271
nach trotz Hrn. v. Brandt, nicht blos ein Akt empörender Brutalität, sondern auch ein grober politischer Fehler ist. Statt friedlicher Nachbarn, mit denen man sich leicht auf guten Fuß hätte stellen können, u. die der Zwang der Verhältnisse immer mehr unter den englischen Einfluß gebracht hätte, sich an ihnen u. an ihren Stammverwandten in der Kapkolonie Millionen innerer Feinde zu schaffen — wenn das nicht ein Beweis politischer Kurzsichtigkeit, heilloser Verblendung durch die auri sacra fames ist, so weiß ich nicht, was man überhaupt so nennen könnte. Und im Innern, neben dem wirthschaftlichen Aufschwung, dessen Werth ich nicht unterschätze, dieser Verfall des parlamentarischen Lebens, diese Schwäche der Regierung den agrarischen u. klerikalen Anmaßungen gegenüber. Und was ich mit Ihnen auf's tiefste beklage: diese leichtherzige Preisgabe der bewährten Grundlagen unserer Wissenschaft u. Bildung! Nach meinen Erfahrungen von 1890 habe ich von der neuen Schulconferenz nie viel Gutes erwartet; denn damals ließ man uns beschließen, was wir wollten, u. that nachher, was die meisten von uns nicht wollten. Dießmal aber war, wie es scheint, schon durch die Zusammensetzung der Versammlung dafür gesorgt, daß man Beschlüsse erhielt, hinter welche die banausischen Angriffe gegen unser höheres Schulwesen sich verschanzen können. Und leider haben auch von unsern Freunden nicht wenige diesem Treiben Vorspann geleistet. Der Beschluß des Gymnasialvereins auf der Braunschweiger Pfingstversammlung, daß gegen die Gleichberechtigung der Realgymnasien u. Oberrealschulen mit den humanistischen Gymnasien nichts einzuwenden sei, ist ein Beweis unglaublicher Kurzsichtigkeit, u. der Beisatz: „vom Standpunkt des Gymn.vereins" sei nichts dagegen einzuwenden, sieht ganz aus als ob er vom bösen Gewissen diktirt wäre. Er ist aber auch vollkommen sinnlos. Unserem Verein ist es doch nicht blos um die Gymnasiallehrer zu thun, sondern um die klassischen Grundlagen unserer Bildung; für diese ist es aber doch wahrhaftig nicht gleichgültig, wenn der Staat erklärt, für die heutige Wissenschaft seien sie entbehrlich. Sehen denn aber die Herren nicht ein, daß dann auch sie selbst u. ihre Anstalten entbehrlich sind? Die überfüllten Gymnasien der größeren Städte werden vielleicht zunächst gerne einen Theil ihrer unbrauchbarsten Schüler an. die Realschulen abgeben. Aber die in den kleineren werden - wie Sie treffend bemerken - sehr bald auf den Aussterbeetat gesetzt werden, u. dieser Proceß wird immer mehr um sich greifen. (Ich habe in diesem Sinn, freilich post festum, auch Schräder u. dem Düsseldorfer Cauer, der mich zur Unterzeichnung seines Aufrufs einlud, geschrieben.) Den Hauptschaden werden aber die Universitäten u. die Universitätsbildung erleiden, u. so wäre es in erster Reihe an ihnen, sich zu wehren. Aber ich fürchte, es wird theils nicht einmüthig u. nachdrücklich genug geschehen theils nichts nützen. Den richtigen Weg hat Kleinert auf der Generalsynode eingeschlagen; bitte, sagen Sie ihm, ich beglückwünsche ihn zu 272
seinem Antrag u. dessen Annahme. Besonders hat mir auch gefallen, daß er die heillose Komödie der Specialprüfungen u. Specialkurse als das, was sie ist, eine vom Gesetz geöffnete Thüre zur Umgehung des Gesetzes, zu würdigen scheint. Ich fürchte aber, wir werden das hereinbrechende βδέλυγμα της έρημώσεως nicht mehr abwenden können, u. bin froh, daß ich's nicht erleben werde. Doch nun werden Sie genug haben. Uns geht es gut; am 1. Aug. denken wir mit unsern Enkelchen auf ein paar Wochen nach Freudenstadt am Kniebis zu gehen; sonst bleiben wir hier. Recht leid ist mir's um Falk. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
208.
Diels an Zeller
Wiesbaden den Ζ Aug. 1900 Hochverehrter Freund, Ihr lieber und ausführlicher Brief ist in der Zwischenzeit einen Monat alt geworden. Das Semester hat sein Ende erreicht und ich genieße, wie Sie aus der Überschrift ersehen, bereits die Ferien. Bereits am 29. v. M. reiste ich gleichzeitig mit den übrigen Mitgliedern der Familie ab. Diese fuhren nach Wiesbaden, wo sich Ludwig der Australier von meiner über achtzigjährigen Schwiegermutter verabschiedete. Er war sehr bewegt die letzten Tage und Sie können Sich auch namentlich den Schmerz meiner Frau denken, die nichts leicht nimmt und an diesem Abschied lange wird arbeiten müssen. Ich selbst hatte bereits in Berlin mich verabschiedet und war auf anderem Wege nach Paris gefahren um an der Comitésitzung der Association der Akademien teilzunehmen, welche Statutenberatung und Vorbereitung des Ostern 1901 in Paris stattfindenden I. Congresses der Association zu erledigen hatte. Man hatte die Aufmerksamkeit Berlin, das außer mir durch Waldeyer vertreten war, zum Vicepräsidium vorzuschlagen, was mir einige ehrenvollen aber schwierigen Pflichten auferlegte. In zwei Tagen waren wir einig und ich benutzte den übrigen Teil der Woche um für die uns noch verbliebenen Reste der Aristoteles-Commentare einige Untersuchungen in der Pariser National-Bibliothek anzustellen, die z.B. feststellten, was Torstrik s.Z. übersehen hatte, daß der Commentar des Michael de partibus animalium eine große Lücke im 2. Buche hat (Cap. 1-5), die alle Hdss. mit dem Drucke teilen. N u n fand ich eine von Torstrik nicht geprüfte Hds., welche eine besondere Überlieferung zeigt und die Lücke ausfüllt. Ich blieb bis Sonntag Abend da, da ich den letzten Tag dazu benutzen wollte die Ausstellung mir anzusehen, die in ihren Gebäulichkeiten sehr imponirend und für uns Deutsche wegen des hervorragenden Anteils, den unsere Kunst und Industrie daran genommen, sehr ehrenvoll ist. Auch der größte Teil 273
der Besucher ist Deutsch. Sehr viel Jahrmarktstrubel ist diesmal auf dem ungeheuren Terrain vertreten. Glücklicherweise ist ein großer Teil der „Attractionen" verkracht. Von den Restaurationen hat fast am meisten Erfolg das Weinrestaurant des „Deutschen Hauses", das in Qualität und Preisen durchaus auf der Höhe der feinen Pariser Localitäten sich hält. Die Ausstellung des Hauses, namentlich die Zimmer Friedrichs des Großen sind trotz des erschwerten Zutritts immer umlagert. Das Gebäude selbst ist wie alle moderne deutsche Kunst für meinen Geschmack unerträglich. Bei der französischen Architektur merkt man ja auch die decadente Witzelei, die alle Formen der Archtectur in kleinliche Fransen auflöst, aber es ist doch mehr Tradition und natürlicher Geschmack dahinter, so daß die Sache nicht so brutal wirkt; und wenn dann Abends die Elektrik die Palastreihen zu beiden Seiten der Seine mit Millionen Lichtern und Farben schmückt, wenn der große Eifelturm sich in seiner schlanken Silhouette mit Millionen Lichtern vom Himmel abhebt und zwischen den gespreizten Schenkeln des Riesencolosses die rotblau funkelnden Cascaden der dahinterliegenden Wasserwerke erglänzen, so macht das einen großartigen Eindruck. Die Pariser Herren der Akademie, die ihre Ferien z.Th. unterbrochen hatten, waren sehr liebenswürdig und veranstalteten Freitag Gomperz und mir zu E h ren in der Akademie eine kleine Festsitzung, indem die Geschäfte ausfielen und einige uns besonders interessirende Vorträge (S. Reinach le totemisme dans la réligion grecque und Bréal Etymologie grecque), mit anschließender Discussion gehalten wurden. Bréal sprach (wenig überzeugend) über εντελέχεια, wobei ich durch Perrot in einige Verlegenheit gesetzt wurde, der am Schlüsse mich aufforderte mein Urteil über diese Sache zu sagen. Ich konnte nur sagen, daß ich die Sache für nicht aufgeklärt hielte. Wir d.h. meine Frau und mein jüngster Sohn und ich kehren am Ende der Woche nach Berlin zurück, da die Schule wieder beginnt und auch mich die Arbeit (Vollendung des Ms. der Poetae philosophi) zurückruft. Mein zweiter Sohn geht unterdessen auf drei Wochen nach der Schweiz. O b meine Frau und ich später Gelegenheit finden werden vor Beginn des Wintersemesters noch etwas fort zu kommen, ist noch fraglich. Das Secretariat der Akademie macht in dieser Beziehung Ansprüche. Ihre Übereinstimmung in rebus humanitatis freut mich um so mehr, als wir mit unserer Anschauung wenig Anklang in weiteren Kreisen finden. Kleinert, dem ich Ihre Anerkennung mitteilte, war darüber sehr erfreut. Aber die U m biegung seines Antrags in eine anodyne Formel zeigt auch hier, daß die moderne Wasserpest auch die Theologie ergriffen hat. Meine Frau läßt sich Ihnen und Ihrer lieben Frau herzlich empfehlen und ich schließe mich mit den besten Wünschen für gutes Wetter und gutes Bekommen der Sommerfrische an als Ihr treu ergebner H . Diels
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Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 4. Sept. 1900.
Lieber Freund! Ihr Brief vom 7 v. Mts. hat mich in Freudenstadt ohne Mühe gefunden u. uns durch seine Mittheilungen, namentlich durch die über Ihren Pariser Aufenthalt, sehr erfreut. Daß Ihnen der letztere als Zugabe zu allem anderen das verlorene Stück Mich[ael] Eph. eingebracht hat, finde ich sehr hübsch u. erfreulich. Sie bringen doch [von] überall her einen solchen Fund mit; u. ich für meine Person bin fest überzeugt, daß Sie - wenn Sie's auch vielleicht geheim halten von irgend einem Brunnensucher, der sich unter Ihren Vorfahren befunden haben mag, eine Wünschelrute überkommen haben, die Ihnen in der Hand zuckt, sobald Sie in die Nähe einer Quelle kommen, wie sie unter der Sandwüste der Bibliotheken noch immer da u. dort rieseln. Inzwischen ist nun auch Ihre Abhandlung über M X G hier angekommen, für die ich Ihnen um so aufrichtiger danken kann, da ich sie sofort gelesen habe. Ihre Bestimmung über die Abfassungszeit empfiehlt sich mir, so weit ich mir nach der ersten Erwägung ein Urtheil erlauben darf; namentlich aber die Vermuthung S. 9 f., daß der Vf. die aristotelischen oder doch altperipatetischen Monographieen, die wir aus dem Schriftenverzeichniß kennen, benützt habe. Die von mir Ph.d.Gr. I, 501-3 vertretene Annahme, daß der Abhandlung über Melissus solche über Parmenides u. Zeno vorausgeschickt gewesen seien, würde sich auch mit Ihrer Ansicht vertragen. Ich denke Sie mir, selbst wenn Sie nach Ihrer Rückkehr aus Wiesbaden Berlin noch einmal verlassen haben sollten, jetzt wieder dahin zurückgekehrt. Wir waren in Freudenstadt vom 1.-24. Aug., vom Wetter ziemlich begünstigt, u. von der Hitze, die hier im Juli unerträglich geworden war, weniger belästigt als zeitweise von der starken Abkühlung der Nächte. Die Luft ist dort wirklich vortrefflich, an schönen, wohlgepflegten u. bequemen Spatziergängen ein Reichthum. Die Gesellschaft bot wenig; doch hatte wir angenehmen Verkehr mit meinem Verwandten, dem dortigen Dekan Z[eller] u. seiner Familie, u. traffen auch ein paar alte Freundinnen, die Wittwen meines Heidelberger Collegen Bernh. Stark u. des Tübinger Chirurgen V Bruns (des älteren Bruders unseres Georg Bruns). Das Beste thaten für unsere Unterhaltung die Kinder, denen die beständige Bewegung im Freien vortrefflich bekam. Auch uns wäre der Aufenthalt dort ganz zuträglich gewesen, hätten wir uns nicht in seinen letzten Tagen noch lästige Störungen zugezogen: ich einen Schnupfen, von dem ich noch nicht ganz frei bin, u. meine Frau äußerst heftige neuralgische Schmerzen, die auch erst seit einigen Tagen auf ein erträgliches Maß zurückgegangen sind. 275
Daß Ihnen u. namentlich Ihrer lieben Frau der Abschied von Ihrem Sohn recht schwer geworden ist, glaube ich gern. So unanfechtbar alles sein mag, was Einem in solchen Fällen die Vernunft sagt, so kann sie doch die Furcht vor den hunderterlei Möglichkeiten, die sich an jeden solchen Schritt heften, schon deßhalb nicht unbedingt bannen, weil sie die Möglichkeit dieser Möglichkeiten in der Regel selbst nicht bestreiten kann. Das Entscheidende ist aber in solchem Fall überhaupt nicht die Vernunft, sondern theils die Gewöhnung, die z.B. seefahrende Bevölkerungen vieles, was wir Landratten schwer nehmen, als selbstverständlich betrachten läßt, theils das „mannhaft Gemüth", auf das Zwingli einmal seinen Prädestinationsglauben zurückführt. Lieber wird es Ihnen aber doch sein, daß Ludwig nach Australien geht, als wenn er mit nach China gienge. Diese heillose Geschichte ist eine wahre Calamität für uns, ein europäisches Verhängnis vielleicht für das ganze 20. Jahrhundert. Wir können ja nicht anders verfahren als wir verfahren; aber schade ist's für jeden, der in diesem Sumpf unheilbarer Barbarei seinen Untergang findet, von dem sich gar nicht absehen läßt, was man Gescheidtes mit ihm anfangen kann. Haben Sie gehört, daß unser alter Freund H . Rassow schon vor 8 - 9 Wochen das Unglück gehabt hat, auf seines Sohnes Villa bei Bremen einen Schenkelhals zu brechen? Ich erfuhr es nach unserer Zurückkunft von Apelt, schrieb ihm (R) u. erhalte nun von ihm in einem diktirten Brief die Nachricht, der Bruch sei vollständig geheilt. Er bleibt aber in Bremen. Ihnen u. den Ihrigen die herzlichsten Grüße von uns allen u. insbesondere Ihrem E. Zeller.
210.
Diels an Zeller Berlin, den 19. X . 1900 W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Mit Schrecken sehe ich aus dem Datum Ihres Briefes, daß ich mit meiner Antwort in Verzug geraten bin. Ich war am 4. September, wo er geschrieben ist, bereits unterwegs, um in der Schweiz oder Italien oder Tirol ein gutes Plätzchen zur Erholung für meine sehr mitgenommene Frau zu finden. Aber während sonst die Reisen einen erfrischenden Einfluß ausübten, steigerten sich ihre körperlichen Schmerzen und namentlich ihre psychische Depression diesmal so sehr, daß, nachdem wir es an verschiedenen Orten probirt und zuletzt bei vortrefflichem Wetter in Gossensass eine Woche lang versucht hatten, wir hierher zurückkehrten. Seitdem hat sich ihr Zustand sehr allmählich wieder etwas
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gehoben, so daß ich jetzt etwas beruhigter bin. Ich hoffe, daß sich allmählich die durch ihre Jahre gesteigerte Sensibilität wieder beruhigt und damit auch die schmerzhaften Zustände verschwinden. Durch die rasche Zurückkunft habe ich eine hübsche Arbeitszeit gewonnen, die ich u. A. zur Herstellung einer Heraklitausgabe mit deutscher Übersetzung benutzt habe, um die wesentlichen Fragmente in möglichst authentischer Form zu geben. Es soll dies eine Probe der Vorsokratiker werden, die ich gleichzeitig mit den Poetae philosophi (und deren Satz teilweise benutzend) bei Weidmann diesen Winter drucken lassen will. Trotz der sorgfältigen Arbeit von Bywater hat sich der Wortlaut der Fragmente durch schärferes Ausbeuten der handschr. Uberlieferung an vielen Stellen originaler fassen lassen. Auch ein neues Fragment habe ich gewonnen: κράτος ψυχής έστί λόγος εαυτόν αΰξων. Ich finde das hübsch. Die controversen Stellen will ich in zugegebenen Anmerkungen erläutern. Von Ludwig haben wir regelmäßig Antwort. Er ist seit dem 21. August in Capstadt und Umgegend, befindet sich mit seinem Freunde wohl und er gedenkt in diesen Tagen nach Westaustralien, der Sphäre seiner eigentlichen Expedition, abzusegeln. An China wird er hoffentlich später nicht denken. Uber diesen Sumpf denk ich wie Sie und ich bedaure, daß die allerhöchste Stelle mit so leichten Füßen hineingesprungen ist. Der neue Reichskanzler [Bülow] wird Mühe haben ihn wieder herauszuziehen. Schöne, der an der Saalburgfeier teil genommen, war entsetzt über dieses ganze Wesen. Ich freue mich, daß ein heilsamer Schnupfen Mommsen vor weiterer Erkältung dort behütet hat. Er ist übrigens wohlauf und druckt jetzt seinen Codex Theodosianus. An Rassows Unglück habe ich herzlich teilgenommen. Kaibel ist am vorigen Sonntag operirt worden. Man hatte Carcinom zwischen Magen und Darm diagnosticirt. Es war aber nur Verengerung des Darmansatzes, was wie es scheint mit glücklichem Erfolge operirt worden ist. Die Thesaurusconferenz in München 11.-13. Oct. ist gut verlaufen. Zwei Fascikel sind fertig und werden demnächst versandt. Wir müssen nur mehr Geld haben, um unser Bureau (12 Assistenten) dauernd fesseln zu können. Würde Würtemberg nicht jährlich 1000 M. zuschießen können? Daß Ihnen Ihre Sommerfrische gut bekommen, abgesehen von hoffentlich vorübergehenden Erkältungen, hat uns sehr gefreut. Wir wünschen beide Ihnen und Ihrer 1. Frau wie der ganzen Familie einen guten Winter. In Treue Ihr Hermann Diels
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211.
Zeller an Diels Stuttgart Reinsburgstr. 56 24. Decbr. 1900.
Lieber Freund! Jetzt eben sind Sie wohl alle um den Christbaum versammelt u. ich hoffe Sie können Ihr Fest vergnügt feiern, wenn auch der Gedanke an den Sohn in der andern Hemisphäre, wo man jetzt das Sommersolstitium begeht, einigen Zusatz von Heimweh - aber hoffentlich von keiner ernstlichen Sorge - in Ihre Feststimmung träufeln wird. Wir hatten unsere Bescheerung schon gestern, da Kinder u. Enkel heute bei den andern Großeltern der letzteren sind. Alle Theilnehmer an der Feier, mit Ausnahme der Dienstmädchen, alte u. junge, waren mehr oder weniger mit Schnupfen u. Husten behaftet, man ließ sich aber dadurch im Vergnügen nicht stören, u. als ich dem kleinen Eduard zeigte, daß er mit dem Gewehr, das er bekommen hatte, die Lichter am Christbaum ausschießen könne, fand diese Kunstübung bei den Kindern solchen Beifall, daß sie ihrer auch heute noch nicht überdrüssig geworden waren. Auf Ihren Heraklit bin ich begierig. Mich haben in den letzten Monaten die Essener beschäftigt, über die seit 18 Jahren ungemein viel geschrieben worden ist, wovon wenigstens ein Theil gelesen u. für die neue Auflage berücksichtigt sein wollte, wenn auch das meiste nicht neu u. in dem neuen nicht viel kluges zu finden war. Es ist nicht zum glauben, wie schwer die Mehrzahl unserer Theologen sich überzeugen läßt, daß die Juden in Palästina von der hellenistischen Strömung, die alle Mittelmeerländer u. Asien bis über den Indus überfluthete, nicht unberührt bleiben konnten. Indessen hat diese Revision meiner früheren Arbeit mich selbst doch auf das eine u. andere aufmerksam gemacht, was meiner Ansicht über den Essenismus zur Stütze u. Vervollständigung gereicht. Auch sonst ist manche verwendbare Wahrnehmung abgefallen. So z.B., daß der Anfang der Pseudophocylidea den des goldenen Gedichts berücksichtigt, dieses mithin nicht erst der christlichen Zeit angehören kann, u. daß von dem orphischen Ι ε ρ ό ς λόγος drei Recensionen existirt haben müssen: die ursprüngliche, auf welche sich Plato Symp. 218 B, Gess. IV, 715 E bezieht; ihre stoische, in der justinischen Cohortatio u. De monarchia benützte Ueberarbeitung (Orph. Fr. 4 Ab.); u. die von Aristobul oder sonst einem Juden interpolirte Ausgabe der letztern, Fr. 5.6. Was sagen Sie zu der vor einigen Wochen publicirten ministeriellen Botschaft über die bis auf weiteres neueste Gymnasialreform? Mir machte sie den Eindruck desselben Dilettantismus u. derselben mit allen Winden zugleich segelnden Regierungsweisheit, der wir die 92er Regulative verdanken. Einige Schäden der letzteren sollen ja, scheint es, verbessert werden, sofern dem Latein eine oder zwei Wochenstunden zugelegt werden sollen. Aber dafür der 278
erweiterte Unsinn der Berechtigung zum Universitätsstudium für ungenügend Vorbereitete u. die Nachprüfungen während der Studienzeit, die bisher schon, so weit sie bestanden (wie mir dieß noch Dillmann in Betreff des Hebräischen klagte) jeden ernsthaften, mit gewissen Vorkenntnissen der Zuhöhrer rechnenden wissenschaftlichen Unterricht unmöglich machten. Und auch jetzt wie vor 10 Jahren: man warnt vor Uberbürdung, man ruft, um zu zeigen, daß man auch Latein kann, den Lehrern das non multa zu, u. stellt gleichzeitig vermehrtes Zeichnen, obligatorisches Englisch u. was sonst noch in Aussicht! In der Hoffnung, daß Sie das neue Jahrhundert, das bei uns erst in der nächsten Sylvesternacht kommt, gut antreten, grüßt Sie u. die Ihrigen alle mit seiner Frau herzlich Ihr Zeller.
212.
Diels an Zeller Berlin d. 30. Dez. 1900
Hochverehrter Freund, Das alte Jahrhundert darf nicht zum Orcus hinabsteigen, ohne daß ich Ihnen, der es fast ganz überschaut, gleichsam als seinen würdigsten άρχων επώνυμος einen Scheidegruß zurufe. Glücklich, daß Sie über die Schwelle des neuen treten durften, noch glücklicher, daß Sie voraussichtlich nicht mehr so lange drin zu weilen brauchen, wie wir mittelschlächtigen Leute, die sich an die Moderne nicht gewöhnen können und doch mit ihr rechnen und arbeiten müssen! Das gilt namentlich von dem, was uns beiden ans Herz greift, der Jugenderziehung und ihrer sog. Reform. Sie erwähnen den neuesten Erlaß. Wie schon der Stil zeigt, ist er das Product des Compromisses, zuerst im Ministerium selber, wo kein superieurer Mann die Zügel in der Hand hat, dann vor allem in der allerhöchsten Region, wo der Wind bis acht Tage vor der Publication bald so bald so stand, je nachdem ein Mitglied der Camarilla so oder so irgend eine Schauermähr vom Potsdamer - oder vom Wilhelmsgymnasium dem allerhöchsten Herrn berichtete. So ist denn mit demselben groben Rotstift in die Vorlage hinein corrigirt worden wie das in den Kirchenplänen, den Theateraufführungen, den Sculpturarbeiten u.s.w. zu geschehen pflegt: qualis artifex pereo! Das wirklich Wichtige, nemlich die Gleichberechtigung der drei Anstalten, wird nun der Universität eine schwierige Frage vorlegen, wie nun diese zugelassenen Barbaren, die unsere Collegen vom Gymnasium mit göttlicher Großmut zugelassen haben, für unsere Vorlesungen zugerichtet werden sollen. Eine gründliche Bildung können sie ja nicht so nebenbei erwerben. Aber selbst die
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Elemente fehlen, ohne die doch eine philosophische Vorlesung - selbst eine vom Steglitzer Fichtenberge - nicht verständlich ist. Hier wird sich der wahre Kampf abspielen zwischen den Technikern unserer Universität, die um die Masse zu captiniren, immer mehr vom alten soliden Fundament fallen lassen und immer mehr „Stimmung" machen wird und den wirklichen Gelehrten, die den Schein verachtend zur Wissenschaft selbst und nicht zum Literatentum erziehen wollen. Ja es wird trübe im 20 ten werden! Ihre freundlichen Weihnachtswünsche sind, so gut es nur immer bei dem Befinden meiner Frau und der Abwesenheit unseres Altesten gehen wollte, in Erfüllung gegangen. Gerade am 24. traf ein am 25. Nov. in Perth aufgegebener Brief ein, der berichtete, wie sie sich in die dortigen Verhältnisse einleben und wie er mit seinem Freunde dank guter persönlicher Empfehlungen an den governor von Westaustralien Sir Foster, einem Entdecker des Innern v. Australien, dort ausgezeichnet aufgenommen worden ist. Der Gouverneur behandelte ihn als wissenschaftlichen Collegen, stellte ihm sofort zwei Freibillete für alle Staatsbahnen v. Westaustralien und die (nicht publicirte) Meßtischkarte der Regierung zur Verfügung, so daß Ludwig selbst schrieb, er sei von den Spitzen der Behörden und allen Bewohnern so herzlich aufgenommen und so erfolgreich unterstützt worden, daß es nun an ihm allein gelegen sei, ob er etwas leiste. Wissenschaftlich ist alles unbekannt, da trotz großen Interesses für die merkwürdige Flora fast keine einzige Pflanze wissenschaftlich genauer bestimmt und festgelegt ist. Er wird nun ein Jahr dort bleiben. Hoffentlich entspricht das Weitere dem Anfang. Die Weihnachtsferien habe ich benutzt, um zwei in der Schrift de mundo erhaltenen Heraklitfragmente genauer auf die Überlieferung hin zu untersuchen. Da wir davon eine lateinische (Apuleius), eine syrische (6. Jahrh.), armenische (8. Jahrh.) Ubersetzung und dann außer den griech. Hdss. noch Excerpte des Stobäus haben, so gestaltet sich hier die diplomatische Kritik, die ich ζ. T. mit neuem Material und neuer Methode in Angriff genommen habe, interessant genug. Der Aufsatz ist fertig. Er wird aber ablagern, da ich ihn der Akademie vorlegen will, in der ich erst im März dran komme. In der Akademie ist die mit großem Tamtam inscenirte Einrichtung dreier neuer Stellen für Deutsch kläglich am St. Michael gescheitert. Wir hatten zur Berufung erster Capacitäten, die sich der Leitung eines Institutum germanicum ohne weitere Verpflichtung hingeben sollten, 3 χ 10 000 M. gefordert. Althoff war wegen der kaiserlichen Initiative seiner Sache ziemlich sicher. Aber der Finanzminister sagte Quod non, und nun will unser Opportunismus im Ministerium die Sache hinten herum en détail insceniren. Sehr unerfreuliche Wendung, die vermutlich noch unangenehmer wird, da die Schwesterciasse in zwei von den neuen technischen Stellen nicht Slaby und Riedler (wie man allerhöchst wünschte), sondern v. Hefner-Alteneck und Müller-Breslau gewählt 280
hat! So wird die Akademie also vermutlich auch durch directe Einwirkung bei S.M. nichts erreichen. Dies alles natürlich vertraulich! Ihre Essenerstudien interessiren mich lebhaft wegen der Hintergründe. Kennen Sie Norden Antike Kunstprosa II. Bd., wo er als Philologe sich etwas sceptisch gegen allzugroße Vertrautheit mit dem Hellenismus im 1. Jahrh. n. Chr. wendet? Kennen Sie ferner für den orphischen λόγος und Aristobul die einschneidende Untersuchung von Elter (Bonner Programm)? Wenn nicht, schicke ich es Ihnen. Mit den herzlichsten Wünschen für Sie, in die wir alle einstimmen und die wir auf Ihre 1. Frau und die ganze Familie ausdehnen, im alten wie im neuen Jahrhundert Ihr treulichst ergebner H . Diels
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Diels an Zeller
Berlin, den 20. Ol. 1901 Hochverehrter Freund, Zu dem ersten Geburtstag, den Sie im neuen Jahrhundert erleben, hoffentlich in voller Gesundheit und Frische, sende ich die allerherzlichsten Glückwünsche. Mag Ihnen auch nicht alles, was jetzunder geschieht, behagen, so ist doch die süße Gewohnheit des Daseins im Kreise einer theuren, Sie verehrenden Familie und eines gelehrten Kreises, der Sie nicht minder verehrungsvoll als seinen Mittelpunkt anerkennt, ein so wertvolles Gut, wie es nur wenig Menschenkindern zu teil wird: mögen Sie Sich dessen noch lange Zeit erfreuen! Was mich erfreut und bedrückt habe ich in der etwas bunten Musterkarte von Schriftstellerei, die ich mitschicke zum Ausdruck gebracht. Bei dem pädagogischen Versuche hab' ich oft an Sie gedacht. Vielleicht halten Sie die Sache für aussichtslos. Jedenfalls hab' ich etwas mehr thun wollen als jammern und predigen: flectere si nequeo superos, Acheronta movebo. Bis jetzt scheint ja die Sache zu gehen. Aus der Elite des ersten Curses haben sich 120 zum zweiten gemeldet und Dr. Helm hat auch hierfür durch Adaptirung von Caesar d. b. g. IV eine passende Unterlage zu billigstem Preise hergestellt. In der Facultät sind wir in große Aufregung versetzt worden. In Besetzung der Grimm'schen Stelle hatten wir 1) Thode Heidelberg 2) Vickhoff Wien 3) Wölfflin Basel vorgeschlagen. D a 1 ablehnte, 2 unerreichbar schien, wurde mit 3) vom Minister abgemacht. Unterdessen hat der Knabe Frey, der lange Jahre von Grimm misbraucht, dann schnöde bei Seite geschoben wurde, Hintertreppen gefunden, auf denen er dem Minister [Studt] von oben gekommen ist. Es 281
erfolgte die Anfrage des Ministeriums, ob er nicht zum „persönlichen" Ordinarius befördert werden könnte! Gleichzeitig langte ein gleiches Petitum betr. den Ritter v. Kaufmann-Asser ein. Die Facultät hat nun in der Commission eine energische Ablehnung zunächst des Frey'schen Projettes beschlossen, die wohl allgemein durchgegangen wäre, wenn nicht Wilamowitz den Bericht so scharf und grob gefaßt hätte, daß Vahlen mit einer wirksamen Mahn-Rede zur Milde einige Collegen zur Stimmenthaltung brachte. So kommt kein einstimmiger Beschluß zu Stande! Kaufmann kommt erst später dran. In der Akademie beraten wir, wie die drei deutschen Stellen besetzt werden sollen, nachdem der Finanzminister eine höhere Dotirung als mit den üblichen 900 M. abgelehnt hat. Ich bin begierig was dabei herauskommen wird. Mir erscheint die ganze Sache wenig aussichtsvoll, nachdem Slaby und Riedler nicht in die technischen Stellen berufen sind und somit der Kaiser den Teufel sich um die neuen Stellen kümmern wird. Der Druck der Poetae philosophi und des Heraklit soll beginnen, sobald die Druckeinrichtung, die nicht leicht ist, durch Proben festgestellt sein wird. Daß die Comm. in Ar. im vorigen Jahre einen tüchtigen Schuß gethan haben, werden Sie bemerkt haben. Meine Frau sendet herzliche Wünsche zu Ihrem Geburtsfeste und grüßt Ihre 1. Frau und Familie herzlich wie Ihr Sie verehrender Hermann Diels Von Ludwig, der bis Ende d. J. in Westaustralien bleiben wird, hören wir nur Gutes. Viel Arbeit, etwas Heimweh und reichlicher Mangel geistig anregender Gesellschaft. Otto dozirt als Assistent in Fischers Laboratorium (Praktikandensaal), Paul wird in etwa 14 Tagen ins Abiturium steigen. Wir sind alle wohl, nur kann meine Frau ihre rheumatischen (richtiger nervösen) Rückenschmerzen nicht los werden.
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Zeller an Diels Stuttgart 5. Febr. 1901. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Für Ihre freundlichen Geburtstagswünsche spreche ich Ihnen u. Ihrer lieben Frau meinen herzlichen Dank aus. Gute Wünsche aus gutem Herzen (u. nur diese sind wirksam) kann man ja um so nöthiger brauchen, je öfter solche Tage sich wiederholen. Den dießjährigen haben wir mit unsern nächsten Angehöri282
gen vergnügt u. gesund verbracht; etwas anstrengend war's freilich, daß von lOî/2 U. Morgens bis 6 U. Abends die Besuche keinen Augenblick ausgiengen, doch hat's uns nichts geschadet. Die Vorträge u. Aufsätze, mit denen Sie mich beschenkt haben, u. für die ich Ihnen schönstens danke, waren mir sehr interessant. Die zwei Stücke aus dem Hermes belehrten mich über einige mir sonst ferner liegende Dinge. Wie gut Sie in Ihrer Einleitung zu dem Lateinkurs den für Ihr Publikum geeigneten Ton getroffen haben, werden Ihnen zwar auch schon Andere gesagt haben; zur Bestätigung wird Ihnen aber auch die Thatsache dienen, daß meine Frau diesem Vortrag die lebhafteste Anerkennung zollt. Selbst noch Latein zu lernen würde sie allerdings trotzdem, auch wenn wir noch in Berlin wären, ihrem alten u. nachgerade (ebenso, wie das meinige) etwas löchrig gewordenen Gedächtniß schwerlich zumuthen. Ich bin begierig, wie Ihr Endergebniß über Ihren etwas gewagten Versuch ausfallen wird, von dem ich unmögliches natürlich weder erwarte noch verlange. Das Problem der Weltsprache scheint mir mehr noch ein psychologisches als ein philologisches u. historisches zu sein. Was wir bis jetzt Weltsprachen nennen können, waren theils nur Verkehrs- u. Geschäftssprachen, wie die lingua franca für die Umwohner des östlichen Mittelmeerbeckens, theils Kultursprachen, die auf bestimmte gesellschaftliche Kreise beschränkt waren, u. ebendamit zwischen diesen u. ihren Volksgenossen eine hohe Scheidewand bildeten. Selbst mit dem Griechischen der hellenistischen u. byzantnischen, dem Latein der römischen Zeit u. des Mittelalters verhält es sich nicht anders. Volkssprachen wurden sie erst dann u. da, wo sie das gemeinsame internationale Verständigungsmittel der Gebildeten, also Weltsprachen, zu sein aufhörten, u. entweder in neue nationale Sprachen von sich abzweigten, wie das Latein die romanischen, oder von solchen verdrängt wurden, wie die lateinische von den germanischen. Fragt man daher, ob irgend eine todte oder lebende Sprache Aussicht habe, Weltsprache zu werden, so heißt das m. a. W, ob irgend ein Volk Aussicht habe, mit seiner Individualität u. Kultur die aller andren aufzusaugen, u. damit hat's wohl keine Eile. Wenn's aber den Engländern gelänge, wäre das ein Fluch für die Menschheit. Haben Sie Bismarck's Briefe an seine Frau gelesen? Sie sind sehr interessant u. Bismarck] wird als Mensch dadurch gehoben u. vertieft. N u r war es unvorsichtig von mir, sie meiner Frau zu schenken, denn er war ein so idealer Ehemann, daß Unsereiner gar nicht damit konkurriren kann. Einige psychologische Probleme geben die Briefe freilich auch auf. Darüber vielleicht später einmal. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr E. Zeller.
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Diels an Zeller
Berlin den 5. April 1901 Hochverehrter Freund, Im Begriff mein Haus zu bestellen, da ich morgen auf 14 Tage zu dem ersten Congreß der internationalen Association zu Paris gehen und bei dieser Gelegenheit für die Aristotelescommentare einige nötige Arbeiten ausführen will, fällt mein Blick auf Ihren noch nicht beantworteten Brief vom 5. Februar! Ich kann mir denken, daß Sie Sich denken, dieser Diels wird auf seine alten Tage noch lüderlich, namentlich wenn Sie unterdessen seinen Heraklit erhalten und mit Kopfschütteln bemerkt haben, daß er ganz kuriose Ideen über den alten Dunkeln entwickelt, die eine verdächtige Ähnlichkeit mit Lassalle haben. Das kommt von dem Socialismus, werden Sie sagen! Auf dem Wege des Volkslateins entwickelt man sich zum Volksbefreier und wozu wer weiß noch alles! Sehen Sie das kommt alles davon, daß Sie nach Stuttgart verzogen sind und daher Ihr Einfluß nicht mehr ständig und aus der Nähe wirksam sein kann. Ich hatte daher im Stillen vor bei der Rückreise über München, wo Waldeyer der auch nach Paris geht (mit Mommsen, van't Hoff, Sachau, Helmert) [und ich noch zu tun haben,] Sie aufzusuchen, um wieder den Contact herzustellen und Sie mündlich über alles genau zu orientiren. Nur fürchte ich nach dem heute eingetroffenen Menu werden die Herren Franzosen uns so lange dabehalten (vom 16. an), daß wir eben noch zur Versammlung des Volkscursvereins am 20. in München eintreffen können, wo ich den Hauptvortrag über Volkslatein, Studentenunterricht pp halten soll. Es wäre jammerschade, wenn kein Tag für Stuttgart mehr herausspringen sollte, was ich jetzt noch hoffe und in Paris soviel an mir liegt, betreiben werde. Sie fragen nach dem Erfolge des Lateinunterrichtes. Der läßt sich natürlich nicht ziffernmäßig festlegen. Es blieben im zweiten Curs etwa 110 (von 350), die Cäsar Buch IV ganz durchübersetzten in sechs Stunden, indem Dr. Helm die schwierigen Capitel selbst genau erklärte und vorübersetzte, während 2 - 3 leichtere von etwa 30-40 sich beteiligenden Männern und Frauen bewältigt wurden. Die Vorgerücktesten, die im Ganzen nur 12 χ VA St. hatten, konnten diese Aufgabe vollkommen correct lösen. Eine sehr intelligente Dame (Schreibmaschinenstenographin) bedauerte sogar, daß die Capitel so leicht seien u. fragte, ob ihr denn Tacitus, von dem sie gehört hatte, nicht bald zu lesen gelingen könne. Das Gros der Arbeiter, die etwa die Hälfte des Publicums bildeten (dabei ziemlich viele Setzer) hatte mehr mit dem Deutschen als mit dem Latein seine Not. Wer aber guten Elementarunterricht hatte und noch nicht zu alt, konnte namentlich vermittelst der seit Januar eingerichteten Hilfscurse, die Studenten abhielten, soweit kommen, einen Einblick in das Sprachmaterial und die Spracheigentümlichkeit zu gewinnen und zugleich eine bemer284
kenswerte Episode unserer Vorzeit im Original kennen zu lernen. Die Dankbarkeit war sehr groß und wir wurden dringend gebeten die Curse im nächsten Winter zu wiederholen. Dabei wird sich erst zeigen, ob die Sache Boden gewinnt oder nur durch das Neue anzog. Ich habe veranlaßt, daß in derselben Weise auch ein Mathematikcurs die Elementaría lehren wird und hoffe auch für das Deutsche (Neuhochd. mit Rückblick auf Mittelh. pp) Rödiger zu gewinnen. Nun vom Volk zur Familie! Von unserem ältesten Sohne erhalten wir fortdauernd gute Nachrichten, die zeigen, daß er mit Erfolg dort die Flora Westaustraliens aufarbeitet. Leider ist seit drei Wochen die Pest in Perth, wo er wohnt, ausgebrochen und obgleich die Fälle bis jetzt vereinzelt sind (aus Capstadt eingeschleppt), so sind wir doch sehr in Sorge. Namentlich meine Frau, die sich mit ihren Nervenschmerzen den Winter durch schlimm gequält hat, ist durch diese Nachrichten bös mitgenommen worden. Man kann auch von hier aus keinen Rat erteilen, da die Flucht in andere Städte oder andere Gegenden des Südmeeres vielleicht gerade gefährlich wäre. Auf telegraphische Anfrage hörten wir, daß er mit seinem Begleiter wohl ist, sich hat impfen lassen und vorsichtig lebt ohne jedoch die Gefahr als besonders groß anzusehen, da die Fälle bis jetzt nur vereinzelt seien. Näheres werden wir erst brieflich in drei Wochen erfahren. Meine Frau ist zur Erholung während der Osterferien mit Otto dem Chemiker, der gerade eine Arbeit am Laboratorium beendet hatte und Paul, der sein Abiturientenexamen mit Auszeichnung bestanden hat und nun Germanistik in Berlin studiren will (er ist noch etwas kindlich und bedarf noch der elterlichen Fürsorge) nach Wiesbaden. Ich selbst will morgen dorthin, um den Ostersonntag mit ihnen und meiner sehr rüstigen Schwiegermutter zu verleben und dann via Straßburg nach Paris weiter zu fahren wo ich (wie Mommsen, der am 14. kommt) im Hotel Louvois (gegenüber der Nationalbibliothek) absteigen werde. Wenn ich von mir noch etwas zufügen darf, so gehts mir gut. Ich habe die bisherigen Ferienwochen allerlei Leetüre getrieben bes. Nietzsche u. d. Rembrandtdeutschen (nicht zur Erbauung, wie Sie Sich denken können) und daneben die ersten Druckbogen der Poetae philosophi corrigirt, die nun gleichzeitig mit der (Volks-)Ausgabe der Vorsokratiker, von denen Heraklit eine Druckprobe war, bei Weidmann gedruckt werden. Das wird mich so anderthalb Jährchen beschäftigen! Halten Sie Sich so wohl wie Ihr letzter Brief das meldet mit Ihrer lieben Frau u. Ihrer sonstigen Familie, die, wenn die Franzosen es erlauben, wiederzusehen eine große Freude sein würde Ihrem Sie treulichst verehrenden Hermann Diels 285
216.
Zeller an Diels Stuttgart 14. Apr. 1901. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Ihr Brief vom 5. d. hat uns durch die Aussicht, die er uns eröffnet, Sie demnächst bei uns zu sehen, eine große Freude gemacht, u. ich bitte Sie so schön als ich kann, Sich durch nichts in der Welt von der Ausführung eines so löblichen Vorhabens abhalten zu lassen. Könnten Sie uns die Zeit Ihrer Ankunft vorher mittheilen, so wäre es uns zu Danke; können Sie's nicht, so sind Sie uns unangekündigt ebenso willkommen. Ihren Heraklit, für den ich bestens danke, erhielt ich als ich eben den revidirten Text meines Grundrisses (von dem zu meiner Ueberraschung eine 6. Auflage nöthig geworden ist) oder genauer: die sieben ersten Bogen desselben, nach Leipzig abgeschickt hatte. Da aber der Druck noch nicht begonnen hat, kann ich seiner darin noch erwähnen. Daß Sie darin zu Lassalle übergesprungen sind, hatte ich bisher wohl deßhalb nicht bemerkt, weil ich in Lassalle's Buch, das mir nie eine angenehme Lektüre war, seit vielen Jahren nicht mehr hineingesehen habe. Die Revision meines Grundrisses veranlaßte mich, die vier Hefte von Gomperz' 2. Band, die ich nach flüchtiger Durchsicht bis zum Abschluß desselben zurückgelegt hatte, nun etwas gründlicher vorzunehmen. So sehr ich aber auch in ihnen den anerkennenswerthen Vorzügen seiner Geschichtsbehandlung begegnete, so stieß mich doch in diesem Theil noch öfter als im ersten die Zuversichtlichkeit ab, mit der er seinen doch nicht immer sachverständigen Lesern unsichere u. oft recht fragwürdige Hypothesen als unanfechtbare Thatsachen vorsetzt. Doch dieses u. anderes hoffentlich bald mündlich. Zu Ihres Jüngsten glänzendem Abgang gratuliren wir Ihnen u. ihm u. wünschen von Herzen, daß Sie von dem Aeltesten immer beruhigende Nachrichten erhalten. Heute kam unser Sohn aus Berlin vom Chirurgencongreß zurück, der ihm aber keine Zeit gelassen hatte, irgend jemand, der nicht Messer u. Zange führt, aufzusuchen. Bitte, grüßen Sie Mommsen von uns u. seien Sie herzlich gegrüßt von meiner Frau und Ihrem Zeller.
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217.
Diels an Zeller
[Postkarte]
Paris
16. April 1901. Vorm.
Hochverehrter Freund, Soeben trifft Ihr Brief ein, dessen Grüße an Mommsen ich sofort abgeben konnte, da er hier neben mir sitzt. Leider ist das Menu bis Sonnabend [21.4.] vorgesehen, so daß ich vor Freitag Abend nicht wegkann und dann direkt nach München fahren muß, um Sonnabend Morgen dort einzutreffen. Schade, es wäre so schön gewesen. Beste Grüsse. In Eile Ihr H . Diels
218.
Zeller an Diels Stuttgart 4.Jun. 1901. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Sie sind dießmal etwas länger ohne Nachricht von uns geblieben; zunächst, weil wir vom 13. bis 29. Mai in Baden-Baden waren u. in der dortigen Bummelei das Lesen meiner Zeitung u. einiger Correkturbogen gerade ausreichte, um die Zeit auszufüllen, welche mir die berufsmäßige Faulenzerei eines Badegastes übrig ließ. Wir waren vom Wetter sehr begünstigt u. genossen den Frühling in vollen Zügen, der zwar auch hier schön ist, aber doch kaum an einem anderen Fleck deutscher Erde mit so reicher Pracht einzieht, wie in B. Auch an Verkehr fehlte es nicht. Mit uns waren fast die ganze Zeit Geheimerath Heusler aus Bonn u. seine Frau, Strauß' Tochter, in Baden. Zu unserem täglichen Umgang gehörte ferner Prof. Herzog aus Tübingen u. seine Frau, beide uns recht sympathisch, er auch von früher bekannt. Sie wohnte mit uns in der Pension Jäger auf der Höhe hinter dem Kurhaus, er in einem nahen Sanatorium, in dem er Heilung von einem Schlaganfall sucht, der ihn vor einem halben Jahr getroffen hat. Sonst ist dieselbe auch in erfreulichem Fortgang: er ist ganz klar u. kann stundenweit gehen; nur eine Sprachstörung will nicht weichen, die den ohnedieß nicht eben redegewandten Mann oft das Wort, das er sucht, nicht finden läßt, u. ihm, wenn sie nicht überwunden wird, die Rückkehr zum Lehramt unmöglich machen würde. In den letzten Tagen unseres Badener Aufenthalts sahen wir dort auch Zangemeister mit Frau u. Wilmanns, u. unsere Straßburger Freunde Holtzmann u. Th. Ziegler, u. erhielten den Besuch unserer Enkelchen, die wir dann hieher mit zurücknahmen. 287
Sehr schmerzlich berührte uns die gleichfalls in Baden uns zugekommene Nachricht von I. Bruns' Tod. Wir hatten von einer, wie wir hofften, erheblichen Besserung seines Befindens gehört u. so traf uns die Trauerbotschaft ganz unerwartet. Mit ihm ist die Familie, mit der wir während 60 Jahren so nahe befreundet waren, für uns ausgestorben. Auch Hübner's, uns ebenfalls unerwarteter, Tod that uns recht leid. Er war ein braver u. wohlwollender Mann u. nicht ohne Verdienst. Wird seine Stelle wohl wieder besetzt werden? Ihren Heraklit, für den ich schönstens danke, konnte ich vor der Abreise nach Baden eben noch lesen. Ihre Vermuthung über die Beschaffenheit seiner Schrift finde ich sehr beachtenswerth. Aber eine volle Gewißheit ist ja leider in diesen Dingen nicht zu erreichen. Die Bearbeitung meines letzten Bandes ist nun so weit gefördert, daß der Druck beginnen könnte. An einigen Stellen greifen die Aenderungen u. Erweiterungen doch ziemlich tief ein, an den meisten sind sie unerheblich. Ihnen u. den Ihrigen die herzlichsten Grüße von meiner Frau und Ihrem E. Zeller.
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Diels an Zeller
19. VII. 1901 Hochgeehrter Freund, Ihre guten Nachrichten von Anfang Juni haben uns alle sehr gefreut. Ich hätte schon längst geantwortet, wenn nicht dieser Sommer mir ein ziemlich unliebsames und für meine nicht verzärtelten Schultern doch schwer erträgliches Maß von Arbeit gebracht hätte. Außer den akademischen Arbeiten mancherlei Art, worunter der Druck des Commentars von Alexander de sensu (her. v. Wendland) mir auch noch bei der Correctur manches zu thun übrig ließ (es ist der schwierigste Commentar, den wir herausgeben) habe ich meine Poetae philosophi bis Empedokles durchgeführt und die peinliche Correktur bei schlechten Setzern strengt mich sehr an. Zum Zweck von Vorlesungen stelle ich nun daraus, wie ich Ihnen schon mitteilte, ein Urkundenbuch her, in dem die Fragm. aller Vorsokratiker und das Wichtigste der Notizen über Leben und Lehre mitgeteilt werden. Das Ms. dazu kann ich nur im Fortschreiten der Poetae philosophi herstellen. Dieser Band ist bis Epicharm (hinter Heraklit) fertig. Die Pythagoreer, die ich einzeln zu fassen suche (dann kommt ein Gesamtabschnitt Π υ θ α γ ό ρ ε ι ο ι im aristotelischen Sinne mit Ausschluß alles nachperipatetischen Materials) machen mir am meisten Mühe. Da ich hierzu keine Anmerkungen füge, wird die Arbeit und der Fortschritt nur dem Kenner sichtbar sein, und ich selbst genüge mir nicht ganz trotz der sauren Arbeit. 288
Die Commentatoren gehen nun allgemach zu Ende (12 Hefte = 4 Bde. stehen noch aus). Wir werden also, wie unser Bericht vom Mai 1891 versprach sicher im J. 1906 fertig. Daher heißt es an etwas Neues denken. Die Aristoteles-Comm[ission] (Wilamowitz und Stumpf außer mir) hat gestern den Antrag durchgesetzt (nicht ohne Widerspruch freilich, aber nachher doch fast einstimmig) daß der junge Hermann Schöne einen Catalog der gr. Mediziner aufstellen solle als Grundlage eines Corpus medicum, das von 1905 an mit Unterstützung der Association der Akademien ins Leben treten soll. Kopenhagen (Heiberg) wird sich wahrscheinlich schon an den Vorarbeiten beteiligen. Der rasche Hingang von Hermann Grimm und namentlich Joh. Schmidt, der seiner Bright'schen Krankheit plötzlich erlegen ist, hat uns sehr ergriffen. Wir werden nun sofort Zimmer von Greifswald (als Celte an die Universität berufen) in die dritte neue Stelle rufen, um wenigstens einen Sprachforscher zu haben. Schmidt war auch zum Rector designirt. Man redet auch davon nunmehr mich aufzustellen, aber da ich zuviel z.Z. zu thun habe, werde ich definitiv ablehnen. Meine Frau ist mit ihren Nerven bei dem nervtötenden Wetter schlimm dran, zumal sie die Aufsicht über die Handwerker zu führen hat, die unsere Nebenwohnung (auf derselben Etage) in Stand setzen sollen, wohin wir (vermutlich am 1. August) überziehen wollen, da unser Visavis ein Zimmer mehr hat, das wir jetzt, wo auch unser dritter Sohn als Studiosus 1. german. etwas mehr Platz beansprucht, brauchen. Der Umzug, wenn auch nur über den Flur, wird doch die geringen Kräfte meiner Frau auf den Nullpunkt reduziren. Es ist daher fraglich ob sie überhaupt reisefähig bleiben und die von uns geplante Reise nach Rügen (etwa Sassnitz) ausführen wird. Wir würden dann etwa am 4. August abreisen auf höchstens vier Wochen. Von unserm Altesten haben wir fortdauernd gute Nachrichten. Er bleibt noch beständig bis zum October in Perth, von wo aus Excursionen in das Innere unternommen werden. Augenblicklich ist dort in Folge des Winterregens die üppige Vegetation im Aufblühen, die es gilt einzuheimsen. Dann werden sie mit Stationen in der Südsee allmählich den Heimweg (über Singapur) antreten. Er schreibt alle acht Tage. Hoffentlich hält er die Strapazen wie bisher gesund mit seinem Freunde bis zu Ende aus. Unser zweiter, der Chemiker, ist unter Fischer fleißig mit Farbenchemie beschäftigt. Er hat eine neue hübsche rote Farbe entdeckt, aber praktisch ist die Entdeckung wertlos, weil eine ganz ähnliche Nuance etwas billiger herstellbar ist. Der Jüngste hat, da die Germanistik bei dem Urlaub Weinholds, dem es aber wieder etwas besser geht, feiert, hauptsächlich Allotria getrieben: Sanskrit bei Geldner, wo er mit Verständnis und Liebe sich eingearbeitet hat, und gr. Tragiker bei Wilamowitz, was allerdings mehr für die Allgemeinheit taugt. Der Hingang von Ivo Bruns, den ich durch unsere gemeinsame Reise nach Paris im J. 1878 schätzen und lieben gelernt, ist mir sehr nahe gegangen. Er 289
war in seiner Laufbahn m. Er. nicht ganz den richtigen Weg gegangen. Die Natur hatte ihn mehr zum nachempfindenden Künstler als zum scharf sondernden Gelehrten gebildet und so wäre sein eigentliches Talent bei anderer Berufswahl vielleicht noch glücklicher zur Entfaltung gekommen. Aber sein vornehmer edler Character steht einzig da und leuchtet seinen Freunden weit über das Grab. Wenn man jenseits der 50 angelangt ist, wird der Pfad stets einsamer. Hier und dort bleibt einer der Genossen am Wege liegen; so muß ich mich auch darauf gefaßt machen, daß einer meiner intimsten Freunde Georg Kaibel bald hinübergehen wird. Sein Magenleiden, das ihn seit Jahren peinigte, zwang ihn nach unzähligen vergeblichen Heilversuchen und Badereisen im vorigen Herbst zur Operation. Die Göttinger Arzte resecirten den geknickten Darm und versprachen ihm völlige Herstellung. Aber sie blieb aus. D a eilte er zu Körte hierher und war im Mai vier Wochen in der Klinik, um durch eine Nachoperation eine bessere Verbindung von Magen und Darm herzustellen. Das ist geschehen. Aber Körte scheint dabei im Hintergrund etwas gefunden zu haben, was man immer fürchtete. So sind denn er und seine Frau in der traurigsten Stimmung abgereist. Morituri te salutant, dachte ich als ich Abschied nahm. Möge es nun nicht mehr allzulang dauern. Unterdessen sind Ihre Druckangelegenheiten wol auch in Gang gekommen. Mögen Sie nicht so darüber schwitzen wie ich und bald diese Mühe überstanden haben! An welche Sommerfrische denken Sie denn? Wie gehts Ihrer 1. Frau? Meine läßt herzlichst Ihnen beiden und Frl. Pauline gute Sommererholung wünschen und ich schließe mich mit den besten Grüßen und Wünschen an. Ihr getreuer H . Diels
220.
Zeller an Diels Stuttgart 8. Aug. 1901. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Dieser Brief muß Ihnen zwar vielleicht von Berlin aus nachreisen, wenn Sie aber nicht weiter sind als nach Rügen, wird er Sie schon finden. Der Erholung wird nicht nur Ihre liebe Frau sondern auch Sie selbst bedürfen, u. wir hoffen u. wünschen, daß Ihnen diese recht gründlich zutheilwerden. Nehmen Sie Sich nur Zeit dazu: die Rektoratsgeschäfte u. Antrittsrede bedrohen Sie ja jetzt nicht, was wenigstens nach dieser Seite hin sein Gutes hat, so sehr mich's auch gefreut hätte, wenn Ihre Wahl nicht um die zwei Jahre (denn nur darum wird 290
sich's ja handeln) vertagt worden wäre. Wir haben uns wirklich diesen Sommer nach dem kurzen Frühlingsaufenthalt in Baden zu keiner weiteren Reise entschlossen, u. wir bereuen dieß nicht, da uns die Hundstage nach der Hitze im Juni u. der ersten Hälfte des Juli ein ganz erträgliches, zeitweise fast kühles Wetter gebracht haben. Ich habe ohnedem, seit ich so schlecht sehe u. keine großen Gänge mehr machen kann, jede Sommerfrische bald satt, ich müßte denn besonders anziehende Gesellschaft in ihr finden. Dagegen ist unser Sohn seit mehr als drei Wochen mit Frau u. Kindern in Borkum u. meine Schwägerin im Schwarzwald. Wir erhalten von beiden fortwährend gute Nachrichten, vermissen aber doch das kleine Volk sehr. Nächste Woche werden sie wieder kommen. Welche Lücken hat aber dieser Sommer wieder in den Kreis unserer Freunde gerissen! Erst I. Bruns, dann Grimm u. J. Schmidt. Und nun die Kaiserin Friedrich! Ihr Tod geht mir, wie früher ihr schweres Leiden, sehr nahe. Sie hatte mich bald nach meinem Eintritt in Berlin in ihren Kreis gezogen u. mir seitdem ein unwandelbares warmes Wohlwollen geschenkt. Als wir sie vor sieben Jahren auf dem Umzug hieher von Frankfurt aus besuchten, war Sie beim Abschied sichtlich bewegt, u. auch mich bedrückte der Gedanke, daß ich sie wohl nicht mehr sehen werde, aber frisch u. lebhaft, wie sie war, hätte ich nimmermehr gedacht, daß sie vor mir abgerufen werden würde. Dieses Frühjahr schickte sie mir durch ihre von hier gebürtige Hofdame, Frl. v. Faber, eine Photographie, die vor drei Jahren in England aufgenommen wurde. Diese zeigt sie zwar gealtert u. die Haare gebleicht, aber noch nichts Krankhaftes in ihrem Aussehen. Ihre traurigen Nachrichten über Kaibel thun mir recht leid, wenn ich ihn auch nicht persönlich kenne. Mein Grundriß ist gedruckt u. honorirt, aber R[eisland] will ihn, u. also auch die Freiexemplare, nicht verschicken ehe von der 5. Aufl. das letzte Stück verkauft ist. Mit dem 5. Bd. der Ph. d.Gr. bin ich fast fertig; nur zwingen mich die neuen Ausgaben von Proklus in remp. Plat., Damascius π. ά ρ χ ω ν u. den Aristoteles-Commentatoren zu endlosem Nachlesen u. Uebertragen der Citate auf die neue Währung, wobei allerdings - dank den Registern, die es jetzt erst gibt - auch einige Ergänzungen abfallen. Die Herausgabe der Commentatoren habe ich freilich mit verschuldet u. muß daher auch ihre Consequenzen mittragen, denn jede Schuld rächt sich auf Erden. — Ein paar Lesefrüchte lege ich bei. Mit den schönsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr E. Z.
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221.
Diels an Zeller Berlin
9. Sept. 1901.
Seitdem ich Ihren lieben Brief, hochverehrter Freund, erhalten habe, ist schon wieder ein Monat hingegangen. Die vom Wetter ungewöhnlich begünstigte und durch keinen Mißklang gestörte Idylle von Saßnitz, wo Ihre Zeilen mich erreichten, ist allzu rasch vorübergegangen und ich hatte nicht einmal ganz den behaglichen Genuß reinster άπραγμοσύνη, da mich die Druckbogen von vier gleichzeitig im Satze stehenden Werken auch dorthin verfolgten. Außer zwei Aristotelescommentaren (Hayduck Michael Eth. V und Wendland Alexander de sensu, letzteres eine in kürzester Frist ausgezeichnet ausgeführte Edition), die ich nicht sistiren konnte, da die Verf. selbst vorher Druckferien gemacht hatten, setzte ich die Correctur der Poetae philosophi und der daraus teilweise übernommenen „Vorsokratiker" fort; da ich vorher den Setzer immer zu größerer Eile angetrieben hatte, konnte ich nicht aussetzen, zumal die complizirte Einrichtung dieser Ausgaben mit allen Minutien eine fortwährende Übung bedingt, damit nicht zu große Verschiedenheiten entstehen. Jetzt stehen beide im Empedokles, der so ziemlich fertig ist. Da für Timon u. Genossen, die in den E phil. nun folgen der Satz nicht mehr zu den „Vorsokr." gebraucht wird, so werde ich nun den einen Satz still stellen. Denn wenn die Poetae philosophi heraus sind, was ich bis Weihnachten zu schaffen hoffe, kann nicht sofort der Band der Vorsokratiker, der dieselben Texte z.T. bringt, zum Kauf gestellt werden. Denn sofort würde sich jeder, ohne den Unterschied der Anlage und Absicht zu merken, nur die Vorsokratiker anschaffen, wo er mehr für sein Geld kriegt. Ihre Beiträge zu Heraklit u.s.w. sind mir sehr willkommen. Der Lyder Proklos, der nicht blos an der von Ihnen notirten Stelle, sondern auch vorher sein Wesen treibt, ist ein Beispiel jener Geistesabwesenheit, die sich einstellt, wenn man Wochen lang mit einer halb-mechanischen Art mit Indizesmachen beschäftigt ist. Die Stelle des Proci, in r. ed. Kroll ist eine willkommene Bestätigung meiner Änderung ή, die ich jedoch nicht als Glossem erklären möchte (obgleich ich schon früher dran gedacht hatte), da sich die Lesart auch so erklärt. Die Erzählung des Herakleides über Empedotimos glaube ich nicht einem pythagoreischen Buch entnommen. Vielmehr habe ich Parmenides Vorr. S. 16, wo ich auch die Proklosstelle citire, einen anderen Weg der Vermittlung gemutmaßt, den ich S. 13 (Schluß des ersten Abs.) als allgemein geltend für diese Mystik zutreffend gefunden habe. Die Schrift des Empedotimos bei Suidas ist natürlich Schwindel, so sehr, daß es sogar zweifelhaft ist, ob nicht diese ganze Notiz lediglich eine byzantinischer Nachklang des Herakleidesromans ist, da jedes nähere fehlt und der Titel φυσικής ακροάσεως an die Aristoteli292
sehe Schrift erinnert, die dem Byzantiner als Typus physik. Schriftstellerei galt. Diese ganze Pseudoliteratur halte ich von meiner Sammlung möglichst fern. Sie hat ihre Stelle in einer sehr wünschenswerten Sammlung der Pseudopythagoreischen Litteratur, die ein dringendes Bedürfnis ist, wenn das Wichtigere, die fragm. d. ersten Philosophen, im Hafen ist. Arnim wird in einem Monat seine Stoikersammlung beendet haben. Er verhandelt eben wegen des Verlages. In der letzten Sitzung der Akademie vor den Ferien haben wir als Fortsetzung der hoffentlich 1905 zu Ende gehenden Aristoteles-Commentare ein Corpus medicum in Aussicht genommen. Zunächst soll drei Jahre lang gereist pp und das Material zu einem Hdss. Catalog der mediz. Litteratur, die mit deutscher Ubersetzung erscheinen soll, in Angriff genommen [werden]. Hermann Schöne wird diesen Winter in Italien zu diesem Zwecke zubringen. Er hat mit großem Eifer die Sache in die Hand genommen und er wird vermutlich eine zuverlässigere und praktischere Vorarbeit liefern als Torstrik s.Z. für die A.C. Unterdessen ist mit Heiberg in Kopenhagen eine Verständigung erfolgt. Vermutlich wird sich die Kopenhagener Akademie bereits an den Vorarbeiten beteiligen. Wir werden dann das Corpus medicum der Association vorlegen, die wie Sie aus beiliegendem Bericht ersehen werden, auf geisteswissenschaftlichem Gebiete nicht glücklich formulirte Aufgaben bis jetzt behandelt und teilweise adoptirt hat. Doch nun genug der Wissenschaft! Was meine Familie betrifft, so haben wir von Ludwig dem Australier fortwährend gute Nachrichten. Er bleibt noch bis Dezember in Perth, um dann über Melbourne, Neuseeland, Java in langsamen Stationen zurückzukehren. Vor Juli 1902 erwarten wir ihn nicht. Die guten Nachrichten haben die große Depression meiner Frau in bezug auf ihn etwas gemildert und selbst der Umzug, den wir inzwischen bewerkstelligt haben (in die Nachbaretage), hat sie ohne allzugroße Schädigung ihrer Nerven überstanden, obgleich sie seit 2 Jahren beständig irgendwo im Rücken, Hals, Magen pp, meist überall, unleidliche Schmerzen hat. Sie hat ein recht bedauernswertes Dasein. Saßnitz hat ihr sehr gefallen und wird ihr hoffentlich noch in den Winter hinein gut thun. Sie sind unterdessen in Ihrem behaglichem Heim geblieben unberührt von den Unbequemlichkeiten der sog. Sommerfrischen. Jetzt, nachdem Ihre Kinder und Enkel wieder da sind und der etwas hartnäckige Sommer vorbei, werden Sie noch schöne Tage haben. Ihrer neuen Auflage des Grundrisses sehe ich mit Verlangen entgegen. Der Verleger bleibt sich in seiner unfairen Art gleich. Bei dem Verlust, den Sie durch das Hinscheiden der Kaiserin Friedrich erlitten, gedenke ich des überwiegend guten Eindrucks, den Sie stets im persönlichen Umgang empfangen haben. Es bildet dieses Urteil ein starkes Gegengewicht gegen die fast durchgehends ablehnende Stellung, welche die Meisten unseres Kreises eingenommen haben. Ich selbst hatte keine Möglichkeit mir ein 293
Urteil zu bilden und das Meiste, was umlief, bezog sich auf die traditionelle Sparsamkeit des engl. Königshauses, von der jetzt wieder, wie mir Ludwig schreibt, die Australien besuchenden Herrschaften ein glänzendes Zeugnis abgelegt haben, das die vorher glühend heiße Begeisterung der Australier doch stark abgekühlt hat. Aber diese Sparsamkeit ist ein Charakterzug, den viele große Leute mit der Kaiserin teilen und der große Bismarck nebst Gemahlin, der ihr größter Feind war, ist ihr darin nahe gekommen. Für die geistige, namentlich religiöse Cultur unseres Volkes sehe ich es als ein Unglück an, daß sie ihren Einfluß nicht längere Zeit geltend machen konnte, und daß auf die bigotte alte eine ebenso bigotte, wenn auch minder gescheite, neue Herrscherin gefolgt ist. Daß die eine katholisirt die andere evangelisirt, macht wenig Unterschied. Ganz Berlin rüstet sich zu Virchow's 80. Geburtstag, den man offenbar zu einem internationalen Gedenktage machen will. Das Comité ist bereits seit Vi Jahre thätig eine große Festfeier zu veranstalten, die in den stattlichen Räumen des neuen Abgeordnetenhauses stattfinden wird. Nach einem Diner (à 30 M.) in auserlesenem Kreise, soll dort um Vi 9 ein großer Empfang von Tausenden stattfinden, die alle dem „großen Gelehrten und Bürger" die Hand drücken dürfen. Die Judenschaft ist mobil und der Hauptjude der Akademie Münk hatte die Unverschämtheit trotz Ablehnung des G . V A. [Geldverwendungsausschuß] eine Medaille für Virchow in der Akademie durchzusetzen. Dieser Jüngling macht uns überhaupt seit einigen Jahren viel zu schaffen. D a er nicht D u Bois' Nachfolger geworden, spritzt er nun allen Essig, in den sich sein Wein verwandelt hat, in der Akademie auf Schuldige und Unschuldige. Dabei hat er eine Pestilenz der Sprache, die sonst unerhört ist. An demselben Tage, wo Virchow 80. Jahr wird, feiert oder vielmehr nichtfeiert Mommsen sein Jubiläum als 50 jähriger Professor. Er ist wieder ganz frisch und obgleich er immer von Zeit zu Zeit bittet aus den akademischen Geschäften entlassen zu werden, ist er doch, wenn es gilt, frisch dabei und ganz der Alte. Doch nun muß ich schließen, sonst sagen Sie, ich sei alt geworden. Halten Sie Sich mit Ihrer verehrten Frau, der es hoffentlich leidlich ergangen ist, wohl! Meine Frau läßt Sie beide, wie Ihre ganze Familie herzlich grüßen, der ich mich gern anschließe als Ihr treulichst ergebner HDiels.
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222.
Zeller an Diels Stuttgart
20. Octbr. 1901.
Reinsburgstr. 56. Lieber Freund! Diesen Brief wollte ich eigentlich schon seit mehreren Tagen schreiben, aber immer kam etwas dazwischen. So auch gestern, als ich eben das Datum beigesetzt hatte. Solche Störungen sind aber um so hinderlicher, da es schon so frühe dunkel wird, u. es nachgerade mit dem Schreiben bei Licht nicht mehr gehen will. Mit dem Lesen noch eher; doch muß ich auch darin maßhalten. Kaibel's Tod [12.10.] habe ich theils an sich theils im Gedanken an Sie lebhaft bedauert, wenn er Ihnen auch nicht unerwartet kam. Ebenso den von Haym [2Z8.] u. von Pernice [23.9]. Letzterer ist von den Freunden in der Graeca, die ich vor sieben Jahren in Berlin zurückließ, schon der achte, u. Grimm mitgerechnet der neunte, der für immer geschieden ist, u. von ihrem damaligen Bestand gehören ihr nur noch Sie, Mommsen, E. Schmidt u. Hirschfeld an. An was ist er denn gestorben? Und gestern wurde auch Frau v. Friedberg begraben, die so oft unsere liebenswürdige Wirthin u. meine ständige Tischnachbarin war. Es war eine gute u. verständige Frau, an der ich es immer sehr hoch geschätzt habe, daß sie sich die Freundlichkeit ihres Gemüths durch ihre Blindheit nicht rauben ließ. Wegen des Kaiserin-Friedrichs-Denkmals werde ich vielfach befragt u. beglückwünscht. Indessen weiß ich davon bis jetzt nur durch die Zeitungen. Sollte es aber so sein, so wäre mir's eine große Freude, u. eine doppelte, wenn damit, wie ein Blatt wissen wollte, ihr eigener Wunsch erfüllt würde. Weniger wegen der Ehre. Diese ist von zu vielen Zufälligkeiten abhängig um ein sicherer Masstab für den Werth eines Menschen zu sein, u. so halte ich es, sie betreffend, wie Sie wissen, mit Freund Aristoteles: οΰτε ουδέν μοι μέλει οΰτε λίαν μοι μέλει. Aber es wäre mir eine Genugthuung, das schöne Verhältniß, in dem ich mit der edlen u. geistvollen Fürstin stehen durfte, von ihrem Sohn [Wilhelm II.] so liebenswürdig gewerthet u. es auch noch der Nachwelt in Erinnerung gerufen zu wissen. Von der Kaiserin selbst wäre viel zu sagen, weit mehr als ich zu schreiben vermag. Was den Vorwurf übermäßiger Sparsamkeit betrifft, so weiß ich nicht, wie weit er begründet ist. Aber die Leute stellen sich die Mittel der hohen Herrschaften in der Regel viel zu unerschöpflich vor. Als Kronprinzessin hatte die Kaiserin Fr. allen Grund haushälterisch zu sein, denn es war eine bekannte Sache, daß Franz Mendelssohn nicht ganz selten der kronprinzlichen Kasse mit der seinigen aushelfen mußte. So viel für heute. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus u. schönsten Dank für Ihre letzten Mittheilungen treulichst Ihr E. Z. 295
[Am Rand:] Wendland behauptet, Elter habe die Unächtheit der Aristobulfragmente bewiesen. Können Sie mir sagen wo ?
223.
Diels an Zeller Berlin, den 21. Oct. 1901. W Magdeburgerstr. 20.111
Hochverehrter Freund, Heute morgen, wo ich Stein vor seiner Abreise besuchte, haben wir viel von Ihnen gesprochen. Ich trug ihm viele Grüße an Sie auf und namentlich sollte er auch in meinem Namen Ihnen Glück wünschen zu der Ehre, zu der Sie ausersehen sind. Für uns war das keine Überraschung. Denn als der Plan auftauchte, der Kaiser wolle seiner Mutter ein Denkmal setzen, sagte meine Frau sofort: „und zur Seite muß Zeller stehen." Ich nehme, wie Sie an, daß der Gedanke der Kaiserin Friedrich selbst entstammt und ich freue mich von ganzem Herzen, wenn man seinen Kindern und Enkeln beim Eintritt von Berlin sagen kann, daß die Richtung der geistigen Interessen, die durch Ihren Namen vertreten wird, auch in der kaiserlichen Familie verteten war und von dem jetzigen Kaiser pietätvoll anerkannt worden ist. Denn die Statuen von Helmholtz und Hofmann sind in dem geistigen Leben Berlins nicht markant. Sie besaßen nicht die ausgeprägte Form liberaler Weltanschauung, derentwegen Sie der Kaiserin Friedrich lieb und wert waren. Daß der Schüler und Schwiegersohn von Baur und der Freund und Biograph von Strauß am Eingange des Tiergartens stehen wird und nicht Stöcker oder ein sonstiger Dunkelmann, das ist etwas großes, und dessen wollen wir uns aufrichtig freuen. Die harten Schläge, die uns in diesen Ferien getroffen haben, sind wirklich kaum zu verwinden. Nachdem der Sommer bereits Hermann Grimm und Joh. Schmidt hinweggerafft, ist Weinhold in den Ferien [15.8.] gefolgt und Pernice, dessen Nierenleiden in Verbindung mit Herzschwäche den Tod rasch herbeiführte, schien mir und einigen genauer sehenden Freunden schon seit Frühjahr ein .verlorener Mann, obgleich er, der im Inneren wußte wie es um ihn stand und manchmal eine Thräne im Auge zerdrückte, wenn er sich nicht zusammennahm, nach außen hin nichts von Schwäche merken ließ. Ich hatte meinen nächsten Nachbarn, mit dem ich jahrelang durch den Tiergarten zur Universität gegangen, zuletzt in der Straßenbahn gefahren bin, sehr lieb. Die Graeca ist nun arg verwaist, obgleich Mommsen wieder ganz frisch und voller Activität ist. Das goldene Professorenjubiläum, das am vorvorigen Sonntag in gemütlicher Stille gefeiert wurde, während die unangenehm vom Judenfreisinn organi296
sierte Apotheose St. Virchows ihre letzten Orgien veranstaltete, hat auf ihn gerade wegen der Herzlichkeit der intimen Begrüßung einen sehr günstigen Einfluß auf seine Stimmung ausgeübt. Hoffentlich hält sie recht lange vor. Die letzten vier Wochen habe ich mit saurem Schweiße den Index plenus der nunmehr ausgedruckten Poetae philosophi zusammengestellt und heute in 240 Seiten, die aber beim Druck sehr zusammengehen werden, an den Drucker gesandt. Ich habe den Ehrgeiz, Ihrem wirklich bewundernswerten Beispiel folgend, die Bücher auch bis ins Mechanische hinein selbst fertig zu stellen, da es eben nichts rein Mechanisches gibt und meine Auffassung sich auch in diesen trockenen Wörterlisten spiegeln wird. Aber es ist eine Heidenarbeit gewesen, die nur durch meinen Aufenthalt in München thesauri causa angenehm unterbrochen wurde. Denn dieses Werk ist jetzt so ziemlich im Hafen. Es gilt nur noch allerlei Sicherungen und Vervollkommnungen im Einzelnen anzubringen. Härtel war sehr frisch und fühlt sich offenbar jetzt zum erstenmale sicher auf dem Stuhle wie sein Oberchef, während er sonst immer sagte, in 14 Tagen werde er sans portefeuille sein. Trotzdem ist in Oesterreich nicht von einem Tag auf den andern zu rechnen. Ich muß Ihnen auch noch von Kaibel berichten. Ich konnte aus äußeren Gründen nicht an der Beerdigung teil nehmen. Wilamowitz und Robert dagegen, die neben mir zu den ältesten Freunden des allzufrüh Hingerafften gehörten, waren erschienen und der erstere sprach auch am Grabe, was gedruckt werden soll. Leider ist sein Tod für Viele hart. Seine Familie hat er mit fünf Kindern in einer keineswegs gesicherten Lage zurückgelassen und seine geistigen Kinder, die Comici graeci, von denen nur der erste Band Epicharm erschienen ist, sein bedeutendstes Buch und überhaupt eines der allerbesten Werke seit Dezennien auf unserm Gebiete, hat er arg verwaist zurückgelassen. Denn die Vorarbeiten sind nur für das 5. Jahrh. einigermaßen zu brauchen. Die Komiker des 4. Jahrh. namentlich Menander und Philemon, die er kannte wie Niemand sonst, sind nicht einmal begonnen. Die Wissenschaft verliert viel an dem feinsinnigen Menschen, der die griechische Poesie kannte wie fast Niemand zur Zeit. Ich besitze noch viele griechische Gedichte von ihm, die alle eine große Meisterschaft der Form bekunden. Der arme Mann hat schon lange Jahre schwer gelitten und die Section hat ergeben, daß auch abgesehen von dem letzten Leiden (Carcinom des Magens) sein ganzes Darmsystem seit langem schadhaft war. Die Wittwe eine geb. Schadow aus der Künstlerfamilie zieht mit ihren vier Töchtern (die älteste eine ernste Schönheit von 20 Jahren) und einem Sohn hierher, wo sie wohlhabende und wohlgesinnte Verwandte und manche alte Freunde besitzt. Es ist traurig für Sie, hochverehrter Freund, die Altersgenossen rechts und links dahin sinken zu sehen, aber trauriger für den Jüngeren in einem Jahr zwei alte Freunde wie Kaibel und Bruns verlieren zu müssen. 297
Was Elter betrifft, so fürchte ich, daß die im Handel nicht befindlichen und wol überhaupt nicht nach Stuttgart gelangten Programme der Bonner Universität Ihnen nicht zugänglich sein werden. Ich schicke Ihnen daher den betr. Band mit der Bitte nach Gebrauch ihn mir wieder zustellen zu wollen, da ich wegen der Vorsokratiker-Apophthegmen nachschlagen muß. Sonst könnten Sie die mir unsympathischen Progr. ruhig behalten. Von Ihrer 1. Frau berichten Sie nichts. Ich nehme daher an, daß es ihr nach Wunsch geht, und hoffe dasselbe für Sie und Ihre Arbeit. Von Ludwig erhalten wir stets gute Nachrichten aus Perth, das er erst Dezember verläßt, um Australien und Oceanien weiter kennen zu lernen. Otto und Paul sind wohl und arbeitsam, und meiner Frau geht es, wie es bei ihrem bresthaften Körper gehen kann, leidlich. Daß es mir ebenfalls leidlich geht, wird Ihnen Stein berichten. Bleiben Sie gesund und behalten Sie lieb Ihren Sie verehrenden Hermann Diels
224.
Diels an Zeller Berlin, den 2. XI. 1901 W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Wir freuen uns mit Ihnen, Ihrer lieben Frau und der ganzen Familie des Zuwachses, den der letzte October gebracht hat. Möge die Kleine auch ein solches liebes Musterkind werden, wie ich die beiden andern bei Ihnen kennen gelernt habe. Mit allerbesten Wünschen und Grüßen von uns beiden Ihre HDiels u. Frau
225.
Zeller an Diels Stuttgart 4. Novbr. 1901. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Herzlichsten Dank Ihnen u. Ihrer lieben Frau für Ihre warme Theilnahme an der Freude, die in den letzten Tagen bei uns eingekehrt ist. Es gieng u. geht bis jetzt alles normal, u. so wollen wir hoffen, es werde ebenso weiter gehen. Das kleine Geschöpf ist nicht so zierlich wie ihre ältere Schwester, aber, wie es scheint kräftiger angelegt. Auch dieser geht es aber, wie ihrem Bruder, gut; sie besucht seit sechs Wochen die Schule u. kommt gut darin fort. 298
Ihr Buch gebe ich Ihnen mit vielem Danke zurück. Ueberzeugt hat mich Elter allerdings nicht. Er beweist auf's gründlichste, was auch ich nie bezweifelt habe, daß dem Vf. von lustin. Protrept. u. De monarchia eine ältere (stoische) Bearbeitung des orphischen ιερός λόγος vorlag, die von den aristobulischen Interpolationen noch frei ist; schließt daraus dann aber ohne weiteres, daß die letzteren jünger sein müssen als jene Schriften, ohne auch nur zu fragen, ob ein Buch, das um 150 v. Chr. in Alexandria verfaßt war, 300 Jahre später jedem in Rom oder sonstwo im Westen lebenden christlichen Schriftsteller bekannt zu sein brauchte. Es ist mir sehr lieb, daß ich noch Gelegenheit fand, mich darüber in meiner neuen Auflage zu äußern. Die Mittheilungen Ihres Briefs vom 21. v. Mts. über Angehörige u. Freunde, u. so namentlich auch über Ihren Ludwig u. über den armen Kaibel, waren mir sehr zu Danke; ebenso das nähere über Pernice, dessen frische Natur u. gesundes Urtheil ich immer sehr geschätzt habe. An zwei andere Freunde (von denen mir freilich der eine nur litterarisch bekannt, aber als Schriftsteller sehr von mir geschätzt war) erinnerte uns in der letzten Zeit der von A. Dove herausgegebene Briefwechsel Treitschke's mit Freytag. Es trat uns aber auch über Treitschke's Freude bei der Geburt seiner ersten Tochter u. seiner Trauer bei der Erkrankung seiner Frau der ganze Jammer des tragischen Schicksals auf's neue vor die Seele, welches das Haus des trefflichen, hochherzigen u. hochbegabten Mannes wie ein Tantalidenfluch verfolgt hat. Eben lesen wir Ribbeck's von seiner Frau herausgegebene Briefe; da wir aber erst an der italienischen Reise sind, habe ich über das Ganze noch kein Urtheil u. bin begierig, wie sich das Bild des mir persönlich nur wenig bekannten Mannes schließlich gestalten wird. In dem, was wir bis jetzt gelesen haben, hat mich die Arbeit der Herausgeberin nicht durchaus befriedigt. Aber auch darüber habe ich noch kein abschließendes Urtheil. Ich muß schließen um Brief u. Buch heute noch auf die Post zu bringen. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
226.
Diels an Zeller Berlin, den 1. XII. 1901 W Magdeburgerstr. 20.111
Verehrtester Freund, Ihr Grundriß ist vor acht Tagen richtig in meine Hände gelangt und ich ersah schon bei flüchtigem Einblick, wie Sie bestrebt gewesen sind ihn auf der Höhe der Zeit zu halten. Ich war bisher stark mit dem Abschluß einer Arbeit für 299
Gomperz' 70. Geburtstag beschäftigt, worin ich die Ihnen bereits bekannte Thatsache, daß in den Goldtäfelchen von Thurioi Phanes nicht anzutreffen ist, mitteile und eine genaue Umschrift sowie Erklärung des orphischen Demeterhymnus (denn das ist der Inhalt) gebe. Gestern ist Albrecht Weber geschieden. Er hatte bis vor ganz kurzem noch regelmäßig an den Sitzungen teil genommen und regelmäßig durch desorientirte Fragen Verlegenheit bereitet. Seine letzte Anregung in der Facultät war, daß der Abzug, den sich die Sedecim seit 5 Jahren gefallen lassen müssen, um die Facultätskosten zu decken (1Ά Mark) nunmehr aufgehoben werden solle, damit der volle Bezug wieder eintrete. Zu seinem Schmerze lehnte die Facultät ab. Nun ist er aller Sorgen überhoben, und der Ruhm eines Biedermannes folgt ihm ins Grab. Als seinen Nachfolger hat er bereits vor längerer Zeit Oldenberg bezeichnet. Die Universitäten außer Berlin regen sich ziemlich über die Mommsen'sche Erklärung auf, die man hier kühler betrachtet. Soweit die Lehrfreiheit in Betracht kommt, stimmt man natürlich zu, aber in dem Falle Spahn liegt die Sache doch etwas verschieden. Wir haben den jungen Mann hier kennen gelernt als einen ungewöhnlich begabten und verhätnismäßig objectiven Gelehrten und bei den eigentümlichen Verhältnissen des Elsasses, das keinen genügenden Hinterhalt an der Universität für seine katholische Bevölkerung hat, halte ich die Einrichtung einer spec. kath. Facultät und als Anfang dazu eine spec. kath. Geschichtsprofessur für das kleinere Übel. Denn fast jedes Mitglied der kath. Facultät Deutschlands ist qua Mitglied der Universität schon nicht mehr ultramontan und besitzt die Infection der Deutschen Wissenschaft, die durch diese Vermittler viel wirksamer in die Herzen der jungen Kleriker träufelt, als wenn man sie in Convicten groß werden läßt und namentlich in elsässischen Convicten, die völlig verfranzost sind. Es kommt hinzu, daß Mommsen von den Münchnern vorher angetrieben war, daß die Dankadresse vor der Mommsen'schen Erklärung fertig war und daß Mommsen daher eine Verbeugung vor der kath. Kirche gemacht hat, die seinem Herzen wohl ferner liegt. Es kommt ferner hinzu, daß Mommsen selbst die protestantischen Facultäten aus der voraussetzungslosen Wissenschaft ausnimmt; kurz ich habe mich mit fast allen meinen Collegen (mit Ausn. v. Lenz) entschlossen nicht zu demonstriren, zumal die richtige Form eine Erklärung aller Berliner Universitätslehrer gewesen wäre, wenn sie eben in dieser Frage überein gestimmt hätten. Mommsen erwähnte gestern, wo ich ihm zu seinem Geburtstag gratuline, daß es Ihnen mit den Augen nicht gut gehe und daß namentlich Ihre liebe Frau sehr zu leiden habe. Ich will hoffen, daß das beides nur vorübergehend ist und daß die liebe Sonne, die nun bald wieder aufwärts geht, Ihnen beiden Besserung bringt. Der Verleger wird Ihnen die Poetae philosophi, die dem Philosophen allerdings wenig neues bieten werden, direct zuschicken in diesen Ta300
gen. Nehmen Sie sie freundlich auf! Mein Sohn in Australien wie die beiden andern und meine Frau befinden sich ziemlich wohl. Wir alle grüßen Sie und die lieben Ihrigen auf das herzlichste. Ihr HDiels
227.
Zeller an Diels Stuttgart 30. Decbr. 1901. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Nun ist doch wieder fast ein voller Monat vergangen, ehe ich Ihnen für Ihren letzten Brief u. das ihm nachfolgende werthvolle Geschenk der poetae philosophi gedankt habe. Ich wünsche Ihnen Glück zur Vollendung dieser schönen aber mühseligen Arbeit u. werde mich freuen, wenn ich auch noch das Erscheinen ihres prosaischen Bruders erlebe, den uns das Jahr 1902 bringen soll. Ein Theil der Verzögerung dieser Zeilen wurde durch Erdmann's beiliegenden Brief (mit dessen Zurückgabe es keine Eile hat) herbeigeführt. Denn er nöthigte mich, sofort an ihn u. an Stein zu schreiben; u. da ich nun nur noch in den hellen Tagesstunden schreiben kann, die hier schon um 1. U. durch das Mittagessen beendet oder doch unterbrochen werden, kostet mich jeder längere Brief die Schreibezeit eines Tages, u. wenn ein Besuch oder sonstige Abhaltung dazwischenkommt, wohl auch die eines zweiten. - Es ist eine dumme Geschichte, an der lediglich Steins Nachläßigkeit u. Rücksichtslosigkeit schuld ist. Er hatte mich Ende Oktober, als er hier durchkam, gebeten, Erdmann mitzutheilen, daß ich mit der Berliner Verabredung einverstanden sei, derzufolge Stein für das nächste Jahr für die Redaktion des Archivs f. syst. Phil, an Natorp's Stelle treten solle; unterließ es nun aber gänzlich, sich mit Erdm. in's Benehmen zu setzen, u. brachte diesen dadurch in große Verlegenheit. Ich habe ihm nun geschrieben, daß ich E.'s Entrüstung ganz natürlich finde u. es ihm überlassen müsse ob u. wie er die Sache wieder in Ordnung bringen könne, meinerseits aber nichts dafür thun könne. Ich glaube aber nicht, daß es ihm gelingen wird. Für Erdm. thut mir die Sache leid, da er sich redlich bemüht hat, das A. f. syst. Ph. über Wasser zu halten. Ich selbst habe an diesem von Anfang an keine besondere Freude u. zu seiner Lebensfähigkeit nur ein mäßiges Zutrauen gehabt. Stein wird in seiner Leichtfertigkeit u. Aufgeblasenheit sich die Schlappe weniger als er sollte zu Herzen nehmen; er hat ohnedieß eben, da ihm durch seine Bekanntschaft mit dem Bruder des Reichskanzlers [Bülow], dem Berner Gesandten, die Segel bis zum Platzen geschwellt sind, 301
sehr große Rosinen in der Tasche, von denen man vielleicht bald in Berlin hören wird. Doch dieß unter uns. Treten Sie mit den Ihrigen das neue Jahr gut an, u. mögen Sie auch von Ihrem Reisenden, dessen Abwesenheit ja nun ihr Aphelium längst überschritten hat, fortwährend erfreuliche Nachrichten zukommen. An uns hat das scheidende Jahr, auch abgesehen von der stetig fortschreitenden Abnahme der Kräfte, die wir als Naturereigniß hinnehmen müssen, noch einige Tücken verübt, die aber zum Glück ohne bleibenden Schaden vorbeigiengen. Erst mußte meine Frau infolge rheumatischer Beschwerden eine Woche das Bett hüten, was bei Ihr viel heißen will, u. als sie kaum wieder auf war, hatte sie vom 1-19. d. unsern Enkel zu verpflegen, der von den Masern befallen war u. mit Rücksicht auf das baby nicht zu Hause bleiben konnte. Die Heftigkeit seines Fiebers machte uns ein paar Tage rechte Sorge; schließlich konnten wir aber doch alle zusammen bei seinen Eltern u. bei uns fröhliche Weihnachten feiern. Seine ältere Schwester besucht die Schule gern u. mit gutem Erfolg, die jüngere thut ihre Pflicht mit Schlafen u. Trinken; er selbst philosophirt noch auf eigene Rechnung. So fragte er dieser Tage seinen Vater: „Papa, woher kommen denn die Pferde? bringt die der Pferdestorch?" Bei dieser merkwürdigen zoologischen Entdeckung beruhigte er sich dann. Vorgestern u. gestern war Schmoller hier zum Besuch seiner Schwester. Er kam zweimal zu uns u. mußte sich über Berliner Dinge gehörig ausfragen lassen. Mommsen scheint zwischen seinen politischen Freunden u. seinen Verpflichtungen gegen Althoff übel in die Klemme gerathen zu sein; daher sein unerbauliches Schwanken zwischen Annehmen u. Ablehnen. Die Zusage zwei katholischer Professoren für Geschichte u. Philosophie in Straßburg fände ich gerechtfertigt, wenn die katholisch-theol. Fakultät für Str. dadurch gesichert wäre. Hoensbroech's Lärm darüber war täppisch u. seine Verletzung des Redaktionsgeheimnisses unanständig. Im nächsten Heft des Archiv's f. Gesch. d. Ph. finden Sie von mir 2 Vi Seiten über Leucippus, die Ihnen freilich nichts Neues bringen werden. Auf Ihren Beitrag für Gomperz freue ich mich. O b er aber auch ihm nur Freude machen wird? Ich habe seinen Angriff mit dem Phanes parirt, Sie schlagen ihm die Waffe aus der Hand. Mit den herzlichsten Grüßen u. Wünschen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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228.
Diels an Zeller Berlin, den 20. 1.1902 W Magdeburgerstr. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Ihren Sylvestergruss, der mich innigst erfreut hat, beantworte ich mit einem herzlichsten Geburtstagswunsche. Möge das Jahr Ihnen Ihre uns allen so theure Gesundheit und Frische erhalten, möge es für Ihre grosse und kleine Familie sich segensreich erweisen! Heute las ich in der Nationalzeitung, als sei es auf Ihren Festtag gemünzt, daß die Denkmäler des Kaisers und der Kaiserin Friedrich nach dem Entwurf von Ihne im Modell fertig gestellt und daß auch bereits die Hermen, welche den Abschluß der Marmorbänke bilden, (Blumenthal u. Helmholtz bei K. Friedrich, Sie und Hofmann bei der Kaiserin) fest in das ganze prächtige Architectur- und Sculpturwerk eingefügt sind. Den Fall Stein habe ich mit dem Urheber mündlich besprochen, ohne jedoch zu verraten, daß ich durch Sie orientirt war. Er behauptete, er habe an Erdmann geschrieben und die Sache würde sich ordnen. Ich meine, auch wenn Lapis ille niger nicht tactlos gegen E. sich benommen hätte, wäre dieser doch zurückgetreten, da er wol ebensowenig zu der Wendung, die Stein der Sache geben will, erbaut sein wird wie andere. Er ist auch viel zu sehr der ernsten wissenschaftlichen Arbeit entwöhnt als daß er anders denn halbjournalistisch arbeiten könnte. U m ihn von Berlin abzulenken, auf das er mir in letzter Zeit allzusehr hinzuarbeiten schien (die letzte Absicht seiner petitio principii seil. Bülowii ist mir nicht klar, da er mir nichts verraten hat), habe ich ihn gebeten die Gründung einer schweizerischen Akademie in Bern anzuregen, die ich wegen der Association als Bindeglied freudig begrüssen würde. Er würde dann an die Schweiz gefesselt, ein würdiges Object seines Organisationstalentes haben und anderes vielleicht fahren lassen, was er Lazarum secutus betrieben hat. Aber der Anfang war nicht sehr geschickt gemacht. Ich habe ihn zwar zu verbessern gesucht, aber ich habe nicht allzuviel Zutrauen. Dies alles nur im Vertrauen! Ich selbst bin seit Erscheinen der Philosophi nicht wieder an die Wissenschaft gekommen. Die dumme Rede, die ich am 23. zu halten habe, hat mir mehr Zeit gekostet als ich dachte, da ich bei der Ausarbeitung fand, sie sei an vielen Punkten brenzlich und gehe überhaupt über meine Kräfte. Aber nachdem ich mitten in der Ausarbeitung gesehen, daß ich mein Ideal nicht von Ferne erreichen könne, da ich viel mehr Platz haben müßte, um vollständig und deutlich zu reden, war es leider zu spät irgend etwas besseres und harmloseres anzufangen. So muss denn die Bestie losgelassen werden, ihren Namen werden Sie zeitig genug erfahren. 303
Zu den vielen Verlusten, welche unsere Akademie und Universität im abgelaufenen Jahre erlitten hat, ist am vorigen Freitag [171.] der von Scheffer hinzugetreten, der schon seit einem halben Jahre als verloren galt. Eine Leberschrumpfung hat seinem Leben ein Ziel gesetzt. Die kath. Kirche verweigert ihren Segen bei der morgen stattfindenden Beerdigung, da er die Beichte verweigert hat. Er thut uns allen sehr leid, zumal kaum ein rechter Ersatz vorhanden ist. Das Schmollersche Liebesmahl ist am 5. Januar zu Ehren Althoffs gegeben worden. Es war keine rechte Freude dabei, da die richtige Form versäumt war und Schmoller nur von den Universitäten sprach, so daß ich im Namen, aber ohne Auftrag natürlich, unserer von Michaelis beleidigten Akademie einige Worte improvisiren mußte, die in dem wider mein Wissen den Zeitungen übersandten Referate, so kurz es war, unangenehme Entstellungen enthielt. Ich bin froh, daß dieser Rummel nun vorbei ist. Aber die ganze Art interne Angelegenheiten unserer Universitäten in den Zeitungen auszufechten widert mich an. Namentlich nachdem der alte Kindskopf Wagner, ohne sich auch nur über die eigentliche Veranlaßung der Massregel zu erkundigen, die Kekule'sche Aufhebung des socialwissenschaftlichen Vereins (28 Juden + 5 Christen) in der Kreuzzeitung bekämpft hat, können wir österreichische, russische oder italiänische Zustände in der Studentenschaft erwarten. Ihre betrübenden aber zuletzt doch befriedigenden Nachrichten aus Ihrer Kinderstube beantworte ich mit einigen Berichten über unsere Kinderstube. Das älteste Baby ist am 28. v. M. über Melbourne nach Tasmanien abgereist, um von dort gegen Ende dieses Monats nach Neuseeland und dann zurück über Australien nach Java und Ceylon etc. heimzufahren. (Anbei sein Bericht, der übermorgen verlesen wird.) Wir werden die nächsten Wochen vermutlich spärliche Nachricht erhalten, eine trübe Zeit für meine Frau, die im ganzen sich leidlich hält, aber immer noch von allerlei plötzlichen durch die Nerven verursachten schmerzhaften Gebresten heimgesucht wird. Otto muss trotz seiner Abneigung ab und zu Tanzen und bei jungen Damen Besuche machen, was er als Misogyne vorläufig entsetzlich krumm nimmt. Mehr Freude macht ihm sein Beruf. Er ist den ganzen Tag im Laboratorium und bändigt die jungen Doctoranden heran, wozu er, wie es scheint, eine gewisse Neigung und Talent hat. Paul teilt seine Studien zwischen Sanskrit und Alt-Deutsch. Es ist höchste Zeit, daß für beide Fächer nun ordentliche Vertreter kommen. Rothe ist uns sehr willkommen und Oldenberg, den wir hoffentlich statt Weber bekommen, wird auch einen anderen Schwung in diese Studien bringen. Ihren Leukippos erwarte ich mit Ungeduld. Neues finden Sie in den beiliegenden S[eparat-] A[bzügen] nicht viel. Aber vielleicht legen Sie es in den Anonymus hinein. Nächster Tage kommen einige auf unsere Anregung gekaufte Papyri im h. Museum an. Ein 5 Meter langer Commentar d. 1. Jahrh. p. Chr. 304
über Platos Theätet ist dabei, der Interessantes bergen kann. Das dort von aussen Gelesene zeigt, daß die absurde Lesart des Bodlean. εξαίσιοι statt έξης, p. 152 E im Lemma bereits dort steht! Mit besten Wünschen für das Befinden Ihrer 1. Frau, die wol jetzt wieder ganz munter ist, und Ihre ganze 1. Familie auch von den Meinigen Ihr HDiels
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Zeller an Diels Stuttgart 18. Febr. 1902. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Herzlichen Dank für die warmen Worte, mit denen Sie meines Geburtstags gedacht haben, u. für Ihren ganzen Brief. Sie haben uns, u. mir in specie, immer Interessantes mitzutheilen, während meine Briefe aus einem Ort, in dem nichts geschieht, wenn nicht etwa einmal, wie neulich, das Theater abbrennt, sich fast auf das si vales bene est, ego valeo beschränken müssen. Indessen bin ich zufrieden, wenn ich, wie zur Zeit, wenigstens dieses melden kann. Auch von Ihnen lauten die Nachrichten zu unserer Freude ja gut. In große Sorge versetzte uns die schwere Erkrankung der Mie Scherer. Wir hoffen aber, sie sei jetzt außer Gefahr u. werde sich mit ihrer Mutter, die dessen kaum weniger bedürftig sein wird, vielleicht langsam, aber in stetigem Fortschritt, erholen. Scheffers Tod hat uns um so schmerzlicher berührt, da uns die Unheilbarkeit u. Gefährlichkeit seines Leidens nicht bekannt war. Daß er sich für den letzten Schritt die priesterliche Handreichung verbat, die man ja heutzutage fast immer mit irgend einer Unwürdigkeit erkaufen muß, hat meine Achtung vor ihm wesentlich erhöht. Ich hatte nicht gewußt, daß er seiner Kirche gegenüber so viel innere Freiheit besaß. Er hat es, wie es scheint, nicht einmal nöthig gefunden, wie die heutigen „liberalen" u. „wissenschaftlichen" Katholiken in der Regel, z.B. F. X . Kraus, (dessen hohen Werth ich übrigens nicht verkenne) ein Aktenstück zu hinterlassen, in dem er der katholischen Kirche als solcher seine unbedingte Hingebung bezeugt, aber ihre jesuitische Verunstaltung abgelehnt hätte. Diese Unterscheidung unmöglich zu machen, die ja auch unhaltbar genug ist, geben sich die Ultramontanen alle Mühe, u. bei der Stupidität der Massen, besonders der Weiber, der Gleichgültigkeit oder Perfidie der Gebildeten, finden sie dabei wahrscheinlich zunächst ihre Rechnung; möglich allerdings, daß die Rückseite der Solidarität des Katholicismus mit dem Jesuitismus sich auch einmal geltend macht, u. das „Fort mit den Jesuiten" zu einem L o s von Rom wird. Zu den perfiden Klerikalen rechne ich u.a. Bachem, u. es thut 305
mir leid, daß bei seiner neulichen unverschämten Beschwerde über Verunglimpfung der Jesuiten niemand im Reichstag war, der ihm sagen konnte, wie sich Clemens X I V in seiner Aufhebungsbulle über sie ausspricht. Es wäre ein dankbares Thema für einen Journalartikel, dieses Urtheil unserer Zeit wieder in Erinnerung zu bringen u. ihm das entgegengesetzte eines ebenso unfehlbaren Papstes, Pius VII in seiner Wiederherstellungsbulle, gegenüberzustellen, d. 19 ten . Ihre akademische Festrede habe ich mit Interesse u. Zustimmung gelesen. Daß sie Ihnen aber Mühe gemacht hat, glaube ich gern. Wir stehen eben noch unter dem Banne des Vorurtheils, von dem z.B. D u Bois weit freier war, daß man alles, was man sagt, auch müsse mit eigener Sachkenntniß vertreten können, u. da führen Themata wie das Ihrige immer über die Grenzen der eigenen Specialfächer hinaus zu Fragen, bei denen man sich nicht eben so sicher fühlt u. sich noch weiter glaubt unterrichten zu müssen, um sich als der τέλειος άνήρ έν λόγω πταίων zu bewähren, der nach Jac. 3,2 ein guter Christ, u. vollends ein Philolog, sein soll. Von dem Fall Spahn u. dem Fall Althoff wird in Berlin wohl nicht mehr gesprochen. Mir schienen beide zu tragisch genommen zu werden, u. ich war es wohl zufrieden, ihnen von weitem zuzusehen; wäre ich dort gewesen, so hätte ich auch dafür gestimmt, A. ein Genugthuung zu geben. Mit großem Interesse lasen wir in den letzten Monaten R. Mohls Lebenserinnerungen u. Keudell's Schrift über Fürst u. Fürstin Bismarck. Mit meiner Frau grüßt Sie u. die Ihrige herzlich Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 10/4 1902 W Magdeburgerstr. 20.™
Es .ist sehr lange, hochverehrter Freund, daß Ihr letzter Brief auf Antwort wartet. Aber ich hatte mich im März und Anfang dieses Monats in eine durch einen neuerworbenen Papyrus veranlaßte Arbeit so hineingebohrt, daß ich alles andere darüber habe liegen lassen. Es handelt sich um eine zur Hälfte gut erhaltene Rolle, die in der Hds. des II Jahr, die Scholien des Didymos zu Demosthenes Philippica 3.4, ad ep. Phil., de constit., enthält, wobei der alte Philologe sich nicht nur als gelehrter, von Citaten der besten Quellen wimmelnder Interpret, sondern auch als kritische Historiker bewährt, was wir bislang von ihm nicht wußten. Ich habe der Akademie darüber am vorigen Donnerstag berichtet. Ausführlich kommt der Text in einer Publication des Mu306
seums mit anderen Stücken (Hierokles ήΰχκή στοιχείωσις von dem Stoiker, den Prächter von dem Neuplatoniker richtig geschieden und Hadrian zugewiesen hat, einem philosoph. Commentar zu Piatons Theätet, einer Rede des Hypereides (sehr wahrscheinlich), ferner einem vielleicht nur 100 Jahre nach dem Dichter geschriebenen Nomos Πέρσοα des Dithyrambendichters Timotheos ca. 400 n. Chr.) heraus. Es ist erfreulich, daß unsere Bemühungen auch für Berlin von dem egyptischen Segen uns etwas zu retten sobald zum Ziele geführt haben. Leider drängen sich diese Dinge zwischen die Vollendung der Vorsokratiker hinein, deren weiterer Text im MS. nun wenigstens die Pythagoreer (eine wirklich saure Arbeit) fertig enthält. Jetzt will ich für den Rest der Ferien Anaxagoras, Diogenes und dies Gelichter fertig stellen, was ja einfach ist und dann den schweren Brocken „Abderitae" zuletzt anfassen. Ich will versuchen, was ich in meinem Vortrag in Stettin angefangen hatte und durch Ihren famosen Beitrag weitergeführt sehe, Leukippos gesondert hinzustellen. Das ist die beste Art die Rohde'sche noch immer spukende Dummheit aus der Welt zu schaffen. Aber ich weiß nicht, ob diese Sonderung der beiden Abderiten in praxi gelingt. Uber Rohde hat Crusius ein Buch geschrieben, das mir den Mann noch viel weiter gerückt hat als ich aus seinen Arbeiten ihn empfand. Man sieht, der unselige Nietzsche-Dünkel (rectius Wagnerdünkel) hat ihn innerlich gänzlich zerfressen, und die Art, wie Crusius an ihm emporsieht hat etwas unsäglich komisches. Gestern saß ich in der „Mittwochsgesellschaft" bei Meitzen, der sich trotz des Verlustes seiner Frau immer noch sehr gut hält. Er erzählte mir, daß er im J. 1844 bei Ihnen in Tübingen mit Begeisterung gehört habe. Gewis einer ihrer ältesten lebenden Schüler! In der Akademie sind die Wahlen von Burdach (Halle) für die eine neue deutsche Stelle im Gange, nachdem eine Extradotation von 10 000 M. bewilligt ist (in 2. Lesung). Außerdem wollen wir den Director des Kgl. Münzcabinets Dressel (zur Leitung des Corpus numorum) in eine freie Stelle unserer Classe berufen. Pischel (an Webers Stelle) wird ja auch jetzt hier eintreffen und gleich berufen werden. Auch schweben Verhandlungen einen berühmten Chinesen aus Holland [Hsüeh] zu berufen, der an der Universität und or. Seminar thätig auch für uns in Betracht käme. So wird im nächsten Jahre unsere Classe ein sehr verschiedenes Aussehen gewinnen. Mommsen hat sich leider ganz zurückgezogen, doch arbeitet er an seinem Theodosius still weiter. Meiner Frau geht es sehr abwechselnd. Die Teilnahme an einer Hochzeit (Prof. Kern, der eine anmutige Berlinerin heimführte) hat ihr sehr geschadet. Sie ist für dergleichen nicht mehr leistungsfähig genug. Von Ludwig haben wir immer gute Nachrichten. Die letzten Briefe (mit sechs Wochen Distanz) stammen aus Neu Seeland. N u n wird er noch ein Viertel Jahr in Ostaustralien bleiben und dann über Sumatra und Ceylon im August zurückkehren. Die 307
beiden anderen, Otto der Chemiker und Paul der Germanist, 3. Semester, sind bei Muttern und wünschen nicht wegzugehen. Ich hoffe, Sie haben die rauhen Monate mit Ihrer verehrten Frau gut überstanden und gehen nun dem Frühjahr und dem Genuß Ihres Gartens mit Genugtuung entgegen. Für den Sommer habe ich noch keine Pläne gemacht, ich weiß daher nicht, ob es möglich sein wird Stuttgart in den Reiseplan aufzunehmen. Aber ich hätte allerdings den lebhaften Wunsch nicht bloß durch Stein's, sondern auch durch eigne Autopsie mich von Ihrem Befinden zu überzeugen. Inzwischen bleibe ich mit herzlichen Grüßen und Wünschen für Sie und Ihre ganze Familie auch von den Meinigen Ihr getreuer HDiels
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Zeller an Diels Stuttgart 27 Apr. 1902. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Das längere Ausbleiben Ihres letzten Briefs hatte eben angefangen, mich mit dem Gedanken zu beunruhigen, es könnte nicht blos in emsiger Arbeit einen berechtigten, sondern auch in gesundheitlicher Störung einen unerlaubten Grund haben, als uns E. Schmidt besuchte u. mit guten Nachrichten über Ihr Befinden erfreute. Auf die Früchte Ihrer neusten Papyrusstudien bin ich gespannt. Große Freude u. mancherlei Belehrung gewährte mir die Gomperz gewidmete Abhandlung, für deren Inhalt ich Ihnen nicht weniger dankbar bin als für ihre Zusendung. Hätte sie uns vier Jahre früher vorgelegen u. vorliegen können, so hätte sich G. die Trompetenstöße, mit denen er den neuentdeckten Gott ankündigte, u. ich mir den Beweis ersparen können, daß dieser Gott gar nicht s e i n Phanes sei. Was sagt denn G. jetzt wohl zu Ihrer Erklärung u. Lesung? Kalbfleisch schickte mir auch seine „Miscellen", zu deren vierter ich ihm aber mittheilen konnte, daß ich selbst schon vor Jahren (ich meine um 1865) Simplicius' Auszug aus Arrian's Parthica im Philologus besprochen habe. Sehr merkwürdig u. erfreulich waren mir die in unsern Sitzungsberichten unlängst veröffentlichten neuen Gedichte der Sappho (bzw. Ψαπφω oder Ξαπφω). Was muß das für eine Frau gewesen sein! u. wie contrastirt das Bild, welches wir von ihrem Zusammenleben mit ihren Freundinnen erhalten, mit den herkömmlichen, in Betreff der großen Mehrzahl wohl nicht unrichtigen, Vorstellungen über die socialen u. Bildungszustände des weiblichen Geschlechts bei den Griechen! Ueberall mögen diese ja wohl auch nicht die gleichen gewesen sein; aber es scheint doch wirklich, sie seien nicht allein seit der 308
Zeit der Penelope u. Nausikaa, sondern auch seit der der Sappho, merklich zurückgegangen gewesen, wenn die Schilderungen des Aristophanes, des Plato, des xenophontischen Oekonomikus u. andere nicht gar zu unzutreffend waren. Eine gründliche Untersuchung dieser Frage wäre ein dankbares Thema für einen Philologen u. könnte ein paar Dutzend Wanderrednern leicht breit zu tretendes u. auszuschmückendes Material liefern. Vahlen hat mir seinen Vortrag über die Citate in der arist. Rhetorik geschickt, der in seinen Ergebnissen mit dem stimmt, was ich s.Z. (Sitzungsber. 1888, 1333 ff.) über aristotelische Citate bemerkt habe. Möchten Sie ihm gelegentlich meinen Gruß u. Dank übermitteln? Der Druck der 4. Aufl. von Bd. III b der Ph. d. Gr. hat nun begonnen; wenn er aber so langsam weiter geht, wie er angefangen hat, wird er im Jahre des Heils 1902 lange nicht fertig. Gestern besuchte uns Oscar Jäger, der sich in Bonn u. seiner akademischen Thätigkeit sehr wohl fühlt u. auch vortrefflich aussieht. Diesen Winter hatte er in einem Publikum über Gymnasialpädagogik 130 Zuhörer. Bei uns, unsern Kindern u. Enkeln steht's im übrigen zur Zeit - abgesehen von unvermeidlichen oder doch altgewohnten Beschwerden - gut. Nur hatten wir den Schmerz, daß am 2. d. eine Nichte meiner Frau, die Tochter ihres als Rektor des Tübinger Gymnasiums verstorbenen Bruders, ihren Mann, Gymnasialprofessor Gaupp in Cannstatt, verlor. Er war noch nicht 48 Jahre alt, ein braver Mensch u. geschätzter Lehrer; sein Name ist Ihnen vielleicht aus Anlaß des Thesaurus 1. L. unter die Augen gekommen, für welchen er den Tertullian bearbeitet hat. Er hinterläßt seine Familie in knappen Verhältnissen; von den drei Söhnen sind zwei noch auf dem Gymnasium, der älteste in seiner ersten Stellung als Kaufmann. So erwachsen uns aus diesem Fall mancherlei Sorgen. In den letzten Wochen lasen wir Abeken's Denkwürdigkeiten, aus denen ich u.a. ersah, daß er zu den Stiftern unserer Graeca gehörte. Kennen Sie das Buch? Es ist von der Zeit an, wo er in Bismarck's Sphäre eintritt, sehr anziehend u. interessant, während die erste Hälfte seines Lebens, so lange er im Banne Bunsens u. Friedrich Wilhelms IV steht, mit derselben Unfruchtbarkeit geschlagen ist wie alles, was in diesem Dunstkreis aufwuchs. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus treulichst Ihr Zeller. Der Tübinger Pfleiderer ist ja nach kurzer Krankheit gestorben. Sein Nachfolger wird ohne Zweifel H. Mayer, der vorigen Herbst von Tübingen nach Zürich gieng u. eben erst eine Tochter Sigwarts geheiratet hat.
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Diels an Zeller Berlin, den 13/7 1902 W Magdeburgers«·. 20. 111
Hochverehrter Freund, Hr. Lic. Werner aus Genf versprach mir Ihnen Grüße von mir und Entschuldigungen über mein langes Schweigen mitzunehmen. Er hat sich hoffentlich seines Auftrages entledigt und Sie werden an ihm einen tüchtigen, ernstgerichteten Schweizer kennen gelernt haben, der versucht seine französische Bildung durch deutsche Studien zu ergänzen. Was mich betrifft, so dauert die Plethora von Arbeit und Geschäften an. Meine Hoffnung den Text der Vorsokratiker wenigstens bis Demokrit vielleicht] fertig stellen zu können, ehe die Ferien beginnen, wird sich nicht verwirklichen. Die Masse Demokrit ist zu groß, die Probleme der Echtheit zu schwierig, die Vorarbeiten mangelhaft. So ist von den Demokratessprüchen, die neben Stobäus, der sie in besserer Form kannte, die einzige einigermaßen zuverlässige Quelle für die ethischen Fragmente Demokrits bildet, noch keine kritische Ausgabe seit Holstenius erschienen und ich habe mich noch jetzt in ungünstigster Zeit hierzu entschließen müssen handschr. Material zu beschaffen. Aber auch sonst ist Demokrits Nachlaß mit dem Schwanz von Imitationen und Fälschungen unendlich. Wenn ich sehe, welche Zeit ich brauche um nur diese paar Urkunden zusammenzustellen, so weiß ich nicht wie Sie es fertig gebracht haben Ihr Riesenmaterial mit dieser Vollständigkeit, Genauigkeit und Durchsichtigkeit zusammenzubringen. Sie fragen, wie Gomperz den entthronten Phanes aufgenommen hat. Mit sauersüßer Miene. Anstatt froh zu sein eines unsicheren Kunden ledig geworden zu sein meinte er, wenn der Phanes der Täfelchen verschwinde so bleibe er doch bei Diodor, also müsse er alt sein. Daß es einen gewaltigen Unterschied macht, ob ein Zeuge für diese Dinge vor oder nach den Alexandrinern lebt, scheint ihm hier nicht bewußt zu sein. Ich vermisse bei ihm wie bei vielen seiner Race die vornehme Gesinnung, die den Thatsachen gegenüber nicht nur widerwillig sondern mit der Freude etwas Unechtes los geworden zu sein, umlernt. Diese Zähigkeit, welche die Race beim Kuhhandel erblich erworben hat, ist auch Freudenthal und gerade den Besten eigen, während z.B. ein Muster des Gegenteils Wilamowitz ist, der oft in der Abschwörung seiner Irrtümer sich zu heftig auf die andere Seite stellt. Dieser Mangel an Vornehmheit ist es was mir immer mehr bei diesen Leuten misfällt. So z.B. in der Facultät sollte ein Nachfolger für Scheffer-Boichorst gewählt werden. Die Facultät schlug 1) Hauck 2) Seliger vor. Die Regierung konnte 1) nicht gewinnen 2) wollte sie nicht, da sie ihn für nicht tanti hält. Also erneute Anfrage an die Facultät. Die Commission präsentirt pari loco Bresslau, Dietr. Schäfer, Zeumer und als „Ergänzung" Hin[t]ze (Nationalök.). In der Sitzung kam es zu lebhaften Debat310
ten, weil man in diesen Vorschlägen Deutlichkeit der Abstufung vermißte. Es endete mit 13 dafür, 9 dagegen. Diese werden Separatvotum abgeben, um den, wie es scheint, einzigen, einigermaßen herausragenden Historiker D. Schäfer unico loco zu empfehlen. Nun war es höchst merkwürdig, daß Hirschfeld sich bemüßigt fand, Bresslau als den allein geeigneten zu empfehlen, ohne zu empfinden, daß diese Empfehlung des Juden durch den Juden glatt zu Boden fallen müßte. Hierin haben sie aber keine Empfindungsnerven! Die Würzburger Angelegenheit interessirt uns sehr, weil dahinter der große Kampf steckt, ob Bayern ganz dem Centrum ausgeliefert werden soll oder nicht. In Würzburg wie in München sind eine ganze Anzahl von Professuren unbesetzt (auch in unserem Fach), weil der Minister Angst hat die Vorschläge der Facultäten gegenüber dem Centrum durchzuführen. Von der Unverschämtheit dieses, spec. Orterers, hat uns Er. Schmidt bei Gelegenheit des Nürnberger Festes erzählt. Orterer und ein Abgeordneter drängen sich unmittelbar vor dem Festessen ein. Die Einladung hatten sie gar nicht beantwortet. Trotzdem verlangen sie Sitze, natürlich an der Ehrentafel! In letzter Minute werden Conze und Lessing davon zurückgewiesen und Orterer nebst Freund dahin placirt! Die Hybris wird hoffentlich jetzt ihre Sühne erhalten. Sonst geht die Bildung in Bayern wirklich flöten. Der Fall Vetter hat die Abneigung unserer Schweizer Brüder gegen Deutschland, die mir kein Geheimnis war und Ihnen in Ragaz ebenfalls zum Bewußtsein gekommen ist, mit grellem Schlaglicht beleuchtet. Mommsen's Manifest in der Nation werden Sie gelesen haben. Ich zweifle daran, ob es den Schweizern behagt und den freundlich Gesinnten dort aus dem Herzen gesprochen ist. Ich halte es überhaupt für unnütz bei solchen elementaren Gefühlsausbrüchen des Chauvinismus hin u. her zu kannegießern. Wir müssen mit der Thatsache rechnen, daß wir außerhalb Deutschlands keinen Freund haben als den Türken und daß innerhalb Deutschlands der Haß gegen jede Gemeinsamkeit und Centralisation bereits in Charlottenburg anfängt. Wir sind keine politisch begabte Nation! Das Centrifugale hat bei uns immer das Ubergewicht. Bei uns geht es nicht sonderlich. Meine Frau, deren Nerven von jeher zu wünschen übrig ließen, ist seit mehreren Monaten recht leidend und der Arzt kann ihr leider nur sagen, daß es kein Mittel dagegen gibt. Namentlich macht sich in Folge sonstiger Störungen Schlaflosigkeit geltend und in Folge davon wieder große Schwäche. Ich kann daher auch noch keine Dispositionen für die Ferien treffen, da es zweifelhaft ist ob sie überhaupt reisefähig sein wird. Ich hoffe, wenn erst Ludwig wieder zu Hause sein wird, der am 22. August in Genua einzutreffen gedenkt, wird sich ihr Gesamtzustand bessern. Sonst geht es uns leidlich. Die Papyruspublication, nach der Sie fragen, ist noch nicht von der Stelle gerückt, weil zuerst eine neue Schrift in der Reichsdruckerei geschnitten werden mußte, die bei der ersten Probe noch nicht befriedigte und 311
daher neugefertigt werden muß. So wird der Herbst darüber herankommen. E. Pfleiderers Nachfolger ist doch nicht Mayer, sondern Windelband geworden. Früher ging man doch nicht von Straßb. nach Tübingen! Mit herzlichen Grüßen an Ihre liebe Frau, die sich hoffentlich wohl befindet, von uns und besten Wünschen für Ihre Sommerfrische Ihr H. Diels
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Zeller an Diels Stuttgart 6. Aug. 1902. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Es gieng mir in der letzten Zeit wie Ihnen, wie es aber freilich einem amtlich privilegirten Müßiggänger eigentlich nicht gehen sollte: ich fand vor lauter Arbeit nicht die Zeit, Ihren Brief so bald zu beantworten wie ich wünschte. Die Setzer sind so eifrig hinter mir her, daß ich jede Woche 5 - 6 Bogen theils zur ersten theils zur zweiten Correctur bekomme; daneben waren noch die letzten Abschnitte des Buchs der Schlußrevision vor dem Abgang in die Druckerei zu unterziehen; u. da dieß alles bei der Schwäche meiner Augen langsam von der Hand geht u. nur bei hellem Tageslicht ausgeführt werden kann, war ich davon absorbirt. Jetzt ist das Mscpt. vollständig in Altenburg, u. so gibt's eher von Zeit zu Zeit einen freien halben Tag. Der Druck ist bis zum 38. Bogen fortgeschritten; er wird aber immer noch 10-12 Wochen beanspruchen, da der Band um etwa 60 Seiten, auf 60 Bogen, angewachsen ist. Sie werden daher seiner Zeit doch immer noch einiges Neue u. einige weitere Bestätigungen des Alten darin finden. Daß sich Gomperz in Betreff des Phanes gegen den klaren Augenschein sperrt, u. zu dem Ende auch fadenscheinige Argumente nicht verschmäht, wundert mich nicht. Es liegt dieß, wie Sie richtig bemerken, in der Rasse. Doch möchte ich es weniger von ihren Geschäftsgewohnheiten als von der rabbinischen Schriftgelehrsamkeit herleiten, die seit 2000 Jahren diesem Volk ebenso u. fast noch mehr in Fleisch u. Blut übergegangen ist, als den katholischen Philosophen u. Theologen ihre jesuitisch gefärbte Scholastik. Wo es sich um die Erklärung eines Gesetzes handelt, das an jedem Häkchen nicht nur Berge seligmachender Lehren, sondern auch die minutiösesten Vorschriften für das bürgerliche u. das häusliche Leben hängen hat, da vereinigt sich die theologische Rechthaberei mit der juristischen zu einer Macht, der sich auch die Gescheidtesten selbst auf neutralen Gebieten nur selten u. vollends dann nicht zu 312
entziehen wissen, wenn zu jenen beiden auch noch die philologische als dritte im Bunde hinzukommt. Ihre Mittheilung über die Facultätssitzung, in der Freund H[irschfeld] eine so merkwürdige Sonderstellung einnahm, war mir sehr interessant. Ich würde mich über Bres[s]lau ebenso geäußert haben, wie schon vor Scheffer's Berufung: daß er mir für historische Hülfswissenschaften ungleich geeigneter zu sein scheine als für Geschichte des Mittelalters, weil ich mir nicht denken könne, daß ein Jude für die treibenden Kräfte des mittelalterlichen Geisteslebens, u. daher auch nicht, daß er für seine politischen Kämpfe das rechte Verständniß habe. In Bayern haben ja auch die Ultramontanen vorerst eine Schlappe erlitten. Aber sie scheinen den Zeitpunkt kaum abwarten zu können, wo Prinz Luitpold seinem Sohn Platz macht, von dessen bajuwarischem Partikularismus sie sich - leider mit Recht - mehr für ihre Zwecke versprechen. Aehnlich steht's hier zu Lande. Das Centrum wird immer unverschämter, in den Kammern stößt es nur bei einer Minderheit auf grundsätzlichen Widerstand, während die „Volkspartei", an politischem Charakter tief unter der Socialdemokratie stehend, sich wohl einmal mit ihm zankt, aber für jeden Kuhhandel in Wahlsachen zu haben ist, die Pietisten sich nicht gehörig rühren, u. die Regierung alles gehen läßt, wie's geht, da dem Könige mit der Aussicht, einen Thronfolger zu erzielen, jedes Interesse an der Zukunft des Landes geschwunden zu sein scheint. Sie werden Ihren Sohn wohl in Berlin abwarten, aber dann hoffentlich Sich noch die Erholung gönnen, deren Sie gewiß dringend bedürfen. Mir geht es gut, meine Frau hat unter ihren neuralgischen Schmerzen mehr zu leiden als mir lieb ist. Verreisen werden wir nicht mehr; unser Sohn geht mit Frau morgen auf vier Wochen in die Schweiz. Von ihren Kindern sind die zwei älteren schon länger im obersten Theil des Murgthals, erst unter der Obhut ihrer Mutter, jetzt unter der meiner Schwägerin u. noch einer jüngeren Tante; nur das 3/4jährige, ein dickes behagliches Ding, ist hier. Später kommen die anderen zurück. U n d nun nur noch die herzlichsten Grüße von Haus zu Haus u. Ihrem Sohn, wenn er heimkommt, unsere besten Glückwünsche. Treulich Ihr Zeller.
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234.
Diels an Zeller Unspunnen bei Interlaken, den 9. Aug. 1902 Pension Jungfrau
Verehrtester Freund, Ihr höchst willkommener Brief trifft mich hier, wohin wir nach Schluß des Semesters geeilt sind, um in der Waldabgeschiedenheit dieses Schweizeridylls uns zu erholen und vor allem die durch die Mittel der Arzte nur noch mehr geschädigten Nerven meiner Frau wieder etwas herzustellen, da nur Ruhe und Luft auf ihre Constitution einen guten Erfolg zu haben pflegen. Wir trafen hier Stein nebst ältester Tochter und deren chaperonne Frau v. Seidlitz, die an Stelle der erkrankten Frau Stein sowol in Bern wie hier die Honneurs zu machen scheint. Frau Stein hat im Laufe eines Jahres drei Operationen überstanden. Die letzte vor einigen Monaten. Sie ist jetzt hier in einem „Sanatorium" und hat sich, wie es scheint, gut erholt. Stein betrachtet nunmehr seine Frau als völlig hergestellt. Er war noch voll von den Erfolgen des Preßcongresses, wo er als Präsident eines Comités eine Rolle gespielt und die ganze Versammlung (500 Personen) in seiner Villa bewirtet hat. Damit die Universität sich einer so erlauchten Versammlung würdig erzeige, ward verkündet, daß die Berner phil. Facultät mit bundesrätlicher Genehmigung einen Lehrstuhl für Journalistik errichtet habe. Damit ist vor der Welt die Scharte „Vetter" wol ausgewetzt. Die Beziehungen zu Bülow setzen sich hier fort, insofern Stein allmorgentlich Frau Laura Minghetti in seinem Wagen spazieren fährt und auf ihren Wunsch ihr Vorträge über Spinoza pp hält. Das ist die neue nicht peripatetische sondern periphoretische Philosophie, die wol irgend einen litterarischen Niederschlag à la Leibniz und Strauß haben wird. Er trägt mir übrigens herzliche Grüße an Sie und Ihre 1. Frau auf. Ich selbst wünsche Ihnen baldige Erlösung von der Sträflingskette des Druckes, unter der ich selbst hier seufze, da ich MS. vorbereiten muß, um den Druckermoloch bei meiner Rückkehr sofort befriedigen zu können. Ihren Sohn und Frau werden wir hier vielleicht einmal zu sehen bekommen, da die meisten Schweizerfahrer doch entweder Interlaken oder den Vierwaldstättersee zu besuchen pflegen, wohin wir uns gegen den 20. d. M. zu begeben vorhaben, um den auf der Gotthardstr. etwa am 24. zurückkehrenden Ludwig, der am 22. in Genua erwartet wird, zu treffen. Einstweilen herzlichste Grüße und Wünsche für Sie selbst und Ihre verehrte Frau, denen sich meine Frau anschließt. Ihr treuergebner HDiels 314
235.
Zeller an Diels Stuttgart 14. Octbr. 1902. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Gestern erhielt ich den letzten Correcturbogen; u. so ist wohl zu hoffen, daß Ihnen in 8-14 Tagen der fertige Band zukommen werde, den ich Ihrer freundlichen Aufnahme empfehle. Ich bin froh, daß ich vor Eintritt des Winters mit dieser Arbeit fertig geworden bin, die ich meinen Augen nicht ersparen konnte, so lästig sie mir auch jetzt schon an den trüben Tagen wurde, deren dieser Sommer so unerlaubt viele brachte. Wenn Sie Wellmann sehen sollten, haben Sie die Güte ihm zu sagen, daß er ein Exemplar der neuen Auflage erhalten werde, u. falls er sich der Mühe unterziehen wolle, dieselbe anzuzeigen, so sei ich bereit, ihm zur Erleichterung derselben das durchcorrigirte u. umgearbeitete Exemplar der dritten, das ihr als Mscpt. diente, zu schicken. Es traf sich hübsch, daß unsere Kinder sich mit Ihnen in Interlaken begegneten, wo sie vom Wetter so wenig begünstigt wurden. Etwas mehr Glück hatten sie auf ihrer weiteren Reise u. wenigstens auf der Gemmi u. dem Gorner Grath, dem Glanzpunkt ihrer Reise, ungetrübte Aussicht. Dagegen kamen sie auf dem Eggischhorn nicht blos um das herrliche Bergpanorama, sondern auch in ein solches Gewitter, daß sie froh sein mußten nicht vom Blitz erschlagen zu werden, u. gründlich durchnäßt nach Viesch hinabeilten, wo sie ihre Sachen gelassen hatten. Doch hat ihnen das Bad nicht geschadet. Sie werden froh sein Ihren Australier wieder zu haben. Sagen Sie ihm auch unsere herzlichen Glückwünsche. Jetzt hat er wohl mit der Verarbeitung seiner Reisefrüchte schon alle Hände voll zu thun. Von Berliner Freunden besuchten uns Schmollers u. vor einigen Tagen Pfleiderer; diesen Abend erwarten wir Frau Scherer mit ihrer Tochter auf ein paar Tage. Schon länger ist Lisbeth Mommsen in unserer Nähe in einem Sanatorium, das aber von uns so weit entfernt u. auf seiner Höhe so schwer zu erreichen ist, daß ein persönlicher Verkehr mit ihr nur in sehr beschränktem Maß möglich ist. Pfleiderer berichtete über Harnack's Stellung bei Kaiser u. Reichskanzler u. über die Aussichten, die von einigen Seiten daran geknüpft werden, allerlei wunderbares; ich stehe den letzteren etwas skeptisch gegenüber, u. weiß auch nicht ob ihre Verwirklichung zu wünschen wäre. Was sagen Sie denn zu der neuen Monatsschrift, welche, weil wir deren noch nicht genug haben, ein dringendes Bedürfniß zu befriedigen sich anschickt? Graf Hoensbroech, E. v. Hartmann, O . Pfleiderer - so sehr ich diesen auch schätze, so flößt mir doch keiner von diesen drei Namen großes Vertrauen ein, wenn ich mir ihn als spiritus rector des neuen Unternehmens denken soll. 315
Bei uns geht alles seinen gewohnten Weg, leider auch die rheumatischen Beschwerden meiner Frau u. die Kurzsichtigkeit ihres Mannes. Unser kleiner Ed. quält sich mit einem halben Dutzend Kameraden, von denen er der kleinste u. jüngste ist, jeden Tag eine Stunde, bis jetzt mit mäßigem Erfolg, mit den dementa in Ihrem Sinn ab, während seine Schwester schon unersättlich im Lesen, besonders der Volksmärchen ist, die ihr H . Grimm noch geschickt hat. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
236.
Diels an Zeller
[Postkarte]
Berlin d. 26/11 1902
Hochverehrter Freund, Ihr neuer Band mit der schönen Vorrede und dem warmen Anerkenntnis des Corpus Commentatorum ist in meine Hände gelangt. Ich danke von ganzem Herzen dafür und wünsche Ihnen Glück dieser mühseligen Last überhoben zu sein. Bei mir dauert der Druck und sonstige unleidliche Belastung in wirklich ungewöhnlicher Weise fort, so daß ich leider Ihren 1. Brief vom 14/10 noch nicht beantworten kann, wie ich täglich wünsche. Gott sei Dank bin ich gesund wie die Söhne und meiner Frau gehts leidlich. Hoffentlich steht es auch bei Ihnen, Ihrer 1. Frau u. ganzen Familie gut. Ihr HDiels
237.
Zeller an Diels Stuttgart 2. Dcbr. 1902. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Es ist unrecht von mir, ich weiß es, einen Rath von Ihnen zu erbitten, während Sie so tief in der Arbeit stecken, daß Sie für nichts anderes Zeit haben. Aber ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir Ihre Meinung über den folgenden Fall sagen könnten. Noch ehe ich ein fertiges Exemplar meines neusten Bandes in Händen hatte, kündigte mir Reisland an, daß auch von dem vorhergehenden (III a), von dem er s.Z. 200 Ex. mehr gedruckt hatte, eine 4. Auflage nöthig sei. Er machte die Sache so dringend, als ob der Druck lieber heute als morgen beginnen sollte. So heiß wird nun die Suppe natürlich nicht gegessen; 316
ich mußte ihm aber auch schreiben, daß meine Augen dieser Arbeit überhaupt nicht mehr gewachsen seien, daß ich aber versuchen werde, einen Anderen für sie zu gewinnen. Wer dieser nun sein wird, das möchte ich gerne von Ihnen erfahren. Diejenigen, deren Feder ich meiner eigenen am liebsten substituiren würde, haben wohl alle nöthigeres zu thun. Auch von Wellmann, der sein Geschick für solche Arbeiten am Preller bewährt hat, fürchte ich dieß. Denn ein tüchtiges Stück Arbeit wird's immer, wenn ich auch mehr als 100 Notizen u. Bemerkungen, die sich nur zu diesem Band angesammelt haben, dafür beisteuern kann. Ich will mich nun zunächst an Wellmann wenden. Wenn er aber nicht zu haben ist, was dann? Apelt in Eisenach wird in der gleichen Lage sein, wie W, u. ich weiß auch nicht, ob ihm die nacharistotelische Philosophie eben so gut bekannt ist, wie die platonische u. aristotelische. Was halten Sie von Schmekel? von dem ich mir wünschte, daß er in Berlin wäre, um in zweifelhaften Fällen Sie darüber berathen zu können, wie weit er mit der Geltendmachung seiner eigenen Ansichten (die ja immerhin als die seinigen zu bezeichnen wären) gehen darf. Auch an Prächter in Bern, dessen Stoiker Hierokles eine recht gute Arbeit ist, könnte gedacht werden. Oder wissen Sie mir einen anderen vorzuschlagen, z.B. Heinze jun., von dem ich aber auch nicht weiß, ob eine solche Arbeit ihm nicht zu weit abseits liegen würde. Gomperz hat seine Stellung zu der orphischen Frage durch seine neue Ausgabe nicht verbessert. Im Text pocht er nach wie vor auf das Citat des Verses aus der rhapsod. Theogonie in dem thurischen Grabtäfelchen u. gefällt sich in seinen übel angebrachten Wortspielen mit Kritik u. Hyperkritik, Uebermaß der Vorsicht u. Mangel an Einsicht; in den Anmm. streicht er alles, was er zur Begründung seiner Behauptungen gesagt hat, doch wohl weil er sich nicht getraut, es gegen meine Replik aufrecht zu erhalten, verräth aber dem Leser auch mit keinem Wort etwas von der Existenz dieser Replik, u. bringt ihn dadurch nothwendig auf die Meinung, daß seine mehr als unsicheren Vermuthungen unbestrittene Thatsachen seien. Ein so irreführendes Verfahren ist eines Gelehrten wie G . nicht würdig. Erst kürzlich erfuhr ich aus der D . Litt. Z., mit der ich diesen Sommer ganz in Rückstand gerathen war, von Wundt's Sprachphilosophie, u. ich beneidete ihn um den Muth, der ihm erlaubte, mit so unzureichenden Sprachkenntnissen, wie es die seinigen wenigstens ehedem u. noch lange waren, ein derartiges Werk auf 80 Druckbogen zu schreiben. Mit besten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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238.
Diels an Zeller Berlin, den 7/12 1902. W Magdeburgers«. 2 0 . m
Hochverehrter Freund, Der Sonntag gibt mir endlich die Ruhe nach erledigter Geschäftscorrespondenz (12 Stück) mich meiner längst fälligen Pflicht, die mir eine herzliche Freude ist, zu widmen [und] mich ein Stündchen in Behaglichkeit mit Ihnen zu unterhalten. Die Nachricht, daß nach dem kaum erledigten letzten Bande nun auch von dem vierten eine neue Auflage nötig sei, ist ja sehr erfreulich nicht nur für Sie, sondern auch für diesen Wissenschaftszweig, der nun in der That durch Ihre einzig dastehende das Große und Kleine berücksichtigende Darstellung auch mindere Geister zur nützlichen Mitarbeit auffordert und befähigt. Was den neuen Band betrifft, so wäre der wissenschaftlich am meisten auf der Höhe stehende Neubearbeiter, (da Sie diese schrecklich anstrengende Arbeit Ihren Augen nicht mehr zumuten dürfen) Prof. Arnim in Wien, der jetzt gerade den gesamten Stoikerstoff zum Zweck seiner Fragmentsammlung nach allen Richtungen hin auf das Sorgfältigste durchgearbeitet und eben den II. Bd. publicirt hat (bei Teubner). Aber da er noch zwei ansehnliche Bände für den Druck herzurichten und durchzucorrigiren haben wird, so ist es, soweit ich seine Verhältnisse kenne, ausgeschlossen, daß er irgend etwas Anderes daneben treibt. Selbst zu diesem Fragmenten-Werk habe ich ihm, da er in seiner Stellung in Wien überlastet ist, von Härtel einen Urlaub verschafft. Daher stimme ich ganz mit Ihnen überein, daß Wellmann die Neubearbeitung übernehme, da er Ihre Intentionen am besten kennt, auf diesem Gebiet besonders sich auf dem Laufenden erhalten und durch seine Neubearbeitung des R[itter-]Preller auch das Wesentliche bereits einmal durchgearbeitet hat. Er wird die Sorgfalt und Behutsamkeit im Einzelnen zeigen, die bei Schmekel abgesehen von Sonstigem öfter vermißt wird. Außerdem leidet Schm. sehr an den Augen, so daß die Druckreinheit, worauf Sie mit Recht selbst großen Wert legen, durch ihn keineswegs gewährleistet wäre. Prächter schätze auch ich. Sein Hierokles ist eine musterhaft geführte Untersuchung und ihr Resultat ist dadurch bestätigt worden, wie Sie vielleicht wissen, daß eine Ίεροκλέους στοιχείωσις ή θ ι κ ή , offenbar stoisch, auf einem Papyrus d. 2 nchr. Jahrh. sich vorgefunden hat, der im nächsten Jahre im Auftrage des hiesigen Museums, das ihn besitzt, wol edirt werden wird. Von wem, wissen wir noch nicht. Ich glaube übrigens, daß weitere Erwägungen nicht einmal nötig sind, da Wellmann gern annehmen wird. Die eigentümliche Reticenz, die sich Gomperz in der Orphikerfrage auferlegt hat, Ihrem Aufsatze gegenüber, misfällt mir sehr. Ich nehme aber an, daß 318
er sich gelegentlich ausführlich über das Thema auslassen wird, da, wie es scheint, auch das Verschwinden des Phanes auf dem Goldtäfelchen sein allerhöchstes Misfallen erregt hat. N u r so kann ich mir sein Schweigen erklären. Es ist eigentümlich, wie schwer es manchen Leuten fällt liebgewordenen Ansichten zu entsagen! U n d die Rechthaberei steckt ja leider dem biederen G[omperz] im Blute. Was Ihnen der süße Otto [Pfleiderer] von Lichterfelde über Harnacks Einfluß an höchster und allerhöchster Stelle berichtet hat, mag seine Richtigkeit haben, was die Thatsachen betrifft. Aber ich fürchte, das gefährliche Spiel, das H . treibt, indem er durch mutige Geistreichigkeit zu imponiren sucht, könnte eines Tages enden wie bei Stöcker. Vorläufig ist allerdings unter vielem Anderen die stundenlange Unterhaltung mit Harnack, über der Se. M. die ganze Botschafterwelt (beim ital. Botsch., wo er zu Tische war) vernachlässigte, sehr merkwürdig. O b dies alles für die Wissenschaft und ihre Instititute von Heil sei, wage ich nicht zu behaupten, daß es H . selbst nicht zum Heil diene, glaube ich an leisen Anzeichen schließen zu dürfen. Doch mag mich mein psychologischer Blick täuschen. Uber die neue Monatsschrift kann ich leider gar nichts sagen, da ich sie nicht lese und der Name Hoensbroech mir genug sagt. Vermutlich wird sie bald wie der „Lotse", den [Wilhelm] Försters Schwiegersohn [Heckscher] geleitet hat, eingehen, οίά τε φύλλα etc. Ich lese einigermaßen regelmäßig nur die Rundschau von diesen Revuen, die stets wirklich etwas Gutes und Gutgeschriebenes in ihren Heften bringt. Seit Beginn des Semesters steht Lenz an der Spitze der Facultät, gegen den Althoff jetzt merkwürdig feindlich ist, weil er in ihm ganz ohne Grund einen unversöhnlichen Widersacher seiner Politik betr. Centrum erblickt. Wenn diese Politik sich stets so gemäßigt zeigt wie in Straßburg, wo Bäumker's Wahl doch wol auf eine Suggestion Althoffs zurückgehen dürfte, wird man nicht allzuviel einwenden dürfen. Aber freilich steht viel auf dem Spiel, da z.B. nicht bloß die Monumenta germanica paedagogica sondern auch die wirklichen Mon. G . histórica im Begriffe sind via Kehr in Göttingen, den Ultramontanen ausgeliefert zu werden. Dilthey, der als ak. Vertreter augenblicklich die deutschen Akademiedelegirten zusammengerufen hat, um die Maßregeln über oder gegen die Kehrbachschen Monumenta zu erwägen, hat nicht nur öfters eine schwankende Ansicht über diese Institution entwickelt, sondern er will jetzt die Akademie überhaupt fern halten, was doch sehr bedenklich ist. Leider ist D. sehr oft durch seine Gesundheit und die Fürsorge und Nachsorge für sie an dem Erscheinen in Universität und Akademie verhindert. D a er dann aber sehr erzürnt ist, wenn etwas wider seinen Willen geschieht, so ist es sehr schwer mit ihm auskommen. Dies empfinde ich besonders in der Leibnizsache, die nun mit den Franzosen zur Verhandlung kommen muß. D a D . im October erst 319
ganz zuletzt aus der Sommerfrische kam more solito, mußte ich, da ich nicht ohne seine Einwilligung in die vorbereiteten Vorschläge zur Conferenz 18. Oct. nach Paris reisen wollte, diese Conferenz verschieben und ich habe nun das Vergnügen am 29. Dezember dort mit den Pariser Collegen zu verhandeln. Hätte ich gewußt, welche enormen Schwierigkeiten diese Aufgabe hat und welche Fußangeln religiöser und politischer Art darin versteckt sind, so wäre ich dagegen gewesen, daß unsere Akademie sich beteiligt. Nun hat D[ilthey] sich als Leibnizkenner die Leitung vorbehalten, will aber doch nicht als Leiter an die Spitze treten. So muß ich denn wenigstens vorläufig dies onus tragen und habe damit eine unglaubliche Schererei. Die „Vorsokratiker" sind nun bis Bolos, den letzten der Demokriteer ausgedruckt. Ich habe nach Ihrem Vorgang die alten Schulen nicht glatt um 400 abgebrochen, sondern auch noch in ihren Ausläufern bis zu Alexander fortgeführt. Außerdem will ich nun noch einen Anhang geben (Kosmologen pp und Sophistik), damit man für die Vorlesungszwecke, die ich im Auge habe, alles beisammen habe. Freilich werden sich das etwa 35 Bogen dicke Buch nicht alle Studirenden kaufen können, aber doch einige und für Seminarübungen wird es immerhin tauglich sein. Da es ohne Anmerkungen erscheint, so werde ich später einen kritischen Anhang separat erscheinen lassen müssen, der auch einen Index verborum et locorum enthalten soll. So wird es mir für das nächste Jahr noch nicht an Stoff zur Arbeit fehlen. Ein Herzenswunsch von mir wäre es, wenn ich in den nächsten Osterferien, wo ich zufällig einmal von der Akademieleitung frei bin, nach Athen reisen könnte. Freilich muß ich 1 Mai zurück sein, kann also nicht viel sehen und Dörpfelds Inselreise nicht mitmachen, aber ich hätte dann doch einen ungefähren Begriff von dem Land, das seit lange meine Seele sucht. Da ich an soviel Fäden angebunden bin, ist es mir sehr zweifelhaft, ob es mir gelingen wird, mich von allem frei zu machen. Aber wenn es diesmal nicht gelingt, so muß ich überhaupt verzichten. In der Akademie hatten wir einen unangenehmen Vorfall mit Nöldeke. Er knüpfte an eine Besprechung von Barth's Qutämi in der Wiener Z. f. d. K. d. Morgenl. die Bemerkung „dieses vortreffliche Buch ist von der Wiener Akademie unterstützt worden. Sollte sich jemand wundern, daß der Berliner Gelehrte nicht von der Berliner Akademie unterstützt worden ist, so wird er dies nicht mehr thun, wenn er erfährt, daß dieser Gelehrte noch immer außerordentlicher Professor an der Berliner Universität ohne Gehalt ist. Legts zu dem Übrigen!" Darauf schrieb die Classe an ihn und bat ihn höflich mit Rücksicht auf die Thatsachen, daß Barth nie die Akademie (oder privatim einen Akademiker) um Unterstützung gebeten und daß die ph. Facultät der Univ. selbst motu proprio 1897 beim Minister um Beilegung eines ausreichenden Gehaltes eingekommen war (Sachau hatte den Antrag gestellt), in der Wiener Zeitung die Sache richtig zu stellen und die Insinuation damit stillschweigend zu beseitigen. Aber er 320
weigerte sich dessen, behauptete er habe die Akademie nicht beleidigen wollen pp, so daß nun kategorisch eine Erklärung von ihm in der W Z. verlangt werden wird. Ich hatte geglaubt, Nföldeke] sei anständiger als er sich hier gezeigt. In der Facultät haben langdauernde Beratungen über die Promotionsordnung stattgefunden. D a die Disputationen und die Promotion selbst allmählich zur reinen Affenschande geworden ist, auch bei 150 Promotionen der Decan außer Stande ist diese Dinge mit Würde zu leiten, hat die Majorität beschlossen die Disputation überhaupt abzuschaffen und die lat. Sponsio durch eine Ansprache des Decans nebst vorgeschriebenem deutschen Gelöbnis zu ersetzen. Ich fürchte bei dem geschäftsmäßigen Betrieb, der seit geraumer Zeit in diesen Dingen eingerissen ist, wird auch dies den Ruin des Doctorgrades nicht aufhalten. Uberall macht sich ein Nachlassen ernster Auffassung wissenschaftlicher Dinge bemerklich und die Anwesenheit vieler modern gesinnter neuer Collegen wie Ed. Meyer, Rothe u. A. wird vermutlich die alte Tradition bald ganz einreißen. Wie oft wünschte ich Sie herbei, damit Sie an dem alten Platze rechts vom Decan der Facultät das rechte Wort zuriefen! So hören wir nur ab und zu die Ciceronischen Unkenrufe Vahlens, der, weil immer unpraktisch und unproduktiv, nur eben sein Veto einlegen, aber keine neuen fruchtbaren Gedanken in die Versammlung werfen kann. Der neue Decan [Lenz] hat mit den oft sehr langen und erregten Sitzungen seine Feuerprobe zu bestehen gehabt. N u n wird hoffentlich das Schifflein ruhiger schwimmen. N u n habe ich aber lange genug geplaudert! Ich hoffe, daß Sie [es] nicht so barbarisch kalt haben wie wir seit vierzehn Tagen und daß Ihre Gesundheit wie die Ihrer 1. Frau sich leidlich gehalten hat. Bei meiner Frau, die sich jetzt ihrer Hausfrauenpflichten ziemlich entledigt hat, geht es ziemlich. Ludwig hält Vorlesungen an der Universität und in verschiedenen Gesellschaften. Die beiden andren sind auch munter wie Ihr herzlich grüßender HDiels
239.
Diels an Zeller Paris, den 30. Dec. 1902
Verehrtester Freund, Ich schreibe Ihnen von hier aus, wohin mich eine Leibnizconferenz geführt hat, die über die Herstellung einer Leibnizausgabe im Auftrag der Association der Akademien zum ersten Male zu einer Beratung zusammentritt. Wir haben in Berlin seit 1 Vi Jahren zwei junge Leute mit der Vorbereitung dieser Sache 321
beschäftigt und nach endlosen Sitzungen einer vielköpfigen Commission waren wir endlich soweit, unsere Pläne fertig zu haben. Wir haben sie sodann, um die hiesigen Verhandlungen zu vereinfachen, ins Französische übersetzen lassen und in 10 Exemplaren den hiesigen Commissionsmitgliedern verteilt. Zu diesen gehört besonders Boutroux, ein feiner und eigentlich deutsch empfindender Gelehrter, den ich zum ersten Male sah. Er ist Director der Fondation Thiers, eines von Thiers gestifteten Palais am Bois de Boulogne, wo 15 Stipendiaten aller Wissenschaften drei Jahre lang ein otium litterarum führen. Am vorigen Sonntag waren wir bei ihm eingeladen und er empfing mich und meinen Amanuensis, den ich von Berlin mitgenommen hatte, weil er über Leibniz Bescheid wußte, was ich von mir nicht sagen kann, sehr höflich. Er fragte sofort nach Ihnen und Ihrer 1. Frau und Schwägerin und erinnerte sich sowol Ihres Unterrichtes in Heidelberg wie des Besuches in Stuttgart mit großer Herzlichkeit. Die Verhandlungen selbst waren durch unsere Vorlage in der That sehr vereinfacht. N u r der Hauptpunkt, unser Verlangen, daß man die Vorbereitung möglichst gründlich nehmen solle, begegnete vielen, auch finanziellen Schwierigkeiten. Schliesslich einigte man sich dahin, daß unser Princip zwar angenommen, für die Vorberatung des Planes aber, der im nächsten Jahre den Akademien in London vorgelegt werden soll, ein Inventaire sommaire angelegt werden soll. O b unsere Akademie mit diesem Pis-aller zufrieden sein wird, ist mir zweifelhaft, aber es ging nicht anders. Heute abend hoffe ich zurückfahren zu können. Zum Jahreswechsel sende ich Ihnen, verehrter Freund, und Ihrer lieben Familie die herzlichsten Wünsche, denen sich auch die Meinigen im Geiste anschließen. Behalten Sie lieb Ihren treu ergebnen HDiels
240.
Diels an Zeller Berlin, den 20/1 1903. W Magdeburgerstr. 20. 111
Hochverehrter Freund, Zu Ihrem Geburtstag sende ich mit den Meinigen herzliche Glückwünsche aus treuem Herzen. Möge Sie der Himmel so frisch erhalten, wie bisher, und zu dem seltenen Tage geleiten, der Ihnen den vollen Anspruch auf den Ehrentitel des Gerenischen reisigen Nestor gewähren wird, dem 22/1 1904! Wenn man so trübe Erfahrungen machen muß, wie jetzt wieder die Entscheidung über Heyse's Maria Magdalena (das ja als Stück schlecht sein mag), 322
dann freut man sich doch über den 22/1, der uns zwei unentwegte Streiter [d.h. Lessing und Zeller] geschenkt hat, deren Wirken nicht umsonst ist. Erlebt man doch sogar, daß der als orthodox verschrieene und jedenfalls kirchlich strenger Assyriologe Delitzsch vor Kaiser und Kaiserin die ganze Inspirationstheorie als Kinderei vergangener Zeiten bezeichnet und über den Dekalog so unehrerbietige Äußerungen vorgetragen hat, daß der gute Mann vermutlich vor sich selber erschrecken würde, wenn er die Consequenzen für das neue Testament ziehen sollte. Ich hatte erwartet, daß dieser zweite, für Hofschranzen wirklich revolutionäre (oder wie die Germanin sagte bebelhafte) Vortrag bei den allerhöchsten Herrschaften auf entschiedene Ablehnung stoßen würde. Aber ich lese eben, daß Delitzsch mit Dryander und Kekule von Stradonitz gestern zum Thee befohlen war. D a möchte ich das Gesicht des letzteren gesehen haben, wenn Se. Maj. die Theologie und Assyriologie auf einander hetzt. Und das alles hat Chamberlain auf sich. Man sollte es nicht glauben! Der Vortrag von Delitzsch war übrigens nicht sehr klar geordnet, mit Einzelheiten und Unwichtigem überladen, die Stimme reicht nicht aus für die Singakademie, die zum Sprechen ebenso schlecht wie zum Singen gut ist, aber die Bilder der neuen Ausgrabungen waren sehr gut. Haben Sie sich schon das Gesetz des Hammurabi (übers, v. Winckler Leipz. 1902, 60 Pf.!) angeschafft? Das ist doch wirklich unglaublich, daß es um 2250 einen solchen Staat mit so detaillirter und fortgeschrittener Gesetzgebung gegeben hat! Die neuen Ausgrabungen in Babylon wie in Kreta werfen die alten construirten Anschauungen von der Jugend unserer Civilisation doch ganz über den Haufen. Für meine Religionsgeschichte habe ich ein gut Teil meines früheren Heftes ins Feuer geworfen und ich empfinde brennender als je den inneren Vorwurf über griechische Dinge zu reden ohne Griechenland gesehen zu haben. Ich trage mich daher mit dem stillen Plane März-April nach dem Süden zu gehen und die griechische alte Cultur in Sicilien und Griechenland, soweit das in der kurzen Zeit möglich ist, mir anzusehen. In diesem Jahr bin ich zufällig in diesen Monaten ohne Dienst bei der Akademie. Ehe diese Chance wiederkehrt, wird noch lange währen und jünger und rüstiger werde ich auch nicht werden. So will ich denn versuchen, ob die Götter mir diesen letzten Wunsch gewähren. Die „Vorsokratik" ist dann hoffentlich im Hafen! In Paris hat die Verhandlung zum gewünschten Einvernehmen geführt. Unsere Akademie hat den Vertrag ratificirt und wir erlassen nunmehr zunächst einen Aufruf an die Bibliotheken wegen Leibnizmss. Zwei unserer jüngeren Mitarbeiter gehen 1/2 nach Hannover, ebensoviele kommen von Frankreich. U n d wir hoffen dann bis 1. Oct. das hannöver'sche Material zusammen zu haben. Dann soll das und das Übrige in ein Inventaire sommaire zusammengedruckt und darauf hin im nächsten Jahre der eigentliche Arbeitsplan festgestellt werden. 323
Frl. Eva Lepsius, die schöne hochelegante Enkelin von Curtius, hat sich mit einem Dr. Weisbach, Dr. phil. (Kunst) verlobt, der ein großes Buch über einen kleinen ital. Maler geschrieben, es aber sonst nicht nötig hat, da sein Vater ihm wie seinen Schwestern (die eine ist an den Stadtbaumeister Hof[f]mann verheiratet) die nötigen Millionen hinterlassen hat. Er baut sich für die im März stattfindende Hochzeit ein schönes Haus in der Margaretenstr. Die Familie Curtius (Friedrich u. Frl. Besser) sind weniger entzückt über diese Verbindung als die Familie Lepsius. Die Harmonie von Orient und Occident erscheint ihnen nicht gerade als das höchste Ideal. - Meiner Frau und Söhnen geht es leidlich oder gut. Sie schließen sich meinen herzl. Grüßen auch für ihre 1. Frau u. Familie an. In Treue Ihr HDiels
241.
Zeller an Diels Stuttgart 11./12. Febr. 1903 Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Ihre u. der Ihrigen treue Theilnahme gehört zu den erfreulichen Erfahrungen, die mir den Eintritt in ein neues Lebensjahr mit bedenklich hoher Ordnungszahl erleichterten u. verschönerten. Ein solcher Tag hat ja immer seine zwei Seiten; aber je fühlbarer die Schattenseiten sich von selbst aufdrängen, u. je ruhiger ein vernünftiger Mensch ihnen in's Auge zu sehen sich selbst anhalten muß, um so liebenswürdiger ist es von seinen Freunden, wenn sie ihm die Lichtseiten nahe legen, zu denen vor allem das Wohlwollen gehört, das man sich in einem langen Leben bei Vielen erworben, u. die fordernde Einwirkung, die man auf Viele ausüben kann. Also herzlichen Dank für Ihre guten Worte u. Wünsche. Und nun auch meinerseits einen Glückwunsch; nämlich zu Ihrem Entschluß, die bevorstehenden Ferien für einen Besuch Griechenlands zu verwenden. Sie thun sehr wohl, wenn Sie die Ausführung dieses Gedankens nicht länger aufschieben u. Sich die Früchte der Reise gleich für die nächste Zeit sichern. Mir ist es nicht so gut geworden, diesen Theil unserer geistigen Heimath selbst zu betreten, was aber freilich in meinen jüngeren Jahren theils überhaupt theils wenigstens für mich viel schwieriger auszuführen gewesen wäre als es dieß für Sie ist. Nach Griechenland wurden wir in der letzten Zeit lebhaft durch die Schilderungen von Curtius in der kürzlich von seinem Sohn herausgegebenen Brief324
Sammlung versetzt, die Ihnen ja wohl auch schon bekannt ist. Wir haben sie mit hohem Genuß gelesen. Er gibt sich darin ganz so wie wir ihn gekannt haben: in dieser edlen Idealität, dieser uneigenützigen Pflichttreue, dieser unermüdlichen Lust zur Arbeit in seinem Fach u. für die von ihm erwählten Aufgaben, dieser eigenartigen Verbindung von religiösen u. künstlerischen Interessen u. Bedürfnissen, Christenthum u. Griechenthum, aber auch der inneren Abneigung und Unzugänglichkeit gegen alles, was ihn in seiner individuellen Auffassung des einen u. des anderen u. in seinem Glauben an ihre friedliche Vereinbarkeit hätte stören können, wie z.B. die Tübinger Kritik. N u r das sieht man, besonders aus den Urkunden aus der früheren Zeit, daß er doch weder in seinen Interessen so weltfremd noch in seinem Horizont so weltunkundig war, wie er später dem oberflächlichen Beobachter wohl erscheinen konnte, sondern auch an seiner späteren Haltung die diplomatische Vorsicht einen beträchtlichen Antheil hatte, die seiner allem Streit u. aller Disharmonie abgeneigten feinfühligen Natur entsprach, u. die er auszubilden in seiner Stellung beim Kronprinzen [Friedrich Wilhelm] u. vielleicht auch in seinem Zusammenleben mit Frau Clara (der dieß nicht zum Nachtheil gereichen soll) Gelegenheit gehabt hat. Sehr interessant war uns besonders auch alles, was einen Einblick in sein Verhältnis zum Kronprinzen u. in das Leben in dessen Eiterhaus gewährt. U m den ersteren hat er sich die höchsten Verdienste erworben, u. es ist gewiß großentheils sein Werk, wenn er dieser edle Mensch geworden ist, der er war. Daß sie Curtius zu seinem Erzieher wählte, ist die beste That der Kaiserin Augusta. Doch merkt man auch aus seinen höchst vorsichtigen u. ergebenen Briefen, daß ihm ihre Willensstärke (wie man bei so hochstehenden Personen für Eigensinn sagt) oft nicht wenig zu schaffen machte. Einen energischeren Mann als C. hätte sie in dieser Stellung wohl überhaupt nicht ertragen. Wenn Delitzsch sich selbst für orthodox hält, muß er zu den Leuten gehören, bei denen Klarheit u. Unklarheit, Kritik u. Unkritik, Vernunft u. Unvernunft friedfertig beisammen wohnen, wie dieß am häufigsten bei Theologen u. Halbtheologen, aber auch sonst bei Leuten aller Art nicht selten vorkommt. Als dieser Tage unser Enkel mit seinen kleinen Rechenaufgaben nicht in's reine kam, meinte seine Schwester, der ihre Schularbeiten wenig Mühe zu machen pflegen, kurzweg: „er ist eben dumm", u. fügte dann die tiefsinnige Bemerkung bei: „Eigentlich ist's g'scheidter, wenn man dumm ist. Wenn man dumm ist u. man macht's einmal recht, wird man gelobt; wenn man aber gescheidt ist u. es immer recht macht, wird man nicht gelobt, aber wenn man's einmal falsch macht, wird man geschimpft." Auch ein Encomium Moriae nur vom Standpunkt eines 8jährigen Schulmädchens aus. - Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller. 325
242.
Diels an Zeller Berlin, den 26/2 1903 W Magdeburgerstr. 2 0 m
Verehrtester Freund, Mit Reisevorbereitungen beschäftigt, da ich mit meiner Frau (wenn nichts dazwischen kommt) nach Neapel am 1/3 abreisen will, um dann allein am 1/4 nach Griechenland zu gehen, muß ich Ihnen wenigstens den Empfang Ihres liebenswürdigen Briefes vom 11/2 bestätigen und Sie bitten die Vorsokratiker, die heute oder morgen bei Ihnen ihre Aufwartung machen werden, freundlichst aufzunehmen. Ich hoffe, daß Sie einiges Neue und Gute finden werden als kärgliche Zinsen für den Schatz von Capital, den ich in Ihren Werken zur bequemen Benutzung aufgehäuft vorfand. Ich denke am Schlüsse Ihrer geistigen Führung mit innigster Dankbarkeit und wünsche Ihnen und den Ihren das Beste! Von unterwegs sollen Sie Weiteres hören von Ihrem treu ergebnen HD.
243.
Diels an Zeller Berlin, den 14. Juli 1903 W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrtester Freund, Frau Goldschmidt, der ich heute begegnete, teilte mir mit, daß Sie eine unangenehme Kehlkopfentzündung durchgemacht hätten. Sie berichtete aber, daß Sie wieder auf dem entschiedenen Wege der Besserung Sich befänden und so hoffe ich, daß dieser Brief Sie wieder in völlig normalem Zustande antrifft. Meine Frau hatte nach ihrer Rückkehr aus Italien im April beinahe vier Wochen lang an dieser Erkrankung zu leiden und die Sprech- und Schlingbeschwerden waren ihr sehr beschwerlich. Ich will hoffen, daß Sie rascher die Sache überwinden, obgleich die Witterung, die hier ungewöhnlich abwechselnd ist, dieses Jahr etwas recht tückisches an sich hat. In der Akademie laboriren wir zur Zeit an mangelnder Teilnahme, die sich bei notwendigen Wahlen sehr störend fühlbar macht. Denn da Schräder, dessen Zustand seit Jahren unverändert ist, Köhler, der langsam seiner Auflösung (Paralyse) entgegengeht, und Zimmer, der jetzt seit VA Jahren in vielen Sanatorien vergeblich Rettung von seiner neurasthenischen Depression sucht und kürzlich durch den Brand und die Vernichtung seiner unersetzlichen Bibliothek und seiner Manuscripte (Vorarbeiten zum ir[ischen] Lexicon) noch tiefer deprimirt worden ist, beständig der Akademie fern bleiben, da ferner Mommsen und Kirchhoff ebenfalls den Besuch der Sitzungen eingestellt haben, so stimmen 326
jedesmal ohne Weiteres 7 mit Nein, was schon recht bedenklich geworden ist. Eine Abänderung der Statuten ist nicht beliebt worden, und so wollen wir hoffen, daß nach Einritt der neuen Mitglieder D . Schäfer und E. Meyer im Winter die Klasse actionsfähiger wird. Ihre Sitzungen wird die Akademie dann im interimistischen Local Potsdamerstr. 120 abhalten, wo früher die Musikhochschule war. So bequem dies jetzt für mich gelegen ist, so werde ich des Vorteils doch nicht recht froh werden, da wir im September umziehen, um unsern Söhnen und deren wachsenden Bibliotheken (warum mußten sie auch alle drei Gelehrte werden?) Raum zu schaffen. Der U m z u g der Akademie kann ihr sowohl wie der Facultät vielleicht noch recht unbequem werden, da es keine Annehmlichkeit ist im Trapp kurz vor 6 durch die ganze Stadt zur Facultät zu eilen. Leider soll das Interimisticum, mit dessen Einrichtung ich als vorsetzender] Secretar diesen Sommer viel zu thun hatte, noch etwa 8 Jahre dauern! Wer das Ende erleben wird! Dilthey fühlt sich diesen Sommer besonders angegriffen. Sein altes Erbübel, die Schlaflosigkeit, weicht nicht und so denkt er sich für den Winter beurlauben zu lassen. D a er am 19. November 70 Jahre alt wird, so hoffe ich nach alter Erfahrung auf ein neues Aufleben seines physischen Menschen. Wellmann ist eifrig an der Neubearbeitung des übernommenen Bandes beschäftigt. Wenn er nach 14tägiger Erholung hierher zurückgekehrt ist, hofft er die Sache energisch fördern zu können. Leider hat er mit der Prüfungscommission, die jetzt die doppelte Zeit kostet gegen früher, viel zu thun. Für die Sommerferien haben wir wiederum wie vor zwei Jahren Saßnitz gewählt, wo wir vom 4. August bis etwa 4. Sept. in unserer alten Wohnung (Villa Anna) zuzubringen gedenken. Wir d.h. außer mir meine Frau, die seit ihrer Erkrankung im April sehr unterschiedliche Differenzen mit ihrer somatischen Curae aufzuweisen hat. Ich hoffe, daß sie sich bis zum Beginn der Ferien dank dem im Ganzen kühlen Wetter leidlich durchhalten wird. Als dritter wird sich uns Paul, der jüngste, anschließen, während die beiden älteren eigene Wege verfolgen werden. Otto will wieder die Schweizer Berge besteigen, Ludwig will die 14 Tage, die er diesmal frei hat, soviel ich weiß, nach Ost- und Westpreußen gehen, da er diese Provinzen Deutschlands noch nicht kennt. Sie haben vor, wie ich von Frau Goldschmidt hörte, zunächst zu Hause zu bleiben, nachdem Sie in Baden einen so angenehmen Vorsommer gehabt haben. Möge der Sirius nicht zu heiß brennen und vor allem Sie von allen Spuren Ihres Krankseins bald befreit sein. Auch für die Gesundheit Ihrer 1. Frau und Ihrer ganzen Familie sende ich auch im Auftrage meiner Frau die herzlichsten Wünsche Ihr HDiels
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244.
Zeller an Diels Stuttgart 21. Juli 1903. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Es war mir sehr erfreulich, durch Ihren Brief vom 14. d. wieder Nachrichten von Ihnen zu erhalten; um so erfreulicher, da ich mir sagen mußte, daß ich an dem Ausbleiben derselben selbst schuld war. Das kam nämlich so. So lang ich Sie in Griechenland wußte, wollte ich Ihnen nicht schreiben: theils weil ich Ihre Adresse nicht kannte, theils weil ich auch nicht das kleinste Theilchen von Ihrer so knappen Zeit für mich in Anspruch nehmen wollte. Als wir dann durch die akad. Sitzungsberichte erfuhren, daß Sie wieder in Berlin seien, reisten wir eben nach Baden B. ab, wo wir den größeren Theil des Mai zubrachten. Wir waren anfangs vom Wetter nur wenig begünstigt, sahen dann aber den Frühling mit aller der Pracht seinen Einzug halten, die er an diesem gesegneten Fleck Erde zu entfalten pflegt, u. hatten außer Frau Goldschmidt, mit der wir 8 Tage zusammen waren, auch noch andere annehmbare Gesellschaft. Zum Briefschreiben fehlte mir aber Ruhe, Bequemlichkeit u. Stimmung, wie es mir in der Sommerfrische oft geht. Kaum nach Hause zurückgekehrt wurde ich dann, nach dem Vorgang meiner Frau, von einem hartnäckigen Bronchialkatarrh befallen, welcher sich erst vor kurzem allmählich verloren hat. Jetzt sind wir wieder in Ordnung; u. da wir keine weiteren Reisepläne haben, sehen wir einer ruhigen, zunächst aber freilich auch einer recht einsamen Zeit entgegen, da unser Sohn Ende dieser Woche mit Weib u. Kind für einen Monat verreisen will. Namentlich die Kleinen werden wir sehr vermissen. Ueber die Erlebnisse u. Ergebnisse Ihrer griechischen Reise haben Sie mir bis jetzt gar nichts gesagt. Ich kann Ihnen daher zu denselben nur hypothetisch, von der Voraussetzung aus Glück wünschen, an der ich allerdings nicht zweifle, daß Sie von ihr trotz der Kürze der Zeit eine reiche Ausbeute heimgebracht haben; weniger vielleicht an Aufschlüssen über Einzelnes, als an solchen Anschauungen von Land u. Leuten, welche sich von der Gegenwart in die Vergangenheit übertragen lassen, weil sie bleibende Züge betreffen. Von dem Gesundheitszustand unserer Collegen haben Sie leider manches unerfreuliche zu berichten. Besonders bedauerlich ist es, daß auch ein so tüchtiger u. für sein Fach unersetzlicher Gelehrter wie Zimmer noch in den besten Jahren der Wissenschaft entrissen zu werden droht. Auch der Frau Mommsen, wie es scheint aussichtsloser Zustand' ist uns für sie wie für ihn u. ihre Kinder höchst schmerzlich. Ihm selbst scheint es ja ziemlich gut zu gehen u. seine unerschöpfliche Arbeitslust immer neu aufzuleben. Weniger gilt dieß von Dilthey, dessen uns vor einem Vierteljahr von E.· Schmidt als fertig angekündigte Essays nach dem, was Sie schreiben, wohl noch lange auf sich warten lassen 328
werden. Aber feiert er wirklich schon in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag? Ich hatte bisher immer Ascherson geglaubt, der ihn erst 1834 geboren sein läßt. Bitte unterrichten Sie mich darüber authentisch; u. wenn irgend etwas geplant wird, wobei ich mich betheiligen könnte, so lassen Sie mich's wissen. In den Ferien hielt Delitzsch hier einen Vortrag, den unser Sohn interessant fand; ich ließ mich durch mein schlechtes Gehör u. Gesicht abhalten, ihn in der späten Abendstunde zu besuchen. Von seinen gedruckten Vorträgen gefiel mir der erste am besten; in den andern schien mir ein paarmal um der hohen Zuhörerschaft willen babylonischen Funden eine übertriebene Bedeutung beigelegt zu werden. Aus Sr. M. Schreiben las ich gern die löbliche Absicht heraus, der Wissenschaft ihre Freiheit zu lassen. Aber die Ermahnung, mit der Kritik vor der Thatsache der übernatürlichen Offenbarung Halt zu machen, erinnerte mich an denjenigen von meinen Tübinger Commilitonen, der beim Erscheinen von Strauß' L. J . meinte: Wenn er Fabeln mythisch erklärte, könnte man ja nichts dagegen haben, aber daß er auch Thatsachen so erkläre, gehe zu weit. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
245.
Diels an Zeller Berlin, den 22/7 1903 W Magdeburgerstr. 20. 111
Verehrtester Freund, Aus Ihrem 1. Briefe vom 21. wird mir deutlich, was ich dunkel fühlte, daß mein ausführlicher Reisebericht, den ich im Mai an Sie schrieb, verloren gegangen ist. Sobald ich etwas freie Hand habe - augenblicklich stecke ich zu sehr in der Tinte (wörtlich genommen) - werde ich das nachholen. Gott sei Dank ersehe ich aus Ihrem Briefe, dass es wieder besser geht und dass vor allem der Humor wieder da ist. Also einstweilen beste Wünsche von Haus zu Haus Ihr H D .
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246.
Diels an Zeller Berlin, den 26/7 1903 W Magdeburgers«. 20. 111 Vom 15. Sept. ab: Kleiststr. 21 Berlin W 62.
Verehrtester Freund, Als ich neulich von Frau Goldschmidt erfuhr, daß Sie verreist und dann erkrankt gewesen seien, erklärte ich mir das lange Ausbleiben von Nachrichten aus Stuttgart hierdurch. Jetzt sehe ich zu meinem größten Bedauern, daß Sie auf Nachrichten von mir solange gewartet haben. Leider ist unsre vielgerühmte Post in letzter Zeit unzuverlässig geworden, namentlich wenn reichlichere Frankirung die Briefmarder reizt. Eine Correctursendung mit Manuscript, die sich auf die im Supplementum erscheinende Schrift vom Staat der Athener bezieht, ist spurlos auf dem Wege nach London (Kenyon) verschwunden. Es ist mir daher ganz lieb, daß wir in einen neuen Postbezirk ziehen. Leider werden mir heute, wenn ich versuche Ihnen von meiner Reise zu berichten, weniger lebendige Farben zu Gebote stehen als damals, wo mir alles noch frisch vor der Seele stand. Sie wissen, daß ich vorhatte mit meiner Frau bis nach Sicilien hinab zu gelangen, dann allein nach Griechenland hinüberzufahren. Leider fühlte sie sich in Italien, das ihr vor längeren Jahren so sehr gut bekommen war, diesmal gar nicht wohl. Ich wartete daher in Neapel, bis unser Ludwig auf einem Osterausflug dorthin kam und sie in langsamer Heimreise über Rom, Genua, Mantova, Wiesbaden zurückführen konnte. Dieser Teil der Reise, der vom Wetter sehr begünstigt war, bekam ihr besser, aber leider ergriff sie bei der Rückkehr Anfang April in Berlin ein tückischer Kehlkopfkatarrh, der sie einen Monat lang ans Zimmer fesselte und sehr quälte. Die letzten Monate ist es ihr im Ganzen leidlich gegangen. Unterdessen war ich, da die Verkehrsverhältnisse keinen directen Personendampferverkehr zwischen Sicilien und Griechenland kennen und da die directe Eisenbahnverbindung Reggio-Brindisi, wohin ich auf alle Fälle gelangen mußte, nur Secundärbahngeschwindigkeit hat, so daß man zwei volle Tage dazu gebraucht hätte, über Neapel (!) nach Brindisi gefahren und traf dort einen sofort abgehenden guten italienischen Dampfer. Von der etwas unruhigen See hatte ich nicht zu leiden, da meine alte Seefestigkeit sich gehalten zu haben scheint. So kamen wir Abends auslaufend, am anderen Morgen bei etwas veränderlichem Wetter auf der Rhede von Corfu an. Ich stieg ans Land und hatte soviel Zeit, um zwei der berühmtesten Aussichtspunkte bei hellerem Wetter besuchen 330
zu können. Auf das Achilleion der verstorbenen Kaiserin Elisabeth von Oesterreich bin ich allerding nicht gekommen. Der Dampfer fuhr bereits 4 Uhr Nm. ab und das Wetter wurde wieder trübe, so daß man von den Inseln, auch von der großen Insel Leukas, die Dörpfeld jetzt fanatisch als das Ithaka Homers in Anspruch nimmt, nichts sah. Am anderen Morgen in heiliger Frühe fuhren wir in den Golf von Korinth ein und waren bald in Patras, wo die Eisenbahn mitten auf der Straße am Hafen steht. Man setzt sich einfach hinein und geschäftige Commissionäre besorgen Gepäck und Billet und dann geht es von morgens 7 bis abends 6 in einer langen, aber fast durchweg sehr interessanten und malerischen Fahrt am Nordrande des Peloponnes, dann über den Isthmos nach Athen. Sehr romantisch ist namentlich die Fahrt dicht am Rande des Golfes hin, indem der schmale Streifen zwischen Eisenbahn und Meer mit Dörfern und wohlbebauten Korinthenfeldern bedeckt ist, dahinter sich das blaue Meer dehnt und jenseits die Gebirge Mittelgriechenlands überragt von dem schneebedeckten zweigipflichen Parnasse sich stolz zum Himmel erheben. In Korinth ist Mittagsstation, von der die Griechen aber als sparsame Leute keinen Gebrauch machen. So ist diese einzige Restauration auf die Fremden angewiesen und es „erkennt der Gastfreund in Korinth die Züge, die ihm theuer sind", aber auch den Reisenden sind sie theuer und in ihrer Ärmlichkeit ein erstes Beispiel von dem, was unter Umständen hier zu erwarten ist. Glücklicher Weise habe ich die Ärmlichkeit der Verpflegung noch manchmal, die Theurung aber nirgends wieder zu beklagen gehabt. In Athen, wo ich am längsten mich aufhielt, ist man sogar durchaus auf europäischer Höhe. Die Ankunft in Athen gestaltete sich sehr angenehm, da die beiden Secretäre des Instituts Dörpfeld und mein alter Schüler Schräder am Bahnhof bereit standen und mich nach der bereits vorher mir abgetretenen schönen Wohnung eines grade abwesenden jungen Gelehrten Dr. Schiff brachten, dessen Einrichtung und Bibliothek mir sehr zu statten kam. Athen hat ganz abgesehen von den geschichtlichen Erinnerungen, die den Grundaccord abgeben, durch seine bloße Lage einen ganz überwältigenden Eindruck auf mich gemacht. Ich mochte von unten auf die Akropolis und die abenteuerliche Pyramide des Lykabettos, an dessen Fuße ich wohnte, hinaufblicken, oder von dort hinab auf die Stadt und die weite Ebene und das durch Inseln und Vorgebirgen wundersam zerspaltene tiefblaue Meer das Auge schweifen lassen, es war immer gleich erhaben und im höchsten Grade abwechslungsreich. An keinem Punkte der Erde verschieben sich so, oft in unglaublicher Weise, die Kulissen des Landschaftsbildes und die Stadt sieht daher alle 50 Schritt völlig anders aus. Neben der alten Stadt, die ja monatelang sammt den unvergleichlich prächtigen und übersichtlichen Museen das Studium des Forschers festhalten kann, ist die moderne Stadt gar nicht zu verachten. Durch die Munificenz reicher Griechen sind wunderbare Prachtbauten in wei331
ß e m M a r m o r entstanden, die einige Straßen zu wirklichen Sehenswürdigkeiten w i e die Wiener Ringstraße gestalten. D a die Imitation der antiken Architectur, die hier durchweg beliebt und in diesem Landschaftsbild auch nicht anders möglich ist, mir minder misfällt als den meisten unserer jugendlichen Aesthetiker, so war mir auch das moderne Athen erfreulich. A u ß e r Athen selbst konnte ich in Begleitung der dortigen jungen Archäologen Eleusis, Delphi (4 Tage!), Korinth, Epidauros, Argos, Nauplion, M y k e n ä u. T i r y n s näher kennen lernen. Ich habe im allgemeinen und speciell für Religionsgeschichte viel gelernt und hoffe manches später, w e n n ich einmal mehr Zeit habe, ausführen zu können. Durch die verspätete Reise des Kronprinzen [ W i l h e l m ] und Prinzen Eitel Fritz, die im Vertrauen gesagt, recht unerfreulich war, w u r d e n die Reisedispositionen Dörpfelds gründlich geändert. In Folge dessen habe ich O l y m p i a nicht zu sehen bekommen und m u ß dies und vieles A n d r e einer zweiten Reise aufbewahren, wenn diese später einmal möglich werden sollte. Die Rückreise trat ich am 24. April auf einem englischen Dampfer über Smyrna, Lesbos, Dardanellen nach Constantinopel an, w o ich unter bester F ü h r u n g als Gast des Directors Dr. Wiegand alles sah, was in 2Vi Tagen zu sehen war, namentlich das M u s e u m , das in seinen Sarkophagen die w i r k u n g s vollsten und intactesten Antiken der Welt besitzt. In drei Tagen ununterbrochener und m e r k w ü r d i g e r Weise gar nicht ermüdenden Fahrt kehrte ich über Bulgarien pp nach Berlin zurück, w o ich am 1. Mai eintraf und meine A m t s g e schäfte als Vorsitzender Secretar der A k a d e m i e sofort übernahm. Diese gehen n u n bald zu Ende, doch m u ß ich noch von Saßnitz aus, w o ich übermorgen in acht Tagen einzutreffen gedenke, bis z u m 1. Sept. die Leitung weiterführen. Der Bau (Einrichtung des Interimisticums Potsdamerstr. 120 und des Neubaus, der mit Eifer betrieben werden soll) macht jetzt viel Sorge. A m nächsten Donnerstag werden die letzten Classensitzungen in den R ä u m e n Friedrichs des Großen stattfinden. Wer weiß, w e r von uns nach acht Jahren in das neue Gebäude überzieht! Dilthey ist nach dem Biebricher Kirchenbuch am 19. November 1833 geboren. Sein Vater hatte sich aber wunderlicher Weise in den Kopf gesetzt, das sei 1834 gewesen u n d da der sich spät entwickelnde Wilhelm, der erst am 16. Januar 1864 promovirte, keine Veranlassung hatte, z u widersprechen, so hatte er auch der Meinung gelebt, er sei (wie Ascherson berichtet) 1834 geboren. Das D a t u m ist aber jetzt sicher festgestellt und die jüngeren Freunde und Schüler Dilthey's werden wol etwas zu seinen Ehren thun. Ich habe die Gelegenheit der Vorsokratiker benutzt ihm im Voraus zu gratuliren und habe so votum solvi libens merito. M i t herzlichsten Wünschen f ü r Sie und Ihre 1. Frau Ihr H D i e l s 332
247.
Zeller an Diels Stuttgart 4. Sptbr. 1903. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! D a Sie nun nach Berlin zurückgekehrt sein werden, darf man Sie wohl auch wieder mit Berliner Angelegenheiten behelligen. Vor acht Tagen erhielt ich einen Brief von Herrn Ad. vom Rath aus Bad Kreuth, worin er mir mittheilte, daß beabsichtigt werde, Dilthey an seinem Geburtstag eine Adresse zu überreichen u. ihn zugleich zu bitten, daß er seinem Freund Reinh. Lepsius zu einem Oelbild sitze, welches dieser für 2000 M. zu liefern bereit sei. Ich möchte die Abfassung der Adresse übernehmen. Dazu konnte ich mich nun nicht entschließen, weil die Adresse, wenn sie die wünschenswerthe Wärme, Frische u. Lebendigkeit haben, der momentanen Sachlage u. Stimmung entsprechen, die Gefühle u. Auffassungen von Dilthey's Schülern u. Freunden treu widerspiegeln soll, m.E. nur von einem Solchen verfaßt werden kann, der während der letzten 10 Jahre um ihn war u. aus der lebendigen Anschauung, nicht aus der bloßen Erinnerung, zu ihm u. über ihn redet. Dagegen werde ich gerne an dem Bilde mich mitbetheiligen u. nicht blos die Adresse, sondern auch die Aufforderung zur Theilnahme an der D . zugedachten Ehrung mitunterzeichnen. Ist Ihnen etwas weiteres von der Sache bekannt? Es wäre die höchste Zeit, mit der Einladung zum Beitritt vorzugehen, wenn die Adresse eine einigermaßen genügende Zahl von Unterschriften erhalten soll. D . 23. Juli kam mir die Aufforderung zu einem Beitrag für die Zimmersche Bibliothek zu. Ich schickte umgehend an Delbrück Leo & Co. durch Postanweisung 100 M, erhielt aber statt einer Empfangsanzeige nach acht Tagen die Einladung zu einem Beitrag nochmals, ich weiß nicht von wem, zugeschickt. Ich nahm an, daß dieß ein Versehen sei, theilte es aber Delbrück doch mit u. bat ihn, mich zu benachrichtigen, falls er das Geld nicht erhalten hätte. Da dieß nicht geschehen ist, wird er's ja bekommen haben. Von uns wäre kaum etwas zu erzählen, wenn nicht vor sechs Wochen ein Einbrecher eine dunkle Regennacht benützt hätte, sich in unsern Hof einzuschleichen, hier eine Stange, auf der die Teppiche ausgeklopft werden, loszumachen, an ihr unsere hintere Veranda zu erklettern, von ihr aus in die Wohnung einzudringen u. da nach Belieben zu wirtschaften. Es war Morgens um 3. U . ; ich lag noch in festem Schlafe; aber auch meine Frau, die schon längere Zeit gewacht hatte, war wieder eingeschlafen. Auch der Hund im Parterre gab keinen Laut. Indessen war der Dieb, anscheinend derselbe, von dem um die gleiche Zeit noch einige Einbrüche nach verwandter Methode verübt wurden, von besonderer Art. Er durchsuchte alle Schränke u. Kommoden deren Schlüssel steckten, machte aber keinen Versuch, die verschlossenen zu öffnen; ging 333
ferner zwar auf bares Geld aus, wovon ihm aus meiner Frau Büreau etwa 100 M. in die Hände fielen, alles andere dagegen, auch unser gesammtes Silberzeug, ließ er liegen, nur von mir nahm er 1 E Stiefel u. eine neue Cravate als Andenken mit. So war der Schaden am Ende kleiner als der Schrecken! Dieser war aber allerdings sehr groß als meine Frau beim Aufstehen die Entdeckung machte, alles herausgerissen u. durchwühlt fand, u. nun die Schererei mit der Polizei kam, die uns aber sofort erklärte, daß der Dieb ermittelt werde, sei sehr unwahrscheinlich, was wir ihr auch unbedingt glaubten. Wir bemühen uns nun nach Kräften, ihm für seinen nächsten Besuch den Weg zu verlegen. Aber eine sehr unbehagliche Sache ist's doch immer, u. das viele Thürenabschließen jeden Abend erneuert bei den Frauen immer wieder den Eindruck des wiedrigen Erlebnisses. Sonst geht's uns, wie gesagt, in gewohnter Weise. Verreist sind wir nicht mehr; unser Sohn war mit seiner Familie ein paar Wochen im Schwarzwald, im oberen Murgthal, u. dann noch 14 Tage, vom Wetter nur theilweise begünstigt, mit seiner Frau am Brenner, während die Kinder mit einer ihrer Tanten im Schwarzwald blieben. Seit Sonnabend sind wir alle wieder hier beisammen. Und nun glücklichen Auszug aus der alten u. glücklichen Einzug in die neue Wohnung! Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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Diels an Zeller Berlin, den 16. Sept. 1903 W 62. Kleiststr. 21.
Verehrter Freund, Ich sitze auf den Trümmern Karthagos! Meine Bücher sind in 20 Kisten und ebensoviel Körben heute und gestern eingepackt und ich bin dadurch zu einer unfreiwilligen Muße gezwungen, die ich nicht besser verwenden kann als zur Beantwortung Ihres lieben Briefes vom vierten. Er brachte leider unerfreuliche Kunde von nächtlichem Uberfall und Diebstahl, bei dem der Schreck und fortdauernde Beunruhigung das Schlimmste gewesen ist. Hoffentlich ist nunmehr Beruhigung in die Gemüter eingekehrt und der Strolch, der doch etwas Ritterliches in seinem Auftreten an sich hat (wenn man an Berliner Einbrecher denkt, die alles kurz und klein schlagen!), von der heiligen Hermandad gegriffen worden. Unterdessen ist die Dilthey'sche Sache in die weiteren Kreise gedrungen. Ich hatte nichts davon gehört. Daß Sie die Adresse ablehnten, kann ich verstehen. 334
Die Sache ist an und für sich schwierig und kann eher von Jemand, der im Alter hinauf, als der hinunterblickt, richtig angefaßt werden. Wer es schließlich übernommen hat, weiß ich nicht, da mir Hr. Dr. Heubauer nicht vorgestellt ist. Lepsius wird ja gewis ein interessantes Bild liefern, aber ob er der richtige Maler für Dilthey ist, wag' ich nicht mit Sicherheit zu prognosticiren. Die Zimmersche Angelegenheit ist vermutlich dadurch in doppelter Gestalt an Sie herangetreten, weil verschiedene der unterschriebenen Mitglieder (nicht ich) selbständig an Sie gesandt hatten. Am 4. Sept., als Sie Ihren Brief schrieben, reisten wir hierher zurück bei glühendem Wetter. Es gehört zu den wunderlichen Peripatien des Wetters, daß wir fast zwei Monate sehnsüchtig nach etwas Sonne und Wärme ausblickten (das Meer war in Saßnitz so kalt, daß ich kein einziges Mal zum Baden kam!) und dann auf der Rückreise und hier in Berlin acht Tage lang einen höllischen Brand bekamen, der namentlich die Nerven meiner Frau stark mitgenommen hat. Nun kommt noch der Umzug hinzu, der selbst wenn alles glatt geht, für die Hausfrau eine Fülle von Arbeit und Ärger mitbringt. Ich hoffe sehr, daß der Herbst uns noch einige halkyonische Tage bringen wird. Ende der morgen beginnenden Woche hoffen wir in Ordnung zu sein. Für Ihre freundlichen Wünsche zu dem Umzüge danken wir herzlichst und senden Ihnen, Ihrer lieben Frau und Ihrer numehr wieder vollzählig versammelten Familie beste Grüße. In Treue Ihr HDiels
249.
Diels an Zeller Berlin, den 15/11 1903 W 62. Kleiststr. 21.
Verehrter Freund, Ich hatte mir vorgenommen an dem Tage, wo Sie bei uns wieder erscheinen würden, wenn auch leider nicht in voller Leiblichkeit, so doch in effigie, einen Gruss nach der Reinsburgstraße zu senden. Allein das Abbild bleibt so sehr hinter der Wirklichkeit zurück und die ganze Umgebung ist so wenig dazu angethan Stimmung zu wecken, dass ich schwieg. Wenn so der Ausdruck der Mitfreude unterblieb, so fühlte ich um so tiefer mit Ihnen den gemeinsamen Schmerz um den [am 1.11.] heimgegangenen Freund [Mommsen], der Ihnen in so inniger Weise zugethan war und Ihre Entfernung von Berlin je länger je mehr als eine Vereinsamung seines Lebens betrauerte. Sein im Grunde so weiches Gemüt empfand in steigender Bitterkeit das Einsamwerden als eine herbe 335
Strafe des Alters, und da nun ein Sinn nach dem andern schwächer wurde, war gerade in letzter Zeit sein Klagen lauter und heftiger geworden. So fand ich ihn wenige Tage vor seinem Tode. „Ich kann nichts mehr arbeiten" jammerte er, „selbst das Lesen strengt mich an, und wenn ich dann ein Buch vornehme, wie den Commentar zu Vergils VI Buch von Norden (es lag auf dem Tische), dann fühle ich ausserdem die Gewissensbisse, was ich hätte lernen und machen sollen. Augustus als Soter, das ist es, was der junge Mann begriffen hat und was mir fehlte." Ich erinnerte an den 4. Band. „Jawohl, sagte er heftig, „den hätte ich schreiben müssen. Aber mir fehlte das Organ oder die Bildung dazu." Da er heftig geworden, lenkte ich auf andere wissenschaftliche Nova, wofür er sich sehr interessirte. Seine anfangs elegische Stimmung verflog. Er war wieder mitten darin und sprach so lebhaft, dass ich fürchtete, er werde seine durch Husten gereizte Kehle zu sehr anstrengen und sich heiser machen. So empfahl ich mich mit dem Wunsche, er möge, wie früher, bald die gegenwärtige Depression überwinden. Leider kam es anders. Trotz seiner, wie sein Sohn, der Arzt, mir sagte, körperlichen Frische und Kraft versagten die Hirnnerven und so blieb ihm die Empfindung des starken Kampfes erspart, mit dem sein stahlharter Körper gegen den Tod zwei Tage lang krampfhaft rang. Die Feier war würdig und schlicht, wie er es gewünscht hatte. Die kurze Rede Harnacks machte Eindruck. Sie wird wol gedruckt werden. Frau Mommsen hat den Heimgang ihres Gatten, mit dem sie demnächst das goldene Jubilaeum feiern sollte, mit Fassung ertragen. Aber in der Stille fühlt sie es wol tiefer als alle andern, und man fürchtet, dass sie dem nach seinem oft ausgesprochenen Wunsche Vorangegangenen bald nachfolgen werde. Wilhelm Dilthey hat mir nach seiner Rückkehr von Ihnen und den lieben Ihrigen viel erzählt. Er erfreute sich Ihrer lebhaften Anteilnahme an allen Berliner Beziehungen und allen geistigen Interessen und bewunderte die Ergebenheit, mit der Sie die Schattenseiten eines so gottbegnadeten Alters zu tragen wissen. Am meisten freute es ihn (und mich mit ihm) zu hören, daß Sie Ihre Lebenserinnerungen aufschreiben wollen. Historiker, die etwas weiter blicken als unser allzupolitisch angelegter Treitschke, werden den Anteil der süddeutschen Geistesbewegung von 1830-1870, ohne den Deutschlands Aufstieg innerlich nicht begriffen werden kann, künftig in das richtige Licht stellen, so wie wir damals jungen Leute das empfunden haben. Sie aber als der objectivste der damaligen Vorkämpfer werden gewis mit Ihrem treuen Gedächtnisse das beste Zeugniss für diese wunderbare Zeit und ihren inneren Zusammenhang ablegen können. Möge Ihnen gelingen dies schön zu Ende zu führen! Mit herzlichen Wünschen für Sie und die lieben Ihrigen Ihr treu ergebner HDiels Von uns ist ausser viel Arbeit (wie stets) wenig zu berichten. Es geht leidlich, so sind wir zufrieden. 336
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Emilie Zeller an Diels
Stuttgart, 4. Jan. 04. Verehrter Herr Geheimerath! Sie haben mich so sehr erfreut durch Ihren liebenswürdigen Brief zu meinem alten Geburtstag, ich fühlte mich hochgeehrt dadurch und hätte Ihnen sofort meinen Dank aussprechen mögen, allein bei uns kam so viel zusammen durch den Armbruch meiner Schwester. N u n ist das Jahr zu Ende und ich möchte Ihnen und Ihrer lieben Frau meine herzlichsten Glückwünsche zum Beginn des neuen Jahres aussprechen, möchte es Ihnen Gesundheit und alles Schöne was man sich wünschen könnte bringen. Wir haben es gesund angetreten aber die alten Mängel und Gebrechen mit denen wir zu kämpfen haben verbeßern sich nicht mehr, namentlich die mangelnde Sehkraft meines Mannes ist fast täglich im zunehmen und furchtbar störend für ihn, er thut mir so furchtbar leid und es wird ihm so schwer sich etwas abnehmen zu laßen wenn er nur diktiren wollte aber das ist ihm ganz zuwider und so muß ich zu meinem Schmerz oft die unleserlichsten Briefe abgehen laßen. In der letzten Zeit hörten wir zufällig durch Hh. Professor Stein aus Bern daß er die Absicht habe mit einigen Freunden aus Berlin am 22 t e n Januar hieher zu kommen, ich kann nicht denken, daß bei dieser Kälte eine derartige Reise beabsichtigt werden könnte, das würde meinem Mann und uns Allen Grund zur größten Besorgniß geben so sehr es ihm und uns ja große Freude bereiten würde so möchten wir keine Verantwortung übernehmen da die Gesundheit doch in erster Linie zu berücksichtigen ist. Mein Mann hat die Absicht Ihnen selbst zu schreiben ich will wünschen daß er es ausführen kann. Das neblige Wetter ist so ungünstig für ihn da er viel Licht braucht um es ausführen zu können. Nochmals sage ich Ihnen herzlichen Dank für Ihre große Güte und grüße Sie mit Ihrer lieben Frau auf's herzlichste Ihre dankbar ergebene E. Zeller.
251.
Zeller an Diels Stuttgart 3/4 Jan. 04. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Das neue Jahr, in das unsere besten Wünsche Sie begleiten, ist nun doch herbeigekommen, ehe es mir gelingt Ihren Brief zu beantworten. Sie sehen daraus, sowie aus der Beschaffenheit meiner Handschrift, welche Hindernisse der elende Zustand meiner Augen allem, was ich noch zu thun versuche entgegen337
setzt. Etwas Besserung bringt vielleicht die Zunahme der Tage, viel aber wird's nicht sein. Das muß man nun über sich ergehen lassen. Mommsens plötzlicher Hingang hat auch uns, wie dem ja nicht anders sein konnte, tief bewegt, u. wir haben alles, was Briefe u. Blätter über jene Tage brachten, begierig gesammelt u. uns namentlich an der Schönheit der Reden von Harnack u. von Kirmß u. Ihrem feinen Verständniß für die Individualität unseres Freundes erfreut. Daß diesem selbst eine diesem Feuergeist besonders unerträgliche Unthätigkeit erspart blieb u. seine letzten Tage allem nach in eine wohlthätige Bewußtlosigkeit gehüllt waren, werden wir alle als eine günstige Fügung angesehen haben. Am schmerzlichsten ist mir der Gedanke an die arme Frau. Nun erlauben Sie mir aber eine Bitte. Es sind mir von verschiedenen Seiten Andeutungen gemacht worden, daß ich am 22. d., den ich am liebsten ganz in der Stille verbringen möchte, nicht nur schriftlich sondern auch mündlich begrüßt werden solle. Nun würde es uns ja sehr freuen, auf diese Art lang entbehrte Freunde Wiedersehen zu können. Aber solche Egoisten sind wir doch nicht, daß wir darum irgend jemand zumuthen möchten, eine so anstrengende u. möglicherweise gesundheitsgefährliche Sache auf sich zu nehmen, wie dieß beispielsweise eine auf wenige Tage zusammengedrängte Reise von Berlin hieher ist. Sollte daher an etwas der Art bei Ihnen gedacht werden, so bitte ich Sie allen Ernstes, dem zu widersprechen. Wäre andererseits schon ein unwiderruflicher Entschluß gefaßt, dann alles nur keine Ueberraschung! Wir sind sehr schwerfällige Leute geworden u. einer solchen nicht mehr gewachsen. Bei uns im Hause ist seit sechs Wochen ein kleines Lazareth. Meine Schwägerin hat am 29. Novbr. durch einen Fall im Zimmer den rechten Arm oben im Schultergelenk gebrochen u. seinen Gebrauch noch nicht wieder erlangt, wenn auch die Heilung normal verläuft, was keine kleine Geduldsprobe für sie ist. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller.
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Albert Zeller an Diels Stuttgart 5.1. 04. Rothebühlstr. 51
Hochverehrter Herr Geheimerath! Vielen Dank für Ihre freundliche Mitteilung. Ich glaube, daß bei meinem Vater das Gefühl der Freude, seine alten Freunde u. besonders Sie bei dieser Gelegenheit wiederzusehen, alle etwaigen Bedenken, wenn er überhaupt solche hat, unterdrücken wird. Und wir Alle müssen ihm diese Freude nicht nur gönnen, 338
sondern sie geradezu herbeiwünschen als Unterbrechung eines recht einförmigen Daseins, das mein Vater zu führen gezwungen ist. Nicht als ob sein Allgemeinbefinden sich wesentlich geändert hätte, aber seine Augen nehmen in erschreckender Weise ab u. bei den trüben Wintertagen kann er so gut wie nichts lesen. Er selbst schiebt Alles auf diese letzteren, ob es aber im Frühjahr wesentlich anders werden wird, ist fraglich. Wie ich gehört habe, arbeitet er schon seit einigen Tagen an einem Brief an Sie, er kommt aber nicht recht damit zu Stande. Zum Diktiren kann er sich nicht entschließen, das ist so seine Eigenart, die Sie ja kennen. Wohl sagt man, er habe ein glückliches Alter, wer ihn aber jetzt so einsam in seinem Stuhl sitzen sieht, kann nur inniges Mitleid mit ihm haben. Die Augen von meiner Mutter u. Tante sind leider auch nicht mehr so andauernden Anstrengungen gewachsen u. meine Frau u. ich sind selbst so beschäftigt, daß wir nicht oft einspringen können. Ich glaube also, daß Ihr Besuch meinem Vater eine große Freude sein wird u. ich glaube auch nicht, daß ihn der Tag besonders angreifen wird; er hat auch die früheren festlichen Tage immer gut ertragen. Schließlich möchte ich mir auch im Namen meiner Frau die Bitte an die Herrn erlauben, daß Sie den Abend des Tages bei uns verbringen möchten, vielleicht können die Eltern auch noch ein Stündchen kommen. Mit den herzlichsten Grüßen auch an Ihre Frau Gemahlin Ihr ganz ergebenster AZeller [Notiz am Briefkopf:] Danach scheint es doch richtig zu gehen. HD.
253.
Diels an Zeller
Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften
Berlin W 62, Kleist-Strasse 21 7/1 1904
Verehrtester Freund, Es hat mich innigst gefreut von Ihnen eine so liebenswürdige Epistel zur Jahreswende zu erhalten, die zwar in etwas Bustrophedonschrift, aber in der alten lieben Gesinnung abgefaßt ist und von Ihrem leidlichen Wohlbefinden Zeugnis ablegt. Ich hoffe, daß der Unfall, der Ihre verehrte Schwägerin betroffen hat, bald wieder ausgeglichen und ihr rechter Arm wieder ihr die alte regsame Thätigkeit im Hause gestatten wird. Freilich der Schrecken mag arg gewesen sein. Was nun die Hauptsache betrifft, so ermutigt mich Ihr lieber Brief Ihnen nun ganz officiell Diltheys und mein Kommen zum 22. anzukündigen. Da Sie 339
Überfälle im Wildbad ebensowenig lieben wie Ihr Landsmann, der alte Greiner, so melden wir Ihnen, daß die Universität und Akademie in der That beabsichtigt Sie durch uns zum 22. d. M. zu begrüßen. Die beiden Körperschaften waren der Meinung, daß bei so seltener Gelegenheit und bei so hervorragendem Mitglied unbedingt eine Aussprache von Mund zu Mund geboten sei und da Sie leider nicht mehr zu uns kommen können, so kommen wir zu Ihnen und hoffen, daß der uns ja auch im Winter nicht unbekannte Weg nach Stuttgart für uns beide ohne Gefahr ablaufen wird. Ich sehne mich so sehr danach Sie nach langer Zeit wiederzusehen und erspare alle Neuigkeiten und Erkundigungen auf morgen in 14 Tagen. In dieser frohen Hoffnung schließe ich mit den herzlichsten Grüßen auch Diltheys und meiner Frau Ihr getreuer HDiels
254.
Zeller an Diels
Diktat [Emilie Zeller]
Stuttgart 4 Febr. 04. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Darf ich Sie mit einer Bitte belästigen; die Graeca hat mir am 22 t e n Januar eine griechische Postkarte [geschrieben] und ich möchte jedem von den Unterzeichnern einen Abzug meines gedruckten Dankschreibens zugehen laßen. N u n fehlen uns aber die Adressen der Herrn Hiller v. Gaertringen E. von Meier R. Koser •Otto Broicher. Der Name undeutlich, ist uns fremd. Carl Waldeck ? v. Soden Wermuth Ich erlaube mir daher sechs Exemplare nebst einem siebten für Sie selbst zugleich mit diesem zu schicken und Sie um deren Adressirung und Weiterbeförderung zu bitten. Die Unruhe der letzten Woche hat mir nicht zugesetzt aber die Schreibereien die ich nur mit Hilfe meines Sohnes erledigen kann dessen Zeit auch in Anspruch genommen ist sind erst theilweise besorgt. Von den 350 Stücken die wir zur Post gegeben haben sind bereits einige als unbestellbar zurückgekommen, was uns nicht wundert da die Adressaten uns nicht in den Stand gesetzt hatten ihre Wohnung anzugeben. 340
Β. Erdmann hat wie zu erwarten war den an ihn ergangenen Ruf an Sigwart's Stelle abgelehnt und es ist nun Eucken aus Jena berufen worden, der heute mit seiner sehr stattlichen Frau von Tübingen kommend uns besucht hat; ob er aber definitiv hingehen wird ist noch fraglich. Hoffentlich ist Ihnen die angestrengte Reise nicht schlecht bekommen. Mit den herzlichsten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Zeller. [Unterschrift eigenhändig]
255.
Diels an Zeller Berlin W 62. Kleiststr. 21.
5. Febr. 1904.
Hochverehrter Freund, Ihre schöne und allgemein bewunderte Danksagung hab' ich soeben nebst Ihrem Begleitbrief empfangen und die verschiedenen Exemplare unseren griechischen Freunden zugesandt. Ich selbst hatte eine gute Rückfahrt, so dass die ganze Reise ohne jede Fährlichkeit überstanden worden und nur die schöne Erinnerung an diesen denkwürdigen Tage zurückgeblieben ist. Unser Freund Dilthey ist leider durch die Reise etwas angegriffen worden, doch ist er gestern wieder in der Akademie erschienen. Er wusste noch nichts von der Besetzung der Tübinger Stelle durch Eucken. Ich hoffe, daß er inzwischen angenommen hat. Erdmanns Ablehnung war zu erwarten. Er wird ja auch für den Fall, daß Dilthey sich zurückziehen sollte, womit er doch bereits seit einiger Zeit sich trägt, ernstlich neben Windelband für uns in Frage kommen. Gestern haben wir in der Akademie, wenn auch mit sehr knapper Majorität, den Anglicisten Brandl in die Akademie gewählt. Eine noch aufregendere Wahl steht uns bevor, wenn in der nächsten Plenarsitzung der Tuberculosen-Koch zur Abstimmung kommen sollte. Dies ist freilich noch ungewiss, da er aus seinem Amte zurückgetreten ist und man daher jetzt nicht weiß, ob er überhaupt nach Berlin zurückkehren wird. Aber auch wenn diese Frage erledigt ist, dürfte es bei der Kugelung zu einer starken Opposition kommen. Seine Eheirrungen und seine Verschweigung des wahren Erfinders der Mosquitohypothese der Malaria lassen ihn einer Anzahl von Mitgliedern der Akademie, worunter auch ich mich befinde, als nicht ganz geeignet zum Akademiker erscheinen. Freund Wellmann ist fleissig bei der Neubearbeitung seines Bandes. Die Verification der Citate, die er mit der grössten Gewissenhaftigkeit besorgt, macht ihm zuweilen Schwierigkeiten, aber es gelingt ihm meistens die ab und 341
zu vorgekommenen Verschreibungen zu berichtigen. Jedenfalls hab' ich den Eindruck, daß Sie keinen geschickteren und zuverlässigeren Bearbeiter finden konnten. Es ist ihm eine wahre Pietätssache Ihr Buch so correct und vollständig wie möglich zu machen. Unter den unterschriebenen Graeci ist Waldeck mit einem Fragezeichen versehen und Sie bezeichnen ihn als fremd. Er ist Oberverwaltungsgerichtsrat a.D., ein sehr eifriges und des Griechischen kundiges Mitglied, der nur im Umgang etwas langweilig ist. Er kam durch den verstorbenen Praesidenten Rommel hinein. Das jüngste Mitglied ist Ihr Landsmann v. Soden, der sehr lebendig teil nimmt. Heute ist wieder unsre Versammlung, wo ich den Mitgliedern von Stuttgart erzählen werde. Ich hoffe, daß Sie die weite und herzliche Teilnahme von ganz Deutschland an Ihrem Feste erfrischt hat und wie wir sehen, daß unsern Siebzigern bereits Ihr Jubilaeum einen neuen inneren Schwung, gleichsam eine Verjüngung von innen heraus gibt, so hoffe ich, dass auch an Ihnen dies Fest sich als erfrischend bewähren möge. Unvergesslich wird es mir sein, wie gut Sie mit Ihrer lieben Frau die nicht geringen Anstrengungen des Tages ertragen und ihn allen Teilnehmern zu einer schönen und ungetrübten Erinnerung gestaltet haben. Mögen Sie die geistige Frische, die Sie beide Ihren Freunden am ganzen Tag bezeugten, Sich noch recht lange bewahren und von Zeit zu Zeit ein kurzes Lebenszeichen uns schicken! Mit herzlichsten Grüssen von Haus zu Haus Ihr getreuer HDiels
256.
Diels an Zeller Berlin 28/4 04 W62. Kleiststr. 21.
Hochverehrter Freund, Mit großer Freude hat es uns erfüllt, das Andenken an Ihren denkwürdigen 90. Geburtstag nun ganz frisch und unversehrt für die spätere Zeit erhalten zu können. Ich hörte heute, daß Sie beabsichtigen im nächsten Monate die Nachtigallen in Baden schlagen zu hören. Wir wünschen alles Glück zu dieser Frühlingsreise. Ich wünschte, ich könnte auch ein wenig dort sein, da ich das Semester leider nicht ganz frisch antrete. Ob ich in den Ferien zu viel gearbeitet habe oder ob sonst irgend etwas nicht in Ordnung ist, weiß ich nicht. Jedenfalls freue ich mich, die akademischen Geschäfte nun zum 1. Mai an Vahlen abgeben zu können. In den Pfingsten, wo ich gerne mit meiner Frau nach Wiesbaden ginge, muß ich leider nach London zur Association. Das ist bei der 342
englischen Conversation, der zu folgen mir etwas schwer wird, und bei der gehäuften Reihe von Banketts und Receptions, die zu überstehen mir ebenfalls nicht besonders angenehm ist, eine harte Woche. Hoffentlich komme ich heil zurück. Der evangelische Bund hat uns öffentlich aufgefordert, den unglaublichen Denifle als Correspondenten der Akademie (den wir Sybel zu verdanken haben) aus der Reihe unserer Mitglieder auszustoßen. Die Meinung ist geteilt. Harnack, der neben Luther am schärfsten angegriffen ist, wird dagegen sprechen. Ich bin seiner Meinung, da alle Exclusion etwas von Autodafe an sich hat und seine bona fides (auf Deutsch Borniertheit) mir zweifellos erscheint. Schade daß wir in dieser Sache, die kein Praecedens in der Akademie hat, Ihre Stimme nicht hören können. Doch schreibt mir vielleicht Ihre verehrte Frau mit zwei Worten, wie Sie denken. Die Verhandlung wird am 5. Mai stattfinden. Indem ich im Namen meiner Frau Ihnen und Ihrer 1. Frau die herzlichsten Grüße und Reisewünsche sende und auch Ihre Frl. Schwägerin und die ganze Familie bestens zu grüßen bitte, schließe in treuestem Gedenken Ihr ganz ergebner H . Diels
257.
Schönleber an Zeller
Bologna, 28. April 1904. Hochgeehrter Herr Geheimerrat! Meine Frau berichtete mir nach Florenz, daß Sie nebst einigen Exemplaren der Jubiläumsschrift 100 M Honorar übersandt hätten. Mit meinem verbindlichsten Danke darf ich vielleicht die Versicherung wiederholen, daß es mir ausschließlich eine Ehre und eine Freude war, an Ihrem Geburtstag mich ein wenig nützlich machen zu können. Sie haben diese geringen Dienste viel zu reich belohnt. Ich werde versuchen, dem mir von Ihrer Güte zugewandten Betrag eine Verwendung zu geben, die mit dem Anlaß in einem geistigen Zusammenhang steht und seiner nicht unwürdig ist. In hoher Verehrung Ihr ergebener Dr. H . Schönleber.
343
258.
Zeller an Diels
Diktirt. [Emilie Zeller]
Stuttgart [29./30.4.1904] Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! U m mit dem Gescheftlichen zu beginnen so kenne ich Denifle's Schmähschrift nur aus zweiter Hand, und auch die Aufforderung des Ausschusses des evangelischen Bundes nicht im Wortlaut; ich kann mich daher nur mit dem hieraus sich ergebenden Vorbehalt darüber äußern, wenn es sich aber mit beiden so verhält wie ich annehme so glaube ich daß ich wenn in Ihrer nächsten Sitzung die Sache zur Sprache kommt etwa beantragen würde das folgende in's Protokoll aufzunehmen: „Der Vorsitzende (bezw. eines der anwesenden Mitglieder) bringt das Schreiben des ev. Bundes u.s.w. zur Sprache. So lebhaft und allgemein indessen das Bedauern darüber ist, daß ein der Akademie als korrespondirendes Mitglied angehöriger Gelehrter sich weit genug vergeßen konnte um in einer Druckschrift den Begründer des deutschen Protestantismus und verschiedene neuere Gelehrte mit den unqualificirbarsten Schmähungen und den grundlosesten, für alle protestantischen Christen verletzendsten Beschuldigungen zu überhäufen, so glaubte die Akademie doch sich jeden Schrittes enthalten zu sollen welcher dahin mißdeutet werden könnte als ob sie der freien Meinungsäußerung ihrer Mitglieder in den Weg treten und in den Streit der wissenschaftlichen Ansichten mit behördlichen Maßregeln eingreifen wollte. Sie beschloß daher in dem Vertrauen, daß die Kampfesweise des Herrn Denifle keinen urtheilsfähigen in der unbefangenen Würdigung des geschichtlichen Thatbestandes irre machen werde über den vorliegenden Gegenstand zur Tagesordnung überzugehen." Wenn die Academie sich in dieser oder ähnlicherweise über D. aussprechen würde wäre er zum Austritt genöthigt wenn er auch nur eine Spur von Ehrgefühl besitzt und wir würden ihn los ohne zu der Ausschließung greifen zu müssen die doch immer einen gehässigen Schein hat und auch wirklich eine zweischneidige Waffe ist; denn man denke sich beispielsweise wie in dieser Art unter einem Regiment wie des E Wilhelms IV gegen politisch oder theologisch mißliebige Academiker vorgegangen werden könnte. Ich spreche dies wie gesagt mit allem Vorbehalt aus. Sie werden ja auch wenn Sie sich meiner Ansicht anschließen sollten selbst am besten wissen was im einzelnen anders gefaßt abund zugethan werden müßte. Die Erinnerungen an meinen Geburtstag hat Dr. Schönleber den Sie bei uns gesehen haben redigirt. Die Sache hat sich aber etwas lange hinausgezogen. Ich 344
habe sie nur in einer kleinen Auflage für unsere Familie und unsere nächsten Freunde (weil unser Sohn es dringend wünschte) drucken laßen. Mit herzlichem Gruß von Haus zu Haus der Ihrige Zeller. [Unterschrift eigenhändig]
259.
Diels an Zeller Berlin, den 8/5 04. W 62. Kleiststr. 21.
Hochverehrter Freund, Heute nur die eine Zeile, daß die Akademie im Ganzen in Ihrem und in meinem Sinne eine Verfolgung abgelehnt, aber auch, um nicht indirect dem Ev. Bund, der sich hier ungehörig eingemischt hat, den Gefallen zu thun, ein meritorisches Eingehen auf den Fall abgelehnt hat. Für die rasche Antwort bin ich Ihnen um so mehr verbunden als ich dadurch in der Lage war vorher einige unsichere Gemüter auf den richtigen Weg zu leiten. So ist ein einmütiger Beschluß der Gesamtakademie zu Stande gekommen. Mit den besten Grüßen an den verehrten Verfasser und die nicht minder verehrte Schreiberin des Briefes Ihr treulichst ergebner HDiels
260.
Diels an Zeller Berlin W 62. Kleiststr. 21.
15. Mai 1904
Hochverehrter Freund, Der Telegraph bringt die erschütternde Kunde, daß Ihre uns allen so teure, hochverehrte Frau Ihnen durch einen schnellen Tod entrissen worden ist. Wer hätte das vor einigen Monaten gedacht, als wir sie bei Ihrem Feste in unverminderter Frische und Rüstigkeit ihres Amtes walten sahen. Wie freute ich mich ihrer gewandten und festen Handschrift, mit der sie Ihren letzten lieben Brief niederschrieb! Wie bitter wird es Ihnen sein, daß sie, die jüngere, vor Ihnen dies Haus verlassen musste, in dem Sie beide nach mannigfachen Stürmen des Lebens einen ruhigen Port gefunden hatten! Wie traurig wird es für Ihre liebe Schwägerin sein, daß der Unerbittliche den Dreiverein zerstört hat, dem sie seit so langen Jahren angehörte! Man hat sich so ganz daran gewöhnt, 345
dass diese Entscheidung des Schicksals, die Niemand ahnen konnte, wie ein Blitzstrahl aus heitrem Himmel trifft. Sie, hochverehrter Freund, werden ja vielleicht wie Anaxagoras alle Möglichkeiten erwogen und im Innern Sich dagegen gefestigt haben. Trotzdem wird es Ihnen nicht leicht werden, nach einer nach menschlichen Verhältnissen ungewöhnlich lang und reich begnadeten gemeinschaftlichen Lebensfahrt das letzte Stücklein allein gehen zu müssen. Doch bleibt Ihnen ja die treue Schwägerin und die liebende Fürsorge des Sohnes und seiner Familie. Es bleibt Ihnen auch, wenn auch in der Ferne, die treue Freundesschar, die jetzt, wo Sie Sich zuweilen einsamer fühlen werden als sonst, sich bemühen wird Ihnen von aussenher Sonne in Ihr trüb gewordenes Austragstübchen zu senden. Wenigstens fühle ich mit den Meinen diese Verpflichtung. Sie alle sind gleich mir von dem Unglücke, das Sie betroffen, schmerzlich betroffen und versichern Sie, teurer Freund, ihrer innigsten Teilnahme. Mit der herzlichen Bitte auch Ihrem Sohne und seiner Familie sowie Ihrer verehrten Schwägerin unser tiefgefühltes Beileid ausdrücken zu wollen, drücke ich Ihnen in schmerzlichster Trauer die Hand. Ihr HDiels.
261.
Zeller an Diels
(Dictât) [Pauline Baur]
Stuttgart, Reinsburgstr. 56. 21/6 1904.
Lieber Freund, über allem was uns in der letzten Zeit betroffen hat, ist die Absendung der Abhandlungen zur Geschichte der Philosophie, von denen ich Ihnen an meinem Geburtstag sagte, gänzlich liegen geblieben. Ich möchte dieselben eben doch noch vor dem Ende des Sommers in Ihren Händen wissen, u. hätte sie bereits abgeschickt, wenn mir nicht der Skrupel gekommen wäre, ob es Ihnen erwünscht sei diese ganze Masse von wohl tausend Stücken in Ihrem Haus beherbergen zu sollen, oder Sie dieselbe nicht vielleicht lieber an die Universitätsbibliothek oder auch die Academie adressirt wünschen! Haben Sie daher die Güte mir mitzutheilen an welche Adresse ich die Schriften abschikken soll, was ich dann sofort veranlassen werde. Bei uns geht es wie es eben kann, jeder Tag bringt neues Vermissen u. neue Erinnerung, heute ist Baur's Geburtstag, morgen die 57 t e Wiederkehr unseres Hochzeitstages, meine Angehörigen thun ja Alles mir das Leben zu erleichtern, das mir freilich auch durch meine Augenschwäche erheblich erschwert wird. Im Übrigen kennen Sie mich ja gut genug um zu wissen, in welcher inneren 346
Verfassung ich mich befinden werde. Lassen Sie mich bald Gutes von sich hören u. seien Sie mit den Ihrigen u. mit Allen, die nach mir fragen, herzlich gegrüßt, von Ihrem Zeller. [Unterschrift eigenhändig]
262.
Diels an Zeller Berlin W 62. Kleiststr. 21.
22. Juni 1904
Hochverehrter Freund, Ich danke von Herzen für die freundlichen Zeilen, die Sie mir zugehen lassen. Wir hatten rechte Angst um Sie, da wir von Frau Scherer hörten, daß Sie außer den Sorgen, die durch den jähen Verlust über Sie hereingebrochen sind, auch selbst unwohl gewesen sind. Ihr Brief läßt uns hoffen, daß dies nun überwunden ist. Hoffentlich bekommt Ihnen die Sommerfrische, in die Sie mit Ihrem Sohn gehen wollen, gut. Mit welchen Gefühlen Sie den heutigen Tag begehen werden, läßt sich denken. Aber ich weiß auch, daß Sie zwar der Erinnerung Sich hingeben, ut homo, sie aber auch überwinden, ut vir, um ein Ciceronisches Wort zu gebrauchen. Beweis ist mir die liebevolle Rücksicht, die Sie in Bezug auf ein bei Ihrem letzten Geburtstag gegebenes Versprechen in Ihrem gestrigen Briefe zeigen. Ich werde mich sehr freuen diese wertvolle Sammlung in dem von Ihnen seiner Zeit gewünschten Sinne zu verwenden. Am besten wird es sein, das Ganze an das Institut für Altertumskunde zu senden. Dort werde ich das, was Wellmann und ich brauchen können, aussondern und das Übrige in die dortige Bibliothek in usum iuventutis einreichen. Es sind jetzt sehr viele junge Leute, die antike Philosophie speciell bearbeiten. Ihnen wird dieses so schwer zu beschaffende Material gute Dienste thun und sie zugleich an den erinnern, der diese Disciplin ihnen so leicht zugänglich gemacht hat. Ich lege die genaue Adresse auf einem besonderen Zettel bei. Meine Gesundheit, namentlich] mein Augenleiden, das ich mir durch die Correctur der Vorsokratiker und die Papyrusedition des Didymos, den ich Ihnen nächstens in einer bequemen Ausgabe zusenden werde, zugezogen habe, ist etwas besser. Aber vier Reden zum Leibniztag (30. Juni d. J.) das ist ein bischen viel. Nachher hoffe ich aufzuatmen und mich etwas auszuruhen. Den Meinigen gehts leidlich. Mit besten Wünschen für Sie und Frl. Pauline, vermutlich die Schreiberin Ihrer Zeilen, von uns allen Ihr HDiels. 347
263.
Zeller an Diels
(Dictât. RB.)
Berlin [Stuttgart] Reinsburgstraße 56. 5. Juli 1904.
Lieber Freund, gestern sind nun endlich die Drucksachen an die von Ihnen bezeichnete Adresse abgegangen. Sie füllen zwei Körbe, die natürlich nicht zurückzuschicken sind, wie u. an welche Institute sie zu verteilen sind, überlasse ich ganz Ihnen. Von meinem Befinden ist nichts Neues zu berichten, körperlich geht es mir gut u. ich suche mich so weit es eben durch Vorlesen geschehen kann, über die Dinge in der Welt, u. auch über einzelne wissenschaftliche Erscheinungen auf dem laufenden zu erhalten, weiß aber wohl, daß mir dies nur in unzureichendem Maße gelingen kann, u. dies umsomehr da ich hier Niemand habe, welcher mich über den Stand der Fragen die mich am meisten interessiren würden aus eigener Kenntniß unterrichten könnte. A m 21. d. M. denken wir mit meinem Sohn u. seiner ganzen Familie nach Liebenzell zu gehen, einem im Schwarzwald an der Nagold gelegenen Bade, nur zwei Eisenbahnstunden von hier entfernt. Meine Adresse wird daher eine zeitlang sein: Z. Liebenzell O/a Calw, Württemb. unteres Bad. Was hierher adressirt ist, kommt mir auch zu. An unser schönes Zusammensein im Januar denke ich noch oft u. gerne, u. es ist mir ein wohlthuendes Gefühl daß meine Frau diesen für sie so erhebenden u. erfreulichen Tag noch erlebt hat, ohne eine Ahnung davon zu haben, daß es der letzte von den 57 Geburtstagen sein würde, die wir zusammen gefeiert haben. Mit den herzlichsten Grüßen an Sie u. die Ihrigen, Ihr treu ergebener Z.
264.
Diels an Zeller Kleiststr. 21111· Berlin W 62. 13. Juli 04.
Hochverehrter Freund, Heute habe ich begonnen, die Fülle der Gaben, die in den zwei schweren Körben sich bergen, zu sondern. Unsere jungen Leute auf dem Institute waren sehr vergnügt als sie den Zuwachs an kleiner Litteratur erblickten. Denn diese in den hiesigen Bibliotheken zu ermitteln und zu bekommen, gehört bekanntlich zu den schwierigsten Aufgaben der Gelehrsamkeit. Sie alle werden Ihnen für diese schöne Zusendung dankbar sein. 348
Bei dem reinen Sommerwetter, das seit kurzem hier herrschte, werden Sie froh sein dem heißen Kessel Stuttgarts entflohen zu sein und im Kreise Ihrer Kinder und Enkel im Bade zu weilen, wo ich es mir etwas kühler und luftiger denke. Die Leibnizsitzung, die wegen ihrer Länge abnorm war (3 !4 Stunden) liegt nun hinter mir und ich atme auf. D a die officielle Zusammenstellung der oratorischen Leistungen vollständig wol erst nach Ihrer Rückkehr in Ihre Hände fallen wird, so erlaube ich mir zur Erheiterung der Sommerfrische einige „Ipse fecit" mitzuschicken. Sie werden daraus unschwer den depravirten Geisteszustand, in dem ich mich seit April befinde, diagnosticiren können. Hoffentlich bringt das Seebad, nach dem wir uns sehnen wie die Hirsche nach Wasser, eine wohlthätige Wirkung auf uns beide hervor. Denn auch meine Frau hat ab und zu wieder sehr schlechte Tage, gute hat sie leider überhaupt nicht mehr. Die älteren Söhne treiben Schweizer Sport, der jüngere aber begleitet uns. Mit den herzlichsten Grüßen und Wünschen der Meinigen an Sie und die lieben Ihrigen schließt Ihr treulichst ergebner HDiels
265.
Diels an Zeller Kleiststr. 21 111 ' Berlin W 62. 25. Dez. 1904
Verehrter Freund, Beim Herannahen des Jahresschlusses möchte ich doch, daß Sie von mir und den Meinigen etwas erführen und wäre glücklich, wenn ich direct oder indirect auch von Ihrem Ergehen Nachricht, wenn auch nur ganz kurze, erhalten könnte. Auch unsere Graeca nimmt herzlichen Anteil an Ihnen, wenn auch der Kreis, der mit Ihnen dem Philhellenismus huldigte, sehr zusammengeschmolzen ist. Doch ist Legationsrat Krauel, mit dem Sie wol noch zusammen waren, zu dauerndem Aufenthalt hierher zurückgekehrt und als Honorarprofessor an der Universität thätig. Die Liste der Griechen besteht jetzt aus folgenden Mitgliedern 1) Geh. Rat Broicher, der durch ein schweres Gichtleiden fast ein Jahr uns entzogen war, aber im Frühjahr wieder eintreten will. 2) Prof. Ed. Meyer, der durch sein helles Lachen die Tafelrunde zu erfreuen weiß 3) Prof. Erman, der jetzt als Decan schwere Last trägt, die für seinen schwächlichen Körper fast zu schwer ist. Daher ist er kein regelmäßiger Grieche. 349
4) Geh. Rat Hirschfeld, eines der regelmäßigsten und treuesten Mitglieder 5) Geh. Rat Koser 6) Prof. Dr. Kipp, ein neu eingetretenes Mitglied der juristischen Facultät. 7) Prof. Hiller v. Gärtringen, der jetzt als wissenschaftlicher Beamter der Akademie sich sehr verdient um die griechische Epigraphik macht. 8) Excellenz Krauel 9) Prof. von Soden, Ihr Landsmann, der ein neues Element von der Theologie her in den Kreis hineinbringt und sehr belebend wirkt. 10) Geh. Rat von Meyer, dessen Vorlesen etwas an das Fahren mit Leiterwagen auf einem Knüppeldamm erinnerte. Jetzt hat er es wegen „Heiserkeit" eingestellt, nimmt aber sonst teil. 11) Excellenz Schoene, der durch Geschäfte und öfters auch durch Unpäßlichkeit mehr, als es uns lieb ist, fern gehalten wird. 12) Oberverwaltungsgerichtsrat Waldeck, eines der bestpräparirten aber nicht der kurzweiligsten Mitglieder. 13) Unterstaatssecretär (im Reichsamt des Innern) Wermuth, einer der gescheitesten Leute und ein vortrefflicher Grieche, der durch die Handelsverträge leider uns letztes Jahr nicht oft durch seine Anwesenheit erfreut hat. 14) Geh. Rat Zimmer, der leider noch nicht soweit von seiner schweren Neurasthenie hergestellt ist, daß er Abends ausginge. Aber er liest doch wieder und kommt in die Akademie. In der Akademie haben wir uns durch einige Techniker [Martens, Zimmermann] verjüngt, die uns über Brückenspannungen und dergl. unterrichten. Kohlrausch, der Nachfolger v. Helmholtz geht wegen Kränklichkeit von der phys. technischen Reichsanstalt ab und verläßt Berlin. Warburg wird sein Nachfolger. Auch Landolt zieht sich zurück und wird durch Nernst ersetzt, den ich für einen sehr geschickten und gescheiten Chemiker halte. Er scheint auch allgemeineren Begriffen zugänglicher als die beiden anderen Chemiker [Fischer, van't Hoff]. Auch Möbius, der jetzt 80 Jahre wird, zieht sich von dem Museum zurück. So erneuert sich der akademische Kreis langsam und mit Staunen bemerke ich, daß ich bereits zu den älteren Mitgliedern gehöre. Im letzten Vierteljahre hatte ich den doppelten Vorsitz und bin nun froh während des nächsten Vierteljahres mich ausruhen zu können. Währenddessen hoffe ich den neugefundenen Theätet-Commentar, dessen Bearbeitung ich dieser Tage abschließen werde, drucken zu lassen. Er gehört in den Kreis des Albinus und bringt nicht viel Neues abgesehen von der Nachricht, daß es von dem Proömium des Theätet ein ebensolanges, etwas frostiges Gegenstück gebe, das aber unecht sei. Es habe mit den Worten begonnen: „Bringst du nun endlich, Bursche, das Buch über Theätet?", fängt also da an, wo unser Proömium endet. Es ist nicht unmöglich, daß dies Proömium von unsern Kritikern für echt und für älter als das überlieferte gehalten werden wird. Denn die Frage der zweiten 350
Auflagen ist in der Platokritik jetzt sehr modern und Chiappelli hat im Archiv gerade auch für den Theätet eine doppelte Bearbeitung nachweisen wollen. Allein seine Gründe sind so oberflächlich wie der ganze Napolitano. Leider ist auch Schoene junior ganz in diese Dinge versenkt, zu denen seine Anlage meines Erachtens gar nicht zureicht. Die Universität ist diesen Winter sehr stark besucht. Man kann sich kaum durch die Gänge drücken. Ich lese Geschichte der griechischen Philosophie vor 200 Zuhörern, was bisher noch nicht da war. Die „Vorsokratiker" werden auch, offenbar von Studenten stark gekauft, so daß die erste Auflage fast vergriffen ist. Ich werde daher bald Gelegenheit haben in der zweiten die Sache etwas besser und wissenschaftlicher anzulegen. Mein Plan steht schon fest. So fehlts nicht an Arbeit, die ja gegenüber dem vielfach Mechanischen der Geschäfte reines Vergnügen ist. Ludwig ist mit dem zweiten Bande seiner Reisebearbeitung, der das Allgemeine enthält, fast fertig. Auch ein zweites streng botanisches Werk hat er zwischendurch fertig gestellt. Aussichten auf ein Weiterkommen an der Universität existiren nicht. Denn er steht hier neben 16 größtenteils älteren Privatdozenten, meist recht tüchtigen Leuten. Dagegen fehlt es bei uns auf dem Gebiete der klassischen Philologie sehr an Nachwuchs. Otto liest auch im zweiten Semester an der Universität. Für ihn liegen die Aussichten vielleicht günstiger, da die Chemiker auch auf den Techniken gebraucht werden. Doch wird er auch noch einige Jahre zuwarten müssen. Paul ist noch immer mit seiner Doctordissertation beschäftigt (altdeutsche Syntax), doch hofft er Frühjahr abzuschließen. Alle sind gesund bei uns, nur meiner Frau geht es nicht gut, da ihre Nerven und zahllose andere kleinere Leiden ihr den Schlaf rauben und das Leben verbittern. - Doch nun haben Sie wol genug von uns im Engeren und Weiteren gehört. Wir sind begierig zu hören, wie es Ihnen geht und wie Sie den größten Verlust Ihres Lebens ertragen. Ich hoffe, daß Ihre Schwägerin Ihnen treulich zur Seite steht und daß die Enkelschaar die Sonne in das Haus bringt. Grüßen Sie alle Ihre lieben Angehörigen herzlich von uns und treten Sie gesund und aufrecht, wie immer in das neue Jahr hinüber! Dies wünscht Ihnen in alter Liebe und Treue Ihr H. Diels.
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266.
Zeller an Diels
[Diktat, Albert Zeller]
Stuttgart 3. Jan. 05. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Es war mir sehr erfreulich vor dem Jahresschluß von Ihnen u. von Ihren Berliner Freunden Nachrichten zu erhalten, die ja im Wesentlichen gut lauteten. Besonders interessirten mich Ihre Mitteilungen über die Graeca; grüßen Sie Excellenz Krauel u. sagen Sie ihm, daß ich mich freue, ihn wieder in derselben zu wissen. Ihnen gratulire ich zu dem glänzenden Besuch Ihrer Vorlesung über die griechische Philosophie; da diese Zuhörer doch ohne Zweifel überwiegend Philologen sind, kann es Ihnen an philologischem Nachwuchs doch nicht allzusehr fehlen. Die 7 Auflage meines Grundrisses ist jetzt gedruckt u. ich habe Reisland beauftragt, sie Ihnen zu schicken. Da aber ich selbst sie noch nicht habe, vermuthe ich, daß er die Versendung noch etwas verzögert, weil er noch ein paar Exemplare der 6. Auflage hat. Beide unterscheiden sich übrigens nur sehr unbedeutend. Wer ist denn der Herr Nohl, der Verfasser der Sokratischen Ethik? Er hat sie mir geschickt, es ging mir aber damit wie Schiller in dem bekannten Xenion. Ich habe sie mir vorlesen lassen, aber das einzige, was mir neu war, die Beeinflussung des Sokrates durch den neun Jahre jüngeren Hippokrates halte ich für einen verfehlten Einfall u. glaube nicht, daß Nohl Dilthey einen Gefallen erwiesen hat, wenn er ihm den Ruhm dieser Entdeckung überließ. Die genaue Beobachtung der Kranken, auf die der Arzt drängt, ist doch etwas anderes als die sokrat. Forderung einer erschöpfenden durch das dialektisch induktive Verfahren zu bewerkstelligenden Begriffsbestimmung als Grundlage alles Erkennens. Es ist aber freilich kaum möglich den Inhalt einer Schrift näher zu prüfen, wenn man sie nicht selbst lesen kann. Von meinem Befinden kann ich in gesundheitlicher Beziehung nur gutes berichten u. auch mein Sohn u. seine Familie befinden sich wohl u. die Kinder bringen einige Sonne in unser Haus. Mit den herzlichsten Grüßen für Sie u. die Ihrigen bin ich Ihr treu ergebener Zeller. Hochverehrter Herr Geheimerat! Gestatten Sie, daß ich den freien Platz benütze, um Ihnen noch über meinen Vater zu berichten. - Wohl geht es ihm körperlich gut, er kann auch noch täglich (abgesehen von den jetzigen kalten Tagen) seinen Spaziergang machen, aber er führt doch seit dem Tod meiner Mutter ein trauriges Dasein. Wenn auch meine Tante, ein Neffe u. eine Vorleserin ihm manche Stunde vertreiben, 352
so bleiben eben doch noch sehr sehr viele übrig, in denen er untätig dasitzen muß. Briefe wie Ihr letzter sind Lichtblicke in seinem freudlosen Dasein, aber von anderer Seite kommt kaum mehr ein solcher. Ich selbst kann leider fast nichts für ihn tun, als daß ich einige Abendstunden ihm Gesellschaft leiste. Das Alles ist um so trauriger als sein Geist klar ist wie immer. Mit verehrungsvollem Gruß Ihr ergebenster AZeller.
267.
Diels an Zeller Kleiststr. 2 1 m · Berlin W 62. 20. Jan. 1905
Hochverehrter Freund, Durch Ihren letzten Brief, den Sie Ihrem Sohne dictirt haben, bereiteten Sie mir und den Meinigen eine große Freude. Wir ersehen daraus, daß es Ihnen im Ganzen körperlich leidlich und geistig vortrefflich geht und so erlauben wir uns denn zu dem neuen Lebensgange, den Sie jetzt antreten, die Fortdauer dieser günstigen Umstände von Herzen zu wünschen. Die neue Auflage Ihres Grundrisses beweist, daß Sie immer noch bestrebt sind Ihre Bücher auf der Höhe der Wissenschaft zu halten. Der Druck des Buches muß sich lange hingezogen haben. Sonst würden Sie Gelegenheit gehabt haben durch Verweisung auf die „Vorsokratiker" manche Verweisungen kürzer zu gestalten. Ich selbst bin unterdessen nun mit dem Papyrus, der den Theätetcommentar enthält, im Ms. fertig geworden. In der Einleitung suche ich wahrscheinlich zu machen, daß er von Gaios dem Lehrer des Albinos stammt. Augenblicklich ist man hier sehr in Unruhe über die Schillerfeier, die Althoff in Patronage genommen hat. Er wollte eine große Universalfeier aller Akademien und Hochschulen, womöglich unter Assistenz des Kaisers veranstalten. O b dies gelingen wird, muß man abwarten. Wahrscheinlicher werden eine Reihe von Einzelfesten abgehalten werden. Wellmann ist sehr eifrig bei der Revision des Textes, die z. Th. sich mühevoll gestaltet. Die Akademie hat ihm daher zur Erleichterung die Ausgabe der Commentatoren gestiftet, so daß er nicht mehr wegen jedes Citâtes auf die Bibliothek zu gehen braucht. Die allgemein verbreitete Influenza hat unsere Familie bis jetzt verschont, doch hatte ich während der Weihnachtsferien ein starkes Rheuma in der linken Schulter, das nur allmählich sich zurückgezogen hat. Jetzt geht es wieder gut und ich hoffe bald von Ihrem Befinden ein gleiches zu hören. Grüßen Sie die 353
lieben Ihrigen herzlich von uns, verleben Sie den 91. Geburtstag recht heiter im Kreise der Kinder und Enkel und danken Sie Ihrem Sohn noch besonders für seine liebenswürdigen Zeilen. Ihr treuergebner HDiels
268.
„Graeca" an Zeller
[Postkarte] Die heute versammelte Graeca sendet zum Geburtstage dem hochverehrten Mitgliede in treuem Gedenken die herzlichsten Glückwünsche. Ernst von Meier Schöne Hirschfeld v. Soden Eduard Meyer Diels R. Krauel Koser Th. Kipp Hiller v. Gaertringen Berlin 20. Januar 1905 Waldeck
269.
G. Wentzel.
Zeller an Diels
(Dictât) [Pauline Baur]
Stuttgart 30/1 1904 [1905] Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Für Ihre freundlichen Wünsche zu meinem Geburtstage spreche ich Ihnen meinen herzlichen Dank aus u. bitte Sie denselben auch den Herren aus der Graeca zu übermitteln, die sich Ihnen angeschlossen haben. An die schönen Stunden die uns das vorige Jahr an diesem Tag gebracht hat kann ich freilich nicht ohne Wehmuth zurückdenken, wie das ja nicht anders möglich ist; aber doch bin ich froh u. dankbar, daß meine liebe Frau denselben noch mit mir feiern durfte u. rechte nicht darüber mit dem Schicksal, daß es das Leid der Vereinsamung mir auferlegt u. dasselbe durch das Augenleiden noch vermehrt hat, das auch die treueste Sorgfalt meiner Angehörigen mildern aber nicht verhindern kann. Alles ineinander gerechnet was mir der Lauf meines Lebens gebracht hat darf ich nicht klagen, so ernst auch mir u. meiner Frau die Pindariche Warnung: kein Gott sein zu wollen, nicht selten zugerufen worden ist. Dafür haben wir uns ja nie gehalten u. den Beisatz: „so weit es vergönnt ist", mit dem Freund Aristoteles die Aufforderung nach dem Ewigen zu streben begleitete, nicht vergessen. 354
Ihre Vermuthung, daß der Druck meines Grundrisses über Gebühr verzögert worden sei ist vollkommen zutreffend, das Manuskript zur neuen Ausgabe wurde am 16. Sept. vor[igen] Jahres abgeschlossen u. die erste Lieferung desselben sofort in die Druckerei gesandt u. es konnten deshalb auch Ihre Vorsokratiker nicht mehr darin angeführt werden, die Fertigstellung der Ausgabe wurde aber so lange verschleppt. In meinem u. der Meinigen Befinden nimmt zur Zeit Alles seinen gewohnten Gang. Von der übrigen Welt erfahren wir außer dem was die Zeitungen, mitunter recht Unerquickliches mittheilen nicht allzuviel u. sind allen unseren Freunden die uns mit ihr im Zusammenhang erhalten dafür dankbar u. das um so mehr je weniger wir unsererseits Interessantes mittheilen können. Der schriftliche Meinungsaustausch ist schon an sich nur ein spärlicher Ersatz für den persönlichen, muß man vollends für das Bischen was man zu sagen hat, noch die Beihilfe Anderer in Anspruch nehmen, so versiegt die Rede um so schneller. Lassen Sie mich dies nicht entgelten u. erfreuen Sie bald wieder mit einem Brief, Ihren Zeller.
270.
Diels an Zeller Kleiststr. 2 1 I I L Berlin W 62. 18. März 05
Hochverehrter Freund, Ihr letzter Brief von Ende Januar hat mir und den Meinigen wie auch den griechischen Freunden, die ihn zu hören verlangten, große Freude bereitet. Klingt auch die Wehmut vernehmlich durch, wie es nicht anders sein kann, so erfreute uns doch die alte Frische und Hoheit die uns Ihre Worte, die Abbilder Ihrer Persönlichkeit, völlig unvermindert und ungebrochen vor Augen führen. Inzwischen ist der Frühling mit seiner Sonne und seinen Veilchen erschienen und weckt Lust etwas hinaus zu fliegen. Da ich in der Akademie keinen Vorsitz habe, könnte ich abkommen. Vielleicht wäre das auch für meine Frau ganz gut, die Ende Januar eine heftige Influenza sich zuzog, die sie eine Woche ans Bett fesselte und in ihrem an und für sich so difficilem gastrischem und nervösem System arge Verwüstungen anstellte. Die Nachwehen sind immer noch nicht überwunden und da ihr Organismus gegen jede medizinische Behandlung revoltirt, so wollen wir, wenn kein Zwischenfall eintritt, auf ein Paar Wochen nach dem 1. April des Klimawechsels wegen an den Rhein gehen. Wir wollen zuerst meine alte Schwiegermutter besuchen, dann aber, um ihre Gastfreundschaft nicht über ihre Kräfte auszunützen, weiter nach Baden-Baden ziehen, 355
wo ich meinen im Herbst und Winter unangenehm hervorgetretenen Rheumatismus mit einigem warmem Wasser vertreiben möchte. D a Sie Baden-Baden immer um diese Zeit geliebt haben, wäre es sehr schön, wenn auch Ihre Pläne Sie dahin führen wollten. Dann würde die Kur sicher mir wie meiner Frau anschlagen. In unseren Freundeskreisen ist weder Gutes noch Schlimmes viel seit Neujahr passirt. Die Verlobung von Frl. Scherer war eine freudige Sensation, die schwere Nervenerkrankung von Frau Göppert (Kiel) geb. Hirschfeld nach Geburt eines gesunden Knaben ist recht traurig. Die thörichten Debatten über die akademische Freiheit haben hier sehr kalt gelassen, sogar die Studenten, die doch sonst alles benutzen, um sich bemerkbar zu machen. N u r das Satyrspiel im Abgeordnetenhaus hat viel Vergnügen bereitet. Mit Lorbeer hat sich keiner bedeckt, der in diese Sache eingegriffen hat, weder die Studenten noch der Rector [Hertwig] noch das Ministerium noch der eitle Friedberg. Ich vermute, die ganze Sache ist wie die Influenza aus den russischen Krawallen zu uns übergeströmt. Denn ich glaube an geistige Ansteckung. Ich hoffe, dieser Brief erreicht Sie wie die lieben Ihrigen in guter Gesundheit. Meine Frau sendet Ihnen, Frl. Pauline und Ihrem ganzen Familienkreise herzliche Grüße, denen sich von Herzen anschließt Ihr treu ergebner HDiels
271.
Zeller an Diels
(Dictât) [Pauline Baur]
Stuttgart, Reinsburgstr. 56. 29/3 1905
Lieber Freund! Schönsten Dank für Ihren freundlichen Brief. In Betreff Badens hatten wir noch keinen Plan gemacht, u. man ist dort auch vor Mitte Mai vor rauhem Wetter, möglicherweise empfindlicher Kälte, nicht sicher. Aber wenn ich Sie dort weiß denke ich jedenfalls auf einige Tage hinüber zu kommen, nur wäre es mir lieb möglichst bald zu erfahren wann Sie voraussichtlich dort sein werden, da ich für mich u. meine Schwägerin bei Zeiten Zimmer zu bestellen wünschte. Wir waren bisher immer in der hochgelegenen Pension Jäger, die schon um diese Zeit sehr besucht zu sein pflegt, u. müßten, um geeignete Zimmer zu bekommen, bald bestellen. Sie werden wohl der Bäder wegen eine unten gelegene Wohnung aufsuchen, unserem Verkehr würde dies keinen Eintrag thun. Unlängst wollte Schöne, der auf der Rückreise nach Berlin, ich weiß nicht woher, über hier kam, mich besuchen. Es traf sich aber so unglücklich, daß 356
wir gerade meinen täglichen kurzen Spatziergang angetreten hatten, u. er hatte solche Eile, daß er unsere Zurückkunft nicht abwarten konnte, u. so kam ich zu meinem lebhaften Bedauern um die Freude ihn zu sehen. Weiteres wie ich hoffe bald mündlich, inzwischen Ihnen Beiden die herzlichsten Grüße von Ihrem treu ergebenen, Zeller.
272.
Diels an Zeller Kleiststr. 21 Ι Π · Berlin W 62. 31/3 1905
Hochverehrter Freund, Ihre frohe Botschaft hat uns hoch erfreut. Wir gedenken heut über acht Tage nach Wiesbaden zu gehen, um meine Schwiegermutter auf einigen Tage zu besuchen. Dann wollen wir am 12. April auf 14 Tage nach Baden gehen. So sind unsere Pläne, aber der so sehr wechselnde Gesundheitszustand meiner Frau hat uns schon seit Jahren daran gewöhnt nicht allzufest auf sie zu rechnen. Namentlich hat die Influenza das alte Leiden meiner Frau sehr gesteigert und auf zwei leidliche Tage kommt sicher ein schlechter und eine noch schlechtere Nacht. Wenn also alles so gut geht, wie wir hoffen, erwarte ich von der Luftveränderung und der Ausspannung Gutes für ihr leibliches und seelisches Befinden. Wenn sie auch in jeder Beziehung, auch in der Geselligkeit, sich große Zurückhaltung auferlegen muß und meine Baderei auch ein Zusammenwohnen nicht möglich macht, so hoffe ich doch, daß die Freude alte Freunde in Baden begrüßen zu können, meine Frau der Reise geneigt machen und ihre (sehr begründeten!) Bedenklichkeiten hinwegräumen wird. Wie sehr ich mich darauf freue, Sie unter so erfreulichen Umständen Wiedersehen zu dürfen, können Sie Sich denken. Einstweilen herzliche Grüße auch von meiner Frau an Ihre verehrte Schwägerin und Ihre ganze Familie! In Treue Ihr HDiels
357
273.
Diels an Zeller Kleiststr. 21 ΙΠ· Berlin W 62. 7/5 1905
Hochverehrter Freund, Bei meiner Rückkehr von Baden-Baden, die sich ohne Unfall vollzog, bin ich sofort in einen solchen Strudel von Geschäften gestürzt, daß ich Ihnen nicht gleich schreiben und mich erkundigen konnte, wie Ihnen und den lieben Ihrigen der Badener Aufenthalt bekommen ist. Wir sind recht zufrieden und dem Schicksal dankbar. Denn meine Frau hat sich sehr erholt, und es scheint auch vorzuhalten, und was mich betrifft so haben sich allerlei kleine Gebresten des Leibes durch das Baden (so muss ich denken) entschieden gebessert. Ich nehme an, dass auch für Ihre Schwägerin die Nachkur das Beste thun und ihren Husten mit fortnehmen wird. Das Wetter ist ja (hier wenigstens) warm und glänzend geworden. Die Schillerfeier hat bereits gestern hier mit einem grossen gut verlaufenden Studentencommers ihren Anfang genommen, bei dem Roethe seinen schönen Schwung zeigen konnte. Für morgen und besonders Dienstag stehen noch weitere Festlichkeiten bevor. Daran wirds also nicht mangeln. Mich betrübt nur, daß die junge Welt eigentlich sich Zwang anthun muß, um Schiller gerecht zu werden. Jener selbstverständliche Enthusiasmus wie anno 1859 ist natürlich jetzt 50 Jahre später nicht mehr möglich. In den 100 Jahren seit Schillers Tod ist er nun wirklich historisch geworden und man bedarf der Commentare und der gelehrten Vorbereitung um z.B. seine Dithyramben zu verstehen. Die Graeca, der ich Ihre Grüße ausgerichtet habe, hat vorigen Freitag getagt. Wir hoffen im Sommer den Herodot, der uns seit einigen Jahren beschäftigt, abzuschliessen. An dem Tage nach meiner Rückkehr war ich mit einem Hrn. Geh. Rat Post zusammen (landw. Minist.), der an der Spitze der Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen steht und der die volksthümlichen Hochschulkurse hier inscenirt. Er war vor vier Wochen am Staar operirt worden und beschrieb die Operation selbst als so leicht, so wenig schmerzhaft und die Sache so rasch vorübergehend (Operateur Prof. v. Michel), daß ich mich über den Fortschritt der Methode gegenüber z.B. der Curtius'schen Behandlung wunderte. Er hatte am Tag vorher die Starbrille erhalten und leitete ohne Schwierigkeit die Verhandlung. Ich dachte dabei an Sie. Welches Glück wäre es für Ihre letzten Jahre, wenn Sie direct durch das Auge mit der geistigen und leiblichen Welt in ungehemmter Verbindung bleiben könnten! Ich bitte Ihre Frl. Schwägerin, Ihre Kinder und Enkel auch von meiner Frau herzlichst zu grüssen. Ihr treuergebner HDiels 358
274.
Zeller an Diels
(Dictât) [Pauline Baur]
Stuttgart 14/6 1905 Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! U m diesmal nicht mit Zeus, sondern mit mir selbst anzufangen, so habe ich mich wirklich entschlossen mich der Staar-Operation bei einem hiesigen Augenarzt zu unterziehen, u. bin bereits acht Tage in dessen Klinik gewesen, um die vorbereitende Operation einer Irid. Ektomie vornehmen zu lassen. Mit dem Erfolg derselben ist der Arzt zufrieden. In acht Tagen soll ich zur Vornahme der Hauptoperation für etwas länger dorthin zurückkehren. Wie viel diese nützen wird muß man abwarten; ich sehe der Sache mit Geduld entgegen, eine etwas gesicherte Wahrscheinlichkeit kann auch die ärztliche Prognose nicht gewähren, da in meinen Jahren doch zu viele nicht vorherzusehende Störungen möglich sind. Dilthey hat mir über die Verlegenheit berichtet, in welche unsere Fakultät für den Vorschlag seines Nachfolgers durch Stumpfs Rücktritt von der Leitung des Psychophysischen Seminars versetzt worden ist. Das letztere ist nun eigentlich gegen die Abrede, denn bei Stumpfs Berufung spielte seine Kenntniß der Psychophysik eine wesentliche Rolle; aber wenn er das Seminar nicht länger leiten will wird man ihn nicht dazu zwingen können. Wäre es denn nicht möglich dasselbe Schumann zu unterstellen den man deshalb noch nicht zum Ordinarius zu machen brauchte u. sich dadurch für die Besetzung der Dilthey'sehen Stelle freiere Hand zu verschaffen? Mir schiene für diese Benno Erdmann wegen der Thatkraft der Geeignetste mit der er bisher noch überall wo er war auch unter minder günstigen Umständen das Studium der Philosophie in Aufschwung zu bringen verstanden hat, ohne daß ich deshalb Windelband's Verdienste schmälern möchte. Ich bin sehr gespannt darauf wie sich diese Sache weiter entwickeln wird. Von meinen Angehörigen kann ich zur Zeit zu meiner Freude Gutes berichten, auch mir geht es, abgesehen davon, daß ich mit meinen Augen in der oben beschriebenen Lage bin, mit meiner Gesundheit ganz gut. Die Schillerfeier nahm hier in Schwaben einen sehr schönen Verlauf, u. die Theilnahme daran war in allen Volksschichten eine so lebendige u. so weit man irgend erwarten konnte eine so verständnißvolle, daß man seine Freude daran haben konnte. Sie u. Ihre liebe Frau grüßt mit seinen Angehörigen herzlichst, Ihr treu ergebener E. Zeller.
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275.
Diels an Zeller Kleiststr. 21 I I L Berlin W 62. 15/6 1905
Hochverehrter Freund, Wir haben alle mit großer Freude Ihren Entschluß begrüßt durch eine Operation den Versuch zu machen, die liebe alte Gewohnheit wieder herzustellen mit dem Auge zunächst in Verbindung mit der Außenwelt und vor allem mit der geistigen Welt zu treten. Wir hoffen, daß nachdem A so gut gelungen ist, nunmehr auch Β in gleicher Weise sich vollzieht, und ich schöpfe gute Zuversicht aus der Erfahrung, die ein eben Operirter, Professor von Wölfflin in München, gemacht hat. Er hat die eigentliche Staarextraction vor drei Wochen ohne jeden Schmerz überstanden und beteiligte sich, obgleich er die Brille noch nicht erhalten hatte, auf das Lebhafteste an den Debatten der Thesaurus-Commission, wobei abgesehen davon, daß er nicht las, Niemand aus seinen Bewegungen u.s.w. abgenommen hätte, daß er es mit einem nicht normalsehenden Menschen zu thun hätte. Gestern fuhr ich mit ihm im selben Zuge zurück, ich nach Hause, er zu einem Pfingstausflug nach Thüringen, wo er mit unserem Collegen [Heinrich Wölfflin] seinem Sohne während der Ferien zusammentrifft. So hoffe ich, daß auch Sie bald normalen Verhältnissen zurückgegeben sein werden. Dilthey hatte mir Ihren Brief in der Berufungsangelegenheit gezeigt. Er trifft den Nagel auf den Kopf und wird, wie wir annehmen, der Sache die richtige Wendung geben, obgleich Stumpf durch Unsicherheit uns Verlegenheit macht. Mit besten Grüßen und Wünschen auch der Meinigen von Haus zu Haus Ihr H . Diels
276.
Albert Zeller an Diels Stuttgart 21. VI. 05. Reinsburgstr 20
Verehrter Herr Geheimerat! In aller Kürze möchte ich Ihnen mitteilen, daß heute früh bei meinem Vater die Staaroperation vorgenommen u. glatt u. ohne Zwischenfall verlaufen ist. Heute Abend ist sein Befinden durchaus befriedigend. Uber das functionelle Resultat läßt sich natürlich noch nichts sagen, ich werde Ihnen später darüber berichten. Mit vielen Grüßen Ihr AZeller. 360
277.
Albert Zeller an Diels Stuttgart 28. VI. 05 Reinsburgstr 20
Hochverehrter Herr Geheimerat! Uber das Befinden meines Vaters kann ich gutes berichten. Die Wundheilung verläuft in günstigster Weise u. erregt durch ihre absolute Reizlosigkeit das Entzücken des Arztes. Functionen läßt sich feststellen, daß wie der Pat[ient] selbst bemerkt, die Sehkraft jedenfalls besser ist als vor der Operation. Weitere Fortschritte sind zu erwarten, ob es soweit kommt, daß mein Vater wieder lesen kann, müssen wir abwarten. Mein Vater ist seit dem 3. Tag außer Bett u. leidet jetzt nur an Langeweile, die wir ihm durch Besuche u. Vorlesen zu vertreiben suchen. Mit unsern besten Grüßen Ihr ergebener AZeller.
278.
Diels an Zeller z.Z. Grindelwald 7/8 05 Hotel Daheim, Schweiz.
Hochverehrter Freund, Sie werden sich gewis gewundert haben, daß ich nicht wieder mich nach den Fortschritten Ihrer Operation erkundigt habe. Allein trotz meiner Baden Baderei habe ich Anfang Juli einen heftigen Rückfall meines Rheumatismus bekommen, der in Form eines dauerhaften Hexenschusses mich vierzehn Tage ans Bett fesselte und auch jetzt noch nicht ganz verlassen hat. Allein ich hielt doch die letzten vierzehn Tage, wenn auch unter Schmerzen meine Vorlesungen und die Akademievorsitze ab und bin nun hierher nach Grindelwald (Hotel Daheim) mit meiner Frau gefahren (auch Paul begleitet uns, der seine dicke Doctorarbeit am letzten Tag abgegeben hat), wo wir, wenn es irgend geht (die Verpflegung ist nicht wie in Baden und meine Frau wieder stark magenleidend) etwa vierzehn Tage, weitere vierzehn Tage sonstwo in der Schweiz zubringen wollen. Ich hoffe dann ohne weitre Badekur wieder frisch zu sein, um am 15. Oct. das Rectorat zu übernehmen, das man mir aufgebrummt hat und das ich nicht ausschlug, weil ich nicht weiß, ob sich mein Rheuma später nicht noch ekliger entwickeln wird. Nun genug von uns! Wie sehr verlangt es mich von Ihnen zu hören, ob und wie sich die operirten Augen an das neue Licht und das neue Sehen gewöhnt haben. Von Ihrem Leidensgefährten Wölfflin bekam ich neulich einen Brief, 361
der wie alle früheren wie g e s t o c h e n war sowol was die Schrift als was den Inhalt anbetrifft. Freilich der junge Professor emeritus hat erst 72 Jahre hinter sich, was gegen Ihre veneranda senectus nicht viel besagen will. Die Berufung Riehls, die der einstimmige Wunsch der drei Philosophen war, ist sehr schnell durch alle Stadien erfolgt. Wir hätten alle den Bonner [Erdmann] als Persönlichkeit vorgezogen, wenn er sich mit Stumpf nicht zu sehr deckte. Windelband erregte Bedenken wegen der zunehmenden Verengung seines Gesichtskreises. Hoffentlich schlägts gut aus. Mit herzlichen Grüßen meiner Frau und meines 3. Sohnes (die beiden andern gehen eigene Wege) an Sie und die lieben Ihrigen Ihr ganz ergebner HDiels
279.
Zeller an Diels
Dictât. [Pauline Baur]
Stuttgart 8/8 1905. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Länger will ich es doch nicht anstehen lassen Ihnen meinen herzlichsten Glückwunsch zu der akademischen Würde auszusprechen, die Ihnen für das nächste Jahr durch das Vertrauen der Collegen übertragen worden ist. Hoffentlich bleibt Ihr Amtsjahr von unangenehmen Zwischenfällen verschont; auch in diesem Fall wird es Ihnen nicht nur der Ehre, sondern auch der Arbeit genug bringen. Ich bin seit sechs Wochen aus der Augenklinik entlassen aber immer noch in der Behandlung meines Arztes. Das Ergebniß der Operation stellt sich immerhin als nicht unerheblich heraus; aber zum Lesen u. Schreiben werde ich es nicht bringen, wenn mir auch die Orientirung in meiner Umgebung wesentlich erleichtert worden ist: wenn man einmal das Unglück hat so alt zu werden, muß man sich auch die weiteren Folgen gefallen lassen. Und das wenigstens ist mir bis jetzt erspart geblieben in eine solche Geistesschwäche zu verfallen wie ich sie dieser Tage bei Kuno Fischer traf, den ich besuchen wollte als ich meinem hiesigen Arzt den Gefallen that mit meiner Schwägerin nach Heidelberg zu gehen u. mich dort Professor Leber vorzustellen. Ich wurde zu Fischer nicht hereingelassen weil er nicht mehr besuchsfähig sei, ein trauriges Ende für einen so gefeierten Schriftsteller und Redner. Ihnen u. den Ihrigen die herzlichsten Grüße, Ihres Zeller. [Unterschrift eigenhändig] 362
280.
Diels an Zeller Unspunnen-Interlaken 19. Aug. 1905 Waldhotel
Hochverehrter Freund, Ihr lieber Brief, der den meinigen kreuzte, traf mich in Grindelwald, von wo wir am Anfang der Woche hierher übergesiedelt sind, wo sich meine Frau, die sich mit ihrem Leiden nicht an jede Küche gewöhnen kann, besser befindet. Das neu erbaute Hotel liegt dicht am Wald, den wir zu kleinen Fußtouren und zu längerem Sitzen möglichst viel aufsuchen. So läßt es sich hier sowol bei Regen, an dem es nicht fehlt, als bei Sonnenschein aushalten. Mein Rheuma verzieht sich langsam, nicht ohne ab und zu wie die Scythen einen Pfeil auf der Flucht zurückzusenden. Es betrübt mich doch, daß Ihre Operation nicht ganz den gewünschten Erfolg gehabt hat, aber die erheblich erleichterte Orientierung ist ja auch etwas wert. Übrigens weiß sich ja Ihre bewundernswürdige Resignation in alles zu schicken. Die Erzählung, wie Sie Kuno Fischer gefunden, hat mich tief gerührt. Solches Ende ist allerdings das Schlimmste. Ich kann die Scene gar nicht vergessen, wie Bonitz mit Thränen in den Augen mir sein Leiden, das sein Ende herbeiführte, als festgestellt mitteilte. Welche Qualen muß der gefeierte Redner ausgestanden haben, ehe er über seinen Zustand selbst klar wurde! Sie werden aus den Zeitungen den Abgang von Wilmanns und die (commissarische) Nachfolge Harnacks gehört haben. Was unsere Zeitungen darüber fabulirt haben, ist Thorheit. Thatsache ist, daß Universität wie Akademie gegen eine diesen Sommer erlassene drakonische Bibliotheksordnung remonstrirt haben, aber das hat weder mit dem längst festgesetzten Abgang Wilmanns noch mit Harnack's Nachfolgerschaft irgend etwas zu thun. Vielmehr war, da Harnack längst als Vertrauensmann der Universität in der Bibliotheks-Commission war, der Gedanke an ihn um so nahe liegender als längst in unsren Kreisen der Wunsch geäußert wurde, es möchte wieder wie vordem ein Akademiker mit der Leitung dieser Anstalt im Nebenamte betraut werden. Er wird beim Neubau und der Neuorganisation viel zu thun bekommen. Mein eignes Amt hab' ich ohne viel Bedenken übernommen, da ich durch die Verwaltung des Secretariats sowol in Geschäften wie in der Epideiktik einige Vorübung habe, die den meisten andern fehlt. Ebenso hab' ich stets ein lebhaftes Interesse an den Universitätseinrichtungen genommen und hoffe davon ebenfalls mehr zu wissen als die meisten meiner geehrten Vorgänger. Aber trotzdem bleibt das Amt ein schwieriges. Die studentische „Freiheit" einerseits und die ministerielle Bemutterung andererseits endlich die allerhöchsten Unterhandlungen mit Amerika, die über den Kopf der Universität hinüber gerade jetzt wieder gepflogen werden, das alles gibt Zündstoff genug und kann einen 363
Philologen, der von Hause aus nicht wie gewisse berühmte Theologen klug wie die Schlangen zu sein gelernt hat, zu thun geben. Meine Frau sendet Ihnen wie Ihrer 1. Familie herzliche Grüße, denen ich mich treuergebenst anschließe, Ihr HDiels.
281.
Zeller an Diels
Dictât [Pauline Baur]
Stuttgart 19/10 1905. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Die National-Zeitung hat uns von der Ubergabe des Rectorats u. den schönen Worten berichtet, die Sie bei diesem Anlaß gesprochen haben, u. denen ich bei allen die es angeht gebührende Beachtung wünsche. Möge Ihre Amtsführung eine von den Verhältnissen begünstigte sein, auch von Ihrer Anwesenheit beim Hamburger Philologentag hat mich die Nat. Zeitung unterrichtet. Die Ihnen bei dieser Gelegenheit gewidmete Festschrift hat mir ihr Verfasser Professor Capelle geschickt, was sehr dankenswerth von ihm war, ich habe sie größerentheils vorgelesen bekommen, bis jetzt aber nicht sehr ergiebig gefunden u. es scheint mir daß der Verfasser den Posidonius stark überschätze, wenn er ihn nicht blos für einen großen Gelehrten hält sondern auch für einen großen Philosophen; denn er gerade ist es der am meisten dazu beigetragen hat die Stoische Philosophie die durch Panätius auf eine freiere Bahn gelenkt war, durch Aberglauben aller Art zu verunstalten. Ihr neuer College Riehl war so freundlich mir aus Anlaß seiner Ubersiedlung nach Berlin noch von Halle aus zu schreiben, jetzt wird er ja wohl in Berlin sein ich will aber mit meinem Dank noch warten bis ihn ein Brief auf der Universität trifft, da mir erzählt worden ist, daß er sein Haus in Halle behalten, u. in Berlin im Hôtel garni wohnen wolle, mir freilich unbegreiflich aber vielleicht ist die Idee nicht in seinem sondern in seiner Frau Kopf gewachsen. Professor Vischer von Göttingen welcher dieser Tage hier durchkam erzählte mir daß er in Bötzen mit Dilthey nebst Sohn u. Frau zusammen gewesen sei, u. daß dieser dort an der Sammlung seiner kleineren Arbeiten beschäftigt sei, wann sie fertig wird bin ich einigermaßen gespannt. - Von uns ist nichts Besonderes zu berichten, daher nur noch die herzlichsten Grüße von Haus zu Haus, treulichst Ihr Zeller [Unterschrift eigenhändig] 364
282.
Diels an Zeller Kleiststr. 21 Berlin W 62.
22. Oct. 1905. Hochverehrter Freund, D a es sehr zweifelhaft ist, wann ich wieder zum Briefeschreiben komme, so benutze ich die Sonntagsruhe vor dem eigentlichen Beginn des Semesters, um Ihnen für Ihren liebenswürdigen Brief vom 19. herzlichst zu danken und von dem zu berichten, was uns die letzte Zeit gebracht hat. Sie haben schon durch die Zeitungen erfahren, daß ich in Hamburg war und zwar, was seit vielen Jahren nicht vorgekommen ist und möglich war, in Begleitung meiner Frau, die sich sehnte die Stätte einmal wieder zu sehen, wo wir vor 30 Jahren unseren Ehestand begonnen und die beiden ältesten Söhne uns geboren sind. Freilich von den drei Wohnungen, die wir in vier Jahren dort gehabt, ist keine mehr unverändert und Hamburg selbst hat sich so verändert und verschönert, daß wir uns nur noch selten auskannten. Auch von den alten Bekannten sind nur noch Wenige da und gar manche in trauriger Verfassung. D a meine Frau nun einmal da war, so schwamm sie auch munter im Strom mit, machte zu Seiten des Bürgermeisters das Festessen mit und beteiligte sich an dem glänzenden Empfang, den der Senat den Philologen gab. Ich wurde als ältester der anwesenden Universitätsprofessoren (eine bedenkliche Ehre!) dazu ausersehen auf die Rede Mönkebergs, des Bürgermeisters, zu antworten, was ich so that, daß ich geschichtlich die natürliche Verbindung von Handelsstadt und Wissenschaft hervorhob und der Wahrheit gemäß bezeugte, daß nach einer 1875 eingetretenen Stockung, die durch Hoche veranlaßt war, nunmehr in letzter Zeit Hamburg wieder in nähere Beziehung zur Wissenschaft getreten ist, indem es die berühmtesten Professoren zu sog. Senatsvorlesungen vor gebildetem Publicum einlädt, und im Begriff steht entweder eine Universität oder eine Handelshochschule (man ist noch geteilter Meinung) zu gründen. Da Hamburg an der Spitze der Staaten steht, die abgesehen von den 5 Akademien den Thesaurus linguae Latinae Subventioniren, so hatte ich auch in dem Bericht hierüber, den ich in der ersten öffentlichen Sitzung vortrug, Gelegenheit Hamburgs wissenschaftliche Förderungen anzuerkennen. Man hatte dort das Bestreben durch außerordentliche Liebenswürdigkeit die schlimmen Zeiten vergessen zu machen, die mir Direktor Hoche bereitet hatte, bis Sie mit Bonitz die schöne Wendung in meinem Leben vorbereiteten, für die ich Ihnen in jeder Stunde meines Lebens dankbar bin. Gestern erhielt ich die traurige Nachricht, daß mein dritter Gönner, dem ich wie einem Vater zu Dank verpflichtet bin, Hermann Usener, plötzlich am Herzschlage verstorben ist. Ich vermute, daß das Leiden (Blinddarm), das ihn unmittelbar nach der schönen Feier des 70. Geburtstages October 1904 befiel 365
und dessen Operation sich lange hinzog, doch etwas im Organismus zurückgelassen hat, das eine Embolie verursachte. Doch habe ich erst telegraphische Nachricht. Es thut mir furchtbar leid, daß ich nicht wegkann. Denn das Rectorat hat gleich mit einer solchen Fülle von Geschäften und einer solchen Masse von Immatriculationen begonnen, daß ich von morgens bis Abends beschäftigt bin. Dazu kommt noch Mr. Peabody, der Gastprofessor von der Harvard-University, dessen Anwesenheit hier politisch in einer Weise aufgestutzt wird, wie man es wol nach den Antecedentien der Reise des Prinzen Heinrich versteht, wie es aber dem Gefühle der Korporation nicht entspricht. Mr. Peabody, ein socialer Theologe, der sich wissenschaftlich ganz von deutschen Ideen nährt, soll hier zwei Semester vortragen. Seiner Antrittsvorlesung will morgen in acht Tagen der Kaiser beiwohnen, der sonst nie die Universität betreten hat, und ein officielles Diner des Rectors soll die Spitzen des Staats demnächst mit dem amerikanischen Gaste bekannt machen. Ein eigenes Zimmer ist ihm in der Universität, die kaum Raum für sich hat, eingeräumt - und alles liegt dem Rector ob anzuordnen und gute Mine zum dummen Spiel zu machen. Natürlich wird wöchentlich auch ein Denkmal enthüllt, wie das Moltkes, oder fundamentirt, wie das Siemerings von Treitschke, der in Bronze colossal im Vorhof der Universität aufgestellt werden soll in lebhafter rednerischer Gesticulation gleichsam unter die Studenten tretend. Die Geste ist gut, aber die Ähnlichkeit gering. Riehl und Dilthey sind noch nicht in die Erscheinung getreten. Ich weiß daher nicht, ob sie schon hier eingetroffen sind. Inzwischen ist in den Ferien [am 6.10.], wie es sich für den Professor geziemt, Richthofen geschieden, der die Fächer der deutschen und europäischen Geographie in festen Händen hielt. Er war sehr erfrischt aus Gastein zurückgekehrt und erzählte mir davon acht Tage vor seinem Tode. Er wird sehr vermißt werden und es wird nicht leicht sein für sein Fach, wo die maßgebenden Persönlichkeiten rar sind, den richtigen Mann zu finden, zumal der historische College Sieglin, der seit Jahren wegen Nervenleiden pausirt hat und mit seinem Stuttgarter Bruder, dem Seifenfabrikanten, in Streit geraten ist, in der Facultät wenig Ansehen sich errungen hat. Daß Capelle's Schrift mir gewidmet ist, höre ich von Ihnen, denn mein Exemplar trug die Widmung nicht. Auch schrieb mir das der Verfasser nicht, den ich in Hamburg gesprochen habe. Die Stellung des Poseidonios hat der Mann deshalb überschätzt, weil er zu solcher Abschätzung doch noch nicht den Überblick hat. Er hätte sich sagen sollen, daß zu Ciceros Zeit ein solches Originalgenie unmöglich ist. Es scheint, als ob Wilamowitz große Worte die Jüngeren in die Irre führten. Ich wünsche Ihnen mit den Meinigen, von denen Paul am 9/11 ins Examen 366
gehen soll, einen guten Winter und bitte Sie mich Frl. Pauline und Ihren Kindern und Enkeln empfehlen zu wollen. Treulichst Ihr HDiels
283.
Zeller an Diels
[Diktat, Albert Zeller]
Stuttgart 29. X . 05. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! U m zunächst ein kleines Mißverständniß zurecht zu stellen: wenn ich die Schrift v. Capelle eine „Ihnen" gewidmete genannt habe, meinte ich mit den „ihnen" nur die sämmtlichen in Hamburg versammelten Philologen, denen sie als Festschrift gewidmet ist, eine an Sie persönlich gerichtete Widmung habe auch ich nicht darin gefunden. Inzwischen haben ja die Geschäfte des neuen Semesters bei Ihnen kräftig eingesetzt u. ich kann nur wünschen, daß sie Ihnen nicht durch überflüssige Störungen erschwert werden. Etwas besorgt machte mich in dieser Beziehung die Zeitungsnachricht, daß der Streit über die confessionellen Verbindungen bei den technischen Hochschulen wieder aufzuleben beginnen, da er sehr leicht auf die Universitäten überschlagen könnte; mir scheint er bei richtiger Behandlung schon vermeidlich. Der studentische Ausschuß soll doch eine Vertretung der gesammten Studentenschaft sein nicht eine solche des von den akademischen Vereinen repräsentirten Bruchteils derselben. Man lasse ihn von sämmtlichen immatriculirten Studenten wählen, mit den Landsmannschaften, Burschenschaften, evangel, u. kathol. Vereinen u.s.w. hat er nicht das geringste zu tun u. wenn die Behörde keinen Anlaß hat die Bildung katholischer Vereine zu verbieten, die sich ja doch jeden Augenblick unter einem confessionslosen Namen auftun können, so hat sie auch keinen Grund, die übrigen Studenten zu hindern, daß sie ihnen die Anerkennung als akademische Gesellschaften verweigern, diese sind vielmehr damit ganz in ihrem Recht, da es ein Widersinn ist, Leute, welche man zum freien Forschen erziehen will zugleich unter hierarchische Bevormundung stellen zu lassen. Useners plötzlicher Tod, den ich durch Ihren Brief zuerst erfahren habe, tut mir sehr leid. Wir haben an ihm nicht bloß einen Gelehrten ersten Ranges, sondern auch einen prächtigen Menschen verloren, den man besonders in Bonn noch lange vermissen wird. - Von mir u. den Meinigen ist nichts Neues zu melden, also nur die herzlichsten Grüße Ihres Zeller. [Unterschrift eigenhändig] 367
284.
Zeller an Diels
(Dictat)[Pauline Baur]
Stuttgart 17/11 1905 Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Wenn Sie um der Gleichförmigkeit willen im Personalverzeichniß die DoctorTitel die ich besitze, alle vier nennen lassen wollen habe ich natürlich nichts dagegen, so komisch mir es auch immer vorkommt daß ich Dr. der Medicin sein soll um die ich mich höchstens dadurch verdient gemacht habe, daß mein Sohn Arzt ist. Ist Ihnen die Schrift von Bahndt [P. Barth] über die stoische Schule in die Hände gekommen? ich habe sie mir in der letzten Zeit vorlesen lassen, bin aber nicht durchaus mit ihr zufrieden. Der Verfasser, wohl noch ein jüngerer Mann, ist ein Schüler von Heinze in Leipzig, da sie für das größere Publikum bestimmt ist kann man keine neuen Ergebnisse von ihr verlangen, aber auch in der Wiedergabe des Bekannten fehlt es nicht an Ungenauigkeiten u. Mißverständnissen. Das Beste sind darin die Auszüge aus Stoikern der römischen Zeit, die er fleißig studirt hat. Sehr sympatisch war mir dagegen die Gestalt des General Göben, dessen zweibändige Biographie, nebst den darin aufgenommenen Briefen, ich gleichfalls mir habe lesen lassen. Die letzteren bilden zugleich ein Tagebuch aus den Kriegen von 1864-66 u. 70, u. haben neben dem biographischen auch allgemein geschichtliches Interesse. So sucht man die Zeit in der man selbst nichts mehr leisten kann mit der Betrachtung dessen was Andere geleistet haben würdig zu vertreiben. Mit den beßten Grüßen von Haus zu Haus, Ihr Z.
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285.
Diels an Zeller Kleiststr. 21 Berlin W 62.
31/12 1905 Hochverehrter Freund, Zum neuen Jahre schicke ich Ihnen und Ihrer ganzen lieben Familie meine und meiner Frau und Söhne herzlichste Wünsche. Wir freuen uns, daß das abgelaufene Jahr Ihnen eine kleine Erleichterung der äußeren Existenz gebracht hat, wenn auch nicht alle Wünsche in Erfüllung gegangen sind. Je älter man wird, um so mehr lernt man die negativen Chancen gleich in die Rechnung einstellen und freut sich, auch wenn nur ein kleines Plus bei der Gesamtbilanz herauskommt. Wir sind bisher ganz munter durch den Winter durchgedrungen, der sich freilich auch noch nicht von seiner unwirschen Seite gezeigt hat. Die Rectoratsarbeit, die durch den beständig zunehmenden Andrang von Russen und - Russinnen sehr complicirt und lästig sich gestaltete, wird nun hoffentlich etwas abebben. Meine Frau hat, was von der etwas vermehrten Geselligkeit auf ihr Teil fiel, ebenfalls ziemlich leidlich überstanden. So waren wir Weihnachten alle gesund um den Tisch versammelte und waren dankbar, daß wir es sein konnten. An einem der Feiertage waren wir bei dem in der Nähe wohnenden Professor v. Hiller, der ein eifriges Mitglied der Graeca geworden ist. Bei ihm trafen wir auch Frl. Lisbeth Mommsen, die Tante von Frau v. Hiller, an. Sie teilte uns ihre Absicht mit demnächst auf einigen Umwegen auch nach Stuttgart zu gehen und Sie aufzusuchen. Ich gab ihr ein Packet Grüße an sie alle mit und hoffe, daß Sie Ihnen viele Berliner Details mitbringen wird. Anbei schicke ich einen Bericht über verschiedene Thesauri mit, den ich in Hamburg vorgetragen habe. Sie werden daraus ersehen, wie sich in unserer Akademie die deutsche Abteilung herauszumachen gedenkt. Behalten Sie mit den lieben Ihrigen im alten wie im neuen Jahre in gutem Gedenken Ihren getreuen Hermann Diels
286.
Zeller an Diels
(Dictat)[Pauline Baur]
Stuttgart 9. Jan. 1905 [1906] Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Ihre freundlichen Neujahrswünsche erwiedern wir Alle von Herzen u. freuen uns, daß Sie die Jahreswende so gut durchlebt haben u. daß nun bereits ein erheblicher Theil Ihrer Rectorats-Arbeit mit beßtem Erfolg gelöst ist. Ihre Mit369
theilung über Ihr Zusammentreffen mit Lisbeth Mommsen ist uns gestern von deren ältesten Bruder bestätigt worden, der uns auf dem Rückweg von einer Hochzeit in Straßburg mit seiner Frau über hier kam u. auch uns besuchte. College Hiller v. G. hat mich in die letzte Graeca eingeladen, ich konnte aber leider nicht kommen. Bei uns hat sich in den letzten Monaten nichts geändert u. ich bin zufrieden wenn es den Meinigen gut geht; für meine Person ist Euthanasie das Einzige was ich mir wünsche. Haben Sie seinerzeit Joël's griechische Denker gelesen, die vor Vi Jahr in der D. Rundschau erschienen sind? ich meinerseits kann nicht läugnen, daß mir diese Sintfluth superlativischer Lobpreißungen des Guten zu viel war. Interessanter war mir der in demselben Blatt etwas später erschienene Bericht Kaftan's über seine Begegnung mit Nietzsche. Aber wenn derselbe voraussetzt dieser sei damals noch geistig gesund gewesen, so scheint er selbst mir diese Annahme durch seine Mittheilungen zu widerlegen. Wer im stände ist im Ernste zu sagen „Wenn es einen Gott gebe hielte ich es nicht aus nicht dieser Gott zu sein", der muß doch nothwendig an einem zur Krankheit gewordenen Größenwahn leiden; denn daß Nietzsche dies nur im Scherz gesagt hätte halte ich für ausgeschlossen. Für Ihren Vortrag über die Thesauri, der mich sehr interessirt hat, danke ich schönstens, ich ließ ihn mir sogleich vorlesen. Herrn Coli, von Hiller bitte ich bei Gelegenheit für seine freundliche Einladung zu danken. Sie u. die Ihrigen grüßt mit den Seinigen allen auf's herzlichste Ihr treu ergebener Zeller. [Unterschrift eigenhändig]
287.
Diels an Zeller Kleiststr. 21 Berlin W 62.
20/1 1906
Hochverehrter Freund, Ihre sehr freundlichen Neujahrswünsche haben uns alle hocherfreut und von Ihrem Wohlbefinden erfreulich überzeugt. Auch uns ist es bis jetzt recht leidlich ergangen, obgleich mein jüngster Sohn doch noch immer nicht ganz die Depression überwunden hat, die dadurch neue Nahrung erhält, daß er seine Dissertation für den Druck zusammenpressen muß, was ihm große Schwierigkeiten macht. Wir hoffen, daß es möglich sein wird ihn und meine Frau im Frühjahr etwas hinauszuschicken, was der Arzt dringend anrät. Leider bin ich durch die Akademie so gebunden, daß ich höchstens auf 10 Tage um Ostern 370
herum loskommen könnte, aber auch dies ist noch zweifelhaft, da ich nicht weiß, was das Rectorat fordert, das jetzt in diesen Tagen wegen der verschiedenen Feste besondere Anforderungen an die Arbeit wie an die Repräsentation stellt. Was Ihre Euthanasia betrifft, so hat das wol noch gute Weile, wenn man so schöne Proben von Eupoia ablegt! Möge Ihr neues Lebensjahr, das Sie übermorgen antreten, noch viele Nachfolger haben! Joëls Hymnus auf die Griechischen Denker ist mir nicht zu Gesicht gekommen, aber da er stark nach Wien aspiriert und sonst in der rabbinischen Spintisierung und feuilletonistischen Stilisirung wesensverwandte Züge mit dem Wiener Freunde entwickelt, so ist die Harmonie der Seelen leicht begreiflich. Was Nietzsche betrifft, so ist er im Begriff nach seinem Tode Prophet und Gott zu werden. Ein Plakat, das neulich vor der Universität verteilt wurde, forderte auf, Katholiken und Protestanten sollten die alten Hüllen abwerfen und eine neue Religion im Geiste Nietzsches gründen. Dahinter steckt natürlich auch wieder Zion! Mit den herzlichsten Grüßen an Ihre 1. Familie (bes. Frl. Pauline) von uns Allen und besten Wünschen für Sie selbst in Treue Ihr H . Diels
288.
Zeller an Diels
Dictât. [Albert Zeller]
Stuttgart 28.1. 06. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Für Ihr treues Gedenken u. Ihre guten Wünsche spreche in Ihnen u. den Ihrigen meinen herzlichen Dank aus, überlasse es aber ganz u. gar den Göttern, wie viel von den letzteren sie erfüllen wollen. Inzwischen ist mir vorgestern die beiliegende Aufforderung zugegangen, auf welche ich Lasson, der ja doch wohl der Anstifter der ganzen Sache sein wird, geantwortet habe: in das Comité für ein Fichte-Denkmal einzutreten, würde mir schon der leidende Zustand meiner Augen verbieten, da ich mir keine Vermehrung meiner Correspondenz durch Übernahme geschäftlicher Verpflichtungen wünschen könne; es scheine mir aber auch ganz unzulässig, eine Sache, die mit Ihrem Universitätsjubiläum in Verbindung gesetzt werde, anders als unter Rücksprache u. Gutheißen der akademischen Behörden vor die Öffentlichkeit zu bringen. Einen dritten Grund, daß mir nämlich die philosophische Gesellschaft nicht die berufene Vertreterin der deutschen Philosophie zu sein scheine u. ich mich nicht berufen fühle, für die Wichtigtuerei meinen Namen herzugeben, habe ich vermöge meiner angeborenen Höflichkeit für mich behalten. 371
Joëls Bewunderung für die „Griechischen Denker" machte mir in ihrer Maßlosigkeit sofort den Eindruck, daß der Wunsch nach Wien berufen zu werden, an ihr einen wesentlichen Anteil habe u. Ihre Mitteilung über den Baseler Collegen bestätigt diese Vermutung. Ich fürchte aber nicht, daß er in Gefahr steht, den von ihm Gefeierten durch seine allzu lauten Trompetenstöße zu verstimmen. Mit meinen wärmsten Grüßen verbindet mein Sohn u. seine Frau u. meine Schwägerin die ihrigen an Sie u. Ihre liebe Frau. Treulichst Ihr Zeller.
289.
Diels an Zeller Kleiststr. 21 Berlin W 62.
17 März 1906 Hochverehrter Freund, Sie werden es nicht glauben. Es ist aber buchstäblich so, daß ich von Tag zu Tag hoffe, Ihnen schreiben zu können und daß ich erst heute, und zwar durch Schwänzen einer Sitzung, die Zeit finde meinen Plan auszuführen. Ihr Brief an Lasson schlug prompt ein. Bereits einige Stunden, nachdem ich durch Sie von der Tölpelei unseres Philosophen benachrichtigt war, trat er selbst an mit dem Gesichte eines zerknirschten Sünders. Zuerst „Pater peccavi", dann „quid faciamus nos?" Ich beruhigte ihn, sagte, Sie hätten ganz Recht, das sei eine Universitätssache in erster Linie, und schlug ihm vor, über dem von ihm zusammengetrommelten Comité ein Ehrencomité zu constituiren, in das nur wenige Personen, von der Phil. Gesellschaft höchstens 2, einzutreten hätten. Die übrigen Personen müßten sich teils aus Koryphäen des Fachs, teils aus Vertretern der Regierung zusammensetzen. Er legte daraufhin alles hocherfreut in meine Hände; und die Sache liegt nun so, daß ich mit Dilthey die Beiziehung Bülows, Studts, Windelbands, Lassons erwogen habe. Vor allem aber waren wir beide der Meinung, daß Ihr Name in dem Ehrencomité stehen müßte, wenn sich dies irgend mit Ihren Grundsätzen vereinigen läßt. Freilich hat mir auch Natorp geschrieben, daß Sie jede Beteiligung an Comités ablehnten, aber da ich selbst mich bei seiner Demonstration nicht beteilige, so sehe ich als möglich an, daß Sie bei dem nun so reorganisirten Fichtecomité doch Ihren Namen noch geben wollen, da ja weitere Schreibereien und Nachfragen nicht damit verbunden sein werden. Dilthey hat mit Bülow, ich habe mit Studt selbst und Althoff gesprochen. Alle sind bereit. Ich warte nun noch auf Ihre gütige Entscheidung. 372
Ich fühle mich durch die nicht abbrechende Reihe aller möglicher Geschäfte und Verwicklungen sehr ermüdet, aber ich kann vor Beginn der akademischen Ferien 6. April nicht fort und muß am 19. April wieder hier sein. Trotzdem plane ich für diese kurze Zeit ein wenig nach Baden-Baden zu gehen, da meine Frau es sehr nötig hat sich auszuruhen und vor allem mein jüngster Sohn Paul noch immer nicht ganz frisch ist. So will denn meine Frau mit ihm etwas länger dort bleiben. Wie wäre es wenn Sie, hochverehrter Freund, das schöne Zusammentreffen in Baden erneuerten? Meine Frau wie ich rechnen fest darauf. Hoffentlich liegt auch bei Ihnen und Ihrer 1. Familie alles günstig. In dieser Hoffnung schließt mit herzlichsten Grüßen auch von den Meinigen an Sie und Ihr ganzes Haus Ihr ganz ergebner HDiels.
290.
Zeller an Diels
[Diktat, Pauline Baur]
Stuttgart 19. März 1906 Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Da sich Lasson so artig gezeigt hat will ich es auch sein und mich zum Eintritt in Ihr Comité bereit erklären so wenig ich auch noch leisten kann. Mein Hauptabhaltungsgrund war ohnedem die in dem Vorgehen der philosophischen Gesellschaft liegende Vernachlässigung der Universität. Nicht ebenso entgegenkommend kann ich leider in Betreff Ihres zweiten Wunsches eines Wiedersehens in Baden-Baden antworten. Vorgestern mußte sich unsere Hildegard am Scharlachfieber legen, u. so lange dieses Kind nicht wieder genesen ist, können wir meine Schwägerin u. ich uns nicht entschließen Stuttgart zu verlassen, das wird aber auch bei normalem Verlauf der Krankheit jedenfalls länger dauern als Sie in Baden bleiben können! Aber doch möchte ich sehr ungern auf die Hoffnung verzichten, Sie zu sehen, u. würde mich sehr freuen wenn sich ein gangbarer Weg dazu finden ließe. Mit den herzlichsten Grüßen an Frau u. Söhne, Ihr treu ergebener, Zeller [Unterschrift eigenhändig]
373
291.
Diels an Zeller Kleiststr. 21 Berlin W 62.
21/3 06
Hochverehrter Freund, Ich danke Ihnen für Ihre Bereitwilligkeit in der Fichtesache, bedaure aber von Herzen, daß die arme Hildegard Ihre und unsere Frühjahrspläne so empfindlich stört. Die Hauptsache ist, daß die Krankheit gut verläuft, aber da die Hauptgefahr in den Nachwehen besteht, so begreife ich, daß Sie unter solchen Umständen nicht ruhig fortgehen können. Möge alles normal vorübergehen und die reizende Hildegard bald wieder hergestellt sein. Die Meinigen senden ebenfalls beste Wünsche. Getreulichst Ihr Hermann Diels
292.
Diels an Zeller Berlin, den 20. Juli 1906 C. 2, Platz am Opernhause.
Der Rektor der Friedrich Wilhelms - Universität
Hochverehrter Freund, Ich teile Ihnen vertraulichst mit, daß die philosophische Facultät in Verbindung mit dem Senat beschlossen hat den denkwürdigen Tag, wo Ihnen vor 70 Jahren in Tübingen der Doctorhut verliehen worden ist, in dankbarer Erinnerung an Ihr hiesiges Wirken durch eine Porträtradierung zu verewigen, die Graf Kal[c]kreuth gütigst übernommen hat anzufertigen. Wir hoffen, daß Sie nichts gegen unsre Absicht einzuwenden haben werden und daß Sie dem Künstler einige Sitzungen zu diesem Zwecke bewilligen werden. Das Ende des Rectorates ist für mich noch mit einer von Tag zu Tag steigenden Geschäftslast verknüpft, doch hoffe ich mit meiner Frau am 10. August nach Schierke gehen zu können. Am 8. September gedenke ich umzuziehen (Nürnbergerstr. 65) und am 18. etwa will ich einem Wunsche der Akademie und Universität folgend nach Aberdeen in Schottland gehen, um das 400 jährige Jubiläum der Universität feiern zu helfen. Wenn meine Frau sich einigermaßen wohl fühlt, möchte sie mich begleiten. Indem ich hoffe, verehrtester Freund, daß Sie und Ihre liebe Familie sich wohl befinden bin ich mit herzlichen Grüßen der Meinigen Ihr treulichst ergebner HDiels Wohin werden Sie denn in die Sommerfrische gehen? 374
293.
Zeller an Diels
Diktat! [Albert Zeller]
Stuttgart, 22. VII. 06.
Lieber Freund! Es ist sehr liebenswürdig u. dankenswert von Ihnen u. allen meinen früheren Collegen, daß Sie sich so freundlich einer Tätigkeit erinnern, die schon so lange hinter uns liegt, u. es wäre unverzeihlich von mir, wenn ich die Bedenken, die mich bisher abgehalten haben, mein verwittertes Gesicht noch abconterfeien zu lassen, auch Ihnen gegenüber nicht aufgeben wollte. Von den vielen in dem quis, quid, ubi u.s.w. enthaltenen Fragen hat Ihr Schreiben die meisten schon zu meiner Befriedigung beantwortet, auf das ubi kann ich nur erwidern: Reinsburgstr. 56, denn ich finde mich nachgerade zu Hause am wohlsten, über das quando müssen Sie u. Graf Kalckreuth entscheiden, ich denke aber, es wird sich von selbst so machen, daß sich die Ausführung des Bildes noch einige Wochen hinauszieht, da mein Sohn mit seiner Familie Mitte dieser Woche zur Sommerfrische an den Plansee abreisen u. erst in der letzten Augustwoche zurückkommen wird, auch meine Schwägerin aus ihrer Sommerfrische im Schwarzwald voraussichtlich in 2 - 3 Wochen wieder zurückgekehrt ist, Graf K. aber, wie mir seine Gemahlin vor ihrer Abreise noch mitteilte, wohl bis in den Oktober abwesend sein wird. In meinem Befinden hat sich nichts wesentliches verändert. Ihnen u. Ihrer lieben Frau wünsche ich für Ihre Harzreise gutes Wetter u. erfreulichen Erfolg. — Dieser Tage schenkte mir Herr Rudolf Adam vom Falks-Real-Gymnasium seine Abhandlung über die platonischen Briefe, die ich mir eben vorlesen lasse. Für die Vorbildung der Historiker auf dieser Anstalt scheint es mir eben nicht zu sprechen, daß der Verf. die Echtheit des Ζ Briefes durch den Nachweis verteidigt, daß Plutarch's geschichtliche Angaben ganz mit den seinigen übereinstimmen; da es sich aber bei der ganzen Frage über die Zulassung der Abiturienten zum Universitätsstudium nicht um die Vorbildung der letzteren, sondern um die Gleichberechtigung der Anstalten handelt, die sie besucht haben, werden die maßgebenden Behörden durch derartige Erfahrungen in ihrem System nicht gestört werden. Mit den herzlichsten Grüßen an Sie u. die Ihrigen Ihr treu ergebener E.Z. [Am oberen Briefrand:] Spectabiiis z. vertr. Kenntnis 24Π. u. Rückert. D[iels] Ew. Magnifizenz mit bestem Dank zurück. Bauschinger Dekan 375
294.
Diels an Zeller Schierke im Harz 24. August 1906
Hochverehrter Freund, Ich hoffe, daß die Universitätsbehörde die Glückwünsche der Alma Mater zu Ihrem in der Gelehrtengeschichte fast einzig dastehenden Feste rechtzeitig Ihnen übermittelt hat. Ich möchte aber nicht unterlassen in meinem und der Meinigen Namen ebenfalls die herzlichsten Wünsche auszusprechen. Leider ist meine Erholungszeit so kurz und die Notwendigkeit für wichtigere Fälle nach Berlin zurückzumüssen so dringend, daß wir hier in der Nähe geblieben sind, wo das strenge Harzklima namentlich für meine Frau nicht sonderlich gedeihlich gewirkt hat. Sonst wären wir lieber nach dem Südwesten gegangen und ich hätte von da Gelegenheit gehabt zu Ihrem Festtage zu Ihnen zu kommen und mich zu überzeugen, wie es Ihnen und den Ihrigen geht. Nun muß ich in acht Tagen zurück und das unangenehme Werk des Umzugs in Angriff nehmen, das uns wohl bis Mitte September in Atem halten wird. Hier in Schierke hält sich gleichzeitig mit uns auch Althoff auf, der im Sanatorium sein Magenleiden behandeln läßt, aber wie seine Frau klagt, sich den Anordnungen des Arztes nicht fügt und daher immer wieder Rückfälle hat. Trotzdem ist er hier voll beschäftigt und stets voll neuer Pläne. Über die Natur seines Leidens hört man Verschiedenes. Werden Sie denn ganz in Stuttgart bleiben oder wollen Sie noch etwas hinaus? Auf alle Fälle wünsche ich, daß Sie Ihr Fest heiter mit den Ihrigen verleben und Sich mit dem ganzen Kreis der Familie des seltenen Tages erfreuen! In Verehrung getreulichst Ihr HDiels
295.
Zeller an Diels
Dictât! [Albert Zeller]
Stuttgart 29. O k t . 06. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Für Ihre „Fragmente der Vorsokratiker" spreche ich Ihnen meinen herzlichen Dank aus. Sie kommen mir um so gelegener, da eben jetzt Reisland eine neue Auflage meines Grundrisses wünscht u. so die in diesem Band enthaltenen Bruchstücke in der neuesten u. besten Rezension benützt werden können. O b aber freilich überhaupt eine neue Auflage oder nicht ein bloßer Wiederabdruck 376
der siebenten vorzunehmen wäre u. wie in dem ersteren Fall die durch den Zustand meiner Augen und meines Gedächtnisses herbeigeführten Mängel sich motiviren ließen, darüber möchte ich gerne Ihre Ansicht hören. Unter den hiesigen Gymnasiallehrern, den einzigen bei denen die erforderliche Kenntniß des Griechischen vorauszusetzen ist, wird wohl keinem sein Amt so viel Zeit übrig lassen, daß ihm zugemutet werden könnte, die Verantwortlichkeit für dieselben zu übernehmen. Auch Sakmann, so wenig ich bei der 7 t e n Auflage in dieser Beziehung mich über ihn zu beklagen Grund hatte, möchte ich doch nicht zumuten, sich ebenso wie dies Wellmann bei meinem größeren Werke gegenwärtig tut, ohne Vorbehalt als den Herausgeber der neuen Auflage zu bezeichnen, schon weil das Erscheinen derselben dadurch unbillig verzögert werden müßte, was natürlich bei einem Grundriß, der zunächst für Studirende bestimmt ist u. dies seit seiner 1. Auflage im Vorwort ausdrücklich hervorgehoben hat, weit weniger angeht als bei einem Werke wie jenes. Sehr dankbar wäre ich Ihnen aber, wenn Sie mir meine Frage bald beantworten könnten, so wenig ich auch verkenne, daß auch dies nur unter Vorbehalt geschehen kann. Uber mein Befinden habe ich nicht zu klagen. Daß eine kleine Nachoperation, die mich 4 Tage in der Augenklinik festhielt, immerhin eine kleine Verbesserung meines Sehvermögens herbeigeführt hat, aber die Fähigkeit zu lesen u. zu schreiben sich nicht wieder einstellte, hat mich nicht überrascht u. die Arzte haben es auch nicht versprochen. Treulichst Ihr Zeller.
296.
Albert Zeller an Diels Stuttgart 29. X . 06. Reinsburgstr. 20
Hochverehrter Herr Geheimerat! Den beiliegenden Brief meines Vaters kann ich nicht ohne Commentar an Sie abgehen lassen. Er schreibt zwar: „Uber mein Befinden habe ich nicht zu klagen", u. das ist auch richtig, soweit es sein körperliches Befinden betrifft, daß aber in geistiger Beziehung seit Wochen ein sichtlicher Rückgang eingetreten ist, dürfen wir uns leider nicht verhehlen. Von selbst spricht mein Vater nicht mehr viel, wenn man ihn auf ein Thema bringt, das ihm gerade liegt, so kann er ganz lebhaft darauf eingehen, aber bei seinen Erzählungen ringt er mit dem Ausdruck in einer Weise, daß das Ende eines Satzes oft nicht abzusehen ist. Was er sagt, ist alles richtig u. auch streng logisch wie immer, aber es fehlt an 377
dem Vermögen, sich auszudrücken. Bisweilen weiß man auch gar nicht, was er meint, weil er laut denkt d.h. über etwas zu sprechen anfängt, das ihn gerade beschäftigt, was man aber erraten muß. Am schlimmsten ist es, wenn er einen Brief diktirt, der heutige an Sie ging zwar glatt von Statten, aber die Antwort an den Senat z.B. für die Adresse zum 25. Aug. hat im Ganzen 4 - 5 Std. in Anspruch genommen, ich saß 3 mal Nachmittags bei ihm u. mußte 2mal abbrechen, weil ich sah, daß es nicht möglich war, zu Ende zu kommen. Ihm selbst kommt dieser Defect nicht recht zum Bewußtsein, das ist ja im Allgemeinen ein Glück, kann aber zu großen Schwierigkeiten führen, wie ich das gestern erfuhr, als ich wegen der neuen Auflage mit ihm sprechen mußte. Prof. Sakmann war 2mal Wi Std. beim Vater gewesen, er war aber nicht über die Fassung des 1. Satzes über die Aufgabe der Philos, hinausgekommen. Es ist vollständig ausgeschlossen, daß Vater an der neuen Auflage sich noch beteiligen kann. Ich suchte ihm dies gestern klar zu machen so peinlich eine derartige Auseinandersetzung mir auch sein mußte. Ich schlug ihm vor entweder Sakmann die Auflage selbständig machen oder einfach die 7 t e Aufl. abdrucken zu lassen. Auf Beides wollte er nicht eingehen u. so kam ich auf den Ausweg, Ihre Ansicht einzuholen, ehe man weitere Schritte tue. Wenn ein einfacher Neudruck nicht möglich ist, was ich nicht beurteilen kann, so wissen Sie vielleicht einen Schüler von Vater, der die Neubearbeitung übernimmt. Es ist recht betrübend, daß es so gekommen ist, aber zu verwundern ist es schließlich nicht. Mit freundlichen Empfehlungen auch an Ihre Frau Gemahlin Ihr ergebenster A. Zeller.
297.
Diels an Zeller
Berlin, den 30. Oktober 1906 Hochverehrter Freund, Die Feier Ihres siebzigjährigen Doctorjubiläums hat auch uns eine große Freude gebracht, das Bild von Graf Kal[c]kreuth, das nach Inhalt und Form unser lebhaftes Interesse erweckt und das hier allgemeine Bewunderung findet. Ich habe es sofort in meinem Studierzimmer aufgehängt und so wird nunmehr Ihr guter Geist fortan in effigie unter uns walten und uns noch öfter als bisher an Sie erinnern. Was Ihre heutige Anfrage betrifft, so ist es klar, daß eine Revision wie bei der vorigen Auflage für Sie zu anstrengend, für Prof. Sakmann und für den Verleger aber zu zeitraubend sein würde. Ich bin daher durchaus Ihrer Meinung, daß, wenn sich kein kompetenter Bearbeiter findet, der sich ohne Vorbe378
halt als Herausgeber der neuen Auflage bezeichnen und die Neuauflage in entsprechend kurzer Zeit liefern kann, man zu einem einfachen Wiederabdruck schreiten müßte. Dies könnte man so motivieren, daß Sie zwar der Notwendigkeit einer Revision Sich nicht verschlossen, aber bei dem Zustande Ihrer Augen und bei der Dringlichkeit der Neuauflage auch mit fremder Hilfe diese Aufgabe nicht hätten in Angriff nehmen können. So hätten Sie Sich entschlossen jetzt nur einen Wiederabdruck zu veranlassen und das Weitere der Zukunft anheim zu geben. Allein es gibt vielleicht statt dieser pis-aller noch einen anderen besseren Weg. Wäre ich jetzt nicht contractlich und moralisch gebunden den 2. Band der Vorsokratiker, der sehr schwierige und zeitraubende Arbeit macht, fertig zu stellen, so würde ich sofort um die Ehre bitten Ihren Grundriß, dessen ganze Art und Tendenz mir so sympathisch ist, neu herausgeben und das, was etwa durch neuere Forschung hinzugekommen ist, mit leiser Hand einfügen zu dürfen. Allein dies ist leider unmöglich. Die jungen Gelehrten, die nach ihrem Wissen und ihrer ganzen Haltung etwa in Ihrem und meinem Sinne eine solche selbständige Leistung vertreten könnten (ich denke an Arnim, Hermann Schoene, Paul Wendland, Alfred Gercke) sind alle mit eigenen Sachen so überpackt, daß ich gar nicht anpochen darf. Der einzige, der neben ihnen in Betracht kommt, ist Prof. Franz Lortzing hier, der unstreitig die beste Litteraturkenntnis auf diesem Gebiete besitzt, ein nüchternes Urteil hat und vielleicht Gefallen daran fände Ihren Grundriß zur Neubearbeitung zu übernehmen. Seine Berichte in Bursians Jahresberichten B. 96 und 116 sind fast erschöpfend. Auf Grund dieses Materials wird es ihm nicht schwer fallen das, was etwa neu hinzukommt (es wird im Ganzen nicht viel sein) zu verwerten. Er würde gut daran tun für die jetzt bevorstehende Neuauflage möglichst wenig zu ändern, um nicht zuviel Zeit daran zu setzen. Dann würde er in der Zwischenzeit neuer Auflagen Zeit und Muße haben sich die Sache zu überlegen. Lortzings Arbeit würde insofern auch vor andern den Vorteil haben, daß er ein gutes Verhältnis zu mir hat und leicht in einzelnen Fällen sich mündlich Rats erholen könnte wie es Wellmann häufig zu tun pflegt, der natürlich für diese Aufgabe auch in Betracht kommen könnte, wenn ihm sein Amt Zeit ließe mehr als ein wissenschaftliches Werk zu fördern. Sollte diese Lösung mit Lortzing Ihren Beifall finden, so würde ich gern die Vermittlung übernehmen. Dazu müßte ich freilich die näheren Bedingungen des Verlegers kennen und welche Rechte Sie Sich und Ihrer Familie ev. für die Zukunft sichern wollen. O b freilich Lortzing Zeit und Lust hat auf die Sache einzugehen, kann ich nicht sagen. Er ist auch kein Jüngling mehr. Unterdessen habe ich meine doch schließlich recht drückend gewordene Bürde dem Theologen Kaftan überantwortet, der als solcher das zu dem Amte nötige charisma kybernëseos schon mitbringt. Die letzte Aufgabe war die an379
strengendste aber auch schwierigste, die Vertretung von Berlin bei der 400jährigen Feier der Universität Aberdeen in Schottland. Ich mußte mit einigem Befremden constatieren, daß die dortigen Universitäten noch in Dornröschens Schlaf versunken zu sein scheinen. Sie kennen und wissen höchstens noch von Oxford und Cambridge, alles andre Universitätswesen ist ihnen offenbar noch fremd und die „internationalen Aufgaben", von denen ich in meiner letzten Rede sprach (Sie haben doch ein Exemplar erhalten?) berühren diese mittelalterlich organisierten Colleges nicht. Aber die Reise war sehr unterhaltend (meiner Frau gefiel besonders auch Edinburgh) und die Aberdeener Gastfreunde, die uns nach Landessitte bei sich aufnahmen, sehr liebenswürdig. So habe ich doch eine angenehme Erinnerung an diese Feier außer meinem hood (d.h. der Doctorkapuze iuris utriusque, die mir dort honoris causa verliehen wurde) mit nach Hause genommen. Es hat uns alle sehr gefreut, daß die Operation, der Sie Sich neuerdings unterzogen haben, doch wieder etwas gefördert hat. Je älter man wird (so fühle auch ich), umso mehr kommt uns Goethes letztes Wort in den Sinn: „Mehr Licht". Freilich bleibt es allzumeist nur frommer Wunsch. Denn die Welt scheint wirklich immer dümmer zu werden. Die Hohenlohe'sche Sache hat mich sehr geärgert. Je mehr ich den Mann seiner Zeit geschätzt habe, um so mehr verdrießt mich die täppische Ungeschicklichkeit, mit der der junge hierin seinem Vater so ganz unähnliche Friedrich Curtius den kleinlichen Notizenkram eines Privatjournals in puris naturalibus veröffentlicht hat. Da ich einer der wenigen bin, die die zwei Bände durchzulesen die Geduld gehabt haben (auf meiner Reise nach München zum Thesaurus!), so urteile ich nicht nach den Zeitungsausschnitten, die mehr die Gesinnung des Verlegers als der Herausgeber illustrieren. Das Ganze ist aber wenige Seiten ausgenommen nicht das Papier wert, auf dem es steht! Den Vorteil haben nur die Jesuiten daran, deren Todfeind Hohenlohe war. Sic vos non vobis! Doch nun habe auch ich das Maß vergessen, das einer gedeihlichen Corres p o n d e s gesteckt ist. Halten Sie Sich recht wol, hochverehrter Freund, und lassen Sie mich bald wissen, nach welcher Seite Sie neigen. Mit den besten Grüßen meiner Frau und Söhne an Sie und Ihre liebe Familie Ihr treulichst ergebner HDiels
380
298.
Zeller an Diels
Dictât! [Albert Zeller]
Stuttgart 6. XI. 06. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Meinen herzlichsten Dank für den großen Dienst, den Sie mir zu leisten bereit sind. Geschäftlich steht der Annahme desselben meinerseits mein Vertrag mit meinem Verleger nicht im Wege, da ich diesen nur für die jedesmalige Auflage zu schließen pflege u. somit in dieser Beziehung vollkommen freie Hand habe. Der neue Herausgeber wird sich allerdings verhältnißmäßig besser stellen als Wellmann; denn dieser erhält ebenso wie ich für den Bogen je 24 M., da die Auflage blos 960 Exemplare stark ist, während für den Grundriß bei einer Auflage von 2000 Exemplaren ungefähr 98 M. für den Bogen, also für den Verfasser u. den Bearbeiter je 49 M. sich ergeben, was damit begründet wurde, daß sich Reisland verpflichtet hatte, denselben meinen Zuhörern für 3 M. zu liefern u. ich auch nach meinem Abgang von Berlin auf einen Ersatz für diese Bestimmung zu dringen versäumt hatte. Ich bitte Sie daher hiervon, was Sie passend finden, Herrn Prof. Lortzing mitzuteilen, der mir natürlich schon deshalb der liebste Bearbeiter ist, den ich zur Zeit werde finden können, weil er sich bei Ihnen in jedem zweifelhaften Fall Rats erholen kann u. darf. Mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus Ihr dankbarer Zeller. Genaueres bleibt dem abzuschließenden Vertrag vorbehalten.
299.
Z.
Diels an Albert Zeller Nürnbergerstrasse 6511' Berlin W 50. 11/11 06
Hochgeehrter Hr. Professor, Prof. Lortzing ist zwar mit anderen Sachen überlastet, aber er ist bereit aus Verehrung für „Altmeister Zeller" sich der Sache zu unterziehen, falls es ihm gelingt für den nächsten Sommer Urlaub vom Gymnasialunterricht zu erhalten. Dazu muß er aber wissen, ob der Verleger damit einverstanden wäre das Ms. der Neuauflage erst Ende 1907 zu erhalten. Ist das nicht der Fall, so müßte freilich ein reiner Abdruck der vorigen Auflage zunächst vorhalten. Mit der Bitte gütigst diese Anfrage an den Verleger vermitteln zu wollen u. besten Grüßen an Ihren Hrn. Vater u. die ganze Familie Ihr g[anz] erg[ebner] HDiels. 381
300.
Diels an Zeller Nürnbergerstrasse 6511' Berlin W 50. 30/12 1906
Hochverehrter Freund, Ich darf nicht unterlassen Ihnen zum neuen Jahre die herzlichsten Glückwünsche zu senden, denen sich meine Frau und Söhne gern anschließen. Wer auf ein so hohes Alter blickt wie Sie schaut lieber in die Vergangenheit als in die Zukunft. Denn je älter man wird, um so mehr schwindet das Vertrauen und die Hoffnung auf Besserung der eignen wie der fremden Zustände. Auch mich hat das scheidende Jahr an die nahende senectus erinnert, indem die unangenehme rheumatische Complexion, die mich vor anderthalb Jahren fast zwei Monate peinigte, bei beginnendem Frost sich wieder einstellte. So hatte ich für die Weihnachtswoche Hausarrest mit heißen Compressen. Jetzt ist es wieder etwas besser. Wie mit der eignen Gesundheit, so bin ich auch mit der des Vaterlandes wenig zufrieden. Die Hoffnung der nationalliberalen Partei, jetzt wieder sich Luft zu schaffen, halte ich für wenig wahrscheinlich, im Gegenteil wird jetzt die ecclesia triumphans, wenn sie vollgestärkt ins Parlament zurückkehrt, nur um so unverschämter werden. Vorgestern war Professor Heiberg aus Kopenhagen hier. Er hat in Konstantinopel ein altes Palimpsest gefunden, auf dem ein großer Teil des bekannten und ein kleiner Teil des noch unbekannten Archimedes steht. Unter diesem letzteren befindet sich eine Schrift an Eratosthenes, in der er ihm die Infinitesimalrechnung darlegt, die nach dem Urteil von Zeuthen, dem Kopenhagenener Mathematiker, Leibnizens Theorie der Differentialrechnung vollständig enthält. Der Anfang der Schrift sagt, diese Theorie habe bereits Demokrit gekannt, allein er habe jetzt die Beweise dazu gegeben. Man hat schon immer vermutet, daß Demokrit den Schritt von dem Unendlich-Kleinen der concreten Welt auf das der mathematischen Größen gethan habe. Durch diese Schrift wird diese Vermutung Wahrheit, die Sie interessieren dürfte. Meine Familie, die vollständig jetzt wieder bei uns ist, da Ludwig von Marburg, wo er einen Extraordinarius vertritt, über die Ferien hierherkam, befindet sich ziemlich wohl. Ich hoffe das gleiche von Ihnen und Ihrer ganzen lieben Familie, der wir ebenfalls alles Gute für 1907 wünschen. In alter Treue Ihr Hermann Diels
382
301.
Zeller an Diels Stuttgart 12.1. 07. Reinsburgstr. 56.
Dictât! [Albert Zeller]
Lieber Freund! Der heutige Tag ist für mich ein ziemlich unruhiger u. ich bin Allen denen aufrichtig dankbar, die mir kein Telegramm schicken, namentlich wenn das letztere keinen mit meinen hiesigen Mitteln sicher festzustellenden Absender hat, wie dies bei dem „akademisch philologischen Verein" (Berlin) der Fall ist, der mich zwar als sein Ehrenmitglied beglückwünscht, mir aber weder seine Adresse, noch den Absender mitteilt. Auch unserer Graeca, die mich mit ihrem Telegramm natürlich sehr erfreut hat, wäre ich für die Mitteilung des Absenders dankbar gewesen. Haben Sie die Güte, ihr bei nächster Gelegenheit meinen Dank zu übermitteln. Von Ihren Rheumatismen haben Sie sich inzwischen hoffentlich ganz erholt. Höchst interessant ist aber, was Sie mir in Ihrem letzten Briefe von dem durch Heiberg in Constantinopel entdeckten Palimpsest mitteilen, u. so sehr ich sonst, wie es einem dreiundneunzigjähr. geziemt, mit dem Leben abgeschlossen habe, würde es mich doch freuen, über diesen wichtigen Fund mich noch selbst unterrichten zu können. Dazu müßte ich aber freilich nicht blos über eine zuverlässige Ubersetzung der entscheidenden Texte, sondern auch wie ich fürchte meinerseits über mehr mathematische Kenntnisse zu verfügen haben als ich besitze. Gesundheitlich kann ich mit meinem Befinden zufrieden sein, auch meiner Schwägerin geht es zur Zeit im Ganzen gut, mein Sohn u. s. Familie befinden sich gleichfalls wohl. Mit den herzlichsten Grüßen an Sie u. die Ihrigen bin ich Ihr treu ergebener Zeller.
302.
Diels an Zeller Nürnbergerstrasse 6511' Berlin W 50. 20. Januar 1907
Hochverehrter Freund, Es ist hocherfreulich, daß der zwölfte dieses Monats Ihnen bereits soviele Zeugnisse an Anhänglichkeit auch weiterer Kreise gebracht hat. Die Graeca, die am Vorabend bei Unterstaatssecretär Wermuth sich zur Leetüre von Aristophanes Fröschen vereinigt hatte, nahm natürlich gern die Gelegenheit wahr, 383
sich ihres alten Mitgliedes zu erinnern, und ich werde das nächste Mal 25/1, wo die Gesellschaft bei mir sein wird, Gelegenheit haben, Ihren Dank ihr ebenso zu übermitteln wie ich dem akademisch-philologischen Verein (der Sylvester seinen Vorsitzenden, ein Mitglied unseres Seminars, ganz plötzlich an akuter Diabetes verloren hat) Ihren Dank bestellt habe. Ich selbst bringe Ihnen heute die herzlichsten Wünsche zum Antritt Ihres neuen Lebensjahrs. Ich wiederhole alles Gute, das ich Ihnen zu Anfang dieses Jahres angewünscht habe und ich entnehme Ihrer Antwort, daß sowol Sie selbst als Ihre Familie augenblicklich nicht zu klagen haben. Bei uns geht es nur leidlich, da ich mich sehr vor Kälte hüten und doch nicht mich völlig verschließen darf. Meine Frau leidet noch immer an den Zähnen, die jetzt bei dem Oberzahnarzt unsrer Universität Professor Warnekros nach den neuesten Methoden behandelt werden. Erfolg ist noch wenig zu spüren und die nervöse Constitution meiner Frau leidet unter dieser nun fast jährigen Calamität mehr und mehr. Ich habe nun auch den Anfang der neuen Schrift des Archimedes von Heiberg erhalten, worin steht, daß er das von Eudoxos nach Demokrit richtig festgestellte Verhältnis von Kegel zum Zylinder und Pyramide zum Prisma, für das jene keine Beweise geliefert, beweisen wolle. Freilich von der Infinitesimalrechnung steht da nichts. Das muß also noch im Folgenden kommen, doch vermute ich jetzt, daß diese Dinge in den alten Text mehr von den Dänen [Heiberg und Zeuthen] hineingelesen als klar ausgedrückt sind. Wenigstens rücken sie nicht ordentlich mit der Sprache heraus. Warten wir es ab! Der Text des zweiten Bandes der Vorsokratiker wird nun gedruckt. Das wird mich noch viel Mühe kosten. Althoff geht es langsam aber stetig besser. Es wird jetzt seine Ubersiedlung nach milderem Klima geplant. Der plötzliche Tod Harteis (Arterienverkalkung) [am 14.1.] hat mich sehr geschmerzt, da ich seit 1872 freundschaftlichst mit ihm verkehrt und durch ihn manche Verbindung mit der Wiener (und Münchner) Akademie sich leichter gestaltete. Namentlich der Thesaurus latinus wird sehr um ihn trauern. Mit herzlichsten Wünschen auch der Meinigen in alter Treue Ihr HDiels
384
303.
Zeller an Diels
Dictât! [Albert Zeller]
Stuttgart 24. II. 07 Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Ihre treuen Glückwünsche haben mich sehr erfreut u. ich spreche Ihnen dafür meine herzlichsten Dank aus. Wieviel davon sich erfüllt, liegt ja im Schooße der Götter u. da wir dies nicht ändern können, wird es das beste sein, nicht darüber zu klagen. Zur Zeit geht es mir u. den Meinigen befriedigend. Harteis Tod habe auch ich lebhaft bedauert, um so mehr, da er durch ein so schmerzhaftes Leiden herbeigeführt wurde. Die Aufforderung zu Beiträgen für das Fichte-Denkmal ist mir verloren gegangen. Hätten Sie wohl die Güte, mir ein neues Exemplar derselben zu schikken oder mir mitzuteilen, wem man seinen Beitrag zu übergeben hat? Mein Gedächtniß fängt an recht löcherig zu werden, was in Geldsachen besonders unangenehmn ist. Haben Sie Joëls Verteidigung gegen Heinr. Gomperz im neuesten Heft des Archivs schon gelesen? Mir scheint sie recht schwach ausgefallen zu sein, es ist aber freilich immer schwer, nach einmaligem Anhören des Vorgelesenen sich ein Urteil darüber zu bilden, namentlich wenn der Vorlesende selbst mit dem Gegenstand u. den Personen, um die es sich handelt, nicht näher bekannt ist. Mit herzlichen Grüßen an Ihre Frau u. Söhne Ihr treu ergebener Zeller. Hochverehrter Herr Geheimerat! Da Papa noch Platz übrig hat, darf ich Ihnen noch kurz über sein Befinden berichten. Dasselbe ist zur Zeit besser als seit vielen Monaten. Im Herbst schrieb ich Ihnen gelegentlich, wie schwer es ihm falle, den Ausdruck zu finden u. welche Schwierigkeiten es ihm mache, bei dictirten Briefen die Sätze zu bilden. Das alles ist jetzt verschwunden u. zwar merkwürdigerweise nach einem Anfall, den er Anf. Dez. hatte. Er war damals einen Tag lang gänzlich confus, delirirte geradezu u. sprach unaufhörlich das wirrste Zeug durcheinander. Wir waren damals in großer Sorge, am folg. Tag war er aber wieder klar u. erholte sich allmählich. Jetzt spricht er wieder ganz fließend u. hat nicht nur den vorstehenden Brief an Sie, sond. auch schwierigere offizielle Schreiben ohne Anstand dictiren können. Mit freundl. Grüßen Ihr ergebenster AZeller.
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304.
Diels an Zeller Nürnbergerstrasse 6511' Berlin W 50. 25. März 1907
Verehrtester Freund, Ihr lieber Brief ist grade einen Monat alt. So ist es an der Zeit ihn zu beantworten. Nach Beendigung des Semesters war ich angestrengt bemüht das Laufende und Liegengebliebene aufzuarbeiten, um etwas für mein hartnäckiges Rheuma in wärmeren Strichen tun zu können. Heute ist nun alles soweit erledigt, daß ich als sorgenfreier Mann den Bündel schnüren kann. Morgen soll es losgehen. Meine Frau und jüngster Sohn begleiten mich. Die Reise geht zunächst nach Wiesbaden, wo wir meine 88jährige Schwiegermutter aufsuchen, und dann am 27 nach Baden-Baden, wo ich im Darmstädter Hof eine regelrechte Badekur durchmachen will. Ich hoffe das Wasser, noch mehr die Luft und das Spazierengehen, wozu man in Berlin weniger wie je kommt, werden uns allen gut tun. Wir denken dabei auch an die schöne Zeit, die wir dort mit Ihnen Zusammensein durften und wären sehr beglückt, wenn Ihre Kräfte und Ihre Dispositionen es gestatteten ebenfalls herüberzukommen. Freilich der Lenz ist selbst durch den Kalender nicht aus seiner Höhle gelockt worden. Vielleicht sieht es im Süden doch weniger eisig aus als bei uns. Wir gedenken bis nach dem 20. April dort zu bleiben. Mein Sohn wird freilich schon am 15. nach Wien reisen, wo er bei unserm alten Collegen Jagic sich in den slavischen Sprachen vervollkommnen will. Da das Semester dort am 10. Juli schließt, so beginnen sie unheimlich früh. Am 15. April will unser ältester Sohn, dessen Provisorium in Marburg auch im Sommer noch andauern wird und der jetzt hier noch eine wissenschaftliche Arbeit vollenden will, noch auf 8 Tage nach Baden kommen. Die Beiträge „für das Fichtedenkmal" sind an die Deutsche Bank unter dieser Bezeichnung einzusenden. Joëls Verteidigung schwebt wie sein angegriffenes Buch in der Luft. Mir sind dergleichen Hypothesenspinnereien, namentlich wenn sie mit solchem Aufwand an Gelehrsamkeit und Scharfsinn durchgeführt werden, innerlich zuwider. Der junge Gomperz ist eine eigentlich auf Kritik angelegte Natur. Daher ist er hier viel glücklicher, als wo er selbständig auftritt. Da ist er Joël sehr verwandt. Was sagen Sie denn zu Harnacks römischer Rede? Unsre Collegen sind mit Ausnahme von Paulsen wenig entzückt, da der politische Grundzug des Katholicismus außer Ansatz bleibt. Ich hoffe, die guten Nachrichten, die ich von Ihnen und den Ihrigen hatte, werde ich auch das nächste Mal hören. Viel lieber aber noch wäre es uns, wenn wir Sie und die 1. Ihrigen in Baden sehen könnten! Mit herzl. Grüßen von Haus zu Haus Ihr treu ergebner HDiels 386
[Am Rand:] Dilthey ist durch den Tod seines Bruders ganz erschüttert!
305.
Zeller an Diels
Dictât! [Albert Zeller]
Stuttgart 14. IV 07 Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! So gern ich Sie in Baden aufsuchte, so ist es mir doch leider nicht mehr möglich, mich über Nacht von Hause zu entfernen, da der Zustand meiner Augen in Verbindung mit meiner sonstigen fortschreitenden Alterschwäche mir dies nicht mehr erlaubt. Ich werde mich also darin finden müssen, daß es Keinem von uns möglich war, den relativ kleinen Raum, der uns zur Zeit trennt, auch noch zu überwinden. Die Harnack'sche Rede habe ich noch nicht gelesen, aber den ungünstigen Eindruck, den sie bei den Collegen machte, hat mir auch Brunner bestätigt, der mich vor einiger Zeit besuchte u. was der Bericht der National-Zeitung über ihren Inhalt mitteilt, macht mir dies vollkommen begreiflich. So lange das Zentrum in diesem Ton über den Protestantismus redet, u. klerikale Fanatiker Protestanten ein ehrliches Begräbniß verweigern, ist nicht der geeignete Zeitpunkt zu Friedensanträgen, welche von der anderen Seite nur als Zeichen der Schwäche aufgefaßt werden u. nur um den Preis unbedingter Unterwerfung bewilligt würden. Wenn diese Zeilen Ihren Sohn noch in Baden treffen, bitte ich ihn, Jagic freundlich von mir zu grüßen. Wenn wir uns sprechen könnten, würde uns der Stoff zur Unterhaltung sicher nicht ausgehen. D a dies leider nicht der Fall ist, will ich Sie nicht mit Anfragen behelligen, die sich schriftlich schwer beantworten lassen u. schließe mit den herzlichsten Grüßen an Sie u. Ihre liebe Frau als Ihr treu ergebener Zeller.
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306.
Diels an Zeller Nürnbergerstrasse 6511' Berlin W 50. 21. Mai 1907
Hochverehrter Freund, Durch Frau Schmoller, die meine Frau gestern bei Frl. Besser traf, hörten wir zu unserer größten Befriedigung gute Nachrichten über Ihr Befinden. Wenn der Körper auch nicht mehr alles hergibt wie früher (das merken auch wir, die wir erst in die Sechzig einrücken!), so ist doch Ihr Geist und Ihr Gemüt, wie Frau Schmoller wohltuend empfand, noch ganz auf dem alten Flecke. Wir freuten uns auch zu hören, daß Frl. Pauline sich durch den Besuch ihrer alten Freundinnen erfrischt hat. Bei uns ist es seitdem nicht sonderlich ergangen. Pfingsten erinnerte in seiner eisigen Kälte an Weihnachten. Es hat mir eine ziemliche Erkältung gebracht, die mir um so unangenehmer dazwischen kommt, als ich in den nächsten Tagen zu der Generalversammlung der Association in Wien abreisen muß, wo ich unabkömmlich bin. Denn der von der Berliner Akademie angeregte direkte Handschriftenleihverkehr, an dem sich alle Staaten außer Frankreich, England, Spanien und Rußland (Sie sehen den politischen Zusammenhang) beteiligen werden, wird dort endgültig geregelt, und ebenso wird unter Beteiligung dreier Akademien das neue Corpus medicorum inauguriert, das in unsrer Akademie an die Stelle des nun beinahe beendeten Commentatorencorpus tritt. Da Paul jetzt in Wien bei Jagic Slawisch studiert und die beiden andern Söhne abwesend sind, so hat sich meine Frau entschlossen mitzureisen, obgleich sich ihr Zustand noch nicht sehr gebessert hat. Aber der Arzt verspricht sich etwas von der Zerstreuung. Jedenfalls wäre das Alleinsein für ihren Zustand direct Gift. Durch die starke Depression meiner Frau und die beinahe schon regelmäßige Unregelmäßigkeit ihres Schlafes wurde ich auch etwas angegriffen, zumal ich mir vor 14 Tagen den Fuß verstauchte, was wieder mit meinem Rheumatismus zusammenhängt. Ich hoffe durch diese Pfingsttage mich ebenfalls etwas aufzumuntern. Haben Sie die neue Internationale Wochenschrift für Wissenschaft bemerkt, die der Münchner Allgem. Zeitung beigelegt und aus Culturfonds gespeist wird? Die hohe Culturpolitik unsres Reichskanzlers und unseres Ministerialkanzlers [Althoff] verspricht sich viel davon und ich habe auf des letzteren Bitte in die erste Nummer einen Artikel geschrieben, den Sie vielleicht zu Gesichte bekommen haben oder bekommen können. Separatabdrücke bekommt man nicht. Sie werden bemerken, daß ich nicht alles so blutig ernst behandle wie es sich gibt. Mit den besten Wünschen für Ihr und der lieben Ihrigen Wohlbefinden und herzlichen Grüßen meiner Frau in treuer Ergebenheit Ihr HDiels 388
307.
Diels an Zeller
Berlin 4. November 1907 Hochverehrter Freund, Es ist schon lange, daß ich nicht mehr mit Ihnen mich unterhalten habe, nicht weil die Antwort ausblieb (denn ich weiß ja, daß ich unter den jetzigen Umständen nur ausnahmsweise brieflich von Ihnen hören kann) sondern weil ich, der sein Lebtag nicht viel faullenzen konnte, grade in der letzten Zeit mit lästigen und anstrengenden Arbeiten überhäuft war. Ich hatte mir nur vier Wochen Ferien von vornherein bewilligt, weil der zu Ende gehende Druck des zweiten Bandes meiner „Vorsokratiker" nicht unterbrochen werden sollte. Aber auch von diesen Ferien wurde ein gut teil der allerversimpelndsten Arbeit notgedrungen gewidmet, nämlich dem Registermachen. Dies kam so. Ich hatte vor, zu den Vorsokratikern 3 Register zu machen: 1) ein Stellenregister, in dem die citierten Schriftsteller nachgewiesen werden 2) ein Namenregister 3) ein Wortund Sachregister, etwa in der Art des den „Doxographen" beigegebenen. Zu Nr. 1 u. 2 hatte ich schon von Anfang an einen sehr sorgfältig arbeitenden Studenten angestellt, der die Zettelarbeit auch ziemlich gut besorgte. Aber als ich beim Abreisen in die Ferien das von ihm zusammengestellte Register in die Hand bekam, sah ich, daß er 1 und 2 beim Ordnen in einer gräulichen Weise durcheinander geworfen hatte. Ich mußte nun, da das erste Register gedruckt werden mußte, dieses während der Correctur aus dem zweiten handschriftlichen corrigieren und ergänzen, was in dem Ferienaufenthalte mir täglich 3 - 4 Stunden ärgerlichster Arbeit machte, da ich jede Stelle nachschlagen mußte. So hab ich wieder erfahren, was Sie ja ebenfalls immer behauptet haben, daß fast jede dieser Beihilfen mehr Hemmnis als Förderung bringt ganz abgesehen davon, was dieser langsam arbeitende Jüngling an Diäten verschlungen hat. Dagegen hab' ich für das 3. Register, das erst später gedruckt und ausgegeben wird, einen wirklich fähigen Bearbeiter [W Kranz] gefunden, der hoffentlich diese schwierige und wichtige Arbeit gut machen wird. Der Basler Philologentag hat zu diesem Zwecke die 1000 Mark bestimmt, die die Weidmann'sche Buchhandlung zu jener Gelegenheit alle 2 Jahre zu stiften pflegt. So hoffe ich denn, wenn jetzt in einigen Wochen des zweiten Bandes erste Hälfte erscheint, mit dem Teil des Werkes endgültig fertig zu sein, den ich 1882, wenn auch in etwas anderer Form, in Aussicht gestellt habe. Diese 25 Jahre haben mir viel Arbeit und Mühe um diese Fragmentsammlung gebracht, und ich kann danach die ungeheure, nicht bloß intellektuelle und künstlerische, sondern rein manuelle Arbeitsleistung richtig abschätzen, der wir Ihr monumentales Werk verdanken. Direktor Wellmann, der um sich ganz der Neubearbeitung Ihrer Geschichte widmen zu können, sich noch in guter Gesundheit von seinem Amte zurück389
gezogen hat - er hat als Anerkennung seiner Arbeit den Titel Geheimerat erhalten - will nun mit ungeteilter Kraft Ihrer Neuauflage sich widmen, und ist energisch dabei. Nachdem ich meine Arbeit an den „Vorsokratikern" soweit beendet, besuchte ich die sehr gut geleitete Baseler Philologenversammlung einesteils, um den leitenden Herren, namentlich Hermann Schöne für die oben erwähnte Unterstützung meines Buches zu danken, andererseits um über das Corpus medicorum, das ich mir jetzt auf meinen Arbeitstisch gelegt habe, zu berichten. In Verbindung mit den Vorarbeiten war mir eine folkloristisch interessante Schrift über die Vorbedeutung des Zuckens im Auge u.s.w., des Klingens im Ohr aufgestoßen, die einem gewissen Melampus, dem alten Seher, natürlich durch Fiction zugeschrieben wird. Die Uberlieferung und Verbreitung durch Orient und Occident ist nicht uninteressant. Ich habe sie seit Anfang October verfolgt und hoffe das Material mit Hilfe von Orientalisten und Slavisten (bei letzteren hilft mir Paul, der wieder bei Jagic in Wien Slavica studirt) Ende d. Monats druckfertig beisammen zu haben. Den griechischen Text hab' ich bereits am 23. Oct. der Akademie vorgelegt. So ist, wie Sie sehen, das Semester herangekommen, das mit einem bisher unerhörten Zustrom von Altphilologen eingesetzt hat. Meine Vorlesung über Herodot besuchen 250 Hörer und die andern philologischen Vorlesungen sind ähnlich besetzt. Da gibts natürlich auch viel zu tun, namentlich im Seminar, sowie in der Prüfungs-Commission. Bei Beginn des Semesters wurden wir durch unsern Sohn mit einer erfreulichen Tatsache überrascht, die uns ebenfalls, freilich in ganz anderer Weise, mit Beschlag belegte. Am ersten Tage unseres Aufenthaltes in Pontresina, wo wir mit Paul und Ludwig zusammen waren, lernte dieser eine junge Berlinerin [Gertrud Biesenthal] kennen, die er dann nach unserer Rückkehr noch genauer kennen lernte. Kurz vor seiner erneuerten Abcommandierung nach Marburg (zur Vertretung des Extraordinarius, dessen Sache immer noch schwebt!) kam dann, für uns ziemlich unerwartet, die Verlobung zu Stande, der, wenn bis dahin die Verhältnisse in Marburg sich ordnen, auch im März oder April die Hochzeit folgen soll. Wir haben dann auch die ziemlich verzweigte Familie der Braut, ihren Bruder der Lieutenant ist, ihre Mutter, Großmutter und andere Verwandte kennen gelernt und wir hoffen, soweit sich jetzt ein Prognostikon stellen läßt, daß das junge Paar glücklich werden wird. Schönheit, Jugend, Grazie, Klugheit besitzt die junge Dame. Wenn nun auch noch andere Eigenschaften, die zur Ehe nötig sind, hinzutreten, wird unser Ludwig, der seinem Temperament nach ruhig, aber energisch, die Sache betrieben hatte, keine Niete gezogen haben. Meine Frau, der es anfangs nicht recht in den Kopf wollte, ihren Ältesten aus ihrer mütterlichen Obhut entlassen zu müssen und der es nicht leicht fällt, 390
sich in fremde Personen einzuleben, hat doch jetzt sich gefunden, da die künftige Schwiegertochter sich gleich sehr herzlich zu ihr gestellt hat. Sie hofft dadurch den sonst recht einsamen Winter (ich muß ja oft auswärts sein) angenehmer zu verleben. Ihre Zahn- und sonstigen Schmerzen haben sich noch nicht gebessert. Auch der neue Zahnarzt, den sie sonst lobt, kann daran nichts ändern. Ihre Uberempfindlichkeit scheint stets von Neuem Entzündungen u.s.w. hervorzurufen, und die Arzte scheinen ratlos. Mir selbst gehts leidlich. Hoffentlich bringt die jetzt einsetzende Kälte nicht wieder das Rheuma aus der Verborgenheit. In der Akademie hatten wir jüngst einen Krakehl, weil die „Göttinger" die allein zu wissen scheinen, was der Wissenschaft und der Akademie ziemt (nämlich Roethe, Wilamowitz und Wilh. Schulze) gegen die Nichtbestätigung von 3 vorgeschlagenen Candidaten für den Orden pour le mérite dadurch demonstrieren wollten, daß sie sie wieder vorschlugen. D a die Commission sich dazu nicht hergab, so war eine recht unerquickliche Debatte, die mit Rückverweisung an die Commission Schloß, aber vermutlich Auwers zum Niederlegen seines Secretariats veranlassen dürfte. Althoffs Rücktritt ist noch nicht sehr zu spüren, da vorläufig noch sein Einfluß überall zu merken ist. Aber man ist neugierig, wie die complizierte Maschine ohne ihn weiter laufen soll. Uber die Hofscandale lassen Sie mich schweigen! Ich bin empört über alle, die dabei beteiligt sind, und bedaure, daß dergleichen bei uns in dieser Form verlaufen mußte. Ganz im Jugendstil, der mir immer gräulicher wird! So nun habe ich Ihnen als Ergänzung zu Erich Schmidts mündlichen Berichten, der mir viel von Ihnen erzählt hat, recht viel zum Lesen oder vielmehr Vorlesen eingebrockt. Mögen Sie Sich im nahenden Winter gut und wol erhalten mit Ihrer lieben Familie und unserer bisweilen gedenken, wie wir stets Ihrer gedenken! Ihr getreuer HDiels
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308.
Zeller an Diels
(Dictât) [Pauline Baur]
Stuttgart den 14. Nov. 1907. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Vor Allem meinen herzlichsten Glückwunsch zur Verlobung Ihres Sohnes, den ich auch ihm selbst auszudrücken bitte. Wie bei allen guten Dingen, so gehört auch beim Heiraten zum vollen Gelingen immer so manches was Sache des Glücks ist u. auch darin scheint es Ihr Herr Sohn auf's Beßte getroffen zu haben! Daß Ihre liebe Frau mit der neuen Tochter sich so gut versteht, ist besonders erfreulich. Was Sie mir über Ihre schon theils begonnenen theils beabsichtigten Arbeiten mittheilen, hat mich so weit ich es verfolgen konnte sehr interessirt; leider verlirt man aber, wenn man nicht mehr selbst mitthun kann bald auch das volle Verständniß für den Sinn u. Werth fremder Arbeit u. so müßte ich wenn ich Sie sprechen könnte mir manche Erläuterung von Ihnen erbitten, der ich nicht bedürfte wenn der Zustand meiner Augen ein besserer wäre. Aber das ist nun einmal nicht zu ändern u. so will ich mich auch nicht darüber beklagen. Daß sich Wellmann früher als er eigentlich nöthig gehabt hätte, von seinem Amte zurückgezogen hat, um sich ganz den Arbeiten widmen zu können, zu denen ich ihn veranlaßt habe, ist ungemein liebenswürdig von ihm, u. ich kann nur wünschen daß diese ihm auch einige Befriedigung gewähren. Viel Neues ist ja hier schwerlich zu finden, aber auch das Bekannte zeigt sich oft wenn man in veränderter Umgebung darauf zurückkommt in neuem Lichte. Der Aufschwung der altphilologischen Studien von dem Sie berichten geht über alle meine Erwartung u. so werden Sie auch die Ihnen daraus entspringende Mühe deren Größe (Umfang) ich mir wohl vorstellen kann im Interesse der Sache sich gern gefallen lassen. Und nun lassen Sie mich Ihnen nur noch den wärmsten Dank für Ihre freundlichen Mittheilungen u. die beßten Wünsche für Sie u. alle die Ihrigen aussprechen, als Ihr treu ergebener, Zeller. [Unterschrift eigenhändig]
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309.
Diels an Zeller Nürnbergerstrasse 65 Π ' Berlin W 50. 29. Dez. 07
Verehrter Freund, Der liebenswürdige Glückwunsch, den Sie bei Gelegenheit der Verlobung Ludwigs uns und ihm gewidmet haben, hat uns sehr erfreut. Es ist mir ein besonders lieber Gedanke, daß er sein Heim da aufschlägt, wo auch Sie in dem ersten Jahre Ihrer Ehe geweilt und unvergängliche Spuren Ihrer Wirksamkeit hinterlassen haben. Ich besitze durch Kohlrauschs Güte den Abdruck einer ausgezeichneten Photographie, die Ihren Dienstags-Club 1856 darstellt. Sie sitzen symbolisch und wirklich in der Mitte der 14 zwischen Kohlrausch Senior und Caesar und in der Lücke zwischen Ihnen ragt über Ihnen der scheidende Genösse Sybel, Ihr Hausgenosse hervor, der mir auch soviel Anmutendes aus dieser jugendfrischen Marburger Zeit erzählte. Ostern denkt das junge Paar Hochzeit zu halten, wenn auch die feste Anstellung als Extraordinarius dank der Zauderei Elsters immer noch nicht heraus ist. Wellmann habe ich vor Weihnachten in seiner Steglitzer Villa besucht, wo er zwar etwas eng, aber doch ganz behaglich sich eingerichtet hat. Die Bearbeitung, die er sehr gründlich betreibt und die aber wegen dieser Gründlichkeit und den traurigen Bibliotheksverhältnissen Berlins nur langsam fortschreitet, macht ihm viel Freude. Er fragt mich oft um Rat und ich sehe, daß er ganz auf dem richtigen Weg ist. Leider ist auch Lortzing durch seine sehr leidende Gesundheit nicht so rasch vorwärts gekommen als man hoffen durfte. Er hat den Verleger um Ausstand bitten müssen. Ich selbst habe vor Weihnachten einige auf mir lastende litterarische Verpflichtungen abgeschüttelt. Eine Anzeige des nun vollendeten Burnet'schen Plato, von dem ich nun einen Index Platonicus statt des schlechten Ast'schen erwarte, und einen Artikel für eine schottische Encyclopädie der Religionswissenschaft, in dem ich Heraklit namentlich nach seinem theologischen Standpunkte zu würdigen unternommen habe. Ich finde ihn hier der Auffassung seines Gegners Parmenides näher als man es bisher angenommen hat. Der Artikel wird freilich erst in geraumer Zeit gedruckt werden. Jetzt arbeite ich für die Clarendon Press eine Ausgabe der Charactere Theophrasts. Mit unserer Gesundheit geht es leidlich. Wir wollen hoffen, daß es so weiter geht. Ich hoffe, daß das neue Jahr Ihnen und Ihrer ganzen lieben Familie Gutes erweisen möge und schließe mit herzlichen Glückwünschen auch meiner Frau und Söhne in alter Treue und Ergebenheit Ihr HDiels 393
310.
Zeller an Diels
(Dictât [Pauline Baur])
Stuttgart 3/1 1908. Reinsburgstr. 56.
Lieber Freund! Es hat mich sehr gefreut aus Ihrem Briefe vom 29 t e n Dec. 07 zu erfahren, daß Ihre Arbeiten munter fortschreiten; Ihre Vorsokratiker sagen es mir selbst, und auch über Wellmann machen Sie ja ganz erfreuliche Mittheilung. Lortzing's Gesundheits-Zustand scheint allerdings kein erfreulicher, u. auch andere Parthien meiner 6 t e n Auflage werden wohl bis zu ihrer Vollendung im Drucke noch ziemlich lange brauchen, das läßt sich aber eben nicht ändern. Wenn Ihr Sohn vorerst auch nur Extraordinarius ist, so war ich dafür seiner Zeit 13 Jahre in Marburg Ordinarius u. als solcher unter dem letzten Hessischen Kurfürsten nie in gesicherter Rechtsstellung; in Marburg konnte es aber der Philosoph damals nur zu einer kleinen akademischen Wirksamkeit bringen. Der März-Minister Eberhard hatte mich in die theolog. Facultät berufen, ließ mir aber dann mittheilen, er werde mich zwar nicht gegen meinen Willen in die Philosophische versetzen, wenn es aber sein Nachfolger thue, habe ich kein gesetzliches Mittel dagegen. Ich war mithin in einer Zwangslage der ich mich gar nicht entziehen konnte, u. hätte es schon deshalb nicht thun können weil ich Sybel u. Gildemeister ausdrücklich angeboten hatte, wenn sie die Berufung in die philosoph. Facultät vorziehen, wäre ich auch geneigt diese anzunehmen. Uber mein Befinden kann ich Gutes berichten, daß ich das Lesen u. Schreiben gänzlich entbehre macht mir freilich jede eigene Thätigkeit unmöglich, aber doch kann ich wenigstens einen Ersatz dafür finden. Dagegen halte ich mich zur Zeit ganz zu Hause, da es nachgerade auch hier empfindlich kalt zu werden beginnt. Mit den beßten Wünschen für das beginnende Jahr, Ihnen und den Ihrigen von mir wie den Meinigen, treulichst, Ihr Zeller. [Unterschrift eigenhändig]
311.
Zeller an Diels
[gedrucktes Dankschreiben]
Stuttgart, 22. Januar 1908.
Bei der Vollendung meines 94sten Lebensjahres bin ich mit so vielen Beweisen freundlicher Teilnahme erfreut worden, dass es mir nicht möglich ist, für jeden einzelnen meinen besonderen Dank auszusprechen. Erlauben Sie mir daher, Ihnen allen gemeinsam für den Ausdruck Ihres Wohlwollens von Herzen zu 394
danken. Je kürzer voraussichtlich mein Leben noch dauern wird, um so wohltuender ist mir der Gedanke, von so vielen lieben Verwandten und Freunden, solange ich noch unter ihnen bin, in gutem Andenken behalten zu werden. E. Zeller.
312.
Albert Zeller an Diels
Telegramm aus ν Stuttgart 10 19/3 4,10 = [Poststempel:] Berlin W 50., 19. 3. 08. 5 - N . = mein vater sanft entschlafen = zeller f
Korrespondenz Teil III Hermann Usener und Eduard Zeller Briefwechsel 1879-1903
Inhalt
Usener an Zeller: UB Tübingen, Md 747-780. Zeller an Usener: UB Bonn, S 2108,3.
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.
Usener an Zeller, Zeller an Usener, Usener an Zeller, Usener an Zeller, Zeller an Usener, Usener an Zeller, Zeller an Usener, Zeller an Usener, Usener an Zeller, Zeller an Usener, Zeller an Usener, Usener an Zeller, Zeller an Usener, Zeller an Usener,
Bonn, 5. 10. 1879 Berlin, 8. 10. 1879 Bonn, 3. 5. 1881 Alassio, 19. 1. 1884 Berlin, 2. 2. 1884 Bonn, 30. 10. 1886 Berlin, 10. 3. 1887 Berlin, Ζ 11. 1887 Bonn, 2. 12. 1888 Berlin, 15. 12. 1888 Berlin, 9. 10. 1890 Bonn, 13. 12. 1891 Stuttgart, 13. 5. 1899 Stuttgart, 12. 3. 1903
399 399 400 401 402 403 403 404 405 406 408 408 409 410
1.
Usener an Zeller
Bonn, 5 Oct. 1879 Hochverehrter herr, Die grosse liebenswürdigkeit, mit der Sie mich nun schon wiederholt durch Zusendung Ihrer abhandlungen erfreuten, hat mich Ihnen zu lebhaftem dank verpflichtet. Ich würde dieser empfindung längst ausdruck gegeben haben, wenn ich nicht das bedürfniss gehabt hätte, Ihre Sendungen durch eine für Sie nicht ganz interesselose gäbe erwidern zu können. Endlich bin ich einmal in der läge, dies zu thun, und so sende ich nun dem kleinen legendenbüchlein, das mittlerweile in Ihre hände gelangt sein wird, erleichterten herzens ein wort aufrichtigen dankes und die bitte um freundliche, nachsichtige aufnähme für einen ersten, etwas übereilten versuch auf einem mir fremden, Ihnen lange vertrauten gebiet nach. Die erzählungen meines älteren bruders von Tübingen und Ihnen, eine mehr ahnungs- als verständnissvolle beschäftigung mit den Jahrbüchern der gegenwart und Ihrer theologischen Zeitschrift, die ich bei meinem bruder fand, haben mir schon in früher jugend einen keim ins herz gelegt, der lange zurückgedrängt sich schliesslich, ich mag wollen oder nicht, entfaltet. So tragen Sie, ohne dass Sie es ahnen, eine art mitschuld an meinen religionsgeschichtlichen Studien, und ich habe keinen lebhafteren wünsch, als dass Sie, hochverehrter herr, meiner richtung und art Ihre aufmunternde anerkennung zu theil werden zu lassen vermöchten. Die christlichen legenden wurden für mich ein gegenständ pflichtmässiger beschäftigung, seit ich sie als eine wichtige, in einem gewissen betracht einzige quelle antiker religion erkannte. Ich kann nicht läugnen, dass sie, je mehr ich in sie eindringe, trotz alles unmuths, den die breite salbungsvolle phrase erregen muss, mir eine art Zuneigung abgewinnen. In verehrungsvoller hochachtung H . Usener
2.
Zeller an Usener Berlin W Magdeburgerstr. 4 8. Oktbr. 1879.
Verehrter Herr College! Ihre neuste Publikation, für welche ich Ihnen ebenso, wie für Ihre freundlichen Zeilen, meinen verbindlichsten Dank ausspreche, war mir sehr interessant. Bisher hatte ich meine Kenntniß der heil. Pelagia, wie ich zu meiner Schande gestehen muß, nur Kingsley's Hypatia zu verdanken gehabt; um so dankbarer 399
bin ich Ihnen, daß Sie mir authentischere Quellen dafür in die Hand gaben. Sehr einleuchtend ist mir Ihr Nachweis des Einflusses der Aphroditemythen auf die Legende; wird der von Ihnen betretene Weg weiter verfolgt, so wird sich ohne Zweifel ein ähnlicher Einfluß der griechischen u. orientalischen Mythologie auf die ältere christliche herausstellen, wie der der germanischen auf die mittelalterliche. Es wäre mir eine lockende Aufgabe, an dieser Untersuchung mitzuarbeiten, aber daran ist ja nicht zu denken; selbst was mir näher läge, die Darstellung der Einwirkung, welche die alte Philosophie auf das Christenthum der 6 ersten Jahrhunderte ausübte, werde ich anderen Händen überlassen müssen, u. ich kann nur wünschen, daß diese Aufgabe in ebenso gute Hände komme, wie die verwandte, der Sie Sich unterzogen haben. Eine Kleinigkeit, die ich gestern an Sie absandte, meine letzte Rectoratsrede, wird sich mit Ihrem Briefe auf der Post gekreuzt haben. Mit aufrichtiger Hochachtung bin ich Ihr ergebenster Zeller.
3.
Usener an Zeller Bonn, 3 Mai 1881
Hochverehrter Herr, Ein früherer Schüler, D r P. Corssen aus Eutin, der Ihnen durch seine lichtvolle und fruchtbare Dissertation De Posidonio (Bonn 1878) bekannt geworden sein wird, ist durch einen zufälligen Aufenthalt in La Cava, der ihn mit einer noch ungenutzten alten Handschrift von Hieronymus' Bibelübersetzung bekannt machte, zu den Plan veranlasst worden, auf Grund erschöpfender Collation der ältesten Handschriften eine Herstellung von Hieronymus'' Ubersetzung des neuen Testaments zu versuchen. Die Wichtigkeit des Unternehmens zu würdigen sind Sie durch Ihre Studien unvergleichlich mehr berufen als ich: nur einem speciell philologischen Interesse gebe ich Ausdruck, wenn ich darauf hinweise, wie nur durch eine solche Arbeit ein sicherer Maasstab gewonnen werden kann um die Sprache vorhieronymianischer Übersetzungen festzustellen. Uber die Schwierigkeit des Unternehmens gebe ich mich keiner Illusion hin: aber Sie werden mir zustimmen, dass dasselbe durchaus eine philologisch ausreichend geschulte Kraft erfordert, und nach dieser Seite kann ich mich nur freuen, dass gerade Dr C. die Aufgabe ergriffen hat: die besonderen Voraussetzungen, zähe Energie und gewissenhafte Sorgfalt, sind bei ihm in vollem Maasse gegeben. Herr D r Corssen wird sich, durch meine Aufforderung dazu ermuthigt, erlauben Sie in den nächsten Tagen persönlich aufzusuchen. Sie würden einer 400
guten Sache einen wichtigen Dienst leisten, wenn Sie die Güte haben wollten, mit ihm die Grenzen, die er sich, um die Ausführbarkeit und die nützlichste Ausführung zu sichern, bei seiner Arbeit zu stecken hat, zu besprechen und zu der materiellen Ermöglichung des Unternehmens ihm nach Ihrer Kenntniss der Verhältnisse Wege zu weisen und, wenn ich Sie darum bitten darf, erforderlichen Falls zu ebnen. Gerne benutze ich die Gelegenheit Ihnen für Ihre liebenswürdige Anzeige der Pelagia meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Aus dem kleinen aber ehrwürdigen Denkmal, das sich jetzt bei Ihnen einfindet, werden Sie entnehmen, dass der afrikanischen Kirche noch im J. 188 die Paulinischen Briefe extra canonem standen. Im Laufe des Jahrs hoffe ich Ihnen den Epikur vorlegen zu können. Die kleinen bei Laertius erhaltenen Schriften sind schon gedruckt; aber die Completierung der Fragmente und des Glossarium Epicureum, das ich beigeben will, nöthigt mich den Druck auf einige Zeit zu sistieren. Mit verehrungsvoller Hochachtung Ihr ergebenster H. Usener
4.
Usener an Zeller Alassio (Riviera di Ponente) 19 Jan. 1883 [1884]
Hochverehrter Herr, Zum 22 Januar 1884, der Sie aus den sechzigen in die siebziger hinüberführen wird, möchte Ihnen ein getreuer und langjähriger Verehrer gerne einen ultramontanen Gruss und Glückwunsch senden, um so mehr als am Ende nicht viel Aussicht dafür ist dass Ultramontane wie Orthodoxe dem Tage die freudige Aufmerksamkeit schenken die er verdient. Denn wer immer Ihnen oder Ihren Werken näher getreten ist - und ich bin nur einer der zahllosen, die seit dem Anfang Ihrer gesegneten Lehrthätigkeit entweder offen vor Ihnen vorübergegangen sind oder still in unbemerktem Winkel von Ihnen gelernt haben - , muss seine helle Freude haben, dass es Ihnen vergönnt war neben unausgesetzter mündlicher Lehre die gewaltigen Lebensaufgaben, die Sie mit bewundernswerther Kraft gleichzeitig erfasst hatten, die genetische Kritik des neuen Testaments und die Geschichte der griechischen Philosophie, mit so eindringender Arbeit zu so reifem Abschluss zu führen, und dass Sie nach diesen Leistungen mit solcher Frische das neue Jahrzehnt Ihres Lebens antreten. Die geistige Arbeit hat Ihnen nicht nur die Stärke der Seele für die Prüfungen des Lebens gefestigt sondern auch die Jugendlichkeit des Geistes bewahrt, welche ge401
schmeidige Beweglichkeit und volle Beherrschung der Mittel sichert. So dürfen wir mit der Aussicht auf Erfüllung wünschen und hoffen, dass Ihnen noch viele Jahre gleicher Rüstigkeit beschieden sein möchten, beglückt und beglückend für Ihre Familie und Freunde, reich an reifem Ertrag der Forschung. Diesen Wunsch möchten mit den Vielen, die von nah und fern ihn hegen und äussern, zum 22. Jan. von jenseits der Alpen ich und meine Frau Ihnen zurufen. In hochachtungsvoller Verehrung Ihr H. Usener Nachträglich verstatten Sie mir für Ihre liebenswürdige Ubersendung Ihres Grundrisses, der mir erst kürzlich hierher nachgeliefert wurde und sofort durch die Eleganz reifer Klarheit mich fesselte, meinen herzlichsten Dank auszusprechen.
5.
Zeller an Usener
Erh. 5 febr.
Berlin W Magdeburgerstr. 4 2. Febr. 1884.
Verehrter Herr College! Für Ihren ultramontanen Gruß u. Glückwunsch, welcher allerdings der einzige in seiner Art war, spreche ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank aus. Sie haben Sich damit den vielen angereiht, die sich mit einem für mich wahrhaft beschämenden Wohlwollen beeiferten, einen Tag, der seiner Natur nach manche wehmütige Erinnerung mit sich führen mußte, zu einem erhebenden u. erfreulichen für mich zu machen. Eine der hervorragendsten Stellen unter diesen Freunden nahm Ihr Herr Schwager [W Dilthey] u. seine Frau ein. Letztere beschenkte mich mit einem großen marmornen Briefbeschwerer, den ihre kunstfertige Hand mit Zeichnungen nach Karstens' sokratischen Darstellungen, das Gastmahl als Hauptstück, u. mit einem Bild des Tübinger Stifts nebst der daneben gelegenen Dienstwohnung meines Schwiegervaters, Dr. Baur, geschmückt hatte. Leider ist uns der Tag, an dem mir so viel Liebes u. Ehrenvolles zutheilwurde, schwer getrübt worden, indem die Nachricht vom Tod eines Bruders, der mir besonders nahe stand (er war 2 Jahre älter, als ich, aber wir hatten den gleichen Geburtstag) mich noch an diesem Abend nach Stuttgart abrief. Wir hatten dieser Nachricht allerdings seit etwa 10 Tagen entgegensehen müssen, während uns der Verstorbene noch im vorigen Herbst in erfreulichster Rüstigkeit entgegengetreten war; aber gerade in diesem Moment hatten wir sie nicht erwartet. Mit der Bitte, mich Ihrer Frau Gemahlin freundlich zu empfehlen, u. in der 402
Hoffnung, daß Sie im Lande der Hesperiden vollkommene Erholung gefunden haben u. finden bin ich in ausgezeichneter Hochschätzung Ihr aufrichtig ergebener Zeller.
6.
Usener an Zeller
Hochverehrter Herr, Sie haben einst, ohne es ahnen zu können, durch die Thatsache Ihrer theologischen Kritik, durch Ihren Aufbau der Geschichte der alten Philosophie, durch Ihre Thätigkeit in den Jahrbüchern der Gegenwart, endlich durch die Ergänzung persönlicher Erinnerungen, welche mein älterer Bruder hinzufügen konnte, eine mächtige, in gewissem Sinn und unwillkürlich vorbildliche Wirkung auf mich als blutjungen Menschen ausgeübt. Es drängt mich Ihnen das gerade jetzt, wo Sie auf ein wunderbar reiches und gesegnetes fünfzigjähriges Wirken im Dienste der Wissenschaft zurückblicken, zu bekennen und Ihnen so ein Zeugniss abzulegen von der weiten Wirkung, die Sie auch mittelbar ausgeübt haben. Ich bekenne mich damit freudig als Ihren Schüler, und erwerbe mir dadurch wohl ein Anrecht mich zu der grossen Schaar derer zu gesellen, die als unmittelbare Schüler Ihnen morgen ihre Dankbarkeit bezeugen und ihre Segenswünsche aussprechen. Möge es Ihnen noch lange vergönnt sein mit der Frische des Geistes, die unsere Freude ist, als Lehrer und Schriftsteller zu wirken und weithin fruchtbaren Samen auszustreuen. Mit den wärmsten herzlichsten Glückwünschen auch von Seiten meiner Frau Ihr verehrungsvoll und dankbar ergebener H . Usener Bonn, 30 Oct. 1886
7.
Zeller an Usener Berlin W Magdeburgerstr. 4 10. März 1887
Verehrter Herr College! Vor wenigen Tagen ist mir die Festschrift, zu der auch Sie einen so schönen Beitrag gegeben haben, vollendet zugekommen; u. ich will nicht zögern, Ihnen für Ihre Betheiligung an der für mich so erfreulichen u. ehrenvollen Gabe meinen wärmsten Dank auszusprechen. Ihre Auseinandersetzung war für mich, 403
wie die früher in Betreff der Pelagia, vollkommen überzeugend. Es sind mühselige Studien, die Sie auf diesem Gebiete treiben, u. die scheinbare Unfruchtbarkeit derselben schreckt ja die meisten davon ab; aber Sie wissen dem Felde, das freilich stark mit Disteln bestanden ist, die werthvollsten Früchte abzugewinnen. Das Heidenthum der katholischen Kirche findet seine Erklärung u. geschichtliche Rechtfertigung nur in dem Nachweis der Anschauungen u. Bräuche, welche dieselbe mit den Bekennern der bisherigen Glaubensformen in sich aufnahm. Wie die römischen Kirchen gutentheils auf den Fundamenten u. Baustätten der alten Tempel, so ruht die ganze römische Kirche auf dem Unterbau, nicht allein des römischen Weltreichs sondern auch seiner Sacra. Kommen Sie in den Ferien nicht hieher? Dilthey wird ja freilich meist fort sein. Daß seine Frau, wie wir hören, ihn nicht wird begleiten können, thut uns recht leid für sie. Eine akademische Kleinigkeit, die am Schluß auch etwas in die Philologie pfuscht, werden Sie demnächst erhalten. Mit unsern besten Empfehlungen für Sie u. Ihre Frau Gemahlin Ihr freundschaftlich ergebener Zeller.
8.
Zeller an Usener Berlin W Magdeburgerstr. 4 Ζ Novbr. 1887
Verehrter Herr College! Ihr Epikur liegt schon mehr als acht Tage auf meinem Arbeitstisch; aber es gelingt mir erst heute, Ihnen meinen wärmsten Dank für das Geschenk auszusprechen, das Sie mir mit diesem Exemplar Ihres Buchs, mit dem Buche selbst der ganzen wissenschaftlichen Welt gemacht haben. Ich stecke im Augenblick wegen der 4 t e n Auflage meines zweiten Bandes bis über die Ohren im Plato; aber doch konnte ich mir es nicht versagen, Ihre Einleitung durchzulesen, in der mir besonders Ihre Bemerkungen über Diogenes L. sehr einleuchteten. Es ist dieß gewiß ein recht fruchtbarer Gesichtspunkt für die Behandlung dieses Schriftstellers. Unser neues Archiv für Geschichte der Philosophie scheint Anklang zu finden. Es wäre sehr schön u. dankenswerth, wenn Sie, dem die Zusammenhänge abgelegener Erscheinungen mit der alten Philosophie ebenso bekannt sind, wie die Klassiker der letztern, uns bisweilen von Ihrem Ueberfluß etwas mittheilten. 404
Dilthey's sind recht munter u. erholt von ihrer Reise zurückgekommen; wir hatten mit ihnen ein hübsches Zusammensein in Gastein. Ihn sprach ich vorhin auf der Universität u. habe Ihnen Grüße von ihm zu bestellen. Mit der Bitte, uns Ihrer Frau Gemahlin in freundliche Erinnerung zu bringen, bin ich Ihr dankbar ergebener Zeller.
9.
Usener an Zeller
Bonn 2 Dec. 88 Hochverehrter herr, Seit einer reihe von wochen liegt die liebenswürdige gäbe Ihres Platon-bandes, womit Sie mir eine freudige Überraschung bereitet haben, als stummer mahner vor mir. Wie es kam dass ich es so lange verschob Ihnen meinen herzlichen dank dafür auszusprechen, werden Sie in einigen tagen einem kleinen werke entnehmen, das sich herr d r Koepp beehren wird Ihnen zu überbringen. Es galt vor den immer stärker heranfluthenden amtspflichten des semesters rechtzeitig einen band zum abschluss zu bringen, für den nicht nur mühsame correcturen zu leisten sondern sogar noch manuscript zu schaffen war; der grösste und der wichtigere theil ist thatsächlich so entstanden, dass blatt für blatt vom setzer in empfang genommen wurde. Sie haben darum wohl freundliche nachsicht mit mir, wenn ich meinem dankeswort an Sie bestrebt war gleich einen thatsächlichen ausdruck mitzugeben. Meinen ersten theologischen versuch habe ich niemandem mehr als Ihnen alle Ursache zu nachsichtiger aufnähme zu empfehlen. Sie werden abgesehen von einzelnen irrthümern, denen ein nichttheologe, der plötzlich in dies weite meer hineingestossen schwimmen muss so gut er eben kann, vor allem die geringe berücksichtigung der neueren theologischen litteratur ernstlich tadeln, und haben recht dabei. Zu meiner entschuldigung muss ich nur bemerken, dass ich an den quellen, die selbständig zu bewältigen ich mir in keinem falle ersparen durfte, gerade genug zu thun fand, und so für die berge theologischer litteratur, die zum grössten theile nur leeres stroh enthält, weder zeit noch kraft erübrigte. Gegen Strauss' behandlung der mythen lehnte sich schon, bevor ich mythologe wurde, ein bestimmtes gefühl in mir auf; ich habe, als ich plötzlich wider willen in evangelienkritik hineingezogen ward und ohne besinnen dem gewiesenen weg folgte, dann freilich auch in der absieht, mich unbefangen zu erhalten, weder in Strauss noch in Renan einen blick geworfen. Das war vielleicht thöricht. Ich hätte gewiss dieses und jenes von ihnen und anderen lernen können. Aber es schien mir zweckdienlich, wenn einmal ein von der 405
ganzen theologie unberührter zusähe und sagte, wie die dinge einem historisch geschulten laienauge erscheinen. Verzeihen Sie mir dieses offene selbstbekenntniss. Im übrigen hoffe ich, dass Sie mein redliches ringen um wahrhaftige erkenntniss nicht verkennen werden, oder vielmehr ich weiss es gewiss von Ihnen. Mit angelegentlichen empfehlungen auch meiner frau an Sie und Ihre frau gem ahlin Ihr verehrungsvoll ergebener H . Usener
10.
Zeller an Usener Berlin W Magdeburgerstr. 4 15. Decbr. 1888
Verehrter Herr College! Mit Ihrer Schrift haben Sie mir eine große Freude gemacht; ich habe sie sofort genau studirt, u. so kann ich Ihnen jetzt nicht allein für Ihr freundliches Geschenk, sondern auch für die viele Belehrung, die ich demselben verdanke, meinen aufrichtigsten Dank aussprechen. Das meiste, was Ihr Werk mittheilt u. feststellt, war mir, wie ohne Zweifel Ihren meisten Lesern, neu oder nur im allgemeinen u. ohne die erforderlichen genaueren Nachweise bekannt. Wo sich andererseits Ihr Werk mit meinen eigenen früheren Studien berührt, war ich fast durchaus in der Lage, eine mir sehr erfreuliche Uebereinstimmung unserer Ansichten wahrnehmen zu können. So ist es mir unzweifelhaft, daß die erste Vorstellung über die Person Christi lediglich die eines natürlich erzeugten, mit dem prophetischen Geist in ungewöhnlichem Maß ausgestatteten Menschen war, u. der erste Versuch, diese Geistesausrüstung zeitlich zu fixiren, in ihrem Ursprung zur Anschauung zu bringen, sich an die Taufe im Jordan geheftet hat. Paulus scheint dieses Bedürfniß mythischer Erklärung der Sache noch nicht empfunden, sondern sich bei dem dogmatischen Gedanken beruhigt zu haben, daß Christus, dem Leibe nach das Kind seiner Eltern, dem geistigen Bestandtheil seiner Natur nach, als der zweite Adam, aus dem göttlichen Geist entsprungen, der himmlische Mensch sei (Rom. 1,4. 10,6. 1 Kor. 15,45ff. 8,6. 2 Kor. 8,9), daß an die Stelle einer gewöhnlichen, mit göttlichem Pneuma, als ihrem höchsten Bestandtheil, versehenen Seele bei ihm ein rein pneumatisches Wesen getreten sei. O b die Vorstellung, daß die Ausrüstung mit dem Geist erst bei der Taufe im Jordan erfolgte, erst der Basiiidianischen Gnosis angehört, oder, wie ich annehmen möchte, schon früher in judenchristlichen Kreisen entstanden war, wird sich durch bestimmte Zeugnisse kaum ausmachen lassen. 406
Aber auch wenn sie älter ist als Basilides, erklärt es sich doch aus seinem Doketismus vollkommen, wenn er u. seine Anhänger ein besonderes Interesse hatten, die Geistesmittheilung im Jordan als den Anfang des ganzen Erlösungswerks, den eigentlichen u. erstmaligen Eintritt des göttlichen Lichts in die Menschenwelt, durch eine besondere Festfeier zu constatiren, die dann von der Gesammtkirche, wie so vieles andere sektirerischen, häretischen oder heidnischen Kreisen angehörige, übernommen u. ihren Anschauungen angepaßt wurde. Daß die Erzählung von der übernatürlichen Erzeugung Jesu ziemlich jungen Ursprungs ist, wird, wie auch Sie nachweisen, durch die Geschlechtsregister unwidersprechlich bewiesen. Für ihre Entstehung scheint mir neben den von Ihnen so treffend hervorgehobenen, in der hellenischen u. hellenistischen Welt längst eingebürgerten Anschauungen auch die jüdische Auffassung u. Bezeichnung des Messias als Sohn Gottes einen wesentlichen Beitrag geliefert zu haben. Solche methaphorische Bezeichnungen verdichten u. vergröbern sich ja regelmäßig zu eigentlichen (vgl. die Transsubstantiation u.a.); im vorliegenden Fall mochte auch der Judenchrist es sich um so leichter gefallen lassen, daß das σήμερον γεγέννηκά σε eigentlich genommen werde, da schon die Erzeugung Isaaks eine Analogie dafür bot. In der seltsamen Erzählung, die Sie S. 32ff. mittheilen, wird die Μυρία wohl durch die hebräische Form des Namens der Maria, Mirjam, veranlaßt sein. In Ihren Erörterungen über die Evangelien hat es mich zwar durchaus nicht überrascht, aber doch sehr befriedigt, daß Sie der Aussage des Papias über den aramäischen Matthäus ihr Recht widerfahren lassen. Die Annahme, daß der Lukas Marcion's nicht der unsrige, sondern ein paulinisches Evangelium gewesen sei, das unser Lukas mit unserem Matthäus oder seinem letzten griechischen Vorgänger u. anderen judenchristlichen Evangelien (auch wohl dem Urmarkus) zusammenarbeitete, lasse ich mir um so lieber gefallen, da er es auch in der Ap.gesch. ebenso gemacht hat. Daß Justin unsern Markus kannte, glaube ich nicht; die Stelle Trypho c. 106. 33. 3 E geht, wie ich annehme, auf den Markus des Papias, das angeblich von Markus aufgezeichnete κήρυγμα πέτρου, für das unser Markus sich ausgibt; in Wahrheit ist er, m. A. n., eine unter Benützung jener älteren Schrift aus unserem Matthäus u. Lukas gemachte Compilation. Es wäre nicht ohne Reiz für mich, dieß gegen die heutigen „Markuslöwen" im Anschluß an früheres (Vorträge I, 500ff. Hilgenfelds Zeitschr. VIII, 3.4) einmal weiter auszuführen; aber ich denke nicht daran, daß es jemals noch geschieht. Die Abfassung unseres Lukas bin ich geneigt über 130 hinaufzurücken; im wesentlichen aus den in meiner „Apostelgeschichte" 476ff. für diese Schrift geltend gemachten Gründen. Es würde mir Freude machen, mich über diese u. die verwandten Fragen mündlich mit Ihnen unterhalten zu können. Zum Studium der darauf bezüglichen Schriften komme ich gar zu schwer. Selbst die Werke von Weizsäcker u. 407
Holtzmann, wahrscheinlich das beste, was die letzten Jahre von theologischer Seite über das älteste Christenthum u. seine Literatur gebracht haben, kenne ich erst aus dritter Hand. Mein College Pfleiderer überläßt sich in seinem „Urchristenthum" zu oft der Neigung, geschichtlich unerweislichen Vermuthungen Vertrauen zu schenken; wenn auch lange nicht in dem Grade, wie sein Tübinger Bruder. Dilthey läßt Sie bestens grüßen. Sein und der Seinigen Befinden ist zu Zeit befriedigend. Meine Frau empfiehlt sich Ihnen u. Ihrer Frau Gemahlin verbindlichst mit Ihrem hochachtungsvoll ergebenen Zeller.
11.
Zeller an Usener
Berlin 9. Oktbr. 1890. Verehrter Herr College! Möchten Sie uns nicht das Vergnügen machen, am Sonnabend d. 11. d. 3 U. in ganz kleinem Kreise mit uns zu speisen? und hätten Sie die Güte, auch Herrn Direktor Wilmanns in unserem Namen zu bitten, daß er Sie begleitet? Mit unsern besten Empfehlungen der Ihrige Zeller.
12.
Usener an Zeller Bonn, 13 dec. 1891
Hochverehrter herr, Sie haben mir durch die liebenswürdige Übermittelung des neuesten bandes Ihrer Geschichte der griech. philosophie eine ausserordentliche freude bereitet, wie ich Ihnen mit herzlichstem dank aussprechen muss. Denn es ist eine freude zu sehn, wie Ihr werk Sie jung erhält, und mit wie rüstiger kraft Sie eine schier über das ufer anschwellende litteratur zu bändigen verstehn. Ich wünsche Ihnen von herzen glück wie zu dem siegreichen erfolg Ihres werkes so zu der an dem ersten bande nun zum fünften male bewiesenen schöpferischen kraft, und bin stolz, diese gäbe Ihnen danken zu dürfen. Ehe ich das buch zum buchbinder gab, konnte ich der Versuchung nicht widerstehn, anzuschneiden und anzulesen. Ich griff nach einem alten liebling 408
Anaximandros. Da haben Sie meinen collegen, den Vertreter der katholischen philosophie, Neuhäuser, in so treffender weise behandelt, als hätten Sie ihn, wie ich, aus seinen bogenlangen roten, reinen kapiteln angewandter logik wobei oft nur die praemisse falsch ist, und aus seinen facultätsreden kennen lernen müssen. In dem einen worte „scholastische begriffsklitterungen sind keine geschichtlichen beweise" (198,5) haben Sie den ganzen mann gezeichnet. Das sehr expansive Selbstgefühl des mannes ist durch sein rectorat merklich entfesselt worden, und bei dem Zusammenhalt der katholiken beginnt er, so seltsam das klingen mag, für uns eine gefahr zu werden. Das von Ihnen p. 222 anm. 1 aufgedeckte factum war mir neu, da ich seinen Anaximander zwar besitze aber nicht durchgearbeitet habe. Ich bemerke dazu, dass ich, während er an Anaxim. arbeitete, ihn nicht ein- sondern mehrmals auf die nothwendigkeit hingewiesen habe sich mit Diels' Doxographen bekannt zu machen. Er that dann so, als ob er das nicht nöthig habe, da seine quelle Aristoteles sei und die anderen dagegen nur nebenbei in betracht kämen. N u n sehe ich dass der fuchs sich doch ganz gut gemerkt hat, wo die trauben hiengen. Von mir möchte ich Ihnen gerne längst eine kleine gegenleistung gesandt haben. Aber die beiden letzten semester, in denen mich neue Vorlesungen beschäftigten, Hessen mich nicht zur production kommen; auch in diesem winter haben die verschiedenartigsten Störungen festen curs verhindert. Nach einer kleineren arbeit über einen von mir ausgegrabenen Kirchenvater (Johannes Eleëmon erzb. von Alexandreia) ist es höchste zeit die Untersuchungen über das weihnachtsfest abzuschliessen; sonst glauben am ende wirklich die herrn Duchesne und Lagarde, sie hätten recht. Mit den herzlichsten empfehlungen auch von meiner frau an Sie und Ihre verehrte frau gemahlin Ihr verehrungsvoll und treu ergebener H . Usener
13.
Zeller an Usener Stuttgart Reinsburgstr. 56 13. Mai 1899.
Verehrter Herr College! Es traf sich hübsch, daß unsere Sendungen, Ihre gewichtige u. meine kleine, sich kreuzten; u. mir ist es lieb, daß die meinige nicht erst nach Emfang der Ihrigen abgieng; es hätte sonst aussehen können als ob ich wie Diomed mit Kupfer für Gold zahlen wolle. Jetzt, nachdem ich Ihre Schrift von Anfang bis zum Ende mit dem höchsten Interesse gelesen habe, kann ich Ihnen nicht blos 409
für die freundliche Zusendung derselben sondern auch für die reiche Belehrung, die ich ihr verdanke, meinen lebhaftesten Dank aussprechen. Es ist ein unermeßliches gelehrtes Material, das Sie mit einer Meisterschaft beherrschen, welche jedem, der auf diesem Gebiete nicht eben so genauen Bescheid weiß, in seinem Urtheil Zurückhaltung auferlegt. Mit diesem Vorbehalt darf ich aber sagen, daß Ihre Ansicht über die Entstehung u. die ursprüngliche Bedeutung der griechischen Fluthsage sich nur entschieden empfiehlt. In unsern allgemeinen Annahmen über Mythenbildung sind wir ohnedieß wohl einig, u. so hoffe ich auch für meine Bemerkungen S. 245f. meiner (Bd. 42 von Hilgenfeld's Ztschr. f. wissensch. Theol. entnommenen) Abhandlung auf Ihre Zustimmung; würde mich aber sehr freuen, wenn auch die Anwendung, die ich davon auf die rhapsodische Theogonie mache, u. meine ganze Ansicht über die letztere, u. was damit weiter zusammenhängt, Ihren Beifall fände. Zu S. 257 schreibt mir Diels, er habe sich neuestens überzeugt, daß auf der Photographie des betreffenden thurischen Täfelchens der Name des Phanes sich gar nicht finde, sondern erst von Comparetti hineingelesen worden sei. Dann hätte ich mir freilich meine Auseinandersetzung - an deren sachlicher Richtigkeit ich freilich doch festhalte - ersparen können. Mit der Bitte, mich auch Ihrer Frau Gemahlin in freundliche Erinnerung zu bringen, bin ich in ausgezeichneter Hochschätzung Ihr ergebenster E. Zeller.
14.
Zeller an Usener
[Visitenkarte] Dr. E. Zeller Wirkl. Geheimerath u. Professor dankt Ihnen schönstens für das freundliche Geschenk Ihrer schönen und belehrenden Abhandlungen. Stuttgart 12. März 1903.
Reinsburgstr. 56
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Anhang
Zur Überlieferung und Auswertung der Diels-Korrespondenz
Der erste Benutzer der Diels-Korrespondenz war Otto Kern (1863-1942). Als er 1927 die Biographie seiner 1922 verstorbenen Lehrer Hermann Diels und Carl Robert veröffentlichte, berief er sich auf dieses Material, das Diels nach seinem Rücktritt vom Amt als Sekretär der Berliner Akademie der Wissenschaften übergeben hatte. In der Quellenübersicht verwies Kern (S.VII) zunächst auf „zehn Quarthefte ,Aus der Jugendzeit 1848-1872 von Hermann Diels' mit einem vom 15. August 1914 datierten Vorwort" und führt im 2. Punkt aus: „Der fast lückenlose Briefwechsel von Usener mit Diels und Zeller mit Diels, von Diels in zwei Kästen geordnet, werden von der preußischen Akademie der Wissenschaften aufgehoben. Diels hat den Verfasser seiner Biographie selbst auf sie als die beste Quelle für sein Leben von der Jugendzeit an hingewiesen. Der Akademie spreche ich meinen ehrerbietigsten Dank dafür aus, daß ich die beiden umfangreichen Briefwechsel hier in Halle auf der Universitätsbibliothek jahrelang benutzen durfte. Wie die Jugenderinnerungen von Diels, so müssen auch einmal diese beiden Briefwechsel, die für das gelehrte Berlin der Jahre 1877-1908 sehr wichtige Zeugen sind, ganz herausgegeben werden. Wie wünschenwert das ist, werden schon die von mir mitgeteilten Proben zeigen. Es ist erhebend und erquickend, diese drei großen Gelehrten in ihrem Sein und Wirken so unmittelbar beobachten zu können." Während über den Verbleib jener zehn Hefte mit den Jugenderinnerungen Unklarheit besteht und ein späterer Biograph wahrscheinlich auf die von Kern veröffentlichten Auszüge angewiesen sein wird, berücksichtigt vorliegende Ausgabe auch die in Bonn und Tübingen archivierten Briefe. Daß ein nicht geringer Teil des Materials in Bonn verblieben war, muß Kern zwar nicht gewußt, aber doch vermutet haben. Denn die Einschränkung, die Korrespondenz liege fast lückenlos vor, ist nicht das Ergebnis einer Vollständigkeitsanalyse, sondern beruht offenbar auf der Kenntnis des Schriftwechsels, der dem Briefwechsel Diels-Usener (AAW Berlin, Diels-Nachlaß 1) beiliegt. Es handelt sich um folgende Schriftstücke, die auch bei flüchtiger Durchsicht dieses Nachlaßteils (Archivpaginierung in runden Klammern) auffallen mußten: 1 (432) Lili Usener an Diels; [Bonn] 27.6.8. 2 (425-427) Lili Usener an Diels; Bonn 1 Juli 08. 3 (430) Marie Dieterich an Diels; Postkarte [Heidelberg, 6.7.1908] 4 (431) Marie Dieterich an Diels; Postkarte [Heidelberg, 15.7.1908]
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5 (428) Loeschcke an Diels; Bonn, den 16/VII1908 6 (429) Diels an Loeschcke; 18/7 08, Teil des Briefentwurfs 7 (423) Lili Usener an Diels; [Bonn, Anfang September 1908] 8 (424) Lili Usener an Diels; Kiel. Holtenauerstraße 62, 27. 9. 08. 9 (18) Lili Usener an Diels; Heidelberg. Werderstraße 72.12 Juni 1912. 10 (19/20/16) Diels an Lili Usener; Copie [eigenhändig] Berlin, 14. Jun. 1912 Frau Useners letzter Brief und Diels' Antwort schließen sich in der Blattzählung unmittelbar an drei Briefe zu den Götternamen an, d.h. sie liegen im Konvolut unter den Briefen I, 320 (1-3), 319 (4-8) und 324 (9-15 = Abschrift des Briefes Rohde an Usener). Die ersten acht Stücke bilden den Abschluß des Briefbündels. Sie zeigen, welche Schritte Diels unternahm, um die Korrespondenz zu komplettieren, und daß es zu keiner Einigung kam, die beide Seiten befriedigt hätte. Sie belegen ferner die Hoffnungen, die Frau Usener nach dem Tod ihres Schwiegersohnes Albrecht Dieterich (1866-1908) gerade in Diels setzte. Dieser sollte ausführen, was jener in Angriff genommen hatte: die große Usener-Biographie und die Herausgabe der kleinen Schriften Useners. Es folgt ein Referat (R) der zehn Texte, deren Umfang in wörtlicher Abschrift 14 Seiten beträgt. Frau Usener spricht Diels mit „verehrter Freund" (1 und 2), „lieber Freund" (7 und 8) bzw. mit „sehr geehrter Freund" (9) und unterschreibt mit „Lili Usener". R 1 (276.1908): Das furchtbare Schicksal, das ihr (am 6. Mai 1908) den trefflichen Schwiegersohn genommen, bringe sie auch wegen des Lebensbildes ihres teuren Mannes in schwere Not. Er (Dieterich) habe zwar im Kopf alles fertig gehabt, aber außer Skizzen, die nur ihm verständlich, nichts hinterlassen. Diels möge ihr raten, an wen sie sich wenden solle. Sie habe gerade mit „Löschke" (Georg Loeschcke) gesprochen, der „Schwarz" (Eduard Schwartz) für einen tollen Kerl, aber für sehr geeignet halte. Sehr fraglich sei, ob dieser auch bereit wäre; sie halte es für ausgeschlossen, weil er (Schwartz) wisse, daß ihr Mann ihn in mancherlei Hinsicht scharf beurteilte. Auch Wendland sei erwogen worden, da er (Diels), das wisse sie, nicht tut, „was fast Alle u. überall zuerst vorschlugen"! (Demnach stand Diels an der Spitze der Kandidatenliste potentieller Usener-Biographen.) Er möge umgehend seine Meinung äußern, da Marie (ihre Tochter) „bald die Sendungen erledigt bekommt" (d.h. daß der von Dieterich übernommene Nachlaß Useners, darunter die Diels-Briefe, für den Versand vorbereitet wird). R 2 (1.71908): Sie dankt Diels für die Antwort; sein Brief enthalte nur leider das Gegenteil dessen, was sie erhoffte. Er wisse und verstehe, daß ihr heißer und von vielen anderen geteilter Wunsch dahin ging, daß er die Biographie nun selbst übernehme. Wer, wenn nicht er - Useners bedeutendster, liebster Schüler und Freund, durch 38 Jahre mit ihm in ständiger Verbindung, zumal er ihr mehrmals geschrieben habe, was er ihm verdanke, kurz: daß er ihm alles verdanke, - wer sollte mehr berufen sein zu diesem Liebesdienst?! Vor allem jetzt, nachdem ihr (durch Dieterichs Tod) auch im Hinblick auf ihres teuren Toten Gedächtnis und Fortleben alles genommen sei; „er [Dieterich]
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war ja sein geistiger Erbe u. mit ihm stirbt wie Viele mir auch aussprachen u. schrieben Hermann Usener zum zweiten Male". Sie habe natürlich nichts gewußt „von dem Plane mit Zeller" (dieser war am 19.3.1908 gestorben; Diels widmete ihm eine umfangreiche, Streitfragen nicht ausklammernde Gedächtnisrede in der öffentlichen Sitzung der Akademie vom 2.7. 1908, wirkte ferner bei der Herausgabe seiner 1910/11 erschienenen Kleinen Schriften mit und ließ 1914 zu seinem 100. Geburtstag einen Artikel in der Deutschen Rundschau folgen). Ob es denn tatsächlich nicht möglich sei, daß er das Bild des so viel länger schon Verstorbenen vorangehen ließe; bei seiner Arbeitskraft und Energie halte sie alles für möglich?! Der Aufforderung, ihre Bitte noch einmal zu überdenken und ihr deshalb nicht zu zürnen, folgt: „Sollten Sie das ganze Lebensbild als unmöglich für Sie empfinden u. nur wie Sie schrieben ,Mitteilungen aus der ersten Bonner Zeit u. namentlich die Entwicklung seiner mythol. Vorstellungen durch die Jahre', so muß ich natürlich mich bescheiden, für diesen Theil den nur Sie kennen dankbar sein u. mich dann wohl durch Lösch[c]ke an Schwar[t]z wenden." Eine weitere Bitte werde er ihr hoffentlich erfüllen. Bei nochmaliger Lektüre aller Briefe Dieterichs an sie, die nachgelassenen Sachen Useners betreffend, habe sie folgende Stelle, die sie wörtlich kopiere, gefunden: „Die weiteren [vgl. die 1907 von A. D. herausgegebenen Vorträge und Aufsätze Useners] kleinen Schriften kann ich nicht allein besorgen, Diels hat mir seine Unterstützung versprochen. Soll es wirklich schnell vorwärts gehen was zu wünschen, so müßtest Du mich bitte ermächtigen mir einige [Mitarbeiter] - denn die so verschiedenen Dinge kann nicht einer allein besorgen - zu suchen." (Diese Schriften wurden zwischen 1912 und 1914 von sieben Usener-Schülern - s. Bibliographie - herausgegeben.) Ob er (Diels) ihr nun anstatt Dieterich helfen wolle; die Redaktion übernehmen und die ihm geeignet erscheinenden (Mitarbeiter) werben? Sie rechne mit seiner bejahenden Antwort für dies letztere, denn ganz werde er seine alte Landsmännin (sie stammte wie Diels aus Biebrich, er war von ihrem Vater getauft worden) nicht stecken lassen. Am Rand merkt sie noch an, die Manuskripte der Schriften seien geordnet und könnten ihm sofort zugehen, und auf der Rückseite des Briefumschlags (!): „Anzeigen [vom Tod Dieterichs] hat übrigens von Hedb. [Heidelberg] Niemand bekommen meine Tochter war unfähig Namen u. Alles zu denken [...], das zur Entschuldigung." R 3 (6.Z1908): Useners Tochter, Marie Dieterich (Unterschrift), bedankt sich bei Diels für dessen gütigen Brief, den sie gern gleich beantwortet hätte, aber durch das Ordnen der Papiere sei sie nicht an ihren Schreibtisch gekommen. (Diels schrieb vermutlich Ende Juni an sie, nachdem er erfahren hatte, daß demnächst „Sendungen" - vgl. R 1 aus Heidelberg abgehen würden.) Dem Kartentext ist zu entnehmen, daß Diels noch Dieterich selbst um die Rückgabe seiner Briefe gebeten hatte: „Ich hoffe daß ich Ihre Briefe jetzt alle zusammen habe. Übrigens müssen Sie verzeihen, Sie sind im Irrtum, daß mein Mann die Briefe vergessen zu schicken. Als Ihr Brief mit der Bitte kam war mein Mann schwer krank an Influenza, mußte dann nach Karlsruhe noch krank ins Examen u. von dort nach Hamburg nachdem er dazwischen hier noch gelegen - er hat sich davon nicht mehr erholt. Ich weiß genau daß er Ihnen schrieb, es sei vor der Reise nicht möglich die bereits in verschiednen Rubriken liegenden Briefe auszusuchen er
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werde es nach der Reise sofort thun. Sie wissen vielleicht nicht, daß er von der Reise zurückgekommen gleich zu den Examen nach Karlsruhe ging u. ihm dann nur einige Tage vor dem Beginn des Semesters u. dem Traurigen blieben. Also war die Möglichkeit des Schickens direct ausgeschlossen. Ich habe eben an Mutter geschrieben u. um die Erlaubnis gebeten sie schicken zu dürfen. Ich selber habe ja durchaus kein Verfügungsrecht darüber." R 4 (15.71908): M. Dieterich (Unterschrift) dankt Diels für einen weiteren Brief. Der Bescheid ihrer Mutter laute, daß der gesamte Nachlaß und die Briefe, ohne Ausnahme, an sie (nach Bonn) zurückzuschicken sei. Deshalb könne sie seinem Wunsch nicht mehr nachkommen und müsse ihn bitten, sich direkt an ihre Mutter zu wenden. „Duhns Nachricht hatte damals übrigens gestimmt da ich vor der Biblioteksaufnahme alles verpackt hatte, um die Sachen geordnet fort zu haben, sie wurden dann nicht abgeschickt da ich Nachrichten abwarten mußte u. daraufhin sie neu ordnen u. umpacken mußte wobei ich Gelegenheit hatte, Ihre Briefe auszuordnen. Ein großer Theil war von Vaters Hand noch geordnet." - Demnach hatte sich Diels auch an Dieterichs ehemaligen Kollegen, den Heidelberger Archäologen Friedrich Carl von Duhn, gewandt, dessen Auskunft anscheinend in sein erstes Schreiben an Marie Dieterich eingeflossen war. R 5 (16.71908): Georg Loeschcke, Archäologe und Leiter des Akademischen Kunstmuseums in Bonn, schreibt Diels (das Briefpapier trägt den Aufdruck „Akademisches Kunstmuseum"), wegen des Hin und Her zwischen Frau Usener und ihm sowie Heidelberg und Bonn komme seine Antwort etwas spät; er hoffe aber, die Brief-Angelegenheit werde sich nunmehr glatt erledigen lassen. Frau Usener sei bereit, die von Diels geschriebenen Briefe zurückzugeben. Jedoch wünsche sie im Interesse der Biographie und als Gegenleistung die Rückgabe der in Diels' Händen befindlichen Briefe ihres Mannes. Diese Bitte übermittle er in ihrem Auftrag. Er habe ihr gegenüber betont, er hielte für selbstverständlich, daß Diels, wenn er die in Aussicht genommene religionsgeschichtliche Arbeit (vgl. R 2) in Angriff nehme, Useners Briefe zu diesem Zweck wieder erhalte (bei dieser Argumentation mußte der ohnehin bei Diels befindliche Korrespondenzteil gar nicht erst nach Bonn abgehen, jedenfalls nicht vor Benennung des Usener-Biographen), wie Diels seinerseits zur Bearbeitung der Usener-Biographie auch seine Briefe (an Usener) als besonders wertvolles Material dem Biographen nicht vorenthalten werde. „Die Kisten mit Useners Nachlaß sind hier eingetroffen, aber bisher nicht geöffnet. Die eine trägt die Bezeichnung ,Material für die Biographie' u. wird sicher auch Ihre Briefe enthalten. Es ist also wenigstens dafür gesorgt, daß die Briefe nicht in unberufene Hände kommen." Schwartz habe abgelehnt, Useners Biographie zu schreiben (vgl. R 1 u. 2). Auch für die kleinen Schriften sei noch kein Herausgeber gefunden. (Friedrich) Marx habe (Anton) Elter vorgeschlagen. Seine Ambitionen und sein Talent, Geldgeber zu finden - der großzügige Erweiterungsbau seines Museums stand kurz vor der Eröffnung - , verdeutlicht der Schluß des Briefes: „Daß wir planen, um aus unserem Sumpf herauszukommen, eine rheinische Akademie d. Wissenschaften zu gründen, haben Sie vielleicht gehört u. vielleicht stark den Kopf geschüttelt. Vertraulich darf ich wohl erwähnen, daß mir testamentarisch eine
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Million dazu in Aussicht gestellt ist. Ehe es Ernst wird, würde ich mir natürlich gestatten Ihren Rat einzuholen z . B . ob die Klassenteilung mehr Schaden oder Nutzen stifte. Doch davon später. In größter Verehrung Ihr stets ergebner G. Loeschcke". Der in Penig in Sachsen, einer kleinen Industriestadt an der Zwickauer Mulde (Papier, Pappe, Maschinen), geborene Loeschcke wurde 1909/1910 Rektor der Bonner Universität und 1912 nach Berlin berufen. R 6 (18.71908): Diels' umgehende Antwort liegt unter der Uberschrift „Schluß des Briefes an Löschcke" als Teil des Briefentwurfs vor und kommt ohne diplomatische Schnörkel zur Sache: „Useners Originalbriefe bin ich entschlossen auf alle Fälle zu behalten. Ist der Biograph Useners ernannt und am Werk, so würde ich mit ihm, falls er die Befugnis zur Publikation Usener'scher Briefe erhält und er mir für diese Sache die geeignete Persönlichkeit zu sein scheint, mich zu verständigen suchen. Ich würde dann Abschriften der von ihm in meiner Gegenwart ausgewählten Briefe oder Briefstellen ihm zur Verfügung stellen. Voraussetzung aber für diese ganze Verhandlung wäre, daß mir meine Briefe vor dem 1. August dieses Jahres, wo ich zu verreisen gedenke, bedingungslos als Geschenk überwiesen werden, von denen dann die etwa für den Biographen erforderlichen Abschriften oder Excerpte unter meiner Beistimmung und Aufsicht werden angefertigt werden können. Ich würde ihm dann auch die zur Publication solcher Briefe oder Briefstellen nötige Druckerlaubnis meinerseits erteilen. Ich würde ferner auch alle diese Stipulationen testamentarisch feststellen." Die Vorstellung, daß seine Briefe womöglich Gegenstand kaufmännischer Spekulationen werden könnten, dürften Diels zu diesem ungewöhnlich barschen Ton gereizt haben. Hierzu muß man wissen: Useners Bibliothek wurde verkauft und dann von der Käuferin (s. weiter unten) dem von Loeschcke geleiteten Museum gestiftet. Useners ältester Sohn war Physiker, Spezialist im Torpedobau und seit 1905 Mitinhaber eines Kieler Unternehmens. Der Verkauf von Nachlässen war zwar üblich, wenn sich aber der Erlös in Rüstungskapital verwandelte, wird Diels' Toleranzgrenze überschritten worden sein. Die unmotiviert hart klingende Voraussetzung, an der Usener-Erbepflege nur dann teilzunehmen, wenn er seine Briefe „bedingungslos als Geschenk" zurückbekomme, hätte demnach einen Sinn, der über das Anliegen der Komplettierung seiner Korrespondenz hinausging. R 7 (undatiert): Frau Usener schrieb dieses Kärtchen (halbes Postkartenformat) Anfang September 1908 während eines kurzen Zwischenaufenthalts in Bonn. Sie sei von einer Kur im Spessart für einen Tag zum Umpacken in ihr Haus gekommen und beabsichtige, nach Kiel (zu ihrem ältesten Sohn) weiterzureisen. In aller Eile wolle sie jetzt die gewünschten Briefe senden; die Sendung wäre ihr vor fünf Wochen, als sie abreiste und Diels ebenfalls auf Reisen wußte (dieser hatte - vgl. R 6 - den Termin 1. August genannt), zu riskant gewesen. Aus der Randbemerkung „Also die Seinen wollen Sie mir nicht geben? dagegen?" folgt, daß Diels' Entschlossenheit, Useners Originalbriefe auf
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jeden Fall zu behalten, ihr nicht unbekannt geblieben war. - Dieses Kärtchen befand sich, wie aus dem nächsten Schreiben hervorgeht, in dem Briefpaket, das sie einige Wochen später aus Kiel absandte. R 8 (279.1908): Heute· endlich bringe sie die Briefe zur Post; nur das habe sie gewollt, dies nämlich selbst zu erledigen. Wie Diels aus den eingelegten, jetzt sehr alten Zeilen im Paket ersehe, habe sie es in den wenigen Stunden vor der Abreise gepackt, dann aber die Absicht, es noch auf dem Weg zur Bahn auf die Post zu bringen, nicht mehr verwirklichen können. „Hier blieb es im Koffer, da ich gleich zuerst nach Kitzeberg zu Freunden ohne grosses Gepäck fuhr u. soll es heute mein Erstes sein nachdem ich gestern Abend hierhin kam, in der Hoffnung dass Sie nicht mehr auf Reisen was ich auch bei dem herrlichen Wetter befürchten konnte. In 4 - 5 Wochen sehe ich Sie wohl in Berlin u. tragen Sie mir hoffentlich mein Zögern nicht nach, - was Sie verstehen müssen, wenn Sie meinen Bedenken, durch Andre geweckt u. genährt nachgehen. Möchten Alle tief Unrecht haben! In alter Freundschaft Ihre Lili Usener." Es ist schwerlich nachzuvollziehen, von welcher Art diese Bedenken gewesen sein mögen. Jedenfalls fiel es ihr offenbar nicht leicht, sich von den Briefen zu trennen, ohne auf Gegenleistungen (vgl. R 5) zu bestehen. Das merkt man allein schon an der Zeitspanne, die zwischen der im Frühjahr an Dieterich gerichteten Bitte und deren Erfüllung liegt. Dieterich wird nicht ohne vorherige Rücksprache mit seiner Schwiegermutter geantwortet und dabei weder ihr noch Diels verschwiegen haben, daß er „die bereits in verschiednen Rubriken liegenden Briefe" (R 3) nicht ohne weiteres aus dem Zusammenhang herausnehmen konnte, in den er sie im Hinblick auf die Biographie gebracht hatte; folglich nur diejenigen zurückgeben konnte und wollte, die er nicht zu benutzen gedachte. Und nach seinem bald darauf erfolgten Ableben die für die Biographie geleistete Vorarbeit dadurch zu vernichten, indem man die separierten Briefe wieder in jenen Teil einfügte, der von Useners Hand noch geordnet vorlag, wäre zu diesem Zeitpunkt ebenfalls unvernünftig gewesen. Diels mußte also damit rechnen, den gewünschten Korrespondenzteil nicht lückenlos zurückzubekommen. Wie es sich damit wirklich verhielt, konnte er bis zu ihrem Berlin-Besuch feststellen, den sie sicherlich anläßlich des 75. Geburtstages ihres Bruders Wilhelm Dilthey (1833-1911) am 19. November 1908 plante. Dilthey wird als Kollege, der Diels nahestand, dazu beigetragen haben, die Bedenken seiner Schwester (nicht genug Kapital aus dem Nachlaß geschlagen zu haben?!) zu unterdrücken, denn erst nach seinem Tod kam es zu einem Sinneswandel, der offenbar zum Abbruch der bis dahin wohl gerade noch guten Beziehungen zwischen Diels und Frau Usener führte. R 9 (12.6.1912): Nach vielen Monaten des Schwankens schreibe sie nun aus Heidelberg, was endlich doch geschrieben werden müsse. Er wisse, wie schwer es ihr „im Vorjahre" wurde und gemacht wurde, seinem wiederholten Wunsch nach Rückgabe der an ihren Mann gerichteten Briefe Folge zu leisten. (Demnach erhielt Diels 1911 weitere Briefe zurück; darunter wird sich u.a. der lange Brief zu den Götternamen - 1,319 - befunden haben.) Nicht nur Freunde und Fachgenossen, auch ihre Kinder hätten ihr dringend
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davon abgeraten. Weil sie dennoch ihm und seinen freundschaftlichen Worten nachgegeben, hätten viele - darunter ihre Kinder - von ihr verlangt, daß sie nun fest bliebe und als Gegenleistung die Rückgabe der an Diels gerichteten Briefe fordere. Auf seine Erwiderung, sie solle doch darauf nicht bestehen, es hieße ihm etwas aus dem Herzen reißen, habe sie nur antworten können, nochmals mit ihren Kindern sprechen zu wollen. Dann sei sie mit dem festen Vorsatz nach Berlin gefahren, das Anliegen mündlich vorzutragen, aber durch die Sache mit Rhodes(!) Brief (= 1,324; Erwin Rohde an Usener) und andere Mitteilungen von Diels, die sie beeindruckten, wieder schwach geworden. Daraufhin habe sie mit allen ihren Kindern (Marie, Hans, Walther, Hermann) alles noch einmal besprochen. „Nun ist das Resultat, dass ich unbedingt auf meinem Rechte u. dem durchaus üblichen Verfahren bestehen müsse (was ich damals gleich gewünscht) Alle Briefe meines Mannes an Sie gegen die Ihnen gesandten zurückzufordern. Seien Sie mir darum nicht böse es wäre mir schmerzlich u. senden Sie sie ohne Schwierigkeit um meines guten Rechtes willen nicht nur, sondern mich auch vor gerechten Vorwürfen zu bewahren gleich unter Versicherung an die Bonner Bergisch Märkische Bank, der ich auch zugleich schreibe damit sie in meinem Save verbleiben, bis ich in Kurzem nach Hause zurückkehre, wo sie dann mit den Anderen [Briefen (von Diels?)] jetzt geschlossen u. versiegelt wieder aufbewahrt werden, bis eine treue kundige Hand sie s.Z. sichtet. In alter Treue bleibt stets dieselbe Ihre Lili Usener." Hierzu ist anzumerken: 1.) Den Originalbrief Rohdes an Usener erhielt Diels wahrscheinlich durch Vermittlung des Rohdes-Biographen Otto Crusius (1875-1918). Diels ließ eine Abschrift anfertigen und ergänzte sie an einigen Stellen, die der Abschreiber ein Student? - offen gelassen hatte. Ende 1911 wandte sich Diels wegen des Antwortbriefes (Usener an Rohde, Juni (?) 1896) nach München an Crusius, der die Frage an Rohdes Sohn weiterleitete. Dessen Bescheid - eine von G. Rohde unterzeichnete Karte (Poststempel Ζ 1. 1912) an Crusius liegt vor (Diels-Nachlaß 1, Bl. 22) - besagt, er sei nicht imstande, diesen Brief aus dem Nachlaß seines Vaters herauszusuchen. Uber seine Bemühungen, die Diskussion von Rohde und Usener zu den Götternamen aufzuhellen, wird Diels mit Frau Usener während ihres Berlin-Besuchs 1911/12 gesprochen haben. 2.) Frau Usener wiederholte die von Loeschcke (vgl. R 5) übermittelte Bitte, indem sie nun alle (das Wort ist unterstrichen) an Diels gerichteten Briefe ihres Mannes zurückforderte. Das bedeutet keineswegs, trotz der Betonung „Alle", Diels habe ihrer Bitte bereits teilweise entsprochen, sondern deutet an, daß sie selbst nicht sämtliche von Diels an Usener geschriebenen Briefe dem Absender zurückgegeben hatte. Wäre das Tauschgeschäft zustande gekommen, hätte sie demnach einen nennenswerten Gewinn erzielt, der in den von Dieterich ausgesuchten Briefen bestand. Für den Inhalt der Korrespondenz konnte sie sich selbst kaum interessiert haben. 3.) Die Bonner Adresse, an die Diels die zurückgeforderten Briefe schicken sollte, bezeichnet den zeitweiligen Aufbewahrungsort wohl nur derjenigen Briefe, deren Absender noch lebten. Mögen sich diese Korrespondenzteile zunächst noch beim „Material für die Biographie" befunden haben,
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dessen Übergabe aus Heidelberg Georg Loeschcke (R 5) im Juli 1908 bestätigte, so sicherte sich Frau Usener das alleinige Verfügungsrecht also durch Verwahrung in einem Bankschließfach. R 10 (14.6.1912): Die Antwort liegt in einer von Diels eigenhändig und sauber ausgeführten „ C o p i e " vor. Er rechnete anscheinend mit der Möglichkeit eines Rechtsstreites und stellte wohl deshalb die Schriftstücke zusammen, die zur Klärung des Sachverhaltes beitragen konnten. O b Frau Usener mit der Betonung ihres „guten Rechtes" andeuten wollte, sie werde nötigenfalls ihre Forderung von einem Anwalt durchsetzen lassen, ist fraglich. Dennoch reagierte Diels mit empfindlicher Schärfe, die sich zweifellos gegen das Geschäftsgebaren und nicht gegen die Adressatin persönlich richtete: „Verehrte Freundin, Sie haben wol nicht bedacht, welchen Schmerz Sie mir mit Ihrem Briefe vom 12. d. M. bereiten würden. Sie reden mich in alter Weise als ,Freund' an und der Inhalt ist angefüllt mit schwärzestem Mißtrauen, als ob ich ein Feind sei, gegen den man das nächste Mal mit dem Rechtsanwalt vorgehen werde." Er könne nicht glauben, daß dies ihre Meinung sei; sie müsse einem ihm unerklärlichen Impuls nachgegeben haben. Er hoffe, daß dieser Brief sie in anderer Stimmung finde, und so bitte er sie, ihn ruhig anzuhören: „Useners Briefe an mich bilden einen Teil seines Lebens und meines Lebens; sie bilden aber mit den Briefen, die ich seit 1869 an ihn geschrieben habe, eine Einheit. Die einen ohne die andern sind unverständlich und was schlimmer ist, misverständlich. Ich bat Sie daher als der Überlebende nach dem Tode Ihres verehrten Gatten um die Güte diesen für mich kostbarsten Schatz persönlicher Erinnerungen, das teuerste Andenken seiner liebevollen Seele, dadurch vollständig und verständlich zu machen, daß Sie meine Briefe diesem Corpus Usener'scher Briefe zufügten. Ich hatte die Absicht, die damals von Ihnen gebilligt wurde, mit Ihrer Zustimmung einiges daraus zur Vervollständigung des Bildes des Entschlafenen und zum besseren Verständnis seiner Hauptwerke publicieren zu dürfen. Ich bin freilich nach unseren letzten Unterredungen etwas zweifelhaft geworden, ob dies Ihren Absichten jetzt noch entspricht. Allein das ist ganz sicher, daß, wenn ich Ihnen Useners Briefe zurücksende und Sie mir die noch fehlenden Briefe, die ich geschrieben habe von c. 1887-1890. 1895. 1896 (diese Jahrgänge fehlen) schicken, wie Sie wünschen, dies nicht das Richtige ist. Das wäre eine Scheidung, die an die Halbierung des Kindes im Salomonischen Urteil erinnerte. Die Briefe müssen unbedingt zusammenbleiben. Es handelt sich ja nicht um Briefe von Verlobten, die nach aufgehobner Verlobung gegenseitig zurückgegeben werden, sondern um einen über 30 Jahre unausgesetzt in ungetrübter Harmonie fortgesetzten Gedankenaustausch, der nur durch rohe, brutale Gewalt von einander gerissen werden könnte. Ich beschwöre Sie bei dem Manne, dessen Andenken auch Ihnen wie mir heilig ist, solche Scheidung nicht zu wollen. Sie wissen, daß ich unfähig bin irgend einen Misbrauch mit diesem für mich unschätzbaren Material zu treiben. Ich habe in der Annahme, daß Sie damit einverstanden sind, eine gemeinsame Hülle für den Briefwechsel anfertigen lassen. Ich habe für den Fall meines Todes bestimmt, daß der Briefwechsel Diels-Usener ebenso wie [der] durch die Güte der Hinterbliebenen [d. h. der Familie Albert Zeller] vollständig zusammengekommene Briefwechsel Diels—Zeller unter den strengen, dafür geltenden Bestimmungen
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dem Archiv der Kgl. Ak. d. Wiss. einverleibt werde, zu dem nur Berufene s.Z. Zutritt erhalten können unter Controlle der Akademie, der das Andenken ihrer Mitglieder ebenso heilig sein wird, wie es mir heilig ist, in bezug auf dieses jetzt in meiner Verwahrung befindliche Material. Ich bitte Sie daher dringend Ihren Gedanken der Trennung des Vereinten aufgeben zu wollen und nicht auf einem Rechte bestehen zu wollen, das ein bitteres Unrecht gegen den Toten wie den Lebenden einschließen würde." Er habe einen kompetenten Kenner dieses Rechtsgebietes konsultiert und die Auskunft erhalten, es gebe keine Gesetzesbestimmung, die jemand nach dem Tod des Briefpartners zur Rückgabe der Briefe zwingen könne. Und damals habe auch er nicht unter Berufung auf ein angebliches Recht seine an Usener geschriebenen Briefe erbeten, sondern um Useners Briefe, die ohne die entsprechenden Fragen und Antworten teilweise unverständlich wären, für sich und seine Erinnerung wertvoller zu machen. Sie habe wohl nicht bedacht, was sie mit ihrer Forderung erreichen würde: „Ich würde mir natürlich, um diese mir ans Herz gewachsenen Beweise wenigstens ihrem Inhalte nach zu retten, sie abschreiben oder photographieren lassen, wozu ich wie mir Juristen sagen, das vollkommene Recht habe. Und dann würde ich, da Sie mit Ihrer barschen Rechtsforderung die Bande der Pietät, die mich an das Haus Usener fesselte, selbst schmählich zerschneiden, frei sein, wann ich will und was ich will aus unserer Correspondenz zu veröffentlichen ohne Sie zu fragen. Ich nehme nun aber an, daß Sie unterdessen schon längst Ihren traurigen Brief bereut und Ihren alten Freund nicht wol zu solchen Entschlüssen haben treiben wollen. Vielmehr nehme ich an, daß Sie Ihre frühere Gesinnung und Ihr früheres, wahrlich nicht ungerechtfertigtes Vertrauen mir nicht entziehen werden, daß Sie es vorziehen lieber in treuer Gemeinschaft aller mit Hermann Usener Verbundenen sein Andenken pflegen als Nachlaßstreitigkeiten à la Förster-Nietzsche hervorrufen wollen, vor denen sich eine reine Seele wie die Useners entsetzt abwenden würde. Ich hoffe also, daß Ihr letztes Wort ,in alter Treue bleibt stets dieselbe' wahr bleibt und daß Sie mir die Erlaubnis geben Ihren Brief vom 12. Juni zu verbrennen und aus meinem Gedächtnisse zu löschen." Auf eine Antwort scheint Frau Usener verzichtet zu haben. Trotz größter Emphase hatte sie nichts erreicht, sondern aus der Perspektive einer von Diels verachteten Geschäftstüchtigkeit sogar verloren. Tatsächlich gehörte die Korrespondenz in ein Archiv und nicht in ein Bankschließfach, wo sie eines mehr oder minder selbstlosen Mäzens harrte. Die protokollarische Formulierung, wonach Diels die Briefwechsel geschenkweise der Akademie übergab - in den drei hierzu vorhandenen Dokumenten tauchen die Worte „geschenkweise" und „Schenkung" insgesamt fünfmal auf (AAW Berlin, II-XV,7; 259,260,261) - , hatte demnach nicht nur einen juristischen, sondern auch einen moralischen Sinn. Acht Jahre nach Abschluß der Debatte mit Frau Usener erhielt Diels noch eine Anzeige, die maschinenschriftlich und auf Papier mit Trauerrand ihren Tod meldete (DielsNachlaß 1, Bl. 23):
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Gestern Abend entschlief sanft nach langem Leiden unsere innig geliebte Mutter und Grossmutter Lili U s e η e r geb. Dilthey nach einem schönen und reichen Leben im 75. Lebensjahre. Marie Dieterich geb. Usener, Heidelberg Hans Usener und Frau Inge, Kiel Walter Usener und Frau Else, Dessau Hermann Usener und Frau Aenne, München und 8 Enkelkinder. Die Einäscherung findet statt, am Mittwoch, d. 17 d. Mts. mittags 12 Uhr im Krematorium Friedhof Eichhof Kiel, den 15. März 1920 Ob Diels an der Trauerfeier teilgenommen hat, ist unbekannt. Es spricht wenig dafür. Denn auch der Tod Hermann Useners hatte ihn nicht veranlaßt, dienstliche Verpflichtungen zugunsten einer Reise nach Bonn zurückzustellen (vgl. 11,282). Vom Amt als Sekretär trat er im Juli 1920 zurück und die Mitteilung des Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, daß seine Tätigkeit an der Universität mit dem 31.3.1921 beendet sei - das 68. Lebensjahr war als Altersgrenze eingeführt worden - , erreichte ihn Ende Januar 1921 (AAW Berlin, Diels-Nachlaß 45, Bl. 16). Useners Briefe blieben also zusammen mit den 1908 und 1911 zurückgegebenen Briefen in Berlin und die anderen, die tatsächlich größtenteils den als fehlend bezeichneten Jahrgängen angehören, in Bonn. Es sind dies die 53 Briefe und Karten von Diels an Usener und die Karte Useners an Diels, die jetzt unter der Signatur S 2102,2 und S 2109,2 von der Universitätsbibliothek Bonn aufbewahrt werden. Hatte noch Otto Kern Grund genug, die Problematik nicht zu berühren, kann man heute die Frage nach den Wegen der einzelnen Nachlaßteile in den Vordergrund stellen und sich ohne Vorbehalt von dem Interesse leiten lassen, das die Akteure der Briefwechsel und diejenigen, die für ihre Erhaltung sorgten, verdienen. Neben den Hinweisen, die das oben referierte Material gibt, sind die Auskünfte der Handschriftenabteilung der U B Bonn hilfreich. Danach übernahm sie den UsenerNachlaß im Laufe des Jahres 1929 vom Akademischen Kunstmuseum Bonn. Die Notiz im Handschriftenkatalog bezieht sich auf Hauptwerke in Useners Handexemplaren, Werke anderer Verfasser mit handschriftlichen Anmerkungen Useners, Kollegs von Usener und anderen Gelehrten in Nachschriften und auf den Briefnachlaß. Die detaillierte Bestandsaufnahme der Korrespondenzteile mit den Signaturen S 2101 bis S 2109 erfolgte zwar erst 1935, also anscheinend nach Ablauf einer gewissen Karenzzeit, die nach dem Ableben der Briefpartner einzuhalten war (Wilamowitz starb erst 1931), aber die Datierung der Ubergabe kann insofern als gesichert gelten, da in einem Bericht vom 30.4.1929 an den Preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung von einer „umfangreichen Zuwendung des Akademischen Kunstmuseums" die Rede ist (Kopie des Entwurfs in den Akten der U B Bonn). Die Nachlässe der Usener-Schüler August Brinkmann (1863-1923), Anton Elter (1858-1925) und Albrecht Dieterich gingen um 1929 den gleichen Weg.
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Weitere Aufschlüsse geben die in der Chronik der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität zu Bonn abgedruckten Berichte über das Akademische Kunstmuseum, das sich unter Georg Loeschcke und nach dessen Ausscheiden (1912) unter Franz Winter (1861-1930) besonders zur Erbepflege großer Archäologen und Philologen verpflichtet fühlte. A m 4.11.1908, am Geburtstag Friedrich Gottlieb Welckers (1784-1868), des Gründers des Museums, wurde ein Erweiterungsbau eröffnet, der die Aufnahme umfangreicher Nachlaßteile ermöglichte. In seinem Bericht (Chronik für das Rechnungsjahr 1908, S. 56-60) bezeichnete Loeschcke die Namen Welcker und Usener, Bücheler und Mommsen als die Ecksteine des Hauses. Neben den Bibliotheken Mommsens und Useners, die eine lateinische Inschrift als Geschenk der Frau Ellen Waldthausen auswies, fanden hier zahlreiche andere Stiftungen einen repräsentativen Platz. Wie weiter mitgeteilt wird, erhielt das Akademische Kunstmuseum „von Frau Geh.Rat Prof. Usener den literarischen Nachlass ihres Mannes, den bis dahin A. Dieterich aufbewahrt hatte. Er ist unter der Bezeichnung ,Usener-Archiv' in treue Hut genommen und in einem besonderen Schrank sicher untergebracht worden. (S. 59)" O b sich bereits zu diesem Zeitpunkt auch der Brief-Nachlaß darunter befand, ist nach R 9 nur bedingt anzunehmen. Der Bericht des Archäologen Franz Winter (Chronik für das akad. Jahr 1925/26, S.64/65) konnte weitere Erfolge verbuchen: „Die Frau von Kekule verdankte Stiftung des handschriftlichen Nachlasses ihres Mannes veranlaßte Herrn Direktor von Rath, den Nachlaß Welckers aus der Universitätsbibliothek an das Museum zu überweisen. Schon früher war der Nachlaß Useners hierhin in Verwahrung gegeben und zu ihm ist in letzter Zeit der Brinkmanns und Elters hinzugekommen. Das Ganze ... hat in einem eigens dafür eingerichteten Räume vereinigt werden können. Es bildet den Grundstock einer Sammlung, mit der, wenn ihr weiterer Ausbau in dem erhofften Umfang gelingt, ein Archiv für Geschichte der Archäologie und Philologie geschaffen werden kann." Daß dieser Plan - vermutlich nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden Winters, der im Februar 1930 verstarb - aufgegeben wurde, ist durch die Ubergabe der Sammlung an die Universitätsbibliothek offensichtlich; die Chronik meldet davon nichts. Zwei Briefkarten und eine Visitenkarte von Diels ( U B Bonn, Autographen-Sammlung) belegen die Benutzbarkeit des „Usener-Archivs". Sie stammen aus den Jahren 1915 bis 1920, und ihr Adressat war das Direktorium des Museums. Wie aus dem beiläufigen Dank für die Ubersendung eines Aufsatzes (Karte 2) hervorgeht, wandte sich Diels an Franz Winter persönlich, der offenbar eine langfristige Ausleihe des Usener'schen Index Epicureus zugesagt hatte. (1)
Eisenach, Elisabethenruhe U/8 1915
Verehrter Hr. College, Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre freundliche Zusage und bitte Sie demnach gütigst den Usener'schen Index Epicureus mir am 1. Sept. zusenden zu lassen. Mit besten Grüssen und Wünschen Ihr g. erg. HDiels
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(2)
3. Mai 1918 Nürnberger Str. 6 5 π Berlin W 50.
Verehrter Hr. College, Ich habe heute die 8 Kistchen (7 erhielt ich s.Z., die ich der Uberfüllung wegen in 8 numerierte und signierte Kästchen verteilte) von der Akademie aus an die von Ihnen bezeichnete Adresse eingeschrieben gesandt. Hoffentlich kommen sei heil an. Vielleicht lassen Sie mich die Ankunft wissen, da ich wegen dieses Schatzes, so lange er nicht wieder an O r t und Stelle ist, in Sorge bin. Wäre es nicht gut, das Päckchen Observationes zu Epikur, das sich darin findet, nach sorgfältiger Auswahl einmal zu veröffentlichen? College Brinkmann würde sich gewis der Sache annehmen. Für die Übersendung Ihres wichtigen Phidiasaufsatzes', der die Streitfrage nun hoffentlich auch archäologisch beendet, sage ich Ihnen herzlichsten Dank. Ihr dankbar ergebner HDiels (3)
Professor H.Diels
Geh.Reg.Rat Secretar der Kgl.Ak.d.Wiss. 2 empfiehlt Hrn. Prof. Vogliano, der sich hier mit der Herausgabe epikureischer Schriften beschäftigt und gern den Index von Usener benutzen möchte, für den Fall, dass eine Ubersendung zur Zeit möglich wäre. Mit besten Grüßen Berlin 6/6 1920
Ihr H D .
Der italienische Philologe Achille Vogliano (1881-1953) war nach Kern (S. 133) vom 1.1.1921 bis zum 1.4.1922 Hausgenosse von Diels in Berlin-Dahlem (Am Erlenbusch 6), wohin dieser nach dem Tod seiner Frau, also nach dem 15.6.1919, umgezogen war. Das Glossarium Epicureum haben M. Gigante und W Schmid 1977 herausgegeben. Von diesem Wortverzeichnis sprach Usener bereits am 9.1.1883 (1,155) im Zusammenhang mit dem detaillierten Plan der Epicurea (Leipzig 1887); trotz seiner fünf zettelgefüllten Zigarrenkästen habe er für das Glossar noch einen Rest aufzuarbeiten, der ihn drei bis vier Ferienwochen kosten werde, und deshalb wolle er das Glossarium erst in der zweiten Lieferung erscheinen lassen. Nach seiner eigenen vorsichtigen Schätzung war „kaum vor ende des jahres" 1883 (!) mit dem vollen Abschluß der Epikur-Edition zu rechnen. Diels benötigte Useners Zettelkästen für die Kommentierung des epikureischen Fragments über Götterverehrung (Oxyrhynch. Pap. II n. 215), die er in den Sitzungsberichten der Kgl. Pr. Akademie der Wissenschaften zu Berlin (1916, 8 8 6 - 9 0 9 ) vorlegte. Dort 1 [F. Winter, Der Zeus und die Athena Parthenos des Phidias; Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Instituts 1915, S. 1-16.] 2 [Wie man dem Aufdruck entnehmen kann, war die Visitenkarte vor 1918 hergestellt worden, da nach Ausrufung der deutschen Republik das „Kgl." aus dem Namen der Berliner AdW (Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften) gestrichen wurde.]
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würdigte er die kritisch verläßliche Form der Epicurea und führte (S. 889, Fußnote) aus: „Wer den Urwald dieser Literatur vor Useners Werk kennt, wird die Rodung dieser Wildnis bewundern, wenn freilich auch eine Neubearbeitung viel zu ändern vorfinden wird. Aber auf wie solidem Fundament dies Gebäude errichtet ist, zeigt Useners in Bonn (Akad. Kunstmuseum) aufbewahrtes handschriftliches Glossarium Epicureum, das einen Index der wichtigeren Wörter und einen Uberblick über Epikurs Idiotismen (alphabetisch geordnet) enthält. Durch die Liebenswürdigkeit des Direktoriums habe ich dies Glossar für diese Arbeit benutzen können. Es umfaßt auch die kläglichen Uberreste der aus begreiflichen Gründen nicht in die Epicurea aufgenommenen Bücher Περί φύσεως." Damit ist die Überlieferungsgeschichte, insbesondere die des Usener-Nachlasses, hinreichend geklärt, soweit sie im Hinblick auf Diels interessiert und authentisches Material vorliegt. Die Skizze (Abb. 4, Vorwort) stellt die Vorgänge etwas vereinfacht dar, da der Zeitpunkt, zu dem der Usener-Nachlaß in das Bonner Kunstmuseum gelangte, nicht unbedingt mit dem der Archivierung der einzelnen Korrespondenzteile identisch ist. Dieser Zeitpunkt liegt zwischen Juli 1908 und 1929, und es ist anzunehmen, daß die Erben Useners über bestimmte Briefe solange verfügten, bis Diels gestorben war. Daß Otto Kern keinem der Hinweise nachging, ist auch deshalb verständlich, weil es ihm an Material nicht mangelte. Allein schon wegen des Umfangs konnte er die ihm bekannte Korrespondenz keineswegs ausschöpfen. Den Wunsch, sie müsse einmal ganz herausgegeben werden, unterstrich er durch die Proben im Anhang der Biographie (S. 159-191); das sind Auszüge aus den Briefen I, 23, 62, 85, 92, 96, 97, 204, 234, 317 - II, 39, 45, 123, 137, 140, 155, 215, 246 - I, 319, 320 und (Rohde an Usener) 324. Die letzten drei Stücke zu den Götternamen hob er in der Meinung hervor, Diels müsse den am Anfang des Konvoluts liegenden Briefen besondere Bedeutung beigemessen haben; gewiß auch aus dem Grund, weil in Dieterichs Nachruf auf Usener die Bemerkungen zu diesem Buch allzu dürftig ausgefallen waren. Wenn Diels, der seit 1890/91 insgesamt 9mal über Religion und Mythologie der Griechen gelesen hatte, sein Vorhaben, wenigstens Useners religionsgeschichtliches Gesamtwerk zu würdigen, verwirklicht hätte, wäre dies kaum ohne gleichzeitige herbe Kritik dieses Buches geschehen, das Usener für sein Hauptwerk hielt. Wie man der Gedächtnisrede auf Zeller entnehmen kann, waren nach Diels' Ansicht Pietät und kritische Würdigung durchaus miteinander vereinbar. Obwohl kein Biograph jemals jene mustergültige Objektivität und Akribie erreichen kann, die auf Dauer vor Kritik und Korrekturen schützt, ist es nicht überflüssig, auf eine bestimmte Tendenz der Kern'schen Darstellung aufmerksam zu machen. Sie besteht in dem Streben, Diels in die politische Nähe von Robert und Wilamowitz zu bringen, was sowohl durch die Anlage des biographischen Versuchs, der gleichermaßen Diels und Robert galt, bedingt gewesen sein mag, als auch durch die Tatsache, daß Wilamowitz damals noch lebte und mit seiner Kritik zu rechnen war, die er dann in den Erinnerungen (Leipzig 1928, insbes. S. 282) tatsächlich übte. Die unverbrüchliche Freundschaft zwischen Diels und Robert, Diels und Wilamowitz stellt Kern als unumstößliches Faktum dar, so daß keiner der vorhandenen Gegensätze jemals zu gravierenden Differenzen führen konnte. Da Kern seit seiner Studienzeit diese drei Gelehrten
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kannte, wird man darauf, was er über die historischen Belege hinaus einbrachte, vertrauen dürfen. Dennoch erscheint der Versuch schon im Ansatz verfehlt, den sich anbietenden Vergleich so zu ziehen, daß Diels an seinen Studienfreunden gemessen wird. Keine Freundschaft kann Bestand haben, wenn Anpassung und Toleranz nicht auf Gegenseitigkeit beruhen. Zumindest aus heutiger Sicht bedürfen die vom Biographen vermittelten Sachverhalte einfach keiner Verteidigung; z.B. daß Diels - im Gegensatz zu Robert und Wilamowitz - aus dem „werktätigen Volk" (Kern) stammte, neben dem Besuch des Gelehrtengymnasiums einen praktischen Beruf (das Buchbinderhandwerk) erlernen mußte, kein Kriegsteilnehmer war, vom zehnjähigen Schuldienst womöglich charakterlich geprägt wurde, den Aufruf „An die Kulturwelt!" vom Oktober 1914 ablehnte und - wie man hinzufügen darf - nicht stolz darauf gewesen wäre, wenn ihn die Académie des Inscriptions aus der Mitgliederliste gestrichen hätte. Die Korrespondenz, die Kern unter Berufung auf Diels als die „beste Quelle für sein Leben von der Jugendzeit an" bezeichnete, und manches andere Material blieb für die Beantwortung solcher Fragen ungenutzt, deren Lösung nicht nur von der Sache her, sondern offensichtlich auch im Hinblick auf den zu erwartenden Leserkreis Schwierigkeiten bereitete. Uber die Haltung zum Krieg, zuerst zum Deutsch-Französischen Krieg, schreibt Kern (S. 41): „Während Diels den Eintritt in das Heer vergeblich erstrebte, gelang es ... C. Robert ... am 1. August 1870 bei den Marburger Jägern eingestellt zu werden. Die alten Freunde Otto Lüders und Wilamowitz kamen eher ins Feld ... Diels arbeitete angestrengt an seiner Dissertation ..." Er habe die Arbeit jedoch übereilt, „da er auf alle Fälle hoffte, am 1. Januar noch ins Feld rücken zu dürfen, was ihm freilich mißlang". Aus den Briefen (1,1 bis 10), die Diels in der fraglichen Zeit von Wiesbaden aus an Usener schrieb, läßt sich eine glaubwürdigere Version ableiten. Da ist zunächst (1,1) von einem Freund, der freiwillig ins Heer eintrat, die Rede, aber die Stimmung der Bevölkerung, von der er sich nicht distanzierte, sei jedoch im ganzen gedrückt. Zwei Wochen später, am 3.8.1870 (1,2), teilte er mit, Robert sei es noch geglückt, eingekleidet zu werden, während er und andere Kommilitonen nicht mehr angenommen worden seien. Die Untersuchung habe ihn als „vollständig tauglich" befunden. A m 31.12.1870 (1,4) die Promotion lag 9 Tage zurück, und die Dissertation war bis auf das Fehlerverzeichnis gedruckt - wandte er sich sehr bedrückt und ratlos an seinen Lehrer, dessen volles Verständnis er offenbar voraussetzen konnte. Im Gegensatz zu allen seinen aequales sei ihm nämlich noch keine Vorladung zugegangen, die - laut offizieller Bekanntmachung - bis 2. Januar eintreffen mußte. Daß man ihn übersehen haben könnte, sei schlecht möglich, da er sich ja im Sommer freiwillig angemeldet habe. Mithin bleibe nur übrig, daß er als geborener Biebricher von dort aus einberufen werde. Er wolle, sobald die Vorladung vorliege, eine „Eingabe um Aufschub wegen Examens" einreichen. Ob sie etwas bewirken könne, sei freilich sehr fraglich, da man anscheinend alle Nicht-Krüppel nach Frankreich werfen wolle. Auf Useners leider nicht mehr vorhandene Antwort vom 3.1.1871 konnte er zwei Tage später (1,5) melden: „Meine Militaría haben sich nun soweit aufgeklärt, daß ich vorerst nicht damit beunruhigt werde." Man habe ihn tatsächlich in der Stammrolle vergessen, „wenn nicht heute noch eine Vorladung zum morgigen Ersatzgeschäft fürs Land [d.h. für den Landkreis Wiesbaden, wozu Biebrich zählt] eintreffen sollte," was doch kaum möglich sei. Er habe vor, nächste Woche das
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Examengesuch einzuschicken. Am 30.1.1871 (1,6) wurde er noch deutlicher: „Seit dem am Freitag [271.] bekannt gewordenen freudigen Ereignis in Paris [Grund zur Freude hätte bestanden, wenn auf die Versailler Kaiserkrönung der ersehnte Frieden gefolgt wäre] hoffe ich nun auch mit etwas mehr Zuversicht, im nächsten Monat noch nicht [ins Heer] eingestellt zu werden." In dem (verlorenen) Antwortbrief vom 3.2.1871 muß Usener dringend geraten haben, sich Gewißheit über sein Schicksal zu verschaffen. Zuvor hatte er unter Hinweis auf Diels' „Aussicht auf Freikommen vom Militair" Kontakt mit einer Behörde aufgenommen, die Absolventen vermittelte. Das geht aus dem Brief vom 8.2.1871 (1,7) hervor, in dem Diels für die lebhafte Fürsorge für sein ferneres Wohlergehen dankte, wobei er wiederholte, damals für „vollkommen tauglich" befunden worden zu sein. Er selbst könne beim besten Willen keine Entscheidung herbeiführen, denn wenn er sich jetzt einem bestimmten Regiment melde, müsse er - im Falle seiner Tauglichkeit - sofort eintreten. Ein definitives Urteil werde wahrscheinlich die Departementsuntersuchung am 24.2. abgeben. Nachdem er in Erwartung des Tauglichkeitsbefundes eine „Eingabe um Ausstand" abgesandt hatte, stellte sich Diels - ohne Vorladung, er sei zum zweitenmal vergessen worden! - dieser erneuten Musterung. Sein Brief vom 4.3.1871 (1,8) berichtet davon nicht ohne Ironie. Der Arzt habe in Anbetracht seiner Körpergröße nur „Garde" gesagt und dem Hinweis auf seine Kurzsichtigkeit keine Bedeutung beigemessen. Inzwischen war es zum Vorfrieden von Versailles gekommen, und Diels beabsichtigte, am 1. Oktober (1871) ins Heer einzutreten. An diesem Tag meldete er sich - auf welchen wohlmeinenden Rat auch immer - bei der Artillerie, die ihn „wegen zu großer Kurzsichtigkeit" ausmusterte. Das teilte er umgehend (1,10) Usener mit, der wisse, daß er sich „vollständig auf jene dira nécessitas eingerichtet" hatte. Diels war also jener „schrecklichen Notwendigkeit" entgangen, die andernfalls - vgl. Horaz, III, 24, 5 - 8 - mit ihren Nägeln aus Stahl das Angst und Tod verkündende Schicksal gleichsam besiegelt hätte. - Die Anspielung auf diese Horazstelle dürfte damals als Defätismus oder Vaterlandsverrat gegolten haben. An der von Kern bevorzugten Lesart ist lediglich zutreffend, daß sich Diels im Sommer 1870 als Freiwilliger gemeldet hat, tatsächlich aber keinen Kriegsdienst leistete. Aber verkehrt ist die Behauptung, er habe gehofft, nach Abschluß der Dissertation noch ins Feld rücken zu dürfen, als ob auch Diels der Meinung gewesen wäre, süß und ruhmvoll sei es, fürs Vaterland zu sterben (Horaz, III, 2, 13), das zu diesem Zeitpunkt keiner Verteidigung mehr bedurfte, und er seinen Silvesterbrief (1,4) nicht mit dem Wunsch geschlossen hätte: „Möge das neue Jahr uns deshalb vor allem einen baldigen Frieden bringen!" Und wenn er schließlich angesichts des Kasernenhofes, den er womöglich nicht zufällig ungeschoren verließ, mit der „dira nécessitas" (J.H.Voß übersetzt „grausamer Zwang") ausgerechnet jene Ode assoziierte, in der Horaz den Reichtum verfluchte, dann war der preußisch-deutsche Militarismus nach Niederschlagung der Pariser Kommune, nach Annektierung Elsaß-Lothringens und Ausplünderung Frankreichs prägnant charakterisiert, so daß also nicht einmal das Gegenteil der Kern'schen Darstellung zu stimmen scheint. Diels hat demnach nicht nur gehofft, am Deutsch-Französischen Krieg nicht teilnehmen zu müssen, nachdem die Kriegsziele offenkundig geworden waren, sondern mit moralischer (und darüber hinausgehender ?) Unterstützung Useners auch
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alles getan, um sich diesem Kriegsdienst zu entziehen. Die Aversion gegen den Militarismus preußischer Prägung harmoniert auch viel besser mit den speziellen Lebensumständen seiner Eltern. Diels' Vater beherrschte Französisch wie die Muttersprache und wurde 1848 sicherlich nicht nur wegen seiner Körpergröße zum Hauptmann der Biebricher Nationalgarde gewählt. Und weil er später als Bahnbeamter in Wiesbaden nicht genug verdiente, um Geld für das Studium seines Sohnes zurücklegen zu können - die Gründung eines Zigarrengeschäfts im Bahnhof brachte keinen Gewinn - , vermietete Diels' Mutter Räume der Wohnung an Franzosen, die Deutsch lernen wollten. Aus diesen Einkünften im Dienste der Völkerverständigung stammte der Fonds, der nach Diels' Jugenderinnerungen (vgl. Kern, S. 10) „anständig für 8 Semester Studium" und die Bildungsreise nach Italien reichte. Für die Vermutung, Diels könnte die Ereignisse seiner Jugendzeit vergessen oder verdrängt haben, nachdem er Sekretär der Akademie und Geheimrat geworden war, gibt es keine Anhaltspunkte. Gemessenheit und Würde waren ihm nicht erst durch Amter und Auszeichnungen zugewachsen, sondern anerzogen, wie Wilamowitz (Erinnerungen, S. 282) betont. Mit dieser Haltung, die ihn von den Bonner Kommilitonen unterschieden habe, wappnete er sich gegen die „bitteren Zurücksetzungen" am Hamburger Johanneum; gewiß auch gegen die soziale Ungerechtigkeit, die er schon in der Schulzeit empfunden haben muß. Während die Anekdote (ebenda, S. 281), wonach ihn Friedrich Althoff (1839-1908) schon immer „Geheimrat" nannte, bevor er tatsächlich „Geheimer Regierungs-Rath" (20.9.1896) wurde, eine typische Begebenheit schildern mag, gehörte die „Erinnerungsmedaille aus erbeuteter Kanonenbronze", die anläßlich des 100. Geburtstages Wilhelms I. (22.3.1897) auch Diels verliehen wurde, ins Kuriositätenkabinett preußischer Selbstdarstellung. Als Usener am 23.12.1895 zum 25jährigen Doktorjubiläum und (irrtümlich) zugleich zur 25jährigen Wiederkehr der Verlobung gratulierte, erinnerte sich Diels (1,318*) lebhaft an die „eigentümlichen Umstände jener Promotion" und an den „dumpfen Seelenzustand", in dem er sich damals und geraume Zeit später noch befunden habe. „Freilich es war nicht der Eros, wie Du meinst (Du wirst verzeihen, dass ich zugleich im Auftrag meiner Frau diesen Anachronismus berichtige), sondern eine durch die Unsicherheit meiner damaligen Lage hervorgerufene Spannung. Es kam zu dem Innern, was mich quälte [die wirtschaftlichen Verhältnisse des Elternhauses erlaubten es nicht, an eine Privatdozentur zu denken], auch ein Außeres. Ich war im Juli nicht mehr zum Eintritt ins Heer zugelassen worden. Dann hiess es zum 1. Januar 1871 würden alle, die Ausstand hatten, unbedingt eingezogen. So wollte ich vor diesem Termin die Wäsche auf die Leine bringen, wozu nun freilich die Zeit nicht recht ausreichte, trotz Deiner mir damals erwiesenen, mir stets unvergesslichen Beihilfe." Diels signalisierte also auch zu diesem Zeitpunkt keinen Einstellungswandel. Kern publizierte Useners Gratulationsbrief (1,317) unter den Kostproben; den Antwortbrief, der in Bonn blieb, kannte er nicht. Über die Haltung zum Weltkrieg schreibt Kern (S. 124), Diels habe von Anfang an den unglücklichen Ausgang desselben gefürchtet und viele Schritte der deutschen Diplomatie mißbilligt, er sei auch mit der Art des Einfalls in Belgien und seiner Behandlung
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im Reichstag durch Bethmann Hollweg nicht einverstanden gewesen. „Aber sein Herz war niemals von schwächlichem Pazifismus erfüllt, wenn er auch den Aufruf der 92 [93] deutschen Vertreter von Kunst und Wissenschaft ,An die Kulturwelt' vom Oktober 1914 nicht unterschrieben hat." Konnte Diels wirklich „von Anfang an" den Ausgang des Krieges vorhersehen? Nahm er nur an der Diplomatie und der Rede des Reichskanzlers Anstoß? Und lehnte er lediglich jene drei Punkte des Aufrufs ab, in denen die Verletzung des Völkerrechts in Belgien und die Ende August 1914 von den deutschen Truppen in der Stadt Löwen begangenen Verbrechen, wie die Erschießung von Zivilisten, die absichtliche Vernichtung der Universitätsbibliothek und ganzer Stadtviertel, bestritten werden? Diese Fragen sind sicherlich mit Nein zu beantworten. Es ist nicht anzunehmen, daß Diels den anderen Passagen des von Ludwig Fulda (1862-1939) entworfenen Aufrufs zugestimmt hat, z.B. der Behauptung: „Ohne den deutschen Militarismus wäre die deutsche Kultur längst vom Erdboden getilgt" (AAW Berlin, I I - V I a - l b - B d . l , Bl. 41a) oder der von Wilamowitz verfaßten „Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches" vom 23.10.1914, die sich gegen den „angeblichen" Gegensatz von Wissenschaft und Militarismus in Deutschland wandte (vgl. B. vom Brocke, in: Wilamowitz nach 50 Jahren, S. 649-719). Während sich Wilamowitz noch 1928 (Erinnerungen, S. 313/314) zu seinen 1914 vertretenen Standpunkten bekannte und mit Stolz auf sein Rektoratsdiplom (1915/16) verwies - er sei „honoris causa" von der Pariser Akademie ausgeschlossen worden - , mahnte Diels in den Sitzungen der Berliner Akademie wiederholt zur Mäßigung gegenüber den korrespondierenden Mitgliedern des Auslandes, die ihrerseits - wie es hieß - Deutschenhetze betrieben. Nach seinem Tod, als Ersatz für die Schätze der Löwener U B zu leisten war, ging auch Diels' Handbibliothek - 6000 bis 8000 bibliographische Einheiten - in ihren Besitz über (de Strycker; Philologus 1977, S. 137-145). - Die mit Hilfe deutscher Reparationszahlung erneuerte Löwener Bibliothek wurde am 175.1940 zum zweiten Mal zerstört. Nur wenige Bücher, die Diels gehört hatten, entgingen der Vernichtung. Die „moralische Autorität", die Hermann Diels überall genoß (vgl. ebenda, S. 145), ist offensichtlich. Wie weit das Vertrauen solcher Zeitgenossen ging, die Diels aus gemeinsamer Arbeit kannten, belegt auch ein Brief Hermann Schönes (1870-1941) vom 19.12.1921 (AAW Berlin, Diels-Nachlaß 12). Er enthält die Bitte, sich für den Neffen seiner Frau und Enkel Adolf Toblers (1835-1910), stud.rer.pol. Hermann Jacobs, einzusetzen, dem in Berlin die Exmatrikulation drohte, weil er einen kommunistischen Aufruf unterzeichnet hatte. Es sei dahingestellt, welche Gründe Otto Kern im einzelnen hatte, seinen liberal gesinnten Lehrer in das Bild eines deutschen Professors einzupassen. Aber es ist unverkennbar, daß ihm dies einige Mühe bereitete. Jeder Professor an einer der damaligen deutschen Hochschulen war über den Verdacht der Sympathie mit sozialdemokratischen oder kommunistischen Ideen erhaben. Der Staat hatte spätestens seit Erlaß der „Lex Arons" vom 176.1898 deutliche Zeichen gegen Andersdenkende an den Universitäten gesetzt (vgl. II, 91, 96, 108, 158, 169, 174, 176, 181, 193). Hermann Diels bildete bestimmt keine Ausnahme, dürfte jedoch zu denen gehört haben, deren Liberalität und Toleranz Respekt verdient.
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Dokumentation zum Unternehmen der griechischen Aristoteleskommentare
Folgende Zusammenstellung bezieht sich auf die Diels-Korrespondenz, soweit sie von den Commentarla in Aristotelem Graeca (CAG) handelt. Das Material zu diesem Unternehmen, das am 25.5.1874 von Hermann Bonitz (1814-1888) und Eduard Zeller beantragt und 1909 mit dem Erscheinen des Bandes XIII, Teil 3 abgeschlossen wurde, umfaßt zwei Aktenbände (AAW Berlin, II—VIII,5 und 6). Sie enthalten neben der Berichterstattung über den Stand der Arbeiten vor allem detaillierte Angaben zur Finanzierung; den Schriftwechsel mit dem zuständigen Ministerium und dem Verlag Georg Reimer, die Verträge mit den Redakteuren, Versendungslisten der Freiexemplare sowie Anschreiben von Mitarbeitern und Bibliotheken. Diese Akten vermitteln einen Eindruck von dem großen Anteil, den Diels als Redakteur - sein Vorgänger verstarb bereits am 22.11.1877 - an der Planung und Durchführung des Unternehmens hatte. Der Hauptteil der Arbeit lag zwar bei den Herausgebern der einzelnen Bände, aber die Verantwortung des Redakteurs erstreckte sich von der Auswahl und mitunter nötigen Einarbeitung der Mitarbeiter bis zum Mitlesen der Korrekturbögen. Trotz aller Mühen, die allein schon die Organisation bereitete, dachte Diels bereits vor Abschluß dieses Unternehmens, das die Bände des Supplementum Aristotelicum (Suppl.) einschloß, an ein neues editorisches Riesenunternehmen. Er griff den Vorschlag seines Kopenhagener Kollegen Johan Ludvig Heiberg (1854-1928) auf, den dieser am 174.1901 in Paris der 1. Generalversammlung der Internationalen Assoziation der Akademien (IAA) unterbreitet hatte, und entwarf noch im selben Jahr einen vorläufigen Plan des Corpus medicorum. Den ausführlichen und auf die griechischen Ärzte begrenzten Plan stellte Diels unter Mitarbeit Hermann Schönes bis zur 3. Generalversammlung der IAA, Wien 1907 fertig. Während das Corpus Medicorum Graecorum noch Generationen beschäftigen wird, konnte die kritische Ausgabe der griechischen Aristoteleskommentare - nicht zuletzt durch das Engagement von Hermann Diels - in der relativ kurzen Frist von 35 Jahren erscheinen.
Die Redakteure der CAG 1874-1877 (Vertrag 24.3.1876) Adolf Torstik (Bremen) 1878-1909 (Vertrag 15.12.1877) Hermann Diels (Berlin)
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Die Mitglieder der Aristoteles-Kommission
(1874-1909)
1874 Bonitz, Zeller 1875 Bonitz, Vahlen, Zeller 1882 Diels, Bonitz, Vahlen, Zeller 1884 Diels, Bonitz, Zeller 1889 Diels, Zeller 1895 Diels, Stumpf 1900 Diels, Stumpf, v. Wilamowitz-Moellendorff
Die Herausgeber der CAGI-XXIII
(1882-1909) und des Suppl. I-III
(1885-1903)
Bruns, Ivo (Kiel): Suppl. 11,1 (1887) und Suppl. 11,2 (1892) Busse, Adolf (Berlin): IV, 1 (1887), IV,2 (1888), IV,3 (1891), IV,4 (1895), IV,5 (1897), XII,1 (1902), XIII,1 (1898), XVIII,1 (1900), XVIII,2 (1904) Bywater, Ingram (Oxford): Suppl. 1,2 (1886) Diels, Hermann (Berlin): IX (1882), X (1895), Suppl. 111,1 (1893) Hayduck, Michael (Marienburg, Thorn): I (1891), 111,2 (1899), VI,2 (1888), XI (1882), XIV,1 (1901), XIV,3 (1903), XV (1897), XVIII,3 (1885), XXI,1 (1907), XXII,2 (1904), XXII,3 (1901), XXIII,1 (1883), XXIII,2 (1883), XXIII,4 (1884) Heiberg, Johan Ludvig (Kopenhagen): VII (1894) Heinze, Richard (Berlin): V,3 (1899) Heylbut, Gustav (Hamburg): XIX,1 (1889), XIX,2 (1889), XX (1892) Kalbfleisch, Karl (Marburg): VIII (1907) Kenyon, Frederic G. (London): Suppl. 111,2 (1903) Kroll, Wilhelm (Greifswald): VI,1 (1902) Lambros, Spyridon E (Athen): Suppl. 1,1 (1885) Landauer, Samuel (Straßburg): V,4 (1902), V,5 (1903) Rabe, Hugo (Hannover): XXI,2 (1896) Schenkl, Heinrich (Berlin): V,2 (1900) Stüve, Wilhelm (Kiel): XII,2 (1900) Vitelli, Girolamo (Florenz): XIV,2 (1897), XVI (1887), XVII (1888) Wallies, Max (Berlin): 11,1 (1883), 11,2 (1891), 11,3 (1898), IV,6 (1899), V,1 (1900), XIII,2 (1905), XIII,3 (1909), XXIII,3 (1884) Wendland, Paul (Berlin, Kiel): 111,1 (1901), V,6 (1903), XX,1 (1903)
Neben diesen Herausgebern waren an dem Unternehmen u.a. beteiligt: Christian Belger, Peter Corssen und August Mau, die einzelne Handschriften kollationierten oder abschrieben. Die produktivsten Herausgeber, Hayduck (gest. 1909), Wallies und Busse, waren Gymnasial-Professoren bzw. -Direktoren. In dem von Diels entworfenen und von den vier Sekretaren unterzeichneten Abschlußbericht (11.12.1909) an den Minister werden diese drei Mitarbeiter namhaft gemacht, Professor Wallies und Direktor Busse für die Verleihung des Roten Adlerordens IV Klasse vorgeschlagen.
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Die Finanzierung der CAG von 1874 bis 1906 1874 1875 1876 1877 1878 1879 1880 1881 1882/83 1883/84 1884/85 1885/86 1886/87 1887/88 1888/89 1889/90 1890/91 1891/92 1892/93 1893/94 1894/95 1895/96 1896/97 1897/98 1898/99 1899/1900 1900/01 1901/02 1902/03 1903 1904 1905 1906
1800 Mark 4300 6600 2600 6000 4500 2000 4500 6300 +.1125 („Bonitz-Gehalt") 5000 + 900 5000 + 900 4500 + 900 5800 + 900 5000 + 675 5000 5000 5000 5000 5000 8000 8000 8000 7200 7200 7200 7200 7200 7200 7200 7200 7200 7200 7200 192100 + 5400 = 197.500 Mark
Zählt man die gegen Abschluß des Unternehmens erzielten Zinsen (ca. 1000 M) hinzu, betrugen die Zuwendungen des Staates (einschließlich des Akademiker-Gehaltes, das Hermann Bonitz von 1882 bis Dezember 1887 zu Verfügung stellte) also fast zweihunderttausend Mark. Bis auf einen Restbetrag von 218 Mark und 57 Pfennig, der auf das CMG übertragen wurde, dienten die Geldbeträge im wesentlichen der Honorierung des Redakteurs (1200 M/Jahr), der Herausgeber (1200 M/Band = 40 Bogen) und weiterer
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Mitarbeiter, die spezielle Aufgaben übernahmen, der Reisekostenabrechnung, der Anschaffung von Büchern und der ab 1893 mit 3000 Mark pro Jahr erheblich ins Gewicht fallenden Unterstützung des Verlegers. Einen indirekten Beitrag leisteten Schulbehörden, wenn wegen mehrmonatiger Auslandsreisen (nicht immer genügten die Ferien) ein an den C A G beteiligter Lehrer ausfiel und ein Vertreter benannt und bezahlt werden mußte. Bereits in dem Bericht der Aristoteles-Kommission vom 28.5.1891 (ungedruckt) deuteten sich finanzielle Schwierigkeiten an, die zur Reduzierung des Kommentatoren-Unternehmens zwangen. Die Bände X V I I (Philoponus zur Metaphysik), X X I V (Leo Magentinus) und X X V (Anonyme Sammlungen) wurden deshalb gestrichen und die Lücke (XVII) durch Teilung des Bandes X V I (Philoponus zur Physik), der zu dick geworden wäre, gefüllt. Durch diese Reduzierung auf 23 Vollbände von durchschnittlich 40 Bogen konnte jedoch keine spürbare Verbilligung des ganzen Unternehmens erreicht werden. Es handelte sich eher um eine Geste des guten Willens zur Kostensenkung, die von der Klasse angeregt worden war. D a der Absatz selbst hinter mäßigen Erwartungen zurückblieb und zugleich die Druckkosten zunahmen (sie stiegen von 1886 bis 1891 von 101 auf 129 Mark pro Bogen), war der Verlag Georg Reimer nicht mehr bereit, die beträchtlichen Unkosten allein zu tragen. Das Verlagsschreiben vom 30.11.1891 an die Aristoteles-Kommision bilanzierte die Ausgaben und Einnahmen und gab genaue Auskunft über den Absatz:
1882 B d . I X XI 1883 11,1 XXIII,1.2. 1884 XXIII,3 XXIII,4 1885 XVIII 1887 XVI IV,1 1888 VI,2 XVII IV,2 1889 XIX,1.2. 1891 I 11,2 IV,3
im Jahr des Erscheinens
danach bis Okt.1891
109 Ex. 121 122 124 108 108 105 134 127 134 138 130
54 Ex. 59 40 39 37 39 29 19 12 9 12 16 7
123 155 158 124
im Ganzen 163 Ex. 170 [!] 162 163 145 147 134 153 139 143 150 146 130 155 158 124 2382 Ex.
16 Bände
432
Demnach betrug der Absatz der seit 1882 herausgegebenen Bände im Durchschnitt 149 Exemplare (vgl. 1,217"'). Da die Herstellung eines Bogens insgesamt 154 M 60 Pf kostete, aber der Verkauf von 149 Bogen (à 45 Pf netto) nur 67 M 05 Pf einbrachte, belief sich der Verlust an jedem Bogen mithin auf 87 M, d.h. auf 3400 M an 40 Bogen, die jährlich gedruckt wurden. Und der Verleger schließt seine an Zeller und Diels gerichtete Bilanz: „Solchen und noch größeren Verlust habe ich seit 1882 fast Jahr für Jahr in der Hoffnung auf besseren Absatz willig getragen. Da es jetzt aber keinem Zweifel mehr unterliegt, daß ein Absatz von 350 Exemplaren, der die heutigen Kosten decken würde, nimmermehr erreicht werden wird, und da ich außer Stande bin, so drückende Lasten noch weiter zu tragen, so müßte ich die hochgeehrte Kommission bitten, mich meinen Vertragsverpflichtungen zu entheben, wenn meine Verluste nicht an jedem Bogen der vom Januar 1893 an erscheinenden Bände der Commentarla in irgendeiner Weise, etwa aus Staatsmitteln sollten gedeckt werden können." Zeller formulierte umgehend eine Eingabe, die nach Diskussion in der Klassensitzung und im Plenum der Akademie (7 und 14.1.1892) dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten zugestellt wurde. Am 23.5.1892 bewilligte das Ministerium zwar die üblichen 5000 Mark, verhielt sich aber in dem entscheidenden Punkt abwartend: „Bezüglich des Antrages wegen Bewilligung eines außerordentlichen Zuschusses für das Aristoteles-Unternehmen bleibt die weitere Erwägung und Verfügung vorbehalten." Eine Lösung des Problems, das Diels in seinem Brief vom 1711.1892 an Usener (1,260) bitter kommentierte, zeichnete sich erst durch das ministerielle Schreiben vom 2712.1892 ab (vgl. dazu die Randnotiz 1,274*): „Die Königliche Akademie der Wiss. benachrichtige ich, daß bei den Vorbereitungen für den Staatshaushalts-Etat pro 1. April 1893/94 in Aussicht genommen ist, die für das Corpus inscriptionum Latinarum als künftig - mit Ende März 1893 - wegfallend bewilligten 7200 M. von diesem Zeitpunkt ab für die Akademie der Wissenschaften als dauernden Mehrbedarf mit der Maßgabe bereitzustellen, daß der Mehrbetrag in erster Linie für das Corpus inscr. Etruscarum, in zweiter Linie für die Vollendung der AristotelesCommentare und sodann für das Corpus der nordgriechischen Münzen Verwendung zu finden hat und erst nach Erledigung dieser Aufgaben dem Dispositionsfonds der Akademie zuwächst. I.A. (gez.) de la Croix." Diese Mitteilung - sie liegt in einer Abschrift vor - traf buchstäblich in letzter Minute ein, und man versteht die Nervosität, die aus Diels' Briefen an Usener spricht. Schließlich setzte sich die Aristoteles-Kommission mit dem von Diels am 2.3.1893 formulierten Antrag durch, „die Klasse möge dem Aristotelesunternehmen jene M. 7200 aus dem privilegierten Fonds und M. 800 aus dem allgemeinen Klassenfonds anweisen. Wir werden dann in der Lage sein die Unternehmung, deren schleunige Durchführung für mehrere wichtige und umfassende wissenschaftl. Arbeiten Vorbedingung ist, in der bisherigen Weise zu fördern und den Verleger für die grossen Opfer wenigstens teilweise schadlos zu halten. Hr. Reimer hat sich nemlich bereit erklärt, den Verlag in der bisherigen Weise weiter zu führen, wenn ihm zur Hälfte in Baar zur Hälfte in Exemplaren des Commentatorenwerks die zu Nettopreisen von der Akademie übernommen werden
433
jährlich M. 3000 insgesammt zugeschossen werden. Die näheren Modalitäten dieses Ubereinkommens, die später in einem Vertrage festgestellt werden müssen, sind die Unterzeichneten bereit sowohl in der Klasse wie im Geldverwendungsausschusse näher zu erörtern. Zeller. Diels". Der am 8.6.1893 von der Klassensitzung genehmigte Zusatzvertrag regelte die gewünschte Subventionierung tatsächlich so, daß der Verleger unter Voraussetzung, mindestens 40 Bogen im Jahr druckfertig zu stellen, von der Akademie einen jährlichen Zuschuß von 3000 Mark erhielt, der zu gleichen Teilen in Bargeld und durch Übernahme von Exemplaren der Edition zu entrichten war. Dank dieser Regelung konnten Bibliotheken und Privatpersonen, die sich um die CAG verdient gemacht hatten, großzügiger als bisher mit Freiexemplaren bedacht werden.
Zeittafel
Eduard Zeller
Hermann Usener
1814
22.1.: in Kleinbottwar (bei Stuttgart) geboren
1822
Eintritt in die Lateinschule in Backnang
1827
Eintritt in das evangelische Seminar in Maulbronn
1831
Herbst: Aufnahme des Studiums der Philosophie und Theologie am Tübinger ev.-theol. Seminar
1833
Preisschrift Uber die Beziehungen zwischen Griechenland und Ägypten bis auf Herodot
1834
23.10.: in Weilburg an der Lahn geboren
1835
Ms. Ponticulus asinorum (wie auch der allerdümmst Esel . . . in examine theologico wohl bestehen kann)
1836
Frühjahr: Vikariat in Nellingen 25.8.: Promotion zum Dr. phil. in Tübingen aufgrund der Preisschrift (1833)
1837
Sommer: Antritt des Vikariats in Tübingen
1838
Repetent am theologischen Seminar in Urach
1839
Repetent in Tübingen; Platonische Studien (erste Buchpublikation Zellers)
1840
Herbst: Habilitation als Privatdozent an der theologischen Fakultät in Tübingen
436
Hermann Diels
Zeitgenössische Ereignisse 29.1.: J. G. Fichte gestorben
1814
Neugründung der Bonner Universität
1818
Beginn der Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik unter Hegels Leitung
1827
14.11.: G. W. E Hegel gestorben
1831
Verschärfung der Zensur und zahlreiche Prozesse im Rahmen der 2. Demagogenverfolgung (bis 1840)
1833
12.2.: E D. Schleiermacher gestorben A. Böckh Sekretär des Philosophischhistorischen Klasse der Berliner AdW (bis 1861)
1834
8.4.: W von Humboldt gestorben D. E Strauß: Das Leben Jesu kritisch bearbeitet Entlassung als Dozent
1835
1836
Protesterklärung der „Göttinger Sieben" gegen den Verfassungsbruch des Königs von Hannover
1837
Änderung des Statuts der Berliner AdW
1838
Berufung von D. E Strauß nach Zürich und wieder entlassen
1839
1840
437
Eduard Zeller 1841
Nov.: Gründung der
Jahrbücher
Hermann Usener
Theologischen
(Tübingen 1842 ff.) und
Redaktion bis 1847
1842
Berufungsantrag zum ao. Prof. vom Ministerium abgelehnt
1843
Gründung der Jahrbücher wart
1844
Die Philosophie der Griechen. Eine Untersuchung über Charakter, Gang und Hauptmomente ihrer Entwicklung
der Gegen-
(Teil 1) 1845
Über das Wesen der Religion (Theol. Jb.)
1846
Die Philosophie der Griechen (Teil 2)
1847
12.1.: Berufung als ao. Professor für Theologie nach Bern 22.6.: Hochzeit mit Emilie Baur
1848
Geschichte der christlichen Übersichtlich dargestellt
1849
Frühjahr: Ernennung zum o. Professor für Theologie in Bern 13.5. Geburt des Sohnes Paul Ferdinand Herbst: o. Professor für Philosophie in Marburg
Kirche.
Die Trennung der Kirche vom Staat in ihrer Bedeutung für die Theologie (Theol. Jb.) 1850
22.8.: Geburt des Sohnes Otto
438
Hermann Diels
Zeitgenössische Ereignisse Gründung der Archäologischen Gesellschaft L. Feuerbach: Das Wesen des Christentums
1841
W Weitling: Garantien der und Freiheit
1842
Harmonie
Baubeginn des Neuen Museums
1843
H. Heine: Deutschland ein Wintermärchen
1844
Gründung der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin A. v. Humboldt: Kosmos (bis 1862)
1845
Entdeckung des Neptun durch Bahnberechnung Leverriers
1846
E A. Trendelenburg Sekretär der Philosophisch-historischen Klasse der Berliner AdW (bis 1871) L. Ranke: Preußische Geschichte
1847
18.5.: in Biebrich am Rhein geboren
J. Grimm: Geschichte der deutschen Sprache
1848
Umzug der Eltern nach Wiesbaden
Hochverratsverfahren gegen M. Haupt, O. Jahn und Th. Mommsen in Leipzig mit anschließender Entlassung aus den Lehrämtern
1849
Tod des Bruders Wilhelm (geb. 1846) Geburt der Schwester Pauline
A. Diesterweg protestiert gegen reaktionäre Schulpolitik und wird vorzeitig pensioniert
1850
439
Eduard Zeller 1851
Hermann Usener
Ms. Gegenwart und Zukunft der protestant. Theologie in Deutschland (Auszug 1911)
1852
Die Philosophie
der Griechen
(Teil 3,
Abschluß der ersten Ausgabe) 1853
Das theologische System Zwingli's in seinen Grundzügen dargestellt
Frühjahr.: Abitur am Weilburger
9.9.: Geburt des Sohnes Albert
Heidelberg
Gymnasium und Immatrikulation in Herbst: Immatrikulation in München
1854
1855
Die Apostelgeschichte nach ihrem Inhalt und Ursprung kritisch untersucht
München (bis Sommer)
4. und 16.6.: Tod der Söhne Paul Fer-
Wintersemester: Selbststudium in Weil-
dinand und O t t o
burg
Uber Glauben
Tod der Mutter
und Wissen (Deutsches
Studium der klassischen Philologie in
Frühjahr: Fortsetzung des Studiums in
Museum)
Göttingen 1856
1857
Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung dargestellt,
dächtnis Κ . F Hermanns und
2. Aufl. (bis 1868)
F W Schneidewins
Plato's
Herbst: Fortsetzung des Studiums in
Gastmahl
24.9.: Geburt des Sohnes Heinrich
Quaestiones Anaximenae,
zum Ge-
Bonn Tod des Vaters
1858
Das Würtembergische Concordat und
2.3.: Promotion zum Dr. phil. in
seine Folgen (anonym)
Bonn, Diss. Analecta
Theophrastea
Lehrer am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin (bis 1861) 1859
Die Tübinger historische Schule (1860 anonym erschienen)
1860
Vorlesung Logik und
Erkenntnistheorie
1861
Ferdinand
Festrede Die Entwicklung
gie im Zusammenhang Universität
6.5.: Geburt des Sohnes Richard
Christian Baur (Preuß. Jb.,
der
Philolo-
mit der Berliner
7.5.: Berufung als ao. Professor nach
in Fortsetzungen)
Bern, zugleich Lehrtätigkeit am G y m -
Die historische Kritik und das Wunder
nasium
(Hist. Zeitschr., anonym)
440
Hermann Diels
Besuch der Mittelschule (bis 1858)
Zeitgenössische Ereignisse Reiterstandbild Friedrichs II. Unter den Linden enthüllt E. Du Bois-Reymond O M der Berliner AdW
1851
E. Curtius O M der Berliner AdW
1852
Akademie-Unternehmen Corpus Inscriptionum Latinarum begonnen (Leiter ab 1858 Th. Mommsen)
1853
J. und W Grimm: Deutsches Wörterbuch (Bd. 1) Th. Mommsen: Römische Geschichte (Bd. 1)
1854
Th. Mommsen: Römische (Bd. 2)
Geschichte
1855
Th. Mommsen: Römische (Bd. 3)
Geschichte
1856
1857
21.4.: Eintritt in das Gelehrten-Gymnasium in Wiesbaden, zugleich Ausbildung als Buchbinder
Th. Mommsen O M der Berliner AdW
1858
6.5.: A. v. Humboldt gestorben
1859
50 Jahre Berliner Universität 2.12.: E C. Baur gestorben
1860
3.8.: A. Böckh gestorben M. Haupt Sekretär der Philosophischhistorischen Klasse der Berliner AdW (bis 1874)
1861
441
Eduard Zeller 1862
Hermann Usener
Berufung nach Heidelberg 22.10.: Antrittsvorlesung Über Bedeutung und Aufgabe der Erkenntnistheorie
1863
Berufung als o. Professor für klassische Philologie nach Greifswald
1864
11.2.: Korrespondierendes Mitglied der Berliner AdW 24.7: Tod des Sohnes Richard
1865
Das Urchristentum handl.)
(Vortr. u. Ab-
1866
6.1.: Berufung nach Bonn, Direktor des Philologischen Seminars Hochzeit mit Lili Dilthey
1867
11.11.: Geburt der Tochter Marie
1868
Die Philosophie der Griechen in 2. Aufl. abgeschlossen
erste mythologische Arbeit Kallone
1869
Die Philosophie der Griechen, 3. Aufl. (bis 1881)
Ausgabe der Berner
1870
Das Recht der Nationalität und die freie Selbstbestimmung der Völker (Preuß. Jb.)
Kommentar des Syrian zur Metaphysik (in der Berliner Akademie-Ausgabe des Aristoteles erschienen)
1871
20.3.: Grabrede auf Georg Gottfried Gervinus
1872
Berufung nach Berlin 24.10.: Antrittsvorlesung Uber die gegenwärtige Stellung und Aufgabe der Philosophie 14.11.: Wahl zum Ordentlichen Mitglied der Berliner AdW
442
Lucan-Scholien
31.12. Geburt des Sohnes Hans
Hermann Diels
Zeitgenössische Ereignisse Gründung der Nationalgalerie
1862
Ch. Darwin KM der Berliner AdW
1863
Brehms Tierleben (bis 1869)
1864
J. G. Mendel: Versuche über hybriden
Pflanzen-
1865
E. Haeckel formuliert biogenetisches Grundgesetz
1866
30.3.: Abitur („sehr gut befähigt") 30.4.: Immatrikulation in Berlin
E. Du Bois-Reymond Sekretär der Physikalisch-mathematischen Klasse der Berliner AdW (bis 1895)
1867
29.4.: Fortsetzung des Studiums der klassischen Philologie in Bonn
E. Haeckel: Natürliche geschichte
1868
Schöpfungs-
9.9.: O. Jahn gestorben
1869
22.12.: Promotion zum Dr. phil. in Bonn; Diss. De Galeni historia philosopha
Aristotelis opera (Berlin 1831-1870) mit Index Aristotelicus von H. Bonitz abgeschlossen
1870
8.7: Staatsexamen für das höhere Schulamt
H. Helmholtz nach Berlin berufen E. Curtius Sekretär der Philosophischhistorischen Klasse der Berliner AdW (bis 1893)
1871
Jan.-April: Italienreise 2.6.: Tod des Vaters 30.7 Tod des Onkels Rossel 8.10. Eintritt in das Flensburger Gymnasium
Beginn des „Kulturkampfes" mit Einführung des staatlichen Schulaufsichtsgesetzes in Preußen
1872
443
Eduard Zeller
Hermann Usener
1873
Geschichte der deutschen Philosophie seit Leibniz Staat und Kirche (Berliner Vorlesungen)
Lysias' Rede über die Wiederherstellung der Demokratie (Jb. f. klass. Philologie)
1874
David Friedrich Strauß in seinem Leben und seinen Schriften Dekan der Philosophischen Fakultät (bis 1875)
Ein Epigramm von Knidos (Rhein. Mus.)
1875
Vorträge und Abhandlungen, 1. Sammlung, 2. Aufl.
Piatonis Symposium ed. O. Jahn, 2. Aufl. H. U. 13.3.: Geburt des Sohnes Walther
1876
Die Philosophie der Griechen, 4. Aufl. (bis 1909) Edition D. F. Strauß, Gesammelte Schriften (bis 1878)
Beitrag zur Geschichte der Astronomie (lat. Univ.-Progr.) Geburt des Sohnes Hermann
1877
Urtheil über die von H. Diels eingereichte Bearbeitung der ... i. J. 1874 gestellten Preisaufgabe zum Doxographi-Thema Vorträge und Abhandlungen, 2. Sammlung
Heiligenakten Acta S. Timothei Sept.: Leitung der 32. Philologenversammlung in Wiesbaden, dazu Festschrift Anecdoton Holderi
1878
15.10.: Antritt des Rektorats; Rede Uber den wissenschaftlichen Unterricht bei den Griechen
1879
3.8.: Rektoratsrede Über Lehren und Lernen
1880
Zur Geschichte der platonischen und aristotelischen Schriften (Hermes)
De Stephane
1881
Die Philosophie der Griechen in 3. Aufl. abgeschlossen Abhandlung Über Messung psychischer Vorgänge
Edition K. L. Kayser, Homerische handlungen Erstfassung der Epicurea
akademisches
444
Legenden der Pelagia
Alexandrine
Ab-
Hermann Diels
Zeitgenössische Ereignisse
Ostern: Hilfslehrer an der Gelehrten-
W v. Siemens und R . Virchow O M
schule des Hamburger Johanneums
der Berliner A d W
1873
17.7.·. Hochzeit mit Bertha Dübell
1874
Ostern: Beförderung zum Ordentli-
5.2.: M . Haupt gestorben
chen Lehrer
8.2.: D . E Strauß gestorben
24.9.: Geburt des Sohnes Ludwig
T h . Mommsen Sekretär der Philosophisch-historischen Klasse der Berliner A d W (bis 1895) Η . v. Sybel und E. Schräder O M der
1875
Berliner AdW
23.1.: Geburt des Sohnes O t t o
Vorarbeiten (seit 1874) zur Edition der
Chronologische
griechischen Aristoteleskommentare
Untersuchungen
(Rhein. Mus.)
(Redaktion A. Torstrik, ab 1877 Diels)
5.7: Preis der Berliner A d W für die
A. Conze O M der Berliner A d W und
Doxographi
Direktor der Antikensammlung der
Graeci
Übersiedlung nach Berlin
1876
1877
Königlichen Museen
1.10.: Lehrer am Königstädtischen Gymnasium (bis 1882) 15.12.: Vertrag als Redakteur der mentarla
in Aristotelem
Graeca
Com(CAG) A. Auwers Sekretär des Physikalisch-
1878
mathematischen Klasse der Berliner A d W (bis 1912) O k t . : Doxographi
Graeci
im Druck er-
Gründung des Instituts für experimen-
1879
telle Psychologie in Leipzig
schienen
(W Wundt) Uber Leukipp
und Demokrit
(Stettiner
Vortrag)
Gründung der Deutschen tung für Kritik
der
Literaturzei-
1880
internationalen
Wissenschaft 28.7: Wahl zum Ordentlichen Mitglied
28.3.: Änderung des Statuts der Berli-
der Berliner A d W (kgl. Bestät. 15.8.)
ner A d W
445
1881
Eduard Zeller
Hermann Usener
1882
La philosophie des Grecs (Paris, Hachette) erscheint bis Bd. 3 (1884)
18.10.: Antritt des Rektorats; Rede Philologie und Geschichtswissenschaft
1883
Grundriß der Geschichte der Philosophie (bis 1911 in 10 Auflagen)
2.3.: 25jähriges Doktorjubiläum, Schüler und Freunde stiften Usener-Stipendium
1884
Vorträge und Abhandlungen, lung
Organisation der wissenschaftlichen beit (Preuß. Jb.)
1885
Outlines of the history of Greek philosophy (London)
Edition / . Bernays, Gesammelte handlungen
1886
Friedrich der Große als Philosoph 25.8.: 50jähriges Doktorjubiläum
zum 9.12. für R. Kekulé Altgriechischer Versbau (1887)
3. Samm-
1887
1888
Ab-
Epicurea MS. Glossarium Epicureum (bis 1892, pubi. 1977) Mitbegründung des Archivs für Geschichte der Philosophie
Dez.: Das Weihnachtsfest (1889)
1889 1890
Ar-
Edition Dionysios von Gründungsmitglied und (bis Juni 1892) erster Vorsitzender des Gymnasialvereins
1891
Halikarnassos
Der heilige Theodosius
25 Jahre Lehrtätigkeit in Bonn 4.6.: Korrespondierendes Mitglied der Berliner AdW
1892
Die Philosophie der Griechen (Teil 1 in 2 Bänden), 5. Aufl.
1893
Wie entstehen ungeschichtliche ferungen? (D. Rundsch.)
Überlie-
446
Engagierte Rezension zu den Aristoteleskommentaren
Hermann Diels
Zeitgenössische Ereignisse
Edition Simplikos (CAG IX) 4.10.: Quittierung des Schuldienstes und Berufung als ao. Professor für klassische Philologie an die Universität 28.12. Geburt des Sohnes Paul
10.10.: E Althoff Referent für Universitätsangelegenheiten im Berliner Kultusministerium (siehe 1897) Berufung W Diltheys nach Berlin
1882
17.1.: Gießener Angebot einer philosophischen Professur
W Dilthey: Einleitung in die Geisteswissenschaften
1883
Gorgias und Empedokles (Sitzungsber.)
1884
29.10.: Tod der Mutter
Th. Mommsen: Römische (Bd.5)
11.1.: Berufung nach Heidelberg (abgelehnt) 25.1.: Ernennung zum o. Professor in Berlin
178. : 100. Todestag Friedrichs II.
1886
Gründung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt (H. v. Helmholtz, Präsident)
1887
Eröffnung der „Urania" in Berlin
1888
H. Hertz (Bonn) KM der Berliner AdW
1889
A. Harnack O M der Berliner AdW
1890
Gründung der Kirchenväterkommission
1891
Stiftung der Helmholtz-Medaille der Berliner AdW
1892
J. Vahlen Sekretär der Philosophischhistorischen Klasse der Berliner AdW (bis 1911) Entwurf zur akademischen Kant-Ausgabe von W Dilthey
1893
Sibyllinische
Blätter
Dekan der Philosophischen Fakultät (bis 1892)
Mitbegründung des Thesaurus linguae Latinae Menons Iatrika (Supplementum Arist. 111,1)
447
Geschichte
1885
Eduard Zeller
Hermann Usener
1894
21.1.: 80. Geburtstag Emeritierung und Umzug nach Stuttgart 1.10.: Ehrenmitglied und 13.12.: Auswärtiges Mitglied der Berliner AdW
Novelle Die Flucht vor dem Weibe (pseudonym ersch.) 23.10.: 60. Geburtstag
1895
Herbst: Eröffnung des Archivs für systematische Philosophie mit Artikel Über Metaphysik als Erfahrungswissenschaft
Edition Dionysios von
1896
25.8.: 60jähriges Doktorjubiläum und Unfall in Ragaz
Götternamen Herbst: Beginn des Augenleidens, das zur Erblindung eines Auges führt
1897
12.1.: 50jähriges Professorenjubiläum Aristoteles and the Early Peripatetics, Übers. Phil. d. Gr. 2. II (London)
1898
Grundriß, 5. Aufl. (seit 1883)
1899
Zur Vorgeschichte des Christenthums. Essener und Orphiker (Zeitschr. f. wiss. Theol.) Über Systeme und Systemsbildung (D. Rundsch.)
Dionysios-Ausgabe (Bd.l) Die Sintfluthsagen
1900
Über den Einfluß des Gefühls auf die Tätigkeit der Phantasie, für Chr. Sigwart
Zwillingsbildung,
1901
Grundriß, 6. Aufl.
1902
Zu Leucippus (letzter von 33 Artikeln im Archiv seit 1888)
13.6.: Emeritierung
1903
Die Philosophie der Griechen (Teil 3, Bd. 2), 4. Aufl.
Geburt und Kindheit Christi (engl. Fassung 1902) Die Dreiheit (mythologische Zahlenlehre)
448
Halikarnassos
für W Heibig
Hermann Diels
Zeitgenössische Ereignisse 1894
8.9: Η . v. Helmholtz gestorben I. Jastrow für seine Broschüre
Sozialli-
beral gerichtlich belangt („Fall Jastrow" an der Universität bis 1896)
Edition Simplikios
(CAG X )
2711.: Sekretär der Philosophisch-
Inhaftierung des Satirikers O . Panizza
1895
wegen „Gotteslästerung"(bis 1896)
historischen Klasse der Berliner AdW
8.11.: W C . Röntgen entdeckt die
(bis 1920)
X-Strahlen
22.12.: 25jähriges Doktorjubiläum 11.7: E. Curtius gestorben
1896
2 0 . - 2 6 . 9 . : Internationaler Frauenkongreß in Berlin gegen Bildungsprivileg Einrichtung der Philologischen
14.4.: E Althoff Ministerialdirektor
Abteilung („Proseminar") im Institut
und Leiter der 1. Unterrichtsabteilung
für Altertumskunde (mit Wilamowitz)
(bis 1907)
Parmenides-A usgabe
1897
Ostern: Berufung U . v. WilamowitzMoellendorffs nach Berlin
176.: Lex Arons
1898
Elementum
100 Jahre T H Charlottenburg
1899
O k t . : Mitbegründung der Internatio-
Sommer: Abschluß des Verfahrens
nalen Assoziation der Akademien
gegen den Privatdozenten Leo Arons
(IAA) in Wiesbaden
200 Jahre Berliner A d W
1900
Schulkonferenz beschließt Gleichstellung von humanistischem Gymnasium, Realgymnasium und Oberrealschule
Heraklit-Ausgabe Juli: Corpus
16.-20.4.: 1. Generalversammlung der
medicorum
(Plan)
1901
I A A in Paris; Unternehmen Leibnizausgabe begonnen Nobelpreise für E. Fischer und
1902
Th. Mommsen
Die Fragmente der
Vorsokratiker
1.11.: Th. Mommsen gestorben
449
1903
Eduard Zeller 1904
Ms. Erinnerungen
Hermann Usener eines
Neunzigjähri-
gen (gedr. 1908)
Keraunos,
Vortrag in Basel (gedr. 1905)
23.10.: 70. Geburtstag
22.1.: 90. Geburtstag 14.5.: Tod Emilie Zellers 1905
Grundriß,
7 Aufl.
Sol invictm
Juni: Staroperation
(Rhein. Mus.)
Ms. Der beilige
Tychon (gedr. 1907)
21.10.: gestorben in Bonn
1906
25.8.: 70jähriges Doktorjubiläum
1907
Grundriß,
1908
19.3.: gestorben in Stuttgart
8. Aufl.
1910
1914
1920
1921 1922
450
Hermann Diels
Zeitgenössische Ereignisse Mai: 2. Generalversammlung der IAA in London
1904
Deutsch-amerikanischer ProfessorenHandschriftenkatalog der antiken austausch beginnt Ärzte I (II: 1906) Anonymer Kommentar zu Piatons The- A. Einstein: Arbeiten zum Fotoeffekt und zur Speziellen Relativitätstheorie aetet (mit W Schubart) 15.10.: Antritt des Rektorats; Rede Die Scepter der Universität
1905
Vorsokratiker, 2. Aufl. (Bd. 1) Die Organisation der Wissenschaft (Kultur d. Gegenw. 1,1) 3.8.: Rektoratsrede Internationale gaben der Universität
W Nernst: 3. Hauptsatz der Thermodynamik (Unerreichbarkeit des absoluten Nullpunkts)
1906
Vorsokratiker, 2. Aufl. (Bd. 2) Corpus Medicorum Graecorum (ausführlicher Plan)
28.5.-3.6.: 3. Generalversammlung der IAA in Wien
1907
Letzter CAG-Band im Druck
Immatrikulationsrecht für Frauen in Preußen (ab 1895 Gasthörerinnen in Berlin)
1908
Vorsokratiker Hippokratische
Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft beschlossen
1910
Okt.: Aufruf An die Kulturwelt von 93 deutschen Intellektuellen unterzeichnet
1914
Gründung der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaften
1920
31.3.: Emeritierung
Berufung W Jaegers nach Berlin
1921
Ms. Lukrez-Ausgahe (gedr. 1923/24 mit Geleitwort von A. Einstein) 4.6.: gestorben in Berlin
Bildung der Kommission für griechisch-römische Altertumskunde an der Berliner AdW
1922
Didymos' Kommentar (mit W Schubart)
Antike
zu
Demosthenes
Auf-
(Index, W Kranz) Forschungen I
Technik
1.7: Letzte Leibnizrede Die Not deutschen Wissenschaft
der
451
Bibliographie
Abh. = Abhandlungen, MB = Monatsberichte, SB = Sitzungsberichte der Berliner Akademie der Wissenschaften DLZ = Deutsche Literaturzeitung GGA = Göttingische Gelehrte Anzeigen RE = Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft
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Register
Die Register beziehen sich nur auf die Brieftexte. Die Stellen, an denen die Namen vorkommen, werden nach Korrespondenzteil (I-III) und Seitenzahl innerhalb des betreffenden Bandes (I in Band 1, II und III in Band 2) angegeben. O M = Ordentliches Mitglied, KM = Korrespondierendes Mitglied, AM = Auswärtiges Mitglied, E M = Ehrenmitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften. Pd. = Privatdozent, ao. Prof. = außerordentlicher Professor, o. Prof. = ordentlicher Professor, em. = emeritiert. T H = Technische Hochschule. UB = Universitätsbibliothek. MdR = Mitglied des Reichstages.
1. Personen und biographische Daten Abeken, Heinrich (1809-1872), Legationsrat im preußischen Außenministerium. - II 309. Adam, Juliette (geb. 1836), franz. Schriftstellerin. - II 122. Adam Rudolf, 1890 Dr. phil. Berlin, Lehrer am Berliner Falk-Realgymnasium. - II 375. Adelheid (1835-1900), Herzogin zu Schleswig-Holstein-Augustenburg, Schwiegermutter Wilhelms II. - II 252. Adickes, Erich (1866-1928), Philosoph, Kantforscher; 1887 Promotion in Berlin, 1895 Pd. und 1898 ao. Prof. in Kiel, 1902 o. Prof. in Münster, 1904 in Tübingen. - II 119, 124, 128. Aegidi, Ludwig (1825-1901), Jurist; 1851 Promotion und 1853 Habilitation in Göttingen, 1857 ao. Prof. in Erlangen, 1859 Gymnasialprof. in Hamburg, 1868 o. Prof. in Bonn, 1871 bis 1877 Vortragender Rat im Auswärtigen Amt Berlin, 1877 Honorarprof. für Staats-, Völker- und Kirchenrecht in Berlin; M d R (Freie Konservative Vereinigung) 1867 bis 1868,1869 bis 1871. - I 80. Ahrens, Heinrich Ludolf (1809-1881), „Meister der griechischen Grammatik" (Usener), 1831 Lehrer in Ilfeld (als solcher in Lachmanns Briefen an H a u p t erwähnt), 1845 Gymnasialdirektor in Lingen, 1849 bis 1879 in Hannover; wandte die Methode J. Grimms (1785-1863) auf die klass. Philologie an und schrieb über griechische Dialekte. - 1 4 4 7 f. Alexander III. (1845-1894), 1881 bis 1894 Zar von Rußland. - II 77. Alexius Michaelowitsch (1629-1676), 1645 bis 1676 Zar von Rußland, Vater Peters des Großen. - 1117,119.
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Allmann, George Johnston, Mathematikhistoriker, schrieb u.a. Greek geometry from Thaies to Euclid (Dublin-London 1889). - 1244 f. Allen, Th. W - 1 502. Althoff, Friedrich (1839-1908), 1882 Vortragender Rat (Referent für Universitätsangelegenheiten) und 1897 bis 1907 Ministerialdirektor der 1. Unterrichtsabteilung im Ministerium der geistliche Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten; EM 1900. - 1305, 328 ff., 333, 341, 348, 401, 412, 418, 457 501, 569; - II 144, 179, 242, 253, 258 f., 262, 280, 302, 304, 306, 319, 353, 376, 384, 388, 391. Althoff, Marie, geb. Ingenohl (gest. 1925), Frau Friedrich Althoffs seit 1864. - II 376. Anton, Karl Gottlieb (1778-1861), Gymnasialdirektor, Verfasser zahlreicher Görlitzer Schulprogramme zwischen 1805 und 1850. - I 295. Anziani, Bibliothekar in Florenz. - I 50 f., 145. Apelt, Otto, Gymnasiallehrer in Weimar und Eisenach, zuletzt Direktor in Jena. - II 180 f., 187, 235, 263, 276, 317 Arleth, Emil, Philosophiehistoriker in Prag. - II 85,104,108. Arnim, Hans von (1859-1931), klass. Philologe; 1882 Dr. phil. Greifswald, 1881 bis 1886 Gymnasiallehrer in Elberfeld und Bonn, S 1886 bis W 1887/88 Studium in Bonn, 1888 Habilitation in Halle, 1892 ao. Prof. und 1893 o. Prof. in Rostock, 1900 in Wien, 1914 in Frankfurt a.M., 1921 bis 1930 wieder in Wien. - I 331, 334 f., 469, 5 3 2 ; - I I 258, 293, 318, 379. Arnim, Harry Graf von (1824-1881), 1864 bis 1871 preuß. Gesandter im Kirchenstaat Rom, 1872 bis 1874 Botschafter in Paris. - I 58. Arons, Leo (1860-1919), 1884 Dr. phil. Straßburg, 1889 bis 1893 Assistent am Berliner Physikalischen Institut, 1890 bis 1899 Pd. für Physik; am 25. 7. 1895 wegen „unpassender Agitation" für die SPD disziplinarisch verwarnt, auf Beschluß des Ministers vom 13. 4. 1899 erneut angeklagt und schließlich aufgrund der eigens zu diesem Zweck geschaffenen Lex Arons und gegen die Entscheidung der Philos. Fakultät vom 30.7.1899 entlassen. - II 95,102,125, 20^ 225, 233 f., 236, 241, 252 f. Ascherson, Ferdinand (1832-1904), Oberbibliothekar an der UB Berlin bis 1895, gab seit 1872 den Deutschen Universitäts-Kalender heraus. - II 329, 332. Asher: 1830 von Adolf Asher (1800-1853) gegr. Verlags- und Sortimentsbuchhandlung in Berlin; der Besitzer war 1882 bis 1905 E. Golm. - I 333 f. Assing, Ludmilla (1821-1880), Schriftstellerin, unterhielt einen Salon in Florenz. - I 53. Ast, Friedrich (1776-1841), übersetzte Piaton ins Lateinische und verfaßte das Lexicon Platonicum. - I 94; - II 186, 393. Aucher, Herausgeber und Übersetzer. - 1124 f. Augusta (1811-1890), Ehefrau Wilhelms I., Königin von Preußen und deutsche Kaiser i n . - I I 219, 294, 325. Auguste Viktoria (1858-1921), Ehefrau Wilhelms II., deutsche Kaiserin und Königin von Preußen. - II 252, 294, 323. Auwers, Arthur (1838-1915), 1866 bis 1915 Astronom der Berliner Akademie, OM 1866, Sekretär 1878 bis 1912. - I 283, 315, 452; - II 102, 115 f., 122, 203, 218, 241, 249,264,268,391. Auwers, Marie Henriette, geb. Jacobi (1837-1915), Frau Arthur Auwers' seit 1862. - II 218.
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Baccelli, Guido (1830-1916), 1856 Medizinprofessor in Rom, ital. Unterrichtsminister 1880/84, 1893/96, 1898/1900. - II 249. Bachem, Carl Joseph Emil (1858-1945), Rechtsanwalt in Köln, MdR (Zentrum) 1889 bis 190Ζ - II 305. Bachofen, Johann Jakob (1815-1887), Begründer der vergleichenden Rechtsgeschichte; prägte mit seiner Untersuchung über das Mutterrecht (1861) den Begriff des Matriarchats. - 1 536. Baedeker, Karl (1801-1859), Buchhändler und Verleger des Reiseführers Baedeker. - I I 49. Baermann, Karl (1810-1885), Klarinettist. - 1193. Baethgen, Friedrich Wilhelm Adolf (1849-1905), Theologe, seit 3. 1. 1895 o. Prof. für Altes Testament in Berlin. - II 75. Baeumker, Clemens (1853-1924), Philosophiehistoriker; 1877 Dr. phil. und bis 1882 Gymnasiallehrer in Münster, 1883 o. Prof. in Breslau, 1900 in Bonn (Nachfolger Neuhäusers), 1903 in Straßburg, 1912 in München; KM 1915. - II 202, 249, 319. Baiter, Johann Georg (1801-1877), klass. Philologe in Zürich. - 1175. Bake, Janus (1787-1864), klass. Philologe in Leiden. - 1128, 319. Baltasar Meliabakkos. - 1120. Bamberg, Albert von (1844-1910), stud. 1863/65 in Bonn klass. Philol., später Schulrat und Gymnasialdirektorin Gotha. - I 113, 161. Bardt, Karl (1843-1915), klass. Philologe, 1866 Dr. phil. Berlin, 1881 Gymnasialdirektor in Elberfeld, 1887 Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin. - 1 3 7 5 . Bart, Paläograph. - 1125. Barth, Jakob (1851-1914), 1876 Pd. und 1880 ao. Prof. für Semitistik in Berlin. - II 320. Barth, Paul (1858-1922), Philosoph und Pädagoge in Leipzig. - II 368. Bauer, Wilhelm, schrieb über den älteren Pythagoreismus. - II 206, 209, 239. Baumeister, Karl August (1830-1922), Pädagoge, Regierungsrat in Straßburg; war 1871 bis 1882 für die Organisation des höheren Schulwesens in Elsaß-Lothringen verantwortlich. - 1 64, 66. Baumhauer, Maria Matthaeus von, 1841 Dr. phil. Utrecht. - 1142. Baur, Ferdinand Christian (1792-1860), 1826 bis 1860 Theologieprofessor in Tübingen, Begründer der Tübinger Schule; Lehrer und Schwiegervater Eduard Zellers. - II 74, 76, 296, 346; - III 402. Baur, Pauline, Tochter E C. Baurs, jüngere Schwester Emilie Zellers. - II 59 f., 65, 72, 93, 99 f., 103, 101, 112, 116, 126, 137 142, 168, 181, 219, 245, 247 250, 254, 256, 290f., 322, 337ff., 345ff., 351 f., 354, 356f., 362, 364, 367ff„ 371 ff., 375, 383, 388, 392, 394. Baur, Ferdinand Friedrich (geb. 1825) Rektor des Tübinger Gymnasiums. - II 309. Bauschinger, Julius (1860-1934), 1896 bis 1909 o. Prof. für Astronomie in Berlin, Dekan 1905 bis 1906. - II 375. Bebel, August (1840-1913). - II 323. Bechtel, Friedrich (1855-1924), 1878 Pd. und 1884 ao. Prof. für vergleichende Sprachwissenschaft in Göttingen, 1895 o. Prof. in Halle; Redakteur der Göttingischen Gelehrten Anzeigen 1881 bis 1895. - I 444 f., 449, 469.
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Beck, Christian Daniel (1757-1832), klass. Philologe. - 1165. Becker, Heinrich, Oberlehrer in Königsberg. - II 56. Behr-Schmoldow, Friedrich Felix von (1821-1892), Gutsbesitzer, Präsident des Deutschen Fischereivereins, Mitgl. d. preuß. Abgeordnetenhauses. - II 219. Bekker, Ernst Immanuel (1827-1916), Sohn des Folgenden, 1874 o. Prof. für römisches Recht in Heidelberg, KM 1897 - I 328; - II 182. Bekker, Immanuel (1785-1871), besorgte im Auftrag der Berliner Akademie (OM 1815) die erste kritische Werkausgabe des Aristoteles. - I 151 f., 175, 287 353, 375; - I I 43 f. Belger, Christian, Lehrer am Friedrichsgymnasium in Berlin, gab 1884 bis 1902 mit O.Seyffert die Berliner philologische Wochenschrift heraus. - I 151, 178, 184, 191, 212, 224, 238, 310, 427; - II 22, 39 f. Bellermann, Heinrich (1832-1903), Sohn des Folgenden, 1866 ao. Prof. für Musikwissenschaft in Berlin. - II 91. Bellermann, Johann Friedrich (1795-1874), 1847 bis 1867 Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin. - 1139. Bellermann, Ludwig (1836-1915), Literaturhistoriker, Sohn des Vorigen; 1877 Direktor des Königstädtischen Gymnasiums und 1893 bis 1911 des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin. - 1 139, 241; - II 91. Beloch, Karl Julius (1854-1929), Prof. für alte Geschichte in Rom. - I 393. Benecke, Heinrich, Biograph Wilhelm Vatkes. - II 68 ff. dessen Witwe. - II 69, 71. Benndorf, Otto (1838-1907), 1862 Promotion in Bonn, 1868 Habilitation in Göttingen, 1869 o. Prof. für Archäologie in Zürich, 1871 in München, 1872 in Prag, 1877 in Wien; 1898 Direktor des Osterreichischen Archäologischen Instituts in Wien, KM 1893.-148,285,428. Benseier, Gustav Eduard (1806-1868), klass. Philologe. - 1109. Bentley, Richard (1662-1742), klass. Philologe, abwM 1713; berühmt für methodische Textkritik. - 1 5 2 9 . Bergemann, Paul (geb. 1862), schrieb u.a. Soziale Pädagogik (1900), Ethik als Kulturphilosophie (1904). - II 108. Bergk, Ida, geb. Meineke, Frau Theodor Bergks seit 1843. - I 264, 286. Bergk, Theodor (1812-1881), klass. Philologe; 1842 o. Prof. in Marburg, 1852 in Freiburg i.B., 1857 bis 1869 (em.) in Halle, 1869 bis 1876 Honorarprof. in Bonn; KM 1845. - 1 1 9 2 , 220 f., 229, 256, 261, 264, 286. Bernays, Jacob (1824-1881), klass. Philologe; 1848 Promotion und Aufnahme der Lehrtätigkeit in Bonn; da als strenggläubiger Jude diskriminiert und ohne Aussicht auf Beförderung, seit 1854 Lehrer für Philosophie am jüdisch-theologischen Seminar (Fränckel-Stiftung) in Breslau; 1865 Wahl zum KM und Berufung nach Bonn, 1866 bis 1881 ao. Prof. für klass. Philologie und Direktor der UB in Bonn. - I 113 f., 118, 124, 128 ff., 132, 148, 161, 171 ff., 176 f., 193, 205, 207 244, 246, 248 ff., 254 ff., 257 260ff., 264ff., 272ff., 279, 282ff„ 287ff., 298, 305, 311, 315, 320, 373, 481, 566; - 1 1 3 6 , 4 7 56, 106. Bernays, Kaufmann in Hamburg, Bruder J. Bernays'. - I 244.
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Bernays, Louis, Bruder J. Bernays'. - I 272. Bernays, Michael (1834-1897), Literarhistoriker, Bruder J. Bernays'; 1872 Habilitation in Leipzig, 1873 ao. Prof. und 1874 o. Prof. für neuere Sprachen und Literaturen in München. - 1255, 25^ 261, 266 f., 272 ff., 276. Bernuth, von. - I 54. Bessarion (1403-1472), Erzbischof und Kardinal, Renaissanceplatoniker und Aristotelesübersetzer; seine Handschriftensammlung wurde zum Kern der San-Marco-Bibliothek in Venedig. - I 99 f. Besser, Frl., Pflegetochter von Clara und Ernst Curtius; Tochter des Berliner Buchhändlers C. H. W Besser (1808-1848) und der Auguste geb. Reichhelm (gest. 1851), der Schwester Claras und ersten Frau Ernst Curtius' seit 1850. - II 149, 324, 388. Besteher (gest. 1897), Ober-Pedell im Berliner Universitätsgebäude. - II 201, 203. Bethe, Erich (1863-1940), klass. Philologe; 1887 Promotion in Göttingen bei Wilamowitz, 1891 Habilitation in Bonn bei Usener, 1893 ao. Prof. in Rostock, 1897 o. Prof. in Basel, 1903 in Gießen, 1906 bis 1931 (em.) in Leipzig. - I 417 Beyrich, Ernst (1815-1896), Geologe und Paläontologe in Berlin, OM 1853. - II 149, 182.
Bezold, Wilhelm von (1837-1907), 1885 o. Prof. für Meteorologie in Berlin, O M 1886. - I I 78,81,234. Biesenthal, Gertrud (siehe Diels). Biesenthal, Leutnant, Bruder der Vorigen. - II 390. Bintz, Julius (1843-1891), 1865 Dr. phil. Halle, 1866 Lehrer in Wesel, 1875 bis 1889 an der Gelehrtenschule des Hamburger Johanneums, zuletzt Direktor des WilhelmGymnasiums in Hamburg. - 1105. Birt, Johann Friedrich (1807-1891), Makler in Hamburg, Vater des Folgenden. - 1131. Birt, Theodor (1852-1933), klass. Philologe und Schriftsteller; studierte 1872 in Leipzig und 1873 bis 1877 in Bonn, 1878 Habilitation in Marburg, 1882 bis 1900 o. Prof. in Marburg. - 1 102,132,140,142,152,190, 393 f., 553. Bismarck, Otto Fürst von (1815-1898), 1862 preußischer Ministerpräsident und Außenminister, 1871 bis 1890 Reichskanzler. - II 32, 92, 96, 100, 107, 141, 143, 213, 217, 219, 224, 227, 229, 283, 294, 306, 309. Bismarck, Johanna von, geb. von Puttkamer (1824-1894), Ehefrau Otto von Bismarcks seit 1847 - II 283, 294, 306. Blass, Friedrich (1843-1907), klass. Philologe; nach Studium in Göttingen und Bonn (1863 Dr. phil.) Gymnasiallehrer, 1874 Habilitation in Königsberg, 1876 ao. Prof. und 1881 o. Prof. in Kiel, 1892 in Halle; KM 1900. - I 368, 42^ 429, 431, 433, 43^ 492, 559; - II 113. Bloch, Sören Niels Johann (1772- nach 1845), klass. Philologe; Rektor in Roskilde. -1462. Blumenthal, Leonhard Graf von (1810-1900), preuß. Generalfeldmarschall; in den Kriegen 1866 und 1870/71 Chef des Generalstabes in der Armee des Kronprinzen Friedrich Wilhelm. - II 303. Bockshammer, Gustav (gest. 1900), Studienfreund Eduard Zellers, Oberstudienratspräsident a.D. in Stuttgart. - II 263, 265 f.
489
Bode, Wilhelm von (1845-1929), Kunsthistoriker; die 1896 geplante Wahl zum OM wurde zugunsten Kekulés abgelehnt, EM 1925. - II 166,199. Boeckh, August (1785-1867), 1810 o. Prof. für klass. Philologie in Berlin, 1819 Leiter des Seminars für gelehrte Schulen; OM 1814, Sekretär 1834 bis 1861. - I 123, 151, 532. Böcklin, Arnold (1827-1901), Maler, seit 1893 in Florenz. - I 520. Boissonade, Jean-François (1774-1857), klass. Philologe. - 1112. Boltzmann, Ludwig (1844-1906), 1889 bis 1894 o. Prof. für theoretische Physik in München; EM 1888.-1448. Bonitz, Hermann (1814-1888), 1836 Gymnasiallehrer in Dresden, 1838 in Berlin, 1842 in Stettin; 1849 Prof. für klass. Philologie in Wien; 1867 Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin, zugleich 1868 bis 1875 lesendes Akademiemitglied (OM 1867) und seit 1875 Vortragender Rat für das höhere Schulwesen; regte mit Zeller die kritische Ausgabe der Aristoteleskommentatoren an. - I 66, 109, 113, 125, 136, 144 f., 148, 175, 177 f., 184, 191, 216, 220, 222, 232, 236, 238, 241 f., 244, 308, 372, 452; - II 18, 20, 28, 31, 33 f., 50 f., 53 ff., 90, 186, 363, 365. Bonnet, Max (1841-1917), klass. Philologe, 1872 Dr. phil. Bonn, später Professor in Montpellier. - I 68, 78 f., 82, 87 92, 111, 117 122, 129, 135, 148 f., 159, 168, 193, 216, 222, 228, 230, 232, 236, 240 f., 253, 323, 356, 359, 384, 386, 571; - II 25. dessen Frau. - I 168. Boor, Carl de (siehe De Boor). Borchardt, Ludwig (1863-1938), 1899 bis 1906 Attaché des Deutschen Generalkonsulats in Kairo, danach bis 1929 Direktor des Deutschen Instituts für ägyptische Altertumskunde in Kairo. - I 570. Bormann, Eugen (1842-1917), Epigraphiker; 1871 Lehrer am Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin, 1881 o. Prof. für alte Geschichte in Marburg, 1885 in Wien; KM 1902. - I 88,192, 203, 235 f.; - II 39. Bosse, Robert (1832-1901), 1892 bis 1899 preuß. Minister der geistlichen, Unterrichtsund Medizinalangelegenheiten. - I 445, 451, 459; - II 111, 202, 220, 228, 233, 244, 253,320. Boutroux, Emile (1845-1921), Schüler Zellers in Heidelberg, übersetzte 2 Bände der Philosophie der Griechen ins Französische; 1886 Philosophieprofessor und 1902 Direktor der Fondation Thiers in Paris, KM 1908 (bis 1916). - II 93, 322. Brahms, Johannes (1833-1897). - II 96. Branca, Paula von, geb. Kirchhoff (Tochter des Physikers Gustav Robert Kirchhoff, 1824-1887), Frau des Folgenden seit 1881. - II 238. Branca (bis 1907 Branco), Wilhelm von (1844-1928), 1899 bis 1917 (em.) o. Prof. für Geologie und Paläontologie in Berlin; OM 1899, EM 1918, AM 1925. - II 238. Brandis, Christian August (1790-1867), 1812 Promotion in Kopenhagen, 1816 Habilitation in Berlin und Gesandtschaftssekretär in Rom, 1818 ao. Prof. für klass. Philologie in Berlin, 1821 o. Prof. für Philosophie in Bonn (zeitweilig Kabinettsrat in Athen); KM 1832, AM 1862. - I 103, 124, 129, 140 f., 149, 152 f., 156, 159 f., 163, 167 179, 254, 310 f., 459, 461, 564; - II 26, 30, 47 Brandis, Johannes (1830-1873), Sohn des Vorigen, Sekretär der Kaiserin Augusta; 1852 Promotion und 1855 Habilitation in Bonn, 1857 Kabinettsrat. - II 219.
490
Brandl, Alois (1855-1940), Anglist; 1888 o. Prof. in Göttingen, 1892 in Straßburg, 1895 in Berlin; OM 1904. - I 503 f., 584; - II 102,106, 341. Brandt, Max von (1835-1920), Diplomat und Schriftsteller, 1875 bis 1893 Gesandter in China. - II 272. Braun, Frau, Jugendfreundin der Anna von Helmholtz. - II 256. Braune, Adolf (1848-?), studierte 1869 bis 1870 in Bonn klass. Philologie. - I 74. Bréal, Michel (1832-1915), klass. Philologe. - I 230; - II 274. Brentano, Franz von (1838-1917), Philosoph, KM 1914. - II 141. Brenz, Johannes (1499-1570), Reformator und Organisator der württembergischen Kirche, Vorfahre Eduard Zellers mütterlicherseits. - II 131. Bresslau, Harry (1848-1926), 1877 ao. Prof. in Berlin, 1890 o. Prof. für mittlere und neuere Geschichte in Straßburg; Mitglied der Zentralkommission der Monumenta Germaniae histórica seit 1888, KM 1912. - I 400; - II 186, 310 f., 313. Bretschneider, Carl Anton (1808-1878), Mathematikhistoriker. - I 215, 244, 247 Breysig, Kurt (1866-1940), Mitarbeiter der polit. Wochenschrift Die Zukunft; 1892 Pd., 1895 ao. Prof. und 1923 bis 1934 (em.) o. Prof. für Geschichte in Berlin. - II 228 f. Brieger, Adolf (1832-1912), 1876 bis 1899 Gymnasiallehrer in Halle, schrieb über griechische Atomisten. - I 357 461; - II 70,196, 210. Bright, Richard (1789-1858), Begründer der modernen Nierenheilkunde. - II 132, 289. Brinkmann, August (1863-1923), klass. Philologe; 1888 Promotion und 1893 Habilitation in Bonn, 1896 ao. Prof. und 1900 o. Prof. in Königsberg, 1902 in Bonn (Nachfolger Useners in der Seminardirektion). - I 321, 334 f., 517 519, 528, 530, 532, 547 564,578, 591. Brönnle, Paul (geb. 1867), Arabist, 1895 Dr. phil. Halle; Redakteur der Enzyklopädie The Historians' History of the World (erschienen 1904). - I 575. Broicher, Otto, Jurist. - II 179, 340, 349. Brückner, Aleksander (1856-1939), 1880 ao. Prof. und 1892 o. Prof. für Slawistik in Berlin. - 1 534. Brugman(n), Karl (1849-1919), Linguist, Wiesbadener Jugendfreund von Diels; 1871 Promotion und 1877 Habilitation in Leipzig, 1882 ao. Prof. in Leipzig, 1884 o. Prof. in Freiburg i.B., 1887 in Leipzig. - I 353, 355. Brunn, Heinrich Ritter von (1822-1894), 1843 Dr. phil. Bonn, danach ca. 20 Jahre in Rom, 1865 o. Prof. für Archäologie in München (1882 Verleihung des persönl. Adels); KM 1866, AM 1893. - 145, 48. Brunn, Leopold (1848-1882), Neffe des Vorigen, ehemaliger Mitschüler von Diels in Wiesbaden; 1870 Dr. phil. Leipzig, später Oberlehrer am Stettiner Stadtgymnasium. - 1 3 6 ff., 43, 45. Brunner, Heinrich (1840-1915), 1872 o. Prof. für deutsche Rechtsgeschichte und deutsches Privatrecht in Berlin, OM 1884, Rektor 1896/97 - II 59, 79, 99, 101, 106, 201, 221,22^387 Bruns, Charlotte, geb. Gmelin (gest. 1900), Frau des mit Zellers befreundeten Karl Georg Bruns und Mutter von Ivo Bruns. - I 41 ; - II 258. Bruns, Heinrich (1848-1919), 1876 ao. Prof. für Astronomie und Mathematik in Berlin, 1882 o. Prof. und Direktor der Universitätssternwarte Leipzig; KM 1906. - II 102.
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Bruns, Ivo (1853-1901), klass. Philologe, Sohn des Juristen Karl Georg Bruns;
1877
Promotion in Bonn bei Usener, 1880 Pd. und 1883 ao. Prof. in Göttingen,
1884
ao. Prof. und 1890 o. Prof. in Kiel. - I 167f., 176, 209, 239, 255 , 25 7 286, 294, 296 f., 301, 319, 326, 342, 385, 396, 398, 434, 437; - II 25 ff., 29 ff., 4 7 f . , 51, 82, 90, 153, 164, 166, 208 f., 221, 258, 288 f., 291, 297 Bruns, Karl Georg (1816-1880), Jurist; nach Professuren in Tübingen (1844), Rostock (1849), Halle (1851) und wieder Tübingen (1859) seit 1861 o. Prof. für römisches Recht in Berlin; Rektor 1870/71, O M 1875. - II 41, 275. Bruns, Karoline von, geb. Crone, Witwe des Chirurgen Viktor Bruns. - II 275. Bruns, Paul von (1846-1916), Sohn des Folgenden;
1882 o. Prof. und Direktor der
chirurgischen Klinik in Tübingen. - II 146. Bruns, Viktor von (1812-1883), Bruder Karl Georg Bruns 5 ; 1843 bis 1882 Direktor der chirurgischen Klinik in Tübingen, begründete die moderne operative Laryngologie.
-
II 275. Bubendey,
Heinrich
(1840-1917),
Oberlehrer
am
Hamburger
Johanneum;
studierte
1860 bis 1864 in Bonn klass. Philologie. - I 84, 88. Bücheler, Franz (1837-1908), klass. Philologe, Latinist; 1852 bis 1856 Studium in Bonn (Gründer des Bonner Kreises), 1856 (noch 18jährig) Promotion und 1858 Habilitation in Bonn, 1858 ao. Prof. und 1862 o. Prof. in Freiburg i.B., 1866 in Greifswald, 1870 bis 1905 (em.) in Bonn und neben Usener Seminar-Direktor; Rektor 1878/79, K M 1882, A M 1900. - I 41 f., 55, 69 f., 79, 82, 87 90, 107 109, 174, 179, 190, 194 ff., 199, 234 f., 262, 269, 290 ff., 317 343, 345, 364, 393 f., 407 417 422, 463, 465 ff., 472, 477 4 8 0 f . , 490, 495 f., 4 9 7 f . , 5 2 0 f „ 531, 560 f., 563, 566, 578, 583; - II 109, 211, 255. Bülow, Alfred von (1851-1916), deutscher Gesandter in Bern, Bruder des Reichskanzlers. - II 301. Bülow, Bernhard Fürst von (1849-1929), 1900 bis 1909 Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident. - II 277, 303, 314 f., 372, 388. Buhle, Johann Gottlieb (1763-1821), Herausgeber des Aratos und anderer antiker Autoren. - 1 323. Bunge, Hausbesitzer (?) in Hamburg. - II 18. Bunsen, Georg von (1824-1896), Politiker, Sohn des Folgenden; 1851 Dr. phil. Bonn, hörte Boeckh und Ranke in Berlin sowie Ritsehl und Bernays in Bonn; Mitgl. des preuß. Abgeordnetenhauses 1862 bis 1879 und M d R (Nationalliberale Partei) 1867 bis 1874, 1876 bis 1885. - I 298, 566; - II 122,168, 219. Bunsen, Karl Josias von (1791-1860), preuß. Diplomat. - II 309. Bunsen, Marie von (1862-1941), Schriftstellerin, Tochter Georg von Bunsens. - II 256. Bunsen, Robert W (1811-1899), Chemiker und Physiker; 1839 ao. Prof. in Marburg, 1851 o. Prof. in Breslau, 1852 bis 1889 (em.) in Heidelberg; begründete 1859 mit G . R . Kirchhoff (1824-1887) die Spektralanalyse; K M 1846, A M 1862; zählte zu Zellers Freunden. - II 94. Burdach, Konrad (1859-1936), Germanist, seit 1902 hauptamtlich (mit 10 000 M Extragehalt) an der Berliner A d W (Leiter der Forschungsstelle für deutsche Sprachwissenschaft) und lesendes Akademiemitglied an der Universität. - II 307 Burkhard, Mathematiker, Gymnasialdirektor in Basel. - II 210.
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Burnet, John (1863-1928), Herausgeber der Werke Piatons. - II 393. Bursian, Conrad (1830-1883), 1874 bis 1883 o. Prof. für klass. Philologie in München, begründete den Jahresbericht über die Fortschritte der classischen Alterthumswissenschaft (Berlin 1873 ff.) und das Biographische Jahrbuch für Alterthumskunde (Berlin 1878 ff.). -1195; - II 96, 379. Busse, Adolf, klass. Philologe, promovierte 1881 in Berlin, später Direktor des Askanischen Gymnasiums in Berlin. - 1234, 363 f., 367 522, 525, 537; - II 46, 79. Busse, Ludwig (1862-1907), Philosoph, Psychologe; 1886 Philosophieprofessor in Tokio, 1894 Habilitation in Marburg, 1896 o. Prof. in Rostock, 1898 in Königsberg, 1904 in Münster, 1907 in Halle. - II 125. Buttmann, Philipp (1764-1829), klass. Philologe in Berlin, OM 1808, Sekretär 1811 bis 1826. - 1 1 2 7 553. Bywater, Ingram (1840-1914), klass. Philologe in Oxford, ab 1889 in London, KM 1887 -1188, 190, 258, 273, 295, 317 326, 343 f., 365, 367f., 389 f., 392 f., 458, 461 f., 464, 467 481, 503, 5 8 3 ; - I I 53,277 Caesar, Julius (1816-1886), 1842 ao. Prof. und 1852 o. Prof. für klass. Philologie in Marburg. - 1 4 1 ; - I I 393. Calvary, Berliner Verleger. - I 203. Campbell, Lewis. - II 81, 83, 183 ff., 197 204. Cantor, Moritz (1829-1920), Mathematikhistoriker in Heidelberg, schrieb Vorlesungen über Geschichte der Mathematik (4 Bde. Leipzig 1880-1908). - 1215; - II 143. Capelle, Wilhelm (1871-1961), klass. Philologe in Hamburg. - II 364, 366 f. Carl (1801-1883), Prinz von Preußen, Bruder Wilhelms I. - I 283 f. Carra de Vaux, Historiker der antiken Technik. - 1490. Cauer, Eduard (1823-1881), Stadtschulrat in Berlin. - 1161. Cauer, Paul (1854-1921), Sohn des Vorigen; 1875 Promotion in Leipzig, 1890 Habilitation in Kiel, 1896 Gymnasialdirektor in Flensburg, 1898 in Düsseldorf, 1905 Provinzialschulrat (bis 1912) und Honorarprof. in Münster mit Lehrauftrag für klass. Philologie. - II 75, 272. Chamberlain, Houston Stewart (1855-1927), engl. Geschichtsphilosoph. - II 323. Chiapelli, Alessandro (geb. 1857), Philosophiehistoriker in Neapel. - II 200, 351. Christ, Wilhelm von (1831-1906), klass. Philologe; 1853 Promotion in Berlin, 1860 ao. Prof. und 1863 bis 1903 (em.) o. Prof. in München, 1864 o. Mitglied der Bayerischen AdW -1443,577 Christlieb, Theodor (1833-1889), 1868 o. Prof. für praktische Theologie (Leiter des homiletisch-katechetischen Seminars) und Universitätsprediger in Bonn. - I 391. Chrysanthos, Notaras (gest. 1731), ab 1707 Patriarch von Jerusalem (Nachfolger seines Onkels Dositheos). - 1119. Classen, Johannes (1805-1891), klass. Philologe; 1829 Promotion und Habilitation in Bonn, Erzieher des Sohnes von B. G. Niebuhr, 1831 Pd. in Kiel, 1832 Schuldienst in Berlin, 1833 Prof. am Catharineum in Lübeck, 1853 Gymnasialdirektor in Frankfurt a.M., 1864 bis 1874 Direktor der Gelehrtenschule des Hamburger Johanneums. - I 65 ff., 74, 78, 83 f., 87 89, 91 f., 97 102, 106, 112, 115,121,125, 131, 139f„ 216, 230f„ 238, 254, 317; - II 17
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Clemens X I V (1705-1774), Papst von 1769 bis 1774. - II 306. Cobet, Carl Gabriel (1813-1889), klass. Philologe in Leiden. - I 52, 108, 125, 152, 162, 223, W , 365 ff., 370 f., 433, 522. Cohn, Leopold, klass. Philologe und Bibliothekar in Breslau, gab mit Ρ Wendland die Schriften Philons neu heraus. - I 371, 390. Comparetti, Domenico (1835-1927), Prof. für Griechisch in Pisa, Florenz und Rom. -1192,198, 212, 239,244, 570; - II 228, 240; - III 410. Conrady, August (1864-1925), studierte klass. und indische Philologie, habilitierte sich 1891 in Leipzig für Sinologie, 1897 ao. Prof. und 1920 o. Prof. für ostasiatische Sprachen in Leipzig. - I 384. Conrady, Ludwig (1833-1907), Pfarrer in Wiesbaden und theologischer Schriftsteller, Jugendfreund Useners und Vater des Vorigen. - I 380, 383, 386. Conrady, Wilhelm (1829-1903), Kreisrichter in Miltenberg, Bruder des Vorigen. - 1 3 8 3 . Constantinus Monomachus (siehe Konstantinos). Conze, Alexander (1831-1914), Archäologe; 1861 Pd. in Göttingen, 1863 ao. Prof. in Halle, 1869 o. Prof. in Wien, 1877 Direktor der Antikensammlung der Berliner Museen, 1887 zugleich Generaldirektor des Deutschen Archäologischen Instituts; OM 1877. - I 276, 278 f., 285, 320, 385, 417, 554; - II 156,199, 311. Cornelius, Karl Adolf von (1819-1903), 1856 o. Prof. für Geschichte in München, KM 1897 - II 186. Corssen, Peter (1856-1928), klass. Philologe, 1878 Dr. phil. Bonn, später Oberlehrer in Wilmersdorf. - I 174f„ 179, 251, 254, 313, 315, 374f„ 404, 406, 412, 424, 427; -II48;-III400. Coulins, klass. Philologe. - I 448. Cousin, G., Epigraphiker. - I 429 ff., 440. Couvreur, Paul, klass. Philologe. - I 463. Covotti, Α., Schüler Vitellis. - I 492; - II 82, 87 Cramer, John Antony (1793-1848), Herausgeber der Oxforder und Pariser Anecdota graeca. - 1 153,163, 363, 502; - II 30. Croenert, Wilhelm (1875-1943), klass. Philologe, 1898 Dr. phil. Göttingen. - I 565 f. Crusius, Otto (1857-1918), klass. Philologe; Nachfolger E. Rohdes in Tübingen (1886) und in Heidelberg (1898), 1903 o. Prof. in München, 1915 Präsident der Bayerischen AdW - 1427; - II 307 Cumont, Franz (1868-1947), studierte in Gent, Bonn (W1888/89) und Berlin, edierte Philon, de aeternitate mundi (Berlin 1891), 1892 Prof. für Altertumskunde in Gent; KM 1911. - I 387 390, 403, 555. Curtius, Clara, geb. Reichhelm (gest. 1900), Ernst Curtius' Frau seit 1853. - I 507; - II 93 f., 118, 128, 130, 142, 149 f., 153, 156,160, 246, 325. Curtius, Dora (siehe Lepsius). Curtius, Ernst (1814-1896), Studium in Bonn, Göttingen und Berlin, 1837 Hauslehrer in Athen, 1841 Promotion in Halle, 1842 Adjunkt am Französischen Gymnasium in Berlin und Assistent am Seminar Boeckhs, 1843 Pd. und 1844 ao. Prof. für klass. Philologie (1844 bis 1850 Erzieher des Kronprinzen Friedrich Wilhelm) in Berlin, 1856 o. Prof. in Göttingen, seit 1868 als o. Prof. für alte Geschichte und Archäologie
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und Leiter des Alten Museums wieder in Berlin; O M 1852, EM 1856, AM 1862, O M 1868, Sekretär 1871 bis 1893, Rektor 1881/82. - I 276, 293 , 313, 315, 340, 396, 418 f., 436, 452, 454, 456; - II 2 7 f „ 58f., 63, 65f., 75f., 90, 92f., 95, 100, 111 f., 116, 118, 122, 128, 130,132,136,138,142,144,148 ff., 156, 161,166,182, 208, 219, 324 f., 358. dessen Pflegetochter (siehe Besser). Curtius, Friedrich (1851-1933), Ernst Curtius' Sohn aus erster Ehe. - II 93, 149, 324, 380. Curtius, Georg (1820-1885), klass. Philologe und Indogermanist in Leipzig (Bruder von Ernst C.), KM 1869; publizierte u.a. „Grundzüge der Griechischen Etymologie" (Leipzig, 4. Aufl. 1873). - 1 144. Curtius, Louise, geb. v. Erlach-Hindelbank (1857-1919), Friedrich Curtius' Frau. - II 93. Cyriacus Anconitanus (um 1391-um 1450), Kaufherr in Ancona, Sammler von Altertümern und Inschriften. - I 102, 270. Czerny, Vinzens (1842-1916), Chirurg in Heidelberg. - II 146. Dalier, Balthasar Ritter von (1835-1911), 1869 Abgeordneter (1899 Vorsitzender des Finanzausschusses) im bayer. Landtag. - I 473. Dames, Wilhelm (1843-1898), Geologe und Paläontologe; 1874 Pd„ 1878 ao. Prof. und 1891 o. Prof. in Berlin; O M 1892, Dekan 1896/97 - II 163,182. Daremberg, Charles Victor (1817-1872), Bibliothekar in Paris. - I 53 ff., 109, 450. Darwin, Charles (1809-1882), Naturforscher und Begründer der mod. Abstammungslehre; KM 1863, AM 1878. - II 143. Daude, Paul (1851-1913), 1885 Universitätsrichter in Berlin. - II 233. De Boor, Carl Gotthard (1848-1923), klass. Philologe; studierte 1868 bis 1873 in Bonn und Berlin, 1873 Promotion in Berlin, 1880 Assistent an der kgl. Bibliothek Berlin, 1886 Kustos U B Bonn, 1891 Bibliothekar und 1894 bis 1909 Oberbibliothekar U B Breslau. - I 93, 95 ff., 403, 550. Delbrück, Hans (1848-1929), studierte 1869 bis 1873 in Bonn, 1881 Pd„ 1885 ao. Prof. und 1896 bis 1921 (em.) o. Prof. für Geschichte in Berlin; 1883 bis 1919 Herausgeber der Preußischen Jahrbücher, MdR 1884 bis 1890. - I 297 441; - II 111, 128 f., 136, 139, 227 ff. Delbrück, Rudolph (1817-1903), Staatsminister a.D. in Berlin. - II 221. Delbrück, Leo Sc Co.: Berliner Bankhaus. - II 333. Delisle, Léopold (1826-1910), Historiker, Direktor der Nationalbibliothek in Paris; KM 1867 AM 1902. - II 27 29. Delitzsch, Friedrich (1850-1922), 1900 o. Prof. für Assyriologie in Berlin. - II 139, 241, 323, 325, 329. Denifle, Heinrich (1844-1905), Kirchenhistoriker; 1883 Subarchivar des Heiligen Stuhls, KM 1 8 9 0 . - I I 343 ff. Dessoir, Max (1867-1947), Schüler W Diltheys, 1892 Pd„ 1897 ao. Prof. und 1920 o. Prof. für Philosophie und Ästhetik in Berlin. - II 133. Dettmer, Carl, Landwirt. - I 83. Dettmer, Caroline. - I 81, 83. Dettmer, Heinrich, Richter in Lübeck. - I 83.
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Dettmer, Hermann (1846-1870), studierte 1867 bis 1869 in Bonn klass. Philologie, starb als Kandidat des höheren Lehramts nach einem Unfall. - I 34, 43, 83, 257 Dettmer, Prof., Vater der Vorigen. - I 43, 74, 78, 81, 83. Deussen, Paul (1845-1919), Indologe und Philosophiehistoriker; habilitierte sich 1881 in Berlin bei Zeller, 1889 o. Prof. in Kiel; die ersten Bände seiner Allgemeinen Geschichte der Philosophie (7 Bde., 1894-1917) widmen sich der indischen Philosophie. - I I 85. Didot: Drucker- und Buchhändlerfamilie in Paris. - I 193, 370. Diehl, Ernst (1874-1947), studierte in Bonn bei Usener, Bücheler und Nissen, in Berlin bei Diels, Hübner und Kern, promovierte 1899 in Leipzig und gab Proklos' in Piatonis Timaeum commentarla I—III (Leipzig 1903-1906) neu heraus. - I 517 519. Diels, Bertha, geb. Dübell (1847-1919), Hermann Diels' Frau seit 1873. - I 73, 85, 89, 97ff., 102, 105, 107 Hl, 115, 125f., 140, 160, 240, 279f„ 282f„ 288f„ 337f„ 362, 364, 375, 381, 383, 385, 396, 414, 430, 438, 462, 465, 486 f., 504, 507 f., 522, 525, 532 f., 535, 541, 547 556, 560 ff., 571, 573, 579 f., 582, 590; - II 17, 46, 54 f., 60 f., 64 f., 67 72, 78 f., 91, 103, 105 f., 108, 111 f., 114, 116, 126, 132, 139, 149, 152, 154, 157 162, 165, 173, 175, 178f., 181 f., 186ff„ 193f., 207 217f., 222, 230f„ 235, 242 ff., 245 f., 254 f., 262, 265, 271, 273 f., 276, 280, 282, 285, 289 f., 293 f., 296, 298, 301, 304, 307 311, 314, 316, 321, 324, 326 f., 330, 335, 339, 342, 349, 351, 355 ff., 361 ff., 365, 369 f., 373 f., 376, 380, 384, 386 ff., 390, 392. Diels, Emma, geb. Rossel (1817-1885), Mutter von Hermann Diels. - I 63 ff., 72 f., 84, 324 ff. Diels, Gertrud, geb. Biesenthal (1886-1971), Tochter des Dr. med. Paul Biesenthal (1846-1899) und der Helene Augustin, 1907 Verlobte und 1908 Frau des Botanikers Ludwig D i e l s . - I I 390 ff. Diels, Hermann (1848-1922). I und II passim; - III 409 f. Diels, Ludwig (1820-1872), Vater von Hermann Diels, zunächst Lehrer, dann Stationsvorsteher in Biebrich, ab 1849 Bahnhofsverwalter in Wiesbaden. - I 36, 62, 324. Diels, Ludwig (1874-1945), Botaniker, Sohn von Hermann Diels; studierte in Berlin bei A. Engler, 1896 Promotion und 1900 Habilitation in Berlin, August 1900 bis 1902 Forschungsreise nach Australien, 1906 (zunächst vertretungsweise) ao. Prof. in Marburg, 1914 ao. Prof. in Berlin und 2. Direktor des Botanischen Gartens, 1921 o. Prof. und 1. Direktor des Botan. Gartens (Nachfolger Englers); OM 1931, Sekretär 21. 6. bis 30. 11. 1945. - I 105, 115, 125, 337 f., 354, 362, 449, 462, 473, 476 f., 479, 482 f., 485, 489 ff., 494 f., 497 514, 518, 522, 525, 528, 535, 556, 558, 561 f., 571, 573, 577f., 580, 582; - II 17, 59 ff., 67, 69, 72, 79, 84, 89, 92, 103, 105 f., l l l f . , 126, 129, 136, 140, 142 ff., 149, 152, 157 176, 179, 182, 194, 217 f., 222, 230, 232, 242, 254 ff., 262, 270 f., 273, 276 ff., 280, 282, 285 f., 289, 293 f., 298 f., 301, 304, 307 311, 313 ff., 321, 324, 327 330, 349, 351, 365, 382, 386, 388, 390, 392 ff. Diels, Otto (1876-1954), Chemiker, Sohn von Hermann Diels; 1899 Promotion in Berlin bei E. Fischer und dessen Assistent, 1904 Pd. und 1914 ao. Prof. für organische Chemie in Berlin, 1916 Berufung nach Kiel und Direktor des ehem. Instituts; Nobelpreis 1950. - I 111, 115, 125, 326, 337f„ 354, 362, 462, 495, 497 504, 508, 522, 526, 528, 535, 582 f.; - II 72, 89, 93, 103, 105 f., 111, 132, 152, 157 173, 176, 179, 182,
496
211, 212 222, 231, 242, 246, 254 f., 274, 282, 285, 289, 298, 301, 304, 308, 316, 321, 324, 327 349, 351,365,388. Diels, Paul (1882-1963), Slawist, Sohn von Hermann Diels; promovierte 1906 als Germanist und habilitierte sich 1909 für vergleichende Sprachwissenschaft und slaw. Philologie in Berlin, danach Professuren in Prag (1909), Breslau (1911) und München (1946). - I 279 f., 282, 337 354, 362, 372 ff., 381, 383, 387 393, 404 ff., 462, 525, 528, 535, 553, 582; - II 54 f., 62, 72, 89, 105 f., 112, 152, 182, 217 222, 231, 242, 245, 254 f., 265, 274, 282, 285 f., 289, 298, 301, 304, 308, 316, 321, 324, 327 349, 351, 361 f., 366, 370, 373, 386 ff., 390. Diels, Pauline (1850-1900), Schwester von Hermann Diels, heiratete 1879 (s. auch Meyer). - I 63, 72, 85, 97, 177; - II 17 Dieterich, Albrecht (1866-1908), klass. Philologe, Religionshistoriker; studierte in Leipzig und seit 1886 in Bonn (1888 Dr. phil.), 1889/90 Lehrer in Elberfeld, 1891 Pd. und 1895 ao. Prof. in Marburg, 1897 o. Prof. in Gießen, 1903 bis 1908 in Heidelberg; heiratete 1899 Marie Usener. - I 383, 408, 417 5 2 6 f „ 545, 547ff., 551, 557ff„ 564, 570, 575, 577 f., 587 - II 163, 228. Dieterich, Hermann Albrecht (geb. 1902), Sohn Albrecht Dieterichs und Hermann Useners Enkel. - I 577 Dillmann, August (1823-1894), Erneuerer der äthiopischen Sprachwissenschaft, 1869 o. Prof. für Altes Testament und orientalische Sprachen in Berlin; Rektor 1875/76, OM 1877 - I 438, 566; - II 75, 79, 88, 279. Dillmann, Mathilde, geb. Leo (gest. 1895), Frau August Dillmanns seit 1856. - II 85 f., 88.
deren Kinder (2 Söhne, 4 Töchter). - II 88. Dilthey, Carl (1839-1907), klass. Philologe und Archäologe, Schwager Hermann Useners; 1865 Promotion in Bonn, 1866 bis 1869 Stipendiat am Deutschen Archäologischen Institut Rom, 1869 Habilitation in Bonn, 1872 o. Prof. in Zürich, 1877 bis 1907 in Göttingen. - I 34, 41, 46, 55, 57 60 f., 70, 77 92, 140, 239, 297 325, 482, 496, 568, 5 7 1 ; - I I 387 Dilthey, Katharina, geb. Püttmann (1854-1932), Frau Wilhelm Diltheys seit 1874. 1373; - II 76,103,107 122,137 142,144,176f., 182, 244, 364; - III 402, 404 f. deren Sohn. - II 364. Dilthey, Maria Laura, geb. Heuschkel (1810-1887), Frau des Folgenden, Hermann Useners Schwiegermutter. - I 61. Dilthey, Maximilian (1804-1867), Pfarrer in Biebrich, Vater von Wilhelm, Carl und Lili (verh. Usener). - II 332. Dilthey, Wilhelm (1833-1911), Philosoph, Schwager Hermann Useners; 1867 o. Prof. in Basel, 1868 in Kiel, 1872 in Breslau, 1882 in Berlin, O M 1887 - I 259, 262 f., 265, 271, 288 f., 296 f., 303, 305, 325, 329, 336, 342 f., 346, 348 ff., 352, 373, 438, 456, 466, 496, 501, 505, 514, 517f., 579, 581; - II 57 59, 75 f., 79, 87 89, 100, 102 f., 107 110, 113 ff., 119, 122, 124 f., 128, 131 ff., 137 f., 140, 142, 144, 170, 172 f., 175 ff., 179, 182, 199, 201, 244, 256, 270, 319f., 327ff., 332ff., 339, 341, 352, 359f„ 364, 366, 372, 387; - I I I 402, 404 f., 408. Dindorf, Wilhelm (1802-1883), klass. Philologe in Leipzig, KM 1846. - I 42, 502, 512.
497
Dittenberger, Wilhelm (1840-1906), nach Promotion (1863) Gymnasiallehrer, 1874 bis 1906 0. Prof. für klass. Philologie in Halle/S., KM 1882. - I 325, 398. Döhner, Theodor (1817-1880), 1866 bis 1878 Gymnasialdirektor in Plauen; edierte Werke Plutarchs mit lateinischer Übersetzung (1841/55). - 1 169. Doering, August (1834-1912), Gymnasialdirektor a.D., 1885 Pd. für Philosophie in Berlin. II 104,108,168, 180 f., 187 Dörpfeld, Wilhelm (1853-1940), Architekt und Archäologe, EM 1939. - I 578; - II 153, 320, 331 f. Dositheos (1641-1707), Patriarch von Jerusalem (seit 1669). - 1 117 119. Dove, Alfred (1844-1916), Historiker und Essayist, 1897 bis 1905 (em.) o. Prof. in Freiburg 1.B.; Herausgeber des Briefwechsels Freytag-Treitschke. - II 299. Dressel, Albert (1808-1875), Privatgelehrter in Rom (Vater des Folgenden); edierte Kirchenväter, u.a. Clementis Romani quaeferuntur homiliae XX (1853). - I 498. Dressel, Heinrich (1845-1920), 1898 Direktor des Münzkabinetts in Berlin, OM 1902. - I I 307 Dreydorff, Freund der Familie Zeller. - II 70,107 219. Dreyfus, Alfred (1859-1935), franz. Generalstabsoffizier, wurde 1894 wegen angeblicher Spionage für Deutschland auf die Teufelsinsel verbannt. - II 227 Droysen, Hans (1851-1918), Historiker, Sohn des Folgenden; 1877 Pd. für klass. Philologie, später Gymnasialprof. in Berlin. - I 222, 227 Droysen, Johann Gustav (1808-1884), Historiker, 1859 o. Prof. in Berlin, OM 1867 - 1 2 7 1 , 305. Dryander, Ernst von (1843-1922), Oberhofprediger und Generalsuperintendent in Berlin. II 150, 323. Drygalski, Erich von (1865-1949), Geograph, leitete 1891 und 1893 Expeditionen nach Westgrönland und 1901 bis 1903 die Südpolarexpedition; 1887 Promotion und 1898 Habilitation in Berlin, 1899 ao. Prof. in Berlin, 1906 bis 1935 (em.) o. Prof. in München. - I I 2 3 0 , 241. Du Bois-Reymond, Emil (1818-1896), Physiologe; 1846 Pd., 1855 ao. Prof., 1858 o. Prof. und Direktor des Physiologischen Instituts in Berlin; OM 1851, Sekretär 1867 bis 1895, Rektor 1869/70 und 1882/83. - I 529; - II 101,110,115 f., 122,168, 201,214, 294, 306. Du Cange, Charles du Fresne (1610-1688), edierte das Glossarium ad scriptores mediae et infimae latinitatis (3 Bde., Frankfurt a.M. 1681) und ... graecitatis (2 Bde., Leiden 1688). -1124. Duchesne, Louis (1843-1922), Kirchenhistoriker in Paris, KM 1893. - III 409. Dübeil, Ludwig (1808-1888), Kreisgerichtsrat in Wiesbaden, Schwiegervater von Hermann Diels. - I 85, 89, 362, 374, 386. Dübell, Mathilde, geb. Gieße (1818 bis nach 1907), Schwiegermutter von Hermann Diels. - 1 3 8 6 , 390, 504, 520, 525, 590; - II 62, 111, 114, 132, 152, 176, 179, 193, 217 246, 273, 285, 355,357 386. deren unverheiratete Tochter (gest. 1895 in Wiesbaden). - 1 3 8 6 , 390,504,508, 520; - II 41,60, 103,104,114,116,119. Dübner, Friedrich (1802-1867), Herausgeber zahlreicher antiker Texte bei Didot. -1109, 112,215, 295.
498
Dühring, Eugen (1833-1921),
1863 bis 1877 (Lehrbefugnis entzogen) Pd. für Philo-
sophie in Berlin. - II 205. Dümmler, Emilie, geb. Gruber (1828-1896), Frau Ernst Dümmlers seit 1853. - II 165, 168. Dümmler, Ernst (1830-1902), 1858 ao. Prof. und 1866 o. Prof. für Geschichte in Halle, 1876 Mitglied (1888 Vorsitzender) der Zentraldirektion der Monumenta
Germaniae
histórica; K M 1882, O M 1888. - II 116,122 f., 125, 168, 186, 214. Dümmler,
Ferdinand
(1859-1896),
klass.
Philologe
und
Archäologe,
Sohn
Ernst
Dümmlers; 1878 bis 1881 Studium in Bonn, 1882 Promotion in Halle, 1887 Pd. in Gießen, 1890 o. Prof. in Basel. - I 299, 301, 3 0 7 f „ 310, 312, 529; - II 165, 168, 194, 235. Duening. - I 162. Duetschke, Hans (geb. 1848), um 1880 Oberlehrer an der Gelehrtenschule des Hamburger Johanneums, dann in Burg und am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin. -1151,154. Duhn, Friedrich Carl von (1851-1930), studierte 1870 bis 1874 in Bonn, dann Studienreisen nach Italien, Sizilien und Griechenland, 1879 Pd. in Göttingen, 1880 bis 1919 o. Prof. für klass. Archäologie in Heidelberg. - I 86, 99, 122, 254, 317 325 ff., 375. Duhn, Maria von, geb. von Boeckmann (gest. 1928), Frau des Vorigen seit 1882. - 1 3 7 5 . Dulac, klass. Philologe in Paris. - II 30. D u Rieu, Willem Nikolaas (1829-1896), 1881 Direktor der U B Leiden. - I 323. Ebbinghaus,
Hermann
(1850-1909),
Mitbegründer
der
experimentellen
Psychologie,
studierte in Bonn, Halle und Berlin Geschichte und Philologie, 1873 Promotion in Bonn, 1880 Habilitation in Berlin, 1886 ao. Prof. für Philosophie in Berlin, 1894 o. Prof. in Breslau, 1905 in Halle. - I 518; - II 113,115, 1 2 5 , 1 3 3 , 1 3 7 Eberhard, Bernhard (1795-1860), März 1848 bis Februar 1850 Leiter des kurhessischen Innenministeriums. - II 251, 394. Eberhardt, Α., Gymnasialdirektor in Elberfeld. - 1161, 213. Ebers, Georg Moritz (1837-1898), Schriftsteller und Archäologe, Hauptvertreter des sog. Professorenromans im 19. J h . ; 1868 ao. Prof. für Altertumskunde in Jena, 1875 bis 1889 o. Prof. für Ägyptologie in Leipzig. - I 470. Eck, Ernst Wilhelm Eduard (1838-1901), 1881 o. Prof. für römisches Recht in Berlin. -1172,74,76,179. Eckermann, Johann Peter (1792-1854), Sekretär Goethes. - II 97 Eckstein, Friedrich August (1810-1885), Philologe, 1863 bis 1881 Rektor der Thomasschule Leipzig. - II 79. Eitel Fritz (1883-1942), Sohn Wilhelms II. - II 332. Elisabeth (1837-1898), Kaiserin von Österreich. - II 331. Ellissen, Adolf (1815-1872), Bibliothekar in Göttingen. - 1124. Elser, Repetent am Tübinger kathol. Convict. - II 141. Elster, Ludwig (1856-1935), Anklagevertreter des preuß. Kultusministeriums im Fall Arons;
1897 bis 1915 Vortragender Rat für Universitätsangelegenheiten.
393.
499
-
II 253,
Elter, Anton (1858-1925), klass. Philologe; 1880 (14. 8.) Promotion in Bonn, 1880 Hauslehrer in Rom, 1885 Gymnasiallehrer in Bonn, 1887 ao. Prof. für Philosophie in Czernowitz, 1890 ao. Prof. für klass. Philologie und Eloquenz in Bonn, 1892 o. Prof. und Mitdirektor des Philologischen Seminars in Bonn. - I 210, 230, 232 f., 235, 23^ 323, 345 ff., 401, 403, 453, 531, 549 f., 578; - II 48, 281, 296, 298 f. Elter, Ludwig (gest. 1882), Lehrer in Rosbach, ab 1869 in Lohmar, Vater des Vorigen, des ältesten von 9 Geschwistern. - 1233. Engel, Walther (1847-1921), studierte 1869 in Bonn klass. Philologie, später Gymnasialprof. in Potsdam. - I 40. Engelmann, Wilhelm (1843-1909), 1897 o. Prof. für Physiologie und Institutsdirektor in Berlin, OM 1898. - II 201, 214. Engler, Adolf (1844-1930), Botaniker; 1889 bis 1921 (em.) o. Prof. in Berlin, OM 1890; Begründer und Direktor des Botanischen Gartens in Berlin-Dahlem, Herausgeber der Botanischen Jahrbücher und Leiter des Unternehmens Das Pflanzenreich. - I 514, 525; - II 89,106,129,140,142 f., 149,152, 157, 218, 231, 242. Erasmus von Rotterdam (1469-1536), Humanist. - II 266. Erdmann, Benno (1851-1921), Philosoph; 1873 Promotion und 1877 Habilitation in Berlin, 1878 ao. Prof. und 1879 o. Prof. in Kiel, 1884 in Breslau, 1890 in Halle, 1898 in Bonn, 1909 in Berlin; KM 1903, OM 1911. - I 537; - II 65, 67, 73, 75, 80, 100, 122, 200, 202, 301, 303, 341, 359, 362. Erdmannsdörffer, Bernhard (1833-1901), 1874 o. Prof. für neuere Geschichte in Heidelberg, KM 1897 - II 186. Erman, Adolf (1854-1937), 1884 Direktor des Ägyptischen Museums und 1892 o. Prof. für Ägyptologie in Berlin, OM 1895, Dekan 1904/05. - II 75, 86, 143, 148, 198, 230, 241,349. Erman, Wilhelm (1850-1932), 1889 Direktor der U B Berlin, 1901 Breslau, 1907 bis 1920 B o n n . - 1 5 7 2 f. Espinas, Alfred (1844-1922), Philosoph in Paris. - II 104, 108. Eucken, Irene, geb. Passow (1863-1941), Frau des Folgenden seit 1882. - II 341. Eucken, Rudolf (1846-1926), 1867 bis 1871 Gymnasiallehrer in Husum, Berlin und Frankfurt a. M., 1871 bis 1874 o. Prof. für Philosophie und Pädagogik in Basel, 1874 bis 1920 (em.) o. Prof. für Philosophie in Jena, Nobelpreis 1908. - II 341. Eulenburg, Friedrich Graf von (1815-1881), 1862 preuß. Innenminister. - II 96. Eyb, Frau von, geb. Siegle, Besitzerin der Villa Zellers in Stuttgart. - II 209. Eyssenhardt, Franz (1838-1901), Latinist; 1876 Professor am Hamburger Johanneum, 1882 bis 1901 Direktor der Stadtbibliothek Hamburg. - I 109, 113 f., 125, 216, 230, 573 f. Faber, Frl. von, Hofdame der Kaiserin Friedrich. - II 65, 67, 291. Fabricius, Ernst (1857-1942), studierte in Bonn und Straßburg klass. Philologie und Archäologie, 1886 Pd. in Berlin, 1888 ao. Prof. und 1894 o. Prof. für alte Geschichte in Freiburg i.B., KM 1926. - I 415. Fabricius, Johann Albert (1668-1736), Philologe und Historiker der klass. Literatur in Hamburg. - I 79, 131 f., 229, 462.
500
Fairbanks, Arthur, 1891 Dr. phil. Freiburg i.B., um 1900 assistant prof, in Ithaca. -11212,214. Falk, Adalbert (1827-1900), Jurist und preuß. Staatsmann, 1872 bis 1879 Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten; EM 1900. - II 219, 273. Feller, W - I 382. Ferrucci, Aloisio Crisostomo (1796-1877), Bibliothekar der Laurentiana in Florenz. -152. Fichte, Johann Gottlieb (1762-1814), Philosoph; erster gewählter Rektor (1811/12) der Berliner Universität. - II 371 f., 374, 385 f. Fick, August (1833-1916), Indogermanist, 1875 ao. Prof. in Göttingen, 1888 bis 1891 (em.) o. Prof. in Breslau. I 353, 511. Fickert, Karl Rudolf (1807-1880), 1845 bis 1880 Gymnasialdirektor in Breslau. - I 230. Firnhaber, Karl Georg (geb. 1812), Regierungsrat, Gymnasialprof. in Wiesbaden. - 1 6 8 f., 494. Fischer, Emil (1852-1919), 1892 o. Prof. für Chemie in Berlin, OM 1893, Nobelpreis 1902. - I 582; - II 152,157 165, 242, 282, 289, 350. Fischer, Ernst Wilhelm (1813-1883), Hrsg. der griech. u. röm. Zeittafeln (1840/46), 1845 bis Ostern 1874 Lehrer (1865 Prof.) an der Gelehrtenschule des Hamburger Johanneums. - 1 84. Fischer, Hermann (1851-1920), Germanist; 1888 o. Prof. in Tübingen, Leiter des Stuttgarter Literarischen Vereins. - II 170. Fischer, Kuno (1824-1907), 1872 bis 1906 o. Prof. für Philosophie in Heidelberg, KM 1885. - II 94,122,175, 263, 265 f., 362 f. Flasch, Adam (1844-1902), 1869 Dr. phil. München, um 1872 am Deutschen Archäologischen Institut in Rom, 1882 ao. Prof. für Archäologie in Erlangen. - I 55. Fleckeisen, Alfred (1820-1899), Herausgeber der nach ihm benannten Jahrbücher für Philologie, 1846 Gymnasiallehrer in Weilburg, 1851 in Dresden, 1854 Professor am Gymnasium in Frankfurt a.M., 1861 bis 1889 Konrektor in Dresden. - I 55, 61, 66, 77, 94, 97,104,110,153,195, 205, 220, 389, 391, 484 f. Fleischer, Oskar (1856-1933), 1892 Pd. und 1895 ao. Prof. für Musikwissenschaft in B e r l i n . - I I 145. Flum, Photograph in Weilburg. - I 476. Förster, Max (1869-1954), Anglist; habilitierte sich nach vielseitigem Sprachstudium 1896 in Bonn für engl. Philologie (Lektor in Bonn seit 1894), 1898 ao. Prof. und 1902 o. Prof. in Würzburg, 1909 in Halle, 1910 in Leipzig, 1925 bis 1934 (em.) in München. - I 503 f. Foerster, Richard (1843-1922), klass. Philologe und Archäologe; 1875 o. Prof. in Rostock (1880 Studienreise nach Spanien, Frankreich und England), 1881 in Kiel, 1890 bis 1920 (em.) in Breslau. - 1229, 396. Foerster, Wilhelm (1832-1921), Astronom; 1858 Pd., 1863 ao. Prof. und 1875 o. Prof. in Berlin; Direktor der Berliner Sternwarte 1865 bis 1904, Rektor 1891/92. - I 462; - I I 173f., 319. Förster-Nietzsche, Elisabeth (1846-1935), Schwester Friedrich Nietzsches. - II 184 f. Forchhammer, Peter Wilhelm (1801-1894), klass. Philologe in Kiel, schrieb über griech.
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Mythologie, zuletzt Homer, seine Sprache und die Kampfplätze seiner Götter und Heroen. Ein letztes Wort zur Erklärung der llias (1893); vertrat seit 1876 die Universität Kiel im Herrenhaus. - I 512. Foss, Heinrich Eduard (1805-1875), klass. Philologe, 1835 Gymnasialdirektor in Altenburg. - II 38. Foster, Sir, Statthalter von Westaustralien um 1900. - II 280. Fränckel, Jonas (1773-1846), Kommerzienrat, Stifter des 1854 gegründeten jüdischtheologischen Seminars in Breslau. - I 130. Fränkel, Max, Epigraphiker in Berlin. - 1414 ff., 422, 516, 542 f., 549. Fräntzel, Oscar (1838-1894), 1875 ao. Prof. für physikalische Untersuchungsmethoden in Berlin, Abteilungsleiter an der Charité; Zellers Hausarzt. - II 70 f. Franke, Clara (gest. 1901), Schwägerin A. Kirchhoffs. - I 571 ; - II 145. Frankel, Zacharias (1801-1875), 1836 sächsischer Oberrabbiner in Dresden, 1854 bis 1875 Direktor des jüdisch-theologischen Seminars (Fränckel-Stiftung) in Breslau. -1124,128,130,132. Fredrich, Carl (1871-1930), klass. Philologe, 1894 Dr. phil. Göttingen; Gymnasiallehrer in Posen, später Direktor des Marienstiftsgymnasiums in Stettin. - II 232. Fresenius, August (1850-1924), Germanist, Privatgelehrter, Sohn des Wiesbadener Chemikers K. R. Fresenius (1818-1892 KM 1888); studierte 1869 bis 1876 in Bonn (Mitglied des Philologischen Vereins), 1886 bis 1891 Herausgeber der Deutschen Literaturzeitung. - I 34, 36, 38, 70, 81,113, 121, 140,142, 152, 339 ff., 372, 419, 494 f. Freudenthal, Jacob (1839-1907), Philosoph; 1864 Lehrer am jüdisch-theologischen Seminar in Breslau (1865 Nachfolger von Jacob Bernays), 1875 Pd., 1879 ao. Prof. und 1888 o. Prof. an der Universität Breslau. - I 146, 151, 154, 163, 169, 171, 191, 207, 231, 323; - II 20, 25 ff., 29, 31 ff., 35 f., 52, 182, 186, 192, 310. Frey, Adolf (1855-1920), 1898 o. Prof. für deutsche Literaturgeschichte in Zürich, schrieb eine Artikelserie über C. F. Meyer für die Deutsche Rundschau (1899/1900). - II 266. Frey, Karl (1857-1917), 1883 Pd. für Kunstgeschichte in Berlin. - II 281 f. Freytag, Gustav (1816-1895), Schriftsteller und liberaler Publizist. - II 96 f., 299. Friedberg, Amalie von, geb. Dann (1819-1901), Frau Heinrich von Friedbergs seit 1842. - II 295. Friedberg, Heinrich von (1813-1895), Staatssekretär des Reichsjustizamtes 1877 bis 1879. - I 349; - II 64,103,130. Friedberg, Robert (1851-1920), Nationalökonom; MdR 1893 bis 1898 und Mitglied des Abgeordnetenhauses 1886 bis 1918, galt als Berufsparlamentarier. - II 356. Friedländer, Ludwig (1824-1909), klass. Philologe, 1858 bis 1892 (em.) o. Prof. in Königsberg; KM 1900. - I 80. Friedrich II. (1712-1786), König von Preußen seit 1740; bemühte sich um die Wiederbelebung der Berliner Akademie und gewann bedeutende Gelehrte wie Leonhard Euler (1707-1783) und Maupertuis zur Mitarbeit. - I 276, 529, 538; - II 120, 199, 255, 274, 332. Friedrich III. (1831-1888), 9. 3. bis 15. 6. 1888 deutscher Kaiser und König von Preußen (als Kronprinz: Friedrich Wilhelm), Sohn Wilhelms I.; studierte nach Erziehung
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durch Ernst Curtius in Bonn, heiratete 1858 Prinzessin Viktoria von Großbritannien. - II 53, 303, 325. Friedrich Barbarossa (um 1125-1190), deutscher König seit 1152, Kaiser seit 1155. -1329. Friedrich Karl (1828-1885), Prinz von Preußen (Sohn des Prinzen Carl), Generalfeldmarschall seit 1870; studierte 1846 bis 1848 in Bonn und wurde auf seiner Orientreise von Otto Lüders begleitet. - I 52. Friedrich Wilhelm, Kronprinz von Preußen (siehe Friedrich III.). Friedrich Wilhelm (1802-1875), letzter Kurfürst von Hessen-Kassel 1847 bis 1866. - I I 2 5 1 f., 257 394. Friedrich Wilhelm III. (1770-1840), König von Preußen 1797 bis 1840; Stifter der 1810 eröffneten Berliner Universität. - II 241. Friedrich Wilhelm IV (1795-1861), König von Preußen 1840 bis 1861; Sohn des Vorigen und Bruder Wilhelms I., der 1858 die Regentschaft für den psychisch erkrankten „Romantiker auf dem Thron" (D. F. Strauß) übernahm. - II 73 f., 81, 126, 136, 309, 344. Frisch, Albert (1840-1918), gründete 1875 in Berlin einen Kunstverlag mit Licht- und Steindruckerei; entwickelte den Dreifarbenlichtdruck. - I 334. Fritze, August (1848-1902), studierte 1868 bis 1870 in Bonn klass. Philologie; später Gymnasiallehrer in Wiesbaden. - I 33 ff., 38, 40 f., 45. dessen Mutter. - I 38. Frobenius, Georg (1849-1917), 1892 o. Prof. für Mathematik in Berlin, O M 1893; hielt in der Akademie eine Gedächtnisrede auf Leopold Kronecker. - II 125. Frochner. - 1 229. Froede, Oskar (1868-1916), 1893 bis 1901 Pd. für klass. Philologie in Berlin. - I 468. Frohberger, Hermann (1836-1874), Herausgeber der Reden des Lysias; 1861 Oberlehrer in Grimma, 1872 Konrektor am Chemnitzer Gymnasium. - I 94. Frommel, Emil (1828-1896), Hofprediger, 1870 bis 1895 Garnisonspfarrer von Berlin. - I I 66. Fuchs, Lazarus (1833-1902), Mathematiker; 1865 Pd. und 1866 ao. Prof. in Berlin, 1869 o. Prof. in Greifswald, 1874 in Göttingen, 1875 in Heidelberg, 1884 in Berlin; K M 1881, O M 1884, Rektor 1899/1900. - II 264 ff. Fuchs, Friedrich (1840-1911), Neurologe; 1883 ao. Prof. in Bonn, 1891 Leiter der Nervenabteilung im Krankenhaus Barmherzige Brüder. - I 579. Fuchs, Robert, 1892 Dr. phil. Berlin (Vahlen-Schüler). - I 447 Fues: Verlag in Leipzig. - I 340; - II 71. Fuhr, Karl (geb. 1853), klass. Philogoe; 1877 Dr. phil. Bonn, Lehrer in Elberfeld, später Gymnasialprof. in Berlin. - 1 1 4 7 152, 158 ff., 169, 176, 178 f., 181, 183 f., 205, 213, 270, 278 f f . ; - I I 22, 31 ff., 46. Furtwängler, Adolf (1853-1907), Archäologe; 1874 Promotion in München, 1879 Habilitation in Bonn, 1880 Tätigkeit an den Berliner Museen, 1884 ao. Prof. in Berlin, 1894 o. Prof. in München (Nachfolger Brunns). - I 396 f., 516. Furtwängler, Wilhelm (1809-1875), Theologe und Archäologe, Vater des Vorigen; Gymnasialdirektor in Freiburg i.B. - I 511.
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Gaisford, Thomas (1779-1855), Dechant und Kurator der Bodleiana in Oxford; Herausgeber des Etymologicon magnum seu verius lexicon (Oxford 1848) und zahlreicher antiker Texte. - I 70, 87 91, 167 Gandtner, Otto (1822-1895), 1871 bis 1876 Provinzialschulrat am Provinzialschulkollegium in Berlin, 1876 Vortragender Rat im preuß. Kultusministerium, 1885-1895 Kurator der Universität Bonn. - I 66. Gardthausen, Victor (1843-1925), studierte 1865 bis 1868 in Kiel und Bonn, 1869 Promotion in Kiel, danach Studien in Italien und Griechenland, 1873 Habilitation in Leipzig; 1875 Kustos, 1887 Bibliothekar und 1901 bis 1907 Oberbibliothekar UB Leipzig, zugleich ao. Prof. für alte Geschichte seit 1877 - I 54. Gaß, Wilhelm (1813-1889), 1862 o. Prof. für systematische Theologie in Gießen. -1117 f. Gassendi, Pierre (1592-1655), Philosoph, Astronom und Physiker; erneuerte die Atomlehre Epikurs. - 1281, 357 Gaupp, Gymnasialprofessor, starb 1902 in Cannstatt. - II 309. dessen Witwe, Nichte Emilie Zellers. - II 309. Gauß, Carl Friedrich (1777-1855), Mathematiker, 1807 bis 1855 o. Prof. in Göttingen und Direktor der Sternwarte; AM 1810. - II 224. Gautsch von Frankenthurn, Paul Freiherr (1851-1918), 1879 bis 1893 und 1895 bis 1896 Unterrichtsminister in Wien, später Ministerpräsident. - II 166. Gazes, Theodoras (um 1400-1476), byz. Gelehrter; lehrte griechische Sprache und Literatur in Ferrara und Philosophie in Rom; über ihn schrieb Ludwig Stein (1889), später Alfred Gercke (Greifswald 1903). - I 400. Gebhardt, Bruno (1858-1905), Historiker, Oberlehrer an der Städtischen Realschule zu Berlin; schrieb Wilhelm von Humboldt als Staatsmann (1896/99) und gab dessen politische Schriften im Auftrag der Berliner Akademie heraus. - II 133. Gebhardt, Oscar von (1844-1906), klass. Philologe; 1880 bis 1884 Bibliothekar UB Göttingen, 1891 Direktor der Druckschriftenabteilung der Kgl. Bibliothek Berlin, 1893 o. Honorarprof. und Direktor der UB Leipzig; KM 1903. - I 240. Geel, Jacobus (1789-1862), Prof. für klass. Philologie und Direktor der UB Leiden, KM 1836. - I 370. Geiger, Ludwig (1848-1919), 1873 Pd. und 1880 ao. Prof. für Literatur- und Kunstgeschichte in Berlin. - II 214. Geldner, Karl Friedrich (1852-1929), 1890 bis 1907 ao. Prof. für Sanskrit in Berlin. - I I 289. Geliert, Christian Fürchtegott (1715-1769). - I 140, 152. Geizer, Heinrich (1847-1906), Byzantinist; 1878 bis 1906 o. Prof. für klass. Philologie und alte Geschichte in Jena. - I 228. Genthe, W, Gymnasiallehrer in Frankfurt a.M. - I 109, 230. Georgi, Carl: Universitäts-Buchdruckerei und Verlag in Bonn. - I 36 f., 315, 561. Gerard von Cremona (1114-1187), Aristoteles-Übersetzer. - I 310. Gercke, Alfred (1860-1922), klass. Philologe, Neffe des Bibliothekars August Wilmanns; studierte 1880 bis 1883 in Bonn, 1883/84 in Berlin, 1885 Promotion in Bonn, 1886 bis 1888 Gymnasiallehrer in Berlin, 1890 Habilitation in Göttingen, 1893 bis
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1895 Lehrtätigkeit in Königsberg, 1895 ao. Prof. und 1896 o. Prof. in Greifswald, 1909 in Breslau. - I 292, 298, 300 ff., 306, 308, 313, 319, 331, 365 ff., 371, 395, 397f., 400, 468 f., 492, 5 7 7 ; - I I 379. Gerhard, Eduard (1795-1867), Archäologe, Initiator des 1829 gegr. Deutschen Archäologischen Instituts in Rom; KM 1832, OM 1835. - II 118. Gerhard, Karl (1847-1921), 1876 Kustos UB Bonn, 1888 Bibliothekar Kgl. Bibliothek Münster, 1891 Oberbibliothekar UB Königsberg, 1893 Abteilungsdirektor Kgl. Bibliothek Berlin, 1899 bis 1920 Direktor der UB Halle. - I 558. Gerhardt, Karl Adolf Christian Jakob (1833-1902), 1885 o. Prof. für innere Medizin in Berlin. - II 132. Gersal (siehe Legras). Gessner. - 1 2 2 5 . Gibbon, Edward (1737-1794), Historiker; schrieb The history of the decline and fall of the Roman empire (London 1776/88), dazu J. Bernays (Ges. Abh. 2, 206 ff.). - I 373. Gierke, Otto von (1841-1921), 1887 o. Prof. für Rechtsgeschichte, Handelsrecht, bürgerliches und Staatsrecht in Berlin; Rektor 1902/03. - I 438. Gigas (siehe Alexander Riese). Gildemeister, Johannes Gustav (1812-1890), Orientalist; 1844 ao. Prof. in Bonn, 1845 o. Prof. in Marburg, 1859 wieder in Bonn. - I 79, 109, 124, 128 f., 133, 189, 249, 3 3 2 ; - I I 251,394. Gildersleeve, Basil Lanneau (1831-1924), klass. Philologe, „Vater der Philologie" in den USA; Studium seit 1850 in Berlin und Bonn, Promotion 1853 in Göttingen de Porphyrii studiis Hornerías, 1854 Rückkehr nach Amerika an die Universität von Virginia, 1876 Berufung nach Baltimore; gründete 1880 das American Journal of Philology. - I 118. Gizycki, Georg von (1851-1895), 1878 Pd. und 1883 ao. Prof. für Philosophie in Berlin. - II 103,129. Gizycki, Lili von, geb. von Kretzman (1865-1916), Schriftstellerin, Witwe des Vorigen; heiratete 1896 den Sozialpolitiker Heinrich Braun (1854-1927); trat 1895 der SPD bei und publizierte über die wirtschaftliche, soziale und geistige Stellung der Frau. - I I 168. Glogau, Gustav (1844-1894), 1884 o. Prof. für Philosophie in Kiel. - II 85. Gneist, Rudolf von (1816-1895), 1845 ao. Prof. und 1858 o. Prof. für Zivilrecht und Pandekten in Berlin, Rektor 1872/73; Mitgl. des Abgeordnetenhauses 1858 bis 1893 und des Reichstages 1858 bis 1884; Mitbegründer und erster Präsident des Vereins für Sozialpolitik. - II 103. Goeben, August von (1816-1880), preuß. General der Infanterie; seine Biographie schrieb G. Zernin. - II 368. Goedeckemeyer, Albert (1873 bis nach 1941), promovierte 1897 in Straßburg über Epikurs Verhältnis zu Demokrit, 1900 Pd. für Philosophie in Göttingen, 1908 o. Prof. in Königsberg. - II 196. Goeppert, Heinrich (1838-1882), Jurist; 1865 ao. Prof. und 1868 o. Prof. in Breslau, seit 1873 in der Universitätsabteilung des preuß. Kultusministeriums tätig, 1874 Vortragender Rat. - I 203; - II 29, 32.
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Göppert, Frau, geb. Hirschfeld. - II 356. Görres, Johann Josef von (1776-1848), Publizist; 1827 Prof. für Geschichte in Münc h e n . - I I 245. Goethe, Johann Wolfgang von (1749-1832), als Philologe und Naturwissenschaftler AM 1806. - 1270, 340 f., 494; - II 214 f., 380. Goettling, Karl Wilhelm (1793-1869), Philosoph und klass. Philologe in Jena, KM 1844. -1151. Goetz, Georg (1849-1932), 1873 Promotion und 1877 Habilitation in Leipzig, 1879 ao. Prof. und 1880 bis 1923 (em.) o. Prof. für klass. Philologie in Jena. - II 218. Goldschmidt, Adele, geb. Herrmann, Frau Levin Goldschmidts seit 1856. - II 218, 227 326 ff.,330. Goldschmidt, Bankier in Bonn. - I 291. Goldschmidt, Levin (1829-1897), Handelsrechtler; 1851 Promotion in Halle, 1855 Habilitation in Heidelberg, 1860 ao. Prof. und 1866 o. Prof. in Heidelberg, 1875 in Berlin; MdR (Nationalliberale Partei) 1875 bis 1877 - II 227 Gomperz, Elise, geb. von Sichrovsky, Theodor Gomperz' Frau seit 1869. - I 48. Gomperz, Heinrich (1873-1942), Philosoph, Sohn des Folgenden; studierte Rechtswissenschaft, Kirchengeschichte (Harnack), klass. Philologie (Diels) und Philosophie, 1896 Promotion in Wien, 1900 Habilitation in Bern, 1905 Pd. in Wien, 1920 ao. Prof. und 1924 bis 1934 (amtsenthoben) o. Prof. für Philosophie in Wien, 1936 Gastprofessor in Los Angeles. - I 478; - II 385 f. Gomperz, Theodor (1832-1912), Philosophiehistoriker; 1850 bis 1853 Studium bei H. Bonitz in Wien, 1854/55 Redakteur des „Grenzboten" in Leipzig, danach Privatgelehrter in Wien; 1867 Pd., 1869 ao. Prof. und 1873 bis 1900 o. Prof. für klass. Philologie in Wien; KM 1893. - I 37 48, 87 91, 113, 161 f., 175, 190, 221 f., 243, 246, 299, 301, 350, 368, 372, 418, 433 f., 436, 570; - II 69 ff., 96, 113, 144, 147 166, 168, 182, 191 f., 194, 204, 210ff„ 214, 216, 226f., 238, 240, 243, 274, 286, 300, 302, 308, 310, 312, 317 ff., 371. Gondatti. - 1 534. Gossler, Gustav von (1838-1902), 1881 bis 1891 Minister der geistlichen, Unterrichtsund Medizinalangelegenheiten, EM 1900. - I 262, 305, 329, 348; - II 53. Grässe, Johann Georg Theodor (1814-1885), 1843 Privatbibliothekar des Königs von Sachsen in Dresden. - 1124. Gräfe, Eduard (1855-1922), 1884 Pd. in Berlin, 1886 ao. Prof. in Halle, 1888 o. Prof. für Neues Testament in Kiel, 1890 bis 1913 (em.) in Bonn; Rektor 1906/07 - I 480 f. Graffin, René, Theologe in Paris. - I 583. Graux, Charles (1852-1882), klass. Philologe in Paris. - I 92,174, 209, 229; - II 30. Greiff, Julius (1818-1894), Ministerialdirektor, leitete 1882 bis 1889 die 1. Unterrichtsabteilung (Universitäten, höhere Schulen, Wissenschaft und Kunst) im preuß. Kultusministerium. - 1 348. Greiner, „der alte"; gemeint ist vermutlich der schwäbische Wiedertäufer aus dem 16. Jh., Blasius Greiner. - II 340. Grenfell, Bernard Ρ (1869-1926), Papyrologe in Oxford; gab mit A. S. Hunt die ersten Bände der Oxyrhynchus-Papyri heraus. - I 559 f., 562; - II 254.
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Grimm, Hermann (1828-1901), 1870 Pd. und 1873 o. Prof. für Kunstgeschichte in Berlin. - II 75, 80 f., 123, 132, 137 f., 140, 144, 146, 166, 173, 199, 201 f., 214, 266 f., 281, 289, 291, 295 f., 316. Gröbner, Vermieter (?) in Gossensass. - II 60. Gruner, Justus von (1807-1885), preuß. Diplomat; 1858 bis 1862 Unterstaatssekretär im Außenministerium, 1862 Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit; gehörte zum Freundeskreis der Kaiserin Augusta und war entschiedener Gegner der Kulturkampfgesetzgebung. - II 219, 266. Gruppe, Otto (1851-1921), klass. Philologe, Mythenforscher; Gymnasiallehrer in Berlin. - 1 123,126,156. de Gruyter, Albert (1829-1901), Kohlengroßkaufmann in Duisburg, Vater des Verlegers. - II 166. de Gruyter, Walter (1862-1923), Verleger; promovierte 1887 als Germanist, danach in der Firma des Vaters tätig, 1894 Volontär im Verlag Georg Reimer, ab 1897 Besitzer der Verlagsbuchhandlung. - I 529; - II 166, 221. Gsellius: Berliner Antiquariat. - II 71. Gundermann, Gotthold (1856-1921), klass. Philologe; 1891 ao. Prof. in Jena, 1893 o. Prof. in Gießen, 1902 in Tübingen. - I 468. Gunkel, Hermann (1862-1932), 1894 ao. Prof. für alttestamentliche Exegese in Berlin, 1907 o. Prof. in Gießen, später in Halle. - II 75. Gutschmid, Alfred Freiherr von (1831-1887), 1863 ao. Prof. und 1866 o. Prof. für Geschichte in Kiel, 1873 in Königsberg, 1876 (klass. Philol.) in Jena, 1877 in Tübingen. - I 335. Habel: Weingroßhandlung in Berlin. - I 383. Hachette: 1826 von Louis Hachette (1800-1864) gegr. Verlagsbuchhandlung in Paris. - I I 93. Haeckel, Ernst (1834-1919), 1865 bis 1909 (em.) o. Prof. für Zoologie in Jena. - II 225. Härtel, Photograph in Weilburg. - 1476. Hagen, Hermann (1844-1878), 1873 ao. Prof. und 1878 o. Prof. für klass. Philologie in Bern.-1323. Halm, Carl Felix von (1809-1882), 1856 o. Prof. für klass. Philologie und Direktor der Hof- und Staatsbibliothek in München, KM 1870. - I 48. Halma, Nicolas (1755-1828), Abbé, Mathematiker und Bibliothekar in Paris; Herausgeber der Syntaxis des Ptolemaios (Paris 1813/16), KM 1821. - 1127 251. Hamann, Johann Georg (1730-1788), Schriftsteller; schrieb Sokratische Denkwürdigkeiten (1759). - 1 313. Hanning, K. - I 236. Hanow, Friedrich Rudolf (geb. 1836), Gymnasialdirektor. - I 65 ff., 487 Harden (eigentl. Witkowski), Maximilian (1861-1927), polit.-satir. Schriftsteller, Gründer und Leiter der Wochenschrift „Die Zukunft" (1892-1922). - II 228. Harms, Hermann (1870-1942), Botaniker, Sohn der Folgenden; Assistent Englers und wissenschaftl. Beamter in der Kommission für das Pflanzenreich. - II 85 f., 88. Harms, Marie Clara, geb. Liebner (1833-1895), Frau des Philosophen Friedrich Harms (1816-1880, O M 1872) seit 1851. - II 85 f.
507
Harnack, Adolf von (1851-1930), Kirchen- und Dogmenhistoriker; 1874 Pd. und 1876 ao. Prof, in Leipzig, 1879 o. Prof. in Gießen, 1886 in Marburg, 1888 bis 1921 in Berlin, 1905 bis 1921 im Nebenamt Generaldirektor der Staatsbibliothek; OM 1890 (Leiter der Kirchenväter-Kommission), Rektor 1900/01, Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft 1911. - I 378, 405 f., 438, 440 ff., 456, 500, 554, 566, 569; - II 66, 79, 81, 83, 100, 102ff„ 111, 115, 131, 133, 142, 144, 163, 174ff„ 237 270, 315, 319, 336, 338, 343, 363, 386 f. Harnack, Adolph. - II 175. Hart. - 1 72. Härtel, Wilhelm von (1839-1907), 1866 Pd., 1869 ao. Prof. und 1872 o. Prof. für klass. Philologie in Wien, 1891 bis 1896 zugleich Direktor der Hofbibliothek, 1896 bis 1900 Sektions-Chef im Ministerium für Kultus und Unterricht Wien, 1900 bis 1905 Minister für Kultus und Unterricht, 1899 bis 1907 Vizepräsident der Wiener AdW; KM 1893. - I 48, 91, 333, 355, 521, 581; - II 143,166, 211, 244, 255, 297 318, 384 f. Hartmann, Eduard von (1842-1906), Philosoph. - II 315. Hase, Benedikt (1780—1864), Prof. für vergi. Grammatik und Handschriftenkonservator in Paris; KM 1812, A M 1850. - 1 153. Hassenpflug, Hans Daniel Ludwig Friedrich (1794-1862), kurhessischer Staatsmann („der Hessen Haß und Fluch"); untersagte Zeller die Ausdehnung seiner Marburger Vorlesungen auf theologisches Gebiet. - II 252. Hatch, Edwin (1835-1889), Kirchenhistoriker in Oxford. - I 502. Hatzidakis, Georgios Nikolaou (1848-1941), 1885 Prof. für vergi. Sprachwissenschaft in Athen, KM 1900. - I 427 432. Hauck, Albert (1845-1918), 1889 o. Prof. für Kirchengeschichte in Leipzig, KM 1900. - I I 310. Hauler, Edmund (1859-1941), klass. Philologe; 1882 Promotion in Wien, 1885 Studium in Bonn, 1890 Gymnasiallehrer und 1893 zugleich Pd. in Wien, 1896 ao. Prof. und 1899 bis 1931 (em.) o. Prof. in Wien. - I 499 f. Haupt, Moriz (1808-1874), klass. Philologe und Germanist; 1843 bis 1851 (amtsenthoben) o. Prof. für deutsche Sprache und Literatur in Leipzig, 1853 als Nachfolger K. Lachmanns o. Prof. für germanische Philologie in Berlin; KM 1846, O M 1853, Sekretär 1861 bis 1874. - I 88, 90, 154,161, 431, 448. Hausrath, August (1865-1946), klass. Philologe; studierte 1885 bis 1888 in Bonn, später Gymnasialdirektor in Wertheim und Freiburg i.B. - I 401. Hauthal, Ferdinand (1803-1870), klass. Philologe; Lehrer in Erfurt, Dresden und Frankenhausen. - 1 1 8 8 . Hayduck, Michael (gest. 1909), klass. Philologe; Gymnasiallehrer in Marienburg, dann Direktor in Thorn. - I 191, 205, 255, 529f., 563; - II 35, 42, 4 5 f „ 71, 79, 89, 221, 292. H a y m , Rudolf (1821-1901), Schriftsteller und Publizist; 1848 Mitgl. des Frankfurter Parlaments, 1868 o. Prof. für neuere Literaturgeschichte in Halle; A M 1900. - II 122, 295. Head, Barcley (1844-1914), Numismatiker; 1893 Abteilungsdirektor am Britischen Museum in London, KM 1908. - I 502 f.
508
Heckscher, Siegfried (1870-1929), Dr. jur., Rechtsanwalt und Bühnenschriftsteller, verheiratet mit Hulda Foerster (Tocher des Astronomen Wilhelm F.); leitete mit C. Mönckeberg die Hamburgische Wochenschrift für deutsche Kultur, Der Lotse (1900 bis 1902).-II 319. Heeren, Arnold (1760-1842), Historiker in Göttingen, KM 1812, AM 1831. - I 55. Hefner-Alteneck, Friedrich von (1845-1904), Elektrotechniker, OM 1901. - II 280. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770-1831). - 1 197; - II 76, 78, 245. Hegert, Vorsteher des Idsteiner Archivs. - I 47 Heiberg, Johan Ludvig (1854-1928), 1884 bis 1896 Gymnasialdirektor und 1896 bis 1925 Prof. für klass. Philologie in Kopenhagen; KM 1896. - I 427 437 462, 520 f., 5 2 5 ; - I I 75, 289, 293, 382 ff. Heimreich, Christian (1839-1888), klass. Philologe, 1861 Dr. phil. Bonn, Lehrer in Flensburg, zuletzt Gymnasialdirektor in Plön. - I 75, 77, 80, 82. Heimsoeth, Friedrich (1814-1877), 1835 Promotion und 1837 Habilitation in Bonn, 1838 Konzertdirigent und Leiter des Städtischen Singvereins in Bonn, 1848 ao. Prof. und 1866 o. Prof. für klassische Philologie in Bonn, Rektor 1869/70; seit 1870 neben Usener und Bücheler Seminardirektor. - I 42, 327 Heine, Heinrich (1797-1856). - II 201. Heine, Otto (1832-1906), klass. Philologe, 1870 bis 1883 Gymnasialdirektor in Breslau; publizierte über Cicero. - 1175. Heinrich (1862-1929), Prinz von Preußen, Bruder Wilhelms II. - II 366. Heinze, Max (1835-1909), Philosophiehistoriker, Kant-Forscher; 1875 bis 1909 o. Prof. in Leipzig, KM 1900. - II 253, 368. Heinze, Richard (1867-1929), klass. Philologe, Sohn Max Heinzes; 1889 Promotion in Bonn, 1893 Habilitation in Straßburg, 1900 ao. Prof. in Berlin, 1903 o. Prof. in Königsberg, 1906 in Leipzig. - II 253 f., 317 Heibig, Wolfgang (1839-1915), studierte 1858 bis 1860 in Bonn, 1865 bis 1885 zweiter Sekretär des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom. - I 58. Heller, Hermann (1840-1891), 1874 Oberlehrer, 1881 Professor am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin; publizierte über Piaton. - 1 171, 173, 381. Helm, Rudolf (1872-1966), klass. Philologe; 1899 Pd. und 1907 ao. Prof. in Berlin, 1909 in Rostock, 1920 bis 1933 (vorzeitig em.) o. Prof. in Rostock, 1947 bis 1953 Prof. m. Lehrstuhl in Rostock. - II 281, 284. Helmert, Robert (1843-1917), 1887 o. Prof. für Geodäsie in Berlin und seit 1886 Direktor des Geodätischen Instituts in Potsdam, OM 1900. - II 284. Helmholtz, Anna von, geb. von Mohl (1834-1899), Tochter Robert von Mohls und Cousine Emilie Zellers, Frau des Physikers seit 1861. - II 81, 83, 91, 94, 103, 107 256. deren Schwester (siehe Schmidt-Zabiérow). Helmholtz, Hermann von (1821-1894), Physiker; 1855 o. Prof. für Anatomie und Physiologie in Bonn, 1858 für Physiologie in Heidelberg, 1871 für Physik in Berlin, 1887 Präsident der neugegründeten Physikalisch-Technischen Reichsanstalt; KM 1857 AM 1870, OM 1871, Rektor 1877/78, erblicher Adel 1882. - II 60 ff., 65 f., 68 f., 78, 81, 103,130, 221, 224, 252, 296, 303, 350.
509
dessen Tochter (siehe Siemens). Hendrickson, George Lincoln (1865-1963), klass. Philologe, studierte in Berlin und 1888/89 in Bonn, später Prof. in New Haven, USA. - I 525, 527 Hense, Otto (1845-1931), 1868 Dr. phil. Halle, 1869 Lehrer und 1872 Habilitation in Halle, 1876 bis 1909 o. Prof. für klass. Philologie in Freiburg i.B. - I 235, 395, 397 449, 505; - II 23. Henzen, Wilhelm (1816-1887), 1843 zweiter Sekretär, 1856 erster Sekretär des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom, KM 1853. - I 467 Herbst, Ludwig Ferdinand (1811-1894), klass. Philologe, 1851 bis 1876 Professor an der Gelehrtenschule des Hamburger Johanneums. - I 99,102, 109, 191, 317 Hercher, Rudolf (1821-1878), 1861 Professor für klass. Sprachen am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, zugleich Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom, O M 1873. - I 44, 49, 60,122,139,152,161, 387 Hermann, Karl Friedrich (1804-1855), 1832 o. Prof. für klass. Philologie und Archäologie in Marburg, 1842 in Göttingen; KM 1840. - I 70 f., 104. Hermes, Emil (1847-1911), Herbst 1873 bis Herbst 1905 Gymnasiallehrer in Moers. - 1 4 0 , 82. Herter, Ernst (1846-1917), Bildhauer; das von ihm geschaffene Helmholtzdenkmal wurde 1935 von seinem Platz vor dem Hauptportal des Universitätsgebäudes an seinen heutigen Standort im Vorgarten an der Universitätsstraße versetzt. - II 145, 224. Hertwig, Oskar (1849-1922), 1888 o. Prof. für Anatomie und Entwicklungsgeschichte in Berlin, O M 1893, Rektor 1904/05. - II 356. Hertz, Wilhelm (1822-1901), Verlagsbuchhändlerin Berlin. - 1 193, 557 Herzog, Prof. in Tübingen. - II 287 Herzog, Frau. - II 287 Hettner, Felix (1851-1902), studierte 1873 bis 1876 in Bonn klass. Philologie; später Direktor des Provinzialmuseums in Trier. - 1129. Heubauer, Dr. - II 335. Heubner, Otto (1843-1926), 1894 bis 1913 (em.) o. Prof. für Kinderheilkunde in Berlin. - I I 220. Heusler, Conrad (1826-1907), Geh. Bergrat in Bonn, ehemals Leiter der Dillenburger Hütte. - II 287 Heusler, Georgine, geb. Strauß (1843-1911), Frau des Vorigen seit 1864. - II 117 287 Heylbut, Gustav (1852-1914), 1876 Dr. phil. Bonn, 1878 bis 1885 an der UB Göttingen tätig, dann Privatgelehrter in Hamburg. - I 102, 132, 147 151, 154, 161, 174, 220, 240f., 243, 247 254, 258, 331, 369, 447; - II 22, 55. dessen Vater. - 1131. Heyse, Paul (1830-1914), Schriftsteller in München, studierte klass. und roman. Philologie in Berlin und Bonn; Nobelpreis 1910. - II 322. Heyse, Theodor (geb. 1803), Privatgelehrter in Florenz. - 1417 Hicks, Edward Lee. - I 53. Hieber, Johannes (1862-1951), Gymnasialprof. in Stuttgart, M d R (Nationalliberale Partei) 1898 bis 1910; 1919 württembergischer Kultusminister, 1920 bis 1924 württ. Staatspräsident. - II 219.
510
Hilberg, Isidor, klass. Philologe, Dozent in Wien. - 1179. Hilgenfeld, Adolf (1823-1907), Herausgeber der Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie (1858-1907); 1848 Pd., 1850 ao. Prof. und 1890 (!) o. Prof. für neutestamentliche Exegese in Jena. - II 151, 226, 232, 243; - III 407 Hillebrand, Maler in Florenz. - I 520. Hiller, Eduard (1844-1891), 1866 Promotion und 1869 Habilitation in Bonn, 1874 o. Prof. für klass. Philologie in Greifswald, 1876 in Halle. - I 53,173, 412. Hiller von Gaertringen, Dorothea Freifrau, geb. von Wilamowitz-Moellendorff (1879-1972), Frau des Folgenden. - II 369. Hiller von Gaertringen, Friedrich Freiherr (1864-1947), Epigraphiker, Archäologe; 1886 Dr. phil. Berlin, 1893 Hilfsarbeiter (1900 Professorentitel) und 1904 bis 1929 wissenschaftl. Beamter an der Berliner AdW 1917 bis 1929 Honorarprof. an der Universität. - 1 4 6 2 ; - II 340, 350, 354, 369 f. Hilprecht, Hermann (1859-1925), Assyriologe; 1883 Promotion in Leipzig, 1886 bis 1910 Prof. für Assyriologie an der University of Pennsylvania in Philadelphia. - I I 230. Hinck. - 1 58. Hinneberg, Paul (1862-1934), gab seit 1892 die Deutsche Literaturzeitung heraus, später die auf 40 Bände geplante „Kultur der Gegenwart"; stand in enger Beziehung zu Althoff. - 1 578. Hinrichs, Gustav (gest. 1886), Oberlehrer am Königstädtischen Gymnasium in Berlin. -1286. Hinschius, Paul (1835-1898), 1872 o. Prof. für Kirchenrecht und Zivilprozeß in Berlin, Rektor 1889/90; M d R (Nationalliberale Partei) 1872 bis 1878, 1879 bis 1881 und Mitglied des Herrenhauses seit 1889. - II 123. Hintze, Otto (1861-1940), 1895 Pd., 1899 ao. Prof. und 1902 bis 1920 (em.) o. Prof. für Verfassungs-, Verwaltungs-, Wirtschaftsgeschichte und Politik in Berlin, OM 1914 (bis 1 9 3 8 ) . - I I 310. Hirschfeld, Gustav (1847-1895), Archäologe; 1870 Promotion in Berlin, 1871/72 Stipendiat des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom, 1875 bis 1877 Leiter der Ausgrabungen von Olympia, später o. Prof. für Archäologie in Königsberg. - I 54. Hirschfeld, Otto (1843-1922), Historiker (Mommsenschüler); 1884 bis 1917 o. Prof. für alte Geschichte in Berlin, OM 1885. - I 403, 556, 585; - II 59, 63, 168, 206, 267 295,311,313,350, 354. Hirzel, Rudolf (1846-1917), 1868 Promotion in Berlin, 1871 Habilitation in Leipzig, anschließend Italienreise (bis Juli 1872), 1877 ao. Prof. in Leipzig, 1886 ao. Prof. und 1888 o. Prof. für klass. Philologie in Jena. - I 54, 58, 143 f., 157 160, 175, 254, 256; - I I 104ff., 204, 268. Hirzel, Salomon (1804-1877), Gründer des S. Hirzel Verlags Leipzig, Vater des Vorigen. - 1 5 4 . Hitzig, Hermann (1843-1918), 1865 Dr. phil. Heidelberg, zunächst Gymnasiallehrer, 1886 bis 1918 o. Prof. für klass. Philologie in Zürich; publizierte zur Pausaniasfrage und edierte Pausanias' Periegese. - II 271. Hitzig, Hermann Ferdinand (1868-1911), 1891 Dr. jur. Zürich, 1892 Pd., 1895 ao. Prof.
511
und 1897 bis — II 271.
1911 o. Prof. für römisches
Recht in Zürich;
Sohn des
Vorigen.
Hoche, Richard (1834-1906), 1867 Direktor des G y m n a s i u m s in Wesel, 1870 in Elberfeld, ab Ostern 1874 Direktor der Gelehrtenschule des Hamburger Johanneums; 1888 bis 1900 Schulrat in H a m b u r g . - I 65 ff., 69, 102, 105 f., 109, 111, 113, 115, 125, 129, 132 ff., 139, 2 3 0 ; - I I 365. H ö h n , um 1878 Beamter an der deutschen Botschaft in Paris. - II 25. Hoensbroech, Paul Graf von (1852-1923), Publizist und Schriftsteller. - II 302, 315, 319. Höpfner, Ernst (1836-1915), 1888 bis 1894 Vortragender Rat für das höhere Schulwesen (Nachfolger von Bonitz) im preuß. Kultusministerium, 1894 bis 1907 Kurator der Universität Göttingen. - I 404, 406. Hörschelmann, Wilhelm (1849-1895), -1228.
1875 o. Prof. für klass. Philologie in Dorpat.
Hövermann, Bankier. - I 291. H o f f , Jacobus Henricus van't (1852-1911), Chemiker; 1896 hauptamtliches O M mit besonderem Gehalt (10 000 M ) und eigener Forschungsstelle, zugleich Honorarprofessor an der Berliner Universität; Nobelpreis 1901. - II 284, 350. H o f f m a n n , Schulrat (siehe E Hofmann). H o f f m a n n , L u d w i g (1852-1932), 1896 bis 1924 Stadtbaurat in Berlin. - II 324. H o f f m a n n , Marie, geb. Weisbach (1875-1961), Tochter des Berliner Bankiers Valentin Weisbach und Schwester des Kunsthistorikers Werner W , Frau des Vorigen seit 1895. - II 324. H o f f m a n n , Wilhelm (1835-1900), klass. Philologe, Gymnasialprof. in Berlin. - I 269. Hoffory, Julius (1855-1897), 1883 Pd. und 1887 ao. Prof. für nordische Philologie und allgemeine Phonetik in Berlin; befand sich seit 1893 in stationärer Behandlung in Westend. - II 178. H o f m a n n , A u g u s t Wilhelm von (1818-1892), Begründer der Teerfarbenindustrie; 1841 Promotion in Gießen, 1845 Habilitation und ao. Prof. in Bonn, 1845 Direktor des Royal College of Chemistry in London, 1864 o. Prof. für Chemie in Bonn, 1865 in Berlin; K M 1853, O M 1865, Rektor 1880/81. - II 296, 303. H o f m a n n , Friedrich (1820-1895), klass. Philologe, edierte ausgewählte Briefe Ciceros (Berlin 1860); 1864 bis 1875 Schulrat für die Stadt Berlin, 1875 bis 1893 Direktor des G y m n a s i u m s zum Grauen Kloster. - I 66, 113. Hohenlohe-Schillingsfürst, Chlodwig Fürst zu (1819-1901), 1874 bis 1885 deutscher Botschafter in Paris, 1894 bis 1900 Reichskanzler und preuß. Ministerpräsident; E M 1 9 0 0 . - I I 27 f., 77 380. Holder, Alfred (1840-1916), klass. Philologe, Bibliothekar an der H o f - und Landesbibliothek in Karlsruhe. - I 339, 363 f., 36^ 520. Holstenius (eigtl. Holste), Lucas (1596-1661), Humanist, seit 1627 in R o m ; Herausgeber zahlreicher spätantiker Schriften. - II 310. Holtzmann, Heinrich (1832-1910), Theologe; 1861 ao. Prof. und 1865 o. Prof. in Heidelberg, 1874 bis 1904 in Straßburg. - II 287; - III 408. Homolle, Théophile (1848-1925), Epigraphiker; Direktor der Ecole française d'Athènes
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und seit 1891 Mitglied der Académie des inscriptions Paris; KM 1887 (bis 1915). - 1 4 3 1 , 440, 463; - II 249. Hopfen (urspr. Mayer), Hans Ritter von (1835-1904), studierte 1853 bis 1858 in München Rechtswissenschaft und Geschichte, seit 1867 freischaffender Schriftsteller in Berlin. - I I 143. Hoyer, Rudolf (1860-1929), klass. Philologe, Lehrer; promovierte 1883 in Bonn. - 1 3 0 7 311,313. Hsüeh, Sehen (geb. 1853), 1890 bis 1914 Lektor für Chinesisch am Orientalischen Seminar in Berlin. - II 307 Hubert, Henri (1872-1927), Religionssoziologe. - I 589. Hübner, Emil (1834-1901), klass. Philologe, Herausgeber des Hermes-, 1859 Pd., 1863 ao. Prof. und 1870 o. Prof. in Berlin. - 1 101,139,191, 247 251, 311, 313, 361; - II 85, 288. Hübner, Marie, geb. Droysen (1839-1896), Frau des Vorigen und Mutter des Folgenden. II 85. Hübner, Rudolf (1864-1945), 1891 Pd. für deutsche Rechtsgeschichte, Privat-, Handels-, Verwaltungs- und Staatsrecht in Berlin, 1895 ao. Prof. in Bonn, 1904 o. Prof. in Rostock, 1913 in Gießen, 1918 in Halle, 1921 bis 1934 (em.) in Jena. - II 85. Hug, Arnold (1832-1895), studierte 1850 bis 1855 in Zürich und Bonn, 1869 bis 1886 o. Prof. für klass. Philologie in Zürich; seine Symposionausgabe erschien 1876 mit umfangreicher Einleitung und ausführlich eingehendem Kommentar. - 1140. Huguenin, Gustav (1840-1920), Psychiater und Internist; 1874 bis 1883 o. Prof. für innere Medizin und Leiter der medizinischen Klinik in Zürich, ab 1883 Honorarprof.; galt als hervorragender Kenner der Lungentuberkulose, an der er 1881 selbst erkrankte. - 1 3 0 4 f. Huhs, Dr., aus Dresden. - I 53. Hult(z)sch, Friedrich (1833-1906), klass. Philologe, Mathematikhistoriker; 1868 bis 1889 Rektor der Kreuzschule in Dresden. - 1 128,193; - II 141,143. Humann, Carl (1839-1896), Straßenbau-Ingenieur und Archäologe. - I 282. Humboldt, Alexander Freiherr von (1769-1859), Naturforscher, OM 1805; die Humboldt-Stiftung vergab seit 1861 Stipendien für naturwissenschaftliche Forschungen und Reisen. - II 230, 242, 270 f. Humboldt, Wilhelm Freiherr von (1767-1835), Kunst- und Sprachwissenschaftler, Gründer der 1810 eröffneten Berliner Universität, 1801 bis 1819 im diplomatischen und Staatsdienst; OM 1810 (1812-1819 AM). - II 133. Hunt, Arthur S. (1871-1934), Papyrologe in Oxford, Mitherausgeber der OxyrhynchusPapyri. - II 254. Hutzelmann, Johanna (geb. 1866), 1896 bis 1901 Gasthörerin (Philosophie und klass. Philologie) an der Berliner Universität. - II 179. Ideler, Ludwig (1766-1846), 1794 Königlicher Astronom und Berechner der Landeskalender, 1817 ao. Prof. und 1821 o. Prof. für Astronomie, Geographie und Chronologie in Berlin. - 1 1 2 7 Ihering (svw. Jhering), Rudolf von (1818-1892), 1872 bis 1892 o. Prof. für Rechtswissenschaft in Göttingen, KM 1889. - II 86.
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Ihne, Ernst von (1848-1917), 1888 Hofbaurat und Kaiserlicher Hofarchitekt in Berlin. - I I 303. Ilberg, Johannes (1860-1930), promovierte 1883 in Leipzig mit der von Usener angeregten Diss. Studia Pseudippokratea und wirkte am Corpus Medicorum Graecorum von Anfang an mit (Leibniz-Medaille in Silber 1910), 1910 Gymnasialdirektor in Würzen, 1914 in Chemnitz, 1916 bis 1924 in Leipzig. - I 335. Imhoof-Blumer, Friedrich (1838-1920), Numismatiker in Winterthur, KM 1879, AM 1900; seine Sammlung griechischer Münzen wurde 1900 vom Staatlichen Münzkabinett Berlin käuflich erworben. - I 363, 444, 553, 557ff. Imhoof-Hotze, Friedrich (1807-1893), Textil-Exporthändler und Kunstmäzen in Winterthur, Vater Imhoof-Blumers. - I 363. Immermann, Karl Leberecht (1796-1840), Schriftsteller und Theaterleiter. - II 196. Immisch, Otto (1862-1936), klass. Philologe; 1885 Dr. phil. (1889 habil.) Leipzig, 1891 Oberlehrer und zugleich 1896 ao. Prof. in Leipzig, 1907 o. Prof. in Gießen, 1913 in Königsberg, 1914 bis 1931 (em.) in Freiburg i.B. - II 258. Isler, Meyer (geb. 1807), Bibliothekar an der Hamburger Stadtbibliothek. - I 84,131. Jacoby (gest. 1882), Professor am Königstädtischen Gymnasium in Berlin. - I 140, 152, 262.
Jäger, Oskar (1830-1910), 1853 Dr. theol. Tübingen, 1865 Gymnasialdirektor in Köln, 1900 o. Honorarprof. in Bonn; Mitherausgeber des Organs des Gymnasialvereins „Das humanistische Gymnasium" (Heidelberg 1890 ff.). - II 109, 208, 210, 220, 269 f., 309. Jäger, Pension in Baden-Baden. - II 287 356. Jagic, Vatroslav von (1838-1923), Slawist; 1874 o. Prof. in Berlin, 1880 in Petersburg (ord. Akademiker), 1886 in Wien; 1875 bis 1918 Herausgeber des „Archivs für slavische Philologie"; KM 1880, AM 1908. - II 386ff., 390. Jahn, Heinrich Albert (geb. 1811), klass. Philologe in Bern. - 1116; - II 47 Jahn, Johann Christian (1797-1846), Philologe an der Thomasschule in Leipzig, Herausgeber der „Jahrbücher für Philologie und Paedagogik" (1826 ff.). - 1131. Jahn, Otto (1813-1869), klass. Philologe, Archäologe, Musikwissenschaftler (Mozartforscher); 1836 Promotion und 1839 Habilitation in Kiel, 1842 ao. Prof. und 1845 o. Prof. in Greifswald, 1847 in Leipzig (1849 aus polit. Gründen entlassen), 1854 o. Prof. und Leiter des Akademischen Kunstmuseums in Bonn; KM 1851. - I 56, 107 171. Janssen, Johannes (1829-1891), Geschichtsschreiber und kathol. Theologe; 1855 Geschichtsprofessor am Gymnasium in Frankfurt a.M. (1860 Priesterweihe); vertrat die Interessen der Kirche seit 1875 im preuß. Abgeordnetenhaus und verdiente nach Ansicht Paulsens besonderen Respekt gerade seitens der Protestanten. - II 219. Jastrow, Ignatz (1856-1937), 1885 Pd. für Geschichte, 1892 für Staatswissenschaften und 1904 ao. Prof. für Nationalökonomie in Berlin (Mitbegründer der Berliner Handelshochschule); für eine Bemerkung in der Broschüre „Sozialliberal" (Berlin 1893) wurde er 1894 „wegen Beleidigung" des Ministers für Handel und Gewerbe (v. Berlepsch, 1843-1926) gerichtlich zu einer Geldstrafe von 100 M verurteilt und 1896 auf
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Drängen des Kultusministeriums von der Philos. Fakultät mit einem „scharfen Verweis" verwarnt. - II 125,129,144. Jebb, Sir Richard C. (1841-1905), 1875 Prof. für Griechisch in Glasgow, 1889 in Cambridge. - 1 583. Jernstedt, Victor (1854-1902), Herausgeber der Reden Antiphons (Petersburg 1880). -1317 Joachim, Hermann (1861-1931), studierte 1887 bis 1892 (Dr. phil.) in Bonn; später Oberarchivrat. - I 408, 413. Joachim, Joseph (1831-1907), Violinist und Komponist, Primarius des Joachim-Quartetts und Direktor der Berliner Musikhochschule. - II 238. Joël, Karl (1864-1934), Philosoph; studierte in Breslau und Leipzig, 1886 Dr. phil. Leipzig, 1892 Pd„ 1897 ao. Prof. und 1902 bis 1930 (em.) o. Prof. in Basel. - II 104, 106,108, 370 ff., 385 f. Johannes XXIII. (1360-1419), Papst 1410 bis 1415 (abgesetzt). - II 100,102 f. Jowett, Benjamin (1817-1893), Professor für Griechisch in Oxford. - II 81, 83. Kaftan, Julius Willy Martin (1848-1926), 1882 o. Prof. für systematische Theologie und Dogmatik in Berlin, Rektor 1906/07 - II 370, 379. Kahl, Wilhelm (1849-1932), 1895 bis 1922 (em.) o. Prof. für evangel. Kirchenrecht, Staatsrecht und Strafrecht in Berlin, Rektor 1908/09. - II 220, 253. Kaibel, Adelheid (1858 bis nach 1935), Tochter des Malers Felix Schadow (1819-1861) und Enkelin des Bildhauers Johann Gottfried Schadow (1764-1850), Frau Georg Kaibels seit 1880. - II 290, 297 deren Kinder. - II 297 Kaibel, Georg (1849-1901), klass. Philologe; 1868 Studium in Göttingen und 1869 bis 1872 in Bonn (16. 12. 1871 Dr. phil.), 1872 bis 1874 Stipendiat am Deutschen Archäologischen Institut in Rom, 1874 Lehrer in Elberfeld und 1875 am Askanischen Gymnasium in Berlin, 1878 Habilitation in Göttingen und ao. Prof. in Breslau, 1881 o. Prof. in Rostock, 1883 in Greifswald, 1886 in Straßburg, 1897 in Göttingen; seit 1882 (mit C. Robert) Herausgeber des Hermes; KM 1891. - I 33, 46, 48, 50, 55 ff., 70, 80, 98, 102, 140 f., 145, 152, 170, 172, 174, 177 231, 234, 237 239, 251, 254, 299, 323 f., 363 f., 366, 376, 409 f., 414 ff., 418, 468 f., 471, 568, 570; - II 96, 166, 226 ff., 235, 277 290 f., 295, 297 299. Kaiserin Friedrich (siehe Viktoria). Kalbfleisch, Karl (1868-1946), klass. Philologe; 1892 Promotion und 1893 bis 1895 medizinisches Zusatzstudium in Berlin, 1896 Habilitation in Freiburg i.B., 1900 ao. Prof. in Rostock, 1903 in Marburg, 1913 bis 1934 (em.) o. Prof. in Gießen. - I 474 f., 492, 498 ff., 505, 519, 562 f.; - II 308. Kalckreuth, Bertha Gräfin von (1864-1928), Tochter des Paul Graf Yorck von Wartenburg, Frau des Folgenden seit 1885. - II 375. Kalckreuth, Leopold Graf von (1855-1928), Maler und Graphiker (seit 1900 in Stuttgart); porträtierte Zeller anläßlich seines 70jährigen Doktorjubiläums. - II 375, 378. Kalkmann, August (1853-1905), 1881 Dr. phil. Bonn, 1885 Pd. und 1900 ao. Prof. für Archäologie in Berlin. - I 245, 319.
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Kant, Immanuel (1724-1804), als Philosoph und Physiker AM 1786; die akademische Kommission zur Edition seiner Werke (Berlin 1900 ff.) leitete W Dilthey, der 1893 einen Entwurf vorgelegt hatte. - I 37, 379, 514, 517; - II 79, 87 100, 102, 119, 122, 124,128,132,135,137,140,173,175 f., 179,182,192. Karsten, Simon (gest. 1864), Rektor in Amersfoort, seit 1840 Prof. in Utrecht; Herausgeber des Simplikios in Arist. de caelo (1865) sowie der Fragmente des Xenophanes (1830), Parmenides (1835) und Empedokles (1838). - I 370, 463; - II 92. Katharina I. (1684-1727), rus s. Zarin seit 1725. - 1 118. Kaufmann-Asser, Richard von (1850-1908), 1883 Pd. für Nationalökonomie in Berlin. - I I 282. Kayser, Karl Ludwig (1808-1872), klass. Philologe; 1841 ao. Prof. und 1864 o. Prof. in Heidelberg. - 1 65. Kehr, Paul (1860-1944), 1895 bis 1903 o. Prof. für deutsche Geschichte in Göttingen, dann am Histor. Institut in Rom, 1915 bis 1929 Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive, 1919 Vorsitzender der Monumenta Germaniae histórica und Direktor des 1917 gegr. Kaiser-Wilhelm-Instituts für deutsche Geschichte; OM 1918. - II 319. Kehrbach, Karl (1846-1905), Pädagoge, Privatgelehrter in Charlottenburg; begründete die Monumenta Germaniae paedagogica (1886 ff.). - II 319. Kehrein, Joseph (1808-1876), 1855 Direktor des kathol. Schullehrerseminars zu Montabaur. - 1 46. Keil, Bruno (1859-1916), klass. Philologe; 1884 Dr. phil. Greifswald, Gymnasiallehrer in Berlin, 1890 ao. Prof. und 1901 o. Prof. in Straßburg, 1913 in Leipzig. - I 427 Keil, Heinrich (1822-1894), Latinist; 1843 Promotion in Bonn, 1848 Habilitation in Halle, 1855 Gymnasiallehrer in Berlin und Pd. an der Universität, 1859 o. Prof. in Erlangen, 1869 in Halle; KM 1882. - I 465. Keim, Theodor (1825-1878), Neutestamentier und Kirchenhistoriker; 1860 o. Prof. in Zürich, 1873 in Gießen. - II 259. Kekulé, Anna, geb. Helmentag (1859-1931), Frau des Folgenden seit 1877 - I 489. Kekulé (später K. von Stradonitz), Reinhard (1839-1911), Archäologe; 9. 12. 1861 Promotion in Berlin, 1868 Habilitation in Bonn, 1870 ao. Prof. und 1873 o. Prof. in Bonn, 1889 Direktor der Antikensammlung d. Kgl. Museen und Honorarprof. (1890 o. Prof.) in Berlin; Dekan 1897/98, Rektor 1901/02; OM 1898. - I 45, 201 ff., 209, 292, 298, 344, 350, 385, 390, 396 f., 48^ 489, 49^ 542, 554; - II 144, 186, 214, 304, 323. Kenyon, Sir Frederic G. (1863-1952), 1889 Kustos der Handschriften, 1909 Direktor des Britischen Museums in London, Prof. für alte Geschichte an der Royal Academy; KM 1900. - I 437, 441, 444, 44^ 449, 451, 570, 583; - II 330. Kepler, Johannes (1571-1630). - II 94. Kern, Elisabeth (1878-1952), Frau Otto Kerns seit 1902. - II 307 Kern, Franz (1830-1894), klass. Philologe, Vater Otto Kerns; 1871 Gymnasialdirektor in Stettin (leitete 27 bis 30. 9. 1880 die 35. Philologenversammlung), 1881 Direktor des Köllnischen Gymnasiums in Berlin, 1882 im Nebenamt Direktor des kgl. pädagogischen Seminars für gelehrte Schulen. - I 232, 236, 241, 367 Kern, Otto (1863-1942), klass. Philologe; studierte 1883 bis 1887 in Berlin und Göttingen bei Robert, Curtius, Diels und Wilamowitz, 1888 Dr. phil. und 1894 Pd. in
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Berlin, 1897 ao. Prof. und 1903 o. Prof. in Rostock, 1907 bis 1931 (em.) in Halle. - 1 3 6 7 506, 532, 555; - II 64, 67 307 Kerner, Justinus (1786-1862), Arzt und Dichter in Weinsberg, Mittelpunkt der „Schwäbischen Dichterschule". - II 121,127 197 Keudell, Robert von (1824-1903), preuß. Legationsrat, Freund der Fam. Bismarck. - I I 306. Kiepert, Heinrich (1818-1899), Kartograph; 1855 lesendes Akademiemitglied (OM 1853), 1859 ao. Prof. und 1874 o. Prof. für Geographie in Berlin. - II 230, 234, 241. Kiepert, Siglinde, geb. Jungk (1819-1900), Frau Heinrich Kieperts seit 1845. - II 230, 234. Kießling, Adolph (1837-1893), klass. Philologe, Neffe Gustav Kießlings; studierte 1855 bis 1856 in Bonn, 1860 Adjunkt am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1863 o. Prof. in Basel, 1869 Prof. am Johanneum in Hamburg, 1872 o. Prof. in Greifswald, 1889 in Straßburg. - I 43, 65, 80,140, 232, 251, 323, 453. Kießling, Gustav (1809-1884), Pädagoge und klass. Philologe; 1850 Provinzialschulrat in Berlin, 1857 bis 1872 Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin, 1875 bis 1879 Leiter der Wissenschaftlichen Prüfungskommission für Kandidaten des höheren Lehramtes. - I 64, 66,109,140, 161, 222. Kießling, Hans (1839-1905), Lehrer für Mathematik und Physik, Bruder A. Kießlings; 1863 am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1867 in Flensburg, 1870 (1875 Prof.) bis 1903 am Johanneum in Hamburg. - I 87 Kießling, Thekla, geb. Krauseneck, Frau Gustav Kießlings seit 1840. - I 478, 527 562. Kingsley, Charles (1819-1875), Pfarrer und Schriftsteller, Autor des Romans Hypatia, or, new foes with an old face (1853, dt. 1854). - III 399. von Kintzel, Hauptmann im Krieg 1870/71. - I 34. Kipp, Theodor (1862-1931), 1901 bis 1930 (em.) o. Prof. für römisches und deutsches bürgerliches Recht in Berlin, Rektor 1914/15. - II 350, 354. Kirchhoff, Adolf (1826-1908), klass. Philologe; 4. 2. 1846 Dr. phil. Berlin, Adjunkt und nach 1855 Prof. am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1865 o. Prof. an der Universität; OM 1860, Rektor 1883/84. - I 150, 202, 231, 239, 242, 286, 294 f., 302, 317 320, 325, 329, 335 f., 361, 368, 376, 388, 454, 462, 481, 554, 571, 578, 582; - II 50 f., 59,108,112,116,124,144 f., 249, 253, 326. Kirchhoff, Therese, geb. Franke (1809-1888), Frau Adolf Kirchhoffs seit 1856. - I 231, 372, 376. Kirchner, Martin (1854-1925), 1896 Hilfsreferent im preuß. Kultusministerium, 1898 Vortr. Rat in der Medizinalabteilung, 1900 bis 1911 ao. Prof. für Hygiene in Berlin, 1911 bis 1919 Leiter der zum Innenministerium verlegten Medizinalabteilung. - I I 255. Kirmß, Paul, Prediger in Berlin. - II 338. Klein, Max (1847-1908), Bildhauer, seit 1874 in Berlin; von ihm stammen zahlreiche Büsten berühmter Persönlichkeiten u.a. von Helmholtz (Potsdamer Brücke). - II 224. Klein, Josef (188-1899), 1861 Promotion und 1868 Habilitation in Bonn, 1883 ao. Prof. für klass. Philologie in Bonn; Direktor des Provinzialmuseums. - 1 143, 403. Kleinert, Paul (1837-1920), 1868 ao. Prof. und 1877 o. Prof. für Pastoraltheologie in
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Berlin; Rektor 1885/86, Oberkonsistorialrat und Mitglied des Evangelischen Oberkirchenrats 1894 bis 1904. - II 272, 274. Klette, Anton (1834 bis nach 1896), klass. Philologe, Herausgeber der Jenaer Literaturzeitung (1874/79); 1855 Dr. phil. und 1856 Bibliothekar U B Bonn, 1870 Oberbibliothekar mit Prof.-Titel U B Jena, nach seiner Kündigung (2. 11. 1878) Privatgelehrter und Journalist (zuletzt in New York). - I 60, 91, 98,174, 176, 179,195,198. Klix, Gustav Adolf (1822-1894), 1867 bis 1894 Schulrat in Berlin. - I 64 ff., 313. Knatz, Friedrich (1868-1938), klass. Philologe, 1892 Dr. phil. Bonn, später Oberlehrer in Kassel. - I 568, 570. Koch, Robert (1843-1910), Bakteriologe, seit 1880 am Reichsgesundheitsamt und 1885 o. Prof. für Hygiene in Berlin, 1891 Direktor des Instituts für Infektionskrankheiten; O M 1904, Nobelpreis 1905. - II 341. Koechly, Hermann (1815-1876), 1850 o. Prof. für klass. Philologie in Zürich, 1864 in Heidelberg; K M 1861, M d R (Fortschrittspartei) 1871 bis 1874. - I 65, 481. Köhler, Ulrich (1838-1903), 1865 Legationssekretär in Athen, 1872 Prof. für Altertumskunde in Straßburg, 1875 bis 1886 Leiter des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen, 1886 o. Prof. für alte Geschichte in Berlin; K M 1870, O M 1888. - I 48, 54, 337, 426, 439, 566; - II 131, 134,182, 234, 326. Kolbing, Eugen (1846-1899), Anglist, Skandinavist; 1868 Promotion in Leipzig, 1873 Habilitation in Breslau, 1880 ao. Prof. und 1886 o. Prof. in Breslau. - II 102. Koenigsberger, Leo (1837-1921), Mathematiker, Helmholtz-Biograph, Freund Useners aus Greifswalder Zeit; 1861 Lehrer für Mathematik/Physik am Berliner Kadettenkorps, 1864 ao. Prof. und 1866 o. Prof. für Mathematik in Greifswald, 1869 in Heidelberg, 1875 in Dresden,
1877 in Wien,
1884 wieder in Heidelberg;
KM
1893.
- 1 2 9 2 , 328. Koepp, Friedrich (1860-1944), Archäologe, Neffe C . Diltheys;
1883 Dr. phil. Bonn,
1884/86 Stipendiat, 1887 bis 1889 Lehrer am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin und Hilfsarbeiter an der Zentraldirektion des Archäologischen Instituts, 1892 Pd. in Berlin, 1896 Prof. in Münster, 1916 bis 1924 Leiter des Archäologischen Instituts in Frankfurt. - I 305, 3 7 7 f . , 381, 501 f., 574; - III 405. Koepp, Lina. - I 574. Körner. - 1 206. Körte, Alfred (1866-1946), klass. Philologe; 1890 Promotion und 1896 Habilitation in Bonn, 1899 ao. Prof. in Greifswald, 1903 o. Prof. in Basel, 1906 in Gießen, 1914 in Freiburg i.B., 1917 bis 1934 (em.) in Leipzig; K M 1946. - I 428, 430, 432, 440 f., 538, 570. Körte, Friedrich (1818-1914), Geh. Sanitätsrat in Berlin, Vater Alfred Körtes; Arzt von Ernst Curtius. - II 128. Körte, Friedrich Emil Werner (1853-1937), Direktor der chirurgischen Abteilung des Urban-Krankenhauses in Berlin; operierte Diels und Kaibel. - II 188, 194, 290. Kohlmann, Philipp, Lehrer in Emden. - I 358. Kohlrausch, Friedrich (1840-1910), Physiker; 1866 Pd. und 1867 ao. Prof. in Göttingen, 1870 o. Prof. T H Zürich, 1871 T H Darmstadt, 1875 o. Prof. in Würzburg, 1888 in Straßburg, 1895 bis 1905 Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, zu-
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gleich (seit 1899) o. Honorarprof. für Physik an der Universität in Berlin; KM 1884, O M 1895, EM 1905. - II 62, 101, 350, 393. Kohlrausch, Rudolf (1809-1858), Vater des Vorigen, 1851 Physikprofessor am Gymnasium und seit 1853 zugleich ao. Prof. an der Universität in Marburg, 1857 o. Prof. für Physik in Erlangen. - II 393. Konstantinos Monomachos, byz. Kaiser von 1042 bis 1055; verlieh 1046 dem Athos den Titel „heiliger Berg". - 1 1 1 7 Kontos, Konstantinos, klass. Philologe. - I 44, 112, 169. Kopp j o s e p h (1788-1842), klass. Philologe in Erlangen. - I 100. Kornthal.-143. Kortum, Hermann (1836-1904), 1869 ao. Prof. und 1892 o. Prof. für Mathematik in Bonn, neben Lipschitz Seminardirektor. - I 218. Koser, Reinhold (1852-1914), Historiker, Geschichtsschreiber Friedrichs II.; 1874 Dr. phil. Halle, 1880 Pd. (1882/84 Geheimer Staatsarchivar) und 1884 ao. Prof. in Berlin, 1890 o. Prof. in Bonn, 1896 als Nachfolger H. v. Sybels Direktor der Preußischen Staatsarchive und 1905 als Nachfolger E. Dümmlers zugleich Vorsitzender der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae histórica; O M 1896. - I 480; - I I 129, 133, 136,139,144, 182, 340, 350, 354. Kossäth. - 1 2 9 2 . Kranz, Walther (1884-1960), klass. Philologe; 1903 bis 1907 Studium in Göttingen und Berlin, 1909 Schuldienst (1910 Dr. phil.) in Berlin, 1928 Rektor in Schulpforte, 1932 Honorarprof. und 1933 bis 1937 (aus polit. Gründen pensioniert) Schuldienst in Halle, 1943 Emigration in die Türkei, 1944 o. Prof. in Istanbul, 1950 (Vorlesungen bis 1955) Honorarprof. in Bonn. - II 389. Krauel, Richard (1848-1918), Legationsrat, 1904 Honorarprof. für Völkerrecht in Berlin. - II 114,116,126, 349 f., 352, 354. Kraus, Franz Xaver (1840-1901), kathol. Theologe; 1872 ao. Prof. für Christliche Archäologie in Straßburg, 1878 o. Prof. für Kirchengeschichte in Freiburg i.B. - II 305. Krebs, Johann Philipp (1771-1850), Gymnasialprofessor (1837 Ruhestand) in Weilburg. - 1 363. Kremer, Metzger in Weilburg. - I 476. Krenkel, Max, Pfarrer in Dresden. - II 81, 83. Kretschmer, Paul (1866-1956), Indogermanist; studierte in Berlin bei Joh. Schmidt, Robert und Diels, 1891 Pd. in Berlin, 1897 ao. Prof. in Marburg, 1899 bis 1937 (em.) o. Prof. in Wien; KM 1937 - I 532. Krische, August Bernhard (1809-1848), 1833 Pd. und 1842 bis 1848 ao. Prof. für Philosophie in Göttingen. - I 162. Krohn, August (1840-1889), 1870 Dr. phil. Berlin, 1881 ao. Prof. in Halle, 1884 o. Prof. für Philosophie in Kiel. - 1263, 284 f.; - II 55. Kroll, Wilhelm (1869-1939), klass. Philologe; Studium in Breslau, Berlin und Bonn, 1891 Promotion und 1894 Habilitation in Breslau, 1899 Prof. in Greifswald, 1906 in Münster, 1913 bis 1935 (em.) in Breslau. - I 431, 565; - II 292. Kroll: Berliner Etablissement, von Josef Kroll (1798-1848) am Rande des Tiergartens für das „gebildete Publikum" eröffnet; diente seit 1895 als Sommeroper. - II 142, 230.
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Kronecker, Leopold (1823-1891), Mathematiker; lesendes Akademiemitglied (OM 1861), übernahm 1883 als ao. Prof. den Lehrstuhl Ernst Kummers (1810-1893). -1419; - II 88, 225. Krüger, Fr., Graeca-Mitglied, gest. Jan. 1896. - II 126,130. Krüger, Paul (1840-1926), Jurist; 1861 Promotion und 1864 Habilitation in Berlin, 1870 ao. Prof. und 1871 o. Prof. für römisches Recht in Marburg, 1872 in Innsbruck, 1873 in Königsberg, 1888 bis 1919 (em.) in Bonn. - II 221. Krüger, Paulus (1825-1904), 1883 bis 1900 Präsident der Burenrepublik Transvaal; wurde in der „Krügerdepesche" (3. 1. 1896) zur Abwehr des britischen Uberfalls vom Dezember 1895 beglückwünscht. - II 126. Krumbacher, Karl (1856-1909), 1890 Mitglied der Bayerischen AdW 1892 ao. Prof. und 1898 o. Prof. für mittel- und neugriechische Philologie in München; gründete 1892 die „Byzantinische Zeitschrift". - 1473. Krusch, Bruno (1857-1940), 1879 Mitarbeiter, später Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae histórica·, 1882 bis 1887 am Berliner Geheimen Staatsarchiv tätig, dann in Marburg, Hannover, Breslau und Osnabrück, 1910 bis 1923 Direktor des Preußischen Staatsarchivs in Hannover; KM 1925. - I 340 f. Kruse, um 1872 Lehrer in Flensburg. - I 73 f. Kübler, Bernhard (1859-1940), 1893 Pd. und 1894 zugleich Oberlehrer am Askanischen Gymnasium in Berlin, 1901 ao. Prof. für römisches Recht in Berlin, 1912 bis 1934 (em.) o. Prof. für römisches und deutsches bürgerl. Recht in Erlangen; KM 1935. - II 210, 212. Kübler, Otto (1827-1912), Vater des Vorigen, 1863 Direktor des Wilhelms-Gymnasiums in Berlin und 1890 Vorstandsmitglied des Gymnasialvereins. - II 210. Kühlewein, Hugo, Hippokratesherausgeber. - I 499; - II 106. Kühn, Karl Gottlob (1754-1840), Arzt und Medizinhistoriker, Herausgeber des Sammelwerks Medicorum graecorum opera quae exstant (26 Bde., Leipzig 1821-1833). - 1 4 4 , 241,276. Künkler, Dr., in Biebrich; angebl. Strauß-Freund. - II 139. Küstner, Friedrich (1856-1936), Entdecker der Polhöhenschwankung, 1884 Observator an der Berliner Sternwarte, 1891 bis 1924 (em.) o. Prof. für Astronomie in Bonn und (bis 1927) Direktor der Sternwarte; KM 1910. - I 465. Kugener, M.-A. - I 584. Kuhn, Adalbert (1812-1881), Sagenforscher, 1870 bis 1881 Direktor des Köllnischen Gymnasiums in Berlin, OM 1872; gründete 1852 die „Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung", fortgeführt von seinem Sohn, Ernst Kuhn (1846-1920), und W Schulze. - 1236, 399,513. Kundt, August (1839-1894), 1888 o. Prof. für Experimentalphysik in Berlin, KM 1879, OM 1888.-II 62. Kunstmann, Emil (1817-1894), 1873 bis 1894 Rechnungsrat und Archivar an der Berliner AdW - I 279, 283, 43? 473; - II 20, 24, 31, 34 f., 49, 55, 96. Kurfürst von Hessen (siehe Friedrich Wilhelm). Kurz, Bierbrauer in Weilburg. - I 476. Kußmaul, Adolf (1822-1902), Internist; führte 1869 die Magenausheberung ein und lebte seit 1888 als Emeritus in Heidelberg. - II 130, 134,146.
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Lachmann, Karl (1793-1851), klass. Philologe und Germanist; 1825 ao. Prof. und 1827 o. Prof. in Berlin, O M 1830, Rektor 1843/44; besorgte die erste kritische Ausgabe des Lukrez (Berlin 1850). - I 43, 239, 359, 448; - II 37. Lagarde, Paul de (1827-1891), 1869 bis 1891 o. Prof. für orientalische Sprachen in Göttingen. - 1109 f., 333, 335, 450; - III 409. Lambros (Lampros), Spyridon E (1851-1919), klass. Philologe in Athen. - 1295, 316,466. Landauer, Samuel, klass. Philologe und Hebraist in Straßburg. - II HO, 237 242. Landolt, Hans (1831-1910), Chemiker; 1853 Promotion und 1856 Habilitation in Breslau, 1858 ao. Prof. und 1867 o. Prof. in Bonn, 1869 an der T H Aachen, 1880 an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin und lesendes Akademiemitglied ( O M 1881) an der Universität, 1891 bis 1905 o. Prof. für physikalische Chemie und Direktor des II. Chemischen Instituts in Berlin. - I 497; - II 101, 350. Langen, Arnold, klass. Philologe, 1868 Dr. phil. Breslau. - I 369. La Porte du Theil, François Jean Gabriel, Herausgeber und Ubersetzer. - I 363. Larisch, Bruno, klass. Philologe, Gymnasialprof. - I 323. Lasaulx, Ernst von (1805-1861), Philosophiehistoriker und klass. Philologe; 1844 o. Prof. für Philosophie in München und Mitglied der Bayerischen AdW - 1274 Lassalle, Ferdinand (1825-1864), Gründer und erster Präsident des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (1863); wurde aufgrund seines Buches über Herakleitos Mitglied der „Philosophischen Gesellschaft zu Berlin". - I 366; - II 284, 286. Lasson, Adolf (1832-1917), 1877 Pd., 1897 Honorarprofessor für Philosophie in Berlin. - II 371 ff. Lazarus, Moritz (1824-1903), 1873 bis 1897 Honorarprof. für Philosophie in Berlin; begründete 1859 mit Heyman Steinthal die „Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft". - II 134, 156, 254. Leber, Theodor (1840-1917), Augenarzt; 1890 bis 1910 Direktor der Universitätsaugenklinik in Heidelberg. - II 362. Lecoy de la Marche, Albert (geb. 1839). - I 463. Legras, Jules (geb. 1866, Pseudonym: Luc Gersal). - 1432. Lehmann, Johann Edvard (1862-1930), dän. Theologiestudent in Berlin und Bonn; 1910 o. Prof. für Religionsgeschichte in Berlin, 1913 in Lund. - I 474, 478 f. Lehmann, Otto (geb. 1855), Physiker; 1888 ao. Prof. T H Dresden, 1889 o. Prof. T H Karlsruhe. - II 62. Lehmann-Filhés, Rudolf (1854-1914), 1881 Pd., 1890 ao. Prof., 1909 Honorarprof. für Astronomie und Mathematik in Berlin. - II 102. Lehrs, Karl (1802-1878), 1831 Pd., 1835 ao. Prof. und 1845 o. Prof. für klass. Philologie in Königsberg; K M 1845. - 1 132, 420. Leibniz, Gottfried Wilhelm (1646-1716), gründete am 11. 7 1700 die Berliner Akademie (damals „Brandenburgische Sozietät der Wissenschaften") und war ihr erster Präsident. - I 126, 539, 542, 552, 578, 581, 584; - II 56, 76, 78, 118, 182, 190, 214, 235, 241, 249, 267 f., 319 ff., 347 349, 382. Lempertz: Bonner Buchhandlung, 1844 begr. von Heinrich Lempertz (1816-1898). - 1 4 1 , 70 f. Lenbach, Franz Ritter von (1836-1904), Landschafts- und Bildnismaler („Malerfürst");
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porträtierte seit 1870 vorrangig Könige und Kaiser, Papst Leo XIII. (1810-1903), mehrmals Bismarck sowie Wissenschaftlerpersönlichkeiten; sein Mommsen-Porträt entstand 189Z - I 536; - II 184, 187 f. Lenz, Max (1850-1932), Historiker; 1876 Pd„ 1881 ao. Prof. und 1885 o. Prof. für neuere Geschichte in Marburg, 1888 in Breslau, 1890 in Berlin, 1914 bis 1922 in Hamburg; Dekan 1902/03, Rektor 1911/12; O M 1896, EM 1914 (ab 1925 wieder OM). - I 399 f., 586; - II 63, 66, 129, 133, 137 ff., 144, 166, 182, 194, 224, 300, 319, 321. Leo, Friedrich (1851-1914), klass. Philologe; 1873 Promotion und 1877 Habilitation in Bonn, 1881 ao. Prof. in Kiel, 1883 o. Prof. in Rostock, 1888 in Straßburg, 1889 in Göttingen; KM 1906. - I 99, 190, 211 f., 217 222, 231, 254, 259, 292 ff., 364, 366, 389 f. 393, 409 f., 437 521, 552; - II 211, 235, 244, 255. Leo Saginus. - I 51. Lepsius, Dora, geb. Curtius, Tochter von Ernst und Clara Curtius, seit 1877 verheiratet mit dem Darmstädter Geologen Richard Lepsius (1851-1915, Sohn des Ägyptologen). - II 93,149,153,156,160, 219, 324. Lepsius, Eva, Tochter der Vorigen. - I 324. Lepsius, Reinhold (1857-1922), Bildnismaler in Berlin, Sohn des Folgenden; malte u.a. G. und Μ. v. Bunsen, E. Curtius, R. v. Gneist. - II 333, 335. Lepsius, Richard (1810-1884), 1842 ao. Prof. und 1846 o. Prof. für Ägyptologie in Berlin, 1865 Direktor des Ägyptischen Museums und 1873 zugleich Generaldirektor der Kgl. Bibliothek in Berlin; KM 1844, OM 1850. - 1 148,152,176; - II 18. Leskien, August (1840-1916), 1869 ao. Prof. für vergleichende Sprachwissenschaft und Sanskrit in Jena, 1870 ao. Prof. und 1876 o. Prof. für Slawistik in Leipzig; KM 1900. -1355. Lessing, Gotthold Ephraim (1729-1781), als Philologe A M 1760. - I 38; - II 97, 323. Lessing, Julius (1843-1908), Kunsthistoriker; 1872 Direktor der Sammlungen des Deutschen Gewerbemuseums, des späteren Kunstgewerbemuseums der Kgl. Museen in B e r l i n . - I I 311. Letronne, Jean-Antoine (1787-1848), 1831 Prof. für Geschichte und Archäologie am Collège de France, Direktor der Kgl. Bibliothek in Paris, 1840 Leiter der Archive Frankreichs; KM 1821, A M 1832. - 1 127 130f. Leutsch, Ernst von (1808-1887), 1837 ao. Prof. und 1842 o. Prof. für klass. Philologie in Göttingen; sein Nachfolger wurde 1883 Wilamowitz. - I 43,195, 447 Lhardy, Benedikt Heinrich (1810-1885), 1834 Dr. phil. Berlin, 1853 bis 1868 Direktor des französischen Gymnasiums in Berlin. - I 79, 81 f., 85 ff., 91. Lichtenberg, Georg Christoph (1742-1799), Physiker und satirischer Schriftsteller in Göttingen. - II 79. Liepmann, Hugo Karl (aus Berlin), promovierte 1885 in Leipzig über Leukipp und Demokrit. - II 70,196, 210. Lietzmann, Hans (1875-1942), Kirchenhistoriker; studierte 1893 in Jena und 1894 bis 1898 in Bonn, 1896 Lic.theol. und 1900 Pd. in Bonn, 1905 ao. Prof. und 1908 o. Prof. in Jena, 1924 Nachfolger Harnacks in Berlin; O M 1927 - I 548, 567 Lindenbrog, Gelehrtenfamilie; Friedrich Lindenbrog (1573-1648) vermachte seine Pri-
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vatbibliothek und die seines Vaters Erpold L. (1540-1616) und Bruders Heinrich L. (1570-1642) der Hamburger Stadtbibliothek. - 1132. Lippert, Julius (1839-1909), Verfasser zahlreicher Studien zur vergleichenden Religionsund Kulturgeschichte. - 1 511. Lippmann (siehe Liepmann). Lipschitz, Rudolf (1832-1903), 1864 o. Prof. für Mathematik in Bonn, KM 1872, Rektor 1874/75; schrieb Lehrbuch der Analysis (Bonn 1877/1880). - I 210. Lipsius, Richard Adalbert (1830-1892), Theologe; 1871 o. Prof. in Jena; gab seit 1875 die Jahrbücher für protestantische Theologie und seit 1886 den Theologischen Jahresbericht heraus. - 1 351. Liszt, Franz Eduard von (1851-1919), 1899 o. Prof. für Strafrecht in Berlin. - II 253. Lobeck, Christian August (1781-1860), 1814 Professor der Eloquenz und Altertumswissenschaft in Königsberg, zugleich Oberbibliothekar; AM 1832. - I 220 f. Loeschcke, Georg (1852-1915), Archäologe; 1876 Dr. phil. Bonn, 1877 bis 1879 Stipendiat in Italien, Griechenland, Frankreich und England, 1879 ao. Prof. in Dorpat, 1889 o. Prof. und Leiter des Akademischen Kunstmuseums in Bonn, 1912 Direktor des archäologischen Seminars in Berlin; OM 1913. - I 393, 460, 531; - II 109. Löwe, Gustav (1852-1883), 1880 bis 1883 Bibliothekar an der U B Göttingen. - I 333. Lombroso, Cesare (1836-1910), Psychopathologe und Kriminalpsychologe in Italien; vertrat die Lehre vom geborenen Verbrecher. - II 253. Lorenz, Ottokar (1832-1904), 1861 o. Prof. für allgem. und österr. Geschichte in Wien, 1885 bis 1903 o. Prof. für Geschichte in Jena. - 148. Lortzing, Franz, Gymnasialprofessor in Berlin. - II 379, 381, 393 f. Ludwich, Arthur (1840-1920), 1878 bis 1912 o. Prof. für klass. Philologie in Königsberg. - 1 3 2 5 , 357ff„ 453. Ludwig, Ernst, 1869 Dr. phil. Marburg, Gymnasiallehrer in Bremen; gab seit 1881 mit Carl Wagener die Philologische Rundschau heraus. - I 230. Lübbert, Eduard (1830-1889), klass. Philologe; 1853 Promotion in Halle, 1859 Habilitation in Breslau, 1865 ao. Prof. und 1871 o. Prof. in Gießen, 1874 in Kiel, 1881 Nachfolger Heimsoeths in Bonn. - I 231, 391 ff., 401, 403. Lüders, Otto (1844-1912), studierte 1865 bis 1869 in Bonn klass. Philologie, 1872 offizieller Reisebegleiter des Prinzen Friedrich Karl (Neffe Wilhelms I.), 1874 bis 1875 Leiter des neugegründeten Deutschen Archäologischen Instituts in Athen, dann Erzieher des griech. Kronprinzen (des späteren Königs Konstantinos, 1868-1923) und Generalkonsul in Athen. - I 34, 40, 45, 50, 52, 54, 58, 93. Lütjohann, Christian (1846-1884), klass. Philologe; 1868 Dr. phil. Kiel, 1872 Lehrer in Flensburg (1874/75 Urlaub für Italienreise), 1876 in Greifswald (zugleich Pd.), 1880 in Kiel. - I 75, 103. Lüttichen, Gräfin. - I 67 Luise (1776-1810), Königin von Preußen, Ehefrau Friedrich Wilhelms III. und Mutter Wilhelms I. - II 176. Luitpold (1821-1912), Prinzregent; übernahm nach dem Tod König Ludwigs II. (1845-1886) die Regentschaft in Bayern. - II 313. Luther, Martin (1483-1546). - II 343 f.
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Lutoslawski, Wincenty (1863-1954), Philosoph, 1887 Dr. phil. Dorpat (Schüler Teichmüllers); schrieb u.a. The origin and growth of Plato's logic (London 1897). - II 151, 153,184 f., 187 189,196 ff., 210, 213. Luzac, Louis Caspar. - 1108. Lysippus: Zeller meint E Schaper; Anspielung auf den berühmten Bildhauer aus Sikyon (4. Jh. v . u . Z . ) . - I I 2 3 2 , 234. Maaß, Ernst (1856-1929), 1879 Dr. phil. Greifswald, 1883 Pd. in Berlin, 1886 o. für klass. Philologie in Greifswald, 1895 bis 1924 (em.) in Marburg. - I 323, 403; - II 113, 131, 134. Maaß geb. Vahlen, Frau des Vorigen seit 1887 - II 155. Mach, Ernst (1838-1916), 1867 o. Prof. für Experimentalphysik in Prag, 1895 bis o. Prof. für „Philosophie, insbesondere Geschichte und Theorie der induktiven senschaften" in Wien. - II 79.
Prof. 401,
1901 Wis-
Madvig, Johan Nicolai (1804-1886), klass. Philologe in Kopenhagen, KM 1836. - 1 106. Märklin, Christian (1807-1849), Theologe und Pädagoge, Studienfreund von D. E Strauß. - II 117 Magnus (siehe Riese). Mahaffy, John Ρ (1839-1919), Prof. für alte Geschichte in Dublin und Honorarprof. in Oxford, KM 1900. - 1418, 420f., 436, 441, 453, 473. Mai, Angelo (1781-1854), Bibliothekar der Vatikan. Bibliothek, 1838 Kardinal; KM 1822, EM 1854. - 1 109; - II 47 Maier, Heinrich (1867-1933), 1892 Dr. phil. (1896 habil.) Tübingen, 1900 ao. Prof. und" 1901 o. Prof. für Philosophie in Zürich, 1902 in Tübingen (Nachfolger E. Pfleiderers), 1911 in Göttingen, 1918 in Heidelberg, 1922 in Berlin und O M ; heiratete 1902 in Zürich Anna Sigwart (1870-1953). - II 309, 312. Margunios, Máximos (1530-1602), griechischer Kontroverstheologe; 1583 zum Bischof von Kythera berufen, lebte in Venedig. - 1117 119 f. Mariette, Auguste Ferdinand François (1821-1881), Archäologe und Ägyptologe. -1190. Martens, Adolf (1850-1914), Ingenieur, Direktor des Materialprüfungsamtes GroßLichterfelde/Dahlem; O M 1904. - II 350. Martens, Ludwig (1852-1928), studierte 1872 bis 1877 in Bonn klass. Philologie; später Oberstudiendirektor am Grauen Kloster Berlin. - I 99, 102, 132. dessen Vater. - 1131. Martin, Thomas Henri (1813-1884), Prof. für griech. Literatur in Rennes; Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres Paris 1871. - 1 190. Martini, Edgar (1871-1932), klass. Philologe; 1896 Dr. phil. (1899 habil.) Leipzig, 1904 ao. Prof. in Leipzig, 1922 o. Prof. in Prag. - II 229. Marx, Friedrich (1859-1941), Latinist; 1882 Dr. phil. Bonn, 1887 Pd. Berlin, 1888 ao. Prof. in Rostock, 1889 o. Prof. in Greifswald, 1893 in Breslau, 1896 in Wien, 1899 in Leipzig, 1906 Nachfolger Büchelers in Bonn (1928 em.); Rektor 1917/18. - I 368. Maspero, Gaston (1846-1916), Ägyptologe in Paris, Generaldirektor der Verwaltung der Altertümer in Kairo; K M 1897 - II 182.
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Matthaei, Christian Friedrich (1744-1811), Rektor und Professor in Moskau, Meißen und Wittenberg; Herausgeber antiker Autoren, u.a. des Plutarch (Moralia, 1777/78). - 1 5 9 f., 112,114,116 f., 119 ff. Mau, August (1840-1909), Mitarbeiter am Deutschen Archäologischen Institut in Rom. - 1 1 5 8 , 3 1 0 ; - I I 21 ff., 26, 34,45. Maupertuis, P. L. Moreau de (1698-1759), Mathematiker und Philosoph in Paris, 1746 bis 1759 Präsident der Berliner AdW; formulierte das Prinzip der kleinsten Wirkung und bestätigte die Erdabplattung. - I 538; - II 190,199, 203. Maximus Margunius (siehe Margunios) Mayer, H. (siehe Maier). Mayer & Müller: Berliner Verlag. - I 388. Meibom, Marcus (1630-1710), Prof. in Amsterdam, Ubersetzer des Diogenes Laertios (1692). - I 366, 372, 374, 522. Meier, Ernst von (1832-1911), Jurist; 1888 bis 1894 Kurator der Universität Göttingen, lebte seit 1894 in Berlin (Graeca-Mitglied). - II 74, 96, 179, 340, 350, 354. Meier, Paul Jonas (1857-1946), studierte 1877 bis 1882 in Bonn klass. Philologie und Archäologie, 1881 Dr. phil.; später Museumsdirektor in Braunschweig. - 1245. Meineke, August (1790-1870), 1826 bis 1857 Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin, OM 1830. - I 59 f., 220, 366. Meineke, Elisabeth, geb. Lodemann, Frau August Meinekes seit 1817 - I 264. Meisenbach, Georg (1841-1912), Ingenieur und Graphiker. - I 563. Meiser, Carl, klass. Philologe in München. - 1 160, 258; - II 46. Meitzen, August (1822-1910), studierte in Breslau, Heidelberg und Tübingen, 1872 erstes Mitglied des Kais, statistischen Amtes, 1875 ao. Prof. und 1892 o. Honorarprof. für Statistik in Berlin; als Mitglied der Mittwochsgesellschaft mit Diels näher bekannt. - II 307 Meitzen, Frau (gest. 1902). - II 307 Melanchthon, Philipp (1497-1560). - II 131. Mendelssohn, Franz von (1829-1889), Berliner Bankier. - II 295. Mercier, (vermutl.:) Henri, geb. 186^ 1892 bis 1897 Lektor für Französisch in Göttingen. - II 249. Metz, Adolf, 1875 Lehrer (Lic.theol.) an der Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg. - 1 106. von Meyer (siehe Ernst von Meier). Meyer, Alfred Gotthold (1864-1904), Kunstschriftsteller, Prof. an der T H Charlottenburg und Dozent an der Kunstschule, verdient um die Erforschung der italienischen Plastik der Renaissance; schrieb u.a. über den Berliner Hofbildhauer Reinhold Begas (1831-1911).-II 220. Meyer, Conrad Ferdinand (1825-1898), Lyriker und Novellist. - II 226. Meyer, Eduard (1855-1930), Historiker; 1879 Pd. und 1884 ao. Prof. in Leipzig, 1885 o. Prof. für alte Geschichte in Breslau, 1889 in Halle, 1902 bis 1923 (em.) in Berlin; OM 1903, Rektor 1919/20. - I 393, 586; - II 321, 327 349, 354. Meyer, Jürgen Bona (1829-1897), Philosoph; 1854 Promotion und 1862 Habilitation in Berlin, 1868 o. Prof. in Bonn; Rektor 1886/87 - I 537
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Meyer, Oberstleutnant, seit 1879 mit Diels' Schwester verheiratet. - 1177; - II 255. Meyer, Pauline, geb. Diels (1850-1900), Hermann Diels' Schwester (siehe auch Diels). -1117, 324 ff., 388, 414, 462; - II 105,165, 176,179, 246, 254 ff., 258, 264 f. deren Tochter. - I 324; - II 255. Meyer (Prozeß-Meyer). - I 44. Meyer (aus Speyer), Wilhelm (1845-1917), Herbst 1873 bis Frühjahr 1875 Stipendiat in Rom, 1875 Bibliothekar in München und 1877 Mitglied der Bayerischen AdW 1886 bis 1917 o. Prof. für klass. Philologie, Mittellatein und Paläographie in Göttingen. -1101,254, 333. Meyncke, Gustav, studierte S 1859 in Bonn klass. Philologie. - 1101 ; - II 30. Michaelis, Adolf (1835-1910), 1872 o. Prof. für Archäologie in Straßburg, KM 1888. - 1 3 6 3 , 5 6 9 ; - II 304. Michaelis, C. Th., um 1885 Lehrer an der Charlottenschule in Berlin. - I 307 Michaelis, Walther H. (geb. 1873), 1898 Dr. phil. Berlin, später Oberstudiendirektor in Halle. - I 508, 533 ff., 538, 542. Michel, Julius von (1843-1911), 1900 o. Prof. für Augenheilkunde in Berlin. - II 358. Mielert, Emma (geb. 1860), nach Ausbildung als Lehrerin für Französisch von 1895 bis 1901 Gasthörerin (klass. und romanische Philologie) an der Berliner Universität. - I I 179. Miller, Bénigne Emmanuel Clément (1812-1886), klass. Philologe, Bibliothekar in Paris. - 1 5 1 , 190. Migne, Jacques Paul (1800-1875), Herausgeber der Patrologiae cursus completus (griech. Serie 162, lat. Serie 221 Bde.), Paris 1844-1866. - I 116. Minghetti, Laura, geb. Acton (1829-1915), Witwe des ital. Ministerpräsidenten Marco Minghetti, Schwiegermutter Bernhard von Bülows. - II 314. Miquel, Johannes von (1828-1901), 1890 bis 1901 preuß. Finanzminister. - I 553; - I I 241. Möbius, Karl (1825-1908), 1888 o. Prof. für Zoologie in Berlin und bis 1905 Direktor des Museums für Naturkunde, OM 1888. - II 350. Möller, Eduard von (1814-1880), preuß. Staatsmann, 1867 bis 1871 Oberpräsident in Kassel. - 1 40. Mönckeberg, Johann (1839-1908), 1905 erster Bürgermeister in Hamburg. - II 365. Moerbeka (siehe Wilhelm von Moerbecke). Mörike, Eduard (1804-1875). - II 73. Mohl, Erwin von, Generalmajor, Sohn des Folgenden, Bruder der Anna von Helmholtz und Cousin Emilie Zellers. - II 91, 94. Mohl, Robert von (1799-1875), 1824 ao. Prof. und 1827 o. Prof. für Staatsrecht in Tübingen, 1847 in Heidelberg; Mitglied des Vorparlaments in Frankfurt a.M. und der Nationalversammlung 18. 5. 1848 bis 30. 5. 1849, MdR 1874/75; Schwager F. C. Baurs. - II 306. Molière (1622-1673), Komödiendichter. - II 265. Moltke, Helmuth Graf von (1800-1891), Generalfeldmarschall, war an der Bildung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt beteiligt; EM 1860. - 1282; - II 88, 366. Mommsen, Ernst (1863-1930), Arzt, Sohn Theodor Mommsens. - II 336.
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Mommsen, Lisbeth, Tochter Theodor Mommsens. - II 315, 369 f. Mommsen, Marie, geb. Reimer (1832-1907), Frau Theodor Mommsens seit 1854. - II 142,197 328, 336. Mommsen, Theodor (1817-1903), Jurist, Historiker, Epigraphiker; 1843 Promotion in Kiel, 1848 ao. Prof. in Leipzig (1850 aus polit. Gründen entlassen), 1852 in Zürich, 1854 o. Prof. für römisches Recht in Breslau, 1858 für alte Geschichte in Berlin, Rektor 1874/75; KM 1853, OM 1858, Sekretär 1874 bis 1895; leitete seit 1858 das Corpus Inscriptionum Latinarum (Berlin 1863 ff.) und wurde zum Initiator des wissenschaftl. Großbetriebes in Deutschland, erhielt 1902 für seine Römische Geschichte (Bd. 1-3, 1854-1856; Bd. 5, 1885) den Nobelpreis für Literatur, schrieb ferner Römisches Staatsrecht (3 Bde., 1871-1888), Ahriß des römischen Staatsrechts (1893), Römisches Strafrecht (1899); gehörte 1863/67 und 1873/82 dem preuß. Abgeordnetenhaus und 1881/84 (Liberale Vereinigung) dem Reichstag an. - I 88, 95 f., 123, 127 137 145, 176, 183, 193f., 196ff., 208, 212, 222, 227 231 f., 239f„ 244, 246f., 250f„ 261 f., 274, 281 f., 294, 297 305, 331, 335 ff., 340, 347 f., 362, 393, 403, 419, 437 444 f., 454ff., 460f., 467 491, 496, 498, 501, 517 535f., 544f„ 554, 559, 585; - II 50f., 55, 61, 73 f., 86 ff., 90, 92 f., 95 f., 100, 102, 111, 115 f., 118, 122, 126 ff., 138, 142, 144, 150, 156, 168, 170, 173, 184, 187f„ 195, 197f., 200, 211 f., 215, 221, 230, 261, 263, 270, 277 284 ff., 294 ff., 300, 302, 307 311, 326, 328, 335 f., 338. dessen 1880 gestorbene Tochter. - 1231. Mommsen, Tycho (1819-1900), klass. Philologe, Bruder Th. Mommsens; 1864 bis 1886 Direktor des städtischen Gymnasiums in Frankfurt/M. - I 65 f., 109, 544 f. Mommsen, Wolfgang (1857-1930), Kaufmann, Sohn Th. Mommsens. - II 370. Mommsen, Anna, geb. Püttmann, Frau des Vorigen seit 1890. - II 370. Monod, Gabriel (1844-1912), Historiker in Paris, Mitbegründer der Revue historique-, KM 1907 - 1229. Mozart, Wolfgang Amadeus (1756-1791). - II 96. Müller, Carl Friedrich Wilhelm (1830 bis nach 1903), 1880 Gymnasialdirektor in Hamburg, später in Breslau; schrieb Plautinische Prosodie (1869). - 1 175, 230. Müller, Cornelius (1793-1879), 1819 bis 1869 Prof. am Hamburger Johanneum. - I 107 Müller, Hermann J., Gymnasialdirektor in Berlin. - I 227 409 f. Müller, Iwan von (1830-1917), Herausgeber des Handbuchs der klassischen Altertumswissenschaft (1886 ff.). - I 360. Müller, Lucian (1836-1898), 1861 Dr. phil. Berlin, 1867 Pd. in Bonn, 1870 Prof. für lateinische Sprache und Literatur am historisch-philologischen Institut in Petersburg. - 1 8 7 f., 90, 416. Müller, Max (1823-1900), Linguist und Religionshistoriker in Oxford, KM 1865, AM 1900. - I 509; - II 83, 86,147 Müller-Breslau, Heinrich (1851-1925), 1888 o. Prof. für Statik der Baukonstruktionen TH Charlottenburg, OM 1901. - II 280. Müller-Strübing, Hermann (1812-1893), klass. Philologe; 1836 in Preußen wegen „Hochverrats" zum Tode verurteilt, 1840 amnestiert, lebte zuletzt in London. - I 115;-II 153.
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Münder, Anna, geb. Dübeil, Schwester von Bertha Diels und Frau des Folgenden seit 1873.-1 85, 8 9 ; - I I 17,139, 235. Münder, Fabrikdirektor in Hamburg, später in Göttingen; Schwager von Hermann D i e l s . - 1 81,85, 8 9 ; - I I 17. dessen Töchter. - II 139, 235. Münzel, Robert (1859-1917), 1883 Dr. phil. Bonn, 1884 Hilfsarbeiter und 1885 Assistent UB Bonn, 1888 Hilfskustos Kgl. Bibliothek Berlin, 1891 Kustos und 1894 Oberbibliothekar UB Marburg, 1899 UB Berlin, 1902 Direktor der Stadtbibliothek Hamburg mit Prof.-Titel. - 11,77, 381, 396, 398, 572 ff. dessen Frau. - I 573 f. Mullach, August (1807-1882), 1853 Pd. und 1868 ao. Prof. für klass. Philologie in Berlin, gab Fragmenta philosophorum Graecorum heraus; 1882 wurde Hermann Diels an seine Stelle berufen. - 1 112,188, 190, 208, 246, 258, 261, 506, 559. Münk, Hermann (1839-1912), Honorarprof. für Physiologie an der Tierärztlichen Hochschule und Universität in Berlin, OM 1880. - II 294. Nägeli, Carl von (1817-1891), 1857 o. Prof. für Botanik in München, KM 1874; schrieb gegen Darwin Mechanisch-physiologische Theorie der Abstammungslehre (1884). - II 143. Nansen, Fridtjof (1861-1930), Polarforscher, KM 1927 - II 230, 232. Napoleon I. (1769-1821), Kaiser der Franzosen. - II 192. Napoleon III., Louis Bonaparte (1808-1873), Neffe Napoleons I., Präsident der Republik 1848 bis 1852, Kaiser der Franzosen 1852 bis 1870. - II 136. Nasse, Erwin (1829-1890), 1860 bis 1890 o. Prof. für Volkswirtschaftslehre in Bonn; gründete 1880 das Staatswissenschaftliche Seminar; Rektor 1872/73. - I 39Z Natorp, Paul (1854-1924), Philosoph; studierte 1871 bis 1875 in Berlin, Bonn (bei Usener) und Straßburg; 1881 Pd., 1885 ao. Prof. und 1892 o. Prof. in Marburg. - I 345, ÒA7, 350 f., 362; - II 55, 67, 72, 102, 268, 301, 372. Nau, François, Herausgeber der Patrologia orientalis. - I 583. Nauck, August (1822-1892), 1853 Adjunkt am Joachimsthalschen Gymnasium und 1858 Lehrer am Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin, 1861 o. Akademiker für klass. Philologie und (seit 1869) zugleich Prof. für griech. Literatur in Petersburg; KM 1861. - I 88, 162,192, 35? 391, 445. Naumann, Otto (1852-1925), 1888 Vortragender Rat und 1907 bis 1918 Ministerialdirektor der Hochschulabteilung im preuß. Kultusministerium. - II 215. Nernst, Walther (1864-1941), 1891 ao. Prof. und 1894 o. Prof. für physikalische Chemie in Göttingen, 1905 bis 1922 in Berlin, 1922 bis 1924 Präsident der PhysikalischTechnischen Reichsanstalt und 1925 bis 1932 (em.) Direktor des Physikalischen Instituts in Berlin; OM 1905, Nobelpreis 1920. - II 350. Nerrlich, Paul (1844-1904), Prof. am Askanischen Gymnasium in Berlin; bekämpfte die Ansicht von der Mustergültigkeit des klass. Altertums. - II 81, 129, 249. Neubauer, Adolf, Bibliothekar in Oxford. - I 458, 568. Neuhäuser, Joseph (1823-1900), 1857 Pd., 1863 ao. Prof. und 1869 o. Prof. für Philosophie in Bonn (zuständig für die philosophische Ausbildung der kathol. Theologen); Rektor 1888/89. - I 432; - III 409.
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Neumann, Karl Johannes (1857-1917), 1880 Promotion in Leipzig, 1881 Habilitation in Halle, 1884 ao. Prof. und 1890 o. Prof. für alte Geschichte in Straßburg. - I 233. Nicole J . - 1473. Niebuhr, Barthold Georg (1776-1831), Historiker und preuß. Staatsmann, O M 1810. -1555. Niemeyer, Konrad (1828-1903), klass. Philologe, 1869 bis 1890 Gymnasialdirektor in Kiel. - 1 92. Niese, Benediktus (1849-1910), 1872 Dr. phil. Kiel, 1873 bis 1876 Studien in Italien und Paris, 1876 Pd. in Göttingen, 1877 ao. Prof. und 1879 o. Prof. für alte Geschichte und klass. Philologie in Marburg, 1881 in Breslau, 1885 wieder in Marburg, 1906 in Halle; KM 1905. - 1 112,151, 258, 310, 546. Nietzsche, Friedrich (1844-1900), Philosoph und Lyriker; 1864 Abitur Schulpforte, nach Studium der Theologie und klass. Philologie in Bonn und Leipzig (1869 Dr. phil.) auf Initiative Wilhelm Vischers (1808-1874) und Empfehlung Ritschis, der sich Usener anschloß, 1869 ao. Prof. (1870 bis 1879 o. Prof.) für griechische Sprache und Literatur in Basel. - I 79,122, 162,436; - II 184 f., 248, 285, 307 370 f. Nikolaus II., Alexandrowitsch (1868-1918), Zar von Rußland 1894 bis 1917 - II 77 Nikon, eigtl. Nikita Minow (1605-1681), 1652 bis 1666 Patriarch von Moskau. - 1117 Nissen, Heinrich (1839-1912), 1867 Pd. in Bonn, 1869 ao. Prof. und 1870 o. Prof. für alte Geschichte in Marburg, 1877 in Göttingen, 1878 in Straßburg, 1884 Nachfolger A. Schäfers in Bonn; Dekan 1890/91, Rektor 1894/95, KM 1900. - I 41, 54, 408, 420, 424 ff., 473, 480, 531, 555, 557f„ 569. Nöldechen, Ernst. - I 337 Nöldeke, Theodor (1836-1930), 1868 o. Prof. für orientalische Sprachen in Kiel, 1872 in Straßburg; KM 1878, A M 1900. - I 511; - II 320 f. Nohl, Hermann (1879-1960), 1904 Dr. phil. Berlin (Schüler Diltheys), 1908 Pd. und 1919 ao. Prof. in Jena, 1920 o. Prof. für Philosophie und Pädagogik in Göttingen. - I I 352. Norden, Eduard (1868-1941), 1886 bis 1891 Studium in Bonn und (1887/88) Berlin, 1891 Promotion in Bonn, 1892 Habilitation in Straßburg, 1893 ao. Prof. und 1895 o. Prof. in Greifswald, 1898 in Breslau, 1906 bis 1935 (em.) in Berlin; O M 1912 (bis 1938), Rektor 1927; emigrierte 1939 in die Schweiz. - I 358, 360, 462, 578; - II 281, 336. Novidomius (siehe Neuhäuser). Oldenberg, Hermann (1854-1920), 1881 ao. Prof. für Sanskrit in Berlin, 1889 o. Prof. in Kiel, 1908 bis 1920 in Göttingen. - I 396, 400; - II 83, 85 f., 88, 113, 300, 304. Olivier, Frank, 1895 Dr. phil. Berlin. - I 93 f., 97 Opholzer (siehe Oppolzer). Oppolzer, Johann (seit 1896) Ritter von (1808-1871), Mediziner; bedeutend durch Lehrtätigkeit in Prag, Leipzig und ab 1850 in Wien. - I 305. Orterer, Georg von (1849-1916), Gymnasialprof. (Rektor) in München und Mitglied des obersten Schulrates; M d R (Zentrum) 1884 bis 1892; Verdienstorden der Bayerischen Krone (persönl. Ritterstand) 1901. - II 311.
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Oskar II. (1829-1907), König von Schweden seit 1872; EM 1897 - II 182. Paetel: Berliner Verlag (Gebr. Paetel). - II 57 Pagenstuber, Arzt in Wiesbaden. - I 324. Panizza, Oskar (1853-1921), 1880 Dr. med. München, Schriftsteller; u.a. Dämmrungsstücke (1890), Aus dem Tagebuch eines Hundes (1892), Visionen (1893), Die unbefleckte Empfängnis der Päpste (1893), Der teutsche Michel und der römische Papst (1894); verbüßte 1895/96 einjährige Haftstrafe für die Tragödie Das Liebeskonzil (1894) - wegen Gotteslästerung - , lebte 1896 bis 1898 in Zürich. - I 536. Papadopulos-Kerameus, Athanasios, klass. Philologe. - I 429. Pappenheim, Eugen, Oberlehrer am Köllnischen Gymnasium in Berlin. - II 268 f. Paton, William R. (gest. 1921). - I 417 Pauli, Carl (1839-1901), begründete das Corpus Inscriptionum Etruscarum, hrsg. 1893 bis 1936 mit finanzieller Unterstützung der Berliner und Leipziger AdW - 1451. Paulus, um 1894 Gymnasialdirektor in Weilburg. - I 476. Paulsen, Emilie, geb. Ferchel (Pflegetochter J. v. Gruners, gest. 1883), Frau Friedrich Paulsens seit 1877 - II 219. Paulsen, Friedrich (1846-1908), studierte 1866 in Erlangen Theologie und 1867 bis 1871 in Berlin Philosophie, 1875 Pd., 1878 ao. Prof. und 1894 o. Prof. für Philosophie und Pädagogik in Berlin. - II 79 f., 82,119,125,129, 133, 219, 229, 249, 266 f., 386. Pauly, Franz (1827-1885), klass. Philologe, Gymnasialdirektorin Eger. - 1188. Peabody, Francis Greenwood (1847-1936), Professor for Christian Moral at HarvardUniversity, Cambridge, Mass.; 1905/06 im Rahmen des Professorenaustausches in Berlin. - II 366. Pedro II. (1825-1891), Kaiser von Brasilien 1831 bis 1889; EM 1882. - II 87 Peppmüller, Rudolf (1843-1911), 1868 bis 1886 Gymnasiallehrer in Halle/S., 1886 Direktor in Seehauen i.A., 1889 in Stralsund. - I 264. Pernice, Alfred (1841-1901), 1881 o. Prof. für römisches Recht in Berlin, OM 1884. II 179, 224, 295 f., 299. Pernice, Erich (1864-1945), studierte 1884 bis 1889 in Bonn klass. Philologie und Archäologie, 1895 Pd. für Archäologie in Berlin und Assistent am Alten Museum, 1903 bis 1933 (em.) o. Prof. in Greifswald. - I 389, 473. Pernice, Frau Dr., geb. Pernice. - II 221. Perrot, Georges (1832-1914), 1877 Prof. für Archäologie und 1883 bis 1904 Direktor der École normale supérieure in Paris; KM 1884. - II 274. Peter der Große (1672-1725), russ. Zar seit 1682. - 1 11^ 119. Petersen, Eugen (1836-1919), studierte 1854 bis 1859 in Kiel und Bonn klass. Philologie und Archäologie, 1859 bis 1861 in Italien, 1862 in London, danach Habilitation in Erlangen; 1864 Schuldienst in Husum, 1869 in Ploen, 1873 Prof. in Dorpat, 1879 in Prag, 1886 erster Sekretär des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen, 1887 bis 1905 erster Sekretär des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom; ed. Theophrasts Charaktere (Leipzig 1859). - I 56. Pettenkofer, Max von (1818-1901), Hygieniker; 1847 ao. Prof. und 1853 bis 1894 (em.) o. Prof. in München, 1889 Präsident der Bayerischen AdW; AM 1898. - II 201, 203.
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Peyron, Amadeo (1785-1870), 1815 Prof. für orientalische Sprachen in Turin; KM 1836.-1370. Pfaffius (eigentl. Pfaff), Christoph Matthaeus (1686-1760), Theologieprofessor in Tübingen. - 1 122. Pfeffer, Henriette, geb. Volk, Frau des Folgenden seit 1884. - II 219. Pfeffer, Wilhelm (1845-1920), Botaniker; 1871 Pd. in Marburg, 1873 ao. Prof. in Bonn, 1877 o. Prof. in Basel, 1878 in Tübingen, 1887 Direktor des Botanischen Instituts in Leipzig; KM 1889.-II219. Pfeiffer. - 1 35. Pfleiderer, Edmund (1842-1902), 1877 o. Prof. für Philosophie in Tübingen, Bruder des Folgenden. - I 366, 380; - II 57, 147 177f., 198, 200, 202, 257 260, 309, 312; - I I I 408. Pfleiderer, Otto (1839-1908), 1875 o. Prof. für systematische Theologie und Neues Testament in Berlin, Leiter des Katechetischen Seminars; Rektor 1894/95. - II 72, 74, 76, 89 f., 92, 101 f., 110, 177,198, 243, 315, 319; - III 408. Philippi, Friedrich (geb. 1853), 1876 Dr. phil. Bonn, 1888 Staatsarchivar in Osnabrück, 1897 Archivdirektor in Münster und o. Honorarprof. für Geschichte. - I 329. Philippson, Ludwig M.; publizierte 1831 einen Sammelband mit Schriften Theophrasts. - 1 139, 143,145, 398. Piccolomini, Enea, klass. Philologe in Florenz; mit Diels aus Berliner Studienzeit bekannt. - I 50 ff., 306. Pick, Behrendt (geb. 1861), Numismatiker; 1889 Habilitation in Zürich, 1896 ao. Prof. und 1912 o. Honorarprof. in Jena; 1899 Direktor des Münzkabinetts in Gotha. - 1 5 5 6 f., 559. Pischel, Richard (1849-1908), 1875 ao. Prof. und 1877 o. Prof. für Sanskrit und vergleichende Sprachwissenschaft in Kiel, 1885 in Halle, 1902 in Berlin; OM 1902. - II 307 Pius VII. (1742-1823), Papst seit 1800; erneuerte 1814 den Jesuitenorden. - II 306. Planck, Max von (1822-1900), 1878 Gymnasialdirektor und 1895 bis 1898 Direktor der Kultministerial-Abteilung für Gelehrten- und Realschulen in Stuttgart. - II 266. Piasberg, Otto (1869-1924), klass. Philologe, 1892 Dr. phil. Berlin, 1901 Pd. in Straßburg, 1903 ao. Prof. und 1909 o. Prof. in Rostock, 1909 in Prag, 1911 bis 1917 in Straßburg, 1919 in Hamburg. - I 422, 424, 427 Platen, August Graf von (1796-1835). - II 201. Pöhlmann, Robert von (1852-1914), 1884 ao. Prof. und 1886 o. Prof. für alte Geschichte in Erlangen, 1901 in München; arbeitete über Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Antike. - II 88 f. Poland, Franz (1857 bis nach 1942), 1885 Dr. phil. Leipzig, 1909 bis 1923 Gymnasialdirektor in Dresden; übersetzte Aristoteles' Staat der Athener (1891). - II 119,131. Poppelreuter, Hubert, 1883 Dr. phil. Bonn, später Gymnasialdirektor in Bedburg. -1266,268,271,281. Post, Julius (1846-1910), Sozialpolitiker; Dozent (chemische Technologie) an der TH und Vortragender Rat im Ministerium für Handel und Gewerbe in Berlin; wohnte um 1900 Berlin W Kleiststr. 27 - II 358 Pracht, Karl (geb. 1866), Bildhauer und Medailleur in Berlin. - II 93.
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Praechter, Karl (1858-1933), klass. Philologe und Philosophiehistoriker in Bern, später in Halle. - I I 307, 317 f. Prantl, Carl von (1820-1888), 1847 ao. Prof. und 1859 o. Prof. für klass. Philologie (1864 für Philosophie) in München; KM 1874; ed. Aristoteles' Physik (griech.-dt. 1854 und bei Teubner 1879). - I 288 f. Preller, Ludwig (1809-1861), klass. Philologe; 1838 Prof. in Dorpat, 1846 in Jena und 1847 Oberbibliothekar in Weimar; KM 1855. - I 289; - II 212, 216 f., 317 f. Preuschen, Erwin (1867-1920), Theologe; 1897 Gymnasiallehrer in Darmstadt, 1908 Pfarrer in Hirschhorn am Neckar, 1915 ao. Prof. für Neues Testament in Heidelberg, 1918 Pfarrer in Hausen; beteiligte sich an mehreren kirchenhistorischen Unternehmen. - I 545. Preuschen-Telmann, Hermione (Hermine) Freiin von (1854-1918), Malerin und Dichterin; ihre „historischen Stilleben" und symbolistischen Bilder wie Mors Imperator (1887) wurden damals viel diskutiert. - II 160. Preuß, Hugo (1860-1925), demokratischer Politiker; 1889 Pd. für Staats- und Verwaltungsrecht in Berlin, 1906 Prof. für öffentliches Recht an der Berliner Handelshochschule (Rektor 1918); nach der Revolution 1918 Staatssekretär und 1919 (bis Sommer) Minister des Innern. - II 252. Pringsheim, Nathanael (1823-1894), 1851 Pd. in Berlin, 1864 o. Prof. für Botanik in Jena, 1868 in Berlin; OM 1860, EM 1864, OM 1868. - II 71, 73 f., 88,103. Prym, Eugen (1843-1913), Orientalist; 1870 Pd., 1875 ao. Prof. und 1890 o. Prof. in Bonn. -1558. Puchstein, Otto (1856-1911), Archäologe. - I 265, 282, 287 Pulcher (siehe Alfred Schöne). Rabbow, Paul (geb. 1867), studierte um 1891 in Bonn, später Assistent am Philologischen Seminar in Göttingen. - I 413. Rabe, Hugo (1867-1932), klass. Philologe; 1890 Dr. phil. Bonn, später Gymnasialprof. in Hannover. - I 408, 41^ 429, 433, 498. Radermacher, Ludwig (1867-1952), klass. Philologe; 1891 Dr. phil. Bonn, 1892 bis 1896 Schuldienst in Bonn, Prüm und Saarlouis, 1897 Habilitation in Bonn, 1903 ao. Prof. in Greifswald, 1906 in Münster, 1909 bis 1937 (em.) o. Prof. in Wien. - I 472, 498, S\7, 519, 529 f., 536, 539, 543 f., 565, 577f. Ranke, Leopold von (1795-1886), 1825 ao. Prof. und 1833 o. Prof. für Geschichte in Berlin, 1841 zugleich Historiograph des preußischen Staates; OM 1832. - I 336, 373. Rapp, Ernst (1806-1879), Pfarrer, lebte ab 1867 als Pensionär in Stuttgart; Studienfreund von D. F. Strauß. - II 117 Rasano, Giambattista (1517-1578) Arzt und Galenübersetzer aus Venedig. - 1117,119 f. Rasmus, Eduard, 1858 Dr. phil. Berlin, Gymnasiallehrer in Frankfurt/O. - I 79. Rassow, Hermann (geb. 1819), Geh. Hofrat und Direktor in Weimar. - I 38 f., 64, 73; - I I 276 f. dessen Sohn. - II 276. Rath, Ad. v o m - I I 333. Rautenberg, Ernst, Oberlehrer (später Direktor) am Johanneum in Hamburg. - I 84, 88. Rehmke, Johannes (1848-1930), 1884 Pd. in Berlin, 1885 ao. Prof. und 1887 bis 1922 o. Prof. für Philosophie in Greifswald. - II 216.
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Reichenbach, Photograph (?). - II 164. Reichensperger, August (1808-1895), Mitbegründer der kathol. Zentrumspartei; seine Biographie (2 Bde., Freiburg i.B. 1899) verfaßte Ludwig Pastor. - II 266 f. Reimer, Georg (1804-1885), Berliner Verlagsbuchhändler; die Firma „Georg Reimer" wurde 1884 von Ernst Reimer, der seit 1865 Prokurist und 1876 Teilhaber war, fortgeführt. - I 137, 139, 144 f., 153, 165, 169, 191, 194, 304 ff., 362, 368, 43^ 489 ff.; - I I 37 41, 64, 80,115,166. Reimer, Hans (siehe Weidmann). Reinach, Salomon (1858-1932), klass. Philologe und Archäologe, Bruder des Folgenden. - II 274. Reinach, Théodore (1860-1928), 1888 bis 1906 Redakteur der Revue des Études Grecques. - II 206, 209. Reinhardt, Carl (1849-1923), klass. Philologe; 1873 Dr. phil. Bonn, 1874 bis 1880 Lehrer in Essen, Bielefeld und Münster, 1880 Oberlehrer am städtischen Gymnasium in Frankfurt/M., 1884 Gymnasialdirektor in Detmold, 1886 in Frankfut/M., 1904 bis 1918 Vortragender Rat für höheres Schulwesen im preuß. Kultusministerium. - 1 2 9 0 , 292, 409 f., 580. dessen Frau. - I 580. Reinhardt, Leopold (1850 bis ?), klass. Philologe; studierte W 1868/69 in Bonn, 1872 Probekandidat in Hadersleben, später Oberlehrer in Bunzlau und (um 1905) Gymnasialdirektor in Wohlau. - I 82. Reinstorff, Ernst, klass. Philologe, Prof. am Johanneum in Hamburg. - I 91. Reiske, Johann Jacob (1716-1774), Philologe, Prof. in Leipzig und Rektor der Nikolaischule. - 1 165, 220, 381. Reisland, R„ Verleger in Leipzig. - I 340; - II 70 f., 93, 191, 196, 210, 260, 291, 352, 376, 381. Reitz, Gymnasiallehrer in Frankfurt a.M. - 1109. Reitz, J., Habilitand 1898 in Straßburg. - II 202. Reitzenstein, Richard (1861-1931), klass. Philologe; 1888 Pd. in Breslau, 1889 ao. Prof. in Rostock, 1892 o. Prof. in Gießen, 1893 in Straßburg, 1911 in Freiburg i.B., 1914 bis 1928 (em.) in Göttingen. - II 205. Renan, Ernest (1823-1892), Orientalist, Philosophie- und Religionshistoriker in Paris, KM 1859. - I 270; - III 405. R e q u i n . - 1 5 8 9 f. Reuchlin, Johannes (1455-1522), Begründer der dt. klassischen Philologie. - II 131. Revillout, Eugène, klass. Philologe in Paris. - I 451. Rhoden (siehe Rohden). Ribbeck, Emma, Frau des Folgenden. - II 299. Ribbeck, Otto (1827-1898), klass. Philologe, Schüler Ritschis in Bonn; 1859 o. Prof. in Bern, 1861 in Basel, 1862 in Kiel, 1872 in Heidelberg, 1876 Nachfolger Ritschis in Leipzig; KM 1896. - I 75, 230; - II 66,193, 211, 216, 218, 299. Ribittus.-148, 51. Riccoboni, klass. Philologe, um 1884 in Venedig. - I 312. Richard, Hermann, Lehrer am Realgymnasium des Johanneums in Hamburg. - I 92 f.
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Richelieu (1585-1642), Kardinal und Staatsmann in Paris. - II 110. Richter, Ernst, klass. Philologe, 1885 Dr. phil. Bonn, später Oberlehrer in Berlin. - 1 2 6 3 , 268, 270, 277, 286, 302, 309, 311, 321, 434, 437 498. Richter, Otto (1843-1918), Gymnasialdirektor in Berlin. - I 412. Richthofen, Ferdinand Freiherr von (1833-1905), Geograph, Begründer der mod. Geomorphologie; 1875 o. Prof. in Bonn, 1883 in Leipzig, 1886 in Berlin; Dekan 1894/95, Rektor 1903/04; KM 1881, O M 1899. - II 95, 102,125,137 140, 366. Riedler, Alois (1850-1936), Technikwissenschaftler in Berlin. - II 280. Riehl, Alois (1844-1924), Philosoph; 1873 ao. Prof. und 1878 o. Prof. in Graz, 1882 in Freiburg i.B., 1885 in Kiel, 1898 in Halle, 1905 in Berlin. - II 200, 362, 364, 366. Riese, Alexander (1840-1922), klass. Philologe, Gymnasialprof. in Frankfurt a.M. - 1 6 5 , 70,109, 188, 192, 235. Rinne, Prof., Chirurg. - II 98. Ritsehl, Friedrich Wilhelm (1806-1876), klass. Philologe; 1829 Pd. und 1832 ao. Prof. in Halle, 1833 ao. Prof. und 1834 o. Prof. in Breslau, 1839 in Bonn (im Nebenamt seit 1854 Direktor der UB); ging 1865 nach einem Zerwürfnis mit O. Jahn nach Leipzig; KM 1845. - I 44, 46, 75,126,161,188, 238, 297 359, 481; - II 175, 184. Ritter, Heinrich (1791-1869), 1817 Pd., 1823 ao. Prof. und 1825 o. Prof. für Philosophie in Berlin, 1833 in Kiel, 1837 bis 1869 in Göttingen; O M 1832, AM 1834. -11212,217318. Robert, Carl (1850-1922), klass. Philologe und Archäologe; 1868 bis 1870 Studium in Bonn, 1873 Dr. phil. Berlin, Studien in Italien und Griechenland, 1876 Pd., 1877 ao. Prof. und 1880 o. Prof. in Berlin, 1890 in Halle; KM 1907 - I 34, 40 f., 45, 145, 183, 203, 251, 317 336, 396 f., 400, 562; - II 297 Robinson, Joseph Armitage (1858-1933), 1893 bis 1899 Theologieprofessor in Cambridge, 1899 Kanonikus und 1902 Dekan von Westminster, 1911 von Wells; Gründer und Herausgeber der "Texts and Studies" (1891 ff.). - 1446. Rodenberg (eigtl. Levi), Julius (1831-1914), Schriftsteller, Herausgeber der 1874 von ihm begründeten Deutschen Rundschau. - II 247 Rodier, Georges, Philosophiehistorikerin Bordeaux. - I 104, 108. Roediger, Maximilian (1850-1918), Herausgeber der Deutschen Literaturzeitung (1880/ 86); 1880 Pd., 1883 ao. Prof. für Germanistik in Berlin. - I 212, 223, 230; - II 285. Roehl, Hermann, klass. Philologe, 1869 Dr. phil. Berlin, Oberlehrer am Askanischen Gymnasium in Berlin, später Gymnasialdirektor. - II 256. Röntgen, Wilhelm Conrad (1845-1923), entdeckte 1895 die von ihm als X-Stahlen bezeichneten Röntgenstrahlen (Nobelpreis 1901); 1879 o. Prof. für Physik in Gießen, 1888 in Würzburg, 1900 bis 1920 in München; KM 1896, AM 1920. - II 163, 221, 224. Röper, Gottlieb (1812-1886), klass. Philologe, Gymnasialprof. in Danzig. - 1162. Roth „oder ähnlich" (gemeint ist vermutl. E Rühl). - I 44. Roth, Eduard Maximilian (1807-1858), 1840 Pd., 1846 ao. Prof. und 1850 o.Prof. für Philosophie und Sanskrit in Heidelberg; schrieb Geschichte unserer abendländischen Philosophie (2 Bde., Mannheim 1846/58). - I 215. Roethe,- Gustav (1859-1926), 1886 Pd., 1888 ao. Prof. und 1890 o. Prof. für deutsche
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Sprache und Literatur in Göttingen, 1902 bis 1926 in Berlin; OM 1903, Sekretär 1911 bis 1926, Rektor 1923. - I 582; - II 304, 321, 358, 391. Rohde, Erwin (1845-1898), klass. Philologe; 1865 bis 1869 Studium in Bonn, Leipzig und Kiel, 1869 Dr. phil. Kiel, 1869/70 Studien in Italien, 1870 Pd. und 1872 ao. Prof. in Kiel, 1876 o. Prof. in Jena, 1878 in Tübingen, 1886 in Leipzig, 1886 in Heidelberg. - I 193 f., 205, 251 f., 431, 511, 522; - II 37 f., 202, 307 Rohden, Hermann von (1852-1916), studierte 1870 bis 1875 in Bonn klass. Philologie; später Gymnasialprof. in Hagenau i.E. - 1 108, 122,129. Rommel, Wilhelm, Senatspräsident des Ober-Verwaltungsgerichts, 1872 bis 1886 Vortragender Rat im Handelsministerium; starb 62jährig am 16. 12. 1899. - I I 9 6 , 111, 179, 252,25^342. Roquette, Adalbert (1861-1907), klass. Philologe, 1884 Dr. phil. Königsberg, 1891 bis 1907 Bibliothekar U B Göttingen. - I 335. Rose, Valentin (1829-1916), klass. Philologe, Aristoteles-Forscher; Direktor der Handschriftenabteilung der Kgl. Bibliothek in Berlin. - I 132, 148, 150, 152 ff., 159 f., 209, 310,312, 344, 452,474. Rossbach, Otto (1858-1931), 1882 Dr. phil. Rostock, 1886 Pd. in Breslau, 1890 ao. Prof. in Kiel, 1895 o. Prof. für Archäologie und klass. Philologie in Königsberg, zugleich Lehrer an der Kgl. Kunstakademie und Direktor der archäologischen Sammlung sowie des Münzkabinetts der Universität. - I 468. Rossel, Karl (1815-1872), Onkel von Hermann Diels; 1837 Dr. phil. Göttingen (De philosophia Socratis), Lehrer am Pädagogium in Wiesbaden, dann Konrektor am Pädagogium in Dillenburg (1850 aus polit. Gründen entlassen), 1851 Sekretär des Vereins für nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung in Wiesbaden, 1866 bis 1869 Staatsarchivar in Idstein; unterstützte die akademische Ausbildung seines Neffen. - I 36, 46 f., 59, 64, 69, 71 f. Rossi, Giovanni Battista de (1822-1894), Archäologe in Rom, KM 1853, AM 1875. - I 467; - II 73 f. Rostagno, Dr., Bibliothekar in Florenz. - I 459. Rothstein, Max (geb. 1859), klass. Philologe, 1880 Dr. phil. Berlin, 1887 Pd. und 1924 bis 1935 (Lehrbefugnis entzogen) ao. Prof. in Berlin. - I 468; - II 253. Rottenburg, Franz von (1845-1907), Jurist; 1891/96 Unterstaatssekretär im Reichsamt des Innern, 1896 bis 1907 Kurator der Universität Bonn. - I 549. Rubensohn, Max. - I 583. Rubo, Ernst Traugott (1834-1895), 1870 Pd. und 1876 ao. Prof. für Strafrecht in Berlin. - I I 91. Rücken. - II 375. Rühl, Franz (1845-1915), 1867 Dr. phil. Marburg, 1871 Pd. in Leipzig, 1875 ao. Prof. in Dorpat, 1876 bis 1911 (em.) o. Prof. für alte Geschichte in Königsberg. - 1 2 3 1 , 335. Rühle, Hugo (1824-1888), Internist; 1864 o. Prof. und Direktor der medizinischen Klinik in Bonn, Rektor 1880/81. - I 332, 373. Ruelle, E m i l e . - 1 9 9 f., 109 f. Ruhnken, David (1723-1798), Humanist; wurde von F. A. Wolf in der Widmung des Homer als „Princeps criticorum" bezeichnet. - I 317
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Rutherford, William Gunion (1853-1907), klass. Philologe, 1883 bis 1901 Schulleiter in Westminster. - 1 467 von S. - I 209. Sachau, Eduard (1845-1930), 1875 o. Prof. für orientalische Sprachen in Berlin, 1887 Seminardirektor; OM 1887 - I 209, 430; - II 75, 79, 230, 234, 241, 284, 320. Sämisch, Theodor (1833-1909), 1873 bis 1907 (em.) o. Prof. für Augenheilkunde und Direktor der Universitäts-Augenklinik in Bonn. - I 531, 537 Sakmann, Paul (1864-1937), Philosophiehistoriker in Stuttgart. - II 377f. Sarwey, Otto von (1825-1900), 1885 kgl. württemb. Staatsminister des Kirchen- und Schulwesens in Stuttgart. - II 266. Sathas, Konstantinos, Herausgeber und Übersetzer. - 1 106,112,124. Sauppe, Hermann (1809-1893), 1856 bis 1893 o. Prof. für klass. Philologie in Göttingen, KM 1861. - I 43, 45, 246, 344, 398,420, 424; - II 17 Saur, Gymnasialdirektor in Saarburg. - I 64 f. Savigny, Friedrich Karl von (1779-1861), 1810 bis 1842 o. Prof. für römisches Recht in Berlin, OM 1811, Rektor 1812/13; 1842 bis 1848 Minister für Gesetzesrevision; die Savigny-Stiftung bestand seit 1863. - I 362. Scaliger, Joseph Justus (1540-1609), Begründer der wiss. Epigraphik. - 1444. Schaarschmidt, Carl (1822-1908), 1845 Dr. phil. Berlin, 1849 Pd. in Bonn, 1853 Oberlehrer in Berlin, 1854 Sekretär UB Bonn (1859 ao. Prof. für Philosophie, 1895 o. Honorarprof.), 1881 bis 1901 Direktor der UB Bonn. - 1232, 255, 265, 456, 538, 558, 574. Schady, Wilhelm, klass. Philologe, 1869 Dr. phil. Bonn. - I 40 f., 43, 46, 59, 78, 80, 92 f., 95 f., 102,115, 121,292. dessen Frau. - I 92. Schäfer, Arnold (1819-1883), Historiker; 1842 Dr. phil. Leipzig, Lehrer in Dresden, 1851 in Grimma, 1857 o. Prof. für alte Geschichte in Greifswald, 1865 in Bonn; Rektor 1871/72, KM 1874. - I 75, 274, 277, 284, 299, 303. Schäfer, Dietrich (1845-1929), 1903 o. Prof. für mittlere und neuere Geschichte in Berlin, OM 1903. - I 584ff.; - II 310f., 327 Schäfer, Fr., Autor einer gegen Zeller gerichteten Dissertation (Leipzig 1877) über die Meinung der Griechen zum Ursprung ihrer Philosophie. - 1162. Schäfer, Wilhelm, Neffe Arnold Schäfers, Mathematiklehrer in Flensburg. - I 75. Schaffner, E.: Pseudonym, unter dem Usener seine Novelle Die Flucht vor dem Weibe veröffentlichte. - 1 470. Schanz, Martin (1842-1914), 1867 Pd., 1870 ao. Prof. und 1874 o. Prof. für klass. Philologie in Würzburg; seine kritische Platon-Ausgabe (Leipzig 1875 ff.) blieb unabgeschlossen. - 1164; - II 183,185. Schaper, Fritz (1841-1919), Bildhauer, 1880 Mitglied der Berliner Akademie der Künste; Marmorbüste Eduard Zeller (1886). - I 348; - II 176,232, 236. Schaper, Karl Julius Heinrich (1828-1886), 1872 bis 1886 Direktor des Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin. - 1161. Schaubach, Johann Konrad (1764-1849), Astronomiehistoriker, 1821 bis 1835 Gymnasialdirektor in Meiningen. - 1131.
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Scheffer-Boichorst, Paul (1843-1902), 1871 Mitarbeiter der Monumenta Germaniae histórica in Berlin, 1875 ao. Prof. für Geschichte in Gießen, 1876 o. Prof. in Straßburg, 1890 in Berlin; Dekan 1895/96, O M 1899. - I 400; - II 101, 116, 125, 140, 144, 194, 199, 241, 304f., 310, 313. Schenkl, Heinrich (1859-1919), klass. Philologe. - II 72. Scherer, Marie, geb. Leeder, Frau Wilhelm Scherers. - I 68, 197 219, 263, 271, 305, 315, 347 Scherer, Mie, Tochter der Vorigen. - II 305, 315, 356. Scherer, Wilhelm (1841-1886), 1868 o. Prof. für Germanistik in Wien, 1872 in Straßburg, 1877 in Berlin; KM 1875, O M 1884. - 148, 230, 340; - II 125. Scheurenberg, Josef (1846-1914), 1893 Prof. an der Berliner Akademie der Künste; Bildnis Geh.-Rat Zeller (National-Galerie Berlin). - II 225. Schiades, Athanasius, katalogisierte 1722/23 die Moskauer Handschriftensammlung. - 1117 Schiaparelli, Giovanni Virginio (1835-1910), 1862 bis 1900 Direktor der Sternwarte in Mailand, KM 1879, AM 1904. - 1 144; - II 213. Schiff, Alfred, Dr., Athen. - II 331. Schiller, Friedrich (1759-1805). - II 352 f., 358 f. Schiller, Hermann (1839-1902), Historiker und Pädagoge; 1876 bis 1899 Gymnasialdirektor in Gießen, zugleich o. Prof. für Pädagogik an der Universität (aus polit. Gründen entlassen und zuletzt Pd. in Leipzig); fragte am 17 1. 1883 bei Diels an, ob ihn die Philosophische Fakultät Gießen als Nachfolger des Philosophen E. K. L. Bratuscheck (1837-15.1.1883) primo loco vorschlagen dürfe. - 1283 f. Schipper, Jakob (1842-1915), Anglist; 1867 Dr. phil. Bonn, 1877 o. Prof. in Wien. - I I 102. Schirmacher, Käthe (1865-1930), zunächst Lehrerin für Französisch und Deutsch in Liverpool und Danzig, 1893 Teilnahme am internationalen Frauenkongreß in Chicago, 1895 Dr. phil. Zürich, dann als Schriftstellerin und Journalistin in Paris oder auf Vortragsreisen (Deutschland, Osterreich, Schweiz, Belgien, Frankreich) im Dienste der Frauenbewegung tätig. - II 160. Schlatter, Adolf von (1852-1938), Theologe; 1881 Pd. und 1888 o. Prof. in Bern, 1888 in Greifswald, 1893 in Berlin, 1898 in Tübingen. - II 195. Schleiermacher, Friedrich (1768-1834), Theologe und Philosoph, O M 1810, Sekretär 1815 bis 1834. - 1481; - II 37 182. Schmekel, August (1857-1934), klass. Philologe und Philosoph in Greifswald. - I 556; - I I 268, 317 f. Schmid, Wilhelm (1859-1951), klass. Philologe, 1893 ao. Prof. und 1898 bis 1927 (em.) o. Prof. in Tübingen. - I 431. Schmidt, Bernhard (geb. 1837), klass. Philologe, 1865 Pd. in Jena, 1872 o. Prof. in Freiburg i . B . - 1 5 0 5 . Schmidt, Erich (1853-1913), Germanist, 1886 o. Prof. in Berlin, O M 1895, Rektor 1909/10. - II 75, 80, 86, 96 122 148,177f., 295, 308, 311, 328, 391. Schmidt, Johannes (1843-1901), 1868 Pd. und 1872 ao. Prof. für vergleichende Sprachwissenschaft in Bonn, 1873 o. Prof. in Graz, 1876 in Berlin; O M 1884. - I 553 f., 562; - II 114,137 139, 289, 291, 296.
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Schmidt, Leopold (1824-1892), klass. Philologe; 1847 Pd. und 1857 ao. Prof, in Bonn, 1863 o. Prof, in Marburg. - I 41,118; - II 84. Schmidt, Luise, geb. Schwabe, Frau des Linguisten Johannes Schmidt seit 1873. - I 562. Schmidt, Max, (1802-1841), Rektor der Latina und Kondirektor der Franckeschen Stiftungen in Halle. - I 344, 348. Schmidt, Moriz (1823-1888), klass. Philologe; 1857 ao. Prof., 1864 o. Honorarprof. und 1869 o . P r o f . in Jena. - 1235. Schmidt, Wilhelm (1862-1905), Mathematik- und Technikhistoriker, Oberlehrer für alte Sprachen in Braunschweig, zuletzt in Helmstedt; gab Werke Herons mit Ubersetzung heraus. - 1 490. Schmidt-Zabiérow, Franz Freiherr von (1826-1899), Landespräsident von Kärnten bis 1 8 9 8 . - I I 107 256. Schmidt-Zabiérow, Ida von, geb. von Mohl, Schwester Anna von Helmholtz', Cousine Emilie Zellers und Frau des Vorigen. - II 10^ 256. Schmitt, A. - 1137 Schmitt, Richard (1858-1940), 1898 bis 1925 (em.) ao. Prof. für Geschichte in Berlin. - I I 241. Schmitthenner, Wilhelm (1867-1932), studierte in Bonn und Berlin klass. Philologie, später Oberlehrer in Hadamar. - I 358, 360, 381, 403. Schmitthenner, Wilhelm (senior), Jugendfreund Useners, Lehrer in Wiesbaden. - I 358, 360. Schmoller, Gustav von (1838-1917), 1864 ao. Prof. und 1865 o. Prof. für Staatswissenschaften in Halle, 1872 in Straßburg,
1881 in Berlin; O M
1S87, Rektor
1897/98;
vertrat seit 1899 die Berliner Universität im preuß. Herrenhaus, 1908 geadelt. - 1 5 0 0 ; -
II 90, 101, 111, 115, 118, 125, 132, 142, 186 f., 197ff., 202, 217 219 f., 234, 252,
302, 304, 315.-dessen Schwester in Stuttgart. - II 219, 302. Schmoller, Lucie von, geb. Rathgen, Frau Gustav von Schmollers. - II 142, 219 f., 315, 388. Schneider,
Johann
Gottlob
(1750-1822),
Herausgeber
des
Theophrast
(5
Bde.,
1818-1821). - 1 124, 141,462. Schneider,
Karl
Ernst
Christoph
(1786-1856),
edierte
Proklos'
Timaios-Kommentar
( 1 8 4 7 ) . - 1 158. Schneidewin, Friedrich Wilhelm (1810-1856), klass. Philologe; 1836 Pd., 1837 ao. Prof. und 1842 bis 1856 o.Prof. in Göttingen. - I 220. Schöffer, Valerian von, klass. Philologe in Moskau. - II 96. Schöll, Friedrich (1850-1919), Plautusforscher, Bruder des Folgenden; 1877 o. Prof. für klass. Philologie in Heidelberg. - I 325ff Schöll, Rudolf (1844-1893), klass. Philologe; 1865 Dr. phil. Bonn, 1871 Pd. in Berlin, 1872 ao. Prof. und 1873 o. Prof. in Greifswald, 1874 in Jena, 1876 in Straßburg, 1885 in München. - I 37, 355, 389,401. Schöne, Alfred (1836-1918), von Usener auch „schöner Alfred" oder „A. Pulcher" genannt; 1859 Dr. phil. Leipzig, Lehrer an der Kreuzschule Dresden, 1861 Studien in Bonn bei O . Jahn, 1864 Pd. in Leipzig, 1869 bis 1874 o. Prof. für Philologie und alte Geschichte in Erlangen (entlassen), 1877 bis 1884 in Paris an der dt. Botschaft für die
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lat. Inschriften beschäftigt, 1884 Bibliothekar U B Göttingen, 1887 o. Prof. in Königsberg und 1892 bis 1902 (em.) in Kiel. - I 149, 153, 160, 168, 216, 228, 314, 421; - I I 2 5 , 29f. Schöne, Hermann (1870-1941), klass. Philologe, Sohn Richard Schönes; studierte 1888 bis 1893 in Bonn und war 1898 bis 1903 Pd. in Berlin; danach Professuren in Königsberg und Münster (1935 entpflichtet). - I 413, 440 f., 444, 446 f., 449 f., 463, 542, 570; - II 222, 260, 289, 293, 351, 379, 390. Schöne, Richard (1840-1922), Archäologe, Kunsthistoriker, Bruder Alfred Schönes; 1862 Dr. phil. Leipzig, 1868 Pd. in Berlin, 1869 ao. Prof. für Archäologie in Halle, 1873 bis 1905 Vortragender Rat für Kunstangelegenheiten im preuß. Kultusministerium und 1880 bis 1905 Generaldirektor der Kgl. Museen in Berlin; EM 1900. - 1 6 1 f., 278, 417; - II 77, 80,82, 86, 88 ff., 179, 225, 260, 277, 350, 354, 356. Schöne geb. Tobler, Dr., Tochter Adolf Toblers und Frau Hermann Schönes.- II 221. Schönfeld, Eduard (1828-1891) 1854 Dr. phil. und 1857 Pd. in Bonn, 1859 Direktor der Sternwarte in Mannheim, 1875 o. Prof. für Astronomie und Direktor der Sternwarte in Bonn; setzte als Nachfolger Argelanders (1799-1875) die „Bonner Durchmusterung" fort; KM 1887 - 1 180. Schönleber, Hermann (1860-1943), studierte 1883 bis 1884 in Bonn klass. Philologie; später Redakteur. - II 343 f. Scholz, Gustav (1848-1892), Studienfreund von Diels aus Wiesbaden, studierte 1869 bis 1870 in Bonn klass. Philologie; später Gymnasiallehrer in Wiesbaden. - I 34 f., 37 f. Schopenhauer, Arthur (1788-1860). - II 184, 248. Schorn, Wilhelm, 1829 Dr. phil. Bonn. - 1207 f. Schräder, Eberhard (1836-1908), Theologe und Orientalist; 1875 bis 1899 o. Prof. für semitische Sprachen in Berlin, OM 1875. - II 79, 90, 92,137 139, 230, 241, 326. Schräder, Hans (1869-1948), Archäologe; 1893 Dr. phil. Berlin, 1901 zweiter Sekretär des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen, 1905 Prof. in Innsbruck, 1908 in Graz, 1910 in Wien (Direktor der Antikensammlung), 1914 bis 1930 (em.) in Frankfurt a.M. - I 485; - II 331. Schräder, Hermann (1841-1916), Oberlehrer am Johanneum in Hamburg, studierte 1862 bis 1863 in Bonn klass. Philologie. - I 84, 88,106,118,121,139. Schräder, Wilhelm (1817-1907), 1844 Hilfslehrer am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1846 zweiter Oberlehrer in Brandenburg, 7 6. 1848 bis 19. 4. 1849 Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt a.M., 1853 Gymnasialdirektor in Sorau, 1856 Provinzialschulrat für Preußen in Königsberg, 1883 bis 1902 Kurator der Universität Halle, 1890 neben Zeller, Uhlig u.a. Gründungsmitglied und 1892 bis 1901 erster Vorsitzender des Gymnasialvereins. - I 411; - II 79, 208, 210, 272. Schröder, Leopold von (1851-1920), 1882 Pd. in Dorpat, 1894 ao. Prof. für altindische Geschichte und Altertumskunde in Innsbruck, 1899 o. Prof. in Wien. - I 400. Schubart, Wilhelm (1873-1960), Papyrologe und Ägyptologe in Berlin; KM 1944, zuletzt o. Prof. in Leipzig. - I 571. Schulte, Johann Friedrich von (1827-1914), 1872 bis 1906 (em.) o. Prof. für Kirchenrecht und deutsches Recht in Bonn, Rektor 1881/82; MdR (Nationalliberale Partei) 1874 bis 1 8 7 9 . - 1 2 8 8 .
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Schulze, Franz Eilhard (1840-1921), 1884 o. Prof. für Zoologie und Direktor des Zoologischen Instituts in Berlin, O M 1884. - II 101,106,115. Schulze, Wilhelm (1863-1935), 1887 Promotion und 1890 Habilitation in Greifswald, 1892 ao. Prof. für klass. Philologie in Marburg, 1895 o. Prof. für indogermanische Sprachwissenschaft in Göttingen, 1902 o. Prof. für vergleichende Sprachwissenschaft in Berlin; O M 1903. - I 42^ 512, 582, 584; - II 391. Schumann, Friedrich (1863-1940), 1892 Pd. für Philosophie in Göttingen, 1894 in Berlin, 1906 ausgeschieden nach Zürich, später o. Prof. in Frankfurt a.M. - II 359. Schumann, Wilhelmine, geb. Zeller (1804-1898), Schwester Eduard Zellers, heiratete 1844 Prof. Schumann und erzog dessen sieben Kinder. - II 73, 75,12^ 222 f. Schwab, Moïse (1839-1918), Talmudforscher; promovierte 1868 über Moses Mendelssohn (1729-1786), danach Bibliothekar an der Nationalbibliothek in Paris. - II 84, 86, 90. Schwartz, Eduard (1858-1940), klass. Philologe, Kirchenhistoriker; 1880 Promotion und 1884 Habilitation in Bonn, 1887 ao. Prof. und 1888 o. Prof. in Rostock, 1893 in Gießen, 1897 in Straßburg, 1902 in Göttingen, 1909 in Freiburg i.B., 1914 in Straßburg, 1919 bis 1929 (em.) in München, 1927 bis 1930 Präsident der Bayerischen AdW; K M 1907 - I 281 f., 301, 326; - II 163. Schwartz, Karl (1809-1885), 1862 bis 1874 Gymnasialdirektor in Wiesbaden, lehrte Deutsch, Latein und Geschichte während Diels' Schulzeit in Unter- und Oberprima; versah zeitweilig die Geschäfte eines Referenten über das gesamte höhere Schulwesen des Herzogtums bei der Landesregierung. - I 33, 470. Schwarz, Hermann Amandus (1843-1921), Mathematiker; 1875 o. Prof. in Göttingen, 1892 in Berlin; O M 1892, Dekan 1898/99 - II 101, 225,22^ 241 f. dessen Frau. - II 225. Schwarzerd, Vorfahren der Mutter Eduard Zellers. - II 131,134. Schwechten, Franz (1841-1924), Architekt, 1885 Mitglied der Berliner Akademie der Künste und 1900 der Bauakademie; Werke: Hochbauten der Berlin-Anhaltischen Bahngesellschaft (1871/82), Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (1891/95). - II 145. Schwendener, Simon (1829-1919), 1878 bis 1910 o. Prof. für physiologische Botanik in Berlin; O M 1879, Rektor 1887/88. - II 115. Seek, Otto (1850-1921), 1872 Promotion und 1878 Habilitation in Berlin, 1881 ao.Prof. und 1887 o. Prof. für alte Geschichte in Greifswald, 1908 in Münster. - I 203. Seeliger, Gerhard (1860-1921), Historiker in Leipzig. - II 310. Seidel „oder ähnlich" (siehe Seydel). Seidlitz, Frau von. - II 314. Seiffert (siehe Seyffert). Seliger (siehe Seeliger). Seil, Karl (1845-1914), 1875 Pfarrer und 1882 Superintendent in Darmstadt, 1890 o. Prof. für Kirchen- und Dogmengeschichte in Bonn. - I 480. Semisch, Karl Gottlob (1810-1888), 1865 o. Prof. für Kirchengeschichte in Berlin. - I I 242. Sengebusch, Max (1820-1881), klass. Philologe, 1852 bis 1879 Lehrer am Grauen Kloster in Berlin. - 1118.
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Sepp, Johann Nepomuk (1816-1909), Historiker und Politiker in München; Das LebenChristi (5 Bde., 1843-1846). - II 268. Sepp, Simon, 1893 Dr. phil. Erlangen. - II 268. Seydel, Rudolf (1835-1892), 1860 Pd. und 1867 ao. Prof. für Philosophie in Leipzig. -1380. von Seydlitz, Minister (Dresden). - II 193. Seyffert, Oskar (1841-1906), Oberlehrer am Sophiengymnasium in Berlin, 1884 bis 1905 Mitherausgeber der Berliner philologischen Wochenschrift-, Schüler Useners am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin. - I 269 f. Siebeck, Hermann (1842-1920), zunächst Lehrer in Gera, Stargard und Halle, 1872 Pd. für Philosophie in Halle, 1875 o. Prof. in Basel, 1883 in Gießen. - II \27, 129, 139, 141,143,147 180 f., 18^204. Siebourg, Max (1863-1936), klass. Philologe; studierte 1882 bis 1886 in Bonn, höherer Schuldienst in Krefeld und Bonn (bis 1907); ab 1927 Honorarprof. in Bonn. - I 570, 580. Sieffert, Otto (1820-1874), Gymnasialdirektor in Flensburg. - I 74. Siegle, Gustav (1840-1905), Fabrikbesitzer in Stuttgart, MdR (Nationalliberale Partei) Februar 1887 bis Juni 1898. - II 209. dessen Frau. - II 209. Sieglin, Wilhelm (1855-1935), 1898 ao. Prof. und Direktor des neugegr. Seminars für historische Geographie in Leipzig, 1899 bis 1914 (em.) o. Prof. für historische Geographie und Seminardirektor in Berlin. - II 234, 241, 366. dessen Bruder. - II 366. Siemens, Arnold von, ältester Sohn von Werner v. Siemens. - II 107 Siemens, Ellen von (geb. 1864), Tochter von Hermann v. Helmholtz, Frau des Vorigen. - I I 68,103,107 Siemens, Werner von (1816-1892), Elektrotechniker, Erfinder und Unternehmer (Telegraphenbauanstalt Siemens & Halske, seit 1847), formulierte 1866 das dynamoelektrische Prinzip; 1860 Dr. h. c. Berlin, OM 1873. - II 221, 224. Siemering, Rudolf (1835-1905), Bildhauer; das von ihm 1903 begonnene Bronzestandbild, das Treitschke in Rednerpose am Katheder darstellte, wurde am 9. 10. 1909 enthüllt und existiert heute nicht mehr. - II 366. Sigwart, Christoph von (1830-1904), 1865 o. Prof. für Philosophie in Tübingen, KM 1 8 8 5 . - I I 170, 266, 309, 341. Simmel, Georg (1858-1918), 1885 Pd. und 1900 (unbesoldeter) ao. Prof. für Philosophie und Soziologie in Berlin, 1914 o. Prof. in Straßburg. - II 125, 207 Simon, Prof. am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin. - I 223. Sintenis, Karl (1806-1867), Herausgeber ausgewählter Biographien des Plutarch; Gymnasialdirektor in Zerbst. - 1178. Slaby, Adolf (1849-1913), 1883 o. Prof. für Elektrotechnik T H Charlottenburg, 1902 zugleich Honorarprof. für Physik an der Berliner Universität. - II 280, 282. Soden, Hermann Freiherr von (1852-1914), Pfarrer und ao. Prof. für Neues Testament in Berlin; geb. in Cincinnati (USA), studierte nach Vorbereitung in Eßlingen und Urach 1870 bis 1874 in Tübingen. - II 340, 342, 350, 354.
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Solmsen, Felix (1865-1911), 1887 Dr. phil. Leipzig, 1893 Habilitation für vergi. Sprachwissenschaft mit besonderer Rücksicht auf die klassischen und die baltisch-slavischen Sprachen in Bonn, 1897 ao. Prof., 1909 o. Prof. in Bonn; gründete 1908 das Sprachwissenschaftliche Seminar. - I 516, 539. Soltau, Wilhelm (1846-1924), klass. Philologe und Historiker, Gymnasialprof. in Zabern. - 1 555. Sommerbrodt, Julius (1813-1903), klass. Philologe, 1868 Provinzialschulrat in Kiel und 1873 bis 1887 in Breslau. - I 65 ff., 72 ff., 82, 230. Sonnenburg, Eduard (1848-1915), Chirurg, 1883 ao. Prof. und 1908 Honorarprof. in Berlin. - II 140. Sonnenburg, Lehrer für Deutsch und Geschichte in Bonn. - I 480. Sorof, Gustav (geb. 1829), Gymnasialdirektor in Putbus; publizierte über Cicero. -1175. Spahn, Martin (1875-1945), Historiker; 1896 Promotion und 1898 Habilitation in Berlin, 1901 ao. Prof. in Bonn, 1902 o. Prof. in Straßburg, 1920 bis 1940 (em.) in Köln. - II 300, 306. Spencer, Herbert (1820-1903), Vertreter des engl. Positivismus; A system of synthetic philosophy (11 Bde., 1862-1896; dt. 1875-1901). - I 511. Spengel, Leonhard (1803-1880), o. Prof. für klass. Philologie in München, bei ihm hörte Usener W 1853/54; KM 1842. - 1 158,167 218 f., 221, 488, 559; - II 19, 37 Spinoza, Baruch (1632-1677). - II 314. Spiro; Antiquariat (?). - I 475. Springer, Anton (1825-1891), 1852 Pd., 1858 ao. Prof. und 1860 o. Prof. für Kunstgeschichte in Bonn, 1872 in Straßburg, 1873 in Leipzig. - I 59, 61, 297 Ständer, Josef (1842-1917), 1865 Dr. phil. Bonn (klass. Philol.), 1869 Hilfsarbeiter, 1870 Kustos und 1872 Sekretär UB Bonn, 1876 Bibliothekar UB Münster i .W, 1882 UB Greifswald (1883 Prof.-Titel), 1886 Oberbibliothekar UB Breslau, 1901 bis 1907 Direktor der UB Bonn. - I 45, 85 f., 91, 538 f., 558, 569. Stahl, Johann Matthias (geb. 1833), 1856 Dr. phil. Bonn, Gymnasiallehrer, 1874 o. Prof. in Münster; schrieb Kritisch-historische Syntax des griechischen Verbums der klassischen Zeit. -1106. Stahr, Α.; gemeint ist vermutl. Alwin (gest. 1892 in Neapel), der älteste Sohn des Schriftstellers Adolf Stahr (1805-1876). - I 53. Stark, Bernhard (1824-1879), 1855 o. Prof. für Archäologie und Mitdirektor des Philologischen Seminars in Heidelberg. - II 275. dessen Witwe. - II 275. Stein, Heinrich (geb. 1828) , klass. Philologe, promovierte 1852 in Bonn über Empedokles; nicht zu verwechseln mit dem Philosophen Heinrich von Stein (1833-1896), 1855 Dr. phil. Göttingen, de philosophia Cyrenaica. - I 190, 207 220, 229, 264; - II 177 Stein, Ludwig (1859-1930), Philosoph, Soziologe und Politiker; gab das von ihm und Zeller begründete Archiv für Geschichte der Philosophie (1888 ff.) heraus; 1889 o. Prof. am Polytechnikum in Zürich, 1891 bis 1910 o. Prof. für Philosophie in Bern, siedelte nach Berlin über und wurde Mitbesitzer der Vossischen Zeitung. - I 357 360,
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400; - II 79f., 93, 102, 137, 139, 156, 158, 163, 169, 182, 186, 200, 206, 217f„ 221, 239, 245 f., 250, 254, 296, 298, 301, 303, 308, 314, 337 dessen Frau. - II 156,217314. Steinhart, W - I 3 2 3 . Steinschneider, Moritz (1816-1907), Berliner Bibliograph des jüdischen Schrifttums. -1124,207209. Steinthal, Heyman (1823-1899), Philosoph; 1849 Pd. und 1862 ao. Prof. in für Sprachwissenschaft in Berlin, übernahm 1872 an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums den Lehrstuhl für Bibelwissenschaft und Religionsphilosophie; begründete mit M. Lazarus die wissenschaftliche Völkerpsychologie. - II 134. Steitz, August (1827-1889), Gymnasiallehrer in Frankfurt a.M., trat am 1. 1. 1880 in den Ruhestand. - 1192. Stephan, Heinrich von (1831-1897), Generalpostdirektor, Staatssekretär des Reichspostamtes 1880 bis 1897; führte 1880 den Fernsprecher als neues Nachrichtenmittel in Deutschland ein, erfand die Postkarte und gründete den Weltpostverein. - II 178. Stephan Larzarus, Knäs. - 1118. Stephanus: Drucker- und Philologenfamilie des 16./17 Jh. - 1162. Stern, Prof., Kgl. Bibliothek Berlin. - I 404. Stern, Julius (1820-1883), Musikpädagoge und Komponist; gründete 1847 in Berlin den nach ihm benannten Gesangverein. - II 96. Stettenheim, Julius (1831-1916), Schriftsteller, Herausgeber der satirischen Wochenschrift Berliner Wespen und der illustrierten Monatsschrift Das humoristische Deutschland. - II 224. Steudel, Johann Christian Friedrich (1779-1837), Theologe in Tübingen. - II 201. Stich, Hans; edierte Mark Aurels Selbstbetrachtungen (2. Aufl. 1903). - I 571. Stintzing, Roderich von (1825-1883), 1870 o. Prof. für römisches Recht in Bonn, Rektor 1875/76; verunglückte tödlich in den Bergen von Oberstdorf. - I 299. Stoecker, Adolf (1835-1909), 1874 bis 1890 Hof- und Domprediger in Berlin, Gründer der Christlich-Sozialen Partei; MdR 1881 bis 1893, 1898 bis 1908. - II 146, 296, 319. Strack, Max Leberecht (1867-1914), Historiker, Epigraphiker, Numismatiker; 1892 Promotion und 1896 Habilitation in Bonn, 1904 ao. Prof. in Gießen, 1912 o. Prof. in Kiel; der von ihm bearbeitete Band des akademischen Münzkorpus erschien 1912. - 1 5 5 6 ff. Strauß, David Friedrich (1808-1874), 1825 bis 1830 Stipendiat in Tübingen, Pfarrvikar, 1831 vorübergehend ao. Repetent in Maulbronn (Beginn der Freundschaft mit Zeller), Hörer Hegels in Berlin und Promotion zum Dr. phil., 1832 Repetent am Tübinger Stift, nach Erscheinen des 1. Bandes des Leben Jesu (1835) entlassen, 26. 1. bis 19. 3. 1839 (pensioniert durch Erziehungsrat) o. Prof. für Dogmatik in Zürich; heiratete 1842 die Sängerin Agnese Schebest (1813-1870), von der er sich 1848 trennte. - II 74, 76, 81, 108, 111 f., 115, 117ff„ 123, 128f„ 131, 134, 137 139, 268f„ 287 296, 329; - III 405. Strauß, Fritz. - II 117 Strauß, Georgine (siehe Heusler). Strehlke, W, 1876 Dr. phil. Berlin. - 1158.
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Stremayr, Karl von (1823-1904), österr. Staatsmann; 1870 Unterrichtsminister, 1891 bis 1899 Erster Präsident des Obersten Gerichtshofes. - 1106. Studemund, Wilhelm (1843-1889), 1868 ao. Prof. und 1869 o. Prof. für klass. Philologie in Würzburg, 1870 in Greifswald, 1872 in Straßburg, 1885 in Breslau; KM 1889. - 1 4 8 , 311, 412,431. Studniczka, Franz (1860-1929), Archäologe; 1882 Dr. phil. Wien, 1885 bis 1887 Reisen nach Kleinasien, Griechenland und Italien, hörte Herbst 1887 bei Diels, 1888 Pd. in Wien, 1889 ao. Prof. und 1891 o. Prof. in Freiburg i.B., 1896 Direktor des Archäologischen Instituts in Leipzig; KM 1924. - I 368, 505. Studt, Konrad von (1838-1921), preuß. Minister der geistlichen, Unterrrichts- und Medizinalangelegenheiten 1899 bis 1907 - II 252, 255, 259, 281, 372. Stüve, Wilhelm, klass. Philologe (Schüler von I. Bruns).- II 221. Stumm-Halberg, Carl Ferdinand Freiherr von (1836-1901), Großindustrieller, Eisenhüttenbesitzer; Mitbegründer und Führer der Deutschen Reichspartei mit großem Einfluß auf Wilhelm II. („Ära Stumm" 1894 bis 1897/98); MdR 1867 bis 1881, 1889 bis 1901. - I I 89 f., 144,146, 187 Stumpf, Carl (1848-1936), 1870 Pd. für Philosophie in Göttingen, 1873 o. Prof. in Würzburg, 1878 in Prag, 1884 in Halle, 1889 in München, 1894 in Berlin (Gründer des Psychologischen Instituts); OM 1895, Dekan 1901/02, Rektor 1907/08. - I 466; - II 75, 86, 106,109 f., 119, 122,124,127 137 206, 248 f., 252, 289, 359 f., 362. Sturz, Friedrich Wilhelm (1762-1832), klass. Philologe, 1803 Rektor der Landes- und Fürstenschule in Grimma; Empedocles Agrigentinus (1805). - I 220, 224, 558. Subkow, Wladimir (1848-1902), klass. Philologe in Moskau, studierte W 1875/76 in Bonn. -1118. Sudermann, Hermann (1857-1928); schrieb u.a. Frau Sorge (Roman, 1887) und die Stücke Die Ehre (1890), Sodoms Ende (1891), Heimat (1893). - II 110. Sudhaus, Siegfried (1863-1914), klass. Philologe; 1881 bis 1887 Studium in Bonn und Berlin, 1892 Promotion und 1899 Habilitation in Bonn, 1901 o. Prof. in Kiel (Nachfolger von Ivo Bruns). - 1286, 315, 425 ff., 429, 442 ff., 542, 564. Susemihl, Franz (1826-1901), klass. Philologe; 1848 bis 1852 Lehrer in Güstrow und Schwerin, 1852 Pd., 1856 ao. Prof. und 1863 o. Prof. in Greifswald. - I 364; - II 235 ff. Suttner, Bertha von, geb. Kinsky (1843-1914), Schriftstellerin; Die Waffen nieder! (1889); 1893 Präsidentin der Wiener Friedensgesellschaft; Friedensnobelpreis 1905. - II 159. Sybel, Heinrich von (1817-1895), Historiker; 1838 Dr. phil. Berlin, 1840 Pd. und 1844 ao. Prof. in Bonn, 1845 o. Prof. in Marburg, 1856 in München, 1861 wieder in Bonn, 1875 Generaldirektor der preuß. Staatsarchive und lesendes Akademiemitglied in Berlin; KM 1859, OM 1875; in Marburg naher Freund und Hausgenosse Zellers. - 1 3 4 8 , 471; - II 63, 88 f., 100, 111, 118, 120 ff., 125,129 f., 137 343, 393 f. Sybel, Ludwig von (1846-1929), Archäologe, Sohn Heinrich v. Sybels; studierte 1866 bis 1869 in Bonn, 1872 ao. Prof. und 1888 bis 1911 o. Prof. in Marburg. - I 41, 54 f., 58; - I I 118,121,137 Sylburg, Friedrich (1536-1596), Humanist, bedeutender Kenner der griechischen Sprache und Literatur. - 1 170,172.
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Taine, Hippolyte
(1828-1893),
Philosoph,
Historiker und Literaturkritiker in
Paris.
- II 190. Tangl, Michael (1861-1921), 1897 ao. Prof. und 1900 o. Prof. für mittlere Geschichte in Berlin, O M 1918. - II 194 f. Tannery, Paul (1843-1904), Mathematikhistoriker in Le Havre. - I 233, 243 ff., 2 4 7 f f . , 567; - II 104,108,110. Tauchnitz:
1837 von Chr. B . Tauchnitz (1816-1895)
gegründeter Verlag in
Leipzig.
-1162. Teichmüller, Gustav (1832-1888), 1860 Pd. und 1867 ao. Prof. für Philosophie in G ö t tingen, 1868 o. Prof. in Basel, 1871 in Dorpat. - 1 1 7 1 , 1 7 3 , 319; - II 3 8 , 1 2 9 , 260. Teubner: 1811 von B. G . Teubner (1784-1856) gegründeter Verlag in Leipzig. -
I 44,
137 144, 205, 3 3 4 , 4 6 3 , 474, 576; - II 166, 318. Teuffei, Wilhelm S. (1820-1878), klass. Philologe; 1844 Pd., 1849 ao. Prof. und 1857 o. Prof. in Tübingen. - I 365. Thedinga, Friedrich (1849-1933), studierte 1869 bis 1872 und 1875 (Dr. phil.) in Bonn klass. Philologie; später Gymnasialprofessor in Hagen i.W - I 108. Thiaucourt, Camille, klass. Philologe in Paris. - I 326. Thiers, Adolphe (1797-1877), Historiker und franz. Staatsmann; Ministerpräsident 1836 und 1840, Präsident der Republik 1871 bis 1873. - II 322. Thilenius, Georg (geb. 1868), bereiste 1897 bis 1899 Neuseeland, Samoa-Inseln
und
Neuguinea, 1900 ao. Prof. in Breslau, 1904 Direktor des Museums für Völkerkunde in Hamburg. - II 230. Thode, Henry (1857-1920), Kunsthistoriker in Heidelberg. - II 281. Thomas, Emil (1858-1923), 1877 bis 1878 Studium in Bonn, 1880 Dr. phil. Berlin, 1892 Pd. für klass. Philologie in Berlin. - I 468; - II 253. Thurot, Charles (1823-1882), klass. Philologe in Paris. - I 114, 142, 151, 154, 159, 168, 206 f., 229, 257 299, 310 ff., 318, 535; - II 35. Tietjen, Friedrich (1834-1895),
1870 Pd.,
1874 ao. Prof. für Astronomie in
Berlin.
- II 99,101 ff. Tischendorf, Lobegott Friedrich Constantin (1815-1874), Theologe, Sammler und Herausgeber alter Handschriften. - I 317 Tobler, Adolf (1835-1910), Romanist; 1867 ao. Prof. und 1870 o. Prof. in Berlin, O M 1881, Rektor 1890/91. - II 50, 248 f. Tocco, Filice (1845-1911), Philosophiehistoriker in Florenz. - II 176, 178, 213. Torstrik (eigtl. Torstrick), Adolf (1821-1877), Gymnasialprof. für Griechisch und Latein in Bremen; leistete seit 1874 im Auftrag der Berliner A d W ( K M 1876) wichtige Vorarbeiten zur Herausgabe der griech. Aristoteleskommentatoren und wurde am 24. 3. 1876 (Vertrag) Redakteur des Unternehmens mit jährl. Remuneration von 1 200 M ; nach seinem Tod (21. 11. 77) übernahm Diels diese Funktion. - I 135, 142, 145 f., 149ff., 154, 158, 189, 206, 229, 257 310, 312 f., 366, 452, 499, 533; -
II 19f., 23 f.,
26, 29, 3 2 , 1 0 9 , 273, 293. dessen Frau. - II 31. Treitschke, Heinrich von (1834-1896), 1873 o. Prof. für Geschichte und Politik in Berlin, 1886 Historiograph des preuß. Staates; O M 1895. - I 373; - II 73 ff., 91 ff., 88,
545
95, 100 ff., 104, 118, 120, 122 f., 125, 128, 132, 135 ff., 143 f., 202, 221, 229, 299, 336, 366. dessen Frau. - II 136, 141, 299. Trendelenburg, Adolf (1844-1941), studierte 1865 bis 1867 in Bonn klass. Philologie und Archäologie, Gymnasialdirektor in Berlin. - I 58, 150, 350. Trendelenburg, Friedrich Adolf (1802-1872), 1833 ao. Prof. und 1837 o. Prof. für praktische Philosophie und Pädagogik in Berlin, OM 1846, Sekretär 1847 bis 1871. -1151. Treu, Maximilian, klass. Philologe, Gymnasiallehrer in Breslau. - I 407 Trieber, Karl, Gymnasiallehrer in Frankfurt/M. - I 388. Trubetzkoi, Fürst; gemeint ist vermutlich der Religionsphilosoph Eugen (Evgenij Nikolaevic) Trubetzkoj (1863-1920), Prof. in Kiew und (bis 1918) in Moskau, Bruder des Philosophiehistorikers Sergej N. Trubetzkoj (1862-1905). - I 534. Trümpel. - 1 44Z Tschorsch; Nachfolger Bestehers als Ober-Pedell. - II 203. Ueberweg, Friedrich (1826-1871), Philosoph; 1850 Promotion in Halle, 1852 Habilitation in Bonn, 1862 ao. Prof. und 1868 o. Prof. in Königsberg. - I 115 f., 127; - I I 197 Uhland, Ludwig (1787-1862), Dichter; 1810 Dr. jur., 1812 Beamter im Stuttgarter Justizministerium, 1814 Advokat in Stuttgart, 1829 bis 1833 ao. Prof. für deutsche Sprache und Literatur in Tübingen (Zeller hörte S 1832 seine Vorlesung über deutsche Sagengeschichte); KM 1845, Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt a.M. 18. 5. 1848 bis 30. 5. 1849. - II 177, 180 f., 197 Uhland, Emilie, geb. Vischer, Frau Ludwig Uhlands seit 1820. - II 180. Uhlig, Gustav (geb. 1838), Gymnasialdirektor in Heidelberg (1899 pensioniert), mit O. Jäger Herausgeber des Organs des Gymnasialvereins Das humanistische Gymnasium (Heidelberg 1890 ff.). - I 327; - II 75, 208, 210, 216, 218, 24^ 249. Unger, Georg Friedrich (geb. 1826), o. Prof. für alte Geschichte in Würzburg. -1182 f., 360. Upensky, B., Petersburg. - I 317 Urleder, klass. Philologe in Tübingen. - I 578. Usener, Carl, Bruder Hermann Useners; Pfarrer in Laucken a.d.Weil, später in Dotzheim bei Wiesbaden. - III 399, 403. Usener, Charlotte, geb. Vogler (gest. 1855), Hermann Useners Mutter. - I 62. Usener Georg (1789-1857), Herzoglich-Nassauischer Landoberschultheiß und Hofrat in Weilburg, Vater Hermann Useners. - I 62. Usener, Hans (1872-1929), Physiker, Sohn Hermann Useners; 1896 Assistent am Physikalischen Institut in Jena, 1898 an der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Charlottenburg, 1899 am Kaiserl. Torpedolaboratorium in Kiel, 1902 wissenschaftl. Beamter (ab 31. 12. 1905 Mitinhaber) der Firma Neufeldt & Kuhnke in Kiel. - I 80, 86, 93, 166, 396, 402, 448, 494, 518, 52^ 530, 543, 547f. Usener, Hermann (1834-1905). - I passim; - II 35, 53, 76, 83, 109, 131, 134, 179, 192 f., 220, 245, 365 ff.; - III passim.
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Usener, Hermann (geb. 1876), jüngster Sohn des Vorigen. - I 166, 309, 314, 396, 475, 494, 496 f., 518, 530. Usener, Lili, geb. Dilthey (1846-1920), Schwester Carl und Wilhelm Diltheys, Frau Hermann Useners seit 1866. - I 33 f., 41, 46, 57 59, 61, 69, 72 f., 76, 81, 87 94, 118, 166f., 170, 186f., 240, 248, 252f., 261 f., 280, 282, 294, 303, 309, 312, 314, 334ff., 352, 354, 389 f., 396, 400, 402, 422, 448, 460, 469, 482 f., 491, 493, 517 520, 522, 527 548, 552, 554, 561 f., 580, 588 f., 591; - III 402 ff., 408 ff. Usener, Marie (1867-1931), Tochter Hermann Useners; heiratete 1899 Albrecht Dieterich. - I 33, 73, 76, 86, 93, 389 f., 396, 405, 460, 462, 469, 497 501, 517 520, 522, 527 530,538, 547f„ 578. Usener, Walther (geb. 1875), Chirurg, Sohn Hermann Useners; studierte zunächst klass. Philologie in Bonn und Berlin; 1901 Assistenzarzt in Karlsruhe. - I 166, 396, 472 ff., 477ff., 482 ff., 491 ff., 496f., 501, 508, 518, 527ff„ 554, 569, 577 588; - II 75 f. Vahlen, Johannes (1830-1911), klass. Philologe; 1852 Promotion und 1854 Habilitation in Bonn, 1856 ao. Prof. in Breslau, 1858 o. Prof. in Freiburg i.B., 1858 in Wien (1862 Mitglied und ab 1869 Sekretär der Wiener AdW), 1874 in Berlin; Rektor 1886/87; OM 1874, Sekretär 1893 bis 1911. - I 144f., 148, 190f., 199, 202f., 205, 231, 251, 254, 286, 302, 305 f., 308, 329, 361 f., 364, 372, 395, 403, 412, 422, 427 454, 501, 554, 578, 582, 584, 586; - II 28, 31 f., 34, 50f., 53ff., 100, 102, 106, 111, 144, 155, 166, 182, 210 ff., 214, 253, 282, 309, 321, 342. - dessen Tochter. - II 155. Vaihinger, Hans (1852-1933), Philosoph; 1874 Promotion in Tübingen, 1877 Habilitation in Straßburg, 1883 ao. Prof. in Straßburg, 1884 ao. Prof. und 1894 o. Prof. in Halle; gründete 1896 die Zeitschrift Kantstudien und 1904 die Kantgesellschaft. - I I 104,108,119. Vatke, Wilhelm (1806-1882), mit D. F Strauß befreundeter Theologe und Schriftsteller; 1830 Pd. und 1837 ao. Prof. für Altes Testament und Religionsphilosophie in Berlin. - II 68. Veit, Gustav von (1824-1903), 1853 Pd. für Geburtshilfe in Berlin, 1854 o. Prof. in Rostock, 1864 bis 1893 (em.) in Bonn; Rektor 1870/71; gründete 1882 die Frauenklinik in Bonn und wurde 1893 geadelt. - I 356. Vetter, Ferdinand (1847-1924), Germanist, 1876 bis 1917 Prof. in Bern. - II 311, 314. Vickhoff, Kunsthistoriker in Wien. - II 281. Viktoria (1840-1901), Tochter der Königin Victoria von Großbritannien, Ehefrau Friedrichs III., deutsche Kaiserin und Königin von Preußen 1888; korrespondierte mit Eduard Zeller. - II 67 291, 293 ff., 303. Villani; Schüler Comparettis. - 1192. Villoison, Jean-Baptiste-Gaspard d'Ansse de (1753-1805), klass. Philologe in Paris, seit 1778 in Venedig; AM 1774. - I 99. Vilmar, August (1800-1868), Theologe und Politiker (Freund Hassenpflugs); 1831 Mitglied der Unterrichts- und Kirchenkommission in Kassel, 1833 Gymnasialdirektor in Marburg, 1850 Vortragender Rat im Ministerium des Innern in Kassel, 1855 Theologieprofessor in Marburg. - II 251. Virchow, Rudolf (1821-1902), 1856 o. Prof. und Direktor des Anatomisch-Pathologi-
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sehen Instituts in Berlin; OM 1873, Rektor 1892/93; Mitbegründer der Fortschrittspartei, MdR 1880 bis 1893. - II 74,100,146, 241, 249, 294, 297 Vischer, Friedrich Theodor (1807-1887), Philosoph, Kunsttheoretiker und Schriftsteller; 1837 ao. Prof. und 1844 o. Prof. für Ästhetik in Tübingen, (nach Antrittsvorlesung sofort suspendiert), 1855 Prof. am Polytechnikum in Zürich, 1866 in Tübingen, 1869 in Stuttgart; Mitgl. d. Frankfurter Nationalversammlung 18. 5. 1848 bis 30. 5. 1849 und des Rumpfparlaments Juni 1849 in Stuttgart. - II 117146. Vischer, Robert (1847-1933), Sohn des Vorigen; 1893 bis 1911 o. Prof. für neuere Kunstgeschichte in Göttingen. - II 364. Vitelli, Girolamo (1849-1935), klass. Philologe in Florenz, KM 1897 - I 149, 239, 363, 365,459, 492, 520; - II 19, 24 ff., 30, 34 ff., 45 f., 52, 82,154,176,178, 182, 198,213. Völkel, Julius, Philologe, Prof. in Moskau. - 121. Vömel, Johannes Theodor (1791-1868), klass. Philologe; Gymnasialdirektor in Frankfurt/M. - 1 9 4 , 431. Vogt; Kastellan des Berliner Akademiegebäudes um 1878. - II 21 ff., 31. Volckmann (siehe Volkmann). Volkmann, Richard (1832-1892), klass. Philologe, 1865 bis 1892 Gymnasialdirektor in Jauer. - 1112,115, 118, 162. Vollgraff; Schüler Cobets. - I 52. Vollmer, Friedrich (1867-1923), klass. Philologe; studierte in Bonn (1892 Dr. phil.) und Berlin, 1895 bis 1898 Direktor des Deutschen Gymnasiums in Brüssel, 1899 Generalredaktor des Thesaurus linguae Latinae in München, 1899 Habilitation und 1905 o. Prof. in München (Nachfolger E. v. Wölfflins), 1906 Mitglied der Bayerischen A d W - 1 5 8 1 ; - I I 211, 250. Vries, Scato de (1861-1937), studierte 1884 bis 1885 in Bonn klass. Philologie; später Direktor der UB Leiden.- 1371. Wachsmuth, Curt (1837-1905), klass. Philologe, Historiker; 1860 Promotion und 1863 Habilitation in Bonn, 1864 o. Prof. in Marburg, 1869 in Göttingen, 1877 in Heidelberg, 1886 in Leipzig; KM 1891. - I 43, 46, 49 f., 54 f., 60, 98, 111, 139, 147 f., 154, 231, 254, 263, 325, 328, 332, 335 f., 338, 341, 359, 361, 435; - II 17, 229. Wackernagel, Jacob (1853-1938), 1879 ao. Prof. und 1881 o. Prof. für griechische Sprache und Literatur (Nachfolger Nietzsches) in Basel, 1902 für indogermanische Sprachwissenschaft in Göttingen, 1915 in Basel; KM 1911. - II 165. Wagener, Carl, gab mit E. Ludwig die Philologische Rundschau (Bremen, 1881-1885) heraus. - I 230. Wagner, Adolf (1835-1917), 1870 o. Prof. für Staatswissenschaft in Berlin, Rektor 1895/ 96; Mitbegründer des Vereins für Sozialpolitik und Präsident des ersten Evangelischsozialen Kongresses. - II 90, 106, 110, 142, 144, 146, 304. Wagner, Cosima (1837-1930). - II 184. Wagner, Richard (1813-1883). - II 110,184, 307 Wagner, Wilhelm (1843-1880), klass. Philologe, Plautusherausgeber; studierte 1862 bis 1864 in Bonn, 1872 Oberlehrer, 1874 Professor an der Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg. - I 74, 84, 88 f., 91, 106, 112, 115, 125, 133 f.
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Waitz, Georg (1813-1886), 1842 o. Prof. für Geschichte in Kiel, 1848 in Göttingen, 1875 Vorsitzender der Generaldirektion der Monumenta Germaniae histórica in Berlin; KM 1842, OM 1875; Mitgl. d. Frankfurter Nationalversammlung 18. 5. 1848 bis 20.5. 1 8 4 9 . - 1 2 3 7 336 f. Walb, Heinrich (1848-1931), Augen- und Ohrenarzt in Bonn; eröffnete 1877 eine private Poliklinik für Ohrenkranke, 1884 ao. Prof. für Otologie und Direktor der zur Staatsanstalt erhobenen Poliklinik, 1914 bis 1921 (em.) o. Honorarprof. in Bonn. - 1 3 2 2 , 324. Waldeck, Carl, Oberverwaltungsgerichtsrat a.D. (Graeca-Mitglied). - II 179, 340, 342, 350,354. Waldeyer (1916: von Waldeyer-Hartz), Wilhelm (1836-1921), 1865 ao. Prof. und 1867 o. Prof. für pathologische Anatomie in Breslau, 1872 für Anatomie in Straßburg, 1883 Direktor des Anatomischen Instituts in Berlin; OM 1884, Sekretär 1896 bis 1919, Rektor 1898/99. - I 474; - II 122, 220, 252, 273, 284. Wallies, Max, klass. Philologe, 1878 Dr. phil. Halle, später Professor am Sophiengymnasium in Berlin. - 1 191, 238, 252, 474; - II 22, 46. Walter, Julius (geb. 1841), 1870 Promotion und 1873 Habilitation in Jena, 1875 ao.Prof. und 1876 o. Prof. für Pädagogik in Königsberg. - II 82 f. Walter & Apolaut; verlegte ab 1893 die Preußischen Jahrbücher. - I 441. Wappäus, Johann Eduard (1812-1879), 1840 Pd„ 1845 ao. Prof. und 1855 bis 1879 o. Prof. für Geographie und Statistik in Göttingen; Redakteur der Göttingischen Gelehrten Anzeigen 1848 bis 1863 und 1874 bis 1879. - 1 195. Warburg, Emil (1846-1931), Physiker; 1870 Pd. in Berlin, 1872 ao. Prof. in Straßburg, 1876 o. Prof. in Freiburg i.B., 1895 in Berlin, 1905 bis 1922 Präsident der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt; OM 1895. - II 101, 350. Warnekros, Ludwig (1855-1920), 1899 ao. Prof. für Zahnheilkunde in Berlin. - II 384. Wattenbach, Wilhelm (1819-1897), Historiker und Paläograph; 1842 Promotion und 1851 Habilitation in Berlin, 1855 Provinzarchivar in Breslau, 1862 o. Prof. in Heidelberg, 1873 in Berlin, 1875 zugleich Mitglied der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae histórica-, OM 1881. - I 137 260, 337 400; - II 50, 92, 122 f., 125, 131, 191,194 f., 199,214, 222. Wattenbach, Marie, geb. von Hennings, Cousine und seit 1885 Frau Wilhelm Wattenbachs. - II 194 f. Watzinger, Carl (1877-1948), Archäologe; studierte W 1895/96 in Berlin und S 1896 bis S 1899 in Bonn, 1904 Pd. in Berlin, 1905 ausgesch. nach Rostock, 1909 o. Prof. in Gießen, 1916 in Tübingen. - I 514. Weber, Albrecht (1825-1901), 1845 Promotion in Breslau, 1848 Pd., 1856 ao. Prof. und 1867 o. Prof. für Sanskrit in Berlin; O M 1857 - I 486; - II 83, 112, 116, 300, 304, 307 Weber, J. J.: Verlagsbuchhandlung in Leipzig, seit 1884 mit Filiale in Berlin. - II 71. Weidmann: 1680 von Moritz Georg Weidmann (1658-1693) in Frankfurt a.M. gegründete Verlagsbuchhandlung, 1681 nach Leipzig und 1854 nach Berlin verlegt; die Weidmannsche Buchhandlung gehörte seit 1865 Hans Reimer (1839-1887). - I 66, 181,184,199, 212, 341, 576; - II 188, 277, 285, 389.
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Weierstrass, Karl (1815-1897), Mathematiker; zunächst Gymnasiallehrer, 1856 ao. Prof. und 1864 o. Prof. in Berlin; OM 1856, Rektor 1873/74. - II 54. Weil, Henri (1818-1909), klass. Philologe in Paris, KM 1896, AM 1908 - I 190, 229, 314, 420, 424; - II 82, 85,110, 206. Weiland, Ludwig (1841-1895), Historiker; 1864 Dr. phil. Göttingen, 1867 Mitarbeiter der Monumenta Germaniae histórica in Berlin, 1876 ao. Prof. und 1879 o. Prof. in Gießen, 1881 bis 1895 in Göttingen (Nachfolger J. Weizsäckers). - 1 2 3 7 , 337. Weiland, Marie, geb. Lade, Nichte Hermann Useners und Frau des Vorigen. - 1 237. Weingart, Hermann (1866-1921), Pastor. - II 259, 262,264. Weinhold, Karl (1823-1901), 1889 bis 1901 o. Prof. für Germanistik in Berlin, OM 1889, Rektor 1893/94; gründete 1891 die Zeitschrift des Vereins für Volkskunde·, 50jähriges Doktorjubiläum 1896. - II 59, 61, 71, 88,116, 289, 296. dessen Frau. - II 67, 71. Weisbach, Valentin, Berlin Bankier; Vater des folgenden. - II 324. Weisbach, Werner (1873-1953), 1903 Pd., 1921 bis 1933 (Lehrbefugnis entzogen) ao. Prof. für Kunstgeschichte in Berlin. - II 324. Weise, Richard, klass. Philologe, 1888 Dr. phil. Berlin. - I 388. Weizsäcker, Julius (1828-1889), Historiker; 1855 Repetent am Tübinger Stift, 1859 Pd. in Tübingen, 1860 in München, 1863 o. Prof. in Erlangen, 1867 in Tübingen, 1872 in Straßburg, 1876 in Göttingen, 1881 in Berlin; OM 1887; sein Nachfolger an der Berliner Universität wurde Scheffer-Boichorst. - I 237 396. Weizsäcker, Karl von (1822-1899), 1851 zweiter Hofprediger in Stuttgart, 1861 Prof. für Kirchengeschichte in Tübingen. - I 434; - III 40Z Wellhausen, Julius (1844-1918), 1870 Pd. in Göttingen, 1872 o. Prof. für Theologie in Greifswald, 1882 ao. Prof. für semitische Sprachen in Halle, 1885 o. Prof. für semitische Sprachen in Marburg, 1892 bis 1918 in Göttingen; KM 1900. - II 88 f. Wellmann, Eduard, klass. Philologe, 1873 Dr. phil. Rostock, Oberlehrer (später Direktor) am Königstädtischen Gymnasium in Berlin. - I 139, 230, 280, 332, 335; - II 101, 212, 216 f., 315, 317f., 32^ 341, 34^ 353, 377, 379, 381, 389, 392 ff. Wendland, Fräulein von. - II 67 Wendland, Paul (1864-1915), klass. Philologe; Studium in Berlin und Bonn, 1886 Dr. phil. Berlin, erhielt 1888 ein vierjähriges Stipendium aus der Charlottenstiftung für die über Philon gestellte Preisaufgabe, 1890 bis 1902 Oberlehrer am Köllnischen Gymnasium in Berlin, 1902 o. Prof. in Kiel, 1906 in Breslau, 1909 bis 1915 in Göttingen; KM 1914. - I 308, 311, 313, 323, 336 f., 365, 371, 506, 564, 568 ff.; - II 196, 288,292,296, 379. Wendt, Gustav (geb. 1827), Direktor und Oberschulrat in Karlsruhe, Nachfolger W Schräders als erster Vorsitzender des Gymnasialvereins. - II 208, 210, 248. Wentzel, Georg (1862-1919), 1888 Dr. phil. und 1895 Pd. in Göttingen, 1903 ao. Prof. für klass. Philologie in Berlin. - II 354. Wentzel, Hermann (gest. 1889), kgl. Baurat. - II 79. Wentzel, Marie Elisabeth (Elise), geb. Heckmann (1833-1914), Witwe H. Wentzels, wurde für ihre Stiftung (1894: 1,5 Millionen Mark) zum EM 1900 gewählt. - II 79. Wermuth, Adolf (1855-1927), 1889 Vortragender Rat und 1904 Unterstaatssekretär im
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Reichsamt des Innern (seit 1898 Leiter der handelspolitischen Abteilung), 1912 bis 1920 Oberbürgermeister von Berlin. - II 340, 350, 383. Werner, Lizentiat aus Genf. - II 310. Wescher, Charles, klass. Philologe, Mitarbeiter an der Handschriftenabteilung der Nationalbibliothek in Paris. - 1168; - II 29. Wesdehlen, Graf, um 1878 an der dt. Botschaft in Paris. - II 25, 27 30. Wessely, Carl (1860-1931), 1886 bis 1904 (pensioniert) Gymnasiallehrer und Pd. für Paläographie und Papyruskunde in Wien. - I 379, 383. Westermann, George (1810-1879), Verlagsbuchhändler; die Westermann'schen Monatshefte erschienen seit 1856 und wurden 1878 bis 1884 von Friedrich Spielhagen (1829 bis 1911) geleitet. - I 195. Westphal, Rudolf (1826-1892), Verfasser zahlreicher Schriften zur griechischen Metrik, Rhythmik und Harmonik. - I 355. Weyman, Carl (1862-1931), 1903 ao. Prof. und 1905 o. Prof. für klass. und altchristliche Philologie in München. - I 581. Wheeler, John Henry (1851-1887), studierte 1878 bis 1879 in Bonn und wurde aufgrund der Dissertation de Alcestidis et Hippolyti Euripidearum interpolationibus (Bonn 1879) promoviert; später Prof. für Griechisch, University of Virginia (USA). -1235. Widukind von Corvey (um 925 bis nach 973), Geschichtsschreiber. - II 131. Wiegand, Theodor (1864-1936), Archäologe; 1895 bis 1911 Direktor für die Grabungen der preußischen Museen in Kleinasien, dann Direktor der Antikenabteilung der Berliner Museen; OM 1922. - II 332. Wieland, Christoph Martin (1733-1813), als Philologe und Philosoph AM 1786. -1140, 152,341. Wilamowitz-Moellendorff, Marie von (1855-1936), älteste Tochter Theodor Mommsens, Frau des Folgenden seit 1878. - I 376; - II 156. Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von (1848-1931), klass. Philologe; studierte Okt. 1867 bis Aug. 1869 in Bonn und Okt. 1869 bis Juli 1870 in Berlin, 20. 7 1870 Dr. phil. Berlin, 1874 Pd. in Berlin, 1876 o. Prof. in Greifswald, 1883 in Göttingen, 1897 in Berlin; KM 1891, OM 1899, Rektor 1915/16. - I 34, 40, 152, 229 ff., 239, 242, 244, 254, 287 292, 301, 317 324, 331, 359, 376, 382, 388, 395, 398, 400 ff., 408, 439, 468, 471, 505, 511, 516 f., 526, 528, 532, 539, 541, 549, 554, 562, 564, 570 f., 576, 578, 583, 587; - II 83, 96, 150 ff., 166, 179, 183, 185, 194, 199, 202, 205, 20^ 214, 220 f., 241, 243 f., 253, 255, 258, 260, 270, 282, 289, 297 310, 366, 391. dessen Sohn Tycho (1885-1914). - I 376. Wilberg, Wilhelm, Buchhändler in Athen. - I 431, 440. Wilbrandt, Adolf von (1837-1911), 1881 bis 1887 künstlerischer Direktor des Burgtheaters Wien; Der Meister von Palmyra (1889 Uraufführung in München). - II 124,163. Wilcken, Ulrich (1862-1944), Papyrologe; 1885 Promotion und 1888 Habilitation in Berlin, 1889 ao. Prof. und 1891 o. Prof. für alte Geschichte in Breslau, 1900 in Würzburg, 1903 in Halle, 1906 in Leipzig, 1911 in Bonn, 1915 in München, 1917 bis 1931 (em.) in Berlin; OM 1921. - I 362, 393, 456. Wildenbruch, Ernst von (1845-1909), Schriftsteller und Dichter, 1877 bis 1900 Mitar-
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beiter des Auswärtigen Amtes in Berlin; schrieb u.a. historische Dramen: Die Karolinger (1882), Heinrich und Heinrichs Geschlecht (1896). - II 96, 176. Wilhelm (1882-1951), Kronprinz von Preußen, ältester Sohn Wilhelms II. - II 332. Wilhelm I. (1797-1888), König von Preußen seit 1861, deutscher Kaiser 1871 bis 1888. - II 53,136,176, 224. Wilhelm II. (1859-1941), Sohn Friedrichs III., deutscher Kaiser und König von Preußen 1888 bis 1918. - I 401, 411, 471, 554; - II 73, 83, 125, 138 f., 15? 221, 224, 230, 251 f., 261,270, 281 f., 295 f., 315, 319, 323, 329, 353, 366. Wilhelm von Moerbecke (1215-1286), übersetzte für Thomas von Aquino (1225-1274) eine Reihe griechischer Texte, besonders Aristoteles, ins Lateinische. - I 150, 364. Willemoes-Suhm, Friedrich von (1853-1920), Bildnismaler; porträtierte u.a. Hans von Bülow (1892), Ernst Haeckel (1898) und Eduard Zeller (1898). - II 218, 221, 224. Willmann, Otto (1839-1920), Philosoph und Pädagoge, Prof. an der deutschen Universität in Prag; Vertreter der Neuscholastik. - II 219. Wilmanns, August (1833-1917), 1875 o. Prof. für klass. Philologie und Direktor der U B Göttingen, 1887 Direktor der U B Berlin, 1889 bis 1905 Generaldirektor der Kgl. Bibliothek in Berlin. - I 110, 154, 341, 363, 365, 398, 405 f., 469; - II 28? 363; - I I I 408. Wilson, John Cook (geb. 1848) klass. Philologe in Oxford. - I 467 Wimmer, Friedrich (1803-1868), Gymnasialdirektor in Breslau, Herausgeber des Theophrast (Leipzig 1854/62 und Paris 1866). - 1 124, 286. Winckelmann, Johann Joachim (1717-1768), Begründer der klass. Archäologie und Kunstwissenschaft. - II 118. Winckler, Hugo (1863-1913), 1891 Pd. und 1904 ao. Prof. für semitische Sprachen in Berlin. - II 323. Windelband, Wilhelm (1848-1915), Philosoph; 1873 Pd. in Leipzig, 1876 o. Prof. in Zürich, 1877 in Freiburg i.B., 1882 in Straßburg, 1903 in Heidelberg; KM 1903. - I I 3 1 2 , 341,359, 362,372. Wirth, Albrecht (geb. 1866), 1888 Dr. phil. Bonn, 1902 Pd. für neuere Geschichte in München. - 1 406. Wissowa, Georg (1859-1931), klass. Philologe; 1880 Dr. phil. Breslau, 1882 Pd. in Breslau, 1886 ao. Prof. und 1890 o. Prof. in Marburg, 1895 in Halle. - 1492. Wölfflin, Eduard von (1831-1908), Mitbegründer des Thesaurus linguae Latinae; 1856 Pd. in Basel, 1861 Gymnasialprof. in Winterthur, zugleich 1869 ao. Prof. und 1870 o. Prof. in Zürich, 1875 in Erlangen, 1880 bis 1905 in München. - I 52, 463, 465 ff., 473, 521, 581 ; - II 74, 211, 360 f. Wölfflin, Heinrich (1864-1945), Kunsthistoriker, Sohn des Vorigen; 1886 Dr. phil. und 1888 Pd. in München, 1893 Nachfolger J. Burckhardts (1818-1897) in Basel, 1901 o. Prof. in Berlin, 1912 in München, 1924 in Zürich; OM 1910, EM 1912, AM 1925. - II 281, 360. Wolf, Friedrich August (1759-1824), klass. Philologe in Halle und Berlin, AM 1799, OM 1808, EM 1812. - 1116. Wolf, Johann Christian (1689-1770), klass. Philologe in Hamburg. - I 132. Wolff, Gustav (1819-1873), Prof. am Werderschen Gymnasium in Berlin, gab Porphyries und Tragödien des Sophokles heraus. - 1118,139.
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Wollenberg J u l i u s , klass. Philologe, 1854 Dr. phil. Berlin. - 1118. Wundt, Wilhelm (1832-1920), 1864 ao. Prof. für Physiologie in Heidelberg, 1874 o. Prof. für induktive Philosophie in Zürich, 1875 bis 1917 o. Prof. für Philosophie und Psychologie in Leipzig; KM 1900. - II 317 Wyttenbach, Daniel (1746-1820), klass. Philologe und Philosoph in Amsterdam und Leiden. - 1 112, 220. Xylander (Holzmann), Wilhelm (1532-1576), Herausgeber und Übersetzer antiker Autoren. - 1 98,124. York von Wartenburg, Paul Graf (1835-1897), Fideikommißherr, erbliches Mitglied des preuß. Herrenhauses; Freund Wilhelm Diltheys. - I 373; - II 239. dessen Sohn. - II 239. Zahlfleisch, Johann, Gymnasiallehrer in Ried. - II 108. Zanetti. - 1 1 2 4 . Zangemeister, Karl (1837-1902), Oberbibliothekar und o. Honorarprof. für Epigraphik in Heidelberg, KM 1887 - I 251, 327 569; - II 249, 287 dessen Frau. - II 287 Zarncke, Friedrich (1825-1891), Germanist, 1854 ao. Prof. und 1858 o. Prof. in Leipzig; begründete 1850 das Literarische Zentralhlatt für Deutschland (seit 1891 hgg. von Eduard Zarncke). - 1112, 194 f., 198, 217 229 f., 363. Zeller, Agnes, geb. Widenmann, Frau des Folgenden seit 1894. - I 497; - II 58, 86 f., 91, 94, 99 f., 103, 107 126, 136, 139, 142, 146, 150, 169, 180, 183, 187 191, 194, 210, 215, 218, 245 f., 264 f., 291, 302, 313 ff., 328, 334, 339, 348 f., 352, 372. Zeller, Albert (1853-1923), Prof. Dr. med. (Chirurg) in Stuttgart, einziger der fünf Söhne Eduard Zellers, der seine Eltern überlebte. - I 329; - II 43, 58, 86 f., 94, 99 f., 103, 107 112, 126, 130, 134, 136, 139, 142, 145 f., 149 f., 153 ff., 157 168 f., 183, 187 191, 194, 210, 215, 218, 245, 264 f., 286, 291, 302, 313 ff., 328 f., 334, 338, 340, 344, 346 ff., 352 ff., 360f., 367 371 f., 375 ff., 381, 383, 385, 387 395. Zeller, Dora (geb. 1901), Tochter des Vorigen. - II 298, 302, 313, 328, 334, 348 f., 352. Zeller, Eduard (1814-1908). - I 45, 104, 116, 124 f., 129, 136 f., 140, 143, 148, 171, 173, 191, 203, 207 232, 243, 245 f., 262, 272, 275, 284, 289, 292, 305, 325, 329, 331 f., 336, 338 ff., 342 ff., 348 ff., 360, 382, 395, 398, 436, 439, 448, 466, 472, 49^ 526, 590; - II und III passim. - dessen Schwester (siehe Schumann). Zeller, Eduard (geb. 1896), Sohn Albert Zellers. - II 164, 168 f., 180, 183, 187 191, 194, 209 f., 215, 218, 223, 245 ff., 264, 269, 273, 275, 278, 287 291, 298, 302, 313, 316, 325, 328,334, 348 f., 352. Zeller, Emilie, geb. Baur (1823-1904), Tochter F C. Baurs, Frau Eduard Zellers seit 22. 6. 1847 - II 27f„ 41, 43, 46, 50f., 54f., 59ff., 65, 68, 72, 81, 84, 87 91, 94, 99f., 107 l l l f . , 114, 116, 126, 130, 134, 137 142, 146, 154, 157 162, 164 f., 168 ff., 172, 178, 181 ff., 185 ff., 194, 196, 201, 208 ff., 212, 215 f., 218 f., 222 f., 228, 231 f., 237 243 ff., 250 f., 254, 256, 265 f., 271, 274 f., 279, 283, 286, 288, 290, 294, 298, 300, 302, 305, 308, 312 ff., 316, 321 f., 327f., 333 ff., 337 339f„ 342 ff., 348, 352, 354; - III 406, 408 f.
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Zeller, Gustav (1812-1884), Bruder Eduard Zellers. - III 402. Zeller, Heinrich (geb. 1857), Sohn Eduard Zellers. - II 43, 123. Zeller, Hildegard (geb. 1895), Tochter Albert Zellers. - II 86f., 89, 91, 94, 100, 123, 126 f., 130 f., 134, 136, 146, 149, 151, 164, 168, 172 f., 180, 183, 187 191, 194, 209 f., 215, 218, 223, 245 ff., 264 f., 269, 273, 275, 278, 287 291, 298, 302, 313, 316, 325, 328,334, 348 f., 352, 373 f. Zeller, Paul (1848-1924), Theologe, Verwandter Eduard Zellers; 1891 Dekan und (bis 1908) Bezirksschulinspektor in Freudenstadt. - II 275. Zeller, Paul Ferdinand (1849-1854), Sohn Eduard Zellers. - II 251. Zeller geb. Camerer (1772-1850), Mutter Eduard Zellers. - II 131. Zeumer, Karl (1849-1914), 1887 Pd„ 1889 ao. Prof. und 1910 o. Honorarprof. für deutsche Rechtsgeschichte in Berlin. - II 310. Zeuthen, Hieronymus Georg (1839-1920), Mathematiker in Kopenhagen. - II 382, 384. Zickendrath, Karl (1850-1871), studierte bis W 1870/71 in Bonn klass. Philologie; starb am 8. 7 1871 in Dotzheim bei Wiesbaden. - I 37 41. dessen Vater. - I 40. Ziegler, Johannes, klass. Philologe, 1900 Dr. phil. Berlin. - I 555. Ziegler, Theobald (1846-1918), studierte Philosophie und Theologie in Tübingen, 1876 Gymnasialprof. in Baden-Baden, 1882 Konrektor am protestantischen Gymnasium in Straßburg, 1886 o. Prof. für Philosophie in Straßburg, Rektor 1899/1900. - II 73 f., 84,247287 Ziehen, Ludwig (1871 bis nach 1944), studierte 1890 bis 1894 in Bonn Philosophie und Geschichte (Mitgl. d. Philologischen Vereins), später Oberstudiendirektor in Brandenburg. - 1 413. Zimmer, Heinrich (1851-1910), Keltologe; 1878 Pd. in Berlin, 1881 o. Prof. in Greifswald, 1901 in Berlin, O M 1902. - I 584; - II 289, 326, 328, 333, 335, 350. Zimmermann, Hermann (1845-1935), Bauingenieur, Fachmann für Eisenkonstruktionen und Eisenbahnoberbau, OM 1904. - II 350. Zola, Emile (1840-1902), Romancier in Paris; setzte sich in einem Offenen Brief (13. 1. 1898) für Dreyfus ein und wurde dafür zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. - II 206. Zupitza, Julius (1844-1895), Germanist und Anglist; 1872 ao. Prof. in Wien, 1876 o. Prof. für englische Philologie in Berlin. - I 205 f., 208; - II 99, 101 ff., 106. Zwingli, Huldrych (1484-1531). - II 276.
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2. Index nominum antiquorum
Aberkios - I 526 ff.; - II 163 Abraxas-I 408, 417 Abu Ma'shar - 1128 Achilleus -1152 Achilleus Tatios - I 53, 114, 127 Adrastos - 1 517 Aelianus- I 295, 403, 466 Aeneas Gazaeus - 1221 Aetios - I 56f., 70, 86, 109, 111, 122 f., 126, 138,164, 184,211,237 Agatharchides- I 326 Agathias - 1 464 Agathon - II 209 Aglaophamus - 1 106, 221 Ainesidemos - I 123; - II 55, 268 f. Aischines - I 487 Aischylos - I 41 44, 46, 53, 120, 408, 413, 469, 471, 469, 471, 481, 485; - II 201 Albertus Magnus - I 427 Albinos - 1 171, 295; - II 350, 353 Alexamenos - II104 Alexander von Aphrodisias - I 142, 144, 151, 154, 158, 169, 191, 206 f., 221, 224, 228, 239, 255, 299, 301, 309, 312 ff., 317 ff., 326, 343, 366, 375, 434, 437 474, 492, 498, 529 f., 533, 535 f., 539, 543 f., 547 568 ff.; - II 19, 21, 23, 26ff., 35 f., 41 f., 46 ff., 85, 220 f., 288, 292 Alexander der Große - I 91, 94, 96, 222, 368, 425 ff. Alexander Trallianus - 1120 Alexinos - 1 443 Alkinoos - 1114, 122
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Alkmaion - 1 450 Alkman - I 388, 504 f., 532, 540f.; - II 117 Allatius - 1 1 2 4 Ambrosius - 1 98 Ammonios - I 158, 167 427 466; - II 26, 79 Amphios - I 512, 516 f. Anaxagoras - I 125, 208, 575, 587; - II 41 f., 104,192, 307 346 Anaximandros - I 366; - II 38, 104, 158, 171 ff.; - III 409 Anaximenes von Lampsakos - I 222, 425 Andronikos - I 103, 156, 419 f., 423, 451, 453 A n s e r - 1217 Anthusa- I 451 Antigonos - I 242, 244 Antilochos - 1 575 Antiochos von Askalon - I 210, 307 311 Antiochos Epiphanes - I 265 Antipatros - I 426; - II 95 Antiphon - 1 317 Antisthenes - I 50, 77, 436; - II 194, 209, 235 ff. Antonius - I 51, 55 f. Apellikon - I 419, 423 Aphrodite - III 400 Apollodoros - I 45,100,103 f., 143 f., - II 17 Apollon - I 586; - II 243 Apollonios Dyskolos - I 423 Apollonios von Rhodos - I 45, 235; - II 43 f.
Apoilophanes - 1 230 Apuleius - I 75,105, 570; - II 56, 280 Aratos - I 53,123, 127 131,323 Archimedes - I 223; - II 382, 384 Archytas - 1155 f., 375; - II 52 Areios Didymos - I 57 114, 122 f., 134, 138,144,150,156 f., 184, 235, 254 Arethas - 1 1 1 9 Aristippos - I 432; - II 236 Aristobulos - II2 7 8 , 281, 296, 299 Aristodemos - 1 386 Aristón - 1 1 5 6 Aristonikos - 1 481 Aristophanes (Komödiendichter) - I 75, 84, 103, 224, 485, 568; - II 209, 260, 309,383 Aristophanes - 1 156, 295 Aristoteles - I 37f., 40, 86, 103, 120, 146 f., 150 ff., 155 ff., 163, 167 f., 171, 175, 193, 198, 203, 220, 234 ff., 254 f., 257 260, 262, 267, 270, 285, 287 289 f., 292, 295, 300 ff., 319 f., 323, 335, 341, 344, 349 f., 357 363, 368, 375, 3Π, 407f., 412, 420, 423, 425 f., 441 ff., 446 f., 450 f., 453 f., 469, 472, 492, 521, 529, 550, 556, 570, 583; - II 18, 20, 26, 34, 37f., 46, 48, 64, 66, 68, 82, 84, 92, 94, 96, 104, 106, 108, 127 137 139, 141 ff., 158, 167 183, 186, 202, 205, 213, 222, 236, 239, 258 f., 273, 275, 282, 284, 288 f., 291 ff., 295, 309, 3 5 4 ; - I I I 409 Aristoxenos - 1 1 0 4 Arkesilaos - 1108; - II 234 Arríanos - I 72; - II 308 Arsenius - 1117 120,124 Asklepiades - 1 451 Asklepios - 1 380 Asklepios (Kommentator) - II 22, 26 Aspasios - 1153 f., 369 Athenaios - I 79,120, 423, 427 Attikos - I 419 f., 423, 433 Augustinus - I 88 f., 126, 548 Augustus - II 336
Autolykos - 1129,132 Averroës - II 35, 52 Axiochos - II 258 Axylos - 1 517 Bakchylides - I 538 f.; - II 198, 201, 203, 254 Basilides - III 406 f. Baubo - 1 5 8 7 Berossos - 1 1 2 3 Bion - I 218, 285, 287 395, 472 f. Boethius - I 84, 86, 88 ff., 160, 363 f., 454; - II 46 Bolos - II 320 Brutus - 1 1 2 0 Buddha - I 380; - II 238, 242 f. Caecilius- I 388 Cäsar-1102; -11281,284 Caligula - II 74 Cassiodorus - I 61, 77 89f., 138 Cedrenus - 1 1 2 2 Censorinus - 1155,159 Chairemon - II 43 Chalcidius - 1 221 Chaldäer - 1123,131,133 Choirilos - 1 222 Chosroës - 1 295 Chrysippos - I 79, 335, 453; - II 56 Cicero - I 66, 79, 84, 86, 88, 123, 137 f., 143 f., 156 f., 160, 170, 173 ff., 191, 209, 262, 282, 285, 287 307 342, 365, 374, 381, 422, 427 555 f.; - II 95, 115, 268 f., 366 Clemens Alexandrinus - 1105, 188 Curtius (Sagenheld) - II 137 Damascius - 149, 99, 247; - II 291 David (der Armenier) - I 103, 167 270, 3 6 3 ; - I I 29 f. Demades - I 79, 81 f., 84 ff., 91, 94, 96, 98 Demeter - I 580; - II 228, 240, 300 Demetrios - 1 155, 165, 344, 565 Demokrates - II 310
556
Demokritos - I 116, 123, 142, 162, 188, 235, 244, 351, 359, 448, 450, 462, 570f., 575; - II 36, 38, 66, 68, 196, 310,382,384 Demosthenes - I 120, 294 f., 302, 408, 420, 423 f., 426, 429, 431, 433, 486 ff., 491, 512, 513 581; - II 306 Dexippos - I 158, 160, 167 363, 365; - II 19, 26, 29 ff., 33 Didymos von Alexandreia - I 578. 581; II 306, 347 Dikaiarchos - 1 1 5 5 Diodoros - I 326; - II 310 Diogenes von Apollonia - I 207 f., 437 575; - II 307 Diogenes Laërtios - I 57, 104, 120, 122 f., 143 f., 147, 162, 193, 332, 336, 338, 341, 360, 365 f., 370, 372, 374, 381, 435 f., 439, 442, 459, 522; - II 229, 2 5 8 ; - I I I 401,404 Diogenes von Sinope - I 243, 472 Diokles - 1 1 2 2 Dion Chrysostomos - I 120, 469 Dionysios (Astronom) - 1127 Dionysios Areiopagites - 1120 Dionysios von Halikarnassos - I 77, 107 110, 154, 229, 255, 344, 366, 384, 386 f., 401, 458, 461 f., 468, 472, 491 f., 494, 498, 516 f., 519, 525, 529 f., 550 f. Dionysos - 1 227 Doxographen - I 145, 170, 172, 175, 178, 182, 185 ff., 190 f., 202, 210 f., 217 224, 230, 233, 298, 323, 326, 268, 474; - II 33, 37 ff., 45, 48, 3 8 9 ; - I I I 409 Elagabalus (oder Heliogabalus) - I 527f.; - II 163 Eleaten - II 155 Elias Cretensis - 1 116,167 363 Empedokles - I 189, 191, 193 f., 207 212, 215 f., 220 f., 224, 229, 235, 255 f., 258, 264, 270, 386, 450, 453, 513 f., 538, 542 f., 558, 568, 570; - II 17 38, 163, 177 196, 206, 215, 220, 288,292
Empedotimos - II 292 Ennius - 1 372 Epicharmos - I 283; - II 92, 94, 96, 288, 297 Epigenes - 1 1 2 3 Epiktetos - 1189; - II 72 Epikuros - I 148, 154, 161 f., 171, 209, 211 f., 216, 221, 223 f., 226 f. 229, 237 f., 243, 246, 254 ff., 258, 260 f., 273, 279, 281 f., 286, 288 ff., 292, 294, 318 f., 324, 328, 350 f., 354, 356 f., 359 ff., 365 f., 368, 370, 372, 391, 428 f., 431 f., 441, 538, 571, 575; - II 37 131, 196; III 401,404 Epimenides - I 407 411 Epiphanios - 1 122, 138, 173, 368, 379 Erasistratos - I 447 451 Eratosthenes - II 382 Essener - II 226, 237 243, 278, 281 Eudemos - I 100, 210 ff., 214, 218 f., 225, 233, 2 4 6 ; - I I 37 40,192,239 Eudoros -1156 Eudoxos - 1 127 144; - II 384 Euenios - I 230 Eukleides (Archont) - I 517 Eukleides - I 128, 210, 215, 219 f., 248; II 270 Eunapios - 1114 Euripides - I 41, 120, 125, 143, 222, 235, 242, 334, 336, 351, 368, 402, 451, 485, 530 Eusebios - I 87 91, 99, 104, 122, 167 298; - II 56 Eustatios - 1 361 Eustratios -1152 Favorinus - 1 323 Firmicus - 1 565 Fortunatus - 1 340 Fronto - 1 499 Gaios - I 587; - II 353 Galenos - I 33, 37 44, 46, 49 ff., 58, 68, 70, 73, 76, 78 f., 92, 97 99, 102 f., 107
557
Ill ff., 117, 120, 122 f., 138, 160, 169, 171, 173, 176 f., 216, 241, 243, 246, 270, 275, 283, 440, 450 f., 492, 499, 570 f.; - II 268, 270 Geminos - 1 123, 127 f., 133, 295 Georgios Monachos - I 550 Georgios Presbyteros - 1100 Geras - I 513, 517
Hipparchos - 1 127 130 f., 465 Hippokrates von Chios - I 213 f., 218 f., 223, 225, 227 233, 242, 245, 247 ff., 250 ff. Hippokrates von Kos - I 270, 335, 337 449 f., 499, 519, 522; - II 106, 352 Hippolytos - I 122, 138, 173, 176, 242, 4 0 5 f . ; - I I 172 Horneros - I 100, 106, 115, 118, 140, 294, 308, 317 320, 355, 261, 399, 420, 423 f., 453, 481, 485, 502; - II 78 f., 83, 96,156,174, 270, 331 Homilian - 1 1 2 0 Horatius - I 160, 188, 218, 233, 403, 423; - I I 79 Hortensius - I 84, 86, 88 ff., 92, 374, 422, 424 Hypatia - III 399 Hypatios - I 496, 503 Hypereides - I 451 f.; - II 307
Götternamen - I 486, 488, 490, 503 ff., 508 ff., 519, 522 ff., 541, 584 f.; - II 83, 131,134 Gorgias - I 543; - II 38, 265, 275 Gregorios von Nazianz - I 114 f., 123 Gregorius Turonensis - I 384 Gryllos - II 443 f. Hadrian - II 307 Hammurabi - II 323 Hekataios von Milet - I 358 Heliodoros - 1 79 Henoch - 1438, 566 Herakleides - I 77, 157 492; - II 85, 88, 292 Herakleitos - I 116, 123, 125, 188, 270, 273, 366, 380, 402, 560 f., 567; - II 57, 178 f. 239, 277 f., 280, 282, 284 ff., 288, 292, 393 Herakles - I 376, 539; - II 207 Herennios - II 47 Hermes Trismegistos - 1120 Hermias - 1 122,138, 160,178,182 Hermippos - 1 301 Hermippos (Dialog) - I 462 Herodas (oder Herondas) - I 417 422, 427 512 f., 517 Herodianos - I 420 f. Herodotos - I 84, 104, 110, 133, 294, 317 320, 381, 388; - II 115, 215, 358, 390 Heron von Alexandreia - I 128, 490, 492 Hesiodos - I 57, 120, 283, 363, 567 586; - I I 38,171 Hierokles - II 307 317 f. Hieron - II 92 Hieronymus - I 424; - III 400
Isaak - III 407 Isokrates - I 163, 262, 421, 425; 210 f.
II
Jahve - I 513, 515 Jakobus - II 175, 306 Jamblichos - I 86, 112, 295 Jesus Christus - I 382, 575; - II 76, 259 f., 268, 3 2 9 ; - I I I 406 f. Johannes (Evangelist) - I 378, 383; - II 174 Johannes von Damaskus - I 57 101, 120, 230 Johannes Eleemon - III 409 Johannes Lydos - I 323 Johannes Philoponos - I 158 ff., 317 365, 368, 417 473, 529; - II 22, 30, 34, 36, 44 f., 71 f., 79, 89 Johannes (Presbyter) - 1133 Johannes Rhesos - I 49 Johannes der Täufer - I 379 Josephus Flavius - II 81 Joseppos - 1 77
558
J u l i a n u s A p o s t a t a - I 72, 221, 233; - II 81 205 J u l i u s Vestinus - 1140 Justin - III 407 Juvenalis - 1 2 3 3 Kalesios - 1 517 Kallimachos - I 79, 217 224, 237 301, 368; - II 205 Kallinikos - I 515, 517 Kallippos - 1 1 2 7 Kallisthenes - 1 426 Karneades - 1 1 6 0 Kephisodotos - 1 415 Keraunos - 1 587 Kleanthes - II 56 Kleomedes - 1 1 2 8 Kleostratos - II 258 Krantor - 1 395 Krates - II 258 Kritolaos - I 265; - II 93 f. Kronos - 1 522 Kyrillos - I 72, 7 8 , 2 2 1 L e u k i p p o s - I 144, 193, 205, 235, 251, 351, 359, 450, 575; - II 38, 41, 69, 302, 304, 307 Licentius - 1 1 2 6 Livius - 1 52 Livius A n d r o n i c u s I 388 Longinos - I 125 Lucanus - I 87 154, 323, 326, 464 Lucilius, C . - I 87 Lucretius C a r u s - I 137 225, 282, 294, 302, 305, 320, 357 359, 368, 538; - II 37,199, 258 L u k a s - I 383; - I I 81; - III 407 L u k i a n o s - 1 4 6 4 ; - II 92, 234 L y k o s - 1 464 Lysias - I 9 4 , 1 8 1 , 1 8 3 f. M a c r o b i u s - 1 40 M a k a r i u s - 1 49 Manethon - 1 1 8 2
Manilius - 1123,126 M a r c u s Aurelius - I 571; - I I 2 7 0 M a r i a M a g d a l e n a - II 322 M a r i n a - I 338, 351 M a r i u s Victorinus - 1121 M a r k i o n - I 383; - III 407 M a r k u s - I 3 8 3 ; - I I I 407 M a t t h ä u s - I 382; - III 407 M á x i m o s - I 4 6 , 4 8 f., 51, 54, 56, 84, 116 Melampus - II 390 Meleagros - 1 539 Melissos - I 208, 232, 236, 241; - II 265, 275 Menandros - 1125, 317; - II 254, 297 Menephtah - II148 Menexenos - I 349 Menon (Iatrica) - I 437 441, 446, 450, 465, 570 Meton - 1 235 Metrodoros - I 443 Michael Ephesius - I 310, 533; - II 22, 273, 275, 292 M i d a s - 1 357 M i m n e r m o s - II 92 M i n o s - I 318 Moses - 1130; - I I 1 4 8 M u s o n i u s - I 336 f. N a u s i k a a - II 309 Nausiphanes - I 351, 443 N e k y i a - II 228 Neleus - 1 4 2 3 , 512 Nestis - I 513, 527; - II163 Nicolaus R h e g i u s - I 102, 109, 111 N i g i d i u s - 1127 143 Nikias - 1 4 3 5 N i o b e - II 83 Nonnos - 1 105, 362 N u m e n i o s - 1 108,110, 206, 209 Oileus - 1 586 O k k e l o s (oder Okellos) - 1155 ff., 159 Oloros (oder Orolus) - I 45 O l y m p i o d o r o s - 1 167 179f.; - II 30, 221
559
Oreibasios - I 99, 109, 111, 120, 450 Orpheus - 1100,152 Orphiker - II 226, 237, 240, 243, 318 Ovidius - 1 102, 479 Pachomius - I 545 Palaiphatos - I 485 Panaitios von Rhodos - I 128, 133, 146; II 85, 364 Papias - III 407 Parmenides - I 157 189, 191, 206 f., 212, 221, 229, 235 f., 256, 270, 362, 463, 522, 526, 529, 531, 543, 568; - II 69 ff., 143, 147 149, 153, 155 f., 158, 166, 171, 175, 177, 186, 192, 220, 275, 292,393 Pasparios - I 486, 488
Phlegon - I 386, 403 Photios - I 41,101, 230, 233 Phrynichos - I 559 ff. Pindaros - I 132, 262, 454, 461, 469, 471, 532; - II 156, 198, 201, 243, 254, 354 Piaton - I 77, 93 f., 107 124, 140, 142 f., 163 f., 167f., 171, 175, 206 f., 220 f., 243, 273, 283, 300 f., 338 ff., 353, 355, 368, 372, 379, 407 419 ff., 436, 440 f., 463, 492, 500, 571; - II 37 81, 83, 89, 104 f., 127 131, 134, 137 139, 141, 147 164, 183, 185 f., 188 f., 198, 204, 208, 210, 234, 236 f., 258 ff., 270, 278, 304, 307 309, 351, 375, 393; - III 404 f.
Paulus (Apostel) - I 379, 382; - II 150, 259, 2 7 0 ; - I I I 401,406 Pausanias - 1120, 512; - 153 Peisistratos - I 317 Pelagia - 1 190, 591; - III 399, 401, 404 Penelope - II 309 Petrus - I 438, 446, 566; - II 174 f. Phalaris - 1 1 2 0 Phanes - I 570; - II 192, 226ff., 232, 239 f., 243 f., 300, 302, 308, 310, 312, 319;-III410 Pherekydes von Syros - I 366 f.; - II 174 Philemon - II 297 Philippos von Opus - I 356 Philippus - 1 1 0 9
Plautus - I 74, 84, 230, 359 Plinius - 1 465 Plotin - 1 116, 206; - II 82 Plutarch - I 44 f., 49, 54, 57 f., 70, 75, 78 f., 84, 87 101 f., 105 f., 108 ff., 112, 114 ff., 118 f., 121 f., 124 f., 135, 138, 146, 157 162 ff., 169, 173, 177 f., 183, 193, 215, 220, 230, 237 334, 453, 587; -11268,375 Pollux - 1 1 2 3 Polybios - I 555 f. Polygnotos - I 282; - II 108 Polykleitos - I 575; - II 254 Porphyrios - I 48, 57 72, 79, 103, 106, 121, 133, 139, 146, 160, 167 169, 179, 183, 363 f., 367 493; - II 20, 26, 29, 31 ff., 46
Philodemos - I 108, 113, 125, 138, 151, 164, 173, 175, 299, 301, 314, 325, 427 442 f., 538; - II 198 Philolaos - I 375, 437 Philon von Byblos - II 56 Philon von Alexandreia - I 109, 124, 128, 130, 132, 156, 172, 177, 207, 260 f., 298, 311, 371, 390, 403, 436; - II 35 f., 47 57 89 Philonides - I 565 f. Philoponos (siehe Johannes) Philostratos - 1 120, 283
Poseidonios - I 123, 127 f., 133, 146, 149, 174 f., 210, 365, 374, 381, 423, 453, 490, 543; - II 95, 258, 364, 366; - III 400 Potamon - 1 156, 439 Priapos - 1 588 P r i s c i a n u s - 1 2 9 5 , 317 343 Proklos - I 48, 128, 142 f., 158, 295, 355, 360, 368 f., 417 463, 473, 565; - II 158, 291 f. Protagoras - I 454; - II 192 Psellos - I 47 106, 112, 120, 123 f., 128,
560
132, 150, 158, 169, 267, 520 f., 525; - II 89 Ptolemaios - 1122 131,133,144,146, 249 Ptolemaios Philadelphos - I 423 Pythagoras - I 57, 72, 104, 155, 375 ff.; II 254 Pythagoreer - I 155 f., 453, 575; - II 202 239, 288, 307 Pythia - II 223 f.
Speusippos - 1 300 Stephanos von Alexandreia - I 163, 174, 176,178, 207 3 1 7 ; - I I 26, 29 f. Stobaios - I 41, 45, 49, 54 f., 59, 70, 93, 99, 102 f., 115, 122 f., 138, 146, 163, 165, 211, 216, 230 f., 233, 237 252 ff., 263, 281, 326, 395, 449, 453; - II 23, 280, 310 Strabon - 1120,125 Straton - I 245, 242 251, 490 Suidas - I 403, 471, 474; - II 292 Syrianos - I 113 f., 118, 151, 188, 220, 321,444,459, 562 f., 565
Romanos aus Seleukeia - 1 128, 364 f., 367 Salomo - 1 1 2 0 Sallustius - II 205, 207 S a p p h o - 1 5 7 1 ; - I I 308 f. Seneca - I 123, 190, 323, 326, 357 468, 492; - II 200 Severus - 1 583 Sextos Carminius - I 403 Sextus Empiricus - I 111, 122 f., 160, 175; - II 268 Sibylle - I 387 395, 399 ff., 403 Simonides - 1 46 Simplikios - I 103, 115 f., 123, 128 , 135, 140, 142, 146 f., 150 f., 154, 156, 158 f., 171, 178, 184 f., 187 ff., 191, 193, 198, 203, 205 ff., 211 ff., 219 f., 224 f., 229 f., 233, 236 f., 239, 241 ff., 247 251 ff., 255 ff., 301, 320, 370, 375, 382, 395, 404, 423, 427 437 f., 447 473 f., 491, 506, 533, 546, 563; - II 19, 22 ff., 26, 30, 33 ff., 37 40 ff., 44, 46, 48, 51, 64, 66, 68 ff., 72, 72 79, 82, 89, 94, 141 f., 308 Sokrates - I 301, 351, 543; - II 104, 108, 121,147 168, 203, 209, 223, 260, 352 Solon - I 360; - II 92 Sophokles - I 41,120,139, 235; - II 166 Sophonias - I 315; - II 22, 45 f. Sophron - II 108 Sophronios - 1 348 Soranos - I 37 68, 70, 99, 109, 123, 448 ff.; - I I 269 Sotion - I 57 70,103,123
Tacitus - I 258, 492; - II 284 Tantalos - II 76, 78 f., 81, 83, 85 Tarquinius Superbus - I 386 Teles - 1287 395, 397 Tertullianus - I 123, 337; - II 309 Thaies - 1 111, 155, 372; - II 258 Themistios - I 154, 156, 158, 221, 316, 499, 529; - II 21 f., 109 f., 237 f., 242 Theodektes - 1 350 Theodoret - 1138,157 Theodorich - 1 1 0 5 Theodoras Prodromos - I 363 Theodorus Priscianus - 1474 Theodosius - 1 133, 384 Theodosius (oströmischer Kaiser) - II 221,230,277 307 Theognis - I 303, 453; - II 92,192 Theokritos - 1 120, 308; - II 260 Theon von Alexandreia - I 127 516 Theon von Smyrna - I 173, 221 Theophilos - I 103, 453, 545 Theophrastos - I 56f., 61, 107f„ 115f., 122, 124, 126, 129, 133 f., 136, 138, 141 ff., 149, 153 ff., 161, 167 171 ff., 180, 182, 184, 194, 2 0 7 f „ 221, 235, 241, 254, 262, 275, 279, 286, 295, 298, 316, 344, 347f., 350, 357 359, 367f„ 371, 396 ff., 400, 423, 453, 462, 470; II 17f., 22, 33, 36, 38,142, 206, 393 Theopompos - I 425 Thersites - 1 517
561
Thrasyllos - I 437 Thukydides - I 45, 104, 106, 108, 120, 140, 164, 262, 317, 388, 421 Timaios aus Lokroi - I 377 Timon - 1 108, 368; - II 234, 292 Timotheos - I 576, 578; - II 307 Timotheus - 1 129,133, 377, 382 Tryphon - I 545; - III 407 Tuberon - II268 f. Tychon - I 434, 588 Tyndares - 1215, 220, 224 Typhon - 1 567 Tyrannion - I 419, 430 f., 433 f., 443, 453 ff. Varrò - I 123, 126, 155 f., 159 f., 188, 403, 419 Vegetius - 1 1 4 7 Vergilius - I 217, 221, 308; - II 79, 336 Vettius Valens - I 131 f., 135, 142 Victorinus - I 363 f. Vorsokratiker - I 188, 194, 211 f., 221, 225, 229, 237 239, 244, 254 ff., 264,
267 269, 320, 331 f., 375, 450, 578 f., - II 92, 94, 194, 199, 242, 285, 288, 292, 298, 307 310, 320, 332, 347 351, 353, 355, 376, 379, 389 f., 394
575, 277, 326, 384,
Xenarchos - I 123 Xenokrates - I 155, 157 Xenophanes - I 191, 212, 229, 235 f., 543, 559, 568 f.; - II 92, 94, 96, 182, 187 192, 265 f., 275 Xenophon - I 93, 294, 318, 332, 334 f., 337, 380, 434, 437; - II 131, 216, 230, 309 Zagreus - II 239 Zenobios - 1 492 Zenon von Elea - I 139, 207; - II 14^ 234, 275 Zenon von Kition - I 124, 155, 243, 246 Zeus - I 511, 522, 586; - II 76, 78, 81, 192