Ägypten. Sinai, Nildelta, Oasen 3374027962, 9783374027965

Martin Rösel führt in seinem Reiseführer gut lesbar und auf aktuellem wissenschaftlichen Stand in die Kultur, Geschichte

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German Pages 312 [315] Year 2010

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Übersicht
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Geographie und geschichtlicher Überblick
Einblicke in die Religion des Alten Ägypten
I. Kairo
II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden
III. Memphis
IV. Das Wadi Natrun
V. Die Oasen der westlichen Wüste
VI. Alexandria
VII. Das Nildelta
VIII. Die Sinai-Halbinsel
IX. Nilaufwärts
X. Luxor
XI. Edfu und Kom Ombo
XII. Assuan
Anhang
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Ägypten. Sinai, Nildelta, Oasen
 3374027962, 9783374027965

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EVAs Biblische Reiseführer nehmen Sie an alle wichtigen frühchristlichen und biblischen Orte mit – von Rom über die Türkei nach Jerusalem bis Ägypten und Jordanien. Das ganz besondere Bildungserlebnis!

ISBN

9

Ägypten EVAs  Biblische Reiseführer

Martin Rösel führt in elegantem Stil und auf aktuellem Wissensstand in die Kultur, Geschichte und Religion des alten Ägypten ein. Besonderer Wert wird dabei auf die Beziehungen zwischen biblischen Texten, frühkirchlichen Überlieferungen und ägyptischen Vorstellungen gelegt. Ausführlich werden die wichtigsten Monumente beschrieben, die üblicherweise auf einer Reise durch Ägypten besichtigt werden: von Kairo zum Wadi Natrun, durch das Nildelta bis zum Sinai, den Nil hinauf bis nach Luxor und Assuan. Der Schwerpunkt des Reiseführers liegt darauf, den religiösen Hintergrund auszuleuchten und mit biblischen und modernchristlichen Glaubensweisen ins Gespräch zu bringen. Präg­ nante Exkurse zu wichtigen Themenkomplexen erleichtern das Verständnis der oftmals fremden Kulturen.

Martin Rösel

Ägypten Sinai, Nildelta, Oasen

978-3-374-02796-5

783374 027965

EUR 19,80 [D]

EVAs  Biblische Reiseführer

Martin Rösel

Ägypten Sinai, Nildelta, Oasen

Martin Rösel, Jahrgang 1961, studierte Evangelische Theologie und Altorientalische Religionsgeschichte in Bonn und Hamburg. Er unterrichtet Hebräisch, Al­tes Testament und Religionsgeschichte an den Universitäten Ros­tock und Hamburg und hat bereits mehrere Exkursionen in alle Teile Ägyptens unternommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. © 2010 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH, Leipzig Printed in EU · H 7365 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das Buch wurde auf alterungsbeständigem Papier gedruckt. Gesamtgestaltung: behnelux gestaltung, Halle (Saale) Coverbild: Tanis, Statue Ramses II., © Martin Rösel ISBN 978-3-374-02796-5 www.eva-leipzig.de

Martin Rösel

Ägypten Sinai, Nildelta, Oasen Herausgegeben von Christoph vom Brocke und Christfried Böttrich

EVAs Biblische Reiseführer

EVAs  Biblische Reiseführer Bereits erschienen: Band 1: Griechenland Band 2: Jordanien Band 3: Türkei – Westküste Band 4: Türkei – Mittleres und östl. Kleinasien Band 5: Ägypten

In Planung: Band 6: Israel Band 7: Syrien Band 8: Rom Band 9: Zypern

ISBN 978-3-374-02463-6 ISBN 978-3-374-02462-9 ISBN 978-3-374-02587-9 ISBN 978-3-374-02610-4 ISBN 978-3-374-02796-5

Übersicht Einleitung

10

I. Kairo

70

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden

100

III. Memphis

128

IV. Das Wadi Natrun

134

V. Die Oasen der westlichen Wüste

142

VI. Alexandria

150

VII. Das Nildelta

164

VIII. Die Sinai-Halbinsel

182

IX. Nilaufwärts

200

X. Luxor

218

XI. Edfu und Kom Ombo

250

XII. Assuan

264

Anhang

280

Inhaltsverzeichnis Einleitung 10 Geographie und geschichtlicher Überblick .............  13 Das Land......................................................................  14 Grundzüge der Geschichte......................................  17 Die Anfänge................................................................  18 Die erste Krisenzeit und die neue Größe.............  20 Fremdherrschaft und Blütezeit...............................  21 Das Erbe großer Zeiten............................................  24 Griechen und Römer................................................  25 Ausblicke......................................................................  26 Einblicke in die Religion des Alten Ägypten .......... 27 Grundzüge . ................................................................ 28 Hieroglyphen ............................................................. 32 Der König – Gott auf Erden .................................. 35 Götter Ägyptens . ...................................................... 40 Welt- und Menschenbilder ..................................... 46 Die Sorge um die Toten ........................................... 51 Ägypten und die Bibel – Juden und Christen am Nil .. 57 I. Kairo 70 On / Heliopolis ................................................................. 71 Exkurs: Obelisken ............................................................... 72 Das Nationalmuseum . .................................................. 73 Exkurs: Das Udjat-Auge .................................................... 80 Die Altstadt: Das koptische und jüdische Kairo .... 82 Exkurs: Die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten ...................................................................... 86 Exkurs: Die Geniza und ihre Texte ................................... 90 Die großen Moscheen ................................................... 91 Streiflicht: Die deutsche evangelische Gemeinde ............... 97   

7

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden 100 Saqqara ........................................................................... 102 Exkurs: Pyramidensprüche ..............................................  112 Dahschur ........................................................................  115 Gizeh ...............................................................................  118 Exkurs: Tod und Jenseits im Alten Testament .................. 123 Pyramidenwissen und Pyramidomanie .................. 125 III. Memphis

128

IV. Das Wadi Natrun Die koptischen Klöster . .............................................. Das Bischoi-Kloster (Deir al Amba Bischoj) ......... Das Kloster der Syrer (Deir es-Surjan) . .................. Das Baramus-Kloster (Deir Amba Baramus) ........ Das Makarius-Kloster (Deir Abu Makar) ..............

134 135 136 137 139 140

V. Die Oasen der westlichen Wüste Siwa ................................................................................. Baharija .......................................................................... Dachla ............................................................................. Charga ............................................................................

142 143 144 146  147

VI. Alexandria Kulte und Kultur ......................................................... Judentum . ...................................................................... Christentum .................................................................. Besichtigung ..................................................................

150 154 157 158  161

8

VII. Das Nildelta 164 Biblische Traditionen .................................................. 166 Exkurs: Jeremia ................................................................ 167 Der Exodus Israels: Geschichte und Geographie . 167 Exkurs: Mose .................................................................... 169 Tanis / Zoan ................................................................... 170 Bubastis: Katzengöttin und Katzenmumien .......... 174 Leontopolis ....................................................................  176 Christliche Erinnerungsorte im Delta .................... 177 Die Klöster am Golf von Suez .................................. 179 VIII. Die Sinai-Halbinsel Die Quellen des Mose ................................................. Refidim – Das Wadi Feiran ....................................... Der Moseberg: Sinai, Horeb und die Erinnerung an Israels Wüstenlager .......................................... Exkurs: Die Gottesoffenbarung am Sinai – Das Kommen Gottes vom Süden her........................... Das Katharinenkloster ................................................ Die Klosterbibliothek und der Fund des Codex Sinaiticus .....................................................

182 184 185 187 190  191 197

200 IX. Nilaufwärts Christliche Erinnerungsorte ..................................... 201 Beni Hasan .................................................................... 202 Eschmunein und Hermopolis magna ..................... 204 Tell el-Amarna .............................................................. 205 Exkurs: Mose und Echnaton? ......................................... 209 Lohnenswerte Besichtigungsziele auf dem Weg nach Süden ...................................... 211 Dendera .......................................................................... 212 Exkurs: Astrologie – die Sterne und das Schicksal . ....... 215

9

X. Luxor Exkurs: Der Tempel und der Kosmos .............................. Der Amun-Tempel in Luxor und die Geburt des Gottkönigs ......................................................... Die Tempel von Karnak ............................................. Das Israel-Relief ........................................................... Theben-West: Auf der anderen Seite des Nils ...... Medinet Habu: Ramses III. und die biblischen Philister ................................. Der Totentempel der Hatschepsut ........................... Das Tal der Könige ...................................................... Exkurs: Unterweltsbücher ................................................

218 220 223 227 231 233 235 240 244 247

XI. Edfu und Kom Ombo Edfu ................................................................................. Exkurs: Die Mythen um Osiris, Isis, Horus und Seth ................................................................ Die »Hiob«-Reliefs ....................................................... Kom Ombo . .................................................................. Exkurs: Polytheismus und Monotheismus .......................

250 251

XII. Assuan Philae .............................................................................. Exkurs: Die Religion der Spätzeit.................................... Elephantine . .................................................................. Exkurs: Die jüdische Gemeinde auf Elephantine ........... Das Simeonskloster (Amba Hadra)..........................

264 267 270 272 275 277

Anhang Nachbemerkung ........................................................... Zeittafel . ......................................................................... Hieroglyphen ................................................................ Register ........................................................................... Literatur- / Quellenverzeichnis .................................

280 282 284 285 299

254 256 258 262



Einleitung

Osirispfeiler am Tempel der Hatschepsut

Einleitung Ägypten ist kein »biblisches Land« im engeren Sinne. Nur sehr wenige Episoden der alt- und neutestamentlichen Geschichte spie­len im Land am Nil: Abraham flüchtet vor der Hungersnot dorthin (1. Mose 12), Joseph wird nach Ägypten verkauft, steigt zum hohen Beamten Pharaos auf und kann so seine Familie und damit ganz Israel retten (1. Mose 37–50). Mose führt später sein Volk aus Ägyp­ten heraus; am Sinai, der heute zu Ägypten gehört, empfängt er Gottes Gebote (Buch Exodus). Zu Beginn des 1. Jt. v. Chr. flieht Jerobeam, der spätere König des Nordreichs Israel, vor Salomos Nachstellungen nach Tanis im Nildelta (1. Kön 11). Der Prophet Jeremia wird nach Ägypten verschleppt und stirbt wahrscheinlich dort (Jer 43). Im Neuen Testament ist es vor allem die Erzählung von der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten (Mt 2), die bis heute zu den Grundtraditionen der koptischen Christen gehört. Ohne Ägypten ist aber die Bibel, wie wir sie heute haben, kaum denkbar. Die Religion des alten Israel und des Judentums stellt in die Mitte ihres Bekenntnisses die Grunderfahrung, dass Gott sein Volk aus dem Sklavenhaus Ägypten gerettet hat. Doch trotz dieser Ablehnung Ägyptens findet eine enge Orien­tierung am südlichen Nachbarn statt. Nicht nur Salomos Ehefrau, eine Pharaonentochter, ist hier zu erwähnen, wichtiger sind Über­nahmen religiöser Vorstellungen, etwa zur Königsideologie oder Gerechtigkeitskonzeption.

Papyrus aus Elephantine: Besteuerung jüdischer Siedler

11

12

Einleitung Nach dem Untergang des ersten Tempels (587/6 v. Chr.) entstehen in Ägypten wie in Babylonien israelitische Diaspora-Gemeinden, die das Le­ben abseits vom kultischen Zentrum Jerusalem einüben. In helle­nistischer Zeit (ab dem 3. Jh. v. Chr.) entstehen im Norden Ägyptens Bethäuser und Synagogen, später die Vorbilder christ­licher Kirchen. Zur gleichen Zeit wird in Alexandria die Hebrä­ische Bibel ins Griechische übersetzt, was ein entscheidender Im­ puls für die Ausbreitung der biblischen Botschaft in die hellenisti­sche Welt war. Schließlich haben im 2. und 3. Jh. christliche Theologen in Alexandria maßgeblich zur Ausgestaltung der chri­stlichen Dogmatik beigetragen; auch das Mönchtum hat seine Ursprünge in den Wüsten beiderseits des Nils. In diesem Reisebegleiter sollen solche Bezüge zwischen Ägyp­ten und der Bibel und dem Juden- und Christentum im Mit­tel­punkt stehen. Natürlich wird den großartigen Monumenten der Pharaonenzeit die ihnen gebührende Aufmerksamkeit gewidmet. Aber sie können nicht einmal ansatzweise umfassend und erschöpfend behandelt wer­den, sondern die wichtigsten und bekanntesten Stücke werden vor allem zur biblischen Tradition in Beziehung gesetzt. Ebenso wenig können hier Geschichte und Architektur des Islam in Ägypten ausreichend dargestellt werden. Am besten liest sich daher dieses Buch nicht statt, son­dern neben einem guten herkömmlichen Reiseführer. Zwei knappe Hinweise: In diesem Buch wird eine stark vereinfachte Umschrift altägyptischer und arabischer Worte benutzt. Sie soll vor allem eine annähernd korrekte Aussprache ermöglichen. Die chronologischen Daten der altägyptischen Geschichte orientieren sich an Reclams Lexikon des Alten Ägypten.

13

Einleitung Geographie und geschichtlicher Überblick

Alexandria Gaza Buto Naukratis

Mendes

Sais

Tanis

Pelusium

Qantir Gizeh

Bubastis

Abusir

Athribis

Saqqara

Heliopolis

Dime

Memphis

Medinet el-Fajjum

Meidum

Aqaba

Abusir el Meleq Herakleopolis

Oase Siwa Oxyrhynchos Oase el Baharija Hermopolis

Beni Hasan Tell el-Amarna Meir

Oase Farafra

Assiut

Badari Achmim

Qosseir Dendera

Abydos Balad Oase Dachla

Hibis Oase Charga

Koptos Theben

Negade

Ermet

Karnak

Gebelen

Luxor

Esna

El Kab

Hierakonpolis Edfu

Oase Kurkur

Oase Dungul

Kom Ombo

Elephantine

Assuan

I. Katarakt

Insel Philae

Kalabscha

|

|200 km

14

Einleitung

Das Land Ägypten kann, etwas überspitzt, als Flussoase bezeichnet werden, denn über 95  % des Landes sind Wüste. Das Leben des Landes hängt am Nil, der einen schmalen Streifen der Wüste einerseits durch die Feuchtigkeit, andererseits durch im Oberlauf ausgewaschene Sedimente frucht­bar macht. Der Wechsel zwischen Wüste und Kulturland kann oft auf einer Strecke von nur einem Meter beobachtet werden. Schon früh hat man die nutzbaren Gebiete am Flusslauf durch das Anlegen von Kanälen verbreitert. Im Norden des Landes sorgen mehrere Flussarme – von denen heute nur noch zwei Wasser füh­ren – dafür, dass ein dreieckförmiges, fruchtbares Gebiet ent­steht, das Nildelta, das in römischer Zeit einen Großteil der Getreideversorgung des Imperium Romanum sicherstellen konnte. Möglicherweise hat diese unterschiedliche Landschaftsstruktur dazu geführt, dass in pharaonischer Zeit »zwei Länder« unter­schieden wurden: das Deltagebiet Unterägyptens nördlich von Memphis und Oberägypten, das seine traditionelle Grenze am 1.  Katarakt (bei As­ suan) hat. Das Zusammenbinden dieser beiKarnak: Thot und Horus binden die Wappen­ den Reichsteile war vornehmste Aufgabe der pflanzen der zwei Länder zusammen, Pharaonen. darüber Ramses II.

Zwischen Wüste und Kulturland liegen wenige Meter.

Einleitung Die Südgrenze des Landes bei Assuan hat ebenfalls ihre Grün­de in geographischen Gegebenheiten, denn hier ist der Nil wegen Stromschnellen und Hindernissen nicht mehr schiffbar. Weitere fünf Katarakte folgen Richtung Süden. Dieses Gebiet wird klas­sisch als Nubien, in der Bibel als Kusch (Gen 10, 6) bezeichnet. Wegen sei­nes Goldreichtums, aber auch wegen der Handelswege ins Innere Afrikas hinein, gab es immer wieder ägyptische Bemühungen, die Südgrenze in nubisches Gebiet auszuweiten. Die heutige Grenze zum Sudan liegt beim 2. Katarakt. Von Assuan aus flussabwärts sind die beiden Länder im Alter­tum in Gaue/ Provinzen eingeteilt worden, 22 im südlichen Ober- und 20 in Unterägypten. Herrschafts­zentren waren vor allem im Süden Theben (heute Luxor), im Norden Memphis und später im Nildelta die Ramsesstadt (heute Qantir) und Tanis. Daneben gab es eine Fülle wichtiger Kult­orte, die zu unterschiedlichen Zeiten auch überregionale Bedeu­tung hatten. Im Rahmen moderner Studienreisen werden vor al­lem das Gebiet zwischen Assuan und Theben (bis hin nach Den­dera) und der Großraum Kairo besucht. Die Wüstengebiete im Osten und Westen des Niltales sind zwar bis heute unwirtlich und lebensfeindlich. Dennoch hat man sie schon früh erkundet, um z. B. im Osten Gold oder auf dem Si­nai Kupfer und Edelsteine zu fördern. Auch im Oasengürtel in der Libyschen Wüste (Charga, Dachla, Farafra, Baharija, Siwa) wur­den Bauten aus pharaonischer Zeit gefunden. Hier machte man

Oase Siwa

15

16

Einleitung

sich die fossilen Wasservorräte der Senken zu Nutze; sicher bilde­ten diese Orte aber auch eine militärische Verteidigungslinie. Die heutige ägyptische Regierung versucht, im Rahmen des »New Valley Project« die fruchtbaren Gebiete der Oasen zu ver­größern und nennenswerte Bevölkerungsanteile aus dem Nasser-Damm (alten) Niltal umzusiedeln, um so der Überbevölkerung und Versor­gungsengpässen zu begegnen. Spektakulärer war ein weiteres Groß­ projekt: Südlich des 1.  Katarakts wurde bei Assuan 1971 der Nasser-Staudamm gebaut, der einen über 500 km langen See auf­gestaut hat. Wie frühere Staudammprojekte auch, sollte er die regel­mäßigen Nilüberschwemmungen regulieren. Allerdings sind die ökologischen Folgen verheerend. Zwar steht mehr Wasser Renovierungsarbeiten am Amun-Tempel zur Bewässerung der Felder Oberägyptens zur von Hibis Verfügung, doch es fehlen die düngenden Sedimente, die von der Staumauer zurückgehalten werden. Die Übersalzung der künstlich bewässerten Böden ist eine weitere Folge. Der Nutzen des Staudammes, insbesondere die Strom­produktion, ist dagegen vergleichsweise gering geblieben. Die veränderten Feuchtigkeitsbedingungen der Böden haben auch Auswirkungen auf die pharaonischen Monumente. Zum ei­nen kann sich die Tragfähigkeit des Untergrundes verändern, zum anderen dringt das Salz in die Sandsteinblöcke ein, so dass sie brüchig werden. Die Bauten in Oberägyp­ten waren wegen der großen Trockenheit bislang recht gut konser­viert (ebenso auch Papyri), anders als diejenigen im Nildelta. Dort sind wegen des hohen Grundwasserspiegels nur wenige archäolo­gische und schriftliche Überreste erhalten. Das ist einer der Grün­de, weshalb das Gebiet touristisch kaum erschlossen ist.

Einleitung

17

Grundzüge der Geschichte Hört man den Reiseführern zu, die in den Tempeln und Grä­bern die Sehenswürdigkeiten erklären, so summt einem wegen der vielen Zeitangaben schnell der Kopf: Dieser Pylon stammt von Ramses III., jener Vorbau aber erst aus der Spätzeit. Die großar­tige Pyramide des Cheops stammt aus der 4. Dynastie, die viel bescheidener wirkenden, dazu fast zerstörten Königsgräber in Ta­nis aus der 22. Hier die Übersicht zu behalten, ist nicht leicht. Ei­nige knappe Informationen sollen daher im Folgenden die Orien­tierung erleichtern, wobei erneut der Schwerpunkt auf den Epo­chen liegt, die für die biblische Geschichte von besonderer Be­deutung sind. Diese Darstellung stützt sich vor allem auf die Hinterlassen­schaften der königlichen oder priesterlichen Oberschicht. Vom Leben einfacher Menschen weiß man nur sehr wenig. Wenn dabei absolute Jahreszahlen zur Datierung von Regierungszeiten etc. genannt werden, sind dies häufig keine gesicherten Angaben. In­nerhalb der Ägyptologie gibt es verschiedene Systeme, wie die unterschiedlichen Daten aus historischen Zeugnissen und moder­nen Erkenntnissen mit­­einander kombiniert werden. Daher finden sich in der Literatur häufig voneinander abweichende Jahreszahlen. Grundlegend für die Geschichtsdarstellung des pharaonischen Ägypten ist die Einteilung in 30  Dynastien. Sie geht zurück auf einen Pries­ter namens Manetho, der im 3. Jh. v. Chr. eine Ge­schichte Ägyptens schrieb. Dafür benutzte er alte Archive und Königslisten; seine eigene Leistung bestand aber offenbar darin, einen Rhythmus der Epochen aufzuzeigen. Er geht von der bereits genannten Ideologie aus, dass die beste Herrschaft über Ägypten immer dann erreicht ist, wenn beide Landesteile zu eiSymbole, die für die beiden Reichs­teile stehen: ner Einheit zusammengefasst sind. Oberägypten: Landesgöttin Nechbet: Geier, Wappenpflanze: Binse/Lotus, Krone: weiße Krone Unterägypten: Uto (oder: Wadjet): Kobra, Wappen­pflanze: Papyrus, Krone: rote Krone, bei der Doppelkrone auf die weiße Krone gesetzt

18

Einleitung Die Anfänge Daher ließ Manetho die 1.  Dynastie mit Pharao Menes begin­nen, der erstmals Ober- und Unter­ägypten einte. Seine Hauptstadt war Memphis, seine Regierungszeit um ca.  3000  v.  Chr. (Mög­licherweise ist Menes mit Narmer identisch, dessen berühmte Palet­te unten S. 74 f. vor­gestellt wird.) Dass das Niltal schon seit mindestens zwei Jahr­tausenden kultiviert worden war, dass es Siedlungsspuren gibt, die weit in die prä­historische Zeit zurückreichen, blieb außerhalb der Per­spektive des Priesters. Die moderne Ägyptologie weiß auch, dass es bereits vor der mythischen Reichsgründung staatliche Struk­ tu­ren gege­ben hat, im Delta etwa in Sais und Buto, im Süden in Thinis bei Abydos. Daher wird für die Zeit von ca. 3300–3100 v. Chr. auch von der vordynastischen Zeit oder der 0. Dynastie gesprochen. Mit der 3. Dyn. beginnt um 2700 das Alte Reich (AR), offenbar eine wirtschaftliche Blütezeit, in der sich Ägypten in den Süden (Nubien) ausbreitete. Der Staat ist nun so organisiert, dass er Großprojekte verwirklichen kann, deren Logistik bis heute zu Er­staunen nötigt. Sichtbar wird dies an Monumenten, die fast alle Ägypten-Urlauber besichtigen. Unter Pharao Djoser in der 3. Dyn. wurde um 2665 die berühmte Stufenpyramide von Saqqara

Stufenpyramide von Saqqara (3. Dyn.)

Einleitung mit ih­rem großen Kultbezirk gebaut. Wenig später ließ Snofru, erster König der 4.  Dyn., in Meidum und Dahschur nacheinander drei Pyramiden bauen, bis schließlich die ideale, klassisch gewor­dene Form erreicht war. Unter seinen Nachfolgern Cheops, Che­phren und Mykerinos entstanden dann im 26. Jh. v. Chr. die drei Weltwunder-Pyramiden von Gizeh. Mit ihnen hat die Orien­tierung auf ein Weiterleben als zweite Grundkonstante der ägyp­tischen Religion neben der Idee der Reichs­einigung Knickpyrami­de des Snofru den bekann­testen Ausdruck erhalten. Charakteristisch für das Alte Reich ist weiterhin, dass die Vorstel­lung von der doppelten Natur des Pharao als göttliches und mensch­ liches Wesen entwickelt wird. Sie ist ab der 5.  Dyn. in den Pyramidentexten auch schriftlich greifbar und bestimmt die weitere Königs­ ideologie. Die wichtigsten Kultzentren sind zum einen Memphis, wo der Hauptgott Ptah verehrt wurde und das in die­ser Zeit zugleich Hauptstadt war. Nicht weit davon entfernt lag Heliopolis; hier wurde der Sonnengott Atum verehrt. Sein ägyptischer Name Junu findet sich im Alten Testament als On; Joseph heiratet nach 1. Mose 41 die Tochter des Priesters dieser Stadt. Offensichtlich kommt es in der 6.  Dyn. zu einem wirt­schaftlichen Niedergang, dessen Königsliste Sethos I. aus Abydos Gründe nicht ganz klar sind. Je­denfalls war die zentrale Macht des Königtums geschwächt, was die Krise ausgelöst oder verschärft haben mag. Das kann auch mit der langen Regierungszeit des Pharaos Pepi II. zusammenhängen – sie soll 94 Jahre (oder 64 Jahre?) betragen haben! Sie führte wohl zu Rivalenkämpfen. Mit seinem Tod kam das Alte Reich an sein Ende, es beginnt die sogenannte Erste Zwi­schenzeit.

19

20

Einleitung Die erste Krisenzeit und die neue Größe Die folgende 7. und 8. Dyn. (um 2200 v. Chr.) werden oft noch zum Alten Reich gezählt. Fast nichts ist aus dieser Phase bekannt, außer der legendarischen Angabe Manethos, in der 7. Dyn. hätten in 70 Tagen 70 Könige regiert! Die 8. Dyn. soll ca. 30 Jah­re gedauert haben, aber auch hier werden bis zu 25 Könige genannt. Das spricht für parallele Regentschaften, eine Zentral­gewalt gab es nicht mehr. Damit ist das mythische Ziel des ge­einten Reiches verfehlt, für die alten Ägypter war diese Phase ei­ne Zeit des Chaotisch-Bösen. Die Pharaonen der 9. und 10. Dyn. herrschten nur im Norden; im südlichen Theben gab es eigene Gaufürsten. Diese Zwischenzeit endete in der Mitte der 11. Dyn. ca. 2050–2030 v. Chr. Für das religiöse Denken Ägyptens sind der in die­ser Phase erlebte Verlust der gottköniglichen Zentralgewalt und damit die Erfahrung der fernen Gottheiten von einschneidender Bedeutung gewesen. In der folgenden Blütezeit Ägyptens, dem Mittleren Reich (MR), gab es eine neue Einheit unter der Führung Thebens, als Pharao der Einigung gilt Mentuhotep  II. Als Kultort des Gottes Amun-Re behielt Theben von nun an eine herausragende Stellung, auch wenn die eigentliche Hauptstadt später in den Norden verlegt wurde. Die Tempel von Luxor und Karnak belegen das bis heute. Bis ca. 1650 v. Chr. regierten die Pharaonen der 11. bis 14. Dyn. (gelegentlich lässt man das MR auch mit der 12. Dyn. enden), al­lerdings gibt es nur wenige greifbare archäologische Hinterlassen­schaften. Bedeutsamer ist ein Teil der religiösen Texte dieser Epo­che, die sogenannte Auseinander­ setzungs­literatur. In diesen Klagen oder Dialogen wird unter dem Eindruck der schlimmen Zustände der Ersten Zwischenzeit nach der Verlässlichkeit und Gerechtigkeit der Weltordnung gefragt. Manche Abschnitte, etwa im Gespräch eines Lebensmüden mit seiner Ba-Seele, in den Klagen des Bauern oder in den Mahn­worten des Ipuwer, sind mit kritischen Weisheitstexten des Alten Testamentes (Hiob, Prediger Salomo) vergleichbar. Aus der »Klage des Bauern«: »Die hohen Beamten tun Böses, wer richtig rechnen sollte, unterschlägt etwas. Die Richter schnappen sich das Diebesgut … wer die Untat bestrafen soll, tut Schlimmes«.

Auch andere Texte dieser Epoche sind bis heute lesenswert, so vor allem die Geschichte des Schiff­brüchigen oder die des Sinuhe, der in Syrien/Palästina Abenteuer erlebt.

Einleitung

21

Fremdherrschaft und Blütezeit Auch diese Phase des geeinten Reiches endet durch eine Schwächung der Zentralgewalt, die mit dem langsamen Eindringen von westasiatischen Gruppen einherging. Der griechische Name dieser Eindringlinge lautet Hyksos, was für das ägyptische Heka Chasut (Herrscher der Fremdländer) steht. Sie waren mit damals überlegenen Kriegsgeräten, vor allem dem Streitwagen, ausgestattet und konnten so die Macht in Unter­ägypten übernehmen. Diese Phase wird als Zweite Zwischenzeit (15. bis 17. Dyn.) bezeichnet. Die Hyksos herrschten von Auaris (dem heutigen Tell el-Dab'a) im Nildelta aus; es gelang ihnen, den Norden bis nach Memphis hin zu kontrollieren. Einerseits übernahmen sie Elemente der ägyptischen Königsideologie, andererseits verehrten sie vornehmlich Gottheiten syrischen Ursprungs. So stand der ägyptische Gott Seth im Mittelpunkt ihres kultischen Interesses, der einem Wettergott ähnlich dem syrischen Ba'al glich, dazu auch die Göttinnen Anat und Astarte. Unter dem Pharao Ahmose gelingt es um 1550 v. Chr., die Hyksos aus dem Delta zu vertreiben und eine neue Einheits­regierung zu etablieren. Es beginnt das Neue Reich (NR; 1550–1069 v. Chr.; 18. bis 20. Dyn.), das auch für die Geschichte Israels von ent­scheidender Bedeutung ist. Zugleich stammen aus dieser Epoche der Hauptteil der ägyptischen Literatur und die meisten der Monumente, die auf einer modernen Studienreise besichtigt werden. In der 18. Dyn. ist zunächst die Expansion durch die Kriegszüge des Ahmose und seiner Nachfolger Thutmose  I.– III. bedeutsam. Zu nennen ist auch die sich daran anschließende Re­gentschaft der Pharaonin Hatschepsut (ab ca. 1470  v.  Chr.). Ägypten wird zur vorherrschenden Macht im Vorderen Orient, die bis weit nach Mesopotamien und Afrika Einfluss hat. Damit gerät auch Syrien /Palästina unter ägyptische Oberherrschaft, so dass sich seitdem vielfältige Einflüsse auf die Kultur und Seth unterrichtet den König beim BogenReligion des entstehenden Israel feststellen schießen lassen.

22

Einleitung

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Holz, Öl, Kupfer, Wein, Purpur, Sklaven

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Ausdehnung Ägyptens im Neuen Reich (mit Handelswegen)

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Machtbereich unter Thutmosis III.

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Einleitung In religionsgeschichtlicher Perspektive ist zunächst die Reform des Pharao Amenophis IV. / Echnaton (um 1350 v. Chr.) von höchstem Interesse, der die ägyptische Sonnenverehrung zu einem nahezu monotheistischen System umbaute. Daher gründete er eine ganz dem neuen Kult gewidmete Hauptstadt namens Achet-Aton, das heutige Tell el-Amarna. Dort hat man die Reste der diplomatischen Korrespondenz mit syrisch-palästinischen Stadtstaaten, unter anderem auch Jerusalem, gefunden, was für die Vorgeschichte Israels von großer Bedeutung ist. Bitte des Jerusalemer Königs Abdi-Chepa an den Pharao um Truppenverstärkung: »Mit den Wachsoldaten möge der König Regentschaft über sein Land ausüben! (Ja,) der König möge sein Land regieren!«

Zur oft vermuteten Abhängigkeit des israelitischen Glaubens ­von Echnaton vgl. S. 209. Zu den Höhepunkten jedes Ägypten-Besuches gehört die Besichtigung der Grabschätze des Tutanchamun, des Sohnes und zweiten Nachfolgers jenes Echnaton, der zum herkömmlichen polytheistischen Religions­ system zurückgekehrt war. Die 19. und 20. Dyn. (1295 –1069 v. Chr.) werden oft auch als Ramessidenzeit bezeichnet. Prägend ist besonders die lange Herrschaft Ramses II. gewesen, mit dem sich historisch vor allem die Schlacht gegen die Hethiter am syrischen Fluss Orontes und der erste Friedensvertrag der Weltgeschichte verbinden. In biblischer Perspektive gilt er als Pharao des Auszugs der Israeliten aus Ägypten. Ramses hatte die Hauptstadt von Theben in das Delta nach PiRamesse (heute Qantir) verlegt; darauf spielt 2. Mose 1 an, wonach die israeli­ tischen Sklaven die Städte Pitom und Ramses bauen müssen. Unter seinem Nachfolger Merenptah ist die erste Erwähnung des Namens »Israel« belegt; seine Stele steht im Museum in Kairo (S. 80 f.). Ramses III. schließlich, der letzte bedeutende Pharao des Neuen Reiches, ist wegen seiner Aus­einan­der­setzungen mit den Seevölkern bekannt, die bildlich in Medinet Habu dargestellt werden (S. 237 f.). In die Phase der politischen Unruhe durch die Wanderung dieser Gruppen fällt die Entstehung des Königtums in Israel. Im biblischen SamuMaske des Tutanchamun elbuch werden sie Philister genannt, die in der

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Einleitung

Philister auf der Tempelwand von Medinet Habu

Küstenebene siedeln und von Saul und David bekämpft werden. Trotz der Herrschaft vom Delta aus ließen sich die Pharaonen des Neuen Reiches im Tal der Könige in Theben-West beisetzen; auch daher sind einige ihrer Mumien erhalten und im Museum in Kairo zu besichtigen. Am Ausgang des Neuen Reiches kommt es jedoch zu Plünderungen der Gräber; ein Zeichen für den wirtschaftlichen Niedergang, der am Ende jener Epoche steht.

Das Erbe großer Zeiten Es beginnt die Dritte Zwischenzeit (21. bis 24. Dyn.; 1069 –747 v. Chr.), wobei der Begriff nicht glücklich ist, da diese Phase nicht von Chaos und Fremd­ herrschaft geprägt wird. Allerdings gibt es nun parallele Herrschaftsstrukturen: Im Süden regieren die Amun-Priester aus Theben (sogenannter Gottesstaat); im Norden die Pharaonen, die ihren Sitz bald nach Tanis im Delta verlegen und ebenfalls Amun verehren. Schon in der 21. Dyn. wächst offenbar der libysche Einfluss auf die Pharaonen; der mit dem libyschstämmigen Scheschonq I. zu Beginn der 22. Dyn. (ab 945) deutlich greifbar wird. Im Alten Testament wird er Schischak genannt; sein Feldzug nach Palästina (1 Kön 14, 25 f.) ist an der Außenwand des Tempels von Karnak dokumentiert (S. 231 f.). Von nun an muss man wohl durchgängig mit ägyptischen Einflüssen in Israel und Juda rechnen. Belegt ist, dass Megiddo unter Scheschonqs Herrschaft stand, außerdem berichtet 1 Kön 11, 40, dass Jerobeam, der spätere König des Nordreiches Israel, vor Salomo zu Scheschonq nach Tanis flieht. Schon in der 22. Dyn. kam es nach 850 v. Chr. zu Auseinander­setzungen zwischen dem Süden und dem Norden, so dass es parallele und rivalisierende Herrscherhäuser an verschiedenen Orten gab. Letzter Pharao dieser Epoche – und nach Manetho der einzige der 24. Dynastie – war Bokchoris, der in der Tradition als Sammler der ägyptischen Gesetze galt. Die letzte Phase der Dynastieneinteilung des Manetho reicht bis zur Er­ oberung Ägyptens durch Alexander den Großen (332 v. Chr.), sie wird Spätzeit genannt. Kennzeichnend ist zum einen, dass es erneut keine vollständige Einheit des Reiches mehr gab, lokale Herrscher hatten teils große Unabhängigkeit. In der 25. Dyn. (bis 656 v. Chr.) konnten die nubischen (oder: kuschitischen) Pharaonen noch einmal das Gebiet Ägyptens erweitern. Ihre Heimat

Einleitung Nubien, das Gebiet des heutigen Sudan, wurde in Ägypten integriert. Speziell unter König Taharqa wurde ein ehrgeiziges Bau- und Renovierungsprogramm durchgeführt, das man u. a. in Karnak erkennt. Es entstand jedoch eine Konkurrenz zu der anderen Großmacht jener Zeit, den Assyrern, die im 7. Jh. in mehreren Anläufen Ägypten eroberten. Dieser Konflikt ist in der Bibel in 2 Kön 19, 9 erwähnt. Der erste Pharao der 26. Dyn., die bis 535 v. Chr. von Sais im Delta aus regierte, war Psammetich, der die Fremdherrschaft abschütteln konnte. 2 Kön  19, 9: »Er (der König von Assyrien) hatte nämlich gehört über Tirhaka, den König von Kusch: Siehe, er ist ausgezogen, mit dir zu kämpfen. Da sandte er abermals Boten zu Hiskia (dem König Judas).«

In diese Zeit fällt auch die zweimalige Eroberung Jerusalems durch die Neubabylonier (597 und 587/6 v. Chr.), was zu Flucht­bewegungen von Judäern nach Ägypten führte. Zu diesen Asylan­ten gehörte auch der Prophet Jeremia, der freilich zwangsweise dorthin verschleppt worden sein soll (Jer 43). Ägypten wird dann von den Persern erobert; zur 27. Dyn. gehören daher nur persische Großkönige von Kambyses bis Artaxerxes II. Zwar konnte in der 28. bis 30. Dyn. (404–343 v. Chr.) der persische Einfluss wieder zurückgedrängt werden, doch die 31. Dyn. (343–332 v. Chr.), die letzte der Zählung, ist wieder eine persische, bis dann die Ptolemäerzeit beginnt und Ägypten Teil der helleni­sti­schen Welt wird. Bis in das 20. Jh. hinein wird Ägypten von da an von Fremden regiert. Griechen und Römer Das Interesse der griechisch-ptolemäischen Herrscher war es auch aus Gründen der Legitimierung, sich in die großen Traditionen des Pharaonenreiches zu stellen. Daher wurden wichtige Tempel renoviert oder neu gegründet, die heute zum Besichtigungs­programm gehören, u. a. Philae, Dendera oder Kom Ombo. Die neue Hauptstadt wurde jedoch Alexandria am westlichen Rand des Nildeltas, das schnell zum geistigen und wirtschaftlichen Zentrum des Mittelmeerraumes aufstieg. Hier wurde ein neuer Kult eingeführt, der des Sarapis, in dem ägyptische und griechische Traditionen vereint wurden.

Horus-Tempel von Philae

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Einleitung Als seine Partnerin galt Isis; die Verehrung dieser beiden Götter breitete sich in der Folge in der ganzen griechisch-römischen Welt aus. Für die Geschichte Israels ist von Bedeutung, dass sich die ptolemäischen Könige zunächst erfolgreich um die Vor­herr­schaft über Palästina bemühten. Allerdings setzten sich um 200 v. Chr. die Ansprüche der syrischen Seleukiden durch, was im Jahr 167 zur Entweihung des Jerusalemer Tempels und dann zum Aufstand der jüdischen Makkabäer führte. In Alexandria und Ägypten selbst sind von dieser Zeit an eine ganze Reihe jüdischer Siedlungen belegt; die ersten Synagogen entstanden in Ägypten. In Alexandria wurde schon im 3. Jh. v. Chr. mit der Übersetzung der Hebräischen Bibel ins Griechische begonnen; es bildete sich eine eigenständige jüdisch-hellenistische Theologie heraus, die später auch für die junge christliche Kirche von besonderer Bedeutung war. Im 1. Jh. v. Chr. nahm der römische Einfluss im östlichen Mittel­meer­raum zu; 48 v. Chr. kam Julius Caesar nach Ägypten und begann die Liaison mit Kleo­patra. Als ihr späterer Gatte Marcus Antonius gegen Octavian /Augustus unterlag, beging Kleopatra Selbstmord. Damit endete 30 v. Chr.die Ptolemäerherrschaft, Octa­vian erklärte sich zum Pharao, Ägypten wurde in das römische Reich eingegliedert. Von nun an war es die Kornkammer Roms und wurde durch hohe Abgabenlasten ausgebeutet. Mehrfach kam es zu Unruhen und Aufständen, die sich auch gegen die jüdische Bevölkerung richteten. Es begann der schleichende Verlust von Macht, Reichtum und Würde des einstigen Weltreiches.

Anubis als Totenbegleiter in römischer Kleidung

Ausblick Die weitere Geschichte Ägyptens bis in die Gegenwart hinein kann hier nicht dargestellt werden, ebenso wenig die spannende Geschichte der Erforschung seiner Archäologie und Reli­ gion. Für daran Interessierte finden sich im Anhang Literaturhinweise. Erst 1922 wurde Ägypten nominell von der britischen Krone unab­hängig, 1953 kam es nach der Revolution und dem Beginn der

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Präsidentschaft Nassers (bis 1970) zur Unabhängigkeit, jedoch konnten weder er noch seine Nachfolger Sadat (ermordet 1981) und Mubarak die wirtschaftliche Lage entscheidend verbessern. Die Gründe dafür sind vielfältig, sie reichen vom gescheiterten Experiment sozialistischer Herrschaft über den ständig schwelenden Nahostkonflikt, die enorme Korruption, stark wachsende Bevölkerung bei gleichzeitiger Vernachlässigung der Landwirtschaft bis hin zu islamistischen Tendenzen, die die Gesellschaft zusätzlich unter Druck setzen. Das Land, das einst wichtigster Getreidelieferant der Römer war, kann sich heute nicht selbst ernähren. Der Tourismus ist eine der wichtigsten Einnahmequellen, jeder Einbruch, etwa nach Anschlägen, erschwert daher die Lage zusätzlich. Bei einer Reise durch Ägypten sollte man sich daher nicht nur von der Monumentalität der erhaltenen Architektur, den Anstrengungen Kairo: Pyramide zum Gedenken an Anwar menschlicher Gottesverehrung oder der Schönas-Sadat heit der Schöpfung etwa in der Wüste beeindrucken lassen. Auch die Lage der Menschen dieses Landes sollte man unter dem Gesichtspunkt der Mitmenschlichkeit bedenken, so dass der um Bakschisch bettelnde Junge oder der laute, jugendliche Andenkenverkäufer nicht nur als lästige Begleit­erscheinung des Urlaubs erscheinen.

Einblicke in die Religion des Alten Ägypten Ohne ein gewisses Grundwissen um seine Religion lässt sich Ägypten – bis heute – nicht verstehen. Doch beim Besichtigen ägyptischer Tempel und Gräber, erst recht im Museum in Kairo, verliert man leicht den Überblick. Zwar beein­drucken die schiere Größe der Bauwerke und die Kunst­fertigkeit der Ausführung, doch schnell kapituliert man vor der Fülle der

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Einleitung dargestellten Szenen und Götter­kon­stel­lationen, ­­­­der verwirrenden Vielfalt von Pharaonen, Menschen und Tier­gestalten. In diesem Kapitel sollen daher einige grund­legende Aspekte der ägyptischen Religion vorgestellt werden, die bei den Besichtigungen immer wieder begegnen. So kann sich das eigene Sehen schulen und ein Wiedererkennungseffekt entstehen. Hin­weise auf vollständige Darstellungen der ägyptischen Religions­geschichte finden sich im Anhang.

Verehrung der Sonne durch die beiden Horizonte: rechts im Osten durch Atum, den Götterkönig, links im Westen durch Osiris, den Herrscher der Unterwelt

Medinet Habu: Schlagen der Feinde

Grundzüge Trotz aller örtlich und zeitlich verschiedenen Ausprägungen und Entwicklungen, die in der ägyptischen Religion festzustellen sind, gibt es einige Grundkonstanten, die sich durch die Geschichte ziehen. Das ist zum einen die alles Leben prägende Macht des Nils einerseits und der Sonne andererseits. Sie führen zu scharfen Kontrasten zwischen Kulturland und Wüste, zwischen Tag und Nacht. Dementsprechend ist das ägyptische Weltbild stark dualistisch geprägt; man selbst lebt im Kemet, dem wegen des fruchtbaren Nilschlammes schwarzen Land. Die Außenwelt ist dagegen Deschret, die lebensfeindliche Wüste. Gelingendes Leben kann es daher nur in Ägypten – als Verbindung der beiden Länder – geben. Während durch den Nilverlauf Nord und Süd vorgegeben sind, geschieht die Orientierung an Ost und West durch die Sonne. Der Westen gilt wegen des Sonnenunterganges als Gebiet des Todes, weshalb Pyramiden und Gräber westlich des Nils liegen. Dem entsprechend verheißt der Osten Leben, die morgendlich-horizon­tische Sonne wird als Falkengott Horus/Harachte verehrt. Untergangs- und Aufgangsort der Sonne werden gerne als Mund und Schoß der Himmelsgöttin dargestellt, daneben gibt es auch die Vorstellung, dass die Sonne auf einer Barke die Nacht durchfährt.

Einleitung

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Die Ordnung im Land wird durch den König garantiert, seit dem Neuen Reich auch Pharao genannt. Er wird mit dem Falkengott Horus gleichgesetzt, im Tode dagegen mit Osiris. Zur Vorstellung des Königtums gehört daher die Idee seiner göttlichen Geburt, außerdem die Demonstration seiner Stärke gegen das Chaos. Zu den Mächten des Chaos gehören die Völker ringsum, weshalb das Motiv »Schlagen der Abydos: Der König reinigt das Götterbild des Re-Horachte mit Wasser und Rauch Feinde« sehr häufig auf den Tempelwänden abgebildet wird. Zur welterhaltenden Aufgabe des Königs gehört daneben auch das Opfer. Er ist der einzige Mittler zwischen Göttern und Menschen; jegliche Darbringung im Reich gilt daher als »Opfer des Königs«, auch wenn sie durch Priester als Repräsentanten vollzogen wurde. Daneben war der Königshof, Pharao (= gro­ßes Haus) genannt, auch für die Steuererhebung und die Staatslogistik zuständig; eine Trennung von Staat und Religion gab es demnach nicht. Die Menschen fanden ihrerseits ihren Platz in der Welt­ord­nung durch ein der Gerechtigkeit (Ma'at) angemessenes Leben, zu dem jeder Einzelne verpflichtet war. Die Ideale dessen wurden in Weisheitsschriften und Lebenslehren überliefert, die zum Teil bis heute aktuelle Tugenden preisen. Auch im Alten Testament wurden Abschnitte der Weisheitslehre des Amenemope über­nom­men. Allerdings waren die Menschen nicht einfach einer blinden Ordnung ausgeliefert, sondern sie konnten sich durch Bitten und Gebete als Klage und Dank an ihre Schutzgötter wenden. Seit dem Neuen Reich sind solche Akte persönlicher Frömmigkeit zahlreich belegt. Aus der Lehre des Amenemope: »Der wahre Schweiger (= Fromme) aber hält sich abseits, er ist wie ein Baum, der im Sonnenlicht wächst. Er grünt und verdoppelt seine Früchte, er steht im Angesicht seines Herrn.« (Vgl. Ps 1)

Ein der Ma'at-Gerechtigkeit gemäßes Leben diente auch dazu, nach dem irdischen Leben in neuer Weise im »Lichtland im Westen« weiterleben zu können. Diese Vorstellung geht vielleicht darauf zurück, dass auch nach Sonnenuntergang ein Leuchten hinter dem Gebirge im Westen zu sehen war. Zum Weiterleben waren zum einen die Mumi­fizierung des Leichnams und zum anderen die Aus­gestaltung des solide gebauten Grabes durch magisch wirksame Spruch­kom­po­sitionen wichtig. Nur so war der zweite, endgültige

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Einleitung

Totenbuch, Kap. 125

Tod zu vermeiden. Die berühmte Darstellung des Totengerichtes hat weit in die jüdisch-christlichen Jenseits­vorstellungen hinein gewirkt. Zum gerechten Leben im Diesseits gehörte auch die Pflege der Gräber der Vorfahren. Die vielfältige Götterwelt schließlich wirkt auf moderne Besucher besonders befremdlich. Prinzipiell kann gelten, dass alle Gegebenheiten der Welterfahrung als göttlich verstanden werden können. Dieser weite Begriff von »Gottheit« schließt also nicht nur Dämonen oder besondere Menschen ein, sondern auch Tiere oder Naturphänomene. Gottheiten konnten im Lauf der Ge­schichte miteinander identifiziert oder gar zu einer Einheit verschmolzen werden. Dabei wird aber die Geschlechtergrenze nicht überschritten. So erklären sich die mischwesenartigen Götterbilder, die schon Goethe nur mit Unverständnis kommentieren konnte.

Einleitung

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J. W. v. Goethe, Zahme Xenien 2: »Nun soll am Nil ich mir gefallen, Hundsköpfige Götter heißen groß: O, wär’ ich doch aus meinen Hallen Auch Isis und Osiris los!«

Sinn dieser Darstellungsart ist, dass die wichtigen Aspekte der jeweiligen Gottheit oder der Macht- oder Symbolwert des betreffenden Tieres auf diese Weise bildlich addiert werden konnten. In der Forschung wird dies gelegentlich als »Synkretismus« bezeichnet. Nach unseren Denkvorstellungen der Widerspruchsfreiheit wird man die ägyptische Religion folglich nicht begreifen können. Da die Menschen im alten Ägypten das Phänomen des Göttlichen auf eine vielfältige Art zu begreifen und zu verehren suchten, spricht man in der Ägyptologie von einer »multiplicity of approaches« oder konstatiert eine komplementäre, mehrwertige Kom Ombo: Krokodilgott Sobek mit Logik jenseits unseres Ja-nein-Kontrastes. ­menschlichem Körper Am Anfang der greifbaren ägyptischen Religionsgeschichte stehen in den einzelnen Regionen sehr unterschiedliche Götter, bis sich einige überregional verehrte Gottheiten durchsetzten, allen voran der Sonnengott. Doch auch diese behielten die Bindung an bestimmte Orte, an denen ihnen vornehmlich gedient wurde, so Ptah in Memphis und Amun in Theben. Die an einem Ort wichtigen Gottheiten werden Götterfamilie von Kom Ombo: Krokodilgott Sobek mit Hathor und Chons meist in Triaden aus Vater-Mutter-Sohn angeordnet und besonders verehrt, auch dieses Motiv wird sehr häufig dargestellt. Außerdem werden oft Götter-Neunheiten gebildet, deren Familienverhältnisse mythosartig erzählt werden können. Verwirrend ist, dass die großen Götter an ihrem jeweiligen Kultort als Schöpfer und Hauptgott verehrt werden. Außerdem können sie mit Funktionen und Darstellungsweisen anderer Götter kombiniert werden, so dass etwa der Mond mit mehreren Göttern verbunden wird und es eine Fülle von

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Einleitung Identifizierungen mit dem Sonnengott gibt (sogenannte Bindestrich-Götter wie Amun-Re). Genauso können die Götter aber auch wieder getrennt werden, so ist der Sonnengott morgens mit Horus zu Re-Horachte vereint, abends aber mit dem uralten Atum zu Re-Atum. Ein abgeschlos­senes Wesen einer Gottheit hat es demnach nicht gegeben. Oft lässt sich aus einer Abbildung ohne Kenntnis der Inschriften daher nicht unmittelbar erkennen, um welche Gottheit es sich eigentlich handelt. Vor diesem Hintergrund ist besonders erstaunlich, dass Pharao Echnaton zu Beginn des Neuen Reiches die Verehrung der Göttervielfalt beenden und alles auf den Kult der Sonnenscheibe Aton reduzieren wollte. Doch das blieb Episode, die Grundzüge des altägyptischen Polytheismus blieben bis in die römische Zeit erhalten, als sich das Christentum durchsetzte. Hieroglyphen Die besondere Komplexität ägyptischer Weltsicht wird auch an der Schrift erkennbar, den »heilige Zeichen« genannten Hieroglyphen. In der klassischen Zeit waren ca. 700–1000 Zeichen bekannt, später wurde ihre Zahl deutlich erhöht. Sie wurden in erster Linie in Tempeln und Gräbern, also für religiöse Texte im weiten Sinne verwendet. Verwaltungstexte etc. wurden in hieratischer Schrift geschrieben, später entwickelte sich auch das vereinfachte Demotisch. Auf den ersten Blick ist die Hieroglyphenschrift eine Bilder­schrift: Wenn ein Auge abgebildet ist, ist auch ein Auge gemeint. Das Abgebildete kann auch abstrahiert werden: So bedeutet das Zeichen 󴄎 »Haus«, es bildet den Grundriss eines Hauses ab (vgl. oben per-a'a: »großes Haus« = Pharao). Man spricht hier von einem Ideogramm. Zugleich hat das Zeichen einen phonetischen Wert, pr, heute als per ausgesprochen. Daher kann das Zeichen auch dann verwendet werden, wenn gar kein Haus gemeint ist, sondern die Konsonanten p und r benötigt werden, so etwa in prt, Winter. Man spricht nun von einem Phonogramm. Schließlich kann ein Zeichen auch nach dem eigentlichen Wort stehen, um den Bedeutungsgehalt anzuzeigen. Unser Zeichen 󴄎 zeigt dann an, dass das voranstehende Wort ein Gebäude oder einen Teil davon meint. In diesem Fall dient es als Determinativ. Diese Determinative vermitteln Einblicke in das Welt­verständnis. Eine Buchrolle 󴧦 steht z. B. für abstrakte Begriffe, der djed-Pfeiler 󴒙 für »Ewigkeit«, die laufenden Beine 󳛌 stehen bei Verben der Bewegung. Auch Gottheiten werden mit eigenen Zeichen benannt, ebenso unpersönlich wirksame Mächte wie »Lebenskraft«, die mit dem berühmten anch-Zeichen 󴖄 dargestellt wird.

Einleitung 󳀀 󳍆 󳂕 󳂟 󳃣 󴒎 󳙷

󴡚 󳻩 󳻼 󳺃 󳻼󳺃

Kartusche für den Königsnamen

󴖒

heqa, königlicher Krummstab



(auch bei Osiris)

󳚓 Ka (Erhalt- und Gestaltseele) 󳮱 Ach (Verklärungsseele) 󳯭󳮺 Ba (Bewegungsseele)

󴖕 󴖗 󴖠

was, königliches Zepter

󴖄 󴖄󴞥󴕻

Papyrusrolle, Zeichen für Abstraktheit

anch, udja, seneb: möge er



leben, reich und gesund sein!

󴧦 󴧪 󴒄

󳵐

schu-Feder (Zeichen der

Determinativ: Mensch Determinativ: Frau Determinativ: Gott Determinativ: König Determinativ: Mumie

sut, Riedgras, Zeichen für Oberägypten bit, Biene, Zeichen für Unterägypten n-su-bit, König von Ober- und Unterägypten

netscher: Gott udjat-Auge: Vollständigkeit

anch (Lebenskraft)



Wahrheit/Gerechtigkeit ma'at)

󴒙 󳪈 󳪉

djed-Pfeiler: Ewigkeit ib-Herz nefer, schön, Schönheit



(wie in Nofretete)

󳺂

cheper, werden, geschehen,



entstehen

󴕆 󴕁 󴕈 󳮚

Papyrus, Zeichen für Unterägypten

sechem-Zepter (Macht) nechacha-Geißel (f. Götter und Könige)

sesch-Schreiberpalette, Schreiber chetep, Opfer, Altar

󳮅 Horus-Falke auf Standarte 󴄨 Göttin Nephthys 󴐍 Göttin Isis 󳐨 󴄯 Göttin Hathor 󳐆 Schreibergott Thot 󳐋 Bildnergott Chnum 󳐗 Totengott Anubis 󴀫 󳏸 Sonnengott Ra

rote Krone Unterägyptens weiße Krone Oberägyptens Doppelkrone beider Länder nebti, »Zwei Herrinnen«-Name



der beiden Wappentiere von



Ober- und Unterägypten

󴀜 󴁀 󴆾 󴁵

pet, Himmel ta, Erde Determinativ: Stadt /Land Determinativ: Wasser

Übersicht: Häufig vorkommende Hieroglyphen

Diese Bild-Zeichen sind nicht einfach beliebige Buch­staben, sondern die Ägypter maßen ihnen offenbar auch eine eigene Wirksamkeit zu. So galten die in Hieroglyphen geschriebenen Namen als wirkmächtig, weshalb gelegentlich die Namen von Königen, die in Ungnade gefallen waren, aus­gemeißelt wur-

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Einleitung

den. In den Pyramidentexten wurden gefähr­ liche Bildzeichen, etwa von Schlangen, verstümmelt gezeichnet, um so mögliches Unheil abzuwehren. Im Gegenzug hat Ramses II. seine Namenshieroglyphen offenbar so tief eingravieren lassen, dass sie nicht zu tilgen waren. Eine ganz besondere Hieroglyphe stellt Luxor: Tilgung von Hieroglyphen schließlich die Kartusche dar, eine aus einem doppelt geschlungenen Seil gebildete Umrandung des königlichen Eigen- und Thronnamens 󴡚. Ab dem Neuen Reich können auch Götternamen so ausgezeichnet werden. Möglicherweise hat dieses ursprünglich kreisrunde Zeichen 󴡙 einen Bezug zum Sonnengott: Der König ist Herrscher über alles, was von der Sonne umkreist wird. Denkbar ist auch, dass analog zu einer Stadtmauer eine Art magischer Schutz um den Königsnamen gelegt werden soll. Durch diese außer­gewöhn­liche Kennzeichnung war die Entzifferung der Hieroglyphen anhand der Königsnamen möglich. Das Ägyptische kann von rechts nach links oder umgekehrt geschrieben werden, ebenso von oben nach unten. Erkennbar ist die Schreib­ richtung an der Orientierung von Tieren und Menschen; ihr Blick geht zum Zeilenanfang. Leerzeichen und Satzzeichen werden nicht verwendet, im Gegenteil war es die Sorge der Schreiber, möglichst keine Lücken zu lassen (horror vacui). Folglich variierte die Größe der Zeichen; ebenso konnten Zeichen aus optischen Gründen an andere Stellen geschrieben werden, als sie orthographisch stehen Karnak: Kartusche der Hatschepsut müssten. In den Abbildungen an Tempel- und Grab­wänden bilden Schrift und (Götter-)Bild eine zusam­men­hängende Komposition, deren einzelne Teile aufeinander bezogen sind. Hinzu kommt, dass z. B. Götternamen stets an den Anfang ei-

Einleitung ner Wendung, etwa eines Pharaonennamens geschrieben wurden, auch wenn sie erst am Ende zu sprechen sind, vgl. etwa das Bild des Namens Tut-Anch-Amun, bei dem die Zeichen 󳻰   für das Element imn »Amun« oben stehen. Allein dies macht deutlich, wie schwierig die Entzifferung dieser Schrift gewesen ist, die dem Franzosen J. F. Champollion Anfang des 19. Jh. gelang. Die damalige Aussprache des Ägyptischen Holzkasten in Form einer Kartusche ist nicht sicher rekonstruierbar, da viele Vokale nicht geschrieben wurden. Daher unterscheiden sich die modernen Wiedergabe­konventionen, so etwa bei Re oder Ra beim Namen der Frau Echnatons, Nofretete, die in englischer Literatur Nefertiti heißt. Hinzu kommt, dass Pharaonennamen oft in gräzisierter Form verwendet werden, etwa Mykerinos für Menkaura oder Amenophis für Amenhotep. So erklärt sich, warum manche Beschriftungen oder Aussprachen der Reiseführer von gedruckter Reiseliteratur abweichen. Der König – Gott auf Erden Die allermeisten Bauwerke, die man während einer Studienreise in Ägypten besichtigt, wurden von den Pharaonen erbaut und sind im Zusammenhang mit der Königsideologie zu verstehen. Nach einer einleuchtenden Formulierung des Ägyptologen R. Gundlach lassen sich drei Hauptaufgaben des Königs nennen: Fürsorge nach innen, Abwehr nach außen und Kult nach oben. Der Pharao ist idealtypisch Sohn seines Vorgängers. Da dieser im Jenseits mit dem Sonnengott identifiziert wird, ist der amtierende König »Sohn des Re«, so einer seiner Thronnamen. Zugleich ist er damit der einzig legitime Herrscher des Kosmos und ist, wie oben bereits erwähnt, auch für die Erhaltung und Durchsetzung der Weltordnung (Ma'at) verantwortlich. Er hat die beiden Länder Ober- und Unterägypten zu einen und für ihre Bewohner zu sorgen. Zu diesen Aufgaben eines Herrschers gehört auch, das von außen drohende Chaos abzuwehren. Kemet, das schwarze Land Ägypten, gilt als heiliger Raum; Ägypten ist gleichermaßen »Tempel der Welt« (S. 222). In seiner militärischen Funktion muss der Pharao folglich die Feinde abwehren und den Raum erweitern. Daher gehören zum Bildprogramm der Tempel das ritualisierte »Schlagen der Feinde« (S. 28), aber auch ausführliche Berichte von Feldzügen, an denen

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die Könige oft selbst teilgenommen haben. Diese Bilderzyklen sollen belegen, dass der König seiner rituellen Aufgabe der Chaoswehr nach­ kommt; sie zeigen nicht notwendig historisch zuverlässige Berichte über Kriegszüge. Im Gegenteil, es werden sogar Pharaonen als Schlachtenlenker gerühmt, die nachweislich nicht gekämpft haben; die Ideologie verlangt das. Die dritte Dimension, bildlich am häufig­ Karnak: Ramses II. im Streitwagen sten dargestellt, ist die des Kulthandelnden. Jede Opferhandlung im Land gilt als »Opfer des Königs«, daher wird in den Tempeln dargestellt, wie er den jeweiligen Göttern oder Triaden dient. In diesen Zusam­men­hang gehören auch die Gründung und Pflege der Tempel als eine der vornehmsten Aufgaben des Regenten. So ist etwa das immense Wachstum der Tempelanlage von Karnak dadurch zu verstehen, dass jeder Pharao es als seine Aufgabe ansah, den Tempel zu vergrößern und zu verschönern. Verfallende Tempel galten im Gegenzug als sichtbares Zeichen für den Einbruch des Chaos. Der König gilt seit der Frühzeit als »Horus«, daher gehört der Falke des Sonnengottes 󳮅 zu seiner Ikonographie. Doch er ist nicht von Geburt an Gott. Erst nach der vollzogenen Bestattung des Vorgängers wird er mit der Krönung zum »Sohn des Re«; der eigentliche RegieAmun-Re legitimiert die Pharaonin: rungsantritt (Thronbesteigung) geschieht deutObelisk der Hatschepsut lich früher, am Tag nach dem Tod des Vorgängers. Dieser hat seinen Nachfolger zwar vorab designiert und damit legitimiert, doch es bedarf des eigenen Rituals, bei dem auch die Thronnamen verliehen werden. Wenn in Ps 2, 7 der Gott Israels zu seinem Gesalbten, dem König, sagt: »Mein Sohn bist Du, heute habe ich Dich gezeugt«, wird damit genau dieses Ritual aufgenommen. In späterer Zeit wird die Gottessohnschaft des Königs mythisch ausgestaltet. Im Tempel in Luxor wird etwa dargestellt, wie der Gott Amun sich

Einleitung

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der jungfräulichen Königin nähert und so den Thronfolger zeugt. In der Spätzeit haben die Tempel eigene Geburtshäuser (arab. Mammisi), in de­nen die Bildung des göttlichen Kindes durch den Gott Chnum und seine Geburt dargestellt wird. Hier vermischen sich Königs- und Gottesverehrung. Ergänzt wird die Vorstellung außerdem durch die himmlische Königsmutter, meist eine Himmelsgöttin wie Hathor. Die Hauptfrau des Pharao spielt als Königin meist nur eine unterstützende Rolle; es gibt nur ganz wenige offenbar selbständiger agierende Ausnahmen, vor allem Nofretete. Die bekannteste herrschende Frau im Königsrang, Hatschepsut, hat sich als Mann darstellen lassen und musste zu ihrer Legitimation eigens ein Orakel Sedfest, Kultlauf des Dareios (mit oberägypt. anführen (S. 225 f.). Nach der Krönung des Krone) am Tempel in Hibis Sohnes galt die Pharaonin als Gottesmutter. Früheren Annahmen, dass die Herrschaft über die weibliche Linie vererbt wurde und der König daher eine Schwester heiraten musste, wird heute nicht mehr gefolgt. Der König wird schon zu Lebzeiten verehrt, so etwa im Sedfest, bei dem er in einem rituellen Lauf seine Fähigkeit zur Herrschaft nachweist. Besonders wichtig ist aber der Kult für den verstorbenen König, da dieser ja den Tutanchamun mit Nemes-Kopftuch, Geier und Kobra als Symbolen der beiden Länder gegen­wärtigen Herrscher legitimiert und zudem auch im Jenseits herrscht. Die Entfaltung königlicher Macht geht nicht allein vom Pharao aus. Das gesamte Umfeld des Königs kann als göttlich aufgeladen gesehen werden. Das zeigt sich etwa an den Insignien seiner Macht. Hier sind zunächst die Kronen zu benennen. Die älteste ist wohl die weiße Krone mit kugeligem Abschluss 󴕁, die mit Oberägypten in Verbindung gebracht wird. Für Unterägypten steht die rote Krone, die nach oben spitz zuläuft 󴕆. Als Zeichen der Reichseinigung können die beiden Kronen zu einer kombiniert werden 󴕈. Statt der Kronen kann der König auch das Nemes-Kopftuch tragen, ein gestreiftes Tuch, das

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Einleitung auf Brust und Rücken fällt. Es wird mit Geier und Uräus-Schlange als Symbole für Ober- und Unterägypten verbunden. Bei besonderen Anlässen trägt der Pharao auch die Atef-Krone 󴕌  , die Osiris ebenfalls trägt; im Krieg kommt überdies die blaue Krone 󴕋 zum Einsatz. Mit besonderer Macht ausgestattet sind außerdem die Zepter des Königs, besonders das oben in einem Tierkopf (Seth?) endende Was-Zepter 󴖕  , außerdem der ebenfalls zur Osiris-Dar­stellung gehörende Krummstab Heqa  󴖒. Schließlich wird der ansonsten rasierte König mit einem geraden, geflochtenen Zeremonialbart abgebildet, der als Attribut der Götter galt. Zur Unterscheidung: Der Bart der Gottheiten ist leicht gebogen, vgl. oben das Bild der Totenmaske des Tutanchamun. Schließlich sind die Thronnamen zu nennen, die dem Pharao bei seiner Krönung verliehen werden und seine Aufgaben innerhalb der Königsideologie ausdrücken. In der Frühzeit wird nur der in einen Rahmen geschriebene Horusname verwendet. Spätestens seit dem Mittleren Reich sind es fünf Namen: Horus 󳮂  , Zwei Herrinnen 󳮚  , Goldhorus, Binse und Biene 󳾷󳺃 (= König von Ober- und Unterägypten), Sohn des Re 󳯐󴀫  . Die letzten beiden Namen werden in Kartuschen geschrieben; »Sohn des Re« ist der eigentliche Name, den der König schon vor der Krönung trug. Die Tradition der fünf Thronnamen steht sicher hinter der berühmten Stelle in Jes 9, 5, nach der das neugeborene messianische Kind die Namen »Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, FriedeFürst« erhält (der fünfte Name ist wohl verloren gegangen). Die Übersicht zeigt einige ausgewählte Namen, die bei der Besichtigung wichtiger Tempel immer wieder zu sehen und an den Kartuschen leicht zu erkennen sind.

Narmer, Djoser, Snofru, Cheops

Übersicht: ausgewählte Kartuschen (jeweils von links)

Einleitung

Chephren, Mykerinos, Teti, Amenophis I.

Thutmoses II., Hatschepsut, Amenophis III.

Echnaton, Tutanchamun, Haremhab

Ramses I., Sethos I., Ramses II.

Merenptah, Scheschonq, Alexander der Große, Kleopatra VII.

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Einleitung Götter Ägyptens Es ist nicht immer leicht, die auf den Reliefs abgebildeten Götter zu erkennen. Daher werden im Folgenden einige der wichtigsten Gottheiten des alten Ägypten kurz vorgestellt und mit ihren wichtigsten Merkmalen beschrieben, so dass ein Wieder­erken­nungs­effekt eintreten kann. Für die eigentlich notwendigen religionsgeschichtlichen Differenzierungen muss erneut auf die Literatur im Anhang verwiesen werden.

Isis

Nephthys

Neith

Neith, Hemuset

Wadjet

Nut

UÄ, Hapi

OÄ, Hapi

Maat, Schu

Atum, Horus

Osiris

Chnum

Sobek

Nechbet, Mut, Isis

Hathor, Isis

Re-Horachte, Sachmet

Chons

Amun, Horus

Onuris

Übersicht über die Kronen wichtiger Gottheiten

Einleitung Das ägyptische Wort netscher (Hieroglyphe  󴒎 ), das im Deutschen mit »Gott« übersetzt wird, ist nicht auf eine konkrete Gottheit begrenzt, sondern kann je nach Kontext göttliche Mächte und Wirkungen schlechthin bezeichnen, die z. B. in Ritualen und magischen Praktiken gerufen oder abgewehrt werden sollen. Daher rührt das oben dargestellte Phänomen des Verschmelzens und Trennens von Gottesvorstellungen, ebenso der Austausch von einzelnen Götterinsignien; so können z. B. Isis und Hathor mit der gleichen Krone abgebildet werden. Die Übersicht über die Kronen der Gottheiten soll die Orientierung erleichtern. Amun ist einer der wichtigsten Götter überhaupt, sein Tempel in Karnak ist der größte Ägyptens. Er kann als Mensch mit einer hohen, doppelten Federkrone 󴕎, auch widderköpfig oder ganz als Widder dargestellt werden. Als Amun-Re ist er die thebanische Erscheinungsform des Sonnen­gottes, eigentlich war »der Verborgene« ein Windgott, er gilt als »geheimnisvoll«. Wie andere Götter auch kann er das was-Zepter tragen, ebenso das anch-Zeichen als Symbole für Macht und Lebenskraft. Der Totengott Anubis wird meist schwarz (wie die Haut der Mumien) dargestellt. Er ist menschengestaltig mit einem Schakalkopf oder wird als hundeartiges Tier auf einem Kasten liegend gezeichnet 󳢗 . Er schützt die Gräber und überwacht die Balsamierung der Mumie und zusammen mit Horus das Totengericht. Wahrscheinlich sollte ursprünglich ma­ gisch abgewehrt werden, dass Schakale die Leichname fressen. Aton ist die Gottheit der Sonnenscheibe, die im NR immer stärker verehrt und von Echnaton über alle anderen Götter erhöht wurde.

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Karnak: Ramses II. vor Amun-Re; rechts Chons, links Mut

Totentempel der Hatschepsut: Anubis

Weiheplatte des Echnaton

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Einleitung

Dendera: Relief des Bes

Skarabäus in Karnak

Chnum bildet den künftigen Pharao, dem die Geburtsgöttin Heket das Leben (anch) reicht

Kennzeichnend ist die ausschließliche Darstellung mit der Königskobra (Uräus) und mit Strahlen, die in Händen auslaufen. Bes ist ein zwar fies aussehender, zwergenartiger und löwenohriger Gott, doch vermittelt er Schutz vor Schlangen und Dämonen, dies besonders im Zusammenhang von Zeugung, Schwangerschaft und Kindbett. Daher wird er sehr oft auf Amuletten abgebildet. Seine Verehrung wird in der Spätzeit immer stärker. Chepre wird meist als Skarabäus 󳺂 oder als Mann mit Käfer auf dem Kopf dargestellt. Der Mistkäfer schiebt eine Dungkugel vor sich her, in der seine Eier geschützt sind, daher hat man ihn zum einen mit der Schöpfung in Verbindung gebracht (die Hieroglyphe bedeutet »werden«), außerdem gilt er als Gott der jungen Sonne, der morgens die Sonnenkugel anschiebt. Chnum wird widderköpfig dargestellt 󳐎, er ist mit dem Nilschlamm verbunden und gilt als Töpfergott (Darstellung oft mit Töpferscheibe. Von daher erhält er im Laufe der Zeit eine bedeutende Stellung als Schöpfergott. (Auch im biblischen Bericht wird nach Gen 2 der Mensch aus Lehm gebildet.) An der Sichel auf dem Kopf ist Chons, einer der Mondgötter, zu erkennen. Er ist besonders häufig auf Reliefs in Theben zu sehen, da er als Kind des Hauptgottes Amun und seiner Frau Mut gilt; in Karnak hat er einen eigenen Tempel. Der Erdgott Geb wird im nächsten Abschnitt zum Weltbild vorgestellt. Wenig hübsch ist auch Hapi, der Gott der Nil­ über­schwem­mung. Bauch, Hängebrüste und Wasserpflanzen auf dem Kopf sollen wohl die Fruchtbarkeit symbolisieren, die der Schlamm des Flusses auf den überschwemmten Feldern

Einleitung bewirkt. Hapi wird oft beim Zusammenbinden der Wappenpflanzen von Ober- und Unterägypten (Lotus und Papyrus) abgebildet, das die Reichseinung symbolisiert. Hathor wurde als göttliche Mutter des regierenden Königs verehrt, ebenso als Tochter des Sonnengottes, als Göttin der Sexualität und der Musik. In Theben gilt sie auch als »Herrin des Westens«, die abends die Sonne empfängt. Sie konnte als Kuh dargestellt werden, ebenso als Frau mit Kuhohren oder mit Kuhgehörn und Sonnenscheibe 󳐨. Zu den wichtigsten Göttern gehört der Falkengott Horus, der in einer Vielzahl von Erscheinungsformen verehrt und fal­ken­ge­stal­tig 󳱔 oder als Mensch mit Falkenkopf darge­stellt wird. Er ist einerseits Himmelsgott, andererseits Schutzgott des Königs (s. o.). Er gilt als Sohn der Isis, die ihn postum von Osiris em­pfangen hatte, nachdem dieser von Seth getötet worden war. Horus rächt seinen Vater, wobei er ein Auge verliert, das ihm Hathor zurückgeben konnte. Dieses udjat-Auge 󳙷 ist als Symbol der Unversehrtheit bekannt und wurde oft als magisch wirksames Amulett benutzt. (Vgl. S. 254 den Exkurs zum Mythenkreis um Horus und Osiris.) Auch Isis als Mutter des Horus galt symbolisch als Königs­mutter. Sie wird menschengestaltig mit der Hieroglyphe »Thron« 󴐍 auf dem Kopf dargestellt, außerdem wie Hathor mit Kuhhörnern und Sonnenscheibe. Oft hat sie lange Flügel, mit denen sie den König oder Leichnam schützend umfängt. Im Mythos sucht sie die Teile des von Seth zerstückelten Osiris, setzt sie zusammen, stellt eine Mumie her und empfängt schließlich Horus 󳕮  . Auch deswegen ist sie im

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Luxor: Hapi beim Zusammenbinden der Wappenpflanzen

Pharaonin Hatschepsut wird von Hathor genährt

Horus-Statue in Edfu

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Einleitung

Bereich der Magie außerordentlich wichtig. In der Spätzeit wird sie zur Universalgöttin, in römischer Zeit ist sie Mittelpunkt von Mysterienreligionen; noch bis ins 6. Jh. n. Chr. wird sie als letzte klassische ägyptische Gottheit verehrt. Ma'at kann als Göttin der Wahrheit, Gerechtigkeit und der Welt­ordnung verstanden Isis und ihre Schwester Nephthys, davor Osiris und Horus beim Opferempfang werden. Ihr Kennzeichen ist eine Feder auf dem Kopf 󳵐, die aber als Hieroglyphe auch allein abgebildet werden kann, etwa auf der Waage des Totengerichts. Oft dargestellt wird auch, dass die Könige den Göttern Ma'at als Opfergabe darbringen; ihre Aufgabe ist es ja, für den Erhalt der Weltordnung zu sorgen. Ma'at gilt als Fundament des Thrones; daher stammt wohl die alttestamentliche Vorstellung von der Gerechtigkeit als Stütze des Thrones (Ps 89, 15). Der Gott Min wird oft mit Amun verschmolzen dargestellt, daher trägt er dessen Federkrone 󳐧. Erkennbar ist er aber vor allem an seinem Karnak: Ma'at (li.) mit der Thebanischen aufgerichteten Glied; es liegt nahe, dass er als Trias Chons, Mut (hier mit Löwenkopf) und Amun (von li.) für Fruchtbarkeit und Zeugungskraft zuständig galt. Mut, in Theben die Frau Amuns und Mutter des Chons, wurde ebenfalls als himmlische Mutter des Königs verehrt. In Theben wird sie oft, der Sachmet ähnlich, als Löwin dargestellt, meist ist sie menschengestaltig und trägt eine Geierhaube, häufig mit Krone. Die Himmelsgöttin Nut 󳗑 wird im nächsten Abschnitt zum Weltbild vorgestellt. Mit Tod, Wiederbelebung und Fruchtbarkeit Karnak: Ramses II. vor Amun-Min wurde vor allem Osiris 󳔇 verbunden. Er ist an seiner Mumiengestalt zu erkennen, auf dem 󴕌 Kopf trägt er die Atef-Krone und in den Händen Krummstab und Geißel 󴖒󴖠. Zu seinem Kult gehört auch der djed-Pfeiler 󴒙, ein Symbol für Ewigkeit. In den Jenseitsvorstellungen Ägyptens nimmt er einen hervorragenden Platz ein.

Einleitung

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Seit dem Alten Reich wurde der verstorbene König mit Osiris gleichgesetzt (im Leben galt er als Horus). »Du bist auf dem Thron des Osiris … Nimm dir sein Herrscherzepter, empfange seine Krone.« (Pyr. 2021)

Wie im Mythos Isis seinen Leichnam mumifizierte, so ergeht es auch den menschlichen Leichen im Totenritual. Im Totengericht ist Osiris außerdem der entscheidende Richter. Ptah, der in Memphis als Hauptgott verehrt wurde, ist meist als Mumie eingewickelt und haarlos oder mit einer Art blauer Kappe abgebildet 󳑭. Aus seiner ursprünglichen Rolle als Hand­werkergott entwickelte sich die Vorstellung, dass er der uranfängliche Schöpfer war. Der Sonnengott Re wurde anfangs vor allem in On / Heliopolis verehrt, später wurde der Sonnenkult so bedeutsam, dass er mit den wichtigsten Göttern verschmolzen wurde, vor allem zu Re-Horachte (mit Horus) und Amun-Re. Re wird vor allem in Menschengestalt mit Falkenkopf und Sonnenscheibe abgebildet, in der Hand was-Zepter und anch-Zeichen 󳵘. Während der Nachtfahrt der Sonne wird er auch als Widder dargestellt. Sein Kultsymbol ist der Obelisk, dessen mit Elektron belegte Spitze das erste Sonnenlicht einfängt. Die Löwengöttin Sachmet steht für aggressive und gefährliche Seiten im Gottesbild; daher wurde sie als Göttin der Kampfeslust verehrt. Sie gilt als Tochter des Re und in Memphis als Gemahlin des Ptah. Im NR wird sie zunehmend mit Mut identifiziert, weshalb man in Theben viele Sachmet-Statuen sehen kann. In Bubastis wurde mit der Katzengöttin Bastet ein

Mut in der Mitte der Thebanischen Trias mit Chons und Amun

Der König betet Ptah an

Re-Horachte im Totentempel der Hatschepsut

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Einleitung

Sachmet im Totentempel Ramses III. in Medinet Habu

friedliches Gegenstück – ebenfalls als Tochter des Re – verehrt. Mit einer rüsselartigen Schnauze und seltsam eckigen Ohren wird Seth dargestellt, der »rote« Gott der Wüste und des Auslandes, der für das Chaos steht. Von den Hyksos und dann auch im Neuen Reich wird er als Schutzgott verehrt, wohl weil die kämpferischen Aspekte Seths den Sonnengott auf seiner nächtlichen Reise beschützen. Im Osiris-Mythos tötet er seinen Bruder und wird dann in langen Kämpfen von dessen Sohn Horus gerächt. Der Schreibergott Thot wird vor allem als Ibis oder menschen­gestaltig mit Ibiskopf 󳐆 abgebildet; in der Hand trägt er Schreibmaterialien. Er begegnet auch als Pavian; diese Tiere galten als besonders klug, da sie morgens die Sonne anrufen. Thot ist Gott der Weisheit, beim Totengericht nimmt er das Ergebnis des Wiegens des Herzens auf. Er kann auch als Mondgott und Bote verehrt werden. Auch die Göttin Thoëris/Taweret wird als Nilpferd mit Hängebrüsten, schwangerem Bauch und Teilen eines Krokodils und Löwen sehr besonders dargestellt; sie soll die Dämonen bei Schwanger­schaft und Geburt abwehren. Daher wird sie wie Bes oft auf Amuletten abgebildet.

Welt- und Menschenbilder Seth, der Landesgott von Oberägypten, Wie die Welt ins Leben kam, was sie »im Innerund Horus übergießen den Pharao mit sten zusammen­hält«, ist auf unterschiedliche lebendigem Wasser Weise Thema jeder Religion. Im Sinne der oben angesprochenen Vielfalt der Zugangsweisen gibt es im alten Ägypten darauf keine einhellige Antwort; eine ganze Reihe von Göttern konnte als Schöpfergott gesehen werden, es gab u. a. ein Nebeneinander einer ursprünglichen Konstellation von acht Göttern in Hermopolis, der Neunheit in Heliopolis und der Schöpferkraft des Ptah in Memphis. Am

Einleitung bekanntesten ist die Neunheit: Von dem Urgott Atum stammen zunächst der Luftgott Schu und die Feuchtigkeit Tefnut, in der nächsten Generation folgen der Erdgott Geb und die Himmelsgöttin Nut. Mit den Urenkeln Osiris, Seth, Isis und Nephthys ist dann bereits die Götterkonstellation erreicht, die im Mythos Ägyptens eine so große Rolle spielt. Während hier Schöpfung analog zu menschlicher Gene­ra­tio­nenfolge begriffen wird, ist die Theologie aus Memphis deutlich entwickelter. Hier herrscht die Vorstellung vor, dass der Gott Ptah alles durch sein schöpferisches Wort schafft; dies erinnert unmittelbar an den ersten biblischen Schöpfungsbericht (Gen 1).

Thot als Pavian

Aus dem »Denkmal memphitischer Theologie«: »Und es entstanden alle Handwerke und alle Künste, das Tun der Arme, der Gang der Beine die Bewegung aller übrigen Glieder gemäß seinem (Ptahs) Befehl, der an das Denken des Herzens ergeht, den die Zunge äußert und der die Aktivität in allem erzeugt.«

Die Grundkonstellation der Welt wird in einer ganzen Reihe von Bildern in Totenbüchern, auf Tempel- und Grabwänden dargestellt, die sich in Grundzügen ähneln (S. 48): Die Basis bildet der liegende Erdgott Geb, der wegen seiner Vegetationskraft oft grün oder mit Pflanzen geschmückt dargestellt ist. Gelegentlich wird er mit auf­ge­rich­tetem Glied abgebildet, was ebenThoëris im Museum in Kairo falls seine Fruchtbarkeit symbolisiert. Über dem Erdgott wölbt sich in einem großen Bogen seine Gemahlin, die Himmelsgöttin Nut. Oft wird dazwischen der Luftgott Schu abgebildet, als Mann, der eine Straußenfeder auf dem Kopf trägt (die Feder zeigt die leiseste Bewegung des unsichtbaren Windes und damit sein Vorhandensein). Schu stützt die Nut und trennt Himmel und Erde zuverlässig. Die Grundvorstellung hinsichtlich der Himmelsgöttin ist, dass sie abends die Sonne verschlingt und am Morgen neu gebiert. Ihr Körper symbolisiert das

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Einleitung

Himmelsgewölbe, daher wird er oft mit Sternen versehen. Außerdem schützt er den Verstorbenen, weshalb Grabdecken und die Innenseiten der Sarkophage mit dem Bild der Nut versehen werden. Das Grab ist der Punkt der Verbindung zwischen Diesseits und Jenseits. Den jenseitigen Teil der Welt stellte man sich analog zum Diesseits als fruchtbares Niltal vor, in dem es ertragreiche Binsengefilde für den Ackerbau oder Opfergefilde gibt, wo man die Gaben der Hinterbliebenen empfängt. Der Grabschmuck in vielen Gräbern bildet daher diese durchaus diesseitig wirkende Jenseitswelt ab. Die »Geographie« des Jenseits und die für den Toten möglichen und nötigen Wege durch diese Gefilde werden vor allem im Neuen Reich in eigenen Büchern zusammengestellt, die man Unterweltsbücher oder -führer nennt. Besonders wichtig ist das sogenannte Amduat, in dem Nut wölbt sich über Geb, von Schu gestützt.

Grab des Schreibers Unsu: Kornernte

Einleitung die nächtliche, zwölfstündige Fahrt des Sonnengottes durch die Räume der Unterwelt dargestellt wird; es ist an den Wänden der Gräber zu sehen. (Zu anderen Unterweltsbüchern vgl. S. 247.) Zum Seinsverständnis im alten Ägypten gehört schließlich ein besonderes Menschenbild. Oben waren bereits die Ein­ge­bunden­heit der Menschen in die Weltordnung Ma'at und die daraus resultierende Verpflichtung zum Tun gerechter Taten (ebenfalls ma'at) dargestellt worden. Hinzu kommt eine Vorstellung von der menschlichen Personalität, die deutlich von unserer heutigen abweicht. Hilfsweise verwendet man dazu die Rede von mehreren »Seelen«, die jeder Mensch zusätzlich zu seinem Körper und seinem Namen hat, und die besonders nach dem Tod wichtig werden. Zunächst ist die Ba-Seele zu nennen. Wie man sich im Traum scheinbar von sich selbst wegbewegen kann, so verlässt der Ba den Leichnam. Daher wird er als Vogel 󳯮 gekennzeichnet. Ba bezeichnet die unsterblichen Teile des Menschen; er kann das Grab verlassen, ist aber immer an diese Leiche gebunden.

Ba-Vogel über Leiche

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Einleitung Die Aufgabe des Ba ist auch, die Vereinigung mit der zweiten Seelenkomponente, dem Ka, zu erreichen. »Ka« kommt dem am Nächsten, was wir heute »Seele« nennen würden; er ist zwar mit dem Menschen geschaffen, aber unsterblich, eine Art Doppelgänger, der vom Vater auf den Sohn übergeht. Er trennt sich folglich beim Tod vom Verstorbenen, ist aber dennoch an ihn gebunden und sorgt weiter für seinen Erhalt. Daher werden die Opfergaben vor der Ka-Statue dargebracht. Die Ka-Hieroglyphe ist gut an den beiden ausgestreckten Armen erkennbar 󳚓 ; die Statue trägt sie oft als Kopfschmuck. Ein weiterer Bestandteil des Menschen wird Ach genannt, was oft mit »Verklärungsseele« wiedergegeben wird (Hieroglyphe: Schopfibis 󳮱). Er löst sich

Ka mit Opferplatte

Einleitung nach der rituellen Beerdigung vom Menschen und steigt zum Himmel; die Zirkumpolarsterne werden als Ach-Sammlung begriffen. Ziel der Begräbnisriten ist, dass der Verstorbene in den Zustand des Ach kommt, also wieder selbständig agieren kann. Dazu müssen Ba und Ka wieder vereinigt werden. Diese komplizierten, erneut nicht widerspruchsfrei miteinander zu kombinierenden Elemente des Menschenbildes zeigen, dass man im alten Ägypten nicht mit einer einfachen Gegenüberstellung von Leib und Seele rechnete. Der Mensch wurde grundsätzlich als aus vielen Komponenten zusam­men­gesetztes Wesen verstanden, um so die verschiedenen Di­men­sio­ nen seiner Existenz bis hin zu seinem Schatten erklären zu können. Die Sorge um die Toten Der Totenkult Ägyptens hat zu den großartigsten Bauwerken und Kunstwerken der Geschichte geführt, von den Pyramiden bis hin zur Goldmaske des Tutanchamun. Dazu haben einige Grund­ überzeugungen der ägyptischen Religion geführt, die sich kurz skizzieren lassen, auch wenn sich die Jenseitsvorstellungen im Laufe der Geschichte ständig verändert haben und in der Forschung noch vieles unsicher ist. Im Hintergrund des ägyptischen Totenkultes stehen anfangs vielleicht ­Beobachtungen in der Natur. So stellte man fest, dass einige Leichname verstorbener Menschen nicht verwesten, sonMumie Sethos I. (19. Dyn.) dern – durch den heißen, trockenen Wüstensand konserviert – nahezu unverändert blieben. Gleichzeitig konnte man auch sehen, dass manche Leichen durch Tiere zerstört wurden. Daraus konnte man schließen, dass es offenkundig eine weitere Existenz­mög­lich­ keit des Verstorbenen gibt, die aber durch die Nachfolgenden geschützt werden

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Einleitung

muss. Dies führte dann in mehreren Schritten zur Mumifizierung des Körpers, zum Schutz der Leiche durch einen oder mehrere Särge und den Bau eines festen Grabes als »Haus der Ewigkeit«, analog zum irdischen Wohnen. Resultierend aus den oben dargestellten religiösen und anthro­pologischen Grundüberzeu­ gungen wird davon ausgegangen, dass der Verstorbene weiterhin Kontakt zum diesseitigen Teil der Welt hat und dass der jenseitige Teil keine götterlose Zone ist, was ja allein der dem Sterben und Auferstehen gleichkommende Nachtlauf der Sonne nahelegt. So werden die Särge mit Augen geschmückt, durch die der Verstorbene nach außen blicken kann. Später wird dieses mit dem mythischen udjat-Auge des Horus 󳙷 zusammen­ gesehen, das als Symbol für Unversehrtheit steht. Scheintür und Opferplatte in der Mastaba Im Grab gibt es eine Opferplatte, auf der die des Ti Gaben niedergelegt werden. Die Grabkammer ist zwar vermauert, doch es gibt eine Scheintür, durch die der Ba sich herausbewegen und die Substanz der Opfergaben holen kann. Sollten die Nach­kommen ihren Pflichten zum Opfer nicht nachkommen, sind auf den umliegenden Wänden Nahrungsmittel abgebildet, deren Essenz dann die Mumie versorgen kann. Außerdem findet sich eine Ka-Statue als Bild des Verstorbenen Ka-Statue des Ti in einem eigenen Raum (Serdab), die notfalls sogar die Mumie ersetzen kann. Das Ziel der Anstrengungen ist es, dass der Verstorbene einen Platz innerhalb der Götterwelt erhält: Der König wird zu Osiris und nimmt als Stern einen sichtbaren Platz am nächtlichen Himmel an. Der Weg dorthin durch die Jenseitswelt ist ähnlich gefährlich wie das irdische Leben. Es gilt, den Leichnam vor dem Verwesen zu bewahren, Unwetter zu überstehen oder bösen Tieren, allen voran der Apophis-Schlange, zu entkommen. Außerdem droht ein Gerichtsverfahren, in dem über das Ma'at-gemäße Leben des Verstorbenen befunden wird. Für die Abwehr dieser Gefahren bedarf man

Einleitung des Wissens um die Geographie des Jenseits (s. das vorherige Kapitel), um den Ablauf der Nacht­stunden und um magisch wirksame Sprüche und Formeln. Vom Alten Reich an entwickeln sich diese Vorstellungen. Erstmals gesammelt greifbar sind sie in den Pyramidensprüchen, die in der 5. Dyn. seit König Unas an die Wände der Grab­räume geschrieben werden. Um diese Zeit gelten die Vorstel­lungen offenbar nur für die Könige. Eine Demokratisierung des Jenseitslebens setzt erst später ein; nun kann jeder zu Osiris werden. Außerdem wird die Idee der Nachtfahrt der Sonne wichtiger. »Mögest du hinabsteigen zusammen mit Re, mögest du aufsteigen zusammen mit Re.« (Pyr 209)

Die Pyramidentexte werden nun – um zusätzliche Sprüche und Bilder erweitert – als Sargtexte auf die Innenseiten der Särge geschrieben oder auf Papyrus den Verstorbenen beigelegt. »Ich sterbe und ich lebe, denn ich bin Osiris.« (CT 330)

Später, ab der 17. Dyn., entwickelt sich daraus eine ganze Reihe von Textsammlungen, deren bekannteste das Totenbuch ist. In ihm findet sich das (nach moderner Zählung) 125. Kapitel mit der bekannten Szene des Totengerichts

Totenbuch des Ani, Kap. 125

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Einleitung vor Osiris. Hier ist der Text besonders wichtig, denn in ihm betont der Verstorbene, welche Freveltaten er nicht begangen hat. Dies soll ihm vor Gericht auf magische Weise ein positives Verfahren sichern. Aus dem Totenbuch: »Wer kommt, ohne Unrecht getan zu haben, der wird dort sein wie ein Gott.«

Während die Totenbücher – sie allein konnten etwa ein halbes Jahreseinkommen kosten  – auf Papyrus geschrieben und den Toten beiApothekerglas: Mumia gegeben wurden, schmückte man die Gräber seit dem Neuen Reich mit den bereits angesprochenen Unterweltsbüchern und -führern, die das Leben im Jenseits und den typischen Verlauf einer Nacht und damit die Widerfahrnisse des Sonnengottes beschreiben. Aus dem Amduat: »120 Meilen sind bis zu diesem Torweg zu gehen. Die Stunde, die in diesem Torweg leitet – ihr Name ist ›welche die Stirnen der Feinde des Re zerschmettern‹. Es ist die erste Nachtstunde.«

Diese Kom­po­sitionen besichtigt man im Tal der Könige. Zu allen Zeiten hat die Mumifizierung besondere Auf­merk­samkeit der NichtÄgypter erregt. Die Menge der in Ägypten gefunden Menschen- und Tiermumien ist so groß gewesen, dass man sie in Europa als Arznei und später sogar wegen der vermuteten Teer-Bestandteile der Mumienhüllen als Brennstoff verwendete. (Das arabische mummija bezeichnet Bitumen, daher »Mumie«). Die Details des Mumifizierungsrituals haben sich über die Zeit hinweg verändert; auch haben manche Materialien dem Körper mehr geschadet als andere. Wen es nicht zu sehr gruselt, der sollte unbedingt den Mumiensaal im Museum in Kairo besichtigen und sich selbst ein Bild machen. Im Alten Testament wird von den Stammvätern Jakob und Joseph überliefert, dass ägyptische Ärzte sie nach dem Tod 40 Tage salbten (Gen 50), was die Mumifizierung meint. »Ihre beste Methode der Balsamierung: Zunächst ziehen sie mit einem Eisenhaken das Gehirn durch die Nase heraus. Haben sie alles herausbekommen, was möglich war, waschen sie den Rest mit Essenzen aus. Dann machen sie mit einem scharfen, äthiopischen Stein (= Obsidian) einen Schnitt auf der Seite, durch den sie die Eingeweide heraus holen. Danach reinigen

Einleitung

sie die Bauch­höhle mittels Palmwein und verschiedenen, zerstoßenen Gewürzen und nähen sie zu. Dann bedecken sie die Leiche mit Natron für 70 Tage, aber nicht länger, und trocknen sie so aus. Nach 70 Tagen waschen sie den Leichnam und wickeln ihn in feinste Leinbinden und bestreichen sie mit Gummi. Schließlich geben sie den Leichnam der Familie zurück, die ihn in einen Holzsarg in menschlicher Gestalt legt, ehe sie ihn, aufrecht an die Wand angelehnt, in die Grabkammer verschließen.« (Nach Herodot, Historien, 2. 86 ff.)

Die ausführlichste Beschreibung der Mumifizierung ist bei dem griechischen Historiker Herodot zu lesen, sie passt weit­gehend mit dem zusammen, was

Totenbuch des Hunefer

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man aus archäologischen Funden erkennen kann. Obgleich sich medizinische Eingriffe am offenen Schädel nachweisen lassen, hat man das Gehirn des Toten offenbar als wertlos erachtet und daher entfernt. Das Herz wurde behandelt und in die Brusthöhle zurückgelegt, die ansonsten ausgestopft wurde. Die inneren Organe Leber, Lunge, Magen und Gedärme wurden entfernt und separat in sogenannten Kanopen bestattet, das sind Krüge, deren Deckel vier Horussöhne symbolisieren, unter deren Schutz die Organe stehen. Im Neuen Reich nahmen diese Deckel die Gestalt von Falke, Affe, Schakal und Mensch an. In die oft kilometerlangen, kunstvoll gelegten Leinenbinden wurden magisch wirkUschebtis aus dem Neuen Reich same Amulette wie das udjat-Auge 󳙷, der Ewigkeit symbolisierende djed-Pfeiler 󴒙 oder das anch-Zeichen 󴖄 eingebunden, um den Leichnam zu schützen. Beim Einbalsa­mieren lasen spezielle Priester Beschwörungsformeln vor. An der Mumie wurde außerdem ein sogenanntes Mundöffnungsritual vollzogen, durch das der Verstorbene wieder belebt werden sollte. In hellenistisch-römischer Zeit wurden die Mumien mit Mumienporträts versehen, die den Verstorbenen auch bildlich darstellen sollten. Ein eigenes Thema sind auch die Grabbeigaben, die sich in den Museen der Welt in großer Zahl finden. Neben den schon genannten Amuletten gehören dazu vor allem die Uschebtis, kleine, mumienförmige Figuren, die immer dann für den Verstorbenen »antworten« (daher wohl der Name), wenn er zu den im Jenseits nötigen Arbeiten aufgerufen wird. Idealerweise werden 365 Uschebtis beigegeben, um das ganze Jahr abzudecken. Wie man bei der Entdeckung des Grabes Tutanchamuns sehen konnte, waren die Grabkammern außerdem mit Lebensmitteln, Möbeln und Waffen bis zum Streitwagen gefüllt. In Gizeh fand man sogar vollständige Schiffsbausätze. Man muss sich klar machen, dass es sich bei den hier beschriebenen Elementen vor allem um Aussagen über den königlichen Totenkult oder den der Oberschicht handelt. Allerdings versuchten ärmere Schichten offenbar, wenigstens einzelne Elemente des vollständigen Rituals zu übernehmen.

Einleitung Ägypten und die Bibel – Juden und Christen am Nil In den vorhergehenden Kapiteln war immer wieder auf Berührungen zwischen Ägypten und der biblischen Überlieferung hingewiesen worden, vor allem bei historischen Ereignissen. Nun sollen diese Beziehungen einmal aus altisraelitischer, jüdischer und christlicher Perspektive knapp zusammengefasst werden. Altes Testament In der Überlieferung der Hebräischen Bibel nimmt Ägypten einen prominen­ ten Platz ein. Schon für Abraham und Sara bot das Land am Nil Zuflucht, als eine Hungersnot ihr Leben und damit die Existenz der Verheißung Gottes bedrohte (Gen 12). Joseph, seine Brüder und deren Nachkommen siedelten sich gar für 430 Jahre dort an (Ex 12, 40). Dann aber kam ein Pharao, der Josephs Wirken ­­in den sieben fetten Jahren (Gen 39 – 50) nicht kannte und Israel bedrückte. Der folgende Auszug aus Ägypten, Gottes wundersame Rettung des Volkes am Schilfmeer, ist bis heute das Grund­bekenntnis Israels, an das im Judentum beim Passafest erinnert wird (Ex 1–14). Mose schließlich, Leitfigur des Exodus und später wie ein Religionsstifter verehrt, trug einen eindeutig ägyptischen Namen, vgl. die Pharaonennamen »Thutmose« mit der Bedeutung: (der Schreibergott) »Thot ist geboren« (vgl. Exkurse zum Exodus S. 167 und zu Mose, S. 169). Diese Erzählungen des Alten Testaments sind keine historisch zuverlässigen Berichte nach heutigen Maßstäben. So hat es in Ägypten zwar hohe Beamte mit semitischen Namen gegeben, doch die Existenz des Wesirs Joseph ist nicht nachzuweisen. Auch die Versuche, Mose mit bekannten ägyptischen Würdenträgern in Verbindung zu bringen, müssen als gescheitert gelten. Die biblischen Texte sind ja viel später entstanden und vermitteln bestimmte Ägypten­bilder, die theologisch motiviert sind. Beispielsweise gibt es eine Tradition, die Ägypten positiv als Element der Heilsgeschichte Gottes mit Israel sieht. Nur gelegentlich findet man etwa in der Josephs­geschichte dis­ tanzierende Bemerkungen. So müssen Josephs Brüder alleine essen, »denn die Ägypter dürfen nicht essen mit den Hebräern; denn es ist ein Greuel für sie« (Gen  43, 32). In diesen Texten findet sich manches Detailwissen über Ägypten: Josephs Frau heißt Asenat; ihr Name enthält offenbar einen Hinweis auf die im Delta verehrte Göttin Neith. Ihr Vater wird gar als Priester des Sonnenheiligtums in On /Heliopolis vorgestellt (Gen 41, 45). Die Episode, in der Potiphars Frau Joseph verführen will (Gen 39), findet sich ähnlich in einem ägyptischen Märchen.

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Einleitung Demgegenüber ist die Exodusgeschichte weitgehend von der negativen Einschätzung Ägyptens als »Sklavenhaus« geprägt. In fast satirischer Art wird die Überlegenheit der Israeliten betont: So leihen die Ägypter ihren hebräischen Sklaven freiwillig ihren Schmuck (!), als die zum Opfer in die Wüste wollen (Ex 12). Daraus wurde später das goldene Kalb gegossen (Ex 32); das fremde Gold wird zum Götzen. Die Härte der Sklavenarbeit wird betont, um Gottes Eingreifen zu rechtfertigen. Die Erzählungen von den zehn Plagen wiederum zeigen eine gewisse Kenntnis über Naturphänomene wie etwa die Froschoder Heuschreckenplage, die am Nil auftreten konnten. Man muss sich vor Augen halten, dass für Israel Beziehungen zu Ägypten unvermeidbar waren. Schließlich handelte es sich in den meisten Phasen der Geschichte um die dominierende Großmacht. Jede Bewegung dieser Macht nach Norden, wie auch jeder Angriff auf Ägypten aus dem Norden (Hethiter) oder Nordosten (Assyrer, Babylonier, Perser), berührten unweigerlich das Gebiet Syrien-Palästinas. Daher hatte Ägypten ein Interesse daran, diese

Muski Ionier Phrygier Tabal Chilakku

Milid Kummuch Gurgum Sam‘al Unqi

Que (Koë)

Bit Adini Bitagusi Assyrien Aramäer

Israel Philister

Moab Edom

Ägypten Assyrien und Babylonien Aramäer und neuhetitische Staaten Von Westen eingewanderte Völker Kanaanitische Bevölkerung mit aramäischen Elementen

|

AramDamaskus Ammon

Ägypten

|200 km

Israel zwischen den Mächten um 1000 v. Chr.

Babylonien

Kaldu

Einleitung

Elfenbein aus Megiddo: Ein Stadtfürst wird im Stil eines Pharao dargestellt

Landbrücke politisch stabil und möglichst unter seiner Kontrolle zu halten. So gab es nahezu durchgängig eine ägyptische Präsenz in der Region, wie Ausgrabungen bei Gaza, in Megiddo und Bet Schean zeigen. In solchen Siedlungen gab es natürlich auch Tempel ägyptischer Götter, belegt ist z. B. ein Amun-Tempel in Gaza. Wenn die Notiz über König Salomos ägyptische Frau (1. Kön 11, 1) historisch korrekt ist – sie gilt als Zeichen seines Abfalls von Gott – könnte sie als Indiz für beiderseitiges Bemühen um Stabilität gewertet werden. So ist zu erklären, dass es im Alten Testament eine ganze Reihe von Beeinflussungen durch ägyptische Denkkonzepte gegeben hat. Es war schon davon die Rede, dass die Königs­vorstellung in Israel offenbar von Ägypten her beeinflusst ist. Das zeigt sich besonders in Ps 2, aber auch in Ps 110, die beide das Bild vom »Schlagen der Feinde« aufnehmen, auch die Idee vom König als Sohn Gottes stammt von dort. Ps 110, 5: »Der Herr zu deiner Rechten zerschmettert Könige am Tag seines Zorns«. Ps 2, 6: »Mit eisernem Stab magst du sie zerschmettern, wie Töpfergeschirr sie zerschmeißen.«

Vergleichbar ist auch die Vorstellung von der Wahr-Gerechtigkeit, die in Ägypten Ma'at heißt. Auch im Alten Testament ist »Gerechtigkeit« keine juristisch exakt fixierte Größe, sondern ein prozesshaftes Geschehen. »Gerecht« ist, was der Gemeinschaft dient, jede gute oder böse Tat hat zudem Auswirkungen – nicht nur auf den Täter selbst, sondern auch auf die gesamte Umwelt. Von dorther ist erklärbar, dass man in Israel auch ägyptische Lebenslehren übernommen hat; sicher belegt ist das im Fall der Lehre des Amenemope, von der Teile im Buch der Sprüche (Kap. 22–24) aufgenommen wurden.

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Einleitung

Spr 22, 8: »Wer Unrecht sät, wird Unheil ernten, und der Stock seines Wütens wird ein Ende nehmen.«.

Zwar wird immer wieder überlegt, ob auch die Ein-Gott-Verehrung des Echnaton auf Mose und sein Gottesverständnis gewirkt hat. Schon im Ägypten der Spätzeit gibt es die Tradition, dass Mose der Anführer einer vertriebenen Hyksos-Gruppe (zu den Hyksos S. 21) gewesen sei, der dann eine neue Religion gründete, die gegen die ägyptischen Götter gerichtet war. In der modernen Forschung wird eine Beeinflussung Moses durch die Aton-Religion jedoch durchgängig abgelehnt. Immerhin sind in Ps 104 Parallelen zum großen Sonnen­hymnus aus Tell el-Amarna zu sehen, allerdings ist nicht klar, ob es sich um direkte Zitate handelt. Ps 104, 2: »Licht ist dein Kleid, das du anhast. Du breitest den Himmel aus wie einen Teppich.«

Verschiedene archäologische Erkenntnisse haben deutlich werden lassen, dass auch ägyptische Bilder in der Region gut bekannt waren. So gibt es aus Israel eine Fülle von Stempelsiegeln mit eindeutig ägyptischen Motiven. In den Prophetenbüchern des Alten Testaments wird schließlich Ägypten wie auch den anderen Großmächten wegen seiner Kriegsmacht und der Bedrohung des Gottesvolkes die Strafe des Herrn angedroht, vgl. Ez 29, 3: »Ich komme über Dich, Pharao, König von Ägypten, großer Drache«. Jesaja warnt zudem vor zu großer politischer Annäherung an den großen Nachbarn, die er als Zurückweisen der Hilfe Gottes versteht. Jes 30, 1 f.: »Wehe denen … die hinabziehen nach Ägypten und befragen meinen Mund nicht, um sich zu stärken mit der Macht des Pharao und sich zu bergen im Schatten Ägyptens.«

Hebräische Siegel mit ägypt. Uräus-Motiv

Interessant ist aber, dass die Religion Ägyptens im Altenen Testament nur selten kritisiert wird (so in Ez  30, 13), anders als die Götter Syriens oder Mesopotamiens. In späterer Zeit siedelten israelitische Gemeinden in Ägypten, etwa die nach 600 v. Chr. von den Babyloniern Vertriebenen, zu denen auch Jeremia gehört haben soll. Nun kann auch geweissagt werden, dass die dort lebenden Judäer zum Zion zurückkehren (Jer 46, 21).

Einleitung In einer Spitzenaussage bei Jesaja heißt es sogar: »Gesegnet seist Du, mein Volk Ägypten!« (Jes 19, 25) Die monotheistische Vorstellung, dass es nur einen Gott gibt, schließt notwendig mit ein, dass seine Herrschaft und seine Heils­perspektiven nicht auf ein Land beschränkt sein können. Judentum Nach dem Untergang des Jerusalemer Tempels im Jahr 587/6  v.  Chr. hat es in Babylon und Ägypten sogenannte Diaspora-Gemeinden gegeben. Bekannt ist vor allem die jüdische Siedlung auf der Insel Elephantine, die wohl ursprünglich eine Kolonie von Söldnern war. Mehrere Papyri sind aus dem 5. Jh. v. Chr. erhalten geblieben, die einen Einblick in das Leben erlauben. Dabei überraschte vor allem, dass es trotz des Verbotes aus 5. Mose 12 dort einen Tempel gegeben hat. Dieser war von den Priestern des widderköpfigen Gottes Chnum zerstört worden. Hilfe­suchend wandte man sich dann nach Jerusalem und Samaria, bis schließlich die zuständigen persischen Behörden den Neubau des Tempels erlaubten. Von dieser Zeit an ist eine Fülle von Zeugnissen für jüdisches Leben in Ägypten belegt, die sich vor allem auf das Gebiet um Assuan/Elephantine, das Fajjum und das Nildelta konzentrieren. Allerdings gibt es kaum noch archäologisch auswertbare Hinterlassenschaften, die heute zu besichtigen wären. Umso wichtiger sind die geistesgeschichtlichen Auswirkungen. Interessant ist zunächst, dass es einen weiteren jüdischen Tempel gegeben hat, den der Nachkomme eines Jerusalemer Hohepriesters namens Onias IV. um 160 v. Chr. in Leontopolis gebaut hatte. Im Hintergrund standen Auseinandersetzungen um den Tempel in Jerusalem und seine rechtmäßige Priesterschaft. Jes 19, 19: »Zu der Zeit wird für den Herrn ein Altar mitten in Ägyptenland sein und ein Steinmal für den Herrn an seiner Grenze.«

Der Tempel konnte sich auf eine Verheißung aus dem Jesajabuch stützen; seine Opfer galten im Judentum als durchaus rechtmäßig. Er wurde erst 73 n. Chr. geschlossen, überdauerte also sein Vorbild in Jerusalem. Wichtiger aber war die große jüdische Gemeinde im neu gegründeten Alexandria. Hier ist kein Tempel erwähnt, sondern Gebete, Gottesdienste und Erziehung fanden in Synagogen statt. Diese zunächst »Gebetsort« genannten Kulträume waren eine wichtige Innovation des Judentums, da so ein gültiger Gottes­dienst auch ohne den Tempelkult möglich wurde. Deshalb haben sich

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Einleitung die Synagogen in den Jahrhunderten um die Zeitenwende sehr schnell im Mittelmeerraum ausgebreitet. Sie wurden dann auch zur Basis für die christliche Missionspredigt. Apg 19, 6: »Paulus ging aber in die Synagoge und predigte frei und offen drei Monate lang, lehrte und überzeugte sie von dem Reich Gottes.«

Durch das Leben in der Diaspora, der durch andere Kulte geprägten Umwelt, entstanden wichtige theologische Fragen. So musste sich das Judentum nach außen gegenüber den ägyptischen und hellenistischen Religionen und Philosophien behaupten. Dies geschah, soweit wir Rekonstruktion des Leuchtturms von wissen, vornehmlich in Alexandria, im Umfeld Alexandria der berühmten Bibliothek und des Museion (unten S. 156). Nach innen bedurfte es nun einer Selbstvergewisserung der eigenen Glaubensfundamente angesichts der konkurrierenden Religionen. Diese Situation führte zur Entwicklung eines selbstbewussten und weltoffenen Denkens innerhalb des hellenistischen Judentums. Man benutzte nun die griechische Sprache, die Bibel wurde übersetzt (die sogenannte Septuaginta) und es entstand eine reichhaltige Literatur, die das Erbe der Väter für die neue Zeit anpassen wollte. So wurde die Geschichte Israels neu erzählt, man setzte sich argumentativ mit helleni­sti­schen Philosophen aus­ einander, die Gesetze des Mose wurden alle­gorisch interpretiert. Es entstanden sogar jüdische Theaterstücke, wie etwa ein Exodus-Spiel. »Es ist offenbar, dass Platon sich an unser Gesetz angeschlossen hat.« Der jüd. Schriftsteller Aristobul, Fragment 3, ca. 150 v. Chr.

In dieser goldenen Zeit des hellenistischen Judentums bestand die Bevölkerung Alexandrias zu etwa einem Drittel aus Juden, die zunächst ohne größere Probleme ihre eigene kulturelle und religiöse Identität wahren konnten. Mit dem Werk des jüdischen Religionsphilosophen Philo von Alexandria erreichte diese Phase ihren intellektuellen Höhepunkt. Zugleich wurde aber auch spürbar, dass sich nach dem Übergang der Herrschaft auf die Römer (30 v. Chr.) die Lage deutlich verschlechtert hatte. Die jüdischen Gemeinden wurden – auch mit antisemitischen Vorurteilen begründet – immer weiter benachteiligt. Das entlud sich

Einleitung

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115 –117 n. Chr. in einer Revolte, die mit der weitgehenden Zerstörung der jüdischen Gemeinden endete. Offenbar bewirkte sie auch die Trennung von jüdischen und christlichen Gemeinden; die ersten Christen in Alexandria gehörten zunächst zu den jüdischen Synagogen. Die jüdischen Schriften dieser hellenistischen Zeit sind dann Die Flucht der Heiligen Familie, Mosaik bei von den Christen weiter überliefert worden. der el-Mo‘allaka-Kirche Mit der Herrschaft des Diokletian (ab 284) besserte sich die Lage der jüdischen Gemeinden in Ägypten wieder; im Mittelalter gab es unter den Fatimiden und Ayyubiden (969–1250) eine neue Blütezeit. Von diesen Hochphasen kündet u. a. die Ben Esra Synagoge in Kairo, in der wichtige hebräische Handschriften gefunden wurden. Unter der osmanischen Herrschaft seit dem 16. Jh. gab es eine schrittweise Autonomie in Religionsfragen; im 19. und 20. Jh. gab es wieder größere und bedeutendere jüdische Bevölkerungsanteile. Nach der Gründung des Staates Israel 1948 und der veränderten politischen Lage im unabhängigen Ägypten sind jedoch die meisten Juden ausgewandert. Erst seit dem Friedensvertrag von 1979 hat sich das ägyptisch-israelische Verhältnis etwas gebessert; es ist aber nach wie vor fragil. Neues Testament und Alte Kirche Im Neuen Testament kommt Ägypten nur an einer Stelle als eigenständiges Thema vor: Es ist die Erzählung von der Flucht nach Ägypten im MatthäusEvangelium (2, 13–21), nach der Joseph, Maria und das neugeborene Jesuskind auf Geheiß des Engels fliehen müssen, um der Verfolgung des Herodes zu entgehen. In der Überlieferung der ägyptischen Christen ist diese Passage natürlich von enormer Bedeutung. Die moderne Exegese schätzt den Abschnitt allerdings nicht als historisch zuverlässig ein, denn die anderen Evangelien wissen nichts von dieser Episode, und bei Matthäus hat sie vor allem eine theologische Funktion: Jesus wird in die Tradition des Gottesvolkes Israel gestellt; auch seine Geschichte beginnt mit einem Exodus aus Ägypten (vgl. den Exkurs S. 86). Über die ersten Christen in Ägypten weiß man so gut wie nichts. In der Apostelgeschichte (18,  24 f.) ist ein gewisser Apollos aus Alexandria genannt, der vielleicht in seiner Heimat das Evangelium verkündet hat. Das würde bedeuten, dass es in der Mitte des 1.  Jh.s ägyptische Christusgläubige gab,

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Einleitung

Predigt des Hl. Markus in Alexandrien, G. Bellini, 1504–1507

höchstwahrscheinlich zunächst in einem judenchristlichen Milieu. Nach der Überlieferung des frühen Kirchenhistorikers Eusebius war es der Evangelist Markus, der die erste Gemeinde gründete und 68 n. Chr. als Märtyrer in Alexan­dria starb, dafür gibt es jedoch keine Belege. Erstaunlicherweise hat sich das Christentum dann außer­ordent­lich schnell ausgebreitet, was schon um 200 der Kirchen­vater Origenes kommentierte. Zu dieser Zeit gibt es in Alexandria bereits einen Patriarchen und die erste christliche Katecheten­schule. Mit ihr sind Theologen wie Klemens von Alexandria und Origenes verbunden, die zu den einflussreichsten Lehrern der Alten Kirche gehörten. »Origenes« bedeutet ursprünglich »von Horus stammend«; es zeigt sich an diesem Namen der dramatische Wechsel im Glauben des Volkes. Offenbar haben sich vor allem die unteren, eher ägyptisch geprägten Schichten dem Christentum angeschlossen; die gebildete Oberschicht hielt sich weiterhin an die hellenistischen religiösen und philosophischen Traditionen. Wohl auch deshalb versuchten Klemens und Origenes, platonisches und christliches Denken miteinander zu vereinen. Für die schnelle Verbreitung des Christentums sorgte sicher auch die Entwicklung der koptischen Schrift – einer Erweiterung des griechischen Alphabets – und die Übersetzung der Bibel in die koptischen Dialekte. Seit dem 3. Jh., vor allem unter dem bereits genannten Kaiser Diokletian (ab 284), wurden die ägyptischen Christen besonders grausam verfolgt. Unter dem Eindruck dieser Bedrängung durch die Fremdherrscher bildete sich bei den Christen das Selbstbewußtsein, das wahre Ägypten zu repräsentieren, daher die Selbstbezeichnung »Kopten« nach dem griechischen aigyptos. Der koptische Kalender beginnt wegen dieser einschneidenden Verfolgung mit dem Jahr 284.

Einleitung Allerdings ist das frühe ägyptische Christentum keine einheitliche Größe. Aus den Schriften der alexandrinischen Lehrer kennen wir Auseinandersetzungen mit den Theorien der Gnosis. Dabei hat es sich um ganz verschiedene Lehren gehandelt, die nur zum Teil christlich waren. Ihnen ist gemeinsam, dass sie einen strikten Gegensatz zwischen göttlicher und irdischer Sphäre betonen (Dualismus). Durch Gnosis = Erkenntnis könne man der Welt entfliehen und zu Gott kommen. Zu dem Bereich dieser gnostischen Schriften gehören die wichtigen Textfunde aus Nag Hammadi (ca. 130 km nilabwärts von Luxor). Hier hat man im Jahr 1945 insgesamt 13 Papyrus-Codices in koptischer Sprache gefunden. Sie stammen wohl aus dem 3. oder 4. Jh., doch sind die in ihnen erhaltenen Texte älter. Besonders aufsehenerregend war das sogenannte Thomas­evangelium, in dem Sprüche Jesu gesammelt sind, von denen einige authentisch sein können. »Ich bin das Licht, das über allen ist. Ich bin das All; das All ist aus mir hervorgegangen, und das All ist zu mir gelangt.« Thomas-Evangelium 77.

Daneben gab es auch andere apokryphe Evangelien, die angebliche Geheimlehren Jesu zur Erlösung mitteilen. Im 4. und 5. Jh. gehörten ägyptische Theologen und Bischöfe zu den führenden Gestalten der sich etablierenden Großkirche. Im Jahr 451 kam es allerdings auf dem Konzil von Chalkedon (Kleinasien) zum Bruch. Das Konzil verabschiedete die sogenannte Zwei-Naturen-Lehre, nach der Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich ist. Demgegenüber hielten die ägyptischen (und syrischen) Christen daran fest, dass Christus nur eine Natur, nämlich eine gottmenschliche haben könne (sog. Monophysitismus). Seitdem ist die koptische Kirche ganz eigenständig, sie wird von einem eigenen Papst geführt. Verschiedene Versuche zur Re-Union sind gescheitert; als ein Ergebnis dieser Umstände gibt es heute auch eine kleine koptischkatholische Kirche mit einem Patriarchen in Alexandria, der als katholischer Kardinal gilt. Im Verlauf der Theologiegeschichte hat sich gezeigt, dass die Differenzen, die zum Bruch in Chalkedon geführt haben, weniger inhaltlicher als sprachlicher Natur waren. Daher kam es in der Neuzeit zwischen der koptischen Kirche und anderen Konfessionen, besonders der katholischen, zu Übereinkünften, bei denen die theologischen Probleme weitgehend beigelegt wurden. Es gilt, dass Jesus Christus mit Gott wesensgleich in Bezug auf die Gottheit und

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Einleitung

mit uns Menschen wesensgleich in Bezug auf seine Menschheit ist. Dabei ist die Überlegung interessant, ob sich nicht in dieser dogmatischen Aussage Reste alt­ ägyptischer Religiosität erhalten haben. Oben (S. 31 f.) war geradezu als ein Kennzeichen der phara­onischen Religion erkannt worden, dass die Ägypter die widerspruchslose Verbindung unterschiedlicher Aspekte des Göttlichen und Irdischen denken konnten. Die neutestamentliche Koptisches Kreuz im Geburtshaus des Isis-Tempels auf Philae Botschaft mit ihren Aussagen vom göttlichen Erlösungswerk in Jesus Christus einerseits und seiner irdischen Existenz bis zum Tod am Kreuz andererseits konnte in Ägypten bekannte Saiten des Volksglaubens zum Klingen bringen. Auch die typisch ägyptische Vorstellung von Dreier-Konstellationen der Götter hat sicher die Akzeptanz, wenn nicht sogar die Formulierung trinitarischer Vorstellungen erleichtert. Schließlich musste die Auferstehungs­bot­schaft Jesu Christi und die Auf­ ersteh­ungshoffnung für alle am Nil unmittelbar verständlich sein. So wäre auch erklärbar, warum sich griechische Kulte nie richtig im Land durchsetzen konnten (Alexandria ist eine Ausnahme), Ägypten aber in sehr kurzer Zeit christlich geworden ist. Manche Reste dieses schnellen Übergangs sind heute noch bei Besichti­gungen erkennbar; in Dendera und Luxor etwa lassen sich Reste christlicher Kirchen sehen, die in die ägyptischen Tempel eingebaut wurden. Als sicher kann gelten, dass bestimmte Elemente des christlichen Glaubens ägyptische Wurzeln haben. So wird das Epiphaniasfest am 6. Januar gefeiert; in Ägypten galt dies als Geburtstag Christi. Vorher wurde allerdings an diesem Datum (und am 25. Dezember) die Geburt des Zeitaltergottes Aion gefeiert, des Sohnes des Sarapis. Mit Jesus Christus ist also das neue Zeitalter angebrochen. Direkt vergleichbar ist auch die Vorstellung der göttlichen Zeugung des Sohnes, die aus der Königsideologie stammt. Bezeichnenderweise ist die Rede von der Jungfrauengeburt (Jes 7, 14) in der in Alexandria übersetzten Septuaginta zu lesen; der hebräische Text redet nur von einer »jungen Frau«. »Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und du sollst seinen Namen Immanuel nennen.« Jes 7, 14 in der Version der Septuaginta.

Damit einher geht die Verehrung der Maria als Gottes­gebärerin. Hier gibt es interessante Pa­rallelen zum Isis-Kult, die sich vor allem an den Darstellungen

Einleitung der Isis ablesen lassen, die den Horusknaben stillt. Die christliche Ikono­graphie hat dies in ihre Marienbilder übernommen. Da­mit ist nicht gesagt, dass alle die­se Vorstellungen aus Ägypten übernommen wurden. Doch offenbar lagen dort bestimmte Denkkategorien bereit, die die Kirche nutzen konnte, als sie begann, ihre eigenen Lehren detailliert auszuformulieren und das Glaubensleben zu gestalten. Zu den Erbstücken des koptischen Christentums gehört schließlich das Mönchtum, das für die Großkirche von unschätz­barer Bedeutung ist; man denke nur an Mönche wie Franz von Assisi Isis lactans oder Martin Luther. Zwar sind etwa zeitgleich auch in anderen Gegenden des Nahen Ostens Anfänge dieser Form asketischen Lebens zu beobachten, doch gilt allgemein Ägypten als Entstehungsort. Möglicherweise unter dem Eindruck der Christenverfolgung, sicher aber auch, weil die Wüste als von Dämonen besiedelt und damit als Ort der Glaubensbewährung gilt, zogen sich Menschen aus ihrem normalen Umfeld zurück. Nach dem entsprechenden griechischen Wort nennt man sie Anachoreten, üblich ist auch die Bezeichnung Eremiten (von griechisch eremos, Wüste). »Willst du vollkommen sein, so geh hin, verkaufe, was du hast, und gib es den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben.« Mt 19, 21

Diese Mönche lebten in der Nachfolge der Märtyrer allein oder in lockeren Verbänden, dies vor allem in Unterägypten und bei Theben. Mit den Anfängen des Eremitentums verbindet sich besonders der Name des Antonius (geb. wohl um 250), der im Alter von 20 Jahren seinen Besitz verkaufte und in der Wüste am Roten Meer siedelte. Über ihn berichtet die – teils idealisierende – Biogra­ phie »Leben des Antonius« (Vita Antonii), die der alexan­drinische Bischof Athanasius um 360 verfasst hat; das Buch gehört zu den meist­gelesenen der Chris­ tenheit und hat die Idee des mönchischen Lebens weit verbreitet. »Wir sollen beten, nicht um die Zukunft vorauszuwissen, sondern dass der Herr uns helfe, den Teufel zu besiegen« (Vita Antonii, 34)

Die nächste Stufe der Entwicklung des Mönchtums wird später mit dem Koi­ nobitentum erreicht, dem – so der Sinn des griechischen Wortes – gemein-

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Einleitung Alexandria

Damiette Dêr Sitt Dimiana

Rosette Nitria

Tanta

Kellia

Dêr Abu Mena

Mansûra Sagasîg

Schibîn el-Kôm Dêr el-Baramûs

Dêr es-Surjân

Kairo

Dêr Amba Bischoj

Sues

Dêr Abu Makâr

Gisa

Dêr Amba Ermiâ (Jeremiaskloster)

SINAI

Dêr Amba Arsinias Dêr el-Maimûm

Medinet el-Fajjum

Dêr Amba Intonios (Antoniuskloster)

Dêr Amba Sam‘uîl

Forân Beni Suêf Dêr Amba Bâlos (Pauluskloster)

Karâra (Friedhof)

Katharinenkloster Tôr

Minia Dêr Abu Fâna

Dêr Abu Hennes

Eschmunein

Mellaui

Dêr Amba Apollo

Dairût

Dêr el·Muhárrak

Manfalût Assiût Abulîg

Dêr Abu Bschâf (Rotes Kloster) Dêr Abu Schenûda (Weißes Kloster)

Achmim

Sohâg

Girga

Kasr w˙es Saij˙ad

Girga

Nekâda

Bachânis

Nekâda

Dendera Oase el-Chârga

Theben-West Erment

El-Bagawât

Luxor

Dêr Amba Phoibamon

heutiger Bischofssitz

Esna

bewohntes Kloster

Edfu

zeitweise bewohntes Kloster Kôm Ombo

Klosterruine bewohntes Frauenkloster

Dêr Amba Simn‘ân (Simeonskloster) Assuân

|

|200 km

Philae

Koptische Klöster

samen Leben. Nun entstehen organisierte Gemeinden von Mönchen (teils auch Frauengruppen) unter der Leitung eines Abba (= »Vater«, daraus »Abt«). Diese Entwicklung begann offenbar mit Pachomius, der um 325 nahe Theben eine solche Lebensgemeinschaft gründete und zudem die erste Klosterregel verfasste. Sie gibt Anweisungen für das gemeinschaftliche Leben der Gemeinde und ordnet ihre Liturgie; die strenge Askese wird gelockert. In den nun entstehenden Klöstern wird eine eigenständige koptische Sprach- und Glaubenstradition ge-

Einleitung pflegt, bekannt sind z. B. die »Aussprüche der (Mönchs-)Väter«, Apophthegmata Patrum, oder gesammelte Briefe des Antonius. Diese identitätsvermittelnden Schriften sind sicher als wichtigster Grund dafür zu sehen, dass die koptische Kirche der Islamisierung Ägyptens ab dem 7. Jh. widerstehen konnte. Dennoch werden nicht alle Reste altägyptischer Kultur aufgegeben. Auch unter Mönchen blieb die Mumifikation lange üblich; Namen wie »Harsiese« (Horus-Sohn-derIsis) oder »Besa« (s. o. zum Gott Bes) sind belegt. Bei einem Besuch der Klöster im Wadi Natrun können auch westliche Besucher noch heute etwas von der Anziehungskraft des Mönchslebens erfahren. Die typische Kopfbedeckung der Mönche hat 13 Kreuze, eines im Nacken steht Mönch im Bischoi-Kloster, Wadi Natrun für das Kreuz Christi, die 12 weiteren für die Apos­tel. Die Trennlinie in der Mitte symbolisiert den Kampf zwischen Gut und Böse. (Weitere Hinweise zu Geschichte und Literatur der Kopten sind im Literatur­verzeichnis zu finden.) Die Lage der Christen im heutigen Ägypten ist nicht einfach. Ca. 10 % der Bevölkerung (die Zahlen schwanken sehr) gehören zur koptischen Kirche, daneben gibt es noch kleine orthodoxe, katholische und protestantische Gemeinden. Besonders in Oberägypten kam es zu Verfolgungen durch muslimische Fundamentalisten und danach zu Fluchtbewegungen nach Europa und in die USA. Da der Islam Staatsreligion ist, kommt es auch im normalen öffentlichen Leben zu Behin­derungen. Allerdings waren in den letzten Jahren Erleichterungen festzustellen. So ist seit 2003 Weihnachten offizieller Feiertag, auch gibt es in der Regierung immer wieder koptische Amtsträger; der berühmteste ist wohl der frühere UNO-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali. Viele Kopten tragen tätowierte Kreuze an der Innenseite ihres rechten Handgelenks als Zeichen ihrer Religionszugehörigkeit. Auch die Wahl des Namens kann ein wichtiges Kennzeichen sein, so verweist »Boutros« auf den Apostel Petrus. Außerhalb des Blickwinkels eines biblischen Reiseführers liegt schließlich der Islam. Für das Verständnis des modernen Ägypten ist er allerdings so wichtig, dass man sich mit den Grundzügen der späteren Geschichte Ägyptens und des muslimischen Glaubens vertraut machen sollte.

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I. Kairo

Säulengang der Alabastermoschee

I. Kairo Kairo, Al-Qahira, die Siegreiche. Siegreich können sich Touristen fühlen, wenn sie unbeschadet eine vierspurige Straße – die achtspurig befahren wird – überquert haben, wenn sie nach einigen Tagen in der »Mutter der Städte« froh sind, diesem Moloch mit seinem Lärm, Dreck und Smog, dem chaotischen Straßenverkehr Vergleichsweise ruhiger Betrieb auf der und den unfassbaren Menschenmengen (geStraße zur Zitadelle schätzt werden zwischen 17 und 25 Mio. Einwohner im Großraum) entkommen zu sein. Leider lassen die wenigsten Touren genug Zeit, um mehr als die absoluten Highlights dieser größten Stadt Afrikas zu besichtigen. Das eigentliche Leben in dieser Stadt erschließt sich so nicht; knappe Einblicke erlauben immerhin Bücher wie der in Ägypten sehr umstrittene Roman »Der Jakubijan-Bau« von Alaa Al Aswani über legale und illegale Bewohner eines Mietshauses oder die Beschreibung der »Midaq-Gasse« von Nagib Machfus (Literaturverzeichnis). Auch dieser Reisebegleiter kann Kairo nicht annähernd gerecht werden, daher geschieht eine Konzentration auf Themen, die für die biblische und christliche Tradition von Bedeutung sind.

On / Heliopolis In biblischer Hinsicht ist Kairo deshalb interessant, weil im heutigen Stadtgebiet das in der Josephsgeschichte (Gen 41, 45) genannte On (ägypt. jwnw, griech. Heliopolis = Sonnenstadt) zu lokalisieren ist; Joseph heiratete Asenet, die Tochter des Priesters von On. In Jer 43, 13 wird der Ort als Bet-Schemesch »Haus der Sonne« bezeichnet. Jer 43, 13: »Und er wird die Säulen von Bet-Schemesch im Land Ägypten zerschlagen und die Häuser der Götter Ägyptens mit Feuer verbrennen«.

Aufschlussreich ist zudem, dass in diesem Vers auch die »Säulen« genannt werden; das spielt auf die Obelisken an, die zum Kult des Sonnengottes gehörten. Man nimmt an, dass eine große Zahl der nach Europa verbrachten Obelisken aus On stammt. Der ägyptische Name jwnw ist tatsächlich als »Pfeilerstadt« zu übersetzen. Im deutschen Text von Ez 30, 17 findet sich zudem ein Drohwort gegen die »Jünglinge von On«. In Jes 19, 18 wird fünf Städten Ägyptens Heil angesagt. Mit Namen genannt wird »Ir-Heres«; auch dies bezieht sich auf die Sonnenstadt. Diese biblischen Erwähnungen belegen, dass die Bedeutung Ons in

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I. Kairo

Palästina wohl bekannt war; in der Spätzeit und der hellenistischen Zeit galt es auch in Ägypten als Zentrum der Weisheit. Der Ort liegt in der Nähe des Kairener Flughafens; in den letzten Jahren wurden dort unter deutscher Leitung Ausgrabungen vorgenommen. Er wird allerdings in der Regel nicht von typischen Reisegruppen besucht. Tatsächlich stand seit dem Alten Reich im Zentrum des Kultes von On der Sonnengott, in der Verbindung von Atum und Re-Horachte. Hier wurde die kosmologische Überlieferung entwickelt, wonach die Welt auf einen Urhügel (Benben-Stein) und eine uranfängliche GötterBenu-Vogel neunheit zurückzuführen ist: Atum zeugte Schu und Tefnut (Luft und Feuchtes), diese zeugten Geb und Nut (Erde und Himmel); aus diesen entstanden Seth und Nephthys, Isis und Osiris. Diese Linie läuft auf Horus hin, der ja zugleich der legitime Herrscher ist (S. 36). On, die Hauptstadt des 13. Gaues, ist für lange Zeit eines der religiösen Zentren Ägyptens gewesen. Das lässt sich auch daran ablesen, dass der Ort und seine Tempel im Neuen Reich wieder ausgebaut wurden und die Sonnentheologie in die religiöse Überlieferung anderer Orte übernommen wurde. Bedeutsam war auch – spätestens seit dem Neuen Reich – der mit der Osiris-Vorstellung verbundene Kult des Mnevis-Stieres, der (auch unter Echnaton!) bis in die römische Zeit verehrt wurde. Einem breiten Publikum ist die Vorstellung vom Benu-Vogel (bei den Griechen und Harry Potter: Phönix) bekannt, der mit dem Benben-Stein verbunden ist und die Vorstellung der Wiedergeburt symbolisiert. Exkurs: Obelisken Paris, Rom, London – an wichtigen Plätzen in Europas Hauptstädten zeugen Obelisken von Ägyptens Größe. Faszinierend war wohl neben der exotischen Beschriftung die schiere Größe dieser schlanken, aus einem einzigen Stein meisterhaft gefertigten Säulen. Ihre Spitze ist in der Form eines Pyramidions gestaltet (ägypt. benbenet), das auf den Benben-Stein von Heliopolis zurückverweist. Im Altertum war sie mit Blech aus Gold oder Elektron verkleidet (einer Legierung aus Gold und Silber), das die ersten Strahlen der Sonne

I. Kairo reflektierte. Damit ist die Verbindung der Obelisken zum Kult des Sonnengottes deutlich. Von Heliopolis ausgehend, setzten sich Obelisken seit dem Alten Reich in Ägypten durch. Sie standen sowohl vor Gräbern als auch vor Tempeln, im Neuen Reich dann paarweise vor den Pylonen (vgl. den Eingang des LuxorTempels). Die Herstellung der Obelisken lässt sich im Steinbruch von Assuan noch nachvollziehen; Transport und Aufstellung der bis ca.  1000  t schweren Steine waren seinerzeit technische Meisterleistungen. Nach einer Überlieferung des ägyptischen Priesters Manetho hat es einen Aufstand von Aussätzigen gegeben, die von einem Priester aus Heliopolis namens Osarsiph angeführt wurden, der sich später in Mose umbenannt habe. So wird Heliopolis in der antiken antijüdischen Propaganda auch mit dem Auszug der Israeliten verbunden. Zur örtlichen Tradition von Heliopolis – heute Matariya – gehört auch ein Marien- oder Jungfrauenbaum, der vor der gleichnamigen Kirche steht; hier soll die Heilige Familie auf ihrer Flucht gelagert haben (S. 179). Da die Verehrung heiliger Orte oft eine sehr hohe Stabilität über die Zeiten hinweg hat, ist anzunehmen, dass hier die altägyptische Tradition des Baumes weiterlebt, unter dem der Horusknabe gestillt worden sein soll.

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Karnak, Obelisk der Hatschepsut

Darstellung der Rast der Hl. Familie mit dem Obelisken im Hintergrund

Das Nationalmuseum Ein Besuch in der größten Ausstellung ägyptischer Altertümer ist ein Muss für alle Ägyptenbesucher – selbst die Kreuzfahrttouristen aus Port Said hasten in ihrer achtstündigen Kairo-Tour durch das Museum, um einen Blick auf »King Tut« zu erhaschen. Entsprechend laut und hektisch ist es in den Räumen, die überdies mit Artefakten völlig überfüllt sind, und bei deren Gestaltung das

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I. Kairo Wort »Museumspädagogik« gänzlich unbekannt war. Besserung ist zwar in Form eines Neubaus in Gizeh projektiert, doch ob der Bau, wie geplant, bis 2012 realisiert werden kann? Um den Gang durch die Ausstellung nicht zu einem frustrierenden Fußschmerzerlebnis werden zu lassen, empfiehlt es sich, einige ausgewählte Stücke in Ruhe und mit der Muße fürs Detail zu betrachten. Natürlich wird man sich in die Tutanchamun-Schlange einreihen, ebenso empfehlenswert ist der Besuch der Mumiensäle. Anzuraten ist jedenfalls der Kauf des offiziellen Kataloges, mit dem man das Gesehene besser einordnen kann. Im Folgenden werden einige ausgewählte Monumente beschrieben, die entweder für das Verständnis der altägyptischen Religion oder für die Beziehungen zum Alten Testament von Bedeutung sind. Die Palette des Narmer Prominent im Eingangsbereich des Museums (Raum 43) ist die SchminkPalette des Narmer ausgestellt, der als erster Reichseiniger gilt. Im Zentrum der Darstellung steht groß der König beim »Schlagen der Feinde«. Da Narmer die oberägyptische Krone 󴕁 trägt, werden die Feinde am Boden und im unteren Teil vielleicht aus Unterägypten stammen. Rechts vor dem König steht

Narmerpalette

I. Kairo der Horusfalke, der den Feind symbolisch gebunden hat; hier weisen die Papyruspflanzen seines Körpers sicher auf das geschlagene Unterägypten hin. Auf der anderen Seite ist oben eine Prozession dargestellt. Vor dem König, der nun die rote Krone Unterägyptens 󴕆 trägt, werden Standarten zum Tempel des Horus (mit Barke) getragen. Vor dem Tempel liegen die Feinde, den Kopf zwischen den Füßen. Darunter bilden die ineinandergeschlungenen Hälse von Raubkatzen die Kuhle zum Zerstoßen der Augenschminke; sie stehen wohl für die vereinigten Reiche. Im untersten Register ist erneut der gegen Menschen und eine Stadt siegreiche König dargestellt, diesmal als Stier. Als Rahmung am oberen Ende beider Seiten ist je zweimal eine kuhköpfige Göttin abgebildet, dazwischen steht der Palast, in dem der Name Narmer in Hieroglyphen zu lesen ist. An dieser Schiefertafel sind bereits um 3000 v. Chr. die Grundelemente der ägyptischen Königsikonographie abzulesen, die man bis in die Spätzeit überall beobachten kann: der Horusbezug, die Vereinigung der beiden Reichsteile, die beiden Kronen und das Schlagen der Feinde, die die Weltordnung bedrohen könnten. Zugleich wird gezeigt, dass der König mehrere Erscheinungsformen annehmen kann: als Mensch, Stier und Falke; die Grenzen zwischen Gott und Mensch sind fließend. Die Statue des Chephren Mit der Beschreibung der Narmer-Palette im Hinterkopf wird man sich die meisten Elemente entschlüsseln können, die auf einer der schönsten Statuen zu sehen sind: der lebensgroßen Darstellung des Chephren (Raum 42). Sie wurde im Taltempel seiner Pyramide in Gizeh gefunden und stammt aus der Zeit um 2500 v. Chr. Der König sitzt auf einem Löwenthron, dessen Leerraum mit dem Symbol der Vereinigung der beiden Länder ausgefüllt ist, hier nun mit den beiden Wappenpflanzen Papyrus und Lotus. Die Lehne des Throns läuft in einen Horusfalken aus; der Dynastiegott beschützt den König mit seinen Flügeln. Er selbst trägt das Nemes-Tuch auf dem Kopf, auf der Oberseite sind die Reste der Uräus-Schlange erkennbar.

Statue des Chephren

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Sphinx

I. Kairo Der Thron des Königs ist demnach zugleich der Thron des Himmelsgottes, die Macht des Königs ist nicht nur menschlich, sondern auch tierisch (Löwe bzw. Stier bei Narmer) und göttlich. Ihren bekanntesten Ausdruck hat diese Überzeugung gewiss in dem wahrscheinlich von ebendiesem Chephren gebauten Sphinx in Gizeh gefunden, der Monumentalfigur, in der ebenfalls menschlicher und tierischer Aspekt der königlichen Macht ineinander gemengt sind (vgl. auch den schönen Sphinx des Amenemhet III. [12. Dyn.] in Raum 16).

Echnatons Eingottglaube: Der Amarna-Raum Am hinteren Ende des Museums finden sich in einem kleinen, seltener besuchten Saal (Nr. 3) einige Stücke, die wichtigen Aufschluss über die Religion der Amarnazeit (um 1350 v. Chr.; S. 206) geben. Zwar werden die bekanntesten Funde in Berlin ausgestellt (u. a. der berühmte Kopf der Nofretete), doch lassen sich wichtige Details auch hier sehen. Im Zentrum steht ein osirisförmiger, goldener Sarkophag, wahrscheinlich der Echnatons. Die Mumie des Pharaos wurde zwar inzwischen identifiziert, ist aber nicht ausgestellt. Neben den schönen Stücken der Monumental- und Kleinplastik sind vor allem die Reliefs von Bedeutung. Sie sind als versenkte Reliefs ausgeführt, so dass durch das Spiel von Licht und Schatten eine besondere Wirkung Echnaton und seine Familie beten zu Aton entsteht. Der Glaube an die alleinige Macht des Sonnengottes hat also auch auf die Kunst jener Epoche zurückgewirkt. Die Abbildungen auf den verschiedenen Tafeln zeigen eine Reihe von charakteristischen Gemeinsamkeiten: Der Sonnengott Aton wird stets mit der Uräus-Schlange dargestellt. Von ihm gehen deutlich sichtbare Strahlen aus, die in Händen enden: 󴂙. Vor den Nasen Echnatons

I. Kairo und seiner Gattin Nofretete halten die Strahlenhände die Hieroglyphe anch 󴖄 als Symbol des Lebens. Dies ist in zweierlei Hinsicht aufschlussreich: Zum einen werden König und Königin als Mittler zwischen Gott und Welt gesehen, durch sie kommt das Leben in die Welt. »Wenn du am östlichen Horizont aufgegangen bist, dann hast du jedes Land mit deiner Schönheit erfüllt. Du bist schön und groß … deine Strahlen umarmen die Lande.« Aus dem Sonnenhymnus des Echnaton

Zum anderen erinnert die Abbildung an den zweiten biblischen Schöpfungsbericht, konkret Gen 2, 7: Gott der Herr blies dem Menschen den Atem des Lebens in seine Nase. Das Königspaar bringt Trankopfer in Nu-Vasen dar, hinter ihnen steht die älteste Tochter Meritaton und begleitet das Opfer mit Musik auf einem Sistrum. Ähnlich ist die Szene auf einem kleinen Altar, der aus einem Privathaus Amarnas stammt. Er ist gestaltet wie eine Tempelfassade mit der typischen Hohlkehle 󴆂 am oberen Ende. Obwohl nicht vollständig erhalten, ist doch deutlich, dass die Decke des nachgebildeten Tempelgebäudes fehlt; auch dies ist typisch für den neuen Kult, denn so konnte der Sonnengott direkt gesehen werden und wirken. Modelle wie diese sind die Grundlage für heutige Rekonstruktionen der Tempelgebäude in Amarna. Der besondere Kunststil zeigt sich auch in der ungewöhnlichen Art, in der vor allem Echnaton typischerweise dargestellt wird: Das Gesicht, oft auch der Hinterkopf, ist sehr in die Länge gezogen, das Kinn ist sehr massig. Der Pharao wird mit einer ausgeprägten Brust, überhängendem Bauch und breitem Becken dargestellt. In der Zeit davor war die Darstellung der Könige so sehr festgelegt, dass man meist nur durch die Inschriften erkennen kann, um wen es sich handelt; individuelle Merkmale wurden kaum je abgebildet. Das ist in Amarna völlig anders, daher hat man überlegt, dass sich hier – in stilisierter Weise – das tatsächliche Aussehen des Pharaos widerspiegelt. Auch Krankheitsbilder hat man ablesen wollen, um den religiösen Eifer dieses »Ketzerpharaos« erklären zu können. Auf weiteren Reliefs und Plastiken in dieAltar aus Amarna sem Raum sind auch die Kinder des Königs-

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I. Kairo paars abgebildet, u. a. beim Spielen und Kosen mit den Eltern. Auch dieses sehr lebendig gestaltete Motiv ist ganz ungewöhnlich. Einen zweiten Blick ist außerdem das transparente und tief ausgeschnittene Kleid der Königin wert. Besonders schön und ebenfalls ikonographisch zu dieser Zeit innovativ sind auch die Naturdarstellungen wie etwa die der auffliegenden Enten, die offenbar die vom Sonnengott belebte Welt in allen Details zeigen sollten. Diese neue, expressivere Kunst der Amarnazeit wurde zumindest teilweise auch später beibehalten, als der Kult des Aton wieder zurückgedrängt worden war.

Goldmaske des Tutanchamun

Thron Tutanchamuns

Tutanchamun Die wunderbaren Schätze aus dem Grab des Tutanchamun wird sich mit Recht kein Besucher entgehen lassen. Dass dieser politisch faktisch unwichtige Pharao, noch dazu früh gestorben und in einem sehr kleinen Grab zur Ruhe gebettet, mit solch verschwenderischem Reichtum ausgestattet wurde, belegt wie kaum etwas anderes die eminente Bedeutung des Jenseitsglaubens. Die berühmte Goldmaske (Obergeschoss, Raum 3) zeigt den Pharao mit dem Nemes-Kopftuch, das an der Stirn mit Uräus-Schlange und Geier als Zeichen für die beiden Länder versehen ist. Außerdem trägt die Maske den Zeremonialbart, den sich der König mit einem Riemen umband. Der gestorbene König trägt die unten gekrümmte Version, die Göttern vorbehalten ist. Diese Elemente wiederholen sich auf dem inneren Goldsarg des Tutanchamun. Hier werden zusätzlich die Arme in typisch gekreuzter Haltung gezeigt, in den Händen Krummstab und Geißel tragend. Damit wird der gestorbene Pharao als Osiris 󳔇 dargestellt. Unter den Armen sind erneut die Geiergöttin Nechbet und

I. Kairo die Kobragöttin Uto / Wadjet zu sehen, die in ihren Klauen die Grundform der Königskartusche 󴡙 (schen) halten, was wohl bedeuten soll, dass der König alles beherrscht, was von der Sonne umkreist wird. An den Beinen schließlich ist eine geflügelte Isis 󳖆 abgebildet, so dass der Leichnam von Kopf bis Fuß geschützt ist. Aus der Fülle der Einzelstücke des Tutanchamun-Schatzes (man beachte etwa des Königs Unterwäsche in den Vitrinen des Ganges) sei nur noch auf ein weiteres Stück verwiesen: Besonders instruktiv ist nämlich der Thron des Pharao, der noch ganz im ikonographischen Stil der Amarnazeit gehalten ist. Auf der Rückenlehne werden ganz wie vorher Echnaton und Nofretete nun Tut­ anchamun und seine Frau Anchesenamun dargestellt, ebenfalls unter dem Schutz des Sonnengottes Aton. Dazu muss man wissen, dass der Pharao ursprünglich Tutanchaton (= lebendes Bild des Aton) geheißen hat, seine Frau war eine Tochter Echnatons. Als man zu den alten Kulten zurückkehrte und von Amarna wieder nach Theben zog, wurde auch der Königsname geändert, doch auf diesem Thron finden sich (auf Rückseite und Seitenlehne) noch die alten Aton-Namen der beiden. Ein Möbelstück zeugt also von einem wichtigen religionsgeschichtlichen Umbruch. Auch der mit Gold verkleidete Statuettenschrein zeigt die typischen Merkmale der Amarna-Kunst. Die Mumiensäle In zwei eigenen Räumen lassen sich Mumien von Königinnen, Königen und Priestern vor allem des Neuen Reiches besichtigen. Im neueren, 2006 eröffneten Saal, der im Stil einer Grabkammer gestaltet ist, findet man u. a. die Überreste Ramses III. und als Kuriosum die der Königin Maatkare (21. Dyn.), die mit einem mumifizierten Pavian begraben wurde. Im älteren Saal kann man für die biblische Geschichte bedeutsame Könige wie Ramses II. und Merenptah sehen. Diese Mumien sind erhalten, obwohl ihre Gräber schon im Altertum ausgeraubt worden waren. Dafür ist Amun-Priestern der 21. Dyn. zu danken, die die gefährdeten Leichname in einem Versteck neu begraben haben. Es stimmt schon nachdenklich, wenn gestorbene Menschen so den Blicken der Nachgeborenen ausgesetzt sind. Der Glaube an ein Weiterleben im »Lichtland im Westen«, der wohl große Teile ihres irdischen Lebens beherrscht hat, dürfte angeEintrittsticket zum Mumiensaal sichts dieses Schicksals sehr enttäuscht sein.

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I. Kairo

Sarkophag mit Udjat-Auge, davor Osiris

Exkurs: Das Udjat-Auge Unter den Amuletten, die in die Mumienbinden mit eingewickelt wurden, findet sich besonders häufig das Udjat-Auge 󳙷, das man auch auf Särgen abgebildet sieht. Es nimmt den Mythos vom Streit zwischen Horus und Seth auf. Horus hatte dabei sein linkes Auge verloren, das jedoch von der Göttin Hathor wiederhergestellt werden konnte. Daher symbolisiert das Bild Heilung, Unversehrtheit und Schutz. Zusätzlich verweist das linke Auge des Himmelsgottes Horus auch auf den Mond, daher symbolisiert das Udjat-Auge zusätzlich das regelmäßige Ab- und Zunehmen des Mondes und so die Vollkommenheit. Die Israel-Stele Zu den wichtigsten Dokumenten der Frühgeschichte Israels gehört schließlich die Stele des Pharaos Merenptah (= Geliebt von Ptah), etwas versteckt in Raum 13 des Erdgeschosses am hinteren Ende des Lichthofes. Er war der 13. Sohn Ramses  II. und wurde Thronnachfolger seines Vaters (ca.  1213– 1203  v.  Chr.), weil seine älteren Brüder wegen der langen Regentschaft Ramses vor ihm gestorben waren. Im fünften Jahr des (inzwischen auch über 50-jährigen) Pharaos gab es einen Einfall einer Koalition aus Seevölkern und Libyern, die Merenptahs Truppen zurückdrängen konnten. Dieser Sieg wird auf der in Theben gefundenen Stele gewürdigt. Auf ihrem oberen Abschnitt findet sich eine spiegelbildlich dargestellte Szene, in der Amun-Re (erkennbar an der Federkrone 󴕎) unter dem Schutz der Flügelsonne dem König das Siegesschwert überreicht. Hinter ihm stehen die anderen Götter der Thebanischen Triade, links Mut und rechts der Mondgott Chons. Die darunter stehende Inschrift besingt in einem Heldenepos die wunderbaren

I. Kairo Taten des Königs, wobei die Orte aufgezeichnet werden, die er besiegt haben soll (der Feldzug nach Syrien /Palästina ist nicht sicher belegt). Von besonderem Interesse ist nun ein kleiner Abschnitt in der zweituntersten Zeile: »Israel liegt verwüstet, sein Same ist nicht mehr«. Hierbei handelt es sich um die allererste bekannte Nennung des Namens Israel überhaupt, daher auch der Name der Stele. In der Siegesstele des Merenptah Vergrößerung auf der Umzeichnung lässt sich der Name gut erkennen. Er ist, wie an der Blickrichtung des Vogels und der Menschen zu sehen ist, von rechts nach links zu lesen. Bedeutsam ist vor allem das Ende: Hier sind eindeutig ein Mann und eine Frau zu erkennen 󳀀󳍆, unter ihnen drei Striche, die den Plural anzeigen. Hierbei handelt es sich um das Determinativ, das signalisiert, dass es sich bei dem Eigennamen um eine Menschengruppe handelt. Im Unterschied dazu werden in der näheren Umgebung die anderen Namen (Gezer, Askalon, Syrien) mit dem Determinativ 󴁙 (chasut, vgl. S. 21 zu den Hyksos) geschrieben, das »Land, Fremdland« bedeutet, oder es steht das Zeichen 󴆾 »Stadt«. Israel ist also, das ist aus diesem Befund zu folgern, am Ausgang des 13. Jh.s ein Stamm, nicht aber eine Nation mit eigenem Land. Das passt zu den Ergebnissen der Archäologie Israels, wonach sich Israel in einem längeren Prozess durch das Zusammenwachsen verschiedener Gruppen gebildet hat. Erst um das Jahr 1000 gab es mit den Königen Saul, David und Salomo und der Übernahme Jerusalems als Regierungssitz die Anfänge staatlicher Strukturen. In der Mittelhalle des Museums lässt sich auch der Sargdeckel des Merenptah besichtigen, der auf der Oberseite die zu Osiris idealisierte Gestalt des Pharao zeigt. Interessanter ist die durch einen Spiegel sichtbare Unterseite des Deckels, auf der die Himmelsgöttin Nut abgebildet ist, die sich über dem Verstorbenen ausbreitet. Der Sarg wurde später von König Psusennes I. (21. Dyn.) wieder verwendet, dessen Grab in Tanis gefunden worden war. Die sterblichen Überreste Merenptahs sind im Mumiensaal zu besichtigen. Man hat früher vermutet, dass er der Pharao des Auszugs gewesen sei, der nach Ex 14, 28 am Schilfmeer ertrunken sein soll. Da die Mumie keine Spuren eines unnatürlichen Todes zeigt, muss die­ se These als haltlos gelten. Der Frage nach dem historischen Hintergrund des Auszugs Israels aus Ägypten wird im Kapitel zum Nildelta weiter nachgegangen.

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I. Kairo Die Altstadt: Das koptische und jüdische Kairo

Kirche el Adra

Kirche St. Georg

Kirche St. Barbara

Synagoge Ben Esra

Kirche St. Sergius und Bacchus Koptisches Museum

Kirche el-Mo'allaka kopt.-orthod. Kloster St. Georg

Kirche und Kloster St. Georg

Alte röm. Türme

Metro St. Georg

röm. Tor

|

röm. Mauer

|100 m

Plan: Altstadt Kairo

Die (meist nur kurze) Besichtigung Alt-Kairos beginnt üblicherweise an der Metrostation gegenüber der Festung »Babylon«. Hier betritt man den Boden der eigentlichen Stadt Kairo am Ort des mythischen Kampfes zwischen Horus und Seth, cheri-aha genannt, der die südliche Grenze des 13. Gaues um Heliopolis /On markiert. Ein zweiter Ort in der Nähe war durch sein Nilometer (Wasserstandsanzeige) bekannt, er hieß per-hapi-n-iono (Haus des [Nilgottes] Hapi in On/Heliopolis), woraus man in griechisch-römischer Zeit »Babylon« hörte. Von den Römern wurde hier eine Festung gleichen Namens gebaut, die ein eigenes, später von koptischen Christen bewohntes Stadtviertel (»Kerzenfestung«) bildete. Nachdem diese 641 n. Chr. von den Truppen des Kalifen Omar für den Islam erobert worden war, wurde nördlich des Kastells eine weitere Siedlung namens Fustat gegründet; aus diesen beiden Kernen entwickelte sich Kairo. (In Fustat lässt sich die Amr-Moschee besich-

I. Kairo tigen, deren nicht erhaltener Vorgängerbau auf das Jahr 642 zu datieren ist und damit zu den ältesten islamischen Bauwerken gehört.) Gut sichtbar sind heute noch die Reste der beiden großen römischen Rundtürme (Durchmesser: 33 m) aus dem 1. Jh. n. Chr., die im Altertum wohl noch direkt am Nil standen. Wahrscheinlich gab es zwischen den beiden Türmen eine Brücke; heute fließt der Nil fast 500  m weiter westlich. Bei genauer Betrachtung der schön gemauerten Türme lassen sich Steinblöcke mit hieroglyphischer Beschriftung erkennen, die hier verbaut wurden. Römischer Festungsturm

Das koptische Museum Zwischen den Türmen liegt der Durchgang zum Museum, das die umfangreichste Sammlung koptischer Kunst enthält. Besonders die älteren Sammlungsstücke zeigen deutlich, wie sich aus einem Gemisch altägyptischer und hellenistischer Stilelemente erst langsam eine immer eigenständiger werdende koptischPediment aus Sohag?, 4. Jh. christliche Kunst entwickelt hat. So sieht man in Raum 1 eine Fülle von Bauelementen des 4. und 5. Jh.s, in denen Themen der griechischen Mythologie vorherrschen, so z. B. Dionysos, Daphne, Orpheus, Leda mit dem Schwan. Im zweiten Raum sind Spuren der Christianisierung sichtbar, so z. B. bei dem hier dargestellten Teil eines Pediments (Dreieckgiebel), auf dem zwei nackte Eroten das umkränzte Kreuz tragen. Besonders interessant sind in Raum 2 die Grabstelen, die ägyptische Traditionen fortsetzen. Auch im Bildprogramm bleiben Elemente altägyptischer Überlieferung erhalten (Flügelsonne, Mumie, Pyramidion). Ebenso hielt man offenbar bis ins 7. Jh. hinein an der Mumifizierung fest. Eine große Zahl der Grabsteine zeigt noch immer das Henkelkreuz, die »Leben« bedeutende Hieroglyphe anch 󴖄. Sie galt den Kopten als ein Hinweis auf das Kreuz Christi, das den Menschen seit Adam bekannt, doch von den alten Ägyptern missbraucht worden war. Eine besonders instruktive Grabstele aus dem 7. Jh. zeigt die stillende Maria, was eindeutig in der Tradition der Isis

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Stele mit stillender Maria

Kanzel aus Saqqara

lactans steht. Eine Fülle anderer Stelen ist mit der Muschel geschmückt, die als Symbol der Wiedergeburt gilt. Einen schönen Eindruck von einer koptischen Klosterkirche vermittelt Raum 6, in dem die Reste des Jeremias-Klosters aus Saqqara ausgestellt werden. Die mit Weinblättern und Trauben geschmückten Säulenkapitelle weisen auf Joh  15, 5 zurück: »Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben.« Die im gleichen Raum gezeigte erhabene Kanzel mit trinitarischer Widmung stammt wohl aus dem 6. Jh; die Kanzeln in muslimischen Moscheen, Minbar, gehen wohl auf diesen Typus zurück. Schließlich sind in Raum 10 die Handschriften besonderer Erwähnung wert, denn hier sind Seiten aus der gnostischen Bibliothek aus Nag Hammadi zu sehen, die u. a. den Anfang des Thomas-Evangeliums zeigen. Ein besonders schönes Stück ist auch der wohl aus der benachbarten Kirche el-Mo‘allaka stammende Türsturz, der Jesu Einzug in Jerusalem zeigt (Raum 25). Beim Gang durch das Museum ist man schnell von der schieren Fülle der ausgestellten Gegenstände erschlagen. Zweierlei sollte man sich vor Augen halten: Zum einen machen wir Europäer uns meist nicht klar, welche Bedeutung Holzarbeiten wie Täfelungen oder der wunderbare Tragestuhl aus Raum 28 (gedacht für Pilgerreisen nach Jerusalem!) in einem so holzarmen Land wie Ägypten haben. Zum zweiten ist zu bedenken, dass das hier aufbewahrte kulturelle Erbe der koptischen Christen bis heute bedroht ist. Auch daher ist der Aspekt des Sammelns großer Mengen im Gegenüber zu europäisch-minimalistischer Museumspädagogik verständlich.

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Südbastion

Kapellen

|

|10 m

Grundriss: el-Mo‘allaka-Kirche

Die Kirche el-Mo‘allaka (Sit Mariam) Direkt neben den Babylon-Türmen liegt der Eingang zur Kirche el-Mo‘allaka. »Die Hängende«, so ist der arabische Name der der Maria geweihten Kirche zu übersetzen, wurde wohl im 7. Jh. über ein altes römisches Tor gebaut. Seitdem ist sie zerstört und mehrfach umgebaut worden, allerdings sind im Inneren noch eine Reihe alter Stücke zu sehen. Der heutige Grundriss geht auf das 11. Jh. zurück. Zu erreichen ist die Kirche durch einen schmalen Garten, der mit modernen Mosaiken begrenzt wird, die Elemente der Heilsgeschichte zeigen, im Zentrum die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten (Bild S. 63). Eine lange Treppe führt zum überdachten Eingang, an den sich der Narthex anschließt, eine für frühe Basiliken typische Vorhalle. Der dahinter liegende Kirchenraum war früher wohl eine dreischiffige Basilika. Heute wird der Raum durch drei Säulenreihen gegliedert, wobei der Abstand der Säulen nicht gleichmäßig ist; sie sind erkennbar antiken Ursprungs. Die Säulen bestehen aus weißem Marmor, eine jedoch aus schwarzem Basalt, was je nach Erklärung des örtlichen Reiseführers Judas oder den Teufel symbolisieren soll. Koptische Kirchen sind wie ägyptische Tempel meist in Ost-West-Richtung orientiert. Das südliche Schiff der typischerweise dreischiffigen Bauten ist den Frauen vorbehalten, im nördlichen können sich beide Geschlechter aufhalten. Die Kapellen am Ostende der Kirche sind nur auf dem Plan erkennbar, vor ihnen steht eine mit sehr schönen Elfenbeinarbeiten verzierte Ikonostase. Das zentrale Heiligtum ist der Maria geweiht, es wird von einer Christus-Ikone

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I. Kairo

Straußenei

gekrönt. Wie bei altägyptischen Tempeln liegt es gegenüber dem umliegenden Bodenniveau erhöht. In der linken, nördlichen Kapelle wird der Hl. Georg verehrt, in der rechten Johannes der Täufer. Die von der Decke hängenden Straußeneier gelten als Symbol der Wiedergeburt, nach anderen Traditionen stehen sie für die christliche Glaubenstreue, da der Strauß das Ei im Vertrauen auf das Schlüpfen des Jungen im Sand vergräbt. Die farbig verglasten Fenster ergeben bei nicht zu großem Touristentrubel eine sehr schöne, meditative Stimmung. Über das südliche Schiff ist eine eigene »kleine Kirche« zu erreichen, der älteste Teil des Baus. Ihre charakteristische Rundform nimmt die Architektur des darunter liegenden römischen Torturms auf. Vom 11. bis 14. Jh. war die Kirche Sitz des koptischen Patriarchen, daher findet sich im Vorraum eine kleine Ausstellung mit Bildern der Amtsinhaber.

Exkurs: Die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten Zu den Grundtraditionen der koptischen Kirche gehört die Erzählung in Mt 2, wonach Gottes Engel Joseph im Traum befahl, nach Ägypten zu ziehen, da Herodes den neugeborenen Jesus umbringen wollte. Bis nach dem Tod des Herrschers blieb Joseph mit seiner Familie dort, damit erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: »Aus Ägypten rief ich meinen Sohn« (Hos 11, 1). Später erscheint der Engel ein zweites Mal und befiehlt die Rückkehr nach Israel. In der koptischen Kirche wird mit Stolz vermerkt, dass Jesus vor seinem Wirken in Israel zuerst in Ägypten gewesen ist. Zwar gibt der biblische Text keine genaue Lokalisierung des Geschehens an, doch in der christlichen Überlieferung werden die einzelnen Wegpunkte der Reise vom Wadi Tumilat und dem Delta an markiert (und in Klöstern und Kirchen verehrt, vgl. S. 88 zur St. Sergius Kirche). Besonders in Hermopolis, südlich von Kairo gelegen, wurden solche Traditionen gepflegt; der Ort wurde zu einem wichtigen Zentrum des frühen Christentums.

I. Kairo Schon der römische Kirchenvater Hippolyt hatte errechnet, dass der Aufenthalt in Ägypten drei Jahre und sechs Monate gedauert haben müsse. Die­ se Zeit musste erzählerisch gefüllt werden, allerlei wunderbare Ereignisse geschehen: Wilde Tiere werden friedlich und belegen so, dass die Verheißung des Tierfriedens (Jes 11, 6– 8) wahr geworden ist. Wie beim Auszug der Israe­liten aus Ägypten gibt es auf wundersame Weise Nahrung und Wasser. Götterstatuen der Ägypter schließlich fallen wirkungslos um, als Maria und das Jesuskind Hermopolis betreten, so dass der Herrscher der Stadt dann Jesus anbetet. Auch die Gegner des Christentums kennen die Tradition. So hat Jesus nach dem Philosophen Celsus wegen seiner Armut in Ägypten niedrige Arbeiten ausführen müssen und zudem Zauberei gelernt. Hier wie auch in manchen christlichen Erzählungen ist Jesus deutlich älter, als er das nach dem biblischen Text in Ägypten gewesen sein kann. Entgegen dieser Tradition ist sich die Bibelwissenschaft einig, dass es den Zug der Heiligen Familie nach Ägypten nicht gegeben hat. Denn »Ägypten« ist bei Matthäus einfach eine Chiffre, die das neue Gottesvolk der Christen mit dem alten Gottesvolk Israel parallelisieren soll. So setzte er in diesen Kapiteln oft die sogenannten Erfüllungszitate ein: In Jesu Geschick erfüllt sich, was die Bibel (also das heutige Alte Testament) über das Kommen des Messias vorhergesagt hat. Liest man zum Beispiel im Hosea-Buch genau nach (11, 1), so stellt man fest, dass dort eindeutig Israel gemeint ist, außerdem blickt der Text in die Geschichte zurück: »Als Israel jung war, hatte ich ihn lieb und rief ihn, meinen Sohn, aus Ägypten«. Der Evangelist Matthäus schrieb seinen Bericht über Jesu Leben und Sterben vor allem für eine judenchristliche Gemeinde. Daher kam es ihm besonders darauf an, so viele Verbindungslinien wie möglich zur Schrift zu ziehen. Auf historische Exaktheit im heutigen Sinn kam es ihm dabei nicht an, sondern auf die theologische Wahrheit, dass Jesus als Messias der Welt in der Tradition der Heilserwartung Israels steht. Heutige koptische Christen leiten aus der Tradition vom Aufenthalt der Heiligen Familie in Ägypten auch eine Verpflichtung zu besonderer Gastfreundschaft ab: Wie Jesus seinerzeit freundlich aufgenommen wurde, will man auch heutigen Gästen entgegenkommen. (Zu den Stationen der Reise vgl. auch S. 178 und 201.)

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Grundriss: St. Sergius (Krypta)

Detail aus dem Mittelportal der St. Sergius Kirche

Die Kirche St. Sergius (Abu Serga) Als älteste Kirche Kairos gilt die den Märtyrern Sergius und Bacchus gewidmete Basilika, sie geht auf das 4. /5. Jh. zurück. Beim Hinabgehen zur Kirche lässt sich gut erkennen, wie sehr das Straßenniveau inzwischen in die Höhe gewachsen ist. Noch unter dem heutigen Kirchenbau (und deshalb wegen des anstehenden Grundwassers nicht immer zu besichtigen) liegt die 6 × 5 m messende Krypta der Kirche, ihr ältester Teil. Auch hier ist der dreischiffige Grundtypus erkennbar. Sie gilt der koptischen Kirche als besonders verehrenswürdiger Ort, da hier die Heilige Familie während ihres Aufenthalts gelebt haben soll. Die Hauptkirche selbst ist Bischofssitz der Stadt. Besonders erwähnenswert ist die aus dem 12. /13. Jh. stammende Ikonostase mit Elfenbeineinlegearbeiten und der szenischen Darstellung der Geburt Jesu und der Brotvermehrung. Aus dem 5. Jh. stammt auch der älteste erhaltene Holzaltar Ägyptens, der allerdings in das koptische Museum gebracht wurde (dort Raum 22). Die mittlere Tür des Hauptportals ist ebenfalls alt, sie zeigt u. a. die Geburt Christi.

Die Kirche St. Barbara (Sit Barbara) Auch diese Kirche, ursprünglich dem Hl. Cyrus gewidmet, geht wohl ins 5. Jh. zurück, der aktuelle Basilika-Bau datiert aber ins 11. Jh. Seitdem wird in ihr die kleinasiatische Märtyrerin Barbara verehrt. Von außen ist sie, wie viele andere koptische Kirchen, kaum als Gotteshaus zu erkennen, was wohl als Schutz vor Übergriffen geplant war. Im Unterschied zu den anderen Kirchen weist sie über den Seitenschiffen Emporen auf. Die Ikonostase an der Ostwand ist mit schönen Einlegearbeiten aus Elfenbein in streng geometrischen Mustern geschmückt.

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Die im 20. Jh. neu erbauten Seitenkapellen nördlich davon sind den Heiligen Cyrus und Johannes geweiht. Im Hauptschiff steht, wie in den anderen beiden beschriebenen Kirchen, ein sehr schöner Ambo (erhöhtes Vorlesepult) aus Marmor. Eine Fülle alter Kunstgegenstände aus dieser Kirche wurde in das koptische Museum gebracht; besonders hervorzuheben ist der Türflügel aus dem 5. Jh. |

Die Ben Esra-Synagoge Auch dieser Bau war ursprünglich eine Kirche, was bis heute am dreischiffigen Grundriss mit Emporen abzulesen ist. Allerdings besagt die Tradition des Ortes, dass es hier ursprünglich eine von den Römern zerstörte Synagoge gab, deren Nachfolgebau den Kopten im Jahr 641 als Michaelskirche gegeben wurde. Diese Kirche wurde im Zuge der Islamisierungsbestrebungen des Kalifen Hakim (um 1000) zerstört, und die jüdische Gemeinde erhielt sie später gegen Steuerzahlungen zum Wiederaufbau zurück. Der Name verweist auf den Jerusalemer Rabbiner Abraham Ben Esra, mit dem der Neubau verbunden wird. Nachdem das Gebäude nach dem Rückgang jüdischen Lebens in Ägypten lange verfiel, wurde es in den 1980er und 90er Jahren renoviert und in den heutigen, eher musealen Zustand versetzt. Es beherbergt eine Bibliothek, die sich dem jüdischen Erbe in Ägypten widmet. Der Raum wird beherrscht durch den schön verzierten Tora-Schrein an der hinteren Wand, im Hauptschiff steht ein Lesepult. Die Legende verbindet diesen Ort mit einigen wichtigen Stationen der biblischen Überlieferung. So sei in dem Brunnen hinter der

Grundriss: St. Barbara

Tür aus der Kirche St. Barbara

Außenansicht der Ben Esra-Synagoge

|10 m

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I. Kairo Synagoge das Kästchen gefunden worden, in das der kleine Mose von seiner Mutter gelegt worden war (Ex 2, 3); auch sein Fundort durch die Pharaonentochter soll in der Nähe sein. Nach anderen Überlieferungen habe Mose hier vor dem Exodus ein letztes Mal gebetet. Außerdem soll der Prophet Jeremia auf seiner Flucht hier die noch nicht fertiggestellte Tora Israels deponiert haben; auch sein Grab wird an diesem Ort gezeigt.

Exkurs: Die Geniza und ihre Texte Ein Teil der Ben Esra Synagoge ist der alttestamentlichen und judaistischen Wissenschaft unter einem anderen Namen bekannt: als »Kairoer Geniza«. Übersetzt bedeutet Geniza »Schatzkammer« oder »Versteck«; das Wort bezeichnet einen besonderen Raum, in dem unbrauchbar gewordene Handschriften gelagert werden. Dazu muss man wissen, dass z. B. brüchig oder unlesbar gewordene Tora-Rollen nicht einfach weggeworfen wurden, sondern – weil sie den heiligen Gottesnamen enthielten – rituell beerdigt werden mussten. Bis es zu dieser Zeremonie kam, wurden die Schriften in der Geniza gesammelt. In der Ben Esra Synagoge ist eine solche Geniza unter dem Dach zugemauert und dann vergessen worden, bis sie im 19. Jh. wiederentdeckt und ab 1896 vor allem durch den Rabbiner Solomon Schechter erkundet wurde. Heute sind die Funde – man rechnet mit ca. 200.000 Fragmenten – über die Welt verteilt; die Mehrzahl wird in Cambridge aufgehoben. Noch immer ist nicht alles veröffentlicht und bearbeitet, was dort unter dem Dach gefunden wurde. Für die Wissenschaft sind diese Texte von unschätzbarem Wert. Zum einen erfuhr man von jüdischen Texten, die man bisher gar nicht kannte. Eine Besonderheit ist z. B. die sogenannte Damaskusschrift, von der weitere Texte erst nach 1947 bei Qumran in Israel gefunden wurden. Zum anderen sind Bibeltexte erhalten, die ein älteres Überlieferungsstadium aufweisen als das, was man bis dahin kannte. In der Geniza waren Texte erhalten, die bis in das 8. Jh. zurückgehen; vor den Qumran-Funden waren dies die ältesten erhaltenen Bibeltexte. Besonderes Aufsehen erregte eine hebräische Ausgabe des Buches Jesus Sirach. Zwar war bekannt, dass das in griechischer Sprache überlieferte Buch auf ein hebräisches Original zurückging. Dieses aber war verloren gegangen, bis man in Kairo Reste davon fand. Auch frühere Textformen des Jerusalemer Talmuds Brief aus der Geniza mit der Unterschrift standen nun zur Verfügung. Schließlich lagerdes Moses Maimonides ten in der Geniza Texte, die unschätzbare Ein-

I. Kairo blicke in die Denkwelt des damaligen Judentums erlauben, von Briefen aus der Zeit der Kreuzzüge, magischen Texten, Schulübungen bis hin zu hebräischgriechischen Wörterbüchern.

Die großen Moscheen Zum Programm der meisten Kairo-Besuche gehört auch eine Fahrt zur Zitadelle mit der großartigen Mohammed-Ali-Moschee; auch andere der islamischen Gebetsstätten werden besucht. Selbst wenn dies eigentlich außerhalb des Horizontes eines biblischen Reiseführers liegt, soll doch auf einige Besonderheiten der wichtigsten Moscheen hingewiesen werden. Grundelemente einer Moschee Die Orientierung fällt leichter, wenn man mit den wesentlichen Elementen jeder Moschee vertraut ist. Der »Ort des Niederwerfens« dient dem Gebet, aber auch dem Studium der Schriften; häufig ist daher eine Schule (Madrasa) angeschlossen. Ins Auge fallen zunächst die Minarette, von denen der Adhan (Gebetsruf) des Muezzin über die Stadt schallt. Vor dem Gebet hat eine Waschung stattzufinden, weshalb es in den Höfen kunstvoll gestaltete Brunnen (Hanafija) gibt. Der eigentliche Betraum (Musalla) wird ohne Schuhe, traditionell mit dem rechten Fuß zuerst betreten. Im Hintergrund steht die auch in Ex  3, 5 belegte Tradition, nach der Gott zu Mose spricht: »Zieh deine Sandalen von deinen Füßen, denn die Stätte, auf der du stehst, ist heiliger Boden!« Im Gebetsraum ist zunächst die Gebetsrichtung (Qibla) – orientiert auf die Kaaba in Mekka – von Bedeutung. Man kann sie meist an der Gebetsnische (Mihrab) ablesen. An der Qibla-Wand steht oft ein Lehrstuhl (Kursi), von dem aus der Imam seine Predigt hält. Für Freitags- und Feiertagspredigten ist eine Kanzel (Minbar) vorgesehen. Die klassische Form weist ein Tor und eine Kuppelbedeckung auf. Die Tradition des Minbar wird zwar auf MohamHanafija und Uhrenturm der Alabaster­ med zurückgeführt, doch ist sie auch vorislamoschee misch belegt, vgl. die im koptischen Museum

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I. Kairo ausgestellte Kanzel. In großen Moscheen gibt es auch eine Tribüne (Dikka), von der aus die Worte des Imam wiederholt und die Gebetsbewegungen koordiniert wurden. Frauen beten getrennt von den Männern, sie stehen entweder im hinteren Bereich oder auf einer Empore.

Mihrab, Kursi und Minbar der Sultan-HassanMoschee Gebetsnische (Mihrab) Freitagskanzel (Minbar)

Kuppelraum

Grab des Mohammed Ali

Eingang Hof

Haupteingang Brunnen (Hanafija) Zisterne Uhrenturm

Grundriss: Mohammed-Ali-Moschee

Die Mohammed-Ali-Moschee Am Abbruch des Mokkatam-Gebirges – hier hat man den weißen Verkleidungsstein der Pyramiden gewonnen – wurde unter Saladin (ab 1176) die Zitadelle Kairos gebaut. Von hier hat man einen schönen Blick über die Stadt; je nach Smog lassen sich sogar die Pyramiden von Gizeh sehen. Die Wasserversorgung der Festung wurde durch ca. 90 m tiefe Brunnen gesichert, deren einer dem biblischen Joseph zugesprochen wird, dessen Gefängnis (Gen 39) hier vermutet wurde. Die Architektur der von 1824 –1857 erbauten Moschee ist eine Kuppelbasilika; sie orientiert sich an den Moscheen Konstantinopels, die wiederum die Bauform der Hagia Sophia Kirche aus dem 6. Jh. interpretierten. Ihr Bauherr, Mohammed Ali Pascha, hatte 1807 die Briten zum Abzug aus Ägypten gezwungen und, nach einem Massaker an den bisher mit ihm verbündeten Mamelucken und Kämpfen gegen die Osmanen, den Aufbau eines modernen Ägypten begonnen. Auffälliges Zeichen dieser Modernisierungsbestrebungen ist der Uhrenturm der Moschee, den der Pascha in Frankreich im Tausch für einen Obelisken aus Luxor erworben hatte; der Obelisk steht heute auf der Place de la Concorde in Paris. Im Innenraum der Moschee beeindruckt der Wechsel von dunklen Wänden und Fenster-

I. Kairo

Blick in die Hauptkuppel

kränzen, auf denen die Kuppeln zu schweben scheinen. Die Hauptkuppel ist 52 m hoch und misst 21 m im Durchmesser. Das Grab des im Jahr 1849 gestorbenen Pascha ist in der Südost-Ecke zu besichtigen. Die Sultan-Hassan-Moschee Vom Aussichtspunkt der Zitadelle aus hat man einen schönen Blick auf das Ensemble der Moscheen Sultan-Hassan und Er-Rifai (rechts). Letztere ist erst zu Beginn des 20. Jh. gebaut worden; in ihr wurde 1980 der letzte Schah von Persien begraben, der ins ägyptische Exil geflohen war. Der gegenüberliegende Bau stammt aus den Jahren 1356–1362. Er wurde von dem Mamelucken-Sultan Hassan in Auftrag gegeben, dessen (leerer) Sarkophag hier gezeigt wird. Die Moschee hat zum einen das mit fast 82 m höchste Minarett Kairos, zum anderen vereinigt sie in architektonisch sehr ausgefeilter Weise Gebetsräume, Schulen und Mausoleum. Der zentrale Punkt des nach außen hin festungsartig wirkenden Gebäudes ist der Hof mit dem Brunnen (Hanafija). An ihn sind kreuzartig vier Iwane angeschlossen, das sind aus der persischen Architektur stammende, nach vorne offene Hallen. Diese bilden hier die Gebetsräume; im mit kufischer Schrift geschmückten Hauptiwan

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I. Kairo

Dikka (vorne) und Hanafija der SultanHassan-Moschee

sind die große Dikka-Tribüne, die sehr schöne Gebetsnische und die Kanzel (Minbar) zu finden. Daran schließt sich das Mausoleum an, in dem besonders die mit Stalaktiten verzierte Kuppel auffällt. In die Bereiche zwischen den vier Iwanen wurden die Lehranstalten (Madrasa) der vier Rechtsschulen des sunnitischen Islam (Schafi‘ija, Hanbalija, Malikija, Hanafija) gebaut. Korridore Vestibül Haupteingang

Eingang Schule der Hanbaliten Schule der Malikiten offener Hof (Sahn)

Säle mit spitzbogigem Tonnengewölbe (Iwan)

Brunnen (Hanafija)

Schule der Schafi‘iten Gebetstribüne (Dikka) Gebetskanzel (Minbar)

Schule der Hanafiten

Gebetsnische (Mihrab)

Südeingang Mausoleum des Sultans Hassan

|

Grundriss: Sultan-Hassan-Moschee

|50 m

I. Kairo

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Luftbild der Ibn-Tulun-Moschee

Die Ibn-Tulun- und Al-Azhar-Moschee Kurz zu erwähnen sind noch zwei weitere Gebetshäuser: In das 9. Jh. zurück geht die von Ahmed Ibn Tulun (835– 884) in Auftrag gegebene Moschee, die größte und älteste erhaltene Moschee Kairos. Sie wurde, wohl zum Schutz vor dem Nilhochwasser, auf einem Felsplateau errichtet. In der Legende gilt dieser Ort sowohl als Punkt, an dem Noahs Arche aufsetzte (Gen 8), wie auch als der des Widderopfers Abrahams (Gen 22). Die Moschee ist im Stil von Samarra (Irak) erbaut, was sich besonders am spiralförmigen Minarett zeigt. Es ist für Besucher zugänglich und eröffnet schöne Blicke auf das Bauwerk und auf Kairo. So ist der besondere Grundriss der Moschee gut zu sehen: Im Zentrum des 90 × 90 m großen Innenhofes steht das Brunnenhaus.

Dreiseitiger Vorhof

Zweischiffige Pfeilerhalle (Liwân)

Brunnenhaus (Hanafija)

Minarett

Sahn

Seiteneingang

Podium für den Vorbeter (Dikka) Gebetsnische (Mihrab) und Freitagskanzel (Minbar)

Haupteingang Sanktuarium

| |10 m

Grundriss: Ibn-Tulun-Moschee

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I. Kairo Um den Hof ist eine von Pfeilern getragene Hallenkonstruktion angeordnet, gegenüber des Minaretts entsteht so der Hauptgebetsraum mit Mihrab und Minbar. Die zum Teil original erhaltenen Holzfriese mit kufischer Schrift (insgesamt ca. 2 km lang) sollen der Legende nach aus dem Holz der Arche hergestellt sein. Die Al-Azhar-Moschee (»die Blühende«) sollte bei ihrem Bau um 970 zum Zentrum des neuen Kairo der Fatimidenherrscher werden. Aus der im Jahr 988 an sie angefügten Madrasa hat sich im Laufe der Zeit die bedeutendste islamische Universität entwickelt, deren Rechtsgutachten (Fatwa) im sunnitischen Raum höchste Bedeutung haben. Im Jahr 2004 sollen hier 375.000 Studierende eingeschrieben gewesen sein, die streng nach Geschlechtern getrennt unterrichtet werden.

Hof der Al-Azhar

Tor der Juweliere Hof der Waschungen Madrasa el-Goharîja

Madrasa el-Akbughawîja (heute Bibliothek) Sahn

Suppentor Gebetsnische (Mihrab) des Erweiterungsbaus

Verwaltung Haupteingang Tor der Barbiere

Gebetsnische (Mihrab) der ursprünglichen Moschee

Vorhof

Grab des Abd er-Rahman Kihja

Madrasa et-Taibarsîja

Minarett und Portal des Sultans Kaït-Bey Halle (Riwak) für die Studierenden der verschiedenen Landsmannschaften

Grundriss: Al-Azhar-Moschee

Tor der Berber

Tor der Syrer

Tor der Oberägypter

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|50 m

I. Kairo Der heutige Haupteingang der Moschee, das »Tor der Barbiere« (hier wurden früher die Haare der Studenten geschoren) liegt gegenüber des Touristenbasars. Durch einen Vorhof und ein weiteres Tor kommt man zum Haupthof (Sahn). Auf der gegenüberliegenden Seite liegt der Haupt-Gebets- und Lehrraum. An der unterschiedlichen Deckenhöhe lässt sich gut erkennen, dass der Raum zu seiner heutigen Größe erweitert wurde, daher hat er auch zwei Gebetsnischen, die auf unterschiedlichen Achsen angeordnet sind. Auf der nördlichen und südlichen Seite des Haupthofes befinden sich die Räume der Studenten, die nach Herkunft geordnet untergebracht werden. Statt des zentralen Brunnens auf dem Haupthof gibt es an der Nordseite einen Hof für Waschungen. Nach der Besichtigung der Moschee bietet sich ein Bummel über den Basar Khan el-Khalili an, bei dem man aber keine Angst vor Gedränge oder robusten Werbemethoden der Shopbesitzer haben sollte. Streiflicht: Die deutsche evangelische Gemeinde Wer vom Flughafen Richtung Hilton oder Marriott Hotel fährt, hat gute Chancen, an der deutschen evangelischen Kirche vorbeizufahren. Man sieht allerdings nur die Kirchturmspitze hervorschauen, da man auf der oberen Etage der doppelstöckigen Straße fährt, die uns zum Gottesdienst eine Geräuschkulisse aus Hupen und Motorgedröhn liefert. Seit Pfingsten 2006 teilen wir uns die Pfarrstelle an der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Kairo. Zu zweit kämpfen wir gegen Kakerlaken in der Pfarrhausküche, mit nie funktionierenden Kirchenklospülungen, toten Telefonleitungen und erst im Lauf der Zeit besser gewordenen Arabischkenntnissen. Und wir freuen uns an der Kinderfreundlichkeit der Ägypter, an traumhaften Wüstenlandschaften und am großen Interesse mancher Deutscher, in dem muslimischen Land nach längst vergessenen christlichen Wurzeln zu fragen. Aus Deutschland importierte Konzepte von Kirche und Hochstraße Gemeindearbeit bleiben hier leider oft buch­

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I. Kairo stäblich im Verkehr stecken: Der normale Sonn­tagsgottesdienst ist – da Sonntag hier Werktag ist – meist spärlich besucht. Dafür feiern wir freitags ab und zu Wüstengottesdienste, bieten Veranstaltungen für Kinder draußen in den Compounds oder organisieren Gemeindefahrten und Diskussionsabende. Schwerpunkt hier in diesem Land, in dem man die Armut in vielen Stadtteilen deutlich sieht, ist auch die diakonische Arbeit: Wir besuchen ausländische Häftlinge in den Gefängnissen Kairos, unterstützen ein Waisenhaus und eine Schule für sudanesische Flüchtlinge. Und dann gibt es für uns als wichtiges Arbeitsfeld die DEO, die Deutsche Evangelische Oberschule in Trägerschaft unserer Gemeinde. Jeden Sonntag um 7. 15 Uhr läuten wir die Schulwoche für alle christlichen Schülerinnen und Schüler mit einem Schulgottesdienst ein. Die DEO ist eine Institution hier in Kairo, rund 130 Jahre alt, mit über 1200 Schülerinnen und Schüler auch ziemlich groß. Zudem ist sie eine Begegnungsschule: Es werden Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Nationalitäten, vor allem Deutsche und Ägypter, zusammen unterrichtet – auf Deutsch! Eine Begegnungsschule mit rund 80 % muslimischen Schülerinnen und Schüler in evangelischer Trägerschaft – da sind spannende und spannungsreiche Begegnungen vorprogrammiert. Wie gestaltet man gemeinsame Feiern für alle Schülerinnen und Schüler zu den Festzeiten des Schuljahres,

Gemeinsamer Gottesdienst in der Dt. Ev. Oberschule

I. Kairo die Gemeinsames betonen ohne Trennendes zu verwischen? Freiheitsrechte in all ihren Facetten zu postulieren ist das eine, respektvolle und gesichtswahrende Begegnungen zu initiieren das andere. Das gilt auch für den kooperativen Religionsunterricht an der DEO, in dem in der 11. und 12. Klasse muslimische und christliche SchülerInnen zusammen unterrichtet werden. Ein weltweit einmaliges Unterrichtsprojekt! Die SchülerInnen treffen im Unterricht auf ein Team aus einem evangelischen bzw. katholischen Lehrer und seinem muslimischen Kollegen, die den Unterricht gemeinsam vorbereiten und dann auch durchführen (sollten). Man stelle sich das einmal bei ganz unterschiedlichen Ausbildungswegen und pädagogischen Konzepten vor. Eine manchmal gelingende Laborsituation mit glückenden Gesprächen, aber immer wieder auch viel Unverständnis und Missverständnis. Besonders lebhaft werden die Diskussionen, wenn es um ethische Fragen geht, die in Ägypten gesellschaftlich tabuisiert werden, wie Homosexualität. Da werden dann in spannenden muslimisch-koptischen (orthodoxen) Allianzen die westlichen Werte kritisiert und mit den entsprechenden Bibelstellen unterfüttert. Zwei Jahre kooperativer Religionsunterricht  – wenn danach bei manchen Schülerinnen und Schüler Dialogbereitschaft und Dialogfähigkeit stärker ausgebildet sind, ist schon viel erreicht. Wer unsere Gemeinde besuchen und persönlich mehr über unsere Arbeit hören möchte, ist uns herzlich willkommen.

Text: Pfarrer Axel Matyba & Pfarrerin Andrea Busse (http://www.ekir.de/cairo/Neu/index.html) Auch die Deutschsprachige Katholische Gemeinde in Kairo freut sich über Besuch: Pfarrer: Msgr. Joachim Schroedel www.kath.de/kasdbk/kairo

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden

Stufenpyramide in Meidum

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Dieses Kapitel beschreibt zum einen die wichtigsten Monumente, die üblicherweise in den Ortslagen Saqqara, Dahschur und Gizeh besichtigt werden. Darüber hinaus geschieht die Anordnung aber so, dass sich beim Lesen die Entwicklung der ägyptischen Grabbauten bis zur Hochzeit der Pyramiden nachvollziehen lässt. Zwar verzichten viele Rundreisen leider auf den Besuch von Dahschur, doch es lohnt sich, die Besonderheit der Pyramiden des Pharao Snofru als wichtige DurchPyramiden von Abu Roasch

Kairo

Gizeh Pyramiden von Gizeh

Alt-Kairo

Cheops Chephren

Sphinx

Mykerinos Pyramide von Saujet el-Arjan

Me'adi

Cha-ba Tura Sonnenheiligtümer von Abu Gurôb

Pyramide von Saujet el-Arjan

Ne-user-Ré

Userkaf

Sahure

Ne-user-Ré

Neferirkaré

Ma'sara Abusir

Saqqara-Nord

Serapeum

Userkaf

Sechemchet Merenre

Pepi II.

Unas Saqqara

Djedkare

Pyramiden von Dahschur

Schepseskaf unbekannt

Mastaba el-Fara'un

Snofru Knickpyramide Amenemhet III. Schwarze Pyramide

Dahschur

Lage der wichtigsten Pyramiden bei Kairo

Bedraschen

Chendjent Amenemhet II. Weiße Pyr.

Snofru Rote Pyr.

|3 km

Mit-Rahina

Ibi

Sesostris III. Schwarze Pyr.

|

Memphis

Djoser Pepi I.

Saqqara-Süd

Teti

Masgûna

Heluan

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden gangsstationen hin zu den klassischen Pyramiden wenigstens durch einen Vergleich der Querschnitte wahrzunehmen.

Saqqara Die bedeutendste Nekropole (Totenstadt) der Hauptstadt Memphis war Saqqara, bekannt vor allem wegen der ersten Pyramide, erbaut durch Pharao Djoser. Bis in die christliche Zeit hinein wurde das über 6 km lange Friedhofsareal genutzt, für Menschen und Tiermumien gleichermaßen. Die Erforschung des Gebiets ist nicht abgeschlossen, noch bis in die jüngste Zeit hinein wurden dort spektakuläre Mumienfunde aus dem Alten Reich bis in die 30. Dyn. gemacht. Aufgrund der übergroßen Fülle an Gräbern können hier nur diejenigen kurz beschrieben werden, die von den meisten Reisegruppen besucht werden. Der Name Saqqara leitet sich entweder von dem Gott Sokar ab, der in Memphis für Fruchtbarkeit, aber auch für den Totenkult zuständig war. Eine Pyramidenbezirk des Sechemchet (unvollendet)

Pyramide des Unas

Grabbezirk des Djoser

Bootsgrube

Mastaba des Ptahhotep

Stufenpyramide des Djoser

Grab des Maja

Mastaba des Ti

Südl. Ibis-Katakombe

Serapeum

Tempel der heiligen Tiere

Eingang zur nördl. Ibis-Katakombe

AR-Mastabas

NR-Nekropole Grab des Haremhab

Abusir NR-Nekropole Mastabas der 1. Dyn.

Jeremias-Kloster

Taltempel des Wenis

Aufweg des Wenis Pyramidenbezirk des Weserkaef

Gebiet der Falken-, Affen- und der »Apis-Mütter«-Katakomben

Mastabas der 6. Dyn. Grab des Aper-el

Pyramidenbezirk des Teti

|

Plan: Saqqara

|500 m

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden andere Erklärung verbindet den Ortsnamen mit einem hier ansässigen arabischen Stamm. Charakteristische Elemente aller Grabanlagen Der Totenkult ist seit dem Alten Reich eines der herausragenden Merkmale der ägyptischen Religion; kein anderes Volk hat über einen so langen Zeitraum hinweg einen so hohen Aufwand bei der Ausgestaltung und Ausstattung von Grabanlagen und der zugehörigen religiösen Überlieferung betrieben. Einige Grundkonstanten halten sich während der ägyptischen Religionsgeschichte durch: Die Beerdigung geschieht zumeist im Westen des Nils, weil dort die Sonne untergeht. Daher sind auch die wichtigsten Grabbezirke westlich von Memphis oder Theben in der Wüste gelegen. Das Leben im »Lichtland im Westen« kann positiv oder negativ sein, je nachdem, wie das Totengericht ausgeht. Das Grab selbst gilt als »Haus der Ewigkeit«, in dem der Tote in einer anderen Seinsweise weiterexistiert, idealerweise als »Verklärter« (Ach, Hieroglyphe Schopfibis 󳮱), der mit der Sonne täglich aufgehen darf. Das Grab verbindet so Diesseits und Jenseits. In ihm ist der Verstorbene durch seine Statue anwesend, die oft mit Serdab für die Statue des Grabherrn

Kapelle mit Scheintür und Opfertisch

Schnittzeichnung durch ein Mastaba-Grab

Grabkammer mit Sarkophag

Schacht

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden

der Hieroglyphe Ka 󳚓 geschmückt ist. Sollte die Mumie zerstört sein, kann die Ka-Seele für sie eintreten, da sie ja die Gestalt des Toten enthält. Die Ka-Statue steht in einem eigenen, Menschen unzugänglichen Raum, dem Serdab. Seine BaSeele 󳮺 ist in der Lage, den Toten zu verlassen und für seine Nahrung zu sorgen. In dem als Haus gestalteten Grab muss daher die Versorgung des Toten sichergestellt werden. Dafür hatte er selbst vorzusorgen, nach seinem Tod ist dies die Aufgabe des Erben (oder angestellter Priester). Die Gaben werden entweder real auf einer Opferplatte abgelegt, die vor einer Scheintür (welche der Ba-Vogel passieren kann) zur Grabkammer liegt. Diese Platte bildet die Hieroglyphe chetep 󴒄 ab, die ein Brot auf einer Schilfmatte Scheintür und Opferplatte in der Mastaba darstellt; auch andere Speisen können symdes Ti bolisch auf dem Opferstein abgebildet sein. Zusätzlich werden Speisen und Getränke in umfangreichen Bildprogrammen auf den Wänden des Grabbaus abgebildet. Die Essenz dieser Bilder diente dann auf magische Weise zur Versorgung des Toten – dies für den Fall, dass aus verschiedenen Gründen die realen Gaben nicht gebracht werden können. Auch auf der Scheintür werden sowohl Opfergaben, als auch Grabbeigaben der Grabherr selbst dargestellt; zum typischen Bildprogramm gehört das Bild des Toten vor einem mit verschiedenen Gaben gedeckten Opfertisch. Ab der 4. Dyn. werden auch Szenen aus dem Leben des Verstorbenen abgebildet; vielleicht soll so seine Individualität gesichert werden. Schließlich werden dem Verstorbenen Grabbeigaben mitgegeben, vor allem Diener. Wie im realen Leben sind etwa Bierbrauer, Weber oder Fleischer für die elementaren Lebensbedürfnisse vorhanden; sie werden figürlich in Gruppen dargestellt, was einen Einblick in das altägyptische Alltagsleben ermöglicht. Solche Figurengruppen sind in großer Zahl über die Museen

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden der Welt verstreut. Später entwickelt sich daraus der Brauch, den Verstorbenen sogenannte Uschebtis mitzugeben, Vertreterfiguren, die für den Toten antworten, wenn er zum Arbeitsdienst im Jenseits aufgerufen wird. Auch die Familie des Toten begleitet ihn, da sie im selben Grab beigesetzt wird. Im Alten Reich beginnt auch der Brauch, die Toten in Doppelsärgen beizusetzen. Der äußere, geschmückte Sarg ist oft als Haus mit Kuppeldach und Scheintür gestaltet, er hat meist auch Augen, mit denen der Tote nach außen blicken kann (später werden diese mit dem Horusauge identifiziert). Regional verschieden ist die architektonische Gestaltung der Gräber. Verbreitet gibt es in den Felsen gehauene Kammern; in Oberägypten herrschen unterirdische Ziegelbauten vor, die von einem Steinhaufen bedeckt werden. In Unterägypten sind die Gräber oberirdisch als »Mastaba« gebaut, wobei die eigentliche Grabkammer mit dem Sarg unterirdisch liegt. Einfache Grubengräber gibt es seit der Frühzeit; für arme Bevölkerungsschichten wurden sie in allen Epochen genutzt. Mastaba des Ti Im Alten Reich war die Jenseitsexistenz der Beamten von der Gunst des Königs abhängig. Daher findet sich um das Gebiet der königlichen Pyramiden herum eine Fülle von sogenannten Privatgräbern, von denen das des Ti eines der schönsten und entSerdab Kapelle sprechend häufig besichtigten ist. Die Anlage Sargkammer gehört zwar nicht zu den ältesten in Saqqara, Seitenkammer doch lassen sich hier die charakteristischen Schacht der Elemente gut erkennen. Gemahlin Beim Grab des Ti handelt es sich um ein typisches Mastaba-Grab; der Name rührt daher, dass der Bau aussieht wie eine Bank vor einem arabischen Haus, die Wände sind nach oben hin geböscht. Das Grab stammt aus der 5. Dyn. (um 2500 v. Chr.); der Eingang entspricht mit seinen beiden Pfeilern wohl einem damals tySerdab Schacht Mauerwerk pischen Wohnhaus. Im oberirdischen Bereich Pfeilerhof Vorhalle (heute vom Wüstensand bedeckt) liegt der Be| |10 m reich des Totenkultes; der unterirdische, teils sehr tief ausgehauene Grabkammerbereich ist Grundriss: Mastaba des Ti nicht zugänglich.

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden

Ti war Vorsteher der Pyramidenanlagen und Sonnenheiligtümer, seine Gattin Neferhetepes war Priesterin und ist im selben Komplex begraben. Im Pfeilerhof, der sich hinter dem Eingang öffnet, geht der Schacht zur Grabkammer hinab. Bereits hier sind die Wände mit Reliefs landwirtschaftlicher Thematik geschmückt, die die Arbeit des Ti als Grundverwalter zeigen. In der nordöstlichen Ecke des Hofes ist ein erster Serdab (Statuenraum), in der südwestlichen öffnet sich ein schmaler Gang. Hier wird dargestellt, wie Ti zu Grabe getragen wird; das Bildprogramm ahmt also seinen Weg vom Leben zum Tod nach. An der rechten Seite sieht man eine erste Scheintür; sie gilt der Versorgung der Gemahlin Neferhetepes. Rechts schließt sich eine Seitenkammer an, in der die Zubereitung und Darbietung von Opfergaben für Ti gezeigt wird; die Farben sind sehr gut erhalten. Die Hauptattraktion ist zweifelsohne die ca. 5 ×7 m große und 4,5 m hohe Grabkapelle. Hier breitet sich das typische Leben im Ägypten des Alten Reiches vor den Betrachtern aus. Die Westwand ist durch die beiden Scheintüren und die Opferplatte gut zu erkennen; sie ist auf die schräg darunter liegende Grabkammer und das »Lichtland im Westen« hin orientiert. Hier dominiert die Darstellung von Opferträgern und Opfergaben. Hinter der Südwand schließt sich der Serdab an; die ursprünglich hier gefundene Statue wurde nachgebildet; das Original steht im Museum in Kairo. Auf der Nordwand, durch die man den Raum Opferkammer betritt, wird wieder Tis Lebensalltag dargestellt. Zentral ist die Abbildung, wie Ti durch die Sümpfe fährt, links davon sieht man, wie er Vögel und Fische fängt. Über dem Durchgang ist die dargestellte Prügelei der Schiffer bemerkenswert. Auf der Ostwand herrschen landwirtschaftliche Szenen vor; interessant ist unten rechts die Darstellung des Schiffbaus. Auf der Südwand sind im unteren Bereich die unterschiedlichen Berufe (Schmiede, Musiker, Tischler, Priester) aufschlussreich für die Technikgeschichte, darüber werden wieder Tiere zum Opfer vorgeführt. Eingang Pfeilerhalle Achethotep Korridor Wenn man sich in Ruhe in die Darstellungs| |10 m weise dieser Bilder eingedacht hat, fällt es leicht, auch in anderen Gräbern die Szenen zuGrundriss: Mastaba des Achethotep und zuordnen, zumal diese im Wesentlichen immer Ptahhotep ein vergleichbares Bildprogramm zeigen.

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Mastaba von Achethotep und Ptahhotep Deutlich größer als die Mastaba des Ti ist das etwas jüngere Doppelgrab des Achethotep und seines Sohnes Ptahhotep (5. Dyn.). Es ist interessant, weil es nicht fertiggestellt worden ist. Beim Weg durch den Hauptgang sieht man die Wände in unterschiedlichen Stadien der Arbeitsvorbereitung. Im Mittelpunkt der Besucherinteressen steht jedoch der dem Ptahhotep gewidmete Kultraum am Südende des Grabes; er beeindruckt durch die Schönheit der Farben und Darstellungen. An der Westwand befinden sich wieder zwei Scheintüren, zwischen denen der Grabherr vor den Opfernden sitzt; vor der linken Scheintür liegt die Opferplatte. Besonders reich geschmückt mit schmalen Bildbändern ist die gegenüberliegende östliche Wand. Hier wird der Verstorbene gezeigt, wie er die Schönheiten des Landes ansieht. Dazu zählen spielende Kinder, die Papyrusernte, Arbeiten im Delta oder der Vogelfang. Auf der rechten Seite schaut der Grabherr zu, wie ihm Jagdbeute und Güter gebracht werden; auch hier lohnt es sich vor allem, kleine Details wahrzunehmen: etwa die Geburt eines Kälbchens oder der Junge, der dem Bildhauer Wasser reicht, womit sich der Schöpfer dieser Szenen namens Nianchptah selbst verewigt hat. Weitere Mastaba-Gräber Die meisten Touren verzichten aus Zeitgründen auf die Besichtigung anderer Mastabas. Wenn mehr Zeit zur Verfügung steht, bietet es sich an, weitere Gräber mit unterschiedlichen Charakteristika anzusehen, um einen Eindruck von der Varianzbreite der Grabarchitektur und des Bilderschmucks zu erhalten. Zu nennen wäre etwa die Mastaba des Mereruka

Mastaba der Idut: Gefährdung eines neugeborenen Nilpferdes durch ein Krokodil

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden aus der 6. Dyn. (ca. 2350 v. Chr.). Sie ist (neben den Pyramiden) die größte Grabanlage Saqqaras mit 32 Räumen auf ca. 600 m 2 Fläche; hier liegen der Grabherr, seine Frau und sein Sohn. Das Bildprogramm ist sehr reichhaltig und vermittelt eine Fülle von Details aus dem allgemeinen Alltagsleben (u. a. über Versuche, Gazellen und Hyänen zu zähmen), aber auch aus dem Eheleben des Paares. Die eigentliche Opferkammer wird von sechs Säulen getragen; hier ist an der Südwand der Ablauf des Begräbnisses sehenswert. Gegenüber dem Totentempel, der zur Pyramide des Pharao Unas gehört (5. Dyn.) liegt ein Doppelgrab für seine Frauen Nebet und Chenut. Es hat eine ganz ungewöhnliche Architektur, bei der die Kammern um einen Hof herum angeordnet sind. Ursprünglich war die Grabanlage in zwei genau parallelen Teilgräbern aufgebaut; der westliche Teil (Chenut) ist jedoch weitgehend zerstört. Schließlich lohnt das Grab des Haremhab die Besichtigung. Der Grabherr war General unter Tutanchamun (18. Dyn.) und begann in dieser Funktion mit dem Bau seines Grabes in Memphis /Saqqara. Hier zeigt sich der Wandel in der Reliefkunst durch die Sonnentheologie des Echnaton (S. 206), denn in diesem Grab werden nun auch versenkte Reliefs gestaltet, in denen das Spiel von Licht und Schatten besondere Effekte verursacht. Nachdem Haremhab selbst zum Pharao geworden war, ließ er im Tal der Könige in Theben-West ein neues Grab beginnen; das in Saqqara wurde aufgegeben. Aufgrund des Berufs des Grabherrn sind einige Ausländer abgebildet, was für die ikonographische Zuordnung der Völker wichtig ist (S. 168 zu den Schasu). Direkt hinter der Südmauer des Djoser-Komplexes liegt das sehr fein gearbeitete Grab der Prinzessin Idut. Die stark zerstörte Mastaba des Anchmahor schließlich erfreut sich auch bei Postkartenproduzenten einer gewissen Beliebtheit, weil hier in diesem Grab eines Arztes eine Beschneidungsszene dargestellt ist.

Statue des Djoser

Die Stufenpyramide des Djoser Sie gilt als erste Pyramide und als ältes­ter monumentaler Steinbau Ägyptens, die Stufen­ mas­taba des Königs Djoser (3. Dyn., um 2650 v. Chr.). Bis heute beherrscht sie die Nekropole, was möglicherweise auch der Grund für die architektonische Innovation war: Das

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Königsgrab sollte in der Fülle der Mastabas erkennbar werden, zugleich sollte vielleicht auch der Weg des verstorbenen und verklärten Königs zu den Sternen vorgezeichnet werden. Verantwortlich für das Werk war der Baumeister und Universalgelehrte Imhotep, den spätere Generationen wegen seiner Genialität als göttlich verehrten. An der Querschnittszeichnung lässt sich das Bauprinzip gut erkennen: Imhotep ging von einer zunächst geplanten, oberirdischen Mastaba aus, die sich über dem Grabschacht erhob. Bereits sie wurde mehrfach erweitert. Darüber wurde dann zunächst der MastabaQuerschnitt in vier Stufen von bis zu 11,50 m Höhe wiederholt. In einer weiteren Phase wurden zwei zusätzliche Stufen hinzugefügt, so dass die Höhe von 62,5 m (bei einem rechteckigen Grundriss von ca. 110 × 120 m) erreicht würde. Beim Blick vom Südgrab aus lassen sich die Fugen der Baustufen noch gut erkennen, weil die unterste Stufe weggebrochen ist. Zeichnet man über die Stufen ein gedachtes

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Djoser-Pyramide; davor Kapelle des Hebsed-Hofes 6-stufige Pyramide 4-stufige Pyramide

Erweiterung der Mastaba ursprüngliche Mastaba Räume mit Fayence und Reliefs

Ost

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Schacht Sargkammer (Granit)

|30 m

West

Querschnitt durch die Stufenpyramide

Totentempel Stufenmastaba

Haus des Nordens Hof, links oben der Serdab

Südgrab (nach Lauer)

Haus des Südens Eingang

|

|100 m

Das Areal des Djoser

Großer Hof; in der Mitte zwei Zielmarken

Hebsed-Hof mit Thron (am Südrand)

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden

Dreieck, so ergibt sich ein Neigungswinkel des Gebäudes von 49°, was dem der klassischen Pyramiden (51– 53°) schon sehr nahekommt. Im Norden der Stufenmastaba sind die Reste des Totentempels zu besichtigen. An seine Seite wurde der sonst in der Mastaba gelegene Serdab verlagert, in dem die (nachFassade des Hauses des Nordens vor der gebildete) Statue des Djoser steht; von hier Pyramide des Userkaf aus konnte die Essenz der Opfergaben zum Verstorbenen gelangen. Die eigentlichen Grabkammern sind Touristen nicht zugänglich; einige Schmuckelemente, vor allem die aus Fayence nachgeahmten Schilfmatten zur Wandverkleidung, befinden sich heute im unbedingt sehenswerten Imhotep-Museum am Haupteingang des Ausgrabungsgebietes. Die Pyramide liegt in der Mitte eines ummauerten, 550 × 300 m großen Areals, in dem man weitere Gebäude besichtigen kann, die für den Totenkult und die Königsvorstellung bedeutsam sind. Zum Totenkult gehört in diesem Areal noch das sogenannte Südgrab. Es wurde als Grab der Königin erklärt, wahrscheinlicher ist aber, dass es sich um die Begräbnisstätte des Ka des Djoser handelt. Damit würde hier die Funktion vorweggenommen, die später die Nebenpyramiden haben. Dieses Grab ist noch ganz als Mastaba gestaltet. Von oben kann man in den 28 m tiefen Grabschacht sehen, in dem eine aus Rosengranit gehauene, kleine Grabkammer liegt. (Die weitere Entwicklung des Pyramidenbaus ist unten im Kapitel zu Dahschur nachlesbar.) Vom Südgrab aus hat man nicht nur einen wunderbaren Blick auf die Pyramide, man sieht auch auf der rechten, östlichen Seite das Areal des Sed/HebsedFestes. Im Djoser-Komplex findet sich die älteste erhaltene Laufbahn für diese kultische Begehung. Nach 30 Jahren der Regierung musste der König seine Befähigung neu unter Beweis stellen (allerdings wird bei vielen Pharaonen das Fest auch früher erwähnt). In einem Hof werden Kapellen angelegt (hier zum Teil rekonstruiert), in denen die Götter der einzelnen Gaue residieren. Auf dem Gelände sind außerdem Grenzsteine, die wohl die Enden Ober- und Unterägyptens symbolisieren. Zwischen ihnen muss der Kultlauf stattfinden. Wahrscheinlich nach absolviertem Lauf setzt sich der Pharao am Südende des Hofes nacheinander auf zwei Throne, die erneut für die beiden Landesteile stehen. Nördlich des Hebsed-Hofes liegen zwei Gebäude, das Haus des Nordens und des Südens, die für die Sorge des Königs um die Verwaltung der Reichsteile stehen.

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Es zeigt sich, dass Totenkult und Königsvorstellung in der Architektur dieser Anlage nicht voneinander zu trennen sind. Gleichzeitig ist auch von Bedeutung, dass hier das »normale«, irdische Leben in Stein und damit idealerweise unzerstörbar abgebildet wird. Von den nachgebildeten Schilfmatten war bereits die Rede, auch die übrigen Architekturelemente orientieren sich z. B. an Schilfbündeln oder Holztüren, die Säulen gleichen Papyruspflanzen und die Umfassungsmauer ahmt einen Holzzaun nach. Damit wird die spätere Vorstellung vom Tempel als Abbild des Kosmos schon hier sichtbar (S. 220). Weitere Pyramiden Auf dem Gebiet der Nekropole in Saqqara finden sich noch weitere Pyramiden, von denen die des Teti auch innen zu besichtigen ist. Kaum noch erkennbar ist westlich des DjoserKomplexes die geplante Stufenpyramide des Sechemchet, des unmittelbaren Nachfolgers des Djoser (3. Dyn., gest. um 2640 v. Chr.). Oberirdisch sind nur ca. 7 m des unvollendeten Bauwerks ausgeführt worden, die Grabkammer mit einem Sarkophag aus Alabaster jedoch befindet sich 40 m tief unter der Erde! Nordöstlich der Djoser-Pyramide liegt die des Userkaf (frühe 5. Dyn.), die kaum mehr als das Bild eines Steinhaufens vermittelt. Die deutlich kleinere Pyramide des Unas (späte 5. Dyn.) ist über eine Länge von fast 700 m über einen Prozessionsweg (vorbei am Jeremias-Kloster) mit einem Taltempel verbunden. Dieser Aufweg war mit sehr detaillierten Reliefs geschmückt, von denen einige der erhaltenen hier am Ort belassen wurden. Ihr Programm der Abbildung des irdischen Lebens entspricht dem der Mastabas. Die besondere Bedeutung der ursprünglich ca. 40 m hohen Pyramide liegt darin, dass hier erstmals die Ausgestaltung der Innenräume mit den sogenannten Pyramidentexten belegbar ist. Wenn

Zugang zur Pyramide des Teti Fallsteinkammer aus Granit

|

Nordkapelle

| 20 m

Grundriss und Querschnitt durch die Teti-Pyramide

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden die Pyramide zugänglich ist, erreicht man durch einen langen Gang einen Vorraum, von dem links ein ungeschmückter Raum mit drei Nischen (für Statuen) und rechts die eigentliche Grabkammer abgeht; dies entspricht ganz dem klassischen Bauprinzip. Die Grabkammer ist als gestirnter Nachthimmel gestaltet. Ganz ähnlich ist schließlich die Besuchern zugängliche Pyramide des Teti (frühe 6. Dyn.) konzipiert. Gegenüber der Mastaba des Mereruka gelegen, ist dem scheinbaren Geröllhaufen nicht mehr anzusehen, dass das Bauwerk einst eine Höhe von über 50 m hatte. Hier wurde erstmals auch der Sarg mit Pyramidentexten versehen.

Exkurs: Pyramidensprüche In der Pyramide des Unas sind zum ersten Mal die sogenannten Pyramidensprüche schriftlich überliefert worden. Ursprünglich wurden sie nur in Königspyramiden niedergeschrieben, später (ab Pepi) auch bei Königinnen und danach im Zuge einer »Demokratisierung« bei nichtköniglichen Verstorbenen. Die schiere Menge dieser Texte (über 750 Einzelsprüche) und Unterschiede in Form und Inhalt lassen es aber als sicher gelten, dass es ältere Vorstufen gegeben hat. Teilweise redet in ihnen der Verstorbene selbst und beschwört die göttlichen Mächte, teilweise spricht sein Nachfolger, der die Verklärung des Toten sicherstellen möchte. Später nehmen Beschreibungen über das Geschick des Toten in der 3. Person zu. Zur religionsgeschichtlichen Entwicklung dieser Texte gehört auch, dass sich in jüngeren Stufen der Überlieferung ein stärkerer Bezug auf Götter wie Re und Osiris zeigt; die älteren Texte sind demgegenüber eher von Sprachmagie zur Begleitung von Ritualen geprägt. So werden Opfergaben mit entsprechenden Sprüchen versehen: »O Horus, nimm das Auge des Horus zu Dir!« Dabei gilt jede Gabe, egal ob Speise, Trank oder Gegenstand, als Horusauge. Als Symbol für Unversehrtheit kann es dem Toten das vermitteln, was er für sein weiteres Leben braucht (S. 80). Andere Sprüche beziehen sich auf die Reinigung des Königs oder das erneute Zusammensetzen seiner Glieder und die Wiederbelebung durch das Ritual der Mundöffnung. Im Zentrum des Interesses steht jedoch nicht Texte in der Pyramide des Teti, der Name 󴧅 󴧅󳻰 ist in der Kartusche gut lesbar das Ergehen der Mumie. Wichtiger ist die Vor­ stellung, dass sich unterschiedliche Bestand-

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden teile des verstorbenen Königs voneinander lösen. Seine Verklärungsseele, Ach, fährt zu den immer sichtbaren Zirkumpolarsternen im Norden auf. Am Himmel wird er durch die Göttin Nut geboren, göttliche und natürliche Helfer, wie der Wind, aber auch das Weihrauchopfer, unterstützen seinen Aufstieg. Ziel ist ein Land des Chetep, was zugleich Opfer und Zufriedenheit bedeutet. Dorthin muss der König mit einer Barke über den Himmel reisen, weshalb Schiffe zu den Grabbeigaben gehören. So erklärt sich, dass viele Pyramiden einen auf die Nordsterne gerichteten Schacht aufweisen und sich der zur Versorgung notwendige Totentempel zunächst im Norden der Pyramide befand.

Granitsarg

Serapeum und Tiergräber Wenn sich die Chance bietet, sollte in Saqqara noch eine Erfahrung gemacht werden, die Besonderheit, aber auch Absonderlichkeit des ägyptischen Totenglaubens illustriert. In der Nähe der Mastaba des Ti ist das Serapeum gelegen, die Begräbnisstätte für den Apis-Stier. Ein Exemplar mit einer festgelegten Fellfärbung galt als Inkarnation des Hauptgottes von Memphis, Ptah. Es wurde Zeit seines Lebens in einem goldenen Stall gehalten. Spätestens seit Amenophis III. (18. Dyn.) wurde dieser heilige Stier nach seinem Tod mumifiziert und in einem riesigen Sarkophag erst in eigenen Gräbern, dann in einer großen Galerie beigesetzt. Aus der 26. Dyn. stammt eine heute noch zu beKatzen- und Hundemumie sichtigende weitere Galerie, in der die Tiere sogar in monolithischen Steinsärgen beigesetzt wurden, die ein immenses Gewicht (bis 70 t) hatten. Auch die Mütter dieser Apis-Stiere wurden besonders verehrt. Man begrub sie im Norden Saqqaras, wo im sogenannten Iseum die Ruhestätten von insgesamt 23 dieser Kühe gefunden wurden. Außerdem sind in eigenen Galerien

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Falken, Paviane und vor allem Ibisse begraben. Man schätzt, dass hier ca. 2 Mio. Ibisse in unterschiedlich aufwändiger Mumifizierung liegen. Sie stammen aus der hellenistischen Zeit, als es Sitte war, die Tiere auf diese Weise zur Unterstützung eigener Bitten und Wünsche zu opfern (S. 176).

Das Jeremias-Kloster (Deir Apa Jeremia) Südöstlich des Djoser-Bezirkes liegt ein Ruinenfeld, das man leicht angesichts der hoch aufragenden Pyramide übersieht. Es handelt sich um die Reste des Jeremias-Klosters, das am Ende des 4. Jh.s von einem Alexandriner dieses Namens gegründet worden war. Die wichtigsten Funde, vor allem die Säulen und die Kanzel, sind im Koptischen Museum | |10 m in Kairo zu besichtigen (vgl. S. 83), so dass Grundriss: Hauptkirche des Jeremiasder Besuch kaum mehr als einen Eindruck Klosters von der besonderen Ortslage im Schatten der Pyramide vermitteln kann. Immerhin ist die Größe der Hauptkirche zu erkennen. Sie ist nach dem Friedensschluss mit den arabischen Eroberern (641) gebaut bzw. erweitert worden und gehörte zu den am reichsten geschmückten Kirchen jener Zeit. An ihrem Grundriss ist eine der architektonischen Neuerungen abzulesen: die Abtrennung eines Querraumes (Hurus) zwischen Naos (Hauptraum) und Altar-/Heiligtumsbereich, die offenkundig nachträglich eingebaut worden ist. Im Bereich der Seitenschiffe war die Chorschranke massiv, im Mittelteil ruhte sie auf Säulen. Diese Abtrennung gehörte dann später zum Normalprogramm koptischer Klosterkirchen; sie ist z. B. bei den Kirchen im Wadi Natrun gut zu beobachten. Hintergrund ist wohl ein Konzept abgestufter Heiligkeit zwischen Priestern, Presbytern und Gemeinde. In einer weiteren Kirche im Süden der Klosteranlage wurde im Heiligtum des ebenfalls dreischiffigen Baus das Grab des Jeremia verehrt. Das Kloster ist auf besondere Weise Teil der wechselvollen Religionsgeschichte Ägyptens, denn für seinen Bau wurden Steine der umliegenden Gräber der Pharaonenzeit verwendet. Seine Zerstörung geschah im Jahr 960 durch muslimische Araber.

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Dahschur

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3. Bauphase

Die weitere Entwicklung des Pyramidenbaus lässt sich gut im Süden von Saqqara erkennen. Sie verbindet sich vor allem mit dem Namen des Snofru, dem ersten Pharao der 4. Dyn. (ca. 2600 v. Chr.). Er hatte zunächst in der 1. Bauphase (Stufenpyramide) Nekropole von Meidum (weiter südlich, nahe 2. Bauphase (Stufenpyramide) des Fajjum) eine Stufenpyramide begonnen, Süd Nord | |100 m die erst mit sieben, dann mit acht Stufen geplant war (gelegentlich wird diese auch seinem Querschnitt: Pyramide des Snofru aus Meidum Vater Huni zugeschrieben). Später aber ließ er den Bau durch Auffüllung der Stufen in eine »echte« Pyramide mit glatter Außenwand umbauen, die bereits eine Höhe von ca. 90 m aufwies. (Die Wand ist später wieder abgerutscht, so dass der Bau heute eher wie ein großer Turm wirkt, vgl. das Bild S. 100.) Zur Herkunft des Wortes »Pyramide«: Der moderne Name geht auf das griechische Wort pyramis »Kuchen aus Weizen« zurück, das die Griechen wohl wegen der Formgleichheit wählten. Die altägyptische Bezeichnung ist mer 󴅲; jede Pyramide wurde aber als lebendes Wesen mit einem eigenen Namen verstanden, etwa »Horizont des Cheops«.

Die Knickpyramide Dieser Umbau geschah allerdings erst, nachdem Snofru seine Residenz in den Norden nach Memphis verlegt und ganz im Süden des Gräberfeldes von Dahschur eine neue Pyramide begonnen hatte. Diese ist als Erste so geplant worden, dass von vornherein keine Stufenpyramide entstehen sollte. Offensichtlich musste man sich hier erst an die Idealform herantasten. Im Kern des Baus gibt es eine kleine, quadratische Pyramide mit einem Außenwinkel von ca. 60 °, der zu steil gewählt war. Daher wurde der Kern mit einer Schale umgeben, die nun einen Außenwinkel von ca. 54° aufwies. Doch war auch dies offenbar nicht zu beherrschen, zumal sich der Boden unter dem Gewicht des Baukörpers setzte. So musste der Winkel ein weiteres Mal reduziert werden; Knickpyramide mit Nebenpyramide das Ergebnis ist die berühmte Knickpyramide.

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden

Neigungswinkel außen 54 1/2° 3. Bauphase

Nord

West

1. Bauphase Neigungswinkel 60° 2. Bauphase

Querschnitte: Knickpyramide des Snofru

Außenverkleidung der Knickpyramide

Eine weitere Besonderheit dieser Pyramide ist die Tatsache, dass sie zwei getrennte Systeme von Grabkammern aufwies, die vom Norden und Westen her in den Bau hineinführten. Der Sinn dessen ist nicht geklärt, vielleicht sollte die zweite Kammer den Ka enthalten, was nach der Absenkung nicht mehr möglich war. Die Kammern der Knickpyramide sollen künftig zur Besichtigung geöffnet werden. Aufgrund der Verzahnung der Außensteine konnten große Teile der Verkleidung nicht entfernt werden, so dass man einen guten Eindruck davon erhält, wie die Pyramiden im Altertum ausgesehen haben. An der östlichen Seite, also zum bewohnten Gebiet hin, findet sich nun ein Opferplatz; die Nord-Süd-Orientierung ist aufgegeben. Im Süden steht die kleine Nebenpyramide, die wohl wie in Djosers Südgrab die Ka-Statue beherbergte. Im Osten liegt in ca. 700 m Entfernung der Taltempel dieser Pyramide, dessen Schmuck allerdings nach Kairo gebracht worden ist.

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Die Rote Pyramide Pharao Snofru war offenbar nicht zufrieden, er ließ in 2 km Entfernung eine weitere Pyramide bauen. Auf diese Weise ist er derjenige Pharao, der die größte Menge an Baumaterial hat bewegen lassen, mehr noch als Cheops für seine Weltwunderpyramide. Der neue Bauplatz hatte einen festen Baugrund, zudem ließ sich ganz in der Nähe rötlicher Kalksandstein abbauen, der dem Bau seinen Namen »Rote Pyramide« (altägyptisch jedoch: »Erscheinung des Snofru«) gegeben hat. Wie die Knickpyramide ist sie ca. 100 m hoch, allerdings hat man nach den bisherigen Erfahrungen einen Winkel von nur 45° gewählt, so dass die Grundfäche deutlich größer werden musste. Die monolithische Spitze, das Pyramidion, ist in Teilen erhalten geblieben; die Rekonstruktion wird neben der Pyramide gezeigt. Die Pyramide kann auch innen besichtigt werden; trotz schlechter Luft und enger Gänge sollte man sich dieses Erlebnis nicht entgehen lassen, zumal in Dahschur wesentlich weniger Touristen als in Gizeh um den Besuch konkurrieren. Man erreicht die eigentliche Grabkammer durch zwei Vorkammern, allerdings liegt der Eingang 8 m über dem Niveau der Vorkammer. Sehenswert ist die Deckenkonstruktion der Räume; ein aus riesigen Steinen fast fugenlos gearbeitetes Kraggewölbe. Ob Snofru hier seine letzte Ruhe gefunden hat, ist nicht sicher. In der Nähe der beiden Pyramiden sieht man noch die Reste weiterer Grabmäler, als »Schwarze« (Norden und Süden) und »Weiße« (Mitte) Pyramiden bekannt, die jedoch aus der 12. Dyn. stammen.

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Rote Pyramide

Süd

|

|100 m

Querschnitt: Rote Pyramide des Snofru

Kraggewölbe der Roten Pyramide

Nord

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Gizeh Das Weltwunder der Pyramiden gesehen zu haben, gehört zum Pflichtprogramm eines Ägyptenbesuchs, und dauere er auch nur wenige Stunden als Tagesausflug von einem Kreuzfahrtschiff aus. Entsprechend hoch ist die Touristendichte im Gebiet der klassischen drei Pyramiden in Gizeh. Hier haben die

Pyramide des Mykerinos

Pyramide des Chephren

Königinnenpyramiden

Nebenpyramide

Pyramide des Cheops

Magazine (?)

Grab des Hemiun

W-Friedhof

Felsengräber Totentempel des Mykerinos Totentempel des Chephren Bootsgruben Felsengräber Mastaba-Gräber

Grab der Königin Chentkaus Königinnenpyramiden Taltempel des Mykerinos Bootsgrube Grab der Königin Hetepheres I.

Mastaba-Gräber Grab der Königin Chamerernebti II. (Gemahlin des Chephren)

O-Friedhof

Taltempel des Chephren

Felsengräber Großer Sphinx Sphinx-Tempel

NR-Tempel des Horemachet

|

Lage der Pyramiden in Gizeh

heutiges Dorf Nazlet el-Simman

|500 m

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Bemüh­ungen um das jenseitige Leben des Königs einen einsamen Höhepunkt erreicht. Zur Faszination dieser Bauten gehört auch, dass bis heute nicht alle Details der Bautechnik und der religiösen Symbolik klar sind. Immerhin lässt sich in Gizeh sehr deutlich ablesen, dass die Pyramiden in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet sind. Ihr Eingang ist im Norden lokalisiert; im Osten, also zum bewohnten Land hin, ist ein Verehrungstempel unmittelbar an die Pyramide angeschlossen. Dort wurde die Scheintür platziert, vor der die Opfer zur Versorgung des Pharao dargebracht wurden. In weiteren Räumen wird der Verstorbene verehrt, und seine Taten werden gewürdigt. Dieser Verehrungstempel ist über einen Aufweg mit einem Taltempel verbunden, der auf der Grenze zum bewohnten Kulturland liegt. Heute noch zu besichtigen ist der Taltempel des Chephren, neben dem der Sphinx liegt. Um die Pyramide herum konnten hohe Beamte ihre Gräber bauen lassen, die Königinnen erhielten eigene, kleinere Pyramiden. Es ist bereits angedeutet worden, dass die Funktion der Pyramiden nicht bis ins Letzte geklärt ist. Eindeutig und speziell in Gizeh erkennbar ist aber, dass sie das sichtbare Zeichen für die Ruhestätte und zugleich bleibende Herrschaft des Königs sein sollten. Möglicherweise symbolisieren sie zudem den Urhügel (Benben-Stein); vgl. S. 72 zu den Obelisken. Auch die Idee einer Treppe oder Rampe für den Aufstieg des Verstorbenen an den Nachthimmel ist plausibel. In das Reich der frommen Phantasie gehört die spätere Überlegung, die Pyramiden seien die Kornspeicher, die Joseph während der sieben fetten Jahre gebaut habe. Gen  41, 49: »So schüttete Josef das Getreide auf, über die Maßen viel wie Sand am Meer, so dass er aufhörte zu zählen; denn man konnte es nicht zählen.«

Die Pyramiden von Gizeh

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Das Gebiet der Nekropole von Gizeh ist bis heute nicht vollständig erforscht. Eindeutig ist, dass hier seit der 1. Dyn. (ca. 3000 v. Chr.) bis in die persische Zeit Begräbnisse stattgefunden haben, später wuchs auch ein arabischer Friedhof hinzu. Während der Blütezeit des Neuen Reiches wurden Tempel erbaut, noch in der 26. Dyn. renovierte man die Pyramide des Mykerinos.

Eingang zur Cheops-Pyramide

Entlastungskammern

Luftschächte

Königsgrab

große Galerie

sog. Königinnenkammer Felsenkammer

Plan: Cheops-Pyramide

Gang sog. Grabräubergang

Cheops Pharao Cheops (ägypt. Chufu, abgekürzt für: »Chnum schützt mich«) war der Sohn des Pyramidenpioniers Snofru und zweiter König der 4. Dyn. (2589–2566 v.). Seine Pyramide ist die größte von allen (Höhe urspr. 146 m, heute 138 m; Seitenlänge urspr. 230 m, Neigung: 51,5 °); sie wurde aus über zwei Mio. Steinblöcken errichtet, die je für sich mehr als zwei Tonnen wiegen. Während die als Füller benutzten Kalksteinblöcke unmittelbar in der Nähe abgebaut wurden, ließ man den in den inneren Räumen verwendeten Granit bis aus Assuan heranschaffen. Der weiße Tura-Kalkstein zur Verkleidung, die bei dieser Pyramide fast vollständig verschwunden ist, stammt vom Mokkatam-Gebirge, in dessen Nähe heute die Kairener Zitadelle liegt. Auch bei diesem Bau scheint man noch experimentiert zu haben, denn es gibt insgesamt drei Grabkammern, deren unterste, in den Felsen gehauene, nicht fertiggestellt wurde. Ein Innenbesuch ist zwar oft wegen des Andrangs nicht möglich, doch allein wegen des Raumeindrucks der großen Galerie (47 m lang, 8,5 m hoch) unbedingt empfehlenswert. Die obere Grabkammer erreicht man durch einen sehr niedrigen Gang; sie hat eine Grundfläche von ca. 50 m2 bei einer Höhe von knapp 6 m. Die Wände bestehen aus Granit

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden ohne weiteren Schmuck; der Sarkophag befindet sich noch am Ort. Von beiden Grabkammern führen Schächte nach außen, die man früher als Luftschächte erklärte; sie sind aber genau nach Norden und Süden ausgerichtet und haben wohl eher eine religiöse (Aufstieg der Verklärungsseele) oder astronomische (Ausrichtung auf Orion?) Funktion. Die Erkundung der Pyramide dauert noch an; auf großes Medieninteresse stieß z. B. die Erforschung der Gänge mittels eines kleinen Roboters, die aber die Rätsel eher noch vermehrt hat. Zur Pyramide gehörten mehrere riesige, durch tonnenschwere Blöcke hermetisch abgeschlossene Gruben, die für Schiffe vorgesehen waren. Eines von ihnen (ein weiteres lagert noch in der Erde) wurde ausgegraben: Als ein über 1000-teiliger Bausatz wurde dem König eine 43 m lange Barke für die Reise im Jenseits mitgegeben. Die einzelnen Planken wurden mit Stricken quasi vernäht, wobei durch das Aufquellen von Holz und Tauwerk im Wasser die Dichtigkeit erreicht wurde. Es ist strittig, ob der König auf dieser Barke zur Anlegestelle am Taltempel gebracht worden ist oder ob sie ausschließlich als Beigabe gedacht war. Das Schiff ist nach seinem Fund im Jahr 1954 aufgebaut worden und wird in einem eigenen Museum ausgestellt, dessen Besuch unbedingt lohnenswert ist. Chephren Der Sohn des Cheops, Pharao Chephren (4. Dyn., 2558 –2532 v. Chr.), war uns bereits beim Gang durch das Museum in Kairo begegnet (S. 75). Sein ägypt. Name Chaefra lässt

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Barke des Cheops

Verkleidete Spitze der Chephren-Pyramide

Plan: Chephren-Pyramide

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden

Sargkammer der Chephren-Pyramide

Pfeilerhalle des Taltempels; gut zu erkennen ist die Granitverkleidung vor der Kalksteinwand

erkennen, dass er als einer der ersten Pharaonen den Aspekt des Sonnengottes Re im Namen trug und außerdem einen eigenen »Sohn des Re«-Namen in der Titulatur des Königs führte (der Erste war sein Halbbruder Djedef­ ra, der kurzzeitig vor ihm regierte und seine Pyramide in Abu Roasch gebaut hatte). Die Pyramide Chephrens ist etwas kleiner als die des Cheops (Höhe urspr. 143 m; jetzt 136 m; Seitenlänge 210  m; Neigungswinkel 53 °), da sie aber auf etwas erhöhtem Baugrund steht und an der Spitze etwas von der Verkleidung erhalten ist, wirkt sie größer. Die 5  ×14  m große Grabkammer ist unter­ irdisch gelegen, was typischer für das Alte Reich ist. Offenbar gab es auch hier eine Bauplanänderung; man vermutet, dass ursprünglich ein kleinerer Bau geplant war. Erkennbar ist der Wechsel an zwei Eingangswegen. Die in den Felsen gehauene Kammer wurde mit einem Giebeldach aus riesigen Steinblöcken abgeschlossen und dann mit der Pyramide überbaut. Verschiedene Details – z. B. die nicht ausgeführten Luftschächte – lassen erkennen, dass die Kammer nicht vollendet wurde. Der Taltempel dieser Pyramide lohnt die Besichtigung; aus dem Alten Reich gibt es keine besser erhaltene Anlage. Seine Wände sind mit rötlichem Rosengranit verkleidet, das Dach der Pfeilerhalle wird von Granitsäulen getragen; der Boden besteht aus Alabaster. In der zentralen Halle standen Statuen des Königs, die seine Würde und Macht symbolisierten. An der rechten Seite führt ein Gang zum Aufweg zum Totentempel und zur Pyramide. Von hier hat man einen wunderbaren Blick auf den Sphinx.

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Exkurs: Tod und Jenseits im Alten Testament Zu den erstaunlichen Tatsachen gehört, dass das Alte Testament zwar den Turm zu Babel erwähnt und als gegen Gottes Willen geißelt (Gen  11, 1– 9). Doch die viel größeren Pyramiden, die manchen Autoren bekannt gewesen sein müssten, werden mit keinem Wort bedacht. Auch der Totenkult, der eine so große Bedeutung im Leben der Ägypter hatte, bleibt unkommentiert. Immerhin wird bei Jakob und Joseph, die ja in Ägypten sterben, ausdrücklich erwähnt, dass sie gesalbt, also mumifiziert werden (Gen 50). Auch im alten Israel hat man natürlich über den Tod nachgedacht und wohl auch darüber, was danach kommt. In den Texten des Alten Testaments wird für zwei Personen ausgesagt, dass sie nicht sterben, sondern direkt zu Gott genommen werden: Henoch und Elija. Bei den Erzvätern findet sich die Vorstellung, dass sie alt und lebenssatt sterben und dann »zu den Vätern versammelt« werden. Vielleicht verweist das auf die Erwartung einer jenseitigen Sphäre, in der man in irgendeiner Weise mit Gott verbunden bleibt. Die Mehrzahl der Texte zeigt jedoch ein anderes Bild: Nach dem Tod kommen die Verstorbenen in das gottferne Totenreich, die Scheol. »Denn im Tode gedenkt man deiner nicht; wer wird dir in der Scheol danken?« So heißt es z. B. in Ps  6. Das Totenreich ist Gott unzugänglich, wer dorthin kommt, hat keine Verbindung mehr zu ihm und keinerlei positive Perspektive. Erst in sehr später Zeit werden Aussagen formuliert, die die Entstehung einer Auferstehungshoffnung belegen, so etwa Dan 12, wo von der doppelten Auferstehung »zum ewigen Leben und zu ewiger Abscheu« die Rede ist. Dies ist dann die Grundlage der neutestamentlichen und rabbinisch-jüdischen Endzeiterwartung geworden. Ein wieder anderes Bild zeigen archäologische Funde aus Israel. In manchen Gräbern hat man Grabbeigaben oder Inschriften gefunden, die durchaus mit Gottes Segensmacht auch im Tod rechnen. Diese Vorstellung ist nicht mit dem umfangreichen Totenkult der Ägypter zu vergleichen, doch es muss auch im frühen Israel die Vorstellung von einer Existenz nach dem Tode gegeben haben, die nicht nur von Hoffnungslosigkeit geprägt ist.

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II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden

Sphinx In der Forschung ist nicht ganz klar, ob Chephren auch als Initiator des Sphinx anzusehen ist oder ob die monumentale Figur auf seinen Vorgänger Djedefra zurückgeht; dafür spräche die schräge Anordnung des Aufweges zur Pyramide. In einem Steinbruch für Baumaterial Sphinx vor der Cheops-Pyramide wurde unter Ausnutzung einer Felsformation diese Kombination aus Königskopf (mit Nemes-Tuch) und Löwenkörper geschaffen, immerhin 20 m hoch und 73 m lang. An den Seiten sind z. B. am Kopftuch noch Farbreste erhalten, offenbar gab es auch Schmuck aus Metall, dessen Aufnahmelöcher noch zu sichten sind. Verschiedene Teile des Sphinx, die im Lauf der Zeit abgebrochen sind, werden heute in Museen in London und Kairo gezeigt. Der gräzisierte Name »Sphinx« (übersetzt: Erwürgender) ist wohl vom ägyptischen schesep anch »lebendiges Abbild« abzuleiten.

Vor der eigentlichen Figur wurde ein eigener Tempel gebaut. Dessen Achse fluchtet aber nicht genau mit der des Sphinx, so dass die Bezüge untereinander strittig sind. Der Sphinx hat schon im Altertum die Menschen beeindruckt; belegt ist beispielsweise, dass man in seinem Schatten schlief. So träumten Amenophis II. und Thutmosis IV., dass sie Könige werden würden, falls sie den Sphinx vom Sand befreien. Die sogenannte »Traumstele« des Thutmosis steht zwischen den Vorderbeinen des Sphinx. »Siehe, mein Zustand ist wie der dessen, der in Not ist … der Sand der Wüste, auf dem ich mich befinde, nähert sich mir.« (Klage des Sphinx auf der Traumstele)

Mykerinos Die kleinste der drei klassischen Pyramiden wurde von Chephrens Sohn Menkaura (so der altägyptische Name) gebaut. Sie hat eine (heutige) Höhe von 62 m bei einer Seitenlänge von 102 × 104 m; der Neigungswinkel beträgt 51 °. Im unteren Bereich ist sie mit Granit verkleidet, der nur zum Teil poliert wurde; wahrscheinlich starb der König vorfristig. Bei dieser Pyramide ist die Grabkammer 15 m unter der Erde ausgehauen worden, wobei es auch hier offenbar mehrere Änderungen in der Bauphase gab. Die Granitdecke ist so

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden

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bearbeitet, dass der Eindruck eines Tonnengewölbes entsteht. Der schön geschmückte Sarkophag ging 1838 auf dem Weg nach England mit einem Schiff unter. Ein weiterer, hölzerner Sarg stammt aus saitischer Zeit (26. Dyn.) und enthielt noch jüngere menschliche Überreste. Im Süden der Pyramide sind noch drei Nebenpyramiden zu sehen, die nicht fertiggestellt wurden. Weshalb diese Pyramide (und alle folgenden) so deutlich kleiner als ihre Vorgänger ausfiel, ist nicht klar. Möglicherweise waren es einfach wirtschaftliche Gründe, die diese immensen Kosten einfach nicht mehr erlaubten. Vielleicht ist aber auch die zunehmende Verehrung des Sonnengottes Re ein Motiv, denn in Verkleidung der Mykerinos-Pyramide der 5. Dyn. nahm die Bautätigkeit an Sonnenheiligtümern deutlich zu. Die Hochzeit des Pyramidenbaus war am Ausgang des Alten Reiches beendet. Im Mittleren Reich wurden nach der erneuten Reichseinigung zwar wieder Pyramiden gebaut, doch waren diese meist nur aus Lehmziegeln konstruiert. Sobald die äußere Kalksteinschale zerstört oder entwendet worden war, blieb der Kern schutzlos der Natur ausgesetzt. Mit der obere Vorkammer Sargkammer Kammer mit Scheintüren 17. Dyn. endet der Pyramidenbau in Ägypten, Querschnitt: Mykerinos-Pyramide doch interessanterweise haben sich die Arbeiter der Königsgräber in Theben-West für ihren eigenen Friedhof noch in der 18. Dyn. eine Pyramide gebaut. Später gibt es noch Nachklänge bei den nubischen Pharaonen, allerdings mit deutlich veränderten Abmessungen.

Pyramidenwissen und Pyramidomanie »Soldaten, seid euch bewusst, dass von diesen Pyramiden vierzig Jahrhunderte auf euch herabblicken.« So soll Napoleon seine Soldaten im Juli 1798 zur Schlacht motiviert haben; nach einem ägyptischen Sprichwort, das in meh-

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reren Varianten überliefert wird, »fürchtet sich alles vor der Zeit, doch die Zeit selbst fürchtet nur die Pyramiden«. Nur wenige Bauwerke haben Phantasie und Forscherehrgeiz der Menschen so angeregt – von den frühen Suchen nach Eingängen in die Pyramiden bis zu heutigen Diskussionen um Geheimkammern und verborgene Botschaften. Schon der arabische Cheops-Pyramide während der abendHistoriker Muhammad Al Makrizi (1364–1442) lichen Lasershow hat ein ganzes Kapitel mit Vermutungen über die Pyramiden zusammengestellt. 1864 haben seine Vermessungen den schottischen Astronomen C. P. Smyth dazu geführt, aus der bewundernswerten Genauigkeit und Koordination (die drei Pyramiden sind exakt nach Norden ausgerichtet, und ihre Südostecken liegen auf einer Linie) zu schließen, dass nur die Israeliten während ihrer Gefangenschaft diese Bauwerke mit der Unterstützung ihres Gottes (und damit auch des Gottes des Astronomen) geschaffen haben konnten. Wer sich im Internet auf die Suche nach den Geheimnissen der Pyramiden begibt, wird eine übergroße Fülle von Theorien finden, die häufig mit esoterischer Religiosität verbunden sind. Grundlegend ist z. B. die These, dass es in einer geheimen Halle bei der Cheops-Pyramide Dokumente gebe, die aus Atlantis stammen und vor über 12.000 Jahren deponiert wurden, weil man den Untergang von Atlantis vorhersah. (Das würde bedeuten, dass die Pyramiden fast 8.000 Jahre älter sein müssten, als die Ägyptologie annimmt.) Andere Theorien sehen in der Anordnung der drei Pyramiden den Gürtel des Sternbildes Orion nachgebildet (in der Konstellation, die vor 12.000 Jahren gegeben war!). Auch auf das Vorkommen der Zahl Pi in bestimmten Winkeln wird immer wieder als Beleg für geheimes Wissen hingewiesen, das die Pyramidenbauer auf übernatürliche Weise empfangen und im Bau verschlüsselt hätten. So könne man die Pyramiden als »Stargate« sehen, als Kontaktort mit außerirdischen Wesen. Verbunden werden solche Thesen in aller Regel damit, dass man ja bis heute nicht wisse, wie genau die Ägypter seinerzeit diese gigantischen Bauten ausführen konnten; dieses Grundproblem liefert den Beleg, dass übernatürlicher Einfluss im Spiel sein müsse. Tatsächlich halten sich die Geheimnisse um den Bau der Pyramiden in Grenzen, denn Archäologie und Ägyptologie konnten eine ganze Reihe der technischen Probleme lösen. Zum einen ist wichtig, dass keine Pyramide genau der

II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden anderen gleicht und keine Pyramidenkonstellation die gleichen Merkmale wie die in benachbarten Nekropolen aufweist. Das ist etwa für die These von Bedeutung, die Pyramiden von Gizeh würden das Sternbild Orion abbilden. Die auffällige Anordnung der drei großen Pyramiden (die kleinen und die zugehörigen Tempelanlagen werden in den Theorien meist ignoriert) folgt offensichtlich eher einer geologischen Struktur, als dass sie ein Sternbild nachahmt, das weder im Plan späterer noch früherer Anlagen eine Rolle spielt. Die strikte Ausrichtung der Pyramiden nach Norden lässt sich aufgrund der religiösen Überlieferungen aus den Pyramidentexten gut begründen: Wichtig ist zum einen die Ost-West-Linie für das Ineinander von bewohntem Land im Osten und Lichtland im Westen; die Nordung ist wegen der Erwartung bedeutsam, dass der Pharao zu einem der immer sichtbaren Zirkumpolarsterne verklärt wird. Technisch ist die Nordausrichtung der Bauten zur damaligen Zeit kein so großes Problem gewesen, da man schon früh durch Aufzeichnung der Kreisbahnen von Sternen den Nordpol erkennen konnte. Die Nivellierung so großer Flächen war mittels Flutung durch Wasser erreichbar; mit Loten konnten Senkrechte und Winkel bestimmt werden. Auch der massenhafte Einsatz von Sklaven zum Bau der Pyramiden muss in das Reich der Legende verwiesen werden – wahrscheinlich beruht diese These sogar auf dem biblischen Bericht von der Arbeit der Israeliten unter Ramses. Archäologisch konnte im Gebiet um die Pyramiden eine eigene Stadt nachgewiesen werden, in der die zur Steinbearbeitung nötigen Fachkräfte (offenbar gut!) lebten; Bauern konnten in saisonal arbeitsfreien Zeiten Hilfsdienste leisten. Zur Errichtung der Bauwerke wurde wohl ein Rampensystem verwendet, bei dem – so neueste Forschungen – Außenrampen an der Basis mit Innenrampen im oberen Bereich kombiniert wurden; so wurden der Materialbedarf und der Steigungswinkel minimiert. Dass die Fähigkeiten der Ägypter zur Bearbeitung von härtesten Steinen wie Granit seinerzeit sehr ausgeprägt waren, ist auch an anderen Bauwerken ablesbar. Die Zahl Pi schließlich ergibt sich mit mathematischer Notwendigkeit aus bestimmten Winkeln; grundlegend für die Abmessungen war daher eher das Einhalten einer bestimmten Symmetrie der ägyptischen Ellenmaße. Es bleibt also wenig von den Mysterien, die mit den Pyramiden in Verbindung gebracht werden. Was aber überdauert, ist die hohe Anerkennung für die religiöse Bereitschaft, das Andenken und Weiterleben des vergöttlichten Königs in dieser Weise zu unterstützen – auch wenn unsere heutigen Vorstellungen von Religion und Wert einzelner Menschen deutlich andere sind.

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III. Memphis

Alabastersphinx in Memphis

III. Memphis Ein Besuch in der alten Hauptstadt Ägyptens ist meist kurz, denn nur wenig Sehenswertes ist hier erhalten. Ca. 25  km südlich von Kairo bei dem heutigen Städtchen Mit-Rahina gelegen, lässt die Stätte nicht mehr viel von ihrer eins­tigen Größe ahnen. Verantwortlich für den Niedergang ist wohl eine ganze Reihe von Gründen: zum einen eine Veränderung des Flusslaufes des Nils, die Verlegung des Regierungs- und Verwaltungssitzes an andere Orte (bei gleichzeitiger Umsetzung von Monumenten) und in späterer Zeit vor allem der Aufstieg Kairos. Geschichte Die Geschichte des Ortes reicht bis in die mythische Zeit der Reichseinigung zurück; er erhält den Beinamen »Wiege der beiden Länder«. Der gräzisierte Name »Memphis« nimmt das ägyptische men-nefer-pepi auf, übersetzt: »es bleibt die Schönheit des Pepi bestehen« (ein Pharao der 6. Dyn.). In Memphis herrschten die Pharaonen des Alten und Mittleren Reiches; die zugehörige Nekropole Saqqara lag im Westen der Stadt. Im Neuen Reich wurde zwar der Regierungssitz nach Theben verlegt, später auch nach Amarna und ins Nildelta, dennoch behielt Memphis aufgrund der geographisch und strategisch wichtigen Lage an der südlichen Deltaspitze immer seine sehr hohe Bedeutung. Der Hafen war Garant für weltweiten Austausch, und so wundert nicht, dass der Prophet Jeremia Judäer an diesem Ort anspricht (Jer 44, 1).

Das Gebiet des früheren Memphis

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III. Memphis Das Wandern des Nils schadete zwar der Bedeutung des Hafens, erschloss aber neue Bauflächen, auf denen z. B. der große Tempel des Ptah gebaut wurde. (Allerdings führte der hohe Grundwasserspiegel dieses Gebiets dazu, dass heute vieles zerstört ist.) Für eine Fülle der heute zu besichtigenden Monumente ist das Bauprogramm Ramses II. verantwortlich, unter dessen Herrschaft Memphis blühte. Die anhaltende Bedeutung von Memphis lässt sich u. a. auch daran erkennen, dass der Leichnam Alexanders des Großen zunächst hierhergebracht wurde, bis er in sein endgültiges (heute unbekanntes) Grab in Alexandria kam. Religion Zentraler Kult des Ortes war die Verehrung des Gottes Ptah in der Trias mit Sachmet und Nefertem. Ptah galt seit dem AR zunächst als Handwerker, dann umfassend als Schöpfergott; auf Abbildungen ist er leicht daran zu erkennen, dass er einen rasierten Kopf mit enganliegender Kappe hat, in Mumienbinden eingewickelt ist und ein besonderes Zepter trägt, das die Hieroglyphen für Leben, Ewigkeit und Macht vereint. Seine Partnerin ist die angriffslustige, löwenköpfige Sachmet, die als Tochter des Sonnengottes Re galt. Ihr Sohn war – zumindest in Memphis – Nefertem, der Gott der Lotusblüte, die er auch als Krone trägt. Da die Sonne der Überlieferung nach aus der Lotusblüte herauskam, gilt er oft als »Lotus an der Nase des Re«. Der Kult des Ptah wurde in ganz Ägypten gepflegt, daher genoss auch sein Haupttempel hohes Ansehen. Bis in die späte hellenistische Zeit hinein war Memphis deshalb eines der religiösen Zentren des Landes, wohl auch, weil man nun Ptah mit dem griechischen Handwerkergott Hephaistos identifizieren konnte. Wahrscheinlich ist selbst der Name »Ägypten« auf den Tempel des Ptah in Memphis zurückzuführen, da der Name dieses Heiligtums hwt-ka-ptah »Heiligtum des Ka des Ptah« über die keilschriftliche Wiedergabe hiquptah zu aigyptos werden konnte. Zum Kult dieses Schöpfergottes gehört auch die Verehrung des ApisStieres; sein Heiligtum war auf dem Gebiet des Ptah-Tempels. Dort wurde das Tier nach seinem Tod einbalsamiert und auf einer Prozessionsstraße ins Serapeum nach Saqqara überführt (S. 113). Memphis und die Bibel Im Alten Testament wird die Stadt mehrfach erwähnt, meist mit dem hebräischen Namen nof, der wohl das nefer des Namens (s. o.) aufnimmt. In

III. Memphis Jes 19, 13 werden die Obersten von Memphis und Tanis als Toren gescholten; in Hos 9, 6 werden Memphis und Ägypten parallelisiert; wenn man schon keine Details kannte, so wusste man doch, dass Memphis so wichtig ist, dass es das ganze Land repräsentieren kann. In Jer 2, 16 werden Memphis und Tachpanhes (im Nildelta) als so stark angesehen, dass sie Israel strafen können; das spielt vielleicht auf die Zeit unter Psammetich im 7. Jh. an. Aber auch die Bedrohung durch den Neubabylonier Nebukadnezzar im Jahr 601 wird im gleichen Buch reflektiert (Jer 46, 14. 19). Die Götzen der Stadt wer­den in Ez 30, 13 angegriffen: »So spricht mein Herr JHWH: Ja, ich werde die Götzen zugrunderichten und die Götzen aus Nof wegschaffen.« Wichtiger als diese knappen Erwähnungen ist aber ein anderes Faktum: Einer der wichtigsten Texte des Alten Testamentes, der Schöpfungsbericht in Gen 1, weist eine inhaltliche Parallele zur Theologie um Ptah, den »Götzen von Memphis« auf: Im Britischen Museum in London wird ein – leider arg zerstörter – Stein gezeigt, den man in der Fachwelt »Denkmal memphitischer Theologie« nennt. Der Text datiert vom Ende des 8. Jh.s (unter Pharao Schabaka), ist aber wohl älter. Analog zum biblischen Schöpfungsbericht geht dieser Mythos davon aus, dass die Schöpfung durch das göttliche Wort geschieht. »Durch es (das Herz) ist Horus, und durch sie (die Zunge) ist Thot aus Ptah hervorgegangen. So entstand die Vorherrschaft von Herz und Zunge über [alle anderen] Glieder, und sie zeigt, dass er (Ptah) an der Spitze jedes Leibes und jedes Mundes aller Götter … steht.« Aus dem »Denkmal memphitischer Theologie«

Auch wenn die Schöpfungstheologie noch ganz im Rahmen eines polytheistischen Systems formuliert wird, muss man doch den Priestern des Ptah von Memphis dafür Tribut zollen, dass sie zum ersten Mal eine so reflektierte Theologie formulierten. Der biblische Text ist ca. 150 Jahre später geschrieben worden; ob seinen Autoren der ägyptische Vorläufer bekannt war, ist unklar. Besichtigung Der Besuch des Ausgrabungsgeländes konzentriert sich auf einen verschwindend geringen Teil des eigentlichen Gebietes. Direkt hinter dem Eingang liegt das moderne Schutzhaus, das über den Koloss Ramses II. gebaut wurde. Die aus Kalkstein gehauene Monumentalstatue stand früher vor dem Tempel des Ptah, im Paar mit einem ähnlichen Koloss, der lange Jahre vor dem Kairener Bahnhof aufgestellt war und 2006 nach Gizeh umgesetzt wurde. Von einer Galerie aus lässt sich die Figur sehr gut studieren: Da Teile der Krone und der

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III. Memphis Osttor

Ptah-Tempel

Sphinx Koloss

Nordtor Südtor Apis-Tempel Apis-Balsamierungshaus

West-Halle

Westtor

|

|300 m

Tempelareal von Memphis

Beine weggebrochen sind, ist sie heute noch ca. 10 m lang. Der Pharao wird mit einem Schurz bekleidet dargestellt, in dem ein Dolch steckt. Er trägt einen Zeremonialbart, außerdem Nemes-Tuch und Krone mit Uräusschlange. Auf dem stehengebliebenen Stein zwischen seinen Beinen ist klein seine Tochter und spätere königliche Gemahlin Bint-Anat dargestellt; der Name ist interessant, weil er auf die im syrischen Raum verehrte Göttin Anat verweist. Mehrfach ist der Name des Pharao eingemeißelt, an den Kartuschen leicht zu erkennen. Dass solche Monumentalstatuen nicht außergewöhnlich gewesen sind, lässt sich beim anschließenden Rundgang über das Gelände an den Bruchstücken weiterer Kolosse sehen; vgl. die Memnonskolosse in ThebenWest, S. 233. Ein besonders schönes Stück ist auch der aus einem Alabasterblock gefertigte Sphinx mit einer Länge von 8 m (wohl 18. Dyn.). Wie die in Karnak und Luxor erhaltenen Sphingen stand er ursprünglich wahrscheinlich am Eingang des Ptah-Tempels. Das eigentliche Tempelareal hat etwas weiter im Norden gelegen; es wird in der Regel wegen des schlechten Erhaltungszustandes nicht besucht. An den Wegen des Ausstellungsgeländes sind einige Stelen und Architekturelemente ausgestellt. Interessant ist das steinerne Dekret des

III. Memphis Königs Apries (589–570 v. Chr.), der in der Zeit der neubabylonischen Expansion und den daraus resultierenden Wirren Feldzüge bis nach Phönizien und Syrien unternommen hat, dann aber gegen Nebukadnezzar unterlag. Auf der Stele übereignet er dem Ptah-Tempel Land und gewährt Abgabenfreiheit; im oberen Teil des Steines ist der Gott zusammen mit dem falkenköpfigen Sokar abgebildet, dem Gott der Nekropole von Memphis. Falls zugänglich, empfiehlt sich ein Gang über den Busparkplatz zum Gebiet des ApisTempels. Hier sind in situ noch zwei der riesigen Tische aus Alabaster zu sehen (26. Dyn.), auf denen die Apis-Stiere nach ihrem Tod für die Mumifizierung hergerichtet wurden; der besterhaltene hat eine Länge von 5,40 × 3 m; selbst das Gefäß zum Auffangen der Körperflüssigkeiten ist noch erhalten.

Balsamiertisch für den Apis-Stier

Ramses II.

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IV. Das Wadi Natrun

Zentralkirche des Bischoi-Klosters

IV. Das Wadi Natrun

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Die koptischen Klöster Ein besonderer Einblick in die koptische Kirche lässt sich bei einem Besuch eines der koptischen Klöster im Wadi Natrun (sketische Wüste, wohl von »Askese« abgeleitet) erlangen. Es liegt nordwestlich von Kairo und ist über die Schnellstraße nach Alexandria gut zu erreichen. Hier kann man zum einen etwas vom Geist und den Bedingungen des frühen klösterlichen Lebens spüren (zur Geschichte des Mönchtums S. 67). Doch es handelt sich nicht einfach um museale Einrichtungen weniger Einsiedler, denn der Klosterbetrieb ist bis heute lebendig. Auch für in den Städten lebende koptische Christen haben die Klöster eine wichtige Funktion, da hier christliche Feste ohne Beeinträchtigung von außen gefeiert werden können. Große Parkplätze und Gästehäuser zeugen davon, dass die Kirchen an Feiertagen gut besucht sind. Die Klöster sind auch bedeutende landwirtschaftliche Betriebe. Wie der arabische Name erkennen lässt, liegen die Klöster in einem Tal, das für die Gewinnung von Natron bekannt ist. Die über 60 km lange Senke ist ca. 20  m unter dem Meeresspiegel gelegen und trocknet in der Sommerhitze der libyschen Wüste aus. Dann lässt sich Natronsalz abbauen, das schon im Altertum z. B. für die Mumifizierung verwendet worden ist; Soda wurde überdies zur Glasherstellung gebraucht. Die Anfänge der christlichen Klos­ terbauten gehen in das 4. Jh. zurück. Sie markieren Orte, an denen Einsiedler gelebt haben. Nach deren Tod wurden die Gräber verehrt und so zur Keimzelle einer monastischen Gemeinschaft. Ca. 50  km nördlich des Wadi Natrun liegt zudem das Gebiet »Kellia« (Zellen), wo auf

Koptische Mönche

Moderne, feste Brücke zum Wehrturm; über dem Eingang ist noch die Rolle für die Zugbrücke erkennbar

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IV. Das Wadi Natrun einem Areal von ca. 40 km2 die Reste von über 1500 Eremitensiedlungen und Klöstern gefunden wurden, die nach einer Überlieferung in den »Sprüchen der Väter« in das frühe 4. Jh. zurückgehen. Im Wadi Natrun sollen um 550 ca. 3500 Mönche gelebt haben; man geht von über 50 einzelnen Siedlungen aus, von denen mehr als 20 lokalisierbar sind. Die Bauten der heute noch besiedelten vier Klöster reichen jedoch nur noch ins Mittelalter (ca. 9. Jh.) zurück. Die Anlagen sind zur Verteidigung gegen Beduinenangriffe von hohen Mauern umgeben, im Kloster steht ein massiver, nur über eine Zugbrücke im Obergeschoss erreichbarer Turm (arab. Qasr) als letzte Zuflucht. Mehrere Wellen solcher Angriffe sind seit dem 5. Jh. überliefert, die meist zu Zerstörungen führten. Die Türme beherbergen in der Regel ganz oben eine Michaelskapelle; nach Dan 12, 1 tritt Michael, der Engelsfürst, für sein Volk ein.

Das Bischoi-Kloster (Deir al-Amba Bischoj) Das Kloster liegt am weitesten im Osten und damit am nächsten an der Schnellstraße Kairo-Alexandria, daher wird es besonders oft von Reisegruppen besucht. Es geht zurück auf einen um 320 geborenen Bischoi, der zunächst als Eremit in dem Gebiet lebte und Haupteingang Gästehaus Gärten dann um 390 das Kloster gegründet haben Turm Krankenstation Märtyrerbrunnen soll. Mehrfach sind die Gebäude zerstört, wiederaufgebaut, renoviert und erweitert worden. Innerhalb der bis zu 10 m hohen Umfassungsmauer besichtigt man einen schönen Garten, eine alte Mühle und den »Märtyrerbrunnen«, in dem die Beduinen das Blut von 49 getöteten Mönchen von ihren Schwertern abgewaschen haben sollen. An der südlichen Umfassungsmauer sieht man noch die ursprüngliche Anlage der einzelnen Zellen, in denen die Mönche lebten. Der eigentliche Kirchenkomplex setzt sich Mühle Refektorium Mönchszellen aus mehreren einzelnen Kapellen bzw. HeiligNebeneingang Bibliothek Kirche St. Bischoi tümern zusammen, die zum Teil auf das 9. Jh. | |20 m zurückgehen können. Da das Gebäude in viele kleinere Räume mit Durchgängen aufgeteilt Grundriss: Bischoi-Kloster ist, entsteht kein besonderer Raumeindruck;

IV. Das Wadi Natrun der größte Raum ist der Chor vor den Kapellen. Diese zentrale Kirche ist dem Heiligen Bischoi geweiht, links neben seinem Heiligtum befindet sich die Kapelle der Maria, rechts die des Täufers. Am linken Ende des Chores, vor den mit einer Holzwand abgetrennten Heiligtümern, werden die Reliquien des Bischoi gezeigt. Der Turm (Qasr) des Klosters ist über eine Treppe am Torhaus und eine hölzerne Brücke zu erreichen. Im Inneren findet sich im 1. Stock eine kleine, der Jungfrau Maria geweihte Kirche. Auf dem Dach des Turmes liegt eine weitere Kirche, nach St. Michael benannt. Im Leben der koptischen Christen spielt das Kloster eine hervorragende Rolle, da Papst Schenute III. es als seinen Bischofssitz erwählt hat; von 1981– 85 war er hier außerdem arres­ tiert. Von der Turmterrasse hat man nicht nur einen schönen Blick auf das Wadi, sondern auch auf die benachbarte Bischofskirche.

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Blick auf die Kuppeln der drei Heiligtümer der Zentralkirche

Das Kloster der Syrer (Deir es-Surjan) Nur wenige hundert Meter vom Bischoi-Kloster entfernt liegt bereits das nächste Kloster. Hintergrund dieser engen Nachbarschaft war eine dogmatische Auseinandersetzung um die Frage, ob Jesus nur scheinbar einen menschlichen Leib angenommen habe (Doketismus) oder ob er tatsächlich wahrer Mensch geworden ist. Das Syrerkloster war ursprünglich von einer Gruppe von Mönchen des ansonsten doketisch glaubenden Bischoi-Klosters um eine Theotokos-Kirche herum gebaut worden. Dieser griechische Name bedeutet »Gottesgebärerin« und zeigt die Überzeugung der damaligen Abweichler an, dass Maria einen Gottmenschen geboren habe. Dadurch sei der Logos nicht nur scheinbar, sondern wirklich Mensch geworden. Nachdem die dogmatischen Streitigkeiten beigelegt worden waren (s. S. 65), wurde das aus dem 6. Jh. stammende Gelände im 8. Jh. von Kaufleuten aus Tikrit (heutiger Irak) für syrische Mönche gekauft; daher rührt der Name des Klosters. Seine besondere Bedeutung erhielt es im frühen 10.  Jh., als durch einen Oberen namens Mose von Nisibis eine Reihe kostbarer syrischer Hand-

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IV. Das Wadi Natrun

Johannes-Kirche

Zellen Garten Zellen

Marien-Kirche

Garten

ehem. Kirche

Zellen Kapelle der 49 Märtyrer Hof Mühle El-Adra-Kirche Zelle des Amba Bischoi

Eingang Zugbrücke Wehrturm

|

|10 m

Plan: Kloster der Syrer

Blick auf das Kloster vom Qasr des BischoiKlosters aus

schriften hierhergebracht werden konnte; das Kloster wurde zu einem kulturellen Zentrum. An der Wende zum 15. Jh. wurden seine Bewohner durch die Pest dezimiert und im 17. Jh. sind keine syrischen Mönche mehr belegt; das Kloster ist an die Kopten zurückgefallen. Seine Bücherschätze wurden seit dem 18. Jh. in Teilen in die Vatikanische Bibliothek nach Rom, in die British Library nach London und nach Kairo verbracht. Diese Bibliothek war zum Teil in dem großen Turm (Qasr) untergebracht, der bis heute das Kloster dominiert. Die Kirche der Heiligen Jungfrau (el-Adra) gehört ebenfalls zum ältesten Gebäudebestand des Klosters (10. Jh.). Zu ihren Kostbarkeiten gehören die Fresken mit biblischen Themen in den Kuppeln, die zum Teil syrisch, zum Teil griechisch und koptisch beschriftet sind. Erwähnenswert ist vor allem die Szene in der nördlichen Halbkuppel des Chors, die das Entschlafen der Maria (Dormitio) zeigt, dazu auch die Holz- und Elfenbein-Einlegearbeiten. Angebaut an die Kirche ist im Norden die Kapelle der 49 Märtyrer und im Westen die Zelle, in der Bischoi gelebt haben soll. An die nördliche Umfassungsmauer angelehnt ist die Marienkirche, die vielleicht ebenfalls auf das 9. /10. Jh. zurückgeht; sie ist im Stil von Klosterkirchen aus dem Tur Abdin gebaut, dem Siedlungsgebiet aramäischsyrischer Christen am Oberlauf des Tigris (heute Türkei).

IV. Das Wadi Natrun Kirche Johannes des Täufers

Das Baramus-Kloster (Deir Amba Baramus) Im Nordwesten der bisher vorgestellten Klöster gelegen, wird diese Anlage seltener besucht. Der Legende nach wird sie auf Söhne des römischen Kaisers Valentinian I., Maximus und Domitius, zurückgeführt, daher der koptische Name Pa-Rameos »das der Römer« (die Verbindung mit dem Hl. Borromäus ist falsch). Die beiden sollen den Eremiten Makarius in der sketischen Wüste aufgesucht und bei ihm gelebt haben. Nach ihrem Tod habe Makarius sie als Märtyrer bezeichnet und das erste Kloster des Gebiets an der Stelle gegründet, an der sie um 340 (?) gemeinsam gelebt haben. Wahrscheinlich liegt aber das ursprüngliche Baramus-Kloster in unmittelbarer Nähe, wie neuere Ausgrabungen gezeigt haben. Bei dem heutigen Komplex handelt es sich eher um ein Kloster, das mit einem äthiopischen Christen namens Mose der Schwarze in Verbindung gebracht wurde (Deir Amba Musa el-Aswad). Die mächtige Umfassungsmauer beschützt die wahrscheinlich älteste erhaltene Kirche des Wadis (6. /7. Jh.), die ebenfalls der Jungfrau Maria geweiht ist. Auffallend ist das Tonnengewölbedach der Basilika, an deren Chor wieder drei Kapellen angeschlossen sind. Im Inneren sind die Malereien mit biblisch-christologischen Themen aus dem 13. Jh. bemerkenswert, u. a. Abraham, der das Abendmahl mit einem Löffel gereicht bekommt.

Qasr/Turm

|

Kirche der Jungfrau Maria

|10 m

Grundriss: Baramus-Kloster

Die Hl. Drei Könige

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IV. Das Wadi Natrun Das Makarius-Kloster (Deir Abu Makar) Der Name dieser Anlage, das vom Bischoi-Kloster aus ca. 7 km im Südosten liegt, verdankt sich Makarius, der um 330 der erste Eremit im Wadi war. Um 360 soll er nach einer Offenbarung ein Kloster gegründet haben, bei dem sich schnell 4000 Gläubige versammelten. Nach seinem Tod im Jahr 390 wurde die Zelle, in der er begraben worden war, zum Mittelpunkt einer monastischen Gemeinschaftssiedlung. Das heutige Kloster geht auf Papst Schenute I. zurück, der es nach den Nomadenüberfällen (um 866) wieder aufbaute. Zu den ältesten Teilen gehört erneut der Turm (Qasr), der im 1. Stock eine Marienkirche (13. Jh.) beherbergt; im 2. Stock finden sich drei weiteren Kapellen. Die eigentliche, dem Makarius gewidmete Hauptkirche des Klosters stammt in der heutigen Form erst aus dem Jahr 1930, es sind aber ältere Teile erhalten. Das Kloster zeigt besonders wichtige Reliquien, so die Überreste von 16 koptischen Patriarchen, der 49 Märtyrer, die im Jahr 444 von den Beduinen getötet worden waren, und der »drei Makarii«, sterbliche Überreste des

Blick auf die Ikonostase des Bischoi-Klosters

IV. Das Wadi Natrun Stifters Makarius des Großen, von Makarius von Alexandria und von Makarius von Edfu. Das Kloster ist heute mit einer modernen Mauer umgeben und wirkt eher wie ein landwirtschaftlicher Großbetrieb. Es ist das wirtschaftliche Zentrum der koptischen Klöster im Wadi Natrun, an hohen Feiertagen aber auch der Ort gemeinsamer Feiern der Mönche.

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V. Die Oasen der westlichen Wüste

In der Weißen Wüste

V. Die Oasen der westlichen Wüste

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Nur selten gehören die westlichen Oasen zu den touristischen Zielen einer Ägyptenreise, was an den großen Entfernungen und der kaum ausgebauten Infrastruktur liegt. Doch die Fahrt in die libysche Wüste ist ein besonderes Erlebnis, und es gibt wichtige frühchristliche Zeugnisse zu sehen.

Siwa Ganz im Westen, unweit der Grenze zu Libyen, liegt die wohl bekannteste Oase. An diesem Ort gab es das berühmte Orakel des Ammon, dessen griechische Namensform Ammon hier meist verwendet wird. Auf der Suche nach den Schätzen des Tempels soll im Jahr 523 v. Chr. die Armee des Perserkönigs Kambyses II. mit 50.000 Mann in der Wüste umgekommen sein. Im Jahr 331 wird Alexander der Große hier zum Sohn des Ammon und damit zum Pharao Ägyptens erklärt. Die alte Idee der Gottessohnschaft des Königs wird also auf den Fremdherrscher übertragen; dies ist wohl eine der Wurzeln für die Herrschervergöttlichung der hellenistischen Zeit, die das Christentum scharf bekämpfte. Der Tempel des Orakels im heutigen Ort Aghur­mi ist in einem sehr schlechten Erhaltungszustand. Er stammt aus der 26. Dyn. und wird auf Pharao Amasis (um ca.  550  v. Chr.) zurückgeführt. Interessanterweise lassen sich griechische Baueinflüsse nachweisen, was als Zeichen für Reichtum und Bedeutung des Ortes zu werten ist. In ca. 1 km Entfernung in Umm Ubaida kann man die letzte Wand eines Amun-Re-Tempels aus der 30. Dyn. sehen (um 350  v.  Chr.), auf der noch eine Götterprozession und eine Anbetungsszene (der Herrscher Wen-Amun vor Amun) zu erkennen sind. Die

Eintrittskarte Siwa

Reste des Ammontempels über den Palmen der Oase

Götterprozession

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V. Die Oasen der westlichen Wüste

Blick auf die Lehmbauten in Schali

Felsformation in der Weißen Wüste

beiden Tempel waren durch eine Prozessionsstraße miteinander verbunden. Zu den weiteren Sehenswürdigkeiten der Oase gehören in der Nähe die sogenannte Kleopatra- oder Sonnen-Quelle und die malerischen Ruinen des durch Sturzregen zerstörten Hauptortes Schali. Für diejenigen, die die Königsgräber in Theben-West gesehen haben, ist der Besuch der Gräber auf dem Jebel el-Mota (Toten­hügel) instruktiv (wohl ab der 26. Dyn.), weil sie ein zwar ähnliches, aber charakteristisch abgewandeltes Bildprogramm zeigen und so den kulturellen Austausch zwischen Niltal und Oasen belegen.

Baharija Eintrittskarte

Die nördlichste Oase des »New Valley« (vgl. Einleitung S. 16) ist auch gut von Kairo über das Fajjum aus zu erreichen. Zwei besondere

V. Die Oasen der westlichen Wüste Anziehungspunkte bietet der Hauptort Bawiti: Zu besichtigen sind zwei altägyptische Gräber aus der 26. Dyn., die einem Bannentiu und seinem Vater gehörten. Sie sind in den höchsten Fels der Ansiedlung gehauen; man steigt von oben in sie hinunter. Besonders gut erhalten sind die Wandmalereien im eigentlichen Bannentiu-Grab, wobei im Vergleich zu den Pharaonengräbern die charakteristisch verschiedenen Gesichtsformen auffallen. Interessant am Grab des Vaters Djed-Amun-iuef-Anch ist, dass die aufgemalten Scheintüren im Hauptraum in römischer Zeit zu tatsächlichen Türen ausgehauen und für weitere Begräbnisse verwendet wurden. Besondere Aufmerksamkeit hat aber ein anderer Fund erregt: Seit dem Ende der 1990er Jahre sind im Süden der Oase Gräber aus römischer Zeit gefunden worden, die die sogenannten »goldenen Mumien« enthielten. Sie werden in einem Museum gezeigt, das eher an eine Lager­halle erinnert. Die mit vergoldeten, reich verzierten Totenmasken (wohl aus dem 4. Jh. stammend) belegen zum einen den Reichtum der Oase, zum anderen das Anhalten pharaonischer Begräbnissitten (bis hin zur Uräusschlange am Kopfschmuck), während zur gleichen Zeit andernorts bereits der christliche Glaube Fuß gefasst hatte und sich das Eremitenwesen entwickelte. Zwischen Baharija und der südlich gelegenen Oase Farafra liegen die Schwarze und besonders die Weiße Wüste, die wegen ihrer landschaftlichen Schönheit allein eine Reise rechtfertigt.

Grab des Bannentiu: Nachtfahrt der Sonnenbarke

Eine der »goldenen Mumien«

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V. Die Oasen der westlichen Wüste Dachla

El-Qasr

Tempel Deir el-Hagar

Kaiser Titus (re.) vor Amun-Re und Mut

Späte Votivinschriften

Die langgezogene Oase ist aufgrund des New Valley-Projektes die bevölkerungsreich­ ste. Beim Durchfahren hat man wegen der vielen Äcker kaum das Gefühl, in der Wüste zu sein. Zu den touristischen Attraktionen gehört die verlassene, aber noch recht gut erhaltene, malerische Altstadt el-Qasr mit ihrer Lehmziegelarchitektur. Bei genauer Beobachtung lassen sich an einigen Stellen große Steine aus pharaonischer Zeit sehen, die als Türpfosten oder ­-stürze wiederverwendet wurden. Sehenswert ist ein altes Minarett (11./12. Jh.), das an eine jüngere Moschee, die als Grabdenkmal dient, angebaut wurde. Der der thebanischen Triade (Amun, Mut, Chons) geweihte Tempel Deir el-Hagar stammt erst aus römischer Zeit, er wurde unter Nero (54– 68) begonnen. Auf den eigentlichen Tempel führt von einem Torbau aus ein Prozessionsweg im Säulenhof. Im Heiligtum selbst ist die astronomische Decke interessant, die die zunehmende Bedeutung der Gestirne in der Spätzeit belegt (vgl. S. 215). An der Fassade lassen sich in Kartuschen mehrfach die Namen römischer Kaiser lesen. Titus war als Feldhauptmann in Israel verantwortlich für den Untergang des Tempels im Jahre 70  n.  Chr. Am Toreingang sind Graffiti aus dem 3. Jh. erhalten, auf denen z. B. Serapammon-Hermes mit Pavian und Widder vor einem Opferaltar abgebildet sind, die Symbole des Gottes Thot tragen. Das belegt noch zu dieser späten Zeit die Lebendigkeit der alten Kulte, freilich in vermischter Form. Die beiden ausgemalten Gräber im Qaret al-Massauaka sind meist nicht zugänglich; sie

V. Die Oasen der westlichen Wüste

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sind aber wegen der astronomischen Decken sehenswert. In den danebenliegenden Höhlen kann man bis heute Mumien in vermüllten Gräbern sehen.

Charga Die größte und südlichste der Oasen (200 km lang) ist auch als (lange) Tagestour von Luxor aus zu erreichen. Bekannt ist vor allem der Amun-Tempel von Hibis, dessen Entstehung in die saitische und persische Zeit (600 – 500 v. Chr.) zurückreicht. So kann man sehen, dass sich der Perserkönig Dareios I. beim Kultlauf abbilden ließ (Bild oben S. 37) und damit die ägyptische Königsideologie aufnahm (bzw. von den Priestern des Tempels als aktueller Herrscher integriert wurde). Wie bei dem großen Tempel in Karnak haben auch hier die nachfolgenden Herrscher durch Erweiterungen und Nordgebäude

Nekropole Oase Dachla

Kirche in Bagawat

Obelisken-Basen

heiliger See

Anlegestelle inneres Tor Südgebäude I Südgebäude II

|

|10 m

Grundriss: Amun-Tempel von Hibis

mittleres Tor (zweites Tor)

äußeres Tor (erstes Tor) Sphinxallee

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V. Die Oasen der westlichen Wüste

Blick auf die Nekropole von Bagawat

Reparaturen den Tempel gefördert. Durch den veränderten Grundwasserspiegel ist der Tempel, obwohl an sich sehr gut erhalten, so gefährdet, dass seine Umsetzung oder Neufundamentierung diskutiert wird. In der Fragehinsicht dieses Reiseführers interessanter ist die in der Nähe gelegene Nekropole (Totenstadt) von Bagawat, eine der frühesten und besterhaltenen christlichen GrabExoduskapelle stätten. In diesem »altchristlichen Pompeji« sind insgesamt 263 überirdisch aus Ziegeln gebaute Gräber erhalten, die aus der Zeit des 2.–7.  Jh.s  n. Chr. stammen; die ältesten sind also noch vorchristlichen Ursprungs, da erst ab ca. 250 Christen in Charga nachweisbar sind. Interessanterweise sind bis ins 6.  Jh. christliche Balsamierer belegt, auch Grabbeigaben – meist Texte – sind weiterhin üblich. Erneut zeigt sich also, dass der Übergang der Religionen nicht den Bruch aller Kultur bedeutete. Vom Mönchsvater Antonius wird im 4. Jh. berichtet, dass er strikt gegen die Beibehaltung des altägyptischen Brauchtums war und für sich selbst ein Begräbnis ohne Einbalsamierung verfügte. Im Zentrum der Grabanlage liegt eine dreischiffige Kirche, die wohl aus dem 5. Jh. stammt; auf dem Bild ist die Lehmziegelarchitektur gut zu erkennen. Die Kuppeln der Gräber sind oft mit Malereien ausgeschmückt, worin ihr besonderer Wert besteht. So findet sich eine sehr alte (4. Jh.), leider nicht gut erhaltene Darstellung des Exodusgeschehens mit der ältesten ägyptischen Darstellung des Mose: Im oberen Bereich des Bildes sieht man Soldaten und Reiter in römischer (!) Uniform, der mittlere Reiter ist ganz oben mit dem griechischen

V. Die Oasen der westlichen Wüste Wort ΦΑΡΑω als Pharao gekennzeichnet (vgl. Ex 14, 23). Es ist interessant zu sehen, dass angesichts der Christenverfolgung durch die Römer das Motiv der Rettung Israels durch den Exodus aktualisiert werden konnte. Im unteren Teil des Bildes sind (von li.) die Zersägung Jesajas (apokryph), die drei Männer im Feuerofen (Dan 3) und Daniel in der Löwengrube (Dan 6) erkennbar, also lauter Szenen, die von Gottes Hilfe in Todesnot erzählen. Auf anderen Bildern dieses Grabes sieht man die Bindung und versuchte Opferung Isaaks (mit betender Sara!), Jona, Hiob, Jeremia und den Verlust des Paradieses. In einem späteren (5./6. Jh.) Grab werden nicht nur biblische Szenen und Figuren dargestellt, sondern auch Personifikationen von Tugenden: Zu sehen sind von links: Eva, Paulus und Thekla, Maria, Noah in der Arche, Jakob, das Gebet (mit gefalteten Händen) und die Gerechtigkeit (mit Waage). Andere Szenen zeigen Abrahams Opfer, Daniel in der Löwengrube und Adam mit dem Frieden, der mit anch-Zeichen 󴖄 dargestellt ist. In anderen Gräbern wird ebenfalls diese altägyptische Lebenshieroglyphe abgebildet, außerdem auch der Benu-Phönix-Vogel als Zeichen für die Wiedergeburt – ein Beleg für das Weiterleben pharaonischer Symbole. Den Besuch wert ist schließlich noch das großzügig gebaute Museum der Oase, in dem es viele sehenswerte, leider aber schlecht dokumentierte Funde aus der Region gibt.

Grabkuppel mit biblischen Figuren, in der Mitte Noahs Arche.

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VI. Alexandria

Pompejus-Säule

VI. Alexandria

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Nur wenige Städte sind so kurz nach ihrer Gründung zu solcher Größe aufgestiegen, kaum eine andere Stadt hat eine vergleichbare Bedeutung für die abendländische Geistesgeschichte wie Alexandria. Sie trägt den Namen ihres Gründers, Alexanders des Großen. 332/331 v. Chr. eroberte er das persisch besetzte Ägypten und war vom Ammon-Orakel in der Oase Siwa zum Sohn des Gottes erklärt worden (S. 143). Der Grieche trat so in die Reihe der gottgezeugten Pharaonen ein, und diese Kombination sollte auch für seine Stadt prägend werden: die Mischung von Ägyptischem und Griechischem, von Orient und Okzident zu einem neuen Denken. Bezeichnend ist, dass man im Altertum von »Alexandria bei Ägypten« Sphinx am Serapeion Insel Pharos

Nekropole von Anfuschi

Isistempel

Pharos

Königshafen

Königlicher Palast

Gräber

Lochias-Tempel

Poseidontempel

Mittelmeer

Festung

Portus Magnus Antirrhodos Palast

Portus Eunostos

Timonium

Bibliothek

Heptastadion

Kleiner Hafen

Caesarium

Palast

Museion

Martyrium St. Markus

Kibotos

Grab der Stratonike

Via Canopica

Königl. Viertel

Kirche S. Theonos

Grab der Söldner Theater

Juden-Viertel

Tempel Stadtmauer um Zeitenwende

Regia Bruchium Rhakotis

Nemesion

Nekropole von Schatbi Heroon des Pompejus Hippodrom Nekropole

Nekropolis

Gymnasium Christlicher Friedhof

Serapion

Eleusis Kom eschSchukafa Katakomben

Mareotis-See

Pompejus-Säule Sarapis-Tempel

|

|1000 m

Rekonstruierter Stadtplan Alexandrias

Mamudija-Kanal Sema

Theater

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VI. Alexandria

(A. ad Aegyptum) sprach; die Stadt wurde offenkundig als unabhängige Größe gesehen. Bis heute ist Alexandria deutlich westlicher geprägt als andere arabische oder nordafrikanische Großstädte. Die neue Ansiedlung wurde 331  v.  Chr. in einer verkehrstechnisch und strategisch güns­ tigen Lage auf einer schmalen Landbrücke im westlichen Nildelta gegründet, die den MareoStraßenverkehr in Alexandria tis-See und das Mittelmeer voneinander trennt. Vorher gab es dort bereits ein Dorf namens Raqote /Rhakotis; in der Nähe hatten in Naukratis bereits seit dem 7. /6. Jh. Griechen gesiedelt. Alexandria wurde – wie andere hellenistische Stadtgründungen – auf dem Reißbrett geplant. Verantwortlich dafür soll Deinokrates von Rhodos gewesen sein, der ein Netz aus rechtwinklig zueinander liegenden Straßen entlang der Küs­te entwarf (sog. hippodamischer Stadtplan). Vorgelagert war die Insel Pharos, auf der der berühmte Leuchtturm stand. Sie war mit einem Damm (Heptastadion) an das Straßennetz angebunden, der seinerseits die Häfen der Stadt abteilte. Etwa ein Drittel der Stadt war mit königlichen Gebäuden bebaut, außer den Palästen waren dies das Theater, die berühmte Bibliothek, der Musentempel (Museion), Magazine und Werften und schließlich im Südwesten das Serapeion, Kultstätte eines neuen Gottes (S. 154). Die meisten dieser Bauten entstanden allerdings erst von der Zeit des zweiten Ptolemäerkönigs Philadelphos (285–246 v. Chr.) an, vorher hatte die alte Residenz Memphis noch die Vorherrschaft, wohin auch die Gebeine Alexanders (gest. 323 v. Chr.) zunächst gebracht worden waren. Wie bei anderen Neugründungen auch (vgl. unten zu Tanis) wurden auch nach Alexandria Monumente von Tempeln aus allen Teilen des Landes und aus allen Phasen der ägyptischen Geschichte gebracht, was die archäologische Forschung sehr erschwert. Vom früheren Reichtum der Stadt erschließt sich modernen Besuchern nicht mehr viel. Das Allermeiste ist durch spätere Bauten zerstört worden; Grabungen im Gebiet der sehr lebendigen Stadt sind kaum möglich. Zusätzlich hat sich die Küstenlinie im Lauf der Jahrhunderte durch Erdbeben und Stürme deutlich nach Süden verlagert, so dass weite Teile der früheren Stadtviertel heute unter Wasser liegen. Die Aufsehen erregenden

VI. Alexandria Funde des Unterwasserarchäologen F. Goddio haben hier in jüngerer Zeit das Wissen beträchtlich vermehrt. Dennoch ist man bei der Erforschung des antiken Alexandria vor allem auf schriftliche Überlieferungen angewiesen, wobei besonders die des antiken Geographen Strabo hilfreich sind, der Ägypten um 25 v. Chr. bereist und die Stadt beschrieben hat. Rekonstruktionen des Stadtplans und die Benennung der Stadtteile Kleopatra: Münze im Griechisch-Röstützen sich in der Regel auf seine Angaben, mischen Museum doch die von ihm genannten Bauten sind heute kaum mehr zu lokalisieren. Beschreibungen aus jüdischer Perspektive lassen sich bei dem Historiker Flavius Josephus lesen (1. Jh. n. Chr.). Der Historiker Diodor berichtet bereits aus der Zeit um 60 v. Chr., dass 300.000 freie Bürger in Alexandria leben würden, die sich aus Ägyptern, Juden, Griechen, Phrygern und weiteren Kleinasiaten zusammensetzen – antike Multikulturalität, die sich allerdings erst im Lauf der Zeit herausgebildet hat; anfangs waren die Griechen dominierend. Die römische Zeit – und damit die Endphase der ägyptisch-ptolemäischen Herrschaft – begann 48 v. Chr., als Caesar in die Auseinandersetzungen zwischen Kleopatra und Ptolemaios XIV. eingriff und sich auf die Seite der Königin schlug. Es kam zu heftigen Kämpfen gegen die Römer, die zur Zerstörung von Bibliothek und Museion führten. Später wurde die Bibliothek neu aufgebaut, teils mit aus Pergamon erlisteten Büchern. Alexandria war nun die zweitgrößte Stadt des römischen Reiches und erwirtschaftete einen Großteil von dessen Reichtum. Innerhalb der Stadt kam es immer wieder zu schweren Auseinandersetzungen. Es gab einen Aufstand der jüdischen Bevölkerung unter Kaiser Trajan (115), unter Caracalla (3. Jh.) kam es zu antirömischen Kämpfen, zu Christenverfolgungen unter Decius und Valerian (Mitte d. 3. Jh.s). Wenig später litt die Stadt unter dem Ansturm der syrischen Truppen der Zenobia aus der Oase Palmyra (269), die – zunächst erfolgreich – das römische Reich angegriffen hatte. Nachdem 380 das Christentum zur Staatsreligion geworden war, wurde das Serapeion geschlossen; bekannt ist auch die Ermordung der Philosophin Hypatia (391 oder 415) durch fanatische Christen. Die Bedeutung der Stadt nahm immer mehr ab.

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VI. Alexandria Kulte und Kultur

Da Alexandria als griechische Stadt gegründet wurde, dominierten zunächst die Götter des griechischen Pantheons. Doch da in polytheistischen Religionen die Funktionen und Aufgabenbereiche der Götter kompatibel sind, kam es zu einer Interpretatio Graeca der ägyptischen Götter: Thot konnte mit Hermes identifiziert werden, Amun /Ammon mit Zeus, Hathor mit Aphrodite. Eine besondere Rolle bekommt der Kult der Isis, die nun mit verschiedenen griechischen Göttinnen zusammengedacht werden konnte, allen voran Aphrodite, dann aber auch Artemis oder Demeter. Der Kult der Isis breitet sich über den gesamten Mittelmeerraum aus, zumal die Göttin nun als Patronin der Seefahrer gilt. Isis nimmt universale Funktionen an, so kann sie als Schöpfergöttin verehrt werden, ihre Wundertaten werden in sogenannten Aretalogien gerühmt, ihre Verehrer bekennen sich zu ihr im Stil von Glaubensbekenntnissen. Es entwickeln sich Mysterienfeiern um das göttliche Paar Isis und Osiris, zu denen nur Eingeweihte Zugang haben, um die Schicksalslenkerin zu preisen und anzubeten. Für das junge Christentum war der Kult der Isis eine der stärksten Konkurrenzreligionen. Isis-Aphrodite mit dem Horusknaben Auch der Kult des Horus verändert sich. Er erhält nun eine magische Komponente, die vor allem gegen Schlangen und Skorpione wirksam sein soll. Es entwickelt sich der charakteristische Typ einer Horus-Heilungs-Stele, die zeigt, wie der jugendliche Gott (mit Kinderlocke) Schlangen bändigt. Weiterhin gilt der Horusknabe – unter dem Namen Harpokrates – als Sohn der Isis. Als Vater wird nun aber ein neu geschaffener Gott benannt: Sarapis (lateinisch: Serapis). Der Name ist über die Zwischenstufe Oserapis aus den Götternamen Osiris (Unterweltgott) und Apis (hl. Stier von Memphis) entstanden. Unter Ptolemaios I. wurde der Kult dieses Gottes zur Staatsangelegen-

VI. Alexandria heit; er trat an die Stelle des Amun-Zeus und sollte von Griechen und Ägyptern gleichermaßen verehrt werden. In Alexandria wurde ihm mit dem Serapeion ein prächtiger Tempel mitten im ägyptischen Viertel der Stadt gebaut. Charakteristisch ist die griechisch geprägte Darstellung des Gottes: Er trägt einen Bart und die Locken des Zeus, die Widderhörner des Amun und dazu ein Kornmaß (Modius oder Kalathos) auf dem Kopf. In einer Legende lässt der König erklären, wie es zu dem neuen Kult kam: Im Traum sei ihm ein junger Gott erschienen und habe ihm befohlen, dass er seine Götter­statue aus Sinope am Schwarzen Meer nach Alexandria holen solle. Sarapis gilt als Götterkönig und Beherrscher von Zeit und Welt. Horus-Stele Einer Jungfrau habe er einen Sohn Aion, den Gott der Weltzeit, gezeugt, dessen Fest alljährlich am 6. Januar in Alexandria gefeiert wurde. Die Parallelen zur christlichen Vorstellung der Jungfrauengeburt sind offensichtlich. Eine weitere folgenreiche Innovation der ptolemäischen Könige ist schließlich die Entfaltung des Herrscherkultes. Sie setzt altägyptische Traditionen von der zentralen Rolle des Königs fort und wurde offensichtlich gezielt eingesetzt, um die in Alexandria herrschenden Könige als legitime Nachfolger der Pharaonen zu erweisen. Auch die syrisch-seleukidischen Herrscher ließen sich als göttlich verehren, und die Römer bauten den Kult dann zum Kaiserkult aus. Für die Überzeugung der Juden, dass Büste des Sarapis nur ein Gott Herr (kyrios) der Welt sei, und den Glauben der Christen, dass Jesus Christus alle Macht auf Erden gegeben sei, gab es somit starke Gegenkräfte. Während die Kulte dieser Götter in Konkurrenz zu Judentum und Christentum traten, gab es im Bereich der Kultur Entwicklungen, die sich für beide

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VI. Alexandria

Religionen sehr förderlich auswirkten. Schon unter dem ersten Ptolemäerkönig Ptolemaios Soter wurde in Anlehnung an athenische Philosophenschulen das Museion (griechisch: Heiligtum der Musen) gegründet, zu dem auch die berühmte Bibliothek gehörte. Hervorragende Gelehrte wurden als Leiter und Bibliothekare eingesetzt, und die Einrichtung entwickelte sich schnell zum Zentrum des Wissens der damaligen Welt. Unter anderem wirkten hier der Mathematiker Euklid, der Astronom Aristarch und der Geograph Eratosthenes. In der Perspektive der Religionswissenschaft liegt ihre Bedeutung darin, dass hier die Anfänge moderner Textwissenschaften entstanden sind. So verfasste man nicht nur frühe Enzyklopädien und Wörterbücher, sondern diskutierte auch neue Auslegungsweisen zum Verständnis antiker Texte. Die Göttergeschichten Homers, die man als allzu derb empfand, wurden hier allegorisch gedeutet: Der Text müsse einen tieferen, verborgenen Sinn haben, den es zu entschlüsseln galt. Solche Auslegungsmethoden wurden von Juden und Christen übernommen. Außerdem wurden die philosophischen Theorien vor allem Platos tradiert und weiterentwickelt. In der Entwicklungsstufe des Neuplatonismus konnten sie dann von christlichen Denkern zur Unterstützung der Vernünftigkeit ihres Glaubens genutzt werden. König Ptolemaios III. Euergetes als Helios

Die neue Bibliothek

VI. Alexandria Der genaue Ort der Bibliothek ist heute nicht mehr zu ergründen. Auch zu ihrem Schicksal gibt es unterschiedliche Aussagen. So sei sie bei der Er­ oberung Caesars abgebrannt – wobei 700.000 Bände zerstört worden sein sollen, so Aulus Gellus; Seneca erwähnt nur 40.000 verbrannte Rollen. Dennoch blieb der Bibliotheksbetrieb in Gang, wahrscheinlich wurde das Museion erst nach 380 im Zuge der Christianisierung geschlossen. Legendarisch wird seit dem 13. Jh. berichtet, dass 642 im Zuge der islamischen Eroberung alle Bücher zerstört worden sein sollen, die entweder dem Koran widersprechen oder wiederholen, was ohnehin im Koran steht, doch ist dies kaum glaubhaft. In die Tradition der berühmten Bibliothek stellt sich der Neubau an der Küsten­promenade mit seiner atemberaubenden Architektur. Hier wird u. a. das Internet als gegenwärtige Form des Weltwissens etappenweise gespeichert, um seine Entwicklung dokumentieren zu können.

Judentum In diesem Umfeld des »heidnischen« Alexandria entwickelte sich das größte jüdische Gemeinwesen außerhalb Israels. Etwa ein Drittel der Bevölkerung, also ca. 150.000 bis 180.000 Personen, war im 1. Jh. v. Chr. jüdischen Glaubens, sie lebten in eigenen Bezirken der Stadt. Die (nicht erhaltene) große Synagoge soll so weiträumig gewesen sein, dass Flaggensignale zur Verständigung nötig waren. Da die hier vorherrschende Sprache natürlich das Griechische war, ergab sich bald die Notwendigkeit, die hebräische Bibel zu übersetzen. In legendarischer Form erzählt der Aristeasbrief, dass der Anlass zur Übersetzung auf den König Ptolemaios II. Philadelphos und seinen Biblio­ thekar zurückgeht, der die Gesetze der Juden in seiner Bibliothek vermisst hätte. So übersetzten 72 aus Israel geholte Übersetzer die fünf Mosebücher in 72 Tagen zur Zufriedenheit von König und jüdischer Gemeinde. Diese Übersetzung der (abgerundet) Siebzig – daher der Name »Septuaginta« – wurde auf der Insel Pharos angefertigt, weshalb man dort später ein Fest zur Erinnerung feierte. Doch die genauen Umstände der Übersetzung liegen im Dunkeln. So war nun die Bibel Israels auf einmal in der damaligen Weltsprache verfügbar und allen zugänglich. Zudem trat sie leicht modifiziert vor die Leser der gesamten Ökumene: Der Fremden unverständige Gottesname JHWH war nun durch kyrios »Herr« ersetzt worden, was den Absolutheitsanspruch des Mono­ theismus deutlich machte. Die neue griechische Version des Schöpfungsberichts ließ sich als Bestätigung platonischer Weltentstehungsphilosophie verstehen, und die Chronologie der Bibel war nun so modifiziert worden, dass

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VI. Alexandria sie zur Dynastien- und Zeitrechnung des alexandrinischen Priesters Manetho passte (S. 17). Die Bibel präsentierte sich durch ihren Monotheismus und die Konzentration auf die Ethik als moderne Alternative zu polytheistischen Systemen – kein Wunder, dass der genannte Manetho gegen das Judentum polemisierte und seine Herkunft von Aussätzigen ableiten wollte. Im Gegenzug behaupteten jüdische Schriftsteller wie Aristobul oder Artapanos (beide im 2. Jh. v. Chr.), dass Plato bei Mose abgeschrieben habe oder dass Mose die Ägypter die Verehrung des Apis-Stieres gelehrt habe! Im 1. Jh. zeigt sich eine besondere Synthese von jüdischem und helle­ nistischem Denken in der Person des Philo von Alexandrien (ca.  20  v.– 50. n. Chr.). In einer Fülle von Schriften legt er die Tora Israels aus, dies nun aber mit den Mitteln der alexandrinischen Hermeneutik. So werden die Opfer – die ja abseits des Jerusalemer Tempels nicht möglich waren – alle­gorisch interpretiert; viele Einzelstellen erklärt er mit stoischem oder platonischem Gedankengut. Seine Schriften sind später durch Christen überliefert worden, denen er beinahe als Kirchenvater galt. Im Judentum wurde jedoch nach dem Untergang des Jerusalemer Tempels im Jahre 70 n. Chr. und der Entwicklung zum rabbinischen Judentum die besondere hellenistisch-jüdische Theologie Alexandrias nicht länger gelitten; ihre Bedeutung schwand. An Philo zeigen sich zwei weitere Phänomene: zum einen die Bindung an Jerusalem. Er hat nicht nur den Tempel besucht, sondern offenbar auch seine kostbaren Türbeschläge bezahlt. Trotz der Normalität des Lebens in der Diaspora bleibt also Jerusalem das Zentrum der jüdischen Religion. Zum anderen ist belegt, dass Philo an einer Gesandtschaft zu Kaiser Caligula teilnahm, um gegen die Behandlung der Juden in Alexandria zu protestieren. Es war im Jahr  38 zu pogromartigen Aufständen gekommen, die sich in der Folgezeit wiederholen sollten, besonders schlimm in den Jahren 115–117. Alexandria steht also nicht nur für den antiken Höhepunkt jüdischer Integration, sondern auch für Judenfeindschaft und Antisemitismus.

Christentum Die Anfänge christlicher Gemeinden liegen im Dunkeln. Die koptische Kirche verbindet sie heute mit dem Evangelisten Markus, der – so die Kirchengeschichte des Eusebius aus dem 4. Jh. – in Alexandria gepredigt und im Jahr 68 den Märtyrertod erlitten habe. In der langen, ungebrochenen Kette der 117 koptischen Patriarchen ist demnach Markus der erste. Als er in Rhakotis mit zerrissener Sandale ankam, besuchte er einen Schuster namens Anianus,

VI. Alexandria den er bekehrte und mit seinem ganzen Haushalt taufte; dies sind der Tradition nach die ersten alexandrinischen Christen. Anianus wurde von Markus zum Bischof geweiht, der schnell für die Ausbreitung des Evangeliums und das Wachstum der Kirche gesorgt haben soll. Um das Schicksal des Evangelisten Markus ranken sich ebenfalls Legenden: Nachdem er zu Tode geschleift wurde, bergen Christen seinen Leichnam, bevor die Heiden Alexandrias ihn verbrennen können. Er wird in der Markuskirche in Bucolia beerdigt. Im 9. Jh. stehlen dann aber venezianische Kaufleute den Leichnam, wobei der Kopf in Alexandria bleibt. Die wertvollen Reliquien des Evangelisten waren dann der Anlass für den Bau des Markusdoms in Venedig. Erst im Jahr 1968 wurden Teile dieser Reliquien von der katholischen an die koptische Kirche zurückgegeben. Sie werden heute in der Markuskathedrale in Alexandria und in Kairo verehrt. Aus der Bibel selbst ist nur bekannt, dass ein gewisser Apollos aus Alexandria zu den ersten Missionaren des Christentums gehört haben muss (Apg 18, 24). Möglicherweise war sein Erfolg so groß, dass es im Urchristentum Fraktionsbildungen gegeben hat, die Paulus im ersten Brief an die Korinther verurteilte. »Ich meine aber dies, dass unter euch der eine sagt: Ich gehöre zu Paulus, der andere: Ich zu Apollos, der dritte: Ich zu Kephas, der vierte: Ich zu Christus. Wie? Ist Christus etwa zerteilt? Ist denn Paulus für euch gekreuzigt? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft?« (1 Kor 1, 12 f.)

Die besondere Lage Alexandrias als Hafenstadt mit Kontakten in alle Bereiche des Mittelmeerraums wird dafür verantwortlich gewesen sein, dass man dort sehr bald Nachricht von der neuen Glaubensbewegung um die Verehrung des auferstandenen Jesus erhalten hat. Doch ob dieser Apollos schon in Alexandria zum Christ wurde, ist völlig offen. Ebenso kann man nur vermuten, dass es sich bei den ersten Christen Ägyptens zunächst vor allem um Juden gehandelt hat. Für sie musste ja die Grundaussage, dass dieser Jesus der in der Bibel verheißene Messias sei, durchaus nachvollziehbar gewesen sein. Für die schnelle Ausbreitung des Christentums über Alexandria hinaus war wohl verantwortlich, dass die Botschaft offensichtlich vor allem einfachere, ägyptischstämmige Bevölkerungsschichten angezogen hat (S. 64). Grund dafür war vielleicht auch die Auferstehungshoffnung, die leicht mit den Vorstellungen des ägyptischen Jenseitsglaubens zu verbinden war. Für die Überzeugung der gebildeten, hellenistisch geprägten Kreise bedurfte es dagegen ausgefeilterer Argumentationen. Dafür wurde nach 150 die Katechetenschule gegründet, in

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VI. Alexandria der Konvertierte unterrichtet und kirchliche Würdenträger auf ihren Dienst vorbereitet wurden. Von der Intensität der damaligen Diskussionen zeugt, dass es in Alexandria eine Reihe wichtiger Theologen gegeben hat, die man später als Ketzer bezeichnete, so etwa Basilides, den »Herrscher der Irrlehrer« (gest. um 145). Wenig später wirkte der ebenfalls als Häretiker abgestempelte Valentin in Alexandria, auf den sich eine der wichtigsten gnostischen Lehrbewegungen berief. Wie weit er selbst zur Gnosis zu zählen ist, ist aber strittig. Die wichtigsten Lehrer der Katechetenschule waren Klemens (ca. 150–  215) und dann Origenes (185–245). Sie führten zum einen die Auseinandersetzungen mit den unterschiedlichen christlichen »Irrlehren« der Zeit, zum anderen ließen sie die in Alexandria gepflegten Traditionen der platonischen Philosophie in die Theologie einfließen. So konnten auch hellenistisch geprägte Kreise für das Christentum gewonnen werden. Vor allem über diese beiden Theologen ist die oben beschriebene Allegorese als Auslegungsmethode in der Kirche salonfähig geworden. Origenes machte sich überdies verdient, weil er in einem Hexapla genannten, monumentalen Werk die unter­schiedlichen Sprach- und Textvarianten der Bibel zusammengestellt hat. Auch von der Katechetenschule gibt es heute keine archäologischen Überreste mehr zu besichtigen. Im 4. Jh. war Alexandria Ausgangspunkt des arianischen Streites. Dabei ging es um die Frage nach der Göttlichkeit Christi; die Arianer behaupteten, dass er erst später von Gott geschaffen sei. Im Zuge dieser Streitigkeiten ist besonders die Gestalt des alexandrinischen Patriarchen Athanasius von großer Bedeutung, der für die orthodoxe Lehrrichtung eintrat, wonach Jesus Christus »ungezeugt und ungeschaffen« war. Mindestens fünfmal wurde er in den Wirren der Zeit aus seiner Stadt

Fort Kait Bey

VI. Alexandria verbannt – bis hin nach Trier. Für die koptische Kirche ist das von ihm verfasste »Leben des (Mönchsvaters) Antonius« bis heute von Bedeutung; auf seinen Osterfestbrief aus dem Jahr  367 geht auch die älteste vollständige Liste der 27 Bücher des Neuen Testamentes zurück. 40 Jahre nach Athanasius wurde Kyrill Patriarch von Alexandria (ca. 375– 444). In den zunehmenden Streitigkeiten zwischen den Schulen von Antiochia und Alexandria versuchte er, den Vorrang seiner Stadt zu verteidigen. Theologisch setzte er beim Konzil von Ephesus für die ganze Kirche durch, dass Maria nun als Gottesgebärerin verehrt wurde – vielleicht auch ein Erbe der alten Isis-Vorstellung. Danach aber trennten sich die Wege; auf dem kurz nach seinem Tod stattfindenden Konzil von Chalkedon kam es über die Frage nach den beiden Naturen Christi zum Bruch. Die koptische Kirche trennte sich von der katholischen, entsprechend verringerte sich der Einfluss alexandrinischer Theologie.

Besichtigung Für die Besichtigung Alexandrias sehen die meisten organisierten Besuchsreisen nur wenig Zeit vor, denn viel Spektakuläres ist heute nicht mehr zu sehen. Doch der Besuch lohnt, allein um der breiten Corniche am Ufer des Mittelmeers oder um des noch immer besonderen Flairs der Stadt willen. An der Stelle, an der der alte Leuchtturm Pharos gestanden hat, liegt heute das Fort Kait Bey (gebaut um 1480). Die in der Sonne gleißenden Steine, aus denen es erbaut ist, stammen zum Teil noch von jenem Wunderwerk der Antike, das im 14. Jh. nach Erdbeben zur Ruine verkommen war (Rekonstruktion S. 62). Sostratos von Knidos war der Name des Baumeisters, der den Turm zwischen 297 und 282  v.  Chr. auf Befehl des ersten Ptolemäerkönigs bauen ließ. Die Angaben schwanken, doch wird seine Höhe zwischen 120 und 140 m gelegen haben. Ein Feuer auf der obersten Plattform wies den

Badevergnügen in Alexandria

Pompejus-Säule und Sphingen

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VI. Alexandria

Schiffen den Weg, wobei die dazu eingesetzte Technik – z. B. Spiegel – heute nicht mehr rekonstruierbar ist. Indes wird neuerdings überlegt, den Pharos wieder aufzubauen; in Changsha (China) steht bereits eine Rekonstruktion! Zu den wenigen Bauten aus hellenistisch-römischer Zeit, die sich heute noch lokalisieren lassen, gehört auch das Serapeion. Weithin sichtbar erhebt sich hier die sogenannte Pompejus-Säule (27 m hoch). Sie stammt noch von dem eigentlichen Serapeion und wurde der Tradition zufolge im Jahr 391 an dieser Stelle neu aufgerichtet, um nach der Verfolgung der Heiden den Triumph des Christentums zu dokumentieren. Eine Inschrift am Fuß legt aber nahe, dass sie 302 unter Diokletian nach dem Angriff der palmyrenischen Truppen neu aufgerichtet wurde. Um die Säulenbasis herum sind recht lieblos einige Altertümer aus verschiedenen Epochen der Geschichte Ägyptens aufgestellt; die Gesamtanlage des dem Sarapis geweihten Gebäudes erschließt sich nicht mehr. Allerdings kann man unterirdisch einige Räume besichtigen, die zur Bibliothek des Serapeions gehört hatten. Diese war mit ca. 40.000 Büchern bedeutend kleiner als die eigentliche Bibliothek, gehörte aber dennoch zu den großen der damaligen Welt. Wie im klassischen Ägypten auch, erhält man einen besonderen Einblick in die Kultur durch die Grabanlagen. Daher wird meist die größte der erhaltenen Nekropolen besucht: Kom esch-Schukafa in der Nähe des Serapeions. Die in drei Stockwerken in den Boden gearbeiteten Gräber stammen aus römischer Zeit (1. und 2. Jh.) und sind offensichtlich noch nicht christlich geprägt. Die Anlage erschließt Blick in die Grabkapelle sich über eine Rotunde, von der zunächst ein Triclinium abgeht, in dem die Leichenfeiern gehalten wurden. Gegenüber liegen zwei Sargkammern. Von der Rotunde führt eine Treppe abwärts zu einer Kapelle mit steinernen Sarko­ phagen; über Korridore erreicht man dann die anderen Grabkammern mit ihren Schiebegräbern, in denen jeweils mehrere Leichname abgelegt wurden. Interessant ist der Besuch vor allem, weil Römisches Theater man einen Eindruck von der Mischkultur jener

VI. Alexandria Zeit erhält. Einerseits ist das altägyptische Jenseitsinventar z. B. durch Abbildungen von Mumien, durch die Götter Anubis, Thot oder Osiris präsent, andererseits sind die Sarkophage mit griechischen Girlanden geschmückt, die Römer tragen ägyptisierende Gewänder etc. Wer bereits andere altägyptische Gräber gesehen hat, wird aber auch den Verlust an künstlerischer Qualität unschwer erkennen. Das gilt auch für die andere, öfter besuchte Nekropole von Anfuschi auf der Pharos-Halbinsel. Eine der wenigen möglichen Ausgrabungen im Stadtgebiet Alexandrias am Kom ed-Dik brachte nicht nur römische Bäder aus dem 3.  Jh. zum Vorschein, sondern auch ein aus weißem Marmor gebautes kleines Theater Alexander der Große im Museum in Alexandria (Odeion), in dem ca. 750 Besucher auf 13 Stufen Platz fanden. Im Bereich des Ausgrabungsgeländes sind auch einige der Statuen ausgestellt, die bei unterwasserarchäologischen Forschungen gefunden worden sind. Es gibt Pläne, im Gebiet des Hafens ein Unterwasser-Museum einzurichten, in dem die Besucher in Glastunneln einen Eindruck von der früheren Größe der Stadt erhalten können. Bis dieses Vorhaben verwirklicht ist, bleibt man auf das schon 1892 eröffnete Museum griechisch-römischer Altertümer angewiesen. Hier werden vor allem Fundstücke aus den weitläufigen Nekropolen und Ergebnisse von gezielten oder zufällig erfolgreichen Grabungen in Alexandria gezeigt. Die Sammlung ist vielfältig und außerordentlich sehenswert – bis hin zu den nachgebauten Gräbern im Garten. Eine Übersicht kann hier nicht gegeben werden, doch vermittelt die Website des Museums mit einem virtuellen Gang durch die Säle eine gute Orientierung: www.grm.gov.eg. Die Markuskathedrale, Sitz des koptisch-orthodoxen Patriarchen, bietet kunsthistorisch nicht viel Sehenswertes, jedoch werden in ihr Reliquien des Heiligen Apollos, Markus und seines Nachfolgers Anianus verehrt (vgl. oben S. 158), dazu solche einer ganzen Reihe anderer Märtyrer.

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VII. Das Nildelta

Statuenkopf in Tanis

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VII. Das Nildelta Nördlich von Memphis teilte sich im Altertum der Nil in fünf Arme auf, so dass ein gut bewässertes, überaus fruchtbares Gebiet entstand. Nach dem ähnlich aussehenden griechischen Buchstaben wird es Delta genannt. Heute führen nur noch die Nilarme Damiette und Rosette Wasser, die anderen drei sind im Altertum verlandet. Nur wenige Besucher kommen hierher in das klassische Unterägypten, denn vor allem wegen der hohen Bodenfeuchtigkeit und der intensiven Bearbeitung und Besiedelung des Landes sind nur wenige Monumente erhalten geblieben. Dennoch ist das Gebiet in historisch-archäologischer Hinsicht von hoher Bedeutung, da mehrfach das Machtzentrum

Hebron

Mittelmeer

Gaza Raphia

Kir-haras Beerseba Alexandria

Buto Busiris

Tanis

Baal Zaphon

Ramses

Pelusium

Awaris

Arad

Sile

Land Goschen

Bubastis

Defenne

Oase Kadesch

Athribis Tell er-Retabe

Bitterseen

Leontopolis Heliopolis Wadi Tumelat Memphis

Mosequelle

Tell el-Maschuta

Sinai

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Wadi Feiran

Golf

ez Moseberg |

Nildelta und Sinai

von ‘ Aqab

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Serabit al-Khadim

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Herakleopolis

Katharinenberg |200 km

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VII. Das Nildelta

Tanis, Statuenfragmente aus Pi-Ramesse

Ägyptens hierher verlegt worden ist, zu nennen sind etwa Auaris (heute: Tell el-Daba), die Hauptstadt der Hyksos, Pi-Ramesse (Qantir), die Residenz Ramses  II., oder Tanis, das biblische Zoan. Die wechselnden Machtverhältnisse brachten mit sich, dass besonders aufwändig hergestellte Bauteile wie Statuen oder Reliefs von einem Ort in den anderen transportiert und dort neu verwendet wurden, was eine genaue Zuordnung ihrer Herkunft oft erschwert.

Biblische Traditionen Für das Alte Testament ist der östliche, nach Israel hin gelegene Teil des Deltas eine entscheidende geographische Region. Hier liegt das Land Goschen, in dem Joseph seine Familie ansiedeln kann, als diese vor der Hungersnot nach Ägypten zieht (Gen  45–47). In der griechischen Bibel wird das Gebiet Heroonpolis »Heldenstadt« genannt. Ausdrücklich vermerkt Ausgrabungen auf dem Tell el-Maschuta der Text in Ex 8 + 9 auch, dass die in Goschen wohnenden Israeliten vor den Plagen verschont werden, mit denen der Herr Ägypten schlägt. Das Land Goschen ist mit dem Wadi Tumilat ganz im Osten des Deltas bei Ismailia zu identifizieren. Dieses Tal spielt im Altertum eine Rolle, weil hier unter Pharao Necho II. (610–595) der sogenannte Bubastis-Kanal gebaut wurde, der den Nil mit dem Roten Meer verband. Ex  1, 11 teilt überdies mit, dass die Israeliten die Vorratsstädte Pitom und Ramses bauen müssen. In der älteren Forschung hat man Pitom mit Tell el-Maschuta identifiziert, vor allem deshalb, weil man dort den ägyptischen Ortsnamen per-atum (Haus des Gottes Atum) fand, wovon man den biblischen Namen Pitom ableiten konnte. Doch neuere Ausgrabungen haben gezeigt, dass die dort erhaltenen Siedlungsreste nicht aus der Zeit Ramses II. stammen können, sondern in Zusammenhang mit Nechos Kanalbau stehen. Wahrscheinlicher ist, dass das biblische Pitom sich auf den nahe gelegenen (heute sogenannten) Tell er-Retabe bezieht. Diese Festung war im Neu-

VII. Das Nildelta en Reich, also der Zeit des Exodus, der einzige größere Ort im Wadi Tumilat, daher diese Identifikation. Der in Ex  1, 11 an zweiter Stelle genannte Ort Ramses ist ägyptisch als pi-ramesse (Haus des Ramses) bekannt. Der Ort war von Sethos  I. an der Stelle der Hyksos-Residenz Auaris am pelusischen Nilarm gegründet worden. Ramses II. erweiterte ihn dann hin zu dem heutigen Ort Qantir und baute ihn als Residenz und Stützpunkt gegen Einfälle von Osten her aus. Die biblische Notiz spielt auf diese Baumaßnahmen an, wobei die Existenz von Israeliten an diesem Ort nicht nachgewiesen werden konnte. Aus der Ramsesstadt fliehen dann später die Israeliten nach der 10. Plage, so die biblische Erzählung. »Diese Stadt Ramses ist nichts als ein Ruinenfeld. … Heute ist dort nichts anderes als ein gro­ßer Steinblock aus Theben, aus dem zwei riesige Skulpturen herausgearbeitet sind, die – so sagt man – zwei heilige Männer darstellen: Mose und Aaron.« Aus dem Pilgerbericht der Egeria, 8, 2.

Zu den Stationen während des Auszuges gehört nach Ex 12, 37 der Ort Sukkot, der ebenfalls im östlichen Nildelta liegen muss. Er ist nicht sicher lokalisierbar; der Name nimmt wahrscheinlich ägyptisches tscheku auf, was für das ganze Wadi Tumilat oder den Tell el-Maschuta verwendet werden konnte. Exkurs: Jeremia Nach dem biblischen Bericht in Jer  43 + 44 war der Prophet nach dem Untergang Jerusalems nach Ägypten verschleppt worden. Dort soll er einerseits weiterhin gegen die Anbetung der Himmelskönigin durch die Judäer, andererseits aber auch gegen Ägypten geweissagt und Pharao Hofra (= Apries; 589– 570) die Niederlage gegen die Babylonier unter Nebukadnezzar angekündigt haben. Nähere Auskünfte zum Aufenthalt Jeremias liefert die Bibel nicht, mit Ausnahme der Erwähnung des Grenzortes Tachpanhes im Nordosten des Deltas (Jer 43, 7). Die Tradition hat dann wie im Fall der Heiligen Familie diese Lücken aufgefüllt und einzelne Stationen im Leben Jeremias lokalisiert. Nach jüdischer Tradition wird das Grab Jeremias bei der Ben Esra Synagoge in Kairo gezeigt, nach christlicher bei Saqqara (S. 114).

Der Exodus Israels: Geschichte und Geographie Die ersten Kapitel des Buches Exodus berichten, wie die Israeliten, etwa 600.000 Mann – Frauen und Kinder nicht mitgerechnet – aus der Ramses­ stadt aufbrechen (Ex  12, 37) und es nach einer Verfolgung durch den

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VII. Das Nildelta

Pharao schaffen, das Schilfmeer mit göttlicher Hilfe zu durchqueren, wobei die Ägypter hinter ihnen umkommen. Das ist der Anlass für das Bekenntnis, dass der Gott Israels sein Volk mit starker Hand und ausgestrecktem Arm gerettet hat (Ex 12–15). Ein konkreter Pharao wird jedoch nicht genannt, so dass die Datierung des Ereignisses schwierig ist, ebenso wenig ist eine genaue Lokalisierung möglich. Hinzu kommt, dass die Zahl der Israeliten legendaKartusche Ramses II. aus der Ramsesstadt risch hoch ist. Schließlich fallen Diskrepanzen in der Erzählung von der Rettung am Schilfmeer auf, denn in einer Version drängt ein starker Ostwind das Meer zurück, in der anderen ist es die ausgestreckte Hand des Mose, die das Wunder bewirkt (Ex 14, 21) . Was aber ist der mutmaßliche Kern dieser Überlieferung? Zum einen ist gesichert, dass Ramses II. (1279 –1213) »seine« Stadt im Delta bauen ließ. Wenig später, dies war bei der Betrachtung der Stele des Pharao Merenptah im Museum in Kairo ausgeführt worden (S. 80), ist der Name »Israel« als Bezeichnung für eine Volksgruppe in der Zeit dieses Sohnes Ramses II. erstmals belegt. Diese Angaben weisen also auf die Zeit um den Wechsel zum 12. Jh. v. Chr. Aus genau dieser Zeit ist belegbar, dass Schasu genannte Nomaden von ägyptischen Grenzbeamten aufgegriffen werden, die offenbar vor Hunger und Dürre nach Ägypten flüchten (Papyrus Anastasi VI). Dieser Vorfall soll am Ort tscheku stattgefunden haben, der, wie eben dargestellt, wohl mit Tell el-Maschuta/Sukkot zu identifizieren ist. Wieder andere Texte belegen, dass solche Schasu-Nomanden im Süden Palästinas lokalisiert werden, dort soll es auch ein Gebiet namens Jahu geben. Dies wiederum entspricht der Kurzform des alttestamentlichen Gottesnamens. Als ähnliche syrisch-asiatische Gruppen kennen die Ägypter auch die »Aamu« und »Hapiru«, letzteres Wort entspricht wohl dem biblischen »Hebräer«. Solche Fremden wurden tatsächlich als Arbeiter beim Bau der Residenz Ramses II. eingesetzt. Daher geht man in der Forschung davon aus, dass hinter der Überlieferung vom Exodus Israels die gelungene Flucht einer Gruppe von Nomaden wie den Schasu steht, die den Gott Jahu verehrten. Die Rettung der Gruppe, die sich später zum Volk Israel entwickelte, wurde dann als grundlegende Heilstat dieses Gottes erfahren. Das Ereignis selbst kann an einem der sehr flachen

VII. Das Nildelta Seen stattgefunden haben, die heute durch den Suez-Kanal miteinander verbunden sind. Traditionell werden die südlichen Bitterseen als Schilfmeer bezeichnet. Jedenfalls werden die Flüchtenden den stark frequentierten »Horus­ weg« an der Küste gemieden haben. Doch wann das alles geschehen ist, ob wirklich Ramses II. der Pharao des Exodus ist, lässt sich nicht mehr klären.

Asiaten, darunter ein Schasu (mit Stirnband) bitten um Asyl: Saqqara, Grab des Haremhab (18. Dyn.)

Exkurs: Mose Die zentrale Figur der Bücher Exodus bis Deuteronomium ist Mose, der Anführer des Auszuges, der Israel bis an die Schwelle des gelobten Landes bringen konnte. Wie bei vielen anderen wichtigen Gestalten hat die spätere Überlieferung seiner Taten Schicht um Schicht ergänzt, so dass heute kaum noch sicher auszumachen ist, was historisch zuverlässig und was spätere Deutung ist. Daher haben manche Forscher Mose sogar ganz als Legendenfigur eingeschätzt. Doch dafür, dass es ihn wirklich gegeben hat, spricht zunächst einmal sein Name. »Mose« ist eindeutig ägyptischen Ursprungs, die Kurzform eines Namenstyps, der sonst mit einem Götternamen gebildet wird. Bekannt ist etwa der Pharaonenname Thut-mose, übersetzt: »Thot hat gezeugt«, vgl. auch Ra-mses: »Ra hat gezeugt«. Die hebräische Bibel erzählt wegen dieses etwas verfänglichen Hintergrundes eine eigene Namensgebungsgeschichte (Ex  2, 1–11): »Mose« heiße so, weil die Pharaonentochter ihn aus dem Wasser gezogen habe. Das aber ist eine Volksetymologie; richtig aus dem Hebräischen übersetzt würde Mose eher »Herauszieher« heißen. Das wiederum kann theologische Deutung sein, schließlich hat Mose sein Volk ja aus der Sklaverei gezogen. Die berühmte Szene der Rettung des Kindleins, das in einem Körbchen im Fluss ausgesetzt war, hat eine exakte Parallele in der Legende des Assyrerkönigs Sargon; sie wird also kaum historisch sein. Andere Elemente der Exoduserzählung sind wahrscheinlicher. So flieht Mose zu den Midianitern und heiratet dort seine Frau Zippora; ihr Vater ist Priester dieses Stammes. Diese Midianiter können in ägyptischer Perspektive Schasu-Nomaden gewesen sein (s. o.). Sie sind im Bereich des südlichen Israel-Palästina oder im nördlichen Sinai zu lokalisieren. Vielleicht ist die Gruppe des Exodus durch die Midianiter in Kontakt mit der Verehrung des Gottes

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VII. Das Nildelta Jahu/JHWH gekommen; immerhin erzählt Ex 19 von einem gemeinsamen Kultritual, bei dem Moses Schwiegervater Jitro als Priester agiert. Diskutiert wird schließlich auch, dass Mose syrischer Herkunft war und einen ägyptischen Namen erhielt. Mehrere ausländische Offizielle im Dienst der Pharaonen sind belegt, so ein gewisser Aper-El unter Echnaton. In der 19. Dyn. wurde wenig später ein Syrer namens Bay/Beya zum Schatzmeister, der später aber in Ungnade fiel. In ihm sehen manche Forscher das Vorbild der Mose-Gestalt. Andere nahmen an, dass Mose durch die Reform des Echnaton (s. u. S. 209) beeinflusst wurde, auch dies ist nicht mehr als eine höchst unwahrscheinliche Vermutung. »Er hat kommen lassen Mose, den begnadeten Mann, der aller Welt lieb und wert war und dem Gott und Menschen zugetan waren, dessen Name hoch gepriesen wird.« Jesus Sirach 45, 1

In der späteren Tradition wird dann die Gestalt des Mose vor allem durch die Offenbarung am Sinai und die Gabe der Tora immer wichtiger; besonders im hellenistischen Judentum werden legendarische Elemente der Überlieferung hinzugefügt. Daher weiß auch Stephanus in der Apostelgeschichte (7, 22) zu berichten, dass Mose in aller Weisheit der Ägypter gelehrt wurde und mächtig in Worten und Werken war. Im Brief an die Hebräer (11, 27) wird Mose als besonderes Vorbild des Glaubens genannt, auch daher gilt er in der koptischen Kirche als Heiliger. Sein Geburtsort wird in der Bibel nicht genannt, daher vermuten Traditionen ihn in verschiedenen Regionen Ägyptens, z. B. in Armant bei Theben, in Tanis oder beim Katharinenkloster.

Tanis/Zoan Geschichte Eine der größten Tempelanlagen des Nildeltas findet sich in Tanis (San El-Hagar), das in der 21. und 22.  Dyn. Residenzstadt war, weil sich die Interessen der Pharaonen immer mehr auf den Raum Syrien/Kanaan konzentrierten. Daher ist einsichtig, dass der Ort auch im Alten Testament – hier Zoan genannt – eine Rolle spielt. Mehrfach wird es seiner Größe und Bedeutung wegen angesprochen, so in Num 13, 22, wo gesagt wird, dass Hebron noch sieben  Jahre älter als Zoan ist. In Jes  19, 11. 13 werden die nur scheinbar weisen Ratgeber des Pharao aus Zoan herabgewürdigt, in Ez  30, 14 wird Zoan (wie anderen Städten Ägyptens auch) der Untergang angekündigt. Nach Ps 78, 12. 43 tat Gott seine Wundertaten im Land Zoan – gemeint ist der Auszug Israels. Tatsächlich liegt ja die mutmaßliche Gegend des Exodus­

VII. Das Nildelta

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Umgestürzte Ramses-Statue

geschehens nicht sehr weit entfernt, so dass man in der Anfangszeit der Archäologie hier die Ramsesstadt vermutet hat. Schließlich berichtet 1 Kön 11, 40, dass der Ephraimit Jerobeam nach Ägypten flieht, nachdem an ihn ein Orakel ergangen war, dass er Nachfolger Salomos sein und den Nordteil des Reiches regieren werde. Zwar ist nur genannt, dass Jerobeam zu Pharao Schischak (Scheschonq) geflohen sei. Doch da jener in Tanis regierte, ist es sehr wahrscheinlich, dass Jerobeam dort Aufnahme fand und mit ägyptischen Bräuchen vertraut wurde. Nach Salomos Tod wurde Jerobeam tatsächlich 926 v. Chr. König des Nordreiches Israel. Der Aufstieg von Tanis zur Residenz hat möglicherweise damit zu tun, dass sich der Lauf der Nilarme änderte, so dass die Ramsesstadt Pi-Ramesse vom Fluss abgeschnitten wurde. Seit der 20. Dyn. sind daher »Herren von

Chons-Neferhotep Tempel Kolossus Ramses II.

Großer Amun-Tempel Heiliger See

Horus-Tempel Königsgräber Ältere Umfassungsmauer Anta-Tempel

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|100 m

Rekonstruktion des Tempelbezirks von Tanis

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VII. Das Nildelta

Zerbrochener Obelisk

Tanis« als lokale Herrscher belegbar; mit Pharao Psusennes I. (1039–991) beginnt dann eine sehr rege Bautätigkeit. Dabei werden Statuen und Baumaterialien aus der ca. 20 km entfernten Ramsesstadt hierher transportiert und neu verbaut, wobei viele dieser Steine bereits in der Ramsesstadt sekundär verwendet worden waren. Da man außerdem Stücke aus der 12. und 13. Dyn. gefunden hatte, nahm man in der Archäologie lange Zeit ein sehr viel höheres Alter der Ortslage an. Besichtigung Der Besuch von Tanis ist lohnend, weil sich nur wenige Touristen hierher begeben, so dass man in Ruhe die Größe der Anlage (1,2  × 1,6 km) und die Monumentalität der Bautenreste auf sich wirken lassen kann. Im Mittelpunkt des Interesses wird zum einen der große Amun-Tempel stehen; interessanterweise hat man hier den Kult der thebanischen Trias Amun-Mut-Chons besonders gepflegt. Der Eingang zum Tempel war aus Granit gebaut, davor stand eine monumentale Statue Ramses  II. Die noch erkennbare Umfassungs­mauer aus Lehmziegeln (ca. 430  × 370 m) kann bis zu 10 m hoch gewesen sein; sie geht wie der Kernbereich des Tempels noch auf Ramses II. zurück. Man kann trotz des schlechten Zustandes noch auf der Achse des Tempels gehen und z. B. an dort liegenden Obelisken die mutmaßliche Lage eines nicht mehr erhaltenen Pylons erkennen. Die größte Sensation in Tanis – auch wenn man das vor Ort heute kaum glauben mag – war der Fund der Königsgräber im Bereich des Tempels. Bestattet waren hier Pharaonen der 21. und 22. Dyn.: u. a. Psusennes I.; Osorkon II. und Scheschonq II.–IV. Das Grab des Psusennes war bei seinem Fund unbeschädigt und vollständig erhalten; die oft wiederholte Behauptung, man habe nur das Grab des Tutanchamun ungeplündert gefunden, stimmt

VII. Das Nildelta

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Scheschonq III. Scheschonq IV.

Pylon Osorkons II.

errichtet für Amenemope, möglicherweise nie belegt

Siamun; Psusennes II.; Scheschonq II.

Psusennes I. Amenemope (belegt von Königin Mutnodjmet)

Zugang General Wendjedbaendjed

Prinz Anchefenmut Prinz Harnachte

Scheschonq V. ursprünglicher Zugang aus der Zeit Smendes

Kalkstein

Takelothis I.

Granit Ziegel

Pemu

wahrscheinlich späte 21. Dynastie späte 22. Dynastie |

Osorkon II.

|10 m

Grundriss: Königsgräber der 21. /22. Dyn.

also nicht. Weil 1939 aber der Fund in Tanis im Schatten des Krieges geschah, fehlte die internationale Aufmerksamkeit. Die kostbaren Silber- und Goldfunde werden heute im Museum in Kairo aufbewahrt. Die im Vergleich zu Theben-West sehr kleinen Gräber sind zur einen Hälfte in den Boden gegraben, zur anderen überbaut. Vom Typus her handelt es sich um Tempelhofgräber, die Königsgräber; im Hintergrund die Ziegelumwallung des Tempelgebietes nach dem Neuen Reich die Felsgräber der Pharaonen abgelöst hatten. Man kann in sie hineinblicken und sieht zum Teil noch die Steinsarkophage oder die Reliefs der Wanddekoration aus den Unterweltsbüchern z. B. mit der Sonnenbarke. Die Gräber werfen eine ganze Reihe von bisher nicht gelösten Fragen auf, da nicht nur die Könige hier bestattet wurden und es Nachnutzungen und offenbar auch Umbettungen gab. Die Sarkophage der Könige sind ihrerseits sekundär hierhergebracht worden. So war der des Psusennes I. ursprünglich für Merenptah, den Sohn Ramses II., angefertigt worden; man kann ihn heute im Museum in Kairo sehen (S. 81).

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VII. Das Nildelta Auch wenn es außerhalb des Horizontes dieses Biblischen Reiseführers liegt, ist doch zumindest zu erwähnen, dass in der Nähe nicht nur bei Qantir die Ramsesstadt, sondern auch der Tell ed-Daba liegt, wo österreichische Archäologen die Stadt Auaris ausgraben, die Residenz der Hyksos. Die Forschungen haben das Wissen über diese Fremdherrscher der zweiten Zwischenzeit enorm erweitert und unter anderem belegt, dass es über die Hyksos nun auch syrisch-kanaanäische Einflüsse in Ägypten gegeben hat. Das gilt etwa für die Verehrung eines Wettergottes vom Typ eines syrischen Ba'al; in Ägypten war man vom Nil abhängig und verehrte daher eigentlich keinen Gott, der für den Regen zuständig war.

Bubastis: Katzengöttin und Katzenmumien

Katzenmumie

Reste des Bastet-Tempels

Nahe bei dem modernen Ort Zaqaziq liegen die Ruinen des antiken Bubastis (Tell Basta), der Stadt der Katzengöttin Bastet. Die Anfänge dieser Gauhauptstadt reichen bis in die 2. Dyn. zurück. Ihre Hochzeit hatte Bubastis in der 22. und 23. Dyn. (nach 945 v. Chr.), wobei aber nicht klar ist, ob es in dieser Zeit tatsächlich Hauptstadt der libysch-stämmigen Pharaonen war oder ob die Residenz im benachbarten Tanis blieb. Jedenfalls erwähnt das Buch des Propheten Ezechiel die Stadt unter dem Namen PiBeset gleichrangig mit On-Heliopolis in einem Drohwort (30, 17). Erst mit der Christianisierung am Ende der Römerzeit endete auch der Kult an diesem Ort. Die koptische Tradition vermutet zudem, dass Joseph hier seinen Sitz als Verwalter Pharaos hatte.

VII. Das Nildelta Die katzenköpfige Göttin Bastet galt als freundliche Göttin, die anders als die kämpferische Löwengöttin Sachmet zum Schutz der Menschen da war und als Göttin der Freude und Liebe verehrt wurde. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot berichtet aus dem 5. Jh., dass man ihr zu Ehren in Bubastis ein großes, ausgelassenes Volksfest mit 700.000 Besuchern feierte: »In diesen Tagen wird mehr Wein verbraucht als sonst im Jahr«. Der Tempel der Göttin war aus rotem Granit erbaut, heute lässt sich selbst der Grundriss kaum noch erkennen. Auch die anderen Bauwerke des Tells lassen sich nur noch erahnen; zu ihnen zählen Ka-Tempel der Pharaonen Pepi und Teti (6. Dyn.) und Gräber der 19. und 20. Dyn.

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Figurine der Bastet

das heutige Zaqaziq

AR-Friedhof Katzenfriedhof

MR-Palast

heutige Fruchtlandgrenze Protodyn. Grab NR-Friedhof Grab Horis I. Ka-Tempel Tetis

Grab Horis II.

Ka-Tempel Pepis I. Mihos-Tempel

Fundort des Schatzes aus der 19. Dyn.

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Plan: Tell Basta

Bastet-Tempel

|1000 m

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VII. Das Nildelta Bemerkenswert sind die ausgedehnten Katzen­friedhöfe, die ab der 26. Dyn. angelegt wurden. Die Katze – ägyptisch lautmalerisch miw heißend – galt in der späten Totenliteratur als Manifestation der Sonne, die gegen die gefährliche Apophisschlange kämpfte. Daher wurden später auch alle einzelnen Exemplare als heilig verehrt und in großer Zahl mumifiziert. Die Zahl der in Bubastis in unterirdischen Gängen begrabenen Katzenmumien ist unschätzbar hoch, zumal im 19. Jh. Schiffsladungen von Mumien nach Europa gebracht und zu Dünge- und Heizmaterial verarbeitet wurden. Aus Saqqara wird die Zahl von ca. 4 Mio. Ibismumien berichtet! Die moderne Forschung hat nun aber interessanterweise festgestellt, dass sich in vielen der kunstvoll gewickelten Mumien gar keine Katzenleichen befanden, bzw. dass es sich nur um Teile des Tieres handelt. Das erklärt auch, warum viele der Mumien vergleichsweise klein sind. Offenbar gab es eine Art Serienproduktion solcher Mumien, die an die Menschen vor allem verkauft wurden, weil man mit ihrer magischen Wirksamkeit rechnete. Diese galt wohl als umso höher, wenn die Mumie am Ort der Verehrung der jeweiligen Tiergottheit rituell deponiert wurde. Die massenhafte Mumifizierung von Tieren ist also als eine Weiterentwicklung des eigentlichen Kultes zu sehen, in Bubastis die des Bastet-Kultes, in Tuna el-Jebel die der Thot-Verehrung, die zur Aufzucht und Mumifizierung von Ibissen führte.

Leontopolis Nur der Vollständigkeit halber sei hier der ca. 35 km nördlich von Kairo liegende Tell el-Jahudija erwähnt, das antike Leontopolis. (Weiter nördlich im Delta gibt es eine weitere Ortslage mit dem alten Namen Leontopolis, dem heutigen Tell el-Muqdam am Damiette-Nilarm, was oft für Verwechslungen sorgt.) Der Ort ist von großer Bedeutung, da es hier einen jüdischen Tempel gegeben hat, der noch nach der Zerstörung des Jerusalemer Vorbildes im Jahr 70 n. Chr. in Betrieb war (oben S. 61). Bei der Genehmigung des Tempels durch die Ptolemäer spielte – so der jüdische Geschichtsschreiber Josephus – eine besonders wichtige Rolle, dass es eine alte Prophezeiung gegeben habe, die diesen Tempel ankündigte. Gemeint ist Jes 19,19, wo vom Altar mitten im Land Ägypten die Rede ist. Dieser Text wird später auch für die frühe Christenheit und die Tradition von der Wanderung der Hl. Familie wichtig (S. 202). Außerdem sind in Leontopolis viele jüdische Gräber dokumentiert, so dass man wegen der großen Zahl typisch jüdischer Namen davon ausgehen kann, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung zum Judentum bekannte.

VII. Das Nildelta

Heutige Siedlung im Delta

»Ich bin Machaon, Sohn des Sabbataios, mit fünf Jahren gestorben. Philoumene, meine Mutter, trauert bitterlich. Daher, ihr, die ihr vorbeikommt, weint.« (Grabinschrift aus Leontopolis)

Der Ort stellte sogar ein eigenes Armeecorps, was ebenfalls für seine Größe und Bedeutung spricht. Im Nildelta hat es außerdem seit dem dritten vorchristlichen Jahrhundert eine größere Zahl an Synagogen gegeben, wie eine ganze Reihe von erhaltenen Weihinschriften belegen. Es zeigt sich also, dass auch in der Diaspora die religiöse Ausrichtung des Judentums nicht einheitlich war; am Tempel und seinem Opferkult orientierte Kreise gab es ebenso wie Synagogengemeinden, die einen Gottesdienst durch Schriftwort und Gebet ausübten. Der jüdische Tempel, von Onias IV. um 160 v. Chr. auf den Ruinen eines alten ägyptischen Tempels errichtet, konnte zwar bei Ausgrabungen 1905/06 lokalisiert werden; zu besichtigen gibt es heute aber nichts mehr.

Christliche Erinnerungsorte im Delta Aufgrund der geographischen Gegebenheiten ist einleuchtend, dass eine ganze Reihe von Orten im Nildelta als mögliche Stationen auf der Flucht der Heiligen Familie von Bethlehem nach Ägypten in Frage kommt. Tatsächlich hat die koptische Tradition viele solcher Stätten identifiziert, wobei manche Erzählungen zunächst ohne feste Ortsangabe umliefen und erst später genauer zugeordnet wurden. So kam es zu Doppelüberlieferungen. Zu diesen Orten werden zu jährlichen Festzeiten (mulid) Wallfahrten unternommen. In aller Regel sind die Bauwerke jüngeren Datums und ohne besonderen kunsthistorischen Wert, so dass nur sehr wenige touristische Reisegruppen sie besuchen.

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VII. Das Nildelta

Maria und Josef waschen Jesus, Salome bedient den Brunnen (Mosaik in Kairo, Kirche el-Mo‘allaka)

Bubastis sei die erste Stadt gewesen, die die Heilige Familie und Jesu Hebamme Salome besucht haben. Allerdings wurden sie von den Einwohnern nicht gut empfangen, denn die Götterstatuen der Stadt seien umgestürzt. Damit wird erzählerisch die Prophezeiung aus Jes 19, 1 umgesetzt. Jes 19, 1: »Siehe, der HERR wird auf einer schnellen Wolke fahren und über Ägypten kommen. Da werden die Götzen Ägyptens vor ihm beben, und den Ägyptern wird das Herz feige werden in ihrem Leibe.«

Die Bewohner des Ortes versagten daher der Familie Wasser. Nachdem Jesus aus dem Boden eine heilende Quelle hatte emporsteigen lassen, befahl er, dass dieses Wasser den Bubastiden künftig nicht helfen solle. Bis heute wird hier ein Wunderbrunnen verehrt. In Bubastis habe Jesus auch eine Frau namens Sara geheilt. Die Familie zog dann weiter südlich. In Musturud, nördlich von Kairo, wird heute in der Kirche der Jungfrau Maria eine Höhle gezeigt, in der sie auf ihrem Hin- und Rückweg Zuflucht suchte. In einem benachbarten Brunnen sei Jesus gewaschen worden, nachdem das Kind das Wasser wieder zum Fließen gebracht habe. Von dort aus ging es wieder in den Norden. In Bilbais habe Jesus einen Verstorbenen wieder zum Leben erweckt. Daran erinnert heute der »Baum

VII. Das Nildelta der Jungfrau Maria« (Gelegentlich wird die Reihenfolge Musturud-Bilbais auch vertauscht.) Im nordwestlich gelegenen Samanoud wird die Familie gut aufgenommen; hier zeigt man heute einen von Jesus geheiligten Brunnen und einen Trog, in dem Maria Teig geknetet hat. Auf der nächsten Station, in Sakha, wird in der Marienkirche ein Fußabdruck des Jesuskindes in einem Stein gezeigt; der Ort wurde ein frühes Zentrum der koptischen Kirche. Über das Wadi Natrun, Heliopolis (zum dortigen Marienbaum S. 73) und Kairo sei die Heilige Familie dann bis nach Mittelägypten (S. 201) gekommen; auf dem Rückweg nach Israel habe sie auch die jüdischen Landsleute in Leontopolis und den dortigen jüdischen Tempel besucht. Qasr des Antoniusklosters Wie oben dargelegt (S. 63), ist es historisch ganz unwahrscheinlich, dass die Reise nach Ägypten überhaupt stattgefunden hat; von der Hebamme Salome, die nach der koptischen Tradition mitreiste und das Jesuskind versorgte, ist in der Bibel gar keine Rede. Doch die Zuordnung von mutmaßlichen Reise­etappen zu konkreten Orten hat für die Gläubigen eine neue Realität geschaffen, in der unterschiedlichste Stoffe des Alten und Neuen Testaments aktualisiert werden konnten.

Die Klöster am Golf von Suez Geographisch nicht mehr zum Nildelta gehörig sind die Klöster des Antonius und Paulus. Sie sollen dennoch im Zusammenhang dieses Kapitels kurz vorgestellt werden, da sie auf der Straße von Suez aus zu erreichen sind, ebenso, da auf gleicher geographischer Höhe liegend, von Beni Suef aus. Das Antoniuskloster (Deir Mar Antonios): Das älteste Kloster Ägyptens wird nur selten von Touristen besucht; es liegt abseits der üblichen Reiserouten »in der innersten Wüste«. Es ist sehr schön unterhalb einer steilen Felswand gelegen; seine Wasserversorgung wird durch eine Quelle gesichert. Die Höhle, in der Antonius nach der Vita Antonii gelebt hat, liegt ca. 2 km entfernt im Gebirge und ist für geübte Wanderer zu

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VII. Das Nildelta erreichen. Das Kloster wurde bald nach dem Tod des Mönchsvaters (251– 356) gegründet. Aus dieser Zeit sind unter der Kirche Mönchszellen erhalten. Durch seine Lage abseits der Verkehrsströme ist es bis ins 15. Jh. kaum zerstört worden, dann aber wurde es von Beduinen erobert. Auch hier boten Festungsanlagen Schutz vor möglichen Angriffen, in die sich auch Mönche aus dem Wadi Natrun nach den dortigen Berberüberfällen begaben. Die Hauptkirche der Anlage geht vielleicht ins 6. Jh. zurück, die heutige Substanz stammt vor allem aus der Zeit um 1000. In jüngster Zeit sind die wunderbaren Fresken von jahrhundertealten Rußschichten befreit worden; sie werden auf die Zeit zwischen dem 7. und 13. Jh. datiert. Zum Teil weisen sie byzantinischen Einfluss auf, was die internationale Anziehungskraft dieser Geburtsstätte des Mönchtums belegt. Besonders zu erwähnen ist die Abbildung von Christus in der Mandorla mit den ihn umgebenden Aposteln aus dem 7. Jh. am Durchgang zur Kapelle der vier Tiere der Apokalypse. Aus einer Predigt des Antonius: »Lasst uns also, meine Kinder, an der Askese festhalten … Damit wir aber nicht erlahmen, ist es gut, wenn wir dem Wort des Apostels nachsinnen: ›Täglich sterbe ich‹. Wenn wir mit dem Bild des Todes vor Augen leben, werden wir nicht sündigen.«

Noch heute sprechen die Mönche hier untereinander koptisch; die Anlage wirkt auf moderne Besucher eher wie eine kleine, sich selbst versorgende Stadt. Die Mauer aus dem 10. Jh. hatte ursprünglich kein Tor; die Hebevorrichtung für Lasten und Besucher ist noch zu sehen. Das Pauluskloster In geringer Entfernung vom Antoniuskloster liegt das Kloster des Paulus von Theben, heute ebenfalls eine in sich geschlossene Siedlung, in der männliche Besucher auch übernachten können. Der Anachoret Paulus soll während der Verfolgung unter Kaiser Decius in eine Grotte geflüchtet sein, über die dann seine Anhänger eine Kirche bauten. Sein beispielhaftes Leben wurde bereits um 375 vom Kirchenvater Hieronymus ausführlich (und ausgeschmückt) als Vorbild beschrieben; doch besonders seine angebliche Lebensdauer von 113 (oder 115) Jahren (geb. 228) wirft Fragen auf. In seiner Lebensbeschreibung werden deutlich biblische Elemente verarbeitet, so die von Elia bekannte Versorgung durch Raben; Löwen sollen sein Grab ausgehoben haben. Die Anlage des Klosters mag bis in das 5.  Jh. zurückgehen; im 19.  Jh. wurde es weitgehend neu gebaut. Heute liegen auf seinem Gebiet insgesamt vier Kirchen. Die besonders sehenswerte alte Unterkirche der dem

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VII. Das Nildelta Eremiten geweihten Hauptkirche ist in der Felshöhle eingerichtet, in der Paulus gelebt haben soll; hier wird auch sein Sarg gezeigt. Ungewöhnlich ist unter den jüngst restaurierten Fresken die Darstellung vom Kampf des Heiligen Georg und des Engels Michael mit dem Teufel, nicht mit dem Drachen. Die ältesten Malereien reichen bis in das 13. Jh. zurück, sie zeigen u. a. den thronenden Christus, Johannes den Täufer und verschiedene Engelsfiguren. Bei Umbauten im 18. Jh., wohl im Zusammenhang mit dem Bau der St. Mercurius-Kirche, wurden weitere Bildzyklen, z. B die Reiterfiguren in der Kuppel oder die drei Freunde Daniels im Feuerofen (vgl. Dan 3) hinzugefügt. Südlich des Klosters ist eine Quelle zu finden, die nach Mirjam, der Schwester von Mose und Aaron, benannt ist, die hier während des Exodus ihre Füße gewaschen haben soll.

Paulus-Kirche Ölpresse

Mercurius-Kirche Refektorium

Mühlen

Turm Michael-Kirche

Mönchszellen

Mönchszellen Modernes Refektorium

Quelle

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Grundriss: Pauluskloster

Pauluskloster: Szene aus der Märtyrerkuppel im Zugang zur Unterkirche

|10 m

VIII. Die Sinai-Halbinsel

Oase, die traditionell mit Elim (Ex 15,27) identifiziert wird

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VIII. Die Sinai-Halbinsel Mittelmeer Gaza Port Said

Negev Bitterseen

Jo rd an ie n

Suez

Ägypten Mosequelle

Eilat Aqaba

on Su ez

Saudi Arabien

Moseberg Katharinenberg

Golf

lf v

Serabit el-Kadim Wadi Feiran

von A qaba

Sinai Go

Nach der biblischen Überlieferung wanderte Israel 40 Jahre durch die Wüste, bis endlich im Gebiet des heutigen Jordanien die Inbesitznahme des verheißenen Landes beginnen konnte (Num 10– 36). Das zentrale Ereignis in dieser Zeit ist die Offenbarung des Willens Gottes am Berg Sinai (Ex 19–Num 10). Schon vorher hatte Gott seinen Namen dem Mose in der berühmten Szene am brennenden Dornbusch mitgeteilt (Ex 3). Hier jedoch wird der Gottesberg nicht »Sinai« genannt, sondern »Horeb«. Liest man in der Bibel weiter, stellt man fest, dass an einer ganzen Reihe von Stellen der Name »Horeb« – er bedeutet etwa Wüstenland, Ödnis – für den Sinai verwendet wird. Offenbar haben manche Kreise Israels den Namen Sinai gemieden, vielleicht, weil er an den Mondgott »Sin« erinnerte oder weil man ihn in dem Gebiet des feindlichen Nachbarn Edom lokalisierte. Die biblischen Angaben sind nicht präzise genug, um den Moseberg genau zu lokalisieren. Einzelne alte Stellen, z. B. Ri 5, 4; 5. Mose 33, 2, reden gar von einem Gebirge, wo Gott erschienen sei. Die spätere christliche Tradition hat sich daher darum bemüht, den Ort des Sinai genau zu fixieren, gelegentlich wurde gar der Horeb mit einem zweiten Berg identifiziert. Auch die einzelnen Stationen der 40-jährigen Wüstenwanderung suchte man aufzufinden. So konnte die Pilgerin Egeria im 4. Jh. die »Lustgräber« aus Num 11, 31– 35 besichtigen, das Tal sehen, in dem das goldene Kalb angefertigt wurde (Ex 32), und Moses Zorn an der Stelle nachvollziehen, an der er die Tafeln des Bundes zerbrochen hatte (Ex 32, 19). Erneut handelt es sich hierbei um Orte der Erinnerung an biblische Erzählungen, nicht um historisch zuverlässige Lokalisierungen.

Sharm el-Sheikh

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Die Sinai-Halbinsel

Felsformation auf dem Sinai

»Wüstenschiff« im Suezkanal

|50 km

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VIII. Die Sinai - Halbinsel Die Quellen des Mose

Fährt man von Westen herkommend auf den Sinai, lässt sich der erste dieser traditionellen biblischen Orte kurz nach dem Tunnel unter dem Suezkanal besichtigen. Nach Ex 17, 6 schlägt Mose mit seinem Stab auf einen Felsen, der daraufhin Wasser gibt (vgl. Num 20, 8 ff.). Auf dem Sinai lässt sich nun tatsächlich an einigen Stellen beobachten, dass Wasser aus bestimmten Gesteinsschichten quillt. Daher werden mehrere solcher Quellen nach islamischen oder christlichen Überlieferungen als Mosequelle bezeichnet. Die wohl bekannteste ist die Oase Ajn Musa am Nordende des Golfs von Suez. Sie wird allerdings mit einer weiteren biblischen Tradition in Verbindung gebracht: Nach dem Durchzug durch das Schilfmeer wanderten die Israeliten drei Tage ohne Wasser durch die Wüste. Dann kamen sie an eine bittere Quelle, genannt Mara. Mose machte das Wasser dadurch trinkbar, dass er einen Zweig, den Gott ihm gezeigt hatte, in die Quelle warf (Ex 15, 23–25). Hier beginnt das Erzählmotiv des »Murrens des Volkes«: Das Volk ist mit Mose unzufrieden und wäre lieber an den Fleischtöpfen Ägyptens geblieben, statt sich mit den Mühen der von Gott eröffneten Freiheit zu plagen. Eine weitere Tradition bringt den Ort mit den Quellen von Elim zusammen (Ex 15, 27), was geographisch vielleicht am sinnvollsten ist. Interessanterweise gibt es im Judentum eine andere Tradition hinsichtlich der Brunnen auf der Wüstenwanderung. Da ja mehrfach von Quellen oder Wasserwundern erzählt wird, hat man überlegt, dass es einen mitwandernden Brunnen gibt. Dies wurde vom »Brunnenlied« in Num 21, 17 abgeleitet: »Damals sang Israel dieses Lied: Brunnen, steige auf!« Anders als in der christlichen Tradition heißt der Brunnen Mirjambrunnen, da man das Emporkommen des Brunnens auf Moses Schwester zurückgeführt hat. Die Oase Ajn Musa ist nicht besonders sehenswert, nur noch ein Quellbrunnen führt Wasser. Wenn sich ein Touristenbus nähert, belebt sich die Szene durch Beduinenkinder, Mosequelle in Ajn Musa die auf Geschäfte mit Souvenirs hoffen.

VIII. Die Sinai-Halbinsel

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Als Erlebnis besonderer Art ist das etwas weiter südlich gelegene Hammam Faraun »Dampfbad des Pharaos« lohnender. Hier fließt heißes (ca.  70 °C), schwefelhaltiges Wasser aus dem Berg ins Meer. Man kann in die Höhlen hineinkriechen und ein besonderes Sauna-Gefühl erleben oder sich eine heiße Schlammpackung verabreichen lassen. Auch dieser Ort wird mit biblischen Motiven in Verbindung gebracht: Hier sei der »Teich des Pharao«, in dem die Armee des Pharao versunken sein soll. Von der Erzählgeographie der Bibel her kann das aber nicht stimmen.

Refidim – Das Wadi Feiran Nach der biblischen Erzählung hat die Exodusgruppe schon sehr bald nach dem Auszug einen ersten Kampf zu bestehen – die Amalekiter greifen beim Ort Refidim (dt.: Rastplätze) an (Ex 17, 8 –15). Der Tradition nach liegt dieser Ort im Wadi Feiran, das etwas südlich von Abu Rodeis von der Küste ins Landesinnere führt. Erneut ist diese Lokalisierung sehr fraglich, zumal das Gebiet der Amalekiter eher im Negev im Süden Israels zu finden ist. In der Bibel wird das Wunderhafte der Schlacht pointiert: Während Josua gegen die Feinde kämpft, stellt Mose sich auf einen Hügel und hält seinen Stab über das Geschehen. Doch sobald seine Kraft nachlässt, gewinnen die Amalekiter die Oberhand. Daher müssen Aaron und Hur seine Arme stützen, bis Josua die Schlacht gewonnen hat. Als Dank baut Schlammpackungen am Hammam Faraun Mose einen Altar mit dem Namen »Der Herr ist mein Feldzeichen« (Ex 17, 15). Der angesprochene Hügel wird zum einen mit dem Jebel Serbal identifiziert, einem immerhin über 2000  m hohen Berg, den man früher auch als den eigentlichen Berg der Offenbarung angesehen hat. Ebenso gilt der Jebel Tehuna »Mühlenberg« als die Anhöhe, von der aus Mose den Kampf überblickte. Der Berg lässt sich auf steilen, ungesicherten Wegen ersteigen. Von oben hat man nicht nur einen wunderbaren Blick auf das fruchtbare Wadi, sondern sieht auch beBlick in das Wadi Feiran scheidene Siedlungsreste, neben Gräbern auch

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VIII. Die Sinai - Halbinsel

die byzantinischer Kirchen. In der Nähe wird außerdem der Fels gezeigt, aus dem Mose mit seinem Stab das Wasser geschlagen haben soll (Ex 17, 1 ff.). Im heutigen Namen »Feiran« spiegelt sich noch ein weiterer biblischer Name, der der Wüste Paran. Hier sollen zum einen Hagar und Ismael gelebt haben, nachdem sie von Abraham und Sara verstoßen worden waren (Gen 21, 21). Zum anderen ist die Wüste Paran die Station der Israeliten nach dem Aufbruch vom Sinai, von wo aus Mose die Kundschafter entsendet, damit sie das verheißene Land ausspähen (Num 13). Erneut passt die heutige Lokalisierung im Westen des Sinai nicht zur Geographie der Erzählung. Die Besiedlung des Wadis lässt sich bis in das 1. Jh. v. Chr. zurückverfolgen. Diese einzige antike Stadt auf dem Sinai war Ende des 4. Jh. Sitz eines Bischofs und Zentrum des sinaitischen Mönchtums. Von hier aus unternahmen die Pilger ihre Wanderungen zum Moseberg, nachdem man im 4. Jh. den Jebel Musa als Sinai identifiziert hatte. Nach der arabischen Eroberungswelle (7. Jh.) wurde die Stadt aufgegeben. Heute kann man im Wadi Feiran das griechisch-orthodoxe Nonnenkloster Deir Saghir (auch zur Übernachtung!) besuchen, das organisatorisch zum Katharinenkloster gehört. Die kleine Mose-Kapelle ist sehenswert, in der Regel aber nicht zugänglich. Zu besichtigen ist die moderne Kosmas- und Damian-Kapelle, in der einige Stücke aus den in der Nähe gelegenen Ruinen der früheren Bischofskirche gezeigt werden. Nordöstlich des Wadis, in einem nur selten von Touristen besuchten Gebiet, liegt mit Serabit al-Khadim ein äußerst interessantes Ausgrabungsgebiet aus pharaonischer Zeit. Es handelt sich um eine große, ungewöhnlich abgewinkelte Tempelanlage, die u.  a. der Göttin Hathor und dem Gott der Ostgrenze, Sopdu, geweiht war. Der Tempel wurde bereits im MR gebaut und dann im NR erweitert; eine Reihe von Inschriften und Stelen belegen dies. Serabit al-Khadim war wie das etwas weiter südlich gelegene Wadi Maghara ein Zentrum des Türkis-Abbaus, den man in Ägypten als Schmuckstein sehr schätzte. Die Göttin Hathor wurde hier verehrt, weil sie als »Herrin des Türkis« und Beschützerin der Minenarbeiter galt; Sopdu war »Wächter der Wüstenwege«. Von besonderer Bedeutung ist der Ort auch, Sphinx mit protosinaitischer Beschriftung weil der Ägyptologe Flinders Petrie 1905 hier

VIII. Die Sinai-Halbinsel eine Sphinx-Figur gefunden hat, die mit der sogenannten protosinaitischen Schrift beschriftet ist. Diese Schrift belegt die Entwicklung von einer hieroglyphischen Bilderschrift hin zu einer Alphabet-Schreibweise, wie sie in den semitischen und griechischen Alphabeten fortentwickelt wurde.

Der Moseberg: Sinai, Horeb und die Erinnerung an Israels Wüstenlager Biblische Überlieferung »Der Berg selbst scheint zwar von außen ein einziger zu sein; innen aber, wenn man hinkommt, sind es mehrere – doch das Ganze wird Gottesberg genannt.« (Aus dem Reisebericht der Egeria, 2, 5)

Das Ziel der Reise der frommen Pilgerin im Jahr 383 ist der Jebel Musa »Berg des Mose«, ein 2285 m hoher Gipfel im Süden der Sinai-Halbinsel. Aufgrund seiner Lage wirkt es, als sei er der höchste Berg der Gegend, dabei ist der benachbarte Katharinenberg mit 2639 m deutlich höher. Die Identifizierung des Moseberges mit dem Sinai hat sich offenbar erst kurz vor Egerias Besuch durchgesetzt. Historisch ist es wegen der abgeschiedenen Lage sehr unwahrscheinlich, dass sich die Exodusgruppe so weit in den Süden der Halbinsel bewegt haben soll. Eine ganze Reihe von biblischen Überlieferungen werden nun an diesem Ort lokalisiert. Zunächst ist es die Offenbarung Gottes und seines Namens »Ich-bin-der-ich-bin« (Ex 3, 14) aus dem brennenden Dornbusch heraus. Dann Moseberg im Abendlicht findet man hier den Brunnen im Land Midian, an dem Mose die Töchter des Reguel/Jitro und so seine Frau Zippora getroffen hat (Ex 2). Von zentraler Bedeutung ist der Sinai als Ort der Theophanie (Erscheinung Gottes), der Gabe der 10 Gebote (Ex 19+20) und der weiteren Gesetze. Schließlich wird auch des Propheten Elia gedacht, der nach 1 Kön 19 40 Tage und Nächte zum Horeb wandert und dort die Offenbarung der Gegenwart Gottes als »Stimme verKapelle auf dem Jebel Musa schwebenden Schweigens« (M. Buber) erfährt.

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Sonnenaufgang über dem Sinai

Aufstieg Heute geschieht der Aufstieg auf den Berg meist bei Nacht, damit man den Aufgang der Sonne über der Bergwelt des Sinai vom Gipfel aus erleben kann. Per Kamel oder zu Fuß kämpfen sich Besucher aus der ganzen Welt die steilen Wege hinauf; Reiseleiter versuchen mit lauter Stimme, ihre Gruppen zusammenzuhalten, und Beduinen bieten warme Getränke und keimhaltige Decken an. Das alles ist der religösen Sammlung nicht förderlich. Und doch ist der Sonnenaufgang ein beeindruckendes Erlebnis, das auch die altägyptische Vorstellung vom Neubeginn der Welt angesichts der Geburt der Sonne unmittelbar verständlich werden lässt. Nimmt man für den Aufstieg den Kamelpfad zum Gipfel, liegt ein willkommener Rastpunkt bei der Einsiedelei des Hl. Stefan. Hier wird der Ort lokalisiert, an dem die 70 Ältesten warten, während Mose allein sich Gott nähern darf (Ex 24, 1 f.). In zwei Kapellen werden Mose und Elia verehrt. »Zur vierten Stunde erreichten wir den berühmten Gipfel des heiligen Gottesberges, den Sinai, wo das Gesetz gegeben worden ist – an der Stelle, wo die Herrlichkeit Gottes herabstieg an dem Tag, als der Berg rauchte.« (Egeria, 3, 2)

Auf dem Gipfel selbst wurde ebenfalls eine Kapelle gebaut, die in der heutigen Form aber nur bis in das Jahr 1934 zurückreicht. Doch schon Egeria hatte im 4.  Jh. hier eine kleine Kirche vorgefunden und dort das Abendmahl gefeiert. Im Jahr 530 wurde dann unter Kaiser Justinian eine kleine Basilika erbaut, auf deren Grundmauern die heutige Kirche steht. Zu besichtigen ist außerdem eine Höhle, in der sich Mose geborgen haben soll, als Gottes Herrlichkeit vorüberzog (Ex 33, 22). Schließlich sieht man

VIII. Die Sinai-Halbinsel auf dem Gipfel eine Moschee. Sie erinnert an die Himmelfahrt des islamischen Propheten Nebi Salih und daran, dass Mose/Musa im Koran gemeinsam mit Jesus zu den wichtigsten Vorläufern Mohammeds, dem »Siegel der Propheten«, gehört (Sure  28). Eine weitere Höhle wird mit Ex  34, 4–7 verbunden. Dort steht zwar nichts von einer Höhle, aber da Gott ein weiteres Mal dem Mose begegnet, als er die Gesetzestafeln erneuert, wurde dies in Analogie erschlossen.

Elia-Quelle

Abstieg Der Rückweg zum Katharinenkloster erfolgt üblicherweise über eine Treppe mit vielen tausend Stufen, die ein einzelner Mönch als Bußleistung angelegt haben soll. (Die Angaben schwanken zwischen 2500 und 3750; es wurde nicht eigens nachgezählt.) In der Mitte des Weges trifft man auf die Elia-Wiese, einen kleinen Garten, in dem eine Kapelle an die Offenbarung an Elia erinnert. Am Ende des Weges eröffnen sich spektakuläre Ausblicke durch eine Schlucht auf das Katharinenkloster, die allein den anstrengenden Abstieg lohnen lassen. Zur Zeit der Pilgerreise der Egeria wurde der Horeb nicht mit dem Sinai/ Moseberg identifiziert, sondern einem anderen Berg zugeordnet. Heute ist nicht mehr ganz klar, welcher Gipfel konkret erstiegen wurde. Möglicherweise handelt es sich um den Jebel Safsafeh, wo sich auch byzantinische Überreste feststellen lassen, oder den höchsten Berg des Sinai, den Jebel Katerin. Hier wird heute in einer Kapelle an die Märtyrerin Katharina aus Alexandria erinnert, deren Gebeine an diesem Ort von einem Engel abgelegt worden sein sollen. Der Gipfel lässt sich in einer deutlich längeren Tour besteigen. Es bietet sich bei entsprechendem Wetter eine phantastische Sicht auf den Golf von Suez und den Golf von Aqaba, man steht gewissermaßen zwischen Afrika und Asien. Westlich des Jebel Musa und des Klosters liegt die Ebene Er-Raha (wo heute die Busse parken), in der ebenfalls biblische Traditionen verortet werden. Hier hätten die Israeliten gelagert; eine an Aaron erinnernde Kapelle und ein muslimischer Schrein auf einer Anhöhe markieren den Ort, an dem das goldene Kalb angebetet worden sein soll. Hier habe sich die Erde aufgetan, um die aufständische »Rotte des Korach« zu verschlingen (Num 16). Im Wadi el-Arba‘in, das auf der Rückseite des Moseberges liegt, wird auf dem Weg

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VIII. Die Sinai - Halbinsel zum Kloster der 40 Märtyrer (Deir Arba‘in) der Stein gezeigt, aus dem Mose mit dem Stab zwölf Quellen frischen Wassers für die einzelnen Stämme geschlagen haben soll (angelehnt an Num  20). Außerdem erkenne man die Steinvertiefung, in der das goldene Kalb gegossen wurde (Ex 32). Exkurs: Die Gottesoffenbarung am Sinai – Das Kommen Gottes vom Süden her Die obenstehenden Erläuterungen gehen davon aus, dass der heutige Moseberg nicht der »Sinai« des Alten Testamentes sein kann. Wo aber ist dann dieser Ort zu suchen, oder anders gefragt: Wo sonst hat sich JHWH, der Gott Israels offenbart, woher stammt seine Verehrung? Die biblischen Texte weisen eher in den Norden der Sinai-Halbinsel, vor allem in den Bereich der Oase Kadesch-Barnea, die auch als wichtige Station der Wüstenwanderung der Israeliten genannt wird. Andererseits ist aber im Bericht von der Erscheinung Gottes auf dem Sinai (Ex 19, 18 f.) von Donner, Feuer und Rauch die Rede, so dass man an einen Vulkan gedacht hat. Da es aber auf dem Sinai keine Vulkane gibt, käme eher das Gebiet des nördlichen Arabien in Frage. Doch gehören solche Naturphänomene traditionell zu Berichten von Gotteserscheinungen (vgl. auch Elia in 1 Kön 19), folglich kann man dies nicht geographisch auswerten. Eine weitere Spur ergibt sich durch verschiedene Hinweise aus der MoseErzählung. Hier wird eindeutig davon ausgegangen, dass der Sinai im Gebiet Midian liegt, auch gilt der Schwiegervater des Mose – er wird abwechselnd Reguel oder Jitro genannt – als Priester der Midianiter. Vor der Theophanie, der Erscheinung Gottes, ist er es, der das Opfer zubereitet, von dem auch Mose und Aaron essen (Ex 18, 12). Daher nimmt man an, dass die Verehrung des Gottes JHWH ursprünglich midianitischer Herkunft war (Exkurs: Mose, S. 169). Verschiedene biblische Texte hohen Alters reden überdies vom Kommen Gottes aus dem Süden, so etwa Richter 5, 4  f.: »HERR, als du von Seïr auszogst und einhergingst vom Gefilde Edoms, da erzitterte die Erde … Die Berge wankten vor dem HERRN, der Sinai vor dem HERRN«. Andere Texte nennen die Orte Teman, Midian oder das GebirgeParan (Dtn 33, 2; Hab 3, 3. 7). Das Siedlungsgebiet der Midianiter, die sich besonders als Kamelzüchter einen Namen gemacht haben, lag tatsächlich im Süden des späteren Israel; es reichte wohl vom Osten des Golfs von Aqaba bis zum nördlichen Sinai. Somit lässt sich die mögliche Lage des Ortes der Gotteserfahrung tatsächlich in diesem Gebiet recht wahrscheinlich machen. Wie genau sich die Verehrung

VIII. Die Sinai-Halbinsel dieses Gottes dann in Israel durchgesetzt hat, lässt sich im Einzelnen nicht mehr mit Sicherheit sagen. In späterer Zeit wurden die Beziehungen Israels zu den Midianitern feindlich, daher gibt es auch eine ganze Reihe von Texten, die sie negativ als Verführer darstellen (vgl. Num 25 + 31). Umso erstaunlicher ist der Respekt, den die älteren Traditionen der Bibel den Midianitern entgegenbringen, bis dahin, dass Moses Schwiegervater ihn beraten hat (Ex 18). »Wie ist sein Name?« Der alttestamentliche Gottesname wird mit den vier Konsonanten jod he waw he geschrieben. Daher redet man vom Tetragramm, dem Vierbuchstabennamen JHWH. Wie er im Altertum ausgesprochen wurde, lässt sich nur rekonstruieren, wahrscheinlich lautete er Jahwäh. Auch die ursprüngliche Bedeutung ist nicht ganz sicher. Nach Ex 3, 14 hängt JHWH mit dem Verbum »sein /werden« zusammen, eine andere Erklärung denkt an »wehen« und den Bezug zu einem Wettergott. Schon in vorchristlicher Zeit hat man im Judentum den Namen Gottes aus Ehrfurcht nicht mehr ausgesprochen. Stattdessen verwendete man Adonaj »mein Herr« oder El »Gott«. Bei der Übersetzung der Bibel ins Griechische wurde der Gottesname mit kyrios »Herr« wiedergegeben, woher sich der christliche Gebetsruf »Kyrie eleison« ableitet: »Herr erbarme Dich«. Als man im Mittelalter die bis dahin nur in Konsonanten überlieferte hebräische Bibel mit Vokalzeichen ergänzte, wählte man zur Lesbarmachung des Gottesnamens JHWH die Vokale von Adonaj, das ja im Judentum statt des Namens gelesen wurde. So entstand das Kunstwort Jahowah bzw. Jehowa, das oft fälschlich als Gottesname verstanden wird.

Das Katharinenkloster Geschichte »Dort (waren) sehr viele Einsiedeleien von heiligen Männern und (es stand) eine Kirche an dem Ort, wo der Dornbusch ist, dieser Dornbusch lebt und treibt bis heute Zweige.« (Egeria, 4, 6)

Als die pilgernde Nonne im Jahr 383 den Ort besucht, gibt es also bereits die Vorform eines Klosters, bestehend aus Mönchszellen (wohl vor allem Wohnhöhlen) und einer Kirche. Diese wird auf Kaiserin Helena zurückgeführt, die den Bau ca. 325–330 gestiftet haben soll. Sie markierte den Ort der Offenbarung des Gottesnamens aus dem brennenden, aber nicht vergehenden Dornbusch heraus, wie es in Ex 3 beschrieben wird. Bis heute gilt die »Kapelle des Dornbuschs« als heiligster Ort des Klosters, gezeigt wird außerdem noch immer ein Ginster

Der Dornbusch im Katharinenkloster

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als direkter Nachkömmling des Busches, den Mose gesehen hat. Aus dem Hochmittelalter gibt es Nachrichten, wonach der eigentliche Dornbusch in Teilen über die ganze Christenheit verstreut worden sei. In ihrem Reisebericht erwähnt Egeria noch nicht, dass hier auch der Brunnen gewesen Klostermauer sein soll, an dem Mose die Töchter Reguels getroffen hat (Ex 2); dieser wird aber heute im Treppenweg Katharinenkloster gezeigt. Stattdessen wird als zum Bibliothek spätere Bauten Moseberg eigener Gedenkort die Stelle genannt, an der BrunnenMose seine Schuhe ausziehen sollte (Ex 3,5); hof vermauertes auf diesen Text geht der bis heute vor allem in Portal Moscheen übliche Brauch zurück, heilige PlätMoschee ze ohne verunreinigendes Schuhwerk zu betreTerrasse ten. Der Brunnen, also das Vorhandensein von Kirche Wasser in der Wüste, war sicher der entscheidende Grund für die Ansiedlung in diesem Tal, frühere das heute Wadi ed-Deir »Klostertal« heißt. Latrine Noch später zugewachsen ist dem Ort die Mosebrunnen Fußweg Refektorium heutiger Eingang Verbindung mit der Märtyrerin Katharina, die zum Küche Kléber-Turm Moseberg 307 in Alexandria gefoltert und getötet worden war. Ihre Gebeine wurden erst nach JahrhunGrundriss: Katharinenkloster derten auf dem gegenüberliegenden Jebel Katerin (Katharinenberg) gefunden, wo ein Engel sie abgelegt haben soll. Als Reliquien werden daher heute in der Hauptkirche des Klosters ein Kopf und eine Hand verehrt. Am Beispiel des Katharinenklosters zeigt sich also gut, wie religiöse Überlieferungen einen konkreten Ort suchen und finden, an dem ihnen in Erinnerung und Verehrung Ausdruck verliehen wird. Die ursprüngliche Stiftung der Helena beinhaltete auch einen Bau zum Schutz der ersten Einsiedler vor den hier ansässigen Beduinen, die unter den Mönchen schlimme Massaker anrichteten. Bis heute wird im Kloster an den Märtyrertod von 40 heiligen Vätern im 4. Jh. erinnert. Diese Gefahr ist auch der Hintergrund für den heute sichtbaren Bau: Zwischen 548 und 565 wurde durch Geheiß des Kaisers Justinian nicht nur ein festungsartiges Kloster gebaut (Teile der ursprünglichen Mauer sind im Südwesten erhalten), sondern

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Blick von Norden. Gut zu erkennen ist der Kléber-Turm mit dem alten Lastenaufzug, das Minarett der Moschee und die Katharinen­kirche, hinten die langgestreckte Bibliothek

auch eine Gruppe von 200 Männern angesiedelt, die die Mönche unterstützen sollten. Nach der islamischen Eroberung konnte sich das Kloster auf einen Schutzbrief des Mohammed berufen, dessen Abschrift bis heute in der Bibliothek aufbewahrt wird – seine Authentizität ist freilich strittig. Immerhin blieb die Anlage unbehelligt; im 12.  Jh. wurde gar eine Moschee inmitten der Klos­ termauern eingerichtet, die bis heute von muslimischen Pilgern und Beduinen genutzt wird und zu besichtigen ist. Dies ist umso erstaunlicher, als zur gleichen Zeit die christlichen Kreuzritter dem Kloster einen deutlichen Aufschwung bescherten, der sich noch heute in vielen baulichen Details zeigt. Es gab einen Niedergang ab dem 15. Jh.; ab 1798 wurde es dann aber durch französische Truppen unter dem Kommando des Generals J.-B. Kléber renoviert; Napoleon garantierte den Schutz des Klosters. Seit 1575 ist das Kloster anerkannt selbständig und gilt heute als kleinste Diözese der Welt. Da es griechisch-orthodoxer Glaubensrichtung ist, leben hier fast ausschließlich Mönche, die aus Griechenland stammen. Wegen dieser orthodoxen Prägung war seit dem 19. Jh. Russland eine besonders wichtige Schutzmacht, was für die Geschichte des Codex Sinaiticus, der wichtigsten Handschrift des Klosters, von entscheidender Bedeutung sein sollte (s. u.).

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Besichtigung Der Besuch des Klosters ist nur eingeschränkt in der Zeit von 9 –12 Uhr möglich, die Mönche folgen strikt ihren Gebetszeiten. Dazu werden sie von einem Klangbrett, dem Semantron, im Turm der Kirche gerufen, dessen Ton die Touristenmengen mittags beim Verlassen der Anlage vernehmen können. Heute betritt man das Kloster durch eine kleine Pforte neben dem Kléber-Turm. Das frühere Hauptportal an der nordwestlichen Seite ist vermauert. Am Mose-Brunnen rechts des Eingangs vorbei gelangt man zur Basilika, die seit dem Bau unter Justinian in den wesentlichen Teilen unverändert blieb. Im Mittelalter wurden Narthex (Vorraum), Seitenkapellen Turm der Basilika, dahinter das Minarett und die Dornbuschkapelle angebaut; der Turm der Moschee stammt gar erst aus dem 19. Jh. Das Niveau der dreischiffigen Kirche liegt unter dem des Hofes, was wohl auf den ursprünglichen Standort des Dornbusches zurückgeht. Ihre (zusätzliche) Weihung zur Erinnerung an die Märtyrerin Katharina erfolgte erst nach dem Fund der Gebeine im Mittelalter. Vorher war sie der Jungfrau und Gottesgebärerin Maria geweiht, außerdem den Propheten Elia und Mose, so dass sie an die Verklärung Christi erinnerte. Die Zedernholztüren des Hauptportals, das vom Narthex in die eigentliche Kirche führt, stammen noch vom Originalbau; sie gehören zu den ältesten erhaltenen christlichen Holztüren. Die Füllungen der Türblätter weisen sehr feine Schnitzarbeiten auf, deren Würdigung trotz des Gedränges der Besucher lohnt. Abgebildet werden sowohl christliche Symbole wie der Pfau als auch Dekors spätantiker Tradition bis hin zu Affen. Boden und Decke der Basilika sind Zufügungen späterer Zeit (18.  Jh.), ursprünglich war die filigrane Konstruktion der Dachbalken unverkleidet. Mit einem Fernglas oder einem guten Objektiv lässt sich erkennen, dass die eigentlichen Balken wie die Türen reich mit feinen Schnitzereien verziert sind. Die drei Schiffe der Kirche werden durch zwölf nachträglich verputzte Säulen aus Granit abgetrennt. Eine hohe Ikonostase (Bilderwand) verstellt den Blick auf die Apsis, so dass man den wohl größten Kunstschatz der Kirche

VIII. Die Sinai-Halbinsel nicht gut sehen, geschweige denn fotografieren kann. Es handelt sich um das aus dem 6. Jh stammende Mosaik, das den verklärten Christus in der Mandorla zeigt. Um ihn herum angeordnet, anhand der griechischen Namen zu identifizieren, sind (von rechts) Mose, Jakobus, Petrus (liegend), Johannes und Elia abgebildet. Damit sind die Personen präsent, die nach Mk 9, 2– 9 bei der Verklärungsszene anwesend waren. Der dort genannte »hohe Berg« konnte unschwer mit dem Sinai/Horeb identifiziert werden, da dies ja der Berg der Gottesbegegnung von Mose und Elia war. (Die kirchliche Tradition hat das Geschehen allerdings dem Tabor in Israel zugeordnet.) Um die zentrale Abbildung herum sind in kleinen Medaillons u. a. die zwölf Apostel des Neue Testament, die 16 Propheten des Alten Testanment und König David als prototypischer Heilskönig angeordnet. Oberhalb der Apsis wird links neben dem Fenster Mose am Dornbusch gezeigt, auf der

Apsismosaik

Kapelle des Brennenden Dornbuschs

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Kapelle der Hl. Väter

Kapelle des Hl. Jakobus d. J. Sakristei

Schatzkammer

Kapelle der Hl. Mariana Kapelle des Hl. Konstantin und der Hl. Helena Kapelle des Hl. Simeon Stylites Kapelle des Hl. Antipas

Kapelle der Hl. Anna und des Hl. Joachim |

Kapelle des Hl. Kosmas und des Hl. Damian

|10 m

Grundriss der Kirche

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VIII. Die Sinai - Halbinsel rechten Seite erhält er die Weisungen Gottes – hier nicht wie in der jüdischen Tradition auf Tafeln, sondern auf einer Rolle. Die so prominent dargestellte Thematik der Verklärung nimmt nicht nur die besondere Verbindung von Mose und Elia auf, die sich hier am Sinai/Horeb nahelegt. Sie ist auch einzubinden in die altkirchliche Diskussion um die Frage nach der göttlichen und menschlichen Natur Christi, die besonders für die orthodoxe Glaubenstradition von hoher Bedeutung ist. Etwa 100 Jahre vor dem Bau der Kirche war 451 auf dem Konzil von Chalkedon die Zwei-Naturen-Lehre dogmatisiert worden (oben S. 65). Die neutestamentliche Darstellung von der Transformation des Menschen Jesus zu einer göttlichen Gestalt galt als biblische Vorwegnahme dieser dogmatischen Entscheidung. So war die Verklärungsthematik besonders dazu geeignet, Altes und Neues Tes­ tament zusammenzubinden und zugleich einen fundamentalen Glaubenssatz auszudrücken.

Hinter dem Altarraum schließt sich die Dornbuschkapelle an, die in der Regel nicht zu besichtigen ist. Der Ort an dem der Busch stand, ist mit einem Altar überbaut; wahrscheinlich stammt der gesamte Anbau erst aus dem Mittelalter. Der potentielle Ableger des ursprünglichen Ginsterbusches ist an der Außenmauer zu sehen. Gerahmt wird die Basilika durch einen Ring von kleinen Kapellen bzw. Funktionsräumen. In früherer Zeit verließen die Pilger die Kirche durch eine Bronzetür, die links neben dem Altar in die Jakobuskapelle führte. Man besuchte dann den Dornbusch und kam durch die gegenüberliegende Kapelle der Väter in die Kirche zurück. Das Grabmal der Hl. Katharina besichtigte man wie heute an der rechten Seite des Altarraums. Im Narthex werden in Schaukästen einige der Kunstschätze des Klosters gezeigt, die einen ersten Eindruck vom Reichtum der Sammlung vermitteln. Sehenswert ist das Museum, in dem Ikonen (u. a. die älteste Christusikone der Welt), liturgische Gegenstände und Handschriften gezeigt werden – die Bibliothek selbst ist nicht öffentlich zugänglich. In Ruhe zu besichtigen sind die hier gesammelten Ikonen und Handschriften auch auf der gut gemachten Website des Klosters: www.sinaimonastery.com. Zu den besonderen Traditionen der sinaitischen Mönche gehört die Darstellung der Himmelsleiter des Johannes Climacus. Er lebte im 6. Jh. als Asket im und beim Kloster und beschrieb eine 30-stufige Treppe (lat. climax, daher sein Beiname) zum Paradies. Auf ihrem Weg nach oben, wo Christus sie erwartet, werden sie von Teufeln versucht und von Engeln ermuntert. Die Vorstellung orientiert sich an der biblischen Erzählung von Jakobs Traum in Gen 28 und hat große Verbreitung gefunden. Zu den weiteren Sehenswürdigkeiten des Klosters gehört auch die erwähnte Moschee, die aus einer Pilgerherberge umgebaut wurde – vielleicht,

VIII. Die Sinai-Halbinsel um muslimische Angreifer wohlgesinnter zu stimmen. Im Refektorium ist an einer Fülle von Wappen und Wandmalereien abzulesen, von woher die Pilger überall kamen. Beeindruckender ist das Fresko an der Ostwand. Es stammt aus dem Jahr 1573 und zeigt das jüngste Gericht in der künstlerischen Tradition der Ikonenmalerei von Kreta. Schließlich lohnt sich der Besuch des Beinhauses außerhalb des Klosters. Da der eigentliche Friedhof nur wenig Platz bietet, wird beim Tod eines Bruders der am längsten liegende Leichnam ausgegraben und zerlegt; seine Knochen werden ordentlich sortiert im Beinhaus abgelegt. Am Eingang hält die mumifizierte Gestalt des Stephanus aus dem 6. Jh. Wache, dessen Amt die Bewachung des Aufgangs zum Moseberg war.

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Himmelsleiter nach Johannes Climacus, Ikone aus dem Katharinenkloster, 12. Jh.

Die Klosterbibliothek und der Fund des Codex Sinaiticus Die Bibliothek des Klosters ist die Heimat des berühmten, nach seinem Fundort benannten »Codex Sinaiticus«. Dieser Codex gilt als die älteste, nahezu vollständig erhaltene Handschrift der griechischen Bibel; er stammt aus der Mitte des 4.  Jh.s. Er enthält wesentliche Teile des Alten Testaments, das komplette Neue Testament sowie zwei weitere frühchristliche Schriften. Seine Entdeckung durch den Leipziger Theologen Constantin Tischendorf sorgte seinerzeit für Aufsehen. Während einer ersten Orientreise im Jahr 1844 fand Tischendorf in einem Abfallkorb des Klosters 129 Pergamentblätter mit alttestamentlichem Text, von denen er 43 Blätter mit nach Leipzig nehmen durfte. 1853 reiste er auf

Stephanustor an den Stufen zum Jebel Musa

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VIII. Die Sinai - Halbinsel

Stahlstich: Constantin Tischendorf im Jahr seiner dritten Reise (1859)

Die Bibliothek des Klosters

der Suche nach den zurückgelassenen 86 Blättern erneut zum Sinai – jedoch erfolglos. Eine dritte Orientreise 1859, von Zar Alexander II. finanziert, führte schließlich zum Fund nicht nur der restlichen 86  Blätter, sondern auch weiterer 260 – alles in allem 346 –, die nun auch das ganze Neue Testament enthielten. Im Jahr 1975 wurden bei Bauarbeiten im Kloster noch einmal zwölf  Blätter und mehrere Fragmente gefunden, die sich dem Codex Sinaiticus zuordnen lassen. Die 346 Blätter von 1859 waren Tischendorf zunächst leihweise zum Zweck der Publi-

VIII. Die Sinai-Halbinsel

Seite des Codex Sinaiticus

kation überlassen worden. Im November 1869 machten sie die Brüder vom Sinai dem russischen Zaren zum Geschenk. Dennoch hielt sich lange Zeit das Gerücht, Tischendorf habe den Codex gestohlen. Es flammte erneut auf, als die Sowjetregierung die 346 Blätter 1933 nach London verkaufte; nur einige Fragmente blieben in St.  Petersburg zurück. Inzwischen liegen die Schenkungsdokumente publiziert vor, an der Rechtmäßigkeit des Vorganges kann kein Zweifel mehr bestehen. Seit Juli 2009 sind die vier Teile des Codex (London, Leipzig, St. Petersburg, Sinai) im Internet virtuell wieder zusammengeführt und können so bequem studiert werden (www.codex-sinaiticus.net). [Das Kapitel zum Codex Sinaiticus wurde von Professor Christfried Böttrich beigesteuert, der sich seit Jahren intensiv mit C. Tischendorf beschäftigt.]

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IX. Nilaufwärts

IX. Nilaufwärts

Die meisten Gruppenreisen überbrücken die Distanz zwischen Kairo und Luxor durch einen kurzen Flug oder eine Nachtfahrt im Schlafwagenzug. Tatsächlich sind auf der weiten Entfernung die zu besichtigenden Stätten spärlicher gesät und meist in einem schlechteren Erhaltungszustand als die Attraktionen in Luxor/Theben und Umgebung. Dennoch lohnt die Reise mit dem Bus, alleine auch, um mehr vom normalen Leben Ägyptens zu erfahren, als das in den Touristenhochburgen möglich ist. Daneben sind auch einige bedeutende koptische Kirchen und Klöster zu besichtigen sowie für die Religionsgeschichte Ägyptens eminent wichtige Stätten aus pharaonischer Zeit. Im folgenden Abschnitt kann erneut nur das vorgestellt werden, was in biblischer Perspektive von Interesse ist.

Christliche Erinnerungsorte Die koptische Tradition von der Flucht der Heiligen Familie weist auch für die Gegend zwischen Kairo und Assiut als südlichem Wendepunkt eine ganze Reihe von Gedenkorten aus, an denen sich Maria, Josef, Jesus (und Salome) aufgehalten haben sollen. Mit einer besonderen Sage wird die Klosterkirche der Hl. Jungfrau in Jebel el-Tair verbunden: Während die Familie sich in einer Höhle aufhielt, die heute im Inneren der Kirche liegt, habe das Jesuskind einen Fels mit der Hand abgestützt, der auf sie zu fallen drohte. Der Handabdruck im Stein wird noch heute gezeigt. Die Kirche soll auf das Jahr 328 und eine Gründung der Kaiserin Helena zurückgehen. Sie liegt malerisch auf einer über Treppen zu erreichenden Anhöhe und ist zum Teil direkt in den Felsen gehauen. Das Kloster Deir el-Muharraq gilt unter koptischen Christen als zweites Betlehem. Dieses größte koptische Kloster liegt am Westufer des Nils bei

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IX. Nilaufwärts al-Qusiya am Berg Qussqam. In einem von Joseph gebauten Haus, heißt es, habe die Familie über sechs Monate (andere Traditionen: dreieinhalb Jahre) ausgehalten, hier habe Joseph auch den Befehl des Engels gehört, nach Israel zurückzukehren (Mt  2, 19 f.). Für das Weiterwirken des Alten Testaments ist wichtig, dass hier der Stein gezeigt wird, der nach Jes 19, 19 »der Altar des Herrn im Lande Ägypten« ist; diese Prophezeiung sei mit Jesu Ankunft erfüllt worden (zur jüdischen Ausdeutung dieser Stelle auf Leontopolis S. 61). Das Kloster geht möglicherweise noch auf Pachomius (ca. 325) zurück; die Kirche der Jungfrau Maria sei als die älteste Ägyptens direkt nach Ankunft des Markus im Jahre 60 gegründet worden.

Beni Hasan In den Felsaufstieg am östlichen Ufer des Nils beim heutigen Ort Beni Hasan wurden seit der 6.  Dyn. über 900  Gräber geschlagen; die wichtigsten stammen aus dem Mittleren Reich. Warum diese Gräber nicht wie üblich im Westen angelegt wurden, ist unklar; sicher hat die besondere geomorphologische Situation des Felsabhangs dazu beigetragen. Einige der Gräber waren für Fürsten des Gazellengaus 󳢴 gegraben worden; es sind größere Säle,

Grab des Cheti, im Hintergrund Ringkampfszenen

IX. Nilaufwärts deren Decken von Säulen getragen werden müssen. Ihre Wände wurden mit zum Teil sehr ungewöhnlichen Motiven geschmückt, weshalb sie unbedingt sehenswert sind. Die Bilder aus der Alltagswelt Ägyptens folgen nicht den etwa aus Saqqara bekannten Standards. So sieht man z. B. im Grab des Fürsten Baket ungewöhnliche Szenen wie ballspielende Mädchen, einen Flughund, kopulierende Antilopen oder ein Kind, das einem Kalb das Euter der Mutterkuh streitig macht. Eine ganze Wand ist mit Ringkampfszenen bedeckt, über 220 Kämpferpaare streiten hier bis aufs Blut. Auch für andere Gräber sind solche Kampfszenen charakteristisch. Neben den prächtig geschmückten Gräbern gibt es auch eine ganze Reihe von undekorierten Schachtgräbern, in denen aber reiche Grabbeigaben gefunden wurden. Eine besondere Bedeutung für die alttestamentliche Exegese hat eine Szene aus dem Grab des Fürsten Chnumhotep  II. (12.  Dyn.) erhalten. Hier wird die Ankunft einer Karawane von 37 Aamu nachgezeichnet, die kostbare Augenschminke mitbringt. Durch Bärte sind diese Nomaden eindeutig als Semiten gekennzeichnet. Daher hat man seit Richard Lepsius (1810–1884), der Nachzeichnungen der Szene veröffentlicht hat, in diesem Bild eine mögliche Visualisierung der nach Ägypten fliehenden Erzeltern Israels gesehen (vgl. Gen 12 + 42– 43). Das Bild hat die Nomaden-Vorstellung vieler Theologiestudierender geprägt. Allerdings ist eher eine Handelskarawane zu sehen, die über eine höher entwickelte Kulturstufe verfügt; so werden unter anderem auch Musikinstrumente (im Ausschnitt ganz links) abgebildet. Semiten mit Esel und Kindern

Karawane aus Beni Hasan nach R. Lepsius

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IX. Nilaufwärts Eschmunein und Hermopolis magna

Der heutige Ort Eschmunein lässt kaum erahnen, dass hier einst der Regierungssitz des 15. (Hasen-)Gaues war. Zwar kann man eine Fülle von Einzelstücken aus pharaonischer Zeit besichtigen, die zum Teil noch von den Bauten des nahegelegenen Amarna/Achet-Aton herstammen, der neuen Residenz des Echnaton. Doch ein Eindruck vom Gesamtbild der Tempelanlage erschließt sich nicht. Für die ägyptische Religionsgeschichte ist dieser Ort mit dem alten Namen Schmun von hoher Bedeutung, weil hier eine Weltentstehungslehre entwickelt wurde, die eine Alternative zu der aus Heliopolis (S. 72) anbot: Nach der Überzeugung von Schmun gab es uranfänglich ein Chaos – vgl. das Tohuwabohu in Gen 1, 2 –, das aus Urgewässern, Endlosigkeit, Finsternis und Verborgenheit bestand. Dies wurde durch vier Paare von Urgöttern (= Achtheit) symbolisiert. Ein erster »großer Schnatterer« hat dann auf einem aus den Fluten aufgetauchten Urhügel ein erstes Ei gelegt, aus dem alles weitere Leben entstand. Dieser Mythos ist z. B. in Sargtexten in unterschiedlichen Ausprägungen überliefert worden: Manchmal schlüpft der Sonnengott Re aus dem Ei, nach anderen Traditionen gibt es statt des Urhügels | |10 m eine Flammeninsel. Schließlich gehört der Hase 󳢾 in die Symbolik des Ortes, denn er ist Grundriss: Basilika nicht nur Wappentier des Gaues, sondern das ägyptische Wort wnn für »werden, entstehen« wird auch mit dieser Hieroglyphe geschrieben. Erstmals findet sich hier also die mit dem Osterfest verbundene Kombination von Hase und Ei als Symbolen entstehenden Lebens. Interessanterweise wird der eigentliche Hauptgott des Ortes, der Weisheits- und Schreibergott Thot, nicht in dieses Anfangsgeschehen eingeordnet. Allerdings ist auf dem Gebiet seines Tempels wohl in der Antike der Basilika in Hermopolis magna Urhügel gezeigt worden.

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In späterer Zeit wird Thot mit dem griechischen Gott Hermes identifiziert, daher trägt die Stadt den bekannteren Namen Hermopolis (Hermesstadt). Besuchenswert ist der Ort vor allem wegen der Überreste der gewaltigen Basilika, die auf das 5. Jh. zurückgeht. Sie wurde auf und aus Petosiris-Grab den Resten eines griechischen Tempels aus dem 3. vorchristlichen Jh. gebaut. In der Nähe kann man in Tuna el-Jebel das gut erhaltene Grab des Petosiris besichtigen, der in Schmun als Priester des Thot gedient hat – daher ist das Grab mit vielen Pavianen geschmückt. Der Grabtempel stammt aus der Zeit um 300 v. Chr. und zeigt in bemerkenswerter Weise schon zu dieser frühen Zeit das Rekonstruktion des Königspalastes nach Vordringen griechischer Elemente in die Kunst Golvin Ägyptens. Am Ort gibt es auch eine riesige, bis 35 m tiefe Tiernekropole, in der vor allem Ibisse und Paviane, die heiligen Tiere des Thot, rituell begraben wurden; vgl. dazu das oben zu den Katzenmumien in Bubastis Gesagte (S. 174). Auf dem Gebiet der Nekropole gab es zudem eigene Aufzuchtanstalten für die Ibisse (Ibiotropheia), was die Bedeutung dieser Riten unterstreicht.

Tell el-Amarna Bei Mallawi, auf dem gegenüberliegenden Ostufer des Nils, liegt Tell el-Amarna. Ein Besuch auf dem Gelände der früheren Hauptstadt des »Ketzerkönigs« Echnaton ist etwas ernüchternd. Zwar ahnt man anhand der Grundmauern die Größe der einzelnen Bauten. Doch die sorgfältig gearbeiteten, im besonderen Amarna-Stil dekorierten Bauelemente sind im Lauf der Zeit verschleppt worden, u. a. nach Schmun, wo heute viele dieser Steine umherliegen. Eine ungefähre Rekonstruktion der Bauten ist dennoch möglich, weil es in den Gräbern der Stadt eine ganze Reihe von Reliefs gibt, auf denen charakteristische Elemente der Tempel und Paläste abgebildet sind. Daher sind die Grabanlagen das lohnendste Ziel des Besuches. In etwa 10 km Entfernung lässt sich in einem Tal auch das Grab des Echnaton und seiner Familie besichtigen; Echnatons Mumie wurde inzwischen im Kairener Museum identifiziert (S. 76).

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Grab des Panchesi: Echnaton opfert vor dem Tempel

Die »Amarna-Zeit« gehört zu den interessantesten Epochen der Geschichte des Alten Ägypten – zumindest für Bibelwissenschaftler, nicht unbedingt auch für Ägyptologen, die diese Phase gelegentlich für eine Art Betriebsunfall der Religionsgeschichte halten. Das Interesse rührt daher, dass zum ersten Mal in der Weltgeschichte etwas wie ein monotheistisches Denksystem greifbar wird. Da nur wenig später der Auszug der Israeliten aus Ägypten anzusetzen ist, lag natürlich die Frage nahe, ob Echnatons Gedanken den Glauben des Mose beeinflusst haben könnten. Polytheismus: Religion, in der viele Götter verehrt werden; einzelne Personen konzentrieren sich mitunter auf einen »persönlichen Gott«. Henotheismus: Religion, in der ein Gott besonders verehrt wird, die aber die Existenz anderer Götter nicht prinzipiell leugnet. Wird auch als Monolatrie (Alleinverehrung) bezeichnet. Monotheismus: Religion, in der nur ein Gott verehrt und die Existenz anderer Götter abgestritten wird.

Historischer Hintergrund Mit dem Geburtsnamen Amenophis »Amun ist zufrieden« kommt der Pharao im Jahr 1352 an die Macht; es ist die 18. Dyn., die das Neue Reich begründete. Schon in seinem ersten Regierungsjahr lässt Amenophis IV. den Bau eines Aton-Heiligtums in Karnak beginnen. »Aton« 󴂙 ist die Erscheinungsform der Sonne als Scheibe am Tage, die man in Ägypten von Re oder Re-Horachte unterschieden hat. In seinem 5. Regierungsjahr kommt es zum »Ikonoklasmus«, zum Zerschlagen der Bilder und Hieroglyphen-Namen anderer Götter. Der Pharao lässt sich künftig Echnaton »Glanz des Aton« nennen – diesen Namenswechsel hat es vorher nie gegeben. Gravierender noch ist der Bau einer neuen Residenz in Achet-Aton »Horizont/Lichtort des Aton« in Mittelägypten. Dieser

IX. Nilaufwärts Ort, das heutige Tell el-Amarna, war ohne jede kultische Tradition. Grenzstelen, die der König zur Markierung des Gebietes in die Felsen hauen ließ, betonten diesen Aspekt; 15 von ihnen sind noch nachweisbar. Auszug aus einer Grenzstele: »Schaut Achetaton, von dem Aton wollte, dass es ihm geschaffen werde; als Denkmal für seinen Namen für alle Zeit. Aton aber, mein Vater, war es, der auf Achetaton wies; nicht zeigt darauf ein Beamter … nicht gehört es einem Gott, nicht einer Göttin … nicht irgendeinem Menschen, um Anspruch darauf geltend zu machen.«

Die Bedeutung der bisherigen Zentren religiöser und politischer Macht in Theben und Memphis wurde durch diese Maßnahme empfindlich verringert. Einige Tempel – vor allem die des Amun – wurden offenbar geschlossen. Daher ist anzunehmen, dass es bei den dortigen Priestern zu heftiger Opposition kam. An einigen Orten wurden Götternamen von den Tempelwänden getilgt, was man bis heute in Luxor beobachten kann (Bild S. 34). Doch ein vollständiges Verbot der anderen Kulte oder die Zerstörung aller Tempel ist – obgleich gelegentlich behauptet – nicht belegt. Als Mittler zwischen dem einen Gott Aton und der Welt wurden nun nur noch der Pharao und seine Familie angesehen (vgl. die Beschreibung des Amarna-Raumes im Museum in Kairo S. 76). Damit ging auch eine ungewöhnliche Machtstellung der Pharaonin Nofretete einher, die sogar beim rituellen »Schlagen der Feinde« abgebildet wurde, was bislang dem Pharao allein gebührte. Jedoch verschwand Nofretete aus der Öffentlichkeit, was bis heute nicht befriedigend erklärt werden konnte. In den letzten beiden Regierungsjahren Echnatons ist es offenbar zur Mitregentschaft des Semenchkare gekommen, in dem manche Nofretete sehen. Ab 1336 bis 1327 regierte dann Tutanch-aton (»Lebendes Abbild des Aton«), ein Sohn Echnatons mit einer Halbschwester. Wohl durch die Beratung des (späteren Pharao) Haremhab ließ der junge Pharao die Reformen beenden. Sichtbares Zeichen der Rückkehr zum Amun-Glauben war seine Umbenennung in Tutanch-amun. Die Residenz wurde nach Memphis verlegt, die alten Kulte wurden wieder in Betrieb genommen. Die sogenannte »Restaurationsstele« im Tempel in Karnak gibt Zeugnis davon, dass die Götter das Land in der Zeit Echnatons verlassen hätten, nun aber durch Tutanchamuns Maßnahmen wieder fröhlich seien. Die Stadt Achet-Aton wurde nach ca. 20–25 Jahren aufgegeben und nur sukzessive abgetragen, nicht systematisch zerstört.

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Religionsgeschichtlicher Hintergrund Was waren die Gründe für diesen religiösen Umsturz? In der Fachwelt besteht keine Einigkeit, weil es keine direkten Aussagen dazu gibt. Deutlich ist jedenfalls, dass in der Zeit vor Echnatons Reform die Verehrung der Sonne deutlich intensiviert worden ist. Das lässt sich an Sonnenhymnen aus der frühen 18.  Dyn. eindeutig zeigen. Ob darüber hinaus der Pharao ein Offenbarungserlebnis hatte (er spricht davon, dass Aton zu ihm redet), oder ob der wirtschaftliche und politische Einfluss der Amun-Priester Thebens zurückgedrängt werden sollte, lässt sich nicht entscheiden. Manche Forscher gehen wegen der etwas seltsamen künstlerischen Darstellung des Pharao gar von einer Krankheit im Sinne eines religiösen Wahns aus. Echnaton mit Opferplatte für Aton Auch die Gründe für das Scheitern lassen sich nur mutmaßlich erkennen. Schon in Amarna selbst belegen Funde, dass einige der traditionellen Götter wie Bes oder Toëris weiterhin verehrt wurden. Die Uräus-Schlange bleibt wichtiges Insignium bei der Darstellung von Echnaton und Nofretete; ebenso die Re- und Horus-Komponenten des Sonnenglaubens. Auch in Achet-Aton gab es wie in Karnak eine Sphinx-Allee. Die Abkehr von den alten Kulten war also nicht total, sie lebten unter der Oberfläche weiter. Die fast ausschließliche Verehrung der Sonnenscheibe hatte außerdem Auswirkungen auf einen der wichtigsten Bereiche ägyptischer Existenz: die Jenseitsvorstellung. Hier blieb der neue Glaube sprachlos, die Nacht war das Nichts, der Tod. Dieser Bruch mit dem Alten war wohl der Mehrheit der Bevölkerung kaum nachvollziehbar. Immerhin ist die Amarna-Zeit nicht ganz folgenlos für die ägyptische Religionsgeschichte geblieben. Zum einen wurden Elemente des expressiven Kunststiles – in abgemildeter Form – in den folgenden Epochen weitergeführt. In Theben-West änderte sich die Grabarchitektur, denn nun wurden die Grabkammern so in den Fels geschlagen, dass die Sonne gerade in sie hineinscheinen konnte. Vorher waren verwinkelte Anlagen gebaut worden.

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IX. Nilaufwärts Die Verehrung des Sonnengottes schließlich wird in der folgenden Ramessidenzeit (Ramses = »Re hat geboren«) in der 19. + 20. Dyn. eine hohe Bedeutung einnehmen, gepaart mit einer Intensivierung einer persönlicheren Frömmigkeit.

Exkurs: Mose und Echnaton? Kann die henotheistische Theologie Echnatons auf Mose eingewirkt haben? Wie oben bereits ausgeführt wurde, wissen wir nichts Genaues über den historischen Mose und seinen Glauben. Insofern lässt sich die Frage nicht beantworten. Eindeutig ist aber, dass sich die theologischen Hauptaussagen des Alten Testamentes ganz eindeutig von der Verehrung der Sonne oder überhaupt der Natur distanzieren. Der Gott Israels ist kein Sonnengott gewesen, auch wenn ihn manche Psalmen mit der Sonne vergleichen mögen und er die Funktionen erfüllen muss, die in anderen Religionen Sonnengötter haben. Zum Zweiten hat die moderne Forschung erwiesen, dass – anders als die Bibel es erzählt – am Anfang der Religionsgeschichte Israels nicht der Glaube an den einen Gott JHWH stand. Der MonotheN-Palast nördliche Felsengräber N-Stadt Stele V ismus hat sich erst viel später durchgesetzt: im 6. Jh. im babylonischen Exil. Damit ist eine Wüstenaltäre nördliche Vorstadt direkte Beeinflussung durch Echnaton ausgeStele U schlossen. großer Tempel Palast Offenbar haben sich aber bestimmte Überhut-Aten (Kleiner lieferungen aus der Amarna-Zeit erhalten. So Aton-Tempel) heutiges ist zu erklären, dass Psalm 104 Anklänge an el-Till Steindorf den großen Sonnenhymnus Echnatons aufArbeitersiedlung weist (S. 77), der ansonsten nur aus einem Grab aus Amarna erhalten ist. Doch die gesüdliche Felsengräber nauen Überlieferungswege sind unklar. So wird südliche man konstatieren müssen, dass sich zu unterVorstadt Kom el-Nana schiedlichen Zeiten an verschiedenen Orten in Fluss-Tempel je eigener Ausformulierung die Erkenntnis Bahn Maru-Aten heutiges el-Amarna Stele N gebrochen hat, dass es nur einen Gott gibt. heutiges Fruchtland

Besichtigung Beim Rundgang über das weitläufige Ausgrabungsgebiet lässt sich eines der charakteristischen Architekturelemente der Tempel nicht

Stele M |

Plan: Tell el-Amarna

heutiges el-Hawata

|1 km

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Rekonstruktion des Eingangsbereiches des großen Tempels

Hochaltar im 1. Hof des kleinen Tempels, gut zu sehen sind die Fundamente der ihn umgebenden kleinen Altäre

Wandverkleidung aus Talatat-Steinen vom Tempel Gem-pa-Aton in Karnak

mehr nachvollziehen: Sie hatten kein Dach. Anders als in den anderen Tempeln Ägyptens, wo sich das Gebäude zum Allerheiligsten hin immer mehr verjüngte und verdunkelte, blieb hier das Kultgeschehen im Licht der Sonne. Die Abbildungen in den Gräbern zeigen, dass die Tordurchgänge der Pylone offen blieben. Auch die Kultbild-, Barken- und Altarräume der klassischen Tempel waren im neuen Kult nicht mehr nötig, geopfert wurde nun auf einer Vielzahl – bis 2000 – von Altären in der Sonne, also im Freien. Wo früher das Allerheiligste war, geschah nun das Opfer des Pharao zu Aton auf einem großen Altar, der von kleineren umgeben war. Im Zentrum der Stadt lag der 270  × 760 m große Bezirk des Haupttempels per Iten (Haus des Aton), der aus zwei Tempelgebäuden bestand und wohl unvollendet blieb. Im Hof der Anlage befand sich ein Benben-Stein auf einem Podium. Im Zentrum des hinteren Tempels stand ein großer, begehbarer Hochaltar, um den 2 × 32 kleine Altäre gruppiert waren. Einer der Gründe für den schnellen Bau dieser riesigen Anlage lag darin, dass unter Echnaton eine neue Bautechnik angewendet wurde. Sie arbeitete mit sehr viel kleineren Steinen als bisher, die heute als Talatat (nach arab. »drei«) bezeichnet werden. So waren die Transportzeiten deutlich kürzer. Die Steine wurden vor Ort aufgemauert, verputzt und dann mit den für Echnaton typischen versenkten Reliefs geschmückt und bemalt. Auch in Karnak wurde in dieser Technik ein Tempel gebaut, der aber nach dem Ende der Amarna-Zeit als Baustoffvorrat für die Erweiterungen des großen Tempels diente. Einige der Talatat-Blöcke konnten

IX. Nilaufwärts geborgen werden. Im Museum in Luxor wurden aus ihnen Wandabschnitte rekonstruiert, so dass man einen sehr guten Eindruck von der Farbigkeit der Echnaton-Bauten hat. Auch der weiter im Süden gelegene zweite große Tempel der Stadt weist eine Fülle von kleiMusikanten im Grab des Merire I. nen Altären auf, die die eigentlichen Hauptaltäre in den Höfen umgaben. Der innerste Bereich dieses Tempels ist nicht mehr rekonstruierbar. Wahrscheinlich handelt es sich um den ältesten Tempel der Stadt, der den neuen Bautyp am besten repräsentiert. Beide Tempel liegen an der zentralen Hauptstraße der Stadt. Sie wurde von einer Toranlage geteilt, in der es ein Erscheinungsfenster gab, in dem sich Echnaton und Nofretete der Bevölkerung zeigten. In der Nähe wurde auch das berühmte Tontafel-Archiv gefunden, das die diplomatische Amarna-Korrespondenz mit den anderen Staaten des damaligen Nahen Ostens erhalten hat. Von den Felsgräbern, die im Norden und Süden von Tell el-Amarna liegen, ist besonders Grab Nr. 4 (Merire I.) interessant, weil sich hier Abbildungen von Palast und Tempel finden, dazu auch Szenen, in denen Echnaton, Nofretete und ihre Töchter opfern. Das Grab des Panchesi (Nr. 6) wurde später in eine Kirche umgewandelt Im südlich gelegenen Grab 25 des späteren Königs Eje – es blieb unvollendet, da er wieder in Theben bestattet wurde – findet man über der Tür den oben genannten Sonnenhymnus des Echnaton, der Parallelen zu Psalm 104 aufweist. Aus dem stark zerstörten Familiengrab Echnatons ist besonders die anrührende Szene der Klage um die Tochter Meketaton bekannt, daneben sind Opfer- und Klageszenen zu sehen. Meist unterbleibt der Besuch wegen der Entfernung und des Erhaltungszustandes. Im Internet findet sich unter www.amarnaproject.com eine sehr detaillierte Beschreibung Amarnas durch die Universität Cambridge (englischsprachig).

Lohnenswerte Besichtigungsziele auf dem Weg nach Süden Auf dem Weg in Richtung Luxor kommt man an weiteren interessanten Orten vorbei, die natürlich von großem Interesse sind, leider jedoch außerhalb des Fokus dieses Biblischen Reiseführers liegen. Zu nennen wären zunächst das Rote und Weiße Kloster nördlich von Sohag, die auf die Zeit um 440 zurückgehen; das Weiße Kloster gehörte zu den wichtigsten koptischen Klöstern überhaupt. Die Namen rühren von den unterschiedlichen Baumaterialien her;

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Halle des Osiris in Abydos

Brunnen

Isis-Tempel

heiliger See

Korridor Sanktuarium Saal der Götterneunheit

Opfertischsaal Laboratorium

Schatzhaus

zweites Hypostyl

Brunnen

erstes Hypostyl

Sanatorium

Hof

Mammisi Nektanebos I.

christl. Basilika

die festungsartige Architektur nimmt Anleihen an den Pylonen alter Tempel. Beide Klöster werden nach Zeiten der Aufgabe heute wieder von Mönchen bewohnt. Die Bestände der früher eminent bedeutenden Bibliothek des Weißen Klosters sind heute auf Museen in der ganzen Welt verteilt, u. a. in Wien und Berlin. In der Gunst der Besucher steht Abydos etwas zu Unrecht im Schatten der großen Tempel von Karnak und Luxor. Der Ort selbst gehört zu den wichtigsten der ägyptischen Religion, da man hier das Grab des Osiris lokalisierte; die virtuelle Abydosfahrt des Leichnams gehörte daher zu jedem Begräbnis. Heute zu besichtigen ist vor allem der Totentempel des Sethos I. (19. Dyn.), den Ramses II. hat vollenden lassen. Dabei hat er dann auch eigene Themen verwirklichen lassen, z. B. die Ergebnisse seiner Kämpfe mit den Hethitern, die zum ersten »Friedensvertrag« der Weltgeschichte geführt hatten (oben S. 23). Die Reliefs sind zum Teil bis hin zu den Farben sehr gut erhalten und erlauben auch wichtige Einblicke in die Königsideologie des Neuen Reiches. Zu besichtigen ist außerdem die berühmte Königsliste (Bild S. 19), in der alle Vorgänger des Sethos seit dem Reichseiniger Menes genannt sind; sie ist ein für die Rekonstruktion der Geschichte Ägyptens überaus wertvolles Dokument.

Dendera Umfassungsmauer

Propylon

röm. Mammisi |

|10 m

Grundriss: Hathor-Bezirk in Dendera

Der Hathor-Tempel Der Ort Dendera, ägypt. Iunet, liegt günstig am Ende des Wadi Hammamet, der Verbindung zwischen Nil und Rotem Meer. Diesem Umstand verdankte die frühere Hauptstadt des 6. Gaues ihre wirtschaftliche Bedeutung. Hier

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sind Gräber schon aus frühdynastischer Zeit belegt; seit der 6. Dyn. bis in die römische Zeit hinein sind hier Tempelbauten dokumentiert, denen dann eine christliche Kirche folgte – ein schönes Beispiel für die Stabilität der Verehrung heiliger Orte. Hier in Dendera wurde zum einen das große Neujahrsfest mit einer Prozession der Götter gefeiert, zum anderen eine Säulenfront des Tempels um 1841 (Gemäljährliche Reise der Göttin zum Tempel ihres de von David Roberts) Partners Horus in Edfu. Ziel der Besichtigung ist der Tempel der Himmelsgöttin Hathor-Nut, der in Teilen aus der ägyptischen 30.  Dyn., in anderen Abschnitten aus der Römerzeit stammt. An vielen Stellen sind sogar leere Kartuschen zu besichtigen  – angesichts des schnellen Wechsels der römischen Kaiser war den Handwerkern offenbar nicht klar, welchen Namen sie eintragen sollten. Die Tempelanlage gehört zu den bes­terhaltenen Ägyptens, allerdings zeigt sich bei der Ausgestaltung des Wandschmucks, dass die hohe Qualität des Kunsthandwerks in der Spätzeit nicht mehr gehalten werden konnte. Weil der Nil hier in einer Schleife fließt, ist die Tempelachse ausnahmsweise in angenäherter Nord-SüdRichtung orientiert, um den üblichen Winkel zum Fluss zu erhalten. Umschlossen wird das Gebiet durch eine Ziegelmauer, an der die in der Spätzeit übliche Wellenbau-Technik noch immer gut zu erkennen ist. Sie soll vielleicht symbolisieren, Hathor-Säulen dass der von ihr geschützte Tempel wie der Urhügel aus dem Urozean Nun auftaucht. Für die Spätzeit typisch sind auch die Geburtshäuser – Mammisi – inner­ halb des heiligen Bezirks. In Dendera gibt es zwei: eines aus römischer Zeit und eines, das auf Nektanebos (380– 362 v. Chr.) zurückgeht und damit das älteste erhaltene Bauwerk der Anlage ist. Diese Mammisi gehören in den Zusammenhang der Vorstellung von der Geburt des Gottkönigs (S. 36); in ih-

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nen wird die Hochzeit der Göttin und die Geburt des Kindes vergegenwärtigt. Für Dendera ist belegt, dass die Geburt des Sohnes der Hathor, Ihi (Gott der Musik), in einem langen Schauspiel gefeiert wurde. Den Abbildungen auf den Tempelwänden entsprach demnach auch eine Realität in Kult und Ritual. Den eigentlichen Tempel betritt man nicht durch Pylone, sondern direkt durch eine Halle aus der Zeit Kaiser Neros. Sie wird von Säulen getragen, deren Kapitelle zu Hathor-Gesichtern ausgeformt sind. Seitdem Reisende des 19. Jh.s den Tempel in Farbbildern dokumentiert haben, sind die ursprünglichen Bemalungen leider sehr verblasst. Der ältere, ptolemäische Teil des Tempels beginnt mit einem Erscheinungssaal, um den kleine Kammern für Kultobjekte angeordnet sind. In der Achse folgen dann der Opfertischsaal, der Saal für die Götterneunheit und schließlich das eigentliche Allerheiligste. Dieses wird umgeben von einem einmaligen System aus Kammern und unterirdischen Krypten, in denen z. B. die für die Neu­jahrsprozessionen nötigen Götterbarken und Kultbilder aufbewahrt wurden. Im Tempel sollen 162 Kultbilder verehrt worden sein, von denen einige auch gefunden wurden. An der Decke des Tempels wird mehrfach die Geburt der Sonne durch die Himmelsgöttin Nut dargestellt, ebenso finden sich schema­ tisierte Abbildungen des Weltbildes mit der Göttin Hathor-Nut, die sich über die Erde neigt. Nut verschlingt und gebiert die Sonne; die Sonnenstrahlen in typischer Tropfenkette Treppen führen auf das Dach des Tempels. Hier gab es z. B. eine Kapelle, die dafür vorgesehen war, dass sich der Ba der Himmelsgöttin in Form des Kultbildes mit der Sonnenscheibe vereinigt – bis in die geschlechtlichen Bedürfnisse hinein wurden göttliches und menschliches Leben parallelisiert. Von größter Bedeutung ist eine der Osiris-Kapellen. Ihre Decke ist – einmalig in Ägypten – als Tierkreis gestaltet. Offenbar wurden hier Sterben und Auferstehen des Osiris mit dem zyklischen Lauf der Götterprozession auf dem Dach des Gestirne zusammengedacht. Das Original des ­Hathor-Tempels Reliefs ist in den Louvre nach Paris überführt

IX. Nilaufwärts worden. Auch an der Decke des großen Säulensaales lassen sich zwei Darstellungen des Tierkreises finden, allerdings in rechteckiger Form, eingezeichnet in eine langgezogene Abbildung der Himmelsgöttin Nut, auf deren Bauch unten die Dekansterne und in einer Reihe darüber die Tierkreiszeichen und Planeten dargestellt werden. Exkurs: Astrologie – die Sterne und das Schicksal Wie in anderen Kulturen auch spielt der gestirnte Himmel bei den Ägyptern eine wichtige Rolle. Der Jenseitsglaube ist ohne die Vorstellung von der Fahrt des Sonnengottes durch den Nachthimmel nicht denkbar; die vergöttlichten Pharaonen steigen aus ihren Gräbern auf zu den Polarsternen; die Himmelsgöttin Nut wird auf die Innenseite der Sargdeckel gemalt, um dem Verstorbenen einen Platz unter den ewigen Sternen zu verbürgen. Jenseits dieser mythologischen Dimension wurden astronomische Kenntnisse auch im Alltagsleben gebraucht: Die exakte Ausrichtung von Pyramiden und Tempeln geschah durch die Beobachtung von Sternbildern und die Verwendung erster Astrolabien. Schließlich rechnete man schon früh mit einem 2  ×12-stündigen Tag und einem 365-Tage /12-Monate-Kalender, der zudem mit dem heliakischen (= zusammen mit der Sonne) Aufgang des Sirius und dem Beginn der Nilüberschwemmung koordiniert war. Hinzu kam ein System von 36 Dekansternen (wohl aus einer 10-Tage-Woche entstanden), die im Toten­kult und bei der Nachtfahrt der Sonne eine große Rolle spielten. Trotz dieser unbestreitbaren Kenntnis der astralen Welt hat man in Ägypten den Sternen ursprünglich keinen Einfluss auf das Schicksal der Menschen zugebilligt. Damit berührt sich die altägyptische Religion mit der Israels, die in den Gestirnen auch nur Zeitmesser und Leuchten sehen konnte (Gen 1, 14 –16). Zukunftsvorhersagen suchte man folglich nicht durch Horoskope, sondern durch Orakel – das bekannteste war das des Amun in der Oase Siwa. Im Gegensatz dazu gab es allerdings in Babylon eine sehr ausgearbeitete Astrologie, die das Schicksal einzelner Menschen oder des ganzen Landes vom Lauf der Gestirne her zu erklären suchte. Diese breitete sich ab ca. 500 v. Chr. auch in Ägypten aus, gewiss unter dem Einfluss der persischen Herrschaft. Erstaunlich schnell wird das neue Wissen im Land bekannt; die schon bisher für die Zeitmessung zuständigen Stundenpriester an den Tempeln werden nun zu Horoskopen: Wer die Gesetzmäßigkeit der Gestirnumläufe kennt, kann daraus auch Aussagen über die Zukunft machen. Schon der

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Tierkreis von Dendera

Grieche Herodot stellte in der Mitte des 5. Jh.s in Verkennung der Tatsachen fest, dass die Ägypter die Astrologie erfunden hätten; Ägypten hatte Babylon und den Chaldäern den Rang abgelaufen. Nachdem man aus Babylon die Theorie eines Tierkreises mit zwölf Elemen­ ten übernommen hatte, wurde dies in Ägypten mit dem dazu passenden Sys­ tem von 36 Dekansternen verbunden. In den ptolemäischen Tempeln der Spätzeit (z. B. Edfu, Kom Ombo) finden sich nun Abbildungen der Tierkreiszeichen. Einen Höhepunkt stellt schließlich das hier wiedergegebene Relief aus

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IX. Nilaufwärts Dendera dar. Man sieht im äußeren Kreis die Symbole der 36 Dekane; im inneren die der zwölf Tierkreiszeichen. Das Zentrum bilden die immer sichtbaren Zirkumpolarsterne. Selbst die Gaue Ägyptens werden nun auf 36 beschränkt. Für die Bevölkerung muss diese quasi wissenschaftliche Erweiterung des Weltbildes sehr plausibel gewesen sein. Der Weisheitsgott Thot – auch als Herr der Mondphasen verehrt – wird nun unter dem Namen Hermes trismegistos (dreimalgroßer Hermes) als Schicksalsgott verehrt; ein auf ihn zurückgeführtes Corpus Hermeticum sammelt u. a. astrologische Traktate. Auch die Bedeutung der Göttin Isis als Königin des Himmels steigt unter dem Einfluss dieser Entwicklung – ein Grund für die weite Ausbreitung ihres Kultes über Ägypten hinaus. Angesichts dieser Entwicklungen ist es verständlich, dass der Kirchenvater Tertullian um 200 scharf gegen astrologischen Spekulationen vorgeht. Dabei zitiert er den Apostel Paulus, der in 1 Kor 1, 20 geschrieben hatte, dass Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht hat. Die Kirche In den Bereich des Hathor-Tempels, zwischen die beiden Mammisi eingebaut, findet man noch heute die Reste einer koptischen Kirche. Meist haben die Ausgräber, vor allem interessiert an altägyptischen Altertümern, später hinzugebaute Kirchen einfach entfernt; hier ist sie erhalten geblieben. Das ist insofern ein großes Glück, als es sich hier um eine der ältesten koptischen Kirchen überhaupt handelt, die in das 5./6. Jh. datiert werden kann. Sie hat einen typischen Basilika-Grundriss. Das Heiligtum ist nach Osten gerichtet und als Trikonchos (mit drei Muscheln/ Nischen) ausgeführt. Vor dem Naos (Hauptraum) liegt der Narthex (Vorraum), vor dem ein weiterer Vorbau zu finden ist, an dessen Seite (nicht in der Hauptachse) sich die Eingänge befanden. Auch ein Taufbecken (Baptisterium) ist noch erhalten. Von außen war das Gebäude aufgrund seiner einfachen, streng rechteckigen Architektur wohl nicht als Kirche erkennbar.

|

|10 m

Grundriss: Basilika von Dendera

X. Luxor

Relief im Grab des Ramose

X. Luxor

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Vom heutigen Ort Luxor aus erschließt sich der wohl faszinierendste und vielfältigste Teil der noch erhaltenen altägyptischen Kultur. Der ägyptische Name waset rührt von dem besonderen was-Zepter 󴖕 her, das sowohl als Machtzeichen des Pharao als auch im Totenkult verwendet wurde; es steht wohl für Herrschaft und Wohlbefinden. Erst die Griechen haben den heute üblichen Namen »Theben« geprägt. Bekannt ist Homers Wort vom »hunderttorigen Theben« (Ilias, 9. Buch, 382), das sich aber wohl nicht auf Ägypten, sondern auf das Theben im griechischen Böotien bezieht. In der Bibel wird der Ort No genannt, was eine Verkürzung von ägyptisch niut ist und »Stadt« bedeutet. Mehrfach wird No wegen seiner Größe erwähnt, die Gottes Gericht doch nicht entgegenstehen kann, so in Ez 30, 14 –16. Interessant ist, dass auch der Hauptgott Thebens den Israeliten bekannt war: Jer 46, 25 erwähnt ausdrücklich den Amun, und der kleine Prophet Nahum versteht No-Amon gar als Namen der Stadt.

Mentuhotep

Asasif

Amenhotep I.

Hatschepsut

Month-Bezirk

Sethos I.

Aton-Bezirk

Tal der Könige Deir el-Bahari

Schönes Fest vom Wüstental

Thutmosis III. Thutmosis IV.

Amunre von Karnak

Ramesseum Deir el-Medine Kamutef Amenhotep III.

Mut-Bezirk Sphinxallee

Tempel der Urgöttin

Opet-Fest

Medinet Habu Dekaden-Fest Luxor-Tempel

Memnonskolosse

Palaststadt Amenhotep III. |

Palasthafen |1 km

Plan: Theben mit Prozessionswegen

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X. Luxor

Soweit erkennbar, reichen die Anfänge Thebens mindestens bis in das Alte Reich zurück. Die Pharaonen der 11. Dyn. wählten hier ihren Regierungssitz; Theben wurde dann die Hauptstadt Oberägyptens, und es begann der Brauch, die Könige auf dem Westufer des Nils zu beerdigen. Die eigentliche Hochzeit war Sphinx-Allee aber das Neue Reich. In dieser Zeit wurden die großen Tempel auf dem Ostufer und die Gräber im Tal der Könige gebaut, die den Ort zum damaligen religiösen Zentrum des Landes machten. Auch nachdem die königliche Residenz in das Deltagebiet verlegt worden war, behielt Theben seine besondere kultische Rolle bei, was sich am weiteren Ausbau der Tempel erkennen lässt. Erst in der Spätzeit gewinnen Orte wie Memphis, Sais oder Bubastis an höherer Bedeutung. Der zentrale Bau des Ortes war der im heutigen Karnak auf dem Ostufer befindliche Tempel des Amun mit zugehörigen Bezirken für Mut, Chons und Month. Er war nach Süden über eine Sphinx-Allee verbunden mit dem AmunTempel in Luxor. Die Verbindung zum gegenüberliegenden Westufer des Nils und zur dortigen Nekropole geschah über einen eigenen Hafen. In ThebenWest lagen die Gräber und Totentempel der Pharaonen, außerdem Grabstätten der Beamten und die Siedlungen der Arbeiter. Aus der Fülle der Monumente können erneut nur diejenigen vorgestellt werden, die einen unmittelbaren Bezug zur biblischen Überlieferung haben. Exkurs: Der Tempel und der Kosmos Das Verständnis der riesigen Heiligtümer Ägyptens wird erleichtert, wenn einige Grundelemente dieser »Gotteshäuser« bekannt sind. Dabei muss man sich aber vor Augen halten, dass die meisten erhaltenen Tempel erst aus dem Neuen Reich (Luxor, Karnak) oder gar der Ptolemäerzeit (Edfu, Dendera) und vor allem aus Oberägypten stammen. Über frühere Kultorte weiß man nicht viel. In extremer Verkürzung lässt sich Folgendes sagen: Heimat der Götter ist der Himmel; »Gott« auf der Erde ist der Pharao. Auf der Erde ist als Statue im Tempel ein Abbild der jeweiligen Gottheit anwesend; im Bild »wohnt« die Gottheit. Folglich kann der Tempel als »Haus« des Gottes angesehen werden. Als Ba-Seele steigt die Gottheit vom Himmel und wird in der Statue verehrt. Zentrum des Tempels ist daher der Raum, in dem das Kultbild »wohnt«, das Sanktuar. Der Tempel

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ist darum die Bühne für den Kult der Götter, kein Versammlungsort von Gläubigen. Die Prozessionswege dienen zur Annäherung der Priester an das Kultbild und zu seinem Transport – deshalb der magische Schutz durch Sphingen. Hier immerhin konnte die Bevölkerung die Götter in ihren Barken sehen. Pylon Hof Hypostyl Sanktuar Die meisten Tempel sind nach einem StanRekonstruktion des Chons-Tempels in Karnak dardplan gebaut, der sich in Karnak am Tempel des Mondgottes Chons besonders gut nachvollziehen lässt: Nach außen wird der Bereich durch eine Mauer und einen Pylon (griechisch: »Tor«) begrenzt, der aus zwei monumentalen Torgebäuden mit Durchgang besteht. Sie weisen eine geneigte Außenfläche und als Abschluss die typische Hohlkehle auf. Reliefs zeigen die chaosbekämpfende Kraft des Pharao, Flaggenmasten nehmen die Hieroglyphe netscher 󴒎 für »Gott/Göttliches« auf. Der Pylon kann auch den Horizont (Hieroglyphe 󴁛) symbolisieren, über dem die Sonne aufgeht, was die Kosmos-Dimension des Tempels unterstreicht (s. u.). Die beiden Türme werden mit den göttlichen Schwestern Isis und Nephthys in Verbindung gebracht. Über einen Innenhof erreicht man eine Säulenhalle (Hypostyl), die symbolisch Schilfsumpf und Urhügel darstellt. Daher sind die Säulen als Nachbildung von Pflanzen wie Lotus oder Papyrus ausgebildet, die den Himmel tragen – erhaltene Deckenteile zeigen daher Sterne oder die Himmelsgöttin Nut. Im Bereich des Allerheiligsten befindet sich dann das Sanktuar mit dem Kultbildschrein, daneben gibt es Opferstellen und Räume für die Barken als Fortbewegungsmittel der Götter. Die Bewegung der Annäherung an das Kultbild hat dabei mehrere Dimensionen, denn man lief vom lichten Vorhof in das Dunkel des Sanktuars und stieg gleichzeitig von unten langsam nach oben an, während die Decken immer niedriger wurden. Auch der Wandschmuck folgte festen Regeln: Innen wurden meist Szenen gezeigt, die Kultvollzüge visualisieren, etwa den König bei Opfern oder Prozessionen. Außen war das Niederschlagen der Feinde durch den König zu sehen. Umgeben war der Tempel auch von Magazinen, da er stets ein wichtiger Wirtschaftsfaktor war. Diese besondere Architektur hat religiöse Gründe: Wenn die Gottheit in ihrem irdischen Bild erreichbar sein soll, dann muss der Tempel auch »Himmel« auf Er-

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den sein. Daher ist er ein Mikrokosmos: Vom Boden bis zur Decke bildet er die Welt vom Sumpf bis zum Himmel ab. Das ansteigende Niveau symbolisiert den Beginn der Schöpfung mit dem auftauchenden Urhügel; daher gibt es auch einen heiligen See im Tempelareal. Der Tempel muss für die Götter würdig sein, so dass sich das Kultbild gern dort aufhält und den Menschen nahe ist. Bezeichnend ist der Name Karnaks: »Himmel auf dem Rücken der Erde«. Der Tempel bildet aber nicht nur den Kosmos ab, sondern er hat wegen der Opfer auch eine kosmoserhaltende Funktion. Über die Heiligtümer und den Kult haben die Götter die nötigen Verbindungen zur ganzen Welt. Wie die Ägypter über die Tempel mit den Göttern verkehren, so kann die Außenwelt nur über Ägypten mit den Göttern in Kontakt treten; Ägypten ist daher AbHauptachse des Tempels in Medinet Habu bild des Himmels und »Tempel der Welt«. In der Spätzeit wird das grundsätzliche Konzept durch zwei architektonische Merkmale erweitert: Nun gibt es Dachaufbauten, in denen es zur Vereinigung von Götter-Ba und Sonne kommt (erhalten in Dendera). In einem Geburtshaus (Mammisi) wird die übernatürliche Zeugung des Königs- oder Götterkindes visualisiert. Im Kult steht die Sorge um die Götterstatue im Mittelpunkt. Im »täglichen Ritual« wird das Karnak, Säulenhalle: Priester (mit Masken) tragen die Barke des widderköpfigen Amun Götterbild gereinigt, gekleidet, mit Hymnen gepriesen und über die Opfer versorgt. Nur Männer konnten als Priester dienen; Frauen waren als Musikerinnen und Tänzerinnen am Kult beteiligt. Ausnahmen davon gab es in Hathor-Tempeln. Schließlich ist daran zu erinnern, dass der Tempelkult nicht von der Königsideologie zu trennen ist. Jedes Opfer im Land gilt als vom Pharao dargebracht, den der Priester nur vertritt. In Anlehnung an politische Kategorien kann man daher vom »Sakralabsolutismus« des Pharao reden (Klaus Koch). Dieser führte

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X. Luxor auch zu den unablässigen Erweiterungen und Verschönerungen der Tempel. Daher haben viele von ihnen nicht den einen idealen Pylon, sondern mehrere. Um den heiligen Bereich legen sich deshalb Mauerringe wie Zwiebelschalen. Was einst als Außenmauer den Tempel vor dem Chaos beschützen sollte, steht nun innen und hat keine rechte Funktion mehr, kann daher auch abgebrochen werden. Die Tempel Ägyptens waren nicht nur die Bühne prächtiger Kultinszenierungen, sondern auch Dauerbaustellen – was uns Heutige wegen des scheinbaren historischen Durcheinanders beim Besichtigen oft irritiert.

Sanktuar Amenophis III. Querliegender Säulensaal Barkensanktuar Amenophis III. und Alexanders des Großen »Geburtszimmer« Zweiter Vorraum Erster Vorraum »röm. Sanktuar«

Säulensaal

Säulenhof Amenophis III.

Der Amun-Tempel in Luxor und die Geburt des Gottkönigs Direkt am Nil, umtost vom geschäftigen Treiben des modernen Luxor, liegt der ungewöhnliche Tempel für Amun, den Hauptgott Thebens. Er ist in Nord-Süd-Richtung angelegt und auf den Tempel von Karnak hin orientiert. Mit diesem ist er durch die genannte, von Sphingen gesäumte Straße von ca. 2,5 km Länge direkt verbunden. Bereits das weist auf eine wesentliche Funktion dieses Bauwerks hin. Hier wurde das OpetFest gefeiert, das jährlich im zweiten Monat der Überschwemmung für elf, später 27 Tage begangen wurde. Dabei zogen die Götterbilder Karnaks in einer feierlichen Prozession aus ihrem Tempel in den ipet-reset »Tempel der südlichen Privaträume« in Luxor. Wahrscheinlich galt der Tempel als Urhügel, zu dem Amun-Re einmal im Jahr kommen musste, um die Welt zu erneuern. Einzelne Szenen dieser Prozessionen sind im Tempel auf einem Fries in der Kolonnade Tutanchamuns und auf der roten Kapelle der Hatschepsut in Karnak abgebildet.

Kolonnade Amenophis III., Tutanchamuns und Haremhabs

Säulenhof Ramses’ II.

Obelisk Moschee

Barkenstation

Kolossale Sitzstatuen Ramses’ II.

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Grundriss: Luxor-Tempel

Pylon Ramses’ II.

|100 m

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X. Luxor Außerdem hatte der Tempel eine eminent wichtige Rolle im Königskult, denn hier wurde rituell die Vereinigung des Königs mit seiner Ka-Seele gefeiert. Dadurch wurde der Pharao zum Gott auf Erden – ein wesentlicher Aspekt der Krönungszeremonie, der ebenfalls jährlich im Opet-Fest vergegenwärtigt wurde. Bei der Besichtigung betritt man heute den Tempel durch den Pylon Ramses  II., vor dem früher sechs, heute noch zwei Kolossalstatuen stehen, die den Pharao zeigen. Auch einer der Obelisken wurde versetzt; um den Preis eines Uhrenturmes wurde er 1829 nach Paris verkauft. Früher war das Areal mit einer Mauer aus römischer Zeit umgeben; vor dem Beginn der SphinxAllee sieht man noch ein kleines Serapeum. Auf dem Pylon hat Ramses  II. die Hethiterschlacht bei Kadesch in Syrien abbilden lassen; die vom Fluss Orontes umgebene Stadt ist gut zu erkennen. Wie bei einer Zeitreise geht man in den auf den Pylon folgenden Höfen den Bauphasen des Tempels entlang, bis man im Bereich des Sanktuars den ältesten Teil aus der Zeit Amenophis III. (1390 –1352 v. Chr.) erreicht. Gestört wird diese historische Abfolge von einer Moschee, die in den Säulenhof Ramses II. eingebaut wurde und hier Ausgrabungen unmöglich macht. Ihr früherer Eingang schwebt nach den Ausgrabungen in der Luft – Zeichen für das im Lauf der Jahrtausende deutlich gestiegene Straßenniveau. Ganz ungewöhnlich ist die im Säulenhof abknickende Tempelachse, durch die die Orientierung auf den südlichen Eingang des Karnak-Tempels erreicht wird. Gegenüber der Moschee ist als kleiner Einbau die Barkenstation zu besichtigen, eine Art antiker »Parkplatz« für die Götterbarken. In der südwestlichen Ecke befin-

Luxor-Tempel vom Nilufer aus gesehen

X. Luxor det sich ein sehenswertes Relief, das den Pylon des Tempels samt einer Prozession zeigt. Es schließt sich ein 52  m langer Säulengang an, der auf Amenophis  III. zurückgeht, aber von Tutanchamun und Haremhab ausgestattet wurde. Hier sind die oben erwähnten Darstellungen des Opet-Festes besonders sehenswert – wenn auch oft wegen der Lichtverhältnisse schlecht zu erkennen. Über den großen Säulenhof und einen Säulensaal erreicht man schließlich den Kernbereich des Tempels. Unter dem Hof Amenophis  III. fand man 1989 in einem Versteck (franz. Cachette) wunderbar gearbeitete Statuen aus der 18. Dyn. Allein sie lohnen einen Besuch im Luxor-Museum, wo sie heute sehr schön präsentiert werden. Im Bereich des Heiligsten lag zum einen das Sanktuar für die Barke des Amun, das noch von Alexander dem Großen ausgebaut wurde. Auf den Reliefs werden der Einzug des Königs in das Sanktuar und seine Inthronisation dargestellt. Wegen dieser Legi­timation des Herrschers hat Alexander den Raum wohl renovieren lassen. Von besonderem Interesse ist jedoch das sog. »Geburtszimmer« östlich des zweiten Vorraumes. Hier ist auf der westlichen Wand in einem Bildzyklus die göttliche Herkunft des Pharao Amenophis III. dargestellt. Leider hat sein Sohn Echnaton die Bilder beschädigen lassen, so dass viele Details nicht mehr eindeutig zu sehen sind. Doch das Bildprogramm kann aus den vergleichbaren Szenen der Pharaonin Hatschepsut ergänzt werden. Im Nacheinander der Bilder – sie sind von unten nach oben, von rechts nach links zu lesen –

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Blick auf die Kolonnade und den Säulenhof; gut sichtbar sind die abgeknickte Achse und die Moschee Abu el-Haggag

Stele des Tutanchamun aus der Cachette

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X. Luxor ergibt sich folgendes Geschehen: Amun teilt den anderen Göttern mit, dass es einen neuen Pharao geben werde. Er geht zu der Königin, deren Mann noch nicht geschlechtsreif ist, also nicht der biologische Vater sein kann. Es geht folglich um einen übernatürlichen Zeugungsakt. Der widderköpfige Gott Chnum bildet danach im Beisein der Göttin Hathor das Königskind und seinen Ka auf der Töpferscheibe. Im mittleren Register kündigt Thot der Königin die Geburt an, darauf wird sie von Chnum und Hathor zur Geburt begleitet. Das Neugeborene wird dann von Hathor an Amun gegeben, der es auf den Arm nimmt. In der obersten Reihe ist zu sehen, wie Kind und Ka von Ammen gestillt und dann vor verschiedenen Gottheiten präsentiert werden. Diese festgelegte Abfolge erinnert so sehr an die Geburtsgeschichte Jesu, dass hier eindeutige Parallelen gesehen wurden: Die übernatürliche Zeugung des Kindes, die Jungfernschaft der Mutter, die Ankündigung an die Mutter durch einen Botengott, die Anbetung und Anerkennung durch Engel bzw. Weise. Doch wird man kaum eine direkte Beeinflussung des Neuen Testamentes von diesen ägyptischen Texten her annehmen können. Wahrscheinlicher sind einige langsam zusammengewachsene Traditionen: Im Mittelpunkt steht die schon im Alten Testament aus dem Pharaonenreich übernommene Idee, dass der König Sohn Gottes ist (vgl. Ps 2, 7, oben S. 36). Später erwartete man nicht mehr einen irdischen Heilsbringer, sondern einen Messias göttlicher Herkunft. Dazu lag in der griechischen Bibel, der Septuaginta, die Vorstellung von der Jungfrauengeburt bereit (Jes 7, 14, übersetzt um 180 v. Chr.). Auch hier ist ein

Umzeichnungen des Geburtszyklus: links: Amun und die Königin; Mitte: Chnum bildet den König und seinen Ka; rechts: Horus präsentiert Amun das Kind und seinen Ka

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ägyptischer Ursprung anzunehmen, da ja diese Version der Bibel in Alexandria übersetzt worden war (oben S. 157). Ein wichtiges Indiz dafür ist, dass in der fraglichen Zeit die ptolemäischen Tempel (z. B. Dendera, Philae, Edfu) mit einem eigenen Geburtshaus (Mammisi) gebaut wurden, in dem diese Vorstellungszusammenhänge tradiert wurden. Als die junge Christenheit unter dem Eindruck von Tod und Auferstehung Jesu nach biblischen Vorhersagen seiner Göttlichkeit suchte, hat man sich leicht dieser Traditionen bedienen können.

Die Tempel von Karnak Der Tempelbezirk von Karnak (ägypt. ipet-sut, »auserwählter Ort«) gehört zu den größten Sakralbauten der Weltgeschichte. Allein die unter Haremhab begonnene und unter Ramses II. fertiggestellte große Säulenhalle zwischen 2. und 3. Pylon nimmt eine Fläche von über einem halben Hektar ein. Die schiere Größe erschwert eine Orientierung der Besucher erheblich, zumal oft genug die Zeit für die Besichtigung knapp und das Gedränge der Touristen groß ist. zweiter Pylon Vorhof

Große Säulenhalle dritter Pylon

vierter Pylon Ptah-Tempel

Bereich des Freilichtmuseums Barkenstation Sethos’ II. erster Pylon

Osiris-Hekadjet-Kapelle

Festhalle Thutmosis’ III. MR-Hof Widdersphingen-Allee Tempel Ramses’ II.

fünfter und sechster Pylon

erster (»Cachette«-)Hof siebter Pylon

heiliger See

zweiter Hof achter Pylon dritter Hof

Einfriedung heiliger Vögel neunter Pylon

Chons-Tempel

vierter Hof

Opet-Tempel

Sedfest-Tempel Amenophis II.

zehnter Pylon |

|100 m

Grundriss: Tempel des Amun

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Rekonstruktion des Amun-Tempels

Widdersphingen

Widderköpfiger Amun-Re

Wichtig ist zunächst eine Grundorientierung: Die meisten Gruppen besichtigen nur den Tempel des Amun. Sie erreichen ihn durch das Besucherzentrum über die Reste einer Sphinx-Allee. Diese verband den Tempel mit dem Nilkai, von wo aus die Götterstatuen nach Luxor oder auf das Westufer gebracht wurden. Mit weiteren Alleen waren der Luxor-Tempel und der Bezirk der Mut im Süden des Amun-Tempels angebunden. Man schätzt, dass insgesamt ca. 1300 Sphingen zur magischen Bewachung dieser Prozessionswege angefertigt wurden. Innerhalb des ummauerten Tempelareals liegen Heiligtümer für Ptah, Chons und Ipet; außerhalb im Norden liegt in einer eigenen Einfriedung der Tempel des Kriegsgottes Month. Die heute zu sehenden Monumente stammen vor allem aus dem Neuen Reich (ab Thutmosis I.) und späteren Epochen. Ältere Vorstufen sind aus dem Mittleren Reich nachweisbar, allerdings wurden die Bauwerke im Zuge späterer Erweiterungen abgebaut und die Materialen weiterverwendet. Bei der abendlichen Sound and Light-Show werden die Bauphasen des Tempels nacheinander illuminiert, so dass man einen sehr guten Eindruck von der Evolution des Heiligtums erhält. Die einzelnen Bauelemente werden auch klarer, wenn man sich die kultischen Vollzüge vergegenwärtigt: Die im Kernbereich des Tempels »wohnende« Statue des Gottes Amun-Re verlässt den Tempel in einer Prozession, etwa um am Dekadenfest zum Besuch der Urgötter nach Medinet Habu zu ziehen. Für diese Prozessionen werden die verschiedenen Barken­ stationen benötigt, in denen Station gemacht wird. Auf dem Rückweg nach Karnak wird der

X. Luxor Tempel – nach einer Station am Kamutef-Heiligtum  – durch den 10. bzw. 9.  Pylon wieder betreten. Am Heiligen See wird symbolisch nachvoll­ zogen, wie Amun (der Verborgene) als untergehende Sonne zum Urgewässer (in OsirisKapellen) hinuntergeht. Danach wird er als Chepre neu geboren und wieder zur Tagsonne (Re) verwandelt. So erklärt sich auch der hier gefundene große Granit-Skarabäus; der Käfer steht für das morgendliche Werden der Sonne (chepre). Charakteristisch für den Tempel in Karnak ist die doppelte Achse. Der Tempel wird durch den jüngsten (30. Dyn. oder ptolemäerzeitlich) und größten 1. Pylon betreten, der direkt auf der ost-westlich orientierten Hauptachse liegt. Hinter dem 3. Pylon beginnt die zweite, nordsüdlich ausgerichtete Achse, die beim 9. Pylon nochmals leicht in Richtung auf das Mut-Heiligtum abknickt. Der übliche Besichtigungsgang folgt der Hauptachse des Tempels. Schon im großen Hof – aus der 22. Dyn. stammend – sind die Bauphasen kaum noch auseinanderzuhalten: Links steht eine von Sethos I. (19. Dyn.) stammende Barkenstation (früher außerhalb des Tempels gelegen), rechts ein Tempel Ramses III. (20. Dyn.) mit eigenem Pylon; in der Mitte geht man durch die Reste des Säulengangs des Taharka (25.  Dyn.) auf den 2.  Pylon (Harem­ hab, 18.  Dyn.) zu. Dahinter öffnet sich der wunderbare Säulensaal (Sethos  I. und Ramses  II.; 19.  Dyn.), durch dessen Mittelachse sich der Blick auf den Obelisken der Hat­ schep­sut öffnet. Zwölf größere Doldensäulen (23  m) markieren das Zentrum der Halle,

Heiliger See und 8. Pylon

Skarabäus am Heiligen See

Illuminierte Säulenhalle

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Im Säulensaal

Rote Kapelle: Kultlauf der Hatschepsut

Sethos I. präsentiert Amun die Gefangenen

122 Papyrusbündelsäulen (13  m) trugen die Decke der Seitenschiffe. Im Norden lassen sich die erhabenen Reliefs Sethos I. zuordnen, im Süden (versenkte Arbeitsweise) Ramses II., was man an den Kartuschen mit den Herrschernamen leicht erkennen kann (s. S. 39). Hinter dem 3.  Pylon liegt ein Mittelhof, von dem die Nord-Süd-Achse des Tempels abgeht. Sehr eng hintereinander stehen dann der 4. bis 6. Pylon, auf die der Bereich des inneren Tempels mit dem Heiligsten folgt. Auch hier ist mehrfach umgebaut und erweitert worden, so dass sich die Strukturen und Funktionen der Bauten kaum noch erschließen. Besonders sehenswert ist hier der sogenannte »Botanische Garten«. Die Wände, ursprünglich Teil eines Säulensaals, sind mit sehr detailliert gearbeiteten Pflanzen- und Tierabbildungen geschmückt, was der eingangs genannten Funktion des Tempels als Abbild des Kosmos entspricht. Einen eigenen Besuch ist das Freilichtmuseum wert, das man vom großen Säulenhof aus erreicht. Hier wurde die Weiße Kapelle Amuns aus der Zeit Sesostris I. (12. Dyn.) wieder aufgebaut, der älteste erhaltene Baukörper

X. Luxor der Anlage. Seine Einzelblöcke waren als Füllmaterial des 3. Pylons verwendet worden und sind daher erhalten. Nördlich davon steht der aus Alabaster gefertigte Schrein Amenophis I. Wieder zusammengefügt zeigt sich auch die Rote Kapelle der Hatschepsut. Hier ist u. a. die Darstellung des Sed-Laufes der Pharaonin vor dem ithyphallischen Amun-Min sehenswert. Ebenfalls im Norden des Amun-Tempels gelegen ist der kleine Tempel des Ptah. Hier sind Kultbilder des Ptah und der Löwengöttin Sachmet erhalten, die durch eine Deckenluke beleuchtet werden. Wenn man die Tür des Zugangs schließt, erhält man einen Eindruck von der Dunkelheit des Allerheiligsten ägyptischer Tempel.

Das Israel-Relief Die historischen Reliefs auf den Außenmauern des Amun-Tempels sind nicht nur für die Geschichte Ägyptens, sondern auch für die alttestamentliche Wissenschaft von erheblicher Bedeutung. So ist auf den nördlichen Außenwänden des großen Säulensaals zu sehen, wie Sethos I. einen Feldzug in Kanaan, Syrien, im Libanon und in Palästina führt. Eine Monumentalszene zeigt, wie der Pharao deportierte Schasu-Asiaten (oben S. 168) vor dem Reichsgott Amun präsentiert, und lässt so erkennen, wie solche Nomaden ins Land gekommen sein können. In ähnlicher Weise hat Ramses II. auf der südlichen Wand seine Erfolge dargestellt. Hier findet sich auch der berühmte Friedensvertrag mit den Hethitern (an der Ecke der Außenwand des Cachette-Hofes). An der Außenwand neben dem 6. Pylon hat Pharao Merenptah seine Siege in Palästina und gegen die Seevölker für die Nachwelt festgehalten. Diese Darstellungen vermitteln eine Fülle wichtiger geographischer und historischer Informationen. Allerdings ist festzuhalten, dass viele Elemente auch typisiert werden. Fremde Völker werden in genau bestimmter Weise dargestellt, die Aufzählung von Eroberungen folgt oft einem kanonischen Schema, das nicht der historischen Realität entsprechen muss, und Misserfolge des Pharaos sind natürlich nicht abgebildet. »Und es geschah im fünften Jahr des Königs Rehabeam, da zog Schischak, der König von Ägypten, gegen Jerusalem herauf. Und er nahm die Schätze des Hauses des HERRN weg und die Schätze des Hauses des Königs, das alles nahm er weg; und er nahm alle goldenen Schilde weg, die Salomo gemacht hatte.« (1 Kön 14, 25 f.)

Im Mittelpunkt des Interesses der Bibelwissenschaft stehen die Reliefs des Pharao Scheschonq I. (945– 924 v. Chr.), der in der Bibel Schischak heißt.

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Sie sind an der südlichen Außenwand des 2. Pylons beim Durchgang in den Bubastiden-Vorhof zu finden und zeigen einen Feldzug nach Palästina, der  – wohl aus handelspolitischen Gründen – im Jahr 926 v. Chr. stattgefunden hat. Dargestellt werden zentral der Gott Amun und seine Begleiterin Waset (Gaugöttin Thebens), wie sie Stricke in der Hand halten, die zu mehreren Registern von vorderasiatischen Gefangenen führen. Diese werden dem Pharao präsentiert. Die stilisierten Gefangenen sind mit Mauerring-Kartuschen als Städte Kanaans gekennzeichnet, so dass eine geographische Zuordnung möglich ist: Die oberen Register nennen Orte aus dem Norden Israels, z. B. Sichem oder Megiddo, die unteren solche aus dem Süden, z. B. Beerscheba oder Arad. Nachdem der berühmte Hieroglyphen-Entzifferer Champollion die Beziehung zwischen dem biblischen Text und diesem Relief hergestellt hatte, sah man im ersten Überschwang wegen der ägyptischen Bestätigung für die biblische Botschaft in einem der Gefangenen sogar ein Bild des Königs Rehabeam von Juda. Doch damit hatte man die typisierte Darstellung der Feinde verkannt. Problematisch war auch, dass ausgerechnet die Stadt Jerusalem in der Liste Scheschonqs nicht genannt wird. Im Gegenzug berichtet die Bibel nichts davon, dass der Pharao die anderen Orte erobert hat. Schließlich stimmen auch die beiden Namensformen des ägyptischen Königs – Scheschonq und Schischak – nicht genau übereinander. Amun und Waset mit gefangenen Asiaten Es gibt verschiedene Ansätze, um das Problem zu lösen. Der radikalste ist, dass Bibel und Reliefs nichts miteinander zu tun haben, dass also ein anderer Feldzug Scheschonqs gemeint ist, der überdies nicht mit dem biblischen Schischak identisch ist. Andere erklären das Fehlen von Jerusalem in der Liste damit, dass es wegen der Übergabe durch Liste der südlichen Städte, in denen Rehabeam nicht zerstört wurde. Auch kann Jerusalem fehlt überlegt werden, dass Jerusalem zu der Zeit

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so unbedeutend war, dass es daher nicht erwähnt wurde. Eine Lösung des Problems steht noch aus, doch deutlich ist jedenfalls, wie schwierig es ist, die Beziehungen zwischen Ägypten und der Bibel eindeutig zu klären.

Theben-West: Auf der anderen Seite des Nils Wenn man sich heute über staubige Straßen den Ausgrabungen auf dem Westufer des Nils nähert, ist kaum zu ahnen, dass sich hier im Altertum eine wahrhaft blühende Landschaft mit Gärten, Alleen, Kanälen und einer ganzen Reihe gepflegter Tempelareale befand. Im Neuen Reich, der Blütezeit des Gebietes, wurde es gar wegen seiner Größe aus der Verwaltung Thebens herausgelöst und als »Westen der Stadt« selbständig. Als Symbol für die einstige Größe können die 23  m hohen Memnons­ kolosse gelten, die für die meisten Besucher den Erstkontakt mit ThebenWest darstellen. Am östlichen Ende des Gebietes stehend, stellen sie Amenophis III. (1390–1352 v. Chr.), den Vater Echnatons, dar. Einst standen sie am Eingang seines Totentempels, von dem heute kaum mehr als die Grundrisse zu erkennen sind. Aus dem 1. Jh. v. Chr. wird etwa vom Geographen Strabo berichtet, dass man morgens in der Nähe der nördlichen Statue ein klagendes Pfeifen hören könne. Daher wurde die Figur mit dem Memnon Homers in Verbindung gebracht, der für seine Mutter, die Morgenröte Eos, singe; so erklärt sich der heutige Name. Nach einer Renovierung im 3. Jh. n. Chr. verschwand das Pfeifen, weshalb man es heute auf Luftausdehnung in den Rissen der Sandsteine zurückführt. Der kurze Stopp zur Besichtigung mag dazu dienen, sich einen ersten Überblick zu verschaffen, wozu die Karte S. 219 hilfreich ist: Blickt man an den beiden Kolossen vorbei, so ist zunächst die Begrenzung der weiten Ebene durch den steilen Anstieg des Gebirges zu notieren. Auffällig ist dabei die Felsenformation des »Horn« (el-Qurn) genannten Berges, der je nach Perspektive an eine Pyramide erinnert. Wahrscheinlich wegen genau dieser Assoziation liegt unterhalb des Horns das Tal der Könige (biban el-moluk) mit den Felsgräbern der Pharaonen. In die Berge Sitzstatuen des Amenophis III., vorne um dieses zentrale Tal herum sind die Grabanlinks Standbild der Teje; im Hintergrund lagen der Königinnen, Beamten und Arbeiter die »Pyramide« des Berges al Qurn gebaut worden.

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Die Pyramiden des Alten Reiches waren über Aufwege mit Tempeln verbunden, in denen die Verehrung des verstorbenen und vergöttlichten Pharao stattfand. Als Äquivalent dazu dient hier in Theben-West der Totentempel des jeweiligen Pharao, das sogenannte »Haus der Millionen Jahre«. Doch die Versorgung der eigentlichen Blick über den Nil auf »al-Qurn« Mumie steht jetzt nicht mehr im Mittelpunkt des Geschehens, sondern die Opfergaben werden den Statuen der Könige dargebracht. Der vergöttlichte Herrscher und sein Bild stehen nun ganz anders in der Öffentlichkeit als bei den Pharaonen des Alten und Mittleren Reiches – auch dies ist an den Memnonskolossen aus dem Millionenjahrhaus Amenophis III. exemplarisch sichtbar. Besonders gut erhalten und wichtige Besichtigungsziele sind der Tempel der Hatschepsut, das »Ramesseum« Ramses II. und der Totentempel Ramses III. in Medinet Habu. Von anderen sind nur wenige architektonische Reste erhalten; der Totentempel Tut­ anchamuns kann gar nur aus Nachrichten über seine Priester belegt werden. Über die Funktion für den Totenkult hinaus war Theben-West aber auch für andere Kultvollzüge von höchster Bedeutung, wobei es vor allem um den Hauptgott Amun-Re ging. So galten die Totentempel als Heiligtümer dieses Gottes. Mit seinem Kult auf dem Ostufer waren sie durch Prozessionen verbunden, wobei zwei Feste eine besondere Rolle spielten: Beim Dekadenfest kam Amun alle zehn Tage nach Medinet Habu, um dort am Urhügel die Urgötter von Hermopolis zu verehren und sich selbst zu regenerieren. Grabinschrift aus Theben: »Trinke den schönen Rauschtrunk, feiere einen schönen Tag mit dem, was dir dein Herr Amun-Re gegeben hat, der Gott, der dich liebt.«

Bedeutsamer noch war das »Schöne Fest vom Wüstental«. Bei diesem Fest wurde die Statue des Reichsgottes Amun-Re, später auch die der Begleitgötter Mut und Chons, auf einer Barke über den Nil gebracht. Die Statuen wurden in die Tempel der jeweils herrschenden Könige gebracht, weshalb sich die konkreten Stationen im Lauf der Zeit änderten. Der König, der die Prozession anführte, brachte reiche Opfer dar. Zu den Feierlichkeiten kamen auch die Verstorbenen hinzu; die Lebenden feierten zudem an den Gräbern ihrer Verstorbenen. Das Ganze konnte sich zu einem handfesten Trinkgelage entwickeln, bei dem der Rausch Ziel des Feierns war. Diese Komponente des Festes hatte einen Bezug zur Göttin Hathor, die im »Mythos von der Himmelskuh« durch

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Rauschtränke davon abgehalten worden war, die Menschen zu vernichten.

Medinet Habu: Ramses III. und die biblischen Philister Unter den Totentempeln der Pharaonen des Neuen Reiches ist der in Medinet Habu (südlich von Deir el-Medine) nicht nur der am besten erhaltene, er hat auch für die Geschichte des Alten Israel eine besondere Bedeutung. Er wurde von Ramses III. erbaut, der in der 20. Dyn. von 1184 –1153 v. Chr. geherrscht hat. Dies ist die Zeit, in der es im Land Kanaan zu Entwicklungen gekommen ist, die letztlich zur Bildung Israels unter den ersten Königen Saul und David führten. Ein wichtiges Element dieser histoMedinet Habu: Der innere Tempel vom Ballon aus gesehen rischen Prozesse ist an der Außenwand dieses Tempels dokumentiert. Ramses  III. hat für sein Millionenjahrhaus den Grundplan des Rames­ seums übernommen. Allerdings fand er einen ungleich wichtigeren Bauplatz, denn er baute direkt neben dem Tempel aus der 18. Dyn., in dem das Grab des Amun-Kematef und der Urhügel verehrt wurden. Hier war das Ziel der Prozessionen des Dekadenfestes zur zyklischen Erneuerung Amun-Res. Wenn man heute vor dem Haupteingang der Anlage, dem »Hohen Tor«, steht, sieht man rechts auf leicht schräger Achse diesen kleinen Tempel. Seine Fundamente reichen in das Mittlere Reich zurück. Bauen ließ ihn Hat­ schepsut, und später (25. Dyn.) wurde er nach vorne hin erweitert. Dazu musste dann die Mauer des Tempels Ramses III. durchbrochen werden. Neben diesem besonderen Heiligtum integriert die Anlage auch einen königlichen Palast und eine Fülle von Räumen für administrative Zwecke, da hier in Medinet Habu zeitweise das Verwaltungszentrum von Theben-West war. Dies wird bereits durch das ganz ungewöhnliche Tor signalisiert, durch das man den Tempel betritt. Im Altertum stand es am Ende eines vom Nil hierher führenden Kanals. Dieses Hohe Tor orientiert sich an syrischen Festungsbauten und trägt daher den Namen Migdol (hebräisch: Turm). Seine Obergeschosse sind erhalten und zugänglich. Auf Abbildungen wird Ramses III. mit jungen Damen gezeigt, daher wird hier eine Art Harem vermutet. Da der Pharao auf gewalt-

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same Weise ums Leben kam, wurde auch spekuliert, dass hier der Ort des Verbrechens gewesen sein kann. Allerdings weist die Mumie des Pharao keine Verletzungen auf. Die Besichtigung konzentriert sich in der Regel auf den eigentlichen Tempel, die westlich (links der Achse) liegenden Gebiete des Palastes und die umliegenden Magazin- und Verwaltungsbauten sind nicht sehr ergiebig. Eine kurze Meditation wert sind die an vielen Stellen erhaltenen Lehmziegelmauern. Gut erkennen lässt sich die Herstellung aus einem Gemisch aus Lehm und Stroh. Das ist der Hintergrund für die Stelle in Ex 5, wo die Bedrückung der IsraBlick von innen auf den Turm und den kleinen Tempel (links) eliten durch die Ägypter noch gesteigert wird. Westtor Tor Ramses III. Außenmauer Ziegelmauer Hypostyl Haupttempel zweiter Hof

erster Hof Palast

erster Pylon

Kleiner Tempel Kapelle der Gottesgemahlinnen

heiliger See

Hohes Tor Landungskai

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Grundriss: Tempelbezirk in Medinet Habu

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»Und der Pharao befahl … Ihr sollt dem Volk nicht mehr wie bisher Häcksel zur Anfertigung der Ziegel liefern! Sie sollen selbst hingehen und sich Häcksel sammeln!« (Ex 5, 6  f.)

Der 1. Pylon des Tempels gibt die wesentliche Thematik des Bildprogramms vor: Ramses III. schlägt vor Amun-Re die Feinde. Dies wird dann in Text und Bild ausführlich im Großen Hof erzählt, wobei auf der linken, westlichen Seite des Hofes zunächst der Krieg gegen die Libyer dargestellt ist. In einer Szene werden vor Ramses abgeschlagene Hände, Zungen und Geschlechtsteile der Gegner aufgeschüttet. Das erinnert an die biblische Geschichte in 1. Sam 18, wonach König Saul von David »100 Vorhäute der Philister« als Brautpreis für seine Tochter fordert – was David dann deutlich übererfüllt. In den Säulengang sind Durchgänge in den dahinterliegenden Königspalast eingebaut. Auf der gegenüberliegenden Seite wird der Krieg gegen die Syrer gezeigt. Diese Halle wird von Pfeilern gestützt, die den König als Osiris zeigen. So wird die Funktion als Totentempel sichtbar. Im Zweiten Hof waren ebenfalls solche Pfeiler als Schmuckelement verwendet worden; sie wurden allerdings von Christen stark beschädigt, als man den Tempel in eine Kirche umwandelte. Auch die Malereien in den Umgängen dieses Hofes, die oft den Gott Min mit aufgerichtetem Glied zeigen, stellten die Toleranz der frühen koptischen Gemeinde auf eine zu harte Probe, so dass sie übermalt wurden. In der sich anschließenden Säulenhalle sind nur noch die schön gearbeiteten Stümpfe der Säulen zu sehen, auch die Seitenräume bieten nicht mehr viel Sehenswertes. Medinet Habu: 1. Pylon Die für die Bibelwissenschaft besonders interessanten Reliefs finden sich an der nordöstlichen Außenwand des Tempels. Hier sind die Kriege Ramses III. gegen die Seevölker dargestellt. Leider ist der Erhaltungszustand oft nicht mehr gut; Regen hat den weichen Stein ausgewaschen, so dass viele Konturen nach unten verlaufen. Dennoch sind einzelne Szenen gut zu erkennen, etwa die Seeschlacht oder der Angriff gegen eine syrische Festung. Dabei entAufschichten und Dokumentieren von steht das Gesamtbild, dass Ramses III. ÄgypKriegstrophäen ten vor einer Invasion der Seevölker bewahrt

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hat, die den gesamten Mittelmeerraum überrollen wollten. An ihren charakteristischen Federkronen sind dabei in verschiedenen Bildern die Philister zu erkennen, die deutlich von anderen Gruppen wie den Scherden (mit Hörnerhelmen) und Schasu (mit Mützen) zu unterscheiden sind. Im Alten Testament werden Philister als Gegner der israelitischen Stämme in der Zeit der Richter genannt (12. Jh.). Gegen die­ se mächtigen Gegner, die offenbar von den Küstengebieten aus in das Landesinnere vordrangen, kämpfte König Saul an, was zur Bildung eines ersten Königtums in Israel führte. Begreiflicherweise war man also wie elekErhaltene Malereien im Zweiten Hof trisiert, als auf den Reliefs Ramses  III. Bilder dieser Völkerschaft zu finden waren. Außerdem hatte man nun eine exakte Datierungsmöglichkeit, denn der Feldzug des Pharao gegen die Philister fand in seinem achten Jahr statt, also um das Jahr 1176 v. Chr. Die Archäologie Palästinas war für dieses Datum außerordentlich dankbar, denn nun konnte man die zeitliche Abfolge von Siedlungen in Syrien-Kanaan anhand von Zerstörungen gut auf die Zeit vor oder Gefangene Philister nach der Schlacht gegen die Seevölker datieren. Außerdem entnahm man dem ägyptischen Papyrus Harris, dass Ramses die gefangenen Seevölker in Syrien ansiedelte. So war eine plausible Erklärung für das Erstarken dieser Gegner der frühen Israeliten gegeben. Die moderne Forschung hat jedoch das als sicher erachtete Bild ins Wanken gebracht. Zum einen ist deutlich, dass Texte und Bilder auf den Reliefs in Medinet Habu nicht in unserem Sinne historisch zuverlässig sind. Zwar wird Ramses einen Krieg und wohl auch ein Seegefecht geführt haben. Doch die Details sind ganz unsicher, denn die Texte und die Bilder benutzen formelhafte Wendungen und ein festes Repertoire an Aussagen. Diese wurden benutzt, um die chaosbändigende Macht des Pharao hervorzuheben: Der König muss-

X. Luxor te Siege über einen definierten Kanon von Feinden feiern, unabhängig davon, ob sie tatsächlich angegriffen hatten oder auch nur zu diesem Zeitpunkt überhaupt dazu in der Lage waren. Ri 10, 11 f.: »Aber der HERR sprach zu den Israeliten: Haben euch nicht auch unterdrückt die Ägypter, … die Philister …? Aber ich half euch aus ihren Händen, als ihr zu mir schriet.«

In der Ägyptologie nimmt man daher gegenwärtig eher an, dass der »See­ völkersturm« ein Piratenangriff, der niedergeschlagene Aufstand von abtrünnigen Hilfstruppen oder eine Reihe kleinerer Auseinandersetzungen mit verschiedenen Gruppen war. Dennoch bleibt das Faktum, dass die Philister auf den Reliefs in Medinet Habu genannt und abgebildet wurden. Auch wenn sie in Wirklichkeit nicht genauso ausgesehen haben mögen, kann es kein Zufall sein, dass sie in derselben Epoche auftauchen, in der auch das Alte Testament sie nennt. Auch in Syrien lässt sich für diese Phase am Ende der Bronzezeit an vielen Orten ein Umbruch archäologisch feststellen. Daher kann man davon ausgehen, dass sich seinerzeit tatsächlich Philister genannte Gruppen im Süden der Levante festsetzten, vor allem bei Gaza und Askalon. Ihre Expansion in die höher gelegenen Gebiete führte dann im Verbund mit anderen Faktoren dazu, dass sich zur Gegenwehr aus verschiedenen Stämmen ein lockerer Bund bildete, aus dem später der Staat Israel wurde. Unter diesen Stämmen wird auch die Gruppe gewesen sein, der Jahre zuvor die Flucht aus Ägypten geglückt war (S. 167). Sie vermittelte den anderen Stämmen dann das Bekenntnis zum Gott Israels als dem Gott des Exodus aus Ägypten, der sein Volk mit »starker Hand und ausgestrecktem Arm« (Dtn 4, 34) am Schilfmeer gerettet hat.

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Deir el-Bahari, Totentempel der Hatschepsut

Der Totentempel der Hatschepsut Geschichte Hatschepsut – mit dem Namen dieser Pharaonin verbinden sich für viele Glanz und Mysterium des Alten Ägypten schlechthin. Dafür verantwortlich sind vor allem zwei Tatsachen: zum einen, dass sie sich als erste (nicht als einzige!) Frau als Pharao mit allen Insignien der königlich-göttlichen Macht darstellen ließ, zum zweiten ihr ungewöhnlicher Totentempel in Deir el-Bahari (arab.: »Nordkloster«). Ohne eine Besichtigung dieser Anlage ist kein Besuch in Theben denkbar. Die Lebensdaten der Pharaonin sind bekannt: Sie herrschte in der 18. Dyn. von 1473–1458 v. Chr. mit dem Thronnamen Maatkare »Wahrgerechtigkeit ist der Ka des Re«. Sie war die Tochter von Pharao Thutmosis I. und wurde mit ihrem Halbbruder Thutmosis II. verheiratet. Mit diesem hatte sie eine gemeinsame Tochter namens Neferure, die mit dem Thronfolger Thutmosis III. (1479–1425 v. Chr.) vermählt wurde. Dieser wiederum war einer Verbindung ihres Mannes mit einer Konkubine entsprungen. Als dessen Vater Thutmosis II. starb, war er als einziger männlicher Nachfolger noch zu jung, daher übernahm seine Mutter Hatschepsut die Mitregentschaft. Dieser Vorgang war an sich nicht ungewöhnlich, es gab dafür frühere Präze­ denzfälle. Ungewöhnlich war aber, dass die Königin nun in den typischen Reliefs als von Amun göttlich legitimiert dargestellt wurde. Wie im Luxor-Tempel für Amenophis III. wurde auch ihre göttliche Zeugung berichtet, auf der berühmten Spitze ihres Obelisken wird gezeigt, wie Amun seine Hand schützend über seine Tochter hält (Bild S. 36). Aufgrund der ägyptischen Bildkon­ven­

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tionen wurde sie dabei als Mann dargestellt, was die auf Geschlechtergren­zen festgelegte moderne Welt bis heute irritiert. »Als ich im Palast saß und an den dachte, der mich schuf (= Amun), führte mein Herz mich dazu, zwei Obelisken aus Gold für ihn zu machen, deren Spitzen in den Himmel hineinragen würden, in der herrlichen Pfeilerhalle zwischen den beiden großen Pylonen des Königs.« (Inschrift auf dem Obelisk der Hatschepsut, Karnak)

Gerne wird eine solche Figur mit einer erotischen Nebengeschichte garniert. Dazu dient der Architekt Senenmut, in dem man einen Partner Hatschep­suts gesehen hat. Tatsächlich gibt es eine sehr ungewöhnliche Statue, die ihn in der typischen Pose einer Mutter mit Neferure, der Tochter Hatschepsuts zeigt. Senenmut hat sein eigenes Grab unter dem Totentempel der Königin geplant, was ebenfalls als Zeichen einer engen Beziehung gedeutet werden kann. Doch Senenmut und Neferure verschwinden aus der Geschichte – aus ungeklärten Gründen. Zum Mysterium um Hatschepsut trägt schließlich bei, dass es auch aus den späten Jahren ihrer Regentschaft kaum noch verlässliche Nachrichten gibt. Der Priester Manetho erwähnt eine Herrschaftsdauer von 22 Jahren, doch Details sind unbekannt. Das hat zu weitreichenden Spekulationen Anlass gegeben, zumal die Hieroglyphen ihres Namens später getilgt wurden. Wahrscheinlich hatte ihr Sohn Thutmosis III. nach und nach die Herrschaftsgeschäfte übernommen, so dass sie sich langsam zurückzog. Da seit 2007 ihre verloren geglaubte Mumie zweifelsfrei identifiziert ist, steht nun auch fest, dass sie eines natürlichen Todes (Krebs oder Diabetes) starb. Reduziert auf die Fakten bleibt also nur das Bild einer überaus befähigten Regentin, die ihrem Sohn einen wohlgeordneten Staat hinterlassen hat. Erst ca. 20 Jahre nach ihrem Tod wurde ihr Name getilgt; wahrscheinlich konnte man dann nicht mehr ertragen, dass eine Frau gegen die Tradition als Pharao darStehender Obelisk der Hatschepsut in Karnak gestellt wurde.

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X. Luxor Grabkapelle der Hatschepsut

Sanktuar des Amun mit Seitenkammer Sonnenhof mit Sonnenaltar

hohe Mauer mit Osiris-Statuen Hathor-Kapelle

Anubis-Kapelle Geburtshalle

Punt-Halle

unvollendete Kolonnaden Rampe zur dritten Terrasse

Rampe zum Schrein der Göttin Hathor zweite Terrasse Süd- und Nordhalle Rampe

erste Terrasse

Eingang, davor Baumgruben |

|50 m

Grundriss: Totentempel der Hatschepsut

Besichtigung Das Millionenjahrhaus Hatschepsuts in Deir el-Bahari ist auf spektakuläre Weise in die senkrecht abfallende Felswand integriert worden, hinter der das Tal der Könige liegt. Beim Bau orientierte man sich an einem älteren Tempel Mentuhoteps II. (11. Dyn.), dessen Reste direkt anschließend im Süden sichtbar sind. Zwischen beiden Arealen liegt zudem der ToTempel der Hatschepsut und des Mentuhotep II. tentempel Thutmosis III.; in der Regel wird nur der Tempel der Hatschepsut besichtigt. In den letzten Jahren wurden die Gebäude durch polnische Teams hervorragend restauriert; der weiße Kalkstein gleißt nun wieder in der Sonne. Etwas überdeckt wird dadurch allerdings, dass es starke Zerstörungen gegeben hat, nachdem Hatschepsut postum in Ungnade gefallen war; Teile der zerstörten Statuen wurden in benachbarten Steinbrüchen wiedergefunden. Außerdem

X. Luxor gab es hier ein koptisches Kloster, dessen Reste schon im 19. Jh. geräumt wurden. Der Tempel ist in drei Terrassen gegliedert, die zentrale Achse weist auf das Grab der Königin im hinter dem Berg liegenden Tal der Könige. Über Rampen erreicht man das eigentliche Heiligtum, in dessen Zentrum das in den Berg gebaute Sanktuar Amuns liegt. Hier war der Zielort der Prozession beim »schönen Fest vom Wüstental«. Vom oberen Hof aus erschließen sich auch links (Süden) die Kapellen für Hatschepsut und Thutmosis I., rechts ein offener Hof für den Sonnenkult. Das besondere Interesse der Besucher zieht jedoch die mittlere Terrasse an, denn von hier aus erreicht man die reich verzierten Säulengänge und die Heiligtümer für Hathor (links) und Anubis (rechts). Im südlichen Säulengang Anubiskapelle: Re-Horachte, davor ist die Expedition in das Land Punt dargestellt, die Spuren der getilgten Hatschepsut dessen genaue Lage (Somalia, Sudan, Mozambique?) bis heute nicht geklärt ist. In großer Detailliertheit wird gezeigt, was die Ägypter dort gesehen und erlebt haben, bis hin zu der verkrümmten Anführerin der Leute von Punt. Die Bilder sollen den friedlichen Charakter der Herrschaft Hatschepsuts unterstreichen – vielleicht ein bewusster Gegenpol zum sonst üblichen »Schlagen der Feinde«? Allerdings ist inzwischen klar, dass auch diese Pharaonin Feldzüge unternommen hat. Separat angebaut wurde am linken, südlichen Rand die Hathorkapelle. Hinter zwei Vorsälen erschließt sich der in den Fels geschlagene Bereich des Heiligtums. Hier sind besonders die Darstellungen der Himmelsgöttin Hathor als Kuh sehenswert, die die Königin nährt und schützt (Bild S. 43). Auf der nördlichen Seite wird der Mythos von der göttlichen Zeugung Hatschepsuts ähnlich wie im Luxor-Tempel dargestellt (S. 225), so dass man die Szenen leicht nachvollziehen kann. Allerdings sind die Abbildungen der Königin getilgt worden. Weiter rechts schließt sich die Anubiskapelle an, die den Bezug des Tempels zum Totenkult verdeutlicht. Hier sind die ursprünglichen Farben der Bilder der den Göttern opfernden Regenten noch sehr gut erhalten, doch erneut wurde die Königin ausgemeißelt.

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X. Luxor Im Gebirge südlich der drei Tempel wurde um 1871 das Grab des Priesters Pinodjem entdeckt, das in der Forschung als Cachette »Versteck« bekannt wurde. Hier fand man unter anderem die sekundär bestatteten Mumien und Kanopen verschiedener Pharaonen und Würdenträger aus der 17.– 21. Dyn., unter ihnen Ahmose I., Ramses II., Sethos I., Thutmosis I.– III. und Hatschepsut (nur Organe; die Mumie lag in einem anderen Grab). Nachdem die einheimischen Entdecker einzelne Fundstücke verkauft hatten, wurden die Kammern des Grabes 1881 durch den Deutschen Emil Brugsch hastig und ohne weitere Dokumentation geräumt. Auch daher ist nicht klar, wann genau dieses Versteck angelegt wurde, das die königlichen Mumien vor dem Zugriff von Grabräubern schützen sollte. Wahrscheinlich geschah dies in der 21. Dyn. Ein weiteres Versteck mit königlichen Mumien hatte derselbe Pinodjem im Grab des Amenophis II. im Tal der Könige angelegt.

Das Tal der Könige Durchlöchert wie ein Schweizer Käse ist der Fels unterhalb der natürlichen Pyramide des el-Qurn im biban el-moluk; 63 offiziell gezählte Gräber aus der 18.–20. Dyn. wurden teils über mehr als 200 m Länge in den Berg getrieben. Eine Besichtigung dieser Gräber gehört zweifelsohne zu den Höhepunkten einer Ägyptenreise. Gleichzeitig treten die Probleme des modernen Tourismus zutage: Die Feuchtigkeit, die die Besucher mit in den Berg bringen, zerstört langsam aber sicher die Gemälde, die ständige Beleuchtung lässt schädliche Mikroorganismen wachsen, schon oberflächliches Berühren reibt Farbpartikel ab. Seit 1827 werden die Gräber nach dem System J. G. Wilkinsons nummeriert und mit dem Zusatz KV (Kings Valley) versehen, um sie etwa von denen des Königinnentales (QV) zu unterscheiden.

Die Konsequenzen dessen sind, dass man nur drei Gräber am Tag besichtigen darf, wobei oft genug nicht einmal die Wahl besteht, in welches man hinabsteigen kann. Die Zeit des Besuches ist begrenzt, und Erklärungen oder gar Fotografien im Grab sind strikt verboten. So stellt sich bei vielen Besuchern Enttäuschung ein; man konnte zwar den besonderen Raumeindruck erleben, aber ein tiefergehendes Verständnis des Grabes und seiner spezifischen Ausgestaltung ist nur sehr schwer möglich. Dieser Eindruck lässt sich durch Vorbereitung mit spezieller Literatur und einem guten Reiseführer vermeiden, in dem die einzelnen Gräber detailliert er-

X. Luxor klärt werden. Außerordentlich instruktiv ist die interaktive Seite www.thebanmappingproject. com, in der alle Gräber im Detail vorgestellt werden, teils auch in isometrischer Rekonstruktion. Falls die Möglichkeit zur Wahl besteht, sollte das die Besucher magisch anziehende Grab des Tutanchamun (Nr.  62) eher gemieden werden – Blick in das Tal der Könige auch wenn es das einzige ist, in dem sich noch eine Mumie befindet. Stattdessen empfiehlt es sich, je ein Grab aus der 18. und aus der 20. Dyn. anzusehen, um die Unterschiede durch die Veränderungen der Amarna-Zeit nachvollziehen zu können. Außerdem ist im Tal der Königinnen das Grab der Titi mit der Darstellung der Hathor als Baumgöttin sehenswert, ebenso einige der Noblen-Gräber wie das des Nacht oder des Ramose. Gerade letzteres ist interessant, zum einen, weil es unvollendet blieb und man die Technik der Malereien mit Hilfslinien etc. gut studieren kann. Zum anderen sieht man hier die Umbrüche der Amarna-Zeit dokumentiert, da der Wesir unter Echnaton diente und den künstlerischen Stilwandel übernahm. Seit Thutmosis  I. in der 18.  Dyn. wurde das Königsgrab als Felsgrab in Theben-West angelegt. Verschiedene Gründe werden für diese Innovation verantwortlich gewesen sein: Die pyramidenförmige Spitze des Berges war bereits genannt worden, allerdings war die Hochzeit des Pyramidenbaus ja längst vorüber, so dass dies wohl nur ein nachgeordneter Gesichtspunkt war. Wichtiger können Sicherheitsaspekte gewesen sein, da die Lage des Tals abgeschiedener war und die Bewachung leichter gewährleistet werden konnte. Doch schon sehr bald sind Grabräuber tätig gewesen, wie alte Dokumente belegen; in der 21. Dynastie mussten die Mumien sogar geborgen und in der Cachette in Deir el-Bahari neu begraben werden. Die große Menge an Arbeitern und Künstlern, die für die Gestaltung der Gräber nötig war, machte zudem eine Geheimhaltung unmöglich. Ein religiöses Motiv mochte sein, dass die Göttin Hathor im davorliegenden Deir el-Bahari als Totengöttin verehrt wurde. Hinzu kam ein verändertes Verständnis der Mumie, die nicht mehr direkt versorgt wurde. Das erlaubte die Errichtung räumlich getrennter Totentempel in der davorliegenden Flussebene. Bei den ersten Gräbern der 18. Dyn. handelte es sich zunächst um bescheidene, versteckte Anlagen. Sie waren nicht vollständig ausgestaltet und bestanden aus nebeneinanderliegenden, verschachtelten Kammern für die Grabbeigaben. Typisch dafür ist etwa das Grab Thutmosis III., gest. 1425 v. Chr. (Nr. 34),

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Grundrisse: Grab Nr. 34 (Thutmosis III.) und 35 (Amenophis II.)

dessen Eingang hoch über dem Talboden liegt. Die Grabkammer ist mit Szenen aus dem Amduat (s. den Exkurs S. 247) geschmückt, die noch in der Art eines Papyrus mit kursiven Hieroglyphen gestaltet sind. Ein auch in anderen Gräbern häufig vorkommendes Motiv ist die Nährung des Königs durch die Baumgöttin. Bei den ersten Gräbern waren die Grabkammern oval, was vielleicht die Form der königlichen Namenskartusche nachahmte. Spätere Gräber werden nicht nur in immer größeren Dimensionen in den Felsen gearbeitet. Man achtete nun auch genauer auf die exakte Ausrichtung der Achsen der einzelnen Räume. Im Vergleich der Gräber 34 und 35 – Amenophis II., Thutmosis III. wird von der Baumgöttin genährt gest. 1400 – wird dies besonders deutlich. Im Unterschied zu dem wenig älteren Grab werden jetzt die Wände ganz als Papyrusimitat in gelblichen Farbtönen gestaltet, um darauf das Amduat zu schreiben. Die Dekoration dieser Gräber ist weitgehend festgelegt. Das Amduat wird nahezu vollständig abgebildet. Der verstorbene König wird vor verschiedenen Gottheiten dargestellt, wobei Anubis, Osiris und eben Hathor als »Herrin des Westlandes« dominieren. Die Decken der Gräber sind als gestirnter Himmel ausgeführt.

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Grab Ramses VI.: Buch von der Nacht, Nut gebiert die Sonne (in Form eines Skarabäus)

Exkurs: Unterweltsbücher Es ist kaum möglich, als Laie die Fülle der Szenen zu verstehen, die auf den Wänden der Gräber abgebildet sind. Doch eine Grundorientierung ist zumindest möglich: Das »Buch von dem, was in der Unterwelt ist« – das Amduat – beschreibt, was der Sonne während der zwölf Stunden der Nacht geschieht. Die Kenntnis dessen verbürgt auf magische Weise, dass der Pharao, der Re begleitet, diese Gefahren auf seiner Jenseitsreise überstehen kann. Wichtige Einzelszenen sind dabei die Begegnung mit Sokar, dem Totengott von Memphis und Osiris und der Kampf mit der Apophisschlange. Auch das Pfortenbuch ist nach Stunden eingeteilt. Hier liegt der Schwerpunkt auf den Gefahren, die an den jeweiligen Toren durch schreckliche Ungeheuer lauern. Der Sonnengott muss sie durch Zaubersprüche überwinden. Mit Lust am grausamen Detail werden die Szenen ins Bild gesetzt, am Ende steht der Aufgang der Sonnenbarke aus dem Urozean. Das Nutbuch beschreibt, wie der Sonnengott nachts durch den Leib der Himmelsgöttin Nut zieht, legt also einen anderen Schwerpunkt. Ebenso das Höhlenbuch, in dem die Unterwelt in Form von Höhlen dargestellt wird, über die sich der Sonnengott hinwegbewegt und die Feinde vernichtet. Im Buch

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vom Tage/Buch von der Nacht wird dann die Orientierung am zwölfstündigen Schema aufgegeben, stattdessen geschieht eine Konzentration auf wichtige Einzelszenen. Schließlich ist das Buch von der Himmelskuh zu nennen, in dem der Himmel in Kuhgestalt mit Bezug zur Hathor-Verehrung dargestellt ist. In den Epochen danach entwickelt sich die Ausgestaltung der Gräber. Seit Haremhab (gest. 1295; Grab 57) wird auch das Pfortenbuch abgebildet; immer mehr ist eine eklektische Verwendung von Motiven verschiedener Traditionen feststellbar. In der Zeit nach Echnatons Umsturz ist zusätzlich eine sehr eindeutige Innovation im Gesamtplan der Gräber zu sehen: Die Achsen der Räume knicken nun nicht mehr ab, sondern die Grabanlagen werden möglichst auf einer Linie in den Fels gearbeiGrundrisse: Grab Nr. 8 (Merenptah) und tet. Wahrscheinlich sollte so zumindest theoreNr. 17 (Sethos I.) tisch das Strahlen der belebenden Sonne bis in die tiefsten Kammern erreicht werden; zumal der König im Tode mit dem Sonnengott identifiziert wird. Im Falle des Grabes Ramses III. (gest. 1153, Nr. 11) war das nicht durchführbar, da man die Wand zu Grab 10, Amenmesse, gest. 1200, durchbrach und daher den Plan ändern musste. Im Fall des Grabes Sethos I. (gest. 1297, Nr. 17) ist man wohl von der Achse abgewichen, um das an sich fertige Grab noch weiter auszugestalten und zu erweitern. In den Gräbern der Zeit nach Amarna werden die Wände häufiger mit Reliefs als nur mit Malereien dekoriert, was den Aufwand bei der Herstellung erheblich vergrößerte. Die Darstellung der Hathor tritt zurück, stattdessen wird Isis wesentlich häufiger abgebildet, gemeinsam mit Harsiese, dem »Horussohn der Isis«. Die Göttin der Wahrheit-Gerechtigkeit Ma'at steht nun am Eingang des Grabes an der Schwelle zum Jenseits; die ganze Nekropole gilt jetzt als »Stätte der Ma'at«. Zu den besonders sehenswerten Gräbern gehört zweifellos das von Sethos I., das größte und schönste des Tales. Beeindruckend ist im Grab Ramses VI. (Nr. 9) die wunderbare Darstellung der Himmelsgöttin Nut an der De-

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Sarkophagkammer Cella (symbolische Totenkammer)

Saal der sechs Pfeiler

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Saal der Zeichnungen (unvollendet, mit zwei Pfeilern und Darstellungen der Amduat-Stunden)

Erster Korridor (Sethos I. vor dem Gott Re) Zweiter Korridor (mit Amduat) Saal der vier Pfeiler (Sethos I. ist zwischen verschiedenen Gottheiten dargestellt, darunter Osiris und Thot) Dritter Korridor

Vorzimmer, das Belzoni »Saal der Schönheit« nannte

Isometrische Darstellung des Grabes Sethos I.

cke der Grabkammer. Im Grab des Haremhab (Nr. 57) lässt sich die arbeitsteilige Organisation der Grabdekoration von den quadratischen Planskizzen über die verschiedenen Stadien des Vorzeichnens bis zum fertigen Bild gut nachvollziehen. Zu den größten Gräbern gehört auch das »Harfnergrab« Ramses III. (Nr. 11), das aber künstlerisch nicht mit den anderen mithalten kann. Sollte es die allgemeine Konstitution der Reisenden zulassen und sollten die örtlichen Behörden es erlauben, ist es unbedingt empfehlenswert, den Fußweg vom Tal der Könige zum Tempel der Hatschepsut zu gehen. Wegen der direkten Sonneneinstrahlung ist der Weg zwar anstrengend, aber die Aussicht auf das Niltal und der fast senkrechte Blick auf die Totentempel entschädigen für die Mühen.

Der auf Karnak ausgerichtete Aufweg des Hatschepsut-Tempels

XI. Edfu und Kom Ombo

Doppeltempel in Kom Ombo

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Ca. 200 km liegen zwischen Luxor und Assuan. Neben vielen pittoresken Dörfern sind während dieser Fahrt drei Tempel aus ptolemäischer und römischer Zeit zu besichtigen. Hier nicht eigens vorgestellt wird der von Esna. Er war dem Gott Chnum geweiht, der hier als Hauptgott und Kopf einer lokalen Trias verehrt wurde. Erhalten ist von diesem Tempel nur die schöne Vorhalle, die von 24 wunderbaren Säulen gestützt wird.

Edfu Geschichte Einen ganz besonderen Eindruck von ägyptischer Sakralarchitektur erhält man vom Tempel des Horus in Edfu. Ungewöhnlich im Vergleich mit anderen Bauten ist zunächst, dass die ganze Anlage aus einer Epoche stammt. Da Gründungs- und Weihinschrift erhalten sind, lässt sich genau datieren, dass der Tempel in ptolemäischer Zeit zwischen 237 und 71 /57 v. Chr. erbaut wurde; Reliefs wurden noch später zugefügt. Während an anderen Tempeln über Jahrtausende hinweg immer weiter gebaut wurde, ist dieser in nur einer Epoche entstanden. Das ist ein wesentlicher Grund für die architektonische Geschlossenheit. Einen Vorgängerbau aus dem 2. Jt. hat es gegeben, doch sind davon nur wenige Reste (ein Pylon Ramses III. rechts hinter dem ersten Pylon) zu sehen. Anders als der heutige Tempel, der auf die Nord-Süd-Achse ausgerichtet ist, war dieser in Ost-West-Richtung orientiert. Ein weiteres Element ist, dass die Bauten und Reliefs ungewöhnlich gut erhalten sind. Während z. B. in Philae viele Götterbilder von christlichen Bilderstürmern ausgemeißelt wurden, ist dies hier nur an wenigen Stellen geschehen. Die Fülle der Inschriften vermittelt wichtige Kenntnisse über Details der religiösen Rituale,

Vorhalle des Chnum-Tempels in Esna, 9 m unter heutigem Straßenniveau liegend

Kulträume für andere Götter »Nilmesser«

Umgang Sanktuarium Saal der Götterneunheit Opfertischsaal »Laboratorium« zweites Hypostyl erstes Hypostyl

»Bibliothek« Hof

Pylon

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Grundriss: Horus-Tempel in Edfu

|50 m

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aber auch der Verwaltung; wichtig ist ebenso die detaillierte Beschreibung des Tempelbaus, die hier erhalten ist. Schließlich wird die Funktion der Innenräume genau dargestellt, so dass man z. B. die Bibliothek, das Labor zur Herstellung von Salben oder die Räume für Gastgötter (zu Besuch kommende Statuen) lokalisieren kann. Das hier verwendete Hieroglyphische – auch »das Ptolemäische« genannt  – ist eine Sonderentwicklung der Spätzeit, die nun mehrere tausend Zeichen aufweist – statt der »nur« ca. 700 in pharaonischer Zeit. Edfu ist der Ort des mythischen Kampfes zwischen Horus und Seth (s. u. den Exkurs). Daher ist der Tempel dem Horus-Behedeti geHorus als Falke vor dem 1. Pylon weiht, der hier als falkenköpfiger Sonnengott und als geflügelte Sonnenscheibe (u. a. an der Hohlkehle des 1.  Pylons sichtbar) verehrt wird. Das entspricht der Charakteristik der ägyptischen Spätzeit (s. S. 270), dass die »alten« Götter wie Re oder Ptah ihre Aufgabenbereiche an Götter aus dem Isis-Osiris-Kreis abgeben. Edfu steht in einem kultischen Bezug zu dem Tempel der Hathor in Dendera; so zeigen die Reliefs im Hof die Reise der Göttin nach Edfu, um mit Horus Hochzeit zu halten. Die Trias wird komplettiert durch Harsomtus. Dieser Gott, ursprünglich wohl nur Somtus »Vereiniger der Länder« genannt, kann in Dendera sowohl als Vater wie auch als Sohn der Hathor benannt werden. Als Kind wird er mit anderen jugendlichen Erscheinungen des Horus zusammengeordnet, weshalb er dann Har-somtus heißen kann. Er gilt als Reichseiniger, aber auch als Schöpfergott. Aus den Inschriften des Tempels: »Dieser heilige Sitz ist aufs Vortrefflichste erbaut worden; er gleicht dem Himmel mit der Sonnenscheibe darin. Horus Behedeti, der große Gott und Herr des Himmels, leuchtet am Firmament, um seinen Tempel zu betrachten.«

Besichtigung Vor dem eigentlichen Tempel, aber im Schutz der ursprünglichen Ziegelmauer, liegt das Geburtshaus (Mammisi). Auf den Säulen wird der Gott Bes abgebildet, was seine Verehrung als Schutzgott bei Schwangerschaft und Kindbett be-

XI. Edfu und Kom Ombo legt. Innen ist auf Reliefs zu sehen, wie Chnum das Horuskind Harsomtus auf der Töpferscheibe bildet und es von Hathor gestillt wird. Der Zugang zum 137 m langen Tempel geschieht durch den ersten Pylon (35 m hoch, 76  m breit). An der Unterseite der Hohlkehle lassen sich noch Spuren der ursprünglichen Erster Pylon des Horus-Tempels Farbgebung erkennen, die im Altertum den Besuch des Tempels zu einem noch grandioseren Erlebnis gemacht haben muss. Das Bildprogramm entspricht dem, was auch in Philae bei einem Spätzeittempel zu sehen ist: Der König – hier Ptolemaios XII. Neos Dionysos – schlägt die Feinde, darüber wird er dargestellt, wie er den Göttern huldigt. In der Mitte des sich anschließenden Hofes stand ursprünglich ein großer Altar. Die Reliefs variieren mehrfach die Thematik der siegreichen und den Göttern huldigenden Ptolemäerkönige. Wichtig ist die Darstellung auf der Rückseite der Pylone: Die Götter Thot und Horus reinigen den König beim Betreten des heiligen Tempelbezirks – dies ist entfernt den Ursprüngen des katholischen Brauchs vergleichbar, sich beim Betreten der Kirche mit Weihwasser zu reinigen. Edfu: Raum des Kultbildes Durch zwei Säulenhallen mit sehr schönen Pflanzensäulen und eine Querhalle (Opfer­ tischsaal) erreicht man schließlich den Bereich des dunklen Allerheiligs­ ten. Im Kultbildraum sind der Granit-Sockel für die Barke und vor allem ein ebenfalls aus Granit gefertigter Schrein zu besichtigen. Er stammt noch vom Vorgängerbau des Nektanebos II. (360–343 v. Chr.) und beherbergte einst die Statue des Gottes. Um das Barkensanktuar herum sind kleine Kulträume für andere Götter wie Min, Chons, Osiris, Hathor und Re angeordnet; in der hintersten Kapelle steht ein moderner Nachbau einer Barke zur Illustration der Größenverhältnisse. In einem etwas erhöhten Raum rechts neben dem Sanktuar ist eine schöne Darstellung der Himmelsgöttin Nut an der Decke

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zu sehen, unter der die Sonnenbarke fährt. Wie in Dendera waren auch hier das Dach des Tempels und die dort befindliche Kapelle über Treppen zu erreichen; heute ist dieser Teil des Tempels verloren. In religionsgeschichtlicher Hinsicht von besonderem Interesse sind zum einen wie in Dendera die Darstellungen des Tierkreises in der Vorhalle, hier allerdings in rechteckiger Form angeordnet. Eine Parallele zu einem wichtigen bib­ lischen Text findet sich, wenn man den inneren Bereich des Tempels verlässt und zur westlichen Umfassungsmauer geht (s. S. 256). Auf der nach außen – zur Chaosseite – hin orienNachbau der Barke tierten Wand ist in verschiedenen Reliefs der Kampf zwischen Horus und seinen Feinden dargestellt, der ein wichtiger Bestandteil des Mythenkreises um Osiris, Isis und Horus ist. Exkurs: Die Mythen um Osiris, Isis, Horus und Seth Obwohl Ägypten eine überaus reiche religiöse Literatur hinterlassen hat, ist bemerkenswert, dass es kaum mythologische Erzählungen vom Leben der Götter gibt. Eine Ausnahme ist der Mythenkreis um Osiris, der über die Zeiten hinweg in sehr unterschiedlichen Ausprägungen begegnet. Erst bei Plutarch wird er im 1./2. Jh. in einen ausgeführten Zusammenhang gebracht: Osiris als erfolgreicher König Ägyptens wird durch eine List von seinem Bruder Seth in einem Sarg gefangen gesetzt und in das Meer geworfen. Der Sarg treibt nach Byblos (im heutigen Libanon) und wird dort von einer jungen Zeder aufgenommen und umhüllt. Isis, auf der Suche nach ihrem Mann, findet schließlich seinen toten Bruder, kehrt nach Ägypten zurück und versteckt sich mit ihm im Sumpfdickicht des Nildeltas. Dabei gelingt ihr eine kurzzeitige Wiederbelebung des Osiris, was zur Schwangerschaft mit Horus führt. Seth findet jedoch den Sarg, zerstückelt ihn und verteilt die Leiche über das ganze Land. Isis begräbt danach alle Körperteile ihres Mannes dort, wo sie sie findet – weshalb es im ganzen Land Osiris-Heiligtümer gibt. Herangewachsen will Horus seinen Vater rächen und kämpft mehrfach gegen Seth, wobei ihm seine Mutter

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mit Zaubermacht und die Göttin Hathor bei der Wiederherstellung des von Seth zerstörten udjat-Auges 󳙷 behilflich sind. Schließlich wird nach 80 Jahren Osiris zum Herrscher der Unterwelt, Horus zu dem der realen Welt ernannt; Seth gilt als Herrscher der chaotischen Wüste. Die Vorstellung vom sterbenden und auf­ erstehenden Osiris wird auch mit Naturbe­ obachtungen verbunden: Der Nil schwillt dann (durch die Schneeschmelze in Äthiopien) an und bringt seine fruchtbare Flut, wenn ein Stern des Orion/Osiris-Sternzeichens am 14.  Juli aufgeht, wenige Tage vor dem Sirius/Sothis. In Biggae steigt dann das Wasser in den Höhlen, weshalb man hier die Nilquelle vermutete. Horus, Osiris und Isis (22. Dyn.) In den Vorstufen des Mythos lassen sich einige Differenzen erkennen. So steht ganz am Anfang der Überlieferung wohl der Kampf der Brüder Horus und Seth. Auch das Horusauge gehört zu den alten Elementen; jedes Opfer des Königs gilt als Horusauge, das Horus zurückgegeben wird. Ursprünglich selbständig ist die Erzählung vom Tod des Osiris, dessen Leichnam von Isis und ihrer Schwester Nephthys entdeckt und dann belebt wird, wodurch Horus gezeugt werden konnte. Danach schafft Isis die erste Mumie. Seit dem MR wird Seth als Mörder des Osiris angesehen, später wird das Ganze so in das Schema der ursprünglichen Götterneunheit eingebaut, dass nun Horus als Neffe des Seth gilt. Eine ganze Reihe von Motiven dieser Mythenkreise werden in verschiedenen Kontexten Isis schützt Osiris mit ihren Flügel (Philae, bildlich dargestellt, allen voran das udjat-Auge, Allerheiligstes) dann der Kampf von Horus mit dem Chaos, so prominent hier im Tempel von Edfu; auf Särgen beschirmt Isis mit ihren Schwingen den Leichnam. Der Sarkophag selbst nimmt wie bei Tutanchamun die Gestalt des Osiris an; Isis wird als stillende

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XI. Edfu und Kom Ombo Mutter dargestellt. Zu den Grabbei­gaben der Könige gehörten auch sogenannte Osirisbetten, osirisgestaltige Förmchen, in die Korn gepflanzt wurde, was das Wachsen und damit den Sieg des Osiris symbolisierte.

Die »Hiob«-Reliefs Im Umgang des Horus-Tempels sind die Kämpfe zwischen Horus und seinem Gegner in mehreren Szenen abgebildet; man kann auch davon ausgehen, dass sie in Schauspielen zur Aufführung gebracht wurden. Die Reliefs zeigen, wie der König und Horus gegen Nilpferde und Krokodile kämpfen und sie besiegen. Damit wird visualisiert, dass Horus – und der König als irdischer Stellvertreter – das Chaos abwehren und so nach innen die Ma'at-Ordnung Ägyptens Horus besiegt das Nilpferd verbürgen. An einer Stelle sind statt der gefangenen Symboltiere auch Menschen eingefangen, Asiaten und Afrikaner als Zeichen für die beiden Gegenden, aus denen Gefahr drohte. Der Alttestamentler Othmar Keel hat diese Reliefs mit einem wichtigen Abschnitt aus dem Buch Hiob in Verbindung gebracht: Zur Verteidigung gegen die Angriffe seiner Freunde hat sich Hiob so sehr in Rage geredet, dass er behauptet, Gott sei an seinem Leid schuld; schließlich fordert er Gott dazu heraus, Stellung zu beziehen. Der Höhepunkt des Buches ist erreicht, als Gott tatsächlich dem Hiob erscheint. In einer ersten Rede (Kap. 38+39) stellt er Hiob rhetorische Fragen, ob er bei der Schöpfung dabei gewesen sei, ob er die Geheimnisse der Natur kenne. Hiob muss verneinen und verspricht, Gott nicht mehr herauszufordern (40, 1–5). Dann aber redet Gott ein zweites Mal. Er verweist Hiob auf den Behemot, ein schrecklich starkes Tier, das als erstes der Werke Gottes gilt. Außerdem fragt er Hiob nach dem Leviatan, ob er ihn mit einer Angel oder einem Haken fangen könne. »Kannst du ihm ein Binsenseil an die Nase legen und mit einem Haken ihm die Backen durchbohren? Meinst du, er wird dich lang um Gnade bitten oder dir süße Worte geben?« (Hiob 40, 26  f.)

XI. Edfu und Kom Ombo

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Liest man diese Abschnitte (Hiob  40, 15–32) vor den Reliefs in Edfu und ersetzt Behemot und Leviatan durch Nilpferd und Krokodil, so ist es, als würde der biblische Text die ägyptischen Bilder unmittelbar erläutern. Vom Behemot wird gesagt, dass er unter Lotusbüschen und im Schlamm verborgen sei (V. 21). Das Stoßen mit den Spießen nach dem Kopf der Untiere (V. 31) ist auf dem Relief mehrfach zu sehen. Im biblischen Text muss Hiob zugeben, dass er gegen diese Tiere nicht ankommt. Er kann den Kampf nicht gewinnen. Das Chaos – symbolisiert durch diese Wesen – ist offenbar Teil des Schöpfungswerkes Gottes; dazu gehört aber auch, dass Gott ihm Grenzen setzt. Auf HiDie Macht des Untiers wird durch Verkleineobs Situation angewendet: Die Welt kann nicht rung gebannt. ohne Leiden sein; Hiobs Anklage an Gott ist daher im Kern verfehlt. Der Abschnitt aus dem Hiobbuch ist älter als die Darstellung in Edfu. Doch die mythische Szenerie der Kämpfe des Horus oder des Königs gegen das Nilpferd ist so alt, dass der Verfasser in Israel sie durchaus gekannt haben kann. Das aber ist nicht entscheidend. Wichtiger ist der theologische Unterschied. In den Tempelreliefs gilt das Chaos als gebannt. Die Tiere sind zwar als gefährliches Nilpferd oder Krokodil erkennbar. Doch sie sind – was typisch für die ägyptische Macht von Bildern ist – so klein abgebildet, dass keine Gefahr von ihnen ausgehen kann. Das Gute hat durch den Horus-König gesiegt. Die biblische Auffassung ist näher an der Lebenswirklichkeit; das Chaos wird nicht zu einem Spielzeugtier verniedlicht. »Lege deine Hand an ihn! An den Kampf wirst du denken und es nicht wieder tun!« (V. 32) Es wird hier nicht gesagt, dass Gott in der Rolle des Horus das Chaos besiegt. Nein, das Chaos gehört zur Schöpfung und ist durch Menschen wie Hiob nicht zu überwinden. Vielleicht ist in diesem Wissen um die Vielschichtigkeit irdischer und menschlicher Existenz einer der Gründe zu suchen, warum sich die jüdisch-christliche Religion bis heute gegen allzu schnelle Versprechen behaupten konnte, das Böse sei gebannt.

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XI. Edfu und Kom Ombo Kom Ombo

Ca. 60 km südlich von Edfu liegt auf einer Anhöhe direkt über dem Nil – und deshalb durch Überschwemmungen beschädigt – eines der ungewöhnlichsten Heiligtümer Ägyptens. Die Baumeister der Ptolemäerkönige errichteten hier einen Doppeltempel, der in einem Gebäude die parallele Verehrung der Götter Sobek und Horus-Haroëris ermöglichte. Dazu wurde Blick auf die beiden Eingänge des Doppeltempels der typische Tempelgrundriss jener Zeit (vgl. die Tempel in Dendera oder Edfu) um eine gedachte Mittellinie gespiegelt. Im Plan ist gut äußerer Korridor innerer Korridor Scheintür zu erkennen, dass im Zentrum zwei Sanktuare Sanktuar des Haroëris Sanktuar des Sobek nebeneinander liegen, die je einen eigenen Zugangs- und Prozessionsweg durch die Querhallen und Säulenhallen hatten. Im Vorhof gab es einen mittig angeordneten Altar; außerhalb des Doppeltores im Pylon lag das Geburtshaus innerer (Mammisi), das heute nur noch zur Hälfte erVorraum halten ist. mittlerer Vorraum Die südliche (rechte) Seite des Gebäudes ist äußerer dem Krokodilgott Sobek geweiht, der hier meist Vorraum zweites als Mann mit Krokodilkopf dargestellt wird. Hypostyl Diese Gottheit wurde außer in Kom Ombo vor erstes Hypostyl allem im Fajjum verehrt. Ab dem Mittleren Vorhof Reich wurde Sobek zunehmend als SobekAltar Re als Erscheinungsweise des Sonnengottes gesehen; in der Ptolemäerzeit galt er auch als Helios. Das kann einer der Gründe sein, warum hier in Kom Ombo der Tempel mit dem des | |10 m Horus-Haroëris kombiniert wurde. Haroëris ist Grundriss: Doppeltempel in Kom Ombo der ältere oder große Horus, ein Falkengott, der eine eigene, in den Details unklare Vorgeschichte hat. In Kom Ombo ist er Hauptgott; er wird auch als Himmelsgott verehrt und konnte als Sohn des Re gelten. Seine Augen werden als Mond- und Sonnenauge verstanden. Der Mond nimmt ab und zu; dies wird mit dem Mythos vom verlorenen und geheilten Auge des Horus in Verbindung gebracht.

XI. Edfu und Kom Ombo Daher konnte Haroëris hier in Kom Ombo als Heilergott verehrt werden, was an einigen der Reliefs abzulesen ist. Einige Details, u. a. der Kalender, lassen vermuten, dass Haroëris der wichtigere Gott des Doppeltempels war. Die Bausubstanz des Tempels stammt aus ptolemäischer Zeit, genauer datierbar sind jedoch nur die auch aus römischer Zeit herrührenden Reliefs (von Ptolemaios VI. Philometor bis Marc Aurel). Der Bau ist auf den Nil hin orientiert und liegt relativ zu ihm in der typischen Ost-West-Richtung, was aber nahezu einer realen Nord-Süd-Orientierung entspricht. Durch einzelne Steine ist nachweisbar, dass die Geschichte des Tempels bis ins MR zurückgeht. Bei der Besichtigung des Tempels sind vor allem die vielen Reliefs sehenswert, die den jeweiligen König im Verkehr mit Göttern zeigen. Deutlich lässt sich sehen, dass die Darstellungen aus römischer Zeit (im Hof und an den Außenwänden) qualitativ zum Teil deutlich gegenüber denen aus früherer Zeit abfallen. Wer bereits in Karnak war, kann auch den Qualitätsverlust der ptolemäischen Reliefs gegenüber den pharaonischen konstatieren. Die eigentlichen Sanktuare sind nicht mehr so gut wie in Edfu oder Philae erhalten, es lassen sich der Grundriss und die Barkensockel aus schwarzem Granit erkennen. In den Umgängen sind weitere Reliefs zu sehen, wobei einige besonders interessant sind. So zeigen die einheimischen Reiseführer gerne eine Szene an der rückwärtigen Wand des Tempels, auf der die Symbole der vier Evangelisten abgebildet seien. Zu sehen sind ein Falke, ein geflügelter Löwe und ein Stier. Eine vierte Gestalt – wohl eine vielköpfige Schlange – ist

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Krokodilgott Sobek

Säulenstümpfe im Vorhof: Kaiser Tiberius opfert

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XI. Edfu und Kom Ombo

Sogenanntes »Evangelisten-Relief«

ausgehauen worden. Nach der christlichen Tradition wird der Evangelist Markus als Löwe gesehen, Lukas als Stier, Johannes als Adler und Matthäus als Mensch. Die Übereinstimmungen zwischen Relief und christlicher Tradition sind also gering und wenig aussagefähig. Dennoch ist die Szene interessant, denn in ihrem zentralen Bereich ist eine Nische zu

Relief mit medizinischen (?) Geräten, links daneben Isis

XI. Edfu und Kom Ombo sehen, die von Augen und Ohren umgeben ist. Darüber ist die an der Feder erkennbare Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit, Ma'at, zu sehen. Die vier Tiere versinnbildlichen die Winde der Himmelsrichtungen, also die Gesamtheit der Welt. Wahrscheinlich symbolisieren die hörenden Ohren und sehenden Augen die Gebetserhörung der beiden Götter für die Kranken, die hier im Tempel Heilung suchten. Ein in der Interpretation strittiges Relief zeigt eine ganze Reihe von Instrumenten, die entweder kultische oder medizinische Verwendung gefunden haben. Sie werden durch die Inschriften mit Imhotep, dem vergöttlichten Erbauer der Djoser-Pyramide, in Verbindung gebracht. Dieser wurde in griechischer Zeit mit Asklepios identifiziert, so dass eine Verwendung dieser Instrumente im Zusammenhang mit der Heilkunst durchaus wahrscheinlich ist – ob nun zu rituell-magischen oder therapeutischen Zwecken. Zu den besonders schönen und instruktiven Abbildungen gehört schließlich die im inneren Vorraum, auf der Kleopatra II. und Ptolemaios VI. Philometor vor dem Mondgott Chons, Haroëris und Sobek stehen; das Schreiben des Namens in einen Palmzweig verbürgt lange Lebensdauer. Erwähnenswert ist schließlich auch das berühmte Relief, auf dem Ptolemaios XII. Neos Dionysos von den beiden Tempelgöttern mit »lebendigem« Wasser übergossen

Das Königspaar vor Chons und den Tempelgöttern

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XI. Edfu und Kom Ombo

Hathor-Schrein an der östlichen Ziegelmauer

wird, das aus der Hieroglyphe anch 󴖄 »Lebenskraft« besteht. Besonders schön sind auch die bemalten Decken der Vorhalle, etwa die gekrönten Geier, die im Mittelgang die Decke stützen, daneben der gestirnte Himmel. Im Hof des Geländes steht eine kleine Kapelle für die Himmelsgöttin Hathor. Hier werden heute einige mumifizierte Krokodile gezeigt, die möglicherweise auf dem Gebiet des Tempels gezüchtet worden sind.

Exkurs: Polytheismus und Monotheismus In moderner Perspektive könnte man den Tempel in Kom Ombo als ein Mus­ terbeispiel für religiöse Toleranz und Koexistenz verstehen. Zwar sind es nicht prinzipiell andere Religionen, die hier ausgeübt wurden. Doch den damaligen Menschen war gewiss bewusst, dass es sich hier um Götter mit durchaus unterschiedlichen Charakteristiken handelt. So ist es kein Wunder, dass gerade die ägyptische Religion vielen als ein Musterbeispiel für die Toleranz des Polytheismus gilt. Mit dem Monotheismus werden dagegen häufig Ausschließlichkeit und Intoleranz verbunden. Tatsächlich hat in jüngster Zeit der Ägyptologe Jan Assmann eine intensive Debatte angeregt, in der er die »Mosaische Unterscheidung« des Monotheismus kritisiert. Hierbei wird zwischen wahrer und falscher Religion differenziert, die wahre Religion muss sich von allem abgrenzen, was ihr nicht entspricht oder ihrem Wahrheitsanspruch widerspricht. Daher sei sie strukturell intolerant und führt zu Konflikten und Gewalt. Diese kann gegen andere Religionen gerichtet sein – man denke an die von Christen ausgehauenen Reliefs an den Tempelwänden Ägyptens – oder sich nach innen richten. Denn sobald eine Grenzlinie zwischen wahr und falsch gezogen ist, kann es zu weiteren Unterscheidungen kommen – so trennten sich katholische und orthodoxe Christenheit, sunnitische und schiitische Moslems etc. Demgegenüber sei der Polytheismus – Assmann redet eher vom Kosmotheismus – strukturell toleranter. Gerade in der hellenistischen Zeit werde ja deutlich, dass sich die Religionen von Ägyptern und Griechen nicht ausgrenzen. Im Gegenteil, die Götter sind untereinander übersetzbar, da sie vergleichbare Funktionen ausüben. Die Götter anderer Völker sind also nicht falsch oder unwahr, sie heißen nur anders.

XI. Edfu und Kom Ombo Mit Gedanken wie diesen steht Assmann nicht allein. Eine ganze Reihe von Philosophen, angefangen bei David Hume im 18. Jh. bis hin zu Odo Marquard in der Gegenwart, haben das »Lob des Polytheismus« gesungen und auf seine Toleranz hingewiesen. Der Einzelne gilt hier als freier, er ist nicht einem Gott unterworfen und kann wählen. Hinzu komme, dass polytheistische Religionen offener für die Welt seien und daher Kultur und Wissenschaft beflügeln, so etwa Ludwig Feuerbach. Ein Denksystem, das seit der antiken Philosophie als überholt gelten konnte, hat also neue Attraktivität erhalten, bis in die Popkultur hinein. Denkt man an die Anschläge vom 11. 9. 2001 oder die Religionskriege in Nordirland, scheint die These vom intoleranten Monotheismus unmittelbar einzuleuchten. Doch ist zunächst festzuhalten, dass bei diesen und ähnlichen Geschehnissen zunächst einmal gegen wichtigste Prinzipien der eigenen Religion verstoßen wurde: Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Zudem ist die Toleranz polytheistischer Religionen nicht prinzipieller Art. Zu den angriffslustigsten Völkern des Altertums zählten etwa die Assyrer, die ihrem Gott die Eroberung fremder Völker als Opfergabe brachten – Tempelzerstörung einbegriffen. Antisemitische Aufstände in Alexandria oder die Christenverfolgung der Römer begünstigen diese These ebenfalls nicht. Wer in und mit einer monotheistischen Religion lebt, wird dennoch die Debatte nicht einfach abtun können. Sie verweist darauf, dass es tatsächlich in der jüdisch-christlichen und später auch muslimischen Tradition eine ganze Reihe von ausgrenzenden Texten gibt, deren Gewaltpotential schwer zu ertragen ist. Das beginnt bei den Landnahmegesetzen des Alten Testamentes und reicht über die Gewaltexzesse der neutestamentlichen Apokalypse bis hin zu Sätzen wichtiger Kirchenlehrer aller Konfessionen. Doch dem stehen die zahlreicheren und wichtigeren Sätze von der Versöhnungs- und Heilsbotschaft Gottes gegenüber, und es ist Aufgabe der modernen Monotheisten, dieses Potential der Toleranz zu stärken.

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XII. Assuan

Säulen im Isis-Tempel (Philae)

XII. Assuan

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Felsengräber von Qubbet el-Hawa Insel Elephantine Der Name Assuan wird in der Regel mit dem Satet-Tempel Nilmesser berühmten Staudamm verbunden, wobei es Chnum-Tempel Assuan sich eigentlich um zwei Dämme handelt, die Röm. Tempel Felsengräber Ptol. Tempel beide zu ihrer Entstehungszeit als Wunder der unvollendeter Technik galten: der alte, 1912 fertiggestellte Obelisk nördl. Steinbrüche Damm (über 2000 m lang) und der neue, 1971 Insel Sehel eingeweihte Hochdamm Sadd el-Ali, der den Tempel Hungersnotstele Nil zum Nassersee aufstaut. Beide Dämme südl. Steinbrüche waren zur Regulierung des jährlichen Hochwassers gebaut worden; die Kraft des Wassers wird überdies zur Stromerzeugung benötigt. erster AssuanStaudamm Die ökologischen Folgen besonders des neuen Insel Agilkia Dammes sind aber so negativ – bis hin zur Erd(heutiger Standort des Philae-Tempels) bebengefahr durch das Gewicht des Sees –, Insel Philae dass sogar der Abriss gefordert wurde. Tempel auf der Insel Biggae Im Zuge des Baus des Sadd el-Ali mussten Insel el-Hesa einige pharaonische Monumente durch Umsiedlung vor dem steigenden Wasser gerettet Nil Hochdamm werden, darunter vor allem der Felsentempel Ramses II. in Abu Simbel, die Tempel der Insel Philae oder der Tempel aus Kalabscha, dessen Tor heute in Berlin steht. Auch im Altertum hatte es Versuche gegeben, etwa durch Kanalbauten den Fluss zu Nassersee beruhigen und diesen Nilabschnitt schiffbar zu Neu-Kalabscha machen, so bereits im Alten Reich unter Pepi I. | |2 km Für Altägypten ist Assuan von Bedeutung, weil hier der erste Katarakt die traditionelle südRegion Assuan liche Grenze des Landes bildet. Das spiegelt sich auch im alten Namen abu/jebu – Elefantenland –, der sich bis heute im Namen der berühmten Nilinsel Elephantine wiederfindet. (Der Ort Assuan selbst hieß altägyptisch sunu; griechisch Syene.) Hier war die Grenze zum Goldland Nubien, das in der Bibel Kusch heißt. In den Phasen der Geschichte Ägyptens, in denen der Machtbereich bis weit in den Süden hinein erweitert worden war, diente Assuan als wichtiger Umschlagplatz und Verwaltungssitz. Jährlich wurde hier die Nilflut gefeiert, die für den Reichtum des Landes verantwortlich war.

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XII. Assuan

Abu Simbel: Tempel Ramses II.

Spitze des unvollendeten Obelisken

Die Verengung des Nils durch harten Fels, den der Fluss nicht auswaschen konnte, hat Assuan auch wegen seiner Granitsteinbrüche berühmt gemacht. Der Stein wurde hier aus dem Gebirge gehauen, roh in Form gebracht und dann bis ins Nildelta verschifft – angesichts des enormen Gewichts von Granit eine bis heute erstaunende technische Leistung, die für die Ägypter jedoch alltäglich war. Bei den Rettungsarbeiten wegen des Stausees mussten moderne Ingenieure Statuen zerschneiden, da die Kräne das Gewicht nicht tragen konnten – die pharaonischen Baumeister hatten sie in einem Stück transportieren können. Ein Besuch der Granitsteinbrüche mit dem unvollendeten Obelisken ist daher außerordentlich anschaulich. Ein Riss im Stein hatte die Arbeiter dazu gezwungen, den über 40 m hohen und fast 1200  t schweren Obelisken aufzugeben. Im wenig entfernten südlichen Steinbruch lassen sich noch Statuen und Sarkophage aus der ptolemäischen und römischen Zeit sehen.

XII. Assuan

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Die beiden Pylone des Isis-Tempels, davor  Hadrianstor und Treppe

Philae Ein Besuch der Tempel auf der 8  km südlich von Assuan gelegenen Insel Philae – heute auf Agilkia – gehört sicher zu den Höhepunkten einer Ägyptenreise. Hat man sich am Anlegesteg erst einmal durch die Menge der Souvenirverkäufer gekämpft (»Where do you come from? – Mensch Meier! – Welcome to Egypt!«), kann man sich mit dem Boot langsam der Insel nähern und die Außenansicht des Isis-Tempels in Ruhe genießen. Die außergewöhnliche Lage auf der üppig bewachsenen Insel ist für den besonderen ersten Eindruck der Anlage verantwortlich. Zur archäologischen und religionsgeschichtlichen Erschließung ihrer Bedeutung bedarf es einiger Zusatzinformationen: Säulenhalle des Isis-Tempels mit ursprüngZum einen ist bedeutsam, dass die heute licher Bemalung; Gemälde von D. Roberts sichtbaren Gebäude in einer spektakulären Aktion umgesetzt werden mussten, um sie vor den Auswirkungen des Hochdammes zu schützen. Schon vorher hatte die eigentliche Insel Philae nach dem Bau der ersten Staumauer große Teile des

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XII. Assuan Jahres unter Wasser gestanden. So sind die prächtigen Farben verloren gegangen, die die Besucher des 19. Jh.s noch dokumentieren konnten. Um den Totalverlust abzuwenden, wurde die Topographie der benachbarten Insel Agilkia so verändert, dass die wichtigsten Monumente bis 1980 umgesetzt werden konnten. In religionsgeschichtlicher Perspektive ist von Bedeutung, dass die Kulte der Insel Philae mit dem der Nachbarinsel Biggae zusammengehörten. Dort wurde in unterirdischen Höhlen die Quelle des Nils vermutet – in Konkurrenz zu Elephantine. Wohl wegen des jährlich neu anschwellenden Nils wurde dann auf Biggae auch das Hauptgrab des Osiris verehrt, in dem sein rechtes Bein ruhen soll. Wie seine anderen Grabstätten auch galt der Ort als iat wabet (reine Stätte); im Griechischen wurde daraus das Wort Abaton, das Unbegehbare. Das Kultbild der Göttin Isis wurde zu jeder Dekade (alle zehn Tage) für regelmäßige eheliche Interaktion in rituellen Prozessionen von Philae nach Biggae gebracht. Besonders dann wurden Milchopfer in 365 Schalen dargebracht; die Milch machte Osiris lebendig.

zweite O-Kolonnade Tempel des Augustus

Kirche

Tor des Diokletian

Hathor-Tempel

Kapelle

Isis-Tempel

Trajanskiosk

Siedlung Kapelle Tor Ptolemaios’ II. Philadelphos Imhotep-Tempel Arensnuphis-Tempel

Kiosk Nektanebos’ I.

W-Kolonnade erster Pylon Harendotes-Tempel

zweiter Pylon

Treppenaufgang vom Nil

Mammisi

Mandulis-Kapelle erste O-Kolonnade

Hadrianstor |

Plan: Insel Philae

|100 m

XII. Assuan

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»Weil sie (Isis) Herrin des Himmels ist, ist ihr Gatte (Osiris) Herr der Unterwelt; ihr Sohn (Horus) ist Herr des Landes; ihr Gatte das reine Wasser, der sich in Biggae selbst erneuert zu seiner Zeit.« Hymnus aus dem Allerheiligsten des Isis-Tempels.

Dem Abaton von Biggae gegenüber stand daher auf Philae beim 2.  Pylon ein von Kaiser Hadrian gebautes Tor mit Treppenabgang zum Nil, das für die Prozessionen nötig war. Durch Isis-Tempel, Vorhof und erster Pylon die Umsetzung nach Agilkia ist dieser kulttopographische Zusammenhang heute nicht mehr erkennbar. Im Tor sieht man auf einer Reihe von Reliefs Hadrian beim Opfer für verschiedene Gottheiten aus dem Osiris-Kreis, auch ein Relief, das Osiris in der Nilquelle zeigt. Die kultische Tradition der Insel ist allerdings nicht sehr alt; die Isis-Verehrung ist hier erst seit der 25.  Dyn. nachweisbar, dies anhand von Steinen, die von Pharao Taharka 1. Pylon: Ptolemaios XII. reicht Horus und Nephthys die Kronen Ägyptens (re.) und bringt (690– 664 v. Chr.) verbaut worden waren. Die Isis und Harpokrates ein Räucheropfer dar (li.) heute sichtbaren Monumente stammen aus noch späterer Zeit; sie sind zwischen Nektanebos I. (380–362 v. Chr.) und Kaiser Diokletian (284–305 n. Chr.) entstanden. Während sich im Norden Ägyptens das Christentum schon zu einer wichtigen Größe entwickelt hatte, ging hier der Kult der Isis ungestört und mit großer Resonanz weiter. Daher wundert es nicht, dass hier die letzten datierbaren Inschriften in der Hieroglyphenschrift (394) und der demotischen Schrift (452) gefunden wurden. Erst Justinian hat den Tempel um 535  n.  Chr. schließen lassen. Dem Isis-Tempel, wichtigster und beeindruckendster Bau der Insel, nähert man sich über einen von Kolonnaden gesäumten Vorplatz, der sich zum ers­ ten Pylon hin weitet. Der Weg beginnt an einer Treppe vom Nil her, die noch auf Nektanebos zurückgeht. Schon von hier war der Blick auf den rechten, östlichen Pylon gestört, denn vor ihm angeordnet sind der kleine Kiosk für die nubische Gottheit Arensnuphis und den nubischen Sonnengott Mandulis, der besonders in Kalabscha verehrt wurde. Direkt vor dem Pylon steht schließlich das Tor des zweiten Ptolemäerkönigs Philadelphos.

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XII. Assuan

Horus im Dickicht

Allerheiligstes des Isis-Tempels

Auf den Pylonen sind großflächige – teils später ausgehauene – Reliefs zu sehen, die zum einen die klassische Pose des »Schlagens der Feinde« zeigen, das die Macht des Pharao unterstreicht. Häufiger aber werden Kultszenen dargestellt, in denen der griechische König den Göttern Ägyptens seine Referenz erweist. Direkt hinter dem ersten und zweiten Pylon schließt sich im Osten das Mammisi (Geburtshaus) an, das der Geburt des Horus durch Isis gewidmet ist. Hier sind einige wichtige Reliefs zu sehen, unter anderem die berühmte Abbildung, wie Chnum auf der Töpferscheibe das Kind formt. Besonders schön ist das Bild des Horusfalken im Papyrusdickicht, das vergegenwärtigt, wie Isis den Horusknaben im Dickicht verborgen aufgezogen hat. Andere Reliefs zeigen die berühmte – auf Maria übertragene – Darstellung der Isis, wie sie Horus stillt. Durch den zweiten, in der Achse etwas gedrehten Pylon erreicht man einen kleinen Hof und dann die Vorhalle des eigentlichen Tempels mit den schönen Säulen. Dieser Teil war im 6. Jh. unter Justinian zur koptischen Kirche umgewidmet worden. Im Allerheiligsten steht noch der Sockel für die Barke, auf der das IsisKultbild stand; an der Seite trägt er nun ein koptisches Kreuz. Wie in Dendera ist über eine Treppe von diesem Bereich aus das Dach mit einer Osiris-Kapelle zu erreichen.

Exkurs: Die Religion der Spätzeit Der Isis-Tempel auf Philae belegt auf seine Weise eine deutliche Veränderung in der altägyptischen Religion der Spätzeit. Als der Grieche Herodot in der Mitte des 5. Jh.s das Land bereist, hat er den Eindruck, dass überall nur Isis und Osiris verehrt würden; die anderen Götter seien regionale Erscheinungen. Inter­essanterweise haben sich tatsächlich die Gewichte verscho-

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ben: Besondere Wertschätzung erfahren nun weibliche Götter wie Hathor (Dendera) und Isis, dazu der Schöpfergott Chnum und die Göttermutter Neith. Die Verehrung der Sonne geschieht nicht mehr vornehmlich durch den Kult des Re, sondern auch den der Horusgötter (Kom Ombo; Edfu). Wie bereits in Alexandria beobachtet werden konnte (S. 154), ist dabei der Aufstieg der Isis zur Weltgöttin und Herrin des Schicksals am bemerkenswertesten, wobei sie auch ältere ägyptische Kulte übernehmen kann. So gilt Bastet, die Katzengöttin von Bubastis, vielfach als Ba der Isis. Andernorts Hathor-Tempel: Der Gott Bes spielt auf einer Lyra übernimmt Osiris die Rolle bisheriger Götter, so etwa in Schmun die des Thot. Die Tradition der 42 Begräbnisorte des Osiris (einer je Gau) wird durch die Pflege entsprechender Heiligtümer intensiviert. Die bisherigen Hauptgötter wie Ptah oder Amun rücken demgegenüber in den Hintergrund. Auch der aufwendige und kostenintensive Bau der Gräber lässt nach, vielfach werden die Beisetzungen einfach im Boden vorgenomKiosk des Trajan men – wohl, weil jetzt das ganze Land als von Osiris geheiligt gilt. Das Hauptaugenmerk gilt nun dem Sarg und der Mumie. Besonders auffällig sind Mumienporträts, die in die Binden eingearbeitet werden und ein etwas individuelleres, dennoch idealisiertes Aussehen zeigen. Was hier nur ganz kurz angedeutet werden kann, bedeutet in der Konsequenz einen entscheidenden Wandel in der ägyptischen Religion. Weitere besichtigenswerte Monumente auf Philae sind zunächst das Tor des Diokletian am Nordwestufer der Insel, dann aber vor allem der von Ptolemaios VI. stammende Hathor-Tempel mit seinen schön verzierten Säulen. Zu den schönsten Bauwerken Ägyptens wird schließlich der in römischer Zeit entstandene sogenannte Trajan-Kiosk gezählt, das von Kaiser Trajan (98– 117 n. Chr.) in Auftrag gegebene frühere Eingangsportal in den Tempelbezirk. Es sollte wohl eine Ost-West-Achse zum eigentlichen Isis-Tempel herstellen.

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XII. Assuan Elephantine Zur im Nil gelegenen Insel Elephantine reist man üblicherweise sehr entspannt mit einer der typischen Feluken. Die Ausgrabungen auf der Insel halten noch an, auch daher ist wenig an eindrücklicher Monumentalarchitektur zu sehen. Hinzu kommt, dass hier auf Elephantine Wohnsiedlungen ausgegraben werden, die naturgemäß nicht so spektakulär wie dekorierte Gräber oder große Tempel sind. Für die Archäologie und die sozialgeschichtliche Forschung ist es dennoch ein Glück, dass sich die Besiedlung nach und nach auf das östliche Ufer hin verlagert hat, so dass die Wohngebiete nicht wie andernorts später überbaut wurden. Eindrücklich ist zunächst der Nilometer an der Terrasse des Tempels der Satis. Mit dieser

Feluken auf dem Nil

Nilometerskala

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treppenartigen Anlage wurde der Stand des Nilhochwassers beobachtet und dokumentiert, was für die Erhebung von Steuern und Verteilung von Arbeiten von Bedeutung war. Heute sieht man zwei Skalen, eine mit demotischer und griechischer Beschriftung aus römischer Zeit, eine mit französischer und arabischer Schrift aus dem späten 19. Jh., als der Nilometer renoviert wurde. Anders als für die europäischen Forschungsreisenden der frühen Neuzeit spielte bei den alten Ägyptern die Suche nach den eigentlichen Quellen des Nils keine besondere Rolle. Für ihr auf Ägypten konzentriertes

Tempel des Heqaib Tempel der Satis Nilometer

Tempel des Chnum

|

Plan: Elephantine

|50 m

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Weltbild genügte die mythische, nicht durch den Augenschein zu erschütternde Auffassung, dass hier auf Elephantine die Quelle zu suchen sei. Besondere Verehrung fand daher seit alters (ca. 3300 v. Chr.) die Antilopengöttin Satet, die »Herrin von Elephantine«. Sie galt als Beschützerin des Katarakts und der Südgrenze, außerdem als Geberin des kühlen Blick zum rekonstruierten Satet-Tempel Wassers. Sie bildet mit dem widderköpfigen (rechts) und dem Heiligtum des Heqaib; Töpfergott Chnum und ihrer Tochter Anuket im Hintergrund das Museum eine lokal verehrte Trias. Ihr wieder aufgebauter Tempel ist heute das Monument, das die Besichtigung am ehesten lohnt. Der Tempel gehört zu den ältesten Ägyptens, er hat eine Baugeschichte, die von einer umbauten Granithöhle in der 1. Dyn. über großzügige Neubauten unter Hatschepsut und Ptole­maios II. bis in die römische Zeit reicht. Die heute sichtbare Rekonstruktion zeigt, soAufgang zum Chnum-Tempel weit möglich, die einzelnen Bauphasen an, so dass man einen sehr guten Eindruck vom Wachstum des Bauwerkes erhält. Dazu wurde der weithin sichtbare Teil, der die Bauphase der Hatschepsut wieder entstehen lässt, auf eine Betonplatte gesetzt, unter der der fast 1000 Jahre ältere Vorgängerbau zu sehen ist. Erst aus der Kaiserzeit stammt eine große Terrasse, die vom Tempel zum Nilufer reicht. Hinter dem Satet-Tempel liegt ein kleines Heiligtum für einen lokal verehrten Gouverneur namens Heqaib. Er hatte unter Pepi II. eine Reise jenseits des Katarakts unternommen und wurde nun verehrt, um den Schutz von Expeditionen in den Süden zu verbürgen. Das Sanktuar stammt aus der 12. Dyn. und wurde wohl bis in die 17. Dyn. besucht und gepflegt. Für seine Bedeutung spricht, dass lokale Würdenträger Statuen stifteten, die vollständig ausgegraben werden konnten. So erfuhr man von einem Element der ägyptischen Religiosität neben dem offiziellen Kultbetrieb, das bislang unbekannt war. Der benachbarte Tempel des Chnum ist für die Besucher am Granitportal aus der Zeit des Nektanebos (30. Dyn.) zu erkennen, von dem zwei Pfeiler in die Höhe ragen. Sie tragen Dekorationen, die Alexander IV., den Sohn Alexan-

XII. Assuan ders des Großen, in der typischen Rolle eines ägyptischen Pharao zeigen. Die umgebenden Kalksteinmauern sind – da leichter zu transportieren – späteren Bauvorhaben der Bevölkerung zum Opfer gefallen, so dass man wenig mehr als die freigelegten Umrisse des Tempels sehen kann. Immerhin wird deutlich, dass das Areal wesentlich größer als der Satet-Tempel war; auch ein großer Granitschrein (ebenfalls 30. Dyn.) ist noch erkennbar, dazu Sarkophage für Widder. Erneut wurde in römischer Zeit eine große Terrasse vor den Tempel gebaut. Gefunden wurden hier auch verschiedene prächtige Widder-Mumien, die auf ihre Weise die Verehrung des Schöpfergottes Chnum belegen. Auf der Insel findet sich auch ein kleines Museum, das im Haus W. Willcocks eingerichtet wurde, der den ersten Staudamm geplant hatte. Es werden u. a. wichtige Funde aus den aktuellen Grabungen gezeigt; für die Papyri steht ein vollständig erhaltener Ehevertrag. In Assuan selbst lohnt sich der Besuch des Nubischen Museums mit Funden aus der Frühzeit bis zum Islam. Hier sind beispielsweise eine der genannten Widder-Mumien zu sehen, aber auch interessante Modelle des Nils vor dem Bau des Hochdammes und dokumentierende Bilder von untergegangenen Orten. Exkurs: Die jüdische Gemeinde auf Elephantine Ende des 19. Jahrhunderts, zur Hochzeit der europäischen Entdeckungen in Ägypten, gewann man eine überraschende Einsicht: Auf Elephantine hat es eine Söldner-Garnison gegeben, die sich selbst »jüdisch« nennt und für die damalige Obermacht, die Perser, Dienst tat. »Jüdisch« bedeutet dabei so viel wie »aus Juda /Jehud stammend«. Die Größe der Gemeinde kann nur geschätzt werden, die Überlegungen schwanken zwischen 50 Soldaten und ca. 3000 Personen (Frauen und Kinder einbegriffen). Ebenso wenig ist sicher, seit wann es Juden so weit im Süden Ägyptens gegeben hat. Möglich ist, dass sie das Nordreich Israel nach den Kriegen des Jahres 732 oder 722/720 verlassen haben, was man aus Hos 7, 16 ablesen kann. Denkbar ist auch, dass sie aus Juda /Jerusalem stammten und nach dem Untergang des Tempels vor den Babyloniern flüchteten; das ließe sich aus Jer 40 – 43 ableiten. Jedenfalls fand der Perserkönig Kambyses im Jahr 525 v. Chr. den jüdischen Tempel schon vor. Man erfuhr von der Existenz dieser Gemeinde und eine ganze Reihe von Details aus ihrem Leben, weil fast 100 Papyrus-Dokumente aus dem 5. Jh. erhalten sind, unter anderem Briefe, Verträge und Abrechnungen. Darunter war sogar das Archiv des Vorstehers der Tempelgemeinde namens

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XII. Assuan

Jedanja. Einige Wohnhäuser dieser aramäisch sprechenden Soldaten sind durch die Ausgrabungen zu besichtigen. Die Papyri stammen aus einer Zeit, als das Alte Testament, wie wir es heute kennen, noch nicht »fertig« war – im Sinne eines abgeschlossenen Buches mit festgelegtem Text. So erlauben sie überraschende Einblicke: Beispielsweise verehrten die jüdischen Söldner nicht nur Blick auf das Gebiet des Chnum-Tempels, den Gott Israels, sondern wie ihre ägyptische wo sich der jüdische Tempel befunden hat. Umwelt auch eine Trias: Jahu, eine Göttin naIm Hintergrund das berühmte Old Cataract Hotel mens Anat-Jahu oder Anat-Bethel und ein Kind namens Eschem-Bethel. Anders als es die Bibel nahelegt – nach 5. Mose 12 darf es keinen anderen Tempel als den in Jerusalem geben – hatten die Elephantiner einen eigenen Tempel, in dem sie auch Opfer dargebracht haben. Wie dieser Tempel ausgesehen haben mag, ist leider archäologisch nicht mehr nachweisbar. Seine ungefähre Lage muss im Gebiet des Chnum-Tempels gewesen sein. Denn in mehreren Briefen geht es um das Problem, dass die Priester des Chnum den jüdischen Tempel im Jahr 410 v. Chr. zerstören ließen. Da der Gott Chnum die Erscheinungsform eines Widders hat und in Elephantine: Relief des Gottes Chnum einem israelitischen Tempel Lämmer und Widder geopfert wurden, liegt die Annahme nahe, dass man es hier mit einem antiken Religionskonflikt zu tun hat. Doch warum geschah diese Zerstörung erst nach über 100 Jahren Koexistenz? Neuere Forschungen lassen auch die Möglichkeit zu, dass der Tempel im Zuge des Baus einer Be­festigungsmauer zerstört wurde. Die jüdische Gemeinde wandte sich daraufhin zunächst an den Tempel in Jerusalem, dann, nachdem offenbar Antwort von dort ausblieb ist, an den persischen Statthalter in Samaria. Im Jahr 407 kam schließlich die Erlaubnis zum Neubau des Elephantine-Tempels. Allerdings gab es eine entscheidende Einschränkung: Es durfte dort keine Brandopfer mehr geben. Ob damit der Vorrang des Jerusalemer Tempels erreicht werden sollte oder Rücksicht auf per-

XII. Assuan sische Vorstellungen nehmen wollte, ist nicht zu entscheiden. Interessant ist schließlich ein weiterer Brief, der in der Forschung als Passa-Brief des Perserkönigs Dareios II. bekannt ist. In ihm wird mitgeteilt, wann und wie das Passa zu feiern ist. Da die Angaben zum Passafest im Alten Testament nicht ohne Widersprüche sind, gab es offenbar Regelungsbedarf. Interessant ist, dass – anders als in der Bibel – auch der Genuss von Bier verboten wird, da dieses ja aus Gesäuertem /Gegorenem bereitet wird – in Israel trank man eher Wein als Bier, daher ist dies im Alten Testament nicht geregelt. Glaube und Kult der Gemeinde weisen also einige Differenzen zu dem auf, was in der hebräischen Bibel gefordert und im heutigen Judentum gelebt wird.

277

Blick auf das Simeonskloster

Grotte

Das Simeonskloster (Amba Hadra) Gegenüber der Botanischen Insel liegt auf einer Felsterrasse eines der größten Klöster Ägyptens. Es wird bis in das 6. /7. Jh. zurückdatiert; im 13. Jh. war es aufgegeben worden, wohl aus Ermangelung einer eigenen Quelle und wegen fortgesetzter Nomadenüberfälle. In seinen besten Zeiten muss das Kloster über 1000 Mönche beherbergt haben. Sein Name »Simeon« ist traditionell, ältere Quellen benennen es nach dem Anachoreten und späteren Bischof von Syene (Assuan), Hadra (um 400). Von der Anlegestelle der Boote aus ist die Anlage nach einem kurzen Fußweg durch die Wüste oder per Kamel zu erreichen. Sehenswert auf der Ebene der unteren Terrasse ist vor allem die Kirche. In ihrem Umfeld kann man die Grotten finden, in denen die ersten Ein-

Kirche Eingang Zimmer

|

|10 m

Grndriss: untere Terrasse des Simeonsklosters

|

|5 m

Rekonstruktion der Klosterkirche

278

XII. Assuan

Blick auf den Bereich der Kirche (untere Terrasse) und das Dormitorium (oben) Küche

Refektorium Dormitorium Qasr

Treppe nach unten Backofen

Latrinen Weinpresse

Ölpresse |

|10 m

Grundriss: obere Terrasse des Simeonsklosters

siedler gelebt haben werden. In einer dieser ausgehauenen Wohnhöhlen an der NordwestEcke der Kirche ist noch die Bemalung erhalten (6./7. Jh.?), wobei besonders die mit geometrischen Mustern geschmückte Decke auffällt. Die Kirche selbst, aus dem 11. Jh. stammend, ist von hoher architektonischer Bedeutung. Sie ist eine der wenigen, die die seit dem 9. Jh. erfolgte Abkehr vom Basilika-Baustil belegt, denn aufgrund des Mangels an Bauholz wurden nun die Mittelschiffe mit Kuppelgewölben überbrückt. In der Apsis der Kirche sind noch schwach Reste von Fresken zu erkennen, vor allem eine Christusdarstellung; hinter der Apsis liegt das Taufbecken. Ein Blick in die an der bis zu 6 m hohen Umfassungsmauer gelegenen Schlafräume des Klosters vermittelt einen Eindruck von den damaligen Lebensverhältnissen. Dominierend auf der oberen Terrasse ist der mächtige Wehrturm (Qasr). Seine Anlage weicht von der anderer Türme insofern ab, als hier Zellen für ein permanentes Wohnen der Mönche eingebaut waren. Interessant ist der große Raum im Norden, der wohl als Refektorium (Speisesaal) gedient hat; hier finden sich ummauerte Gruben im Boden, an denen die Mönche wahrscheinlich aßen. Auch seine Decke war als Kuppelgewölbe ausgebildet, wie man an den Säulenbasen im Boden erkennen kann. Auf dieser Ebene lassen sich die grundlegenden Funktionsräume des Klosters erkennen, von Ölpresse und Backofen bis hin zur Toilette. Weitere lohnende Besichtigungsziele sind etwas weiter nilabwärts der Botanische Garten auf der Kitchener-Insel und besonders die Felsgräber, die bis ins Alte Reich zurück-

XII. Assuan reichen. Ihr Bildprogramm erinnert an das der Mastabas aus Saqqara oder der Felsgräber von Beni Hasan. Da vergleichsweise wenige Besucher den Weg auf dieses Ufer finden, lassen sich die Gräber meist in Ruhe besichtigen. Das malerisch auf dem Westufer des Nils liegende Grabmal des Aga Khan  III. (gest. 1957) und seiner Frau, der Begum, kann nicht besichtigt werden. Der Aga Khan (gegenwärtig regiert sein Enkel, Karim Aga Khan IV.) ist geistliches Oberhaupt der Nizari-Ismailiten, einer Untergruppe des schi­ itischen Islam mit ca. 3 Mio. Anhängern. Ihnen gilt er als direkter Nachkomme Mohammeds und als rechtmäßiger Imam. Die übrigen Schiiten erkennen dies nicht an, da es im Jahr 765 nach dem Tod des 6. schiitischen Imams einen Nachfolgestreit gegeben hat, in dessen Folge sich die Ismailiten abgespalten haben. Neben seinen religiösen Pflichten engagiert sich der jetzige Aga Khan in einem eigenen Netzwerk zur Entwicklungshilfe; für seine Verdienste um den Dialog mit der westlichen Welt wurde ihm der Toleranzpreis der Ev. Akademie Tutzing verliehen.

Mausoleum des Aga Khan III.

279

280

Nachbemerkung Nachbemerkung

Ägypten ist kein biblisches Land. Doch Ägypten ist ein durch und durch religionsgesättigtes Land, vom pharaonischen Altertum bis in die muslimische und koptische Gegenwart hinein. Je auf ihre Weise legen die Bauwerke unterschiedlicher Epochen Zeugnis davon ab, dass Menschen sich bei den Grundfragen ihrer Existenz auf das Göttliche gewiesen fühlen. Wasser und Wüste werden als Grunddimensionen von Lebensgabe und Lebensfeindlichkeit verstanden. Die belebende Kraft der Sonne wird besungen, Gefährdungen durch wilde Tiere oder aggressive Feinde müssen gebannt werden. Was kommt nach dem Tod, ist er die Schwelle zu einer jenseitigen Existenz? Das alles hat die alten Ägypter zum Ausbil»Sound and Light« in Karnak den einer Kultur veranlasst, die noch Jahrtausende später Anlass zur Bewunderung gibt. Judentum, Christentum und Islam haben diese Kultur abgelöst. An die Stelle der vielen Götter und Mythen ist nur ein Gott getreten, der mit seiner Welt eine Heilsgeschichte plant. Die himmlische Welt ist leerer geworden. Für viele Westeuropäer ist inzwischen auch der biblische Gottesbegriff sinnentleert, die christlich-jüdische Botschaft vom Heilswillen Gottes fremd geworden. Vielleicht ist gerade deshalb die Begegnung mit dem religiösen und kulturellen Reichtum des alten Ägypten so interessant. Es ist schon verblüffend zu hören, dass getaufte Christen sich in den Details ägyptischer Bestattungsriten genau auskennen, doch nur ein diffuses Wissen über die Geschichte ihrer eigenen Religion haben. Wie also geht man als Christ angemessen mit den ägyptischen Monumenten um? Auch wenn manche Elemente – etwa die Tiermumien – als Verirrung erscheinen, überwiegt zunächst doch die Anerkennung für die tiefgehende religiöse Überzeugung, die zu dieser Kultur Anlass gab. Während unsere heutige Welterfahrung und -bewältigung vor allem mit technischwissenschaftlichen Mitteln geschieht, hat man das in Ägypten auf mythischmagische Weise getan. Dabei blieb der Mensch immer in den Kosmos eingebunden; eine Gewissheit, die heute vielen fehlt.

Nachbemerkung Gut beobachten lässt sich auch der historische Charakter jeder Religion. Nicht nur, dass sich die altägyptische Religion unter dem Eindruck veränderter geschichtlicher Situationen weiter entwickelt hat, sie wirkte auch auf das junge Christentum ein. Das hellenistische Judentum formierte sich in Auseinandersetzung mit der ägyptisch-hellenistischen Umwelt und hat damit wichtige Aspekte des Christentums vorgedacht. Auch das Christentum steht in einem immer währenden Entwicklungsprozess, in dem es weiterhin von anderen Religionen her beeinflusst wird. Fundamentalistische oder biblizistische Zugangsweisen zum christlichen Glauben verkennen das. Besonders eindrücklich ist in Ägypten zu sehen, wie sehr Religion und Kultur miteinander verwoben sind. Die Bildkunst der Ägypter Medinet Habu: Säulen des ist ohne ihre Religion nicht zu verstehen, die Urhügel-Tempels (18. Dyn.) Religion nicht ohne ihre Seh- und Denkgewohnheiten. Im modernen Ägypten wie im modernen Westeuropa lässt sich das gleiche Phänomen feststellen: Religion und Gesellschaft sind nur dann angemessen zu verstehen, wenn man ihre Schnittmengen erkennt und ihre Interaktion beschreibt und zu verstehen sucht. Schließlich bleibt im konkreten Fall Ägyptens das Staunen: Dass die Religion des mächtigen Pharao nun Gegenstand musealer Betrachtungen und kultureller Studienreisen ist, die Religion des kleinen Israel aber, das aus dem Sklavenhaus Ägypten ausbrechen musste, zur Keimzelle dreier lebendiger Weltreligionen geworden ist.

281

282

Zeittafel Zur leichteren Orientierung wird hier ein Überblick über die Dynastien der alt­ägyptischen Geschichte gegeben, wobei nur die im Text genannten Pharaonen aufgenommen wurden. Datierungen vor ca. 700 v. Chr. sind oft unsicher. Die Angaben richten sich nach Reclams Lexikon, S. 331– 333.

Prädynastische Zeit

5500–3100 v. Chr.

Mittleres Reich (MR)

2055–1650

11. Dynastie

2055–1985

Mentuhotep II.

Frühdynastische Zeit

3100–2686



1. Dynastie

3100–2890

12. Dynastie

Narmer (Menes?)

ca. 3100



Sesostris I.

1965–1920

2. Dynastie

2890–2686



Amenemhet III.

1855–1808

13. Dynastie

2055–2004 1985–1795

1795– ca. 1650

ca. 70 Könige

Altes Reich (AR)

2686–2181



3. Dynastie

2686– 2613

14. Dynastie

Djoser

2667– 2648

Unklare Herrschaftsverhältnisse,

Huni

2637– 2613

wohl zeitgleich mit der 13. Dyn.

4. Dynastie

2613– 2494

Snofru

2613– 2589

Zweite Zwischenzeit

1650–1550

Cheops

2589– 2566

15. Dynastie

1650–1550

Djedefra

2566– 2558



Chephren

2558– 2532

16. Dynastie

Mykerinos

2532– 2503



1750–1650

»Große« Hyksos-Herrscher (Deltagebiet) 1650–1550

»Kleine Hyksos«, zeitgleich mit der 15. Dyn. 1650–1550

5. Dynastie

2494– 2345

17. Dynastie

Userkaf

2494– 2487



Unas

2375– 2345

6. Dynastie

2345– 2181

Neues Reich (NR)

1550–1069

Teti

2345– 2323

18. Dynastie

1550–1295

Pepi I.

2321– 2287



Ahmose

1550–1525

Pepi II.

2278– 2184



Thutmose III.

1479–1425



Hatschepsut

1473–1458

Zeitgleich in Theben regierende Herrscher

Erste Zwischenzeit

2181– 2055



Amenophis II.

1427–1400

7. und 8. Dynastie

2181– 2125



Amenophis III.

1390–1352



Echnaton

1352–1336



(Amenophis IV.)

Herrschaft von Königen in Herakleopolis,



Semenchkare

1338–1336

im Süden regierten die Gaufürsten



Tutanchamun

1336–1327



Eje

1327–1323

Viele nur kurzzeitig herrschende Könige 9. und 10. Dynastie

2160– 2025

Zeittafel

Haremhab

19. Dynastie

1323–1295

28. Dynastie

404–399

1295–1186

29. Dynastie

399–380 380–343



Sethos I.

1294–1279

30. Dynastie



Ramses II.

1279–1213



Nektanebos I.

380–362



Merenptah

1213–1203



Nektanebos II.

360–343



Sethos II.

1200–1194

2. Perserzeit

343–332

20. Dynastie

1186–1069



Ramses III.

1184–1153

Ptolemäerzeit

332–30



Ramses VI.

1143–1136



Alexander der Große

332–323



Ptolemaios I. Soter

305–285

Dritte Zwischenzeit

1069–747



Ptolemaios II. Philadelphos

285– 246

21. Dynastie

1069– 945



Ptolemaios III. Euergetes

246– 221



Ptolemaios VI. Philometor

180–145



(in Tanis regierend)



Psusennes I.

1039– 991



Ptolemaios XII. Neos Dionysos 80–51



Osorkon 984– 978



Kleopatra VII. 51–30



Psusennes II. 959– 945

22. (libysche) Dynastie 945–715

Römerzeit 30 v.– 395 n. Chr.





Augustus/Octavian 30 v.–14 n. Chr.



Gaius/Caligula 37– 41

Scheschonq I. 945– 924

23. Dynastie 818–715



Nero 54 – 68

24. Dynastie 727–715



Titus 79 – 81





Trajan 98 –117



Hadrian

117–138

Spätzeit 747– 332



Marc Aurel

161–180



Mehrere parallele Regierungen Bokchoris 727–715

25. (nubische) Dynastie 747– 656



Caracalla

211– 217



Schabaka 716 –702



Decius

249–251



Taharqa 690– 664



Valerian

253–260

26. (saitische) Dynastie 664–525



Diokletian

284 – 305



Psammetich I. 664–610



Konstantin

306 – 337



Necho II. 610– 595



Valentinian I. 364 – 375



Apries 589– 570

Teilung des Reiches 395



Amasis 570– 526

27. Dynastie (Perser) 525– 404

Zwischen Spätantike und Neuzeit



Kambyses 525– 522



Kirchenspaltung



Dareios I. 522– 486



in Chalkedon 451



Dareios II. 424– 405



Justinian 527–  565

283

284

Hieroglyphen Arabische Eroberung Ägyptens

um 640

Umayyaden

661 –750

Unabhängigkeit 1922– Unabhängigkeit des Königreiches

danach: Abbasiden; Tuluniden; Ichschididen

Ägypten unter Fuad I. 1922

Fatimiden 969 –1171

Revolution gegen König Faruk 1952/53

Ayyubiden 1171–1250

Gamal Abdel Nasser 1952–1970

Mamelucken 1250–1517 Vereinigte Arabische Republik

Eroberung durch die Osmanen (Türkei)

1517

mit Syrien und Nordjemen 1958–1961

Napoleon erobert Ägypten

1798

Anwar el-Sadat 1970–1981

Dynastie Muhammad Alis 1805 –1882

Friedensvertrag mit Israel 1979

Ägypten unter britischer

Husni Mubarak 1981–

Kolonialherrschaft

1882

Übersicht über häufige und wichtige Hieroglyphen 󳀀 Determinativ: Mensch 󳍆 Determinativ: Frau 󳂕 Determinativ: Gott 󳂟 Determinativ: König 󳃣 Determinativ: Mumie 󴒎 netscher: Gott 󳙷 udjat-Auge: Vollständigkeit 󳚓 Ka (Erhalt- und Gestaltseele) 󳮱 Ach (Verklärungsseele) 󳯭󳮺 Ba (Bewegungsseele) 󴖄

anch (Lebenskraft); 󴖄󴞥󴕻 anch, udja, seneb:



möge er leben, reich und gesund sein!

󳵐

schu-Feder (Zeichen der Wahrheit / Gerechtigkeit ma'at)



󴒙 djed-Pfeiler: Ewigkeit 󳪈 ib-Herz 󳪉 nefer, schön, Schönheit (wie in Nofretete) 󳺂 cheper, werden, geschehen, entstehen

󴕆 rote Krone Unterägyptens 󴕁 weiße Krone Oberägyptens 󴕈 Doppelkrone beider Länder 󳮚 nebti. »Zwei Herrinnen«-Name der beiden Wappentiere von Ober- und Unterägypten

󴡚 Kartusche für den Königsnamen 󳻩 Papyrus, Zeichen für Unterägypten 󳻼 sut, Riedgras, Zeichen für Oberägypten; 󳺃 bit, Biene, Zeichen für Unterägypten 󳻼󳺃n-su-bit, König von Ober- und Unterägypten 󴖒 heqa, königlicher Krummstab (auch bei Osiris) 󴖕 was­, königliches Zepter 󴖗 sechem-Zepter (Macht) 󴖠 nechacha-Geissel (f. Götter und Könige) 󴧦 Papyrusrolle, Zeichen für Abstraktheit 󴧪 sesch-Schreiberpalette, Schreiber 󴒄 chetep, Opfer, Altar

Register 󳮅 Horus – Falke auf Standarte 󴄨 Nephthys 󴐍 Göttin Isis 󳐨 󴄯 Göttin Hathor 󳐆 Schreibergott Thot 󳐋 Bildnergott Chnum

󳐗 Totengott Anubis 󴀫 󳏸 Sonnengott Ra 󴀜 pet, Himmel 󴁀 ta, Erde 󴆾 Determinativ: Stadt/Land 󴁵 Determinativ: Wasser

Register A Aaron 185, 190 Abraham 57, 95 Abu Simbel 265 Abydos 212 Ach 50, 103, 113 Achet-Aton 206, 208 Achethotep 107 Adam 83 Adhan 91 Aghurmi 143 Agilkia 268 Ägyptenbilder 57 Ahmose 21 Aion 66, 155 Ajn Musa 184 Al-Azhar-Moschee 95, 96 Alexander 24, 130, 143, 152 Alexandria 25, 61, 62, 64, 150, 156, 158 Allegorie 160 allegorisch 156, 158 Altes Reich 18 Amalekiter 185 Amarna 23, 76, 77, 204, 207 Amarna-Korrespondenz 211

Amasis 143 Amduat 48, 246, 247 Amenemope 59 Amenophis II. 244, 246 Amenophis III. 224, 225, 233 Amenophis IV. 206 Ammon 143 Ammon-Orakel 143, 151 Amun 31, 41, 44, 147, 154, 207, 219, 223, 226, 229, 232, 234 Amun-Min 231 Amun-Re 20, 32, 41, 45, 80, 234 Amun-Re-Tempel 143 Anachoreten 67 Anat 132 Anat-Bethel 276 Anat-Jahu 276 anch-Zeichen 32, 56, 77, 83, 262 Anianus 158 Antisemitismus 158 Antonius 67, 69, 148, 161, 179, 180 Antoniuskloster 179 Anubis 41, 246 Anuket 274 Aphrodite 154

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Register Apis-Stiere 113, 130, 133, 154, 158 Apokalypse 180 Apollos aus Alexandria 63, 159 Apophis 52 Apophisschlange 247 Apries 133 Arche 96 Aretalogien 154 Aristeasbrief 157 Aristobul 158 Artapanos 158 Artemis 154 Asenat 57 Askese 68, 135 Asklepios 261 Assuan 15, 265 Assyrer 25 Astrologie 215 Atef-Krone 38, 44 Athanasius 160 Atlantis 126 Aton 32, 41, 60, 76, 206 Atum 32, 47, 72 Auaris 21, 166, 167, 174 Auferstehung 123 Auferstehungshoffnung 159 Aufweg 119 Auseinandersetzungsliteratur 20 Auszug 169

B Ba'al 21, 174 Babylon 82, 215 Bagawat 148 Baharija 144

Balsamiertisch 133 Bannentiu-Grab 145 Baramus-Kloster 139 Barke 28, 113, 221 Barkenstation 224, 228 Bart 38 Basar Khan el-Khalili 97 Ba-Seele 49, 104, 220 Basilides 160 Basilika 85 Bastet 45, 174 Baumgöttin 246 Bawiti 145 Benben 72, 119 Ben Esra Synagoge 63, 89, 90, 167 Beni Hasan 202 Benu-Vogel 72 Bes 42, 46, 208 Beschneidung 108 Beya 170 Bibliothek 62, 252 Biggae 255, 268 Bilbais 178 Bindestrich-Götter 32 Binsengefilde 48 Bischoi 136, 138 Bischoi-Kloster 136 Bitterseen 169 Bokchoris 24 Botanischer Garten 230 Bubastis 45, 174, 176, 178 Buch vom Tage 247 Buch von der Himmelskuh 248 Buch von der Nacht 248 Byblos 254

Register C Cachette 245 Caesar 26, 153, 157 Chalkedon 65, 161, 196 Champollion 35, 232 Chaos 204, 238, 256, 257 Cheops 19 Chephren 19, 75, 121, 124 Chepre 42, 229 Chnum 42, 61, 251, 253, 270, 274 Chons 42, 44, 220, 234 Christenverfolgungen 153 Christologie 137, 160, 196 Christusgläubige 63 Codex Sinaiticus 193, 197

D Dachla 146 Dahschur 115 Damiette 165 Dareios I. 147 Dareios II. 277 Datierung 17 David 235, 237 Deinokrates von Rhodos 152 Deir el-Bahari 240, 242 Deir el-Muharraq 201 Deir Saghir 186 Dekadenfest 234, 235 Dekansterne 215, 216 Demeter 154 Demotisch 32 Dendera 212, 252 Determinativ 32 Diaspora 62, 158, 177 Dikka 92

Diokletian 63, 64, 162 Djedefra 124 djed-Pfeiler 44, 56 Djoser 18, 102, 108, 110 Doketismus 137 Doppelsärge 105 Dornbusch 187, 191 Dornbuschkapelle 196 Dritte Zwischenzeit 24 Dynastien 17

E Echnaton 23, 32, 60, 76, 77, 170, 205, 206, 209, 211, 248 Edfu 251, 252 Egeria 167, 188, 191 Elephantine 61, 272, 275 Elia 180, 187, 188, 190 Elia-Wiese 189 Elim 184 el-Qasr 146 el-Qurn 233, 244 Eos 233 Epiphaniasfest 66 Eremiten 67, 136, 139 Er-Raha 189 Erscheinungsfenster 211 Erste Zwischenzeit 19 Erzeltern 203 Eschem-Bethel 276 Eschmunein 204 Esna 251 Ethik 158 Eusebius 158 evangelische Gemeinde 97 Evangelisten 259

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Register Evangelium 63 Exodus 148, 167, 168, 170, 239

F Fajjum 258 Falke 43 Flucht der Heiligen Familie 63, 85, 177, 201 Flügelsonne 83 Fort Kait Bey 161 Friedensvertrag 231

G Gastgötter 252 Gaue 15 Geb 47 Geburt der Sonne 214 Geburt des Gottkönigs 213, 223 Geburtsgeschichte Jesu 226 Geburtshaus 252 Geburtszimmer 225 Geier 38 Geniza 90 Georg 181 Gerechtigkeit 59 Geschichte des Schiffbrüchigen 20 Gizeh 19, 118 Gnosis 65, 160 goldene Mumien 145 Goldenes Kalb 58, 189 Golf von Suez 179 Goschen 166 Götterstatue 222 Gottesname 168, 191 Gottesoffenbarung 190 Gottessohnschaft 36, 143

Gottheit 30, 31, 40, 220 göttliche Zeugung 240 Grab 48, 52, 103 Grabbeigaben 56, 104 Grab des Osiris 212, 268 Grabkammer 117 Grabmal des Aga Khan III. 279 Granit 266 Grenzstele 207 großer Schnatterer 204

H Hagar 186 Hammam Faraun 185 Hanafija 91, 93 Hapi 42 Hapiru 168 Haremhab 108, 207, 248, 249 Haroëris 258 Harpokrates 154 Harsomtus 252, 253 Hase 204 Hathor 37, 41, 43, 80, 154, 186, 234, 245, 246, 248, 252 Hathor-Nut 213, 214 Hathorsäule 214 Hatschepsut 21, 37, 223, 225, 240, 242 Hebsed 110 Heiliger See 222, 229 Helena 191, 192, 201 Heliopolis 19, 45, 57, 71, 174 Henkelkreuz s. anch Henotheismus 206, 209 Hephaistos 130 Heqaib 274 Hermeneutik 158

Register Hermes 154 Hermopolis 86, 205, 234 Hermopolis magna 204 Herodot 55, 216, 270 Herrscherkult 155 Hethiter 23, 231 Hexapla 160 Hibis 147 hieratisch 32 Hieroglyphen 33, 34 Himmel 222 Himmelsgöttin 28, 47, 213, 214 Himmelsleiter 196 Hippolyt 87 Höhlenbuch 247 Homer 156, 219 Horeb 183, 187, 189 Horizont 221 Horoskop 215 Horus 28, 29, 32, 36, 43, 52, 75, 80, 154, 251, 252, 254, 258 Horusauge 105, 112, 255 Horus-Behedeti 252 Horusfalke 270 Horus-Haroëris 258 Horus-Heilungs-Stele 154 Horuskind 253 Hurus 114 Hyksos 21, 60, 166, 174 Hypatia 153

I Ibis 46 Ibn-Tulun-Moschee 95 Ich-bin-der-ich-bin 187 Ikonoklasmus 206 Ikonostase 85

Imhotep 109, 261 Interpretatio Graeca 154 Isaak 149 Isis 26, 41, 43, 47, 66, 79, 83, 154, 217, 248, 254, 269 Isis-Tempel 269 Ismael 186 Israel 81, 123, 168, 169, 203, 232, 235, 238, 239 Israel-Relief 231 Israel-Stele 80 Iwane 93

J Jahu 168, 170, 276 Jakob 54, 123 Jebel el-Mota 144 Jebel Katerin 189 Jebel Musa 186, 187 Jebel Serbal 185 Jebel Tehuna 185 Jeremia 60, 90, 129, 167 Jeremias-Kloster 84, 114 Jerobeam 24, 171 Jerusalem 25, 26, 61, 158, 232, 276 Jesus Sirach 90 Jitro 170, 187, 190 Johannes Climacus 196 Cheops 120 Joseph 19, 54, 57, 92, 119, 123, 166, 202 Josephus 153, 176 Juda 232 Judenfeindschaft 158 Judentum 157, 176 Jüdische Gemeinde 275

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Register jüdischer Tempel 176, 276 Julius Caesar 26 Jungfrauenbaum 73 Jungfrauengeburt 37, 66, 155, 226 Justinian 188, 192

K Ka 50, 110, 226 Kadesch 224 Kadesch-Barnea 190 Kalabscha 265 Kalender 215 Kambyses II. 143 Kanaan 235 Kanopen 56, 244 Kapelle des Dornbuschs 191 Karnak 220, 227 Kartusche 34, 79 Ka-Statue 52, 104 Katarakt 265 Katechetenschule 64, 159, 160 Katharina 189, 192 Katharinenberg 187, 192 Katharinenkloster 191 Katzenmumien 176 Kemet 28, 35 Kirche el-Mo‘allaka 84 Kitchener-Insel 278 Klemens von Alexandria 64, 160 Kleopatra 26, 153 Klöster 69, 135, 141, 278 Kloster der Syrer 137 Kloster des Paulus 180 Knickpyramide 115 Koinobitentum 67 Koloss Ramses II. 131

Kom esch-Schukafa 162 Kom Ombo 258 König 29, 35 Königsgräber 172 Königsideologie 35, 59, 222 Königsliste 212 Konstantinopel 92 Kopten 64 koptisch-katholische Kirche 65 Koran 189 Kosmos 220, 222, 230 Krokodile 256, 262 Krone 17, 37, 41, 75 Kult 36, 222, 228 Kultlauf 37, 110 Kursi 91 Kusch 265 Kyrill 161

L Lehmziegel 236 Leid 256 Leontopolis 61, 176, 179, 202 Leviatan 256 Lichtland im Westen 29, 103 Lotus 17, 75 Luxor 219, 220, 223 Luxor-Museum 225

M Ma'at 29, 35, 44, 49, 248, 256, 261 Madrasa 91, 94 Makarius 139, 141 Makarius-Kloster 140 Mammisi 213, 222, 227 Mandorla 180, 195

Register Manetho 17, 158, 241 Mara 184 Mareotis-See 152 Maria 85, 137, 138, 139 Markus 64, 158 Markuskathedrale 163 Mastaba 105, 107, 109 Mastaba des Ti 105 Matariya 73 Medinet Habu 23, 235 Meidum 115 Memnon 233 Memnonskolosse 233 Memphis 19, 31, 45, 102, 128 memphitische Theologie 47, 131 Menes 18 Menschenbild 49 Merenptah 23, 80, 173, 231 Mereruka 107 Messias 226 Michael 136, 181 Midian 187, 190 Midianiter 169, 190 Mihrab 91 Mikrokosmos 222 Millionenjahrhaus 234, 235, 242 Min 44, 237 Minarett 91, 93, 95 Minbar 91, 94 Mirjam 181 Mirjambrunnen 184 Mittleres Reich 20 Mo‘allaka 85 Mohammed 193 Mohammed-Ali-Moschee 91, 92 Mohammed Ali Pascha 92 Mokkatam-Gebirge 92

Mönchtum 67 Monophysitismus 65 Monotheismus 157, 206, 209 Monotheismusdebatte 262 Month 220 Mosaische Unterscheidung 262 Moschee 91, 192 Mose 57, 60, 90, 148, 158, 169, 170, 184, 188, 190, 195, 206, 209 Moseberg 183, 186, 187 Mosequelle 184 Muezzin 91 Mumie 41, 79, 83, 104, 234, 244, 245 Mumienporträts 56, 271 Mumifizierung 29, 54, 55 Mundöffnungsritual 56 Museion 62, 156 Museum griechisch-römischer Altertümer 163 Musturud 178 Mut 44, 220, 234 Mykerinos 19, 124 Mysterien 154 Mythenkreis 254

N Nacht 245 Nachtfahrt der Sonne 215 Nag Hammadi 65 Name »Ägypten« 130 Namenskartusche 246 Naos 114 Napoleon 193 Narmer 18, 74 Narmer-Palette 75

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Register Nasser 27 Nasser-Staudamm 16, 265 Natron 135 Naukratis 152 Nebukadnezzar 131, 167 Nechbet 17, 78 Necho II. 166 Nefertem 130 Neferure 241 Nemes 37 Nephthys 47 Neues Reich 21 Neujahrsfest 213 Neuplatonismus 156 New Valley Project 16, 144, 146 Nildelta 164 Nilometer 272 Nilpferd 256 Nilquelle 269 Nilüberschwemmung 42 No 219 Noah 95 Nofretete 35, 76, 77, 207, 211 Nomaden 203 Nubien 25, 265 Nun 213 Nut 47, 113, 214 Nutbuch 247

O Obelisk 45, 71, 240 Oberägypten 14, 37 Octavian 26 Odeion 163 On 19 Onias IV. 61, 177 Opet-Fest 223

Opfer 29, 36, 104, 222 Opferplatte 52, 104 Opferstellen 221 Orakel 215 Orakel des Ammon 143, 151 Origenes 160 Orion 121, 126 Osiris 29, 38, 44, 47, 52, 78, 154, 214, 229, 246, 254, 269 Osirisbett 256 Osterfest 204 Osterfestbrief 161

P Pachomius 68, 202 Palästina 24, 26 Papst Schenute I. 140 Papst Schenute III. 137 Papyrus 17, 75, 246, 276 Papyrusdickicht 270 Papyrus Harris 238 Paran 190 Passa 277 Pavian 46 Pepi I. 129, 265 Perser 25, 61 Petosiris 205 Pfortenbuch 247, 248 Pharos 29, 35, 152, 157, 161, 222 Philae 267 Philister 235, 237, 238, 239 Philo von Alexandrien 62, 158 Phönix 72, 149 Pinodjem 244 Pi-Ramesse 23, 167 Pitom 166 Plato 156, 158, 160

Register Plutarch 254 Polytheismus 32, 158, 206 Pompejus-Säule 162 Priester 222 protosinaitische Schrift 187 Prozessionsweg 221 Psammetich 25, 131 Psusennes I. 172 Ptah 19, 31, 45, 113, 130, 131, 231, 252 Ptahhotep 107 Ptolemäerzeit 25 Ptolemaios II. Philadelphos 152, 157 Punt 243 Pylon 221 Pyramide 102, 115, 233 Pyramidenbau 125, 127 Pyramidentexte 19, 53, 111, 112 Pyramidion 83, 117

Q Qaret al-Massauaka 146 Qibla 91 Quelle des Nils 268 Qumran 90

R Ramesseum 234, 235 Ramose 245 Ramses II. 23, 168, 169 Ramses III. 235, 237, 248, 249 Ramsesstadt 166, 167, 171 Ramses VI. 248 Re 45, 206, 229 Re-Atum 32 Refidim 185

Reguel 187, 190 Rehabeam 232 Re-Horachte 32, 72, 206 Religionsunterricht 99 Rhakotis 152, 158 Richter 238 Rosette 165 Rote Kapelle 223, 231 Rotes Kloster 211 Rote Pyramide 117 Rotte des Korach 189

S Sachmet 45, 130, 175, 231 Sadat 27 Sakha 179 Salben 252 Salome 178 Salomo 59, 171 Samanoud 179 Samaria 276 Samarra 95 San El-Hagar 170 Sanktuar 220 Saqqara 18, 102 Sara 57, 186 Sarapis 25, 66, 154 Sargon 169 Sargtexte 53 Satet 274 Saul 235, 237, 238 Säulenhalle 221 Schali 144 Schasu 168, 169, 231, 238 Scheintür 52, 104, 119 Scheschonq I. 24, 171, 231, 232 Schilfmeer 168, 169

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Register Schischak s. Scheschonq I. 171 Schlagen der Feinde 29, 35, 75 Schönes Fest vom Wüstental 234, 243 Schöpfer 31 Schöpfergott 42, 130 Schöpfung 222, 257 Schu 47 Schwarze Wüste 145 Sedfest 37, 110, 231 Seelen 49 Seevölker 237 Seevölkersturm 239 Semenchkare 207 Senenmut 241 Septuaginta 62, 157, 226 Serabit al-Khadim 186 Serapeion 155, 162 Serapeum (Saqqara) 113 Serdab 104, 110 Seth 21, 46, 47, 80, 252, 254 Sethos I. 231, 248 Simeonskloster 277 Sinai 170, 183, 186, 187, 190 Sinope 155 Sinuhe 20 Sirius 215 Siwa 143, 151, 215 Skarabäus 42, 229 sketische Wüste 135 Snofru 19, 115 Sobek 258 Sohag 211 Sohn des Re 36 Sokar 102, 133, 247 Solomon Schechter 90 Somtus 252

Sonnengott 32, 72 Sonnenscheibe 252 Sopdu 186 Sostratos von Knidos 161 Spätzeit 24, 222, 270 Sphinx 76, 124, 132, 223 Statuen 252 Nasser-Staudamm 16 St. Barbara 88 Steinbrüche 266 Strabo 153, 233 Straußeneier 86 St. Sergius 88 Stufenpyramide 108, 115 Stundenpriester 215 Sukkot 167, 168 Sultan-Hassan-Moschee 93 Synagoge 26, 61, 157, 177 Synkretismus 31 Syrien 239

T Tabor 195 Tachpanhes 131, 167 Taharqa 25 Tal der Könige 233 Taltempel 119, 122 Tanis 166, 170, 171 Tefnut 47 Tell Basta 174 Tell el-Daba 166 Tell el-Jahudija 176 Tell el-Maschuta 166, 167, 168 Tell el-Muqdam 176 Tell er-Retabe 166 Teman 190 Tempel 35, 220, 222

Register Tempel Deir el-Hagar 146 Tempel der Welt 222 Tempelhofgräber 173 Teti 112 Theben 20, 31, 219 Theben-West 24, 220, 233 Theodizeefrage 257 Theophanie 187, 190 Theotokos 137, 161 Thoëris 46 Thomasevangelium 65 Thot 46, 154, 204, 217 Thronnamen 35, 38 Thutmose (Name) 57, 169 Thutmosis III. 241, 245 Tierkreis 214, 216, 254 Tiermumien 54, 176, 205 Tiernekropole 205 Constantin Tischendorf 197 Titi 245 Tod und Jenseits im Alten Testament 123 Toëris 208 Tohuwabohu 204 Töpfergott 42 Töpferscheibe 226, 270 Tora 170 Totenbuch 53 Totengericht 30, 44, 46, 53 Totenkult 51, 215 Totenreich 123 Totentempel 110, 113, 233, 234, 240, 245 Traumstele 124 Triclinum 162 Trikonchos 217 trinitarisch 66

Tuna el-Jebel 176, 205 Tur Abdin 138 Tutanchamun 23, 35, 56, 79, 207, 245 Tutanchaton 79, 207

U Udjat-Auge 43, 52, 56, 80, 255 Umm Ubaida 143 Unterägypten 14, 37 unterwasserarchäologisch 163 unvollendeter Obelisk 266 Uräus 38, 75, 208 Urgewässer 229 Urhügel 72, 119, 204, 213, 222, 223, 234, 235 Urozean 213 Uschebtis 56, 105 Uto 17, 79

V Valentin 160 Venedig 159 Verehrung der Sonne 208 Verehrungstempel 119 Verklärung 195, 196 Verklärungsseele 50 vor-dynastische Zeit 18

W Wadi el-Arba‘in 189 Wadi Feiran 185, 186 Wadi Hammamet 212 Wadi Natrun 134 Wadi Tumilat 166, 167 Wadjet 17, 79 Wappenpflanzen 75

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Register was-Zepter 219 Weiße Kapelle 230 Weißes Kloster 211 Weiße Wüste 145 Wellenbau 213 Weltbild 28, 214 Weltordnung 29, 44, 75 Wettergott 174 Widder 45 Widder-Mumien 275 Wüste 15, 28, 46 Wüste Paran 186

Z Zaqaziq 174 Zepter 38 Zeus 154 Zippora 169, 187 Zitadelle 91, 92 Zoan 166, 170 Zusammenbinden der beiden Reichsteile 14, 43 Zwei-Naturen-Lehre 65, 196 Zweite Zwischenzeit 21

Bibelstellenregister Gen 1  47, 131 Gen 1,  2  204 Gen 1,  14 – 16  216 Gen 2  42 Gen 2, 7  77 Gen 8  95 Gen 10,  6  15 Gen 11, 1– 9  123 Gen 12  11, 57, 203 Gen 21,  21  186 Gen 22  95 Gen 28  196 Gen 37– 50  11 Gen 39  57, 92 Gen 39 – 50  57 Gen 41  19 Gen 41,  45  57, 71 Gen 41,  49  119 Gen 42– 43  203 Gen 43,  32  57 Gen 45 – 47  166 Gen 50 54, 123

Ex (gesamt)  11, 23 Ex 1  23 Ex 1,  11  166, 167 Ex 1–14  57 Ex 2  187, 192 Ex 2, 1–11  169 Ex 2,  3  90 Ex 3  183, 191 Ex 3,  5  91, 192 Ex 3,  14  187, 191 Ex 5,  6 f.  237 Ex 8 + 9  166 Ex 12  58 Ex 12,37  167 Ex 12,40  57 Ex 12–15  168 Ex 14,  21  168 Ex 14,23  149 Ex 14,  28  81 Ex 15,  23 –25  184 Ex 15,  27  182, 184 Ex 17,  1 ff.  186

Register Ex 17,  6  184 Ex 17,  8 –15  185 Ex 17,  15  185 Ex 18  191 Ex 18,  12  190 Ex 19  170 Ex 19,  18 f.  190 Ex 19 + 20  187 Ex 19 – Num 10  183 Ex 24,  1 f. 188 Ex 32  58, 183, 190 Ex 32,  19  183 Ex 33,  22  188 Ex 34,  4 –7  189 Num 10 – 36  183 Num 11,  31–35  183 Num 13  186 Num 13,  22  170 Num 16  189 Num 20 190 Num 20,  8 ff.  184 Num 21,  17  184 Num 25 + 31  191

1. Kön 11  11 1. Kön 11,  1  59 1. Kön 11,  40  24, 171 1. Kön 14,  25 f.  24, 231 1. Kön 19  187, 190 2. Kön 19,  9  25 Hi (gesamt)  20 Hi 38 + 40  256–257 Ps 1  29 Ps 2  59 Ps 2,  6  59 Ps 2,  7  36, 226 Ps 6  123 Ps 78,  12 + 43  170 Ps 89,  15  44 Ps 104  60, 209, 211 Ps 110  59 Spr 22 – 24  59 Spr 22,  8  60 Pred  20

Dtn 4,  34  239 Dtn 12  61, 276 Dtn 33,  2  183, 190 Ri 5,  4  183, 190 Ri 10,  11 f.  239 1.+ 2. Sam (gesamt)  23 f. 1. Sam 18  237

Jes 7,  14  66, 226 Jes 9,  5  38 Jes 11,  6 – 8  87 Jes 19,  1  178 Jes 19,  11  170 Jes 19,  13  131, 170 Jes 19,  18  71 Jes 19,  19  61, 176, 202 Jes 19,  25  61 Jes 30,  1 f.  60

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Register Jer 2,  16  131 Jer 40– 43  275 Jer 43  11, 25 Jer 43,  7  167 Jer 43,  13  71 Jer 43 + 44  167 Jer 44,  1  129 Jer 46,  14 + 19  131 Jer 46,  21  60 Jer 46,  25  219 Ez 29,  3  60 Ez 30,  13  60, 131 Ez 30,  14  170 Ez 30,  14 –16  219 Ez 30,  17  71, 174 Dan 3  149, 181 Dan 6  149 Dan 12  123 Dan 12,  1  136 Hos 7,  16  275 Hos 9,  6 131 Hos 11,  1 86 f.

Nah (gesamt)  220 Hab 3,  3 + 7  190 Sir 45,  1  170 Mt (gesamt)  87 Mt 2  11, 86 Mt 2,  13 – 21  63 Mt 2,  19 f.  202 Mt 19,  21  67 Mk 9,  2–9  195 Joh 15,  5  84 Apg 7,  22  170 Apg 18,  24 f.  64, 159 Apg 19,  6  62 1. Kor 1,  12 f.  159 1. Kor 1,  20  217 Hebr 11,  27  170

Literatur-/Quellenverzeichnis Literatur Die Literatur zum pharaonischen Ägypten ist uferlos. Hier werden daher nur einige weitgehend allgemeinverständliche Titel zur Vertiefung angeführt:

F. N. Ibrahim, B. Ibrahim: Ägypten. Geographie, Geschichte, Wirtschaft, Politik, 2005 E. Otto: Ägypten – der Weg des Phraonenreiches, 1979

Überblicksdarstellungen: E. Brunner-Traut: Kleine Ägyptenkunde. Von den Pharaonen bis heute, 2000, dies ist ein Auszug aus: dies., Ägypten, Kohlhammer Kunst- und Reiseführer, 6. Aufl. 1988 V. Davies, R. Freedman: Unbekanntes Ägypten. Mit neuen Methoden alten Geheimnissen auf der Spur, 1999 E. Hornung: Einführung in die Ägyptologie: Stand, Methoden, Aufgaben. 5. Aufl., 2004 B. Manley (Hg.): Die siebzig großen Geheimnisse des alten Ägyptens, 2003 (Solide Darstellung in kurzen Einzelkapiteln mit leider arg reißerischem Titel.) H. A. Schlögl: Das alte Ägypten, 2003

Religion: Gesamtdarstellungen: J. Assmann: Ägypten – Theologie und Frömmigkeit einer frühen Hochkultur, 2. Aufl. 1991 Ägypten. Eine Sinngeschichte, 1996 Maat: Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im alten Ägypten, 1990 H. Brunner: Altägyptische Religion, 3., unveränd. Aufl., 1989 A. Ermann: Die Religion der Ägypter, 1934=2001 M. Görg: Religionen in der Umwelt des AT III. Ägyptische Religion, 2007 E. Hornung: Der Eine und die Vielen: Altägyptische Götterwelt, 6. Aufl. 2005 K. Koch: Geschichte der ägyptischen Religion: von den Pyramiden bis zu den Mysterien der Isis, 1993 R. H. Wilkinson: Die Welt der Götter im Alten Ägypten, 2003

Forschungsgeschichte: P. A. Clayton: Das wiederentdeckte Ägypten, 1983 Description de l’Égypte, Vollständiger Nachdruck 2002 K. Koch: Das Wesen altägyptischer Religion im Spiegel ägyptologischer Forschung, 1989 J. Tyldesley: Mythos Ägypten. Die Geschichte einer Wiederentdeckung, 2006 Geschichte und Landeskunde: R. Gundlach: Der Pharao und sein Staat, Darmstadt 1998 U. Haarmann: Geschichte der Arabischen Welt, 2001 G. Hölbl: Altägypten im Römischen Reich. Der römische Pharao und seine Tempel, I., Römische Politik und altägyptische Ideologie von Augustus bis Diokletian, Tempelbau in Oberägypten, 2000; II., Die Tempel des römischen Nubien, 2004; III., Heiligtümer und religiöses Leben in den ägyptischen Wüsten und Oasen, 2005 M. Höveler-Müller: Am Anfang war Ägypten. Die Geschichte der pharaonischen Hochkultur von der Frühzeit bis zum Ende des Neuen Reiches ca. 4000–1070 v. Chr., 2005 E. Hornung: Grundzüge der ägyptischen Geschichte 4., unveränd. Aufl., 1996 W. Huß: Ägypten in hellenistischer Zeit 332–30 v. Chr., 2001

Einzelfragen: J. Assmann: Moses der Ägypter: Entzifferung einer Gedächtnisspur, 1999 H. Brunner: Die Geburt des Gottkönigs. Studien zur Überlieferung eines altägyptischen Mythos, 2. Aufl. 1986 W. Decker: Sport und Spiel im Alten Ägypten, 1987. C. Desroches Noblecourt: Hatschepsut: Die geheimnisvolle Königin auf dem Pharaonenthron, 2007 Tut-ench-amun. Leben und Tod eines Pharao, 1980 P. Germond: Das Tier im Alten Ägypten, 2001 Z. Hawass, S. Vannini: Tutanchamun – das legendäre Grab des Pharao, 2008 E. Hornung: Echnaton. Die Religion des Lichtes, 2003 T. G. H. James: Ramses II – der große Pharao, 2002 J. Kügler: Pharao und Christus? Religionsgeschichtliche Untersuchung zur Frage einer Verbindung zwischen altägyptischer Königstheologie und neutestamentlicher Christologie im Lukasevangelium, 1997. N. Reeves: Echnaton. Ägyptens falscher Prophet, 2002

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Literatur-/Quellenverzeichnis

H.A. Schlögel: Echnaton-Tutanchamun, 1993 Ramses II, 1993 M. Schnittger: Hatschepsut – eine Frau als König von Ägypten, 2008 S. Schoske u. a.: »anch« Blumen für das Leben. Pflanzen im Alten Ägypten, 1992 Sprache: H. Altenmüller: Einführung in die Hieroglyphenschrift, 2005 M. Collier, B. Manley: Hieroglyphen. Entziffern, lesen, verstehen, 2001 K. Th. Zauzich: Hieroglyphen ohne Geheimnis. Eine Einführung in die altägyptische Schrift für Museumsbesucher und Ägyptentouristen, 11. Aufl., 2000 Literatur: H. Brunner: Altägyptische Weisheit. Lehren für das Leben, 1988 G. Burkard, H.-J. Thissen: Einführung in die altägyptische Literaturgeschichte I + II, 2008 E. Hornung: Altägyptische Dichtung. 1995 Ägyptische Unterweltsbücher, 1972 D. Kurt: Altägyptische Maximen für Manager, 1999 Der Oasenmann, 2003 J. F. Quack: Einführung in die altägyptische Literaturgeschichte III, 2009 Totenkult: J. Assmann: Tod und Jenseits im Alten Ägypten, 2001 R. Germer: Das Geheimnis der Mumien. Zeugen des Pharaonenreiches, 2001 E. Hornung: Altägyptische Jenseitsbücher. Ein einführender Überblick, 1997 Das Totenbuch der Ägypter, 2004 R. Stadelmann: Die ägyptischen Pyramiden, 1997 Tempel: D. Arnold: Lexikon der ägyptischen Baukunst, 2000 Die Tempel Ägyptens, 1992 J.-C. Golvin, J.-C. Goyon: Karnak Ägypten, Anatomie eines Tempels, 1990 R. D. Wilkinson: Die Welt der Tempel im alten Ägypten, 2005

Kunst/Bildbände: E. Brunner-Traut: Frühformen des Erkennens: Aspektive im alten Ägypten, 3. Aufl., 1996 A. Eggebrecht: Das alte Ägypten: 3000 Jahre Geschichte und Kultur des Pharaonenreiches, 4. Aufl., 1997 K. Lange, M. Hirmer: Ägypten. Architektur, Plastik, Malerei in 3 Jahrtausenden, 1975 C. Vandersleyen: Das Alte Ägypten, Propyläen-­ Kunst­geschichte, Bd. 15, 1978 Einzelne Orte: L. Canfora: Die verschwundene Bibliothek. Das Wissen der Welt und der Brand von Alexandria, 2002 S. Donadoni: Theben. Heilige Stadt der Pharaonen, 2000 F. Goddio, M. Clauss: Ägyptens versunkene Schätze, 2006 (Katalog zur Präsentation der Unterwasser-Ausgrabungen vor Alexandria) G. Grimm: Alexandria. Die erste Königsstadt der hellenistischen Welt, 1998 E. Hornung: Tal der Könige. Die Ruhestätte der Pharaonen, 1999 D. Kurth: Edfu. Ein ägyptischer Tempel gesehen mit den Augen der alten Ägypter, 1994 Treffpunkt der Götter. Inschriften aus dem Tempel des Horus von Edfu, 1994 N. Reeves, R. H. Wilkinson: Das Tal der Könige, 2002 A. G. Shedid: Die Felsgräber von Beni Hassan in Mittelägypten, 1994 Chr. Tietze (Hg.): Amarna. Lebensräume, Lebensbilder, Weltbilder; 2008 J. Willeitner: Die ägyptischen Oasen. Städte, Tempel und Gräber in der Libyschen Wüste, 2003 Lexika: O. Betz u. a. (Hg.): Calwer Bibellexikon, 2003 W. Helck u.a. (Hg.): Lexikon der Ägyptologie, 1975–1986 W. Helck u. a. (Hg.): Kleines Lexikon der Ägyptologie, 1999 K. Koch u. a. (Hg.): Reclams Bibellexikon, 2004 M. Lurker: Lexikon der Götter und Symbole der alten Ägypter, 3. Aufl., 2005 I. Shaw, P. Nicholson: Reclams Lexikon des Alten Ägypten, 1998 T. Schneider: Lexikon der Pharaonen, 2002

Literatur-/Quellenverzeichnis

Ägypten und die Bibel: M. Görg: Die Beziehungen zwischen dem Alten Israel und Ägypten, 1997 Josef in Ägypten. Bibel und Koran. Nach der Einheitsübersetzung der Bibel und der Neuübersetzung des Koran von H. Bobzin – Mit einem Nachwort von K.-J. Kuschel, 2008 R. Kessler: Ägyptenbilder der Hebräischen Bibel, 2002 B. U. Schipper: Israel und Ägypten in der Königszeit, 1999 Zeitschrift: Welt und Umwelt der Bibel; Hefte zum Thema: Ramses II., 5/1997; Echnaton und Nofretete 4/2001; Der Nil, 1/2004; Mose, 3/2006; Das römische Ägypten, 1/2010 Christentum: E. Brunner-Traut: Die Kopten. Lehre und Leben der frühen Christen in Ägypten, 2000 A. Gerhards, H. Brakmann (Hg.): Die koptische Kirche. Einführung in das ägyptische Christen­ tum, 1994 P. H. Görg: Die Wüstenväter. Antonius und die Anfänge des Mönchtums, 2008 W. Hage: Das orientalische Christentum, 2007 M. Krause (Hg.): Ägypten in spätantik-koptischer Zeit. Einführung in die koptische Kultur, 1998 O. F. A. Meinardus: Two Thousand Years of Coptic Christianity, 2002 G. Röwekamp: Egeria, Itinerarium. Reisebericht, fontes christiani 20, 1995

Islam: Was jeder vom Islam wissen muss, 2001 H. Bobzin: Der Koran. Eine Einführung, 2007 Mohammed, 2000 A. Schimmel: Im Namen Allahs des Allbarmherzigen. Der Islam, 2002 Belletristik zur Reisebegleitung – eine subjektive Auswahl: Alaa Al Aswani: Der Jakubijan-Bau (Ungeschminkte Darstellung des täglichen Lebens in einem Miets­ haus in Kairo.) Agatha Christie: Der Tod auf dem Nil (Wer nur den Film kennt, sollte auch das Buch lesen, zumal der Ehemann der Autorin selbst Archäo­ loge war.) Michael Klonovsky: Der Ramses-Code, 2001 (Roman über die Entzifferung der Hieroglyphen, spannend wie ein Krimi.) Nagib Machfus: Die Kairo Trilogie und: Echnaton (Die Werke des Nobelpreisträgers brauchen keine Empfehlung, besonders interessant ist seine Annäherung an Echnaton.) Thomas Mann: Joseph und seine Brüder, 3 Bde. (Ein Klassiker; Th. Mann hat die damalige biblische Exegese und Ägyptologie intensiv studiert.) Reise nach Ägypten. Geschichten fürs Handgepäck, 2009 (Kurzgeschichten ägyptischer Autoren, die einen Einblick in den Alltag des Landes ermöglichen) Paul Sussman: Der Fluch der Isis, und: Der Biss des Skorpions (Archäologisch interessierte Krimis um Inspektor Yusuf Khalifa aus Luxor.)

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Literatur-/Quellenverzeichnis Bildquellen Einleitung Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 11: Papyrus aus Elephantine, aus: Katalog: Ägyptisches Museum Berlin, Verlag Ph. von Zabern, Mainz 1991, S. 280, Abb. 173. S. 13: ohne Titel, © behnelux gestaltung Halle; S. 16 unten: Renovierungsarbeiten am AmonTempel von Hibis, © Guido Völkel, ECC Studien­reisen Frankfurt a. M; S. 17: Symbole, die für die beiden Reichsteile stehen, aus: Brunner-Traut, Emma: Ägypten: Kunst- und Reiseführer mit Landeskunde, 6. Aufl., Stuttgart 1986, S. 98; S. 21: Seth unterrichtet den König beim Bogenschießen, aus: Roeder, Günther: Die ägyptische Götterwelt, Düsseldorf / Zürich 1998, S. 253, Abb. 46; S. 22: Ausdehnung Ägyptens im Neuen Reich, aus: Geo Special Ägypten, Ausgabe 03/1993, Hamburg 1993, S. 83; S. 23: Maske des Tutanchamun, © Biblische Reisen Stuttgart; S. 26: Anubis als Totenbegleiter in römischer Kleidung, aus: Brunner-Traut, Emma / Bunner, Hellmut / Zick-Nissen, Johanna: Osiris, Kreuz und Halbmond. Die drei Religionen Ägyptens, 4. Aufl., Mainz 1988, S. 148, Abb. 121, Foto: J. Feist, Tübingen. S. 27 unten: ohne Titel, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.; S. 28 oben: Verehrung der Sonne durch die beiden Horizonte, aus: Roeder, Günther: Kulte und Orakel im Alten Ägypten, Düsseldorf / Zürich 1998, S. 275, Abb. 45.; S. 29: Abydos: Der König reinigt das Götterbild des Re-Horachte mit Wasser und Rauch, aus: Roeder, Kulte, S. 139, Abb. 32.; S. 30: Totenbuch, Kap. 125, DiaLouvre Egypte: Editions de la Réunion des musées nationaux, Paris 1989, Nr. 1410; S. 31 oben: Kom Ombo: Krokodilgott Sobek mit menschlichem Körper, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.; S. 35: Holzkasten in Form einer Kartusche, aus: Ausstellungskatalog: Tutanchamun, Hamburg, Museum für Kunst und Gewerbe, 15. 05.–19. 07. 1981, Verlag Ph. von Zabern, Mainz, 1980, S. 69, Abb. 6, Foto: Margarete Büsung; S. 36 unten: Amun-Re legitimiert die Pharaonin: Obelisk der Hatschepsut, © Franka Machann;

S. 37 oben: Sedfest, Kultlauf des Dareios, aus: Willeitner, Joachim: Die ägyptischen Oasen. Städte, Tempel und Gräber in der Libyschen Wüste, Mainz 2003, S. 30, Abb. 35; S. 38/39: Übersicht: ausgewählte Kartuschen, aus: James, T. G. H. : The British Museum Concise Introduction: Ancient Egypt, London 2005, S. 267–273; S. 40: Übersicht über die Kronen der Gottheiten, aus: Shaw, Ian / Nicholson, Paul: Reclams Lexikon des Alten Ägypten, Stuttgart 1998, S. 153; S. 41 unten: Weiheplatte des Echnaton, Diaserie Berlin, Ägyptisches Museum der SMPK, Inventar-Nr. 14145; S. 42 unten: Chnum bildet den künftigen Pharao, aus: Roeder, Günther: Ägyptische Mythen und Legenden, Düsseldorf / Zürich 1998, S. 241, Abb. 41; S. 44 oben: Isis und ihre Schwester Nephthys, DiaLouvre Egypte: Editions de la Réunion des musées nationaux, Paris 1989, Nr. 1430; S. 45 oben: Mut in der Mitte der Thebanischen Trias mit Chons und Amun, aus: Roeder, Götterwelt, S. 257, Abb. 48; S. 45 Mitte: Der König betet Ptah an, aus: Roeder, Kulte, S. 97, Abb. 15; S. 46 unten: Seth, der Landesgott von Oberägypten, aus: Roeder, Götterwelt, S. 32, Abb. 3; S. 47: Thot als Pavian, Katalog: Ägyptisches Museum Berlin, Verlag Ph. von Zabern, Mainz 1991, S. 177, Nr. 105; S. 47 unten: Thoëris im Museum in Kairo, aus: Saleh, Mohamed / Sourouzian, Hourig: Die Hauptwerke im Ägyptischen Museum, Kairo, hrsg. vom Ägypt. Antikendienst. Arab. Republik Ägypten, Verlag Ph. von Zabern, Mainz 1986, Nr. 248; S. 48 oben: Mut wölbt sich über Geb, von Schu gestützt, aus: Keel, Othmar: Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das Alte Testament: am Beispiel der Psalmen, 4. Aufl. 1984, Neukirchen-Vluyn, Abb. 27, S. 27; S. 48 unten: Grab des Schreibers Unsu: Kornernte, DiaLouvre Egypte: Editions de la Réunion des musées nationaux, Paris 1989, Nr. 1411; S. 49: Ba-Vogel über Leiche, aus: Faulkner, Raymond Oliver: The Ancient Egyptian Book of the Dead, London rev. ed. 1985, S. 87;

Literatur-/Quellenverzeichnis

S. 50: Ka mit Opferplatte, aus: Schoske, Sylvia / Wildung, Dietrich: Gott und Götter im Alten Ägypten, Mainz 1992, S. 99; S. 51: Mumie Sethos I. (19. Dyn.), aus: Andrews, Carrol: Egyptian Mummies, London 1984, S. 8; S. 53: Totenbuch des Ani, Kap. 125, aus: Andrews, Egyptian Mummies, S. 36; S. 54: Apothekerglas: Mumia, © Deutsches Apothekenmuseum Heidelberg; S. 55: Totenbuch des Hunefer, auews, Egyptian Mummies, S. 57; S. 56: Uschebtis aus dem Neuen Reich, aus: Ziegler, Christiane: The Louvre, Egyptian Antiquities, Paris 1997, S. 53. S. 58: Israel zwischen den Mächten um 1000 v. Chr., aus: Stuttgarter Bibelatlas, Stuttgart, Dt. Bibelgesellschaft 1998, Karte 16, S. 20; S. 59: Elfenbein aus Megiddo, aus: Staubli, Thomas, Biblische Welten. Ein Bildatlas, Stuttgart, Dt. Bibelgesellschaft 2000, S. 17, Abb. 66, nach Loud, G., Megiddo Ivories, Chicago 1932, Pl IV.; S. 60: Hebräische Siegel mit ägypt. Uräus-Motiv links, aus: Galling, Kurt: Beschriftete Bildsiegel, Zeitschrift des deutschen Palästina-Vereins, 64 (1941), S. 121–202: 121; Hebräische Siegel mit ägypt. Uräus-Motiv rechts, aus: Keel, Othmar: Jahwe-Visionen und Siegelkunst: Eine neue Deutung der Majestätsschilderungen in Jes 6, Ez 1 und 10 und Sach 4, Stuttgart 1977, S. 104, Abb. 85; S. 62: Rekonstruktion des Leuchtturms von Alexandria, aus: Pfrommer, Michael: Alexandria – Im Schatten der Pyramiden, Mainz 1999, S. 3, Abb. 1; S. 64 oben: Predigt des Hl. Markus in Alexandrien, Bellini, Gentile (1429–1507) / Bellini, Giovanni (1430–1516), © Scala Picture Library Florenz; S. 67: Isis lactans, aus: Brunner-Traut u. a., Osiris, Abb. 3, S. 14; S. 68: Koptische Klöster, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 198; S. 69: Mönch im Bischoi-Kloster, Wadi Natrun, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.

I. Kairo Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 71: Vergleichweise ruhiger Betrieb auf der Straße zur Zitadelle, © Biblische Reisen Stuttgart. S. 72: Benu-Vogel, aus: Faulkner, Book of the Dead, S. 82. S. 73 oben: Karnak, Obelisk der Hatschepsut, © Melanie Lange; S. 73 unten: Darstellung der Rast der Hl. Fa­ milie, © Dr. Georg Röwekamp. S. 74: Narmerpalette, aus: Saleh/Hourig, Hauptwerke, Nr. 8 a + b; S. 75: Statue des Chephren, Saleh/Hourig, Hauptwerke, Nr. 31; S. 76 oben: Sphinx, Pictorial Library of Bible Lands, Egypt, Kregel Publisher 2004, © Todd Bolen; S. 76 unten: Echnaton und seine Familie beten zu Aton, aus: Saleh/Hourig, Hauptwerke, Abb. 164; S. 77: Altar aus Amarna, aus: Saleh/Hourig, Hauptwerke, Nr. 165; S. 78 oben: Goldmaske des Tutanchamun, aus: Saleh/Hourig, Hauptwerke, Nr. 174; S. 80: Sarkophag mit Udjat-Auge, davor Osiris, DiaLouvre Egypte: Editions de la Réunion des musées nationaux, Paris 1989, Nr. 1409; S. 81: Siegesstele des Merenptah, © Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart. S. 82 Plan: Altstadt Kairo, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 438; S. 83 unten: Pediment aus Sohag, aus: Gabra, Gawdat: Cairo: The Coptic Museum & Old Churches, Cairo 1993, S. 56, Nr. 7; S. 84 oben: Stele mit stillender Maria, aus: Wessel, Klaus: Koptische Kunst. Die Spätantike in Ägypten, Recklinghausen 1963, S. 12, Abb.6; S. 84 unten: Kanzel aus Saqqara, aus: Gabra, The Coptic Museum, S. 64, Nr. 14; S. 85 oben: Grundriss: el-Mo’allaka Kirche, aus: Gabra, The Coptic Museum, S. 125, Fig. 10. S. 88 oben: Grundriss: St. Sergius (Krypta), aus: Effenberger, Arne, Koptische Kunst, Ägypten in spätantiker, byzantinischer und frühislamischer Zeit, Leipzig 1975, 179; Detail aus dem Mittelportal der St. Sergius Kirche, Zaloscer, Hilde, Die Kunst im christlichen Ägypten, Wien/München 1974, Abb. 50;

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Literatur-/Quellenverzeichnis

S. 89 oben: Grundriss: St. Barbara, aus: Gabra, The Coptic Museum, S. 122, Fig. 8; S. 89 Mitte: Tür aus der Kirche St. Barbara, a. a. O., S. 102, Nr. 45. S. 89 unten: Außenansicht der Ben Esra Synagoge, URL: http://upload.wikimedia. org/wikipedia/commons/3/39/Cairo_-_ Coptic_area_-_Ben_Ezra_Synagogue.JPG (Stand 04. 08. 2010), © Daniel Meyer. S. 90: Brief aus der Geniza, © University of Cambridge. S. 92 unten: Grundriss: Mohammed-Ali-Moschee, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 392. S. 93: Blick in die Hauptkuppel, URL: http://de.wikipedia.org/w/index. php?title=Datei:Kuppel.jpg&filetim estamp=20080119205550 (Stand 04. 08. 2010), © Christian Rosenbaum; S. 94 oben: Dikka und Hanafije der Sultan-Hassan-Moschee, © Biblische Reisen Stuttgart; S. 94 unten: Grundriss: Sultan-Hassan-Moschee, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 396; S. 95 oben: Luftbild der Ibn-Tulun-Moschee, © Gary Otte/Aga Khan Award for Architecture; S. 95 unten: Grundriss: Ibn-Tulun-Moschee, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 385; S. 96 unten: Grundriss: Al-Azhar-Moschee, nach Brunner-Traut, Ägypten, S. 405. S. 97: Kirche und Hochstraße, © Andrea Busse; S. 98: Gemeinsamer Gottesdienst in der Dt. Ev. Oberschule, © Andrea Busse. II. Saqqara, Dahschur und Gizeh: Gräber und Pyramiden Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 101: Lage der wichtigsten Pyramiden bei Kairo, nach: Brunner-Traut , Ägypten, S. 451. S. 102: Plan: Saqqara, nach: Shaw/Nicholson, Reclams Lexikon, S. 259; S. 103 unten: Schnittzeichnung durch ein Mastaba-Grab, a. a. O., S. 175; S. 104 unten: Grabbeigaben, DiaLouvre Egypte: Editions de la Réunion des musées nationaux, Paris 1989, Nr. 1406; S. 105: Grundriss: Mastaba des Ti, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 502; S. 106: Grundriss: Mastaba des Achethotep und Ptahhotep, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 508; S. 108: Statue des Dioser, © Biblische Reisen, Stuttgart;

S. 109 Mitte: Querschnitt durch die Stufen­ pyramide, nach: a. a. O., S. 485; S. 109 unten: Das Areal des Djoser, aus: Strelocke, Hans: Ägypten und Sinai: Pharaonische Tempel und islamische Tradi­ tionen, 19. Aufl., Köln 1993, S. 240; S. 111 unten: Grundriss und Querschnitt durch die Teti-Pyramide, aus: Stadelmann, Rainer: Die ägyptischen Pyramiden: Vom Ziegelbau zum Weltwunder, Mainz 1997, S. 188; S. 112: Texte in der Pyramide des Teti, URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php? title=Datei:SakkaraPyramidsEgypt_20 07feb1-11_byDanielCsorfoly.JPG&file timestamp=20070406115704 (Stand 05. 08. 2010), © Daniel Csörföly; S. 113 unten: Katzen- und Hundemumie, DiaLouvre Egypte: Editions de la Réunion des musées nationaux Paris 1989, Nr. 1435; S. 114: Grundriss: Hauptkirche des JeremiasKlosters, aus: Krause, Martin (Hrsg.): Ägypten in spätantik-christlicher Zeit, darin: Peter Grossmann, Koptische Architektur, Wiesbaden 1998, S. 241; Abb. 18. S. 115 oben: Querschnitt: Pyramide des Snofru aus Meidum, aus: Stadelmann, Pyramiden, S. 83 Abb. 21; S. 116 oben: Querschnitte: Knickpyramide des Snofru, aus: Stadelmann, Pyramiden, S. 90 unten, Abb. 24 b + c; S. 116 unten: Außenverkleidung der Knickpyramide, © Franka Machann; S. 117 Mitte: Querschnitt: Rote Pyramide des Snofru, aus: Stadelmann, Pyramiden, S. 102 oben, Abb. 28 a. S. 118: Lage der Pyramiden in Gizeh, nach: Shaw/Nicholson, Reclams Lexikon, S. 95; S. 119: Gizeh, aus: Pictorial Library (siehe S. 76 oben); S. 120 unten: Plan: Cheopspyramide, aus: Stadelmann, Pyramiden, S. 112, Abb. 30; S. 121 unten: Plan: Chephren-Pyramide, aus: Stadelmann, Pyramiden, S. 132, Abb. 37. S. 125 oben: Verkleidung der Mykerinos-Pyramide, aus: Pictorial Library (siehe S. 76 oben); S. 125 unten: Querschnitt: Mykerinos-Pyramide, aus: Stadelmann, Pyramiden, S. 143, Abb. 42. S. 126: Cheops-Pyramide während der abendlichen Lasershow, © Biblische Reisen Stuttgart.

Literatur-/Quellenverzeichnis

III. Memphis Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 132 oben: Tempel von Memphis, aus: Arnold, Dieter: Die Tempel Ägyptens: Götter­ wohnungen, Kultstätten, Baudenk­mäler, München/Zürich 1992, S. 193. IV. Das Wadi Natrun Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 134: Eingangsbild: Zentralkirche des Bischoj-Klosters, © Guido Völkel, ECC Studien­ reisen Frankfurt a. M. S. 135 oben: Koptische Mönche, © Herdis Lüth. S. 136: Grundriss: Bischoi-Kloster, nach: URL: http://www.touregypt.net/images/touregypt/bishoy12.jpg (Stand 25. 08. 2010). S. 138 oben: Grundriss: Kloster der Syrer, nach: Willeitner, Oasen, S. 107, Abb. 144; S. 139 oben: Grundriss: Baramus-Klosters, nach: URL: http://www.touregypt.net/ images/touregypt/baramus3.jpg (Stand 25. 08. 2010); S. 139 unten: Die Hl. Drei Könige, aus: Willeitner, Oasen, S. 109, Abb. 146. V. Die Oasen der westlichen Wüste Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 142 Eingangsbild: In der Weißen Wüste, © Pfarrer Gerhard Nörr S. 143 Mitte: Reste des Ammontempels über den Palmen der Oase, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.; S. 143 unten: Götterprozession, © Pfarrer Gerhard Nörr; S. 144 oben: Blick auf die Lehmbauten im Schali, aus: Willeitner, Oasen, S. 103, Abb. 142; S. 144 Mitte: Felsformation in der Weißen Wüste, © Pfarrer Gerhard Nörr; S. 145 oben: Grab des Bannentiu: Nachtfahrt der Sonnenbarke, aus: Willeitner, Oasen, Seite 93, Abb. 125; S. 145 unten: Goldene Mumie, aus: Willeitner, a. a. O., S. 103, Abb. 142; S. 146 oben: El Qasr, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.; S. 146 Mitte: Tempel Deir el-Hagar, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.; S. 146 Mitte: Kaiser Tituts vor Amun-Re und Mut, © Pfarrer Gerhard Nörr; S. 147 oben: Nekropole Oase Dachla, © Pfarrer Gerhard Nörr;

S. 147 Mitte: Kirche in Bagawat, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.; S. 147 unten: Grundriss: Amun-Tempel von Hibis, nach: Willeitner, Oasen, S. 25, Abb. 25; S. 148 oben: Blick auf die Nekropole von Bagawat, © Pfarrer Gerhard Nörr; S. 148 unten: Exoduskapelle, © Pfarrer Gerhard Nörr; S. 149: Grabkuppel mit biblischen Figuren, in der Mitte Noahs Arche, © Pfarrer Gerhard Nörr. VI. Alexandria Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 151 oben: Sphinx am Serapeion, © Herdis Lüth; S. 151 unten: Rekonstruierter Stadtplan Alexandrias, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 298; S. 153: Kleopatra: Münze im GriechischRömischen Museum, aus: Empereur, JeanYves: Short Guide to the Graeco-Roman Museum, Alexandria, 2. Auflage, Alexandria 2000, Abb. 39. S. 154: Isis-Aphrodite mit dem Horusknaben, aus: Brunner-Traut u. a., Osiris, S. 149, Abb. 122; S. 155 oben: Horus-Stele, aus: Saleh/Hourig, Hauptwerke, Abb. 261; S. 155 unten: Büste des Sarapis, aus: BrunnerTraut u. a., Osiris, S. 143, Abb. 116; S. 156 oben: König Ptolemaios III. Euergetes als Helios, aus: Grimm, Günther, Alexandria: Die erste Königsstadt der hellenistischen Welt., Mainz 1998, S. 65, Abb. 66 a; S. 156 unten: Die neue Bibliothek, http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bibliotheca_ Alexandrina_night.JPG (Stand 05. 08. 2010), © Wing. S. 162 oben: Blick in die Grabkapelle, aus: Pictorial Library (siehe S. 76 oben); S. 163: Alexander der Große im Museum in Alexan­dria, aus: Empereur, Short Guide, Abb. 1.

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Literatur-/Quellenverzeichnis

VII. Das Nildelta Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 165: Nildelta und Sinai, nach: Calwer Bibelatlas, Stuttgart 2000, S. 15. S. 169: Asiaten, darunter ein Schasu, aus: Martin, Geoffrey T.: The Memphite Tomb of Horemheb, Commander-in-Chief of Tutankh­ amun (= Memoires of the Egypt Exploration Society, 55), London 1989, Plate 114. S. 171 unten: Rekonstruktion des Tempelbezirks von Tanis, nach: Arnold, Tempel, S. 213; S. 173 oben: Grundriss: Königsgräber der 21./22. Dyn., nach: Manley, Bill: Die 70 großen Geheimnisse des Alten Ägyptens, München 2003, S. 96. S. 174 oben: Katzenmumie, aus: Ziegler, Christiane: Katalog: The Louvre, Egyptian Antiquities, Paris 1997, S. 78; S. 175 oben: Figurine der Bastet, aus: Schoske/ Wildung, Gott und Götter, S. 13; S. 175 unten: Plan: Tell Basta, nach: Shaw/ Nicholson, Reclams Lexikon, S. 47. S. 177: Heutige Siedlung im Delta, © Biblische Reisen Stuttgart; S. 179: Qasr des Antoniusklosters, © Conny v. d. Vorst-Schick/Martin Peters. S. 181 oben: Grundriss: Pauluskloster, nach: Gabra, The Coptic Monasteries, S. 87; S. 181 unten: Pauluskloster: Szene aus der Märtyrerkuppel im Zugang zur Unterkirche, © Conny v. d. Vorst-Schick/Martin Peters; VIII. Die Sinai-Halbinsel Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 183 oben: Die Sinai-Halbinsel, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 784. S. 186: Sphinx mit protosinaitischer Beschriftung, aus: Healey, John F.: Reading the Past; The Early Alphabet, London 1990, Coverbild. S. 187 unten: Kapelle auf dem Jebel Musa, © Biblische Reisen Stuttgart; S. 188 oben: Sonnenaufgang über dem Sinai, © Franka Machann; S. 189: Elia-Quelle, Pictorial Library (siehe S. 76 oben). S. 192 unten: Grundriss: Katharinenkloster, nach Strelocke, Ägypten und Sinai, S. 405; S. 195 oben: Grundriss der Kirche, a. a. O., S. 407;

S. 195 unten: Apsismosaik, Postkarte aus dem Katharinenkloster, © St. Catherine – Mount Sinai; Foto: A. du Boistesselin; S. 197 oben: Himmelsleiter nach Johannes Climacus, Ikone aus dem Katharinenkloster, 12. Jh., URL: http://commons. wikimedia.org/wiki/File:The_Ladder_of_Divine_Ascent_Monastery_of_St_Catherine_Sinai_12th_century.jpg (Stand 09. 08. 2010). S. 198 oben: Stahlstich: Constantin Tischendorf im Jahr seiner dritten Reise (1859), © Christfried Böttrich; S. 199 oben: Seite des Codex Sinaiticus, © Christfried Böttrich. IX. Nilaufwärts Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 200 Eingangsbild, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M. S. 201 ohne Titel, © Franka Machann. S. 202: Grab des Cheti, im Hintergrund Ringkampfszenen, aus: Shedid, Abdel Ghaffar: Die Felsgräber von Beni Hassan in Mittel­ ägypten, Mainz 1994, S. 37, Abb. 53; S. 203 oben: Semiten mit Esel und Kindern, aus: Shedid, Felsgräber, S. 60, Abb. 101; S. 203 unten: Karawane aus Beni Hasan nach R. Lepsius, aus: Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien: nach den Zeichnungen der nach diesen Ländern gesendeten und in den Jahren 1842–1845 ausgeführten wissenschaftl. Expeditionen, Band IV, Genf 1972, Ausschnitt Tafel 131. S. 204 oben: Grundriss: Basilika, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 555; S. 204 unten: Basilika in der Hermopolis Magna, URL: http://de.wikipedia.org/wiki/ Datei: Hermopolis_Basilika_10.JPG (Stand 09. 08. 2010) © Einsamer Schütze. S. 205 oben: Petosiris-Grab, URL: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Tomb_of_Petosiris.JPG (Stand 09. 08. 2010) © Einsamer Schütze; S. 205 unten: Rekonstruktion des Königs­ palastes, nach: Golvin, Jean-Claude: Metropolen der Antike, Stuttgart 2005, S. 31; S. 206: Grab des Panchesi: Echnaton opfert vor dem Tempel, aus: Davies, Norman de Garis: The Rock Tombs of Amarna: I. The Tomb of Meryra, plate xxv, London 1903. S. 209: Plan: Tell el-Amarna, nach: Shaw/ Nicholson, Reclams Lexikon, S. 26;

Literatur-/Quellenverzeichnis S. 210 oben: Rekonstruktion des Eingangsbereiches des großen Tempels, aus: Pendlebury, John Devitt Stringfellow, The City of Akhenaten Part 3, Volume 2: Plates, London 1951; S. 210 unten: Wandverkleidung aus TalatatSteinen vom Tempel Gem-pa-Aton in Karnak, aus: Shahawy, Abeer el: Luxor Museum: The Glory of Ancient Thebes, Fotos by Farid, Atiya, Cairo 2006, S. 175; S. 211 oben: Musikanten im Grab des Merire I., © Martina Bergmann. S. 212: Plan: Hathor-Bezirk in Dendera, nach: Shaw/Nicholson, Reclams Lexikon, S. 73; S. 213 oben: Säulenfront des Tempels um 1841 (Gemälde von David Roberts), URL: http://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Dendera-_David_Roberts.jpg (Stand 09. 08. 2010); S. 214: Nut verschlingt und gebiert die Sonne, http://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Nut_at_Dendera_Nut_Chapel_ceiling.jpg (Stand 09. 08. 2010), © Horemweb; S. 216: Tierkreis von Dendera, aus: Clayton, Peter A.: Das wiederentdeckte Alte Ägypten in Reiseberichten u. Gemälden des 19. Jh., S. 101, Abb. 32; X. Luxor Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 217: Grundriss: Basilika von Dendera, aus: Krause, Ägypten, S. 222, Abb. 6. S. 218: Eingangsbild: Relief im Grab des Ramose, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.; S. 219: Plan von Theben mit Prozessionswegen, nach: Arnold, Tempel, S. 110; S. 220: Sphinx-Allee, © Franka Machann. S. 221: Rekonstruktion des Chons-Tempels in Karnak, nach: Shaw/Nicholson, Reclams Lexikon, S. 305. S. 223: Grundriss: Luxor-Tempel, nach: Shaw/ Nicholson, Reclams Lexikon, S. 168; S. 224: Luxor-Tempel vom Nilufer aus gesehen, © Biblische Reisen Stuttgart; S. 225 unten: Stele des Tutanchamun aus der Cachette, aus: Shahawy, Luxor Museum, S. 53; S. 226: Umzeichnungen des Geburtszyklus, aus: Brunner, Hellmuth: Die Geburt des Gottkönigs: Studien zur Überlieferung eines altägyptischen Mythos, 2., erg. Aufl., Wiesbaden 1986, Tafeln 4/6/14.

S. 227: Grundriss:Tempel des Amun, nach: Shaw/Nicholson, Reclams Lexikon, S. 140; S. 228: Rekonstruktion des Amun-Tempels, aus: Arnold, Tempel, S. 119, © Aufrère, Sydney H./J.C. Golvin, L'Égypte restituée, sites et temples de Haute-Égypte, tome 1, Paris, 1991, S. 86–87; S. 229: unten: Illuminierte Säulenhalle, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.; S. 230 oben: Im Säulensaal, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M. S. 235: Medinet Habu: Der innere Tempel vom Ballon aus gesehen, http://commons. wikimedia.org/wiki/File:ISMedinet_Habu.JPG (Stand 09. 08. 2010), © Cerodite; S. 236 oben: Blick von innen auf den Turm und den kleinen Tempel, URL: http://commons. wikimedia.org/wiki/File:Luxor,_Medinet_ Habu,_Egypt,_Oct_2004_A.jpg © Przemyslaw Idzkiewic; S. 236 unten: Grundriss: Tempelbezirk in Medinet Habu, nach: Wilkinson, Richard H: Die Welt der Tempel im alten Ägypten (Pläne gezeichnet von Philip Winton), Darmstadt 2005, S. 193; S. 238: Erhaltene Malereien im Zweiten Hof, © Biblische Reisen Stuttgart. S. 242 oben: Grundriss: Totentempel der Hatschepsut, aus: Strelocke, Ägypten und Sinai, S. 350. S. 246 oben: Plan: Grab 34 und 35, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 630; S. 246 unten: Thutmosis III. wird von der Baumgöttin genährt, aus: Hornung, Tal der Könige, S. 95, Abb. 62; S. 247: Grab Ramses VI.: Buch von der Nacht, Nut gebiert die Sonne, aus: Hornung, Tal der Könige, S. 117, Abb. 89. S. 248: Grundrisse: Grab Nr. 8 (Merenptah) und Nr. 17 (Sethos), nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 626.628; S. 249 oben: Isometrische Darstellung des Grabes Sethos I., aus: Magi, Giovanna: Luxor: Tal der Könige, Königinnen, Adeligen, Handwerker; Deir-el-Bahari, Medinet Habu, Memnonkolosse, Ramesseum, Florenz 1990, S. 73; S. 249 unten: Der auf Karnak ausgerichtete Aufweg des Hatschepsut-Tempels, © Franka Machann.

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Literatur-/Quellenverzeichnis

XI. Edfu und Kom Ombo Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 250 Eingangsbild: Doppeltempel in Kom Ombo, © Biblische Reisen Stuttgart. S. 251 oben: Vorhalle des Chnum-Tempels in Esna, 9 m unter heutigem Straßenniveau liegend, URL: http://commons.wikimedia.org/ wiki/File:S_F-E-CAMERON_2006-10-EGYPTESNA-0080.JPG (Stand 10. 08. 2010), © Steve F-E-Cameron; S. 251 unten: Grundrisse: Horus-Tempel in Edfu, nach: Shaw/Nicholson, Reclams Lexikon, S. 78; S. 252: Horus als Falke vor dem 1. Pylon, © Jonas Rösel; S. 253 unten: Edfu: Raum des Kultbildes, © Biblische Reisen Stuttgart; S. 254: Nachbau der Barke, © Andreas Lange. S. 255 oben: Horus, Osiris und Isis (22. Dyn.), aus: Ziegler, Katalog: The Louvre, S. 71; S. 255 unten: Isis schützt Osiris mit ihren Flügeln, URL: http://commons.wikimedia. org/wiki/File:Bas_relief_d‘Osiris_Ounnefer_et_Isis_dans_le_naos.JPG (Stand 10. 08. 2010), © Rémih. S. 258 oben. Blick auf die beiden Eingänge des Doppeltempels, URL: http://commons. wikimedia.org/wiki/File:Kom_Ombo.JPG (Stand 10. 08. 2010), © Rémih; S. 258 unten: Grundriss: Doppeltempel in Kom Ombo, nach: Shaw/Nicholson, Reclams Lexikon, S. 153; S. 259 oben: Krokodilgott Sobek, URL: http://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Kom_Ombo,_Sobek_0372.JPG (Stand 10. 08. 2010), © Hedwig Storch; S. 259 unten: Säulenstümpfe im Vorhof: Kaiser Tiberius opfert, © Biblische Reisen Stuttgart; S. 260 unten: Relief mit medizinischen (?) Geräten, links daneben Isis, URL: http:// commons.wikimedia.org/wiki/File:Wall_relief_Kom_Ombo12.JPG (Stand 10. 08. 2010), © Rémih; S. 262 oben: Hathor-Schrein an der östlichen Ziegelmauer, URL: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hathor_temple_Kom_ Ombo.JPG (Stand 10. 08. 2010),© Rémih.

XIII. Assuan Fotos: © Martin Rösel Außer: S. 264 Eingangsbild: Säulen im Isis-Tempel (Philae), © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.; S. 265: Region Assuan, nach: Shaw/Nicholson, Reclams Lexikon, S. 39; S. 266 oben: Abu Simbel: Tempel Ramses II., Pictorial Library (siehe S. 76 oben). S. 267 oben: Die beiden Pylone des IsisTempels, davor Hadrianstor und Treppe, Pictorial Library (siehe S. 76 oben); S. 267 unten: Säulenhalle des Isis-Tempels; Gemälde von D. Roberts, aus: Clayton, Peter A., Das wiederentdeckte Alte Ägypten: in Reiseberichten und Gemälden des 19. Jh., Bergisch Gladbach 1983, Tafel XXV; S. 268: Plan: Insel Philae, nach: Shaw/Nicholson, Reclams Lexikon, S. 231; S. 269 oben: Isis-Tempel, Vorhof und erster Pylon, aus: Pictorial Library (siehe S. 76 oben); S. 270 unten: Allerheiligstes des Isis-Tempels, http://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Naos_Philae.JPG (Stand 10. 08. 2010), © Rémih. S. 271: Hathortempel: Der Gott Bes spielt auf einer Lyra, http://commons.wikimedia. org/wiki/File:Bes_lyra_Philae.JPG (Stand 10. 08. 2010), © Rémih. S. 272 oben. Feluken auf dem Nil, aus: Pictorial Library (siehe S. 76 oben); S. 272 unten: Nilometerskala, aus: ebd; S. 273: Plan: Elephantine, aus: Wilkinson, Tempel, S. 211; S. 274 unten: Aufgang zum Chnum-Tempel, © Biblische Reisen Stuttgart. S. 277 Mitte: Grundriss: untere Terrasse des Simeonklosters, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 723; S. 277 unten: Rekonstruktion der Klosterkirche, nach: Krause, Ägypten, S. 249, Abb. 23; S. 278 oben: Blick auf den Bereich der Kirche (untere Terrasse), © Biblische Reisen Stuttgart; S. 278 unten: Grundriss: obere Terrasse des Simeonklosters, nach: Brunner-Traut, Ägypten, S. 723; S. 279 unten: Mausoleum des Aga Khan III., © Biblische Reisen Stuttgart; S. 280 oben: »Sound and light« in Karnak, © Guido Völkel, ECC Studienreisen Frankfurt a. M.

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Oase Dachla

Christoph vom Brocke Griechenland EVAs Biblische Reiseführer, Band 1

280 Seiten mit zahlr. Abb., Flexcover ISBN 978-3-374-02463-6 EUR 16,80 [D]

Griechenland ist die Wiege der abendländischen Kultur und bietet eine Vielzahl weltberühmter kulturhistorisch bedeutsamer Stätten. Den wenigsten Reisenden ist aber bewusst, dass Griechenland auch ein biblisches Land ist. Hier hat auf seinen zwei großen Missionsreisen um 50 n. Chr. der Apostel Paulus gewirkt, auf dessen Spurensuche sich der Autor in diesem Band begibt.

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Andreas Feldtkeller Jordanien EVAs Biblische Reiseführer, Band 2

128 Seiten mit zahlr. Abb., Flexcover ISBN 978-3-374-02462-9 EUR 12,80 [D]

In der biblischen Landschaft des Ostjordanlandes sind die Erzählungen vom Auszug des Volkes Israel aus Ägypten geographisch angesiedelt. Ebenso begegnen dem Leser und Reisenden bei einer biblischen Spurensuche vor Ort einige der berührendsten Geschichten der Bibel: wie Jakob sich an der Furt des Flusses Jabbok den Segen Gottes erringt, wie der sterbende Moses auf dem Berg Nebo steht und Gott ihm das verheißene Land zeigt, in das er selbst nicht eintreten darf oder die Geschichte, wie Jesus die Kinder zu sich kommen lässt und sie segnet. Es lohnt sich, durch die Landschaften Jordaniens zu reisen und den biblischen Erzählungen nachzuspüren.

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Matthias Günther Türkei – Westküste Stätten des frühen Christentums EVAs Biblische Reiseführer, Band 3

224 Seiten mit zahlr. Abb., Flexcover ISBN 978-3-374-02587-9 EUR 19,80 [D]

Die türkische Westküste ist eine Region mit wechselvoller Geschichte. Das Christentum erlebte in diesem Landstrich, dem westlichen Kleinasien, eine ungeahnte Blüte, die erst im frühen Mittelalter abklang. Der Theologe Matthias Günther beschreibt die Spuren dieser Epoche mit solcher Leichtigkeit, dass der Reiseführer zu einem Lesevergnügen wird. Reichhaltiges Bildmaterial und vielfältige Karten und Pläne geben außerdem einen lebendigen Eindruck von der faszinierenden Region zwischen Ägäis und Marmarameer.

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Klaus-Michael Bull Türkei – Mittleres und östliches Kleinasien Städte und Landschaften an den Wegen des Apostels Paulus EVAs Biblische Reiseführer, Band 4

216 Seiten mit zahlr. Abb., Flexcover ISBN 978-3-374-02610-4 EUR 19,80 [D]

Klaus-Michael Bull folgt in seinem Reiseführer den Spuren des Apostels Paulus und der frühen Christen des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. in den antiken Landschaften zwischen der syrischen Hauptstadt Antiochia und der alten hethitischen Metropole Hattuscha. Die reich bebilderte Darstellung orientiert sich an den Provinzen des Imperium Romanum, zu denen jeweils eine kurz gefasste historische und archäologische Einführung geboten wird. Unter den detailliert besprochenen Städten befinden sich sowohl die in der Apostelgeschichte genannten Stationen der paulinischen Missionsreisen wie Antiochia in Pisidien als auch solche, die die Geschichte des frühen Christentums geprägt haben, beispielweise Tarsus. Darüber hinaus führt uns der Autor an Orte, die für die biblische Umwelt allgemein wichtig sind (z. B. Diokaisareia, Side).

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