H. P. Lovecraft : Von Monstren und Mythen
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Andreas Kasprzak (Hrsg.)

H.P. Lovecraft Von Monstren und Mythen

Mit Collagen von Rainer F. Engel

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Originalausgabe Verlag Thomas Tilsner, Bad Tölz 1997 Alle Rechte Vorbehalten. © 1997 by Verlag Thomas Tilsner und den Urhebern © Abbildungen by Rainer E Engel Umschlaggestaltung: XiMOX!, Bielefeld Umschlagbild: J.K. Potter Gedruckt von WB-Druck, Deutschland

ISBN 3-910079-05-9 ISSN 0937-5872 (Texte und Materialien zur phantastischen Literatur)

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme H.P. Lovecraft : von Monstren und Mythen / Andreas Kasprzak (Hrsg.). Mit Collagen von Rainer F. Engel. Orig.-Ausg. - Bad Tölz : Tilsner, 1997 (Texte und Materialien zur phantastischen Literatur ; Bd. 6) ISBN 3-910079-05-9

Ein Gesamtverzeichnis schickt Ihnen gerne: Verlag Thomas Tilsner, Postfach 1829, 83637 Bad Tölz

INHALT

Seite

Vorwort

7

Der Fall Howard Phillips Lovecraft von Frank Festa

11

H.P. Lovecraft (1890 - 1937) Bemerkungen über das Leben und Werk eines bedeutenden Horrorerzählers von Kalju Kirde

22

Eines Poe-eten Nachtmahre Bemerkungen zu Lovecrafts Gedichten von Michael Siefener

49

Bemerkungen zu den Lovecraft/Derleth-Kollaborationen von Andreas Städing

75

Anmerkungen zur Erzählkunst Howard Phillips Lovecrafts von Michael Koseier

83

Lovecraft als Mythenschöpfer von Marco Frenschkowski

109

Howard Phillips Lovecrafts Rezeption im deutschsprachigen Raum, seine Epigonen und Nachfolger von Robert N. Bloch

183

Lovecrafts bester Schüler Howard Phillips Lovecraft und Robert N. Bloch von Uwe Sommerlad

193

Lovecraft und die Kunst des Träumens von Uwe Vöhl

213

Der Fluch des Unverfilmbaren von Detlef Klever

223

Filmographie von Detlev Klever

240

Bibliographie von Joachim Körher

242

Vorwort von Andreas Kasprzak »That is not dead which can eternal lie, and with strange aeons even death may die.« (»Das ist nicht tot, was ewig liegt, bis daß die Zeit den Tod besiegt.«) Abdul Alhazred, Necronomicon

Seit meiner Kindheit hat es immer wieder bestimmte Personen gegeben, die ich aus dem einen oder anderen Grunde gerne einmal getroffen hätte. Sie kennen das sicher­ lich. Man liegt des nachts im Bett, während der Vollmond hell durchs Fenster herein­ scheint, und überlegt sich, was man diesen oder jene am liebsten fragen würde, wenn man denn die Gelegenheit dazu hätte. Der erste, bei dem ich dieses Verlangen verspürte, war, soweit ich mich entsinne, Gonzo von den Muppets. Dem folgten (in chronologischer Reihenfolge) der unglaub­ liche Hulk, Bruce Lee, das hübsche blonde Mädchen zwei Häuser weiter, Bruce Springsteen, Jack the Ripper, Stephen King, Pinhead und schließlich, als mir eines denkwürdigen Tages beim Durchwühlen eines Grabbeltisches in einem Kaufhaus zu­ fällig ein unscheinbares rosafarbenes Taschenbuch mit dem Titel Stadt ohne Namen in die Hände fiel, ein Mann namens H.P. Lovecraft. Dabei machte ich mich zunächst ohne große Erwartungen an die Lektüre des eher schmächtigen Bandes - mein Lesestoff war gerade wieder mal zur Neige gegangen, weil ich mir von meinem überaus kargen Taschengeld nur zwei neue Bücher pro Mo­ nat leisten konnte, und da ich keine besondere Lust verspürte, zum vierten Mal Salem ’s Lot oder Watchers zu lesen, schien die Erzählungensammlung dieses toten Burschen, von dem ich noch niemals etwas gehört hatte, die einzige Alternative zu sein, um dem grauen Alltag dennoch für eine kleine Weile zu entfliehen. Zuvor hatte ich mir - ein-

8 mal abgesehen von Edgar Allan Poe, dem Großmeister allen Horrors, und einigen Sa­ chen von Bram Stoker - ausschließlich moderne Autoren wie Dean Koontz oder Robert R. McCammon zu Gemiite geführt, Leute, deren Schreibe den Massenge­ schmack trifft, und hielt sie für die Allergrößten. Jedoch, nachdem ich mich erst in Da­ gon und The Lurking Fear vertieft hatte, erkannte ich, daß es dort draußen irgendwo in den Weiten der Phantastik jemanden gab, der weit mehr Aufmerksamkeit als alle Kings und Barkers und Striebers dieser Welt verdiente, weil er im Gegensatz zu den meisten Schreiberlingen, die heutzutage den Literaturmarkt beherrschen, obgleich sie kaum imstande sind, Sätze mit mehr als fünf Wörtern zu bilden, tatsächlich originell war. Außerdem war hier einer, der es schaffte, mich trotz seiner im besten Sinne alt­ modischen, zuweilen recht schwierigen Sprache zu faszinieren - etwas, das davor und danach nur sehr wenigen anderen Autoren (dem frühen Ray Bradbury, Peter Straub, Shirley Jackson) gelungen ist. Tief beeindruckt von Lovecrafts Talent, Monströses in­ nerhalb des von ihm definierten Kosmos’ glaubwürdig zu schildern, besorgte ich mir in der Folge weitere Bücher von ihm - zuerst noch in deutscher Übersetzung, doch spä­ ter vorzugsweise im englischen Original, das Wörterbuch dabei ständig in Reichwei­ te. Ich las die Geschichten, die Revisionen, die Gedichte... Und es war fast, als ob ich das Universum plötzlich mit anderen Augen sehen würde. Ich hatte das Gefühl, die unsäglichen, blasphemischen Wesen, die jenseits der fragilen Grenzen von Raum und Zeit seit Jahr und Tag darauf lauern, erneut die Herrschaft über die Welt anzutreten, tatsächlich zu erblicken. Cthulhu, Nyarlathotep, Azathoth... Ich begegnete ihnen allen und habe sie seither niemals wieder vergessen. Sie sind für mich zum Inbegriff des Grauens geworden. Nachdem ich sämtliche greifbaren Prosatexte und Gedichte aus der Feder Love­ crafts verschlungen hatte, begann ich, mich für den Mann hinter dem Mythos zu in­ teressieren. Ich beschaffte mir die (mäßige) Monographie von L. Sprague de Camp und stellte fest, daß HPLs viel zu kurzes Leben beinahe noch faszinierender war, als es seine Geschichten sind. Viele scheinen, wenn sie an den »Einsiedler von Providence« (Marek Wydmuch) denken, das Bild eines verhärmten alten Griesgrams vor Au­ gen zu haben, der schier in Selbstmitleid ertrinkt. Doch das stimmt nicht. Nach allem, was ich über Lovecraft weiß, war er ein scheuer, aber warmherziger Bursche von über­ ragendem Intellekt und trockenem Witz, der Poe, Eiscreme und Katzen über alles lieb­ te und denen, die ihn näher kannten, ein echter Freund war. Ich glaube, er war jemand, den ich trotz seiner zuweilen recht verschrobenen Ansichten und eindeutig rassisti­ schen Ausfälle gemocht hätte. Deshalb freut es mich umso mehr, daß mir Thomas Tilsner mit diesem Band die Ge­ legenheit dazu gibt, einem meiner Lieblingsschriftsteller verbal Tribut zu zollen. Von Monstren und Mythen ist gleichzeitig Hommage und Analyse, Interpretation und Eh­ renbekundung. Die Autoren des vorliegenden Buches beleuchten ihre jeweiligen The­

9 men zwar durchaus kritisch, aber doch stets voller Sympathie und Bewunderung für diesen sonderbaren Mann, der die Horrorliteratur unseres Jahrhunderts wie kein zwei­ ter geprägt hat. Nahezu die gesamte Palette seines Schaffens - von den bekannten Er­ zählungen über die Gedichte bis hin zu den sogenannten »posthumen Kollaboratio­ nen« mit (oder besser: von) August Derleth - wird angesprochen, und auch der Mensch Lovecraft kommt nicht zu kurz. Das Kernstück des Bandes bildet allerdings Marco Frenschkowskis Aufsatz »Lovecraft als Mythenschöpfer«, wohl die beste und umfassendste Studie, die zu diesem Thema bislang vorliegt. Bevor ich Sie sogleich in die Weiten der Lovecraftschen Sekundärliteratur entlasse, möchte ich zum Abschluß die Gelegenheit nutzen, um all jenen zu danken, ohne de­ ren wie auch immer geartetes Zutun Sie dieses Buch nun nicht in Händen hielten. Als da wären: Matina und Amir Keshavarz, Michael Siefener, Frank Festa, Kalju Kirde, Malte Schulz-Sembten, Joachim Körber, Thomas Tilsner, Uwe Vöhl, Marco Frenschkowski, Andreas Städing, Walther Wiesheier, Uwe Sommerlad, Hans-Joachim Alpers, Robert N. Bloch, Kerem Bewarder, Rainer F. Engel, Michael Koseier, Herbert Brand­ meier, Dethlef Klewer, Christian Meißner und vor allem meine Frau Margrit, die es mir ermöglicht, mich den Dingen zu widmen, die mich interessieren. Ihnen allen gebührt mein aufrichtiger Dank. Andreas Kasprzak im Oktober 1995

H .

I’

L O

V E C

R A F T

Der Fall Howard Phillips Lovecraft Von Frank Festa »Mein Leben ist so still, so ereignislos und so unauffällig verlaufen, daß es, zu Papier gebracht, bestenfalls erbärmlich, glanzlos und fade erscheinen muß.« Lovecraft in seinem autobiografischen Essay Some Notes on a Nonentity Howard Phillips Lovecrafts Vater war Winfield Scott Lovecraft (1853 - 1898), ein rei­ sender Handelsvertreter und laut eines »Freundes der Familie« ein »aufgeblasener Engländer«. Seine Mutter, Sarah Susan Phillips (1857 - 1921), eine Frau mit einfachen Interessen, die bekanntermaßen eine überängstliche »Heulsuse« war, ein »mitleiderre­ gendes Ungeheuer«, ahnte beim kleinsten Wetterwechsel die schlimmsten Katastro­ phen voraus. Und dennoch sah am 20. August 1890 um neun Uhr morgens, als Love­ craft in Providence, Rhode Island, geboren wurde, alles nach einer durchschnittlichen Familie aus. , Die ersten Jahre lebten sie im Hause von Whipple V. Phillips, dem Vater von Sarah Susan, siedelten aber bald in ein bescheidenes Zweifamilienhaus in Boston über. Als Lovecraft drei Jahre alt war, erlitt sein Vater einen Nervenzusammenbruch, begleitet von intensiven Wahnvorstellungen. Er wurde in die psychiatrische Abteilung des But­ ler-Hospitals eingewiesen und wegen Geisteskrankheit entmündigt. Fünf Jahre später starb er. Über seine Todesursache, die im Totenschein als »allgemeine Parese« ange­ geben ist, munkelt man, daß sie von der Syphilis verursacht wurde, was zumindest möglich ist. HPL ahnte davon wohl sein Leben lang nichts: »Im April 1893 wurde mein Vater von einer völligen Lähmung befallen, die Folge eines von Nachsinnen und geschäftlichen Sorgen überbeanspruchten Kopfes« (Lovecraft in einem Schreiben an Rheinhart Kleiner vom 16. November 1916). Wußte Lovecraft tatsächlich nicht, daß

12 man seinen Vater wegen Geisteskrankheit entmündigt hatte? Oder schämte er sich bloß der Wahrheit? Sarah Susan und ihr Sohn zogen zurück nach Providence ins Haus des Großvaters. Damals begann die geistige Verwirrung seiner Mutter: Sie redete dem Sohn ein, er se­ he so abscheulich aus, daß er sich nicht seinen Mitmenschen zeigen dürfe, und mied jede körperliche Berührung. Das Kind muß sich wie ein Aussätziger gefühlt haben! Dabei sah der Junge ganz durchschnittlich aus, war Sarah Susan sogar recht ähnlich. In ihrer Nähe lernte Lovecraft den Wahnsinn kennen, den er später so oft beschrieb, und natürlich - er mußte ein Außenseiter werden. Andererseits verhätschelte sie ihn maßlos, kleidete ihn in Mädchenkleider und wikkelte ihm lange Locken, derer er sich schon bald schämte. Mit sechs Jahren konnte er sich durchsetzen, und das Haar wurde unter den Tränen der Mutter abgeschnitten. Ih­ re Angst, der Kleine könnte sich verletzen, ging so weit, daß sie an dem Schaukelpferd, auf dem sie ihn in den Schlaf wiegte, jede Erhebung abschleifen ließ. Essen durfte der Sohn, was er mochte. Er aß Süßigkeiten und Eiscreme in Massen, selbst später als Er­ wachsener noch: Ein Besucher fand HPLs Badewanne einmal voll mit leeren Scho­ koladenpackungen. Schlafen und aufstehen konnte er, wann er wollte. So wurde er ein Geschöpf der Nacht, das man am Tag so gut wie nie sah, wurde durch diese führungslose Erziehung zum Kauz, dessen erste Schrullen sich früh zeigten; z.B. mochte er die Gesellschaft von Gleichaltrigen nicht, gab sich lieber mit den Großeltern und seinen zwei alten Tanten ab. Lovecraft, schon als Kind ein ernster, logischer Mensch, den es zur Wissenschaft zog, haben diese Jahre unter dem Einfluß der Mutter stärker geprägt, als es ihm selbst wohl je bewußt war. »Die Interessen, die mich zur phantastischen Li­ teratur führten, traten schon frühzeitig zutage, denn soweit ich mich klar zurückerin­ nern kann, haben seltsame Erzählungen und Einfälle mich stets sehr angezogen...« In diesem Umfeld entwickelte der junge HPL sich zum frühreifen, altklugen Frücht­ chen, das bereits mit einem Jahr sprach, mit zwei Jahren Buchstaben erkannte und ein­ fache Gedichte vortrug, mit vier lesen konnte und mit sechs seine ersten eigenen Tex­ te schrieb. Mit acht begann sein privates Lateinstudium, es folgte das Studium der Chemie, Geographie und Astronomie. Bücher gab es genug im Haus: Seine Großmut­ ter Robie Phillips war für die damalige Zeit eine sehr gebildete Frau und hatte eine große Sammlung astronomischer Bücher, und ihr Mann Whipple besaß eine Biblio­ thek mit zweitausend Bänden, die dem Jungen zur Verfügung stand. Hier gewann Lovecraft die Leidenschaft zum Wissen und zog sich von der Umwelt zurück, viel­ leicht auch von der Mutter. Durch das Stöbern in den teilweise sehr alten Büchern entwickelte der Junge eine Vernarrtheit in die Vergangenheit, die zum Fanatismus wurde: Er schrieb z.B. New York mit Bindestrich, datierte seine Manuskripte und Briefe hunderte Jahre zurück. Sein Schreibstil wie seine Redeweise waren veraltet und dadurch umständlich. Eben­

13 so überholt waren seine Vorstellungen über das Zusammenleben von Frau und Mann. Er bewunderte alles Englische und betonte immer seine britische Abstammung. Kon­ sequent gab er sich als Gentleman, was später, als er nach New York ging, sicherlich zur Erheiterung seiner Mitmenschen führte. Seine frühesten Schriften stammen aus dem Jahre 1896. Die Prosa ist noch unbe­ holfen, seine Gedichte jedoch sind schon brauchbar. Lovecraft wollte Dichter werden. An dieser Vorstellung hielt er fest, bis er fünfundzwanzig wurde. Er meisterte bis 1902 bereits die wichtigsten Versfüße und bewies thematische Vielseitigkeit und sogar Hu­ mor. Eine Erinnerung aus der Zeit, als er mit dem Schreiben begann, betrifft seine Träu­ me: »Als ich sechs oder sieben war, wurde ich von einer sonderbaren Art ständig wie­ derkehrender Alpträume geplagt, in denen eine schauderhafte Rasse von Wesen - ich nannte sie die »hageren Nachtgeister«, ich weiß nicht, woher ich den Namen hatte mich beim Bauch ergriffen und durch endlose Meilen schwarzer Luft über die Türme toter und schrecklicher Städte mit sich forttrugen. Irgendwann brachten sie mich in ei­ ne graue Leere, von wo aus ich die nadelspitzen Gipfel riesiger, weit in der Ferne lie­ gender Berge sehen konnte. Dann ließen sie mich fallen - und als mein Ikarus-ähnli­ cher Sturz immer schneller wurde, erwachte ich mit einer solchen Angst, daß mir der Gedanke an Schlaf völlig verhaßt war. Die »hageren Nachtgeister« waren schwarze, dünne, gummiähnliche Dinger mit Hörnern, Schwänzen mit Widerhaken, FledermausHügeln und ohne Gesichter. Ohne Zweifel leitete ich diese Vorstellungen von undeut­ lichen Erinnerungen an Zeichnungen von Doré her (weitgehendst die Illustrationen zu Paradise Lost), die mich in wachen Stunden faszinierten. Sie hatten keine Stimmen, und ihre Art, mich zu foltern, war ihre Angewohnheit, meinen Bauch zu kitzeln, be­ vor sie mich packten und mit mir davonflogen. Ich hatte irgendwie die vage Vorstel­ lung, daß sie in dunklen Höhlen hausten, die die Gipfel von unglaublich hohen Ber­ gen durchlöcherten. Sie kamen in Scharen von fünfundzwanzig, fünfzig Stück. Manchmal warfen sie mich von einem zum anderen. Nacht für Nacht träumte ich die­ sen Alptraum, mit nur wenigen Abweichungen; doch immer, bevor ich auf die schreck­ lichen Berggipfel prallte, schreckte ich auf.« In diesen Alpträumen erkennt man bereits einige seiner wichtigsten Motive der spä­ teren Horrorgeschichten: gewaltige Gebirge, tote, finstere Städte mit Türmen, labyrin­ thische Höhlen und, natürlich, völlig fremdartige Monstren von außerhalb unserer Welt. Eine offizielle Schulbildung hatte HPL kaum: Mit Unterbrechungen besuchte er et­ wa zwei Jahre lang die Grundschule, aber sein schlechter Gesundheitszustand und ein rheumatisches Fieber verhinderten, daß er jemals einen Abschluß machte. Vielleicht war dies eine psychosomatische Flucht vor den Hänseleien der Mitschüler, an denen er durch seine Verschlossenheit und Schüchternheit selbst die Schuld trug. Außerdem

14 fand er die Schule völlig uninteressant, denn den Großteil des Lehrstoffes hatte er sich längst selbst beigebracht. 1904 starb sein Großvater Whipple Phillips, der für Lovecraft die Vaterrolle über­ nommen hatte. Der folgende Bankrott der Firma raubte einen Großteil des Familien­ vermögens. Das von Lovecraft so geliebte Haus mußte verkauft werden. Mutter, Sohn und zwei Tanten zogen in eine Mietwohnung in der Angell Street. Für Lovecraft, der zudem mit Furcht der Oberschule entgegensah, gab es nichts mehr, für das es sich zu leben lohnte. Er wollte sich im nächsten Fluß ertränken. Als ihm jedoch bewußt wur­ de, was er alles noch nicht wußte, überlegte er es sich anders - das Wissen lockte zu sehr. Er ging nach Hause und setzte seine privaten Studien fort. Eine Nachbarin, Clara L. Hess, berichtete aus dieser Zeit, daß sie einmal auf Love­ craft zuging und ihn ansprach, als er von einem Feld aus mit seinem Teleskop die Ster­ ne beobachtete: »Seine Sprache war so vom Fach, daß ich ihn nicht verstehen konn­ te.« Zu dieser Zeit hatte er unter dem Einfluß von Edgar Allan Poe und Ambrose Bierce mit dem Schreiben unheimlicher Geschichten begonnen, die er später jedoch ver­ nichtete. 1906 veröffentlichte das Providence Sunday Journal eine Fortsetzungsreihe astronomischer Artikel von ihm, für die er sogar Honorar erhielt. Die Oberschule be­ suchte er bloß gelegentlich. 1908 verhinderte ein Nervenzusammenbruch ein Ab­ schlußzeugnis, ohne das er keine Universität besuchen konnte. Es ist interessant, daß er immer empfindlich gegen Kälte war. Durch seinen Zusam­ menbruch wurde diese Empfindlichkeit noch verschlimmert. Offenbar zog er sich ein kaum bekanntes Leiden namens Poikilothermie zu, bei dem der Erkrankte nicht mehr imstande ist, seine Körpertemperatur selbständig zu halten. Sein Leib nimmt wie bei einem Reptil oder Fisch die Umgebungstemperatur an. Wenn die Luft im Sommer über dreißig Grad warm war und seine Mitmenschen sich ermattet in den Schatten setzten, blühte Lovecraft auf. Im Winter war er krank und konnte das Haus nicht verlassen, oh­ ne bewußtlos zu werden. Die Geschichte Cool Air beschreibt nichts anderes als seine Krankheit, wenn auch verdreht und überzogen: Der Protagonist braucht die Kälte, um überleben zu können. HPL zog sich für die nächsten fünf Jahre völlig zurück und eignete sich weiter sein phänomenales Wissen an. In diesen Jahren schrieb er keine Prosa (jedenfalls ist nichts erhalten) und dachte nicht daran, einen Beruf zu erlernen. Er blieb tagsüber im Bett lie­ gen, studierte, schrieb in der Nacht altertümliche Gedichte, experimentierte mit seinem Chemielabor, versuchte sich als Zeichner, wollte Kriminalromane schreiben, gab al­ les wieder auf und tat nichts Nützliches. Gespräche führte er bloß mit den beiden Tan­ ten und der Mutter. 1914 trat Lovecraft der »United Amateur Press Association« bei, einer Gruppe von Amateurschriftstellern, die sich gegenseitig Briefe mit Ermunterungen und Ratschlä­

15 gen schrieben, ln diesen Amateurpublikationen veröffentlichte Lovecraft seine ersten Gedichte, Essays und Horrorgeschichten, und damals begann er gleichfalls mit seiner ausgedehnten Korrespondenz. Diese Briefkontakte ersetzten echte Freundschaften. Persönlichen Begegnungen wich er scheu aus. So ließ er sich etwa auf einen freundli­ chen Briefwechsel mit dem Literaturredakteur des Providence Jounals ein, blockte je­ doch alle Versuche des Mannes, ihn kennenzulernen, rigoros ab. Selbst gelegentliche Spaziergänge durch seine geliebte Heimatstadt machte er wie ein Gespenst in der Nacht, wenn die Straßen leer waren. Und wenn es sich nicht vermeiden ließ, am Tage durch die Stadt zu wandern, ging er mit hochgezogenen Schultern, ruckartig wie ein Vogel, und starrte zu Boden; das typische Benehmen eines verhaltensgestörten Men­ schen. Eine Nachbarin erinnerte sich an ihn: »Als kleines Mädchen hatte ich eine To­ desangst vor ihm, denn er pflegte abends, wenn wir an der Ecke Angell und Paterson Street Fangen spielten, mit eiligen Schritten in der Angell Street auf und ab zu gehen. Sein Aussehen ängstigte mich immer. Nie sprach er mit einem von uns, sondern ging mit gesenktem Kopf vorüber.« Ab 1915 gab er sein eigenes Fanzine heraus, The Conservative. Hier gab es keiner­ lei Schranken für Lovecrafts Rassismus; Er behauptete, er hasse alle Ausländer, Emi­ granten und Juden, sie wären »verkrümmtes, rattenhaftes Ungeziefer«. Er schrieb ein Gedicht über die Erschaffung von Farbigen: »...sie erschufen eine Bestie mit halb­ menschlichem Aussehen, füllten sie an mit Lastern, und nannten dieses Ding dann Nigger.« Es war das Geschwätz von Idioten, das er sich angelesen hatte und, unreif und weltfremd, wie er war, auch glaubte. Zur damaligen Zeit war Rassismus in Amerika weit verbreitet, Lovecrafts Einstellung also durchaus üblich. Es ist erfreulich, daß er später, als er aus seiner Einsiedelei ausbrach und viele Freunde fand, darunter auch Ju­ den, seine Meinung revidierte. Auch seine Frau war Jüdin. Kurz vor seinem Tod schrieb er: »Ich würde Lösegeld bezahlen, wenn dies verhinderte, daß einige meiner Essays und Leitartikel, die ich vor zwanzig oder mehr Jahren schrieb, ausgegraben und nachgedruckt werden!« Weil er Poe so liebte - »my god of fiction« -, begann er, dessen Vorläufer zu lesen, Autoren wie Charles Brockden Brown, Charles Robert Maturin, Horace Walpole, Wil­ liam Beckford und andere. Nebenher fing er an, die »Pulps« zu lesen, Unterhaltungs­ literatur auf billigem Druckpapier. Er ließ das Gedichteschreiben sein und begann mit dem Verfassen von Horrorgeschichten. The Tomh und Dagon entstanden, die 1919 bzw. 1922 in Amateurzeitschriften veröffentlicht wurden. In den Jahren 1916/17 verließ er die Wohnung häufiger, besuchte Kinos, Vorlesun­ gen und Vorträge - und er unternahm kleine Reisen mit der Bahn, um sich die Umge­ bung seiner Heimatstadt anzusehen, denn er liebte die Architektur vergangener Jahr­ hunderte. Er wurde Mitglied eines literarischen Zirkels in Providence. Bei deren Tref­ fen saß er steif da, sah stur geradeaus, und nur, wenn eine Frage an ihn gerichtet wur­

16 de, drehte er höflich den Kopf und beantwortete sie. Viele fanden ihn lächerlich. Zu­ mindest kroch er aus dem Schneckenhaus heraus, und die Fabel, er habe sein ganzes Leben in der düsteren Wohnung gehockt, stimmt nicht. Seine Briefbekanntschaften nahmen zu. Zeitweise hatte er zweihundert Briefkontakte! Er schrieb lange Briefe, im Durchschnitt acht bis zehn pro Tag. Man schätzt die Zahl seiner Briefe auf 100.000, die, wären sie alle erhalten geblieben, über fünfhundert Bände füllten! Es kam sogar soweit, daß er einige Brieffreunde in seinem Haus empfing, auch wenn seine Mutter und die Tanten es nicht gerne sahen und ständig die Tür zu seinem kleinen Zimmer öff­ neten, um zu sehen, ob er nicht vielleicht ohnmächtig geworden war. Seine miserable finanzielle Lage besserte er durch Überarbeitungen fremder Texte auf. Oft schrieb er komplett neue Stories und bekam für diese tagelangen Arbeiten bloß ein paar Dollar. Er beschwerte sich aber nie darüber und blieb sein Leben lang der viel­ leicht billigste Ghostwriter der Welt. Seine eigenen literarischen Arbeiten, fand er, wa­ ren lediglich eine Spielerei, nichts Ernstzunehmendes. Seine Sexualität muß er verdrängt haben. Homosexuell war er indes nicht, wie ei­ nige Kritiker vorschnell über ihn urteilten. Er war überaus verklemmt. Er haßte eroti­ sche Literatur, und in seinen eigenen Erzählungen fehlt jede Spur von Sinnlichkeit. Weil Sarah Susan Anfälle von Hysterie und Depressionen bekam, die immer akuter wurden, mußte sie im März 1919 in die Nervenheilanstalt eingeliefert werden, in der schon ihr Mann sein Ende gefunden hatte. Den Ärzten gegenüber spach sie von ihren finanziellen Sorgen und dem, was sie alles für ihren Sohn getan habe, »einen Dichter von höchstem Range«. In ihrer Akte findet man den Hinweis ihres Psychiaters, der ei­ nen »psychosexuellen Kontakt« mit ihrem Sohn diagnostizierte, der auf den Sohn je­ doch größere Auswirkungen als auf die Mutter haben müsse. Eine geistige Abnormität liege bereits seit mehr als sechsundzwanzig Jahren vor, seit fünfzehn Jahren sei sie gei­ stig gestört. HPL traf seine Mutter des öfteren auf dem Krankenhausgelände und ging mit ihr spazieren, betrat die Anstalt selbst jedoch nie. Sarah Susan starb 1921 nach einer Gal­ lenblasenoperation. Eovecraft war sehr traurig und berichtete in seinen Briefen von ihren Französischkenntnissen, ihrer Malerei und ihrem wunderbaren Gesang, den sie mit Klavierspiel untermalte. Die Wahrheit, daß sie eine kranke, einfältige, wehleidige Frau war, die sein gesamtes bisheriges Leben verdüstert hatte, schrieb er nie. Lovecraft stand damals vor seinem einunddreißigsten Geburtstag. Er hatte all die langen Jahre mit ihr zusammengelebt und ihren Wahnsinn zu spüren bekommen. Ihren Schatten konnte er nie mehr abschütteln. L. Sprague de Camp kommt in seiner HPLBiographie zu dem Schluß: »Susies Tod hätte sein Gutes für Lovecraft haben können. Er hätte ihn zu Unabhängigkeit und Selbständigkeit zwingen können. Aber dazu kam es nicht, denn Lovecraft hatte zwei liebende Tanten, die bereit, ja, erpicht darauf wa­ ren, Susies Bürde auf sich zu nehmen. Somit verlor er jede Chance, die er vielleicht

17 gehabt hätte, seine Rolle als Muttersöhnchen abzulegen. Er wurde jetzt lediglich ein Tantensöhnchen.« Unter dem Einfluß des Schriftstellers Lord Dunsany gewann HPLs Prosa an Gerad­ linigkeit und Kraft. Seine Adjektivsucht - unheimlich, grausam, düster, gräßlich, etc. - ließ nach, und er schrieb jetzt öfter als früher. Seine Arbeiten wurden auch länger. The White Ship, The Cats o f Ulthar, The Doom That Came to Samath... ln diesen drei Ge­ schichten näherte er sich der Fantasyliteratur, eine Periode seines Schaffens, die 1926 /27 ihren Höhepunkt mit The Dream-Quest o f Unknown Kadath und The Silver Key erreichte. Bei seinen Horrorerzählungen beeinflußten ihn neben E.A.Poe vor allem die dama­ ligen Meister des Genres, Arthur Machen, Walter de la Mare, Montague Rhodes Ja­ mes und Algernon Blackwood. Mit The Call ofCthulhu und The Nameless City schuf er die ersten Erzählungen des Cthulhu-Mythos. Unter den Amateurautoren, die HPL öfter in Boston besuchte, lernte er 1921 Ms. Sonia Haft Greene kennen. Sie wollte Schriftstellerin werden, hatte aber nur wenig Ta­ lent. Lovecraft schrieb ihr mehrere Briefe pro Woche. Sie war beeindruckt von seinem Intellekt. 1922, durch die Vermittlung eines Freundes, schrieb Lovecraft einen Brief an Clark Ashton Smith (1893 - 1961). Smith hatte sich einen Ruf als düsterer Dichter erworben und verfaßte damals noch keine Prosa. Er war Lovecraft sehr ähnlich; vielleicht war er der einzige des Kreises, der es mit Lovecrafts Wissen und Talent aufnehmen konn­ te. Ihre Brieffreundschaft bestand bis zum Tode Lovecrafts. Neben Robert E. Howard (1906 - 1936) hatte Smith den wohl größten Einfluß auf HPL, zumindest literarisch, und umgekehrt, denn Smith begann nun ebenfalls Horrorerzählungen zu schreiben, die denen von Lovecraft kaum nachstehen. Howard und Clark Ashton Smith bastelten nun ebenfalls an Lovecrafts Mythos herum, erfanden neue verbotene Bücher und außerir­ dische Gottheiten. Als 1923 das Horrorpulp Weird Tales erschien, veröffentlichten sie alle drei dort ihre Geschichten. Lyon Sprague de Camp nannte sie die »drei Muske­ tiere« des Magazins. Das stimmt allerdings nicht ganz: Seabury Grandin Quinn (1889 - 1969) war mit seiner Serie um den Geisterdetektiv Jules de Grandin der beliebteste Schreiber des Heftes. Das ging so weit, daß ihm die Damen eines Bordells, als sie Quinn erkannten, einmal anboten, ihn umsonst zu verwöhnen. Erst nach hartnäckigem Drängen vieler Freunde, die erkannten, daß hier der richti­ ge Markt für Lovecrafts Erzählungen war, schickte er Weird Tales seine Arbeiten. Der damalige Herausgeber Farnsworth Wright nahm sie gerne an, bat jedoch um maschi­ nengeschriebene Manuskripte, weil Lovecrafts Schrift so klein und unleserlich war. Lovecraft zögerte, tippte dann aber doch unter Zähneknirschen seine Texte ab. Die Bekanntschaft mit Sonia Greene wurde intimer. Bald sprachen sie vom Heira­ ten. Am 3. März 1924 gaben sie sich, ohne das Wissen der Tanten von Lovecraft, das

18 Ja-Wort in New York City, wo Sonia ein Hutgeschäft führte. Sie waren völlig gegen­ sätzlich und paßten nicht zueinander. Lovecraft war recht scheu, gehemmt, depressiv; sie dagegen fröhlich, frei und extrovertiert. Die Ehe mußte schiefgehen. HPL, der kei­ ne Gefühle zeigen konnte, eventuell gar nicht fühlte, sagte seiner Frau nie, daß er sie liebte, höchstens: »Ich schätze dich sehr, meine Liebe«. Er gab ihr nie das Empfinden, sie zu begehren und verlangte niemals nach Sex. Nur wenn sie die Initiative ergriff, kam es zum Geschlechtsverkehr. Auf die oft gestellte Frage, wie er denn im Bett ge­ wesen sei, antwortete seine Frau, daß er, trotz aller Komplexe, zu natürlichem Sex fä­ hig war, »ein durchaus hervorragender Liebhaber« gewesen sei. Vielleicht log sie, um sein Andenken nicht zu schänden. Jedenfalls nahm er nach der Trennung zwei Jahre später ihre Angebote nicht mehr an. Offenbar empfand er den Sex als leidige Pflichtü­ bung. Sonia schrieb in ihren Erinnerungen an Lovecraft: »(...) Ich hatte die feste Absicht, Howard von einigen seiner fixen Ideen und Komplexe abzubringen, besonders denen, die sein Aussehen betrafen. Ich spürte, daß er, wenn es mir gelang, ihn dazu zu brin­ gen, mehr Vertrauen in sein Genie als Schriftsteller zu haben und sein »entsetzliches« Aussehen, wie er es nannte, zu vergessen, seine Unsicherheit ablegen und vielleicht glücklicher werden würde. (...) Als er Brooklyn nicht mehr ertragen konnte, schlug ich selbst ihm vor, daß er nach Providence zurückkehren sollte. Er sagte: »Wenn wir bei­ de doch nur nach Providence zurückkehren und dort leben könnten, in jener gesegne­ ten Stadt, wo ich geboren und aufgewachsen bin; ich bin mir sicher, daß ich dort glück­ lich sein könnte.« Ich stimmte ihm zu: »Nichts würde ich lieber tun, als in Providen­ ce zu wohnen, falls ich dort meine Arbeit tun könnte, aber Providence hat keine Ni­ sche, die ich ausfüllen könnte.« Er kehrte nach Providence zurück. Ich kam viel spä­ ter nach. HPL lebte damals in einem großen Arbeitszimmer, die Küche teilte er mit zwei Mitbewohnern. Seine Tante Mrs. Clark hatte ein Zimmer im selben Haus, wäh­ rend Annie Gamwell, die jüngere Tante, woanders wohnte. Wir beratschlagten bald mit den Tanten. Ich schlug vor, ich würde ein geräumiges Haus mieten, mich um ein gutes Dienstmädchen kümmern, alle Unkosten tragen und die Tanten kostenlos bei uns wohnen lassen, oder zumindest könnten sie besser leben, ohne daß ihnen größere Ko­ sten erwüchsen. Lovecraft und ich handelten tatsächlich die Miete eines solchen Hau­ ses aus mit der Option, es zu kaufen, wenn sich herausstellte, daß es uns gefiele. H P sollte eine Seite des Hauses als Arbeitszimmer und Bibliothek benutzen, und ich wür­ de die andere Seite für meinen eigenen Hutladen verwenden. Zu diesem Zeitpunkt teil­ ten mir die Tanten freundlich, aber fest mit, daß weder sie noch Howard es sich leisten konnten, daß Howards Frau für ihren Lebensunterhalt arbeitete. Damit war die Sache erledigt. Ich wußte jetzt, woran wir alle waren. Der Stolz zog es vor, schweigend zu leiden; ihrer wie meiner. Nachdem ich HPL in Providence gut untergebracht hatte, kehrte ich nach N.Y. zurück. (...) In den nächsten paar Monaten bestand unser Ehele­

19 ben aus Unmengen von Papier, getränkt in Tintenströmen.« HPL wollte seine Ehe auf Papier fortsetzen. Sonia wollte klare Verhältnisse. Sie verlangte die Scheidung, die er erst 1929 einreichte. Sie sahen sich nie wieder. In den folgenden Jahren schrieb Lovecraft immer weniger. Ab und zu eine Erzäh­ lung, die er auf oftmals schon gebrauchtes Papier kritzelte. Er war zu faul - besonders, weil die Texte langsam immer umfangreicher wurden sie mit der Maschine ins Rei­ ne zu bringen. »Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß die Eiteratur kein rechter Be­ ruf für einen Gentleman ist, und daß man das Schreiben allenfalls als eine elegante Fer­ tigkeit betrachten sollte.« HPL blieb immerein Amateur. Meisterwerke wie The Case of Charles Dexter Ward oder At the Mountains of Madness ließ er, weil sie ihm ein­ fach zu lang zum Abtippen waren, jahrelang in der Schublade liegen. In den dreißiger Jahren erhielt er des öfteren Anfragen von Verlagen, die gerne einen Roman von ihm veröffentlichen wollten. Doch Lovecraft zögerte; er fand es der Mühe nicht wert, sei­ ne Geschichten anzubieten, weil sein von der Mutter aufgedrängter Minderwertigkeits­ komplex ihn an sich und der Qualität seiner Texte zweifeln ließ. Er fühlte sich als völli­ ger Versager. Hin und wieder unternahm er Reisen - das Geld für jeden Tag sehr knapp bemessen und praktisch vom Munde abgespart. Er fuhr nach Florida, nach Kanada, erforschte die alten Gebäude und Friedhöfe von Boston, Charleston, Marblehead, Rockport, Gloucester. Wenn Brieffreunde in der Nähe wohnten, besuchte er sie. Sie alle bezeugen sein durchaus sympathisches Wesen und seine Bildung. Edward Cole äußerte sich über Lovecraft: »Mir steht sofort das Bild seiner hageren Gestalt vor Augen, sein längliches, beinahe leichenblasses Gesicht, die unvermeidliche schwarze Tasche und das merk­ würdige Köfferchen, in dem er seine Schreibutensilien und ein kleines Teleskop mit sich führte. Wie sich seine ausgesprochen ernsten Züge lächelnd aufhellten, seine Au­ gen glitzerten, und wie er die Hand zum ehrlichen Gruß ausstreckte, wenn ich eintrat.« Gelegentlich besuchten Brieffreunde und Fans HPL. Sonst blieb er allein im Schat­ ten seines Arbeitszimmers. Neben Süßigkeiten aß Lovecraft kaum etwas: Käse und Bohnen - kalt aus der Do­ se. Daß er dennoch so lange gesund blieb, ist fast ein Wunder. Mitte der dreißiger Jah­ re litt er plötzlich an Sehstörungen, geschwollenen Füßen und Schmerzen im MagenDarm-Bereich. Er tat es leichthin als Verdauungsproblem ab. Anfang 1937 wurde er schwächer und nahm ab. Ein Arzt, der Lovecraft am 2. März untersuchte, stellte Dick­ darmkrebs fest. Am 10. März wurde er mit starken Schmerzen ins Hospital eingelie­ fert. Man spritzte ihm Morphium. Der Krebs hatte sich in seinem ganzen Körper aus­ gebreitet; eine Operation kam nicht mehr in Betracht. Tapfer erwartete Lovecraft den Tod. Am 15. März 1937 starb er früh morgens. Zwei Jahre später veröffentlichten seine beiden Freunde Donald Wandrei und Au­ gust Derleth im selbstgegründeten Verlag Arkham House das erste Buch von Love-

20 craft. Weitere folgten. Die Bücher verkauften sich zuerst eher schlecht. Erst als sich Lovecrafts Ruhm mehrte, lohnte sich die Arbeit auch finanziell. Heute gilt H P. Lovecraft neben Edgar Allan Poe als der bedeutendste Horrorer­ zähler. Man vergleicht ihre Werke oft, manchmal stellt man HPLs Erzählungen sogar über die von Poe. Dabei hinkt dieser Vergleich: Lovecraft war ein erstklassiger Hor­ rorautor. Poe war mehr als das. Poe war moderner als Lovecraft, zudem literarisch anspruchsvoller und genialer. Poe nahm die Motive der Schauerromantik auf und ließ »echte« Menschen darin le­ ben. Er beschrieb den psychologischen Schrecken. HPLs Schilderungen beschränken sich auf übernatürliche und galaktische Erschei­ nungen. Seine Protagonisten sind schematische Figuren, Schatten, die außer Erschrekken kaum Regungen zeigen. Sie sind antiquiert und wenig originell. Dennoch besit­ zen seine Erzählungen eine enorme Glaubwürdigkeit; sie ist es, die seinen Geschich­ ten diesen eisigen Schrecken verleiht. Seine weltweite Anerkennung als Meister des literarischen Grauens ist vollkommen berechtigt. Seine Bedeutung und sein Einfluß auf nachfolgende Autoren des Genres lassen sich leicht nachweisen. © Copyright 1995 hy Frank Festa

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A H N S I N N S

H.P. Lovecraft (1890 -1937) Bemerkungen über das Leben und Werk eines bedeutenden Horrorerzählers Von Kalju Kirde HP. Lovecraft, amerikanischer Autor von phantastischen und unheimlichen Erzäh­ lungen, war zu seinen Lebzeiten lediglich in einem kleinen Kreis von Freunden, Schriftstellern und Liebhabern von Gruselgeschichten bekannt und geschätzt. Erst nach seinem Tode wurde er wiederentdeckt, von manchen Enthusiasten überschweng­ lich gelobt und gehuldigt wie ein zweiter Edgar Allan Poe, von anderen Kritikern hin­ gegen belächelt oder mit unverhohlenem Spott abgetan als ein völlig unbedeutender Autor, der nur Geschichten für sogenannte pulp magazines (billige Gruselhefte) ge­ schrieben hat und daher nicht zur ernst zu nehmenden Literatur zu rechnen ist. Lovecrafts erzählerisches Werk hat durch die Neuausgaben der letzten Jahre einen größeren Leserkreis angesprochen. Vorwiegend ist es durch die zahlreichen Taschen­ bücher auf dem amerikanischen und englischen Buchmarkt sehr verbreitet worden. Der Dichter ist bereits eine Kultfigur geworden, und sein mit außerirdischen Monstern belebter Cthulhu-Mythos hat jüngere Autoren des Genres inspiriert. Seine unheimli­ chen Geschichten wurden inzwischen in viele Sprachen übersetzt. Vor allem findet HPL in Frankreich und Deutschland immer mehr Interesse und Anerkennung. Über­ dies sind er und sein Werk in jüngster Zeit zum Gegenstand literaturwissenschaftlicher Studien geworden.1 Man weist ihm heute einen gebührenden Platz in der phantasti­ schen Literatur zu: Gleichberechtigt steht er neben den großen Meistern der amerika­ 1 Zu erwähnen sind folgende Studien über Lovecraft: Thomas, James Warren: H.PLovecrafl: A Self-Por­ trait. Master’s thesis, Brown University, Providence, Rhode Island, 1950. Koki, Arthur: H P Lovecraft: An Introduction to his Life and Writings. Master’s thesis, Columbia University, New York, 1962. Fish, Robert S.: The Oral Interpretation o f the Horror Stories ofH.P. Lovecraft. M aster’s thesis, University of Oklahoma, Norman, 1965. St. Armand, Barton Levi: H.P. Lovecraft: The Outsider in Legend and Myth. Master’s thesis, Brown University, Providence, Rhode Island, 1966. St. Armand, Barton Levi: The Roots

23 nischen Horrorgeschichte, Edgar Allan Poe und Ambrose Bierce. Dieser eigenartige und umstrittene Phantast erntet also nachträglich einen bemerkenswerten Ruhm, wo­ von er zu seinen Lebzeiten nie geträumt hat. Howard Phillips Lovecraft wurde am 20. August 1890 in Providence, Rhode Island, als Sohn des Handlungsreisenden Winfield Scott Lovecraft geboren. Als er drei Jahre alt war, wurde sein Vater in eine Heil- und Pflegeanstalt eingeliefert, in der er fünf Jah­ re später infolge von Parese (Lähmung) starb. Lovecraft, ein kränkliches, frühreifes Kind ohne Geschwister, wurde von seiner überängstlichen, an Neurosen leidenden Mutter Sarah Susan (geb. Phillips) stark beeinflußt. Sie übertrug wohl unbewußt ihre Abneigung gegen den Vater auf den Sohn und weckte in ihm Minderwertigkeitskom­ plexe und Unselbständigkeit. Seine schwache Gesundheit erlaubte ihm keinen regelmäßigen Schulbesuch, und er mußte auf das College-Studium verzichten. Dafür hatte er schon von frühester Kind­ heit an Gelegenheit, in der umfangreichen Bibliothek seines Großvaters (mütterli­ cherseits) Whipple Van Buren Phillips zu lesen und sich weiterzubilden. Er besaß ein fabelhaftes Gedächtnis, und sein Lesehunger war schier unersättlich. Mit fünf Jahren hatte er schon die Grimmschen Märchen und die Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht verschlungen. Er fühlte sich wie ein kleiner Araber und nannte sich »Abdul Alhazred«; diesen Namen gab er dann später dem Verfasser seines fiktiven Geheimbu­ ches »Necronomicon«. Nach der »orientalischen Periode« vertiefte sich der junge HPL in griechisch-römische Mythen und Sagen, wobei seine Begeisterung so weit ging, daß er bei seinen Spielen Altäre aufrichtete und Pan, Apollo und anderen heidnischen Göt­ tern opferte.2 Andererseits war er an den Naturwissenschaften, besonders Chemie und Astrono­ mie, stark interessiert. Im Keller des großväterlichen Hauses richtete er sich ein Che­ mielabor ein. Noch mehr faszinierte ihn der Sternenhimmel, und er stellte stundenlan­ ge Beobachtungen mit seinem Fernrohr an. Auch verfaßte er handgeschriebene Bulle­ tins unter dem seriös klingenden Titel The Rhode Island Journal ofAstronomy und ver­ teilte sie an Freunde und Verwandte. Seit 1906 schrieb er jahrelang astronomische Ar­ tikel für die Providence Tribüne und andere lokale Zeitungen. of the Horror in the Fiction ofH.P. Lovecraft. Elizabethtown, New York: Dragon Press, 1977. St. Armand, Barton Levi: Lovecraft - New England Decadent. Albuquerque, New Mexico: Silver Scarab Press, 1979. Eitel, Elaine Gillum: The Sense o f Place in HP. Lovecraft. Master's thesis, Lamar State College of Tech­ nology, Beaumont, Texas, 1970. Lévy, Maurice: Lovecraft ou du fantastique. Christian Bourgois, Union Générale d ’éditions, Paris, 1972. Lynn, Lawrence R.: The Cthulhu Mythos in the Writings o f H P. Lovecraft. Master’s thesis. University of Rhode Island, Kingston, 1971. Cannon, Peter: Lovecraft's New England. Master’s thesis, Brown University, Providence, Rhode Island, 1974. McInnis, John L.: HP. Lovecraft - The Maze and the Minotaur. Dissertation, Louisiana State University, 1975. 2 H.P. Lovecraft: Autobiographie - Bemerkungen über einen unbedeutenden Menschen. In: Pfade ins Un­ endliche. Insel Almanach auf das Jahr 1972. Herausgegeben von Franz Rottensteiner. Frankfurt, 1971, S.125 und S. 127.

24 Bald trat aber seine leidenschaftliche Zuneigung zur Literatur in den Vordergrund, wobei er sich besonders stark zu der Geschichte und Dichtung des 18. Jahrhunderts hingezogen fühlte. Er begann Gedichte und Erzählungen in diesem altertümlichen Stil zu schreiben, wobei er zunächst seine Vorbilder, die englischen Dichter Pope, Addi­ son, Dryden, Johnson u. a. nachahmte. Diese altmodische, umständliche Schreibwei­ se, nicht frei von Schwulst und Stilblüten, prägte sich ihm so fest ein, daß er auch spä­ ter nicht mehr davon loskam. Die phantastische Literatur, besonders die Geschichten von Edgar Allan Poe und anderen Autoren sowie phantastisch-utopische Abenteuer­ geschichten übten von seiner Kindheit an einen unwiderstehlichen Reiz auf ihn aus. Schon mit acht Jahren begann er selbst kleine Gruselgeschichten zu schreiben, die er aber später als wertloses Gekritzel ansah und zum größten Teil vernichtete. Anregungen und Ermunterungen zum Schreiben hat er von seinem Großvater erhal­ ten, einem belesenen und vielgereisten Mann, der sich um die Erziehung des Enkels kümmerte, ihm viel von seinen ausgedehnten Reisen berichtete, aber auch Gespensterund Schauergeschichten erzählte, die den Jungen besonders fesselten. Der Tod des ge­ liebten Großvaters im März 1904, der darauffolgende Verkauf des geräumigen Hau­ ses und der Umzug in eine kleinere Wohnung haben Lovecraft tiefer erschüttert als der frühe Tod seines Vaters, den er kaum gekannt hat und dessen Rolle mehr oder weni­ ger der Großvater übernommen hatte. An die glücklichen Jahre im Hause des Groß­ vaters hat sich Lovecraft später gerne erinnert. 1914 trat Lovecraft der U.A.P.A. (The United Amateur Press Association) bei, ei­ ner über ganz Amerika verbreiteten Organisation von Amateurautoren, die sich ge­ genseitig Anregung und Kritik zukommen ließen. Die selbstverlegten Publikationen der U.A.P.A. druckten seine ersten Geschichten, Gedichte und Essays. 1917 wurde Lovecraft sogar zum Präsidenten der U.A.P.A. gewählt. In dieser Zeit begann er auch seine umfangreiche Korrespondenz, die er sein Leben lang beibehielt. Zu seinem eng­ sten Freundeskreis gehörten damals Rheinhart Kleiner, Maurice W. Moe, James F. Morton, Alfred Galpin, Frank Belknap Long, W. Paul Cook und Samuel Loveman, der auch den Kontakt zu dem Dichter Clark Ashton Smith in Kalifornien vermittelte. Die Leitartikel in der von HPL selbst herausgegebenen Amateurzeitschrift The Conservative (1915 - 1923) und mehrere Briefe spiegeln seine damaligen ultrakonservati­ ven und antidemokratischen Ansichten wider, die uns heute naiv und befremdlich er­ scheinen. Allerdings entsprechen solche Ansichten dem damaligen durch das konser­ vative amerikanische Bürgertum geprägten Zeitgeist. Er schwärmte für die britische Monarchie und für die vergangene Kolonialzeit vor der Unabhängigkeit der Vereinig­ ten Staaten und schmückte seine Briefe mit dem Ausruf »God save the King!«. In anglophiler Begeisterung soll er vor Denkmälern strammgestanden und laut gebrüllt ha­ ben: »Nieder mit den Feinden König George III!«3 3 L. Sprague de Camp: Lovecraft - A Biography. New York, 1975, S.4-5.

25 Er hegte also einerseits Ansichten, die im 20. Jahrhundert völlig überholt waren, an­ dererseits zeigte er eine unverhohlene Sympathie für nicht ernstzunehmende Rassen­ theorien wie die Überlegenheit der nordischen Rasse und den Antisemitismus sowie für den Faschismus Mussolinis, ln seinen Briefen wetterte Lovecraft gegen Fortschritt und Sozialismus, weil er fürchtete, daß damit das Traditionsbewußtsein und die Über­ lieferungen der Kolonialzeit verlorengingen. Hinzu kam seine fast pathologische und wirklichkeitsfremde Ablehnung anderer Volksgruppen wie z.B. der Juden, Farbigen, Mischlinge und Einwanderer. Diese Abneigung artete in seiner New Yorker Zeit zu ei­ nem richtigen Fremdenhaß aus. Um Lovecraft gerecht zu werden, muß aber betont werden, daß er sich in seinen letzten Jahren von diesen befremdenden Ansichten distanzierte. Er verwandelte sich von einem Rechtsradikalen in einen Quasi-Liberalen, der zuletzt sogar seine Stimme Franklin D. Roosevelt gab.4 ln Wirklichkeit war er nicht der Menschenverächter, als der er sich in seinen Briefen ausgab. Seine heftigen Ausfälle und zum Teil wider­ sprüchlichen Ansichten waren mehr oder weniger von rhetorischer Art. Als er die Ver­ treter der »verhaßten Volksgruppen« näher kennenlemte, legte er seine feindseligen Vorurteile wieder ab. So waren seine spätere Frau und einige seiner besten Freunde, wie z.B. der schon erwähnte Samuel Loveman, jüdischer Abstammung. Als seine Mutter 1921 nach einem zweijährigen Aufenthalt in einer Nervenheilan­ stalt starb, führten ihm ihre beiden Schwestern, Annie Gamwell und Lillian Clark, den Haushalt. Einen Versuch, aus dem Milieu seiner Heimat Providence auszubrechen, unternahm Lovecraft im April 1924, als er die hübsche jüdische Modistin Sonia Greene heirate­ te und nach New York zog. Obwohl er sich dort im Kreis seiner Freunde recht wohl fühlte, mit ihnen nächtelang diskutierte und durch New York bummelte, wurde ihm das Leben in der turbulenten Großstadt dennoch unerträglich, nicht zuletzt durch seine Al­ lergie gegenüber dem dort brodelnden Völkergemisch. Auch schlugen seine Versuche fehl, dort eine Tätigkeit als Lektor oder Editor auszuüben und eine feste Existenz zu gründen. Diese Schwierigkeiten trugen dazu bei, daß seine Ehe auseinanderging. Nach der Trennung von seiner Frau (im April 1926) war Lovecraft überglücklich, wieder in sein geliebtes Providence zurückzukehren, wo er den Rest seines Lebens zusammen mit seinen Tanten verbrachte. Lovecraft übte nie einen richtigen Beruf aus, sondern arbeitete zu Hause als Schrift­ steller, Ghostwriter, Lektor, Kritiker und Korrektor von Manuskripten, was ihm aller­ dings bloß ein bescheidenes Einkommen sicherte. So war er gezwungen, von seiner kleinen Erbschaftssumme zu zehren. Anspruchslos wie er war, schlug er sich oft mit ein paar Dollar in der Tasche eine ganze Woche durch. Trotzdem trat er in der Pose ei­ 4 L. Sprague de Camp: Lovecraft - A Biography. a.a.O., S.5, S.363, S.375ff.

26 nes selbstbewußten Gentleman auf, der es gar nicht nötig hat, seine dichterischen Er­ zeugnisse auf dem Markt für Geld anzubieten. In dem berühmten Gruselgeschichtenmagazin Weird Tales, das seit 1923 regelmäßig erschien, fand er einen geeigneten Platz für seine unheimlichen Geschichten. Sie sind beinahe alle zuerst in diesem Magazin veröffentlicht worden. Der Herausgeber von Weird Tales, Famsworth Wright, lehnte zwar häufig die angebotene Geschichte ab, ak­ zeptierte sie in der Regel aber später und zahlte dafür etwa ein Cent pro Wort. Je eigen­ sinniger und länger HPLs Erzählungen jedoch mit der Zeit wurden, desto unsicherer wurde Wrights Urteil. Er konnte sich nicht entschließen, solche Meisternovellen wie At the Mountains ofMadness oder The Shadow out ofTime für Weird Tales anzuneh­ men - diese Erzählungen erschienen schließlich in dem Magazin Astounding Stories (1936). Übrigens hätte HPL aufgrund eines Angebots des damaligen Verlegers J. C. Henneberger selbst der Herausgeber des Magazins Weird Tales werden können, wozu er wohl der geeignete Mann gewesen wäre. Aber er zögerte zu lange mit seiner Zusa­ ge, weil er die Übersiedlung nach Chicago scheute, und so erhielt Farnsworth Wright im Herbst 1924 diesen günstigen Job.5 In Providence führte HPL das Leben eines Sonderlings. Seine exzentrische Le­ bensweise paßt zu dem Bild, das man sich von einem Autor der Weird Fiction macht. Er arbeitete meistens nachts oder bei Tage mit zugezogenen Vorhängen und künstli­ chem Licht und unternahm nächtliche Spaziergänge durch die Stadt und die nähere Umgebung. Obwohl er das gesellige Leben scheute, wäre es dennoch falsch, ihn als Einsiedler zu bezeichnen. Er führte eine gewaltige Korrespondenz mit seinen Freun­ den und gleichgesinnten Autoren, unternahm auch Reisen, unter anderem nach Kana­ da und Florida, und empfing gelegentlich Besuch. Seine letzten Jahre waren von häufi­ gen Krankheiten überschattet, und seine schöpferische Tätigkeit ließ stark nach. Er starb am 15. März 1937 relativ jung im Alter von sechsundvierzig Jahren. Die Todesur­ sachen waren Darmkrebs und chronische Nierenentzündung. Die Inschrift auf seinem Grabstein auf dem Friedhof von Swan Point in Providence lautet kurz, aber treffend: »I am Providence«. Sein hinterlassenes erzählerisches Werk ist nicht umfangreich; es umfaßt etwa vierzig kürzere und zwölf längere Geschichten bzw. Novellen, die fast ausschließlich zur Gat­ tung der Weird Fiction (Gruseldichtung) gehören. Es sind phantastische oder zumin­ dest seltsame Geschichten mit einem starken Hang zum Makabren und Unheimlichen. Das Ziel des Autors ist eindeutig: den Leser zu erschrecken, zu verunsichern und in ihm Zweifel über die Gültigkeit der vertrauten Realität zu erwecken. Hierzu ein paar Äußerungen von Lovecraft selbst. Er beginnt seine bemerkenswerte Abhandlung über 5 Siehe L. Sprague de Camp: Lovecraft - A Biography, a.a.O., S.203ff„ und Lin Carter: Lovecraft - A 'Look Behind the Cthulhu Mythos, New York, 1972, S.41.

27 das Übernatürliche und Unheimliche in der Literatur, Supernatural Horror in Literature, mit folgenden Worten: »Die älteste und stärkste Empfindung des Menschen ist Angst, und die älteste und stärkste Form der Angst ist die Angst vor dem Unbekann­ ten.«6 Diese mehr oder weniger unbewußte Angst, die nach Lovecraft der Ursprung und das Grundelement der Weird Fiction ist, könnte beispielsweise die Angst vor dem Einbruch des Anomalen, Unbestimmten und Unerklärbaren in unsere nüchterne All­ tagswelt sein, oder auch die Angst vor der Unvollkommenheit und Unberechenbarkeit des Menschen und dem Durchbruch des latenten Bösen oder der verhängnisvollen Erb­ anlagen in ihm. »Niemals hat mich etwas stärker fasziniert als merkwürdige Störun­ gen der gültigen Naturgesetze oder ein monströses Eindringen des Unbekannten in un­ sere Welt von einem grenzenlosen Draußen.«7 Lovecraft begnügt sich nicht mit der Darstellung des Spuks des Alltags, des »ge­ wöhnlichen Schreckens«, sondern versucht, dem Leser ein Gefühl des »kosmischen Grauens« (»cosmic horror«) zu vermitteln, das die Triebkraft seiner gelungensten Hor­ rorvisionen bildet. Obwohl Lovecrafts Erzählungen enger miteinander verknüpft sind als es auf den er­ sten Blick scheint und sein erzählerisches Werk fast ein organisches Ganzes bildet, fehlt es dennoch nicht an Versuchen (beispielsweise von August Derleth, Lin Carter, Karl-Ludwig Stenger, u. a.), eine Klassifikation seiner Geschichten durchzuführen, in­ dem man sie in verschiedene Gruppen einordnet: 1) Fantasies in der Art von Lord Dunsany (z.B. Polaris, The Doom That Came to Sarnath (dt. Der Untergang Sarnaths), The White Ship (dt. Das Weiße Schiff), The Cats of Ulthar (dt. Die Katzen von Ulthar), Celephais, The Quest oflranon (dt. Iranons Su­ che), The Dream-Quest o f Unknown Kadath (dt. Die Traumsuche nach dem unbe­ kannten Kadath), The Silver Key (dt. Der Silberschlüssel), u.a.). 2) Erzählungen, die zum Cthulhu-Mythos gehören (The Nameless City (dt. Stadt oh­ ne Namen), The Call o f Cthulhu (dt. Cthulhus Ruf), The Dunwich Horror (dt. Das Grauen von Dunwich), The Shadow out o f Time (dt. Der Schatten aus der Zeit), At the Mountains ofMadness (dt. Berge des Wahnsinns), The Dreams in the Witch-House (dt. Träume im Hexenhaus), The Whisperer in Darkness (dt. Der Flüsterer im Dunkeln), The Shadow over Innsmouth (dt. Schatten über Innsmouth), The Thing on the Doorstep (dt. Das Ding auf der Schwelle), The Haunter ofthe Dark (dt. Der leuchtende Tra­ pezoeder)). 3) Restliche Horrorgeschichten (z.B. The Outsider (dt. Der Außenseiter), The Rats in the Walls (dt. Die Ratten im Gemäuer), Pickman’s Model (dt. Pickmans Modell) 6 7

H.P. Lovecraft: Supernatural Horror in Literature. New York, 1973,S.12(»Theoldestandstrongestemotion of mankind is fear, and the oldest and strongest kind of fear is fear of the unknown.«). H.P. Lovecraft: Autobiographie - Bemerkungen über einen unbedeutenden Menschen. In: Pfade ins Un­ endliche, a.a.O., S.125.

28 u.a.), wobei hier wiederum einige sog. Neuengland- bzw. Arkham-Geschichten als Un­ tergruppen ausgesondert werden können. 4) Kosmische oder Science Fiction-Geschichten (z.B. Beyond the Wall ofSleep (dt. Jenseits der Mauer des Schlafes), The Calour out of Space (dt. Die Farbe aus dem All), ln the Walls ofEryx (dt. In den Mauern von Eryx), From Beyond (dt. Vom Jenseits)). Einige Erzählungen lassen sich aber nicht so einfach in diese Gruppen einzwängen. Es gibt zwischen den einzelnen Gruppen Überschneidungen. So werden beispielswei­ se in dem Fantasyroman The Dream-Quest oflJnknown Kadath auch die dämonischen Wesen des Cthulhu-Mythos wie Nyarlathotep und Azathoth erwähnt. Die Erzählung The Shadow out ofTime weist starke SF-Elemente auf, usw. Ich werde daher bei der folgenden Betrachtung der einzelnen Geschichten von dieser »Klassifikation« keinen Gebrauch machen. Im ersten Jahrzehnt seines schriftstellerischen Schaffens (1917 - 1926) schrieb HPL vorwiegend kürzere phantastische Geschichten und Horrorstories mit häufigem Ge­ brauch von traditionellen Themen und Motiven der Gespenster- und Schauerge­ schichte. Die Einflüsse seiner Lieblingsautoren Edgar Allan Poe, Arthur Machen und Lord Dunsany, um die wichtigsten zu nennen, sind noch ohne weiteres zu erkennen. Aber man spürt schon den Prozeß der Loslösung von den traditionellen Motiven, und einige seiner Kurzgeschichten sind Vorversuche und Modelle zu den späteren kosmi­ schen Horrorerzählungen. Bereits Dagon (1917), seine allererste professionell publizierte Geschichte, zeigt Ansätze zu den späteren Erzählungen der Cthulhu-Mythologie wie The Call ofCthulhu und The Shadow over Innsmouth. In Dagon erzählt ein Schiffbrüchiger, wie er nach tagelangem Treiben auf dem Meer plötzlich auf eine Insel stößt, die ihm wie vom Mee­ resboden emporgestiegen erscheint. Der Erzähler beginnt, die Insel zu erforschen und entdeckt eines Nachts ein gewaltiges Steinmonument, auf dem er im Mondlicht merk­ würdige Zeichen und Abbildungen riesiger fischähnlicher Wesen zu erkennen glaubt. Indes er sich über die Herkunft des Steinblockes wundert, entsteigt dem Meer ein gi­ gantischer Fischmensch und nähert sich huldigend dem Monolithen. Diese gespensti­ sche nächtliche Szene erschreckt und verwirrt den Erzähler, so daß er sich nicht mehr genau erinnern kann, auf welche Weise er die Insel wieder verließ. In mondhellen Nächten träumt er von einem schrecklichen Wesen, das ihn verfolgt und in ihm Asso­ ziationen an den legendären Fischgott Dagon hervorruft. Er fürchtet den Tag, an dem die wieder versunkene Insel mit ihrem Obelisken sich erneut aus den Wellen erhebt und die namenlosen Seeungeheuer die Menschen überfallen... Die Motive des Auftauchens einer Insel aus der Tiefe des Meeres und die Bedro­ hung der Menschheit durch eine unbekannte Rasse schuppiger Fischwesen baut Lovecraft in späteren Erzählungen weiter aus. Ich bin auf diese frühe Geschichte ein wenig

29 näher eingegangen, weil schon hier der wichtige Schritt der Verallgemeinerung von der individuellen zur totalen Bedrohung vollzogen wird: Der Protagonist als verfolgtes Opfer fürchtet nicht nur um sein eigenes Leben, sondern hat eine apokalyptische Vi­ sion, in der die in der Meerestiefe lauernden uralten Wesen sich eines Tages erheben, um die ganze Menschheit anzugreifen. Ein gutes Beispiel für die von HPL so erfolg­ reich verwendete Potenzierung des Grauens! Eine andere Seegeschichte, The Temple, berichtet von einem deutschen Untersee­ boot, das beschädigt auf dem Meeresboden in der Nähe einer Ruine liegt, die mögli­ cherweise ein Überrest des versunkenen sagenhaften Atlantis ist. Der Kommandant des U-Bootes, der einzige Überlebende der Besatzung, verläßt im Taucheranzug das Boot und nähert sich einem großen tempelähnlichen Gebäude, von dem er sich durch phosphoreszierende Lichtreflexe und rhythmische Klänge angezogen fühlt. Der Wert dieser an sich recht interessanten Geschichte wird vermindert durch die von HPL ge­ dankenlos übernommene Klischeegestalt des brutalen preußischen Offiziers, der sei­ ne Untergebenen mißhandelt. In den folgenden Horrorstories verlagert Lovecraft die Brutstätte lauernder Gefah­ ren von der Meerestiefe in unterirdische labyrinthische Gänge und Grotten. In The Lurking Fear leben die Nachkommen einer degenerierten Familie wie wilde Tiere in Hor­ den unter der Erde, von wo aus sie mit bestialischer Tücke den Menschen auflauern und sie überfallen. In dieser Geschichte variiert Lovecraft die Idee der verborgen le­ benden entarteten Zwergrasse, The Little People von Arthur Machen.89The Horror at Red Hook (dt. Grauen in Red Hook) berichtet von furchtbaren Riten mit Kindesopfe­ rungen, die in den Gängen und Höhlen unter den Häusern der New Yorker Vorstadt ze­ lebriert werden. Der Polizist Malone, einer der wenigen mutigen Helden Lovecrafts, entdeckt, daß hier ein Kult der Yezidis (eine orientalische Teufelsanbetersekte) von kurdischen Einwanderern gegründet wurde. Diese konventionelle Geschichte über He­ xerei und schwarze Magie in New York - sowie die Erzählung He (dt. Er) - hat Love­ craft im Jahre 1925 geschrieben, als er in Brooklyn wohnte. Er äußert darin sein Miß­ fallen über das »wimmelnde« Völkergemisch, das ihm auf den »klammähnlichen« Straßen entgegenströmt, über das »Durcheinander gegenständlicher und geistiger Fäulnis«, über fremde Einwanderer mit »dunkelhäutigen, von Sünde zerfressenen Ge­ sichtem« und über den »namenlosen Abschaum aus Asien, den gewisse organisierte Cliquen an Land schmuggelten.«’ In The Rats in the Walls übernimmt Delapore, ein Amerikaner englischer Abstam­ mung, den seit vielen Jahren verlassenen Familienbesitz in England. Er läßt die ver8

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Arthur Machen verwendete die Idee des unterirdisch lebenden Kleinen Volkes (Little People) z. B. in sei­ nen Geschichten The Novel ofthe Black Seal (dt. Die Geschichte vom schwarzen Siegel) und The Shining Pyramid (dt. Die leuchtende Pyramide), beide in dem Erzählungenband Die leuchtende Pyramide, Frank­ furt, 1969). H.P. Lovecraft Grauen in Red Hook. In: Stadt ohne Namen, Frankfurt, 1973, S. 65-66 und S. 70.

30 fallene Priorei, die an der Stelle eines druidischen Tempels steht, restaurieren. In den Wänden des Schlosses scheint es von Ratten zu wimmeln, die aber nur für den Schloß­ herrn und seine Katzen hörbar sind. Nachts träumt Delapore wiederholt von einer rie­ sigen dämmrigen Grotte, in der ein widerlicher dämonischer Schweinehirt seine Her­ de hütet und von einem Rattenrudel überfallen wird. Als der neue Schloßherr im Kel­ lergewölbe einen alten Opferstein des Kybelekultes entdeckt und unter dem Altar ei­ nen geheimen Zugang zu einer Grotte von unermeßlichen Ausdehnungen freilegt, se­ hen sie eine »unterirdische Welt voller namenloser Rätsel und Schrecken«. In der zwielichtigen Grotte gibt es Bauten und architektonische Überreste aus vergangenen Jahrhunderten, in denen die Vorfahren des Erzählers ihre kannibalischen Festgelage hielten, ln Zellen und engen Käfigen mästeten sie Menschen, Tiere und sogar Züch­ tungen von Tiermenschen für ihre widerwärtigen Gelüste. »Aasschwarze Gruben vol­ ler abgenagter Knochen und geöffneter Totenschädel« deuten daraufhin, daß Ratten­ schwärme in die Grotte eingedrungen sind und dort »ihre schaurigen Freßorgien abge­ halten haben...« 101Die passende Umgebung weckt den in Delapore schlummernden entarteten Trieb: Wie ein wildes Tier fällt er seinen Begleiter an. Diese Horrorge­ schichte gehört zu den besten, die Fovecraft in den zwanziger Jahren geschrieben hat. Es gelingt ihm hier, Szenen »unsäglichen Grauens« auszumalen. Besonders effektvoll ist der Schluß, die unerwartet plötzlich einsetzende rapide Rückentwicklung des ah­ nungslosen Erzählers, die ihn auf das Niveau seiner perversen Vorfahren zurückwirft. Die Bearbeitung des Motivs der Degeneration bzw. Regression, die Lovecraft sehr in­ teressierte, ist ihm hier viel besser gelungen als bei der thematisch ähnlichen Ge­ schichte The Lurking Fear. Das makabre Pickman’s Model schildert die Besichtigung der greulichen Bilder im versteckten Atelier des Bostoner Malers Pickman. Die Gemälde stellen in höchst rea­ listischer Weise Ghoule dar, menschenähnliche Wesen mit Hundefratzen, die mit Vor­ liebe Leichen verzehren, und es besteht kein Zweifel daran, daß Pickman nach der Na­ tur gemalt hat und diesen Monstren in den unterirdischen Katakomben unter seinem Atelier tatsächlich begegnet ist. Wieland Schmied stellt seiner interessanten Mono­ graphie Zweihundert Jahre phantastische Malerei (1973) einen Abschnitt über den Maler Richard Upton Pickman und sein Modell exemplarisch voran. Er schreibt: »Die­ se Erzählung ist für uns bemerkenswert, nicht nur, weil sie in konzentrierter Form das übliche Arsenal der Horrorgeschichten erzählt, sondern auch, weil der Besucher die­ ses Malers, interessiert an einer Phänomenologie der Kunst des Makabren, eine kriti­ sche Analyse der Malweise seines Freundes unternimmt«. Lovecraft wird »ein raffi­ nierter Zeremonienmeister des Schreckens« genannt." Eine eigenartige Variante bietet die Kurzgeschichte The Outsider, deren Anfang und 10 H.P. Lovecraft: Die Ratten im Gemäuer. In Ctulhu, Frankfurt, 1968, S. 65, S. 66 und S. 69. 11 Wieland Schmied: Pickmans Modell. In: Zweihundert Jahre phantastische Malerei, Berlin, 1973, S. 9-10.

31 Stil an Poe erinnern. Ein seltsames Wesen berichtet uns, daß es sein bisheriges Leben tief unter der Erde in den Gewölben eines uralten Schlosses, ohne Kontakt mit der Au­ ßenwelt, verbracht hat. »Ich weiß nicht, wo ich geboren wurde, außer daß das Schloß unendlich alt und unendlich grauenvoll war, voll dunkler Gänge und mit hohen Dekken, an denen das Auge nur Spinnweben und Schatten wahrnehmen konnte. Die Stei­ ne in den verfallenden Korridoren schienen immer schrecklich feucht, und überall war ein widerwärtiger Geruch wie von den übereinandergestapelten Leichen toter Genera­ tionen. Nie war es hell, so daß ich manchmal Kerzen anzündete und sie still betrach­ tete, um mich zu trösten; auch schien draußen niemals die Sonne, denn die schreckli­ chen Bäume wuchsen weit über den höchsten zugänglichen Turm hinaus. Es gab ei­ nen einzigen schwarzen Turm, der über die Bäume hinaus in den unbekannten äuße­ ren Himmel ragte, aber dieser war teilweise eine Ruine, und man konnte ihn nicht er­ steigen, es sei denn, man hätte das schier Unmögliche vollbracht, Stein für Stein die senkrechten Wände emporzuklimmen.«12 Schließlich beschließt der Außenseiter, seine unterirdische Behausung zu verlassen und den finsteren Turm zu ersteigen. Er gelangt auf den festen Erdboden und befindet sich auf einem verlassenen Friedhof. Nach einer nächtlichen Wanderung erreicht er ein anderes Schloß, das ihm auf eine unheimliche Art und Weise vertraut vorkommt. Aus den offenen, hell erleuchteten Fenstern dringt ihm der fröhliche Lärm eines Festes ent­ gegen. Die plötzliche Erscheinung des Fremden versetzt die festliche Gesellschaft in panischen Schrecken, und sie ergreift in wilder Hast die Flucht. Zum ersten Mal einem Spiegel gegenüberstehend, erkennt der Außenseiter die Wahrheit über sich selbst. Lovecraft verwendet hier den Kunstgriff, die Geschichte aus der Perspektive des Phan­ toms - anscheinend ein auferstandener Leichnam oder ein Ghoul - zu erzählen. Das Er­ scheinen des unheimlichen Gastes auf dem Fest ruft Assoziationen zu Poes Erzählung Die Maske des roten Todes hervor. Professor Dirk Mosig hat diese alptraumhafte Geschichte mehreren psychoanalyti­ schen Interpretationen im Sinne von C.G. Jung unterworfen; unter anderem legt er auch eine autobiographische Interpretation dar.13 The Statement o f Randolph Carter (dt. Die Aussage des Randolph Carter) ist fast wortwörtlich die Niederschrift eines intensiven Traums von Lovecraft (Dezember 1919), der öfter Traumfragmente in seine Geschichten einbaute. Die Personen in sei­ nem Traum sind sein Freund Samuel Loveman (=Warren) und er selbst (=Randolph Carter).14 Um Mitternacht wollen Carter und sein Freund, der Okkultist Warren, auf einem ab­ gelegenen Friedhof eine uralte Grabstätte untersuchen. Warren, durch ein Telefonka12 H.P. Lovecraft: Der Außenseiter. In: Das Ding auf der Schwelle, Frankfurt, 1969, S. 40. 13 Dirk W. Mosig: The Four Faces o f the Outsider. In: Nyctalops, Volume II, No. 2, 1974, S. 3-10. 14 Lovecrafts Traum ist festgehalten in seinem Brief an The Gallomo (Alfred Galpin, Lovecraft & Maurice W. Moe) vom 11. Dezember 1919. Siehe: Dreams and Fancies, Arkham House, 1962, S. 4-9 bzw. Love-

32 bei mit Carter verbunden, steigt in die Gruft hinunter. Nach längerer Wartezeit ver­ nimmt Carter die erregte Stimme seines Freundes, der in der Tiefe auf »unglaubliche grauenhafte Wesen« gestoßen ist. Warren fordert ihn auf, sein Leben nicht auch aufs Spiel zu setzen und sich schleunigst davonzumachen. Auf sein erschrecktes Fragen hin meldet sich Warren nicht mehr. Auch in weiteren Geschichten aus dieser Zeit, wie z.B. The Hound (dt. Der Hund), The Tomb (dt. Das Grab), The Festival (dt. Das Fest), The Nameless City und Imprisonend with the Pharaohs15(dt. Gefangen bei den Pharaonen), werden die Helden von uralten verfallenen Grabstätten oder unterirdischen Höhlen, in denen das unbekannte Grauen auf sie lauert, magisch angezogen und geraten so in die Abgründe der Unter­ welt. Wie häufig hat Lovecraft doch das Motiv des Abstiegs in unterirdische Welten variiert! ln der Geschichte The Shunned Hause (dt. Das gemiedene Haus) hat Lovecraft lo­ kale Spukhauslegenden seiner Heimatstadt Providence geschickt verarbeitet. In dem seit Jahrzehnten unbewohnten Haus waren die früheren Bewohner eines rätselhaften Todes gestorben, und es ging das Gerücht, daß ein Vampir unter dem Haus begraben sei. Um dies Geheimnis zu lüften, begeben sich der Erzähler und sein Onkel nachts in das Spukhaus und entdecken in dem dunklen feuchten Keller auf dem schwammver­ seuchten Boden einen großen phosphoreszierenden Fleck, der an eine zusammenge­ kauerte menschenähnliche Gestalt erinnert. Im Verlauf der Nacht steigt aus dem Fleck eine Dunstwolke auf, die den Onkel einhüllt. Der Neffe kann nicht verhindern, daß sein Onkel sich in dieser Emanation völlig auflöst. Am nächsten Morgen gräbt er ein Loch im Keller und legt dabei einen riesigen gallertartigen Ellbogen des vampirhaften Mon­ sters frei. Er vernichtet das Ungeheuer mit Schwefelsäure. Einen guten Einfall hatte Lovecraft mit der Kurzgeschichte The Music o f Erich Zann (dt. Die Musik des Erich Zann), bei der das Unheimliche in einem ganz anderen Mi­ lieu auftritt. Sie spielt in einem Pariser Mansardenzimmer, dessen Fenster in eine an­ dere Welt zu führen scheint, aus der die seltsamsten Laute herüberklingen. Mit furcht­ samem Blick zu diesem Fenster spielt der stumme Musiker Zann auf seiner Geige ei­ ne wilde, dämonische Musik, bei der dem Zuhörer das Grausen überkommt. Neben reinen Horrorgeschichten schrieb Lovecraft in den zwanziger Jahren auch ei­ nige Fantasy-Erzählungen, die Welten schildern, deren Tore man nur im Traum durch­ schreiten kann. Als Beispiele für diese »Traumphantasien«, die in der Art des von Lovecraft bewunderten irischen Autors Lord Dunsany verfaßt sind, seien The Doom That Came to Samath, The Strange High House in the Mist (dt. Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel), The Cats of Ulthar sowie Celephai's angeführt, ferner craft: Selected Leiters I, Arkham House, 1965, S. 94-97. 15 Die Geschichte Imprisoned with the Pharaos (zuerst unter dem Titel Under the Pyramids) hat Lovecraft als Ghostwriter für den bekannten Zauberkünstler Harry Houdini geschrieben, unter dessen Namen sie 1924 in Weird Tales erschien.

33 die um den Helden Randolph Carter gruppierten Geschichten The Silver Key und die mit E. Hoffmann Price als Mitautor geschriebene Fortsetzung zu The Silver Key, Through the Gates o f the Silver Key (dt. Durch die Tore des Silberschlüssels). Der Kurzroman The Dream-Quest o f Unknown Kadath wurde auch in dieser Periode (1926 /27) niedergeschrieben, aber erst 1943 posthum veröffentlicht. Dieser phantastische Roman handelt von den traumhaften Erlebnissen des Randolph Carter, der autobiogra­ phische Züge aufweist. Auf der Suche nach der zauberhaften Stadt seiner Sehnsucht gelangt er in eine Unterwelt ähnlich dem griechischen Totenreich Hades. Dies ist Lovecrafts pittoreske Darstellung einer Hölle, eine Traumwelt, die bevölkert ist mit seltsamen Erscheinungen und Fabelwesen wie den riesenhaften Shantak-Vögeln, den scheuen, aber freundlichen Zoogs, riesigen Ungeheuern wie Gugs und Ghasts sowie einer Schar von Ghoulen, unter ihnen der bekannte Bostoner Maler Richard Upton Pickman, den Carter von früher kennt. Nach zahlreichen Abenteuern begegnet Carter in der aus Onyx gebauten Burg auf dem Gipfel des »unbekannten Kadath« dem dä­ monischen Nyarlathotep, genannt das »kriechende Chaos« und einer der mächtigsten und gerissensten der »Großen Alten«. Anstatt ihm den Weg zu der gesuchten Traum­ stadt zu weisen, verleitet Nyarlathotep Carter dazu, einen kosmischen Flug auf dem Rücken des monströsen pferdeköpfigen Shantak-Vogels zu unternehmen. Der soll ihn zu dem chaotischen Abgrund bringen, wo der formlose Erzdämon Azathoth herrscht, dessen Namen man nicht laut aussprechen darf. Carter ahnt die Gefahr, die ihm von Azathoth droht, und es gelingt ihm, noch rechtzeitig von dem Shantak abzuspringen. Nach endlosem, schwindelerregendem Fall durch kosmische Räume findet Carter sich schließlich in seiner Heimatstadt Boston wieder. Er ist zum Ausgangspunkt seiner Traumodyssee zurückgekehrt. Diese Fantasy ist sehr umstritten. Liebhaber der heroischen Fantasy wie L. Sprague de Camp und Lin Carter äußerten sich lobend, andere wie August Derleth meinten, daß es ein wenig gelungenes Werk sei. Der Kurzroman ist voll bizarrer Einfälle, farbig geschilderter Episoden und reicher Symbolik, nach Meinung von Dirk Mosig eine wahre Fundgrube für psychoanalyti­ sche Studien.16 Viele, wenn auch lose Querverbindungen zu anderen Geschichten wie z.B. The Cats o f Ulthar, Celephais, The White Ship, The Other Gods (dt. Die anderen Götter), Pickman's Model und den späteren Cthulhu-Erzählungen sind vorhanden. Es ist bedauerlich, daß Lovecraft diesen Roman nach der typischen Ablehnung durch 16 Dirk W. Mosig schreibt in seinem Aufsatz Toward a Greater Appreciation o f HP. Lovecraft - The Analy­ tic Approach (dt. Zum besseren Verständnis von H P. Lovecraft - Die analytische Methode, in: Quarber Merkur Nr. 49, 1978, S. 53-54) über The Dream-Quest o f Unknown Kadath: »This is undoubtely the ri­ chest Lovecraftian talc in terms of psychological symbolism« ... »The Dream-Quest o f Unknown Kadath is probably the most detailed and memorable picture of the contents of the Unconscious in the annals of literature. Lovcraft describes literally hundreds of archetypes, complexes etc., a wealth of symbols deri­ ved from his own dreamworld - his own Unconscious.«

34 Farnsworth Wright resigniert in die Schublade legte und nie wieder hervorholte. Es fehlt ihm eine Überarbeitung und letzte Ausfeilung. In den letzten zehn Jahren seines Schaffens (1927 - 1936) schrieb Lovecraft nur et­ wa ein Dutzend längerer Erzählungen, die allerdings seinen Ruhm begründeten. Er wurde selbstkritischer, ahmte die literarischen Vorbilder nicht mehr nach und gewann an Originalität und Aussagekraft. Seine Geschichten wurden länger und komplexer, der Themenkreis erweiterte sich. Während er in den frühen Erzählungen die irdischen Quellen des Horrors in Meerestiefen und labyrinthischen Grotten ausgeschöpft hatte, schildert er in den späteren Werken schreckliche Phänomene, die keine irdische Her­ kunft haben. Einen Wendepunkt in seinem Schaffen markierte die im September 1927 in Amazing Stories erschienene Science Fiction-Gruselgeschichte The Colour out of Space. Die Erzählung beeindruckt durch die genaue reportagenhafte Darstellung der unheimlichen Ereignisse, die sich nach dem Sturz eines Meteors auf einer Farm in der Nähe der fiktiven Stadt Arkham (entspricht Salem/Massachusetts) abspielen. Der Auf­ schlag des Meteors hat zur Folge, daß alles Lebende von einem langsamen Verfall er­ griffen wird. Pflanzen und Tiere wechseln die Farbe und siechen dahin, die Bewohner der Farm werden wahnsinnig und sterben einer nach dem anderen, bis zuletzt das Gehöft in einer plötzlichen Feuerslohe verbrennt. Die eindringliche Schilderung des fortschreitenden Verfalls der Vegetation und des Dahinsterbens von Mensch und Tier gehört zum Besten, das Lovecraft je geschrieben hat. The Colour out o f Space ist ein Vorläufer des Geschichtenzyklus der Cthulhu-Mythologie, denn die Umgebung der imaginären Stadt Arkham wird hier bereits als Ku­ lisse verwendet; außerdem treten die Gelehrten der ebenso fiktiven Miskatonic University auf, wie ja auch in den späteren Geschichten des Mythos. Die grundlegende Idee, daß der Mensch sich vor dem Unbekannten und Unheimli­ chen aus den unermeßlichen Tiefen des Universums fürchtet, verwendete HPL erfolg­ reich bei der Schöpfung seiner Cthulhu-Mythologie, die das Kernstück in den bahn­ brechenden kosmischen Horrorgeschichten seiner letzten Schaffensperiode bildet. Der Cthulhu-Mythos ist eine Wiederbelebung alter Sagen und Dämonengeschichten in kosmischem Rahmen und stellt eine Verbindung zwischen Weird und Science Fiction her. Lovecraft war dabei beeinflußt von der atheistischen Erkenntnis, daß die Erde nur ein Staubkorn in den unvorstellbaren Weiten des Kosmos darstellt und der Mensch auf ihr gleich einer Eintagsfliege im Vergleich zu den Äonen des Weltalls lebt. Auch fas­ zinierte ihn der Gedanke, daß noch andere, dem Menschen weit überlegene Rassen im Kosmos existieren könnten, von denen einige in vormenschlicher Zeit die Erde be­ völkert und die Überreste ihres Wirkens hinterlassen haben. Damit hat HPL geradezu die Thesen moderner Pseudowissenschaftler wie etwa Erich von Däniken vorwegge­ nommen. Im Gegensatz zu von Däniken waren diese Vorstellungen für ihn allerdings nur ein intellektuelles Gedankenspiel.

35 Nach August Derleth soll sich Lovecraft wie folgt geäußert haben: »Alle meine Ge­ schichten, wie unzusammenhängend sie auch zu sein scheinen, gründen sich auf die ursprüngliche Kunde oder Legende, nach der diese Welt früher von einer anderen Ras­ se bewohnt war, die in Ausübung schwarzer Magie den Boden verlor und verstoßen wurde, allerdings außerhalb unserer Welt weiterlebt, jederzeit bereit, von der Erde wie­ der Besitz zu ergreifen.«17Jedoch ist dieses Zitat (angeblich aus einem Brief Lovecrafts an Derleth), das weite Verbreitung gefunden hat, nach Meinung von Dirk Mosig um­ stritten, weil der Originalbrief als Quellenangabe nicht mehr existiert. Mosig schlägt an dieser Stelle eine andere Äußerung vor, die wirklich von HPL stammt: »Alle mei­ ne Geschichten basieren auf der fundamentalen Voraussetzung, daß die allgemeinen menschlichen Gesetze, Interessen und Gefühle keine Gültigkeit oder Bedeutung in dem großen leeren Kosmos haben... Um den Kern des wirklichen Draußen zu begrei­ fen, muß man vergessen, daß es so etwas wie organisches Leben, Gut und Böse, Lie­ be und Haß und all die anderen lokalen Attribute einer vernachlässigbaren und zeitge­ bundenen Rasse, die sich Menschheit nennt, überhaupt gibt.«18 Hier schätzt HPL die Stellung der menschlichen Rasse im Kosmos als vollkommen bedeutungslos ein. Durch die Schaffung eines mythischen Rahmens wollte Lovecraft zwischen einzel­ nen Geschichten einen Zusammenhang hersteilen; eine ernste, strenge Mythologie auf­ zubauen war eindeutig nicht seine Absicht. Die Erzählungen um Cthulhu, Yog-Sothoth, Nyarlathotep, etc. sind dadurch miteinander verknüpft, daß sie sich um Dämo­ nengestalten kosmischen Ursprungs ranken, die er die »Uralten« (Great Old Ones) nennt. Lovecraft schuf die Cthulhu-Pseudomythologie in ihren Wesenszügen, die trocken-pedantische Systematisierung überließ er großzügig seinen Freunden. Vor al­ lem August Derleth war es, der unermüdlich am Mythos herumbastelte, ihn propa­ gierte, weiter ausbaute und auch modifizierte. Bei Derleth gibt es Rivalitäten und Kämpfe zwischen den bösen und guten Mächten, während bei Lovecraft der Mensch den bösen Mächten schutzlos ausgeliefert ist. Die einführende Geschichte in den Cthulhu-Mythenkreis ist The Call o f Cthulhu. Das ungeheuerliche Wesen Cthulhu, ein außerirdisches Monster, ist ein wichtiger Ver­ treter von Lovecrafts dämonischen »Gottheiten« bzw. »Elementargeistern« (diese Be­ zeichnung stammt von Derleth!), den Uralten, wobei Lovecraft sich auf das »legen­ däre« Geheimbuch des Mythos, das Necronomicon, beruft, das angeblich der ver­ rückte Araber Abdul Alhazred geschrieben haben soll. Nach Überlieferungen lebte Cthulhu in grauer Vorzeit mit anderen Wesen seiner Art in der zyklopischen Steinstadt R’lyeh, die eines Tages in den Tiefen des Stillen Ozeans versarlk. Dort schlummert der mächtige Cthulhu schon seit Jahrmillionen in tiefster Lethargie. Die Erinnerung an ihn 17 Derleth zitiert Lovecraft in seiner Einleitung zu The Dunwich Horror and Others, Arkham House, 1963, HP. Lovecraft and his work (Vorwort), S. XIII. 18 Dirk W. Mosig, Schöpfer eines Mythos, in: Weird Fiction Times Nr. 48, 1977, S. 35-44. Zitat S. 41.

36 lebt aber weiter innerhalb der kultischen Gemeinde seiner Anhänger, die ihn durch schwarze Magie und Beschwörungen wiedererwecken wollen, sobald nur die Sterne günstig stehen. Die Geschichte berichtet von der zunehmenden Aktivität dieser An­ hängerschaft, einer Voodoogemeinde in den Sümpfen bei New Orleans, die wilde Or­ gien vor der Götzenfigur Cthulhus feiert und mit ruchlosen Riten seine Wiederkehr heraufbeschwören will. Am Ende dieser Erzählung landen einige Seeleute auf einer plötzlich aufgetauchten Insel in der Südsee. Sie stoßen »auf die Umrisse schlämm-, schlick- und tangverwesten Quaderwerks zyklopischer Ausmaße... (...) Mit einer mo­ nolithgekrönten Zitadelle... (...) Die schreckgespenstische Leichenstadt R'lyeh, die un­ absehbare Äonen vor der Geschichte von den grauenhaften Riesen errichtet wurde, die von dunklen Sternen zur Erde stiegen. Hier ruhten der große Cthulhu und seine Hor­ den in grünschleimigen Gewölben, und von hier aus sandten sie schließlich nach unermeßbaren Jahrtausenden jene Gedanken, die in den Träumen der Empfindsamen Furcht und Grauen verbreiteten und die Gläubigen gebieterisch zur Pilgerschaft zu ih­ rer Befreiung und Wiedereinsetzung befahlen... Johansen und seine Leute gelangten über eine ansteigende Sandbank in diese monströse Akropolis, und sie erklommen tita­ nische, von schlüpfrigem, grauenhaft grünem Tang überwucherte Blöcke, die niemals eine Treppe für Menschenmaß gewesen sein konnten. (...) Fratzenhafte Bedrohung und Spannung grinste boshaft aus diesen trügerischen Ecken und Winkeln der behauenen Felsen, die auf den ersten Blick konkav erschienen, und auf den zweiten konvex.« Als die Seeleute den Sockel des Monolithen erklettern, entdecken sie dort eine ge­ waltige gemeißelte Tür - »wie ein großes Scheunentor« - mit einem grotesken Stein­ gebilde, das ein Ungeheuer mit Tintenfischkopf und drachenähnlichem Körper dar­ stellt. Ahnungslos öffnen die Männer die Falltür, und Cthulhu, »das schleimgrüne, klebrige Gezücht der Sterne«, kann durch die Öffnung ins Freie schlüpfen...1’ Wird hier, wie erwähnt, aus Dagon das Motiv der versunkenen und wieder auftau­ chenden Insel aufgegriffen, so wird in The Shadow over Innsmouth von neuem die Idee der in der Tiefe des Meeres lebenden Fischmenschen verwendet. Die degenerierten Bewohner der Hafenstadt Innsmouth leben in engem Kontakt zu diesen Fischmen­ schen, den sogenannten Tiefen Wesen (Deep Ones), die Untertanen Cthulhus und des Fischgottes Dagon sind. Sie gehen Mischehen mit ihnen ein und führen im Alter ihr Leben unter Wasser fort. Der Erzähler erlebt in Innsmouth eine angstvolle Nacht, ist Zeuge einer widerlichen Prozession der Anhänger des Esoterischen Ordens von Da­ gon und entkommt mit knapper Not den ihn verfolgenden Horden hüpfender, wat­ schelnder und quakender Fischmenschen. Im letzten Abschnitt dieser hervorragenden Erzählung entdeckt der Erzähler seine eigene Abstammung aus Innsmouth und ver­ spürt den unwiderstehlichen Zwang, zu den Tiefen Wesen zurückzukehren.*

19 Die Zitate aus Cthulhus Ruf sind entnommen aus dem Band Cthulhu, Frankfurt, 1968, S. 232 - 234, S. 236.

37 Einige Kritiker, darunter David H. Keller, bemängelten diesen Ausgang der Ge­ schichte, weil sie die doppelte Pointe für überflüssig hielten.20 Meiner Meinung nach wird die Wirkung der Erzählung dadurch noch gesteigert, daß Lovecraft dem Erzähler letztlich doch kein Entkommen zubilligt, das heißt, die Geschichte nicht mit einem Happy End ausgehen läßt. In The Dunwich Horror führt Lovecraft eine weitere dämonische Gestalt des Cthulhu-Mythenkreises ein, den ebenfalls zu den von der Erde verbannten Uralten gehören­ den Yog-Sothoth, den Wächter des Tores, wo sich unsere Welt mit einer anderen, höhe­ ren Dimension berührt. Er kann nur durch eine Beschwörungsformel aus dem Necronomicon wieder Zugang zu unserer Welt finden, um hier erneut Fuß zu fassen. Der Schauplatz dieser wichtigen Erzählung ist das Dorf Dunwich, ein von Fremden gemiedener, unheimlich anmutender Ort, dessen Bewohner »in widerwärtiger Weise dekadent und weit den Weg des Rückschritts gegangen sind, wie man das so häufig in den Brackwässern Neuenglands findet. So hat sich schließlich eine eigene Rasse mit allen charakteristischen, geistigen und physischen Merkmalen von Degeneration und Inzucht herausgebildet. Ihre durchschnittliche Intelligenz ist kläglich gering, und ihre Annalen sind voll der offensten Bösartigkeiten, halb verheimlichter Morde, Inzeste und Handlungen von nahezu unnennbarer Gewalttätigkeit und Perversität.«21 Einer dieser Einheimischen, der in den schwarzen Hexenkünsten erfahrene alte Farmer Whateley, erwirkte einst, daß Yog-Sothoth seiner dümmlichen Tochter Lavinia beiwohnte. Aus dieser unglückseligen Verbindung ging Wilbur hervor, der von riesenhaftem Wuchs und bocksähnlicher Häßlichkeit war. Er versprach dem sterbenden Großvater, Yog-Sothoth mittels der Beschwörungsformel auf die Erde zurückzuholen. Bei dem Versuch, die vollständige Ausgabe des Necronomicon aus der Bibliothek der Miskatonic University in Arkham zu entwenden, wo das schauderhafte Buch hinter Schloß und Riegel aufbewahrt wird, kommt Wilbur Whateley jedoch zu Tode. Unter seiner Kleidung verbarg sich eine unmenschliche Gestalt. Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende, denn das eigentliche Grauen steht noch bevor. Auf Whateleys Farm hält sich noch ein weiterer Nachkomme von Yog-So­ thoth verborgen, ein übernatürliches, unsichtbares Monster, das nach Wilburs Tod aus­ bricht und das Dorf Dunwich in Angst und Schrecken versetzt. Die Schlußszene ent­ behrt nicht einer gewissen unfreiwilligen Komik: Drei älteren Gelehrten der Miskatonic University gelingt es, das Monster mit einer Zauberformel unschädlich zu machen. Bei dieser dramatischen Vemichtungsaktion vernimmt man die krächzenden Laute des Wesens, das verzweifelt seinen Vater Yog-Sothoth zur Hilfe ruft. The Case o f Charles Dexter Ward (dt. Der Fall Charles Dexter Ward) ist ein be­ 20 S. David H. Keller: Notes on Lovecraft, in: Jack L. Chalker (Hrsg.), Mirage on Lovecraft, Baltimore, 1965, S. 34. 21 H.P. Lovecraft: Das Grauen von Dunwich, in: Cthulhu, a. a. O„ S. 128.

38 deutender »magischer« Roman, in dem von Nekromantie und Hexerei die Rede ist. Er spielt in Providence und enthält eine Menge Lokalkolorit und interessante Details aus der Geschichte dieser Stadt. Der Titelheld des Romans ist - ohne es zunächst zu wis­ sen - ein Nachkomme des Hexers und Geisterbeschwörers Joseph Curwen, der 1692 aus Salem, als dort der Hexenwahn ausbrach, nach Providence flüchtete. Dort lebte Curwen bis 1771, ohne irgendwelche Spuren des Alterns zu zeigen. Äußerlich trat er als erfolgreicher Schiffskaufmann auf, in Wirklichkeit aber stellte er im Labor auf sei­ nem abgelegenen Bauernhof teuflische Experimente an, um Tote wiederzubeleben und ihnen geheimes Wissen abzufragen. Um sich laufend Material zu beschaffen, treibt Curwen sich auf Lriedhöfen herum und läßt sich aus aller Herren Länder Schiffsla­ dungen mit Sklaven, Särgen und Mumien schicken. Als Curwen auch noch beginnt, den Dämon Yog-Sothoth zu beschwören, und die Nachbarn nachts in seinem Bauern­ haus gellende Schreie, absonderliche Gesänge und Anrufungen vernehmen sowie zum Himmel aufschießende Lichtsäulen erblicken, ist die Geduld der Stadtbevölkerung am Ende. Etwa hundert Männer umstellen eines Nachts sein Bauernhaus und entdecken beim Eindringen solch gräßliche Dinge, daß sie den schwarzen Magier auf der Stelle töten und alle Spuren von ihm und seiner Tätigkeit tilgen. Charles Dexter Ward, der von Jugend an eine Vorliebe für Altertümliches und Ge­ nealogie hat, beginnt sich intensiv mit seinem Urahn zu beschäftigen und wird durch seine beinahe wissenschaftliche Gründlichkeit immer tiefer in die Schlingen der Ver­ gangenheit verstrickt. Er läßt Curwens Porträt, das er hinter der Täfelung des verfal­ lenden Wohnhauses seines Vorfahren gefunden hat und das eine große Ähnlichkeit mit ihm aufweist, restaurieren und in seiner Arbeitsbibliothek aufhängen. Nachdem Ward auch noch Curwens verstecktes Grab wiedergefunden hat und dessen Sarg in sein Haus bringen läßt, gewinnt der wiedergängerische Vorfahre immer mehr Gewalt über ihn. Ward verliert allmählich seine eigene Persönlichkeit und beginnt, das teuflische Werk seines Urururgroßvaters, die Beschwörung der Toten und Dämonen, fortzusetzen. Der Roman ist ein gelungenes Werk. Er ist spannend geschrieben und zeigt die Kenntnisse des Verfassers in Okkultismus und Hexerei. Er stellt eine geschickte Ver­ arbeitung des Motivs der Persönlichkeitsverdrängung dar. Das Motiv des Persönlichkeitsverlusts greift Lovecraft auch in der Geschichte The Thing on the Doorstep auf. Die Hauptgestalt, der Dichter Edward Derby, weist, wie übrigens auch Charles Dexter Ward, autobiographische Züge auf. Derby heiratet Asenath, die Tochter des alten Hexers Ephraim White aus Innsmouth. Sie hypnotisiert ihn und bemächtigt sich zeitweilig seines Körpers. Aus Verzweiflung erschlägt Derby sei­ ne Frau. Doch sogar die Tote zwingt ihren Mann, den Körper mit ihr zu tauschen. Er wird in den im Keller begrabenen Leichnam versetzt. Es gelingt Derby aber, als das Ding auf der Schwelle noch bei seinem Freund zu erscheinen, um ihn zu warnen. Ein ekelhafter Schluß, aber eine effektvoll erzählte Geschichte. Eine Frauengestalt ist ei-

39 ne Seltenheit in Lovecrafts Werk, und in der Tat ist auch Asenath nur ein willenloses Werkzeug ihres Vaters, der über seine Tochter hinaus in einem Mann weiterleben will. Die Erzählung The Dreams in the Witch-House ist eine interessante Verknüpfung von Hexerei und Traumerlebnissen in einer sogenannten Vierten Dimension. Der Ma­ thematikstudent Gilman hat in der verwunschenen Stadt Arkham eine Dachkammer gemietet, in der früher die Hexe Keziah Mason mit ihrem Begleiter Brown Jenkin, ei­ ner zottigen, menschenköpfigen Ratte, gehaust hat. In seinen fieberhaften Träumen ge­ winnen die früheren Bewohner einen immer stärker werdenden Einfluß auf ihn. Traum und Wirklichkeit verschmelzen schließlich. Gilman wird zum Nachtwandler, und die Hexe zwingt ihn, der Kindsopferung beizuwohnen, die den Hexensabbat in der Wal­ purgisnacht einleiten soll. Gilman gelingt es zwar, die Hexe außer Gefecht zu setzen, erliegt aber wenig später dem heimtückischen Angriff der Menschenratte Brown Jen­ kin. The Haunter o f the Dark ist dem jungen Robert Bloch gewidmet, als Erwiderung auf dessen Horrorgeschichte The Shambler from the Stars (Weird Tales, September 1935), in deren tragischem Helden man unschwer HPL wiedererkennt. Der Dichter und Maler Robert Blake aus Milwaukee (Anspielung auf Bloch) entdeckt in der Turm­ kammer einer seit Jahrzehnten gemiedenen Kirche in Providence einen glänzenden, mehrflächigen Kristall, der ihn magisch anzieht. Indem er wie gebannt in diesen selt­ samen Polyeder starrt, stößt er, ohne es zu ahnen, ein Fenster in eine andere Welt auf und reaktiviert dort ein »fremdes, formloses Wesen«, das ihn durch den Stein hindurch »mit grauenhafter Intensität« beobachtet. Wie in Trance kehrt Blake immer wieder in die düstere Kirche zurück. Es stellt sich heraus, daß es sich bei dem »Ungeheuer aus dem Dunkeln« um den lichtscheuen Dämon Nyarlathotep handelt, der eines Nachts, als die Stadt im Dunkeln liegt, in unsere Welt einbricht und Blake in seiner Wohnung überfällt. Die Tagebucheintragungen des danach tot aufgefundenen Blake zeigen, daß das Wesen im Begriff war, sich mehr und mehr seines Geistes zu bemächtigen. Besonders hervorheben möchte ich die folgenden drei Geschichten des Zyklus der Cthulhu-Mythologie, die fast völlig auf Okkultismus, Hexerei und Geisterbeschwö­ rung verzichten, aber gerade deshalb gute Beispiele für die für HPL so eigentümliche Mischung aus Weird und Science Fiction sind. The Whisperer in Darkness verarbeitet eine Idee von Charles Fort, nach der die Er­ de ständig von Wesen aus anderen Welten besucht wird und wir unter dauernder Be­ obachtung stehen. Die Geschichte berichtet sehr eindringlich von superintelligenten außerirdischen Wesen, die von dem nachtschwarzen Planeten Yuggoth stammen und in den Hügeln von Vermont eine Bergwerkskolonie errichtet haben. Mit Yuggoth meinte Lovecraft den erst kurz zuvor entdeckten fernsten Planeten Pluto. Den schlau­ en Eindringlingen gelingt es, die Menschen in den benachbarten Dörfern zu überlisten und zu ihren Spionen und willenlosen Werkzeugen zu machen. Die geflügelten Wesen

40 vom Yuggoth können sogar menschliche Gehirne aus den Körpern herausoperieren, sie in Metallzylindern, die mit Sprech- und Hörgeräten versehen sind, funktionsfähig hal­ ten und diese Zylinder nach Yuggoth transportieren. At the Mountains o f Madness schildert mit der Gründlichkeit eines wissenschaftli­ chen Berichts die Südpolexpedition einer Forschergruppe von der Miskatonic University von Arkham. Hinter den riesigen Bergketten der Antarktis entdecken die For­ scher die Ruinen einer gewaltigen Stadt fremdartiger Architektur, die sich über viele Meilen hin erstreckt. An den friesgeschmückten Innenwänden eines massiven Gebäu­ des ist die Chronik einer prähistorischen Rasse abgebildet, die Jahrmillionen vor dem Erscheinen der Menschen, von fernen Sternen kommend, die leblose Erde besiedelte. Diese uralte Rasse errichtete gigantische Städte auf dem Lande wie auch unter Was­ ser und schuf durch biologische Experimente neue Lebensformen, die auch die Vor­ fahren der irdischen Tiere und Menschen waren. Bei diesen Experimenten haben die sternköpfigen »Alten Wesen« auch die monströsen Schoggothen erzeugt, große, viel­ zellige, intelligente Protoplasmaklumpen, »fähig, alle Formen und Organe und Vor­ gänge nachzuahmen«. Sie wurden als Arbeitssklaven beim Bau der Städte eingesetzt, später rebellierten sie jedoch gegen ihre Schöpfer und verfolgten sie erbarmungslos. Wie sich aber herausstellt, haben sich einige der früheren Bewohner dieser an­ scheinend verlassenen Metropole in den Tunneln unter der Stadt erhalten, und der ver­ mißte Vortrupp der Expedition mußte seine Entdeckung mit dem Leben bezahlen. Die Spannung steigt, je tiefer die beiden übriggebliebenen Forscher in die unterirdischen Geheimnisse der Ruinenstadt eindringen. In den zyklopischen Katakomben stoßen sie auf die verstümmelten Leichen der Alten Wesen. Eine schwarze, schleimige Schnekkenspur deutet darauf hin, daß hier vor kurzem die Schoggothen ihr grausames Werk verrichteten. Plötzlich taucht in einem der Tunnel ein Koloß auf, »...den ungeheuren Stollen ausfüllend, wie ein Kolben einen Zylinder ausfüllt. .. eine formlose Masse protoplasmischer Blasen, schwach luminiszierend und mit Myriaden vergänglicher Au­ gen...«22 Die schrillen, geisterhaften Rufe »Tekeli-lü«, die das Ungeheuer ausstößt, weisen auf Edgar Allan Poes Roman Die denkwürdigen Erlebnisse des Arthur Gordon Pym hin und lassen erkennen, daß HPL hier seinem Lehrmeister Poe Tribut zollt. Die­ se Novelle ist ein großer Entwurf, bloß hätte die Schilderung in einigen langatmigen Passagen straffer sein können. HPL geht es hier weniger um die Gruselabenteuer ei­ ner Expedition, obwohl die Darstellung der Schoggothen schaurig ist; sein Hauptan­ liegen ist es vielmehr, eine Jahrmillionen überspannende Chronik vormenschlicher Kulturen zu entwerfen, in welcher die Alten Wesen als große Baumeister der Vergan­ genheit sogar unsere Sympathie erwecken. The Shadow out ofTime ist meines Erachtens Lovecrafts bedeutendste Geschichte, 22 H.P. Lovecraft: Berge des Wahnsinns, in: Berge des Wahnsinns, Frankfurt, 1970, S. 132.

41 die auf einer brillanten Idee beruht. Professor Peaslee von der Miskatonic University in Arkham verliert sein Gedächtnis, um es erst nach fünf Jahren wiederzugewinnen. Er rekonstruiert dann aus seinen Träumen, daß er in dieser zurückliegenden Zeitspan­ ne in den kegelförmigen Körper eines Angehörigen der Großen Rasse zurückversetzt war, die vor hundertfünfzig Millionen Jahren auf der Erde existierte. Das Problem der Zeitreise wurde dadurch gelöst, daß die Mitglieder der Großen Rasse sich durch er­ zwungenen Körpertausch in verschiedene Welten und Zeitalter versetzen konnten. Die entführten Geister in den fremden Körpern sind alle damit beschäftigt, ihr Wissen über ihre Rasse, die I-ebensbedingungen in ihrem Heimatort und die kulturell-wissenschaft­ lichen Errungenschaften ihrer Zeitepoche für das universelle Archiv der Großen Ras­ se, in dem das gesamte Wissen über die Vergangenheit und die Zukunft des Kosmos archiviert ist, niederzuschreiben. Als Peaslee wieder zu sich gekommen ist, unternimmt er eine Reise nach Australi­ en, wo man die rätselhaften Ruinen einer uralten Stadt entdeckt hat. Peaslee erkennt den Ort seiner Träume wieder, kann sich in den zum größten Teil verschütteten Gän­ gen und Straßen erstaunlich gut orientieren und findet den Weg zu den Räumen des Archivs. Dort öffnet er ein durch einen komplizierten Mechanismus verschlossenes Schubfach und entdeckt darin in einer Metallkassette sein eigenes, in englischer Spra­ che verfaßtes Manuskript. Der Rückweg aus dem unterirdischen Labyrinth wird zu ei­ ner panischen Flucht, da Peaslee durch eisige Windstöße und schrille Pfeiftöne aus un­ heimlichen, endlos tiefen schwarzen Schächten in grenzenlose Angst versetzt wird. Dabei verliert er den Metallbehälter mit seinem Manuskript. So weiß er am Ende doch nicht genau, ob er wirklich in den fremden Körper vor hundertfünfzig Millionen Jah­ ren versetzt oder ob alles nur ein Traum war. Mit dieser Novelle ist Lovecraft eigentlich über den Cthulhu-Mythos hinausge­ wachsen, denn die Zitate aus den Geheimbüchern und das übliche dämonische Brim­ borium stehen hier ganz im Hintergrund. Der Horroreffekt besteht in erster Linie dar­ in, daß der Mensch dem Eingriff der Großen Rasse und damit fremden Wesen aus der fernen Vergangenheit wehrlos ausgeliefert ist. Diese mehr oder weniger ausführliche Betrachtung der Prosa von Lovecraft sollte ei­ nen kurzen Überblick über die wichtigsten Themen und Motive in seinen Erzählungen geben wie auch seine literarische Weiterentwicklung wenigstens andeuten. Eine lite­ raturkritische Analyse lag dagegen nicht in meiner Absicht. Romane und Geschichten, bei denen Lovecraft als Mitautor von August Derleth an­ gegeben wird, enthalten kaum einen nennenswerten Beitrag von ihm. Beispielsweise erwähnt Derleth, daß der Roman The Lurker at the Threshold (1945, dt. Das Grauen vor der Tür) von »H P. Lovecraft with August Derleth« aus Lovecrafts Feder nur das kurze Fragment The Round Tower (lediglich 1.200 von insgesamt ca. 60.000 Wörtern!)

42 enthält.23 Derleth benutzte Notizen und Fragmente aus HPLs Nachlaß, indem er die Ideen aus dem Notizbuch The Commonplace Book zu neuen Geschichten ausbaute und, wie erwähnt, eifrig an der Erweiterung des Cthulhu-Mythos herumbastelte. Im Vergleich mit den musterhaften Vorbildern des Meisters wirken Derleths Pastichen recht blaß und schablonenhaft, eben wie bloße Nachahmungen. Hingegen war Lovecrafts Beteiligung an den sogenannten Revisionen (Überarbei­ tungen) beträchtlich. Geschichten wie z.B. The Horror in the Museum (dt. Das Muse­ um des Schreckens) und Out ofthe Eons (dt. Aus Äonen) von Hazel Heald sowie The Curse o f Yig (dt. Der Fluch des Yig) und The Mound von Zelia Brown Reed Bishop stammen zum großen Teil von ihm. Aus unreifen Ideen und flüchtigen Entwürfen sei­ ner Klienten machte er wirkungsvolle »druckreife« Erzählungen. In manchen Fällen hat er sie fast vollständig umgeschrieben. Dennoch wurden diese »revidierten« Ge­ schichten in Weird Tales ohne Erwähnung seines Namens veröffentlicht. Die Bedeutung von Lovecrafts Versdichtung ist relativ gering. Seine Gedichte sind größtenteils wenig originell und ausgesprochen altmodisch. Erwähnenswert sind im­ merhin einige unheimliche Gedichte, wie der Zyklus von sechsunddreißig Sonetten, Fungi from Yuggoth, der sich an die Geschichten des Cthulhu-Mythos anlehnt. Von guter Kenntnis der Weird Fiction und enormer Belesenheit zeugt sein literatur­ kritischer Essay Supernatural Horror in Fiterature (1927, revidierte Fassung 1936, dt. Die Literatur des Grauens). Diese Arbeit hätte vielleicht als Dissertation an einer Uni­ versität ausgereicht, aber HPL gelang es nur, sie in einer Amateurpublikation mit dem Titel The Recluse mit geringer Zirkulation zu veröffentlichen. Der Essay enthält aus­ gezeichnete Abschnitte über den gotischen Schauerroman sowie über Edgar Allan Poe und dessen Nachfolger. Lovecraft hat jedoch seine Lieblingsautoren wie Arthur Ma­ chen und Lord Dunsany etwas zu ausführlich und wohlwollend besprochen. Dagegen werden andere wichtige Autoren des Genres wie Joseph Sheridan Le Fanu, Robert Louis Stevenson (wie auch andere Viktorianer) und H G. Wells nur am Rande erwähnt. Zum Beispiel fehlt jeglicher Hinweis auf Le Fanus klassische Geschichten Green Tea (dt. Grüner Tee) und Carmilla. Auch vermißt man die Erwähnung von Oliver Onions. Trotz dieser Mängel stellt Lovecrafts Essay auf jeden Fall eine sehr wertvolle Ein­ führung in das Gebiet der phantastisch-unheimlichen Literatur dar. Lovecraft war wohl einer der eifrigsten Briefschreiber, die es je gegeben hat. Man schätzt, daß er insgesamt etwa 100.000 Briefe geschrieben hat. Im Durchschnitt schrieb er acht bis zehn Briefe täglich, manche waren mehr als dreißig Seiten lang.24 Diese riesige Korrespondenz zeigt sein enzyklopädisches Wissen und eine für einen Autodidakten bewundernswerte Gelehrsamkeit. In den Briefen gibt er seine mitunter

23 Derleth: Some Notes on H P Lovecraft, Arkham House, 1959, Abschn. The Unfinished Manuscripts, S. 11. 24 L. Sprague de Camp, Lovecraft - A Biography, a.a.O., S. 112.

43 recht merkwürdigen Ansichten und umstrittenen Meinungen über Menschen, Kultur, insbesondere Literatur, und Politik wieder. Darüber hinaus spiegelt sich in ihnen sein alltägliches Leben mit seinen Problemen und Sorgen. Auch seine Großzügigkeit und Güte sowie ein unerwarteter Humor kommen hier zur Geltung. Seinen Brieffreunden gab er unermüdlich wertvolle Ratschläge und Anregungen und korrigierte ihre Arbei­ ten. Dieser rege Briefwechsel raubte ihm natürlich sehr viel Zeit, war andererseits aber wohl ein Ersatz für einen fehlenden Freundeskreis in Providence. Lovecraft gehört ohne Zweifel zu den führenden Autoren der Weird Fiction im 20. Jahrhundert. Seine besten Horrorgeschichten wie z.B. The Rats in the Walls, Pickman ’s Model, The Outsider und The Case o f Charles Dexter Ward und seine Science FictionGruselgeschichten bzw. »Science Fantasies« wie The Colour out o f Space, The Whisperer in Darkness oder The Shadow out ofTime sind spannend geschrieben, reich an originellen Ideen und voll zwingender unheimlicher Atmosphäre, so daß sie in dieser Hinsicht kaum zu überbieten sind. »Lovecraft will kein Visionär sein, sondern ein Chronist des Grauens, ein Chronist der Unterwelt«, schreibt Giorgio Manganelli in seinem Vorwort zum Erzählungenband »Cthulhu«.25 ln der Tat ist er ein sorgfältiger, pedantischer Reporter des Grauens. Wer hat das »namenlose Grauen« in unterirdischen Gängen, in den Ruinen titanischer Städ­ te eindringlicher zu schildern gewußt als er? Er hat sich nicht lange mit den traditio­ nellen Gespenstern, Vampiren und Werwölfen aufgehalten. Vielmehr formte er neue, eigene Gestalten des Unheimlichen: finstere Nachtwesen wie Ghoule, die Kinder steh­ len und Leichen verzehren und an den Eingängen zu den unterirdischen Labyrinthen auf Vorbeigehende lauern, lemurenhafte, geflügelte Nachtmahre wie die »NightGaunts« (»hagere Nachtgestalten«) und Shantaks oder degenerierte Bewohner gewis­ ser Hafenstädte wie Innsmouth, die mehr Fischen oder Fröschen als Menschen ähneln. Und schließlich erfand er die ureigenen Geschöpfe seiner kosmischen Dämonologie: Die Monstergötter mit den unaussprechlichen Namen wie Cthulhu, Yog-Sothoth und Nyarlathotep, die er von seinen Alpträumen zu bedrohlichen Archetypen seines li­ terarischen Universums umgestaltete. Es sind die machtgierigen dämonischen Uralten, die sich hin und wieder als formlose, gallertartige Massen oder als Chimären mit drachenähnlichen Fügeln und rüsselartigen Fangarmen manifestieren, nicht zuletzt mit ei­ nem widerwärtigen Gestank, der ihre Nähe ankündigt. Lovecraft gibt sich ehrliche Mühe, die Ungeheuer seiner Phantasie detailliert zu schildern und sie als Realitäten darzustellen. Er begnügt sich nicht mit bloßen Andeutungen, sondern berichtet mit wissenschaftlicher Akribie. Da er als überzeugter Materialist und Atheist überhaupt nicht an das Übernatürliche, Okkulte und Mystische glaubte - im Gegensatz zu ande­ ren Autoren von unheimlichen Geschichten -, verliert er sich nie in mystischer Schwär -

25 H.P. Lovecraft: Cthulhu, a.a.O., S.8 (Vorwort von Giorgio Manganelli).

44 merei und Geschwafel. Lovecraft vertrat fest die Meinung, daß ein »mechanistischer Materialist« (»mechanistic materialist«), wie er selbst einer war, wirkungsvollere und grauenhaftere Geschichten zustande bringe als derjenige, der an das Übersinnliche und Okkulte glaube. Genauso wie er in den späteren Jahren seines Lebens seine unausgegorenen politi­ schen und weltanschaulichen Ansichten überwand, befreite er sich, wie schon erwähnt, in seinen Erzählungen in zunehmendem Maße vom Ballast des Okkultismus, der schwarzen Magie und Geisterbeschwörungen. Giorgio Manganelli faßt zusammen: »Lovecraft hat einen besonderen Ehrgeiz kul­ tiviert. (...) Es ist die Erfindung einer Mythologie oder Pseudomythologie; die Be­ schreibung eines geschlossenen, totalen Universums; ein vielleicht überfordernder, je­ denfalls aber großzügiger Ehrgeiz eines außerordentlichen Schriftstellers.«26 Wenn es HPL nicht an schöpferischer Phantasie und Einfällen mangelte, so ist er dennoch als Schriftsteller keineswegs unfehlbar. Sein Themenkreis ist etwas zu eng, und sein Stil weist, trotz des überreichen Wortschatzes - oder vielleicht gerade deshalb - manche Mängel auf. Er schreibt oftmals zu weitschweifig und langatmig und macht auf den heutigen Leser einen altmodischen Eindruck. Bisweilen fehlt es ihm an künst­ lerischer Disziplin. Er geht bei der Schilderung seiner Monstrositäten zu sehr ins De­ tail, und es gelingt ihm nicht immer, Übertreibungen zu vermeiden, wobei das Gruse­ lige ins unfreiwillig Komische umzuschlagen droht. Auch die angestrebte wissen­ schaftliche Objektivierung des Geschehens und der Ernst der Darstellung bergen in sich die Gefahr, ins Lächerliche abzurutschen. Dieser Tendenz hätte etwas Ironie, sorg­ fältig dosiert wie bei Ambrose Bierce, entgegengewirkt. Statt dessen läuft das Pro­ grammatische und Konstruierte bei HPL auf eine Formalisierung des Grauens hinaus. Ihm nicht wohlgesonnene Kritiker wie Edmund Wilson halten Lovecraft für keinen guten Schriftsteller, weil er in seinen Geschichten zu häufig von Adjektiven wie »horrible, terrible, weird, unholy, blasphemous, forbidden, infernal, etc.« Gebrauch macht.27 Um eine effektvolle Horrorerzählung zu schreiben, meint Wilson, müßte der Autor solche Übertreibungen unbedingt vermeiden. Meiner Meinung nach hat HPL die Anhäufung von Adjektiven wie »unheimlich, furchtbar, grausig, gruselig, unheilig, blasphemisch, etc.« als eine Art Wortmagie bewußt eingesetzt, um durch die Monoto­ nie der Wiederholungen eine besonders gesteigerte Wirkung beim Leser zu erzielen. Auch A.J. Cox weist darauf hin, daß Lovecraft solche gespreizten Manierismen und Redewendungen als »vorsätzliche literarische Stilmittel« verwendete.28 In Lovecrafts Geschichten geht es in erster Linie um die Darstellung der merkwür­ 26 H.P. Lovecraft: Cthulhu, a.a.O., S.12 (Vorwort von Giorgio Manganelli). 27 Wilsons Aufsatz über Lovecraft, Tales o f the Marvellous and Ridiculous, findet sich in: Edmund Wilson, Classies and Commercials, New York, 1950, S.286-290. 28 Arthur Jean Cox: Some Thoughts on Lovecraft. In: Haunted, Dezember 1964 (dt.Übersetzung in: Quarber Merkur Nr. 20, 1969, S.29-33).

45 digen Phänomene, dort liegt sein Hauptinteresse. In seiner Autobiographie schreibt er: »Geistergeschichten sollen realistisch sein und Atmosphäre haben, ihre Abweichung von der Natur auf das ausgewählte übernatürliche Spektrum beschränken und nie aus dem Auge verlieren, daß Szenerie, Stimmung und Phänomene bei der Vermittlung des zu Vermittelnden weit wesentlicher sind als die Charaktere und die Fabel. Der Punch einer wahrhaft unheimlichen Geschichte ist einfach eine Aufhebung oder eine Über­ schreitung eines unumstößlichen kosmischen Gesetzes - eine phantasievolle Flucht aus der erdrückenden Wirklichkeit. Denn Phänomene, nicht aber Personen sind ihre logi­ schen »Helden«.«29 Daher gewinnen Lovecrafts Protagonisten keine profilierte Gestalt, sondern bleiben etwas marionettenhafte Figuren. Über ihre Persönlichkeit und ihr Innenleben erfahren wir wenig. Seine »Helden« berichten meistens über die schrecklichen Ereignisse, de­ nen sie mit knapper Not entgehen, wenn auch nicht immer; sie sind nicht so aktiv und kampflustig wie die Helden der heroischen Fantasy. Fast immer sind es einzelgänge­ rische Forscher und träumerische Dichter, die sich von der Außenwelt isoliert haben. Das macht auch verständlich, warum wir in Lovecrafts Erzählungen kaum Dialoge fin­ den. Auch mangelt es in seinen Geschichten an zwischenmenschlichen Beziehungen, von erotischen ganz zu schweigen. Die einzige Frauengestalt, die etwas mehr Profil gewinnt, ist die von ihrem Mann besitzergreifende Asenath Waite in The Thing on the Doorstep. Lavinia dagegen, die Braut bzw. das Opfer des monströsen Yog-Sothoth, ist leider nur eine Randfigur geblieben (in The Dunwich Horror). Wir müssen Lovecraft zugute halten, daß er sehr selbstkritisch war und sein litera­ risches Werk nicht hoch einschätzte. Oft war er so niedergeschlagen, wenn seine Ge­ schichten von Verlegern abgelehnt wurden, daß nur die Aufmunterung seiner Freun­ de ihn dazu bewegte, weiterzuschreiben. Abschließend möchte ich sagen, daß Lovecrafts Verdienste um die Weiterentwick­ lung der Weird Fiction unbestritten sind. Sein künstlerisches Werk schreitet von den traditionellen Formen der Gruselgeschichte und den traumhaften Fantasies fort zu ei­ genständigen Schöpfungen, in denen er die Horrorerzählung durch Elemente der Science Fiction bereichert. Darüber hinaus ist seine Bedeutung als Mentor, Kritiker und Anreger nicht zu übersehen, und man merkt seinen starken Einfluß bei vielen ame­ rikanischen Autoren wie August Derleth, Robert Bloch, Henry Kuttner, Frank Belknap Long u. a. sowie bei den jüngeren Engländern J. Ramsey Campbell, Brian Lumley und Colin Wilson, die alle in Lovecrafts Sinne den Cthulhu-Mythos weiterweben. Bedeu­ tende Schriftsteller wie Jorge Luis Borges, H.C. Artmann und Arno Schmidt haben sich für HPL und sein Werk interessiert. Borges hat ihm seine Geschichte There Are More Things in dem Erzählungenband El Libro de Arena (1975, dt. Das Sandbuch) ge29 H.P. Lovecraft: Autobiographie - Bemerkungen über einen unbedeutenden Menschen. In: Pfade ins Un­ endliche, a.a.O„ S.132.

46 widmet; Artmann hat Lovecrafts beste Horrorerzählungen kongenial ins Deutsche übertragen (»Cthulhu«, 1968); Arno Schmidt hat die Bekanntschaft mit Lovecrafts Werk erst in seinen letzten Lebensjahren gemacht. Er soll gesagt haben: »Bringen Sie mir alles, was dieser Mann geschrieben hat!«30 ln seinem posthum veröffentlichten Ro­ manfragment »Julia, oder die Gemälde« (1983) hat er HPL häufig erwähnt. Lovecraft zeigt uns verschiedene Aspekte und Facetten des Phantastischen; das Traumhafte und Visionäre in seinen Fantasies sowie das Unheimliche, Dämonische und Kosmische in seinen Horrorerzählungen. Der Hang zum Geheimnisvollen und Unheimlichen kommt aus der Tiefe der menschlichen Psyche und ist in uns fest ver­ wurzelt. Daher das stetig zunehmende Interesse an H.P. Lovecraft, dem Träumer und Außenseiter aus Providence. Sein Ruhm als Meister des Makabren ist ständig ge­ wachsen. Schließlich findet er die weltweite Anerkennung, die ihm während seines Le­ bens versagt blieb. Als Erneuerer der Weird Fiction hat er sie sicherlich auch verdient. © Copyright 1995 hy Kalju Kirde

30 Persönliche Mitteilung von Bernd Rauschenbach.

D E R

A U S S E N S E I T E R

Eines Poe-eten Nachtmahre Bemerkungen zu Lovecrafts Gedichten Von Michael Siefener My Providence! What airy ghosts Turn still thy gilded vanes; What winds of elf that with grey ghosts People thine ancient lanes! Aus: Providence (veröffentlicht 1924)

I. Einleitung Mit dem Namen H.P. Lovecrafts verbindet der Liebhaber der Literatur des Schreckens abgründige Erzählungen von grauenhaften Wesenheiten, die entweder in den stinken­ den Eingeweiden der Erde, im rätselhaften Meer oder jenseits der blasphemisch zwin­ kernden Sterne lauern, um die Menschheit heimzusuchen und zu unterwerfen. Weit­ aus weniger bekannt ist der Umstand, daß Lovecraft außerdem auch Gedichte ge­ schrieben hat. Das Selbstverständnis eines Autors hat immer schon zumeist dem Bild widersprochen, das seine Leser von ihm haben, und so ist es auch bei Lovecraft. Er verstand sich lange Zeit als Lyriker, nicht als Geschichtenschreiber, und verfaßte tatsächlich die beachtliche Anzahl von insgesamt mindestens zweihundertdreiundfünfzig Gedichten. Daher ist es durchaus gerechtfertigt, auch auf diese Facette seines Schaffens einmal einen Blick zu werfen. Den Leser erwartet im Folgenden keine eingehende wissenschaftliche Analyse der einzelnen Gedichte und ihrer konkreten Stellung im Gesamtwerk Lovecrafts. Dies

50 bleibt die Aufgabe eines Lovecraft-Forschers, der tiefere Einsichten und höhere Be­ fähigungen hat als ich. Auch will ich nicht mit einer Masse von Fußnoten langweilen, sondern nur dem Interessierten zeigen, wie vielaspektig Lovecrafts Schaffen war. Man wird sich fragen, wo denn die Gedichte erschienen sind. Es gibt vier Bände, die zusammengenommen das vollständige dichterische Werk enthalten: - Collected Poems. Arkham House, Sauk City, Wisconsin 1963. - A Winter Wish. Edited by Tom Collins. Whispers Press. Chapel Hill, North Carolina 1977. - Saturnalia and Other Poems. Edited by S.T. Joshi. »A Crypt of Cthulhu Book« (= Crypt of Cthulhu Nr. 20, Vol.3, No.5, Eastertide 1984), Mount Olive, North Carolina 1984. - Medusa and Other Poems. »A Crypt of Cthulhu Book« (= CoC Nr. 44), Mount Oli­ ve, North Carolina 1986. Schließlich veröffentlichte Necronomicon Press 1990 unter dem Titel The Fantastic Poetry eine Sammlung der unheimlichen Gedichte Lovecrafts. Sie wurde 1993 in ei­ ner zweiten, überarbeiteten Fassung neu aufgelegt und ist nach wie vor erhältlich. Zu Lovecrafts Lebzeiten erschienen seine Gedichte ausnahmslos in Zeitschriften und Ma­ gazinen wie The Tryout, National Enquirer, Toledo Amateur, Weird Tales, United Ama­ teur, Evening News, The Fantasy Fan, Driftwind, The Vagrant und vielen anderen. Lovecrafts Gedichte sind nur zu einem relativ geringen Anteil phantastisch; weit­ aus häufiger finden wir Nachahmungen des Stils des geliebten 18. Jahrhunderts, die sich in langen, romantisierenden Beschreibungen erschöpfen oder das britische Volk verherrlichen, dem Lovecraft sich stärker zugehörig fühlte als den Amerikanern (z. B. Old Christmas mit dreihundertzwanzig fünfjambigen Versen, oder New England Fal­ len). Weiterhin existiert eine große Anzahl von »Gelegenheitsgedichten«, die als lyri­ sche Weihnachtsgrüße, als Glückwünsche oder anläßlich von Geschenken verfaßt wur­ den. So sind in dem Band Saturnalia allein einhundertundelf Weihnachtsgrüße ent­ halten. Schließlich finden wir in Lovecrafts Gedichten eine literarische Spielart, die wir in seinen Erzählungen vergeblich suchen: die Satire. Im Folgenden nun möchte ich etwas näher auf diese vier Gruppen lovecraftscher Dichtung eingehen. Dabei erlaube ich mir, die Gedichtzitate im englischen Original zu belassen, da jede Übersetzung nur eine - in unserem Rahmen höchstens sinnverwirrende - Umdichtung wäre. Prosazita­ te habe ich der flüssigeren Lesbarkeit halber übersetzt.

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II. Die phantastischen Gedichte Diese Gruppe ist unbestritten die wichtigste im lyrischen Werk Lovecrafts, denn zwi­ schen ihr und seinen Geschichten gibt es eine Wechselwirkung. So finden sich unter den Gedichten viele Ausformungen von kurzen Notizen, die Lovecraft in seinem Commonplace Book (deutsch: Notizbuch, in: Azathoth. Vermischte Schriften. Suhrkamp 1989) erwähnt, aber nicht als tauglich für eine vollständige Erzählung befand. Es ist oft so: Es stellt sich eine starke Vision oder das beeindruckende Bild eines ver­ blassenden Traumes ein, man schreibt eine kurze Notiz darüber nieder und versucht später, es in eine Geschichte zu integrieren. Doch man muß feststellen, daß es nicht zur Entwicklung einer Handlung taugt. Um es nicht untergehen zu lassen, bietet sich als Rettung das Gedicht an. Einige der Gedichte des Zyklus Fungi from Yuggoth scheinen eine solche Entstehungsgeschichte zu haben. Und mit diesem Zyklus möchte ich mei­ ne Betrachtungen beginnen. Er besteht aus sechsunddreißig Sonetten, zumeist in der für den englischen Sprachraum klassischen Form (Reimschema abab cdcd efef gg), es finden sich aller­ dings auch häufig die Schemata abba cddc efef gg, abba cddc effe gg und abab cdcd effe gg. Die gerade im Sonett geforderte Einheit zwischen Form und Inhalt, nämlich die im ersten Quartett stehende Einführung, entweder eine Aufzählung von Gleichar­ tigem oder eine Darstellung von Gegensätzen, dann die Vereinigung der einzelnen Ele­ mente in den Terzetten und der kraftvolle Schlußakkord, gleichsam der Paukenschlag des Gedichts, wird von Lovecraft jedoch nur selten erreicht. Zwar stellen die beiden Schlußzeilen (gg) bei ihm in der Tat zumeist den Höhepunkt des Sonetts dar, der häu­ fig in einer Pointe liegt, aber die vorangehenden Verse bilden regelmäßig in ihrer nicht weiter strukturell untergliederten Gestalt eine Einheit. Sie dient entweder zum Er­ zählen einer kleinen Handlung (dies sind die schwächeren Gedichte des Zyklus, bei­ spielsweise The Well, The Howler und The Familiars) oder in ihrer Gesamtheit als at­ mosphärische Schilderung. Lovecraft verfaßte nicht weniger als fünfundreißig die­ ser Sonette in dem kurzen Zeitraum zwischen dem 27. Dezember 1929 und dem 4. Ja­ nuar 1930 - eine beachtliche Leistung, die jeder zu würdigen vermag, der schon ein­ mal versucht hat, eigene Gedichte zu schreiben. Nur Recapture, das 34. Sonett, war be­ reits im November entstanden. Worum geht es in diesem Zyklus? Die ersten drei Gedichte bilden eine zusammenhängende Handlung. Der nicht namentlich genannte Protagonist findet in einem alten Antiquariat ein seltsames Buch und stiehlt es. Bereits auf seinem Heimweg scheint sich etwas verändert zu haben. Die Häuser wirken belebt, und Zweifel und Angst nagen an dem Dieb. Zuhause verriegelt er die Tür und freut sich an seinem Fang, der ein Schlüssel zu den schrecklichen Re­

52 gionen jenseits von Raum und Zeit ist. Doch das Böse ist nahe. Noch während der Dieb das Buch betrachtet, hört er leise ein Fenster schlagen. Hier bricht der Erzählstrang ab, und die folgenden dreiunddreißig Gedichte handeln entweder von nicht mit dem Dieb identischen Personen, die Furchtbares tun oder sehen, oder ein Ich-Erzähler tritt auf und berichtet von seinen Besuchen in grauenerfüllten, manchmal jedoch auch von überirdischer Schönheit geheiligten Bereichen. Oft wünscht sich der Erzähler fort zu besseren Orten als den irdischen, doch seine verzweifelte Suche wird zumeist entwe­ der vereitelt, oder er findet in seinen Traumländern etwas vor, das seine Hoffnungen in Entsetzen Umschlägen läßt. So wird der Erzähler in Homecoming von einem Dä­ mon in fremde Regionen heimgeführt. Der Erzähler erinnert sich schwach an ein blei­ ches Land mit Marmorterrassen und gewaltigen Türmen. Dort, so verspricht der Dä­ mon, soll er nun wieder leben. Doch es kommt anders: All this he promised, and through sunset’s gate He swept me, past the lapping lakes o f flame, And red-gold thrones o f gods without a name Who sh riek in fear at some impending fate. Then a black gulf with sea-sounds in the night: »Here was your home,« he mocked, »when you had sight!« Ein anderes Beispiel: In Mirage sehnt sich der Erzähler nach einem menschenleeren Land seiner Imagination. Doch tief in seinem Innern befürchtet er geradezu, schon ein­ mal dort gewesen zu sein: / do not know what land it is - or dare Ask when or why I was, or will be, there. Daß er nach den näheren Umständen nicht zu fragen wagt, impliziert, daß etwas Ne­ gatives im Hintergrund lauert. Es ist viel darüber spekuliert worden, ob alle Gedichte der Fungi from Yuggoth ei­ ne Sinn- oder Handlungseinheit bilden. Hierzu und zu weiteren Aspekten von Lovecrafts Lyrik finden sich maßgebliche Aufsätze in dem Crypt o f Cthulhu-Heii Nr. 20 (1984). Ralph E. Vaughan ist der Ansicht, daß hinter den Sonetten eine durchgehen­ de Geschichte steht (Crypt of Cthulhu, S.9ff). Die ersten drei Sonette bildeten die Ein­ leitung. Dann folgen nach Vaughans Meinung die Beschreibungen der Situationen und Erlebnisse, die durch den Gebrauch des gestohlenen Buches evoziert werden. Seiner Ansicht nach lassen sich die Gedichte, die den ersten drei folgen, so zusammenfassen: IV-V: Konflikt und Problemstellung; VI-XII: Suche in Unwissenheit; XIII-XIV: Das Auffinden des Traumschlüssels; XV-XXVII: Kosmische Suche in Raum und Zeit;

53 XXVIII-XXX: Reflexion, Zweifel und Erkenntnis; XXXI-XXXV: Rückkehr aus den kosmischen Traumsphären; XXVI: Ergebnis (Vaughan, The Story in Fungi from Yug­ goth, in: Crypt o f Cthulhu Nr. 20 (1984), S.l 1). Gegen diese These, die die Inhalte der einzelnen Gedichte, die ich hier aus Platzgründen leider nicht vollständig wiedergeben kann (sie sind als Einzelpublikation bei Necronomicon Press noch erhältlich, hinge­ gen nicht in The Fantastic Poetry enthalten), in meines Erachtens unzulässiger Weise verbiegt, wendet sich David E. Schultz im gleichen Heft (S. 12ff.) mit dem Argument, Lovecraft habe die Sonette außer den ersten drei für separate Veröffentlichungen vor­ gesehen. Lovecraft selbst schreibt dazu in einem Brief an E. Tolridge: »Außer den drei einführenden Gedichten sind sie zur unabhängigen Veröffentlichung gedacht« (SelectedLeiters III, S. 11). Aus diesem Zitat ergibt sich allerdings auch, daß Lovecraft selbst die ersten drei Gedichte als Einleitung ansah, also als etwas, das mit dem Rest der So­ nette verknüpft ist. Und dies scheint mir die richtige Deutung zu sein: Die den ersten drei Gedichten folgenden sind gleichsam der Inhalt des gestohlenen Buches, einzelne Geschichten und Beschreibungen von Stimmungen, deren Grundtenor zwar ver­ gleichbar oder oft auch identisch ist, deren Inhalt aber in keiner zwingenden Abfolge steht. Ähnlich sieht es auch Schultz: »Es ist das Thema der Fungi from Yoggoth, nicht der Plot, das den unzusammenhängenden Stanzen des Gedichts ihre Einheit verleiht« (S. 15). Ferner war Recapture - wir erinnern uns - bereits vor den fünfunddreißig übri­ gen Sonetten geschrieben worden. Lovecraft selbst setzte dieses Gedicht an die 34. Stelle, als 1935 bei der Dragonfly Press eine leider nie zustande gekommene Samm­ lung der »Fungi« gedruckt werden sollte. Gerade diese Position drückt aus, daß es ei­ nen gewissen Zusammenhang der Gedichte untereinander gibt. Lovecraft selbst schreibt dazu: »Wenn ich mir die »Fungi« anschaue, denke ich, daß Recapture besser Nummer 34 wäre - mit Evening Star als Nummer 35 und Continuity als Nummer 36. Recapture scheint irgendwie mehr spezifisch und lokalisiert in seiner Art zu sein als beide übrigen und stünde daher besser vor ihnen - das erlaubt den »Fungi«, mit weni­ ger faßbaren Ideen zum Ende zu kommen« (Brief an R.H. Barlow vom 13. Juni 1936, abgedruckt in: Crypt o f Cthulhu, Eastertide 1984). Viele dieser Sonette haben übrigens ihren Ursprung in Träumen Lovecrafts. Oft finden wir in den »Fungi« Namen von Göttern oder Ortschaften wieder, die uns aus den Geschichten Lovecrafts vertraut sind. So werden Arkham und das schreckli­ che Innsmouth in The Port, der unheilige Yuggoth in Star Winds und Leng in The Ei­ der Pharos genannt. Azathoth und Nyarlathotep tauchen in den gleichnamigen Ge­ dichten auf. Gerade The Eider Pharos zeigt schön, wie bei Lovecraft ein Gedicht The­ men einer Erzählung aufnehmen kann. Hier geht es um The Dream-Quest o f Unknown Kadath (dt.: Die Traumfahrt zum unbekannten Kadath, Hobbit Presse, Stuttgart 1980, und: Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath, in: Die Katzen von Ult­ har, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1980, S.25 - 143; danach werde ich zitieren). So­

54 wohl in diesem Kurzroman als auch in dem Gedicht spielt das Plateau von Leng eine große Rolle. Die ersten Zeilen des Sonetts lauten: From Leng, where rocky peaks climb bleak and bare Linder cold stars obscure to human sight, There shoots at dusk a single beam of light Whose fa r blue rays make shepherds whine in prayer. Zwar gibt es in der Dream-Quest keinen Leuchtturm, der mit dem oben genannten identisch wäre, aber Lovecraft erwähnt einen »Temple of the Elder Ones«, der sech­ zehnseitig ist, und Will Murray vermutet eine Identität zwischen ihnen (Murray, ///«minating »The Eider Pharos«, in: Crypt o f Chtulhu, Eastertide 1984, S. 17). In diesem Leuchtturm lebt »The Eider One«, ein schreckliches Ding: The Thing, they whisper, wears a silken mask Of yellow, whose queer folds appear to hide A face not of this earth, though none dares ask Just what those features are, which bulge inside. In der Dream-Quest trifft Randolph Carter einen Priester: »...und dort saß auf golde­ nem Thron eine plumpe Gestalt in gelber, rotdurchwirkter Seidenrobe und mit einer gelben Seidenmaske vor dem Gesicht... Dann verschob sich die durchwirkte Seide ge­ ringfügig über einer der gräulich-weißen Pfoten, und Carter begriff, was der widerli­ che Hohepriester war« (S.102f.). So ist das »Ding« identifiziert. Eine weitere Parallele existiert zwischen The Gardens of Yin und dem 1921 zuerst veröffentlichten Prosagedicht Ex Oblivione. Dort schlendert ein Träumer durch ein imaginäres »goldenes Tal, das zu verschatteten Hainen und Ruinen führte und in einer mächtigen Mauer endete, die von uralten Schlingpflanzen überwuchert und einem kleinen Bronzetor durchbrochen war« (Azathoth, S.23). In der Traumstadt Zakarion findet der Träumer sowohl Hinweise auf den Ort dieser Vision, als auch die Droge, die ihn durch das Tor bringen kann. Er nimmt sie ein, kehrt zu dem Tal und den Hainen zurück und findet das Tor offen. Es drängt ihn hindurch. Er findet dahinter »weder Land noch Meer... sondern nur unbewohnten und unermeßlichen Weltraum in seiner weißen Leere« (Azathoth, S. 237f.). Und er ist glücklicher, als er je zu hoffen gewagt hatte. In den später entstandenen Gardens of Yin ist es wieder eine Mauer, die das er­ sehnte Traumland verbirgt. Dieses jedoch besitzt in der Vorstellung des Erzählers ei­ ne konkrete Gestalt: Beyond that wall, whose ancient masonry Reached almost to the sky in moss-thick towers, There would be terraced gardens, rich with flowers.

55 And flutter ofbirds and butterfly and bee. There would be walks, and bridges arching over Warm lotos-pools reflecting temple eaves, And cherry-trees with delicate boughs and leaves Against a pink sky where the herons hover. Dies ist eine typische Schilderung des romantischen Lovecraftschen Traumlandes. Wie immer gibt es zwar Flora und Fauna und auch Zeichen humaner Zugegenheit, die in den Bauwerken zu finden sind, aber der Ort selbst ist menschenleer. Lovecrafts Vor­ lieben für Architektur und Natur fließen zu einem Idealbild zusammen, und seine Vor­ stellung vom Paradies schließt die Menschenferne mit ein - ein Umstand, den ich sehr gut nachvollziehen kann. Hier ist das undeutliche Land hinter dem Tor aus Ex Obli­ vione zu einer klaren Vorstellung geworden, und alte Träume haben das Portal zu die­ sem Land geöffnet. Der Erzähler begibt sich voller Vorfreude dorthin: / hurried - bul when the wall rose, grim and great, I found there was no longer any gute. Nun aber ist das Tor verschlossen, das einige Jahre zuvor in Ex Oblivione noch geöff­ net werden konnte, und die Schmerzen darüber sind umso größer, weil der Erzähler von den wundervollen Dingen weiß, zu denen ihm der Weg versperrt ist. Eine fort­ schreitende Desillusionierung ist unverkennbar. Schwächer hingegen sind die Sonette, die nur kleine, losgelöste Erzählungen in Versform darstellen; ich sprach sie vorher bereits an. The Well erzählt vom Farmer Seth Atwood, der mit seinem Sohn einen tiefen Brunnen vor der Tür gräbt. Der Sohn wird darüber wahnsinnig, und Seth vermauert den Brunnenrand und schlitzt sich den lin­ ken Arm auf. Nach seinem Tod öffnet eine Gruppe beherzter Männer den Brunnen und findet ein bodenloses Loch, ln The Howler nimmt der Ich-Erzähler einen verbotenen Pfad, der an dem zerfallenden Anwesen eines 1704 Gehängten vorbeiführt. Der Wan­ derer hört ein leises Geheul, das aus dem Haus dringt, und späht neugierig durch ei­ nes der Fenster - und erblickt ein vierklauiges Ding mit menschlichem Gesicht. The Familiars wiederum berichtet von John Whateley, einem einzelgängerischen Bauern, der seinen Besitz vernachlässigt und stattdessen seltsame Bücher studiert. Wieder ma­ chen sich einige beherzte Männer aus der nahen Stadt zu ihm auf, nachdem schreck­ liches nächtliches Geheul durch die Luft wehte, und finden ihn - in der Gesellschaft furchtbarer, schwarzflügeliger Wesen. Neben solchen Geschichtengedichten und den Poemen, die sich in ihrer Thematik nahtlos in den Erzählungskosmos Lovecrafts einfügen, enthalten die »Fungi« auch at­ mosphärisch dichte Sonette, die sich in Stimmungsbildern erschöpfen. Diese werden grundsätzlich von einem Ich-Erzähler vorgetragen. Es sind dies Hesperia, Mirage, Ex-

56 pectancy, Background, Evening Star und Continuity. Obgleich es keinen Erzähler auf­ weist, kann auch Star Winds dazugezählt werden. In diesem Gedicht erscheinen als einzigem des gesamten Zyklus die namengebenden Pilze: This is the hour when moonstruck poets know What fungi sprout in Yuggoth, and what scents And tints o f flowers fill Nithon’s continents, Such as in no poor earthly garden blow. Dieses reine Stimmungsgemälde und auch die sechs anderen oben angeführten Ge­ dichte zeigen deutlich die Sehnsucht des Ich-Erzählers, seine langweilige, ja ihm un­ erträglich gewordene Umgebung zu verlassen und Zuflucht zu fremden Orten voller Schönheit und Menschenleere zu nehmen. Es ist nicht schwer, in den Berichterstattern Lovecraft selbst zu erkennen, der sein gesamtes Leben lang behauptete, nicht in die Zeit zu gehören, in die er hineingeboren worden war. In Hesperia kommt - wie schon in den Gardens o f Yin - die Befürchtung der Un­ möglichkeit zum Ausdruck, das wundervolle, doch auch ambivalente (»and not untinged with fear«, wie es in Hesperia heißt) Land der Verheißung je zu erreichen: Dreams bring us close - but ancient lore repeats That human tread has never soiled these streets. Die uralte Sage wird Recht behalten: Wir dürfen zwar hoffen, werden aber in diesem Leben das Ziel unserer Hoffnung nie erreichen. In Nostalgia werden Vögel zum Sub­ jekt der Suche: Sie tragen Erinnerungen an ein wundervolles Land mit sich und bre­ chen zu ihm auf, fliegen über das Meer, suchen seine Strände, doch sie finden es nicht und kehren zurück. Aber es existiert noch: Yet sunken deep where alien polyps throng, The old towers miss their lost, remembered song. Die Stadt der Träume ist entweiht durch die Polypenmasse, die durchaus mit den Love­ craft verhaßten Menschenmengen gleichzusetzen ist; in diesem Gedicht sind die Tie­ re die Stellvertreter der Menschen. Und dennoch: Die Traumländer sind erahnbar; der Protagonist in den Sonetten Expectancy, Background, Evening Star und Continuity spürt in den ganz alltäglichen Anblicken von Dingen, Landschaften, Sternen jene Be­ reiche, die hinter ihnen liegen, und er träumt und fühlt sich durch sie hinfort. In Con­ tinuity heißt es: It moves me most when slanting sun beams glow On old farm buildings set against a hill, And paint with life the shapes which linger still

57 From centuries less a dream than this we know. In that strange light I feel I am not far From the fixed mass whose sides the ages are. Stärker und deutlicher läßt sich Lovecrafts Lebensgefiihl wohl schwerlich ausdrücken. Damit möchte ich meine Betrachtung der Fungi from Yuggoth, der zweifellos be­ deutendsten poetischen Schöpfung Lovecrafts, abschließen. Nun gilt es, noch ein Wort über seine anderen phantastischen Gedichte zu verlieren. Sie entstanden sehr viel früher als die Fungi, nämlich meist vor 1920. Nach diesem Zeitpunkt verstand sich Lovecraft endlich mehr als Geschichtenerzähler denn als Poet, und dementsprechend ließ seine Gedichtproduktion für viele Jahre nach, bis er schließlich Ende 1929 das Verseschmieden wieder verstärkte. Und bereits in den früheren Gedichten werden die Grundmotive, die seine Dichtkunst in den »Fungi« durchziehen, ausgearbeitet. Stili­ stisch hält er sich noch enger an seine Vorbilder, vor allem an Poe, was sehr deutlich in dem 1918 erstveröffentlichten Gedicht Nemesis zu erkennen ist. So lauten die er­ sten Zeilen: Thro ’ the ghoul-guarded gateways o f slumber, Past the wan-moon ’d abysses o f night, I have lived over my lives without number, 1 have sounded all things with my sight... Man fühlt sich sogleich an Poes L/lalume erinnert: The skies they were ashen and sober; The leaves they were crisped and sere The leaves they where withering and sere... Lovecraft erreicht jedoch nie die Tiefe und Schwere der Poeschen Gedichte. Auch Nemesis erschöpft sich in der Aufzählung der Aktivitäten eines Wesens, das so alt wie diese Welt ist. The Rutted Road (1917) berichtet von einem Wanderer in einem dunklen Wald, der als die Welt, die tägliche Umgebung angesehen werden kann, und er hofft, alsdann aus dem Wald herauszukommen und in ein besseres Land Eintritt zu finden. Er fragt sich, was vor ihm liegen mag. Aber das Gedicht schließt mit der Zeile: Why is it that I do not wish to know? Hier finden wir bereits die Angst vor dem erhofften Land. Diese Angst ist jedoch so substanzlos, daß der Leser sie nicht nachvollziehen kann. Es gibt keinen Anhalts­ punkt dafür, warum jenes ersehnte Land Schrecken bereithalten könnte. Ein ähnliches Thema hat auch The City (zuerst 1919 veröffentlicht). Der Protago­

58 nist befindet sich in einer typisch Lovecraftschen Traumstadt. Zur Winterzeit - es ist anzunehmen, daß es sich um den Winter in der realen Welt handelt - wandelt er durch die von Architekturwundern und Bliitenträumen erfüllte Stadt, bewundert grandiose Statuen, von denen eine jedoch zerbrochen am Boden liegt. Natürlich ist wieder ein­ mal kein Mensch zugegen. Doch dies ist das Ergebnis eines Vorfalls, an den sich der Erzähler langsam zu erinnern beginnt. Und er entsinnt sich: Then the horrible warning Upon my soul sped Like the ominous morning That rises in red, And in panic I flew from the knowledge o f terrors forgotten and dead. Wieder weiß der Leser nicht, woran sich der Erzähler erinnert, wieder wird die roman­ tische und harmonische Szene jäh gestört, wieder stellt sich das Ersehnte als Fluch dar. Zu diesem Gedicht hat Dirk W. Mosig in Crypt ofCthulhu Nr. 20 (Eastertide, 1984) eine interessante tiefenpsychologische Interpretation geliefert (Poet o f the Unknown, S.22L). Danach stelle die Vision der wundervollen Stadt die Erkenntnis des Selbst dar, ein Zustand der Übereinstimmung des Bewußten und des Unbewußten in der mensch­ lichen Natur. Diese Stadt sei das Ziel des Selbst (S.22). Und es manifestiere sich erst im Winter des Lebens, also dem Alter; daher in der zweiten Strophe die Erwähnung des Winters, von dem aus der Protagonist autbricht. Die zerbrochene Statue sym­ bolisiere die Maske der äußeren Erscheinungen, die zerstört werden müsse, wenn man sich selbst nicht in den Äußerlichkeiten gefangen sein lassen wolle (S.23L). Die oben wiedergegebene letzte Strophe sei Lovecrafts Antwort auf die Frage, ob das Ziel der Einheit des Selbst, auf welche die Suche hinführt, möglich ist. Die Erkenntnis und an­ schließende Flucht zeigten, daß der Mensch nicht in der Lage sei, seine Gesamtheit also auch seine tierische Seite - anzuerkennen und besser in gnädiger Unwissenheit le­ be, als ein »ganzer« Mensch zu werden (S.24). Eine interessante Interpretation, gewiß, und man kann sich ihr nicht vollständig entziehen, aber ich glaube, man darf nicht übersehen, daß es sich dabei um eine bloße Gedankenspielerei, um eine Künstlichkeit handelt, die Lovecraft sicherlich nicht intendiert hat und die bei aller Scharfgeistig­ keit ein wenig gezwungen anmutet. Ich denke, es handelt sich eher um einen Ausdruck Lovecrafts, seiner ihm verhaßten Umwelt zu entfliehen, ein Refugium in imaginierten Traumstädten zu suchen, sich aber gleichzeitig bewußt zu sein, daß eine solche Suche von vornherein zum Scheitern verdammt ist. Es scheint mir weniger um die Bearbei­ tung eines Problems der gesamten Menschheit als vielmehr um das spezielle eines un­ glücklichen Individuums zu gehen. Natürlich können diese Probleme sich bis zu ge­ wissen Graden decken, doch das Subjekt und seine Betrachtungsweise sind vorrangig. Auch in den Gedichten, die vor den »Fungi« gechrieben wurden, finden sich rein

59 erzählende. Psychopompos (erschienen 1919) trägt bereits als Untertitel A Tale in Rhyme. Es handelt sich um eine sehr lange, nicht sonderlich spannende Werwolfge­ schichte, die in der Auvergne spielt. Sie kommt Uber die rein narrativen Elemente nicht hinaus, und es gibt eigentlich keinen Grund, sie in die Form eines Gedichts zu kleiden. Auch andere Gedichte wie The Unknown, The Ancient Track, The Messenger und The Outpost erzählen lediglich eine Geschichte und lassen jede philosophische Regung, je­ de tiefere Bedeutung, jede konkrete Auseinandersetzung mit der Realität vermissen. Anders ist es bei der erst 1927 veröffentlichten Nathicana. Sie ist in Blankversen ge­ halten, die wiederum stark an Poe erinnern, und abermals geht es um ein phantasti­ sches Land: It was in the pale gardens ofZais, The mist-shrouded gardens ofZais, Where blossoms the white nephalote, The redolent herald o f midnight. Zunächst wird dieses Land mit seinen architektonischen und natürlichen Schönheiten beschrieben, doch dann schleicht sich ein für Lovecraft höchst untypisches Element ein. Der Ich-Erzähler berichtet bezaubert von einer Frau mit dem Namen Nathicana. Sie war seine Geliebte, Till came the curs’d season o f Dzannin; The daemon-damn ’d season of Dzannin. Eine nicht näher konkretisierte Katastrophe bricht herein und trennt die Liebenden. Der Protagonist wird in eine fremde, ihm verhaßte Umgebung geschleudert: A horrible coma call’d living. Er sieht seine Geliebte durch einen unüberwindlichen Vorhang, doch er muß erkennen, daß das, was er erschaut, nur eine schäbige Travestie ist. Er sucht Nathicana, die er noch in seinen Träumen gewahrt, und braut einen Trank, durch den er zu ihr gelangen will: The last potent draught I am brewing; A draught that the daemons delight in; A draught that will banish the redness; The horrible coma call’d living. Der Leser ahnt, daß der Erzähler seinem Leben mit diesem Trank ein Ende bereiten wird. Hier spielt Lovecraft meines Wissens das einzige Mal auf die Möglichkeit des Selbstmords als Loslösung von den Fesseln der verhaßten Umwelt an. Und dies ge­ schieht interessanterweise im Zusammenhang mit der Sehnsucht nach einer Frau und nicht - oder zumindest nicht nur - einer Traumlandschaft.

60 Zum Schluß dieses Abschnittes über die phantastischen Gedichte möchte ich auf das Werk eingehen, dem ich den Ittel meines Aufsatzes entlehnt habe: The Poe-et’s Night­ mare (1916, Erstveröffentlichung 1918). S.T. Joshi nennt es in seiner Einleitung zu The Fantastic Poetry »Lovecrafts bedeutsamstes Werk phantastischer Dichtung neben den Fungi from Yuggoth« (S.7). Dieses Gedicht ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen stellt es Lovecrafts erste Beschreibung kosmischen Schreckens dar; er ver­ faßte es ein Jahr vor Dagon. Es enthält Lovecrafts Sichtweise des Universums, die er erst viel später in seinen Geschichten auf unsterbliche Weise ausformulieren sollte. Ein Beispiel aus The Poe-et’s Nightmare soll genügen: Alone in space. I view’d a feeble fleck O f silvern light, marking the narrow ken Which mortals call the boundless universe. On ev 'ry side, each as a tiny star, Shone more creations, vaster than our own. And teeming with unnumber'd forms o f life; Tho ’ we as life would recognise it not, Being bound to earthly thoughts o f human mould. Nicht umsonst hat Lovecraft dem langen Innenteil dieses Gedichts ein Motto von Lukrez vorangestellt: »Omnia risus et omnia pulvis et omnia nihil« (»Alles ist Gelächter und alles ist Staub und alles ist nichts«). Dieser Nihilismus durchzieht Lovecrafts Den­ ken, und er kommt in den Erzählungen noch stärker zum Ausdruck als in den Ge­ dichten. Und zugleich erkennen wir Lukrez als eine der Hauptquellen der Lovecraftschen Philosophie. Lukrez war der Auffassung, daß sich alle Naturerscheinungen wissenschaftlich erklären lassen, und er versuchte der zu seiner Zeit weit verbreiteten Götter- und Geisterfurcht auf diese Weise entgegenzuwirken. In seinem De rerum na­ tura behandelt er die Grundprinzipien der Atomlehre, die Existenz sowie die Unver­ gänglichkeit der Atome und des Leeren, die Seelenlehre (er war von der Sterblichkeit der Seele überzeugt), Wahrnehmungslehre, Kosmologie und Meteorologie. Sowohl Lukrez als auch Lovecraft sehen die Bedeutungslosigkeit des Menschen im Kosmos. Das nachtmahrische Gedicht berichtet von der Reise eines Individuums, welches außerhalb der Gesellschaft der Menschen steht, an den Grenzen von Raum und Zeit. Ein unkörperlicher Führer geleitet ihn zu den Wundern des Kosmos, versucht ihm des­ sen unbegreifliche Größe zu vermitteln und streift mit ihm durch die sterngebärende und -vernichtende Unendlichkeit. Und dabei sieht er auch die Erde: That crude experiment; that cosmic sport Which holds our proud, aspiring race o f mites. .. Und sie ist nur ein unbedeutender Irrtum:

61 That misbegotten accident o f space; That globe o f insignificance, whereon (My guide celestial told me) dwells no part O f empyrean virtue, but where breed The coarse corruptions o f divine disease. Die Ausweglosigkeit unserer Situation, die Unbedeutendheit unserer Existenz, das Da­ hintrudeln der Erde am Rande des Universums: All diese Themen Lovecraftscher Pro­ sa sind hier schon angelegt. Ja, es erscheint gar als gerechtfertigt, dieses Gedicht als die Keimzelle der grandiosen späteren Erzählungen anzusehen.

III. Die satirischen Gedichte Das zweite bemerkenswerte Element in diesem Gedicht ist seine bisher nicht erwähn­ te Rahmenhandlung, denn in ihr erweist sich Lovecraft als Satiriker, der auch nicht da­ vor zurückschreckt, sich über sich selbst lustig zu machen. Lassen wir uns den Anfang auf der Zunge zergehen: Lucullus Languish, student of the skies, And connoisseur o f rarebits and mince pies, A bard by choice, a grocer ’s clerk by trade (Grown pessimist tro’ honours long delay’d), A secret yearning bore, that he might shine In breathing numbers and in song divine. Dieser Lucullus Languish (nomen est omen), der den Ruhm begehrt und über sein Ausbleiben frustriert ist, ähnelt in vielem Lovecraft selbst, obwohl dieser kein Ver­ käufer in einem Lebensmittelgeschäft war. Der Held des Gedichts schreibt mit einem »fountain pen« wie Lovecraft auch, er liebt - wie sein Schöpfer - »overdoses of ice­ cream and cake« und ist ein von Poe begeisterter Träumer: Of Auber’s tarn and Yaanek’s slope he dreams, And weaves a hundred Ravens in his schemes. Diesen Fehler jedoch, nämlich die sklavische Nachahmung Poes, hat Lovecraft nie be­ gangen. Zwar adaptierte er Formen und manchmal auch kleinere inhaltliche Elemen­ te, aber seine Gedichte besitzen einen völlig eigenen Ton. Lucullus Languish stromert - wie Lovecraft - in den Wäldern herum und formt sie in seiner Phantasie um. Doch dann ruft das Nachtmahl: This much we swear: that as adjournment near’d,

62 A monstrous lot of cake had disappear'd! Und daraus ergeben sich Verdauungsschwierigkeiten, die sich in einer wahnsinni­ gen Vision äußern: Those lips, that lately thrill’d with frosted cake, Uneasy sounds in slumbrous fashion make; At length their owner's fancies they rehearse, And lisp this awesome Poe-em in blank verse... Nun folgt der Mittelteil, über den ich bereits oben im zweiten Abschnitt geschrieben habe. Am Ende dieser Vision folgt ein zweiter satirischer Teil, also gleichsam eine iro­ nische Einrahmung. Lucullus ist verängstigt, stolpert aus seinem Bett und fühlt seine schmerzenden Glieder, die ihm verraten, daß er sich wieder in dieser Welt befindet. Thrill'd with the music o f th ’ eternal spheres (Or is it the alarm-clock that he hears?), He vows to all the Pantheon, high and low. No more to feed on cake, or pie, or Poe. Er ist geheilt und erkennt, daß er lieber ein guter Verkäufer als ein schlechter Poet sein sollte, und sucht sein Heil nicht mehr in der Feder. Das Gedicht endet mit einer War­ nung an die schreibende Zunft: Wax not too frenzied in the leaping line That neither sense nor measure can confine. Lest ye, like young Lucullus Languish, groan Beneath Poe-etic nightmares o f your own! Zum Glück hat sich Lovecraft selbst nicht daran gehalten, denn sonst wären wir um viele atemberaubende Geschichten ärmer. Die Struktur von The Poe-et's Nightmare ist durch die Verbindung von komischen mit todernsten Elementen äußerst heterogen. Das hat auch Lovecraft selbst bemerkt, denn als dieses Gedicht zusammen mit etlichen anderen im Gespräch für einen Lyrik­ band war, schrieb er, daß man die Einführung und den Schluß weglassen und nur den Mittelteil nehmen sollte. Genau dies geschah schließlich, als Weird Tales im Juni 1952 das Gedicht posthum erneut druckte. Die komischen Teile sind zwar für sich genom­ men durchaus gelungen, doch im Zusammenspiel mit dem philosophischen Zentral­ stück verlieren sie und stellen gleichzeitig die Ernsthaftigkeit des »kosmischen« Teils in Frage. Der satirischen Gedichte gibt es noch andere. To Mistress Sophia Simple, Queen of the Cinema ist ein solches. Es erzählt in vier Strophen zu je vier Zeilen von einer

63 Schauspielerin. Die ersten drei Zeilen rühmen sie, während die vierte... Before our sight your mobile face Depict your joys and woes distracting; We marvel at your winsome grace And wish you'd learn the art o f acting! Dies mag als Beispiel genügen. Auch finden wir ein Klagelied auf eine verschwunde­ ne Spinne (Lament fo r the Vanished Spider), welches sich durchaus als Satire - und sonst als nichts - lesen läßt: Dear humble friend in labour and in play, Say to what region thou has fled away! Week after week thy busy life was spent Within these classic walls in calm content. So geht es zweiundsechzig Zeilen weiter, die ich mir lieber ersparen möchte. Sie sind nett, aber nicht sehr tiefschürfend. Richtig frivol hingegen wird Lovecraft in Veteropinguis Redivivus, einer Folge von sieben Gedichten. Den lyrischen Zeitgeschmack parodiert er glänzend in Afy ¿osi Love. Waste Paper stellt eine köstliche Satire auf T. S. Eliots The Waste Land dar, und The Isaacsonio-Mortoniad ist eine Verunglimpfung zweier Amateurschriftstellerkollegen. Besonders gegen Charles D. Isaacson, einen Ju­ den, geht er scharf vor, und sein zumindest theoretischer Antisemitismus bricht durch: Whilst Carlo barks from shelt’ring synagogue. Er läßt sich über ihre literarische Un­ fähigkeit aus und geißelt ihre Weltanschauungen. Isaacson schreibt er zu: »All races are alike! Despite their hues Raise hook-nos’d octaroons and woolly Jews! Let Afric ape with Aryan combine, And sink the white man in a mongrel line!« In diesem Ton fährt er viele Zeilen fort. Es wird immer wieder entschuldigend her­ vorgehoben, daß Lovecraft trotz seiner rassistischen und antisemitischen Äußerungen persönlichen Umgang mit Juden pflegte und schließlich auch seine Frau eine Jüdin war. Dennoch lassen solche öffentlichen Zeilen Zweifel an seiner Harmlosigkeit in die­ sem Punkt aufkommen. Zu dem nun angesprochenen Thema gehört noch ein anderes Gedicht aus dem Jah­ re 1912, das den Titel On the Creation o f Niggers trägt und das ich, weil es kurz ist, an dieser Stelle vollständig mitteilen möchte: When, long ago, the Gods created Earth, In Jove ’s fair image Man was shap 'd at birth.

64 The beasts fo r lesser parts were next design 'd; Yet were they too remote from human kind. To fill this gap, and join the rest to man, Th ’ Olympian host conceiv ’d a clever plan. A beast they wrought, in semi-human figure, Fill'd it with vice, and call’d the thing a NIGGER. Natürlich muß man berücksichtigen, daß Lovecraft zur Zeit der Abfassung dieses Ge­ dichts noch relativ jung war. Trotzdem darf man es nicht übersehen. Eine gewisse Ent­ schuldigung der Person Lovecrafts ergibt sich daraus, daß er in den letzten Jahren sei­ nes Lebens ausdrücklich von seinen früheren Positionen abrückte, doch zum Verständ­ nis seines Werkes und im Blickwinkel einer Gesamtschau dürfen sie nicht fehlen. Eine leichter verdauliche, aber ebenfalls scharfe Satire stellt Lovecrafts Angriff auf einen weiteren Schriftstellerkollegen dar: Gryphus in Asinum Mutatus or, how a Grif­ fin became an Ass. In Anlehnung an Ovids Metamorphosen versetzt er das Objekt sei­ ner Satire in ein klassisches Zeitalter. Um dem Spott seiner Brüder zu entgehen, will Gryphus sich Diana zur Frau nehmen. Er schleicht sich an sie heran, doch sie bemerkt ihn und verwandelt ihn durch einen Blick in einen Esel. Weiterhin hat Lovecraft eini­ ge Satiren über die ihm verhaßte Trunksucht geschrieben (The Decline and Fall o f a Man o f the World, The Road to Ruin'). Das erste beginnt: Young Damon was a model son, with wit and art aglow, Till he partook in curious fun O fC 2H6O. Natürlich endet dieses Experiment, das in immer stärkeren Stoff mündet, mit dem To­ de. Die letzte Zeile lautet: Hie iacet Damon Infelix (»Hier liegt der unglückliche Dä­ mon«; typische Grabinschrift). Wir sehen, daß es bei Lovecraft innerhalb der satirischen Gedichte, deren Zahl sehr groß ist, eine weite Bandbreite der Ausdrucksformen gibt: vom Harmlosen über das Scharfe, beinahe Beleidigende, bis zum Rassistischen und Antisemitischen. All diesen Gedichten ist jedoch gemein, daß sie keine tiefe Bedeutung besitzen; sie sind Ausein­ andersetzungen mit Kollegen, mit Erscheinungen des täglichen Lebens (von dem Nig­ ger-Gedicht einmal abgesehen), mit Modeströmungen, etc. Ihr Wert liegt einzig dar­ in, daß sie Lovecrafts Anschauungen verdeutlichen. Sie werfen ein Licht darauf, wie er seine unmittelbare Umwelt sah, wie er Zeitströmungen verarbeitete, denn all dies geht aus seinen wahrhaft zeitlosen Geschichten nicht hervor. Die Gedichte lassen al­ so den Menschen H.P Lovecraft in all seinen Facetten deutlicher sichtbar werden.

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IV. Die Gelegenheitsgedichte Es mag verwunderlich anmuten, daß ich diesem Teil von Lovecrafts Schaffen ein ei­ genes Kapitel widme. Doch die Vielfalt, die in diesen Gedichten zum Vorschein kommt, ist beeindruckend. Lovecraft stellt sich auf den jeweiligen Adressaten indivi­ duell ein, er ist charmant, witzig, freundlich, selbstironisch, je nachdem, wie es die Si­ tuation erfordert. Meist handelt es sich um Geburtstags- und Weihnachtsgrüße oder um Dank für empfangene Gaben. Beinahe alle diese Gedichte wurden vor 1921, also vor dem Beginn seiner Karriere als Schriftsteller des Grauenhaften geschrieben. Als Bei­ spiel für einen Geburtstagsgruß mag das Gedicht To an Accomplished Young Gentle­ woman on Her Birthday, Deer. 2, 1914 sein. Ich bin mir nicht sicher, ob es für Wini­ fred Virginia Jackson war, mit der Lovecraft vereinzelte zarte Bande zu knüpfen be­ gann, bevor er seine Frau kennenlernte. Möglich wäre es. Dear Madam (laugh not at the formal way O f one who celebrates your natal day): Receive the tribute of a stilted bard: Reme m b’ring not his style, but his regard. Increasing joy, and added talent true, Each bright auspicious birthday brings to you; May they grow many, yet appear but few! Die letzte Zeile kann man nur als galant bezeichnen. Auch sich selbst nimmt Lovecraft auf den Arm. So parodiert er sein oben erwähn­ tes Gedicht Nemesis in A Brumalian Wish: From the damnable shadows of madness, From the corpse-rotten hollow of Weir, Comes a horrible message of gladness, And a ghost-guided poem of cheer And a gloom-sprouting pupil of Poe sends the pleasentest wish of the year! Gleichzeitig gibt Lovecraft damit zu, daß Nemesis eine Poe-Imitation ist. Auch finden wir einen (nicht ganz korrekten) Limerick, unzählige Couplets, häufig Augenzwinkerndes und leicht Daherschwebendes. Man könnte es die »leichte Muse« nennen. Diese Gelegenheitsgedichte haben keinen tieferen Sinn, nichts Philosophi­ sches verbirgt sich hinter ihnen. Sie sind ein Spiel, jedoch ein überaus gelungenes. In ihnen findet Lovecraft einen eigenen, scherzenden Ton, der sich von seinen dunklen phantastischen Geschichten abhebt. Gerade darum ist es interessant, sie im Vorüber­ gehen kurz zu betrachten. Ich möchte es dem Leser ersparen, exzessiv aus dieser Grup­

66 pe von Gedichten zu zitieren; die meisten findet er in dem Band Saturnalia. Ich möch­ te beinahe sagen, daß Lovecraft uns in diesen Gedichten am menschlichsten erscheint, längst nicht mehr so unnahbar wie in seinen Werken über kosmische Nachtmahre. Wir sehen ihn als soziales Wesen in einer konkreten Umwelt. Der Schwerpunkt liegt hier­ bei also nicht auf der literarischen, sondern auf der persönlichen Komponente. Daher möchte ich diesen Abschnitt mit dem Weihnachtsgedicht Theobaidian Hibernation beenden (»Lewis Theobald, jun.« war eines der bevorzugten Pseudonyme Lovecrafts, das er häufig für Gedichtveröffentlichungen in Zeitschriften und Amateurjournalen be­ nutzte): See in his cell the lonely Hermit sit, Whilst the gay world its festival is keeping; Fantastik figures in his visions flit Forgotten dust, thro ’ many an aeon sleeping; But lo! he stirs - and on a Lydian breeze Wafts his grave message down the centuries. Es ist nicht schwer, hierin eine ironische Selbstdarstellung zu erblicken. Reine Selbstdarstellung ist aber nicht der Zweck auch nur eines einzigen dieser Ge­ dichte. Lovecraft wollte nicht glänzen, nicht seine Fähigkeiten unter Beweis stellen; es war lediglich eine ihm adäquate Form des Glückwunschs, die keinen anderen Sinn hatte, als den Empfänger zu erfreuen, nicht aber den Absender zu erhöhen, wie es heu­ te üblich ist, wenn jemand den Griffel in die Hand nimmt. Die Gelegenheitsgedichte machen mindestens etwa die Hälfte von Lovecrafts dich­ terischem Werk aus, so daß ihre rein mengenmäßige Bedeutung nicht unterschätzt wer­ den sollte. Sie sind als ein Teil von Lovecrafts ausgeprägtem Schriftverkehr anzuse­ hen, mit dem er seine Beziehung zur Umwelt aufrecht erhielt.

V. Die historisierenden Gedichte Die »historisierenden« Gedichte haben entweder historische oder moderne Themen, doch stilistisch sind sie Nachahmungen von Dichtern des von Lovecraft so geliebten 18. Jahrhunderts, zum Beispiel von Dryden oder Pope. Es ist oft gesagt worden, daß Lovecraft in der Tat ein Mensch dieser Epoche gewesen sei, aber ich bin der Über­ zeugung, daß es sich hier nur um eine Pose handelt - allerdings um eine, die Lovecraft in Fleisch und Blut übergegangen ist. Dennoch sind seine Anschauungen die eines Menschen des 20. Jahrhunderts; vor allem sein Atheismus beweist dies. Denn wenn er tatsächlich ein englischer Landjunker um 1750 gewesen wäre, hätte er kaum die­ selben Ansichten gehabt wie der introvertierte Schriftsteller um 1920. Dies zeigen

67 auch seine historischen Gedichte wie etwa Old Christmas (erstveröffentlicht 1918). Es beginnt mit einer Anrufung zauberischer Mächte und dem Wunsch, der leeren Ge­ genwartswelt zu entfliehen und durch die Zeit zurückzuschreiten: Would that some Druid, wise in mystic lore. Might waft me backwards to the scenes of yore; Midst happier years my wand'ring soul detain, And let me dwell in ANNA ’s virtuous reign: Warm in the honest glow o f pure content, And share the boones of rustic merriment. Lovecraft bezieht sich auf die Regierungszeit der Königin Anna (1702 - 1714). Doch das Zeitalter, auf das er in seinem Gedicht anspielt, war nicht so friedlich, wie er uns glauben machen möchte. Noch tobte der spanische Erbfolgekrieg, in den England ver­ wickelt war, und erst 1713 wurde der Frieden zu Utrecht geschlossen. Lovecraft schil­ dert ein englisches Weihnachtsfest, das er mit Lobliedern auf das englische Volk be­ gleitet, und die Harmonie der Szene hat etwas Klebriges an sich. Sie ist so weit von jeder Realität entfernt, daß sie regelrecht märchenhaft ist. Und aus diesem Grund ist sie nicht weit entfernt von den Schilderungen der Traumländer, die seine phantasti­ schen Geschichten durchziehen. Dieses nie existiert habende romantische England des 18. Jahrhunderts ist nichts anderes als ein Fluchtpunkt aus den unerträglichen Gege­ benheiten der Gegenwart und paßt sich somit hervorragend in den Kanon des Gedicht­ werks ein. Kaum anders verhält es sich mit New England Fallen (geschrieben 1912): When, long ago, America was young, And held by yeomen from Britannia sprung, New-England was with hardy rustics f i ll ’d, Green were her fields, and diligently till 'd. Lovecraft beschreibt die Landnahme der ersten Farmer, wobei er Wert darauf legt, daß es Briten sind. Er verliert kein Wort über die unsäglichen Mühen und Entbehrungen dieser Menschen, über ihre Schwierigkeiten und die Gefahren, die ihnen drohten. Zweifellos hatten sie keinerlei romantische Vorstellungen von ihrem Leben. Lovecraft bedauert den Untergang dieser Welt: Agrestic bliss! Why canst thou not remain? Why must the years bring evil in their train? Wieder ist es der Wunsch nach der »guten alten Zeit«, der Wunsch nach einer Har­ monie, die die moderne Welt nicht geben kann, die keine Welt geben kann, die aber in der Vergangenheit vermutet wird. Am Ende schlägt erneut Lovecrafts Geringschät­ zung der ausländischen Einwanderer durch:

68 Where is New England, that our fathers knew, Where pious men in rugged virtue grew? ... Gone! With the noble race that gave it life, And given o ’er to foreign crime and strife. Nur das britische Geschlecht machte Neuengland groß, und als es das Land verließ, war dessen Schicksal besiegelt. Die Tugenden der Briten machten den Glanz des al­ ten Neuengland aus. Das Gedicht endet mit der Zeile: This pow 'r lies lock ’d within the noble BRITISH race! Wieder muß man bedenken, daß Lovecraft diese Zeilen schrieb, als er noch sehr jung war. Die phantastischen Gedichte folgten später, und es ist sehr schön sichtbar, daß sich die Flucht durch die Zeiten in die Vergangenheit später zu einer Flucht in Traumlän­ der ausbildete, vielleicht, weil Lovecraft selbst bemerkte, daß sein romantisierendes Geschichtsbild den Realitäten nicht standhalten konnte. On a Grecian Colonnade in a Park (1920) verlegt das Land der Träume und Hoff­ nungen in die griechische Antike. Von neuem ist es ein Traumland, verborgen im Ge­ spinst der Vergangenheit, und wieder gibt es außer in der Phantasie keinen Weg dort­ hin: The portal calls; beyond that wat 'ry door Lies all the bliss my heart hath ever known; The past is there - yet I stand on the shore In the cold present, alien and alone. Es ist Lovecrafts ewiges Thema: das Leiden des Außenseiters in der Welt, die Ver­ zweiflung an der Welt und der Versuch, dieser Welt in den Träumen und Vorstellun­ gen zu entkommen. Ein dezenteres Beispiel ist A Summer Sunset and Evening. Lovecraft selbst bekennt die Abhängigkeit des Gedichts von einem britischen Poeten: Michael Drayton (1563 - 1631). Als Nachsatz zu dem Titel schreibt er: »ln the metre - though perchance not the manner - of the »Poly-Olbion« of Mike Drayton, Esq.« Das Poly-Olbion (1612 1622) ist eines der Hauptwerke Draytons. Lovecraft beschreibt das Hereinsickern ei­ nes lauen Sommerabends in den höchsten lyrischen Tönen. Einige Zeilen mögen genü­ gen: And ev'ry shade that falls another starlet brings, Till all the sphere above a silent anthem sings. In pastures that extend to realms beyond our view. The folding flow 'rets nod, made drowsy by the dew.

69 Der Schluß ist erstaunlich: For Deity’s in all, and all in Deity! Entweder ist es das plötzliche Aufwallen eines Gottesgefühls in Lovecraft, oder aber nur Ausdruck einer vollständigen Imitation, was angesichts seiner Aussprüche über die Religion und Gott wahrscheinlicher ist. Hier haben wir eine - wie gewöhnlich unbe­ völkerte - Vision von Frieden und Ruhe; ein Refugium in der Welt, das eine Flucht unnötig macht, doch das Bild währt nur einen Abend lang; es vermag den Tag nicht zu vertreiben. Dennoch ist der Abend in der Natur eine kleine Flucht. Nicht so aus­ schließlich wie die Vergangenheit oder das Traumland zwar, aber dafür erreichbar. Viele weitere historisierende Gedichte finden sich in dem Sammelband Medusa, so zum Beispiel Hellas, Spring (Lovecraft zufolge der Prosa Clifford Raymonds nach­ empfunden), Dämon: A Monody, Amissa Minerva und etliche andere; Zitate daraus wären nur Wiederholungen. Doch auch auf moderne Ereignisse wandte Lovecraft seinen archaisierenden Stil an. ln 77/c Crime o f Crimes behandelt er die Versenkung des britischen Passagierschiffs Lusitania durch ein deutsches U-Boot im Jahre 1915; eine barbarische Kriegstat, die höchstes Erzürnen heraufbeschwor und die amerikanische Öffentlichkeit aufbrachte, da ebenfalls amerikanische Bürger unter den Opfern waren. Dieses Gedicht gilt ge­ meinhin als die früheste »Buchveröffentlichung« Lovecrafts, angeblich gedruckt von »A. Harris, Selwyn House, Clifton Road, Llandudno, Wales, England«, wahrscheinlich im Jahre 1915 (vgl. hierzu S.T. Joshis hervorragende Bibliographie, H P Lovecraft and Lovecraft Criticism, Kent 1981, S. I). Hier passen der antikisierende Tonfall des Ge­ dichts und der Inhalt nicht zusammen. Als Beispiel möchte ich die ersten vier Zeilen anführen: Craz. 'd with the Belgian blood so lately shed, The bestial Prussian seeks the ocean ’s bed: In Neptune’s realms the wretched coward lurks, And on the world his wonted evil works. In balladesker Form werden nun die Fahrt und das Schicksal der Lusitania beschrie­ ben. Es klingt wie ein lange vergangenes Scharmützel, eine auf dem Jahrmarkt vorge­ tragene Moritat. Solange Lovecraft in dieser Weise antike oder zumindest in der Ver­ gangenheit liegende Themen abhandelte, trafen sich Form und Inhalt. Jetzt jedoch ent­ steht ein Riß, der weder der Aussage noch der Gestalt dient. Ein weiteres Gedicht mag dieses Problem veranschaulichen. Helene Hoffman Cole (1919) ist ein Nekrolog in Reimform auf eine im Alter von nur sechsundzwanzig Jahren gestorbene Schriftstel­ lerkollegin. Etliche Zeilen wirken durch ihre gespreizte Diktion unfreiwillig komisch:

70 So sank the gen 'ral heart from shore to shore, When fell the word - HELENA is no more! Oder: The mind, oppress’d by what it scare can own, Not soon in facile phrases or rhyme it's shewn... Heroische Verse eignen sich eben nicht zu jedem Thema. Am Ende möchte ich auf jenes Gedicht zurückkommen, das ich meinen Betrach­ tungen vorangestellt habe: Providence, das zu meinen Lieblingstexten aus der Feder H P. Lovecrafts zählt. Es stellt eine Akzeptanz der Realität dar, in die noch die Echos der so sehr geliebten vergangenen Tage hineinreichen. Hier finden wir keine Flucht, sondern vielmehr eine Wertschätzung der wenigen Dinge, die sich durch die Zeit herü­ berretten konnten. Es spricht eine tiefe Liebe zu seiner Heimatstadt aus diesen Versen, eine Liebe, die es vermag, noch das Alte im Neuen zu erkennen, die es nicht nötig hat, ihr Objekt ausschließlich in der Imagination zu suchen. Die Realität gibt der Phanta­ sie genug, woran sie sich halten kann: A fanlight’s gleam, a knocker’s blow, A glimpse o f Georgian brick The sights and sounds so long ago Where fancies cluster thick. So fährt Lovecraft in seinen Beschreibungen einer individuellen Realität fort, von de­ nen ich zum Abschluß eine letzte Strophe zitieren möchte: The chimes of evening as of old Above thy valleys sound, While thy stern fathers 'neath the mould Make blest thy sacred ground. Um die Traumstadt zu finden, bedarf es keiner weiten Reise, sondern nur einer be­ sonderen Sichtweise.

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VI. Würdigung Lovecrafts Gedichte sind »Schund des 18. Jahrhunderts«, so schrieb Winfield Townley Scott (A Parenthesis on Lovecraft as Poet, 1945, erneut abgedruckt in dem von S.T. Joshi herausgegebenen Band H P Lovecraft: Four Decades o f Criticism, Athens, 1980, S. 214), und in der Tat sind die Kritiken zu ihnen entweder vernichtend oder höchstens zwanghaft wohlwollend. Selbst Joshi wirft ihm vor, er habe nicht Eigenes, kein besonderes persönliches Thema gefunden, das er in seinen Gedichten ausdrücken konnte (Joshi, Introduction zu The Fantastic Poetry, S. 7). Ist es wirklich so? Ich glau­ be, man muß differenzieren. Die satirischen und die Gelegenheitsgedichte wollen Uber ihre bloße Existenz hinaus grundsätzlich nichts bewirken, nichts aussagen; sie sind Ge­ brauchslyrik im besten Sinne des Wortes, Kommunikation des Dichters mit seiner Um­ welt, Briefersatz oder Briefzugabe. Aber sowohl die phantastischen als auch die von mir so genannten historisierenden oder historischen Gedichte haben durchaus ein An­ liegen: Sie stellen den Versuch Lovecrafts dar, sich ein Land zu imaginieren, in das er aus seiner bedrückenden, als fremd empfundenen Umwelt fliehen kann. Gleichzeitig ist er sich der Problematik einer solchen Flucht durchaus bewußt, denn nur zu oft ist das Traumland mit Schrecken bevölkert, die den Protagonisten zuriickschauern lassen; er erkennt also, daß seine Versuche zum Scheitern verurteilt sind. Oder aber er sieht dieses Land der Verheißung, doch es gelingt ihm nicht, dorthin zu kommen; entweder räumliche oder zeitliche Hindernisse trennen ihn von seinem Ziel. Die meisten Ge­ dichte Lovecrafts stellen gerade diesen Zwiespalt dar. Das ist sein Thema, und ich will verdammt sein, wenn dies nichts ist, was er zu sagen hätte. Weltflucht: Welch ein ro­ mantisches Thema dieses eingeschworenen Atheisten und Realisten, welch ein großes Thema! Ich gebe zu, daß einige der phantastischen Gedichte - nämlich jene, die bloß eine kleine Geschichte erzählen - nicht recht in mein Deutungsmuster passen, doch ei­ gentlich gehört auch die Beschäftigung mit der Phantastik im allgemeinen, mit den un­ möglichen, realitätsfernen Dingen, so wie Lovecraft sie bearbeitete, zu einer einzigen großen Flucht. Und dies ist ein zentrales Thema seines dichterischen und schriftstel­ lerischen Lebens. Wenn man Lovecrafts Gedichte unter diesem Gesichtspunkt liest, ordnen sie sich zu einem großen Sinn; sie werden herausgehoben aus der Bedeutungslosigkeit, in die sie so viele verbannen wollen. Und ein zweiter Zug fällt an ihnen auf: sie sind aufrichtig, nicht prätentiös (bis auf wenige Ausnahmen im Zusammenhang mit zeitgenössischen Geschehnissen). Lovecraft meint, was er schreibt, und er schreibt es so, wie es ihm und nur ihm - richtig erscheint. Er stellt vieles aus seinem Seelenleben dar, seine Wün­ sche und Hoffnungen. Seine Gedichte sind ehrlich, und das ist heute die Ausnahme. Zugleich erhöht es ihren Wert und den ihres Schöpfers. Vielleicht ist es mir gelungen, dem einen oder anderen Appetit auf diese lange ver-

72 nachlässigte Facette Lovecraftschen Schaffens zu machen; die Beschäftigung mit sei­ nen Gedichten lohnt sich in jedem Fall. Am Ende möchte ich es nicht versäumen, Dr. Marco Frenschkowski herzlich dafür zu danken, daß er mich aus seiner überaus reichhaltigen Bibliothek mit allen wichti­ gen Texten versorgt hat, ohne die dieser Essay nicht hätte geschrieben werden können. © Copyright 1995 hy Michael Siefener

Bemerkungen zu den LovecraftZDerlethKollaborationen Von Andreas Städing Jeder deutsche Lovecraft-Liebhaber, der in den hiesigen Buchhandlungen seine Sammlung zu vervollständigen sucht, wird, nachdem er sich das hierzulande greifba­ re Originaloevre HPLs zugelegt hat, früher oder später über zwei weitere Bücher stol­ pern, die den Namen des »Einsiedlers von Providence« (Marek Wydmuch) tragen. Die lila Rücken der Suhrkamp-Bände haben sich im Regal bereits aneinandergereiht, als so mancher glückliche Entdecker ein, so scheint’s, unbekanntes Werk Lovecrafts auf­ spürt. Das Grauen vor der Tur' lautet einer der beiden Titel. Die Freude ist zunächst groß. Nur ist, klein gedruckt, als Ko-Autor der uns hinlänglich bekannte August Derleth angeführt. Derleths Name wird auf dem Buchumschlag unter dem Lovecrafts ge­ nannt, und dies auch noch in wesentlich unscheinbareren Lettern, so daß man anneh­ men muß, daß dieses Werk in erster Linie HPLs Feder entstammt. Daß dem nicht so ist, sei vorweggenommen. Aber mit welcher Berechtigung trägt das Buch dann seinen Namen? Der Unbedarfte erfährt es im Vorwort. Hier heißt es, wohl aus dem Munde Derleths, daß er lediglich zwei fast vollständige Manuskripte Lovecrafts miteinander verbunden habe. Die Tatsachen allerdings sehen anders aus: In Wahrheit stammen bloß wenige Seiten - oder eher: Zeilen - von HPL. Was sind nun die tatsächlichen Quellen, aus denen Derleth schöpfte? 1

H.P. Lovecraft/August Derleth: Das Grauen vor der Tur (The Lurker at the Threshold), Bastei-Lubbe, Bergisch-Gladbach 1979, 1981 bzw. Das Tor des Verderbens, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1994.

76 Zunächst gibt es ein nie realisiertes Fragment Lovecrafts mit dem Titel The Round Tower, das in fünfzehn knappen Sätzen eine Idee unvollständig festhält und nicht er­ kennen läßt, wie die endgültige Geschichte ausgesehen hätte. HPL beschreibt darin ei­ nen steinernen Turm, der südlich von Arkham in dem ausgetrockneten Flußbett eines Nebenarms des Miskatonic steht. Die Indianer datieren ihn auf vormenschliche Zeiten zurück; dennoch - oder gerade deswegen - wird dieses Gebiet noch immer von ihnen gemieden. Legenden zufolge ist der Turm ein Bauwerk der »Alten« und stand ur­ sprünglich unter Wasser. Seine Öffnung ist durch einen Stein mit gewissen magischen Zeichen versiegelt. Gerüchte wollen wissen, daß dieser Turm nur die Spitze einer un­ terirdischen Stadt ist, die nach wie vor von den »Alten« behaust wird. Es stellt sich her­ aus, daß der Turm samt der darunterliegenden Stadt langsam wieder aufsteigt. ln Das Grauen vor der Tür verlegt Derleth diesen Turm jedoch auf eine im Miska­ tonic gelegene Insel, ein Gedanke, den er wahrscheinlich aus HPLs Erzählung The Colour out o f Space bezog, wo von einem Eiland berichtet wird, auf dem sich kurio­ se Steinansammlungen befinden, die älter als die indianischen Ureinwohner sind. Die Idee der unterirdischen Stadt der »Alten« greift Derleth nicht weiter auf. Außerdem verarbeitet Derleth das Fragment OfEvil Sorceries Done in New England and o f Demons in No Human Shape, das etwas länger als The Round Tower ist. Der deutsche Leser findet dieses Fragment auf den Seiten 26-30. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um den Entwurf zu einer Geschichte, sondern vielmehr um Ausschnitte eines fiktiven Buchs, dessen Sprachstil archaischem Puritanerenglisch entspricht und altmodische Eigenheiten der Großschreibung aufweist, die eher an die Gepflogenhei­ ten der deutschen Orthografie als an moderne amerikanische Rechtschreibung erin­ nern. Den Inhalt brauche ich hier sicher nicht wiederzugeben, da er für jeden in jenem Buch nachlesbar ist. Doch Derleth übernahm Lovecrafts Text nicht unverändert. So verlegte er zum Bei­ spiel den Schauplatz von »New Plymouth« nach »New Dunnich«. Bemerkenswert ist, daß HPL hier einen Ort erwähnt, den er nie zuvor in einer seiner Geschichten genannt hatte. Derleth läßt auch einige Zeilen des Fragments unter den Tisch fallen, indem er vorgibt, das Manuskript sei an diesen Stellen unleserlich (S.27). In Lovecrafts ur­ sprünglichem Text geht es um ein Wesen namens Ossadagowah, ein Kind von Sadowowah, was der indianischen Fassung von Tsathoggua entspricht. Derleth läßt in sei­ ner Geschichte Yog-Sothoth zur eigentlichen Bedrohung werden. Im Grunde bestand HPLs Fragment aus zwei Teilen, deren letzterer von bestimmten Ereignissen in Dux­ burg handelt, in deren Verlauf ein Mischwesen aus Mensch und Fledermaus geboren wird. Diesen Auszug aus einem weiteren fiktiven Buch nannte Lovecraft Thaumaturgiall Prodigies in the New England Canaan. Hierin wird kein Bezug zum ersten Teil hergestellt, doch versah HPL seine Notizen mit einer Randbemerkung, die darauf schließen läßt, daß er vorhatte, später näher auf Billington einzugehen, der im ersten

77 Teil des Fragments auftaucht. Das Monster dieses Abschnitts erinnert stark an die Aus­ geburt in The Dunwich Horror. Derleth verarbeitet dieses menschlich-fledermausarti­ ge Wesen aber nicht weiter, obwohl Lovecraft die Kreatur in seinem Fragment sicher­ lich nicht grundlos erwähnt. Woher Derleth die Anregung zu dem Fenster in fremde Dimensionen bezog, findet der geneigte Leser weiter unten erläutert, wenn wir auf sei­ ne Erzählung The Gable Window zu sprechen kommen, denn dort greift er diesen Ein­ fall erneut auf. Noch wesentlich weniger Spuren Lovecrafts finden sich in dem Band Die dunkle Brüderschaft2. Auch hier ist sein Name auf dem Cover zuoberst gedruckt, auch hier wird in einem kurzen Vorwort betont, wie umfangreich die Quellen waren, derer sich Derleth bediente. Aber welche Vorlagen aus dem Nachlaß Lovecrafts standen ihm tatsächlich zur Verfügung? Da gibt es zunächst HPLs Ideenbuch, das sogenannte Com­ monplace Book. Hierin hielt er stichwortartig spontane Einfälle für künftige Ge­ schichten fest. Er tat nicht mehr, als die Grundidee zu einer neuen Erzählung in dieser Kladde grob zu skizzieren (oftmals nur in einem einzigen Satz). Aus dem Common­ place Book bezog Derleth, der einiges zur Verfälschung und Mißinterpretation des Lovecraftschen Schaffens beitrug, die meisten Themen und Motive seiner »posthumen Kollaborationen«. Oft griff er aber auch auf Ideen und Träume HPLs zurück, die die­ ser in seinen Briefen erwähnt. Hierbei kamen ihm nicht nur jene zugute, die er selbst von Lovecraft erhalten hatte, sondern auch die zahllosen Schreiben an andere Korre­ spondenten, die sich auf Derleths Schreibtisch über Jahre hinweg ansammelten, nach­ dem er und Donald Wandrei in HPLs ehemaligem Freundeskreis um Material für die geplanten ersten Bände der Selected Leiters baten. Die in seinem Ideenbuch und den Briefen flüchtig angerissenen Einfälle und Inspi­ rationen Lovecrafts sind es, die uns Derleth, gebettet in die plattesten Plots, als ledig­ lich durch oberflächliche Ergänzungen komplettierte HPL-Geschichten zu verkaufen sucht. Diese Täuschung will ihm allerdings nicht recht gelingen, auch wenn sich sei­ ne sogenannten »Mythos-Erzählungen« mitunter ganz unterhaltsam lesen. Beginnen wir nun damit, die einzelnen Geschichten aus der Sammlung Die dunkle Bruderschaft der Reihe nach auf ihre Quellen hin zu untersuchen. Die erste Erzählung des Bandes ist The Survivor. Sie basiert zum einen auf Notizen Lovecrafts zu einer nie realisierten Geschichte vom Mai/Juni 1934. Darin sollte es um Phänomene entarteter Evolution gehen, bekannterweise ein beliebtes Thema HPLs. Zum anderen erwähnt er in seinem Commonplace Book eine Idee um einen Menschen, der sich einem rückläufigen Evolutionsprozeß ausgesetzt findet und dabei amphibisch wird. Ein Wissenschaftler entdeckt daraufhin, daß die Amphibien, aus denen die 2

H.P. Lovecraft/August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (einige Geschichten der amerikanischen Originalsammlung The Watchers out of Time sind nicht in dem Band enthalten), Suhrkamp, Frankfurt am Main 1986.

78 Menschheit hervorging, von höchst seltsamer Art waren. Um dafür den Beweis anzu­ treten, entschließt er sich zu einem denkwürdigen Experiment. Soweit die Zutaten, aus denen Derleth The Survivor zusammenbraut - nur daß die menschliche Rasse in seiner Kurzgeschichte nicht auf amphibische, sondern auf reptile Vorfahren zurückgeht. Die zweite Erzählung des Buches ist The Peabody Heritage. Auch sie basiert auf ei­ ner Eintragung im Commtmplace Book. Mit einem einzigen Satz greift Lovecraft dar­ in den alten Aberglauben auf, daß Anhänger von Hexenkulten mit dem Gesicht nach unten begraben werden müssen, und entwickelt daraus das Thema für eine Geschich­ te, in deren Verlauf der Protagonist entdeckt, daß alle seine Vorfahren auf diese Wei­ se zur letzten Ruhe gebettet wurden. Auch für die nächste Erzählung, The Gable Window, greift Derleth wieder auf das Commonplace Book zurück. In vier knappen Sätzen wird dort der Plot seiner Ge­ schichte vorgegeben. Ferner wurde Derleth von einer Idee HPLs zu einer nie reali­ sierten Erzählung beeinflußt, die jener ihm einmal in einem Brief mitteilte. In ihr soll­ te es um eine Linse bzw. ein Prisma oder einen Spiegel gehen, die/das/der fensterartig in eine Mauer eingesetzt ist und Ausblicke auf fremde Dimensionen eröffnet. The Ancestor als ein Produkt Lovecrafts auszugeben, zeugt fast schon von Humor. Nach der Lektüre von Leonard Clines Roman The Dark Chamber war Lovecraft so be­ geistert, daß er ihre Grundzüge in seiner List ofCertain Basic Hnderlying Horrors Effectively Used in Weird Fiction anführte. Derleth entging scheinbar, daß er noch nicht einmal eine Originalidee HPLs aufgriff, als er diese Eintragung zum Ausgangspunkt seiner Erzählung machte. The Shadow out o f Space erinnert nicht nur vom Titel her an Lovecrafts The Shadow out ofTime. Doch wo dessen Hand in dieser Geschichte zu spüren sein soll, bleibt schleierhaft. Es dürfte sich hier lediglich um einen Abklatsch von HPLs oben er­ wähnter Erzählung handeln, vermischt mit einigen Ideen und Gedanken, die wieder­ um im Commonplace Book zu finden sind. In Lovecrafts Notizen taucht des öfteren die Vorstellung von körperlosen Reisen mittels Gedankenkraft und visionären Erleb­ nissen bei geschlossenen Augen oder aufgrund gewisser Hilfsmittel auf. Jedoch be­ nutzt HPL diese Einfälle selbst oft genug. Es hätte keines August Derleths bedurft, um aus ihnen eine weitere Geschichte zu machen. Abgesehen davon, daß es sich bei der nächsten Erzählung der Sammlung, The Shuttered Room, um eine bunte Mischung aus zumindest The Dunwich Horror und The Shadow over Innsmouth handelt, vermissen wir hier konkrete Anregungen oder In­ spirationen durch Lovecraft völlig. In The Lamp ofAlhazred leitet Derleth seine Berechtigung, HPL als Co-Autor anzu­ führen, erneut aus der Verwendung einer Eintragung im Commonplace Book ab. Love­ craft war so fasziniert von der Abhandlung über Arabien in seiner Encyclopaedia Britannica, daß er beschloß, es zum Schauplatz einiger seiner Geschichten zu machen -

79 was auch geschah (z.B. in The Nameless City). Eine weitere Eintragung offenbart uns noch mehr. Schon 1926 wollte Lovecraft über eine uralte Lampe schreiben, die in ei­ ner Gruft gefunden wird und in ihrem Schein eine fremde Welt enthüllt. Drei Jahre spä­ ter verwandte er diesen Einfall in seinem Gedichtzyklus Fungi from Yuggoth unter dem Titel The Lamp. Lovecraft besaß selbst eine antike Lampe und fühlte sich davon so be­ geistert und inspiriert, daß er es einigen Briefpartnern, darunter Derleth, mitteilte. The Shadow in the Attic hinwieder ist in einigen Punkten von Lovecrafts The Dreams in the Witch House abgekupfert. Zwölf Worte im Commonplace Book liefer­ ten Derleth dann den Rest seiner Geschichte. HPL schrieb von einem Schatten an der Wand eines verschlossenen Raumes, in welchem kein Licht entfacht werden darf. Aber selbst dies ist nicht unbedingt Original-Lovecraft, weil es von Mary W. Lreemans Er­ zählung The Shadow on the Wall angeregt wurde. Die Titelgeschichte der Sammlung, The Dark Brotherhood, erinnert schwach an He und 77ze Whisperer in Darkness - zumindest was die unheimlichen Bekanntschaften des jeweiligen Erzählers betrifft, die sich als Okkupatoren aus fremden Welten ent­ puppen. ln einem Brief an Clark Ashton Smith vom 29. November 1933 schildert HPL außerdem einen Traum, dessen Abfolge im wesentlichen dasselbe Handlungsmuster wie Derleths Erzählung aufweist. Lovecraft träumte von einer Zusammenkunft bzw. einem geheimen Zirkel von zwölf oder dreizehn Männern, die sich mit Magie be­ schäftigen und damit sogar den skeptischen Rationalisten HPL in ihren Bann ziehen. Die Männer sehen einander zwar ähnlich, doch wirken sie - anders als bei Derleth nicht allesamt wie Doppelgänger Edgar Allan Poes. Immerhin übernimmt Derleth ei­ nige Passagen des besagten Briefes fast wörtlich. Welche anderen Schriften Lovecrafts von Derleth herangezogen wurden, ist allerdings auch hier nicht nachvollziehbar. Viel­ leicht fühlte er sich durch HPLs lebenslang anhaltende Begeisterung für Poe dazu be­ wogen, die nicht wirklich ernst zu nehmenden Poe-Klone in seiner Geschichte auf­ tauchen zu lassen. Bereits im Jahre 1919 wollte Lovecraft über eine Steinbrücke schreiben, in die ein Mensch oder eine Katze eingemauert sind; entsprechend der alten heidnischen Tradi­ tion, dadurch Unheil von dem Bauwerk abzuwenden. Sicherlich fühlte er sich auch von Poes The Cask ofAmontillado und The Black Cat inspiriert. In seinem Kurzroman The Dream Quest o f Unknown Kadath taucht dann tatsächlich eine derartige Brücke auf, die den Skai überspannt und in deren mittleren Bogen ein Mensch eingemauert ist. Jedoch ist die Brücke dort nur Kulisse. 1934 greift Lovecraft Ähnliches auf, indem er in seinem Commonplace Book von einer römischen Brücke schreibt, die während ei­ nes Sturms von den Fluten davongespült wird und dabei ein grausiges Geheimnis preisgibt, das in ihrem mittleren Bogen verborgen war. All dies finden wir in der ab­ schließenden Geschichte des Bandes, The Horror from the Middle-Span, wieder. Die übrigen Erzählungen der Originalsammlung The Watchers out ofTime, die nicht

80 in der deutschen Ausgabe zu finden sind, sollen nicht Gegenstand dieser Ausführun­ gen sein. In der Anthologie Rendezvous mit dem Würgeengel3 finden wir, diesmal allein un­ ter Lovecrafts Namen, die Geschichte Wiic/zes Hollow. Die amerikanische Original­ ausgabe dieses Bandes hat Derleth höchstselbst unter dem Titel Dark Mind. Dark Heart herausgegeben. Ob wohl er es war, der dafür sorgte, daß sein Name in der Verfasserangabe zu Witches Hollow unterschlagen wurde? Bei einem Mann von Derleths Eitelkeit eigentlich kaum vorstellbar. Jedenfalls wurde die Erzählung ausschließ­ lich von Derleth verfaßt, der sich dabei folgender Quellen bediente: 1925 hielt Lovecraft einige Worte über ein gewisses Gebiet in Neuengland, das sich »Witches Hollow« nennt, in seinem Commonplace Book fest. Entnommen hatte er sie dem Buch Guardian Angel von Oliver Wendell Holmes. HPL stellte sich vor, daß Witches Hol­ low von einem Lehrer entdeckt wird, als er auf dem Weg zu seiner neuen Stellung an einer Privatschule vom Pfad abkommt. Später hört er böse Gerüchte über diesen Ort und beobachtet einen merkwürdigen Schüler, der Witches Hollow aufsucht und dort höchst seltsame Handlungen vornimmt. Einiges davon benutzte Lovecraft später selbst in seiner Erzählung The Silver Key. Wieder sind es bloß ein paar Sätze bzw. grob umrissene Ideen, die Derleth in seiner eigenen Kreation aufgreift. Und selbst dieses We­ nige wandelt er noch ab. Bleibt insgesamt zu fragen, wo August Derleth respektive seine deutschen Heraus­ geber das Recht zu der Behauptung herleiten, er hätte irgendwelche Fragmente Love­ crafts vervollständigt. Die kurzen, knappen Skizzen aus dem Commonplace Book in einer Geschichte zu verarbeiten, macht sicherlich noch keine Lovecraft-Erzählung aus. Auch Andeutungen in Briefen oder andere beiläufige Aufzeichnungen können höch­ stens Anreize dazu schaffen, ein eigenständiges Werk zu schreiben. Da man das Com­ monplace Book ohne Probleme käuflich erwerben kann und auch ein Teil der Briefe veröffentlicht wurde, könnte wohl jeder, der sich dadurch zu eigenen Hervorbringun­ gen inspirieren läßt, als Ko-Autor Lovecraft angeben. Dieser Gedanke erscheint si­ cherlich jedermann abwegig. Warum also führt Derleth Lovecrafts Namen in den Ver­ fasserangaben, und das auch noch permanent an erster Stelle? Ob das rechtlich in Ord­ nung ist, sei dahingestellt. Um zu überprüfen, inwieweit Derleth seinen selbsternann­ ten Status als posthumer Vollender von HPLs Gesamtwerk behaupten kann, sollte man sich einmal seine Nicht-Mythos-Geschichten ansehen. Hier steht er, ohne die »Inspi­ ration« durch Lovecraft, allenfalls als mittelmäßiger Autor da. Um sein Talent wirk­ lich zu beweisen, hätte er sich an die tatsächlich von Lovecraft hinterlassenen Frag­ mente wagen sollen; dann hätte er auch die Berechtigung gehabt, den Namen des »Ein­ siedlers von Providence« darüber zu setzen. © Copyright 1995 by Andreas Städing 3

August Derleth (Hrsg.): Rendezvous mit dem Würgeengel (Dark Mind. Dark Heart), Vampir, Rastatt 1976.

A R T H U R

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Anmerkungen zur Erzählkunst Howard Phillips Lovecrafts Von Michael Koseier I. Vorbemerkung Die zentralen Begriffe, die der Kenner und Liebhaber phantastischer Literatur mit dem Werk Howard Phillips Lovecrafts assoziiert, sind »kosmischer Schrecken«1 und »Cthulhu-Mythos«. Sie kennzeichnen Lovecrafts Originalität und Leistung in diesem literarischen Genre ebenso wie den stofflichen Zusammenhang, zu dem sich ein Groß­ teil seiner Erzählungen zusammenschließt.2 Es nimmt daher nicht wunder, daß in der literaturkritischen Auseinandersetzung mit Lovecraft die Diskussion dieser Begriffe einen wichtigen Platz einnimmt.3 Desglei­

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Den Terminus »cosmic fear« bzw. »cosmic terror« hat Lovecraft selbst in die Nomenklatur der Ästhetik des Phantastischen eingebracht; vgl. H.P. Lovecraft, Supernatural Horror in Literature (New York 1973), S. 15 bzw. S. 17. Lovecrafts Essay ist nach wie vor eine der besten kurzen Einführungen in das Thema. Obwohl Jens Malte Fischer in seinem klugen Essay über Lovecraft [Produktiver Ekel. Zum Werk Howard Phillips Lovecrafts, ln: Christian W. Thomsen/Jens Malte Fischer (Hrsg.), Phantastik in Literatur und Kunst (Darmstadt 1980), S.314 ff. | auf die fehlende »innere Kohärenz« (S.316) des Cthulhu-Mythos hin­ weist, läßt sich doch nicht leugnen, daß dieser kosmologische Entwurf die Folie einer großen Zahl der Ge­ schichten Lovecrafts darstellt. Daran ändert auch die zu Recht bemängelte Widersprüchlichkeit einzelner Teile dieses Mythos nichts. Von jüngeren Publikationen seien hier genannt; Colin Wilson, The Strength to Dream. Literature and the Imagination (London 1962). Glen St. John Barclay, Anatomy o f Horror: The Masters o f Occult Fiction (London 1978). David Punter, The Literature o f Terror (London/New York 1980).

84 chen sind sie Gemeingut genrespezifischer Nachschlagewerke geworden.4Dabei wird jedoch das »Wie« zugunsten des »Was« zurückgedrängt. Überlegungen zur Erzähl­ weise finden sich nur am Rande oder gar nicht. Der vorliegende Essay setzt sich daher zum Ziel, einige Aspekte der erzählerischen Kunst Lovecrafts einer näheren Betrachtung zu unterziehen.5 Die konstitutiven Ele­ mente der Erzählperspektive, des Figurenspektrums und der Erzählstruktur sollen fest­ gestellt und auf ihre Funktion befragt werden. Im Anschluß daran wird man schluß­ folgern können, ob und inwieweit die Verwendung bestimmter Erzählstrategien einen Konnex zuläßt zum Lovecraftschen Erzählmaterial, das heißt, inwiefern die traditio­ nelle Frage nach dem Zusammenhang zwischen formalen und inhaltlichen Momenten bei Lovecraft überhaupt eine Rolle spielt und sein erzählerisches Bewußtsein prägt. Das Ergebnis solcher Fragestellungen möge ein bescheidener Beitrag sein zu einer objektiveren, gerechteren Einschätzung des Lovecraftschen Erzählwerks, die sich von »Kultismus« ebenso freihält wie von undifferenzierter Verächtlichkeit.

II. Die Erzählerfigur hei Lovecraft Die fiktionale Darstellung des Unglaublichen stellt besondere Anforderungen an den Erzähler. Es ist einerseits seine Aufgabe, dem Leser zum Einstieg zu verhelfen in die vom Autor konstruierte Welt und die Skepsis des Lesers zu überwinden, andererseits muß er in dieser »neuen Welt« erkennbare Position beziehen, um über sie glaubwür­ dig berichten zu können. Diese Doppelfunktion erfüllt am besten der Ich-Erzähler. In seiner Rolle als direk­ ter oder indirekter Teilnehmer gewährleistet er den authentischen Charakter des Ge­ schilderten. Er nimmt somit einen wichtigen Platz in der Gruppe jener »Beglaubi­ gungsfiktionen« ein, die für den Entwurf des Phantastischen unerläßlich sind und auf die in der theoretischen Auseinandersetzung mit diesem Genre immer wieder hinge­ wiesen wird. »Das Phantastische darf nicht bar jeder Glaubwürdigkeit sein, deshalb darf der Au­ tor, der es herbeiruft, kein Mittel unversucht lassen, überzeugend zu wirken. Dazu 4

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Als Beispiele mögen dienen: Mike Ashley, Who’s Who in Horror and Fantasy Fiction (London 1977). Pe­ ter Nicholls (Hrsg.), The Encyclopedia o f Science Fiction (London/Toronto/Sydney/Ncw York 1979). Hans Joachim Alpers/Werner Fuchs/Ronald M.Hahn (Hrsg.), Reclams Science Fiction Führer (Stuttgart 1982). Rein A. Zondergeld, Lexikon der phantastischen /.izerazur (Frankfurt 1983). Als Textgrundlage dienen die bei Suhrkamp erschienenen Ausgaben, in denen annähernd vollständig das Erzählopus Lovecrafts in deutscher Übersetzung vorliegt: Cthulhu (Frankfurt 1979), in den folgenden An­ merkungen abgekürzt als Cthulhu. Berge des Wahnsinns (Frankfurt 1979), abgekürzt als Berge. Das Ding auf der Schwelle (Frankfurt 1978), abgekürzt als Ding. Der Fall Charles Dexter Ward (Frankfurt 1977), abgekürzt als Fall. Die Katzen von Ulthar und andere Erzählungen (Frankfurt 1980), abgekürzt als Kat­ zen. Stadt ohne Namen (Frankfurt 1981), abgekürzt als Stadt. In der Gruft und andere makabre Ge­ schichten (Frankfurt 1982), abgekürzt als Gruft.

85 braucht er eine glaubwürdige Basis, damit das auf ihr Aufgebaute gleichfalls glaub­ würdig wirkt.«6 Werfen wir, bevor wir uns wieder der Erzählerfigur zuwenden, einen Blick auf ei­ nige weitere Mittel, die von Lovecraft eingesetzt werden, um den authentischen Cha­ rakter des Erzählten zu unterstreichen. Hierzu gehört die pseudowissenschaftliche Absicherung durch häufige Hinweise auf eine Reihe von Büchern und Manuskripten789,unter denen das Necronomicon an pro­ minenter Stelle rangiert. Diese Werke liefern für den, der sie zu lesen versteht, Be­ stätigung und theoretische Untermauerung dessen, was in den Geschichten am Ein­ zelbeispiel vorgeführt wird. Die besondere Raffinesse des Verfahrens liegt darin, daß sich bei der Auflistung sol­ cher Schriften fiktive mit realen Titeln mischen. So wird z.B. in der Erzählung Grau­ en in Red Hook* das 1921 in Oxford erschienene Werk von Margaret Murray, The Witch-Cult in Western Europe, erwähnt, das sich in Titel und Inhalt ohne weiteres in die von Lovecraft erfundenen Bücher einpaßt.’ ln ähnlicher Weise greift Lovecraft auch in seinen mythischen Konstruktionen bis­ weilen auf Reales oder doch anderweitig Vorhandenes zurück: Dagon, der Fischgott der Philister, liefert nicht nur Titel und Inhalt einer Erzählung Lovecrafts10123456, sondern spielt bereits in der Bibel eine Rolle." Ebenso wird die Entdeckung des Planeten Plu­ to im Jahre 1930 Lovecrafts kosmologischer Mythologie gemäß in der Erzählung Der Flüsterer im Dunkeln'2uminterpretiert. Darüber hinaus sind viele der Geschichten mit genauen Datumsangaben versehen. Am 16. Juli 1923 bezieht der Erzähler von Die Ratten im Gemäuer'3 die restaurierte Exham Priory. Der Schatten aus der Zeit'* um­ spannt die Jahre 1908 bis 1935. Im Winter 1927/28 findet die Polizeiaktion in Innsmouth statt.15 Im Jahre 1921 kommt der Erzähler der »lauernden Furcht« auf die Spur.'6 Die Fixierung des Zeitpunkts17 in diesen und anderen Erzählungen bedeutet eine weitere Eestmachung an der empirischen Welt und somit ein weiteres Mittel der Au6 7

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Georges Jacquemin, »Über das Phantastische in der Literatur«, in: Rein A. Zondergeld (Hrsg.), Phaicon 2 (Frankfurt 1975), S.50. In seltenen Fällen wird der authentische Charakter des Erzählten durch den Einschub quasi-dokumenta­ rischen Materials in Form von Zeitungsartikeln hervorgehoben; vgl. Cthulhus Rufiin. Cthulhu) und Der Fall Charles Dexter Ward (in: Fall). In: Stadt, S.77. Auf diese »Mischung von fingierten und existierenden Büchern« weist auch Jens Malte Fischer in seinem bereits zitierten Aufsatz hin (Produktiver Ekel. Zum Werk Howard Phillips Lovecrafts, a.a.O., S.325). Dagon, in: Stadt. A T.l.Sam . 5. In: Berge. ln: Cthulhu. ln: Ding. Schatten über Innsmouth, in: Fall. Die lauernde Furcht, in: Stadt. Welche Bewandtnis es mit Ortsfixierungen hat, wird noch an anderer Stelle zu erörtern sein.

86 thentisierung. Dies wird besonders evident, wenn man bedenkt, wie die Fantasy- und Science Fiction-Literatur ihren zeitlichen Rahmen stecken.18Ein weiterer erzähltech­ nischer Kunstgriff verdient schließlich unsere Beachtung, dessen Authentisierungsintention nicht von vornherein offenkundig, sondern eher versteckt angelegt ist. Sehen wir uns die ersten Sätze der Berge des Wahnsinns an: »Ich muß mein Schweigen bre­ chen, weil Männer der Wissenschaft sich weigern, meinem Rat zu folgen, ohne zu wis­ sen, worum es geht. Nur mit größtem Widerstreben spreche ich darüber, warum ich ge­ gen die geplante Invasion der Antarktis bin - gegen die Fossilienjagd, die ausgedehn­ ten Bohrungen und das Abschmelzen der urzeitlichen Eiskappen. Und ich zögere um so mehr, als meine Warnung vergeblich sein könnte.«19 Der angegebene Grund für die Entstehung der Geschichte liegt also nicht im Ästhe­ tisch-Erzählerischen, sondern in der Wirkung, die sie auslösen soll. Ein praktischer Nutzeffekt soll erreicht werden. Die Lektüre des erzählerischen Berichts soll der War­ nung20 und Abschreckung dienen. Andere Geschichten wiederum haben apologetischen respektive erklärenden Cha­ rakter. Bestimmte Verhaltensweisen - man denke an Das Ding auf der Schwelle2' und Die Aussage des Randolph Carter22 - sollen gerechtfertigt, bestimmte Idiosynkrasien - man vergleiche Pickmans M odell23und Kühle L uft24- erklärt werden. Dabei impliziert der Beginn der drei letztgenannten Geschichten die vorhergegan­ gene Äußerung oder Frage eines Gegenübers, dessen verbales Verhalten somit die primäre Ursache der Erzählung abgibt. Verbindendes Moment all dieser Geschichten ist also, daß in ihnen ein quasi-außerliterarischer Grund gegeben wird für ihr Vorhandensein. Sie sind Warnung, Rechtfer­ tigung, Erklärung - auf jeden Fall pragmatischen Wertes. Sie geben vor, Non-Fiction zu sein und verschaffen sich den Anstrich authentischer Dokumente. Das markanteste Mittel der Authentisierung aber ist der Ich-Erzähler. Wir begegnen ihm in fast allen Geschichten Lovecrafts; nur selten benutzt der Autor den Typus des anonymen, unpersönlichen Erzählers. Bezeichnenderweise geschieht dies zumeist in den Geschichten, die sich dem Genre der Fantasy zuordnen lassen, das heißt, deren Bindung an die empirische Alltagsrealität extrem dünn oder gar nicht-existent ist.25 Hingegen verwendet der Großteil derjenigen Erzählungen Lovecrafts, die in einem er­ kennbaren (wie auch immer »gotisch« verzerrten) amerikanischen Ambiente der er­ 18 Zur ersten Information über diese beiden Begriffe vgl. die jeweiligen Stichworte in Rein A. Zondergelds Lexikon der phantastischen Literatur. 19 Berge des Wahnsinns, in: Berge, S.7. 20 Auch Der Schatten aus der Zeit (in: Ding) hat nach Aussage des Erzählers Warnfunktion. 21 In: Ding. 22 In: Gruft. 23 In: Cthulhu. 24 In: Gruft. 25 Man vergleiche die in dem Band Die Katzen von Ulthar enthaltenen Geschichten.

87 sten Dekaden unseres Jahrhunderts spielen, die erzählerische Ich-Figur. Dergestalt ste­ hen Erzählerfigur und Wirklichkeits- oder besser Glaubwürdigkeitsgrad der fiktionalen Welt in direktem Zusammenhang, ja bedingen einander. Der Erzähler ist Teil die­ ser Welt, die er durch entsprechende topographisch-historische Referenzen an die Er­ fahrungswelt des Lesers anschließt. Der Abstand, den der Erzähler zu den Geschehnissen hat, die in diese Welt einbre­ chen und oft sogar ihren Fortbestand bedrohen, variiert. Der Erzähler kann direkt be­ troffen, kann Zentrum und Angriffspunkt ihm (zunächst) unverständlicher Mächte sein.26 Er kann aber auch als Chronist fungieren, der bestimmte Dinge als Randfigur nur miterlebt oder dem lediglich ein kurzer Einblick gewährt wird in die komplexeren Zusammenhänge, in denen die Hauptfigur steht.27 Jedoch läßt sich eine strikte Grenze zwischen diesen beiden Unterkategorien des Ich-Erzählers nur bei grober Einteilung aufrechterhalten. Der Erzähler als Chronist im strengen Sinne, als distanzierter Beobachter und Sammler von Materialien, tritt äußerst selten auf.28 In den meisten Fällen ist er in die Geschehnisse, die um die Hauptfigur zentrieren, verwickelt und nimmt die Kulmination der Ereignisse als Augenzeuge wahr. Besonders deutlich wird dies in den Erzählungen Das Ding auf der Schwelle29*31, Pickmans Modell2" und Kühle Luft3', in denen jeweils eine grauenhafte optische Ent­ deckung dem Ich-Erzähler - und somit seinem unmittelbaren Publikum, den Lesern Aufklärung verschafft über die Bedeutung der erzählten Ereignisse. »Das Ziel des Autors ist eindeutig: den Leser zu erschrecken und zu verunsichern und in ihm Zweifel über die Gültigkeit der vertrauten Realität zu erwecken.«32 Diese direkte Betroffenheit des Lesers durch das Fehlen erzählerischer Distanz, der unmittelbare Aufprall des bei Lovecraft oft grellen Bildes, erfährt in den Geschichten, in denen der Ich-Erzähler als direkt Betroffener, als Erfahrender und Handelnder fun­ giert, keine Steigerung. Lediglich die Konsequenz, die sich für den Erzähler ergibt, ist radikaler. Für ihn stehen am Ende seiner Erfahrungen oft genug Wahnsinn33, Tod34oder Selbstmord.35 Die Mächte und Kräfte, denen die Lovecraftschen Figuren ausgesetzt 26 Beispiele: Die Ratten im Gemäuer, in: Cthulhu. Der Schatten aus der Zeit, in: Ding. Bergedes Wahnsinns, in: Berge. Schatten über Innsmouth, in: Fall. Der boshafte Geistliche, in: Gruft. Der Alchimist, in: Gruft. Das Grab, in: Gruft. Gefangen bei den Pharaonen, in: Gruft. Stadt ohne Namen, in: Stadt. 27 Beispiele: Pickmans Modell, in: Cthulhu. Cthulhus Ruf, in: Cthulhu. Das Ding auf der Schwelle, in: Ding. Die Farbe aus dem All, in: Ding. Kühle Luft, in: Gruft. 28 So in Die Farbe aus dem AZZ (in: Ding), ln der Gruft (in: Gruft) und Cthulhus Ruf (in: Cthulhu). In den beiden erstgenannten Erzählungen basiert der Bericht des Erzählers auf der Schilderung durch ihm be­ kannte Gewährsmänner. 29 ln: Ding. 31) In: Cthulhu. 31 In: Gruft. 32 Kalju Kirde, HP. Lovecraft - Schöpfer kosmischer Mythen (in: Ding), S.2O8. 33 Beispiel: Die Ratten im Gemäuer, in: Cthulhu. 34 Beispiele: Der leuchtende Trapezoeder, in: Cthulhu. Der Tempel, in: Stadt. 35 Beispiele: Der Hund, in: Stadt. Dagon, in: Stadl.

88 sind, lassen sich nicht bannen. Der Mensch ist ihnen total ausgeliefert. Die Schutz- und Wehrlosigkeit des einzelnen steigert sich in den Erzählungen, in denen Lovecrafts Cthulhu-Mythos explizite Verwendung findet36 (der ja mehr ist als nur Mythos, viel­ mehr in eine monumentale Kosmologie eingebunden wird)37, zur kosmischen Bedro­ hung, zur Gefahr für die ganze Menschheit. Die Lovecraftsche Kosmologie entwirft ein zutiefst pessimistisches Geschichtsbild, das weit entfernt ist von jeder Anthropozentrik. Der Mensch ist nur einer der histori­ schen Bewohner dieses Planeten und darüber hinaus - zieht man vor allem die gerin­ ge Ausdehnung seiner Geschichte und den niedrigen Stand seiner Zivilisation in Be­ tracht - einer der unbedeutendsten und verwundbarsten. Die Ausführungen Gustafssons zur Stellung des Menschen in der phantastischen Kunst im allgemeinen und auf den »Gefängnisbildern« Piranesis im besonderen las­ sen sich auch auf Lovecraftsche Konstellationen anwenden: »Es ist ein Unterschied, ob man die Welt als das natürliche Milieu des Menschen betrachtet, oder ob man sie, wie auf Piranesis Bildern, als einen Ort darstellt, wo der Mensch nicht zu Hause ist, wo er aus Versehen gelandet ist und dessen Anordnungen und Triebkräfte er deshalb auch nie verstehen oder überblicken wird.«38 Der Mensch wird in der Tat zum »Fremden auf Erden«, wenn man bedenkt, in welch erdrückender Weise seine Geschichte auf beiden Seiten - in Vergangenheit und Zu­ kunft - von den zyklopischen Kulturen fremdartiger, kosmischer Wesen eingeschlos­ sen wird. Aber damit nicht genug. Auch der ihm eigene Geschichtsabschnitt wird bedroht, selbst hier ist die Gefahr des Erdrücktwerdens immer präsent. Wie aber kommt es zu dieser Bedrohung des einzelnen oder aller? Welcher Stel­ lenwert kommt der jeweiligen Hauptfigur einer Geschichte - sei es als agierender Er­ zähler, sei es als Berichtsobjekt - bei der Freisetzung oder auch nur Vergegenwärtigung bestimmter Wesenheiten zu? Läßt die Bemerkung David Punters in seinem Buch The Literature o f Terror - »Lovecraft is utterly devoid of psychological interest; his terrors are entirely those of the unintelligible outside, of the individual cramped by alien encroachment«39- darauf schließen, daß Lovecraft seine menschlichen Figuren vernach­ lässigt zugunsten der über- bzw. unnatürlichen Wesenheiten und Phänomene? Haben 36 In erster Linie sind hier zu nennen: Stadt ohne Namen, in: Stadt. Cthulhus Ruf, in: Cthulhu. Das Grauen von Dunwich, in: Cthulhu. Der Flüsterer im Dunkeln, in: Berge. Träume im Hexenhaus, in: Ding. Der leuchtende Trapezoeder, in: Cthulhu. Schatten über Innsmouth, in: Fall. Berge des Wahnsinns, in: Berge. Der Fall Charles Dexter Ward, in: Fall. Der Schatten aus der Zeit, in: Ding. 31 Am umfassendsten geschieht dies in Berge des Wahnsinns (in: Berge) und Der Schatten aus der Zeit (in: Ding). 38 Lars Gustafsson, Über das Phantastische in der Literatur, in: Utopien. Essays (München 1970), S.24. 39 David Punter, The Literature o f Terror (London/New York 1980), S.281: »Lovecraft entbehrt völlig des psychologischen Interesses; seine Schrecken sind gänzlich solche der nicht zu begreifenden äußeren Welt, des durch den Übergriff fremder Mächte eingeschränkten Individuums« (Übersetzung von mir).

89 wir es durchweg mit blassen, monoton sich wiederholenden Akteuren zu tun? Oder läßt sich, zumindest in bezug auf seine Hauptfiguren, das Bemühen sowohl um psy­ chologische Grundierung als auch um Variation nachweisen?

III. Lovecrafts Protagonisten Die Motivation der jeweiligen Hauptfigur spielt für die Beantwortung dieser Fragen eine große Rolle. Bei aller Verschiedenheit lassen sich bestimmte Grundtypen des Ver­ haltensantriebs erkennen, die ihrerseits auf bestimmte Figurentypen hinweisen, nach denen sich die zentralen Aktionsfiguren Lovecrafts gliedern lassen. Dominanter Beweggrund einer großen Anzahl von Figuren ist die Neigung zum Außergewöhnlichen, Bizarren, Nicht-Alltäglichen, das zumeist morbide Züge trägt. Sie kehren sich bewußt von der als monoton empfundenen Wirklichkeit ab und folgen dem Drang, neue Wissens- und Erfahrungsbereiche aufzuschließen. Ihre Gelehrsam­ keit geht über den Rahmen herkömmlicher Wissenschaftsdisziplinen weit hinaus. Sie beschäftigen sich mit anrüchigen Kulten ebenso wie mit »verbotenen« Büchern, unter denen das Necronomicon an vorderster Stelle steht. Zwei Zitate aus der Erzählung Das Ding auf der Schwelle seien zur Veranschauli­ chung herangezogen. Edward Derby, um den es geht, kann als repräsentative Figur für eine bestimmte Spielart Lovecraftscher Protagonisten gelten. »Schon immer hatte er sich an der Oberfläche des Phantastischen und Merkwürdi­ gen aufgehalten, jetzt aber stürzte er sich kopfüber in die echten Runen und Rätsel, die eine legendäre Vergangenheit der Nachwelt zur Belehrung oder Verwirrung hinterlas­ sen hat.«40 »Mit fünfundzwanzig war Derby ein erstaunlich gelehrter Mann und ein recht gut bekannter Dichter und Phantast, wenn auch der Mangel an Kontakten und die fehlen­ de Verantwortung seine literarische Entwicklung verlangsamt hatte und aus seinen Ar­ beiten allzu gelehrsame Sekundär-Literatur werden ließ.«41 Von dieser eher theoretischen Beschäftigung mit »arcana« ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zu deren Praktizierung. Zur Gruppe der derart motivierten Protagoni­ sten gehören außer Derby Gestalten wie Pickman42, Blake4’, Gilman44, Ward45, Suy-

40 41 42 43 44 45

In: Ding, S. 10. In: Ding, S. 10. Pickmans Modell, in: Cthulhu. Der leuchtende Trapezoeder, in: Cthulhu. Träume im Hexenhaus, in: Ding. Der Fall Charles Dexter Ward, in: Fall.

90 dam46478sowie die namenlosen Erzähler aus Der Hund^und Die lauernde Furcht** . Sie alle eint der Hang zum Absonderlichen, sie alle wagen den Übergang in neue Erfah­ rungsbereiche und leiten damit oft genug das über sie kommende Verhängnis ein. Marek Wydmuch spricht in bezug auf Der Fall Charles Dexter Ward von einer Va­ riation des Zauberlehrlingmotivs.49Diese Feststellung läßt sich mutatis mutandis auch auf die obengenannten Figuren anwenden. Sie alle rufen »Geister« und werden sie nicht mehr los. Der erste Schritt wird immer von ihnen selbst getan. Sie wagen sich in gefahrvolle Gebiete, die sie zumeist nicht unbeschadet verlassen dürfen (wenn über­ haupt). Einige der Genannten verbinden das Interesse am Okkulten mit künstlerischen Ambitionen. Derby wie auch Blake werden als Verfasser phantastischer Literatur vor­ gestellt. Im Fall Blakes werden sogar Titel seiner Erzählungen genannt - ein Umstand, der nicht nur der Charakteristik der betreffenden Figur dient, sondern auch eine wei­ tere Beglaubigungsfiktion darstellt. »Während des ersten Winters schrieb er vier seiner bekanntesten Kurzgeschichten - Das Ding von unten, Der Wurm in der Krypta, Shaggai, Im Tal von Pnath, sowie Der Fresser aus dem All - und malte sieben Bilder; Studien von namenlosen, unmenschli­ chen Monstren und unerhört fremden, außerirdischen Landschaften.«50 Pickman schließlich, mit seinen »Darstellungen des Monströsen, Morastigen und Morbiden«51, setzt seine - wie sich herausstellt sehr reale - Berührung mit dem Ab­ gründigen in Gemälde um. »Einige dieser Gemälde zeigten ganze Rudel von abscheulichen, außerweltlichen Kreaturen auf nebelzerkauten Friedhöfen oder in unterirdischen Gängen, und oft schien es, als rissen sie sich wie Hyänen und Schakale um ihre grausige Beute - oder, dieser Ausdruck wäre hier besser angebracht, um ihre ausgegrabenen Leichenschät­ ze.«52 Die Neigung zum Bizarren und Morbiden, die die Künstlerexistenzen Lovecrafts an die anderen der obengenannten Figuren anbindet, findet bei Pickman, Blake und Der­ by ästhetischen Ausdruck. Sie setzen ihre - inneren oder äußeren - Erfahrungen in Li­ teratur respektive Malerei um. Jedoch darf dies keinesfalls als Objektivierungs- oder Befreiungsprozeß verstanden werden. Im Gegenteil: die künstlerische Handhabung ei­ ner spezifischen Stofflichkeit verstrickt sie nur noch tiefer, und zumindest Pickman geht in Ausübung seiner Kunst zugrunde. 46 Grauen in Red Hook, in: Stadt. 47 In: Stadt. 48 In: Stadt. Nicht in allen hier aufgezählten Geschichten ist ein Ich-Erzähler vorhanden. Das spielt aber bei der Untersuchung des Protagonistentypus keine Rolle. 49 Marek Wydmuch, Lovecraft - oder sich treiben lassen (in: Fall), S.24O. 50 Der leuchtende Trapezoeder (in: Cthulhu), S.&9. 51 Wieland Schmied, Zweihundert Jahre phantastische Malerei (München 1980), Bd.I, S.16. 52 Pickmans Modell, (in: Cthulhu),S.21.

91 Nach dem bisher Gesagten können wir ein erstes Fazit ziehen und eine erste Figu­ renkategorie bzw. einen ersten Figurentypus für das Lovecraftsche Personal definie­ ren. Die beschriebenen Personen sind für das, was ihnen widerfährt, durch ihre Neigun­ gen und Idiosynkrasien prädestiniert. Ihre Abwendung vom Normalen bedingt ihr wei­ teres Schicksal. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß sie von einem bestimmten Punkt ab zum Opfer werden, weil sie die von ihnen in Gang gesetzten oder doch we­ nigstens geduldeten Vorgänge nicht mehr steuern können. Dieser Wesenszug unterscheidet die Vertreter des oben skizzierten Typus grundle­ gend von einer Spielart des Protagonisten, die in der phantastischen Literatur breite Verwendung gefunden hat. Meister des Phantastischen wie Le Fanu und M.R. James53 benutzen mit Vorliebe nüchterne, mit beiden Beinen auf der Erde stehende Alltags­ menschen, die eher über das »Übernatürliche« stolpern, unversehens in es hineinge­ raten, als daß sie es durch eine innere Bereitschaft quasi herbeizitieren. Der beschriebene personelle Typus bei Lovecraft gestattet eine andere Analogie. Zumindest andeutungsweise lassen sich hier Spuren eines ausgesprochenen Fin de Siècle-Typus feststellen, wie er sich so häufig in den Werken der Huysmans, Roden­ bach und Meyrink findet. Der exzentrische Habitus kennzeichnet diesen literarischen Typus ebenso wie sein Interesse am Okkulten. Völlig zu Recht spricht daher Jens Mal­ te Fischer von der »Geburt der Phantastik aus dem Geiste des fin de siècle«.54 Freilich dürfen diese Ähnlichkeiten nicht überbewertet oder gar zu Abhängigkeiten verfälscht werden. Es sind eben nur Ähnlichkeiten. Viele Züge des literarischen Dé­ cadent der Jahrhundertwende finden sich bei Lovecrafts personellem Typus überhaupt nicht.55 Außerdem hieße es die Originalität Lovecrafts schmälern, wollte man die Parallelisierung zu weit treiben. Seine Gestalten beschäftigen sich ja eben nicht mit den herkömmlichen Disziplinen des Okkultismus56, sondern finden ihre theoretischen wie praktischen Bezugspunkte in dem eigens von Lovecraft entworfenen Rahmen. Kehren wir zurück zur Untersuchung des Lovecraftschen Personals.

53 Vergleiche dazu folgende Taschenbuchausgaben: J. Sheridan Le Fanu, Der besessene Baronei und ande­ re Geistergeschichten (Frankfurt 1980). J. Sheridan Le Fanu, Camilla, der weibliche Vampir (Zürich 1979). J. Sheridan Le Fanu, Der ehrenwerte Herr Richter Harbottle (Zürich 1982). M.R. James, Der Schatz des Abtes Thomas (Frankfurt 1979). 54 Jens Malte Fischer, Deutschsprachige Phantastik zwischen Décadence und Faschismus, in: Rein A. Zondergeld (Hrsg.), Phaicon 3 (Frankfurt 1978), S.94. Sullivan charakterisiert die Sprachgebung H P. Lovecrafts und Robert W. Chambers' als »post-Decadence purple prose« [Jack Sullivan, Elegant Night­ mares. The English Ghost Story from Le Fanu to Blackwood (Athens, Ohio 1980), S.95], 55 Vgl. dazu: Hans Hinterhäuser, Fin de Siècle (München 1977). Mario Praz, Liebe, Tod und Teufel. Die schwarze Romantik, 2 Bde. (München 1970). 56 Vgl. dazu: Walter Karbach, Phantastik des Obskuren als Obskurität des Phantastischen. Okkultistische Quellen phantastischer Literatur, in: Christian W. Thomsen/Jens Malte Fischer (Hrsg.), Phantastik in Li­ teratur und Kunst (Darmstadt 1980).

92 Dem Verhaltensantrieb der ersten Figurenkategorie verwandt, wenngleich nicht mit ihm identisch, sind die Neugier und der Wissensdrang, die eine Anzahl Lovecraftscher Gestalten in Konfrontation und Konflikt mit dem Horriblen bringen. Die Unterschei­ dung von der Motivation des ersten Typus empfiehlt sich, weil hier das Interesse am Morbiden und Unheimlich-Ungewöhnlichen nicht von vornherein impliziert ist. Viel­ mehr haben wir es mit einer objektiveren, bisweilen sogar wissenschaftlichen Aus­ richtung auf die Erforschung des Unbekannten und Unverständlichen zu tun. Treibt den Ich-Erzähler von Schatten über Innsmouth” noch die bloße Neugier zum Herumschnüffeln in der Stadtgeschichte von Innsmouth, so ist diese Motivation bei Gestalten wie Akeley5758, Dyer5960, dem Erzähler von Stadt ohne Namen'" und Herbert West6162 vollends zum Forscher- und Entdeckerdrang gesteigert. Der Letztgenannte freilich, Titelheld einer Reihe von lose aneinandergefügten Epi­ soden, stellt eine Variation des hier umrissenen Typus dar. Seine literarische Ahnen­ schaft läßt sich über Wells’ Dr. Moreau“ bis hin zu Mary Shelleys Frankenstein63zu­ rückverfolgen. Die Gestalt des genialen, aber unheimlichen und unheilvollen Wissen­ schaftlers, die Lovecraft auch in den Geschichten Kühle Luft6465und Vom Jenseittf* auf­ greift, unterscheidet sich insofern von den oben aufgezählten Figuren, als sie ganz be­ wußt und willentlich in Tabubereiche eindringt und für diese Grenzüberschreitung dann, wie das Schicksal Herbert Wests besonders anschaulich vor Augen führt, grau­ envoll bestraft wird. Dennoch, so können wir zusammenfassend sagen, lassen sich all diese Charaktere auf einen Nenner bringen. Es ist ihr Wissens- und Forscherdrang, der sie vorantreibt. Bisweilen ist er derart extrem ausgeprägt, daß sie ihm trotz einer inneren Abwehrhal­ tung weiterhin folgen. »Mir selbst mag mein unbezähmbarer wissenschaftlicher Ehrgeiz zustatten gekom­ men sein, denn über all meiner Verwirrung und dem Gefühl der Bedrohung stand der brennende Wunsch, tiefer in dieses urzeitliche Geheimnis einzudringen...«66 Die Forscherneugier - in diesem Falle des Erzählers in Berge des Wahnsinns - ist al­ lemal stärker als alle unguten Vorahnungen und Vorwarnungen. Sie überwindet die größte Angst, den größten Ekel, und führt den faszinierten Entdecker immer weiter auf dem Weg ins Verderben. 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66

In: Fall. Der Flüsterer im Dunkeln, in: Berge. Berge des Wahnsinns, in: Berge. In: Stadl. Herbert West - der Wiedererwecker, in: Stadt. H.G.Wells, The Island ofDoctor Moreau (1896). Mary Shelley, Frankenstein (1818). In: Gruft. In: Gruft. Berge des Wahnsinns, (in: Berge), S.61.

93 Einem dritten und letzten Figurentypus schließlich begegnen wir in Geschichten wie Cthulhus R u f61, Die Farbe aus dem All6*, Der Schatten aus der Zeit61und Jenseits der Mauer des Schlafes10. Hier spielen die Hauptbetroffenen eine eher passive Rolle. Oh­ ne eigenes Zutun sehen sie sich Kräften ausgesetzt, denen zu widerstehen sie völlig außerstande sind und die durch ihre Unerklärbarkeit keinen Ansatzpunkt zur Bewälti­ gung geben. Sei es die Vernichtung einer ganzen Familie in quasi-vampirischer Ma­ nier7' oder die zeitweilige »Entführung« in andere Dimensionen67689012 - in jedem Fall ha­ ben die Betroffenen keine Chance zu entkommen und werden total benutzt. Diese deterministisch anmutende Sichtweise schließt sich lückenlos an Lovecrafts bereits umrissenes Geschichtsbild. Die minimale Bedeutung des Menschen angesichts der überwältigenden Monumentalität fremder, nicht-humaner Zivilisationen macht ihn im wahrsten Sinne des Wortes zum »Spielball der Götter«. Diese Aussage läßt sich - was nach den bisherigen Ausführungen vielleicht nicht of­ fenliegt - für alle Protagonisten Lovecrafts machen. Eine Unterscheidung ist lediglich hinsichtlich der stärkeren oder geringeren Berücksichtigung des menschlichen Faktors vorzunehmen. Bei den ersten beiden Figurenkategorien spielt die menschliche »Schwachstelle« eine größere Rolle, sie dient als Movens, als Einstiegsmöglichkeit für die diversen dämonischen Mächte, die aber keineswegs - wie die dritte Kategorie zeigt - auf diesen medialen Weg angewiesen sind. So oder so: der einzelne wird zum hilflosen Werkzeug degradiert und kann sich der ihm zugewiesenen Rolle als Opfer nicht entziehen. Es bedarf aber eines weiteren Faktors, um dieses Bild der totalen, immer präsenten, immer möglichen Bedrohung zu vervollständigen: des Faktors der Lokalität. Die menschliche »Schwachstelle«, von der oben gesprochen wurde, findet ihre Entspre­ chung in der Besonderheit bestimmter Örtlichkeiten.

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In: Cthulhu. In: Ding. In: Ding. In: Gruft. Die Farbe aus dem All, in: Ding. Der Schatten aus der Zeit, in: Ding.

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IV. Die Lokalität Dem Schauplatz kommt in der Literatur der Phantastik von jeher eine bedeutsame Rol­ le zu. Besonders die Örtlichkeiten des klassischen gotischen Schauerromans haben hier toposbildend gewirkt.73 Ann Radcliffes Burg Udolpho74, Poes Haus der Ushers75und M.R. James’ Kathedra­ len76- um nur einige Beispiele aus dem weiten Bereich der phantastischen Literatur zu nennen -: all diesen Lokalitäten kommt eine wichtige Funktion innerhalb des fiktionalen Kontexts zu. Sie sind mehr als bloßer Handlungshintergrund. Ihre Düsternis und Verwinkelung, ihre Aura des Geheimnisvollen und Bedrohlichen dienen der Evokati­ on einer bestimmten Atmosphäre und tragen damit wesentlich zum Verhalten der sich in ihnen bewegenden Figuren bei. Gleichermaßen wird durch die Wahl eines bestimmten Schauplatzes der (moderne) Leser impliziert. Seine Erwartungshaltung wird durch die Nennung eines alten, ver­ lassenen Hauses etwa oder eines legendenumwobenen Ruinenbauwerks von vornher­ ein in eine bestimmte Richtung gelenkt. Erst die neuere und neueste Literatur des Phantastischen kommt endgültig ohne diesen Rückgriff auf traditionelle Topoi der Lo­ kalität aus.77Das Unheimliche und Unglaubliche findet am hellichten Tage und am be­ liebigen Schauplatz statt. Dadurch wird zwar einerseits eine größere Anbindung an die Alltagsrealität erreicht, so daß der Einbruch des Phantastischen um so krasser und auch glaubwürdiger gerät. Andererseits jedoch begibt sich die moderne Phantastik im hier beschriebenen Sinne der reizvollen Möglichkeit, durch die Zeichnung einer spezifi­ schen Lokalität und der von ihr ausgehenden Atmosphäre die Interrelation von Figur und Raum näher zu beleuchten. Die Schauplätze Lovecrafts schließen an die eingangs skizzierte, ältere erzähleri­ sche Tradition an. Seine unterirdischen Passagen- und Gruftsysteme sind ebenso Teil des überkommenen Topos-Reservoirs wie seine uralten, oft halbzerfallenen Häuser und seine verrufenen Kultstätten. 73 Vgl. dazu: Ann B.Tracy, The Gothic Novel 1790-1830. Plot Summaries and Index to Motifs (Lexington 1981, The University Press of Kentucky). 74 Ann Radcliffe, The Mysteries o f Udolpho (1794). 75 E.A.Poe, The Fall ofthe House o f Usher (1839). 76 Vgl. Anm. 53. 77 Als Beispiele unter vielen seien die phantastischen Erzählungen Ray Bradhurys und Julio Cortäzars ge­ nannt. In diesem Zusammenhang muß auf die »Modernität« Sheridan Le Fanus hingewiesen werden. Ge­ wiß verwendet auch er klassische Topoi des Phantastischen - man denke an das Spukzimmer in Madam Crowl’s Ghost oder an das Schloß in Carmilla. Dem gegenüber sieht die erste Manifestation des dämoni­ schen Quälgeistes aus Grüner Tee in einem Omnibus (!) wie auch das erste Auftreten der Schreckgestalt in Der Verfolger auf einer Baustelle (zu den letzten drei Geschichten siehe Anm. 53). Le Fanu antizipiert hier Erzählelemente, die sich erst in der phantastischen Literatur des 20. Jahrhunderts durchsetzen. Le Fa­ nus Nachfolger im engeren wie im weiteren Sinne - ob sie Bram Stoker, M.R. James oder H. R.Wakefieid heißen - benutzen nach wie vor solche klassischen Lokalitäten wie Spukhäuser, verfallene Herrensitze, al­ te Kultstätten (Kirchen) etc.

95 Sehen wir uns die Schauplätze Lovecrafts auf ihre allgemeinen Merkmale78 hin an. Eine große Anzahl findet sich in Neuengland. Hierbei läßt sich etwas feststellen, was uns schon bei der Diskussion von Lovecrafts Beglaubigungsfiktionen aufgefallen ist: die Mischung des Wirklichen mit dem Fiktiven. Reale Orte finden ebenso ihre Ver­ wendung in den topographischen Angaben wie erfundene. Zu Boston und Providence gesellen sich Arkham, Kingsport und Innsmouth. Doch selbst diese letzteren, fiktiven Örtlichkeiten lassen Reales durchscheinen und sorgen damit für eine Verankerung in der Wirklichkeit, ohne es zu einer naturalisti­ schen Abschilderung kommen zu lassen. August Derleth, Freund Lovecrafts und großer Förderer des »Lovecraftismus«, weist in diesem Zusammenhang auf bewußt konstruierte topographische Korrespon­ denzen hin: »The place-names of the Mythos tales were concentrated in New England - Arkham (corresponding to Salem, Massachusetts); Kingsport (Marblehead); Dun­ wich (the country around Wilbraham, Monson, and Hampden)...«79 Ein weiteres Charakteristikum, das einer Vielzahl Lovecraftscher Orte eignet, ist ih­ re Abgelegenheit, ihre Isoliertheit von der Welt des Normalen und Alltäglichen (wo­ bei diese allerdings immer als Bezugspunkt erhalten bleibt): »....he is willing to make his setting modern, but it must be remote from civilisation...«8081234567 Diese Absonderung äußert sich auf verschiedene Weise. Sie kann unterirdisch fi­ xiert sein, durch den Entwurf weitverzweigter Katakomben- und Gewölbesysteme, wie sie in Pickmans Modell3', Der Fall Charles Dexter Ward3- und Die Ratten im Ge­ mäuer33 beschrieben sind. Sie kann sich durch einfache topographische Abgelegenheit ergeben: Das Grauen von Dunwich3“ spielt in einem abgelegenen Dorf bei Arkham, ein Teil der Handlung von Cthulhus R u f3 in unzugänglichen Sümpfen um New Orleans, Die Farbe aus dem All31' auf einem einsamen Gehöft, Der Flüsterer im Dunkeln31in einem einsamen Haus 78 Die folgenden Ausführungen gelten für einen großen, überwiegenden Teil der Lokalitäten. Ausnahmen gibt es hier ebenso wie bei der Kategorisierung der Figuren. Da es aber um die Festmachung des Typi­ schen geht, scheint eine Ausklammerung gerechtfertigt. 79 August Derleth, H. P. Lovecraft and His Work, in: August Derleth (Hrsg.), 77te Dunwich Horror and Others (Sauk City, Wisconsin 1963), S. XV: »Die Ortsnamen der Mythos-Erzählungen waren auf Neuengland konzentriert - Arkham (das Salem, Massachusetts, entsprach); Kingsport (Marblehead); Dunwich (Gebiet um Wilbraham, Monson und Hampden)...« (Übersetzung von mir). 80 Colin Wilson, The Strength to Dream (London 1962), S. 25: »...er ist bereit, seinen Schauplatz modern zu gestalten, aber er muß fern der Zivilisation sein...« (Übersetzung von mir). 81 In: Cthulhu. 82 ln: Fall. 83 In: Cthulhu. 84 In: Cthulhu. 85 In: Cthulhu. 86 In: Ding. 87 In: Berge.

96 in Vermont und Die lauernde Furcht™ in einem entlegenen Gebiet der Catskillberge. Des weiteren kann sich die Isoliertheit durch die besondere Verrufenheit eines Or­ tes ergeben - man denke an das Arkhamer Hexenhaus889, die verfallene Kirche in Providence90, das Arkhamer Wohnhaus der Derbys91 oder das unheilvolle Haus in Providence92. Mit der Abgelegenheit des Ortes verbindet sich häufig ein bestimmtes äußeres Er­ scheinungsbild, das von Verfall, Dekadenz und Verkommenheit geprägt wird. Auch hier läßt sich in vielen Fällen eine Korrelation von Figuren und Lokalität festhalten. Die Bewohner von Dunwich etwa, »in widerwärtiger Weise dekadent«9394,leben in ei­ ner ihnen adäquaten Umgebung: »Es ist nicht gerade beruhigend, wenn man beim näheren Hinsehen merkt, daß die meisten Häuser verlassen und halbverfallen sind, und daß die Kirche mit dem eingestürzten Turm die einzige merkantile Niederlassung in diesem gottfernen Flecken beherbergt. Man mißtraut dem finsteren Tunnel der Brücke, aber es führt kein Weg daran vorbei. Hat man sie im Rücken, so kann man sich kaum des Eindrucks erwehren, ein kaum spürbarer, unheilvoller Geruch wie von aufge­ türmtem Moder und der Verwesung von Jahrhunderten hege über der Dorfstraße.«'” Das angeführte Zitat gibt das Stichwort für ein weiteres Kennzeichen vieler Loka­ litäten Lovecrafts: die »Verwesung von Jahrhunderten« bestimmt das Erscheinungs­ bild des Dorfes. Überall treffen wir auf diese Präsenz der Vergangenheit. Einzelne Ge­ bäude - etwa Exham Priory95-, Stadtteile - wie North End/Boston96- und ganze Ort­ schaften - v.a. Arkham - assoziieren sich mit geschichtlichen Personen und Ereignis­ sen und zeigen quasi als Wegweiser in die Vergangenheit zurück. Der Maler Pickman sagt über das von ihm u.a. wegen seines Traditionsreichtums auserkorene Stadtviertel Bostons: »Früher hausten dort Hexen und die Geister, die sie heraufbeschworen; Piraten mit ihrer maritimen Beute; Schmuggler; Straßenräuber; die Leute verstanden damals zu leben und die Grenzen ihrer eher beengten Zeit zu durch­ brechen, das kann ich Ihnen sagen!«97

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In: Stadt. Träume im Hexenhaus, in: Ding. Der leuchtende Trapezoeder, in: Clhulhu. Das Ding auf der Schwelle, in: Ding. Das gemiedene Haus, in: Stadt. Das Grauen von Dunwich (in: Cthulhu), S. 128. Ebd., S. 127. Ähnliche Korrespondenzen von dekadenten Bewohnern und entsprechendem Ort lassen sich feststellen in Pickmans Modell (in: Cthulhu), Schatten über Innsmouth (in: Fall), Die lauernde Furcht (in: Stadt) und Grauen in Red Hook (in: Stadl). 95 Die Ratten im Gemäuer, in: Cthulhu. 96 Pickmans Modell, in: Cthulhu. 97 Ebd., S.22.

97 Freilich muß man, wie das Zitat vor Augen führt, eine wesentliche Einschränkung machen: Lovecrafts Orte sind »geschichtsträchtig« nur in einem selektiven Sinn. Ihn interessiert nur das Bizarre und Unheimliche des Gewesenen, das er als Aufbaumittel der lokalen Atmosphäre benutzt. Selten geht er so weit, die Historizität eines Ortes in größerer Breite auszumalen.’8 Zumindest trifft dies da zu, wo es sich um menschliche (vom Leser verifizierbare) Geschichte handelt. Die historische Reduzierung findet ihren Gegenpol in dem brei­ ten, detailreichen »Geschichtsentwurf« Lovecrafts, von dem bereits die Rede war und den er als die Menschheitsgeschichte umschließenden, ja sie verschlingenden", uni­ versalen Plan verstanden wissen will. Hier wird Lovecraft zum Geschichtsschreiber, zum Chronisten. Am eindrucksvollsten und ausführlichsten geschieht dies in Berge des Wahnsinns™ und Der Schatten aus der Zeit10'. Es spielt keine Rolle, ob dieser Entwurf in sich stim­ mig ist; es ist von untergeordneter Bedeutung, ob die rekonstruierten Ereignisse und ihre Träger mit denen, auf die in anderen Geschichten Bezug genommen wird, über­ einstimmen oder sich logisch zusammenschließen. Entscheidend ist die Intention, ist der imaginative Entwurf, der hier gelingt. Die Präsenz des Historischen, von der oben die Rede war, erfährt in diesem Kon­ text eine umfassendere Kontur und ist aufs engste mit der Lovecraftschen Lokalität verknüpft. Diese kann, wo sie nicht nur Assoziationen menschlicher Geschichte bün­ delt, sondern die Perspektive ins Kosmisch-Multidimensionale weitet, das Tor sein in andere, nicht-menschliche Geschichtsräume, ln dialektischer Weise ist sie konzentri­ scher Sammelpunkt und Ausweitung zugleich. Dies möge an einigen Beispielen verdeutlicht werden. In den Erzählungen Die Rat­ ten im Gemäuer'°2und Der Fall Charles Dexter Ward""haben wir es jeweils mit einem Gebäude, mit einem Konzentrationspunkt des Unnormalen in einer normalen Umwelt zu tun. Die Gebäude, um die es geht, sind aber nur die Spitze des Eisberges. Sie sind der Einstieg in ein unterirdisches, weitverzweigtes System von Gängen und Höhlen, des­ sen Ausmaß kaum meßbar ist. Die oberirdische Welt des Realen und Normalen ist buchstäblich untergraben. Dieses Prinzip steigert Lovecraft beim Entwurf zweier von ihm erfundener, in Neuengland angesiedelter Orte: Arkham und Innsmouth.*

98 Eine Ausnahme ist die Schilderung der Stadt Providence in Der Fall Charles Dexter Ward (in: Fall). 99 Rein A. Zondergeld spricht von Lovecrafts »negativem Weltbild«, in: Lexikon der phantastischen Lite­ ratur (Frankfurt 1983), S. 160. 100 In: Berge. 101 In: Ding. 102 In: Cthulhu. 103 In: Fall.

98 Arkham ist eine Stadt mit doppeltem Antlitz. Auf der einen Seite ist sie der Ort. in dem rechtschaffene, normale Bürger leben, Autos fahren und wo es eine Universität gibt. Auf der anderen Seite ist Arkham aber auch eine »zeitlose, verwunschene Stadt... mit ihren dichtgedrängten Walmdächern, die sich ausladend über Dachstuben wölbten, wo sich Hexen vor den Häschern des Königs verborgen hatten in längstvergangenen, dunklen Epochen der Geschichte dieser Provinz.«104 In dieser Stadt gibt es mehr als nur eine Lokalität des Schreckens. Hier findet sich das Haus, in dem Edward Derby mit seiner unheimlichen Frau lebt105, das Hexenhaus, in dem Walter Gilman zu Tode kommt106, die Wohnstätte des »unnennbaren« We­ sens107, das Haus, in dem Herbert West seinen ersten Toten wiederbelebt108,und von hier wird Nathaniel Wingate Peaslee in eine andere Zeitdimension transportiert1091023. Das Grauen von Dunwich,“0 und Die Farbe aus dem All'" spielen in der Umgebung von Arkham. Die Doppelgesichtigkeit Arkhams, von der oben gesprochen wurde, ergibt sich aus der Opposition von normaler und numinoser Lokalität, von Alltagswirklichkeit und Berührung mit einer Welt, in der die Gesetze des empirischen Raum-Zeit-Gefüges auf­ gehoben sind. Aber selbst wenn sich die Atmosphäre des Numinosen, Akausalen und Un-Natürlichen wie ein Nebel über Arkham legt, bleibt die Stadt primär doch ein Ort der Norm und der Ratio. Es bleibt einer weiteren Stadt Lovecrafts Vorbehalten, dieses Verhältnis umzukeh­ ren: Innsmouth. Hier haben sich die »gotischen« Lokalitäten zu einer ganzen Stadt ver­ dichtet. Hier sind Düsternis, Verfall und Verwinkelung das »Normale«. Hier sind die normalen Menschen in der Minderzahl gegenüber denjenigen, die sich mit den un­ heilvollen Meerwesen eingelassen oder gar gepaart haben."2 Wenn, wie Roger Caillois sagt, das Phantastische »ein Ärgernis, einen Riß, einen be­ fremdenden, fast unerträglichen Einbruch in die wirkliche Welt«"’offenbart, dann ist die Erzählung Schatten über Innsmouth phantastisch in einem ganz spezifischen Sinn. Die wirkliche, normale Welt ist hier auf ein Minimum reduziert und stellt erst am En­ de der Geschichte - durch den Einsatz der Polizei - ihre Ordnung wieder her. Die Be104 Träume im Hexenhaus (in: Ding), S.81. 105 Das Ding auf der Schwelle, in: Ding. 106 Träume im Hexenhaus, in: Ding. 107 Das Unnennbare, in: Gruft. 108 Herbert IVesf - der Wiedererwecker, in: Stadt. 109 Der Schatten aus der Zeit, in: Ding. 110 In: Cthulhu. 111 In: Ding. 112 Schatten über Innsmouth, in: Fall. 113 Roger Caillois, Das Bild des Phantastischen. Vom Märchen bis zur Science Fiction, in: Rein A. Zondergeld (Hrsg.), Phdicon I (Frankfurt 1974), S.45.

99 unruhigung bleibt, denn die Meerwesen und ihre hybriden Nachkommen sind keines­ wegs vernichtet, zumal der Erzähler ironischerweise zum Schluß feststellt, selbst zu ihnen zu gehören. Die Erkenntnis der Brüchigkeit der (vermeintlichen) Realität - in diesem letztge­ nannten Fall der der persönlichen Existenz - ist paradigmatisch. Die Untergrabung der normalen Welt, wie wir sie kennengelernt haben, ist nicht nur im konkreten Sinne ei­ ne Aushöhlung. Auch in übertragener Bedeutung werden überkommene Realitäten und Vorstellungen untergraben bzw. zum Zusammenbruch geführt. Der »unerträgliche Einbruch in die wirkliche Welt« erweist die fundamentale Brüchigkeit und Bedrohtheit dieser Welt. Das Normale, Menschliche, Natürliche ist nur eine dünne Decke, die an bestimmten Stellen besonders fadenscheinig oder gar löchrig ist. Solche »Schwachstellen« sind menschlicher und lokaler Natur. Durch sie und an ihnen kommt es zum eruptiven Ausbruch derjenigen Mächte, die Lovecrafts Kosmologie zufolge die Geschichte der Erde und des Universums für Millionen von Jahren bestimmt haben und denen gegenüber die Menschheitsgeschichte Zwergenmaß annimmt. Zu dieser Erkenntnis gelangen Lovecrafts Erzähler bzw. Protagonisten. Sie wird ih­ nen durch ihre Erlebnisse vermittelt, die gleichzeitig ein Bewußtwerdungsprozeß sind. Für sie »löst sich die Geschichte«, wie Robert M. Wolf anläßlich von Die Ratten im Gemäuer sagt, »zu einem widerlichen, sinnlosen und ungesunden Panoptikum auf«"4, denn sie besitzen oder erlangen, wie Punter formuliert, jene »duality of perception«11415, die es ihnen ermöglicht, hinter die Dinge zu schauen.

V. Erzählstrukturen Die im ersten Abschnitt dieses Essays dargelegte Erzählposition, das heißt, die häufi­ ge Verwendung des Ich-Erzählers in den Geschichten Lovecrafts, bedingt auch be­ stimmte Erzählstrukturen. Es wird meist retrospektiv erzählt, also von einem zeitlichen Standpunkt, der den eigentlichen Geschehnissen der Erzählung nachgeordnet ist. Das erweckt beim Leser herkömmlicher weise die Erwartung der Unversehrtheit des Erzählers: wer imstande ist, etwas Erlebtes oder Beobachtetes niederzuschreiben, hat zumindest überlebt. Aber diese Erwartung wird in mannigfaltiger Weise durchkreuzt. Das kann einmal auf relativ einfache Art geschehen, indem der Erzähler seinen Selbstmord nach Ab-

114 Robert M.Wolf, Arkham und der Weg dorthin. Annäherung an den unheimlichen Ort, in: Rein A. Zondergeld (Hrsg.), Phaicon 5 (Frankfurt 1982), S.19. 115 David Punter, a.a.O., S.292.

100 Schluß der Niederschrift ankündigt116oder indem ein Hinweis erklärt, wie das Manu­ skript an die Nachwelt gelangt ist.117 Doch selbst in den Geschichten, die den Erzähler bzw. Protagonisten in verhältnismäßiger (physischer) Unversehrtheit belassen, bleibt die Nachwirkung des Entsetzens, bleibt eine tiefe Verstörung, die am Ende von Cthulhus Ruf in eine düstere Prophezei­ ung mündet: »Wer weiß das Ende? Was aufstieg, kann wieder untergehen, und was versank, kann wieder erscheinen. Grauenvolles wartet und träumt in der Tiefe, und Fäulnis kommt über die wankenden Städte der Menschen. Es wird eine Zeit geben aber ich darf und kann daran nicht denken! Ich bete darum, daß, falls ich das Manu­ skript nicht überleben sollte, meine Testamentsvollstrecker Vorsicht und Wagemut walten lassen und dafür sorgen, daß kein anderes Auge es je erblickt.«1181920 Die zeitliche Perspektivierung des Rückblicks hat für den Erzählvorgang selbst zahlreiche Vorausblicke bzw. andeutende Vorverweise zur Folge, die aus dem Wissen des Erzählers resultieren und zur Spannung des Lesers beitragen. Auf diese manipu­ lierende Implizierung des Lesers durch die Wahl des Erzählstandpunktes und den an ihn gekoppelten Erzählverlauf weist auch Marek Wydmuch in seinem Aufsatz hin: »Daß diese Geschichten in der Regel retrospektiv erzählt werden, aus der Position des “besseren Wissens” also, das ständig auf das Bevorstehende ängstlich vorausblickt, verstärkt noch ihre innere hysterische Unterströmung: von zweideutigen Formulie­ rungen beunruhigt, durch die sich leitmotivisch wiederholenden Darstellungen grau­ envoller Zeichen gewarnt und durch die Angst des Erzählers noch zusätzlich er­ schreckt, fühlt sich der Leser außerstande, das Buch beiseite zu legen, um bei etwas anderem Erholung zu suchen. Man muß es zu Ende lesen, denn die Distanz wird völ­ lig aufgehoben, und es gibt nur einen Weg aus der Lovecraftschen Welt: durch die noch nicht gelesenen Seiten.«11’ Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Erzähleingang zu. Be­ reits in den ersten Sätzen einer Geschichte finden sich oft Andeutungen und Hinwei­ se, die im Vorgriff auf das zu Erzählende die Neugier des Lesers erwecken. Lovecraft bedient sich dieses Mittels in unterschiedlichen Graden der Deutlichkeit. Der Leser wird zu einer Frage provoziert, die jedoch unterschiedlich konkret ausge­ richtet sein kann. Der Beginn von Geschichten wie Pickmans Modell'2" und Schatten über Innsmouth'21wird relativ neutral gehalten. Die Neugier, die hier entsteht, fragt nach dem Grund für die Abneigung des Erzählers gegenüber einer prosaischen Einrichtung wie 116 Der Hund, in: Stadt, Dagon, in: Stadt. 117 Der Tempel, in: Stadt. 118 ln: Cthulhu, S.239. 119 Marek Wydmuch, Lovecraft - oder sich treiben lassen, in: Fall, S.242. 120 In: Cthulhu. 121 In: Fall.

101 der Untergrundbahn respektive nach den Ereignissen, die die Polizeiaktion in Innsmouth ausgelöst haben Im letzteren Fall wird die »Neutralität« gar noch unterstrichen durch eine harmlose Erklärung (Alkoholschmuggel), die allerdings im selben Satz durch den Hinweis auf »harmlose Gemüter«122123relativiert wird. Ein weiteres Mittel des Erzähleingangs, die sentenzhafte Äußerung, kann sich eben­ falls des neutralen Tons bedienen. Ein Beispiel bietet Cthulhus Ruf'. »Die größte Gna­ de auf dieser Welt ist, so scheint es mir, das Nichtvermögen des menschlichen Geistes, all ihre inneren Geschehnisse miteinander in Verbindung zu bringen.«125 Meist wird aber in dieser Art des Erzählbeginns auf den Tenor der Geschichte ver­ wiesen, wenngleich die Prospektion auf bestimmte Ereignisse fehlt: »Selbst das größ­ te Grauen ist selten ohne Ironie.«124 Typischer für Lovecraft - weil häufiger verwendet - sind jedoch die Erzählanfänge, die das - zumeist frappierende - Ergebnis der Handlung deutlich benennen, es vorweg­ nehmen und somit die Neugier des Lesers anstacheln. Warum sitzt der Erzähler von Das Grab, Jervas Dudley, in der Irrenanstalt?125Was trieb den Erzähler von Das Ding auf der Schwelle zum Mord an seinem besten Freund?126Warum fürchtet sich ein Erzähler vor kalter Luft?127Was hat es mit dem »alp­ traumhaften Schrecken« Nathaniel Wingate Peaslees auf sich?12812930Weshalb ist die Ver­ änderung, die mit Crawford Tillinghast vor sich gegangen ist, gräßlich?12’ Die aufgeworfenen Fragen werden durch die Erzählung beantwortet. Das dergestalt bereits in den ersten Sätzen der jeweiligen Geschichte vorwegge­ nommene bzw. angedeutete Ergebnis steht im engen Zusammenhang mit einem we­ sentlichen Element des erzählerischen Aufbaus, dem Kulminationspunkt des Span­ nungsbogens. Die Angst Thurbers vor der Untergrundbahn beispielsweise erklärt sich aus seiner Entdeckung in Pickmans Atelier150. Die Begegnung mit dem »Ding auf der Schwelle« führt zum Mord am besten Freund151. Die Polizeiaktion in Innsmouth erfolgt nach der Verfolgungsjagd auf den Erzähler152. Der prospektive Erzähleingang nimmt also, selbst wenn er in einem ausdrücklichen Vorverweis besteht, nicht den erzählerischen Höhepunkt vorweg, sondern lediglich 122 Ebd., S.159. 123 In: Cthulhu, S.193. 124 Das gemiedene Haus (in: Stadt), S.239. Ein weiteres markantes Beispiel ist der erste Satz von Gefangen bei den Pharaonen (in: Gruft). 125 In: Gruft. 126 In: Ding. 127 Kühle Luft, in: Gruft. 128 Der Schatten aus der Zeit (in: Ding), S.125. 129 Vom Jenseits, in: Gruft. 130 Pickmans Modell, in: Cthulhu. 131 ln: Ding. 132 Schalten über Innsmouth, in: Fall.

102 dessen Ergebnis. Worin besteht aber dieser Höhepunkt? Worauf zielt der Verlauf einer Geschichte? »The climax in a ghost story is obviously the appearance of the spectre.«133 Sofern wir den Begriff »spectre« sehr weit fassen und nicht auf die traditionellen Er­ scheinungsformen des (literarischen) Gespenstes begrenzen, läßt sich diese Definition Penzoldts ohne weiteres auf die Struktur der Lovecraftschen Erzählungen anwenden. Lovecrafts offenkundiges Interesse und seine erzählerische Sorgfalt gelten der De­ skription des »spectre«, es mag sich um das Auftauchen Cthulhus aus dem Pazifik134 oder um die Versammlung mythologischer Wesenheiten in den Grüften der ägypti­ schen Pyramiden handeln135. Auf diese Art von Begegnung ist der Handlungsverlauf der Geschichten ausgerich­ tet. Er erreicht seinen Höhepunkt in der vollständigen Präsenz und Sichtbarkeit des je­ weiligen »Wesens«. Die davorliegenden Phasen der Erzählung dienen der Vorberei­ tung. Die erzählerische Ökonomie, die Lovecraft bei dieser Vorbereitung walten läßt, entscheidet über Gelingen oder Mißlingen des Spannungsaufbaus und somit auch über die Qualität der Erzählung. Eine Massierung grauenvoller, ekelerregender Erschei­ nungen im Ablauf der Geschichte macht eine weitere Steigerung oder gar Kulmina­ tion kaum mehr möglich. Das zeigt sich an Geschichten wie Träume im Hexenhaus,™ Der Fall Charles Dexter Ward'31137,Der H und138, Das F est1391402356und Das Grauen von Dunwich'm. In vielen anderen Geschichten hingegen gelingt der konsequente Spannungsaufbau. Hierzu gehören unter anderem Pickmans Modell''", Berge des Wahnsinns'42, Der Flü­ sterer im Dunkeln'43, Das Ding auf der Schwelle'44, Das gemiedene Haus'45und Schat­ ten über Innsmouth'46. Dem konsequenten Spannungsaufbau entspricht die Einsträngigkeit des Erzählens. Es wird im chronologischen Zeitablauf forterzählt, ohne daß Parallel- oder Neben133 Peter Penzoldt, The Supernatural in Fiction (New York 1965), S.16: »Die Klimax in einer Gespenster­ geschichte ist offensichtlich die Erscheinung des Gespensts.« [zitiert nach: Peter Penzoldt, Die Struktur der Gespenstergeschichte, in: Rein A. Zondergeld (Hrsg.), Phdicon 2 (Frankfurt 1975), S.13], 134 Cthulhus Ruf, in: Cthulhu. 135 Gefangen bei den Pharaonen, in: Gruft. 136 In: Ding. 137 ln: Fall. 138 In: Stadt. 139 ln: Stadt. 140 In: Cthulhu. 141 In: Cthulhu. 142 In: Berge. 143 In: Berge. 144 In: Ding. 145 In: Stadt. 146 In: Fall.

103 handlungen dem erzählerischen Hauptstrang angegliedert werden. Dieses Verfahren liegt durch die häufige Verwendung des Ich-Erzählers nahe. Er ist dem von ihm selbst Erlebten oder Beobachteten verpflichtet, kann somit nicht über parallele Ereignisse an verschiedenen Orten aus eigener Erfahrung berichten. Bei einer Anzahl von Geschichten läßt sich Mehrphasigkeit konstatieren, die gleichwohl das chronologische Prinzip beibehält. Die Farbe aus dem All'41führt in drei aufeinanderfolgenden und sich steigernden Phasen die Auswirkung des Meteoriten auf Natur - Tiere - Menschen vor und gipfelt schließlich im Aufschießen der Lichtsäule zum Himmel. In Der Schatten aus der Zeit'4* läßt sich ebenfalls eine Dreiteilung er­ kennen: das Verhalten des Erzählers während seiner »Amnesie«; die Zeit der Träume danach und die im Auffinden des Manuskripts kulminierende Entdeckung der austra­ lischen Ruinenstadt. Gleichermaßen dreiphasig ist die Erzählung Berge des Wahn­ sinns'44aufgebaut: Teilexpedition Lakes - Aufbruch zu Lakes Lager - Entdeckung der Stadt durch den Erzähler und seinen Begleiter. Naturgemäß sind es Lovecrafts längere Erzählungen, die diese Mehrphasigkeit auf­ weisen. Mehrphasigkeit und konsequenter Spannungsaufbau schließen sich, wenn wir von weniger gelungenen Beispielen wie Das Grauen von Dunwich'50absehen, keines­ wegs aus. Eine Sonderstellung hinsichtlich des erzählerischen Aufbaus nehmen die Ge­ schichten Der Fall Charles Dexter Ward'5', Schatten über Innsmouth'52, Das gemiede­ ne Haus'53, Arthur Jermyn'54, Cthulhus R u f55und Herbert West - der Wiedererwecker'55 ein. Die vier ersten Erzählungen sind dadurch gekennzeichnet, daß sie den chronologi­ schen Fluß der Erzählgegenwart durchbrechen, um in einer Vorgeschichte die zum Verständnis gegenwärtiger und zu erzählender Ereignisse nötigen Informationen ein­ zuholen. Die eingeschobene Vorgeschichte bedingt die Ereignisse der Gegenwart. Die Südseeabenteuer Obed Marshs etwa reichen vom frühen 19. Jahrhundert in ihren Kon­ sequenzen bis in die Gegenwart. Aus ihnen resultieren die Erlebnisse des Erzählers von Schatten über Innsmouth. Freilich überrascht uns diese Bedeutung der Vergan­ genheit und ihre Nachwirkung in die Gegenwart bei Lovecraft nicht. Seine Erzählun­

147 In: Ding. 148 In: Ding. 149 In: Rerge. 150 In: Cthulhu. 151 ln: Fall. 152 ln: Fall. 153 In: Stadl. 154 In: Stadl. 155 In: Cthulhu. 156 In: Stadt.

104 gen künden ja, wie wir gesehen haben, von der Macht eben dieser Vergangenheit, sei sie menschlicher oder außerirdischer Natur. Das Besondere an den erwähnten Geschichten ist, daß die Vergangenheit hier er­ zählerisch vor Augen geführt, das heißt, vergegenwärtigt wird. Normalerweise ge­ schieht diese Einbringung des Vergangenen durch die Einstreuung retrospektiver Re­ ferenzen in den Gang der Erzählung - man denke z.B. an Die Ratten im Gemäuer151: auch hier gibt es die zum Verständnis des Folgenden wichtige Vorgeschichte, die aber nicht in einer weit ausholenden Erzählgebärde für den Leser herangeholt wird, sondern die sich aus verstreuten Einzelinformationen zusammensetzt und erst am Ende vollen Sinn gewinnt. Lediglich in der Erzählung Cthulhus R u f55läßt sich von echter Mehrsträngigkeit des Erzählens sprechen. Sie ergibt sich aus der besonderen Position des Erzählers. Er fun­ giert, in der Nachfolge seines verstorbenen Großonkels, als Sammler von Materialien, die, scheinbar unzusammenhängend, von ihm zusammen- und auf einen Nenner ge­ bracht werden. Der Zusammenschluß der parallelen Geschehnisse erhellt deren Be­ deutung. Dennoch verzichtet diese Geschichte nicht auf Spannung. Sie ergibt sich nur nicht mehr aus dem gradlinigen Verlauf hin auf einen Kulminationspunkt, sondern eben aus der Frage nach der Bedeutung der zum Teil parallelen Ereignisse. Puzzleartig werden die einzelnen Teile zusammengefügt, bis die Einpassung des letzten Teils den Sinn des Ganzen ergibt. Zum Schluß sei noch die Rede von Herbert West - der Wiedererwecker'59. Hierbei handelt es sich um einen Erzählzyklus, dessen Episoden um die Figur des Franken­ stein-ähnlichen Herbert West zentrieren. Die einzelnen, in sich abgeschlossenen Er­ zählteile folgen dem chronologisch-einsträngigen Aufbauprinzip und sind auf eine Er­ zählklimax ausgerichtet. Von einer Spannungssteigerung im übergreifenden Sinne kann nicht gesprochen werden. Die Reihe der »Wiedererweckungsabenteuer« Wests ließe sich beliebig fortsetzen, fände sie nicht ihr Ende durch den Tod des Protagoni­ sten. Der Tod Wests stellt den Höhepunkt der letzten Episode dar, ohne jedoch die Kul­ mination eines durch alle Einzelteile des Zyklus angelegten Spannungsbogens zu sein. Die Besonderheit von Herbert West - der Wiedererwecker liegt also einzig und al­ lein darin, daß hier eine Anzahl von Geschichten zusammengeschlossen wird, die ei­ nen gemeinsamen Protagonisten als auch einen gemeinsamen Erzähler haben15718960. Er­ zähltechnisch gesehen findet sich hier nichts Neues. 157 ln: Cthulhu. 158 In: Cthulhu. 159 In: Stadt. 160 Einen gemeinsamen Protagonisten haben auch die sogenannnten Randolph Carter-Geschichten: Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadalh, Der Silberschlüssel, Durch die Tore des Silberschlüssels (al­ le in: Katzen), Die Aussage des Randolph Carter und Das Unnennbare (beide in: Gruft).

105 Fassen wir die Erkenntnisse zusammen, die wir zu den Erzählstrukturen bei Lovecraft gewonnen haben. Der Autor bedient sich vornehmlich des einsträngigen, auf einen Höhepunkt aus­ gerichteten Erzählaufbaus. Die Bevorzugung dieses Erzählprinzips läßt sich letztlich inhaltlich erklären. Das Hauptaugenmerk liegt auf der jeweiligen Manifestation des Über- bzw. Nicht-Natürlichen. Die Beschreibung dieser Manifestation erfolgt in aller Detailliertheit und Ausführlichkeit. Um bei diesem Verfahren den größtmöglichen Ef­ fekt zu erzielen, verbieten sich komplizierte, ineinander verschachtelte Handlungs­ verläufe von selbst. Daß Lovecraft die geradlinige Blickausrichtung des Lesers nicht immer gelingt, gehört zweifellos zu seinen erzählerischen Schwächen. Das Insistieren auf dem Detail wird ihm bisweilen zum Verhängnis. Dann verliert er um des Einzeleffekts willen den Gesamteffekt aus den Augen - man erinnere sich an den Fall Charles Dexter Ward.'61 Andererseits stellen die zwei Erzählungen Schatten über Innsmouth'62und Cthulhus R u f63unter Beweis, daß das Prinzip der chronologischen Einsträngigkeit durchbrochen bzw. aufgegeben werden kann, ohne auf einen eindrucksvollen erzählerischen Effekt zu verzichten, ln beiden Fällen ist dies sicher auf die - vor allem atmosphärische Dichte der Erzählung und die Zurückhaltung, die sich der Autor bei der Ausmalung von Einzelszenen auferlegt, zurückzuführen.

VI. Schlußbemerkung Der vorliegende Essay versucht, einige Aspekte der Erzählkunst Lovecrafts näher zu beleuchten. Vollständigkeit wurde dabei nicht angestrebt. Wichtige Fragen - wie die der Sprachgebung und der Verwendung bildlicher Mittel - mußten ausgespart werden. Wir haben gesehen, wie die einzelnen Erzählelemente Zusammenhängen und sich gegenseitig bedingen. Die Wahl einer bestimmten Erzählhaltung bestimmt die Er­ zählstruktur; der Exzentrik des Ortes entspricht die Exzentrik der Figur. Formale und inhaltliche Momente können nicht voneinander getrennt werden. Die erzählerische Gestaltung des Lovecraftschen »Weltbilds« erfordert den Einsatz spezifischer Erzähl­ mittel. Gehen wir von dieser Erkenntnis aus, so erweisen sich vermeintliche gestalterische Schwächen als Notwendigkeiten. Die Protagonisten Lovecrafts sind nur soweit diffe­ renziert bzw. variiert, wie es nötig ist, Monotonie zu vermeiden. Ihre Verhaltenswei­ sen werden zwar psychologisch motiviert, aber von einer psychologischen Auslotung 161 Xa.Fall. 162 In: Fall. 163 In: Cthulhu.

106 kann nicht gesprochen werden. Das Interesse konzentriert sich nicht auf die Wahr­ nehmung und Reaktion des Protagonisten, sondern auf das, worauf er reagiert. Das Schwergewicht verschiebt sich vom Anthropozentrischen zum »Dämonozentrischen«. Diese Sichtweise erklärt sich aus Lovecrafts kosmologischem Entwurf, von dem an mehreren Stellen die Rede war. Wo der Mensch eine geringe Rolle spielt, kann ihm nicht das ausschließliche erzählerische Interesse gelten. Dennoch bleibt er notwendiger Handlungsträger. Seine Erfahrungen und Erlebnis­ se werden dem Leser in unmittelbarer Wucht präsentiert. Der Schrecken des Protago­ nisten soll sich auf den Leser übertragen. Der Ursprung dieser Reaktion, Lovecrafts »elder gods and eldritch horror«164, dürfte wohl eher auf die Skepsis des modernen Le­ sers treffen, die Grundbefindlichkeit totaler Bedrohung und möglicher Vernichtung gehört jedoch zweifellos in seinen Erfahrungsbereich, auch wenn die Schrecken, um die es dabei geht, anderer Natur sind. © Coypright 1995 by Michael Koseier

164Franz Rottensteiner, The Science Fiction Book. An Illustrated History (London 1975), S.56.

Lovecraft als Mythenschöpfer Von Marco Frenschkowski Dedicated to Robert M. Price »Hierophant of the Horde«'

I. Einführung Das Wesen des Mythos und die Geschichte artifizieller Mythologien12 Im Mythos3projiziert sich die Tiefe des Seins auf eine narrative Oberfläche. Indem der Mythos eine Geschichte von Göttern und Geistern, Himmel und Hölle, Weltschöpfung und Weitende erzählt, schafft sich eine das rational Berechenbare weit übersteigende kreative Welterfassung sinnbildliche Ausdrucksformen. Der Mensch kann die ihn umgebende Welt nicht ohne Mythologie verstehen: Der Mythos ist nicht ersetzbar. Je­ der Versuch, ihn in eine andere Versprachlichung von Wirklichkeit zu übersetzen, muß ihm Dimensionen und Aspekte seiner Tiefe rauben; er wird dann zur Allegorie oder zum ideologisch mißbrauchbaren Klischee, zur skurrilen »alten Geschichte« oder zur 1 Robert M. Price hat sowohl durch seine zahlreichen Stutlien z. S. als auch durch die Herausgabe der Zeit­ schrift Crypt o f Cthulhu mehr als irgend jemand sonst das Verständnis der Mythopoiesis Lovecrafts ge­ fördert. Ihm ist dieser Artikel daher in freundschaftlicher Verbundenheit zugeeignet. 2 Der wohl einzige ernstzunehmende Versuch im deutschen Sprachraum, Lovecraft vor dem Hintergrund einer modernen Hermeneutik des Mythos zu verstehen, ist Thekla Zachrau, Mythos und Phantastik: Funk­ tion und Struktur der Cthulhu-Mythologie in den phantastischen Erzählungen H. P. Lovecrafts, Regens­ burger Arbeiten zur Anglistik und Amerikanistik 27, Frankfurt am Main/Bern 1986. Diese profilierte Mo­ nographie - der die folgenden knappen Ausführungen keine Konkurrenz sein wollen - leidet nur daran, daß der Autorin Teile der Quellen und der amerikanischen Sekundärliteratur nicht zugänglich waren. Nur scheinbar zu unserem Thema gehören Daniel Harms, Encyclopedia Cthulhiana, Chaosium Fiction 5, Oakland, CA 1994. In Wahrheit ist dies eine Kompilation für den Gebrauch von Cthulhu-Rollenspielern oh­ ne kritischen Wert (vgl. meine Rezension QM Nr. 84, 1995, S.66f.) 3 Vgl. zum Folgenden sachlich ähnlich, aber unter ganz anderen Leitfragen André Jolies, Einfache Formen. Sage. Mythe. Rätsel. Spruch. Kasus. Memorabilie. Märchen. Witz. Tübingen ’1974, S.91 - 125 (grundle­ gend zur Bestimmung der Erzählgattung Mythos); Kurt Hübner/Fritz Stolz/Werner H.SchmidtZTraugott Holtz/Friedrich Beißer/Johannes Loh, Art. Mythos, Theologische Realenzyklopädie 23, Berlin/New York 1994, S.597 - 665.

110 blassen Metapher. In Wahrheit ist der Mythos unersetzbar, weil die Wirklichkeit selbst eine mythische Dimension besitzt. Doch auch wer diese Erkenntnis nicht teilt, kann sich über die Vergeblichkeit vergewissern, Mythen in abstrakte philosophische, reli­ giöse oder ästhetische Aussagen umsetzen zu wollen. Nicht als ob eine solche Umset­ zung nicht ihr Recht besäße; aber sie greift immer zu kurz. Der Mythos ist stets mehr als seine Übersetzung. In der Geschichte der mythenschaffenden Imagination hat noch jeder große Mythos seine Ausleger überholt. Der Hellenismus interpretierte die klas­ sischen griechischen Mythen als Erzählungen von vergöttlichten Menschen der Vor­ zeit (Euhemerismus) oder als Symbolisierung von Naturvorgängen (so die Stoa); die­ se Deutungen sind längst in ihrer Flachheit entlarvt. Der Mythos aber ist nicht flach, sondern die komplexeste, schillerndste Form der Welterfassung, derer der Mensch fähig ist. So wenig es je eine menschliche Gesellschaft ohne Götter (d.h. ohne ultimate concern, um Tillichs Begriff zu verwenden) gegeben hat, so wenig gibt es eine So­ zietät ohne den Mythos. Insofern ist er ein anthropologisches Universale. Die neuzeitliche Aufklärung hat einen wesentlichen Bruch in den Umgang mit dem Mythos hineingebracht. Sie hat ihn nicht zerbrochen, obwohl dies etwa vom Pro­ gramm der Entmythologisierung gemeint wurde, das in den christlichen Kirchen vor allem in den 50er und 60er Jahren so heiß umkämpft war. Tatsächlich hat sich als Er­ gebnis von Aufklärung und Entmythologisierung immer stärker die Unersetzbarkeit und eigentümliche Kraft des Mythos herauskristallisiert, die alle seine Totengräber Lü­ gen straft. Der Mythos macht die Welt bewohnbar: indem er Bescheidenheit lehrt. Er integriert das Verstehbare in das Ganze der Welt. Der Mythos ist nicht »objektiv«, in­ sofern verschiedene Menschen ganz Verschiedenes in ihm und aus ihm heraus hören. In dieser Ambivalenz seiner Bedeutung erweist er zugleich seine Kraft, die sich aus archetypischen archaischen Erfassungen der Wirklichkeit nährt. Wir deuten den Mythos. Aber seine Faszination bezieht er daraus, daß er uns deu­ tet. Obwohl der Mythos als Produkt des menschlichen Geistes vollständig an der Ge­ schichtlichkeit und den kulturellen Abhängigkeiten seiner Träger partizipiert, reicht er in eigentümlicher Weise ins Archetypische. Daher können auch Mythen anderer Völ­ ker und Kulturen zu uns sprechen. Eben dies geschieht in der gewaltigen Renaissance mythischer Anschauungen und Bilder am Ende des 20. Jahrhunderts, die uns vor Au­ gen steht. Freilich müssen wir nicht weniger das Absinken und die Banalisierung des Mythos beobachten, wenn er zum Vehikel der kommerzialisierten Phantastik wird. Diese Entwicklung ist aber nicht notwendig, wie gerade Lovecraft zeigt. In der Phan­ tastik geschieht eine (nicht die einzige) Wiedergeburt des Mythos unter den Bedingun­ gen der Moderne. Auch die großen Mythen und Mythologien der Vergangenheit, der Griechen und Römer, Ägypter, Germanen oder Kelten, Inder oder Chinesen, der Völker Amerikas und Afrikas sind geschichtliche Produkte; manchmal läßt sich ihre Geschichte noch in

111 Umrissen erkennen.4 Daher besteht kein fundamentaler Unterschied zu Mythologien, die »künstlich« von Dichtern, Schriftstellern, Malern, neuerdings auch Filmschaffen­ den und anderen geboren wurden. Ihre transpersonale Bedeutung (im Gegensatz etwa zur individuellen Sprache der meisten Traumbilder) erweist sich primär in ihrer über­ individuellen Faszination. Der »Kunstmythos« der literarischen Phantastik verhält sich zum gewachsenen Mythos wie das Kunstmärchen zum Volksmärchen (mit fließenden Übergängen). Trotz seiner Unübersetzbarkeit darf und muß der Mythos auf die sich in ihm reprä­ sentierende Welterfassung befragt werden. Das gilt umso mehr, wenn der Mythos Pro­ dukt einer gut greifbaren Persönlichkeit ist. Mythenschaffende (wir sagen im folgenden: mythopoetische) Autoren gab es zu al­ len Zeiten, die literarisch tätige Menschen hervorgebracht haben. Doch läßt sich nicht verkennen, daß mit der Aufklärung ein neues Element hinzugetreten ist. Der Umgang mit dem Mythos stellt sich einmal trotzig den neuen Idealen entgegen: dann wird er zum Vehikel einer dezidierten Antiaufklärung an der Peripherie der Romantik. Oder er verschleiert sich in der Blässe des Begriffs: das Mythologumenon wird zum Philosophumenon - so wie schon das zentrale Identifikationswort des neuen philosophischen Zeitalters aus der religiösen Lichtmetaphorik übertragen ist: Aufklärung, enlightenment, illumination, auch schottisch licht usw. (mit einem gewissen Recht lassen sich hinter vielen, vielleicht hinter allen philosophischen Begriffen verblaßte Mythologeme nachweisen). Schließlich kann der Mythos ins Spielerische herabsinken und zum jeweiligen Generalnenner gedanklich möglicher Welten werden: die Geburtsstunde der literarischen Phantastik als Genre. Auch für diese Vorgänge kennt bereits - was hier nur angedeutet werden kann - die antike Literatur Vorbilder und heuristische Hilfen: Die Wurzeln der Phantastik sind nicht erst modern. Schon die antike Mythoskritik kennt im übrigen eine Unterscheidung, die für alle literarischen Mythen schlechter­ dings grundlegend und hilfreich ist - nämlich die zwischen prälogischen und postlo­ gischen Mythen. Der prälogische Mythos geht dem Logos (der rationalen und kausa­ len Welterfassung) voran. Er zerbricht (allem Anschein nach) unter dem Erwachen der naturwissenschaftlichen Zweckrationalität bzw. (so schon in der Antike) unter der phi­ losophischen Reflexion. Er wird dann scheinbar zum belanglosen (oder »geistrei­ chen«) Geschichtchen. In Wahrheit ändert er nur für eine Weile sein Gesicht und kann später umso mächtiger wiederkehren, nämlich als das durch einen Vorgang von »Auf­ klärung« nur Verdrängte. Der postlogische Mythos hat von vornherein einen anderen Ursprung und einen anderen Platz im Gefüge der Welterfassung. Er folgt dem Logos nach, d.h. er springt mit bildlicher Rede ein, wo die Rationalität an ihre Grenzen stößt

4 Das grundlegende Nachschlagewerk zum Thema ist das von H.W. Haussig herausgegebene Wörterbuch der Mythologie, Stuttgart 1965ff., von dem bisher fünf Bände in zahlreichen Lieferungen vorliegen.

112 bzw. wo sich die von ihr beschriebene Wirklichkeit als Fragment des Ganzen zu erken­ nen gibt. Der postlogische Mythos integriert das Wißbare und Gewußte also als Teil in das Ganze der Welt. Diese Sachverhalte sind klassisch und unüberholbar z.B. be­ reits bei Platon angelegt und ausgesprochen: Die Sophisten erzählen austauschbare und daher belanglose prälogische Mythen, die im rationalen Diskurs zerlegt und »übersetzt« werden (Beispiel: Protagoras). Platon dagegen setzt seine mythopoetische Kreativität ein, wo das rationale, diskursive Denken an seine Grenzen stößt. Der My­ thos hat daher die Macht, die Grenzen der Rationalität zu sprengen und zu einer größe­ ren und umfassenderen Welterfassung zu kommen. Bei Platon zeigt sich dies schon rein äußerlich darin, daß er seine Kunstmythen an das Ende seiner Dialoge, hinter den rationalen Diskurs setzt.5 »Worüber man nicht reden kann, darüber muß man schwei­ gen«, hat Wittgenstein gesagt (Tractatus logico-philosophicus). Besser: Was meine Begriffe, sogar mein Vermögen zur Begriffsbildung übersteigt, darüber kann ich im­ mer noch eine Geschichte erzählen. Oder viele Geschichten. Eben dies hat nicht zu­ letzt auch Lovecraft getan. Rein literarische Mythen, an die niemand in einem prälo­ gischen Sinn glaubt, können sich doch wie gewachsene Mythen entwickeln und Trä­ ger wichtiger postlogischer Erkenntnisprozesse sein. Der Mythos im Gewand der Phantastik ist eine Form des nachaufklärerisch gebro­ chenen Mythos (auch ein Begriff von Paul Tillich). Wo der Mythos zur Ausdrucksform einer Welterfahrung wird, die den Menschen konsequent und radikal aus der Bedeu­ tungsmitte des Universums stößt, kann er geradezu in Opposition zum religiösen My­ thos treten. Genau dieses ist ganz allgemein gesprochen der geistesgeschichtliche Ort Lovecrafts, der sich bekanntlich als einen Atheisten und Materialisten gesehen hat und dennoch zum Schöpfer einer der wohl bemerkenswertesten artifiziellen Mythologien unseres Jahrhunderts geworden ist. Das Wiedererwachen des Mythos kann die Welt ebensowenig heilen wie irgendei­ ne andere Form menschlicher Tätigkeit. Weltgeschichtlich ist die Renaissance des My­ thos am Ende des 20. Jahrhunderts aber doch zumindest ein Indiz für die Defizite der Industriekultur und ihre Unfähigkeit zur Sinnstiftung. Auch der literarische Mythos ist damit Ausdruck einer Sehnsucht nach einer das Verstehbare und das Nichtverstehbare transzendierenden und bergenden Geschichte, einer narrativen Integrität, in der die vielfach gebrochene Individualgeschichte ihren Platz und ihre Würde findet. Und sei es in einer radikalen Selbstbescheidung, wie sie Lovecraft Zeit seines Lebens vor Au­ gen stand.

5 Beispiele: Symposion, 201d ff. (Diotima-Rcde); Phaidon, 107d ff.; Politeia VII, 5 14a ff. (Höhlengleich­ nis); X, 614b ff. (Er-Mythos), usw. In der letzten Phase von Platons Wirken verselbständigt sich das my­ thische Erzählen (Tiamaios und Kritias: Weltschöpfung als »plausible Geschichte« und Atlantissage).

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II. Lovecrafts literarischer Mythos: das Motivrepertoire 1.Vorbemerkung Bereits vor H.P. Lovecraft schufen angelsächsische Autoren literarischer Phantastik Kunstmythen, die über das Einzelwerk hinaus Bedeutung erlangt haben (William Bla­ ke, William Morris, George MacDonald u.a.). Auch Schriftsteller speziell jenes Gen­ res, dessen Gesetze Lovecraft selbst in seinem Essay Supernatural Horror in Literature bis heute gültig beschrieben hat, haben bereits vor ihm Elemente künstlicher My­ thologien als ästhetische Ausdrucksformen verwendet. Man wird an Robert W. Cham­ bers, Arthur Machen, vor allem Lord Dunsany, aber auch schon an E.A. Poe denken dürfen. Gerade diese beiden letztgenannten (Poe und Dunsany) hat Lovecraft als sei­ ne wichtigsten Anreger in Sachen künstlicher Mythologie bezeichnet.6 Aber kein Au­ tor von mythologischem Horror hat es wie Lovecraft verstanden, nicht nur seine Le­ ser, sondern nicht zuletzt so viele Autoren in seinen Bann zu ziehen und zu Fort­ schreibern seiner Erzählungen zu machen. Lovecrafts künstliche Mythologie ist in ei­ ner Weise offen, daß sie die Kreativität unzähliger Epigonen geweckt und geradezu an­ gestachelt hat. Darüber hinaus ist sie doch alles andere als beliebig: Sie steht in einer komplexen, unverwechselbaren Beziehung sowohl zur Philosophie wie zur Ästhetik ihres Schöpfers, dessen Handschrift sie trägt. Weiter hat keine artifizielle Mythologie (auch nicht in den Bereichen SF oder Fantasy) ein solches interpretatorisches Raffi­ nement und Engagement herausgefordert wie die Lovecrafts in den letzten Jahrzehn­ ten. Und schließlich gibt es unter den klassischen Autoren unheimlicher Phantastik (al­ so nicht des Subgenres Fantasy) keinen, in dessen Werk individuelle mythische Be­ griffe, Ideen und Konzepte eine so zentrale und so ins Auge fallende Rolle spielen wie bei unserem Autor. All dies rechtfertigt das Anliegen, gerade der Mythologie Love­ crafts besondere Mühe zuzuwenden. Wir vergegenwärtigen uns in einem knappen Überblick die Bausteine, aus denen Lovecrafts Mythologie besteht. Es sind dies nicht nur mythische Wesen, Götter, Dä­ monen, Monstren, verbotene Bücher, geheime Plätze, sondern vor allem bestimmte Muster der Begegnung mit dem Unheimlichen, die selbst mythische Dignität haben. Sich typisch wiederholende Charaktere, reale, aber spezifisch mythisch konnotierte Örtlichkeiten, dazu gewisse Paradigmen der Wahrnehmung von Zeit sind nicht weni­ ger Teil des Mythos als Cthulhu oder das Necronomicon. Nach diesem additiven und auswahlartigen Überblick wird an einem Beispiel etwas 6 Etwa in einem Brief an Robert Bloch vom Mai 1933 (HP. Lovecraft: Letters to Robert Bloch, herausge­ geben von David E. Schultz/S.T. Joshi, West Warwick, Rhode Island 1993, S .llf.). Geringere Bedeutung haben Machen und Hodgson, deren Werke Lovecraft erst 1923 bzw. 1934 kennenlernte, wie sehr er sie auch später bewunderte.

114 ausführlicher der Prozeß analysiert werden, in dem Lovecraft aus Anregungen der un­ terschiedlichsten Art etwas ganz Eigenes schafft (The Dunwich Horror), um schließ­ lich nach dem (ambivalenten) Verhältnis der mythischen Bezüge Lovecrafts zu seiner uns gut bekannten persönlichen philosophischen und ästhetischen Weltanschauung zu fragen. Ein knapper Ausblick wird das Schicksal des Cthulhu-Mythos (zu diesem un­ glücklichen Begriff s. ebenda) nach dem Tod seines Schöpfers beleuchten. Lovecrafts Mythologie wird dabei als ein System von Bezügen zu profilieren sein, das über Geschichten und Gedichte hinaus so eng mit dem Lebenswerk (vor allem den Briefen) dieses eigentümlichen und faszinierenden Autors vernetzt ist, daß den Cthul­ hu-Mythos verstehen Lovecraft verstehen heißt. Allerdings ist auch dieser künstliche Mythos immer noch reicher und schillernder als alle seine Ausleger... Und erweist eben darin seine genuine Affinität zu den »klassischen« Mythen der Menschheitsge­ schichte. 2. Typologie der Charaktere Man pflegt zu behaupten, daß Charakterschilderungen nicht Lovecrafts Stärke seien. Genauer wäre es zu sagen, daß sein Repertoire an tragenden Charakteren in hohem Maße begrenzt ist.7Diese werden dann allerdings sehr wohl für den Leser lebendig und sind für das rechte Verständnis seiner Erzählkunst von fundamentaler Bedeutung. Sie sind aber gewöhnlich nicht die Allerweltstypen, die in möglichst geringer Abweichung von den Bahnen der Normalität den erzählerischen Identifikationspunkt so vieler Hor­ rorromane am Ende des 20. Jahrhunderts füllen (etwa fast ausschließlich bei Stephen King oder Dean R. Koontz). Der Lovecraftsche Protagonist ist ein einzelner. Fast nie verheiratet, selten erfolg­ reich und etabliert, steht er am Rande der Gesellschaft. Zwar kann auch einmal ein Pro­ fessor der Nationalökonomie (Nathaniel Wingate Peaslee) vom »Schatten aus der Zeit« eingeholt werden, aber im allgemeinen sind es zurückgezogen lebende, eigen­ brötlerische Menschen, deren wesentliche Libido das Verlangen nach Erkenntnis ist. Das verbindet Lovecraft übrigens weitläufig mit dem Großmeister der Gespensterge­ schichte, M.R. James, und trennt beide von fast allen ihren Epigonen. Meist erfahren wir nur aus seiner völlig freien Verfügung über seine Zeit, daß der Erzähler (beinahe sämtliche reifen Erzählungen Lovecrafts haben einen Ich-Erzähler) oder zumindest der Protagonist der Handlung (zum Verhältnis beider s.u.) unabhängig, unverheiratet und oftmals ohne erkennbaren bürgerlichen Beruf ist. Damit sticht so­ fort der autobiographische Grundzug der meisten zentralen Figuren Lovecrafts ins Au­ ge. Wir müssen aber doch stärker differenzieren. Ich unterscheide drei feste Typen: 7 Vgl. hierzu unter anderen Leitfragen Michael Koseier, Anmerkungen zur Erzählkunst Howard Phillips Lovecrafts in diesem Band.

115 1. Den Sucher, der mehr findet, als er gesucht hat. »Searchers after horror haunt strange, far places. For them are the catacombs of Ptolemais, and the carven mausolea of the nightmare countries. They climb to the moon­ lit towers of ruined Rhine castles, and falter down black cobwebbed steps beneath the scattered stones of forgotten cities of Asia. The haunted wood and the desolate moun­ tain are their shrines, and they linger around the sinister monoliths on uninhabited is­ lands. But the true epicure in the terrible, to whom a new thrill of unutterable ghast­ liness is the chief end and justification of existence, esteems most of all the ancient, lonely farmhouses of backwoods New England; for there the dark elements of strength, solitude, grotesqueness, and ignorance combine to form the perfection of the hideous« (The Picture in the House, in: DH, S.l 16). Dieser Passus hat selbstverständ­ lich einen karikierenden Unterton; er beleuchtet aber doch sehr schön die Wendung vom »Gotischen« im traditionellen Sinn zu den Lokalitäten und Traditionen Neueng­ lands als Manifestationsorten des Unheimlichen. Das entscheidende Stichwort ist Epi­ cure in the Terrible. Der große antike Philosoph und Aufklärer Epikur, der die indivi­ duelle Fähigkeit zur sensiblen Wahrnehmung und zum Glück in einem kleinen Kreis erlesener Freunde zum höchsten für den Menschen erreichbaren Wert erklärt hat, wird für Lovecraft zum Vorbild einer ästhetischen Grundhaltung, die sich vom Ästhetizis­ mus des Fin de siècle durch ihre Orientierung weniger am Schönen als am Erschrekkenden und Unheimlichen unterscheidet. S.T. Joshi und D E. Schultz haben mit Recht eine wichtige Anthologie kritischer Artikel zu Lovecraft unter das Stichwort Epicure in the Terrible gestellt.“ Sucher in diesem Sinn sind die Erzähler von The Nameless Ci­ ty, The Hound, The Haunter o f the Dark oder der Protagonist Athol in The Other Gods (der gerade noch dem Schicksal entgeht, wie sein Lehrer Barzai »in den Himmel zu fallen«, seine Individualität im Absoluten zu verlieren), aber etwa auch der Polizei­ beamte Thomas F. Malone in The Horror at Red Hook. Sie kommen »gerade noch da­ von«, wenn auch für den Rest ihres Lebens gezeichnet von der Berührung mit dem Schrecken. 2. Das Opfer, das vom Unheimlichen verschlungen wird. Das Unheimliche widerfährt ihm, ohne daß er es in erkennbarer Weise gesucht hat. Von ihm ist in frühen Geschichten meist in der ersten Person (Dagon, The Tomb, The Temple), später häufiger in der dritten Person die Rede. Man wird an Wilmarth in The Whisperer in Darkness, Peaslee in The Shadow Out of Time oder Nahum Gardner in The Colour Out o f Space denken. Eine besondere Ausprägung ist der Erzähler von The 8 S.T. Joshi/David E. Schultz (Edit.), An Epicure in the Terrible. A Centennial Anthology o f Essays in Ho­ nor of HP. Lovecraft. Rutherford, London/Toronto 1991. Das wichtigste Essay zu The Picture in the Hou­ se ist übrigens Darrell Schweitzer, Abnormal Longevity in The Picture in the House, CoC Nr. 28, 1984, S. 10-12, das zeigt, daß es keineswegs einfach nur um Kannibalismus geht.

116 Shadow Over Innsmouth, der in den Entwürfen zu dieser Geschichte Olmstead heißt, in der fertigen Novelle dann aber als Indiz für seine Identitätsdiffusion namenlos bleibt. Er hat Innsmouth nicht bewußt gesucht, erliegt aber in der nur auf den ersten Blick zufälligen Begegnung der Faszination der verfallenen Stadt, um erst allmählich seine tiefe, vererbte Bindung an den Ort zu entdecken. Manchmal ist es gar nicht eine übernatürliche Gefährdung, die das Opfer zum Opfer macht, sondern die Realisierung einer schrecklichen, nie nur individuell bedeutsamen Erkenntnis, die den Protagoni­ sten zum Suizid führt (Dagon, Facts Concerning the Late Arthur Jermyn and His Fa­ mily). 3. Der »alte Weise«. - ein hyperbolischer Begriff, der bewußt an C.G. Jungs bekann­ ten Archetyp angelehnt ist. Hierzu gehören Dr. Marinus Bicknell Willett (aus The Case o f Charles Dexter Ward) und Dr. Henry Armitage (The Dunwich Horror). Ihre Funktion ist im Prinzip die des Exorzisten auf einer höheren Ebene. Indem sie das Monströse für eine begrenzte Zeit zurückwerfen, richten sie die Geltung der Gesetze des menschlichen Kosmos wieder auf. Sie entsprechen daher weitgehend Bram Stokers Abraham van Heising, der ge­ lehrt genug ist, die Begrenzungen des akademischen Wissens zu erkennen, dabei zu­ gleich aber offen für das »Phantastische« ist und sich dem Bösen mutig in den Weg stellt. »Helden« im Sinne etwa von R.E. Howard, die mit Muskelkraft und Courage ih­ re Probleme lösen, hat Lovecraft nicht. Seine Figuren sind auch keine Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit; ihre Qualitäten sind rein zerebraler und ästhetisierender Na­ tur. Lovecrafts kluge alte Männer verkörpern den vorübergehenden Sieg von Kultur und Rationalität Uber einen indifferenten, zerstörerischen Kosmos; sozusagen eine vor­ übergehende Aufhebung der Entropie, die alles Gewordene zu Fall bringt. Auffällig ist, wie verhältnismäßig wenig Gebrauch Lovecraft insgesamt von diesem Charakter macht. In The Haunter o f the Dark ist die Figur aufs Äußerste verblaßt - nämlich in Form des nur in drei oder vier Sätzen erwähnten Arztes Dr. Dexter, der den »curious angled stone«, mit dessen Hilfe Nyarlathotep beschworen werden kann, ins Meer wirft (in; DH, S.93 und S.l 14). »Geisterjäger« nach Art des in Weird Tales ungemein erfolg­ reichen Jules des Grandin (Seabury Quinn) oder okkulte Detektive wie Thomas Carnacki (William Hope Hodgson) oder John Silence (Algernon Blackwood) haben Love­ craft ebenfalls nicht zur Nachahmung gereizt. Diese Typen können sich natürlich überschneiden: 1. kann zu 2. werden (Charles Dexter Ward, Arthur Jermyn), 3. zu 2. (George Gamell Angell und Francis Wayland Thurston in The Call o f Cthulhu). Besonders oft stehen 1. und 2. als Freunde in einem komplementären Verhältnis nebeneinander; so schon in Lovecrafts Frühwerk (Beyond the Wall o f Sleep, From Beyond; in eigenartiger Brechung auch in Hypnos) und dann sehr oft in seinen späteren Erzählungen (Herbert West - Reanimator, The Thing on the

117 Doorstep, At the Mountains ofMadness). Die eigentümliche Psychodynamik, die die­ se drei Typen (oder zumindest 1. und 2.) immer wieder miteinander verbindet, weist darauf hin, daß sie jeweils Gestaltungen verschiedener Persönlichkeitsanteile des Schriftstellers sind, und zwar weit über das hinaus, was von allen literarischen Figu­ ren gesagt werden kann.’ Lovecraft hat sich Zeit seines Lebens als Sucher nach Wahr­ heit verstanden (daher sein intensives Interesse an nahezu allen Wissenschaften) und zugleich als Opfer einer dem Ästheten und Gentleman nicht freundlich gesonnenen Welt erfahren; seine Jugend ist eine Chronik an Mißerfolgen, Frustrationen und dem stetigen Bewußtsein zunehmender Verarmung und steigender Bedeutungslosigkeit der eigenen »Klasse«. Zugleich nimmt er sehr früh gegenüber seinen Freunden und Ver­ ehrern die Pose des »Grandpa Theobald« o.ä. an (besonders drastisch z.B. im Ver­ hältnis zu seinen engen persönlichen Freunden Frank B. Long und R.H. Barlow). Man mag das als Nachahmung der Rolle seines Großvaters mütterlicherseits, Whipple van Buren Philipps (1833 - 1904)'° sehen, Lovecrafts wichtigster und bewunderter männli­ cher Bezugsperson in seiner Kindheit. Für unsere Fragestellung ist nun die Beobachtung wichtig, daß diesen Typen spezi­ fische Muster der Begegnung mit dem Unheimlichen entsprechen. Indem seine Figu­ ren mehr Typen als Charaktere sind, gehören sie in das Repertoire seines Mythos. Wir können diesen Punkt hier nicht vertiefen. 3. Typologie der Lokalitäten Drei Gruppen von Örtlichkeiten sind für Lovecrafts Ästhetik des Schreckens von spe­ zifischer Bedeutung. Es sind dies einmal die fiktiven Städte, Landschaften und Wel­ ten des Traums, die sich zu einer Art Parallelwelt zusammenfügen, zum anderen die halbfiktiven Örtlichkeiten Neuenglands, die in seinen reifen Geschichten im Vor­ dergrund stehen, und schließlich die mythischen Stätten wie R’lyeh und Y ’ha-nthlei auf der Erde, Yuggoth, Shaggai und andere im Weltall.

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Weibliche Hauptfiguren hat Lovecraft selten, und dann auch nur als nicht einmal ganz menschliche, son­ dern halbdämonische femmes fatales (Asenath Waite in The Thing on the Doorstep, Marceline Bedard in Medusa ’s Coi[). Doch erklärt sich dies weniger durch eine unbewußte Frauenfeindlichkeit (wie sie von al­ len Autoren des Unheimlichen am massivsten H R. Wakefield aufweist), sondern eher durch die im Text angesprochene Funktion der Figuren als Identifikationsmuster für verschiedene Persönlichkeitselemente des Schriftstellers. Lovecraft hat in sexueller Hinsicht eine normale Ehe geführt (ihr Scheitern hatte an­ dere Ursachen), wie wir von seiner Frau Sonia Green Davis explizit wissen; die These einer unterdrück­ ten Homosexualität muß daher als widerlegt gelten. Vgl. Uber Lovecrafts weibliche Charaktere Ben P. In­ dick, Lovecraft’s Ladies, in: Darrell Schweitzer (Edit.), Discovering H P. Lovecraft, Starmont Studies in Literary Criticism 6, Mercer Island, WA 1987, S.80-84 (zuerst in: Xenophile Nr. 18, 1975). 10 Über ihn handelt grundlegend Ken W. Faig, Jr., Some o f the Descendants o f Asaph Philipps and Esther Whipple o f Foster, Rhode Island, Glenview, IL 1993, S.73-77 (dieses Werk ist eine umfassende Mono­ graphie über Lovecrafts Familie mütterlicherseits).

118 Traumwelten hat Lovecraft schon als junger Mann ersonnen und erträumt.11Prägend für deren Literarisierung war vor allem der Einfluß Lord Dunsanys (1878 - 1957), des großen angloirischen Phantasten, dessen frühes Werk meist in traumhaft-versponnenen Phantasiewelten spielt und von Lovecraft geradezu abgöttisch verehrt wurde (vgl. das Essay Lord Dunsany and His Work von 1922, in: MW, S .104-112, sowie seine brieflichen Äußerungen in: SL II, S.328 u.ö.). Doch vor allem die Erzählung Polaris, die er 1918 schrieb12, bevor er Dunsany 1919 kennenlernte, beweist, daß dessen Vor­ bild ihn nur zu einer Richtung seiner Arbeit ermutigt hat, die in ihm ohnehin schon an­ gelegt war. Lovecraft hatte von diesen Erzählungen (vor allem von der Allegorie The White Ship) später keine sehr hohe Meinung; allerdings war er kaum je mit seinen fer­ tigen Texten zufrieden. Eine wunderbare, in ihrem grausamen, ambivalenten Ende an Andersen erinnernde Geschichte dieser Gruppe ist z.B. Celephais (1920), sozusagen die exemplarische Erzählung über Traum und Wirklichkeit schlechthin. Es bleibt in der Schwebe, ob Kuranes nun nach seinem Tod König der Wolkenstadt ist und das Ziel sei­ ner Sehnsucht gefunden hat, oder ob er doch nur ein gescheiterter Tramp war. Andere Örtlichkeiten der frühen Dunsany-artigen Stücke wird man eher in einer fik­ tiven, unvordenklich alten Prähistorie anzusiedeln haben (Sarnath in The Doom Thal Came to Sarnath, Ulthar in The Cats of Ulthar, usw.; vgl. D, S. 100). Oft läßt sich nicht recht entscheiden, woran Lovecraft denkt.13 Im Randolph Carter-Zyklus (dem einzigen, den Lovecraft um eine Person und ihre Lebensgeschichte herum geschrieben hat) fügen sich die Elemente der frühen Traum­ erzählungen zu einem ganzen Kosmos des Traums zusammen, zu einer Parallelwelt, die mit ihren eigenen Gesetzen neben unserer Welt des Wachbewußtseins existiert. Lovecraft nähert sich hier - d.h. in dem Roman The Dream-Quest ofUnknown Kadath, den er im Winter 1926/27 schrieb - stärker als je sonst der Gattung Fantasy. Randolph Carter, auf der Suche nach der verlorenen Stadt seiner Kindheit, muß Kontinente des Traums durchstreifen, ehe er in der Konfrontation mit dem bösartig-hinterlistigen Bo­ ten der Chaosmächte, Nyarlathotep, und dem hilfreichen chthonischen Gott Nodens

11 Über Lovecrafts Traumleben vgl. vor allem The H. P. Lovecrafl Dream Hook, S.T. Joshi (Edit.), West War­ wick, Rhode Island 1994; weiter den Sammelband HP. Lovecraft, Dreams and Fancies, Sauk City, Wl 1962, den August Derleth zusammengestellt hat. Die Sekundärliteratur zum Thema ist bislang weithin un­ befriedigend: Hélène Tuzet, Onirisme et fantastique chez H P. Lovecraft, Revue des Sciences Humaines Nr. 133, 1969, S. 139-151; Napoléon Murat, Rêve et creation chez Lovecraft, L’Herne Nr. 12, Paris 1984. S.126-132. Wenig zum Thema bietet leider auch der Artikel der Ärztin M. Eileen McNamara, The Un­ pleasant Dreams o f H.P. Lovecraft, CoC Nr. 22, 1984, S.44-47. S. jetzt auch Uwe Vöhl in diesem Band. 12 Erstveröffentlichung Dezember 1920 in The Philosopher. Die sämtlichen späteren Drucken zugrundelie­ gende Fassung aus The National Amateur, Mai 1926, enthält einige kleinere Verbesserungen. 13 Die beste Untersuchung zum Thema ist nach wie vor S.T. Joshi, The Dream World and the Real World in Lovecraft, CoC Nr. 15, 1983, S.4-15 (auch in: Robert M. Price (Edit.), The Horror o f it All. Encrusted Gems from the »Crypt o f Cthulhu«, Starmont Studies in Literary Criticism 31, Mercer Island, WA 1990, S.18-31).

119 (s.u.) begreift, daß die Stadt seiner Träume in Wahrheit die in kindlicher Sicht verklärte Umgebung seiner Jugend ist - also Boston, Massachusetts; sicher eine der eigentüm­ lichsten und erstaunlichsten Liebeserklärungen, die je einer Stadt gemacht wurden. Diese Erzählung gibt sich auch in ihrem ausgereiften, narrativ befriedigenden Happy End als dem Genre Fantasy und nicht dem Genre Horror zugehörig zu erkennen und signalisiert zugleich programmatisch die Entwicklung der bevorzugten Lokalitäten, die sich in Lovecrafts Werk als ganzem ausdrückt. Neben Lokalitäten des Traums bzw. prähistorischer Fantasywelten (die auch aus sei­ nen späten Erzählungen nie ganz verschwinden) werden etwa Mitte der 20er Jahre (The Festival (1923), The Shunned House (1924)) solche in Neuengland immer wich­ tiger. Der Charme des reifen Werkes Lovecrafts beruht zu einem ganz wesentlichen Teil auf dem authentischen Milieu neuenglischer Kleinstädte und Dörfer, die zu Ein­ fallstoren des Fremden und Unheimlichen werden. Lovecraft hat zwar auch unver­ schleierte Örtlichkeiten für das Lokalkolorit einiger Geschichten verwandt: Pickman ’s Model spielt im North End Bostons14, The Case o f Charles Dexter Ward in seinem ge­ liebten Providence, Rhode Island (sämtliche in dieser Novelle genannten Häuser und Straßen existieren wirklich, abgesehen von Wards Bungalow natürlich)15; auch das Shunned House mit seinem von außen begehbaren Keller ist ein reales Gebäude (135 Benefit Street in Providence). Manchmal dient eine lange Passage geradezu der Evo­ kation der präzisen, von Lovecraft gewünschten Konnotationen zu einer Stadt (MM, S. 112-114: Charles Dexter Wards kindliche Wanderungen durch Providence; S.165T: seine Ankunft nach seiner Europareise). Doch in den meisten Fällen hat Lovecraft rea­ le Örtlichkeiten mit fiktiven Namen (und Details) ausgestattet. Aus Salem wird Arkham, aus Marblehead Kingsport, aus Newburyport Innsmouth, aus Wilbraham Dun­ wich, usw. Will Murray hat in mehreren Artikeln16gezeigt, daß Lovecrafts Identifika­ tionen nicht immer gleich geblieben sind; Züge mehrerer Städte fließen zusammen.

14 Die Lovecraft vor Augen stehenden Slraßcnzügc, in denen Pickman sein Studio hat, exisitiercn leider nicht mehr (sie wurden schon in den 20er Jahren abgerissen, worüber Lovecraft selbst berichtet (SL IV, S. 285f.)), doch North End Burial Point (mit dem Grab Cotton Mathers) kann man nach wie vor besichtigen. 15 Eine umfassende Dokumentation über Lovecrafts Providence mit vielen Karten und Fotos hat Henry L.P. Beckwith vorgelegt (Lovecrafi's Providence and Adjacent Parts, 2. Aufl., West Kingston 1986). 1990 hat­ te ich das Vergnügen, an einer von Beckwith geführten Besichtigungstour durch die betreffenden Straßen und Stätten teilnehmen zu können. Das Stammhaus der Familie Ward z.B. (wo auch die nekromatische Beschwörung Joseph Curwens stattfindet) ist »The Halsey Mansion«, 140 Prospect Street. 16 In Search o f Arkham Country, LS Nr. 13, 1986, S.54-67; Roots o f the Miscatonic, CoC Nr. 45, 1987, S.69; Lovecrafts New England'. Haunted Backwaters, in: H P Lovecraft Centennial Guidebook. A Handbook on the Weekend of Events Celebrating the 100th Birthday o f the Great Horror Writer, Pawtucket, Rhode Island 1990, S.21-24; In Search of Arkham Country Revisited, LS Nr. 19/20,1989, S.65-69; I Found Innsmouth. CoC Nr. 57, 1988, S.10-14; Lovecraft’s Arkham Country,in: The H P. Lovecraft Centennial Conference Proceedings, S.T. Joshi (Edit.), West Warwick, Rhode Island 1991, S. 15-17. Am Beispiel von Innsmouth habe ich vorgeführt, wie komplex die Beziehungen zwischen realen und fiktiven Örtlichkeiten sind (QM Nr. 82, 1994, S.59-61).

120 Lovecraft hat auf völlige Stringenz keinen Wert gelegt. Arkham liegt einmal am Meer, dann scheinbar eher im Inland. Innsmouth ist in Celephai's ein Dorf in England, in The Shadow Over Innsmouth ein dekadenter Hafen Neuenglands, einige Kilometer nörd­ lich von Boston (das könnte sich freilich so erklären, daß Lovecraft diesen nach jenem benannt sein läßt). Lovecraft identifiziert Innsmouth mit Newburyport, aber manche Züge passen eher zu Gloucester, usw. Lovecrafts Namen sind eben doch nicht einfach Chiffren, sondern Eiktionen, die durch reale Städte angeregt sind (so auch mehrfach Lovecraft selbst, z.B. SL III, S.432f.). Aus diesen fiktiven Lokalitäten läßt sich eine Landkarte des »Lovecraftschen Neu­ england« zusammenstellen, die sich mit dem »realen« oft eng berührt bzw. über­ schneidet. Innsmouth ist »fiktiv«; Rowley und Ipswich (Nachbarorte in Lovecrafts No­ velle) sind dagegen völlig reale Städte am Bostoner North Shore. Mehrfach ist aufge­ fallen, daß die »bösen« Orte (Dunwich, »witch-haunted« Arkham, Innsmouth) im allgemeinen in Massachussetts liegen, während das »Böse« aus Rhode Island, d.h. aus Providence schließlich immer vertrieben wird (The Shunned House, The Case o f Char­ les Dexter Ward). »I can’t feel the same insidious sense of brooding, lurking evil in Rhode Island (or the South, either, for that matter) that I can in Massachusetts [...]. At any rate, I seem to find northern & central Massachusetts [...] the most suggestive in horror of any regions I know. Almost anything [...] might happen in one of those iso­ lated farmhouses on winding sideroads in Wilbraham ( - Dunwich) or Monson or Hampden... or in some of the half-abandoned, rotten-wharfed seaports whose crumb­ ling gambrel roofs huddle around sand-choked harbours on the coast north of Bo­ ston.«17 Es spiegelt sich darin in eigentümlicher Brechung das kolonialzeitliche Ver­ hältnis des puritanischen und theokratisehen Massachusetts, das nicht zuletzt dem von Lovecraft oft erwähnten Hexenwahn Vorschub18 leistete, zu dem freidenkerischen Rhode Island wider (mit dem sich Lovecrafts bewußtes Selbst sehr viel stärker iden­ tifizieren konnte).19 Nur wenige Geschichten Lovecrafts versuchen sich am Lokalkolorit anderer Städ­ te oder Länder (The Music o f Erich Zann spielt in Paris, The Descendant in London, The Rats in the Walls in Mittelengland). Als weiterer Typ sind nun die rein mythischen, aber doch auf der Erde oder im Welt­ raum, jedenfalls nicht in einer Traumwelt angesiedelten Örtlichkeiten zu bedenken. 17 Brief an R.E. Searight vom 5. März 1935: H P Lovecraft, Letters to Richard F. Searight, D.E. Schultz/S.T. Joshi (Edit.), West Warwick, RI 1992, S.49 (nicht in den Selected Letters enthalten). 18 Salem Village, 1692. Dieser Ort entspricht genaugenommen Danvers, MA, nicht dem benachbarten Ha­ fenstädtchen Salem. 19 Lovecrafts liebevolle, intensive Beziehung zu Providence, RI (wo er ja den größten Teil seines Lebens ver­ bracht hat) wird besonders schön in dem Gedicht Providence vom Mai 1927 deutlich, das mit gutem Grund an den Anfang seiner Collected Poems gestellt wurde (CP, S.7L). Auch darüber hinaus gibt es vie­ le bemerkenswerte Neuenglandgedichte Lovecrafts.

121 Die Grenzen sind fließend. Doch ist z.B. R’lyeh in The Call ofCthulhu eindeutig als eine wirkliche Insel gedacht, ein Ort vorweltlicher Schrecken, der in den Tiefen des Pazifiks versunken ist und sich wieder erhebt, wenn »die Sterne richtig stehen« und Cthulhu in seinem Gefängnis erwacht. K’n-yan, Yoth und N ’kai sind unterirdische Welten nach Art von Burroughs’ Pellucidar (The Mound), zu denen aber ein Einstieg geographisch sehr präzise fixiert wird (Binger, Oklahoma - einige Kilometer westlich von Oklahoma City). Yuggoth ist ein dunkler, unbekannter Planet hinter Neptun und Wohnort krustazeenhafter Monstrositäten, die ihn als Basis ihrer Flüge in unserem Sonnensystem verwenden (The Whisperer in Darkness, im Frühjahr/Sommer 1930 verfaßt; doch vgl. schon die Fungi from Yuggoth, die im Winter 1929/30 geschrieben wurden). Lovecraft war immer sehr stolz darauf, damit sozusagen die Existenz des erst 1930 entdeckten Planeten Pluto vorausgesagt zu haben (SL III, S.136). Allerdings war aufgrund von gewissen Bahnunregelmäßigkeiten des Uranus nach dem Bekanntwer­ den Neptuns 1846 die Existenz noch mindestens eines weiteren Planeten wahrschein­ lich; nach Pluto wurde mehrere Jahrzehnte systematisch gesucht. Des öfteren hat Lovecraft Örtlichkeiten der überkommenen mythischen Geographie in verfremdeter Form in seine Landkarte des Schreckens eingebracht. Atlantis bei­ spielsweise, über dessen Charakter als allegorischer Erfindung Platons er bestens im Bilde war (vgl. SL V, S.267-269), wird zu Y ’ha-nthlei, zum tief verborgenen Wohnort der Deep Ones vor der Küste von Neuengland (The Shadow Over Innsmouth, in: DH, S.367). Lovecraft hatte die Atlantissage freilich schon in traditionellerer Form in The Temple (1920) verwendet und dann mit ganz anderen Vorzeichen in The Last Test (1927; eine melodramatische, aber doch oft unterschätzte Geschichte): »There were cults, you know - bands of evil priests in lands now buried under the sea. Atlantis was the hotbed. That was a terrible place. If heaven is merciful, no one will ever drag up that horror from the deep« (in: HM, S.54). Über die Faszination, die Sagen über im Meer untergegangene Länder, die Fortunatae Insulae usw. auf ihn ausübten, vgl. aus­ führlich seinen Brief an Clark Ashton Smith vom 24. September 1930 (SL III, S. 168f.). In The Shadow Over Innsmouth löst er sich dann ganz von der Tradition und schafft eine eigene submaritime Schreckenswelt, die eine amerikanische Küstenstadt in ihren Bann schlägt. Ähnlich ist es mit Ruinenstädten in der Wüste. »Irem, die Stadt der Säulen« in The Nameless City (Januar 1921) etwa ist ein »realer« Ort der arabischen Sage (schon im Koran, Sura 89, 6).20Lovecraft kannte ihn aus seiner Encyclodaedia Britannica (MW, S.90), wie er überhaupt ein eifriger Benutzer lexikographischer Werke war.21 Aber er 20 Ausführlich zur Sache: A.J. Wensinck, Art. Iram dhät a l-’Imäd. Handwörterhuch des Islam, Leiden 1976 (Nachdruck von 1941), S.214 (mit reicher weiterer Literatur); dazu Lin Carter, Digging Up lrem, CoC Nr. 45, 1987, S.3-5 (einer von Carters besseren Artikeln). 21 1936 schrieb er an einen Korrespondenten: »Have as good a supply of reference books as possible. (...) Everything depends on a good encyclopedia.« (Suggestions for a Reading Guide, in: H.P. Lovecraft & Di-

122 macht doch etwas völlig Neues und Fremdes daraus. Zwar ist die Idee, in einer Rui­ nenstadt in der Wüste hätten archaische Monstren überlebt, in den Pulpmagazinen sehr verbreitet (z.B. Edmond Hamilton, The Monster-God of Mamurth, in: WT, August 1926 und September 1935; C.A. Smith, The Vaults o f Yoh-Vomhis, in: WT, Mai 1932, usw.). Aber Lovecraft schafft daraus dennoch schon 1921 etwas sehr Eigenes, nicht zu­ letzt durch eine unerreichte sprachliche Verdichtung und Sublimierung, die das Inter­ esse des Lesers ganz auf die Atmosphäre und die Fremdartigkeit der reptilischen Über­ lebenden unter dem Boden der Wüstenstadt lenkt (was aus dem menschlichen Beob­ achter wird, ist geradezu gleichgültig). Die »namenlose Stadt« selbst ist nun aber nicht Irem (in: D, S.106), sondern ein prähistorischer, auch von der Sage vergessener Ort, wo vielleicht schon die Bewohner Irems namenlosem Grauen gegenüberstanden. Lovecraft bemüht sich also, die Örtlichkeiten der Sage und des Mythos an Fremdar­ tigkeit und Alter noch einmal zu transzendieren (man beachte auch die evokative Funktion der Namenlosigkeit). Leng z.B. ist ebenfalls ein realer Name aus der tibeti­ schen und mongolischen Mythographie (Gesar-Epos), den Lovecraft sich in seinem »Plateau Leng« in stark verfremdeter Form zu Nutze macht.22 Der mythische Raum ist ein wesentlicher Bestandteil des Lovecraftschen Univer­ sums; das gilt nicht nur für Städte23und Landstriche, sondern auch für die fundamenta­ len Polaritäten von oben und unten, Himmel und Erde (dazu s.u.), für das Meer und höhlenhafte Unterwelten. Die eigentümliche schriftstellerische Begabung Lovecrafts liegt darin, das Nahe (vor allem die ihm vertrauten Städte Neuenglands) zum Träger des Fernen und Fremden zu machen. Vor seiner Haustür suggeriert Lovecraft dem Le­ ser (und findet für sich selbst) erstaunlichere und erschreckendere Plätze als geringere Autoren im Dschungel Afrikas, in der Karibik oder auf dem Mars und der Venus. 4. Götter In seinen frühen Erzählungen spricht Lovecraft oft von den Göttern gewachsener und vorfindlicher Mythologien, so im Ton der Klage über das Versinken des klassischen griechischen und römischen Pantheons in Poetry and the Gods von 1920 (mit Anna Helen Crofts, in: D, S.349-356) oder in der subtilen Erzählung über die Rache der Gei­ ster und Götter Irlands an moderner Zweckrationalität, The Moon-Bog (in: D, S.l 18126). The Tomb (Juni 1917), wo bereits Grundthemen von The Case o f Charles Dex-

vers Hands, The Dark Brotherhood and Other Pieces. Arkham House, Sauk City, Wisconsin 1966, S.63). 22 Siehe meinen Artikel The Secret o f Leng, CoC Nr. 88, 1994, S.6f. (sehr knapp; eine ausführlichere Studie zum Thema ist derzeit in Vorbereitung). 23 Vgl. noch Gilles Menegaldo, Die Stadt im WerkH.P. Lovecrafts, in: ÜberH. P. Lovecraft, Hrsg. Franz Rot­ tensteiner, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, S.220-232 und zu einem bestimmten Teilmotiv auch Pe­ ter Cannon, Sunset Terrace Imagery in Lovecraft, LS Nr. 5, 1981, S.3-9.

123 ter Ward vorweggenommen werden, ist ein Vergilzitat als Motto vorangestellt (in: D, S.4-13); eine Anspielung auf Plutarchs Theseus-Biographie ist für die Handlung der Geschichte zentral. The Tree (1920, in: D, S.50-54) spielt geradezu im alten Grie­ chenland. Später werden solche Bezüge auf die antike Mythologie selten.24Ganz ähn­ lich ist es mit peripheren Versuchen, außereuropäische Mythologien heranzuziehen. Dabei ist vor allem an indianische Götter und Mythen im Hintergrund einiger Ge­ schichten zu erinnern. The Transition o f Juan Römern, eines der schillerndsten und vielschichtigsten frühen Werke Lovecrafts (1919, in: D, S.337-340)25, erzählt von der chthonischen Epiphanie des alten aztekischen Gottes Huitzilopotschtli, der seinen in­ dianischen Verehrer verschlingt, aber auch über seine ärmliche Existenz hinaushebt. Die Fragmente indianischer Folkore in den im Auftrag von Zealia Bishop geschriebe­ nen Erzählungen The Curse of Yig (1928, in: HM, S.80-95) und vor allem The Mound (1929/30, in: HM, S.96-163) sind vollständig Fiktion26; das gleiche gilt für die indiani­ schen Sagen in The Whisperer in Darkness (in: DH, S.212f.) und in The Lurker at the Threshold (1945 als eigener Band publiziert; es ist die einzige unter Lovecrafts und Derleths Namen gemeinsam erschienene Erzählung, die tatsächlich ein längeres, wört­ lich von Lovecraft stammendes Textstück enthält).27 Lovecraft hat bald erkannt, daß die Götter der gewachsenen Mythologien für seine narrativen Zwecke unbrauchbar waren.28 So entstanden Cthulhu und Azathoth, Shub24 Die wichtigste Ausnahme ist das einen Traum vom 31. Oktober 1927 präzise nachschreibende Fragment The Very Old Folk, das im Spanien des ersten vorchristlichen Jahrhunderts spielt. Wir kennen diesen Traum aus drei Briefen Lovecrafts sehr genau (alle drei Fassungen im H.P. Lovecraft Dream Book (s.o.), die interessanteste auch in: MW, S.46-51). F.B. Long hat ihn fast wörtlich in seinen ansonsten jämmerlich schlechten Roman The Horror from the Hills (Arkham House, Sauk City, Wisconsin 1963) integriert und diesem dadurch immerhin den Wert eines Kuriosums verliehen. Ausführlich über weitere Einflüsse klas­ sischer griechischer Mythen auf Lovecraft handelt George Wetzel, Genesis o f the Cthulhu Mythos, in: Dar­ rell Schweitzer (Edit.), Discovering H.P. Lovecraft (s.o.), S.68-79 (zuerst in: Nyctalops Nr. 10, 1975). Über The Tree ist die wichtigste Arbeit S.T. Joshi, »The Tree« and Ancient History, Nyctalops Nr. 19, 1991, S. 68-71. 25 Anhand dieser Erzählung habe ich in meinem Artikel H P Lovecrafts »The Transition o f Juan Romero«, QM Nr. 81, 1994, S.43-50 zu zeigen versucht, daß auch das hierzulande kaum bekannte Frühwerk HPLs interpretatorischc Mühe rentiert. 26 Diese beiden Erzählungen sind ausschließlich das Werk Lovecrafts (siehe besonders SL II, S.232L und SL III, S.29f. u. S.97) und enthalten von ihrer angeblichen Autorin Zealia Bishop nur einige banale (für die Geschichten nicht einmal zentrale) Ideen. Über Yig, den Vater der Schlangen, und andere pseudoin­ dianische Mythologien s. Michael DiGregorio, »Yig«, »The Mound« and American Indian Lore, CoC Nr. 11, 1983, S.25-26 u. S.38. Zur Interpretation von The Mound s. Peter Cannon, The Mound: An Apprecia­ tion, op. cit 30 - 32.51 sowie ders., H.P. Lovecraft, Twayne’s United States Authors Series Nr. 549, Bo­ ston 1989, S.97-101. 27 Zuerst separat gedruckt in August Derleth, Some Notes on H.P. Lovecraft, Arkham House, Sauk City, Wi­ sconsin 1959, S.XI1-XVII (s. auch Nachdruck West Warwick, Rhode Island 1982). 28 Zu dem austraüschen »Buddai, the gigantic old man who lies asleep for ages underground with his head on his arm, and who will some day awake and eat up the world« in The Shadow Out o f Time (in: DH, S.4O4) scheint es ebenfalls keine genuin folkloristische Quelle zu geben. Vielleicht ist er als ein Avatar Cthulhus gedacht.

124 Niggurath, Yog-Sothoth und Nyarlathotep.2’ Dies sind die Namen, an die man ge­ wöhnlich zuerst denken wird, wenn von Lovecrafts »Mythologie« die Rede ist. Eine merkwürdige Entwicklung hat dazu geführt, daß sich in der amerikanischen Sekun­ därliteratur weithin der zusammenfassende Begriff Cthulhu Myth oder Mythos durch­ gesetzt hat, um das ganze Pantheon mythologischer Anspielungen und Gestalten HPLs zu bezeichnen. Das ist schon deshalb merkwürdig, weil Cthulhu eigentlich nur in ei­ ner Erzählung eine zentrale Rolle spielt; Yog-Sothoth und Nyarlathotep sind in weit­ aus mehr Geschichten Handlungsträger. Es hat aber schwerlich Sinn, heute einen neu­ en Oberbegriff erfinden zu wollen, der sich doch nicht mehr durchsetzen wird. Die be­ wußt fremdartigen Namen sollen zunächst einmal eben die Aura solcher Fremdheit, außerirdischer Andersartigkeit suggerieren. Mehrfach werden sie als von dem mensch­ lichen Artikulationsapparat nur unvollkommen wiedergegebene Namen tatsächlich außerirdischen Urspungs behauptet.2930Einige dieser Namen scheint HPL zuerst in sei­ nen Träumen gehört zu haben.31 Dekonstruktionisten haben sie mittlerweile als Exerzierplatz ingeniöser Interpretationskünste nach Art von Arno Schmidts »EtymTheorie« für sich entdeckt.32 Immerhin mag Cthulhu exemplarisch am Anfang unserer knappen Analyse der Lovecraftschen Götter stehen. The Call of Cthulhu (in: DH, S.125-154) gibt sich als Zusammenstellung einiger von Haus aus beziehungsloser Dokumente, deren schein­ bar zufälliges Zusammentreffen eine schreckliche Erkenntnis ermöglicht, ein blitz­ lichtartig aufleuchtendes Wissen um die akzidentielle Stellung des Menschen in der Welt. Die Perspektive der Erzählung ist die zweier sich ergänzender Protagonisten. Professor George Gamell Angell ist ein fiktiver Emeritus für semitische Sprachen an der ganz realen Brown University, an der zu studieren Lovecraft verwehrt, mit der er aber trotzdem verbunden war und auf deren Grund und Boden er zuletzt wohnte. Fran­ 29 Über Lovecrafts Götter ist selten zusammenhängend geschrieben worden. Wegen vieler Fehler weithin wertlos ist leider Lin Carter, H P Lovecraft: The Gods, in: H.P. Lovecraft, 77n? Shuttered Room and Other Pieces, Arkham House, Sauk City, Wisconsin 1959, S.250-267. Die besten Arbeiten zum Thema stam­ men aus der Feder von Robert M. Price, exemplarisch: Lovecraft's »Artificial Mythology«, in: David E. Schultz / S.T. Joshi (Edit.), An Epicure in the Terrible (s.o.), S.247-256. 30 Über die von HPL intendierte Aussprache dieser Namen ist viel spekuliert worden. Siehe etwa Robert M. Price, Mythos Namens and How to Say Them, LS Nr. 15, 1987, S.47-53. Richard Fawcett berichtet in All Hallows Nr. 8 (The Journal o f the Ghost Story Society), 1995, S.9, er habe Frank B. Long bei ihrem er­ sten Treffen gefragt: »Mr. Long, how do you pronounce Cthulhu?« Nach einigem Grübeln habe jener ge­ antwortet: »Damned if I know. I don’t think Howard did either.« Vgl. noch SL V, S. lOf. u. S.302. 31 Sicher ist das fur Nyarlathotep (s. dazu ausführlich in meinem Artikel W.B. Yeats’ »The Second Coming« undH.P. Lovecrafts »Nyarlathotep«: Eine vergleichende Interpretation, SG Nr. 1, 1994, S.94-109 mit An­ gabe weiterer Literatur). Ich halte es z.B. auch für Azathoth wegen der Art der Erwähnung im Common­ place Book für wahrscheinlich (in: MW, S.90; so auch nach einer Erinnerung R.H. Barlows, in: The Dark Brotherhood and Other Pieces (s.o.), S.318). 32 Siehe Donald R. Burleson, Lovecraft. Disturbing the Universe, Lexington, Kentucky 1990, z.B. S.83-85 über den Namen Cthulhu. Vor diesem Buch ist dringend zu warnen, da cs vor linguisüschen Absurditäten wimmelt.

125 cis Wayland Thurston, sein Neffe, der eigentliche fiktionale »Herausgeber«, wird le­ diglich in der ersten Überschrift namentlich genannt (die in älteren Drucken seltsa­ merweise fehlt). Professor Angell hat bereits mehrere Dokumente dieser Art gesam­ melt: einen Polizeibericht aus den Sümpfen von New Orleans, die Traumbeschreibung eines extravaganten Bildhauers namens Henry Anthony Wilcox33, schließlich die Er­ innerungen eines Anthropologen von einer Expedition zu den Eskimos (tornasuk »Geist, Dämon« und angekok »Magier, Schamane« sind übrigens genuine Begriff aus dem eskimo-aleutischen Sprachraum, die HPL aus der ethnologischen Literatur kann­ te (in: DH, S.135)). Die Episode um Wilcox’ aus einem Traum heraus geschaffenes Basrelief geht auf einen echten Traum von 1919 zurück (siehe MW, S.88; SL I, S. 114f.), in dem Lovecraft sich selbst als Bildhauer sah. Thurston ergänzt den Bericht des Seemannes Johansen, der zufällig Zeuge des Erwachens Cthulhus auf einer plötz­ lich vom Meeresgrund emporgekommenen Insel wird, den Tod seiner Kameraden mit­ erleben muß und schließlich durch einen mutigen Akt Cthulhu für einige Zeit wieder in sein Gefängnis bannen kann. Gänzlich zwischen den Zeilen erfahren wir, daß so­ wohl Angell und Johansen als auch Thurston auf geschickte Weise von den Anhängern eines mysteriösen Kultes aus dem Weg geräumt wurden, der die apokalyptische Wie­ derkunft Cthulhus und das Ende der menschlichen Zivilisation vorbereitet. Ein Prototyp für Cthulhu ist Dagon in der gleichnamigen Erzählung aus dem Jahre 1917. Man erkennt hier deutlich die Entwicklung von Lovecrafts erzählerischer Be­ gabung. Dagon ist ein noch stark an Poe erinnerndes, traumhaftes Stück, in dem der biblische Gott Dagon - nach einer alten Volksetymologie (hebr. dag = »Fisch«) fischgestaltig - zur Chiffre für eine aus maritimen Tiefen emporkommende Bedrohung wird. Die Frage nach der seelischen Gesundheit des Erzählers bleibt in der Schwebe. Die nautische Episode mit einem aus dem Ozean aufgetauchten Kontinent und seinem monströsen Bewohner kann als halluzinierender Zusammenbruch der schützenden Grenzen zwischen Es und Ich mit folgendem Suizid interpretiert werden, ln The Call of Cthulhu steht nicht mehr das bedrohte Individuum im Mittelpunkt, sondern die ganze Menschheit. Das Verhältnis Dagon - Cthulhu zeigt sehr deutlich, wie sich Lovecrafts Götter in seiner Phantasie gebildet und entwickelt haben. Interessant sind die polypenhaften und amorphen Züge Cthulhus. HPL hat hier wenig später einen berühmten Epigonen gefunden: Abraham Merritt verwendete 1931 in seinem Roman Dwellers in the Mirage einen Dämon namens Khalk’ru, der offensichtlich von Cthul­ hu beeinflußt ist.34 Polypenhaft heißt ja: lauernd, nicht jagend und kämpfend, sondern

33 Wilcox lebt aber in einem realen Haus in Providence, dem Flcur-de-Lys-Building in 7 Thomas Street, ge­ genüber der Ist. Baptist Church (deren Turm nach Lovecrafts Meinung der schönste »Georgian steeple« in Amerika war) - auch hier die typische Verknüpfung von Fiktion und Realität. 34 Erschienen in sechs Fortsetzungen in der Zeitschrift Argosy, 1932. Siehe über die Bezüge Cthulhu Khalk’ru Will Murray, The Call o f Khalk’ru and Other Speculations, Nyctalops Nr. 19, 1991, S.72-76.

126 wartend und einfangend, mit einer unmenschlichen Kraft des Festhaltens versehen. Man darf natürlich nicht an die kleinen und harmlosen Polypen des Mittelmeeres den­ ken, sondern an den unheimlichen und gigantischen Kraken der nordischen Seemanns­ sage. Die Erzählungen William Hope Hodgsons (1877 - 1918), in denen krakenhafte Ungeheuer eine große Rolle spielen35, hat Lovecraft jedoch erst 1934 für sich entdeckt (siehe SL V, S.26, S.41, S.197F, S.431); sie können daher nicht als Quellen gelten. Doch es ist auch gar nicht erforderlich, nach einer »Quelle« für Cthulhu zu suchen; zu vollkommen entspricht er spezifischen Ideen und Bildern des Lovecraftschen Uni­ versums des Schreckens. Cthulhu ist aber weit mehr als ein riesiger außerirdischer Kraken; dieser ist sozusagen lediglich seine ikonographische Vergegenwärtigung, während Cthulhu selbst so fremdartig wie das Schicksal bleibt, das er dermaleinst der Erde bereiten wird. Während in The Shadow Over Innsmouth die Bedrohung aus dem Meer etwas Leises, Schleichendes hat und ihre Opfer nicht schlagartig vernichtet, son­ dern dekadent macht, ist Cthulhu dezidiert eine apokalyptische Größe. Sein Erwachen signalisiert den Zusammenbruch aller menschlichen Kultur. Die orgiastischen Kulte, die Cthulhu verehren, hoffen zwar auf eine Fortsetzung und Steigerung ihrer Feste: »The liberated Old Ones would teach them new ways to shout and kill and revel and enjoy themselves, and all the earth would flame with a holocaust of ecstasy and freedom« (in: DH, S. 141). Die orgiastische Anarchie der Anhänger des Cthulhu-Kultes ist aber doch auch nur eine menschliche Interpretation der völligen Umwertung aller Wer­ te, die das Wiedererwachen Cthulhus mit sich bringt. Mit einer schier genialen Meta­ phorik des Amorphen gelingt es Lovecraft, das Kommen Cthulhus als den Siegeszug einer völligen Auflösung des dem Menschen verstehbaren Universums anzudeuten. Die »falsche Geometrie«, die auf der Insel R’lyeh herrscht, erinnert auf den ersten Blick an die Evokation des Wahns durch den konsequenten Verzicht auf rechte Win­ kel und »normale« Perspektiven in dem Robert-Wiene-Film Das Cahinet des Dr. Caligari (1919). Aber Lovecraft will nicht so sehr eine schizoide, wahnhafte Sehweise evozieren, sondern unser alltägliches Bild von Raum und Zeit und ihren Gesetzen hin­ terfragen. Weder seine Anhänger noch der Erzähler können letztlich sagen, was genau Cthulhu ist. Wie wenige andere Erzählungen Lovecrafts ist The Call of Cthulhu von der schreck­ lichen Präsenz eines Numens, eben Cthulhus beherrscht. Hier steht tatsächlich ein Gott im Mittelpunkt - wenn man Cthulhu denn so verstehen will (s.u.). Allerdings nicht ein Gott einer tröstlichen oder sonstwie humanen Religion, sondern einer unmenschlichen, numinosen Andersartigkeit, die unsere Zivilisation nur hinwegfegen kann. HPL ge­ lingt es, mit der Gestalt Cthulhus eine mythische Chiffre zu schaffen, die gerade die Infragestellung all dessen bedeutet, was dem Menschen lieb und wert zu sein pflegt.

35 Vgl. über Hodgson meine Darstellung im QM Nr. 82, 1994, S.46-56.

127 Dabei ist Cthulhu nicht böse; er ist kein Dämon. Wenn er von primitiven Kulten so ver­ standen (und verehrt) wird, liegt das an deren begrenzten Verständnismöglichkeiten. Lovecraft versucht hier bereits anzudeuten, was ihm dann mit The Colour Out o f Spa­ ce (abgeschlossen im März 1927) unüberholbar gelungen ist: die Manifestation des Numens zum Symbol für die angesichts der Fremdartigkeit des Kosmos’ zerbrechen­ de Rationalität zu machen. Obwohl Cthulhu im Meer wohnt, ist er doch kein »Meeresgott« wie Poseidon, Nep­ tun oder Aegir. Nirgends beherrscht er den Ozean wie ein Elementarnumen; weitaus wichtiger ist seine Gewalt über die Träume, durch die er Menschen als seine Diener anwirbt - und über das Vehikel des Unbewußten nach ihnen greift. Doch ist Cthulhus Aufenthalt in den Tiefen des Meeres natürlich nicht beliebig: Das Meer ist der Bereich der Erde, der am ehesten zum Träger des Unbekannten werden kann und das in bei­ nahe sämtlichen symbolischen Bezügen in Affinität zum Unbewußten des Menschen tritt. Cthulhu ist aber gewiß nicht einfach bloß eine Chiffre für ein bedrohliches, über­ mächtiges Es in einem Freudschen oder Jungschen Sinne. Lovecrafts Schöpfung ist primär als kosmologisches, nicht als psychologisches Symbol zu interpretieren. ln späteren Geschichten wird Cthulhu immer nur beiläufig erwähnt, im Zuge der ty­ pischen Lovecraftschen Anspielungen, die alle seine Werke miteinander verbinden: so in The Dunwich Horror (in: DH, S. 170), The Mound (in: HM, S.l 15), Medusa's Coil (in: HM, S .l87), The Whisperer in Darkness (in: DH, S.219, S.223, S.226, S.254, S.256), At the Mountains o f Madness (in: MM, S.22, S.45, S.66, S.68), The Shadow Over Innsmouth (in: DH, S.337, S.367), Through the Gates ofthe Silver Key (in: MM, S.452) und The Horror in the Museum (in: HM, S.216, S.230, S.235). Hinzu kommen noch Stellen, an denen Eovecraft etwa Eingeborene auf Cthulhu in entstellter oder sonstwie veränderter Form hinweisen läßt (Clooloo: Medusa’s Coil, in: HM, S.189E; Clulu: Winged Death, in: HM, S.247; Cthulhutl: The Electric Executioner, in: HM, S.74, S.77; Tulu: The Mound, in: HM, S.101, S.103, S.114 und passim). Ich habe die Belege hier vollständig vorgeführt, um zumindest an einem Beispiel das schiere Aus­ maß der intertextuellen Vernetzung in Lovecrafts Erzählungen zu demonstrieren. East jede Geschichte hat direkte (also nicht nur motivliche) Bezüge zu anderen: nicht nur gleiche Götter und verbotene Bücher, sondern auch Orte und Personen. So taucht Al­ bert Wilmarth, der Protagonist von The Whisperer in Darkness, in At the Mountains of Madness als »unpleasantly erudite folkorist« (in: MM, S.30) auf. HPLs Erzählun­ gen können als einzelne Kapitel eines komplexen Romans gelesen werden, in dessen Zentrum nicht die menschlichen Charaktere, sondern vielmehr die schier überwälti­ genden Erfahrungen der Konfrontation mit dem Fremden und Außermenschlichen ste­ hen.

128 Betrachten wir andere Götter in Lovecrafts Mythologie. Azathoth ist eine Art dämonischer Sultan im Zentrum des Chaos. Lovecraft beschreibt ihn niemals eingehend; auch steht er nie im Mittelpunkt einer Geschichte (wie Cthulhu oder Yog-Sothoth). Als anarchischer Deus otiosus verkörpert er die ständige Be­ drohung des Kosmos durch das Chaos. »He thought of the ancient legends of Ultima­ te Chaos, at whose centre sprawls the blind idiot god Azathoth, Lord of All Things, encircled by his flopping horde of mindless and amorphous dancers, and lulled by the thin monotonous piping of a daemoniac flute held in nameless paws« (The Haunter of the Dark, in: DH, S.l 10 vgl. S.l 15). Ähnliche Passagen und Anspielungen finden sich in The Mound (in: HM, S .l03), The Whisperer in Darkness (in: DH, S.223, S.226, S.256), The Dreams in the Witch House (in: MM, S.272L, S.282, S.293), The Horror in the Museum (in: HM, S.234), vor allem aber in The Dream-Quest o f Unknown Ka­ dath (in: MM, S.3O8, S.318, S.356, S.404). Dazu kommen das Gedicht Azathoth in den Fungi from Yuggoth (in: CP, S.124L) und das Fragment gleichen Namens (in: D, S.357L), das wahrscheinlich die Keimzelle des Romans The Dream-Quest of Unknown Ka­ dath bildet. Ich habe andernorts zu zeigen versucht, daß die wesentlichen literarischen Vorbilder dieses Gottes die Gestalten des »Kaisers Chaos« in John Miltons Paradise Lost (11.890-919) und die Epiphanie des Chaos am Ende von Alexander Popes The Dunciad (IV.629-632 u. 653-656) waren.36Lovecraft hat beide Dichter (Milton und Po­ pe) hoch verehrt und erwähnt sie in seinen Briefen regelmäßig. Für die Thronsaalszene (Azathoth, von dämonischen Flötenspielern und kakophonischer Antimusik umgeben, »herrscht« auf einem schwarzen Thron in der Mitte des nuklearen Chaos) und vor al­ lem für die Bezeichnung als »Sultan« (z.B. in: MM, S.293) ist mit einiger Sicherheit an William Beckfords Vathek zu erinnern (zu HPLs Wertung dieser klassischen un­ heimlichen Erzählung siehe: D, S.383L). Dort ist es Iblis, der islamische Satan (der Name ist die arabische Verballhornung des biblischen Diabolos), der dämonische Herrscher der Unterwelt, in dessen Thronsaal sich Pracht und Verzweiflung, Schrecken und Faszination verbinden.37 »Blind« und »mindless« ist Azathoth, weil er eben nicht rationale Prinzipien verkörpert, sondern im Zentrum des Lovecraftschen Universums nukleare, transdimensionale Anarchie herrscht. Sein »Schlaf« erinnert an den Welt­ schöpfer Lord Dunsanys, Mana-Yood-Sushai, dessen unruhige Träume die Welten er­ zeugen (Of Skarl the Drummer in dem Band The Gods o f Pegana, London 1905): Wenn er erwacht, werden sie vergehen.

36 Siehe meinen Artikel W.B. Yeats’ The Second Coming und H P. Lovecrafts Nyarlatholep: Eine verglei­ chende Interpretation, SG Nr. 1, 1994, S.94-109, hier S.1041. 37 Über Vathek-Beziige in The Dream-Quest o f Unknown Kadath siehe Peter Cannon, The Influence o f »Va­ thek« on H P. Lovecraft’s »The Dream-Quest o f Unknown Kadath«, in: H P Lovecraft: Four Decades o f Criticism, S.T. Joshi (Edit.), Athens, Ohio 1980, S .153-157.

129 Nach Azathoth ist Yog-Sothoth zu nennen. Vor allem in The Dunwich Horror ist er eine Art Bote bzw. genauer Wegbereiter der Rückkehr der »Großen Alten«, welche die Herrschaft über die Erde zurückgewinnen wollen. Wilbur Whateley und sein Bruder sind Kinder Yog-Sothoths mit einer irdischen Frau, und ihre Funktion ist dezidiert die Vorbereitung des kataklysmischen Einbruchs der »Großen Alten«. Der Name soll va­ ge hebräisch klingen (-oth ist eigentlich die Endung des hebräischen Plurals femininer und oftmals auch abstrakter Substantive, was Lovecraft aber wohl nicht wußte) und er­ innert sofort an Wortbildungen Lord Dunsanys, die Lovecraft gerade in seinen frühen Geschichten nachahmt. Yog-Sothoth kommt bereits mehrfach in The Case of Charles Dexter Ward vor, ohne daß seine Funktion ganz klar würde (in: MM, S.151, S.171, S.195, S.204L, S.209, S.215-217, S.234). Immerhin spielt er eine zentrale Rolle so­ wohl bei der nekromantischen Beschwörung Joseph Curwens als auch bei dessen schließlicher Bannung durch Willett. Beide magischen Formeln, die Lovecraft expli­ zit mitteilt (eine Ausnahme in seinem Werk) enthalten den Namen Yog-Sothoth (in: MM, S.205). In The Haunter of the Dark ruft Blake ihn (ebenso wie Azathoth) um Ret­ tung vor Nyarlathotep an (in: DH, S.115); natürlich ergebnislos. Die Lovecraftschen Götter sind gewöhnlich nicht disponiert, Menschen zu retten. In Through the Gates of the Silver Key (in: MM, S.439) ist er eine Art transzendentes Prinzip: »It was the All­ in-One and One-in-All of limitless being and self - not merely a thing of one SpaceTime continuum, but allied to the ultimate animating essence of existence’s whole un­ bounded sweep - the last, utter sweep which has no confines and which outreaches fan­ cy and mathematics alike. It was perhaps that which certain secret cults of earth have whispered of as YOG-SOTHOTH, and which has been a deity under other names; that which the crustaceans of Yuggoth worship as the Beyond-One, and which the vaporous brains of the spiral nebulae know by an untranslatable sign - yet in flesh the Carter-fa­ cet realised how slight and fractional all these conceptions are « Lovecraft verwendet hier (der Passus hat in dem Entwurf dieser Geschichte von E. Hoffmann Price noch kein Äquivalent) Begriffe der europäischen mystischen Tradition. »Jenseits des Seins«, »Jenseits der (metaphysisch verstandenen Zahl) Eins« sind Prädikate der letz­ ten göttlichen Wirklichkeit im Neuplatonismus. Ein leiser, karikierender Ton ist nicht zu verkennen; Lovecraft kann die etwas pompöse Sprache der traditionellen Meta­ physik nicht völlig ernst nehmen. Auch zur indischen Metaphysik (Identität Atman Brahman bzw. Individualselbst - Weltselbst) hat diese Erzählung auf der Hand liegen­ de und beabsichtigte Parallelen. Ich hoffe, über diese Fragen andernorts ausführlicher schreiben zu können. In weiteren Geschichten spielt Yog-Sothoth eine periphere Rol­ le (The Whisperer in Darkness, in: DH, S.219, S.223; At the Mountains o f Madness, in: MM, S. 106; The Last Test, in: HM, S.43; The Horror in the Museum, in: HM, S.230). Ähnlich wie für Cthulhu erfindet Lovecraft für ihn indianische (Yog-Sototl in The Electric Executioner, in: HM, S.74) und mittelalterlich-europäische Namensfor­

130 men (Yogge-Sothotha in The Case o f Charles Dexter Ward, in: MM, S.216; auch Yogg-Sothoth, in: MM, S.195). Eine irgendwie ähnliche Funktion hat 'UmrAt-Tawil, dessen Name genuin arabisch ist und von Lovecraft mit »the prolonged of life« übersetzt wird. Diese Übersetzung ist richtig (’umr heißt »Leben«, tawil »lang«); Lovecraft hat sie von seinem Freund E. Hoffmann Price, der dieses Epitheton auch sonst in seinen Werken verwendet (bei­ spielsweise als respektvolle Anrede Tawil ul 'Umr einem Scheich gegenüber in der Er­ zählung Satan ’s Garden, in: WT, April/Mai 1934). ’Umr At-Tawil tritt nur in Through the Gates o f the Silver Key auf und ist dort eine Art kosmischer Schlüssel wächter zu den inneren Geheimnissen des Universums. Diese interessante, mit eigentümlichen Spekulationen gefüllte Novelle hat eine denkwürdige Entstehungsgeschichte. E.Hoffmann Price (3. Juli 1898 - 18. Juni 1988)” , der Meister exotisch-orientalischer Aben­ teuergeschichten mit phantastischem Tenor, hat HPLs Werk in hohem Maße verehrt (obwohl er selbst inhaltlich und stilistisch ganz anders schrieb) und wollte unbedingt eine Erzählung mit ihm zusammen verfassen. Zu diesem Zweck schrieb er als Roh­ entwurf The Lord O f Illusion, eine Fortsetzung zu Lovecrafts The Silver Key (1926, veröffentlicht in: WT, Januar 1929). In diesem Entwurf ist bereits von 'Umr At-Tawil die Rede (der hier aber in stark menschlicher Gestalt auftritt); auch das Necronomicon-Zitat und fast die gesamte metaphysische Spekulation über Ich-Diffusion und Identitätsverlust angesichts der multidimensionalen Wirklichkeit, also moderner ge­ sprochen die Ideen zum Thema Bewußtseinserweiterung sind bereits von Price vor­ formuliert (und wirken daher im Œuvre Lovecrafts als Fremdkörper).” Im Hintergrund stehen natürlich die buddhistischen und taoistischen Sympathien von Price, zu denen sich der »Sultan Malik« (wie ihn Lovecraft in seine Briefen gerne freundschaftlich­ spöttisch anredete) auch öffentlich bekannt hat. Lovecraft hat das narrative Gerüst ge­ genüber Price angereichert; der gesamte Zkauba-Passus stammt von ihm. Interessant ist außerdem, daß Lovecraft mehrere massiv das Christentum angreifende Passagen von Price herausgestrichen hat, obwohl diese zweifelsohne auch seinem persönlichen Urteil entsprachen. Als kleine Hommage gegenüber seinem Mit-Autor fügt Lovecraft 38 Vgl. seine Kurzbiographic in R. Reginald, Science Fiction and Fantasy Literature. A Checklist 1700 1974, II. Detroit, MI 1979, S. 1038f. sowie den Nachruf von Will Murray in Studies in Weird Fiction Nr. 4, 1988, S.32f. Ein längeres Interview neueren Datums (1985) mit Price ist inCoC Nr. 66, 1989, S.36-43 enthalten. Price hat häufig über seine Erinnerungen an Lovecraft geschrieben, besonders ausführlich z.B. in The Man Who Wto Lovecraft, in: H.P. Lovecraft, Something About Cats and Other Pieces, August Derleth (Edit.), Arkham House, Sauk City, Wisconsin 1949, S.278-289. 39 Dieser Entwurf, erhalten in der John Hay-Library in Providence, wurde zuerst von Robert M. Price in CoC Nr. 10, 1982, S.46-56 veröffentlicht und ist jetzt leichter zugänglich in dem Band Tales o f the Lovecraft Mythos, R.M. Price (Edit.), Minneapolis, Minnesota 1992, S .137-152. Die Hintergründe seiner Zusam­ menarbeit mit Lovecraft erzählt Price selbst ausführlich in seiner biographischen Skizze des WT-Herausgebers Farnsworth Wright, die 1944 in The Ghost Nr. 2 von W. Paul Cook (Edit.) erschien (nachgedruckt in: Robert Weinberg (Edit.), The Weird Tales Story, West Linn, Oregon 1977, S.7-15, hier S.13L).

131 einige Sätze über die Geheimnisse in den Krypten unter der französischen Stadt Bayonne ein, deren gemeinsame Erforschung Randolph Carter und Etienne-Laurent de Marigny (dem HPL Züge von Price verleiht, z.B. das Hobby des Teppichsammelns) zu Freunden gemacht hat (in: MM, S.424). Die rätselhaften Höhlen und Gänge unter Bayonne sind ja die bevorzugte Örtlichkeit des Erzählzyklus um den französischen Schwertfechter und Okkultisten Pierre d’Artois, den Price in diesen Jahren meist in Weird Tales (aber auch in den Zeitschriften Strange Detective Stories und Spicy-Adventure Stories) veröffentlichte und lediglich deshalb nicht weiterführte, weil die Er­ zählungen unfreiwillig wie Pastiches von Seabury Quinns bekannten Jules de Grandin-Geschichten wirkten.4" Auch Atlaanät (in: MM, S.435) ist natürlich eine An­ spielung auf Erzählungen von Price (The Dreamer o f Atlaanät, in: WT, 1926; A Jest and a Vengeance, in: WT, September 1929; The InfideTs Daughter, in: WT, Dezem­ ber 1927 - der Name erscheint in verschiedenen Schreibungen). Lovecraft war mit der Überarbeitung von Through the Gates o f the Silver Key vom Oktober 1932 bis zum April 1933 beschäftigt. Price hat die Erzählung dann nach HPLs handschriftlichem Manuskript abgetippt und dabei noch einige eigene minimale Veränderungen vorge­ nommen; so wurde die Geschichte im Juli 1934 in Weird Tales unter beider Namen ver­ öffentlicht (die Fassung in MM wurde von S. T. Joshi nach dem Autographen Lovecrafts korrigiert). Diese Novelle enthält nicht zuletzt eine der köstlichsten Selbstkari­ katuren, die Lovecraft je zu Papier gebracht hat: den etwas versponnenen alten Träu­ mer und Briefeschreiber Ward Phillips (letzteres entspricht dem Geburtsnamen von HPLs Mutter) aus Providence. Überhaupt hat Lovecraft die Fähigkeit zu satirisch-hu­ moristischer Autobiographie in hohem Maße besessen. ’Umr At-Tawil war aber nur ein »Augenblicksgott« (um Herrmann Useners Begriff für spontane religiöse Erfin­ dungen von Göttergestalten ohne größere Nachwirkung zu verwenden); er taucht in keiner weiteren Geschichte auf. Through the Gates ofthe Silver Key bleibt eine zwar merkwürdige, aber in ihrer mythischen Amplifikation einer bewußtseinserweiternden Erfahrung ernstzunehmende und interessante Novelle, die mehr Beachtung verdient hätte.4041 Ein förmlicher Bote der Lovecraftschen Götter ist Nyarlathotep, der sich zu Azathoth verhält wie Hermes zu Zeus oder Merkur zu Jupiter. Er ist vielleicht die (biogra­ phisch) älteste der spezifischen Schöpfungen Lovecrafts. Seinen Namen verdankt er einem Traum HPLs (s.o.). Die Endung -hotep ist ägyptisch, nicht jedoch das vordere 40 Price hat die Entstehung der Pierre d'Artois-Geschichten im Vorwort zu seinem Sammelhand Far Lands, Other Days, Chapel Hill, NC 1975 selbst geschildert. Leider gibt es keine brauchbare Bibliographie zu Price, der insgesamt mehrere hundert Erzählungen (Ahenteucr, Phantastik, Horror, auch Western und Erotica) und in hohem Alter darüber hinaus noch einige Science Fiction-Romane geschrieben hat. 41 Weitere Kollaborationen mit Price hat Lovecraft wegen der Verschiedenheit ihres Stils und ihrer Vorgehensweisc abgelehnt, obwohl dieser ihn mehrfach darauf ansprach (s. SL V, S.130, S.193L) - zu unter­ schiedlich waren ihrer beider ästhetische Temperamente.

132 Glied des Namens, Nyarlat- (Ny- soll womöglich afrikanisch klingen; vgl. dazu das Afrika-Bild in Facts Concerning the Late Arthur Jermyn and His Family, 1920). Nyarlathotep wäre dann ein ägyptisch-afrikanischer Gott. Dieses Numen - eine der inter­ essantesten Schöpfungen Lovecrafts, die nicht zuletzt Robert Bloch in seinen ersten Kurzgeschichten mächtig inspiriert hat - durchlebt eine deutliche und benennbare Ent­ wicklung. In dem frühen Prosagedicht Nyarlathotep (1920, in: MW, S.32-34) ist er ein wandernder Showman, der mit seinen merkwürdigen elektrischen Mirakeln und vi­ sionären Kinovorführungen seine Zuschauer in Erstaunen und Schrecken versetzt.42 Die apokalyptische Zuspitzung der Stimmung endet in einer fieberhaften Schau des Untergangs der menschlichen Zivilisation; nicht so sehr in einer Katastrophe, sondern in einer beschleunigten Dekadenz, einem alptraumhaften Zerfall der Stadt (Providence) und ihrer Kultur. Schließlich mündet das bemerkenswerte Fragment in einem nachtmahrhaften Sturz in das finstere Chaos, in dem »dance slowly, awkwardly, and absurdly the gigantic, tenebrous ultimate gods - the blind, voiceless, mindless gargoyles whose soul is Nyarlathotep« (in: MW, S.34). S.T. Joshi hat anhand einer ein­ gehenden Analyse dieses Textes Lovecrafts Radikalisierung der Position von Oswald Spengler (Der Untergang des Abendlandes, 1918/22; englisch als The Decline o f the West, 1926/28) aufgezeigt.43 Zur Bedeutung dieser Affinität ist es nicht erforderlich, daß Lovecraft Spengler schon so früh kannte (er erwähnt ihn erstmals 1927 (siehe SL II, S. 103)). Gedanken über den Zusammenbruch der traditionellen Kultur lagen gegen Ende des 1 Weltkrieges und danach ganz allgemein in der Luft und wurden von vie­ len Gebildeten geteilt. Verglichen mit Nyarlathotep - einem der bemerkenswertesten und auch bedeutendsten Texte, die Lovecraft jemals geschrieben hat - nehmen sich an­ dere frühe Phantasiestücke über zunehmende Dekadenz - etwa einer Straße in The Street (in: The Wolverine, Dezember 1920; in: D, S.343-349) - reichlich brav aus. Das Numen selbst oszilliert zwischen einem reisenden Gaukler und einem Vorboten des Untergangs; als Gott kann man ihn noch schwerlich bezeichnen. Doch hat sich die Gestalt Nyarlathoteps dann rasch und vielfältig weiterentwickelt. In The Dreams in the Witch House beispielsweise wird er mit dem »Schwarzen Mann«, dem Teufel der europäischen Hexenüberlieferungen, identifiziert (in: MM, S.273, S.286). Lovecraft hält sonst eher Abstand zu den meisten traditionellen Motiven der Horrorliteratur und so auch zum Hexenwesen. Diese Identifikation ist insofern er­ staunlich. Ganz anders wiederum in der chthonischen Alptraumgroteske The Rats in the Walls, einer der zweifellos beklemmendsten Erzählungen Lovecrafts, die in ihrer schieren Kraft der Evokation eines höhlenhaft verborgenen, kannibalischen Grauens 42 Vgl. Will Murray, Behind the Mask o f Nyarlathotep, LS Nr. 25, 1991, S.25-29; Joel Lane, The Master of Masks, Nyctalops Nr. 19, 1991, S.62-66. 43 S. T. Joshi, H P Lovecraft: The Decline o f the West, Starmont Studies in Literary Criticism 37, Mercer Is­ land, WA 1990, S.133-145.

133 unübertroffen geblieben ist.44 Derleth hielt diese Geschichte bekanntlich für Lovecrafts beste und überhaupt für die vielleicht perfekteste unheimliche Erzählung unseres Jahr­ hunderts. Das führt zu der leisen Absurdität, daß sie der einzige Text Lovecrafts ist, der sowohl in Kindlers Literatur Lexikon als auch in dessen Neubearbeitung, Kindlers Neues Literatur Lexikon, einen eigenen Artikel erhalten hat (beide starren vor Un­ kenntnis, wie nicht anders zu erwarten). In The Rats in the Walls (geschrieben August/ September 1923; vgl. SL I, S.250 und S.258f.)45 ist Nyarlatothep Inbegriff einer kryp­ tischen Welt im Inneren der Erde, eines nachtmahrhaften Bereichs, aus dem die schar­ renden, kratzenden, nur für den Protagonisten hörbaren »Ratten im Gemäuer« herauf­ kommen und sein Bewußtsein dadurch destruieren, daß sie eine Überflutung durch ar­ chaische (im Kannibalismus bloß symbolisierte) Bewußtseinsinhalte bewirken. Er (Nyarlathotep) tritt hier nicht eigentlich als Figur in Erscheinung, sondern bleibt als be­ drohliche Größe im Hinter- oder besser Untergrund (in: DH, S.44). Nyarlathotep ist ein Gegenstück Azathoths im Zentrum der Erde; eine chaotische, destruktive und devolutionäre Macht im verborgenen Mittelpunkt des Planeten. Wieder ein wenig anders wird das Numen in The Dream-Quest o f Unknown Kadath akzentuiert, wo er eine zentrale Rolle innehat und zum Gegenspieler Randolph Car­ ters und seiner Suche nach der »marvellous sunset city« wird. Die Epiphanie Nyarlathoteps folgt den Lovecraft aus der antiken Literatur (vor allem Homer und Vergil) ver­ trauten Formen, bis hin zu einer förmlichen Selbstvorstellungsformel (»Ich-BinWort«; in: MM, S.403). Es ist erstaunlich, wie ein Text, dessen Gattung schwerlich an­ ders denn als literarische Fantasy bestimmt werden kann, bis in Details dem Muster folgt, nach dem die antike Epik - überhaupt der archaische Glaube - die Erscheinung eines Gottes beschrieben hat. Nyarlathotep hat hier dezidiert satanische Züge; er ist ein ins Metaphysische gesteigerter dunkler Pharao, »whose proud carriage and swart fea­ tures had in them the fascination of a dark god or fallen archangel, and around whose eyes there lurked the languid sparkle of capricious humour« (in: MM, S.398). Doch würde er nichts als Wahnsinn und Tod über Carter bringen, wenn diesem nicht der freundlich gesonnene Nodens, »Lord of the Great Abyss«, beistünde. Interessant auch, daß der Gott in dem Gedicht The Eider Pharaos (in: Fungi from Yuggoth, in: CP, S.127) maskiert mit einer silbernen Maske auftritt - ihm ins Angesicht zu sehen, wür­ de Wahnsinn und Tod bedeuten (vgl. weiter unten zu diesem Motiv). 44 Die Intensität dieser Erzählung wird in ihrer Thematik allenfalls noch von Robert Barbour Johnsons berühmter Lovecraft-Pastiche Far Below (in: WT, Juni/Juli 1939) erreicht, wo ebenfalls Elemente aus Pickman 's Model mit einfließen. Nyarlathotep wird explizit genannt. Dorothy Mcllwraith, die letzte Her­ ausgeberin von Weird Tales (um von den modernen Nachahmungen des Magazins nicht zu reden), hat die­ se Geschichte (Far Below) 195 3 übrigens für die beste gehalten, die je in WT erschienen sei. 45 Lovecraft plante ernstlich, diese Geschichte (die längste, die er bis dahin geschrieben hatte) nicht zu ver­ öffentlichen, sondern in Manuskriptform zu belassen (SL I, S.250). »A gentleman shouldn’t write all his images down for a plebeian rabble to stare at. If he writes at all, it should he in private letters to other gent­ lemen of sensitiveness and discrimination« (SL I, S.243, an James F. Morton).

134 ln The Haunter ofthe Dark, einer der letzten großen Erzählungen Lovecrafts (ge­ schrieben im November 1935)“ , ist Nyarlathotep ganz zur dämonischen Bedrohung geworden, die den Protagonisten Robert Blake erst in ihren Bann schlägt und dann vernichtet. Anthropomorphes oder auch nur Individuelles fehlt ihm weithin, obwohl er Gegenstand eines Kultes ist. Die ägyptischen Bezüge, die in The Haunter ofthe Dark eine so große Rolle spielen, haben Robert Bloch später zu einigen seiner bemer­ kenswertesten Geschichten angeregt.4647 Manche Hinweise werden von Lovecraft selbst nicht narrativ ausgebaut, so etwa, daß Nyarlathotep in Ägypten4849menschliche Gestalt angenommen habe (in: DH, S. 114). Die Ermöglichung dieser Inkarnation ist vermut­ lich das Verbrechen, um dessentwillen der (fiktive) Pharao Nephren-Ka der damnatio memoriae verfiel (in: DH, S.106). Mitten im Providence der Gegenwart, ja, in einer bekannten und definierbaren Kirche, lauert jener magische Stein, in den unbedacht hineinzuschauen einer Beschwörung Nyarlathoteps gleichkommt. Wiedereinmal ge­ lingt es Lovecraft, Fiktion und Wirklichkeit in der raffiniertesten Weise zu mischen. Die Kirche, die zum Aufenthaltsort Nyarlathoteps wird, ist präzise benennbar: Es ist die römisch-katholische St. John’s Church4'1in der Atwells Avenue (auch wenn Love­ craft sie Free-Will Baptist Church nennt). Leider wurde ihr Kirchenschiff (das ich 1990 noch besichtigen konnte) etwa 1991 teilweise eingerissen; heute steht meines Wissens lediglich noch der Turm mit einem Teil des Schiffs. Nie ganz deutlich wird in der Er­ zählung die präzise Beziehung zwischen Blake und Nyarlathotep: Warum eigentlich tötet Nyarlathotep seinen Erwecker und nicht z.B. andere Menschen in der Stadt? Trotz dieser Unklarheiten bleibt The Haunter o f the Dark eine obsessive Erzählung von großer Intensität. Für das Bild Nyarlathoteps allerdings ist das gleichnamige frühe Pro­ sagedicht der grundlegende Text, sozusagen der Hieros Logos dieses Gottes. Shub-Niggurath ist auf den ersten Blick Lovecrafts Gegenstück zu den Fruchtbarkeitsnumina der gewachsenen Mythologien. Mit dem Wald und den Traditionen des 46 Ihre Entstehung ist oft beschrieben worden, z.B. von L. Sprague de Camp, Lovecraft. A Biography, New York/London 1975 bzw. 1976, S.405-407. Robert Bloch gewidmet, enthält die Schilderung des Protago­ nisten Robert Blake doch primär autobiographische Züge. Vgl. Uwe Sommerlad in diesem Band sowie auch Lovecraft selbst (SL V, S.206, S.209, S.220, S.366L, etc.). 47 Siehe S.T. Joshi, A Literary Tutelage: Robert Bloch and H P. Lovecraft, SWF Nr. 16, 1995, S.13-25 so­ wie wiederum Uwe Sommerlads Beitrag in diesem Band. 48 »Antique and shadowy Khem« (in: DH, S.l 14). Khem, wörtlich »das Schwarze«, ist jener Name, mit dem die Ägypter ihr Land in pharaonischer Zeit benannten (nach der Farbe des vom Nilschlamm gefärbten Bo­ dens). 49 Ein wunderbar ominöses Bild dieser Kirche findet sich in Willis Conover, Lovecraft at Last, Arlington, Virginia 1975, S.122; ein konventionelleres in dem (ansonsten wertlosen) Buch von Philipp H.Shreffler, The HP. Lovecraft Companion, Westport, Connecticut/London 1975, S.72. Über die Abbrucharbeiten und ihre Beendigung durch eine persönliche Intervenüon des Bürgermeisters von Providence, Vincent Cianci, s. Robert Bloch, A Eulogy for the Church o f «The Haunter ofthe Dark«, Tekeli-li! Journal of Terror Nr. 4, 1992, S.8 (mit Photos) sowie auch Marc Michaud, Starry Wisdom Church To Be Saved, LS Nr. 26, 1992, S.40.

135 Hexensabbats verbunden, hat sie »tausend Junge«. Dieser letzte Zug, der sie zu einer Art Fruchtbarkeitsgöttin macht (vgl. die vielbrüstige50 Artemis von Ephesus), stammt wohl aus Edmund Spensers The Faery Queene (1596), wo ein gräßliches Monster halb Schlange, halb Menschenfrau - in ihrer Höhle ihre tausend Jungen ausbrütet (Buch I, Canto 1, 15).51 Die Bezeichnung goat (»Ziege«) weist in den naturhaft-vitalen Bereich; Shub-Niggurath ist eine animalische und ins Subhumane pervertierte Magna Mater52, ein weiblicher (oder androgyner?) Pan. In Out of the Aeons ist sie die »Mother Goddess« eines prähistorischen Kultes (in: HM, S.273). Ihr Name evoziert wie­ der Hebräisches und Arabisches; vielleicht soll er auch an Lord Dunsanys Sheol Nugganoth in Idle Days on the Yann erinnern53 (Scheol ist im Alten Testament die Unter­ welt). Die arabischen und hebräischen Anklänge mancher seiner Namen sind Lovecraft sehr wohl bewußt gewesen (in: SLIV, S.386). Er verwendet Shub-Niggurath erst­ mals in The Last Test (in: HM, S.47) und dann in den meisten seiner stärker mythisch orientierten Geschichten (Belege: IFP, S.36), doch dient das Numen offenbar immer nur dazu, eine gewisse Komponente animalisch-triebhafter Transzendenz zu evozie­ ren, ohne daß Lovecraft eigene Erzählungen über sie erfinden wollte. Andere Götter treten lediglich vereinzelt und peripher in Erscheinung; ich verzich­ te hier auf ihre eingehende Besprechung. Hastur (in: The Whisperer in Darkness, in: DH, S.223, S.239) entnimmt Lovecraft einer Geschichte von Ambrose Bierce (Hai'ta the Shepherd in der Sammlung Can Such Things Be: LL Nr. 84), wo er eine Art bu­ kolisches Hirtennumen ist, bzw. aus mehreren Texten von Robert W. Chambers (The King in Yellow, 1895; LL Nr. 157), ohne daß engere Bezüge über den Namen hinaus sichtbar würden (vgl. SL II, S.148, S.207; SL V, S. 120). Eigene Bedeutung gewinnt Hastur nur bei Derleth, und zwar zuerst in The Return o f Hastur, einer Geschichte, die Lovecraft noch im Entwurf gesehen hat und in deren Druckfassung in Weird Tales vom März 1939 einige seiner Anregungen eingeflossen sind. Hastur ist dort ein Luftgeist und Halbbruder Cthulhus. Bei Lovecraft geht es einfach um die Reverenz gegenüber Bierce und Chambers. Yig, der »Vater der Schlangen«, ist eine pseudoindianische Schöpfung, die nur in The Curse ofYig und The Mound zentral figuriert; in einigen an­ deren Geschichten wird er beiläufig erwähnt. Interessant ist, daß er einmal explizit ei­ ne symbolische Deutung erfährt: »The principle of life symbolized as the father of all 50 So jedenfalls die traditionelle Interpretation ihres berühmten Kultbildes. Neuerdings wollen Religionsge­ schichtler in den »Brüsten« allerdings vielmehr einen Umhang aus Stierhoden sehen. 51 Vgl. Donald R. Burleson, H P Lovecraft: A Critical Study, Contributions to the Study of Science Fiction and Fantasy 5, Westport, CN/London 1983, S.194. 52 Magna Mater-Kybele kommt bei Lovecraft auch vor, und zwar als Inbegriff eines mütterlich-chthonischatavistischen Urgrundes in der Geschichte The Rats in the Walls. Zum Verständnis dieser Passagen ist vor allem die Kenntnis von Catulls Atüs-Gedichts unerläßlich. Vgl. zu The Rats in the Walls das dieser Er­ zählung gewidmete grundlegende Sonderheft CoC Nr. 72, 1990. 53 So Robert M. Price in seinem Vorwort zu der Anthologie The Shub-Niggurath Cycle, Chaosium Fiction, Oakland, CA 1994.

136 serpents« (The Mound, in: HM, S. 136).54 Ähnlich vage bleiben die Gestalten der im­ mer zusammen genannten Götter Nug und Yeb (The Last Test, in: HM, S.47; The Mound, in: HM, S.144; Out o f the Aeons, in: HM, S.273; auch SL V, S.3O3), die viel­ leicht an das ägyptische Götterpaar Nut und Geb erinnern sollen55 (doch s. SL V, S.386). Rhan-Tegoth ist ein extra für The Horror in the Museum geschaffenes, stark an Cthulhu angelehntes Numen mit einer unerquicklichen Vorliebe für Menschenop­ fer (in: HM, S.232L, etc.), ähnlich Ghatanothoa in Out of the Aeons (in: HM, S.272 und passim). In der letztgenannten Erzählung wandelt HPL in bemerkenswerter Wei­ se den uralten Glauben ab, daß die Götter mit leiblichen Augen zu sehen Wahnsinn, Erblindung oder Tod nach sich zieht.56 Mehrfach ist behauptet worden, daß Lovecraft in seinen Revisionen (zu denen die letztgenannten Texte ja allesamt gehören) sozusa­ gen autoparodistisch Götterpersiflagen seiner unter eigenem Namen veröffentlichten Geschichten schaffen wollte; die Indizien für eine solche Sicht sind jedoch eher spär­ lich. Tsathoggua ist deshalb interessant, weil seine mehrfache Erwähnung eine Homma­ ge an den mit Lovecraft seit 1922 in brieflichem Kontakt stehenden kalifornischen Ma­ ler, Lyriker und Erzähler Clark Ashton Smith (1893 - 1961) darstellt. Smith hatte Tsathoggua - eine eklige, krötenförmige Monstrosität, die als »Gott« zu bezeichnen selbst schon eine Blasphemie ist - zuerst in The Tale ofSatampra Zeiros (in: WT, November 1931) und dann in The Door to Saturn (in: Strange Tales, Januar 1932) eingeführt. Lovecraft hat diese Geschichten und überhaupt Smiths Werk tief bewundert, zumal Smith - was gerne übersehen wird - in den frühen 20er Jahren wegen seiner genialen Jugendlyrik viel bekannter als Lovecraft war57 (das änderte sich erst, als HPL über Weird Tales einigen bescheidenen Ruhm erlangte). Mit Cthulhu verbindet Tsathoggua das Grotesk-Amorphe; die Auflösung der Gestalt ist bei Lovecraft in hohem Maße angstbesetzt. Lovecraft beschwört ihn wortgewaltig in At the Mountains o f Madness'. »...the Hyperborean legends of formless Tsathoggua and the worse than formless starspawn associated with that semi-entity« (in: MM, S.45). Eine größere Rolle spielt er 54 Vgl. Robert M. Price, 77ie Allegory o f Yig, CoC Nr. 11, 1983, S.46. 55 So Will Murray, On the Natures o f Nug and Yeb, LS Nr. 9, 1984, S.52-59. 56 Vgl. beispielsweise im Alten Testament, Genesis 32, 31; Exodus 33, 20; Richter 6, 22f, etc. Die spätalttestamentliche »Weisheit Salomos« (11, 19) erzählt von monströsen Tieren, deren bloßer Anblick zu tö­ ten vermag (vgl. die griechische Medusa). Gerade der griechische und römische Mythos ist voll von Ge­ schichten über Menschen, die durch die unerlaubte Schau der Götter wahnsinnig (Herodot IV, 681.; Pausanias VII, 19, 6) oder blind (Apollodor, Bibliothek II, 4,9; Plularch, Alexander 3, 1-3) werden oder auch sterben (Pausanias X, 32, 17f.) - insofern sind die antiken Götter von denen Lovecrafts gar nicht so fun­ damental unterschieden. Pausanias (den HPL natürlich kannte) berichtet von einer Priesterin, die bei ei­ ner unerlaubten Schau der Göttin Athene in Stein verwandelt wird (IX, 32,2). Auch das Erblicken der bri­ tischen fairies kann Blindheit und Tod nach sich ziehen (siehe W. Y.Evans Wentz, The Fairy-Faith in Celtic Countries, Oxford 1911, S.33.111. 33.140. 33.182. 33.205). 57 Daran hat mit Recht Frank B. Long erinnert: The H.P. Lovecraft Centennial Conference: Proceedings, S.T. Joshi (Edit.), West Warwick, RI 1991, S.49.

137 allerdings nur in The Mound, wo ihn selbst die dekadenten Bewohner der unterirdi­ schen Höhlenwelt fürchten, in die der spanische Erzähler hineingerät (in: HM, S. 140f, S. 144: Hier entfaltet Lovecraft eine ganze fiktive Geschichte des Tsathoggua-Kultes). Peripher wird er in einer Reihe von weiteren Erzählungen genannt (Belege: IFP, S.39). Lovecraft legte großen Wert auf diese Vernetzung seines Werkes mit dem von Smith: »Smith constantly mentions my gods and I constantly mention his« (SL V, S.173; vgl. SL III, S.95). Lovecraft hat seine Götter nur in seinen Briefen ganz spielerisch in eine genealogi­ sche Beziehung zueinander gestellt; diese Versuche werden in seinen Geschichten nicht thematisiert (übrigens gleicht seine Mythologie darin derjenigen der von ihm so verehrten Römer, die ihre Götter auch erst unter griechischem Einfluß genealogisch ordneten). Der wohl ausführlichste Versuch in diese Richtung - dessen augenzwinkernder Grundtenor keinesfalls überhört werden darf - soll hier zitiert werden; er fin­ det sich in einem Brief an James F. Morton vom 27. April 1933 (SL IV, S.183):

Azathoth Nyarlathotep (The ancient patrician gens Viburnia of Haec RESPVBLICA. ROMANA)

L. Viburnius Marco I P. Viburnius Marco Legatus of Legio 11., station'd at Isca Silurum in Britannica Secunda in A.D. 103

The Nameless Mist

Yog-Sothoth----Nug I Cthulhu* I Shaurash-ho Yogash the Ghoul i K’baa the Serpant

Darkness Shub-Niggurath

I Tsathoggua* I Yabou Nush the Eternal

I Gilles Grenier Ghoth the Burrower Lord of Averoigne (one of the Little People) I Llunwy of Wales Hippolyte Le Sorcier, ancestor of Owen ancestor of Clark Gwynedd and of H.P.L. Ashton Smith

I ** Viburnia ------ 1—

* First of their respective lines to inhabit this planet. ** This union was an hellish and nameless tragedy.

138 Warum setzt sich ein Mann hin und erfindet eine Genealogie, die seine eigene Per­ son in Abstammung von den »alten Göttern« zeigt? Wenn in den gewachsenen Mytho­ logien etwa Königsgeschlechter auf Götter zurückgeführt werden (wie in Japan oder bei den Inkas), oder wenn Adelsfamilien dies für sich in Anspruch nehmen (so eine Reihe angelsächsischer und germanischer Fürstenfamilien), dann dient das natürlich der Vergewissserung der eigenen Würde und Bedeutung und hat zudem ideologische Funktion im Blick auf die Legitimation von Machtansprüchen. Näher kommen wir, wenn wir an die Verbindung etwa der römischen Julier (des Familienverbandes, aus dem Julius Cäsar stammt) mit der Göttin Venus denken. Die Göttin an der Wurzel des Stammbaumes hat geradezu totemistische Würde: Sie verleiht dem Geschlecht seine spezifische Identität. Im Prinzip gilt das gleiche - aber eben nun ästhetisch-spielerisch -, wenn HPL seine »Herkunft« von Azathoth, Nyarlathotep, dem namenlosen Nebel und der Dunkelheit vorführt. Insofern ist ein solcher ausgeführter fiktiver Stammbaum doch nicht ganz nur Spiel; er ist sozusagen eine imaginative Amplifikation der eige­ nen Identität und darin weit mehr als ein beliebiges »was wäre, wenn«. Vom Tagtraum, in dem der Träumer sich als Held sieht, unterscheidet eine solche Phantasie der mythologisch-kosmologischen Ansatz: Selbst im Spiel fragt Lovecraft nach dem »Ganzen« der Wirklichkeit. Die persönliche und literarische Phantastik wird hier zum Ausloten von Möglichkeiten, zum »Versuch in Sachen Metaphysik«, der auch das eigene Ich zum Gegenstand der Verfremdung macht. Dem menschlichen Bedürfnis nach Ordnung entsprechend nimmt es nicht Wunder, daß sich auch andere an Genealogien über das Lovecraftsche Pantheon versucht ha­ ben, z.B. (spielerisch-skurril) Clark Ashton Smith in einem Brief an R.H. Barlow vom 16. Juni 1934, der zuerst in The Acolyte (Sommer 1944) gedruckt wurde58, und jüngst Robert M. Price, der Lovecrafts und Smiths Stammtafeln geistreich kombiniert und harmonisiert.59 Solche »Theologien« können nicht als Lovecraft-Interpretationen gel­ ten, sondern sind eigenständige Fortschreibungen, wenn man so will, ein esoterisches Insiderspiel. Es ist erstaunlich, in welch hohem Maße sie den berühmten Götterlisten ähneln, die am Anfang der europäischen Literaturgeschichte stehen (Hesiod, Theogonie). Diese gewachsenen Stammtafeln repräsentieren eben auch viel stärker eine Art metaphysisches Experimentieren, als daß sie Ausdruck lebendiger Religion wären. Wieder sticht die Parallelität in der Entwicklung zwischen »wirklicher« und artifiziel­ ler Mythologie ins Auge, die uns schon oft begegnet ist. Die Spiele, die ein Mensch gerne und von sich aus spielt, sagen natürlich mindestens ebenso viel über seine Persönlichkeit aus wie seine bevorzugten philosophischen Schlagwörter. Insofern ist es keine Überfrachtung solcher Briefpassagen, wenn ich sie 58 Am leichtesten zugänglich in: Planets and Dimensions. Collected Essays o f Clark Ashton Smith, Balti­ more 1973 S.34-36 (mit einer Stammtafel der Götter). 59 Robert M. Price, A Mythos Theogony, CoC Nr. 85, 1993, S.28-30.

139 zum imaginativen und autobiographischen Verständnis der Mythologie Lovecrafts für unentbehrlich halte. Letztlich ist der Cthulhu-Mythos eine assoziative, literarisierte Übung zum Austasten der »fremden«, der schlafenden und abgründigen Bestandteile der Seele des Schriftstellers selbst. Lovecrafts Erfolg bei nun mehreren Lesergenera­ tionen beweist, daß er damit an Archetypisches gerührt hat. Lovecrafts Evokation vormenschlicher Götter unterscheidet sich in einem sehr we­ sentlichen Punkt von den meisten gewachsenen Mythen: Lovecrafts Götter sind ethisch indifferent. Indem sie als außerirdische Mächte die Präsenz der kosmischen Größe und Fremdartigkeit auf der Erde verkörpern, sind sie in den menschlichen Kate­ gorien von Gut und Böse nicht zu beschreiben. HPL benutzt daher auch nicht das my­ thische Grundschema eines Kampfes zwischen Gut und Böse; erst August Derleth hat ihn in diesem Sinne weitergeführt. Der Cthulhu-Mythos kann beim besten Willen nicht als Travestie christlicher Mythen interpretiert werden. Derleth meinte, hier gewisse Bezüge zu sehen60, aber schon Fritz Leiber hat dem sehr früh widersprochen (A Lite­ ra ry Copemicus).6' Wenn übermenschliche Lebensformen im Kampf gegeneinander stehen (wie in At the Mountains ofMadness oder The Shadow Out ofTime), dann tan­ giert das die Menschen nur peripher. Mit den Konflikten der Menschenwelt haben die der »Großen Alten« nichts zu tun. Die Idee eines Zornes dieser Götter auf die Men­ schen beispielsweise ist absurd; »as well [...] might a mammoth pause to visit frantic vengeance on an angleworm« (in: MM, S.433f.). Was also sind HPLs Götter in seinen Geschichten im Grunde genommen? In wel­ chem Sinne sind sie Götter? Robert M. Price hat in einem grundlegenden Aufsatz62ge­ zeigt, daß Lovecraft mit einer Idee spielt, die in unseren Tagen unter anderen Vorzei­ chen ernsthaft vertreten wird: Götter sind Cthulhu und Konsorten lediglich in der Inter­ pretation ihrer irdischen (nicht unbedingt nur menschlichen) Verehrer, ln Wahrheit aber sind sie einfach mächtige Wesen außerirdischen Ursprungs, die an irdische Maß­ stäbe und Gesetze bloß in begrenztem Maße gebunden und an irdischen Belangen nicht interessiert sind; eben Extraterrestrier. Gegenüber fast allen modernen Spekula­ tionen über außerirdische »Besucher« oder »Astronauten« macht Lovecraft (wenn auch nur fiktional) Ernst mit der völligen Andersartigkeit außerirdischer Intelligenz. Diese Interpretation gilt allerdings nur für sein reifes, dem Genre Science Fiction an­ genähertes Werk. In seinen an Lord Dunsany orientierten frühen Geschichten läßt sich

60 August Derleth, A Note on the Cthulhu Mythos, Nachwort zu: ders., The Trail o f Cthulhu, Sauk City, WI 1962, S.245-248. 61 In: H.P. Lovecraft, Something About Cats and Other Pieces, Sauk City, WI 1949, S.290-303, hier S.294 (dieser wichtige Essay wurde oft nachgedruckt); vgl. weiterhin T.G.L. Cockcroft, Addendum: Some Ob­ servations on the Carter Glossary, in: The Shuttered Room and Other Pieces, August Derleth (Edit.), Sauk City, WI 1959, S.268-277, hier S.273 - Derleths Interpretation HPLs war nie unumstritten. 62 The Last Vestige of the Derleth Mythos, LS Nr. 24, 1991, S.20f.

140 eine solche Sicht noch nicht verifizieren.63 Auch hier sind die Übergänge fließend; die Erzählung The Other Gods (1921) unterscheidet sogar förmlich die »schwachen Göt­ ter der Erde« von den »anderen Göttern«; denen der faustische Weise Barzai gegeniibertreten will - um nie mehr von seiner Begegnung auf dem Berg Hatheg-Kla (Lovecrafts Olymp) zurückzukehren (in: D, S.127-132). Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß Lovecraft an keine Götter in irgendeiner Bedeutung des Wortes geglaubt hat: Sie sind ihm ausschließlich Vehikel ästhetischer und philosophischer Ideen, die er in seinen Geschichten nicht grundsätzlich anders ver­ wendet als Monstren oder verbotene Bücher. Berühmt ist seine Behauptung, Pan und andere griechische Götter als Kind im Spiel gesehen zu haben - für ihn ein Indiz des ausschließlich subjektiven Charakters der religiösen Schau: »1 have in literal truth built altars to Pan, Apollo, Diana and Athena, and have watched for dryads and satyrs in the woods and fields at dusk. Once I firmly thought I beheld some of these sylvan creatures dancing under autumnal oaks; a kind of religious experience as true in its way as the subjective ecstasies of any Christian. If a Christian teils me he has feit the reality of his Jesus or Jahveh, I can reply that I have seen the hoofed Pan and the sisters of Hesperian Phaetusa« (A Confession ofUnfaith, 1922 (in: MW, S.534f); ähnliche Pas­ sagen finden sich mehrfach in seinen Briefen, etwa SL I, S.300; SL III, S.431f.). Ge­ rade das eben zitierte Essay (A Confession ofUnfaith) beschreibt autobiographisch sei­ nen Werdegang von einer ästhetischen Begeisterung für antike Mythologie zu einem naturwissenschaftlich interessierten Atheismus und Materialismus (HPL war kein Agnostiker, wie oftmals behauptet wird). Wenn in der Schule von den römischen Chri­ stenverfolgungen die Rede war, habe er sich ganz auf Seiten der verfolgenden Römer gefühlt, schrieb er an R. E. Howard (SL III, S.431f.)... Damit ist die Grundtendenz der Lovecraftschen Sicht beschrieben. Jedoch ist das ar­ tifizielle Pantheon des Schriftstellers komplexer, als es die diversen Systematisierer gerne hätten. Das soll an der gewissermaßen gegenläufigen Gestalt des Nodens veran­ schaulicht werden, des einzigen »Gottes«, der bei Lovecraft je Menschen helfend zur Seite tritt.64 Ihm müssen wir uns nun kurz zuwenden, obwohl sein Bild manchem wi­ derspricht, was wir bisher zusammengestellt haben. Erst dann können wir mit Aussicht auf Erfolg fragen, wie sich diese künstliche Mythologie zum bewußten Denken des Schriftstellers verhält und welche Funktionen sie erfüllt. Dabei ist Nodens allerdings streng genommen gar keine Schöpfung Lovecrafts; dieser verdankt ihn vielmehr eini­ gen Anspielungen im Werk Arthur Mächens (über Mächens Einfluß auf Lovecraft ge­ nerell s.u.). Aber auch Machen hat Nodens nicht ex nihilo erfunden. Tatsächlich sind 63 Siehe vor allem Robert M. Price, Demythologizing Cthulhu, LS Nr. 8, 1984, S.3-9, S.24. 64 Ich resümiere hier Beobachtungen, die ausführlicher in meiner Studie Nodens - Metamorphosis o f a Deity, CoC Nr. 87, 1994, S.3-8 nachzulesen sind.

141 schon im 19.Jahrhundert in Lydney Park in der Grafschaft Gloucestershire, wenige Ki­ lometer von Mächens Geburtsort Caerleon-on-Usk entfernt, in einer Tempelanlage aus spätrömischer Zeit Inschriften gefunden worden, die einem Gott Nodens (oder Nodons) geweiht sind. Dieser wird mit dem römischen Mars identifiziert, war aber of­ fenbar primär ein lokales Heilnumen. Kleine Statuetten von Hunden deuten auf Be­ züge zur Unterwelt hin (der Hund ist in der Antike das Symboltier des Hades schlecht­ hin); maritime Affinitäten werden nicht deutlich.65Weil Nodens weder in den erhalte­ nen griechischen und römischen Quellen auftaucht, noch seine keltische Fortsetzung über jeden Zweifel erhaben ist (am ehesten der walisische Nuadd), haben diese Fun­ de Ende des 19. und dann noch einmal in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts eine Menge öffentliches Interesse gefunden. Machen erwähnt Nodens als »Lord of the Abyss« in The Great God Pan (die dort zitierte Inschrift ist jedoch meines Wissens ei­ ne Erfindung Mächens) und auch in seiner Autobiographie. Lovecraft nennt Nodens nur in zwei Geschichten, allerdings in tragender Funktion. In The Strange High House in the Mist (1926), einer seiner wenigen Erzählungen mit einem ambivalenten Schluß (ist Olney zu beglückwünschen oder zu bemitleiden?), zeigt sich Nodens in einer wunderbaren Epiphanieszene, die so in mancher antiken re­ ligiösen Dichtung stehen könnte, als ein Meeresgott, umgeben von Tritonen und Ne­ reiden, also den Gestalten der antiken maritimen Mythologie. Er erscheint dem Ein­ siedler in dem Haus auf den Klippen über Kingsport66 und nimmt ihn und Olney mit auf seinen Triumphzug durch eine ätherische Welt des Traums. Eindeutiger ist die Funktion des Nodens in The Dream-Quest ofUnknown Kadath, wo er der Beherrscher der Night Gaunts und Freund der Ghule ist, die beide in dieser Geschichte auf Seiten des Helden stehen. Die Night Gaunts sind gespenstische (aber nicht vampirische) fledermausartige Wesen, von denen Lovecraft als Kind geträumt und deren Namen er bereits 1896/97 erfunden hatte (s. SL I, S.35; SL IV, S.354, S.361; SL V, S.244, S.335, S.417). Ein recht bemerkenswertes Gedicht ist ihnen gewidmet (Night Gaunts, in: CP, S. 122-124); kürzlich wurde ihr Name gar zum Titel eines Thea­ terstücks von Brett Rutherford über Lovecrafts Leben (Uraufführung in The Providence Athenaeum am 30. September 1990). Aber kommen wir zurück zu Nodens. In der genannten Geschichte rettet er den Protagonisten Randolph Carter vor den irreführen­ den Ratschlägen des dämonischen Nyarlathotep und hilft ihm, den Rückweg aus den chaotischen Welten des Traums auf die Erde und in sein geliebtes Boston zu finden, »bellowing his guidance from unhinted deeps« (in: MM, S.406). »Hoary Nodens« (so sein ständiges Epitheton) ist so wenig »menschlich« wie irgendein anderer Gott Love­ crafts; aber er steht doch im entscheidenden Augenblick auf der Seite des unnachgie65 Alle Inschriften mit Text und Übersetzung s. in meinem eben genannten Artikel. 66 Nach Lovecrafts Angaben ist Kingsport mit Marblehead gleichzusetzen, wo es allerdings keine Klippen gibt. Die nächstgelegenen (wenig eindrucksvollen) findet man in Gloucester.

142 bigen Suchers Randolph Carter. Diese Geschichte, mit ihrer paradoxen Identifikation von Nähe und Ferne (die Stadt seiner Träume ist die Stadt, in der er tatsächlich lebt), zeichnet vor, was in Lovecrafts Werk sonst nur angedeutet ist: daß die interessantesten Mythologien zurück in die vor Augen liegende Wirklichkeit führen. Wie Michael En­ des Die unendliche Geschichte ist The Dream-Quest o f Unknown Kadath eine antieskapistische Fantasy und eine der wohl radikalsten Fortschreibungen des romanti­ schen Grundthemas der Sehnsucht nach dem Anderen schlechthin. August Derleth nahm The Dream-Quest of Unknown Kadath zum Anlaß, Nodens sozusagen zum Obergott eines Gegenpantheons guter Götter zu machen (während Cthulhu, Azathoth, etc. in seiner Sicht schlicht böse sind). Das wird heute einhellig als unzulässige Vereinfachung und Systematisierung der Lovecraftschen Ideen beurteilt. Nodens ist ein komplexes Symbol für eine integrative Entwicklung, in der sich die in­ fantile Vergangenheit Carters, der Abgrund seiner menschlichen und vormenschlichen Erbanlagen mit seiner potentiellen Zukunft verbindet. Als »Gott« ist Nodens der Ka­ talysator für eine gelungene Integration, für eine Persönlichkeitsentwicklung, wie sie HPL - ohne daß er in dergleichen Kategorien zu denken pflegte - vor das Auge des Le­ sers malt und damit zugleich ein Stück in diesem freisetzt. Wenn der Weg Nyarlathoteps den Wahnsinn symbolisiert, dann zeigt der des Nodens die »Heilung«, sprich die Rückkehr in das Humanum. In seinen Briefen erinnere ich mich an keine Erwähnung dieses Gottes; Lovecraft gibt uns also keinen eigenen heuristischen Schlüssel für ihn in die Hand. Aber eine Deutung, wie sie hier angerissen ist, erlaubt einmal mehr, die gedankliche Komplexibilität und zugleich den tiefenpsychologischen Reichtum der Lovecraftschen Götter zu erahnen. 5. Kulte Den fremdartigen Göttern entsprechen fremde Kulte. Die Mächte des interstellaren Grauens finden Verbündete unter den Menschen, die ihnen helfen, in unserer Welt Fuß zu fassen. Die Grenze zum traditionellen Topos der »bösen, schwarzmagischen Ge­ heimgesellschaft« ist fließend; man kann HPLs Beitrag zur Geschichte des Mo­ tivfeldes geradezu in der Verbindung beider Motive sehen. In The Call o f Cthulhu ist es eine über die ganze Welt verbreitete Untergrundreligion, die das Kommen Cthulhus vorbereitet und dabei auch über Leichen geht. Eine einzige Gestalt aus diesem Kult wird näher profiliert, der »alte Castro«. Lovecraft hat hier seinem Korrespondenten Gustav Adolf Danzinger (1859 - 1959), der es im Zuge der amerikanischen Feind­ schaft gegen Deutschland vorzog, sich Adolphe de Castro zu nennen, ein witziges und skurriles Porträt geschaffen. De Castro war in seiner Jugend mit Ambrose Bierce ver­ bunden und hat für diesen um 1890 Richard Voss’ Novelle Der Mönch von Berchtes­ gaden ins Englische übersetzt. Bierce hat diese dann literarisch aufgeputzt; die Er­

143 zählung erscheint seitdem unter den Werken von Bierce, worüber de Castro verständ­ licherweise verärgert war. De Castro hat auch selbst einige unheimliche Geschichten geschrieben; drei von ihnen hat Lovecraft überarbeitet.67 Vor allem war de Castro of­ fenbar ein liebenswerter, verschrobener Sonderling, der einmal auch vor dem Plan ei­ nes größeren literarischen Betrugs nicht zurückschreckte. Lovecraft erwähnt ihn sehr häufig in seinen Briefen.6869Solche verschlüsselten Bezüge auf reale Personen hat HPL auch sonst verwandt; z.B. ist der »Atlantean high-priest Klarkash-Ton« in The Whisperer in Darkness (in: DH, S.254) kein anderer als der mit Lovecraft befreundete Clark Ashton Smith (1893 - 1961). Der alte Castro, »who claimed to have sailed to stränge ports and talked with undying leaders of the cult in the mountains of China« (in: DH, S. 140), ist eine plausi­ ble Gestalt, in der HPL nicht zuletzt ein Stück zeitgenössischen Okkultismus karikiert. Man wird sich erinnern, daß mehrere bedeutende okkulte Vereinigungen der Jahrhun­ dertwende behaupteten, mit mysteriösen unsichtbaren Führern in Verbindung zu ste­ hen bzw. von diesen gegründet worden zu sein. Sowohl die »Mahatmas« der Theosophen als auch die geheimen Führer des Golden Dawn (die Träger der Einweihunggrade 8°= 3°, 9°= 2° und 10°= 1° in der Hierarchie des Ordens) sind rein fiktive Gestalten; in beiden Fällen haben die tatsächlichen Führer (Madame Blavatsky und S. L. MacGregor Mathers bzw. William Wynn Westcott) nicht vor massiven Fälschungen zurückgeschreckt, um ihren Gründungen den Anschein metaphysischer Verankerung zu geben. Die Skandale, die der Aufdeckung der Betrügereien folgten, waren Gegen­ stand der Sensationspresse und wohl jedem Interessierten bekannt.65 In The Call ofCthulhu sind die Vertreter der archaischen Religion Cthulhus primiti­ ve, bösartige und verächtliche Kreaturen. The Horror at Red Hook (1925) dagegen schildert, wie ein gebildeter, zivilisierter Mensch in den Sog einer satanistischen Reli­ gion gerät. Diese Geschichte kann heute allerdings nur noch mit einer gewissen Be­ klemmung zur Kenntnis genommen werden, da die ethnische Xenophobie Lovecrafts in ihr wunderliche Früchte treibt. Auch ist die Schilderung der schwarzmagischen 67 The Last Test (1921) und The Electric Executioner (wohl 1929); eine dritte Revision scheint verloren zu sein, obwohl sie nach Lovecrafts Angaben schon zur Veröffentlichung angenommen war (siehe Robert M. Price, Lost Revisions, CoC Nr. 17, 1983, S. 42, 52). Die unrevidierten Fassungen der Geschichten de Ca­ stros sind in CoC Nr. 10, 1982 zugänglich. 68 Siehe SL II, S.204-208, 21 lf, 237; SL III, S.88, 166, 204, 382; SLIV, S.388, 395; SL V, S. 44, 67-69, 92, 173, 180, 207L, 300, 359L, 411, 421, 434. Die Briefe Lovecrafts an de Castro sind (bis auf einen) nicht in den Selected Letters enthalten. Sie wurden von Robert M. Price in CoC Nr. 46, 1987, S.38-54 editiert. Über de Castro s. L. Sprague de Camp, Lovecraft. A Biography (s.o.), Index s.v., der einiges an bemer­ kenswerten Anekdoten zu berichten weiß. 69 Über die plump gefälschten Mahatma-Briefe wurde zu oft geschrieben, als daß hier Literaturangaben nötig wären (vgl. etwa das zugegebenermaßen polemische Buch von Peter Washington, Madame Blavatsky's Baboon. A History o f the Mystics, Mediums and Misfits Who Brought Spiritualism to America, London 1993 und New York 1995); für den Golden Dawn und seine Autorisierungsfiktionen ist vor allem Ellie Howe, The Magicians o f the Golden Dawn, London 1972 zu vergleichen.

144 Praktiken in einem New Yorker Slum traditioneller und stärker an den europäischen Überlieferungen der Magie orientiert als sonst bei Lovecraft. Eine zentrale Rolle spielt die aus der jüdischen Überlieferung bekannte, schon in der Bibel (Jesaja 34, 14) er­ wähnte Dämonin Lilith.™ Eines schweren Mißgriffs hat sich Lovecraft hier vor allem dadurch schuldig gemacht, daß er die fälschlich als »Satanismus« verteufelte, in Wahr­ heit neognostische Religion der kurdischen Yezidis (Yaziden) als Träger eines perver­ sen, magischen Kultes darstellt (in: D, S.252, S.264). Der heutige Leser sollte wissen, daß die Yaziden eine eigene, nur in islamischer Tradition als satanistisch interpretier­ te Religion besitzen, die auch in unseren Tagen noch zahlreiche Anhänger hat und de­ ren Wurzeln nicht einmal sonderlich weit zurückreichen.7071 Ihr Dualismus verurteilt den Schöpfergott und definiert den eigenen Kult als esoterische Gemeinschaft der »Wis­ senden«. Nichtyaziden können auch nicht zu dieser Religion übertreten, da die Yazi­ den meinen, einen anderen Ursprung als alle anderen Menschen zu haben (sie wollen nur aus Adams Samen stammen, während die übrige Menschheit Adam und Eva ge­ meinsam zu Stammeltern hätte). Wenn ihre Religion aus europäischer Sicht auch skur­ rile Züge trägt, so kann man sie doch nicht einfach als Teufelsverehrer verunglimpfen. Allerdings haben andere Autoren der 20er Jahre die Yezidis ebenfalls als orientalische Satanisten literarisiert. Dabei wird man vor allem an Lovecrafts Freund E. Hoffmann Price und seine Erzählungen The Stranger front Kurdistan (WT, Juli 1925), The Peacock's Shadow (WT, November 1926), The Bride ofthe Peacock (WT, August 1932) und The Word o f Santiago (WT, Februar 1926) erinnern dürfen. Der »Pfau«, Malik Taus, ist der yazidische Name des gnostischen Erlösers - im Rahmen des radikalen Dualismus wird er mit dem Satan der Christen und Moslems identifiziert (den Namen Satan (arabisch »Schaitan«) tabuieren die Yaziden so weit, daß sie keine Worte aus­ sprechen, die auch nur entfernt ähnlich klingen). Ich nehme an, daß Lovecraft seine spärlichen Kenntnisse der Yaziden weitgehend Price verdankt, kann das aber im Au­ genblick aus dem Briefwechsel der beiden nicht beweisen. Literarisch wichtiger als diese Quellenfrage ist die spezifische Profilierung des Motivs »böser Kult«: Magie und kulturelle »Überfremdung« (um ein ärgerliches, aber HPLs Vorstellungen leider tref­ fendes Wort zu gebrauchen) verbinden sich zu einem Bild orgiastischer, pervertierter Religion, in der sich überkommene Dekadenz und von Lovecraft angegriffene bacchantische Verirrungen der Moderne mischen (vgl. das Gedicht The Courtyard in den Fungi front Yuggoth (in: CP, S. 115) und die Zukunftsvision in He (in: D, S.273L)). Im Gegensatz zu den trivialen Verwendungen des Motivs (wo es fast immer um die

70 Über diese wichtige Gestalt des jüdischen Volksglaubens s. etwa Gershom Scholem, (Art.) Lilith, Ency­ clopaedia Judaica XI, Jerusalem 1971, S. 245-249 mit weiteren Literaturangaben. 71 Die beste Gesamtdarstellung z. Zt. ist John S. Guest, Survival Among the Curds. A History ofthe Yezidis, London/New York 1993. Diese religionswissenschaftliche Monographie enthält auch eine Übersetzung der »Heiligen Schrift« der Yezidis.

145 Rettung der Heldin kurz vor ihrem Gebrauch als Menschenopfer und die Zerschlagung der bösen Untergrundreligion geht), öffnet Lovecraft es in eine ganz andere Richtung: Es wird ihm zur Metapher für die Verdorbenheit und Dekadenz der Moderne, die ihre Zivilisiertheit einbüßt, indem sie die »Primitivität« und ihre Träger in ihrer Mitte dul­ det. Nicht umsonst ist - wie sonst nie bei Lovecraft - in The Horror at Red Hook ein irischer, mystisch angehauchter Polizist der »Held« (der jedoch auch nicht wirklich et­ was tut, sondern im Gegensatz zu seinen Kollegen lediglich besser begreift, was ge­ schieht; Actionhelden hat Lovecraft nicht). Man kann HPLs Schilderung verbotener Kulte daher als ein Stück Zivilisationskritik lesen. Ein moderner magischer Kult, der Türen für das Einbrechen uralter, verderbenbringender Mächte öffnet, ist auch die Starry Wisdom Sect in The Haunter o f the Dark. Unkonventioneller ist das Motiv »böse Kulte« überall dort gebraucht, wo HPL die Kultmitglieder zu Trägern einer vormenschlichen, extraterrestrischen Überlieferung aufbaut, etwa in den Erzählungen Out o f the Aeons (mit Hazel Heald, 1933, in: HM, S.264-288) oder (mehr zwischen den Zeilen) The Thing on the Doorstep (1933). Bei­ de - extraterrestrische Götter und böse Kulte - verkörpern eine fiktionale Sicht der Wirklichkeit, in der die Menschheit und ihr mühsam erbautes Gebäude von Wissen­ schaft, Kultur und Religion umlauert wird von Mächten nicht so sehr des Bösen, son­ dern vielmehr des schlechterdings Anderen - und jeden Augenblick kann das Karten­ haus unter den Offenbarungen dieser Mächte zusammenbrechen. Die Grenzen zwi­ schen Menschen und untermenschlichem Abgrund können sich verwischen, wie bei­ spielsweise der Esoteric Order of Dagon (in The Shadow Over Innsmouth) menschli­ che und nichtmenschliche Mitglieder hat und gleichsam als dunkle Travestie der (in Neuengland sehr einflußreichen) Freimaurer geschildert wird, indem die Deep Ones die Bewohner von Dunwich zur Verehrung ihrer Götter Dagon und Hydra verführen (Dagon ist hier eindeutig Chiffre für Cthulhu; in: DH, S.337). 6. Verborgene Rassen »Nor is it to be thought that man is either the oldest or the last of earth’s masters, or that the common bulk of life walks alone. The Old Ones were, the Old Ones are, and the Old Ones shall be [...]« (in: DH, S. 170). Dieses hier nur ausschnittsweise wiederge­ gebene Necronomicon-Zitat, ein Potpourri aus vor allem biblischen Anspielungen un­ ter veränderten Vorzeichen72, zeigt sehr schön das Motiv einer verborgenen, bedroh­ lichen Präsenz mitten unter den Menschen. Es sind aber nicht nur die Großen Alten selbst (Yog-Sothoth, Nyarlathotep, etc.), die versteckt gegenwärtig sind, sondern zahl­ reiche Lebensformen und intelligente Rassen, von denen die meisten nichts ahnen und 72 Offenbarung 1, 8; Johannes 10, 9; 2.Samuel 5, 24 usw.

146 denen zu begegnen in jedem Falle gefährlich und meist tödlich ist. Wenn man die Ver­ wendungen dieses Motivs in Lovecrafts Erzählungen zusammenaddiert, wird die Er­ de zu einem Tummelplatz kosmischer und halbkosmischer Kräfte und Präsenzen, von denen die Menschheit sozusagen die am wenigsten wichtige oder interessante ist.73 Daß die fliegenden Crustazeen vom Planeten Yuggoth, die in den Bergen von Vermont ein seltenes Metall abbauen, darauf verzichten, die Menschheit zu vernichten oder zu versklaven, liegt sozusagen lediglich an ihrer Bequemlichkeit (The Whisperer in Dark­ ness, in: DH, S.239) und kann sich rasch ändern, wenn es je zu einer ernsten Kollisi­ on käme. Ähnlich die »Deep Ones« in The Shadow over Innsmouth: Sie sind mit der Übernahme von Innsmouth zufrieden, aber beim nächsten Mal wird es eine größere Stadt sein (in: DH, S.367). Die Shoggothen, die in den Abgründen unter den eisigen Einöden der Antarktis leben, sind nach wie vor eine reale Gefahr (At the Mountains of Madness). Und was noch immer in den Wüsten Australiens haust, »though it will ne­ ver engulf the whole race, may impose monstrous and unguessable horrors upon cer­ tain venturesome members of it« (The Shadow Out o f Time, in: DH, S.368). Die verborgenen Rassen sind bei Lovecraft also nicht so sehr Träger einer exoti­ schen Faszination, sondern einer Bedrohung. Diverse Geschichten geben sich sogar primär als Warnungen vor dieser Bedrohung aus (vor allem At the Mountains o f Mad­ ness, aber auch The Whisperer in Darkness, The Shadow Out o f Time und The Mound). ln die Kämpfe und Konflikte dieser Rassen und Lebensformen geraten Menschen eher zufällig - wie ein Insekt kämpfenden Löwen oder Bären in den Weg geraten mag. Was nun Lovecrafts eigene Akzente zu diesem Motivfeld der »verborgenen Rassen« betrifft, ist auf den wichtigen Einzelzug hinzuweisen, daß diese oft als sozusagen zu­ fällige Schöpfer der Menschen oder des irdischen Lebens überhaupt in Erscheinung treten. Die Deep Ones in Innsmouth wollen die Menschheit wieder dorthin zurückziehen, wo sie einst herkam (in: DH, S.337). Ähnlich stammt die Menschheit in The Mound letztlich von entlaufenen Sklaven der Rassen in den Höhlen im Inneren der Erde ab (in: HM, S. 101, S.131). In At the Mountains o f Madness ist alles irdische Leben ein Ne­ ben- oder Abfallprodukt der wissenschaftlichen Experimente der antarktischen Old Ones; sie schufen »all earth-life as jest or mistake« (in: MM, S.22, S.65).

73 Darüber hat schon der seinerzeit angesehene amerikanische Literaturkritiker Edmund Wilson (1895 1972) in seinem berüchtigten Arükel über (bzw. gegen) Lovecraft in The New Yorker (24. November 1945) gespottet, der eine sachgemäße Einschätzung HPLs für Jahrzehnte erschwert hat: »This myth assumes a race of ouüandish gods and grotesque prehistoric peoples who are always playing tricks with üme and spa­ ce and breaking through into the contemporary world, usually somewhere in Massachusetts« (Tales o f the Marvellous and the Ridiculous, abgedruckt in: H.P. Lovecraft: Four Decades ofCritisicm (s.o.), S.46-49, hier S.47).

147 Diesen anthropogonischen Mythen entsprechen Phantasien über das, was nach der Menschheit kommen wird. »As dinosaurs were once surpassed by mammals, so will mammal be surpassed by insect or bird - fall of man before the new race« schreibt Lovecraft schon 1919 in sein Commonplace Book (in: MW, S.89). Tatsächlich muß sich ja die Frage, was nach dem Menschen kommt, bei jeder ernstlichen Akzeptanz des evolutionären Paradigmas sehr rasch stellen. HPL träumt nun nicht wie seine Zeitge­ nossen Olaf Stapledon und George Bernard Shaw vom Übermenschen, sondern rech­ net mit einem in nicht allzu ferner Zukunft liegenden Ende der Menschheit. Dabei ist es noch nicht das moderne Wissen um das selbstzerstörerische Potential der Menschen, das ihn zu solchem anthropologischen Pessimismus veranlaßt, sondern einzig seine Einschätzung der Menschheit als einer dekadent gewordenen Rasse. Bereits das frühe Prosagedicht Memory (1919, in: MW, S.31) suggeriert ein leises, allmähliches Erlö­ schen der menschlichen Art.74 In The Shadow Out of Time entfaltet Lovecraft seine wohl überwältigendste, in ihrer Art großartige Schau einer Erdgeschichte, in der die Epoche der Menschheit bloß eine Episode ist. Während At the Mountains o f Madness Millionen Jahre in die Vergangenheit zurückblickt, stellt sich die Vision von The Sha­ dow Out o f Time auch der Zukunft.75 Es ist in mancher Hinsicht die ambitionierteste Erzählung Lovecrafts, Stapledons Last and First Man (1930) noch weit überholend (und diesem philosophisch diametral entgegengesetzt). Hier ist es nun eine Rasse von Käfern, welche die Nachfolge der Menschheit als Herren der Erde antreten wird (in: DH, S.395T). Diese »mighty beetle civilization« (in: DH, S.396) hat dezidierte, gegen den flachen Fortschrittsoptimismus Shawscher und Stapledonscher76Manier gerichte­ te satirische Obertöne. Nicht ein Supermensch kommt nach uns, sondern intelligente Käfer werden unseren Platz im Gefüge der Welt einnehmen: Massiver kann der Anthropozentrismus nicht ad absurdum geführt werden. Das ehrfurchterweckende Wissen um die schiere Abgründigkeit der Zeit wird mehr­ fach durch eine ganze Liste von versunkenen Kulturen evoziert: »Here sprawled a paleogean megalopolis compared with which the fabled Atlantis and Lemuria, Commorium and Uzuldaroum, and Olathoe in the land of Lomar are recent things of today not even of yesterday; a megalopolis ranking with such whispered pre-human blasphe­ mies as Valusia, R’lyeh, lb in the land of Mnar, and the Nameless City of Arabia Deserta« (in: MM, S.47). Lovecraft mischt hier Begriffe aus den fiktiven Welten Clark Ashton Smiths mit solchen der Theosophie, aber auch authentischer paläontologischer Spekulation und antiker Folklore; dazu kommen eigene Schöpfungen, um die ge­

74 Lane Arney, The Extinction o f Mankind in the Prose Poem »Memory«, LS Nr. 21, 1990, S.38L 75 Um eine Harmonisierung der Andeutungen in diesen Geschichten bemüht sich Robert M. Price in Lovecraft’s Cosmic History, CoC Nr. 37, 1986, S.18-24 (auch in: ders., HP. Lovecraft and the Cthulhu Mythos, Starmont Studies in Literary Criticism 33, Mercer Island, WA 1990, S.122-127). 76 Lovecraft kannte Stapledon recht genau (vgl. SL V, S.3O3, 309, 357, 375, 415).

148 wünschte Wirkung zu erzielen. Wichtig ist, daß alle diese Stätten ihre »Spuren« hin­ terlassen haben - und so dem Entdecker die Winzigkeit des menschlichen Bezugsrah­ mens vor Augen führen. Eine der seltsamsten, auf den ersten Blick Lovecrafts sonstigen Tendenzen stracks entgegenstehende Interpretation einer »verborgenen Rasse« findet sich in At the Moun­ tains o f Madness. In einer für Lovecraft erstaunlich melodramatischen Passage wird der Erzähler unvermittelt von Sympathie für die antarktischen Monstren erfaßt. Er be­ greift, daß sie, obwohl sie eine große Zahl von Menschen getötet haben, doch eine gleichartige Intelligenz besitzen und zudem mit dem Untergang ihrer Zivilisation fer­ tig werden müssen. »Poor Old Ones! Scientists to the lasts - what had they done that we would not have done in their place? God, what intelligence and persistence! What a facing of the incredible, just as those carven kinsmen and forbears had faced things only a little less incredible! Radiates, vegetables, monstrosities, star-spawn - whatever they had been, they were men« (in: MM, S.96). Dieser Abschnitt verdeutlicht eine in Lovecrafts Spätwerk zunehmende Tendenz, in der das Erschrecken vor dem Nicht­ menschlichen von schierer Faszination verschlungen wird. Man hat darin die Ent­ wicklung vom Genre Horror zum Genre Science Fiction gesehen, wofür einiges spricht. In einer hermeneutischen Rückfrage nach der Auffassung des Mythos ist ein anderer Punkt wichtiger. »Fright became pure awe, and what had seemed blasphemously abnormal seemed now only ineffably majestic« (Through the Gates o f the Silver Key, in: MM, S.440). Diese Erfahrung Randolph Carters wiederholt sich mehrfach im Spät werk Lovecrafts. Besondere Aufmerksamkeit verdient hier The Shadow Over Innsmouth, wo der Er­ zähler gegen Ende seine Furcht vor den Deep Ones verliert und sich in sein Schicksal fügt, einer der ihren zu sein. Der Schlußpassus wechselt von dem die Geschichte be­ herrschenden Grundton des Entsetzens zu dem des Staunens. Aus dem Mysterium tremendum (dem schreckerregenden Geheimnis) ist das Mysterium fascinans geworden (das faszinierende Geheimnis) - um Rudolf Ottos klassische Unterscheidung zu ver­ wenden. Eine dekonstruktionistische Lektüre kann unter der Oberfläche der Horrorerzählung (in der die Monstren eben nur monströs sind) einen verborgenen Strom einer ganz po­ sitiven Faszination mit der Idee einer nichtmenschlichen Intelligenz, einer Brüder­ schaft über die Grenzen des menschlichen Leibes hinaus entdecken. In The Shadow Out o f Time wird das Erschrecken des Helden darüber, für Jahre im Körper einer prä­ historischen Lebensform eingesperrt gewesen zu sein, schon fast verdeckt durch die Faszination über die ungeahnten neuen Horizonte, die das Wissen der »Great Race« eröffnet. In At the Mountains o f Madness erkennt der Erzähler beispielsweise, daß er den antarktischen Great Old Ones doch stärker verbunden ist, als er zuerst gemeint hat. Dazu kommt das eigentümliche Phänomen, daß Lovecraft die verschollenen Ras-

149 sen der Prähistorie zu Trägern politisch-utopischer Ideen bzw. Ideale macht. In At the Mountains o f Madness, The Shadow Out o f Time, The Mound und anderen Erzählun­ gen nimmt die genaue Schilderung der politischen Organisation vormenschlicher in­ telligenter Lebensformen einen breiten Raum ein; Lovecraft beschreibt hier sowohl seine eigene Wunschgesellschaft (die ganz von Wissenschaft und Kunst beherrscht wird) als auch deren möglichen Verfall. Dieser Gesichtspunkt (Lovecraft als Verfas­ ser politischer Utopien) ist in Deutschland bisher kaum beachtet worden; er verdiente eine umfassendere Untersuchung. Das Beste zur Sache stammt zur Zeit aus der Feder von S.T. Joshi.77 7. Verbotene Bücher Dieses Motivfeld gehört zu den auffälligsten Zügen im Erzählwerk Lovecrafts, das viele Leser in seinen Bann geschlagen hat.78 In der Kirche der Starry Wisdom Sect ent­ deckt Robert Blake »a rotting desk and ceiling-high shelves of mildewed, disinte­ grating books. [...] They were the black forbidden things which most sane people ha­ ve never even heard of, or have heard of only in furtive, timorous whispers; the ban­ ned and dreaded repositories of equivocal secrets and immemorial formulae which ha­ ve trickled down the stream of time from the days of man’s youth, and the dim, fabu­ lous days before man was. He had himself read many of them - a Latin version of the abhorred Necronomicon, the sinister Liber Ivonis, the infamous Cubes des Goules of Comte d’Erlette, the Unaussprechliche Kulte of von Junzt, and old Ludvig Prinn’s hellish De Vermis Mysteriis. But there were others he had known merely by reputati­ on or not at all - the Pnakotic Manuscripts, the Book of Dzyan, and a crumbling volu­ me in wholly unidentifiable characters yet with certain symbols and diagrams shudderingly recognisable to the occult student. Clearly, the lingering local rumours had not lied. This place had once been the seat of an evil older than mankind and wider than 77 Lovecraft’s Alien Civilizations: A Political Interpretation, in: ders., Selected Papers on Lovecraft, West Warwick, Rhode Island 1989, S. 1-19 (zuerst in: CoC Nr. 32, 1985, S.8-24) sowie in: ders., H P Lovecraft: The Decline o f the West, Starmont Studies in Literary Criticism 37, Mercer Island, WA 1990, S. 120-132. 78 Grundlegende Literatur: Lin Carter, HP. Lovecraft: The Books, in: H P. Lovecraft, The Shuttered Room and Other Pieces, August Derleth (Edit.), Sauk City, WI 1959, S.213-249; T. G. L. Cockcroft, Addendum: Some Notes on the Carter Glossary, ebd„ S.268-277; William Scott Home, The Lovecraft »Books«: So­ me Addenda et Corrigenda, in: H P. Lovecraft and Divers Hands, The Dark Brotherhood and Other Pie­ ces, Sauk City, WI 1966, S. 134-152; Ed Lauterbach, Some Notes on Cthulhuian Pseudobiblia, in: HP. Lovecraft: Four Decades o f Critisicm (s.o)., S.96-103; Robert Price, Genres in the Lovecraftian Library, CoC Nr. 3, 1982, S.14-IT, ders., Higher Criticism and the Necronomicon, LS Nr. 2, 1982, S.3-13, vor al­ lem aber die beiden Themenhefte CoC Nr. 23 (1984) und CoC Nr. 58 (1988). Skurril und leider fast wert­ los ist Joan C. Stanley, Ex Libris Miskatonici. A Catalogue o f Selected Items from the Special Collections in the Miskatonic University Library, West Warwick, RI 1993. Eine Serie umfassender Studien zum The­ ma aus der Feder von Michael Siefener und mir erscheint in der Zeitschrift Das schwarze Geheimnis (ab Nr. 1/1994 ff.)

150 the known universe« (in: DH, S.100). Diese und viele ähnliche Passagen in Lovecrafts Schaffen haben ganz den Charakter einer Beschwörung: Die Ansammlung verbotener, legendenumwobener Bücher des Bösen evoziert eine verborgene Tradition, ein gehei­ mes Wissen, an dem der Rezipient durch das Lesen der Geschichte Anteil erhält. Mehrfach zitiert Lovecraft das wichtigste dieser »verbotenen Bücher«, das Necronomicon.1“Doch meist begnügt er sich mit vagen Andeutungen; der Leser wird bloß für einen kurzen Augenblick des »verbotenen Wissens« gewahr, ohne es greifen und um­ fassen zu können. Bücher spielen im Werk des (autodidaktisch) hochgebildeten HPL ohnehin eine ent­ scheidende Rolle, fiktive, aber auch reale.“ Gerne nimmt er Bezug auf Standardwerke der Ethnologie, in denen sich die Entdeckung der »primitiven« Kulturen durch die westliche Zivilisation dokumentiert. Allen voran steht hier James George Frazers The Golden Bough (zuerst 1890 in 2 Bänden, 3. Aufl. in 13 Bänden, 1911-1936). Aber auch ein umstrittener (heutzutage weitgehend abgelehnter) Klassiker der Hexenforschung wird mehrfach genannt, Margaret Alice Murrays (1855 - 1955) The Witch Cult in We­ stern Europe (¡921).’“ Einige Male erwähnt HPL ebenfalls theosophische Literatur, so das von Helena Petrowna Blavatsky (geh. Hahn von Rottenstern, 1831 - 1891) frei er­ fundene, angeblich in Tibet aufbewahrte Buch Dzyan (ausgiebig zitiert in ihrem Werk The Secret Doctrine, 1888).798012 Auch W. Scott-Elliots The Story o f Atlantis & The Lost Lemuria (eigentlich zwei Bücher (1896 und 1904), die 1925 zu einem Band zusam­ mengefaßt wurden) ist ein theosophisches Konglomerat über angebliche dem Men­ schen auf der Erde vorangegangene intelligente Lebensformen und ihre evolutionäre Entwicklung. Lovecraft hat natürlich um die Scharlatanerie dieser Bücher gewußt

79 Sämtliche zu Lebzeiten Lovecrafts von diesem und seinem Freundeskreis erfundenen Zitate sind gesam­ melt zugänglich in: CoC Nr. 58. Die wichtigsten stehen in: DH, S.170 und D, S.99, (auch S.141), S.216. 80 »I couldn’t live a week without a private library - indeed, I’d part with all my furniture and sqat and sleep on the floor before I’d let go off the 1500 or so books I possess« (SL IV, S.287). Lovecraft war kein bib­ liophiler Sammler, sondern hat Bücher ausschließlich um ihres Inhalts willen gesucht (SL III, S.211). Sein wertvollstes Einzelstück war eine Erstausgabe von Cotton Mathers Magnalia Christi Americana von 1701 (vgl. zu diesem Buch die Anspielungen in The Picture in the House, Pickman ’s Model, The Case o f Char­ les Dexter Ward und vor allem ausführlich in The Unnamable, in: D, S.203L), ein Werk, das eine der wich­ tigsten Quellen für das puritanische Neuengland darstellt und in Nachdrucken leicht zugänglich ist. Auch das Borellus-Zitat in The Case o f Charles Dexter Ward (in: MM, S. 122) scheint einen Passus aus Mathers Buch frei zu paraphrasieren, doch ist der Sachverhalt hierzu noch nicht gänzlich geklärt (problematisch: John Dorfman, Essential Salts, CoC Nr. 66, 1989, S.17-18). 81 Siehe Robert H. Waugh, Dr. Margaret Murray and H P. Lovecraft: The Witch Cult in New England, LS Nr. 31, 1994, S.2-10 sowie Michael Siefener, Miss Murrays »Witch Cult in Western Europe«, SG Nr. 2, 1995, 50-57. 82 Die angeblichen Dzyan-Zitate von Frau Blavatsky stammen zum Teil fast wörtlich aus zeitgenössischen Rig-Vcda- und Vischnu-Purana-Übersetzungen; das eigentliche theosophische System ist frei erfunden. Lovecraft kannte die Schriften der Blavatsky lange nur über E. Hoffmann Price, ehe Henry Kühner ihm 1936 einige Werke lieh. S. zu Dzyan ausführlich meinen Artikel H P. Lovecraft und das Ruch Dzyan, SG 2, 1995, S. 59-68.

151 (Scott-Elliot will sein Wissen etwa durch »astral clairvoyance« eines ungenannten Se­ hers - fast sicher C. W. Leadbeater - erhalten haben) und sich auch entsprechend in sei­ nen Briefen geäußert; man merkt den spielerischen Charakter seiner Andeutungen (beispielsweise in The Call o f Cthulhu). An parapsychologischer Literatur im engeren Sinne besaß er z.B. Llammarions Haunted Houses (1924)." Den parapsychologischen Versuchen etwa von Joseph Banks Rhine (1895 - 1980) an der Duke University in Dur­ ham, North Carolina, stand er skeptisch-interessiert gegenüber (in: MW, S.519). Eine besondere Rolle spielen noch die Bücher von Charles Eort (1874 - 1932), die in den 20er und 30er Jahren gelesen wurden wie z.B. von Däniken heute: Keiner nahm sie ganz ernst, aber jeder kannte sie.“4Lovecraft nimmt auf Eort Bezug in The Descendant (wohl 1926) und in The Whisperer in Darkness (1930), dazu einige Male in seinen Briefen (SL II, S.174; SL III, S.136; SL V, S.172L, etc.). Lovecrafts Kenntnis tatsächlicher magischer und okkulter Bücher war eher be­ grenzt; manches wußte er aus Lexika wie der 9. Auflage der Encyclopaedia Britanni­ ca (24 Bände, Chicago 1896)” oder Lewis Spence’ berühmter, bis heute nützlicher En­ cyclopaedia o f the Occult (New York 1920), beides Werke, die er auch selbst in seiner recht beträchtlichen privaten Büchersammlung besaß. Den französischen Okkultisten Eliphas Levi (eigentlich Alphonse Louis Constant, 1810 - 1875) hat er wohl gelesen; er zitiert ihn mehrfach korrekt in The Case o f Charles Dexter Ward (in: MM, S. 170L, wo sowohl in der Beschwörungsformel als auch in der änigmatischen Antwort dessen Dogme et Rituel de la Haute Magie, Band II, Kapitel XV, Paris 1856 als Quelle im Hintergrund steht). Doch wirkt die geheimnisvoll andeutende Einführung, die Levi er­ hält (»that cryptic soul who crept through a crack in the forbidden door and glimsed the frightful vistas of the void beyond«, in: MM, S.170), angesichts der pompösen Halbbildung des Franzosen (dessen Bücher heute wieder leicht zugänglich sind) selt­ sam deplaziert. Andere reale Bücher der magischen Überlieferung nennt Lovecraft so­ wohl in The Case o f Charles Dexter Ward (in: MM, S.121) als auch in dem im April 1939 posthum in Weird Tales veröffentlichten, aus einem Brief an B. A. Dwyer stam­ menden Fragment The Evil Clergyman (in: D, S.286). Seinem jugendlichen Verehrer* 83 Von Lovecraft am 3. Juli 1930 erworben. Er plante, eine Anregung aus diesem Buch zu einem Roman aus­ zubauen (vgl. Commonplace Book, in: MW, S. 100). Lovecrafts Bücher wurden nach seinem Tode zerstreut und tauchen (mit seinem von Talman gezeichneten Exlibris, der eine altertümliche Tür darstellt) noch heu­ te gelegenüich in den betreffenden Spezialanüquariaten auf. 84 The Book o f the Damned, New York 1919; New Lands, New York 1923; Lot, New York 1931; Wild Ta­ lents, New York 1932. Seit 1974 gibt es bei Dover Publications, New York, einen Nachdruck, der alle vier Bände zusammenfaßt. 85 So stammt die magische Beschwörungsformel in The Horror at Red Hook (in; D, S.255, 262, 265) ein­ fach aus dem Artikel Magic der Encyclopaedia Britannica (vgl. SL II, S.28). Ihre antike Quelle ist der Kir­ chenvater Hippolyt in der Refutatio omnium haeresium IV, 35,5 (S. 62, ed. P. Wendland), der sie anläß­ lich der Diskussion gnostischer Sekten zitiert. Ganz ähnlich stammt die Liste kryptographischer Literatur in The Dunwich Horror (in: DH, S. 183) aus der Britannica, usw.

152 Willis Conover schreibt er in einem Brief vom 29. Juli 1936 ganz zutreffend über die geistige Öde und enttäuschende Monotonie der »realen« magischen Bücher und emp­ fiehlt ihm als erste Orientierung zum Thema die Schriften von Eliphas Levi und Ar­ thur Edward Waite (SL V, S.285-287). Lovecrafts eigene Bibliothek bestand größtenteils aus Erbstücken seines 1904 ver­ storbenen Großvaters (vgl. SL 111, S.211 und vor allem S.407f); später hatte er kaum jemals Geld für größere Anschaffungen. Entsprechend konnte er mit kindlicher Freu­ de auf Buchgeschenke von Freunden reagieren (Derleth, Barlow, Whitehead u.a., die finanziell glücklicher standen, haben ihm mehrfach Bände geschenkt). Auffallend groß ist die Zahl historischer, aber auch naturwissenschaftlicher Schriften, die Lovecraft be­ saß (Katalog: LL). Doch hat er außerdem viel in öffentlichen Bibliotheken gelesen, so daß seine eingehende Bücherkenntnis den Umfang seiner privaten Sammlung weit überschritt. Eine Geschichte um ein wirkliches Buch herum ist The Picture in the House (1920), wo eine Kannibalismusszene in Filippo Pigafettas Regnum Congo (1591) einen alten Mann zur Nachahmung animiert85’ (dies ist übrigens die erste Erzählung, die den Namen Arkham erwähnt). Verglichen mit diesen realen Bezügen sind die fiktiven Bücher für die Ästhetik Lovecrafts wesentlich wichtiger. Sie bilden das eigentliche Material für das Konstrukt einer geheimen Überlieferung, die noch heute von Anhängern geheimer Kulte und bö­ ser magischer Verschwörungen gepflegt wird. Allen voran steht das Necronomicon des »verrückten Arabers Abdul Alhazred«. Diesen Namen hat einst ein Erwachsener (wer, wissen wir nicht) dem kleinen Howard gegeben, als dieser in seiner Kindheit Szenen aus 1001 Nacht nachspielte (Some Notes on a Nonentity, in: MW, S.558). Es ist dem­ nach ein Zug augenzwinkernder Autobiographie, wenn er seinen meistzitierten Erfor­ scher verbotener Mysterien Abdul Alhazred nennt (korrektes Arabisch ist das übrigens nicht; der Name müßte Abd al-Hazred oder Abdul Hazred heißen). Aber Lovecraft hat­ te nur ganz oberflächliche Kenntnisse der Sprache. Den arabischen Titel Al Azif ver­ dankt er, wie schon lange bekannt, den gelehrten Anmerkungen von Samuel Henley zu Beckfords Vathek in der (von Beckford nicht autorisierten) Londoner Ausgabe von 1786.86Der Titel der (ebenso fiktiven) griechischen Übersetzung, Necronomicon, be85aDie Tafel, auf die sich Lovecraft bezieht, ist abgebildet in The Dark Brotherhood and Other Pieces (s.o.) gegenüber S. 134. Vgl. noch S.T. Joshi, Lovecraft and the Regnum Congo. CoC Nr. 28, 1984, S. 13 - 17. Joshi zeigt, daß Lovecraft das Buch wohl überhaupt nur aus Thomas Huxleys Mans 's Place in Nature and Other Anthropological Essays, New York, 1902 kannte, wo die betreffende Tafel gleichfalls abgedruckt ist. 86 Da dieses Werk wenigen Lesern zur Hand sein wird, zitiere ich es hier wörtlich: »Beelzebub, or the LORD o/FLIES, was an Easter appellative given to the Devil; and the nocturnal sound called by the Arabs azif, was believed to be the howling o f Demons« (S.245; die typographischen Manierismen finden sich so im Original). Beckford selbst spricht nur von dem »sullen hum of those nocturnal insects, which presage evil« (S.78). Das arabische Wort heißt korrekt ’azif und wird in einem modernen Wörterbuch mit »Pfeifen (des Windes); unheimliches Geräusch« übersetzt (H.Wehr, Arabisches Wörterbuch, Wiesbaden 1985!, 837).

153 deutet »an image (or picture) of the Law of the Dead«; jedenfalls sollte er das nach HPLs eigener Auffassung heißen (SL V, S.418).87 Er erinnert an klassische Werke wie das Astronomicon des Manilius, das Lovecraft natürlich kannte. Eine (nicht weniger fiktive) englische Übersetzung des (sehr realen) Renaissance-Magus John Dee hat Frank Belknap Long erfunden (u.a. in der Erzählung The Space-Eaters, in: WT, Juli 1928); Lovecraft hat diese Idee in The Dunwich Horror übernommen (in: DH, S. 169). Innerhalb seiner Geschichten erscheint das Necronomicon zuerst in The Hound (1922). Doch schon im Januar 1921 (in The Nameless City) wird das couplet des »mad Arab Abdul Alhazred« zitiert, das dann in The Call of Cthulhu eine so große Rolle spielen wird: »That is not dead which can eternal lie, and with strange aeons even death may die.« HPL hat etwa 1927 eine fiktive »Geschichte des Necronomicons« geschrieben, die sein Freund Robert H. Barlow 1938 (zurückdatiert auf 1936) drucken ließ.88890Das Ne­ cronomicon wird als Werk ausgegeben, das dämonologisches Wissen mit magischen Beschwörungen und Überlieferungen aus außer- und vormenschlichen Quellen ver­ bindet.” Es darf als eine der berühmtesten Schöpfungen Lovecrafts gelten; Okkultisten haben versucht, es als »reales« Werk nachzuweisen’0, und eine ganze Reihe angeblich

87 S. T. Joshi meint, der Name müsse doch eher »Book Concerning the Dead« lauten (Nachwort zu H.P. Lovecraft, A History o f the Necronomicon, Nachdruck West Warwick, Rhode Island 1980). Aber er über­ sieht, daß Necronomicon keine klassische, sondern eine mittelalterliche (byzantinische) Sprachbildung nachahmen soll; Lovecrafts Übersetzung kann also durchaus bestehen. 88 Ein Faksimile der handschriftlichen Originalfassung dieses Essays findet sich bei Willis Conover, Lovecraft at Last, Arlington, Virginia 1975, S. 104f. (Merkwürdigerweise auf Briefpapier des Parkmuseums des Roger Williams Parks, Providence, geschrieben). Conovers Buch ist eines der schönsten, die je über Love­ craft verfaßt wurden und cnüiält viel sonst nicht zugängliches Material. 89 Obwohl das Necronomicon fiktiv ist, ist es gut erfunden. Es gab in der frühen islamischen Welt sehr wohl Autoren, die nicht oder nur äußerlich zum Islam übertraten, z.B. den Sabier (Sternverehrer) Thabit ibn Qurrah, einen der großen Astronomen des 9. Jahrhunderts. Eines der bedeutendsten Quellenwerke der mit­ telalterlichen Magie, das Gajat al-hakim wa-ahaqq al naügatain bi-’l-taqdim (»Das Ziel der Weisen und diejenige der beiden Konklusionen (Magie und Alchemie), die es am ehesten verdient, vorgestellt zu wer­ den«) des Pseudo-Magriti (1256 unter dem Namen Picatrix ins Lateinische übertragen), ist in diesem Sin­ ne lediglich oberflächlich islamisiert. Dieses Grundwerk der arabischen Magie enthält ausführliche, von Neuplatonismus, Hermetik und Astrologie getragene okkulte Spekulationen und Theorien und war in Eu­ ropa lange von einer Aura des Geheimnisvollen umgeben (Agrippa von Nettesheim und Pietro d’Abano haben es benutzt). Wenn man fragt, welches Buch sozusagen das Necronomicon »gewesen sein könnte«, mag man an diese oder ähnliche Schrillen denken (eine deutsche Übersetzung von Hellmul Ritter und Martin Plessner erschien 1962 beim Warburg Institute, London), deren »Flair« Lovecraft nachahmt. 90 Besonders absurd: W. H. Müller, Lovecraft. Schatzmeister des Verbotenen, Bergen/Dumme 1992 (vgl. meine Rezension in: QM Nr. 79, 1993, S.80-83). Als ein »auf der Astralebene« existentes Buch hat der Crowley-Epigone Kenneth Grant das Necronomicon mehrfach beschrieben.

154 »echter« Necronomica hat Käufer gefunden.’1Auch an H.R. Gigers so benannte Bild­ bände (I & II) wird man denken, die mit Lovecraft direkt nun wirklich rein gar nichts zu tun haben. Die weiteren in der Liste in The Haunter o f the Dark genannten okkulten Bücher ge­ hen auf Erfindungen von Lovecrafts Freunden zurück: das Liher Ivonis stammt von Clark Ashton Smith (dessen Erzählung The Coming o f the White Worm - zuerst in: Stir­ ring Science Stories, April 1941 - sich gar als Teil dieses Buches gibt), die Unaus­ sprechlichen Kulte des Friedrich Wilhelm von Junzt sind der Ingeniosität von Robert E. Howard entsprungen (zuerst in den bemerkenswerten, stark an Lovecraft orientier­ ten Geschichten The Children of the Night, in: WT, April/Mai 1931, und The Black Stone, in: WT, November 1931).9 19293Die Cultes des Goules des fiktiven Comte d’Erlette (=Derleth!) und das Buch De vermis mysteriis (»Von den Mysterien des Wurms«) des Ludwig Prinn stammen von Robert Bloch.” Die Pnacotic Manuscripts, angeblich aus der Sprache vormenschlicher Erdbewohner übersetzt (also eine nochmalige Steigerung des Motivs »unvordenkliches Alter«) hat Lovecraft selbst für seine frühen Dunsaniana erfunden (Polaris, The Other Gods, usw.). Auch hier wird das Augenzwinkernde der Motivverwendung deutlich, die Integration der Erfindungen von Freunden: Lovecraft hat seine fiktive Bibliothek nicht als sein »geistiges Eigentum« betrachtet, sondern als gemeinsame, amüsante Schöpfung eines literarischen Kreises. Sein freier, kreativer Zugang der Motivverwendung unterscheidet sich markant von dem antiqua­ rischen etwa eines M.R. James. Das Motiv der Liste von Büchern, die ein Milieu, ei­ nen geistige Raum von Bezügen umschreiben, hat HPL vor allem von E.A. Poe über­ nommen (The Fall o f the House of Usher, doch sind die dort genannten Werke alle­ samt real).

91 Die höhsten Verkaufszahlen erreicht wohl das unglaublich dümmlich-alberne The Necronomicon, heraus­ gegeben und mit einer Einleitung versehen von einem gewissen Simon (ein Pseudonym). 1977 erstmals erschienen, ist es noch heute in einer Papcrbackausgabc von Avon Books, New York, in zahllosen ameri­ kanischen Buchhandlungen zu finden. Dieses Machwerk ist dem Andcnkfcn A. Crowleys gewidmet. Über seine Entstehung hat Robert Carey in The Case o f Simon’s Necronomicon, CoC Nr. 23, 1984, S.21-24, al­ les Wissenswerte mitgeteilt. 92 Vgl. hierzu Lin Carter, Nameless Gods and Entities: Robert E. Howards Contribution to the Cthulhu My­ thos, CoC Nr. 69, 1989, S.29-31 (zuerst in: The Howard Collector, April 1973) und vor allem Robert M. Price, Robert E. Howard and the Cthulhu Mythos, LS Nr. 18, 1989, S. 10-13. 93 Auch die Cultes des Goules hat Bloch erfunden, nicht August Derleth. Der lateinische Titel der Mysteries o f the Worm (so meist Bloch selbst) stammt von Lovecraft (SL V, S.88), der vorzüglich Latein konnte und auch längere, veröffentlichungsfähige Übersetzungen klassischer lateinischer Gedichte geschaffen hat. Über De vermis mysteriis s. Robert M. Price, Reconstructing De vermis mysteriis, CoC Nr. 23, 1984, S.3033. Blochs frühes, stark an Lovecraft orientiertes Erzählwerk liegt inzwischen gesammelt in einer kom­ mentierten Ausgabe vor: Robert Bloch, Mysteries o f the Worm, Robert M. Price (Edit.), Oakland, CA 1993, 2nd rev. ed.; eine dritte, nochmals erweiterte Auflage soll demnächst erscheinen.

155 Damit haben wir allerdings noch nicht die Funktion des Motivs genannt. Verbote­ ne Bücher sind sozusagen exemplarische Träger verbotenen Wissens. Im Gegensatz zur leitenden Ideologie des 20. Jahrhunderts, nach der Wissen grundsätzlich gut und heilsam ist (man denke an die Psychoanalyse, die vom Prozeß der analytischen Selbst­ erkenntnis die Freisetzung selbstheilender Kräfte erwartet), hat Lovecraft auf der fiktionalen Ebene seiner Geschichten Erkenntnis als ambivalent beurteilt. Dabei ist be­ sonders daran gedacht, daß sie das Selbstbewußtsein und die »Normalität« des Men­ schen unterminiert. Solche zivilisierte Normalität ist lediglich unter Absehung der kos­ mischen Indifferenz möglich. HPLs Erzählungen tendieren daher - eben das macht sie zu Horrorliteratur - zu einer Subversion der Normalität. Weit über das hinausgehend, was eine gesellschaftskritische Literatur sich zu leisten vornimmt, greift Lovecraft in der trügerischen Fassade des trivialen Horrors die Grenzen zwischen Wirklichkeit und schizoiden Angstfantasien an. Am deutlichsten wird dies wohl in The Whisperer in Darkness, wo schizoide Verfolgungsängste eine Art metaphysische Überhöhung und Bestätigung erfahren. Die Präsenz verbotener Bücher markiert dagegen so etwas wie die ständige Anwesenheit eines Potentials destruktiver Erkenntnis, eine stete poten­ tielle Relativierung all dessen, was wir für wichtig zu halten pflegen. Das Verbot sol­ chen Wissens durch staatliche und religiöse Autorität ist eine narrative Chiffre für die Ausgrenzung dieser Erkenntnis durch unser Über-Ich, der das Genre Horror entgegen­ arbeitet. 8. Erde und Weltall: Die mythische Qualität des Raumes Mit dem gestirnten Himmel war Lovecraft schon als Kind in Faszination verbunden; seine allererste Veröffentlichung ist ein astronomischer Artikel im Providence Jour­ nal vom 3. Juni 1906. Am 16. Juli des gleichen Jahres erschien ein Leserbrief aus sei­ ner Feder im Scientific American, der die Bedeutung der Suche nach transneptunischen Planeten hervorhebt. Später hat er mehrfach seriöse Essays zu astronomischen Fragen geschrieben (von denen einige jetzt leicht zugänglich sind: MW, S.493-495, 500-505). Mit dem Astrologen J.F. Hartmann lieferte er sich 1914 eine erbitterte Fehde in der Providence Evening News, wobei er die Astrologie als obsolete Pseudowissenschaft scharf angreift.’4 Der frühe Wunsch, die Astronomie zum Hauptberuf zu machen, scheiterte an seinem Versäumnis, ein Universitätsstudium anzugehen (tatsächlich hat er die Schule aus Gesundheitsgründen bloß sehr unregelmäßig besucht und nicht ein­ mal einen Collegeabschluß gemacht). Die wissenschaftliche Diskussion um die Mög94 Die Texte (insgesamt zehn Essays aus der Zeit vom 4. September bis zum 21. Dezember 1914) sind ge­ sammelt in dem Band Science versus Charlatanry. Essays on Astrology by HP. Lovecraft and J.F. Hart­ mann, S.T. Joshi/Scott Connors (Edit.), o.O. (Madison, WI) 1979. Vgl. auch das Gedicht Earth and Sky, CoC Nr. 44, 1986, S.26f, zuerst gedruckt im Juli 1917.

156 lichkeit extra-terrestrischen Lebens hat er mit interessierter Zurückhaltung beobach­ tet. Dazu ist schon sein früher Artikel The Truth About Mars zu vergleichen (in: The Phoenician, Herbst 1917, S.8). Lovecraft schließt dieses kleine Essay mit den Worten: »In these days [also während des 1. Weltkriegs, in den Amerika gerade eingetreten war], when our planet is convulsed with the absurd hostilities of its insignificant de­ nizens, it is calming to turn to the vast ethereal blue and behold other worlds, each with its unique and picturesque phenomena, where no echo of terrestrial strife or woe can resound.« Damit ist der Generaltenor von HPLs Beschäftigung mit dem gestirnten Himmel benannt: die Gewinnung einer Außenperspektive, die das menschliche Leben durch Relativierung erträglich macht. Diese tröstliche (von Lovecraft aus der antiken skeptischen Literatur, etwa schon aus Cicero, übernommene) Sicht wird später aller­ dings überlagert durch das SF-Motiv einer Bedrohung aus dem Weltall - so vor allem in The Whisperer in Darkness. Das Thema der Beziehungen zwischen Erde und Weltraum ist ein zentrales Motiv­ feld in den meisten großen Erzählungen Lovecrafts. Cthulhu, die »Great Race«, die fliegenden Crustazeen vom Yuggoth sind letztlich außerirdische Wesen. Fiktive Pla­ neten hat er ebenso gerne erfunden wie jeder SF-Autor (Yuggoth, Shaggai).’5 In der frühen Kurzgeschichte Beyond the Wall of Sleep (1919) wird ein ungebildeter Wald­ arbeiter zum Sprachrohr einer kosmischen Intelligenz. Von allen vordergründigen my­ thischen Chiffren losgelöst ist das Thema in The Colour Out o f Space (\9 T 1 \ einer Er­ zählung, die manche für Lovecrafts beste halten. Hier ist es der gänzlich unerklärte, am Ende nicht weniger als am Anfang rätselhafte Einbruch eines Meteors in die klei­ ne Welt eines Farmers, der zum Inbegriff der erschreckenden Konfrontation mit dem Unbekannten wird. Der Meteor setzt eine auf der Erde nicht vorkommende, vampiri­ sche Farbe frei, die sich am Ende wieder ins Weltall zurückzieht (jedoch mit dem im modernen Horrorfilm zum Klischee gewordenen Fragezeichen, ob sie denn die Erde wirklich ganz verlassen hat und das Böse also nicht mehr zu fürchten ist). Lovecraft gelingt hier die glaubhafte Evokation einer Erfahrung, welche alle Denkkategorien ih­ rer Teilhaber überschreitet.’6 Und diese Farbe kommt aus dem All. Der gestirnte Him­ mel ist der Erde so fremd geworden, daß beide sich nichts mehr zu sagen haben.

95 S.T. Joshi, Lovecraft's Other Planets, in: ders., Selected Papers on Lovecraft, West Warwick, RI 1989, S.35-44. 96 Das gilt selbst für die Sprache. »In her (Gardners Frau) raving there was not a single specific noun, but only verbs and pronouns. Things moved and changend and fluttered, and ears tingled to impulses which were not wholly sounds. Something was taken away - she was being drained of something - something was fastening itself on her that ought not to be« (in: DH, S.64f ). HPL will hier das Bild einer Sprache er­ zeugen, die sich nicht zum Begriff verdichten kann, ausgelöst durch eine Begegnung, die sich der ge­ wohnten substantivischen Versprachlichung entzieht.

157 9. Dekadenz und Atavismus: Die mythische Qualität der Zeit Eines der großen mit Angst besetzten Themen Lovecrafts ist die Dekadenz, der Ver­ lust der Kultur, das Zuriicksinken ins Unter- und Vormenschliche. Exemplarisch dafür kann The Rats in the Walls (1923) stehen. Mythisch ist dieses Thema insofern, als ihm eine mythische Wahrnehmung der Zeit selbst inhäriert, nämlich eine radikale Infrage­ stellung der Fortschrittsgläubigkeit des 19. Jahrhunderts. Der Erzähler, de la Poer, re­ stauriert das Schloß seiner Ahnen im englischen Anchester, Exham Priory. Mit Ent­ setzen entdeckt er eine unterirdische Höhle, welche die kannibalischen Gewohnheiten und abscheulichen Sitten seiner Vorfahren aus dem Bereich üblen Dorfklatsches zu trauriger Gewißheit werden läßt. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. In ihm selbst erwacht das Erbe seiner Familie... Dieses Zurücksinken des Protagonisten in seine bestialisch-kannibalischen Wurzeln signalisiert seine Sprache. In einem meisterhaften, faszinierenden Passus gegen Ende der Geschichte (für den die Annalen der Phantastik kein mir bekanntes Vorbild liefern) wird aus dem englischen Monolog des Erzählers ein mittelenglisches Gestammel, dann ein römisches (»Magna Mater! Magna Mater! Atys!«), keltisches (»Dia ad aghaid’s ad aodann... agus bas dunach ort! Donas’ s dholas ort, agut leat-sa!«)91, unarti­ kuliert prähistorisches (»Ungl... ungl...«) und letztlich äffisches Knurren (»rrrlh... chchch«), Lovecraft hat sich über den gewünschten Effekt dieser Passage auch brieflich geäußert (SL V, S. 181). Ähnlich ist die entsetzliche, schockartig als Bestätigung schlimmster Befürchtungen über den Protagonisten kommende Erkenntnis der Nähe zum Animalischen in A rthur Jermyn (1920) Grund genug für einen Suizid. In The Rats in the Walls endet der Erzähler (in der ersten Person) im Wahn - oder eben nicht, wenn er nämlich doch nur sozusagen beschleunigt erfährt, was allen Menschen widerfahren könnte. Kleine, narrativ geniale Züge steigern die Bedrohlichkeit dieser Geschichte ins Unermeßliche (die Stufen in die Krypta unter Exham Priory sind von unten gemeißelt). In diesen beiden Erzählungen wird freilich auch der zeitgeschichtliche Ort Love­ crafts mit Händen greifbar: Die Idee, eine äffische Ururgroßmutter zu haben, wirkt auf uns grotesk, aber nicht bedrohlich. Überhaupt ist uns die animalische Verwurzelung des Menschen so sehr zur Selbstverständlichkeit geworden, daß sie uns nur schwer-97

97 Lovecraft beherrschte trotz seiner guten Kenntnis irischer Geschichte und Folklore selbst keine keltische Sprache. Die zitierten Worte sind aber doch korrektes Irisch (Gälisch). Sie stammen aus der Erzählung The Sin Eater von Fiona Macleod (ein Pseudonym des schottischen Schriftstellers William Sharp, 1856 1905), die HPL aus der von Joseph Lewis French herausgegebenen Anthologie The Best Psychic Stories (New York 1920) kannte. Die Worte heißen übersetzt: »Gott gegen Dich Dir ins Angesicht... Möge Dir ein schmerzvoller Tod bestimmt sein... Übel und Kummer über Dich und die Deinen« (also ein Fluch). Vgl. SL I, S.258; SL V, S.181 und S.277. Eigentlich würde man von der Lokalität her wohl Walisisch (Cymrisch) erwarten, aber Lovecrafts Kenntnis des Keltischen ging nicht so weit, daß er ins Walisische hätte übersetzen können (obwohl ihm die dadurch entstehende Diskrepanz natürlich bewußt war).

158 lieh erschrecken kann. Daher funktioniert Arthur Jermyn (eine Geschichte, die Lovecraft geliebt hat) heute nicht mehr so recht als Horrorerzählung, während The Rats in the Walls (wo es um viel mehr geht) nichts von seiner düsteren Unwiderstehlichkeit verloren hat. Lovecraft führt nicht bloß den Verfall von Individuen vor Augen” , sondern auch von ganzen Kulturen. In gewaltigen, epischen Bildern zeichnet er in At the Mountains of Madness die Dekadenz der ehemals von den Sternen gekommenen Bewohner der Ark­ tis, in The Mound die einer unterirdischen Zivilisation, in der die Folter zu einem letz­ ten perversen Freizeitvergnügen geworden ist. In The Nameless City sind die reptilischen Bewohner der Wüstenstadt Gespenster ihrer selbst, bedrohlich, aber im Grun­ de nicht mehr gefährlich. Lovecraft beschreibt natürlich lediglich das, was er auch auf die Menschheit zukommen sieht. Seine Phantastik ist völlig unaufdringlich, gleichsam nebenbei, zum Vehikel der Gesellschaftskritik geworden. Atavismus und Dekadenz sind nicht weniger tiefenpsychologischen Fragestellun­ gen zugänglich als alle anderen Aspekte von Lovecrafts Mythopoiesis. Das mag knapp an The Shadow Over lnnsmouth illustriert werden. »Ähnlich wie in The Call ofCthulhu ist die Bewegung primär eine solche vom Meer zum Festland, besser gesagt aus den rätselhaften Tiefen des Meeres an die Küste der Zivilisation. Eine Interpretation im Rahmen eines C. G. Jungschen Paradigmas legt sich hier so nahe, daß sie kaum ausge­ führt werden muß. Das Meer ist der mütterliche Raum archaischer Tiefe, in dem ein unverarbeitetes Erbe schlummert. Eben weil es unverarbeitet, verdrängt ist, tritt es dem Tagbewußtsein der Zivilisation bedrohlich gegenüber. Indem sich das Verdrängte zum Bewußtsein hin aufbäumt und es in Beschlag nimmt, verbraucht es soviel psychische Energie, daß es die Kräfte des wachen Denkens und Fühlens lähmt. Wir sehen also, wie auch das zweite große Thema der Erzählung, der Verfall [sprich: die Dekadenz], zu einer tiefenpsychologischen Sicht stimmt.«9899

III. Lovecraft als mythopoetischer Autor Wir haben auf der synchronen Ebene einige Bausteine benannt, deren sich Lovecraft für den mythischen Hintergrund seiner Erzählungen, d.h. für sein Pantheon mythischer Bezüge bedient. Es bleibt, die mythenschaffende Imagination Lovecrafts diachronisch zu betrachten, ehe wir zusammenfassend nach den Bedeutungen einer solchen artifizi­ ellen Mythologie fragen. 98 Schon in dem Fragment The Beast in the Cave (in: D. S.322-328) von 1905 (einer der frühesten erhal­ tenen Geschichten HPLs) ist die Regression eines in einer Höhle eingeschlossenen Menschen das zen­ trale Thema. 99 Um mich hier einmal selbst zu zitieren (QM Nr. 82, 1994, S.61).

159 Für die Prozesse, vermittels derer die reiche Phantasie Lovecrafts aus Quellen der unterschiedlichsten Art eine ästhetisch kohärente, spannende und atmosphärisch dich­ te Erzählung schafft, wählen wir als Beispiel die 1928 niedergeschriebene und im April 1929 in Weird Tales veröffentlichte Geschichte The Dunwich Horror. Milieu und fiktionale Lokalisierung der Geschehnisse um die dekadente, böser Magie hingegebene Familie Whateley lassen sich präzise bestimmen: Lovecraft verarbeitet hier Eindrücke seines Aufenthaltes in der Landschaft um Wilbraham, Massachusetts. Im Juli 1928 hat­ te er die mit ihm im Rahmen seiner amateurjournalistischen Tätigkeiten befreundete Schriftstellerin Edith Dowe Miniter(1867 - 1934) in ihrem Haus in Wilbraham besucht (SL 11, S.245E; MW, S.477-479) und dort die düstere Faszination der entlegenen, hin­ terwäldlerischen Dörfer Zentral-Neuenglands in nie gekannter Weise gespürt. Soweit es ihm möglich war, hat er die Wälder und Gehöfte dieses Landstriches besucht und Gespräche mit Einheimischen geführt. The Dunwich Horror enthält in höherem Maße genuine Folklore als die meisten anderen Geschichten Lovecrafts. So sind die aber­ gläubischen Vorstellungen um das todankündigende Geschrei der Ziegenmelker und ihre Funktion als Seelenbegleiter ins Jenseits (Psychopompe) wirklicher Volksglaube (in: MW, S.477). Die unerklärlichen Steinmonumente in The Dunwich Horror - die weder von weißen Siedlern noch von den Indianern erbaut sein können - sind durch die neuenglischen Megalithe inspiriert (besonders Mystery Hill bei Salem, NH), die vielleicht tatsächlich von Wikingern stammen.100 Lovecrafts Versuche, den lokalen Dialekt korrekt wiederzugeben, wirken heute ein wenig unbeholfen; sie sind aber aus dem echten Bemühen geboren, das Flair der Landschaft und ihrer Bewohner einzu­ fangen. Der Name Dunwich ist - wie alle fiktionalen Namen Lovecrafts - mit feinem Ge­ spür für schillernde, aber treffende Konnotationen gewählt. Die meisten Städte und Dörfer in Massachusetts sind nach Orten in England oder - puritanischem Brauch ge­ mäß - nach Namen aus der Bibel benannt. So ist auch Dunwich oder Dunnich (wie es gelegentlich geschrieben wird) eine reale Lokalität, ein Dorf an der Küste von Suffolk,

100 Über Lovecraft und die rätselhaften Megalithbauten in Neuengland gibt es mittlerweile eine reiche, wenn auch oftmals etwas versponnene Literatur. Exemplarisch: Andrew Rothovius, Lovecraft and the New England Megaliths, in: The Dark Brotherhood and Other Pieces, Sauk City, WI 1966, S. 179-197; David R. Goudsward, Horror on the Hill, America’s Stonehenge at Mystery Hill. Monograph Series 5, Nashua, NH 1990 (mit Bibliographie); Ph. Shreffler, The H P. Lovecraft Companion, Westport, CN 1977, S.5662. Die Schilderung des »round tower« in dem oben genannten, von Derleth in The Lurkerat the Thres­ hold ausgeschriebenen Fragment ist allem Anschein nach durch den »Newport Old Stone Tower« (auch »Mystery Tower«) in Newport, Rhode Island, inspiriert. Die Megalithe auf der Osterinsel haben HPL ebenfalls zeitlebens fasziniert. Belege siche hei Richard Huher, H P. Lovecraft and Easter Island, Nyctalops Nr. 19, 1991, S.60L Übrigens ist Donald Wandreis Roman The Web o f Easter Island, der schon zu Lovecrafts Lebzeiten entstand und den dieser tief bewunderte, seinerseits Lovecraft gewidmet (vgl. über diesen Freund und Schriftstellerkollegen HPLs meine Studie Donald Wandrei, QM Nr. 77, 1992, S. 1828).

160 das mehrfach unter gewaltigen Sturmfluten zu leiden hatte und daher heute z.T. im Meer versunken ist.101102Lovecraft schafft aus diesen Vorgaben nun die Evokation einer zugleich realen und doch höchst rätselhaften Landschaft, eine Beschwörung einer ent­ legenen, von zurückgebliebenen, eigenbrötlerischen Menschen bewohnten Region, die in gewisser Hinsicht der eigentliche Gegenstand von The Dunwich Horror ist. Getreu seinem Grundsatz, daß für die unheimliche Literatur Stimmungen, Emotionen, imagi­ native Bilder wichtiger als Personen und Handlungen sind (Notes on Writing Weird Fiction, in: MW, S. 113-116), legt er seine ganze schriftstellerische Sorgfalt in die prä­ zise Visualisierung des Umlandes von Dunwich. Die Schilderung der altertümlichen Straßen, der üppigen Vegetation, verbunden mit immer spärlicheren Spuren mensch­ licher Kultivierung, die dem Reisenden die Nähe Dunwichs anzeigen, entführt den Le­ ser zugleich in die von HPL geschaffene fiktionale Welt. Kein Wegweiser führt nach Dunwich; dorthin kann man sich sozusagen nur verirren (man fühlt sich an Dante, La Divina Commedia, Inferno I, 1-3 erinnert). »The trees of the frequent forest belts seem too large, and the wild weed, brambles, and grasses attain a luxuriance not often found in settled regions. At the same time the planted fields appear singularly few and barren; while the sparsely scattered houses wear a surprisingly uniform aspect of age, squalor and dilapidation« (in: DH, S.156). Also eine vitale, urtümliche Natur, die ir­ gendwie aus dem Lot geraten ist, verbunden mit Menschen, die in Armut, Dekadenz und Isolation dahinvegetieren. Präzision und Glaubwürdigkeit des Details sind über­ haupt Grundlagen der Ästhetik Lovecrafts (theoretisch entfaltet in Pickman’s Mo­ del).'02 Neben Landschaft und Folklore treten literarische Bezüge. In The Dunwich Horror ist es besonders der große Waliser Phantast Arthur Llewelyn Jones Machen (1863 1947), auf dessen Werk Lovecraft anspielt: »Inbreeding? [...] Great God, what sim­ pletons! Shew them Arthur Machen’s Great God Pan and they’ll think it a common Dunwich scandal« (in: DH, S.172). Armitage(der Sprecher) mokiert sich hier über die Unfähigkeit, die Ereignisse in anderen Kategorien als denen einen Dorfskandals zu be­ greifen (Wilbur Whateley hat keinen bekannten irdischen Vater; daher liegt der Ver­ dacht nahe, daß er einer illegitimen Verbindung seiner Mutter mit seinem Großvater entstammt - was natürlich nicht zutrifft). The Great God Pan (in Buchform erstmals 1894 veröffentlicht; ein Kapitel war schon 1890 in The Whirlwind erschienen) ist ei­ ne Novelle in mehreren Episoden über das Ergebnis eines gehirnchirurgischen Expe­ riments. Mary, eine junge Frau, sieht aufgrund dieses Experimentes »den großen Pan«, d.h. ihre Seele öffnet sich für die vitalen und dämonischen Aspekte der Natur. Sie 101 Über die Geschichte von Dunwich siehe Nigel Pennick, Lost Lands and Sunken Cities, London 1987. S.130-139, wo auch alte Stiche und Stadtpläne abgebildet sind. 102 Vgl. meine Studie Bis ins dunkelste Herz des Meeres. Maritime Symbolik als Ausdruck des Unheimlichen in Erzählungen von WH. Hodgson und H P. Lovecraft, QM Nr. 82, 1994, S.42-69, hier S.65f.

161 selbst wird wahnsinnig und stirbt bald, aber ihre Tochter Helen - sozusagen ein Kind Pans - hinterläßt im spätviktorianischen London eine Spur von Tod und Verderben; sie ist die letzte Steigerung der fenime fatale, die Männer in den Selbstmord treibt und mit den bösen Mächten der little people Umgang hat. Diese Novelle hat nicht zuletzt we­ gen ihrer erotischen Bezüge einiges Aufsehen erregt (in manchem erinnert sie an H.H. Ewers’ Alraune). Beide Geschichten (Mächens und Lovecrafts gleichermaßen) er­ zählen von einem Kind ohne erkennbaren menschlichen Vater, das in Wahrheit ma­ gisch von einem Dämon »induziert« ist. Es wäre natürlich möglich gewesen, die Geschehnisse in Dunwich mit Verweisen auf antike Mythologien zu deuten, auf die Verbindung übernatürlicher Wesen (Götter, Naturgeister) mit menschlichen Frauen. Lovecraft hat hier aber eine moderne literari­ sche Anspielung bevorzugt. Das ist nicht lediglich eine Reverenz vor dem von ihm hochverehrten Machen (vgl. dazu Supernatural Horror in Literature, in: D, S.421427). Lovecraft schafft durch seine Anspielungen einen Raum mythischer Bezüge, der primär literarisch ist. Dazu paßt seine reiche Verwendung von mythischen Begriffen und Namen aus Werken von Chambers, Bierce, Dunsany, Poe, etc. in anderen Erzäh­ lungen. Der Cthulhu-Mythos ist - wenn man ihn überhaupt als eigenes Konzept Love­ crafts ansprechen will - so etwas wie eine Konzentration und Weiterführung der künst­ lichen Mythologien überhaupt, die vom Genre der Weird Fiction bisher geschaffen worden waren, also eine Art totaler Mythos. Diese unbestreitbare Beobachtung hat bis­ her noch kaum Aufmerksamkeit erfahren. Anspielungen auf Arthur Machen bieten auch die Tagebuchaufzeichnungen Wilburs. »Aklo« und »voorish sign« (in: DH, S.184) sind Begriffe aus Mächens Meister­ werk The White People, einer Geschichte, die Lovecraft für die zweitbeste hielt, die überhaupt jemals im Bereich des Unheimlichen geschrieben worden sei (nach Black­ woods The Willows; s. SL 111, S.429, 438f; SL V, S.341, 348). Wenn der junge Wilbur Whateley ein »ziegenhaftes« Aussehen hat (in: DH, S. 162, S. 170), dann fühlt sich der Leser an die Satyre der griechisch-römischen Mythologie bzw. den Gott Pan (Faunus) selbst erinnert, dessen Symbolik (als halbdämonische Bedrohung der spätvikto­ rianischen Zivilisiertheit) auch in The Great God Pan im Hintergrund steht. Nicht ganz sicher ist, daß Lovecraft mit dem Namen Dunwich geradezu auf Mächens (beiläufige) Erwähnung des gleichnamigen englischen Dorfes in The Terror alludieren wollte.103 Der Exorzismus, den Armitage erfolgreich gegen Wilburs Bruder einsetzt (in: DH, S. 188), beginnt übrigens mit Worten des 91. Psalms, Vers 6 (nach der Vulgata-Über­ setzung zitiert; im hebräischen Text klingen die Verse etwas anders). Lovecraft folgt auch hier einem genrespezifischen Vorbild, nämlich der Erzählung Negotium Peram-

103 Allgemein zu Machen und Lovecraft s. Mark Valentine, The Prophets o f Pandemonium - Arthur Machen and H P Lovecraft, Dagon Nr. 17, 1987, S.19-23.

162 bulans von E.F. Benson, die er aus dem Band Visible and Invisible (New York 1923) desselben Autors kannte (vgl. D, S.416 und SL V, S.356). Von den Büchern, in denen Armitage nach einer Formel zur Bannung des Bösen sucht, ist das Necronomicon fik­ tiv, die Daemonolatreia des Remigius (Nicolas Rémy, 1530 - 1612) jedoch ein ganz reales, berüchtigtes Werk aus der Feder eines der berühmtesten Hexenjäger der frühen Neuzeit (Fyon 1595, zahlreiche Nachdrucke). Diese dichte Vernetzung von Fiktion und Realität ist ein wesentliches Merkmal des Umgangs Lovecrafts mit seinen Moti­ ven. Lovecraft hat The Dunwich Horror spätestens im Juni 1928 konzipiert (SL II, S.240) und Ende August desselben Jahres abgeschlossen (SL II, S.246f.). Wir erken­ nen deutlich, wie aktuelle Eindrücke (sein Besuch in Wilbraham)104105und literarische Anspielungen in ein schon in der Entstehung begriffenes Werk einfließen. Aber Love­ craft gelingt es trotz dieser (bewußt gesuchten) Kontinuität im Genre Weird Fiction, etwas ganz Eigenes und Unvergeßliches zu schaffen. Die Frage nach Quellen und Be­ zügen darf also nicht die nach seiner eigenen Imagination überdecken. The Dunwich Horror ist bei erster Lektüre eine Geschichte über einen bösen alten Mann, der mittels einer Beschwörung aus dem Necronomicon seine Tochter zur Mut­ ter einer Monstrosität macht, deren Vater kein anderer als Yog-Sothoth ist, der dämo­ nische Wächter zwischen den Dimensionen. Wilbur Whatelleys Frühreife (ein auto­ biographischer Zug; auch HPL konnte bereits mit drei Jahren lesen und bald darauf schreiben)11’5 ist schon ein Indiz, daß hier die Natur, das verläßliche Fundament der menschlichen Erfahrung, ins Wanken geraten ist. Tatsächlich hat der »alte Whateley« die dämonischen, extraterrestrischen Mächte beschworen, um einen Eingang, ein Tor für die Legionen von draußen zu schaffen. Nach seinem Tod versucht Wilbur sein Werk fortzusetzen, stirbt aber bei dem Versuch, ein vollständiges Necronomicon aus den Räumen der Miskatonic University in Arkham zu stehlen. Als ein Wachhund ihm die Kleider vom Leib reißt, wird zum ersten Mal seine schreckliche Andersartigkeit offenbar; Sein Körper hat lediglich äußerlich Ähnlichkeit mit dem eines Menschen und setzt sich in saurierartigen Pranken und ekelerregenden Tentakeln fort. Bloß seine sorgsam gehütete Kleidung konnte ihn vor der Entdeckung bewahren. Sein Körper ist nicht einmal ganz aus Materie, wie wir sie kennen, denn er verschwindet bald voll­ ständig (ähnlich bei den Crustazeen vom Yuggoth in The Whisperer in Darkness). Die drei Gelehrten, die ihn vor seiner Auflösung noch sehen, wissen, daß sie es mit einer ungeheuerlichen Verletzung der Naturgesetze zu tun haben, und daß sie alles daran set-

104 Weiteres zum Lokalkolorit bei D. Burleson, H P. Lovecraft - A Critical Study, Contributions to the Study of Science Fiction and Fantasy 5, Westport, Connecticut/London 1983, S.142. 105 Ohne diesen Punkt überbewerten zu wollen: Die Familicnkonstellation dominanter Großvater - anämi­ sche und schwächliche Mutter - frühreifer Sohn (der sich selbst als »monströs« erlebt) - nicht greifbarer, rätselhafter Vater ist genau jene, in der Lovecraft selbst aufgewachsen ist.

163 zen müssen, um Schlimmeres zu verhindern. Ein kleiner Nebenzug zeigt sehr schön, wie Lovecraft genuine Folkore in seinem Mythos umsetzt: Die Ziegenmelker, ge­ wohnt, auf die Seelen der Sterbenden zu warten, fliehen in Panik vor dem, was den Körper Wilburs verläßt (in: DH, S.175). Derweil bricht in Dunwieh der eigentliche Schrecken los; ein unsichtbares Mon­ strum zerstört ganze Bauernhöfe und sämtliche Bewohner darinnen. Die Tagebuch­ aufzeichnungen Wilburs, von Dr. Armitage mühsam dechiffriert, geben schließlich den Schlüssel dafür ab, was in Dunwich passiert und was Wilbur vorhatte. Armitage ge­ lingt es, mit zwei Kollegen das Böse zu bannen, das dabei in einer raffinierten, tatsäch­ lich für den Leser überraschenden Schlußsequenz sein wahres Gesicht und seine Her­ kunft als Bruder Wilburs offenbart, »but it looked more like the father than he did« (in: DH, S.198, der Schlußsatz der Erzählung). Das endliche dénouement ist hier mit an­ derem Tenor gehandhabt als in den meisten anderen späten Novellen Lovecrafts, in­ sofern es etwas wirklich Neues sagt. In The Shadow Out ofTime etwa bestätigt das Schlußbild (der Erzähler hält ein uraltes Buch in seiner eigenen Handschrift in Hän­ den)106lediglich, was der Leser längst weiß und stellt dennoch einen narrativen Höhe­ punkt von seltener Eindrücklichkeit dar.107Ähnlich in The Thing on the Doorstep oder The Case o f Charles Dexter Ward. Erzähltechnisch ist The Dunwich Horror (in der dritten Person Singular gehalten) insofern traditioneller als andere Novellen Love­ crafts, in denen die erste Person Singular zum Vehikel des Erzählers wird, sich selbst (und damit auch den Rezipienten) über den geschehenen Einbruch des Rätselhaften und Unerklärlichen zu vergewissern. Daher stammt das nur zögerliche »die Dinge beim Namen nennen« eines Erzählers, der doch an und für sich von Anfang an weiß, was er sagen will. Lovecraft erzielt mit diesem Stilmittel des sich gegen seine eigene Erkenntnis wehrenden Erzählers sehr effektiv die für eine supranaturale Geschichte notwendige suspension o f dishelief. So besonders und überaus geschickt in At the Mountains o f Madness. In The Dunwich Horror steht dieses Element eher im Hinter­ grund (obwohl man immerhin den Anmarschweg des Erzählers bis zum Beginn der ei­ gentlichen Handlung in diesem Sinne verstehen kann). Was ist Yog-Sothoth, der Vater der Whateley-Brüder? In The Dunwich Horror steht er bloß im Hintergrund; seine Mythologie wird nicht entfaltet (ganz ähnlich in The Ca­ se o f Charles Dexter Ward). Damit wird ein wesentlicher Zug der Mythologie Love­ crafts auch hier deutlich: Sie ist nicht der primäre Gegenstand seines narrativen Inter­ esses. Das richtet sich vielmehr auf die Evokation der Begegnung mit dem Unbe­ kannten. HPL schildert Menschen, die im Umfeld ererbter Magie leben (die Bewoh­ ner von Dunwich), aber diese nicht bewältigen können, vor allem jedoch mit Dr. Ar106 Dieses visionäre Bild hat Lovecraft schon Jahre früher beschäftigt (vgl. ausführlich in einem Brief an Clark Ashton Smith vom 11. November 1930; SL III, S.217); es stammt vielleicht aus einem Traum. 107 Vgl. Donald R. Burleson, H P. Lovecraft: A Critical Study (s.o.), S.202I'.

164 mitage einen Vertreter der Kultur und Ordnung, der für einen Augenblick (denn YogSothoth wartet auf neue Tore: »They wait patient and potent, for here They shall reign again« (DH, S. 170)) die Gefahr bannt. Die Wirkung von Wilburs Tagebuch auf Dr. Armitage (DH, S. 183-187) ist tendentiell auch jene, die Lovecraft erzeugen möchte. The Dunwich Horror ist nicht zuletzt deshalb so interessant, weil es HPLs innova­ tiven Umgang mit Klischees beleuchtet. Ein alter Magier öffnet das Tor der Hölle; ein Kind ist von einem dämonischen Vater gezeugt, der die Welt bedroht; ein Exorzismus, der das Böse bannt - dies sind uralte Bausteine okkulter Phantasien, Traditionen der unheimlichen Literatur, deren Wurzeln weit über das Mittelalter hinaus in archaisches Denken führen. Die meisten modernen Autoren, die diese Klischees verwenden (man wird mir ersparen, Beispiele aufzuführen), »modernisieren« sie durch ein paar »zeit­ genössische« (sprich: alltägliche und langweilige) Charaktere, eine Liebesgeschichte als würzendes Beiwerk und allenfalls ein paar grausige Details. Das alles hat Lovecraft nicht nötig - selbst die Visualisierung des Zerstörungswerkes des Monsters geschieht in Andeutungen, unter Verwendung des uralten, aus dem griechischen Drama stam­ menden Stilmittels der Teichoskopie (hier über eine Telefonleitung). Lovecraft geht in seiner Ausweitung des Klischees einen anderen Weg, indem er die Grenzen der Gat­ tung Horror zum Genre Science Fiction hin öffnet. Yog-Sothoth ist nicht einfach ein Dämon; er ist eine Wesenheit aus einer anderen Dimension, die durch eigentümliche »Winkel« und »Ebenen« mit unserer verbunden ist (in: DH, S. 184). Für uns ist dies wiederum zum Klischee geworden; in HPLs Tagen war es allerdings eine revolutionär neue Idee. Zwar reicht die fiktionale Verwendung der nicht-euklidischen Geometrie bzw. der allgemeinen Relativitätstheorie schon vor Lovecraft zurück, jedoch lediglich in relativ einfallslosen Geschichten vom »Übergang« einer Dimension in eine andere. Bei Lovecraft wird zum ersten Mal konsequent eine Verunsicherung des Lesers durch die Verbindung Wissenschaft/Magie versucht. Dies geschieht nicht einfach nur durch seine Interpretation der Beschwörung als Öffnung einer transdimensionalen Pforte, sondern vor allem durch ein lediglich angedeutetes mythisch-eschatologisches Sze­ nario, das der alte Whateley mit der Geburt von Wilbur und seinem Zwilling eigent­ lich erreichen will. »I wonder how I shall look when the earth is cleared and there are no earth beings on it« schreibt Wilbur in sein Tagebuch (in: DH, S. 184). Wenn das nicht beunruhigende Sätze eines Kindes sind, das drei Jahre alt ist und aussieht, als wä­ re es zwölf oder dreizehn... Und Dr. Armitage fiebert, nachdem er das Tagebuch ganz gelesen hat, »that the earth was in danger, since the Eider Things wished to Strip it and drag it away from the solar System and cosmos of matter into some other plane or phase of entity from which it had once fallen, vigintillions of aeons ago« (in: DH, S. 185). Das ist das eigentliche Grauen, nicht das Monster in den Bergen hinter dem Bauern­ dorf Dunwich. Das literarische Raffinement Lovecrafts besteht darin, daß diese Welt­ bedrohungsphantasie nur eben beiläufig angedeutet wird und nie plakativ im Vorder­

165 grund steht (wie in den zahlreichen Geschichten von Lovecrafts Freund Donald Wand­ rei). Erweist sich Horrorliteratur damit nicht zuletzt als Form eines gigantischen Res­ sentiments, einer Rache an der Welt, die sich lediglich in literarischer Sublimierung ausleben kann? Das kann in diesem Rahmen nicht weitergehend diskutiert werden. Der gleichsam exemplarische Text für Lovecrafts Verbindung magischer und wis­ senschaftlicher Motive ist The Dreams in the Witch House (geschrieben im Januar/Februar 1932, veröffentlicht in WT im Juli 1933). Der Protagonist Gilman wollte unbe­ dingt in dem Haus wohnen, »where some circumstance had more or less suddenly given a mediocre old woman of the seventeenth Century an insight into mathematical depths perhaps beyond the utmost modern delvings of Planck, Heisenberg, Einstein, and de Sitter« (in: MM, S.264). Diese und die nichteuklidische Geometrie Riemanns spielen in der Geschichte nicht weniger eine Rolle als der europäische Hexensabbat, die Traditionen über die puritanische Hexenverfolgung 1692 (Arkham = Salem) und der gefürchtete »schwarze Mann«, den HPL mit seinem Nyarlathotep identifiziert. Diese Mischung108 - damals außerordentlich innovativ sowohl für das Genre SF als auch für die Weird Fiction - hat Lovecraft mit der ihm eigenen beispiellosen Intensität weit interessanter zu füllen gewußt als alle seine Zeitgenossen. Daß Lovecraft den Rezipienten nicht bloß mit einer spannenden Geschichte verse­ hen möchte, zeigt nicht zuletzt das lange Motto aus Charles Lambs Witches and Other Night-Fears, das er The Dunwich Horror vorangestellt hat. Lovecrafts Mottos verdien­ ten ohnehin einmal eine eigene Studie; es ist eine verbreitete Unsitte, sie in Überset­ zungen fortzulassen. Charles Lamb (dessen gesammelte Werke und sogar Briefe Love­ craft besaß) entfaltet hier so etwas wie eine Archetypenlehre: Erfundene Monster kön­ nen im Leser nur deshalb etwas auslösen, weil sie verborgene, altertümliche Assozia­ tionen, ererbte Ängste in uns ansprechen. Die Schrecken der Gorgonen, Hydras und Chimären (zu denen sich dann Lovecrafts Wilbur Whateley nebst seines dämonischen Zwillings gesellt) sind nicht körperlicher, sondern spiritueller Natur (so wörtlich Lamb). Was will Lovecraft mit diesem Zitat ausdrücken? Doch wohl, daß es in seiner Geschichte nicht um die körperliche Bedrohung durch ein menschenverschlingendes Monster in einem entlegenen Tal in Neuengland geht, sondern um ein Symbol für die Macht fremder Bedrohung, die in unsere Welt einbricht und ihre rationale Ordnung, ihre überschaubare Beherrschbarkeit in Frage stellt. The Dunwich Horror ist eine Anti-Idylle, ln der ländlichen, zivilisationsfernen Ge­ gend von Dunwich findet der verirrte Reisende nicht etwa Frieden und Beschaulich­ keit, sondern Stagnation, Dekadenz, Atavismus und - schlimmer noch - böse Über­ bleibsel einer magischen Welt, die unsere Kultur nicht heilen, sondern nur zerstören 108 Wenig zum Thema bietet trotz des Titels Dietrich Wachler, Die Präexistenz und das Böse. Technik und Magie im Werk von Howard Phillips Lovecraft. in: H P Lovecraft - Der Poet des Grauens, H.J. Alpers (Hrsg.), Edition Futurum 1, Mcitingen 1983, S.67-83.

166 können. Die Bauern und Hirten von Dunwich sind äußere Maske über einer Bedro­ hung, die aus dem entlegenen Dorf nach der gesamten Welt greift. Der Spott der Re­ porter (»what a record-breaking monster the bootleg whiskey of Dunwich had raised up« (in: DH, S. 187)) ist gänzlich fehl am Platz. Das wird umso aussagekräftiger, wenn man bedenkt, mit welcher Leidenschaft der junge Lovecraft bukolisch-idyllische Ge­ dichte im Stil des 18. Jahrhunderts geschrieben hat.10’ Der besondere Reiz von HPLs mythologischem Universum liegt darin, daß es so de­ zidiert modern und doch zugleich archaisch ist, prälogisch und post-logisch, unver­ kennbar ein Produkt des 20. Jahrhunderts und dennoch das ganze mythische Erbe auf­ nehmend und in seltsamer Brechung spiegelnd. Während die Fantasy- und Sword-andSorcery-Literatur in Tausenden von Titeln prälogische Mythen repristiniert und daher weitgehend (natürlich nicht nur) regressive Persönlichkeitselemente in uns anspricht, während die von ihren Wurzeln her dezidiert progressive, die Zukunft andenkende Science Fiction rasch in der Beliebigkeit von Einfällen versandet und ausgesprochen ideologieanfällig ist, läßt sich Lovecrafts Mythos nirgendwo völlig einordnen. Wo die Phantastik rein kommerziellen Interessen unterworfen wird, verläuft sie sich in einem Reigen bunter Special Effects und bloßer Versatzstücke. Lovecraft hat sich mit einer zuweilen don-quichottesken Attitüde gegen diese Kommerzialisierung gewehrt. Die tiefen autobiographischen Wurzeln seines Werkes haben ihm seine Geltung über die Generationen hinweg bewahrt. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Meister aus Providence der bedeutendste Schöpfer spezifisch unheimlicher Erzählungen in un­ serem Jahrhundert ist. Damit sind wir bei der Frage, wie sich die Mythologeme HPLs zu seinen Ideen über die Welt, d.h. zu seiner Philosophie verhalten, und warum gera­ de sie in so erstaunlicher Weise über die Jahrzehnte »frisch« geblieben sind.

IV. Lovecrafts Mythologie als Ausdruck seiner Philosophie Lovecraft hat sich als einen Materialisten und Atheisten verstanden. Noch einer seiner letzten Briefe (an den Science Fiction-Autor Nils H. Frome vom 8. Februar 1937)“° expliziert präzise und eindeutig diese seine Philosophie des kosmischen Indifferentis­ mus (das Universum existiert nicht »auf den Menschen hin«, sondern in sich und für109 109 Beispiele: CP, S.8-27, S.30L, S.41f. Die meisten der nicht in die Collected Poems aufgenommenen Ge­ dichte gehören hierher (gesammelt in CoC Nr. 21, 1984; CoC Nr. 44, 1986, und WW). Etwa drei Viertel der Lyrik Lovecrafts ist im Stil des von ihm geliebten 18. Jahrhunderts geschrieben und hat satirischen oder bukolischen Inhalt. Siehe auch den Beitrag von Michael Siefener in diesem Band. 110 Deutsch jetzt in SG 2, 1995, S. 35 - 39. Weiteres Material über den Gedankenaustausch zwischen Love­ craft und dem kanadischen Schriftsteller Frome (1918 - 1962) bietet der Band Howard Phillips Lovecraft and Nils Helmer Frome, Sam Moskowitz (Edit.), Moshassuck Monograph Series 5, Glenview, Illinois 1989.

167 sich) und ästhetischen Hedonismus: »There is no warrant for reading any such thing as purpose into the universe as a whole. [...] People who claim that the universe as a whole has purpose are merely perpetuating primitive man’s crude myth-making pro­ cess (called animism) of imagining that abstract or inarticulate objects have the same thoughts and feelings as man. 'Hie soul is a purely mythical thing. Man’s consciousn­ ess is a material reality - a definite electro-chemical process in a biological organism. [...] The notion of anything immortal about man or any biological organism [...] is in the light of today’s knowledge wholly untenable. But there is no need of getting de­ pressed about man’s insignificance. Who really wants to be cosmically important? [...] There is plenty to keep us comfortably busy during the brief period of our individual existence. [...] It’s up to us to enjoy the faculties we have - exercising our intellectual curiosity in study and our aesthetic sense in imagination and artistic creation« (in: MW, S.517). Wenige Tage nach diesem Brief ist Howard Phillips Lovecraft in stoischer Un­ erschütterlichkeit und Ergebung in das Unvermeidliche unter großen Schmerzen ge­ storben.111 Zu dieser philosophischen Position steht nun Lovecrafts Mythologie und überhaupt seine literarische Arbeit in einem zweifachen Verhältnis; einmal entspricht der Mythos in symbolischer Weise Lovecrafts nichthumanem Universum, andererseits tritt er sei­ ner bewußten Philosophie - zumindest in Aspekten und Details - komplementär ge­ genüber. Der Mythos ist demnach Ausdruck von Lovecrafts Philosophie, aber auch ih­ re Entgrenzung und sogar Infragestellung. Wir müssen beide Gesichtspunkte kurz prä­ zisieren. Azathoth und Nyarlathotep (ich denke an sein Profil in dem Prosagedicht gleichen Namens) sind sozusagen Verkörperungen der Weitsicht Lovecrafts. Wenn es Götter gä­ be, dann wären es solche... Diese und andere Gestalten symbolisieren also narrativ, was Lovecraft bewußt über die Dekadenz der menschlichen Rasse, die kosmische Be­ deutungslosigkeit des menschlichen Standpunkts etc. gedacht hat. Die zerebrale Le­ benshaltung vieler seiner Protagonisten ist jene, die Lovecraft geteilt hat: Epicure in the Terrible. Die Fähigkeit, phantastische und erschreckende Möglichkeiten im un­ mittelbaren Gegenstand der Erfahrung zu sehen, hat er außerhalb seines literarischen Werkes ebenfalls besessen.112Obwohl er sein Schreiben ernsthaft und mit unendlicher 111 Die Details über Lovecrafts Krankheit und Tod sind gut bekannt. Siehe R. Alain Everts, The Death o f a Gentleman: The Last Days o f H P Lovecraft. Including Lovecraft’s Diary for 1937, Madison, WI 1987 (Ergänzungen zu diesem Band finden sich in Everts’ Aufsatz Death o f a Gentleman, Fantasy Commen­ tator Nr. 41, A. Langley Searles (Edit.), Bronxville, NY 1990, S.4-9). 112 Vgl. seinen Essay A Descent to Avernus (1929) über einen Besuch der gigantischen Höhlen in Virginia als ergreifende und großartige ästhetische Erfahrung (in: QS, S.99-101) oder The Unknown City in the Ocean (1934) über Nantucket als magische »Stadt im Meer« (in: QS, S. 107-110). Es darf bei einer Wür­ digung Lovecrafts nie übersehen werden, daß viele seiner großen Essays Reisebeschreibungen sind. Die historische Topographie A Description o f the Town o f Quebec (1931) ist sein längster Prosatext überhaupt (in: QS, S. 111-318).

168 Mühe um das Detail betrieben hat, fehlt ihm doch weitgehend die »Künstlerattitüde«. Lovecraft sah sich als Gentleman, der für andere Gentlemen schreibt. Daher sein gro­ ßer Einsatz für die Amateurbewegung. August Derleth, Robert Bloch, Robert E. Ho­ ward waren schon als Zwanzigjährige praktisch schriftstellerische »Profis«; Lovecraft wollte das niemals sein. Dennoch überragt sein Werk das dieser doch wahrlich auch nicht verächtlichen Autoren um ein Immenses. Deshalb auch seine Freiheit im Um­ gang mit seiner Mythologie, die er nie als sein ausschließliches geistiges Eigentum be­ trachtet hat. Wir haben den Mythos in unserer Einführung als symbolische, sinnstiftende, das Ganze der Wirklichkeit integrierende Erzählung umschrieben. Lovecrafts Mythologie ist nicht der einzige interessante Aspekt seines Schaffens, aber doch weitaus stärker als seine bewußten Ideen dessen integratives Element. Insofern halte ich alle Versuche für völlig unsinnig, die »Cthulhu-Mythos«-Geschichten Lovecrafts aus seinem Ge­ samtwerk aussondern zu wollen113, weil die für Lovecraft so typischen Vernetzungen Erzählungen aller Arten umfassen. Der Negativheld der gräßlichen Horrorgeschichte Pickman ’s Model (die jedoch grundlegende Aussagen zur Ästhetik des Schreckens ent­ faltet)114 taucht plötzlich (eigentümlich sympathisch) in The Dream-Quest of Unknown Kadath wieder auf, Örtlichkeiten früher Dunsaniana in reifen, SF-artigen Werken etc. Das traumartige, noch an Poe orientierte Stück Dagon nimmt schon We­ sentliches von The Call ofCthulhu vorweg. Mit gutem Grund ist gesagt worden, daß man HPLs Erzählungen (aber auch seine zahlreichen Gedichte und in gewisser Hin­ sicht sogar seine Briefe) als Kapitel eines einzigen umfangreichen Romans lesen kön­ ne. Das ist eine außerordentlich fruchtbare Beobachtung. »Reine«, eher traditionelle Horrorgeschichten (In the Vault, 1925; Cool Air, 1926) sind nicht weniger Ausdruck seiner Ästhetik des Schreckens als seine stärker mythologisch angereicherten Erzäh­ lungen. Der Mythos wird jedoch grundsätzlich verzeichnet, wenn er nicht primär als ästhetisches (und nur insofern philosophisches) Vehikel der Welterfassung des Schrift­ stellers begriffen wird - weshalb es nicht sinnvoll sein kann, ihn aus dieser Ästhetik und damit dem Gesamtwerk zu sehr herauslösen zu wollen. Die Mythologie Lovecrafts hat - einmal angestoßen - seine Kreativität auf das Hef­ tigste angefacht, wie gerade seine vor spielerischen Andeutungen schier überborden­ den Briefe zeigen.115 Darüber hinaus hat sie offenbar auch ein psychologisches Be­ dürfnis HPLs erfüllt. Das kann nur so erklärt werden, daß sie - da er ihr bewußt jeden direkten Wahrheitsgehalt absprach - doch seelische Bereiche berührte und - sagen wir

113 So leider ausführlich und mit Referat älterer Vorschläge Thekla Zachrau (s.o.), S.92-99. Gegen diese Ver­ suche s. schon Robert M. Price, H P Lovecraft and the Cthulhu Mythos, CoC Nr. 35, 1985, S.3-11. hier S.3f. 114 Vgl. meine Interpretation im QM Nr. 82, 1994, S.65-69. 115 Vgl. Will Murray, Imaginative Allusions in Lovecrafts Leiters, CoC Nr. 46, 1987, S. 15-27.

169 - befriedigte, die durch die Abhandlungen Ernst Haeckels oder Thomas Huxleys und die Schriften Nietzsches (alle von Lovecraft als Fixpunkte seiner bewußten Philoso­ phie hochverehrt) nicht ausgefüllt werden konnten. Die innere Dynamik von Lovecrafts mythenschaffender Kreativität erweist insofern seine Philosophie als ungenü­ gend, defizitär. »The real problem with you, Mr. Lovecraft, is that you were a religious writer«.116178 Dieser Satz Robert Blochs (in einem wichtigen, nostalgischen fiktiven Brief an HPL »nach fünfzig Jahren«) mag überraschen. Lovecraft war Atheist und Materialist; die Geschichte des »christlichen Abendlandes« sah er in großer Skepsis rasch ihrem En­ de entgegengehen. Doch spricht Bloch damit tatsächlich den entscheidenden heuristi­ schen Schlüssel aus, um Lovecrafts Wirkung überhaupt verstehen zu können. Im Me­ dium eines stets der Trivialität verdächtigten Genres, inmitten einer Umgebung zweitund drittklassiger »hackwriters«, rührt der Atheist und Materialist Lovecraft mit sei­ nen Geschichten ernsthaft an die tiefste, also die religiöse Dimension. Dabei darf na­ türlich »Religion« nicht mit Christentum und noch weniger mit den neopaganen Be­ wegungen (die es zu HPLs Zeiten auch schon in Ansätzen gab) identifiziert werden. Einer klassischen Definition zufolge ist Religion »Gefühl und Betrachtung des Uni­ versums«, »Sinn und Geschmack fürs Unendliche« (Friedrich Daniel Schleierma­ cher)'17, also eine Erfahrung der Ganzheit der Welt. Und eben dies ist insgeheim das eigentliche Thema Lovecrafts. Der Mythos bringt die Welt auf den Nenner; ein grauenhafter, wahnsinniger Mythos eine Welt, in der Grauenhaftes und Wahnsinniges das letzte Wort haben. Der Mythos will erklären; HPL aber hat an der Erklärbarkeit der Welt gezweifelt. Eben diese Pa­ radoxie hat er in seinen Erzählungen umgesetzt. Weil das Grauen und der Wahn uns bedrohen, konnte er nicht anders, als Horrorautor zu werden. Ich illustriere diesen ganzheitlichen, also religiösen Tenor Lovecrafts an einem an­ deren Aspekt: seinem Bildungsideal. Hauptquelle hierfür ist das faszinierende Essay Suggestions fo r a Reading Guide, eigentlich ein Brief, den HPL in seinen letzten Le­ bensmonaten (im September 1936) an einen jungen Fan schrieb und dessen Kenntnis wir Lovecrafts Freund und Nachlaßverwalter Robert H. Barlow (1918 - 1951) verdan­ ken."8 Lovecraft umreißt darin sozusagen grundkursartig, wie er sich den Bildungs-

116 Robert Bloch in seinem Vorwort zu dem Band Lovecraft’s Legacy, Robert E. Weinberg/Martin H. Green­ berg (Edit.), New York 1990, S.XIV. 117 Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern (1799), Hamburg 1958, Phb 255, S.29f. »Gefühl« hat hier selbstverständlich nichts mit Emotionalität zu tun, sondern meint in Schleier­ machers Definition das »unmittelbare Selbstbewußtsein«, in dem der Mensch des Absoluten innewird. 118 In: 77te Dark Brotherhood and Other Pieces (s.o.), S.30-63.

170 gang eines Gentleman vorstellt. Dabei geht es ihm weniger um schulische oder uni­ versitäre Bildung (die er selbst ja nur in begrenztem Maße besaß), sondern um die Sachbezüge, denen sich ein Gentleman zu stellen hat. »To enjoy life as adequately cultivated beings, we require a background formed of many things. Essential to this background is a familiarity with literature, general Science, philosophy, history and sociology.«11’ Lovecraft legt seinem Leser dann eine Liste von Büchern ans Herz, die die­ sem helfen soll, einen solchen Hintergrund zu erwerben. Dabei wird ganz klar, daß sein Ideal eine renaissancehafte, universale Allgemeinbildung ist, die grundsätzlich keinen Bereich des Wissens ausspart. Es ist für Lovecraft selbstverständlich, daß sich ein Gentleman ebenso für Astrophysik und Kernenergie interessiert wie für elisabethanische Literatur und griechische Mythologie. Dabei ist er sich der Gefahren des autodi­ daktischen Dilettierens weit stärker bewußt als die meisten Autoren (es war ihm ein Greuel, als Kuttner in einer Geschichte über Salem auf die nötige topographische und geschichtliche Recherche verzichtete).*120 Daher sein Rat, sich nicht auf zweitklassige Kompilationen zu verlassen, sondern jeweils die besten Standardwerke der betreffen­ den Wissenschaften zu lesen und auch den Rat von Sachkundigen zu suchen. Im Rah­ men dieses Ideals nimmt die literarische Phantastik lediglich einen bescheidenen Platz ein (und wird in dem genannten Essay kaum gestreift). Die von HPL anvisierte Totalität der Interessen eines Gentlemen korreliert nun in eigentümlicherweise seinem mythischen Entwurf. Als wacher, unvoreingenommener Beobachter durch ein Universum mit vielen dunklen Ecken zu gehen, ist Lovecrafts Ideal gewesen - und seine wissenschaftlichen Leitbilder haben sich dabei der urtüm­ lichen Macht der mythopoetischen Imagination nicht entziehen können, in der sich dem Menschen immer wieder transzendiert, was er vom Universum zu wissen meint. Der mechanistische Antisupranaturalismus HPLs121 wird ästhetisch bewältigt und ausgeglichen durch eine mythische Schöpfung, in deren spannungsvoller Inkohärenz sich die Inkohärenz des Universums spiegelt, wie Lovecraft sie erfuhr. Diesen Fragen nachzuspüren scheint mir interessanter und auch wichtiger als z.B. die auf der Hand liegenden psychosexuellen Implikationen von, sagen wir, Wilbur Whateleys Gestalt in The Dunwich Horror oder das Frauenbild in The Thing on the Doorstep auszuloten. Der Mythos kann philosophische Ideen ausdrücken, die zu denen der bewußten Denk­ welt Lovecrafts in unüberbrückbarer Spannung stehen. »Into his mind floated pictu119Ebd„ S.30. 120 H.P. Lovecraft, Letters to Henry Kuttner, David E. Schultz / S.T. Joshi (Edit.), West Warwick, RI 1990, S.9-14. Vgl. auch, wie er dem jungen Willis Conover Präzision und Zurückhaltung in der Imitation von Stileigentümlichkeiten des 18. Jahrhunderts nahelegt (Lovecraft at Last, S.228f.) - Hodgsons überzoge­ ne und unglaubwürdige Stilnachahmungen (The Night Land) hat er von daher scharf kritisiert. 121 Grundlegend: George T. Wetzel, The Mechanistic-Supernatural o f Lovecraft, Fresco Nr. 8, 1958, S.5460 (Wetzel war der bedeutendste Lovecraftforscher der fünfziger Jahre und Herausgeber der bis heute wichtigen Lovecraft Collector’s Library, North Tonawanda, NY 1952 - 1955).

171 res of alien orbs with great stone towers [...] and still remoter spaces where only a stirring in vague blacknesses told of the presence of consciousness and will« (in: DH, S. 102). Eine solche Vision eines geradezu animistisch belebten Kosmos ist dezidiert die eines nicht-Lovecraftschen Universums. Mit höflichem Spott hat Lovecraft auf die schon zu seinen Lebzeiten an ihn heran­ getragene Idee reagiert, er wäre sozusagen ein Botschafter okkulten Wissens, und der fiktionale Rahmen seiner Geschichten verschleiere tiefere, arkane Gnosis. Vor allem seine Ausführungen in einem Brief an C.A. Smith vom 3. Oktober 1933 (SL IV, S. 270f ), in denen er eingehend über den ihm befreundeten Okkultisten William Lumley schreibt, lassen in dieser Frage an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Die ok­ kultistischen Interpretationen Lovecrafts122müssen sich darüber im Klaren sein, daß sie ihren Autor gegen den Strich, gegen die expliziten Aussagen Lovecrafts lesen. Lovecrafts Mythos redet nicht von dem, was der Verfasser als denkender Mensch weiß, son­ dern von dem, was er sucht. Was ist der Cthulhu-Mythos? Lovecraft hat weder diesen noch einen anderen zu­ sammenfassenden Ausdruck für sein Pantheon verwendet.123 Er hat aber durch seine reichen intertextuellen Anspielungen und Verweise nicht nur in eigenen Erzählungen, sondern auch in seinen Revisionen und vor allem in seinen Briefen keinerlei Zweifel daran gelassen, daß er seine spielerische Mythologie als organisches System gesehen hat - freilich nicht von Inhalten, sondern von Bezügen (diese Aussage wird im Folgen­ den zu präzisieren sein). Es ist gesagt worden, der Mythos sei eben nichts anderes als sein Erzählwerk selbst (»The mythos are the tales« ist das Schlagwort einiger neuerer Lovecraft-Ausleger).124Diese Sicht halte ich für problematisch. Zwar ist es richtig, daß Lovecrafts Mythologie nicht von seinen Erzählungen losgelöst werden kann. Doch ist sie in diesen ja lediglich als einer unter mehreren konstituierenden Faktoren auf dem Plan; oftmals steht sie geradezu im Hintergrund. Hilfreich ist die Definition des lite­ rarischen Mythos, wie sie der Literaturhistoriker und Schriftsteller Clive Staples Le­ wis u.a. am Beispiel Kafkas exemplifiziert hat.125 Lewis entfaltet hier die rezeptions­ ästhetische Erkenntnis, daß viele große Mythen eben gerade nicht großen literarischen Werken entsprechen. Über Kafkas Prozeß sagt Lewis, wer die Geschichte erzählt be­ kommen habe, brauche das Buch eigentlich nicht mehr zu lesen, da es dem »Mythos«

122 Hier sind vor allem die Werke des Crowley-Schülers Kenneth Grant zu nennen; in Deutschland darüber hinaus das unendlich törichte Buch von W.H. Müller, Lovecraft - Schatzmeister des Verborgenen (s.o.). Einen recht brauchbaren Vergleich der Mythopoiesis Lovecrafts und Crowleys liefert Barry L. Bender, Aleister Crowley and H P Lovecraft, LS Nr. 10, 1985, S.13-17. 123 Vgl. die Infragestellung von Begriff und Konzept durch David E. Schultz, Who Needs »The Cthulhu-My­ thos«?, LS Nr. 13, 1986, S.45-53. 124 So auch tendentiell Robert M. Price, beispielsweise in What Exactly Is the Cthulhu Mythos?, in: The Cthulhu Mythos Convention: NecronomiCon, Boston, MA 1993, S. 19-21. 125 An Experiment in Criticism, Cambridge 1961, S.40-49.

172 nichts hinzufüge. Wenn man den Mythosbegriff in diesem Sinne versteht (und einzig dies erscheint mir literaturtheoretisch sinnvoll), kann eine interessante und bedeuten­ de mythische Schöpfung gleichfalls in zweit- und drittklassiger Literatur in Erschei­ nung treten. Lewis erinnert in diesem Zusammenhang an die Argonautensage, die zu den großen mythischen und sagenhaften Zyklen Griechenlands gehört und doch nie­ mals eine Literarisierung von weltliterarischem Rang gefunden hat. Im Rahmen der modernen Phantastik wird man etwa an die mythischen Schöpfungen von Edgar Rice Burroughs denken dürfen, die den »Rang« ihrer romanhaften Einkleidungen ebenfalls weit überschreiten (z.B.Tarzan ofthe Apes, erstveröffentlicht in All-Story im Oktober 1912). Insofern liegt es sowohl im Wesen der Sache (also des Mythos überhaupt) als auch in den Intentionen des Autors, daß sich HPLs Mythologie gegenüber ihrem Schöpfer verselbständigt hat. Eine wesentliche Stärke der Lovecraftschen Mythologie liegt in dieser ihrer Offen­ heit. Lovecraft hat darauf verzichtet, die vielen hundert Anspielungen mythischer Art, die sein gesamtes Erzählwerk durchziehen, stringent zu systematisieren. Wenn eben von der Kohärenz der Bezüge die Rede war, darf dies nun nicht im Sinne eines präzi­ sen mythographisehen Systems mißverstanden werden. Erst Derleth und andere haben aus den (allerdings von vornherein zusammenhängenden) Mythologumena HPLs ei­ ne eigentliche Mythologie gemacht, die mythographi scher Beschreibung zugänglich ist. Lovecraft hat befreundete Schriftsteller sogar dazu ermutigt, sich an eigener my­ thischer Weird Fiction in Anlehnung an seine Erzählungen zu versuchen, ohne sich um die Kohärenz allzu viele Sorgen zu machen (siehe einen Brief an Richard E Searight vom 4. August 1935).126127Größten Wert legte er jedoch darauf, die Grenze zu einer tatsächlichen Fälschung nicht zu überschreiten, also jedem, der es wissen wollte, den Grad der Fiktionalität zu erklären. Schon zu Lovecrafts Lebzeiten haben manche das Necronomicon für ein reales Buch gehalten; ich kenne in seinen Briefen etwa zwan­ zig Belege, wo er diversen Korrespondenten erläutert, daß es seine Erfindung und nichts sonst ist.'27 Bei aller atemberaubenden, spielerischen Phantasie ist HPLs mythischer Kosmos doch immer auch Ausdruck eines suchenden Geistes, der sich energisch dem Ganzen der Welt stellen wollte. Wer Lovecraft nur von seinen Geschichten - die ihre Verwur­ zelung in den Traditionen der Pulps nie ganz verleugnen können - her kennt, kann das bloß begrenzt nachvollziehen. Wer sich aber die Mühe macht, die etwa 1200 - 1300

126 Nicht in den Selected Letters enthalten. Veröffentlicht in: H.P. Lovecraft, Letters to Richard F. Searight, D.E. Schultz / S.T. Joshi (Edit.), West Warwick, Rhode Island 1992, S.62. 127 Beispielsweise SL III, S.166; SL V, S.16 oder Letters to Robert Bloch, S.26. Auch C.A. Smith hat dies immer wieder betont, etwa in The Fantasy Fan vom November 1933 (nachgedruckt in: ders., Planets and Dimensions. Collected Essays o f Clark Ashton Smith, Charles K. Wolfe (Edit.), Baltimore 1973, S.29).

173 veröffentlichten Briefe des Autors (nebst den diversen lediglich in Photokopien um­ laufenden, die auf ihre Publikation harren) und die mehrere Dutzend bekannten Essays zu lesen, kann sich dem Respekt vor dem Menschen nicht verschließen, der in sou­ veräner Unbekümmertheit sein Universum geschaffen hat - nicht, um aus unserem in­ nerlich zu emigrieren, sondern um sich seiner Hinter- und Abgründigkeit zu stellen.

V. Ausblick: Love crafts Mythos nach dem Tode seines Schöpfers Der Begriff »Cthulhu-Mythos« stammt von August Derleth (1909 - 1971)128, und da dieser über Jahrzehnte hinweg das Verständnis dessen geprägt hat, was als CthulhuMythos verstanden wurde, müssen wir uns ihm kurz zuwenden. Die neuere Lovecraftforschung hebt mit Dirk Mosig129 an und hat heute ihren wichtigsten Vertreter in dem 1958 in Indien geborenen, aber seit 1963 in den USA lebenden Sunand Tryambak Joshi. Sie beginnt sozusagen, indem sie Derleth widerspricht.130 Dieser hat ja immer wieder in diversen Vorworten als angeblich von Lovecraft selbst (brieflich) geäußer­ tes Resümee seines Mythos folgende Sätze zitiert: »All my stories, unconnected as they may be, are based on the fundamental lore or legend that this world was inhabi­ ted at one time by another race who, in practising black magic, lost their foothold and were expelled, yet live on outside ever ready to take possession of this earth again.«131 Als Ergebnis der Untersuchungen zu diesem Zitat steht heute über jeden Zweifel hin­ aus fest, daß es spurios ist (ein »Lovecraft-Apokryphon«), Wahrscheinlich verdankt es

128 Das grundlegende Hilfsmittel zum Studium Derleths ist Alison M. Wilson, August Derleth: A Bibliogra­ phy, The Scarecrow Author Bibliographies 59, Metuchen, NJ/London 1983 (enthält auch eine Kurzbio­ graphie). Derleths eigene Bücher sind wegen der weitgehenden Ablehnung durch die amerikanische Lovecraft-Fangemeinde nicht schwer in den auf Phantastik spezialisierten Antiquariaten aufzutreiben. Um sein literarisches Erbe bemüht sich die August Derleth-Society (Postanschrift: PO. Box 481, Sauk City, WI, 53583, USA). 129 Über Dirk Mosig siehe das ihm gewidmete Sonderheft CoC Nr. 33, 1985. 130 Über Derleths Lovecraft-Interpretation s. außer dem genannten Buch von Alison M. Wilson (wo die Tex­ te nachgewiesen sind) das Derleth-Sonderheft CoC Nr. 6, 1982 sowie Robert M. Prices Studie The Lovecraft-Derleth-Connection, LS Nr. 7, 1982, S. 18-23 und als Einstieg den Übersichtsartikel über Derleth von Roald D. Tweet in: E.F. Bieder (Edit.), Supernatural Fiction Writers II, New York 1985, S.883-890. Derleths literarische Produktion war enorm; er hat zu Lebzeiten mehr als 400 Erzählungen, über 1000 Ge­ dichte, unzählige Essays und 137 eigene Bücher veröffentlicht. Darüber hinaus hat er 41 Anthologien her­ ausgegeben, von seiner Arbeit für Arkham House ganz zu schweigen. 131 Derleth zitiert diese Worte zuerst in seinem Essay H P. Lovecraft: Outsider, River Nr. 3, 1937, und dann fast regelmäßig. Über die Entstehung des Diktums sind mindestens ein Dutzend Aufsätze geschrieben worden. Exemplarisch: Dirk W. Mosig, HP. Lovecraft: Myth-Maker, in: The Miskatonic, Februar 1976 (auch in: H.P. Lovecraft: Four Decades o f Criticism (s.o.), S. 104-112); ders., Random Notes, in: The Mis­ katonic Nr. 5, Mai 1977, S.5; William Fulwiler, Three Quotations and a Fabrication, CoC Nr. 46, 1987, S.13L; David E. Schultz, The Origin o f Lovecrafts »Black Magic« Quote, CoC Nr. 48, 1987, S.9-13 (der ein ungenaues Lovecraft-Zitat von Harold Farnese als wohl letzte erreichbare Quelle ausgemacht hat).

174 sich einer freien Kombination aus verschiedenen Briefpassagen, in Derleths Ge­ dächtnis noch einmal gefiltert und vereinheitlicht. Als angemessene Zusammenfas­ sung der mythologischen Ideen Lovecrafts kann es jedenfalls nicht gelten. Zwar hat es deutliche Bezüge zu Gedanken in The Dunwich Horror und besonders The Call of Cthulhu, aber kaum zu anderen eindeutig mythisch angereicherten und ausgerichteten Erzählungen Lovecrafts. Insgesamt vereinheitlicht es die komplexen, subtilen und dif­ ferenzierten mythologischen Allusionen HPLs in unerträglicher Weise.132 Tatsächlich ist damit zugleich die Tendenz der sich als Fortschreibungen Lovecrafts gebenden Erzählungen von Derleth selbst ausgesprochen. Dieser hat die Götter und verborgenen, nichtmenschlichen Rassen HPLs wieder in das Gefüge eines klaren Kampfes zwischen Gut und Böse eingespannt. Die Guten (die Eider Gods, von denen einzig Nodens namentlich genannt wird) haben die Bösen Great Old Ones (Azathoth, Cthulhu, etc.) vor Äonen in einem kosmischen Kampf besiegt und sie an verschiede­ nen Orten des Universums eingesperrt (etwa Cthulhu im unterseeischen R’lyeh, Hastur in den Hyaden, Azathoth im Chaos außerhalb des Universums, etc.). Durch ma­ gische Siegel gebannt, bemühen sich die Great Old Ones, wieder die Herrschaft über das Universum und die Erde zu gewinnen, und benutzen dazu auch die Hilfe von be­ stimmten irregeleiteten Menschen und anderen Lebensformen (z.B. den Deep Ones). Zugleich hat er die Götter nach dem Schema der vier antiken Elemente geordnet und einige eigene Numina dazuerfunden (Cthulhu als Wasser-, Cthuga als Feuergott, etc.). Damit hat er die Ebene der symbolischen (allegorischen) Bezüge in die Geschichten selbst projiziert und sie auf diese Weise banalisiert.133Vor diesem allgemeinen Hinter­ grund, der mit ermüdender Monotonie immer weiter ausgesponnen wird, hat Derleth eine ganze Reihe von Erzählungen (gesammelt u.a. in The Mask o f Cthulhu, Sauk Ci­ ty, WI 1958) und einen Roman geschrieben (The Trail o f Cthulhu, Sauk City, W1 1962). Hinzu kommen darüber hinaus die von ihm fälschlicherweise als Gemein­ schaftsarbeiten mit Lovecraft ausgegebenen vierzehn Geschichten, die allein das Werk von Derleth sind (gesammelt in dem Band The Watchers Out ofTime and Others, Sauk City, Wl 1974).

132 Eine tatsächliche, ähnlich grundsätzliche Äußerung Lovecrafts findet sich in einem Brief an Farnsworth Wrighl (den Herausgeber von Weird Tales') vom 5. Juli 1927: »Now all my tales are based on the funda­ mental premise that common human laws and interests and emotions have no validity or significance in the vast cosmos-al-large. To me there is nothing but puerility in a (ale in which the human form - and the local human passions and conditions and standards - are depicted as native to other worlds or other uni­ verses. (...) Only the human scenes and Charakters must have human qualities. These must be handled with unsparing realism (not catch-penny romanticism), but when we cross the line to the boundless and hideous unknown - the shadow-haunted Outside - we must remember to leave our humanity - and terrestrialism at the threshold« (SLII, S.150). 133 Vgl. hierzu grundlegend Robert M. Price in: The H P Lovecraft Centennial Conference Proceedings (s.o.), S.72f.

175 Derleth hat - eine Beobachtung, die bisher noch kaum Beachtung gefunden hat134seine Erzählungen in späteren Nachdrucken sogar immer stärker an die »Normalform« dessen angepaßt, was er für den »Cthulhu-Mythos« hielt. Vehikel dieser seiner eige­ nen Mythologie sind vor allem die in monotonem Gleichklang stets aufs Neue wie­ derholten synoptischen Passagen, in denen er in drei oder vier Sätzen alles das zu sa­ gen versucht, was den Mythos ausmacht. Er zitiert dabei im Grunde genommen im­ mer wieder nur sich selbst, nicht aber Lovecraft. Seitdem diese Sachverhalte grundsätzlich bekannt sind (etwa seit Ende der 70er Jah­ re), hat der Ruf August Derleths im Kreis der Lovecraft-Liebhaber erheblichen Scha­ den genommen; er gilt heute bei vielen als Inbegriff dessen, wie Lovecraft nicht gele­ sen und verstanden werden sollte. Immerhin muß klar festgehalten werden, daß Love­ craft sein literarisches Nachleben in erster Linie dem rührigen Regionalschriftsteller aus Sauk City, Wisconsin verdankt. Derleths eigene an HPL orientierte Erzählungen sind nur dann jämmerlich schlecht, wenn man sie an Lovecraft selbst mißt, halten aber nach wie vor den Vergleich mit fast allem aus, was in den diversen Lovecraft- und Hor­ ror-Magazinen weltweit erscheint. Vor allem darf nicht übersehen werden, daß das ganze Subgenre der »Lovecraftian Fiction« nur einen winzigen Ausschnitt aus den zahlreichen Interessengebieten Derleths darstellt, der sehr viel Bedeutenderes sowohl im Bereich der amerikanischen Regionalliteratur, im Jugendbuch, Kriminalroman, im Gedicht und in seinen Essays (orientiert an Thoreau) geschaffen hat. Unter seinen un­ heimlichen Werken ragen seine traditionellen, aber oft wirklich bemerkenswerten Ge­ spenstergeschichten (die in Deutschland gänzlich unbekannt geblieben sind) heraus, die literarisch besser sind als alles, was er in den Eußstapfen Lovecrafts geschrieben hat. Diese Punkte dürfen nicht übersehen werden, wenn die possessive und dominan­ te, aber auch ungemein hilfsbereite Persönlichkeit August Derleths gewürdigt werden soll, der einer der fleißigsten professionellen Autoren und einer der weitblickendsten Phantastikherausgeber im Amerika des 20. Jahrhunderts gewesen ist. Das eigentümli­ che Genie H.P. Lovecrafts hat er freilich nicht besessen. Wir schreiben hier keine Geschichte der Lovecraftrezeption, müssen aber im Zuge unseres Themas einige Besonderheiten der Verwendung von Lovecrafts Mythologie ansprechen, welche zu einem komplexeren Verständnis dessen führen, was diese My­ thologie ausmacht. Wir haben die ambivalente Relation beschrieben, in der HPLs Mythologie und persönliche Philosophie stehen. Autoren wie Colin Wilson illustrie­ ren nun den paradoxen Sachverhalt, daß Lovecrafts mythisches Pantheon zum Vehi­ kel einer der Lovecrafts diametral entgegengesetzten Philosophie werden kann. Im Falle von Colin Wilson ist das ein an G.B. Shaw, Bergson u.a. orientierter Fortschritts­ optimismus, der z.B. in den »okkulten« Fähigkeiten und Erfahrungen von Menschen

134 Vgl. ein Detailbeispiel in meiner Studie Hali, CoC 92, 1996, 8-12.

176 Schritte auf dem evolutionären Weg über den Menschen hinaus zum Übermenschen sieht. Es ist vollkommen klar, daß die ganze Weitsicht Wilsons mit der Lovecrafts un­ vereinbar ist. Wilson hat denn auch als junger Mann unter der Kapitelüberschrift »The Assault on Rationality« einen scharfen Angriff auf die »kranke«, angeblich weltver­ neinende, eskapistische Persönlichkeit Lovecrafts geschrieben (enthalten in dem Band The Strength to Dream, London 1963). Später hat er sich von der schillernden Vielfalt Lovecrafts dann doch so sehr in Beschlag nehmen lassen, daß er seine Weltanschau­ ungen in die Form »Lovecraftscher« Romane zu gießen versucht hat, wobei eine ei­ gentümliche, reizvolle und intelligente Mischung heraus gekommen ist, die Lovecraft sicher ziemlich verwundert hätte, sozusagen ein neues Genre des philosophischen Horrorromans (die Handlung steht ganz im Schatten der theoretischen Ausführungen). Die wichtigsten hier zu nennenden Romane sind The Mind Parasites (London 1967) und The Philosopher’s Stone (London 1969); beide werden heute - zu Unrecht - nur noch wenig gelesen. Dazu kommen einige Novellen. Der Mythos wird hier also ge­ genläufig interpretiert. Das spricht für seine Lösbarkeit von der individuellen Philoso­ phie seines Urhebers. In der Tat wiederholt sich hier lediglich etwas, das in der Reli­ gionsgeschichte mit gewachsenen Mythen immer wieder geschehen ist: Sie lösen sich aus ihrem ursprünglichen Kontext und fuhren ein Eigenleben. Der Literaturkritiker mag sich darüber den Kopf zerbrechen, ob das nun legitim ist oder nicht, wünschens­ wert oder nicht. In der Perspektive der vergleichenden Mythologie ist das Phänomen als solches jedenfalls recht bemerkenswert und verdient Beachtung und Analyse. Erst seit wenigen Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß eine die ästheti­ schen und philosophischen Anliegen HPLs erfolgreich fortschreibende Literatur nicht durch das beliebige Einstreuen »mythischer« Anspielungen, Götternamen und Buch­ titel zu erreichen ist, sondern einzig durch die Weiterführung der Lovecraftschen Per­ spektive im Umgang mit literarischen Themen der Horrorliteratur heute. Gegenüber dem Ansatz Colin Wilsons ist dies ein anderer Weg. Lovecraft hat das Anliegen sei­ ner Mythologie bereits selbst fast ohne jedes mythische Inventar zur Sprache gebracht, und zwar in der Erzählung The Colour Out of Space (1927). Diesen Weg haben unter den veränderten Voraussetzungen unserer Tage eine ganze Reihe von Autoren ver­ sucht. Als eine der ersten wäre in diesem Sinne Fred Chappells Chronik eines geisti­ gen Verfalls und einer sexuellen Obsession, Dagon (New York 1968), zu nennen. Man kann sich darüber streiten, wer heute mit dem größten Erfolg (oder mit der größten li­ terarischen Qualität, denn eine andere Art von Erfolg hat für Lovecraft niemals ge­ zählt) als Nachfolger HPLs gelten darf. Meine eigene Antwort würde auf Ramsey Campbell und Thomas Ligotti weisen; darüber kann man selbstredend verschiedener Auffassung sein. Gegenüber den Autoren, die einfach mythische Anspielungen (Göt­ ternamen, verbotene Bücher, verborgene Lebensformen, etc.) als beliebige Versatz­ stücke verwenden und daraus Fantasy- und SF-Werke basteln (etwa Brian Lumley, Ri-

177 chard Lupoff) sind diese beiden sicherlich die interessanteren Fortschreiber Lovecrafts. Wichtig bleibt, daß Lovecraft die Literatur des Unheimlichen - obwohl ein ei­ genes Genre - doch immer mit den gleichen Maßstäben gemessen wissen wollte wie jede emstzunehmende Literatur sonst. Die Bedeutung seines persönlichen Oeuvres hat er von daher im allgemeinen unterschätzt; den heute schwer zu vermeidenden Ver­ gleich mit Edgar Allan Poe135 (der schon zu seinen Lebzeiten ausgesprochen wurde) hat er sozusagen als Geschmacksverirrung energisch abgelehnt. Doch wird sich fast sechzig Jahre nach seinem Tode nicht mehr bestreiten lassen, daß der »Old Gent« (wie ihn seine Fans gerne liebevoll nennen) die Literatur des 20. Jahrhunderts zumindest in einem kleinen Bereich definitiv verändert hat.136 Ein persönliches Wort mag am Schluß stehen. Als ich 1971 The Haunter o f the Dark las - meine erste Lovecraft-Erzählung -, habe ich die eigentümliche Faszination dieser Geschichte als einen Anhauch, eine Berührung durch etwas so Fremdes erlebt, wie es mir kein anderes literarisches Werk seitdem vermittelt hat. Lovecraft-Fans weltweit haben von ähnlichen Erfahrungen berichtet.137Diese Faszination ist durch die Lektüre der Briefe Lovecrafts einem Gefühl der Vertrautheit mit dem Gentleman aus Providence gewichen. Wie wir Samuel Johnson durch Boswell, den größten Biographen englischer Sprache, als Menschen in einer Unmittelbarkeit wahrnehmen können, wie sie durch eine persönliche Bekanntschaft schwer zu überbieten wäre, so kommen wir Lovecraft durch seine Briefe nahe. Diese Vertrautheit mit dem Menschen Lovecraft, mit seinen Licht- und Schattenseiten, hat aber nicht den Respekt geschmälert, den der Autor und Mythenschöpfer verdient. Nur wenige Schriftsteller haben es verstanden, den Leser wie Lovecraft über Jahrzehnte hinweg sozusagen zum persönlichen Freund zu machen - und das im Genre Horror. Dies halte ich für eines der erstaunlichsten Ver­ dienste des »Old Gent«. © Copyright 1995 hy Marco Frenschkowski

135 Siehe etwa Robert Bloch, Poe and Lovecraft, Ambrosia, August 1973, nachgedruckt in: H P Lovecraft: Four Decades o f Criticism (s.o.), S .158-160. 136 Stephen King hat einmal gesagt, nach Lovecraft bemühten sich alle Autoren des Unheimlichen, entwe­ der wie HPL zu schreiben - oder eben nicht wie er. Damit ist sehr hübsch alles ausgedriickt. Zu Kings persönlicher Stellung zu Lovecraft siehe z.B. Danse Macabre (dt. Ausgabe, übersetzt von Joachim Kor­ ber), München 1988, S.53, S.94L, S.255, etc. Kings eigene literarische Produktion ist als Mainstream mit Horroreffekten zu beurteilen und kann daher schwerlich mit dem disziplinierten und konzentrierten Er­ zählwerk HP. Lovecrafts verglichen werden. Interessanterweise sind nach meinem Eindruck (das ist natürlich nicht statistisch verifizierbar) ernsthafte Lovecraft-Liebhaber fast nie gleichzeitig King-Fans und umgekehrt. 137 Eine Sammlung solcher persönlichen Erinnerungen bietet das Heft The Lovecrafter. lOOth Anniversary Issue. An Anthology in Celebration o f the Centennial o f the Birth ofH.P. Lovecraft (1890 -1937), David Barker (Edit.), Salem, Oregon 1990.

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Abkürzungsverzeichnis zum Aufsatz »Lovecraft als Mythenschöpfer« I. Textgrundlage. Erzählungen Verfasser in jedem Fall H.P. Lovecraft:

MM: At the Mountains o f Madness. Selected by August Derleth, with Texts Edited by S. T. Joshi and an Introduction by James Turner, Arkham House: Sauk City, Wiscon­ sin, 1985. D: Dagon and Other Macabre Tales. Selected by August Derleth, with Texts Edited by S. T. Joshi and an Introduction by T. E. D. Klein, Arkham House: Sauk City, Wis­ consin, 1984.

DH: The Dunwich Horror and Other Poems. Selected by August Derleth, with Texts Edited by S. T. Joshi and an Introduction by Robert N. Bloch, Arkham House: Sauk City, Wisconsin, 1984.

II. Für die Revisionen HM: The Horror in the Museum and Other Revisions. With Texts edited by S. T. Joshi and an Introduction by August Derleth, Arkham House: Sauk City, Wisconsin, 1989. Eigentlich kritische Ausgaben (die also auch alle Textvarianten verzeichnen) sind im Entstehen und werden in den nächsten Jahren bei Necronomicon Press erscheinen.

III. Für die Gedichte Für die Gedichte sind vorerst noch folgende Publikationen heranzuziehen:

CP: Collected Poems, Arkham House: Sauk City, Wisconsin, 1963. WW: A Winter Wish and Other Poems, hrg.: S. T. Joshi, Cryptic Publications: Bloom­ field, NC 1977 (dazu ist leider ständig die lange Errata-Liste von S. T. Joshi in CoC 20, 1984, 31-45 zu vergleichen.). SAT: Saturnalia and Other Poems, hrg.: S. T. Joshi, Cryptic Publications: Bloomfield, NJ, 1984 (CoC 21).

MED: Medusa and Other Poems, hrg.: S. T. Joshi, Cryptic Publications: Mount Oli­ ve, NC, 1986 (CoC 44). FP: The Fantastic Poetry, hrg.: S. T. Joshi, Necronomicon Press: West Warwick, RI, 1990. Einige weitere Gedichte sind verstreut in LCL, LS und CoC publiziert. Insgesamt sind z.Zt. etwa 260 Gedichte Lovecrafts bekannt. Eine kritische Ausgabe der Fungi from Yuggoth durch David E. Schulz ist seit Jahren angekündigt, hegt aber noch nicht vor.

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IV. Für das essayistische Werk Für das essayistische Werk Lovecrafts sind grundlegend: MW: Miscellaneous Writings, hrg. S. T. Joshi, Arkham House: Sauk City, WI 1995. CB: Commonplace Book, hrg. David E. Schultz, 2 Hefte, Necronomicon Press: West Warwick, RI 1987. QS: To Quebec and the Stars, hrg. L. Sprague de Camp, Donald M. Grant: West King­ ston, RI 1976.

V. Briefe SL: Selected Letters, hrg. August Derleth und Donald Wandrei (Band I-III) bzw. Au­ gust Derleth und James Turner (1V-VI), Arkham House: Sauk City, Wisconsin, 5 Bän­ de 1965-1976 (I 1965, II 1968, III 1971, IV 1976, V 1976). UL: Uncollected Letters, hrg. S. T. Joshi, Necronomicon Press: West Warwick, RI 1986. Außerdem in den letzten Jahren zahlreiche kleinere Neuveröffentlichungen von Brie­ fen vor allem bei Necronomicon Press, aber auch bei The Strange Company. Die nach Briefpartnern geordneten Veröffentlichungen bei Necronomicon Press werden in eini­ gen Jahren die Selected Letters ersetzt haben.

VI. Zeitschriften Zeitschriften, in denen sich regelmäßig substantielle Artikel zu Lovecraft bzw. sonst nicht zugängliche Texte des Autors befinden:

AH: The Arkham Collector, hrg. August Derleth, 1967-1971 (10 Hefte). AS: The Arkham Sampler, hrg. August Derleth, 1948/49 (4 Hefte). CoC: Crypt o f Cthulhu, hrg. Robert M. Price, 1981 ff. (z.Zt. 92 Hefte). Dag: Dagon, hrg. Carl T. Ford, 1983ff. (ca. 29 Hefte) EL: Etudes Lovecraftiennes, hrg. J. Altairac (z.Zt. 14 Hefte). LS: Lovecraft Studies, hrg. S. T. Joshi, 1979ff. (z.Zt. 12 Hefte). Misk: The Miskatonic, hrg. Dirk Walter Mosig, 1973-1979 (27 Hefte). MoshR: The Moshassuck Review, hrg. Kenneth W. Faig, Jr. (zahlr. Hefte). NLC: The New Lovecraft Collector, 1992ff., (z.Zt. 12 Hefte). Nyct: Nyctalops, hrg. Harry O. Morris, 1970-1991 (19 Hefte). QM: Quarber Merkur, hrg. Franz Rottensteiner, 1963ff, (z.Zt. 84 Hefte) SG: Das Schwarze Geheimnis, hrg. Marco Frenschkowski, 1994ff. (z.Zt. 3 Hefte). SWF: Studies in Weird Fiction, hrg. S. T. Joshi, 1986ff, (z.Zt. 16 Hefte). WT: Weird Tales, div. Hrg., März 1923ff. CoC und LS sind die beiden grundlegenden Lovecraft gewidmeten regelmäßigen Pu­ blikationsorgane.

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VII. Hilfsmittel AHC: Sheldon A. Jaffery, The Arkham House Companion, Starmont Reference Gui­ de 9, Starmont House: Mercer Island, WA 1989 (vollständige Inhaltsangaben zu allen Arkham House-Bänden). CIWT: Sheldon A. Jaffery/Fred Cook, The Collector’s Index to the Weird Tales, Bowling Green, Ohio 1985 (vollständige Indices zu der Zeitschrift Weird Tales).

CL: M. Owings/I. Binkin, A Catalogue ofLovecraftiana. The Grill/Binkin Collection, The Mirage Press: Baltimore, Maryland 1975 (Katalog der bedeutendsten privaten Lovecraftsammlung). IFP: S. T. Joshi, An Index to the Fiction and Poetry ofH.P. Lovecraft, Necroonomicon Press: West Warwick, RI 1992. ISL: S. T. Joshi, An Index to the Selected Letters of H.P. Lovecraft, Necronomicon Press: West Warwick, R I 21991. LCL: The Lovecraft Collector’s Library, 7 Bände, hrg. George T. Wetzel, 1952-55, Nachdruck in Band 1 durch The Strange Company: o.O. 1979 (mit Ergänzungen von R. Alain Everts). LL: S. T. Joshi/Marc A. Michaud, Lovecrafts Library: A Catalogue, Necronomicon Press: West Warwick, RI 1980 (Neuausgabe mit neuer Numerierung der Bücher in Lovecrafts Besitz und vielen sonst unzugänglichen Informationen in Vorbereitung). Eine vollständige Erfassung aller publizierten Schriften und Briefe Lovecrafts auf CDRom befindet sich in fortgeschrittener Vorbereitung (David E. Schultz) und wird auch ein Konkordanz-Suchprogramm enthalten. © Marco Frenschkowski, Hofheim Ts., Mai 1996

D A S

D IN G

A U F

D E R

S C II W

F L L E

H.P. Lovecrafts Rezeption im deutschsprachigen Raum, seine Epigonen und Nachfolger Von Robert N. Bloch Erste Buchveröffentlichungen und Presseecho 1965 erschien im Münchener Wilhelm Heyne Verlag der erste Erzählungenband H. P. Lovecrafts, 12 Gruselstories, in einer inadäquaten, gekürzten Übersetzung von Wulf H. Bergner, und blieb ohne nennenswerte Beachtung. Zu einer zweiten Buchveröf­ fentlichung kam es 1968, als der renommierte Insel Verlag Cthulhu in einer Überset­ zung des bekannten österreichischen Literaten H.C. Artmann vorlegte. Damit war das Interesse der Journalisten an Lovecraft erwacht. Als »literarischen Voodoo-Priester« und »raren Satansbraten« bezeichnete ihn ein anonymer Redakteur im SPIEGEL Nr. 47/68. ln der Kärntner Tageszeitung vom 13. September 1969 zählt Horst Dieter Sihler Lovecrafts Werke zur gehobenen Literatur für Intellektuelle: »Eine weltweite Verschwörung der schwarzen Magie bedroht in seinen Geschichten häufig die Menschheit. Die Welt der UnToten erscheint bei ihm genauso real wie unsere. Ein er­ staunliches Buch, das alle Gerüchte bestätigt und übertrifft « Als 1969 in der von Kalju Kirde initiierten »Bibliothek des Hauses Usher« Das Ding auf der Schwelle erschien, überschlugen sich bereits phantasiereiche Rezen­ senten in ihren Behauptungen. Urs Jenny schrieb in der Süddeutschen Zeitung Nr. 69 vom 21./22. März 1970: »Diese Beschreibung des Helden von Das Ding auf der Schwelle trifft ganz Lovecraft selbst. Er war nicht gerade ein Zwerg, aber auch nicht viel größer... Das einzige Porträtphoto, das von ihm zirkuliert, zeigt, wie mir scheint,

184 eher den Frankenstein-Darsteller Boris Karloff beim hoffnungslosen Versuch, eine gottgefällige Miene zu machen. Lovecraft hat dergleichen nicht einmal versucht. Ge­ legentlich hat man den posthum prominent gewordenen Schriftsteller L. für eine glat­ te Erfindung seines Testamentsvollstreckers gehalten.« Als 1971 Der Fall Charles Dexter Ward erschien, war Lovecraft innerhalb der »Bi­ bliothek des Hauses Usher« schon zum Bestseller geworden. Zu diesem Buch schrieb Peter Laregh im dbk vom Juni 1971: »Das Grauen hängt geisterhaft über der zerfal­ lenden Stadt. Selten ist eine so schockierende Fabel zu Papier gebracht worden; man denkt an Kafkas Alpträume und meint in Lovecrafts Schilderungen fast prophetische Züge zu erkennen. Was dieser kränkliche Geisterseher ausbrütete, weist auf Ahnungen hin, die den Zerfall unserer Zivilisation betreffen. Der Schauder, der sich bei der Lek­ türe der souverän gefeilten Prosa einstellt, löst philosophische Überlegungen aus. Man fragt sich, ob hier einer den Weltuntergang nur verschlüsselt, aber doch ganz bewußt signalisieren wollte.« Wenn Laregh in Lovecraft einen Philosophen und ahnungsvol­ len Weltweisen sieht, so will ihn Jörg Drews, der den einzigen Beitrag zu Lovecraft in Kindlers Literaturlexikon verfaßte, in die obersten Ränge der Trivialliteratur einge­ ordnet wissen (Süddeutsche Zeitung Nr.86/87 vom 10 /12. März 1971). Er fragt: »Wo kann man mehr erfahren über diesen Autor? Wie sah die Biographie dieses Zwergs aus, dieses Kenners aller dämonologischen und nekromantisehen Traditionen, der da in den zwanziger und dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts einen ganzen Kosmos my­ thischen Grauens zusammenfabulierte?« 1983 erschien die erste deutschsprachige sekundärliterarische Ausgabe zu Love­ craft, H.P. Lovecraft - Der Poet des Grauens, herausgegeben von Hans Joachim Alpers im Corian Verlag. Eine größere literaturwissenschaftliche Arbeit zu Lovecraft legte Thekla Zachrau 1986 vor: Mythos und Phantastik. Funktion und Struktur der Cthulhu-Mythologie in den phantastischen Erzählungen H.P Lovecrafts. Ein besonderes Kuriosum ist die erste umfassende deutschsprachige Studie zum ok­ kulten Hintergrund von Lovecrafts Werken: W.H. Müllers Lovecraft - Schatzmeister des Verborgenen (erschienen 1992 beim Esoterik Verlag Petra Schulze). Der Autor stellt hier die These auf, Lovecraft spiele in seinen Geschichten auf eine geheime ma­ gische Überlieferung an. »Das Werk Lovecrafts ist die Spitze eines Eisbergs, dessen wirkliche Tiefe unterhalb des Spiegels des Bekannten mehr als abgründig zu sein scheint.« (S.142) Die Entscheidung, ob man Müllers Buch als eine ernsthafte Studie oder als fiktive Unterhaltung - ganz unabhängig von des Autors Einschätzung - nimmt, bleibt der Gutgläubigkeit überlassen. Marco Frenschkowski kommt in einer Rezensi­ on für den Quarber Merkur (Nr.79) jedenfalls zu einem vernichtenden Urteil: »Schatz­ meister des Verborgenen ist eine unglaublich törichte, mit vielen Versprechungen ge­ spickte, schlampig recherchierte okkultistische Interpretation Lovecrafts.«

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Lovecraft in den Lexika Seit Beginn der siebziger Jahre fand Lovecraft ebenfalls Aufnahme in verschiedene deutsche Lexika. Im Literaturlexikon des 20. Jahrhunderts, herausgegeben von Hel­ mut Olles (Rowohlt Verlag, 1971), heißt es im Eintrag zu Lovecraft: »(...) gilt als Mei­ ster phantastischer und makabrer Horrorgeschichten, in deren Zentrum die visionäre Vorstellung von einer legendären, unmenschlichen Urbevölkerung der Erde steht, die ihre einst verlorene Macht mit geheimnisvollen Mitteln zurückzugewinnen trachtet. Dank der Science Fiction-Welle kamen die Erzählungen Lovecrafts (...) in der Ge­ genwart zu neuer Wirkung.« In der Brockhaus Enzyklopädie (17. Auflage, 1976) wird der vorstehende Beitrag in gekürzter Form wiedergegeben. Im Lexikon der Symbole (Fourier Verlag, 1980) sieht man ihn als »Vorläufer der Präastronautentheorie des Krei­ ses um den Schweizer Schriftsteller Erich von Däniken«. In Reclams Science FictionFührer (1982) heißt es: »Lovecrafts tentakelbewehrte, entsetzliche Gottheiten sind Aliens aus anderen Welträumen oder Dimensionen, monströse Gestalten, die pestähn­ liche Gerüche verbreiten und das absolute Böse personifizieren.«

H. R. Gigers Necronomicon Der Schweizer Maler H.R. (Hans Rudi) Giger, ein international anerkannter Exponent phantastischer Kunst, benannte zwei seiner Bücher mit Bildern maschinener Alpträu­ me H.R. Giger’s Necronomicon 1 & ll (1977 und 1985). In H.R. Giger - ARh+ (Ta­ schen Verlag, 1991) erinnert er sich: »(...) hörte ich das erste Mal vom Cthulhu-Mythos und dem Necronomicon, als ein Züricher Schriftsteller, Robert B. Fischer, eine Zeitschrift mit dem Namen Cthulhu-News herausgab. (...) Ich begann mich langsam für den Urheber des Mythos zu interessieren und stieß auf einen frühen SF-Schreiber in Neuengland, der durch seinen Vater, ein Mitglied der Ägyptischen Loge, eine fun­ dierte esoterische Bibliothek besaß. Er muß wohl Fragmente des Necronomicon in un­ serer Sprache besessen haben, denn es tauchte in fast all seinen Gruselstories als Zau­ berbuch auf, das furchtbares Unglück über die Menschheit bringen würde, fiele es in falsche Hände.«

Lovecraft im Fandom 1983 kam es durch Uwe Lammers zur Gründung eines Lovecraft-orientierten Clubs, genannt »Lovecrafts Erben«. Es erschienen mehrere Ausgaben der Fanzines Cthulhu & Co. und The Miskatonic Mirror, die Kurzgeschichten junger Fans sowie Comics,

186 Buchtips und makabre Gedichte enthielten. Wir zitieren aus einem unbetitelten Ge­ dicht von Inge Orth: »Aus schwarzen Wolken tropft die Nacht/ die Horrornacht der bö­ sen Seelen/ und Grauen ringsumher erwacht/ die Lebenden im Schlaf zu quälen./ Von schwarzen Felsen rinnt das Blut/ all derer, die ihr Leben ließen/ auf dem Altar der Schwarzen Macht/ und überflutet tote Wiesen.« (Miskatonic Mirror 14, 1990, S. 19)

Epigonen in der Trivialliteratur Der österreichische Fantasy- und Horrorautor Hugh Walker (d.i. Hubert Strassl) be­ schreibt in Der Gott aus der Vergangenheit (in: Masken des Todes, Erich Pabel Ver­ lag, 1974) einen Monstergott, der sich von Menschenherzen ernährt. Der Zeichner Hel­ mut Wenske, der einige eindrückliche Bilder zu Lovecrafts Geschichten produzierte, lieferte seinen Beitrag zum Cthulhu-Mythos mit Die Krypta von Shaggay'h (in: Erber’s Gruselkrimi, Doppelband Nr.25, 1974) ab. Der bekannte SF-Autor, Übersetzer, Herausgeber und Literaturagent Ronald M. Hahn steuerte 1974 unter dem Pseudonym Thorn Forrester eine eigenartige Variante von Lovecrafts The Rats in the Walls unter dem Titel Das Erbe der Vergangenheit (in: Erber’s Gruselkrimi, Doppelband Nr.25) bei. Diese Novelle besteht nur aus Höhepunkten; auf einer Seite (S.72) lesen wir von »einer Horde Geisteskranker«, »höllischem Gelächter«, einer »blasphemischen Ka­ thedrale«, und dazu flüstert der Erzähler: »Es... Es ist schrecklich.« Einen Kriminal­ roman mit übersinnlichem Beiwerk, der in Arkham angesiedelt ist, schrieb 1984 Vernon Graves (d.i. Hans Wolf Sommer). Mit Der steinerne Götze (als Gespenster-Krimi Nr.535 erschienen) startete der überaus fruchtbare Heftromanverfasser eine ganze Se­ rie um den »beliebten Gruselhelden« Mack Norman. Eine große Abhandlung ließe sich über Wolfgang Hohlbein, Deutschlands turbogetriebenen Meister des Grauens, zusammenstellen. Wir beginnen mit dem Heft Love­ crafts Reise ins Grauen (als: DämonenLand, Band 23, 1990) über HPLs letzte Tage. Das Titelbild präsentiert einen grimmig dreinblickenden Lovecraft, der uns »sein« Werk Der Cthulhu-Mythos entgegenstreckt. Im Hintergrund dräut der glubschäugige Cthulhu, dessen Tentakel den Meister schon umfassen. Zur Veranschaulichung des Textes geben wir folgende stilistische Höchstleistung zum Besten: »Im bleichen, gel­ ben Schein der Petroleumlampe« studiert Lovecraft ein Blatt mit Hieroglyphen. Der Anblick des Blattes erfüllt ihn mit etwas, »das er im ersten Moment für Furcht hielt, dann aber begriff er, daß es etwas anderes, viel Tiefergehendes war als bloße Angst. Ein Gefühl, wie er es niemals im Leben zuvor verspürt hatte, und das etwas tief, tief im Grunde seiner Seele berührte und zu Eis erstarren zu lassen schien. Für einen ent­ setzlichen, zeitlosen Moment kam er sich selbst vor wie eine Gestalt aus einer seiner Geschichten, düsteren Erzählungen von namenlos schrecklichen Wesen, von schla­

187 fenden Göttern in schwarzen Höhlen tief im Leib der Erde, und von Flüchen, die älter als diese Welt waren.« (S.9) Wolfgang Hohlbein, »ein Magier der Phantasie«, »ein einzigartiger Erzähler« (Ver­ lagswerbung) führt den »legendären Cthulhu-Mythos von H.P. Lovecraft« mit »at­ mosphärisch dichten, unheimlichen Erzählungen von dunklen Gottheiten und alp­ traumhaften Prophezeiungen« weiter. 1985 startete Bastei Lübbe die Heftromanserie Der Hexer. Die phantastischen Abenteuer des Robert Craven. Im Band 1, Das Erbe der Dämonen, schreibt Robert Craven (d.i. Wolfgang Hohlbein) über die Entwick­ lungsgeschichte seines Helden und dessen Kampf gegen die Großen Alten. »Nur ein Mann steht ihm bei seinem schier aussichtslosen Kampf zur Seite: Howard Lovecraft, ein Freund und Vertrauter seines Vaters. Doch auch diesen Mann scheint ein düsteres Geheimnis zu umgeben.« Sie stoßen auf das »Necronomicon! Ein Buch, das seinem Besitzer unglaubliche Macht verleiht... oder ihn tötet!« (S.34) Wer spannende Aben­ teuer ä la Nick Carter, gewürzt mit Dämonen und einem zupackenden HPL liebt, der möge selbst weiterlesen. Die Serie lief bis 1987 und umfaßt 49 Hefte mit so vielver­ sprechenden Titeln wie Der Clan der Fischmenschen, Der Zug, der in den Alptraum fuhr oder Revolte der Echsen. Ab 1987 wurden jeweils mehrere der Heftromane in Ta­ schenbüchern zusammengefaßt und als Der Hexer von Salem wiederveröffentlicht. Diese plakative Wiederbelebung des Cthulhu-Mythos findet sich auch bei Arndt Ellmer (d.i. Wolfgang Kehl), wo wir im Roman Im Bann der Großen Alten (als: DämonenLand, Band 52, 1991) Randolph Carter auf seinem Weg in »Wahnsinn und Ver­ derben« folgen. Man sollte an dieser Stelle jedoch nicht die Tatsache unterschlagen, daß der Be­ kanntheitsgrad des Cthulhu-Mythos und seines Urhebers in Deutschland, Österreich und der Schweiz hauptsächlich auf diesen Heftromanen sowie diversen Rollenspielen und Comics beruht. Nur über diese Umwege stoßen manche Leser schließlich auf den Originalautor!

Die literarischen Nachfahren H.C. Artmann H.C. Artmann verfaßte einige herrliche Persiflagen auf Lovecraft. In dem Erzäh­ lungsband Die Anfangsbuchstaben der Flagge (Residenz Verlag, 1969) versucht er die Quintessenz der Trivialliteratur der zwanziger und dreißiger Jahre in neumontierter Form zu erfassen. Darin findet sich auch Conrad Tregellas Abenteuer. Die Anregung zu dieser Geschichte lieferte The Dunwich Horror. Wilbur Whateley wird bei Artmann zu einem »Höllenwesen aus Fleisch und Blut, eine alptraumhafte Fratze... Der Atem dieses entsetzlichen Undings stank nach gärendem Blut, es war, als träfe der unge­

188 heuerliche Geruch eines verwesenden Tiermagens die Atmungsorgane... Ein Halbkreis der unaussprechlichsten, unheiligsten Ausgeburten außermenschlichen Wahnsinns... Es konnte nicht möglich sein! Es ging gegen den Strich der Natur, es war heller Irr­ sinn, ein Delirium aus der Feder eines Howard Lovecraft!« (S.91f.) Artmann delek­ tiert sich hier an der Verwendung unheildräuender, düsterer Lovecraftscher Adjektive; die Steigerung des Grauens mündet schließlich in Lächerlichkeit, wenn Tregella den Hexenmeister als »Verdammte, unmenschliche Ratte!« beschimpft, oder wenn im Me­ lodram How Lovecraft Saved the World (in: The Best o f H.C. Artmann, Suhrkamp, 1970) auf Lovecrafts Begrüßung »Hullo, Pickman, is it you?!« Pickman antwortet: »Tausend Ghoule über mich; sollte das nicht Lovecraftens Stimme sein?« (S.166) In Die Jagd nach Dr. U. (Residenz Verlag, 1977) lesen wir vom Fall eines ameri­ kanischen Wissenschaftlers, »Professor an der Miskatonic University, Arkham, Mass., dessen bis auf den letzten Knochen erhaltenes Gerippe, ausgekocht natürlich, man ei­ nige Tage nach seinem rätselhaften Verschwinden säuberlich in Packpapier gehüllt in der Nähe des Friedhofs gefunden hatte... Ein Lovecraft (...) würde bei diesem dörflerischen Bericht wohl vor Begeisterung aufgejault haben!« (S.115) In kurzen Episoden und gelehrten Nonsens-Dialogen schildert Artmann die Jagd des Romanhelden - nen­ nen wir ihn H.P. Lovecraft - auf sein Spiegelbild Dr. U. (für Unspeakable). Während Dr. U. der Vertreter des Leistungsdenkens ist, vertritt Lovecraft die alterslose, verant­ wortungsfreie, spielerische Phantasie, die Freiheit des Wünschbaren und Nutzlosen.

Arno Schmidt Arno Schmidt lernte erst kurz vor seinem Tod Lovecrafts Werk kennen und verarbei­ tete diese Leseerfahrung auf seine unnachahmliche Weise im posthum erschienenen Romanfragment Julia oder Die Gemälde (Haffmans Verlag, 1983), worin er mit Lovecraft nicht eben zimperlich umging: »Sein ’’Ctulhu“ ist nichts als ein Riesen-Medusenhaupt; die ganze Bilderreihe ausgelöst durch seinen ersten (späten! Er war im­ merhin schon vierunddreißig, als er das große Stinktier zum ersten Male sah) Zusam­ menstoß mit einer Vulva. Die große Schleimgottheit ist der Arsprototo; und zwar der von Sonia Green. (Die Abneigung gegen alles Heringslakije hat er, umgeben von nichts als Weibern ("Tanten“, etc. - eine menstruierte immer) schon als Kleinkind ge­ habt.) Aber hier ist ja nun alles, überkomplett beisammen: Great Ctulhu - kann auch ”Klul=loo“ oder ”Tlull=lu“ gesprochen werden - ist gigantisch-schleimig und stinkt fürchterlich; kann gespalten werden, und geht dann wieder zusammen.« (S.46) Diese einseitige psychoanalytische Deutung ist schon früher angewendet worden und bleibt fragwürdig; bemerkenswert ist, welche Faszination die Figur Lovecrafts auf Schmidt ausgeübt haben muß.

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Louis Romain Jenzer Eine höchst eigenwillige und eigenständige Umsetzung von Lovecrafts Gedankengut gelang dem Schweizer Louis Romain Jenzer mit seinem Erzählungsband Fabula ra­ sa (Minerva Verlag, 1986). Jenzer vermeidet jede Anspielung auf die Lovecraftschen Gottheiten oder blasphemischen Bücher wie das Necronomicon; statt dessen verwen­ det er dessen Muster des »erschrockenen Erzählers«, um den Horror auf den Leser zu übertragen. Im Mittelpunkt seiner Geschichten stehen Wissenschaftler (meist Univer­ sitätsprofessoren oder deren Studenten), deren Forscherdrang sie in bedrohliche Si­ tuationen bringt. Stets werden die Suchenden vom Grauen überwältigt und stehen hilf­ los vor den übersinnlichen Phänomenen. In Ahnungen wird ein junger Adliger von Schreckensvisionen geplagt. Zusammen mit einem gewissen Professor Lovecraft besucht er das Schloß seiner Vorfahren, um die Ursache dafür zu finden. Als dort den jungen Mann die Visionen wieder überkommen, sagt der Professor: »Lassen Sie ihn gehen. Da ereignet sich bestimmt etwas Schicksalhaftes, das wir nicht beeinflussen können.« Während seines Anfalls schreit der junge Mann verzweifelt auf. »Entsetzt klammerten sich Prof. Lovecraft und sein Assistent am Treppengeländer fest.« Der Professor bleibt den Emanationen gegenüber hilflos (in diesem Fall einer Hexe namens Tante Trude), er ist lediglich der neugierige, aber ängstliche Beobachter. Im Gegensatz zu Lovecraft be­ nutzt Jenzer zur Erklärung seiner Phänomene Parapsychologie und Tiefenanalyse; eine kosmische Bedrohung findet nicht statt, außer in den Köpfen seiner Protagonisten, die ein ums andere Mal vor Grauen paralysiert ausrufen: »Entsetzlich! Das ist ja grauenhaft!« ln Gnomen führt ein Professor ein Experiment mit einem Riesengnom durch, zu dem ihn eine »hypnotische Kraft« zieht. »Eine grauenvolle Faszination ging von diesem Ge­ schehen aus und schlug den Professor in den Bann.« Am Ende bezahlt er seinen Wis­ sensdurst mit dem Leben. Wie Lovecraft übertreibt es auch Jenzer mit der Verwendung schreckenssteigernder Adjektive, bis die Horrorgeschichte kurz davor steht, zur Parodie umzukippen.

Michael Siefener Michael Siefener, Übersetzer von Lovecrafts Gedichtzyklus Fungi frorn Yuggoth, hat in jüngster Zeit etliche Geschichten veröffentlicht, die häufig eine Nähe zu Lovecrafts Werk erkennen lassen. In seinem Band Bildwelten (Verlag Hubert Katzmarz, 1993) finden wir die Titelgeschichte mit einem Motto Lovecrafts eingeleitet, und der erste Satz lautet: »Es ist mir noch immer unbegreiflich: Ich habe einen Menschen getötet.« (S.9) Lovecraft be­ ginnt seine Erzählung Das Ding auf der Schwelle mit den Worten: »Es ist wahr, daß ich meinem besten Freund sechs Kugeln durch den Kopf gejagt habe...« Bei Siefener ist es ein Maler namens Stephan Kipdorf, der sechs Kugeln in den Kopf bekommt. Noch deut­ licher wird die Anlehnung, wenn man folgendes Zitat liest: »Ich fiel hinab in stinkende

190 Schwärze und wirbelnde Schatten der Äußeren Welt, das Gelächter und die Formen des unmöglich gekrümmten Raumes, und um mich herum jene schleimtriefenden Würmer, Tentakel am ganzen Körper, rissen an mir und bohrten sich durch meine Augen tief in mein Denken...« (S.32) Um einen Verleger und seinen gespenstischen Doppelgänger geht es in Eine Gespen­ stergeschichte, einem durchaus eigenständigen Text. Sprachlich ist der Autor jedoch auch hier HPL sehr nahe geblieben, betrachtet man Formulierungen wie »widerlicher Ge­ stank«, »schleimbefleckte Hände« oder »etliches Weißes, Schwabbeliges«. Trotz seiner Vorliebe für krasse Adjektive ist Siefener dennoch sehr wohl zur Beschreibung subtiler Bedrohungen in der Lage. © Copyright 1995 hy Robert N. Bloch

Lovecrafts bester Schüler Howard Phillips Lovecraft und Robert Bloch Von Uwe Sommerlad Dedicated to Bob - who took it, used it and passed it on.

Chicago 1927. Ein zehnjähriger Knabe passiert in Begleitung seiner Tante Lil einen Zeitschriftenstand in der Bahnhofshalle. Um den Kleinen ruhig und bei Laune zu hal­ ten, bietet die Tante ihm an, ein Magazin seiner Wahl zu kaufen. Aufmerksam studiert der Junge die farbigen Cover der Pulps, wägt die Verlockungen von Argosy und Adventure und all den anderen damals erhältlichen Publikationen sorgfältig gegeneinan­ der ab und entscheidet sich schließlich für ein Heft, dessen Titelseite einen bärtigen Finsterling, eine halbnackte Orientalin in Nöten und einen mit ägyptischen Schrift­ zeichen bedeckten Hintergrund zeigt. Verheißungsvoll-sinistre Geschichten wie The Man with a 7'housand Legs und Satans Fiddle tun ein Übriges, um den Knaben von der Richtigkeit seiner Entscheidung zu überzeugen. »Das ist das Magazin, das ich möchte«, erklärt der Junge seiner Tante Lil. Ganze Sechsundsechzig Jahre später fügt er dieser scheinbar belanglosen Schilderung poin­ tiert-lakonisch hinzu: »Und so machte ich Bekanntschaft mit der Zeitschrift, die mein Leben veränderte, mit meiner ersten Ausgabe von Weird Tales.«' Der Name des Jun­ gen war Robert Albert Bloch. Auch wenn, im nachhinein betrachtet, die Entdeckung von Weird Tales die ent­ scheidende Initialzündung für Blochs spätere Schriftstellerkarriere barg, so fiel die 1 Robert Bloch, Once Around the Bloch, New York 1993, S. 47.

194 Saat doch auf einen bereits beackerten, fruchtbaren Boden. Am 5. April 1917 als er­ stes Kind des Bankkassierers Raphael A. Bloch und der Lehrerin und Sozialarbeiterin Stella Loeb Bloch in Chicago geboren, wuchs Robert in eine mittelständische, wenn­ gleich sehr gebildete Familie hinein. Er konnte schon früh lesen und entwickelte sich schnell zu einem rechten »Bücherwurm«, der praktisch jeden Tag ein Buch las; dar­ unter Werke wie Frank L. Baums Oz-Romane und die Erzählungen von Edgar Allan Poe und Arthur Conan Doyle. Außerdem entwickelte er eine große Begeisterung für die Music Hall und für das Kino. Seine Eltern lancierten diese Interessen soweit wie möglich und besuchten auch häufig Museen mit dem kleinen Robert; aus dieser Zeit stammte seine Faszination für Ägyptologie, die, so Bloch, bereits »anfing, als ich ge­ rade eben laufen konnte«? Entscheidendes Element dürften in diesem Zusammenhang nicht nur die Museumsbesuche gewesen sein, sondern auch die durch die Entdeckung von Tut-Ench-Amuns Grab im Jahre 1922 ausgelöste allgemeine Ägypten-Hysterie. Letztlich war Blochs Interesse für dieses Thema einer der Faktoren, die zum Kauf der eingangs erwähnten Weird Tales- Ausgabe führten. Bloch hatte also bereits Bekanntschaft mit der Phantastik gemacht, als sich im Jah­ re 1926 etwas ereignete, das seinen fortwährenden Enthusiasmus für das Unheimliche weckte. Er besuchte eine Vorstellung von Rupert Julians The Phantom ofthe Opera mit Lon Chaney in der Titelrolle. Der Höhepunkt dieses Stummfilms ist die Demas­ kierungsszene, der Effekt kaltes Entsetzen im Publikum; »Ich schloß meine Augen und öffnete sie nur gelegentlich, um den Blick auf weitere Schrecken zu erhaschen. Ihre visuelle Wirkung war bemerkenswert, aber als ich nach Ende des Films im Dunkeln nach Hause rannte, war es bloß das Imago des (entstellten) Gesichts des Phantoms, das mich verfolgte. Es begleitete mich in den Schlaf und suchte meine Träume heim. Außerdem machte es mich zum Chaney-Fan und Bewunderer der anderen Horrorfil­ me jener Ära...«23 Bald versuchte Bloch sich - wie sein großes Vorbild - an eigenem Make-Up und spielte die zahlreichen bizarren Rollen Lon Chaneys nach. Wohl eher unterbewußt nahm er wahr, daß dieses Verinnerlichen, dieses Nachspielen unterschiedlicher Hor­ rorrollen half, seine Ängste zu »exorzieren«. Später führte dies zu der Erkenntnis: »...Wenn du deine Feinde nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihnen. Ich wech­ selte die Fronten und entschied, daß ich mich nicht länger erschrecken lassen würde, sondern daß ich selbst Angst machen wollte. Und genau das habe ich getan. Ich setz­ te mir die Monstermaske auf, und es funktionierte.«4

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Bloch, zit. nach Larson, in: Randall D. Larson, Slarmonl Readers Guide to Robert Bloch, Mercer Island 1986, S. 20. Bloch, Once Around the Bloch, a.a.O., S. 45. Bloch, zitiert nach Larson, in: Randall D. Larson (Hrsg.), The Robert Bloch Companion, Mercer Island 1989, S. 12. Die drei Werke Larsons zu Bloch - neben dem Readers Guide und dem Companion ist noch

195 Freilich dürften Blochs Studien der »Mechanismen der Furcht« (Larson) sich da­ mals noch in einem eher embryonalen Zustand befunden haben. Vorläufig befand er sich noch auf der Seite derer, die sich erschrecken ließen, und so wie Chaney den ge­ rade neunjährigen Robert auf der Leinwand gründlich das Fürchten gelehrt hatte, flöß­ te ihm ein knappes Jahr später der Träumer aus Providence, Howard Phillips Lovecraft, literarisch am meisten Angst ein. Es war also Blochs Interesse für Ägyptologie und Horror zu verdanken, daß er im Au­ gust 1927 auf dem Bahnhof von Chicago ausgerechnet Weird Tales als Lektüre aus­ wählte. Die Geschichten von Autoren wie Frank Belknap Long und Seabury Quinn ge­ fielen ihm jedenfalls gut genug, um von da an nach Möglichkeit jede Ausgabe des Mo­ natsmagazins zu erwerben. »(Weird Tales) offenbarte mir, daß phantastische Literatur nicht notwendigerweise das Werk längst verblichener Autoren wie Poe, Nathaniel Hawthorne oder Guy de Maupassant war; ihre Prosa und Poesie war nicht in Buch­ seiten aus fernster Vergangenheit begraben. Der Tod war sehr lebendig und hauste in Chicago... Dort nämlich unterhielt Weird Tales ein Redaktionsbüro.«5 Schon im Okto­ ber stieß Bloch auf eine Erzählung mit dem Titel Pickman 's Model, deren Konzept ihm bis dato am überzeugendsten wie auch am schaurigsten erschien: »Als Verfasser wur­ de ein gewisser H P. Lovecraft genannt, und so notierte ich in meinem Hinterkopf so­ wohl den Titel als auch den Namen des Autors.«6 Für kurze Zeit wurde Bloch zum regelmäßigen Weird Tales-Leser; dann verlor sein Vater seinen Job, und die Familie mußte aus Maywood (einem Vorort von Chicago, in den sie 1923 gezogen war) fort- und nach Milwaukee umziehen, wo seine Mutter ei­ ne Stellung in einem Sozialamt angeboten bekommen hatte. Dort erneuerte Bloch sei­ ne Bekanntschaft mit Weird Tales und entdeckte Amazing Stories. Danach folgte die große Depression, und die finanziellen Verhältnisse verschlechterten sich. Weird Tales erschien bloß noch zweimonatlich, und Bloch war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, das Magazin zu kaufen. Jedoch begann er, seine Phantasie und seinen Ein­ fallsreichtum in kreative Bahnen zu lenken: So schrieb er Sketche für Schulauf­ führungen, trat den diversen Theatergruppen der High School bei und betätigte sich als Redakteur für den humoresken Teil der Schulzeitung. Trotz des Respekts, den ihm die­ se zahlreichen Aktivitäten verschafften, blieb er allerdings ein Außenseiter: »Die An­ sichten Uber mich waren sehr geteilt... Ich war ein Zentaur - halb Mensch, halb Pfer­ dehintern.«7

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die Bibliographie The Complete Robert Bloch, Sunnyvale 1986, erschienen - können übrigens jedem In­ teressierten nur empfohlen werden. Bloch, Once Around the Bloch, a.a.O., S.49. Ebd. Ebd., S.60.

196 In den frühen dreißiger Jahren verbesserte sich die finanzielle Situation der Blochs ein wenig, und die Erhöhung des Taschengeldes des jungen Robert ermöglichte es ihm, aufs neue regelmäßig an den Wundern, die sich in den Seiten von Weird Tales offen­ barten, teilzuhaben. Trotzdem war er nicht recht zufrieden: »Auf der Leserbriefseite wurde hin und wieder auf Geschichten von Lovecraft Bezug genommen, die vor län­ gerer Zeit erschienen und nie nachgedruckt worden waren. (...) Zahlreiche ältere Aus­ gaben waren beim Herausgeber nach wie vor zum ursprünglichen Preis erhältlich, aber nur wenige davon enthielten die Erzählungen, nach denen ich suchte. Lovecraft-süchtig hungerte ich nach dem nächsten Schuß. Wie auch sonst immer wieder in meinem langen Leben rettete mich schiere Dummheit. Ich setzte mich hin (...) und kritzelte ei­ nen Brief an Mr. Lovecraft an die Adresse des Magazins. Mich als eifrigen Fan (und vorlauten, anmaßenden Teenageridioten) zu erkennen gebend, erkundigte ich mich, ob er mich darüber informieren könnte, wo einige seiner derzeit nicht in Druck befindli­ chen Stories zu finden seien.«89 Bloch sandte den Brief im April 1933, kurz nach seinem 16. Geburtstag, ab. Noch im gleichen Monat fand sich ein mit spinnenhaften Schriftzeichen bedeckter Umschlag aus Providence, Rhode Island, in seinem Briefkasten. Der Absender war kein Gerin­ gerer als Howard Phillips Lovecraft persönlich, der sich wortreich für Blochs »schmei­ chelhafte Anmerkungen«’ bedankte, Hinweise auf in diversen Anthologien wieder­ veröffentlichte Geschichten aus seiner Feder gab, das Werk anderer Autoren wie Ro­ bert W. Chambers und M.R. James empfahl und bereitwillig anbot, seinem jugendli­ chen Verehrer Kopien seiner Erzählungen leihweise zur Verfügung zu stellen. Den Brief begleitete eine Liste aller HPL-Geschichten mit Hinweisen auf die derzeitige Verfügbarkeit. Gegen Ende des Schreibens folgte dieser Absatz: »Nebenbei - haben Sie sich selbst einmal an unheimlicher Literatur versucht? Wenn ja, so würde ich ge­ legentlich gerne etwas davon sehen.«101 »Die Behauptung, dieser Brief hätte einen traumatischen Effekt auf mich gehabt, wäre milde, wenn nicht gar maßlos untertrieben«, schrieb Bloch später. »Die Tatsache, daß eine ausgewachsene literarische Berühmtheit einer halbflüggen Null ein solches Angebot (der Leihgabe von Büchern, Magazinen und Erzählungen) machte, war mir so unbegreiflich wie für Lovecraft alltäglich.«" Die Aussage drang klar und deutlich an Robert Blochs Ohr: Howard Phillips Love­ craft war nicht nur bereit, ihm seine Erzählungen zur Verfügung zu stellen, sondern war überdies an ihm selbst und seiner Arbeit interessiert.

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Ebd., S.64-65. H.P. Lovecraft, Brief vom 22. April 1933, in: H P Lovecraft: Letters to Robert Bloch, David E. Schultz / S.T. Joshi (Hrsg.), West Warwick 1993, S.7. 10 Ebd. 11 Bloch, Once Around the Bloch, a.a.O., S.65.

197 Bereits vorher hatte sich Bloch ein wenig an der Schriftstellerei versucht: »Ich (...) verfaßte einen kleinen Essay über die Zivilisation der Zukunft, als ich elf oder zwölf war, als Geburtstagsüberraschung für meine Mutter - ich glaube, ich illustrierte es und band es als kleines Pamphlet zusammen.«12 Doch jetzt setzte er sich hin und schrieb zwei kurze Stories, die er Lovecraft zusammen mit seiner Wunschliste für die Auslei­ he und umfangreichen biographischen Daten zuschickte. Lovecrafts Antwort gibt dem Leser einen Eindruck von dem, was Bloch seinem Mentor wohl übermittelt haben mag: ausführliche Details über seine verschiedenen Schulaktivitäten, Oden der Begei­ sterung über das Werk Clark Ashton Smiths, bohrende Fragen über HPLs Interessen und noch mehr begeisterte Zeilen über seine Geschichten. Lovecraft mag verständ­ nisvoll gelächelt haben angesichts solch jugendlicher, überschäumender Unbeküm­ mertheit. Er ging detailliert auf jedes Thema ein, lobte und ermutigte seinen Bewunde­ rer, übersandte ihm Informationen über und Adressen von befreundeten Schriftstellern wie Smith, Frank Belknap Long, Donald Wandrei, E. Hoffmann Price, Seabury Quinn, Robert E. Howard, Hugh Cave und dem 1932 verstorbenen Henry S. Whitehead13, empfahl die Lektüre von James, Wakefield und anderen Autoren, über die Bloch scheinbar noch nichts wußte, berichtete bescheiden von seinen eigenen Interessen und nahm sich die Zeit, Blochs Prosagedichte zu bewerten: »Mit dem größten Interesse & Vergnügen las ich Ihre beiden kurzen Horrorskizzen, deren Rhythmus & atmosphäri­ sche Färbung eine sehr echte Stimmung innewohnenden & namenlosen Grauens über­ mitteln & mir in höchstem Maße vielversprechend erscheinen. (...) In späteren Arbei­ ten werden Sie womöglich weniger genötigt sein, so große Mengen schauriger Wör­ ter anzuhäufen (eine frühe & kaum überwundene Angewohnheit meiner selbst) und eher wenige Worte auswählen, deren präzise Positionierung im Text & starke assozia­ tive Kraft einen weitaus grauenerregenderen Effekt haben wird als jede Menge mon­ ströser Adjektive, boshafter Substantive & unheiliger Verben. Solche Wirkung zu mei­ stern, ohne das Element der Bedrohung & gräßlichen Erwartung zu opfern, ist das ewi­ ge Problem des Horrorschriftstellers - ein Problem, dessen Lösung ich, wie ich be­ fürchte, niemals gänzlich zu meistern in der Lage sein werde. Am Rande bemerkt: Die Reihenfolge der Sentenzen in The Gallows scheint das Hereinbrechen der Dunkelheit & die Benutzung einer Fackel/Taschenlampe vor der Dämmerung zu implizieren - ein Punkt, den ich durch den Vorschlag einer anderen Anordnung zu modifizieren wage.«14 Lovecrafts Brief endete nicht nur mit guten Wünschen, sondern darüber hinaus mit schmeichelhaften Komplimenten über die »Kraft & Lebensechtheit Ihrer Prosage12 Bloch, zitiert nach Larson, The Robert Bloch Companion, a.a.O., S. 11. 13 Bloch hat interessanterweise in seiner Autobiographie Once Around the Bloch ausgefiihrt, daß Lovecraft ihn mit Whitehead bekanntgemacht hat; freilich ein Ding der Unmöglichkeit, da Whitehead am 21. No­ vember 1932, fünf Monate vor HPLs erstem Brief an Bloch, verstarb. Bloch erwähnt eine »flüchtige Kor­ respondenz« mit Whitehead (S.66), die also offenbar erfolgte, bevor er Kontakt mit Lovecraft aufnahm. 14 H P. Lovecraft, Brief vom 27. April 1933, in: H P Lovecraft: Leiters to Robert Bloch, a.a.O., S.10.

198 dichte«.15Bloch brauchte kaum mehr Ermutigung, um sich wie besessen in die Kom­ position weiterer Erzählungen zu stürzen. Lovecraft zog im Mai 1933 mit seiner Tan­ te Annie Gamwell in die College Street um, verschickte jedoch schon kurz darauf wie­ der umfangreiche Briefe an Freunde wie Derleth und Shea, und auch der junge Lovecraft-Fan Bloch erhielt einige Zeilen, begleitet von einer kleinen Zeichnung, die HPL von seinem neuen Quartier angefertigt hatte. Bemerkenswerter für Bloch dürfte aller­ dings die Tatsache gewesen sein, daß sein Idol ihn nun nicht mehr als »Mr. Bloch«, sondern schlicht und freundschaftlich als »Bloch« anschrieb - eine Anrede, die in den Dreißigern längst nicht mehr in Mode, jedoch in viktorianischen Zeiten recht ge­ bräuchlich war. Wie bezeichnend für einen Romantiker wie HPL - und wie typisch für die selbst erwählte Gentleman-Pose -, seinen jugendlichen Bewunderer derart (und ganz nebenher, wie selbstverständlich) in seinen Korrespondentenkreis aufzunehmen und ihm gleichzeitig das Gefühl zu geben, »dazuzugehören«. Bei allen Empfehlungen, die Lovecraft jüngeren, aufstrebenden Autoren oder Möchtegernautoren gab, vermit­ telte er ihnen niemals das Gefühl, er sei ein Profi und sie nur Fans; stets betrachtete er sie als seinesgleichen. Es ist müßig, Details aus jedem oder beinahe jedem Brief aufzuzählen, den Lovecraft an seinen Protégé geschrieben hat. Noch im Juni 1933 taufte er Bloch um: Bereits den größten Teil seiner Freunde hatte er mit »unheiligen« Namen, scheinbar direkt aus dem Necronomicon, bedacht - August Derleth mit »Comte d’Erlette«, Smith mit »KlarkashTon«, Shea mit »Jehvish-Ei«, Price mit »Sultan Malik« und Frank B. Long mit »Belknapius«. Jetzt erhielt Bloch seine Weihe als »Bho-Blok«. Bloch schickte HPL nun auch Zeichnungen, die »Ech-Pi-El« großzügig mit den Arbeiten Clark Ashton Smiths verglich. Unter den ersten Skizzen fand sich auch ein Bildnis Nyarlathoteps, das, so HPL, »genau meiner Konzeption entspricht«.16 Schon damals zeigte sich Bloch von diesem Mythos-Charakter überaus angetan, der später in einem großen Teil seiner Lovecraft-bezogenen Geschichten eine zentrale Rolle spielen sollte. HPL ging nun schon längst intensiv auf Blochs literarische Bemühungen ein, hinterfragte die Moti­ vation der handelnden Figuren und ihre Psychologie und wies auf logistische und tech­ nische Fehler hin. Leider ist keine dieser frühen Arbeiten Robert Blochs erhalten ge­ blieben. Wie prächtig hätte man die Entwicklung Blochs und den unmittelbaren Ein­ fluß Lovecrafts daran ablesen können! Derleth war in dieser Hinsicht weniger hilfreich und alles andere als ermutigend: Als Bloch ihm einige seiner Geschichten zukommen ließ, antwortete er mit einem wenig sensiblen »Verriß« der Werke. Bloch erinnert sich in seiner Autobiographie: »(Derleth) offerierte mir die kritische Ansicht, daß ich wohl

15 Ebd., S.l 1. Blochs frühe Werke sind leider nicht erhalten. 16 H.P. Lovecraft, Brief vom 21. Juni 1933, in: H.P. Lovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O., S.21.

199 den Rest meines Lebens unveröffentlicht verbringen müßte.«17 »Mach’ dir nichts daraus, wenn er deine Arbeit in Fetzen reißt - er mag exzessiv auf­ richtig sein, doch selbst wenn er über das Ziel hinausschießt, ist oftmals etwas von Wert im allgemeinen Tenor seiner Kritik. Ich verlasse mich darauf, daß du dich nicht abschrecken läßt, so wie ein vielversprechender Neunzehnjähriger aus Pittsburgh kürz­ lich... Dieser Knabe war so niedergeschlagen von einer offenen Analyse des M. le Comte, daß er nichts anderes mehr an das Sauk City-Tribunal übersenden will!«18Das arme Opfer war J.Vernon Shea. An jenen Shea schrieb Lovecraft im September 1933 über Bloch: »...Der kleine Bho-Blok, der Dämonen-Lama von Leng, ist sicherlich ein ganz besonderer Junge. Seine Zeichnungen zeigen eine überraschende Naturbegabung. Ich denke, die leichtfertige Wahl einiger Titel ist nichts weiter als beabsichtigte Iro­ nie... Klarkash-Ton pries kürzlich eine teuflische Kreideskizze von ihm, die den Titel Tafeln & Tanzen (Dine & Dance) trug. Ich hatte erwartet, daß Selbstmord im Kostüm (Suicide in Costume) ganz nach seinem Gusto wäre. Alles in allem glaube ich, daß der Knabe mehr Talent - oder zumindest ein weiter entwickeltes Talent - zum Zeichnen als zum Schreiben hat, wenngleich er das letztere deutlich ernster nimmt als das Erstge­ nannte. Trotzdem - seine Prosa ist der meinen in seinem Alter weit voraus. Alle seine Schwächen sind offenbar jene der Jugend - Extravaganz, Überzeichnung. Der Comte d’Erlette hat ihm einen großen Gefallen getan, indem er einige seiner Sachen sprich­ wörtlich in der Luft zerrissen hat & die Überreste zu Asche & Rauch verbrannte. Was Geschmack betrifft - natürlich ist er noch recht unreif. Sich der Realität gegenüber als blind zu erweisen, erzeugt eine gewisse Ungeschliffenheit - aber eine Art von Unge­ schliffenheit, die sich im Lauf der Jahre zerstreuen wird. Ich hatte mit sechzehn oder siebzehn einen scheußlich beschränkten Geschmack - Phantasie oder nicht! Der jun­ ge Bloch ist es wert, im Auge behalten zu werden. Ein ungeheures Talent brodelt in seinem Kopf & die Resultate werden bald daraus hervorquellen...«19 Frank Belknap Long zeigte er bei einem Spaziergang auf dem Ancient Hill in Providence einen Brief und eine Zeichnung Blochs und erklärte: »Das ist von einem sechzehnjährigen Brief­ freund. Er hat eine meiner Weird Tu/es-Stories gelesen und mir daraufhin mehrmals ausführlich geschrieben. Er malt und schreibt, und ich weiß noch nicht, ob seine Er­ zählungen oder seine Zeichnungen vielversprechender sind. Aber ich kann direines sa­ gen: Der Junge ist brillant. Er wird es weit bringen - vielleicht so weit wie Smith. Sieh dir das an - es ist wirklich bemerkenswert!«20 17 18 19 20

Bloch, Once Around the Bloch, a.a.O., S. 59/60. Entspr. Anm. 16. Lovecraft, Brief vom 25. September 1933, Selected Letters IV, S.258-259. H P. Lovecraft, zitiert nach Frank Belknap Long, Howard Phillips Lovecraft: Dreamer on the Nlghtside, Sauk City 1975, S. 189. Long erwähnt hier kein genaues Datum. Anhand der Briefe Lovecrafts an Bloch (vom 22. Juli 1933) und Howard (vom 24. Juli 1933) ist zu vermuten, daß der Spaziergang am 22. oder 23. Juli 1933 stattfand, als Long mit seinen Eltern auf dem Weg nach Cape Cod durch Providence kam.

200 Wie Lovecraft ganz richtig anmerkte, lag der größere Ehrgeiz Blochs beim Verfas­ sen phantastischer Geschichten. Doch war er ohnehin bereits bald gezwungen, seine Bemühungen auf graphischem Gebiet einzustellen. »Ich gab Grafik aus zwei Gründen auf: meinem linken und meinem rechten Auge«, erinnerte sich Bloch. »Man teilte mir mit, daß ich kurzsichtig sei und an Astigmatismus litte, und das sind Handicaps für je­ den, der zeichnen will. Davon abgesehen lebten wir mitten in der Depression, und es gab keine wirkliche Verwendung für jemanden mit Zeichentalent. Außer vielleicht als Kunstlehrer. Aber es gab mehr Kunstlehrer als -Schüler!«21 Bloch war schon damals be­ strebt, es nicht bei einem Hobby zu belassen: Er wollte, wie sein großes Idol Lovecraft (ungeachtet der finanziellen Nöte, unter denen dieser zeitlebens litt), eine Karriere als professioneller Schriftsteller einschlagen. Den ersten Schritt in diese Richtung unternahm Bloch, auf Empfehlung Lovecrafts, bereits gegen Ende 1933. Er schickte einige seiner Erzählungen an William L. Crawford, der ein kurzlebiges semiprofessionelles Fanzine mit dem Titel Marvel Tales her­ ausgab. Dort erschien im Frühjahr 1934 Blochs Story Lilies, die zuvor vom Weird TaZes-Herausgeber Farnsworth Wright abgelehnt worden war. Schon 1933 hatte Bloch demnach begonnen, seine Elaborate an Weird Tales zu senden, jedoch ohne Erfolg. Gleichzeitig begann er, ausführlich mit einigen anderen Mitgliedern des »LovecraftCircle« zu korrespondieren; mit Clark Ashton Smith (den er sehr verehrte), J. Vemon Shea und, wie erwähnt, August Derleth. Üblicherweise waren das auch die Adressen, an die er von HPL übersandte Story-Manuskripte zur Zirkulation innerhalb des Freun­ deskreises weiterzusenden hatte und die er gleichfalls mit eigenen Geschichten be­ dachte. Nachdem Bloch graduiert und die High School verlassen hatte, erklärte er sei­ nen Eltern, daß er Schriftsteller werden wollte. Sie nahmen diese Entscheidung über­ raschend gelassen auf: »Versuch’s ruhig«, meinte der Vater. »Du mußt tun, was du für am Besten hältst«, sagte seine Mutter.22 Und so stürzte sich der gerade siebzehnjähri­ ge Möchtegern-Schriftsteller in eine ungewisse Zukunft. Bereits im Juli 1934 jedoch konnte er Licht am Ende des Tunnels erkennen; Farns­ worth Wright akzeptierte eine seiner Stories, The Secret in the Tomh. Bloch hatte es sich nicht nehmen lassen, Wright sogar höchstpersönlich seine Aufwartung zu ma­ chen. »Ich muß mich sputen, dir zur erstmaligen W.T.-Annahme zu gratulieren - ein Er­ eignis, das, wie ich meine, der Beginn einer erfolgreichen Karriere als Mitarbeiter sein könnte. Ich wußte, daß es nicht lange dauern würde, bis du’s schaffst & bin begierig, das Grauen zu Gesicht zu bekommen, das dir dazu verholfen hat. Freut mich, wenn

21 Bloch im Gespräch mit dem Verfasser. Siche hierzu: Yours Truly, Robert Bloch; Interview in NecropolifcwiNr. 3, 1993, S.31. 22 Zitiert nach Bloch, Once Around the Bloch, a.a.O., S.69.

201 Little Augie23& ich dir auf irgendeine indirekte Art und Weise zu diesem Triumph verholfen haben sollten«,24 so Lovecraft. Als er schließlich Fragmente der Erzählung zu Gesicht bekam, pries er Blochs Arbeit reichlich: »Da ist wirklich eine Menge tolles Zeug ’drin. Ich gratuliere Satrap Pharnabazus25zu dem Scharfsinn, sie zu akzeptieren. Die Idee ist schlichtweg großartig. Du entwickelst sie auf eine Weise, welche die Span­ nung & den Schrecken mit bewundernswerter Glaubwürdigkeit hervorruft. Wenn ich sie von einem rigide künstlerischen Gesichtspunkt aus beurteilen würde, müßte ich, wie ich fürchte, daraufhinweisen, daß die Adjektive & makabren Einfärbungen einen Hauch weniger dick aufgetragen werden sollten - aber wie du weißt, mag ich persön­ lich so etwas & muß die Tendenz bekämpfen, es dem gleichzutun.«26 Robert M. Price schreibt in der empfehlenswerten Neuausgabe der Bloch-Sammlung Mysteries ofthe Worm über die Story: »...Jene ist der behaupteten Sünde des schweren Würzens eines Textes mit Lovecraftianischer Linguistik (...) am meisten schuldig.«27Wright war sich der Schwächen offensichtlich wohl bewußt, erkannte aber Blochs Talent und kaufte die Geschichte nicht zuletzt zur Ermutigung des aufstrebenden jungen HPL-Epigonen. Im Oktober nahm er Blochs The Feast in the Abhey an, die im Januar 1935 als erste pro­ fessionell veröffentlichte Bloch-Story abgedruckt wurde, während Secret erst im Mai in Weird Tales zu finden war. Beide Erzählungen waren natürlich stilistisch offen­ sichtliche HPL-Pastiches. The Secret in the Tomb ist deshalb bemerkenswert, weil dar­ in neben Lovecrafts Necrononücon und Smiths Book Of Eibon zwei neue, von Bloch erdachte Zauberbücher Erwähnung finden: die Cabala OfSaboth und Ludvig Prinns Mysteries ofthe Worm. In der Geschichte The Suicide in the Study, die im Juni 1935 in Weird Tales erschien, fügte er der Bibliothek des Grauens noch die Cultes des Goules des Comte d ’Erlette (häufig Derleth zugeschrieben, aber eine Erfindung Blochs) und die Black Rites des Luveh-Keraph hinzu, eines wahnsinnigen Hohepriesters der Katzengöttin Bast.28 Blochs Anspielung auf seinen Mentor ergab sich aus dessen Vor­ liebe für Fehden und einer ähnlichen Verwendung Smiths in seiner Inkarnation als Klarkash-Ton in einer früheren Story Lovecrafts.29 The Feast in the Abbey hingegen machte bereits von einer stilistischen Eigenheit Blochs Gebrauch, die er später zur 23 24 25 26 27

August Derleth. H.P. Lovecraft, Brief vom 21 .Juli 1934, in: H.PLovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O., S.50. Farnsworth Wright. H.P. Lovecraft, Brief vom August 1934, in: H.PLovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O., S.52. Robert M. Price, Vorwort zur zweiten Auflage von Robert Blochs Mysteries ofthe Worm, revidiert, er­ weitert, herausgegeben von Robert M. Price, Oakland 1993. Eine dritte, wiederum erweiterte Ausgabe des Bandes ist momentan in Vorbereitung, ln dieser Sammlung findet sich der größte Teil des mit dem Cthulhu-Mythos verknüpften Kurzgeschichtenwerks von Bloch. 28 Bast oder Bastet ist eigentlich die ägyptische Göttin der Liebe, Fruchtbarkeit und Freude. Es ist bekannt, daß sie mindestens seit 4000 vor Christi angehetet wird. Den Höhepunkt ihrer Popularität erreichte sie un­ gefähr um 1500 v.Chr., als Tausende einmal im Jahr zum Tempel in Bubastis pilgerten. 29 Es handelte sich hierbei um die Geschichte The Whisperer in Darkness, entstanden 1930.

202 vollen Reife brachte: eines makabren dénouements, von manchen sehr geschätzt, von anderen eher mit Mißfallen abgetan, weil dies den Genuß des nochmaligen Lesens trü­ ben würde. HPL war mehr als entzückt über den raschen Fortschritt seines »Zöglings«, wie er diesen im November 1934 wissen ließ: »Ich muß dir wärmstens (...) gratulieren (...) wegen der Entwicklung deiner narrativen Kraft. Du hast wahrlich in einem oder ein­ einhalb Jahren eine Menge an Boden gewonnen! Bleib’ dabei! Du wirst zweifelsohne ein regulärer Mitarbeiter der Gruselmagazine werden - wenn nicht gar eine Menge mehr!«30 Im Februar 1935 machte Bloch den einzigen Versuch, bei einer Story mit Lovecraft zu kollaborieren. Er übersandte HPL ein von Farnsworth Wright abgelehntes Manus­ kript mit dem Titel Satans Servants und schlug ihm vor, die Geschichte nach eigenem Gusto zu bearbeiten, wie Lovecraft dies einige Jahre zuvor auch mit einer Erzählung von E. Hoffmann Price getan hatte.31 Lovecraft lehnte jedoch ab: »...Diese Geschich­ te reizt mich mehr als jede andere, die ich in letzter Zeit gesehen habe, aber ich glau­ be ehrlich gesagt nicht, daß ich derzeit die Mühe einer Kollaboration auf mich nehmen kann... In jedem Fall ist eine Kollaboration härtere Arbeit als eine eigene Geschichte & die einzige mögliche Rechtfertigung wäre nur dann gegeben, wenn man gern eine Idee entwickelt sähe, die sonst nicht entwickelt werden könnte. Im Falle von Satans Servants bin ich mir ganz sicher, daß du die Erzählung genauso gut entwickeln kannst wie ich (...). In den letzten paar Monaten mußte ich betreffend aller Kollaborationen ein vollständiges Veto verhängen - pure Selbstverteidigung -, da so viele eigene Sto­ ries danach schreien, aufgeschrieben zu werden.«32 Nichtsdestoweniger versah HPL das Manuskript mit zahlreichen Korrekturen und Anmerkungen. Bloch nahm es für ei­ ne spätere Bearbeitung zu seinen Unterlagen. Satans Servants wurde letztlich erst vie­ le Jahre nach Lovecrafts Tod in dem Sammelband Something About Cats (1949) zu­ sammen mit einer Einleitung von Bloch und Lovecrafts Fußnoten veröffentlicht.33 Bereits zwei Monate nach Lovecrafts entschuldigenden Zeilen in Bezug auf eine mögliche gemeinsame Geschichte übersandte Bloch seinem Mentor eine neue Erzäh­ lung, die Wright schon für Weird Tales akzeptiert hatte. Jedoch bat er Bloch, zuvor die Genehmigung des »Hauptdarstellers« der Geschichte einzuholen. Der »mystische Träumer aus New England«, der am Ende der Erzählung The Shamblerfrom the Stars von einer extraterrestrischen Entität vernichtet wird, bleibt namentlich ungenannt, war 30 H P. Lovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O., S.55. 31 Through the Gates o f the Silver Key aus dem Jahre 1932. 32 Lovecraft, Brief ca. Februar/März 1935, in: H P. Lovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O., S.61. Der dar­ in enthaltene Brief ist bloß eine Abschrift der offenbar gekürzten Wiedergabe aus: H P. Lovecraft, Some­ thing About Cats and Other Pieces, August Derleth (Hrsg.), Sauk City 1949. 33 Zuletzt wurden Blochs Vorwort, die Erzählung selbst und ein Teil von HPLs Fußnoten in Revelations from Yuggoth 2, 1988, S.4-20, abgedruckt.

203 aber unschwer als H.P. Lovecraft erkennbar, der Erzähler - ein aufstrebender junger Horrorautor - war eindeutig ein Alter ego von Bloch. Zwei weitere Korrespondenten von Bloch fanden flüchtige Erwähnung: ein »Einsiedler in den Gebirgen des Westens« (Smith) und ein »Weiser in der nördlichen Wildnis« (Derleth). Bloch versah die Ge­ schichte obendrein mit einer Widmung an sein Idol. Lovecraft war geschmeichelt und amüsiert gleichermaßen. Er wies seinen jugend­ lichen Bewunderer darauf hin, daß Frank Belknap Long ihn bereits 1928 in der Er­ zählung The Space-Eaters* a\s »Aschehäufchen« zurückgelassen hatte, ohne daß Wright damals irgendwelche Bedenken anmeldete. »Nun - in der Anlage findest du ein gewichtiges Dokument mit offiziellem Segen - und mit den Unterschriften einiger be­ deutender Zeugen, um es doppelt verbindlich zu machen. Wenn das Wright nicht aus­ reicht, lege ich ihm eine notarielle Beglaubigung vor.«3435 Das »gewichtige Dokument« las sich wie folgt: »Hiermit bescheinige ich, daß Robert Bloch, Esq., aus Milwaukee, Wisconsin, USA - Reinkarnation des Mijnheer Ludvig Prinn, Verfasser des De Vermis Mysteriis - autorisiert ist, den Unterzeichner in der Erzählung The Shambler from the Stars zu porträtieren, zu ermorden, zu vernichten, aufzulösen, zu transfigurieren, zu metamorphieren oder sonstwie zu handhaben. Gezeichnet: H.P. Lovecraft.«36 Beglaubigt wurde Lovecrafts Bescheinigung von den illustren Herren »Abdul Alhazred, Gaspard du Nord (Übersetzer von Le Livre D'Eibon), Friedrich von Junzt (Au­ tor von Unaussprechliche Kulte)« und dem »Tcho-Tcho Lama von Leng«.37 HPL machte Bloch noch einige Vorschläge zur Verbesserung der Geschichte - so schlug er vor, das Buch Mysteries ofthe Worm, da es ja in Latein geschrieben sei, in De Vermis Mysteriis umzubenennen, und versorgte ihn ebenfalls mit dem Ritual, das der »my­ thische Träumer« letztlich in der Story vorliest - und lobte sie als »verdammt gutes Garn«.38In diesem Brief schrieb er seinen Korrespondenten auch nicht mehr als »BhoBlok« an: Von nun an nannte er ihn Ludvig Prinn (dessen Historie zum Teil in Blochs Geschichte dargelegt wird). In einem Schreiben vom Juni 1935 ließ er Bloch deutlich wissen, daß er ihn als den einzig interessanten »Nachwuchs« in Weird Tales ansah: »Deine rasante Entwicklung ist recht anspornend & gibt dir eine Führungsposition ge­ genüber den anderen »Experimentierenden«. (...) Dein Platz in der Inhaltsangabe von Weird Tales neben Klarkash-Ton, Two-Gun Bob3940,dem Comte D’Erlette & Großpapa Nyarlathotep etabliert dich als »Mitglied der Familie« - falls man das als Auszeich­ nung betrachten kann.«* 34 Weird Tales, Juli 1928. 35 H.P. Lovecraft, Brief vom 30. April 1935, in: H.P. Lovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O., S.65. 36 Ebd., S.65. 37 Ebd. 38 Ebd. 39 Robert Ervin Howard. 40 Lovecraft, Brief von Anfang Juni 1935, in: H P Lovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O., S.67.

204 The Shamhlerfrom the Stars erschien im September 1935 in Weird Tales. Auf die Veröffentlichung dieser Geschichte hin schrieb ein Leser an Wright und schlug vor, Lovecraft höchstselbst sollte eine Fortsetzung zu Blochs mörderischer Erzählung ver­ fassen. Offenbar war HPL von dieser Idee recht angetan, und so setzte er sich hin und schrieb The Haunter o f the Dark. »...Als er meine Story gelesen hatte, entschied er sich dazu, mich in einer Fortsetzung (...) umzubringen. (...) Darin läßt er mich (als »Robert Blake«) in seine echte Wohnung in Providence ziehen, die er in der Geschichte auch beschreibt«41, erinnerte sich Robert Bloch später. »Am Ende - unnötig, dies zu erwäh­ nen - wäre es für den jungen Mr. Blake besser gewesen, wenn er sich dafür entschie­ den hätte, im Holiday Inn abzusteigen. Zum Glück für Lovecraft-Fans gab es damals jedoch noch keine Holiday Inns, sonst wäre ich vielleicht nicht vernichtet worden.«42 »Ja, ich habe eine Entgegnung auf Blochs Shamhler geschrieben, die den Titel The Haunter ofthe Dark trägt«, schrieb Lovecraft an den jungen Henry Kuttner - damals der erste echte Bloch-Fan. »Bloch ließ mich als matschige Masse aus organischen Überresten zurück; ich hinterließ ihn als steifen Kadaver, der mit dem Ausdruck kos­ mischen, entseelten Grauens auf dem Gesicht aus einem westwärts gerichteten Fenster schaut. Segnungen der Schriftstellerei!«4’ Allerdings betonte Lovecraft auch, daß sei­ ne Geschichte kein echtes »Sequel« sei. »Die Entität, die den jungen Künstler am En­ de erwischt, ist nicht der Shamhler. sondern etwas aus einer anderen Ecke des Welt­ alls.«44 In einem Brief vom Dezember 1935 ermunterte er Bloch, seinerseits auf den Haunter eine Erzählung folgen zu lassen: »Wenn du jemals eine Fortsetzung dazu schreiben willst, leihe ich dir gerne noch einmal einen Durchschlag. Eine ganze Men­ ge der Anspielungen könnten als Beginn für frische Schrecken verwendet werden.«45 Lovecrafts Geschichte erschien erst ein Jahr später, im Dezember 1936, in Weird Ta­ les, ohne daß Bloch bis dahin an die Erzählung angeknüpft hätte. Die Story war Robert Bloch gewidmet - die einzige Widmung in Lovecrafts Œuvre, »und dafür werde ich auf ewig dankbar sein.«46Bloch befaßte sich jedoch offenbar schon mit der Idee für ein Sequel, das er The Shadow in the Steeple nannte und das er Lovecraft gegenüber er­ wähnte. Dieser ging in einem Brief vom Dezember 1936 auf Blochs Ausführungen ein: »Doc Dexter & die Schachtel in der Bucht wären ein guter Anfang. Wenn du es wünschst, werde ich alle deine lokalen Referenzen betreffend Providence überprüfen.

41 Bloch, Brief vom 8. August 1985 an den Verfasser. 42 Bloch, Once Around the Bloch. a.a.O., S.79. 43 Lovecraft, Brief vom 16. Februar 1936, in: HP. Lovecraft: Letters to Henry Kuttner. D.E. Schultz / S.T. Joshi (Hrsg.), West Warwick 1990, S.8. 44 H P. Lovecraft, Brief vom 12. März 1936, in: H P. Lovecraft: Letters to Henry Kuttner. a.a.O., S. 13. 45 Lovecraft, Brief vom 4. Dezember 1935, in: H.P.Lovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O., S.75. Im glei­ chen Brief erwähnt Lovecraft ebenfalls Blochs »psychologische Forschungen« - offenbar begann Bloch zu dieser Zeit, sich für die inneren Schrecknisse zu interessieren. 46 Bloch, Once Around the Bloch, a.a.O., S.79.

205 Aber wer kann dieses Mal umgebracht werden? Seitdem du mich im Shambler getö­ tet hast & ich dich im Haunter abgemurkst habe, wird die Versorgung an offensichtli­ chen Opfern ziemlich knapp!«47 Die Realisation dieser Geschichte - unter dem Titel The Shadow from the Steeple hat Lovecraft nicht mehr erlebt; sie erschien im September 1950, mehr als zehn Jahre nach Lovecrafts Tod, in Weird Tales. Bloch nahm darin nicht bloß Bezug auf den Tod von »Robert Blake«, sondern gestaltete die Erzählung insgesamt als Reminiszenz an den Lovecraft-Circle - sowohl HPL als auch Bloch selbst (als Autor der Geschichte Fane ofthe Black Pharaoh, erschienen in Weird Tales im Dezember 1937), Lovecrafts Bote der Großen Alten, Nyarlathotep (Blochs Lieblingscharakter aus dem CthulhuMythos)48, und schließlich ein Schriftsteller namens Edmund Fiske, ein Korrespondent von Lovecraft und Freund »Robert Blakes«, finden darin Erwähnung. »(Ich) dachte (...) über die losen Enden und ungelösten Rätsel in beiden Stories nach - und entschied mich, die Saga mit einer dritten Geschichte, in der (...) unser gemeinsamer Freund Fritz Leiber4’ eine Rolle spielte, abzurunden. Aber es gibt ein allgemein unbemerktes spie­ lerisches Element in allen drei Erzählungen; HPL und ich amüsieren uns ein wenig mit dem Genre.«50 »Die Anspielungen darin erfolgten vorsätzlich und waren so eine Art Selbstbefriedigung. Es interessierte mich nicht so sehr, sie für eine Leserschaft aufzu­ bereiten, der die anderen beiden Geschichten nicht bekannt waren.«51 Tatsächlich nahm Lovecraft die selbstgeschaffenen Mythen nicht halb so ernst wie ein großer Teil seiner späteren Bewunderer, deren mühevolle Katalogisierung, Spezi­ fizierung und Einordnung in ein mehr oder minder christliches Schema - hier sind u.a. Derleth, aber insbesondere Lin Carter und Brian Lumley zu nennen - sowohl der At­ mosphäre des Lovecraftschen Kosmos’ schadete wie auch seine Einordnung der Menschheit in diesen Kosmos in Frage stellte. Stimmung war für Lovecraft immer das

47 Lovecraft, Brief vom 3. Dezember 1936, in: H.P.Lovecraft: Leiters to Robert Bloch, a.a.O., S.84. 48 Zu Nyarlathotep siehe den Beitrag Marco Frenschkowskis in diesem Buch. Für Blochs Faszination dürf­ ten Nyarlathoteps Bezüge zu Ägypten ein wichtiges Element gewesen sein. Gleichwohl ist er auch eine ideale Projektionsfläche für Blochs Sicht der Welt, in der das Grauen nicht von der Fremdartigkeit des »Bösen«, sondern von dessen Vertrautheit zehrt. Die Bedrohung erwächst nicht aus etwas Kosmischem, das jenseits unserer beschränkten Wahrnehmung und unseres Verständnisses liegt, sondern aus unserer Mitte heraus. Die dabei entstehende Verunsicherung resultiert aus der Erkenntnis, daß wir letztlich noch weniger über die Vorgänge im Inneren eines menschlichen Schädels wissen, als über die Kreaturen, die einmal diesen Planeten bevölkerten. Nyarlathotep ist die perfekte Verknüpfung der Mythen Lovecrafts mit dem Weltbild von Roben Bloch. 49 Lovecraft korrespondierte in den letzten Monaten seines Lebens mit Fritz Leiber (1910 - 1992). Bloch lernte Leiber über Henry Kuttner im Mai 1937 persönlich kennen. Sowohl Lovecraft als auch Bloch wa­ ren freilich mit dem Werk von Leibers Vater, dem Shakespeare-Mimen Fritz Leiber sen., vertraut. Leiber schrieb später einige Mythos-Geschichten und baute seinen Roman Our Lady ofDarkness (1977) um ein Geheimnis auf, das marginal mit Clark Ashton Smith zu tun hat. 50 Bloch, zitiert nach Larson, The Robert Bloch Companion, a.a.O., S.39. 51 Ebd., S.40.

206 wichtigste Element einer phantastischen Geschichte, und nichts verabscheute er so sehr wie Klischees, wie sie die Folge späterer Schemata waren. Für einen Spaß war er jedoch stets zu haben. An Henry Kuttner schrieb er, nachdem auch dieser Bloch in ei­ ner Story umgebracht hatte5253und diese Geschichte gemeinsam mit einem unvermittelt abbrechenden Brief und einem Begleitschreiben von »Bolivar Twirp, Nachlaßverwal­ ter von Henry Kuttner« an HPL sandte: »...Armer Mr. Kuttner! Was für ein Autor wä­ re er wohl geworden!«5556An anderer Stelle erwähnt er das »spielerische Element«, von dem Bloch sprach: »Ich beschrieb mich selbst als »Ward Phillips« in der Erzählung (Through the Gates o f the Silver Key), die ich gemeinsam mit Price schrieb. Es bleibt dem Leser überlassen, über die Identitäten der zwei Okkultisten aus Providence zu mutmaßen, oder sie zu übergehen.54Schon bald (...) werden Bloch und ich uns an grau­ same Tode gewöhnt haben. Das ist sein zweiter. Long meuchelte mich (...) in The Space-Eaters. Vom Standpunkt der von mir heißgeliebten Fehden aus bleiben mir noch sechs Tode bis zum Verschwinden in der endgültigen Vergessenheit.«55 Einen Brief später fügte HPL hinzu: »Meine Leben werden rasch aufgebraucht. (...) J. Vemon Shea übersandte mir eine neue Geschichte mit dem Titel The Necronomicon*, in der ich de­ tailliert beschrieben & als sauberes Skelett zurückgelassen werde. Shea erinnerte mich auch daran, daß Bloch mich zweimal erledigt hat (beim zweiten Mal ein schweineähn­ liches, krallenbewehrtes Ding an meiner Stelle hinterlassend) - zuletzt in The Dark DemonS7. Lediglich noch vier Leben übrig!«58 An Bloch schrieb er in der gleichen Ange­ legenheit: »Langsam wird es für uns zur guten Gewohnheit, umgebracht zu werden! Vielleicht findet jeder von uns durch die Hände jedes Mitglieds der Gang ein neues En­ de. Wenn der gute alte Two-Gun nicht so tragisch & sprichwörtlich mit sich selbst be­ gonnen hätte5’, hätte er uns en mässe getötet - womöglich die ganze verdammte Ban­ de in einer blutigen roten Woge aus gegenseitigem Aufschlitzen & Enthaupten!«60 52 Henry Kuttner, Hydra, erschienen erst geraume Zeit später in Weird Tales vom April 1939. Die beiden an­ deren Protagonisten dieser Erzählung, die ebenfalls ein grausiges Ende finden, sind Lovecraft und Kutt­ ner selbst, wie Lovecraft auch in seinem Brief an Bloch vom 3. Dezember 1936 (HP. Lovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O„ S.84) auch ausgeführt hat. Vielleicht hat Kuttner die Geschichte entsprechend nachbearbeitet, denn noch im November zählt Lovecraft diesen »literarischen Tod« in seinen Auflistun­ gen nicht mit. Hydra findet sich jüngst auch in einem von Robert M. Price herausgegebenen Band mit Kuttners gesamten Mythos-Erzählungen, The Book oflod, Oakland 1995. In der ebenfalls enthaltenen Ge­ schichte The Invaders (ursprünglich Strange Stories, Februar 1939) scheint die Konstellation der Cha­ raktere identisch zu sein. 53 Lovecraft, Brief vom 30. November 1936, in: H P Lovecraft: Letters to Henry Kuttner, a.a.O., S.26. 54 Etienne de Marigny ist ein Alter ego von E.H. Price. Bloch verwendete den Charakter später in seiner My­ thos-Geschichte The Secret ofSebek. (Weird Tales, November 1937). 55 Entspr. Anm. 53, S.26-27. 56 Die Erzählung wurde nie veröffentlicht; das Manuskript wurde Anfang 1997 von Necronomicon Press ver­ äußert. 57 Weird Tales, November 1936. 58 Entspr. Anm. 53, S.28. 59 Robert E.Howard beging am 11. Juni 1936 Selbstmord. 60 Lovecraft, Brief vom 3. Dezember 1936, in: H.P.Lovecraft: Leiters to Robert Bloch, a.a.O., S.84.

207 Tatsächlich blieb Lovecraft nicht mehr allzuviel Zeit - und unglücklicherweise stan­ den ihm auch keine »vier Leben« mehr zur Verfügung, ln seinem letzten Brief an Ro­ bert Bloch vom 25. Januar 1937 klagte er darüber, sich »miserabel« zu fühlen: »...ge­ schwollene Füße (doch Yuggoth sei Dank kein geschwollener Kopf!) sowie eine ir­ gendwie gestörte Verdauung & allgemeine Schwäche«.61 Lovecraft führte dies auf ei­ ne Grippe zurück. Er verlor rapide an Gewicht, begann erst, seine Korrespondenz auf der Schreibmaschine zu schreiben, und diktierte schließlich seiner Tante. Am 2. März 1937 ließ er sich endlich von einem Spezialisten untersuchen, der Dickdarmkrebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostizierte und ihn ins Hospital einwies. Nur fünf Tage nach seiner Einlieferung, am 15. März 1937, starb Lovecraft. Robert Bloch erfuhr noch am gleichen Tag von Lovecrafts Tod; Derleth rief ihn aus Sauk City an, um ihm die traurige Nachricht mitzuteilen. In einem Brief an Weird Ta­ les versuchte er, seinem persönlichen Schmerz Ausdruck zu verleihen, indem er schrieb, daß er - hätte er von Lovecrafts Zustand gewußt - nötigenfalls auf allen Vie­ ren angekrochen wäre, um an seiner Seite zu sein. In seiner Autobiographie heißt es: »Es gab keine Worte, um meine Trauer auszudrücken, und es gibt auch jetzt noch kei­ ne.«62 Für kurze Zeit erschienen weitere Lovecraft-Pastiches aus der Feder Blochs in Weird Tales, zum Teil Erzählungen, die er noch vor dem Ableben seines Mentors verfaßt hat­ te. Die vorerst letzte davon, The Sorcerer’s Jewel, wurde im Februar 1939 in Strange Stories veröffentlicht. »Zum Mythos beizutragen war eine Art Spiel - zumindest so lange Lovecraft selbst am Leben war und es genießen konnte; nachdem er nicht mehr unter uns weilte, wurde es eher feierlich und weniger spaßig... Der Reiz des Spiels war weg.«63 Im gleichen Jahr wurde Blochs erste psychologische Erzählung, The Strange Flight o f Richard Clayton, in der März-Ausgabe von Amazing Stories abgedruckt, und danach warf er nur selten einen Blick zurück. Anders als Lovecraft, der erst postum echten Ruhm erlangte - nicht zuletzt durch die Bemühungen zweier Korrespondenten und »Schüler«, August Derleth und Donald Wandrei, die den Verlag Arkham House gründeten, um die Werke Lovecrafts in Buchform herauszubringen -, brachte Bloch es schon recht bald zu Popularität und einer verhältnismäßig breiten Leserschaft. 1944 er­ hielt er eine eigene Radioshow, Stay Tunedfor Terror, für die er neununddreißig sei­ ner Geschichten dramatisierte und die lediglich durch den verfrühten Tod des Produ­ zenten zu einem plötzlichen Ende kam. 1945 erschien ein schmales Büchlein mit vier Bloch-Kurzgeschichten unter dem Titel Sea-Kissed in England und kurz darauf die Sammlung The Opener ofthe Way bei Arkham House in den Staaten - ausgerechnet 61 Lovecraft, in: I I P Lovecraft: Letters to Robert Bloch, a.a.O., S.86. 62 Bloch, Once Around the Bloch, a.a.O., S.93. Bloch hat HPL nie getroffen. 63 Bloch, zitiert nach Larson, The Starmont Readers Guide to Robert Bloch, a.a.O., S.21.

208 im Verlag Derleths, der Bloch dereinst prophezeit hatte, er würde für immer unveröf­ fentlicht bleiben. 1947 kam Blochs erster Roman The Scarf heraus, ein psychologi­ scher Thriller um einen Massenmörder und gemeinsam mit seiner früheren Erzählung Yours Truly, Jack the Ripper64 wegbereitend für seine Karriere. Gelegentlich zollte er seinem Mentor noch einmal Tribut, so mit der bereits erwähnten Geschichte The Shadow from the Steeple und drei weiteren Mythos-Erzählungen, die meist auf Wunsch von Magazinherausgebern verfaßt wurden, sowie vereinzelten Referenzen in anderen Geschichten. Endgültig Abschied nahm Bloch dann mit dem Roman Strange Eons65, in dem er HPL die Rolle eines Propheten zuteilt, der das Ende der Welt quasi vorher­ gesagt hat. Er beginnt den Roman durchaus im Stil Lovecrafts, entwickelt ihn dann aber gänzlich zu seinem eigenen Werk - ohne jedoch HPLs fatalistisches Weltbild um­ zukrempeln, wie dies Brian Lumley mit seiner Horde »Geisterjäger« und der Great Old One-Mafia getan hat. Das Buch trägt eine Widmung an seinen Mentor: »Für HPL, der sich anderen Außenseitern widmete und ihnen einen silbernen Schlüssel gab«. Was wurde aus all jenen, die Lovecraft zum Schreiben ermutigte, aus den Mitglie­ dern des sogenannten »Lovecraft-Zirkels«? Die Karriere Frank Belknap Longs ent­ wickelte sich so, wie es Lovecraft prophezeit hatte: Er verbrauchte sich als konven­ tioneller »Schnellschreiber«, publizierte zahllose Horror- und SF-Geschichten (von denen einige in Deutschland in Heftform erschienen) und starb hochbetagt, aber ver­ armt und fast vergessen am 3. Januar 1994. Seine 1975 bei Arkham House veröffent­ lichten Erinnerungen an Lovecraft verkauften sich nur mit höchst mäßigem Erfolg und sind noch erhältlich.6667J. Vernon Shea, geboren 1912, schrieb weiterhin Erzählungen und Gedichte, machte sich jedoch vor allem als Essayist in Fankreisen einen Namen. Er starb 1981, ohne daß auch nur ein Buch von ihm herausgekommen war. Postum er­ schien ein Bändchen mit einigen seiner Arbeiten beim Kleinverlag Necronomicon Press unter dem Titel In Searchfor Lovecraft.61 Henry Kuttner (1915 - 1958) heirate­ te eine andere Korrespondentin Lovecrafts, Catherine Moore (1911 - 1987). Beide er­ reichten mit ihren SF- und Fantasyromanen zeitweilig eine recht hohe Popularität. Do­ nald Wandrei (1908 - 1987) schrieb einige ausgezeichnete Geschichten - immerhin ge­ nug, um daraus diverse Erzählungenbände bei Arkham House zu machen - sowie ei­ nen Roman68, allerdings verhinderten sein relativ kleines Œuvre und die geringen Auf64 WT, Juli 1943. Die Radioadaption dieser Kurzgeschichte öffnete Bloch die Türen zur eigenen Radioserie. Bis zur Veröffentlichung des Romans Psycho im Jahre 1959 wurde Bloch zumeist mit Yours Truly, Jack the Ripper in Verbindung gebracht; danach war er »der Mann, der Psycho schrieb«. 65 Strange Eons, Chapel Hill 1979. Es handelt sich um die Erweiterung einer bis heute unveröffentlichten Novelle, die bereits 1976 in seiner Schublade schlummerte. Siehe hierzu Blochs Einleitung zu Disciples o f Cthulhu, New York 1976. 66 Frank Belknap Long, H P Lovecraft: Dreamer on the Nightside, a.a.O. 67 J. Vernon Shea, In Search fo r Lovecraft, West Warwick 1991. Mit einer Einleitung von Robert Bloch und einem Nachwort von Donald Wandrei. 68 Ein weiterer Roman fand sich in Wandreis Nachlaß, wurde aber bisher nicht veröffentlicht.

209 lagen eine größere Bekanntheit. Ähnlich erging es E. Hoffmann Price (1898 - 1988), der zwar zahllose Geschichten schrieb, aber nur wenige davon in Buchform veröf­ fentlichte. In den siebziger Jahren erschienen einige SF-Romane aus seiner Feder. Die beiden Schriftsteller, die sich letztlich am beständigsten erwiesen, waren Derleth und Bloch. Derleth (1909 - 1971) erlangte durch seine postumen Lovecraft-»Kollaborationen« eine Art traurige Berühmtheit69, schrieb jedoch auch mitunter recht be­ merkenswerte Horrorerzählungen und eine Vielzahl amüsanter Krimigeschichten um das Sherlock Holmes-Plagiat Solar Pons, gelungene Kopien und Parodien zugleich. Obwohl er sich selbst in geradezu aufdringlicher Weise als Lovecraftscher »Gralshü­ ter« postulierte, ist es im Wesentlichen ihm zu verdanken, daß HPL nicht in Verges­ senheit geriet. Er publizierte Lovecrafts Werke hartnäckig in Buchform und initiierte die fünfbändigen Selected Leiters seines Mentors, die ebenfalls bei Arkham House er­ schienen. Alles in allem ist sein Werk als Herausgeber wesentlich höher einzuschät­ zen als sein literarisches.70 Robert Blochs Karriere umspannte sechzig Jahre, in denen er fortwährend veröf­ fentlichte und in denen zahlreiche Romane und Kurzgeschichtenbände mit seinen Ar­ beiten erschienen. Viele davon wurden fürs Fernsehen und das Kino adaptiert - hier­ bei ist, natürlich, insbesondere Hitchcocks Verfilmung von Psycho hervorzuheben, ei­ ne kongeniale Übertragung des geschriebenen Wortes auf die Leinwand. Bloch selbst verfaßte auch Drehbücher für Film und Fernsehen. Sein Lebenswerk kulminierte in der Publikation seiner Autobiographie Once Around the Bloch im Jahre 1993. Am 23. Sep­ tember 1994 starb er siebenundsiebzigjährig in Los Angeles an Speiseröhrenkrebs unter ähnlich tragischen Umständen wie einst sein Mentor H.P. Lovecraft. Der silberne Schlüssel - niemals hat Robert Bloch vergessen, daß die Güte, die Geduld und die Warmherzigkeit Lovecrafts ihm, einem »Niemand«, die Tür zu einer Laufbahn als Schriftsteller geöffnet haben. Er hat HPLs Hilfe dankbar angenommen, und mit ihr eine Aufgabe - seinerseits den »Silberschlüssel« weiterzugeben. Die jungen Autoren, die Bloch über diese Jahre hinweg ermutigte, sind Legion. Geduldig beantwortete er jeden Brief, der ihm zugeschickt wurde - stets liebenswürdig, voller Humor, duldsam, so wie Lovecraft ihm geschrieben hatte. Bloch und - in den letzten Jahren vor seinem Tod - auch Derleth zahlten ihre Schuld an Lovecraft ab, indem sie der Welt neue Ta­ lente, neue Schriftsteller und Herausgeber schenkten. Viele von ihnen werden ver­ schwinden, ohne eine Spur zu hinterlassen, so wie viele aus dem Lovecraft-Zirkel mit den Jahren verschwunden sind. Aber manche werden bleiben, so wie Lovecraft und

69 Siehe hierzu auch Marco Frenschkowskis Beitrag in diesem Band. Bloch geht in seinem Essay A Heritage o f Horror ebenfalls darauf ein. 70 Jedoch hat Derleth als Autor amerikanischer Regionalia gewissen Ruhm erlangt.

210 Bloch, um neue Generationen von Lesern und Literaten zu begeistern. An uns ist es nun, den silbernen Schlüssel stolz und dankbar ins nächste Jahrtausend hinein zu tra­ gen. © Copyright 1995 hy Uwe Sommerlad

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Lovecraft und die Kunst des Träumens Von Uwe Vöhl Der Traum ist das Fenster zum Ich. Traumverarbeitung beschäftigt den Menschen, seit er träumt. Und seitdem man nachgewiesen hat, daß der REM-Schlaf auch bei Tieren vorhanden ist, darf man sagen, daß der Traum den Menschen seit Anbeginn der Zei­ ten begleitet hat. Schon immer hat der Mensch versucht, das im Traum Erlebte, das sich so rasch wie­ der Verflüchtigende, in Bilder und Worte zu fassen. Das berühmte Gilgamesch-Epos (um 2500 v. Chr.) steht am Anfang der uns erhalten gebliebenen Träume. Und es be­ ginnt mit einem Nachtmahr: Der Träumer wird von einem Adler in die Lüfte gehoben, stürzt hernieder und bleibt schließlich zerschmettert am Boden liegen. Seitdem ist die Traumdichtung fester Bestandteil der Literatur. Das Motiv des Traumes als Gegenwelt der Wirklichkeit spannt sich von antiken Traumallegorien (Scipios Traum in Ciceros De re publica) über neuzeitliche Utopien und Idealschilderungen als Traumvisionen des über der Lektüre eingeschlafenen Dichters in einer phantastisch-allegorischen Gar­ tenlandschaft bis eben hin zur modernen Horrorliteratur des zwanzigsten Jahrhunderts. In seinem Essay Vorschläge zum Geschichtenschreiben gibt Howard Phillips Love­ craft angehenden Literaten den Rat: »Oft ist es von Vorteil, sich eine Erzählung aus­ führlich im Kopf zurechtzulegen - mit Anmerkungen -, ehe man sie tatsächlich nie­ derschreibt. Man träume sie gemächlich - langsam - mit allen möglichen Abänderun­ gen.« HPL ersetzt hier das eigentlich erwartete Verb schreiben durch träumen. Schreiben, das kreative Schreiben, nicht die handwerkliche Tätigkeit des Niederschreibens nach den von Lovecraft an anderer Stelle gewissenhaft beschriebenen Regeln, stellt für ihn also eine Art des Träumens dar. Der Traum wird somit von Lovecraft nicht als kör­ perlicher Vorgang gesehen, der sich etwa aus der zusammenhanglosen, durch physio­ logische Reize erzwungenen Arbeit einzelner Organe oder Zellgruppen des sonst in

214 Schlaf versenkten Gehirns erklärt (vgl. Binz). Also nicht als etwas Passives, dem der Träumende ausgeliefert ist, sondern als aktiver, zu beeinflussender Vorgang des Träu­ menden. Der Traum als Wachtraum, der in diesem Falle nicht unbedingt von seinem Bruder Morpheus begleitet wird. Ich kenne kaum einen anderen Schriftsteller - auch nicht im Bereich der unheimli­ chen Literatur -, der so bereitwillig wie Lovecraft seine Träume als Inspirationsquel­ le genannt hat, sich zu ihnen bekannte und diese Träume derart ausführlich in seinen Briefen niedergelegt hat. Er ging damit nicht an die große literarische Öffentlichkeit, und das macht die Ernsthaftigkeit, mit der er seinen Träumen begegnete, noch heute so glaubwürdig. Es sind private und privateste Notizen, von denen HPL sicherlich nicht unbedingt erfreut gewesen wäre, wenn sie heutzutage herangezogen werden, um als Interpretationen zu seinem Werk zerfleddert zu werden. Träume und ihre Deutun­ gen sind etwas sehr Privates, und gerade aus Lovecrafts Träumen ist im Laufe der Zeit etwas ausgesprochen Öffentliches geworden (so wie sein gesamtes Privatleben bis hin zu seinen körperlichen und geistigen Defiziten und der Geschlechtskrankheit seines Vaters bis in intimste Details von meist selbsternannten Fachleuten durchleuchtet wur­ den). Noch am harmlosesten im Zusammenhang mit seinen Träumen ist wohl die Fra­ ge, ob es angesichts der bekannten Tatsache, daß HPL besonders kälteempfindlich war, purer Zufall ist, daß seine Träume während der Wintermonate am intensivsten waren. Dabei ging Lovecraft mit seinen Träumen äußerst freizügig um. Nicht nur, daß er sie bereitwillig in seinen zahlreichen Briefen ausführlich darlegte, er hatte auch nichts dagegen, wenn sich seine Brieffreunde - Long, Dwyer oder Bloch - seiner Träume be­ dienten und sie literarisch verwerteten. Er selbst hatte Ideen und Aufzeichnungen im Überfluß, und ihm war bewußt, daß er sie niemals gänzlich auswerten können würde. Dennoch, trotz der immerwährenden - auch unseriösen - Beschäftigung mit Love­ crafts Privatleben, gibt es bis zum heutigen Tage (vielleicht zum Glück?) keine aus­ führliche Analyse von Lovecrafts Träumen und ihrer Auswirkungen auf sein Gesamt­ werk und sein Leben. Erst im letzten Jahr erschien in der Necronomicon Press der von Lovecraft-Fachleuten herausgegebene Band The H P. Lovecraft Dream Book, der ne­ ben einem höchst interessanten Vorwort von S.T. Joshi hauptsächlich Auszüge aus Lovecrafts Briefen enthält, in denen dieser sich zu seinen Träumen äußert. Joshi macht deutlich, wie schwierig eine Deutung ist und daß sie auf keinen Fall in die Hände von Laien gehört (er selbst hält sich beispielhaft zurück). Denn was die Sache so kompli­ ziert macht, ist, daß wir es im Fall von Lovecraft mit drei höchst unterschiedlichen Ebenen zu tun haben: den Träumen selbst, ihrer teilweisen Niederschrift in Briefen und ihrer Ausarbeitung in Erzählungen. Nur die beiden letzten Ebenen sind uns bekannt, und es ist davon auszugehen, daß sie mit ihrer Niederschrift bereits bearbeitet wurden und damit ihre ursprüngliche Gestalt verloren. Joshi verdeutlicht dieses Dilemma an­ hand des bekannten Römischen Traums aus dem Jahre 1927, der in drei Versionen exi­

215 stiert: als Brief an Frank B. Long (den dieser dann sogleich seinem Roman The Hor­ ror from the Hills einverleibt hat), an Donald Wandrei und an Bernard Austin Dwyer. Die erste Version an Long ist relativ direkt, die Version an Wandrei bereits ein wenig detailreicher, und die Version, die im Brief an Dwyer enthalten ist, ist die ausführlich­ ste der drei. Darüber hinaus enthält jede Version Details und Abweichungen, die in den jeweils anderen beiden nicht enthalten sind. Die Erklärung dafür ist einfach, und je­ der, der schon einmal versucht hat, sich an einen Traum zu erinnern, kann dies nach­ vollziehen: Lovecraft fiel mit jeder Niederschrift mehr ein, wobei ihm andere Details bereits wieder entglitten waren oder für ihn im Gesamtzusammenhang keine erwäh­ nenswerte Bedeutung mehr besaßen. Lovecraft lebte ein Leben, in dem er die unerfreulichen Seiten des Alltags so weit wie möglich von sich schob. Er hielt an seinen Kindheitserinnerungen fest, in denen er sich ins alte Griechenland oder Rom geträumt hatte. Oder in das England des 18. Jahrhunderts. In Welten voller Wunder, Schrecken und Abenteuer. Welten, die sein normales, alltägliches Dasein für ihn erst richig mit Leben erfüllten. Freud schreibt in seiner Arbeit über den Traum: »Kinderträume erfüllen sämtlich Wünsche, die am Ta­ ge rege gemacht und unerfüllt geblieben sind. Sie sind einfache und unverhüllte Wunscherfüllungen.« Die weitaus größte Zahl von Lovecrafts bekanntgewordenen Träumen kann bis in seine Kindheit mit ihren Phantasien und Ängsten zurückverfolgt werden. Auch das ist zweifellos nichts Neues oder etwas, das nur auf HPL bezogen werden kann. Lovecraft selbst war sich dieser Tatsache nur zu bewußt. Die Lektüre sei­ ner frühesten Kindheit, in der er die Bücher seines Großvaters Whipple Van Buren Phillips geradezu verschlang, hatte sicherlich nicht unwesentlich mit seinen Träumen zu tun. Im Grunde war diese einsame - und dadurch unverarbeitete und von keinem Erwachsenen helfend begleitete - Lektüre eine Flucht, und zwar eine von solcher In­ tensität, daß sie nicht ohne Folgen bleiben konnte. In einem Brief an Willies Connover, Jr. schrieb Lovecraft am 10. Januar 1937: »Für gewöhnlich reichen meine Träu­ me recht weit zurück, und es dauert eine ganze Weile, ehe irgendeine neue Erfahrung oder Szene oder Bekanntschaft in ihnen verarbeitet wird. Mindestens drei Viertel mei­ ner Träume liegt in meinem Geburtshaus begründet, in dem ich seit 1904 nicht mehr wohne, und sie beinhalten jene Menschen, die in jenen Zeiten dort gelebt haben. Aber die realistischen Szenen gehen häufig in unbekannte und fantastische Sphären über. Sie beinhalten Landschaften und architektonische Ansichten, die kaum von diesem Pla­ neten zu stammen scheinen. Manchmal habe ich auch historische Träume, die in ver­ schiedenen Perioden angesiedelt sind. « S.T. Joshi glaubt, daß Lovecrafts Existenz als Träumer - oder vielmehr als Alpträu­ mender - im Alter von fünfeinhalb Jahren begann. Nachdem seine Großmutter ge­ storben war, quälten ihn Träume, in denen er von schrecklichen Kreaturen ergriffen wurde. Er nannte sie »Night Gaunts«. Das Adjektiv gaunt bedeutet im Deutschen ha-

216 ger, mager und ausgemergelt wie auch verlassen und öde. In späteren Jahren versuch­ te HPL, einige dieser Träume zu deuten, wobei er bewußt auf die von ihm (als Purita­ ner) verachtete Freudsche Traumdeutung verzichtete. Die »Night Gaunts«, so glaubte er, könnten von Dorés Illustrationen zu Paradise Lost inspiriert worden sein. Die Tat­ sache, daß die Kreaturen ihn am Bauch ergriffen, brachte er mit seiner ihn quälenden schlechten Verdauung in Verbindung. Dennoch erklärt das nicht die eigentliche Ursache dieser und späterer Träume. Joshi meint, daß sie vielleicht darauf zurückzuführen waren, daß HPL in seiner Kindheit und frühen Jugend sehr nervös und anfällig für alle Arten psychosomatischer Krank­ heiten war. Dazu kamen seine alltäglichen persönlichen Probleme und Schwierigkei­ ten: sein indifferenter Gesundheitszustand, seine Entfremdung von seinem eigenen Zeitalter, das unnatürliche Zusammenleben mit seiner neurotischen Mutter. Da lag es nur auf der Hand, daß bei einem derart sensiblen, kreativ veranlagten Menschen wie Lovecraft die Träume ins Fürchterliche abglitten. Und es ist allein Lovecrafts Genie zu verdanken, daß es ihm glückte, diese Alpträume schöpferisch weiterzuentwickeln und sie als Fundament seines eigenen Universums zu verwenden. »Und Gott sah, daß es gut war...« Dennoch, nicht zuletzt Joshi warnt davor, nun wie ein Amateurpsychologe anzu­ nehmen, daß sich Lovecraft mit dem Aufschreiben seiner Träume und Geschichten praktisch selbstexorzierte. Doch es ist zweifellos etwas daran, wenn man behauptet, daß Lovecraft mit zunehmendem Alter allmählich ein ausgeglichener und normaler Zeitgenosse wurde - wenngleich nie so normal wie die Menschen in seiner Nachbar­ schaft. Lovecraft fährt in seinem eingangs zitierten Essay fort: »Man halte alle ausgefalle­ nen... Träume für die zukünftige Verwendung fest. Man gerate nicht in Verzweiflung, falls sie keine logischen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten scheinen. Man kann sich nach und nach mit ihnen befassen - Anmerkungen und Zusammenfassungen um sie als Kern gruppieren und sie schließlich in eine zusammenhängende Erklärungs­ struktur einbauen, die sich für eine literarische Verwendung eignet. Man habe es nie­ mals eilig. Gerade die besten Geschichten wachsen manchmal sehr langsam heran über lange Zeiträume und mit Unterbrechungen bei ihrer Abfassung « War also für Lovecraft Schreiben nichts anderes als bewußtes Träumen? Falls ja, so lassen seine Sätze vermuten, daß die Spurensuche (die nicht der Inhalt dieses Essays sein kann) nach diesen Trauminhalten in umgekehrtem Verhältnis zur sogenannten Traumdeutung geschehen müßte. Sämtliche Deutungsmethoden funktionieren nämlich in der Art, daß sie Traumbegriffe und Trauminhalte durch andere ersetzen, »entweder Stück für Stück nach einem bestimmten Schlüssel oder das Ganze des Traumes durch ein anderes Ganzes, zu dem es in der Beziehung eines Symbols steht.« (Sigmund Freud: Über den Traum). Jedermann kennt die Beispiele (besonders wiederum der

217 Freudschen universellen Traumdeutung), wonach jeglicher Gegenstand, der in Form oder Funktion eine Körperöffnung ersetzt, exakt die Wünsche symbolisiert, die sich auf dieses Körperteil beziehen. Der Psychonanalytiker Robert Längs ist der Meinung, »einen Traum aufzuschrei­ ben bedeutet, seine Wurzeln abzuschneiden und ihn in ein lebloses, künstliches Ge­ bilde zu verwandeln« (R. Längs: Die Sprache der Träume). Dies trifft auf Lovecraft sicherlich nicht zu, da er seine Träume dazu benutzte, sie bewußt weiterzuspinnen. Zwar verfremdete er sie auch artifiziell, jedoch schuf er - im Gegensatz zur weitver­ breiteten Meinung - nur im Ausnahmefall beängstigende Geschichten daraus. So, als sei ihm gerade das bewußt gewesen: Daß, wenn er seinen Träumen den letzten litera­ rischen Schliff verpassen würde, er sich zugleich von ihnen verabschieden müßte. Lovecraft äußert sich zu diesem Thema in einem Brief vom 11. Juni 1920 an seinen alten Freund Rheinhart Kleiner: »Die Last mit den Träumen und die Schwierigkeit, sie zu fiktionalisieren, ist die Tatsache, daß sie sich nur schwer in ein Handlungsgerüst einbauen lassen. Trotz des unbestrittenen Wertes eindrucksvoller Bilder ist der sprin­ gende Punkt einer Geschichte die Handlung... Die Handlung muß stärker als die At­ mosphäre sein, sonst taugt sie lediglich zu einer bloßen Phantasie. Es ist viel leichter, Prosagedichte zu schreiben als wirkliche Geschichten zu kreieren, und ich bin ent­ schlossen, aus meinen Stoffen Geschichten im wahrsten Sinne des Wortes entstehen zu lassen. In Randolph Carter tat ich mein möglichstes. Dieses Niveau kann ich zwar nicht immer aufrechterhalten, aber ich kann zumindest so einem verschwommenen Unsinn, wie es mein Memory darstellt, aus dem Wege gehen. De Qincy ist mir ver­ traut, doch er beeindruckt mich mehr durch seine Sprache und seine Belesenheit als durch seine Einbildungskraft. Ich habe nie Opium geraucht, aber ich will ein verflix­ ter Lügner sein, wenn seine Träume gegen meine nicht ziemlich blaß aussehen - und das, seitdem ich drei oder vier Jahre alt bin! Leere, seltsame Städte, unheimliche Land­ schaften, unbekannte Monster, schreckliche Zeremonien, orientalische und ägyptische Paläste und unerklärbare Geheimnisse des Lebens, des Todes und der Qual waren mei­ ne täglichen - oder vielmehr nächtlichen - Begleiter, noch bevor ich sechs Jahre alt war. Heutzutage ist es genauso, nur daß die Träume von einem zunehmenden Grad von Ob­ jektivität leichter zu ertragen sind als damals. Der Anteil an Träumen, in denen ich der Beobachter und nicht der Akteur bin, hat allmählich zugenommen.« Sicherlich war Lovecraft kein Durchschnittsschläfer oder -träumer. Donald Wand­ rei hat einmal geschrieben, daß »für HPL der Schlaf als solcher nicht als das gegolten hat, wie wir ihn gemeinhin verstehen. Für ihn vollzog sich der Schritt vom Wachzu­ stand in die Welt des Traums fast übergangslos. Er fand seine Träume nicht minder le­ bendig und detailliert als die Wirklichkeit, erlebte in ihnen Gespräche, Gerüche und Farben, berührte die ihn umgebenden Gegenstände und kostete die Lebensmittel. Aber stets spielten sich diese Träume vor dem Hintergrund phantastischer Landschaften und

218 Abenteuer ab, mit der Ahnung von unmittelbar bevorstehenden Schicksalsschlägen und Schrecken. Wobei die Träume selbst selten chaotisch oder wirr schienen, sondern sich wie wohlkonstruierte Erzählungen in der Regel Schritt für Schritt weiterent­ wickelten.« Wer schläft, ist nicht untätig, denn er erbaut sich im Traum sein eigenes Universum. Steinchen für Steinchen, Mauer auf Mauer. Im gleichen Maße, mit dem solche Träu­ me an Solidität gewinnen, wächst jedoch die Gefahr, daß die Mauern die Realität im­ mer weiter ausgrenzen. Mit der Flucht in eine solcherart erbaute Traumwelt geht das Scheitern in der Realität einher. Acht auf Lovecrafts Träumen basierende Geschichten vereinigt der Band Dreams and Fancies (Arkham House, 1962). Es sind dies Memory, The Statement o f Randolph Carter, Celephais, The Doom That Came to Sarnath, Nyarlathotep, The Evil Clergyman, The Thing in the Moonlight und The Shadow Out ofTime. Vollständig ist die Li­ ste der traumbeeinflußten Werke damit beileibe nicht. Lovecraft selbst bezeichnete die meisten seiner Träume als zu vage und flüchtig, um sie literarisch zu verwerten. Aber gerade das Flüchtige, nicht Greifbare, vom Unterbewußtsein in Ketten Gelegte, dürf­ te einen nicht unerheblichen Anteil an der Gesamtgestaltung nicht bloß von Lovecrafts Schaffen gehabt haben: das Schreiben als Therapie, eine Art der Vergangenheits- und Lebensbewältigung. Er verwob Leben, Traum und Literatur zu einer beständig un­ durchdringlicheren Einheit: »Ich bin überzeugt, daß die besten unheimlichen Ge­ schichten jene sind, die nach dem gleichen Schema wie Träume ablaufen. In denen der Erzähler oder die zentrale Figur weitgehend passiv ist, als Zeuge von etwas Schreck­ lichem fungiert, das ihn, je nachdem, nicht weiter tangiert, ihn nur streift oder ihn voll­ ständig verschlingt.« Eine Rolle, die Lovecraft zweifellos auch im Leben spielte. S.T. Joshi ist der Ansicht, daß praktisch jede von HPLs Geschichten von einem Traum inspiriert worden ist, einen Traum beinhaltet oder einfach nur atmosphärisch auf einem Traum aufbaut. Und Lovecraft selbst gab ja zu, wie wichtig Träume nicht nur für seine Erzählungen, sondern in gleichem Maße auch für sein Leben waren. Vor allem in seinen frühen Geschichten und Skizzen äußerte sich Lovecraft detail­ liert und wertend zum Thema Träume. Dagon etwa, 1917 geschrieben und damit eine der frühesten Erzählungen in Lovecrafts reifer Periode, basiert ebenfalls teilweise auf einem Traum. Einem Alptraum, in dem sein Körper halb von Schlamm verschlungen wurde - inmitten einer Landmasse, die sich gerade aus dem Meer erhoben hatte. Bereits etwas früher, in der Geschichte The Tomb, hat sich HPL ebenfalls einen Traum zunutze gemacht. The Tomb ist die erste seiner Erzählungen, in der Träume ei­ nen flüchtigen Blick auf etwas erhaschen lassen, das von unseren fünf Sinnen norma­ lerweise nicht erfaßt werden kann. Der Erzähler, im Irrenhaus einsitzend, ist ein Mensch, der »von frühester Kindheit an in Träumen und Visionen« lebte. Im Verlauf der Geschichte träumt er, das seit einem Jahrhundert zerstörte Haus seines Vorfahren

219 zu erblicken, und nimmt an einem prunkvollen Fest teil. Für ihn ist dies Realität, während er offensichtlich doch nur schläft. Aber er stellt fest: »Es ist eine unglückse­ lige Tatsache, daß die große Masse der Menschen zu beschränkt ist, um mit Ausdau­ er und Verstand jene vereinzelten Phänomene zu durchdenken, die nur eine kleine Schar gefühlsstarker Naturen kennt und die außerhalb der gewöhnlichen Erfahrungen liegen. Menschen mit weiterem Intellekt wissen, daß keine scharfe Trennung zwischen dem Realen und dem Nicht-Realen existiert und daß alle Dinge uns nur in der Form erscheinen, in der sie von den feinen körperlichen und geistigen Zwischeninstanzen des Einzelnen ans Bewußtsein vermittelt werden...« Noch deutlicher wird Lovecraft zu Beginn seiner Erzählung Beyond the Wall of Sleep (1919): »Ich habe mich oft gefragt, ob die Mehrheit der Menschen je innehält, um über die manchmal überwältigende Bedeutung von Träumen und über die verbor­ gene Welt, der sie angehören, nachzudenken. Wenn auch die meisten unserer nächtli­ chen Visionen vielleicht nicht mehr sind als schwache und phantastische Spiegelun­ gen der im Wachsein gemachten Erfahrungen - trotz Freud und seinem kindischen Symbolismus -, so bleibt doch ein gewisser Rest, dessen unirdischer und ätherischer Charakter keine gewöhnliche Auslegung zuläßt und dessen erregende und beunruhi­ gende Wirkung womöglich winzige Einblicke in das Reich des geistigen Seins ge­ stattet, das nicht weniger bedeutend als das körperliche Leben ist, von diesem aber durch eine unüberwindliche Barriere getrennt wird. Aus meiner Erfahrung zweifle ich nicht daran, daß der Mensch, wenn er das erdhafte Bewußtsein verliert, tatsächlich in einem anderen, unkörperlichen Dasein weilt, völlig unvergleichbar dem Leben, das wir kennen, und von dem wir nach dem Erwachen nur kleinste und äußerst unbe­ stimmte Erinnerungen bewahren. Wir können annehmen, daß in den Träumen Leben, Substanz und Vitalität, wie wir Irdische alles dies kennen, nicht notwendigerweise ebenso beständig ist und daß Zeit und Raum nicht in der Weise existieren, wie wir sie in unserem Wachsein wahrnehmen. Manchmal glaube ich, daß dieses weniger mate­ rielle Leben unser wahres Leben und daß unser selbstgefälliges Dasein auf dem Pla­ neten eine sekundäre oder eigentlich unwirkliche Erscheinung ist.« Lovecraft nimmt hier sozusagen Erkenntnisse moderner Physik vorweg. So bewegt sich alle Materie, die in ein Schwarzes Loch gerät, vorwärts im Raum und rückwärts in der Zeit. Ebenso hat vor einigen Jahren der Biochemiker Rupert Sheldrake von der Universität Cambridge mit seiner Theorie der sogenannten »morphogenetischen Fel­ der« Aufsehen erregt. Sheldrake geht davon aus, daß sämtliche Formen in der Natur durch formbildende Felder bestimmt werden. Diese morphogenetischen Felder ver­ körpern so etwas wie ein universales Gedächtnis, das die Erfahrungen aller Individu­ en einer Art - Kristalle, Pflanzen, Tiere, Menschen, etc. - speichert. Jedes Individuum, so Sheldrake, steht durch sogenannte »morphische Resonanz« mit diesen Feldern in Verbindung, durch die sowohl seine Entwicklung und Form als auch seine charakteri-

220 stischen Verhaltensweisen gesteuert werden. Rupert Sheldrakes Theorie beruht an­ geblich sogar auf Indizien. So ist beispielsweise bei der Entstehung eines Kristalls sei­ ne Form davon abhängig, wie sich in der Vergangenheit ähnliche Kristalle gebildet ha­ ben. In seiner Hypothese geht Sheldrake ferner davon aus, daß wir Menschen in un­ seren Lernprozessen durch ein kollektives Gedächtnis auf dem aufbauen können, was unsere Mitmenschen vor uns gelernt haben (vgl. Johannes von Buttlar: A uf den Spu­ ren der Weltformel'). Auch Lovecraft entwirft in seiner Erzählung The Dream-Quest of Unknown Kadath (1926/27) eine Traumwelt, die von allen Lebewesen bevölkert ist, und daneben eine ganz spezielle Traumebene, die nur von einigen wenigen Auser­ wählten individuell gestaltet wird. Die Idee des kollektiven Gedächtnisses findet sich bereits bei C.G. Jung. Das »kol­ lektive Unbewußte« bezeichnet Jung als phylogenetisch, was heißen soll, daß in ihm Bilder und Erfahrungen seit dem Anbeginn der Menschheit gespeichert sind. Lovecraft verfolgte seine in Beyond the Wall ofSleep ausführlich dargelegte These in weiteren Geschichten wie Polaris (1918), Hypnos (1922), The Call of Cthulhu (1926) oder The Shadow out o f Time (1934/35). In einem Brief an Henry Kuttner vom 18. Mai 1936 schreibt Lovecraft: »The Sta­ tement o f Randolph Carter ist ursprünglich eine literarische Überarbeitung eines Alp­ traums, den ich im September 1919 hatte.« Neben dieser Erzählung gehört auch Vvarlathotep (1920) zu den wenigen Ausnahmen, die tatsächlich zur Gänze literarische Ausarbeitungen von Träumen sind. In diesem Zusammenhang sei auch die kuriose Genesis der Geschichte The Evil Clergyman erwähnt: Es handelt sich um einen Traum, den HPLin einem Brief an B.A. Dwyer niedergeschrieben hat. Nach Lovecrafts Tod sandte Dwyer den Text an Weird Tales, wo er in der Ausgabe vom April 1939 als angebliche Erzählung erschien. Im Traum führen alle Wege zum Unbewußten. Der Trauminhalt wird dort entstellt und maskiert, damit wir ihn ertragen können. In dieser Maskerade erreichen die Traumgedanken das Vorbewußte. Die »sekundäre Bearbeitung« bringt das vorliegen­ de Material sodann in eine zusammenhängende Form, und der »manifeste Traum« ent­ steht. An ihn erinnern wir uns, wenn wir erwachen, und manchmal ist er noch immer alles andere als schonend: »Der in die Realität Entlassene mag sich fühlen wie nach einem Gang durch die Nervenklinik« (Hubertus Schneider). Lovecraft muß diesen Gang sehr oft durchschritten haben. Möglicherweise sein ganzes Leben lang. Immer und immer wieder. Und er läßt uns, seine Leser, daran teilhaben.

© Copyright 1995 hy Uwe Vöhl

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Cthulhu: Der Fluch des Unverfilmbaren Von D etlef Kiew er »Ich sollte es niemals zulassen, daß irgend etwas, das meine Unterschrift trägt, für die Art infantilen Geschwätzes banalisiert und popularisiert wird, das als »Horrorge­ schichten« deklariert dem Radio- und Kinopublikum vorgesetzt wird«, schrieb H P. Lovecraft zu Lebzeiten einem Briefpartner. Man kann daraus ableiten, was dieser vi­ sionäre Schriftsteller wohl heute von den zahlreichen Bemühungen halten würde, sei­ ne Werke für die Leinwand, oder, noch schlimmer, für den Videoschirm zu adaptieren. Jener Lovecraft, »dieses seelische Monstrum, der uns ein paar Dutzend der abgefeim­ testen Horror-Stories hinterlassen hat, die es überhaupt gibt« (Jörg Drews) und den­ noch während der Vorstellung von Tod Brownings Dracula im Jahre 1931 nach der Hälfte des Films das Kino verließ. Ein Jahr später quälte er sich durch James Whales Frankenstein, um den mittlerweile unsterblichen Klassiker des Gruselfilms letztlich als »enttäuschend« zu bezeichnen. Diese Art der Darstellung war nicht seine Sache. Als Farnsworth Wright, der Chefredakteur von Weird Tales, 1933 Lovecrafts Ge­ schichte The Dreams in the Witch-House kaufte, signalisierte er gleichzeitig Interesse daran, die Rechte für eine Radio-Bearbeitung zu erwerben. In diesem Zusammenhang sollte man erwähnen, daß das Hörspiel in Amerika eine ganz andere Tradition als in unseren Landen hat, eine Ausstrahlung also nicht unbeträchtlich zu HPLs Popularität beigetragen hätte. Auch das zusätzliche Honorar wäre für die Aufbesserung seiner stets allzu bescheidenen finanziellen Mittel Grund genug gewesen, das Angebot anzuneh­ men. Dennoch lehnte er rigoros ab. Ganz seinem Werk verpflichtet, teilte er Wright stolz mit: »Es ist kaum möglich, daß irgendeine wirklich sorgfältig geschriebene un­ heimliche Geschichte - in der so viel von der Atmosphäre und den Nuancen der Be­ schreibung abhängt - in ein Drama verändert werden kann, ohne sie irreparabel her­ abzuwürdigen, und alles das zu verlieren, was ihr ihre Kraft verleiht.« Der Verlauf der Horrorfilmgeschichte sollte zeigen, daß diese Aussage durchaus nicht überheblich war.

224 Nun muß man selbst den engagiertesten Filmemachern zugute halten, daß Lovecrafts Strukturkonzept des Phantastischen mit seinen polymorphen Kreaturen und vie­ len anthropologischen, historischen und mythologischen Querverweisen geradezu an­ tagonistisch zur linearen Erzählstruktur eines Kinofilms steht, der die Zuschauer we­ der durch eine zu ausgedehnte Exposition langweilen, noch durch Parallelhandlungen, Zeitsprünge oder Rückblenden überfordern will. HPLs häufige Verwendung des IchErzählers und die dadurch bedingte selektive Form der Darstellung, die darüber hin­ aus meist retrospektiv ist, stürzt die Regisseure in die Problematik, die eigentliche Kli­ max der Geschichte bereits zu Beginn des Films preiszugeben und den übergeordne­ ten Standpunkt einer Kamera zur subjektiven Erfahrungswelt des Protagonisten wer­ den zu lassen. Keine leichte Vorgabe, die einzuhalten es fast unmöglich machen wür­ de, begleitende Charaktere glaubwürdig einzuführen und sie als unabhängig agieren­ de Personen zu etablieren. Lovecrafts eigenwillige Lokalitäten sind stets mehr als eine bloße Illustration der Handlung. Ihnen kommt oft eine fundamentale Funktion innerhalb des fiktionalen Kontextes zu. Ihre »pechschwarze, stinkende Finsternis« und »nichteuklidische, zyklopenhafte Architektur« dient der Evokation einer bestimmten gewünschten Atmos­ phäre, ohne welche die Inklinationen der Handlungsträger kaum vorstellbar sind. Die literarische Interrelation von Hauptfigur und Raum in ein visuelles Medium zu über­ tragen, ist schwierig. An die Stelle einer komplizierten Korrelation zwischen Prota­ gonist, Lokalität und Metamorphose in Lovecrafts Werk tritt in der Kinowelt eine ba­ nale Einflußnahme einzelner Gegenstände, wie die eines Gemäldes oder eines Buches. Die Bauwerke, die in Lovecrafts Geschichten eine wichtige Rolle spielen, haben ei­ nen der Realität verbundenen sichtbaren Teil. Sie sind aber gleichzeitig das Tor zu ver­ botenen Bereichen. In ihren weitverzweigten Systemen unterirdischer Gänge, Kam­ mern und Gruben mit morbidesten Inhalten kommen die Protagonisten in Konflikt oder Konfrontation mit uraltem Schrecken, der vielgestaltig nur darauf wartet, an das Tageslicht der Normalität zu gelangen. Im Film schrumpfen die Katakomben uner­ meßlicher Größe zumeist budgetbedingt auf das Format eines Kellers und reduzieren die Ausmaße der Bedrohung so auf ein Minimum - das Necronomicon als Taschen­ buchausgabe. Sehr schwierig für die Realisierung einer kommerziell erfolgversprechenden Ver­ filmung ist auch der fehlende Dualismus in Lovecrafts Pantheon. Statt der einfachen Trennung von Gut und Böse im Monotheismus predigt Lovecrafts Mythenschöpfung den Polytheismus. Und diese Götter sind nahezu ausschließlich den destruktiven Kräf­ ten des Kosmos verpflichtet. Eine Läuterung der Diener des Bösen ist also von vorn­ herein ausgeschlossen. Die konsequente Übertragung würde die Erwartungshaltung des Zuschauers betrügen, für den das Ende zumindest einen vorübergehenden Sieg der guten Kräfte bereithalten muß.

225 Lovecrafts Sorgfalt bei der Ausgestaltung seiner Erzählungen dient vor allem dem bewußt dosierten Aufbau von Spannung und Atmosphäre. »Atmosphäre ist das Aller­ wichtigste, denn das eigentliche Kriterium von Authentizität ist nicht das Zusammen­ bauen einer Handlung, sondern das Schaffen eines bestimmten Gefühls«, schrieb Lovecraft. Daß gelegentlich selbst Regisseure scheitern, die ihr Hauptaugenmerk ge­ zielt auf Atmosphäre legen, scheint ein Widerspruch. Bedenkt man jedoch, daß die Independenz von Raum und Zeit in der vieldimensionalen Phantasie eines Lesers erheb­ lich größer erscheint als im zweidimensionalen Filmerlebnis, das der Imaginations­ kraft des Zuschauers nur geringen Spielraum läßt, kann man ein Scheitern besser ver­ stehen. Elementare Naturgesetze lassen sich eben leichter mit Worten außer Kraft set­ zen, als in Filmbildern, die in direktem Vergleich mit der Realität stehen. Daß sich Lovecraft bis zu seinem Tode geweigert hat, Adaptionen zuzulassen, mag daraufhin­ deuten, daß er trotz aller Selbstkritik doch an die literarische Qualität seiner Arbeiten glaubte. Nach Lovecrafts Tod 1937 nahm sich sein Briefpartner und Bewunderer August Derleth seiner Werke an, um zusammen mit Donald Wandrei den Verlag Arkham House in Sauk City zu gründen und sein Schaffen komplett zu veröffentlichen. 1963, als man in Deutschland den Namen Cthulhu noch nicht einmal buchstabieren, geschwei­ ge denn aussprechen konnte, begann Arkham House damit, die gesamte Prosa Love­ crafts neu aufzulegen - ein Umstand, der der zu jener Zeit wohl wichtigsten Persönlich­ keit der Low-Budget-Filmszene, Roger Corman - immer auf der Suche nach lukrati­ ven Ideen für seine kostenbewußt inszenierten Kommerzprodukte -, nicht entgangen sein dürfte. Der für äußerst profitable Schnellschüsse berühmte und berüchtigte Cor­ man hatte in diesen Jahren enormen Publikumszuspruch mit seinen sehr freien PoeVerfilmungen, unter die er mit The Raven (Der Rahe - Duell der Zauberer) eigentlich gerade einen satirischen Schlußstrich gezogen hatte. Um dem finanziell recht vielver­ sprechenden Horrorgenre trotzdem treu zu bleiben und ein paar Kulissen auszunutzen, die seine Pyrotechniker in vorangegangenen Produktionen noch nicht vollständig ab­ gefackelt hatten, wählte er diesmal die Lovecraft-Erzählung The Case o f Charles Dex­ ter Ward für seinen nächsten B-Film aus. Zum ersten Mal adaptierte die Filmindustrie eine Geschichte aus der Feder HPLs für die große Leinwand. Für das Skript wurde Charles Beaumont verpflichtet. Obschon von diesem talen­ tierten Fantasy-Autor der Lovecraft würdige Satz stammt: »Es ist das schlimmste Monster von allen. Es wird genannt - der Verstand«, zählte sich Beaumont nicht gera­ de zu den Anhängern Lovecrafts. Ebenso wenig wie die führenden Köpfe der Pro­ duktionsfirma American International Pictures, kurz AIP, die lieber auf ihre Einspiel­ ergebnisse mit dem Namen Poe setzte. So grub man einfach ein Gedicht Poes mit dem Titel The Haunted Palace aus, und AIP-Chef James H. Nicholson ließ ein paar Zeilen davon zu Beginn des Films rezitieren, damit man das Ganze als Poe-Verfilmung ver-

226 kaufen konnte. »Das ist typisch Hollywood«, kommentierte Hauptdarsteller Vincent Price. Der oftmals zum Overacting neigende Mime ist eine glatte Fehlbesetzung als Curwen / Ward, denn er gibt hier frisch vom Zaubererduell mit Boris Karloff kommend allenfalls eine augenrollende Parodie eines Hexenmeisters zum Besten. Selbstver­ ständlich war AIP auch hier der Meinung, dem zahlenden Zuschauer verpflichtet zu sein, denn Cormans Poe-Reihe war untrennbar mit dem bei der Firma unter Vertrag stehenden Price verknüpft. Beaumont lieferte ebenfalls eine banale Auftragsarbeit um Liebe, Rache und Tod ab, die die Handlung auf filmstudiobegrenzte Lokalitäten Zu­ schnitt. Lovecrafts komplexer Aufbau, der vor allem von dem glaubhaft geschilderten Lo­ kalkolorit und schleichendem Schrecken lebt, weicht einer geradlinigen, zuschauer­ orientierten Erzählweise, die lediglich für die Atmosphäre des Films wichtige Ein­ sprengsel der ursprünglichen Geschichte erlaubt. Diese Elemente werden willkürlich eingewoben und simplifiziert. Cormans Curwen etwa definiert seine Bösartigkeit nur durch die Existenz des Necronomicons. Eine etwas kompliziertere Nachzeichnung sei­ ner Biographie und der damit verbundenen mythischen Studien hätte die Transparenz des Filmcharakters bloß verschleiert und wurde fallengelassen. Für das Publikum ein­ fach nachvollziehbare Stereotypen treten an die Stelle vielschichtiger Personen, deren aufwendige Charakterisierung den action-orientierten Fortgang der Handlung nur be­ hindern würde. Die Wiederbelebung der Toten durch ihre essentiellen Salze zu For­ schungszwecken wird zu simplem Hokuspokus, der mit lateinisch rezitierten Zauber­ formeln der Auferstehung der mumifizierten Geliebten dient. Man mag Corman zu­ gute halten, daß er eine unterhaltsame Gruselgeschichte visuell ansprechend auf die Leinwand brachte. Cineasten in aller Welt loben ihn ja auch enthusiastisch für den Ein­ satz sattester Farbgebung und effektvoller Architektur. Echter Lovecraft war The Haunted Palace (Die Folterkammer des Hexenjägers) allerdings längst nicht mehr. Der nächste, der sich nach Corman an Lovecraft heranwagte, war Daniel Haller, der als Filmarchitekt seit 1954 für AIP arbeitete und die Bauten für eine Vielzahl der dort produzierten Horrorfilme entwarf. Seine stimmungsvollen Dekors und atmosphäri­ schen Sets, die er mit akribischer Sorgfalt trotz niedrigster Budgets schuf, retteten letztlich zumindest ein wenig des Lovecraftschen CEuvres in The Haunted Palace herü­ ber. 1965 wechselte er ins Regiefach und debütierte mit Die, Monster, Die! (Das Grau­ en auf Schloß Witley), der Umsetzung einer Erzählung, die HPL selbst zu seinen be­ sten Arbeiten zählte: The Colour Out Of Space. Hallers ansprechende Schauplatzwahl und das liebevoll gestaltete Ambiente sorgen für eine reizvolle Gruselatmosphäre. Doch leider stellte sich heraus, daß seine Fähigkeiten als Production Designer die als Regisseur bei weitem überstiegen. Jerry Sohls stark von der ursprünglichen Geschichte abweichendes Drehbuch tat ein Übriges, um die kraftvolle Vorlage um einen Meteo­ riten, der unheimliche Veränderungen bei Flora und Fauna und letztlich auch beim

227 Menschen bewirkt, in ein »radioaktives Monster läuft Amok«-Fiasko abgleiten zu las­ sen. Schon die Verlagerung der Handlung auf ein englisches Schloß birgt mehr Nähe zu Poes The Fall ofthe House ofUsher als zu HPLs beschwörendem Original. Die fas­ zinierende »Farbe aus dem All« wird zu einem einfachen radioaktiven Meteor, der be­ merkenswertes Pflanzenwachstum bedingt und Nahum Whitley, gespielt von Boris Karloff, sehr vordergründig zu einem amoklaufenden Irren macht. Bemerkenswert bleibt dieser Streifen nur, weil es sich um ein Spätwerk des großen Horrorfilmdarstel­ lers Karloff handelt. Für eine weitere, noch schlechtere Lovecraft-Verfilmung stand er, bereits schwer von Krankheit gezeichnet, 1968 gemeinsam mit dem damaligen König des englischen Horrorfilms, Christopher Lee, vor der Kamera. The Curse o f the Crimson Altar (Schwarze Messe auf blutrotem Altar) war eine britische Produktion von Vernon Sewell, die lediglich eine Idee ausbeutete, die Lovecraft in The Dreams in the Witch Hou­ se niedergeschrieben hatte. Davon übrig blieb letztlich eigentlich nur die Hexe Lavinia, mehr Paradiesvogel als Teufelspriesterin. Boris Karloff spielt einen Okkult-Ex­ perten, der seltsame Vorkommnisse in einem englischen Landhaus untersucht, Lee den Führer eines Hexenkults. »Mit einem Auge auf Lovecraft und dem anderen auf dem Exploitation-Markt«, befindet Randy Palmer. »Der Film schändet Lovecraft « Ein Jahr zuvor hatte Adrian Hovens Aquila Film Productions einen Streifen her­ ausgebracht, dem jenes wohl bekannteste von HPL geschaffene Buch, das geheimnis­ volle Necronomicon, den Titel gab. Regie führte Jess Franco. Obwohl Joe Hembus dieses Frühwerk Francos eine »höllische Phantasmagorie« nannte und als einen »Film von wilder Kuriosität... sophisticated und von methodischem Wahnsinn« bezeichnete, so hat es doch nur den Titel mit Lovecraft gemeinsam. Im gleichen Jahr, 1967, inszenierte David Greene The Shuttered Room (Die ver­ schlossene Tür), einen »geschickt inszenierten Psychothriller«, der von seiner stili­ stisch einwandfreien Bildmontage und ansprechender Kameraführung lebt. Doch Greene, der mit diesem Film sein Regiedebüt ablieferte und danach nur noch durch das moderne Passionsspiel Godspell (1973) auf sich aufmerksam machen konnte, gelingt es bloß stellenweise, so etwas wie Lovecraftsche Atmosphäre durchschimmem zu las­ sen. Zudem basiert der Film nicht auf einer Erzählung Lovecrafts, sondern auf einer posthumen »Zusammenarbeit« des Autors mit August Derleth, in der ein unwissender Nachkomme der Hexen-Whateleys eine jahrelang eingesperrte Kreatur auf die Menschheit losläßt. Im Film ist es ein New Yorker Ehepaar, das bei der Rückkehr zur Geburtsstätte der Frau das Monster im ehemaligen elterlichen Haus, einer Mühle, vor­ findet. Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre erfuhr das literarische Schaffen HPLs in den Vereinigten Staaten einen ungeheuren Popularitätsschub, vor allem im Bereich der Sub- und Gegenkultur. Sein Bekanntheitsgrad erhöhte sich besonders

228 durch zahlreiche Comicadaptionen seiner Geschichten im sogenannten »Under­ ground«. Die Underground-Szene der Zeichner - heute würde man wohl eher von Independent-Szene sprechen - verstand sich als Gegenbewegung, die in Opposition zur »Comics Code Authority« stand. Das war eine Art moralischer Prüfstelle, die die Zei­ chenkünstler in ihrer Freiheit durch einen Katalog von Bestimmungen stark ein­ schränkte. In den »Comix« drängten nun die verbotene Gewalt, Sex und politische Aussagen zum Ausbruch. »Obszön, anarchistisch, studentisch, subversiv und apokalyptisch, so attackieren die Underground-Zeichner mit ihren Produkten alles, was der amerikanischen Mitte teu­ er ist« - derart euphorisch charakterisierte Jacob Brackman die Ergebnisse 1970. Vor allem die Horrorcomics, oftmals dem legendären E.C.-Vorbild William Gaines’ nach­ empfunden, erfreuten sich großer Beliebtheit. Insect Fear, Death Rattle und Swamp Fever, um nur einige zu nennen, gehörten zeichnerisch zum Besten, was die Szene her­ vorgebracht hat. Besonders hervorgetan hat sich die Last Gasp-Produktion Skull, ln dieser Heftreihe erschienen die meisten und künstlerisch anspruchsvollsten LovecraftBearbeitungen: The Hound von Jack Jackson (alias Jaxon), Pickman ’s Model von Ar­ nold, The Rats In The Walls von Richard Corben (alias Gore), The Shadow Front The Abyss von Larry Todd. Sogar das Gedicht To A Dreamer wurde von C. Dallas neu in­ terpretiert. M.C. Smith verarbeitete Cool Air, eine Geschichte, die später noch einmal von Bernie Wrightson für die »seriöse« Horrorpublikation Eerie der Warren Company nachempfunden und neben Pickman’s Model für Rod Serlings klassische Fernsehse­ rie Night Gallery adaptiert wurde. Zwar besaßen die Comix-Produzenten keine Rech­ te an den Erzählungen Lovecrafts, aber es gab eine Übereinkunft mit dessen Nach­ laßverwalter Derleth, der jedoch verstarb, bevor er die Ergebnisse in Händen hielt. Nahezu gleichzeitig mit den Bemühungen, Lovecraft in das gezeichnete Medium zu transferieren, interessierte sich auch das Kino wieder für den Schöpfer des »kosmi­ schen Grauens«. Nachdem es AIP nicht gelungen war, ihre kassenträchtige Poe-Rei­ he über Cormans The Tomb of Ligeia (Das Grab des Grauens) - Cormans achte und letzte Adaption - hinaus durch Gordon Hessler oder Titelschwindel wie The Conquerer Worm weiterzuführen, durfte The Dunwich Horror (Voodoo Child) 1970 zum er­ sten Mal offiziell den Namen Lovecraft zu Promotionzwecken tragen. Roger Corman produzierte, Daniel Haller führte Regie, und ein Triumvirat von Drehbuchautoren Curtis Lee Hansen, Henry Rosenbaum und Ronald Silkosky - versuchte sich daran, Lovecrafts Erzählung zu popularisieren. Auch sie zentrieren ihre Geschichte um das Necronomicon, den »Sesam-öffne-dich zu anderen Dimensionen«, wie es im Film sim­ plifizierend heißt, und konstruieren ein jungfräuliches Opferritual, um die klischee­ starrende Pointe am Ende des Streifens vorzubereiten, in welcher die Hauptdarstelle­ rin Sandra Dee, während der Zelebrierung geschwängert, den Keim eines neuen Whateleys in sich trägt. Haller widmet den Traumsequenzen, die ihre filmische Nähe zum

229 kurz zuvor entstandenen Rosemaries Baby von Roman Polanski nicht verleugnen kön­ nen, zuviel Aufmerksamkeit und schafft immer dann faszinierende Momente, wenn er versucht, Lovecrafts Originalerzählung in eine adäquate Bildsprache zu übertragen. Was bleibt, ist ein äußerst zwiespältiger Streifen mit der Zeit gemäßen, reichlich psy­ chedelisch angehauchten Bilderfolgen und Farbverfremdungen sowie netten Dekors und bemühten Schauspielern wie Dean Stockwell und Sam Jaffe, der jedoch wesent­ lich besser und originalgetreuer als Hallers Erstling ist. Lovecrafts komplexen Mythos und seine pointierten Stimmungseffekte konnte Haller aber auch diesmal nicht ein­ fangen. Sein Tentakelmonster ist eine billige, selten sichtbare Imitation des Dunwich Horrors, weit entfernt selbst von Lovecrafts vager Beschreibung: »Es war ein Tinten­ fisch, ein Tausendfüßler, eine Art Spinne - aber obendrauf war das halbe Gesicht ei­ nes Menschen!« So konnte der Filmkritiker Vincent Canby dem Film eine lange Re­ zension widmen und den phantasielosen Streifen verdammen, währender gleichzeitig den phantasiebegabten Lovecraft lobte. Man sollte allerdings nicht übersehen, daß Haller trotz der bemühten Anstrengungen, HPLs frauenloses Universum um Weib­ lichkeit zu erweitern und damit um einige ziemlich frei gestaltete Facetten zu berei­ chern, der Originalgeschichte im Wesentlichen folgt. Während Derleths Kampf um Lovecrafts Reputation langsam Früchte trug, begann das Kino dessen Werk nachhaltig zu ignorieren. Erst in den späten Siebzigern wollten die Produzenten David Hurd und William Betz eine sechs Millionen Dollar-Produkti­ on mit dem Titel Cry ofCthulhu herausbringen, die aber letztlich nicht finanziert wer­ den konnte. Kim Newman glaubt zwar, in The Manitou (William Girdler, 1977) und Conan - The Destroyer (Richard Fleischer, 1984) vage Lovecraft-Monstrositäten ent­ deckt zu haben. Der Horrorautor und Essayist Les Daniels geht sogar so weit, Alien (Ridley Scott, 1979) und The Thing (John Carpenter, 1981) als die zwei besten Lovecraftfilme zu bezeichnen, da sie »eine gewaltige Menge von Lovecrafts Einfluß« be­ säßen. »Der Künstler H.R. Giger, der das Design für Alien besorgte«, führt Daniels weiter aus, »ist ein ungeheurer Lovecraft-Fan - er hat sogar eine Sammlung seiner Werke nach Lovecraft benannt. Und die Grundzüge zu The Thing können direkt auf At The Mountains Of Madness zurückgeführt werden.« Aber das scheint eine sehr weit hergeholte Theorie zu sein. Der Film, der Lovecraft in dieser Zeit am nächsten kam, ist ausgerechnet die Komödie Ghostbusters von Ivan Reitman. Der Überraschungshit des Jahres 1984, der drei skurrile Parapsychologen auf ihrer rasanten Geisterjagd durch New York begleitet, beinhaltet weit mehr Elemente des kosmischen Schreckens als manch andere Verfilmung, die sich ganz offiziell auf HPL beruft. Ein 1930 von einem besessenen Architekten entworfener und in der Stadtmitte erbauter Wolkenkratzer ent­ puppt sich als raffiniert konstruiertes Tor zu einer anderen Dimension, das die Rück­ kehr einer uralten Gottheit ermöglichen soll. Newman bezeichnet Ghostbusters - nicht zu Unrecht - als »National Lampoon’s Call of Cthulhu«.

230 1922 gelang es Lovecraft, eine Sammlung von sechs Geschichten, die später unter dem Titel Herbert West - Re-Animator zusammengefaßt wurden, in dem Magazin Ho­ me Brew zu veröffentlichen. Diese Erzählungen inspirierten 1985 einen bis dato in der Filmwelt völlig unbekannten Theaterregisseur zu der vielleicht besten Lovecraft-Ver­ filmung Re-Animator. Stuart Gordon heißt der Mitbegründer des Organic Theatre in Chicago, der seine ersten Erfahrungen mit dem phantastischen Genre im Alter von elf Jahren hatte, als er heimlich The Tingler, einen William Castle-Film mit Vincent Price, sah und wochenlang von Alpträumen geplagt wurde. Mit William J. Norris wagte er sich 1984 an eine Lovecraft-Bearbeitung für das Fernsehen. Dennis Paoli, ein Leh­ rer für Literatur und Bekannter Gordons, erweiterte das Skript auf Spielfilmlänge und orientierte sich hauptsächlich an den ersten beiden Geschichten der Sammlung. Außer­ dem übernahm er ein paar Ideen aus den Teilen fünf und sechs. Herbert Wests litera­ rische Ahnengalerie enthält Bilder von Wells’ Dr. Moreau, Goethes Zauberlehrling und Poes Direktor Maillard bis hin zu Mary Shelleys Victor Frankenstein. Paolis Idee, den Filmprolog in Zürich anzusiedeln, ist daher auch ein Hinweis auf den »Neuen Pro­ metheus«. Seine Interpretation des manischen Wissenschaftlers Herbert West, der sich in der Gratwanderung vom grenzüberschreitenden Forscher hin zum fanatischen Psy­ chopathen im Wahn des Wissens von allen ethisch-moralischen Grundsätzen entfernt, bereichert Lovecrafts Kunstfigur um eine komödiantische Facette, wenn West - zwi­ schen Superiorität und Juvenilität schwankend - mit seiner Entdeckung spätpubertäre Spiele treibt. Ausgesprochen gelungen in den allgemeinen Kontext integriert ist eben­ falls die obligatorische Liebesgeschichte, die HPLs Vorlagen in der Regel verwässern, hier aber pointiert und glaubwürdig eingeschoben wird. Als Brian Yuzna und Empire Pictures den Film schließlich auf der großen Leinwand herausbrachten, stand definitiv fest, daß Stuart Gordon einen Klassiker des Horror­ films geschaffen und den Geist der Lovecraftschen Geschichten sehr sorgfältig einge­ fangen hatte, allerdings nicht ohne ein Feuerwerk an Splattereffekten abzubrennen, das seinesgleichen suchte und Lovecraft-Puristen verschreckte. »Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie Lovecraft auf diesen Film reagiert hätte«, mutmaßt Will Murray. »Er wäre schreiend vor Angst aus dem Kino gerannt.« Schließlich verabscheute er Sex, Gewalt und Fischgerichte. Möglicherweise in genau dieser Reihenfolge. Und Sex und Gewalt gibt es reichlich in Gordons Re-Animator, der Publikum und Kritik gleicher­ maßen begeisterte. In Cannes bekam er einen Special Award, weil es Stuart Gordon trefflich gelungen war, »Humor, Erotik, Gewalt und Abscheulichkeiten auf höchst kunstvolle Art zu vereinen«. Das Festival im spanischen Sitges bedachte ihn mit dem Hauptpreis. Re-Animator war der erste Horrorfilm, der je beim Londoner Filmfestival aufgeführt wurde und erhielt den Prix Special Horreur auf dem Festival des phanta­ stischen Films in Avoriaz. Großen Anteil an diesem sensationellen Erfolg hatten nicht zuletzt auch Jeffrey Combs - der trotz dunkler Haarfarbe die ideale Verkörperung des

231 Herbert West darstellt - durch seine schauspielerische Glanzleistung, und Kamera­ mann Mac Ahlberg, der schon für Ingmar Bergmann gearbeitet hat und hier für die vi­ suelle Qualität der eingefangenen Schreckensbilder verantwortlich zeichnet. Den Gesetzen des Marktes folgend, schrie der enorme Erfolg des Films nach einer Fortsetzung. Doch die ließ auf sich warten. Zunächst nahm sich das erfolgreiche Team um Produzent Yuzna einer anderen Geschichte Lovecrafts an. Die Wahl fiel auf From Beyond. Die knapp zehn Seiten Umfang dieses Zwei Personen-Rache-Stücks stellten Drehbuchautor Dennis Paoli vor ein Problem. Konnte er bei den Erzählungen um den Wiedererwecker Herbert West - immerhin sechs an der Zahl - aus dem Vollen schöp­ fen, mußte er hier, um Spielfilmlänge zu erreichen, neue Charaktere involvieren, den anderen kurz umrissene Hintergründe geben und den Ideen, die Lovecraft nur sehr va­ ge andeutete, konkrete Gestalt verleihen. Dabei griffen Paoli und Gordon nicht zuletzt auch auf biographische Details Lovecrafts zurück. Die Erweiterungen um die Figur des perversen Dr. Pretorius sind nicht bloß eine Referenz an Ernest Thesingers unver­ gessene Rolle in James Whales Bride of Frankenstein, sie sind gleichermaßen die ka­ rikierte Essenz verschiedener Charakterzüge Lovecrafts. Stuart Gordon legt den Schwerpunkt außerdem noch stärker auf den sexuellen Symbolcharakter seiner Mon­ stren. »Vielen Lovecraftianern ging Gordon dabei zu weit«, schreibt Frank Neubauer. »Lovecraft hätte in seinen Schriften nie Sexualität thematisiert, sagen sie. Das ist ein schwerer Irrtum: Lovecrafts Geschichten sind voller Symbole zu diesem Thema, und Gordons Sichtweise kommt dem sehr nahe.« Regisseur Gordon bestätigt diese An­ nahme: »Zu den Monstren hat mich Lovecraft inspiriert. Sie symbolisieren das Unbe­ wußte, das Es, sind also ein sexuelles Image. Sie stammen aus einer unterdrückten Se­ xualität. Die Monster sollen sexuellen Symbolcharakter haben.« Als freudianischen Regisseur sieht sich Gordon dennoch nicht: »Ich war mehr von Descartes beeinflußt. Die Theorie in From Beyond über die Zirbeldrüse ist identisch mit Descartes These vom dritten Auge, das geweckt werden könnte. Der Geist als Sexualorgan. Wir sind uns lediglich bewußt, daß unser Geist existiert, der Körper ist nur eine Illusion. Als Lovecraft 1929 seine Geschichte schrieb, war fast nichts über die Zirbeldrüse bekannt. Heute ist sie das Zentrum der Forschung. Man hat herausgefunden, daß sie die Hor­ mone und damit auch die Emotionen der Menschen kontrolliert. Wer die Zirbeldrüse kontrolliert, kontrolliert den Geist.« Das alles kann jedoch nicht darüber hinwegtäu­ schen, daß Gordons Nachfolgewerk bei weitem nicht so überzeugend wie sein Regie­ debüt geriet. Die geschmäcklerische Aufbereitung des Themas Sado-Masochismus, die direkt aus einem Hochglanzmagazin für Lederfetischismus entnommen sein könn­ te, tut ein Übriges. Entschädigt werden die Freunde Lovecraftscher Dichtung teilwei­ se durch Gordons Monstervisionen, die von den FX-Spezialisten John Buechler und Mark Shostrom trotz des begrenzten Budgets beeindruckend in Szene gesetzt wurden. Obwohl From Beyond (Aliens des Grauens, 1986) auch finanziell nur mäßig erfol-

232 greich war, wurden bei Charles Bands Empire Pictures weitere Lovecraft-Abenteuer geplant. Firmenchef Band selbst inszenierte The Evil Clergyman als Episode für die Anthologie Pulse Pounders, die aber nie ganz fertiggestellt wurde. Ebenso wie Gordons Adaption von The Lurking Fear, der einzigen Geschichte, die Lovecraft nach 1922 für Home Brew schrieb, platzte dieses Projekt, als Empire Pictures Konkurs an­ melden mußte. Auch The Shadow Over Innsmouth, eine Erzählung, an der schon Fritz Lang Interesse bekundet haben soll, kam, obwohl bereits zahlreiche Entwürfe von Bernie Wrightson, erste Masken von Dick Smith und ein Skript von Dennis Paoli Vorla­ gen, wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht über das Vorproduktionsstadium hinaus. Nachdem Gordons Werke den kommerziellen Weg für weitere Lovecraft-Verfil­ mungen geebnet hatten, sprangen bevorzugt kleinere Produktionsgesellschaften auf diesen gewinnversprechenden Zug auf. 1987 gab Transworld dem bis dahin nur als Schauspieler in Erscheinung getretenen David Keith Gelegenheit, sein Talent als Re­ gisseur unter Beweis zu stellen. Sein Regiedebüt The Curse war der zweite Versuch. The Colour Out o f Space zu verfilmen. Der besondere Schwierigkeitsgrad einer Um­ setzung für die große Leinwand ist die eher schleppende Handlung der Vorlage, die in­ tensiv auf Atmosphäre setzt. Die Hauptbetroffenen spielen eine beinahe passive Rol­ le. Ohne eigenes Zutun sind sie unkontrollierbaren Kräften ausgesetzt, denen sie sich nahezu widerstandslos ergeben - eine Konstellation, die einem Kinopublikum, das im­ mer mehr den hektischen Bewegungsabläufen videoclip-orientierter Kamerarasanz verfällt, so kaum mehr angeboten werden kann. David Chaskins Skript folgt daher Lovecrafts Grundstrukturen sehr genau, aktualisiert den Schauplatz nach Tellico Plains, Tennesse, modernisiert das Geschehen in typisch amerikanischer Fernsehtradition und fügt, ganz dem Klischee verpflichtet, einen skrupellosen, stark karikierten Im­ mobilienmakler hinzu. Zusammen mit Chaskin, einem Garant für unterhaltsames Mit­ telmaß, hat David Keith eine weitgehend zufriedenstellende Adaption geschaffen, die besser und werkgetreuer als Hallers Version ist. Randy Palmer wirft dem Streifen al­ lerdings eine misogyne Grundhaltung vor, die nicht von der Hand zu weisen ist und in Lovecrafts Geschichte trotz dessen frauenfeindlicher Einstellung nicht vorkommt. Ei­ ne femme fatale in High Heels und Lingerie, die Cosmopolitan liest und nur Geld im Auge hat, überredet ihren Mann mittels Körpersprache, dem Dorfarzt die drohende Gefahr durch Trinkwasserkontamination zu verschweigen - eine solche Szenerie hät­ te nicht einmal Lovecrafts Weiblichkeit ausklammernde Imaginationskraft erdacht. Seine Erzählungen sind geradezu asexuell, sieht man einmal von der Möglichkeit psy­ choanalytischer Deutungen seiner Prosa ab. Das weibliche Geschlecht kommt in ih­ nen nicht oder nur verzerrt wie in The Dunwich Horror oder The Thing On The Doorstep vor. Direkte Sexualität findet nicht statt, es gibt nicht einmal Romanzen. Als »Associate Producer« engagierte Produzent Ovidio Assonitis die greise Splatterfilmlegende Lucio Fulci. Fulci, der hier auch mit der Erstellung optischer Effekte betraut

233 wurde, hatte als Regisseur bereits Fragmente aus Lovecraft-Werken wie etwa The Evil Clergyman und Pickman ’s Model in seinen berühmt-berüchtigten Gedärmehappenings Ein Zombie hing am Glockenseil und Die Geisterstadt der Zombies verarbeitet. Forever Evil von Roger Evans stammt ebenfalls aus dem Jahr 1987 und ist bereits einer der vielen nur noch für den Videomarkt produzierten Streifen. Der Film kreist um Yog-Kathog, einen schrecklichen Dämon, der bereits vor Jahrhunderten auf der Erde wandelte. Auch wenn es sich hier um keine direkte Lovecraft-Adaption handelt, läßt der Name des Schreckensboten doch vermuten, aus welchem Ideenpool man sich hier bedient hat. 1988 nahm sich Jean-Paul Ouellette der Erzählung The Unnamable an. Ouellette wuchs in Cambridge, Massachusetts auf - »vierzig Meilen von dem Ort entfernt, wo man Arkham vermutet«, wie er behauptet - und erzählte Lovecraft-Geschichten am Lagerfeuer. In den Siebzigern war er Mitarbeiter von Russ Meyer und arbeitete mit ihm an Beneath the Valley ofthe Ultra-vixens. Als sein Regiedebüt wollte er unbedingt einen Horrorstoff verfilmen, möglichst von H P. Lovecraft. Zunächst versuchte er sich an einer Version von He, aber er erkannte rasch, daß sein schmales Budget von 350.000 Dollar die Realisierung nicht zuließ, und wich auf The Unnamable aus. Das Drehbuch entstand in sieben Tagen, nach drei Wochen Vorbereitung und weiteren drei Wochen Drehzeit war der Film im Kasten. In der Originalvorlage philosophieren Randolph Carter, eine häufiger wiederkehrende Figur in Lovecrafts Werk und seinen Bio­ graphen zufolge ein »Alter Ego« des Autors, und Joel Manton Uber das Unnennbare und begegnen ihm. Was Ouellette aus dieser Vorlage extendiert, kommt einer Exeku­ tion gleich. Der Streifen beginnt stimmungsvoll, doch nach knapp einer halben Stun­ de Laufzeit hat der Regisseur Lovecrafts Geschichte nacherzählt und entwickelt auf diesem Fundament ein Handlungsgerüst, das vor allem auf einen jugendlichen Publi­ kumsgeschmack zugeschnitten ist - ein Publikum, das HPL in erster Linie aus dem Ki­ no kennt. Die Hauptfiguren degenerieren zu Studenten der Miskatonic Universität, de­ ren Fixierung auf ihre Promiskuität sie zu prädestinierten Opfern macht und so Love­ crafts Männerabenteuer nicht nur um Blut, sondern auch um blanke Busen erweitert. Was bei Lovecraft als ultimatives Greuel geschildert wird, zeigt der Film als weißhaa­ riges Ungetüm mit gefletschten Zähnen - eben ein White Monster, wie auch der deut­ sche Verleihtitel lautet. Zwar findet der Leser in Lovecrafts Kreaturen immer wieder pittoreske Gebilde, die sich bei detaillierter Beschreibung stets hart an der Grenze zur Lächerlichkeit bewegen, und HPL selber schrieb: »Selbst das größte Grauen ist selten ohne Ironie.« Doch The Unnamable ist auch unter Berücksichtigung dieses Aspekts nur Ausschußware. Brian Yuzna und Stuart Gordon hatten von Anfang an ein Sequel ihres Hits Re-Anirnator in Planung und ebenfalls schon einen Titel dafür. »Einer meiner absoluten Lieb­ lingsfilme ist Bride o f Frankenstein«, erklärte Gordon damals. »Wenn wir eine Fort-

234 Setzung zu Re-Animator drehen, werden wir sie Bride of the Re-Animator nennen.« Yuzna benötigte trotz des Erfolgs des ersten Teils dennoch vier lange Jahre, bis er schließlich Geldgeber fand, die das Projekt finanzierten. 1989 war es endlich soweit, ln nur sechs Wochen erarbeitete er mit Woody Keith und Rick Fry ein Drehbuch, das in erster Linie auf den Herbert West-Geschichten fünf und sechs basierte. Sie kombi­ nierten diese Lovecraft-Elemente mit Motiven aus Mary W. Shelleys Frankenstein so­ wie den James Whale-Verfilmungen des Stoffes und - als moderner visueller Quelle einer Comicadaption von Bernie Wrightson. Brian Yuzna stand, nachdem die Produk­ tion schließlich zustande gekommen war, unter enormem Zeitdruck. Da sein Wunsch­ regisseur Gordon nicht greifbar war - er bereitete gerade ein Inquisitionsdrama nach Motiven von E.A. Poes The Pit and the Pendulum vor -, inszenierte er den Film kur­ zerhand selbst. Das Sequel übernahm die wichtigsten Charaktere des Originals, doch die düstere, schwarzhumorige Atmosphäre von Re-Animator wich einer grotesk-bun­ ten Special Effects-Orgie mit ebenso tragischen wie komischen Momenten. Das ist nun nicht mehr Lovecraft pur. Da dieser seine Geschichten aber ganz offensichtlich als leicht ironischen Kommentar zu Shelleys Werk verstand, funktionierte die Idee Brian Yuznas, sie mit dem Frankenstein-Mythos zu verknüpfen, sehr gut. Jeffrey Combs, der wieder die Rolle des Herbert West übernahm, meint ebenfalls: »Persönlich denke ich, der Film ist komplex, aufregend, intelligent und bietet eine logische Weiterentwick­ lung des ersten Teils.« Daß ausgerechnet die Erzählungen um den Wiedererwecker West, die HPL selbst immer zu seinen schlechtesten Arbeiten zählte, Ausgangspunkt für zwei der wohl besten Verfilmungen wurden, ist sicher eine Ironie des Schicksals. Drehbuchautor Joseph Dougherty, ein erklärter Fan von Lovecraft und Krimi­ schreiber Raymond Chandler, ließ in dem 1990 von Gale Ann Hurd für das amerika­ nische Kabelfernsehen produzierten sechs Millionen Dollar-Streifen Cast A Deadly Spell (Hexenjagd in L.A.) einen Privatdetektiv namens H.P. Lovecraft auf der Suche nach dem legendären Necronomicon durch ein magieverseuchtes Los Angeles des Jah­ res 1948 stolpern, wo sich Arbeitszombies, Vampirnutten, kriminelle Werwölfe, stei­ nerne Gargoyles und recht aufmüpfige Gremlins ein Stelldichein geben. Als Höhe­ punkt werden HPLs »Alte Wesen« durch ein Jungfrauenopfer beschworen, das schei­ tert, weil das unschuldig geglaubte Mädchen leider im Verlaufe der Handlung ihr Hy­ men verloren hat. Frank Trebbin ist voll des Lobes für diesen leidlich amüsanten Miß­ griff von Regisseur Martin Campbell in Lovecrafts Mythenschöpfung: »....eine nette, humorvolle Crossover-Mischung aus nostalgischen Film Noir-Motiven und modernem Effekte-Spektakel«. Leider zeigt der Streifen aber trotz seiner versierten Machart vor allem, daß selbst Autoren, die vorgeben, HPL zu schätzen, das Wesen seiner Prosa zu­ weilen nicht richtig verstehen. The Case o f Charles Dexter Ward wurde 1991 zum zweiten Mal aufgerollt. Dan O’Bannons The Resurrected (Evil Dead - Die Saat des Bösen) ist die weit bessere Um-

235 Setzung der Geschichte eines Mannes, dessen Abwendung vom Normalen und Inter­ esse am Morbiden sein Schicksal bestimmen. Nicht nur, weil uns die mit zahlreichen Spezialeffekten gespickte Verfilmung heute zeitgemäßer erscheint als Cormans dem »gotischen Horror« - einem Trend jener Zeit - verpflichtete Version, sondern weil sie dem Chronisten des Grauens weitgehend gerecht wird. »Auch wenn sie ziemlich ge­ wissenhaft mit Lovecraft umgingen«, sagt Regisseur O’Bannon, »entfernte sich The Haunted Palace letztlich doch ziemlich weit von seiner Geschichte und zeigte nichts von dem, was ich zeigen wollte.« Der 1948 geborene O ’Bannon wurde im zarten Al­ ter von fünf Jahren so nachhaltig von Howard Hawks The Thing beeindruckt, daß er, nachdem er dieses Erlebnis verkraftet hatte, in der Folgezeit alles las, was er an Scien­ ce Fiction- und Fantasyliteratur in die Hände bekam. Da kein ernsthaft an dieser Gat­ tung Interessierter an HPL vorbeikommt, stieß O’Bannon mit zwölf ebenfalls auf ihn. Seitdem wollte er eine Lovecraft-Verfilmung drehen. Lange Zeit hatte er mit der Ad­ aption von The Case o f Charles Dexter Ward geliebäugelt, doch die Umsetzung be­ reitete ihm Schwierigkeiten. Erst als die Produzenten Ken Raich und Mark Bode an ihn herantraten, die der Drehbuchautor Brent V. Friedman mit einem Skriptentwurf in­ teressiert hatte, nahm das Projekt konkrete Formen an. Friedman, der durch Gordons Re-Animatar auf das Potential Lovecrafts aufmerksam wurde, räumt ein: »Du fühlst dich immer irgendwie schuldig, wenn du von der Geschichte abweichst - speziell, wenn es um Lovecraft geht, der so viele treue Anhänger besitzt.« Trotz seiner Beden­ ken, die Ansprüche nicht zu erfüllen, die eine Lovecraft-Adaption an die Beteiligten stellt, erwies sich die Teamarbeit mit O ’Bannon als äußerst effektiv. Ganz in klassischer Tradition baut Dan O ’Bannon seinen Film langsam, fast dialoglastig auf und gibt bloß spärliche Hinweise auf den furiosen Monstershowdown in lovecraftwürdigen Katakomben. Drehbuchautor Friedman, der sich vom späteren End­ produkt enttäuscht zeigte und vor allem kritisierte, daß der Regisseur den offensiven Charakter seines Skripts verwässert habe, beschreibt seine Intention: »Eine meiner Lieblingsszenen im ganzen Film bleibt jene, in der sie das Ding am Ufer finden, es zu reden versucht, und jemand aus der Bibel liest und sie es verbrennen. Es ist sehr rea­ listisch und abstoßend, und wenn er (O’Bannon) diesen Ton durchgehalten hätte, wä­ re der Film viel besser geworden.« In der Tat ist diese kurze Sequenz eine der beein­ druckendsten. Daß O ’Bannons insgesamt souverän gestaltetes Horrorwerk keinen der­ artigen Publikumserfolg verbuchen konnte wie Gordons Kultfilm, liegt sicher zu ei­ nem Teil an der schlechten Vermarktung durch die Verleihfirma, zum anderen aber auch daran, daß ihm ein wenig der tiefschwarze Humor von Re-Animator fehlt. Des­ sen nahezu ungebändigte Kraft, das Ignorieren jeglicher Regeln und die Vehemenz, die Grenzen des guten Geschmacks durchbrechen zu wollen, läßt Dan O ’Bannons Insze­ nierung im Vergleich beinahe bieder und konservativ erscheinen. Hinzu kommt, daß die Figur eines Privatschnüfflers der fernsehkrimiorientierten Machart nicht so recht

236 in Lovecrafts Welt des Schreckens passen will, auch wenn Kritiker wie Jörg Drews glauben, in der Ward-Erzählung »Horror als Detektivgeschichte, die Nachtseiten der Metaphysik als Aufgabe der Kriminalistik« zu sehen. »Es wäre wohl ziemlich anmaßend von mir, zu sagen, daß Cthulhu Mansion Love­ crafts Erzählungen wirklich gerecht wird«, gibt Juan Piquer Simon zu. Der Regisseur, der bisher besonders durch den brutalen Slasher-Film Pieces (1981) und den sehens­ wertekligen Slugs (1987) auffiel, bietet mit dem 1991 entstandenen spanischen Lang­ weiler tatsächlich gar keine Adaption. »Ich nahm Lovecraft als eine Art Ausgangs­ punkt«, erklärt Simon, der auch selbst das Drehbuch verfaßte. »In Cthulhu Mansion versuche ich in seine Welt des kosmischen Terrors einzudringen, indem ich meine ei­ genen Einfälle nutze, in die ich von ihm inspirierte Ideen einbaue. Meine Geschichte könnte ganz einfach eine in der langen Reihe des Cthulhu-Mythos sein.« Diese simple Haunted House-Juvenile delinquency-Plotte in Verbindung mit Lovecraft zu bringen, ist allerdings anmaßend. Wie man sieht, hat August Derleth einiges angerichtet in sei­ nem ehrlichen Bemühen. Er hat nach HPLs Tod nicht nur damit begonnen, dessen Le­ benswerk komplett zu publizieren, er fühlte sich gleichfalls dazu berufen, Fragmente, Ideen und Notizen seines großen Idols aufzugreifen und zu eigenen Geschichten auf­ zublähen - die, wie er glaubte, von ihm im Geiste Lovecrafts erdacht wurden. Dabei formte er Lovecrafts komplexe, aber bruchstückhafte Mythologie nach eigener Inter­ pretation zum Cthulhu-Mythos um, obwohl HPL selbst zu Lebzeiten stets lächelnd von seinem Yog Sothoth-Zyklus sprach - ein Umstand, für den Derleth von Lovecraftianern zu Recht auf das Schärfste kritisiert wurde und der nicht wenige, aber selten talentier­ te Nachahmer zu eigenen Kreationen ermutigte. Der Produzent/Autor/Regisseur Jean-Paul Ouellette sichert sich bereits im Voraus ab: »In unseren Unnamable-Filmen versuchen wir, unsere Version der Geschichte zu erzählen, aber wir wollen nicht von dem Original HPLs ablenken. Die Zuschauer soll­ ten es trotzdem lesen.« Das ist auch unbedingt nötig, wenn man wissen will, was ei­ gentlich hinter der Filmhandlung steckt. Ouellettes erster Film, The Unnamahle, war vor allem in den Staaten ein absoluter Renner auf dem Videosektor. Da ein derartiger kommerzieller Erfolg Produzenten nach einer ebenso einträglichen Fortsetzung gieren läßt, finanzierte man Ouellette 1992 mit einem höheren Budget von einer Million Dollar die Dreharbeiten zu The Unnamahle Returns (The Unnamahle - Zurück aus der Hölle). Dieser etwas sorgfältiger als sein Vorgänger gestaltete Film zog Lovecrafts The Statement Of Randolph Carter als weitere Inspirationsquelle heran und zwängte als Publicity-Gag das Ex-Penthouse-Girl Julie Strain in den unbequemen Monsteranzug. Wie schon im ersten Teil hat Ouellette HPLs Kurzgeschichte nach einer halben Film­ stunde abgehandelt. Dabei stellt er diesmal das Geschöpf selbst in den Mittelpunkt, trennt mittels Insulin-Schock den guten menschlichen Teil vom bösen Dämon und ent­ fernt sich mit diesem uralten Horrormotiv, daß die eine Seite nicht ohne die andere exi-

237 stieren kann, immer weiter von Lovecraft. Ebenso trivial wie unglaubwürdig, ist das Ganze kaum als emstzunehmende HPL-Adaption zu betrachten. Charles Bands neue Produktionsfirma Full Moon, spezialisiert auf »Direct to Video«-Elaborate, machte sich 1994 daran, die bereits 1986 ins Auge gefaßte Version von The Lurking Fear zu erstellen. Regie führte nach seinem eigenen Skript der schon früher für Band tätige und videoschunderfahrene Courtney Joyner. Auftragsregisseur Joyner, der viel lieber Kriminalfilme mit Horrortouch inszenieren würde, überrascht in diesem aus finanziellen Gründen in Rumänien gedrehten, unterhaltsamen Konglo­ merat diverser Horrorklischees mit wahrem Gespür für Atmosphäre, stellenweise gar stilistischer Raffinesse. Detailreiche Dekors und ordentliche Schauspielleistungen run­ den diesen gelungenen B-Film ab, der leider nur eines vermissen läßt - Lovecraft. Zwar tauchen auch hier die in jahrhundertelanger Inzucht zu kannibalischen Monstren de­ generierten Mitglieder der Martense-Familie auf, die in einem labyrinthischen Tun­ nelsystem tief unter dem Friedhof von Leffort’s Corner hausen, doch damit erschöp­ fen sich die Gemeinsamkeiten von Film und Geschichte, die Joyner - ad infinitum kurzerhand völlig umschrieb, auch schon. Der Regisseur, der seine Vorbilder erklär­ termaßen mehr in den diversen Horrorcomics der Siebziger wie etwa Creepy sucht, stimmt zu: »Der Film ist so nahe an Lovecraft, wie Roger Cormans The Raven es sei­ nerzeit an Poe war.« Erstaunlicherweise überzeugen in dieser sehenswerten Trivial­ produktion besonders die Kreaturen. Und das, obwohl sie so gar nicht mit der Be­ schreibung Lovecrafts harmonieren, der sie als affenartige Wesen skizziert und damit in seiner Geschichte nahezu eine Antiklimax schafft, indem er die »lauernde Furcht« zu real typisiert. »Das Fremdartigste, das wir uns vorstellen können (eigentlich: nicht vorstellen können), ist das, mit dem uns keinerlei evolutionäre Verwandtschaft ver­ bindet. Bei einem Konzept, das das Irrationale zuläßt, mag dies die brüllende Horde der Dämonen sein, die allerdings, genauer betrachtet, auch wieder lediglich aus Ele­ menten des Organischen zusammengestückelt ist. Die Unvorstellbarkeit des Fremden führt zu dessen Konstruktion aus vertrauten Elementen.« (Hans Baumann) Das »Unnennbare« wird faßbar und verliert so eine wichtige Dimension des Grau­ ens - nämlich die des Unbekannten. Vom überwiegenden Teil jener Monstrositäten, die Lovecraft oftmals der Vorstellungskraft des Rezipienten überläßt, hat dieser dann auch eine ganz eigene Imagination. Dieses Bild auf die Leinwand übertragen, ist jedoch nur noch die Vision eines anderen, hier der FX-Künstler, die in aller Regel bloß enttäu­ schen kann. Deshalb kommen die Verfilmungen, die innerhalb unserer Wahrnehmun­ gen auf populäre Horrorklischees zurückgreifen können - wiedererweckte Tote etwa, oder Mad Scientists auf der Suche nach dem ewigen Leben - besser weg. Herbert Wests reanimierte Körper in Stuart Gordons Re-Animator sind deckungsgleich mit der gedanklichen Manifestation, die sich während der Lektüre von Lovecrafts Erzählun­ gen gebildet hat. Sie entsprechen einem Archetypus des Horrorfilms. Auf andere po-

238 lymorphe Ungeheuer Lovecrafts trifft das nicht zu. So ist Cthulhu in The Drowned, ei­ ner Episode aus Brian Yuznas Necronomicon, trotz aller tricktechnischen Bemühun­ gen bloß ein Tintenfisch mit Totenschädel. Daran ändert auch die modisch computer­ animierte Verwandlung eines Tentakels in eine zurückkehrende Wasserleiche nichts. »Lovecraft schreibt immer über jemanden, der nachdenkt«, sagt Brent V. Friedman, der die drei Vorlagen für den Episodenfilm Necronomicon verfaßte. »Man muß alles aus diesen kleinen Fragmenten rekonstruieren, die er vorgibt. Es ist besser, wenn man es liest, weil die eigene Vorstellungskraft alle möglichen Lücken ausfüllt, aber wenn man es auf die Leinwand bringen will, dann muß man wirklich kreativ sein.« Necro­ nomicon ist ein visuelles Erlebnis für Leute, die Comics mögen und Lovecraft ledig­ lich vom Hörensagen oder der Leinwand kennen. Schon die exzessive Ausleuchtung der Szenerien in leuchtenden Grün-, Pink-, Rot- und Blautönen erinnert mehr an die derzeit wieder recht populären Geschichten des »Cryptkeepers«, einer Figur, die, ur­ sprünglich aus den legendären E.C.-Horrorcomics der fünfziger Jahre stammend, heu­ te als Kultgestalt eine Fernsehserie makabrer Erzählungen um überirdische Gerech­ tigkeit, Rache aus dem Jenseits, Schuld und Sühne »moderiert«. Die Anfangsepisode The Drowned, die Elemente aus The Rats in the Walls und The Call Of Cthulhu mit­ einander verknüpft und ansonsten eher an Edgar Allan Poes Konzeption von tragischer Verstrickung erinnnert, könnte geradewegs aus einem der Hefte mit den bunt-genialen Panelfolgen stammen. Mit einer inhaltlich sehr einfachen Erzählstruktur beschränkt sich diese Sequenz auf filmtechnische Fingerübungen von Spielfilmdebütant Christo­ phe Gans, die durchaus reizvoll sind, nach kurzem Staunen über die Fingerfertigkeit des französischen Regisseurs dank der schieren Banalität des Gezeigten aber bloß ein Gefühl der Leere hinterlassen. Wirklich befriedigen kann nur die zweite Episode The Cold des Japaners Shu Kaneko. Es entstand eine moderne, sehr eindrucksvolle Interpretation von Lovecrafts (an seinem Gesamtwerk gemessen) eher schwacher Geschichte Cool Air. Die Gestalt des genialen, aber besessenen und letztlich unheilbringenden Wissenschaftlers, die HPL auch in Front Beyond und ähnlichen Erzählungen aufgreift, wird hier um eine emo­ tionale Komponente erweitert. Das Eindringen in Tabubereiche wissenschaftlicher Möglichkeiten und die grausame Bestrafung dieser Grenzüberschreitung wird ergänzt durch eine Konstellation zusätzlich eingeführter Nebenfiguren, welche in ein subtiles Gespinst aus Manie, Liebe, Treue und Vermächtnis eingewoben werden. Gar nichts mehr von Lovecrafts imposanter Prosa aus The Whisperer in Darkness findet sich in der dritten Episode, die von Yuzna selbst inszeniert wurde: Whispers. Statt dessen zeigen sich vielmehr deutliche Einflüsse von Clive Barkers Erzählung The Midnight Meat Train. Filmtechnisch lebt das Ganze von Versatzstücken aus James Camerons Aliens und Tony Randalls Schocker Hellhound. Besonders infam erscheint hier die Visualisierung einer Schwangerschaftspsychose. Selbst Lovecraft, dessen Ge-

239 schichten leider oft seine extrem konservativen und rassistischen Theorien implizie­ ren, spricht jeder Art unheimlicher Literatur ihre Echtheit ab, »deren Aufgabe es ist, zu belehren oder eine soziale Wirkung hervorzurufen«. Eine nette Variation bietet die Rahmenhandlung des Films, welche die drei Seg­ mente zusammenhält. In ihr sehen wir Jeffrey Combs als Lovecraft, der sich aus ei­ nem tatsächlich existierenden Necronomicon Inspirationen für seine schaurigen Ge­ schichten holt. Produzent und Regisseur Brian Yuzna ist überzeugt davon, daß die Zu­ kunft der HPL-Verfilmungen einen anderen Schwerpunkt erhalten wird. »Ich glaube nicht, daß der Name H P. Lovecraft irgend etwas zu verkaufen hilft... Necronomicon ist der Name, der Profit verspricht. Das Buch dürfte Lovecraft in Punkto Bekannt­ heitsgrad den Rang ablaufen.« Azathoth, Yog-Sothoth, Nyarlathotep, das kriechende Chaos, schließlich Cthulhu schlafend in R’lyeh - Lovecraft ist zweifelsohne einer der interessantesten und für die Entwicklung des Genres wohl bedeutendsten Autoren un­ heimlich-phantastischer Literatur. Lovecraft, der »Geschichten von geradezu packen­ der Wucht« (Stephen King) schrieb, ist bis heute noch nicht adäquat verfilmt worden, man hat sich ihm nur genähert. »Ich weigere mich, den mechanischen Konventionen der Unterhaltungsliteratur Tribut zu zollen oder meine Erzählungen mit Klischeefigu­ ren und abgedroschenen Situationen vollzustopfen«, schrieb Lovecraft einmal. Und vielleicht hat man ja gerade deshalb den definitiven HPL-Film bislang nicht auf die Leinwand gebracht. © Copyright 1995 by Detlef Klewer

Quellenhinweise: Baumann, Hans D.: Horror - Die Lust am Grauen, München 1993; Brackman, Jacob: The International Comix Conspiracy, in: Playboy/Dezember 1970; Brüne, Klaus (Red.): Lexikon des internationalen Films, Hamburg 1987; Canby, Vincent: Dreadful Doings in Dunwich, in: New York Times/Juli 1970; Drews, Jörg: Vier Rezensionen, in: Über H P. Lovecraft, Frankfurt 1984; Ferrante, Anthony C.: Brent Friedman: Tickwriter, in: Fangoria Nr. 125/1993; Hahn, Ronald M. /Jansen, Volker: Lexikon des Horrorfilms, Bergisch-Gladbach 1985; Molgaard, Kristian: In the Society o f Brian Yuzna, in: TYauma Nr. 1/1994; Just, Lo­ thar R.: Filmjahrbuch 1992, München 1992; Murray, Will: H P. Lovecraft: The Unadaptable?, in: Fango­ ria Nr. 106/1991; Neubauer, Frank: Warten auf Robojoxl, in: Phantasüsche Zeiten Nr. 5/1988; Newman, Kim: Nightmare Movies, New York/London 1984; Palmer, Randy: Cthulhu Who?, in: Imagi-Movies Nr. 3/1994; Schm idt Peter: Das Grauen auf Schloß Witley, Phantopia-Filmprogramm 53, Nürnberg 1991; ders.: Die Folterkammer des Hexenjägers, Phantopia-Filmprog. 78, Nürnberg 1991; ders.: Re-Animator - Der Tod ist erst der Anfang, Phantopia-Filmprog. 198, Nürnberg 1993; ders.: Necronomicon - Geträumte Sünden, Phantopia-Filmprog. 256, Nürnberg 1994; ders.: From Beyond - Aliens des Grauens, PhantopiaFilmprogramm 306, Nürnberg 1995; Schobert, Walter/Schäfer, Horst (Hrsg.): Fischer Film Almanach 1987, Frankfurt 1987; Trebbin, Frank: Die Angst sitzt neben dir II, Berlin 1991; ders.: Die Angst sitzt ne­ ben dir III, Berlin 1992; ders.: Die Angst sitzt neben dir IV, Berlin 1993

Filmographie Von Detlef Kiew er (O=OriginaltitelZV =Vorlage/R=Regie/B=Drchbuch/D=Darsteller) Die Folterkammer des Hexenjägers (USA 1963) O: The Haunted Palace; V: The Case Of Charles Dexter Ward; R: Roger Corman; B: Charles Beau­ mont; D: Vincent Price, Debra Paget, Lon Chaney jr. Das Grauen au f Schloß Witley (GB/USA 1965) O: Die, Monster, Die! V: The Colour Out Of Space; R: Daniel Haller; B: Jerry Sohl; D: Boris Kar­ loff, Nick Adams, Susan Farmer Die verschlossene Tür (GB 1967) O: The Shuttered Room; V: The Shuttered Room (mit August Derlelh) R: David Greene; B: D.B.Ledrov, Nathaniel Tanchuk; D: Gig Young, Carol Lynley, Oliver Reed Necronomicon - Geträumte Sünden (Deutschland 1967) O: Necronomicon; R: Jess Franco; B: Pier A.Caminneci, Jess Franco; D: Janine Reynaud, Jack Tay­ lor, Michöl Lemoine Schwarze Messe au f blutrotem Altar/Die Hexe des Grafen Dracula (GB 1968) O: The Curse of the Crimson Altar; V: Dreams in the Witch-House; R: Vernon Sewell ; B: Mervyn Haisman, Henry Lincoln; D: Boris Karloff, Christopher Lee, Barbara Steele Voodoo Child (USA 1970) O: The Dunwich Horror; V: The Dunwich Horror; R: Daniel Haller B: Curtis Lee Hanson, Ronald Silkosky, Henry Rosenbaum; D: Sandra Dee, Dean Stockwell, Ed Be­ gley Re-Animator - Der Tod ist erst der Anfang (USA 1985) O: Re-Animator; V: Herbert West - Re-Animator; R: Stuart Gordon; B: Dennis Paoli, William J.Nor­ ris, Stuart Gordon; D: Jeffrey Combs, Bruce Abbott, Barbara Crampton From Beyond - Aliens des Grauens (USA/Italien 1986) O: From Beyond; V: From Beyond; R: Stuart Gordon; B: Dennis Paoli, Stuart Gordon, Brian Yuzna D: Jeffrey Combs, Barbara Crampton, Ken Foree The Curse (USA 1987) O: The Curse; V; The Colour Out Of Space; R: David Keith; B: David Chaskin; D: Wil Wheaton, Claude Akins, Malcom Danare

241 White Monster (USA 1988) O: The Unnamable; V: The Unnamable; R & B: Jean-Paul Ouellette; D: Charles King, Mark Kinsey Stephenson, Alexandra Durell Bride o f the Re-Animator (USA 1990) O: Bride of the Re-Animator; V: Herbert West - Re-Animator; R: Brian Yuzna ; B: Woody Keith, Rick Fry, Brian Yuzna; D: Jeffrey Combs, Bruce Abbott, Kathleen Kinmont Hexenjagd in L.A. (USA/Frankreich 1990) O: Cast a Deadly Spell; R: Martin Campbell; B; Joseph Dougherty; D: Fred Ward, David Warner, Clancy Brown Evil Dead - Die Saat des Bösen (USA 1991) ' O: The Resurrected; V: The Case Of Charles Dexter Ward; R: Dan O’Bannon; B: Brent V.Friedman, Dan O Bannon; D: Chris Sarandon, John Terry, Jane Sibbitt Cthulhu Mansion (USA/Spanien 1991) O: Cthulhu Mansion; R & B: Juan Piquer Simon; D: Frank Finlay, Marcia Layton, Melanie Shatner The Unnamable - Zurück aus der Hölle (USA 1993) O; The Unnamable Returns; V: The Unnamable; R & B: Jean-Paul Ouellette; D: John Rhys-Davies, Mark Kinsey Stephenson, Maria Ford Shocking Fear (USA/Rumänien 1994) O: The Lurking Fear; V: The Lurking Fear; R & B: C. Courtney Joyner D: Jon Finch, Ashley Lauren, Jeffrey Combs Necronomicon (USA 1994) O: Necronomicon; V: The Rats in the Walls, The Call Of Cthulhu, Cool Air, The Whisperer in Dark­ ness; R: Brian Yuzna, Shu Kaneko, Christophe Gans; B: Brent V.Friedman; D: Jeffrey Combs, Da­ vid Warner, Bruce Payne

© Copyright 1995 hy Detlef Klewer I

Bibliographie Von Joachim Korber Dank gebührt Werner Hoof und Wolfgang Thadewald für wertvolle Hinweise, ohne die die se Bibliographie nicht so vollständig hätte werden können (Abkürzungen siehe Seite 288). 1. Kurzgeschichten The Alchemist (1916) 1) Der Alchimist H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.129-138) Übersetzung: Michael Walter The Ancestor (1957) (mit August Derleth) 1) Der Vorfahr H.P. Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out Of Time And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (S.75-90) Übersetzung: Franz Rottensteiner Arthur Jermyn (1921) siehe Facts concerning the late Arthur Jermyn and his family. Ashes (1924) (mit C.M. Eddy Jr.) T) Asche H P Lovecraft: Das Nachtmeer (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1989, Auswahl), Bellheim 1995, Edition Phantasia (S.33-43) Übersetzung: Andreas Kasprzak At the mountains o f madness (1931) 1) Berge des Wahnsinns H.P. Lovecraft: Bergedes Wahnsinns (Originalzusammenstellung, 1970) Frankfurt/Main 1970, Insel Verlag (BHU) (S.5-139) Übersetzung: Rudolf Hermstein 2) Berge des Wahnsinns H.P. Lovecraft: Bergedes Wahnsinns (Originalzusammenstellung, 1970) Frankfurt am Main 1975, ST 220 (PhB 24) (S.7-134) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 3) siehe »3. Romane und Einzelausgaben« Azathoth (1938) 1) Azathoth Ganymed Horror, Nr. 10/11/12 (September 1974) (S.47-48) Übersetzung: Heinz W. Kloos 2) Azathoth H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.187-188)

243 Übersetzung: Franz Rottensteiner The beast in the cave (1918) 1) The beast in the cave H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.122-128) Übersetzung: Michael Walter Beyond the wall o f sleep (1919) 1) Jenseits der Mauer des Schlafes H P Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.43-54) Übersetzung: Michael Walter 2) Jenseits der Mauer des Schlafes H P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.227-242) Übersetzung: Karl-Heinz Berger The book (1934) 1) Das Buch Ganymed Horror, Nr. 10/11/12 (September 1974) (S.51-54) Übersetzung: Heinz W. Kloos 2) Das Buch H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230)(S.194-197) Übersetzung: Franz Rottensteiner Bothon (1946) (mit Henry S. Whitehead) 1) Bothon der Atlanter [Lovecraft ungenannt] Henry S. Whitehead: Der persische Ghoul (Originalzusammenstellung, 1997) Kerpen 1997, Edition Metzengerstein 2 (S. 52-91) Übersetzung: Malte Schultz-Sembten The Call of Cthulhu (1928) 1) Cthulhus Ruf H.P. Lovecraft: Cthulhu. Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1968, Insel Verlag (S.193-239) Übersetzung: H.C. Artmann 2) Cthulhus Ruf H.P. Lovecraft: Cthulhu. Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1972, ST 29 (PhB 19) (S.193-239) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann 3) Cthulhus Ruf H P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.288-320) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann 4) Cthulhus Ruf

244 Joachim Körber (Hrsg.): Das zweite Buch des Horrors München 1991, HTB 8302 (S.73-120) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann 5) Leichenstadt R ’yleh (Auszug) Anonym (Hrsg.): Roter Kalender 1994 - Gegen den grauen Alltag Berlin 1993, Rotbuch Verlag (Blatt zum 31.4.1994) [Auszugsweiser Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann 6) Cthulhus Ruf H.P. Lovecraft: The best o f H.P. Lovecraft Originalzusammenstellung, 1996) Frankfurt am Main, 1996, ST 2552 (PhB 332) (S. 31-64) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann The Case O f Charles Dexter Ward (1928) 1) Der Fall Charles Dexter Ward H.P. Lovecraft: Der Fall Charles Dexter Ward (Originalzusammenstellung, 1971) Frankfurt am Main 1971, Insel Verlag (BHU) (S.5-167) Übersetzung: Rudolf Hermstein 2) Der Fall Charles Dexter Ward H.P. Lovecraft: Der Fall Charles Dexter Ward (Originalzusammenstellung, 1971) Frankfurt am Main 1977, ST 391 (PhB 8) (S.7-158) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 3) siehe »3. Romane und Einzelausgaben« The cats of Ulthar (1920) 1) Die Katzen von Ulthar Lin Carter (Hrsg.): Die Zaubergärten (The Young Magicians, 1969, Auswahl) Rastatt 1978, TF 45 (S.69-73) Übersetzung: Lore Straßl 2) Die Katzen von Ulthar H.P. Lovecraft: Die Katzen von Ulthar (Originalzusammenstellung, 1980) Frankfurt am Main 1980, ST 625 (PhB 43) (S.7-10) Übersetzung: Michael Walter 3) Die Katzen von Ulthar René Oth (Hrsg.): Im Bannkreis der Magier Düsseldorf 1982, Hoch Verlag (S.65-70) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Michael Walter 4) Die Katzen von Ulthar H.P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.14-17) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Michael Walther 5) Die Katzen von Ulthar H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990)

245 Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.128-132) Übersetzung: Karl-Heinz Berger Celephais (1922) 1) Celephais 11 P. Lovecraft: Die Katzen von Ulthar (Originalzusammenstellung, 1980) Frankfurt am Main 1980, ST 625 (PhB 43) (S. 18-24) Übersetzung: Michael Walter 2) Celephais H.P Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.7-13) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Michael Walter 3) Celephais H.P Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.172-180) Übersetzung: Karl-Heinz Berger The challenge from beyond (1935) (mit Robert E. Howard, Frank Belknap Long Jr., Abraham Merritt, C.L. Moore) 1) The challenge from beyond Melissa Andersson (Hrsg.): Das große Buch der Fantasy, München 1995, GSF 24665 (S.376-400) Übersetzung: Joachim Korber The colour out of space ( 1927) 1) Die Farbe aus dem All H.P. Lovecraft: 12 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.41-67) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Die Farbe aus dem All H.P. Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1969, Insel Verlag (BHU) (S.48-84) Übersetzung: Rudolf Hermstein 3) Das Ungeheuer aus dem Weltraum Peter Haining (Hrsg.): 17 Horrorstories (The Ghouls, 1971, Auswahl) München 1974, HA 43 (S.217-232) Übersetzung: Hans Maeter 4) Die Farbe aus dem All H.P. Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1976, ST 357 (PhB 2) (S.47-80) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 5) Die Farbe aus dem All Franz Rottensteiner (Hrsg.): Phantastische Träume Frankfurt am Main 1983, ST 954 (PhB 100) (S. 189-223) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein

246 6) Die Farbe aus dem All H.P. Lovecraft: Das Dine auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Gütersloh u.a.o.J. [1983], Bertelsmann Lesering (S.58-101) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 7) Die Farbe aus dem All H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.340-382) Übersetzung: Karl-Heinz Berger 8) Die Farbe aus dem All H.P. Lovecraft: The best o f H.P. Lovecraft (Originalzusammenstellung, 1996) Frankfurt am Main, 1996, ST 2552 (PhB 332, S. 92-125) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein Cool air (1928) 1) Kühle Luft H.P. Lovecraft: 12 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.139-147) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Kühle Luft Manfred Kluge (Hrsg.): 22 Panik Stories München 1979, HA 62 (S.138-146) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Wulf H. Bergner 3) Kühle Luft H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.17-26) Übersetzung: Michael Walter 4) Ein kühler Hauch Michael Görden (Hrsg.): Phantastische Literatur 82 Bergisch Gladbach 1982, BPhL 72012 (S.137-152) Übersetzung: Brigitte Borngässer 5) Ein kühler Hauch Jason Dark (Hrsg.): 50 Mal Gänsehaut Bergisch Gladbach 1986, BLTB 13052 (S.394-406) [Unveränderter Nachdruck von 4)] Übersetzung: Brigitte Borngässer 6) Kühle Luft H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.320-332) Übersetzung: Eva Affandi, Rainer Priebs The crawling Chaos (1920) (mit Elizabeth Berkeley [d.i. Winifred Virginia Jackson]) 1) Das wimmelnde Chaos H.P. Lovecraft: Das Grauen im Museum und andere Erzählungen

247 (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (S.40-48) Übersetzung: Rudolf Hermstein The Curse O f Yig (1929) (mit Zelia Bishop) 1) Der Fluch des Yig Ganymed Horror, Nr.10/11/12 (September 1974) (S.27-40) Übersetzung: Heinz W. Kloos 2) Der Fluch des Yig H P. Lovecraft: Das Grauen im Museum und andere Erzählungen (The Horror ln The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (S.166-185) Übersetzung: Rudolf Hermstein Dagon (1917) 1) Dagon Simplizissimus, Nr.3 (1972) (S.43-53) Übersetzung: Volker Diefenbach 2) Dagon H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.21-27) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 3) Dagon H P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.25-32) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 4) Dagon Hans Joachim Alpers (Hrsg.): H P. Lovecraft - Der Poet des Grauens Meitingen 1983, EF 1 (S.59-65) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 5) Dagon James Gunn (Hrsg.): Von Wells his Stapledon (The Road To Science Fiction 2, 1979, Teil 1) München 1988, HSFB 92 (S.224-232) Übersetzung: Ronald M.Hahn The dark Brotherhood (1957) (mit August Derleth) 1) Die dunkle Brüderschaft H.P. Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out O f Time And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987.ST 1256 (PhB 173) (S. 184-211) Übersetzung: Franz Rottensteiner Deaf dumb and blind ( 1924) (mit C.M. Eddy Jr.) 1) Taub, Stumm und blind H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.53-66) Übersetzung: Franz Rottensteiner The descendant (1938)

248 1) Der Nachkomme Ganymed Horror, Nr. 10/11/12 (September 1974) (S.48-51) Übersetzung: Heinz W. Kloos 2) Der Sproß H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.189-193) Übersetzung: Franz Rottensteiner The diary o f Alonzo Typer (1935) (mit William Lumley) 1) Das Tagebuch des Alonzo Typer H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.93-117) Übersetzung: Franz Rottensteiner The disinterment (1935) (mit Duane W. Rimel) 1) Die Exhumierung H.P Lovecraft: Das Nachtmeer (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1989, Auswahl) Bellheim 1995, Edition Phantasia (S.89-102) Übersetzung: Andreas Kasprzak The doom that came to Sarnath (1920) 1) Der Untergang Sarnaths Franz Rottensteiner (Hrsg ): Pfade ins Unendliche. Insel Almanach A uf das Jahr 1972 Frankfurt am Main 1971, Insel Verlag (S. 137-145) Übersetzung: Michael Maier 2) Das Verderben, das über Sarnath kam H P Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.55-61) Übersetzung: Michael Walter 3) Das Verderben, das über Sarnath kam H P Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.18-24) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Michael Walter 4) Das Verderben, das nach Sarnath kam L. Sprague de Camp (Hrsg.): Schwerter und Magie (Swords And Sorcery, 1963) Frankfurt am Main/Berlin 1988, USF 31160 (S.126-133) Übersetzung: Ronald M. Hahn 5) Das Verderben, das über Sarnath kam H.P Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.149-157) Übersetzung: Karl-Heinz Berger 6) Das Verderben, das über Sarnath kam Rupert Martin (Hrsg.): Die schönsten Fantasy-Geschichten Bern/München/Wien 1993, Scherz Verlag (S.129-136) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Michael Walter

249 7) Das Verderben, das über Sarnath kam Rupert Martin (Hrsg.): Die schönsten Fantasy-Geschichten Bem/München/Wien 1995, SchK 1512 (S.129-136)[Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Michael Walter The dream-quest o f unknown kadath (1943) 1) Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath H.P. Lovecraft: Die Katzen von Ulthar (Originalzusammenstellung, 1980) Frankfurt am Main 1980, ST 625 (PhB 43) (S.25-143) Übersetzung: Michael Walter 2) siehe »3. Romane und Einzelausgaben« 3) Randolph Carter (Auszug) Bertram Kirchner (Hrsg.): Das Buch vom Gral München, 1989, HTB 7880(S. 182-192) 4) siehe »3.Romane und Einzelausgaben« Dreams in the witch-house (1932) 1) Träume im Hexenhaus Kurt Singer (Hrsg.): Horror 2 (Ghost Omnibus; Weird Tales Of The Supernatural; Gothic Reader; Horror Omni­ bus, 1965/66/66/65, Auswahl) Stuttgart/Hamburg 1969, Wolfgang Krüger Verlag (S.52-97) Übersetzung: Joachim A. Frank 2) Träume im Hexenhaus H P. Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1969, Insel Verlag (BHU) (S.85-130) Übersetzung: Rudolf Hermstein 3) Träume im Hexenhaus Kurt Singer (Hrsg.): Horror (Originalzusammenstellung, 1971) Frankfurt am Main/Zürich/Wien 1971, Büchergilde Gutenberg (S.241-276) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Joachim A. Frank 4) Träume im Hexenhaus Kurt Singer (Hrsg.): Horror (Öriginalzusammenstellung, 1971) Stuttgart/Hamburg/München o.J. [1971], Deutscher Bücherbund (S.241-276) [Unveränder­ ter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Joachim A. Frank 5) Träume im Hexenhaus Alden H. Norton (Hrsg.): Ullstein Kriminalmagazin 19 (Great Untold Stories O f Fantasy And Horror, 1969, Teil 2) Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1971, UTB 1402 (S.7-66) Übersetzung: Bodo Baumann 6) Träume im Hexenhaus Kurt Singer (Hrsg.): Horror 2 München 1971, HTB 841 (S.34-66) [Unveränderter Nachdruck von 1)]

250 Übersetzung: Joachim A. Frank 7) siehe »3. Romane und Einzelausgaben« 8) Träume im Hexenhaus H.P. Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1976, ST 357 (PhB 2) (S.81-124) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 9) Träume im Hexenhaus H.P. Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Gütersloh u.a.o.J. [1983], Bertelsmann Lesering (S.102-157) [Ünveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 10) Träume im Hexenhaus Kurt Singer (Hrsg.): Träume im Hexenhaus (Originalzusammenstellung, 1983) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Frankfurt am Main 1983, FTB 8088 (S.7-55) Übersetzung: Joachim A. Frank 11) Träume im Hexenhaus H.P Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987,ST 1306(PhB 184) (S.68-110) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 12) Träume im Hexenhaus Ernst M. Frank (Hrsg.): Hexengeschichten München 1988, HTB 7701 (S.162-212) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 13) Träume im Hexenhaus Franz Rottensteiner (Hrsg.): Schlimme Hexengeschichten Frankfurt am Main 1992, IT 1380 (S. 185-239) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein The Dunwich Horror (1929) 1) Der Schrecken von Dunwich H.P. Lovecraft: 12 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.99-138) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Das Grauen von Dunwich H.P. Lovecraft: Cthulhu Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1968, Insel Verlag (S.125-192) Übersetzung: H.C. Artmann 3) Das Grauen von Dunwich H.P. Lovecraft: Cthulhu Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1972, ST 29 (PhB 19) (S. 125-192) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann

251 4) Horror in Dunwich [Werner Star] (Hrsg.): Luthers Grusel-Magazin 11 Sasbachwalden 1973, Erber & Luther Verlagsgesellschaft (S.83-121) Übersetzung: N.N. 5) Der Schrecken von Dunwich Manfred Kluge (Hrsg.): 13 Psi-Stories München 1976, HA 50 (S. 15-51) Übersetzung: Wulf H. Bergner [Ünveränderter Nachdruck von 1)] 6) Horror in Dunwich Karl Zeigfried: Unheimliche Kräfte {Projection Barrier, 1964) Sasbachwalden, 1976, EGKD 21 (S. 110-127) 7) Das Grauen von Dunwich H.P. Lovecraft: Der Schatten aus der Zeit (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, BS 778 (S.244-309) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann 8) Das Grauen von Dunwich H P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.241-287) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann The electric executioner ( 1929) (mit Adolphe de Castro) 1) Die elektrische Hinrichtungsmaschine H P Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.118-140) Übersetzung: Franz Rottensteiner The evil clergyman (1939) (auch: The wicked clergyman) 1) Metamorphose Ganymed Horror, Nr. 10/11/12 (September 1974) (S.43-46) Übersetzung: Uwe Anton 2) Der Geistliche Peter Haining (Hrsg.): 22 Alptraum-Stories (The Nightmare Reader, 1973, Auswahl) München 1975, HA 45 (S.213-217) Übersetzung: Maikell Michael 3) Der boshafte Geistliche H P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S. 117-121) Übersetzung: Michael Walter 4) Der boshafte Geistliche H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.333-339) Übersetzung: Eva Affandi, Rainer Priebs

252 5) Der boshafte Geistliche The Miscatonic Mirror, Nr.17 (September 1991) (S.43-46) Übersetzung: N.N. Facts concerning the late Arthur Jermyn and his family (1921) (auch: Arthur Jermyn; The white ape) 1) Arthur Jermyn H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S. 197-208) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Arthur Jermyn H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.221-233) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 3) Arthur Jermyn H.P Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.47-57) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 4) Die Wahrheit über den verstorbenen Arthur Jermyn und seine Familie H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.263-276) Übersetzung: Eva Affandi, Rainer Priebs The festival (1925) 1) Das Fest H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.38-49) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Teufelsweihnacht Peter Haining (Hrsg.): 75 Satan-Stories (The Satanists, 1970) München 1975, HA 47 (S.101-110) Übersetzung: N.N. 3) Das Fest H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.44-56) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 4) Das Fest Michael Görden (Hrsg.): Geisterruf. Gespensterbuch 8 Bergisch Gladbach 1985, BPhL 72508 (S.39-53) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 5) Das Fest Isaac Asimov, Martin H. Greenberg, Charles G. Waugh (Hrsg.): Unheilige Nacht (The Twelve Frights O f Christmas, 1986) München 1990, GTB 8077 (S.79-90) Übersetzung: Sabine Ivanovas

253 6) Das Fest Rolf Tobias (Hrsg.): I 0 Gruselgeschichten Bergisch Gladbach 1991, BLTB 26011 (S.6-18) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem The fisherman of Falcon-Point (1959) (mit August Derleth) 1) Der Fischer von Falcon-Point H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S. 153-157) Übersetzung: Franz Rottensteiner Four o ’clock (1949) (mit Sonia Greene) 1) Vier Uhr H P Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.35-40) Übersetzung: Franz Rottensteiner From beyond (1934) 1) Vom Jenseits H P Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.62-70) Übersetzung: Michael Walter The gable window (1957) (mit August Derleth) (auch: The murky glass) 1) Das Giebelfenster H P Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out O f Time And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (S.56-74) Übersetzung: Franz Rottensteiner The ghost-eater (1924) (mit C M. Eddy Jr.) 1) Der Gespensterwolf H P Lovecraft: Das Nachtmeer (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1989, Auswahl) Bellheim 1995, Edition Phantasia (S. 19-31) Übersetzung: Andreas Kasprzak The green meadow (\9T1) (mit Elizabeth Berkeley [d.i. Winifred Virginia Jackson]) 1) Die grüne Wiese H P Lovecraft: Das Nachtmeer (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1989, Auswahl) Bellheim 1995, Edition Phantasia (S.9-16) Übersetzung: Joachim Körber The haunter of the dark (1936) 1) Der dunkle Alptraum H.P Lovecraft: 72 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.68-90) Übersetzung: Wulf 11 Bergner 2) Der leuchtende Trapezoeder H.P. Lovecraft: Cthulhu. Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968)

254 Frankfurt am Main 1968, Insel Verlag (S.86-124) Übersetzung: H.C. Artmann 3) Dämon der Finsternis Anonym (Hrsg.): Luthers Grusel + Horrorcabinet 8 Sasbachwalden 1972, Wolfhart Luther Verlag Übersetzung: N.N. 4) Der leuchtende Trapezoeder H.P. Lovecraft: Cthulhu. Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1972, ST 29 (PhB 19) (S.86-124) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann 5) Dämon der Finsternis [Werner Star] (Hrsg.): Luthers Gruselmagazin 17 Sasbachwalden o.J. [1975], Erber & Luther Verlagsgesellschaft (S.100-127) [Unveränderter Nachdruck von 3)] Übersetzung: N.N. 6) Der dunkle Alptraum Manfred Kluge (Hrsg.): /7 Dämonenstories München 1978, HA 59 (S.92-115) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Wulf H. Bergner 7) Der leuchtende Trapezoeder H.P. Lovecraft: The best of H P. Lovecraft (Originalzusammenstellung, 1996) Frankfurt am Main, 1996, ST 2552 (PhB 332) (S. 65-91) He (1926) 1) £ r H P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.156-169) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Er H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S. 176-190) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 3) Er H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.211-226) Übersetzung: Eva Affendi, Rainer Priebs Herbert WevZ - Reanimator (1922) 1) Herbert West - Der Wiedererwecker H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.100-138) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Die Experimente des Herbert West

255 Michel Parry (Hrsg.): Frankensteins Rivalen (The Rivals Of Frankenstein, 1977, Auswahl) Rastatt 1978, VTB 66 (S.109-143) Übersetzung: Rudolf Mühlstrasser 3) Herbert West - Der Wiedererwecker H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.l 13-156) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 4) Herbert West - Der Wiedererwecker Michael Görden (Hrsg.): Teufelslachen. Gespensterbuch 9 Bergisch Gladbach 1986, BPhL 72509 (S.95-136) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem [Unveränderter Nachdruck von 1)] 5) Herbert West - Reanimator K[arl] E[dward] Wagner (Hrsg.): Diagnose: Exitus. (Intensive Scare, 1990) München 1992, GTB 8101 (S.267-308) Übersetzung: Caspar Holz 6) Herbert W?.sf - Der Wiedererwecker Manfred Kluge (Hrsg.): Frankenstein München 1995, HTB 9280 (S.79-124) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem The horror at Martin ’s Beach ( 1922) (mit Sonia Greene) siehe The invisible monster The horror at Red Hoock (1927) 1) Grauen in Red Hook H P Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.61-88) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Grauen in Red Hook H P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.70-100) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 3) Grauen in Red Hook H P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.138-162) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem The horror from the middle span (1967) (mit August Derleth) 1) Das Grauen vom mittleren Brückenbogen H P. Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out O f Time And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (S.212-233) Übersetzung: Franz Rottensteiner The horror in the museum (1933) (mit Hazel Heald) 1) Das Museum des Schreckens [Lovecraft ungenannt]

256 H[elmuth] W. Mommers, A[rnulf] D. Krauß (Hrsg): 21 Gruselstories München 1966, HA 21 (S.119-150) Übersetzung: Birgit Bohusch, Ingrid Neumann 2) Das Museum des Terrors [Lovecraft ungenannt] Herbert Van Thal (Hrsg.): Schreie aus der Schreckenskammer (The First Pan Book O f Horror Stories, 1959, Auswahl) Rastatt 1975, VTB 28 (S.83-117) Übersetzung: Monika Hahn 3) Das Grauen im Museum H P. Lovecraft: Das Grauen im Museum und andere Erzählungen (The Horror ln The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (S.7-39) Übersetzung: Rudolf Hermstein The horror on the burying ground (1935) (mit Hazel Heald) 1) Das Grauen auf dem Gottesacker H.P Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.77-92) Übersetzung: Franz Rottensteiner The hound (1924) 1) Das Amulett des Grahräuhers James Dickie (Hrsg.): 14 Horror-Stories (The Undead, 1971) München 1973, HA 38 (S.91-102) Übersetzung: Maikell Michael 2) Der Hund H P Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.28-37) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 3) Der Bluthund Michel Parry (Hrsg.): Die Hunde der Hölle (The Hounds Of Hell, 1974) Frankfurt am Main 1977, FTB 1876 (S.7-15) Übersetzung: Karl H. Kosmehl 4) Der Hund H P Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.33-43) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 5) Das Amulett des Grabräubers Manfred Kluge (Hrsg.): Gespenstergeschichten aus Amerika München 1981, HTB 5805 (S.141-149) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: [Maikell Michael] 6) Das Amulett des Grabräubers Manfred Kluge (Hrsg.): 18 Gespenstergeschichten

257 München 1982, HTB 5805 [2.Auflage] (S.141-149) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: [Maikell Michael] 7) Der Hund Ernst M. Frank (Hrsg.): Phantastische Tiergeschichten München 1985, HTB 6531 (S.149-159) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem Hypnos (1923) 1) Hypnos Dark Things, Nr.3 (März 1981) (S.3-9) Übersetzung: Götz Lautenbach 2) Hypnos H P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S. 100-107) Übersetzung: Michael Walter 3) Hypnos H P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.201-210) Übersetzung: Karl-Heinz Berger Imprisoned with the Pharaohs (1924) (als Harry Houdini) (auch: linder the pyramid) 1) Gefangen bei den Pharaonen H P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S. 151 -181) Übersetzung: Michael Walter 2) Gefangen bei den Pharaonen Anonym (Hrsg.): Die grusligsten Gruselgeschichten Wien 1987, Tosa Verlag (S.86-115) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Michael Walter In the vault (1925) 1) In der Gruft H P. Lovecraft: ¡2 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.19-27) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Rache in der Gruft Anonym (Hrsg.): Luthers Grusel + Horrorcabinet 12 Sasbachwalden 1972, Wolfhart Luther Verlag (S.164-171) Übersetzung: Ernst Heyda, Hella Unruh 3) Rache in der Gruft Tesco Tavernese, Bernhard Pfetschinger (Hrsg.): Dorf in Panik Sasbachwalden 1976, EGKD 10, (S.123-128) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: [Ernst Heyda, Hella Unruh] 4) In der Gruft

258 Manfred Kluge (Hrsg.): 18 Gänsehaut-Stories München 1976, HA 53 (S.126-134) Übersetzung: Wulf H. Bergner [Unveränderter Nachdruck von 1)] 5) Gefangen im Grab Henri Charpentier (Hrsg.): Das große Buch der Spukgeschichten o.O. 1977, Sperber Buchvertrieb (S. 277 - 284) Übersetzung: N.N. 6) Gefangen im Grab Henry Charoentier (Hrsg.): Gruselgeschichten Menden 1979, Edition Aktuell (S.277-284) Übersetzung: N.N. 7) In der Gruft H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.7-16) Übersetzung: Michael Walter 8) In der Gruft Gerd Haffmans (Hrsg.): Der Rabe 1 Zürich 1982, Haffmans Verlag (S.56-66) [Unveränderter Nachdruck von 7)] Übersetzung: Michael Walter 9) In der Gruft Emst M. Frank (Hrsg.): Gespenstergeschichten München 1986, HTB 6638 (S.253-262) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Wulf H. Bergner 10) Im Totenkeller H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.27-39) Übersetzung: Karl-Heinz Berger In the walls ofEryx (1939) (mit Kenneth Sterling) 1) In den Mauern von Eryx H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.182-216) Übersetzung: Michael Walter 2) In den Mauern von Eryx H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.277-319) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Michael Walter Innsmouth clay (1971) (mit August Derleth) 1) Innsmouth-Ton H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.174-186)

259 Übersetzung: Franz Rottensteiner The invisible monster (1922) (mit Sonia Greene) (auch: The horror at Martin ’s Beach) 1) Das unsichtbare Ungeheuer H P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.27-34) Übersetzung: Franz Rottensteiner The lamp o f Alhazred ( 1957) (mit August Derleth) 1) Die Lampe des Alhazred H P Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out O f Time And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (S.151-161) Übersetzung: Franz Rottensteiner The last test (1927) (mit Adolphe de Castro) 1) Das letzte Experiment H.P Lovecraft: Das Grauen im Museum und andere Erzählungen (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (S.78-134) Übersetzung: Rudolf Hermstein The loved dead (1923) (mit C.M. Eddy Jr.) 1) Die geliebten Toten H.P Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.41-52) Übersetzung: Franz Rottensteiner The lurking fear (1922) 1) Die lauernde Furcht H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.170-196) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Die lauernde Furcht H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.191-220) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem The man of stone (1932) (mit Hazel Heald) 1) Der Mann aus Stein H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.9-26) Übersetzung: Franz Rottensteiner Medusa’s coil (1939) (mit Zelia Bishop) 1) Das Haar der Medusa II P Lovecraft: Das Grauen im Museum und andere Erzählungen (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (S.186-233)

260 Übersetzung: Rudolf Hermstein The moon bog (1926) 1) Das Mond-Moor H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) Übersetzung: Michael Walter The mound (1940) (mit Zelia Bishop) 1) Der Hügel H.P Lovecraft: Das Grauen im Museum und andere Erzählungen {The Horror ln The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (S.247-332) Übersetzung: Rudolf Hermstein The murky glass (1957) (mit August Derleth) siehe The gable window The music of Erich Zarin (1922) 1) Die Musik des Erich Zann H.P. Lovecraft: Cthulhu. Gewiergeic/tic/ifezi (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1968, Insel Verlag (S.72-85) Übersetzung: H.C. Artmann 2) Die Musik von Erich Zann [Werner Star] (Hrsg.): Luthers Gruselmagazin 9 Sasbachwalden 1973, Wolfhart Luther Verlag (S.73-83) Übersetzung: N.N. 3) Die Musik des Erich Zann H.P. Lovecraft: Cthulhu. Geistergeschichten. (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1972, ST 29 (PhB 19) (S.72-85) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann 4) Die Musik des Erich Zann Christian Brandstätter (Hrsg.): Phantastica. 24 Geschichten der Weltliteratur. Wien 1976, Molden Verlag (S.140-151) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann 5) Die Musik des Erich Zann H.P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.128-137) Übersetzung: H.C. Artmann [Unveränderter Nachdruck von 1)] 6) Die Musik des Erich Zann Ralf Märtin (Hrsg.): Strandkorb 1 München 1989, SP 1133 [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann 7) Die Musik des Erich Zann Franz Rottensteiner (Hrsg.): Phantastische Begegnungen.

261 Frankfurt am Main 1990. ST 1741 (PhB 250) (S.122-131) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann 8) Die Musik des Erich Zarin HP. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.15-26) Übersetzung: Karl-Heinz Berger 9) Die Musik des Erich Zann Rainer Geist (Hrsg.): Das Hausbuch der Hexen, Teufel und Dämonen Zürich 1990, Haffmans Verlag (S.277-287) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: H.C. Artmann The nameless city (1921) 1) Stadt ohne Namen H P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.5-20) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Stadt ohne Namen H P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.7-24) [Ünveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 3) Stadt ohne Namen H.P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PnB 184) (S.33-46) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem The night ocean (1936) (mit Robert H. Barlow) 1) Das Nachtmeer H[ans] J[oachim] Alpers (Hrsg.): Gefährten der Nacht Rastatt 1985, MPh 1821 (S.167-191) Übersetzung: Joachim Korber 2) Das Nachtmeer H P. Lovecraft: Das Nachtmeer (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1989, Auswahl) Bellheim 1995, Edition Phantasia (S.105-132) [überarbeiteter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Joachim Korber The other gods (1933) 1) Die anderen Götter [L. Sprague de Camp,] Walter Spiegl (Hrsg.): Science Fiction Stories 21 (The FantasticSwordsmen, 1967, Auswahl) Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1972, UTB 2936 (S.42-47) Übersetzung: Ingrid Rothmann 2) Die anderen Götter H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.86-91) Übersetzung: Michael Walter

262 3) Die anderen Götter L. Sprague de Camp (Hrsg.): Drachenmond (The Fantastic Swordsmen, 1967) Frankfurt am Main/Berlin 1987, USF 31150 (S. 150-155) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Ingrid Rothmann 4) Die anderen Götter H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.133-139) Übersetzung: Karl-Heinz Berger Out of the Eons (1933) (mit Hazel Heald) 1) Aus Äonen H.P. Lovecraft: Das Grauen im Museum und andere Erzählungen (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (S.135-165) Übersetzung: Rudolf Hermstein The outsider (1926) 1) Der Außenseiter Ellery Queen (Hrsg.): 13 Kriminalstories (Ellery Queen’s 1965 Anthology, 1965) [Leseprobe; nur in der deutschen Ausgabe] München 1965, HA 10 (S.296-301) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Der Außenseiter H.P Lovecraft: Z2 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.297-302) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Wulf H. Bergner 3) Der Außenseiter H.P Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1969, Insel Verlag (BHU) (S.40-47) Übersetzung: Rudolf Hermstein 4) Der Außenseiter Hanna Bautze (Hrsg.): Das Wassergespenst von Harrowby Hall Ravensburg 1971, RTB 200 (S.58-70) [Unveränderter Nachdruck von 3)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 5) Der Außenseiter H.P. Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1976, ST 357 (PhB 2) (S.39-46) Übersetzung: Rudolf Hermstein [Ünveränderter Nachdruck von 3)] 6) Der Außenseiter Manfred Kluge (Hrsg.): Die besten Gespenstergeschichten aus aller Welt München 1976, HTB 5227 (S.149-156) [Unveränderter Nachdruck von 3)[ Übersetzung: Rudolf Hermstein 7) Der Außenseiter

263 Hans Joachim Alpers (Hrsg.): H P Lovecraft - Der Poet des Grauens Meitingen 1983, EF 1 (S.111-118) [Unveränderter Nachdruck von 3)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 8) Der Außenseiter H.P. Lovecraft: Das Dine auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Gütersloh u.a. o.J. [1983], Bertelsmann Lesering (S.48-57) [Unveränderter Nachdruck von 3)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 9) Der Außenseiter Franz Rottensteiner (Hrsg.): Phantastische Aussichten Frankfurt am Main 1985,ST 1188(PhB 160)(S. 169-176) [Unveränderter Nachdruck von3)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 10) Der Außenseiter H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.5-14) Übersetzung: Karl-Heinz Berger 11) Der Außenseiter H.P. Lovecraft: The best o f H.P. Lovecraft (Originalzusammenstellung, 1996) Frankfurt am Main 1996, ST 2552 (PhB 332) (S. 7-30) [unveränderter Nachdruck von 2] Übersetzung: H.C. Artmann The Preabody heritage (1954) (mit August Derleth) 1) Das Preahody-Erbe [August Derleth ungenannt] Peter Haining (Hrsg.): Spuk (The Evil People, 1968) Frankfurt am Main 1974, FTB 1447 (S.22-41) Übersetzung: Jürgen Abel 2) Das Erbe der Preabodys H P. Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out OfTime And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (S.31-55) Übersetzung: Franz Rottensteiner Pickman ’s Model ( 1927) 1) Pickman ’s Modell H P. Lovecraft: 12 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.28-40) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Pickman ’s Modell H.P. Lovecraft: Cthulhu Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1968, Insel Verlag (S.15-38) Übersetzung: H.C. Artmann 3) Pickman 's Modell [Werner Star] (Hrsg.): Luthers Gruselmagazin 9

264 Sasbachwalden 1973, Wolfhart Luther Verlag (S.51-66) Übersetzung: N.N. 4) Pickman ’s Modell H.P. Lovecraft: Cthulhu Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1972, ST 29 (PhB 19) (S. 15-38) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann 5) Pickman's Modell H P Lovecraft: Die Schatten aus der Zeit (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, BS 778 (S.221-243) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann 6) Pickman ’s Modell Franz Rottensteiner (Hrsg.): Phantastische Welten Frankfurt am Main 1984,ST 1068(PhB 137) (S.425-443) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann 7) Pickman 's Modell Bill Pronzini, Barry N.Malzberg, Martin H.Greenberg (Hrsg.): Unheimliches (The Arbor House Treasury O f Horror And The Supernatural, 1981) München 1985, HJB 9 (S.208-225) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann 8) Pickman ’s Modell H.P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.lll-127) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann The picture in the house ( 1920) 1) Das Bild in dem Haus H.P. Lovecraft: 12 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.91-98) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Das Bild im Haus H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.89-99) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Kdinckowstroem 3) Das Bild im Haus H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S. 101-112) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 4) Das Bild im Haus H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.40-51) Übersetzung: Karl-Heinz Berger

265 Poetry and the gods (1920) (als Henry Paget-Low, mit Anna Helen Crofts) 1) Die Dichtkunst und die Götter H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.210-217) Übersetzung: Franz Rottensteiner Polaris (1920/26) 1) Polaris Dark Things, Nr.3 (März 1981) (S. 16-19) Übersetzung: Götz Lautenbach 2) Polaris H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.38-42) Übersetzung: Michael Walter 3) Polaris H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.158-163) Übersetzung: Karl-Heinz Berger The quest of Iranon (1935) 1) Von Iranons Suchen Dark Things, Nr.3 (März 1981) (S.10-16) Übersetzung: Götz Lautenbach 2) Iranons Suche H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779(PhB 71) (S.92-99) Übersetzung: Michael Walter 3) Die Sehnsucht Iranons Erhard Ringer, Hermann Urbanek (Hrsg.): Ashtaru der Schreckliche München 1982, HSF 3915 (S.131-140) Übersetzung: Michael Wittmann 4) Die Sehnsucht Iranons Manfred Kluge (Hrsg.): Im Reich der Phantasie München 1984, HTB 6457 (S.134-141) [Unveränderter Nachdruck von 3)] Übersetzung: Michael Wittmann 5) Iranons Suche H P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PnB 184) (S.25-32) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Michael Walter 6) Iranons Suche H P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S. 140-148) Übersetzung: Karl-Heinz Berger The rats in the walls ( 1924)

266 1) Die Ratten in den Mauern H[elmuth] W. Mommers, A[rnulf] D. Krauß (Hrsg): 22 Horror-Stories München 1966, HA 16 (S.93-115) Übersetzung: Ingrid Neumann 2) Die Ratten im Gemäuer H.P. Lovecraft: Cthulhu Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1968, Insel Verlag (S.39-71) Übersetzung: H.C. Artmann 3) Die Ratten im Gemäuer H.P. Lovecraft: Cthulhu Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1972, ST 29 (PhB 19) (S.39-71) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann 4) Die Ratten in der Wand Anonym (Hrsg.): Luthers Gruselmagazin 12 Sasbachwalden 1973, Erber & Luther Verlagsgesellschaft (S.5-28) Übersetzung: N.N. 5) Die Ratten in der Wand Michael Görden (Hrsg.): Grabgeflüster. Gespensterbuch 2 Bergisch Gladbach 1984, BPhL 72502 (S.73-100) Übersetzung: N.N. 6) Die Ratten in den Mauern Terry Carr, Martin H. Greenberg (Hrsg.): Traumreich der Magie (A Treasury O f Modern Fantasy, 1981) München 1985, HSF 4254 (S.19-40) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Ingrid Neumann 7) Die Ratten in der Wand Rolf Tobias (Hrsg.): 10 Grusel-Geschichten Bergisch Gladbach 1991, BLTB 26011 (S.31-51) [Unveränderter Nachdruck von 5)] Übersetzung: N.N. 8) Die Ratten im Gemäuer Joachim Körber (Hrsg.): Ratten München 1993, HTB 8768 (S.7-31) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: H.C. Artmann 9) Die Ratten im Gemäuer H.P. Lovecraft: The best o f H.P. Lovecraft (Originalzusammenstellung, 1996) Frankfurt am Main 1996, ST 2552 (PhB 332) (S. 134-211) The shadow in the attic (1964) (mit August Derleth) 1) Der Schatten in der Dachkammer H.P. Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out OfTime And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (S.162-183) Übersetzung: Franz Rottensteiner

267 The shadow out of space (1957) (mit August Derleth) 1) Der Schatten aus dem All H P. Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out OfTime And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (S.91-112) Übersetzung: Franz Rottensteiner The shadow out o f time (1934) 1) Der Schatten aus der Zeit H P Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1969, Insel Verlag (BHU) (S.131-214) Übersetzung: Rudolf Hermstein 2) Der Schatten aus der Zeit H P Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1976, ST 357 (PhB 2) (S. 125-202) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 3) Der Schatten aus der Zeit H P Lovecraft: Der Schatten aus der Zeit (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, BS 778 (S.7-112) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 4) Der Schatten aus der Zeit H P Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Gütersloh u.a. o.J. [19831, Bertelsmann Lesering (S. 158-256) [Ünveränderter Nachdruck von !)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 5) Der Schatten aus der Zeit H P Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.321-396) [ünveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 6) Der Schatten aus der Zeit H P Lovecraft: The bestofH.P. Lovecraft (Originalzusammenstellung, 1996) Frankfurt am Main 1996, ST 2552 (PhB 332) (S. 134-211) [Unveränderter Nachdruck von !.)] Übersetzung: Rudolf Hermstein The shadow over Innsmouth (1936) 1) Der Schatten über Innsmouth H P Lovecraft: 12 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.243-296) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Schatten über Innsmouth H P Lovecraft: Der Fall Charles Dexter Ward (Originalzusammenstellung, 1971 ) Frankfurt am Main 1971, Insel Verlag (BHU) (S.168-251) Übersetzung: Rudolf Hermstein

268 3) Schatten über Innsmouth H.P. Lovecraft: Der Fall Charles Dexter Ward (Originalzusammenstellung, 1971) Frankfurt am Main 1977, ST 391 (PhB 8) (S.159-238) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 4) Schatten über Innsmouth H P Lovecraft: The best o f H.P. Lovecraft (Originalzusammenstellung, 1996) Frankfurt am Main 1996, ST 2552 (PhB 332) (S. 134-211) [Unveränderter Nachdruck von !.)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 5) siehe »3. Romane und Einzelausgaben« The shunned house (1937) 1) Das gemiedene Haus H P Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.213-247) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Das gemiedene Haus Kurt Singer (Hrsg.): Satansbraten ä la carte (Satanic Omnibus, 1973, Auswahl) Rastatt 1978, VTB 59 (S.69-106) Übersetzung: Annegret Groß-Hermanns 3) Das gemiedene Haus H.P Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.239-277) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 4) Das gemiedene Haus Michael Görden (Hrsg.): Nachtspuk. Gespensterbuch 1 Bergisch Gladbach 1984, BPhL 72501 (S.95-129) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 5) Das gemiedene Haus H.P Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.67-104) Übersetzung: Eva Affandi, Rainer Priebs The shuttered room (1959) (mit August Derleth) 1) Das vernagelte Fenster H.P. Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out O f Time And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (S. 113-150) Übersetzung: Franz Rottensteiner The silver key ( 1929) 1) Der Silberschlüssel H.P. Lovecraft: Die Katzen von Ulthar (Originalzusammenstellung, 1980) Frankfurt am Main 1980, ST 625 (PhB 43) (S. 144-158)

269 Übersetzung: Michael Walter 2) Der silberne Schlüssel HP. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.110-127) Übersetzung: Karl-Heinz Berger The sorery o f Aphlar (1934) (mit Duane W. Rimel) 1) Die Hexerei des Aphlar Cthulhu & Co., Nr.4-5 (August 1990) (S.11-12) Übersetzung: Andreas Städing The statement of Randolph Carter (1920) 1) Die Aussage des Randolph Carter Kalju Kirde (Hrsg.): Das unsichtbare Auge Frankfurt am Main 1979, ST 477 (PhB 22) (S.159-165) Übersetzung: Michael Walter 2) Die Aussage des Randolph Carter H P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.31-37) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Michael Walter The strange high house in the mist (1931) 1) Visionen im Nebel Leo Margulies (Hrsg.): Ullstein Kriminalmagazin 10 {Weird Tales, 1965, Auswahl) Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1968, UTB 1163 (S.101-112) Übersetzung: Udo Schwager 2) Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.50-60) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 3) Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel H P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.57-69) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 4) Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel Michael Görden (Hrsg.): Das große Buch der Fantasy Bergiscn Gladbach 1982, BÜP 28102 (S.168-177) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 5) Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel H P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (S.58-67) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 6) Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel Michael Görden (Hrsg.): Das große Buch der Fantasy

270 Bergisch Gladbach 1988, BLTB 13162 (S. 190-199) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 7) Das seltsame hochgelegene Haus im Nebel H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.181-194) Übersetzung: Karl-Heinz Berger The Street (1920) 1) Die Straße H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.218-224) Übersetzung: Franz Rottensteiner The survivor (1954) (mit August Derleth) 1) Der Nachkomme H.P. Lovecraft, August Derleth: Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out O f Time And Others, 1974, Auswahl) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (S.7-30) Übersetzung: Franz Rottensteiner The temple (1925) 1) Der Tempel H.P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.139-155) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Der Tempel H P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.157-175) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 3) Der Tempel H P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.243-262) Übersetzung: Eva Affandi, Rainer Priebs 4) The temple (englischer Text) Cthulhu & Cd., Nr.4-5 (August 1990) (S.57-62) The terrible old man (1921) 1) Der schreckliche Alte H.P. Lovecraft: 12 Grusel-Stories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.212-215) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Der schreckliche Alte Weird Fiction Times, Nr.48 (Februar 1977) (S.29-30) Übersetzung: Heinz W. Kloos 3) Der schreckliche Alte H.P. Lovecraft:

271 In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.27-30) Übersetzung: Michael Walter 4) Der schreckliche alte Mann H P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.105-109) Übersetzung: Eva Affandi, Rainer Priebs The thing in the moonlight (1941) 1) Das Ding im Mondlicht Ganymed Horror, Nr. 10/11/12 (September 1974) (S.54-55) Übersetzung: Heinz W. Kloos 2) Das Ding dort im Mondlicht Dark Things, Nr.3 (März 1981) (S.9-10) Übersetzung: Götz Lautenbach 3) Das Ding im Mondlicht H P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.198-200) Übersetzung: Franz Rottensteiner The thing on the doorstep (1937) 1) Das Ding auf der Schwelle H P. Lovecraft: 12 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.216-242) Übersetzung: Wulf H. Bergner 2) Das Ding auf der Schwelle H P. Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1969, Insel Verlag (BHU) (S.5-39) Übersetzung: Rudolf Hermstein 3) Das Grauen pocht an meine Tür Michel Parry (Hrsg.): Lautlos schleicht das Grauen (The Devil’s Children, 1974, Auswahl) Rastatt 1975, VTB 22 (S.25-55) Übersetzung: Werner Gronwald 4) Das Ding auf der Schwelle H P. Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1976, ST 357 (PhB 2) (S.7-38) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 5) Das Ding auf der Schwelle Manfred Kluge (Hrsg.): 17 Horrorstories München 1976, HA 49 (S.l 1-36) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Wulf H. Bergner 6) Das Ding auf der Schwelle H P. Lovecraft: Das Ding auf der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Gütersloh u.a.o.J. [1983], Bertelsmann Lesering (S.7-47) [Unveränderter Nachdruck von 2)]

272 Übersetzung: Rudolf Hermstein 7) Das Ding auf der Schwelle Joachim Korber (Hrsg.): Abgründe BernZMünchen/Wien 1996, Scherz-Verlag [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein Through the gates of the silver key (1932) (mit E. Hoffman Price) 1) Durch die Tore des Silberschlüssels H.P. Lovecraft: Die Katzen von Ulthar (Originalzusammenstellung, 1980) Frankfurt am Main 1980, ST 625 (PhB 43) (S. 159-201) Übersetzung: Michael Walter Till a ’ the seas (1935) (mit Robert 11.Barlow) siehe Till all the seas Till all the seas (1935) (mit Robert H.Barlow) (auch: Till a' the seas ) 1) Bis zur Neige H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.67-76) Übersetzung: Franz Rottensteiner The tomb (1922) V) Das Grab II P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S. 139-150) Übersetzung: Michael Walter 2) Die Gruft H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.52-66) Übersetzung: Karl-Heinz Berger The transmission of Juan Romero ( 1944) 1) Das Verschwinden des Juan Romero H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.225-232) Übersetzung: Franz Rottensteiner The trän (1932) (mit Henry S. Whitehead) 1) Die Falle [Lovecraft ungenannt] Henry S. Whitehead: Der Zombie und andere westindische Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1986), Frankfurt am Main 1986, ST 1255 (PhB 172) (S.215-240) Übersetzung: Friedrich Polakovics 2) Die Falle H.P. Lovecraft: Das Nachtmeer (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1989, Auswahl) Bellheim 1995, Edition Phantasia (S.45-71) Übersetzung: Andreas Kasprzak, Joachim Korber The tree (1921)

1) Der Baum

273 H P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S.71-75) Übersetzung: Michael Walter 2) Der Baum SF-Star, Nr.5 (Mai 1983) (S.60-61) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Michael Walter 3) Der Baum H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S. 195-200) Übersetzung: Karl-Heinz Berger The tree on the hill (1940) (mit Duane W. Rimel) 1) Der Baum auf dem Hügel H.P. Lovecraft: Das Nachtmeer (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1989, Auswahl) Bellheim 1995, Edition Phantasia (S.73-86) Übersetzung: Andreas Kasprzak Two black bottles (1927) (mit Wilfred Blanch Talman) 1) Zwei schwarze Flaschen H.P. Lovecraft: Das Grauen im Museum und andere Erzählungen (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (S.234-246) Übersetzung: Rudolf Hermstein Under the pyramid (1924) siehe Imprisoned with the Pharaohs The unnameable (1925) 1) Das Unnennbare H.P. Lovecraft: In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (S. 108-116) Übersetzung: Michael Walter The very old folk (1940) 1) Das uralte Volk H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.201-209) Übersetzung: Franz Rottensteiner Wentworth ’s day (1957) (mit August Derleth) 1) Wentworth ’s Tag H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.141-152) Übersetzung: Franz Rottensteiner The whisperer in the darkness (1931) 1) Das Flüstern im Dunkeln H.P. Lovecraft: 12 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (S.148-211) Übersetzung: Wulf H. Bergner

274 2) Das Flüstern im Dunkeln H.P. Lovecraft: Bergedes Wahnsinns (Originalzusammenstellung, 1970) Frankfurt am Main 1970, Insel Verlag (BHU) (S.140-224) Übersetzung: Rudolf Hermstein 3) Das Flüstern im Dunkeln H.P. Lovecraft: Bergedes Wahnsinns (Originalzusammenstellung, 1970) Frankfurt am Main 1975, ST 220 (PhB 24) (S.135-215) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 4) Das Flüstern im Dunkeln H P Lovecraft: Der Schatten aus der Zeit (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, BS 778 (S. 113-220) [Unveränderter Nachdruck von 2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 5) Das Flüstern im Dunkeln H.P. Lovecraft: Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987,ST 1306(PhB 184) (S. 163-240) [Unveränderter Nachdruck von2)] Übersetzung: Rudolf Hermstein 6) siehe »3. Romane und Einzelausgaben« The white ape (1921) siehe Facts concerning the late Arthur Jermyn and his family The white ship (1919) 1) Das weiße Schiff H.P. Lovecraft: Die Katzen von Ulthar (Originalzusammenstellung, 1980) Frankfurt am Main 1980, ST 625 (PhB 43) (S. 11-17) Übersetzung: Michael Walter 2) Das weiße Schiff Anonym (Hrsg.): Die phantastischsten Fantasy-Geschichten Wien 1985, Tosa Verlag (S.253-260) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Michael Walter 3) Das weiße Schiff H.P. Lovecraft: Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (S.164-171) Übersetzung: Karl-Heinz Berger The wicked clergyman (1939) siehe The evil clergyman The winged death (1933) (mit Hazel Heald) 1) Flügel des Todes H.P. Lovecraft: Das Grauen im Museum und andere Erzählungen (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (S.49-77) Übersetzung: Rudolf Hermstein Witch’s Hollow (1962) (mit August Derleth)

275 1) Die Schlucht der Dämonen August Derieth (Hrsg.): Rendezvous mit dem Würgeengel (Dark Mind, DarkHeart, 1962, Auswahl) Rastatt 1976, VTB 36 (S.66-85) Übersetzung: Werner Gronwald 2) Das Hexenloch H P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.158-173) Übersetzung: Franz Rottensteiner 2, Gedichte Alienation (1931) 1) Entfremdung HP. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.40) Übersetzung: Michael Siefener The ancient track ( 1930) 1) Der alte Pfad The Miscatonic Mirror, Nr.!4 (Dezember 1990) (S.51) Übersetzung: Andreas Städing Antarctos (1930) 1) Antarktos H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.23) Übersetzung: Michael Siefener Azathoth (1931) 1) Azathoth H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S.30) Übersetzung: Michael Siefener Background (1930) 1) Hintergrund H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.38) Übersetzung: Michael Siefener The bells (1930) 1) Die Glocken H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.27) Übersetzung: Michael Siefener The book (1934) 1) Das Buch H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943)

276 Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.9) Übersetzung: Michael Siefener The canal ( 1932) 1) Der Kanal HP. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S.32) Übersetzung: Michael Siefener The city (1919) (als Ward Phillips) 1) siehe »3. Romane und Einzelausgaben« Continuity (1936) 1) Fortbestand H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S.44) Übersetzung: Michael Siefener The courtyard (1930) 1) Der Hof H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.17) Übersetzung: Michael Siefener The dweller (1930) 1) Der Bewohner H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.39) Übersetzung: Michael Siefener The elder pharaohs (1931) 1) Der ältere Schrein H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.35) Übersetzung: Michael Siefener Evening Star (1943) 1)Abendstern H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.43) Übersetzung: Michael Siefener Ex oblivione (1921) (als Ward Phillips) 1) Ex oblivione H.P. Lovecraft: Ex oblivione (Originalzusammenstellung, 1989) o.O. [Haan] 1989, Privatdruck von Michael Siefener (S.8-11) Übersetzung: Michael Siefener 2) Ex oblivione H P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.236-238) Übersetzung: Franz Rottensteiner

277 Expectancy (1943) 1) liegehr H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S.36) Übersetzung: Michael Siefener The familiars (1930) 1) Die Schutzgeister H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.34) Übersetzung: Michael Siefener The feast (1923) 1) Das Fest The Miscatonic Mirror, Nr. 14 (Dezember 1990) (S.2) Übersetzung: N.N. The gardens of yin (1932) 1) Die Gärten von Yin H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener Übersetzung: Michael Siefener Harbour whistles (1930) 1) Hafengepfeife II P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S.41) Übersetzung: Michael Siefener Hesperia (1930) 1) Hesperia H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S.21) Übersetzung: Michael Siefener Homecoming (1935) 1) Heimkehr H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S. 13) Übersetzung: Michael Siefener The howler (1932) 1) Die Klage H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S.20) Übersetzung: Michael Siefener The key (1935) 1) Der Schlüssel H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943)

278 Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S .ll) Übersetzung: Michael Siefener The lamp (1931) 1) Die Lampe H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S. 14) Übersetzung: Michael Siefener Memory (1919) 1) Erinnerung H P. Lovecraft: Ex ohlivione (Originalzusammenstellung, 1989) o.O. [Haan] 1989, Privatdruck von Michael Siefener (S.6-7) Übersetzung: Michael Siefener 2) Erinnerung H P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.235-236) Übersetzung: Franz Rottensteiner A memory (1943) 1) Eine Erinnerung H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S.25) Übersetzung: Michael Siefener Mirage (1931) 1) Trugbild H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.31) Übersetzung: Michael Siefener Nathicana (1927) (als Albert Frederick Willie) 1) siehe »3. Romane und Einzelausgaben« Night-Gaunts (1930) 1) Nachtgespenster H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Pnvatdruck von Michael Siefener (S.28) Übersetzung: Michael Siefener Nostalgia (1930) 1) Nostalgie H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.37) Übersetzung: Michael Siefener Nyarlathotep (1920) 1) Nyarlathotep H P. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (S.209-212)

279 Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem 2) Nyarlathotep HP. Lovecraft: Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (S.234-238) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem Nyarlathotep (1931) 1) Nyarlathotep H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.29) Übersetzung: Michael Siefener The pigeon-flyers ( 1943) 1) Die Vögel H P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.18) Übersetzung: Michael Siefener The port (1930) 1) Der Hafen H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.16) Übersetzung: Michael Siefener Psychopompos (1919) 1) Psychopompos (englischer Text) Lands Of Wonder, Nr.4 (1968) Pursuit (1934) 1) Verfolgung H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S. 10) Übersetzung: Michael Siefener Recapture (1930) 1) Wiedererlangung H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.42) Übersetzung: Michael Siefener Recognition (1936) 1) Erkenntnis H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S. 12) Übersetzung: Michael Siefener St. Toad’s (1943) 1) St. Frosch H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.33)

280 Übersetzung: Michael Siefener Star Winds (1930) 1) Sternenwinde H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth {Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.22) Übersetzung: Michael Siefener To Pan (1919) (als Michael Ormonde O’Reilly) 1) To Pan (englischer Text) Lands Of Wonder, Nr.4 (1968) The well (1930) 1) Der Brunnen H P Lovecraft: Pilze vom Yuggoth {Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.19) Übersetzung: Michael Siefener What the moon brings (1923) 1) Was der Mond hervorbringt H.P. Lovecraft: Exoblivione (Originalzusammenstellung, 1989) o.O. [Haan] 1989, Privatdruck von Michael Siefener (S.12-15) Übersetzung: Michael Siefener 2) Was der Mond bringt H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.238-240) Übersetzung: Franz Rottensteiner The window (1931) 1) Das Fenster H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth {Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.24) Übersetzung: Michael Siefener Zaman ’s hill (1934) 1) Zamans Berg H.P. Lovecraft: Pilze vom Yuggoth {Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (S.15) Übersetzung: Michael Siefener 3. Romane und Einzelausgaben At the mountains of madness ( 1936) [siehe auch » 1. Kurzgeschichten«] 3) Berge des Wahnsinns Frankfurt am Main 1990, ST 1780 (PhB 258) (191 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein The case of Charles Dexter Ward (1941 ) [siehe auch »1. Kurzgeschichten«] 3) Der Fall Charles Dexter Ward Frankfurt am Main 1990, ST 1782 (PhB 260) (227 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein

281 The city (1919) (als Ward Phillips) [siehe auch »2. Gedichte«] 1) Die Stadt Köln 1991, Privatdruck von Michael Siefener(15 S.) Übersetzung: Michael Siefener The dream-quest of unknown Kadath (1927) [siehe auch »1. Kurzgeschichten«] 2) Die Traumfahrt zum unbekannten Kadath Stuttgart 1980, Verlagsgemeinschaft Klett-Cotta (HP) (206 S.) Übersetzung: Hans J. Schütz 3) Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath Frankfurt am Main 1992, ST 1556 (PhB 287) (125 S.) Übersetzung: Michael Walter Dreams in the witch-house (1932) [siehe auch »1. Kurzgeschichten«] 7) Träume im Hexenhaus Berlin 1971, Anabis Verlag (Sammlung Anabis 3) (46 S.) Übersetzung: Joachim A. Frank The lurker at the treshhold ( 1945) (mit August Derleth) 1) Das Grauen vor der Tür Bergisch Gladbach 1979, BHB 70018 (206 S.) Übersetzung: Annette von Charpentier 2) Das Grauen vor der Tür Bergisch Gladbach 1982, BPhL 72013 (210 S.) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Annette von Charpentier Vorwort: Michael Görden 3) Das Tor des Verderbens Frankfurt am Main 1994, ST 2287 (PhB 307) (180 S.) Übersetzung: Michael Koseier Nathicana (1927) (als Albert Frederick Willie) [siehe auch »2. Gedichte«] 1) Nathicana Köln 1991, Privatdruck von Michael Siefener (15 S.) Übersetzung: Michael Siefener The shadow over Innsmouth (1931) [siehe auch »1 .Kurzgeschichten«] 4) Schatten über Innsmouth Frankfurt am Main 1990, ST 1783 (PhB 261) (121 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein The whisperer in the darkness (1931) [siehe auch »1. Kurzgeschichten«] 6) Der Flüsterer im Dunkeln Frankfurt am Main 1990, ST 1781 (PhB 259) (123 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein 4. Kurzgeschichten- und Gedichtsammlungen Bergedes Wa/jHsi/ins(Originalzusammenstellung, 1970) Frankfurt am Main 1970, Insel Verlag (BHU) (225 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein Enthält: Berge des Wahnsinns (»At The Mountains Of Madness«); Der Flüsterer im Dunkeln (»The Whisperer ln Darkness«). Bergedes Vya/izi.vi'nns(Originalzusammenstellung, 1970) Frankfurt am Main 1975, ST 220 ([ab 4. Auflage 1979:] PhB 24) (215 S.) Unveränderter Nachdruck

282 Cthulhu - Geistergeschichten(Onem&\zusammcnste\lmg,, 1968) Frankfurt am Main 1968, Insel Verlag (241 S.) Übersetzung: H.C. Artmann, Gerald Bisinger Enthält: Giorgio Manganelli: Vorwort; Pickmans Modell (»Pickman’s Model«); Die Ratten im Gemäuer (»The Rats ln The Walls«); Die Musik des Erich Zann (»The Music Of Erich Zann«); Der leuchtende Trapezoeder (»The Haunter Of The Dark«); Das Grauen von Dun wich (»The Dunwich Horror«); Cthulhus Ruf (»The Call Of Cthulhu«). Cthulhu - Geistergeschichten (Originalzusammenstellung, 1968) Frankfurt am Main 1972, ST 29 ([ab 4. Auflage 1977:] PhB 19) (241 S.) Unveränderter Nachdruck Das Ding a u f der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1969, Insel Verlag (BHU) (216 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein Enthält: Das Ding auf der Schwelle (»The Thing On The Doorstep«); Der Außenseiter (»The Outsider«); Die Farbe aus dem All (»The Colour Out Of Space«); Träume im Hexenhaus (»Dreams In The Witch House«); Der Schatten aus der Zeit (»The Shadow Out Of Time«). Das Ding a u f der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Frankfurt am Main 1976, ST 357 (PhB 2) (211 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein Enthält: Das Ding auf der Schwelle (»The Thing On The Doorstep«); Der Außenseiter (»The Outsider«); Die Farbe aus dem All (»The Colour Out Of Space«); Träume im Hexenhaus (»Dreams In The Witch House«); Der Schatten aus der Zeit (»The Shadow Out Of Time«); Kalju Kirde: H.P. Lovecraft - Schöpfer kosmischer Mythen. Das Ding a u f der Schwelle (Originalzusammenstellung, 1969) Gütersloh u.a.o.J. [1983], Bertelsmann Lesering (256 S.) Unveränderter Nachdruck [Insel Verlag (BHU)] Die dunkle Brüderschaft (The Watchers Out OfTime And Others, 1974, Auswahl) (mit Au­ gust Derleth) Frankfurt am Main 1987, ST 1256 (PhB 173) (233 S.) Übersetzung: Franz Rottensteiner Enthält: Der Nachkomme (»The Survivor«); Das Erbe der Peahodys (»The Peabody Herita­ ge«); Das Giebelfenster (»The Gable Window«); Der Vorfahr (»The Ancestor«); Der Schat­ ten aus dem All (»The Shadow Out Of Space«); Das vernagelte Fenster (»The Shuttered Room«); Die Lampe des Alhazred (»The Lamp Of Alhazred«); Der Schatten in der Dach­ kammer (»The Shadow In The Attic«); Die dunkle Brüderschaft (»The Dark Brotherhood«); Das Grauen vom mittleren Brückenbogen (»The Horror From The Middle Span«), Ex oblivione (Originalzusammenstellung, 1989) o.O. [Haan] 1989, Privatdruck von Michael Siefener (17 S.) Übersetzung: Michael Siefener Enthält: Michael Siefener: Vorwort; Erinnerung (»Memory«); Ex Oblivione (»Ex Oblivio­ ne«); Wa.v der Mond hervorbringt (»What The Moon Brings«). Der Fall Charles Dexter Ward (Originalzusammenstellung, 1971) Frankfurt am Main 1971, Insel Verlag (BHU) (255 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein Enthält: Der Fall Charles Dexter Ward (»The Case Of Charles Dexter Ward«); Schatten über Innsmouth (»The Shadow Over Innsmouth«), Der Fall Charles Dexter Ward (Originalzusammenstellung, 1971) Frankfurt am Main 1977, ST 391 (PhB 8) (243 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein Enthält: Der Fall Charles Dexter Ward (»The Case Of Charles Dexter Ward«); Schatten über Innsmouth (»The Shadow Over Innsmouth«); Marek Wydmuch: Lovecraft - oder sich trei­ ben lassen.

283 Die Farbe aus dem Raum (Originalzusammenstellung, 1990) Berlin 1990, Verlag Das Neue Berlin (408 S.) Übersetzung: Eva Affandi, Karl-Heinz Berger, Rainer Priebs, Michael Walter Enthält: Der Außenseiter (»The Outsider«); Die Musik des Erich Zann (»The Music Of Er­ ich Zann«); Im Totenkeller (»In The Vault«); Das Bild im Haus (»The Picture In The Hou­ se«); Die Gruft (»The Tomb«); Das gemiedene Haus (»The Shunned House«); Der Schreck­ liche Alte Mann (»The Terrible Old Man«); Der silberne Schlüssel (»The Silver Key«); Die Katzen von Ulthar (»The Cats Of Ulthar«); Die Anderen Götter (»The Other Gods«); Iranons Suche (»The Quest Of Iranon«); Das Verderben, das über Sarnath kam (»The Doom That Ca­ me To Samath«); Polaris (»Polaris«); Das Weiße Schiff (»The White Ship«); Celephais (»Ce­ lephais«); Das seltsame hochgelegene Haus im Nebel (»The Strange High House In The Mist«); Der Baum (»The Tree«); Hypnos (»Hypnos«); Er (»He«); Jenseits der Mauer des Schlafes (»Beyond The Wall Of Sleep«); Der Tempel (»The Temple«); Die Wahrheit über den verstorbenen Arthur Jermyn und seine Familie (»Facts Concerning The Late Arthur Jermyn And His Family«); In den Mauern von Eryx (»In The Walls Of Eryx«); Kühle Luft (»Cool Air«); Der boshafte Geistliche (»The Evil Clergyman«); Die Farbe aus dem Raum (»The Co­ lor Out Of Space«); Erik Simon: H P Lovecraft - umstritten und einzigartig. Das Grauen im Museum und andere Erzählungen (The Horror In The Museum And Other Revisions, 1970) Frankfurt am Main 1984, ST 1067 (PhB 136) (332 S.) Übersetzung: Rudolf Hermstein Enthält: Das Grauen im Museum (»The Horror In The Museum«); Das wimmelnde Chaos (»The Crawling Chaos«); Flügel des Todes (»The Winged Death«); Das letzte Experiment (»The Last Experiment«); Aus Äonen (»Out Of The Eons«); Der Fluch des Yig (»Ine Curse Of Yig«); Das Haar der Medusa (»Medusa’s Coil«); Zwei schwarze Flaschen (»Two Black Bottles«); Der Hügel (»The Mound«). In der Gruft und andere makabere Erzählungen (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, ST 779 (PhB 71) (216 S.) Übersetzung: Michael Walter Enthält: In der Gruft (»In The Vault«); Kühle Luft (»Cool Air«); Der schreckliche alte Mann (»The Terrible Old Man«); Die Aussage des Randolph Carter (»The Statement Of Randolph Carter«); Polaris (»Polaris« );7enseiis der Mauer des Schlafes (»Beyond The Wall Of Sleep«); Das Verderben, das über Sarnath kam (»The Doom That Came To Sarnath«); Vom Jenseits (»From Beyond«); Der Baum (»The Tree«); Das Mond-Moor (»The Moon Bog«); Die an­ deren Götter (»The Other Gods«); Iranons Suche (»The Quest Of Iranon«); Hypnos (»Hyp­ nos«); Das Unnennbare (»The Unnameable«); Der boshafte Geistliche (»The Evil Clergy­ man«); Das Tier in der Höhle (»The Beast ln The Cave«); Der Alchimist (»The Alchemist«); Das Grab (»The Tomb«); Gefangen bei den Pharaonen (»Imprisoned With The Pharaohs«); In den Mauern von Eryx (»In The Walls Of Eryx«). Die Katzen von Ulthar (Originalzusammenstellung, 1980) Frankfurt am Main 1980, ST 625 (PhB 43) (201 S j Übersetzung: Michael Walter Enthält: Die Katzen von Ulthar (»The Cats Of Ulthar«); Das weiße Schiff (»The White Ship«); Celephais (»Celephais«); Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath (»The Dream-Quest Of Unknown Kadath«); Der Silberschlüssel (»The Silver Key«); Durch die To­ re des Silberschlüssels (»Through The Gates Of The Silver Key«). Lesebuch (Originalzusammenstellung, 1987) Frankfurt am Main 1987, ST 1306 (PhB 184) (438 S.) Übersetzung: H.C. Artmann, Rudolf Hermstein, Charlotte Gräfin von Klinckowstroem, Franz Rottensteiner, Michael Walter Enthält: Celephais (»Celephais«); Die Katzen von Ulthar (»The Cats Of Ulthar«); Das Ver­ derben, das über Sarnath kam (»The Doom That Came To Sarnath«); Iranons Suche (»The Quest Of Iranon«); Stadt ohne Namen (»The Nameless City«); Arthur Jermyn (»Arthur Jer­ myn«); Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel (»The Strange High House In The Mist«); Träume im Hexenhaus (»Dreams In The Witch House«); Pickmans Modell (»Pick-

284 man’s Model«); Die Musik des Erich Zann (»The Music Of Erich Zann«); Grauen In Red Hook (»The Horror At Red Hook«); Der Flüsterer im Dunkeln (»The Whisperer In Dark­ ness«); Das Grauen von Dunwich (»The Dunwich Horror«); Cthulhus Ruf (»The Call Of Cthulhu«); Der Schatten aus der Zeit (»The Shadow Out Of Time«); Barton Levi St. Armand: H P Lovecraft: Anhänger der Dekadenz aus Neu-England (»H P Lovecraft: New England Decadent«). Das Nachtmeer (The Horror In The Museum And Other Revisions. 1989, Auswahl) Bellheim 1995, Edition Phantasia (136 S.) Übersetzung: Andreas Kasprzak, Joachim Körber Enthält: Die grüne Wiese (»The Green Meadow«); Der Gespensterwolf (»The Ghost-Eater«); Asche (»Ashes«); Die Falle (»The Trap«); Der Baum auf dem Hügel (»The Tree On The Hill«); Die Exhumierung (»The Disinterment«); Das Nacntmeer (»The Night Ocean«). Pilze vom Yuggoth (Fungi From Yuggoth, 1943) Köln 1992, Privatdruck von Michael Siefener (46 S.) Übersetzung: Michael Siefener Enthält: Das Buch (»The Book«); Verfolgung (»Pursuit«); Der Schlüssel (»The Key«); Er­ kenntnis (»Recognition«); Heimkehr (»Homecoming«); Die Lampe (»The Lamp«); Zamans Berg (»Zaman’s Hill«); Der Hafen (»The Port«); Der Hof (»The Courtyard«); Die Vögel (»The Pigeon-Flyers«); Der Brunnen (»The Well«); Die Klage (»The Howler«); Hesperia (»Hesperia«); Sternenwinde (»Star Winds«); Antarktos (»Antarctos«); Das Fenster (»The Window«); Eine Erinnerung (»A Memory«); Die Gärten von Yin (»The Gardens Of Yin«); Die Glocken (»The Beils«); Nachtgespenster (»Night-Gaunts«); Nyarlathotep (»Nyarlathotep«); Azathoth (»Azathoth«); Trugbild (»Mirage«); Der Kanal (»The Canal«); St.Frosch (»St.Toad’s«); Die Schutzgeister (»The Familiars«); Der Ältere Schrein (»The Elder Phara­ ohs«); Begehr (»Expectancy«); Nostalgie (»Nostalgia«); Hintergrund (»Background«); Der Bewohner(»The Dweller«); Entfremdung (»Alienation«); Hafengepfeife (»Harbour Whist­ les«); Wiedererlangung (»Recapture«); Abendstern (»Evening Star«); Fortbestand (»Conti­ nuity«). Der Schatten aus der Zeit (Originalzusammenstellung, 1982) Frankfurt am Main 1982, BS 778 (311 S.) Übersetzung: H.C. Artmann, Rudolf Hermstein Enthält: Der Schatten aus der Zeit (»The Shadow Out Of Time«); Der Flüsterer im Dunkeln (»The Whisperer ln Darkness«); Pickman's Modell (»Pickman’s Model«); Das Grauen von Dunwich (»The Dunwich Horror«). Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1973, Insel Verlag (BHU) (250 S.) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem Enthält: Stadt ohne Namen (»The Nameless City«); Dagon (»Dagon«); Der Hund (»The Ho­ und«); Das Fest (»The Festival«); Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel (»The Strange High House In The Mist«); Grauen in Red Hook (»The Horror At Red Hook«); Das Bild im Haus (»The Picture In The House«); Herbert West - der Wiedererwecker (»Herbert West - Reanimator«); Der Tempel (»The Temple«); Er (»He«); Die lauernde Furcht (»The Lurking Fear«); Arthur Jermyn (»Facts Concerning The Late Arthur Jermyn And His Fami­ ly«); Nyarlathotep (»Nyarlathotep«); Das gemiedene Haus (»The Shunned House«). Stadt ohne Namen (Originalzusammenstellung, 1973) Frankfurt am Main 1981, ST 694 (PhB 52) (300 S.) Übersetzung: Charlotte Gräfin von Klinckowstroem Enthält: Stadt ohne Namen (»The Nameless City«); Dagon (»Dagon«); Der Hund (»The Ho­ und«); Das Fest (»The Festival«); Das merkwürdige hochgelegene Haus im Nebel (»The Strange High House In The Mist«); Grauen in Red Hook (»The Horror At Red Hook«); Das Bild im Haus (»The Picture In The House«); Herbert West - der Wiedererwecker (»Herbert West - Reanimator«); Der Tempel (»The Temple«); Er (»He«); Die lauernde Furcht (»The Lurking Fear«); Arthur Jermyn (»Facts Concerning The Late Arthur Jermyn And His Fami­ ly«); Nyarlathotep (»Nyarlathotep«); Das gemiedene Haus (»The Shunned House«); Dirk W.

285 Mosig: Lovecra/r; Der Dissonanz-Faktor in der phantastischen Literatur (»Lovecraft: The Dissonance Factor In Imaginative Literature«). The best of H.P. Lovecraft (Originalzusammenstellung 1996) Frankfurt am Main 1996, ST 2552 (PhB 332) (293 S.) Übersetzung: H.C. Artmann / Rudolf Hermstein Enthält: Die Ratten im Gemäuer (»The Rats In The Walls«); Cthulhus Ruf (»The Call Of Cthulhu«); Der leuchtende Trapezoeder (»The Haunter Of The Dark«); Die Farbe aus dem All (»The Colour Out Of Space«); Der Außenseiter (»The Outsider«); Der Schatten aus der Zeit (»The Shadow Out O f Time«); Schatten über Innsmouth (»Shadow over Innsmouth«). 12 Gruselstories (Originalzusammenstellung, 1965) München 1965, HA 12 (302 S.) Übersetzung: Wulf H. Bergner Enthält: August Derleth: H.P. Lovecraft und sein Werk (»H.P. Lovecraft And His Work«); ln der Gruft (»In The Vault«); Pickmans Modell (»Pickman’s Model«); Die Farbe aus dem All (»The Colour Out Of Space«); Der dunkle Alptraum (»The Haunter Of The Dark«); Das Bild in dem Haus (»The Picture In The House«); Der Schrecken von Dunwich (»The Dunwich Horror«); Kühle Luft (»Cool Air«); Das Flüstern im Dunkel (»The Whisperer In The Darkn­ ess«); Der schreckliche Alte (»The Terrible Old Man«); Das Ding auf der Schwelle (»The Thing On The Doorstep«); Der Schatten über Innsmouth (»The Shadow Over Innsmouth«); Der Außenseiter (»The Outsider«),

5. Sammel- und Werkauswahlbände Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (312 S.) Übersetzung: Franz Rottensteiner Enthält: Der Mann aus Stein (»The Man Of Stone«); Das unsichtbare Ungeheuer (»The In­ visible Monster«); Vier Uhr (»Four O’Clock«); Die geliebten Toten (»The Loved Dead«); Taub, stumm und blind (»Deaf, Dumb And Blind«); Bis zur Neige (»‘Till All The Seas’«); Das Grauen auf dem Gottesacker (»The Horror On The Burying Ground«); Das Tagebuch des Alonzo Typer (»The Diary Of Alonzo Typer«); Die elektrische Hinrichtungsmaschine (»The Electric Executioner«); Wentworths Tag (»Wentworth’s Day«); Der Fischer von Fal­ con Point (»The Fisherman Of Falcon Point«); Das Hexenloch (»Witch’s Hollow«); Innsmouth-Ton (»Innsmouth Clay«); Azathoth (»Azathoth«); Das Buch (»The Book«); Das Ding im Mondlicht (»The Thing In The Moonlight«); Das uralte Volk (»The Very Old Folk«); Die D ichtkunst und die G ötter (»Poetry And The G ods«); Die Straße (»The Street«); Das Verschwinden des Juan Romero (»The Transition Of Juan Romero«); Erinne­ rung (»Memory«); Ex Oblivione (»Ex Oblivione«); Wfai der Mond bringt (»What The Mo­ on Brings«); Autobiographie. Einige Anmerkungen zu einer Null (»Autobiography - Some Notes On A Non-Entity«); Anmerkungen zum Schreiben unheimlicher Geschichten (»Some Notes On Writing Weird Fiction«); Einige Anmerkungen zu interplanetarischen Erzählungen (»Some Notes On Interplanetary Fiction«); Vorschläge zum Geschichtenschreiben (»Notes On Writing Fiction«); Elemente der unheimlichen Geschichte und Typen der unheimlichen Geschichte (»Elements Of A Weird Story And Types Of A Weird Story«); Eine Aufstellung gewisser Grundformen des Grauens, die in unheimlicher Literatur wirkungsvolle Anwendung finden (»A List Of Certain Basic Underlying Horrors Effectively Used In Weird Fiction«); Aufstellung erster Einfälle, die denkbaren unheimlichen Geschichten als Motivation dienen können (»List Of Primary Ideas Motivating Possible Weird Tales«); Lovecrafts Notizbuch (»The Commonplace Book«); Geschichte und Chronologie des Necronomicons (»History And Chronology Of The Necronomicon«); Lord Dunsany und sein Werk (»Lord Dunsany And His Work«),

286 6. Schriften zu Literatur und Kunst Autobiography: Some notes on a non-entity (1943) 1) Autobiographie: Bemerkungen über einen unbedeutenden Menschen Franz Rottensteiner (Hrsg.): Pfade ins Unendliche. Insel-Almanach 1972, Frankfurt am Main 1971, Insel Verlag (S.124 136) Übersetzung: Michael Maier 2) Autobiographie: Einige Anmerkungen zu einer Null H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.243-254) Übersetzung: Franz Rottensteiner The commonplace book (1938) 1) Lovecrafts Notizbuch H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.277-297) Übersetzung: Franz Rottensteiner Elements o f a weird story & types of a weird story (1938) 1) Elemente der unheimlichen Geschichte und Typen der unheimlichen Geschichte H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.271-272) Übersetzung: Franz Rottensteiner History of the Necronomicon (1938) siehe History and chronology o f the Necronomicon History and chronology o f the Necronomicon (1938) (auch: History o f the Necronomicon ) 1) Geschichte und Chronologie des Necronomicons H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.298-299) Übersetzung: Franz Rottensteiner Letter to Bernard Austin Dwyer (1927) 1) Brief vom Juni 1972 an Bernard Austin Dwyer Hans Joachim Alpers (Hrsg.): H.P. Lovecraft - Der Poet des Grauens Meitingen 1983, EF 1 (S. 19-31) Übersetzung: Joachim Körber Letter to Donald Wandrei (1927) 1) Ein Traum [Auszug aus einem Brief vom 24.11.1927] Gerd Haffmans (Hrsg.): Der Rabe 10 Zürich 1985, Haffmans Verlag Übersetzung: Michael Walter Letter to Frank Belknap Long (1929) 1) Brief vom 20. Februar 1929 an Frank Belknap Long Hans Joachim Alpers (Hrsg.): H.P. Lovecraft - Der Poet des Grauens Meitingen 1983, EF 1 (S.123-140) Übersetzung: Joachim Körber

287 A list of certain basic underlying horros effectively used in weird fiction (1938) l) Eine Aufstellung gewisser Grundformen des Grauens, die in unheimlicher Literatur wir­ kungsvolle Verwendung finden H P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.272 -275) Übersetzung: Franz Rottensteiner List of primary ideas motivating possible weird tales (1938) 1) Aufstellung erster Einfälle, die denkbaren unheimlichen Geschichten als Motivation die­ nen können. H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.275-276) Übersetzung: Franz Rottensteiner Lord Dunsay and his work ( 1944) 1) Lord Dunsay und sein Werk Quarber Merkur, Nr.8 (März 1966) (S.36-43) Übersetzung: Franz Rottensteiner 2) Lord Dunsay und sein Werk H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.300-311) [Unveränderter Nachdruck von 1)] Übersetzung: Franz Rottensteiner Notes on writing weird fiction (1944) 1) Anmerkungen zum Schreiben unheimlicher Geschichten H P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.255-259) Übersetzung: Franz Rottensteiner Some notes on interplanetary Fiction (1944) 1) Einige Bemerkungen über interplanetarische Erzählungen Quarber Merkur, Nr.20 (August 1969) (S.34-38) Übersetzung: Franz Rottensteiner 2) Einige Bemerkungen über interplanetarische Erzählungen H P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.260-267) Übersetzung: Franz Rottensteiner Suggestions for writing story (1938) I ) Vorschläge zum Geschichtenschreiben H.P. Lovecraft: Azathoth (Originalzusammenstellung, 1989) Frankfurt am Main 1989, ST 1627 (PhB 230) (S.268-271) Übersetzung: Franz Rottensteiner

7. Sach- und Fachbücher Supernatural Horror in literature ( 1927/36) 1) Die Tradition der weird fiction in Amerika (Auszug) in: Hans Joachim Alpers (Hrsg.):

288 H P Lovecraft - Der Poet des Grauens Meitingen 1983, EF 1 (S.85-99) Übersetzung: Joachim Korber 2) Die Literatur des Grauens Linkenheim 1985, Edition Phantasia (127 S.) Übersetzung: Joachim Körber Vorwort: Kalju Kirde, August Derleth 3) Unheimlicher Horror Frankfurt am Main/Berlin 1987, ÜTB 36544 (123 S.) Übersetzung: Bernd Samland 4) Die Literatur der Angst Frankfurt am Main 1994, ST 2422 (PhB 320) (153 S.) Übersetzung: Michael Koseier

1995 by Joachim Abkürzungsverzeichnis: BHB BHU BLP BLTB BPhL BS EF EG KD FTB GSF GTB HA HJB HP HSF HSFB HTB IT MPh PhB SP ST TF ÜSF UTB VTB

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Howard Phillips Lovecraft, 1890 - 1937, war zu Leb­ zeiten nur einem kleinen Kreis von befreundeten Schriftstellern und Liebhabern von Gruselgeschich­ ten bekannt. Erst nach seinem Tod wurde sein Werk einem größeren Publikum zugänglich gemacht, und m ittlerweile hat der einsame, kontaktscheue Mann aus Providence, Rhode Island, der tagsüber hinter zugezogenen Vorhängen lebte und kaum jemals das Haus verließ, seinen berechtigten Platz neben den Großmeistern der amerikanischen Schauergeschich­ te, Edgar Allan Poe und Ambrose Bierce, gefunden.

Aus dem Inhalt: Leben und Werk Lovecrafts Gedichte Die Lovecraft/Derleth-Kollaborationen Die Erzählkunst Lovecrafts Lovecraft als Mythenschöpfer Lovecrafts Epigonen und Nachfolger Lovecraft und die Kunst des iräumens

ISBN 3-910079-05-9 ISSN 0937-5872